ur \ ; oe; hr) | \ fo .. AL ' il x \ zu 77 =. ODER ALLGEMEINE, BOTANISCHE, ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 77. BAND. — JAHRGANG 1893. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München, Mit 9 Tafeln und 71 Textfiguren. Mo. Bot, Garden, 1895. MARBURG. N. & ELWERTSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1893. -: Inhaltsverzeichniss. I. Abhandlungen. AMELUNG, E,, Veber mittlere Zellengrössen BUSSE, W., Beiträge.zur Kenntniss der Morphologie und Jahresperiode der Weisstanne (Abies alba Mill.) GOEBEL, K., Archegoniatenstudien : Mu. Rudimentäre Lebermoose . IV. Zur Kenntniss der Entwickelung von "Riella V. Die Blattbildung bei den Lebermoosen n „ Zur Biologie von Genlisea _ . » „ Zur Geschichte unserer Kenntniss der Correlationsvorgänge . KLEMM, p, Ueber Caulerpa prolifera . KOCH, L., Mikrotechnische Mittheilungen‘ . LOEW, O., Worauf beruht die alkalische Reaction, welche bei Assimilations- thätigkeit von Wasserpflanzen beobachtet wird? MOELLER, A., Ueber eine Thelephoree, welche die Hymonolichenen Cora, Dietyonema und Laudatea bildet NOLL, F., Vorlesungsnotiz zur Biologie der Succulenten‘ n „ Eine neue Methode der Untersuchung auf Epinastie . RUGE, 6 Beiträge zur Kenntniss der Vegetationsorgane der Lebermoose SACHS, 5. von, Physiologische Notizen: V. Ueber latente Reizbarkeiten . VI, Ueber einige Beziehungen der speeifischen Grösse der .. Pflanzen zu ihrer Organisation . VII. Veber Wachsthumsperioden und Bildungsreize SCHENCK, H., Ueber den Einfluss von Torsionen und Biegungen auf das Dickenwachsthum einiger Lianenstämme SCHMIDLE, Ad., Ueber den Bau und die Entwickelung von Chlamydomonas Kleinii n. sp. . . . . . SCHMITZ, F., Die Gattung Aetinococeus Kütz. U. Abbildungen. A. Tafeln. Tafel I zu Schmidle, Ueber Chlamydococeus Kleinii. Tafel II zu Goebel, Archegoniatenstudien III u. IV. Tafel III zu Busse, Beitr. zur Kenntniss der Weisstanne. Seite Tafel IV zu Ruge, Beitr. zur Kenntniss der Vegetationsorgane der Lebermoose. Tafel V u. VI zu Schenck, Ueber den Einfluss von Torsionen etc, Tafel VII zu Schmitz, Die Gattung Actinococcus, Tafel VIII u. IX zu Goebel, Archegoniatenstudien V. IV B. Textfiguren. 1 Fig. zu Noll, zwei Vorlesungsversuche 8. 34. 25 Fig. zu Goebel, Archegoniatenstudien III, IV auf 8.86, 87, 88, 89, 90, 92, 93, 94, 96, 97, 98, 99, 100, 105, 106. 1 Fig. zu Goebel, Genlisea 8. 210. 15 Fig. zu Ruge, Lebermoose auf $. 281, 288, 289, 290, 291, 300, 305, 307. 1 Fig. zu Koch, Mikrotechnische Mittheilungen auf 8. 328. 4 Fig. zu Schmitz, -Actinococcus auf 9. 408, 404, 409, 411. 18 Fig. zu Goebel, Archegoniatenstudien auf 8. 425, 429, 430, 432, 433, 4835, 437,444, 446, 447, 448, 453, 454, .456, .457. 5 Fig. zu Klemm, Caulerpa auf 8. 470, 472, 474, 476. II. Litteratur. eite. Der botanische Garten s»’Jands plantentuin auf Java, Festschrift . . . ve DAFFNER, Die Voralpenpflanzen . . 109 FAMINTZIN, Uebersicht der Leistungen auf dem Gebiete der Botanik in Russland während des Jahres 1891 . . . . . . . 109 FRANK, Lehrbuch der Botanik . - . . . 212 GOEHRING, Vom tropischen Miefland : zum ewigen Schnee . . . 487 HUE, Lichenes exotiei . . . . . . . . . . . 48: KOEHNE, Dendrologie . . . . . . . 216 MILLS, on introduction to the study of Diatomaceae . . . . . 487 SACHS, Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie . . . 10% IV. Eingegangene Litteratur 8. 45, 110, 363, 489. Heft I (8. 1-47) erschien am 21. Februar, Heft II (8. 49—110) am 12. Mai, Heft III (8. 113—216) am 15. Juni, Heft IV (8. 217—8366) am 14. August, Heft V (8. 367—412) am 12, Dezember. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISC FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER K6GL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 1 ZEITUNG. 77. BAND. — JAHRGANG 1893. HERAUSGEBER: Dr. K. GORBEL. Professor der Botanik in München. Heft I mit 1 Tafel und 1 Textfigur. Erschienen am 21. Februar. Inhalt: JULIUS SACHS, Physiologische Notizen . . Seite 1-15 W, SCHMIDLE, Ueber den Bau und die Entwickelung v von " Chlamy- domonas Kleinii n. sp. . FE » 16-26 F. NOLL, Zwei Vorlesungsversuche . » 27—37 K, GOEBEL, Zur Geschichte unserer Kenntniss der Correlationsvorgänge » 38—42 LITTERATUR: A. M. Hue, Rothomagensis sacerdos, Lichenes exotici a professore W. Nylander descripti vel recogniti et in herbario Musei Parisiensis pro maximä parte asservati in ordine systematico dispo- siti sunt . FE n 43—45 EINGEGANGENE LITTERATUR . Fe . . a . . n 45-47 MARBURG. N. 6. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1893. Manuskripte und andere Zusendungen für die „Flora“ sind zu richten an Prof. Dr. Goebel, München, Leopold- strasse 33. ‘ Physiologische Notizen. Von Julius Sachs. Y, Ueber latente Reizbarkeiten. $ 1. Das biologische Verhalten der Epiphytenwurzeln lässt sich auf eine Reihe verschiedener Reizbarkeiten zurückführen, die zu- sammen das biologische Gesammtbild hervorrufen, das uns die Reisen- den in den letzten Jahren wiederholt geschildert haben. Bei meinen langjährigen Wurzelstudien konnte ich schon früher feststellen, dass die wichtigsten und wesentlichsten Reizbarkeiten der Epiphytenwurzeln in mehr oder minder hohem Grade ausgebildet, auch an den gewöhn- lichen Erdwurzeln der Trockenlandpflanzen zu finden sind. Da diese letzteren aber im Erdreich verborgen, also der täglichen Beobachtung völlig entzogen sind, so mussten diese Keizbarkeiten als latente Energien unbekannt bleiben, bis man es versuchte, die gewöhn- lichen Erdwurzeln in durchsichtigen Medien, in Wasser oder feuchter Luft, wachsen zu lassen. So gelang es mir, den Hydrotropismus der Erdwurzeln und die Fähigkeit derselben, sich, ähnlich wie Ranken, um Stützen zu winden, festzustellen; und letztere Reizbarkeit ist offenbar ganz eng verbunden mit derjenigen, welche die Wurzeln zwingt, sich an die Unebenheiten einer flachen Stütze, eines dieken Baumstammes, einer Mauer, einer Felswand u. s. w. fest anzuschmiegen. In diesen Fällen pflegt zu- gleich, besonders bei den Epiphytenwurzeln, ein Wachsthumsreiz sich geltend zu machen, der zweierlei Erscheinungen hervorruft: einerseits, wie schon Leitgeb vor langen Jahren feststellte, brechen aus der Berührungsfläche zahlreiche Wurzelhaare hervor, die zu einer festeren Flora 1893, 1 2 Verbindung mit der Unterlage und zur Ernährung beitragen, was bei den Erdwurzeln natürlich durch die allseitige Berührung mit dem Boden auch allseitig an den Wurzelfäden stattfindet. Anderseits kann man in unseren Warmhäusern leicht wahrnehmen, dass durch die dauernde Berührung der Juftwurzeln der Epiphyten mit einer Mauer und dergleichen, gerade so wie durch das Eindringen derartiger Luft- wurzeln in Erde, die Verzweigung hervorgerufen oder gesteigert wird. Ferner macht sich ein Wachsthumsreiz an den Wurzeln darin geltend, dass sie durch Dunkelheit und Feuchtigkeit zu lebhafterem Wachsthum und Verzweigung veranlasst werden: an den Kürbis- pflanzen z. B. entstehen neben den Laubblattbasen rechts und links Wurzelanlagen, die sich aber nur dann entwickeln, wenn die be- treffenden Stammknoten sich im Dunkeln befinden, und noch kräftiger wird das Wachsthum und die Verzweigung derselben, wenn sie (ie- legenheit haben, in irgend eine feuchte Unterlage einzudringen. !) Der negative Heliotropismus der meisten Wurzeln, sei es, dass dieselben für gewöhnlich in der Erde wachsen, oder als Luftwurzeln vegetiren, ist schon lange allgemein bekannt und braucht hier nur kurz erwähnt zu sein. Diese, verschiedenen Reizbarkeiten der Wurzeln sind von den neueren Biologen vielfach zur Erklärung des Verhaltens der tropischen Epiphyten mit Recht benutzt worden. Dagegen finde ich nicht, dass eine höchst merkwürdige Thatsache, die ich schon 1874 beschrieben habe,?) bei der Erklärung der Epiphytenwurzeln hinreichend aus- genutzt worden wäre. Es betrifft dies die verschiedenen Formen oder Gradationen des Geotropismus der Wurzeln. Ich zeigte damals, dass, wie allbekannt, die Hauptwurzeln der Samenkeime den eigentlichen positiven Geotropismus besitzen, desshalb vertical abwärts wachsen (also orthotrop sind); die aus den Hauptwurzeln entspringenden Neben- wurzeln erster Ordnung fand ich allerdings auch geotropisch reizbar, aber in ganz anderer Art, als ihre Mutterwurzeln; ich zeigte, dass sie unter der Einwirkung der Gravitation zwar Krümmungen machen, aber ohne die verticale Richtung abwärts zu erreichen; vielmehr werden die Nebenwurzeln erster Ordnung durch ihren eigenthümlichen Geotropismus veranlasst, bestimmte schiefe Richtungen gegen den 1) Vergl. meine „Vorlesungen“ 2. Aufl. p. 539 und „Gesammelte Abhandlungen“ 1892 Bd. II p. 1173. 2) J. Sachs, „Gesammelte Abhandlungen“ p. 910. 3 Erdradius anzunehmen, !) und zwar hängt der Winkel, den sie mit diesem schliesslich machen, von dem Ursprung der Nebenwurzeln ab, ob sie nämlich näher an der Basis der Hauptwurzel oder entfernter von derselben entstehen: jede Nebenwurzel erster Ordnung hat .also, wie ich es nannte, ihren besonderen geotropischen Eigenwinkel. Bei den Nebenwurzeln zweiter Ordnung, welche aus denen erster Ordnung entspringen, konnte ich constatiren, dass dieselben bei den untersuchten Keimpflanzen überhaupt nicht geotropisch sind, dass sie vielmehr aus ihren Mutterwurzeln geradlinig hervorwachsen, nach anten und oben, nach rechts und links, ohne irgend welche geo- tropische Krümmung zu zeigen. Weitere Beobachtungen lassen es nun zweckmässig erscheinen. „diese Verteilung des Geotropismus in etwas anderer Formulirung aus- zusprechen. Die Hauptwurzeln der Keimpflanzen sind ja überhaupt nur ein specieller Fall; der allgemeine Fall, unter den sie zu rechnen sind, ist der, dass Wurzeln aus einer Sprossachse entspringen, was ja bei den Hauptwurzeln der Samenkeime auch der Fall ist; aber tausend- fach häufiger ist es, dass solche Wurzeln nicht gerade aus der Basis eines Keimsprosses sich bilden, sondern an beliebigen Stellen von kräftigen Laubsprossen entspringen, was zumal an Rhizomen, Stolonen, Knollen, selbst Blattstielen ganz gewöhnlich vorkommt. Alle diese aus Spross- ‚achsen entspringenden Wurzelfäden (die Hauptwurzeln der Keimpflanzen mit eingeschlossen) könnten wir zweckmässig ein für allemal als primäre Wurzeln, die aus ihnen entspringenden Fäden als secundäre, die aus diesen kommenden als tertiäre u. s. w. bezeichnen. Es ist bekannt und für unseren Zweck nicht überflüssig zu bemerken, das die Wachsthumsenergie bei den primären Wurzeln gewöhnlich am stärksten ist, sie werden am dieksten und längsten; bei den secun- dären und tertiären u. s. w. Wurzeln nimmt sowohl die Dieken- wie die Längenentwicklung gradatim ab, was ganz besonders schön und deutlich bei den monokotvlen Sumpf- und Wasserpflanzen zu be- obachten ist. , Diese hier angedeuteten geotropischen Eigenschaften der Wurzeln verschiedener Ordnung sind, wie schon oben erwähnt, bei der Er- klärung des Verhaltens vieler Epiphytenwurzeln, meiner Ansicht nach. 2) D. h. sie sind plagivtrop in Beziehung zur Richtnng der Schwerkraft: wir könnten vielleicht sagen „baryplagiotrop® im Gegensatz zu den „helioplagio- tropen“ oder „photoplagiotropen* Organen (zu welch’ letzteren die Kletter- und ‚Schwebesprosse des Epheus, die Flachssprosse der Marchantien u. 2 gehören). 4 zu wenig berücksichtigt worden; um nur auf einen Punkt hinzu- ‚weisen, dürften hier wohl diejenigen Epiphyten zu erwähnen sein, welche sogenannte Humusnester in ihren Blattrosetten bilden, wie Asplenium Nidus u. a.: die Fähigkeit dieser Pflanzen, Wurzeln auf- wärts wachsen zu lassen, damit sie in das Humusnest eindringen, um die Pflanze zu ernähren, ist offenbar nur eine weitere Ausbildung der: von mir entdeckten Eigenschaft gewisser Wurzelfäden, nicht geo- tropisch oder vielleicht sogar mit negativem Geotropismus begabt zu sein, was für einzelne Fälle erst noch genau untersucht werden müsste, — Diese für die Epiphyten so wichtige Eigenschaft gewisser Wurzel- fäden, unbekümmert um den Geotropismus nach allen Richtungen, also auch aufwärts zu wachsen, kommt bei den gewöhnlichen Trocken- landpflanzen nur desshalb nicht zu alltäglicher Anschauung, weil die aus dem Boden heraus wachsenden tertiären, quartären u. s. w. Wurzel- fäden in eine für sie höchst ungünstige Lage gerathen, wie ich dies. schon 1874 loco eitato und bei früheren Gelegenheiten angedeutet ‚habe. Die nicht geotropischen Wurzelfäden höherer Ordnung, wenn sie zufällig nach oben wachsen, also aus der Erde in die Luft hinaus- treten, vertrocknen einfach, schon weil sie sehr dünn sind, und selbst bevor sie heraustreten kommen sie in die obersten Erdschichten, wo sie das zu ihrem Gedeihen nöthige Wasser nicht vorfinden. Dass dies die richtige Erklärung für die besprochene Thatsache ist, lässt sich leicht beweisen: wenn Blumentöpfe mit kräftig wachsenden Pflanzen in 'dunkelen und luftfeuchten Räumen stehen, dann kann man ganz gewöhnlich wahrnehmen, wie zahlreiche dünne Wurzelfäden aus. der Erde herauswachsen, was zumal bei Palmen und anderen Mono- kotylen ganz gewöhnlich geschieht; ein sehr einfaches Experiment macht die Sache noch deutlicher; man braucht z. B. nur Blumentöpfe. oder Untersätze zu solchen umgekehrt auf die Oberfläche der Erde im Garten zu legen, wo die Gartenerde wie gewöhnlich von unzähligen horizontal oder schief ausstreichenden secundären und tertiären Wurzel- fäden der benachbarten Pflanzen und Bäume durchzogen ist. Dann findet man nach einigen Wochen, dass unter den genannten Be- deekungsgegenständen zahlreiche dünne Wurzelfäden aus der Erde in die Luft herauswachsen und zwar um so mehr, je feuchter diese ist; es sind das eben die nicht geotropischen Wurzeln der zweiten, dritten u. s. w. Ordnung, die sehr bald vollständig verschwinden, wenn man die Bedeckung aufhebt, ja man kann auf diese Art, wenn man die Verhältnisse variirt, ganze kräftige Wurzelsysteme aus der Erd- 5 t oberfläche aufwärts wachsen lassen, besonders wenn man zwischen kräftig wachsenden Pflanzen im Garten an einzelnen Stellen feuchte Erde aufhäuft oder einen mit lockerer feuchter Erde gefüllten Blumentopf umgekehrt aufstellt. " Diese in der vorliegenden Notiz vielleicht etwas zu ausführlich scheinende Darlegung glaubte ich desshalb nieht umgehen zu sollen, weil sie so recht deutlich zeigt, dass gewisse Erscheinungen an den Epiphytenwurzeln sich ohne Weiteres aus den Eigenschaften gewöhn- licher Erdwurzeln von Trockenlandpflanzen ableiten lassen; es ist ja ‚gerade die Aufgabe dieser Notiz, derartige Beziehungen klar zu legen. $ 2. Die Vergleichung der gewöhnlichen Erdwurzeln mit denen der Epiphyten ergibt also die Thatsache, dass die Eigenschaften der letzteren nichts wesentlich Neues enthalten, sondern nur als weiter ‚ausgebildete Eigenschaften der Erdwurzeln zu betrachten sind, was ja um so eher einleuchten dürfte, als man doch wohl genöthigt ist, die Epiphyten als solche Pflanzenarten zu betrachten, die von gewöhn- lichen Trockenlandpflanzen, vielleicht auch Sumpfpflanzen abstammen und, wenn sich unter den Epiphyten ganz vorwiegend nur die Ver- treter einer kleineren Anzahl von Familien vorfinden, so darf man wohl annehmen, dass zur Begründung echt epiphytischer Lebensweise nicht allein die genannten Eigenschaften der Wurzeln nöthig sind, ‚dass es vielmehr auch darauf ankam, ob die betreffenden Pfanzen- arten auch im Stande waren, die Eigenschaften ihrer Wurzeln im Sinne des Epiphytismus weiter auszubilden; denn die Vergleichung der echten Epiphyten, zumal unter den Orchideen, Aroideen und Farnen, zeigt, dass zwar die erwähnten principiellen Eigenschaften “ihrer Wurzeln mit den Reizbarkeiten gewöhnlicher Erdwurzeln über- ‚einstimmen, dass sie aber doch weiter ausgebildet sind, um der epi- phytischen Lebensweise zu dienen (vergl. z. B. das Velamen der epiph. Orchideen). Aber nicht allein darauf kommt es an, sondern auch die Laub- und Blüthensprosse der sich zu Epiphyten umbildenden Pflanzen mussten gewisse Eigenschaften besitzen, die es ermöglichten, dass bei den betreffenden Species die zwischen Wurzeln und Sprossen nöthigen Correlationen eintreten konnten, vermöge deren überhaupt erst die epiphytische Lebensweise möglich wurde. Die Schilderungen der Bio- logen bieten Anhaltspunkte genug, Betrachtungen in dieser Richtung ‚anzustellen, indessen würden solche mich von dem Thema dieser Notiz zu weit abziehen; denn es kommt mir nicht darauf an, hier über Epiphyten zu schreiben, sondern nur an diesen ein Beispiel für Be- trachtungen ganz anderer Art zu finden. Den Anlass zu letzteren gab eine Reihe von Vegetationsver- suchen im Sommer 1892, die mir zeigten, dass man entsprechend den theoretischen Darlegungen wirklich im Stande ist, das gesammte- Wurzelsystem einer echten Trockenlandpflanze sich so entwickeln zu lassen, dass man es ohne Weiteres mit dem Wurzelsystem eines echten Epiphyten vergleichen kann, wobei man aber den Vorteil hat, schon im Voraus zu wissen, wie das Verhalten jedes einzelnen Wurzelfadens: zu erklären ist. Zu diesen Versuchen hatte ich das Solanum tuberosum, unsere gemeine Kartoffel, gewählt, eine Pflanze, deren biologische Verhältnisse: mir seit langen Jahren durch zahlreiche Vegetationsversuche genau bekannt sind, was bei der Anstellung von physiologischen Untersu- chungen immer als entscheidend für die Wahl der Versuchspflanze gelten sollte. Zudem hat die Kartoffelpflanze gerade für solche Unter- suchungen einen ganz besonderen Werth, wo es darauf ankomnit, die Wachsthumsprocesse der Organe ungestört verlaufen zu sehen, weil in den grossen Knollen eine verhältnissmässig enorme Quantität von Bildungsstoffen und Vegetationswasser enthalten ist, so zwar, dass selbst im normalen Verlauf der Vegetation die Masse der Reserve- stoffe nicht einmal vollständig verbraucht wird; dies ist bei Vegetations- versuchen, welche Auskunft über die Gesetze des Wachsthums geben sollen, von ganz besonderem Wertli, weil dadurch die aus Nahrungs- mangel entspringenden Uebelstände vermieden werden. Zu alldem kommt aber noch, dass die Kartoffelknollen in den Frühjahrsmonaten (April, Mai, Juni) gleich manchen anderen Pflanzen von einem merk- würdigen Wachsthumsdrange beherrscht werden, der sie veranlasst, selbst unter ungünstigen Verhältnissen ihre Sprosse und, Wurzeln zu kräftigem Wachsthum zu bringen. Eine weitere für meinen Zweck wichtige Eigenschaft dieser P’flanze ist es, dass aus einer Knolle zahl- reiche Sprosse austreiben und dass neben und über den Seitenknospen dieser Sprosse je 3, 5, 7 Wurzelfüäden herauswachsen.Y) Ist also die Kartoffelknolle einmal zu ihrer Keimung animirt, so kommen auch binnen wenigen Tagen zahlreiche primäre, secundäre, tertiäre Wurzel- fäden zum Vorschein, wogegen man bei Samen-Keimpflanzen, wie z. B. denen der Bohne, längere Zeit warten muss, bis aus der Haupt- wurzel zahlreiche Nebenwurzeln entstehen, wodurch der Vegetations- versuch schwieriger wird. Endlich haben die Wurzeln der Kartoffel- triebe noch die, für meine Versuche günstige, Eigenschaft, dass sie, i) Die Knolle selbst erzeugt bei Sol, tuberosum bekanntlich keine Wurzeln. 7 im Vergleich zu sehr vielen anderen kräftig wachsenden Pflanzen, auffallend dünn sind. Wer mit Vegetationsversuchen weniger vertraut ist, könnte wohl glauben, dass gerade darin ein Uebelstand zu finden sei, denn dünne Wurzelfäden sind äusserst empfindliche Objecte, deren Reizbarkeit man ohne Weiteres mit der der thierischen Nerven ver- gleichen darf. Die aus den Knollensprossen unmittelbar entspringenden primären Wurzeln der Kartoffelpflanze sind etwa Imm dick, die secundären kaum 0,2, die tertiären vielleicht 0,1 mm dick und die- jenigen höherer Ordnung nicht viel dicker, als ein Menschenhaar; so ist es wenigstens bei den in feuchter Luft wachsenden Wurzeln der Versuchspflanzen; in Erde sind sie dicker. Aber gerade diese geringe Dicke der Wurzelfäden befähigt sie, auf Krümmungsreize, auch wenn diese sehr schwach sind, rasch zu antworten, denn jede krümmende Ursache, gleichgiltig, ob sie rein mechanischer Natur ist, oder von Reizbarkeit abhängt, muss um so rascher krümmend wirken, je dünner das betreffende Organ ist. Diese Eigenschaften der Wurzelfäden von Sol. tuberosum sind es, die es ermöglichen, das gesammte Wurzelsystem einer solchen Pflanze so wachsen zu lassen, als ob sie ein Epiphyt wäre; ich zweifle aber nieht nach meinen früheren Erfahrungen, dass sehr viele andere Pflanzenarten sich ähnlich verhalten: 1871 habe ich sogar schon Ver- suche mit Keimpflanzen von Vieia Faba, Erbsen, Mais u. a. beschrieben, von denen man ebenfalls sagen kann, dass sie unter geeigneten Um- ständen wie Epiphytenwurzeln wachsen. !) Im April des vorigen Jahres befestigte ich einige mittelgrosse Kartoffelknollen, deren Keimtriebe soeben zu wachsen begannen, an dem oberen Ende von 50 cm langen, 2—-3 cm dieken, eylindrischen Holzstäben. Diese Stäbe standen aufrecht in sehr grossen Glaseylin- dern, deren Boden mit nassem Sand bedeckt war. Die obere Oeffnung der Glaseylinder war so zugedeckt, dass der innere Raum nahezu dampfgesättigt bleiben konnte, während doch gleichzeitig ein Luft- wechsel ermöglicht war, Das Ganze wurde mit einem undurchsichtigen Recipienten aus Pappdeckel überdeckt: der Versuch verlief also unter Lichtabschluss und heliotropische Wirkungen waren ausgeschlossen, wogegen die anderen genannten Reizbarkeiten der Wurzelfäden in Action treten konnten. Es ist dies von einigem Gewicht, weil ich glaube, dass man bei der Beurtheilung der Epiphytenwurzen dem 1) Vergl. J. Sachs, „Gesammelte Abhandlungen“ Bd. II p. 971. 8 negativen Heliotropismus derselben mehr Bedeutung beilegt, als gerade nöthig wäre. ' Nach 5—6 Wochen hatten sich nun aus den Kartoffelknollen, d. h. aus ihren Sprossen, reich verzweigte Systeme von dünnen Wurzel- fäden entwickelt. Die primären, unmittelbar aus den Sprossen ent- springenden, etwa lmm dicken Fäden, hatten sich sofort, wie die Hauptwurzin von Samen-Keimpflanzen, positiv geotropisch abwärts gekrümmt, waren, wie der Zufall es bot, an die Holzstäbe gerathen, hatten sich diesen fest angeschmiegt und waren beinahe geradläufig an den Stäben, dicht angeschmiegt hinabgewachsen. Es waren also zwei Haupteigenschaften dieser, sonst in der Erde wachsenden, Wurzeln ausgeprägt: ihr ganz entschiedener positiver Geotropismus und ausser- dem die Eigenschaft, sich einem festen Körper dabei dicht anzu- schmiegen. Wo eine solche primäre Wurzel, die an dem Stab hinab- gelaufen war, in den Sand eindrang, da wurde sie viel dicker und wuchs überhaupt weit kräftiger, zum Beweis der, auch sonst von mir constatirten, Thatsache, dass die allseitige Berührung mit festem Material für die Wurzeln eine Begünstigung des Wachsthums darstellt. Die secundären, viel dünneren Wurzelfäden, welche sehr zahl- reich aus den beschriebenen primären entspringen, aber nur die Länge von 5—8 cm erreichen, verhielten sich verschieden von einander und zwar in leicht verständlicher Weise: rechts und links von jeder primären Wurzel kommt eine Reihe von secundären zum Vorschein, die sich sogleich fest: an den Stab anlegen und unter einem Winkel von etwa 45 bis 80 abwärts geneigt dem Stabe dicht angeschmiegt, also spiralig gekrümmt, hinlaufen; es ist dies die eingangs erwähnte Erscheinung, dass secundäre Wurzeln zwar geotropisch sind, aber nur einen be- stimmten Neigungswinkel erreichen, !) auch wurde dies nicht gestört dureh die Anschmiegung an den festen Körper. — Aber eine Reihe secundärer dünner Wurzelfäden aus denselben primären Wurzeln hatten sich keineswegs dem Stabe, wie die vorigen angeschmiegt: sie waren frei in die feuchte Luft hinaus gewachsen und ebenfalls melır oder weniger abwärts gerichtet. Ts leuchtet aber ein, dass diese Wurzeln nicht etwa andere Reizbarkeiten besassen, als die vorigen; vielmehr wurde ilır genanntes Verhalten dadurch bestimmt, dass sie auf der, dem Stab abgewendeten Aussenseite der Mutterwurzel ent- sprangen. Dadurch war ihre Wachsthumsrichtung von Anfang an in ungefähr radialer Richtung von dem Stabe abgekehrt und es ist 1) Vergl. J. Sachs, „Gesammelte Abhandlungen“ Ba. 11 p. 897 ff. g keine Ursache denkbar, warum ein solcher Wurzelfaden sich rechts oder links nach dem Stabe hin hätte krümmen sollen, denn ein starker Hydrotropismus, der bei radial schiefem Wachsthum einer solchen "Wurzel sie nach dem Stabe hin hätte ziehen können, konnte in der nahezu dampfgesättigten Luft kaum wirksam werden. ') Endlich sind auch noch die Wurzelfäden dritter und vierter Ord- nung zu erwähnen. Sie sind, wie eingangs gesagt, überhaupt nicht ‚oder äusserst schwach geotropisch; sie entspringen an den secundären Fäden aufwärts oder abwärts gerichtet und bleiben der Oberfläche des Stabes dicht angeschmiegt; einzelne wachsen auch (wenn sie auf der Aussenseite ihrer Mutterwurzel entspringen) radiär auswärts. Wir dürfen nicht vergessen, dass dies alles in einem luftfeuchten Raume geschah und ohne Einwirkung des Lichts; es konnte also von den Reizbarkeiten der Wurzelfäden nur die verschiedenen Grade des Geotropismus, des Hydrotropismus und die Reizbarkeit für Be- rührung, Druck, Reibung mit einem festen Körper in Betracht kommen;?) der negative Heliotropismus war selbstverständlich aus- geschlossen. Die Entwiekelung eines solchen Wurzelsystems unter Mit- wirkung des negativen Heliotropismus wurde bei einer- zweiten Versuchsreihe klar gelegt, die indessen erst im Juni begann, als die Sprosse aus den Knollen schon einige Centimeter lang waren und die Knollen selbst hatten bereits so viel Wasser verdunstet, dass sie faltig und runzelig erschienen. Ein 3—4tägiges Liegen in Wasser machte sie indessen wieder turgescent und nun wurden diese Knollen in folgender Weise bebandelt. Als Unterlage benutzte ich eine Anzahl von Torfziegeln (Shpag- naum-Torf). Diese wurden aufrecht gestellt, nachdem sie längere . Zeit mit der bekannten Nährstofflösung durchtränkt waren; am oberen Ende jedes Ziegels wurde eine Kartoffelknolle mittelst grosser langer Stecknadeln befestigt, diese Vorrichtung sodann auf einen umgekehrten Blumentopf gestellt und das Ganze mit einem sehr grossen Gläskäfig bedeckt, dessen Boden mit feuchtem Sand oder Moos belegt war. — Weil es mir darauf ankam, in diesem Falle auch die heliotropische 1) Ein Stab mit den ihn umwindenden Wurzelfäden der Kartoffel erinnert lebhaft an die Abbildung von T’Mandsia bulbosa bei Schimper (Epiphyten West- indiens 1884), nur dass hier auch der negative Heliotropismus und ein stärkerer Hydrotropismus mitwirken dürften. 2) Diese Art von Reizbarkeit könnte man vielleicht als Piesotropismus bezeichnen. 10 Wirkung an den Wurzelfäden zu beobachten, wurden diese Apparate 3-—4 Meter von den Fenstern des Laboratoriums so aufgestellt, dass nur die Vorderseite der Glaskäfige von den Fenstern her Licht er- halten konnte, während die Hinterseiten und, Flanken derselben durch übergehängte dunkele Gewebestoffe vor der Lichtwirkung ge- schützt waren. Im Grossen und Ganzen war nun die Wurzelentwickelung gauz dieselbe, wie bei den vorhin beschriebenen Versuchen, nur dass die: Wurzelsysteme an den feuchten Torfziegeln sich weit kräftiger ent- wickeln konnten, als an den Holzstäben: die kräftigen primären. Wurzeln wuchsen an den ebenen Flächen der Torfziegeln geotropisch abwärts und fest angeschmiegt, bis sie die Unterlagen (Moos, Sand) erreichten, wo sie, normalere Verhältnisse findend, auch kräftiger fort- wuchsen ;ihre secundären Wurzeln wuchsen horizontal oder schiefabwärts- an den Torfziegeln dicht angeschmiegt hin, krümmten sich um die Kanten derselben scharf rückwärts, erzeugten tertiäre Wurzeln und solche höherer Ordnung, so dass schliesslich die Torfziegeln von einem dicht gedrängten Netzwerk von dünnen und dünnsten Wurzeln nach allen Richtungen hin überwachsen waren; von den Torfziegeln aus gingen ‚die Wurzelverzweigungen hinab auf die Unterlagen, speciell auf die umgestülpten Blumentöpfe, auf deren Aussenfläche sie in ganz ähn- licher Weise wie an den Holzstäben der vorigen Versuche sich aus- breiteten, nur dass hier, in Folge des negativen Ileliotropismus die Anschmiegung eine noch vollständigere war. Wer die Wurzelsysteme epiphytischer Orchideen, Aroideen und Farne und, so will ich gleich hinzufügen, die Myceliumverzweigungen verschiedenster Pilze an Holzstücken, Ziegeln u. s. w. aufmerksam beobachtet hat, dem würde die überraschende Achnlichkeit in dem Verhalten unserer Kartoffelwurzeln mit jenen gewiss nicht ent- gehen. Es wäre überflüssig und langweilig, nunmehr im Einzelnen be- schreiben zu wollen, wie das Verhalten dieser Wurzeln in allen wesentlichen Punkten dasjenige der Epiphytenwurzein nachahmt, wobei es natürlich nur auf die prineipiell wichtigen Verhältnisse ankommt. Dass trotzdem eine Kartoffelpflanze nicht als Epiphyt wachsen könnte, braucht ja nicht besonders klar gelegt zu werden, denn es kommt eben nicht bloss auf die Wurzeln, sondern ebenso sehr auf die Be- schaffenheit der T,aubsprosse an, die mit ihnen in bestimmter Cor- relation stehen müssen, besonders soweit es sich um die Transpiration der Blätter und der Wasseraufnahme der Wurzeln handelt. 1T Die ausserordentliche Feinheit und vielfältige Verzweigung der Wurzeln auf der Oberfläche der Torfziegeln macht es leider fast un- möglich, eine klare Abbildung der beschriebenen Objecte zu geben und selbst der Versuch, dies auf photographischem Wege zu thun, ist nieht recht gelungen. Das ist zu bedauern, weil ich sonst in der Lage wäre, zu zeigen, wie die Wurzeln der Kartoffelpflanze in allen wesentlichen Punkten im Stande sind, ein epiphytisches Wurzelsystem darzustellen. Mich des Langen und Breiten über die Einzelheiten auszulassen, wäre verfehlt und so mag das Mitgetheilte genügen. $ 3. Es wäre vielleicht nieht der Mühe werth gewesen, diese- Thatsachen hier mitzutheilen, um so mehr als ja schon ältere Erfah- rungen in ähnlicher Richtung vorliegen, während ich für mich nur das beanspruchen darf, dass ich mit bestimmter Absicht derartige Unter- suchungen vorgenommen habe. Ich glaube aber, dass sich auf Grund dieser und ähnlicher Erfahrungen einige allgemeine Sätze von prin- ceipieller Bedeutung ableiten lassen. Wenn in der neueren biologischen Litteratur die Rede davon ist, wie man sich etwa gewisse specifische biologische Erscheinungen ent- standen zu denken hat, so pflegt man im Allgemeineu wohl anzu- deuten, wie die Sache etwa und ungefähr vor sich gegangen sein möchte, wobei man gewöhnlich annimmt, dass bestimmte biologische Eigenthümlichkeiten durch sehr langsanı fortschreitende Abänderungen nach und nach entstanden sind;!) es bleibt dabei gewöhnlich uner- findlich, was der Ausgangspunkt gewesen und wie das schliessliche Resultat durch fortlaufende Variation erreicht worden ist. Besonders ist mir bei derartigen Erwägungen der Biologen immer aufgefallen, dass sie die speeifischen Lebenserscheinungen ein: für allemal durch Zuchtwahl entstehen lassen. ?) Gegen beide Anschauungsweisen möchte ich auf Grund der beschriebenen Thatsachen mich aussprechen. Was zunächst die in unmerklicher Gradation fortschreitende Ver- änderung betrifft, so zeigen die beschricbenen Thatsachen, dass es sich keineswegs immer um solche handeln muss; wenn eine Trockenland- pflanze alle diejenigen lteizbarkeiten in ihren einzelnen Wurzelfäden besitzt, um ein \Wurzelsystem zu entwickeln, welches alle wesentlichen 1) Indessen hat schon Goebel in einer Reihe von Fällen gezeigt, wie die Sprosse von Landpflanzen in solche von Wasserpflanzen und umgekehrt durch geeignete Kulturmethoden direct umgestaltet werden können. 2) Was schon durch die soeben ceitirten Beobachtungen Goebel’s als eine- unhaltbare Verallgemeinerung sich darstellt. 12 Eigenschaften darbietet, die wir sonst nur an den Wurzelsystemen der Epiphyten wahrnehmen, und wenn wir sehen, dass eine echte Trocken- landpflanze wie die Kartoffel im Stande ist, unter Mitwirkung eines solchen Wurzelsystemes Monate. lang fortzuwachsen, so dürfen wir wohl annehmen, dass auch die eigentlichen echten Epiphyten ohne lange Vorbereitung im Stande gewesen sind, die epiphytische Lebens- weise zu gewinnen, wenn nur überhaupt die betreffenden Species auch in ihrer sonstigen Organisation so beschaffen waren, wie es die neue liebensweise erforderte, oder mit anderen Worten, wenn die Cor- relationen zwischen Wurzeln und Sprossen zufällig so beschaffen waren, wie es der Epiphytismus der Wurzeln erforderte. Bei unseren Kartoffelpflanzen ist das ja gewiss nieht der Fall und desshalb sind aus ihnen auch keine Epiphyten entstanden; wir können uns aber wohl denken, dass es bei vielen anderen Pflanzenarten wirklich der Fall war: dass mit einer zufälligen epiphytischen Entwickelung ihrer Wurzelsysteme zufällig auch die Eigenschaften ihrer Sprosse in der Art übereinstimmten, dass beide mit einander in harmonischer Weise funetioniren konnten. Eine schrittweise langsam fortschreitende Ad- aptation an die neue Lebensweise wäre dann zunächst gar nicht nöthig und es wäre, so zu sagen, mit einem Sprunge aus einer gewöhnlichen Erdpflanze ein Epiphyt entstanden, womit ja durchaus nicht geleugnet werden soll, dass nun im Laufe der Generationen die bereits ange- passten, aber schlecht angepassten Individuen durch kleine Organisations- veränderungen sich in besser adaptirte umgeändert haben könnten. !) Aber wir hätten mit dieser Vorstellungsweise doch wenigstens das Eine gewonnen, dass ein Uebergang von der einen zur anderen Tebens- weise, von der gewöhnlichen Erdpflanze zum Epiphyten, sich vor- stellen liesse. Ich lege bei dieser Betrachtung vorwiegend Werth auf zwei Momente, nämlich dass dabei eine sprungweise Veränderung von dem einen zum anderen Zustand zwar in der Lebensweise, aber zu- nächst nicht in der Organisation eintritt, und dass dabei eine zufällige Correlation zwischen den verschiedenen Organen desselben Individuums stattfindet, durch welch’ letztere Beziehung sich erklären liesse, warum überhaupt nur bei verhältnissmässig wenigen Pflanzenfamilien diese sprungweise Aenderung der gesammten Lebensweise stattfinden konnte. Lässt man diese, hier nur flüchtig angedeutete Ueberlegung 1) Als derartige Vervollkonmnungen für den Epiphytismus könnte man z. B. die Steigerung des negativen Heliotropismus und die Entstehung des Velamens an ‚den epiph. Orchideenwurzeln reehnen. 13 gelten, so würde sich daraus noch eine weitere, nicht unwichtige- Folgerung ergeben, dass nämlich, wenigstens in gewissen Fällen, die- zufällig eingetretene Veränderung der Lebensweise (nach dem Schema unserer Kartoffelpflanzen) den Anstoss dazu geben konnte, dass nachträglich die Organisationsverhältnisse sich der neuen Lebensweise besser anpassen mussten. Wir können uns wohl denken,. wie gewisse Arten von Orchideen, Aroideen, Farnen u. s. w., die bisher Erdpflanzen waren, zufällig und unvermittelt in den dampfgesättigten Tropenwäldern in den nassen Moosüberzügen der Bäume keimten und fortwuchsen und wie nach und nach morphologisch unbedeu- tende, zumal histologische Veränderungen daraus entstanden. -- Was jedoch die eigentlich morphologischen, dem natürlichen System zu Grunde liegenden Eigenschaften der Organismen betrifft, so bin ich überzeugt, dass diese auf ganz andere Art zu erklären sind;. der Darwinismus hat mit der eigentlichen Descendenztheorie, den Typen des Systems nichts zu thun. Was hier betreffs der Entstehung von Epiphyten aus gewöhn-- lichen Erdpflanzen gesagt wurde, ist eben nur eia Beispiel zur Er-- läuterung eines ganz allgemeinen Satzes, dass die Anpassungen an bestimmte Lebensverhältnisse nicht immer in einer uns unbegreiflichen Weise in unmerklich kleinen Schritten stattgefunden haben müssen, dass vielmehr auch plötzliche Veränderungen in der angedeuteten. Weise stattgefunden haben können. Uebrigens ist es hier durchaus nicht meine Absicht, die Theorie der Adaptation ausführlich klar zu legen, ich wollte nur an einem Beispiel zeigen, dass man sich die Sache auch anders denken kann, als es gewöhnlich geschicht. Meine Vegetationsversuche mit den Kartoffeln gestatten uns aber noch einen gewissen Einblick in die Ursache der sprungweisen bio- logischen Veränderung. Schon aus dem in $ 1 und 2 Gesagten folgt, dass es sich bei unseren Versuchen gar nicht um eine Veränderung in der Organisation und den verschiedenen Reizbarkeiten der einzelnen Wurzelfäden handelt, vielmehr liegt der Schwerpunkt der beobachteten Thatsachen darin, dass eine epiphytische, überhaupt eine Lebensweise unter neuen, fremdartigen Bedingungen der Wurzeln bis zu einem gewissen Grade stattfinden kann mit Hilfe genau derselben Bigenschaften, Reizbarkeiten oder Energien, welehe die echten Erdwurzeln ohnehin schon besitzen; etwas Neues braucht zunächst nicht hinzu zu kommen; die Erdwurzeln der Trockenlandpflanzen besitzen, wie ich zeigte; ohnehin alle principiell wesentlichen Eigenschaften, aus denen sich ein epiphytisches Wurzel- 14 system bilden kann und diese Eigenschaften sind so zu sagen das Material, aus dem sich der ganze, oft recht fremdartige Complex von Organisationen und Energien hervorbilden konnte, den wir mit dem Wort: „Epiphytismus“ bezeichnen. Aber diese Eigenchaften, Reizbarkeiten und Energien sind bei .den Wurzeln, so lange sie in der Erde wachsen, verborgen, sie mussten erst nach und nach durch wissenschaftliche Untersuchungen ‚entdeckt werden: kein Mensch konnte wissen, dass die unterirdischen Wurzeln der Landpflanzen hydrotropisch, für Druck und Reibung empfindlich (piesotropisch) sind, dass sie negativen Heliotropismus besitzen und dass die Wurzelfäden verschiedener Ordnung verschiedene Grade von Geotropismus haben. Das musste also erst entdeckt werden, was wir wohl zweckmässig durch den einfachen Ausdruck bezeichnen dürfen, dass die genannten Eigenschaften der Erdwurzeln latente, verborgene, sind. Durch die beschriebenen Vegetations- versuche wurden diese latenten Eigenschaften offenbar, und so erklärt sich von selbst die Möglichkeit einer sprungweisen Anpassung, ohne dass es einer unmerklich langsam fortschreitenden Varietätenbildung in Bezug auf diesen Punkt bedürfte. — Auch der in seinen Ursachen und Wirkungen so vielfach überschätzte „Kampf um’s Dasein“ fällt weg, wenn es in gewissen Fällen möglich ist, dass längst vorhandene latente Energien der Organe unter geeigneten, zufällig eintretenden Umständen sofort in volle Action eintreten können, und wenn diese Folgerung einstweilen auch nur für unseren speciellen Fall mit aller Klarheit festgestellt ist, so zweifle ich doch keineswegs, dass zahlreiche andere biologische Thatsachen, die man gewöhnt ist, durch langsame unmerklich fortschreitende Variation zu erklären, in gleicher Weise aufzufassen sind. Um also das Gesagte kurz zusammenzufassen, würde ich sagen, durch die latenten Energien oder Reizbarkeiten der verschiedenen Organe können sprungweise stattfindende biologische Veränderungen ‚erklärt werden; nicht jede beliebige Eigenschaft eines Organismus muss durch Zuchtwahl erklärt werden; es ist das ein Schlagwort des Darwinismus, welches, wie andere derartige Schlagworte, eine Zeit lang dazu dienen mag, grosse Massen von Thatsachen kurz zu be- zeichnen, dessen Geltung im einzeinen Falle jedoch erst sorgfältiger Prüfung bedarf. Am Schluss dieser zkizzenhaften Betrachtung möchte ich mir noch eine Bemerkung gestatten, welche das eigentliche Fundament der ganzen Lehre von der Zuchtwahl betrifft. 15 Wenn man die Litteratur des Darwinismus seit 30 Jahren kennt, so muss es überraschen, dass zumal in den lezten Zeiten Mode geworden ist, alle und jede Eigenschaft eines Organismus durch langsam fort- schreitende Zuchtwahl im „Kampf um’s Dasein“ erklären zu wollen, wobei die Autoren jedoch vergessen zu zeigen, wie die Eigenschaften, Reizbarkeiten, Energien der Organe vor dem Kampf um’s Dasein, vor der Zuchtwahl, beschaffen gewesen sind. Was man sich eigentlich unter den ursprünglichen Eigenschaften der organisirten Materie zu denken habe, ist nirgends gesagt: die organisirte Substanz muss aber dochschonursprünglichinihrenallereinfachstenFormen gewisse Eigenschaften, Reizbarkeiten, Energien be- sessen haben, an welchen der Kampf um’s Dasein und die Zuchtwahlihre Wirkung ausüben konnten. Würzburg, Januar 1893. Ueber den Bau und die Entwickelung von Chlamydomonas Kleinii n. sp. Von W. Schmidle. . Hiezu Tafel ], Die im Folgenden beschriebene. Flagellate, für welche ich den Namen Chlamydomonas Kleinii‘) vorschlagen möchte, zeigt in ihrem Baue, ihrer Lebensweise und Fortpflanzung manche Eigenthünlich- keiten, welche keiner bis jetzt beschriebenen Chlamydomonasspecies zukommen, ja sogar vom Gattungscharakter oft wesentlich abweichen. Es dürfte desshalb eine nähere Beschreibung dieser Alge von einigem Interesse sein. Ich fand dieselbe während der letzten 4 Jahre vielfach in Brunnen und Teichen der Umgebung von St. Peter im badischen Schwarzwalde fast zu jeder Jahreszeit. Selbst einmal im Winter bei tiefem Schnee (Januar und Februar 1890) vegetirte sie reichlich in einem theilweise mit Eis bedeckten Brunnen zwischen St. Peter und Rechtenbach. Immer traf ich sie im Freien in zwei Zuständen, nämlich schwärmend stets in geringer Individuenzahl an der Oberfläche des Wassers und dann zugleich in reichlicher Vegetation als schleimig grüne Masse Holz, Moos und Wasserpflanzen überziehend. Die Gestalt der schwärmenden Individuen ist länglich rund bis eylindrisch, 32 bis 28 „u lang, 12 bis 8 breit, an beiden Polen ab- gerundet. Am Vorderende befinden sich zwei den Körper an Länge überragende Geisseln. Wegen ihrer Feinheit jedoch sind sie viel schwerer zu sehen als z. B. die Geisseln von Clamydomonas Reinhard 1) Zu Ehren von Herrn Prof. Dr. Ludwig Klein in Karlsruhe, welchem ich durch vielfache Anregung ,und Unterstützung im Beginne meiner Algenstudien zu grossem Danke verpflichtet bin. 17 Goroschankin.*) und werden oft nur durch Tödtung der Individuen mittelst Jod-Jod-Kalium deutlich: Selten fand ich auch Formen, welche Geisseln von abnormer Dicke besassen, die dann durch ihre von An- fang bis zu Ende gleich dicke eylindrische Gestalt einen krankhaften Eindruck machten. Sonst werden sie nach vornen entschieden dünner und treten durch zwei feine Oeffnungen aus der wohlentwickelten Zellhaut aus, welche überall dem Körper enge anliegt und am Vorder- pole keinen deutlich wahrnehmbaren Schnabel bildet. An der Geissel- basis befinden sich zwei kleine contractile Vacuolen, die abwechselnd pulsiren. Sie liegen in einem kleinen, farblosen, meist runden Abschnitt am Vorderende. Im Uebrigen ist der Körper grün gefärbt, nur in der Mitte wird diese Färbung lichter; und man kann dann durch diese scheinbare Lücke den kleinen runden Zellkern oft ohne Anwendung von Färbungsmethoden. deutlich bemerken. Vergl. Fig. 1. In der vorderen Körperhälfte liegt ein rothbraunes, lineales Stigma, das sich in der Richtung der Längsachse des Körpers erstreckt. In ihr befinden sich constant und ausnahmslos bei allen im Freien lebenden Individuen zwei wohlentwickelte Pyrenoide, eines vor dem Zellkerne, das andere hinter demselben. Sie bestehen aus einem durch Hämatoxylin färbbaren Kerne, welcher von einer mehr oder weniger starken Stärkeschicht umhüllt ist. Schon bei oberflächlicher Betrachtung erscheint der Körper, namentlich wenn er sich bewegt, der Länge nach grün gestreift zu sein. Die einzelnen Streifen sind an den beiden Seiten des Körpers schwer zu bemerken, werden in der Mitte deutlicher und laufen besonders klar über die sonst helle Lücke oberhalb des Zellkernes hin. Eine nähere Untersuchung zeigt, dass diese Streifung durch die Form des Chloroy.hylikörpers bedingt ist. Derselbe besteht aus 12 bis 24 schmalen, eng aneinanderliegenden Bändern, welche sich am Hinterende vereinigen, von da aus oft in geringer spiraliger Drehung über den Körper sich hinziehen und, bevor sie den Vorderpol erreicht haben, frei endigen. Vergl. Fig. 2, 5, 6. Der Rand dieser Bänder ist gelappt, oft sind sie durch Seitenzweige mit einander ver- bunden, theilen sieh oder scheinen unterbrochen zu sein; vergl. Fig. 5 und 8. Die Scheitelansicht (Fig. 3 und 7) zeigt, üass sie nach innen sich verschmälern, also im Querschnitt die Gestalt eines Trapezes besitzen. Oft findet man denselben aber auch länglichrund bis kreis- 1) Vergl. Goroschankin, Beiträge zur Kenntniss der Morphologie und Systematik der Chlamydomonaden I. u. II. Bull. Soc. imp. Natur. Moscou 1890 und 1891 Nr. 1. Flora 1893, 2 18 förmig. Auch scheinen sie mir nicht überall gleich weit in das Innere des Körpers hinein zu ragen; vergl. die etwas schematisirte Fig. 11 und 3 und 4. Nur vornen und hinten schliessen sie sich an die beiden axialen Pyrenoide an, treten aber in der Mitte etwas zurück, so dass eine der Länge nach mit durchbrochenen Wänden versehene Höhlung entsteht, in welcher der runde vom Plasma umgebene Zellkern liegt. Eine gleiche Bildung des Chromatophors ist bis jetzt meines Wissens an keiner anderen Flagellate gefunden worden. Goroschankin!) beschreibt einen Chlamydomonas Steinü, welcher nur mit einem hinter dem Zellkerne liegenden Pyrenoide versehen ist, und welches eben- falls gestreift erscheint. Diese Streifung rührt nach Goroschankin daher, dass das kelchförmige Chromatophor auf der Aussenseite Aus- wüchse in Längsreihen geordnet aufweist, so dass der Querschnitt des Chlorophors einen geschlossenen Ring mit Warzen auf der Aussen- seite darstellt. Ich gab mir vielfach Mühe eine ähnliche Bildung bei vorliegendem Flagellate nachzuweisen. Doch überzeugte ich mich immer, dass kein geschlossener Cylinder vorliegt, sondern die Wände der Länge nach durchbrochen sind, wobei die einzelnen Streifen dann und wann ana- stomosiren. Das Chlorophor wird dadurch demjenigen von Chlamy- domonas reticulata Goroschankin ähnlich, welches jedoch von anderer Körpergestalt und ohne Pyrenoide ist.) Auch Chlamidomonas grandis Stein?) —=? Chlamydomonas obtusa Cienkowski*) zeigt eine deutliche Streifung. Woher diese rührt, ist nicht zu entscheiden, da Stein keine nähere Beschreibung des Chro- matophors gegeben hat.) Jedenfalls ist Chlamyd. grandis Stein ausser durch die bedeutendere Grösse und die mehr eylindrische Gestalt 1) Vergl. Goroschankin]. ce. 2) Goroschankin |. ce. 3) Stein, Der Organismus der Infusionsthiere III, erste Hälfte, Einleitung und Tab. XV Fig. 48-50. - 4) Cienkowski, Bot. Zeitg. 1865 pag. 21 u. Tab. I. Chlamydomonas obtusa, welches A. Braun in „Beobachtungen über die Erscheinungen der Verjüngung in der Natur“ pag. 230 Anm, beschrieben hat, scheint mir von der von Cienkowski beschriebenen Form gleichen Namens verschieden zu sein. Denn ausser dass jener Form ein Schnabel vollständig fehlt, ist bei ihr gewöhnlich bloss 1 Pyrenoid hinter dem Zellkerne vorhanden, wozu noch ein Stigma fehlt. Vergl. über den letzten Punkt die Bemerkung Goroschankin’s 1. c. bei der Beschreibung von Chlamyd. Steinii. 5) Soviel ich mich erinnere, erklärt Stein in der Einleitung zu seinem Infusorienwerke die Streifung als eine Eigenschaft der Zellhaut. .19 schon dadurch unterschieden, dass es einen deutlich entwickelten Schnabel trägt. Zudem kommen bei alten Individuen oftmals mehr als zwei Pyrenoide vor, die dann regellos über den Körper zerstreut sind, oder auch bloss ein einziges hinter dem Zellkerne. Dieses ist bei unserer Flagellate, wie sie im Freien gefunden wird, nie der Fall; und wenn bei längerer Cultur zuweilen mehrere Pyrenoide in einem Individuum auftreten, so sind sie nicht regellos über den Körper zerstreut, so lange der Körper seine typische länglich runde Gestalt nicht verloren hat. Die Bewegung der Schwärmer besteht, wie bei den meisten Chlamydomonadineen in einer Rotation des Körpers um seine Längs- achse. Zugleich dreht sich der ganze Körper in einer Schraubenlinie um die ideale Achse seiner Bewegungsrichtung, und zwar den Vorderpel etwas nach auswärts gerichtet. Die Bewegung ist jedoch meistens langsam und träge. Dieser schwärmende Zustand ist nun nicht der gewöhnliche, in welchem man die Alge findet. Das Schwärmen dauert nämlich nur kurze Zeit oder kommt häufig, wie wir sehen werden, gar nicht zu Stande. Dann sinkt der Körper auf den Grund des Wassers nieder, oder setzt sich an Holz, Moos etc. an. Hier fängt nun die Zellhaut an zu verschleimen (scheint aber wenigstens im Freien und in der ersten Zeit bei Culturen von innen immer wieder neu gebildet zu werden), so dass ein breiter Gallerthof um jedes Individuum entsteht; vergl. Fig. 7, 12, 13, 29. An eine Ausscheidung des Schleimes durch die Zellhaut, wie es bei den Desmidiaceen der Fall ist, kann “ desshalb nicht gedacht werden, weil die Gallerte, wenn man sie mit Methylenblau oder besser mit Diamantfuchsin färbt, deutlich aus parallelen, rund um den Körper laufenden Schichten zusammengesetzt ist. Fig. 29, 12. Eigenthümlich ist dabei, dass dieser Hof meistens weit vom Körper absteht. Häufig wurde sowohl im Leben als nach Tödtung durch Osmiumsäure gesehen, dass die Geisseln noch vor- handen waren. Oft waren sie gänzlich im Hofe eingeschlossen, oft ragten sie durch’ die Hülle hindurch, Fig. 7, und zeigten immer, so oft sie lebend beobachtet werden konnten, eine langsame Bewegung. Dadurch, dass sich dann andere, ebenso beschaffene Individuen daneben niederlassen und durch die gleich zu beschreibende Vermehrung, verklebt die schleimige Gallerte der einzelnen Individuen zu einer ausgedehnten, palmellen- (Tetraspora) artigen Gallertmasse, welche Holz, Moos, die Wände des Culturgefässes überzieht, ja sogar, wie einmal in einem Brunnen zwischen Rechtenbach und St. Peter bemerkt 2% 20 wurde, wallnussgrosse, am Grunde angewachsene, hohle Blasen bildet. Die einzelnen Individuen sind jedoch nur sehr lose miteinander ver- klebt. Um sie zum grössten Theile von einander zu trennen, genügt ein kräftiges Schütteln des Wassers. Dabei scheint die leicht zer- fliessliche Gallerte durch die Bewegung des Wassers aufgelöst zu werden, denn der grösste Theil der Individuen wird befreit und schwärmt einige Zeit, selbst bis,2 Tage umher. Doch meist nach Verlauf eines halben Tages hat man wieder die frühere palmellenartige Masse. Fig. 29. Dieser letztgenannte Zustand ist desshalb entschieden die Haupt- vegetationsform der Alge und kein vorübergehender Entwickelungs- zustand. In ihm wurde sie immer und an den verschiedensten Orten gefunden, in ihm verharrt sie die längste Zeit ihres Lebens. Nur junge Individuen — und diese nicht alle — sah ich von Zeit zu Zeit freiwillig ausschwärmen, und nie dauerte dieses Schwärmen lange Zeit. Diese Vegetationsform hat nun grosse Aehnlichkeit mit derjenigen, durch welche Alexander Braun!) die Gattung Gloceococcus charak- terisirt hat. Auch die Form der Zellen unserer Species ist eine länglich runde. Freilich unterscheidet sie sich schon durch die Zwei- zahl der Pyrenoide von allen 4 in dieser Gattung aufgestellten Arten.?) Stein°) bestreitet die Selbständigkeit der Gattung Gloeococeus und hält sie für eine Entwicklungsform von Tetraspora Link. Dieses ist . jedoch bei unserem Organismus sicher nicht der Fall. Denn abgesehen davon, dass es mir bei der langjährigen Beobachtung kaum ent- gangen wäre, und ich an einigen Fundorten nie eine Tetrasporaspecies entdecken konnte, weicht schon die Grösse, Form und die innere Beschaffenheit der Zellen von der beschriebenen Entwickelungsform der Tetraspora vollständig ab. Wenn sich dieses nun auch bei den andern Formen von Gloeococeus A. Br. ergeben würde, so dass diese Gattung vielleicht neben Chlamydomonas Ehrbg. beizubehalten wäre, was mir jedoch nicht wahrscheinlich erscheint, so müsste unsere Flagellate zu ihr gerechnet werden. Chlam. Kleinii bildet ein Uebergangs- glied von gewissen Palmaellaceenarten zur Gattung Chlamydomonas. ‚Cultivirt man unsere Alge längere Zeit in offenen Gefässen, welche vor direetem Sonnenlichte geschützt sind, und ernährt sie 1) Alexander Braun in seinen „Beobachtungen über die Erscheinung der Verjüngung in der Natur“ pag. 169, 2) Vergl. De Toni, Sylloge Algarum pag. 557. 3) Stein, 1. c. Einleitung. 21 mittelst einer der von Sachs?) oder Klebs?) vorgeschlagenen Nähr- flüssigkeiten, so erfährt Ohlamydomonas Kleinii beträchtliche Verände- rungen, welche nie an frisch gesammeltem Material beobachtet wurden, Zuerst vergrössern sich die Pyrenoide, worauf eine Vermehrung der- selben eintritt. Und zwar scheint mir dieses durch Theilung, nicht durch Neubildung zu geschehen. Denn die neuen Pyrenoide entstehen nicht an beliebigen Stellen des Körpers, sondern immer nur direct neben den alten. Sie sind im Anfange sehr klein und mit dem ursprünglichen verwachsen, so dass sie gleichsam Auswüchse der letzteren zu sein scheinen; Fig. 9. Erst wenn sie vollkommen herangewachsen sind, tritt eine Trennung ein; Fig. 10. Dabei zerstreuen sich die Pyrenoide nicht regellos über den ganzen Körper, wie es z.B. Cienkowski?) und Stein) für Chlam. grandis gezeichnet haben, so lange nicht eine vollständige Deformation des Körpers eintritt. Sie behalten immer die symmetrische Stellung zum Zellkern. Häufig sieht man nur ein Pyrenoid verdoppelt, meistens nur das hintere. Solche Zellen ver- lieren immer ihre Geisseln, was übrigens nach und nach bei allen eintritt. Zudem fangen sie nun auch an sich abzurunden, man sieht dann oft rund gewordene Zellen, welche noch in ihrer früheren eylindrischen Hülle liegen; Fig. 8 und 14. Die Gestalt der Chro- matophoren ist noch dieselbe, doch sind die Bänder oft nur schwer zu bemerken. Ein Stigma kann häufig noch mit Sicherheit nachge- wiesen werden. Die Pyrenoide haben zum centralen Zellkerne die verschiedensten Lagen, häufig jedoch sind sie noch symmetrisch, die Geisseln fehlen immer. Der helle Fleck am Vorderpol mit den contractilen Vacuolen sind anfänglich noch vorhanden, später ver- . schwinden sie. Eine Zellhaut scheint häufig, aber nicht immer zu fehlen. Denn die meisten solcher abgerundeten Zellen zeigen amöboide Gestaltsveränderungen, welche sehr langsam von statten gehen und erst nach längerer Beobachtung bemerkt werden. Fig. 18 bis 21 zeigen zwei Tochterzellen in der gemeinsamen Mutterzellhaut und ihre Gestaltsveränderungen nach Verlauf einer halben, ganzen und wieder einer ‚halben Stunde. Geisseltragende Zellen, welche nach Verlust der Geisseln in diesen Zustand überzugehen im Begriffe sind, haben vielfach eine vornen abgerundete und hinten zugespitzte Gestalt; Fig. 16. Theilungsvorgänge konnte ich bei solchen membranlosen 1) Sachs, Pflanzenphysiologie pag. 842. 2) Klebs, Wassernetz, Flora 1890. 8) Cienkowski,l. e. Tab. I Fig. 33, 4) Stein, l. c. Tab. XV Fig. 49. 22 Zellen nie nachweisen, während abgerundete, aber noch mit einer Membran versehene Zellen sich noch theilen, wenn dieses auch selten geschieht. Die Grösse schwankt beträchtlich von 24 ı im Durchmesser bis zu Formen von 65. (Mikrogonidiengrösse). Ob diese kleinen Zeilen durch fortgesetzte Teilung runder Zellen entstanden sind, oder ob es Mikrogonidien sind, die nicht .zur Copulation gelangten, konnte nicht mit Sicherheit ermittelt werden, doch scheint mir beides vorzu- kommen. Culturen dieser Art erhielten sich beliebig lange, zeigten jedoch keine Veränderung mehr, namentlich gelang es mir auf keine Weise wieder cylindrische, schwärmende Formen hervorzurufen, Ich komme nun zur Vermehrung. Es wurde wie bei allen Chlamydomonaden Makro- und Mikrozoogonidien beobachtet. Die Zellen theilen sich nur im ruhenden Zustande und nach Verlust der Geisseln. Zuerst wird die Gestalt der Chromatophoren undeutlich, die Bänder scheinen in eine Menge von dicht gelagerten Körnern zu zerfallen; die Pyrenoide werden unsichtbar. Hierauf beginnt der Körper von aussen her sich der Quere nach mitten durch die etwas verlängerte helle Lücke oberhalb des Zellkernes durchzu- schnüren, und zwar so, dass die Zellhaut sich nicht mittheilt; Fig. 22, 24 bis 28. Der Protoplasmakörper solcher sich theilender Individuen zieht sich etwas von der Zeilhaut zurück und zeigt eine wellige Contur. Bei den vielen Theilungszuständen, welche ich beobachten konnte, trat immer nur zuerst Quertheilung ein, nie wurde eine Längstheilung beobachtet, so dass mir letztere ganz ausgeschlossen erscheint. Dadurch nimmt unser Organismus wieder eine ganz aus- gezeichnete Stellung unter den Chlamydomonaden ein. Denn nach Bütschli?) ist bei ihnen Längstheilung Regel, nie wurde nur Quer- theilung beobachtet, während beide Theilungsmodi zugleich nur in wenigen Fällen vorkommen; doch selbst bei diesen scheint die Quer- theilung bei genauerer Betrachtung als eine Modification der Längs- theilung aufgefasst werden zu müssen, Bei unserer Form liegt nun entschieden ausnahmslos’ eine Quertheilung vor. Eine‘ Täuschung ist schon durch die ceylindrische Form des Körpers ausgeschlossen, be- sonders da die helle Stelle am Vorderpol noch beim Beginn der Theilung wohl zu bemerken ist. Eine Vermehrung der einzelnen Organe vor der Theilung konnte bis jetzt nicht wahrgenommen werden. Die Pyrenoide, die vor der Theilung so deutlich hervortraten, sind nicht mehr zu bemerken, erst nachdem die Durchschnürung vollendet 1) Bütschli, Protozoa in Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs, 1889, pag, 746. 23 x ist, treten sie verkleinert wieder auf, und zwar zuerst bloss eines. Und nun liegen sie nicht mehr vor und hinter dem Zellkerne (vom ursprünglichen Individuum aus gerechnet), sondern links und rechts, d. h. also die Pole des ursprünglichen Individuums sind nicht mehr Pole der Sprösslinge, sondern kommen auf die äusseren Seiten derselben zu liegen. Zuletzt entwickeln sich die Geisseln. Selten nur bleibt es bei einer solchen Zweitheilung, meistens theilen sich die Tochterindividuen wieder. Der Eintritt dieser zweiten Theilung ist sehr verschieden. Oft geht die Theilung (namentlich bei Tage) sehr langsam vor sich, so dass sich die Produkte der ersten Theilung erst dann wieder theilen, wenn sich die Pyrenoide schon wieder vollständig entwickelt haben, oft aber beginnt die zweite Theilung schon, wenn kaum die Querwand der ersten vollendet ist. In jedem Falle aber ist sie. vom Mutterorganismus aus gerechnet eine Längstheilung, in Bezug also auf die Hälften der ersten Theilung wieder eine Quertheilung.‘ Und zwar wechseln auch jetzt die Pole wieder, so dass bei den 4 entstandenen Tochterindividuen die Vorderenden in die Mitte der Mutterzelle zu liegen kommen; Fig. 28. Häufig tritt bei der zweiten Theilung eine Unregelmässigkeit ein, welche bei der Entstehung der Mikrogonidien, wie mir scheint, fast zur Regel wird. Der eine der beiden Sprösslinge der ersten Theilung halbirt sich nämlich viel rascher als der andere, ja ist sogar häufig schon vollständig getheilt, während der andere noch gänzlich unge- theilt erscheint; Fig. 22. Welcher dieses ist, der aus der vorderen Hälfte oder aus der hinteren hervorgegangene, konnte ich nicht mit Sicherheit bestimmen. Die Ursache jedoch dieses ungleichen Ver- haltens scheint mir darin zu liegen, dass die durch die erste Quer- theilung entstandenen Hälften nicht vollständig kongruent sind; die vordere z. B. enthielt ursprünglich die helle Geisselbasis, die con- tractilen Vacuolen, was der hinteren fehlte, die letztere dagegen mehr Chlorophyll. e Selten treten bei der Bildung von Makrozoogonidien Theilungen auf, die über die Vierzahl hinausführen; einigemale wurde eine Achttheilung beobachtet. Ueber die Lage der dritten Theilungsebene kann noch nichts Sicheres angegeben werden, doch scheint sie wieder auf der zweiten senkrecht zu stehen. Alle diese so entstandenen Zellen sind von der sich immer mehr und mehr erweiternden Mutterzelllaut umgeben; sie erhalten die Geisseln noch innerhalb derselben, bewegen sich oft auch schon etwas und werden durch das Zerfliessen derselben frei. Häufig schwärmen 24 sie nun nicht aus, sondern gehen direct in den oben geschilderten Ruhezustand über. Fig. 13 stellt 4 Tochterindividuen vor, welche schon innerhalb der Mutterzellhaut Gallerthöfe um sich gebildet haben. Solche Zellen kommen also wahrscheinlich nie zum Schwärmen, und für sie ist der vorhin geschilderte Palmellenzustand der einzig vor- kommende.‘ Häufig sieht man auch, dass schon innerhalb der Mutter- zellhaut die Tochterindividuen sich wieder theilen, wodurch dann die von Cienkowskit) geschilderten Gloeocystiszustände entstehen. Ich komme nun speciell zur Bildung der Mikrogonidien. Auch hier begann die Theilung immer mit einer Quertheilung. Doch bevor diese vollendet war, erfolgte in einem Falle die oben geschilderte zweite Theilung. Dann traten fast simultan weitere Theilungen auf, bei welchen ein bestimmtes Schema noch nicht zu erkennen war. In allen anderen vielfach beobachteten Fällen traten fast zu gleicher Zeit mit der beginnenden Quertheilung weitere Theilungen ein, so dass der Körper in Segmente zerfiel, wie sie in Fig. 17 und 23 ab- gebildet sind. Es scheint mir, dass diese Theilungszustände sich folgendermaassen auf die bekannten zurückführen lassen. Das ur- sprüngliche Individuum theilte sich zuerst in zwei Stücke durch Quer- theilung, von welchen das eine, wie es bei der Makrogonidienbildung vorkommt, ein rascheres Theilungstempo einhält, wie das andere. Während letzteres desshalb ungetheilt bleibt, fängt das erstere an, vom inneren Rande aus der Länge nach sich zu spalten. Doch bevor diese Spaltung auch nur zur Hälfte vollendet ist, erfolgt schon wieder eine zweite Quertheilung, so dass von den drei entstandenen Quer- segmenten nur das mittlere der Länge nach getheilt erscheint. Bei dem untersten Segmente in Fig. 17 ist desshalb die Längstheilung gleichsam unterdrückt, und es beginnt sich wieder der Quere nach zu theilen. Weiter konnte bis jetzt der Theilungsprozess bei der Raschheit der Aufeinanderfolge der einzelnen Theilungen nicht ver- folgt werden, besonders da auch Theilungen senkrecht zur optischen Achse eintreten, die schwer zu bemerken sind. In allen beobachteten Fällen trat die Mikrozoogonidienbildung gegen Abend ein, bis Mitternacht war die Theilung vollendet. Die ursprüngliche Zelle hatte sich in einen regellosen Haufen von 32 bis 64 Zellehen aufgelöst, welche von der nicht erweiterten Mutterzellhaut eng umschlossen waren; Fig. 37. Die Schwärmer fingen bei Tages- anbruch an, sich in ihrer Hülle zu bewegen, meist zerstreuten sie sich sogleich nach allen Riehtungen, und es gelang mir bis jetzt nicht, » Cienkowski,l. c. 25 eine Copulation sicher von Anfang bis zu Ende zu verfolgen. Zu- stände, welche auf eine Copulation einer Mikrogonidie mit einer ab- gerundeten Zelle hindeuten, wurden einmal beobachtet; vergl. Fig. 38, 39 und 41 und die Figurenerklärung. Einigemale wurden auch Zygoten mit braunrothem Inhalte und dicker, glatter Haut aufgefunden. Dass diese unserem Organismus angehörten, ist mir zweifellos, da die betreffende Cultur ausser Pilzen, Infusorien und Palmellen (Scenedes- mus) keine anderen Organismen enthielt. Die Grösse der Mikrogonidien ist gewöhnlich 6 in der Länge und 4, in der Breite. Sie sind ebenfalls cylindrisch bis länglich rund und tragen am Vorderpol, der meistens etwas zugespitzt ist, zwei feine Geisseln. In der vorderen Körperhälfte ist ebenfalls ein lineales Stigma, die Geisselbasis ist farblos, der übrige Körper schwach grün gefärbt. Die Gestalt der Chromatophoren konnte desshalb nicht ermittelt werden; Streifung jedoch scheint keine vorhanden zu sein. Zwei contractile Vacuolen glaube ich constatirt zu haben. Die Mikro- gonidien haben ebenfalls zwei zum Zellkerne symmetrisch liegende Pyre- ‚noide, jedoch sah ich häufig auch solche mit nur einem, welches mir am zugespitzten Vorderpole, also vor dem Zellkern zu liegen schien. Zugleich waren solche Exemplare etwas kleiner und zeigten eine grössere Zuspitzung am vorderen Ende. Alle Mikrogonidien waren mit einer dünnen Zellhaut versehen. Ich kann nicht unterlassen, zum Schlusse noch eine Erscheinung zu erwähnen, welche ich zweimal zu beobachten Gelegenheit gehabt habe. Bei einer geissellosen Zelle von länglich runder Gestalt sah ich das Plasma von einer feinen Zellhaut umgeben langsam aus der alten Zellhaut austreten, welche leer daneben liegen blieb; vergl. Fig. 30 bis 36. Das Herauskriechen dauerte immer 2 bis 3 Stunden. Das Chromatophor war undeutlich, die Pyrenoide waren vorhanden, auch Zellkern und Stigma konnten wahrgenommen werden. Während des Herauskriechens vergrösserte sich die Zelle und begann dann der Quere nach in zwei Theile sich zu theilen, so dass je ein Pyrenoid, die sichtbar blieben, in jede Hälfte zu liegen kam. In einem Falle, der gezeichnet vorliegt, konnte die Theilung nicht bis zur vollen Aus- bildung der Tochterzellen verfolgt werden, im zweiten jedoch ent- standen zwei geissellöose, abgerundete Zellen, wie sie oben be- schrieben sind. Mannheim, den 9. December 1892. 26 Figurenerklärung zu Tafel IL Die meisten Figuren sind nach lebenden Exemplaren gezeichnet, oder solchen, welche frisch mit Osmiumsäure, getödtet waren. In Figur 7, 12, 13 und 16 sind dazu die Gallerthöfe leicht mit Diamantfuchsin gefärbt; Figur 29 ist nach einem Glyceringelatinepräparat, bei welchem die Individuen mit Jod-Jodkalium getödtet und die Gallerte stark mit Methylenblau gefärbt war; Figur 5, 6 und 8 nach Glyceringelatinepräparaten gezeichnet. Fig. 1. Chlamydomonas Klein n. sp., ein schwärmendes Exemplar. Vergr. 500. Fig. 2. Wie oben, 1000fach vergr. Fig. 3. Optischer Querschnitt in der Gegend des Zellkerns. 1000. Fig. 4 Dessgleichen durch das vordere Pyrenoid; 1000 fach. Fig. 5 und 6. Schwärmende Exemplare nach Tödtung durch Osmiumsäuredämpfe, in Glycerin gelegt. Vergr. 700. Das Protoplasma ist etwas contrahirt. Fig. 7. Ein ruhendes Exemplar, die Geisseln durchbrechen die Gallerthülle. Vergr. 500. Fig. 8. Ein in den Ruhezustand übergegangenes rundes Exemplar mit elliptischer Gallerthülle. 700 mal. Fig. 9 und 10. Ruhende Exemplare ohne Geisseln; die Gallerthöfe sind nicht gezeichnet. Vergr. 500. Fig. 11. Optischer Längsschnitt. 500 mal. Fig. 12. Ruhendes Exemplar mit doppelter Gallerthülle. 500 mal. . Fig. 13. Die Tochterzellen haben beim Verlassen der Mutterblase schon wieder Gallerthöfe. Vergr. 500. Fig. 14. Die abgeründete Zelle‘zeigt noch ein deutliches Stigma und contractile Vacuolen. 500. Fig. 15. Ein Exemplar welches einen farblosen Fortsatz ausgestreckthat. Verg. 500. Fig. 16. Ein ruhendes Exemplar, das im Begriffe steht, sich abzurunden. 500. Fig. 17, 28, 37. Mikrozoogonidienbildung. Vergr. 700. Fig. 18 bis 22. Amöboide Gestaltsveränderungen. Vergr. 500. Fig..22, 24 bis 28. Makrozoogonidienbildung. Ausser in Fig. 22 sind aufeinander- folgende Theilungszustände derselben Zelle dargestellt. Fig. 24 6h Morgens, Fig. 25 8h morgens, Fig. 26 12h mittags, Fig. 27 4h nach- mittags, Fig. 28 8h morgens am folgenden Tage. Vergr. 500, Fig. 29. Stück der palmellenartigen Gallertmasse. Vergr. 500. Fig. 30 bis 36. Aufeinderfolgende Zustände eines Exemplars, welches die alte Zellhaut verlassen hat und sich zu theilen beginnt. Der Vorgang dauerte 8 Stunden. Vergr. 500. Fig. 38 bis 41. Copulation einer Mikrozoogonidie mit einer ruhenden Zelle. Die Zellhaut der letzteren löste sich auf. Fig. 38 morgens 9b, Fig. 39 morgens ilh, Fig. 40 nachmittags 2h, Fig. 41 drei Tage später. Die entstandene Zygote ist tief dunkelgrün. Fig. 42. Mikrozoogonidien. Zwei Vorlesungsversuche. Von F.Noll, I. Die Wirkung der Florideenfarbstoffe auf das Auge. Wer die sehr reine und oft sehr zarte Rosafärbung mancher mariner Florideen zu bewundern Gelegenheit hat, wird den erhaltenen Sinneseindruck nur widerstrebend mit der wissenschaftlich festgestellten. Thatsache in Einklang zu bringen vermögen, dass in den Chromato- phoren dieser Pflanzen neben dem rothen Farbstoff auch noch ein grüner, das bekannte Chlorophyll, enthalten sein soll. Besonders bei der mikroskopischen Betrachtung zeigen sich die einzelnen Farbstoff- körper in den Zellen oft so äusserst rein und blassrosig in der Farbe, dass das forschende Auge ganz vergebens nach einer Spur der grünen Beimischung sucht. Steht der Docent vor der Aufgabe, seinen Hörern die wichtige Thatsache darzulegen und einzuprägen, dass die Kohlensäure-Assimi- lation und der Chlorophylifarbstoff sich in den Pflanzen so zu be- gleiten pflegen, wie zwei Dinge, welche causal zusammenhängen, so wird er bei dem Hinweis auf den Chlorophyligehalt der Florideen immer stille Zweifler vor sich haben, welche die Anwesenheit des Blattgrüns in diesen Algen nicht mit der Wahrnehmung ihres Farben- sinnes zu vereinbaren vermögen. Der Studirende ist aber gerade bei dieser wichtigen Thatsache der Pflanzenphysiologie darauf angewiesen, sich seine Ueberzeugüng an der Hand der verhältnissmässig wenigen Hinweise zu bilden, welche ihm der Vortragende als Belege anführt. Eigentliche Beweise dafür können ihm nicht gegeben werden, denn die Rolle, welche das Chlorophyll bei der Assimilation spielt, ist in ihren causalen Bezieh- 28 ungen noch völlig unbekannt. Ein einziger unzweifelhaft festgestellter Fall, in welchem die Kohlensäure-Assimilation auch ohne Chlorophyll vor sich ginge, würde das Gewicht sämmtlicher übrigen Fälle auf- heben, welche wir für die augenscheinliche Nothwendigkeit des letz- teren für diese Art der Ernährung geltend machen können.!) Bei dieser Lage der Dinge ist es von ganz besonderer Wichtig- keit, dass dem Studirenden die Anwesenheit des Chlorophylis in den prächtig rothen Florideen fasslich und verständlich gemacht werde. Es wird daher an der Hand eines elementaren optischen Versuches zu zeigen sein, dass eine thatsächlich vorhandene grüne Färbung durch rothviolette Farbentöne dermaassen zum Verschwinden gebracht werden kann, dass wir keine Spur mehr davon wahrzunehmen ver- mögen. Die folgende sehr einfache Vorrichtung genügt schon, das, worauf es hier ankommt, in beweiskräftiger Form zu demonstriren. Eine aus gewöhnlichem grünem Glase geblasene Flasche dient als Trägerin der grünen Farbe. Der rothviolette Farbstoff, eine verdünnte,. wässerige Auflösung von übermangansaurem Kali, wird in geeigneter Concen- tration in die Flasche eingegossen, bis sie dieselbe etwa zur Hälfte oder zu zwei Dritteln füllt. Ist der Gehalt der Lösung richtig aus- probirt worden, so sieht man beim Durchblick durch den unteren Theil der Flasche keine Spur der grünen Färbung mehr; man glaubt vielmehr eine blass rosafarbene Lösung in einem ganz farblosen, sog. weissen Glase vor sich zu haben. Um die Farbentöne ganz rein und frei von subjecfiven Neben- empfindungen zu sehen, empfiehlt es sich, die dem Beschauer zu- gewandte Seite der Flasche mit einem Bogen schwarzen Papiers zu 1) Die zuweilen in gegentheiligem Sinne angeführten nitrificirenden Bacterien von Hueppe (Tageblatt der 60. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, Wiesbaden 1887 p. 244) und die Nitromonaden Winogradsky’s (Ann. de Tinst. Pasteur 1890/91) ändern an dem oben angeführten Erfahrungssatz nicht das Min- deste. Wie Hueppe von einer Chlorophylifunction ohne Chlorophyll, von einer Verarbeitung von „Kohlensäure“ sprechen kann, da seine Bakterien kohlen- saures Ammoniak in Ammoniak, Aldehyd und Sauerstoff spalten sollen, ist mir nicht erklärlich. Kohlensaures Ammoniak mit seinen zwei Atomen Stickstoff und acht Atomen Wasserstoff neben CO, kann doch nicht mit Kohlensäure identificirt werden. Auch die Ernährungsthätigkeit der Winogradsky’schen Nitromonaden kann, wie W. übrigens selbst hervorhebt, gar nicht mit der Kohlensäure-Assi- milation grüner Pflanzen verglichen werden. Diese Organismen verarbeiten keine freie Kohlensäure, es wird kein freier Sauerstoff abgeschieden und der ganze Ernährungsvorgang findet auch in tiefer Finsterniss statt. 2% überkleiden!}, in welchem zwei Löcher die Durchsicht durch den oberen leeren und den unteren gefüllten Theil der Flasche gestatten. Die rein rosige Färbung kommt dann weit besser zur Geltung, als. wenn man die Flasche als Ganzes vor sich hat, wobei die Gewissheit, auch unten durch das grüne Glas hindurchzusehen, den unmittelbaren Sinneseindruck zu stören geeignet ist. Die Farbe, welche man beim Durchblick durch den gefüllten Theil der Flasche gewahrt, weicht im Ton und in der Sättigung von der Färbung der angewandten Permanganatlösung ab, wobei die Farbe des Flaschenglases für das Mehr oder Minder maassgebend. ist. Die Färbung erscheint zumal viel blasser, als die der ange- wandten Lösung, deren stark blauviolette Farbe durch das Grün zu einem zarten Rosa herabgestimmt wird. Um die Veränderung zu zeigen, welche die Farbe der Parmanganatlösung bei der Auslöschung des Grüns erleidet, ist es zweckmässig, dicht neben die grüne Flasche ein farbloses Glasgefäss von annähernd gleichem Durchmesser zu setzen und dasselbe mit der gleicheoncentrirten Lösung anzufüllen. Die blasse Rosafärbung, welche durch den unteren Theil der grünen Flasche durchscheint, entspricht in ihrem Zustandekommen ganz dem der natürlichen Färbung der Florideen, was sich beim Ent- mischen der Chromatophorenfarbstoffe dieser Pflanzen überraschend schön kundgibt. Lässt man nämlich eine blass rosa gefärbte Floridee: in süssem Wasser absterben, so tritt ein intensiv blaurother Farb- stoff aus den Ohromatophoren in den Zellsaft über, während das zurückbleibende Chlorophyll die Farbstoffkörper nun zart grün her- vortreten lässt. Der beigesellte intensiv blaurothe Farbstoff hatte das Grün für unser Auge hier auch völlig ausgelöscht, war dabei aber in das blasse Rosa, wie es die lebendige Pflanze zur Schau trug, abgetönt worden. Es muss natürlich besonders betont werden, dass es sich bei diesen Farben-Eindrücken immer nur um Wirkungen auf unser Auge handelt, und dass die physiologischen und psychologischen Vorgänge, welche unserem Farbensinne zu Grunde liegen, also rein subjective Momente, bei diesen Wahrnehmungen ausschlaggebend sind. Es ist nur eine Eigenthümlichkeit unserer Gesichtswahrnehmungen, dass die Mischung sämmtlicher Farben des Sonnenspectrums uns weiss, d. h. farblos erscheint, und dass auch schon das Zusammenwirken Pr 1) Die abgewandte Seite bleibt natürlich der Beleuchtung wegen und zur Uebersicht über die Versuchsanordnung offen. :30 nur zweier gewisser Farben beide im Eindruck des Weiss aufgehen lässt. Mit dem Sonnenlicht strahlen alle Farben des Spectrums that- sächlich in unser Auge ein und nur an unserem Gesichtssinne liegt es, dass wir dabei keine einzige von allen wahrnehmen. Genau so verhält es sich mit denjenigen reinen oder. Mischfarben des Spectrums, welche man als „Complementärfarben“ bezeichnet. Auch sie sind im Stande, sich gegenseitig in unserer Empfindung vollkommen auszu- löschen, d.h. bei ihrem Zusammenwirken als Farben zu verschwinden. Neben Orange und Cyanblau, Gelb und Indigo spielen rothe und grüne ‚Farbentöne eine gewichtige Rolle bei den complementären Farb- wirkungen, so Grünblau und Roth!), Grüngelb und Violett. Die beiden letztgenannten Complementärfarben interessiren uns hier in erster Linie, da Gelbgrün die vorherrschende Färbung der ‚Chlorophylikörper ist, welche bekanntlich neben dem eigentlichen Chlorophyli meist das gelbe Etiolin enthalten. Ein den Chlorophyli- ‚körpern beigegebener Farbstoff von entsprechender violetter Tönung könnte daher bei entsprechender Sättigung uns diese Chromato- 'phoren trotz ihres Chlorophyllgehaltes vollkommen farblos erscheinen lassen. Entsprechen sich die Sättigungsgrade nicht genau, so wird -die vorherrschende Farbe allein, aber bedeutend abgeschwächt, zur Geltung kommen; sind dagegen die zusammenwirkenden Farben- tönungen nicht genau complementär, so werden sie zusammen nicht weiss liefern, sondern einen mit weiss gemischten, also blasseren Ton ‚einer zwischenliegenden Spectralfarbe, welche sich der überwiegenden in ihrer Spectrallage nähert, Senkt man z. B. in einem Reagiercylinder einen hellen alkoholi- ‚schen Chlorophyllauszug in ein Glas ein, welches mit einer Lösung von Kalipermanganat theilweise angefüllt ist, so erscheint beim Durch- sehen durch beide Lösungen der Chlorophyllauszug in dem kleinen -Cylinder nicht mehr grün, aber auch nicht farblos, sondern hell orange- roth gefärbt. Die bei unserem Vorlesungsversuche in Betracht kommenden Farben, das sog. Bouteillengrün des gemeinen Glases und die blau- rothe Chamäleon-Lösung kommen complementären Farben schon näher. In der That gelingt bei einzelnen Flaschen, deren Grün bläu- licher und heller ist als das der meist gangbaren Gläser, die wechsel- 1) Für reines Grün ist nach v. Helmholtz Purpur die Complementärfarbe. 31 seitige Auslöschung der beiden Farben so vorzüglich, dass man durch eine mit klarem Wasser angefüllte farblose Flasche hindurch zu sehen glaubt. Dass wir in der grünen Eisenoxydulfärbung unserer Flasche und in der, der Permanganatlösung ähnlichen Manganfärbung des Glases vollkommen complementäre Farben gefunden haben würden, beweist uns die Glasindustrie, welche von diesem Umstande ausgiebigen Gebrauch macht. Das Rohmaterial für die zum allgemeinen Gebrauch be- stimmten wohlfeileren Glassorten (Flaschenglas, Fensterglas u. s. w.) ist fast immer mehr oder minder eisenschüssig und das daraus ge- wonnene Glas würde daher ohne gewisse Zusätze mehr oder weniger intensiv grün gefärbt sein. Die Glastechnik weiss diesem Uebelstande schon seit sehr langer Zeit durch einen Zusatz von Braunstein!) zum Glasfluss zu begegnen. Man führte zwar den corrigirenden Einfluss des Braunsteins anfänglich auf die oxydirende Wirkung desselben zurück, indem man annahm, die grüne Eisenoxydulfärbung würde in die wenig auffallende gelbe Eisenoxydfärbung übergeführt. Liebig sprach dagegen zuerst die Vermuthung aus, dass es sich bei dem Braunsteinzusatz um die Farbwirkung des Maängansilikats handle, welche mit der Eisenfärbung complementär, die Farblosigkeit der Glasschmelze herbeiführe.?) Liebig’s Vermuthung ist seitdem durch zahlenmässige Berechnungen und Versuche bestätigt worden, welche zeigten, dass die kleine Menge von Braunstein, die genügen würde, um das Eisenoxydulsalz in Oxydsalz überzuführen, nicht ausreicht zur Erzielung des gewünschten Erfolges, sondern dass so viel Mangan zugesetzt werden muss, bis durch seine Farbwirkung die Eisenfärbung verschwindet.?) Ohne einer eigenen Versuchsanstellung zu bedürfen, besitzen wir in unserem „weissen* Fensterglas demnach schon ein Versuchs- ergebniss, welches uns jederzeit die Auslöschung des Grün durch Beimischung eines röthlichen Farbentones vor Augen führen kann. 1) Als noch besser wird Nickelzusatz mit etwas Kobalt empfohlen. 2) Annal. Chem. und Pharm. 90. p. 112. Liebig erwähnt dabei, dass man durch Zusammengiessen einer grünen Eisenoxydulsalzlösung und einer rothen Nickelsalzlösung eine vollkommen farblose Flüssigkeit erhalten könne. 3) Kohn, Wagner’s Jahresber. 1856. p. 163. — Dingler’s Journ. 144. p. 288. — Flagey, Wagner's Jahresber. 1870 p. 273, 32 I. Ein heliotropischer Versuch. Die Erscheinungen des Heliotropismus treten bei den Pflanzen recht häufig in so ausgeprägter Form auf und dabei sind die Beding- ungen für ihr Auftreten so leicht herzustellen, dass an Experimenten zur Demonstration dieser weitverbreiteten Reizbewegungen durchaus kein Mangel ist. Gleichwohl dürfte der nachstehend beschriebene Versuch, welcher durch seine Anschaulichkeit sich vorzüglich zur Demonstration im Hörsaal eignet, vielleicht noch einen Platz neben den gebräuchlichsten Experimenten finden. Einer der interessantesten Umstände beim positiven Heliotropismus, nämlich die genaue Ein- stellung der Endglieder heliotropischer Pflanzenorgane in die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen, wird durch diesen Versuch in besonders schöner und jeden Zweifel ausschliessenden Weise vor Augen geführt. Anderseits ist dieser Versuch so anziehend in seiner ganzen Eirschei- nung, dass der Studirende, welcher ihn einmal gesehen, so leicht nicht wieder vergessen wird. Gerade dieses letzte Moment macht ihn aber zur Demonstration besonders werthvoll. Bei der grossen Ueber- bürdung der Naturwissenschaft und Medicin Studirenden mit täglichen Vorlesungen, welche die Gedanken stündlich auf ein anderes eigen- artiges Gebiet hinüberlenken, muss der Vortragende in erhöhtem Maasse Gebrauch machen von der elementaren Wirkung sinnlich wahrgenommener Eindrücke, um sofort wieder der von ihm vorgetra- genen Wissenschaft die volle Aufmerksamkeit zu sichern und ihre Ergebnisse den vielbeschäftigten Köpfen in nachhaltiger Weise ein- zuprägen. Ist das Interesse in dieser Weise einmal wachgerufen, die ‚Neugierde und Wissbegierde einmal erregt, dann dürfen auch rein theoretische Erörterungen über den Gegenstand sicher sein, aufmerksam verfolgt zu werden. Die Einstellung orthotroper heliotropischer Organe in die Rich- tung seitlich einfallender Lichtstrahlen lässt sich bekanntlich sehr schön mit der Sachs’schen heliotropischen Kammer!) zeigen. Nach dem Aufmachen der seitlichen Thüre sieht man die Spitzen der Versuchs- pflanzen nach der Lichtöffnung hingebogen. Ueber den Grad der Genauigkeit ihrer Einstellung kann man durch Abschätzung ihrer Richtung aber nur annähernd Gewissheit erlangen, weil die geradlinige Fortsetzung des kurzen obersten Gipfeltheiles, auf den es hauptsächlich ankommt, fehlt. Um insbesondere die Richtung dieses wichtigen End- 1) Sachs, Vorlesungen II. Aufl. p. 737. 33 theiles am Spross in seiner Beziehung zur Lichtquelle klar hervor- treten zu lassen, habe ich mit Erfolg die Eigenschaft eines kleinen heliotropischen Schimmelpilzes, des Pilobolus erystallinus, sein endstän- diges Sporangium mit grosser Kraft geradlinig abzuschleudern benutzt. Die abgeschleuderten schwarzen Sporangien haften leicht und dauernd am Glas und registriren auf diese Weise selbst die Richtung, welche das Ende des heliotropischen Trägers zum Licht eingenommen hatte. Die Anzucht dieses kleinen schönen Pilzes verursacht bekannt- lich so gut wie keine Mühe. Man braucht nur frischen Pferdemist bei warmer Luft einige Tage unter einer Glasglocke feucht zu er- halten, um die Fruchtträger des Pilobolus massenhaft daraus hervor- kommen zu sehen. In völliger Dunkelheit senkrecht aufwärts gestreckt, reagiren dieselben schon auf schwache seitliche Beleuchtung durch starke Krümmungen. Der erste Versuch mit dem Pilze wurde so angestellt, dass ich über die hohe, das Substrat überwölbende Glas- glocke einen dicht schliessenden Mantel von schwarzem Papier zog. In diesem Papiermantel war an geeigneter Stelle ein kreisrundes Fenster von der Grösse eines Markstückes ausgeschnitten. Die so hergestellte heliotropische Kammer erhielt ihren Platz gegenüber einem kleinen Oberfenster, etwa zwei Meter von demselben abstehend; das Loch im schwarzen Papier war natürlich dem Lichte zugekehrt. Schon nach wenigen Tagen, an einem warmen Julimorgen, waren einzelne Sporangien an die Glaswand hinter dem Fensterchen an- geklebt und am nächsten Tag war der centrale Theil der kleinen Lichtscheibe mit Geschossen über und über bedeckt; man hörte be- ständig noch weitere anprallen. Bevor ich nun den dunklen Mantel von der Glasglocke abhob, wurde der Rand des Fensterchens in seiner bisherigen Lage mit Tusche auf die Glaswand aufgezeichnet, und dann zur genaueren Feststellung des Versuchsergebnisses geschritten. Die überwiegende Mehrzahl aller Geschosse hatte die Scheibe getroffen; es waren dabei nur einzelne am Rande derselben vertheilt, während dichte Haufen in zwei bis drei Lagen über einander im Centrum der kleinen Scheibe und dicht um dasselbe herum sassen. Aus zwei Gründen war die Sporangiummasse vom Centrum hauptsächlich etwas . nach dem unteren Rand der Scheibe verschoben: Erstens wohl durch die natürliche Senkung der Flugbahn und zweitens dadurch, dass die innere Fläche der dicken Glaswand die schräg aufwärts- gehenden Geschosse schon aufhielt, bevor diese ihr eigentliches Ziel, das Centrum des Papierfensterchens, erreichen konnten. (Vergl. die Figur auf folgender Seite.) . Flora 1893, 3 34 Ausserhalb des Scheibenrandes zeigten sich auch noch einige Sporangien zerstreut der Glasglocke anhaftend; besonders fiel das häufigere Auftreten solcher zerstreuter Projectile an der Rückwand der Glasglocke auf. Es gelang leicht, diese abweichenden Geschosse auf bestimmte Mängel der gewählten Versuchsanstellung zurück- zuführen. Die Betrachtung der Pilzeolonie zeigte nämlich, dass sehr viele Fruchtträger an den Seiten der Substratballen hervorgewachsen waren, wo sie von direkten Lichtstrahlen nicht getroffen wurden und dass sie daher auch nicht nach dem Fensterchen gerichtet werden konnten. Eine grössere Anzahl dieser war aber nach der Rückwand hingekehrt, von wo ein Reflex der Lichtöffnung sie traf. Um die genannten Missstände zu vermeiden, welche die einheit- liche Richtung der Fruchtkörper stören, wurde für den Versuch sodann eine besondere heliotropische Kammer hergestellt; sie ist etwa fol- gendermaassen beschaffen: Q Auf einen rechteckigen v_ K - Zinkteller (T) mit etwa. 2 em | hohem Rande kann ein unten offener und innen geschwärzter Zinkkasten (K) aufgesetzt wer- Felic den. Die eine Seitenwand des Kastens wird ersetzt durch #K eine dünne Glasscheibe (G), Sl welche in einen Falz von oben eingeschoben werden kann. Aussen über diese Glasscheibe schiebt sich in fr rer zweiten Falze eine innen geschwärzte Zinkblech- - \ Heliotropische Kammer für den Versuch mit fallthüre (F), welche Licht nur Pilobolus. T Zinkteller, K Zinkkasten als durch . ein etwa Markstück Übersturz, G Glasplatte, FT Blechschiceber, grosses rundes Loch in den B Substratbehälter, — alle Metalltheile im . Mi „ ringen lässt. Störend Innern des Kastens geschwärzt —, S Substrat, Kasten dringe Störende H. Bleehhalter am Schieber, zum Einsetzen Reflexe im Innern der Kam- einer parallelwandigen Glasflasche, welche mer sind damit ausgeschlossen. mit farbigen Lösungen gefüllt werden kann. Das Substrat wird in einen "(Die Originalzeiehnung ist vom Zinkogra- : : Sltan _ phen nicht ganz richtig wiedergegeben "der kleinen Zinkbehälter ®) 5° BA bracht, dessen Wände nach oberste Fruchtträger sollte beinahe wag- _, , ‘sch R recht stehen, die geplatzten weniger aufge- hinten amphitheatralisch auf- bläht sein), ‘ steigen. Dieser Form des Be- 35 hälters sich anpassend, wird das Substrat (S) nach leichter An- feuchtung in demselben zu einer einzigen, gleichförmigen Masse mit ebener, nach vorn abgeschrägter Oberfläche geformt. Alle daraus her- vorwachsenden Fruchtträger können dadurch von dem einfallenden Lichte‘ direct beschienen und nach demselben gerichtet werden. Nach- dem der kleine Substratbehälter auf den Zinkteller gesetzt ist, wird der Uebersturz darüber gestülpt und der Teller etwa 1 cm ‚hoch mit Wasser angefüllt, um die Luft im Innern feucht zu erhalten. Ein ganz luftdichter Abschluss ist nicht erwünscht, durch die Führung von Glas- und Bleehschieber in Falzen aber auch vermieden. Statt der eben beschriebenen Vorrichtung von Zinkblech kann man auch eine heliotropische Kammer, wie sie Sachs abbildet, leicht für das Experiment herrichten. Man hat nur nöthig, in die obere Wand des Holzkastens, dieht hinter der Vorderwänd, einen Schlitz einzusägen, durch welchen eine Glasplatte eingeschoben werden kann, Es muss dann aber auch für die nöthige Feuchtigkeit in dem Kasten durch entsprechende Maassnahmen gesorgt werden. Ist die heliotropische Kammer mit ergiebigem Substrat beschickt und in zweckmässiger Entfernung von einer Lichtquelle aufgestellt worden, dann findet man je nach der Temperatur in kürzerer oder längerer Zeit die ersten Sporenhaufen auf der Scheibe, denen an den folgenden Tagen ein wahrer Geschossregen nachfolgt. Schon von aussen bemerkt man, dass sich die Hauptmasse derselben um das Centrum der Scheibe gruppirt. Hat man mit Tusche die Randlinie des Fensterchens auf die Glasscheibe aufgetragen, so kann man die- selbe nun herausnehmen, Man gewinnt dann einen Ueberbliek über die ganze Fläche und kann die Scheibe mit dem darauf verzeichneten Versuchsergebniss dem Hörerkreis übergeben. Wurde der Versuch während warmer und heller Sommertage angestellt, dann wird man ausserhalb der durch den Tuschring be- zeichneten Scheibe nur ganz vereinzelte Sporangien antreffen. Diese rühren von Fruchtträgern her, welche sich nicht genau eingestellt hatten, sei es, dass sie heliotropisch weniger reactionsfähig waren, oder aber durch starke Nutationen abgelenkt wurden. Unter dem grossen Bestand von Fruchtträgern trifft man immer eine Anzahl solcher abweichender Individuen, wie man solchen auch bei Versuchen mit höheren Pflanzen immer begegnet. Dieselben können aber nicht mit den normal reagirenden Organen unter einem Gesichtspunkte zusammen betrachtet werden und dürfen bei der endgiltigen Fesstellung des Resultats, angesichts der Hauptmasse der vollkommen reagirenden *3 36 Pflanzen, nicht etwa dadurch in Betracht gezogen ‘werden, dass man sie bei der Berechnung eines Mittelwerthes heranzöge. Die Lehre, die man aus ihrem Auftreten zu ziehen hat, führt auf ein anderes Gebiet. Ueber das Verhalten der vollkommen reagirenden Fruchtträger kann bei unserem Versuch kein Zweifel herrschen. Die Gruppirung der schwarzen Sporangienhaufen in der Mitte der Lichtscheibe be- weist, dass die Spitzen der Fruchtträger nach dem Mittelpunkt des Lichtfeldes gerichtet waren. Dass sie diese Richtung so genau aufgesucht haben, indem sie die Axe des sie treffenden Strahlenkegels innehielten, zeigt aber weiterhin, dass ihre Stellung allein vom Lichte beeinflusst wurde, und nicht etwa eine Gleichgewichtslage zwischen ihrem 'Heliotropismus und ihrem Geotropismus darstellte. Ein Versuch im Dunkelraum lehrt, dass der Geotropismus der Frucht- träger unter diesen Umständen sehr stark ausgeprägt ist, so dass man eben nur die Schlussfolgerung ziehen kann, der Geotropismus erfahre durch den Lichteinfluss eine tiefgreifende Störung. Bei der fixen ‘Lichtlage dorsiventraler Laubblätter hat man diese Art der Licht- wirkung schon länger erkannt und hatte dieselbe für ein besonderes Reactionsvermögen dieser Organe angesehen. In der kleinen Schrift „Ueber heterogene Induction* versuchte ich (8. 56 und 57) zu zeigen, dass ein gleicher innerer Vorgang auch bei der Lichtlage orthotroper Organe angenommen werden muss. Der hier beschriebene Versuch mit Pilobolus gibt eine weitere Bestätigung zu dem dort Angeführten, - indem er einen Beweis dafür liefert, welcher an Deutlichkeit und Schärfe nichts zu wünschen übrig lässt. Für das gute Gelingen dieses Versuches mit Pilobolus erystallinus ist eine höhere Temperatur und eine möglichst anhaltende Belichtung sehr nothwendig. Will man von besonderen Vorkehrungen zur Er- reichung dieser Bedingungen absehen, so kann man nur im Sommer mit seinen hohen Tages- und Nachttemperaturen und seiner lang- währenden Tageshelle ganz befriedigende Ergebnisse erwarten. Im Winter ist das Licht des trüben Himmels zu schwach, seine Ein- wirkung zu kurz, als dass man bei der niedrigen nächtlichen Zimmer- temperatur ein rasches Wachsthum und vollkommen ausgeprägte Rez- bewegungen erwarten dürfte. Viele der Fruchtträger vollenden da zudem den grössten Theil ihres Wachsthums im Dunkeln oder bei äusserst schwacher Beleuchtung. Bei den im Winter angesetzten Culturen, welche gewöhnlich 14 Tage lang bis zum Erscheinen der ersten Fruchtträger im ge- heizten Zimmer stehen müssen, zeigt sich aber etwas anderes dafür 37 um so deutlicher, nämlich der fördernde Einfluss des Lichtes auf die Bildung der Fruchtträger aus dem Myzel. Die dem Fensterchen unmittelbar gegenüberliegende, am stärksten bestrahlte Gegend der Substratfläche findet man mit ausgebildeten Fruchtträgern schon dicht bestanden zu einer Zeit, wo die schwach beleuchteten Theile des Substrats äusserlich noch keine Spur der Pilzvegetation verrathen. Oft erst nach einigen Tagen erscheinen dann auch auf diesen dunk- leren Standorten die Fruchtträger und drängen sich, lang gestreckt durch Etiolement, der Lichtquelle entgegen. Zur Geschichte unserer Kenntniss der Correlationsvorgänge. Von K. Goebel. Einer der wichtigsten Fortschritte der Botanik ist unstreitig der, welcher durch Anwendung des Experimentes auf Fragen der Morpho- logie gemacht wurde; ein Fortschritt, der unmöglich war, so lange die idealistische Morphologie herrschte, die ihrerseits ihre Verdienste besitzt, aber seit 50 Jahren statt neuen Gedanken höchstens neue Namen hervorgebracht hat. Zugleich aber hat diese Richtung auch die vor ihrem Auftreten schon vorhandenen Anfänge einer experi- mentellen ‘Morphologie zurückgedrängt. Auf dieselben möchte ich hier hinweisen, und zwar speciell auf einen Forscher, der zwar sicher nicht darauf Anspruch erheben würde, zu den „Morphologen“ zu gehören, aber trotzdem auch in der Morphologie sehr bedeutende Verdienste hat. Es ist T. A. Knight. Vöchting freilich spricht ihm dieselben ab. In seiner Schrift „Ueber die Bildung der Knollen“ (Cassel 1887, Bibliotheca botanica,, Heft 4) sagt er nach einer Besprechung von Knight’s Angaben über Knollenbildung — welche, wie unten gezeigt werden soll, aber dessen Forschungen nicht ganz vollständig widergibt —: „In neuerer Zeit ist versucht worden, ihm den ersten Nachweis der sogenannten Correlationen zuzuschreiben, allein dieser Versuch beruht auf einem Irrthum. Wie schon vielen vor ihm, so war auch Knight bekannt, dass die ersten Knospenanlagen indifferenter Natur sind, und dass aus ihnen sehr ver- schiedene Produkte hervorgehen können; für die Sprossanlagen und ver- schiedenen Sprossformen der Kartoffel hat er dies, soweit mir bekannt, zuerst nachgewiesen. Allein darauf kommt es hier nicht an, sondern viel- mehr darauf, welche Ursachen es sind, die die Art der Entwickelung 39 bedingen. Wird der Wachsthumsmodus der ursprünglich gleichen Anlagen durch innere Ursachen, d. h. solche, welche im System des Organismus ihren Sitz haben, bewirkt, dann sprechen wir von Üor- relation, nicht aber wenn er von äusseren Agentien, wie Schwere und Licht abhängt. Den Nachweis solcher inneren Ursachen aber hat Knight nicht nur nicht erbracht, sondern er war von der Annahme derselben weit entfernt. Ueberall suchte er bekanntlich nach direct wirkenden Factoren, wie Schwere, Licht, Oapillar-Attraction u. s. w. Der wirkliche Beweis, dass der Modus der Ausbildung ursprünglich indifferenter Spross- und Wurzelanlagen durch innere Ursachen be- dingt wird, wurde erst durch meine Untersuchungen über Organbildung geliefert, nicht aber von Knight.“ Soweit Vöchting. Zunächst sei bemerkt, dass der von ihm als irrthümlich bezeichnete Versuch, Knight’s Bedeutung für die Kenntniss der Correlationen hervorzuheben, von mir gemacht worden ist,!) und dass ich denselben durchaus aufrecht erhalte. Allerdings war Knight ein viel zu rea- listischer Denker, um sich mit wesenlosen Abstractionen wie Vöch- tings „indifferenten Anlagen“ zu befassen, aber das kann ihm — wenigstens in meinen Augen *— nicht zum Vorwurf dienen. Sehen wir uns indess seine thatsächlichen Angaben etwas genauer an, zunächst die von Vöchting angeführten. Knight ging aus von einer sehr frühen Kartoffelvarietät, welche nicht blühte, und zwar desshalb, weil, wie er annahm, die besonders früh sich entwickelnden Knollen auch den Theil der plastischen Substanz, des „true sap“ an sich rafften, welcher sonst zur Er- zeugung von Blüthen und Samen verwendet wird. Demgemäss verhinderte Knight die Knollenbildung und zwang so die Pflanze zur Blüthen- und Fruchtbildung; ja, er war ferner im Stande, die Knollenbildung an die Stellen der Laubtriebe zu verlegen, die er dazu bestimmte. „Nach einem vergeblichen Kampf von einigen Wochen fügten sich die Pflanzen vollständig meinen Wünschen, und bildeten die Knollen an den von mir angewiesenen Stellen.“ Ich übergehe andere Versuche und führe nur folgenden Satz Knight’s an (den auch Vöchting hervorhebt): „The tuber therefore appears to differ little from a branch, which has dilated instead of extending itself, except that it becomes capable of retaining life during a longer period; and when I have laboured through a whole summer to coun- 1) Goebel, Ueber die gegenseitige Beziehung der Pflanzenorgane, Berlin 1884, S. 14 und 31. 40 teract the natural habits of the plant, a profusion of blossoms has in many instances sprung from the buds of a tuber.“ „Ihe runners also, which according to the natural habit of the plant, give existence to the tubers beneath the soil, are very similar in organisation to the stem of the plant, and readily emit leaves and become converted into perfect stems in a few days, if the current of ascending sap be diverted into them; and the mode in which the tuber is formed above and beneath the soil, is preeisely the same.“ Schon nach diesen, von Vöchting selbst angeführten Beob- achtungen Knight’s wird es nun doch wohl kaum jemand zweifel- haft sein, dass er eine gegenseitige Beeinflussung der Pflanzenorgane, eine Correlation gekannt hat, dass er wusste, dass es von der Zuleitung bestimmter Substanzen abhängt, ob eine Laubsprossanlage sich als solche oder als Knolle ausbildet, und dass die üppige und rasche Entwickelung bestimmter vegetativer Organe das Blühen ganz verhindern kann. Wenn das keine „inneren Ursachen“ und keine „Correlationen“ sind, so weiss ich nicht, was man unter solchen ver- stehen soll. Nun hat aber Vöchting keineswegs alle Angaben Knight’s über die Knollenbildung der Kartoffel wiedergegeben. Ich möchte desshalb zunächst noch einige derselben (ohne auf Voll- ständigkeit Anspruch zu machen) aus der bekannten Sammlung Knight’scher Aufsätze hier anführen (A selection from the physio- logical and hortieultural papers etc. by Thomas Andrew Knight, London 1841). S. 120 weist er nach, dass die alten Knollen auf den Schnitt- flächen neue erzeugen können. 8. 169 wird ein besonders wichtiger Versuch angeführt: Kartoffel- blätter ohne irgend ein Stück der Stengelrinde wurden von den Pflanzen gerade zu der Zeit abgeschnitten, als die knolligen „Wurzeln“ sich zu bilden begannen „and I ceonceived that these leaves, consistently with my former experiments and conclusions, must contain portions of the living organisable matter which would subse- quently have been found in their tuberons roots*. Die Blätter wurden demgemäss in Töpfe gepflanzt und unter Glas ge- bracht. Sie lebten so bis zum Winter, jedoch ohne Faserwurzeln zu bilden. Knight erwartete kleine Knöllchen an der Blattbasis zu finden. „In this expectation I was disappointed; but the result of the experiment was not less satisfactory, the bases of the leaf stalks themselves having swollen into conic bodies of 41 more thantwoinches incircumference, and beingfound to consist of matter apparently similar to that which composes the tuberous roots of the plant.“ S. 257 theilt er mit, dass die Lage, in welcher die Knollen ge- steckt werden, nicht gleichgiltig ist, „denn da diese Sprosse oder Zweige sind, welche dick statt lang geworden sind, so behalten sie die Neigung der Zweige den Saft zu ihren „leading buds* zu treiben, den Punkten, welche am meisten vom Mutterstamm entfernt sind. Und S. 258 wird erzählt, wie er die Augen alter Knollen zwang sich zu Knöllchen zu entwickeln, Augen, die sonst überhaupt unent- wickelt bleiben. Ueberblickt man die Knight’schen Versuche, so ergibt sich als Resultat derselben: Die Knollenbildung beruht auf dem „Saft“, der in den Blättern gebildet wird,!) und normal in die unterirdischen Aus- läufer wandernd diese zur Verbreiterung etc. veranlasst. Man kann aber diesen Saft auch in oberirdische Sprosse leiten und normale Laub- knollen dadurch zur Knollenbildung veranlassen, ebenso wie es möglich ist, die sonst zu Knollen werdenden Ausläufer sich als Laubsprosse entwickeln zu lassen. Ist nun der „Saft“, der die Knollenbildung be- wirkt, keine „innere“ Ursache? Hat Knight das höchst interessante Resultat seines Versuchs, dass er schliesslich die Knollenbildung an be- liebigen Stellen hervorrufen konnte (wo überhaupt Sprossanlagen waren) auf „Schwere, Licht, Capillarattraktion“ u. s. w. zurückgeführt? Ist die verstärkte Anziehung des Saftes durch die Leitknospen ein „äusseres Agens“? Die Antwort kann meines Erachtens nicht zweifelhaft sein, und ich muss meine Ansicht von der Bedeutung der Knight’schen Ver- suche, wenn dieselben auch zunächst andere Zwecke verfolgten, durchaus aufrecht erhalten. V’öchting’s Meinung, dass er es gewesen sei, der bewies „Eine und dieselbe Knospe kann sich zu einem längeren oder kürzeren Laub-, zu einem Blüthenzweig oder zu einem Dorn entwickeln, oder sie kann auch ruhen bleiben. Dieselbe Wurzel- anlage kann zu einem kräftigen, einer Hauptwurzel gleichen, oder zu einem schwächeren Gebilde, einer Seitenwurzel heranwachsen“ und die Bedingungen, welche den Modus der Entwickelung eines Gebildes bestimmen, habe der Experimentator in seiner Hand, ist übrigens auch abgesehen von Knight unzutreffend. Für die Wurzeln hat Sachs festgestellt, dass nach Entfernung der Hauptwurzel die der Schnitt- 1) a. a. 0. 8.132 „that a fluid descends from the leaves and stem to form the tuberous roots of this plant“, 42 fläche nächsten Seitenwurzeln sich in die Verlängerung derselben zu stellen suchen.!) \ Dass man einen Kurztrieb einer Kiefer?) nöthigen kann sich zu einem Langtrieb zu entwickeln ist eine alte Erfahrung (angeführt bei Hofmeister, Allgem. Morphologie S. 606), und Delbrouck (Die Pflanzenstacheln, Hanstein, bot. Abhandl. II. 4, 8. 98) führt an, dass man künstlich Dornen von Crataegus in Laubsprosse überführen kann, von den Erfahrungen der Obstbaumzüchter ganz zu schweigen.?) Vöch- ting hat’das unbestrittene Verdienst, diese und eine grosse Anzahl eigener interessanter Versuche in die Wissenschaft eingeführt zu haben. Aber die experimentelle Lösung des Problems der Spross- und Wurzel- metamorphose rührt nicht von ihm her und der Gegenstand erschien mir als ich ihm neuerdings wieder zufällig näher trat, wichtig genug, um auf ihn hinzuweisen und Knight’s Verdienste auch naeh dieser Richtung hin hervorzuheben. So knüpfte denn auch meine Untersuchung über Blatt- umbildung*) nicht an Vöchting’s Forschungen an, wie man nach einer Bemerkung desselben (Organbildung IL, S. 37) glauben könnte, auch Knight’s Versuche lernte ich erst später kennen und manchen Fach- genossen mögen sie ganz unbekannt geblieben sein, sie verdienen, wie mir scheint, nicht minder als sein Rotationsversuch einen Platz in der Geschichte der Botanik. Sie sind für das „Metamorphosen-Problem“ unendlich wichtiger, als alle die Spekulationen der idealistischen Mor- phologie, deren auch jetzt noch vorhandene Fortwirkung nur desshalb nicht sehr hervortritt, weil einerseits dieselbe eine hervorragende Ver- tretung nicht mehr besitzt, und anderseits das Interesse an der Mor- phologie überhaupt sehr in den Hintergrund getreten ist. 1) Sachs, Ueber das Wachsthum der Haupt- und Nebenwurzeln, Arb. des bot. Institutes in Würzburg, Bd. I 8. 622. 2) Vgl. auch für die Laubhölzer, Areschong, Beitr. zur Biologie der Holz- gewächse, Lund 1877, 8. 28. 3) Auch De Candolle hatte übrigens z. B. betont, dass geneigte Sprosse mehr Blüthen hervorbringen, als aufrechte, weil sie in ihrem Wachsthum ge- hemmt sind. 4) Beitr. zur Morphologie und Physiologie des Blattes, Bot. Zeit. 1880. Litteratur, A. M. Hue, Rothomagensis sacerdos, Lichenes exoticia professore W. Nylander descripti vel recogniti et in herbario Musei Parisiensis- pro maxima parte asservati in ordine systematico dispositi sunt. — Parisiis apud J. Masson, 1892. Unter obigem Titel erschien gegen Ende des verflossenen Jalıres als Separat- abdruck eine ursprünglich in den Jahrgängen 1890—92 der Archives du Musde III. Serie enthaltene, unter sichtlicher Mitwirkung Nylander’s entstandene Arbeit von Hue. Diese Separatausgabe bildet einen Grossquart-Band von 378 Seiten in. prachtvoller Ausstattung, wie sie bisher nur selten einem lichenologischen Werke zu Theil geworden ist. Mit der letzteren steht der Inhalt und die Bedeutung des: Buches in Einklang. Neben seiner eminenten Brauchbarkeit für den Lichenologen,. welchem es als wahrhafter Kompass bei Benützung der immer und immer mehr anschwellenden Fachlitteratur dient, muss auch auf seinen hohen Werth als Katalog‘ der Abtheilung exotischer Lichenen in den in letzter Zeit neu geordneten Krypto-- gamenschätzen des Pariser naturhistorischen Museums aufmerksam gemacht werden und ist nach dieser Richtung hin die von van Tieghen verfasste Vorrede des. Buches nicht ohne Interesse. Vom Verf. selbst wird die Arbeit eingeleitet durch ein vollständiges Ver- zeichniss derlichenologischen Werke Nylander’s, welche auf Exoten Bezug haben und durch Wiedergabe des Nylander’schen Systems der Lichenen, in welchem letztere- nach Nylander’s neuesten Dispositionen auf 159 Gattungen vertheilt sind; Myrian- gium und Odontotrema werden hievon ausgeschlossen und den Pilzen zugetheilt. Ausden GattungenScytonema,@onionema,Spilonema,Asirosiphon,Cla- dopsis, Ephebeia, Aphanopsis, Pyrenidium, Stenocybe, Tholurna, Gomphillus, Stereocauliscum, Belonia, Epiphora, Gyrothecium, Ptychographa, Limboria, Obryzum und Rimularia werden keine Exoten aufgeführt. Bei den in systematischer Ordnung aufgezählten und mit fortlaufenden Ziffern bezeichneten Einzelarten ist die betreffende Litteratur (meistens wiederum Werke Nylander’s) und die geographische Vertheilung der Arten, sowie diejenige der ebenfalls berücksichtigten Varietäten und Formen angegeben. Bezüglich der hier meist fehlenden Diagnosen ist klar auf die Stellen verwiesen, wo sie zu finden sind. . Die Lichenologen haben seit dem Erscheinen von Nylander’s Enumeratio Lichenum bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl daselbst aufgestellter Flechten-- 44 arten bis heute deren Diagnosen schmerzlich vermissen müssen: eine wertlhvolle Bereicherung der lichenologischen Hilfsmittel bildet das vorliegende Werk nunmehr ‚auch dadurch, dass es von 48 Arten der Enumeratio die Diagnosen nachträgt. Auch sind noch neben ca. einem Dutzend von Diagnosen sonstiger Flechtenarten unzählige diagnostische Bemerkungen, Berichtigungen früherer Irrthümer, Verbesserungen be- züglich der systematischen Stellung und Benennung einzelner Arten, Varietäten und Formen — kurz eine Menge positiver Angaben, welche der praktische Lichenologe nur ungern vermissen würde, in dem Buche enthalten. Im Ganzen werden 3687 exotische Arten aufgezählt, wovon 71 im Appendix; hiezu kommen noch nach- : trägliche, meist die Verbreitung betreffende Bemerkungen zu 117 (in Obigem schon mitgezählten) Arten, veranlasst durch das Erscheinen neuer Nylander’scher Ver- öffentlichungen während des Druckes der in Rede stehenden Arbeit. 28 Korrekturen und ein Index generum et specierum von über 50 Quariseiten bilden den Ab- :schluss derselben. , Ich will schiesslich im Interesse aller derjenigen, welche künftig" dieses mir unentbehrlich scheinende Werk benützen werden, nicht zurückhalten, einiger Irr- thümer zu gedenken, welchen ich bei Durchsicht des Buches begegnete: Ordnungs- zahl 52 — die’Form heisst nicht pulvinatum, sondern pulvinatulum Nyl. O.-Z. 120 — die Varietät heisst dactylinoideum. 8.34 — „Trib. X. Baeco- mycetei“ gehört unter (hinter) „Ser. IV. Cladodei“ (ebenso $. 13 — gehören 'Trib.X. Tylophorei und Trib. XI. Sphaerophorei noch zu Ser. IIl. Epi- coniodei). O.-Z2. 301 — Forma 3 ramosa kommt nicht in Neuseeland, sondern in Neucaledonien vor. O.-2. 426 — Ramalina calicaris wächst nicht in Egypten, sondern kommt dort nur im Handel als Drogue vor. O.-2.493 — Usnea microcarpa Pers. ist nicht dasselbe, was U. mierocarpa Arn. und Tirol als * Fundort der Persoon'schen Pflanze zu streichen. O.-Z. 572 und 574 — hier gilt ‚ebendasselbe, was oben O.-Z. 426 gesagt ist. O.-2. 599 — F. excorescens hat Arnold (exs. 655 a, b) zum Urheber. O.-Z. 622 — über Pärmelia urceolata Eschw. schrieb mir Nylander am 26. Aug. 1892: „Vous en avez la definition ‚dans ma Synopsis p. 380 sous erinita. J’ai note pour la reaction K+, Call—.* O.-Z. 720 — in dieser Gruppe (P. olivacea) fehlt unter anderem Parmelia glabrans Nyl. in Flora 1875 8. 15. O.-2. 1070 — diese Nummer ist zu streichen; siehe O.-Z. 1131. 8.139 — anstatt „B. Sporae fuscae 1-septatae* ist zu lesen: „B. Sporae fuscae 3-septatae“. O.-2. 1305 — statt Lich. scand. p 251 ist zu lesen: p. 151. O.-Z. 1350 — in dieser Stirps fehlt Lecanora subfusca *cacticola Nyl.in Stzb. Afr. 684. O.-Z. 1869 — dieL. gangalea aus Madeira ist L. gangaleoides Nyl. O.-Z. 1848 — statt Asia orient, ist zu lesen Africa orient. O.-Z. 1866 — statt insula Saneti Thomae ist zu lesen insula Prineipis, O.-2. 1929 — komnit auf St. Mauritius, wie schon der Name besagt, und nicht auf Bourbon vor. O.-Z. 2257 — statt granulosa zu lesen granulosula. O.-Z. 2541 — die Insel Juan Ferandez liegt nicht in Afrika, sondern an der chilenischen Ostküste (Verwechselung mit Fernando Pol). O.-2. 8101 — F. subeminula in Africa boreali nicht in Amerika. O.-Z. 3367 — diese Art kommt auch auf der Insel Rodriguez vor. Endlich werden zum Oeftern als zu Ozeanien gehörig einzelne Sunda-Inseln (Java, Labuan) aufgeführt, welche unbestritten der asiatischen Insel- welt beigerechnet werden müssen. . Ein schärferes Auge wird wahrscheinlich noch weiteren Stoff zu Bemänge- lungen entdecken; doch können wir auf’s Bestimmteste versichern, dass im Ver- 45 hältniss zum Umfang und zur Eigenart des vorliegenden Werkes die Anzahl der- selben offenbar nur eine auffallend unerhebliche sein kann. Es muss daher nicht. nur der Umsicht und dem Sachverständniss, welches Hue bei Abfassung dieses Buches. an den Tag gelegt, sondern vor allem auch seinem Fleiss und seiner Aus- dauer die wärmste Anerkennung und der aufrichtigste Dank der Lichenologen gezollt werden: er hat gewissermaassen die Wege zu der reichsten Fundgrube lichenologischer Wissenschaft, als welche Nylander’s bahnbrechende Werke ohne Widerrede bezeichnet werden müssen, durch obiges Buch und durch die voraus- gegangene ähnliche Bearbeitung von Nylander’s Addenda ad Lichenographiam europaeam (ursprünglich in der Flora erschienen) für den allgemeineren praktischen Gebrauch aufgeschlossen und geebnet. Konstanz, Januar 1893. Stizenberger. Eingegangene Litteratur. Artari, A., Untersuchung über Entwickelung und Systematik einiger Protococ- coideen. Inaug.-Dissertation. Extrait du Bulletin de la Socidt€ Imper. des Na-- turalistes de Moscou, Nr. 2. 1892, Benecke, W., Die Nebenzellen der Spaltöffnungen. Ein Beitrag zur Kenntniss ihres Baues und ihrer Function im pflanzlichen Organismus. Inaug.-Disseration. 8.-A. aus der Bot. Zeitung 1892, Nr. 32-—-37. Blytt, A., Geologische Zeitrechnung. Geol. Fören. Förhandl. Nr. 127, Bd. 12, Heft 1.. Boveri, Th., Befruchtung. 8.-A. aus „Anatomische Hefte“, II. Abtheilung, „Er- gebnisse“. 1891. Bornet, E, Les algues de P.-K.-A, Schousboe recoltees au Maroe et dans la Mediterrande de 1815 & 1829. Extrait des Memoires de la Socidt& nationale des Sciences. naturelles et math&matiques de Cherbourg, T. XXVIIT, 1892, Bruns, E., Der Grasembryo. Inaug.-Dissert. München 1892. S.-A. aus dem Er-- gänzungsband der Flora 1892 (76. Bd.). Contributions from the UT. 8. National Herbarium. Vol. I, Nr. 6. Dec. 1892, 1, List of plants collected by C. 8. Sheldon and M. A. Carleton in the Indian territory in 1891. By M. Holzinger. 2. Observations on the native plants of Oklakoma territory and adjacent distriets. By M. A. Carleton. Crato, E., Gedanken über die Assimilation und die damit verbundene Sauerstoff- ausscheidung. 8.-A. aus den Berichten der Deutschen Bot. Gesellschaft, Jahr- gang 1892, Band X, Heft 5. — — Die Physode, ein Organ des Zellenleibes. (Vorl. Mitth.) Ibid. Heft 6. — — Beitrag zur Kenntniss der Protoplasmastruktur. Ibid, Heft 8, Darwin, Fr., On the artifiecial production of rhythm in plants. Annals of Botany, Vol. VI, Nr. XXI, October 1892, Davis, B. M., Development of the Frond of Champia parvula, Harv. from the Carpospore. Annals of Botany, Vol. VI, Nr, XXIV. 1892, - Debold, R,, Beiträge zur anatomischen Charakteristik der Phaseoleen. Inaug.-- Dissert. München 1892. Errera, L., On the cause of physiological action at a distance. Annals of Botany, Vol, VI, Nr. XXIV, Dec. 1892. Franze, R., Beiträge zur Morphologie des Scenedesmus,. $.-A. aus Termöszetrajzi. Füzetek. Vol. XV, Parte 3. 1892. Giesenhagen, K., Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen. 8.-A. aus „Flora. oder allg. Bot. Zeitung“. Erg.-Bd. 1892. 46 Goering, A., Vom tropischen Tieflande zum ewigen Schnee. Lieferung I. Leipzig, Verlag von Adalbert Fischer. Guignard, L., L’appareil sdcreteur des Copaifera. Extrait du Bulletin de la Bociete botanique de France. Tome XXXIX. 1892. Hansteen, B., Studien zur Anatomie und Physiologie der Fucoideen. 8.-A. aus Pringsheim’s Jahrbüchern für wissensch. Botanik, Bd. XXIV, Heft 3, Hartig, R., Die Erhitzung der Bäume nach völliger oder teilweiser Entnadelung durch die Nonne. 8.-A. aus der „Forstlich-naturwissenschaftlichen Zeitschrift“. 1892. 10. Heft. — — Ein neuer Keimlingspilz. Ibid. 11. Heft. — — Veber die bisherigen Ergebnisse der Anbauversuche mit ausländischen Holz- arten in den bayerischen Staatswaldungen. Ibid. 11. u. 12. Heft, — -—- Weitere Mittheilungen über die Temperatur der Bäume. Ibid. 12. Heft. Hatschek, B., Hypothese über das Wesen der Assimilation, eine vorläufige Mit- theilung. 8.-A. aus „Lotos*. Ba. XIV. ‚Hertwig, R., Ueber Befruchtung und Conjugation. 8.-A. a. d. Verhandl. d. Deutschen Zool. Gesellschaft. 1892. ‚Janczewski, E. de, Polymorphisme du Cladosporium herbarum Lk. Communi- cation preliminaire. Extrait du Bulletin de ’Acad&mie des Sciences de Ora- covie. Dec. 1892. " Im Thurn, E. F,, Notes on British Guiana. A paper read before the Royal Colonial Institute, Dec. 13, 1892. ‚Jönsson, B., Siebähnliche Poren in den trachealen Xylemelementen der Phanero- gamen, hauptsächlich der Leguminosen, 8.-A, aus d. Berichten d. Deutschen Bot. Gesellsch., Jahrgang 1892, Bd. X, Heft 8, — — Jure blödning hos växten. Afdrag ur Botaniska Notiser 1892. Juel, H. O., Om byggnaden och utvecklingen af stammens Kärlsträngsväfnad hos Veronica longifolia I. — Acta horti Bergiani, Bd. 2, Nr. 2. 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Anleitung zum Einsammeln, Zubereitung und Trocknen der Herbarpflanzen und zur Kinrichtung und Erhaltung wissenschaft- licher Pflanzensammlungen. Wien u. Leipzig 1892. Verlag von A. Pichler’s Wittwe u, Sohn. — — Schulflora von Oesterreich. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage. Ibid. Flora 1893. 17.Bd. \ 22. >09 7 SMeort WAMeyI wich *eriarı N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung in Marburg. Soeben ist erschienen: FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. Inhalt: 76. BAND. ERGÄNZUNGSBAND ZUM JAHRGANG 1892. HERAUSGEBER: Dr. K. GORBEL. Professor der Botanik in München. Mit 13 Tafeln und 7 Textfiguren. Lex. 89, Dr. ERICH BRUNS, Der Grasembryo AUGUST BINZ, Beiträge zur Morphologie und Entstehungsgeschiehe der Stärkekörner . . . K, GOEBEL, Archegoniatenstudien Fe ©. LOEW und TH. BOKORNY, Zur Chemie der Proteosomen K. GIESENHAGEN, Ueber Hexenbesen an tropischen Farnen K. GIESENHAGEN, Ueber hygrophile Farne Dr. LADISLAW CELAKOWSKY jr, Ueber die Aufnahme ebender und todter verdaulicher Körper in die Plasmodien der Myxomyceten LEON WEHRLI, Ueber einen Fall von „vollständiger Verweiblichung“ der männlichen Kätzchen von Corylus Avellana L. . . F. NOLL, Die Orientirungsbewegungen dorsiventraler Organe B LITTERATUR: Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie von Julius Sachs. — Lehrbuch der niederen Kryptogamen von Dr, Friedr. Ludwig. — Die Pflanze in ihrer Beziehung zum Eisen von Dr. Hans Molisch . . . . vo oo. . . EINGEGANGENE LITERATUR Preis für die Abonnenten Mk. 12.—. Seite 1-33 34—91 92—116 117—129 130-156 157—181 182—244 245—264 265-289 290—293 293—296 Druck von Val. Höfing, München, Kapellenstr. 8. FLORA ODER | ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 77. BAND. — JAHRGANG 1893. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL. Professor der Botanik in München, Heft II mit 1 Tafel und 25 Textfiguren. Erschienen am 12. Mai. Inhalt: JULIUS SACHS, Physiologische Notizen oo. . . on . Seite 49—81 K. GOEBEL, Archegoniatenstudien III, VI . . . B . » 82—107 EINGEGANGENE LITTERATUR . .. 2... en » 108—110 MARBURG. N. 6. ELWERTSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 18993. . Manuskripte und andere Zusendungen für die „Flora“ sind zu richten an Prof. Dr. Goebel, München, Leopold- strasse 33. Physiologische Notizen von Julius Sachs. VI. Ueber einige Beziehungen der specifischen Grösse der Pflanzen zu ihrer Organisation. ') (Ein Beitrag zur physiologischen Morphologie.) -$ 1. Bekanntlich erreicht jede Pflanzenart (ähnlich wie es auch ‚bei den Thieren der Fall ist) eine bestimmte speeifische mittlere Grösse, wenn sie Gelegenheit findet, sich vollständig und normal zu entwickeln. Diese specifische Grösse ist zwar innerhalb gewisser Grenzen mehr oder weniger veränderlich; aber doch so, dass die Amplitude der Schwankungen ein, meist geringes, Maass nicht überschreitet. Die mittlere Grösse gehört daher zu den constanten specifischen Merkmalen der Organismen, ebenso wie bestimmte Eigenschaften ihrer Form oder Organisation. Bei den wildwachsenden Pflanzen, wie bei den wildlebenden Thieren, tritt diese Thatsache mit besonderer Schärfe hervor. Unter dem Einfluss der Cultur kann die specifische Grösse allerdings be- trächtlichen Veränderungen unterliegen, namentlich in der Richtung einer die specifische mittlere Grösse der wilden Formen über- schreitenden Zunahme der linearen Dimensionen; aber auch in der entgegengesetzten Richtung. Wäre nur Ersteres der Fall, so könnte man als Ursache wohl die bessere Ernährung durch die Cultur an- 1) Im Anschluss an meine früheren Abhandlungen über: „Stoff und Form“ (Gesam, Abh. Il. p. 1159 bis 1230) hätte ich lieber gesagt: „Grösse und Form“; doch schien mir in diesem Falle das Wort „Organisation“ den Leser rascher über den Sinn des Themas zu orientiren. Im Grunde schliesst sich die vorliegende Abhandlung eng an die genannten älteren an, dort kam es mir darauf an, der formalen, scholastischen Morphologie die auf naturwissenschaftlichem Boden stehende Betrachtung organischer Formen entgegenzustellen; hier darf ich diesen Standpunkt * als bereits gesichert voraussetzen. Flora 1893. Mo. Bot. Garden, 4 1895. 50: nehmen; aber der entgegengesetzte Fall, die Verkleinerung, zeigt zur Genüge, dass andere oder doch auch andere Ursachen der Grösse vorhanden sind.) Beispiele für das eben Gesagte haben wir an dem Mais: der sogen. Pferdezahnmais erreicht 3—4m Höhe mit entsprechenden Blattbreiten; der sogen. Hühnermais kaum 50—60cm Höhe, womit zugleich die Vegetationsdauer proportional zusammenhängt. — Noch auffallendere Beispiele findet man bei den cultivirten Kürbisvarietäten. Ich führe diese Thatsache nur an, weil dadurch im Voraus ein Irrthum beseitigt wird, der dem Leser des Folgenden möglicher- weise das Verständniss erschweren könnte. Gewiss ist ja, dass die Erreichung der mittleren specifischen Grösse einer Pflanzen- (oder Thier-) Art von der normalen Ernährung, der nöthigen Zufuhr von Nahrungs-, d. h. Wachsthumsstoffen mit abhängt; aber die fundamen- tale Causalität ist. damit keineswegs bezeichnet. Die Fälle, wo bei einem Uebermaass von disponiblen Bildungsstoffen doch nur kleine Organe entstehen und umgekehrt, sind leicht zu finden. Man denke nur an die Keimpflanzen von Vieia Faba, Quereus, Castanea u. s. w., an die Keimsprosse der Kartoffelknollen und derer von Thladiantha, Dioscorea Batatas u. s. w., deren erste Blätter sehr klein sind zu einer Zeit, wo der gesammte Vorrath an Bildungsstoffen noch dispo- nibel ist, während später grosse Blätter bei verringertem Nahrungs- vorrath entstehen; wogegen kleinere Samenkörner, wie die von Cueurbita und Phaseolus vulgaris, oder Knollen von ähnlicher Grösse wie die der Kartoffel, etwa von Amorphophallus, sofort überaus grosse Blätter erzeugen. Diese und unzählige andere Thatsachen zeigen deutlich, dass die specifische Grösse der Organe nicht allein, nicht einmal vorwiegend von der Masse des Nahrungsvorrathes abhängt, dass also andere Ur- sachen darüber vorwiegend entscheiden. Diese sind nun freilich nicht bekannt, schon desshalb nicht, weil die Frage bisher niemals aufge- worfen wurde; aber für meine folgenden Betrachtungen genügt auch die blosse Kenntniss dieser Thatsache ohne ihre causale Begründung. Es ist aber selbstverständlich, dass aus einem sehr kleinen Quantum von Bildungsstoff auch nur sehr kleine Organe entstehen können, dass z. B. die aus winzig kleinen Tabaksamen entstandenen 1) Die Grösse ist selbstverständlich Folge und Ausdruck des Wachsthums. Wie ich das Wort im vorliegenden Aufsatze anwende, bedeutet es die letzte Grenze, welche das vergrössernde Wachsthum der Organe erfährt. Die Frage nach der Grösse ist also zugleich die Frage nach der Ausgiebigkeit des Wachsthums, 51 Keimpflanzen nothwendig sehr klein sein müssen, bis durch fort- schreitende Assimilation und Nahrungszufuhr (Erstarkung) das Material zur Erzeugung grosser Organe angesammelt wird. Dies entkräftet aber nicht die oben angezogene Thatsache, dass bei einem Uebermaass von Bildungsstoffen doch entweder kleine oder grosse Organe sich bilden. Gerade dieser (ähnlich wie ein gut ausgedachtes Experiment wirkende) Fall beweist, dass in der Organisation der Pflanzen (wie Thiere) Einrichtungen vorhanden sind, welche über die Grösse, d. h. über die Ausgiebigkeit und Energie des Wachsthums entscheiden, ‚ganz unabhängig von einem Ueberfluss an Bildungsstoff. Es wäre daher auch unrichtig, die specifische mittlere Grösse einer Pflanzenart ihrer Ernährungs-, etwa ihrer Assimilationsenergie zuschreiben zu wollen; dass eine Drosera trotz ihrer Chlorophyli- funetion und trotz ihres Insectenfanges klein bleibt, während eine Dionaea bei ähnlicher Lebensweise grösser wird, hängt also nicht von ihrer Stoffbildung ab, ausser insofern, dass zu geringe Stoffbildung (Ernährung) die normale Grösse nicht zu Stande kommen lässt, !) Wenn ich daher im Folgenden von Grösse und Wachsthum (auf dem Ja die Grösse beruht) rede, so wird immer vorausgesetzt, dass ein hinreichender Vorrath von Bildungsstoffen vorhanden ist oder recht- zeitig für das Wachsthum erzeugt wird. $ 2. Die Beziehungen zwischen Grösse und Organisation, die ich im Folgenden betrachte, sind unabhängig von der Ernährungs- frage; es wird vorausgesetzt, dass jede Pflanze sich in den günstigsten Ernährungsverhältnissen befindet. Aber auch bei Erfüllung dieser Bedingung muss ich noch eine Einschränkung des Themas eintreten lassen. 1) In Bezug auf diese Frage wären erneute Untersuchungen darüber er- wünscht, ob die Assimilationskraft des Chlorophylis verschiedener Pflanzenarten ‚die gleiche oder verschieden ist. Wäre nun Ersteres der Fall, so entsteht die Frage, warum Pflanzen, wie Draba praecox, Linum Catharticum u. dgl. so klein bleiben, in derselben Vegetationszeit wo ein Helianthus annuus die vieltausendfache ‚Grösse erreicht. Anderseits ist aber gewiss nicht anzunehmen, dass die Assimi- lationskraft jener kleinen Pflanzen um das Vieltausendfache kleiner sei. Viel wahrscheinlicher ist, dass das Ergebnise der Assimilation wesentlich von dem Ver- brauch der Assimilationsprodukte, also vom Wachsthum abhängt. Jedenfalls darf ich aus meinen früheren Untersuchungen über die Assimilation schliessen, dass eine rasche Fortschaffung der Assimilationsprodukte aus den Blättern die Thätig- keit des Chlorophylls begünstigt, d. h. mit anderen Worten, die Assimilations- ‚thätigkeit hängt von der Energie des Wachsthums ab; durch letztere aber wird ‚die specifische Grösse erzeugt. Diese ist also das primär Bestimmende. 4x 52 Ein vorläufiger - Ueberblick über die .allbekannten Thatsachen zeigt sofort, dass bei dem gegenwärtigen Ständ unserer Kenntnisse einige Klarheit betreffs der soeben genannten Frage nur dann zu ge- winnen ist, wenn man Pflanzenarten oder einzelne Organe von ex- tremer Grösse oder Kleinheit bezüglich ihrer Organisation vergleicht; schon eine vorläufige Orientirung auf diesem Gebiet lehrt, dass bei geringeren, aber noch immer recht.beträchtlichen Grössenunterschieden ‘der Species die Organisationsverhältnisse eine sehr wesentliche Ver- 'schiedenheit nicht zu zeigen brauchen; mit anderen Worten: Arten. “von gleichem Genus-, Familien- oder Klassentypus können sehr ver- schiedene Grössen haben, ohne ihren typischen Charakter zu ver- leugnen; man denke nur an die kleinsten und grössten Orchideen, die kleinsten und grössten Aroideen, Compositen, Euphorbiaceen u. 8. w. Zwar würden genauere Untersuchungen ohne Zweifel ergeben, dass innerhalb eines gegebenen Typus mit den Unterschieden der specifischen Grössen auch solche der Organisation einhergehen; es fehlt ‘jedoch bis heut an Untersuchungen, welche diese Frage bestimmt in’s Auge fassen; auch würden Beispiele, die sich in angegebener “Richtung zahlreich genug finden liessen, doch nicht der hier von mir verfolgten Absicht entsprechen; denn es kommt mir nicht darauf an, in nur descriptiver Weise Dies und Jenes über die Beziehungen zwischen Grösse und Organisation zusammenzustellen, bei welcher Methode ohnehin niemals viel herauskommt; sondern meine Absicht ist, womöglich causale Beziehungen aufzufinden, zu zeigen, warum gewisse Beziehungen zwischen speeifischer Grösse und Organisation (unabhängig von dem unter $ 1 Gesagten) bestehen; weil ich hoffe, auf diesem Wege eines oder einige der Principien vegetabilischer Gestaltung und zwar unabhängise von Darwinistischem Phrasenthum aufzufinden. $ 3. Es soll sich also im Folgenden um Vergleichung der Organi- sation bei sehr verschiedener specifischer Grösse handeln, um extreme Grössenunterschiede und um die Frage, inwieweit diese letzteren als Ursache oder Wirkung verschiedener specifischer Grössen oder inwie- weit Grösse und Form als Üoöäffecte anderer Ursachen aufzufassen sind. Mittlere unbedeutende Grössenunterschiede sollen, wie gesagt, nicht herbeigezogen werden, weil ohne bestimmt darauf gerichtete ‘Untersuchungen kein bestimmtes Resultat zu erwarten ist, sofern es sich um die Causalität und nicht bloss um deseriptive Zusammen- stellung handelt. \ 53 Man könnte nun vielleicht verlangen, dass ich Begriffsbe- stimmungen der Ausdrücke „gross“ und „klein®, die ich nun öfter benützen werde, gebe. Ich halte das jedoch für überflüssig, da es sich ja immer nur um’ sehr grosse Differenzen, und zwar zunächst der linearen Dimensionen, handelt. Wo wir es mit nicht mikro- skopischen Öbjecten zu thun haben, sind Organe oder ganze Pflanzen von 1 bis 10 mm, selbst mehr, „klein“; solche von 1 bis 5 m „gross“. Es bedarf keiner philosophischen Distinetionen, dass wir Lebermoose im Allgemeinen kleine, Musaceen und Coniferen im All- gemeinen grosse Pflanzen nennen; und mehr brauchen wir zur Ver- ständigung nicht. “ Aehnlich ist es auf mikroskopischem Gebiet, wenn wir dieses für sich allein betrachten. Die Differenzen der Grösse (resp. Grössen- Quotienten) sind hier ebenso bedeutend, wie in der makroskopischen Welt: ein Volvox globator ist eben sehr gross im Vergleich zu einem Scenodesmus, eine Schwärmspore von Vaucheria riesenhaft im Ver- gleich zu einem Spermatozoid derselben Pflanze. Doch ist zu beachten, dass, nach den hier zu entwiekelnden Ansichten, eigentlich mikroskopische Objekte nicht immer ohne Weiteres mit makroskopischen verglichen werden dürfen, wenn es sich um die Beziehungen zwischen Grösse und Organisation handelt. Ich werde weiter unten zeigen, wie dies zu verstehen und warum es so ist. Einstweilen will ich nur darauf hinweisen, dass ja die Bedeutung des mikroskopischen Sehens keineswegs darin liegt, dass man kleine Dinge gross sieht, sondern darin, dass uns das Mikroskop eine von der makroskopischen ganz verschiedene Formenwelt enthüllt, von deren Dasein man früher keine Ahnung hatte. ‘Nicht die Kleinheit, sondern die Eigenartigkeit der Organisation ist es, was uns das Mikro- skop so werthvoll macht. $ 4. Ebenso möchte ich mich ‘durch einige Worte über die Begriffe: Organisation, Differenzirung, Gliederung aussprechen, weil die damit bezeichneten Eigenschaften der Species mit ihrer Grösse oder Kleinheit in Beziehung gesetzt werden sollen. Ich verstehe hier unter Organisation sowohl die äussere Gliederung, wie die innere Differenzirung der Gewebe; hervorzuheben ist aber, dass ich diese Ausdrücke nicht gerade in dem herkömmlichen Sinne der Lehrbücher nehme. In diesen wird, besonders wenn es sich um Systematik und Charakteristik systematischer Abtheilungen handelt, die Sache gewöhnlich so behandelt, als ob ganze grössere Abtheilungen. «Klassen, Ordnungen) nur hochentwickelte, vollkommen organisirte N 54 Formen enthielten, andere Abtheilungen aber nur einfach organisirte, unvollkommene. So werden die Museineen und sogar Gefäss-Kryp- togamen gern als einfachere, die Phanerogamen als vollkommenere Organisationen bezeichnet, wobei man vergisst, dass z, B. eine Marchantia viel höher organisirt, äusserlich mannigfaltiger gegliedert und mit weiter gehender Gewebedifferenzirung versehen ist als z. B. eine Lemna oder selbst eine Seilla bifolia unter den Phanerogamen. In ganz verschiedenen Typen können sich gleiche Höhen der Orga- nisation finden und umgekehrt im selben Typus sehr verschiedene Abstufungen in der äusseren Gliederung wie in der inneren Differen- zıvung. Das Alles ist ja hinlänglich bekannt,!) muss hier aber doch. betont werden, nm Missverständnisse zu vermeiden, die etwa aus der ungenauen Ausdrucksweise entstehen könnten, die sich aus. früherer Zeit in unserer Litteratur noch erhalten hat. Es wird also, wie ich hoffe, keinen Anstoss erregen, wenn ich 2. B. einen Baumfarn als eine sehr hoch organisirte, ein Potamogeton als eine einfach organisirte Pflanze bezeichne. Jede natürliche Gruppe des Pflanzenreichs beginnt ja mit einfachsten Formen und erhebt sich zu hoch organisirten. Wo daher ein solch einfacher Anfang fehlt, da hat man es eben nicht mit einer natürlich begrenzten Gruppe zu thun; bei den Gymnospermen ist dies der Fall; die hergebrachte Classification behandelt sie als eine natürliche Gruppe; dieser fehlen aber die morphologisch einfachen Anfänge; solche liegen in den heterosporen Filieineen und Lycopodiaceen, überhaupt in den Gefäss- kryptogamen: die Gymnospermen sind eben nur die oberen Glieder der heterosporen Gefässkryptogamen, die ihrerseits aus den ein- fachsten Archegoniaten entsprungen sind. Doch dies nur nebenbei, um gelegentlich darauf hinzuweisen, dass ein hochdifferenzirtes Laub- oder Lebermoos (Marchantia, ein Polytrichum) eine vollkommener gegliederte und höher differenzirte Pflanze ist, als z. B. ein sehr ein- faches Farnkraut, wie wir es unter den kleinsten Trichomanesarten finden u. s. w. Das Gesagte wird hinreichen, jeden Zweifel auszuschliessen, wenn ich die Worte hoch differenzirt und gegliedert, — einfach organisirt u. s. w. brauche; nur darauf kam es hier an, weil es sich um Beziehungen dieser Begriffe zu der Grösse oder Kleinheit der Species handelt. 1) Ich hoffe, dass die vorliegende Abhandlung auch von Nichtbotanikern ge- lesen wird, zu deren Örientirung das oben Gesagte wohl nicht ganz überflüssig sein dürfte. 55 Bei einer ausführlichen Behandlung unseres Themas wäre es gut,. diese Beziehungen zunächst nur innerhalb eines Typus (einer Klasse, Ordnung, Familie) aufzusuchen; bei der hier gebotenen Kürze der Darstellung ist es jedoch kaum nöthig, denn es zeigt sich, dass die Grössen- und Organisationsbeziehungen, wie ich sie im Auge habe, ganz allgemein, auch unter verschiedenen Typen gelten. Es ist also nicht gerade nöthig, Grösse und Organisation z. B. einer Monstera mit der einer kleinen Aroidee wie Arum maculatum, oder die einer grossen baumförmigen Euphorbiacee mit der einer kleinen Euph. peplis u. s. w. zu vergleichen; wir können vielmehr jede be- liebige sehr grosse mit jeder beliebigen -sehr kleinen Art von ver- schiedenen Typen vergleichen; nur ist einstweilen der Vergleich zwischen eigentlich mikroskopischen und den makroskopischen Formen ausgeschlossen, aus Gründen, die später beigebracht werden sollen. 8 5. Eine wissenschaftliche Frage ist um so leichter zu beant- worten, je schärfer, je bestimmter man sie fasst. In unserem Falle habe ich dies folgendermaassen zu erreichen gesucht. Ich stelle mir die äussere Gliederung und innere Differenzirung einer mir genauer bekannten, vielfach untersuchten Pflanzenart möglichst lebhaft vor und denke mir nun, dass unter Beibehaltung dieser Organisations- verhältnisse nur die Grösse, d. h. die linearen Dimensionen der Organe und Zellen, sich ändern und zwar beträchtlich ändern. Es muss sich bei consequentem Denken nun zeigen, was dabei herauskommt: ob die betreffende äussere Gliederung und innere Organisation überhaupt noch möglich und denkbar ist, wenn alle Dimensionen der Organe und Zellen 50mal oder 100 mal so gross, als in Wirklichkeit ange- nommen werden und ebenso, wenn man sie auf !/so oder !,ıoo der wirklichen Grösse reduzirt denkt. Es muss sich zeigen, ob die Orga- nisation so etwas verträgt, ob dann die Pflanze noch lebensfähig ist und ob ihre Organisation dann noch den Gesetzen der vegetabilischen Struktur entspricht. Wir müssen aber bei diesem Verfahren zweierlei Gesichtspunkte anwenden: es wird darauf ankommen, ob die vergrössert oder ver- kleinert gedachte Pflanzenart den äusseren Lebensverhältnissen gegen- über noch existenzfähig erscheint, d. h. genügend, adaptirt, angepasst, ist oder nicht (biologische Betrachtung); und ferner, ob eine so ver- grössert oder verkleinert gedachte Pflanze noch den Organisationsge- setzen, dem Wachsthum und dem Zellenbau entsprieht, wie sie im Pflanzenreich überhaupt gelten (physiologische Betrachtung). Die Beantwortung beider Fragen ist allerdings nur annähernd 56 möglich, weil eben weder die Biologie noch die Physiologie (incl. der Morphologie) hinreichend genaue Grundlagen liefern. Indessen einen Versuch können wir ja machen und sehen, was herauskommt. 8 6. Wenden wir nun z.B. dieim $ 5 dargelegte Betrachtungs- weise auf Marchantia polymorpha an; ihre Organisation ist hinlänglich bekannt und ebenso ihre Grösse, die zwar je nach dem Standort veränderlich ist, aber doch nur in ziemlich engen Grenzen. Stellen wir uns dieses vollkommenste aller Lebermoose 50 mal vergrössert vor, etwa so, wie ein grosses Demonstrationsbild sie zeigen würde; also alle linearen Dimensionen 50 mal vergrössert, dabei aber die äussere Gliederung und die Gewebedifferenzirung festgehalten. Als Lehrer der Botanik ist man an solche Bilder ja ganz gewöhnt; nur vergisst man dabei, dass sie etwas ganz Unmögliches darstellen. Die Flachsprosse („Thallus-Lappen“) würden bei 50maliger Ver- grösserung etwa den Umfang eines Rheumblattes haben; der männ- liche und der weibliche Schirm hätte die Grösse eines Sonnenschirms mit ungefähr 2m hohem, also über manneshohem Stock, der ungefähr daumendick wäre. Die Wurzelhaare, die im Innern der Schirmstrahlen durch die Rinnen des Stiel hinab in die Erde eindringen, würden . etwa wie dünne Barometerröhren aussehen und die auf der Unter- seite der Flachsprosse entspringenden von gleichem Aussehen würden bis über 2m tief in den Boden eindringen; ‘die Spaltöffnungen, ohnehin schon in Wirklichkeit die grössten des Pflanzenreichs, hätten einen Durchmesser von 4-5 mm; es wären also grosse Löcher, durch die man Schrotkörner in die Lufträume hinein werfen könnte. Die. Brutknospen aber würden wie grosse Kartoffelknollen in Körben von ansehnlicher Grösse liegen. Die Gewebezellen dieser vergrösserten Pflanze würde man be- quem mit unbewaffnetem Auge sehen, da sie ungefähr Imm im Durchmesser hätten. Gewiss wäre eine solche 50 mal vergrösserte Marchantia eine sehr schöne Bereicherung unserer Flora, man würde sie als Zierde der Gärten cultiviren. Nur schade, dass sie unmöglieh ist, nicht existiren kann und niemals existirt hat. Sehen wir nach, warum dem so ist. Stellen wir uns dabei zuerst auf den biologischen Standpunkt und nehmen wir an, eine solche Marchantia wäre wirklich durch ein Wunder entstanden; die Frage ist, warum sie trotzdem sich nicht erhalten kann; das ist eben die biologische Frage. 57 Zunächst, wo sollte eine solche Pflanze wachsen? Grüne Platten von der Grösse von Rheumblättern dicht auf die Erde gelagert, bei fortgesetztem Wachsthum durch dichotomische Verzweigung einen Raum von vielen Quadratmetern einnehmend, müssten an Orten wachsen, die permanent feucht und halbdunkel sind. Die Erde müsste dort sehr nahrhaft, einige Meter tief und sehr feucht sein. Wo finden sich aber solche Orte? — Die riesigen Flachsprosse würden noch dazu den Regen abhalten und die Durchfeuchtung des Bodens verhindern. — Doch wäre vielleicht noch hier und da ein Platz zu finden; aber die Pflanze müsste doch sehr selten werden und seltene Organismen sind dem Untergang verfallen. Speciell würde unserer grossen Marchantia die Fortpflanzung durch Brutknospen fast unmöglich sein; denn bei der wirklichen Pflanze werden diese durch aufschlagenden Regen versprengt, vielleicht auch durch Thiere (etwa Schnecken) vertragen; beides ist aber bei ihrer fingirten Grösse unmöglich; sie würden in den Körben liegen bleiben, was sie auch bei der wirklichen Pflanze thun, wenn sie in geschlossenen Räumen wächst. Auch die Sporen wären zu gross und zu schwer, um durch den Wind verstäubt zu werden. — Höchst unzweckmässig wären aber die grossen, weiten Spaltöffnungen: es würde hineinregnen und die Lufträume mit den chlorophylihaltigen Zellen würden mit Wasser gefüllt, statt mit Luft; Thiere mannigfaltiger Art, ebenso Cyanophyceen u. dgl. würden sich dort ansiedeln, selbst Gräser ihren Aufenthalt dort aufschlagen u. s. w. Kurz, die biologische Betrachtung zeigt, dass unsere 50 mal ver- grösserte Marchantia ihrer Grösse wegen nicht existenzfähig ist. Zu demselben Resultate gelangt die physiologische Betrachtung, namentlich betreffs der Gewebedifferenzirung. — Zunächst die enorme Grösse der Gewebezellen; sie widerspricht dem allgemeinen Gesetz, welches ich weiter unten ausführlicher. darlegen werde. — Die grossen Röhren, als welche sich die Wurzelschläuche darstellen, sind aus physikalischen Gründen gerade für den Zweck, dem sie dienen sollen, ganz untauglich. — Die Schirmstiele sind bei Manneshöhe und Daumen- dicke doch nur aus saftigem, sehr grosszelligem Parenchym gebaut; es fehlt ihnen die nöthige Biegungsfähigkeit; ein ähnlicher Bau wäre höchstens bei einer submersen Wasserpflanze denkbar; bei einer Landpflanze, wie alle Erfahrung lehrt, müssten im Parenchym Bündel, Stränge von Sclerenchym verlaufen und diese sich in die Strahlen des Schirmes fortsetzen. Die grosse Marchantia würde einen Ge- webebau haben müssen, wie andere ähnlichgrosse Landpflanzen, be- sonders ein Transpirations-System, wie diese. 58 Ich denke, das Alles ist verständlich, auch ohne den Kampf um’s Dasein; und zu demselben Resultat gelangt man, wenn man es versucht, die Marchantia auf eine Grösse von !/so ihrer wirklichen. “ linearen Dimensionen reduzirt zu denken, wobei aber die äussere ‘Gliederung und die innere Gewebedifferenzirung beibehalten werden soll, ähnlich, wie es bei verkleinerten Bildern geschieht oder wie wenn man unsere Pflanze mit einem Verkleinerungsglase betrachtet. Da hätten wir ein Pflänzchen von nahezu mikröskopischer Klein- heit; aber seine gesammte Organisation entspricht weder biologisch noch physiologisch der angenommenen Kleinheit. Die Flachsprosse unserer kleinen Marchantia wären ungefähr 0,2 bis 0,4 mm breit und lang, der Fruchtstiel kaum Imm hoch und 0,02mm dick, der Schirm 0,2 mm breit, die Wurzelschläuche nur 0,002 mm dick uud kaum Imm lang; die Spaltöffnungen wären etwa 0,002 mm weit; die Brutknospen 0,04 mm breit. Solche Grössenverhältnisse könnte nur eine Pflanze haben, die neben einfachen Algen, etwa Protococcaceen, und neben Flechtenbrut an Baumrinde oder auf feuchter Erde wächst, wo sie gleich diesen bald der vollen Austrocknung, bald der Ueberfluthung ausgesetzt ist, worauf sie nicht eingerichtet ist, wie jene. Und was sollen einer solchen Pflanze die Spaltöffnungen? da ja die Transpiration und Athmung bei solcher Kleinheit auch ohne diese Organe bei unzähligen kleinen Pflanzen vor sich geht, Das Hauptargument ist aber in der postulirten Kleinheit der Ge- webezellen und ihrer Differenzirung zu suchen. Unter den niedersten Algen und Pilzen gibt es allerdings sehr kleine frei lebende oder als Familien gruppirte Zellen; aber eigentliche Gewebe, zumal mit differenzirten Gewebeformen, wie die Museineen und selbst aus echten Geweben gebildeten grösseren Algen sie besitzen, bestehen niemals im fertigen, ausgewachsenen Zustand aus Zellen von 0,0004 mm also, aus Elementen kleiner als die Baeterien! Wir können es als ein fundamentales Bildungsgesetz betrachten, dass die Gewebezellen echter Gewebepflanzen eine gewisse mittlere Grösse einhalten, die etwa zwischen 0,02 und 0,09 mm schwankt, aber niemals auf weniger als 0,005 hinabsinkt. Der Zellenbau unserer kleinen, auf ?/so reduzirten Marchantia widerspricht also den allgemeinsten Organisationsgesetzen der Gewebe- pflanzen. Wie nun eine 50mal vergrösserte und ebenso eine auf !/so reduzirte Marchantia unmögliche Gebilde sind, so würden es sicher- 5% lich auch Marchantien sein, die bei gleicher Organisation nur 10 mal. vergrössert oder auf !/ıo reduzirt gedacht sind. — Die der Marchantia. polymorpha ähnliche Fegatella conica erreicht beträchtlich grössere Dimensionen; ist aber auch eben keine Marchantia und beinahe Wasser- pflanze. Ebenso schliessen sich unserer Marchantia kleinere Familien- genossen an, aber auch sie sind eben anders organisirt und steigen. wir hinab bis zu den Riceieen, so finden wir zwar viel kleinere Species, aber auch viel einfachere Organisationen, obgleich es sich in. all diesen Fällen nur um unbedeutende Grössenunterschiede handelt. _ Man wird also kaum zu weit gehen, wenn man sagt, dass eine- Marchantia polymorpha vermöge ihrer Organisation ebenso gross sein muss, wie sie in Wirklichkeit ist, Vergrösserung und Verkleinerung‘ würde auch sogleich eine Veränderung der äusseren Gliederung und inneren Differenzirung verlangen. Dieses Resultat konnte durch einfache biologische und physio- logische Veberlegung gewonnen werden; aber erst genaueste specielle. Untersuchungen, auf dem hier angedeuteten Wege, werden künftig zu bestimmteren Vorstellungen führen. Wenn es sich dabei aus- schliesslich nur um die biologischen Bedingungen der specifischen. Grösse handelte, so könnte man wohl versucht sein, diese als ein Resultat der natural selection anzusehen; da aber die Grösse auf das Innigste mit Organisationsverhältnissen zusammenhängt, so kommen. noch ganz andere Faetoren in Betracht: Bildungsgesetze, die im. Wesen des wachsenden Organismus liegen und von der natural selection ganz unabhängig sind, bewirken, dass mit jeder äusseren Gliederung und jeder inneren Differenzirung eine bestimmte Grenze des Wachsthums, der speeifischen Grösse verbunden sein muss. Wenn. auch vor 30 Jahren der Gedanke der natürlichen Zuchtwahl ein Fort-- schritt war, so darf man es doch in unserer Zeit für blosse Gedanken- losigkeit halten, wenn man mit diesem Ausdruck fertig zu sein glaubt,, wo es sich um die Erklärung der Gestaltungsprozesse handelt. Aus. der natural selection lassen sich wohl specifische Anpassungen ab- leiten, aber die wichtigere Aufgabe der Wissenschaft liegt in der Erkenntniss der allgemeinen Bildungs- oder Gestaltungsprineipien, von denen die Selectionslehre nichts weiss, denn es liegt in ihrem Wesen, dass sie nur Einzelnheiten erklären, aber keine allgemeinen Ge-- setze aufstellen kann; diese zu suchen ist Sache der physiologischen Morphologie. $ 7. Weitere Betrachtungen über die Beziehüngen zwischen Grösse und Organisation möchte ich an die Blätter von Victoria regia. 60 ‚anknüpfen. Bekanntlich gehören diese zu den grössten Blättern im Pflanzenreich ; nachdem die Keimpflanze Anfangs kleine, später immer grössere Blätter erzeugt hat, erreichen die der völlig erstarkten älteren Exemplare (wenigstens in ihrer Heimath) bei kreisrunder Form der Lamina einen Durchmesser von 2m, also über 3 qm Fläche; voll- ständig ausgewachsen schwimmen sie fach auf dem Wasser. Soweit ich Gelegenheit hatte, diese kolossalen Blätter kennen. zu lernen, sind es besonders drei Organisationseigenschaften, die offen- bar unmittelbar mit ihrer grossen Flächenentwickelung und ihrem Schwimmen auf dem Wasser zusammenhängen;') die enorm 'vor- ‚springenden Rippen, der aufgekrempte Blattrand und die ‚zahlreichen Löcher, welche das Mesophyli durchbohren. Die unter dichotomischer Gabelung vom Nabel der Lamina nach ‚dem Rand hin ausstrahlenden Rippen, die auf der Oberseite kaum’ ‘zu bemerken sind, springen auf der Unterseite wie dünne, aber hohe, ‚auf der Kante stehende Leisten vor; in der Nähe des Centrums sind letztere schon bei einem Blatte geringerer Grösse 2—3cm hoch, für ganz grosse Blätter wird eine Höhe dieser Rippen bis über 6cm ‚angegeben. Gegen den Rand hin nimmt diese Höhe (dem mechanischen Verhalten entsprechend) nach und nach ab, bis sie am Rande kaum imm hoch, gegabelt auslaufen. — Sie sind mit langen Stacheln be- ‚setzt. — Die ausstrahlenden Hauptrippen werden durch, in Richtung (der Peripherie verlaufende Querleisten verbunden, so dass auf der Unterseite der Lamina ein Sparrenwerk entsteht, dessen Maschen von hohen Wänden umgeben sind, so dass zumal in der Mitte des Blattes Kammern entstehen, die man allenfalls mit sehr grossen (meist vier- eckigen) Bienenwaben vergleichen könnte. Die obere Decke jeder Kammer oder Zelle wird von der sehr dünnen Mesophyliplatte ‚gebildet. \ Offenbar sind die Vietoriablätter nach dem in meinen „Vor- lesungen“ dargestellten Prineip gebildet: nur grosse Blätter auch von 1) Von der Litteratur waren mir zunächst nur Caspari’s ungenügende Be- schreibungen in den „Natürl. Pfl.-Familien® und in der „Flora brasiliensis“ fascie. 77 p.148 zugänglich. An letzterem Ort heisst es von den grössern Blättern der ‚erwachsenen Pflanze: „postea expansi lamina bullis maximis inter nervos prominentibus ornata, demum plana et foraminibus per multis pu- tretine ortis pertusa“. Während des Druckes erhielt ich durch gütige Vermittelung der kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München auch Fitch u. Hooker’s Prachtwerk von 1851, wonach Blätter bis zu 12 Fuss Durchmesser vorkommen sollen (l. ce, p. 9). 61 Landpflanzen haben .vorspringende Rippen, zwischen denen die- Mesophyliplatte, wie die Seide zwischen den Speichen eines Regen- schirms ausgespannt ist. Kleine Blätter haben das nicht nöthig; bei Vietoria aber erreicht diese mechanische Einrichtung geradezu ein Maximum, an die Construction eines eisernen Schiffskörpers erinnernd, Aber durch diese prachtvolle Einrichtung ist der Festigkeit der grössten Blätter noch nicht genügt; für mittelgrose, wie ich eines aus München erhielt (etwa 80 cm Durchm.), genügt die beschriebene Nervatur' allerdings; aber nach den Abbildungen bei Fitch-Hooker und dem, was ich in Vietoriahäusern gesehen, haben die ganz grossen Blätter noch einen Schutz gegen das Einreissen des Randes und zugleich. eine Einrichtung, die so wirkt, wie die modernen ringförmigen Stick- rahmen oder auch, wie die Holzfassung einer Trommel auf das darüber- gespannte Fell: die Lamina ist nämlich mit ihrem Rande ringsum aufgekrempt; der nach Caspary bis 13cm hoch aufwärts gekrümmte Blattrand bildet einen Reifen, in welchem die Lamina straff auf- gespannt ist, auf der Unterseite gehalten von den Rippen. Also- Alles, wie es die mechanische Technik verlangt, wenn eine sehr grosse dünne Lamelle flach aussgespannt auf einer Wasserfläche liegen. und dem Wellenschlag Trotz bieten soll. Für meine gegenwärtigen Betrachtungen aber ist das Wichtigste, dass diese Organisation nur dann einen Sinn hat, wenn das Blatt dünn ist und eine sehr grosse Fläche besitzt, wobei als Baumaterial nicht Holzmassen, sondern wesent- lich nur saftiges Gewebe. verwendet ist. Betreffs der sehr zahlreichen, kleinen, aber mit freiem Auge- deutlich sichtbaren Löcher in der Mesophyliplatte der Lamina habe ich mir folgende Meinung gebildet, die freilich noch einer Prüfung dureh Untersuchung am lebenden Object bedürfte. — Die Anfangs eingerollte Lamina entrollt sich, an der Wasseroberfläche angelangt und legt sich dabei mit der Unterseite auf diese, wobei zunächst. (nach Fitch’s Bildern) die zwischen den Wabenwänden (Rippen) ausgespannten Mesophyllflächen wie Blasen aufgetrieben sind, offenbar, weil die Rippen sich noch nicht hinreichend verlängert haben. Erst wenn dies geschieht, werden die Mesophyllareolen flach und straff ausgespannt, bis die ganze Lamina eine glatte Fläche darstellt. Offenbar ist nun vor diesem letzten Zeitraum zwischen den Rippen der Unterseite, also in den grossen Wabenräumen, die nach oben blasig vorspringen, Luft enthalten, da diese bei der Entwicklung der Fläche nicht wohl entweichen kann. Um dies zu ermöglichen, mögen, das ist allerdings nur eine Vermuthung, die Löcher entstehen, durch. © die nun die in den blassigen Waben eingeschlossene Luft freien’ Aus- “tritt nach oben gewinnt, so dass die dünne Mesophylifläche sich ganz auf die Wasserfläche ausbreiten kann, wenn die Rippen sich aus- ‚dehnen und die Mesophyliplatte ausspannen. Wenn die Löcher auch nur 0,1—0,2mm weit sind, so sind ihrer doch 50—100 in einer Areole, ‚die einer Wabenkammer entspricht, und die Luft wird hinreichend schnell entweichen können. — Diese Einrichtung, wenn ich sie richtig .deute, steht nun allerdings nieht unmittelbar mit der Grösse des Blattes in Relation, aber doch mittelbar, insofern durch die enorme ‘Grösse der Lamina die hohen Rippensparren nöthig werden, welche das seitliche Entweichen der Luft verhindern. Durch diese Ueberlegung wurde ich. veranlasst, nachzusehen, ob nicht etwa auch andere Nymphaeaceenblätter derartige Löcher be- sitzen. Leider konnte ich jetzt im Winter nur getrocknete Blätter vergleichen; doch fand ich zu meiner Ueberraschung, dass bei der mit Victoria $o nahe verwandten Euryale ferox in der That etwas ’Entsprechendes vorhanden ist. An den Seiten der auch hier kräftig, :aber doch weit weniger als bei Victoria, vorspringenden Rippen findet man an diesen Blättern vereinzelt ebenfalls kleine Löcher; aber nur wenige und unregelmässig geformt. Offenbar haben diese Löcher bei Euryale nur geringe biologische Bedeutung, aber ihr Vorhandensein weist darauf hin, dass in den Blättern dieser Pflanze, die wir als die asiatische Victoria betrachten können, ein Bildungstrieb!) sich bethätigt, der erst bei der ameri- kanischen, grossblätterigen Vietoria eine biologische Verwerthung ‘findet. — Bei Euryale liegen die Sachen eben anders, weil ihre zwar immer noch ansehnlichen Blätter doch nur etwa 80—60 cm Durchmesser ‚erreichen. Dem entsprechend sind auch die Rippen allerdings recht ‚ansehnlich entwickelt, auch mit Stacheln besetzt wie bei Victoria; :aber von der colossalen Ausbildung wie bei Victoria ist keine Rede. Doch ist nicht zu verkennen, dass in dem Euryaleblatt schon die An- fänge derjenigen Organisation steeken, welche dem Vietoriablatt erlaubt, seine enorme Grösse zu erlangen. Den Gattungen Nymphaea und Nuphar, obgleich sonst mit der vorigen nahe verwandt, fehlt offenbar diese innere Anlage, welche 1) Mit dem Ausdruck Bildungs- oder Gestaltungstrieb bezeichne ich kurz ‚die Gesammtheit der Ursachen, welche das Wachsthum und die Gestaltung der ‚Organismen bestimmen, als Gegensatz zu den Reactionen auf unmittelbare äussere Eingriffe. Bei Betrachtungen, wie die vorliegenden, ist eine solche Unterscheidung kaum zu vermeiden. 65 jene befähigt, die enorme Grösse zu erreichen, was ohne die ent- sprechende Organisation nicht möglich wäre. Denn auch in der Gattung Nymphaea gibt es eine brasilianische Art, die Blätter von recht beträchtlicher Grösse, ähnlich wie Euryale, erzeugt, auch die Rippenverzweigung ist ähnlich, aber von der selbst bei Euryale schon angedeuteten Sparren- und Wabenbildung ist da nichts zu sehen; die Nervatur reicht gerade hin bei Nymphaea ampla die Blätter von der Grösse eines Petasitesblattes mechanisch verständlich erscheinen zu lassen; eine weitere Ausbildung derselben mit sehr beträchtlicher Grössenzunahme liegt offenbar nicht in der inneren Einrichtung dieser Gattung. Dagegen zeigen die Nymphaeen Amerikas, wie mit der Grössen- abnahme ihrer Blätter auch die Nervatur undeutlicher wird, selbst zu schwinden beginnt, wie man an N. blanda bemerkt, deren Blätter nur 4--6cm Radius (vom Nabel bis zum Rande) besitzen und kaum vorspringende Leisten darstellen. Ueberhaupt ‘geben die Blätter der verschiedenen Nymphaea-Species eine sehr instructive Illustration für den Satz, dass mit zunehmender Grösse auch die Vollkommenheit der Organisation zunimmt. Denkt man sich die Blätter der Victoria regia so klein, wie die der Nymphaea blanda, jedoch genau ebenso organisirt, so kommt man dabei zu ähnlichen Absurditäten, wie bei der auf !/so redueirten Marchantia; welchen Sinn sollte ein Blattgerippe wie von Victoria, (proportionirt klein gedacht) für ein so kleines Blatt wie von Nym- phaea blanda haben; schon bei so grossen Blättern, wie denen unserer Nymphaea alba und Nuphar luteum wären die Organisationen von Vietoria, auch entsprechend, verkleinert gedacht, ohne jeden Sinn und Zweck. $ 8. Meine an Marchantia und an Victoria geknüpften Betrach- tungen führen zu dem Schlusse, dass die Organisation einer Species oder eines Organs nur durch seine Grösse verständlich, sozusagen gerechtfertigt wird; ein Satz, den man auch umkehren kann, indem man sagt, die Grösse wird nur durch die Organisation verständlich. Ich zweifle nicht, dass jede ähnliche Betrachtung an irgend einer organischen Species, Gattung, Familie u. s. w. zu gleichem Schluss führen würde. In dieser Form ausgesprochen ist aber der gewonnene Satz nur der Ausdruck der unmittelbaren, sinnlichen Wahrnehmung; das Causal- verhältniss ist damit nieht klar gelegt; es bedarf weiterer Ueber- legung, darüber in’s Reine zu kommen. 64 Es ist die gesteigerte Grösse der Pflanze oder eines Organs die Ursache seiner vollkommeneren Organisation, oder es ist umgekehrt diese letztere die Ursache der gesteigerten Grösse oder, was dasselbe be- deutet, der Ausgiebigkeit des Wachsthums; denn die definitive Grösse eines Organs ist eben nur der Ausdruck für die Ausgiebigkeit seines Wachsthums, während die Organisation der Ausdruck der durch Wachs- thum entstandenen Gliederung und Differenzirung ist. Dass die natural selection dabei vielleicht eine Rolle insofern spielt, als durch sie entschieden werden kann, welche Formen in ihrer physischen und socialen Umgebung?) bestandsfähig sind, soll nicht geleugnet ‚werden, obgleich diese Auffassungsweise in unserer Frage überhaupt nichts entscheidet und durchaus nicht dazu beiträgt, das genannte Causalitätsverhältniss zu beleuchten. Die natural selection, soweit sie überhaupt existirt, ist in der organischen Welt, was die Kritik in der Litteratur; d. h. sie wirkt wesentlich vernichtend auf das Unpassende, oft auch auf das Beste, erklärt aber durchaus nicht, wie bedeutende und dauernde Leistungen entstehen. Zu sagen, die Beziehungen zwischen Grösse und Organisation sind ein Resultat der natural selection, heisst weiter nichts, als sagen, das Causalverhältniss zwischen Grösse und Organisation wolle man nicht weiter untersuchen. Ich denke aber, gerade erst mit dieser Untersuchung fängt die eigentliche wissenschaftliche Arbeit an; wenn durch die Wirkung der die organischen Körper beherrschenden Bildungsgesetze Einrichtungen entstehen, welche der Species nützlich sind, so ist es Sache der Bio- logie, dies zu beschreiben; Aufgabe der Physiologie ist es aber, das Walten der Bildungsgesetze zu untersuchen, gleichgiltig, ob diese nützliche oder schädliche Einrichtungen entstehen lassen. Bei der hier gebotenen Kürze der Darstellung muss es jedoch genügen, nur anzudeuten, wie ich mir die Sache denke. Es ist wohl kaum nöthig, zu sagen, dass es sich hier um phylo- genetische Vorgänge handeln muss und dass vom Standpunkt der morphologischen Descendenztheorie aus anzunehmen ist, dass die Ur- formen der Typen im Allgemeinen kleine und kleinste Organismen 1) Ich unterscheide zwischen physischer und socialer Anpassung; jene be- deutet die durch physikalische Ursachen, durch Temperatur, Licht, Wasser: .u. s. w. bewirkten Existenzbedingungen, die bei jedem Organismus unvermeidlich sind; als sociale Anpassung betrachte ich die Beziehungen verschiedener Organismen unter einander, z. B. die Form und Grösse der Blüthen zur Form und Grösse der sie be- stäubenden Insecten; ebenso die Organisation der Insectivoren betreffs des Insecten- fanges u. s. w. Neu ist diese Unterscheidung wohl nicht. 65 waren.!) Es ist ja möglich, dass innerhalb eines Typus auch Rück- bildungen stattgefunden haben, wobei aus grossen Species kleinere und sehr kleine entstehen konnten. Doch können wir hier einst- weilen von diesem Falle absehen. Können wir nun etwa die Frage so auffassen, dass die Blätter in der Formenreihe, zu der Euryale und Victoria gehören, zuerst klein waren, dann grösser und grösser wurden, ohne ihre anfängliche Organisation wesentlich zu ändern? dass erst dann aber, als sie bereits eine sehr bedeutende Grösse erreicht hatten, die Organisation sich derart veränderte, dass sie sich der erreichten Grösse nach mechanischen Gesichtspunkten anpasste? — Eine solche Auffassung ist offenbar zu ‚verwerfen, denn wenn die Blätter auf phylogenetischem Wege eine so bedeutende Grösse wie bei Euryale oder gar bei Victoria erreichen konnten, wenn dabei die Species auch nur einige Generationen hin- durch lebensfähig blieben, so war damit festgestellt, dass auch für die künftigen Generationen eine Veränderung der Organisation unnöthig war: die riesigen Victoriablätter also hätten durch einige Generationen ihre Grösse erreicht und beibehalten, auch ohne die oben beschriebenen mechanischen Einrichtungen; wenn sie das aber konnten, warum sollten dann nachträglich die Rippen hervorwachsen, der Rand sich auf- krempen, die Löcher entstehen? es war ja, der Annahme entsprechend, während einiger Generationen auch ohne dies Alles möglich grosse Blätter zu erzeugen und mit ihnen sich im „Kampf ums Dasein“ zu erhalten. Es wäre ein Nonsens,. anzunehmen, dass ein Victoriablatt zuerst seine ungeheure Grösse erreicht, durch Generationen beibehalten und erst später sich besonnen hätte, auch die nöthigen mechanischen Organisationen einzuführen. So geht es also nicht. Nun könnte Einer annehmen, das Victoriablatt sei Anfangs durch viele Generationen hindurch klein geblieben, ebenso, wie das einer Nymphaea blanda. Aber aus’ unbekannten Ursachen, die wir auch hier als Gestaltungstrieb bezeichnen wollen, habe dieses kleine, kaum handtellergrosse Blatt Rippen erzeugt, genau von der Form, wie das wirkliche grosse Vietoriablatt sie besitzt, aber selbstverständlich sehr klein; ebenso sei die reifenförmige Krempe und die Durchlöcherung des kleinen Blattes entstanden. — Bei unserer Unkenntniss der Ur- sachen der organisatorischen Gestaltenbildung wäre so etwas ja nicht 1) Was von den Urformen kleinerer Abtheilungen, Gattungen, Familien, selbst Ordnungen nicht zu gelten braucht; worüber ich mich in einem besonderen Aufsatz auszusprechen vorhabe. ’ Flora 1893, 5 66 ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Nun aber ist doch zu be- denken: wenn das kleine Victoriablatt, wie wir angenommen, diese Organisation gewonnen hatte und dabei durch eine oder einige Generationen doch klein blieb, so ist nicht einzusehen, warum es in späteren Generationen nun plötzlich oder langsam sich vergrössern sollte; biologisch war es ja nicht nöthig, da man (allerdings fälschlich) angenommen, dass das Blatt auch im kleinen Format (etwa wie eine verkleinerte Abbildung) schon phylogenetisch existirt habe. Also auch so geht es nicht! Man sieht, die Sache wird schwierig. Da das Vietoriablatt nicht zuerst gross werden. und dann nach- träglich seine entsprechende Organisation gewinnen kann, da es eben- sowenig erst seine Organisation in kleinem Maassstabe gewinnen und nachträglich gross werden konnte, so bleibt als Drittes nur übrig, dass Grössenzunahme und entsprechende Organisation phylogenetisch gleichzeitig oder in gleichem Schrittmaass entstehen mussten. Und wie dies geschehen ist, dafür gibt uns Grösse und Organisation des Euryaleblattes einen Anhaltspunkt zur Beurtheilung; ich wies schon darauf hin, dass dieses Blatt eine ganz ähnliche Organisation, wie das der Victoria besitzt; aber viel unvollkommener; das Talent war da, aber es wurde nicht ausgebildet und so blieb das Blatt auch viel kleiner als das Victoriablatt; offenbar fehlte dem Euryaleblatt noch ein Factor des Gestaltungstriebes, den das Victoriablatt besitzt, und so blieb die Organisation unvollkommen und die Grösse ent- sprechend mässig. Gibt man diese Schlussfolgerungen zu, so bleibt doch noch immer die Frage: was ist hier das Treibende, primär Wirkende? ist es der Gestaltungstrieb oder der Vergrösserungstrieb? Da man nicht wohl annehmen kann, dass beide durch „praestabilirte Harmonie“ (nach Leibnitzen’s Ausdruck) zusammentreffen, so muss wohl eines von beiden das primär Wirkende sein und ich glaube, dass der Ge- staltungstrieb es ist, der dem wachsenden Zellgewebe den Impuls gibt, kräftiger und ausgiebiger als in anderen Fällen zu wachsen. Die zwischen Vietoria und Euryale bestehenden Beziehungen veranlassen mich zu dieser Annahme und ebenso die Thatsache, dass die anderen Nymphaeaceen, bei denen offenbar keine Anlage zu einer hohen Ausbildung der Nervatur vorhanden ist, weder sehr grosse Blätter erzeugen, noch Örganisationsverhältnisse besitzen, die, gleich denen von Euryale, einer solchen Ausbildung fähig sind, die ihrerseits zur Entstehung riesengrosser Blätter führen könnte. Stellt man sich also 67 vor, dass die Vietoria den Gipfel eines Stammbaumes darstellt, der mit kleinblätterigen Nymphaeaceen begonnen hat, dass unter diesen aber eine Zweigreihe auftrat, welche mit besonderen Organisations- eigenschaften der Lamina versehen war und dass diese fortschreitend sich vervollkommneten, wie wir es in einem mittleren Stadium an Euryale sehen, so kann man weiter annehmen, dass in dem Maasse, wie diese Organisation sich vervollkommnete, auch die Ausgiebigkeit des Flächenwachsthums sich steigerte, wobei Schritt für Schritt jede der beiden Veränderungen sich steigerte. Ob diese Schritte unmerklich klein von Generation zu Generation stattfanden oder die Veränderung sprungsweise eintrat, ist dabei nicht maassgebend. Man kann nicht wohl sagen, dass dies alles Hypothese sei, da die theoretischen Verknüpfungen sich eng an die Thatsachen an- ‚schliessen; und ohne Hypothesen ist auch kein Fortschritt der Wissen- schaft möglich. Vielleicht fühlt sich aber ein Anderer durch meinen ‘Gedankengang angeregt und findet Beispiele, wo die Thatsachen voll- ständiger beobachtet und dem entsprechend die theoretischen Ver- knüpfungen einfacher ‘und einleuchtender sind, um nachzuweisen, dass mit steigender Energie des Gestaltungstriebes auch die Energie des Wachsthums, der Vergrösserung der Organe sich steigert, wenigstens innerhalb eines gegebenen Typus; statt des „Fingerzeiges“ haben wir ‚ja jetzt eine bestimmte Fragestellung. Wenn nun die Sachen sich so oder ähnlich verhalten, wie ich sie angedeutet habe, so kann man auch von einer Correlation zwischen ‘Grösse und Organisation reden und es leuchtet ein, dass diese Öor- relation nicht nur eine innere Harmonie der Gestaltungsvorgänge ein- :schliesst, sondern auch nach aussen hin, d. h. in biologischer Beziehung, ‚ergibt sich von selbst eine Zweckmässigkeit, die man bisher nur als Folge der natural selection auffassen zu können meinte. Die Selection aber setzt als Grundgedanken voraus, dass bei der fortschreitenden ‚Gestaltung der Organismen zahlreiche Missgriffe und Fehler von der Natur selbst gemacht werden, die aber durch Beseitigung des Fehler- ‘haften auf phylogenetischem Wege verschwinden. Dies aber ist ein Complex von Hypothesen, für welche man wohl innerhalb der Cultur- ‘organismen Beispiele finden mag, die aber bei wildlebenden Arten gar spärlich sein dürften. Die Cultur aber ist häufig mit Eingriffen in die Gestaltungsvorgänge verbunden, durch welche die innere Har- monie gestört wird. — Wenn dagegen durch die innere Correlation ‚der Wachsthums- und Gestaltungsvorgänge von selbst eine innere Harmonie der Funetionen entsteht, so fallen auch die durch die 5* 68 Cultur begangenen Fehler ganz oder zumeist hinweg und die Auslese ist dann ganz oder doch zum grössten Theil überflüssig. Indessen sollte hier nur nebenbei auf einen Gesichtspunkt hin- gewiesen werden; eine ausführlichere Kritik der Selectionstheorie würde noch ganz andere Principien der organischen Gestaltung zu beachten haben. Hier wollte ich, sowie in meiner Notiz V nur nebenbei darauf hinweisen, dass, wo man sich von den Gestaltungsursachen genauere Rechenschaft, zu geben sucht, mit der Selectionstheorie nicht viel anzufangen ist. Soweit die Selectionstheorie eine Berechtigung hat, bezeichnet sie eben Thatsachen, deren wissenschaftliche causale Be- gründung erst aufgesucht werden muss. $ 9. Eine Thatsache von hervorragender Bedeutung für das in dieser Notiz behandelte Thema scheint mir darin zu liegen, dass einer- seits die Individuen!) des Pflanzenreiches (wie der Thiere) in einer ausserordentlich langen Grössenskala sich bewegen, während ihre wesentlichen Formelemente, die Zellen, sich innerhalb viel geringerer Grössenabstufungen halten; die ganzen lebensfähigen Individuen be- ginnen in den einfachst organisirten Formen der Pilze und Algen mit Dimensionen, welche den stärksten Vergrösserungen der besten Mikroskope noch ungefähr zugänglich sind, kaum die Länge einer mittleren Lichtwelle erreichen, während das andere Extrem von Wellingtonien und riesengrossen Eucalypten dargestellt wird. Die linearen Dimensionen wechseln von kaum 0,001 mm bis zu 100 m und mehr, also um das 100,000,000fache, Fassen wir dagegen die Grösse der Bausteine ins Auge, aus denen die vegetabilischen Gebäude sich aufbauen, so finden wir Dimensionen von circa 0,001 bis zu 0,05 mm oder meist nur bis 0,02, also ein Verhältniss von 1 zu 20 bis 50, im mittleren Durch- messer. Wenn man nicht die alltägliche Erfahrung vom Gegentheil hätte, läge da nicht die Vermuthung nahe, dass grosse, zumal rasch wachsende Pflanzen, aus grossen, dagegen kleine Species und Organe aus kleinen Zellen bestehen und dass sogar vielleicht eine gewisse Proportionalität zwischen der Grösse der Organe und ihren Bausteinen, den Zellen vorhanden sei? Das Gegentheil ist aber der Fall, wie die Erfahrung 1) Ich verstehe hier unter „Individuum“ weiter nichts, als das, was man im alltäglichen Leben eine „Pflanze“ (oder ein Thier) oder einen „Stock“, ein „Exemplar“ nennt, also einen vegetabilischen Organismus, der selbständig lebt, sich ernährt: und allenfalls auch Fortpflanzungsorgane erzeugt. Eine philosophische Discussion über den Begriff „Individuum“ nach Braun’schem Muster ist unnöthig. 69 lehrt und offenbar liegt da ein Problem, dessen wissenschaftliche Lösung wünschenswerth erscheint und wenn dies bisher noch nicht versucht worden ist, so kommt das wohl nur daher, dass eben jeder, der anfängt und fortfährt, sich mit Phytotomie zu beschäftigen, die genannte Erfahrung täglich immer und immer wieder macht und solch alltägliche Erfahrungen pflegen eben als selbstverständlich kaum der Beachtung werth gehalten zu werden. Was mich selbst betrifft, so habe ich zwar seit mehr als 40 Jahren mikroskopirt, war aber jedesmal, wenn ich einige Monate lang anderes gearbeitet und nun das Mikroskop wieder zur Hand nahm, immer wieder überrascht, die Zellen so klein zu finden und bei grossen wie kleinen Pflanzen doch von ähnlicher Kleinheit. Indessen ist es auch wieder gar nicht leicht, eine derartige Er- fahrung so zu präcisiren, dass sie als wissenschaftliche Frage bearbeitet werden kann. Um dies hier thun zu können, will ich zunächst alle Pilze von meinen Betrachtungen ausschliessen, da diese ohnehin durch ihren Aufbau aus meist sehr dünnen Hyphen von allen übrigen Pflanzen so sehr abweichen und mir die Darstellung dessen, was ich zu sagen habe, sehr erschweren würden. Ebenso aber schliesse ich auch die eigentlich einzelligen (unter diesen viele fadenförmige selbst flächen- artig ausgebreitete) Algen aus, und was die so überaus eigenthümlich organisirten Coeloblasten (Siphoneen und Phycomyceten) betrifft, so mögen auch sie einstweilen auf sich beruhen; der Leser dieser Notiz wird wahrscheinlich wissen, dass ich die Coeloblasten weder für ein- zellig noch für vielzellige Gewebepflanzen halte; sie haben zwar nur eine Zellhaut als Körpergrenze, selbst bei beträchtlicher Grösse der Individuen, und wurden deshalb für „einzellig* gehalten; aber sie enthalten in ihrem Körperraum, wenn auch keine wirklichen Zellen, so doch sehr zahlreiche Energiden!) ohne Zellwandgerüst. Obwohl sie dieser Eigenschaft wegen recht wohl in meine folgenden Betrach- tungen eingeschlossen werden können, will ich ihrer der Einfachheit wegen doch nur nebenbei erwähnt haben. Es bleiben also alle diejenigen Pflanzenformen übrig, die wir als eigentliche Gewebepfianzen bezeichnen können, Pflanzen, deren Gewebesysteme aus Vegetationspunkten (mit oder ohne Scheitelzelle) hervorgehen und sich aus dem Urgewebe (Embryonalgewebe) der letzteren herausdifferenziren.?) 1) Vergl. Flora 1892 8. 61. 2) Die Zoologen bezeichnen die einzelligen nicht mit abgegliederten Organen versehenen niederen Thiere als Protozoön, die anderen, d. h. die aus Gewebe be- 70 Die folgenden Betrachtungen beziehen sich also zunächst nur auf derartige Gewebepflanzen, obgleich einiges auch, mutatis mutandis, auf die anderen sich ausdehnen liesse. Der Klarheit wegen muss ich aber noch eine Eintheilung vor- nehmen; nämlich die in fertige und embryonale Zustände der Organe und Gewebe. Wenn dies vielleicht auch nicht gerade in dem ob- jectiven Thatbestande selbst begründet sein sollte, so passt es mir doch für die deutliche Darstellung dessen, was ich zu sagen habe. Zunächst also soll es sich um den Zellenbau der fertigen aus- gewachsenen Organe handeln. Zur besseren und leichteren Verständigung wird es auch bei- tragen, wenn ich die ausgewachsenen Zellen der fertigen Organe der Gewebepflanzen als Bausteine betrachte, aus denen eben die Organe aufgebaut sind. Ist dies auch der Entwickelungsgeschichte, gegenüber nur eine Fiction, so ist sie hier doch erlaubt und ein Missverständniss wird kaum noch möglich sein. Zum Theil schon nach den alltäglichen Wahrnehmungen der Phytotomie, noch besser aber nach den neuen sorgfältigen Messungen meines Assistenten Herrn Erich Amelung lässt sich der Satz), aufstellen: Homologe Organe derselben oder verschiedener Pflanzen bestehen aus nahezu gleichgrossen Zellen, aueh wenn die Organe sehr verschiedene Grössen haben. Die betreffenden Messungen beziehen sich allerdings einstweilen. nur auf das eigentliche Zellgewebe, auf parenchymatisches Grund- gewebe und Epidermis, weil die Messung der Sklerenchymfasern, Ge- fässe und ähnlicher gestreckter Elemente mit zu grossen Schwierig- stehenden Thiere als Metezo@n. Diese Unterscheidung würde sich bei den Pflanzen. allerdings nicht streng durchführen lassen; wenn man jedoch als Gewebepflanzen. nur diejenigen bezeichnete, deren gesammte Gewebemaasse aus Vegetationspunkten entsteht, so hätte man eine ähnliche, vielleicht nützliche Eintheilung in Protophyten. und Metaphyten. Unsere Nomenklatur lässt ja gegenwärtig viel zu wünschen und so wäre mein Vorschlag vielleicht der Beachtung werth. 1) Als die Reihe an mich kam, einem Usus unserer Universität entsprechend, eine Preisfrage aus der Botanik für das Jahr 1892 der mathematisch-physikalischen Seetion unserer phil. Facult. zu empfehlen, stellte ich die Frage: „Es ist durch. möglichst zahlreiche Messungen festzustellen, ob und welche Beziehungen zwischen dem Volumen der Zellen und dem der Organe der Pfl. bestehen.“ Diese Frage hat Herr Amelung mit 1200 mikrosk. Messungen gelöst. Seine Abhandlung wird in einem nächsten Heft der „Flora“ erscheinen. 11 keiten verbunden war; aber sie genügen auch so, da ja nicht alle Gewebepflanzen Faserstränge enthalten. Die sehr zahlreichen (1200) Messungen Amelung’s zeigen ferner, dass die lebenden, saftigen Parenchym- und Epidermiszellen im Quer- schnitt der Organe gesehen im Allgemeinen einen Durchmesser von 0,015 bis 0,066 mm darbieten; nur bei Knollen (mit Reservestoffen) saftigen Früchten und im Mark des Hollunders (Sambucus nigra), sowie in Mark und Rinde der mächtigen Stämme von Impatiens glandulifera erreicht der Querdurchmesser der Parenchymzellen 0,13 bis selbst lmm. (Wollte man auch die Gefässe und Sclerenchymfasern herbei- ziehen, so müsste man auf die Volumina der Elemente eingehen, was bier zu weit führen würde und eigentlich auch unnöthig ist.) Im Allgemeinen kann man annehmen, dass sich der Querdurch- messer der ausgewachsenen Parenchymzellen nach Hunderteln eines Millimeters (also etwa von 0,01 bis 0,09 mm) bemisst. Bekanntlich sind derartige Zellen meist länger als breit, aber doch so, dass die Gesammtform auch bei sehr verschiedenen Pflanzentheilen noch die kurzer Säulen bleibt. Die Sclerenchymfasern der Stränge und des Holzes sind bekanntlich viel länger, aber auch viel enger als die Parenchymzellen. Jedenfalls schwanken die linearen Dimensionen und dementsprechend die Volumina der Gewebezellen in ziemlich engen Grenzen; meist unter O,imm und selten unter 0,01mm. Mit un- bewaffnetem Auge sichtbare, ausgewachsene Gewebezellen, also über 0,1 bis 0,2 mm, sind Seltenheiten und ebenso solche unter 0,01 mm. Da sich eine Mittelzahl nicht gut aufstellen lässt, kann man wenigstens die obere und untere Grenze ins Auge fassen und sagen, die Dimensionen der Gewebezellen bewegen sich gewöhnlich in der zweiten Decimale des Millimeters, die sie nach oben und unten nicht selten, aber nur wenig überschreiten. Das ist aber ein hoher Grad von Constanz der Grösse gegen- über der kolossalen Schwankung vom 100,000,000 fachen der Linear- dimensionen ganzer Pflanzen; während sich die Lineardimensionen der Zellen nur von 1 zu 10, oder auch von 1 zu 20, sagen wir selbst von 1 zu 50 bewegen. Aber im Grunde geben die Messungen kein so klares Bild von der Uebereinstimmung der Grösse der Gewebezellen, wie man es durch das subjective Urtheil bei langer Beschäftigung mit mikro- skopischen Objecten erhält. Den besten Ausdruck für das, was wir hier betreffs der Zellen- grösse brauchen, finden wir vielleicht in den Worten, dass die Ge- 72 webezellen nur in seltenen Fällen mit freiem Auge sichtbar sind (wie im unteren Stamme von Impatiens glandulifera), auf jeden Fall aber bei geringer mikroskopischer Vergrösserung (etwa bei 100facher) deutlich gesehen und ihre wesentlichen Bestandtheile (Wand, Proto- plasma, Kern, Chloroplasten) erkannt werden. — Jeder Botaniker weiss, dass man an glatten dünnen Schnitten bei 100maliger Linear- vergrösserung durchaus klare Bilder der Gewebe bekommt, wie auch die zahlreichen phytotomischen Abbildungen zeigen. Wir sind an diese mittlere Grössen der Gewebezellen so ge- wöhnt, dass wir sie bei der Besichtigung guter Schnitte beliebiger, vorher niemals untersuchter Pflanzentheile als etwas Selbstverständ- liches erwarten und erstaunt sein würden, wenn wir bedeutende Ab- weichungen fänden, selbst wenn es sich nicht mehr um Phanerogamen, sondern auch um Archegoniaten und um grössere, aus Gewebemaassen bestehende Algen handelt. Ich verkenne nicht, dass es immerhin misslich ist, die mittlere Grösse der Gewebezellen nicht genauer bezeichnen zu können, was sich vielleicht erst dann ergeben würde, wenn man zahlreiche Mes- sungen der Volumina derselben hätte. Aber einstweilen und für meinen Zweck genügt es auch so. Vielleicht aber auch, dass hierin ein An- stoss für weitere Forschungen auf diesem ganz vernachlässigten Ge- biete liegt. Nun aber nach diesen Vorbereitungen zurück zu unserem Thema, zu den Beziehungen zwischen Grösse und Organisation. Es handelt sich jedoch nicht um Grösse und Organisation der einzelnen Zellen, sondern der Pflanzen und ihrer Organe. Die Grösse der Zellen soll nur als Mittel .zum Zweck, als ein Erklärungsmittel der Organisation der Pflanzen dienen. Die Frage ist also, inwiefern lässt sich aus der Grösse der Ge- webezellen ein Urtheil über das Verhältniss der Pflanzengrösse zur Pflanzenorganisation ziehen. Jedenfalls darf man die mittlere Grösse der Gewebezellen als eine im gewissen Sinne maassgebende, prineipiell feststehende That- sache betrachen, wenn wir auch die Ursache davon nicht kennen. Aehnlich sind ja auch die Atomgewichte nur Erfahrungsthatsachen, deren Ursache unbekannt ist. So gut, wie die Chemie diese Er- fahrungsthatsache verwerthet, dürfen auch wir die mittlere Grösse der Gewebezellen zur Basis weiterer Folgerungen machen, indem wir uns die Gewebezellen zugleich als die Bausteine der Organe denken. 73 Hält man diesen Gedanken fest, so findet man die Erklärung für eine ebenso allgemeine wie merkwürdige Thatsache, nämlich: dass bei gleichbleibender Organisation (äusseren Glie- derungundinnerenDifferenzirungderGewebepflanzen) nur eine gewisse Kleinheit der Organe möglich ist, wogegen der Vergrösserung der Pflanzen keine Grenze gesetztist, wofernnichtandere Ursachen diesbewirken und dass zwischen der Grösse der Örgane und der ihrer Zellen keinerlei Proportionalität besteht; die Grösse der Organe, zumal homologer Organe, steht vielmehr mit der Zahl der Zellen im Verhältniss. Dass eine Marchantia bei gleichbleibender Organisation nicht auf !/so ihrer linearen Durchmesser redueirt werden kann, wurde schon in $6 vorwiegend aus biologischen ‚Ursachen erklärt. Auf Grund des soeben entwickelten Gedankens erkennt man nun auch, dass eine solche Verkleinerung dem Gesetze der Zellengrösse bei Gewebepflanzen widersprechen müsste. Die. Gewebezellen ‘der Marchantia haben die mittlere Grösse aller Gewebezellen. Sollte nun die Pflanze auf !/so oder auch nur auf "/ıo ihrer Grösse reduzirt werden und dabei ihre Organisation behalten, so müsste auch die Form und Zahl der Zellen und ihre Gruppirung dieselbe bleiben; das wäre aber nur möglich, wenn die Grösse aller Gewebezellen selbst auf 1/; oder !/ıo hinab- sänke, was eben nach dem Gesetz der mittleren Grösse der Gewebe- zellen unmöglich ist; es gibt keine solch kleinen Gewebezellen, ‚offenbar, weil dies der Natur, dem Wesen der Gewebepflanzen widerspricht. Betrachten wir die ganze Pflanze als ein Gebäude, die Zellen als Bausteine desselben, so leuchtet das, was ich sagen will, sofort ein. Man versuche es, einen aus gewöhnlichen Ziegeln oder Hau- steinen gebauten Palast mit allen Verzierungen seiner Wände und Gesimse in !yso seiner wirklichen Grösse aus denselben Bausteinen aufzuführen, so ist das eben unmöglich; aber ein ebenso kleines Modell des Palastes könnte man aus den Steinen eines Baukastens für Kinder aufführen. Wenn es sich aber in diesem Sinne um eine Pflanze handelt, so fehlen die entsprechend kleinen Bausteine. Man könnte daher aus der mittleren Grösse der Gewebezellen überhaupt berechnen, wie klein eine Pflanze von gegebener Organisation werden kann.) 1) Man denke sich die Archegonien der Moose, Farne u. s. w. auf 1,1, ihrer wirklichen Grösse redueirt, so wird ihr Zellenbau unmöglich, sie bleiben 74 Aus diesen Erwägungen leuchtet nun ein, warum die mikros- kopisch kleinen Pflanzen keine Gewebepflanzen sein können, warum sehr kleine (nicht mikroskopische) Pflanzen eine einfachere Gewebe- differenzirung haben müssen und warum auch die äussere Gliederung bei sehr kleinen Pflanzen relativ einfach sein muss, da ja eine mannig- faltige äussere Gliederung auch eine mannigfaltige innere Differenzirung, eine grosse Zahl von Bausteinen, d. h. Gewebezellen erfordert; Bei- spiele liefern die sehr kleinen und einfach organisirten Trichomanes- arten gegenüber den grossen und complieirt gebauten Formen derselben Gattung; ebenso die kleinen Phascaceen unter den Laubmoosen, die kleinen Riceieen unter den Lebermoosen, die kleinen Lemnaceen und Podostemoneen unter den Phanerogamen. Man versteht nun aber auch, dass diese Vereinfachung der Organisation erst dann einzutreten braucht, wenn die Verkleinerung eine so beträchtliche wird, dass die Grösse der Bausteine,d.h.der Gewebezellen,überhaupt eine Rolle spielt;!) denn ebenso, wie man aus gleich grossen gewöhnlichen Bausteinen einen Palast von 50 m Höhe und Länge auf- führen kann, gelingt dies auch bei 20 m Höhe und Länge des Ge- bäudes; aber nicht, wenn letzteres nur 1 m hoch und lang verlangt wird; dann sind die Bausteine eben zu gross, um alle feineren Einzel- heiten der Construction wiederzugeben. Und ebenso bei einer Pflanze von complieirterer Gewebestructur, die nur bei sehr zahlreichen Zellen von mittlerer Grösse möglich ist; ist letztere 0,05 mm und sind zur Gewerbestruktur in der Richtung des Querschnitts 20 Zellen nöthig, so muss der ganze Querschnitt 20 X 0,05 also 1 mm Dicke haben; ist aber bei complieirtem Gewebebau für den Durchmesser eines Quer- schnittes die Zahl von 50 Zellen erfordlich, um alle Differenzirungen des Gewebes darzustellen, so muss der Querschnitt mindestens 50 X 0,05 mm also 2,5 mm Durchmesser haben. — Würde man aber verlangen, dass der Querdurchmesser im letzten Fall nur 0,1 mm betrage, dann müsste die mittlere Grösse der Gewebezellen auf 2 — 0,002 mm hinab- sinken, was gegen die Voraussetzung ist und nicht vorkommt, dann einzellige Organe, wie die Oogonien der Algen und Pilze. Die kleinsten. Antheridien der .Farne sind zuweilen einzellig. 1) So ist es z. B. betreffs des Sporogoniums der Laubmoose; zwischen dem der grossen Polytrichen und dem kleinen der Barbulae ist kein grosser Unter- schied der Organisation, der aber bei den kleinsten Phascaceen, und Archidrum, sofort hervortritt, weil die mittlere Zellengrösse festgehalten wird. 5 Man sieht also, dass eine Pflanze, deren Gesammtgrösse, oder’ ein Organ, dessen Gesammtgrösse sich nach Zehntelmillimetern oder’ selbst nach einigen ganzen Millimetern bemisst, keine weitgehende Gewebedifferenzirung haben. kann; was aber allein von der mittleren: Grösse der Gewebezellen abhängt.!) Ich glaube, diese Betrachtungen gewinnen noch dadurch an Be- deutung, dass sie sich mutatis mutandis auf die Thiere anwenden lassen. Auch die thierischen Gewebezellen haben eine mittlere Grösse ;. sehr kleine Thiere sind daher sehr einfach organisirt; indessen wird durch die oft so reichlichen Intercellularsubstanzen ein den Pflanzen fremdes Moment eingeführt. Ganz ähnlich liegen die Sachen, wenn es sich um die Ver- grösserung der Organe und ganzer Pflanzen handelt. Verlangt man, dass mit zunehmender Grösse auch die innere Differenzirung genau dieselbe bleibe, wie wir es bei Marchantia $ 6 thaten, dann müssten. auch die Gewebezellen ihre normale mittlere Grösse weit über- schreiten, was eben nicht geschieht. Lässt man diese Forderung jedoch fallen und verlangt man nur eine entsprechend ähnliche innere Differenzirung und äussere Gliederung, so lässt sich der Fall denken, dass unter Beibehaltung der Gesammtorganisation nur die Zahl der Zellen von mittlerer Grösse vermehrt wird und dann ist. eine beliebige Grösse bei gleichem Typus möglich, ähnlich wie man aus denselben Bausteinen einen Thurm von 30 oder von 100 m auf- bauen kann. Daher findet man, dass die Blätter der Victoria regia trotz ihrer ungeheuren Grösse doch aus Zellen von ähnlicher Kleinheit,, wie die kleinen Blätter von Hydrocharis aufgebaut sind, während die Blattflächen selbst sich ungefähr wie 1 zu 6000 verhalten. Wenn aber trotzdem unter der genannten Bedingung doch auch. der Vergrösserung der Organe eine Grenze gesetzt ist, so hängt dies: offenbar von anderen Ursachen ab und hier spielen dann rein bio-- logische Momente ihre Rolle, um zu bewirken, dass „die Bäume nicht in den Himmel“ wachsen. Doch unterlasse ich es, auf derartige. Betrachtungen weiter einzutreten.?)- . 1) Es wäre daher auch unmöglich, sich vorzustellen, dass das Sporangium einer Polypodiacee oder Osmundacee, oder das ganze Staubgefäss einer phanero-- gamen Pflanze sich aus 10—12 Zellen aufbauen könne, ohne seine morphologische typische Struktur, äussere Gliederung und innere Dilferenzirung wesentlich zu verändern, auch dann, wenn nur 4 Sporen oder Pollenkörner entständen. Zur Erreichung des typischen Baues sind durchaus mehr Zellen nöthig. 2) Doch lohnt es wohl, auf einen Punkt hinzuweisen. Kennt man von einer artenreichen Gattung oder Familie eine typische Form von mittlerer Grösse, so- 76 ’ Man sieht nun auch hier wieder, dass zur Erklärung der frag- lichen Thatsachen die natural selection ganz überflüssig ist. Fragte man einen echten Darwinianer, warum die mikroskopisch kleinen Organismen keine Gewebedifferenzirung und keine äussere Gliederung (Organbildung) haben, dann würde man sicherlich damit getröstet, ‚dass sie dessen im Kampf um’s Dasein nicht bedürfen und dass, wenn ‚so kleine Organismen etwa unvorsichtigerweise auch innere Gewebe- differenzirung versucht hätten, diese Voreiligkeit durch Untergang be- straft worden wäre. Ich meine dagegen, dass wir hier eine hochwichtige und beiden ‚organischen Reichen gemeinsame Frage beantwortet haben, auch ohne natural selection und ohne Kampf um’s Dasein, dass die Lösung der Frage vielmehr auf Grund von Naturgesetzen möglich ist: sehr kleine ‚Organismen müssen einfach organisirt sein, weil es im Wesen der Zellen und Energiden liegt, eine gewisse mittlere Grösse weder nach .der einen, noch nach der anderen Seite hin viel zu überschreiten. Könnten die Gewebezellen die Kleinheit von Mikrokocken haben oder ‚jede beliebige Grösse erreichen, dann lägen die Sachen ganz anders, dann könnte man weder zwischen Protozoön und Metazoön, noch zwischen einzelligen und Gewebepflanzen (vergl. 8.:69) unterscheiden, ‚dann könnte sogar gelegentlich ein mikroskopischer Organismus höher organisirt, feiner differenzirt sein, als ein 100 mal grösserer. — Und selbst wenn ich mich in meinen Schlussfolgerungen etwa hier und da ‚geirrt haben sollte, wird man doch zugeben, dass mit dem Wort nätural selection wohl gewisse Thatsachen innerhalb enger Verwandt- schaftskreise bezeichnet werden können, dass aber die Forschung verlangen muss, die Thatsachen der organischen Gestaltung auf Natur- gesetze zurückzuführen und sie, auf Grund derselben, im Lichte des Causalitätsprineips zu versteben. $ 10. Zu den merkwürdigen Dingen, auf welche ich durch meine Untersuchungen über die Grössenverhältnisse der Organismen auf- merksam geworden bin, gehört das Verhalten der embryonalen Zellen und des embryonalen Gewebes, oder allgemein der embryonalen Sub- kann man sich in der Phantasie bis zu einem gewissen Grade von Wahrschein- lichkeit ein Bild davon machen, wie ungefähr die kleinste Species organisirt sein könnte; kaum möglich ist es aber, sich eine Vorstellung von der äusseren Gliede- rung und inneren Differenzirung einer sehr grossen Species zu bilden. Im ersten Fall bedarf es nur einer Reduction der unwesentlicheren Eigenschaften, im zweiten aber kann man nicht ahnen, zu welchen Resultaten die Vermehrung der Form- clemente möglicherweise führen kann. IT stanz, auf deren continuirlicher Erhaltung, wie ich 1882 gezeigt habe,?)- die Continuität des organischen Daseins beruht. Um aber etwaigen Missverständnissen zuvorzukommen, muss ich sofort bemerken,. dass es sich im Folgenden durchaus nicht um morpho- logische Fragen handelt, sondern ausschliesslich um Vorgänge der Zellbildung und um Entstehung von Energiden, ganz gleichgiltig, was- ihre morphologische Abstammung oder die morphologischen Homo- logien ihrer Erzeugnisse betrifft; und wie überall, wo es sich um die Fortpflanzung, zumal der sexuellen, handelt, stimmen die frag- lichen Vorgänge im Thier- und Pflanzenreich so genau überein, dass eine Trennung derselben geradezu ein Fehler wäre. Nur eins könnte vielleicht unbequem sein; nämlich die Thatsache, dass bei den pflanz- lichen Zelitheilungen gewöhnlich sofort die Bildung von Cellulosehäuten erfolgt, sobald die Energiden entstehen, während die Energiden des. thierischen Fortpflanzungsmaterials damit nichts zu thun haben. Damit hängt aber zusammen, dass bei den pflanzlichen Objecten die Zellen sofort: als kantige und eckige Gebilde (wie echte Bausteine) auftreten, während sie bei den Thieren als gerundete Körper erscheinen, deren Beziehung‘ zur Gesammtform der Organe eine ganz andere als bei den Pflanzen ist. Als nächstliegende Beispiele erwähne ich zunächst die Bildung und Furchung der thierischen Eier und die ersten Zelltheilungen in den Sporen und Eizellen der Pflanzen. Die Thatsache aber, die mir auf diesem Gebiet merkwürdig er- scheint, liegt darin, dass in all diesen Fällen von dem mütterlichen und väterlichen Organismus zunächst ‚grössere Quantitäten von em- bryonaler Substanz in meist gerundeten Behältern (Eier, Sporen, Makro- und Mikrosporen) erzeugt und als einheitliche Massen abge- grenzt werden, dass aber jedesmal vor der Bildung des neuen Organismus, vor der Anlegung der Organe und vor der Differenzirung der Zellen eine Zerklüftung, eine fortgesetzte Zertheilung in kleinere Portionen oder Energiden eintritt. — Warum diese Verkleinerung? Dies ist der Gegenstand der" Betrachtung, den ich zunächst an einigen besonders klaren Beispielen erläutern will.?) — 1) Vergl. Sachs: „Vorlesungen über Pfl.-Physiol.“ 1882, Vorl. 43 und „Ge- sammelte Abhandlungen“ I, pag. 1231. — Weismann’s Abhandlung „Die Con- tinuität des Keimplasmas“ ist von 1885. 2) Abbildungen der hier zu bezeichnenden Objecte findet man betrefis der Makro- und Mikrosporen der Pflanzen in allen Auflagen meines Lehrbuches, sowie meiner „Vorlesungen® — betreffs der thierischen Eier in R. Hertwig’s Lehrbuch. der Zoologie 1892, pag. 120. "78 Die kleinen holoblastischen Eier der Säugethiere zerfallen be- kanntlich nach der Befruchtung durch suecessive Zweitheilungen, durch „totale Furchung“* in eine sehr grosse Zahl kleiner Kugeln, die ich ‚als Energiden bezeichne, da sie aus einem Zellkern mit zugehörigem Protoplasma bestehen. Erst wenn dieser Zerfällungsprozess vollendet ist, beginnt die Vorbereitung zur Differenzirung in verschiedene Ge- 'webeformen der Organe. — Einen ganz ähnlichen Vorgang findet man an den grossen Eiern der Fucaceen unmittelbar nach der Befruchtung; nur dass hier die durch Zweitheilung entstehenden Energiden sich sofort mit dünnen Zellstofflamellen umgeben und sich nicht abrunden. Auch die Fucuseier sind holoblastisch im zoolo- gischen Sinn; auch bei ihnen beginnt Wachsthum und Differenzirung der Gewebeformen erst, nachdem aus der relativ sehr grossen Eizelle eine grosse Zahl sehr kleiner Zellen entstanden sind. - Mit der äqualen holoblastischen Furchung der Säugethiereier lassen sich auch die Vorgänge in den Makrosporen der Iso&ten sehr gut vergleichen, wo der aus lebensfähiger Substanz bestehende Inhalt zwar von einer dieken festen Haut umgeben ist, aber in seiner ganzen Masse ebenfalls in zahlreiche, sehr kleine Energiden getheilt wird {vor der Befruchtung), bevor das Ganze (nämlich das Prothallium) sich differenzirt, wächst, und ein Archegonium erzeugt. Die Vorgänge im Inneren der ebenfalls sehr dickwandigen Makro- ‚spore der Selaginellen zum Zweck der Prothalliumbildung lassen sich vielleicht am Besten mit der holoblastischen, aber inäqualen Furchung der Froscheier, Schneckeneier u. a. vergleichen, wo die eine Hälfte des Eies, reich an Nahrungsstoff, nur wenige grosse Energiden liefert, die andere Hälfte, reich an gestaltungsfähigem Plasma, aber in sehr zahlreiche, sehr kleine Energiden zerfällt, auf denen die weitere Differenzirung und Organbildung beruht. Noch viel auffallender aber ist die Aehnlichkeit der Vorgänge in der Makrospore der Marsilia, mit denen in den Eiern der Cephalopoden und anderen meroblastischen Eiern, mit discoidaler Furchung. Aehn- lich wie bei derartigen Eiern, ist auch in der diekwandigen Makro- spore von Marsilia ein grosses Quantum Nahrungsstoff enthalten (dem Dotter entsprechend), und nur an dem einen Pol der Makrospore ist, ähnlich wie bei dem Cephalopodenei, die gestaltungsfähige Substanz angehäuft, die nun in beiden Fällen zunächst in eine grössere Anzahl von kleinen Energiden zerfällt, bevor die weitere Entwiekelung sich einstellt. Wenn man die morphologischen Beziehungen bei Seite lässt und nur die Zerlegung der im Ei oder in der Makrospore vorhan- 73 denen gestaltungsfähigen Substanz ins Auge fasst, so ist die Aehn- lichkeit geradezu überraschend. Die Hauptsache, auf die es hier allein ankommt, finden wir aber auch bei den Mikrosporen der Marsiliaceen, Selaginellen und Isoöten. Die Mikrosporen sind zwar an sich schon klein, um so mehr muss es aber auffallen, dass ihr gestaltungsfähiges Plasma zunächst in zahl- reiche, sehr kleine Energiden zerfällt, deren Kerne sich später zu den Spermatozo@n umformen. — Kaum wesentlich verschieden davon ist die Zertheilung des plastischen Inhaltes in der Centralzelle der Antheridien der Farne und Equiseten vor der Bildung der Spermato- zo&n; auch hier die Zerlegung einer relativ grossen Zelle in zahl- reiche sehr kleine, bevor die specifischen Gestaltungsprozesse beginnen. Wer mit den Fortpflanzungsprozessen der Gymnospermen hin- reichend bekannt ist, wird auch hier die entsprechenden Vorgänge im Embryosack und in den Pollenkörnern nicht vermissen. Es würde zu viel Raum beanspruchen, alle im Thier- und Pflanzenreich vor- kommenden Fälle näher zu bezeichnen; ich will nur noch auf die hier so nahe liegenden Zelltheilungen im Innern der Sporen des Lebermooses Pellia hinweisen und darauf, dass die Segmentirung der grossen Scheitelzellen von Dietyota dichotoma, der Equiseten und Charen ebenfalls dahin aufgefasst werden kann, dass der gestaltungsfähige In- halt einer grossen Zelle (resp. Energide) in zahlreiche kleine Portionen sich theilt, bevor das Wachsthum und die Differenzirung beginnt. Versucht man es nun, diese Vorgänge zu erklären, ihre inneren causalen Beziehungen aufzufinden, so ist zunächst zu beachten, dass in demselben Maasse, wie die Energiden resp. Zellen sich durch Theilung verkleinern, auch ihre Zahl sich nothwendig proportional vermehrt. — Bezüglich dieses Punktes leuchtet aber sofort ein, dass eine Gewebebildung überhaupt nur durch beträchtliche Vervielfältigung der Elemente möglich wird und dass speciell eine nur einigermaassen erhebliche Differenzirung, verbunden mit Arbeitstheilung in verschie- denen Gewebeformen, sogar sehr zahlreiche Zellen gleich anfangs erfordert, wie ja auch mit fortschreitender Entwickelung entsprechende Vermehrung der Gewebselemente einhergeht. Und ebenso ist auch die äussere Gliederung, die Anlegung und speciellere Ausbildung der. Organe kaum anders als durch Verviel- fältigung der Energiden resp. Zellen denkbar; denn auch dies ist physiologische Arbeit und die entsprechende Energie wird eben durch Vermehrung der Energiden gewonnen. Letzteres tritt be- sonders deutlich bei den Siphoneen und Phycomyceten (den Coelo- 80 blasten) hervor, deren äussere Gliederung in Stamm, Wurzel, Blätter, embryonale Vegetationspunkte und somatische Substanz auf ziemlich primitiven Stufen stehen bleibt, offenbar entsprechend dem Umstande, dass bei ihnen zwar sehr zahlreiche Energiden in der gemeinsamen Gellulosehülle thätig sind, aber ohne dass sie sich durch feste Zell- wände abgrenzen, dass also ein inneres Wandgerüste fehlt. Dieses ist bei den echten Gewebepflanzen vorhanden und bewirkt seinerseits die Möglichkeit einer schärfer ausgeprägten, mehr filigranen Gliede- rung, durch welche sich die Pflanzen vor den meisten, zumal weicheren Thieren auszeichnen. Dass überhaupt die äussere Gliederung von der Gewebe-Differenzirung abhängt, zeigt ja auch die im Thierreich so scharf hervortretende Thatsache, dass die Protozoön weder das Eine noch das Andere besitzen, während auch bei den einfachsten und kleinsten Metozoön das Auftreten äusserer Gliederung von der Gewebebildung begleitet ist; im Pflanzenreich findet allerdings eine so scharfe Scheidung im Bereich der Algen und Pilze nicht statt; indess ohne dem Gesagten Eintrag zu thun. Die Schwierigkeit, aber auch das Interessante des in $ 10 ange- regten Problems liegt auf einer anderen Seite. Wenn thierische Eier oder solche der Fucoideen und die grossen Sporen von Algen, Pilzen, die Makro-" und Mikrosporen der Selaginellen, Isoöten und Marsiliaceen u. a. sich zur neuen Entwickelung vorbereiten und ihren Inhalt in zahlreiche, kleine Energiden theilen, so ist es dieselbe Quantität von Stoff, die vorher als eine Masse erscheint, später aber in Form von vielen kleinen. — So lange die grosse einheitliche Masse nur eine Energide darstellt, ruht sie, sie ist physiologisch un- thätig, abgesehen von langsam fortschreitenden chemischen Verände- rungen (vergl. Sachs, Vorlesungen, I. Aufl., 8. 345). Die Gestal- tungsprocesse beginnen mit der Furchung, überhaupt mit der Zerlegung in zahlreiche Energiden und sie werden um so energischer und viel- seitiger, je weiter die Theilungen fortschreiten. Diese Erscheinung macht den Eindruck, als ob die- selbe Stoffmasse an Energie, an Arbeitskraft gewänne, wennsieinzahlreiche Portionen-oder Energiden zerfällt. So hingestellt wäre die Thatsache kaum zu begreifen; wie sollte durch blosse Theilung eine Vermehrung der Energie möglich sein. Eine solche ist unter den gegebenen Umständen nur durch Vermehrung der lebensthätigen Substanz selbst denkbar. Und thatsächlich findet eine solche offenbar statt; denn das, was sich activ an den Theilungs- vorgängen bethätigt, ist ‘das Nuclein und das lebende Protoplasma 8i allein. Neben diesen beiden aber befindet sich in den Eiern, Sporen u. s. w. auch noch nahrhafte Substanz, Reservestoff, der an sich zwar keine physiologische Energie besitzt, aber als Nahrungs- und Wachsthumsstoff des Nucleins und Protoplasmas verwendet wird und so zur Steigerung der Energie beiträgt. — Bei den mit abgegrenztem Dotter ver- sehenen Eiern der Thiere und bei den Makrosporen der Marsiliaceen und Selaginellen, wo neben dem gestaltungsfähigen Keimstoff grosse Massen von Stärke, Fett und Eiweissstoffen abgelagert sind, und wo diese Vorräthe während der Keimung aufgebraucht werden, leuchtet ohne Weiteres ein, woher die Vermehrung der Energie, der physio- logischen Kräfte kommt: die an sich trägen, nicht energischen Reserve- stoffe dienen zur Ernährung, Vermehrung des mit Energie begabten Nucleins und Protoplasmas, und indem diese Ernährung fortschreitet, theilen sich die Energiden und es ist nun leicht zu begreifen, dass die zahlreichen kleinen Energiden mehr physiologische Arbeitskraft besitzen, als die ursprüngliche, grosse: das Ei resp. die Spore. Bei den gewöhnlichen ungeschlechtlichen Sporen der Algen, Pilze, Moose, Farne, Equiseten und in den Pollenkörnern sind die Reserve- stoffe zwar nicht so räumlich abgesondert, wie in den Makrosporen der Marsiliaceen, und den meroblastischen Eiern der Thiere, aber doch meist in Form von Stärke, Fettkörnern u. s. w. deutlich im Innern der Energide zerstreut zu sehen; und wo diess etwa nicht der Fall sein sollte, wie bei den kleinen holoblastischen Eiern, bei den Mikrosporen der Kryptogamen, da ist kein Zweifel, dass. Reserve- stoffe in den Maschen des echten Protoplasmas vertheilt sind und bei der Furchung und Keimung zur Vermehrung des (nach Bütschli) wabigen schaumigen Protoplasmas dienen. Mit diesen naheliegenden Erwägungen ist aber die Frage noch nicht beantwortet, warum zu der nothwendigen Vermehrung der physiologischen Energie die unmittelbar gestaltungsfähige Masse des Protoplasmas und Nucleins sich gerade-in so kleine Portionen theilen muss, Es muss doch eine im Thier- wie Pflanzenreich geltende Ur- sache haben, dass lebensfähige, namentlich gestaltungsfähige Stoff- massen in so kleine Portionen (Energiden) zerfallen, deren jede aus einem centralen Kern und dem von ihm beherrschten Protoplasma besteht. (Schliesslich verweise ich auf meine „Gesammelten Abhand- lungen“ II p. 1228.) Würzburg, 12. März 1893. Flora 1893, 6 Archegoniatenstudien. von K. Goebel. 3. Rudimentäre Lebermoose.!) Hierzu Tafel II. Wie esunter den Gattungen bezüglich der systematischen Gliederung einförmige und vielförmige, eine reiche Mannigfaltigkeit von Arten zeigende gibt, so verhalten sich auch grössere Gruppen nahe verwander Pflanzen bezüglich ihrer Organbildung sehr verschieden. Eines der auf- fallendsten Beispiele für diesen Satz bieten uns die Museineen: die Laub- moose stellen eine Gruppe dar, deren Gestaltungsverhältnisse einen im Grossen und Ganzen starren und einförmigen Eindruck machen, während wenige Beispiele die Lebermoose einen Gestaltungsreichthum aufweisen, dem wir nur aus andern Verwandtschaftskreisen an die Seite stellen können. Die dürftigen Beispiele, welche die Lehrbücher immer wieder vorführen, lassen freilich nicht ahnen, dass die Mannigfaltigkeit der vegetativen Gliederung hinter der der Samenpflanzen nicht zurücksteht, und dabei ‚sind die Verschiedenheiten der Organbildung mit einander vielfach durch Uebergänge verbunden. Es ist gleichsam hier der „Gestaltungs- trieb“ noch nicht zur Ruhe gekommen, und seine Produkte erscheinen noch nicht so scharf von einander gesondert wie sonst, weil sie uns vollständiger erhalten sind, als in andern Pflanzengruppen. Um so näher muss die Frage liegen, wie die einzelnen Formen mit einander zusammenhängen, und ob sich ihre Gliederung auf denselben Aus- gangspunkt zurückführen lässt, der oben (a. a. O.) auf Grund der Untersuchung einer rudimentären Moosform und der Geschlechts- generation der Farne angenommen wurde. Es wurde diese Frage zum Theil schon bei früherer Gelegenheit von mir zu beantworten versucht, Indess waren mir damals zwei wichtige Formen noch un- zugänglich,?) und auch sonst ergab sich neues Material. 1) 1. u. 2. s. Flora, 76. Bd., Ergänzungsband z. Jahrgang 1892 pag. 92—116. 2) Durch die Freundlichkeit von Herrn Prof. Bayley Balfour in Edinburgh erhieltich von Spruce gesammeltes Material aus dem dortigen Universitätsherbarium. 83 Dass auch bei den Lebermoosen rudimentäre Formen (im Sinne von Sachs) vorkommen, darauf wurde früher schon hingewiesen. Es seien hier zunächst die Organisationsverhältnisse derselben etwas eingehender geschildert; in wie weit aus ihnen sich allgemeinere Schlüsse ziehen lassen, wird später zu erörtern sein. 1. Protocephalozia ephemeroides (Cephalozia) Spruce. Die Artbenennung deutet auf eine charakteristische Eigenthüm- keit dieser Art schon hin. Ts ist ein Lebermoos, das insofern an das Verhalten des Laubmooses Ephemerum erinnert, als das Protonema hier eine andere Rolle spielt als sonst, nämlich nicht nur ein vorüber- gehendes Jugendstadium darstellt, sondern auch im erwachsenen Zu- stand der Pflanze hervortritt, und zwar in der Art, dass die beblätter- ten Sprosse lediglich als Anhängsel des „Protonemas“ erscheinen, deren Function es ist, die Geschlechtsorgane hervorzubringen. Der Entdecker dieser interessanten Lebermoosform schildert die- selbe folgendermaassen!) „I found this curious little plant in two lo- ealities, not far from the confluence of the Casiquiari aud Rio Negro in Venezuela, growing on moist earth in shade and on little mounds thrown up by mud worms. I had already found a minute Phascoide moss (Ephemerum aequinoctiale Spruce) in similar sites; it is the only Phaseum known to me that grows on the hot plains of the equator, and at first sight 1 took the Proto-Cephalozia for a second species of the same genus; for I saw on the lumps of mould only a greenish confervoid film, with large perichaetia standing out of it here and there — very like the Ephemerum serratum on our garden pots in England. The prothallium of all Cephaloziae is narrow and thread- like — very different from the suborbieular prothallium and propagula of Radula, Lejeuea, and many other Hepaticae: and it approaches “the nearest of any among Hepaticea to the protonema of true mosses, to that the latter name would not be inapt for it,“ Dem sei hinzugefügt, dass das Protonema ebenso wie ein Laub- moosprotonema aus zwei Theilen besteht, einem unteridischen, von Spruce nicht erwähnten, und einem oberirdischen. Die Fäden des letzteren sind reich verzweigt und mit einer derben Membran ver- sehen, die aussen mit buckligen Verdickungen versehen ist. Die Fadenäste sind zweizeilig geordnet und bilden dichte Rasen. Die unterirdischen Protonemaäste haben eine dünnere, glatte Membran und entbehren das Chlorophylls, Die Sexualsprosse ent- 1) Spruce, On Cephalozia (a genus of Hepaticae) Malton 1882, pag. 12. 6* 84 stehen an dem unteren Theile der oberirdischen Fäden. In Fig. 9 auf Tafel II ist ein Faden abgebildet, der einen männlichen Sexual- spross trägt. Dieser ist aus der Spitze eines kurz bleibenden Faden- astes hervorgegangen, und zeigt die typische Struktur eines beblätterten Liebermooses, die Blätter des Sexualastes, von denen bei den männ- lichen jedes ein Antheridium umhüllt, haben wie die Abbildung zeigt, ganz die typische Form eines Jungermannieenblattes (vgl. Taf. IL, Fig. 6). Auch Amphigastrien — die Spruce nicht erwähnt — sind vorhanden, freilich in sehr rudimentärem Zustand. Sie stimmen im Wesentlichen mit denen unten für „Pteropsiella frondiformis“ zu be- sprechenden überein. Auf den Bau der weiblichen Aeste mag hier nicht näher eingegangen werden, da auch sie nicht von dem sonst Bekannten abweichen. Die Entwicklungsgeschichte der Sexualäste konnte ich leider an dem getrockneten Material nicht verfolgen und vermag daher nicht anzugeben, ob dieselben mit einfacher gestalteten Blattanlagen be- ginnen. Jedenfalls wachsen die Sexualäste in den beobachteten Fällen niemals vegetativ weiter, sie sind lediglich Träger der Sexualorgane. Vergleichen wir nun die Bildung von Protocephalozia mit den verwandten Formen z. B. der verbreiteten Cephalozia (Jungermannia) bieuspidata. Nach Hofmeister’s!) und Grönland’s?) Mittheilungen bilden sich aus der keimenden Spore zunächst Zellfäden, die sich auch verzweigen können, dann aber — und zwar zuweilen schon sehr früh — in die Bildung eines beblätterten Stämmchens übergehen, dessen erste Blätter als einfache Zellreihen erscheinen, und erst all- mählich eine höhere Gliederung gewinnen. Die ersten Keimungs- stadien stimmen also mit dem „Protonema“ von Protocephalozia über- ein, letztere ist nichts anders als eine Form, welche die Jugendform bis zur Bildung der Sexualorgane beibehalten hat, als deren Hüllen hier ebenso wie bei Buxbaumia die Blätter erscheinen. 2. Pteropsiella frondiformis (Cephalozia fr.) Spruce. Merkwürdiger noch als die soeben kurz beschriebene Form ist eine zweite, gleichfalls zu Cephalozia gehörige, über die ich aber zu einer wesentlich andern Auffassung gelangt bin, als ihr Entdecker. Er sagt (a. a. O. pag. 11) „Bei Pteropsiella verschwinden die Stamm- blätter vollständig, und sind ersetzt durch einen breiten grünen Flügel, 1) Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen pag. 28, Taf. IX, Fig. 8—14. 2) Groenland, Memoire sur la germination de quelques H£patiques, Ann. d. sc. nat. 1854. 85 von 4—12 Zellreihen Breite auf jeder Seite des Stammes (— oder vielmehr der Mittelrippe — G.) genau wie bei Blyttia, Metzgeria etc.; zu einer dieser Gattungen könnte man die Pflanze zu stellen versucht sein, wäre nicht beobachtet, dass die cladogenen weiblichen Involucren und die männlichen Aehren aus breiten blattartigen, zweilappigen „bracts* bestehen und dass das Perianth und die Kapsel genau so wie bei Cephalozia gebaut sind. Betrachtet man Inflorescenz und Fructification zusammen mit dem Verzweigungsmodus als die wesent- lichen Merkmale für die Trennung der Gattungen, so kann Piero- psiella nur als Subgenus von Cephalozia eingereiht werden, aber für die, welche den Unterschied zwischen einem- frondosen und einem foliosen Spross als hinreichendes Trennungsmerkmal für Gattungen betrachten, wird Pteropsiella eine besondere Gattung darstellen.“ Betrachtet man Pteropsiella nur wenig eingehend, so wird man die soeben kurz widergegebene Schilderung allerdings bestätigt finden. Man sieht einen schmalen, bandförmigen Thallus, der, abgesehen von seiner Mittelrippe, wie bei Metzgeria einschichtig ist und sich aus- zeichnet durch seine Verzweigung. Dieselbe ist nämlich niemals eine seitliche — wie überhaupt in der Gattung Cephalozia — sondern stets eine ventrale: es entspringen die Seitensprosse ausschliesslich aus der Unterseite der Mittelrippe. Manche derselben sind zunächst Hagellen- ähnlich, um sich dann weiterhin zu verbreitern. Hier entspringen auch die Zweige, welche die Geschlechtsorgane tragen. Diese allein sind beblättert (Taf. II Fig. 4) und niemals entspringen die Ge- schlechtsorgane an dem 'Thallus. Der letztere ist mit Haarwurzeln an seinem Substrat befestigt, dieselben entspfingen meist: von der Unterseite, zuweilen auch am Rande. Es liegt hier also eine Combination von einem „thallosen“ und einem foliosen Lebermoose vor, ähnlich wie ich eine solche früher, die unten zu erwähnende Lejeunia Metzgeriopsis,’) beschrieben habe. Schon bei der Beschreibung dieses merkwürdigen Lebermooses habe ich darauf hingewiesen, dass es wünschenswerth sei, den Pteropsiella- Thallus daraufhin zu untersuchen, ob derselbe nicht gleichfalls Anhangsorgane trage, wie sie bei dem von Metzgeriopsis in Gestalt gegliederter Zellreihen auftreten. Dies ist nun in der That der Fall. 1) Morphol, und biolog. Studien in Annales du jardin botanique de Buiten- . zorg Vol. VII pag. 54 ff, und: Ueber die Jugendzustände der Pflanzen, Flora 1889 pag. 17 ff. j 86 Schon bei Betrachtung eines ausgewachsenen Thallus fallen näm- lich eigenthümliche, von Spruce nicht erwähnte Anhangsorgane auf. Fig. 1. Pteropsiella frondiformis, Oberansicht eines Thallusstückes, M Mittelrippe. Fig. 1 zeigt ein Thallusstück von oben gesehen. Bei M sind zwei die Mittelrippe deckende Zellreihen sichtbar, welche, um sie besser hervorzuheben, stärker ausgezogen sind, als die Zellen, welche die beiden Flügel bilden. Es ist nur ein Stück des Flügels rechts gezeichnet. Am Rande desselben fallen zwei, annähernd quer ange- . heftete Zellen A und’ B von wurstförmiger Gestalt auf, welche für das Verständniss des Aufbaues von Pteropsiella wichtig sind. Sie erinnerten mich sofort an ganz ähnliche Gebilde, wie sie Zoopsist) aufweist, Das in Fig. 1 abgebildete Stück entstammt einem. ziemlich breiten, d.h. mit wohl entwickelten Seitenflächen versehenen Thallus. Auffälliger treten die ge- schilderten Anhangsgebilde auf an schmalen Fig. 2. Pteropsiella frondi- Pteropsiellasprossen, wie ein solcher in Fig. 2 Jormis. Schmächtiger Thal- von der Unterseite dargestellt ist. Die Unter- \us von unten. ansicht zeigt nun weiter, dass die Haar- wurzeln nicht regellos entspringen, sondern in Gruppen, zu zwei oder mehr, in bestimmten Abständen, und ferner, dass auch die auf der 1) Vgl. Buitenzorger Annalen VII, pag. 62. 87 Ventralseite entstehenden Zweige — seien sie nun vegetativ oder Träger der Sexualorgane — in gesetzmässiger Anordnung stehen, nämlich stets vor einer Wurzelhaargruppe, nur dass nicht vor jeder derselben ein Zweig steht. Diese Gesetzmässigkeit rührt daher, dass auf der Ventralseite Amphigastrien sich finden — allerdings in sehr rudimentärer Aus- bildung, zu denen sowohl Haarwurzeln als Seitenzweig in Beziehung stehen; letztere entspringen vor den Amphigastrien, wie es scheint „endogen“, d. h. nach Durchbrechung einer die Knospe deckenden Gewebelage. Die Betrachtung jüngerer Theile des Thällus (Fig. 3) zeigt, dass die Amphigastrien _) über den Zustand von „Pri- mordialpapillen* nicht hinaus- kommen, d.h. im Grunde eben- so einfach gebaut sind, wie die Schleimhaare, die auf dem Thallus echt thalloser Formen sich finden. Jedes Amphi- gastrium besteht aus 4 Zellen: zwei Papillen (die wahrschein- Fig. 3, Pteropsiella frondiformis, Thallusspitze lich auch hier Schleim abson- von unten. Sichtbar zwei Amphigastrien, A, B; dern) und zwei Trägerzellen, 1,1; IV, III; die zu je einem seitlichen Sogment Wenn es zur Bildung von gehörigen Balkenhaare. Haarwurzeln kommt, erfahren die letzteren weitere Theilungen durch "Längs- und Querwände, es entsteht aus ihnen eine kleine Zellgruppe, welche den Haarwurzeln den Ursprung gibt. Das erklärt die oben erwähnte Anordnung der letzteren. Die Vorgänge am Scheitel sind nicht leicht aufzuklären. Frisches Material würde hierin wohl keine grossen Schwierigkeiten bieten, wohl aber war dies der Fall bei dem getrockneten, nur in beschränkter Menge zur Verfügung stehenden. Die Pflänz- ‚chen wurden zunächst in verdünnter Kali- lauge so lange aufgeweicht, bis sie durch- sichtig waren, dann mit Congoroth gefärbt. Fig. 4. Pteropsiella frondiformis, Der Scheitel ist geschützt durch dichte AmPphigastrium, aus den Haar- Bedeekung mit Haargebilden, welche sich wurzein (WR) entspringend, über ihn herlegen (Fig. 3 und 6). Diese sind erstens die Papillen der jungen Ampbigastrien, welche nach oben gekrümmt die Scheitel- 88 zelle verdecken, und zweitens die eigenthümlichen wurstförmigen oben erwähnten randständigen Haargebilde. Dieselben sind dadurch, dass sic quer zu ihrer Anheftungsstelle auswachsen, für den Schutz des Scheitels, über den sie sich herüberlegen, ganz besonders geeignet, Fig. 5. Pieropsiella frondiformis. Scheitelansicht des Thallus. Es ist charakteristisch, dass — wie unten noch an einem andern Beispiel gezeigt werden soll — diese Haarform verschwindet, sobald ein Schutz des Vegetationspunktes durch ausgiebigere Blattbildung eintritt. Zunächst nun konnte mit aller Sicherheit festgestellt werden, dass die thallosen Pteropsiella-Sprosse eine dreiseitig-pyramidale Scheitel- zelle besitzen, wie sie für die foliosen Lebermoose als allgemein vor- handen angenommen wird (dass es eine Ausnahme gibt, soll später gezeigt werden). Diese Scheitelzelle gliedert denn auch in ganz derselben Weise wie bei den foliosen Formen drei Reihen von Segmenten ab, eine ventrale und zwei laterale. Aus jedem ventralen Segment geht ein Amphigastrium hervor — ebenfalls genau wie bei den foliosen Formen, ausserdem betheiligt sich das ventrale Segment bei der Bildung der Mittelrippe, es liefert die zwei Zellreihen, welche dieselbe nach unten hin bedecken (V, V, Fig. 7) und einen Theil des Innengewebes. In Fig. 4 ist das jüngste ventrale Segment bereits durch eine Längswand getheilt, eine weitere Schilderung der Reihenfolge der Theilungswände wäre ohne Interesse. Der Scheitel ist so nach unten gekrümmt, dass der grösste Theil der freien Oberfläche der Scheitelzelle nach dieser Seite hin gerichtet ist. Dies erschwert die Orientirung über die Theilungsvorgänge in den lateralen Segmenten. Zunächst aber konnte ein für die’ Auffassung der Gestaltungsverhältnisse wichtiger Punkt festgestellt werden, und 89 zwar der, dass aus jedem lateralen Segment zwei der randständigen Papillen hervorgehen. Jeder, der die Entwickelungsvorgänge bei den foliosen Leber- moosen kennt, weiss, dass bei ihnen aus den lateralen Segmenten die Blätter hervorgehen, und dass diese ausgezeichnet sind durch eine früh schon auftretende Gliederung in zwei Hälften, die sich dann späterhin vielfach als zwei gesonderte Blattgipfel u. s. w. darstellen. Ganz ähnlich sehen wir also auch bei Pteropsiella jedes laterale Seg- ment zwei Anhangsorgane hervorbringen, und dadurch eine Zwei- theilung angedeutet, ähnlich wie bei den foliosen Formen. So gehören z. B. in Fig. 3 A und B, II und I, IV und III je zu einem Segment. Die beiden Anhangsorgane eines Segmentes treien ungleichzeitig auf, das der Scheitelzelle fernere zuerst. Es bildet sich eine Papille, die durch eine Querwand in eine obere und eine Trägerzelle getheilt wird, erstere wächst dann, wie die Abbildungen zeigen, quer zur Träger- zelle aus, und legt sich balkenförmig über den Scheitel her. Die Trägerzelle ist an älteren Thallustheilen meist nicht mehr sichtbar. Sei es, dass sie — was offenbar vielfach geschieht — den übrigen Randzellen gleich geworden, sei es, dass sie zusammengesunken ist. Berücksichtigen wir nun die soeben geschilderte Wachsthums- weise, so finden wir so viele Analogieen mit derjenigen der foliosen ‘Formen, dass wir sagen können: Statt mit Spruce Pteropsiella als eine echt thallose Form zu bezeichnen, können wir sie vielmehr als eine foliose betrachten, deren Seitenblätter horizontal ge- stellt und mit einander verschmolzen, am Rande des „Ihallus“ aber noch durch je zweihaarförmigeAnhangsorgane bezeichnet sind.“ Inwieweit diese Vorstellung auch im phylogenetischen Sinne richtig ist, mag weiterhin erörtert werden. Hier ist zu- nächst noch auf das Verhalten der lateralen Segmente zurückzukommen. Fig. 6. Pteropsiella frondiformis Fig. 5 gibt ein Bild der Vorstellung, Spr. Zerdrückter Thallusscheitel welche ich mir über die Theilung der vonder Thallusoberseite gesehen. lateralen Segmente gebildet habe, es ist A die Spitzen der aufwärts ge- eine Oberansicht eines Thallusscheitels,, Hrümmten Amphigastrien. gewonnen durch Aufrechtstellung eines abgeschnittenen Vegetations- punktes, 90 Es sind fünf Segmente sichtbar, dieselben sind ihrer Altersfolge nach mit 1-5 bezeichnet. In dem ventralen Segment 3 ist eine Längswand aufgetrennt, wodurch die beiden zu den Amphigastrial- papillen auswachsenden Zellen von einander getrennt sind, von dem nächsten ventralen Segment sind nur die Spitzen der Papillen A sicht- bar. Das laterale Segment 2 ist theils durch eine schief zu den Segment- wänden gestellte mit I bezeichnete Wand, deren Verlauf nieht mit aller Sicherheit festgestellt werden konnte. Indess scheint es, dass sie bei weiterem Verlaufe des Wachsthums so verschoben wird, dass sie in Segment 4 schon die freie Aussenseite (Unterseite) der Seg- mentwand trifft. Nun ist das Segment in zwei, in der Oberansicht ungleich grosse Hälften zerlegt, in der oberen grösseren tritt eine annähernd rechtwinklig stehende Wand II auf.!) Dadurch sind zwei, annähernd in eine Ebene neben einander liegende Zellen o und u entstanden. Jede derselben bildet eine Papille, zunächst o dann u. Die Zellen o und u aber wachsen als Zelllläche beträchtlicher weiter, theilen sich und bilden den Flügel, wie das aus den Flächenansichten _ weiter hervorgehen wird. Ein Querschnitt durch einen 'Thallus nahe der Spitze (Fig. 7) zeigt, dass von den die Mittelrippe deckenden Zellen die beiden untern (V, V) aus dem ventralen, die seit- lichen (SI, SIT) aus dem latera- len Segment hervorgingen. Alle drei betheiligen sich an der Bildung des aus langge- Fig, 7. Pteropsiella frondiformis. Thallus- streckten Zellen bestehenden querschnitt nahe der Spitze V, V die aus den inneren Gewebes der Mittel- ventralen, S die aus den lateralen Segmenten hervorgegangenen Deckzellen der Mittelrippe. vıpp®- j , , Vergleichen wir nun die soeben geschilderten Theilungsvorgänge, so sehen wir auch in ihnen eine Analogie mit denjenigen bei den foliosen Formen, insofern als wie bei diesen das Segment durch eine Wand in zwei Zellen zerlegt 1) Eine andere Auffassung der Theilungen ist gleichfalls möglich. Betrachten wir Segment 5, so könnte die obere, gebrochene Wand die Theilungswand I sein, an die sich II nach unten hin ansetzende (die Zahlen muss man sich hinwegdenken). Es stimmt diese Auffassung auch mit der Oberansicht Fig. 6, welche einen zer- drückten Vegetationspunkt darstellt, ganz gut. Welche von beiden Auffassungen -— nur um diese beiden kann es sich handeln — richtig ist, war bei meinem Material nicht zu entscheiden. Es war mehr die Analogie mit Zoopsis ete., welche mich der im Texte gegebenen den Vorzug geben liess. 91 wird, die sich dann an der Blattbildung betheiligen. Es erhellt ferner, dass die oben — zunächst nur vergleichsweise angenommene — Ver- schiebung und Verwachsung der „Blätter“ eine congenitale, schon durch die Schiefstellung der ersten Theilungswand eingeleitet ist. Würde die in der Anmerkung auf p. 90 erörterte Deutung die richtige sein, so würde bei den foliosen Formen insofern ein Unterschied bestehen, ‚als aus der oberen Segmenthälfte bei Pteropsiella kein Anhangsorgan hervorginge. Indess ist diese Frage nicht von ausschlaggebender Bedeutung, was gezeigt werden: sollte, ist, dass bei Pteropsiella sich ein ganz ähnliches Missverständniss des Aufbaues geltend gemacht hat, wie bei einer verwandten Form, der gleichfalls merkwürdigen Zoopsis. Indess sei hier für Pteropsiella zunächst noch das Verhalten der Sexualsprosse erwähnt. Ganz ebenso wie bei Protocephalozia sind sie beblättert, ich verweise auf die Figuren 4 und 5 auf Tafel II. Dabei kann ein thalloser Spross, der schon ziemliche Länge erreicht hat, an seinem Scheitel in einen foliosen, männlichen Sexualspross über- gehen (Fig. 5), ein steriles Weiterwachsen eines Sexualsprosses aber wurde auch hier niemals beobachtet. Das Auftreten der höheren Gliederung ist durchaus an die Bildung der Sexualorgane geknüpft, als deren Hüllen die Blätter erscheinen. Die Gestaltung der männ- lichen und weiblichen Sexualsprosse stimmt im Wesentlichen mit der bei Protocephalozia überein, wie schon der Vergleich der in den Figuren 6 und 9 abgebildeten männlichen Scxualsprosse zeigt. Die Blätter sind stark schief gestellt, jedes trägt ein Antheridium in seiner Achsel, und zeigt die Andeutung von zwei Blattzipfeln; die Balkenhaare, welehe für den vegetativen Thallus so charakteristisch sind, sind aber verschwunden, und durch einfache Papillen ersetzt. Bei den Perichaetialblättern der weiblichen Aeste (vgl. Taf. II, Fig. 4) tritt die Uebereinstimmung mit einem gewöhnlichen Jungermannieenblatte noch mehr hervor. In dieselbe Gattung (oder wenn man will, dieselbe Gruppe) wie Pteropsiella gehört eine Cephalozia-Art, die ich in Brittisch-Guiana fand. Es ist ein kleines, erdbewohnendes Moos, dessen sterile Sprosse hier zwar schon in Sprossachse und Blätter gegliedert sind, aber trotz- dem von den fertilen abweichen. Diese Abweichung zeigt sich in Gestalt und Stellung der Blätter- Diese stehen nämlich am sterilen Spross fast horizontal; wenn sie dicht auf einander folgen, tritt eine kaum merkliche unterschlächtige Deckung hervor, Jedes Blatt trägt zwei Papillen, die den beiden meist kaum 92 hervortretenden Blattlappen entsprechen, Die eine dieser Papillen zeigt nun noch deutlich die Wurstform, welche für die Primordial- papillen (Balkenhaare)der Pteropsiella so charakteristisch ist, und auch bei Zoopsis sich befindet, die andere hat die Gestalt einer einfachen, papillen- förmig verlängerten Endzelle. Die , Ampbhigastrien sind wie beiPteropsiella gebaut, d. h. also auf dem Stadium der Primordialpapillen stehen ge- blieben. Denkt man sich die Blätter mit einander verschmolzen, so erhält man die Gestalt der Pteropsiella, das Stämmchen erscheint dann als Mittel- rippe. An den Antheridienästen stehen die Blätter nicht fast horizontal, son- dern schief, sie sind deutlich zwei- Flächen- Janpig und zwar trägt jeder der Lappen eine einfache Papille, die wurstförmige Primordialpapille wird nicht mehr ausgebildet. Ebenso sind die Perichaetialblätter der weiblichen Aeste wie gewöhnliche Jungermannieenblätter ausgebildet, nur viel grösser als die der männ- lichen Aeste; wenn man das Lebermoos oberflächlich betrachtet, so macht es einen ganz ähnlichen Eindruck, wie Pteropsiella. Genauere Untersuchung aber zeigt, wie erwähnt, dass sterile und fertile Sprosse auch hier zwar in ihrem Habitus verschieden sind, erstere aber nicht einen Thallus, sondern einen beblätterten Spross darstellen, ersteren aber kann man aus letzterem ableiten, wenn man sich die Blätter mit einander verschmolzen denkt. Des Vergleiches halber muss Zoopsis hier noch angeführt werden, obwohl ich dieselbe früher schon kurz geschildert habe.!) Spruce sagt von Zoopsis (a. a. OÖ. pag. 11) „Zoopsis was at first curiously mis understood, Taylor having described the stem as a frond, with erenate or sinuato-repand margens, the supposed erenations being true, though minute and scale-like leaves.“ Eine ähnliche, wenngleich leichter erklärliche. Täuschung ist nun auch Spruce, wie oben nachgewiesen wurde, bei Pteropsiella vorgekommen. Zoopsis steht den gewöhnlichen foliosen Lebermoosen schon näher, Fig. 8. Cephalozia sp. ansicht eines Sprosses von oben, 1) Morph. u. biol. Studien a. a. O, 63 indem bei ihr ein Stämmchen ausgebildet ist, das freilich wie der Querschnitt Fig. 9 zeigt, ausgeprägt dorsiventralen Charakter hat. Die grossen Oberflächenzellen des Stämmchens besorgen hier vor-. wiegend die Assimilation. An ihm stehen die Blätter, bei Zoopsis argentea meist nur be- stehend aus zwei Zellen, welche die eigentliche Blattfläche dar- stellen, jede dieser Zellen trägt ein Anhangsgebilde, und zwar die eine eine wurstförmige Zelle wie bei Pteropsiella, die andere eine kleine Zellreihe. Aehnlich, aber bezüglich der Haargebilde, welche die Blätter tragen, abweichend ist eine Form, die ich unter Lebermoosen fand, die Herr Dr. Karsten in Amboina gesammelt hat. Ein Stück des Stämmchens dieser Zoopsis ist in Fig. 10 abgebildet, aus der hervorgeht, dass hier jede der Blatt- zellen ein zweizelliges charakteristisches Haar trägt. Es soll diese Form (von der nur einige wenige Stämm- chen unter andern Moosen gefunden wur- den) hier als Zoopsis setigera vorläufig bezeichnet werden. Sie stimmt sonst mit 7. argentea überein, namentlich stehen die rudimentären Blätter ebenso wie bei der letzteren am ausgewachsenen Stämm- chen horizontal, so dass sie nur kleine Vor- sprünge der oberen abgeflachten Stamm- seite darstellen. Wie die Seitenansicht bei Zoopsis argentea zeigt, und schon in meiner früheren Abhandlung nachgewiesen ist, findet hier aber eine wirkliche, im Verlauf der Entwicklung eintretende Verschiebung statt; ursprünglich werden die Blätter an- Fig. 10. Zoopsis setigera. gelegt wie bei den andern foliosen Leber- Oberansicht eines Spross- - a . stückes. Die Blätter bestehen moosen, und zwar entwickelt auch hier der „ur aus je zwei Trägerzellen, (einzellige) „Oberlappen“ des Blattessein An- , den daran sitzenden Haaren. hangsgebilde früher als der Unterlappen, ganz ähnlich wie bei Pteropsiella. An den Sexualsprossen tritt dann die höhere Entwickelung der an densterilen nurrudimentär vorhandenen Blätter ein. Fig. 9. Zoopsis argentea, Stammquerschnitt stark vergr. 94 Die Uebereinstimmung sowohl wie die Differenzen der beiden Formen (Pteropsiella und Zoopsis) bedürfen wohl keiner näheren Er- läuterung. Lehrreich in dieser Beziehung ist namentlich auch ein einmal beobachteter Fall bei Pteropsiella, in welchem ein Segment eines Sprosses den Versuch zur Bildung eines freien Blattes gemacht hatte. Dasselbe ist, wie Fig. 11 zeigt, etwas schief zur Thallusebene gestellt, sein Vorderrand wird von dem Hinterrand des nächstfolgenden „Blattes“ — das aber schon nicht mehr als freies Blatt ausgebildet ist — etwas gedeckt. Wahrscheinlich waren die ersten, zur Bildung eines Sexualsprosses führenden stofflichen Veränderungen hier einge- treten, hatten dann aber wieder aufge- hört, so dass der Spross nun vegetativ weiter wuchs. Es war hier aber, wie die Abbildung zeigt, eine wirkliche, wenngleich nur rudimentäre Blattfläche vorhanden, welche ganz ebenso wie die Fig. 11. Pferopsiella frondiformis, Von Joopsis zwei Anhängsel trägt. Ehe Oberansicht eines schmüchtigen auf eine weitere Besprechung dieser Sprosses. Links ein (etwas schief yscheinungen eingegangen wird, ist hier gestelltes) Blatt, stark vergr. noch an einen andern Fall zu erinnern. 3. Lejeunia Metzgeriopsis, Es war mir vor einer Reihe von Jahren geglückt, in Java eine Lebermoosform zu finden, die ebenso wie Pteropsiella die Charaktere eines thallosen und eines foliosen Lebermooses combinirt. Sie besitzt einen Metzgeria ähnlichen, durch Brutknospen sich reichlich vermehr- enden Thallus, der erst bei der Bildung der Sexualorgane in die foliose Form übergeht. Ich nannte dieses interessante Lebermoos zu- nächst Metzgeriopsis pusilla. Später!) wies ich nach, dass es offenbar eine Lejeunia ist, da diese Gattung, deren Keimung vorher nicht bekannt war, aus der Spore ebenfalls zunächst einen flachen, dem der Metzgeriopsis ähnlichen Thallus entwickelt, der aber nur unbeträchtliche Grösse er- reicht, und dann bald in die beblätterte Pflanze übergeht, während er bei Lejeunia Metzgeriopsis den eigentlichen Vegetationskörper darstellt. Bezüglich aller Einzelnheiten kann ich auf m&fne frühere Mit- theilung verweisen. Für Leser, welchen dieselbe nicht zugänglich ı» Ueber die Jugendzustände der Pflanzen Flora 1889, pag. 14. 95 sein sollte, gebe ich hier einige Abbildungen, nach neuem Material, welches ich Herrn Dr. &. Karsten verdanke, Es ist eine winzige, auf Blättern epiphytisch lebende Form, deren reich verzweigter Thallus in dem in Fig. 14 abgebildeten Falle eine Anzahl von Antheridienästen entwickelt hat. Im Gegensatz zu Pteropsiella entstehen die Sexualsprosse hier stets aus der Scheitel- zelle der Thallussprosse selbst, nicht aus ventralen Seitenzweigen, ebenso wie bei Lejeunia aus der Scheitelzelle des bei der Keimung entstandenen Thallus die beblätterte Pflanze hervorgeht. Es sind kurze beblätterte Sprosse, die stets in diöcischer Vertheilung auf dem Thallus gefunden wurden. Da Pflanzen mit weiblichen Sexualsprossen früher nur in geringer Anzahl zur Beobachtung kamen, so sei über deren Bau hier noch Folgendes bemerkt.!) Ebenso wie früher fand 1) Nachträgl. Anmerkung: Während des — durch die Herstellung der Figuren aufgehaltenen — Druckes des vorliegenden Heftes erschien eine Mittheilung „Morphologie und systematische Stellung von Metzgeriopsis pusilla von Dr. Vietor Schiffner (Sep.-Abdr. aus der österr, botan. Zeitschr, Jahrgang 18983; No. 4 ff.). Das einzige Neue von einigem Belang, was dieselbe bietet, ist die eingehende Be- schreibung weiblicher Pflanzen, von denen in dem früher von mir gesammelten Material nur äusserst spärliche Jugendstadien vorhanden waren; übrigens besass ich seit Jahren die oben erwähnten weiblichen Pflanzen, mir eine gelegentliche Ergänzung meiner früheren Beobachtungen vorbehaltend. Gegen meine Deutung von Metzgeriopsis glaubt Herr Dr. Schiffner polemisiren zu müssen. Als ich Metzgeriopsis fand, war die Keimung von Lejeunia noch gänzlich unbekannt. Ich habe dieselbe desshalb untersucht, und erkannt, dass die ersten Keimungsstadien von Lejeunia dem Thal- lus von Metzgeriopsis entsprechen. Auf Grund dieser Thatsache habe ich Metz- geriopsis einfach zu Jejeunia gestellt, was Dr. Schiffner lediglich bestätigt, ob- wohl-er im Eingang seiner Mittheilung meint, die genaue systematische Stellung der Pflanze sei bisher unklar geblieben. Nachdem er gegen meine in den Studien ausgesprochenen theoretischen Darlegungen, die er offenbar gar nicht richtig ver- standen hat, ausführlich polemisirt hat, sagt er (pag. 14) „Später hat sich Goebel allerdings auch der von mir hier vertretenen Deutung angeschlossen, indem er (l. ec. in Flora 1889 pag. 14) Metzgeriopsis unter den Fällen anführt, in denen die beblätterte Pflanze, welche die Geschlechtsorgane trägt, als Anhängsel des Vor- keims erscheint.* Das ist denn doch eine erstaunliche Darstellungsweise! Im Jahre 1889 sollich mich einer (von mir selbst aufgestellten) Deutung „angeschlossen“ haben, die Herr Dr. Schiffner im Jahre 1893 „vertritt“. Auf wessen Seite das „Anschliessen“ war, braucht wohl keine Hervorhebung. Dr. Schiffner würde besser gethan haben, seine Notiz nicht mit einer solchen mehr als überflüssigen Polemik aufzubauschen., Ich soll ferner Metzgeriopsis und Pteropsiella gewaltsam in eine Parallele „gepresst“ haben. Was Pteropsiella eigentlich ist, ist aber erst durch die oben von mir dargelegten Beobachtungen ermittelt worden, so lange nur Spruce’s Darstellung vorhanden war, war es vollständig berechtigt, die beiden merk- 56 ich stets nur eine diöcische Vertheilung der @eschlechtsorgane. Die weiblichen, als winzige Knospen erscheinenden Pflänzchen brachten zunächst einige Blätter hervor, deren Zahl keine konstante ist (mehr- fach waren es vier). Sie werden nach oben hin grösser und bestehen aus einem kleineren Unter- und einem grösseren Oberlappen, an der Grenze beider sind sie eingefaltet. Dass an ihnen, und zwar nicht Fig. 12. Keimung von Lejeunia: Fig. 13. Lejeunia Metzgeriopsis, Thallus- aus der keimenden Spore geht scheitel 8, 8, 8, 8; Scheitelzellen. 8, ist ein mit zweischneidiger Schei- im Wachsthum zurückgeblieben telzelle wachsender Thallus \ 5 " hervor, dessen Spitze dann früh- zeitig in einen beblätterten Spross übergeht. selten in beträchtlicher Zahl Brutknospen auftreten können, die mit den am Thallus gebildeten ganz übereinstimmen, wurde schon bei der ersten Beschreibung mitgetheilt, ebenso dass der weibliche Ast mit einem einzigen Archegonium abschliesst. Das Perianth war bei den früher beschriebenen nur in sehr geringer Zahl zur Beobachtung ge- langten weiblichen Sexualästen nur im ersten Jugendstadium vorhanden. Es möge desshalb angeführt sein, dass sich dasselbe zu relativ be- würdigen Formen in Parallele zu stellen, ich kann bezüglich alles Weiteren dess- halb einfach darauf verweisen. Herr Dr. Schiffner meint, dass die Seitenflügel der frons von Pteropsiella nicht aus reihenweiser Verwachsung von Seitenblättern entstanden sein können, sei aus morphologischen Gründen ohne Weiteres klar. Wie es sich mit dieser Klarheit verhält, zeigt die obige Darlegung, die nachweist, dass die „morphologi- schen Gründe“ gerade das Gegentheil klar machen. Vebrigens habe ich schon in den „Studien“ darauf aufmerksam gemacht, dass die Möglichkeit, den Thallus von Pteropsiella von einem beblätterten Stämmchen abzuleiten, bestehe. 97 trächtlicher Grösse entwickelt. Es ist dasselbe nicht in allen Fällen von gleicher Gestalt, deren Beschreibung als für unsere Zwecke hier unwesentlich der Lebermoos-Systematik überlassen werden kann, Erwähnt sei noch, dass an der Basis der weiblichen sowohl wie der männlichen Sexualäste sich einige Haarwurzeln entwickeln. An den männlichen Aesten folgen auf zwei sterile Blätter diejenigen, welche die Antheridien (zwei) in ihren Achseln tragen. Auch an den Hüll- blättern lässt sich ein Ober- und Unterlappen unterscheiden, obwohl sie an Grösse meist wenig differiren, allein der Unterlappen trägt auf seiner Spitze eine Keulenpapille (die höchst wahrscheinlich Schleim absondert), der Oberlappen eine einfache Zelle. Dass der Thallus von Metzgeriopsis nur eine höhere Entwicke- lung des „Protonemas*, wie es bei andern Jejeunien sich findet, _ darstellt, zeigt die aus meiner früheren Abhandlung hier wiederholte Fig.12 (s. pag.96). Es sei an der Hand derselben daran erinnert, dass der Vorkeim sehr bald über- gehtin eine mit zweischnei- diger Scheitelzelle wachsende Zellfläche. BeiL. Metzgeriop- sis aber erreicht dieselbe nicht nur bedeutendere Grösse und längere Entwieklungsdauer, sie verzweigt sich auch und bringt seitliche Anhangsge- bilde in Gestalt von Zellreihen hervor. Letztere sind von be- sonderem Interesse, da sie als die Vorläufer der Blätter zu betrachten sind. Dieselben treten bei manchen foliosen Leebermoosen gleichfalls in dieser einfachen Gestalt auf, nicht nur bei der Keimung, sondern bei einigen auch Fig. 14. Zejeunia Metzgeriopsis, Habitusbild späterhin. Und dasselbe gilt einer männlichen Pflanze, etwa 16 mal vergr. auch für einen Entwicklungskreis thalloser Formen. Bekanntlich ist die alte Eintheilung der Lebermoose in thallose (früher auch als frondose bezeichnet) und foliose namentlich seit Leitgeb’s Unter- suchungen hinfällig geworden. Unter den „anakrogynen“ Lebermoosen befinden ‚sich Formen, die gleichfalls beblätterte Sprosse bilden. Es Flora 1893, 7 98 sei erinnert an Fossombronia und Treubia,!) bei denen die Blattbildung ganz besonders auffallend hervortritt. Es sind dies indess Formen, in deren unmittelbarer Verwandtschaft thallose Ausbildung des Vegetations- körpers nicht bekannt ist. Wohl aber ist dies der Fall bei der Gattung Symphyogyne. In der Küsten-Cordillere Venezuelas offenbar weit verbreitet ist ein Lebermoos, welches Karsten?) als „Amphibiophytum dioicum* beschrieben und abgebildet hat. Ich traf dasselbe an verschiedenen Stellen der Küsten-Oordillere. So in einer Waldschlucht bei Cara- cas, bei der Colonia Tovar und auf der Cumbre de San Hilario. Fig. 8 auf Tafel II gibt eine Vorstellung über den Habitus dieser Pflanze. Sie gleicht vollständig einer beblätterten Lebermoos- . form, ist aber gabelig verzweigt und es kann keinem Zweifel unterliegen, dass Amphibiophytum als Gattung zu streichen und mit Symphyogyne zu vereinigen ist, möglicherweise ist es nichts an- deres als 8. sinuata.?) Dies ergibt sich nieht nur aus der Stellung der Geschlechtsorgane und der ganzen Bildungsweise derselben, sondern auch aus der anatomischen Beschaffenheit des Stämmchens. Wie bei Symphyogyne ist das meist etwas abgeplattete Stämmchen des vor- liegenden Lebermooses durchzogen von einem Bündel enger, langge- streckter Zellen, die auf dem in Fig. 15 abgebildeten Querschnitt sich deutlich von dem weitmaschigen übrigen Gewebe abheben. Hier interessirt uns indess nur Fig. 15. Amphibiophytum die Blattbildung. Die Blätter sind Stämmehenquerschnitt, vorgr. annähernd horizontal gestellt, ein- schichtig und endigen mit einer kurzen Papille oder einer zweizelligen Zellreike. Am Rande tragen die jungen Blätter einige der dreizelligen Schleimhaare, welche auch auf der Ober- und Unterseite des Stämmehens in der Gegend des Vegetationspunktes massenhaft auftreten. 1) Die Blätter dieser Formen nicht als Blätter zu bezeichnen, hiesse die überflüssige Namengeberei, die in der Botanik wieder einzureissen droht, vermehren. 2) H. Karsten, Florao Columbiae terrarumque adjacentium speeimina selecta t. I, pag. 39, Tab, XX. 3) Vgl. Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose IIl, pag. 69 ff, wo auf den Uebergang vom Thallus zur foliosen Form bei Symphyogyne schon auf- merksam gemacht ist, 99 Im Vegetationspunkt werden die Blätter als gesonderte Sprossungen angelegt, derselbe besitzt eine zweischneidige Scheitelzelle. Die Blätter stehen von Anfang an horizontal. Ebenso wie bei Treubia wird nicht die ganze Segmentaussenfläche zur Blattbildung verwendet, sondern nur ein verhältnissmässig kleiner, mitt- lerer Theil derselben. Auf die dabei auftretende Zellenanordnung braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, es genügt, auf die Figuren 16 und 17 zu verweisen, ebenso ist es nicht er- forderlich, hier auf die Zellenanordnung _| . beim Aufbau der freien Stammober- 78: 16. Flächenschnitt durch x B einen schmächtigen. Spross von fläche einzugehen. „Amphibiophytum dioteum“. Fig. 17. Sprossende von Amphib. Fig. 17a. Junges Blatt von Amphib. von unten, das unterste Blatt dioieum, rechts ist grösstentheils wegge- schnitten. Bezüglich der Sporogonien sei hier nur erwähnt, dass der Arche- gonienbauchtheil sich hier nach der Befruchtung nur wenig weiter entwickelt. Statt seiner umgibt den schlanken Embryo eine mehr- schichtige Hülle, welche aus dem Wachsthum des Gewebes auf dem dic Archegonien stehen, des Archegonienpolsters, hervorgegangen ist. Auf dem Gipfel dieser Hülle, die später wie eine Kalyptra durch- brochen wird, stehen die unbefruchtet gebliebenen Archegonien. Die fructifieirenden Sprosse stellen ihr Wachsthum ein, der Vegetations- punkt geht in Dauergewebe über und das Ende derartiger Sprosse erscheint dann meist unregelmässig gelappt. Scheinbar weicht diese Symphyogyneform weit ab von der Ge- staltung der übrigen. Dieselben haben bekanntlich einen wiederholt gabelig getheilten, bandförmigen Thallus, der sich auf einem unteren eylindrischen Theile erhebt, und sich durch cylindrische Ausläufer 7x 100 fortsetzt, die sich über die Erde erhebend flach werden und zu dem gabelig verzweigten 'Thallus mit begrenztem Wachsthum sich ent- wickeln. Eine von mir bei Tovar gesammelte Form N zeigte am Rande, namentlich der fructificirenden Sprosse, Zähne, die zuweilen kaum hervortretend, bald nur aus wenigen (3) Zellen bestehen, bald, / _ wie in Fig. 19, zu einer kleinen Zellfläche sich Fig. 18, Syımphyogyne. gestalten. Untersucht man nun den Vegetations- Umriss eines (gegabelten) punkt, so zeigt sich, dass diese „Zähne“ ganz Jungen Thalluslappens. ebenso angelegt werden, wie die Blätter von „Amphibiophytum“, während im fertigen Zustande die eine Pflanze einen Thallus, die andere ein beblättertes Stämmchen besitzt. Der Vegetationspunkt der Symphyogynesprosse liegt in einer Einbuchtung, aus jedem Segment der zweischneidigen Scheitelzelle geht ein Anhangs- organ hervor, das hier aber nur unbedeutende Grösse erreicht, während die Sprossachse selbst sich stark verbreiternd zum Thallus auswächst. So sehen wir also inner- halb ein und derselben Gat- tung bei einer Form die Differenzirung des Vegeta- tationskörpers sich auf eine hohen Stufe erheben, ledig- lich dadurch, dass das Wachsthum der bei anderen Fig. 19. Symphyogyne, Fig. 20. Symphyo- Arten angelegten Anhangs- Thallusrand stark vergr., gyne. Scheitel im organe dem der Achse gegen- unten ein „Zahn“, weiter tisch Durch- & . , oben ist derselbe über Pschen Durch- über gesteigert erscheint. das einzellige Stadium schnitt (von der andli nicht hinausgekommen. Fläche), Jugendliche Sprosse . von „Amphibiophytum“ zeigten übrigens nicht selten eine einfachere Gestaltung des Vegetationskörpers, indem die Blattbildung ganz zurücktrat. Suchen wir nunmehr die am Eingang aufgeworfene allgemeine Frage zu beantworten, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es verfehlt sein würde, die merkwürdigen Gestaltungsverhältnisse von 101 Formen wie Pteropsiella, Zoopsis und Metzgeriopsis ohne Weiteres phylogenetisch zu verwerthen, in der .Weise, dass, man annimmt, der Vegetationskörper stelle hier das ursprüngliche Gestaltungsverhältniss dar. Gemeinsam ist ja allen diesen Formen das, dass die Sprosse, welche die Geschlechtsorgane tragen, abweichen von den vegetativen, und dies Verhältniss ist auch sonst bei den Lebermoosen verbreitet, wie ich dies an dem Beispiel von „Kurzia crenacanthoidea*, einem Lebermoos, das früher für eine Alge gehalten wurde, gleichfalls ge- zeigt habe.) Wenn nun auch der Satz, dass die Öntogenie die Phylogenie wiederholt und demgemäss den ersten Entwickelungsstadien — also den vegetativen —- ein besonderes Gewicht für die Beurtheilung des phylogenetischen Entwickelungsganges zukommt, ein sehr wichtiger ist, so ist doch nicht zu vergessen, dass die vegetativen Stadien viel- fach durch Anpassung verändert sind, und dass zuweilen gerade im Aufbau der Sexualsprosse, die dieser Anpassung nicht unterliegen, das ursprüngliche Gestaltungsverhältniss auftreten kann. Es genüge auf zwei Beispiele hinzuweisen, von denen das eine in der Fortsetzung dieser Studien etwas eingehender zu behandeln sein wird. Bei Schistostega osmundacea, einem der merkwürdigsten unserer Laubmoose, sind sterile und fertile Sprosse auffallend verschieden. ?) Die sterilen sind bekanntlich zweizeilig beblättert, in ihrem äusseren Umriss einem gelappten Farnblatt ähnlich, die fertilen dagegen sind radiär, mit mehrreihiger dreizeiliger Blattstellung und stimmen so mit dem Aufbau der übrigen Moosstämme überein. Wie die Entwickelungs- geschichte — so weit sie bis jetzt untersucht ist — zeigt, stellt die Ge- staltung der fertilen Sprosse hier zweifellos das ursprünglichere Ver- hältniss dar, und die der sterilen ist zustande gekommen durch eine durch Beleuchtungsverhältnisse indueirte Anpassung. Ganz ähnlich verhalten sich die Selaginellen, deren sterile Sprosse bei den meisten Formen dorsiventral, deren fertile radiär sind. Und dass diese Umänderung früher Entwickelungsstadien selbst bei den Vorkeimen eintreten kann, habe ich sowohl an dem Beispiel der Laub- moosprotonemen als an dem der Lebermoosvorkeime zu zeigen ver- sucht. Die Verschiebung der Blätter von Zoopsis und Pteropsiella in eine Ebene, die sonderbare „Verschmelzung“ derjenigen der letzt- genannten Form in einen Thallus, die Balkenform der Blattpapillen, 1) Morphol. und biologische Studien, Ann. du jardin bot. de Buitenzorg Vol, IX pag. 37. 2) Unter den Algen bietet ein auffallendes Beispiel dieser Art, das ich früher (Schilderungen I pag. 164) angeführt habe, Polysiphonia (Placophora) Binderi. 102 welche oben geschildert wurde, werden wir also wohl als Anpassungs- merkmale zu betrachten haben. Nur ist nicht nöthig anzunehmen, dass etwa Pteropsiella abstamme von einer wirklich beblätterten Form, bei der also die freien Blattflächen ursprünglich entwickelt waren, wie bei der oben angeführten mit Pteropsiella nahe verwandten Cephalozia-Art. Vielmehr kann die eigenthümliche Entwicklung zum Thallus schon erfolgt sein auf einem früheren Entwicklungsstadium, etwa dem, welches die Zoopsisstämmehen aufweisen. Und gerade die Vergleiehspunkte mit Zoopsis veranlassen mich, auch Pteropsiella noch unter den rudimentären Lebermoosen aufzuführen, obwohl ihr Aufbau jetzt in einem andern Lichte erscheint, als früher. Es zeigt uns die Betrachtung aller dieser sonderbaren Gebilde und die Vergleichung der Keimungsstadien der anderen Lebermoose von einfachen Formen ausgehend eine Weiterentwiekelung, die auf inneren Gründen beruht. Wie bei den Laubmoosen sehen wir bei der Keimung bei den aufrechten Formen auch hier aus der Spore ein fadenförmiges Proto- nema hervorgehen. Dies erfährt bei Protocephalozia eine höhere Differenzirung nur an den Aesten, welche die Sexnalorgane tragen. Es sind diese Aeste zu Zellkörpern geworden, welche Anhangsorgane tragen, die als Blätter die Sexualorgane umhüllen. Bei anderen Formen zeigen sich diese Anhangsorgane auch an den sterilen Sprossen, aber in wesentlich einfacherer Form. Wir sehen sie an dem, als verzweigter, sich selbstständig durch Brutknospen vermehrender Thallus auftretenden Vorkeim von Metzgeriopsis als einfache, aber in gesetz- mässiger Weise am Scheitel angelegte Zellreihen, wenn man will als Haare. Wir sehen sie bei Zoopsis über das Stadium der Haarbildung gleichfalls kaum hinausgelangen, ') und die Amphigastrien verharren auch bei der oben beschriebenen beblätterten Cephalozia auf diesem einfachen Entwickelungszustand, während die lateralen Anhangsgebilde sich hier schon zu Blättern entwickelt haben. Pteropsiella kann nun, wie eben er- wähnt, schon in dem Stadium, welches etwa Zoopsis entspricht, eine Um- bildung erfahren haben, indem die lateralen Segmente miteinander ver- eint wachsen, indess kann man natürlich auch eine Umbildung aus 1) Ich sehe derzeit keine Veranlassung, die rudimentäre Blattbildung von . Zoopsis als eine „Anpassung“ zu bezeichnen, während andererseits zu betonen ist, däss diese rudimentären Blitter übereinstimmen mit den Primärblättern, wie sie bei der Keimung anderer folioser Jungermannieen auftreten. Auch an den Keimsprossen der letzteren ist es das Stämmchen, welches zunächst das Assimilationsorgan darstellt. 103 einem wirklich beblätterten Spross annehmen.!) Die Sexualsprosse aber zeigen überall die höhere Ausbildung und stimmen so in ihrer Gliederung mit der des Vegetationskörpers anderer Lebermoose überein. Desshalb erscheinen uns Formen wie Protocephalozia, Ptero- psiella, Zoopsis u. a. als embryonale, d. h. solche, die auf einem Entwickelungsstadium stehen geblieben sind, das andere Lebermoose nur bei der Keimung noch durchlaufen, Formen aber, die auch ihrer- seits theilweise Anpassungsumbildungen erfahren haben, ebenso wie Buxbaumia uns als eine Form erschien, die auf einem Eintwickelungs- stadium stehen bleibt, das andere Laubmoose nur bei der Keimung durchlaufen. Die Gestalt eines Thallus aber kann, wie aus dem Obigen hervorgeht, auch in dem Entwickelungsgang der foliosen Leebermoose auftreten, als Weiterentwickelung aus der einfach faden- förmigen Vorkeimform. Die Differenz zwischen anakrogynen („thal- losen“) und akrogynen („foliosen“) Formen aber dürfte ihre tiefere Begründung eben darin finden, dass bei den letzteren die höhere Entwickelung des Vegetationskörpers in Verbindung steht mit dem Auftreten der Sexualorgane, wie bei den Laubmoosen, welche alle akrogyn sind. Bei den anakrogynen Lebermoosen aber ist dies nicht der Fall. Auch wo Blätter auftreten, stehen sie zur Bildung der Sexualorgane nicht in Beziehung, der Schutz) derselben wird auf andere Weise erreicht. Es wurde an dem Beispiel von Symphyogyne nachgewiesen, dass die Differenz von. beblätterten und thallosen Formen innerhalb einer und derselben Gattung auftreten kann, und dass die Verhältnisse am Vegetationspunkt bei beiden sogar überein- stimmende sein können, so dass es nur von den weiteren Wachs- thumsverhältnissen abhängt, ob ein Thallus mit unscheinbaren, zuweilen ganz verwischten Anhangsorganen, oder ein beblätierter Spross ent- steht. Auf einen Punkt sei hier zum Schluss noch hingewiesen. Alle die Formen, die wir als „embryonale“ bezeichnet haben, also unter den Laubmoosen Buxbaumia und Ephemerum, unter den Lebermoosen Protocephalozia, Pteropsiella, Lejeunia zeichnen sich aus durch be- trächtliche Kleinheit, sowohl ihrer Geschlechtsgeneration als auch der ungeschlechtlichen (des Sporogoniums). 1) Ich gehe auf diesen Punkt hier nicht näher ein, da sich in einem der folgenden Abschnitte der „Archegoniatenstudien“, der die Blattbildung der Leber- moose behandelt, Gelegenheit bieten wird, darauf zurückzukommen. 2) Dass die Blätter der Sexualsprosse nicht nur als schützende Hülle, sondern auch als Assimilationsorgane dienen, bedarf kaum der Betonung. 104 4. Zur Kenntniss der Entwieklung von Riella. „Aus der Mannigfaltigkeit der Formen der Lebermoose*, sagt Hofmeister,!) „tritt durch die eigenthümlichste Traeht weit hervor die Montagne’sche Gattung Riella, vor allem die Algier’sche Riella helicophylla, deren drei Zoll hohes, wendeltreppenförmiges, auf- rechtes Laub zu den wunderbarsten Gebilden des Pflanzenreiches gehört“. Wir kennen jetzt sieben Arten?) dieser merkwürdigen, im Wasser . lebenden Gattung, von denen diejenige, welche Hofmeister zur Untersuchung diente, die Riella Renteri, derzeit lebend nicht mehr bekannt ist, da der einzige Standort, an dem sie früher im Genfer See gefunden wurde, durch einen Bau zerstört ist. Es ist zugleich die einzige Art, deren Keimungsgeschichte genauer untersucht wurde. Junge, aus Sporen oder aus Adventivsprossen hervorgegangene Indi- viduen sind nach Hofmeister kurze Zellreihen, die am Vorderende in eine schmale Zellläche übergehen. „Sehon zeitig eilen die Zellen der einen Seite des Vorderrandes in Vermehrung und Ausdehnung denen der anderen beträchtlich voraus, so dass der Vegetationspunkt der jungen Riella seitlich abgelenkt wird.“ An der minder ent- wickelten Seite des Sprosses bildet sich dann eine mehrschichtige Mittelrippe. Die Rippe bildet den einen Rand des flachen Stengels, der einem Stengelglied von Marchantia verglichen werden kann, dessen häutiger linker Flügel entfernt wurde®. Zu einer anderen Auffassung gelangte Leitgeb,?) dessen Unter- suchungen, weil ihm Keimstadien nicht zur Verfügung standen, indess in einem wichtigen Punkt zu ergänzen sind. Nach ihm ist der „Flügel“ der Riellen nicht, wie dies nach der Deutung von Hof- meister (und Montagne) der Fall wäre, einer Thallushälfte etwa einer Marchantia oder einer Metzgeria zu vergleichen, sondern eine kammartige Entwickelung der Mittelrippe, welcher wie bei anderen Lebermoosen die Geschlechtsorgane eingesenkt sind, die beiden Seiten des Flügels verhalten sich also gleich, es entspricht nicht eine der Rücken-, die andere der Bauchseite, Trotz dieser Untersuchungen schien mir nun die Hofmeister’sche Auffassung etwas für sich zu haben, da ich in Südamerika nicht selten 1) W. Hofmeister, Zur Morphologie der Moore. Ber. der Kgl. Sächs, Ge- sellsch. der Wissenschaften, Math. physikal. Classe. 22. April 1854. 2) Vgl. Trabut, Revision des espeees du genre Riella, revue gönerale de botanique III p. 449. 3) Untersuchungen über die Lebermoose V, pag. T4M. 105 thallose Lebermoose z. B. Blyttia-Arten traf, deren eine Thallushälfte fast ganz verschwunden war, so dass hier eine Form vorliegen würde, die der Hofmeister’schen Vorstellung über Riella entspricht, und auch sonst schien mir das Wachsthum von Riella weiterer Aufklärung bedürftig. .Es war mir desshalb schr erwünscht, durch die Freundlichkeit des Herrn Professor Trabut in Algier junge Pflanzen von Riella Battandieri und R. Olausonis untersuchen zu können. Das jüngste beobachtete Stadium!) gehörte einem Adventivspross an, der sich am unteren Ende einer Keimpflanze (wahrscheinlich von R. Clausonis) entwickelt hatte (Fig. 21). Die adventive Sprossung entspringt aus dem Rande der älteren Pflanze, unterhalb einer Haarwurzel (D. Sie stellt eine einfache Zellfläche dar, welche schief zur Papierebene gestellt ist, wess- halb die linke Hälfte derselben in der Zeich- nung etwas verkürzt erscheint. Die Zellenan- ordnung bedarf keiner Erläuterung. Die Zell- fläche wächst nun heran, und schon vor dem Auftreten einer (resp. wie aus dem Nachstehen- den hervorgehen wird, zweier) Rippen, treten an derselben Anhangsgebilde auf. Der Flügel ist also keineswegs, wie Leitgeb meinte, als eine Wucherung der Mittelrippe zu betrachten, da T fig. 21. Biela (wahr- schon vorhanden ist ehe diese angelegt wird. Die geneinlich Clausonis). Anhangsorgane zeigen sich zunächst in Gestalt Basis eines verletzten kleiner Zellpapillen (vgl. den unteren Theil von Keimlings, welcher Fig. 21), welche am Rande stehen. Indessnicht auf rechts unten einen Ad- der ganzen Längserstreckung desselben. Der vontivspross entwickelt j . hat, dessen oberes Ende Vegetationspunkt liegt hier nämlich sieh zum Flügel ge- interkalar. Schon in dem jungen Adventiv- staltet. 8? Stelle, an spross, derin Figur21abgebildetist, isteine Gliede- der der Vegetations- rung in zwei Theile angedeutet. Der obere, punkt auftritt, breitere Theil der Fläche stellt die Anlage des Flügels dar, der untere gibt später der oder den Rippen den Ursprung, zwischen beiden liegt der Vegetationspunkt, resp. die Vegetationspunkte. Wir haben uns 1) Auf die Verschiedenheit in den ersten Keimungstadien der Riellen, über die Herr Prof. Trabut mir einige Mittheilungen zu machen die Güte hatte, möchte ich hier nicht näher eingehen, da ich später darüber eingehend berichten zu können hoffe. Erwähnt sei, dass die in Fig. 1 auf Taf. II abgebildete Keimpflanze aus einem Zellkörper entsprang, die andern aus Zellfäden hervorgingen. 106 den Vorgang offenbar so vorzustellen, dass ursprünglich die ganze Zellfläche meristematisch ist, dann aber nur der unterhalb der Ver- breiterung liegende Theil embryonalen, d. h. Vegetationspunkt-Charakter behält, und zwar entweder nur auf einer oder auf beiden Seiten. Im letzteren Fall entsteht ein Doppelpflänzchen, wie es in Fig. 3 auf Taf. IL abgebildet ist, in ersterem em einseifiges (Fig. 2 auf Taf. I). Die randständigen Papillen vergrössern sich bei älteren Exemplaren zu Zellreihen, die bald im Zellflächen übergehen (vgl. Fig. 23, 24), als welche die Schuppen an der älteren Pflanze entwickelt sind. Und nachdem zuerst nur randständige vorhanden waren, bilden sich später auch solche auf der Fläche, und der Rand unterhalb des Flügels wird mehrschichtig, er bildet sich zur Rippe aus, aus der mehrere Reihen von Schuppen (welche vor Allem als Schutzorgane des Vegetations- punktes functioniren) und zahlreiche Haarwurzeln entspringen, mittelst deren das aufrecht im Wasser wachsende Pflänzchen sich auf dem Grunde be- festigt. Schon die Entwickelung der Doppelpflänzchen Fig. 22. Biella Clau- sonis. Kantenansicht eines einschichtigen Keimpflänzchens in d. Vegetationspunkt- gegend. F. Basis d. Fig.23. Iiella Clausonis. Vege- Fig. 24. Riella Clausonis. Flügels, S Vegeta- tationspunkt einer Keimpflanze. Vegetationspunkt einer tionspunkt, unter- Die Rippe ist noch nicht aus- Keimpflanze. Essindschon halb desselben auf gebildet. flächenständige Papillen der Kante Papillen. aufgetreten. zeigt nun, dass die Hofmeister’sche Deutung nicht haltbar ist, und dasselbe geht, wie schon Leitgeb hervorgehoben hat, aus der Stellung IN 107 Geschlechtsorgane hervor. Die Antheridien sind dem Flügel eingesenkt, sie stehen, wie Fig. 2 und 3 auf Taf. II (bei A) zeigen, in Gruppen, die Archegonien entspringen aus der Mittelrippe. Während die Antheridien bei der monöcischen Riella Battandieri auf der Flügel- seite des Vegetationspunktes, also oberhalb desselben entspringen, stehen die Archegonien einzeln zwischen den Schuppen auf der Rippe, also unterhalb des Vegetationspunktes. Riella weicht also von den übrigen Lebermoosen noch mehr ab, als nach Leitgeb’s Ansicht der Fall wäre, vor Allem durch den Besitz eines interkalaren Vegetationpunktes, von dem man wird aller- dings annehmen dürfen, dass er seine Lage einer durch die „Flügel- bildung“ eintretenden frühzeitigen Verschiebung verdankt.') Die Hauptdifferenz gegenüber den anderen Jiebermoosen aber besteht darin, dass die Entwickelung des Thallus hier von vorne herein nicht in der Horizontal- sondern in der Vertiealebene erfolgt, eine Er- schemung, die zweifellos mit dem Weachsthum dieser Pflanzen im Wasser zusammenhängt. Als Landpflanze würde Riella in dieser Form wohl kaum existenzfähig sein. Da sich die Pflanzen in der „Profilstellung“ entwiekeln, so liegt es nahe, diese Wachsthumsrichtung zu den Beleuchtungsverhältnissen in Beziehung zu bringen. Indess wird sich darüber nur an den Stand- orten selbst etwas ermitteln lassen. Erwähnt sei, dass durch die bei einigen Arten — aber wohl kaum so stark wie in dem bekannten Bild in der Exploration d’Algerie — eintretende Drehung des Thallus die Profilstellung für die älteren Theile wieder aufgehoben wird. Viel- leicht sind die Arten mit gedrehtem Thallus solche, die in grösserer Tiefe, also bei geschwächtem Lichtzutritt wachsen, während durch die Vertiealstellung die in seichtem Wasser wachsenden Pflänzchen der Einwirkung starken Lichtes weniger ausgesetzt sein werden. Es mag hiebei daran erinnert werden, wie empfindlich gerade viele Wasser- pflanzen für starke Lichtintensitäten sind, wovon man sich bei Kultur- versuchen leicht überzeugen kann. Sind diese Erwägungen richtig, so würde die Entwickelungsrich- tung des Thallus einer Riella sich zu derjenigen eines Marchantia- ij) Bei den Riellen, deren Thallus gedreht ist, tritt die interkalare Lage des Vegetationspunktes in den älteren Stadien nicht hervor (vgl. Leitgeb’s Abbildungen a. a. OÖ. Taf. VID, indess dürften dieselben bei der Keimung sich ähnlich verhalten, wie die oben beschriebenen. Denkt man sich in Leitgeb’s Fig. la und 2a den Flügel so stark entwickelt, dass sein Aussenrand in die Längsrichtung der Tafel fällt, so erhält der Vegetationspunkt auch hier interkalare Lage. 108 oder Metzgeria-Thallus ähnlich verhalten, wie die eines Acacia-Phylio- dium zu der eines gewöhnlichen Blattes. Was die Anhangsgebilde anbelangt, so stellen sie wie bei den Marchantieen eine Weiterent- wiekelung von Haargebilden dar, wie wir sie ja auch bei vielen andern thallosen Lebermoosen als Schutzorgane des Vegetationspunkts finden. Für die von Anfang an eintretende Profilstellung des Thallus ist mir ein weiteres Beispiel unter den Bryophyten und Thallophyten der- zeit nicht bekannt. ‘ Tafelerläuterung. Fig. 1. Keimpflanze von Riella (Battandieri [?]). Aus einem Zellkörper entspringt eine vertikale Zellfläche,. die auf beiden Seiten einen Vegetationspunkt besitzt, der obere Theil ist der Flügel, am unteren sind eine Anzahl Pri- mordialpapillen angelegt (vom Lithographen versehentlich mit 8 statt mit P bezeichnet). Vergr. Fig. 2. Aeltere Keimpflanze von Riella mit ein seitiger Entwickelung, bei A. An- theridien, an der „Rippe“ haben sich Schuppen entwickelt. 9/1. Fig. 3. Etwas ältere, aber zweiseitig entwickelte Keimpflanze (vergr.). Fig. 4. Pteropsiella (Cephalozia) frondiformis Spr. Unterer Theil eines Thalbıs mit aus der Mittelrippe entspringendem weiblichen Sexualspross. 30/1. Fig. 5. Thallus von Pteropsiella oben in einen männlichen Spross üborgehend, Fig. 6. Männlicher Spross stark vergrössert. (100/1) Fig. 7. Stück einer tropischen Trichocolea, die Blätter zu einem Haarfilz entwickelt (bezieht sich auf die in der Fortsetzung der Archegoniatenstudien zu be- sprechende Blattbildung der Lebermoose (vergr.). Fig. 8. „Amphibiophytum dioicum“ Krst. (Symphogyne). Fruktificirende weibliche Pflanze (Sporogonien noch nicht aus der Tülle heryorgetreten). (Nat. Grösse). Fig. 9. Protecephalozia ephemeroides Spr. (Cephalozia) Protonema mit männlichem Sexualspross. (110/1). Litteratur. Die Voralpenpflanzen. Bäume, Sträucher, Kräuter, Arzneipflanzen, Pilze, Kulturpflanzen, ihre Beschreibung, Verwerthung und Sagen von Dr. Franz Daffner. Leipzig. Verlag von Wilh, Engel- mann, Pr. 8 Mark, geb. 9 Mark. Eine Schilderung der interessanten Vegetation der Voralpen mit ihren blüthen- reichen Wiesen, ihren zahlreichen Mooren und Wäldern auf Grund sachkundiger Beobachtungen würde auch für den Botaniker von nicht geringem Interesse sein. In dem vorliegenden Buche aber ist die Darstellung eine wesentlich andere. Es ist ein mixtum compositum von Pflanzenbeschreibungen, Sagen, Schnaderhüpfeln und (meist Kerner’s Pflanzenleben entlehnten) biologischen Angaben. Es mag diese Compilation auf solche, die mit der Pflanzenwelt sich noch nicht, oder doch nur sehr wenig beschäftigt haben, anregend wirken. Wissenschaftlich ist sie gänz- lich belanglos. K. Goebel. Uebersicht der Leistungen auf dem Gebiete der Botanik in Russ- land während des Jahres 1891. Zusammengestellt von A. Famintzin u. a. St. Petersburg 1893, Leipzig: Voss’ Sortiment. Auf den vorliegenden, sehr dankenswerthen Jahresbericht mag um so mehr hingewiesen werden, als gerade die russische botanische Litteratur bei uns viel- fach schwer zugänglich ist und russisch geschriebene Abhandlungen wohl nur von sehr wenigen der übrigen Botaniker gelesen werden können. Wie in dem Vor- wort angegeben, ist bereits für das Jahr 1890 eine derartige Uebersicht erschienen. In der vorliegenden werden 137 Arbeiten referirt. - K. 6. Gesammelts Abhandlungen über Pfilanzenphysiologie von Julius Sachs. Zweiter Band, Abhandlung XXX bis XLIII, vorwiegend über Wachsthum, Zellbildung und Reizbarkeit. Mit 10 lithographi- schen Tafeln und 80 Textfiguren. Leipzig. Verlag von Wilhelm Engelmann. 1893. Dem ersten Band der Sachs’schen Abhandlungen, dessen so erwünschtes Er- scheinen wir früher (Flora 76. Bd.,pag. 293) begrüssten, ist nunmehr der zweite gefolgt, der gleichfalls eine reiche Fülle von Arbeiten bringt, deren Studium durch die Zu- 110 sammenfassung in einen Band, welche den inneren Zusammenhang der einzelnen Abhandlungen deutlicher hervortreten lässt, sehr erleichtert wird In zahlreichen, neu hinzugefügten Textnoten hat der Verfasser seine Anschauungen noch schärfer pointirt. Ein Register erleichtert die Benützung des Werkes, das natürlich in keiner botanischen Bibliothek — sei dieselbe auch wenig umfangreich — fehlen wird. K. Gocbel. Eingegangene Litteratur. Agricultural Science. Vol, VI, No, 10. October 1892. Editor: William Frear, Th, D. Pennsylvania State College. Balicka-Iwanowska, G. Gontribution & Y’ötude anatomique et systematique du genre Iris et des genres voisins. Tir& des Archives des Sciences physiques et naturelles de Gendve. 1893. . Belli, $S. Sui rapporti sistematico-biologiei del Trifolium subterraneum L. cogli affini del gruppo Calycomorphum Presl. Estratto dal Giornale Malpighia, Anno VI, Vol. VI. Genova 1892. Bennet, A. W. Recent observations on fertilisation and hybridity in plants. Reprinted from „Natural Science® Vol, 2 No. 13. March 1898. Berger, E. Les Plantes potageres et la Culture maraichere. Paris, J. B. Bailliere et fils. 1893. Botanical Magazine. Vol, VI, No. 67, 68, 69, 70. Tokyo 1892. „ " Vol. VII, No. 71. January 1893. Brevans, J. d. Les Legumes et les Fruits, Paris, J. B. Baillidre et fils. 1893. Chodat, R. Effeis de l’Electrieite statique sur la vegetation. — Nouvelles recher- ches sur V’oorigine des tubes criblds dans le bois. — Del6gation au congrös international de botanique A Gönes. Extrait des Archives des Sciences phy- siques et naturelles. Troisieme p&riode, t. XXVIII et XXIX. 1893. Contributions from the Botanical Laboratory ofthe University of Pennsylvania. Vol.I, 1892. No. 1. Contents: 1. Rothrock, B.8. A mon- strous Specimen of Rudbeckia hirta L. — 2. Macfarlane, J. M. Contribu- tions to tlie History of Dionaea Muscipula, Ellis, — 3. Harshberger, J.W. An Abnormal Development of the Inflorescence of Dionaea. — 4. Trimble, Ph. M. Mangrove Tanniu, — 5. Wilson, W. P. Observations on Epigaca re- pens L. — 6. Rothrock, B. 8. A Nascent Variety of Brunella vulgaris L. — 7. Wilson, W. P., and Greenman, J. M. Preliminary Observations on the Movements of the Leaves of Melilotus alba L. and other Plants. Correns, C. Ueber die Epidermis der Samen von Cuphea viscosissima, S.-A.. aus d. Ber. d. Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrgang 1892, Bd. X, Heft 3. — — Ueber eine neue braune Süsswasseralge, Naegeliella fagellifera nov. gen. et spec. Ibid. Heft 10. — — Ueber Apiocystis Brauniana Naeg. Daffner, F. Die Voralpenpflanzen, Bäume, Sträucher, Kräuter, Arzneipflanzen, Pilze, Kulturpflanzen, ihre Beschreibung, Verwerthung und Sagen. Leipzig, Verl. v. W. Engelmann. 1893. Dalmer, M. Die neueren Versuche eine allgemeine Morphologie der Pflanzen zu begründen. Wissensch. Beigabe zum Jahresbericht des Wilh, Ernst-Gym- nasiums. Weimar 1893, Dellien, F. Ueber die systematische Bedeutung der anatomischen Charaktere der Caesalpinieen. Jnaug.-Diss. Erlangen 1892. Dewey, L. H. The Russian thistle. U. 8. Departement of Agriculture, Far- mer’s Bulletin No. 10. 1898. Everard, Demoor et Massart. Sur les modifications des Leucocytes dans Vinfeetion et dans l’immunisation, Extrait des Annales de Y’Institut Pasteur, fevrier 1893, ' 111 Famintzin, A. Uebersicht der Leistungen auf dem Gebiet der Botanik in Russ- land während des Jahres 1891. St. Petersburg, Eggers u. Co. 1893. Flahauit, Ch, Listes des plantes phanerogames qui pourront ötre recoltdes par In. 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Lieferung. . * Mit 57 Holzschnitten und Tafel X—-XXV. Lex. 8°. 160 8, Preis M. 12.— Druck von Val. Höfling, München, Kapellenstr. 3. FLORA . ODER "ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER K6L. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 77. BAND. — JAHRGANG 1893. - HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL. Professor der Botanik in München, Heft III mit. 1 Tafel und 1 Textfgur. Erschienen am 15. Juni. Inhalt: Dr. WALTER BUSSE in Freiburg i. B, Beiträge zur Kenntniss der . Morphologie und Jahresperiode der Weisstanne (Abies alba Mill.) Seite 113-175 ERICH AMELUNG, Ueber mittlere Zellengrössen oo. ” 176-207 K. GOEBEL, Zur Biologie von Genlisea . " 208—212 . LITTERATUR: Dr. A, B. Frank, Lehrbuch der Botanik nach dem ge- genwärtigen Stand der Wissenschaft Dr. Emil Köhne, Deutsche Dendrologie —r n 212-216 MARBURG. N. G. ELWERTSCHR VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1893. Manuskripte und andere Zusendungen für die „Flora“ sind zu richten an Prof. Dr. Goebel, München, Leopold- strasse 33. Beiträge zur Kenntniss der Morphologie und Jahresperiode der Weisstanne (Abies alba Mill.). Von Dr. Walter Busse in Freiburg i./B.. (Hierzu Taf. I11.) Einleitung, Unter unseren einheimischen Holzgewächsen zeichnen sich die meisten Coniferen durch die immer wiederkehrende Gleichmässigkeit und streng durchgeführte Gesetzmässigkeit in ihrem morphologischen Aufbau und ihrer äusseren Erscheinung aus. Während die Laubhölzer, z. B. die Buche, eine bei weitem mannigfaltigere und von innerer Beweglichkeit zeugende Verzweigung und äussere Formbildung an den Tag legen, stellt die zwar reiche und schöne Verzweigung der meisten Coniferen doch eine mit bemahe mathematischer Genauigkeit aufgebaute Architektonik dar. Und unter den einheimischen Nadelhölzern ist es die Weiss- tanne (Abies alba Mill.), welche das vornehmste Beispiel für diese Erscheinung liefert. Es sei hier kurz erörtert, in welcher Weise die Gesetze der Ge- staltbildung bei der uns beschäftigenden Art zu Tage treten!) Das dem Embryo entspringende Keimpflänzchen entwickelt sich mit „unbegrenztem“ Wachsthum zum stattlichen Ilauptspross, welcher an kräftiger, massiger Ausbildung die seitlichen Verzweigungen be- deutend überragt. Doch nicht nur am Hauptstamm, sondern auch an den reichlich auftretenden Seitensprossen macht sich eine eminente Bevorzugung sämmtlicher relativen Hauptaxen vor den zugehörigen Seitenaxen bemerkbar und gerade das un- vermittelte Auftreten normaler kräftig entwickelter Zweige, der „Kraftsprosse* (Wigand) neben kleineren, die (relativ) untere 1) Vgl. auch Wigand, Der Baum, Braunschweig 1854, p. 53 f., p. 74 ff, Flora 1893. 8 114 Region einnehmenden, bedeutend schwächeren Gliedern, den „Stauch- lingen* (Wigand) ist für den Habits der Weisstanne äusserst charakteristisch. In jeder Vegetationsperiode wird an der Spitze einer normalen Axe — gleichviel ob Haupt- oder Seitenspross — cin kräftiger, zwei- bis mehrgliedriger Astquirl gebildet, welcher jeweils den jährlichen Zuwachs eines Sprosssystems beschliesst. Unterhalb dieses Quirls entwickelt sich zugleich eine Anzahl der in den Blattachseln des vor- jährigen Triebes angelegten Seitenknospen zu Sprossen, welche auf- fallend schmächtiger sind, als die des oben erwähnten Quirls. Sämmtliche in einer Vegetationsperiode ausgebildeten Sprosse des- selben Systems stehen nun in bestimmtem Längenverhältniss zu ein- ander und zwar sind die untersten Zweige stets die kürzesten; nach oben hin nehmen sie progressiv an Länge zu, so dass die obersten immer zugleich die längsten sind. Js besteht also hinsichtlich der Entwickelung der jährlich ausgebildeten Sprosse eines Systems eine Steigerung der vegetativen Kraftentfaliung von unten nach oben. Der Verzweigungsmodus der Weisstanne ist ein ausgesprochen monopodialer. Ein mannshoher Stamm erzeugt an seinem Gipfel unter normalen Verhältnissen einen Scheinquirl von 2—5 (selten — 7), meistens 3—4 Seitenknospen, welche rings um die Endknospe kranz- förmig angeordnet sind. Diese entwickeln sich zu kräftigen Seiten- trieben erster Ordnung, welche an ihrem Scheitel wieder 2, seltener 3 Seitenknospen ausser der Endknospe bilden. In der weiteren Spross- folge werden nun mit wenigen Ausnahmen neben der Endknospe nur zwei Seitenknospen am Sprossscheitel gebildet. . Aus diesen „Langtriebknospen“ („Makroblasten“ Hartig) entstehen die normalen Seitentriebe 1—x!" Ordnung, die „Langtriebe“ (Hartig; „Langzweige* Areschoug!), „Kraft- sprosse* Wigand), welche die Architektur des Baumes beherrschen. Im Gegensatz zu den Langtrieben stehen die Kurztriebe, von Areschoug „Kurzzweige* oder „Kleinzweige*, von Wigand „Stauchlinge* genannt, welche den Kurztriebknospen („Brachyblasten* Hartig) entspringen. Dieselben werden als seitliche Protuberanzen in den Winkeln einiger Blätter an der embryo- nalen Axe angelegt und entwickeln sich je nach den Lichtstellungen der Bäume — oder auch zur Ergänzung etwaiger Verluste an Langtrieben- 1) Areschoug, Beiträge zur Biologie der 'Holzgewächse (Lunds Univer- sitets Arskrift, T. XII Lund 1877). 115 oder Langtriebknospen — in der nächsten Vegetationsperiode zu Langtrieben von oft ansehnlicher Stärke. Auch diese vermögen sich später wieder zu verzweigen und Langtriebe wie Kurztriebe zu bilden. Bei späteren Generationen nimmt die Bildung der Kurztriebe mit dem Alter der Bäume zu. Sie sind übrigens die eigentlichen Fort- pflanzungszweige, welche die Blüthen erzeugen, sobald der Baum das Fortpflanzungsstadium erreicht hat. Es können nun sowohl Endknospe und Quirlknospen gut ausge- bildeter Langtriebe, als auch — und das ist der bei weitem häufigere Fall — solche Kurztriebknospen, welche schon im ersten Jahre weniger entwickelt waren und auch in der nächsten Vegetationsperiode nicht austreiben, viele Jahre als „schlafende Augen* („Ruheknos- pen“, „Praeventivknospen‘“, „Kryptoblasten“ Hartig) im Knospenzustande verharren, bis sie wiederum durch äussere Be- dingungen verschiedenster Art zum Austreiben veranlasst werden.!) Die Ruheknospen von Abies sind hie und da mit Adventivknos- pen verwechselt worden, mit denen sie aber in gar keinem Zusammen- hange stehen, Die normalen Langtriebe sowohl, wie die Kurztriebe sind an der Hauptaxe spiralig angeordnet, während dieselben an den Seitenzweigen zweizeilig stehen.?2). Achnlich verhält es sich scheinbar mit der Stellung der Blätter. Während vom ersten Blattwirtel der jugendlichen Keimpflanze an die Nadeln am Tlauptstamm auch später stets spiralig inserirt nach allen Seiten gleichmässig abstehen, ist an den Seitentrieben zwar die Insertion ebenfalls spiralig, doch biegen sich die oberen Nadeln bald nach Entfaltung der Knospe seitwärts hinab und die unteren in gleicher Weise aufwärts, so dass sie dann nach zwei Seiten kammförmig aus- gebreitet stehen. Nicht aber kommt diese Stellung der Blätter bei ‚Abies alba, wie Wigand?) angibt, dadurch zu Stande, dass die unteren “Nadeln abfallen. Nur in den Kronen älterer Bäume stehen die Nadeln an den dem Gipfel genäherten Trieben, welche die horizontale Stellung mit einer mehr aufwärts gerichteten vertauscht haben, ‚sehr dicht neben einander 1) Hartig, R., Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Pflanzen mit besonderer Berücksichtigung der Forstgewächse, 1891, p. 118 f. 2) Entwickelt sich am Scheitel eines Seitentriebes erster oder zweiter Ordnung eine vierte Knospe zum Trieb, was nicht selten vorkommt, so wächst dieser vierte Trieb nie nach oben, sondern immer nach unten aus. 3) Der Baum p. 123. 8* 116 und haben die bilaterale Ausbreitung mit einer mehr allseitswendigen vertauscht, se dass die hier verhältnissmässig kurzen Triebe fast walzenförmig erscheinen. Es herrscht also, wie aus Gesagtem hervorgeht, bei der uns be- schäftigenden Species eine ausgesprochene Abhängigkeit des Verzweigungsmodus und der Stellung der Blätter von der Wachsthumsrichtung der Mutteraxen. Dies tritt noch in prägnanterer Weise bei einer Correlationserschemung zu Tage, die sich an Tannen-Arten häufig beobachten lässt und allgemein bekannt ist. Wird ein Baum seines Gipfels beraubt oder die Endknospe durch Frost oder mechanische Verletzung zerstört, so richten sich ein oder auch zwei der zunächst inserirten Seitentriebe erster Ordnung auf, um den Hauptspross zu ersetzen. An solchen senkrecht aufgerichteten Seitentrieben entwickelt sich dann die Stellung der Nadeln, wie an der ursprünglichen Hauptaxe und zwar schon in der ersten Ver- jüngungsperiode. lbenso geschieht es mit der Anlage und Weiter- entwickelung seitlicher Glieder. So viel sei hier über die äusseren Verhältnisse der Spross- systeme und Knospenstellung von Abies alba vorausgeschickt; bei den im Haupttheil dieser Arbeit zu besprechenden Untersuchungen wird zwar in erster Linie der Inhalt der Knospe, der Vegetations- kegel mit seinen seitlichen Aussprossungen behandelt werden, jedoch wiederholt auf die oben dargelegten Verhältnisse zurückgegriffen werden müssen. Die Art der Gewebeanordnung, die Wachsthums- und Zelltheilungs- vorgänge im Vegetationskegel oder einem Theile desselben sind während der letzten Jahrzehnte häufig Gegenstand eingehender Unter- suchungen gewesen. Ich will hier nur an die Arbeiten von Sachs, Hanstein, Sanio, Russow, Dingler, Karsten, Korschelt, Schmitz, Perey. Groom und L. Koch erinnern, welche sich sämmtlich auf diesem Gebiete bewegen und die ich später zum Theil* noch zu berühren haben werde. Bei der weitaus grösseren Mehrzahl dieser Arbeiten wurde nun eine bestimmte, zur Beobachtung vornehmlich geeignete Phase der Entwickelung herausgegriffen um daran die Anordnung und Thätig- keit einzelner Gewebe oder Gewebeelemente zu studiren. Dagegen sind vergleichende Untersuchungen über die im Innern der Knospe während der jährlichen Periode vorgehenden Veränderungen morphologischer und anatomischer Natur nur vereinzelt angestellt worden. 117 Askenasy!), welcher seine Beobachtungen in erster Linie an den Blüthenknospen von Prunus avium vornahm, war es hauptsächlich darum zu thun, den Einfluss der Temperatur auf die Ent- wiekelung der Knospen zu erforschen und die Rrscheinung der Winterruhe zu erklären. Die anatomische und morphologische Betrachtung trat bei seinen sehr sorgfältigen und zuverlässigen Unter- suchungen mehr in den Hintergrund. Askenasy bestimmte Frisch- gewicht, Trockensubstanz und Stärkegehalt einer grösseren Anzahl von Knospen, die ein- und demselben Baume entstammten, während drei aufeinanderfolgender Jahre in bestimmten Zeitintervallen, ferner Länge und Breite der Knospen, Länge der Blüthen und deren Theile, und schloss — vornehmlich aus dem Gewicht der Knospen — auf das Steigen und Fallen der vegetativen Thätigkeit. Uebrigens hatte vor Askenasy bereits Geleznoff?) in ähnlicher Weise die Blüthen- und Laubknospen der Ulme, die männlichen und weiblichen Blüthen- kätzchen der Birke, die Knospen von Acer pseudoplatanus und Corylus avellana verarbeitet, um Aufschlüsse über die Winterruhe zu erhalten.?) Mir schien es nun von Interesse, sowohl ein einigermaassen ge- treues Gesammtbild der vegetativen Thätigkeit der Bildungsgewebe des Sprossgipfels während des ganzen Jahres zu crhalten, als auch zu untersuchen, ob und in wie weit die Stellungsverhältnisse der Knospe am Baum und das Alter des letzteren anf die Form und den inneren Bau des Vegetationskegels einen Einfluss ausüben. Daher hat sich die vorliegende Arbeit zur Aufgabe gemacht, einmal die Gestalt und Grösse der Vegetationskegel verschiedener Knospenformen während der Winterruhe, die Art der Vertheilung der meristematischen Gewebe unter Berücksichtigung des Inhalts der einzelnen Gewebcelemente festzustellen; ferner zu beobachten, welche äusseren und inneren Veränderungen von Beginn der Streckung an während der verschiedenen Entwickelungsphasen am Vegetationskegel sichtbar werden, wie lange Zeit vor Entfaltung der Knospe diese 1) Askenasy, E., Ueber die jährliche Periode der Knospen. (Bot. Ztg. 1877, p. 793 ff). 2) Geleznoff, N., Observations sur le developpement des bourgeons pendant P’hiver. (Bullet. de la societ& imper. de Moscou 1851, p. 135 ff.). 3) Zwei Arbeiten, mit denen ich leider erst nach Abschluss meiner Unter- suchungen bekannt geworden bin, sollen unten näher berücksichtigt werden: Schroeder, J., Beitrag zur Kenntniss der Frühjahrsperiode des Ahorn (Acer platanoides) (Pringsh. Jahrb. 1869 VII p. 261 ff), und: Fischer, A., Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse (ebenda XXII 1891 p. 73 ii) 118 Veränderungen in Action treten, wie sie fortschreiten und wie der status quo wiederhergestellt, d. h. die neue Winterknospe gebildet wird. Ausserdem werden diese Untersuchungen einzugehen haben auf die Abhängigkeit der Gestalt und inneren Gewebebildung des Vegetationskegels von der Stellung der Knospe am Baum und der Natur des Sprosses, dem die Knospe ihren Ursprung verdankt. Anfänglich war die Untersuchung einer grösseren Anzahl ver- schiedener Baumarten beabsichtigt worden; doch bot mir die Weiss- tanne, mit deren Knospen ich meine Arbeit begann, ein so reiches Material, dass ich mich vorläufig auf diese Species beschränken musste. Die ausgedehnten Weisstannenbestände in nächster Umgebung Freiburgs lieferten das Material zu meinen Beobachtungen. Auch die vielerörterte Scheitelzellfrage und die Hanstein’sche Lehre von den drei Histogenen sollten in den Bereich dieser Arbeit gezogen werden und einen wichtigen Theil derselben ausmachen. Da erschien, gerade als ich die Vorarbeiten dazu vollendet und bereits einige diesbezügliche Untersuchungen begonnen hatte, eine Arbeit von L. Koch,!) welche die eben berührten Fragen, u. a. auch für Abies alba, in so eingehender Weise behandelt, dass mir weitere Unter- suchungen in dieser Richtung überflüssig erschienen. Ich musste mich daher auf die Bearbeitung der übrigen Fragen, die ich mir gestellt, beschränken. Ucber die Präparation der Objeete und die Herstellung der erforderlichen Schnitte sei noch Einiges kurz bemerkt. Soweit nicht die Untersuchung frischen Materials geboten erschien, wurde ausschliesslich Alkobolmaterial, mit dem Mikrotom geschnitten, zur Beobachtung verwendet. Als Einbettungsmittel wurde Celloidin gebraucht, welches bei der Verarbeitung grösserer Mengen von Material, wie sie die vorliegende Arbeit erforderte, entschiedene Vortheile vor dem Paraffin voraus hat. . Die Vorbereitungen bis zur Einbettung bedürfen keiner Aufsicht, sondern erledigen sich von selbst, die Nach- behandlung der Schnitte ist eine bedeutend einfachere und zarte Schnitte laufen weniger Gefahr zerrissen zu werden, da sie von einer festen Celloidinhülle umgeben sind. Ueber die Technik des Celloidineinbettungsverfahrens, wie ich 1) Koch, L., Ueber Bau und Wachsthum der Sprossspitze der Phanerogamen. I. Gynmospermen. (Pringsb. Jahrb. Bd. XXI, 1891, p. 491—680, Taf. XYU—XXI), 119 sie bei meinen Arbeiten anwandte, habe ich bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet.') Seit einiger Zeit gebrauche ich statt des Celloidins ausschliesslich Photoxylin als Einbettungsmedium, welches — dem ersteren chemisch nahestehend — den erheblichen Vorzug besitzt, beim Erstarren eine vollkommen klare und durchsichtige Ein- bettungsmasse zu liefern und es so ermöglicht, auch kleine und schwäch gefärbte Objeete in Form und Lage deutlich zu erkennen, was bei Anwendung des relativ trüben Celloidins nicht möglich ist.?) Bei passender Behandlung beider Einbettungsmedien lassen sich unverletzte Schnitte bis zu einer Minimaldicke von 10 x herstellen, wie sie für meine Untersuchungen vollkommen ausreichten, ja sogar vielfach nicht einmal erforderlich waren. Vor der Einbettung wurden die Knospen vorsichtig von den an- haftenden Stammtheilen und Nadeln und den Knospenschuppen befreit, entwässert, darauf mit Methylenblau, in absolutem Alkohol gelöst, durchgefärbt und schliesslich eingebettet. Diese Behandlung erleichterte das Orientiren der Objeete beim Schneiden bedeutend; denn der axile Markeylinder, dessen Gewebe zum Theil stark gerbstoffhaltige Membranen besitzt, wird durch Methylenblau stark tingirt und hebt sich gegen das übrige, embryonale Gewebe, welches nur minimal oder gar nicht gefärbt ist, scharf ab. Auf diese Weise gelingt es bei einiger Kenntniss des Baues der zu schneidenden Knospe leicht, in der richtigen Ebene zu schneiden, worauf es natürlich bei der Ilerstellung von Längsschnitten durch Vegetationskegel am meisten ankommt. Auch spart man insofern bedeutend an Zeit, als sich mit blossem Auge oder bei kleineren Objeeten unter Zuhülfenahme der Loupe am ge- färbten Schnittmaterial leicht erkennen lässt, wann man sich der Mediane nähert. Nun erst hat man nöthig, die Mikrometerschraube des Mikrotoms einzustellen und Schnittserien von gewünschter Dicke herzustellen, während man vorher unbekümmert dickere Stücke ab- schneiden und verwerfen durfte. Durch den beim Schneiden ver- wendeten Alkohol wurde das Methylenblau zum grossen Theil wieder ausgewaschen. Ich färbte sodann mit Kleinenberg’schem Häma- 1) Busse, W,, Ueber die Anwendung der Celloidineinbettung in der Pflanzenanatomie. (Ztschr, für wissensch. Mikroskopie und mikroskopische Technik Ba. VIIL, 1891, p. 462—475). — Nachträgliche Notiz zur Celloidineinbettung. (Ebenda Bd. IX, 1892, p. 49—50). 2) Busse, W., Photoxylin als Einbettungsmittel für pflanzliche Objecte. (Ebenda Bd. IX, 1892, p. 47-48). 120 toxylin (nach der von Strassburger?) angegebenen Vorschrift be- reitet), welches meist noch beträchtlich mit Wasser verdünnt wurde und danach mit Jodgrün (in 50 %/-igem Alkohol gelöst). Ich will an dieser Stelle auf solche rein technische Dinge nicht näher eingehen; welchen Werth geeignete Doppeltinctionen bei der Untersuchung ver- schieden constituirter Gewebecomplexe besitzen, ist bekannt und dass eine solche Behandlung der Schnitte bei vorliegender Arbeit in einzelnen Fällen fast unerlässlich war, wird aus dem Folgenden ersichtlich werden. Als Einschlussmittel für gefärbte Schnitte meristematischer Ge- webe wandte ich in: letzter Zeit mit vorzüglichem Erfolge die von L. Koch?) unlängst empfohlene Dammarlösung an, welche bei derartigen Präparaten den entschiedenen Vorzug vor der Glycerin- gelatine und auch vor dem Canadabalsam verdient. Untersuchungen. Ruheperiode. Wie ein Längsschnitt der Winterknospe von Abies zeigt, wird letzere vom Stamme durch cine becherförmige Gewebebildung geschieden, in welche der die jugendlichen Blattanlagen tragende Vegetationskegel eingesenkt ist. Diese „Knospenscheide“, ein vollkommen unentwickeltes Internodium (und daher von Wigand?) im Gegensatz zu den „Stengelgliedern“* [=1Internodien] „Knos- penglied“ genannt) besteht aus einem festen Gewebe diekwandiger und stark getüpfelter Zellen, deren Wände, wenigstens so lange die Knospe als solche existirt, aus reiner Cellulose bestehen. Der Boden des Bechers wird an seiner Peripherie von den Gefässbündeln durch- setzt (Fig. 1 und 2 kn) und ist eine ebene oder schwach gewölbte Scheibe, deren Rand seitlich an den Bündeln nach unten verläuft. Das Gewebe der Knospenscheide setzt sich gegen das Mark des Sprosses ganz unvermittelt ab, während seine Zellen nach oben all- mählicher in die des Meristems übergehen. Das direct an die Scheide angrenzende Markstück unterscheidet sich in Form und Anordnung seiner Zellen von dem tiefer liegenden normal gebauten Markeylinder. Während der letztere aus mehr oder weniger rechteckigen und lang- 1) Strassburger, E., Botanisches Practicum p. 689, 2) Koch, L., Mikrotechnische Mittlieilungen. (Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Bot. Bd. XXIV). 3) Der Baum p. 88. 121 gestreckten, starkwandigen, getüpfelten Zellen zusammengesetzt ist, welche ohne grössere Intercellularräume aneinander schliessen, stellt die darüber befindliche breite Markzone ein aus rundlichen, isodiametri- schen Zellen bestehendes lockeres Gewebe dar. An der Grenze je- des Jahreszuwachses wird der Markeylinder quer von der ehemaligen Knospenscheide durchsetzt, darunter findet sich stets die lockere Ge- webezone, an welche sich das normal gebaute, typische Mark anschliesst. Das letztere wird durch Gruppen sklerotischer Elemente, in Form flacher, horizontal eingelagerter Scheiben in gewissen Abständen unter- brochen; in der lockeren Zwischenzone sind solche sklerotische Zellen nie vorhanden. Die Wandung des Bechers trägt die jüngsten — innersten — Knospenschuppen, während eine aus der Rinde des Stammes hervor- gegangene compendiöse Wucherung lockeren parenchymatischen viel Schleim führenden Gewebes die äusseren Schuppen trägt und den unteren Theil der Knospe schützend umhüllt. Bei der Endknospe des Stammes ist dieser Ringwall besonders stark ausgebildet und reicht mindestens bis zur Höhe des Scheitels der Vegetationskuppe. Schon bei äusserer Betrachtung des den Gipfel normal gebildeter Weiss- tannen krönenden Knospensystems fällt sofort ins Auge, dass die kurze und gedrungene Endknospe besonders tief in das sie umgebende Ge- webe ceingesenkt ist und dadurch der Keim des künftigen Haupt- stammes im Vergleich mit den exponirter stehenden Seitenknospen gegen Frost, mechanische Verletzung oder Abbrechen durch die Natur ausgezeichnet geschützt ist, eine Bevorzugung, welche mit der bereits früher betonten Bedeutung der Hauptaxe für die Architektur des Baumes im Einklange steht. Wie die Endknospe selbst, so zeigt auch ihr Vegetationskegel eine kurze gedrungene Form, während die Seitenknospen steile schlanke Kegel bergen; bei ersterer ist die Kuppe schwach, bei letz- terer stärker gewölbt. Der Kegel der Endknospe ist ungefähr so lang, als seine Breite an der Basis — von den äussersten Insertionsstellen der untersten Blattanlagen an gemessen — beträgt. Die durchschnitt- liche Länge von 22 Kegeln, welche den Endknospen 12-—15- jähriger Pflanzen (im Januar. geschnitten!) entstammten, betrug 1,93 mm, die durchschnittliche Breite derselben Kegel 2,06 mm. Die schwach gewölbte Kuppe ist öfters am Scheitel ein wenig zuge- spitzt und ragt während der Winterruhe in den meisten Fällen, wenn auch nur unbedeutend, über die Spitzen der oberen Blattanlagen 122 hinaus. (Fig. 1). Die Zahl der vom Medianschnitte jeweils getroffenen Blattanlagen schwankt zwischen 10 und 12. Zwischen einzelnen Blättern sind die Anlagen künftiger Kurztriebknospen als unbedeutende Protuberanzen sichtbar (Fig. 1 u. 2 ss); die Zahl derselben richtet sich natürlich nach der Lage der Schnittebene. Anders sind die Verhältnisse bei den Sprossanlagen der Quirl- knospen. Der schlanke Kegel derselben übertrifft an Länge die des zugehörigen Terminalkegels beinahe um ein Drittel und die eigene Breite an der Basis beinahe um die Hälfte. Die durchschnittliche Länge der Kegel von 67 Quiriknospen, welche den Knospensystemen der gemessenen IEindknospen entstammten, betrug 2,85 mm, ihre Breite 1,54 mm. Unter sich sind die Kegel der Quirlknospen ein- und desselben Systems bei normaler Ausbildung in der Länge einander meist gleich, jedenfalls nur unbedeutenden Schwankungen unter- worfen, Ebenso wie beim Terminalkegel werden die oberen Blatt- anlagen vom Scheitel der hier allerdings stärker gewölbten Kuppe überragt. (Fig. 2). Die Zahl der durchschnittenen Blattanlagen schwankt zwischen 15 und 22, beträgt in der Regel 18. Die freie Oberfläche der Sprossaxe kommt übrigens während des Knospenzustandes zwischen den Basen der Blattanlagen nicht zum Vorschein, da sie von diesen dicht überdeckt ist.!) ‚ Die Prävalenz an Blattanlagen bei den Kegeln der Quirlknospen liegt in der Aufgabe der letzteren begründet, Sprosse zu erzeugen, welche in erster Linie Laubträger sind, während bei dem llauptspross die Laubbildung eine bei weitem untergeordnetere Bedeutung besitzt. Der anatomische Bau des Vegetationskegels ist, wie bekannt, der Ausgangspunkt zahlreicher, zum Theil sehr wichtiger und grund- legender Arbeiten geworden. Es wurden verschiedene Theorien auf- gestellt über die Anordnung der meristematischen Gewebe im Vege- tationspunkt, die Veränderungen, welche im Laufe der Wachsthums- perioden in letzterem vor sich gehen und über die Orte des Ursprungs der einzelnen Gewebesysteme des Pflanzenkörpers. Hofmeister und Naegeli begründeten die Scheitelzell- theorie, Hanstein die Lehre von den drei gesonderten Histogenen. Es folgten darauf die mannigfaltigsten Diskussionen über die Gültig- keit dieser Lehren im Allgemeinen und Besonderen. Weiter legte Sachs die geometrischen Beziehungen klar, welche zwischen den 1) Goebel, Grundzüge der Systematik und speeiellen Pflanzenmorphologie p. 361. 123 Zelltheilungen im Vegetationspunkt und der äusseren Form des aus letzterem entspringenden Organs bestehen. Ein näheres Eingehen auf die hierhergehörige Litteratur ist nicht mehr am Platze, da Ludwig Koch in seiner oben citirten unlängst erschienenen Arbeit!) diesem Gegenstande ein umfangreiches Capitel gewidmet hat und ich nur dort Gesagtes wiederholen könnte. Ueber den Bau des Vegetationskegels der Gymno- spermen und die Entwickelung der Gewebe aus dem Urmeristem herrschten und herrschen, wie gesagt, stark differirende Ansichten. Hatten auch verschiedene neucre Untersuchungen den Glauben an die Existenz einer Scheitelzelle im Vegetationspunkt der Gymnospermen wesentlich erschüttert, so hielt doch eine geringe Zahl von Forschern noch an diesem Glauben fest, so Dingler?) und Korschelt?); und kurz vor Drucklegung der ‘Arbeit von L. Koch erschien eine Ver- öffentlichung von Douliot®), welcher sich ganz entschieden für das Wachsthum durch Theilung einer einzigen Scheitelzelle bei den Gymno- spermen ausspricht. Koch hatte ebenfalls die Scheitelzellfrage be- handelt und kam zu dem Resultate, dass die Gymnospermen eine echte Scheitelzelle nicht besitzen, sondern dass der Scheitel des Sprosses aus 1 bis 4 — bei Abies 4 — Zellen gebildet wird, die jedoch mit der Bildung der angrenzenden Zelllagen in keinem Zusammenhange stehen. Von Abies untersuchte Koch lediglich die Vegetationskegel mehrjähriger, kräftiger, im Wachsthum begriffener Sprosse, indem er von der Voraussetzung ausging, dass sich die Scheitelzelle, wenn sie überhaupt vorhanden sei, jedenfalls an den Kegeln lebhaft wachsender Knospen auffinden lassen müsste.) Seine Beobachtungen wurden hauptsächlich an Serien von 0,015 mm dicken Längsschnitten gemacht, daneben auch an äusserst dünnen, ebenfalls mit dem Mikrotom hergestellten Querschnitten. _ Die Schnitte wurden vor der Beobachtung mit Hämatoxylin oder Safranin gefärbt. 1) Ueber Bau und Wachsthum der Sprossspitze der Phanerogamen. Pringsh. Jahrb. Bd. X\1II. 1891. . 2) Dingler, Ueber das Scheitelwachsthum des Gymnospermenstammes, München 1882. — Dingler, Zum Scheitelwachsthum der Gymnospermen. 1886, 3) Korschelt, Zur Frage über das Scheitelwachsthun bei den Phanero- gamen. 1884, 4) Douliot, Recherches sur la eroissance terminale de la tige des Phand- rogames, 18390, 5) p. 512. 124 Schon in Hinblick auf die Art der Präparation seines Be- obachtungsmaterials dürften die Resultate von Koch grösseren An- spruch auf Wahrscheinlichkeit erheben, als diejenigen früherer Autoren, welche die Scheitelzelle an optischen, mittels Kalilauge stark aufge- hellten Längs- und Querschnitten beobachtet haben wollten. Ferner prüfte Koch die Vegetationspunkte der Gymnospermen hinsichtlich des Vorhandenseins der Hanstein’schen gesonderten Histogene und stellte fest, dass, wie Pfitzer!) und Strassburger?) schon früher betont, eine Differenzirung des Scheitelgewebes in Der- matogen und Periblem nicht vorhanden ist, sondern die Vegeta- tionskuppe von mehreren Lagen eines Gewebes gebildet wird, welches Koch „typisch-embryonales“ Gewebe nennt, weil es sich in typischer Form am jugendlichen Embryo vorfindet. Das typisch- embryonale Gewebe der Hüllschicht, deren äussere Zelllage zur Epidermis wird und deren innere Lagen den Gefässbündeln, der Rinde und seitlichen Aussprossungen den Ursprung geben, stellt ein einheit- liches Aggregat von Zellen dar, welche sich durch reichen Plasma- inhalt, grosse Kerne und äusserst zarte Wandungen auszeichnen. Die Procambialstränge sind in der Winterknospe von Abies deutlich differenzirt als Stränge langgestreekter, parallel gelagerter Zellen mit länglichen, ebenfalls parallel liegenden Kernen bemerkbar. Eine Abgrenzung des Periblems gegen das Gewebe des centralen Markkörpers, des „Pleroms“ (Hanstein)ist, wie Perey Groom?) constatirte, nur in Ausnahmefällen deutlich sichtbar. Auch ich fand bei der grossen Zahl der von mir untersuchten Vegetationspunkte erwachsener Pflanzen von Abies nur schr selten eine schärfere Abgrenzung beider Gewebe; anders liegen die Verhältnisse, wie später gezeigt werden wird, bei Jungen Pflanzen. Bezüglich des Pleroms bemerkt Koch für Abies alba folgen- des®): „Nur für das Plerom und zwar noch am wenigsten für dessen Initialen, die ja nach dem Gesagten den das’ Gewölbe des Scheitels ausmachenden Innenlagen gegenüber nicht scharf abgegrenzt sein können, wären einzelne der Hanstein’schen Kennzeichen — sie be- ziehen sich auf das centrale Gewebe im Gegensatz zu der engzelligen 1) Pfitzer, Beiträge zur Kenntniss der Hautgewebe der Pflanzen, 1871, p. 56. Pfitzer, Untersuchungen über die .Entwickelung des Embryos der Coniferen, 1871, p. 893 ff. 2) Strassburger, Die Coniferen und Gnetaceen p. 327. 8) P. Groom, Ücber den Vegetationspunkt der Phanerogamen, 1885, p. 306. 4) p. 608. 125 Hüllschieht — vorhanden. Die Aufstellung oder Beibehaltung nur dieses einen Tistögens hätte indessen einerseits keinen Werth, sie wäre auch andererseits nicht gerechtfertigt, weil es sich ja um nichts anderes, als um die Herstellung des direct von dem embryonalen Gewebe der Scheitelspitze abzuleitenden Markes handelt.“ Das Mark ist nun aber keineswegs immer aus einheitlichem Ge- webe gebildet, sondern es wechseln meist mehr oder weniger regel- mässig ausgebildete longitudinale Reihen dünnwandigen, embryonalen Gewebes mit solchen diekwandiger, wenigen wandständigen Inhalt führender Zellen ab. (Fig. 6). Im Kegel ‘der winterliehen Stammend- knospe fällt diese Erscheinung besonders ins Auge;. hier dürften sich beide Gewebearten an Quantität gleichkommen oder das embryonale Gewebe überwiegt. Für die übrigen Knospen von Abies gilt die Regel, dass, je breiter und massiger der Kegel und mit ihm der Markeylinder angelegt ist, desto zahlreicher die plasmareichen, embryonalen Zellen (Fig. 6 ee) im Gesammtgewebe des letzteren ver- treten sind. Bei den schmalsten Kegeln von Knospen schmächtiger Seitenaxen ist die Zahl solcher Zellen verschwindend klem und be- deutend prävalirt das derbwandige, weitlumige Element (Fig. 6 gg), das ich kurzweg „Grundgewebe“ nennen will; bei ein- bis dreijährigen Pflanzen besteht das Plerom nur aus Grundgewebe. Vebrigens sind die longitudinalen Zellreihen im Mark der Endknospe nicht in der Weise angelegt, dass sie in gleicher Ausdehnung von oben bis unten durch den Markkörper verlaufen, sondern sie ver- breitern sich im Allgemeinen nach der Basis zu und häufig durch- setzen sie sich gegenseitig an verschiedenen Stellen, doch so, dass der Charakter der Reihenanordnung auf dem Gesammtbild des Markes dadurch nicht wesentlich gestört wird. Die Breite der Reihen beträgt 1—3, höchstens 4 Zelllagen. Bei den Kegeln schmächtiger Seitenknospen treten die embryo- nalen Zellen, wie gesagt, erheblich in den Hintergrund und sind nur zerstreut, entweder in Form einzellbreiter Längsreihen oder kleiner Gruppen, aus wenigen Zellen bestehend, dem Grundgewebe des Markes eingelagert. Zur leichteren Erkennung und genauen Unterscheidung ist der Gerbstoffgehalt der Membranen des Grundgewebes verwerth- bar, da die gerbstoffdurchsetzten Membranen reichlich Anilinfarben speichern. Bismarckbraun und Jodgrün erwiesen sich ausser Methy- lenblau als besonders geeignet zur Färbung. Wurden die Mikrotom- schnitte mit Kleinenberg’scher Hämatoxylinlösung vorgefärbt und 126 darauf in Jodgrün (cone. Lösung in 50 %-igem Alkohol) gebracht, so erhielt man schön übersichtliche Bilder: die gerbstoffhaltigen Zellen des Grundgewebes traten intensiv grün aus dem leicht violett gefärbten embryonalen Gewebe hervor. Im Mark der Axc lässt sich die ursprüngliche histologische Ver- schiedenartigkeit der einzelnen Zellreihen nicht mehr erkennen und nur in dem direet unter der Scheide gelegenen lockeren Gewebe- ‘complex kann man mit Iüilfe einer sehr scharfen Reaetion den gene- tischen Zusammenhang gewisser Zellgruppen mit dem ehemaligen Grundgewebe des TPleroms nachweisen. Der Gerbstoffgehalt der Membran ist hier, nachdem die Markzellen ihre definitive Ausbildung erlangt haben, ein so geringer geworden, dass Eisenacetat oder Methylen- blau zum Nachweis kaum mehr hinreichten. Doch 1%-ige Ueber- osmiumsäure färbte die betreffenden Zellwände noch dunkelbraun und bei Auswahl passender Objecte liess sich sofort erkennen, dass diejenigen Zeilgruppen, deren Wände sich gebräunt hatten, die direete Fortsetzung der Grundgewebereihen im Mark des Kegels bildeten. Wie an Schnitten aus frischem Material festgestellt wurde, ist in den embryonalen Markzellen reichlich Chlorophyll enthalten, besonders in den an die Procambialstränge innen angrenzenden Zellreihen der „Markgrenze“, während die periphere Rindenschicht wenig und das typisch-embryonale Gewebe der Vegetationskuppe kein Chlorophyll führt, ebenso die jüngsten Blattanlagen. In den Blättern der Winter- knospe nimmt der Chlorophyligehalt nach der Spitze hin zu, so dass ‘ die letzteren die chlorophyllreichsten Theile des Knospeninhaltes darstellen. Gänzlich frei von Chlorophyll ist die Knospenscheide. Stärke fand sich Ende Januar nur ganz vereinzelt vor und zwar ausschliesslich in den embryonalen Zellen des Markes. Sämmtliche übrigen Gewebe waren frei von Stärke. Ich will an dieser Stelle gleich vorausschicken, dass sich in der Knospenscheide zu keiner Zeit des Jahres Stärke vorfindet. Gerbstoffe. Wie bereits erwähnt, ist das Grundgewebe des Markes gerbstoffhaltig. Der Gerbstoff tritt hier im Zellsaft gelöst auf und die verhältnissmässig dieken Membranen dieser Zellen sind voll- ständig von Gerbstoff durchsetzt. Die Entwässerung des Materials vor der Einbettung hatte auf diejenigen Gerbstoffe, welche in den Membranen niedergeschlagen sind oder in festen später zu be- schreibenden Formen Inhaltsbestandtheile gewisser Zellen darstellen, in keiner Weise eingewirkt, wodurch die anatomische Untersuchung dieser Körper wesentlich erleichtert wurde. 127 Die Membranen der Grundgewebezellen sind so stark mit Gerb- stoff infilteirt, dass sie durch Ferriacetat fast blauschwarz gefärbt werden. Eine ähnliche Reaction trat schon ein, wenn die Schnitte etwas länger, als gewöhnlich, auf dem blanken Messer des Mikrotoms liegen bleiben mussten. Absolut gerbstofffrei ist sämmtliches embryonale Gewebe, überhaupt das Protoplasma!) und die primitive Zellwand jugendlicher Zellen. Dass Gerbstoffaufnahme in die Zellwand nur bei secundären Membranbildungen erfolgt, ist bereits von Th. Hartig?) betont worden. - Aehnlich wie die Zellen des Grundgewebes verhalten sich einige rundliche oder längliche Zellen, welehe in der peripheren Rindenschicht der unteren Hälfte des winterlichen Vegetationskegels seitlich an die Procambialstränge angeschmiegt liegen. Diese Zellen treten durch ihre Grösse und derberen Membranen aus dem sie umgebenden embryonalen Gewebe hervor; sie haben nicht selten Querwände ge- bildet und führen zum Theil feinkörnigen Gerbstoff als Inhalt. Ihre Membranen zeigen gegen Reagentien aller Art genau dasselbe Ver- halten, wie die Zellwände des Grundgewebes im Marke, sind also ebenfalls vollständig von Gerbstoff durchsetzt. Diejenigen Zelleomplexe der Knospenscheide, welche die directe Fortsetzung der longitu- dinalen Reihen des Grundgewebes bilden, sind mehr oder weniger mit feinkörnigem, eisenbläuendem Inhalt erfüllt, besitzen jedoch voll- kommen gerbstofffreie Membranen. Die übrigen, aus embryonalen Markelementen hervorgegangenen Zellen des Scheidengewebes ent- halten wie diese reichlich Plasma und grosse Kerne, aber niemals Gerbstoff. Vegetationsperiode. In diesem Abschnitte sollen zunächst die Resultate verzeichnet werden, welche die vergleichende Untersuchung des Vegetationskegels von Beginn der Streekung der überwinterten Knospe bis zur definitiven Ausbildung des nächstjährigen Knospensystems ergab. Und zwar be- ziehen sich die folgenden Angaben ebenfalls auf die Vegetationskegel der Knospen des Hauptsprossgipfels ca. 12- —-15-jähriger, normal entwickelter Bäume, welche bezüglich ihres Standortes und der Be- 1) Vgl.a.Klercker, J. af, Studien über Gerbstoflvacuolen. Diss. Tübingen 1888. 2) Das Gerbmehl. Bot. Ztg. 1865, p. 53 ff. 188 sonnung weder besonders bevoräugt noch benachtheiligt waren. Es wurden jeweils nur 12—15 möglichst gleichmässig gewachsene Exemplare ihres Gipfels beraubt, da das Köpfen einer grösseren Zahl von Pflanzen eine nicht unbedeutende Schädigung des Waldbestandes bedeutet hätte, zumal während des Frühjahrs in kürzeren Zeitinter- vallen Material gesammelt werden musste. Bei geeigneter Auswahl des Materials glaubte ich schon aus dem Befund einer beschränkten Zahl von Objeeten Schlüsse von allgemeiner Gültigkeit ziehen zu dürfen, da die Knospen der Edeltanne sich unter sonst normalen Be- dingungen ausserordentlich gleichmässig entwickeln. Die Kegel der Enäknospe und der zugehörigen Quirlknospen wurden getrennt unter- sucht und die Resultate werden, soweit sieh Unterschiede geltend machen, im Folgenden gesondert besprochen und mit einander ver- glichen werden. — Die erste Streekungserscheinung trat im Jahre 1891 gegen den 20. März auf. 23. März. Bei der Endknospe zeigt sich die Streckung vorläufig nur in den jugendlichen Blattanlagen, welche sich in Folge dessen höher über den Scheitel des Vegetationspunktes erheben, während ihre obersten Spitzen während der Ruhezeit meist von letzterem überragt wurden. In Länge und Breite des Kegels zeigen sich keine Ver- änderungen gegen früher. Dagegen .hat der Kegel der Quirlknospen um ein Drittel an Länge zugenommen (3,85 mm gegen 2,85 mm in der Winterruhe); die Breite an der Basis beträgt jetzt 1,78 gegen 1,54 mm.!) Das Wachsthum der Blattanlagen correspondirt soweit mit dem der Axe, dass noch keine freiliegenden Interfoliartheile an Letzterer sichtbar sind. Andererseits erlebt sich der Sprossscheitel nach wie vor über die Spitzen der oberen Blätter. Im Mark der Endknospe zeigt sich: reichlich Stärke, in den Blattanlagen wenig und zwar nur in den Spitzen derselben. Im Gewebe der Knospenscheide finden sich zerstreut einige homogene, stark lichtbrechende, Oeltropfen ähnliche Körper, welche durch concentrirte Schwefelsäure dunkelbraun, durch Kalilauge hell- braun gefärbt werden. Beim Erwärmen der Schnitte mit Kalilauge 1) Zahlen, welche aus nur 12—15 Messungen gewonnen sind, können natür- lich nur von relativem Wertlie sein; immerhin dürften in Anbetracht der die Grössenverhältnisse der Organe von Abies alba beherrschenden mathematischen Gesetzmässigkeit hier derartige Schlüsse eher acceptirt werden können, als bei der Untersuchung anderer Holzgewächse. 129 treten diese Körper unverändert aus den durch die erhebliche Quellung der Membranen verengerten Zellen heraus. Sie sind schwach gerb- stoffhaltig, werden durch Eisenchlorid und -acetat schmutziggrün ge- färbt und geben auch mit Kaliumbichromat schwache Gerbstoffreaction. Die eben beschriebenen Körper treten übrigens unabhängig von dem früher erwähnten feinkörnigen, eisenbläuenden Inhalt gewisser Zell- gruppen des Scheidengewebes auf; während der Winterruhe konnte ich sie niemals entdecken, jedoch regelmässig während der folgenden Phasen der Frühjahrsperiode. Wohl im Zusammenhange mit der erheblicheren Streckung der Quirlknospen findet sich bei diesen schon reichlicher Stärke vor, so- wohl im Marke des Kegels, wie in den Blattanlagen; auch hat in den letzteren nicht bloss an den Spitzen, sondern auch von der Basis an in der Spreite — wenn man bei Blattanlagen in fast embryonalem Stadium überhaupt von Spreite reden darf — vereinzelte Ansamm- lung von Stärkekörnern stattgefunden, 8. April. Zeitintervall: 16 Tage. Auch in der Endknospe hat jetzt eine Streckung des Kegels in die Länge stattgefunden (2,61 mm gegen 1,93 mm in der Winter-. ruhe). Die Blattanlagen haben sich intensiver gestreckt und über- ragen den Scheitel des Vegetationspunktes ganz erheblich und das Bild hat sich gegen früher einigermaassen verändert, da der Kegel seine gedrungene Gestalt zu verlieren beginnt. Zum ersten Male treten jetzt die Vegetationspunkte der künftigen Langtriebknospen als wohlcharakterisirte Zellhügel am Hauptvegetationspunkt hervor. Während der Ruheperiode ist man nicht im Stande, die Anlagen der künftigen Quirlknospen von den obersten, ebenfalls im jüngsten embryonalen Zustand befindlichen Blattanlagen genau zu unterscheiden, da beide Formen von Aussprossungen in den meisten Fällen in diesem Stadium äusserlich vollkommen gleich sind. Später erst lassen sich die Keime von Sprossen und Blättern an der in Frage kommenden | Zone des Kegels deutlich von einander trennen und man kann fest- stellen, dass die künftigen Quirlknospen keineswegs immer über den obersten Blättern, sondern häufig auch in der Achsel des zweiten Blattes — von oben gerechnet — angelegt werden. Die von Hofmeister!) geäusserte Ansicht, dass es nirgends 1) Hofmeister, Handbuch der physiologischen Botanik, I (Leipzig 1867), p- 40. Flora 1893, 9 130 gelungen sei, das Hervorsprossen einer Seitenaxe unterhalb bereits angelegter Blätter zu beobachten, ist bereits des öfteren angezweifelt und widerlegt worden. So fand Strasburger, dass die vegetativen Achselknospen von Ephedra tiefer als die obersten Blätter angelegt werden ;!) dass für Abies dasselbe gilt, zeigte mir die Untersuchung in zahlreichen Fällen. Auch Hanstein?) betont die ursprüngliche Analogie von Blatt und Seitenspross, „die, ohne dass eines an den Vortritt des anderen gebunden ist, als gleichberechtigte Verzweigungs- erzeugnisse unter dem Wachsthumsscheitel hervorgebracht werden können.“ In einigen Procambialzellen sind bereits ring- und spiralförmige Leisten gebildet worden, während sich andere secundäre Wandver- diekungen in den betreffenden Zellen nicht erkennen lassen. Stärkegehalt: Die Zellen des Markkörpers, vor Allem die „embryonalen“ Zellreihen, sind dicht mit Stärke erfüllt, ebenso ist in den Blattanlagen reichlich Stärke vorhanden und vertheilt sich jetzt über die ganze Spreite, mit Ausnahme der Procambialstränge, in denen sich niemals Stärke findet. Immerhin prävaliren noch die Spitzen der Blätter im Stärkegehalt. Die Vegetationskuppe und die zu oberst inserirten jüngsten seitlichen Aussprossungen, sowohl Blatt- wie Sprossanlagen — also sämmtliches „typisch-embryonale*® Gewebe — ist frei von Stärke. Reichlich findet sich letztere im Marke der Axe vor. Das Längenwachsthum der Kegel der Quiriknospen hat der- artig zugenommen, dass die Länge des Kegels (4,30 mm) die Breite desselben an der Basis (2,00 mm) nunmehr um das Doppelte übertrifft. Auch das Dickenwachsthum hat bereits begonnen; die Breite des Kegels an der Basis beträgt 2,00 mm gegen 1,54 mm in der Winter- ruhe, Die Streckung der Blattanlagen hat mit der Axenänlage bis jetzt gleichen Schritt gehalten, so dass der Sprossscheitel die obersten Spitzen der Blattanlagen in den meisten Fällen noch überragt. Was das Vorkommen von Stärke und Gerbstoffen m den Quirlknospen anbetrifft, so findet, nachdem die Streckung auch bei der Terminalknospe begonnen hat, von nun an kein Unterschied von Be- deutung zwischen beiden Knospenformen mehr statt; die diesbezüg- lichen Angaben werden daher bei Besprechung künftiger Entwicke- lungsphasen auf die Kegel beider Knospen gemeinsamen Bezug haben. 1) Strasburger, die Coniferen und Gnetaceen p. 329, p. 831. 2) Hanstein, die Scheitelzellgruppe im Vegetationspunkt der Phanerogamen (Ber. der Niederrhein. Ges. für Natur- und Heilkunde 1868) p. 121. 181 14. Ap ril. Zeitintervall: 6 Tage. Der Kegel der Endknospe zeigt minimalen Fortschritt im Längenwachsthum (2,72 mm gegen 2,61mm); bei den Quirlknospen ist die Streckung bedeutender (5,29 mm gegen 4,30 mm). Die Dicke ist bei beiden unverändert geblieben. Bei den Kegeln der Quirlknospen treten an den Basen der Blätter Gewebewülste, sog. „Blattkissen* (Fig. 3bk) auf, welche die Interfoliartheile der Axenanlagen vollständig bedecken, indem sie während des Anfangs der Streckungsperiode in Länge und Breite mitwachsen.!) Im Stärkegehalt zeigen sich keine Veränderungen gegen früher. Die Gerbstoffzellen im Rindengewebe der unteren Hälfte des Kegels, welche sich inzwischen erheblich in die Länge gestreckt haben, füllen sich so dicht mit körnigem Inhalt an, dass sie durch Methylenblau fast schwarzblau gefärbt werden. 22. April. Zeitintervall: 8 Tage. Der Kegel der Endknospe zeigt Zunahme in der Länge (3,34mm gegen 2,72 mm) und zum ersten Male auch der Dicke (2,58 mm gegen 2,06 mm in der Ruheperiode). Die Blattkissen treten jetzt auch am terminalen Kegel auf. In den Quirlknospen haben die Kegel ungefähr in demselben Maasse an Länge zugenommen, wie in der Endknospe, auch die Blatt- anlagen haben sich soweit gestreekt, dass ihre Spitzen die Vegetations- kuppe, wenn auch nur wenig, überragen. Das peripherische Gewebe, welches später zur primären Rinde "wird, hat sich gelockert; es zeigen sich vielfach weitlumige, in leb- hafter Theilung begriffene Zellen. Stärkegehalt: gegen früher unverändert. 29. April. Zeitintervall: 7 Tage. Endknospe (Fig. 3): Der Kegel hat sich um 0,8 mm verlängert; auch die Blattanlagen sind gewachsen und erheben sich weiter über den Scheitel der Vegetationskuppe als vordem. Einige der obersten von ihnen zeigen schon durch ihre zugespitzte Form den Beginn der 1) Goebel, Grundzüge p. 361. 9* 132 Umbildung in Knospenschuppen für die künftige Terminal- knospe an (Fig. 38 ks). Durch fortgesetzte Zelltheilungen auch im oberen Theile des Markes hat der Kegel die ursprüngliche Form der Pyramide aufgegeben und sich der des Cylinders bedeutend genähert. Bei den in der Querrichtung vor sich gehenden Zelltheilungen inner- halb des Markes scheinen sich in erster Linie die plasmareichen, embryonalen Charakter tragenden Zellen zu bethätigen; so zeigen sich die den Markeylinder gegen die Procambialstränge abgrenzenden Zell- lagen in lebhafter Bildung von Längswänden begriffen. Einige Zellen des Grundgewebes, meist die Endzellen kürzerer Reihen, haben durch wiederholte Theilungen Conglomerate gebildet, welche die ursprüngliche Reihenanordnung einigermaassen stören und das Bild des Zellnetzes verändert haben. Im peripherischen Rindengewebe lassen sich die Anlagen zu Harzgängen erkennen, doch ist eine Differenzirung der Harzab- sonderungszellen noch nicht eingetreten. Der Kegel der Quiriknospen hat sich seit dem 22. April nur unbedeutend mehr als der terminale Kegel in die Länge gestreckt; seine Länge beträgt jetzt 7 mm. An dem Sprossgipfel der jugendlichen Seitenaxe sind die Anlagen für das künftige Knospensystem ebenfalls wahrnehmbar, wenn auch in weniger vorgeschrittenem Entwickelungsstadium, als am Kegel der Endknospe. “ Die Blattanlagen überragen die Kuppe schon ganz erheblich. Im Gewebe der IHauptvegetationskuppe beginnt sich das Mark für den künftigen Kegel zu differenziren: einzelldicke Reihen weit- lumiger, diekwandiger Elemente durchsetzen in longitudinaler Richtung den embryonalen Gewebecomplex. Die Zellen des künftigen „Grund- gewebes“ geben bereits deutliche Gerbstoffreaction. Stärke: massenhaft im Gesammtgewebe des Markkörpers. Die gerbstoffhaltigen Zellen seitlich der Procambialstränge sind zu längeren Schläuchen geworden, welche enorm an Inhalt zu- genommen haben. 9. Mai. Zeitintervall: 11 Tage, Die Knospe hat inzwischen die schützende Hülle der Knospen- schuppen gesprengt und ihre Individualität als Knospe aufgegeben, der Vegetationskegel ist zur freiwachsenden jungen Axe geworden, der Keim zum Organ. 133 Die aus der Endknospe entstandene Hauptaxe ist 11—12 mm lang und trägt an ihrer Spitze die durch Anschwellung des Axen- endes schon makroskopisch sichtbare Anlage des nächsten Knospen- systems. Das intensive Längenwachsthum der Axe hat zur Folge gehabt, dass nun auch freie Interfoliartheile sichtbar sind, aus deren Oberhaut vereinzelte papillenartige Emergenzen hervortreten. Während die Längenzunahme des jungen Sprosses von nun an durch Theilung und Streckung schon angelegter Gewebeelemente be- wirkt wird, beschäftigt sich die Vegetationskuppe mit der Anlage des Kegels für die künftige Knospe. Die Blätter haben sich stark gestreckt und diejenigen von ihnen, welche zu Knospenschuppen für die nächste Winterknospe werden, schliessen schon über der Vegetationskuppe zusammen, da diese nach dem Verluste der alten Hülle andernfalls freiliegen würde. Die Anlagen für die Quirlknospen des künftigen Systems stehen an Massigkeit hinter der der Endknospe zurück. Die Breite ihrer Vege- tationskuppe beträgt an der Basis 0,3 mm, kaum zwei Drittel von der der künftigen Terminalknospe. Das Grundgewebe des Markes ist auch in diesen jungen Kuppen bereits angelegt und in Gestalt von 2—3 Reihen weitlumiger Zellen erkennbar. Die Länge der aus den Quirliknospen hervorgegangenen Axen beträgt beinahe das Dreifache von der der zugehörigen Haupt- axe: 32--34mm. Entsprechend dieser bedeutenden Längsstreckung der Seitenaxen ist auch die übrige äussere wie innere Ausbildung eine bei weitem vorgeschrittenere als die ‘der betreffenden Hauptaxe. Der Querschnitt der Axe zeigt bereits vollendete Ausbildung der Harzgänge in der Rinde und den Blättern. Während an der Epi- dermis der Internodien der Hauptaxe erst papillenartige Emergenzen beobachtet werden konnten, sind diese hier bereits zu 3—4zelligen Haaren ausgewachsen, welche die freie Oberfläche der Axe als feiner Filz bedecken. Ebensolche Papillen und Haare zeigen sich in reicher Zahl an denjenigen oberen Blattanlagen, welche zu Knospenschuppen werden, wohl um diese, so lange sie sich noch im zartesten Zustande befinden, inihrer Function als Schutzmittel des Vegetationspunktes zu unterstützen. In den Achseln einiger Blätter treten auch die Anlagen der künf- tigen Kurztriebe, welche schon während der Ruheperiode als aller- dings schr unbedeutende Protuberanzen sichtbar waren, gleich den Anlagen der Langtriebknospen deutlicher hervor. Ihre Vegetations- 134 punkte sind noch in Form und Grösse den letzteren (Langtriebknospen II. Ordnung) gleich. Dort, wo das Mark sich gegen die terminale Vegetationskuppe zu verjüngen beginnt, heben sich die oben erv.ähnten Gruppen dick- wandiger Zellen des Grundgewebes deutlich von dem übrigen Mark- gewebe ab. Im tieferen Verlaufe des Markes sind derartige Ver- diekungen vorläufig noch kaum erkennbar. Stärke ist in allen Theilen der Axe und Blattanlagen mit Aus- nahme der aus typisch-embryonalem Gewebe bestehenden Kuppe und obersten seitlichen Ausstülpungen in reichlichster Menge vorhanden. Die Untersuchung von Querschnitten zur Ermittelung des Stärke- gehaltes der Rinde ergab, dass besondere Gewebepartieen nicht be- vorzugt waren; doch will ich nicht unterlassen anzuführen, dass in dem zwischen den einzelnen Strängen gelegenen, also dem interfasci- cularen Gewebe, in welchem zu dieser Zeit von einer cambialen Bildung natürlich noch keine Rede sein kann, ebenfalls reichlich Stärke enthalten war. Die Gerbstoffschläuche haben sich weiter gestreckt und sind dicht mit Inhalt angefüll. Der in ihnen angesammelte Gerbstoff ist von körniger Beschaffenheit, eisenbläuend, speichert, wie oben erwähnt, Methylenblau in reichlicher Menge und gibt mit Kalium- bichromat die bekannte Reaction. Zur vergleichenden Untersuchung des Gerbstoffgehaltes der Schläuche während der Streckung des Vegetationskegels lässt sich die von Kutscher') empfohlene Farben- abschätzungsmethode des mit Kaliumbichromat erzeugten Gerbstoff- niederschlages vortheilhaft verwerthen und die von mir mit Kalium- bichromat unternommenen Versuche ergaben die Unhaltbarkeit der kürzlich von E. Crato?), übrigens ohne weitere Begründung aufge- stellten Behauptung, dass dieses Reagens „für den chemischen Nach- weis von Gerbstoff völlig unbrauchbar“ sei. Derartige widersprechende Sätze werden nicht eher aus der Pflanzenphysiologie verschwinden, bis man die Bezeichnung „Der Gerbstoff“ für eine ganze Klasse chemisch und wahrscheinlich auch physiologisch heterogener Körper als unpassend abgeschafft hat. 1) Kutscher, Veber die Verwendung der Gerbsäure im Stoffwechsel der Pflanze (Flora 1883). 2) Crato, E., Die Physode, ein Organ des Zellenleibes (Ber. d. Deutsch. bot. Ges. Bd. X, 1892) p. 295. 135 14. Mai. Zeitintervall: 5 Tage. Während die jugendliche Axe durch intensives Längenwachsthum von nun an in kurzer Zeit fast ihre definitive Länge erreicht, geht die weitere Ausbildung des neuen Knospensystems und die Anlage neuer Organe sehr langsam vor sich. Vorläufig werden in erster Linie Knospenschuppen gebildet, um die zarten Theile des Stammscheitels baldmöglichst mit einer schützen- ‚den Hülle zu umgeben. Das vorliegende Entwickelungsstadium der Sprossspitze von Abies alba ist von L. Koch in seiner wiederholt eitirten Arbeit vornehmlich berücksichtigt worden, da sein Unter- suchungsmaterial gegen Mitte Mai gesammelt wurde, Wie bereits oben erwähnt, konnte Koch zu dieser Zeit bei Abies, wie bei sämmtlichen von ihm untersuchten Gymnospermen eine echte Scheitelzelle nicht finden, sondern seine Untersuchungen ergaben, dass das Scheitelwachsthum durch mehrere, den Scheitel des Vegetationspunktes bildende „Kammern“ vermittelt wird. Bei unserer : Species fanden sich vier derartiger Kammern. Das unter dem Scheitel liegende, die Gesammtmasse der Vege- tationskuppe bildende Gewebe theilte Koch „zur Erleichterung der Uebersicht der sich abspielenden Wachsthumsvorgänge* in verschie- dene Querzonen ein, deren einzelne Zellen er in Lage und Form, Beziehungen zu einander und dem Gesammtwachsthum eingehend be- schrieb.!) Zwischen dem Gewebe der Vegetationskuppe und dem axilen Markeylinder liegt ein Gewebecomplex, dessen Zellen ausgesprochen tafelförmige Gestalt besitzen und welcher die Markanlage der neuen Terminalknospe repräsentirt; hier ist gegen früher eine Zunahme an Grundgewebe zu constatiren, dessen Zellen in regelmässigen longitu- dinalen Reihen angeordnet sind. Koch hat die histologisch-differente Zusammensetzung des Markkörpers im Vegetationskegel von Abies zwar verschiedentlich angedeutet,?) diesen Verhältnissen jedoch keine eingehendere Beachtung geschenkt. Jedenfalls stimmen meine Resultate mit denen Koch’s darin überein, dass sich die embryonalen Zell- reihen in der Markanlage am Dickenwachsthum betheiligen, indem sie neben Querwänden auch Längswände bilden und dadurch den Durch- messer des Markeylinders vergrössern; die Zellen des Grundgewebes bilden dagegen ausschliesslich Querwände. 1) p. 599—607. 2) p. 599 u. 600. 136 Damit lässt sich, wie mir scheint, auch der Umstand zur Genüge erklären, dass die Quantität embryonaler Elemente im. Markkörper der Vegetationskegel von Abies sich jeweils richtet nach der Massig- keit der aus letzterem entstehenden Axe. Bei der Stammendknospe, deren Vegetationskegel eine unvergleichlich kräftigere Axe gegenüber den Seitenknospenkegeln zu erzeugen hat, ist daher auch der Gehalt des Pleroms an embryonalen Zellen ein weitaus grösserer, als bei letzteren. Der Markkörper des jungen Sprosses verbreitert sich wesentlich unterhalb der Knospenanlage.!) Seine Zellen und zwar beiderlei Gewebeelemente, welche in diesem Stadium durch verschieden grosse Lumina und Dicke der Wandungen noch wohl unterscheidbar sind, zeigen lebhafte Theilungen. Die Zahl der oben erwähnten Gruppen dickwandiger Zellen im Marke, welche vollständig skleroti- schen Charakter angenommen haben, ist beträchtlich vermehrt worden. Bei einigen schmächtigen Axen durchsetzen solche Aggregate sklero- tischer Elemente den Markkörper in seiner ganzen Breite, so dass sie denselben quergestreift erscheinen lassen (Fig. 7 ss). Eine mechanische Bedeutung für die Pflanze dürfte diesen Zellgruppen kaum zukommen. In den Strängen der Axe sind bereits Faserzellen, sowie ring- und spiralförmig verdickte Gefässe ausgebildet. Die Seitenknospenanlagen weisen, da sie sich langsamer entwickeln, keine wesentlichen Unterschiede gegen früher auf. Ebenso ergab die Untersuchung der aus den Quirlknospen des Haupt- systems entstandenen Axen und der die letzteren beschliessenden Knospensysteme II. Ordnung keinerlei bemerkenswerthe Resultate, so dass von einer Besprechung derselben abgesehen werden kann. Stärke: Das Maximum des Stärkegchaltes erreicht die Spross- spitze von Abies alba in derjenigen Entwickelungsphase, in welcher die Knospen aufbrechen, also 1891 um den 9. Mai. Fünf Tage später, am 14. Mai, nimmt der Stärkegehalt im oberen Theile des Mark- eylinders bereits ab. Nach wie vor stärkereich ist das Rindengewebe der Axe. ' j Auch die Gerbstoffschläuche waren zur Zeit des Aufbrechens der Knospen am inhaltsreichsten gewesen; nunmehr sind die Schläuche zum grössten Theile völlig entleert und nur ihre Membranen geben noch mit den betreffenden Reagentien deutliche Reactionen. 1) Koch, Taf, XVIII, Fig. 6. 137 23. Mai. Zeitintervall: 9 Tage. In der Markanlage der künftigen Knospe nimmt die Differenzirung der longitudinalen Zellreihen zu; im Mark des Sprosses zeigen die Zellen erhebliche Streckung in die Länge, dagegen scheint die Aus- dehnung des Markeylinders in die Dicke nicht gesteigert zu sein. Die Wandungen der sklerotischen Zellen beginnen zu verholzen; der Inhalt dieser Zellen gibt starke Gerbstoffreaction. Das parenchymatische Rindengewebe am Gipfel des Sprosses hat massigere Dimensionen angenommen und ist durch ausgedehnte Bildung von Intercellularräumen wesentlich gelockert worden; es entsteht so die oben erwähnte Wucherung zum Schutze der Knospen des Gipfel- systems. Zahlreiche Schleimzellen mit Inhalt finden sich in dieser Bildung, wie auch im unteren Verlauf der Rinde. Stärkegehalt: unverändert. Die Gerbstoffschläuche sind vollkommen leer; iman- grenzenden Gewebe war während ihrer Entleerung keine Spur von Gerbstoff nachweisbar. 1. Juni. Zeitintervall: 9 Tage. Sowohl die äussere Form, wie die innere Ausbildung der Vege- tationspunkte zeigt keine nennenswerthen Veränderungen. Die Ver- holzung der Wandungen der sklerotischen Zellen im Marke der Axe hat zugenommen. Ebenso die Längsstreckung der übrigen Markzellen, während die Ausdehnung des Markkörpers in die Dieke inzwischen nur eine unbedeutende gewesen ist. Es bilden sich immer mehr Laubblattanlagen zu Schuppenblättern um, während die früheren Schuppen sich zu bräunen beginnen. Die Gewebewucherung am Sprossende nimmt an Ausdehnung zu. Stärkegehalt: unverändert. 17. Juni. Zeitintervall: 16 Tage. Wie die Organe im Ganzen an Massigkeit zunehmen, so auch die Kegel der einzelnen Knospen. Besonders ist der Terminalkegel erheblich breiter geworden und zugleich zeigt die Vegetationskuppe eine Hachere Wölbung, als in den zuletzt besprochenen Entwickelungs- phasen. Wie bekannt, steht die Form der Vegetationskuppe in Zu- sammenhang mit dem Grade der Intensität des Längenwachsthums.') 1) Müller, N. J. C.,, Handbuch der Botanik II, p. 364. 138 So sagt Strasburger,') dass die sich je nach der Lebhaftigkeit des Wachsthums ändernde Form der Vegetationskegel eine den Abietineen gemeinsame Erscheinung sei. Natürlich sind diejenigen Formverschiedenheiten, welche die Kegel der Knospen verschiedener Sprossarten bei Abies schon während der Winterruhe zeigen, auf andere Ursachen zurückzuführen. Ich werde darauf später noch zu sprechen kommen. In den Kegeln der künftigen Quirlknospen zeigt die Markanlage schon deutliches Vorherrschen von Grundgewebe, während im Kegel der Endknospe das embryonale Element die Hauptmasse des Markes ausmacht. Das vorliegende Entwickelungsstadium des Kegels ist besonders geeignet, um die Entstehungsweise der Gefässbündel zu beobachten. Uebereinstimmend mit L. Koch?) fand ich, dass die Gefässbündel, unabhängig vom Mark des Kegels, aus dem typisch-embryonalen Gewebe der Kuppe ihren Ursprung nehmen, Die Ansicht Han- stein’s, wonach das Gefässbündel aus dem Plerom entsteht, ist demnach hier ungültig und bereits von Koch zurückgewiesen worden. Bei anderen Gymnospermen fand Koch ebenfalls die gleiche Ent- stehungsweise aus der embryonalen ]lüllschicht des Vegetationspunktes, dem Hanstein’schen Periblem. Es zeigt sich die erste Differenzirung der Procambialstränge in Gestalt von 4—5 Längsreihen eng aneinander schliessender, sowohl längs wie quer genau parallel gelagerter länglicher Zellen, deren ebenfalls längliche Kerne auch mehr oder weniger parallel angeordnet liegen. Die Färbung mittels Hämatoxylin oder Safranin lässt die ersten Anlagen der Procambialstränge leicht erkennen. In den Bündeln der Axe sind jetzt auch behöft-getüpfelte Tracheiden gebildet; die Markzellen haben sich erheblich in die Länge gestreckt (Fig. 7). Stärke-Gehalt: unverändert. 10. Juli. Zeitintervall: 23 Tage. Während gegen Mitte Juni die Anlagen der Knospen des termi- nalen Systems bei äusserer Betrachtung noch als eine gemeinsame, den Spross beschliessende knopfartige Anschwellung erschienen, aus welcher die einzelnen Glieder nur als kurze gedrungene Höcker über 1) Die Coniferen u. Gnetaceen p. 32 f. 2) p. 608. 139 die Rindenwucherung hervorragten, hat sich inzwischen das System soweit individualisirt, dass die Endknospe und der sie umgebende Scheinquirl der Seitenknospen jetzt scharf lhervortreten. Dagegen lassen sich seit dem Termin der letzten Untersuchung im inneren Bau nicht so auffällige Veränderungen wahrnehmen. Allerdings ist die Vegetationskuppe durch fortgesetzte Quertheilungen im Mark des Kegels bedeutend hinausgeschoben und die Form des Axenendes eine schlankere geworden. Demgemäss gewährt auch der Längsschnitt jetzt ein gänzlich verändertes Bild. Die Markzellen der Axe haben ihre Wandungen verdickt und vielfach Tüpfel gebildet; im oberen Theile des Markes sind weite luftführende Intercellularräume entstanden, deren Vorhandensein für diese Zone des Markeylinders charakteristisch ist. Die Bildung der Schuppenblätter scheint beendigt. Dagegen be- ginnt an der Basis der jetzt wieder steiler gewölbten Kuppe die Bildung der Laubblattanlagen für die Winterknospe. Die Vegetationskegel der Quirlknospen zeigen die früher erwähn- ten Eigenthümlichkeiten in Form und Bau: schlankere Gestalt und Vorherrschen von Grundgewebe im Mark. In den Gefässbündeln der Axe beginnen die Wandungen ver- schiedener Elemente zu verholzen. Stärkegehalt: unverändert. 27. Juli. Zeitintervall: 17 Tage. Die Kegel beider Kuospenformen sind in die Länge und Dicke gewachsen; die Anlage der Laubblätter nimmt in akropetaler Folge zu, wodurch das Bild sich dem des winterlichen Ruhezustandes nähert. Im Mark des Kegels geben die Zellen beider Gewebearten ihre bis dahin tafelförmige Gestalt in der Richtung von oben nach unten allmählich auf und nehmen eine mehr rundliche Form an, während in der basalen Zone die Zellen noch tafelförmig gestreckt bleiben und nur ihre Ecken abgerundet haben. Die Vertheilung von Grundgewebe und embryonalen Elementen im Mark des Terminalkegels entspricht jetzt den bei Besprechung der Ruheperiode geschilderten Verhältnissen, Der Stärkegehalt vertheilt sich folgendermaassen : das typisch- enıbryonale Gewebe der Vegetationskuppe und der soeben gebildeten Blattanlagen ist, wie immer, stärkefrei. Im Mark des Kegels, und zwar in den embryonalen Zellen, finden sich kleine Körner in un- 140 erheblicher Menge, vermuthlich autochthone Stärke, welche von dem in denselben Zellen enthaltenen Chlorophyll gebildet worden ist. Dann folgt eine fast stärkefreie Zone, dieselbe, welche oben wegen der tafelförmig-gestreckten Form ihrer Zellen hervorgehoben wurde. Im Marke des Sprosses hat der Stärkegehalt oben abgenommen ; gleichmässig reich an Stärke ist das parenchymatische Rindengewebe geblieben. 1. September. Zeitintervall: 5 Wochen. Dieselbe Gewebezone, welche sich Ende Juli durch die tafelförmig- gestreckte Form ihrer Zellen und die Abwesenheit von Stärke ge- kennzeichnet hatte, ist inzwischen zur Knospenscheide geworden: ober- halb derselben der Vegetationskegel mit seinen Blattanlagen, unterhalb, sich scharf abhebend, das Mark des Sprosses. So erscheint die Knospe jetzt als ein vom Stamm getrenntes, gewissermaassen für sich abge- schlossenes Glied, welches den Keim zur nächstjährigen Axe in sich birgt. Vorderhand ist die Vegetationskuppe noch mit der Herstellung neuer Blattanlagen beschäftigt; die Zahl der vom Medianschnitt durch- schnittenen schon gebildeten Blätter schwankt bei der Endknospe zwischen 6 und 8. (In der Winterruhe 10—12). Länge des Kegels: 1,47 mm; Breite an der Basis: 1,78 mm (1,938:2,06 mm in der Winterruhe). Bei den Quiriknospen ist die Ausbildung des Vegetations- kegels weiter vorgeschritten: Die Zahl der vom medianen Längsschnitt getroffenen DBlattanlagen beträgt: 9—13 (gegen 15—22, durch- schnittlich 18, in der Winterruhe), der Kegel besitzt eine Länge von 2,17 mm und eine Breite von 1,5 mm (2,85:1,54 mm in der Winterruhe). Aus diesen Werthen geht hervor, dass die Endknospe bis zum Beginn ihrer Ruheperiode noch eine nicht unwesentliche Zunahme an Länge und Dicke zu erfahren hat, während der Kegel der Quirl- knospen schon seine definitive Breite erreicht, aber noch in die Länge wachsen muss; ausserdem hat er die Anlage der noch fehlenden Blätter zu bewerkstelligen. Die Differenzirung der Procambialstränge aus der peripheren Hüllschicht schreitet mit der Längsstreckung des Kegels und der Anlage der Blätter nach der Spitze hin fort. Ausser- halb der Procambialstränge sind im peripheren Gewebe diejenigen weitlumigen derbwandigen Zellen sichtbar, welche später zu Gerb- stoffschläuchen werden. 141 Stärke: Im Mark des Kegels, vornehmlich in den embryonalen Zellen, ist eine Zunahme an kleinen Körnern unverkennbar; ebenso zeigen sich jetzt in der peripherischen Rindenschicht, mit Ausnahme der oberen Partieen, und in den unteren Blattanlagen vereinzelte Körner, Daraus erhellt, dass die genannten Gewebepartieen aus dem „typisch-embryonalen* in ein weiteres Stadium übergegangen sind, welches dem der embryonalen Markzellen gleich sein dürfte. Im „typisch-embryonalen“ Gewebe konnte niemals Stärke beobachtet werden. 5. Oktober. Zeitintervall: 5 Wochen. Die Bildung von Blättern am Kegel der Endknospe scheint auch jetzt noch nicht beendigt zu sein, soweit sich in vielen Fällen aus der Form der Kuppe, im Uebrigen aus der Zahl der auf dem medianen Längsschnitt sichtbaren Blattanlagen, welche 10 niemals übersteigt, ersehen lässt. Länge und Breite des Kegels nähern sich den zur Zeit der Winterperiode gefundenen Werthen; die Länge beträgt 1,78 mm, die Breite 1,98 mm. Es ist also die Endknospe hinsichtlich ihrer inneren Ausbildung immer noch ein wenig im Rückstande geblieben. Dagegen haben die Quirlknospen, mit vereinzelten Ausnahmen, den Cyklus ihres Entwickelungsganges vollendet. Nur die jugendlichen Blattanlagen selbst haben ihre „Winterform“ noch nicht ganz erreicht, sondern sind noch in Streckung begriffen. Stärkegehalt: unverändert. 29. November: Die Untersuchungsresultate stimmen in allen Punkten mit denen vom Januar überein. Der Stärkegehalt ist zwar inzwischen ein erheblich geringerer geworden, doch findet sich im Plerom mehr Stärke als im Januar; aus der peripheren Rindenschicht und den Blattanlagen ist die Stärke gänzlich geschwunden. Ehe ich die Resultate der im Vorhergehenden gegebenen Unter- suchungsprotokolle zusammenfasse, seien noch die Vegetationskegel anderer als die bisher untersuchten Spross- und Knospenformen der Weisstanne einer Betrachtung unterzogen. Auch wird das Alter der 142 Mutterpflanzen und die Stellung des Sprosses, resp. der Knospe am Baume, besonders berücksichtigt werden müssen, da sich die oben geschilderten Verhältnisse auf eine ganz bestimmte Altersstufe be- zogen. Die Kegel normaler Langtriebknospen von Sprossen verschiedener Ordnung verhalten sich bezüglich ihrer Form ähnlich oder gleich dem Kegeln der Quirlknospen des Hauptsystems. Sie stellen steile und schlanke Kegel dar, deren Massigkeit je nach dem Alter des Baumes und der Ausbildung und Sprossfolge des Sprosses wechselt, dem die betreffende Knospe ihren Ursprung verdankt. Ebenso verhält es sich mit der Zahl der .Nadeln. Der Kegel der Endknospe eines Systems zeichnet sich gewöhn- lich durch grössere Ausdehnung in Länge und Breite vor den Kegeln des — meist zweigliedrigen — Quirls von Seitenknospen aus. Wie die äussere Form, so stimmt auch die innere Ausbildung der Kegel mit der der Quirlknospen des Ilauptsprosssystems überein, Je breiter der Markeylinder angelegt ist, desto zahlreicher sind in ihm die embryonalen Zellen vertreten; in dem Markgewebe schlanker Kegel von Knospen schr schmächtiger Axen wird das embryonale Element auf ein Minimum redueirt: eine einzige Zellreihe, aus 5—6 Zellen bestehend, durchzieht dann das Grundgewebe in longitudinaler Richtung, oder es liegen wenige embryonale Zellen, je zwei bis drei bei einander, im Grundgewebe zerstreut. Stärke und Gerbstoffe vertheilen sich, wie oben bei Be- sprechung des Ilauptknospensystems erörtert worden ist. Auch die verschiedenen Entwickelungsphasen, welche die Knospen und Kegel während der Vegetationsperiode durchzumachen haben, bieten keine bemerkenswerthen Abweichungen von den bei der Unter- suchung des IHauptknospensystems gefundenen Verhältnissen dar. An dem von alten Bäumen entnommenen Wintermaterial liessen sich hinsichtlich der Ausbildung der Knospen und Vegetations- kegel ins Auge fallende Unterschiede konstatiren, je nachdem das Material der unteren Sprossregion oder dem Gipfel des Baumes ent- stammte. In der unteren oder untersten Region alter Bäume, welche häufig dem direeten Sonnenlicht nur spärlich ausgesetzt ist, sind Sprosse so- wohl wie Nadeln schmächtig entwickelt und die Verzweigung hat an Regelmässigkeit bedeutend eingebüsst. Zahlreich sind die aus Kurz- 143 triebknospen hervorgegängenen dünnen Zweige, die an ihrer Spitze nur einen oder zwei ebenfalls schmächtige Knospen tragen. Die Untersuchung der Vegetationskegel soleher Knospen während der Ruhezeit ergab, dass die Blattanlagen durchweg zwar schmäler, dafür aber erheblich länger ausgebildet waren, als bei normal angelegten und bezüglich der Besonnung günstiger gestellten Langtriebknospen jüngerer Bäume. Der Scheitel der Vegetationskuppe wurde von den obersten Blattanlagen bedeutend überragt. Im schmalen Pleromeylinder tritt embryonales Gewebe gänzlich zurück. Wesentlich anders liegen die Verhältnisse bei solchen Knospen, welche dem Gipfel alter, am selben Termin (19. Nov.) gefällter Bäume entnommen waren. Wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, nehmen die Seiten- axen hier statt der annähernd horizontalen Wachsthumsriehtung, welche im Uebrigen für sie charakteristisch ist, eine mehr aufgerichtete Stellung an. Die kurzen, aber kräftigen Axen sind dicht mit Nadeln besetzt, welche ebenfalls kürzere und gedrungenere Gestalt besitzen, als die Blätter tiefer inserirter Sprosse und jüngerer Individuen. Am Spross- scheitel finden sich neben der Endknospe zwei kräftig entwickelte Seitenknospen. Während die Kegel der letzteren keine Besonderheiten in ihrer Gestaltung aufweisen, ist der Kegel der Sprossendknospe massiger angelegt und kürzer geformt, als es sonst bei Langtrieb- knospen der Fall ist. Im Plerom kommt das embryonale Element mehr zur Geltung und die breite, flach gewölbte Kuppe erinnert an die bei der Stammendknospe jüngerer Bäume gemachten Beobachtungen. Die verhältnissmässig zahlreichen Blattanlagen sind vollständig normal entwickelt und die oberst inserirten von ihnen ragen gar nicht oder nur wenig über den Scheitel der Kuppe hinaus. Viel auffälliger als an den soeben behandelten Objekten tritt aber die Abhängigkeit der Form des Vegetationskegels von der Wachsthumsrichtung der Mutteraxe bei der End- knospe solcher Seitensprosse zu Tage, welche sich aufgerichtet haben um den Hauptspross zu ersetzen. Ehe ich jedoch auf die Beschreibung der an den Vegetationskegeln solcher Knospen auftretenden Eigen- thümlichkeiten eingehe, sei hier eine beiläufige Bemerkung eingeschaltet. Sachs!) bespricht die oben angedeutete Correlation zwischen dem Gipfeltrieb und den Seitensprossen, wie sie sich bei der Roth- tanne zeigt, und fährt dann fort: „Viel weniger plastisch ist in 1) Vorlesungen, Il, Auflage, p. 510. 144° dieser Beziehung die Rdeltanne (Abies peetinata) und wohl auch manche der nächstverwandten Arten. Ich habe an jungen Bäumen dieser Species vielfach den Gipfelspross entfernt, aber nur selten erhob sich nach zwei bis drei Jahren einer der obersten Seitensprosse, um sich zu einem neuen Gipfel auszubilden. Der gewöhnliche Fall ist bei der Edeltanne der, dass dicht unter der Stelle, wo man den Gipfel- spross abgeschnitten hat, oder auch aus der Oberseite auf der Basis der nächsten Seitensprosse kleine, vorher unbemerkte, schlafende Augen auszutreiben beginnen, zuweilen erst ein bis zwei Jahre nach der Entgipfelung, von denen dann gewöhnlich eins stärker, als die anderen wächst und sich endlich nach Jahren zu einem neuen radiär gebauten Tannengipfel umgestaltet,® Mit den von Sachs gemachten Beobachtungen stimmen die meinigen nicht überein. Bei nicht wenigen der von mir im Winter 1890/91 des Gipfelknospensystems beraubten 11, —2 m hohen Weiss- tannen konnte ich bereits nach Jahresfrist feststellen, dass einer oder mehrere der zu oberst imserirten Langtriebe erster Ordnung sich emporzurichten begonnen hatte, um den Hauptspross zu ersetzen. War die eingeschlagene Richtung auch noch nicht diejenige der ent- fernten Mutteraxe, so konnte man doch die Neigung zum Aufrichten in solehen Fällen jedenfalls erkennen. Ein zahlreiches Austreiben von schlafenden Augen oder Kurztriebknospen, wie ich es übrigens an der Rothtanne nach erfolgter Entgipfelung öfters beobachtet habe, fand dagegen bis jetzt, also nach zwei Vegetationsperioden, nur selten statt, wenngleich — wie unten gezeigt werden soll — sich an den in der vorhergehenden wie der folgenden Verjüngungsperiode am Hauptspross gebildeten Kurztriebknospen äusserliche und innerliche Veränderungen geltend machten, welche erkennen liessen, dass die Kurztriebknospen bereit sind, in Action zu treten, wenn es im Interesse des Ganzen nothwendig werden sollte. Thatsächlich findet ihre Betheiligung an der Compensation des Sprossverlustes in der von Sachs beschriebenen Weise aber nur dann statt, wenn aus Gründen, die sich der Unter- suchung entziehen, kein Langtrieb erster Ordnung sich aufzurichten beginnt. Von dem am Scheitel eines aufgerichteten Seitensprosses nach dem Äufrichten gebildeten Knospensystem war natürlich nur die Untersuchung der Endknospen für unsere Beobachtungen von Interesse. Ich untersuchte die Vegetationskegel von zehn solcher Knospen, welche am 7. October geschnitten waren. Zwei davon zeigten in ihrer Form gewissermaassen einen Uebergang zwischen den Typen der Kegel von Seitenknospen und Stammendknospe, wie dieselben oben 145 eingehend erläutert worden sind; die übrigen acht entsprachen in Form und Bau vollständig dem Typus terminaler Kegel — mit Ausnahme ihrer Vegetationskuppe, in deren eigenartiger pyramidaler Form sich das Streben in die Höhe deutlich auszudrücken schien (Fig. 5). Der- artig steil zugespitzte Kuppen, wie sie sieben der geschnittenen Objekte übereinstimmend aufwiesen, habe ich zu keiner Zeit — auch nicht während des Stadiums der intensivsten Längsstreckung — an anderen Vegetationskegeln beobachten können. In mancher Beziehung interessante Ergebnisse lieferte auch die Untersuchung der Knospen des Gipfelsystems einer ca. 35 jährigen Weisstanne, welche Ende März dieses Jahres gefällt worden war. Der auffallend schön gewachsene Stamm zeichnete sich durch besondere Regelmässigkeit in der Verzweigung und Sprossbildung aus. Die Endknospe des Stammes war vor Beginn der letzten Vegetationsperiode abgestorben und zwei der im vorigen Jahre aus den zugehörigen Quirlknospen gebildeten vier Seitensprosse erster Ordnung hatten sich kerzengrade aufgerichtet, während die beiden anderen normal, d. h. in beinahe horizontaler Richtung ausgewachsen waren. Die Vegetationskegel der Endknospen der aufgerichteten Sprosse zeigten in jeder Beziehung den Typus terminaler Hauptsprosskegel, waren jedoch verschieden gross; der eine, dessen Mutteraxe vermuth- lich bestimmt war, später als Fortsetzung der Hauptaxe zu fungiren, war 2,92 mm lang und 3,23 mm breit, also bedeutend grösser, als sämmt- liche von mir untersuchte Kegel jüngerer Bäume, der andere war nur 2 mm lang und ungefähr ebenso breit. Die Endknospen der beiden anderen Seitensprosse erster Ordnung besassen bedeutend schlankere Vegetationskegel von 3,7 mm Länge und 2,5 resp. 2,4mm Breite, also dem Seitenknospentypus genau entsprechend und fast gleich gross. Ebenso differirten die Kegel aus den Sprossendknospen der sechs Seitentriebe zweiter Ordnung desselben Gipfels untereinander nur unbedeutend in ihrer Grösse; sie waren durchschnittlich 3,5 mm lang, aber nur 1,9mm breit, also wiederum erheblich schmäler, als die Kegel der entsprechenden Knospen erster Ordnung. Demgemäss nimmt auch der Gehalt des Markeylinders an embryonalen Zellen ab; obenan stehen die Kegel der aufgerichteten Sprosse, dessen Markkörper zum weitaus grössten Theile aus embryonalem Gewebe besteht, das von einzellbreiten Reihen von Grundgewebe — hier ist letztere Bezeichnung .kaum zutreffend — in longitudinaler Richtung durchsetzt ist. Ebenso verschieden wie die Langtriebknospen an den aufrechten und den horizontal wachsenden dieses Systems, waren auch die Flora 1893, j 10 146 Kurztriebknospen ausgebildet. Die an den aufgerichteten Sprossen vorhandenen Kurztriebknospen (Brachyblasten) zeichneten sich schon äusserlich dadurch aus, dass sie an ihrer Basis von einem Kranz von 4—10 kleinen, gelbgrünen, verkümmerten Nadeln umgeben waren. Es ist dies übrigens in der Gipfelregion der Hauptaxe kräftig ge- wachsener und günstig stehender Stämme eine häufige Erscheinung, welche an der Endknospe des Hauptstammes sogar regelmässig auf- tritt; bei Kurztriebknospen findet sich der Nadelkranz namentlich dort, wo die ersteren der Mehrzahl nach massig und stark angelegt sind. An kleineren, 8—12 jährigen Pflanzen wird der Nadelkranz mitunter gebildet, wenn die Stammendknospe zerstört ist und die Kurztrieb- knospen eventuel später zum Austreiben gezwungen sind. Von achtzehn untersuchten Brachyblasten der beiden aufgerichteten Axen des in Frage stehenden Systems enthielten nur zwei völlig un- entwickelte Kegel mit wenigen oder keinen Blattanlagen, die übrigen sechszehn Kegel waren in jeder Beziehung nach dem Langtriebtypus ausgebildet und zeigten deutliche Streckungserscheinungen. Dagegen boten die an den horizontal wachsenden Seitensprossen vorhandenen Kurztriebknospen hinsichtlich ihrer Vegetationspunkte zum grössten Theile das Bild desjenigen Entwiekelungsstadiums dar, welches die Untersuchung von Kurztriebanlagen gegen Mitte Juni vorigen Jahres geliefert hatte. Weder Blattanlagen noch Knospenscheide sind ge- bildet worden und das Mark der Vegetationskuppe — von „Kegel“ in dem bisher gebrauchten Sinne kann man nicht reden — geht direct in das des kurzen Triebes über. Wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, wächst unter normalen Verhältnissen nur ein Theil der in einem Jahre angelegten Kurztriebknospen in der nächsten Vegetationsperiode zu Trieben aus, die übrigen werden später vom Rindengewebe der Mutteraxe über- wuchert und gehen in den Ruhezustand über. Keineswegs erfolgt aber die Ausbildung der Kurztriebe regellos, sondern stets in be- stimmten Abständen und die Längen der einzelnen Kurztriebe eines und desselben Sprosssystems oder besser innerhalb einer jährlichen Zuwachszone nehmen in der oben geschilderten, für Abies charakteri- stischen Weise von oben nach unten ab. Bereits im Juli lässt sich aus der Gestaltung der in der laufenden Vegetationsperiode an einer Axe gebildeten Kurztriebanlagen ersehen, welche von ihnen sich zum Austreiben im nächsten Frühjahr vor-., bereiten und welche sich vorläufig nicht weiter entwickeln, sondern zu Ruheknospen werden (Fig. 4). 147 Die Untersuchung im Herbst lehrt, dass die zum Austreiben be- stimmten Kurztriebknospen Vegetationskegel bergen, welche sich in keiner Weise vom Langtriebtypus unterscheiden; natürlich ist die Zahl der vom medianen Längsschnitt getroffenen Nadeln verhältnissmässig geringer, als am Kegel der Langtriebknospen und wechselt ebenso, wie Länge und Breite des Kegels mit der Stärke und Stellung: der Mutteraxe und der von der letzteren hervorgebrachten normalen Lang- . triebe. Denn die Ausdehnung des sich aus der Kurztriebkniospe ent- wickelnden Sprosses steht in ganz bestimmter Beziehung zur Aus- dehung der aus derselben Mutteraxe entspringenden Langtriebe. Unter normalen Standorts- und Besonnungsverhältnissen schwankt die Zahl der austreibenden Kurztriebe und die Abstufung in der Längenausdehnung der letzteren an einem und demselben Sprosssystem bei verschiedenen Individuen nur innerhalb enger Grenzen; stark be- schattete Exemplare, welche sich überhaupt unvollkommener entwickeln, zeigen weniger ausgetriebene Brachyblasten — vornehmlich in der Gipfelregion der Hauptaxe — als der Sonne exponirte Stämme. Mit der von Areschoug!) geäusserten Ansicht, dass die Kurz- triebe als verkümmerte Langtriebe aufzufassen seien, welche in- folge geringeren Vorhandenseins von Nahrung nicht gleiche Grösse mit der letzteren erreichen könnten, vermag ich mich nicht zu be- freunden, sondern möchte mich, wenigstens, was die Anwendung dieses Satzes auf Abies anbetrifft, eher dagegen erklären. Vielleicht gibt die Stärkevertheilung resp. das Vorhandensein von Stärke zu Beginn der Streckungsperiode für die Beurtheilung dieser Frage einen An- haltspunkt. So führte z. B. in dem oben vielfach besprochenen Gipfel eines 85 jährigen Baumes das Mark des kurzen Triebstückes, welches vom Gefässbündeleylinder der Mutteraxe bis zur Basis des Vegetations- kegels der vorjährigen Kurztriebknospe reicht, bei den zum Austreiben gerüsteten Brachyblasten gegen Ende März sehr wenig Stärke, bei den im Ruhezustand bleibenden war es dicht mit Stärke angefüllt; auch in dem die Knospenbasis rings umgebenden Rindengewebe zeigte sich hier mehr Stärke als bei ersterem. Es war also Nahrung vor- handen, aber nicht verwerthet worden.?) Natürlich kommt der nach der 1) Beiträge zur Biologie der Holzgewächse, Lund 1877. 2) Meine Annahme, dass die Wachsthumshemmungen der Kurztriebanlagen und die schwächere Ausbildung der Kurztriebe nicht auf Nahrungsmangel zurück- - zuführen sei, finde ich in einer Bemerkung A. Fischer’s (Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse p. 105) bestätigt, worin dieser Autor übereinstimmend mit R. 10* 148 Entfernung irgend eines Triebes resp. einer Knospe im Herbst oder Winter bei Beginn der Reservestoffwanderung im Frühjahr entstehende Ueberschuss an Baumaterial den übrigen in derselben Region befind- lichen Trieben und Knospen zu Gute und befähigt die zur Ergänzung des Verlustes in Action tretenden Organe niederer Ordnung sich kräftiger zu entwickeln, als es unter normalen Bedingungen möglich gewesen wäre. Aus diesem Ueberschuss liesse sich vielleicht der Stärkereichthum in den nicht austreibenden Kurztrieben erklären, wo- bei aber nicht vergessen werden darf, dass die hervorragend kräftige Ausbildung der beiden aufgerichteten Seitenaxen bereits auf Kosten der für die Entwickelung der zerstörten Stammendknospe bestimmten Baustoffquantität vor sich gegangen ist. Dieses beiläufig. Im Uebrigen glaube ich annehmen zu dürfen, dass sich die Kurz- triebe nicht in der geschilderten Weise, d. h. in beschränkter Zahl und verhältnissmässig schwächlicher Ausdehnung entwickeln würden, wenn nicht dieser Modus für eine gedeihliche Existenz des Individu- ums vollkommen ausreichte; denn der Gesammthabitus einer Pflanze ist doch nur der Ausdruck der für die betreffende Art zweckmässig- sten Anpassung an die gegebenen Existenzbedingungen. Die im Ruhestadium befindlichen Brachyblasten repräsentiren jedenfalls ein Reservematerial zur Regeneration von Sprossen und assimilatorischer Fläche, dessen Bedeutung für den Baum nicht zu unterschätzen ist. Die „schlafenden Augen“ als solche sind von mir nicht untersucht worden, wohl aber die erstjährigen kurzen Triebe, welche gebildet werden, wenn die Knospen über die Oberfläche zumal älterer Sprossaxen getreten sind. Beim Austreiben der schlafenden Augen scheint das Längenwachsthum zunächst an der Peripherie des Stammes zur Bildung einer regulären Knospe mit Schuppenblättern sistirt zu werden. Es fand sich nämlich meist an dieser Stelle eine Knospen- scheide vor, welche, wie früher gezeigt wurde, jeweils die Grenze eines Jahrestriebes im Markkörper bezeichnet. In der nächsten Vegetations- periode entwickelt sich die neue Knospe vielfach nur zu einem Triebe von !/a—1lcm Länge, um dann erst im darauf folgenden Jahre einen _ grösseren, sich weiter verzweigenden Spross zu erzeugen. Die Vege- tationskegel bieten nichts bemerkenswerthes. Hartig die Ansicht ausspricht, „dass nur ein verhältnissmässig kleiner Theil der im Baum aufgespeicherten Reservestoffe im Frühjahr wieder verbraucht wird; dass aber die Hauptmasse derselben jahrelang liegen bleibt, um nur in Zeiten der Noth verwendet zu werden.“ 149 Adventivbildungen lassen sich äusserlich oft nicht von der- artig austreibenden Ruheknospen unterscheiden. Ihre anatomische Untersuchung zeigt jedoch am tieferen Verlauf der Triebe in der Rinde der Mutteraxe häufig Anfänge von Maserknollenbildung, welche bei jenen nicht wahrgenommen wurden. Hie und da ragen aus der Rinde älterer Stämme zwei spitzwinklig stehende, mit einander verbundene kleine Knospen hervor, welche meistens Adventivbildungen darstellen. Nachdem bisher nur die Verhältnisse der Vegetationskegel er- wachsener Weisstannen zur Besprechung gelangt sind, erübrigt es noch, einen Blick auf den Knospeninhalt jugendlicher Pflänzchen unserer Species zu werfen. Diesjährige Keimpflanzen vom 16. Juni. Von einer eigentlichen Knospe kann zu dieser Zeit kaum die Rede sein. Die Cotyledonen stecken mit den Spitzen noch im Endosperm des Samens und tragen die Samenschale mit sich. Inmitten der Anlage zum ersten Blattwirtel liegt der Vegetationskegel, dessen Kuppe stark gewölbt ist und über dem sich bereits die künftigen Knospenschuppen zusammenschliessen. Die Anlagen der ersten seit- lichen Aussprossungen lassen sich als unbedeutende Protuberanzen an der Basis der Kuppe erkennen. Das Grundgewebe des Markes ist in Gestalt von 2—4 (meisens 3) Längsreihen verhältnissmässig derbwandiger, rundlicher oder ovaler Zellen angelegt, welche sich scharf von dem sie umgebenden typisch- embryonalen Gewebe abheben. Nach unten zu schliesst sich fast unvermittelt das aus langgestreckten zartwandigen Zellen bestehende Mark des 3—4cm langen Sprosses an. Die Ausbildung der Gefässbündel im jugendlichen Keimspross ist so weit vorgeschritten, dass sich bereits Spiralgefässe deutlich erkennen lassen. . Der Embryo bildet im ersten Jahre in der Regel nur eine Knospe, welche umgeben wird von einem 'Wirtel von 4—6 (meist 5) wenig entwickelter Nadeln, welche Goebel?) an vielen anderen Pflanzen beobachtet und „Primärblätter* genannt hat. Diese Primärblätter sind bei weitem kleiner, als die im zweiten Jahre hervorgebrachten normalen Nadeln und meist heller gefärbt, als die letzteren. Hie und da fehlen sic ganz oder, was noch seltener, sie sind nur zu 1 oder 2 ausgebildet. 1) Vergleichende Entwickelungsgeschichte p. 260 ff. 150 Einjährige Pflanzen vom 27. Februar 1892. Es ist ohne Ausnahme nur eine Knospe gebildet, welche einen schlanken Kegel mit steil gewölbter Kuppe birgt. Hier wie überhaupt bei jugendlichen Tannenpflänzchen im Alter bis zu drei Jahren findet sich die Erscheinung, dass sich das Mark des Kegels, das „Plerom*, scharf gegen das embryonale Gewebe der Kuppe abhebt; es hat das seinen Grund in der homogenen Beschaffenheit des Markeylinders, welcher in den meisten Fällen keine embryonalen Elemente enthält, sondern ausschliesslich aus Gründgewebe besteht, dessen verhältniss- mässig dickwandige und weitlumige Zellen auf den ersten Blick von dem angrenzenden embryonalen Gewebe unterscheidbar sind. Ferner besitzen die Winterknospen der jungen Pflänzchen verhält- nissmässig viel längere Blattanlagen, als diejenigen erwachsener Individuen. Im ersten Jahre zeigt der Medianschnitt der Winterknospe meist beiderseitig 3—4 Blätter, deren Streekung am 27. Februar 1892 bei einigen Exemplaren bereits begonnen hatte. Im Mark des Sprosses finden sich kleine, wenigzellige Gruppen sklerotischer Elemente. Am 23. März 1892 ist die Streckung der Blätter bedeutend fortgeschritten und auch der Kegel hat an Länge zugenommen; einige Knospen zeigen. bereits Neigung zum Aufbrechen. Es sei beiläufig bemerkt, dass in den Tannenwäldern der Um- gegend Freiburgs während des Jahres 1890 fast gar kein junger Nach- wuchs stattfand, während das vorhergehende, wie das folgende Jahr der Befruchtung unserer Weisstannen besonders günstig waren. Zweijährige Pflanzen vom 27. Februar 1891. Eine bis zwei Knospen gebildet, im letzteren Falle öfters die eine davon verkrüppelt. Sind beide wohl entwickelt, so wird jeweils die Endknospe von der Seitenknospe an Länge des Vegetationskegels und an Zahl und Ausbildung der Nadeln übertroffen. Zahl der von dem Medianschnitt getroffenen Blattanlagen: 4, bei Seitenknospen häufig: 6—7. Es macht sich hier schon die Bestimmung der Seitenknospen, Laubzweige zu bilden, bemerkbar. Kegel und Blätter haben sich zur Zeit schon zu strecken begonnen. Am 24. März 1891 machte sich bei einigen Knospen zwei- jähriger Pflanzen dieselbe Neigung zum Aufbrechen bemerkbar, wie es genau ein Jahr später in gleicher Weise an einjährigen Pflanzen der Fall war. Die Kegel solcher Knospen zeigten eine so weit vorge- schrittene Eutwickelungsstufe, wie sie an Knospen erwachsener Stämme erst gegen Mitte April wahrgenommen werden konnte. Reichlich fand sich Stärke vor, namentlich im Mark des Kegels, 151 ferner in den Blattanlagen, über die ganze Spreite vertheilt, in Mark und ‚Rinde des Sprosses. Am 14. April liess sich gar kein oder nur ein minimaler Fort- schritt in der Streckung beoachten. Stärkegehalt wie am 24. März. Die Kegel von Winterknospen dreijähriger Pflanzen zeigten, an denselben Daten geschnitten, keinerlei Unterschiede gegenüber den zweijährigen. —- Drei bis vier Jahre später, also bei 6— Tjährigen Individuen, finden sich in der Stammendknospe bereits der breite, ge- drungene Vegetationskegel, in den Seitenknospen normale Langtrieb- kegel vor, wie sie in Form und Bau zu Anfang dieser Besprechungen beschrieben worden sind. Das Auftreten und Verhalten der Stärke im Sprossgipfel der Weisstanne. Hinsichtlich der Stärkevertheilung in den einzelnen Gewebe- complexen des Vegetationskegels von Abies sei zunächst hervorge- hoben, dass gewisse Gewebe zu jeder Zeit des Jahres ausnahmslos stärkefrei sind. Niemals findet sich Stärke, weder autochthon entstandene, noch transitorische im typisch-embryonalem Gewebe, in den Procambialsträngen und der Knospenscheide. Aus „typisch-embryonalem“ Gewebe (im Sinne Koch’s) besteht die Vegetationskuppe bis zur Grenze der obersten Markzellen und die jüngsten, direet an der Basis der Kuppe hervortretenden seitlichen Ausstülpungen, seien sie nun Seitenspross- oder Blattanlagen. In derartigem Gewebe findet sich, wie schon angedeutet, auch niemals Chlorophyll und der Charakter seiner Zellelemente entspricht voll- ständig der von Sachs!) gegebenen Definition des „embryonalen“ Gewebes. Nicht so diejenigen Zellen, welche ich in Ermangelung eines geeigneteren Ausdrucks als „embryonale* bezeichnet habe, da sie nicht die geringste Differenzirung zeigen, dünne Wandungen be- sitzen, reichlich Protoplasma und verhältnissmässig grosse Kerne führen; den „typisch-embryonalen* Elementen gegenüber charakterisiren sie sich durch ihren weniger eompacten Plasmakörper, ausgedehntere Vacuolenbildung und das Auftreten von Chlorophyll und Stärke. Aus solchen Elementen besteht in der Winterknospe von Abies derjenige Theil der Blattanlagen, welcher später zum Mesophyll wird, 1) Vorlesungen 1887 p. 412. 152 ferner gewisse Partieen der Rindenschicht und schliesslich die viel- genannten longitudinalen Reihen chlorophyli- und stärkeführenden, plasmareichen Gewebes im Knospenmarke. Bei der Bildung des neuen Knospensystems im Sommer kann man beobachten, wie die Zellen des typisch-embryonalen Gewebes zunächst in das embryonale Stadium übergehen, in welchem sie meist bis zum Beginn der intensiveren Streekung im künftigen Frühjahr verharren, um dann schnell in den definitiven Zustand überzugehen. Eine Ausnahme bildet das „Grundgewebe“ des Pleroms. Bei der zuerst -— schon Ende April — erfolgenden Anlage des künf- tigen Knospenmarkes geht zunächst ein Theil der typisch-embryonalen Zellen der Vegetationskuppe direct in einen, dem definitiven genäherten Zustand über, indem bei stärkerer Ausdehnung dieser Zellen gleich- zeitige Verdickung der Zellwände und Zurücktreten des Protoplasmas an die letzteren erfolgt. Die ersten Grundgewebezellen der Mark- anlage sind ohne Weiteres leicht erkennbar; will man feststellen, ob ein gewisser Zelleomplex aus dem typisch-embryonalen Stadium in das erste — embryonale — Uebergangsstadium vorgerückt ist, so lässt sich das, wenn nicht Vorhandensein oder Fehlen von Stärke oder Chlorophyll als sichere Erkennungsmittel jede weitere Reaction über- flüssig machen, mit Hülfe geeigneter Färbemittel, wie z.B. Kleinen- berg’s Hämatoxylin oder Safraninlösung, sofort nachweisen. Man erhält nämlich in beiden Gewebeformen wesentlich verschiedene Farbe- nüancen, vermuthlich durch die verschiedene Consistenz des Zellinhaltes hervorgerufen. In den typisch-embryonalen Zellen macht die Kern- masse einen grösseren Theil des letzteren aus, als in den embryonalen Zellen, deren.Plasmakörper ausserdem erheblich lockerer ist.‘ Dieses sei hier nur beiläufig erwähnt. . Bei der Besprechung der während der jährlichen Periode in den Tannenknospen vor sich gehenden Veränderungen des Stärkegehaltes muss ich auf zwei interessante Abhandlungen!) näher eingehen, auf die ich leider erst nach fast vollendeter Abfassung meiner Arbeit aufmerksam geworden bin und deren frühere Kenntniss mich jeden- falls angeregt haben würde, die Frage des Vorkommens der Stärke in bestimmten Geweben und Organen und der Stärkeumwandlungen und -Translocationen einer eingehenderen Beachtung zu würdigen, als dies bei meinen Untersuchungen der Fall gewesen ist. Immerhin will 1) Schroeder, J., Beitrag zur Kenntniss der Frühjahrsperiode des Ahorns (Acer platanoides) Pringsh. Jahrb. VII, 1869, p. 261 ff. u. Fischer, A., Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse, Pringsh. Jahrb. XXI, 1891, p. 73 ff. 153 ich nicht unterlassen, die Ergebnisse jener Arbeiten, sofern sie hier in Betracht kommen, kurz zu besprechen, um zu ersehen, wie weit die von mir bei Abies gewonnenen Resultate mit jenen übereinstimmen. Schroeder führte vergleichende analytische Bestimmungen der Zusammensetzung des Ahornsaftes während der Blutungsperiode des Ahorns aus und stellte mikrochemische Untersuchungen der Knospen von Acer platanoides während der ganzen Frühjahrsperiode an, deren erste Hälfte die Blutungsperiode des genannten Baumes bildet. Es lag Schroeder daran zu ermitteln, wie weit die Zeit des Saftsteigens für die Stoffwanderung und Knospenausbildung überhaupt von Be- deutung sei. Schroeder entnahm das Material, wenigstens für denjenigen Theil seiner Untersuchungen, welcher hier für uns von Wichtigkeit ist, einem und demselben Baume, dessen Frühjahrsperiode im Jahre 1867 vom 19. April!) (neuen Styls) bis zum 22. Juni dauerte. Als Frühjahrsperiode oder „Reservestoffperiode im engeren Sinne“ be- zeichnet Schroeder denjenigen Zeitraum, welcher beginnt mit dem Anfang des Saftsteigens und beendigt wird durch das erste Auftreten autochthoner Stärke in den Chlorophylikörpern (der Blätter), also der- jenige Abschnitt der Vegetationsperiode, während dessen der Baum nur auf Kosten von Reservestoffen lebt. Der zweite Theil der Schroeder’schen Arbeit (auf den ersten, die Analysen des Birkensaftes betreffenden, will ich hier nicht eingehen) handelt von der mikrochemischen und anatomischen Untersuchung der Knospe und der aus letzterer hervorgehenden jungen Axe. llinsicht- lich der „Stoffvertheilung der ruhenden Knospe“?) wird zunächst constatirt, dass am 16. April der direct unter der Vegetationskuppe liegende Theil des Knospenmarkes, also der eigentliche Pleromkegel, besonders reich an Chlorophyli und Stärke war, dass letztere in einer tiefer liegenden breiten Zone, dem „Markzwischenstück* spär- lich, jedoch reichlicher in der „Markkuppe* und in gewissen longitu- dinalen Zellreihen des eigentlichen Sprossmarkes auftrat. Das von Schroeder als „Markkuppe* bezeichnete Gewebestück des Mark- körpers der Ahornknospe, „dessen isodiametrische, stärker verdickte Zellen reichlich mit Stärke erfüllt sind,“ dürfte auch nach der von Schroeder auf Tafel XVIII Fig. 1 gegebenen Skizze mit der von mir bei Abies „Knospenscheide* genannten Gewebebildung identisch sein. 1) In Dorpat! 2) p. 305 #., Taf. XVII, 1. 154 Doch ist die Knospenscheide der Weisstanne zu jeder Jahreszeit völlig frei von Stärke, Oberhalb der „Markkuppe“ findet sich bei Acer eine Markzone, „aus lockerem parenchymatischem Gewebe rundlicher, isodiametrischer Zellen bestehend,“ in deren Höhe die meisten Knospenschuppen inserirt sind und welche Schroeder „Markzwischenstück“ nennt. Auch im Sprossmark von Abies liegt an der Grenze jedes Jahreszuwachses eine solche Gewebezone, auf deren Elemente die soeben angeführte anatomische‘ Charakteristik Schroeder’s wörtlich anwendbar ist; jedoch befindet sich das „Markzwischenstück* der Weisstanne nicht oberhalb, sondern stets unterhalb der Knospenscheide. Dies kommt hier aber weniger in Betracht, als vielmehr die Thatsache, dass in der „Markkuppe* der Ahornknospe Stärke auftritt, während die Knospenscheide ein für alle Male frei davon ist. Besonderen Werth lege ich nun auf Schroeder’s Beobachtung, dass das „Urparenchym“ des Vegetationspunktes (= „typisch- embryonales Gewebe“ Koch’s), „dessen Zellen nur Eiweisskörper enthalten,“ ebenso die Zellen des „Verdickungsringes“, also hier die Procambialstränge, stets frei von Stärke sind. Sieht man von dem bei Acer und Abies anatomisch verschiedenen obersten Stücke des Sprossmarkes ab, so ergibt sich vorläufig eine vollkommene Ueber- einstimmung zwischen der Stärkevertheilung im Vegetationskegel von Acer platanoides am 16. April mit der von mir bei Abies alba am 23. März beobachteten. Ebenso trifft für Abies zu, was Schroeder besonders betont,!) nämlich dass das interfasciculare Gewebe des Vegetationskegels stärke- haltig ist; „ein besonders interessanter Fall, indem hier ein directer Zusammenhang zwischen dem Stärkereservoir der Rinde und des Holzkörpers zu Stande kommt; an dieser Stelle kann ein Uebertreten der Stärkesubstanz aus der Rinde in das Mark (und umgekehrt) an- genommen werden, während später der Cambiumring, in welchem nie Stärke vorkommt, diese Verbindung für immer unterbricht.* Während des vorliegenden Entwickelungsstadiums des Vegetations- kegels von Abies kommt meiner Ansicht nach ein Uebertreten der Stärke aus der Rinde in das Mark und umgekehrt kaum in Betracht; erst später, nachdem die Knospe aufgebrochen ist und sich der Vege- tationskegel durch Streckung zur jungen Axe entwickelt hat, kann eine derartige Communication eventuell von Wichtigkeit sein. Die 1) p- 307. 155 Zufuhr transitorischer Stärke in die Knospenregion wird, wie Fischer!) festgestellt hat, durch die Gefässe und Tracheiden vermittelt; an der Basis des Vegetationskegels, an der Grenze zwischen Spross und Knospe, wo die Gefässe endigen und die Procambialstränge beginnen, ist nun die Nährstofflösung gezwungen, in andere Gewebeelemente überzutreten. Da die Knospe durch die Knospenscheide, deren peri- pherische Fortsätze den Gefässbündelring an einigen Stellen durch- setzen und dann direct in die Knospenschuppen verlaufen, gegen den Spross vollständig abgeschlossen ist, und da weder in dem Gewebe der Scheide, noch in den Procambialsträngen, jemals Stärke auftritt, vermag ich keine andere Erklärung für die Speisung des Knospen- innern mit Koblehydraten zu finden, als diejenige, dass die Nährstoff- lösung sich aus den obersten Gefässendigungen dem interfascieularen Gewebe der Knospenbasis mittheilt und aus diesem in Mark und Rindengewebe, resp. die Blattanlagen übertritt. In ähnlicher Weise mag sich später, wie auch Fischer?) vermuthet, die Ueberführung der Glycose aus den vorjährigen Spross in die junge Axe zu gestalten, ehe die in derselben gebildeten Gefässe die Leitung des Nährstoff- stromes übernehmen.°) Am 16. Mai, am Ende der Blutungsperiode, untersuchteSchroeder die Knospen wieder und fand, dass noch absolut keine Veränderungen in der Stoffvertheilung vor sich gegangen waren, auch die Grössen- verhältnisse sich kaum geändert hatten. Acht Tage später, am 24. Mai, hatten nur geringe Veränderungen in den Laubknospen stattgefunden, während die Stärkevertheilung dieselbe geblieben war.‘) Das von Schroeder unter dem Datum des 11. Juni beschriebene Entwiekelungsstadium der Laubknospen von Acer entspricht ungefähr der von mir am 9. Mai untersuchten Streckungsphase, welche sich dureh bedeutende Streekungen in allen Knospentheilen charakterisirt. Hier wie dort hatte der Stärkegehalt in allen Gewebecomplexen be- deutend zugenommen, wenn auch in verschiedener Weise. Als den stärkereichsten Theil der Axe zur dieser Zeit bezeichnet Schroeder 1) Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse p. 160. 2) Ebenda p. 157. 3) Die Schroeder’sche Erklärung der Stärkezufuhr aus-der vorjährigen Axe in die Knospe (s. p. 329) ist schon aus anatomischen Gründen für Abies nicht annehmbar. 4) Vgl. oben die Periode der Taunenknospen vom 8,—22. April. 156 die „Stärkeschicht“!), diejenige Schicht des Rindengewebes, welche sich aussen direet an die Stränge anschliesst; in zweiter Linie ist die Markkrone reich an Stärke. In dem Mark der jugendlichen Axe, welches wie bei Abies in seiner ganzen Ausdehnung mit Stärke reich- lich angefüllt ist, vertheilt sich der Stärkegehalt jedoch so, dass der direct unter der Vegetationskuppe gelegene Theil am stärkereichsten ist und der Gehalt nach unten hin abnimmt. Es folgen dann wieder stärkereichere Zonen, das „Markzwischenstück“ und die „Markkuppe.“ Bei Abies war am 9. Mai die Stärke am reichlichsten in dem direct unter der Kuppe gelegenen Theile des Markcylinders enthalten, welcher zum Pleromkegel der künftigen Knospe wird; im Uebrigen lag jedoch die Stärke im Markeylinder vollkommen gleichmässig ver- theilt, ohne dass irgend welche Längs- oder Querzonen besonders bevorzugt gewesen wären. Von besonderen Stärkeansammlungen in der die Stränge nach innen auskleidenden peripherischen Schicht des Markes, der „Markgrenze“ („Markkrone® Schrocder’s), war ebenso wenig zu bemerken, als von einer besonderen „Stärkeschicht“ an der Aussenseite der Procambialstränge. Hier schliessen direct die Gerb- stoffschläuche an, auf die ich später zurückkommen werde. Ich habe, da mir noch Alkoholmaterial vom 9. Mai 1891 zur Verfügung stand, meine damaligen Notizen bezüglich der Stärkevertheilung durch erneute Untersuchungen von Längs- und Querschnitten controliren können, bin aber zu keinem .anderen Ergebnisse gelangt. In der Rinde, deren äusserste Zelllagen stärkefrei sind, vertheilt sich die Stärke im Uebrigen gleichmässig, höchstens lassen die zwischen einzelnen Gerbstoffschläuchen liegenden Partieen der Innenrinde eine kaum merkbare Steigerung des Stärkegchaltes gegen das übrige ‚Rindengewebe erkennen; das interfaseieulare. Gewebe führt ebenfalls reichlich Stärke. Auch an Alkoholmaterial vom 1. und 7, Juni 1891 habe ich jetzt noch Controlreactionen bezüglich der Stärkevertheilung im Spross- gipfel angestellt und speziell auf die von Schroeder für die Ent- wickelungsphase der Ahornknospen vom 22. Juni hervorgehobenen Punkte geachtet; wie bei Acer, so ist auch die unter dem Vegetations- punkt von Abies gelegene breite Pleromzone reichlich mit Stärke erfüllt. In den embryonalen Pleromelementen zeigen sich merkliche Ansammlungen sehr kleiner Körner, welche auf assimilatorische Thätig- keit in diesen Zellen schliessen lassen. In Mark und Rinde des 1) Taf, XVIH Fig. 2 u. 5. 157 jungen Triebes macht sieh zwar eine geringe Bevorzugung der direet an die Bündel angrenzenden Gewebezonen in der Stärkevertheilung geltend, doch kann von beiderseitigen „Stärkeschichten“ keine Rede sein. Das Rindengewebe besteht längs der Bündel resp. Gerb- schläuche aus kleineren, weniger locker verbundenen Zellen, als im weiteren Verlauf des Rindenmantels nach der Peripherie zu; wenn nun thatsächlich der Stärkegehalt der einzelnen Zellen beider Ge- webezonen der Gleiche wäre, so würde das lockere, weitlumige Ge- webe doch stärkeärmer auf dem Gesammtbilde erscheinen, als die innere Schicht, In den höher gelegenen Partieen der Rinde und des Markes ist, wie auch Schroeder am 22. Juni bei Acer beobachtet, reichlich Stärke vorhanden. Mit der Untersuchung der letztgenannten Entwickelungsphase schliesst die Scehröder’sche Arbeit ab. Sämmitliche Einzelheiten der eigehenden Untersuchungen Schroeder’s, welche sich übrigens nicht nur, wie die meinigen, auf den Sprossgipfel beschränkten, son- dern auch jeweils auf die vorjährigen Triebe und die neugebildeten Axen in ihrer ganzen Ausdehnung, auf Laubblätter und Blüthen er- streckten, hier zu erörtern, erscheint mir nicht am Platze; ebenso kann ich auf die verschiedenen Schlüsse, welche Schroeder aus den Ergebnissen seiner Arbeiten über die Beziehungen der Stärke zur Knospenevolution und der Entwickelung der Sprosse gezogen?), hier nicht näher eingehen, da sie zum grossen [heil weit ausserhalb der Grenzen liegen, welche der vorliegenden Abhandlung gesteckt sind. Die Ansichten Schroeder’s über die Wanderungsbahnen der Kohle- hydrate sind theilweise durch die neueren Untersuchungen Fischer ’s?) widerlegt worden. In dem die Knospen behandelnden Abschnitte der umfangreichen Arbeit finden sich verschiedene Punkte, welche einen Vergleich mit den bei der Weisstanne bestehenden Verhältnissen angezeigt erscheinen lassen. Ich nehme an, dass sich die in diesem Capitel gegebenen Ausführungen Fischer’s nur auf Laubhölzer be- ziehen, da die Coniferen hier mit keinem Worte erwähnt werden. Betreffs des Vorkommens von Kalkoxalat in den Knospen möchte ich bemerken, dass ich zu keiner Zeit in irgend einem Ge- webecomplex des Knospeninnern oxalsauren Kalk vorfand, auch nicht im Pierom und der Knospenscheide, welche mit der von Fischer „Oxalatnest“ genannten Zone identisch sein dürfte, diese Benennung bei Abies aber nicht verdient. 1) p. 22731. 2) Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse. 1891. 158 Von grösserem Interesse sind die Mittheilungen Fischer’s über die Stärkevertheilung in den Knospen während des Herbstes und Winters. Wie Fischer constatirt hat!), tritt im Baumkörper der Laub- hölzer zur Zeit des Laubfalles im October das „Stärkemaximum des Herbstes“ ein, welches bis Ende Oktober oder Anfang November an- dauert. Darauf folgt die Phase der Stärkelösung (bis Ende November) und schliesslich das „Stärkemaximum des Winters" (December, Januar und Februar). Während der letztgenannten Phase schwindet die Rindenstärke bei allen, die Holzstärke nur bei einem Theil der Laub- bäume, den weichholzigen, bei denen sie in Fett umgesetzt wird, wesshalb Fischer diese Bäume als „Fetitbäume“, im Gegensatz zu den anderen, den „Stärkebäumen“, bezeichnet; zu den ersteren rechnet er die Coniferen. Nach dem Stärkeminimum beginnt die Stärkeregeneration Anfang März und im April treten die Bäume in das Frühjahrsmaximum ein, welches bis zur Knospenentfaltung (Anfang Mai) währt. Achn- lich wie im Baumkörper der Laubhölzer liegen die ‘Verhältnisse in den Knospen derselben. „Im Oktober“, sagt Fischer?), „nach dem Laubfall, während des Stärkemaximums, enthalten die Knospen gleichfalls grosse Stärke- mengen, welche sich folgendermaassen vertheilen. Sehr viel Stärke ist in den Knospenschuppen abgelagert, die Hauptmasse aber in dem Knospenmark, unterhalb des ruhenden Vegetationspunktes, besonders auch im Oxalatnest. Dieses wird mit Jod schwarz gefärbt und hebt sich für das blosse Auge auf das schärfste vom Vegetationspunkt mit den embryonalen Anlagen ab. Diese sind im Oktober vollkommen stärkefrei. ... .“ Wie aus den von Schroeder und Fischer ge- machten Angaben über das „Markzwischenstück und Oxalatnest“ hervorgeht, müssen im anatomischen Bau der Knospenbasis zwischen den von beiden Autoren untersuchten Laubhölzern und der Weiss- tanne Verschiedenheiten bestehen, auf welche dort das Auftreten der Stärke in dieser Zone zu gewissen Jahreszeiten, hier das absolute Fehlen derselben, zurückzuführen ist. Am 20. November 1889 fand Fischer bei allen von ihm unter- suchten Laubhölzern eine, wenn auch im Allgemeinen geringe Ab- nahme der Stärke im Knospenmark, welche am 17. Januar 1890 bei 1) p. 87—100; p. 158—9. 2) p. 122. 159 den meisten Bäumen erheblich fortgeschritten war. Dieser Verminde- rung der Stärke im Knospenmark entsprach ein starker Fettge- halt des Protoplasmas der embryonalen Zellen und eine intensive Ablagerung der Stärke in den embryonalen . Blatt- und Blüthenanlagen und dem Vegetationspunkte selbst. Ob und wie weit die betreffenden Theile des Knospeninnern Chlorophyll führten oder nicht, gibt Fischer nicht an, betont aber, dass der Monat Januar im Jahre 1890 ein sehr milder war. Um zu beweisen, dass in den Knospen ein beträchtlicher Theil der zur Entwickelung erforderlichen Stoffe während des Winters be- reits niedergelegt sei und um zu erfahren, wie weit die Knospen sich mit Hülfe der in ihnen niedergelegten Stärke zu entwickeln vermögen, stellte Fischer mehrere interessante Versuche mit isolirten Knospen von Acer platanoides, Syringa, Crataegus und Evonymus an, auf die ich hier nicht näher eingehen kann. Jedenfalls berechtigte der Erfolg dieser Experimente zu dem Schlusse,!) dass die in der Knospe abgelagerten Kohlehydrate wohl ausreichen, eine kräf- tige Schwellung der Knospe herbeizuführen, dass sie aber nicht zueiner wirklichen Entfaltung genügen. Nur die allerersten Stadien des Knospentriebes geschehen auf Kosten der hier gespeicherten Reservestoffe, die Hauptmasse der zur weiteren Entwickelung erforderlichen Nährsubstanzen entnehmen die Knospen dem sie tragenden vorjährigen Triebe, nach dessen Aussaugung die älteren Aeste das Material liefern. Wie verhalten sich die Knospen von Abies alba im Vergleich zu den von Fischer untersuchten Laubholzknospen ? Die Knospenschuppen habe ich nieht untersucht; im Mark der Knospe (im Pleromeylinder) fand ich im September und October ziem- lich reichlich Stärke vor, wenn auch wenig im Vergleich zum Früh- jahrsmaximum der Knospen. Dass die von Fischer beschriebene Phase des herbstlichen Stärkemaximums, welches bei Laubhölzern zur Zeit des Laubfalles beginnt, nicht ohne Weiteres bei immergrünen Nadelhölzern ihr Analogon finden würde, liess sich a priori vermuthen; und thatsächlich scheint auch für die Laubknospen von Abies nur ein Stärkemaximum im engeren Sinne, d.h. ein Maximum des Gehaltes an Reservestärke, zu existiren. Ich bin geneigt, sämmtliche im Knospeninnern während des Spätsommers, Herbstes und Winters an- getroffene Stärke, die sich durch besondere Kleinheit der Körner 1) p. 126. 160 auszeichnet, für autochthon zu halten, wenngleich mir für diese Annahme jegliche weitere Anhaltspunkte fehlen als die eben genannten Grössenverhältnisse der Körner und die naheliegende Erwägung, welche Bedeutung das bei der Gestaltung des Vegetationskegels und der embryonalen Anlagen in diesen Geweben während des Sommers ent- stehende Chlorophyll haben könne, wenn nicht die Aufgabe der Stärke- produktion? Sobald gewisse Gewebecomplexe des Vegetationspunktes aus dem „typisch-embryonalen“ in das nächstfolgende Entwickelungsstadium, welches immer noch embryonalen Charakter trägt, übergehen, tritt in ihnen Chlorophyll auf; dies geschieht zunächst im Plerom, später in der peripheren Rindenschicht und in den acropetal entstehenden Blatt- anlagen. Die vom Chlorophyll erzeugte Stärke wird zunächst nicht verwerthet, da während des Sommers unausgesetzt der Knospenregion — wie Fischer!) festgestellt hat — eine, wenn auch mässige Menge Glyeose zugeführt wird, welche vermuthlich der Ausbildung der Winterknospen dient. Die letzteren treten bei Abies gegen Ende August zuerst als vom Stamm durch eine Scheide getrennte, gleich- sam selbständige Organe auf, deren innere Ausbildung zwar noch nicht vollendet, doch im August einen bedeutenden Fortschritt er- fahren hat. Damit liess sich zugleich eine merkbare Zunahme an kleinen Stärkekörnern im Knospeninnern erkennen. Die assimilatorische Thätigkeit des hier vorhandenen Chlorophylis dürfte beim Eintritt kälterer Witterung, etwa im October, sistirt werden. Ob nun die zu Anfang October vorhandene Stärke während, der Monate October, November, December, Januar und Februar im Knospeninnern verathmet wird oder auch hier, wie Fischer bei den Laubholzknospen beobachtet hat, eine Umsetzung der Knospenstärke in Fett oder einen anderen Stoff während des Novembers stattfindet, vermag ich nicht zu entscheiden, da meine Untersuchungen in dieser Riehtung unzureichend sind. Anfangs November habe ich die Knospen nicht untersucht; am 29. November fand ich allerdings eine erhebliche Abnahme .des Stärkegehaltes gegen Anfang October, jedoch enthielten die Knospen noch mehr. Stärke, als im Januar. Auch Fischer beobachtete am 17., resp. 18. Januar eine deutliche Abnahme der Stärke im Mark der Knospe?) bei gleichzeitigem hohen Fettgehalt des Protoplasmas des Vegetationspunktes und der embryonalen Organe 1) p. 156. 2) p. 123/4. 161 und intensiven Stärkeablagerungen in diesen Theilen. Sowohl in die Anlagen der Blätter, wie die der Blüthen, war die Stärke aus dem Knospenmarke eingewandert. Wie Fischer annimmt, hat diese Translocation bereits Ende November oder Anfang December begonnen. Wie weit das embryonale Gewebe des Vegetationspunktes Stärke führte und ob gewisse Partieen jederzeit stärkefrei blieben, ist aus Fischer’s Angaben nicht zu ersehen; dass Schroeder in den Laubknospen von Acer platanoides, welche Fischer übrigens auch untersucht hat, das „Urparenchym“ zur Ruhezeit frei von Stärke fand, habe ich an anderer Stelle bereits hervorgehoben. Für Abies treffen die Angaben Fischer’s über die Stärkever- theilung im Januar, wie oben gezeigt wurde, nicht im Mindesten zu. Aber man darf bei einem Vergleich zwischen Fischer’s Resultaten und den meinigen nicht vergessen, dass z. B. die Winterknospen von Syringa, Aesculus und Crataegus, welche dort u. A. als Untersuchungs- material dienten, auf einer ungleich höheren Stufe der Entwickelung stehen, als diejenigen der Weisstanne und demnach höchst wahrschein- lich auch andere Factoren für den Verlauf der Stoffumwandlungen im Knospeninnern massgebend sein werden. Am 23. März fand ich reichlich Stärke im Plerom, in den Blatt- anlagen prävalirten die Spitzen an Stärkegehalt; dass die transitorische Stärke im Plerom sich stets zuerst in den Gewebeelementen embryo- nalen Charakters zeigt, mag mit der stärkeregenirenden Kraft des hier reichlich vorhandenen Protoplasmas zusammenhängen, auch dürfte zugleich mit Eintritt wärmerer Witterung die Thätigkeit des Chloro- phylis beginnen, welches ebenfalls Stärke producirt. Die Erscheinung der Stärkeanhäufungen in den Blattspitzen, den chlorophyllreichsten Theilen der Winterknospe von Abies zu Anfang April würde damit eine naheliegende Erklärung finden. Gerbstoffe. Eingehende Untersuchungen über das Auftreten und Verhalten dieser Körper im Innern der Tannenknospen habe ich nicht anstellen können, wollte aber nicht unterlassen, diejenigen in’s Auge fallenden ‘ Erscheinungen genannter Art kurz mitzutheilen, welche sich bei ge- nauer anatomischer Untersuchung des Sprossgipfels ohne Weiteres beobachten liessen. Gerbstoffe, resp. gerbstoffhaltige Zellinhaltskörper, fanden sich in Fiora 1893, 11 162. dreierlei Gestalt vor. Erstens trat Gerbstoff gelöst im Zellsaft der Grundgewebezellen des Pleroms auf und zwar liess er sich zugleich mit der Differenzirung der ersten Markzellen aus dem typisch-embryo- nalen Gewebe des Vegetationspunktes nachweisen.!) Ebenso wie der Zellsaft, waren auch die Membranen der betreffenden Zellen stark gerbstoffhaltig, da die Lösung in die Zellwände infiltrirt war und ein reichlicher Niederschlag fein vertheilten Gerbstoffes in und auf den- selben stattgefunden hatte. Im embryonalen Gewebe konnte niemals eine Spur von Gerbstoff nachgewiesen werden und letzterer dürfte im vorliegenden Falle ein Stoffwechselnebenprodukt sein, entstanden beim Uebergang der betreffenden Gewebeelemente aus dem ersten embryo- nalen Zustand in den durch das Grundgewebe repräsentirten, zumal da nach vollendeter Ausbildung der Knospen im Spätsommer die Gerbstoffbildung im Plerom sistirt zu werden scheint. Im Winter sind Zellsaft und Membran der Grundgewebezellen gleichmässig gerbstoff- haltig, während bei der Streckung und Entfaltung der Knospen im kommenden Frühjahr die Reactionen nach und nach schwächer werden und schliesslich nach definitiver Ausbildung des Sprossmarkes der Gerbstoff nur noch in den Membranen der ehemals gerbstoffreichen Zellen und hier nur mit Hülfe besonders intensiv wirkender Reagentien, wie z. B. Ueberosmiumsäure, nachgewiesen werden konnte. Bemerkens- werth erscheint mir, dass, wenn die Membranen der Grundgewebezellen später sehr starke Verdickung erfahren, wie bei Bildung der Knospen- scheide und Entstehung der sklerotischen Elemente im Markeylinder, der Gerbstoff aus den Membranen wieder vollkommen ausgeschieden wird und sich im Innern der Zellen in Form einer fein suspendirten Substanz ansammelt. Dieser Vorgang scheint ein rein physikalischer zu sein und hängt jedenfalls mit der Verholzung der Wände nicht zusammen; denn die Wände der Zellen des Scheidengewebes verholzen überhaupt nicht und in den sklerotischen Markzellen erfolgt die Gerb- stoffausscheidung, soweit ich beobachtet habe, ehe die Verholzung beginnt. Unabhängig von dem Auftreten des eben erwähnten, eisenbläuen- den Gerbstoffes fanden sich in der Knospenscheide im Frühjahr eisengrünende, ölartige, stark lichtbrechende Tropfen vor, welche eben- falls Gerbstoffreactionen lieferten. Auf das Verhalten dieser Körper 1) 8. o. Entwickelungsphase vom 28. April; vgl. a. Kraus, G., Grundlinien ru einer Physiologie des Gerbstoffs, Leipzig 1889, p. 58 ff. 163 Segen verschiedene andere Reagentien will ich an dieser Stelle nicht zurückkommen, sondern nur noch bemerken, dass dieselben in verhält- nissmässig geringer Zahl auftraten. Endlich sei derjenige eisenbläuende, feinkörnige Gerbstofl erwähnt, welcher sich in den Gerbstoffschläuchen des Rindengewebes der Sprossanlage während der Streckung der letzteren in reichlicher Menge ansammelt. Zur Zeit der Entfaltung der Knospe (9. Mai 1891) er- reichten die unmittelbar an die Procambialstränge aussen angrenzenden Schläuche das Maximum des Gerbstoffgehaltes, fünf Tage später waren sämmtliche Schläuche — wenigstens in der oberen Region des jugend- lichen Sprosses — auffallenderweise vollkommen entleert, wobei sich übrigens in dem benachbarten Rindengewebe nicht der geringste Gerbstoffgehalt bemerkbar machte. Ob dieser Gerbstoff ein minderwerthiges Nebenprodukt des Stoff- wechsels darstellt oder ob er zu den „Gerbstoffen von physiologischer Bedeutung“ im Sinne Hansen’s!) zu rechnen ist, also bei der Weiter- entwickelung der jungen Axe und der Blätter als Nährmaterial Ver- wendung findet, kann hier nicht entschieden werden. Zusammenfassung der Resultate der Einzeluntersuchungen. Die Sprossformen der Weisstanne lassen sich, wie aus dem in der Einleitung Gesagten hervorgeht, nach ihrer Entstehungsweise, ihren Grössenverhältnissen, theilweise auch nach der Blattstellung und dem Verzweigungsmodus in drei Typen unterscheiden: 1. Hauptstamm, 2. Langtriebe, 3. Kurztriebe. Der äussere Habitus des einzelnen Sprosses richtet sich nach dessen Function, d. h. nach der Art seiner Mitwirkung an der Aufrechterhaltung des Gesammthabitus des Baumes. Wechselt die Funetion, so verändert sich in den meisten Fällen auch der äussere Habitus des betreffenden Sprosses. Sowohl auf natürlichem Wege, wie experimentell kann ein Wechsel in der Function erreicht und 1) Hansen, A., Pflanzenphysiologie, Stuttgart 1890, p. 119. 11* 164 somit eine Sprossform niederer Ordnung in die nächst höhere über- geführt werden, wobei sie mit deren Functionen zugleich den Charakter der nächst höheren Form annimmt. In jeder Vegetationsperiode findet z. B. ein Uebergang zahlreicher Kurztriebe in Langtriebe statt und ich habe im Laufe obiger Erörterungen häufig die Ausdrücke: „normale Langtriebknospen“ und „normale Langtriebe“ gebrauchen müssen, um den Modus der Entstehung solcher Knospen und Triebe gegenüber dem der „secundär“ gebildeten zu präcisiren. Wie die Sprosse selbst, so sind auch die in den Knospen der Weisstanne enthaltenen Spross- anlangen, die Vegetationskegel, nicht einheitlich ausgebildet, sondern sowohl hinsichtlich ihrer Form, wie des anatomischen Baues verschieden — je nach der Entstehungsweise der Knospe, der Wachsthumsrichtung der Mutteraxe und der Bestimmung des Vegetationskegels, also der Art seiner Betheiligung an der Sprossbildung in der kommenden Ver- jüngungsperiode. Es lassen sich hier ebenfalls drei Grundtypen unterscheiden: 1. Vegetationskegel der Stammendknospe, 2. » der Langtriebknospen, 3. n der Kurztriebknospen. Die Kegel des ersten Typus (Fig. 1) sind charakterisirt durch ihre kurze, gedrungene Form, massige Anlage, schwach gewölbte, hie und da ein wenig zugespitzte Kuppe und verhältnissmässig beschränkte Zahl von Blattanlagen. Das breit angelegte Plerom, welches aus mehr oder weniger regelmässig alternirenden longitudinalen Reihen embryo- naler Elemente und weitlumiger, mit stärkeren Wandungen umgebener Zellen, sog. „Grundgewebes“ zusammengesetzt ist, enthält beide Gewebeformen entweder in gleichen Mengen oder der Gehalt an embryonalen Zellen überwiegt. Vegetionskegel von diesem Typus finden sich in den Stammendknospen sämmtlicher Individuen, welche älter als 5—6 Jahre sind, ausserdem in den Endknospen anderer Axen mit ausgesprochen senkrechter Stellung. Die nach dem zweiten, dem Langtriebtypus gebauten Kegel sind schlank und schmal, etwa 11/,, höchstens 2 mal so lang, als an der Basis breit, besitzen stark gewölbte Kuppen und bilden mehr Blatt- anlagen, als die Kegel erstgenannter Gattung, da es ihre Bestimmung ist, Laubzweige zu erzeugen. Im Pleromeylinder prävalirt das Grund- gewebe und das embryonale Element tritt in den Hintergrund; der Gehalt des Markes an embryonalen Zellen wächst mit der Massigkeit des Kegels; bei den schmalsten Kegeln schmächtiger Axen kann die Zahl solcher Zellen sehr minimal sein, in den Knospen ganz junger 165 Pflänzchen besteht der Markkörper meistentheils ausschliesslich aus Grundgewebe. Der Langtrjiebtypus (Fig. 2) tritt auf in den Quirlknospen des Gipfelsystems der Hauptaxe,!) wie in sämmtlichen übrigen normal angelegten Langtriebknospen des Tannenstammes, soweit ihre Mutter- axen die horizontale oder annähernd horizontale Wachsthumsrichtung beibehalten haben, ferner in den End- und Quirlknospen der aus Kurztriebknospen entstandenen Sprosse und schliesslich in denjenigen Kurztriebknospen, welche bestimmt sind, in der kommenden Vegeta- tionsperiode zu Trieben auszuwachsen. Uebergangstypen zwischen der ersten und zweiten Form finden sich in den terminalen Knospen mehr vertical wachsender, aufwärts strebender Sprosse, wie z. B. in der Gipfelregion alter Bäume und auch häufig in den Endknospen solcher Seitensprosse erster Ordnung, welche sich aufgerichtet haben, um den abgeschnittenen oder durch Zerstörung seiner Terminalknospe am Weiterwachsen verhinderten Hauptspross zu ersetzen. Für die Anlage eines terminalen Kegels nach dem ersten oder zweiten Typus ist ausschliesslich die Wachsthumsrichtung der Mutter- axe massgebend. Zu dem dritten Typus gehören diejenigen Kurz- triebanlagen, welche in der folgenden Vegetationsperiode nicht aus- treiben und in den — wohl meist nur temporären — Ruhezustand übergehen (Fig. 4). Von einem Vegetations- „Kegel“ in unserem Sinne kann hier wohl kaum die Rede sein; es ist nur eine steiler oder flacher gewölbte Kuppe vorhanden, an deren Basis selten einige wenige Blattanlagen gebildet sind und deren Mark direet in das des kurzen Triebstückes übergeht, ohne durch eine Knospenscheide da- gegen abgegrenzt zu sein. Treibt eine Ruheknospe aus, so bildet ihr Vegetationspunkt ZU- nächst einen kurzen Spross, welcher bis zur Peripherie des Stammes reicht; dann wird eine reguläre Knospe mit einem Langtriebkegel erzeugt, der in der nächsten Verjüngungsperiode zum Spross auswächst. Es kann also aus einer Kurztriebanlage nicht ohne Weiteres ein normaler blatttragender Spross entstehen, sondern es muss vorher ein Langtriebkegel gebildet werden. 1) Bei ein- bis dreijährigen Pflänzchen ist der Stammendknospenkogel eben- falls nach dem Langtriebtypus gebaut, wenn auch sich schon Unterschiede zwischen ersterem und den Vegetationskegeln der etwa vorhandenen zugehörigen Seiten- knospen geltend machen, welche eine spätere Scheidung in zwei Typen andeuten, 166 Der Kurztriebtypus kann in Langtriebknospen niemals auftreten, sondern nur in Kurztrieb- und Ruheknospen, vielleicht auch bei Adventivbildungen. Im Juli lässt sich feststellen, welche von den während der laufenden Vegetationsperiode angelegten Kurztriebknospen im kommenden Frühjahr zu Trieben auswachsen und welche in den Ruhezustand übergehen. Wenn wir von dem letztbesprochenen Typus absehen, so ergibt sich zunächst für die Form und Ausbildung der Vegetationskegel von Abies eine bedeutende Abhängigkeit von der Wachsthumsrichtung der Mutteraxen, welche in den meisten Fällen der Ausdruck einer Functionsänderung der betreffenden Axe ist. So sind die senkrecht wachsenden Sprosse, wie z. B. der Hauptstamm, zunächst zur weiteren Sprossbildung bestimmt, während die horizontal oder annähernd hori- zontal wachsenden Triebe in erster Linie der Erzeugung von Blättern, von assimilirender Fläche dienen. Am besten zeigt sich dieser Gegen- satz bei den im Haupttheil ausführlicher behandelten Correlations- erscheinungen, bei der Ersetzung zerstörter Hauptaxen durch Seitentriebe. Wie oben erläutert wurde, wird der terminale Vegeta. tionskegel eines solchen Triebes in der der Aufrichtung folgenden Vegetationsperiode entweder ganz nach dem Stammendknospentypus ausgebildet oder er zeigt wenigstens eine Uebergangsform zwischen diesem und dem Langtriebknospentypus. Auch bei alten, ganz normal gewachsenen Bäumen lässt sich Aehnliches beobachten; man vergleiche nur die Vegetationskegel der terminal stehenden Langtriebknospen in der Gipfelregion und der basalen, untersten Sprossregion mit einander. Dort an den aufwärts gerichteten, kurzen dicken Sprossen!) breite gedrungene Kegel mit flacher Kuppe und verhältnissmässig stark entwickeltem Pleromeylinder, hier schlanke, schmale Kegel mit langen Blattanlagen und mässig entwickeltem Plerom, welches arm an embryonalem Gewebe ist. Die Quantität embryonaler Zellelemente im Markkörper der Vegetationskegel von Abies steigt und fällt, wie wir wiederholt ge- sehen, mit der Breite der Markanlage; am reichsten an embryonalem Gewebe sind die Markanlagen der nach dem Stammendknospentypus gebauten Kegel, welche starke, kräftige Axen erzeugen; bei den 1) Bei diesen tritt allerdings die Function der Sprossbildung gegenüber der der Blüthenerzeugung wesentlich zurück; sämmtliche an diesen Sprossen ge- bildete Kurztriebknospen werden zu Blüthenständen, (Vgl. a. o.) 167 Kegeln horizontal wachsender Laubzweige herrscht das Grundgewebe im Plerom vor und mit der Stärke der Axe wechselt jeweils die Zahl der embryonalen Zellen, welche bisweilen auf ein Minimum, bei ganz jungen Pflanzen sogar bis auf Null redueirt werden kann. Die Vorbedingungen zu der für den Aufbau des Baumes charak- teristischen mathematischen Gesetzmässigkeit, welche in den Grössen- verhältnissen verschiedener gleichartiger Sprosssysteme und der einzelnen Glieder eines Systems zum Ausdruck gelangt, sind, wie sich a priori voraussetzen liess, bereits in den Dimensionen der ruhenden Vegetations- kegel erkennbar. Die Kegel der Quirlknospen eines und desselben Systems sind bei normaler Ausbildung annähernd gleich lang, ebenso wie die sich später daraus entwickelnden Jahrestriebe; zur Illustration dieser Thatsachen mögen die nachstehenden Tabellen dienen. Tab. I gibt die Längenverhältnisse der Kegel von zehn termi- nalen Knospensystemen erwachsener und normalentwickelter Individuen, welche im Uebrigen willkürlich zur Messung ausgewählt wurden. (Das Material wurde im Januar geschnitten). Tab. ], Länge des Vegetations- |. Längen der Vegetationskegel kegels der der zugehörigen Stammend- Quirlknospen knospe mm mm | mm | mm | mm | mm 2,082 2,741 | 2,772 | 2,695 | 2,695 1,925 3,172 | 3,326 | 3,110 2,464 3,480 | 3,541 | 3,618 | 3,388 2,618 3,772 | 3,850 | 3,820 2,233 3,811! 3,234 | 3,388 | 3,311 | 3,157 2,464 3,388 | 3,388 | 3,311 1,760 2,772 | 2,541 | 2,464 2,002 3,280 | 3,465 | 3,841 | 3,388 1,760 3,126 | 3,003 | 2,956 | 3,08 1,925 3,157] 3,157 | 8,08 | 3,157 168 Tab. IT gibt eine vergleichende Uebersicht der Sprosslängen terminaler Sprosssysteme 1—2m hoher Bäume, (Im Januar gemessen). Tab. IL Länge des letztjährigen Längen der zugehörigen Zuwachses Seitenaxen I. Ordnung der (Quirlsprosse) Hauptaxe .cm cm cm cm cm cm 18 18 18 20 21 15 19,5 | 20 15 13 120,5 215 18,5 i7 |ı 17519 20 20 22 22 23,5 19 20 21 22 16 18,5 | 21 21,5 | 21,5 24 2 | 2285| 23,5 | 26 23,5 2 22 945 29,5 24 | 285 | 351 26 25 25 26 29 12 14 | 155 | 16 16,5 10 145 | 16 18 16,5 165 | 18 | 185 27 195 | 21 21,5 32 Bd ea 26,5 26,5 | 27 28,5 30,5 26,5 | 27 29,5 20,5 20 23 23,5 22,5 21,5 | 21,5 | 285 32,5 26,5 | 26,5 97 36 32,5 | 34 34 35 39 34,0 | 345 | 35 38,5 30 30 3 32,5 i4 16,5 | 17 17,5 25 23,5 | 25 27,5 | 27,5 | 28 27,8 23 235 | 245 | 27,5 33,5 PET 30 50 36 37 39 41 50,5 33,5 | 34 34 | 86 51 33,5 34,5 | 35,5 | 365 36 29 29 30 30 22 18 | ıs | 19 195] 21 41 295 | 29,5 | 81,5 24 2 | 225 169 Ebenso wie das Gipfelknospensystem und die entsprechenden Sprosse des Hauptstammes verhalten sich hinsichtlich der überein- stimmenden Längenverhältnisse gleichartiger Glieder auch die Knospen- quirle normaler Langtriebe und die daraus hervorgehenden Sprosse. Auf sämmtliche, im Haupttheil dieser Arbeit berührten Punkte kann hier nicht zum zweiten Male eingegangen werden, jedoch er- scheint es mir am Platze, noch eine kurze tabellarische Uebersicht über die in den verschiedenen Phasen der vegetativen Thätigkeit des Sprossgipfels zu Tage tretenden Erscheinungen anatomischer und morphologischer Natur und einige der sich während der jährliehen Periode im Knospeninnern vollziehenden physiologischen Veränderungen zu geben. Die nachstehenden Angaben beziehen sich auf das Gipfelknospen- system erwachsener (ca. 2m hoher) Weisstannen und gelten für das Jahr 1891.}) 23. März: Beginn der Streckung der Vegetationskegel und Dlatt- .anlagen der Quirlknospen. (In der Stammendknospe zeigen nur die Blattanlagen Streckungserscheinungen). Stärkegehalt: Zunahme im Plerom, vornehmlich bei den Quirl- knospenkegeln. 8. April: Streckung des terminalen Kegels hat ebenfalls begonnen. Die Vegetationspunkte der künftigen Quirlknospen heben sich deutlich am Hauptvegetationspunkt der Endknospe von den be- nachbarten jüngsten Blattanlagen ab. Ring- und Spiralleisten in einigen Procambialzellen. Stärkegehalt: hat zugenommen und ist jetzt in beiden Knos- penformen der gleiche. 14. April: Kegel der Quirlknospen haben sich intensiver gestreckt, als die terminalen Kegel; an ersteren sind „Blattkissen“ gebildet. Stärkegehalt: unverändert. 22. April: Am Vegetationskegel der Endknospe sind ebenfalls „Blattkissen* gebildet. Stärkegehalt: unverändert. 29. April: Beginn der Umbildung jüngerer Blattanlagen in Knospen- schuppen. Bildung sklerotischer Elemente im Plerom. Anlegung 1) Wesentliche Schwankungen hinsichtlich der Dauer der winterlichen Ruhe- periode und der Daten der einzelnen Phasen der Knospenentwickelung während der Vegetationsperiode dürften für unsere Gegend in verschiedenen Jahren kaum zu beobachten sein. Es sei denn, dass ganz abnorme Witterungsverhältnisse herrschen, wie z, B, in diesem Frühjahr 1893, (Während des Druckes zugesetzt), 170 von Harzgängen im Rindengewebe. Differenzirung des Grund- gewebes für den Pleromkörper des künftigen Hauptvegetations- kegels. Stärkegehalt: gestiegen. 9. Mai: Knospen sind aufgebrochen. An den jugendlichen Axen jetzt freie Interfoliartheile sichtbar, deren Oberfläche mit feinen Papillen und Haaren bedeckt ist. Die ersten Knospenschuppen schliessen über der Vegetationskuppe zusammen. Kurztriebanlagen trefen deutlich in den Blattachseln hervor. Ausbildung der Harz- gänge in Rinde und Blättern scheint beendigt. Differenzirung des Pleroms in den Vegetationskuppen der künftigen Quirlknospen. Stärkegehalt: gestiegen; Maximum. 14. Mai: Ausgiebige Bildung von Knospenschuppen. Zahl der skle- rotischen Zellen im Mark der Axe hat zugenommen; in den Strängen sind Faserzellen, Ring. und Spiralgefässe differenzirt. Stärkegehalt: nimmt im oberen Theile des Markeylinders ab. 23. Mai: Entstehung einer ausgedehnten Rindenwucherung zum Schutze des neuen Knospensystems am Sprossgipfel; Bildung von Schleimzellen und zahlreichen Intercellularräumen daselbst. Längs- streckung der. Markzellen und Verholzung der sklerotischen Elemente haben begonnen. Stärkegehalt: unverändert. 1. Juni: Ausgiebige Bildung von Knospenschuppen und Bräunung der früher entstandenen. Stärkegehalt: unverändert. 17. Juni: Differenzirung der Procambialstränge am Vegetationspunkt. Stärkegehalt: unverändert. . 10. Juli: Die Ausbildung des künftigen Knospensystems ist so weit fortgeschritten, dass die einzelnen Glieder desselben auch äusser- lich leicht unterscheidbar sind. Die Bildung von Schuppenblättern scheint beendigt und die Anlegung von Laubblättern für die Winterknospen beginnt. In den Strängen der Axe Verholzung, in den Wandungen einiger Markzellen Tüpfelbildung. Stärkegehalt: unverändert. 27. Juli: Streekung der Vegetationskegel und Bildung neuer Blätter sind fortgeschritten; im Plerom ist die Differenzirung in beide Gewebeformen- vollendet. Stärkegehalt: Im Plerom nur aufochthone Stärke; die zur Knospenscheide werdende Zone ist fast stärkefrei. Im oberen Theile des Sprossmarkes nimmt der Gehalt ab, 171 1. September: Die künftigen Winterknospen sind durch die in- zwischen gebildeten Knospenscheiden vom Spross getrennt. Innere Ausbildung der Quirlknospen weiter vorgeschritten, als die der Endknospen. Die Vegetationskegel beider Knospenformen noch mit der Bildung von Blattanlagen beschäftigt. Stärkegehalt: Im Plerom Zunahme an autochthoner Stärke und Auftreten letzterer in der Rindenschicht und den unteren Blattanlagen. 5. October: Endknospen: Bildung von Blattanlagen noch nicht be- endigt und „Winterform“ des Kegels noch nicht erreicht. Quirlknospen: Neue Blätter werden nicht mehr angelegt, die vorhandenen noch in Streckung begriffen. „Winterform* grössten- theils erreicht. Stärkegehalt: unverändert. 29. November: Sämmtliche Knospen befinden sich im Ruhezustand. Stärkegehalt: Erhebliche Abnahme; nur das Plerom führt noch Stärke und zwar mehr, als im Januar. Januar— Februar: Stärkeminimum, Es sind der vorstehenden Tabelle, deren Erläuterung im Text des Haupttheils dieser Arbeit im Wesentlichen schon gegeben ist, noch einige Bemerkungen hinzuzufügen. Die winterliche Ruheperiode beginnt für die Laubknospen erwachsener Pflanzen von Abies alba etwa Ende October oder Anfang November, jedoch machen sich zu Anfang October noch derartige Unterschiede in der Entwickelung der Vegetationskegel zwischen den Endknospen des terminalen Systems und den Quirlknospen geltend, dass die Annahme berechtigt erscheint, der Termin des Anfangs der Ruhezeit möchte für End- und Quirlknospen der Gipfelsysteme ein verschiedener sein. Während am 5. October die Kegel der unter- suchten Stammendknospen ihre definitive „Winterform“ noch nicht erlangt hatten und noch mit der Bildung neuer Blattanlagen beschäftigt waren, hatten die Quirlknospen bereits ihren Entwickelungsgang so- weit beendigt, um in das Ruhestadium übergehen zu können. Die Dauer der Winterperiode dürfte für beide Knospen- formen annähernd die gleiche sein, da sich die ersten Streckungs- erscheinungen an den terminalen Kegeln erst am 8. April wahrnehmen liessen, während solche an den Kegeln der Quiriknospen bereits am 23. März constatirt werden konnten. \ Während bei sämmtlichen untersuchten Knospen der Gipfelsysteme erwachsener Pflanzen ein annähernd gleiches Verhalten hinsichtlich 172 der Dauer ihres Ruhezustandes beobachtet wurde, verhielten sich, wie wir gesehen, die 1—3-jährigen Pflanzen anders. In ihren Knospen zeigte sich schon Ende Februar Streckung des Kegels resp. der Blattanlagen und dieselbe nahm innerhalb 3—4 Wochen so weit zu, dass am 23. März die grünen Spitzen der Blätter deutlich durch die gelockerte Schuppenhülle an der Knospenspitze sichtbar waren und das Stadium der inneren Ausbildung ungefähr dem an Knospen er- wachsener Pflanzen gegen Mitte April beobachteten entsprach. Die vorgeschrittene Entwickelung der Knospen bei den jungen Pflänzchen lässt sich vielleicht aus der unmittelbaren Nähe des ge- sammten Leitungssystems der kleinen Stämmchen mit dem durch die Sonne frühzeitig erwärmten Boden erklären. In der zweiten Hälfte des Februars 1891 herrschte hierzulande nach einer voraufge- gangenen kälteren Periode warmes und sonniges Wetter; die durch- schnittliche Maximaltemperatur betrug (Mittags in der Sonne) vom 19.—26. Februar: 4 15°R. Der folgende Winter (1891/92) war überhaupt bis Mitte Februar ausserordentlich milde; dann erst trat für einige Zeit kälteres Wetter ein. Die Vegetationskegel der am 27. Februar und 24. März 1891 gesammelten jungen Pflanzen zeigten nun beinahe die gleiche Stufe der Entwickelung, wie die am 27. Februar resp. 23. März 1892 ge- sammelten und da das Untersuchungsmaterial fast ausschliesslich an sonnigen Waldrändern und Wegen gesammelt wurde, welche frei von Schnee waren, darf wohl nicht mit Unrecht hier die Wärme des Bodens als Ausschlag gebender Factor angesehen werden. Wie Askenasy') angibt, hat Duhamel bereits vor hundert Jahren bewiesen (Physique des arbres II p. 278), dass die Entwicke- lung der Knospen von der Temperatur der Wurzeln in hohem Grade unabhängig sei. Askenasy ist derselben Meinung, bestreitet aber nicht, dass ein, wenn auch geringer Einfluss in dieser Richtung zur Geltung kommen könne. Bei den in Frage kommenden Objecten glaube ich auf einen der- artigen Einfluss der Bodentemperatur auf die Knospenevolution schliessen zu dürfen.?) 1) Ueber die jährliche Periode der Knospen, bot. Ztg. 1877, p. 817. 2) Auch. im Frühjahr 1898 konnte an 1—4jährigen Exemplaren von Abies eine vorzeitige Entwickelung der Knospen beobachtet werden, (Während des Druckes zugesetzt). 173 Bemerkenswerth ist, dass die Weiterentwickelüng der Knospen zweijähriger Pfänzchen bis zum zweiten Drittel des März (1891) bei gleichzeitiger im Allgemeinen recht günstiger Temperatur zunahm, dann aber — vermuthlich in Folge des Eintretens von kälterem Wetter — sistirt wurde und schliesslich Mitte April mit den Knospen erwachsener Bäume wieder einsetzte, welche erst im dritten Drittel des März sich zu strecken begonnen hatten und inzwischen auf der gleichen Entwickelungsstufe, wie die Knospen der jungen Pflänzchen angelangt waren. So wurde der Vorsprung, den diese gewonnen hatten, wieder compensitt. Ohne auf die zahlreichen anatomischen und morphologischen Einzelheiten, welche vornehmlich bei der Untersuchung des Knospen- innern der Weisstanne während der verschiedenen Phasen der Jahres- periode und gelegentlich der über das ‘Verhalten der Stärke im Vegetationskegel gemachten Beobachtungen einer Besprechung oder Erwähnung benöthigten, hier noch einmal zurückzukommen, seien die übrigen, allgemeineren Resultate der vorliegenden Arbeit in folgende Sätze zusammengefasst: 1. Die Vorbedingungen zu der den morphologischen Aufbau und den Habitus der Weisstanne charakterisirenden, in den Grössen- und Stellungsverhältnissen der einzelnen Glieder zum Ausdruck gelangen- den Regelmässigkeit und Gleichmässigkeit sind bereits in den Dimen- sionen und dem Bau der ruhenden Vegetationskegel erkennbar. 2. Form und innere Ausbildung der Vegetationskegel ist in hohem Grade abhängig von der Stellung der betreffenden Knospe am Baum, vom Alter des letzteren, Function (Wachsthumsrichtung) des Mutter- sprosses und der Bestimmung des Vegetationskegels, d. h. der Art seiner künftigen Betheiligung am Aufbau des Individuums, an der Sprossbildung. 3. Je nach ihren Gestaltsverhältnissen und dem anatomischen Bau lassen sich die Vegetationskegel von Abies alba in drei Typen unterscheiden: Typus der Stammendknopse, Langtrieb- und Kurz- triebtypus. 4. Ein Typus niederer Ordnung kann sowohl auf natürlichem Wege, wie experimentell in einen Typus höherer Ordnung überge- führt werden, 5. Das Mark der Vegetationskegel (Plerom) ist mit wenigen 174 speziellen Ausnahmen nicht gleichartig constituirt, sondern wird aus zwei, anatomisch verschiedenen Gewebeelementen zusammengesetzt, denen auch — so lange sich der Spross im Knospenzustande befindet — eine verschiedene physiologische Function zuzukommen scheint. 6. Gewisse Gewebeaggregate des Knospeninnern sind zu jeder Zeit des Jahres frei von Chlorophyll und Stärke, so die aus „typisch- embryonalem“ Gewebe bestehende Vegetationskuppe (der „Vegetations- punkt“ im engeren Sinne), die Procambialstränge und die „Knospen- scheide.* 7. Sobald bestimmte Gewebepartieen der Vegetationskuppe während der Vegetationsperiode aus dem typisch-embryonalen in ein vorgeschritteneres Entwickelungsstadium übergegangen sind, wird in ihren Zellen Chlorophyll gebildet. 8. Niemals findet sich im Innern der Tannenknospen oder in den angrenzenden Geweben des Sprosses Kalkoxalat. 9. Es treten im Vegetationskegel drei, vorläufig als „Gerbstoffe* bezeichnete Körper auf, welche mit Ausnahme gewisser gemeinsamer chemischer Reactionen ein durchaus verschiedenes Verhalten zeigen. Die Anregung zu vorliegender Arbeit verdanke ich Herrn Professor Dr. L. Klein, in dessen Laboratorium bierselbst meine Untersuchungen vom December 1890 bis zum Februar dieses Jahres ausgeführt wurden. Jederzeit hat mich Herr Professor Klein in meinen wissenschaft- lichen Bestrebungen durch seinen werthvollen Rath auf das Liebens- würdigste unterstützt und gefördert, wofür ich meinem verehrten Lehrer an dieser Stelle meinen herzlichen Dank ausspreche. Ferner danke ich Herrn Professor Dr. Thomas hierselbst für die freundliche Ueberlassung der Apparate der pharmakognostischen Sammlung, deren Benutzung es mir ermöglichte, meine Untersuchungen nach Berufung des Herrn Professor Klein nach Karlsruhe privatim .zu Ende zu führen, Freiburg i. B., 30. December 1892. 125 Erklärung der Figuren. Fig. 1. Vegetationskegel einer Stammendknospe während der Winterruhe, (Med. Längsschn.) v= Vegetationskuppe. s = Seitensprossanlagen (Kurztriebe). pr = Procambialstränge. kn —= Knospenscheide. g — Gefassbündel der Axe, in die Knospenschuppe verlaufend, Fig. 2. Langtriebkegel (aus Quirlknospe des terminalen Systems) während der Winterruhe. (Med. Längsschnitt). Erklärung der Zeichen wie bei Fig. 1, Fig. 3. Oberer Theil eines Endknospenkegels (29. April 1891.) (Med. Längsschn.) . v== Vegetationskuppe. ks— Junge Blattanlage, zur Knospensehuppe werdend. S— Anlagen der künftigen Quirlknospen. bk — Blattkissen, j Fig. 4 Kurztriebanlage (27. Juli 1891), im Ruhezustand verharrend. (Med. Längsschn.). j K=Kork. gs — ehemals gerbstoffführende Schläuche. ph — Siebtheil. x— Holztheil. m Mark des Sprosses. f— Gefässbündel, zur Laubblattspur bs oder Schuppenblattspur ss verlaufend. v— Vegetationskuppe. Fig. 5. Vegetationskegel eines Langtriebes I. Ordnung, der sich aufgerichtet hat, um den entfernten Hauptspross zu ersetzen. (5. October 1891). Er- klärung im Text. (Med. Längsschn.). Fig. 6. Medianer Längsschnitt durch den oberen Theil des Markcylinders (Pleroms) eines Langtriebkegels. (3. April 1892; Streckung hat bereits begonnen). ee — „embryonale* Zellen. gg — Grundgewebe. ‚Fig. 7. Mark der jungen Axe (Hauptspross) am 17. Juni 1891. (Längsschnitt). ee — Markzellen, aus „embryonalen Pleromelementen entstanden. gg — Markzellen, aus gerbstoffhaltigem Grundgewebe hervorgegangen. ss — sklerotische Zellen. (ee sind der besseren Uebersicht halber mit einfachen, schwachen Contouren gezeichnet, obwohl schon Membranverdickungen stattgefunden haben), Weitere Erklärungen im Text. Ueber mittlere Zellengrössen.') Von Erich Amelung. A. Einleitung. Der Verfasser ist damit vor eine Aufgabe gestellt, die ihn in ein ganz neues Gebiet führt. Wohl haben botanische Schriftsteller das Wachsthum der Zellen, ihre Beziehungen zu einander, ihre Funetionen in der Pflanze festgestellt, auch sind Messungen über die Grösse der Zellen gemacht, aber letztere immer nur beiläufig und in geringer Zahl, dagegen finden wir nirgends in der Litteratur Angaben, welche Auskunft geben darüber, ob die Grösse der Zellen und die Grösse des Organs in einem gesetzmässigen und causalen Verhältnisse stehen. Können wir nun ein solches Verhältniss nachweisen, .so werden wir vor die Frage gestellt, ob die Grösse und das Wachsthum der Zelle auch Ursache der Grösse des Organs ist, oder, da wir das Causalverhältniss zwischen Zelle und Wachsthum des Organs noch nicht kennen, ob das Wachsthum des Organs das Wachsthum der Zeile bedingt. Vergleicht man die Zahl der Zellen mit der Grösse des Organs, so muss gefolgert werden, dass aus der Zahl der Zellen in einem Organ die Grösse der Zellen bestimmt wird, wenn die Grösse .des Organs bekannt ist, man kann also die Frage auch so stellen, ob zwischen dem Volumen der Organe und der Zahl ihrer Zellen gesetzliche Be- ziehungen bestehen. j In diesem letzteren Sinne habe ich die Frage, die ja den Zweck hat, durch zahlreiche Messungen Beziehungen zwischen dem Volumen der Zellen und dem des Organs zu finden, bearbeitet. Nach dieser 7) Preisfrage der Universität Würzburg für das Jahr 1892: „Es sind zahl- reiche Messungen anzustellen, welche Auskunft darüber geben, ob und inwiefern Beziehungen zwischen dem Volumen der Zellen und dem Volumen der Pfianzenorgane bestehen ?“ 177 vorläufigen Bemerkung könnte man meinen, die Frage sei sehr leicht zu beantworten und ich hätte also nur einige beliebige Pflanzen zu untersuchen. Ich bin aber hier gezwungen, Einschränkungen zu machen, die ich im Folgenden darlege. Die Zelle kann entweder die ganze Pflanze darstellen, so dass letztere eine einzellige Pflanze wäre, oder die Zelle kann eine kleine Kammer eines nach vielen Millionen zählenden Complexes von Ge- webezellen sein. Zu Pflanzen der ersten Art rechnet man eine grosse Zahl niederer Algen und Pilze, die man als einzellige oder seit 15 Jahren nach der von Sachs vorgeschlagenen Nomenclatur als „nicht celluläre* Pflanzen bezeichnet, Es gehören dazu, neben mikroskopisch kleinen, auch Pflanzen von namhafter Grösse, welch letztere vorwiegend zu den Siphoneen gehören. Bei ÖOaulerpa und Halimeda und anderen Siphoneen sehen wir blattartige Gebilde entstehen, die mehrere Centi- meter lang werden können, ähnlich wie kriechende Phanerogamen und Farne zahlreiche Wurzelsysteme bilden; Pflanzen, deren Stamm sogar eine Länge von 20—30 cm erreicht, und doch ist das Ganze nur ein einziger Schlauch, der deshalb als eine einzige Zelle betrachtet wird. Im Gegensatz zu diesen, aus einer Zelle bestehenden Pflanzen‘ ist die winzige Spore eines ‘Penicillium ebenfalls eine Zelle, gerade so wie die nur mit den stärksten Vergrösserungen unserer Mikroskope wahrzunehmenden Bacterien ebenfalls als Zellen bezeichnet werden. Wie oben schon gesagt, besteht eine Caulerpa bei morphologischer Differenzirung in Stamm, Blätter und Wurzeln nur aus einem einzigen Schlauch. Man hat also hier eine Pflanze, deren gesammtes Wachs- thum zwar verschiedene Organe erzeugt, aber so, dass mit dem Wachsthum keine Zelltheilungen verbunden sind. Derartige Fälle- müssen also von der gestellten Aufgabe gänzlich ausgeschlossen werden, weil hier eine Beziehung zwischen Zellengrösse und Grösse der Organe überhaupt nicht im Sinne der gestellten Aufgabe vorhanden ist. Wenn in solchen Fällen überhaupt von einem Verhältniss der Zellengrösse zur Grösse der Organe die Rede sein sollte, so müsste man auf den von Sachs in neuester Zeit aufgestellten Begriff der Energiden!) zurückgehen, was jedoch ausserhalb der hier gestellten Aufgabe liegt. 1) Den Begriff der Energiden, durch den man das ganze Wesen einer Zelle von einer ganz neuen Seite kennen lernt, gebe ich am besten mit Sachs’ eigenen Worten wieder. Sachs sagt: (Flora 1892, Heft I. Physiologische Notizen von J. Sachs. Beiträge zur Zellentheorie. a) Energiden unb Zellen.) „Unter einer Energide denke ieh mir Fiora 1893, 12 178 Da sich nun in einer Caulerpa oder Halimeda viele Tausende solcher Energiden befinden, wäre es eine besondere Aufgabe, die Zahl oder das Volumen der Energiden mit dem Volumen einer der- artigen Pflanze in Beziehung zu setzen. Diese hochwichtige Frage würde jedoch eine so ausgedehnte Untersuchung verlangen, wie sie in der, durch die Preisfrage be- dingten, kurzen Zeit sieh nicht erreichen lässt; sie ist deshalb auch ausgeschlossen worden. In derselben Lage befindet man sich den Mikrosporen und Makro- sporen der Prothallioten und Pollenkörnern und Embryosäcken der Gymnospermen und Angiospermen gegenüber. Auch hier findet man theils winzig kleine Organe, wie die eine Energide enthaltende Mi- krospore einer Prothalliote, theils sehr grosse Organe, wie die viele Energiden enthaltende Makrospore, oder den viele Tausende von Ener- giden enthaltenden Embryosack einer Oocosnuss. Und doch sind dies alles Zellen im älteren Sinne des Wortes, obgleich eine solche Zelle, wie bei der Cocosnuss, mehrere hundert Cubikcentimeter Inhalt haben kann. Ausserdem ist in dem Wortlaut der Preisfrage nur von Zellen die Rede, ich habe daher nur die Zellen in meine Arbeit hinein- genommen, wo eine Zelle als eine Kammer im Gewebe einer Pflanze aufzufassen ist. Die Beziehungen dieser Kammern zur Grösse der Organe fest- zustellen, halte ich für den eigentlichen Sinn der Frage und in diesem Sinne habe ich sie zu beantworten gesucht. Nach dem Vorhergesagten können also nur Gewebezellen in Be- . tracht kommen. In hoch organisirten Pflanzen sind die verschiedensten Formen der Zellen vertreten, aber alle diese Formen zu messen, wäre einen einzelnen Zellkern mit dem von ihm beherrschten Protoplasma, so zwar, dass ein Kern und das ihn umgebende Protoplasma als ein Ganzes zu denken sind und dieses Ganze ist eine organische Einheit, sowohl im morphologischen wie im physiologischen Sinne. „Bekamtlich ist ein kleiner Klumpen Protoplasma ohne Kern nicht wachs- thums- und nicht gestaltungsfähig; noch weniger ist dies ein Kern ohne Proto- plasma; beide gehören zusammen und erst in ihrer Vereinigung sind sie das Elementargebilde, aus welchem sich die Organismen aufbauen. „Den Namen Energide wähle ich, um damit die Haupteigenschaft dieses Ge- bildes zu bezeichnen: dass es nämlich innere Thatkraft, oder wenn man will: Lebenskraft besitzt. Wenn sich die Energide in zwei theilt, so verdoppelt sich die Lebensenergie, nachdem sich die Energide. vorher durch Ernährung . ver- stärkt hat,* \ 179 nicht die Arbeit einiger Monate und sollte sich die Frage auf alle Gewebezellen beziehen, so würde dazu eine lange Zeit, jedenfalls mehrere Jahre erforderlich sein. Man denke nur an die verschiedenen bekannten Gewebeformen der Epidermis, des Parenchyms und der Gefässbündel, an die verschiedene Gestalt und Grösse aller dieser Zellen, so wird man zu der Ueberzeugung kommen, dass die ganze Aufgabe in verschiedene Unterabtheilungen zu zergliedern sein würde, Es würden Messungen anzustellen sein, über die Grösse der Zellen der Fibrovasalstränge mit ihren Siebröhren, Bast und Holzzellen und Gefässen, über die Grösse der Zellen des embryonalen Gewebes, sowohl 'in den Vegetationspunkten, als auch im Embryo selbst, über. die Zellen- grösse im Endosperm, im Sklerenchym, im Cambium und andere mehr. Bei der ausserordentlichen Mannigfaltigkeit dieser Formen wird jeder, der den Bau der Pflanzen und also auch die enormen Schwierig- keiten derartiger Untersuchungen kennt, zugeben, dass es unmöglich ist, eine derartige Arbeit in wenigen Monaten auszuführen. In einem Gefässbündel, in dem die verschiedensten Zellformen und zwar im Allgemeinen sehr enge und kleine, auf einen engen Raum zusammen- gedrängt sind, die Zellen zu sondern und zu messen, würde jahrelange „Zeit erfordern und mit Ueberwindung grosser technischer Schwierig- keiten zu kämpfen haben. Bei einem solehen Stand der Dinge habe ich mich entschlossen, nur eine Gewebeform der Untersuchung zu unterwerfen und zwar diejenige, die sich im Allgemeinen durch nam- hafte Grösse ihrer Zellen und einfache Gestalt derselben auszeichnet: Es ist dies das parenchymatische Gewebe der Rinde und des Markes und von den Blättern Epidermis und Mesophyll, also diejenigen Ge- webeformen, welche man früher in der Botanik überhaupt unter dem Begriff des Zellgewebes, gegenüber den Fasern und Gefässen, verstand. Den grössten Theil dieser Messungen musste ich in kurzer Zeit ausführen und zwar hauptsächlich in den Monaten April bis August, um so noch Zeit für die schriftliche Bearbeitung der Frage zu ge- winnen. Die Monate Januar bis März konnte ich dagegen nicht aus- nutzen, da die Gewächshauspflanzen in einem Zustand sich befinden, der, wie aus dem Folgenden hervorgeht, meiner Untersuchung die ge- eigneten Objecte nicht oder nur in unvollkommener Weise darbot. Der gewünschte Unterschied zwischen kleinen und grossen Organen, auf den ich vorwiegend Werth legen musste, ist durch andere störende Einflüsse zum. Theil verdeckt. Denn für mich kam es vor allen Dingen darauf an, möglichst grosse und möglichst kleine, aber morphologisch völlig gleiche Drgane 186 (Blätter, Früchte, Samen, Knollen, Internodien u. s. w.) im gleichen Entwickelungszustand vergleichend zu messen. Der Werth dieser Messungen wird nämlich illusorisch und entspricht dem Sinne der Frage nicht, wenn man die Objecte nicht in genau demselben Ent- wickelungszustand misst. Einen solchen völlig gleichen Entwickelungs- zustand findet man aber nur an völlig ausgewachsenen Organen; junge und im Wachsthum befindliche Organe sind also ausgeschlossen, da deren Messungen nur eine Geschichte des Wachsthums ergeben würden. Musste ich also auf der einen Seite, wie aus dem Vorhergehenden zu ersehen, meine Arbeit einschränken, so möchte ich andererseits eine Erweiterung meiner Aufgabe für zweckmässig halten. Es sind dies Messungen, die sich auf die Preisfrage im engsten Sinne des Wortes nicht beziehen und mehr auf das physiologische Gebiet hinüberspielen, auf die ich aber durch meine Hauptarbeit ganz von selbst hingelenkt worden bin. An die Vergleichung von morphologisch gleichen Organen der- selben Pflanze schliesst sich zuerst die Vergleichung von Organen sehr nahe verwandter Pflanzen, die in eine Familie gehören und im ganzen Habitus Aehnlichkeit zeigen, an. Dann lag es nahe, etwas darüber zu erfahren, was man als die maximalen Grössen: hoch- organisirter Pflanzen etwa betrachten darf; gerade in dieser Hinsicht lassen sich in der Litteratur kaum brauchbare Angaben finden. Von ganz besonderem Interesse schien mir aus leicht begreiflichen Gründen die Frage, wie sich die Zellen der Wasserpflanzen zu denen der Landpflanzen verhalten, denn unwillkürlich pflegt man vorauszusetzen, dass bei gleicher Grösse der Organe die Zellen der Wasserpflanzen grösser als die der Landpflanzen seien, und dies um so mehr, als aus manchen Untersuchungen hervorgeht, dass in der That gleichartige Organe derselben Pflanzenspecies bei grösserer Wasserzufuhr auch grössere. Zellen und grössere Organe bilden können. Besonders nahe liegend schien es, als ob die Zellengrössen des Pollens in Beziehung zu den Antheren und weiblichen Organen und ebenso die Grössen der Haare selbst zu der ihrer Zellen leicht wahrnehmbare Beziehungen im Sinne unserer Preisfrage darbieten müssen. Allein diese Ver- - muthung hat sich durch meine Untersuchung auffallender Weise nicht bestätigt. Betreffs der Pollenkörner hätte man vermuthen dürfen, dass ihre Grösse mit der Grösse der Antheren und vielleicht auch der der Narben und Samenknospen Hand in Hand gehen würde, allein die Unter- suchung zeigt, dass Pflanzen, welche durch Insekten bestäubt werden, 181 im Allgemeinen grössere Pollenkörner haben, als solche, welche durch den Wind bestäubt werden. Die Zellen der Haare bieten der Preisfrage gegenüber scheinbar ein besonders günstiges Material dar, weil man hier ohne Präparation die Dimensionen der Zellen und der ganzen Haare nach allen Rich- tungen hin feststellen und vergleichen kann. Die direete Untersuchung zeigt jedoch, dass Haare von gleicher Form bei ein und derselben Pflanzenspecies unter sich gewöhnlich gleich gross sind, als eine Ver- gleichung, wie sie oben für grosse und kleine, aber morphologisch gleiche Organe verlangt ist, von selbst fortfällt. Dazu kommt noch, dass die Haare durch die ihnen gestattete Freiheit des Raumes sich in einer weit günstigeren Lage befinden, als die dicht an einander geschlossenen Zellen des parenchymatischen Grundgewebes, die als solche nur einzelne Theile des Zellengerüstes der Pflanze darstellen und bei ihrem Wachsthum durch die sie umgebenden Gewebemassen gehindert sich dem Gesammtwachsthum des Organs unterordnen müssen, was eben bei den Haaren aus dem Grunde nicht der Fall ist. B, Litteratur. Sieht man sich in der botanisch-anatomischen Litteratur um, so findet man Tausende von Zellgewebebildern und in den meisten Fällen ist in der ‚Figurenerklärung auch angegeben, nach welcher Ver- grösserung die mikroskopische Abbildung hergestellt ist. Es handelt sich jedoch hier nur um einen Sprachgebrauch, der sich in der Litteratur eingebürgert hat, denn die angegebene Vergrösserungs- zahl besagt nicht, dass das betreffende Bild genau so viel mal dem betreffenden Object gegenüber vergrössert ist, sondern nur, dass das Bild bei der betreffenden Vergrösserung in beliebiger Grösse gezeichnet wurde. Entsprächen die den Abbildungen beigesetzten Vergrösserungszahlen der Wirklichkeit, so könnte man leicht durch . einfaches Nachmessen mit Zirkel und Maassstab die wirkliche Grösse der Zellen bestimmen und man hätte nur noch nöthig, die Grösse des Organs selbst zu kennen, allein von dieser letzteren ist niemals die Rede, ebenso wenig wie die Zellenzeichnung selbst der ange- gebenen Vergrösserungszahl entspricht, und aus diesem Grunde ist das grosse litterarische Material für meinen Zweck leider nicht zu brauchen. Es bleiben nur noch die wenigen Angaben übrig, welche verschiedene Schriftsteller ausdrücklich in ihren Werken. über die wirkliche Grösse der Zellen gemacht haben. Die meisten, wenn auch 182 nicht gerade unserem Zweck genau entsprechenden, Angaben findet man noch in den Monographien über niedere Algen und Pilze, da bei manchen derselben die Grösse zur Bestimmung der Species nöthig ist, oder sonst ein wissenschaftliches oder praktisches Interesse dar- bietet. Dagegen ist die blosse Angabe über Grösse von Gewebezellen im Sinne unserer Preisfrage, bei der es sich ja überhaupt nicht um Zellengrösse als solehe, sondern um Beziehungen der Zellengrössen zu der Grösse der Organe handelt, in der Litteratur kaum anzutreffen. Sehen wir ab von dem strengen Sinne unserer Preisfrage, so kann ich allenfalls betreffis der Zellengrösse bei Pflanzen auf einige Angaben von Mohl und Sanio hinweisen, was ich jedoch nur der Vollständigkeit halber thue, weil diese Angaben mit unserer Preis- frage eigentlich und streng genommen nichts zu thun haben. Mohl') sagt in seiner bekannten Abhandlung: „Die vegetabilische Zelle“ (Hand- wörterbuch der Physiologie 1851) über die Grösse der Zellen Folgendes: „So wichtig auch für manche specielle, besonders auf die Ent- wickelungsgeschichte sich beziehende Untersuchungen eine genaue Grössenbestimmung einzelner Elementarorgane ist, so hat doch im Allgemeinen die Kenntniss von der Grösse der Zellen nur einen sehr untergeordneten Werth und dieses um so mehr, da nicht bloss die Zellen des gleichen Organs bei verschiedenen Pflanzen in Hinsicht auf ihre Grösse ausserordentlich grosse Verschiedenheiten zeigen, sondern auch die neben einander liegenden Zellen ein und desselben Organs in ihren Dimensionen nicht selten beträchtig von einander abweichen. Von den ersteren gewähren die Pollenkörner ein sehr auffallendes Beispiel; es besitzen dieselben zwar bei jeder Pflanzenart ziemlich constante Dimensionen, dagegen wechselt ihr Durchmesser von Y/ao0”‘ (z. B. bei Myosotis) bis zu 1/ıs”” und darüber (bei Cu- eurbita, Strelitzia u. s. w.). Die Zellen desselben Organs sind unter einander leicht um das Doppelte und Dreifache ihrer Grösse ver- schieden. „Den Durchmesser der Parenchymzellen können wir im Allgemeinen etwa Yao—!/ıo0‘” annehmen; es fällt dagegen in einzelnen Fällen (z. B. bei den Sporen mancher Pilze bei den Hefezellen) auf weniger als !/s00° herab und steigt in anderen Fällen, z. B. saftigen Früchten, im Marke des Hollunders u. s. w. auf !/ıo‘ und darüber, so dass in solchen Fällen die einzelnen Zellen dem Auge wohl sichtbar sind, was im Allgemeinen nicht der Fall ist. 1) Mohl, Die vegetabilische Zelle, ‚ 183 „Mit dieser geringen Grösse der Mehrzahl der Parenchymzellen bilden die Dimensionen vieler gestreckter Zellen einen auffallenden Contrast, indem zwar der Durchmesser derselben gewöhnlich be- trächtlich kleiner als der Durchmesser der Parenchymzellen ist, da- gegen die Längenausdehnung oft sehr beträchtig ist. In Beziehung auf die Mehrzahl der gestreckten Zellen, namentlich der prosenchy- matosen Zellen des Holzes und Bastes der meisten Pflanzen, würde man sich zwar sehr täuschen, wenn man aus der faserigen Struktur dieser Organe auf eine bedeutende Länge der sie zusammensetzenden Zellen schliessen würde, dagegen kommen doch auch Fälle vor, in welchen einzelne Zellen eine überraschend grosse Längenausdehnung zeigen. Die prosenchymatosen Zellen des Holzes zeigen im Allgemeinen nur eine Länge von !/a—1 Linie und überschreiten diese letztere Dimension nur selten; ungefähr gleiche Länge erreichen wohl im Allgemeinen die Bastzellen, doch kommen sie in einzelnen Fällen auch von weit bedeutenderer Länge vor, so fand ich sie in einer Palme (einer Species von Astrocaryum) 1’, 6 bis 2°, 6 lang. Um ein beträchtiges länger, aber schwer zu messen, da man über Anfang und Ende einer Zelle häufig ungewiss ist, sind die Bastzellen von F'lachs und Hanf, Eine sehr beträchtige Länge zeigen ferner manche aus einfachen Zellen gebildete Haare, vorzugsweise die Baumwolle, deren längste Fäden aber doch nicht über 1—2 Zoll steigen. Am auffallendsten durch ihr starkes Längenwachsthum sind unter den Zellen höherer Pflanzen die Pollenkörner, deren in die Griffel eindringenden fadenförmigen Auswüchse bei den mit langen Griffeln versehenen Pflanzen, wie Mirabilis longiflora, Cactus grandiflorus u. s. w. die Länge von drei und mehr Zoll erreichen. „Die auffallendsten Beispiele von grossen Zellen finden sich in der Familie der Algen, bei manchen einzelligen Algen, wie bei Vaucheria, Bryopsis und vorzugsweise Chara, bei deren grösseren Arten die grossen, die Internodien des Stammes bildenden Zellen die Länge von mehreren Zollen und .einen Durchmesser von !/s‘’ und darüber erreichen. Eine noch viel reichere Angaben über Zellengrössen bietende Abhandlung ist die von Dr. C. Sanio: „Ueber die Grösse der Holz- zellen. in der gemeinen Kiefer*. Diese sehr verdienstlichen und mit grösster Sorgfalt bearbeiteten Messungen haben leider zu der ge- stellten Frage keine Beziehungen, da der Zweck von Sanio’s Arbeit ein anderer ist. Dennoch erlaube ich mir das Wichtigste aus dieser durch die Genauigkeit der Messungen ausgezeichneten Arbeit an- 184 zuführen, schon desshalb, weil sich hier zeigt, um wie viel Sanio’s Arbeit für uns werthvoller sein würde, wenn Sanio bei seinen Mes- sungen eine der unserigen ähnliche Frage behandelt hätte. Trotz dieser Verschiedenheit der Aufgaben, um die es sich hier handelt, halte ich es doch für zweckmässig, etwas näher auf Sanio’s Mes- sungen einzugehen, weil es sich eben um Zellengrössen handelt. Ich führe hier folgende Sätze und Zahlen der oben erwähnten Abhandlung (im achten Band der Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik erschienen, $8. 401 u. f.) an: „1. Die Holzzellen nehmen in den Stamm- und Asttheilen überall von innen nach aussen durch eine Anzahl von Jahresringen hindurch zu, bis eine bestimmte Grösse erreicht ist, welche dann für die folgenden Jahresringe constant bleibt. „2. Die endliche constante Grösse der Holzzellen ändert sich im Stamm in der Weise ab, dass sie stetig von unten nach oben zu- nimmt, in bestimmter Höhe ihr Maximum erreicht und dann nach dem Wipfel zu wieder abnimmt. „3. Die endliche Grösse der Holzzellen in den Aesten ist geringer als im Stamm, hängt aber von diesem in der Weise ab, dass die- jenigen Aeste, welche in solcher Stammhöhe entspringen, in der die Holzzellen grösser sind, auch grössere Zellen haben als die Aeste, welche an solchen Stammhöhen entspringen, an denen die constante Zellengrösse eine geringere ist. „4. Auch in den Aesten nimmt die constante Grösse in den äusseron Jahresringen nach der Spitze zu, um dann wieder zu fallen. Bei dem unregelmässigen, knorrigen Wachsen der Wipfeläste kommen indess Unregelmässigkeiten vor; so beobachtete ich bei dem einen Aste, den ich durch eine beträchtige Länge hindurch näher unter- suchte, ein zweimaliges Steigen und Fallen.“ Specielle Messungen Sanio’s. (Die Ausdrücke „M. Br.“ und „M. L.* bedeuten mittlere Breite und mittlere Länge.) I, Zweijährige Pflanze. Einjähriger Trieb: M. Br. 0,011 mm M. L. 0,75 mm. Zweijähriger Trieb. Erster J; ahresring: M. Br. 0,01 mm. I. Sechsjährige Pflanze. 1. Sechster einjähriger Jahrestrieb: M. Br. 0,013 mm M. L. 0,75 mm, 185 2. Fünfter zweijähriger Jahrestrieb. Erster Jahresring: M. Br. 0,012 mım M. L. 0,78 mm. 3. Vierter dreijähriger Jahrestrieb. Erster Jahresring: M. Br, 0,012 mm M. L. 0,69 mm. 4. Dritter vierjähriger Jahrestrieb. Erster Jahresring: M. Br. 0,011 mm. -5. Zweiter fünfjähriger Jahrestrieb. Erster Jahresring: M. Br. 0,011 mm M. L. 0,55 mm. 6. Erster sechsjähriger Trieb. Erster Jahresring: M. Br. 0,01 mm. 7. Wurzel. Erster Jahresring: M. Br. 0,013 mm. IH. 110jähriger Hochstamm. 1. 21jährige Scheibe aus dem Wipfel. Erster Jahresring: M. Br. 0,016 mm M. L. 0,78 mm. 2. 35jährige Scheibe aus dem Wipfel über den dicken Aesten der Krone. Erster Jahersring: M. Br. 0,016 mm M. L. 0,8 mm. 3. 72 jährige Scheibe aus dem Zopfende des Stammes, 36 Fuss über dem Boden, mindestens 10 Fuss unter der Krone. Erster Jahresring: M. Br. 0,017 mm M. L. 0,95 mm. - 4. 105 jährige Stammscheibe kurz über dem Boden. Erster Jahresring: “ —_M. Br. 0,011 mm. IV. Die Aeste. 1. Wipfelast 52 Fuss über dem Boden entspringend. a) Basis mit 55 Jahresringen. Erster Jahresring: M. Br. 0,015 mm M. L. 0,91 mm. b) Circa 6 Fuss von der Basis mit 46 Jahresringen. Erster Jahresring: M. L. Imm. C. Methode der Messungen. Nachdem ich die Preisfrage in solcher Gestalt zum Theil einge- engt, zum Theil aber auch erweitert habe, wie es im Laufe meiner Untersuchung sich als nothwendig herausstellte, wird es nunmehr nöthig sein zu sagen, in welcher Weise ich die ‚Messungen ausge- führt habe. Es kam mir vor allen Dingen, wie schon oben erwähnt, darauf an, die Objecte genau, in demselben Entwickelungszustand vergleichend : 186 zu messen. Zu diesem Zweck suchte ich mir Blätter, Internodien, überwinterte Knollen, Früchte, Samenkörner u. s. w. mit grofser Sorg- falt aus und zwar in der Art, dafs ich, bei morphogisch völliger gleicher Beschaffenheit der Organe, sehr grosse und sehr kleine Exem- plare mit einander vergleichen konnte. Es wurde z. B. ein Rheum- blatt, dessen Mittelrippe eine Länge von 750mm hatte, mit einem solchen von 125mm Länge verglichen, also ein Grössenunterschied wie 6:1. Im anderen Falle eine Kartoffelknolle von 250 cem mit einer solchen von 5 cem, also ein Grössenunterschied wie 50:1. Von den so ausgesuchten Exemplaren wurden nun an corre- spondirenden Stellen sehr dünne Längs- oder Querschnitte gemacht, welche in den beiden Fällen den Symmetrieverhältnissen des Organs genau entsprachen. Zur Untersuchung wurden die Schnitte in Wasser oder Glycerin eingebettet, in manchen Fällen zur besseren Sichtbarmachung auch gefärbt, auf ein Objectivmikrometer gelegt und nun gezählt, wie viel Zellen auf eine bestimmte Maasseinheit, gewöhnlich ein Milli- meter, gingen. Die Schnitte wurden so gelegt, dass der Maassstab bei den verschiedenen Objeeten wieder correspondirend lag, da ‘auf diese Weise die Volumina der zu vergleichenden Zellen, die unter sich gleiche Form haben, aus den correspondirenden Durchmessern von selbst zu erschliessen sind. Es wurden die Zellen von 10 ver- schiedenen Schnitten des grossen und ebenso vielen Schnitten des kleinen Organs auf einer gleichen Zahl von Mikrometerstrichen ge- zählt und die jedesmal gefundene Zahl der Zellen notirt. (Es sind dies in den Tabellen diejenigen Zahlen, welche auf die jedesmaligen Grössenbestimmungen folgen). Diese Zahlen wurden nun summirt durch die Zahl der einzelnen Beobachtungen getheilt und so die mittlere Grösse der beobachteten Zellen festgestellt und diese Mittel- zahl als das Resultat der Messungen für das betreffende Object be- trachtet. Die Messungen sind nicht in den drei Richtungen des Raumes ausgeführt, da dieses in den meisten Fällen aus technischen Gründen schlechterdings unmöglich ist. Nach dem Satz, bei ähn- lichen Körpern von ähnlicher Gestalt verhalten sich die Volumina derselben wie die einzelnen correspondirenden Dimensionen, kann also aus den linearen Messungen auf die Volumina der Zellen ge- schlossen werden, da ich immer nur ähnliche Zellen in ähnlichen Organen nach gleichen symmetrischen Dimensionen gemessen habe. Die Nothwendigkeit, Mittelzahlen aus sehr vielen Einzelbeobachtungen zu gewinnen, ist gerade bei dieser Aufgabe nicht zu umgehen und erst durch diese Mittelzahlen fand ich bestätigt, was ich trotz der 187 Schwierigkeit der Messungen und der unvermeidlichen Beobachtungs- fehler als das Hauptresultat meiner Arbeit ansehe: Dass nämlich bei morphologisch gleichen Pflanzen- theilen trotz der ausserordentlichen Grössenunter- schiede doch die mittlerem Zellengrössen dieselben bleiben. Oder anders ausgedrückt, die Grösse der Or- gane hängt nicht von der Grösse der Zellen ab, oder je nachdem man das Causalverhältniss zwischen Wachs- thum und Zelltheilung auffasst, die Zahl der Zellen hängt von der Grösse des Organs ab. Nach den dargelegten Grundsätzen habe ich im Laufe der Monate April bis August ca. 1200. Einzelmessungen gemacht. In welcher Weise ich durch diese zahlreichen Messungen zu dem eben genannten wichtigen Resultat gelangt bin, wird aus den folgenden kleinen Ta- bellen hervorgehen; ich habe jeder derselben, die sich auf je eine Species und je ein Organ beziehen, eine besondere Erklärung vor- angestellt, die zum Verständniss genügen wird. D. Tabellen. A. Organe derselben Pflanze. — B. Organe verschiedener Pflanzen derselben Species. — C, Pflanzen aus derselben Familie. — D. Wasser- und Landpflanzen. — C. Ma- ximale Zellengrössen. — F. Haare. — G. Pollen. A.:Organe derselben Pflanzen. Es sind Organe von ursprünglich völlig gleicher Beschaffenheit aber beträchtigem Grössenunterschied.: Buxus sempervirens. Es wurden Querschnitte. durch vorjährige Blätter gemacht und das Pallisadenparenchym gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 34 mm Länge 10mm Breite 17mm Breite 6mm. Auf Imm kommen Zellen: 68. 67. 71. 70. 72 72. 69. 66. 71. 71 67. 72. 65. 67. 72 69. 75. 68. 70. 67. Mittelzahl für Imm: 69,7 Zellen 69,8 Zellen. Also Durchmesser einer Zelle: 188 Vitis vinifera. Es wurden Querschnitte durch das Holz eines kräftig entwickelten und eines schwach entwickelten Sprosses gemacht. Kräftiger Schwacher Spross Gesammtdurchmesser: 6 mm 3,5 mm Durchmesser des Markes: 4 mn. j 2,5 mm. Es bleiben also für Holz: 2mm i mm. Auf Imm kommen Zellen: 65. 62. 67. 62. 61 62. 58. 68. 63. 68 62. 63. 61. 63. 63 60. 66. 62. 64. 61. Mittelzahl für Imm: 69,2 Zellen 63,2 Zellen. Also Durchmesser einer Zelle: 0,015 mm 0,015 mm. Selaginella Krausiane. Es wurden Querschnitte durch Blätter *gemacht und die Zellen der Epidermis gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 5mm Länge 2mm Breite 2mm Breite 1,ö5mm, Auf Imm kommer Zellen: 40. 40. 41. 42. 38 41. 44. 45. 40. 40 41. 42, 40. 38. 40 41. 40, 48. 42, 41. Mittelzahl für 1 mm: 40,3 Zellen 41,6 Zellen. Also Durchmesser einer Zelle: 0,0248 mm 0,024 mm. Prunus Lauro-Cerasus. Es wurden Querschnitte ‘durch vorjährige Blätter gemacht und das Pallisadenparenchym gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 143mm Länge 5imm Breite 52mm Breite 19mm. Auf Imm kommen Zellen: 50. 50. 51. 53. 52 - 47. 46: 45. 47. 46 48. 50. 50. 49. 48 48. 48. 45. 48. 47, 189 Mittelzahl für 1 mm: 50,1 Zellen 46,7 Zellen. Also Durchmesser einer Zelle: 0,0199 mm 0,021 mm. Passiflora quadrangularis. Es wurden Querschnitte durch Blätter gemacht und das Palli- sadenparenchym gemessen. Grosses Kleines Blatt - Länge 190mm Länge 73mm * Breite 120mm Breite 52mm Auf Imm kommen Zellen: 60. 55. 55. 53. 53 54. 57. 58. 58. 54 56. 55. 55. 53. 55° 583. 54. 56. 52. 55. Mittelzahl für 1 mm: 55,3 Zellen 56,1 Zellen. Also Durchmesser einer Zelle: 0,018 mm 0,0178 mm. Nymphaea. alba. Es wurden Querschnitte durch diesjährige Blätter gemacht und und das Pallisadenparenchym gemessen. Grosses Kleines “ Blatt Länge 230 mm Länge 95mm Breite 230mm Breite 95mm. Auf Imm kommen Zellen: 66. 56. 59. 60. 62 63. 59. 62. 56. 64 60. 58. 57. 58. 64 59. 56. 63. 60. 57. Mittelzahl für Imm: - 60 Zeilen 59,9 Zellen. Also Durchmesser einer Zelle: 0,0166 mm 0,0166 mm. Ficus macrocarpa. Es wurden Querschnitte durch alte Blätter gemacht und die Epidermiszellen gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 255mm Länge 100 mm Breite 111mm Breite 60 mm. Auf Iimm kommen Zellen: 27. 25. 24. 26. 26 25. 25. 25. 27. 27 24. 25. 23. 26. 27 26. 25. 26. 25. 25. 190 Mittelzahl für 1 mm: 25,3 Zellen 25,6 Zellen. Also Grösse einer Zelle: 0,0395 mm 0,039 mm. Aristolochia Sipho. Es wurden Querschnitte durch die Blätter gemacht und die Zellen der Epidermis gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 200 mın “ Länge 45mm Breite 230 mm Breite 40 mm Auf Imm kommen Zellen: 85. 89. 86. 35. 87. 89. 38. 39. 36. 88. [ 38. 39. 37. 88. 37. 86. 38. 89. 38. 87. Mittelzahl für 1 mm: - 37,3 Zellen 37,1 Zellen Also Durchmesser einer Zelle: 0,0263 mm 0,0269 mm Iheum offieinale. Es wurden Quertschnitte durch die Blätter gemacht und die Zellen des Pallisadenparenchyms gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 750 mm Länge 125 mm Breite 760 mm Breite 115 mm. Auf Imm kommen Zellen: 47. 51. 48. 50. 47. 49. 52. 50. 59. 48. 47. 48. 47. 50. 48. 48. 49, 48. 47. 47. Mittelzahl für Imm: 48,3 Zellen 49 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,0207 mm 0,0204 mm. Quercus sessiliflora. Es wurden Querschnitte durch die Blätter gemacht und die Zellen der Epidermis gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge 160 mm Länge 78mm Breite 114 mm “ Breite 39 mm Auf Imm kommen Zellen: 37. 32. 36. 33. 35. 832. 35. 34. 37. 38. 35. 32. 35. 34. 37. 33. 34. 37. 86. 34. 19i Mittelzahl für 1 mm: 34,9 Zellen 35 Zellen. Durchmesser einer Zelle; 0,0286 mm 0,0285 mm. Populus nigra. Es wurden am Basalende einjähriger Holzsprosse Querschnitte gemacht und die Holzzellen gemessen. Kräftiger Schwacher Spross j Länge 1300 mm Länge 400 mm Durchmesser am Basalende: Smm 4mm Auf Imm kommen Zellen: 64. 61. 62. 57. 63. 63. 69. 67. 70. 61. 59. 62. 63. 62. 60. 62. 64. 65. 63. 70. Mittelzahl für 1 mm: 59,6 Zellen 65,4 Zellen Durchmesser einer Zelle: 0,0167 mm 0,0153 mm Menyanthes trifoliata. Es wurde die Epidermis abgezogen und die Spaltöffnungen mit Einschluss der Schiesszellen an. der breitesten Stelle gemessen. Die Messungen sind mit Ocularmikrometer gemacht und bedeuten die Zahlen Abschnitte des Ocularmikrometers. Die wirkliche Grösse wurde durch Vergleichung mit einem Objeetivmikrometer ermittelt. Es ergab sich, dass 40 Abschnitte des Ocularmikrometers gleich 0,1lmm waren. Auf eine Spaltöffnung kommen Abschnitte: 15. 10. 15. 12. 14. 15. 12. 10. 12. 13. 18. 15. 16. 14. 16. 12. 14. 12. 13. 15. Mittelzahl: 14,5 12,8 Es ergibt sich hieraus als Breite der Spaltöffuungen: 145/40 mm 128/40, mm = 0,036 mm 0,032 mm B. Organe verschiedener Pflanzen derselben Species. Bei diesen Tabellen smd ebenfalls beträchtige Grössenunterschiede vorhanden, die Organe sind aber im Gegensatz zu den vorigen ver- schiedenen Individuen derselben Species entnommen. 193 Helianthus tuberosus. Es wurden Längsschnitte aus der Mitte einer grossen und einer kleinen vorjährigen Knolle gemacht. Grosse Kleine Knolle . Gewicht: 182 Gramm Gewicht: 6,5 Gramm. Auf 1mm kommen Zellen: 16. 17. 16. 18. 16. 18. 18. 16. 17. 16. 17. 17. 17. 18. 17. 17. 17. 18. 19. 18. Mittelzahl für Imm: 16,9 Zellen 17,4 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,059 mm 0,057 mm Solanum tuberosum. Es wurden Längsschnitte aus der inneren Schicht (Mark) und der äusseren Schicht (Rinde) vorjähriger Kartoffelknollen gemacht und die Zellen gemessen. a) Längsschnitte aus dem Mark: Auf Imm kommen Zellen: 5.5.6.5.5. 6. 6. 6. 7.6. 5.5.5545. 6. 7.6.5.7. Mittelzahl eines Millimeters: 5 Zellen 6,2 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,2 mm 0,161 mm b) Längsschnitte aus der Rinde: Auf imm kommen Zellen: 1.7.8. 7.7. 88878. 7.8.7.6. 8. 87879. Mittelzahl für Imm: "7,2 Zellen "7,8 Zellen, Durchmesser einer Zelle: 0,13 mm . 0,127 mm Gewieht: 2435 Gramm 25 Gramm Phaseolus multiflorus. Es wurden an Querschnitten aus der Mitte der Cotyledonen vor- "jähriger Bohnen die Zellen gemessen. i Grosse Kleine Bohne Gewicht: 1,54 Gramm Gewicht: 0,87 Gramm. 193 a) im trockenen Zustand: Auf imm kommen Zellen: 12. 12. 12. 13. 12. 12. 13. 12. 11. 13. 12. 12. 11. 11. 13. 12. 14. 12. 11. 12. Mittelzahl für 1 mm: 12 Zellen 121 Zellen. Durchmesser der Zelle: 0,083 mm 0,0826 mm. b) 24 Stunden gequollen: Auf Iimm kommen Zellen: 9. 10. 9. 10. 9. 10. 10. 11. 10. 11. 9. 10. 9. 10. 9. 11.11. 9. 10. 11. „Mittelzahl für 1 mm: 9,4 Zellen 10,4 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,106 mm 0,096 mm. Gewicht: 8,06 Gramm “Gewicht: 1,25 Gramm. Sambucus nigra. Es wurden von einjährigen Wassersprossen Querschnitte gemacht und Holz und Markzellen gemessen. Kräftiger Schwacher Spross Gesammtdurchmesser: 18,5 mm 12 mm Durchmesser des Markes: 13 mm 85 mm a) Holz: Auf 1mm kommen Zellen: 61. 67. 64. 65. 61. 60. 60. 58. 61. 65. '67. 66. 68. 62. 64. 66. 66. 56. 60. 62. Mitteizahl für I mm: 64,5 Zellen 62,3 Zellen. Durchmesser der Zellen: 0,0155 mm 0,016 mm b) Mark: Auf Iimm kommen Zellen: T. 7.8.7.9.7. .T 1. 6.7.8.7. Mittelzahl für 1 mm: 7 Zellen 7,3 Zellen. Durchmesser der Zelle: 0,142 mm 0,137 mm ao © a 6.7 71.7 Flora 1893, 13 194 Sambueus nigra. Es wurden von vorjährigen Holzsprossen Querschnitte gemacht und die Holzzellen gemessen. Kräftiger Schwacher Spross Gesammtdurchmesser : 9,5 mm 4,5 mm Durchmesser des Markes: 1,5 mm imm Auf Imm kommen Zellen: 57. 60. 61. 56. 59. 68. 56. 61. 57. 64. 56. 57. 68. 59. 58. 64. 55. 60. 66. 54. Mittelzahl für Imm; * 58,6 Zellen 60 Zellen, Durchmesser der Zelle: 0,017 mm 0,0166 mm. Polygonum euspidatum. Es wurden von ceorrespondirenden Internodien Querschnitte ge- macht und die Parenchymzellen auf der Innenseite gemessen. Kräftiges Schwaches Internodium Länge des ganzen Internodiums: 70 nm 40 mn Durchmesser des Internodiums : 25 mm 6 mm Durchmesser des Hohlraums: 15 mm 3mm Auf 2mm kommen Zellen: | 25. 23. 24. 24. 26. 28. 30. 80. 29. 32. 24. 22. 26. 22. 23. 32. 30. 31. 29. 32. Mittelzahl für 2 mm: 23,9 Zellen 30,3 Zellen, Mittelzahl für Lmm: 11,9 Zellen 15,15 Zellen. Durchmesser der Zellen: 0,083 mm 0,066 mm. Ailanthıs glandulosa. Es wurden von diessjährigen Wassersprossen Querschnitte ge- macht und die Markzellen gemessen. 195 Kräftiger Schwacher - . Spross Länge des ganzen Sprosses: 1300 mm 450 mm Durchmesser am Basalende: 1% mm 6 mm Auf Imm kommen Zellen: 11. 10. 11. 11. 11. 11. 11. 10. 11. 11. 11. 12. 10. 12. 10. 11. 11. 10. 10. 11. Mittelzahl für I mm: 10,9 Zellen 10,7 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,091 mm 0,093 mm Oucumis sativus. Es wurden Querschnitte durch das parenchymatische Gewebe der Früchte gemacht und diese. Zellen gemessen. Grosse Kleine Gurke Gewicht: 440 Gramm Gewicht: 11 Gramm. Auf 5mm kommen Zellen: 23. 20. 25. 24. 21. 45. 55. 50. 45. 55. 21. 25. 22. 23. 21. 50. 45. 50. 50. 45. Mittelzahl für 5 mm: 22,5 Zellen 49 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,222 mm 0,102 mm. Zea Mays. Es wurden Längsschnitte durch das Endosperm gemacht und zwar von zwei verschiedenen Varietäten, dem Pferdezahnmais und Hühner- mais, Grosses Kleines Korn 10 Korn —=3,7 Gramm 10 Korn — 0,85 Gramm 1 Kom—=0,37 „ 1 Korn —=0,085 ,„ Auf Imm kommen Zellen: 18. 20. 19. 18. 19. 20. 14. 15. 15. 16. 21. 16. 19. 17. 18. 17. 15. 15. 18. 17. Mittelzahl für I mm: 18,5 Zellen 16,2 Zellen. Durchmesser der Zellen: 0,054mm 0,062 mm 13* 196 Fritillaria imperialis. Es wurden von correspondirenden Blättern einer kräftigen und einer schwachen Pflanze Stücke der Epidermis abgezogen und die Epidermiszellen gemessen. Grosses Kleines Blatt Länge: 90 mm Länge: 31 mm Breite: 60 mm Breite: 22 mm. Auf Imm kommen Zellen: 31. 32. 27. 33. 33. 32. 33. 31. 32. 33. 30. 29. 27. 27. 29. 31. 83. 81. 32. 34. Mittelzahl für 1 mm: 29,7 Zellen 32,2 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,033 mm 0,031 mm. Oucurbita Pepo. Es wurden wie bei den vorigen die Parenchymzellen der Früchte gemessen. Grosser Kleiner Kürbis Gewicht: 4 Kilo Gewicht: 225 Gramm. Längendurchmesser:: 250 mm 72 mm Auf Imm kommen Zellen: 9. 9. 10. 9. 10. 89.8 9.9. 9.10.9. 9. 8. 8. 10. 10. 9. 10. Mittelzahl für 1 mm: 9,2 Zellen 9 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,108 mm 0,111 mm C. Organe von Pflanzen aus derselben Familie. Die Objeete dieser Abtheilung sind nahe verwandte Pflanzen, die aber beträchtliche Grössenunterschiede zeigen. Cucurbita Pepo. Cucumis sativus. a) reife Samen, An Querschnitten der Kotyledonen wurden die Zellen gemessen. Gewicht: 0,42 Gramm Gewicht: 0,031 Gramm. Auf Imm kommen Zellen: 52.59. 63. 4d. 67. 55. 56. 61. 69. 57. 58. 45. 68. 54. 60. 57. 69. 67. 62. 60. Mittelzahl für Imm: 57,1 Zellen 61,3 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,017 mm 0,016 mm b) reife Früchte. 197 An Querschnitten wurden die Parenehymzellen der Früchte ge- messen, Gewicht: 225 Gramm 11 Gramm. Auf 5mm kommen Zellen: 40. 45. 40. 45. 45. 45. 55. 50. 45. 55. 40. 50. 50. 45. 50. 50. 45. 50. 50. 45. Mittelzahl für 5 mm: 45 Zellen 49 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,111 mm \ 0,102 mm “ Rheum officinale. Polygonum cuspidatum. Es wurden Querschnitte durch Blätter gemacht und die Zellen des Pallisadenparenchyms gemessen. Länge: 750 mm Länge: 140 mm Breite: 760 mm Breite: 80 mm. Auf imm kommen Zellen: 47. 51. 48. 50. 47. 62. 62. 65. 63. 61. 47. 48. 47. 50. 48. 59. 64. 63. 59. 61. Mittelzahl für Imm: 48,3 Zellen 62 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,0207 mm 0,0161 mm. Cieuta virosa. Conium maculatum. Am Basalende des Stengels wurden Qnerschnitte gemacht und die Zellen des parenchymatischen Gewebes gemessen. Höhe der ganzen Pflanze: 800 mm . 2350 mm Durchmesser am Basalende: 23mm 20 mm Auf Imm kommen Zellen: 12. 16. 13. 12. 12. 13. 17. 13. 18. 18. 12. 14. 13. 14. 13. 12. 14. 17. 14. 15. j Mittelzahl für I mm: 13,1 Zellen 14,1 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,076 mm 0,07 mm 198 Victoria regia. Nymphaea alba. Es wurden Querschnitte durch Blätter gemacht und das Pallisaden- parenchym gemessen. Länge: 900 mm Länge: 190 mım Breite: 900 mm Breite: 190 mm Auf Imm kommen Zellen: 47. 50. 51. 50. 54, 53. 50. 51. 56. 54. 58. 48. 51. 52, 50. 51. 54. 54. 50. 58, Mittelzahl für 1 mm: 50,6 Zellen 52,6 Zellen, Durchmesser einer Zelle: 0,0197 mm 0,019 mm D. Wasser- und Landpflanzen. In dieser Abtheilung wurden, wenn es irgend möglich war, gleich grosse Organe gemessen. Links ist immer Wasser-, rechts immer Landpflanze. Heteranthera reniformis. Asarum europaeum. Es wurden die Epidermiszellen gleich grosser Blätter gemessen. Auf Imm kommen Zellen: 51. 47.47. 45. 50. 19. 21. 19. 19. 20. 47. 50. 46. 51. 47. 20. 19. 18. 20. 20. Mittelzahl für Imm: 48,1 Zellen 19,6 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,0208 mm 0,051 mm. Auf 1| |mm kommen Zellen: 2313 384 Heteranthera zosterifolia. Linum usitalissimum. Es wurden die Epidermiszellen gleich grosser Blätter gemessen. Länge: 35 mm Länge: 35 mm Breite: 5mm Breite: 4mm Auf Imm kommen Zellen: 55. 583. 58. 56. 55. 25. 23. 23. 21. 23. 58. 50. 58. 52. 54. 21. 20. 21. 20. 20. Mittelzahl für 1 mm: 53,9 Zellen 21,7 Zellen. . Durchmesser der Zellen: 0,0185 mm 0,046 nım. Auf 1) |mm kommen: 2905. Zellen 570 Zellen. ‘ 199 Musa Ensete. Avena sativa. Es wurden die Epidermiszellen gemessen. Bei beiden Pflanzen haben die Zellen die Gestalt eines Rechteckes, welches bei Avena sehr in die Länge gezogen ist, es wurden desshalb Quer- und Längs- messungen gemacht. Länge der Blätter: 1440 mm 300 mm Breite der Blätter: 400 mm j 15 mm a) Quermessungen: Auf Imm kommen Zellen: 80. 75. 78. 79. 75. 48. 47. 46. 50. 50. 76. 80. 78. 77. 14. 47. 47. 50. 46. 47. Mittelzahl für I mm: 77,2 Zellen . 47,8 Zellen. Breite einer Zelle: 0,0129 mm 0,0209 mm b) Längenmessungen: Auf Imm kommen Zellen: 40. 32. 44. 38. 49. 35. 28. 25. 45. 44. Eine Zelle lang: 0,6. 0,5. 0,8. 0,5. 1,0 mm. 0,5. 0,5. 0,4. 1.0. 0,3 mm. Mittelzahl für I mm: 38 Zellen 1,63. Zellen. Auf 1|_|mm kommen: 2933 Zellen 78 Zellen, Callitriche verna. Hedysarum multijugum. Es wurden die Zellen der Epidermis gemessen. Länge: Smm Länge: 9mm Breite: Amm Breite: 85mm Auf Iimm kommen Zellen: 28. 27. 26. 26. 29. 46. 47. 47. 45. 47. 27. 30. 30. 27. 28. 44. 46. 44. 45. 47. Mittelzahl für I mm: 27,8 Zellen 45,8 Zellen. Durehmesser einer Zelle: 0,036 mm 0,0218 um. Auf 1|_ |mm kommen Zellen: 2097 172 200 Typha angustifolia. Allium ampeloprasum. Es wurden Querschnitte durch die Blüthenschäfte gemacht und die Zellen des Parenchyms gemessen. Länge des ganzen Schaftes: 1150 mm 1000 mm Durchmesser am Basalende: 5,5 mm 6 mm Auf Iimm kommen Zellen: 18. 17. 20. 17. 18. 14. 11. 13. 14. 12. 19. 19. 21. 20. 18. 13. 14. 15. 12. 13. Mittelzahl für 1 mm: 18,7 Zellen 13,1 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,053 mm 0,076 mm. Cicuta virosa. Conium maculatum. Es wurden Querschnitte am Basalende der Stengel gemacht und das parenchymatische Gewebe gemessen, Höhe der ganzen Pflanze: 800 mm 2350 mm Durchmesser am Basalende: 23 mm j 20 mm Auf 1mm kommen Zellen: 12. 16. 13. 12. 12. 13. 17. 13. 13. 13. 12. 14. 18. 14. 13. 12. 14. 17. 14. 15. Mittelzahl für 1 mm: 13,1 Zellen 14,1 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,076 mm 0,07 mm. Victoria regia. Iheum offeinale. Es wurden Querschnitte durch Blätter gemacht und das Pallisaden- parenchym gemessen. Länge der Blätter: 900 mm 750 mm Breite der Blätter: 900 mm 760 mm Auf Imm kommen Zellen: 47. 50. 51. 50. 54. 47. 51. 48. 50. 47. 53. 48. 51. 52. 50. 47. 48. 47. 50. 48. Mittelzahl für 1 mm: 50,6 Zellen 48,3 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,0197 mm 0,0207 mn. 201 Maximale Zellengrössen von verschiedenen Pflanzen. Als die grössten mir bekannt gewordenen Gewebezellen führe . ich folgende an: Impatiens glandulifera. Es wurde das parenchymatische Gewebe an der Basis des Stammes gemessen. Höhe der ganzen Pflanze: 1350 mm Durchmesser an der Basis: 40 mm Durchmesser des Gewebecylinders: 77mm a) Messungen im Querschnitt: Auf 5mm kommen Zellen: 6. 7.7.5.6. 6.6.6.6.8 Mittelzahl für 5 mm: 6,3 Zellen. Durchmesser einer Zelle im Querschnitt: - 0,79mm b) Messungen im Längsschnitt: Auf 5mm kommen Zellen: 30. 25. 31. 28. 28. 29. 25. 29. 27. 26. Mittelzahl für 5 mm: 26,8 Zellen. Durchmesser einer Zelle im Längsschnitt: 0,186 mm. 5 ebnmm enthalten: 6,3 X 6,3 X 26,8 — 1083,69 Zellen. Der kubische Inhalt einer Zelle: 0,116 cbnım, Sambucus nigra. Es wurden die Markzellen gemessen. a) Querschnittsmessungen: Auf 5nım kommen Zellen: 40. 37. 36. 35. 30. 36. 34. 36. 32. 41. Mittelzahl für 5 mm: 35,7 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,14 mm 202 b) Längsschnittsmessungen: Auf 5mm kommen Zellen: 42. 42. 40. 89. 36. 40. 44. 89. 42, 42. Mittelzahl für 5 mm: 40,6 Zellen. Durchmesser einer Zelle: 0,123 mm. Es enthalten 5 cbmm Zellen: 35,7 X 35,7 X 40,6 — 52742 Zellen. Der kubische Inhalt einer Zelle: 0,14 X 0,14X 0,123 mm == 0,00241 ebmm. Solanum tuberosum. Die Zellen der Kartoffelknollen hatten im Marktheil einen Durch- messer von 0,2 mm, im Rindentheil einen Durchmesser von 0,127 mm. Ailanthus glandulosa. Die Markzellen eines kräftigen Sprosses von Ailanthus glandulosa hatten einen Durchmesser von 0,091 mm, Cucurbita Pepo. Im Parenchym eines Kürbis hatten die Zellen einen Durchmesser von 0,108 mm. Cneumis sabivus. Im Parenchym einer Gurke hatten die Zellen einen Durchmesser von 0,222 mm. Phaseolus multifiorus. In den Cotyledonen der Bohne hatten die Zellen einen Durch- messer von 0,083 mm. Haare. Cucurbita mazxima. a) Freilandpflanze: Es wurden die Haare eines Blattstiels gemessen. Länge der Mittelrippe des Blattes: 210 mm, Breiteste Stelle des Blattes: 240 mm. 203 Länge der Haare in: Zahl der Zellen: 2,6mm 7 nn [e «) -1 2,0 Mittellänge: 2,26 mm Mittelzahl der Zellen: b) Topfpflanze: Länge der Mittelrippe des Blattes: 65 mm, Breiteste Stelle des Blattes: 80 nım. ’ Länge der Haare in mm: Zahl der Zellen: 1,6 7 1,8 2,4 2,6 2,2 2,2 1,2 2,4 2,0 1,4 6 Mittellänge eines Haares: 1,989 mm Mittelzahl der Zeilen: 7,5 Zellen. Auch hier sind die Haare eines Blattstiels gemessen. 8 7 7 7 2,4 7 8 7 7 7, 2. NO IOO DM Thladiantha dubia. a) Hauptspross: Länge der Haare in mm: Zahl der Zellen: 2,2 3,6 1,4 3,2 3,3 3,2 2,2 24 2,6 1,6 . Mittellänge eines Haares: 2,57 mm Mittelzahl der Zellen: SO AAO OS DD TO m -ı ‚3 Zellen. .204 b) Nebenspross: Länge der Haare in mm: Zahl der Zellen: 3,6 10 3,6 2,6 2,0 3,2 2,4 2,2 1,8 2,0 2,2 Mittellänge eines Haares: 256mm Mittelzahl der Zellen: Ne} @ AAO 1 in ‚8 Zellen. Asarum europaeum. a) grosses Blatt: Länge eines Haares in mm: Zahl der Zellen in einem Haar: 0,4 9 0,31 8 0,37 8 0,35 8 0,3 8 0,4 10 0,4 9 0,4 , 8 0,35 7 0,34 8 Mittellänge eines Haares: 0,362 mm Mittelzahl der Zellen: 8,3 Zellen. b) kleines Blatt: Länge eines Haares in mm: Zahl der Zellen in einem Haar: 0,37 10 0,26 7 0,26 7 0,4 11 0,37 y 0,3 8 0,34 9 be 0,39 11 0,26 6 0,24 6 Mittellänge eines Haares: 0,319 mm Mittelzahl der Zellen: 8,3 Zellen. Pollen. Alle Messungen in dieser Abtheilung sind mit Ocularmikrometer ausgeführt. Die Zahlen ohne besondere Angabe bedeuten den Durch- messer der einzelnen Pollenkörner in Mikrometerwerthen. 40 Theile (Werthe) des Öcularmikrometers entsprechen 0,1 mm. 205 In einigen Fällen haben die Pollenkörner eine von der gewöhnlichen runden Form abweichende Form, es ist dies dann jedesmal bei dem betreffen- den Object angegeben. Allium fistulosum. 10. 9. 12. 10. 12. 11. 12. 13. 10. 11. Mittelzahl: 11 Mikrometertheile 40:0,1=11:x x —= 0,0275mm Durchmesser. Aloe saponaria. 15. 15. 15. 15. 14. 16. 14. 15. 16. 14. Mittelzahl: 14,9 Mikrometertheile. == 0,0372 mm. Achilles Millefolium. 14. 13. 14. 13. 14. 14. 15. 14. 14. 14. - Mittelzahl: 13,9 Mikrometertheile. — 0,0347 mm Durchmesser. Avena_ elatior. 17. 18. 18. 18. 17. 16. 18. 17. 18. 18. Mittelzahl: 17,5 Mikrometertheile. — 0,0437 mm Durchmesser, Atriplex halimoides. 8.9. 8.9.9.8.8.9.7.9 Mittelzahl: 8,4 Mikrometertheile. = 0,021 mm Durchmesser. Cobaea scandens. 64. 50. 65. 65. 65. 63. 62. 65. 67. 65. Mittelzahl: 63,1 Mikrometertheile. = 0,157 mm Durchmesser. Corydalis lutea. 25. 25. 30. 25. 24. 28. 24. 25. 25. 25. Mittelzahl: 24,1 Mikrometertheile. = 0,0602 mm Durchmesser. Oucurbita fieifolia. 65. 68. 69. 68. 67. 69. 66. 68. 68. 66. Mittelzahl: 67,4 Mikrometertheile. = 0,1682 mm Durchmesser. Oycas Ruminiana. 10. 9. 9. 10, 9. 8. 10. 9. 10. 9. Mittelzahl: 9,3 Mikrometertheile. — 0,02325 mm Durchmesser. Dianthus heptaneurus. 22. 21. 22. 22. 23. 20. 23. 18. 21. 22. Mittelzahl: 21,4 Mikrometertheile. — 0,0535 mm Durehmesser. Funkia ovata. 838. 44. 42. 40. 39. 36. 37. 84. 42, 37. Mittelzahl: 38,9 Mikrometertheile. = 0,0972 mm Durchmesser. Glaueium Tuteum. 16. 16. 17. 17. 17. 19. 15. 15. 15. 17. Mittelzahl: 16,4 Mikrometertheile. == 0,041 mm Durchmesser. _ Helianthus annuus. 15. 16. 16. 15. 16. 15. 16. 14. 15. 16. Mittelzahl: 15,4 Mikrometertheile, = 0,0385 mm Durchmesser. Hemerocallis fulva. 22. 25. 20. 25. 25. 24. 25. 23, 22, 24. Mittelzahl: 28,5 Mikrometertheile, == 0,0587 mm Durchmesser. Lolium perenne. 12. 12. 12. 10. 13. 13. 12. 9. 13. 18. Mittelzahl: 11,9 Mikrometertheile. >— 0,02975 mm Durchmesser. Lilium auratum. Pollen oval, der längere Durch- messer gemessen. 41. 42. 40. 40, 38, 40. 41. 40. 41. 37. Mittelzahl: 40 Mikrometertheile. —=0,1mm Durchmesser. 206 Lupinus mutabilis. 18. 20. 17. 18. 18. 17. 18. 20. 15. 16. Mittelzahl: 17,7 Mikrometertheile, : - 0,04425 mm Durchmesser. Liriodendron tulipifera. 23. 25. 25, 22, 21. 28. 25. 23. 20. 22. Mittelzahl: 22,9 Mikrometertheile, = 0,057 mm Durchmesser, Lilium pomponicum. 28. 31. 26. 31. 26. 28. 27. 34. 36. 31. Mittelzahl: 29,7 Mikrometertheile. == 0,074mm Durchmesser, Pollen oval, der längere Durch- messer gemessen. Mirabilis Wrigthüi. 66. 70. 67. 67. 66. 70. 60. 70. 100. 70. Mittelzahl: 70,6 Mikrometertheile. == (0,1765mm Durchmesser. Nymphaea alba. 15. 14. 17. 15. 17. 14. 16. 16. 15. 16. Mittelzahl: 15,5 Mikrometertheile, — 0,038mm Durchmesser. Nicotiana Tabacum. 16. 15. 15. 15. 14. 14. 16. 15. 15. 15. Mittelzahl: 15 Mikrometertheile, — 0,0375 mm Durchmesser, Orobanche Hederae. 13. 12. 12. 11. 13. 12. 12. 13. 12. 12. Mittelzahl: 12,2 Mikrometertheile, == (0,0805 mm Durchmesser, Plantago lanceolata. 10. 11. 11. 11. 9. 10. 19. 12. 12. 11. Mittelzahl: 10,8 Mikrometertheile. —= 0,027 mm Durchmesser. Philadelphus acuminatus. 6. 6. 6. 6.7.5.6.7.7.5. Mittelzahl: 6,1 Mikrometertheile, == (0,0162mm Durchmesser, Paeonia Moutan. 13. 12. 12. 13. 14. 14. 14. 12. 13. 12. Mittelzahl: 12,9 Mikrometertheile. == (,0822 mm Durchmesser, Punica Granatum. 10. 9. 9. 10. 9. 9.9.9.8. 8. Mittelzahl: 9 Mikrometertheile. — 0,0225mm Durchmesser. Pinus austriaca. 33. 33. 34. 35. 34. 85. 34. 32. 32. 32, Mittelzahl: 33,3 Mikrometertheile. = (,083mm Durchmesser. Pharbitis hispida. 70. 70. 60. 50. 55. 67. 70. 50. 60. 70. Mittelzahl: 62,2 Mikrometertheile. — 0,155 mm Durchmesser, Pilea serpyllifolia. 7.7.7.8.7.01.7.887. Mittelzahl: 7,3 Mikrometertheile. — 0,01825mm Durchmesser, Quamoclit coccineum. 65. 67. 55. 65. 65. 60. 50. 64. 66. 54. Mittelzahl: 61,1 Mikrometertheile. = 0,1527 mm Durchmesser. Reseda odorata. 10. 9. 10. 11. 10. 11. 9. 10. 10. 10. Mittelzahl: 10 Mikrometertheile. = 0,025 mm Durchmesser. Sedum populifolium. 9. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 10. 8. 9. Mittelzahl: 9,6 Mikrometertheile. — 0,024 mm Durchmesser. Styphnolobium japonicum. 9.9.9.9. 9. 9. 9. 9. 9. 9. Mittelzahl: 9 Mikrometertheile. —= 0,0225 mm Durchmesser. Strelitzia Reginae. 50. 49. 49. 51. 45. 43. 50. 49. 48. 49. Mittelzahl: 48,3 Mikrometertheile. == 0,12 mm Durchmesser, 207 Solidago altissima. Tecoma grandiflora. 11. 11. 11. 13. 12. 12. 10. 12. 10. 12. 15. 14. 18. 15. 15. 15. 15. 15. 14. 14. Mittelzahl: 11,4 Mikrometertheile. Mittelzahl: 14,7 Mikrometertheile. — 0,0285 mm Durchmesser, — 0,08675mm Durchmesser. Trifolium medium. Zea Mays. 20. 19. 19. 20. 17. 14. 16. 15. 16. 15. 31. 29. 33. 30. 30. 28. 31. 33, 29. 31. Mittelzahl: 17,1 Mikrometertheile. Mittelzall: 80,5 Mikrometortheile. — 0,04275mm Durchmesser. — 0,0762 mm Durchmesser. Typha stenophylla. 9. 10. 8. 10. 11. 11. 9. 10. 8. 9 Mittelzahl: 9,5 Mikrometertheile. — 0,0237 mm Durchmesser. Resultate der Untersuchungen. Zum Schluss möchte ich die von mir gefundenen Thatsachen noch einmal in kurzen Sätzen recapituliren. I. Verschieden grosse Organe gleicher Art desselben Pflanzen- individuums bestehen aus Zellen von gleicher oder nahezu gleicher Grösse, ein, wie ich glaube, nicht nur für mich, sondern auch für ältere Mikroskopiker sehr überraschendes Resultat. II. Nicht weniger überraschend ist ein zweites Resultat meiner Messungen, dass von gleichartigen und gleich grossen Organen die- jenigen der Wasserpflanzen gewöhnlich aus kleineren Zellen bestehen, wovon jedoch, wie es scheint, Ausnahmen vorkommen können, II. Die grössten von mir beobachteten Gewebezellen sind die- jenigen im Stamm von Impatiens glandulifera mit 0,79 mm Durch- messer im Querschnitt und 0,18 mm Durchmesser im Längsschnitt. IV. In Bezug auf die biologischen Verhältnisse der Zellengrössen hebe ich die Thatsache hervor, die ich aus meinen Messungen folgern darf, dass diejenigen Pollenkörner, welche durch den Wind auf die Narben übertragen werden, im allgemeinen kleiner sind, als die durch Insekten zu übertragenden.* Es ist dies auch aus anderen Gründen leicht erklärlich, da ein Pollenkorn, dessen Durchmesser und Öber- fläche eine sehr grosse, und in Folge dessen auch das Gewicht gross ist, leicht zu Boden fällt, während ein Pollenkorn, dessen Durchmesser und Oberfläche, und in Folge dessen auch Gewicht sehr klein sind, leicht vom Wind lange Zeit in der Luft schwebend gehalten werden kann. Die Pollenkörner der ersteren Art haben deshalb zur Uebertragung Insekten nöthig, während die der zweiten Art leicht vom Winde hin und her bewegt werden. Zur Biologie von Genlisea von K. Goebel. (Mit einem Holzschnitt), In meinen „Pflanzenbiologischen Schilderungen“ II. Theil, Seite 121—127, habe ich an dem Beispiele von G._ornata die Gestaltungs- verhältnisse dieser merkwürdigsten aller Insektivoren-Gattungen ge- schildert. Lebende Exemplare standen mir damals indess nicht zu Gebot, und so mussten einige Punkte zweifelhaft bleiben. Vor Allem war mir die langgestreckte Gestalt der sonderbar gebauten Schläuche räthselhaft erschienen, auch wurde hervorgehoben, dass die Entwicke- lung der Keimpflanzen noch unbekannt sei, wahrscheinlich aber von der a. a. OÖ. mitgetheilten von Utr. reniformis nicht beträchtlich ab- weiche. Herr Prof. Schwacke in Ouro Preto hatte die grosse Güte, mir Samen von Genlisea violacea St. Hil. zu senden, welche er auf feuchtem Sande der Campos im Diamantendistrikte gefunden hatte, (St. Hilaire 1) selbst gibt an „ad rivulos montis altissimi Serra da Lapa et in arenosis humidis montis Serra da Ibitipaca provincia Minas Geraös“), Leider keimten von den Samen nur zwei, die eine der Keim- pflanzen ging später zu Grunde bei dem Versuche, sie unter Wasser zu kultiviren, der angestellt wurde, weil manche Landutrieularien z. B. Utr. bifida in der Kultur so besser wachsen, als wenn man sie als Landpflanzen zieht. Trotzdem liessen sich einige interessante Thatsachen ermitteln. Die eine der beiden Keimpflanzen, welche auf dem in Fig. 1 abgebildeten Entwickelungszustand einen jungen 1) St. Hilaire et Girard, Monographie des Primulacdes et des Lenticulariees du Bresil meridional et de la republique argentine, M&m. de la societe royale des sciences ete. d’Orl&ans t. V, 1840. 209 Blütenstand Jf in Fig. 1 zeigt, wurde nicht aus der Erde genommen, Sie hat, ganz ähnlich, wie dies früher für Utr. reniformis geschildert wurde, eine Rosette von Laubblättern entwickelt, die von spatel- förmiger Gestalt sind. Die merkwürdigen Schläuche glaubte ich nun zwischen den Blättern suchen zu müssen. Dies erwies sich indess als ein Irrthum, Die Schläuche dringen vielmehr in das Substrat ein wie die Ausläufer der Utricularien. Es war dies auch ohne Herausnahme der Pflanze daran zu erkennen, dass die Schläuche in die ziemlich feste Substanz des Torfstückes, auf welchem die Pflanze kultivirt wurde, so leicht nicht einzudringen vermochten, und desshalb einzelne Theile noch über der Oberfläche sichtbar waren. Im Ganzen waren drei Schläuche vorhanden, von denen der eine (in der Figur nicht sichtbar) fast ganz im Boden steckt. Von Jı ist der Kesseltheil und ein Stück des Halstheils sichtbar, von Ja einer der Arme (der andere war ganz im Boden verborgen.) So haben wir also auch hier, wie bei Utricularia,!) Blatt- organe vor uns, die in den Boden eindringen. Die Arme werden sich vermöge ihrer früher geschilderten Gestalt wie ein Bohrer “in das Substrat einbohren, wobei die Stützzellen das Zusammenhalten der Schlaucharmränder bedingen. Die in dem nassen Sande vor- handenen kleinen Thiere fallen den Schläuchen dann zum Opfer. Die bedeutende Länge der Schläuche wird zugleich auch ein Fest- haften der ganzen Pflanze im Boden ermöglichen, Wurzeln sind nämlich, wie früher schon angegeben, soweit die Untersuchung der einen jungen Keimpflanze (Fig. 2A) ein Urtheil gestattet, auch hier keine vorhanden. Dagegen bildet in einem Punkt Genlisea allerdings einen interessanten Uebergang zwischen Pinguicula und Utrieularia, insofern als der Keimling an seinem basalen Ende hier noch Wurzelhaare entwickelt (Wh Fig. 1) die bei keiner Utri- cularia bis jetzt bekannt sind.) An der jüngeren Keimpflanze ist zunächst rechts und links je ein Blatt sichtbar, das ältere links ist ein Laubblatt, das jüngere rechts, welches seine Spitze scharf nach abwärts wendet, würde sich wohl zu einem Schlauchblatt entwickelt haben, wie ja auch bei manchen Utrieularien bei der Keimung zuerst ein Laubblatt und ein Schlauch auftreten. Die bedeutende Länge der Schläuche aber erlaubt denselben die Pflanze im Substrat ähnlich zu befestigen wie die Wurzeln bei 1) Vgl. bezüglich derselben Morpholog. und biolog. Studien in Annales du jardin botanique de Buitenzorg Vol. IX und Pflanzenbiolog. Schilderungen a.a. 0. 2) Vgl. dagegen Pingüicula a. a. O. Fig. 28 pag. 118. Flora 1893, 14 210 anderen Pflanzen dies tlhun. Dadurch, dass die Schläuche (umgebildete Blattorgane) die Function der Wurzeln versehen, sind letztere über- Genlisea violacea. BL 1. Keimpflanze mit drei Blättern, vergr. Wh. Wurzelhaare an der Basis des Pflünzchens, P, erstes Primärblatt, S zweites (höchst wahrscheinlich Schlauchanlage), 7 Vegeta- tionspunkt, vor derselben Anlage des dritten Blattes. 2. Aeltere Keimpflanze, etwa 3 Mal vergrössert. Dieselbe hat ausser einer Anzahl Laubblätter zwei Schläuche, S, und 5, ge- trieben, die in den Boden eingedrungen sind. Von 5, ist nur der Kesseltheil und ein Stück des Halses, von S, ein Arm sichtbar. Jf erste (offenbar terminale Inflorescenz). 3. Die- selbe Pflanze in natürlicher Grösse später, neben der ersten Inflorescenz eine zweite. 4. Stück einer Inflorescenz mit vegetativer Sprossung, etwa 5 Mal vergr, - unwesentliche flüssig geworden. Bei oberfläch- . licher Betrachtung schen die wurzelähnlichen Blätter ganz wie Wurzeln aus. Als die Gen- liseapflanze älter wurde, ent- standen Schläuche auch weiter oben an derselben, wendeten sich aber stets dem Boden zu und drangen in denselben ein. Die jungen Schlauchblätter sind chlorophylllos und zeigen bald an ihrer Spitze die charakte- ristische Gabelung, welche zur Anlage der beiden gedrehten Schlaucharme führt. Bei älteren Schläuchen ist der über dem Substrat befindliche Theil grün gefärbt. Der Bau der” Schläuche stimmt, soweit ich an dem einen der Untersuchung geopferten Exemplar sehen konnte, im Wesentlichen mit dem von Genlisea ornata überein, im Einzelnen finden sich einige Abweichungen. Fussstück der So war das Schläuche von G. violacea nur kurz, was wohl mit der kleineren Statur der ganzen Pflanze zusam- menhängt; auch die Vertheilung und die Form der Haare ist eine etwas andere. Die. „Reusen- haare“ besitzen nämlich im obe- ren Theile des Schlauches und in den Armen statt einer kurzen spitzen Endzelle, wie sie weiter unten (und bei G._ornata) sich finden, eine papillenförmige, die wohl Schleim absondert, was um so eher 211 anzunehmen ist, als in dem obern Schlauchtheile unter den durch die Reusenhaare gebildeten einzelnen Trichtern nur wenige der Schleim- . haare auftreten. Hier sind dieselben mit einer durch eine Längswand getheilten Endzelle verschen, weiter unten im Schlauch, wo sie zahl- . reicher auftreten, ist jede dieser Zellen noch einmal halbirt. Auch die Absorptionshaare im Kesseltheil besitzen ein meist nur aus 4 (gelegentlich aus 6) Zellen bestehendes Köpfchen, sie sind hier viel gleichmässiger über die Innenfläche des Kessels vertheilt als bei G. ornata. Man sollte meinen, die auf dem Torfwürfel wachsende Genlisea habe sich unter keinen dem Thierfange günstigen Verhältnissen be- funden. Allein dem war nicht so. Schon die dunkle Farbe der Kessel zeigte, dass dieselben einen Inhalt besassen, der nur von aussen hineingekommen sein konnte. Und die Untersuchung ergab, dass Thiere in geradezu überraschender Menge gefangen wurden, so dass sicher auch hier eine Anlockung derselben durch die Schläuche (wahrscheinlich, wie früher hervorgehoben, durch Schleimausscheidung) stattfindet. Es waren grösstentheils Exemplare eines in München gemeinen Copepoden, des Canthocamptus minutus!) nebst Nauplius- Formen. Diese Kruster waren in den Schlauchblättern in solchen Mengen vorhanden, dass sie und ihre Reste dichte Pfropfen in den- selben bildeten. Aus einem etwa 4 mm langen Halsstück wurden beim Durchschneiden 37 wohlerhaltene Canthocamptusexemplare er- halten, von denen die meisten noch lebten. Ausserdem fanden sich die Chitinhüllen von zersetzten Exemplaren hier und in dem Kessel zahlreich vor. Leider erwies sich das Material — es waren Schläuche zur Untersuchung genommen, die schon krank waren — nicht als geeignet zur Untersuchung der Frage, ob hier ebenfalls Fettaufnahme aus den zersetzten Thierkörpern stattfindet, wie ich sie für Utrieularia nachgewiesen habe (Schilderungen LI. 8. 179). Blüthenstände hat die jetzt 8 Monate alte Pflanze nach und nach 5 entwickelt, von denen der erste offenbar das Ende der Keimaxe bildet, wie bei den Land- ufrieularien, die folgenden treten tiefer unten auf, vielleicht erschöpft sich die Pflanze so in ähnlicher Weise, wie dies z. B. bei Oaryota der Fall ist. Einer der Blüthenstände — welche durch. ihre lang- gestielten Drüsenhaare auffallen — zeigte eine interessante vegetative Sprossung, wahrscheinlich aus seiner Spitze. Es hatte sich nämlich an dem Blüthenstand eine Blattrosette gebildet (Fig. 4), von der aus 1) Nach gütiger Bestimmung des Herrn Dr. B. Hofer. 14* 212 eine grosse Zahl chlorophyllloser Schlauchanlagen sich scharf abwärts krümmten. Sie haben, wie Fig. 4 zeigt, schon die beiden Arme angelegt. Leider gelang es nicht, diesen vegetativen Spross zur Weiterentwickelung zu bringen, er verfaulte als er eingesetzt wurde, und die kleinen Blüthen setzten der künstlichen Bestäubung solchen Widerstand entgegen, dass es mir bis jetzt nicht gelungen ist, die Pflanze zu vermehren. Dies wird entschuldigen, dass die vorliegende Notiz keine voll- ständigere Darlegung gibt. Immerhin geht aus derselben die inter- essante Thatsache hervor, das die Genlisea-Schläuche sich wie Wurzeln verhalten, und dadurch die Wurzellosigkeit dieser Landpflanze biolo- gisch verständlich machen. Zugleich erscheint dadurch das Verhalten von Utricularia weniger auffallend; auch dort sind, wie früher nach- gewiesen wurde, die Ausläufer Blättern homolog und dringen bei den Landformen in den Boden ein; sie haben hier aber einen viel höheren Ausbildungsgrad erreicht, als die Genlisea-A usläufer. Da Herr Prof. Schwacke, dem man die Einführung von Gen- lisea in die Kultur verdankt, mir weitere Sendungen in Aussicht stellt, so hoffe ich meine Untersuchungen über Genlisea später noch ver- vollständigen zu können. Da die oben beschriebene Pflanze anfing zu kränkeln, so wurde sie schliesslich der Untersuchung geopfert. Es zeigten sich 10 Schläuche an derselben, von Wurzeln keine Spur. Vielleicht hatte die Pflanze mehr Thiere gefangen, als sie unter den jedenfalls nicht normalen Wachsthumsbedingungen vertragen konnte. Litteratur. Lehrbuch der Botanik nach dem gegenwärtigen Stand der Wissen- schaft bearbeitet von Dr. A. B. Frank, Professor an der könig- lichen landwirthschaftlichen lIochschule zu Berlin. 1. Band: Zellen- lehre, Anatomie und Physiologie, mit 227 Abbildungen in Holz- schnitt, Leipzig 1892. 2. Band: Allgemeine und specielle Morphologie mit 417 Abbildungen in Holzschnitt, nebst cinem Namen- und Sachregister zum ]. und. II. Band. Leipzig 1893. Das nun vollständig vorliegende Lehrbuch soll, wie in der Vorrede mitge- theilt wird, an Stelle des Sachs’schen treten, zu dessen weiterer Bearbeitung sich bekanntlich der Autor nicht mehr hat entschliessen können. Yrank hebt in der Vorrede hervor, dass ihm das Sachs’sche Lehrbuch als mustergültiges Vorbild gedient habe, dem er hohes Lob zollt. In der That ist es keines der kleinsten Verdienste des Sachs’schen Buches, dass cs das Erscheinen eines schlechten botanischen Lehrbuches fast unmöglich gemacht hat, während vorher die Qualität 213 der landläufigen botanischen Compendien eine sehr minderwerthige war, Das Frank’sche Buch ist nun zunächst umfangreicher und demgemäss auch theurer als das Sachs’sche. Dass es demselben gegenüber auch bedeutende innere Unterschiede hat, braucht kaum betont zu werden. Das Sachs’sche Lehrhuch trug den Stempel intensiver geistiger Durcharbeitung des Stoffes, es hob das, was prineipiell wichtig erschien, hervor, liess die Grundpfeiler der botanischen Litteratur erkennen, und bot zur weiteren Forschung zahlreiche Anregungen. Dass das eine theilweise ungleich- mässige Darstellung des Wissensgebietes zur Folge hatte, soll nicht in Abrede ge- stellt werden. Diese Ungleichmässigkeit entsprach, wie die Erfahrung gezeigt hat, cinem Bedürfniss der Zeit. Jeder Entwickelungsabschnitt der Wissenschaft hat seine eigenen Bedürfnisse, bald dieses, bald jenes Gebiet tritt in den Vordergrund, und es ist gewiss berechtigt, wenn ein Lehrbuch gerade solche Theile ausführlicher behandelt. In dem jetzt vorliegenden Buch ist das Streben des Verfassers offenbar das gewesen, eine möglichst objective und gleichmässige Darstellung unseres ganzen derzeitigen botanischen Wissens zu geben. Das führte dazu, widersprechende An- schauungen mehr oder minder als gleichberechtigt dem Leser vorzuführen, nicht immer zum Vortheil. der Darstellung. Namentlich aber hat diese „Objectivität“ dazu geführt, dass in den Litteraturnachweisen dem Anfänger kein Richtweg für das Wichtige und Wesentliche gegeben wird. Unwichtige Dissertationen stehen neben fundamentalen Arbeiten, mehrfach fehlen auch wichtige Abhandlungen ganz, oder es ist, wo später cine umfangreiche Darstellung erschien, nur das vorläufige Resume eitirt. Diese Art der Litteraturbehandlung muss als ein ernstlicher Vebel- stand des Buches bezeichnet werden. Als der gelungenere Theil erscheint dem Ref. der corste. Zwar hält er es nieht für richtig, mit der Zellenlehre anzufangen. Naturgemäss und nach der historischen Entwickelung der Wissenschaft wird am besten die allgemeine Mor- phologie die Botanik einleiten. Sieht man aber von diesem Bedenken ab, so wird man die Darstellung der Anatomie und Physiologie als eine durch Klarheit und Fasslichkeit zweckentsprechende bezeichnen können. Freilich tritt die oben ange- führte „Objeetivität“ auch hier störend hervor. Für den Verf. ist es z. B. noch eine offene Frage (die indess von bedeutender Wichtigkeit ist), ob eine Theilung der Stärkekörner stattfinde oder nicht. Ja bei der Erklärung von Fig. 24 gibt er direkt an, dass der Kern eines Stärkekorns sich getheilt habe, ein Vorgang, der bekanntlich niemals beobachtet worden ist, und dessen theoretische Annahme nun doch wohl für die allermeisten Botaniker als irrig erwiesen gilt; eine Arbeit, wie die von Belzung wird man dem Anfänger kaum zum Studium empfehlen können. Im Einzelnen kann man natürlich betreffs der Anorduung des Stoffes und der Werthschätzung der einzelnen 'Thatsachen vielfach anderer Meinung sein, als der Verf. Gelesentlieh fehlt es auch nicht an unrichtigen Angaben. Dass Buchner die speejfische Identität von Milzbrandbacterien und lleubacterien nachgewiesen habe, ist bekanntlich nicht richtig, und bezüglich der Pfropfhybriden wäre wohl eine etwas weniger sichere Darstellung am Platze gewesen, Der zweite Band enthält die allgemeine Morphologie und die „specielle Morphologie oder Systematik*. Ref. kann den die allgemeine Morphologie be- handelnden Theil nicht als einen schr förderlichen betrachten, Schon der Eingangs- satz gibt zu Bedenken Anlass, Denn es ist doch wohl nur eine Tautologie, wenn gesagt wird, „die auf unserer Erde vorkommenden Pflanzenformen — (zu deutsch also Pflanzengestalten, G.) — werden unterschieden durch Vergleichung der Ge- stalten der Pflanzen und ihrer Theile.“ Sodann stellt sich der Verf. ganz auf den Standpunkt der formalen Morphologie, er sieht bei Betrachtung der Pflanzentheile ganz von der Function ab, und fragt nur, „wo und wie sie sich bilden, und in welchen räumlichen Beziehungen sie zu einander stehen.“ Das wäre nun ganz gut, wenn die Erfahrung nicht gezeigt hätte, dass man damit lediglich zu einem leeren Schematismus gelangt, der die wichtigsten Thatsachen der Pflanzengestaltung unverstanden lässt, weil eben die Natur selbst Form und Function nicht trennt, sondern die erstere ein Ausdruck der letzteren ist. Und wie wenig man mit der formalen Morphologie auskommt, zeigt der Verfasser sclbst sofort, indem er sich der Sachs’schen Definition von Wurzel und Spross anschliesst. Diese aber werden ganz im Gegensatze zu der formalen Morphologie rein nach ihrer Function definirt, und so zeigt sich deutlicher, als es durch eine lange Darlegung meiner- 214 seits geschehen könnte, dass der Verfasser im Grunde selbst fühlt, dass die Pflanze nicht „indifferente* Anlagen, sondern Organe bildet und dass es keine „Blatt- anlagen“ geben kann, weil das Allgemeinbegriffe und leere Abstraetionen sind. Da aber der Verfasser hierüber nicht zu einer consequenten Auffassung und Klar- heit gekommen ist, so musste ihm auch der Metamorphosenbegriff unklar bleiben. Ir leugnet das Vorhandensein einer wirklichen Umbildung, sagt aber später z.B. von dem Gynaeceum, von Cycas, es sei nur „eine wenig metamorphosirte Laub- blattrosette.“ Unter Metamorphose versteht man doch einfach die Thatsache, dass ein Pflanzenorgan Function und Form ändern kann. Indifferente Anlagen, die bald zu dem, bald zu jenem werden können, sind cine leere Abstraction, die nach dem alten Recepte gemacht ist. „Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben, Sucht erst den Geist herauszutreiben, Dann hat er die Theile in der Hand, Fchlt, leider! nur das geistige Band." Man versuche es doch einmal das „Blatt“ zu definiren, so verflüchtigt es sich sofort im Dunstkreis der Abstraction. Indess es ist hier nicht der Ort, den alten Streit zwischen Realismus und Nominalismus wieder aufzunehmen. Vielmehr sei auf einige Einzelnheiten noch eingegangen. Frank will dem Wort Rhizom cine neue Bedeutung geben, es soll darunter nicht mehr wie bisher ein unter- irdischer Spross, sondern die „wurzelartige Grundform“ verstanden werden. Der Versuch dieser Neuerung wird wohl nicht gelingen. Einmal ist die Nägeli’sche Terminologie der „ome* überhaupt entbehrlieh — thatsächlich ist sie auch neuer- dings schon schr zurückgetreten —, und daun kann es nicht als erwünscht be- zeichnet werden, wenn zu den vielen tüglich auftauchenden, meist sehr überflüssigen neuen Namen auch noch die Sinnesänderung eines alten kommt. DBeiläufig bemerkt ist os auffallend, dass der Verfasser die neueren Untersuchungen über die Um- bildung von Farnwurzelspitzen in Sprosse, wie es scheint, übersehen hat, wenigstens erwähnt er sie nicht, und boruft sich bezüglich der Ophioglossumwurzeln auf Van Tieghem’s Arbeit, während viel eingehendere neuere Untersuchungen darüber vorhanden sind. Ganz unberechtigt ist es, wenn behauptet wird, die Sporangien der Farne seien keine morphologisch selbständigen Glieder, sondern Bestandtheile des Blattes, auf dem sie sitzen. Ja was ist denn dann ein „morphologisch selbständiges Glied?“ Die Blätter sind doch auch nur Bestandtheile der Sprossachse, auf der sie sitzen, und dass die Sporangien in ihrer Entstehung mit der der Haare über- einstimmen, trifft nicht einmal überall zu, ganz abgesehen davon, dass os auch Blattgebilde gibt, die aus der Epidermis hervorgehen. Es zeigt dieser Satz wieder, dass der Verfasser noch an der alten, formalen, nach des Referenten Ueberzeugung einen überwundenen Standpunkt bezeichnenden Morphologie festhält (obwohl er die Spiraltheorie bekämpft), indess auch hier nicht konsequent, denn später sagt er bei Erörterung der Samenanlagen „fasst man das Makrosporangium als ein den Fortpflanzungszwecken bestimmtes eigenes Organ auf, so kann man sich bei jener Thatsache beruhigen, und dann verlioren auch die Erörterungen an Interesse, welche die Morphologen eine Zeit lang viel beschäftigten, nämlich auf welche vegotafiven Organe die Samenknospen zurückzuführen seien, ob sie einen ver- schiedenen morphologischen Werth, als Caulom, Phyllom, Emergenz etc. besitzen.“ — Hier also stellt sich der Verfasser ganz auf den vom Referenten u. a. ver- tretenen Standpunkt. Aber wie soll sich das mit dem über die Farnsporangien Gesagten vereinigen lassen? Was dem einen Sporangium recht ist, ist doch dem andern billig! Offenbar fehlt es hier an einer consequenten Durchführung; ent- weder muss man den einen Standpunkt einnehmen, oder den andern, vereinigen lassen sie sich nicht. Einen ctwas veralteten Beigeschmack hat auch die Aus- führung über die Farnblätter. Sie sollen den Laubblättern der Phanerogamen nieht äquivalent sein, weil sie „keine eigentliche Metamorphose“ zeigen und Spitzen- wachsthum haben. Als ob es bei den Farnen keine Niederblätter und keine Sporophylie gäbe, und nicht Phanerogamenblätter mit Spitzenwachsthum! Gerade bei den Phanerogamen gibt es ja einen Fall, wo die Grenze zwischen Spross und Blatt ganz verwischt wird, der Verfasser erwähnt denselben freilich nicht, obwohl die Gestaltungsverhältnisse von Utricularia gewiss zu den eigenartigsten gehören, die wir kennen, und hier die Blättern homologen Organe noch ganz andere Dinge 215 ausführen, als die Farnblätter, für die meines Erachtens kein Grund vorliegt, die alte (anfangs auch von Hofmeister vertretene) Anschauung, sie seien „Caulome* - oder caulomartig, wieder aufleben zn lassen. — Noch bei einer anderen Pflanze hat der Verfasser mit Unrecht die alte Bezeichnung der Organe beibehalten, näm- lich bei Juneus. Es ist ja längst nachgewiesen, dass die sog. „eulmi steriles“ nicht wie 8. 258 von Frank noch angegeben wird, „blatt- und blüthenlose Stengel“ sind, sondern Blätter, die in ihrem anatomischen Bau einen merkwürdigen Parallelis- mus mit den assimilirenden Sprossaxen anderer Monokotylen zeigen. Gehen wir über zu einigen Bemerkungen über die specielle Morphologie oder Systematik, so ist zunächst zu bemerken, dass dieselbe im Verhältniss zu der Behandlung der übrigen Disciplinen etwas knapp gerathen ist. Der Verfasser nimmt drei Gruppen an: Thallophyten, Archegoniaten und Phanerogamen, die in der üblichen Weise in Unterabtheilungen zerfallen; erläutert ist die Darstellung durch die be- kannten Sachs’schen Figuren, denen einige andere hinzugefügt sind. Zu den Algen sei bemerkt, dass bei den — überflüssiger Weise als Cyclosporeae (nach Engler) bezeichneten Fucaceen die Conceptakeln nicht durch „Neubildung unter der Thallusoberfläche“ entstehen und dass die Befruchtung bei den „Dietyotales“ noch nicht beobachtet ist, während man sie nach Frank’s Darstellung als sicher gestellt betrachten müsste, Betreffs der Pilze schliesst sich Frank den Anschauungen Brefeld’s an, aber glaubt damit die Annahme einer Sexualität bei einigen Askomyceten vereinigen zu können, ebenso wie er bei Befruchtung der Saprolegnien auch Pringsheim’s vermeintliche Spermamöben noch anführt. Bei den Archegoniaten wäre theilweise eine sorgfältigere Benützung der neueren Litteratur zu wünschen gewesen. So ist cs bekanntlich nicht richtig, dass der Vorkeim von Frullania (wie der von Radula) cine kleine, kuchenförmige Zellfläche ist, und ebenso ist die Angabe, dass die Sphagnumsporen beim Keimen im Wasser einen verzweigten Vorkeimfaden bilden, und die Cilien der Farnspermatozoiden auf den vorderen Windungen sitzen, schon länger als unrichtig nachgewiesen. Die Bezeichnung der ungeschlechtlichen: Gene- ration der Archegoniaten als der „embryonalen“ kann um so weniger als eine passende bezeichnet werden, als das Wort embryonal bereits einen andern bestimm- ten Sinn hat, in welchem ces viel gebraucht wird. Will man einen besonderen Ausdruck, so kann man ja die neuerdings mehrfach angewandte Bezeichnung „der Sporophyt“ benützen. Betreffs der Eintheilung der Farne ist zu bedauern, dass Frank sich der verfehlten, neuerdings von Engler vorgeschlagenen Abtheilung in „Planithallosae“ und „Tuberithallosae* angeschlossen hat. Verfehlt ist diese Eintheilung aus zwei Gründen. Einmal weil dadurch Gruppen, die unzweifelhaft mit einander nahe verwandt sind, wie die Marattiacceen und Ophioglosseen in verschiedene Ab- theilungen kommen, und dann weil die gewählten Bezeichnungen überhaupt nicht zutreffen. Ein aus Zellfäden gebildeter Rasen eines Trichomanesprothalliums mit knolligen Archegoniophoren, ein Anogrammeprothallium mit seinen knolligen Fruchtsprossen soll „planithallos* sein! Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Knollenform der Ophioglosseenprothallien eine mit der saprophytischen Lebens- weise zusammenhängende Rückbildung darstellt, die man nicht als systematischen Charakter verwenden kann. Uebrigens dürfte gerade die geschlechtliche Generation in Frank’s Lehrbuch allzu kurz behandelt sein, obwohl unsere Kenntniss derselben jetzt eine viel eingehendere ist als früher, und gerade wenn man abweichend von dem bisherigen Usus die Gestaltung der geschlechtlichen Generation als systema- tisches Eintheilungsmerkmal benützt, so erscheint es inconsequent, sie so sehr viel kürzer als die ungeschlechtliche darzustellen. Einem Missverständniss entsprungen ist offenbar die Darstellung der Frucht- entwickelung von Marsilia. Russow hat nicht erwiesen, dass die „beiden Hälften der Frucht ursprünglich getrennte, aber schr frühzeitig sich aneinander schliessende Theile“ sind. Er sagt vielmehr ausdrücklich, dass bei dem fertilen Blatttheil die Laminaranlage ungetrennt, als ein Ganzes sich erhebe, und sagt nur ver- muthungsweise, dass sie zwei Blättchen entspreche. — Erwünscht gewesen wären Abbildungen von Equisetum- und Lycopodiumprothallien. Die alte Fenk- hauser’sche Figur stellt doch nur einen durch Rückbildung nicht schr charakte- ristischen Fall dar. 216 Bei den Phanerogamen sei erwähnt, dass weder bei Sarracenia noch bei Cephalotus der Blattschlauch „ein zu einem hohlen, mit einem Deckel versehenen Schlauch umgewandelten Theil eines rankenförmigen Fortsatzes auf dor Spitze des Laubblattes“ ist. Das ist genau genommen nicht einmal für Nepenthes richtig, geschweige denn für Formen wie Sarracenia! Auffallenderweise verwechselt der Verfasser bei den Pollenkörnern die generative und die vegetative Zelle, wie das - früher ja allgemein geschah, seit längerer Zeit ist aber für die Angiospermen schon das richtige Verhältniss festgestellt, erst in letzter Zeit auch für die Gymnospermen. Bei Besprechung der Fruchtknotenbildung vermissen wir gleichfalls eine Be- rücksichtigung der neueren Litteratur. Die eingehende Arbeit von Schäfer z.B. ist nicht genannt.” Auch die Befruchtungserscheinungen sind nicht ganz nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse dargestellt, sondern vorwiegend nach den ältern Angaben Strasburger’s, nach denen die „Gehilfinen® cine Rolle spielen sollten, die ihnen, wie spätere Untersuchungen gezeigt haben, nicht zukommt. Eine kurze Charakteristik der einzelnen Familien beschliesst den zweiten Theil, K. Goebel. Deutsche Dendrologie. Kurze Beschreibung der in Deutschland im Freien aushaltenden Nadel- und Laubholzgewächse zur schnellen und sicheren Bestimmung der Gattungen, der Arten und einiger wichtigeren Abarten und Formen von Dr. Emil Köhne, Professor am Falk-Realgymnasium zu Berlin. Mit etwa 1000 Einzelfiguren in 100 Abbildungen nach Originalzeicehnungen des Verfassers, Stuttgart. Verlag von Ferdinand Enke. 1893. Der Zweck des Buches wird in dem etwas umfangreich gerathonen Titel aus- gedrückt. Dass das Buch seinem Zwecke entspricht, kann bei Sachkenntniss und Sorgfalt des Verfassers nicht bezweifelt werden. Es wird als Bestimmungsbuch auch neben dem umfangreicheren, noch nieht vollständig erschienenen Werke von Dippel über Laubhölzer und dem von Beissner über Coniferen erwünscht sein, um so mehr als das Interesse an der Dendrologie sich mehr und mehr ausbreitet. Die Abbildungen erleichtern den Zweck des Bestimmens wesentlich. Fine etwas ausführlichere Besprechung hätten wohl die fixirten Jugendformen der Cupressineen verdient, da dieselben sowohl vom gärtnerischen als vom botanischen Standpunkt aus besonderes Interesse bieten. K. 6. 93,17Bd. Flora 18 R. Friediänder & Sohn, Berlin N.W., Carlstr. ı1. Soeben erschien: Beiträge zur Anatomie holziger und suceulenter Compositen. Von Dr. Johannes Müller. Mit 4 Tafeln. Preis 3 Mark. ee U TTUTUTUTUTTTTTTT | Soeben erschien im Verlag von FERDINAND ENKE in STUTTGART: Koehne, Prof. Dr. B., Deutsche Dendrologie, Kurze Beschreibung der in Deutschland im Freien aushaltenden Nadel- und Laubholzgewächse zur schnellen und sicheren Bestimmung der Gattungen der Arten und einiger wichtigen Abarten und Formen. Mit etwa 1000 Einzelfiguren in 100 Abbildungen nach Öriginalzeichnungen des Verfassers. gr. 8%. 1893. geh. 14 M. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung in Marburg. Soeben erschien in unserem Verlag: Pflanzenbiologische sehilderungen von Dr. K. Goebel, Prof. der Botanik und Director des botan. Gartens zu München, U. Theil 2. Lieferung. Mit 64 Textfiguren und Tafel XXVI—-XXXT. Lex. 8, Preis Mk. 12.—. Ä L. Theil. Mit 98 Holzschnitten und Tafel I-IX. Lex. 8%. IV. 240 8. j Preis Mk. 14.— II. Theil 1. Lieferung. Mit 57 Holzsehnitten und Tafel X—XXV. Lex. 80, 160 8. Preis M. 12— Druck von Val. Höfing, München, Kapellenstr. 3. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISC FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. u | ZEITUNG. 77. BAND. — JAHRGANG 1893. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL. Professor der Botanik in München, Heft IV mit 3 Tafel und 16 Textfiguren. Erschienen am 14. August. Inhalt: JULIUS SACHS, Physiologische Notizen VII . . 20... Seite 217—253 ALFRED MÖLLER, Ueber eine Thelephoree, welche "sie Hymeno- lichenen: Cora, Dichyonema und Landatea bildet . . 5 „ 254-278 GEORG RÜGE, Beiträge zur Kenntniss der Vegetationsorgane der Lebermoose » 279-312 H. SCHENK, Ueber den Einfluss { von "Torsionen una Biegungen auf das Dickenwachsthum einiger Lianenstämme ” 313-326 LUDWIG KOCH, Mikrotechnische Mittheilungen ” 327--352 F, NOLL, Vorlesungsnotiz zur Biologie der Succulenten " 353—356 — —, Eine neue Methode der Untersuchung auf Epinastie . » 357-362 EINGEGANGENE LITTERATUR j „ 363—366 MARBURG. N. G. RLWERTSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1898, Manuskripte und andere Zusendungen für die „Flora“ sind zu richten an Prof. Dr. Goebel, München, Leopold- strasse 33. Physiologische Notizen Julius Sachs. vo. Ueber Wachsthumsperioden und Bildungsreize. (Ein Beitrag zur physiologischen Morphologie.) 81. Nehmen wir das Wort Wachsthum in seinem allgemeinsten Sinne, so ist es die Bethätigung des dem Organismus innewohnenden Ge- staltungstriebes, von dem wir wissen, dass der Gang seiner Thätigkeit erblich vorgezeichnet ist; was wir eine Species, eine constante Form nennen, ist einesich periodisch wiederholende Reihe von Gestaltveränderungen, die durch unbekannte Ursachen in ihrer Eigenart hervorgerufen und geregelt werden. Die wahre Natur dieses periodisch auf- und absteigenden Gestaltungsvorganges zu er- forschen, ist die Aufgabe der physiologischen oder causalen M.orpho- logie oder der organischen Gestaltenkunde; vielleicht die schwierigste Aufgabe der gesammten Naturwissenschaft. Bis vor wenigen Jahren begnügte man sich mit der Beschreibung der Gestaltungsvorgänge und eine Schule, die seit 1835 unsere Wissen- schaft beherrschte, betrachtete es sogar als ein unwissenschaftliches Verfahren, die Gestaltungsprocesse auf wirkende Ursachen zurück- führen zu wollen; ich habe diese merkwürdige historische Erscheinung in meiner „Geschichte der Botanik“ (1874) als die idealistische Richtung der Morphologie bezeichnet; vielleicht wäre das Wort „scholastisch* bezeichnender gewesen. Die Anhänger dieser Denkart sind auch heute noch nicht aus- gestorben; aber die streng naturwissenschaftliche Methode auch auf Flora 1893, " 15 218 morphologischem Gebiet hat bereits festen Boden gewonnen und schon enthält die neuere Litteratur eine grosse Zahl von Thatsachen, die der älteren, formalen Gestaltenkunde als unlösbare Räthsel erscheinen, bei physiologischer, causaler Auffassung dagegen helles Licht ver- breiten über die Natur zahlreicher Gestaltungsvorgänge; die Mor- phologie der idealistisch-scholastischen Schule stand isolirt wie ein verlorener Posten unter den anderen Naturwissenschaften und wurde, mit Recht, kaum als eine Naturwissenschaft anerkannt, die Hör- säle der Botanik leerten sich, wenn der Professor von der Blatt- stellung, dem Grundpfeiler der formalen Morphologie vorzutragen be- gann. Die neue causale physiologische Morphologie aber steht auf dem gemeinsamen festen Boden aller Naturwissenschaft; sie fasst die organischen Gestalten als die Wirkungen bekannter oder noch zu erforschender Ursachen und die Fruchtbarkeit dieser Methode bekundet sich vorwiegend darin, dass mit der Entdeckung eines ursächlichen Verhältnisses sofort Hunderte von Thatsachen verständlich, begreiflich werden, die früher nur einzeln der langweiligsten Beschreibung zu- gänglich waren, ohne einen tieferen Einblick in das Wesen der organischen Gestaltungen zu ermöglichen. In dieser Richtung soll der vorliegende Aufsatz, ähnlich wie die vorausgehenden „Notizen“, einen Beitrag liefern, nicht jedoch, um neue einzelne Thatsachen mitzutheilen, sondern schon bekannte That- sachen im Sinne der causalen oder physiologischen Gestaltenkunde von allgemeineren Gesichtspunkten aus zu betrachten. — Schon ist auch auf diesem Forschungsfelde das Beobachtungsmaterial gewaltig angewachsen; es ist nicht mehr leicht, sich darin zurecht zu finden. Ich hoffe, das Folgende wird dazu beitragen, einige der fruchtbarsten Gesichtspunkte zu klarem Bewusstsein zu bringen. Ab und zu wieder einmal Ordnung zu machen in unseren Erfahrungen und Begriffen ist, wie ich meine, ein wichtiges und fruchtbares Mittel, den Fortschritt der Forschung zu fördern. — Freilich aber würde dies statt einer kurzen „Notiz“ ein Buch erfordern und vielleicht gelingt es mir, ein solches zu Stande zu bringen; einstweilen jedoch kommt es mir nur darauf an, in Kürze darauf hinzuweisen, dass durch methodische Beachtung der Entwickelungsperioden oder Wachs- thumsphasen in ihrer Beziehung zu den von aussen ein- wirkenden Kräften, und besonders in Verbindung mit meiner Theorie von „Stoff und Form“, eine sehr grosse Zahl von morphologischen Thatsachen unter gemeinsame Gesichtspunkte zu bringen und einer causalen Auffassung zugänglich zu machen sind. 219 Als Bildungsursachen oder besser als Bildungsreize betrachte ich alle diejenigen mechanischen, physikalischen und chemischen Ein- wirkungen, aus denen überhaupt Gestaltveränderungen entspringen ; alle derartige Einflüsse haben den Charakter von Reizursachen, die aus ihnen entspringenden Formänderungen die Bedeutung von Reiz- wirkungen in dem Sinne, wie ich es in meinen „Vorlesungen“ dar- gestellt habe. In den Reizerscheinungen macht sich eben eine ganz besondere Art von Causalität geltend, die wesentlich darauf beruht, dass jede Reizursache durch die sehr; complieirten Strukturverhältnisse des organisirten Körpers Wirkungen erzeugt, die anscheinend mit der Reizursache kaum etwas zu thun haben.) Die höchst einfachen Causalbeziehungen, mit denen es der Physiker und Chemiker. zu thun hat, genügen nicht zur Erklärung von Lebenserscheinungen, am wenigsten von solchen, welche Gestaltungsvorgänge zur schliesslichen Wirkung haben. Daher geschieht es so häufig, dass auf physiolo- gischem Gebiet die Wirkungen in überraschender Weise ganz anders ausfallen, als man nach der Gewohnheit des physikalischen und chemischen Denkens erwarten dürfte: z. B. ein Eingriff, von dem man eine Verkleinerung erwartet, bewirkt eine Vergrösserung, wo man eine Begünstigung durch gewisse äussere Eingriffe voraussicht, tritt eine Schädigung ein u. s, w. . Es scheint nicht überflüssig, auf diesen Punkt aufmerksam zu machen, weil wir es im Folgenden mehrfach mit Thatsachen dieser Art zu thun haben. Nichts kann verkehrter sein, als auf Grund rein physikalischer und chemischer Begriffe und Schlussfolgerungen physio- logische oder gar morphologische Effeete voraussagen zu wollen.?) Zuweilen trifft es zu, meist aber nicht. 1) Erklärende Beispiele vergl. in meinen „Vorlesungen“. 2) So wird z. B. in neuerer Zeit vielfach auf Grund rein chemischer Er- wägungen gesagt, dass Formaldehyd CH,O das erste Assimilationsprodukt der grünen Organe sei; während die directe sorgfältige Beobachtung ergibt, dass es nicht der Fall ist und dass selbst kleine Spuren von CH,O für die chlorophyllhaltigen Zellen als starkes Gift wirken. Dies auf Grund ausführlicher Untersuchungen, die ich 1890 gemacht habe. — Ebenso glaubte man früher, die sog. chemischen Lichtstrahlen müssten die Assimilation bewirken und als meine Beobachtungen ergaben, dass es die gelben sind, da wurde diese Thatsache zurückgewiesen, weil man den Unter- schied von physiologischen und rein chemisch -physikalischen Wirkungen nicht kannte. — Physik und Chemie der Organismen ist eben etwas ganz anderes als Physiologie, besonders wenn es auf Gestaltungsprocosse ankommt. 15* 920 82. Durch den in der Pflanze thätigen Gestaltungstrieb wird jedes sich entwickelnde und wachsende Organ, selbst jeder Theil eines solchen, in seiner äusseren Form und seiner inneren Struktur fort- schreitend verändert: das Organ ist heute nicht mehr dasselbe Ding, wie gestern und wird morgen wieder ein Ding mit anderen Eigen- schaften sein, selbst wenn man dies an der äusseren Form und der mikroskopischen Struktur nicht wahrnimmt. Wird nun das sich entwiekelnde, wachsende Organ von äusseren Einwirkungen betroffen, welche die Art seines Wachsthums verändern, so. muss diese Reaction verschieden ausfallen, je nach- dem die gleiche äussere Einwirkung das wachsende Organ gestern, heute oder morgen trifft. Die Zustände, welche das wachsende Organ in Folge seines normalen inneren Gestaltungstriebes oder seiner typischen Eigenschaften durchmacht, bezeichne ich als Entwickelungsperioden und als Wachs- thumsphasen, von welch letzteren ich vier unterscheide, Eine Einwirkung auf den Gestaltungsprocess muss also verschieden ausfallen, je nachdem sie das wachsende Organ in seiner 1., 2, 3. oder 4. Phase trifft und es hat keinen klaren Sinn, einfach zu sagen, eine bestimmte Wachsthumsveränderung werde durch diesen oder jenen äusseren Eingriff hervorgerufen; es ist vielmehr nöthig, zu sagen, auf welche Phase oder Periode der Entwickelung eines bestimmten Organs die fragliche Einwirkung sich bezieht. Dies ist vorwiegend das Thema der folgenderi Betrachtungen. Erläuternd möchte ich dazu jedoch noch bemerken, dass jüngere Organe in ihrer Entwickelung von den vorausgehenden älteren, alle Organe während ihres Wachsthums von der Assimilation der Blätter und der Nahrungsaufnahme der Wurzeln (oder bei Parasiten, der Haustorien u. s. w.) abhängen, da diese die Baustoffe liefern (direct oder in Form von Reservestoffen). Den älteren Organen gegenüber ver- halten sich die jüngeren abhängig und die von den älteren ausgehenden Stoffe und energetischen Einflüsse müssen in Bezug auf das jüngere Organ als äussere Einwirkungen betrachtet werden, besonders wenn es sich um die Gestaltung der jüngeren, um ihre Entwickelung handelt. Sehr klar tritt diese Beziehung der älteren zu den jüngeren Organen hervor, wenn man die Gipfelknospen in einen finsteren Raum leitet, während grüne, ältere Blätter am Licht bleiben, assimiliren und ihre Produkte durch die Sprossaxe dem fortwachsenden, blüthenbildenden Gipfel zusenden, wie ich es früher betreffs meiner Versuche mit . 221 Tropaeolum und Cueurbita beschrieben habe.!) — Ebenso darf man es als „äusseren Einfluss“ auf jüngere Organe betrachten, wenn durch das Wegnehmen aller Sprossvegetationspunkte die Wurzeln zur Neu- bildung von Sprossen veranlasst werden u. s. w. Ueberhaupt kann man es als ein Axiom aller Entwiekelung be- trachten, dass jedes am Vegetationspunkt neu entstehende und dann weiter wachsende Organe seine Baustoffe und specifischen Anregungen ° den älteren, vorausgehenden Organen verdankt: jedes neue Organ ist das Produkt der vorausgehenden. — Wenn ich dies als ein Axiom der Entwickelung bezeichne, so rechtfertigt es sich durch die einfache Ueberlegung, dass es überhaupt nicht anders sein kann oder dass es sich von selbst versteht. Wenn es sich also im Sinne dieses Axioms, um die Beeinflussung jüngerer Organe durch die älteren handelt, kommt wieder die Wachs- thumsphase der ersteren in Betracht. Im ganz normalen Verlauf der Eintwickelung unter günstigen äusseren (klimatischen) Bedingungen, greifen die von den älteren Organen auf die jüngeren übergehenden Einwirkungen nach ganz bestimmten, erblich überkommenen Regeln ein, woraus die innere Harmonie der Gestaltungsprocesse echter, con- stanter Species hervorgeht. Werden ältere Organe beschädigt oder abnorm physiologisch beansprucht, so leiden die jüngeren, es ent- stehen Abnormitäten. Gerade auf diesem Wege entstehen, wie ich unten zu zeigen hoffe, die meisten Monstrositäten der Blüthen, während die merkwürdigsten Gestaltungsprocesse der Gallen meist durch unmittel- bare Einwirkung des Insektes auf die jüngsten, embryonalen Zustände am Vegetationspunkt zu Stande kommen. Vielleicht sind die vorausgehenden allgemeinen Bemerkungen geeignet, auf das Prineip der folgenden Betrachtungen einstweilen hinzuweisen. Wenn im Folgenden von äusseren Einwirkungen auf die Ge- staltenbildung die Rede ist, so meine ich zunächst nicht die Ent- stehung von Varietäten und gar von Species, wobei noch ganz andere Fragen in Betracht kommen, vielmehr soll nur untersucht werden, wie äussere Einwirkungen in dem soeben klargelegten Sinne auf die sich entwickelnden Organe je nach ihrer Wachsthumsphase sich morphologisch geltend machen. Offenbar handelt es sich da um eine fundamentale Frage der causalen Morphologie, 1) Vergl, Gesammelte Abhandlg. ], 8. 229, 222 Wenn von äusseren Einwirkungen die Rede ist, welche auf die sich entwickelnden Organe morphologisch, gestaltend einwirken, also als Bildungsreize zu bezeichnen sind, so steht diesem anderseits der normale, typisch gestaltende Bildungstrieb gegenüber, dem die con- . stanten Speeis und Varietäten ihr Dasein verdanken. Es kann also der Fall eintreten, dass ein sich entwiekelndes Organ zweierlei Ein- flüssen betreffs seiner morphologischen Gestaltung unterliegt, einerseits dem typisch arbeitenden, erblichen Gestaltungstrieb, der die innere Harmonie der Organisation erzeugt; anderseits dem Einfluss zufälliger Ursachen, welche dem Gestaltungstrieb eine andere Richtung zu geben suchen. Indem beide einander entgegenarbeiten, kann man wohl von einem Kampfe, nicht um’s Dasein, sondern einem Kampfe um die zu erzeugende Form oder Organisation des betreffenden Organs reden. — Ich weiss wohl, dass diese Ausdrücke nur den Werth einer Allegorie beanspruchen; behält man dies jedoch im Gedächtniss, so leisten sie doch etwas; besonders, wenn es darauf ankommt, sich in den Miss- bildungen zurechtzufinden; denn die Missbildungen sind nun einmal Missbildungen und nicht „Fingerzeige* für die typisch morphologische Natur der Organe, wie cs die formale Morphologie wollte;?) und bleibt man bei dieser rein sachlichen Auffassung, so erleichtert sich uns das Verständniss der einzelnen Vorkommnisse von Monstrositäten, wenn wir ihr Zustandekommen als das Resultat eines Kampfes zwischen normalem Bildungstrieb und zufälligen äusseren Einwirkungen auf- fassen ; speciell gewinnt die graduelle Steigerung der monströsen Formen eine gewisse Klarheit, und da zwischen Monstrositäten und leichten Formänderungen durch äussere Einflüsse keine scharfe Grenze besteht, so kann man sich vorstellen, dass auch derartige Vorgänge als cine Art Kampf zwischen dem typischen erblichen Gestaltungs- triebe und den zufälligen äusseren Einwirkungen aufgefasst werden können. Diese Betrachtungsweise gewinnt nun, wie ich glaube, eine grössere Fruchtbarkeit, wenn man die erblich typischen Entwickelungsvorgänge in ihrer objectiven Verschiedenheit auffasst, also darauf achtet, wie die Organe nach einander entstehen, ihre Gestalt verändern, ihre Grösse durch Wachsthum steigern und schliesslich einen Zustand er- reichen, in welchem sie äusserlich und innerlich fertig oder reif sind und keiner weiteren Gestaltveränderung weder durch innere, noch durch äussere Antriebe unterliegen. Was an einem Organ in einer 1) Goebel (Vergl. Entw.-Gesch. der Pfl,-Organe, 1883, 3.124). Vergl. dessen Ansicht weiter unten, 223 der vorausgehenden Gestaltungs- oder Wachsthumsphasen entstanden ist, wird in den späteren beibehalten, aber durch die folgenden Perioden weiter verändert, weiter ausgebildet. Und da jede Wachthumsphase ihren besonderen Charakter besitzt und in ihrer Weise reagirt, so wirkt jeder äussere Eingriff nach Maassgabe desselben und hinterlässt seine Wirkungen auch in den folgenden Wachsthumsphasen und es leuchtet ein, dass auf diese Art eine gewisse Uebersichtlichkeit und Ordnung in die fraglichen Gestaltungsprocesse gebracht wird, wodurch dann wieder die causale Einsicht vorbereitet werden kann. 83. In meinen „Vorlesungen über Pflanzenphysiologie“ (1882 u. 1887) habe ich nur drei Phasen des Wachsthums der einzelnen Pflanzen- organe, z. B. eines Blattes oder ganzer Organcomplexe, z. B. ganzer Blüthen, unterschieden, nämlich den embryonalen Zustand, die Streckung und die Zeit der inneren definitiven, Ausbildung oder Reife.!) Es bedarf kaum der Erwähnung, dass ein gewisses Maass von subjectiver Willkür in dieser und jeder ähnlichen Eintheilung ver- änderlicher Zustände sich geltend macht; da sie eontinuirlich in ein- ander übergehen, ist eine feste, sichtbare Grenze nicht genau zu bestimmen. Trotzdem drängt uns die Natur selbst eine derartige Unter- scheidung auf und cs kommt nur darauf an, nicht ihre Grenzen ins Auge zu fassen, sondern die mittleren Zustände, wo jede Phase ihre typische Beschaffenheit deutlich ausgeprägt erkennen lässt, ähnlich ungefähr, wie man an einem Sonnenspectrum die einzelnen Farben deutlich unterscheidet, ohne doch angeben zu können, wo genau die Grenze (etwa zwischen gelb und grün) liegt. Nachdem ich mich wiederholt mit diesem Thema beschäftigt habe, halte ich es gegenwärtig für naturgemässer und zweckentsprechender, statt der früheren drei, nunmehr vier Entwickelungs- oder Wachs- thumsphasen zu unterscheiden, indem ich die erste Entstehung der Organe, ihr Auftauchen aus dem Vegetationspunkt als eine besondere ‘Phase betrachte, welche der eigentlich embryonalen oder Gestaltungs- phase vorausgeht und von dieser schon dadurch zu unterscheiden ist, dass es sich zunächst nicht um die Gestalt, sondern nur um 1) So wie man bei Früchten, Samenkörnern, selbst Knollen von Reife redet, kann man es gewiss auch bei Blättern, zumal Laubblättern, Winterknospen, selbst Blüthen, um überall den letzten definitiven Entwickelungszustand zu bezeichnen; der Ausdruck ist kurz, allgemein verständlich und auch in anderen Sprachen leicht wiederzugeben (maturus, maturatio). 224 Zahl!) und Stellung der Organe handelt, die in der folgenden Phase ihre Gestalt im morphologischen Sinne gewinnen sollen.?) Dementsprechend unterscheide ich gegenwärtig auch die em- bryonale und die Streekungsphase anders als früher, indem ich zur embryonalen alle Vorgänge rechne, bei denen es sich um diemorpho- logisch wesentliche Gestaltung der vorher angelegten Organe handelt im Gegensatz zu der dritten Phase, der Streckung, zu der ich ausschliesslich diejenigen Wachsthumsvorgänge rechne, bei denen es sich nur noch um Vergrösserung der embryonal durchgestalteten Organe und um Formänderungen durch verschiedene Vergrösserung der Theile handelt; auch hat hier die Natur selbst nicht selten eine ziemlich scharfe Grenze gezogen, da es vorkommt, dass nach Vol- lendung der embryonalen Periode innerhalb der Knospe eine Ruhe- pause eintritt, auf die dann plötzlich die Streckung folgt, wie cs bei den meisten Winterknospen mit Hüllschuppen geschieht (z. B. Acsculus, Pinus, Populus u. a.). Die letzte Wachsthumsphase, die Reifung, bleibt wie früher da- durch charakterisirt, dass sie mit vollendeter Streckung beginnt, wenn also die Organe ihre definitive Grösse und äussere Form erreicht haben, wo sodann nur noch innere Gewebcausbildung stattfindet. ®) Die histologische Differenzirung beginnt in der embryonalen Periode, schreitet während der Streckung fort und gewinnt ihre letzte Aus- bildung in der vierten Periode. Bei dem internationalen Charakter der wissenschaftlichen Litteratur wäre es vielleicht angemessen, diese Perioden und Phasen mit griechi- schen und lateinischen Namen zu belegen. Est ist dies aber immer 1) Die Zahl kommt speeciell bei Organcomplexen, wie Blattquirlen und Blüthen, in Betracht. j 2) Abbildungen der betreffenden Gestaltungsvorgänge findet man übersichtlich geordnet in meinen „Vorlesungen“, II. Aufl., 8. 403—480; ferner in reicher Fülle in Goebei’s Vergl. Entw.-Gesch. (1883) und in Payer’s Organogenie de la fieur (1857). 3) Ich möchte hier gelegentlich die Thatsache hervorheben, dass bei ungünstigen Wachsthumsbedingungen, bei grosser Trockenheit im Sommer, bei Eintritt der Kälte im Herbst u. s. w., die Streckung der Organe oft sehr langsam verläuft; die innere Ausbildung der Gewebe aber schreitet fort, zumal die Verholzung der Gefässbündel und die Cuticularisirung; die vierte Phase beginnt also zu früh und die Organe werden fertig, bevor sie „ausgewachsen“ sind. Auf diese Art entstehen verkümmerte Zwergformen. Versucht man es, solche Exemplare durch Einsetzen in bessere Erde, durch reichliches Begiessen, durch Erwärmung u. s. w. zu neuem Wachsthum zu veranlassen, s0 geht es nicht. Für die Praxis der Pflanzeneultur ist diese Erfahrung und ilire soeben gegebene Erklärung wichtig (Nothreife). 225 ein unbehagliches Geschäft. Sollte es doch verlangt werden, so könnte man vielleicht die erste Phase als Ekblastose, die zweite als die em- bryonale oder morphogenetische Phase bezeichnen; die Streekung könnte als Auxomorphose gelten; für die letzte Phase wird wohl das Wort Reifung, Maturation genügen; die betreffenden griechischen Aus- drücke für dieselbe haben wenig Ansprechendes. An einem langen Laubspross oder einer reichblüthigen Inflorescenz findet man bekanntlich, so lange das Wachsthum am Gipfel noch fort- schreitet, alle genannten Entwickelungsphasen der Blätter, Blüthen und Internodien vertreten: in der Knospe am Gipfel (ebenso in den Axel- sprossen) die beiden ersten Phasen, weiter abwärts die verschiedenen Grade der Streckung, nahe der Sprossbasis die fertigen reifen Organe. Jedes einzelne Organ macht den Entwickelungsgang für sich!) durch und da die Organe in periodischer Wiederholung am fortwachsenden Vegetationspunkt immer neu entstehen, so findet man sie an der Sprossaxe in allen Altersstufen progressiv geordnet, indem die räum- liche Stellung am Spross zugleich die zeitliche Reihenfolge der Ent- wiekelung angibt. Bei den Wurzeln ist es ganz dasselbe, nur tritt es an den einfachen Fäden weniger deutlich, vorwiegend nur in der Gewebedifferenzirung und in der Länge der suceessive und progressiv entstehenden Nebenwurzeln, hervor; sehr deutlich jedoch an den schönen Wurzeisystemen der monocotylen Wasserpflanzen (wie Eichhornien, Typha, Stratiotes, Acorus u. a.). Bei den Algen und Lebermoosen, selbst den Pilzen, lassen sich dic Entwickelungsphasen ebenfalls leicht nachweisen, selbst an schr einfach gebauten Arten. Zuweilen treten sie sogar mit einer ausser- ordentlichen Deutlichkeit hervor, so z. B. bei den Phalloideen, wo besonders der Uebergang von der embryonalen Gestaltung zur Streckung plötzlich erfolgt, ähnlich wie bei den Sporogonien mancher Lebermoose (z. B. der Aneura), während er am Sporogonium der Laubmoose langsam fortschreitend erfolgt und dann die vierte Phase mit der Aus- bildung des Peristoms und dem Abwerfen des Deckels besonders prägnant hervortritt. Nicht immer tritt jede einzelne Phase deutlich hervor (natürlich mit Ausnahme der ersten), zuweilen kann eine sogar ausbleiben, so z. B. können Blätter und Blüthen im Herbst oder bei Trockenheit im Sommer ihre innere Gewebeausbildung erfahren, ohne dass die 1) Aber doch gleichzeitig als Theil des ganzen Sprosses, denn auch dieser ist, gleich einer Blüthe, gleich einem Wurzelsystem, eben ein einheitlicher Organ- complex, 226 Streckung erfolgt ist;!) bei den submersen Wasserpflanzen kann die letzte Phase, die Ausbildung und Verholzung, die Cuticularisirung u. s. w. ganz oder fast ganz unterbleiben, nachdem die Streckung besonders ausgiebig gewesen ist.?) Berücksichtigt man derartige Nebenumstände, so glaube ich nicht zu weit zu gehen, wenn ich sage, dass der in den genannten vier Phasen fortschreitende Entwickelungsgang als ein allgemeines Wachsthumsgesetz des gesammten Pflanzenreiches be- trachtet werden darf, und in Verbindung mit der Thatsache, dass die Entwickelung der Pflanzen (mit wenigen Ausnahmen unter den ein- fachst gegliederten einzelligen, z. B. den Desmidieen und ihren Ver- wandten, den Diatomeen) durch Vegetationspunkte vermittelt wird, an deren Produkten (den Organen) sich eben die Wachsthumsphasen voll- ziehen, haben wir wohl eines der am meisten charakteristischen Merk- male der Gesammtgestaltung der Pflanzen vor uns.?) — Das ist ja jedem Botaniker bekannt, ich wüsste aber nicht, dass es jemals aus- gesprochen oder in ähnlicher Art formulirt worden wäre. S4. Die Unterscheidung der vier Wachsthumsphasen hat, abgesehen davon, dass sie eben eine Thatsache des Pflanzenlebens anschaulicher machen soll, auch den Zweck, eine bessere Orientirung und genauere Ausdrucksweise zu gewähren, wenn es sich darum handelt, die äusseren Einwirkungen auf das Wachsthum kennen zu lernen und wissen- schaftlich darzustellen. Dieser Zweck wird aber noch besser erreicht, und es treten auf diesem Gebiet noch tiefere Einsichten hervor, wenn man die vier Wachsthumsphasen eines Organs oder auch eines Organcomplexes (etwa einer Blüthe, einer sich ausbildenden Frucht) in zwei Gruppen 1) Vergl. die Anm. 8. 224. 2) Merkwürdig ist der Gegensatz in der Gewebebildung der Früchte vieler Wasserpflanzen, die in submerser Lage reifend, hohe Grade von histologischer Differenzirung und selbst hochgradige Sclerose zeigen (Trapa), während die vege- tativen Sprosse und Wurzeln eine sehr defeete Gewebedifferenzirung haben, die vielfach an Etiolirung erinnert; auf diesen letzten Punkt hat schon Gocbel hin- gewiesen. 3) Neben dem Vegetationspunkt und den Gestaltungsphasen der Organe gibt es noch zwei Momente, auf denen die Gesammtform der Pflanzenwelt beruht: die Eigenschaften des Chlorophylis und der Cellulose. — Auf dem Zusammentreffen dieser vier Gestaltungsursachen beruht der grosse habituelle Unterschied der Pflanzen von den Thieren, während die gemeinsame Grundlage aller Organisation, die Zellbildung und die Sexualität in beiden Reichen dieselbe ist, 227 eintheilt und zwar nicht willkürlich, sondern auf Grund tieferer Be- ziehungen, welche im Wesen der Entwickelungsgeschichte liegen und die Beziehungen des Wachsthums zu äusseren Einflüssen betreffen ; und da alle äusseren Einflüsse als Reizursachen, die dadurch bewirkten Gestaltveränderungen als Reizwirkungen zu betrachten sind, ') so darf man auch sagen, die vier Wachsthumsphasen zerfallen je nachdem es sich um Gestaltungsreize handelt, in zwei Gruppen: die beiden ersten Phasen lassen sich zusammen als die morphologische Periode, die beiden letzten Phasen können als die physiologisch-biologische Periode bezeichnet werden. Wir bekämen demnach folgende Uebersicht für den normalen, erblichen Verlauf der Entwickelung: I. Morphologische Periode: 1. Entstehung der Organe nach Zahl und Stellung; 2. embryonales Wachsthum der Organe; morphologische Aus- gestaltung; Knospenzustand. II. Physiologisch-biologische Periode: 3. Streckung der Organe bis zur Erreichung ihrer definitiven Grösse; 4. innere Ausbildung der Gewebeformen, Fertigstellung oder Reifung der Organe. SD. I. Während der beiden ersten Phasen (indermorphologischen Periode) wird also über Zahl, Stellung und morphologische Aus- gestaltung der Organe entschieden ; im Gewebe herrschen die Zellkerne mit ihrem Nuclein (Chromatin) vor; sie sind es, die den Gestaltungs- process beherrschen.?) — Soweit es sich um äussere Einwirkungen, also um Reizbarkeit handelt, kann sich diese wesentlich nur in Gestaltungsänderungen, also morphologisch geltend machen, entweder durch Veränderung der Zahl und Stellung, oder in der morphologischen Form?) der Organe, die um diese Zeit meist noch 1) In dem von mir in den „Vorlesungen“ festgestellten Sinne. 2) Siehe den Anhang zu dieser Notiz 8 9. 3) Unter morphologischen Formen verstehe ich solche, die bei der Charakteristik der grossen Abtheilungen des natürlichen Systems in Betracht kommen, also ein besonderes phylogenetisches Interesse haben; in diesem Sinne wurde das Wort „Morphologie“ früher von den Begründern der Morpholgie, von Hofmeister, Nägeli, Hanstein u. A. gebraucht und ich glaube, dass auch Goebel das Wort in diesem Sinne anwendet. Es hat keinen Sinn, von Morphologie eines einzelnen Stärkekorns u, dgl. zu reden, wie gs neuerdings oft geschieht, 228 mikroskopisch klein sind. So werden beispielsweise die wie eigen- artige Organismen auftretenden Gestaltungen vieler Gallen nur während dieser Periode angelegt und später ausgebildet und anderseits, wenn bei Missbildungen die Zahl und Stellung der Organe verändert ist, so muss dies in der ersten Phase am Vegetationspunkt begründet sein; — wenn wesentliche morphologische Formänderungen, z. B. Samen- knospenbildung an Staubblättern, Pollensäcke an Blumenblättern, ent- stehen, so muss dies in der embryonalen (2.) Phase eingetreten scin, denn später ist es nicht mehr möglich. — Es ist schon desshalb gut, über diese Dinge theoretisch im Reinen zu sein, weil die betreffende entwiekelungsgeschichtliche Untersuchung schwierig, oft unmöglich ist, Goebel’s Untersuchungen über gefüllte Blüthen lassen keinen Zweifel über die Richtigkeit des Gesagten. Die wissenschaftliche Bedeutung der gegebenen Charakteristik der morphologischen Periode (der 1. und 2. Phase zusammen) wird dadurch noch crhöht, dass aus der Zahl, Stellung und embryonalen Gestaltung der Organe die Verwandtschaft der Arten, Familien und grossen Verwandtschaftsgruppen vorwiegend erkannt wird, oder besser gesagt, dass die bei der Aufstellung des natürlichen Systems benutzten Merkmale!) solche sind, deren Entstehung in diese Periode fällt; be- sonders Zahl, Stellung und ursprüngliche Gestalt der Blüthentheile ist für die Systematik der Angiospermen maassgebend. Schon früher, als man die Entwiekelung der Blüthen, Früchte und Samen noch gar nicht kannte, waren es diese Merkmale, die man aus den fertigen Zuständen erkannte und aus denen man die natürlichen Verwandt- schaften erschloss. Je früher ein Merkmal am Vegetations- punkt angelegt wird, desto grösser ist seine phylo- genetisch-morphologische Bedeutung; je später, d. h. je weiter entfernt vom Scheitel des Vegetationspunktes, ein Gestaltungs- process hervortritt, desto geringer ist im Allgemeinen seine morpho- logische und systematische Bedeutung. Letzteres trifft ganz besonders für die Gewebedifferenzirung zu, deren morphologisch systematischer Werth schon von Hofmeister entschieden abgelehnt wurde. — So- zusagen gar keinen morphologischen Werth haben die durch Cambium erzeugten Gestaltungen der Holzpflanzen, die Erzeugnisse des Kork- cambiums, die Rüben- und Knollenbildungen. 1) Es zeigt von Unkenntniss dieser Thatsachen und Erwägungen, wenn man glaubt, aus der Histologie der fertigen Organe die Argumente natürlicher Verwandtschaften. auffinden zu können, 229 II. Während der zweiten Periode, die ich vorhin als die physio- logisch-biologische bezeichnete, finden keine morphologisch werth- vollen Processe mehr statt; die phylogenetisch wesentlichen Merkmale der Organe und ÖOrgancomplexe sind in den beiden ersten Phasen entschieden worden. Die Zellen vermehren jetzt ihr Volumen um das 100- und 1000fache, die Bedeutung der Zellkerne tritt zurück, sie werden unthätig: neue Organe können nicht mehr entstehen, weil das Nuclein seine Energie verloren hat; neue embryologische Ge- staltungen können nicht mehr auftreten,!) auch nicht wenn einzelne intercalare Gewebezonen sich aus der ersten Periode erhalten haben und jetzt noch fortwirken, wie an der Basis der Grasinternodien und derer von Equisetum hyemale n. a. — Indem innerhalb des Gewebes die schon während der embryonalen Periode eingeleitete Differen- zierung weiter fortgeführt und in der 4. Phase vollendet wird, findet während der Streckung und während der meist enormen Volumen-, Flächen- und Längenzunahme meist noch eine sehr auffällige Gestalt- veränderung der in der embryonalen Phase morphologisch ausgebildeten Organe und Organeomplexe statt; aber diese Gestaltveränderungen haben einen ganz anderen Charakter als jene; es sind Gestaltverände- rungen, die sich mit dem Maassstabe und mit der Wage messen lassen, wogegen die Gestaltungsprocesse der embryonalen Periode sozusagen idealer, künstlerischer, geheimnissvoller Natur sind; es liegt in den Vorgängen der ersten Periode etwas Schöpferisches; in den Gestalt- veränderungen der physiologisch-biologischen Periode dagegen wird nur entschieden über die absolute und besonders die relative Grösse der bereits vorhandenen Organe, Organtheile und Organeomplexe; es handelt sich um die Vertheilung der organischen Massen; so wenigstens kann man die Gestaltveränderungen bezeichnen, welche dadurch ent- stehen, dass gewisse Internodien sich nicht, andere mehr oder weniger, zuweilen sehr stark strecken: es werden auf diese Weise bekanntlich aus ganz ähnlichen embryonalen Anlagen lange oder kurze Laub- sprosse, ährenförmige oder doldige Inflorescenzen, sympodiale und monopodiale Verzweigungen, Wurzelrosetten und nackte Blüthen- schäfte, Zwiebeln und Knollen u. s. w. durch Streekung erzeugt; eine enorme Mannigfaltigkeit von Verzweigungsformen, die den Habitus der Species, zuweilen ganzer Gattungen und Familien hervorrufen; 2) Mit diesen. Erwägungen hängt die Unterscheidung generativer und soma- tischer Zellen zusammen, die ich 1882 durch den von mir aufgestellten Begriff der: Continuität der embryonalen Substanz begründet habe (vergl. meine Gesammelten Abhandlungen, 1893, 8. 1231). 530 noch mannigfaltiger sind die durch blosse Streckung aus ähnlichen embryonalen Anlagen entstandenen Blattformen: mit und ohne Blatt- stiel, ganzrandige, gezähnte, zertheilte, gefiederte Blätter, die einander im embryonalen Knospenzustand durchaus ähnlich sind; und nun gar die Formen der Blüthenhüllen! Auch sie werden aus ganz ähnlichen Embryonalzuständen durch blosse Streckung der Zellen hervorgebildet.') Gleiches gilt von den Früchten, bei denen aber noch die durch definitive Gewebeausbildung entstehenden Verschiedenheiten der Beeren, Kapseln und Schliessfrüchte hinzukommen. Aber alle diese Gestaltungen haben mit der eigentlichen Morpho- logie nichts zu thun, obgleich auch sie in hohem Grade erblich sind. Zu den wichstigsten physiologischen Eigenschaften der dritten Entwiekelungsphase (der Streckung) gehört es, dass die Gewebe in dieser Zeit in hohem Grade reizbar sind für Licht, Geotropismus, für Druck und Reibung u. s. w. Gegenüber den Reizwirkungen der embryonalen Phase handelt es sich hier aber nicht um dauernde morphologische Veränderungen, sondern nur um Krümmungen, welche durch einseitig gesteigertes Wachsthum entstehen, oder um Beförderung oder Verminderung des Wachsthums durch Dunkelheit (Etiolement) oder Querstreckung der Zellen des Parenchyms (Aörenchym der Wasserpflanzen) und viele ähnliche Vorgänge ohne morpholo- gischen, aber mit hohem biologischem Werth. Auch die sogen. Adaptationen 'oder Anpassungen entstehen ge- wöhnlich erst in der Streckungsphase und selbst in ganz exquisiten Fällen ist in der ersten morphologischen Periode der Entwickelung noch nichts von den späteren biologischen Anpassungen zu erkennen. Es ist ein grosses Verdienst Goebel’s, dies in seinem Werke „Pflanzenbiologische Schilderungen“ klargelegt zu haben, indem er zeigte, wie selbst in solchen Species, Gattungen und Familien, wo die Adaptation an eine ganz bestimmte Lebensweise der Pflanzen einen durchaus fremdartigen, von der allgemeinen Regel abweichenden Habitus verleiht, doch nur die Entwickelungsvorgänge der 3. und 4. Phase (also der physiologisch-biologischen Periode) es sind, welche dies bewirken, während die Gestaltungsprocesse am Vegetationspunkt und die embryonale Phase ganz normal verlaufen, d. h, so, wie es dem Klassentypus der betreffenden Arten entspricht. In Goebel’s ausgezeichneter Darstellung der Stammsuceulenten (Cacteen und cactus- ähnlichen Euphorbien u. a.) einerseits, der submersen und schwimmenden 1) Man vergl. Payer’s Organogenie und Nügeli’s Entstehung des Blattes von Aralia, Goebel’s Beiträge zur Physiologie der Blätter u. s. w. 231 Wasserpflanzen anderseits tritt dies mit überraschender Deutlichkeit hervor. Kann es einen grösseren Unterschied geben, als einerseits in den fertigen Zuständen der Opuntien, Cereen und anderseits der Sagittarien, Eichhornien, Lemnaceen u. s. w., von denen jene für trockenheisse Standorte, diese für das Wasser adaptirt sind, und dennoch sind, wie Goebel zeigt, die Gestaltungsvorgänge am Vege- tationspunkt in beiden die normalen der Gefässpflanzen; erst mit dem Beginn der Streckungsperiode machen sich die biologischen Verschieden- heiten geltend. Ob die Pflanzen als Succulenten sich im Sonnenbrand auf heissen Felsen oder im kühlem Wasser entwickeln, übt keine Wirkung auf die typischen Gestaltungsvorgänge am Vegetationspunkt; die äusseren Einflüsse machen ihre Wirkung erst in der Streckungs- periode und zuletzt bei der Fertigstellung der Gewebemassen geltend, Hier genügt der Hinweis auf diese Dinge, da ich betrefis der That. sachen auf das genannte Werk verweisen kann. Schliesslich mag noch die Bemerkung Raum finden, dass die beiden Phasen der physiologisch-biologischen Periode unter sich insofern verschieden sind, als während der Streckung vorwiegend physikalische Vorgänge (Diosmose, Gewebespannung), während der letzten Phase (der Fertigstellung oder Reifezeit) vorwiegend chemische Processe (Verholzung, Cutieularisirung, Verschleimung, Verkalkung, Verkiese- lung) an den Zellwänden thätig sind. Während die Entwickelungsprocesse am Vegetationspunkt und in der Knospe, also die morphologischen Processe, für grosse Abtheilungen des Pflanzenreiches, in der Hauptsache sogar für alle mit Vegetations- punkt wachsenden Pflanzen (manche Pilze, viele Algen, alle Moose und Gefässpflanzen) dieselben bleiben, findet in der Streckungsphase und der Fertigstellung der Gewebemassen eine grossartige Mannig- faltigkeit statt, die oft nur kleinen Abtheilungen eine Gemeinsamkeit der Merkmale gestattet. Wie die biologischen Anpassungen, treten auch die durch Oultur bewirkten Abänderungen (Varietäten) gewöhnlich erst in der zweiten Wachsthumsperiode, als Modificationen der Streckungsvorgänge und der Verholzung, Suceulenz (der Früchte und Wurzeln) u. s. w. hervor; man denke nur z.B. an die verschiedenen Blatt- und Stammvarietäten von Brassica oleracea, an die Fruchtformen der Obstbäume. Wenn man bedenkt, dass die Gesammtform einer in voller Aus- gestaltung dastehenden Pflanze dem Auge des Beobachters wesentlich nur diejenigen Formen zeigt, die man’ als Habitus bezeichnet und die ganz vorwiegend nur durch die Streckung und innere Ausbildung 232 (Reifung) der Organe erreicht werden, so muss inan es als ein merk- würdiges Ergebniss der Geschichte der botanischen Forschung be- 'trachten, dass man zwar Jahrhunderte lang diesen Habitus für die Hauptsache nahm und das Pflanzenreich danach in ein „natürliches“ System zu bringen suchte,!) dass man aber doch schliesslich dahin kam, diejenigen Merkmale, welche an dem Vegetationspunkt und in der Knospe sich bilden, als die für die Verwandtschaft maassgebenden gelten zu lassen. Das ist es ja doch eigentlich, was man in der Botanik unter Entwickelungsgeschichte und ihrer Bedeutung für das natürliche System versteht. ?) Es liegt nun nicht in meiner Absicht, diese Andeutungen über die Wachsthumsphasen weiter ins Einzelne zu verfolgen; so wie die Sache liegt, würde dann diese Notiz die Form eines Lehrbuchkapitels an- nehmen. Dagegen will ich im folgenden Paragraphen noch Einiges über Missbildungen sagen, weil sich an diesen gerade zeigt, wie fruchtbar die Unterscheidung der Wachsthumsphasen und Perioden sich ver- werthen lässt. $ 6. Eigentlich war es das Studium der Litteratur über Missbildungen und zahlreicher Monstrositäten, die ich im Laufe vieler Jahre zu schen Gelegenheit hatte, was mich auf die im Vorausgehenden dar- gelegten Gedanken gebracht hat. Dass die Missbildungen ein Chaos ohne Gesetz und Regel dar- stellen, wird jeder zugeben, der einige Sachkenntniss und zugleich Sinn für Ursache und Wirkung auf dem Gebiete der organischen Formen besitzt, Will man sich auf diesem Forschungsfelde überhaupt zurecht- finden, so ist das Erste, die Missbildungen eben als Missbildungen zu betrachten und nicht ohne jeden vernünftigen Grund zu glauben, dass man aus der Unordnung die Ordnung, aus der absoluten Gesetz- losigkeit das Grundgesetz vegetabilischer Gestaltung ableiten könne. 1) Im 16., 17,, zum Theile noch im 18. Jahrhundert verstand man unter natürlichen Systemen eben nur die auf habituelle Merkmale gegründeten, die aber eben desshalb nach unseren jetzigen Begriffen unnatürliche Systeme waren, wie ich in meiner „Geschichte der Botanik“ dargestellt habe. 2) Ich habe bei all diesen Betrachtungen zunächst nur die mit Vegetations- punkt wachsenden Pflanzen im Auge (die ich als acroblastische bezeichne), weil es Weitlinfigkeiten verursachen würde, dieselben Gedanken auch auf die nicht mit Vegetationspunkt wachsenden (anacroblastischen, wie die Desmidieen, Vol- voecineen u. a.) zu übertragen, ' 233 Wenn man sich mit den besten Werken über Missbildungen, mit denen von Cramer, Masters, Peyritsch, Heinricher, vor Allem mit Goebel’s betreffenden Werken bekannt gemacht, besonders die Abbildungen sorgfältig betrachtet und auch eigene Beobachtungen gemacht hat, so muss man zugeben, dass die Missbildungen jeder morphologischen Regel oder Gesetzmässigkeit spotten, wenn auch zuweilen zufällig in der morphologischen Unordnung noch einzelne Spuren von Ordnung zum Vorschein kommen. Alles was in den Lehr- büchern über Morphologie zu lesen ist, würde sonst von den Miss- bildungen über den Haufen geworfen; soll die Lehre von den normalen Gestaltungsgesetzen im Pflanzenreich überhaupt einen Werth haben, so müssen die Missbildungen eben als Monstrositäten gelten. In diesem Punkte stimme ich mit Goebel vollständig überein, wenn er (Ent- wickelungsgesch. $. 124) sagt: „Die bisherige Entwickelung der Tera- tologie muss als eine grösstentheils unbrauchbare, ihre Methode, vom Verbildeten auf das Normale zu schliessen, als eine verfehlte bezeichnet werden. — Die Teratologie wird nichts destoweniger stets ein interes- santes Gebiet der Botanik bleiben, aber ihre Aufgabe ist eine andere geworden. Dieselbe ist nicht die, aus diesen „Öffenbarungen der Natur“ das herauszulesen, was die Entwickelungsgeschichte mit „Hebeln und mit Schrauben“ derselben nicht abzwingt, sondern die, die Be- dingungen des Zustandekommens der Missbildungen zu erklären.* — Gewiss, die Monstrositäten sind höchst lehrreiche Erscheinungen, aus denen man sogar Ursachen und Wirkungen vegetabilischer Gestaltung ableiten kann, wenn man nur, wie es Goebel treffend nennt, die „Missbildungs-Logik“* der formalen Morphologie ganz beiseite lässt. Die Aufgabe kann nur sein, die Missbildungen selbst causal zu er- klären, nicht aber die unverstandenen Missbildungen zur Erklärung der morphologischen Gesetze zu benutzen, die gar keiner anderen Erklärung bedürfen als derjenigen, welche die Entwickelungsgeschichte in Verbindung mit der- Vergleichung der fertigen Zustände liefert. Wenn ich es nun wage, hier in aller Kürze und im Sinne der soeben ausgesprochenen Principien einige Betrachtungen über Miss- bildungen mitzutheilen, so kommt es mir keineswegs darauf an, allerlei einzelne Vorkommnisse zu beschreiben, vielmehr möchte ich zeigen, dass man im Stande ist, einen tieferen Blick in die abnormen Ge- staltungsprocesse zu thun, wenn man meine 1880 aufgestellte Theorie!) 1) Die Goebel zuerst in seiner klassischen Untersuchung der „Gefüllten Blüthen“ in diesem Sinne verwendet hat; ich glaube, die Meinung eines so aus- gezeichneten Morphologen dürfte gerade in diesem Falle schwer wiegen. Flora 1893, 16 234 von „Stoff und Form“ mit den oben dargelegten Ansichten über die vier Wachsthumsphasen, besonders aber über die morpho- logische Periode im Gegensatz zur physiologischen bei einem wach- senden Organ oder Organcomplex auf die Monstrositäten anwendet. Ich beschränke mich dabei auf die eigentlichen Monstrositäten, denn manche Abweichungen von den normalen Bildungen kann man besser als das Gegentheil von Missbildungen betrachten, als Er- scheinungen, in welchen der morphologische Typus vollständiger zum Vorschein kommt, als in der normalen Form. So sind z. B. die von Peyritsch vortrefflich untersuchten Pelorien offenbar typisch richtiger gebaut, Zahl und Stellung ihrer Blüthenorgane entsprechen!) dem Klassentypus vollkommener, als die in den betreffenden Familien herrschenden durch Zygomorphismus vom Klassentypus abweichenden Zahlen und Stellungsverhältnisse der Blüthen. Ebenso kann man die als atavistisch bezeichneten Bildungsab- weichungen nicht wohl als Monstrositäten betrachten; denn wenn z. B. der innere Staubblattkreis einer Iris, wie Heinricher zeigt, sogar erblich wiederkehrend auftritt, so wird dadurch nur das normale Liliaceendiagramm?) wieder hergestellt, was bei den normalen Jrideen offenbar zum Theil verloren gegangen ist; man könnte sagen, das normale Irideendiagramm sei eigentlich selbst eine Monstrosität gegen- über dem typischen Liliaceendiagramm und ebenso könnte man be- haupten, dass das Blüthendiagramm der Gramineen eine Missbildung sei im Vergleich zu dem unter den Monocotylen herrschenden Lilia- ceendiagramm und wohl noch deutlicher tritt diese Auffassung bei den Musaceen, Zingiberaceen und Cannaceen hervor, und in wieder anderer Art bei den Orchideen.) 1) Auch Goebel (Entwickelungsgeschichte 8. 124) ist dieser Meinung. 2) Ich muss mich hier auf meine im Lehrbuch gemachte Unterscheidung von empirischem und theoretischem Diagramm berufen. Mit Ausnahme einer Gruppe von Wasserpflanzen lassen sich die die Zahl und Stellung der Blüthen- organe ausdrückenden Diagramme der Monocotylen auf die Formel P 3-43 A 343 G 3(-4-3--...) oder allgemeiner Pn-n An-{n Gn(+n...) zurückführen. — Bei den Dicotylen ist eine grössere Zahl der Typen vorhanden. — Ich halte daran fest, dass gerade der Werth der .Diagramme darin liegt, ausschliesslich die Zahl und Stellung der Organe zu versinnlichen; die anderen Merkmale gehören in die 2. Phase der Entwickelung. 3) Ich sehe keinen Grund, der uns hindern könnte, anzunehmen, dass ge- wisse Klassenmerkmale ursprünglich als Monstrositäten aufgetreten und dann streng erblich geworden sind; bis zu einem gewissen Grade liegt dieser Gedanke schon in der Annahme von sog. Rückschlägen, Atavismen u. s. w. So lange das Blüthendiagramm verschiedener verwandter Familien nur geringe Variationen des 235 Die meisten Missbildungen afi vegetativen Sprossen lasse ich hier unbeachtet und beschränke mich auf die so viel häufigeren Blüthen- missbildungen, weil bei ihnen die causalen Beziehungen in Betreff von Zahl, Stellung und qualitativer Beschaffenheit klarer hervortreten. Schon bei dieser Thatsache, dass nämlich die Blüthen ganz vorwiegend der Tummelplatz monströser Vorgänge sind, zeigt sich die Fruchtbarkeit meiner Auffassungsweise für eine causale Erklärung scheinbar unbegreiflicher Wachsthums- und Gestaltungsvorgänge. Ich finde nämlich die Ursache, oder doch die Hauptursache der so grossen Häufigkeit von Blüthenmissbildungen (auch derer der Carpelle und Samenknospen) in dem Zusammenwirken folgender causaler Momente: 1. Die Blüthenorgane entstehen am Vegetationspunkt rasch nach einander, gewöhnlich in grösserer Zahl dicht über und neben einander, !) so dass oft 20 bis 30, sogar 50 bis 100 Organanlagen einen einheit- lichen Complex bilden, der noch dazu bis in die zweite Wachsthums- periode hinein mikroskopisch klein ist und ganz aus embryo- nalem Gewebe besteht, in welchem die Gestaltungsenerige der Zellkerne überwiegt. 2. Diese sehr zahlreichen, sehr kleinen, sehr dicht gedrängten ÖOrgananlagen sind urspünglich, so weit die optischen Eigenschaften und chemischen Reactionen erkennen lassen, von gleicher qualitativer, stofflicher Beschaffenheit; aber schon. frühzeitig in ihren embryonalen Zuständen bekunden äussere Formdifferenzen, dass die einen Hüll- blätter, die anderen Staubblätter, die letzten Carpelle werden sollen, was nothwendig mit stofflichen Differenzirungen zusammenhängen muss. — Diese Differenzirungen nehmen rasch zu, so dass am Ende der embryonalen Phase einer Blüthenknospe dicht neben und über einander Organkreise von ganz verschiedener Qualität einander umgeben, drängen und drücken. Die blüthenbildenden, aus den Blättern kommenden Stoffe aber wandern während dieser Zeit durch das Gewebe des Blüthenbodens in die einzelnen Organe ein. — Man beachte, dass es sich hierbei nicht um die theoretischen Klassendiagramms zeigt, wird man das nicht als Monstrosität auf- fassen; wenn aber im Blüthenbau eine gründliche Unordnung eintritt, wie bei den Cannaccen und Orchideen, so finde ich keinen wesentlichen Unterschied gegenüber zufällig auftretenden Monstrositäten, Für die Descendenztheorie scheint mir diese Auffassung sehr fruchtbar und zur Widerlegung des Darwinismus sehr nützlich. 1) Man: vergl. hierüber besonders: Payer Organogenie de la fleur und die Abbildungen in meinem Lehrbuch und in Goebel’s Entwickelungsgeschichte., 16* 236 allgemeinen Baustoffe (Eiweiss, Kohlenhydrate und Fette), sondern um minimalste Mengen fermentativ oder als Reizursachen wirkender Sub- stanzen und um die Vermehrung des gestaltungskräftigen Chromatins der Zellkerne handelt, ganz besonders aber um die eclatante Ver- schiedenheit von männlicher und weiblicher Befruchtungssubstanz. Bei der soeben geschilderten Sachlage in mikroskopisch kleinen Organeomplexen (den jungen Blüthenknospen) kann die normale Aus- bildung der Blüthe nur dann stattfinden, wenn alle die eingreifenden Stoffbewegungen und Zellbildungen mit einer fast mathema- tischen Genauigkeit verlaufen. Einige Moleküle solcher Substanz, welche die Antherenbildung anregt, können vielleicht um !/iooo Millimeter mehr rechts oder links abirren, sich um 2—3 Minuten auf ihrer Wanderung verspäten; differente Moleküle, die ganz ver- schiedene Organbildungen anregen sollen, können in ein und dieselbe primordiale Anlage einwandern und so bewirken, dass z. B. an einem Carpell Antheren, an einer Anthere Samenknospen, ja selbst in einer » Samenknospe Pollenkörner entstehen.) Stellt man sich die Entwickelung der jungen, mikroskopisch kleinen Blüthenknospe in dem beschriebenen Sinne vor, beachtet man zumal die Kleinheit des Gebildes und die überaus grosse qualitative Verschiedenheit der Petala, Stamina, Carpelle, Antheren und Samen- knospen, so muss es in höchstem Grade wunderbar erscheinen, dass trotzdem die Blüthenbildung doch für gewöhnlich typisch normal ver- läuft und es kann nicht überraschen, dass unter 100 oder 1000 Blüthen etwa eine abnorm wird. Dabei muss man auch noch im Auge behalten, dass Abnormitäten, die zuletzt im fertigen Zustande höchst auffällig erscheinen (z. B. ein breites Blumenblatt an Stelle eines schmalen Filaments, eine Anthere an Stelle einer Samenknospe und vice versa; ein grünes Laubblatt statt eines Carpells, oder ein buntgefürbtes, zartes Blumenblatt statt eines derben grünen Vorblattes der Blüthe u. s. w.) — dadurch hervor- gerufen sein können, dass in der mikroskopisch kleinenjungen 1) Bei so complieirten Raumverhältnissen und den hier angedeutenden com- plieirten chemischen Vorgängen, muss nothwendig die Kleinheit des ganzen Organ- complexes eine wichtige Rolle spielen; aber auf dergleichen hat man bisher noch keine Rücksicht genommen. — Man denke einmal, dass so etwas künstlich zu er- zeugen oder auch nur anschaulich nachzubilden wäre; mit welcher Genauigkeit müsste da der Apperat arbeiten, vorausgesetzt, dass die Grösse und die Geschwindig- der Vorgänge die natürliche bleiben müsste. Wenn es sich aber um Raum, Zeit und chemische Vorgänge handelt, wie in einer jungen Blüthenknospe, so ist kein wesentlicher Unterschied von Natur und Maschine möglich. * 257 Blüthenknospe einige Moleküle organbildender Sub- stanz einen unrichtigen Weg genommen oder zu spät oder zu früh eingewandert sind u. s. w. Masters (Vegetable Teratol. 8. 88) gibt ein Bild von Morren wieder, wo ein am Hauptspross von Gesnera endständiges grosses, bunt gefärbtes Laubblatt an Stelle einer Inflorescenz steht. Sieht das nicht aus wie Iiohn und Spott auf Alles was Morphologie heisst? Und doch ist die Sache nach meiner Auffassungsweise nicht uner- klärlich, wenn man an Stelle der „Missbildungs-Logik“ die Logik des Naturforschers reden lässt und annimmt, dass mitten in der Ent- wickelung der genannten Inflorescenz, als sie noch mikroskopisch klein war, der terminale Vegetationspunkt von einem Gemenge von Stoffen überschwemmt wurde, das neben rein vegetativen, blattbildenden Gestaltungsfermenten auch solche Stoffe enthielt, die sonst zur Er- zcugung von Blumenblättern dienen, während die Sexualstoffe und die sie sonst begleitenden specifisch organbildenden Stoffe nicht ein- dringen konnten. — Man mag an dieser Anschauungsweise Ver- schiedenes aussetzen; aber vom Standpunkt echter Naturwissenschaft ist sie erlaubt und zudem klar; was könnte man statt dessen etwa sagen, wenn man auf dem Standpunkt der formalen Morphologie steht? Dieser sonderbaren Monstrosität schliessen sich aber gewisse normale im natürlichen System der P’hanerogamen als normale Merkmale ganzer Gattungen geltende Vorkommnisse an; ich meine hier die Spatha der Gattung Arum, speciell etwa die von A, Dracunculus und ähn- liche Dinge. Auch bier haben wir den Fall, dass ein im Sinne des natürlichen Systems normales Organisationsver- hältniss eigentlich eine Monstrosität ist. Die alle Eigenschaften eines hochdifferenzirten Blumenblattes in sich darstellende Spatha von Arum Dracuneulus ist offenbar eine monströse ursprünglich laubartige Blüthenstandsscheide, wie sie mit ganz anderer stofflicher Beschaffenheit bei den Palmen, Orontiaceen und sonst wiederkehrt. Aber die Spatha von Dracunculus hat alle petaloiden Stoffe einer reichblüthigen Inflorescenz in sich vereinigt und nichts für die einzelnen Blüthen des Spadix übrig gelassen, die nun als nackte Sexualapparate von der gemeinsamen Üorolle (der corollinischen Spatha) umgeben sind, die nun auch physiologisch und biologisch wie eine solche (etwa wie die Corolle einer Rafflesia, einer Asclepias syriaca u. dgl.) functionirt. Ich glaube, wir könnten uns, ohne das erlaubte Maass wissenschaftlicher Phantasie zu überschreiten, 238 _ den Fall einer Missbildung denken, bei der die corollinische Spatha von Dracunculus gar nicht zur Entwickelung käme, wogegen am Spadix die sonst nackten Sexualapparate mit echten Corollen umkleidet wären, indem der betreffende Bildungsstoff sich in geeigneter Weise vertheilt.'). Wenn man einen kühnen Sprung wagen will, so geschicht etwas dem soeben Gesagten Aehnliches bei den Inflorescenzen von Viburnum Opulus, wo die Petaloidie der normalen wilden Varietät auf die Rand- blüthen beschränkt bleibt, die hier gewissermaassen die Spatha der Arumarten vertreten; bei dem „gefüllten“ Schneeball aber geschieht, was ich vorhin als cine Möglichkeit angenommen habe; auch die inneren Blüthen der Inflorescenzen werden petaloid, womit allerdings noch andere Veränderungen einhergehen. Derartigen Fällen „nor- maler“ Bildung würden sich dann noch die Compositen mit Rand- und Scheibenblüthen anschliessen, im Gegensatz zu denen, wo dieser Unterschied wegfällt, besonders aber zu den Cichoriaceen, wo alle Blüthen einer Inflorescenz sich wie Randblüthen ausbilden. Mit Hinweis auf Goebels Abhandlung über „Gefüllte Blüthen“, wo man ein reiches Material zu derartigen Betrachtungen findet, die sich leicht auch noch auf die verschiedensten Fälle der „Vergrünung“ ausdehnen lassen, begnüge ich mich hier mit der Bemerkung, dass es sich in allen derartigen Fällen von Missbildungen darum handelt, ob die blüthenbildenden Stoffe zur rechten Zeit und in richtigem, dem Typus entsprechenden Maasse in die bereits am Vegetationspunkt angelegten Organe einwandern und ihre fernere embryonale Gestaltung bestimmen; auf diese folgt sodann die Streckungsperiode, in welcher die während der Embryonalphase des Wachsthums eingeleiteten Ge- staltungsprocesse weiter fortgeführt werden; was vorher nur in un- merklicher Weise sich geltend machte, kommt nun, bei gesteigertem Wachsthum und unter fortgesetzten stofflichen Differenzirungen offen zu Tage; die Blüthenorgane sind innerlich und stofflich so weit aus- gebildet, dass nunmehr kurze Zeit genügt, um mit Oeffnung der Knospe, mit eintretender Streckung die grosse Verschiedenheit der Blüthenorgane an den Tag zu bringen. Bei sehr klein bleibenden Blüthen, wie denen der Urtiecaceen, Chenopodiaceen, Piperaceen u. s. w. fällt dies weg; bei ihnen genügt es, die Sexualstoffe zu differenziren und da dies in einfachster, unscheinbarster Art geschehen kann, da in solchen Fällen sozusagen die Gelegenheit zu Ungenauigkeiten und Fehlern betreffs der oben beschriebenen Stoffeinwanderung in die 1) Bei Acorus und Verwandten wäre das der Fall, wenn die Blüthenhüllen corollinisch ausgebildet wären. — Vergl. auch Anemiopsis (Saurureen), 239 Örgananlagen wegfällt, so kommen auch bei sehr einfach differenzirten Blüthen kaum noch Monstrositäten vor,?) während sie in hochdifferen- zirten grossen Blüthen so häufig sind, besonders wenn diese auf kurzem breitem Blüthenboden zahlreiche, sehr verschiedene und dicht gedrängte Organe tragen.?) — Bei den relativ einfach gebauten Blüthen der Gymnospermen, besonders denen der Taxineen und Cupressineen kommen Monstrositäten, soweit mir bekannt, äusserst selten vor; häufiger schon am Zapfen der Abietineen, wo die Entstehung der Samenknospen und ihrer Umgebung eine morphologisch verwickeltere ist. — DUeberhaupt, je verwiekelter und complieirter ein Organen- complex der Pflanze ist, desto leichter können nach den oben auf- gestellten Gesichtspunkten Monstrositäten zum Vorschein kommen, gerade so, wie an complieirten Maschinen und Apparaten leichter Fehler der Herstellung und ihrer Function eintreten, als bei sehr einfachen Maschinen. Ich sehe durchaus keinen Grund, warum sich die schaffende Natur darin anders verhalten sollte, als der technisch und künstlerisch arbeitende Mensch. Eine Taschenuhr von der Grösse eines Markstückes kann unmöglich so genaue Zeitangaben machen, wie ein grosser Ohronometer;, aber jene kann grössere Zeiträume bei einfacher Construction recht gut angeben, wo das grosse, complicirte und desshalb sehr reizbare Chronometer auffallende Störungen erleidet. Um aber wieder auf unsere Blüthenmonstrositäten zurückzu- kommen, möchte ich bemerken, dass sich schon aus dem Prineip, dass die Blüthenstoffe in den Blättern entstehen und in die jungen Blüthenorgane einwandern, nothwendig unzählige Abnormitäten ab- leiten lassen, wenn man die Länge des Weges, die Geschwindigkeit des Wachsthums, die Energie der Blattthätigkeit,?) die Kleinheit der Blüthenorgane in der jungen Knospe u. s, w. in Betracht zieht, lauter Umstände, aus denen leicht Ungenauigkeiten (oder wie soll man es etwa nennen?) entstehen, also Monstrositäten erzeugt werden können. Nur darf man von der Theorie nicht verlangen, dass sie jede Kleinigkeit, jedes Zähnchen und Zäpfchen, jeden Zipfel und Zacken an einem „dedoublirten* Blättchen und dergl. erkläre, was, wenn cs auch möglich wäre, Jahrzehnte lange Untersuchungen erfordern würde und absolut keinen wissenschaftlichen Zweck hätte. 1) In ähnlichen Erwägungen finde ich auch den Grund dafür, dass am vege- tativen Spross und noch mehr an Wurzeln Monstrositäten selten vorkommen: die neuen Organe sind unter sich gleichartig und nicht so dicht gedrängt u. s. w. 2) Vergl. die Anm. auf 8. 236. 3) Ein Beispiel dafür findet man in meinen Ges. Abh, 8. 241. 240 87. Die in $ 6 betrachteten abnormen Vorgänge während der embryo- nalen Entwickelungsphase, gewöhnlich innerhalb der Knospe, die den Vegetationspunkt umgibt, lassen sich also durch Herbeiziehung der Thatsache begreiflich machen, dass die die verschiedenen Blüthenorgane erzeugenden Stoffe aus den assimilirenden Blättern entstammen und auf Grund dieses Prineips gelingt es sogar gewisse Abnormitäten an Blüthen willkürlich experimentell zu erzeugen, wie ich bereits 1864 festgestellt habe. Die bekannten interessanten Experimente von Peyritsch mit Blattläusen, über deren Einwirkung auf das Gewebe der sich streckenden Inflorescenzaxen auf die embryonale Ausbildung der Blüthen von Arabisarten, beweisen cbenfalls, dass stoffliche Störungen, entfernt von den embryonalen Bildungsherden, in diesen abnorme Gestaltungsprocesse hervorrufen können.!) Sehr schöne. fruchtbare Beiträge zu meiner Theorie von „Stoff und Form“ haben ferner die neueren Untersuchungen über die Entstehung der Gallen geliefert. Der Abhandlung: „Pflanzengallen und Gallenthiere“ von Dr. K. Eckstein (1891), glaube ich als Hauptresultat entnehmen zu dürfen, dass 1) flüssige, von den Insecten auf verwundete schr junge Blätter entleerte Substanzen als Wachsthumsreize wirken, deren Resultate eigenartig und complicirt organisirte Gallen sind; eine aus Adler und Beyerink (l. ec. 8. 45) referirte. Thatsache, die für mich desshalb von besonderem Interesse ist, als sie zeigt, dass flüssige Stoffe?) im Zellgewebe zur Bildung fester Gestalten (Gallen) führen können; und 2) diejenigen Reize, welche von den Gallen- thieren direct auf den Vegetationspunkt und die jüng- sten embryonalen Gewebe ausgeübt werden, erzeugen Gallenformen, welche wie eigenartige Organismen ge- stältet und innerlich differenzirt, oft eine sehr hoch- entwickelte morphologische Eigenart besitzen, als ob es selbständige und hochorganisirte Pflanzenspecics wären (vergl. Eckstein, Taf. III Fig. 22 und Taf. IV 42, 53— 57). Die an älteren Gewebekörpern veranlassten Reize da- gegen bringennur Gewebewucherungen ohne bestimmte morphologische Charaktere hervor (Eckst.1.c. Taf. II Fig. 13, 14, 15); endlich Einwirkungen gewisser Thiere auf bei- nahe oder ganz fertige Pflanzenorgane sind einfach 1) Peyritsch ausführlich referirt in meinen Ges, Abh. 1223, 2) Warum gerade dies von grosser Wichtigkeit ist, hoffe ich in einer späteren Abhandlung klar legen zu können, 241 morphologisch gleichgiltig oder schädlich, ohne mor- phologische Effecte zu erzielen. — Diese Thatsachen stimmen ganz mit meiner oben ausgesprochenen Ansicht, dass morphologische Gestaltungsprocesse nur am Vegetationspunkt und im embryonalen Gewebe möglich sind, wo das Nuclein (Chromatin) das Zellenleben beherrscht. — 3) Eine dritte Thatsache von hoher Bedeutung ist es, dass die Form der Gallen (im weitesten Sinne des Wortes) durch das Reizmittel, hier also durch das Thier und seine Einwirkungs- art, bestimmt, verursacht wird, was speciell dadurch bewiesen wird, dass auf den Blättern derselben Quereusart einige Dutzend charakte- ristisch verschiedener Gallen erzeugt werden; gleichzeitig aber wird die Verschiedenheit der Gallenformen dadurch bedingt, ob der Bildungs- reiz von Seiten des 'Thieres auf jüngste oder ältere Gewebemaassen ausgeübt worden ist (vergl. sub. 2), was wieder die grosse Bedeutung der Entwickelungsphasen beweist. Versucht man es, diese, von den Gallenforschern zwar nicht aus- gesprochenen, aber aus ihren Angaben hervorgehenden Resultate zur Beurtheilung der Wachsthumsprocesse zu benutzen, so ist die Aus- beute eine überaus reiche, denn wir lernen: 1) Hüssige Stoffe, auf jüngste Gewebe übertragen, können ganz specifische Gestaltungen hervorrufen; 2) die Reize der Gallenthiere (also wahrscheinlich auch viele andere Reize) wirken um so mehr morphologisch, je jünger die gereizten Gewebe sind, je mehr in ihnen das Nuclein vorherrscht ;') und 3) die Gestaltungsenergie geht nicht von den Energiden der Pflanze aus, sondern von dem Reizmittel, welches hier von dem Thier gegeben wird. Wir dürfen daher auch vermuthen, dass im normalen Verlauf des Wachsthums die Gestaltung der Organe von den flüssigen, specifisch organbildenden, diffundirenden Stoffen ausgeht, welche in den Blättern erzeugt und den embryonalen Bildungsherden zugeführt werden. i Ich selbst habe wenig Gelegenheit gehabt, mich selbstforschend mit Gallenbildungen zu beschäftigen; wenn aber die von Eckstein zusammengestellten Beobachtungen, wie ich wohl nicht zu zweifeln berechtigt bin, auch nur in der Hauptsache richtig sind, so gehören die von mir daraus gezogenen Folgerungen zu den wichtigsten Er- gebnissen der physiologischen Morphologie. Denn ebenso, wie wir die Form einer Galle als das Resultat des von dem Thier ausgeübten Reizes betrachten 'müssen, der je nach der Entwickelungsphase des 1) Vergl. damit Ges, Abh, 8, 1229 und unten den Anhang 89. 242 Pflanzenorgans in verschiedener Weise gestaltend wirkt, so werden wir auch annehmen dürfen, dass die in den Blättern erzeugten organ- bildenden Stoffe, indem sie in die jüngsten Organanlagen am Vege- tationspunkt einwandern, daselbst als Bildungsreize wirken und dass die Qualität der Organe wesentlich durch diese Reiz- mittel bestimmt wird. Diese Anschauungen sind so neu, widersprechen so vollkommen allen bisherigen Vorstellungen, dass ich Bedenken tragen würde, sie auch nur auszusprechen, wenn die Sache nicht gar so einfach läge und wenn sich diese Sätze nicht so ungezwungen meinen früher aus- gesprochenen Gedanken über „Stoff und Form“ anschmiegten. Dass das Princip annehmbar und fruchtbar ist, darf ich daraus schliessen, dass ein Morphologe von der Erfahrung und dem Urtheil Goebel’s es bereits zur Erklärung der Erscheinungen an den „Gefüllten Blüthen* (S. 269) in sehr ernster Form benutzt hat. $ 8. Es gibt aber andere morphologische Fragen, die schwieriger zu entscheiden sind, als diejenigen, die sich mit den Vorgängen der embryonalen Gestaltung beschäftigen. Ich meine die Frage nach den Ursachen, durch welche die Zahl und Stellung der Organe am Vegetationspunkt bestimmt wird, also die Frage nach den Ursachen der Vorgänge in der ersten Entwickelungs- phase am Vegetationspunkt. Versucht man, sich vorläufig zu orientiren, so treten folgende Punkte als wesentlich hervor. 1) Die Zahlen- und Stellungsverhältnisse werden ganz ausschliess- lich und zuerst am Vegetationspunkt entschieden ; 2) sie sind in hohem Grade erblich, daher für umfangreiche Typen des natürlichen Systems constant; 3) ist die Zahl und Stellung der ersten Organe an einem Vege- tationspunkt gegeben, so wird Zahl und Stellung der folgenden Organe durch jene bestimmt oder verursacht; 4) ganz unbekannt betreffs der Causalität ist nur das Verhalten an den primären Vegetationspunkten, die sich aus dem Embryo primär entwickeln, wenn dieser aus der befruchteten Eizelle entstanden ist und einen rundlichen Complex embryonaler Zellen darstellt. Verweilen wir zunächst bei diesem Punkt 4. — Die Mono- und Dicotylen verdanken ihren Namen diesem ganz unerklärlichen Ver- halten, dass bei jenen der noch ungegliederte Embryo nur ein erstes "243 Blatt produeirt, bei diesen aber ein opponirtes Paar;!) das ist die zu erklärende aber bis jetzt nicht erklärte Thatsache. — Das von mir aufgestellte Axiom der Entwickelung verlangt, dass die voraus- gehenden und umgebenden Formverhältnisse in Betracht gezogen werden. — Man könnte sagen, es liege in dem Gesammtbau der Monocotylen begründet, dass sie gewöhnlich zweireihig oder dreireihig alternirende Blätter produeiren und dass also auch der Embryokörper dies thun müsse, denn das Wesentliche liege nicht darin, dass ein erstes Blatt entsteht, sondern darin, dass die Blattbildung alternirend in zwei oder drei Längsreihen an der Sprossaxe fortschreitet. In- dessen wäre das keine causale Erklärung, sondern nur die Benennung der betreffenden Bildungsgesetze. Aber in der Welt der organischen Formen haben Gesetze nicht den Werth, wie in der Physik und Chemie; vielmehr sind es blosse Regeln, die durch zahlreiche Aus- nahmen entstellt und für. causale Erklärungen unbrauchbar werden. So auch hier; denn obgleich die genannte Blattstellungsregel die grosse Mehrzahl der Monocotylen beherrscht, sogar in solchen Fällen, wo aus der zweireihigen Blattstellung durch „Drehung“ zwei einander umwindende Blattspiralen entstehen, die dann den Eindruck einer einheitlichen Rosette machen?) (wie bei den Aloincen, vergl. mein Diagramm in „Vorlesungen“ II p. 499), so finden sich doch zahlreiche Ausnahmen, wo an älteren Vegetationspunkten spiralige Blattstellung primär angelegt wird (Palmen u. a‘) und die Blüthendiagramme der Monocotylen zeigen ohnehin, dass das Gesetz oder die Regel doch höchstens für die vegetativen Organe gelten könnte und dass gerade die der Embryobildung unmittelbar vorausgehenden Blattstellungen im Blüthendiagramm keinen Erklärungsgrund für die Entstehung eines ersten Blattes am Embryo abgeben kann. Mutatis mutandis gelten diese Betrachtungen auch für die Bildung der ersten Blätter am Embryo der Dicotylen und sogar der Gymno- spermen. Einstweilen aber muss constatirt werden: die Ursache, warum an den primären Vegetationspunkten der Embryonen ein oder zwei (bei Pinus auch mehr) erste Blätter entstehen, ist unbekannt, jedenfalls ist sie aber von äusseren Einwirkungen unabhängig. 1) Die zahlreichen Ausnahmen haben hier wenig zu bedeuten. 2) Die bekannten drei Blatt-Spiralen von Pandanus und die dreireihige Blatt- stellung von Carex u. a. sind kaum als Ausnahmen zu betrachten, denn von unserem Standpunkt aus, handelt es sich eben um ein erstes Blatt und dieses ist auch bei dreireihiger Alternation vorhanden, 244 Anders liegt nun die Sache, wenn es sich um die später aus dem Vegetationspunkt auftauchenden Organe handelt, denen also die primären Organanlagen bereits vorausgegangen sind. Dem genannten Axiom der Entwickelung entsprechend, müssen Zahl und Stellung der neu auftauchenden Organe von der Zahl und Stellung der primären, überhaupt allgemein von der der ‚vorausgehenden Organanlagen ab- hängen, causal durch jene erklärlich sein. So lange nun der ruhig fortwachsende Vegetationspunkt seine Gestalt (z. B. die eines Kegels, einer Ilemisphäre, eines Paraboloids) beibehält, pflegen sich bekanntlich die neu auftauchenden Auswüchse, die als Organanlagen progressiv entstehen, in die Zwischenräume der vorausgehenden, aber etwas höher am Vegetationspunkt (näher seinem Scheitel) einzufinden. . Dies. ist die jedem Morphologen bekannte Grundregel, die wohl darauf hinweist, dass die Raumverhältnisse und gewisse rein mecha- nische Bedingungen bei der Zahl und Stellung der Organentstehung maassgebend sind. — So nahe dieser Gedanke liegt, so oft er auch von den älteren Morphologen berührt wurde und so verlockend die Aussicht ist, hier fundamentale Wachsthums- und Gestaltungsgesetze zu entdecken, fehlt es doch noch immer an ernsten, ausführlichen Untersuchungen im angedeuteten Sinne, obgleich zahlreiche ältere Arbeiten mit guten Bildern, wie etwa das Meisterwerk Payer’s über die Blüthenbildung, bereits als empirisches Material vorliegen. Es handelt sich im Grunde auch hier nicht um viele neue Untersuchungen auf’s Gerathewohl, sondern um sorgfältiges Nachdenken über die hier möglichen Causalverhältnisse und etwaige ergänzende Beobachtungen auch experimenteller Natur. — Meine eigenen Bestrebungen in dieser Richtung, die ich in meinem Lehrbuch und den „Vorlesungen“ mehr- fach angedeutet habe, sind durch andere Arbeiten vielfach unter- brochen worden.!) Wenn nun die soeben genannte Regel streng eingehalten wird, und wenn durch die späteren Wachsthumsphasen keine Störung ein- tritt, dann kommen, besonders, wenn es sich um orthotrope Sprosse handelt, Gebilde zum Vorschein, die von der älteren Blattstellungs- lehre als das Grundgesetz alles Wachsthums und aller vegetabilischen Gestaltung hingestellt wurden; die Theorie der Orthostichen, der 1) Desto wichtiger sind Goebel’s Arbeiten, in denen man neben unzähligen neuen : Thatsachen auch theoretische Erwägungen über die fundamentalen Be- ziehungen der organischen Formen zu ihren Ursachen findet, 845 Parastichen, der Divergenzen mit ihren Prosenthesen ü. s. w. hat sich daran aufgebaut ohne irgendwelche Rücksicht auf die wahren Ursachen der Zahlen- und Stellungsverhältnisse. Eines der Causalverhältnisse, die hier in Betracht kommen, tritt be- sonders klar an den verticillirten Stellungen der Blätter und ihrer Achsel- sprosse, speciell an den Blüthenkreisen hervor. Ist einmal durch irgendwelche einstweilen noch unbekannte Ursache die Zahl der ersten Quirlglieder gegeben, so ist damit auch oft die Zahl und Stellung der folgenden bestimmt; die Glieder des folgenden Kreises von Organen alterniren mit den vorausgehenden, haben also dieselbe Zahl und ihre Stellung ist durch die Winkel zwischen den Gliedern des vorausgehenden Kreises bestimmt.") Daher kommt es, dass auch Abnormitäten auf Grund dieses Gesetzes sich in regelmässige Ge- stalten umwandeln. So findet man z. B. in derselben Inflorescenz von Gentiana lutea statt regelmässig typisch fünfzähliger Blüthen — 3zählige, 4—-6—7—8zählige Kreise des Kelches, der Corolle und des Androe- ceums; offenbar ist es ursprünglich nur der Kelch, dessen Gliederzahl von der normalen 5 abweicht; geschieht dies aber, so folgen Corolle und Stamina, weil sie unter sich nothwendig alterniren, mit gleichen Organzahlen; nur die Carpelle kehren sich nicht daran, wie gewöhn- lich, weil mit ihnen die Blüthenorgane abschliessen und der Vege- tationspunkt eine andere Form angenommen hat, denn es leuchtet ein, dass das Gesetz der Alternation der Organkreise nur so lange streng gelten kann, als, wie oben erwähnt, die Form des fortwachsenden Vegetationspunktes (hier des Blüthenbodens) dieselbe bleibt; spitzt sich dieselbe zu oder verbreitert sie sich, oder nimmt sie gar eine andere Form an, so hört selbstverständlich der Zwang auf, der die folgenden Organkreise nöthigt, mit den vorausgehenden zu alterniren und also auch die Gliederzahl beizubehalten. — Wird nun gar die Form des Blüthenbodens oder Vegetationspunktes während der successiven und progressiven Anlage der Organe eine ganz wesentlich andere, vertieft er sich, höhlt er sich aus, so müssen die neuen Organanlagen nothwendig von dem Gesetz der Alternation abweichen, aber die Ursachen desselben verschwinden nicht, sondern werden durch jene Formänderungen ihres Mutterbodens nur modieirt. Alle 1) Ich habe schon in den „Vorlesungen“ darauf hingewiesen, dass in dieser Beziehung die Astquirle der Abietineen besonders lehrreich sind; sie entstehen nieht direct über einander, ohne gegenseitigen Contact; sie haben daher ver- schiedene Gliederzahl an derselben Sprossaxe und alterniren auch nicht, wie sonst consecutive Quirle. d46 diese Dinge können hier nur angedeutet werden, eine äusführliche Darlegung würde grossen Raum erfordern und könnte nur auf Grund sorgfältiger, geometrisch-mechanischer Erwägungen ausgeführt werden; zudem genügt es, einfach daran als an bekannte Dinge, zu erinnern, Auch leuchtet ein, dass all’ diese die Zahl und Stellung der am Vegetationspunkt auftauchenden Organe bedingenden Ursachen nur dann klar zur Wirkung kommen können, wenn die betreffenden Wachsthumsursachen mit fast mathematischer Genauigkeit arbeiten: eine äusserst geringe Ungenauigkeit kann aus den Ortho- stichen schiefe Parastichen erzeugen, wie bei den auf diesem Gebiet klassischen Tannenzapfen, oder sie kann aus vertieillirten Stellungen, wie bei Hippuris und Equisetom spiralige erzeugen.!) Das hergebrachte Staunen über solche Abnormitäten, die diesen Namen kaum verdienen, entspringt ‚nur der mangelhaften Ueberlegung darüber, welch’ mathe- matische Genauigkeit nöthig ist, um die typischen Formen festzuhalten ; es ist Ja weit schwieriger einen Kreis, als eine Spirale, weit schwieriger eine gerade Linie, als eine krumme zu bilden und damit hat auch der Wachsthumsprocess zu kämpfen. Man kann daher die erwähnten Abweichungen vom Typus kaum als Missbildungen bezeichnen. — Dass diese ganze Auffassung eine Berechtigung hat, zeigen schon die Coniferen; bei diesen treten Missbildungen der Blüthen (Kätzchen und Zapfen) viel seltener auf, als bei den Angiospermen, weil die die Blüthenorgane tragende Axe verlängert, geräumiger ist und weil hier nicht so vielerlei stoffliche Unterschiede dicht neben einander auftreten, also auch nicht so leicht fehlerhafte Einwanderungen von organbildenden Stoffen und Verschiebungen stattfinden können. Ich glaube, eine eingehende Darstellung dieser Dinge würde zeigen, dass, wenn einmal die ersten Glieder der Reihe gegeben sind, d. h. wenn erst die primären Organanlagen am Vegetationspunkt entstanden sind, man sich ein Bild von dem causalen Zusammenhang der folgenden Wachsthumsprocesse machen kann, soweit es die Zahl und Stellyng der Organanlagen betrifft und wenn es sich nun um 1) Ich glaube, man hat früher ganz überflüssiger Weise ein enormes Maass von Arbeit und Scharfsinn auf die Erklärung solcher Vorkommnisse verschwendet, die sich ohne Weiteres begreifen lassen, wenn man bedenkt, wie klein die Organ- anlagen am Vegetationspunkt sind und dass bei der dichten Drängung derselben und bei den complicirten Wachsthumsprozessen die allerminimalsten Störungen hinreichen müssen, die genannten Effecte zu bewirken. — Auch hier zeigt sich, wie wiehtig die absoluten’ Orössen der Organe nnd Zellen für theoretische Be- trachtungen sind. 247 Monstrositäten handelt, so weiss man im Voraus, worauf es ankommt, wenn mit den stofflichen Abnormitäten der Organe auch solche ver- bunden sind, welche die Zahl und Stellung der Organe betreffen. Kommen wir nun aber noch einmal auf die Frage zurück, ob wir etwas über die Ursachen der primären Zahl und Stellung der Organe am Vegetationspunkt aussagen können, von der sodann wie gezeigt, die Stellung der folgenden Organanlagen causal abhängt, so lassen sich doch für gewisse Fälle einige Sätze aufstellen. Wenn an dem unterirdisch kriechenden Stamm von Lygodium nur eine Reihe von Blättern auf der Ober- (Rückenseite) entsteht, so darf man das wohl als eine Gravitations- oder geotropische Wirkung auffassen und ebenso dürfte die an der rechten und linken Flanke stattfindende Blattbildung und Diehotomie des Stammes von Pteris aguilina durch den horizontalen Wuchs in Verbindung mit der dor- siventalen Struktur und der Einwirkung von .Geotropismus sich er- klären!), was für ähnliche von Goebel beschriebene Fälle nicht minder gelten dürfte. Es handelt sich hier nicht um die gewöhnliche Art des Geotropismus, sondern um eine Einwirkung der Gravitation auf die Entstehungsorte neuer Organe, wie sie auch von mir betreffs der neuen Vegetationspunkte an den Wurzelknollen von 'Thladiantha dubia u. a. nachgewiesen wurde. Ein sehr merkwürdiges Object in dieser Beziehung ist der Stamm von Elaeagnus angustifolia, der sehr gern Adventivsprosse erzeugt, aber nur auf der Oberseite, selbst dann, wenn der Stamm nur um etwa 8S—10° gegen den Ilorizont geneigt ist. Wie hier die geotropische Reizbarkeit die Entstehung ganzer Sprossanlagen bewirkt, kann sie sicherlich auch auf die Entstehungs- orte von Blättern an einem Vegetationspunkt sich geltend machen. Auch das Licht, oder besser gesagt, die Richtung der Licht- strahlen kann die Entstehüngsorte neuer Aussprossungen an Vegetations- punkten primär bestimmen: so z. B. an den aufrechten Protonema- sprossen von Funaria, deren Seitensprosse, wie ich festgestellt habe, nur rechts und links vom einfallenden Lichtstrahl sich bilden. Zu den äusseren Einwirkungen, welche die Stellung und Zahl der ersten Blätter an einer Sprossaxe bestimmen, gehört offenbar auch eine mehr oder minder kräftige Ernährung; bei Pflanzen mit decussirten Blattpaaren, wie Myrtus communis, Paulownia imp., Syl- 1) Es wäre kein zutreffender Einwand, dass die Blattstellung der Farne mit der Segmentation der Stammscheitelzelle zusammenhängt; denn diese letztere selbst wird ihrer Lage nach durch Geotropismus geregelt. 248 phiumarten u. ä. entstehen nach Wegnahme oder nach Erfrieren des Hauptstammes überaus üppige „Wurzelsprosse“, die dann ge- wöhnlich dreizählige Blattquirle tragen. — Ebenso können durch übermässige Ernährung Fasciacionen künstlich erzeugt werden, wie ich schon 1859 an der Schminkbohne gezeigt habe. Das sind indessen nur einzelne Fälle, die sich jedoch sehr verallgemeinern lassen. Hier wollte ich nur zeigen, dass auch die Zahl und Stellung primärer Aussprossungen von äusseren Einwirkungen bestimmt werden kann und ist diess einmal geschehen, so wirken die primären auf die folgenden ortsbestimmend ein. Wenn nun, wie oben gezeigt, durch die vorausgehenden Organan- lagen an einem Vegetationspunkt die Zahl und Stellung der folgenden mit bestimmt wird, so kann man diess, gegenüber den äusseren Ein- wirkungen als innere Einwirkung bezeichnen; und in dieser Beziehung wäre hier noch eine kurze Bemerkung über die Stellung der ersten Blätter an den Seitensprossen bei axillärer Verzweigung beizufügen: bei den Monoeotylen ist es, bekanntlich Regel, dass der Axelspross eines Blattes mit einem ersten Blatte beginnt, das der Mutteraxe dorsal zugekehrt ist, während bei den Diecotylen gewöhnlich ein rechts und links stehendes Blattpaar die Blattstellung des Axel- sprosses einleitet. Es scheint, als ob hier wesentlich mechanische Ursachen, der Druck der jungen Organe auf einander, die Breite der Basis des Mutterblattes u. dgl. in Betracht käme. Derartige Thatsachen sind ja früher vielfach auf Grund der formalen Morphologie bearbeitet worden; man hat aber immer nur darnach gestrebt, abstrakte Gesetze aufzustellen; fruchtbarer wären derartige Forschungen, wenn man sich entschliessen wollte, die wirkenden Ursachen aufzusuchen. Ss 9. Schlussbemerkung und Historisches. Wenn die vor- liegende Abhandlung mehr sein wollte, als eine vorläufige Notiz, die ich im Laufe umfangreicherer Studien entworfen habe, so würde sie eigentlich noch einen zweiten Theil erfordern, der sich eingehender, als oben geschehen, mit der Streckung und Reifungsphase zu befassen hätte. Es wäre dann noch weiter nachzuweisen, wie in dieser zweiten Periode der Entwiekelung sich die Reactionen der wachsenden Organe gegen äussere Eingriffe, d. h. die Wachsthums- oder Bildungsreize abweichend von denen der ersten, morphologischen Periode gestalten. Indessen muss ich diese Arbeit einer späteren Gelegenheit vorbehalten. 249 Die in der vorliegenden Mittheilung enthaltenen Ansichten be- ziehen sich vorwiegend auf die morphologische Bedeutung der Vege- tationspunkte, über welche ich mich schon früher mehrfach geäussert habe. Da ich mich nun in dem vorliegenden Text mehrfach auf diese älteren Aöusserungen bezogen habe, das Thema selbst aber von ganz fundamentaler Bedeutung für die Morphologie und Biologie der Pflanzen ist und da wohl nicht jedem Leser der „Flora“ meine betreffenden älteren Arbeiten zur Verfügung stehen, endlich weil mir daran liegt, meine hier in Betracht kommenden Ansichten möglichst klar darzu- legen, so erlaube ich mir, einige Seiten des Textes aus meinen „Gesammelten Abhandlungen“ (von 1893) hier anzuschliessen, die meiner zweiten Abhandlung über „Stoff und Form der Pflanzenorgane“ (in den Arbeiten des botanischen Instituts zu Würzburg Bd. II 1882 713 ff.) entnommen sind. „Betrachtungen über die Naturder Vegetationspunkte.* Wo es sich um Organbildung im Pflanzenreich und damit zusammenhängende Fragen handelt, wird man immer wieder auf die Vegetationspunkte und die Em- bryonen zurückgeführt; freilich ist fast alles, was wir darüber gegenwärtig wissen, auf dem Boden der formalen Morphologie erwachsen, während die physiologische Forschung auf diesem Gebiet noch kaum angebahınt ist. Indessen lässt sich schon jetzt eine Reihe von Thatsachen und Beziehungen zusammenstellen, welche, wie ich glaube, geeignet sind, die wahre Natur der Vegetationspunkte in einem anderen Licht erscheinen zu lassen und die Forschung auf einen fruchtbareren Weg zu führen. Es handelt sich, um dies hervorzuheben, nicht etwa um Auf- stellung einer neuen fertigen Theorie, sondern um rudimentäre Anfänge, aus denen sich später eine solche entwickeln kann; Hauptsache ist, dass ein Anfang gemacht wird. Zunächst möchte ich noch einmal an das erinnern, was ich 1878 in meiner Abhandlung über die Anordnung der Zellen,!) gesagt habe. Ich wies darauf hin, dass die wesentlichste Bedeutung der Vegetationspunkte keineswegs, wie ge- wöhnlich gesagt wurde, darin liegt, dass sie vorwiegend das Wachsthum ver- mitteln, noch weniger die Orte des raschesten Wachsthums sind, ihre Bedeutung liege vielmehr darin, dass in ihnen die Anfänge der neuen Aussprossungen und der Gewebebildung zu suchen sind. Ein zweites Moment von hervorragendster Bedeutung fand ich darin, dass alle normalen Vegetationspunkte einer reich ver- zweigten Pflanze direet von dem Embryo, aus dem sie sich entwickelt hat, ab- stammen: jeder normale Vegetationspunkt einer Wurzel oder eines Sprosses ist direct aus einem früheren Vegetationspunkt entstanden, und verfolgt man diese Entstehung rückwärts, so gelangt man bis zum Embryo, der, anfangs selbst noch undifferenzirt, zunächst die beiden Vegetationspunkte für Wurzel und Spross 1) Vergl. Ges. Abh. 8. 1124 ff, Flora 1893, 17 350 liefert. Die „Vegetationspunkte®, sagte ich, „rücken von einander weg, sie stossen einander gewissenmassen ab, indem ihre basalen Gewebetheile sich in differenzirte Gewebe verwandeln, welche lebhaft wachsen und dann Dauergewebe darstellen. Jeder Vegetationspunkt ist gewissermassen ein Ueberrest des Urmeristems des Embryos, aus welchem sich die erste Sprossanlage (und Wurzelanlage) einer Pflanze entwickelt.“ Das Urmeristem oder besser das embryonale Gewebe regenerirt sich also aus den ursprünglich entstandenen Vegetationspunkten des Embryos immer wieder durch Ernährung, aber so, dass diese Regeneration im normalen Falle in der Art verläuft, dass aus der Substanz eines gegebenen Vegetations- punktes direct neue Vegetationspunkte hervorgehen. Da die Substanz der Vege- tationspunkte aber sich continuirlich aus dem Embryo ableitet und auch in ihrer gesammten Beschaffenheit mit embryonalem Gewebe zur Zeit der allerersten Entwickelung identisch ist, so können wir das Gewebe der Vegetationspunkte einfach als embryonales Gewebe bezeichnen. Die Substanz der Vegetationspunkte stimmt nicht nur bezüglich ihrer chemischen und cellulären Beschaffenheit, sondern auch darin mit der primären Substanz des Embryos überein, dass sie im Stande ist, neue Organanlagen zu erzeugen. — — — Die nächstliegende Frage wäre nun die, um was für chemische Verbindungen es sich handelt, wenn von embryonaler Substanz die Rede ist. Ich habe in dieser Beziehung schon in meinem ersten Aufsatze darauf hingewiesen, dass es sich nicht einfach um die mikrochemisch nachweisbaren plastischen Stoffe, Eiweisstoffe, Kohlehydrate und Fetie handeln könne, dass es sich vielleicht um sehr kleine Quantitäten noch unbekannter Substanz handelt, welche erst ihrerseits jene Substanzen zur Ansammlung an bestimmten Punkten, nämlich in den Vegetations- punkten, veranlassen. Vor Allem scheint mir eines von grosser Wichtigkeit: nämlich die äusserst geringe Quantität der embryonalen Substanz selbst bei grossen, mächtigen Pflanzen. Der Embryo, aus welchem die ersten Blattanlagen und Wurzeln sich hervorbilden, ist bekanntlich immer von mikroskopischer Kleinheit, sein gesammtes Gewicht dürfte kaum jemals ‘den tausendsten Theil eines Milligramms erreichen, wovon wenigstens zwei Drittel Wasser sind. Ganz ähnlich ist es aber auch mit den Vegetationspunkten einer grossen, erwachsenen Pflanze. Das eigentlich embryonale Gewebe eines solchen, sein „Urmeristem* im engsten Sinne des Wortes, dürfte nur selten 0,01 Milligramm wiegen; bei einer Pflanze mit 100 Vegetationspunkten also ‚wäre die Masse derselben nur 1 Milli- . gramm, bei einem Baum mit hunderttausend Vegetationspunkten von Wurzeln und Sprossen also nur ein Gramm, während die übrige Substanz Hunderte selbst Tausende von Kilogramm beträgt. Nun bin ich aber der Meinung, dass es sich, abgesehen von dem Wasser des embryonalen Gewebes und von den dort befindlichen Kohlehydraten und Fetten, nicht einmal, streng genommen, um das gewöhnliche Protoplasma handelt, dass vielmehr in diesem letzteren eine besonders qualifizirte chemische Verbindung vorhanden sein muss, durch welche die besondere Natur der Vegetationspunkte im Gegensatz zu den älteren, schon entwickelten Organen bestimmt wird. Wenn dies nun der Fall sein sollte, dann wäre innerhalb der ohnehin schon äusserst geringen Masse aller embryonalen Gewebe des Embryos, so wie der Vegetations- punkte einer grossen Pflanze nur ein äusserst kleiner Bruchtheil als der eigentlich für uns in Betracht kommende Stoff anzunehmen. 251 Mir war in dieser Beziehung immer die allgemein bekannte Thatsache von Interesse, dass in den Vegetationspunkten die Zellkerne einen auffallend grossen Raum einnehmen, die kleinen Zellen fast erfüllen und also einen erheblichen Bruchtheil der Masse des embryonalen Gewebes darstellen. Das Gewicht dieser Wahrnehmung wird nun dadurch noch vermehrt, dass wir durch Schmitz von dem Vorhandensein der Zellkerne auch in solchen Kryptogamen, wo man sie früher nicht erkannt hatte, unterrichtet sind, und dass selbst in den nicht cellu- lären Vegetationspunkten der Cöloblasten sehr zahlreiche Zellkerne beisammen liegen, die erst später bei dem Wachsthum aus einander rücken. Vergleicht man mit diesen Thatsachen die höchst untergeordnete Rolle, welche die Zellkerne in ausgewachsenen, grossen Parenchymzellen spielen, wo ihre Masse gegenüber dem sonstigen Zellinhalt kaum in Betracht kommt, so muss die Anhäufung der Zell- kernsubstanz im Gewebe der Embryonen und Vegetationspunkte um so mehr auffallen, da. nur diese Theile der Pflanzen die Fähigkeit haben, neue Organe zu erzeugen. Nun haben aber ferner die neuen Untersuchungen von Flemming, Strasburger, Schmitz u. A. gezeigt, dass im Zellkern selbst ein grosser Theil der Substanz im Wesentlichen die Eigenschaften des Protoplasmas besitzt; das dem Zellkern selbst Eigene, ihn vom Protoplasma Unterscheidende ist sein Gehalt an Nuclein (Chromatin), dessen merkwürdige Gestaltveränderungen bei der Zelltheilung von den genannten Forschern so eingehend studirt wurden. Die Be- deutung des Nucleins aber gewinnt einen weiteren Nachdruck durch die schon von Anderen angebahnte, von Zacharias und Guignard näher festgestellte Thatsache, dass es die Substanz des Zellkerns, also wohl vorwiegend die des Nucleins ist, welche bei der Befruchtung das wirksame Element darstellt. Es wäre kaum ratlısam, auf diese noch zu unbestimmten Daten hin die Behauptung wagen zu wollen, dass das Nuclein diejenige Substanz sei, welcher die befruchteten Embryonen und die daraus hervorge- henden Vegetationspunkte ihre Gestaltungsfähigkeit verdanken.!) Sollte sich jedoch diese oder eine ihr nahe liegende Annahme später rechtfertigen, so wird man nicht vergessen dürfen, dass während des Wachsthums und der damit verbundenen fortschreitenden Neubildung von Vegetationspunkten auch eine Vermehrung des Nucleins durch Ernährungsprozesse stattfinden muss. Hier- bei bleibt es einstweilen unbestimmt, wo das Nuclein ursprünglich erzeugt wird, ob schon in den Assimilationsorganen oder aus deren Produkten anderwärts: die Regeneration an abgeschnittenen Pflanzentheilen würde jedoch darauf hinweisen, dass das Nuclein oder diejenigen chemischen Verbindungen, aus denen es schliess- lich entsteht, in älteren Gewebetheilen anzutreffen sind, aus welchen es nach den Vegetationspunkten hinwandert. (Vergl. die Untersuch. von Boveri, Flemming, Guignard) 1) Dies wurde vor 12 Jahren (1882) geschrieben; jetzt liegen die glänzenden Untersuchungen Boveris (für thierische Befruchtung) und Guignard’s u. a vor, durch welche jene Schlussfolgerungen zu Thatsachen erhoben werden. Zu- satz 1893. 2) Auch würen hier meine experimentellen Untersuchungen über die Er- zeugung der blüthenbildenden Stoffe in den Laubblättern heranzuziehen: vergl. botan. Zeitung 1864 und Ges. Abh. 8. 241 ff, sowie auch Flora 1892 8. 1. 17* 252 Dass es sich bei der Bildung neuer Vegetationspunkte, speziell auch der ‘adventiven, gewiss nicht bloss um die Ansammlung von Eiweissstoffen, Fetten und Kohlehydraten handeln kann, schliesse ich daraus, dass diese Substanzen eben doch überall im Zellgewebe vorhanden sind, und wenn es nur auf sie ankäme, könnten ja adventive Vegetationspunkte fast überall entstehen, besonders wenn man bedenkt, wie ausserordentlich klein die Masse eines Vegetationspunktes ist. Es muss also wohl darauf ankommen, dass eine chemische Verbindung, welche nicht überall gleich jenen genannten Stoffgruppen in erheblicher Masse im Zell- gewebe vorhanden ist, sondern eine Verbindung, welche nur in äusserst kleiner Quantität und nur unter besonders günstigen Vegetationsbedingungen sich bildet, “an denjenigen ‘Orten sich sammelt, wo Vegetationspunkte entstehen sollen. Mit ihr zugleich, oder besser: durch sie veranlasst, können dann Eiweisssubstanzen, Fette und Kohlehydrate an diesem Ort sich ansammeln und so die Masse des Vegetationspunktes bilden. Man könnte Anstoss daran nehmen, dass ich einem Stoff von s0 äusserst geringer Quantität in der Pflanze eine s0 hochwichtige Bedeutung beilege. Allein einerseits führen eben die angeführten Gründe zu einer solchen Annahme, und anderseits fehlt es keineswegs an Analogien dafür, dass äusserst kleine Stoff- mengen die weitgeliendsten Wirkungen hervorrufen können; ich errinnere in dieser Hinsicht an die Fermente, von denen fast unwägbare Spuren fast unbe- grenzte Massen anderer Stoffe zersetzen, und ferner an die Erfolge der Befruchtung. Gewiss ist doch das Quantum des Befruchtungsstoffes, der durch ein Spermatozoid oder durch einen Pollenschlauch auf die Eizelle übertragen wird, ein unbegreif- lich kleines Quantum, welches nach Milliontheilen eines Milligramms rechnet, und dennoch bestimmt dieses kleine Stoffquantum nicht nur überhaupt die Weiter- entwickelung der Eizelle, sondern das gesammte spätere Wachsthum des neuen Organismus, wie mit Bestimmtheit die Bastarde zeigen, in denen vermöge jener kleinen Quantität von Befruchtungssubstanz dennoch später die väterlichen Eigen- schaften deutlich hervortreten. Da nun bei den Pflanzen sämmtliche Organe aus den Vegetationspunkten hervorgehen und diese ursprünglich aus der befruchteten Eizelle entstanden sind, sich genetisch auf dieselbe zurückführen lassen, so kommen wir zu dem Schluss, dass in den Vegetationspunkten selbst sogar nach Jahren die Wirkung des in die Eizelle eingetretenen Befruchtungstoffes noch zum Vorschein kommt, j Man könnte schliesslich noch einwenden, es sei unverständlich wie eine grössere Masse von plastischen Pflanzenstoffen durch eine sehr geringe Quantität eines anderen Stoffes dazu veranlasst werden könnte, eine bestimmte organische Form anzunehmen. Diesem Einwurf gegenüber würde ich jedoch fragen: ist es denn verständlich, wie bei der Bildung der Krystalle von schwefelsaurem Natron - (Na, 80, -- 10H,0) die 180 Gewichtstheile Krystallwasser durch 142 Gewichts- theile Na,80, veranlasst werden, in die Form eines monoklinen Prismas ein- zutreten, obgleich doch die Krystallform des Wassers für sich allein eine hexa- gonale ist? Offenbar wird hier durch eine kleinere Quantität des Salzes eine grössere Quantität von Wasser dazu veranlasst, eine von dem Salz abhängige Form anzunehmen. Sollten fortgesetzte Untersuchungen nun ergeben, dass das Nuclein die ihm von mir zugeschriebeneRolle bei der Bildung der Vegetations- 253 punkte wirklich spielt!), so würde sich dann die weitere Folgerung an- schliessen, dass es verschiedene Arten von Nuclein geben müsse?), die vielleicht chemisch nicht zu unterscheiden sind, die aber, ähnlich wie die Weinsäure und Antiweinsäure, wie rechts- und linksdrehender Zucker sich unterscheiden und gegen äussere physikalische Einflüsse verschieden reagieren. Ungefähr,in diesem Sinne würde sich dann das Nuclein, welches die Bildung von Wurzelvegetations- punkten einleitet, von demjenigen unterscheiden, welches bei der Anlage von Sprossvegetationspunkten den Anstoss gibt.“ Würzburg, 9. Februar 1882. 1) Dass dies wirklich der Fall ist, dürfte aus den neuen Arbeiten, für die Pflanzen speziell aus denen von Guignard hervorgehen. Zusatz 1892. 2) Auch diese 1882 ausgesprochene Vermuthung scheint sich durch die neuen Untersuchunigen von Auerbach über cyanophile und erythrophile Zellkerne zunächst der Sexualzellen zu bestätigen Zusatz 1893. Würzburg, 3. August 1893, Ueber die eine Thelephoree, welche die Hymenolichenen: Cora, Dietyonema und Laudatea bildet. Von Alfred Möller. Johow’s werthvolle Untersuchungen über die Hymenolichenen, nämlich die in den Sitzungsberichten der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom 21. Februar 1884 er- schienene Abhandlung, und die im XV. Bande von Pringsheim’s Jahrbüchern veröffentlichte Arbeit „Die Gruppe der Hymenolichenen“, hatte ich, ehe ich mich zu mykologischen Studien nach Brasilien be- gab, mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen. Dass ich in der Um- gegend meines Standquartiers „Blumenau* Cora wenigstens finden würde, wusste ich durch Herrn Dr. Fritz Müller und Herrn Dr. Schenck. Nachdem ich schon früher Versuche mit der künstlichen Cultur flechtenbildender Ascomyceten angestellt hatte, so hoffte ich, dass es vielleicht gelingen möchte, auch den Cora bildenden Basidio- myceten ohne seine Alge in künstlicher Kultur zu züchten. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Wie ich demnächst zeigen werde, sagten dem Pilz der Cora die Bedingungen der künstlichen Cultur nur wenig zu, und seine Entwickelung blieb unter denselben eine höchst unvoll- kommene. Was ich aber in meinem Laboratorium nieht zu Stande bringen konnte, das geschah ohne mein Zuthun in dem grossen und besteingerichteten Laboratorium, in der Natur selbst, in ungeahnter Vollendung. Mit dieser Beobachtung war ein neuer Anstoss gegeben, den Hymenolichenen verstärkte Aufmerksamkeit zuzuwenden; da fanden sich auch Dietyonema und Laudatea; und zwischen all’ diesen Formen entdeckte ich so merkwürdige Beziehungen, dass eine kurze Mittheilung der Beobachtungen gerechtfertigt scheinen mag. 255 Ich bemerke zum Voraus, dass Johow’s, für die Hymenolichenen grundlegende, oben angeführte Arbeiten für das Folgende als bekannt vorausgesetzt werden. Ich stütze mich insbesondere auf die in Pringsheim’s Jahrbüchern a. a. O. gegebenen Habitusbilder und Zeichnungen. Ich gehe nur insoweit auf die Beschreibung der ge--- nannten Flechten ein, als ich die von Johow mitgetheilten Be- schreibungen zu ergänzen und in einigen Punkten berichtigen zu können glaube. Ich unterlasse aber, alle jene Einzelheiten der Be- schreibung zu wiederholen, welche für das Verständniss des Folgenden zwar wichtig sind, betreffs deren ich aber die Angaben jenes aus- gezeichneten Beobachters lediglich zu bestätigen haben würde. ‚Auch darf ich nach dıe..m allgemeinen Hinweis auf Johow’s Arbeiten der Kürze halber weitere Hinweise im Laufe der Abhandlung unterlassen. Cora pavonia ist im Staate St. Catharina eine sehr häufige Pflanze. Ich habe sie ebensowohl bei Lages und Säo Bento, also in Höhen von 800-1000 m über dem Meere, auf der Serra Geral, wie im Küstengebiet bei Blumenau und Joinville beobachtet. Sie ist, soweit meine Erfahrungen reichen, auf zwei bestimmte, von einander sehr verschiedene Standörtlichkeiten in ihrem Vorkommen beschränkt. Zuerst findet man sie auf dem nackten Erdboden an den schrägen Wänden von Wegedurchstichen, und zwar fast ausschliesslich auf bindigem, lehmigem bis thonigem Boden. Hier entwickelt sie sich ausserordentlich üppig, und überdeckt bisweilen haushohe Wände mit ihren eigenartigen auffallenden Lappen, auch an Stellen, welche täg- lich mehrere Stunden lang dem Sonnenlicht ohne Schutz ausgesetzt sind. Ihre Rasen breiten sich, allseitig von einem Punkte ausstrahlend, rosettenartig aus, die Lappen liegen der Unterlage flach an. In den hinteren, der Mitte näheren Theilen sind sie durch die Haftbündel dem Erdreich so fest verbunden, dass sie unversehrt nicht losgelöst werden können. Bei üppigem Wachsthum wird dann der äussere Rand frei, und bildet jene mehr oder weniger wagerecht abstehenden Lappen, welche sich gegen einander aufwölben, wie es in der von ‚Herrn Dr. Schenck gezeichneten Figur (a. a. O. Fig. 1) schön zu sehen ist. Weitere Verwickelungen kommen zu Stande, indem der ursprüngliche Rasen sich auf weitere Strecken hin niederlegt, d. h. die anfänglich auf- und abstehenden Theile ebenfalls befestigt, und wiederum rundliche Lappen zweiter Ordnung am Rande entstehen lässt. Benachbarte Lappen treten in Berührung, und indem sie sich gegenseitig drängen, ergeben sich mannigfaltig verwickelte Formen. Das Gewirre wird noch undurchsichtiger dadurch, dass die Thallus- 256 lappen ausserordentlich leicht mit einander verwachsen. Endlich, da die Cora mehrere Jahre alt wird, so brechen nachträglich aus der Fläche der allmählich verwitternden alten Lappen neue, frische heraus, welche wiederum an den Rändern sich mit benachbarten vereinigen können, und welche nach unten mehr oder weniger fest an die alten Unterlagen angeheftet werden. An solchen Stellen üppigen Wachsthums ist der i:: die Augen fallende Wechsel der Farbe unserer Flechte ganz besonders schön zu beobachten. Ein Fall ist mir besonders in der Erinnerung, wo eine hohe Wand, des Morgens früh beschattet, im blaugrün glänzenden Schmuck der Cora prangte. Als ich des Mittags, auf dem Heimwege, mich jener Stelle wieder näherte, hätte ich vermuthen können, ,es sei inzwischen die grüne Pflanzendecke jener Wand abgehackt worden, und ein weisses Gestein sei so freigelegt worden. Die ganze, grosse Fläche glänzte weissgrau, weithin sichtbar im Sonnenlicht, und bot einen durchaus veränderten Anblick dar. An ganz frisch hergestellten Böschungen findet sich Cora nicht. Es scheint, dass einige Jahre vergehen müssen, während deren Leber- moose, Moose und Flechten den nackten Lehmboden für sie bewohn- bar machen. Dann siedelt sie sich für einige Jahre an. Gleichzeitig aber finden sich auch einige Gräser und Farrenkräuter, vorläufig‘ ver- einzelt, dort ein. Sobald dann der Wuchs dieser grösseren Gewächse einigermassen zunimmt, lässt in gleichem Maasse die Ueppigkeit der Cora-Rasen nach, und nach wiederum zwei bis drei Jahren ist keine Spur mehr von ihnen zu entdecken, Eine hier sehr häufige Gleichenia ist es besonders, welche: fast ausnahmslos an allen Stellen sich findet, wo Cora sich ansiedelte, und welche an der späteren Unterdrückung der Flechte hervorragenden Antheil nimmt. Ich habe eine Reihe von Standorten der Cora nun während dreier Wachsthumsperioden beobachtet, aber in jedem Jahr war es eine andere Stelle, an der ich die üppigste Entwickelung fand, und immer folgte auf die üppigste Entwickelung eine merkbare Abnahme im darauffolgenden Jahre. — Eine Fahrt auf der prächtigen, 90 Kilometer langen Fahrstrasse von Joinville nach Säo Bento bot reichlich Gelegenheit, das Vorkommen von Cora an Standorten der beschriebenen Art zu beobachten. Steigt doch jene Strasse von dem nur wenige Meter über dem Meere ge- legenen Joinville bis zur Höhe von 1000 m, und eine grosse Menge von Böschungen, Durchstichen und Erdrutschen sieht man zu beiden Seiten; zu einem grossen Theil sind sie mit Cora besiedelt. — Ausser an den beschriebenen, meist durch Menschenhände zubereiteten Stand- 257 orten findet sich Cora nur an ihrem natürlichen Standort, d. i. hoch in den Wipfeln der Bäume, dort gewöhnlich in Gesellschaft von Moosrasen, von baumbewohnenden Orchideen (Epidendrum avicula!), Farrenkräutern u. a. Wenn man das etwas beschwerliche Durch- klettern frischer Waldschläge nicht scheut, wird man sie in den Baumkronen selten vergeblich suchen. Die einzelnen Lappen erreichen hier häufiger, als an den vorerwähnten Standorten, bedeutende Grösse, nämlich bis zu 6cm Halbmesser, und die ganze Erscheinung der Flechte ist insöfern etwas verändert, als sie nicht wie auf dem Lehm- boden, der Unterlage, zum grössten Theile angeschmiegt erscheint, sondern meist frei absteht. Es war im Januar, dass ich zuerst die Cora genauer untersuchte. Ihre Lappen sehen auch zu dieser Jahreszeit, wenn es feuchtes Wetter ist, frisch und üppig aus; das eigenartige Hymenium kann man leicht beobachten, aber man findet nicht eine einzige sporentragende Basidie. Weitere Untersuchungen überzeugten mich, dass in der heissen Jahres- zeit ein nahezu vollkommener Stillstand im Wachsthum der Flechte herrscht. Erst etwa vom März an beginnt das Wachsthum wieder. Man sieht dann überall neue frische Lappen entstehen, und man findet junge Pflänzchen so klein, als man sie wünschen mag. Schon Ende März und Anfang April finden sich dann auch solche, an denen hie und da die Bildung neuer Hymenien zu beobachten ist; und wenn man im Monat April die jungen Hymenien genau untersucht, so ge- lingt es, sporentragende Basidien unter der freilich überwiegenden Zahl steriler „Paraphysen* zu entdecken. Mit dem Vorschreiten der kühleren Jahreszeit werden die Basidien häufiger, und im kältesten Monat, im August, sind alle Hymenien so dicht mit Basidien bedeckt, wie nur an irgend einem reifen Thelephoreenfruchtkörper. Auf dünnen Schnitten sieht man eine Basidie neben der anderen. Legt man solchen Coralappen in feuchter Kammer über einem Objectträger aus, so erhält man im Verlauf weniger Stunden einen mit blossem Auge sichtbaren weissen Niederschlag von Sporen, und reine Aussaaten der- selben in Wasser oder Nährlösungen sind alsdann leicht herzustellen. Die Sporen sind, wie gesagt, weiss. Sie haben ovale Form, 6—7 y. Länge und 4. Breite; sie sind in ein sehr kurzes, ein wenig seitlich abgebogenes Spitzchen zusammengezogen. Mit diesem, stets an einem Ende des Ovals befindlichen, Spitzchen sitzen sie den Sterigmen auf in einer Art der Anheftung, welche etwas an die bei Dacryomyceten und Tremellinen vorkommende erinnert. Man findet diese Anheftungsart auf das genaueste dargestellt in Brefeld’s 258 Untersuchungen Band VII an verschiedenen Stellen. Bei Cora eben- sowohl, wie bei einer ausserordentlich grossen Zahl von Autobasidio- myceten, sind die Sporen ganz ähnlich befestigt. Nur legt sich das Sterigma nicht mit einer so langen Spitze, wie bei jenen Protobasidio- myceten, der Spore an. Man wird indess nur selten eine genau mittlere Stellung des Sterigma unter der Spore finden, derart dass das verlängerte Sterigma die Achse der Spore bilden würde. Die in reinem Wasser aufgefangenen Sporen zeigen folgendes Verhalten. Etwa am zweiten Tage nach der Aussaat bemerkt man, dass ein grosser Theil der Sporen verwelkt, d.h. dass das Protoplasma sich zersetzt, die Sporenhaut schrumpft und zusammenfällt. Die übrigen Sporen zeigen ein fast glänzendes strotzendes Protoplasma und schwellen an. Dabei schwellen die einzelnen Sporen nicht in gleicher Weise, manche erreichen runde, manche mehr ovale, manche ganz unbestimmte Form, dabei einen Durchmesser bis zu 14. Erst am 4. Tage bemerkt man an einem verhältnissmässig geringen Theil der angeschwollenen Sporen je einen oder selten zwei dünne Keimschläuche. Diese wachsen nur sehr langsam weiter und erreichen auch nach 14 Tagen kaum mehr als die 10—12fache Länge der angeschwollenen Spore. In schr dünnen Nährlösungen kann man dieselben Beobach- tungen etwas leichter und schneller wiederholen. Die Anwendung diekerer und mannigfach veränderter Nährlösungen, ja auch einer Ab- kochung aus Cora-Rasen selbst, förderte nichts weiter, und über die mitgetheilten Entwickelungszustände war trotz vieler Bemühung nicht hinauszukommen. Immerhin war das Keimungsbild ein eigenartig Bestimmtes durch die z. Th. zerfallenen, z. Th. ganz unregelmässig aufgeschwollenen, z. 'Th. gekeimten Sporen. Ich wiederholte die Keimungsversuche mehrere Male zu verschiedenen Zeiten des Jahres und fand das Ergebniss im grossen Ganzen immer gleich. Die Anzahl der schrumpfenden Sporen ist schwankend. Stammen die Aussaaten von ganz frisch gebildeten Hymenien, so kann es vorkommen, dass beinahe alle Sporen wenigstens die Anschwellung und eine verhält- nissmässig grössere Anzahl den Beginn der Keimung erkennen lässt. Schon im Mai 1891 fiel mir an den lehmigen Wänden, welche ich als Cora-Standorte häufig aufsuchte, eine kleine weisse Thelephoree auf, die ich dort oftmals mit Cora untermischt antraf, an anderen Stellen aber niemals gesehen hatte. Ich begegnete ihr weiterhin immer häufiger und fand sie endlich im August desselben Jahres in grösseren, kräftig entwickelten Stücken in unmittelbarer Nachbarschaft einer grossen Cora-Ansiedlung. Die rein weissen Fruchtkörper standen 259 annähernd wagerecht von der Unterlage ab, sie bildeten flache, halb- kreis- bis nierenförmige Scheiben, welche rückwärts in einem sehr kurzen Stiel zusammengezogen waren. Die grössten Stücke hatten zwar nur einen Durchmesser von 21/e-—3 cm, die meisten waren kaum halb so gross, alle aber zeigten dieselbe schwach concentrische Zonung, wie die Lappen der Cora; zudem fand sich, dass bei manchen Frucht- körpern vom Rande aus neue Lappen zweiter Ordnung sich aus- breiteten, welche mit ihren seitlichen Begrenzungen sich sogar gegen- einander aufwölbten, genau wie die Folgelappen der Cora. Das auf der Unterseite befindliche Hymenium war zwar in den meisten Fällen glatt zusammenhängend, allein an älteren Fruchtkörpern fand es sich stellenweise auch unterbrochen, beim Trocknen zeigte es oft rissige Felderung. Der Gesammteindruck des Pilzes, welcher nur in nächster Nachbarschaft der Cora gefunden wurde, erinnerte so unwillkürlich an diese Flechte, dass mir ganz plötzlich der Gedanke aufstieg, dies müsse der freilebende Cora-Pilz sein. Mit dieser Vermuthung im Sinne, begann ich eine neue umfassende Suche nach dem Pilz. Ich musterte alle mir bekannten Cora-Stand- orte von Neuem und fand ihn num fast an jedem derselben mehr oder weniger üppig. Weiterhin entdeckte ich ihn auch an lehmigen Wege- böschungen ohne unmittelbare Nachbarschaft der Flechte, immer aber nur an solchen Stellen, welche den Cora-Standorten vollkommen glichen. Ich fand ihn nie im Walde, nie an irgend einem andersartigen Stand- ort, als dem beschriebenen. — Die mikroskopische Untersuchung der Hymenien ergab eine vollkommene Uebereinstimmung der Basidien- schicht mit derjenigen von Cora, die Dicke der Fäden, die Ver- zweigungsart, die Grösse und Form der Basidien und Sporen stimmten vollkommen. Als ich Aussaaten der Sporen machte, erhielt ich genau dasselbe Resultat wie früher bei Cora, ein Theil der Sporen verfiel, die übrigen schwollen auf, unregelmässig, jedoch genau in derselben Weise wie früher beobachtet, nur bei wenigen traten Keimschläuche aus, welche im Wachsthum bald stillstanden. ' Ich hatte eine Zeichnung der Keimungserscheinungen von Cora gefertigt, und ich stand davon ab, von dem nun vorliegenden Befund eine neue anzufertigen; denn was ich für Cora gezeichnet hatte, passte Linie für Linie auch für die Thelephoree. — Inzwischen nahmen mich andere Arbeiten in Anspruch, das Ende der kühleren Jahreszeit kam heran, und als ich im November neues Material des Pilzes suchen wollte, fand ich nur noch vertrocknete Reste, frische Fruchtkörper waren nicht aufzutreiben. — Im Jahre 1892 wurde dem Vorkommen des Pilzes erneute Auf- 260 merksamkeit zugewendet. Schon im März, zu derselben Zeit, wo das Wachsthum der Cora wieder beginnt, fanden sich die ersten jungen Fruchtkörper. Ein feines, weisses, zwischen den Lebermoosblättchen auf dem lehmigen Boden verzweigtes, verworrenes Mycelflöckchen sendet zunächst ein Bündel unregelmässig verflochtener Hyphen in die Luft. Dieses geht, allmählich wachsend, in die flache, fächerförmige Scheibe des Thelephoreenfruchtkörpers über. Der Fruchtkörper er- reicht einen Durchmesser bisweilen von beinahe 1 em, ohne dass vom IHymenium eine Spur zu bemerken wäre. Er besteht aus undeutlich radial gerichteten, ‘enge verwirrten Fäden, seine Oberseite ist seidig filzig. Zu derselben Zeit, wo man an neu gebildeten Coralappen die ersten Hymenien-„Papillen“ findet, bedecken sich auch unsere Thele- phoreenfruchtkörper auf der Unterseite mit der Pallisadenschicht von Basidien, aber gerade wie bei Cora finden sich anfänglich nur sehr vereinzelt sporentragende Basidien. Dieselben werden dann häufiger und häufiger, und wenn man im Monat August die Corasporen im Laufe weniger Stunden als grauen Niederschlag auffangen kann, so ist dasselbe auch bei dem algenlosen Pilz der Fall. Am 27. Juni 1892 zerrieb ich Theile von Coralappen in Wasser zu vollständigem Brei und bestrich mit diesem algenhaltigen Brei rein weisse Telephoreenfruchtkörper, die am Standort belassen und genau bezeichnet wurden. Am 30. September desselben Jahres waren an allen so behandelten 'Thelephoreenfruchtkörpern und nur an diesen, je ein oder mehrere sehr kleine echte Coraläppchen angesetzt, welche aus der Telephoree herauswuchsen, ohne mit dem Erdboden in Ver- bindung zn stehen. Auf mikroskopisch feinen Schnitten sah man deutlich, dass die Hyphen aus dem Fruchtkörper der Thelephoree ohne Unterschied in die Cora übergingen. Die Annahme, dass etwa die »erriebenen Coratheilchen gleich Soredien gekeimt hätten und auf der Thelephoree als fremde Bewohner lebten, erhielt durch den mikro- skopischen Befund nicht die leiseste Stütze. Zudem hatte ich mich vorher bereits mehrfach überzeugt, dass, wenn man kleine Stückchen aus Coralappen vorsichtig herauslöst und in Wasser oder Nährlösungen überträgt, ein Auskeimen der Hyphen niemals stattfindet. Ich muss hier nebenbei bemerken, dass zwar bei einer grossen Anzahl von Pilzen jede Hyphe aus irgend einem Theil des Frucht- körpers befähigt ist, unter geeigneten Umständen auszukeimen und den ganzen Pilz wieder zu erzeugen, dass dies aber keineswegs bei allen Pilzen der Fall ist, und dass demnach in dieser Beziehung das Verhalten der Cora keineswegs eine seltene Ausnahme darstellt, 26i Die einzig natürliche Deutung des Befundes war nur die, dass am Rande des Thelephoreenfruchtkörpers die fortwachsenden Hyphen- enden sich der mit dem Corabrei aufgebrachten Gonidien bemächtigt und mit ihnen Cora gebildet hatten. Hierfür sprach auch der Um- stand, dass die Coraläppchen nur am Rande der Thelephoree sassen, also da, wo die letztere wachsende Hyphenenden besass, nicht aber auf der Fläche, welche doch mit dem Brei vollkommen bedeckt worden war. Die letzten Zweifel, welche noch gehegt werden konnten, mussten endlich weichen vor den Funden, welche ich am 19. Juni und 18. Juli 1892 an einer Wegeböschung im Thal des Gareiaflüsschens machte, wo Cora und ihre Thelephoree ausserordentlich üppig ge- diehen. Ich sah hier nämlich dieselbe, oben beschriebene Thelephoree nicht nur in nächster Nachbarschaft der Flechte, sondern vielmehr unmittelbar auf derselben, aus ihren Lappen als deren Verlängerung herauswachsend. Der Pilz stand in keiner Verbindung mit dem Erd- boden oder mit irgend einer anderen Unterlage, sondern ausschliesslich und allein mit dem Coralappen, aus welchem er hervorwuchs. Während aber dieser Lappen der nahezu senkrechten Erdwand glatt angedrückt war, hatte der Pilz sofort seine .wagerecht abstehende Stellung ein- genommen und hob sich durch seine rein weisse Farbe von der blau- grünen Unterlage deutlich ab. Bei weiterem Nachsuchen fand ich dasselbe Vorkommen noch etwa ein Dutzend Male. Im darauffolgen- den Jahre fand ich es ebenso an einer weit von der vorigen entfernten Stelle in einem anderen Flussthale. Die mikroskopische Prüfung verscheuchte jeden Zweifel an der Thatsache, dass es dieselben Fäden sind, welche, mit der Alge vereint, die Cora bilden, und dieselben, welche in dem besonderen Falle weiterwachsend die Algen zurück- gelassen haben und ihre ursprüngliche Pilzform wieder annehmen. Auf feinen Querschnitten erkennt man den ununterbrochenen Verlauf der Pilzfäden vom Körper der Flechte zum Pilzkörper aufs Deutlichste. So war der unmittelbare Uebergang der Thelephoree. in Cora durch den Versuch herbeigeführt, und der unmittelbare Uebergang der Cora bildenden Fäden zur reinen Pilzform in der Natur angetroffen. Ehe wir abschliessend noch einmal den algenlosen Pilz dem im Flechtenzustand befindlichen vergleichend gegenüberstellen, wird es zweckmässig sein, die auf Dietyonema bezüglichen Beobachtungen zu erledigen. Im Juli 1892 untersuchte Dr. Fritz Müller einen hohen Wald- baum, eine Leguminose aus der Verwandtschaft von Geoffroya, den 262 er am Rande seines Waldes eigenhändig geschlagen hatte. Die Unter- suchung galt in erster Linie den baumbewohnenden Blüthenpflanzen, welche jenen Stamm in besonders grosser Zahl bevölkerten. Es wurde die reich verästelte Krone Ast für Ast zerlegt und einer genauen Prüfung unterworfen. Hierbei fanden sich auch eine Anzahl von Corapflänzchen, welche einem Moosrasen ein- und aufgewachsen erschienen. Der Moosrasen war in eigenthümlicher Weise verwandelt durch ein die einzelnen Moosstämmchen einhüllendes Gewirr blaugrüner Fäden, welche sich über die Moospflanzen hinaus weiter fortsetzten und auf der Unterlage von todten Blättern, Luftwurzeln u. s. w. eine Art filzigen Rasens bildeten. Die Oberfläche des Rasens wurde von lockeren, wenige Millimeter hohen, mit weissen Spitzen endigenden Kegeln aus denselben blaugrünen Fäden gebildet. Die alsbald vor- genommene mikroskopische Untersuchung liess keinen Zweifel darüber, dass es sich hier entweder um Dietyonema oder Laudatea, oder wenigstens um eine, den genannten Hymenolichenen ausserordentlich nahestehende Form handelte. Es bestanden nämlich die blaugrünen Fasern aus Scytonemafäden, welche in der von Johow so eingehend untersuchten und dargestellten Art und Weise von Pilzhüllen um- schlossen waren, Bis dahin hatte ich Dietyonema und Verwandte für sehr seltene Pflanzen gehalten. Denn ich war schon beinahe zwei Jahre im Lande, war viel im Walde suchend und sammelnd umhergestreift und hatte doch vordem erst ein einziges Mal Dietyonema gesehen. Jetzt aber beschloss ich sofort, in den Baumkronen eine planmässige Suche zu eröffnen, um in den Besitz reicheren Materials von Hymenolichenen zu gelangen, Zu dem Ende durchkletterte ich in den folgenden Monaten jeden Urwaldschlag (Roca), der mir in der Nähe von Blumenau bekannt wurde, und meine Erwartungen bestätigten sich vollauf. Nicht ein einziges Mal, wo immer Urwald geschlagen war, suchte ich ganz vergebens. An den allerverschiedensten Standorten, die von einander bis zu 70km entfernt waren, fand ich hoch in den Kronen entweder Dietyonema oder Laudatea, meist in unmittelbarer Berührung mit Cora, noch öfter jedoch Formen, die durchaus an jene beiden Hymenolichenen erinnerten, obwohl sie keiner der beiden Gattungen ohne Weiteres zugetheilt werden konnten. Niemals aber fand ich grosse Mengen der Flechten dicht‘ bei einander. Gewöhnlich waren es auch in grösseren Schlägen nur eine oder wenige Kronen, welche Hymenolichenen beherbergten. Stämme, welche ohnehin von baum- bewohnenden Pflanzen reich bevölkert waren, boten im Allgemeinen 863 die beste Aussicht für meine Suche. Da wo in dem Haft- und Luft- : wurzelgewirr, in Astwinkeln oder auf schräg bis wagerecht verlaufenden Aesten und Zweigen über vermodernden Blatt- und Rindenresten Moose und Lebermoose sich angesiedelt hatten, fanden sich häufig Laudatea und verwandte Formen, während die schönsten Stücke von Dietyonema an nur fingerstarken Zweigen gesammelt wurden. — Meine Sammlung vermehrte sich stetig; es zeigte sich, dass jene Hymenolichenen im Walde bei Blumeau häufige, weit verbreitete, nur für den Sammler schwer erreichbare Pflanzen sind. Einzig und allein auf den letzteren Umstand wird es zurückzuführen sein, dass unsere Kenntniss jener Formen bisher nur eine geringe geblieben ist. Das Durchsuchen frischer Urwaldschläge ist, zumal an heissen Tagen, keine ganz leichte Sache. Es stellt an turnerische, ja man könnte bisweilen sagen, seiltänzerische Anlagen ebenso hohe Anforderungen, wie an die Festigkeit der Kleidungsstücke und das Mitführen der unvermeid- lichen Botanisirbüchse und einiger Gläser bildet noch einen erschweren- den Umstand. Noch ein anderes kommt hinzu; man ist selten in der Lage, eine Baumkrone zu untersuchen, unmittelbar nachdem der Stamm geschlagen ist, Ein einziger Tag aber, den sie am Boden liegend verbringen, genügt, um unsere Flechten auszudörren. Sie be- halten zwar ihre Form, werden aber unscheinbar graugrün und sind leicht zu übersehen, wenn man nicht ganz ausschliesslich auf ihre Auffindung das Augenmerk richtet. Die Beobachtung der Flechten und die richtige Beurtheilung ihrer Wuchsformen auf den Schlägen wird auch dadurch beeinträchtigt, dass die Aeste und Zweige nicht mehr ihre natürliche Richtung haben. — Vom grössten Werthe war es daher für mich, noch in letzter Stunde (im Mai d. J.) einen Stand- ort kennen zu lernen, an dem ich alle jene Hymenolichenen, in höchster Ueppigkeit entwickelt, in natürlicher Stellung wachsend, un- mittelbar beobachten und sammeln konnte. Dies war auf dem Gipfel des Spitzkopfberges bei Blumenau. Die Serra Geral läuft im Staate Sa. Catharina ungefähr parallel der Meeresküste, in einer Entfernung, bei Blumenau, von ungefähr 150 km; bis nahe an die Küste hin erstreckt sich von der Serra aus das hügelige Gebiet der an Höhe schrittweise abnehmenden Vorberge, das Gebiet der Colonie Blumenau. Ueber die niedrigeren Hügel ragen hier drei Bergspitzen beträchtlich hervor, und unter ihnen ist der 900 m über den Meeresspiegel sich erhebende Spitzkopf vom Stadtplatz Blumenau aus am leichtesten und in einem Tage zu besteigen. Ilerr Erich Gärtner aus Blumenau, der mich ein und ein halb Jahr 864 lang bei meinen mycologischen Untersuchungen und Sammlungen mit nie ermüdendem Eifer unterstützte, brachte mir, von einer Vergnügungs- tour heimkehrend, die Nachricht, dass dort oben Hymenolichenen in nie gesehener Ueppigkeit wüchsen, und er hatte auch die Freundlich- keit, mich auf dem alsbald dorthin unternommenen Ausflug zu be- gleiten und beim Sammeln zu helfen. — Von 700m an aufwärts nimmt die Höhe der Bäume beträchtlich ab, und über 800 m hinaus gibt es nur wenige, die über 5m Höhe erreichen. Dabei sind dort oben, zumal dicht unter dem fast kahlen Gipfel, die Bäume sparrig ästig und allerwärts bedeckt mit Polstern aus Moosen und Lebermoosen, Flechten, mehrere Arten von zierlichen Hymenophylleen, kommen reichlich dazwischen vor. Bromelien besetzen die Zweige in einer Menge und Pracht der Farbe, wie man sie in dem wahrlich nicht bromelienarmen Wald bei Blumenau nirgend zu sehen bekommt. Auch der Boden, den eine dicke, elastische Humusschicht deckt, hat einen grünen Ueberzug von Moosen und Flechten und nicht minder die zahlreichen Stümpfe abgestorbener Stämme. Hier finden sich Laudatea und verwandte Formen nahezu auf Schritt und Tritt, auf den Moosen und Farrenkräutern des Bodens und auf den Aesten, an todten abgefallenen Blättern und an lebenden Blattstielen der Orchideen, an Rinden und an den äusseren trocknen Blattscheiden der Bromelien. Aber auch Dietyonema fanden wir hier in vorher nie gesehener Ueppigkeit und Schönheit. Es wuchs an dünnen Zweigen und war von den Spitzen der Baumkronen ebenso weit entfernt, wie im Walde der Ebene. Aber trotzdem konnte es bei der geringen Höhe der Bäume, in Mannshöhe wachsend, an seinem natürlichen Standort mühelos beobachtet werden. Dieser Berggipfel schien in der That den Hymenolichenen die denkbar günstigsten Lebensbedingungen zu gewähren. Man hätte sie dort körbeweis sammeln können. Ich suchte wählerisch nur die schönsten und be- merkenswerthesten Stücke aus und sammelte dennoch im Lauf des halben Tages, den ich dort oben verbrachte, mehr an werthvollem Material, als ich auf vielen und mühevollen Ausflügen nach den Waldschlägen der Ebene im Zeitraunn mehrerer Monate zusammengebracht hatte. ‚Die besten Stücke wurden gleich den früher gesammelten von Cora und der 'Thelephoree in frischem Zustand, beinahe in natärlicher Grösse photographirt und natürlich getrocknet ‚aufbewahrt. Die Photographien und Sammlungen sind gegenwärtig auf der Reise nach Europa, und es mag mir vielleicht später vergönnt sein, die ersteren an geeigneter Stelle noch zu veröffentlichen. 865 Angesichts der Prächtstücke, wie sie auf dem Spitzkopf wuchsen, kann man Dietyonema zu den schönsten und auch für das Laienauge auffallendsten aller Flechten rechnen. Aus Johow’s Abbildung (a. a. O. Fig. 4) ist ihre Formgestaltung in den Hauptzügen bekannt. Ueppige Exemplare aber, wie ich mehrere vor Augen hatte, erreichen weit bedeutendere Grösse und verwickelteren Aufbau. Vier, fünf sechs und mehr jener halbkreis- bis nierenförmigen, fast wagerecht abstehenden Scheiben "erscheinen dachziegelig über einander und erreichen Durchmesser bis zu 10 cm; kleinere zweigen aus der Fläche der grössören ab, und lappige Zertheilungen der Hauptscheibe finden sich. Die allgemeine Regel, dass die Scheiben nach oben an Grösse abnehmen, leidet mannigfache Ausnahmen. Die tief blaugrünen Scheiben sind von dem in ganz frischem Zustand fast schneeweissen, 5—6mm breiten Rande umgeben und in diesem scharfen Farben- gegensatz sowohl, wie in der Mannigfaltigkeit der Formgestaltung, . welche bei jedem Einzelwesen eine andere ist, liegt das auffallende und reizvolle der Erscheinung, welche gleich einer schönen Blüthe unwillkürlich das Auge fesselt. Die volle Schönheit der Farbe ist nur am Standort selbst vorhanden. Auch bei sorgsamster Behandlung unterwegs nimmt der scharfe Farbengegensatz schon ein wenig ab und erreicht, auch wenn man die Flechte nach Möglichkeit feucht hält, nie wieder die: ursprüngliche Schärfe. Diese Dietyonema-Form unserer Flechte ist auch an den günstigsten Oertliehkeiten, wie z. B. auf jenem Berggipfel, immer eine verhält- nissmässig seltene. Es müssen die Bedingungen des jeweiligen Einzelstandortes ganz besondere sein, wenn sie zu Stande kommen soll. Sie findet sich in höchster Vollkommenheit nur an fast genau senkrecht stehenden, nicht viel über fingerstarken Zweigen. Ist, der tragende Zweig dicker oder hat er eine mehr geneigte Stellung oder ist er mit Polstern von Moos oder kleinen phanerogamen Baum- bewohnern bedeckt, so wird die Formausbildung der Flechte sofort beeinflusst. In gleicher Weise, wie man es bei vielen Polyporeen und Thelephoreen beobachtet — ich erinnere z. B. an Polyporus versicolor od. zonatus —, dass sie je nach Stellung und Form der Unterlage als häutige Ueberzüge mit seitwärtsüberstehendem gesinise- artigem Rande oder aber als einfach abstehende consolenartige Frucht- körper erscheinen, dass ihre Fruchtkörper bald einzeln und frei entwickelt eine rund- oder nierenförmig gebildete Umgrenzung zeigen, während an anderen Stellen benachbarte Fruchtkörper verschmelzen und mannigfach verwachsen, kraus verwirrte Bildungen erzeugen, Flora 1893, j 18 866 in ganz gleicher Weise wechselt auch Dietyonema seine äussere Gestalt. Ich finde als ein Beispiel zunächst einen kaum bleistiftstarken wagerecht stehenden Zweig; Dietyonema liegt auf ihm in Gestalt einer kreisrunden Scheibe, in der Richtung eines Durchmessers auf dem Zweige befestigt und nach beiden Seiten mit je einem Halbkreis in wagerechter Ebene ausgebreitet. In einem andern Falle ist der wiederum fast wagerecht stehende Tragzweig über daumenstark, dazu mit Moosen und feinem z. Th. ab- gestorbenem Wurzelwerk bedeckt. Hier erfolgt die Ausbildung in ähnlicher Weise. Da aber die Fläche der Anheftung, ein breiter Mittelstreifen, hier bedeutend grösser ist, so erscheint die Flechte dort als rasenförmiger Ueberzug, welcher der gewölbten Oberfläche des Astes folgt, seitwärts aber in die flügelartig wagerecht abstehenden, flach halbkreisförmigen Scheiben übergeht. Da ferner der Flechten- überzug an der gewölbten Fläche des Astes theilweise in eine geneigte, bis beinahe senkrechte Lage geräth, so entsteht die Möglichkeit, dass aus dem gleichartigen Ueberzug, als gemeinsamer Ursprungsstelle, mehrere wagerecht abstehende Scheiben stufenweise über einander entstehen, und diese Möglichkeit finden wir alsbald verwirklicht. Ausnahmsweise endlich finden sich grosse Dietyonemalappen auf unebener Unterlage, Wurzelwerk, absterbenden Moosrasen und Humus- stoffen aufgeheftet in ähnlicher Weise, wie wir es bei Cora auf dem Lehmboden der Wegeböschungen kennen lernten. Ich habe an solchen Stellen Dietyonemascheiben von 13 cm Durchmesser gefunden, welche der Unterlage durch Haftwurzeln mehr oder weniger fest angeheftet waren, so dass sie unverletzt nicht abgehoben werden konnten, und die nur mit dem äusseren Rande frei abstanden, Endlich ist noch der Fall zu erwähnen, wo aus vorjährigen, ver- wesenden, vergilbten Dietyonemascheiben an verschiedenen Stellen der Fläche neue frische hervorwachsen, wie es ebenfalls in gleicher Weise bei Cora mehrfach vorkam. Unter der grossen Anzahl meiner Fundstücke befanden sich viele, wo unsere Flechte nieht nur, wie in dem eben besprochenen Fall, fingerdiecke Zweige, sondern stärkere Aeste oder Moospolster in den Astwinkeln rasenartig überzieht und, am Rande nur abstehend, sich in der Dietyonemaform frei entwickel. An diesen Stellen nun beobachtet man leicht, wie die Oberfläche, sobald der Uebergang von der freien Dietyonemascheibe zu dem rasenartigen Ueberzuge vor sich geht, jene Beschaffenheit annimmt, welche Johow für seine 267 Laudatea beschreibt. Wir haben nämlich alsdann vor uns „einen Rasen aus kleinen Stämmchen mit spitzen Endigungen und breiten Basaltheilen, die aus einem fasrigen Hyphengeflecht entspringen“. Die locker aufgebauten, blaugrünen, mit weisslichen Spitzen endigenden Kegel sind auch auf der Fläche der Dietyonemalappen, zumal an üppigen Exemplaren, deutlich erkennbar, und in nichts unterschieden von denen, welche Laudatea kennzeichnen. An gewöhnlichen schwächeren Stücken sind sie dagegen weniger deutlich und der Fläche mehr an- gedrückt, so etwa als wären sie durch eine Bürste in radialer Richtung niedergebürstet. Der Uebergang von der Dietyonema- zu der Laudatea- form vollzieht sich demgemäss an Stellen, wie die eben beschriebene, ganz unmerklich und allmählich und es ist vollkommen unmöglich, anzugeben, wo Dietyonema aufhört, und wo Laudatea anfängt. Sobald Dietyonema in die Laudateaform übergeht, d. h. sobald die Flechte nicht mehr frei in der Luft sich entwiekelt, sondern in Form eines rasenartigen Üeberzuges auf feste Unterlage übersiedelt, kommt sie in Berührung mit abgestorbenen Pflanzentheilen, mit leben- den Lebermoosen, Moosen, Farrenkräutern und höheren baumbewohnen- den Pflanzen. Sie hat die Eigenthümlichkeit, allen diesen verschiedenen Unterlagen sich eng anzuschmiegen, sie gleichsam zu umspinnen. Dabei verändert sie das Aussehen jedes einzelnen Mooses, Jeber- mooses u. 8. w. in jeweils bestimmter eigenartiger Weise und erscheint selbst auf jeder neuen Unterlage so verändert, dass man sie jedesmal für eine andere Pflanze halten könnte. An jenem ersten, oben erwähnten Fundort, an dem Dr. Fritz Müller die Flechte entdeckte, war es ein kleines, in diehten Rasen stehendes orthothrichum-ähnliches Laubmoos, mit dem das zur Laudatea- forın übergehende Dietyonema in Berührung trat. Die von der Flechte umsponnenen Moosstengel waren im Aussehen stark verändert. Im unteren Theil erschienen sie eingebettet in den lockeren blaugrünen Filz der Flechte, weiter hinauf blieben die einzelnen Pflänzchen des Mooses zwar getrennt von einander, aber die pilzumsponnenen Algen- fäden folgten jedem einzelnen Moosblättchen, eng angeschmiegt, bis zur Spitze. Und wie bei den Scheiben von Dietyonema der kenn- zeichnende weisse Rand dadurch zu Stande kommt, dass die Pilzfäden den Algen vorauseilen — der Rand ist völlig gonidienfrei — so gehen auch hier Pilzfäden auf den Moosblättern den Flechtenfäden stets voran. Ja sie ragten über die Moosblättchen hinaus und gaben den befallenen Pflänzchen ein grau behaartes Ansehen, welches ihre äussere Erscheinung vollkommen veränderte. 18* 268 Indem wir diesen von unserer Flechte überzogenen Moosrasen weiter mustern, so finden wir alsbald auch die Hymeniumanlagen in der Weise, wie sie für die Laudateaform eigenthümlich sind. Ueber- all da, wo die flechtenumsponnenen Moose sich in schräg geneigter Richtung auch nur wenig über die gemeinsame Unterlage, über den Rasen also erheben, da überzieht sich ihre schräge Unterseite mit dem weissen häutigen Hymenium, welches keinerlei bestimmte Um- grenzung zeigt, sondern sich in seiner Formausbildung nach der Form seiner Ursprungsstelle richtet, also an langen geneigten Moosstengeln ein schmales Band bildet, an dicken, durch die Flechte zu einem ganzen verbundenen Moospolstern mehr in die Breite geht. Zu den schönsten Stücken meiner Sammlung gehört ein ungefähr 15cm starkes und reichlich 30cm im Geviert bedeckendes Kissen, welches von einem Aststumpf, dicht unter dem Gipfel des Spitzkopfes abgehoben wurde. Das Kissen besteht aus verwesendem Wurzel- und Blätterwerk, humosen Theilen u. s. w. An der Oberseite bedeckt es eine aus verschiedenen Formen zusammengesetzte Pflanzengesellschaft. Da findet sich zunächst als’schönste, auffallendste und der Masse nach überwiegende Form eine ausserordentlich zarte Hymenophyllee. Ihre braunen Stielchen erreichen nur 6cm Höhe. Die Seitenzweige stehen in zwei Zeilen einander gegenüber und tragen mehrfach kurzgabelig verzweigte zungenförmig endigende Blättchen, welche am ganzen Stielchen dieselbe einseitswendige Richtung und ein wenig nickende Stellung haben. Demnächst findet sich ein Lebermoos, welches in locker aufrecht stehenden, mehrere Centimeter langen, an der Spitze kurz- hakig eingekrümmten, geiselartigen Trieben in die Erscheinung tritt. Es folgt dann ein allseitig beblättertes Laubmoos mit ebenso langen, aber starr aufrecht stehenden und zu dichten Bündeln znsammen- gestellten Stämmchen. Endlich erhebt sich aus dem Rasen eine welke Bromelie und eine Anzahl von Blättern einer Pleurothallidee. Und dieses ganze Pflanzengewirr ist durch- und umwuchert von Dietyonema in der Laudateaform, welche in Berührung mit jeder einzelnen Pflanzengestalt ein durchaus verändertes Aussehen annimnit. Am eigenartigsten wird die Ilymenophyllee unter dem Einfluss der Flechte verwandelt. Im Anfange findet man sie nur hie und da mit kleinen blaugrünen Büscheln der Flechtenfäden besetzt, welche am Stamm in die Höhe gewandert sind. Weiterhin finden sich solche Stämmchen, an denen der Pilz der Alge vorausgeeilt ist. Es hat sich über die nickenden Blättchen des Farrenkrauts verbreitet und bildet seine Hymenien an der Unterseite jedes einzelnen der zungenfürmigen 269 Blättchen, oftmals mehrere benachbarte derselben verbindend und mit gemeinsamer Hymenialfläche bedeckend. Die Alge findet man nur erst bei genauem Suchen und sehr spärlich an den dunkeln Stielchen der Hymenophyllen. Wenn man ein in dieser Weise befallenes Farren- stämmchen auf den Kopf stellt, so sieht es aus, als sei Schnee darauf gefallen und in einem dieken rein weissen Polsterchen auf jedem der gabeltheiligen Blättchen liegen geblieben. Die weisse Farbe hebt sich kräftig von dem noch frischen Grün der Stämmchen’' ab. In einem weiter fortgeschrittenen Zustand kommt nun aber die umsponnene Alge dem vorangelaufenen Pilzgenossen nach und jetzt hüllt sich das ganze Farrenkraut in einen dichten grünen Filz. Die Spitzen der gedrängt stehenden lockeren Fadenkegel richten sich alle aufwärts, und das etwas nickende Farrenkraut erscheint bürstenartig auf seiner ganzen Ober- und Rückenseite bekleidet. Auf der schrägen Unterseite stehen in Abständen, fleckweise die weissen Hymenien, und wenn die Flechte so weit vorgeschritten ist, stirbt das stützende Farrenkraut ab; all’ seine Blättchen sind alsdann braun und todt. Von der Hymenophyllee aus greift derselbe Dietyonemarasen (Laudateaform) über auf das oben beschriebene Lebermoos. Es um- kleidet dessen einzelne Stengel dieht anschliessend, es verwandelt sie in Stränge, welche die vier- bis fünffache Dicke des ursprünglichen Moosstengels haben, von diesem aber keine Spur mehr erkennen lassen. Nur im groben Umriss,. durch die etwas flach gedrückte Strangform, spiegelt die Flechte die Form ihrer Unterlage wider. Wo nun die Lebermoosstengelchen sich über die Unterlage erheben, da ist an .ihrer “Unter- bezw. Schattenseite der geeignete Ort zur Anlage der Hymenien, und da finden wir sie auch regelmässig fleck- weise, bisweilen auf centimeterlange Strecken ununterbrochen. Der blaugrüne Flechtenmantel wird in der Regel nach der Spitze des Lebermooszweiges zu dünner und endigt schliesslich. Aus der Spitze des Flechtenstranges ragt das fortwachsende Ende des Moosstengels frei hervor. Wie aber schon in früheren Fällen bemerkt, so kommt es auch hier nicht selten vor, dass die Pilzfäden den Algen voraus- eilen, dass die Hymenien sich schon an den oberen Theilen des Moosstengels angelegt finden, da wo für das blosse Auge von dem blaugrünen Filz der Flechte noch nichts zu bemerken ist. Wiederum etwas anders erscheint unsere Hymenolichene, wo sie auf die oben beschriebenen dichten Bündel aufrechter, allseitig be- blätterter Moosstengel übersiedelt. Hier verbindet sie die benachbarten Moospflanzen zu einem geschlossenen Busch, zu einem mehr oder 270 weniger dicken Kissen oder Polster, gleichmässig von dem blaugrünen Filz bekleidet; aus der Spitze desselben ragen die noch nicht be- fallenen, weiter wachsenden Spitzen der Moospflanzen hervor. Die aufrechten Bündel oder Kissen tragen an der vom Lichte abgekehrten Seite die Hymenien, z. Th. als Fleckchen von kaum 1 mm Durchmesser, dann wieder in grösseren, unregelmässig umschriebenen Lappen oder Streifen, welche letzteren sogar eine ununterbrochene Länge von 2 cm erreichen können. Die trocknen äusseren Blattscheiden der Bromelie und die Stiele der Pleurothallidee überzieht unsere Flechte bis zur Höhe von einigen Centimetern mit einer nur dünnen Kruste, welche aber die faserig büschelige Zusammensetzung bei sorgsamer Beobachtung sofort, wenn auch weniger deutlich, erkennen lässt. An einigen Stellen geht auch hier der Pilz voran und bildet kleine Hymenien auf den Bromelien- blättern, jedoch immer nur an den Schattenseiten. — Ueberhaupt ist die Richtung aller Hymenien, welche auf dem ganzen, beinahe quadrat- fussgrossen, hier beschriebenen Rasen gefunden werden, dieselbe parallele. Sie entstehen an den mehr oder weniger schräg aufrechten Flächen der Unterlage, aber nur an der dem Licht abgekehrten Seite. Bisweilen findet man auch lose liegende todte Zweigstückchen von der Flechte befallen, und hier kommt es vor, dass die Oberseite des Zweiges nur den blaugrünen Flechtenüberzug, die Unterseite da- gegen das rein weisse Pilzhymenium zeigt, welches nach oben, um den Zweig herumgreifend, in die algenumspinnenden Pilzfäden übergeht. Eine ganz bestimmt ausgebildete und eigenartig erscheinende Form kommt zu Stande, wo Dietyonema auf eine hier im Walde sehr häufige Jungermanniacee übergeht. Dieses Lebermoos ist gabelig verzweigt und hat sehr lange, niederliegende Triebe. Es findet sich auf rissigen Rinden in lockeren, flach ausgebreiteten, eng verwirrten Rasen. Hier verfolgt die Laudateaform Faden für Faden und spinnt das Lebermoos vollkommen eng ein. Es entsteht dadurch ein Rasen, der dem ursprünglichen des Lebermooses vollkommen entspricht, nur dass jeder einzelne Faden die 4fache Breite des ur- sprünglichen besitz. Am äussersten Umfang des Rasens allein ragen noch die freien Lebermoosstengel aus ihrer Umhüllung hervor. Diese Jungermanniacee mit ihren einander deckenden, in einer Ebene liegen- den Blättchen bietet unserer Flechte offenbar eine sehr günstige Unterlage. Sie findet sich häufig in derselben Weise durch die Flechte verwandelt, und ich besitze einen zusammenhängenden derartigen Rasen, welchen man kaum mit zwei Händen bedecken kann, — Die 271 in einer Ebene liegenden Taebermoosblättehen üben gewissermaassen auf die Flechte einen zusammenhaltenden Einfluss aus, im Gegensatz zu den nach allen Richtungen frei abstehenden Blättern der meisten Laubmoose, welche das Fadengewirr der Flechte zwingen, jedem einzelnen Blatte zu folgen und es so förmlich auflösen. Damit hängt es zusammen, dass auf dieser Jungermanniacee die Flechte glattere Ober- seite zeigt, als gewöhnlich, und dass die lockeren, aufwärts strebenden Fadenkegel nur undeutlich zu erkennen sind. Die Hymenienbildung ist an dieser Form sehr begünstigt, da die einzelnen Lebermooszweige zwar niederliegen, aber doch der Unterlage nicht fest angeschmiegt sind, und so finden wir denn Hymenien durchweg als fast ununterbrochene weisse Bänder den Strängen des Rasens auf der Unterseite folgend. Diese eben beschriebene Wuchsform ist besonders auffallend und verhältnissmässig häufig. Man fühlt sich unwillkürlich versucht, sie mit einem besonderen Namen zu belegen. Aber auf jedem der zahl- reichen Moose und Lebermoose, mit denen die Flechte in innige Be- rührung zu treten vermag, bildet sie eine gleichermaassen bestimmte Form, auf derselben Art stets dieselbe. Alle diese Wuchsformen finden sich gelegentlich einzeln, ohne Begleitung anderer, und sie können dann leicht den Beobachter irre führen und zur Begründung einer Menge neuer Arten von Hymenolichenen Anlass geben. Betrachtet man aber Material von vielen Standorten und in genügender Menge, so finden sich lückenlose Uebergänge von je einer zur anderen Form und man sieht bald ein, dass eine Trennung unmöglich ist; und von jeder dieser einzelnen Laudateaformen finden wir in dem reichen Material, wie ich es zusammenzubringen Gelegenheit fand, auch den Rückweg wieder zu der durch die frei abstehenden Scheiben gekenn- zeichneten echten Dietyonemaform. Ein Stück meiner Sammlung zeigt z. B. einen lockeren, mehrere Centimeter dicken Lebermoosrasen von der Laudateaform in bekannter Weise umwuchert. Freie Moosspitzen ragen vor, benachbarte sind durch die Flechte verbunden. Nach oben und nach den Seiten hin, überall da, wo der sonst eng verfilzte' Rasen locker wird, geht die Flechte all- mählich in die Dictyonemaform über, welche jedoch nur stellenweise vollkommen erreicht wird. Es sind nämlich in die frei sich bildenden Lappen immer noch einzelne Moosstengel eingeschlossen, und an diesen entlang ist das Fleehtenwachsthum beschleunigt und von der Form abgelenkt, so dass spitze Hervorragungen an den halbrunden Lappen entstehen, da wo ein Mooszweig überragt, Hervorragungen, welche die regelrechte Form stören, 272 Aus all’ den zahlreichen Befunden, von denen nur ein kleiner Theil hier näher geschildert werden konnte, ergibt sich zweifellos, dass Bornet Recht hatte, wenn er angab, „dass der Thallus von Dietyonema in zwei verschiedenen Formen vorkomme, die sich durch Habitus und Wachsthumsweise von einander unterschieden. Bald nämlich sei der Thallus in Gestalt kreisförmiger Scheiben entwickelt, die aus zahlreichen, strahlig geordneten Fasern von schmutzigweisser ‚Farbe aufgebaut seien, zwischen denen die blaugrünen Gonidienfäden parallel verliefen, bald sei er unregelmässig über Moose ausgebreitet und aus aufrechten Stämmehen ähnlich denen der Oscillarieengattung Symploca rasenförmig zusammengesetzt* (s. Johow’s Abhandlung pag. 380). Eine eigene Gattung Laudatea kann nicht bestehen bleiben, es erscheint mir aber sehr zweckmässig, den Ausdruck Laudateaform beizubehalten in der Bedeutung, in welcher ich ihn bereits in dieser Arbeit mehrfach gebraucht habe. Die 'Thatsache, dass Dietyonema und Laudatea nur Wuchsformen einer und derselben Flechte sind, findet ihre volle Bestätigung bei Untersuchung der Hymenien, der Basidien und Sporen. Eine solche Untersuchung zeigt, ‘dass auch nicht .ein einziger durchgreifender Untersehied zwischen beiden besteht, sie lehrt uns aber weiterhin, dass, wie sich diese Hymenien von einander nicht unterscheiden, sie auch von denen der Cora nicht unterschieden werden können. Alles was Johow über das von ihm besonders eingehend untersuchte Hymenium der Cora angibt, gilt Wort für Wort auch für Dietyonema, ebenso gilt alles, was ich oben mittheilen konnte über das Auftreten sporentragender Basidien zu bestimmter Jahreszeit, für beide Hymeno- lichenen gleichmässig. Ich habe im Monat August von Dictyonema, Sporenaussaaten in Wasser und Nährlösung gemacht, die genau das- selbe Resultat ergaben, wie diejenigen von Cora. Um jene Jahres- zeit ist das Dietyonema-Hymenium genau so reich an sporentragenden Basidien, wie dasjenige irgend einer beliebigen, üppig fruchtenden Thelephoree und wie dasjenige von Cora (vergl. oben). In der heissen Jahreszeit findet man auch bei Dietyonema niemals Sporen, auch nicht an der Laudateaform. Auch von dieser habe ich Sporenaussaaten hergeleitet, und, wie zu erwarten war, wiederum dasselbe Ergebniss erhalten. Zu derselben Zeit im Jahre beginnt die Basidienbildung bei der freilebenden Thelephoree, bei Cora und bei Dietyonema in allen seinen Formen, die Basidien und die Sporen sind überall un- unterscheidbar dieselben, und bei künstlicher Kultur erhält man, von 273 welcher der Formen man sie auch herleiten mag, bis in alle Einzel- heiten das gleiche Ergebniss, welches ich oben bereits näher beschrieben habe und hier lediglich zu wiederholen hätte. Der Gedanke, der uns durch die eben mitgetheilten Thatsachen nahe gelegt wird, dass nämlich eben jene freilebende Thelephoree, welche im Verein mit Chroococeuszellen Cora bildet, mit den Sceyto- nemafäden verbunden, das Dietyonema darstellen möchte, dieser Ge- danke entspricht nun der Wirklichkeit vollkommen. Es ist ein und derselbe und auch im freien Zustand bekannte Pilz, welcher an dem Aufbau beider Hymenolichenen betheiligt ist. Den Beweis für diese Behauptung liefern mehr als hundert Fund- stücke meiner Sammlung, bei denen junge Coralappen unmittelbar aus den verschiedenen Dietyonemaformen hervorwachsen oder weiter Dietyonema in der Laudateaform auf Coralappen sich entwickelt, oder endlich auch dieselbe Thelephoree, welche wir frei und aus Cora . entspringend beobachteten, an Laudateaformen entsteht. Schon bei jenem ersten von Dr. Fritz Müller entdeckten Fundstück (s. S. 261) waren der Laudateaform an verschiedenen Stellen Coralappen zahlreich eingesprengt, und die oberflächliche Untersuchung ergab, dass dieselben je an einer oder mehreren Stellen mit den Laudatearäschen derart verwachsen waren, dass man sie nicht ohne Zerreissung davon losmachen konnte. Mit einer einfachen Lupe war zu erkennen, dass die Coraläppchen, welche z. Th. nur erst wenige Millimeter Durchmesser hatten, allein an dem moosüberziehenden Dietyonema befestigt waren und mit der gemeinsamen Unterlage gar keine Ver- bindung hatten. Jenes Orthotrichum ähnliche Laubmoos, auf dem Dietyonema an jener Stelle wucherte, löst, wie ich schon gesagt habe, die Flechte gewissermaassen auf, indem es sie zwingt, jedem einzelnen Blättchen zu folgen; bis zur Spitze jedes Blättchens reichen die eng anliegenden Pilzfäden, welche den Algen stets etwas voraus sind. An manchen Stellen nun gehen die Pilzfäden in Form schwacher Bündel noch über die Moosblätter hinaus und unmittelbar in den dort beginnenden Corathallus über, Der letztere steht in fast genau wage- rechter Richtung ab und wurde in vielen untersuchten Fällen nur an je zwei oder drei Stellen durch solche von den Moosblättern her- kommende Hyphenbündel getragen. Ich machte nun mikroskopische Schnitte senkrecht zur Corascheibe an den Stellen der Anheftung. Auf diesen sieht man zweifellos deutlich, wie die Pilzfäden von den Scytonema umspinnenden sich ableiten, für eine kurze Strecke algenlos verlaufen und danach in den 274 Corathallus vollkommen aufgehen; in diesem verzweigen sie sich und umschliessen weiterhin die Ohroococeuszellen. Sobald ich einmal auf diesen Zusammenhang von Cora und Dietyonema aufmerksam geworden war, suchte ich mit erhöhtem Eifer nach neuen Belegstücken und mit wenigen Ausnahmen fand ich solche jedesmal, wenn überhaupt Dietyonema gefunden wurde. Auf Grund des reichen Sammlungsmaterials kann ich sagen, dass die mit Scyto- nema verbundenen Pilzfäden des Dietyonema an jeder beliebigen Stelle bereit und im Stande sind, auch Cora zu bilden, wo immer sie Chroococeuszellen antreffen. j Dictyonema bildet, wie wir gesehen haben, vorzüglich an Leber- moosen enger geschlossene Rasen; auch aus solchen treten Coralappen hervor, und hier sind sie auf eine längere Strecke hin, nicht nur an einzelnen Punkten, mit dem Dietyonemarasen verwachsen. An ge- eigneten Stellen sieht man hier Scytonemafäden auf der einen, Chroococcuszellen von der anderen Seite sich bis auf eine Entfernung von wenigen Mikromillimetern genähert, eingebettet in ein und das- selbe gleichartige Geflecht hin und her verlaufender Hyphen, welche jede der beiden Algen in vollkommen gleicher Weise mit einem ge- schlossenen Mantel umhüllen. Dass die Laudateaform sich auf Coralappen findet, gibt schon Johow an. Ich besitze mehrere Stücke, welche dies Vorkommen belegen. Dass es sich hier aber nicht um eine äusserliche Berührung handelt, sondern dass beide Flechten innig und untrennbar durch die IHyphen eines und desselben Pilzes verbunden sind, zeigen wiederum dünne Schnitte aufs Deutlichste. Nach langem Suchen gelang es hier sogar eine Stelle zu finden, wo ein Pilzfaden aus der Scheide eines Scytonemaastes abzweigend unmittelbar in die Umhüllung einer Gruppe von Ohroococcuszellen überführte. Coralappen fanden sich, wie auf beinahe allen jenen mannig- faltigen, durch die Beschreibung nieht zu erschöpfenden Formen, in welchen Dietyonema auftritt, so insbesondere auch auf jener besonders auffälligen, die Jungermanniacee verwandelnden Form, der oben (8. 269) eine ausführlichere Schilderung gewidmet wurde. Man erinnert sich des quadratfussgrossen Kissens, auf welchem Dietyonema in mannigfach wechselnder Laudateaforn Moose, Leber- moose, die Hymenophyllee u. s. w. umwucherte. Die frühere Beschreibung ist jetzt noch dahin zu ergänzen, dass grössere und kleinere Coralappen in reicher Zahl durch das ganze Kissen ver- streut vorkamen, ausnahmslos nur. mit Dietyonema in Verbindung 275 und aus dessen verschiedenen Formen angeeigneten Stellen her- vorwachsend. An demselben prächtigen kissenartigen Fundstück beobachtete ich noch eine neue, höchst bemerkenswerthe Erscheinung. Da nämlich, wo an aufrecht stehenden Dietyonemabüscheln, welche die Umkleidung der Moospolster bilden, die Hymenienbildung auf der Schattenseite am üppigsten vor sich ging, da fand ich an mehr als ein Dutzend verschiedenen Stellen die für gewöhnlich flach anliegenden und je nach der Form der Unterlage unregelmässig umschriebenen Hymenien sich erhebend, abstehend und kleine wagerecht gerichtete, halbkreis- bis nierenförmige weisse Thelephoreenfruchtkörper bildend, die eine schwache Zonung zeigten. Es war dies dieselbe Thelephoree, welche wir aus den Coralappen hervorwachsend fanden, dieselbe welche auch frei an den Wegeböschungen im Thal der Garcia gefunden wurde, und welche hier unmittelbar aus den Hymenien der Laudateaform hervorging, stellenweise als deren Fortsetzung erschien. Zwischen dem vollkommen regelrecht entwickelten Thelephoreenfruchtkörper und den anliegenden, unregelmässig umgrenzten Hymenienflächen der Laudateaform fanden sich alle denkbaren Uebergänge. Wo das Laudateahymenium in schmalem Streifen einem bewachsenen Moos- zweige folgt, da gewinnt es bisweilen die Kraft, seitwärts über seine Unterlage hinauszuwachsen und mit abstehenden, selbständige Ober- seite zeigenden gesimseförmigen Streifen den flechtenumsponnenen Moosstamm gleichsam flügelartig zu begleiten. Weiterhin macht es sich dann ganz von der Fessel der Unterlage los, biegt wagerecht ab und gewinnt so die Freiheit der Bewegung, um in die ihm eigene Form des kurzgestielten halbkreisscheibenförmigen Fruchtkörpers zu- rückzukehren. Rückblickend auf die gesammte Menge der Fundstücke, sehen wir alle denkbaren Verbindungen zwischen den besprochenen Formen verwirklicht. Die Thelephoree, Cora, Dictyonema in allen seinen Formen, sie alle treten zunächst oftmals selbständig auf, dann finden wir die Thelephoree aus Cora und aus Dietyonema (in der Laudatea- form) unmittelbar hervorgehend, Cora wiederum wird in enger Ver- wachsung mit allen Dietyonemaformen gefunden, von der scheiben- artigen Dietyonemaform gibt es Uebergänge zu all’ den höchst verschiedenen Laudateaformen, und Laudatea endlich wächst aus Corathallus hervor. Und jede dieser Verbindungen wird durch eine ganze Reihe einzelner Fälle bestätigt. Es verlohnt sich der Mühe, zum Schluss die freilebende Thelephoreo 276 im Vergleich mit den beiden Flechten zu betrachten, an deren Zu- sammensetzung sie betheiligt ist. Stellen wir sie zunächst neben Cora, so ist sofort einleuchtend, dass in dieser Flechte der Pilz das form- bestimmende Glied ist. Die allgemeinen Umrisse der Corascheiben sind dieselben, wie sie bei der Thelephoree vorkommen, und die Zonen der Oberseite sind bei den Bildungen gemeinsam. Die Flechte erscheint aber dem Pilz insofern überlegen, als sie einmal bedeutendere Grösse erreicht, und als sie ferner auf Standorten gedeiht, wo der Pilz allein nicht bestehen könnte, nämlich in den Baumkronen. Beide Vortheile verdankt sie offenbar ihren Gonidien. Da diese an jeder beliebigen Stelle des Pflanzenkörpers Nahrung zu liefern vermögen, so kann die Flächenausdehnung eine grössere werden, als bei dem Pilz, der alle Nährstoffe allein von der Anheftungsstelle her beziehen muss. Ich habe schon oben erwähnt, dass Coralappen bis zu 6cm Durchmesser häufig erreichen, während ich von dem Pilz nur ganz vereinzelt Fruchtkörper von mehr als 2cm Durchmesser fand. Bei weitem die meisten erreichen kaum die Hälfte hiervon. Das ziemlich feste Gefüge der Hyphen des Pilzfruchtkörpers erscheint unter dem Einfluss der Gonidien in der Flechte aufgelockert, und dies kann nicht Wunder nehmen, wenn wir bedenken, dass die Gonidien im Thallus sich theilen und vermehren ünd von einander wieder durch zwischendringende Pilzhyphen getrennt werden. Es folgt aus diesen Vorgängen mit Nothwendigkeit der Zustand, welcher in Wirklichkeit besteht, dass in der Gonidienschichte die Pilzhyphen fast zu einem pseudoparenchymatischen Gewebe zusammenschliessen, während sie ausserhalb derselben ein lockeres Geflecht darstellen. Nehmen wir an, dass einer bestimmten Masse von Hyphen, welche den Fruchtkörper des Pilzes zusammensetzen, eine bestimmte Masse basidienbildender Fäden und demgemäss eine bestimmte Anzahl von Basidien entspräche, so würden wir in dieser Annahme eine natürliche Erklärung dafür haben, dass das Hymenium, welches bei der Thele- phoree im grossen Ganzen ununterbrochen ist, bei Cora und Dictyo- nema in der eigenthümlichen zerrissenen Form der Papillen erscheint. Denn im Verhältniss zur Grösse enthält die Corascheibe erheblich weniger MHyphenmasse als der Thelephoreenfruchtkörper. Ein durchgreifender Unterschied zwischen dem Hymenium der Thelephoree und der besprochenen Hymenolichenen besteht nicht. Auch bei der Thelephoree besteht die subhymeniale Schicht aus sehr locker und senkrecht zur Fläche gerichteten Hyphen, welche sich besenartig immer reicher verzweigen, bis die gedrängte Schicht der a7? pallisadenartigen Basidien zu Stande kommt. Wenn das Thelephoreen- hymenium eintrocknet, erscheinen häufig Risse und Felder in demselben, ja man findet bisweilen auch Lücken, Stellen, an denen die Bildung der senkrecht abzweigenden, Hymenium erzeugenden Fäden ausge- blieben ist, Andrerseits findet man auch bei Cora und noch mehr bei Dietyonema die Grösse der „Papillen“ und die Form ihrer Um- grenzung äusserst schwankend, und es kommen bei Cora und besonders bei Laudateaformen Hymenien vor, welche in ununterbrochener Fläche reichlich so gross sind, wie die grössten an den Thelephoreenfrucht- körpern beobachteten. Dass die eintrocknenden „Papillen“ oftmals ihre Ränder schwach nach oben einrollen und dann mit Apothecien Aehnlichkeit bekommen, gilt für Dietyonema genau so, wie für Cora. Wenn wir für Cora den Pilz als allein formbestimmendes Glied in der Gemeinschaft erkannten, so gilt dies für Dietyonema nur noch da, wo die Flechte in der Form der halbkreisförmigen Scheiben aus- gebildet ist, also in verhältnissmässig seltenen Fällen. Hier ist dann auch die Zonung der Oberfläche an wirklich kräftigen Stücken wenigstens andeutungsweise erkennbar. Die Scytonemafäden sind aber viel kräftigere und bezüglich der Wachsthumsrichtung eigen- willigere Gebilde, als die einzelligen Chroocoecen. Sie führen mit dem Pilz einen Kampf um den formbestimmenden Einfluss auf das Gesammtwesen und je nach äusseren Umständen sind sie in diesem Kampfe Sieger oder Unterliegende. Handelt es sich um freie Aus- bildung in der Luft, so ist der Pilz unbestrittener Herrscher, geht aber die Flechte auf feste Unterlage über, so gewinnen die Algen die Oberhand, sie bestimmen die Formausbildung ’allein, und der Pilz wird ihr folgsamer Begleiter. An den Seiten und Enden der ver- schiedenen Unterlagen, auf welchen die Flechte vorkommt, bleibt der Kampf vielfach unentschieden. Man kann sagen, Johow’s Dictyo- nema (die ausgeprägte Dietyonemaform) ist eine Fiechte, gebildet aus unserer Thelephoree *und Scytonemafäden, bei der die Thelephoree das formgebende Glied ist; Johow’s Laudatea (Laudateaform von Dietyonema) ist die aus denselben beiden Gliedern zusammengesetzte Flechte, wenn darin die Alge formbestimmend auftritt. Im Lichte dieser Auffassung gewinnt ein Fund, der allerdings nur einmal vorkam, erhöhte Bedeutung. Auf einem bleichgrünen Lebermoos mit merkwürdig zerschlitzten und in chlorophyllose mehr- zellige Haare endigenden Blättern, das auf dem Spitzkopf häufig war, wucherte Dietyonema in der Laudateaform, untermischt mit Cora- läppchen. An einer Stelle, welche nur wenige Millimeter Ausdehnung 28 hatte, bemerkte ich eine dünne grüne Kruste, welche mit jungen Laudatearäschen Aehnlichkeit hatte. Da aber das starke Blaugrün der Dietyonemagonidien in dieser Kruste nicht zu bemerken war, ihre Farbe vielmehr auf die viel heller blaugrünen Coragonidien deutete, so besah ich sie genauer und fand, dass ich es hier mit einer krusten- förmigen Cora in kleinem Maassstab zu thun hatte; denn die unregel- ‘ mässig höckerig runzelige Kruste ging an mehreren Stellen in sehr kleine Coraläppchen über, welche nach der gewöhnlichen Form ge- bildet waren. Ich vermuthete nun, dass in jener Kruste die Chroo- eoceusgonidien auf Kosten des Pilzes ungewöhnlich üppig müssten entwickelt sein, und die mikroskopische Prüfung bestätigte das. Innerhalb der Kruste, welche dem Lauf des dünnen Moosstengelchens folgte, war eine weit über das gewöhnliche Maass hinausgehende Vermehrung der Algen festzustellen. Diese waren nicht, wie im aus- geprägten Corathallus auf eine bestimmte Schicht beschränkt, sondern durchsetzten die ganze Kruste derart, dass die Pilzhyphen zur Be- gleiterrolle herabgedrückt erschienen. Diese Corakruste entspricht genau der Laudateaform von Dietyo- nema; es ist die Laudateaform von Cora, Blumenau, 14. Mai 1893. Beiträge zur Kenntniss der Vegetationsorgane der Lebermoose von Georg Ruge,. Die Lebermoose sind Gewächse, welche mit wenigen Ausnahmen (Haplomitrium Hookeri und Calobryum Blumii N. wachsen in Form eines beblätterten Stengels aufrecht, und Riella ist eine nur im Wasser lebende Form) einen dem Substrat angeschmiegten, kriechenden Wuchs besitzen. Schon dieser Umstand, noch mehr aber der Standort der- selben, meist feuchte, schattige Orte, feuchte Steine, Mauern; Bäume etc. machen es erklärlich, dass ihr anatomischer Bau ein verhältniss- mässig einfacher ist, ähnlich wie dies ja auch z.B. bei den Hymeno- phyllaceen und den typischen Wasserpflanzen der Fall ist. Immer- hin ist aber eine gewisse Gliederung des Gewebes auch bei diesen niederen Pflanzen noch vorhanden. Es sind vor allem drei Gewebearten, welche sich bei den Leber- moosen mehr oder minder scharf differenzirt vorfinden: das Assimi- lationsgewebe, das darunterliegende interstitienlose Gewebe, welches der Aufspeicherung und Fortleitung der Nährstoffe dient, welches man kurz als Speichergewebe bezeichnen kann, und endlich das Schleim- gewebe. Bei einigen Formen, bei denen der Thallus eine grössere Dicke einnimmt, oder auch die Lamina eine ungewöhnliche Entwicke- lung zeigt, begegnen wir dann noch einem sogenannten Festigungs- gewebe, dessen stark verdickte Zellen der Pflanze einen grösseren Halt zu geben imstande sind. Für den einfachsten Bau des Thallus bietet uns Aneura ein gutes Beispiel. Bei dieser frondosen Jungermanniee kann von einer Diffe- renzirung in Assimilations- und Speichergewebe überhaupt nicht ge- sprochen werden. Das Chlorophyll findet sich durch. die ganze Dicke des Thallus in allen Zellen vertheilt. Bei Aneura pinguis Dumort. beobachtete ich allerdings, dass die oberste Zellschicht eine grössere Zahl von Chlorophylikörnern enthielt, als die tiefer gelegenen Zellen, 280 und diese Beobachtung niag auch für die anderen Aneuren zutreffen. Immerhin aber findet man in allen Zellschichten so reichlich Chloro- phyll, dass ein Unterschied zwischen den beiden genannten Geweben füglich nicht gemacht werden kann. Während nun andererseits bei Aneura pinguis auch ein Unterschied in der Grösse der central ge- legenen Zellen gegenüber denen der Ober- und Unterseite nicht wesent- lich hervortrat, diese Zellen sich von jenen auch in der Form nicht unterschieden, trat ein solcher Unterschied bei einer anderen, aus- ländischen Aneura, welche von Herrn Professor Goebel m Tovar gesammelt mir zur Untersuchung vorlag, und auf welche ich gelegent- lich der Besprechung der Brutknospen zurückkommen werde, schon mehr hervor. Die centralen Zellen zeigten hier meist ein grösseres Lumen, als die peripherisch gelegenen, welch’ letztere auf dem Quer- schnitt auch eine mehr regelmässig viereckige Gestalt hatten. Aber auch hier enthielten die Zellen das Chlorophyll in annähernd gleicher Menge. Einer ganz ähnlichen Erscheinung begegnen wir auch bei anderen Lebermoosen. So erwähnt schon Bischoff!) in seinem Aufsatz: „Ueber Sphaerocarpus terrestris“, dass das Laub dieser Pflanze schon eine Andeutung in Oberhaut und Parenchym erkennen lasse, indem die Zellen von der Mitte des Laubes aus nach dem Rande zu immer kleiner werden; und Leitgeb ?) sagt über Andro- eryphia, dass das Gewebe des Stengels aus durchwegs grossen weiten Zellen bestehe, die nach der Dorsalseite suecessive kleiner werden, während hier die peripherische Schicht der Sprossrückenseite aus sehr kleinen Zellen besteht und sich dadurch von dem inneren Gewebe scharf abhebt. Das Gleiche habe ich an dem Thallus von Anthoceros glandulosus L. et Ldbg. gefunden, wo vor Allem die ventral gelegenen Zellen von dem übrigen Gewebe durch ihre viereckige Gestalt sich als Rindenschicht deutlich abhoben, während der Uebergang zu kleineren Zellen an der Dorsalseite ein allmählicher ist (Fig 1). Bei anderen Lebermoosen findet man den entgegengesetzten Fall, dass nämlich die peripherischen Zellen gegenüber den inneren ein grösseres Lumen besitzen, was ebenfalls als eine Andeutung der Differenzirung in Rinden- und Parenchymschicht betrachtet werden muss. Dieses Verhältniss beobachtete ich z. B. bei verschiedenen Lejeunia-Arten, welche mir aus dem hiesigen Königl. Herbar zu Gebote standen. Für eine scharfe Differenzirung zwischen Assimilations- und Speicher- gewebe bietet uns das kleine, der Familie der Marchantieen angehörige 1) Nova acta L, C. Tom. XII. P. 11. 2) Untersuchungen über die Lebermoose Heft III, pag. 121. 281 Öyathodium den einfachsten Fall. Dieses zierliche Lebermoos besteht, wie schon Leitgeb') hervorhebt, eigentlich nur aus zwei Zellschichten, einer einschichtigen Oberhaut und einer ebensolchen Ventralschicht, beide getrennt durch die weiten Luftkammern, deren seitliche Ab- grenzungen durch die aufrechten etwa drei Zelllagen hohen und eine Zelle dicken Scheidewände die für die Marchantieen so charakteristische Fig. 1. Querschnitt durch den Thallus von Anthoceros glandulosus L. et Ldbg. Areolation der Oberfläche verursachen. Bei dieser Pflanze nun führen allein die Zellen der Dorsalseite, welche meist papillös in die Luft- kammern hineinragen, das Chlorophyll, während die Ventralschicht reichlich Stärke enthält. Dass die Oberflächenschicht über jeder Luft- kammer von einer sehr einfach gebauten Spaltöffnung durchbrochen ist, wurde schon von Leitgeb (a. a. O.) gesagt; dasselbe habe ich an dem mir zur Verfügung stehenden Material, welches Herr Pro- fessor Goebel an einer Mauer im Vietoriagarten zu Bombay ge- sammelt hatte, beobachten können, und stimmte der Bau der Zellen und Spaltöffnungen in allen Punkten mit den Beschreibungen und Zeichnungen Leitgeb’s überein. Gelegentlich der Besprechung dieses Pflänzchens möchte ich nur noch einschaltend bemerken, dass es mir einige wenige Male gelang, junge Antheridienstände zu Gesicht zu bekommen, deren Antheridien noch nicht entleert waren. Ich kann darnach nur alle Angaben Leitgeb’s hierüber bestätigen. Leider ist mir aber der einzige gute Schnitt, den ich durch einen solchen Antheridienstand erhielt, beim Versuch ihn auf die andere Seite zu legen, unter den Fingern entschwunden, und alle Mühe, später noch 1) a. a. O. VI, pag. 136. Flora 1893,, 19 f 282 weitere junge Stände aufzufinden, war ohne Erfolg. Ich muss daher die wichtigste Frage, ob die Antheridien nur eine einzige Zelle dar- stellen, vor der Hand unentschieden lassen, wenngleich nach dem, was ich gesehen habe, thatsächlich ein so einfacher Bau vorzuliegen scheint. So viel ist sicher, dass die von Leitgeb beschriebenen Or- gane wirklich die Antheridienstände sind, und dass auch die in seinen Figuren mit x bezeichneten kleinen gebräunten Zellen die Stielzellen der einzelnen Antheridien darstellen. Ausser der eben behandelten typischen Form einer strengen Differenzirung des Thallus in Assimilations- und Speichergewebe finden wir schon unter den frondosen Lebermoosen diesen Unterschied bei den meisten mehr oder minder scharf ausgeprägt. Bei sehr vielen ma&ht sich der Unterschied nur dadurch geltend, dass die obere Zell- schicht gegenüber dem inneren Gewebe aus kürzern und engern, auf dem Schnitt meist rechteckigen Zellen zusammengesetzt ist, welche dann das Chlorophyll! enthalten, das in den darunter gelegenen Zellen entweder gar nicht, oder nur in sehr geringer Menge sich findet. Beispiele dieser Art sind sehr zahlreich. Ich möchte hier nur auf eines zu sprechen kommen, auf Monoclea Forsteri, aus dem Grunde, weil mir von dieser Pflanze ein reiches Material zu Gebote stand, welches von Herrn Professor Goebel auf seiner Forschungsreise in Venezuela im Winter 1890/91 gesammelt worden war. Und da diese Pflanze bisher nur in sehr unvollkommenem Maasse bekannt ist, so werde ich bier auf dieselbe ausführlicher eingehen, als es eigentlich in den Rahmen meines Themas passt, und alle von mir gemachten Beobachtungen an dieser Stelle mittheilen. Was zunächst die Litteratur über diese Pflanze angeht, so be- sitzen wir von. dem bekannten Liebermoosforscher, dem kürzlich ver- storbenen Dr. ©, M. Gottsche in Altona, eine Abhandlung, betitelt: „Ueber das Genus Monoclea“, welche im 16. Jahrgang der Botanischen Zeitung No. 38 und 39 (1858) veröffentlicht worden ist. Vor dieser Zeit war, wie Gottsche anführt, eigentlich nur das bekannt, was W.J. Hooker in seinen Musei exotiei (London 1820) Vol. II, Tab. 174 gezeichnet und gesagt hat, Angaben, die derselbe Forscher in seinen Botanical Miscellany Vol. I (1830) p. 117 zum Theil selbst wieder verdächtigt. Hooker lag eine Zeichnung und ein einziges Exemplar aus Lambert’s Herbarium vor, welches als Anthoceros univalvis bezeichnet war und von dem berühmten John Reynold Forster auf der Cook’schen Reise gesammelt worden sein soll, Als Fundort wird in den Musci exotici „Insulae australes“ angegeben. 283 Gottsche’s Untersuchungen wurden an einem in den Bergen um Callao gesammelten weiblichen Exemplare angestellt. Leitgeb hat Monoclea in seinen bereits eitirten „Untersuchungen über die Leber- moose“ im 3. Heft p. 62 ff. behandelt und die Resultate Gottsche’s in mancher Hinsicht verbessert und erweitert. Das ihm zur Ver- ‘ fügung stehende Material war den Sammlungen Gottsche’s, Grön- land’s und denen des Wiener Museums entnommen und enthielt ebenfalls nur weibliche Exemplare, die sämmtlich im Stadium der Fruchtreife sich befanden. Monoclea Forsteri wurde in Venezuela an sehr feuchten Stand- orten gesammelt, Das Laub der getrockneten Pflanze hat nach Gott- sche (a. a. O.) eine schwärzlich grüne Färbung, die an der Unterseite nur durch den seidenartigen Glanz der gelblich grauen Wurzelhaare eine hellere Nuance erhält. Sie stellt einen dichotomisch verzweigten, flachen Thallus dar, dessen Grössenverhältnisse etwa denen der Mar- chantia polymorpha gleichkommen. Eine Mittelrippe ist nicht vor- handen, sondern der in der Mitte am stärksten entwiekelte Thallus wird ganz allmählich nach den Rändern hin schmäler, Der Rand ist kleinwellig gebuchtet. Die oberste Zellschicht auf der Dorsalseite bildet auf der Ober- flächenansicht ein aus vier-, fünf- oder sechseckigen Zellen gleich- mässig zusammengesetztes Gewebe, welches keine Spaltöffnungen be- sitzt. Ein Schnitt durch den Thallus zeigt die äusserste Zellschieht sowohl auf der Dorsal-, als auf der Ventralseite als eine Reihe ziem- lich gleichmässig viereckiger Zellen von geringerer Grösse als das Innengewebe, sodass die Pflanze auf beiden Seiten von einer Art Epidermis umkleidet ist. Die äussere Haut dieser beiden Schichten ist stark verdickt, nur ganz in der Nähe der Vegetationspunkte gelt sie in eine zarte Membran über. Das Chlorophyll findet sich vorzüg- lich in der Oberhautschicht der Dorsalseite, es fehlt indess auch nicht ganz in den darunter gelegenen Zellschichten. Dieses unmittelbar auf die Oberhautschicht folgende Parenchym- gewebe setzt sich aus polyädrischen Zellen zusammen, deren Ränder viel- fach gebuchtet sind und ohne Intercellularräume aneinander schliessen. Dieses Gewebe, welches in der Mediane etwa aus sechs bis acht, nach den Rändern zu aus drei bis vier Zelllagen besteht, während es in der Nähe der Fructificationsorgane seine grösste Dicke von etwa fünfzehn Zelllagen erreicht, lässt keinerlei Differenzirung erkennen, auch besitzt es keine Schleimgänge oder Zellen mit starker Wand- verdiekung. Die Wandungen der Zellen sind mit zahlreichen 'Tüpfeln . 19* 284 versehen, welehe besonders deutlich nach dem Äufhellen des Gewebes ‚und Färben mit Congoroth hervortreten. Ausser den wenigen darin enthaltenen Chlorophylikörnern zeigen sich die Zellen des Gewebes mit zahlreichen Stärkekörnchen besetzt, welche eine rundliche Gestalt haben und meist in charakteristischer Weise zu vieren und mehr an- einandergeheftet sind. Besonders reichlich tritt die Stärke in der Nähe der Vegetationspunkte auf, dort aber, wo ein Archegonium befruchtet und ein Embryo angelegt ist, sieht man in dem benachbarten Gewebe alle Stärke bis auf sehr wenige, ganz kleine Körnchen aufgebraucht. Dieses parenchymatische Gewebe dient also vornehmlich zur Auf- speicherung der Nährstoffe und deren Fortleitung. Sehr interessant war mir noch das Vorkommen winzig kleiner Krystalldrusen von etwa 0,01 mm Durchmesser, von denen ich fast in jeder Zelle des Innengewebes einen gewahrte. Diese Krystalle waren unlöslich in Wasser, Alkohol, Kalilauge und Essigsäure, leicht löslich dagegen in Salzsäure. Unter dem Polarisationsmikroskop be- trachtet geben sie sich durch ihr starkes Aufleuchten bei gekreuzten Nieols sicher als Krystalle zu erkennen. Es gelang mir freilich nicht durch Zusatz von verdünnter Schwefelsäure die Bildung von Gyps- krystallen zu beobachten. Indessen dürfte das Ausbleiben dieser Re- action durch die ungemein winzige Grösse der Kryställchen bedingt sein. Ich stehe trotzdem nicht an, sie nach dem angegebenen Ver- halten als aus oxalsaurem Kalk bestehend anzusprechen, und das Vorkommen dieses Salzes ist insofern von besonderem Interesse, als dasselbe bisher weder bei Laub- noch bei Lebermoosen je beobachtet worden ist. Aus der ventral gelegenen Zellschicht gehen die Wurzelhaare hervor, von denen man zwei Systeme unterscheiden muss. Die einen entstehen vorwiegend aus Zellen des Laubrandes, spärlicher auch aus denen der Ventralseite. Sie bilden lange, dünne, einzellige Schläuche, welche infolge ihrer zarten Wand weich und biegsam sind und in ihrem Verlauf innig dem Thallus sich anschmiegen. Die zweite Art von Wurzelhaaren, die eigentlichen Rhizoiden, entspringen immer aus der Mediane des Laubes, und ihr Vorkommen bewirkt es vornehmlich, dass die Pflanze dem unbewaffneten Auge als mit einer Mittelrippe versehen erscheint. Sie strahlen in geringen Abständen, besonders reichlich unter den Fructifieationsstellen, senk- recht vom Thallus ab; sie sind, wie die vorher beschriebenen, ein- zellig, kürzer als jene, aber dicker, ihre Wand ist stark verdickt und gebräunt, aber ohne Zapfen im Innern. 285 Bei der Beschreibung der Wurzelhaare ist Leitgeb') eine eigen- thümliche Verwechselung untergelaufen, indem er angibt, dass die erstere Art von Wurzelhaaren sich durch ihre starke Wandverdickung vor der letzteren auszeichnet, während das Entgegengesetzte der Fall ist. ‘Wohl habe ich ganz vereinzelt die eigentlichen Rhizoiden neben dickwandigen mit einer sehr zarten Wand und beträchtlicherem Innen- raum, niemals aber die dem Thallus anliegenden mit einer auffallenden _ Wandverdiekung angetroffen. Das Wachsthum des Laubes von Monoclea, die Segmentbildung durch Theilung einer „keilförmigen“ Scheitelzelle, ist durch Leit- geb?) bereits klar gelegt worden. Der Vegetationspunkt. liegt in einer Einbuchtung des Vorderrandes am Ende.der Mediane und er- scheint durch das überwiegende Dickenwachsthum an der Rückenseite etwas nach der Bauchseite verschoben. Er wird von den beider- seitigen Lappen, welche oft weit über einander greifen, überragt. Bei eintretender Verzweigung wird der Scheitel breiter und die Lappen rücken etwas auseinander. Hat die Auszweigung stattgefunden, so zeigt sich zwischen den beiden Vegetationspunkten ein kleiner Mittel- lappen. Nahe unter dem Vegetationspunkte entspringen aus den ventralen Segmenten (nicht selten zu zweien aus einer Zelle) grosse einzellige Keulenhaare, welche auf eine kurze Strecke dem Thallus parallel ver- laufen, dann aber sich aufwärts krümmen und so den Vegetations- punkt vollständig einhüllen. Diese Keulenhaare finden sich ohne Unterschied sowohl an den rein vegetativen Sprossen, als auch am vor- deren Ende der Antheridien- und Archegonienstände. Sie besitzen die verhältnissmässig grosse Länge von 0,15—0,3 mm; ihre Haut ist ‘ äusserst zart, nach oben hin schwellen sie allmählich an. Sie sondern einen wasserhellen Schleim ab, welcher den Vegetationspunkt sammt dem umliegenden Gewebe vollständig umhüllt. Leitgeb?) gibt an, dass eigentliche Keulenhaare am Scheitel steriler Sprosse, wie sie bei allen übrigen frondosen Jungermannieen gefunden werden, bei Monoelea nicht gebildet zu werden scheinen. Diese Aussage erklärt sich vielleicht daraus, dass das Material, welches Leitgeb zur Verfügung stand, getrocknetes Herbarmaterial war, an welchem diese thatsächlich sehr grossen und an allen Vegetationsstellen von mir gefundenen Keulenhaare mechanisch entfernt waren. Mög- 1) a. a. 0. p. 68. 2) a. a. 0. p. 62, 3) a. a. O: p. 69. 286 licherweise waren die von Leitgeb kurz vorher erwähnten heterogenen Gegenstände aller Art, welche in dem den Scheitel umgebenden „ge- bräunten Schleim“ sich vorfanden, zum Theil eben Rudimente dieser Keulenhaare. Es ist desswegen nach meinen Beobachtungen auch nicht zutreffend, wenn Leitgeb!) an einer späteren Stelle seiner Abhandlung das Auftreten der keulenförmigen Haare als ein Merkmal ansieht, dass ein Archegonienstand angelegt werden soll. Und wenn er hier sagt: „Mit dem Beginne der Archegonienbildung aus Ober- flächenzellen würden zahlreiche (schleimbildende) Haare auftreten und zu gleicher Zeit würde sich vom Rücken her der Thallus darüber wölben und das Haarstroma sammt den jungen Archegonien überwallen und in eine Höhlung versenken“, so bemerke ich schon an dieser Stelle, dass diese Ansicht auch desshalb nicht richtig sein kann, weil die äusseren Keulenhaare in Form, Grösse und Entstehung verschieden sind von denen, welche wir im Innern der Archegonienstände antreffen. Monoelea Forsteri ist, wie schon Gottsche vermuthet, diöcisch. Es ist auffallend, dass die männliche Pflanze bisher nie beobachtet worden ist, denn an meinem Material waren die Exemplare der männ- lichen. Pflanze häufig derart mit den weiblichen durch die Rhizoiden verflochten, dass man sich genau überzeugen musste, ob nicht derselbe Thallus beiderlei Geschlechtsorgane trug. Eine einzige schon von Leitgeb ceitirte kurze Angabe über die männliche Pflanze von Mono- elea Forsteri findet sich in Gottsche, Mexikanske Levermosser, p. 539 (Antheridiorum torus versus apicem frondis elevatus marginatus, plerumque ovalis). Leitgeb?°) beschreibt in einer Anmerkung die Antheridienstände der bisher als Dumortiera dilatata bezeichneten Pflanze, und vermuthet auf Grund seiner Untersuchungen, dass diese Pflanze keine Dumortiera, sondern eine Monoclea sei, die er wegen mehrfacher Verschiedenheiten von Monoclea Forsteri als Monoclea dilatata bezeichnet wissen will. Seine Beschreibung sowohl, als die begleitenden Figuren ®) stimmen .mit meinen Untersuchungsresultaten derart überein, dass die dort ausgesprochene Vermuthung dadurch wohl zur Gewissheit wird. Die männliche Pflanze von Monoclea Forsteri gleicht in ihrem äusseren Habitus vollkommen der weiblichen, was aus einer Ver- gleichung meiner Figuren (Tab, Fig. 1 u. 2) mit den von Gottsche‘) 1) pag. 67. 2) a. a. O, Heft 6 p. 131. 8) Heft VI, Tab. VIEL 4) a. 2. O. Tab, VII, Fig. 1 und 2, 287 für die weibliche Pflanze gegebenen unmittelbar hervorgeht. Auch der anatomische Bau des Thallus weist keinerlei Verschiedenheiten auf. Die Antheridienstände werden am Scheitel angelegt und liegen in der Mediane des Laubes. Während aber bei der weiblichen Pflanze mit der Anlegung eines Archegonienstandes das Weiterwachsen des Scheitels aufhört, ist das bei der männlichen keineswegs der Fall, sondern der Scheitel setzt sein Wachsthum ungehindert fort, und nach einer späteren Gabelung des Vegetationspunktes wird nicht selten an einem oder beiden Gabelungsästen ein zweiter und dritter Antheridien- stand angelegt. Die ältesten Stände werden daher mitten im Laube angetroffen. Bei einigen Exemplaren waren sogar an mehreren Gabelungsästen sofort nach der Theilung zwei neue Antheridienstände angelegt, so dass dieselben am basiskopen Ende vollständig verwachsen waren und nur an der Spitze gabelig verzweigt erschienen. Die ausgewachsenen Antheridienstände haben auf der Flächen- ansicht eine breit ovale Form, deren grosse Achse in der Mediane des Laubes liegt. Ihre Länge beträgt etwa 3—4, die Breite 2—3 mm. In einzelnen Fällen erreichen sie eine Länge von icm, verlaufen aber dann vom hintern, abgerundeten Ende in annähernd gleicher Breite von ca. 2 mm bis zur halben Länge, werden allmählich doppelt so breit, und endigen mit einer stumpfen Spitze am vorderen Rande des Thallus (Fig. 2, Tab.). Auf der Ventralseite tritt der Antheridien- stand als gleichmässig bauchige Ausbuchtung aus dem Laube hervor und ist hier, wie bei der weiblichen Pflanze, mit den schon beschrie- benen, senkrecht vom Thallus in die Erde dringenden Rhizoiden dicht besetzt. Auf der Dorsalseite erhebt er sich am hinteren Ende etwas mehr über das Laub und bildet eine ziemlich harte, runzelige, schwach convex gewölbte Scheibe, welche nach vorn etwas geneigt ist, und deren Rand allseitig ein wenig über das Thallusgewebe hinausragt. An den ganz langen Antheridienständen macht sich diese Ueberwallung des Randes durch eine dunkle Linie leicht bemerkbar, welche beson- ders deutlich am hinteren schmalen Ende hervortritt (Fig. 2, Tab.). Auf dem Längsschnitt (Fig. 3, Tab.) sieht man die Antheridien nach ihrem Alter in streng akropetaler Reihenfolge angeordnet. Die jüngsten stehen gemäss ihrer Anlage an der Lauboberfläche etwas höher, als die nächst älteren, da der Vorderrand des Antheridienstandes etwas nach aufwärts gebogen ist. An diesem vorderen Ende sitzen die schon beschriebenen langen, Schleim absondernden Keulenhaare, welche infolge der Aufrichtung des vorderen Randes zurückgebogen erscheinen, und so dem jüngsten Theil des Antheridienstandes aufliegen. 288 Dicht unter den Keulenhaaren und von deren Schleim bedeckt findet man demgemäss die jüngsten Anlagen der Antheridien. Die- selben entstehen an der Lauboberfläche an dessen Dorsalseite. Sie sind schon bei ihrer Anlage in eine Höhlung eingesenkt, die sie anfangs als einzelne Zelle vollständig ausfüllen (Fig. 2). Sehr bald erweitert sich diese Höhlung, und durch fortgesetztes Diekenwachsthum des Thallusgewebes wird das Antheridium in das Innere des den gan- zen Stand umgebenden Gehäuses versenkt. Das das Antheridium überragende Zellgewebe bildet eine festgefügte, im ausgebildeten Zu- stande, wie schon erwähnt, schwach eonvex gewölbte Platte, deren Zellen sehr klein und in der Richtung der Mediane länger er- scheinen, so dass ihr Verlauf scheinbar in Fig. 2. Jüngste Anlagen der dieser Richtung erfolgt, trotz ihrer das Antheridien von MonocleaFor- Dickenwachsthum bedingenden Entstehung steri, Längsschnitt. (200/1) durch Quertheilung. An der Spitze jeder ein Antheridium enthaltenden Kammer verläuft in senkrechter Richtung ein in der Jugend verhältnissmässig weiter, später sehr enger Kanal durch dieses Gewebe hindurch nach der Oberfläche. Auf der Oberflächenansicht ist die Oeffnung dieses Kanals an aus- gebildeten Ständen an einem von sieben bis acht zugespitzten Zellen begrenzten Loche zu sehen. Diese Zellen erheben sich ein wenig über das übrige Gewebe und bilden die schon erwähnten \ Höcker auf demselben (Fig. 3). Nach unten erweitert sich der Kanal zu einer weiten Höhlung, an deren Grund das Antheridium steht. Die einzelnen An- theridien werden durch ein Gewebe von einander getrennt, dessen Zellverlauf von unten nach oben gerichtet ist, und wel- ches im Alter ein sehr lockeres Gefüge hat. Die Wand des Hohlraumes ist aus- gekleidet mit langen, schlauchförmigen Schleimhaaren. Diese ent- springen meist einzeln, selten zu zweien aus einer Zelle des Innen- gewebes. Sie sind einzellig und nur durch eine zarte Membran von ihrer Mutterzelle abgegrenzt. Ihr Verlauf im Innern des Hohlraumes erfolgt nach jeder beliebigen Richtung, wo sie Platz finden, meist von Fig. 3. Stück aus der Oberhaut eines Antheridienstandes von Mo- noclea Forsteri. (200/1.) 289 oben nach unten, oder umgekehrt. Meine Fig. 4, Tab., zeigt einen solchen mit Schleimhaaren besetzten Raum nebst einem schon ziem- lich weit entwickelten Antheridium. Das junge Antheridium füllt — wie gesagt — zuerst als einzelne Zelle den ganzen Hohlraum aus und erstreckt sich fast bis zur Ober- fläche des Laubes. Es sitzt mit seinem unteren Ende der nach dem Scheitelpunkt zu gelegenen Zelle auf, wie man das schon au dem nächst älteren Entwiekelungsstadium (Fig. 2) sieht, wo der Hohlraum be- reits beträchtlich sich erweitert hat. Das Antheridium theilt sich zunächst durch mehrere Querwände, und dann erst treten neben diesen Längs- teilungen (Fig. 4 u, 5) auf. Erst im weitern Verlauf der Entwickelung erkennt man die deutliche Differenzirung in das kurze dicke Fussende (im ausgewachsenen Zu- stande ca. 4 Zellen hoch) und den der Erzeugung der Spermatozoiden dienenden Theil. Die äussere Zell- schicht dieses letzteren bildet sich zu der den Innenraum umschliessenden Hülle aus, während das Innengewebe Fig. 4. (200/1.) in bekannter Weise jene viereckigen Spermato- zoidenmutterzellen erzeugt. Im ausgewachsenen Zustande hat das Antheridium eine länglich ovale Gestalt, nach oben ist es meist etwas zugespitzt. Die Entleerung der Spermatozoiden erfolgt zweifelsohne auch hier nach Sprengung der Antheridienwand vermittelst des den Hohl- raum erfüllenden Schleimes durch die enge Kanalöffnung hindurch. Die weibliche Pflanze und die Lagerung ihrer Fruchtstände wird durch Gottsche’s') Abbildungen naturgetreu dargestellt. Leit- geb?) beschreibt sie folgendermaassen: „Sie sind an der Rückenseite der Sprosse als lang- gestreckte, oft kaum bemerkbare Auftreibungen des Laubes, an der Bauchseite durch die reichliche Haarbildung erkennbar. Ihr basiskopes Ende liegt wohl immer in der Mediane des betreffenden Thallus- sprosses, sie verlaufen aber von da entweder schief gegen den Rand hin, oder treffen, wo sie unter Gabelungsstellen entspringen, denselben genau im Gabelungswinkel, hören aber immer etwas vor dem Rande Fig. 5. (200/1.) 1) a. a. O. Tab. VII Fig. 1 und 2, 2) a. a. O. pag. 63, 290 , auf“. Auf dem Längsschnitt findet man bei der ersten Anlage des Archegoniums den Scheitel etwas von dem umliegenden Gewebe über- wachsen, sodass derselbe in eine Einbuchtung des Thallus zu liegen kommt. An der Ventralseite entspringen hier, wie bei den sterilen Sprossen, zahlreiche grosse Keulenhaare, welche den ganzen Scheitel => Fig, 6. Längsschnitt durch einen jungen Archegonienstand von Monoclea Forsteri. (100/1.) einhüllen, der sammt den Haar- gebilden in Schleim eingebettet ist (Fig. 6 u. 7). Während nun die Scheitelregion ihr Längen- wachsthum einstellt, wächst das umgebende Gewebe weiter und bildet schliesslich eine ca. 15 mm lange Fruchthöhle von etwa 3 mm lichter Weite, deren basiskopes Ende abgerundet ist, während _ vorne ein enger Kanal nach aussen “ führt. An dem abgerundeten Ende dieser Höhlung, also nahe dem Scheitel, stehen die Archegonien (Fig. 8), von denen in jeder Höh- lung eine ganze Reihe (zehn und mehr) ausgebildet wird, gewöhnlich aber nur eines zur Fruchtreife gelangt, in Ausnahmefällen auch wohl mehrere, da Hooker’s Exemplar drei vollständig entwickelte Kapseln in einer Fruchthöhle zeigte. Ausserdem ist der Grund des Arche- gonienstandes mit einem dichten Rasen langer und schmaler Schleim- haare angefüllt, welche aber von den vorher beschriebenen schon da- Fig. 7. Dasselbe wie Fig. 6, nur jünger. (200/1.) 291 durch sich unterscheiden, dass sie kleiner sind als jene. Auch ver- laufen sie meist ihrer ganzen Länge nach in annähernd gleicher Breite und zeigen keine bemerkenswerthe Anschwellung am oberen Ende. Diese Schleimhaare, von welchen man nicht selten einzelne auch an Fig. 8. Längsschnitt durch einen Archegonienstand von Monoclea Forsteri, von mittlerer Ausbildung. (18/1.) höher gelegenen Stellen der Fruchthöhle antrifit, sitzen zu je vier bis sechs und mehreren büschelförmig auf einer höckerartigen, aus wenigen Zellen bestehenden Hervorragung des Gewebes (Fig. 9). Jedes einzelne Schleimhaar ist durch eine zarte Quer- wand von dem Fusstheile abgegrenzt, welche manchmal etwas höher hinaufgerückt auftritt. Im Uebrigen sind die Haare einzellig. Ihre Länge beträgt im Mittel | 0,15 mm, so dass sie gerade den Bauchtheil des Arche- \\ goniums einhüllen, während der Halstheil frei aus ihnen Es herausragt (Fig. 8). IL, Die Anlage des Archegoniums erfolgt an der Fig. 9. (200/1.) Lauboberfläche, unmittelbar nachdem der Scheitel eben sein Längenwachsthum eingestellt hat. Es tritt zuerst als einzelne Zelle papillös über das Gewebe hervor und theilt sich zunächst durch mehrere Querwände. Zwei junge Ent- wickelungsstadien des Archegoniums geben meine Figuren 10a und b wieder. Vgl. dazu Fig. 7. Der Bauchtheil des ausgebildeten Archegoniums, wel- / u N b ches auf einem sehr kurzen Fussende aufsitzt, hat eine in den meisten Fällen von einer einzigen Zelllage gebildete " Wand. Häufig beobachtete ich aber auch Archegonien mit Fig. 10. einer Wand von drei bis vier Zellschichten. Meine an- (200/1) fängliche Vermuthung, dass diese Wandverdiekung eme Folge der Befruchtung sei, wurde mir durch die Beobachtung nicht bestätigt. 292 Nur einige Male fand ich einen Embryo in denselben angelegt, wäh- rend die meisten Archegonien, welche einen mehr oder minder weit entwickelten Embryo in ihrem Innern bargen, eine nur aus einer Zellschicht bestehende Wand besassen, Wie schon Leitgeb beobachtet hat, besitzt das ausgebildete Archegonium einen im Verhältniss zu andern Lebermoosen sehr langen Halstheil, welcher bei einer mittleren Länge des ganzen Archegoniums von 0,75 mm vier Fünftel desselben in Anspruch nimmt. In einigen Fällen hat Leitgeb') bemerkt, dass die den Halstheil zusammen- setzenden Zellreihen in Spirallinien gewunden waren, so dass jede einer Längsreihe entsprechende Spirale in der ganzen Längserstreckung des Halses mehrere Umgänge zeigte. An den von mir untersuchten Pflanzen habe ich nun gefunden, dass diese Eigenthümlichkeit der Zellreihen des Halstheiles nicht eine Ausnahme, sondern die Regel bildet, wenn auch die Spiralwindungen in manchen Fällen nicht ganz bis zum Bauchtheil des Archegeniums herunterreichten. Soweit ich das an zahlreichen Objecten beobachtet habe, erfolgen diese Windungen immer in Rechtsdrehung, wie das in der Figur von Leitgeb der Fall ist. Die Frage, in welchem Zeitpunkte die Archegonien empfängnissreif werden, dürfte nach meinen Untersuchungen vorläufig dahin zu beant- worten sein, dass dies jedenfalls nicht geschieht, so lange sie noch an der Oberfläche des Laubes stehen, sondern erst dann, wenn sie schon in die Fruchthöhle eingesenkt sind. Ob die Empfängnissfähig- keit eintritt, bevor die Höhle die grösste Tiefe erreicht hat, oder erst mit oder nach diesem Zeitpunkte, das will ich dahingestellt sein lassen. Immerhin lässt die Thatsache, dass die Fruchthöhle nicht, wie Gott- sche?) annahm, völlig geschlossen wird, ferner der lange Hals des - Archegoniums und der Schleim, mit welchem die ganze Fruchthöhle angefüllt ist, zweifelsohne die letztere Möglichkeit sehr wohl zu. An- dererseits spricht die von mir wiederholt gemachte Beobachtung, dass bei halb entwickelter Fruchthöhle die Hälse mehrerer vollkommen entwickelter Archegonien aus der Mündung hervorragten, für die An- nahme, dass schon in diesem Zeitpunkte die Archegonien für die Aufnahme der Spermatozoiden reif sind. Kehren wir nach dieser Abschweifung zum Thema zurück. Wäh- rend also bei Monoclea und anderen Lebermoosen ein Unterschied zwischen Assimilations- und Speichergewebe sich mehr oder weniger 1) a. a. O. pag. 67 und Tab. III, Fig. 23, 2) a. a0. O. pag. 283. 293 aüsgesprochen findet, dieser Unterschied der Hauptsache nach aber im Gehalt von Chlorophylikörnern sich kennzeichnet, finden wir bei weiteren das Chlorophyll führende Gewebe in anderer Weise aus- gebildet als das Speichergewebe. So ist bei vielen frondosen Junger- mannieen das letztere zu einer an der Unterseite stark vorspringenden Mittelrippe entwickelt, welche sich scharf von der einschichtigen grünen Lamina abhebt. Pellia, Symphyogyna, Blyttia, Pseudo- neura, Umbraculum, Podomitrium u. a. geben hierfür gute und hinreichend bekannte Beispiele. Das Gleiche finden wir unter den Anthoceroteen bei Dendroceros. Bei diesem, wie bei mehreren anderen Lebermoosen, z. B. Mörkia und Anthoceros glandulosus ist der Rand äusserst reich gefaltet, eine Einrichtung, die unzweifelhaft dazu bestimmt erscheint, Wasser zur Ernährung der Pflanze fest- zuhalten. Die foliosen Jungermannieen haben das Assimilationsgewebe als einzelne Blätter entwickelt, die meist schief an der Mittelrippe inserirt sind, unter- oder oberschlächtig. Die höchste Ausbildung. des Assimilationsgewebes finden wir bei den Angehörigen der Riccieen und Marchantieen, die in dieser, wie in mancher anderen Beziehung derart miteinander übereinstimmen, dass sie, wie Leitgeb nachgewiesen hat, eigentlich nicht als zwei gesonderte Familien, sondern als eine, die der Marchantiaceen, betrachtet werden müssen. Bei diesen -Lebermoosen finden wir, wie bekannt, das Chlorophyll führende Gewebe durchsetzt mit weiten, Luft führenden Zwischenräumen, deren Gestalt und Ausbildung bei den einzelnen Gattungen eine verschiedenartige sein kann, die aber bei allen ohne Ausnahme vorhanden ist. Für Dumortiera (irrigua und hirsuta), für welche Gattung von älteren Autoren das Fehlen einer Luftkammer- schicht und der Spaltöffnungen stets betont, worden ist, wurde von Leitgeb!) in einem Aufsatze: „Ueber die Marchantiaceengattung Dumortiera“ das Vorhandensein derselben an jüngeren Thallustheilen nachgewiesen. Diese Schicht geht sehr früh zu Grunde und kann man daher an älteren Thallustheilen nur noch spärliche Reste der Seiten- wände finden. Das Abwerfen der Lufthöhlenschicht ist als eine Rück- bildung infolge der veränderten Lebensweise aufzufassen, wie kürz- lich Goebel, der diese Verhältnisse an mehreren von ihm gesammelten Dumortiera-Arten untersuchte, in den pflanzenbiologischen Schilde- rungen (ll. pag. 222) erläutert hat. Ein interessantes Seitenstück zu Dumortiera boten mir einige 1) Flora 1880 pag. 307 ff, 294 Exemplare von Marchantia polymorpha, welche im Wasser unter- getaucht gewachsen waren. Herr Professor Goebel hatte dieselben bei einer Excursion in der Umgegend von München (bei Starnberg) jüngst gesammelt und mir zur Untersuchung gütigst überlassen. Durch die abnorme Lebensweise war bei dieser Pflanze die Luftkammer- schicht in ganz eigenartiger Weise abgeändert. An manchen Stellen des 'Thallus waren Luftkammern überhaupt nicht ausgebildet, sondern die chlorophyliführende Epidermis schloss unmittelbar an das unter- liegende Speichergewebe an. An andern Stellen waren Luftkammern vorhanden, aber diese waren flacher als bei der normal entwickelten Pflanze. Auch das in dieselben hineinragende Assimilationsgewebe zeigte eine viel weniger üppige Entwickelung, im Uebrigen aber keinen abweichenden Bau. Dagegen beobachtete ich mehrfach, dass aus der Oberseite der Epidermis ganz ähnliche converfenartige Sprossungen hervorgingen, wie aus dem Boden der Luftkammern. Diese über- nehmen hier jedenfalls zum Theil die Assimilation und sind für diese Function dem Leben im Wasser in ihren innern Eigenschaften an- gepasst. Der Thallus der Pflanze besass eine sehr dunkelgrüne Fär- bung und liess, mit blossem Auge oder mit der Lupe betrachtet, im durchscheinenden Licht nur wenige mit Luft gefüllte Kammern er- kennen, die besonders am vorderen Ende gelegen waren. An diesen jüngeren Thallustheilen waren die Athemöffnungen ganz wie bei der normal entwickelten Pflanze noch geschlossen. Bei den ausgebildeten Athemöffnungen waren die Zellen des innersten Kreises papillenartig ausgewachsen, und zwar so, dass diese Papillen (4—5), welche am vorderen Ende angeschwollen waren, sich übereinanderlegten und die Luftkammern nahezu vollständig ‘nach aussen abschlossen (Fig. 11), wodurch das Eindringen von Wasser verhin- Fig. 11. dert wird. (200/1.) Der Entstehung der Luftkammern bei den Riceieen, dem Bau des Chlorophyll führenden Gewebes und der Anlage und Ausbildung der Athemöffnungen hat Leitgeb!) in seinen Unter- suchungen eine eingehende Behandlung zutheil werden lassen. Nach ihm entstehen die Luftkammern aus der obersten Zellschicht, deren Aussenwände zunächst durch geringeres Wachsthum in den Kanten eine Grube bilden, die sich mehr und mehr vertieft, und bei den verschiedenen Arten in verschiedener Weise sich zur Luftkammer - entwickelt. Es können dann auch noch secundäre und selbst tertiäre 1) a. a, O. Heft IV. 295 Luftkammern entstehen, wie bei Corsinia und Oxymitra, und entweder durch ‚diese Bildung oder durch die nachträgliche Entstehung von Scheidewänden in den primären Luftkammern (Riceioearpus natans) kommt nach Leitgeb die Erscheinung zustande, dass bei vielen Riceieen oft mehrere (2—3) Etagen von Luftkammern sich über- einander befinden. Das interstitienlose an der Ventralseite liegende Speichergewebe ist von der Luftkammerschicht scharf getrennt. Bei den Marchantieen sind die Luftkammern, soweit mir bekannt, nur primär angelegt. Das einfach gebaute Cyathodium wurde schon oben erwähnt. Bei diesem sind keine converfenartige Sprossungen entwickelt, welche bei den meisten übrigen Marchantieen in die Luftkammern hineinragen und sich auch hin und wieder bei den Riccieen finden (Boschia und bisweilen Corsinia). Der Bau der Luftkammern ist hinreichend bekannt, ebenso der der Athemöffnungen. Letztere sind häufig am vegetativen Thallus und an den die Ge- schlechtsorgane tragenden Sprossen verschieden ausgebildet. So be- obachtete ich bei Plagiochasma, dass die Athemöffnungen an den vegetativen Theilen nicht die tonnenförmige Form besassen, sondern einfach durch einen einzigen Ring von Zellen gebildet waren, etwa wie bei Cyathodium, während an weiblichen Hüten drei bis vier Zellringe in die Luftkammer hineinragten. Diese Einrichtung hängt wohl damit zusammen, dass der dem Boden anliegende Thallus nicht “so sehr der Austrocknung ausgesetzt ist, wie der auf einem Stiele stehende Hut, zu dem die Feuchtigkeit einen längeren Weg zu machen hat. Ein tonnenförmig ausgebildeter Athemapparat wird die Feuchtigkeit längere Zeit zurückhalten. Ausser dem Assimilations- und Speichergewebe sehen wir bei manchen Lebermoosen ein besonders differenzirtes Gewebe, welches mit Schleim angefüllt ist. Eine Absonderung von Schleim erfolgt wohl bei allen Leber- moosen ohne Ausnahme. In den weitaus meisten Fällen finden wir am Scheitel des fortwachsenden Thallus an den Enden keulig an- geschwollene Papillen, die einen wasserhellen Schleim absondern, welcher um den Vegetationspunkt eine gegen Austrocknung schützende Hülle bildet, gleichzeitig aber auch die entgegengesetzte Function übernimmt, indem der das Wasser sehr festhaltende Schleim das Eindringen zu grosser Wassermengen zu den Vegetationsstellen ver- hindert), An anderen (z. B. Blyttia, Umbraculum) sind Keulenhaare 1) Vergl, Goebel, Pflanzenbiol. Schilderungen II, pag. 235. 296 an der Mittelrippe inserirt. Des weiteren finden sich diese Organe an den Brutknospenbehältern zwischen den Brutknospen verteilt bei Blasia, Marchantia, Lunularia, wo der aus ihnen hervorquellende Schleim die Aufgabe hat, die Brutknospen aus ihren Behältern herauszupressen, ähnlich wie bei manchen Wasserpflanzen die Samen durch Verschleimung der Placenta oder der Samenschale frei werden!).— Endlich begegnen wir diesen Keulenpapillen vielfach im Innern der Antheridien- und Archegonienstände, bei welch ersteren sie wiederum die Function übernehmen, die Spermatozoiden aus dem Gehäuse herauszubefördern. Bei Riecia werden bekanntlich die Spermatozoiden als Brei herausgespritzt. Die Keulenhaare sind in den meisten Fällen einzellig, in anderen zweizellig (z. B. Pellia, Symphyogyna u. a.); bei einigen Lebermoosen stellen sie dreizellige Gebilde mit keulenförmiger Endzelle vor (z. B. Sphaerocarpus, Mörkia). Während die Schleim absondernden Keulenhaare bei den meisten Lebermoosen an der einen oder anderen Stelle angetroffen werden, und nur bei wenigen ganz fehlen, findet man ein besonders ent- wickeltes: Schleimgewebe im Thallus nur bei den Angehörigen der Anthoceroteen und der Marchantieen. Schon seit lange bekannt sind die bei den Anthoceroteen an der Unterseite, bei Dendroceros, auch an der Oberseite des '[hallus vorkommenden Schleimhöhlen, welche durch eine den Athemöffnungen ähnliche Schleimspalte nach aussen münden. Ganz ähnliche Schleimhöhlen finden sich bei Blasia, wo sie Leitgeb?) als „Blattohren“ bezeichnet, an der Uebergangs- stelle des Stengels in die freien Lappen der seitlichen Blätter in zwei Längsreihen angeordnet. Man hatte diese „dunkelgrünen Kügel- chen“, welche sich bei Dendroceros, Notothylas und einigen Arten der Gattung Anthoceros in Form grosser Warzen über die Thallus- fläche hervorheben, früher für die männlichen Organe, später für Brutknospen gehalten, bis Jancsewski?) nachwies, dass sie schon in der Jugend mit wasserhellem Schleim erfüllte Höhlungen seien, in denen Nostoc sich angesiedelt hatte. Diese Gebilde sind später Gegenstand mehrfacher Untersuchungen gewesen, und verweise ich diesbezüglich auf die Arbeiten Leitgeb’s*) (die Nostoccolonien im Thallus der Anthoceroteen), F. Szymanski’s5) (Ueber einige para- 1) Vergl. hierzu Goebel a. a. O. II, pag. 234 ff. 2) Unters. Heft I, pag. 7. 3) Zur parasitischen Lebensweise des Nostoc lichenoides. Bot. Ztg. 1872, Nr. 5, 4) Sitz,-Ber. d.Wien, Akad.d.Wissensch, BA.LXX VII, Abth.1 (1878) pag.411--418. 5) Inaug.-Dissert. d. philos. Facult. zu Breslau 1878, 297 sitische Algen), M. Waldner’s?) (Die Entstehung der Schläuche in den Nostoccolonien bei Blasia) und endlich auf Leitgeb’s Unter- suchungen über die Lebermoose Heft I und V. Die Schleimhöhlen erleiden durch die Ansiedelung des Nostoe mehrfache Veränderungen. Die Spalte wird durch Turgescenz und Wachsthum der Schliesszellen vollkommen geschlossen, bei Notothylas dagegen bedeutend erweitert. Der Innenraum vergrössert sich nach der Einwanderung ungemein, und die ihn umgrenzenden Zellen wachsen in denselben hinein zu Papillen und später zu kürzeren oder längeren Schläuchen aus, die sich reichlich verzweigen und durch Querwände in Zellen gliedern, so dass ältere Nostoccolonien den Anschein erwecken, als sei die Höhlung von einem parenchy- matischen Gewebe erfüllt, in dessen Zwischenräumen der Nostoc lebe. So ist das bei den Anthoceroteen der Fall, ebenso bei Blasia, hier nur mit dem Unterschiede, dass sämmtliche in eine Colonie eindringende Fäden Verzweigungen eines einzigen Schlauches sind. Erfolgt keine Einwanderung des Nostoc, so werden die Höhlungen bei den Anthoceroteen im Alter flacher und schliesslich ganz un- deutlich, bei Blasia fallen die Blattohren in diesem Falle ab. Bis- weilen findet man in diesen Schleimhöhlen auch andere Organismen angesiedelt, So fand Leitgeb?) bei Notothylas häufig die ganze Höhlung mit Diatomeen angefüllt und bei Anthoceros Vicentianus beobachtete derselbe häufiger als die Nostoceolonien eine Grammato- - phora, oder, wiewohl seltener, einen uhrfederartig aufgerollten Oscillaria- Faden. In alien diesen Fällen erleidet indess die Schleimhöhle nicht jene charakteristischen Veränderungen, welche also wohl nur durch Nostoe hervorgerufen werden. Die Schleimspalten und -höhlen entstehen immer schon ganz in der Nähe des Scheitels und sind schon von Anfang an mit Schleim angefüllt. Ich habe dieselben Organe an dem schon mehrfach erwähnten Anthoceros glandulosus L. et. Ldbg. zu beobachten Gelegenheit gehabt. Sie stehen hier ebenfalls an der Unterseite des Thallus und werden schon ganz nahe am Scheitel angelegt. Ausserdem werden an den später zu erwähnenden Brutknospen bereits zwei solcher Schleimhöhlen rechts und links vom Stiel angelegt, und mehrfach habe ich gesehen, wie schon in diese ein Nostocfaden einzudringen 1) Sitz.-Ber.d, Wiener Akad. d. W- Bd. LXX VIII, 2. Heft (1878) pag. 294—300. 2) Die Nostockolonien im Thallus der Anthoceroteen a. a. O, Flora 1893, 20 298 im Begriffe war. Die Schleimspalten am Thallus erfahren hier eine sehr eigenartige Umwandlung. Während sie anfangs wulstartig etwas hervortreten, geht aus.ihnen später ein einschichtiges Gewebe hervor, welches nach aussen sich entfaltet. (Fig. 1). Leider war es mir nicht möglich, über die Form dieses Gewebes vollständig ins Reine zu kommen, ob es nämlich einzelne Lappen, oder eine ringsum zu- sammenhängende triehterförmige Erweiterung darstellt. Ein ganz anderes ebenfalls mit Schleim angefülltes Gewebe sind die Schleimzellen und Schleimschläuche, welche im Thallus mehrerer Marchantieen bisher beobachtet worden sind. Früher hielt man diese für - luftführende Intercellularräume, bis Goebel!) in seiner Arbeit: „Zur vergleichenden Anatomie der Marchantieen“ deren wahre Natur erkannte. Besonders deutlich treten diese Schleimgänge . im Thallus von Fegatella conica auf und wurden auch von Goebel an dieser Pflanze beobachtet und beschrieben. . Sie zeichnen sich vor den übrigen Zellen auf dem Querschnitt durch ihre bedeutendere Weite, auf dem Längsschnitt im jugendlichen Zustande durch ge- ringere Länge sowie durch den feinkörnigen plasmatischen Inhalt aus, während ihnen die in den angrenzenden Zellen meist reichlich vorhandene Stärke fehlt: Es sind theils einzelne Schleimzellen, theils Schleimgänge. Letztere durchziehen nach Goebel continuirlich die Mittelregion des Thallus in grösserer Anzahl; sie sind an Alkohol- material schon mit blossem Auge als weissliche Streifen bemerkbar. Sie bilden durch Querwände getrennte Längsreihen von Zellen, die schon sehr nahe am Scheitel angelegt werden; einzeln treten auch Längswände in den Zellen auf. Die Wandungen unterscheiden sich in jugendlichem Zustande in nichts von denen der übrigen Zellen, mit zunehmendem Alter werden sie stark quellbar und erfüllen schliess- lich mit Ausnahme des geringen Plasmainhaltes die ganze Zelle mit einem wasserhellen, durch Alkohol oft bräunlich werdenden Schleim, der häufig eine deutliche Schichtung zeigt. Diese Schichten lassen bei Wasserzusatz eine verschiedene Quellbarkeit erkennen. Die stärker lichtbrechenden quellen weniger rasch, am langsamsten die primäre Zellwand. In älteren Thallustheilen findet man die Schleim- gänge leer und desorganisirt. Nach dem Erscheinen der Arbeit Goebel’s hat ein Schüler Leitgeb’s, R. Prescher?), das Vorkommen einzelner Schleim- 1) Arb. d. bot. Inst, zu Würzburg .II, pag. 529 ff, 2) Die Schleimorgane der Marchantieen in Sitz.-Ber. d. Wiener Ak. d. W, Bd. LXXXVI Abtlı. 1. (1882). 299 zellen bei einer grösseren Anzahl von Marchantieen nachgewiesen und den Ausführungen Goebel’s einiges Neue hinzugefügt. Die Schleimzellen treten nach ihm sowohl im Thallus als auch in den männlichen und weiblichen Receptakeln auf (vergl. hierzu: Sachs, Lehrb. d. Bot., IV. Auflage, 8.355, Fig. B, die mit g bezeichneten Zellen), vorzugsweise im interstitienlosen Gewebe und in besonders grosser Anzahl unmittelbar unter der Luftkammerschicht. In selteneren Fällen finden sie sich auch in. der Epidermis (March. cartilaginea, M. chenopoda) und in den Scheidewänden der Luftkammerschicht (Clevea hyalina, Plagiochasma Rousselianum‘, Marchantia chenopoda). Die Schleimschläuche von Fegatella kommen ausschliesslich im inter- stitienlosen Gewebe der Mittelrippe des Thallus vor. Aus dem Ver- halten des Schleimes gegen Jod und Schwefelsäure (intensive Gelb- färbung) schliesst Prescher, dass derselbe als Pflanzengummi an- zusehen sei. Ausser bei Marchantieen ist das Vorkommen von Schleimzellen und Schleimgängen bislang nicht beobachtet worden. Sie kommen indess auch bei den Anthoceroteen vor, wo ich sie bei dem schon wiederholt genannten Anthoceros glandulosus zu studiren Gelegenheit hatte. Dieses Lebermoos, welches gleich den übrigen Anthoceroteen auf dem Querschnitt einen an der Ventralseite etwa halbkreisförmig gebogenen Thallus zeigt, ist hier von einer aus sehr kleinen regel- mässig rechteckigen Zellen zusammengesetzten Rindenschicht begrenzt. Das übrige Gewebe besteht aus grösseren, ganz gleichartigen, rund- lichen oder polyedrischen Zellen, die nach der Oberseite zu kleiner werden. Die convex ausgehöhlte Oberseite ist durch sehr unregel- mässig gestaltete, in der Richtung der Mediane verlaufende Auf- treibungen vielfach gebuchtet. Das ganze Innengewebe ist durchsetzt mit grossen Schleimhöhlen, deren Durchmeser etwa das Dreifache der übrigen Zellen misst, und zwar sind die Schleimhöhlen in so grosser Anzahl vorhanden, dass zwischen je zweien gewöhnlich nur eine einzige Zellschicht des Parenchymgewebes liegt (Fig. 1 pag. 281). Diese Schleimzellen zeigen einen farblosen, wasserhellen Schleim. Einen feinkörnigen plasmatischen Inhalt konnte ich auch in den jüngeren Schleimzellen nicht wahrnehmen, und erklärt sich wohl das daraus, dass dieselben hier, wie Fig. 12 zeigt, intercellular entstehen. Diese Figur stellt einen Längsschnitt durch den Scheitel dar, welcher ausser einigen schon ziemlich weit entwickelten Schleimräumen zwei ganz junge erkennen lässt. Ferner zeigt Fig. 13 eine in unmittelbarer Nähe des Scheitels befindliche, schon ziemlich grosse Schleimhöhle, 20* 300 die sich über den Rand hervorwölbt, Die an dieser Pflanze beobach- teten Brutknospen werde ich noch an anderer Stelle besprechen, erwähnen will ich hier nur, dass auch diese in ihrem Innenraum bereits einen grossen intercellular entstan- denen Schleimbehälter bergen (vergl. Fig. 9, Tab.). Es wurde schon Anfangs erwähnt, dass bei einigen Lebermoosen die Ausbildung eines Gewebes vorkommt, welches dazu bestimmt erscheint, dem Thallus eine grössere Festig- keit zu verleihen. Fig. 12. Längsschnitt durch So wurde in der vorhin citirten Arbeit den Thallus von Anthoceros (Zur vergleichenden Anatomie der Marchan- ne 20071.) tieen) von Goebel das Vorkommen von stark verdickten Zellen bei Preissia commutata nachgewiesen. Diese finden sich im chlorophylifreien Gewebe der diekeren Mittelparthie über den ganzen Querschnitt zerstreut. Man findet hier einzelne, zuweilen auch zwei, selten drei nebeneinander liegende Zellen, deren Wände auffallend stark ver-. dickt, tief gebräunt und ohne Tüpfel sind, während ihr Lumen sehr gering ist. Sie stellen meist lang- gestreckte, an den Enden zugespitzte Zellen dar, die höhle am Rande nach Art der Bastzellen aneinanderschliessende Faser- des Thallus von Züge bilden, welche den Thallus in der Längslinie Anthoceros glan- Continuirlich durchsetzen. Der Inhalt besteht nach dulosus (die pınk- Goebel in einem feinkörnigen Plasmabelag, während tirte Linie ist der die in den Parenchymzellen sonst reichlich vorhan- Seheitel). (200/1.) dene Stärke in ihnen niemals vorkommt. _ Bekannt ist auch das Vorhandensein eines centralen Stranges im Thallus von Blyttia, Umbraculum und Symphyogyna. Bei einer ausländischen Blyttia, welche mir zur Verfügung stand, setzte sich dieser Strang aus langgestreckten, bastfaserartig zusammen- schliessenden Zellen von starker Wandverdiekung, aber geringem Lumen zusammen. Auch hier habe ich in denselben Stärke nicht beobachtet. Bei sehr starker Vergrösserung bemerkt man in den Wandungen der Zellen des Stranges kleine längliche Tüpfel, welche eine spiralige Anordnung erkennen lassen. Diese Tüpfel dürften auch in andern (vielleicht allen) Biyttia-Species vorhanden sein, da sie schon früher von Herrn Prof. Goebel bemerkt, meines Wissens aber noch nicht von anderer Seite in der Litteratur erwähnt sind. Fig. 13. Schleim- 301 Einer Ausbildung des Zellgewebes, welche ebenfalls der Festigung des Thallus dient, begegnen wir bei dem von Herrn Dr. Karsten, Amboina, gesammelten Physiotium majus. Dieses Lebermoos er- reicht eine ungemein grosse Längenentwickelung, es wird etwa 2 dm lang. Der auf dem Querschnitt fast kreisrunde Stamm besteht aus Zellen, deren Wände stark verdickt sind. Die äusseren Zellschichten sind besonders an älteren Thallustheilen tief gebräunt. Mehr in der Nähe des Scheitels sind die inneren Zellwände nur an den Ecken stark verdickt und stehen mit den Nachbarzellen durch verhältniss- mässig grosse Tüpfel in Verbindung. Desgleichen zeigen die Zellen der Blätter in den Ecken starke Verdickung. Bei Zusatz von Kali- lauge werden die Zeilwände intensiv gelb gefärbt, während sie mit Chlorzinkjod keine Blaufärbung geben. Diese Reaction tritt erst ein, wenn man die in Kalilauge liegenden Schnitte längere Zeit erwärmt. Dann verschwindet allmählich die Gelbfärbung, und jetzt gibt Chlor- zinkjod eine deutliche Cellulosereaction. Es muss also der Zellmembran ein Stoff eingelagert sein, welcher das Eintreten der Cellulosereaetion verhindert. Da die Schnitte nach dem Einlegen in eine Lösung von Eisensulfat nach längerem Stehen an der Luft eine intensiv blau- schwarze Färbung annehmen, so ist jedenfalls ein Gerbstoff in reich- licher Menge eingelagert, und da auch dieser mit Kalilauge Gelb- färbung hervorrufen kann, so ist es möglich, dass derselbe der fragliche Körper ist. Es bleibe aber dahingestellt, ob nicht neben einem Gerbstoff noch ein anderer Körper in der Zellenmembran vorhanden ist. Reactionen auf verholzte oder verkorkte Membranen ergaben negative Resultate. Ausser bei dem genannten Physiotium beobachtete ich eine ‘ähnliche Verdickung der Zellmembran noch bei Frullania dilatata N. ab Es. und Mastigobryum tribolatum N. ab Es. Auch hier trat auf Zusatz von Kalilauge intensive Gelbfärbung ein und ver- hielt sich die Membran chemisch genau so, wie soeben für Physiotium angegeben wurde. Die Einlagerung von Gerbstoff scheint demgemäss nicht so selten bei den Lebermoosen vorzukommen und dürfte auch noch bei anderen nachzuweisen sein. Die Vermehrung der Lebermoose auf ungeschlechtlichem Wege findet in sehr ausgedehntem Maasse statt. Es ist wohl nicht zweifel- haft, dass ein jedes Lebermoos die Fähigkeit besitzt, sich ungeschlecht- lich fortzupflanzen, und geschehe dies auch nur in der allereinfachsten Weise dadurch, dass durch Absterben des Thallus von hinten her die seitlichen Auszweigungen von einander getrennt werden und gesondert in derselben Weise, wie der Mutterspross, ihr vegetatives Leben fort- 302 zusetzen befähigt sind, oder dadurch, dass beliebige nicht näher diffe- renzirte Thallustheile, oder gar einzelne Zellen sich zu einem neuen Pflänzchen auszubilden vermögen. Bei den meisten Lebermoosen fin- den wir indess besondere Organe angelegt, welche eigens zum Zweck der ungeschlechtlichen Fortpflanzung gebildet erscheinen und entweder direct oder nach einer Ruhepause ein der Mutterpflanze gleiches In- dividuum zu erzeugen imstande sind. Als solche Bildungen kommen einerseits die Adventivsprosse, andererseits die Brutknospen in Betracht. Unter Adventivsprossen versteht man im Gegensatz zu den durch Endverzweigung entstehenden seitlichen Auszweigungen der Leber- moose solche, die interealar sich bilden, d. h, aus Zellen älterer Ge- webepartien vom Scheitel entfernt. Diese Sprosse werden entweder in streng akropetaler Reihenfolge oder an morphologisch nicht näher bestimmten Punkten angelegt. Sie. können ebensowohl exogen als endogen entstehen, ohne dass sich ein durchgreifender Unterschied in der Function derselben nachweisen liesse. In den weitaus meisten Fällen nehmen die Adventiväste ihren Ursprung aus Zellen der Ven- tralseite und tragen dann nicht selten die Geschlechtsorgane der Pflanze. Häufig aber entspringen sie auch aus Zellen des Laubrandes und besitzen dann meist den Charakter von wahren Adventivästen, wiewohl auch die erstere Art solche darstellen kann. Weit seltener ist das Entstehen von intercalaren Auszweigungen aus Zellen der Dorsalseite. Die Bildung von Adventivsprossen der einen oder anderen Art ist bei sehr vielen Lebermoosen beobachtet worden. So wurde bei Pellia bereits von Hofmeister die Bildung von Adventivsprossen aus einzelnen oberflächlichen Zellen der Dorsalseite erwähnt. Nach Leitgeb!) entspringen diese Sprosse nicht nur aus der Mittelrippe, sondern auch aus der einschichtigen Laubfläche und an der Ventral- seite. Ebenso findet man bei fast allen übrigen frondosen Junger- mannieen solche Adventiväste häufig. Ich erinnere nur an Symphyo- gyna, Blyttia, Umbraculum, Podomitrium, bei welch letzteren drei der Charakter als Adventivsprosse noch dadurch besonders deutlich her- vortritt, dass der Mittelnerv derselben mit dem der Muttersprosse nicht in Verbindung steht, ferner auch an Androcryphia und Petalo- phyllum. Viele foliose Jungermannieen (Lophocolea etc.) können aus den Blattflächen direct neue Pflänzchen entwickeln. 1) a, a. O. III, pag. 55, 303 - Dessgleichen vermehren sich auch sämmtliche Riceieen sehr häufig durch Adventivsprosse, welche an der Ventralseite in der Nähe der Mediane entspringen. Ebenso beobachtete Leitgeb) bei Sphaero- carpus die Bildung zahlreicher Adventiväste aus Zellen der einschich- tigen Laubfläche und denen der Mittelrippe, welche ebenso, wie die keimenden Sporen, sehr bald zur Bildung von Geschlechtsorganen übergehen. Die Sprosse entwickeln sich, wie Leitgeb nachweist, aus einer Zelle, die zu einem cylindrischen Fortsatz auswächst, dessen Spitze allmählich sich verbreitert und flächenartig wird. Auch bei den Marchantieen begegnen wir, wie wohl seltener, diesen einfachen Adventivästen. Ich beobachtete das Vorkommen derselben bei dem schon mehrfach erwähnten Cyathodium. Sie gehen hier aus einzelnen Zellen der Ventralseite nahe dem Rande hervor, entwickeln sich zu ziemlich bedeutenden Zellgebilden und werden wohl durch Absterben der hinteren Thallustheile frei. Eine sehr ausgiebige Entwiekelung von Adventivsprossen finden wir bei Metzgeria. Diese Pflanze zeigt ausser den theils exogen theils endogen entspringenden Auszweigungen solche, die sich aus Rand- zellen der Laubachse entwickeln, und zwar, da eine jede Randzelle zur Bildung eines Adventivsprosses befähigt ist, oft in so reichem Maasse, dass der Laubrand durch die zahlreichen an ihm haftenden Sprosse wie gefranst erscheint. Da diese Adventiväste nur sehr lose mit dem Muttersprosse in Verbindung stehen, so lösen sie sich sehr bald ab, um selbständig zu einem neuen Pflänzchen heranzuwachsen. Eine ganz ähnliche Vermehrungsart fand Leitgeb?) bei Blasia pusilla, wo die betreffenden Sprosse indess zunächst der Mittellinie an der Ventralseite entspringen, sich aber auch hier leicht vom Trag- sprosse ablösen und so als Vermehrungsorgane dienen. Diese Gebilde bei Metzgeria und Bilasia stellen einen gewissen Uebergang dar von den Adventivsprossen zu den einfacheren Formen der Brutknospen. Die einzelnen Zellen, aus denen sie hervorgehen, welche zu vielzelligen Zellflächen am Thallus auswachsen und sich leicht von demselben loslösen, finden ihr Analogon in den Brutknospen, welchen wir bei.verschiedenen Radula-Arten und anderen Lebermoosen begegnen. Auch diese Sprosse gehen aus einzelnen Zellen hervor, welche noch im Zusammenhang mit dem Thallus ihre ersten Keimungs- stadien durchmachen. 1) a. a. O. Heft IV, pag. 64 u. 74. 2) a. a. O0. I, pag. 34,. 304 Seit lange bekannt sind diese Brutknospen bei Radula compla- nata. Ganz ähnlich ausgebildete beschreibt Goebel!) bei mehreren javanischen Radula- und Lejeunia-Arten (auch bei der europäischen L. minutissima und inconspieua). Bei den a. a. O. erwähnten Radula- Arten gehen sie ebenfalls aus Zellen des Laubrandes, bei den Le- jeunien und auch bei Radula Hedingeri aus denen der Blattfläche hervor. Diese Zellscheiben sitzen auf einem kurzen einzelligen Stiel, auf dem sie bei den Lejeunien parallel zur Blattfläche, bei den Radula- Arten senkrecht dazu orientirt sind. Die fertigen Brutknospen haben nahezu kreisförmigen oder elliptischen Umriss, besitzen bei den Le- jeunien an jedem der beiden Enden eine zweischneidige Scheitelzelle und können auch noch nach dem Abfallen von der Mutterpflanze weitere Zelltheilungen erleiden. Die Keimung dieser Gebilde ist von Goebel.a. a. O. beschrieben worden. Bemerkensworth ist bei den- selben noch das Auswachsen einzelner Zellen zu am Ende lappig ver- zweigten Haftorganen. Eine etwas complieirtere Art der Anlage ähnlicher Brutknospen beobachtete ich bei einer von Herrn Dr. Lagerheim in Quito ge- sammelten Metzgeria (n. sp.). Dieses Pflänzchen wächst an Bäumen. Aus der Dorsalseite der Mittelrippe entspringen stielrunde Aeste, welche vom Thallus senkrecht aufsteigen. Aus den Oberflächenzellen dieser Aostehen gehen rund herum zahlreiche Brutknospen hervor, welche, wie die Fig. 5, Tab. zeigt, an einer einzelnen Zelle festsitzen und im ausgebildeten Zustande flach scheibenförmige Zellgebilde dar- stellen, die am untern festsitzenden Ende spitz, nach oben hin breiter sind, so dass sie einen annähernd eiförmigen Umriss haben. Die ganze Oberfläche der Stielchen ist übersät mit Brutknospen, die wegen ihres ungemein losen Zusammenhanges mit dem Muttersprosse sehr leicht abbrechen. Während — wie gesagt — bei den Riccieen eine Vermehrung durch Adventivsprosse häufig stattfindet, sind bei ihnen bislang keine eigentlichen Brutknospen aufgefunden worden. Dass die bei Sphaero- carpus von Bischoff?) als „dunkelgrüne Kügelchen“ beschriebenen Brutkörnerhäufehen, die zwischen den Früchten in der Laubsubstanz sich vorfinden, und welche derselbe Verfasser später?) für die männ- lichen Organe hält, keine Brutkörner sind, wurde von Leitgeb%) 1) Morphol. u. biol. Studien, Annales du jardin botanique de Buitenzorg, Vol. VIT. 2) Nova Acta L. C. Vol. XIII, P. II, pag. 834. 3) a. a. O. Vol. XVII, P. IE, pag. 931. 4) a. a. O. Heft IV, pag.' 64, Anm, 3, Ä 305 schon angegeben. Dieser ‘erklärt sie für die in der Laubsubstanz zurückgebliebenen ‚knopfförmigen Anschwellungen des Sporogonstieles. Die von Nees v. Esenback!) erwähnten, „im Innern der Zellen sich bildenden Keimknötchen oder Brutkörnchenconglomerate, die auch bei den Marchantieen‘ und Anthoceroteen nieht selten vorhanden seien“, dürften sich wohl; als Nostoecolonien deuten lassen. Nach Reinsch?) soll auch in ‚Riceia-Species eine Chroocoecaceengattung in ähnlicher Weise wie Nostoe in Anthoceros leben. Während Lindenberg angibt, dass einige Arten sich durch „Wurzelsprossen“ vermehren können, gelang es Leitgeb,.nicht, der- artige Bildungen aufzufinden, und dieser erklärt die für Riccia pur- purascens abgebildeten, ringsum mit Rhizoiden besetzten eylindrischen Zellkörper für Adventivsprosse. Dagegen wurde von Fellner be- obachtet, dass sich an der Spitze von Rhizoiden Pflänzchen entwickeln können. Die Erscheinung ‚stimmt möglicher Weise mit einer anderen von der Synopsis Hepaticarım erwähnten überein, nämlich der Bildung von Knollen, die die Synopsis bei Anthoceros tuberosus, Petalophyllum Preissii, Riccia vesicata und Riceia tuberosa anführt. Diese Knollen sind/bisher einer Untersuchung nicht unterzogen worden und ausser den kurzen Bemerkungen in der Synopsis werden sie in der-Pitteratur nirgend erwähnt. Leider sind die genannten Pfiä im hiesigen kgl. Herbar nicht vorhanden und meine Bitte, einiges Ma- terial zur Untersuchung aus dem in Berlin befindlichen Herbarium Gottsche’s zu erhalten, wurde mir abschlägig beschieden. Es lag mir nun eine von Herrn Pro- fessor Goebel in Tovar gesammelte Fos- sombronia (n. sp.) vor, welche ebenfalls Knollen bildete. Diese Pflanze zeigte die Eigenthümlichkeit, dass die Sprossspitze nicht — wie das bei den anderen Fossom- bronien häufig ist — nach oben, sondern im rechten Winkel nach dem Boden zu sich richtete. Wie auf Schnitten sehr schön zu sehen war, wuchs die Spitze mit deutlicher ziemlich grosser Scheitelzelle (Fig. 14). Die an der stielrunden Mittelrippe schräg inserirten, unter- schlächtigen, einschichtigen Laubblätter wurden nach der Spitze zu Fig. 14. (115/1.) 1) Naturgesch. der Lebermoose Bd. IV, pag. 354. 2) Linn. Soc. Journ. Bot. vol. XVI Contributiones ad floram Algarum aquae duleis promontgrij bonae spei, 306 Ä \ immer rudimentärer. An dem abwärts wachsenden Ende beobachtete man hin und wieder ein auf der Mittelrippe frei stehendes Arche- gonium, einmal sah ich auch ganz nahe dem Scheitel ein Antheridium angelegt. Der in den Erdboden eindringönde Scheitel verdickt sich hier knollenartig und füllt sich mit reichlichem Inhalt von Reserve- stoffen. Leider fand ich zwischen dem mir zur Verfügung stehenden Materiale nur schr wenige ausgebildete Knollen, sodass ich über die Natur dieser Reservestoffe nur so viel sagen kann, dass jedenfalls Stärke in Menge aufgespeichert ist. Nach einer gütigen mündlichen Mittheilung des Herrn Professor Goebel hatten mehrere von ihm beobachtete Knollen dieser Pflanze durch seitliche Sprossung zu jungen Pflänzchen sich entwickelt, während mir diese Beobachtung an meinem Material leider nicht glückte. Dagegen gelang es mir einige Male eine deutliche Segmentirung und das Vorhandensein einer Scheitel- zelle seitlich an diesen Knollen wahrzunehmen. Ich habe einen ab- wärts wachsenden Spross, der bereits die Länge von 3mm erreicht hatte, aber noch keine knollige Anschwellung zeigt, in Fig. 6 Tab. abgebildet. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dus die in der Synopsis angeführten Knollen bei Lebermoosen den soeß@mAehandelten völlig gleichwerthige Gebilde sind, dass sie auch mit Reservagtoffen an- gefüllte Vermehrungsorgane darstellen. Die Thatsache, dass“ diese Knollen nur bei tropischen Lebermoosen gefunden wurden — die vier Pflanzen der Synopis stammen sämmtlich aus Neuholland — lässt den Schluss als berechtigt erscheinen, dass die Propagation durch Knollenbildung hier eine periodischer Austrocknung gegenüber zweck- mässige Anpassungserscheinung ist. Während nun die oben erwähnten Brutknospen alle die Eigen- thümlichkeit zeigen, dass sie noch im Zusammenhang mit der Mutter- pflanze eine Ausbildung in mehr oder minder entwickelte Zellflächen durchmachen, begegnen. wir bei anderen Lebermoosen der Bildung von ein- oder zweizelligen Brutkörnchen, welche erst nach Loslösung vom Muttersprosse unter günstigen Bedingungen zu neuen Pflänzchen sich zu entwickeln vermögen, indem sie nach Art der keimenden Sporen auswachsen. Ein besonderes Interesse beanspruchen hier die Brutkörnchen, welche wir bei mehreren Aneura-Arten antreffen. Die endogene Entstehung innerhalb der Oberhautzellen erinnert noch mehr an die Schwärmsporenbildung mancher Algen. Von Leitgeb?) freilich wird 1) a. a. O., III, pag. 43, a 307 der Vorgang ihrer Bildung anders dargestellt und behauptet, dass sie nicht innerhalb der Obgrhautzellen entstehen, sondern dass „Zellen des Randes und ebenso Ger Oberfläche der Dorsalseite des Laubes aus ihrem Verbande sich joslösen, abrunden und nun zweigetheilt werden“. Dieser Ansicht ist Goebel!) bereits früher entgegenge- treten, und durch meine Tjntersuchungen an der schon anfangs er- wähnten von Herrn Proßggsor Goebel in Tovar gesammelten Aneura (n. sp.) finde ich dessg, Beschreibung vollkommen bestätigt. Bei-dieseitPflänzchen beobachtet man auf der Oberfläche des Laubes eine ungemein reiche Brutzellenbildung, und zwar liegt an jüngeren Thallustheilen innerhalb fast jeder Oberflächenzelle ein im ausgebildeten Zustande kugelig sphäroidales Brutkörnchen, das mit einer ziemlich derben Membran umgeben und durch eine Querwand getheilt ist. Dasselbe schlüpft nach Sprengung der Oberhaut der Mutterzelle wohl infolge der Quellung der inneren Schichten heraus, und man sieht daher die Oberflächenzellen auf Schnitten vielfach leer, : mit durchbrochener Oberhaut, sonst aber intacten Wänden. .An den weiter nach dem Scheitel zu gelegenen Stellen erkennt man unschwer die zu Reihen angeordneten Zellen, welche in der Brutkörnchen- entwickelung begriffen sind, an ihrem plasmareichen Inhalt. Ich habe in Fig. 7 Tab. einen Theil des Thallus in Oberflächenansicht darge- stellt, welcher die überaus reiche Brutkörnchenentwickelung vor Augen zu führen geeignet ist; Fig. 15 zeigt ein eben im Ausschlüpfen be- griffenes Brutkörnchen. Diese haben eine mitt- lere Länge von 0,03 mm, ihr Inhalt besteht aus einem körnigen Proto- plasma. ZN Ein- oder zweizellige Brutknospen finden wir Fig. 15. (Vergr.: Zeiss, Comp. Ocul. 12; Apochr. ferner häufig bei den Object. Hom. Imm.: Num. Ap. 1,30, Acquiv. Brennw. 3,0. Tubuslänge 170 mm). foliosen Jungermannieen, wo sie immer aus Randzellen der Blätter und vorzüglich aus den Blattspitzen entspringen. Dieselben theilen sich durch hefeartige Sprossung oder in der Weise, dass im Innern der als Brutknospe aus- gebildeten Zelle eine Querwand entsteht, und an dieser Stelle dann eine Einschnürung stattfindet, sodass aus dem einen zwei Brutkörnchen 1) Die Museineen, in Schenk’s Handb. d, Bot., Bd. II, pag. 337. 308 hervorgehen. Beide Theilungsweisen können gleichzeitig nebeneinander hergehen. In vielen Fällen sieht man die Randzellen oder auch Flächenzellen zunächst zu zwei- oder miehrgliedrigen Haaren aus- wachsen, die dann an der Spitze die Keimkörner hervorbringen. Bau und Entwickelung dieser Brutkörnchen bei den foliosen Jungermannieen ist von Berggren!) in einer Arbeit: „B Beobachtungen über die un- geschlechtliche Fortpflanzung der Moose ud. mit‘ diesen analogen Bildungen* genau beschrieben worden, welche Beobachtungen E. V. Eckstrand?) später einige neue hinzufügte. Die Tllunf-derselben bei Jungermannia (Scapania) undulata wurde von Reinsch?) ein- gehend studirt und behandelt. An dieser Pflanze bilden sie (nach Reinsch) an der Spitze eine Art Knospe. Die einzelnen Körnchen haben elliptische Form von durchschnittlich 5p. Länge und 2/e Breite. Aehnlich wie hier findet man sie bei Scapania nemorosa, Jungermannia bicuspidata, Calypogeia Trichomanis u. v.a. In anderen Fällen haben die Brutkörnchen eine eckige Form mit vorspringenden Ecken, deren Wand verdickt ist. So beobachtete ich sie bei einer einheimischen (nicht näher bestimmten) 'Jungermannia, wo sie eben- falls an den Blattspitzen zu einer Art Knospe angehäuft standen (Tab., Fig. 8). Die einzelnen Brutkörnchen haften mit den verdickten Wänden reihenweise aneinander. Legt man Blätter, welche reife Brutknospen tragen, zunächst in Alkohol oder Glyerin und fügt dann, indem man unter dem Mikroskop beobachtet, Wasser zu, so werden die einzelnen Brutkörnchen oft ruckweise abgetrennt. Offenbar erfolgt das Abwerfen durch Quellung der zwischen je zwei Brutkörnchen “befindlichen Membranen. In der Regel tritt die Brutkörnchenbildung nur an sterilen Sprossen auf, doch beobachtete Leitgeb solche bei Scapania nemorosa auch an den Blattspitzen in männlichen Blüthenständen, und ebenso fand N. v. Esenbeck®) Jungermannia Sphagni zugleich mit Früchten und Keimkörnern. Das letztere war auch bei der von mir untersuchten Pflanze der Fall. Als eine höher stehende Entwickelung von Brutknospen, als die bisher behandelten, dürfen wir diejenigen Formen ansehen, welche aus keuligen Papillen hervorgehen und sich aus diesen zu meist viel- zelligen, vielfach auch schon weit differenzirten Zellgebilden entwickeln. 1) Lund’s Ärsskrift, 1865. 2) Botaniska Notiser af Nordstedt 1879, No. 2. 3) Linnaea Bd. XXIX, pag. 664 ff. 4) Naturgesch. d. Lebermoose I, pag. 205. 309 Die Entwickelung bleibt aber auf einem ganz bestimmten Stadium, dem der fertigen Brutknospe, stehen, und erst nach ihrer Ablösung vom Muttersprosse vermögen sich dieselben unter günstigen Beding- ungen zu einer neuen Pflanze herauszubilden. Bei den höchst ent- wickelten Formen dieser Art finden wir bereits eine oder zwei Scheitelzellen angelegt, welche die Stellen bezeichnen, von welchen aus die Keimung erfolgt. Ein Unterschied von Ober- und Unterseite ist bei ihnen noch nicht ausgeprägt und hängt die Bestimmung hier- über, wie durch Experiment nachgewiesen ist, lediglich vom Einfluss des Lichtes ab. Naturgemäss finden wir auch hier Vebergangsstufen von den früher besprochenen zu diesen. So beobachtete Leitgeb!) bei mehreren foliosen Jungermannieen, bei welchen ebenso wie bei Metzgeria endogen und exogen abzweigende Adventivsprosse häufig sind, dass „an ältern Sprossen mit reichlicher Astbildung da und dort Zellen (oft zu vier und mehr in einer Längsreihe neben einander) zu weiten Schläuchen auswuchsen, die antihrer Spitze eine Knospe ent- wickelt hatten. Bei Jungermannia bicuspidata entsprangen diese Schläuche meistens aus Zellen ventraler Segmente, seltener aus seiten- ständigen, während bei Lophocolea bidentata diese Sprosse mit oder ohne Schlauch aus Randzellen alter Blätter hervorgingen. (Leitgeb erinnert hier an die Aehnlichkeit dieser Sprossbildung mit der von ihm bei Fissidens?). beschriebenen.) Bei den Anthoceroteen sind bislang nur sehr vereinzelt Brut- knospen beobachtet worden, sie kommen indess auch hier vor. Nees v. Esenbeck?°) betont freilich, dass Brutkörnerbildung fehle, auch scheine kein Sprossen aus den Enden und keine selbständige äussere Keimknospenentwickelung stattzufinden. . Er erwähnt nur bei Antho- cerog dichotomus starke, ein wenig zusammengedrückte, kahle, am Ende oft etwas verdiekte und dann wieder in eine Spitze auslaufende „nackte Wurzelsprosse*, in deren Anschwellung Raddi ein weisses, fast kugelrundes Körperchen fand, das er für eine Keimknospe hält. Leitgeb*) fand bei einigen Dendroceros-Arten eine Vermehrung durch Brutknospen. Bei Dendroceros cichoraceus und D. javanicus sah er einzelne Zellen der einschichtigen Lamina zu einem Zellkörper umgewandelt. 1) a. a. O. II, pag. 88. 2) Sitz.-Ber. d. Wiener Ak. d. W. Bd. LXIX, Abth. 1. 3) a. a. O. III, pag. 321. 4) a. a. 0. V, pag. 39. 310 Ich hatte nun Gelegenheit die Anlage von eigenartigen Brut- knospen bei dem schon wiederholt erwähnten Anthoceros glandulosus zu beobachten. An dieser Pflanze entstehen seitlich am Rande und immer nicht weit vom Scheitel entfernt aus oberflächlich gelegenen Zellen des Laubrandes zuerst keulig angeschwollene Papillen, welche sich bald durch eine Querwand theilen. Die untere Zelle theilt sich später noch mehrfach quer, auch tritt bisweilen eine Längswand auf, und wächst so zu dem die Brutknospe tragenden Stiel heran, der im ausgewachsenen Zustande etwa dieselbe Länge erreicht wie die Brut- knospe. Die obere abgerundcete Zelle der Papille schwillt knopfförmig an und theilt sich dabei durch eine Längswand und mehrere Quer- wände. Die Längswand spaltet sich schon in sehr jugendlichem Zu- stande und es erscheint hier der schon erwähnte mit Schleim erfüllte Intercellularraum, welcher sich mehr und mehr erweitert und an der erwachsenen Brutknospe eine grosse kugelförmige Schleimhöhle dar- stell. Die ihn umgebenden Zellen theilen sich noch mehrfach, auch in Längsrichtung. Zwischen der ersten und zweiten Zelle links und rechts vom Stiel treten sehr bald zwei Intercellularräume auf, welche die schon erwähnten ebenfalls mit Schleim erfüllten Wohnungen des Nostoc darstellen, Die genannten Zellen schwellen an, krümmen sich und bilden so die Schliesszellen für die nach aussen mündenden Schleimspalten. Im ausgewachsenen Zustande bilden diese Brutknospen nahezu runde Körperchen von etwa ®/ımm Durchmesser, an denen auf der einen Seite die Schliesszellen der beiden Schleimhöhlen sich wulstartig erheben. Fig. 9e Tab. stellt eine derartige Brutknospe dar, a, b, ce und d sind jüngere Entwickelungsstadien derselben. Bei Blasia wurde heben der Vermehrung durch Adventivsprosse schon von verschiedenen Forschern eine solche durch Brutknospen beobachtet und beschrieben. Leitgeb') hat diese Organe einer sehr eingehenden Untersuchung unterzogen und gelangt dabei zu folgen- den Resultaten, Er unterscheidet bei Blasia zwei verschiedene Arten von Brut- knospen. Die einen, welche er als Brutschuppen oder externe Brut- knospen bezeichnet, finden sich an Sprossen jeglicher Art, besonders aber an solchen, die weder Geschlechtsorgane noch Brutknospenbehälter tragen, sehr zahlreich auch am Vorderrande des Sprosses der weib- lichen Pflanze. Sie wurden von Schmiedel und später von Nees v. Esenbeck für die ersten Entwickelungsstadien der sogleich zu 1) a. a. O. I, pag. 59 ff. 311 beschreibenden Gemmen gehalten. Sie entstehen aus keulenförmigen Papillen, die nach. vorne über die Lauboberfläche geneigt sind. Die Entwickelung dieser Brutschuppen ist von Leitgeb') sehr ausführ- lich beschrieben worden und kann ich hier auf dessen Schilderung ‘und Zeichnungen verweisen. Die zweite Art von Brutknospen, die Gemmen, stehen untermischt mit einer grossen Zahl keulenförmiger, Schleim absondernder Haar- papillen am Grunde der flaschenförmigen Brutknospenbehälter, welche auf der Rückenseite und am Vorderende flacher Sprosse sich finden. Auch trifft man diese Brutknospenbehälter fast ausnahmslos an der Spitze jedes Antheridien tragenden Sprosses, dagegen höchst selten mit Archegonien an demselben Individuum. An weiblichen Pflanzen mit zahlreichen Archegonien, aber ohne Fruchtanlage, wurden von Leitgeb Anfänge der Bildung von Gemmenbehältern in der Vege- tationsspitze beobachtet. . Der Bau dieser Gebilde wurde schon von Schmiedel und später von Nees v. Esenbeck beschrieben. Die von Hofmeister?) studirte Entwickelung wurde von Leitgelb?°) anders gefunden und von ihm sehr detaillirt geschildert. Die Gemmen entstehen ebenfalls aus keuligen Papillen, sind von polyödrischer Form und besitzen einen Stiel, der im ausgewachsenen Zustande oft doppelt so lang ist, als die Gemme selbst. Ganz analoge Bildungen wie die flaschenförmigen Brutknospen- behälter bei Blasia sind die bei Marchantia breit becherförmigen, bei Lunularia nach vorne offenen halbmondförmigen Gewebeauswüchse an der Oberseite des Thallus, Dieselben sind hinreichend bekannt, ebenso die aus dem Grunde derselben entspringenden Brutknospen, welche sich aus Haarpapillen entwickeln und im ausgewachsenen Zustande linsenförmige, auf einem Stiele aufsitzende Zellkörper dar- stellen mit zwei Binbuchtungen links und rechts am Rande, welche die Stellen bezeichnen, an denen die Brutknospen zu keimen beginnen. Die Zeichnungen wurden mit einer Zeiss’schen Camera lucida angefertigt. Die vorliegenden Untersuchungen wurden auf Veranlassung und unter Leitung des Herrn Professor Dr. K. Goebel im hiesigen pflanzenphysiologischen Jnstitut ausgeführt. Es ist mir eine angenehme 1) a. a. O. I, pag. 65, 2) Naturgesch. d. Leberm. III, pag. 395. 3) a. a. O. I, pag. 60. 312 Pflicht, diesem, meinem hochverehrten Lehrer, auch an dieser Stelle für die vielfache Unterstützung und Anregung, sowie für die gütige Ueberlassung des grösstentheils von ihm selbst auf seinen Forschungs- reisen gesammelten Materials meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen. Figuren-Erklärung. Fig. 1 und 2. Monocles Forsteri, Habitusbilder der männlichen Pflanze (nat. Gr.) Fig. 3. Längsschnitt durch einen Antheridienstand von Monoclea Forsteri (8/1). Fig. 4 Ein ziemlich weit entwickeltes Antheridium von Monoclea im Innern der Kammer, deren Wand mit Schleimhaaren besetzt ist. (115/1). Fig. 5. Brutknospenbildung bei einer Metzgeria (n. sp) aus Quito. (115/1). Fig. 6. Abwärts wachsender Spross einer Fossombronia (n. sp.) aus Tovar (15/1). vgl. Fig. 15 im Text. Fig. 7. Brutknospenbildung auf der Oberfläche des Thallus einer Aneura (n. sp.) aus Tovar (115/1). Fig. 8. Blattzipfel einer Jungermannia mit Brutknospen (200/1). Fig. 9. Brutknospe von Anthoceros glandulosus; a bis d jüngere Entwickelungs- stadien (400/1), Ueber den Einfluss von Torsionen und Biegungen auf das Diekenwachsthum einiger Lianenstämme. Von H. Schenck. (Mit einer Doppeltafel.) Die oft eigenthümlichen Strukturen, welche bei dem Dicken- wachsthum und der Holzdifferenzirung der Lianenstämme zur Aus- prägung kommen, zielen mehr oder weniger auf eine Erhöhung der Biegungs- und Torsionsfähigkeit hin. Die Mittel und Wege zur Er- reichung dieses Zieles sind bei den einzelnen Typen sehr verschieden, zeigen aber das gemeinsame Bestreben, die festen Elemente des Holzes ih Form von Strängen oder Platten einzubetten in reichlich entwickeltes weiches Gewebe (dünnwandiges unverholztes Parenchym und Sieb- zonen), Es erhebt sich nun die Frage, in welcher Weise und bis zu welchem Grade stärkere Biegungen und Torsionen, die ja in der Natur häufig genug durch Brechen der Stützen, Herabrutschen der Lianenstämme, Bewegung der Aeste bei starken Windstössen u. s. w. eintreten, von den einzelnen Stammtypen vertragen werden. In vielen Fällen wird eine Erhöhung der Biegungs- und Torsions- fähigkeit vermittelt durch Anomalien des Diekenwachsthums, wie suc- cessive Neubildung von holz- und bastbildenden Cambien ausserhalb des. ursprünglichen normalen Cambiums, oder mehr oder weniger tief- gehende Furchenbildung am Holzkörper oder nachträgliche Zerklüftung des ursprünglich geschlossenen Holzkörpers. Diese Anomalien können nun an dem einen Stamm oder Individuum eher auftreten und späterhin sich stärker ausprägen, als in dem anderen, wofür ich manche Bei- spiele in dem speciellen Theil meiner Lianenanatomie'!) angeführt habe. 1) Beiträge zur Anatomie der Lianen. Heft 5 von Schimper’s botanischen Mittheilungen aus den Tropen. Jena 1893. Flora 1893, 21 . 314 Erwähnt seien hier von diesen als besonders auffallend nur Thinouia mucronata Radik. (8. 83, Taf. III, Fig. 29a—d), bei welcher die peri- pherischen Holzstränge bald früher bald später zum Vorschein kommen, und Serjania ‚piscatoria Radlk. (8. 100, Taf. V, Fig. 5la, 52b, 53) mit sehr wechselndem Querschnittsbild je nach früherer oder späterer, schwächerer oder stärkerer Zerklüftung des Hauptholzkörpers. Diese Verschiedenheiten der einzelnen Langtriebe führen zu der Frage, ob der Eintritt und das weitere Verhalten der Anomalien, welche an und für sich den Eindruck von autonomen Wachsthumserscheinungen machen, bis zu einem Grade nicht auch von äusseren Factoren be- einflusst werden kann, ob nicht stärkere Torsionen und Biegungen an noch normalen jüngeren Stämmen diese Bildungen beschleunigen können. Diesbezügliche Versuche, die sich über mehrere Jahre er- strecken müssen, lassen sich mit Aussicht auf guten Erfolg nur in den Tropen anstellen, wo reichliches und sehr verschiedenartiges Material zur Verfügung steht. In unserem Klima überdauern nur wenige holzige Lianenarten den Winter und können zu dieken Stämmen heranwachsen. Von Lianen mit successiven Holzbastzonen wird im Freien nur Wistaria chinensis eultivirt, in den Treibhäusern auch Ehynchosia phaseoloides DO., dem Aristolochia-Typus folgen A. tomen- tosa und A. sipho, Clematis Vitalba, Menispermum canadense, Vitis. Die meisten übrigen einheimischen wie cultivirten Lianen besitzen normales Diekenwachsthun, so Akebia, Actinidia, Celastrus, Hedera, Rosa, Lonicera und Periploca und auch Tecoma radicans, abgesehen von der secundären llolzbastzone in der Markperipherie. Gerade die interessantesten Typen’ sind tropisch. Im Folgenden sollen nun einige Versuche mit Aristolochia tomen- tosa, Clemalis Vitalba, Wistaria chinensis und Periploca gr«eca be- schrieben werden, die ich im Bonner botanischen Garten angestellt ‚habe, deren Resultate freilich nur einen geringen Beitrag zur Lösung obiger Fragen liefern. ' 1. Aristolochia tomentosa. Der Stamm dieser Art besitzt eine sehr grosse Torsionsfähigkeit. Nimmt man einen 70cm langen, etwa 1lcm dieken Langtrieb und schraubt ilın an einem Ende fest, so lässt er sich ohne grosse Kraft- anstrengung mit der IIand am anderen Ende leicht um seine Längs- axe tordiren. Erst bei einer Drehung von 7mal 360° macht sich an der Rinde auf einzelnen spiraligen Längslinien ein Einreissen be- merkbar. Es findet eine Längsspaltung des Holzkörpers in zwei Hälften 315 statt, die sich mitten in zwei gegenüberstehenden primären breiten Markstrahlen vollzieht. Beide Hälften verschieben sich der Länge nach um einige Millimeter, was deutlich sichtbar gemacht werden kann, wenn man die Rinde ablöst, auf dem Holzkörper einen Querstrich anbringt und nun weiter tordirt. Beide Hälften bleiben aber infolge der Drehung fest aufeinandergepresst, so dass keine offene Spalte vorhanden ist. Nach einer Torsion des Stammes von ca. 13mal 860° fängt die Rinde (das Sklerenchym) an einzelnen Stellen hörbar quer zu brechen an, während dagegen die Platten des Holzkörpers selbst nach Drehung von ca. 17mal 360° .noch an keiner Stelle Querbrüche erleiden. Stellt man die nämlichen Torsionsversuche mit einem entsprechenden Trieb von Tilia europaea an, so fängt schon nach einer Umdrehung von 3mal 180° die Rinde an zu bersten und löst sich nach weiterer Drehung vollständig vom Holzkörper los. Der letztere selbst kann dagegen eine weitgehende Torsion ertragen, er bekommt Längsspalten, auf denen eine Längsverschiebung statthat; das Holz bricht aber schliesslich quer viel eher als bei Aristolochia. Bei Tilia sind somit die Sprosse schon nach geringer Zahl von Drehungen nicht mehr lebensfähig, während Aristolochia unbeschadet sehr starke Torsionen aushält. Ein Stammstück von obiger Länge und Dicke dürfte eine Drehung von 10mal 360° vielleicht noch ohne grossen Schaden ertragen können. Ebenso tritt der Vortheil des Aristolochia-Stammes bei stärkeren Biegungen hervor. Biegt man einen bleistiftdicken Spross von Tilia ziemlich scharf in rechtem Winkel, so ist Holz und Rinde geborsten. Aristolochia dagegen zeigt nur einen kleinen Querriss an der cönvexen Seite in der Rinde, welcher leicht ausheilen kann, das Holz aber bleibt intakt. Erst bei scharfen Umbiegungen in einem Winkel von ca. 80° können Brüche in den Holzplatten auftreten. Schon aus diesen Angaben geht hervor, dass Aristolochia tomentosa viel widerstandsfähiger gegen Torsion und Biegung ist und diese Eigen- schaft ist begründet in der für eine Liane vortheilhaften anatomischen Sttfuktur des holzigen Stammes, wie dies im Einzelnen aus folgendem Versuch hervorgeht. Am 30. Juni 1891 wurde an einem im Bonner botanischen Garten befindlichen reich verzweigten und grösseren Exemplar dieser Liane der untere nackte Theil eines im fünften Jahre stehenden etwa blei- stiftdieken Sprosses aus dem Gewirre der Langtriebe hervorgezogen und ein ca. 75cm langes Stück zuerst in eine einfache Schlinge ge- legt, an der Kreuzungsstelle mittelst Draht an einem Brettchen be- 21* 316 festigt und nun die Schlinge stark tordirt, so dass beide Hälften etwa 5—6mal um einander gewunden wurden. Sodann wurde die tordirte Schlinge an der Umbiegungsstelle ebenfalls mittelst Draht auf dem Brettehen befestigt und die Tordirung auf diese Weise fixirt. Bei der Tordirung waren zum Theil Längsrisse an den am stärksten gewundenen Parthien eingetreten. Die Spalten schlossen aber in Folge der Drehung dicht zusammen. Abgeschnitten wurde der Spross am 22. Februar 1893, nachdem er also 1891 von Juli ab und Sommer 1892 vegetirt hatte, Er war in der tordirten Parthie vollständig lebenskräftig geblieben und zeigte nur an einer besonders stark gewundenen Stelle theilweise Verletzung an einer Stammseite, wo stärkeres Einreissen stattgefunden hatte. Die anatomische Untersuchung ergab Folgendes: An den schwächer tordirten und gewundenen Stellen zeigten die durch die breiten primären Markstrahlplatten getrennten Holsplatten auf dem Querschnitt keine oder nur sehr unwesentliche Verschiebung. Infolge des gegenseitigen Druckes hatte der Stamm ovale Querschnitts- form im Laufe des späteren Diekenwachsthums angenommen. Auf einer mehrere Centimeter langen Strecke dagegen, an einer der stärksten Windungen, war der Stamm bei der Torsion in zwei Hälften gespalten gewesen und beide Hälften waren aneinander um einige Millimeter in der Längsrichtung und auch in der Querrichtung an- einander vorbeigeschoben. Acusserlich liessen sich die gegenüber- stehenden beiden Längsrisse in Form von zwei vernarbten Längs- furchen noch erkennen. Die Verschiebung vollzog sich in einer Fläche, die mitten durch das Mark und zwei gegenüberstehende breite primäre Markstrahlen verläuft, Fig. 1 Taf, V gibt einen Querschnitt aus diesem Theil des Ver- suchsstammes und zeigt, in welcher Weise die beiden Gruppen der fächerförmig gestellten Holzplatten eine seitliche Verschiebung um etwa 8mm erlitten haben. Das Mark erscheint im Centrum jeder Gruppe zum Theil in einem Streifen zusammengepresst, wie in der Zeichnung angedeutet. Von einer Längsspalte, welche bei der Ver- schiebung sicher vorhanden gewesen sein muss, bemerkt man in dem Stammstück keine Spur mehr. Alles Gewebe im Inneren desselben ist gesund und lebend und diese Thatsache beweist uns, welche Lebenszähigkeit den Lianenstämmen des Aristolochia-Typus eben infolge der reichlichen Entwickelung von theilungsfähigem Parenchym der Markstrahlen innewohnt. Korkbildung hat im Inneren nicht stattge- funden, da beide Stanımhälften bei der Torsion dicht aufeinandergepresst verblieben, das Parenchym also niclit in Berührung mit der Luft kam. 317 Die primären Markstrahlen bestehen in unversehrten Stämmen, wie Fig. 2 Taf. V zeigt, aus mehreren Reihen von radial etwas gestreckten stärkeführenden dünnwandigen Zellen. Zum Vergleich stellt nun Fig. 3 Taf, V einen Theil des Querschnitts durch einen Markstrahl dar, in welchem die Verschiebung der beiden Hälften des in Rede stehenden tordirten Stammstückes stattgefunden hat. Die Markstrahlzellen, welche zunächst an die festen Holzelemente anstossen, erscheinen unverändert, dagegen haben die nach der Mitte zu gelegenen sich getheilt und wieder ein geschlossenes aus unregelmässig gestalteten meist ungefähr in schrägen Reihen, der Torsion entsprechend, angeordnetes Gewebe gebildet. Die bei der Verschiebung etwa zerrissenen zartwandigen Zellen sind bis zur Unkenntlichkeit verdrängt, indem die beiden Mark- strahlhälften sofort wieder verwuchsen. Infolge des durch die Ver- letzung verursachten Reizes findet nun eine nachträgliche weitere Theilung der Zellen statt, die zu einer Erbreiterung des ganzen Markstrahles führt. So macht derselbe schliesslich ganz den Eindruck eines dilatirten Strahles solcher Lianen, bei denen spontan eine nach- trägliche Zerklüftung des Holzkörpers als Anomalie eintritt. Die Holzplatten jeder Hälfte haben sich in ihrer gegenseitigen Stellung auch etwas verschoben (Fig. 1 Taf. V); einzelne sind weiter nach innen ins Mark unter Comprimirung von Markzellen gerückt. Etwaige Spannungen oder Zerreissungen werden dabei leicht von dem theilungsfähigen Parenchym ausgeglichen. Die Holzsegmente bleiben selbst bei starker Torsion des Stammes aussen in festem Verband mit ihren Cambiumstreifen und Siebtheilen, die aussen von dem zersprengten Perieykelsklerenchymring (Fig. 1, sk) bedeckt werden. An einzelnen Stellen nur, in der Nähe einer der beiden Längsrisse, hatte auch eine Beschädigung der Cabiumstreifen stattgefunden, so in Fig. 1 bei x, wo in den Cambien selbst oder in den jungen Siebzonen eine Verschiebung sich vollzogen haben muss. Infolge dessen hat der unter x liegende Holzkeil sein Wachsthum eingestellt, sein Cambium aber im Anschluss an die unverändert ge- bliebenen benachbarten Cambiumstreifen sich wieder regenerirt und nun mit der Bildung von zwei Holzbaststücken begonnen. Die Rinde ist an einzelnen Stellen etwas längs eingerissen bis in den Sklerenchym- ring hinein, von dem auch ‘einzelne Stücke mit in die Borke ab- geschieden wurden. Im Allgemeinen ergibt sich aus diesem Versuch, dass die Lianen- stämme nach Art der Aristolochiu tomentosa eben infolge ihrer vortheil- haften Struktur, der Zusammensetzung des Holzkörpers aus einzelnen 318 durch zartwandiges Parenchym getrennten Holzplatten, sehr leicht selbst starke Biegungen und Torsionen vertragen, indem die Holz- platten sich leicht verschieben können und, was noch ganz besonders im Gegensatz zu Tilia betont werden muss, indem an ihnen die Cambiumstreifen und Siebstränge an der Aussenseite in fester Ver- bindung bleiben. Gerade diese letztere Eigenschaft trägt sehr wesentlich zu der Lebenszähigkeit der Stämme bei, An einer nur wenige Centimeter langen Strecke war der Ver- suchsstamm in der Schlinge so stark gewunden worden, dass an einer Seite eine Verletzung durch tiefgehendes Einreissen der Rinde sich eingestellt hatte. Die Holzplatten hatten sich an dieser Stelle im Uebrigen nur wenig verschoben. Fig. 4 Taf. V gibt den Querschnitt durch diesen Theil und demonstrirt die nachträglichen Veränderungen beim Dickenwachsthum. Drei Holzkeile (hı, hg, hs) waren beschädigt worden und das Holz eine Strecke weit einwärts abgestorben, das todte Holz von dem lebendigen scharf abgegrenzt unter Thylien- bildung in den äusseren Gefässen. Die beiden Markstrahlen zwischen diesen drei Holzsegmenten hatten sich erhalten und durch vermehrte Theilung nach aussen zu vorgewölbt (stı, ste); in dem grössten (stı) ist Neubildung von Holzbaststrängen, die weiter abwärts und auf- wärts an die benachbarten Holzbasttheile anschliessen, zu constatiren. Solche Neubildungen sind dann weiterhin auch aussen von den Holz- segmenten h, und h;, die durch die Torsion auseinandergesprengt worden waren, eingetreten. An diesen Holzsträngen haben Verschie- bungen in den Cambiumstreifen stattgefunden, etwaige Spalten und Spannungen sind ausgefüllt bezw. ausgeglichen durch Theilung und Dilatation des Markstrahlenparenchyms. Wie diese Processe sich ab- gespielt haben, lässt sich im Einzelnen nicht mehr genau. feststellen. Die ursprüngliche Anordnung ist verändert und es haben sich im Umkreis der Holzstränge neue Cambiumstreifen im Anschluss an die benachbarten gebildet, welche schmalen neuen Holzbaststreifen den Ursprung geben. An der Aussenseite des Holzstückes hy ist eine Ge- webeparthie gebräunt und abgestorben. Von Wichtigkeit ist, dass durch solche äussere Eingriffe Neubildung von Holzbaststrängen im Anschluss an die benachbarten hervorgerufen werden kann und ferner muss hervorgehoben werden, dass bei Aristo- lochia diese neugebildeten Holzbastmassen immer in Form von schmalen Platten getrennt auftreten, also demselben Typus der Gewebeanordnung, wie sie den kletternden Stämmen dieser Gattung überhaupt eigen- thümlich ist, folgen. 319 2. Clematis Vitalba. Diese Art folgt ebenfalls dem Aristolochiatypus und ihre Stämme lassen sich leicht in beträchtlichem Maasse biegen und tordiren, doch besitzen sie eine etwas geringere Lebenszähigkeit als diejenigen von Aristolochia tomentosa, da ihre Markstrahlen schmäler sind. Somit können Spalten, die infolge von Torsionen auftreten, nicht so leicht wie bei dieser ausheilen und Absterben innerer Holzparthien unter Schwarzfärbung tritt häufiger bei solchen Versuchen ein. a) Biegungsversuche. Ein etwa fingerdicker, im achten Jahre stehender Trieb wurde am 25. Juni 1891 mehrmals ziekzackartig um abwechselnd in zwei Reihen auf ein Brettchen eingeschlagene Drahtstifte herumgebogen und die Biegungen durch Befestigung des Triebes an dem Brettchen mittelst Draht fixirt. Die Entfernung von Winkel zu Winkel betrug ca. 12 cm, die Biegungswinkel 60° bis 90° Am 14. März 1893 wurde der Trieb zur Untersuchung abgeschnitten. Es zeigte sich, dass Biegungen von etwa 90° unbeschadet von dem Stamm ertragen worden waren. Eine Verschiebung der Holz- platten war kaum wahrzunehmen. Die in den Geweben auftretenden Spannungen und Verbiegungen werden leicht ausgeglichen. Alle Ge- webe waren lebend geblieben. Eine stärkere Biegung dagegen von 60° hatte an der concaven Stelle zu einem Loslösen und Einreissen der Rinde bis auf den Holz- körper geführt. Das Holz war auf drei durch primäre Markstrahlen begrenzten Segmenten nach dieser Seite hin bis zur Mitte schwarz und todt, im Uebrigen aber der Stamm noch ganz gesund und an den Rändern der Wunde wölbte sich die Rinde wulstartig zur Ueber- wallung vor. An einem im siebenten Jahre stehenden Trieb von etwa Bleistift- dicke wurde ferner am 25. Juni 1891 eine Stelle unter gleichzeitiger vorsichtiger Drehung so stark gebogen, dass beide Schenkel der Biegung dicht aufeinander zu liegen kamen. Diese Biegung wurde fixirt und bis zum 14. März 18938 an der Pflanze gelassen. Auch dieser gewaltsame Eingriff war von dem Spross erfragen worden. An der concaven Stelle der Biegung erschien allerdings die Rinde aufgeplatzt und zerstört, die Holzsegmente von einander lösgelöst und abgestorben. Nur ein einziges Holzsegment an der convexen ' Seite war lebend geblieben, hatte sich nach aussen zu unter Er- breiterung stark verdickt und trat auch äusserlich als stark gewölbte Rippe hervor. An diesem Segment war somit das Cambium nicht 320 verletzt worden. Von der Biegungsstelle aus starb das Holz eine Strecke weit in die Schenkel hinein an der Innenseite ab, je weiter entfernt, desto weniger bis in einiger Entfernung der Stamm oberhalb und unterhalb der Biegung wieder alle Gewebe lebend zeigte. Da die Holzsegmente durch gelegentliche seitliche Anastomosen in Ver- bindung stehen, so können unbeschadet eine Anzahl derselben strecken- weise ausgeschaltet werden, ohne dass der Stamm zu Grunde geht. Auch wenn ein Theil des Holzes bis zur Mitte und darüber hinaus abstirbt, kann der Stamm noch jahrelang fortleben, indem die Holz- segmente an der Periphie weiter sich verdieken. Bei gewissen Lianen mit gefurchtem Holzkörper, z. B. Lantana lilacina Desf.,!) Tetrapteris inaequalis Cav.?) u. a. kann die centrale Parthie des Holzes absterben und die einzelnen Holzvorsprünge streckenweise sich vollständig von einander loslösen; sofern aber das Cambium lebend bleibt, wachsen sie weiter und erhalten die Liane am Leben. b) Torsionsversuche, An dem zuletzt erwähnten 7jährigen Trieb wurde gleichzeitig eine andere nur einige Decimeter lange Stelle dreimal um die Längs- axe tordirt und die Torsion fixirt, Sie war unbeschadet ertragen worden, der Stamm noch ganz gesund bis auf einige kleine bräunliche Streifen in einigen Markstrahlen, in denen die Verschiebung das Ab- sterben einiger Zellen verursacht haben mochte. Ein zweiter Versuch wurde während derselben Zeit (25. Juni 1891 bis 14. März 1893) mit einem fingerdicken 7 jährigen Stamm in gleicher Weise durch Befestigung einer stark tordirten Schlinge auf einem Brettchen, wie oben für Aristolochia beschrieben, angestellt. Auch dieser Stamm hatte die Torsion und das gegenseitige Umwinden gut vertragen, da die Holzkeile bis zu einem gewissen Grade eine Ver- schiebung leicht vertragen können. Da, wo die Windungen aufeinander- lagen, hatte sich der Stamm beim Dickenwachsthum nach der Ver- suchsanstellung abgeplattet. Nur an einzelnen besonders stark tordirten Stellen erschien der Stamm beschädigt. Den Querschnitt durch eine solche Stelle zeigt Fig. 5 Taf. V. Hier war der Holzkörper an der concaven Seite in einer mehrere Öentimeter langen Längsfurche blossgelegt und bis über die Mitte hinaus von äussen abgestorben und schwarz gefärbt, wie in der Figur angedeutet. Auf einzelnen Markstrahlen, von der Mark- 1) Vergl, Fig. 1722—c Taf. XI meiner Lianenanatomie, 2) Ibid. Fig. 65 Taf, VI. 321 höhlung ausgehend, befanden sich ‚offene, Spalten. An den Wund- rändern hatte die Ueberwallung von Seiten der Rinde und des Cambiums begonnen. Der neue Holzzuwachs vom Jahre 1892 hob sich scharf ab von dem alten Holzkörper durch reichlich entwickeltes Parenchym, und zahlreiche secundäre breite Marksstrahlen. Eine auffallende Be- sonderheit war an der betreffenden Stammparthie zum Vorschein ge- kommen, nämlich Neubildung einiger kleiner peripherischer Holzstränge aus dem Phloöämparenchym (hı, ha, hs in Fig. 5). Diese Bündelchen zeigten auf dem Querschnitt einen rundlichen Holzkörper mit einigen wenigen Gefässen, mit Cambium und nach einer Seite hin auch mit deutlichen Siebgruppen mit Bastsichel. Sie verlaufen einige Oentimeter weit isolirt und schliessen dann an die inneren benachbarten Holz- segmente an, wie sich aus successiven Querschnitten ergab. Sie werden ferner in ihrem freien Verlauf ringsum von einer Korkzone umgeben und dadurch von der lebenden Phloömzone des letzten Jahres ab- gegrenzt. Um so merkwürdiger ist diese auffallende Neubildung, als sie sonst in kletternden -Olematis-Stämmen normaler Weise sich nicht einstellen. Wie für Aristolochia ist auch für Clematis als günstige Eigenschaft hervorzuheben, dass selbst bei stärkeren Torsionen und Biegungen die Holzsegmente grösstentheils in festem Zusammenhang mit ihren Cambiumstreifen und Siebtheilen infolge der Verschiebbarkeit der Holz- bastplatten in den Markstrahlen verbleiben. 3. Wistaria chinensis. 1. Versuch. Ein im achten Jahre stehender fingerdicker langer Trieb wurde am 25. Juni 1891 in einer Länge von ca. 50 cm 4"/g mal um seine Längsaxe tordirt und die betreffende Stelle dann festgebunden. Am 28. Februar 1893 wurde der Stamm abgeschnitten und es ergab sich, dass die Torsion recht gut von ihm ertragen worden war. Das Periderm zeigte spiraligen Verlauf mit längeren und kürzeren nicht tief eingreifenden Längsfurchen, in denen bei der Torsion die äussere Rinde aufgeplatzt war. An der Stelle, wo die Torsion sich am meisten bemerkbar gemacht hatte, war im Holzkörper auf einer Strecke von mehreren Üentimetern ein mit Parenchym vollständig ausgefüllter radialer Längsspalt aufgetreten, der sich mitten durch das Mark hin- durch fortsetzte und auch noch in die gegenüberliegende Holzmasse eingriff, wie Fig. 6 Taf. V auf dem Querschnitt darstellt. Ausserdem zeigte das Holz unter dem nach dem Versuch angelagerten lIolzring an der früheren Peripherie zerstreut vertheilte bräunliche Quer- 322 fleckchen (Fig. 6), herrührend von gerbstoffhaltigen Zellen und Paren- ehym zum Theil mit spärlichen Resten von Siebmassen. An diesen vom Holz eingeschlossenen Stellen hat jedenfalls eine Beschädigung des Cambiums bezw. der innersten Phlo&mzone bei der Drehung statt- gefunden. Das Dilatationsparenchym der Spalte war im Marke selbst an der in der Fig. 6 dunkler gehaltenen Stelle abgestorben, mit ge- bräunten Zellen. Die Art und Weise wie auf der Längsspalte die Wucherung des Parenchyms stattgefunden, ergibt sich aus Fig. 7 Taf. VI, die einen Theil des Querschnittes darstellt. Es hat in der Spalte bei dem Ver- suche eine geringe longitudinale Verschiebung der auseinanderge- rissenen aber dicht aufeinandergepressten rechten und linken Holz- masse sich vollzogen. Die benachbarten lebendigen Elemente der Markstrahlen und des Holzparenchyms wurden durch den Wundreiz. zur Theilung angeregt und bildeten ein unregelmässiges getüpfeltes Parenchym, in welchem von einem Spalte später nichts mehr zu er- kennen ist. Zugleich fand Thyllenbildung in den benachbarten zum Theil beschädigten Gefässen statt. Aus den letzteren drang das Thylleuparenchym hervor und verband sich mit dem übrigen Spalten- parenchym oder dieses drängte sich auch in die Gefässlumina hinein. Die Wände der Gefässe erscheinen so auf Schnitten zum Theil in das Parenchym hinein vorgezogen und verschoben. Weiterhin muss das Spaltenparenchym noch nachträglich sich vermehrt haben, denn es erscheint ausgeschlossen, dass die Spalte schon bei dem Versuch den späteren Durchmesser erhalten hatte. Das Spaltenparenchym gleicht in vieler Beziehung dem Dilatationsparenchym, das in Lianen mit spontan sich vollziehender nachträglicher Spaltung des Holzkörpers, so bei Mal- pighiaceen, Serjania piscatoria ete. auftritt. Bei der Bildung des Spalten- parenchyms werden von den Wänden der Spalte aus auch einzelne langgestreckte Holzelemente, Holzfasergruppen, Gefässwände mit an- haftenden Belegzellen fortgeschoben und kommen so mitten in das Parenchym zu liegen. Auf Längsschnitte sieht man diese Elemente in demselben in schrägem und wirrem Verlauf eingebettet. Der Stamm war abgesehen von dieser für ihn geringen Beschädigung im Uebrigen gesund und lebenskräftig geblieben.. 2. Versuch. Ein im neunten Jahre stehender 15 mm dicker Stamın wurde am 30. Juni 1891 an zwei Stellen an die Stäbe eines Gitters be- festigt, das ca. 40cm lange Zwischenstück in eine Schlinge gelegt, diese einige Male, so weit wie möglich, tordirt und nun die Um- biegungsstelle der Schlinge ebenfalls an einem Stab des Gitters be- 323 festigt. Infolge der Drehung waren beide Hälften des Stammstückes unterhalb der Umbiegungsstelle der Schlinge etwa 2mal dicht um- einandergewunden. Der Holzkörper des so behandelten Stammes war bei dem Ende des Versuchs am 14, März 1893 in seiner inneren Parthie abgestorben und todt, die peripherische Holzzone und die Rinde aber noch vollständig lebenskräftig, so dass das Laubwerk am Ende des Stammes keine Einbusse erlitten hatte. Die Beschädigung des Holzes war dadurch verursacht, dass an einzelnen besonders stark ge- bogenen Stellen, der Umbiegungsstelle der Schlinge und an der ge- wundenen Parthie Verletzung der Rinde eintrat. So war an der Umbiegungsstelle der Schlinge, wie der Querschnitt Fig. 8 Taf. VI zeigt, an der concaven Seite die Rinde eine Strecke weit lösgelöst und abgestorben und an den Seiten aufgebauscht, der Holzkörper hierdurch an der Innenseite freigelegt und infolge dessen abgestorben und schwarz gefärbt bis über die Mitte hinaus (in Fig. 8 dunkler gehalten). In dem stark gebogenen Holz besonders an der convexen Seite erscheinen die Gefässe vielfach in radialer Richtung zusammengedrückt von linsenförmigem Querschnitt und die Holz- elemente verschoben, ohne aber, ausser in der mittleren Parthie, abgestorben zu sein, Die an den Seiten aufgebauschte Rinde hat an den beiden Rändern die Ueberwallung der Wunde begonnen in der Art, wie Fig. 8 dar- stellt. In beiden Rindenlappen ist noch je ein kleiner Längsriss infolge der Biegung aufgetreten, auf der rechten Seite der Figur setzt sich der Riss in das Phlo&m noch tiefer fort und in der Fortsetzung sind noch abgestorbene Gewebelängsstreifen durch Korkbildung ringsum abgeschlossen worden. Von dem normalen Cambium an der convexen Seite schreitet nun die Cabiumneubildung in die Phloömzone der durch die Furchen eingefassten Rindenlappen fort, so dass im Laufe des auf den Versuch folgenden Jahres in denselben vorspringende Holzstreifen mit zugehörigen Siebzonen in Anschluss an den alten Holzkörper entstehen konnten. Alle diese Vorgänge sind im Wesentlichen Wund- heilungsprocesse, die auch bei anderen Holzgewächsen auftreten können; immerhin sprechen sie aber bei Wistaria für einen hohen Grad von Lebenszähigkeit, die ihren Lianenstämmen innewohnt. An einer anderen Stelle des Versuchsstammes, an der gewundenen Parthie der Schlinge, bot sich das Querschnittsbild der Fig. 9 Taf. VI bei der Untersuchung. Hier war der Holzkörper in seiner inneren Parthie ebenfalls abgestorben, aber in viel geringerem Grade, und die Rinde ringsum erhalten geblieben. Nur ein Längsriss an der spiral 324 concaven Seite, bei x, war schräg bis in die innere Phloömzone eine Strecke weit eingedrungen und hatte einen sich später vorwölbenden Rindenlappen abgegrenzt. Diese Stelle ist nun dadurch bemerkens- werth, dass in dem Rindenlappen ein Cambiumstreifen auftrat, und zwar aus dem Phloömparenchym hervorgehend, welcher hier nicht mit dem Hauptecambium in direeter Verbindung stand und von diesem getrennt war durch die innere zum centralen Holzkörper gehörige Phloömzone. Dieser Cambiumstreifen hatte 1892 einen schmalen Holz- streifen mit zugehöriger Siebzone erzeugt, er setzte sich erst weiter ober- und unterwärts im Stamm mit dem Hauptcambium in Ver- bindung. Es ist somit durch einen äusseren Eingriff eine Neubildung hervorgerufen, die an unversehrten Stämmen spontan in etwas höherem Alter sich eingestellt haben würde. 3. Versuch. Am 7. Juli 1891 wurde ein 8 jähriger bleistiftdicker Trieb ziekzackartig hin- und hergebogen und wie oben für Olematis beschrieben an einem Brettchen die Biegung fixirt. Der Stamm war beim Abschneiden am 11. März 1893 abgestorben, wahrscheinlich infolge der schroffen Kälte des Winters 1892/93, hatte aber in dem vorhergehenden Jahre noch vegetirt. Die Biegungen in abgerundetem Winkel bis zu 90° waren von dem Stamm ganz unbeschadet ertragen worden. An einigen schärferen Biegungen dagegen waren ähnliche Beschädigungen und nachträgliche Wachsthumsvorgänge zu constatiren wie sie Fig. 8 des 2. Versuchs darstellt. An einer anderen starken Biegung war auf der concaven Seite die Rinde aber ganz erhalten geblieben und nur zwei starke Längsrisse zu beiden Seiten auf- getreten, worauf eine ähnliche Aufbauschung der Rinde und Fort- setzung des Haupteambiums in beiden Lappen, wie Fig. 8 darstellt, erfolgte. 4. Periploca graeca. Die Stämme dieser Art verdieken sich normal. Sie sind in ziemlich hohem Grade biegungs- und torsionsfähig, dank der weichen Beschaffenheit des llolzes, aber nicht in dem Maasse als die Stämme der Aristolochia. Das Periderm erleidet allerdings sehr leicht Quer- brüche, bei Biegungen, kann aber von der grünen Rinde leicht wieder reparirt werden. Ein im siebenten Jahre stehender fingerdicker Trieb wurde am 2. Juli 1891 ziekzackartig wie oben für Clematis und Wistaria be- schrieben, in Winkeln unter 90° gebogen und am 14. März 1893 abgenommen. Die Biegungen waren gut ertragen worden, obwohl 325 der ganze Stamm und der Holzkörper an den Umbiegungsstellen quer ovalen Durchschnitt erhalten hatte und an der convexen Seite besonders die Gefässe radial stark gedrückt, von linsenförmigem Quer- schnitt waren. An den concaven Stellen trat Aufplatzen der Rinde in Furchen ein, die aber nicht tief eingriffen und Cambium und inneres Phloöm im Wesentlichen ohne Beschädigung liessen. An den Seiten der Biegung tritt eine Aufbauschung der Rinde ein, es müssen sich rechts und links Zerreissungsspalten gebildet haben, von denen aber nach dem Versuche nichts mehr zu bemerken war, da sie durch Parenchymwucherung wieder ausgefüllt werden. Wie Fig. 10 Taf. VI im Querschnitt durch eine Umbiegungsstelle zeigt, stellt das Cambium, ‘ das vor dem Versuch die Zone ce c begrenzte, an den Seiten seine holzbildende Thätigkeit ein, während es an der convexen und con- caven Seite in Verbindung mit dem Holz bleibt und nun von hier aus seitlich in die Siebzone sich fortsetzt, um sich zu einer ge- schlossenen Zone zu regeneriren. Auf diese Weise ist von dem neuen Holzzuwachs an den Seiten je eine auf dem Querschnitt sichelförmige Masse (phl) vom Phlo&m eingeschlossen worden. Ferner wurde vom 7. Juli 1891 bis 11. März 1893 auch ein Torsionsversuch mit einem im neunten Jahre stehenden Trieb ange- stellt, in derselben Weise wie für Aristolochia beschrieben, mittelst einer tordirten und befestigten Schlinge. Beide Hälften der Schlinge waren an einzelnen Stellen sehr stark umeimandergewunden und ge- bogen. An diesen Stellen waren tiefgehende Längsrisse eingetreten, seitliche Rindenlappen aufgebauscht, weiterhin ähnliche Wachsthums- vorgänge zu Stande gekommen, wie Fig. 8 für Wistaria darstellt, die Rinde aber und das Cambium auch an der concaven Seite intaet und der Holzkörper lebend geblieben. Das Haupteambium sammt dem neuen Holzzuwachs erstreckte sich in die seitlichen Rindenlappen wie dort auch hier fort. An einer Stelle war der Stamm bis zum Marke aufgeplatzt und etwas ausgebreitet worden, das Holz an den Wunden eine Strecke weit einwärts todt, im Uebrigen aber nach der convexen Seite hin lebend und hier mittelst des Cambiums weiter verdickt. Solche verletzte Lianenstämme können in weit höherem Maasse als es bei gewöhnlichen Holzpflanzen der Fall ist, lebenskräftig bleiben und ver- mögen noch Jahre lang zu vegetiren, sofern nur ein Theil des Holzkörpers mit dem Cambium bei der Beschädigung des Stammes lebend bleibt. Häufig trifft man in tropischen Wäldern Lianenstämme an, die durch starke Biegungen, Torsionen, Insektenfrass bis in den Holzkörper hinein tiefgehende Zerreissungen und Wunden aufweisen, aber keines- 326 wegs dabei zu Grunde gegangen sind. Ich verweise z. B. auf Fig. 41 und 38b Taf. IV von Serjania ichthyoctona Radlik. und die schon oben citirten Stämme von Tetrapteris inaegualis Cav. und Lantana lilacina Desf. in meiner Lianenanatomie. Bonn, Botanisches Institut. Juni 1893. Erklärung der Abbildungen. Taf. V. und VI, Aristolochia. iomentosa. Fig. 1. 6jähriger im 5. Jahr tordirter Stamm mit verschobenen Holzplatten; sk Sklerenchymring, 8/1. Fig. 2. Markstrahl aus einem unversehrten Stamm. 136/1. Fig. 3. Markstrahl aus dem tordirten Stamm der Fig. 1, in welchem die Ver- schiebung der beiden Hälften des Holzkörpers und eine nachträgliche Vermehrung des Parenchyms stattgefunden hat. 136/1. Fig. 4. 6jähriger im 5. Jahre tördirter Stamm, welcher an einer Stelle Beschädigung erlitten hatte. Die Holzsegmente h;hzh, eine Strecke weit abgestorben, die Markstrahlen sijst, zwischen ihnen hervorgewölbt, s?, mit secundären neugebildeten Holzbaststrängen, h,h, auseinander gesprengtes Holzsegment, an der Peripherie mit neu gebildeten Holzbastplatten. 8/1. Clematis Vitalba. Fig. 5. 8jühriger, im 7. Jahre tordirter Stamm. Holz von einer Längswunde aus blossgelegt und zum Theil abgestorben (in der dunkel gehaltenen Parthie), 3 neue Holzbastbündel hjhgh, in der Peripherie ausserhalb der lebenden Stielzone angelegt und durch Periderm abgegrenzt. 4/1. - Wistaria chinensis. Fig. 6. 9jähriger im 8. Jahre tordirter Stamm mit einer durch nachträgliche Parenchymwucherung ausgefüllten Längsspalte. 4/1. Fig. 7. Parenchymbildung in dieser Lüngsspalte, 136/1, Fig. 8. 9jähriger im 8. Jahre tordirter Stamm. Querschnitt durch eine stark gebogene Stelle. Holzkörper auf der concaven Seite blossgelegt und in der dunkel gehaltenen Parthie abgestorben. In den seitlichen Rindenlappen, welche die Wunde überwallen, hat sich das Cambium mit neugebildeten Holzstreifen fortgesetzt. 4/1. Fig. 9. Querschnitt durch eine stark gewundene Stelle desselben Versuchsstamms. Bei x ein Längsriss in der Rinde. In dem seitlichen Rindenlappen ein neugebildeter Holzbaststreifen. 4/1. Periploca graeca. . 10. 8jähriger im 7. Jahre stark gebogener Stamm. Querschnitt aus einer Umbiegungsstelle. Rinde an den Seiten aufgebauscht. Das Cambium hat sich an den Seiten in das Phloömparenchym fortgesetzt und so bei der Ablagerung der neuen Holzzone jederseits eine sichelförmige Parthie Phlo&m (phl.) eingeschlossen. ce ce Grenze des Holzkörpers vor dem Versuch, 4/l. Bi 8 Mikrotechnische Mittheilungen. II. Ein von R. Jung gebautes Mikrotom und seine Verwendung _ in der Pflanzenanatomie. Von Ludwig Koch. Mit einem Holzschnitt, In der mechanischen Werkstätte des Herrn R. Jung in Heidel- berg wird in neuester Zeit ein im Wesentlichen dem „Cambridge rocking mierotome“!) nachgebildetes in Einzelheiten verbessertes Mi- krotom gebaut, über das sich Schiefferdecker?) sehr anerkennend ausspricht. Es wird angegeben, dass besonders die pathologischen Anatomen dieses Instrument in den bei weitem meisten Fällen mit Vortheil gebrauchen können. Zweck des vorliegenden Aufsatzes ist es zu prüfen, ob und inwieweit das Mikrotom auch auf pflanzen- anatomischem Gebiet Verwendung finden kann. Mit einer Be- schreibung des Instrumentes möge begonnen werden. Auf einem massiven Untergestell erheben sich zwei Träger (6), in denen die Achse A lagert. Um diese dreht sich ein Hebel (B), dem die Führung des Objecthalters zufällt. Dieser Führungshebel wird durch eine starke Spiralfeder nach unten gezogen, er liegt der Schraubenmutter M auf, die durch die Mikrometerschraube Sch ge- hoben werden kann. Ein dem Führungshebel paralleler zweiter Hebel (C) vermittelt die Bewegung des Objecthalters in vertikaler Richtung. Dieser Be- 1) Beschrieben im Journal of the Royal Mikroscopical Society Ser. II, vol. V, 1885, pag. 550. 2) Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie und für mikroskopische Technik Bd. IX, 1892, pag. 168, 328 wegungshebel dreht sich um eine Achse (a), die. in einem recht- winklichen Einschnitt des Führungshebels — über dessen Achse A — lagert. Der Bewegungshebel trägt an seinem kürzeren dem Messer -Siogjeptop ur Zunp "y ua Sop oypIsyıoy Jop ur Inega3 ‘woJoayıuoqeH genäherten Arm den ÖObjecthalter (bei p). Letzterer wird bei dem Niederdrücken des Führungshebels in Folge einer leichten Drehung um die Achse A von dem Messer ab-, bei entgegengesetzter Bewegung aber nach dem Messer hingeschoben. 329 Beide Hebel sind durch einen horizontal spielenden dritten (h), der am Fusse des Instrumentes angebracht ist, in Gang zu setzen. Bewegt man den Knopf (g) des Horizontalhebels von der Anschlag- stelle nach einem Haltestift, so wird der Bewegungshebel durch eine bei v angreifende, über eine Führungsrolle laufende Darmsaite nach unten gezogen. Der kürzere den Objecthalter tragende Hebelarm geht in die Höhe. Zu gleicher Zeit erfolgt aber auch die Verschiebung des Führungs- und damit auch des Bewegungshebels sammt Object- halter. Dies geschieht durch folgende mechanische Vorrichtung. Auf den Horizontalhebel ist ein beweglicher durch eine kleine Spiralfeder zurückgebaltener Sperrkegel geschraubt, der in ein an der Mikrometerschraube sitzendes Zahnrad (Z) einzugreifen vermag. Ein darunter angebrachtes Kreissegment (k) mit Griff lässt sich so stellen, dass das Eingreifen früher oder später erfolgt und demgemäss die Schraubenmutter M und mit ihr der Führungshebel mehr oder weniger gehoben, der Objecthalter somit dem Messer dementsprechend genähert wird. Das Zahnrad hat 250 Zähne. Eine Bewegung der Schraube um einen Zahn entspricht einer Schnittdieke von 1/sooo mm. Die an der verstellbaren die Schnittdicke bestimmenden Scheibe angebrachte Eintheilung geht von 1—25 1. Mit der Führung des Horizontalhebels von der Anschlagstelle nach dem Haltestift wird nicht nur der Öbjecthalter gehoben und gleichzeitig um eine bestimmte durch die Einstellung der Scheibe ge- gebene Grösse vorgeschoben, sondern auch eine in der Nähe der Träger G befindliche Spiralfeder gespannt, die an dem kurzen Arm des Bewegungshebels angebracht ist. Lässt man den Knopf des Horizontalhebels frei, so zieht die Feder den Hebelarm sammt Object- halter nach unten. Der das zu schneidende Object enthaltende Paraffin- block — das Mikrotom eignet sich überhaupt nur zum Bearbeiten von Paraffinmaterial — wird in flachem Bogen gegen und über das Messer geführt, es entsteht ein Schnitt. Nur die erste Bewegung des den Mechanismus in Gang setzenden Hebels erfordert einen gewissen Kraftaufwand. Alsdann, während der Schnitt entsteht, schlägt der Hebel von selbst zurück. Will man, was sich bei besonders schwierigen Objecten manchmal empfiehlt, beim Schneiden nicht die volle Federkraft wirken lassen, so kann diese durch entsprechendes Zurückhalten des Hebelknopfes beliebig gemildert werden. Hat man, wie das zumeist der Fall ist, nicht nöthig hierauf zu achten, so voll- zieht sich das Schneiden den Mikrotomen gegenüber, bei denen der Messerschlitten mit der Hand bewegt wird, mit einer ganz ausser- Flora 1893. 22 330 ordentlichen Schnelligkeit und, wie auch schon hier erwähnt werden soll, Genauigkeit. In Bezug auf letztere und besonders bei sehr dünnem Schneiden steht die Führung des Messerschlittens mit der Hand stets der mechanischen bedeutend nach. Zwei am Kopfe des Instrumentes angebrachte Pfeiler tragen das im Querschnitt die Form eines gleichschenkligen Dreiecks besitzende Messer (m). Dieses wird in ein Lager geschoben und durch zwei Schrauben so gegen ein Lederpolister gepresst, dass seine dem Object- halter zugekehrte Seite eine vertikale oder etwas gegen den Halter geneigte Fläche bildet. Ausser dem für das Mikrotom speciell angefertigten und mit dem zum Abziehen nothwendigen Stiel versehenen Messer lassen sich auch gewöhnliche Rasirmesser — sie dürfen in Folge des Schliffes nicht federn — benützen. Ein englisches Messer, das sich nach meinen Erfahrungen sehr gut und für manche Zwecke sogar noch besser als das speciell angefertigte eignet, kann ebenfalls von Herrn Jung be- zogen werden. Für die Orientirung des Objectes ist eine Vorrichtung vortheilhaft, mit der in neuester Zeit die Jung’schen Mikrotome versehen werden. Die Darmsaite, welche den Bewegungshebel anzieht, ist nicht an einer festsitzenden Schraube (v), sondern an einem auf dem langen Arın des Bewegungshebels verschiebbaren und durch Schrauben festzu- stellenden Metallklotz befestigt, sie läuft nach diesem hin in einer zweiten bei v angebrachten Führungsrolle. Somit hat man es in der Hand, den Bewegungshebel in seinem Tiefgang beliebig zu be- schränken, ‚Der Objecthalter macht den kurzen Arm des Bewegungshebels aus. Auf einen ceylindrischen Ansatz des letzteren lässt er sich auf- stecken (bei 0) und sowohl in horizontaler Richtung verschieben, als auch um seine eigene Achse drehen. Die Horizontalverschiebung ist eine Art grobe Einstellung, durch die das Objeet dem Messer thun- lichst nahe gebracht wird; es lässt: sich die feine unter Benützung des Kopfes der Mikrometerschraube vornehmen. Durch die Drehung um die Achse kann dem Object der Messerschneide gegenüber eine be- stimmte Tage gegeben werden. Die Bewegbarkeit endlich um zwei weitere Achsen gestattet, das Object in den hier vorzugsweise in Be- tracht kommenden Richtungen zu orientiren. Die Fixirung übernehmen die Schrauben n—n2. Zum Befestigen der eingeschmolzenen Objecte bedient man sich kleiner gerifter Platten oder Näpfchen, von denen jedem Instrument 331 eine Anzahl beigegeben werden. Ich habe ausschliesslich die letzteren benützt und finde sie, im Hinblick auf einen schnellen Wechsel des zu bearbeitenden Materials, besonders dann recht bequem, wenn man aus ihnen einen etwa 1 cm hohen Paraffinblock hervorragen lässt, dem dann mittelst heissem Draht die kleinen, das Objeet enthaltenden Paraffinstückehen aufgeschmolzen werden. Derartige Paraffinblöcke sind leicht durch Einzwängen oder Einsetzen in flüssiges Paraffin in dem Näpfchen zu befestigen. Nachdem das Paraffın genügend erhärtet ist, kann mit dem Schneiden begonnen werden. Zuvor dreht man die Mikrometerschraube so zurück, dass die Schraubenmutter, auf welcher der Führungshebel lagert (M), den tiefsten Stand erhält. Der Objecthalter ist dann am weitesten von dem Messer entfernt. Dann legt man den Horizontalhebel vermittelst einer in der Nähe seines Knopfes angebrachten Fixirvorrichtung an den Haltestift fest. Der Objecthalter nimmt jetzt seine höchste Stellung ein. Das mit dem zu schneidenden Object versehene Näpfchen wird in ihn ein- geschraubt und der Objecthalter auf seinen eylindrischen Ansatz so zurückgesetzt, dass das Object enthaltende Paraffinstückchen beim Niedergang des Hebels das Messer noch nicht berührt. Man schneidet nun das Paraffinstückchen durch zwei Parallelschnitte so zurecht, dass die entstehenden Kanten mit der Messerschneide parallel verlaufen. Dann lässt man durch Freigeben des fixirten Knopfes den Bewegungs- hebel nieder und beschränkt ihn unter Versetzen des auf ihm laufenden Metallklotzes derart in seinem Gang, dass die obere Kante des zu schneidenden Paraffinstückehens bei tiefstem Stand des Objeetträgers sich etwas unter der Messerschneide befindet. In einer derartigen Lage hat man an der Messerfläche einigen Anhalt für die Orientirung des zu schneidenden Pflanzentheils. Unter Benützung der Drehungsvorrichtungen in den beiden Ebenen wird dieser in die geeignete Lage gebracht. Um sich von einer solchen, insoweit sie an dem durchscheinenden Object zu verfolgen ist, über- zeugen zu können, erweist ‘es sich oft zweckmässig, das Object durch geeignete Hebelführung über die Messerschneide zu heben und hier von vornen und von der Seite zu betrachten. Will man, um dies mit Ruhe thun zu können, den Hebel zeitweilig fixiren, so leistet hierbei der auf dem Bewegungshebel versetzbare Metallklotz gute Dienste. Der Hebel lässt sich in jeder Lage stellen. Schliesslich erfolge die Fixirung des Objectes durch die Schrau- ben nı —n2. 22% 332 Im Vergleich mit den Objecthaltern anderer Mikrotome und be- sonders den complieirteren theueren, muss die Einstellvorrichtung an unserem Instrument als eine recht einfache bezeichnet werden. Dessen- ungeachtet reicht man mit ihr, wie wir noch sehen werden, in der Mehrzahl der Fälle nicht nur vollständig aus, es erweist sich sogar hier, wo die Orientirung des Objectes im Grossen und Ganzen weniger bequem auszuführen ist als bei der Einspannung in Mikrotome mit horizontalem Messer, das Vermeiden aller nicht unumgänglich noth- wendigen Schrauben und Zahnräder von Vortheil. Dass das Object die geeignete Lage zur Messerschneide hat, die ihm schon gelegentlich des Beschneidens des Paraffins durch geeignete Drehung des Objecthalters an dem Ansatz zu geben ist, wurde voraus- gesetzt. Die Lage ist keineswegs gleichgültig. Im Allgemeinen lässt sich als Regel aufstellen, dass aus Gründen, denen wir noch näher- zutreten haben, Objecte mit ungleich grossen Achsen so zu orientiren sind, dass die kleinere senkrecht, die grössere parallel zur Messer- schneide verläuft. Mit Abschluss der ÖOrientirung werde der Objectträger auf dem Metallansatz möglichst nahe an das Messer geschoben und fixirt. Dann lasse man die Hebel so spielen, dass die demnächstige Schnitt- fläche knapp über die Messerschneide gehoben und wieder gesenkt wird. Bei dieser Gelegenheit werde unter Benützung des linopfes der Mikrometerschraube das Object langsam und zwar so gegen das Messer vorgeschoben, da&s dieses noch nicht anschneidet, ein An- schneiden aber alsbald zu erwarten ist. Eine zu ausgiebige Benützung der Schraube, die dazu führen könnte, dass man während des Schneidens eine Serie abbrechen und die Schraube zurückdrehen muss, ist, wie das leicht bei richtiger Handhabung der oben als die grobe be- zeichneten Einstellung geschehen kann, zu vermeiden. Nun schreite man zur Wahl der Schnittdieke, Abhängig ist eine solche einerseits von ’der Zellgrösse des zu schneidenden Pflanzen- theils, anderseits von dessen Festigkeitsverhältsverhältnissen, sei es nun, dass diese durch gewisse Zellformen, sei es, dass sie durch die Einwirkung der beim Einbetten verwendeten Substanzen bedingt sind. In Bezug auf ersteren Punkt ist zu erwähnen, dass grosszellige Objeete bei sehr dünnem Schneiden leicht zerreissen. Man erhält Theilstücke, welche anatomische Einzelheiten — wie die Gefässbündel — recht gut geben, ein Uebersichtsbild aber natürlich nicht ersetzen können. Ein ähnlicher Gewebeausfall ist aber auch nicht selten für festere Pflanzentheile, bei denen ein recht dünnes Schneiden- oft 333 erwünscht wäre, zu beklagen. Geht man anderseits hier ‚über die ge- eignete Schnittdicke hinaus, so rollen sich die Schnitte leicht. Die Herstellung eines Schnittbandes wird vereitelt. In dieser Hinsicht das Richtige zu treffen, ist Sache der Uebung. Auf die Herstellung von Schnittbändern wird man aber bei unserem Mikrotom im Grossen und Ganzen nicht verzichten wollen und zwar der Unbequenmlichkeit der Abnahme von Einzelschnitten halber auch in den Fällen, in denen auf die Anfertigung einer vollständigen Serie kein Werth gelegt wird. Sollte Neigung zum Rollen vorhanden sein, so ist dieser bei der Herstellung schon des ersten Schnittes durch geeignete Handhabung einer gekrümmten Nadel an der Messerschneide entgegenzutreten. Ist das Band einmal angefangen, so hat man ein weiteres Eingreifen meist nicht mehr nöthig. Ferner wird das Rollen auch häufig durch Ab- wischen des Messers mittelst eines mit absolutem Alkohol befeuchteten Tuches verhindert. Es ist das Anhaften von Paraffın an dem be- " treffenden Theile des Messers stets zu verhüten. Auf weitere Einzelheiten kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Sind Objeet und Schnittdicke die für den betreffenden Fall an- gezeigten, so hat man während des Schneidens höchstens noch darauf zu achten, dass sich das Schnittband nicht am Messerrücken staucht, dass es vertical hinabgleitet. Sehr bequem und für grössere Serien oft unentbehrlich ist eine auf Bestellung an dem Mikrotom angebrachte Vorrichtung, welche den Zweck hat, den „Bandwurm“ dem Messer abzunehmen und gut zu erhalten. Diese Vorrichtung besteht aus einem endlosen Band, das auf Rollen an einer langen, horizontal an den Messerträgern befestigten Stange läuft. Das Band wird durch die nahe dem Messer angebrachte Rolle bewegt, in die ein Zahnrad eingreift, das seinerseits von einem Hebel gedreht wird, der an der Bodenplatte befestigt ist. Dieser Hebel liegt zwischen den Trägern G, es sitzt ihm eine verstellbare Stange auf, die an dem Bewegungs- hebel C anstösst.!) Je nach der Einstellung erfolgt der Stoss früher oder später. Der Bandhebel wird stärker oder schwächer hinabgedrückt und Zahnrad sowie Kette dementsprechend gedreht. Die hievon ab- -hängige Schnelligkeit der Bewegung des endlosen Bandes muss, was nach wenigen Versuchen leicht gelingt, in Uebereinstimmung mit der 1) Augenblicklich arbeitet Herr Jung an einer mechanischen Verbesserung dieser Construction, auf die näher einzugehen ich mir hier versagen muss, Ich ver- weise daher auf den später erscheinenden Katalog. 334 Schnittgrösse gebracht werden. Ist dies geschehen, so nimmt das unter dem Messerrücken laufende Band diesem den „Bandwurm“ sofort ab und führt ihn, ohne ihn zu zerreissen, bis zum anderen Ende der Stange. Nun muss mit dem Schneiden eingehalten werden. Das ebenso bequem wie sicher liegende Schnittband wird jetzt mittelst einer kleinen, spitzen Scheere in Theilstücke zerlegt, deren Länge von der Grösse der mit dem Klebemittel bestrichenen Fläche des Objectträgers abhängt. Zur Uebertragung bediene man sich einer Pincette. Das Auflegen werde langsam’ derart vorgenommen, dass an dem Theil- stück ein Schnitt nach dem andern aufklebt. Schwache, manchmal nicht zu vermeidende Falten des Bandes lassen sich, zumal wenn man dieses vorsichtig anzieht, oft hierdurch beseitigen. Bei dem überaus reichen Schnittmaterial wird man meist nicht alle Schnitte, sondern nur denjenigen Theil aufkleben, der für die Untersuchung das meiste Interesse hat. Bei einiger Uebung lässt sich ' schon durch die Beobachtung mit der Lupe das Ungeeignete aussondern. Für Längsschnittserien durch den Vegetationspunkt beispielsweise, geben die zunächst geschnittenen Blätter Anhaltspunkte in dieser Richtung. Später, mit dem Anschneiden der Achse, wird die Prüfung mikroskopisch vorgenommen werden müssen. Einzelne Glieder des „Bandwurms“ sind in Terpentinöl zu untersuchen. Man gehe auf diese Weise vorsichtig bis zu demjenigen Schnitt vor, der den Beginn der Serie als wünschenswerth erscheinen lässt und verfährt dann wie oben angegeben wurde. Wird, wie das beim Querschneiden jugendlicher Pflanzentheile oft zutrifft, auf die Herstellung einer derartigen Serie kein Werth ge- legt, so ist es doch oft erwünscht, die Schnitte in bestimmten Ab- ständen zur eingehenden Untersuchung aufzubewahren. Man nehme dann den 5., 10. oder 15, Schnitt aus dem Bande heraus. Je nach Bedürfniss — wenn in Hinblick auf den Bau bestimmter Stellen des Pflanzentheils (Insertionsstellen der Blätter) ein eingehenderes Studium angezeigt ist — kann dieses Verhältniss beliebig geändert oder auch wohl gar zu einer geschlossenen Serie (Scheitel des Vegetationspunktes) übergegangen werden. Wird mit dem Schneiden des in Bearbeitung befindlichen Objeetes längere Zeit eingehalten, so kommt es, so Vorzügliches das Mikrotom sonst leistet, doch vor, dass der erste Schnitt missräth., Wo auf diesen Werth gelegt wird, hat man somit die Prüfung und das Auf- kleben des Schnittmaterials zu beschleunigen. Zweckmässig ist es 335 auch, das Schneiden nach Entnahme nur eines Theils des „Band- wurms* von dem endlosen Band fortzusetzen. Muss das Arbeiten unterbrochen werden, weil die Mutter der Mikrometerschraube den höchsten Stand erreicht hat, so ist dies noch unangenehmer. Das Zurückdrehen der Schraube und die Versetzung des Objecthalters bedingen, wird beides nicht mit grösster Vorsicht vorgenommen, ebenfalls leicht Schnittverlust. Bei der beträchtlichen Ganghöhe der Schraube wird, verfährt man gleich beim ersten Ein- stellen mit der nöthigen Vorsicht, ein Herabschrauben allerdings nur selten, bei äusserst umfangreichen Serien, nothwendig sein. In diesen wenigen Fällen schreite man schon früher, zü einer Zeit zu dem Zurückdrehen, in der im Hinblick auf die betreffende Stelle des Ob- jectes das Ausfallen eines Schnittes von verhältnissmässig geringer Bedeutung ist. Der Bau des Instrumentes bedingt, dass das Object in flachem Bogen gegen und über das Messer geführt wird. Die Schnitte sind somit nicht eben, sondern Theile eines Cylindermantels. Da dessen Radius, wie sich aus der Entfernung der Achse des Bewegungs- hebels von dem Messer ergibt, kein sehr bedeutender ist, so kann die Abweichung von der planen Ebene nicht so ohne Weiteres ver- nachlässigt werden. Wir haben somit in dem zweiten Theile dieses Auf- satzes zu prüfen, inwieweit ein derartiger Fehler von praktischer Bedeutung ist. Da derselbe mit zunehmender Grösse der Schnittfläche sich bemerkbarer machen muss, so wird festzustellen sein, wie weit man in Bezug auf eine solche gehen darf. Das Schneiden in ge- krümmter Ebene läuft auf schiefes Schneiden bestimmter Stellen der zu bearbeitenden Pflanzentheile hinaus. Diesem gegenüber sind aber kleine, polygonale Zellformen, und besonders stark verdickte mit Membrandifferenzirung, empfindlicher, als grosszellige runde und der Differenzirung entbehrende. Der histologische Bau ist somit hier eben- falls zu berücksichtigen. Ferner kommt die Orientirung des Objectes dem Messer gegenüber in Betracht. Eine Längsschnittserie durch die Sprossspitze beispielsweise, die bei verticaler Lage des Objectes ganz oder zum Theil unbrauchbare Bilder liefern würde, kann bei hori- zontaler, zum mindesten in Bezug auf die Achse selbst, auf die es vorzugsweise ankommt, durchaus befriedigend ausfallen. Aehnlich ver- hält es sich mit dünnen und langen Blattausschnitten, die natürlich mit der langen Kante parallel zur Messerschneide gerichtet werden müssen. Weitere Details sind in dem zweiten Theile dieses Aufsatzes zu geben. Daselbst wird auch unter Bezugnahme auf das verschieden- | 336 artigste Material die jeweilig geeignete Schnittdicke, die ja nach dem schon Gesagten für den Ausfall der Schnittserie entscheidend sein kann, festzustellen und vor allem auch zu untersuchen sein, inwieweit man verhältnissmässig feste Pflanzentheile erfolgreich mit dem beschriebenen Mikrotom zu verarbeiten im Stande ist. Das untersuchte Pflanzenmaterial. I. Querschnitte und Querschnittserien. Weiche Stammtheile. 1. Phlox paniculata L. Sprossspitze. Für die sichere Orientirung des Objectes — dasselbe war Icm lang — genügt der einfache Öbjecthalter vollständig. Mit dem Schneiden wurde an basalen Theilen begonnen und von hier nach dem Scheitel des Vegetationspunktes fortgefahren. Bei der Kleinzelligkeit des Ob- jeetes ist sehr dünnes Schneiden angezeigt. Hierbei stellte sich heraus, dass das Instrument bei scharfem Messer und richtigem Härteverhältniss des Paraffins zur Lufttemperatur noch die Entnahme von Schnitten von 11 mit ziemlicher Sicherheit gestattet. Nur verhältnissmässig selten fand ein Schnittausfall, eingeleitet durch starkes Fälteln, wozu derartig dünne Schnitte überhaupt Neigung zeigen, statt. Das histologische Bild war in Bezug auf einzelne Details, wie Gefässbündel etc., vor- züglich, als Uebersichtsbild indessen nicht zu verwenden, weil bei so dünnem Schneiden fast stets ein Gewebeausfall stattfindet. Bei der Einstellung auf 2j. ist dieser sowohl wie das Faltenschlagen ver- mieden. Das Instrument arbeitet alsdann mit einer erstaunlichen Sicherheit. Ein Schnittausfall ist bei nur einiger Aufmerksamkeit nicht zu beklagen. Die Schnittbänder sind tadellos. Das Object wird in kürzester Zeit in Einzelschnitte zerlegt. Auch bei einer Schnittdicke bis zu 5jr — die Bilder sind hier ebenfalls ganz vorzügliche — ist das Mikrotom in seiner Leistungs- fähigkeit noch nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus (10—15 x) tritt Abnahme einer solchen insofern ein, als die Einzelschnitte sich mehr und mehr zu rollen beginnen. Dies liegt — Paraffinklötze ohne Object zeigen die Erscheinung nicht — an letzterem und dürfte in Span- nungen der ausgetrockneten Pflanzentheile, die sich mit zunehmender Schnittdieke bemerkbarer machen, begründet sein. Mit der Neigung zum Rollen wird die Herstellung eines Schnitt- bandes gefährdet, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Wo es auf ein solches ankommt, leistet unter Umständen das Reinigen des Messers 337 mit absolutem Alkohol, vor allem aber.das Befeuchten der Schnitt- fläche des Objectes, gute Dienste. Ein aufgegebener, vor dem Schneiden wieder zu beseitigender Wassertropfen bewirkt nicht selten, dass das Rollen wenigstens für gewisse Strecken des Objectes vollständig aufhört. Dass die Schnitte keine planen sein können, geht aus dem schon früher Gesagten hervor. Bei einer Schnittfläche des Objectes, die, wie die vorliegende, nicht wesentlich mehr wie 1 qmm beträgt, macht sich indessen, wie die directe Beobachtung unter dem Mikroskop ergibt, ein derartiger Fehler so gut wie nicht bemerkbar. Der oben besprochenen Pflanze in jeder Hinsicht ähnlich ver- halten sich Tamus communis L. und Lysimachia ciliata L. Gehen wir jetzt zu Stammtheilen über, die tiefer, etwa 2—5 cm unter dem Vegetationspunkte der Pflanze, entnommen wurden. 2. Vitis vinifera L. ‘ Die für das Object geeignetste Schnittdicke ist 5. Ohne dass ein Gewebeausfall stattfindet, kann man indessen auch bis zu 3 herabgehen. In einem wie im anderen Falle erhält man tadellose Schnittbänder. Dicke Schnitte (15—20 x) zeigen hier weniger Neigung zum Rollen. Das gleiche gilt von Strobilanthes Sabiniana Nees und Hippuris vulgaris L. Von letzterer Pflanze haben Schnitte von 3g. zwar noch keinen Gewebeausfall, der grossen Luftgänge und der hiermit in Zusammenhang stehenden verminderten Festigkeit halber findet indessen leicht eine die Schönheit des Präparats vermindernde Ver- schiebung des Rindengewebes statt. Schnitte von 5 sind somit vorzuziehen. Für das Studium des Details, etwa des Gefässbündels, eignen ‚sich Schnitte von 11 vortrefflich. Den Vorzügen solch ideal dünner Schnitte, die sich mit Mikro- tomen, deren Messerschlitten mit der Hand geführt wird, kaum oder zum Mindesten nicht so sicher herstellen lassen, stehen nun auch gewisse Nachtheile gegenüber. Eine Anzahl Objecte, darunter be- sonders solche, welche nicht mehr aus embryonalem Gewebe bestehen, schrumpfen mit ‚den Einlegen in Paraffin mehr oder weniger. Dass sich durch Einbringen des losen Schnittmaterials in Wasser die Schrumpfungen grossentheils beseitigen lassen, dass hiedurch die Gewebe das Aussehen von völlig turgescenten erhalten, hatte ich an anderer Stelle beschrieben.!) Ideal dünne Schnitte, wie die oben 1) L. Koch, Mikrotechnische Mittheilungen I. Pringsheim’s Jahrbücher für wissensch. Botanik Bd. XXIV pag. 14. 338 erwähnten, vertragen nun nicht selten die dort angegebene Behandlung nicht, sie klappen bei der Ueberführung aus Alkohol in Wasser zu- sammen und sind dann meist verloren. Klebt man anderseits das Schnittmaterial mit Collodium-Nelkenöl auf, so verzichtet man auf eine Beseitigung der Schrumpfung. Ich versuchte somit, inwieweit man mit wasserhaltigen Klebemitteln ein besseres Resultat er- zielen könnte. Den meisten Erfolg schien mir das von Gravis!) empfohlene Fixativ zu versprechen.?) Von diesem bringt man einige Tropfen auf den Objectträger, gibt die Schnitte auf und erwärmt schwach, so, dass das Paraffin weich wird aber nicht schmilzt. Nach Wegnahme der überschüssigen Flüssigkeit mittelst Fliesspapier lässt man eintrocknen und kann dann mit Terpentinöl, Alkohol und alko- holigen Farbstofflösungen weiter behandeln. Vorzüge des Klebemittels sollen sein: sehr geringe Neigung des Häutchens sich zu färben, glattes Auflegen der gefältelten oder gar gerollten Schnitte und Zurück- führen der Zellen zur ursprünglichen Form uud Grösse. Ersteres fand ich nun thatsächlich bestätigt, in Bezug auf letzteren Punkt dagegen leistete das Fixatit keineswegs Befriedigendes. Wenn auch ganz schwache Schrumpfungen unter Umständen schwinden, so ist dies bei irgendwie stärkeren nicht der Fall. "Das in den Zellen vorhandene Paraffin verhindert selbst in weichem Zustande eine ausgiebigere Ausdehnung der Zellwände. Hieran wird auch nichts geändert, wenn man so stark erwärmt, dass das Paraffin schmilzt. Es scheint, dass letzteres im flüssigen Zustande die Aufnahme von Wasser seitens der Zellwände verhindert. Zudem wird nicht selten durch ein derartiges Verfahren das Präparat direct geschädigt. Ferner besitzt das Klebemittel den Nachtheil, dass es sich in Wasser löst, die Behandlung der Schnitte mit wässerigen Farbstoff- lösungen, welche so häufig angezeigt ist, somit nicht erlaubt. Wenn man nun auch durch Aufgeben einer Collodiumlösung auf die ein- getrockneten Schnitte diesem Nachtheil entgegentreten kann,?) so ist, ganz abgesehen von der Umständlichkeit der Combinirung zweier % 1) A. Gravis, L’Agar-Agar comme fixatif des coupes microtomiques. Bull. d. 1. Socidte belge de microsceopie V, 1889, pag. 72. Ref. bot. Centralblatt, 1890, pag. 13. 2) 1/,g Agar-Agar mit 500g destillirten Wasser behandelt, nach einigen Stunden erwärmt, bis eine gleichmässige Vertheilung der Substanz eintritt und dann durch ein feines Tuch filtrirt. 3) Zimmermann, die botanische Mikrotechnik pag. 38. 339 Klebeverfahren, es misslich, dass man mit einer Doppelhaut zu thun bekommt, die bei ihrer Dicke, und weil sie die Schnitte jetzt völlig einhüllt, ein bequemes Färben und Auswaschen erschwert. Die Sicherheit des Verfahrens wird besonders in Bezug auf die Wegnahme über- schüssigen Farbstoffes (Differenzirung) eine geringere. Es wäre somit ein Klebemittel zu suchen, das zwar wasser- haltig, aber in kaltem Wasser unlöslich ist, und das — hierauf kommt es vor allem an — die Beseitigung der Schrumpfung der Schnitte unschwer gestattet. Glycerin-Gelatine besitzt diese Vor- züge. Ich bediente mich bei meinen Versuchen bis jetzt der Kaiser’schen,!) die sieh folgendermaassen verwenden lässt: Von der Gelatine bringe man ein Stückchen von der Grösse eines Stecknadelkopfes auf. den gut gereinigten Objectträger, gebe 1-2 Tropfen Wasser zu und erwärme leicht. Die Gelatine schmilzt bald und lässt sich mittelst Nadel gleichmässig im Wasser ver- theilen. Bei dieser Gelegenheit bewirke man, dass sich die Flüssigkeit auf dem Objectträger genügend und in Uebereinstimmung mit Zahl und Grösse der aufzusetzenden Schnitte ausbreitet. Mit Zunahme der Zahl soleher muss — wir werden uns hiermit noch zu beschäftigen haben — die Flüssigkeitsschicht eine ziemlich dünne sein. Für wenige oder gar Einzelschnitte, die uns hier zunächst interessiren, kommt es auf die Flüssigkeitsmenge so genau nicht an. Auf den so vorbereiteten Objectträger bringt man das Schnitt- material und erwärmt leicht über einer kleinen Flamme. Hierbei soll das Paraffın nur weich werden, es darf keinesfalls schmelzen. Nach dem Erkalten kann unter Benützung schwacher Objectiv- systeme eine Musterung der Schnitte vorgenommen, untaugliches be- seitigt und der Rest in eine Reihe geordnet werden. Dann lässt man unter vorsichtigem Neigen des Objectträgers den überflüssigen Kleb- stoff ablaufen. Das Zurückbleibende genügt zur Herstellung eines Häutchens von vollständig ausreichender Klebkraft. Ein möglichst dünnes derartiges Häutchen ist nun erwünscht, weil mit zunehmender Dicke die Neigung, Farbstoffe in sich aufzuspeichern, beträchtlich wächst. War nach meinen Erfahrungen diese Neigung für Anilin- farben auch nur eine geringe, so ist dies weitaus weniger der Fall 1) E. Kaiser, Botanisches Centralblatt Bd. I, pag. 25. Ein Gewichtstheil feinster französischer Gelatine in 6 Gewichtstheilen destillirten Wassers eingeweicht, 7 Gewth. reines Glycerin und auf je 100g der Mischung 1g cone. Carbolsäure. Das Ganze 10—15 Minuten unter Umrühren und bis die Flocken schwinden er- wärmt und durch Glaswolle filtrirt. 340 für Hämatoxylin und im Allgemeinen für Farbstoffe mit Beizen. Nur ein sehr dünnes Klebhäutchen schützt hier vor unangenehmen Erfahrungen. Aus diesem Grunde empfiehlt: es sich auch, den jetzt vorzu- nehmenden Austrocknungsprocess nicht etwa sofort, unter Wegfall der. oben beschriebenen Beseitigung des überflüssigen Klebstoffes — etwa durch Verdunstung der Gesammtmenge des letzteren — vor sich gehen zu lassen. Eine derartige allerdings bequemere Methode würde zudem weit mehr Zeit in Anspruch nehmen. Nach 2—3 Stunden sind die Schnitte gewöhnlich genügend aus- getrocknet. Vorsicht ist hier insofern geboten, als man nur Material, von dem man völlig überzeugt ist, dass das Klebehäutehen entsprechend erstarrt war, mit den noch anzugebenden Reagentien behandeln darf. Andernfalls schwimmen schon bei dem Aufgeben von Alkohol die Schnitte ab. Vollständig trockene Schnitte vertragen die Behandlung mit Ter- pentinöl, absolutem Alkohol, Wasser und den entsprechenden Farb- stofflösungen. Eine Loslösung von dem Objectträger ist mir nie vorgekommen. In Bezug auf die Beseitigung der Schrumpfung sind die Resultate zunächst gleich denjenigen bei Benützung des Gravis’schen Fixativs. Auch hier hindert das Paraffin die Ausdehnung der Zellwände, Erst nach Beseitigung der Einschmelzmasse durch Terpentinöl und der Verdrängung des letzteren durch absoluten Alkohol kann man unter Behandlung mit Wasser daran gehen, die Schrumpfung aufzuheben. Dies geschieht unter Erwärmen. Man lasse von dem Wasser nur eine dünne Schicht auf dem Object- träger und bewege diesen vorsichtig über einer kleinen Flamme. Bemerkt man, dass die Schnitte sich eben loszulösen beginnen, so halte man sofort mit dem Erwärmen ein. Die vollständige Loslösung geht dann ganz allmählich vor sich! Man vermeide hierbei jede Er- schütterung. Am besten bringt man den Objectträger alsbald unter eine Glasglocke, woselbst man die Schnitte zum zweiten Mal aus- trocknen lässt. Selbst bei geringen Flüssigkeitsmengen, deren Ueber- schuss man dieses Mal nicht durch Ablaufenlassen beseitigen darf, fand das Schnittmaterial jetzt, da das hindernde Paraffin beseitigt ist, Gelegenheit, aufzuquellen. Fntscheidend für das Gelingen ist vor allem, dass man verhindert, dass die eben aufquellenden und dann sehr empfindlichen Schnitte sich verschieben, Diese sollen sich allmählich loslösen, auf die dünne 341 Flüssigkeitsschicht erheben und mit deren Verdunstung wieder an gleicher Stelle festkleben. Bei einiger Uebung ist das leicht zu er- reichen. Leichter und sicherer als bei der Benutzung von Agar-Agar, bei der die Loslösung unter Wasser nicht gleichzeitig zu erfolgen pflegt. Der eine Schnitt erhebt sich dann früher, der andere viel später, sie gerathen über und durcheinander. ‘Man hat es auch, was bei Glycerin-Gelatine durch vorsichtiges Erwärmen, nöthigenfalls auch durch rasche Abkühlung möglich ist, nicht in der Hand, regulirend in den Loslösungsprocess einzugreifen. Sind die Schnitte zum zweiten Mal eingetrocknet — auch hier muss die Eintrocknung eine vollständige sein —, so behandle man sie mit absolutem Alkohol, Wasser und den betreffenden Farbstofflösungen. Es ist ein Vorzug des Klebstoffes, dass das von ihm gebildete dünne Häutchen eine verhältnissmässig rasche Behandlung der Schnitte erlaubt. Schon die Beseitigung des Paraffins durch Terpentinöl er- folgt schnell, schneller als dies bei Benutzung von Collodium- Nelkenöl der.Fall ist. Achnlich verhält es sich mit dem Färben und Auswaschen. Die Flüssigkeiten wirken fast so, als hätte man es mit losem Schnittmaterial zu thun. Eine Trübung des Häutchens, die bei Collodium hie und da ein- tritt, habe ich bei Glyceringelatine nicht beobachtet, vorausgesetzt, dass man eine zu starke Erwärmung — eine solche etwa, bei der das Paraffin schmilzt — vermeidet. Trübungen, die auf einer ungenügen- den Wasserabgabe beruhen und die sich bei einer Collodiumunterlage leicht dann zeigen, wenn man nach der Behandlung mit absolutem Alkohol das ätherische Oel aufgibt, kommen nicht leicht vor. Der Glyceringelatine scheint durch Alkohol das Wasser schnell bis zu einem Grade entzogen zu werden, der das Einlegen in Harz gestattet. Schliesslich hat der Klebstoff mit Agar-Agar das gemein, dass sich faltenschlagende oder gar gerollte Schnitte entrollen und glatt auflegen. Dem Collodium-Nelkenöl kommt diese Eigenschaft nicht oder nur in geringem Maasse zu. Man hat hier stets mit der Nadel nach- zuhelfen, wobei Falten nicht immer zu verhindern sind. Zu einem Klebeverfahren, wie das oben beschriebene, wird man natürlich nur dann greifen, wenn eine Behandlung der losen Schnitte nicht möglich ist. Man versuche daher zunächst unter Herausnehmen von Einzelschnitten aus dem Schnittbande, ob man nicht mit der ein- facheren, weniger zeitraubenden Präparationsmethode?) ausreicht. 1) L. Koch, Mikrotechnische Mittheilungen I a. a. O. pag. 16. 342 3. Myriophyllum proserpinacoides Gill. Bei den bis jetzt geprüften Objecten war die Schnittfläche keine grosse. Es stellte sich heraus, dass es praktisch nicht von Bedeutung ist, dass die Schnitte keine völlig planen sind. Nun würde es sich darum handeln, ebenfalls an noch weichen Sprosstheilen zu untersuchen, ob und inwieweit ein derartiger Fehler mit zunehmender Querschnitt- grösse ins Gewicht fällt, Für Myriophyllum mit noch verhältnissmässig kleiner Schnittfläche — der Durchmesser betrug 2 mm — war das mikroskopische Bild ein völlig zufriedenstellendes. Schwierigkeiten ergaben sich nur in Bezug auf das Schneiden selbst. Infolge der Einbettung war das Object, obwohl es nur aus dünnwandigen Zellformen besteht, sehr spröde geworden. Bei diekem Schneiden (15 x) rollen sich die Schnitte stark, bei dünnem (5 1) zerknittern und zerbröckeln sie. Nur unter Be- feuchten gelingt es, gute Einzelschnitte — Schnittbänder sind nicht herstellbar — zu erhalten. . Für Objeete, bei denen es auf die vorsichtige Entnahme von Einzelschnitten ankommt, ziehe ich die Bearbeitung mit dem Thoma- schen Schlittenmikrotom vor. Dieses lässt der manuellen Geschick- lichkeit einen grösseren Spielraum. Stammtheile von Smilax, die ihren Grössenverhältnissen nach hier angeschlossen werden können, liessen sich wieder in tadellose Schnitt- bänder zerlegen. Infolge der Grosszelligkeit des Objectes wurde auf 10 x eingestellt. Indessen erhält man auch bei 15% noch vollständige Schnittbänder, ein Beweis, dass die häufiger vorkommende, für Phlox bereits erwähnte Erschwerung des Schneidens mit zunehmender Schnittdieke--durch die Beschaffenheit des Objeetes bedingt ist. 4. Apocynum androsaemifolium L. Die Schnittfläche war hier schon eine ziemlich grosse (4 mm Durchmesser). Ebensowenig wie bei Smilax wurde hierdurch die Güte des mikroskopischen Bildes wesentlich beeinträchtigt. Schnitt- bänder liessen sieh mit Leichtigkeit herstellen, sowohl bei 21, eine Dicke, welche als das Minimum für vollständige Schnitte gelten kann, als auch bei 5, der für das Object geeignetsten Schnittdicke. Bei 15 trat Neigung zum Rollen ein. 5. Nymphaea lutea L., Blattstiel. Hyaeinthus orientalis L., Blüthenstiel. | Bei der grossen Schnittfläche der vorliegenden Objecte — sie betrug etwa Igem — liess sich erwarten, dass die Abweichung von 343 dem planen Schnitte schon recht bemerkbar sein würde. Die mikro- skopische Prüfung ergab auch, dass die Präparate an bestimmten Stellen — den oberen und unteren eines in Bezug auf die Orientirung in dem ÖObjecthalter verticalen Bandes — thatsächlich ziemlich schief geschnitten waren. Bei dem quantitativen Ueberwiegen rund- licher Zellen, die optisch gegen schiefes Schneiden verhältnissmässig wenig empfindlich sind, machte sich indessen der Fehler nicht allzu auffällig geltend. Dessenungeachtet dürfte hier die Bearbeitung mit‘ dem Thoma’schen Schlittenmikrotom oder jedem anderen Instrument, das ein planes Schneiden gestattet, vorzuziehen sein. Dies empfiehlt sich auch schon desshalb, weil die Objecte, und darunter besonders Nymphaea, ziemlich brüchig sind, die Herstellung von Schnittbändern somit erschwert, wenn nicht gar unmöglich ist. Auch für Einzel- schnitte — sie verlangen bei der grosszelligen Struktur das Einstellen auf 15-—-20p — war die Behandlung der Schnittfläche mit Wasser nicht zu entbehren. Stammtheile von festerem Gefüge. 6. Bryonia dioica Jacq. Die stärker verdickten Zellen der Aussenscheide selbst jugend- licher Stammtheile bedingen schon eine bedeutendere Festigkeit. Nichtsdestoweniger liessen sich Schnittbänder (5-10) noch mit ziemlicher Sicherheit anfertigen. Das Object schneidet sich viel besser, als ein an sich weiches, das aber in Folge der Einbettung spröde geworden ist. Erhält, wie das bei älteren Stammtheilen vorkommt, die Aussenscheide diese unangenehme Eigenschaft, so ist es mit der Herstellung tadelloser Schnitte gewöhnlich vorbei. 7. Syringa vulgaris L. Winterknospe. Um das Schneiden zu ermöglichen, müssen zuvor die festen Schuppenblätter beseitigt sein. Alsdann lässt sich, besonders wenn man von Zeit zu Zeit die Schnittfläche anfeuchtet, ein ziemlich lücken- loses Band (5—10 x) herstellen. 8. Elymus giganteus Vahl. Das mit mechanischen Zellformen schon ausgiebig ausgestattete Object erfordert ebenfalls die Behandlung mit Wasser. Der Ausfall von Schnitten ist hier schon grösser, als bei Bryonia und Syringa, doch lässt sich immerhin auf Bänder von 6-8 Einzelschnitten rechnen. Die geeignetste Schnittdieke war 6%. Darüber hinaus wird das Schneiden schwieriger. 344 9. Iris florentina L. Das Object war weniger seiner Festigkeitsverhältnisse halber, als wegen seiner Sprödigkeit schwer zu Bändern zu verarbeiten. Man muss zufrieden sein, wenn man unter Beobachtung der schon mitgetheilten Vorsichtsmaassregeln, und besonders durch Verhindern des Rollens der Schnitte mittelst der Nadel Bänder von 2—3 Schnitten erhält. Diese sind zudem, was ebenfalls nicht günstig ist, dick zu nehmen (20 %). Andernfalls wird ein Gewebeausfall unvermeidlich. Direct störend wirkt hier, dass die Schnitte keine planen sind. Die gegen schiefes Schneiden an sich schon sehr empfindlichen mechanischen Zellen werden bei der verhältnissmässig grossen Schnitt- fläche (Smm Durchmesser) an Stellen des Objectes, die oben näher bezeichnet sind, stark schief getroffen. Das mikroskopische Bild kann nicht als gut bezeichnet werden. Eine Bearbeitung mit Instrumenten, welche planes Schneiden gestatten, ist jedenfalls vorzuziehen. Feste Stammtheile. 10. Secale anatolicum Boiss. Wie sich auf Grund der seitherigen Erfahrungen erwarten liess, werden mit zunehmender Festigkeit der Objecte die Schnittbänder noch unvollkommener. Nach einem oder höchstens zwei Schnitten tritt ein Ausfall ein. Ferner ist auch nicht auf völlig gleichmässige Schnittdieke zu rechnen, weil, was besonders bei dünnem Schneiden leicht vorkommt, der eine Schnitt manchmal vollständig versagt und der nächste dann um so dicker ausfällt. Bei Einstellung auf 10 bis 15% arbeitete das Instrument noch am sichersten, Die Einzelschnitte können recht schöne sein. Besonders die dünnen mit Gewebeausfall (8-10) geben oft anatomische Details, wie die Gefässbündel ganz vorzüglich. 11. Thalietrum trigynum Fisch. Besitzen die zu verarbeitenden Pflanzentheile verhältnissmässig kleine Sehnittfläche (1—1,5 mm Durchmesser), so gelingt das Schneiden von Bändern mit bis zu 5 Einzelsehnitten noch mit ziemlicher Sicherheit. Andernfalls ist das Resultat dasselbe wie bei Secale. Was die Güte der Einzelschnitte angeht, so wäre hervorzuheben, dass sich bei dem Reichthum an mechanischen Zellformen die Ab- weichung vom planen Schneiden sehr bemerkbar macht, wenn die Sehnittfläche über 2,5 mm Durchmesser hinausgeht. Dieserhalb sowohl, als weil bei Einzelschnitten, welche ein sehr vorsichtiges Schneiden 345 erfordern, ein Mikrotom, dessen Messerschlitten mit der Hand geführt wird, oft bessere Dienste leistet, ziehe ich ein derartiges Instrument vor. Das Gleiche gilt für Silaus alpestris Bess., dessen fester Stamm schon so ziemlich auf der Grenze des mit derartigen Mikrotomen überhaupt Schneidbaren steht. Wurzeln. Von Wurzeln geringer Festigkeit wurden diejenigen von Vieia Faba L. und Zea Mays L. untersucht. Bei der Verarbeitung der Wurzelspitze sowie von Theilen, die bis zu 5em unter dieser ent- nommen wurden, leistet das Mikrotom wieder sehr gute Dienste, Vorausgesetzt ist allerdings, dass die Objeete nicht — was besonders leicht bei unvorsichtigem Einbetten vorkommt -— spröde werden. Sonst wäre, zumal die grosszelligen Organe schon diekeres ‘Schneiden (10 u) erfordern, die Herstellung lückenloser Schnittbänder erschwert. Besonders bei dünnem, anatomische Details berücksichtigendem Schneiden ist man häufig genöthigt, die Schnitte aufzukleben. Das oben für Glycerin-Gelatine beschriebene Verfahren konnte hier wieder mit gutem Erfolg angewandt werden, es gestattete zudem eine schnelle und sichere Färbung der Schnitte. In Bezug auf die Haltbarkeit der Färbungen stehen mir jetzt einige Erfahrungen zu Gebote, auf die bei dieser Gelegenheit ein- zugehen vielleicht einiges Interesse hat. Was zunächst die mit Alaun- oder Boraxkarmin gefärbten Prä- parate anlangt — sie waren 2—5 Jahre alt —, so haben sie sich nahezu unverändert gehalten. Dies gilt auch hinsichtlich der Kern- färbungen, die an Intensität den Anilin- und Hämatoxylintinctionen zwar von vorneherein wesentlich nachstehen, vor diesen aber den Vorzug grösserer Beständigkeit besitzen. Die Safraninfärbung pflegt im Laufe der Zeit etwas abzublassen. Bei absichtlich schwachem Färben und ziemlich durchgängig bei Kern- tinetionen macht sich dies nicht selten unliebsam bemerkbar. Ander- seits findet man aber auch manchmal Präparate (sie waren 2 bis 3 Jahre alt), welche besonders in Bezug auf die Membranfärbung den frisch gefärbten kaum nachstehen. Die Resultate sind somit im Allgemeinen befriedigend. Bismarckbraun hat sich von allen von mir verwendeten Anilin- farben am besten gehalten. Fast durchgängig tritt die Färbung in ihrer ursprünglichen Lebhaftigkeit hervor, einerlei, ob man leicht oder intensiv gefärbt hat. Flora 1893. 23 346 Als empfindlichster Farbstoff erwies sich Hämatoxylin. Am con- stantesten war die Färbung bei bereits ausgebildeten Stamm-, Blatt- und Wurzeltheilen. Hier trat im Laufe der Zeit kaum eine nennenswerthe Farbenänderung ein. Anders verhielt es sich mit embryonalem und diesem nahe stehendem Gewebe. Dieses kann die Farbe halten, es ist aber ebensogut möglich — von meinen zahlreichen Präparaten von Vegetationspunkten wäre etwa der dritte Theil zu nennen —, dass, sogar nach verhältnissmässig kurzer Zeit, entweder eine totale Entfärbung eintritt, sei es des ganzen oder bestimmter Theile des Schnittes, oder dass nur ein mehr oder weniger störendes Abblassen stattfindet. Es hat den Anschein, als ob bestimmte Inhalts- bestandtheile der Gewebe zersetzend auf den Farbstoff einwirken. Wenn man sich nun bei der Schönheit und Bequemlichkeit der Hämatoxylinfärbung gerade für Vegetationspunkte hierdurch kaum abhalten lassen wird, den Farbstoff zu benützen, so verdient seine relative Unbeständigkeit doch immerhin Berücksichtigung. Eingelegt war der grösste Theil der Schnitte in Dammar-Xylol- lösung, Gummi-essigsaures Kali und Glycerin-Gelatine. Letzteres Einschlussmedium, über dessen Haltbarkeit ich schon bei anderer Gelegenheit!) zu klagen Anlass hatte, zeigte sich auch für die Folge wenig befriedigend. Zudem ist besonders bei dünn- wandigem Gewebe die Aufhellung mit der Zeit eine so bedeutende, dass man schon dieserhalb besser von der Verwendung absieht. Ausgezeichnetes leistet dagegen sowohl bei dünnwandigen Objecten, als auch bei solchen von festerer Struktur Gummi-essigsaures Kali, die für Anilinfarben geeignete Hoyer’sche Lösung. Vier Jahre alte Präparate — es waren ungefärbte — sind fast noch schöner, als die eben eingelegten. Wahrscheinlich unter dem Einfluss des essigsauren Salzes — Gummilösung mit Glycerinzusatz verhielt sich wie die Glycerin- Gelatine — heben sieh die anatomischen Details sehr gut hervor. Ich kann das Einschlussmedium gerade für ungefärbte ausgebildete oder der Ausbildung nahe stehende Pflanzentheile nur empfehlen. Minder elegant, aber für Untersuchungszwecke völlig brauchbar, erhält sich embryonales Gewebe, Auch für gefärbte Schnitte (mit Ausschluss der Carmin- und Hämatoxylinfärbungen) bewährte sich das Einschlussmedium,. Hierfür wurde es allerdings selten und nur in den Fällen verwendet, in denen ein feuchter Einschluss angezeigt war. 1) Mikrotechnische Mittheilungen a. a. O. pag. 23 ff, 347 Trübungen des Einschlussmittels habe ich selbst an den ältesten Präparaten nicht beobachtet. Von sonstigen Unzuträglichkeiten ist über das Eintreten von Luftblasen unter das Deckglas zu berichten. Dies geschah aber nur bei sehr dieken Sehnitten (30—40 1) und ist leicht zu verhindern, wenn man in der ersten Zeit, während des Ein- trocknens der Einschlussflüssigkeit, von dieser einige Tropfen an den Rand des Deckglases gibt. Ein Lackverschluss erwies sich als unnöthig. Das Einlegen mit Anilin, Carmin und Hämatoxylin gefärbter Schnitte in ein wasserfreies Einschlussmedium wurde am häufigsten vorgenommen. Die hierfür fast ausschliesslich benutzte Dammar- Terpentinöl-Xylollösung hat sich ebenfalls vollständig bewährt. Irgend- welche störende Ausscheidungen oder gar Trübungen habe ich selbst an 5 Jahren alten Präparaten nicht bemerkt. Wurzeln von festerem Gefüge schneiden sich je nach ihrer Härte wieder weniger gut. Von den mit mechanischen Zellen schon ziem- lich reich ausgestatteten älteren Wurzeltheilen von Sonchus uliginosus Bieb. liessen sich indessen noch leicht lückenlose Schnittbänder anfertigen. Etwas schwieriger war die Bearbeitung der Wurzel von Iris pallida Lam., weil hier beim Ansetzen des Messers an die Endo- dermis das centrale feste Gefässbündel leicht aus dem weicheren Grundgewebe ausreisst und sich zusammenrollt. Vollständige Bänder erhält man gewöhnlich auch dann nicht, wenn man die Schnittfläche anfeuchtet. Das Ausreissen wird aber meist verhindert, die Einzel- ' schnitte fallen sehr schön aus. Blätter. Die weicheren Blätter verhalten sich wie jugendliche Stamm- und Wurzeltheile. Bei 2—5 gr Schnittdicke — Cycelamen europaeum L. wurde hierauf geprüft — sind die Bänder wieder tadellose. . Das Object verträgt derartig dünnes Schneiden, wie es mit dem Thoma’schen Mikrotom — hier waren 5p so ziemlich das Minimum des Erreich- baren — kaum, jedenfalls aber nicht mit der Sicherheit und Schnellig- keit möglich gewesen wäre, sehr gut. Von den Blättern wurden Ausschnitte von 1 cm Breite verarbeitet. Bei derartigen Grössenverhältnissen würde eine verticale oder ähnliche Orientirung des Objectes zu schiefen zum Theil völlig unbrauchbaren Schnitten führen. Man hat desshalb die Einspannung in den Object- halter vertical, also so vorzunehmen, dass die lange Kante des Blatt- ausschnittes parallel mit der Schneide des Messers vorläuft. Alsdann sind die Schnitte selbst durch die dicksten Blätter vorzüglich. . 23*+ 348 Die lose Behandlung auf dem Objectträger vertragen die dünnen und langen Schnitte am wenigsten. Bei der Ueberführung aus Alkohol in Wasser klappen sie sehr leicht zusammen. Ein Klebe- verfahren, das, wie das oben beschriebene, das Aufquellen gestattet, ist gerade hier von grossem Werth. Blätter von festerem Gefüge, wie die nachstehenden, sind weniger empfindlich. Das Aufkleben ist dann nur selten erforderlich. 12. Nerium OleanderL., Camellia japonica L. und Olivia nobilis Lind]. Schnittbänder gelingen besonders bei den beiden ersteren Pflanzen noch mit ziemlicher Sicherheit. Clivia, ein etwas spröd gewordenes Objeet, schneidet sich schon schwerer. Wie bei allen festeren Pflanzen- theilen, ist nicht ausgeschlossen, dass einmal ein Schnitt versagt und der nächste dann um so dicker ausfällt. Nerium Oleander wurde bei 3—5 gr, die beiden anderen Öbjecte bei 10--12 Schnittdicke be- arbeitet. Die Einzelschnitte waren sehr schöne, 13. Typha latifolia L., Bromelia antiacantha Bert. und Hohen- bergia strobilacea Schult. Die Prüfung ergab insofern kein übereinstimmendes Resultat, als sich von Typha noch recht gut Schnittbänder herstellen liessen (3—5 p), besser fast, als bei den Pflanzen der letztgenannten Gruppe, während Bromelia und Hohenbergia, die nicht sehr viel fester sind. schon so ziemlich auf der Grenze des mit unserem Instrument Schneidbaren stehen. Die Sprödigkeit der Objecte spielt auch hier eine Rolle. Einzelsehnitte, die, wenn sie vollständig ausfallen sollen, diek (20-25) genonmen werden müssen, verlangen schon eine sehr aufmerksame Behandlung. Wo eine solche nothwendig ist, ziehe ich das Thoma sche Schlittenmikrotom vor. Blüthenblätter, Sexualorgane. 14. Cyclamen europaeum L., Tulipa Gesneriana L., Fuchsia hybr. Das Instrument leistet hier wieder Vorzügliches. Ohne den Aus- fall von Schnitten befürchten zu müssen, kann man bis auf 1—2p Dicke einstellen. Besonders bei den Sexualorganen ist derartig dünnes Schneiden von Vortheil. Hier kann übrigens, bei Objecten, die eine sehr feine, unter Umständen während des Schneidens zu ändernde Örientirung erfordern, der Fall eintreten, dass man zweckmässiger Weise zu dem oben erwähnten Schlittenmikrotom greift, dessen Object- halter mechanisch besser ausgerüstet ist.) . 1) Der von Herrn Jung nach meiner Angabe construirte Objeethalter — er wurde in meinem Aufsatz über Paraffineinbettung (Pringsheims Jahrbücher für 349 I. Längsschnittserien. Vegetationspunkte von Stamm und Wurzel. Dass Objecte, wie die hier in Betracht kommenden, als solche für die Bearbeitung mit unserem Mikrotom sehr geeignet sind, geht aus dem schon Gesagten zur Genüge hervor. Es kann sich somit pur noch darum handeln, festzustellen, ob der verhältnissmässig ein- fache Objecthalter für die Orientirung, die gerade bei Längsschnitt-. serien eine sehr genaue sein muss, ausreicht. Ferner wäre zu prüfen, ob, was die Schnittdicke, die Schnelligkeit und Sicherheit des Schneidens anlangt, das Instrument Vorzüge vor dem Schlittenmikrotom hat, ob endlich die mehrfach erwähnte Fehlerquelle, das nicht plane Schneiden praktisch von Bedeutung ist. In Bezug auf letzteren Punkt kann nun ganz allgemein gesagt werden, dass unter der Voraussetzung, dass man der Stamm- oder Wurzelspitze eine Lage gibt, in der ihre Längsachse parallel mit der Messerschneide verläuft, die Schnitte sehr gut ausfallen. Nur bei ganz ausnahmsweise dicken Objeeten — Luftwurzeln mit über 4 mm Durch- messer und terminalen Knospen von ähnlichen Dimensionen — könnten sich Schwierigkeiten ergeben. Das fällt, da man mit derartigen Ob- jecten selten zu thun hat, kaum ins Gewicht, zumal da, wo man noch über ein Schlittenmikrotom verfügt. Was die Sicherheit des Schneidens anlangt — die Schnelligkeit steht von vornherein ausser Frage —, so kann man sich leicht über- zeugen, dass Mikrotome mit mechanischer Führung des Messers oder des zu schneidenden Objectes Besseres leisten, als solche, deren Messer- schlitten mit der Hand bewegt wird. Bei diesen Instrumenten sind kleine Differenzen der Schnittdicke nie ganz ausgeschlossen, jene da- gegen arbeiten, vorausgesetzt, dass man es mit geeigneten Objecten zu thun hat, vollständig gleichmässig. Diese Gleichmässigkeit bedingt es auch, dass die Entnahme wesentlich dünnerer Schnitte ermöglicht wird. Schnittserien von 10j1 Dicke waren früher!) so ziemlich das Minimum des Erreichbaren. Jetzt gelingt es mit Leichtigkeit bis auf 5 und oft noch weiter herabzugehen, ohne dass man einen Schnitt- ausfall zu befürchten hat. Dass derartig dünne Schnitte gerade bei den kleinzelligen Vege- tationspunkten des Stammes von Vortheil sind, bedarf keiner weiteren Erwähnung. An die neue Bearbeitungsweise muss man sich aller- wissensch. Botanik Bd. XXI, Heft III) beschrieben — entspricht, wie ich mich im Laufe der Zeit überzeugt habe, allen an ihn zu stellenden Anforderungen. 1) L. Koch, Die Paraffineinbettung a. a. O. pag. 41. 350 dings erst etwas gewöhnen. Besonders die Behandlung der zarten Schnittbänder und hierbei deren Prüfung auf diejenigen Theile, die man des Aufbewahrens werth erachtet, endlich das Aufkleben solcher erfordert einige Uebung. Letzteres gilt auch von der Orientirung des Objectes. Ich nehme : diese gewöhnlich so vor, dass ich den Objecthalter auf den Tisch ‚stelle und das Object unter Benutzung der Drehungsvorrichtung um die beiden gekreuzt stehenden Achsen in die richtige Lage bringe. Nach Fixirung durch die entsprechenden Schrauben, wird der Halter in seinen Ansatz geschoben und so gedreht, dass das Object horizontal liegt. Dann schiebe man den Halter so vor, dass das Object die innere Messerfläche beinahe berührt und ergänze, indem man sich an diese hält, nöthigenfalls die Orientirung. Der Bewegungshebel ist hierbei, auf schon beschriebene Weise, so einzustellen, dass er nicht zu tief ausschlägt. Das Object soll bei tiefstem Stand sich nicht wesentlich unter der Messerschneide befinden. Für’ gerade verlaufende Organe, mit denen man es ja meist zu thun hat, genügt nach meinen Erfahrungen der Objecthalter vollständig. Ist das Object, wie das beispielsweise bei Wurzelspitzen zutreffen kann, gekrümmt oder gar spiralig gedreht, kommt es, ganz allgemein gesprochen, darauf an, dass bestimmte Theile des Objectes und nicht dieses in seiner Gesammtheit bei dem Schneiden berücksichtigt werden müssen, die unter Umständen eine Aenderung der Orientirung während des Schneidens auf Grund der Prüfung von Einzelschnitten unter dem Mikroskop oder der Schnittfläche mit der Lupe erfordern, so ist ein mechanisch vollkommenerer Objecthalter und mit ihm die Bearbeitung durch das Schlittenmikrotom, das zudem eine bequemere Beobachung der Schnittfläche gestattet, angezeigt. Das Gleiche gilt von Objecten, die, was bei Vegetationspunkten selten vorkommt, infolge der Ein- bettung spröde werden, somit ein sehr vorsichtiges Schneiden unter öfterem Befeuchten der Schnittfläche verlangen. Aufzukieben hat man die Schnitte unter allen Umständen. Da Vegetationspunkte wenig oder nicht schrumpfen, so ist es meist gleich- giltig, ob man Collodium-Nelkenöl oder‘ Glycerin-Gelatine verwendet. Ersteres ziehe ich dann vor, wenn Bänder mit vielen und kleinen Schnitten auf dem Objectträger unterzubringen sind. Dieselben ge- rathen beim Aufsetzen auf eine Flüssigkeitsschicht, wie sie das letzt- genannte Klebemittel bedingt, leicht untereinander, während sie auf Collodium-Nelkenöl sofort festkleben. Bänder mit grösseren Einzelschnitten lassen sich leicht mit Glycerin-Gelatine fixiren, die bei 351 Schnitten mit Neigung zum Rollen oder Faltenschlagen angezeigt ist. Zu dem Aufquellen der Schnitte nach Entfernung des Paraffins durch Erwärmen der mit letzterem Klebstoff behandelten Präparate unter Wasser nach der oben beschriebenen Methode wird man. nur selten schreiten. Wenn es hie und da einmal nothwendig werden sollte, dürfen nicht zu viele Schnitte auf dem Objectträger vereint sein, zumal wenn sie sehr klein sind. Ferner muss die Wasserschicht sehr dünn genommen und äusserst vorsichtig unter Vermeidung jeder Er- schütterung erwärmt werden, wie man denn auch vor einer solchen das Präparat bis zum zweiten Austrocknen thunlichst zu hüten hat. Zusammenfassung. Das in vorstehendem Aufsatz beschriebene Mikrotom leistet Vor- zügliches in allen den Fällen, ‘in denen weiche Pflanzentheile — sie dürfen durch die Einbettung nicht spröde werden — geschnitten werden sollen. In Bänder von lückenlosen Schnitten mit nöthigen- falls äusserst geringer Dicke, wie solche mit dem Thoma’schen Schlittenmikrotom nicht, oder jedenfalls nicht mit einer derartigen Sicherheit und Schnelligkeit herzustellen sind, lassen sich zerlegen Vegetationspunkte von Stamm und Wurzel, Pflanzentheile, die im Grossen und Ganzen bis zu dem unter diesen genommen werden, weiche Blätter, Blüthen und Sexualorgane. Sind die Pflanzentheile festere, so wird die Bearbeitung schon eine schwierigere. Zunächst bezieht sich dies weniger auf die Einzel- schnitte als die Schnittbänder, die mit zunehmenden Festigkeits- verhältnissen leicht einen dementsprechenden Ausfall zeigen. Allzu- viel hat dies nun insofern nicht zu sagen, als die hier in Betracht kommenden Öbjeete meist keine lückenlosen Schnittserien erfordern. Bei festen Pflanzentheilen ist endlich auch die Herstellung der Einzelschnitte eine schwierigere. An und für sich dürfte hier die Leistung der beiden verglichenen Mikrotome so ziemlich die gleiche sein. Wenn ich für derartige Fälle dem Thoma’schen Schlittenmikrotom den Vorzug gebe, so geschieht dies, weil es der manuellen Geschicklichkeit einen grösseren Spielraum lässt, eine solche aber gerade bei Objecten in Betracht kommt, bei denen die Entnahme von Einzelschnitten eine vorsichtige sein muss, Dies gilt auch für an sich weiche durch die Einbettung aber spröde gewordene Pflanzentheile. ‚Ferner werden Organe, welche eine sehr genaue ÖOrientirung oder gar eine Aenderung der letzteren während des Schneidens erfordern oder wahrscheinlich erscheinen lassen, besser mittelst des genannten Schlittenmikrotoms bearbeitet. 352 Endlich hat man zu letzterem Instrument dann zu greifen, wenn die Schnittfläche des Objectes eine relativ grosse ist (etwa über 4 qmm bei ‚weichen Pflanzentheilen) und sich somit das nicht völlig plane Schneiden unliebsam bemerkbar machen könnte. Praktisch war das- selbe, wie wir gesehen haben, von verhältnissmässig geringer Bedeutung. Die hier in Betracht kommenden Dimensionen werden nur selten und dann meist nur in einer Richtung überschritten. In letzterem Falle hat man in der horizontalen Orientirung ein Mittel in der Hand, um den Fehler auf ein ziemlich bedeutungsloses Minimum zu redueciren. Jedes der beiden genannten Instrumente besitzt somit seine Vor- züge, keines von ihnen dürfte zu entbehren sein. Besonders angezeigt scheint mir das Hebelmikrotom — dessen mässiger Preis!) fällt hier auch ins Gewicht — für Institute, in denen man eine grössere Zahl von Praktikanten in die Pflanzenanatomie einzuführen hat. Das Schneiden aus freier Hand muss ja zunächst gelehrt werden. -Bei den Schwierigkeiten, die dem Anfänger aber gerade hier entgegentreten und die ihn nur. zu leicht entmuthigen, ist es von Vortheil, von Zeit zu Zeit geschnittenes Material zu der ferneren leicht zu erlernenden Behandlung auf dem Objectträger in den Cursus einzufügen. Es ist ein Vorzug des Hebelmikrotoms, dass sich mit ihm derartiges Material schnell in grosser Menge herstellen lässt. Dass, zumal hier wo es auf lückenloses Schneiden nur selten ankommt, so ziemlich das meiste dessen, was man zu Uebungszwecken bedarf, mit dem Instrument be- arbeitet werden kann, haben wir bereits gesehen, ebenso aber auch, dass es mit gewissen Einschränkungen auch für eingehendere Unter- suchungen sehr brauchbar ist. Das Studium vorzüglicher Schnitte regt zur Vervollkommnung der präparativen Geschicklichkeit an. Man kann den Anfänger bei richtigem Wechsel des aus freier Hand, sowie des mechanisch zu bearbeitenden Materials nach beiden Richtungen besser und schneller fördern, ihm nach und nach die Herstellung der Schnittbänder und die Einbettung überhaupt übertragen und ihn so allmählich auch in die moderne Schneide- und die damit zusammenhängende Tinctionstechnik einführen. Beide sind heut zu Tage nicht mehr zu entbehren, sie er- fordern in ihrer Gesammtheit aber kaum einen geringeren Grad von Geschicklichkeit und Erfahrung, wie die alten Präparationsmethoden. 1) Der Preis des Instrumentes beträgt excl. Messer 100 Mark, er erhöht sich bei. Bestellung der Vorrichtung zur selbständigen Abführung der Schnittbänder um 40 Mark. Vorlesungs-Notiz zur Biologie der Succulenten. Von F. Noll. Der Habitus der Suceulenten, zu welchen die verschiedensten Verwandtschaftskreise der Phanerogamen Vertreter liefern, wird be- kanntlich vor Allem bestimmt durch das geringe Haushaltungsbudget an Wasser, welches diesen Pflanzen der Sand- und Felsenwüsten zu Gebote steht. Herabsetzung der Verdunstung durch anatomische Schutzeinrichtungen, vor Allem aber durch die Verringerung der Oberfläche gegenüber dem Volumen, ist das ökonomische Princip, welches bei dieser Vegetationsform hier die Axen, dort die Blätter oder beide zugleich beherrscht. Von den isodiametrischen Körpern ist es die Kugel, welche bei gegebenem Rauminhalt die kleinste Oberfläche aufweist; von den nicht isodiametrischen Körpern sind es Prismen — ist es vor Allem der Cylinder mit kreisförmigem Querschnitt —, welche eine verhält- nissmässig geringe Flächenausdehnung der gegebenen Masse gestatten. Auf diese mathematisch begründeten Thatsachen muss der Vortragende erläuternd hinweisen, wenn er seinen Hörern die Vortheile klar machen will, welche eine Euphorbia canariensis oder glomerata, eine Kleinia articulata oder eine Stapclia planiflora ihren grossblätterigen Ver- wandten gegenüber in der Wasserersparniss erreicht. Bei der Einfachheit des stereometrischen Beispiels wird der Vor- teil dieser Ausgestaltung ja genügend begriffen werden; über die Grösse des sich ergebenden Verhältnisses werden aber auch die im mathematischen Denken geübtesten Zuhörer nicht so ohne Weiteres ins Reine kommen. Es empfiehlt sich desshalb, das nur angedeutete Verhältniss gleich durch bestimmte Zahlen zu präzisiren und der Vorstellung so einen festen und fertigen Anhaltspunkt zu geben. In der mir zugänglichen 354 Litteratur konnte ich vergleichbare Zahlen über das Verhältniss der Transpiration bei dünnblätterigen Pflanzen und Succulenten nicht finden. Es handelt sich bei dieser Bestimmung natürlich auch um die Beziehung der Transpirationsgrösse zum Gewicht der Pflanze. Will man die Transpirationsgrössen zweier Pflanzenformen derart vergleichen, so muss man dieselben auf das gleiche Gewicht des Pflanzenkörpers berechnen. Erst dann wird es klar werden, was die verschiedenen Formen, in denen die Pflanzensubstanz auftritt, in dieser Beziehung leisten. Mangels vorhandener Angaben habe ich für meine Vorlesung selbst einige Messungen und Wägungen vor- genommen, deren Ergebniss vielleicht manchem Fachgenossen zu gleicher Verwerthung willkommen ist. Da ausser der Transpiration auch die Assimilation aus bekannten Gründen von der Flächenentwickelung abhängig ist, so wurde auclı das Verhältniss der assimilirenden Fläche zum Substanzgewicht in Betracht gezogen und so eine Zahl gewonnen, welche den auffallend langsamen Zuwachs der Succulenten in seiner Hauptursache sofort klar erkennen lässt. Es ist natürlich, dass Zahlen, die sich im Vorübergehen rasch einprägen sollen, nur abgerundet mitgetheilt werden dürfen. Auch aus einem weiteren Grunde hätte es keinen Sinn hier auf einzelne Gramm oder gar Theile eines solchen Rücksicht zu nehmen, weil nämlich die Transpiration einer Pflanze eine von vielen Umständen abhängige, daher in Wirklichkeit recht veränderliche Grösse darstellt. Die interessantesten Zahlen sind desshalb abgerundet angegeben, ob- wohl denselben, wie allen anderen, genaue Messungen, Wägungen und Rechnungen zu Grunde liegen. 7u dem Vergleich zog ich heran einerseits einen etwa kopfgrossen Echinocactus und andererseits die grossblätterige Aristolochia Sipho als ein hervorragendes Beispiel einer sehr schlank gebauten Pflanze mit grosser Flächenentfaltung. Der Kugelcactus wog mit Topf und Erde 4250g. Topf und Erde wogen 11408, so dass das Gewicht des Cactus selbst rund 3100 g oder 6!/s Pfund betrug. Die Oberfläche dieses Cactus wurde reichlich überdeckt von zwei grossen Blättern der Aristolochia. Diese beiden Blätter entwickelten daher dieselbe wirksame Assimilationsfläche, wogen aber mit dem dazugehörigen Stammteil nur 20,1g. Es ist also bei Aristolochia etwa der 150. Gewichtsteil, welcher dieselbe Assimitationsfläche entfaltet wie der schwere Cactus — oder mit anderen Worten: Bei 355 gleichem Gewichtentwickelt Aristolochia?) eine 150mal grössere Assimilationsfläche alsder Echinocactus. Eine solche Aristolochia kann desshalb ceteris paribus etwa 150 mal mehr Trockensubstanz. bilden und da sich die Substanz hier wieder etwa 150 mal mehr entfaltet als bei dem Echinocactus, so wird das Wachsthum und die Produktivität der Aristolochia dementsprechend ausserordentlich viel ausgiebiger sein, als bei dem Cactus im gleichen Zeitraum. Bei der Verdunstung kommt nicht wie bei der Assimilation der Flächenraum einer Seite, der Oberseite des Blattes, in Betracht; da vielmehr die Verdunstung von beiden Seiten der Blätter unter- halten wird, so besitzt ein: einziges der erwähnten Aristolochiablätter schon die gleiche verdunstende Oberfläche wie unser Echinocactus. . Die Verhältnisszahl von Gewicht und Assimilationsfläche verdoppelt sich demnach, so dass die Transpirationsfläche einer Aristolochia relativ 300 mal so gross ist als bei Echinocactus, oder: Bei dem Cactus ist die transpirirende Oberfläche 300 mal geringer ent- wickelt als bei einer Aristolochia gleichen Gewichts. In der Gestalt eines Echinocactus bietet also die Pflanzensubstanz der Verdunstung eine 300 mal kleinere Oberfläche, als wehn sie in der Gestalt einer Aristolochia ausgebildet ist, Wie man sieht, ist der relative Gewinn, welcher mit der Reduction der transpirirenden Oberfläche erzielt wird, doppelt so gross als der relative Verlust, welcher mit der Reduction der Oberfläche als Assimilationsfläche nothwendig verbunden ist. Das Verhältniss der transpirirenden Oberflächen zu einander gibt uns aber noch nicht den wahren Maassstab für die Verdunstung selbst. Die Succulenten besitzen bekanntlich in ihrem feineren zelligen Bau noch mancherlei Einrichtungen (geringe Zahl und geringe Weite der tief eingesenkten Luftspalte, stark verdickte Aussenwände und Cutieularschichten, Wachsüberzüge, schleimige Säfte), welche die Ver- dunstung aus den wasserreichen Geweben noch einmal wesentlich einschränken. Es ist deshalb vorauszusehen, dass die Flächeneinheit einer Succulente bedeutend weniger Wasser abgibt als die gleiche Fläche eines nicht derart geschützten Laubsprosses. Es war also noch die Bestimmung der Transpirationsgrössen für gleiche Flächen einer Krautartigen und einer Succeulente auszuführen. Da diese Be- stimmung für den Echinocaetus auf mancherlei Schwierigkeiten stiess, "so benutzte ich eine andere Cactee mit ähnlichen Schutzeinrichtungen und zwar den zweijährigen Flachspross einer Opuntia. 1) Genau genommen nur die beblütterten einjährigen Triebe, 356 Ein Blatt von Aristolochia Sipho verdunstete in einer Stunde 0,748 Wasser.!) Der Flachspross der Opuntia brauchte zur Ver- dunstung der gleichen Menge Wasser 46 Stunden. Die ‚Oberfläche des Aristolochiablattes war 436 -/- 436 cm? gross, dazu kamen noch 29 cm? für Blattstiel und Stammstück, so dass die verdunstende Ober- fläche 901 cm? mass.?) Die Oberfläche des Opuntiasprosses erreichte 330 cm?, woraus sich ergibt, dass die Transpiration der Flächen- einheit bei Aristolochia 17 mal grösser war als bei dem Cactus. Da nun bei Aristolochia, wie wir gesehen, ausserdem eine 300 fach grössere Oberfläche. verdunstet, so ist die gesammte Verdunstung bei dieser Pflanze 5100 mal so gross als bei dem Echinocactus, Oberflächen- reduction und anatomischer Schutz erreichen es also beiunserer Succeulenten, dassihre Verdunstungnurden fünftausendsten Theil der Verdunstung der iin gleichem Gewicht entwickelten grossblätterigen Pflanze ausmacht. Wenn man erwägt, dass die Öpuntia in einem geschlossenen und zudem ziemlich feucht gehaltenen Gewächshaus ihren ständigen Aufenthalt hatte, wird man gewiss nicht zu hoch greifen, wenn man für einen wildwachsenden Cactus statt einer 17fachen eine 20fache Reduction der Verdunstung für die Flächeneinheit annimmt. Es würde demnach eine 6000fach geringere Verdunstung erzielt, wenn die Pflanzensubstanz in Form und Organisation einer Succu- lenten auftritt, als wenn dieselbe in Form einer schlanken Pflanze mit grossen Laubblättern ausgebildet ist. Wollte man die beiden Transpirationsgrössen in graphischer Dar- stellung veranschaulichen, so käme die Verdunstung des Echinocactus z. B. als Ordinate von I mm Höhe neben eine 5—6m hohe Ordinate für die Transpiration der Aristolochia zu stehen. Es ist das ein Ver- hältniss, wie es in diesem Gegensatz von vorn herein nicht gewiss zu vermuthen war. — Da mit wachsendem Radius eines kugelförmigen Körpers das Volumen relativ mehr zunimmt als die Oberfläche, so ge- staltet sich der Transpirationsverlust mit fortschreitendem Wachsthum für einen Echinoeactus immer günstiger und das gleiche ist, wenn auch nicht in dem Maasse der Fall, ‘wenn ein Säulencaetus durch Diekenwachsthum seine verdunstende Oberfläche vergrössert. 1) Bei der Wägung tauchte das basale Ende des zugehörigen Stammstückes in ein mit Wasser gefülltes Röhrchen. Die Verdunstung des freien Wasserspiegels darin war durch eine Oelschicht verhindert. 2) Es ist für unsere Berechnung, welche nur die Gesammtverdunstung in Betracht zieht, ohne Belang, dass einzelne Theile dieser Oberfläche (die Unterseite) stärker, andere schwächer transpiriren. Eine neue Methode der Untersuchung auf Epinastie. Von F. Noll. (Mit einer Abbildung.) ‘Es ist eine bekannte Erscheinung, dass dorsiventrale Organe bei der Rotation am Klinostat starke mediane Einkrümmungen erfahren, wobei die Dorsalseite convex, die Ventralseite aber infolge geringeren Wachsthums concav wird. Man hat diese Einkrümmung am Klinostat bisher immer für eine Folge von Epinastie angesehen, indem man von der Ansicht ausging, dass am Klinostat — sofern heliotropische Krümmungen vermieden waren — nur autonome Bewegungserschei- nungen in dieser Weise auftreten könnten. Geotropische Bewegungen glaubte man aber jedenfalls ausgeschlossen. Dem gegenüber habe ich vor Kurzem!) darauf aufmerksam ge- macht, dass diese Annahme keineswegs zutreffend ist, sobald es sich um dorsiventrale Organe handelt. Schon Sachs hatte bei der Ein- führung des Klinostaten hervorgehoben, dass man von Pflanzentheilen, welche nicht allseitig gleiche Reactionsfähigkeit besitzen, den Aus- schluss geotropischer Krümmungen nicht erwarten könne.?) Diese aus dem Wesen des Klinostaten unmittelbar sich ergebende Ein- schränkung wurde bei der Auslegung der Klinostatversuche von den exprimentirenden Botanikern in der Folge merkwürdigerweise gar nicht beachtet, obwohl doch gerade dorsiventrale Gebilde eine ungleiche Reactionsfähigkeit ihrer antagonistischen Seiten in der aus- gesprochensten Weise bekunden. Ausgehend von dem viel grösseren „geotropischen Reizfeld® der Dorsalseite, habe ich darauf hingewiesen, dass dorsiventrale Organe, auch ohne Epinastie zu besitzen, lediglich durch ihre eigenartige 1) Ueber heterogene Induction (Leipzig 1892) p. 12, 2) Sachs, Arbeiten d. Bot. Inst. Würzburg II, p. 210 u. 216 und Sachs, Gesammelte Abhandlungen Il. Bd. p. 986, . 358 ‘ geotropische Reizbarkeit schon die erwähnte Einkrümmung am Klino- stat erfahren müssen. Klinostatversuche lassen es demnach ganz ungewiss ob die beobachtete Bewegungserscheinung autonomer oder ob sie geo- tropischer Natur ist; sie kann eins oder das andere oder beides zugleich sein. Ob ein dorsiventraler Pflanzentheil Epinastie besitzt oder nicht, das lässt sich also durch Klinostatversuche allein gar nicht feststellen. Da es aber für die Beurtheilung der Ruhelage und der Richtungs- bewegungen bei Pflanzentheilen von Wichtigkeit ist zu wissen, inwie- weit Tpinastie bei denselben im Spiele ist, habe ich statt der trüg- lichen Untersuchung am Klinostat zwei andere Methoden in Vorschlag gebracht, welche die Epinastie für sich, oder doch im Gegensatz zum Geotropismus zur Wirkung kommen lassen, Eine dieser Untersuchungsmethoden zielt darauf ab!) durch rasche Rotation am Centrifugalapparat zu bestimmen, ob die beobachtete natürliche Ruhelage eine rein geotropische Stellung, oder ob sie eine Gleichgewichtslage war zwischen dieser und der gesuchten epinastischen Einwirkung. Die zweite Methode benutzt die geotropische labile Ruhe- lage zur Eintscheidung der Frage.”) Nach meiner Auffassung von der Vertheilung und Grösse der geotropischen Reizfelder und der dadurch bedingten Dorsiventralität müssen dorsiventrale Organe zwei verschiedene Ruhelagen besitzen, eine stabile und eine labile. Die stabile Ruhelage wird durch die normale natürliche Stellung bezeichnet. Die labile Ruhelage dagegen ist gegeben, wenn die Längsachse des Organs senkrecht abwärts gerichtet ist.) Bei dieser Stellung darf, im merkwürdigen Gegensatz zur Stellung senkrecht aufwärts, weder die Dorsalseite noch die Ventralseite geotropisch gefördert werden; vorhandene Epinastie könnte desshalb bei dieser Lage des Organs ungestört zum Ausdruck kommen, Durch Epinastie müsste nämlich das Organ alsbald aus seiner labilen Ruhelage in bestimmter Richtung, nämlich ventralwärts, herausgebracht werden. — Dieser Versuch kann aber noch entscheidender angestellt werden. Wenn man nämlich die Längsachse des dorsiventralen Organs nicht genau senkrecht abwärts kehrt, sondern ein klein wenig derart schräg stellt, dass die dem Erdkörper zugekehrte Ventralseite eben anfängt von der Schwere affizirt zu werden, dann müssen Geotropismus und Epinastie geradezu 1) Heterogene Induction p. 39. 2) Heterogene Induction p. 36. 8) Die stabile und labile Ruhelage liegen demnach nicht wie bei ortlotropen Organen um 1809 "auseinander. 359 in entgegengesetztem Sinne einwirken. Der Geotropismus allein müsste auf eine Verlängerung der Ventralseite hinarbeiten; eine von der Lage zum Erdkörper unabhängige ständige Epinastie müsste jedoch das Organ bereits durch Verlängerung der Dorsalseite ventralwärts über die labile Ruhelage hinaus bewegt haben, bevor der in der anfänglichen Lage sehr schwach wirkende Geotropismus eine merk- liche Zuwachsbewegung der Ventralseite inducirt hätte. Solche Versuche habe ich bereits im vergangenen Jahre mit .‚ Aconitum Napellus und Ac. Stoerkeanum ausgeführt und es hatte sich dabei gezeigt, dass einzelne Blüthen mit ihren Stielen tagelang in der labilen Ruhelage senkrecht abwärts verharrten oder aber bei der letzterwähnten Art der Versuchsanstellung durch langsam ein- geleitetes geotropisches Wachsthum der Ventralseite in ihre Normal- stellung zurückkehrten. Damit war aber der Beweis erbracht, dass die starke mediane Krümmung, welche diese Blüthengebilde bei der Klinostatendrehung in kurzer Zeit stets ausführen, nur durch Geotro- pismus ohne Mitwirkung von Epinastie entstanden war. Diese Untersuchungsmethode, theoretisch wie ich glaube ein- wurfsfrei, begegnet in ihrer Ausführung aber mancherlei Schwierig- keiten. Vor allem ist es nicht leicht und oft geradezu Sache des günstigen Zufalls einem an wachsender Mutterachse selbst noch wachsenden Organ genau die Richtung senkrecht abwärts zu geben, ohne das es dureh Nutationen des einen oder des anderen Theiles wenn auch nur unmerklich daraus entfernt würde. Von den sehr zahlreichen Versuchen, die ich auf jene Weise angestellt hatte, waren auch nur wenige vollständig gelungen. Diese zeigten aber ein um so auffälligeres und interessanteres Bild. Alle Blüthenstiele des Blüthenstands hatten starke Krümmungen und Torsionen aufwärts ausgeführt bis auf die eine Versuchsblüthe, deren geradegestreckter Stiel die entgegengesetzte Richtung fest beibehalten hatte. Derartige Versuche setzen immerhin ein reiches Untersuchungs- material voraus, bleiben dabei zeitraubend und im Einzelfalle unge- wiss im Erfolg. Ich möchte im Folgenden deshalb noch ein anderes Verfahren mitteilen, welches die Untersuchung auf Epinastie bedeutend leichter und sicherer gestaltet und dieselbe auch mit spärlichem Unter- suchungsmaterial auszuführen erlaubt. . Das neue Verfahren beruht auf derselben theorethischen Grund- lage wie das eben genannte; es erleichtert aber die Untersuchung insofern ganz ungemein, als es, ohne an dem Ergebnis selbst etwas zu ändern, die labile Ruhelage in eine stabile überführt. Damit fällt 360 dann der erschwerende Umstand ganz fort, dass das zu untersuchende Organ mit grösster Genauigkeit und Vorsicht in die kritische Stellung gebracht werden muss; es wird vielmehr gezwungen, diese kritische Stellung selbst aufzusuchen und beizubehalten. Labile und stabile Ruhelage sind, wie ich ausführlicher erörtert habe,!) in ihrem Gegensatze nicht durch die besondere geotropische Reizbarkeit an sich gegeben, sondern lediglich bedingt durch die Lage des festen Stützpunktes, von dem aus das Organ seine Bewegung ausführt. Orthotrope Organe beispielsweise befinden sich in der stabilen Ruhe- lage, wenn sie bei fixirter Basis mit dem freien Gipfel senkrecht aufwärts gerichtet sind. Wird der Gipfel genau senkrecht abwärts gekehrt, so ist die labile Ruhelage gegeben. Verlegt man jedoch an einem orthotropen abgeschnittenen Spross den fixen Punkt an den Gipfeltheil, so erhebt sich alsbald sein freies Basalende bis es senkreeht aufwärts steht. Der Spross ist dann also bei inverser Stellung in der stabilen Lage, und seine natürliche Stellung ist zur labilen, höchst unsicheren Ruhelage geworden. In gleicher Weise haben wir es nun auch in der Hand, die labile Ruhelage einer dorsiventralen Blüthe zur stabilen Lage umzu- wandeln, indem wir die Blüthe nebst ihrem Stiel und einem Theil der Spindel loslösen, die Blüthe oder Knospe selbst fixiren (einklemmen oder anspiessen) dem basalen Stielende aber freie Bewegung gestatten. Besitzt das zu untersuchende dorsiventrale Organ keine Epinastie, dann muss sich der Blüthenstiel genau senkrecht aufwärts stellen. Ist jedoch Epinastie im Spiele, dann kann natürlich diese, rein geotro- pische Ruhelage nicht eingenommen werden; es müsste dann eine dorsaleonvexe Krümmung, oder doch eine zur Verticalen geneigte Stellung eintreten. ’ Von dieser Ueberlegung ausgehend habe ich kürzlich eine Anzahl neuer Versuche ausgeführt, deren Anordnung folgendermaassen ge- troffen war: Die jungen, an lebhaft wachsenden Stielen sitzenden Blüthen oder Knospen wurden mit einem scharfen schmalen Skalpell aus der Spindel herausgeschnitten. Das im organischen Zusammen- hang mit der Blüthenstielbasis belassene Spindelstück hatte etwa die Form des Rindenschildes an einem zum Oculiren bestimmten Rosen- auge. Die jungen Blüthen wurden, mit dem Stiel nach oben, an einem grossen Kork angespiesst, jede mit zwei Insektennadeln, damit ein etwaiges Umkippen vermieden war. Um die wachsenden Stiele 1) Heterog, Induction p. 22. 361 turgescent zu erhalten und ihnen genügend Wasser zum Weiter- wachsen zuzuführen, wurde mitten auf den Kork ein Becherglas gestellt, das bis zum Rande mit Wasser gefüllt war. Ueber seinen Rand hingen wassergetränkte Baumwollenfäden (Häckelgarn) herab, deren nasses unteres Ende an dem Spindelschild der Blüthenstiele adhärirte und die Blüthen so ständig und überreichlich mit Wasser versorgte. Dabei war die Länge der in flachem Bogen lose herab- hängenden Fäden so bemessen, dass sie hemmungslos jeder Bewegung des Blüthenstiels folgen konnten. (Siehe beist. Figur.) Die ganze Vor- richtung wurde im feuchten Raum unter einer Glasglocke aufgestellt. Steckt man epinastiefreie Blüthenstiele von vornherein senkrecht an, dann werden sie in dieser Lage verharren müssen und es bleibt unentschieden ob dieselben passiv diese Stellung beibehalten (weil sie ihr normales Wachsthum bezw. ihre spezifische Reactionsfähigkeit eingebüsst haben könnten) oder ob dies bei normalem Reactionsvermögen geschieht. Ich habe desshalb vorgezogen die Stiele nicht von vor herein in die ‚Ruhelage zu bringen, sondern ihnen eine schräge Lage zu geben, meist so, dass die Bewegungsrichtung nach der geotropischen Ruhelage hin entgegen der Richtung stattfinden musste, welche die epinastische Bewegung eingeschlagen hätte. Durch ihre Bewegung lieferten dann die Stiele zugleich den Beweis für ihr Wachsen und ihre normale Reizbarkeit, Als Versuchsobject wurden in dieser Weise verwandt junge Blüthen und vornehmlich Knospen von Aconitum Napellus und Ac. Flora 1893, 24 362 Stoerkeanum, von Dietamnus Fraxinela und Delphinium elatum, Neben diesen Versuchen waren regelmässig Klinostatversuche mit denselben Objecten zur Controlle im Gang. Dietamnus Fraxinella zeigte am Klinostat starke mediane Ein- krümmungen. Die Stiele der jüngeren Knospen waren in ihrer ganzen Länge etwa gleichmässig gekrümmt; die der älteren wiesen eine starke Krümmung dicht unter dem Kelchansatz auf, während die längere Strecke basalwärts sich nur flach gekrümmt zeigte. Wurden die Blüthen gemäss dem neuen Verfahren fixirt, so stellte sich das basale Stielende sowohl der Knospen als der jungen Blüthen stets senkrecht aufwärts. Die flache Krümmung in der oberen (apicalen) Stielstrecke hatte sich dabei etwas verstärkt, so dass der Uebergang in den sich senkrecht stellenden Theil des Stiels durch eine scharfe Biegung vermittelt wurde. Die leichte natürliche Krümmung der oberen Stielstrecke ist demnach durch Epinastie veranlasst. Die Krümmung des unteren Stieltheils am Klinostat war aber geotropischer Natur. Delphinium elatum zeigte im Wesentlichen das gleiche Verhalten wie Dietamnus. Nur trat hier die wirklich epinastische Krümmung des kurzen oberen Stieltheils noch kräftiger auf und demgemäss war auch der Uebergang in den sich genau vertical einstellenden längeren unteren Stieltheil schroffer als bei der erstgenannten Pflanze. Der epinastielose Theil des Stiels hatte sich aber auch bei Delphinium am: Klinostat stets eingekrümmt. Aconitum Stoerkeanum und Napellus zeigten im ganzen Stiel keine Epinastie. Die Versuche nach der neuen Methode be- stätigten die früher gewonnenen Ergebnisse durchweg. Die Stiele stellten sich aus jeder gegebenen Lage rasch senkrecht aufwärts und blieben dann, kerzengerade gestreckt, so stehen. — Blüthenstiele, welche sich während einer 24stündigen Klinostatendrehung ausser- ‚ordentlich stark eingekrümmt hatten (b in der Figur), waren nach 12 Stunden schon völlig senkrecht aufwärts gestreckt (a, a in der Figur) und bewiesen so auf das Schönste, dass ihre Krümmung am Klinostat keineswegs auf epinastischer, sondern lediglich auf geo- tropischer Einwirkung beruhte. Der Ausfall solcher Versuche lässt somit klar erkennen, inwie- weit Epinastie und inwieweit lediglich Geotropismus auf die natür- liche Stellung dorsiventraler Organe hinwirken. Auf der anderen Seite lassen aber diese Versuche keinen Zweifel darüber, dass auch am Klinostat echte geotropische Bewegungen auftreten können. Eingegangene Litteratur. Amelung, E., Eine Preisfrage der k. bayer. Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg für das Jahr 1892; beantwortet und als Inaug.-Dissert. vorgelegt: Es sind zahlreiche Messungen anzustellen, welche Auskunft darüber geben, ob und inwiefern Beziehungen zwischen dem Volumen der Zellen und dem YVo- lumen der Pflanzenorgane bestehen. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- burg. 47. Jahr. 1893. I. Abtheilung. Güstrow, Opitz & Co. Barton, Ethel, A provisional list of the marine Algae of the Cape of Good Hope. Reprinted from the „Journal of Botany“ 1893. Beck, @. von Mannagetta, ÖOrobanchaceae. Aus Engler-Prantl’s Natürl, Pflanzenfam. IV. 3b. — — Nieder-Oesterreich. XVII. 8.-A. aus d. Ber. der Deutschen Bot. Gesell- schaft. Jahrg. 1891. Bd. IX. — — Ueber die methodische Schilderung der Vegetation in der Landschaft. Mit- teilungen der Section für Naturkunde des Oesterr. Touristen-Club. V. 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Aus den letzten Jahren führen wir an botanischen Abhandlungen auf: Giesenhagen, Die Hymenophyllaceen. 1890. Derselbe, Wachsthum der Cystolithen von Ficus elastica. 1889. Sch aofer, Zur Entwieklungsgeschichte des Fruchtknotens und der Placenten. 1889, Kühn, Ueber die Anatomie der Marattiaceen, mit 49 Abbildungen. 1889. Imhänser, Entwicklungsgeschichte und Formenkreis von Prasiola, mit 95 Ab- bildungen. 1889, Merker, Gunnera macrophylla Blum., mit 3 Tafeln. 1888. Meigen, Vegetationsorgane einiger Stauden. 1887. Christ, "Zur vergleichenden Anatomie dex Laubstengels der Caryophyllinen und Saxifrageen, mit, 10 Abbildungen. 1887. Hildebrandt, Zur vergleichenden Anatomie der’ Ambrosiaceen und Senecionideen. Mit einer Doppeltafel. 1887. Lohrer, Beiträge zur anatomischen Systematik, mit Tafel. 1886. Plitt, Zur vergleichenden Anatomie des Blattstiels der Dieotyledonen. Mit Tafel. 1886, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandiung in Marburg. Soeben erschien in unserem Verlag: Pflanzenbiologische Schilderungen von Dr. K. Goebel, Prof. der Botanik und Direetor des botan. Gartens zu München. II. Theil 2. Lieferung. Mit 64 Textfiguren und Tafel KXVI-XXKI. . Lex, 80, 226 S. Preis Mk. 12.-—-. I. Theil. Mit 98 Holzschnitten und Tafel I-IX. Lex. 80%, ' IV, 240 S. Preis Mk. 14.— I. Theil 1. Lieferung. Mit 57 Holzsehnitten und Tafel X-XXV. Lex. 8%. 160 8. Preis ‚Mk. 12.—., Druck von Val. Hötling, München, Kapellenstr. 3. FLORA ALLGEMEINE BOTANISG FRÜHER HERAUSGEGEBEN - VON DER _ BE ZEITUNG. KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 77. BAND. — JAHRGANG 1893. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL, Professor der Botanik in München, Heft V mit 3 Tafeln und 28 Textfiguren. Erschienen am 12. Dezember. Inhalt: FR. SCHMITZ, Die Gattung: Actinococcus Kütz DR. O0. LOEW, Worauf beruht die alkalische Reaction, welche, bei Assi. milationsthätigkeit von Wasserpflanzen beobachtet wird? K. GOEBEL, Archegoniatenstudien V; 5 PAUL KLEMM, Ueber Caulerpa prolifera . . LITTERATUR: FREDERICK WM. MILLS, an introduction to the Study of the Diatomaceae, with a Bibliography by Julien Deby. — ANTON GOEHRING, Vom tropischen Tieflande zu ewigem Schnee EINGEGANGENE LITTERATUR * MARBURG. N. & ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1893. 367—418 419-422. 423-459 460-486 487—488 489492 Mit 2 Veriagsbeilagen von F. 0. Weigel Nachfolger, Leipzig. 2x Manuskripte und andere Zusendungen für die „Flora“ sind zu richten an Prof. Dr. Goebel, München, Leopold- strasse. 33. Die Gattung Actinococcus Kütz. Von Fr. Schmitz. I. Hierzu Tafel VII In dem jüngst (Anfang Juli) ausgegebenen Schlusshefte des Jahrgangs 1892 der Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft S. (155) äussert Reinke (bei Gelegenheit seines Referates über neu aufgefundene Standorte‘ von Meeresalgen der Nord- und Ostsee) Zweifel an der Selbständigkeit der Gattung Actinococcus Kütz. Ich selbst hatte in meiner Liste der Florideen-Gattungen (Flora 1889) Actinococcus Kütz. (mit der typischen Species Actinococcus roseus ('Suhr) Kützing) als selbständige Gattung aufgezählt, und ebenso hatte auch Reinke selbst in seiner Algenflora der westlichen Ostsee auf Grund brieflicher Mittheilungen, die er von mir erhalten hatte, Actinococcus unter den selbständigen Gattungen der Florideen genannt,: Jetzt ist Reinke „die Selbständigkeit von „Actinococcus roseus‘ wieder höchst zweifelhaft geworden,“ und ist er geneigt, „im „Actinococcus“ in Uebereinstimmung mit der Mehrzahl der Phykologen doch nur das Nemathecium von Phyllophora Brodiaei zu sehen“. Ich halte es für geboten, auf diese Bemerkungen sogleich zu antworten. Ich könnte dies thun, indem ich einfach die Zweifler auf die eigene Beobachtung des fraglichen Objeötes verweise, dessen anatomischerr Bau und J,intwickelungsgeschichte die angegebene . Deutung ganz unzweifelhaft erscheinen lassen. Allein ich halte es für. zweckmässiger, diese Gelegenheit zu benutzen, um auch noch einige andere Beobachtungen über nahe verwandte Florideen-Formen ' zur Veröffentlichung zu bringen. Deshalb sei die Frage der Gattung Actinococeus hier ein wenig ausführlicher erörtert. Flora 1893, . 25 368 - Zunächst dürfte es nützlich sein, einige historische Notizen vorauszuschicken. Unter dem Namen Rivularia rosea hatte v. Suhr eine Alge, die er „in der Ostsee an Coccotylus Brodiaei und andern Algen“ beobachtet hatte, an Kützing eingesandt. Diese Suhr’sche Alge') untersuchte Kützing genauer und machte sie 1843 (Phycol, gen. p. 177) zum Typus einer neuen Gattung Actnococeus (mit der einzigen Art Act. roseus). Dieselbe Gattung zählt er auch 1845 in der Phycol, germ. p. 154 und 1849 in den Spee. Algar. p. 533—534 auf, ebenso in den Tab. phyecol. 1. 31.2) Diese Gattung Actinococcus nahm 1852 J. Agardh in seinen Sp. @. O. Algar. II p. 488 ff. auf und stellte dieselbe zu den Squamarieae, indem er die typische Species Act. roseus einfach nach den Angaben von Kützing beschrieb („Species mihi ignota ex observationibus Kützingii hoe loco admissa“, sagt er selbst l. c.), dazu aber noch eine zweite Species Act. simplicifilum („in mari Baltico ad Chondrum cerispum parasitica“) hinzufügte. Dieselbe Stellung unter den Squamarieae weist auch Harvey 1860 in seinem Index Generum Algarum (p. 9) der Gattung Actinococeus an, nachdem er 1857 (Natural History Review vol. IV) eine neue Species dieser Gattung, Act. Hennedyi (auf Laminaria digitata), beschrieben hatte. In gleicher Umgrenzung wie 1852 hält J. Agardh auch 1876 in der Epicrisis Floridearum p. 875 die Gattung Actinococcus Kütz. auf- recht, während anderweitig, soweit ich die Litteratur übersche, diese Gattung nirgends erwähnt worden ist. Auch nachträglich findet diese Alge nirgends Erwähnung, bis 1885 lIauck (Meercsalgen p. 141 und 144) Actinococcus roseus Kütz., vesp. Rivularia rosea Suhr als Synonyme der Nemathecien von Phyllophora Brodiaei und Ph. mem- branifolia nennt. Dann zählt Reinke 1889 in seiner Algenflora 1) Von derselben Alge sagte schon früher (1819) Lyngbye, Hydrophyt. Danica p.-l1: ceredidi enim et etiamnum credo, tubereula illa laudata nil alind esse, quam parasiticum quid, idemque ad genus Chaetophor«e summo jure pertinere, atque sub nomine Chaetophorae membranifolii hanc speciem jamdudum delineavi et deseripsi. Eine Beschreibung dieser seiner Chaetophora membranifolii scheint aber Lyngbye nirgends veröffentlicht zu haben; an der eitirten Stelle beschreibt er „auctoritate Cel. Turneri“ die genannten tubercula als Früchte des Sphaeroeoceus Brodiaei, 2) Kützing nennt in der Phycol. general. p. 177 als Tragpflanzen seines Actinococens roseus nach Buhr’s Angaben „Coccotylus Brodiaei und andere Algen.“” In der Phyeol. germ. 1845 p. 154 sagt er: „In der Ostsee an Coceotylus Brodiaei.“ Ebenso heisst es 1849 in den Spec, Algar. p. 534: „Ad Coccotylum Brodiaei in sinu Codano.* 369 der westlichen Östsee Actinococeus roseus als selbständige Pflanze auf, indem er dabei anführt, dass nach den Mittheilungen meiner Briefe alles, was mir bis dahin: von angeblichen Früchten der Phylliophora Brodiaei zugegangen sei, in Wirklichkeit zu dieser parasitischen Speeies gehörte. Desgleichen nenne ich selbst in demselben Jahre 1889 (Flora p. 440) Act. roseus (Suhr) Kütz. als selbständige Florideen-Form. Dementsprechend haben dann auch andere neuere Autoren, z. B. 1889 Batters, List of the Marine Algae of Berwick-on-Tweed p. 142, 1890 Holmes and Batters, Revised List of the British Marine Algae p. 28, und 1890 Foslie, Contrib. to Knowledge of the Marine Algae of Norway I p. 55, Actinococeus als selbständige parasitische Floridee in ihren Algen-Verzeichnissen aufgezählt; ein Widerspruch gegenüber dieser Auffassungsweise oder ein Zweifel an der Selb- ständigkeit der genannten Species ist bis in die neueste Zeit nirgends ausgesprochen worden. Diesen Angaben der Litteratur füge ich noch einige Notizen hinzu, die einzelne der vorstehenden Angaben etwas näher erläutern sollen. Ich selbst interessirte mich im Anschluss an meine Squamariaceen- Studien von 1878 sehr lebhaft für die Gattung Aectinococeus, die ich bei J. Agardh unter den Squamariaceen aufgezählt fand. Meine Be- mühungen, Material dieser Gattung Actinococcus zu erhalten, hatten jedoch längere Zeit keinen Erfolg, bis mir endlich Dr. Sonder eine ‚Probe von Rivularia rosea Suhr (auf „Sphaerococeus membranifolius“ ; „ded. v. Suhr*) mittheilte. Dies Material erkannte ich leicht als Nemathecien von Phyllophora membranifolia. Ich theilte meine Be- obachtung Hauck mit. Darauf schrieb mir Hauck (am 12. 2.1881), er habe ebenfalls derartiges Material von Sonder erhalten und sei bei dessen Untersuchung „zu demselben Resultat gelangt“. Dem- entsprechend steht in Hauck’s Meeresalgen p. 144 bei Phyllophora membranifolia das Synonym „Bivularia rosea Suhr! (Nemathecien)“. Ausserdem aber führt Hauck (l.c.p. 141) auch bei Phyllophora Brodiaei das Synonym „Actinococeus roseus Kütz. (Nematheeien)“ an; allein hier fehlt das !, ein Beweis, dass Hauck dieses Synonym nicht auf Grund eigener Untersuchung authentischen Materiales auf- genommen hat. Dieser letztere Umstand ist wohl zu beachten. In der Litteratur war als Tragpflanze von Actinococeus roseus nur Phyllophora Brodiaei speciell genannt worden. Sonder aber sendet uns, Hauck und mir, Suhr’sches Original- Material, das auf Ph. membranifolia erwachsen war, und dieses erkennt Hauck (und ich) als normale 25* 370 Nemathecien der letzteren Species. Dadurch lässt Hauck sich ver- leiten, den ihm unbekannten (das ! fehlt, wie gesagt, bei Hauck) Epiphyten (resp. Parasiten) von Ph. Brodiaei analog zu deuten wie den angeblichen Epiphyten von Ph. membranifolia, den er selbst untersucht hatte.!) Dieses Verfahren Hauck’s erschien mir späterhin, als ich die einzelnen Gattungen der Florideen genauer zu untersuchen begonnen hatte, etwas gewagt. Ich hatte bei genauerem Studium der Florideen sehr bald erkannt, dass in der bisherigen Keuntniss dieser Formen sehr vieles unsicher sei, dass ich überall selber nachsehen müsse. Es regte sich mir demgemäss sehr bald der Zweifel, ob nicht die ursprüngliche Suhr’sche Alge, die auf Ph. Brödiaei wachsen sollte, etwas ganz anderes sei als die Alge der Ph. membranifolia, die mit jener identificirt wurde. Dazu kam, dass ich inzwischen die ähnlich gestalteten Nemathecien mehrerer G@ymnogongrus-Species als parasitische Florideen-Arten erkannt hatte, so dass sich mir die Vermuthung aufdrängte, es möchte wohl auf Phyllophora Brodiaei ein analoger Parasit wachsen. Ich wandte mich daher im Winter 1887—88 an Prof. Reinke in Kiel mit der Frage, ob nicht im dortigen Herbar Öriginal-Pflanzen dieser ursprünglichen Suhr’schen Speeies vorhanden seien. Von Reinke erhielt ich dann im Februar 1888 ein kleines Präparat von Rivularia rosea, das mir jedoch keinerlei Aufklärung brachte, und dann im April, nachdem das Herbarium Suhr-Jessen angekauft und von Reinke genauer durchgearbeitet worden war, eine Sendung frischen Materiales von Phyllophora Brodiaei mit der „‚weifellosen“ Rivularia rosea Suhr. Die genauere Prüfung dieses Materiales zeigte mir, dass diese „zweifellose* Rivularia rosew Suhr durch junge „Nemathecien“ von Phyllophora Brodiaei gebildet wurde. Ich nahm nun das ganze Material von Phyllophora Brodiaei, das mir zu Gebote stand, genauer vor. Als Ergebniss meiner Untersuchung aber meldete ich Reinke am 14, Mai 1888: „Die sg. Nemathecien und Cystocarpien von Ph. Brodiaei werden gebildet durch eine parasitische Floridee Actino- coccus roseus Suhr; echte Nemathecien oder Cystocarpien von Ph. Brodiaei sind bisher noch nicht bekannt geworden. ... . Von dieser 1) Reinke sagt jetzt 1.c. p. (155) Anm.: „Das unter dieser Bezeichnung zuerst von Suhr unterschiedene Gebilde ist später von den Phykologen als die Tetrasporenfrucht (Nemathecium) von Phyliophora Brodiaei aufgefasst worden.“ In der gesammten phykologischen Litteratur finde ich nur diese eine, oben eitirte Angabe von Hauck, die in diesem Sinne über Actinococeus roseus sich ausspricht. 371 parasitischen Floridee aber sind bisher nur die Tetrasporangien be- kannt geworden; ihre Stellung im System ist daher zweifelhaft (jeden- falls aber gehört sie nicht zu den Squamarieen). — Zur Gattung Actinococeus gehören ferner als Arten (ausser der mir unbekannten “Art Act. simplieifilum J. Ag.) die Nemathecienbildner von Gymnogongrus Griffithsiae, Wulfeni, norvegicus, dilatatus (wahrscheinlich auch von G. crenulatus) und der Cystocarpienbildner von Pachycarpus dilatatus. — Echte Tetrasporangien von Gymnogongrus sind mir noch gar nicht bekannt geworden (während ich echte Tetrasporangien-Nemathecien bei Phyllophora membranifolia und Ph. Nicaeensis und bei Steno- gramme interrupta beobachtet habe).“ Fortgesetzte Untersuchungen im Laufe des Jahres 1888 bestätigten mir die gewonnenen Resultate, wie ich Reinke mehrfach (z.B. am 12. Juni und 29. Oktober 1888) berichtet habe. Reinke hat daraufhin in seiner Flora der westlichen Ostsee (die Anfang 1889 erschienen ist) „Actinococcus roseus Suhr sp.“ als selbständige Pflanze, die „gewöhn- lich für die Frucht von Phyllophora Brodiaei gehalten“ werde, auf- gezählt. Ebenso habe ich selbst, wie schon erwähnt, in meiner Liste der Florideen-Gattungen (Flora 1889 Dezember) die Gattung Actino- coccus Kütz. aufrecht erhalten. Dem haben sich dann die neueren Autoren sämmtlich ange- schlossen, bis jetzt Reinke die Berechtigung dieses Verfahrens in Zweifel zieht.') 1) Reinke sagt l.c. p. (155) Anm. 2, dass ihm neuerdings die Selbständigkeit von „Actinococcus soseus“ wieder zweifelhaft geworden sei, und dass er „bis nicht das Gegentheil wirklich bewiesen worden“ sei, geneigt wäre, „im „Actinococeus“ in Uebereinstimmung mit der Mehrzahl der Phykologen doch nur das Nemathecium von Phyllophora Brodiaei zu sehen.“ Seiner Zeit (1888—1889) erschien Reinke die einfache briefliche Mittheilung des Resultates meiner wiederholten Untersuchungen so sehr glaubwürdig, dass er dieses Resultat ohne jeden Vorbehalt als Thatsache in seiner Flora aufführte; jetzt äussert er lebhaften Zweifel an der Richtigkeit dieses Resultates. Ich bin sehr erstaunt, dass Reinke nicht den geringsten Grund für diese jetzige Aenderung seiner Ansicht angiebt. Oder sollte er eine Begründung dieser Meinungsänderung dadurch haben geben wollen, dass er sagt, er habe seiner Zeit die Hoffnung gehegt, meine diesbezüglichen Untersuchungen dem- nächst veröffentlicht zu sehen, diese Veröffentlichung aber sei bis jetzt nicht erfolgt? Wenn ferner Reinke jetzt fordert, es müsse ihm erst „das Gegentheil wirk- lich bewiesen werden“, bevor er seine jetzige Meinung, die mit der Ansicht der „Mehrzahl der Phykologen“ übereinstimme, ändern könnte, so muss ich es von vorn herein ablehnen, dieser Forderung zu entsprechen. Es handelt sich hier ja einfach um eine Frage, die nur durch directe Beobachtung des betreffenden Objectes zu 372 Die seit langer Zeit bekannten „Früchte“!) von Phyllophora Brodiaei bilden kleine halbkugelig bis kugelig vorspringende Warzen am oberen Ende der blattartigen Sprosse dieser Pflanze. Hier nehmen diese Warzen, einzeln oder meist zu mehreren neben einander, die obere Kante des Blattsprosses ein oder erheben sich (zumeist ganz nahe dieser Kante) von der Blattfläche; seltener finden sie sich weiter abwärts der Blattfläche aufsitzend. Daneben finden sich nicht selten am oberen Ende eines Blattsprosses analog gestaltete gerundete Früchte, die mittelst eines mehr oder minder kurzen linealischen Stielchens angeheftet sind: kleine linealisch-pfiiemliche Blattzipfel oder proli- entscheiden ist. Boweisen lässt sich solch eine Frage weder durch eine ausführliche Schilderung, noch durch ein elegantes Bilderwerk. Jede Publication, mag sie aus- führlich und durch elegante Tafeln illustrirt sein oder in knapper Fassung die Resultate ‘der Beobachtung kurz zusammendrängen, giebt ja doch stets nur (sei es ausführlicher, sei es in gedrängterer Kürze) die augenblickliche Ansicht des Ver- fassers wider; die Richtigkeit der Angaben zu .beweisen, vermag eine solche Darstellung niemals. Einen Beweis kann nur die direete Beobachtung des Objectes selbst liefern. Auf solche directe Beobachtung muss ich daher jeden vorweisen, der meine Angaben über die Ergebnisse meiner Beobachtungen bewiesen. haben will. — Meine vorliegende Abhandlung kann und will nur einfach das Beobachtete beschreiben; sie unterscheidet sich von der Darstellung meines Briefos nur durch die grössere Ausführlichkeit, 1) Diese „Früchte“ hat man wohl als Cystocarpien und Nemathecien zu unter- scheiden versucht. J. Agardh schreibt (Epieris. Florid. p. 216) bei Phyllophora Brodiaei: „cystocarpiis globosis ad laminas sessilibus, nematheciis sphaerieis ad apiees Jaminarum pluribus peduneulatis,* Früherhin (1851) in den Sp. G&. O. If p. 330--331 macht er dieselben Angaben, nur etwas ausführlicher; z. B. heisst cs da: „Pericarpia kalidii leniter tubereulosa, in alterutera pagina sessilia (a Harv, l. c. depieta); nemathecia (a Lyngb. ]. c. depieta) plerumque ad apices plurima et in foliolis minutis subterminalia, extus rotundata.* Entsprechende Angaben (offenbar auf Grund der Agardh’schen Darstellung) über Uystocarpien und Nemathecien finden sich bei Hauck, Meercsalgen p. 141. Die beiderlei Fruchtarten, die hier unterschieden werden, sind jedoch in Wirklichkeit ganz gleichartige Dinge. Die beschriebenen Differenzen sind in Wirklichkeit ganz bedeutungslos. Man findet beim Vergleich zahlreicherer Materia- lien allerlei Zwischenformen zwischen den gestielten und den sitzenden „Früchten und zwischen glatten und leicht warzigen „Früchten“. Bei allen’ ist auch der anatomische Bau derselbe; nur Altersunterschiede machen sich hier mehrfach geltond. Ich selbst habe wiederholt in den verschiedensten Herbarien Exemplare von Phyliophora Brodiaei „mit Cystocarpien“ angetroffen. Bei der anatomischen Untersuchung erwiesen sich diese „Cystocarpien® stets als „Nemathecien“. Auch sagt J. Agardlı selbst von seinen Oystocarpien (l. c.331): „gemmidia bene cevoluta non vidi“; er hat also auch selbst gar nicht festzustellen vermocht, dass seine Cystocarpien wirklich Cystocarpien gewesen seien. . 373 ferirende Blattsprosse tragen endständige Früchte ganz derselben Art wie jene, die am oberen Rande grösserer Blattsprosse angetroffen werden. Sehr häufig auch geschieht es, dass ganz nahe dem oberen Rande des Blattsprosses an beiden Flachseiten eine gerundete Fruchtwarze vorspringt; die beiden Warzen schliessen dann vielfach zu einer einzelnen kugelig gerundeten „Frucht“, an der der obere Blattrand kaum noch als schwache Kante zu erkennen ist, zusammen. Die Grösse dieser Früchte erscheint sehr wechselnd, ihr Durch- messer beträgt bis zu 2mm (selten noch mehr). Untersucht man nun den anatomischen Bau!) einer solchen „Frucht“, so zeigt der Durchschnitt (Fig. 1 u. 2) ein dichtes ganz unregelmässiges Innengewebe von einer ziemlich breiten antiklin- fädigen Aussenschicht deutlich abgegrenzt. In dem Innengewebe unter- scheidet man verstreut etwas grössere Zellen (Fig. 2) und dazwischen ein regelloses Gewirre kürzerer und längerer kleinerer Zellen. Nach aussen hin wird die Zellen-Anordnung etwas regelmässiger und geht dann ziemlich schnell in die antiklinfädige Ordnung der Aussenschicht über, deren kurzgliedrige Zellfäden anfangs mehrmals sich gabeln, weiterhin aber meist unverzweigt sich gerade ausstrecken, um zuletzt an der Spitze vielfach noch ein oder mehrere ganz kleine Seiten- ästehen zu entwickeln. 1) Betreffs der nachfolgenden Angaben über den anatomischen Bau der Früchte von Phyllophora Brodiaei sei darauf hingewiesen, dass die übliche Methode anatomischer Untersuchungen, die hauptsächlich die Gestaltung und Orientirung der Zellhäute berücksichtigt, bei solchen anatomisch-entwickelungsgeschichtlichen Fragen wie die vorliegende nur schwierig oder ganz ungenügend zum Ziel führt. Viel zweckmässiger erscheint es, in derartigen Fällen in erster Linie die Proto- plasten der Zellen und ihre gegenseitige Verbindung zu berücksichtigen (auf diese kommt es ja auch beim Aufbau des Pflanzenkörpers in erster Linie an), die specielle Gestaltung der Zellhäute aber erst an zweiter Stelle zu beachten. R Demgemäss pflege ich bei solehen anatomisch-entwickelungsgeschichtlichen Florideen-Untersuchungen von der Herstellung der jetzt so beliebten dünnen Mikrotom-Schnitte von vorn herein abzusehen. Ich färbe die (dünneren oder dickeren) Schnitte mit einem Farbstoff, der die Zellleiber tingirt, (meist mit Nigrosin) und untersuche dann die Schnitte in Glycerin, nachdem ich dieselben (über der Flamme) schwach erwärmt habe. Dies letztere Verfahren macht die Zellmembranen des Florideen-Thallus sehr durchsichtig, lässt dagegen die Zellleiber in ihrem normalen Zusammenhang, durch die charakteristischen Tüpfel dauernd verbunden, deutlich hervortreten. Ein solches Präparat zeigt z. B. den gesammten Zeilbau einer wachsenden Sprossspitze von Delesseria, Chondria, Bonnemaisonia u, s. w. weit klarer und übersichtlicher, als es das sorgfältigst präparirte Zellhaut-Netz zu thun vermag. . Uebrigens sind die Einzelheiten der angegebenen Untersuchungsmethode, die sich mir seit Jahren vortrefflich bewährt hat, schon mehrfach in den entsprechenden Arbeiten meiner Schüler beschrieben worden. 374 Aus den Zellfäden dieses Aussengewebes werden späterhin die Sporangien-Ketten, die für die „Nemathecien“ von Phyllophora Brodiaei seit langer Zeit bekannt sind. Besonderes Interesse gewährt der Anschluss des Fruchtgewebes an das sterile Gewebe des Tragsprosses. Es lässt sich dies am zweck- mässigsten auf Längsschnitten durch den oberen Theil fertiler Blatt- sprosse von Phyliophora beobachten; doch lassen gelegentlich auch Querschnitte (Fig. 1) die Einzelheiten deutlich wahrnehmen. Diese Blattsprosse selbst zeigen durchaus parenchymatisches Gefüge. In der Mitte des Sprosses sind die Zellen grösser, etwas längsgereckt, auswärts werden dieselben allmählich kleiner, die Aussen- zellen an beiden Spross-Flachseiten sind klein und schliessen ganz dicht an einander an. Mark und Rinde sind nicht scharf von einander gesondert; nur die schmale Aussenrinde ist ein wenig deutlicher dadurch abgesetzt, dass ihre Zellen entweder antiklin gereckt oder in ganz kurze antikline Reihen geordnet und nicht secundär quer- vertüpfelt sind, während die Zellen der Innenrinde und des Markes überallhin quervertüpfelt zusammenhängen. Im Mark werden zuweilen von den grösseren Markzellen kleine Nebenzellen und Zwischenzellen abgegliedert. Beim Uebergang in die pseudo- terminale Frucht sieht man nun im Marke und in der Innenrinde die quervertüpfelten Zellen aus- einander weichen und kurzzellige dickliche Zellfäden die Zwischen- räume ausfüllen, analog etwa wie im Marke von Callophyllis die Rhizoiden die Zwischenräume der primären Markzellen durchwuchern. Namentlich in der Uebergangszone selbst kann man deutlich diese zweierlei Zellen unterscheiden. Die auseinandergerückten Zellen des Markes und der Tanenrinde sind hier in ihrer Zusammengehörigkeit noch ganz deutlich zu erkennen; ihre Zwischenräume aber erscheinen ausgefüllt von mehr ‘oder minder zahlreichen längeren oder kürzeran dicklichen Zellen, die vielfach deutlich zu Zellreihen verbunden sind Weiter von dieser Uebergangszone hinweg erscheinen im Innern des Frucht-Innengewebes die Zellen des Markes und der Innenrinde immer weiter aus einander gerückt und immer unregelmässiger verstreut, zugleich auch inmitten der weit zahlreicheren ungleich grossen Zwischenzellen schwerer unterscheidbar (zuweilen jedoch durch den Mangel an körnigem Zellinhalt inmitten eines körnerreichen Zwischen- gewebes (Fig. 3) deutlich erkennbar); nur hier und da erscheint eine einzelne dieser versprengten Zellen (Fig. 2) durch ansehnliche Grösse. und reichlichen Zellinhalt besonders auffallend. — An der Aussen- 375 rinde aber sieht man beim Uebergang aus dem Tragspross in die Frucht die kurzen antiklinen Zellfäden, die hier. ein wenig länger sich ausgestreckt haben als sonst, plötzlich aussetzen und unmittelbar daneben die öfters etwas dünneren antiklinen Zellfäden der Frucht- Aussenschicht von dem Frucht-Innengewebe aus sich sehr lang aus- wärts vorstrecken, meist oberwärts infolge der Vorwölbung der Frucht- warze weit über den nächst anstossenden Theil der Aussenrinde des sterilen Blattabschnittes hinübergebogen (Fig. 1 rechts). Untersucht man diese Stelle noch genauer, so findet man, namentlich an jungen Fruchtwarzen sehr häufig, dass hier zwischen diese langvorgereckten Frucht-Zellfäden noch einzelne kleinere Gruppen von kurzen Rinden- fäden des sterilen Blatt-Abschnittes eingesprengt sind, Gruppen, die in ihrer Lagerung genau der Verlängerung’ der Tragspross-Aussenrinde entsprechen, die hier inmitten des Frucht-Aussengewebes aber augen- scheinlich passiv eingezwängt sind und auch bald unkenntlich werden, Dieser anatomische Befund, der an jüngeren Früchten sehr leicht festzustellen ist, muss betreffs der Deutung dieser Früchte als Nematheeien stutzig machen. Wie ganz anders sieht sich die Sache anderwärts an, wo echte Nemathecien an einen sterilen Spross-Abschnitt anschliessen, z. B. bei der nächstverwandten Phyllophora membranifolia ! Hier erscheinen bekanntlich die Nemathecien als breite flache Krusten über die Mitte der Blattfläche der Thallus-Sprosse ausgebreitet. Hier sieht man nun beim Uebergang aus dem sterilen in den fertilen Spross-Abschnitt die Aussenrinde allmählich dicker werden unter Aus- bildung kurzer antikliner Zellfäden und dann diese Zellfäden zu längeren fertilen Nematheeium-Fäden sich ausstrecken. Im Uebrigen aber bleibt die gesammte Anordnung des Zellgewebes im Innern des fertilen Spross-Abschnittes unverändert erhalten, Innenrinde und Mark behalten deutlich ihre regelmässige Anordnung bei. Von rhizoidartigen gegliederten Zellfäden, die zwischen die Zellen des Markes sich eindrängten, ist nichts zu sehen. Die gesammte Veränderung des anatomischen Baues beschränkt sich eben auf das Hervorsprossen antiklin gereckter Nemathecium-Fäden, die ausschliesslich durch Aus- wachsen der oberflächlichen Aussenrinde-Zellen entstehen. Demgegenüber muss der ganz unregelmässige anatomische Bau der Nematheeien von Phyllophora Brodiaei sofort den Verdacht er- wecken, dass hier etwas anderes als einfache Nemathecium-Bildung vorliege, Die Erklärung dieser Bildung bringt die Untersuchung der Ent- wickelungsgeschichte dieser „Nemathecien“. 376 Man kann öfters beobachten, dass von zwei gegenständigen Frucht- warzen einer Blattspitze die eine viel jünger ist als die andere, Das bietet ein bequemes Mittel, die jüngsten Entwickelungsstadien der Nemathecien herauszufinden. Untersucht man Längsschnitte (oder Querschnitte) von Blattspitzen, die bereits än einer Seite eine ganz kleine Warze erkennen lassen, so kann man häufig an der Gegenseite die allerersten Entwickelungsstadien der gegenständigen Fruchtwarze auffinden (Fig. 2). Solche Präparate aber gewähren ein ganz eigenartiges Bild. Zunächst erkennt man, dass in der Mehrzahl der Fälle die einzelne Fruchtwarze nicht aus einer einzelnen Anlage allein hervorwächst, sondern dass mehrere kleine benachbarte Anlagen zur Bildung einer einzelnen Fruchtwarze zusammenfliessen. An den Stellen, an denen diese Anlagen zuerst sichtbar werden, aber erkennt man, dass zwischen den kurzen antiklinen Zellfäden der Spross-Aussenrinde andere, zu- weilen etwas dünnere Zellfäden hindurehwachsen, dann, auswärts sich verzweigend, sich seitlich zusammenschliessen und so zu einem kleinen antiklinfädigen Polster sich verbinden (Fig. 8). Mehrere einander benachbarte Polster dieser Art bilden weiterhin, seitwärts zusammen- schliessend, die Fruchtwarze. Verfolgt man aber diese polsterbildenden Zellfäden rückwärts in das Innere des fertilen Spross-Abschnittes hinein, so erkennt man (Fig. 3), dass diese Zellfäden die Endauszweigungen dieklicher Zellfäden darstellen, welche in Innenrinde und Mark sich zwischen den Thallus-Zellen hindurehschlängeln. Diese Zellfäden lassen sich dann zurückverfolgen bis in das Innengewebe der gegenüber- liegenden älteren Fruchtwarze hinein (Fig. 2) und stellen sich dar als Auszweigungen der analogen dieklichen Zellfäden, die hier in den Zwischenräumen zwischen den auseinandergerückten Markzellen all- seitig sich ausbreiten und-ein dichtes wirres Geflechte herstellen. So kann man also an solchen jüngsten Entwickelungsstadien von „Nemathecien“ deutlich erkennen,. dass diese Nemathecien sich auf- bauen aus Zellfäden, welche von den querverketteten Zellen des sterilen Tragspross-Gewebes deutlich verschieden sind. Man kann an Durchsehnitten solcher Entwickelungsstadien leicht feststellen, dass hier zweierlei Zellfäden vorliegen, die sich streckenweise wirr durch einander flechten, die aber doch’ deutlich .von einander unterschieden werden müssen. Allerdings ist es im Einzelfalle an einem vorliegenden Durchschnitte nicht immer leicht, für jede einzelne Zelle genau zu entscheiden, ob sie diesem oder jenem Fadensysteme zugehöre. Allein im Allgemeinen ist es doch in jüngeren Entwickelungsstadien von 377 Nemathecien nicht schwer, die polsterbildenden Fäden weithin in ihrem Verlaufe klar zu legen und dieselben von den Zellen des sterilen Thallus-Gewebes zu unterscheiden. Wenn die jungen Nemathecium-Anlagen allmählich an Grösse zunehmen, wird das Bild allmählich etwas verändert. Die kleinen Polster verbreitern sich und schliessen seitlich zusamnien ; neue polster- bildende Fäden wachsen neben den erstgebildeten Fadenbüscheln heran, sich zwischen den Aussenrinde-Fäden des sterilen Gewebes durchzwängend; schliesslich erscheinen die Zwischenräume zwischen den primären Polstern überbrückt. Jene Aussenrinde-Fäden aber, zwischen den hindurchwachsenden heterogenen Fäden eingeklemmt, werden mehr und mehr unkenntlich. In der Innenrinde und im Marke dieses Spross-Abschnittes aber verzweigen sich die Fussstücke jener polsterbildenden Fäden immer reichlicher, rhizoidartige Aus- zweigungen zwischen die mehr und mehr aus einander weichenden Mark- und Innenrinde-Zellen ausbreitend, bis hier aus diesem allmäh- lich anschwellenden Abschnitte ein Frucht-Innengewebe hergestellt ist, wie es zuvor für die ausgebildeten Nemathecien beschrieben wurde. Somit werden die „Nemathecien“ von Phyllophora Brodiaei aus zweierlei Zellfäden aufgebaut, die in charakteristischer Weise zusammenschliessen, einerseits den sterilen Zellfäden, welche quer- verkettet den Thallus des Tragsprosses herstellen, andererseits den fertilen Zellfäden, aus denen ausschliesslich die fruchtbildende Schicht, die Schicht der Sporangienketten, hervorgeht. Beiderlei Elemente sind anfangs sehr deutlich von einander gesondert. Späterhin wird das Geflecht der beiderlei Zellfäden sehr dicht und verworren, sodass es im Innengewebe der entwickelten Frucht oft nicht leicht ist, die beiderlei Zellen von einander zu unterscheiden. Die Aussenschicht der Frucht aber wird stets ausschliesslich durch die fertilen Zellfäden gebildet. N In dieser Aussenschicht der Frucht erscheinen die antiklinen Zell- fäden, die späterhin die Sporangien-Ketten ausbilden, weithin abwärts ohne Querverkettung. Nur an der Basis dieser Fadenschicht sind die hier häufig gegabelten Zellreihen öfters durch Quervertüpfelung unter einander verbunden. Weiter abwärts im Innengewebe der Frucht sind die vielfach ungleich grossen Zellen des fertilen Gewebes unter einander vielfach nach den verschiedensten Seiten hin vertüpfelt. Aber auch die auseinandergerückten Zellen des sterilen Gewebes sicht man in älteren Früchten öfters mit einzelnen benachbarten Zellen des fertilen Gewebes vertüpfelt. In ganz jungen .Frucht- 378 anlagen dagegen wachsen die fertilen Zellfäden meist zwischen den Zellen des sterilen Gewebes ohne Vertüpfelung hindurch; nur hie und da greifen dieselben einzelne sterile Zellen (anscheinend unter ‘ derberer Vertüpfelung) an, dieselben mit reichlichen Auszweigungen umspannend, worauf dann diese zu den oben erwähnten vereinzelten inhaltsreichen grösseren Zellen (Fig. 2) anschwellen. Alle diese Thatsachen zusammen lassen nun meines Erachtens keine andere Deutung zu, als dass hier zwei differente Organismen vorliegen, von denen der eine als Tragpflanze, der andere als Parasit zu bezeichnen ist.‘) Das ganze Verhalten der fertilen Zellfäden, die Art, wie sie das Nematheeium aufbauen, an dem dann sie ausschliess- lich die sporenbildende Schicht bilden, alles dies gleicht durchaus dem Verhalten der bekannten parasitischen Florideen aus den Gattungen Janczewskia Solms, Choreonema Schmitz, Choreocolax Reinsch, Har- veyella Schmitz et Reinke und Gonimophyllum Batters.?) Dagegen weicht dies Verhalten durchaus ab von der Bildungsweise der echten Nemathecien aller übrigen bisher bekannten Florideen. Die angegebene Deutung, dass die „Nemathecien“ von Phyllophora Brodiaei durch eine selbständige parasitische Floridee gebildet seien, 1) Wie weit bei diesem Zusammenhange der beiderlei differenten Organismen der Parasitismus des einen reicht, wie weit dieser selbst zu seiner eigenen Er- nährung beiträgt, das lässt sich natürlich aus den beschriebenen anatomisch- entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen nicht erkennen. Dies festzustellen, ist aber hier auch gar nicht die Aufgabe. 2) Etwas einfacher liegt die Sache bei den ebenfalls parasitischen Florideen- Gattungen Ricardia Derbes et Solier und Bpisporium Möbius. Was speciell letztere Gattung betrifft, so befällt bei Episporium Centro- ceratis Möbiüs der Keim des Parasiten eine der Primanzellen des Centroceras- Rindenringes (nicht eine junge Sporangium-Zelle), bohrt diese, die stark anschwillt und reich mit Inhalt sich füllt, unter derber Vertüpfelung an und entwickelt sich dann, durch die stark anschwellende Nährzelle aus dem kleinzelligen Centroceras- Rindenring herausgehoben, zu einen: ausschliesslich extramatrikalen Parasiten-Thallus. (Die abweichenden Angaben bei Möbius, wonach der Parasit ausschliesslich die jungen Sporangien befallen und diesen Sporangien sich aussen einfach auf- heften soll, muss ich nach eigener Untersuchung des Originalmateriales in Abrede stellen. Ich hatte dies bereits im Winter 1887—88 Herrn Prof. Möbius brieflich mitgetheilt, allein Möbius hat neuerdings (Notarisia 1891 p. 1235) seine früheren unrichtigen Angaben unverändert wiederholt.) In analoger Weise heftet sich bei Ricardia Montagnei Derbts et Solier der Parasiten-Keim an die Spitze einer einzelnen Nährzelle an, sich mehrfach derb mit derselben vertüpfelnd, und wird dann durch das starke Heranwachsen dieser Nähr- zelle beträchtlich über die Theallus-Oberfläche der Nährpflanze emporgehoben, sodass auch hier der ausgebildete Parasiten-Thallus ausschliesslich extramatrikal ist, 379 entspricht aber auch durchaus der bekannten Thatsache, dass diese „Nematheeien“ innerhalb des Verbreitungsbezirkes der genannten Species bald häufiger, bald seltener und in sehr wechselnder Menge an dem einzelnen: „fruchtenden“ Exemplare angetroffen werden. So glaube ich denn einfach schliessen zu müssen, dass die sg. Nemathecien von Ph. Brodiaei durch eine selbständige parasitische Floridee gebildet werden. Der 'Thallus dieser Floridee gliedert sich in einen intramatrikalen Abschnitt!), welcher in dem lokal verdiekten und aufgetriebenen Mark- und Innenrinde-Gewebe der Nährpflanze sich mächtig entwickelt in Gestalt eines Systemes wirr durch einander geflochtener rhizoidartiger Zellfäden, die hie und da einzelne Zellen des Nährgewebes speziell ausbeuten, und in einen extramatrikalen Abschnitt, der an seiner Oberfläche ein flaches antiklinfädiges Polster mit kettenförmig gereihten Sporangien ausformt. Dieser extrama- trikale Abschnitt ist seiner Zeit von Kützing als Actinococcus roseus (Suhr) beschrieben worden. Jetzt ist dieser Name auf den ganzen parasitischen Organismus zu übertragen und in diesem Sinne die Gattung Actinococeus mit der typischen Species Act. roseus (Suhr) Kütz. (auf Phyllophora Brodiaei) wieder herzustellen. Alles nun, was ich bisher von „Nemathecien® der Ph. Brodiaei zu sehen bekam, waren Exemplare des oben beschriebenen Actinococeus roseus. Auch was ich in den verschiedensten Herbarien als Cysto- carpien der Ph. Brodiaei vorfand, war nichts anderes. Und stets handelte es sich hierbei um Tetrasporen-Exemplare dieses Actinococeus rOSeus. Darnach muss ich nun sagen: so weit die Litteraturangaben reichen, sind für Phyllophora Brodiaei Nemathecien und Oystocarpien noch gänzlich unbekannt.?) Von Actinococcus roseus aber sind bisher 1) Aus der obigen Darstellung ergiebt sich, dass bei Actinococeus roseus öfters von demselben intramatrikalen Fadengeflechte mehrere Parasiten-Polster entspringen, zuweilen succedan ausgebildet. Ich habe nicht genauer untersucht, ob etwa an einer reich infieirten Tragpflanze sämmtliche Parasiten-Polster aus einem gemein- samen intramatrikalen Fadensystem entspringen. Es wäre dies nicht unmöglich, Doch halte ich für wahrscheinlicher, dass hier gewöhnlich mehrere Parasiten-Keime gleichzeitig auf derselben Tragpflanze sich entwickeln; jeder einzelne Parasit kann dann die Ausbildung von einem oder von mehreren Polstern veranlassen. 2) Diesem Satz, der der oben eitirten Angabe meines Briefes vom Mai 1888 und dementsprechend der Bemerkung in Reinke’s Algenflora der west]. Ostsee entspricht, muss ich jedoch die Angabe hinzufügen, dass mir vor einiger Zeit die echten Cysto- carpien von Phyllophora Brodiaei privatim bekannt geworden sind. Im December 1891 nämlich übersandte mir Prof. Reinke ein Exemplar einer allerdings sehr schmal- 380 nur Sporangien-Exemplare bekannt geworden; nach den Cystocarpien dieser parasitischen Floridee habe auch ich bisher vergebens gesucht. Bei Phyllophora Brodiaei der Ostsee finden sich ferner nicht selten eigenartig geknäuelte Fruchtkörper traubigen Aussehens. Schon Lyngbye, Hydroph. Danica p. 11, erwähnt dieselben (1819) für seinen Sphaerococcus Brodiaei B concatenatus. Ich selbst habe diese Bildungen in den Jahren 1888 und 1889 wiederholt durch Prof. Reinke aus Kiel zugesandt erhalten und habe dieselben wiederholt eingehend untersucht. Die Aufklärung dieser Gebilde hat mir viel Mühe gekostet. Ich glaube aber schliesslich auch diese Gc- bilde als Produkte parasitischer Florideen deuten zu müssen. Unter der Einwirkung eines ziemlich kleinen intramatrikalen Parasiten- Geflechtes entwickeln sich traubenförmige Wucherungen des Phyllo- phora-Thallus; in diesen Wucherungen verbreiten sich intramatrikal und langsam fortsprossend die intereellular kriechenden verzweigten Zellfäden des Parasiten; dann aber wachsen zu gegebener Zeit reichlich Zweigbüschel des Parasiten von dem central gelagerten Parasiten-Geflechte auswärts hervor und bilden in analoger Weise wie bei Act. roseus an der Oberfläche je eines Höckers der Phyllophora- Wucherung ein fertiles flaches Polster, dessen antiklinfädige Zellreihen Ketten von Sporangien ausformen. Ich bin geneigt anzunehmen, dass diese traubenförmigen Wucherungen von Ph. Brodiaei durch eine eigenartige zweite Species von Aetinococeus verursacht seien. Doch unterlasse ich es, schon jetzt diese Species durch Aufstellung eines selbständigen Namens zu unterscheiden. Die Resultate, zu denen meine Untersuchung der „Früchte* von Phyllophora Brodiaei hingeführt hatte, legten nun naturgemäss die Frage nahe, wie die entsprechenden Verhältnisse bei anderen Phyllo- phora-Arten sich gestalten möchten. Für Ph. membranifolia erwähnte ich bereits oben das Vorhandensein echter Nemathecien, die hier auf den Flachseiten der blattartigen Thallus-Abschnitte in mehr oder minder ‚breiter Ausdehnung als flache Krusten entwickelt zu sein pflegen. Allein Ph. membranifolia und Ph. Brodiaei gehören zu verschiedenen blätterigen Ph. Brodiaei, das bei Kiel von Dr. Kuckuck gesammelt worden war, mit Früchten, die wohl Cystocarpien sein dürften. Ich konnte diese Auffassung durchaus bestätigen, Die Cystocarpien dieses Exemplares aber waren ganz anders gestaltet als alles, was bisher als Cystocarp von Ph. Brodiaei beschrieben worden ist. — Ich muss natürlich dem Finder selbst die genauere Veröffentlichung dieses interessanten Fundes überlassen. 381 Sectionen der Gattung Phyllophora, Phyllotylus und Coccotylus (die von Kützing sogar als selbständige Gattungen getrennt worden waren), Mit Ph. Brodiaei aber gehört zu derselben Section Ph. interrupta (Grev.) J. Ag. der arktischen Meere. Diese Art besitzt Nemathecien ganz analoger Gestaltung wie Ph. Brodiaei,; und diese „Nemathecien* fand ich in der That an Exemplaren von Ph. interrupta aus Grönland (leg. Rosenvinge) ebenso durch eine parasitische Klorideen-Art ge- bildet wie die „Nematheeien® von Ph. Brodiaei. Ja, mir scheint, dass dieser Parasit der arktischen Species mit dem Parasiten der Ph. Brodiaei specifisch identisch ist. Mit Ph. membranifolia dagegen sind nahe verwandt Ph. palmnet- toides J. Ag., Ph. palmetioides var.? Nicaeensis J. Ag., Ph. Traillüi Batters und Phyllotylus Sieulus Kütz. Von der echten Ph. palmet- toides J. Ag. des nordatlantlischen Oceans!) habe ich bisher nur sterile Exemplare zur Untersuchung gehabt, doch zweifele ich nach Harvey’s Abbildung (Phye. brit. t. 20 u. t. 310) nicht daran, dass hier echte flache Nemathecien vorliegen wie bei Ph. membranifolia. Von Ph. palmettoides var.? Nicaeensis J. Ay.?) sind Sporangien bisher noch nicht beschrieben worden. Phyllotylus Siculus Kütz., vielleicht (?) mit der letztgenannten Art identisch, zeigt, wie ich nach Ansicht des 1) Diese echte nordatlantische Phyllophora palmettoides J, Ag. scheint im Mittelmeer ganz zu fehlen. Wenigstens war alles, was ich bislıer als PR. palmettoides aus dem Mittelmeer gesehen habe, meines Erachtens von dieser Art speeifisch ver- schieden. Namentlich auch gilt dies von den Algen des Golfes von Neapel, die Falkenberg, Meeresalgen des Golfes von Neapel p. 268, und Berthold, Vertheil. der Algen im Golf von Neapel p. 536, unter jenem Namen beschrieben haben. — Auch Ardissone, Phycol, med. p. 180, äussert schon Zweifel daran, ob die echte Phyll. palmettoides J. Ag. im Mittelmeere vorhanden sei. 2) Die Alge, die J. Agardh in der Epier. Florid. als Ph. pallmettoides var. ? Nicaeensis aufgeführt hat, ist eine der verschiedenartigen Formen, die seit längerer Zeit unter der Bezeichnung Halymenia Nicaeensis (Lamour ined.) Duby 1830 (Botanie. Gallie. II p. 942), Sphaerococcus nieabensis Kütz. 1845 (Phycol. Germ. p. 308) oder Rhodymenia nicaeensis Montagne 1846 (Flore d’Algerie. Alg. p. 68) zusammen- geworfen zu werden pflegen, die aber mehreren ganz verschiedenen Arten zuge- hören, Die eitirte Agardh’sche Form ist charakterisirt durch die dünnen stiel- artigen Fadenfortsätze, in welche die sterilen Blattsprosse an der Spitze auslaufen (ich sah verschiedene derartige Exemplare im Herb. Kopenhagen) und durch die gestielten Cystocarpien, die nach J. Agardh’s Beschreibung an der Basis der Blattfläche angeheftet sind (die aber bisher noch kein anderer Beobachter gesehen zu haben scheint). Von dieser Form ist wohl zu unterscheiden Gymnogongrus Nicueensis Ardiss. et Straf, (Phycol. medit. p. 179), eine Art, deren Cystocarpien der Lamina des Blattsprosses eingelagert sind, so wie Kützing Tab. phyc, 18. 96 dies abge- 382 Kützing’schen Originalexemplares angeben kann, ebenfalls normale flache Nemathecien, wie Kützing (Tab. phye. 19. 75) dies dargestellt hat.) Von Phyllophora Traillii Batters endlich sind Nemathecien bisher noch nirgends bekannt geworden. Betreffs der dritten Section Phyllophora, zu der von J. Agardh (Epieris. p. 217) die Arten Ph. rubens, Ph. nervosa und Ph. Heredia gerechnet werden, zu der wohl auch Ph. Bangiü zu rechnen sein dürfte, kann ich leider bestimmte Angaben nicht machen. Die Nema- thecien, die für die Arten dieser Section beschrieben worden sind, habe ich bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Den vorhandenen Abbildungen nach aber dürften die Nemathecien von Ph. rubens (Good. et Woodw.) Grev. und Ph. nervosa (DC.) Grev. den Nemathecien von Ph. membranifolia anzuschliessen sein,?2) die Nematheeien von bildet hat (ich selbst sah solche Cystocarpien an einem Exemplare des Berliner Herbars aus Antibes [ded. Lenormand)). . Ausserdem aber sind unter der Masse dessen, was in den Herbarien und den Specialfloren Rhodymenia Nicaeensis etc. genannt zu werden pflegt, noch andere Arten, deren Oystocarpien mir bisher noch nicht bekannt geworden sind, _ zu unterscheiden. . Hauck (Meeresalgen p. 144) hat unterschiedsios alle diese Dinge mit noch einigen anderen Arten unter dem Namen Phyllophora palmetioides J. Ag. zusammen- geworfen: entschieden mit Unrecht. 1) Ich selbst sammelte im Frühjahr 1884 bei Neapel ein Sporangien-Exemplar einer Phyllophora, die wohl mit Phyllotylus Sieulus Kütz. identisch sein dürfte. Dieses Exemplar zeigte ebenfalls fache, flächenständige Nemathecien derselben Art wie Ph. membranifolia. — Dieses Exemplar hatte ich Anfangs als Phyllophora Nicaeensis bestimmt; dadurch erklärt sich die oben eitirte Angabe meines Briefes vom Mai 1888, dass ich echte Nemathecien bei Phyllophora Nicaeensis d.i. Phyllophora palmettoides v. Nicaeensis J, Ag. beobachtet hätte. 2) Bei Phyllophora rubens (Good. et Woodw.) Grer. und Ph. nervosa (DC.) Grev. entstehen angeblich die Nemathecien am Grunde kleiner, fast schildförmiger Blättchen, die aus der Fläche des blattförmigen Thallus proliferirend hervorwachsen; diese Nemathecien sollen die kurzen Stielchen dieser Blättchen rings umfassen oder nur die Oberseite dieser Stielchen überkleiden. Mir selbst ist es bisher nicht ge- lungen, ein echtes Nemathecium dieser Art aufzufinden. Allerdings sah ich wieder- ‚holt an den Stielchen der flächenständigen, kleinen, proliferirenden Blättchen die Aussenrinde stark nematheeienartig verdickt und intensiver gefärbt. Allein ich konnte bisher niemals in diesen lang-ausgewachsenen, antiklinen Zellfäden der Aussenrinde Sporangien-Bildung oder auch nur die Anfänge derselben unterscheiden; mir schien vielmehr diese antiklinfädige Verdickung der Aussenrinde stets rein vegetativer Natur zu sein. In der Litteratur finde ich auch nirgends unzweideutige Abbildungen, die jede andere Deutung der fraglichen Gebilde entschieden aus- schlössen, Was aber die Text-Angaben der Litteratur anbetrifft, so finde ich nur eine einzige Stelle bei J. Agardh, Sp. G.O. Alg. II p. 331, die bestimmt Sporangien- 388 r Ph. Heredia (Clem.) J. Ag. aber erinnern sehr an die „Nematheeien“ von Ph. Brodiaei!); von Ph. Bangii sind Sporangien bisher nur ganz ungenügend bekannt geworden. ?) Von den drei Sectionen der Gattung Phyllophora (J. Agardh, Epicris. p. 216 ff.) ist daher eine (Phyllotylus) ausgezeichnet durch echte Sporangien-Nemathecien; bei einer zweiten Section (Coccotylus) sind Sporangien bisher ganz unbekannt, dagegen sind die Arten dieser Section öfters mit Nematheeien einer parasitischen Floridee besetzt; die dritte Section (Phyllophora) bedarf erst noch weiterer Aufklärung. In der oben angeführten Stelle meines Briefes vom 14. Mai 1888 erwähne ich nun bereits, dass mir ausser Act. roseus noch andere Arten der Gattung Actinococcus bekannt geworden seien. Ja die Kenntniss dieser letzteren Formen war es eigentlich, die mich dazu . veranlasste, nicht wie Hauck mich mit der Aufklärung des Aet. roseus Ph. membranifoliae zu begnügen, sondern dem echten Act. roseus Ph. Brodiaei nachdrücklich nachzuspüren. Bildung für die Nemathecium-Fäden von Phyliophora rubens erwähnt; in allen übrigen Beschreibungen suche ich vergebens nach der bestimmten Angabe, dass der Autor die Sporangien-Bildung selber gesehen habe. Mir erscheint es daher bisher noch einigermaassen zweifelhaft, ob bei den beiden genannten Arten die Sporangien-Bildung wirklich in der angegebenen Weise erfolgt. Sollten aber diese angeblichen Nemathecien wirklich zu Sporangien-Nemathecien heranwachsen, dann sind dieselben den Nemathecien von Ph. membranifolia an die Seite zu stellen; sie entstehen wie diese durch antiklinfädiges Herauwachsen der Thallus-Aussenrinde, gehören also dem Thallus der Tragpflanze selbst an. 1) Die Nemathecien von Ph. Heredia (Clem.) J. Ag. kenne ich nur aus den Ab- bildungen bei Montagne, Flore d’Algerie. Phyceae. pl. 16. Fig. 5, und Kützing, Tab. phye. 19. 77. Nach Ardissone, Phyc. med. p. 184, sollen diese Nemathecien entstehen „alla base di prolificazioni in forma di fogliole laciniate, le quali del resto spesso veggonsi anche sulla fronda sterile.“ Ich kann jedoch nicht leugnen, dass mich die Fig. e bei Kützing l. c. und namentlich die Fig. 5b bei Montagne l. c. gar sehr an die „Nemathecien“ von Ph. Brodiaei erinnert. 2) Von Fortpflanzungsorganen der Ph. Bangü (fl. Dan.) Jensen ist mir bisher noch gar nichts zu Gesicht gekommen. Die tubercula subglobosa 4-granulata, die Lyngbye (Hydrophyt. Dan. p. 17) erwähut und (Tab 3 D) abbildet, sind offenbar nichts anderes als aufsitzende Keimlinge fremder Algen, analog den Gebilden, die Kützing (Phycol. gen. t. 59 II) abgebildet hat (vergl. auch J. Agardh’s Angaben in der Epier. Florid. p. 352—353). Die Nemathecien, dieHauck (Meeresalgen p. 144) erwähnt, sind allzu kurz und ungenügend beschrieben, um ein Urtheil zu erlauben. Gleichwohl bin auch ich (mit Hauck und Reinke) der Ansicht, dass die vor- liegende Art (wenigstens vorläufig) der Gattung Phyllophora einzureihen sei; mit Rhizophyllis, wohin J, Agardh auch noch in der Epiceris. Flor. (p. 352) dieselbe stellt, hat diese Art schon wegen des ganz differenten Thallusbaues nichts zu thun, Flora 1893, 26 384 In der That hatte ich damals schon seit längerer Zeit erkannt, dass die sg. Nemathecien mehrerer Gymnogongrus-Arten durch para- sitische Florideen gebildet würden. Zuerst fiel mir bereits im Jahre 1884 bei der Untersuchung eines Exemplares von Gym. Wulfeni Zanard. aus Neapel (leg. Solms) die eigenthümliche Entwicklungsweise der Nemathecien dieser Species auf. Ich sah, dass die kleinen, auswärts flach gewölbten Nematlieeien (Fig. 4) nur in der Mitte ihrer breiten Ansatzfläche angeheftet waren, und dass sie hier mittelst eines Stranges dünner Zellfäden, der die Rinde des Tragsprosses durchbrach, im Marke des letzteren befestigt waren. Später verfolgte ich die Entwicklung dieser Nemathecien genauer. Als Ergebniss dieser Untersuchung aber konnte ich feststellen, dass diese Nemathecien durch einen parasitischen Organismus gebildet werden. Dieser Parasit breitet sich in Gestalt einzelner schwach verzweigter Zellfäden in der Innenrinde des Gymnoyongrus-Sprosses aus. Dabei befällt er einzelne Zellen dieser Innenrinde, die infolgedessen sich vergrössern und inhaltsreich werden (Fig. 5), entwickelt um diese Nährzellen her ein diehteres Geflecht von Fäden, die zwischen die Innenrinde-Zellen sich einzwängen, und streckt schliesslich auswärts ein oder mehrere Bündel von Zellfäden hervor (Fig. 7), die die Rinde des Gymnogongrus-Sprosses durchbrechen und auf der Aussenfläche dieses Sprosses ein gewölbtes, seitwärts ziemlich weit übergreifendes Polster formen (Fig. 6). Im Inneren des Gymnogongrus-Sprosses wird weiterhin das Tadengeflecht immer dichter, zahlreichere Zellen der Innenrinde und des Markes werden von den Zellfäden des Parasiten durch Vertüpfelung angefallen; aussen aber breitet sich das extrama- trikale Polster, stärker sieh hervorwölbend, seitwärts aus, fliesst auch wohl mit einem seitlich benachbarten Polster zusammen und geht schliesslich in der breiten, dicht antiklinfädigen Aussenschicht zur Bildung von Sporangien-Ketten über. Im Innern des Gymnogongrus- Thallus aber lassen sich inmitten des (ein wenig angeschwollenen) be- fallenen Gewebeabschnittes die Elemente der Nährpflanze und des Parasiten, die als verzweigte gegliederte Zellfäden die Zwischenräume zwischen den Gymnogongrus-Zellen durchflechten, dauernd deutlich von einander unterscheiden. Soleher Parasiten-Polster finden sich bei der vorliegenden G@ym- nogongrus-Art meist mehrere zu einer Gruppe nahe zusammengerückt, auf beide Flachseiten des abgeflachten Thallus der Nährpflanze vertheilt'). — 1) Augenscheinlich verdanken diese verschiedenen kleinen Parasiten-Polster, die zu einer Gruppe nahe zusammengerückt sind, sämmtlich einem und demselben S 385 Die einzelnen Polster bleiben klein, im Umriss gerundet, bis Imm breit, flach gewölbt, an der Berührungsfläche mit breitem Rande über die Anheftungsstelle seitwärts hinübergreifend. Die kettenförmig gereihten Sporangien der Aussenschicht erscheinen meist unvollständig getheilt, vielfach nur in der Mitte ringförmig eingeschnürt.1) Es sei diese Parasiten-Species hier als Actinococeus aggregatus bezeichnet. — Ganz analog der eben beschriebenen Art fand ich dann weiterhin auch die Entwicklung der „Nemathecien“ bei der entsprechenden Gymnogongrus-Art des nordatlantischen Oceans, @. Griffithsiae (Turner) Martius,?) die ich an Materialien von mehreren verschiedenen Stand- orten genauer untersuchte. Auch hier bilden sich zunächst im Innern der Tragpflanze Knäuel dichter verflochtener Parasiten-Zellfäden, die einzelne oder mehrere befallene und demzufolge vergrösserte Zellen der Tragpflanze einschliessen. Dann wachsen von diesen Knäueln Bündel polsterbildender Fäden nach aussen hervor, durchbrechen die Rinde der Nährpflanze und formen aussen, einzelu oder zu mehreren seitlich zusammenschliessend, mehr oder minder ausgedehnte Polster, die schliesslich zu „Nematheeien* heranreifen. Diese „Nemathecien“ erscheinen bei der vorliegenden Gymnogon- grus-Species meist einzeln gestellt, von ziemlich ansehnlicher Grösse und meist vollständig stengelumfassend. Es fliessen hier eben ge- wöhnlich mehrere kleine Parasiten-Polster zu einem grösseren Polster seitlich zusammen (Fig. 8). Die kettenförmig gereihten Sporangien aber zeigen sich schliesslich deutlich paarig getheilt?). — Parasiten-Geflechte den Ursprung, wachsen gewöhnlich aus einer einzelnen Parasiten- Keimpflanze hervor. 1) Schon Zanardini (Icon, Phye. Med.-Adriat. III p. 59—60) hat hervor- gehoben, dass er bei Gymnogongrus Wulfeni die Sporangien der „Nemathecien* trotz vielfachen Nachsuchens niemals viergetheilt angetroffen hätte; er meint deshalb, dass diese „Nemathecien“ sehr selten reif würden. Ich habe meinerseits ebenfalls ganz vergebens nach viergetheilten Sporangien gesucht. Mir schien jedoch, dass die unvollständig getheilten Sporangien gleichwohl schliesslich zur Aussaat geeignet seien, also eine Art eigenthümlich gestalteter Monosporangien darstellen. 2) Hauck (Meeresalgen p. 139) und Ardissone (Phycol. medit. p. 177) vereinigen einfach die zuvor besprochene Art G Wulfeni mit der vorliegenden Species G. Griffithsiae, während J. Agardh (Epier. 210) über die Selbständigkeit der Zanardini’schen Art, die er nur beiläufig erwähnt, sich nicht ausgesprochen hat. Mir scheint das Vorgehen Zanardini’s, der beiderlei Formen specifisch trennt, durchaus begründet. j 3) Ich trage noch Bedenken, diesen Parasiten des Gymnogongrus Griffithsiae als selbständige Species zu unterscheiden. Die Anordnung der kleinen Polster, die in kleine Gruppen zusammengestellt sind, ist ganz analog wie bei Actinococcus 26* 386 Eine ganz ähnliche Entwicklungsweise der „Früchte“ beobachtete ich ferner im Frühjahr 1886 bei einer Alge, die ich als Chondrus Fragilis Grev. (Tafelbay; leg. Dr. Pappe; misit Kunze; ex herb. G. v. Martens) im Berliner Herbarium vorfand, die aber zweifellos einer Art von Gymnogongrus (@. polycladus [Kütz.] I. Ag. oder G. capensis Kütz.) zugehört. An jungen Früchten war auch hier deutlich zu erkennen, dass die gesammte Polsterbildung ausging von einem Fadengeflecht, das im Inneren des Gymnogongrus-Sprosses sich aus- breitete und hie und da einzelne Zellen (die sich demzufolge stark vergrössert und reichlich mit Inhalt erfüllt hatten) speziell befallen hatte. An älteren Früchten waren die Polster sehr stark vorgewölkt, “die breite antiklinfädige Aussenschicht dieser Polster setzte sich deutlich ab gegen ein unregelmässigeres Polster-Innengewebe, dieses aber ging, allmählich in das aufgetriebene, von zahlreichen Parasitenfäden durch- wucherte Innengewebe des Gymnogongrus-Sprosses über. In den Zellfäden der antiklinfädigen Polster-Aussenschicht fanden sich schliesslich auch deutliche Ketten junger Sporangien, in denen eine Theilung des Inhaltes aber noch nirgends begonnen hatte. — Auch hier fanden sich die Parasitenpolster gewöhnlich in kleinen Gruppen an den Sprossen der Tragpflanzen vertheilt. — Dieses Aussehen der älteren halbreifen „Früchte“ der letzter- wähnten Gymnogongrus-Art erinnerte mich nun sehr an die Ab- bildung der Früchte von Pachycarpus dilatatus bei Kützing Phycel. general. t. 63. II. Mir erschien höchst wahrscheinlich, fast zweifellos, dass auch diese Früchte durch eine parasitische Floridee gebildet würden, analog den Nemathecien-Bildnern von Gymnogongrus Wulfeni und Gymn. Griffithsiae. Meine Bemühungen, authentisches Material dieser Kützing’schen Art zu erlangen, blieben aber lange erfolglos. Dafür gelang es mir, zu constatiren, dass auch bei Gymiuogongrus norvegicus (Gunn.) J. Ag: (von mehreren verschiedenen Standorten Nordfrankreichs und Helgolands) und bei Gymnogongrus dilatatus ( Turn.) J. Ag. (vom Cap der guten Hoffnung) die sg. Nemathecien ganz analoge Gebilde seien wie die Nemathecien von Gymnogongrus Wul- Ffeni und @G. Griffithsiae, nämlich die Sporangien-Polster parasitischer Florideen aus der Gattung Actinococcus. aggregatus, nur schliessen hier gewöhnlich die sämmtlichen Polster einer Gruppe zu einem einzelnen grösseren, meist stengelumfassenden Polster zusammen. Dies aber wird ausserordentlich erleichtert, vielleicht veranlasst durch die stielrunde Gestaltung der Sprosse der Tragpflanze. 387 Von .diesen Parasiten-Arten bildet die eine auf Gymnogongrus norvegicus fachgewölbte Polster von gerundetem Umfang und 1—2 mm Breite, die in wechselnder Anzahl über die beiden Flachseiten der Tragpflanze sich vertheilen. Nicht selten entspricht einem Parasiten- Polster der einen Seite des G@ymnogongrus-Thallus ein analoges Polster der gegenüberliegenden Thallus-Flachseite. Zuweilen auch stehen zwei kleinere Polster ganz dieht neben einander.!) Die Nach gewölbten Polster sind in der Mitte der Berührungsfläche mit ziemlich kleiner In- sertionsfläche angeheftet. Im Inneren zeigen diese Polster die antiklin- fädige Aussenschicht deutlich abgesetzt von dem mehr ungeordneten, parenchymatischen Innengewebe, das unterwärts direct dem lokal aufge- lockerten durchwucherten Marke desTragsprosses sich anschliesst(Fig.10). Es sei dieser Parasit hier als Actinococcus peltaeformis unterschieden. Die andere Parasitenform auf Gymnogongrus dilatatus, die ich Actinococcns latior nennen möchte, zeigt analoge Vertheilung der Polster. Doch sind diese Polster merklich grösser, 2—4 mm breit, viel stärker gewölbt und merklich dichter. Im Innern des extra- matrikalen Theiles derselben unterscheidet man eine antiklinfädige Aussenschicht und ein breites dichtes Innengewebe mit ziemlich deutlich fächerförmig-strahlend geordneten, ziemlich dünnen, wiederholt ge- gabelten Zellfäden; dieses Innengewebe geht dann allmählich in den aufgelockerten durchwucherten Abschnitt des Tragspross-Markes über (Fig. 9). — Die bisher genannten Resultate, die ich bereits im Januar 1888 sicher festgestellt hatte, mussten nun dazu anreizen, auch die übrigen Gymnogongrus-Species, für welche Nemathecien angegeben waren, zur Untersuchung heranzuziehen. Nur leider war es ausserordentlich schwer, sicher bestimmtes Untersuchungsmaterial zu erlangen. So konnte ich erst im Januar 1889 authentisches Material von @. cerenu- latus (Turn.) J. Ag. und zwar augenscheinlich dasselbe Material, das Kützing zu seiner Abbildung Tab. phyc. 19. 61 benutzt hatte (Herb. Binder, jetzt Herb. Hamburg), untersuchen ?); die Nemathecien erwiesen sich auch hier als parasitische Florideen-Polster anscheinend derselben Species, die hier soeben Act. peltaeformis genannt ward. 1) Sowohl bei diesem Actinococcus peltaeformis, als auch bei dem sogleich zu besprechenden Act. latior schien mir, dass von dem einzelnen Parasiten-Keimling gewöhnlich nur ein Parasiten-Polster, seltener zwei oder mehr benachbarte oder gegenständige Polster erzeugt werden. . 2) Ich lasse dabei ganz dahingestellt, ob @. erenulatus der atlantischen Küste Portugals und G. norvegicus der nordatlantischen Küsten wirklich als zwei differente Arten zu unterscheiden sind. Mir erscheint dies bisher noch ziemlich unsicher. 388 Dann erhielt ich auch erst im Januar 1889 das Originalmaterial von Pachycarpus dilatatus Kütz. aus dem Herb. Kützing-Suringar.') Die Untersuchung zeigte, dass in der That die „Cystokarpien“ dieser Alge nichts anderes sind als junge Sporangien-Fruchtpolster einer para- sitischen Floridee. Diese parasitische Florideenform aber vermag ich bisher ebenfalls nicht von Act. peltaeformis zu unterscheiden, Erst im Februar 1891 ward es mir möglich, authentisches Material von Gymnogongrus ammicus Mont.?) (Guyana; leg. Leprieur) zu 1) Die Alge, die Kützing (Phyeol. gen. p. 412) als Pachycarpus dilatatus beschrieben und (t. 63 II) abgebildet hat, stammt aus dem westlichen Theile des Mittelmeeres (Kützing nennt in der Phyc. gener. Marsejlle?, in den Spec. algar. die Küsten Spaniens), Zuerst (Phycol. gener. p. 412) hatte Kützing diese Art für identisch gehalten mit Fucus dilatatus Turner = Gymnogongrus dilatatus (Turn.) J. Ag. von Südafrika. Später aber (Spec. algar. p. 789 und 790) trennt er mit Recht beide Pflanzen vollständig von einander. Diese Mittelmeer-Alge ist sonst von anderen Autoren nirgends erwähnt worden, während doch die Algenflora des westlichen Theiles des Mittelmeeres schon vielfach untersucht worden ist. Es war mir daher von grossem Interesse, die Öriginal- pflanze Kützing’s vergleichen zu können. Bei diesem Vergleiche fiel mir auf, dass an dieser Alge die wiederholt gegabelte, bandförmig abgeflachte Spreite unter- wärts keilförmig verschmälert ist in einen deutlich abgesetzten dünnen Stiel (in der Abbildung bei Kützing ist dies ganz ungenügend wiedergegeben). — Ausser diesem Originalexemplare Kützing’s sah ich nur noch zwei kleine Exemplare mit „Nemathecien®“ aus Antibes im Strassburger Herbar (unter zahlreichen kleinen sterilen Exemplaren von „Phyllophora“, die von Soret bei Antibes gesammelt worden waren), die ich derselben Art zurechnen zu müssen glaubte, Ob diese Kützing’sche Alge eine selbständige Art darstellt, wage ich jedoch noch nicht bestimmt zu entscheiden. Mir scheint nicht unwahrscheinlich, dass mit dieser Alge manche (oder sämmtliche) der Mittelmeerformen, die beispielsweise von Ardissone (Phycol. med. p. 178 u. 180) als Gymnogongrus norvegicus und G. erenu- latus beschrieben worden sind, specifisch zusammengehören, Es wäre dies durch genaueren Vergleich der letzteren Formen festzustellen. — Im Anschlusse daran aber wäre dann auch zu ermitteln, ob die genannten Mittelmeer-Algen wirklich mit den gleichnamigen nordatlantischen Gymnogongrus-Arten identisch sind; mir scheint dies noch einigermaassen unsicher zu sein. 2) Von dieser Species schreibt schon J. Agardh Epieris. p. 214: „Species quoad affinitatem mihi maximopere dubia.“ Es war mir vergönnt, das Original- materjal dieser Spocies aus dem Herbarium Montagne (jetzt im Pariser Herbarium) genauer zu untersuchen. Dabei konnte ich feststellen, dass diese Alge mit Gymno- gongrus gar nichts zu thun hat, vielmehr den Vertreter einer besonderen neuen Gattung darstellt, die anscheinend neben Lemanea und Tuomeya im System ein- zureihen ist, - Diese Gattung, die ich Sterroeladia nenne, charakterisirt sich folgender- maassen: Thallus aufrecht, stielrund, reichlich seitlich verzweigt, dichter Consistenz, parenchymatischer Struktur; eine dünne gegliederte Centralachse ist umgeben von 389 untersuchen. Dabei erkannte ich denn bald, dass diese Species keinen- falls zur Gattung Gymnogongrus gehört, ihre „Nemathecien“ demgemäss auch mit den „Nemathecien“ der echten Gymnogongrus-Arten nichts zu thun haben. Ganz vergebens aber habe ich mich bisher bemüht, authentisches Material von Gymnogongrus linearis (Turner) J. Ag. zu erhalten. Für diese Species der Westküste Nordamerikas beschreibt J. Agardh Früchte, die noch unentwickelt waren, die er aber als junge Nema- thecien ansehen zu dürfen glaubte. Seine Beschreibung des inneren Baues zeigt eine grosse Aehnlichkeit derselben mit den Früchten von Pachycarpus dilatatus Kütz. Ich glaube daher kaum irre zu gehen, wenn ich annehme, dass auch diese Nemathecien durch parasitische Florideen aus der Gattung Actinococcus gebildet werden. Für anderweitige Gymnogongrus-Arten sind, so weit ich sehen kann, nirgends in der Litteratur Nemathecien beschrieben worden. Es "kommen thatsächlich aber auch npeh bei anderen Arten von Gym- nogongrus analoge „Nemathecien* vor. Das zeigte mir z. B. ein Exemplar einer Gymnogongrus-Art aus Callao (? G. vermicularis [Turn.] J. Ag.), deren Thallus ebenfalls mit parasitischen Actinococeus-Polstern besetzt war. Dessgleichen fand ich derartige „Nemathecien“ an einer Gymnogongrus-Art (anscheinend G. patens) aus Querqueville bei Cher- bourg, die ich unter der (offenbar irrigen) Bezeichnung Phyllophora palmettoides (leg. Rosenvinge; det. Le Jolis) im Herb. Kopen- hagen vorgefunden hatte; meines Erachtens gehörten auch diese „Nemathecien“ zu Act. peltaeformis. — Soweit also bisher für Gymnogongrus-Arten Nemathecien-Bildung beschrieben worden ist, soweit reicht die Verbreitung der geschilderten parasitischen Florideen-Arten. Dadurch ergibt sich, dass bisher für die Gattung Gymnogongrus die Gestaltung der echten Sporangien noch ganz unbekannt geblieben ist.!) Andererseits aber zeigt sich, einer ziemlich breiten, dicht geschlossenen, parenehymatischen Rinde, deren äusserste Schicht ganz kleine, dicht zusammengeschlossene Zellen aufweist; Spitzenwachsthum mit quergegliederter Scheitelzelle und kurz-scheibenförmigen Gliederzellen, deren Randzellen, die gewöhnlich zu je vier angelegt werden, auswärts weiter Aussen- zellen abgliedern und dadurch die Sprossrinde aufbauen. — Antheridien in Gestalt wulstartig vorspringender Nemathecien oberwärts an den Thalluszweigen vertheilt (einzeln oder unregelmässig wirtelig geordnet), mit oberflächlicher Schicht kleiner ovaler Spermatangien. Carpogonien, Cystocarpien und Sporangien unbekannt. — Süsswasser-Floridee. Typ. Sterrocladia amnica (Montagne). 1) Die Gattung Gymnogongrus ist 1833 von Martius (Flor. Brasil. I. p. 27) ausdrücklich auf das Vorhandensein der nackten Fruchtwarzen begründet und 390 dass sämmtliche bisher beschriebenen G@ymnogongrus-Nemathecien durch parasitische Florideen-Arten, die einander sehr nahestehen, gebildet werden. Alle diese Arten gehören mit Actinococcus roseus zu einer und derselben Gattung zusammen. Bei allen diesen Arten ist bisher ausschliesslich die Sporangien- bildung bekannt geworden; Cystocarpien sind bisher noch von keiner einzigen der genannten Species aufgefunden worden. Diese Sporangien- "Bildung mit Sporangien-Ketten, die in grosser Anzahl neben einander in breit ausgedehnten Nemathecien entwickelt werden, zeigt aber die grösste Aehnlichkeit mit der Sporangien-Bildung der Gattungen Phyllo- . phora (Sect. Pyllotylus) und Stenogramme. Es liegt nahe, anzunehmen, dass die Gattung Actinocoecus mit diesen beiden Gattungen nahe ver- wandt sei, zumal auch die bisher bekannten Actinococcus-Arten sämmtlich auf Arten der einander nahe verwandten Gattungen Phyllophora (Sect. Coccotylus) und Gymnogongrus parasitisch leben.!) Ich habe dementsprechend benannt worden. Diese Fruchtwarzen stellen sich jetzt als ganz fremdartige Dinge, die den betreffenden Pflanzen selbst gar nicht zugehören, heraus. Der Gattungsname Gymnogongrus ist meines Erachtens aber ruhig beizubehalten, wenn auch die Gattung anders begründet werden muss. Als typische Art benutzte Martius den Sphaerococcus Griffithsiae Ag. Von dieser Art sind bisher Cystocarpien leider noch gar nicht aufgefunden worden; ihre Fruchtbildung ist somit noch vollständig unbekannt. Es ist daher zur Zeit nicht möglich, eine Gattung, die auf diese Species begründet ist, bestimmt zu charakterisiren. Ich habe es deshalb für geboten erachtet (Liste der Florideen-Gattungen p. 6), die Gattung Gymnogongrus (Martius) gen. reform. auf G. norvegieus (Gunner) I. Agardlh als typische Art zu begründen. Das charakteristische Merkmal dieser Gattung aber sehe ich neben dem parenchymatischen Bau des Thallus in der Stellung der (Gigartina-artigen) Cystocarpien, die dem Thallus selbst, nicht besonderen kleinen Fruchtwimpern, eingelagert sind. Bei keiner einzigen Species dieser reformirten Gattung Gymnögongrus sind bisher Sporangien bekannt geworden (ebensowenig wie bei Phyllophora Seet. Coccotylus). 1) Unter den ziemlich zahlreichen parasitischen Florideen-Formen, die ich bisher beobachtet habe (die aber meist noch gar nicht beschrieben sind), habe ich es auf- fallend häufig zu constatiren gehabt, dass der Parasit. derselben Familie wie die Nährpflanze oder einer nächstrerwandten Familie zugehört. Von den bisher be- schriebenen Formen ist Janczewskia nächstverwandt mit Laurencia, beide gehören zu den Rhodomelaceae; Ricardia, die ebenfalls auf Luureneia wächst, gehört zu der nächstverwandten Familie der Bonnemaisoniaceae,; Episporium gehört ebenso wie Centroceras zu den Ceramiaceae; Gonimophyllum ist nächstverwandt mit Nrtophyllum. Von bisher unbeschriebenen Formen erwähne ich nicht weniger als sechs verschiedene Rhodomelaceen-Gattungen (vier von mir selbst ermittelt, zweineuerdings von Falken- berg aufgefunden), die auf Rhodomelaceen schmarotzen, ferner eine Callophyllis- artige Form, die auf Callophyllis laciniata parasitisch wächst. — Allerdings giebt es auch Fälle des Gegentheiles, wie z. B. Choreocolax und Harveyella, die beide auf 391 daher in meiner Liste der Florideen-Gattungen Actinococeus (allerdings mit?) neben Phyliophora, Stenogramme und Gymnogongrus zu den Tylocarpeae gestellt und glaube diese Stellung auch heute noch fest- halten zu sollen. Mit den Squamariaceae, zu denen J. Agardh die Gattung Actino- coccus rechnet, hat dieselbe meines Erachtens keine näheren Beziehungen. Nur die Aehnlichkeit der Sporangien-Ketten mit den Sporangien-Ketten von Petrocelis könnte allenfalls hier geltend gemacht werden; allein diese Aehnlichkeit ist eine ganz oberflächliche. Es fehlt Actinococcus vor allem der charakteristische Thallusbau der Sguamariaceae gänzlich, Unter den Arten von Actinococcus habe ich bisher eine Species nicht genannt, die schon J. Agardh zur Gattung Actinococeus zählte, Act. simplicifilum J. Ag. Ich muss gestehen, diese Species ist mir sehr zweifelhaft geworden. Nach J. Agardh (Epier. p. 375) findet sich diese Art „in mari Baltico ad Chondrum erispum“. Trotzdem ist diese Art bisher noch von keinem Phykologen wiedergefunden worden. Ja auch ihrem Autor scheint diese Art späterhin etwas zweifelhaft geworden zu sein, wie ich aus einer Unterredung mit Prof. J. Agardh (im September 1888 in Lund) entnehmen konnte. Agardh hatte, wie er mir sagte, seiner Zeit eine Zeichnung der Alge von einem deutschen Phykologen zu- gesandt erhalten; diese Zeichnung aber, die mir Agardh vorzeigte, liess wenig charakteristische Merkmale erkennen; jedenfalls erschien mir dieselbe nicht ausreichend, um die dargestellte Alge mit Sicher- heit der Gattung Actinococcus zuweisen zu können. Rhodomelaceen schmarotzen, beide aber zu den Gelidiacewe gehören; ebenso fand ich auf Gelidium-Arten drei verschiedene Gattungs-Typen, die ganz verschiedenen Familien zugehören. Immerhin aber’ bleibt die angeführte Thatsache bemerkens- werth. Offenbar finden die parasitischen Florideen-Arten am leichtesten bei ihren nächsten Verwandten diejenigen Nährstoffe, die ihnen am besten zusagen. Die angeführte Thatsache erscheint mir so bemerkenswerth, dass ich glaube, in zweifelhaften Fragen des Florideen-Systems von derselben Gebrauch machen zu dürfen. So möchte ich im vorliegenden Falle schliessen, dass der Standort der Actinococcus-Arten die schon anderweitig nahegelegte Annahme einer systematischen Verwandtschaft von Actinocoecus und Gymnogongrus, Phyllophora und Stenogramme zu stützen geeignet ist. Auf die Thatsache selbst, dass bei Florideen öfters Parasit und Nährpflanze derselben Familie angehören, hat auch Batters in seiner Publikation über Gonimo- phylium Buffhami (Journal of Botany. März 1892) schon kurz hingewiesen. 392 Ich glaube daher, Act. simplicifilum als Species nimis dubia aus der Gattung Actinococcus ausschliessen zu müssen.!) Der Vollständigkeit wegen sei dann auch noch kurz erwähnt eine andere Art von Actinococcus, die Harvey 1857 in The Natural History Review (Vol. IV) beschrieben und abgebildet hatte. Diese Harvey’sche Art war von Mr. Roger IIennedy „on an old root of Laminaria digitata“ bei Cumbrae an der Westküste Schottlands gesammelt worden. Diese Alge hat zuerst Batters (vergl. List of the Marine Algae of Berwick-on-Tweed p. 94) nach Prüfung des Harvey’schen Originalmaterials als identisch mit Petrocelis Ruprechti Hauck erkannt und dementsprechend diese Species Petrocelis Hennedyi (Hauck) Baiters (zuerst in Holmes Alg. Britt. rar. exsiec. n. 89) benannt. Ich selbst habe dann ebenfalls die Harvey’schen Original- materialien (im Herb. Trinity College Dublin) verglichen und habe mich dabei von der Richtigkeit der Batters’schen Bestimmung überzeugt. Actinococeus Hennedyi Harvey ist daher ganz aus der Gattung Actinococcus Kütz. auszuschliessen. Die Gattungs-Charakteristik von Actinococcus aber wäre schliesslich in folgender Weise kurz zusammenzufassen: Parasitische Florideen. Intramatrikaler Abschnitt des Thallus (Fuss) gebildet durch verzweigte dickliche Zellfäden, welche in mehr oder minder dichter Masse die Zwischenräume eines mehr oder minder grossen aufgelockerten Abschnittes des Innengewebes der Tragpflanze durchwuchern und denselben zu einer ganz unregelmässig geordneten Gewebemasse umgestalten. Der extramatrikale Abschnitt des Thallus polsterförmig gewölbt, in mehr oder minder breiter Ausdehnung über die Anheftungsfläche seitwärts hinübergreifend, innen gegliedert in . ein mehr oder minder mächtiges parenchymatisches Innengewebe, das unterwärts meist allmählich in das ganz ungeordnete Mischgewebe des Polsterfusses übergeht, und in eine breite antiklinfädige Aussen- schicht, deren diehtgedrängte Zellfäden fast sämmtlich zu (oberwärts und unterwärts sterilen) Sporangien-Ketten heranreifen; Sporangien paarig getheilt, zuweilen unvollständig getheilt. Antheridien und Cystocarpien unbekannt. 1) Sollte etwa diese Species „in mari Baltico ad Chondrum crispum para- sitica“ identisch sein mit den Nemathecien von Phyllophora membranifolia® Manche Exemplare von Ph. membranifolia mag ja wohl einmal ein „Phykologe* mit Chondrus crispus verwechseln; die Nemathecium-Fäden dieser Species aber sind in der That simplicifila. 393 Typ. Actinocoecus roseus (Suhr) Kütz. auf Phyllophora Brodiaei und Ph. interrupta. Andere Arten auf verschiedenen Arten der Gattung Gymnogongrus. Mit der Gattung Gymnogongrus ist nun der herrschenden Auf- fassung!) gemäss die Gattung Ahnfeltia Fries äusserst nahe verwandt, und in der That lässt sich diese Gattung, so wie sie von J. Agardh in der Epierisis Floridearum pag. 205 ff. abgegrenzt ist, eigentlich gar nicht von Gymnogongrus unterscheiden. Es war daher für mich die Untersuchung der „Nemathecien“ auch dieser Ahnfeltia - Arten geboten. Freilich sind bisher nur für wenige Ahnfeltia - Species „Nemathecien® beschrieben worden. Bei diesen Arten aber lehrte mich die anatomisch-entwickelungsgeschichtliche Prüfung, dass in der That auch hier die „Nemathecien“ durch parasitische Florideen ge- bildet werden; allein die Florideen, die hier in Betracht kommen, sind ganz anderer Art als bei den' Species von Gymnogongrus. Der kleinzellige Thallus und das dichte feste Gefüge der echten Alınfeltia-Arten (die an die typische Species Ahnfeltia plicata (Hudson) Fries zunächst sich anschliessen) macht die Untersuchung dieser Arten etwas mühsam; gleichwohl aber gelingt es bei einiger Sorgfalt der Beobachtung doch unschwer, die vorliegende Frage aufzuklären. Am klarsten erkannte ich die obwaltenden Verhältnisse bei Alnfeltia setacea (Kütz.)?) = Gymnogongrus setaceus Kütz. (Tab. phye. 19. 67. pag. 25) (Chiloe; leg. Lechler — unter dem Namen Chondrus furcellatus Grev. im Berliner Herbarium). Hier (Fig. 11) wird das halbkugelig gewölbte „Nematheeium“ (vgl. auch die Abbildung bei Kützing Tab. phye. 19. 67) gebildet durch ein gewölbtes Parasiten- Polster, das fast mit seiner ganzen Unterfläche (mit Ausnahme einer mässig breiten Randzone) der lokal etwas angeschwollenen Aussenrinde der Tragpflanze angewachsen ist. An dieser Verwachsungsfläche, die erst bei genauerer Prüfung eines Durchschnitts deutlicher zu erkennen ist, sind beiderlei Gewebemassen keineswegs scharf gegeneinander abgegrenzt; vielmehr greift der Parasit mit sehr zahlreichen kurzen dünnen oder etwas dicklicheren Senkern in die Rindenschicht der Trag- pflanze ein (Fig. 11 u. 12). Diese Senker, einfache Zellfäden oder 1) Hauck (Meeresalgen p. 138 ff.) vereinigt einfach Ahnfeltia mit Gymno- gongrus; ebenso Reinke (Algenflora d. westl. Ostsee p. 26) und andere Autoren. 2) J. Agardh (Epicris. p. 214) nennt Gymnogongrus setaceus Kütz. unter den Species inquirendae, Meines Erachtens gehört diese Art ganz nahe neben Ahn- Ffeltia plicata. 394 Bündel von Zellfäden, zwängen sich zwischen die Fäden der hier stark verdickten antiklinfädigen Anussenrinde des Ahnfeltia-Sprosses hinein und bohren hie und da mit der Spitze einen solchen Rinden- Zellfaden an (unter Vertüpfelung oder Fusion der zusammenstossenden Zellen). Das Parasiten-Polster selber (Fig. 11) ist sehr dicht uud feinfädig. Sein (einige Zeit fortwachsender) Rand weist sehr deutlich oberseits fächerförmig strahlenden Verlauf der Zellreihen auf. Die Hauptmasse des Polsters zeigt aufwärts radial strahlenden und dann regelmässig antiklinfädigen Verlauf der Zellreihen, die hie und da sich gabeln; nur unterwärts erscheint die Regelmässigkeit des Verlaufs dieser Zell- reihen öfters secundär etwas gestört. Dieses Polster wächst an seiner ganzen gewölbten Aussenfläche eine Zeit lang fort und nimmt so all- mählich an Dicke zu. In der Aussenschicht dieser Aussenfläche aber werden wiederholt und in grosser Anzahl Monosporangien entwickelt, indem die Endzellen einzelner Rinden-Zellfäden ein wenig anschwellen zu länglich keulenförmiger Gestalt; nach der Entleerung dieser ver- hältnissmässig kleinen Monosporen werden die betreffenden Zellfäden, deren Spitzenwachsthum hiermit erlischt, nicht selten von den weiter wachsenden seitlich benachbarten Rinden-Zellfäden überwallt und ein- geschlossen. Diese eigenartigen Parasiten lassen sich der Gattung Actinocoecus keinenfalls einreihen. Sie bilden Vertreter einer besonderen Gattung, die ich mit dem Namen Sterrocolax bezeichne. Die Species dieser Gattung, die auf Ahnfeltia setacea (Kütz.) schmarotzt, die Kützing Tab. phye. 19. 67 als Nemathecium („Fruchtpolster mit Kettensporen“) der Tragpflanze abgebildet hat, sei hier Sterrocolax decipiens genannt. Eine analoge Gestaltung der „Nemathecien* beobachtete ich dann bei Gymnogongrus fastigiatus var. crassior Ruprecht (Unalaschka; ex herb. academ. Petropolit. im Berliner Herbar), einer Alge, die schon Ruprecht (Alg. Ochotens. p. 134) nahe verwandt mit Ahnfeltia plicata genannt hatte.!) Die ganze Gestaltung des Parasiten-Polsters, 1) J. Agardlı Epier. p. 206 rechnet „Gigartina fastigiata Post. et Rupr.“ als Varietät zu Ahnfeltia plicata. Ich möchte es dahin gestellt sein lassen, ob diese Alge des nordpacifischen Oceans speeifisch identisch ist mit der Ahnfeltia plicata des nordatlantischen Oceans. Entsprechend der modernen Tendenz, recht viele Formen zu einer einzigen Species zusammenzuwerfen, hat man in neuerer Zeit fast alle Algen, die das Aussehen und die Consistenz der nordatlantischen Ahnfeltia plicata. besitzen, zu einer einzigen Art vereinigt, sodass dieser Species jetzt ein ausserordentlich weites Verbreitungsgebiet zugeschrieben wird. Nach dem, was ich gesehen habe, hege ich jedoch noch einigen Zweifel daran, ob dies Ver- 395 die Befestigungsweise !), der anatomische Bau desselben, die ‚Bildung von Monosporangien war ganz ähnlich wie bei dem Parasiten von Ahnfeltia setacea (Kütz.). Nur war das Polster viel stärker kugelig gewölbt, die Verwachsungsfläche verhälinissmässig viel kleiner (nicht ganz !/s so breit als die Berührungsfläche), der fächerförmig strahlende Faserverlauf im Inneren des Polsters fast noch deutlicher als dort; die Monosporangien aber fand ich kürzer, fast oval und nur vereinzelt in dem mittleren Theile der gewölbten Aussenfläche deutlich erkennbar. Ich glaube daher den Parasiten dieser Species von dem Parasiten der Ahnfeltia setacea (Kütz.) specifisch sondern zu müssen. Es sei der- selbe hier als St. crassior bezeichnet, Ein ganz ähnlicher Parasit bildet nun auch die Nemathecien von Alınfeltia plieata (Hudson) Fries. Allerdings kommen bei dieser Art der nordatlantischen Meere mancherlei Bildungen vor, die den echten „Nemathecien“, wie sie beispielsweise Harvey Phycol. brit. t. 288 und Kützing Tab. phycol. 19. 66 abgebildet haben, ähnlich sind. Mehr oder weniger dicke, halbkugelige bis kugelige Verdiekungen und Auswüchse der Ahnfeltia-Sprosse habe ich namentlich an Exemplaren der Ostsee (aus Travemünde, Kiel, Flensburg u. s. w.) vielfach an- getroffen; doch erwiesen sich dieselben meist als unregelmässige Wucherungen des Sprossgewebes, die anscheinend durch irgend welche Verletzungen hervorgerufen waren. Dafür aber habe ich an Exem- plaren der Nordsee und des Kanals, sowie an Exemplaren von der Küste Schottlands und Labradors häufiger echte „Nemathecien“ beobachtet. - Diese „Nematherien“ bilden flacher oder stärker gewölbte Polster ganz ähnlicher Art wie bei Ahnfeltia setacea (Kütz.). Dies Polster ist mit. breiter Insertionsfläche, die nur den Rand der Berührungsfläche frei lässt, dem Substrat, der lokal etwas verdickten Aussenrinde des Ahnfeltia-Sprosses, angewachsen. An der Insertionsfläche, die nur bei genauerem Zusehen deutlich zu unterscheiden ist, schliesst das kleinzellige Gewebe des Parasiten-Polsters enge an das kleinzellige fahren hier wirklich berechtigt ist; mir scheint es noch etwas unsicher, ob Ahn- feltia plicata des nordatlantischen Oceans specifisch identisch ist mit der gleich- namigen Alge des Cap Horn und der Magelhaensstrasse, sowie der gleichnamigen Alge des Ochotskischen und des Berings-Meeres und des nördlichen Kismeeres,. 1) Zuweilen schien es mir, als ob von der Verwachsungsfläche aus feinfädige Senker des Parasiten die Aussenrinde der Tragpflanze durchwüchsen und bis weit in das Innere des Markes derselben vordrängen. Bei der fast gleichmässig fein- fädigen Beschaffenheit des Gewebes der Tragpflanze und des Parasiten gelang es mir jedoch bisher noch nicht, diesen Punkt vollständig aufzuklären. 396 Gewebe der Ahnfeltia-Aussenrinde an, dabei aber strecken sich zahl- reiche kurze Zellreihen des Parasiten-Gewebes als Senker eine kurze Strecke weit zwischen die Zellreihen der Ahnfeltia-Sprossrinde hinein. Doch fand ich hier diese Verhältnisse etwas weniger durchsichtig als bei Ahnfeltia setacen‘). Der Bau des Parasiten-Polsters selbst war ganz analog wie bei dem Parasiten letzterer Species, auch die Mono- sporangien analog gestaltet. Alles in allem glaube ich daher den Parasiten der nordatlantischen Ahnfeltia plicata mit dem Parasiten der südost-pacifischen Ahnfeltia selacea zu einer und derselben Species Sterrocolax deeipiens vereinigen zu müssen, Für andere Arten von Ahnfeltia ausser den genannten sind bisher Nemathecien noch nirgends, so weit ich die Litteratur übersehe, be- schrieben worden. Dementsprechend habe ich auch den beschriebenen Arten von Sterrocolax keine weiteren hinzuzufügen. Wohin diese Gattung Sterrocolax im System zu rechnen sein möge, ist mir bisher ganz unklar. Cystocarpien habe ich bisher bei keiner der beschriebenen Arten aufgefunden. Der dichte kleinzellige Thallusbau legt den Gedanken nahe, dass Sterrocolas mit Ahnfeltia nahe verwandt sein möchte. Damit ist aber leider nur wenig ge- wonnen, da ja die systematische Stellung von Ahnfeltia selber zur Zeit noch ganz unsicher ist. ?) 1) Der kleinzellige, sehr feste und dichte Bau der Sprosse von Ahnfeltia plicata macht anatomische Studien an dieser Species etwas mühsam und schwierig. Die vor- stehend beschriebenen Thatsachen zu erkennen, ist daher nicht ganz leicht und erfordert einige Erfahrung und Vebung im Mikroskopiren. Es soll mich daher nicht wundern, wenn mancher „Phykologe* Mühe haben wird, von den beschriebenen Thatsachen sich zu überzeugen. Allein einem sorgfältigen exakten Beobachter wird die Sache keine allzugrossen Schwierigkeiten bereiten, 2) J. Agardh (Epieris. p. 206 ff.) rechnet zur Gattung Ahnfeltia ausser der Section Ahnfeltia auch noch die beiden Sectionen Dietyogenia und Dianaena mit je einer Species, Von diesen drei Seetionen scheinen mir die beiden letzteren mit Gymnogongrus vereinigt werden zu müssen; Ahnfeltia torulosa aus Neu-Seeland, die ich selbst untersuchen konnte, gehört meines Erachtens entschieden zu Gymno- gongrus; Ahn. furcata aber besitzt nach J. Agardh’s Beschreibung einen ana- tomischen Bau, der diese Art ebenfalls von Ahnfeltia ausschliesst: Ich beschränke daher meinerseits die Gattung Ahnfeltia Fries auf die Section Ahnfeltia der Epierisis. Doch muss ich dabei ausdrücklich hervorheben, dass keineswegs alles, was in der Litteratur und in den Herbarien zu den vier Arten der genannten Section J. Agardh’s gerechnet wird, wirklich hierher gehört. So sah ich beispielsweise vor einiger Zeit unter dem Namen A. concinna eine Alge, die ich keineswegs zu Ahnfeltia, vielmehr zu Gymnogongrus rechnen möchte. Diese Gattung Ahnfeltia zu charakterisiren, ist nun eine recht schwierige Aufgabe. Die Fortpflanzungsorgane dieser Gattung sind bisher noch vollständig 397 Jedenfalls ist Sterrocolas mit Actinococcus nicht näher verwandt. Für diese neue Gattung Sterrocolax aber ergiebt sich aus der vorstehenden Darstellung folgende Gattungs-Charakteristik: Parasitische Florideen. Thallus in Gestalt eines flach gewölbten Polsters der Oberfläche der Tragpflanze aufsitzend und durch zahlreiche dünne Senker, die in die Rinde der Tragpflanze eindringen, aufge- heftet. Gewebe des Thallus sehr dicht, feinfädig und kleinzellig, mit radial strahlenden Faserverlauf; der "längere Zeit fortwachsende Aussenrand des Thallus mit oberseits fächerförmig strahlendem Verlauf der Zellreihen. — An der Oberfläche des Thallus-Polsters kleine Mono- sporangien in wechselnder Anzahl verstreut, der Aussenrinde einge- lagert. Antheridien, Procarpien und Cystocarpien unbekannt. Typ. Sterrocolax decipiens auf Ahnfeltia setacea (Kützing). Greifswald, den 20. Juli 1893. Figuren-Erklärung. Tafel VI. Die meisten der vorliegenden Figuren sind im Einzelnen etwas schematisirt. Speciell sind öfters Einzelheiten, die nur bei verschiedener Einstellung des Mikroskopes sichtbar waren, in ein Bild zusammengezogen worden. Ferner sind mehrfach die Gestaltungs-Verschiedenheiten zwischen den Geweben der Nährpflanze und des Parasiten ein wenig kräftiger zum Ausdruck gebracht, als das im Object selbst der Fall war. Endlich ist in nebensächlichen Details auf genaue Wiedergabe sämmtlicher Einzelzellen kein besonderes Gewicht gelegt worden. — Diese Ab- bildungen sollen eben einfach die Angaben des vorstehenden Textes illustriren, erläutern. Sie haben nicht den Zweck, einen bestimmten Rinzelfall mit allen seinen zufälligen Einzelheiten naturgetreu wiederzugeben. Fig. 1. Vergr. e. 75. Querschnitt durch die befallene Spitze eines schmalen kleinen Blattsprosses von Phyllophora Brodiaei mit zwei gegenständigen Parasiten-Polstern. In dem Polster-Innengewebe sind die Zellen der Trag- unbekannt, Die Gattung ist auch heute noch ausschliesslich auf den anatomischen Bau und vor allem auf die knorpelig-hornartige Consistenz des dichten, klein- zellig-parenchymatischen Thallus zu begründen, Doch scheint es mir, ebenso wie früher J. Agardh, kaum zweifelhaft, dass es sich hier um eine gute selbständige Gattung handelt. Man stellt gewöhnlich diese Gattung ganz nahe mit Gymnogongrus zusammen. Dazu liegt aber meines Erachtens jetzt, nachdem die „Nemathecien“ von Ahnfeltia und diejenigen von Gymnogongrus sich als ganz verschiedenartige Dinge heraus- gestellt haben, gar kein Grund mehr vor. Mir scheint, man kann Ahnfeltia mit demselben Rechte auch mit Trematocarpus und Melanthalia oder mit Ceratodietyon oder selbst mit Polyopes und Corynomorpha in Verbindung bringen. Für keine dieser Zusammenstellungen ist bisher irgend ein wirklich entscheidendes Moment beizubringen. Es bleibt daher meines Erachtens nichts anderes übrig, als Ahnfeltia Fries den Genera incertae sedis zuzuzählen. 398 Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. 2. 4u. 10, 11. 12. pflanze durch etwas ansehnlichere Grösse von den Zellen des Parasiten ziemlich leicht zu unterscheiden, Vergr. c. 50. Querschnitt durch die Spitze eines analogen Blattsprosses von Phyllophora Brodiaei. Auf der einen Flachseite des dieklichen Trag- sprosses ist das Parasiten-Polster bereits kräftig entwickelt; auf der gegen- überliegenden Flachseite brechen eben die ersten Fadenbüschel des Para- siten durch die Aussenrinde des Tragsprosses hervor, um hier ein zweites Polster zu formen. In dem Innengewebe des älteren Polsters sind die Zellen des aufgelockerten Gewebes der Tragpflanze speciell hervorgehoben ; darunter ist eine vergrösserte, inhaltsreiche Zelle besonders ausgezeichnet. Vergr. c. 250, Der obere Theil des jüngeren Parasitenpolsters der Fig. 2 stärker vergrössert, Die Zellen des Parasiten inhaltsreich-prall, die Innen- zellen der Tragpflanze inhaltsarm-geschrumpft. 5. Vergr. ce. 75.. Längsschnitte jüngerer Sprosse von Gymnogongrus Wulfeni mit Anlagen von Parasiten-Polstern, Fig. 4 zeigt drei jüngere Polster-Anfänge je mit einer vergrösserten und inhaltsreichen befallenen Zelle des Gewebes der Tragpflanze, Fig. 5 ein etwas älteres Parasiten-Polster mit zwei derartigen befallenen Zellen im Innengewebe. Vergr. c. 100. Ein junges Parasiten-Polster derselben Pflanze. Die be- fallene Zelle der Tragpflanze vergrössert und von Parasitenfäden dicht umsponnen, Oberhalb dieser befallenen Zelle in dem Polster-Innengewebe (lie Zellen der Tragpflanze nur undentlich zu erkennen. Vergr. c. 250. Eine ganz junge Anlage eines Parasiten-Polsters derselben Pflanze, : Die befallene Zelle der Tragpflanze stark vergrössert. Parasiten- Fellen und Zellen der Tragpflanze ziemlich leicht zu unterscheiden. Vergr. ce. 50. Querschnitt durch ein „Nematheeium® von Gymnogongrus Griffithsiae. Das Parasiten-Polster „stengelumfassend“, verwachsen aus drei seitlich zusammengeflossenen Polstern, deren Insertionsflächen merk- lich von einander abstehen. Vergr. ec. 25. Querschnitt durch ein „Nematheeium® von Gymnogongrus dilatatus. Der intramatrikale Abschnitt des Parasiten-Polsters zeigt deutlich das Parasiten-Gewebe gesondert von dem etwas aufgelockerten Zellgewebe der Innenrinde und des Markes der Tragpflanze. Vergr. c. 60. Ein analoger Querschnitt durch ein „Nemathecium® von Gymnogongrus norvegieus. Das Innengewebe der Tragpflanze durch die intercellular fortwachsenden Zellfäden des Parasiten lokal aufgelockert. Die Zellen der Aussenrinde des befallenen Abschnittes der T'ragpflanze zwischen den Zellen des Innengewebes des Parasiten-Polsters nicht deut- lich zu unterscheiden. Vergr, c, 75. Querschnitt durch ein „Nemathecium® von Ahnfeltia setacea Das Parasiten-Polster an die lokal verdickte Aussenrinde des Tragsprosses in breiter Fläche angeheftet und durch kurze Senker befestigt. Die dunkle Zone im Innern des Parasiten-Polsters entspricht anscheinend einer zeit- weisen Unterbrechung des Heranwachsens des Parasiten-Polsters. Vergr. c. 250. Ein kleines Stück der Anheftungsfläche von Parasiten- Polster und Tragspross-Aussenrinde der Fig. 11. Die Senker der Parasiten- Basalfläche haben sich zwischen die Aussenrinde-Fäden der Tragpflanze eingedrängt. 399 D. Einige Zeit, nachdem ich Ende Juli d. J. das Manuseript des vorstehenden Aufsatzes an die Redaction der Flora eingesandt hatte, gelang es mir, endlich auch von den Arten der Section Phyllophora- Phyllophora Nemathecien-Material zur Untersuchung zu erhalten. Da nun die Drucklegung des vorstehenden Aufsatzes bisher sich ver- zögert hat, mache ich gerne von der gebotenen Gelegenheit Gebrauch, diesem Aufsatze noch einen zweiten Theil anzureihen, der über die Untersuchung der Nemathecien der ebengenannten Phyllophora-Arten berichten soll. Ich verdanke das erwähnte Untersuchungs-Material dem Pariser Herbarium, dessen Direetion ich auch hier meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte. Unter dem dortigen Material der fraglichen Phyliophora-Species, das ich durchsehen konnte, fand ich Nemathecien sowohl von Ph. Heredia (Clem.) J. Ag., als auch von Ph. nervosa (Dee.) Grev. und Ph. rubens (Good. et Woodw.) Grev. Bei allen diesen drei Arten finden sich die Nemathecien aus- schliesslich an den ganz kurzen dünnen Stielchen prolifieirender Seiten- sprosse. Solche fertilen Sprosse sind bei Ph. rubens und Ph. nervosa vielfach von den sterilen prolifieirenden Sprossen, die kurzgestielte Blattsprosse darstellen, gar nicht verschieden, meist aber bleiben die- selben dauernd etwas kleiner; bei Ph. Heredia dagegen erfahren die fertilen Sprosse eine ganz abweichende Ausbildung und wachsen anstatt zu wiederholt gegabelten, gestreckten Flachsprossen vielmehr zu ganz kurzen Stumpfen heran, welche aus der Spitze sich stern- förmig verästeln. Es kann daher leicht der. Anschein entstehen, als ob beiden Arten von Phyllophora-Phyllophora die Nemathecien an kleine, bisweilen eigenartig ausgebildete Fruchtblättchen gebunden seien‘). Die Nemathecien selbst bilden kleine, dickliche Krusten von wech- selnder Ausdehnung und wechselndem Umriss, Dieselben bedecken das ganz kurze (meist stielrunde) Stielchen des fertilen Sprosses bald nur einseitig, bald greifen sie weiter herum oder hüllen das Stielchen ringsum ein. Häufig fliessen mehrere kleinere Krusten seitlich zu einer grösseren Kruste zusammen. Nicht selten erscheint bei Ph. nervosa und Ph. rubens die obere Seite des Stielchens besonders bevorzugt 1) So sagt beispielsweise J. Agardh in der Epierisis p. 217 von der Sec- tion Phyllophora: „nematheciis eirca petiolos foliolorum prolificantium evolutis laminaque folioli subpeltata tectis,“ Ebenso heisst es bei Kützing, Phycol. gener, 1843 p. 412, in der Diagnose von Phyllophora: „sirothelia in carpoeloniis distinetis foliaceis“, Flora 1893, 27 400 und mit einer ausgedehnteren Nemathecium-Kruste, die auch auf die Blatt-Lamina eine Strecke weit hinübergreift, bedeckt. . Untersucht man nun den anatomischen Bau dieser Nemathecien etwas genauer, so zeigt sich zunächst sofort, dass hier die Sache anders liegt als bei den früher besprochenen Nemathecien von Ph. Brodiaei oder von Gymnogongrus norvegieus u. V. Ein solch unregelmässiges Zellgewebe, wie es bei diesen Arten unterhalb der Nemathecium - Hymenien durch Verflechtung von Parasiten - Zellfäden und Gewebezellen der Nährpflanze entsteht, fehlt hier bei den Arten von Phyllophora-Phyllophora gänzlich. Parasiten gleicher Art wie bei jenen Species liegen somit hier nicht vor. Allein man überzeugt sich auch sehr bald, dass die Nemathecien der vorliegenden Arten nicht gleichartig sind den Nemathecien von Phyllophora membranifolia (Good. et Wondw.) J. Ag. oder Steno- gramme interrupta (Ag.) Mont. Speciell bei jüngeren Nematheeien sueht man hier ganz vergeblich nach jener Regelmässigkeit des Ver- laufes der Zellreihen, wodurch sich deutlich zeigt, dass die Nema- thecien einfach durch längeres Hervorwachsen von antiklinen Zellfäden der Thallus-Rinde entstehen. Die Nemathecien zeigen hier im äusseren Theile antikline Zellfäden (ohne Querverkettungen dicht neben einander gestellt) in grösster Regelmässigkeit der Anordnung, allein an der Unter- seite dieser Hymenialschichtin derBerührungszone des Nematheeiums und desSpross-Innengewebes ist dieVertheilung der Zellen eine rechtregellose. Dabei ergiebt sich zugleich, dass auch die Annahme, die ich oben (8. 382 Anm. 2) als denkbar hingestellt hatte, thatsächlich nicht be- gründet ist. Ich erwähnte, dass ich an sterilen, kleinen prolifieirenden Blättchen von Ph. rubens und Ph. nervosa die Aussenrinde der kurzen Stielchen nemathecienartig verdickt gesehen hätte, und sprach dabei von der Möglichkeit, dass diese Verdickungsmasse sich späterhin zu einem fertilen Nemathecium ausgestalten könnte. Auf Durchschnitten fertiler Sprossstielchen ist es nun leicht zu erkennen, dass diese Annalıme nicht zutrifft. Auch an fertilen prolifieirenden Blättchen sicht man an der Insertionsstelle der ganz kurzen Stielehen die Aussenrinde mehr oder weniger weithin nemathecienartig verdickt; aussen über diese verdickte Aussenrinde hin aber breiten sich die eigentlichen Nematheeien, von denen hier die Rede ist, aus. Dieser Umstand muss sogleich’stutzig machen gegenüber der bisheri- gen Annahme, dass hier echte Nemathecien der fraglichen Phyllophora- Arten vorlägen. Dazu kommt, dass die Art und Weise, wie diese Ne- mathecien-Krusten an ihrer Unterseite mit dem Sprossgewebe zusammen- 401 hängen, eine recht eigenartige ist. Diese Krusten sind zwar stets in ganzer Ausdehnung dem Sprossgewebe dicht angeschmiegt; allein die fortwachsenden Seitenränder der Nemathecien sind überall in mehr oder minder breiter Ausdehnung frei, dem Sprossgewebe zwar angeschmiegt, aber nicht organisch angewachsen und speziell bei Ph. nervosa und Ph. rubens vielfach durch eine deutliche Spalte davon getrennt. Dazu zeigen die breiteren Nemathecien von Ph. nervosa nicht selten auch in einiger Entfernung vom Rande an ihrer Unterseite analoge, enge Trennungsspalten, die einen wirklichen Zusammenhang der beider- seitigen Zellgewebe vollständig ausschliessen. Alles dies macht die bisherige Annahme, dass es sich hier in den Nematheeien dieser Phyllo- phora-Arten um Auswüchse der Aussenrinde dieser Pflanzen. handele, höchst unwahrscheinlich. . Diese Annahme aber erscheint endgültig ausgeschlossen, wenn man genauer zusieht, wie denn an den Stellen wirklichen Gewebe- Zusammenhanges die Verbindung zwischen den Zellen des Phyllo- phora-Sprosses und denjenigen des Nematheciums zu Stande kommt. An älteren Verwachsungsstellen erscheinen die Zellen der ziemlich unregelmässig geordneten Basalschicht des Nematheeiums mit den Aussenzellen des Sprossgewebes in mannigfaltiger Weise vertüpfelt und verkettet, so dass es vielfach schwierig ist, die Zugehörigkeit einer bestimmten Einzelzelle genau anzugeben. An den jüngsten Verbindungsstellen nahe dem Rande des Nematheciums aber sieht man (speciell bei Ph. nervosa), dass nach Verschwinden der Anfangs vor- handenen trennenden Spalte, die durch Verschmelzen der beider- seitigen Aussencollode geschlossen wird, einzelne Zellen der Nemathecium- Basalschicht Ausstülpungen gegen die nächsten Aussenzellen der Spross-Rinde ausstreeken und mit diesen Zellen sich verketten. Der- artige Verbindungen werden immer zahlreicher hergestellt; schliesslich erscheint an dieser Stelle fast jede Aussenzelle des Spross-Gewebes mit einer oder mit mehreren Nemathecium-Basalzellen (deren Anordnung zugleich eine recht unregelmässige geworden ist) verkettet. An der Stelle, an der Anfangs eine trennende Spalte vorhanden war, zeigt sich nun eine vollständige Verbindung der beiderlei Gewebe; die Zellen der beiderlei Gewebemassen, die besondere charakteristische Differenzen gewöhnlich nicht erkennen lassen, sind vielfach gar nicht mehr von einander zu unterscheiden. In dieser Weise fand ich überall an den untersuchten Nemathecien den Zusammenhang zwischen Nemathecium und Sprossgewebe her- gestellt. Auch an der primären Insertionsstelle junger kleiner Nema- 27* 402 theeien erschien in dieser Weise das Verwachsen mit dem Spross- gewebe durchgeführt. Ja die allerkleinsten wenigzelligen Nematheeium- Anlagen, die ich auffand, zeigten dies gleiche Verhalten. Da sehe ich mich denn zu dem Schlusse gezwungen: die Nema- theeien der Arten von Phyllophora-Phyllophora sind selbständige parasitische Algen, welche auf der Oberfläche der Phyliophora-Sprosse sich ausbreiten und hier durch Zell-Verkettung mit dem oberflächlichen Gewebe der Tragpflanze verwachsen. Dass die Nemathecien der vorliegenden Arten von Phyllophora ebenfalls durch parasitische Florideen gebildet werden, das ergiebt sich aus den geschilderten Thatsachen meines Erachtens mit Sicher- heit. Allein diese Thatsachen sind hier nicht alle leicht zu ermitteln. Um nun die Nachprüfung meiner Angaben möglichst zu erleichtern, seien hier noch einige Einzelheiten über die Nemathecien der drei ver- schiedenen Phyllophora-Arten, die hier in Betracht kommen, angefügt. Bei Phyllophora nervosa, die im Mittelmeer-Gebiete ja ziemlich weit verbreitet ist, findet man nicht selten ältere Individuen sehr reichlich mit prolifieirenden Sprossen besetzt. An den bandförmigen blattartigen Thalluszweigen trägt die ziemlich dünne Lamina einseitig oder meist beiderseitig, zwischen Mittelrippe und Seitenrand verstreut, mehr oder weniger zahlreiche prolifieirende Sprosse von der Ge- stalt kleiner ovaler Blättchen, die mittelst ganz kurzer stielrunder oder etwas abgeflachter Stielchen angeheftet sind. Diese Stielchen stehen rechtwinklig von der Fläche des Tragsprosses ab; ihre Lamina aber setzt ebenfalls fast rechtwinklig an das Stielchen an und legt sich dadurch der Lamina des Tragsprosses fast parallel aussen auf. Dabei erscheint diese Lamina nicht selten unterwärts zu einem ganz schmalen Randsaume über die Insertionsfläche des Stielchens vorge- zogen, sodass das ganze prolifieirende Blättchen eine etwas schild- förmige Gestalt erhält, Die Grösse dieser Blättehen ist sehr ver- schieden; die meisten bleiben klein in Form kleiner Blattschüppchen, einzelne aber können auch stärker heranwachsen und ganz analog dem Tragspross sich ausformen. Die meisten derartig verzweigten Individuen von Ph. nervosa, die ich lebend oder in Herbarien gesehen habe, waren steril. Mit ‘Nemathecien besetzt sah ich nur einige Exemplare aus dem Herb. Roussel (1835 bei Algier gesammelt) und ein Exemplar aus dem Herb. Lebel (bei Bastia auf Corsica gesammelt), beide jetzt im 403 Pariser Herbar. An den fertilen Zweigen waren die meisten der vorhandenen prolifieirenden Blättchen mit Nemathecien versehen. ‘ Diese fertilen Blättchen aber zeigten sehr verschiedene Grösse; die meisten bildeten kleine, excentrisch gestielte Schüppchen, einige waren etwas grösser, einzelne auch zu ansehnlichen blattartig flachen Sprossen herangewachsen. . Einzelne fertile Blättchen zeigten selbst wieder kleine prolificirende Seitensprosse analoger Gestaltung, die ihrerseits ebenfalls mit Nemathecien besetzt waren. Kurzum die fertilen prolificirenden Sprosse unterschieden sich eigentlich gar nicht von den sterilen, höchstens waren kleinere Individuen unter den fertilen etwas zahlreicher. Dann aber zeigten sämmtliche fertilen Blättchen die Stielchen einseitig oder ringsum wulstig verdickt durch die auflagernden Ne- mätheeien. Diese waren namentlich an etwas ausgebleichten Exem- plaren der Ph. nervosa unter der Lupe deutlich zu erkennen in Ge- stalt geschlossener oder unterbrochener dunkelrother Ringe, welche "oo () 1.u.2. Phyllophora nervosa, 1. (vgr. c.2) ein Stück eines Blatt- sprosses mit kleinen prolifieirenden Blättchen besetzt; 2. (c. 4) drei fertile prolificirende Blättchen verschiedener Grösse; @ ein prolificirendes Blättchen, das seinerseits wieder ein kleineres, fertiles, prolificirendes Blättchen trägt. 3. u. 4, (ec. 10 vgr.) Phyliophora rubens. Mediane Längsschnitte fertiler Blättchen, die selbst wieder fertile prolificirende Blättchen tragen, das Stielchen einfassten und durch die schwach durchscheinende Blattläche durchschimmerten. An dem Stielchen bevorzugten die Nemathecien deutlich die Oberseite, und hier dehnten sie sich viel- fach ein wenig auf die anstossende Blattfläche hin aus; an der Unter- 404 seite des Stielehens ragte das Nemathecium selten über die vor- springende Lamina-Leiste hinüber. Auf dem Durchschnitt zeigen die Stielehen an der Insertionsstelle eine mehr oder minder weit ausgebreitete nemathecienartige Ver- diekung der Aussenrinde, die am stärksten in dem ‘Winkel zwischen‘ Stielechen und Tragspross hervortritt. Die Nemathecien selbst aber erweisen sich als flache Krusten, die an der Oberfläche dieser Aussen- rinde-Verdiekung sich ausbreiten und dann mehr oder minder weit auf die unverdickte Aussenrinde der Blatt-Lamina hinübergreifen. In diesen Krusten hebt sich eine breite obere regelmässig antiklin- fädige, späterhin fertile Zone deutlich von einer ganz schmalen, Phyliophora nervosa. Medianer Längsschnitt durch die Insertions- stelle eines fertilen prolifieirenden Blättehens (ec. 30). Das kurze Sticlchen zeigt die nemathecienartige Verdickung der Aussenriude, Bei-a ein sog. Nemathecium. ziemlich ungeordneten Basalschicht ab. Diese Krusten breiten sich eine Zeit lang durch Randwachsthum seitlich weiter aus. Auf dem radialen Durchschnitt zeigt der fortwachsende Rand jüngerer Krusten deutlich eine basale Zellreihe, von der aus fast sämmtlichen Glieder- zellen (bis zur Spitze hin) Ast-Zellreihen sich abzweigen; diese letzteren sind erst schräg vorwärts gerichtet, biegen’ sich dann empor und stellen sich zuletzt, meist ohne sich zu gabeln, vertical aufrecht als (antikline) Zellfäden jener oberen fertilen Zone, der Hymenialschicht. Die Zellen der basalen Zellreihe jenes Durchschnittes aber schliessen nicht mit den Zellen der benachbarten analogen Zellreihen zu einer dicht geschlossenen Basal-Zellschicht fest zusammen (wie dies bei den 405 Squamariaceae, bei Melobesia und Mastophora üblich ist), sondern formen mit einzelnen Basalzellen der schliesslich aufrecht gestellten Zellfäden der Hymenialschicht eine dünne, etwas gelockerte Basal- schicht, deren Zellenanordnung sehr bald fast regellos erscheint. Diese Krusten sind in ihrer ganzen Ausdehnung der Oberfläche der Stielchen-Aussenrinde, resp. der Lamina-Aussenrinde fest an- geschmiegt. Allein organisch verwachsen mit dieser Unterlage sind sie nur an mehr oder minder breiten Stellen des mittleren Abschnittes. Der Rand, namentlich jüngerer Krusten, ist stets eine Strecke weit frei. An medianen Längsschnitten fertiler Blättchen sieht man vwiel- fach von der Oberseite des Stielchens die Kruste auf die Bauchseite der Lamina sich ausbreiten, und hier kann man dann öfters ohne Mühe erkennen, dass vom Rande der Kruste her eine enge Spalte zwischen Kruste und Lamina sich hineinzieht, begrenzt und deutlich gekennzeichnet durch die derberen Grenzhäutchen der beiderseitigen Aussencollode. An etwas erweichten Präparaten lehnen diese beiden Grenzhäutchen vielfach dicht aneinander und formen dadurch eine derbe Grenzlinie, die deutlich Kruste und Tragspross von einander absondert. — Diese Grenzlinie erscheint nun aber nicht nur am Rande der Kruste, sondern sie ist mehrfach auch noch an anderen Stellen der Unterseite der Kruste sichtbar und scheidet auch hier Krusten-Gewebe und Tragspross-Gewebe scharf von einander, während nur an den zwischen- liegenden Stellen, an denen diese Spalte resp. diese Grenzlinie fehlt, ein wirklicher organischer Zusammenhang zwischen den beiderseitigen Geweben nachzuweisen ist. Wie dieser letztere Zusammenhang hergestellt wird, das lässt sich am besten an den jüngsten Verwachsungsstellen nahe dem Krusten- rande erkennen. Hier sieht man, dass zunächst lokal die Collode- Abgrenzung schwindet, dass dann einzelne Zellen der Krusten-Basal- schicht mit den nächstangrenzenden Aussenzellen der Tragspross- Aussenrinde sich vertüpfeln und verketten; diese Verkettungen werden dann zahlreicher, und gleichzeitig wird der Zusammenschluss der Zellen in den nunmehr verwachsenen Abschnitten der Krusten-Basal- schicht und der 'Tragspross - Aussenrinde etwas gelockert, sodass die Anordnung der Zellen eine unregelmässigere wird. An älteren Ver- wachsungsstellen schliessen beiderlei Gewebe in fast regelloser Grup- pirung der beiderseitigen Zellen an einander an, sodass es hier nicht mehr möglich ist, die Art des Zusammenhanges im Einzelnen aufzu- klären, die Zugehörigkeit aller vorhandenen Einzelzellen bestimmt nachzuweisen. 406 In diesen Krusten beginnt dann frühzeitig die fertile Ausbildung der antiklinfädigen Hymenialschicht, Die Glieder-Zellen dieser anti- klinen Zellfäden schwellen an und füllen sich immer reichlicher mit Inhalt. Nur die oberste Zelle des einzelnen Fadens bleibt in dieser Hinsicht zurück und auch die 1—3 untersten Zellen der einzelnen Fäden scheinen rein vegetativ zu bleiben. An älteren Krusten bilden daher diese antiklinen Zellreihen vielgliedrige Ketten dieker gerundeter inhalteicher Zellen, nur am oberen und unteren Ende durch einzelne kleinere Zellen begrenzt. Diese dicken Gliederzellen werden zu Sporangien. Eine Theilung des Inhalts dieser Sporangien habe ich jedoch bisher nicht beobachtet!). Doch aber schienen mir mehrere der unter- suchten Nemathecien der Reife sehr nahe zu sein. Bei Einwirkung von Wasser brachen die Krusten auseinander, die einzelnen Ketten trennten sich von einander, Gleichwohl aber möchte ich annehmen, dass diese Faden-Gliederzellen noch nicht ihre vollständige Reife erlangt hatten, dass auch hier die ausgereiften Sporangien paarige Theilung des Inhaltes aufweisen.?) Aus allem dem Gesagten aber ergiebt sich, dass die sg. Nema- thecien von Phyllophora nervosa gebildet werden durch eine para- sitische Floridee, die in der Ausbildung der Hymenialsehicht sehr an die Arten der Gattung Actinococcus erinnert. Dieser Parasiten-Species sei hier der Species-Name incrustans beigelegt. An den wärmeren atlantischen Küsten Europas bis nach Tanger hinab ist Ph. nervosa bekanntlich durch die sehr nahestehende, aber 1) Auch J. Agardh erwähnt 1851 (Sp. G. O. FI. I p. 332) bei Ph. nereos«: „sphaerosporas maturas non vidi“. Auch ihm also waren nur ungetheilte Sporangien zu Gesicht gekommen. — Montagne (Fl. d’Algerie I p. 121) beschreibt 1846 für Ph. nervosa besondere „Nemathecia verrueaeformia in diverso individuo obvin et ce filis radiantibus composita“, setzt aber hinzu „totrasporae ... .“, Ihm sind also reife d. i. getheilte Sporangien ebenfalls nicht vorgekommen. " 2) Zu dieser Annahme werde ich bestimmt durch die Angabe von J. Agardh (Sp. G. O. FI. I p. 331), dass in den Nemathecien von Ph. ubens die Sporangien je vier „kreuzförmig“ gestellte Sporen aufweisen. Diese Nemathecien von P’h. rubens werden, wie mir scheint, durch denselben Parasiten gebildet wie die Nemathecien von Ph. nervosa. Es ist daher wohl anzunehmen, dass dieser Parasit auch auf letzterer Tragpflanze zuletzt vier-getheilte Sporangien ausbildet. Allerdings wäre es ja auch möglich, dass es nicht immer zur Theilung des Sporangium-Inhaltes kommt, dass zuweilen (oder auch zumeist) der gesammte Inhaltskörper des einzelnen Sporangiums ungetheilt als Monospore entleert wird, 407 doch wohl specifisch- differente!) Ph. rubens (Good. et Woodır.) Grev. vertreten. Diese Art schliesst sich in ihrer ganzen Wachsthumsweise, namentlich auch in der Ausbildung prolifieirender Blattsprosse sehr nahe an Ph. nervosa an. Auch die Ausbildung der Nemathecien ist hier ganz analog wie bei letztgenannter Species. Ich kann meine Angaben über die Nemathecien dieser Art daher ziemlich kurz fassen. Beobachtet habe ich Nemathecien - Bildung an einem ganz alten, nicht näher bezeichneten Exemplar des Herb. Vaillant und einem Exemplar aus Noirmoutier, beide im Pariser Herbarium. Die fertilen prolifieirenden Blättehen erschienen bald vereinzelt, bald zahl- reich nebeneinander. Speciell an dem alten Vaillant’schen Exem- plare waren die hier ziemlich zahlreichen fertilen Blättchen recht verschiedener Grösse, zum Theil recht ansehnlich gross; viele dieser fertilen Blättchen trugen ihrerseits wieder auf der Rückenseite analoge kleine prolifieirende Blättehen (in Einzahl oder Mehrzahl), die eben- falls an den Stielehen mit Nemathecien besetzt waren. Bemerkens- werth erschien mir auch, dass hier an den prolifieirenden Blättchen die vorspringende basale Lamina-Leiste vielfach sehr ausgiebig ent- wickelt war und beträchtlich über die Insertionsstelle des Stielchens hinausragte, sodass die kleinen fertilen Blättchen deutlich das Aus- sehen kleiner excentrisch gestielter Schildehen gewährten (vgl. J. Agardh’s Angabe für Ph. rubens [Epieris. p. 217]: „nematheciis lamina folioli subpeltati tectis*). Die Nemathecien selbst zeigten ganz analoge Ausbildung wie bei Ph. nervosa. Nur erschien mir in den beobachteten Fällen die Breite der einzelnen Nemathecien ein wenig geringer, die Dicke derselben da- gegen ein wenig beträchtlicher als dort. Mehrmals sah ich mehrere kleine Nemathecien seitlich zur Bildung eines grösseren zusammen- geschlossen. Der anatomische Bau der Nemathecien und ebenso die Verbindung mit dem Tragspross aber war ganz analog wie bei Ph. nervosa. Wie dort, wiesen die beobachteten reifen Nemathecien überall kettenförmig gereihte ungetheilte Sporangien auf; reife Sporangien habe ich- auch hier nicht beobachtet). Nach der Angabe von J) Allerdings vereinigt Hauck, Meeresalgen p. 142—143, Ph. subens und Ph. nervosa zu. einer einzigen Species, indem er Ph, nervosa als Varietät zu Ph. rubens hinzuzieht. Bornet dagegen zählt auch noch neuerdings 1892 (Alg. Schousboe. p. 114) beide Arten als selbständige Species auf. 2) Ebenso hat z.B. Harvey, Phycol. brit. t. 131, bei Ph. vubens die Glieder- zellen der Nemathecium - Fäden stets ungetheilt angetroffen, sodass er seiner Be- schreibung hinzusetzen zu müssen glaubte: „Tetraspores unknown“, 408 i J. Agardh (Sp. G. O. Fl. I p. 331) aber schliessen die reifen Sporangien der Nemathecien von Ph. rubens paarig geordnete Sporen ein!). Soweit ich die Thatsachen beobachten konnte, fand ich die Ucber- einstimmung.der Nemathecien von Ph. rubens und Ph. nervosa so gross, dass ich glaube, beiderlei Gebilde in einer Species zusammenfassen zu müssen. Ich zähle daher den Parasiten, der an Ph. rubens die Bil- dung der sg. Nemathecien hervorruft, zu derselben Species wie den Parasiten von Ph. nervosa. Ein wenig anders liegt die Sache bei der dritten Species?) der Section Phyllophora-Phyllophora, bei Ph. Heredia (Clem.) J. Ag. Der Thallus dieser Art weicht bekanntlich auch habituell durch die ganz geringe Breite der linealischen, abgeflachten, sehr reich dichotomisch (bis polytomisch) verzweigten Sprosse merklich ab. Allein bei genauerem Vergleiche erkennt man, dass doch auch hier die ganze Wachsthumsweise eine ganz analoge ist wie bei Ph. nervosa und Ph. rubens. Ebenso erfolgt auch die Ausbildung proliferirender Verästelung in ganz analoger Weise wie bei den beiden genannten Arten, so sehr auch zuweilen bei Ph. Heredia der Habitus der Pflanze bei recht üppiger Ausbildung prolificirender Sprosse verändert er- scheinen mag, Diese proliferirende Verästelung kommt dadurch zu Stande, dass im oberen Theile wiederholt gegabelter Flachsprosse dicht neben den Seitenkanten oder ganz 'nahe den Gabelungswinkeln kleine proli- ficirende Sprosse hervorwachsen, die, sich schroff aufwärts umbiegend, zu grösseren oder kleineren, wiederholt gegabelten Flachsprossen, ganz analog dem oberen Theile des Tragsprosses, sich ausbilden. Zuweilen auch bleiben diese prolificirenden Sprosse kleiner und ein- facher oder gestalten sich geradezu zu unverzweigten geraden oder ‚gebogenen Wimpern. In allen Fällen aber erweist sich das unterste Stückchen des Sprossstieles fast stielrund und geht erst oberwärts in die abgeflachte Gestaltung über. — Ganz analoge prolificirende Sprosse wachsen übrigens an älteren Individuen auch vielfach aus 1) J. Agardh sagt 1851 (l. c.) von der vorliegenden Species ausdrücklich: „sphaerosporis intra articulos singulos singulis, in sporas 4 cruciatim divisis*. 2) Die Verschiedenheit zwischen Ph. Heredia und Ph. nereosa resp. Ph. rubens war Kützing seiner Zeit so gross erschienen, dass er (vergl. z. B. Phycol. gener. 1843 p. 412-413) Ph. Heredia zum Typus einer eigenen Gattung Acanthotylus erhob, während er die beiden anderen Species in seiner Gattung Phyllophora zusammenfässte, 409 der irgendwie verletzten oder abgestutzten oberen Kante der Zweige und Zweiglein heraus. An solchen proliferirend verzweigten Individuen werden nun gelegentlich Nemathecien ausgebildet; dabei aber nehmen die fertilen prolifieirenden Sprosse eine wesentlich differente Gestaltung an. Solche fertilen Individuen habe ich lebend noch nicht aufgefunden. Auch in den Herbarien sind dieselben nicht eben häufig anzutreffen, Ich habe dieselben bisher nur aus dem Pariser Herbarium kennen gelernt und zwar in Exemplaren, die theils aus Algier [1837. Herb. Roussel?)], theils aus Cadix (Willkomm, Iter Hispanicum), theils aus Corsica (Herb. Bory), theils aus dem Pelopones stammten. An diesen fertilen Individuen finden sich öfters einzelne proli- fiirende Sprosse ganz normal ausgebildet, andere erscheinen zu unverzweigten Wimpern vereinfacht, andere (und meist zahlreiche) ‚aber sind gänzlich umgeformt. Dieselben erscheinen umgewandelt zu ganz kurzen kleinen abstehenden Stumpfen, deren Spitze in stern- förmiger Verästelung kurze schlanke dünne Zweiglein (unverzweigt Pu 2 | u. I, AK Prolificirende Sprosse von Phyllophora Heredia (schwach ver- grössert), 1. ein normaler Spross; 2. ein vereinfachter Spross; 3. u, 4. Nemathecium-Sprosse. oder unregelmässig gegabelt) nach allen Seiten ausstreckt; das kurze stielrunde Stielehen dieses morgensternartigen Gebildes aber ist rings umkleidet von einer dieklichen Nematheeium-Kruste, die nach oben mehrfach auch in die Spalten zwischen die Insertionen der End- Zweiglein hinein sich erstreckt. Die Beschreibungen und Abbildungen dieser Nemathecium-Sprosse, die in der bisherigen Litteratur zu finden sind, lauten allerdings etwas 1) Eben diese Exemplare des Herb. Roussel hatte augenscheinlich auch Montagne bei seiner Bearbeitung der Algen der Fi, d’Algerie 1846 (p. 121—122) vor Augen, 410 anders. So schreibt z. B. J. Agardh (1876. Epier. p. 217—218) „nematheciis laciniis folii disseeti subpeltatim tectis“ (vgl. Sp. G. O. Fl. 1 (1851) p. 333); ebenso bildet Kützing, Tab. phycol. 19. 77, in Fig. dein handförmig getheiltes, kleines Fruchtblättchen ab, das über ein polster- förmig gewölbtes Nematheeium sich fast flach ausbreitet, Allein ich finde bei Untersuchung der Alge selbst diese Angaben nicht bestätigt; oder viel- mehr, ich finde, dass diese Angaben einen Specialfali schildern, der ge- legentlich einmal beobachtet wird, der aber recht selten ist. Meinen Be- obachtungen nach streckt das Köpf- Ein Nematheeium-Spross von Phyllo- chen deskurzen Nemathecium-Sprosses phora Heredia (c.30). Aufder Vorder- seine mehr oder minder zahlreichen seite des Stielchens ist ein kleines, Zweiglein nach allen Seiten hin in PR „Nematheeium“ zwischen mannigfaltigster Weise auseinander; en herübergreifenden Rändern eines . . . grösseren halbstengelumfassenden dabei geschieht es aber auch zuweilen, „Nematheciums“ sichtbar. dass diese Zweiglein sämmtlich unge- fähr in eine Ebene (horizontal oder schräg gestellt) zu liegen kommen und so den Anschein eines schild- förmigen, handförmig eingeschnittenen Fruchtblättchens erwecken (in der Weise etwa, wie es Kützing l. c. abbildet).!) Thatsächlich aber ist von der Ausbildung eigentlicher Frucht- blättchen hier gar nicht die Rede. Das zeigt vor Allem auch der Vergleich der mancherlei Zwischenformen zwischen typischen Nema- theeium-Sprossen und normalen prolifieirenden Sprossen. Man ersieht daraus unverkennbar, dass die Nemathecium-Sprosse nichts anderes sind als abnorm entwickelte, verkümmerte prolificirende Sprosse, Sprosse, die in sehr jugendlichem Entwicklungs-Zustande durch irgend eine Ursache in ihrer normalen Ausbildung gehemmt und zu abnormer Verästelungsweise veranlasst worden sind. 1) Für schr verunglückt aber muss ich die Abbildung dieser Nemathecien erklären, die Montagne Fl, d’Algerie pl. 16 Fig. 5 gegeben hat. Das Habitus- bild eines fertilen Zweiges Fig. 5a ist ja ganz charakteristisch, allein Fig. 5b stellt sicher nicht eine „coupe verticale passant par le centre d’un de ces fruits* dar. Diese Figur giebt überhaupt ein ganz falsches Bild von dem Bau der Nematheeium-Früchte; ich weiss mir diese Figur nur so zu erklären, dass ich annehme, es sei dieselbe nach einem ganz schief orientirten Durchschnitt herge- stellt worden. 411 Als diese Ursache ergiebt sich bei weiterer Prüfung der Angriff des parasitischen Nemathecium-Bildners. Dass nämlich die Nema- thecien durch solch einen Parasiten gebildet werden, das lässt sich . auch hier erkennen, wenn auch die Feststellung dieser Thatsache hier merklich schwieriger ist als bei Ph. rubens und Ph. nervosa. Untersucht man nämlich den anatomischen Bau der Nemathecium- Sprosse genauer, so zeigt sich zunächst, dass die kurzen, meist stiel- runden Stielchen derselben am untersten Ende, in dem Winkel zwischen Stielchen und Tragspross, ebenfalls eine deutliche nemathecienartige Ver- diekung der Aussenrinde aufweisen. Ueber diese verdickte Aussenrinde der Stielehen-Basis greift zuweilen der Rand des Nematheciums ein kurzes Stück weit frei hinüber und zeigt dadurch deutlich, dass die Entstehung des Nematheciums mit dieser Verdickung der Aussenrinde nichts zu thun hat. Das Nematheeium selbst erscheint an achsilen Längsschnitten des Stielchens ausgebildeter Nemathecium-Sprosse als eine flache dick- liche Kruste, die an ihrer Unterseite in ganzer Ausdehnung mit dem Zellgewebe des Sprossstielchens organisch verwachsen ist. Gewöhnlich greift der Rand dieser Kruste nur in geringer Breite nach beiden Seiten hin über die Aussenrinde des Stielchens vor, doch sieht man Längsschnitt durch zwei benachbarte Nemathecium-Sprosse (e. 60), Die Stielchen zeigen am Grunde die nematheeienartige Ver- dickung der Aussenrinde; b die sg. Nemathecien, zuweilen auch (namentlich nach dem oberen Ende des Stielchens hin) diesen übergreifenden Rand etwas stärker vorgestreckt und eine Strecke weit der deutlich abgegrenzten Stielchen-Aussenrinde aussen angeschmiegt. An der Kruste selbst hebt sich deutlich eine dieke 412 obere antiklinfädige Hymenialschieht ab; an diese schliesst unterwärts eine ganz schmale Schicht unregelmässig geordneter kleiner Zellen an, und an diese reiht sich dann das auswärts mehr kleinzellige, ein- wärts mehr grosszellige Gewebe quer-vertüpfelter Zellen des Spross- Inneren. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob die Hymenial- schicht nichts anderes wäre als dienemathecienartig verdickte Aussenrinde des Spross-Stielehens selbst. Nur fällt allerdings auf, dass der Ueber- gang zwischen dem regelmässigen Gewebe der allseitig quer-vertüpfelten Markzellen und der antiklinreihigen „Aussenrinde“ ein recht unregel- mässiger ist, Dann erscheint auch auffallend, dass an erweichten Präparaten die beiden genannten Schichten der Nemathecium-Kruste öfters sich merklich leichter färben -als das Innengewebe des Spross- stielehens. Die Sache wird verständlicher, wenn man jüngere Entwicklungs- stadien prüft. Am besten ist es, dazu jüngere Krusten auszuwählen, die gelegentlich an den Stielchen älterer Nemathecium-Sprosse beob- achtet werden. Es kommt überhaupt die zusammenhängende Kruste älterer Sprosse fast stets durch seitliches Zusammenschliessen mehrerer ursprünglich gesonderter Einzelkrusten zu Stande. Gewöhnlich sind diese Einzelkrusten ungefähr gleich alt; daneben aber finden sich doch öfters auch noch jüngere Krusten vereinzelt neben den älteren. Diese aber sind dann für die Aufklärung der vorliegenden Frage besonders geeignet. An achsilen Längsschnitten solcher jüngerer Krusten älterer Nemathecium-Sprosse kann man nun unterhalb der Kruste die Aussen- rinde des Spross-Stielchens deutlich noch als solche erkennen. Ver- folgt man die Aussengrenze des Stielchens von den krustenfreien Abschnitten unter die Kruste hin, so sieht man die Zellen der kurz- antiklinreihigen kleinzelligen A ussenrinde fortgesetzt deutlich sich abheben von den grösseren, mehr periklin geordneten Innenzellen des Stielchens. Man kann die Aussengrenze dieser Aussenrinde durchweg bestimmen und kann hier Aussenrinde und Krustengewebe gegen einander ab- grenzen. Aber freilich ganz scharf diese Grenze anzugeben, das ist öfters nicht möglich, Die Zellen der Aussenrinde und der Krusten- Basalschicht zeigen sich vielfach unter einander verkettet, die Zellen der Basalschicht sind recht unregelmässig geordnet, keinesweg genau horizontal orientirt; ja mehrfach springen einzelne Zellen der Basal- schicht etwas weiter abwärts vor und drängen sich zwischen die äusseren Zellen der Aussenrinde hinein. Dazu ist leider eine scharf ausgeprägte, stets charakteristische Verschiedenheit zwischen Krusten- 413 zellen und Rindenzellen nicht aufzufinden, sodass es manchmal schwierig wird zu entscheiden, ob eine bestimmte Einzelzelle der Krusten-Basal- schicht oder der Stielchen-Rinde zugehört. Immerhin aber ist doch diese Abgrenzung der beiderlei Gewebemassen im Allgemeinen durchzuführen, man kann beiderlei Gewebe von einander unterscheiden, Beobachtet man nun an solchen Schnitten die Seitenränder der Kruste, so sieht man, dass hier beiderlei Gewebemassen ursprünglich ganz gesondert sind und erst nachträglich in organischen Zusammenhang mit einander treten. Der übergreifende Seitenrand der Kruste ist hier gewöhnlich nicht (wie bei Ph. nervosa) durch eine Spalte oder einen derben Streif von Oollode-Grenzhaut von der Stielehen-Aussen- rinde getrennt, sondern liegt unter Zusammenschluss der beiderseitigen Aussencollode dieser Aussenrinde ganz enge an. Aber beiderlei Zellen sind deutlich von einander gesondert. Die Zellen der Krusten- Basalschicht sind zunächst regelmässig in eine Horizontalschicht geordnet. Weiterhin aber sieht man, dass einzelne dieser Basalschicht- Zellen abwärts gegen die Aussenrinde-Zellen hin weiter vorspringen. Es sieht so aus, als ob in dieser Basalschicht die Anordnung der Zellen durch ungleichmässige Dehnung eine unregelmässigere würde; es könnte aber auch sein, dass an der Basalschicht hier und da einzelne Nebenzellen abgegliedert und senkerartig nach unten vorge- streckt würden. Dann findet man eine oder die andere dieser etwas vorragenden Zellen der Basalschicht mit einer nächst benachbarten Zelle der Aussenrinde durch einen derben Fortsatz verkettet. Solche Verkettungen werden häufiger. Zuletzt sieht man fast sämmtliche äusseren Zellen der Aussenrinde mit einer oder mit mehreren Basal- schicht-Zellen, deren horizontale Anordnung nun eine recht unregel- mässige geworden ist, durch derartige Verkettungen fest verbunden und verwachsen. Auch hier also zeigt sich wie bei Ph: nervosa, dass die Kruste zunächst ein ganz selbständiges Gebilde darstellt, erst nachträglich durch Verwachsung der Berührungsflächen in organischen Zusammenhang mit der Aussenrinde des Tragsprosses gelangt. An älteren Krusten älterer Nemathecium-Sprosse sind diese Ver- hältnisse, wie gesagt, nicht mehr deutlich zu erkennen. Das ist darauf zurückzuführen, dass diese Krusten schon die ganz jungen Stielchen, die noch im Wachsthum begriffen waren, befallen hatten. Diese Krusten verwuchsen an ihrer Basalfläche in ganz entsprechender Weise mit der zunächst noch deutlich unterscheidbaren Stielchen- Aussenrinde. Allein bei fortgesetzter Streckung des Stielchens ward 414 diese Aussenrinde als solche unkenntlich. Ihre Zellen dehnten sich seitwärts mehr und mehr aus und nahmen dadurch die Form der Innengewebe-Zellen an. Am Aussenende aber konnten diese bis- herigen kurzen Aussenrinde-Zellreihen, deren Endzellen ja durch die Krustenzellen befallen waren, nicht weiter hervorwachsen, um in normaler Weise eine neue, Kleinzellige, kurz-antiklinreihige Aussenrinde herzu- stellen. Es musste daher von nun an so scheinen, .als ob eine typische Aussenrinde gar nicht vorhanden sei, als ob das Gewebe der Nema- thecium-Kruste unmittelbar an das Innengewebe des Spross-Stielchens sich anschlösse. Thatsächlich aber liegt hier die Sache nicht anders als bei den zuvor ausführlicher beschriebenen jüngeren Krusten älterer Nemathecium-Sprosse. In ganz jugendlichem Entwieklungsstadium also werden die prolifieirenden Sprosse von Ph. BHeredia von parasitischen Algen befallen, die unterhalb der Spitze an dem eben ausgeformten Basal- abschnitt des Sprosses sich festsetzen und mit der Unterfläche ihres seitwärts mehr und mehr sich ausbreitenden krustenförmigen 'Thallus der Sprossrinde anwachsen. Infolgedessen verkümmert der ganze prolifieirende Spross, seine Spitze verzweigt sich ganz unregelmässig in mehrere allseitig auseinanderstrahlende, meist ganz kurze und meist unverzweigte Aestchen, die kleinen Parasiten-Krusten aber schliessen, seitwärts zusammenwachsend, zu einem grösseren stengel- umfasseyden Nemathecium zusammen, das nach oben hin vielfach auch noch in die Spalten zwischen die nächstanstossenden Aestchen des Sprossköpfchens sich ausbreitet. Vereinzelt gesellen sich auch noch späterhin jüngere Krusten dem heranwachsenden zusammengeschlossenen Nemathecium der älteren Krusten hinzu. Weiterhin geht dann dieses Nematheeium zur Ausbildung der Sporangien über. Die antiklinen Zellreihen der Krusten-Aussenschicht verwandeln ihre Gliederzellen (meist mit Ausnahme der klein bleibenden Endzelle und der ebenfalls vegetativ verbleibenden 3—5 untersten Zellen) in inhaltreiche dicke Zellen, die allmählich zu Sporangien heranreifen. In diesen theilt sich der Zellenleib durch paarige Theilung in 4 paarig geordnete Sporen, sodass die reife Parasiten-Kruste ober- seitig eine breite Zone dicht gedrängter, antiklin orientirter Ketten paarig getheilter Sporangien aufweist. Wie schon erwähnt, ist hier bei Ph. Heredia die Feststellung der wahren Natur dieser Nemathecien keine ganz leichte Sache. Bei genauerer Prüfung der Verhältnisse aber lässt sich auch bei dieser 415 Art erkennen, dass die angeblichen Nematheeien durch einen auf- gewachsenen krustenförmigen Parasiten gebildet werden, der in seiner gesammten Gestaltungsweise dem Parasiten von Ph. nervosa und Ph. rubens sich nahe anreiht. Dieser Parasit sei hier mit dem Species- namen decipiens unterschieden. So werden also bei sämmtlichen drei Arten von Phyllophora- Phyllophora die sg. Nematheeien durch parasitische Florideen gebildet. Diese Parasiten entwickeln epiphytisch einen flach-krustenförmigen Thallus, der unterseitig der Aussenrinde der Tragpflanze sich fest anschmiegt und in mehr oder minder breiter Ausdehnung mit dieser Aussenrinde unter Verkettung der zusammenstossenden Gewebezellen organisch verwächst. In der ausgebildeten Kruste setzen sich zwei Schichten deutlich gegen einander ab, eine breitere obere antiklinfädige IHymenialschicht und eine schmale unregelmässige Basalschicht, die ihrerseits mit der Aussenrinde des Tragsprosses verwächst. In jener Hymenialschicht aber entstehen aus den einzelnen antiklinen Zell- reihen Ketten von Sporangien, die bei völliger Reife paarig geordnete Tetrasporen einschliessen. In allen den genannten Fällen entwickeln sich diese Parasiten- Krusten ausschliesslich an der Aussenfläche des stielchenartigen Basal- stückes prolifieirender Seitensprosse der Tragpflanze. Es ist, als ob nur hier auf und neben der nemathecienartig verdiekten Zone der Spross-Aussenrinde die Parasiten-Keime die Möglichkeit fänden, sich festzuheften und mit den Aussenrinde-Zellen der Tragpflanze zu verwachsen (analog dem Verhalten der Keime mancher parasitischer Pilze, 7. B. mancher Brandpilze). Dabei schädigen diese Parasiten die befallenen Sprosse der Tragpflanze entweder gar nicht (oder fast gar nicht), oder sie veranlassen eine Verkümmerung und vollständig abnorme Ausgestaltung der befallenen Sprosse. Im Inneren zeigt, wie gesagt, der Parasiten-Thallus eine breite obere regelmässig antiklinfädige Hymenialschicht und eine schmale ziemlich regellos geordnete Basalschicht deutlich gesondert. Der fortwachsende Rand zeigt, in basaler Schicht geordnet, radial auswärts- strahlende Zellreihen, von deren Gliederzellen aufwärts dicht gedrängte Zellreihen, erst schräg vorwärts geneigt, dann, emporgebogen, dann auf- wärts gestellt, auslaufen. Dies in Verbindung mit der epiphytischen Lebensweise erinnert zunächst an die Sguamariaceae und legt die An- nahme systematischer Verwandtschaft nahe. Allein im Thallus der Squamariaceae bildet sich überall eine fest geschlossene Basal-Zell- Flora 1893, 28 416 schicht heraus. Hier dagegen unterbleibt gerade dieses feste Zu- sammenschliessen der basalen Zellreihen an der Krusten-Unterfläche, sodass eine nähere Verwandtschaft mit den Squamariaceae doch wohl ausgeschlossen erscheint. Andererseits erinnert die gesammte Gestaltungsweise und ebenso die Sporenbildung der beschriebenen Parasiten sehr an die Arten der (ja ebenfalls parasitischen) Gattung Actinocoeeus. Nur der eine wesent- liche Unterschied waltet hier ob, dass bei Actinococens der Parasiten- Thallus mittelst eines mehr oder minder grossen intramatrikalen Abschnittes (in Gestalt reich verzweigter, zuweilen netzig verketteter Zellfäden) im Inneren der Nährpflanze wurzelt, die vorliegenden Arten aber nur oberflächlich dem Gewebe der Nährpflanze sich auf- lagern und hier anwachsen. Weniger Gewicht ist darauf zu legen, dass die Arten von. Actinococeus einen mehr oder minder stark halb- kugelig gewölbten Thallus bilden, der Thallus der vorliegenden Arten aber eine flache, mehr oder weniger dickliche Kruste darstellt. Es fragt sich, ob man diese vorhandenen Differenzen für aus- reichend erachten soll, um die Parasiten der Arten von Phyllophor«- Phyllophora von der Gattung Acrinococeus auszuschliessen; resp. cs fragt sich, ob man die vorhandene Uebereinstimmung für ausreichend ansehen kann, um die vorliegenden Arten der Gattung Actinococeus zuzuzählen. Da ist nun nicht zu leugnen, dass der übereinstimmenden Merkmale eigentlich nicht sehr viele sind. Von den Fortpflanzungs- organen, deren Gestaltung für die Systematik ja in erster Linie maassgebend ist, sind bisher nur die (allerdings übereinstimmend ausgebildeten) Sporangien bekannt, die Antheridien und ebenso die Cystocarpien der beiderlei Formen sind bisher noch ganz unbekamt. Eine etwaige Verschiedenheit der Cystocarpien aber würde ja ent- schieden zu generischer Trennung zwingen. Die bisher vorliegenden Daten sind daher ungenügend, um die Frage der generischen Zusammen- gehörigkeit der beiderlei Formen mit Sicherheit zu entscheiden. Gesonderte Gruppen des natürlichen Systems bilden die beiderlei Arten aber in jedem Falle, auch wenn die Cystocarp-Bildung gleich- artig sein sollte; dafür spricht entschieden die ganz heterogene Wachsthumsweise des Thallus.. Ob man nun zur Zeit besser thut, diese beiden Gruppen als zwei Sectionen einer einzigen Gattung zusammenzuziehen oder dieselben als zwei selbständige Gattungen zu trennen, das ist allein eine Frage praktischer Zweckmässigkeit. Ich selbst halte es für zweckmässiger, vorläufig beide Gruppen als Gattungen zu sondern. Die Parasiten der Arten von Phyllophora- 417 Phyllophora fasse ich demgemäss in einer besonderen Gattung Colacolepis zusammen. Diese Gattung Colacolepis sei folgendermaassen charakterisirt: Parasitische Florideen, die epiphytisch an der Oberfläche der Tragpflanze ihren krustenförmigen Thallus ausbreiten und mit einem mehr oder minder ausgedehnten Abschnitt der Unterfläche der Trag- spross-Aussenrinde (unter Zellverkettung) fest anwachsen. Der fort- wachsende Seitenrand der Thallus-Kruste mit basaler Schicht radial- strahlender Zellreihen, die akropetal fortschreitend sich oberseitig sehr reichlich verzweigen in zunächst vorgeneigte, dann aufgebogene und zuletzt aufrechtstehende Zellfäden. Im Inneren der ausgebildeten T'hallus-Kruste differenzirt sich eine breite antiklinfädige Hymenial- schicht von einer dünnen kleinzelligen, ziemlich ungeordneten Basal- schicht, die dem Substrat anwächst. Die antiklinen Zellreihen der Hymenialschicht entwickeln sich schliesslich zu Ketten paarig getheilter Tetrasporangien, die häufig erst sehr spät zu vollständiger Reife gelangen oder (anscheinend) auch öfter in ungetheiltem Zustande heranreifen. Antheridien und Cystocarpien unbekannt. Typ. Col. inerustans auf Phyllophora nervosa und Ph. rubens. Dass die Arten von Actinococcus und von Colacolepis natürliche Gruppen darstellen, das zeigt, wie zum Schlusse noch erwähnt sein mag, übrigens auch die Wahl der beiderseitigen Nährpflanzen. Diese gehören ja ebenfalls besonderen natürlichen Gruppen des Florideen-Systemes an; die Arten von Actinococcus finden sich parasitisch ausschliesslich auf Arten von Gymnogongrus und von Phyllophora- Coecotylus, die Arten von Colacolepis dagegen ausschliesslich auf den Arten von Phyllophora-Phyllophora.!) Mir scheint, auch dieses Moment dürfte für die Zweckmässigkeit des Verfahrens sprechen, Actinocoeeus und Colacolepis (wenigstens vorläufig) generisch von einander zu trennen. Greifswald, den 25. Oktober 1893. 1) Es dürfte nützlich sein, dabei auch noch daran zu erinnern, dass die generische Zusammengehörigkeit von Phyllophora-Coccotylus und Phyllophore- Phyllophora keineswegs ganz ausser Zweifel steht. J. Agardh vereinigt zwar beide Gruppen in einer einzigen Gattung, und ihm schliesst sich der heutige Brauch allgemein an. Allein Kützing hatte Coccotylus und Phyllophora (und allerdings auch Acanthotylus) als selbständige Gattuugen getrennt. Man kann in der That 28* 418 Nachtr. Anmerkung zu Theil I. Während des Druckes der vorliegenden Abhandlung ersehe ich aus der kürzlich ausgegebenen Bearbeitung der Meeres- algen Grönlands von Rosenvinge (Meddelelser om Grönland. III, p. 822), dass Actinoeoceus roseus (Suhr) Kützing schon 1834 in der Flora Danica t. 2135 als „Chaetophora swbentanen (Lyngb. Mnsept.)“ abgebildet worden ist. Auf meine An- frage theilt mir auch soeben Hr. Dr. Rosenvinge liebenswürdiger Weise die Diagnose dieser Species aus dem betreffenden Bande der Flora Danica (der mir hier nicht zugänglich ist) mit. Sonach ist also eine Veröffentlichung der betreffenden Lyngbye’schen Species (vgl. oben p. 868 Anm, 1), wonach ich früher vergebens gesucht hatte, dennoch erfolgt, aber freilich weit später und in anderer Form als zu vermuthen gewesen war. Es ist.daher erklärlich, dass (diese Veröffentlichung bisher allen Autoren entgangen ist. Der Lyngbye’sche Species-Name (von 1834) aber hat thatsächlich die Priorität vor dem Kützing’schen Namen (von 1843). Er muss daher, so wenig glücklich gewählt er auch sein mag, doch dem Kützing'schen Species-Namen vorangestellt werden, Nach dem Vorgange von Rosenvinge (I, ce.) ist deshalb die typische Art von Aetinococcus künftighin Actinococeus subentaneus (Lyngyb.) ‚Rosenvinge (anstatt, wie in der vorliegenden Abhandlung geschehen ist, Act. voseus (Suhr) Kützing) zu neunen, verschiedene Momente anführen, die dafür sprechen, Phyllophora (einschl. Acuntlko- fylus) generisch von Coreotylus (einschl, Phyllotylus Kütz,) zu sondern; namentlich die Gestalt der reifen Cystocarpien der Phyllophora-Arten erscheint ziemlich eigen- artig gegenüber den Cystocarpien von Phyllotylus und Coccotylus.: Worauf beruht die alkalische Reaction, welche bei Assimilations- thätigkeit von Wasserpflanzen beobachtet wird? Von Dr. 0. Loew. Vor mehreren Jahren theilte C. Hassack!) die Beobachtung mit, dass Wasserpflanzen bei lebhafter Assimilationsthätigkeit eine Röthung des Culturwassers herbeiführten, wenn demselben etwas Phenolphtalein zugesetzt wird, und er glaubt desshalb, dass „die Alkaliab- scheidung eine Zerlegung des gelösten Calciumbicarbonats unter Abscheidung von normalem Carbonat auf die Pflanzen bedinge“. Hassack hat für seine Ansicht, dass jene Röthung von secernirtem kohlensauren Alkali herrühre, keine weiteren Stützen beigebracht. Da es nun in physiologischer Beziehung nicht nur höchst auf- fallend, sondern auch von wesentlichem Interesse sein musste, wenn kohlensaures Alkali während der Assimilationsthätigkeit ausgeschieden würde, so unternahm ich auf Veranlassung des Herrn Professor Dr. K. Goebel eine nähere Prüfung des Sachverhalts, Die von Hassack beobachtete Röthung tritt bei Anwendung von Elodea oder Chara im directen Sonnenlichte in der That bald ein; bei 23° noch schwach, steigert sich die Intensität bedeutend zwischen 30-36°. Das verwendete Quellwasser enthielt als Hauptbestandtheil doppeltkohlensauren Kalk und zeigte zwischen 10 und 11 Härtegrade. Die Röthung verschwand beim Durchleiten schon ziemlich kleiner Mengen Kohlensäure, ebenso beim Stehen der Versuchgefässe im Dunkeln. Ohne Zweifel ist es hier die bei der Athmung entstehende Kohlensäure, welche sie zum Verschwinden bringt. Die geröthete Flüssigkeit wird ferner farblos beim Kochen, wenn dabei noch kohlen- saurer Kalk ausfällt oder wenn man neutrale Salze, wie z. B. Chlorkalium, zusetzt; andernfalls wird die Färbung beim Kochen 1) Pfeffer, Untersuchungen aus dem botanischen Institut zu Tübingen Bd. LI, S. 469 und 475, 420 lediglich etwas schwächer. Sprachen schon diese Beobachtungen gegen die Ansicht Hassacks, so wurde sie noch weniger wahrscheinlich, als sich herausstellte, dass Elodeazweige nieht nur in Lösungen von doppeltkohlensaurem Kalk, sondern auch in solchen von salpeter- saurem Kalk in destillirtem Wasser sehr bald und noch weit in- tensiver als im erstgenannten Falle eine Röthung des zugesetzten Phenolphtaleins bewirken können. Das vermuthete kohlensaure Alkali - hätte hier in relativ enormen Mengen secernirt werden müssen, näm- lich von 41g feuchten Zweigen entsprechend ca. 4g Trockensubstanz fast ein volles Gramm, um die in 1!/ Liter vorhanden gewesene Menge (1,25) Calciumnitrat zu zersetzen; denn offenbar hätte nur der dann noch verbleibende Ueberschuss des kohlensauren Alkalis die Röthung erzeugen können. Auch an kohlensaures Ammoniak als: Ursache der Röthung war unter diesen Umständen nicht zu denken. Man hätte ja vermuthen können, dass im Lichte die Nitrate rascher zu Ammoniak umge- wandelt werden könnten als zur Eiweissbildung erforderlich wäre und dass der Ueberschuss des schädlich wirkenden kohlensauren Ammoniaks ausgeschieden würde. Dass diese Vermuthung aber nicht zulässig ist, ergab sich ausserdem daraus, dass der Röthungsprocess nieht beschleunigt wurde, als Elodeazweige in 1 pro mille Lösung von Kaliumnitrat in Quellwasser gebracht und mit dem Verhalten in blossem Quellwasser verglichen wurden und dass niemals mit dem Nessler’schen Reagens eine Spur Ammoniak in dem Culturwasser aufgefunden werden konnte so lange die Zweige lebend waren. Selbst !/ıooooooo NHz hätte nicht entgehen können. Um nun zu sehen, ob Kalksalze absolut nöthig zum Hervor- bringen jener Röthung sind, wurden Elodeazweige (wie immer wurden nur schön grüne Endtriebe genommen) zunächst zweimal mit destillirtem Wasser abgewaschen und mit destillirtem Wasser, dem etwas Phenolphtaleinlösung zugesetzt war, dem direeten Sonnenlichte exponirt!). Es zeigte sich nun auch hier nach längerer Zeit eine mässige Röthung. Der Umstand aber, dass sie weit schwächer und weit später (erst nach 8 Stunden Besonnung) eintrat, als in den Controlversuchen mit caleiumbicarbonathaltigem Wasser, liess wohl vermuthen, dass der Kalk etwas mit der Röthung zu thun hat, Das 1) Auf ein Liter destillirten Wasser wurden 45 g feuchte Zweige genommen, — Auf rothes Lakmuspapier reagirte das geröthete Wasser nicht beim Betupfen; erst bei längerem Einlegen wurde das Reagenspapier schwach blau. 421 wurde aber noch wahrscheinlicher, als sich nun herausstellte, dass das destillirte Wasser nach acht Stunden Contact mit der Elodea in der That Kalk aus dem Gewebe aufgenommen hatte. Oxalsaures Ammoniak gab sofort Trübung und bald einen sehr deut- lichen Niederschlag — auffallender Weise unter sofortiger Entfärbung. — Es mag hier noch angeführt werden, dass geröthete Elodea- ceulturen, wenn sie über Nacht farblos wurden, nun sich auch bald im zerstreuten. Tageslichte wieder röthen, ferner dass Chara- eulturen sich weit rascher röthen als Elodeaculturen, dass aber hier nach 2—8 Tagen die Röthung nicht mehr wiederkehrt; die Flüssig- keit wird trübe und lässt Spaltpilze erkennen. Dieses liess schliessen, dass organische Stoffe secernirt werden. In der That liess nicht nur Chara- sondern auch Elodea-Öulturwasser beim Abdampfen orga- nische Materie erkennen. 100ccm des letzteren, das zwei Tage mit Elodea der Sonne exponirt war, brauchten 3,2mg Sauerstoff zur Oxydation der gelösten organischen Substanz, als die Prüfung in üb- licher Weise nach Schulze-Trommsdorff vorgenommen wurde. Das Wasser der im Dunkeln stehenden Controleultur enthielt nicht halb so viel organische Materie (gefunden 1,2 mg O.). Beim Ver- dunsten mehrerer Liter jenes Culturwassers hinterblieb ein gelblicher Rückstand, der viel Caleiumcarbonat enthielt, zum Theil in Wasser löslich war, und Fehling’s Lösung nicht direct, wohl aber nach kurzem Kochen mit verdünnter Salzsäure und Wiederneutralisiren redueirte. Dieses deutete mit grosser Wahrscheinlichzeit auf gummi- oder dextrinartige Substanzen‘). Sehr verdünnte Jodlösung brachte keinerlei Färbung hervor. Aber von besonderem Interesse war, dass die Lösung, welche man beim Behandeln des Rückstandes mit wenig Wasser erhielt, nach dem Filtriren nur eine sehr schwache Röthung mit Phenolphtalein lieferte, weit schwächer als die ursprüngliche Flüssigkeit — und dass diese Röthung unter Bildung eines Nieder- schlags auf Zusatz von oxalsaurem Ammoniak sofort verschwand. Das in wenig Wasser unlöslich Gebliebene löste sich theilweise in viel Wasser zu einer trüben Flüssigkeit, welche sich mit Phenol- phtalein ebenfalls roth färbte. Dieses Verhalten sprach ebenso wie die oben mitgetheilten Beobachtungen entschieden dagegen, dass kohlensaure Alkalien die Ursache der Röthung 1) Eine genaure Feststellung der Natur jener Substanzen ist beabsichtigt und Mittheilung bierüber vorbehalten, Möglicherweise sind auch Spuren von Gerbstoffderivaten beigemengt, ° 422 wären; denn letztere sind ja in Wasser leicht löslich und hätten im ersten wässrigen Auszug des Verdunstungsrückstandes im concentrirten Zustande vorhanden sein müssen, Man musste vielmehr schliessen, dass entweder eine eigenthümliche organische Kalkverbindung die Ursache der Röthung war oder dass der aus dem doppeltkohlensauren Kalk gebildete oder aus den Blättern abgeschiedene einfach kohlen- saure Kalk in einem colloidalen Zustande durch die secernirte orga- nische Materie in Lösung gehalten war und dass diesem in einem solchen ‘Zustande die Fähigkeit Phenolphtalein zu röthen zukam, Das letztere lässt sich in der That leicht beweisen, wenn man eine Lösung von doppeltkohlensaurem Kalk in etwas Gummi arabicum!) oder Dextrin und einer Spur Phenolphtalein versetzt und unter Er- wärmen in einer grossen lufthaltigen Flasche so lange schüttelt, bis die locker gebundene Kohlensäure abgetrennt ist. Es tritt dann eine starke Röthung ein, welche schon durch kleine Mengen Kohlensäure oder oxalsauren Ammoniaks sofort zum Verschwinden gebracht werden kann. Noch besser ist das Resultat, wenn man calciumbicarbonat- haltiges Wasser in einer Platinschale mit etwas Dextrin bis zur Trockne verdampft, den Rückstand mit etwas Wasser löst und eine Spur Phenolphtalein zusetzt, Es tritt eine starke Rothfärbung auf, welche auf Zusatz von selbst sehr kleinen Mengen Ammoniumoxalats sofort verschwindet?),. Es darf daher mit ziemlicher Sicherheit gefolgert werden, dass die von Hassack beobachtete Röthung ebenfalls auf analogen Verhältnissen beruht. Pflanzenphysiologisches Institut in München, August 1893. 1) Das Gummi arabicum kann allerdings einen Theil des Carbonats unter festerer Bindung des Kalks zersetzen. 2) Chlorkalium bringt diese Rötlung dagegen nicht zum Verschwinden, Archegoniatenstudien. Von K. Goebel. 5. Die Blattbildung der Lebermoose und ihre-biologische Bedeutung. Hierzu Tafel VIII u, IN und 18 Abbildungen im Text. Dass die Blattbildung der Lebermoose in morphologischer sowohl als in biologischer Hinsicht ein bedeutendes Interesse darbiete, habe ich in einigen früheren Arbeiten darzulegen gesucht.!) In Bezug auf die Gestaltungverhältnisse sei nur erinnert an die Uebergangsstufen vom Thallus zum beblätterten Spross, wie sie selbst innerhalb einer und derselben Gattung — Symphyogyne (vgl. diesen Band 8. 98) — sich finden, an die Blattbildung von Zoopsis (ibid.) und die Entwickelung der Blätter bei der Keimung. Ausserdem aber sind die äusseren Gestaltungsverhältnisse hier so mannigfaltig, dass auch die Frage nach der biologischen Bedeutung derselben sich aufdrängt. Ich habe zu zeigen versucht, dass, abgesehen von der Thätigkeit der Blätter als Assimilationsorgane und derjenigen als Schutz für die Antheridien und Archegonien, namentlich noch die Anpassung zum Festhalten und Aufnehmen für Wasser in Betracht kommt, eine Anpassung, die aus leicht ersichtlichen Gründen am auffallendsten bei epiphytischen und namentlich epiphyllen Formen ausgesprochen ist. Als Einrichtung zum Wassersammeln findet sich hier namentlich die Bildung capillarer Hohlräume, die — abgesehen von den einfach durch die Anordnung der Blätter bedingten — zu Stande kommen, sei es durch die in mannigfacher Weise auftretenden „auriculae“, die Bildung von Lamellen aufdem Blatte, oder durch Zerschlitzung derselben in zahlreiche Zipfelresp. „Haare“. Dass dadurch das ganze Lebermoos zu einer gewissermaassen schwammigen Masse wird, die Wasser ebenso wie ein Schwamm aufsaugt und festhält, wird wenigstens für eine Anzahl von Fällen niemand be- streiten, da man sich davon leicht überzeugen kann; ein Blick auf das in Fig. 7 Taf. II dieses Bandes abgebildete Lebermoos wird zur Erläuterung dieses Bauverhältnisses genügen, ‚auf das ich unten zurückkomme. Meine Deutung der „auriculae“, die man seit lange kannte, ohne ihnen eine bestimmte Funktion zuzuschreiben, ist dagegen auf Wider- 1) Morphologische und biologische Studien. I. Ueber epiphytische Yarne und Muscineen, Annales du jardin botanique de Buitenzorg Vol. VII p. 1f. (1887), IV. Ueber javanische Lebermoose ibid. Vol. IX. (1890) p. 1 ff.; Pflanzenbiologische Schilderungen, Marburg, Verlag der N. G,. Elwert’schen Verlagsbuchh., I (1889 p. 176—187), Archegoniatenstudien III, Flora 1893 p. 82 ff, 424 spruch gestossen. CO. ZelinkaN), welcher das seit lange bekannte Vorkommen kleiner Thiere in den Blattohren einiger Lebermoose untersuchte, glaubte darin eine „Symbiose* sehen zu sollen, er ver- muthete, dass die Thiere „eine Art Sicherheitspolizei für die Pfanze* ausüben, „die alle kleineren Pflanzenorganismen einzusaugen bestinmt wäre", bevor sie, sei es als Raumparasiten, sei es als Schmarotzer, sich niederzulassen im Stande sind, und dass ferner die Blattohren selbst ursprünglich durch einen von den Thieren auf den Unterlappen der Blätter ausgeübten Reiz, der sich dann vererbt habe, zu Stande ge- kommt seien. Es ist diese letztere Anschauung schon vor Zelinka von dem ausgezeichneten Hepaticologen Spruce?) ausgesprochen worden, wenigstens für die auffallenden Wassersäcke einiger Lejeunia-Arten, bei denen die untersten Blätter der Seitenzweige sich auffallend von den übrigen dadurch unterscheiden, dass sie zu einem grossen Sacke angeschwollen sind, während die Blattfläche sehr verringert ist (vgl. unten die Textfigur 4). „This eurious structure, meint Spruce, is found to have originated in the lobule having been chosen as the nidus of certain minute insects, whose eggs or larvae are occasionally found within the sac; but as it is limited to certain species of the group... as more- over, J have occasionally seen these abnormal sacs in all stages wi- thout any oceupant ... J cannot doubt that the utrieuli... have in many cases become inherited.*“ Es soll unten gezeigt werden, dass dieser Fall nicht vereinzelt steht. Spruce’s Annalıme eines durch die Thiere ausgeübten, später erblich gewordenen Reizes aber kann ich mich nicht anschliessen und habe Zelinka gegenüber hervorgehoben, dass sowohl die Vorstellung von der „die niederen Pflanzenorganismen* wegfressenden Polizei, als die des durch sie ausgeübten Reizes in der Luft stehen, und ich hätte keine Veranlassung, nochmals auf dies Thema zurückzukommen, wenn nicht Zelinka in einer späteren Arbeit sich gegen meine Auffassung gewendet hätte ; auf seine Darlegungen wurde auch in einer botanischen Zeitschrift von einem Referenten hingewiesen, woraus hervorzugehen scheint, dass seine Hypothesen auch von botanischer Seite zum Theil anerkannt werden. Die vorgebrachten Einwände sind indess, wie unten gezeigt werden soll, durchaus nicht stichhaltig. 1) Zelinka, Studien über Rüderthiere, L, Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1886. .TII. ibid. 1891. 2) Spruce Hepaticae amazonicae .ct andinae, Transactions of the botanical society, vol, XV, Edinburgh 1884, pag. 66. 425 Ehe ich indess darauf eingehe, möchte ich als Ergänzung meiner früheren Angaben hier eine bemerkenswerthe Thatsache anführen, die, dass es auch eine thallose Lebermoosform gibt, welche Wassersäcke besitzt. Es ist dies eine in Neuseeland auf Baumrinden mit Frullania u.a. epiphytisch wachsende Metzgeria-Art, die Metzgeria saccata Mitt.!) Es stand mir von dieser interessanten Pflanze nur das kleine in Fig. 1 abgebildete Stückchen zur Ver- fügung, das aber genügen wird, um von den Gestaltungsverhältnissen eine Vor- stellung zu geben. Der Thallus dieses Lebermooses ist auf der Unterseite am Rande versehen mit blasenförmigen Anhängseln, die in Form und Funktion offenbar mit den „blattohren“ beblätterter Formen über- einstimmen — sie gleichen, wie schon : Mitten hervorhob, denen von Frullania —, Fig. 1. Metzgeria saccata Mitt. selbstverständlich aber auf andere Weise Thallusstück von der Unterseite; zu Stande kommen. Ihre Mündung liegt A Rande befinden sich eine An- . zahl Wassersäcke, auf der Mittel- am unteren, dem Vegetationspunkt ab- yippe ein kleiner Sexualspross. gekehrten Ende, aus dem oberen Ende 28 mal vergr. der Säcke entspringen nicht selten Büschel von Haarwurzeln, welche in der Figur nicht widergegeben sind. Angelegt werden die Säcke schon nahe am Scheitel durch nach unten concave Einwölbung einzelner Randpartieen des Thallus, diese werden dann bei weiterem Wachsthum zu kapuzenförmigen Gebilden; sie werden wohl ebenfalls, wenigstens gelegentlich, Räderthieren zur Be- hausung dienen, wie man solche auch in den bekanntlich gleichfalls stark eingebogenen ventralen Sexualsprossen von Metzgeria findet. Jedoch waren an dem untersuchten Fragment Thiere in den „auriculae“ nicht vorhanden; nur in einem befanden sich zwei Algenzellen; auch Mitten, der mehr Material zur Verfügung hatte, gibt an „All these appendages were empty.“ Dagegen finden sich in den kapuzen- förmigen Sexualsprossen unserer Metzgeria nicht selten kleine Thiere, von denen nicht zweifelhaft sein kann, dass sie nur „Raumparasiten‘“ i) Vergl. Mitten, some new species of Metzgeria, Journal of the Linnean society Vol. XXIIL, 1887 pag. 241, 426 sind, denn die Einkrümmung der Sexualsprosse dient doch zweifelsohne zum Schutz der Geschlechtsorgane, namentlich auch indem diese kapuzenförmigen Thalluszweige Wasser festhalten. Dass die Spruce-Zelinka’sche Reiz-Hypothese auf diesen Fall nicht anwendbar ist, bedarf also wohl kaum einer Begründung, eben- sowenig ist es nothwendig, darauf hinzuweisen, dass die „auriculae“ von Metzgeria saccata bei Befeuchtung sich mit Wasser füllen. Als Ausgangspunkt für diese eigenartige Bildung können wir uns eine Metzgeria denken, deren Thallusrand nach unten concav ein- gebogen ist.!) Tritt an einzelnen Stellen dieser Einbiegung hinter dem Rande ein gesteigertes Flächenwachsthum auf, so wird die eben ge- schilderte Form der Wassersäcke sich ergeben. Dadurch, dass die- selben nach unten eingebogen sind, wird, wie bei Frullania und in anderen Fällen, die Geschwindigkeit der Wasserverdunstung herunter- gesetzt werden. Andere Metzgeria-Arten besitzen, soweit bekannt, solche Wasser- Sammelapparate nicht; unsere einheimische Metzgeria furcata (und ebenso wohl auch andere unter ähnlichen Lebensbedingungen wachsende Arten) verträgt übrigens ziemlich lange andauernde Austrocknung. Aber derartige einfacher ausgerüstete Formen, die nur auf das dem T'hallus direct zugeführte Wasser angewiesen sind, wenn derselbe nicht benetzt ist, aber. im trockenen Zustand weder wachsen noch assimiliren, zeichnen sich durch eine viel geringere Wachsthumsenergie aus. Es ist dies ein Gesichtspunkt, auf den ich früher,?) bei Besprechung der Epiphyten öfter hingewiesen habe und der am auffallendsten bei epiphytischen Farnen hervortritt, von denen‘ die grossen Formen, wie Platycerium, Polypodium quereifolium, P. Heracileum, Aspl. Nidus u. a., den vermehrten Ansprüchen entsprechende auffallende Anpassungen auf- weisen, während kleinbleibende von den terrestrischen sich nicht oder nicht viel unterscheiden. Was Metzgeria anbelangt, so könnte ein bei einer anderen Art sich findendes eigenthümliches Wuchsverhältniss vielleicht biologisch mit den auriculae von M. saccata in Parallele gestellt werden, während die morphologischen Verhältnisse, um die es sich handelt, ganz 1) Solehe Formen sind z. B. Metzgeria linearis und M. magellanica; eine Annäherung an die Blattbildung liegt in der Wassersackbildung von M. saccata demnach nicht vor, Es ist vielleicht nicht überflüssig darauf hinzuweisen, da Lindberg (monogr. Metzgeria pag. 7) Metzgeria in die Nähe von Radula stellen zu sollen glaubte, was natürlich ganz und gar verfehlt ist. 2) Pflanzenbiologische Schilderungen 1. Theil, Marburg 1889. 4ar andere sind. Ich traf diese Metzgeria!) in Brittisch-Guayana als Rinden- Epiphyten. Sie ist leicht kenntlich daran, dass ausser den normalen, dem Substrat dicht angeschmiegten Sprossen solche sich finden, die in grosser Zahl von dem Substrat rechtwinklig abstehen. Es sind dies keine besonderen Thalluszweige, sondern die Enden gewöhnlich gebauter. Diese erheben sich von dem Substrat und verlieren einerseits ihre Flügel, so dass sie oben im wesentlichen nur noch aus der Mittelrippe bestehen, andererseits auch die Haarwurzeln und die Randborsten, die sonst am Thallus sich finden. Zunächst sei nun bemerkt — und desshalb erwähne ich diese Form hier —, dass die in grösserer Masse borstenföürmig aussehenden, vom Thallus abstehenden Zweige offenbar herunterrieselndes Wasser leicht werden aufhalten, und so dem Thallus nutzbar machen können. Es sind nun ganz ähnliche Verhältnisse meines Wissens nur be- schrieben von einer Metzgeria, die Lindberg in seiner oben erwähnten Monographie als var. ß fruticulosa zu M. furcata stellt (wie vor ihm unter anderem Namen schon Ilookeru.a,). „Substratui non ut ceterae formae horizontaliter imposita, sed lobos suos in reeto angulo e trunco arboreo erigit, unde habitus peculiaris*. Diese „lobi® sind ausgezeich- net dadurch, dass sie an ihrer Spitze Büschel von Bruiknospen tragen, wie sie neuerdings an einer mir aus Eeuador von Prof. v. Lagerheim zugesandten Form von Ruge?) näher geschildert worden ist. Diese Form stimmt in getrocknetem Zustand auch in der eigenthümlich spangrünen Färbung vollständig mit der europäischen überein, unter- scheidet sich jedoch von Metzgeria furcata durch die Behaarung des Thallus (es treten auf der Unterseite am Rande und der Fläche Haar- . wurzeln auf, ein Merkmal, dasLindberg diagnostisch verwerthet). Auch bei der in Rede stehenden Metzgeria waren an einzeluen der ab- stehenden Thalluszweige Brutknospenanlagen zu bemerken; ob diese regelmässig auftreten, muss dahingestellt bleiben. Jedenfalls werden die rechtwinklig vom Substrat abstehenden Thallusäste ganz besonders geeignet sein, die Verbreitung der abgelösten Brutknospen durch Wasser zu begünstigen, da sie bei starkem Regen sehr leicht von den abstehenden Aesten fortgeschwemmt werden können. Näher auf diese Verhältnisse einzugehen, liegt nicht im Plane dieser -1) Herr F.Stephani, welcher die Güte hatte, einige der in der vorliegenden Arbeit erwähnten Lebermoose zu bestimmen, wird die neue Metzgeria-Art als Metzgeria adscendens beschreiben. 2) Ruge, Beitrag zur Kenntniss der Vegetationsorgane der Lebermoose, Flora 1893, pag. 304. 428 Mittheilung, es sollte an dem Beispiel von Metzgeria nur gezeigt werden, ddass Einrichtungen zum Wassersammeln nicht auf die beblätterten Leber- moose beschränkt sind, sondern auch bei thallosen Formen sich finden. Kehren wir zu den ersteren zurück, so mag zunächst an das im dritten Abschnitt dieser Studien Mitgetheilte angeknüpft werden. Es wurde dort (dieser Band 8. 92 ff.) eine Anzahl von Leber- moosformen als „rudimentäre* bezeichnet. Sie sind dadurch gekenn- zeichnet, dass bei ihnen die Sprosse, welche die Geschlechtsorgane tragen, abweichen von den vegetativen, und dadurch, dass diese letzteren einen schr einfachen Bau haben, ja bei manchen ersetzt sind durch eine reichere Entwicklung des „Vorkeims“, sei dieser nun fadenförmig wie bei Protocephalocia ephemeroides, oder als flacher Thallus ausgebildet, wie bei Lejeunia Metzgeriopsis. Der einfache Bau dieser rudimen- tären Formen tritt nun namentlich hervor in der einfachen Gestaltung der Blätter, wie wir sie sonst nur bei Keimpflanzen anderer beblätterter Formen finden; bestehen doch die Blätter bei Zoopsis setulosa z. B. (a. a. Fig. 10) nur aus zwei Zellen und den ihnen aufsitzenden Anhäng- seln, während wir bei den Sexualsprossen sofort die Blätter wohl- entwickelt, als Zellflächen ausgebildet, antreffen. Es ist nun besonders zu beachten, dass derartige Formen nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Verwandtschaftskreisen der foliosen Lebermoose auftreten. So in der Gattung (resp. Gruppe) Cephalozia die drei Formen Protocepha- lozia, Pteropsiella und Zoopsis, bei Lejeunia die oben erwähnte Art, ferner wurde früher von mir nachgewiesen, dass die von Martensals Floridee beschriebene „Kurzia erenocanthoidea“ nichts anderes ist, als eine Lepidozia, deren sterile Sprosse Blätter haben, die aus drei getrennten (nur an der Basis zusammenhängenden) Zellreihen bestehen, während die fertilen wohl entwickelte Blätter aufweisen. Ganz ähnlich verhalten sich einige andere Formen, z. B. Arachniopsis, welche der Autor dieser Gattung, Spruce, mit Cephalozia, Lepidozia u. a. in die Gruppe der Trigonantheae stellt. Die Blätter erscheinen hier als zwei, nur am Grunde zusammenhängende Zellreihen. Ausserordentlich ähnlich im Habitus, aber durch die Art der Verzweigung leicht zu unter- scheiden, ist eine Lepidozia-Art, welche ich in Venezuela (bei Tovar) und Brittisch-Guyana fand. Es ist Lepidozia bicruris Steph., die also bezüglich der Blattformen ebenfalls zu den „rudimentären“ Lebermoos- formen gehört. Auch hier entwickelt sich eine Blattläche nur an den Blättern der Sexualsprosse. Liehrreich ist namentlich das Verhalten der Antheridienstände, Diese sind gegen die vegetativen Sprosse nicht scharf abgegrenzt, und gelegentlich trifft man auch zwischen zwei 429 antheridientragenden Blättern ein steriles. Letzteres hat dann die Form der Blätter vegetativer Sprosse, die Flächenbildung ist also in engster Correlation mit der Antheridienbildung, sie findet sich natürlich ebenso an den weiblichen Aesten. Alle diese rudimentären Formen sind, wie früher schon hervorgehoben wurde, klein, und manche sehen im sterilen Zustand confervenähnlich aus. Sie leben an feuchten Standorten, die geringe Entwieklung der assimilivenden und transpirirenden Ober- fläche ermöglicht ihnen unter solehen Lebensbedingungen die Existenz. Gehen wir zu den Lebermoosen mit höher entwickelten, d. h, als Zellflächen ausgebildeten Blättern über, so ist die Gestaltung derselben hier nur insofern zu besprechen, als sie mit den Lebensverhältnissen in Beziehung steht. Bei einigen Bauverhältnissen ist die biologische Bedeutung noch ganz unklar, wir wissen z. B. nieht, wie es sich mit der Bildung der sogenannten „Scheinnerven® bei einigen Formen ver- hält. Für eine grosse Anzahl anderer theilweise sehr auffallender Gestaltungsverhältnisse habe ich nachzuweisen versucht, dass sie mit der Wasserversorgungin engster Beziehung stehen, indem capil- lare Hohlräume auf die verschie- ‚denste Weise gebildet werden, welche das Wasser aufnehmen ; eine Einrichtung, die nament- lich bei epiphytischen Leber- moosen — und deren gibt es eine grosse Zahl -— von Be- deutung sein wird. Das Leztere ist, wie oben erwähnt, von Zelinka bestritten worden. Ehe ich indess auf die von Fig. 2. Blatt von T’richocolea tomentosa seitlich gesehen, vergr. ihm behandelten Fälle eingehe, möchte ich erst auf diejenigen hinweisen, bei denen eine Anzweiflung meiner Auffassung nicht eingetreten und wohl auch kaum zu erwarten ist. Auf Tafel H Fig. 7 dieses Bandes ist ein Stück eines Stämmchens von Trichocolea tomentosa Swartz abgebildet, eine Abbildung, aus der auch ohne weitere Erklärung hervorgehen wird, dass die beblätterte Pflanze hier im Grossen und Ganzen eine schwammige Masse darstellt, die Wasser ebenso aufsaugt und festhält wie ein Schwamm. Es ist dies ein be- sonders auffallendes Beispiel für die erste Gruppe von Blattgestaltungs- verhältnissen, bei denen die Einrichtung zum Wassersammeln besteht in Auswüchsen der Blattfläche. 430 Sehen wir uns ein Blatt des genannten Lebermooses näher an, so zeigt sich, dass einerseits der Blattrand zerschlitzt ist in eine Anzahl verzweigter Zellreihen, deren Seitenäste nach allen Seiten hinabstehen, andererseits auch aus der Blattfläche, und zwar der Blattunterseite, Zellreihen entspringen, die an ihrer Basis vielfach zu Zellflächen geworden sind. Alle diese nach allen Richtungen hin abstehenden starren Zellreihen erzeugen das schwammige Gefüge, in welchem die Blattflächen gar nieht hervor- treten. In geringerer Ausbildung finden wir dieselbe Eigenthümlieh- keit bei Lophocolea muricata, von der in Fig. 3 ein Blatt abgebildet ist; dass auch die Lamellen, welche auf der Oberseite von Polytrichum- blätter dicht gedrängt entspringen, dieselbe Bedeutung haben, konnte schon nach dem früher für die Lebermoose von mir Dargelegten nicht zweifelhaft sein. In den zwei oben beschriebenen Fällen waren es „Haare“, die, aus der Blattfläche entspringend, die kapillaren Hohlräume zu Stande bringen; bei andern sind es Blattlamellen, die aus der Blattlläche ihren Ursprung nehmen. Es wurde in dieser Beziehung auf die Gat- tung Gottschea früher schon aufmerksam gemacht; es sei hier auf das in den „Studien“ Gesagte und auf die dort von Gottschea Blumei (Pl. V Fig. 53) gegebene Abbildung verwiesen. Einen besonders auffallenden Fall bietet nun eine andere Gottschea-Art, die G, seiu- rea (vgl. den Querschnitt Fig. 18 auf Tafel VIII/IX), deren Blattgestaltung uns zugleich in die folgende Gruppe überleiten wird. Von der Unter- seite betrachtet, zeigt sich diese Pflanze mit einer spongiösen Masse bedeckt. Diese konmt dadurch zu Stande, dass die Blätter zahlreiche lamellenförmige Auswüchse besitzen, die aber nicht flach, sondern. eingekrümmt und am Rande mit verzweigten Haaren verschen sind; dadurch kommt eine Menge von capillaren Hohlräumen zu Stande, die einen ausgiebigen Wasseraufsaugungsapparat darstellen. Man findet hier auch andere kleine Lebermoose angesiedelt, und ohne Zweifel ist dieses schwammige Gebilde auch der Wohnort zahlreicher niederer Tbiere, Fig. 5. Blatt von Lophocolea muricatn Nees, stark vergr, 431 Diese Form leitet uns über zu einer Besprechung derjenigen Lebermoose, bei denen die Wasserbehälter zu Stande kommen durch die Lagerungsverhältnisse der Blätter, sowie durch eigenthümliche Umbildungen einzelner Blattheile. Gerade diese Fälle sind es, an die sich obenerwähnte Controverse knüpft. Ich sehe dabei ab von den ganz einfachen Fällen, in denen durch Zusammendrängung der Blätter wie bei vielen Laubmoosen capillare Hohlräume entstehen, und möchte zunächst nur auf einige einfache Gestaltungsverhältnisse hinweisen, wie wir sie bei einigen frei herabhängenden Lebermoosen antreffen. Die meisten epiphytischen Lebermoose wachsen ihrem Substrate — Zweigen oder Blättern — dicht angeschmiegt, oder in kleinen Rasen; Ausnahmefälle, wie sie bei Physiotium, und in gewissem Sinne auch bei Colura sich finden, haben dann auch besondere Einrichtungen, die unten zu besprechen sein werden. Es gibt in der feuchten Berg- region der Tropen aber auch Lebermoose, die frei von den Baumästen herabhängen, ähnlich wie die Bartflechten unserer Gebirge oder manche Tillandsien (z.B. T. usneoides) im tropischen und subtropischen Amerika. Wie die ersteren auch erst in der feuchten Bergregion auftreten, weil sie betreffs der Wasserzufuhr und Wasserverdunstung sich natürlich unter ungünstigeren Verhältnissen befinden, als die dem Substrate ange- schmiegten rindenbewohnenden Flechten, so auch die erwähnten Leber- moose. Ich möchte nur zwei Beispiele von denselben anführen, die aber eine auffallende Uebereinstimmung zeigen. Das eine betrifft eine in Form von braunen Strängen von den Baumästen der feuchten Berg- region herabhängende Frullania!) (Fr. atrosanguinea Taylor), die ich in der Cordillere von Merida antraf, das andere eine Lejeunia, die Dr. Karsten in der Bergregion von Amboina sammelte (L. lumbri- coides). Wie aus den Abbildungen (Fig. 1 u. 2, Taf. VIII/IX) er- sichtlich ist, sind hier die Seitenblätter nicht flach ausgebreitet, sondern eingekrümmt, die Amphigastrien aber verhältnissmässig sehr gross, so dass dadurch das Stämmehen von einem System von Hohlräumen umgeben wird, in welchem Wassertropfen festgehalten werden, die sonst bei diesen frei herunterhängenden Moosen natürlich leicht ab- 1) Diese hängenden Frullanien sind auch früheren Reisenden schon aufgefallen. So sagt Spruce (Preeis d’un voyage d’exploration botanique dans l’Amerique €quatoriale, in revue bryologique August 1886): „les Frullania atrata (Sw.) et atro- sanguinea Taylor pendent des arbres en grands festons d’un demi-me&tre de longueur et en masses qu’on pourrait & peine embrasser; leur couleur sombre, souvent relevde par un me&lange de feuillage argente d’un Phyllogonium et du beau vert de quelques Meteorium, dont les tiges sont aussi longues que celles des Frullania.“ Flora 1893. 29 432 laufen würden. Bei der ganz ebenso wachsenden Fr. atrata ist die Einrollung des Blattes ebenfalls vorhanden, auch die hängenden Masti- gobryum-Arten zeigen dieselbe, indess braucht diese Formbildung natür- lich nicht auf hängende Lebermoose beschränkt zu sein. Auf andere, ähnlich einfache Beispiele möchte ich nicht näher eingehen. Bezüglich der Bildung von besonderen Blattohren habe ich früher (Studien a. a. O. pag. 24) drei Typen unterschieden. 1. Der Wasserbehälter wird gebildet dadurch, dass der Unterlappen dem Oberlappen so anliegt, dass er mit demselben ein taschen- oder kreuzförmiges Organ bildet: Radula, Phragmicoma, Lejeunia u. a. Indem ich auf das in den „Studien“ und den „Schilderungen“ Ge- sagte verweise, möchte ich dazu hier nur als Ergänzung ein interessantes Vorkommniss besprechen. Schon in den „Schilderungen“ (a.a.0.) wurden einige Fälle beschrieben, die zeigen, dass bei einigen foliosen Lebermoosen die Erscheinung der Heterophyllie in sehr auffallender Weise sich findet. Sehen wir ab von der einfacheren Gestaltung der Blätter, wie wir sie an Keim- pflanzen dem „erwachsenen“ Zustand gegenüber antreffen, ferner von den Gestaltungsverhältnissen der Blätter an den Sexualsprossen, so sind hier die Fälle zu erwähnen, wie sie bei einigen Phy- siotium- und Lejeunia-Arten sich finden (vgl. be- Fig 4. Lejeunia sp, züglich der letzteren die nebenstehende Fig. 4 und Seitenast vergr.,untenein Fig, 78 und 79 in Pflanzenbiolog. Schilderungen ] grosser Wassersack, an „ag, 178 und 179). Die nächsten Ursachen des Auf- welchem eine freie Blatt- . . Aäiche kaum sichtbar ist, tretens verschiedenerBlattformen an ein und dem- darauf ein Uebergangs- Selen Lebermoosspross sind uns ganz unbekannt, blatt zu der gewöhnlichen Es wird trotzdem nicht ohne Interesse sein, darauf Blattform, bei weleher der hinzuweisen, dass dieselbe Erscheinung auch bei Wassersack nur als An- andern Lebermoosformen vorkommt. In schr auf- ‚hüngsel \s „alten " fallender Weise ist dies der Fall bei einer Radulaart, en welche sich unter den auf Amboina von Herrn ‚Dr. Karsten gesammelten Lebermoosen fand (Taf. VIIL/IX Fig. 3 u. 4). Dieselbe stelit der R. amentulosa Mitten schr nahe, wenn sie nicht mit der- selben identisch ist. Sie besitzt Langtriebe und Kurztriebe. Die Blattform der Langtriebe ist die für Radula gewöhnliche, es besitzen die Blätter eine durch den eingeschlagenen Unterlappen gebildete flache Tasche. Diese Taschen beherbergen nur selten kleine Thiere, regelmässig aber finden 433 sich solche (mit Ausnahme des obersten jüngsten Theiles, wo die Ein- wanderung. noch nicht stattgefunden hat) in den Blättern der Kurz- triebe. Da diese auch in ihrer Gestalt von der der Langtrieb-Blätter sehr bedeutend abweichen (vgl. Fig. 3 auf Taf. VIII—IX), so bieten sie um so mehr ein charakteristisches Bild, als die Kurztriebe in sehr grosser Zahl sich finden. Regelmässig'!) nämlich entsteht unterhalb jedes Blattes der Langtriebe ein Seitenzweig, sei es ein Kurztrieb oder ein Langtrieb; letztere treten an Zahl sehr gegen erstere zurück, und die untersten drei Blätter seitlicher Langtriebe haben keine Zweige an ihrer Basis. Die Kurztriebe sind unverzweigt?) und offenbar von begrenztem Wachsthum, wenigstens habe ich dieselben nie in Lang- triebe übergehen sehen; wie bei allen Kurztrieben wird dies indess gelegentlich wohl auch hier eintreten können. Die Zahl der Blätter an den Kurztrieben beträgt. oft über 25. Von dem Grössenunterschied abgesehen fällt bei den Kurztrieb- Blättern hauptsächlich das Fehlen einer freien Blattspreite auf, d. h. es ist der Unterlappen hier annähernd ebenso gross als der Oberlappen und das ganze Blatt ist so zusammengerolit, dass es einen nach unten verbreiterten, nach oben halsförmig verlängerten Wassersack mit enger Mündung darstellt. Der Halstheil ist (was in der Flächenansicht nieht hervortritt) nach oben gebogen und auch die enge Mündung liegt nach oben. Am meisten Aehnlichkeit mit diesen Kurztriebblättern haben die untersten Blätter seitlicher Langtriebe (vgl. den untersten Seitenast rechts in Fig. 3 der Tafel), insofern auch bei ihnen der Oberlappen YA nur wenig entwickelt und die Einrollung eine X ähnliche ist, wie bei den soeben beschriebenen Fig.5 a pyenole- Blättern. Trotzihrer Kleinheit werden die zahlreichen jeumoides. Wassersack Schlauchblätter der Kurztriebe verhältnissmässig be- ;m optischen Längs- deutende Mengen von Wasser festhalten, und damit, schnitt stark vergr., un- dass das Wasser sich in diesen engen, von den ten ein Haarwurzelbü- Blättern der Langtriebe bedeckten Schläuchen am schelangedeutet.AAchse F 2 . des Kurztriebs. längsten hält — nur die alten langgewordenen Kurz- triebe ragen über die Blätter hervor —, dürfte es auch zusammenhängen, dass sie mit so grosser Regelmässigkeit von kleinen Thieren (Rotatorien aus j) Ausnahmen, d. h. Fehlen der Zweige habe ich gelegentlich beobachtet, 2) Nur einmal wurde eine Verzweigung beobachtet. 29* 434 der Gruppe der Philodinen) bewohnt sind. Die Haarwurzeln, welche aus den Kurztrieben entspringen, heften die Pflanze auch an das Substrat an; manche wachsen auch frei zwischen andern Moosen. — Die im Vorstehenden kurz geschilderte Pflanze ist neuerdings von Dr. V.Schiffner)), ebenfalls nach von Dr. Karsten gesammeltem Material als Radula pycnolejeunioides beschrieben worden. Die Frage, ob diese Art von R. amentulosa wirklich abzutrennen ist, mag hier unerörtert bleiben. Dagegen ist hervorzuheben, dass Schiffner die Natur der Kurztriebe verkannt hat. Er bildet sie zwar ab (a. a. O. Taf. VIII Fig. 1, welche ein wenig gelungenes Habitusbild gibt), hält sie aber für Antheridien-Zweige („Amenta mascula ad basin eujus- que lobuli“) und erwähnt demzufolge die Kurztriebe mit den thier- besetzten Wasserschläuchen gar nieht! Nun wäre ein Jiebermoos, das solche Mengen von Antheridien bildet, doch ein wunderbares Gewächs! Die Zahl der Antheridien wäre mindestens das 10fache der Blattzahl, es wäre das eine Ueberproduktion von Antheridien, für die mir sonst kein Beispiel bekannt ist, trotzdem ja die Bildung der männlichen Geschlechtsorgane eine verhältnissmässig reichliche zu sein pflegt. Thatsächlich aber werden die Antheridienäste in nicht grösserer Zahl gebildet, als bei andern Radula-Arten auch, sie stehen nur vereinzelt?) zwischen den Kurztrieben (an Stelle eines solchen) und sehen ganz anders aus, als diese, nämlich ganz ähnlich wie die Antheridienäste anderer Radula-Arten. Ein Vergleich der Abbildung (auf der Tafel) 4 mit der Fig.3 und der Schiffner’schen, oben eitirten, wird dies ohne Weiteres zeigen. Die Blätter der Antheridienstände decken sich auf jeder Seite (später rücken sie etwas aus einander) und sind nicht wie die der Kurztriebe Schläuche mit enger Mündung, sondern kahnförmig, Ober- und Unterlappen durch einen Einschnitt deutlich getrennt (der Unter- lappen ist also mit dem untern Rande nicht eingeschlagen), auch sind die Deckblätter der Antheridien viel grösser als die Blätter der vege- tativen Kurztriebe. Die Thatsache, dass die erwähnte Verwechslung stattgefunden hat (die in den Säcken befindlichen, im trockenen Zu- stand kugelig zusammengezogenen Thiere mögen ein Antheridium um so mehr vorgetäuscht haben, als normal in jedem Sack nur Ein 1) Ueber exotische Hepatieae von Dr. V.Schiffner, Nova acta der Ksl. Leop.- Carol. deutschen Akademie der Naturforscher Bd. LX. Nr. 2. 2) Nur einmal fand ich einen Fall, in welchem unter zwei aufeinanderfol- genden Blätiern je ein Antheridienzweig stand, dieser Fall ist in Fig. 4 der Tafel abgebildet. Flora 1893,77.Bd. Taf. VI u. re I nk ‘er Sa es T N. G. Elwert’sche Universitäts-Buchhandlung Marburg (Hessen) empfiehlt ihr vollständiges Lager aller Publikationen der Universität Marburg: Dissertationen, Habilitationsschriften, Programme und andere Gelegenheitsschriften. Aus den letzten Jahren führen wir an botanischen Abhandlungen auf: . ‚Giesenhagen, Die Hymenophyllaccen. 18%. Derselbe, Wachsthum der Cystolithen von Ficus elastica. "1889. Schaefer, Zur Entwicklungsgeschichte des Fruchtknotens und der Placenten. 1889. Kühn, Ueber die Anatomie der Marattiaceen, mit 49 Abbildungen. 1889. Imhäuser, Entwicklungsgeschichte und Formenkreis von Prasiola, mit 95 Ab- bildungen. 1889, Merker, Gunnera 'macrophylla Blunı,, mit 3 Tafeln, 1888. Meigen, Vegetationsorgane einiger Stauden. 1887. Christ, Zur vergleichenden Anatomie des Laubstengels der Caryophyllinen und Saxifrageen, mit 10 Abbildungen. 1887. Hildebrandt, Zur vergleichenden Anatomie der Ambrosiaceen und Senccionideen. Mit einer Doppeltatel. 1887. . Lohrer, Beiträge zur anatomischen Systematik, mit Tafel. 1886. Plitt, Zur vergleichenden Anatonie des Blattstiels der Dicotyledonen. Mit Tafel. 1886. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung in Marburg. In unseren Verlag erschien: Pflanzenbiol oeische Schilderungen von Dr. K. Goebel, Prof. der Botanik und Director des botan.. Gartens zu München. I. Theil. Mit 98 Holzschnitten und Tafel I-IX. " Lex. 80, IV, 240 S. Preis Mk. 14.— IH. Theil 1. Lieferung. ı Mit 57 Holzschnitten und Tafel X—XXV. u Lex. 80. 1608. - Preis Mk. 12.—. ru II. Theil 2. Lieferung. Mit 64 Textfiguren und Tafel, XXVI—XXXL Lex. 80, 226 8. ; Preis Mk. 12.—. Druck von Val. Höfling, München, Kapellenstr, 8. [2 . 435 Thier lebt), zeigt jedenfalls, eine welch unerwartete und auffallende Organbildung hier vorliegt. Besonders eigenthümlich ist, wie ich früher gezeigt habe, die Wassersackbildung bei manchen Lejeunia-Arten. Hier möchte ich indess aus dieser vielgestaltigen Gattung nur ein Beispiel anführen. Es ist dies eine von Dr. Karsten auf Amboina gefundene Form, die mir vor einigen Jahren von dem Entdecker in Alkoholmaterial freund- lichst zugesandt worden war. Dr. Schiffner hat dieselbe neuerdings als Coluro-Lejeunia paradoxa bezeichnet (über exotische Hepaticae a. a. OÖ. pag. 243). Ich habe früher schon auf die Verschiedenheiten in der Blattbildung von Colura und Lejeunia hingewiesen, welche eine generische Trennung dieser Formen rechtfertigen, und werde unten kurz noch darauf zurückkommen. Die vorliegende Form weist die merkwürdige Blattbildung von Colura mit den durch eine beweg- liche Klappe verschlossenen Wassersäcken nicht auf und es scheint mir daher zunächst noch nicht sicher, dass sie zu Colura zu stellen ist. Es ist ein stattliches Lebermoos mit Sprossen, die über 4cm lang werden können (Schiffner gibt infolge unzureichenden Materiales an „planta pusilla, ... . caule ca. 5mm longo) vgl. das Habitusbild Fig. 19 auf der Tafel. Mit Colura theilt diese Lejeunia-Art die Eigenthümlichkeit, dass zu jedem Blatte ein Amphigastrium gehört; während sonst die Zahl der Amphigastrien ?/; der Gesammitblattzahl beträgt, sind hier also ebensoviele Amphigastrien als Seitenblätter vorbanden. Die letzteren sind nicht immer gleichmässig ausgebildet, es liegt auch hier ein Fall von Heterophyllie vor, indess keineswegs in der Regelmässigkeit, wie sie Schiffner annimmt. Es finden sich nämlich erstens grosse Schlauchblätter, die bis zu 2mm lang werden können — die grössten mir bekannten Schläuche irgend einer Lejeunia. Sie kommen auf die gewöhnliche früher beschriebene Weise zu Stande dadurch, dass der Unterlappen gegen den Ober- lappen hin eingerollt ist. Aber während sonst der Unterlappen viel kleiner ist Fig. 6. Lejeunia paradoza. als der Oberlappen, übertrifft er ihn Querschnitt durch einen Spross, zwei . “ or :7 Seitenblätter und ein Amphigastrium hier an Grösse, und der freie Theil sind getrofen. > des Oberlappens (der an der Schlauch- bildung keinen Antheil nimmt) erscheint nur als Anhängsel des Schlau- ches. Thiere wurden in diesen grossen Wasserschläuchen nur selten angetroffen (gelegentlich eine Nematode), Ausser diesen, die normale 436 \ Blattform völlig entwickelter Sprosse darstellenden grossen Wasser- säcken (die Form derselben wird aus der Zeichnung hervorgehen), kommen nun auch Blätter vor, die mit den gewöhnlichen Lejeunia- Blättern insofern übereinstimmen, als bei\ihnen der Schlauch viel kleiner ist, und als Anhängsel des viel grösseren Blattoberlappens erscheint. Im Uebrigen ist die Gestalt dieser Blätter eine sehr wech- selnde, und es gibt von annähernd eylindrischen kleinen bis zu den bauchigen grossen Wassersäcken alle Uebergangsstufen (vgl. Fig. 19 auf Taf. VIII—IX), esfinden sich auch Blätter, bei denen durch die bedeu- tende Entwicklung des Oberlappens die Schlauchmündung sich nicht wie bei den normalen Schlauchblättern an der Spitze des ganzen Blattorgans, sondern seitlich findet. In engen derartigen Schlauch- blättern (in denen sich das Wasser wahrscheinlich länger hält als in den weiten) fanden sich Thiere in Mehrzahl, Diese abweichenden Blätter finden sich an der Basis der Zweige und gelegentlich auch zwischen den normalen Schlauchblättern. Sie sind offenbar Hemmungs- bildungen der letzteren, was nicht ausschliesst, dass sie ein ursprüng- licheres Entwicklungsstadium darstellen. Es mag an einigermassen analoge Fälle bei Phanerogamen erinnert sein, bei denen gleichfalls unter Umständen, welche als abnormal bezeichnet werden können, Blatt- formen auftreten, die offenbar der ursprünglichen Bildung näher stehen, als die „normalen“ Blätter der betreffenden Pflanzen. Besonders auffallend ist diese Erscheinung bei den merkwürdigen neuseeländischen Veronica-Arten mit schuppenförmigen Blättern, die dem Stamme dicht anliegen. Man kann bei ihnen flache, abstehende Blätter, die auch. anatomisch verschieden sind, hervorrufen; diese gleichen denen anderer Veroniea-Arten, Ganz ähnlich verhält sich, wie Magnus schon früher beschrieben hat, die gleichfalls mit schuppenförmigen Blättern ver- sehene Melaleuca micromeris, und auch sonst kommt Aehnliches vor. Stecklinge von Fabriana imbricata einer Solanee mit dicht gedrängten kleinen schuppenförmigen Blättern verlängern — offenbar unter dem Einfluss der höheren Temperatur und grösserer Luftfeuchtigkeit — ihre neugebildeten Internodien, so dass die Blätter auseinanderrücken ; die letzteren selbst werden viel grösser (bis '/gcm) und stehen vom Internodium ab. Welche Einflüsse bei der genannten Lejeunia die verschiedene Ausbildung der Blätter hervorrufen, ist unbekannt, aber auch hier dürfte dieselbe theils durch Correlation, theils durch Ein- wirkung äusserer Factoren bedingt sein. — Bemerkt sei noch — da Sexualorgane bisher bei derselben nicht bekannt waren —, dass, soweit untersucht, die Lej. paradoxa diöeisch ist, die Perianthien sind drei- 437 kantig und kommen durch Innovation nicht selten in den Winkel zwischen zwei Sprossen zu stehen. Es wäre möglich, dass die genannte Lejeunia eine Mittelstellung “ zwischen Lejeunia und Colura einnimmt. Bei der Bildung der merk- würdigen Blätter der letzteren kommen, wie ich früher nachwies, zwei Factoren in Betracht. Einmal eine Einrollung des Unterlappens gegen den Oberlappen, wie bei den Lejeunia-Wassersäcken. Diese Einrol- lung bildet aber nur den unteren, röhrenförmigenTheildesWasser- sackes. Wie Querschnitte zei- gen, ist derselbe wirklich ge- schlossen. !) Es sei nachträglich zu meiner früheren Darstellung noch bemerkt, dass dies ge- schieht dadurch, dass der einge- schlagene Rand desUnterlappens mit dem Oberlappen verwächst; es wird dies aus dem in Fig. 6 abgebildeten Querschnitt durch Fig. 7. Querschnitt durch die Sprossspitze einen Vegetationspunkt von Co- vn Colura Karsteni n. sp. Die Seitenblätter Iura Karsteni deutlich zu ver- 1 — 5 (letzteres nur aus zwei Zellen bestehend) . sind der Reihenfolge nach beziffert; dieselben folgen sein; die Pflanze selbst Nummern tragen die Amphigastrien; zu ist in Fig. 9 auf Taf. VIITI—IX jedem Seitenblatt gehört ein Amphi- abgebildet. Zweitens ist aber gastrium, anzuführen, dass der obere, erweiterte Theil des Sackes seine Ent- stehung einem Wachsthumsprozess verdankt, der sich bei den Lejeunia- blättern nicht findet, und eben Colura ceigenthümlich ist, nämlich einem gesteigerten Flächenwachsthum des Theiles der Blattfläche, 1) Vgl. Fig. 7 und den früher veröffentlichten Querschnitt Fig. 10 auf Taf. 21 1 „Pflanzenbiologische Schilderungen“ II, Taf. (Marburg 1891). Was die Artbe- nennung betrifft, so handelt es sich um eine grosse, stattliche, von Dr. Karsten auf Amboina gesammelte Art, welche mit Col. superba jedenfalls verwandt ist, aber von derselben wenigstens nach den vorliegenden Beschreibungen sich durch die Blattgestaltung sowohl wie durch die Perianthien unterscheidet. Die Blätter erreichen eine Länge bis zu 25mm, Charakteristisch ist zunächst die starke Einbiegung des Dorsalrandes, die so weit geht, dass, wenn das Blatt von unten betrachtet wird, es aussieht, als ob eine bogenförmig gekrümmte Röhre auf den- sclben zuführe, was auch auf der Seitenansicht besonders deutlich hervortritt (auch an einigen Blättern der Fig. 9 auf Tafel VIII/IX). Diese Röhre wird durch den eingekrümmten freien Blattrand gebildet. Zweitens ist charakteristisch eine huf- eisenförmige Furche, welche den Wassersack oben vom übrigen Blatttheil abgrenzt; 438 welcher unmittelbar über der oben erwähnten Röhre liegt (vgl. Studien VI pag. 30 in Annales d. j. b. de Buitenzorg vol. IX). Im Uebrigen stimmt die Entwickelung der Blätter von Colura superba und der in Südamerika von mir gesammelten Colura tortifolia so sehr mit dem überein, was ich früher für Colura ornata angegeben habe, dass ich hier einfach darauf verweisen kann. Ich möchte bezüglich des Habitus auf die Abbildung 9 Taf. VIII—IX hinweisen, und hier nur einige biologische Verhältnisse hervorheben. Wie bei Physiotium unten näher auszu- führen sein wird, betrachte ich die Einrichtung des Klappenverschlusses in erster Linie als ein Mittel, welches eine freie Verdunstung des in den Säcken enthaltenen Wassers. heruntersetzt. Die Form der Blätter ist so, dass Wasser leicht in dieselben gelangen kann, obwohl die Blätter vom Substrat abstehen, und gerade bei der grossen Colura Karsteni tritt dies ganz besonders deutlich hervor. Wie die in den Pflanzenbiolog. Schilderungen Taf. XXI Fig. 9 gegebene Abbildung eines Blattes von der Unterseite zeigt, ist der nicht zur Sackbildung verwendete Theil kahnförmig gekrümmt (vgl. auch den Querschnitt daselbst Fig. 10). Dieser Raum wird sich mit Wasser bei Befeuch- tung füllen!) und dasselbe der Sackmündung zuführen, ausserdem liegt die Klappe auch so geschützt, dass eine Verdunstung durch dieselbe, wenn das Wasser aussen verschwunden ist, nur in geringem Maasse eintreten wird. Gerade die Thatsache, dass die Blätter von Colura nicht einander decken und nicht — wie dies sonst bei epiphytischen sie bezeichnet die Stelle, wo innen das Klappen-Widerlager vorspringt. Diese Furche ist in der Fig. 9 Tafel VIIL—IX bei den meisten Blättern deutlich sichthar, Rechnet man die Grenze des Wassersacks (soweit er als Blattanhängsel erscheint) von dem obersten Theil dieser Furche, so verhält sich seine Länge zu der des Blattes etwa wie 1:6. Brutknospen, wie ich sie für andere Colura-Arten beschrieben habe, habe ich bei der vorliegenden niemals angetroffen. Von Colura superba gibt Schiffner (Forschungsreise 8. M. S. „Gazelle“ IV. Theil Botanik, Lebermoose p. 36) solche an. Sie sollen linsenförmige Zellkörper und denen von Tetraphis ähnlich sein, Da bei den anderen Arten lediglich scheibenförmige, aus einzelnen Zellflächen beruhende Brutknospen vorkommen, die mit denen von Lejeunia übereinstimmen, so dürfte bei der Schiffner’schen Angabe ein Irrthum zu Grunde liegen. Die Periantbien von 0. Karsteni sind mit fünf Kielen vorsehen, und nicht, wie es von denen von C. superba angegeben wird, cylindrisch, sondern nach oben breiter als unten. 1) Es soll unten gezeigt werden, dass auch bei Physiotium ein „Vorhof“ vor er Eingangsklappe des Wassersackes sich befindet. In beiden Fällen kann er allerdings auch dazu dienen, Thiere, die in ihn gelangt sind, gerade auf die Klappe hinzuleiten, indess kann ich den Thierfang dieser Lebermoose, wie schon früher hervorgehoben wurde, nur als eine mehr nebensächliche Erscheinung betrachten, 439 Lebermoosen die Regel ist — dem Substrat anliegen, lässt es bio- logisch verständlich erscheinen, dass hier so ganz besondere und auf- fallende Vorrichtungen zum Festhalten von Wasser getroffen sind. Thiere (darunter Nematoden, kleine Kruster ete. — wie bei Physiotium offenbar Wasserthiere) traf ich in den Colura-Schläuchen häufig an. Betrefls des Verhältnisses derselben zu der Pflanze und der Function der Klappen möchte ich auf das bei Physiotium unten Angeführte ver- weisen, da ich lebende Colurapflanzen bis jetzt nicht daraufhin unter- sucht habe. Die Uebereinstimmung in der Einrichtung der Klappen-Ver- schlüsse und sonstigen Eigenthümlichkeiten ist trotz morphologischer Differenzen in der Construction und der Entwickelung eine so grosse, dass die Function der Klappen sicher wohl als in beiden Fällen identisch betrachtet werden darf. 2. „Der Unterlappen liegt wie bei 1. dem Oberlappen zunächst an (ist eingeschlagen), bildet aber für sich allein den Wasserbe- hälter, er wird auf der (morphologischen) Oberseite, nicht wie bei 1. auf der Unterseite concav: Frullania und Polyotus.* Auch hier braucht auf eine Beschreibung der Gestaltungsverhältnisse nicht noch einmal eingegangen zu werden; da sich aber speciell an Frullania Zelinka’s Einwürfe gegen meine Auffassung knüpfen, so möchte ich dieselben hier kurz besprechen. Zelinka meint (a. a. OÖ. 363), „die Goebel’sche Ansicht über ihre Aufgabe der Wasserspeicherung ist der- malen durch keinen ausreichenden Beweis gestützt“. Dieser Satz beruht auf einem Missverständnis. Aus meiner Darstellung geht deutlich genug hervor, dass ich die Wassersäcke nicht als „Speicher“ betrachte. Ich habe diesen Ausdruck auch nirgends für dieselben gebraucht, sondern, wie ich meine, mit hinreichender Deutlichkeit ausgedrückt, worum es sich handelt (Studien a. a. 0. pag. 23). „Es ist ferner bekannt, dass die Vegetation epiphytischer Lebermoose nur bei direeter Benetzung vor sich geht. Je länger sie das am Stamme herabrieselnde oder sonst ihnen zukommende Wasser festzu- halten vermögen, desto länger, resp. energischer, vermögen sie zu vege- tiren.“ Dass beim „Vegetiren“ der Assimilationsprozess eine Hauptrolle spielt, braucht für den Botaniker nicht betont zu werden. Der Aus- stellung Zelinka’s gegenüber aber sei hervorgehoben, dass sich „exact“ beweisen lässt, dass Frullania in trockenem Zustand, d. h. wenn sie das ihr aussen anhaftende Wasser verloren hat, nicht merklich assimilirt, }) 1) Die betreffenden Versuche wurden auf meine Veranlassung hin von Herrn Dr. Loew ausgeführt, Es wurde Frullania in ganz trockenem (aber noch lebendem) Zustand benutzt, die sich in Luft von bestimmtem CO2-Gehalt befand. Nach 440 sie geht in einen Starrezustand über. Ebenso lässt sich zeigen, dass in den Schläuchen (den „Blattohren“), wenn sie Wasser enthalten, Assimilation stattfindet. Wenn man trockene Frullania benetzt, so füllen sich die Schläuche entweder ganz mit Wasser, oder es bleibt eine kleine oder grössere Luftblase von dem Wasser innerhalb des Schlauches umschlossen. Wenn man nun derartige, eine Luftblase einschliessende Schläuche der Beleuchtung aussetzt, so sieht man die Luftblase an Volumen bedeutend zunehmen. Sie wird grösser und grösser, bis schliesslich an der kleinen Eingangsöffnung eine Luftblase ausgestossen wird. Bringt man dagegen den Schlauch mit der ver- grösserten Luftblase in einen verfinsterten Raum, so nimmt das Vo- lumen der Blase beträchtlich ab. Es wurden zu dieser Beobachtung Blasen gewählt, die keine Thiere enthielten; solche kann man, wie ich früher schon hervorhob, an jeder Frullaniapflanze in grösserer Zahl antreffen, und zwar handelt es sich dabei um lebende, reich mit Chlorophyll versehene Schläuche, !) nicht etwa um abgestorbene, in denen die Thiere ohnedies fehlen. Die Vergrösserung der Luftblase ist nun, wie sich zeigen lässt, nicht etwa eine Folge der Temperaturerhöhung bei der Beleuchtung. Selbstvorständlich wird eine Temperaturerhöhung cine Vergrösserung der eingeschlossenen Luftblase bedingen, im vorliegenden Falle aber handelt es sich offenbar um eine Sauerstoffausscheidung beim Assinii- lationsprocess, die bei günstigen Beleuchtungsverhältnissen, wie aus Sstündiger Beleuchtung hatte sich derselbe nicht verändert, auch war das Gewicht des benützten Mooses genau gleich geblieben. 1) Sehr schöne Wassersäcke besitzt Jungermannia curyifolia, wie ich früher schon hervorhob (Studien T. a. a. O.). Ich hatte neuerdings Gelegenheit, die Pflanze lebend zu beobachten. In den zahlreichen durchmusterten Wassersäcken befand sich nicht ein einziges Thier, trotzdem waren die Pflanzen in kräftiger Vegetation begriffen. Möglich, dass an andern Standorten auch in diesen Wassersäcken Ro- tatorien sich einnisten, aber wenn das der Fall sein sollte, so wäre es doch nur eine Erscheinung von nebensächlicher Bedeutung. Zelinka macht darauf aufmerk- sam, dass bei Frullania die Rotatorien wandern, und infolge dessen die Wasser- säcke zeitweilig unbewohnt scin können. Wollte man diesen Gesichtspunkt. auf die von mir untersuchten Pflanzen von Jungerm. curvifolia anwenden, so müsste man annehmen, dass deren Inquilinen zeitweilig alle anderwärts beschäftigt waren! Vielleicht wird man auch darauf hinweisen, dass die genannte Jungermannia (die reichlich Chlorophyll besitzt) gerne auf morschem Holz wachse, und desshalb viel- leicht saprophytisch lebend die Xenien ihrer ehemaligen Inquilinen entbehren könne. Derartige Erwägungen gehören aber zunächst in das Reich der Phantasie — mir ge- nügt es, auf Thatsachen hinzuweisen, und diesen zufolge sind die Wassersäcke dieses Lebermooses heutzutage, soweit wir derzeit sehen, lediglich Wassersäcke. 441 dem Obigen hervorgeht, eine recht ausgiebige sein kann. In der freien Natur wächst Frullania meist an Standorten, die starker Be- leuchtung entzogen sind; der Assimilationsprozess wird hier also meist langsamer verlaufen, die Blattohren aber können noch assimiliren, wenn die übrigen Theile der Pflanze kein Wasser mehr zur Verfügung haben. Wenn also Zelinka (a. a. ©. Ili. 358) sagt: „Nach meinen Beobachtungen verliert sich das Wasser schon bald aus den Kappen, die Zeit zählt nur nach Stunden, nach welcher die Kappen noch Wasser enthalten, während die Pflanzen selbst schon vertrocknet sind. Was können Stunden bedeuten bei Organismen, die monatelange Trockenheit ohne Schaden vertragen, und nach dieser Zeit bei Be- feuchtung neue Sprossen (sic!) austreiben* — so wird man in diesen Sätzen wohl kaum eine hinreichende Orientirung über die Lebensvor- gänge der Pflanzen finden können. Den Pflanzen selbst wird es doch wohl von Werth sein, wenn die Auriculae einige Stunden länger assimiliren. Wenn man ein mit Wasser getränktes Stück von Sphagnum frei hinlegt, so verschwindet das Wasser auch sehr bald, und Zelinka wird es wohl auch verwunderlich finden, dass diese Pflanze, die be- kanntlich nur an feuchten Standorten wächst, capillare Hohlräume zur Wasseraufnahme besitzen soll. Unter den Botanikern wird aber doch wohl kaum einer an der Function der leeren Zellen zweifeln, in denen man übrigens nicht selten auch Inquilinen findet, Algen, kleine Thiere u. dgl. Zelinka hätte um so mehr Veranlassung gehabt, diese Fälle mit in Betracht zu ziehen, als ich auf die Analogie mit den Wasser- säcken der Lebermoose ausdrücklich hingewiesen, und den mit Sphagnum im Wesentlichen übereinstimmenden Fall von Leucobryum zum Ver- gleiche abgebildet habe. Dass sich das Wasser in den Schläuchen länger hält, als ausserhalb derselben, ist leicht festzustellen; eine Zahlenreihe hier mitzutheilen, die das „exakt“ beweist, würde sehr wenig Zweck haben. Auch sind Einrichtungen getroffen, die bei unsern Frullanien be- dingen, dass eine freie Verdunstung des Wassers nurin geringem Maasse stattfinden kann. Denn nur an einem Ende des Sackes befindet sich eine kleine ÖOeffnung, während der grössere Theil des Schlauches dadurch geschlossen ist, dass die eine Schlauchwand unter der anderen anliegt. Das verdunstende Wasser muss also zum grössten "Theil durch die Zellen der Schlauchwand gehen, und diese können die im Wasser gelösten Stoffe aufnehmen. Ganz ähnliche Einrichtungen fin- ‚den sich, wie schon aus meinen früheren Mittheilungon hervorgeht, auch an den Wassersäcken anderer Lebermoose; es sei an das über Radula pyenolejeunioides oben Mitgetheilte erinnert, und auf die 442 wunderbaren Einrichtungen bei Colura und Physiotium, wo dies Ver- hältniss in erhöhtem Maasse auftritt, hingewiesen. Dass in den Frullania-Schläuchen häufig zunächst noch eine Luftblase bleibt, — was nach Zelinka „nicht darauf hinzuweisen scheint, dass diese Ohren eine hervorragende Befähigung für den Dienst von Wassersäcken zeigen“, ist für die Function der letzteren ziemlich gleichgiltig. Denn erstens werden die Luftblasen bei längerer Befeuchtung im Wasser gelöst, zweitens aber ist die Innenwand der Schläuche, auch wenn eine Luftblase darin ist, doch vollständig mit Wasser überzogen, und kann dasselbe aufnehmen und bei der Assimi- lation u. s. w. verwenden. Was die Zelink.a’sche Sicherheitspolizei anbelangt, so muss ich meine Kritik derselben vollständig aufrecht er- halten. Speciell kann ich nur noch einmal darauf hinweisen, dass Nostoc nicht in die Schläuche einwandert; ich hatte hervorgehoben, dass diese Einwanderung überhaupt nicht in beliebige Hohlräume erfolge, sondern nur in solche, die mit Schleim erfüllt sind. Zelinka meint, ich habe dabei auf die dem „Öhre zugehörige, schleimabsondernde Drüse des Stylus auriculae* keine Rücksicht genommen. Nun, wer die Entwickelung der foliosen Lebermoose kennt, weiss, dass die schleimabsondernden Drüsen (die theils wie bei Frullania am Stylus auriculae, theils an andern Stellen vorkommen) nur functioniren, so lange die Theile noch sehr jugendlich sind. Sie liefern den Schleim, welcher das zarte Gewebe des Vegetationspunktes und der jüngsten Blattorgane schützend überzieht, wie dies auch bei tballosen Lebermoosen geschieht, selbst bei Laubmoosen scheinen solche Schleim- haare vorzukommen (z. B. bei Diphyscium). In den Blattohren ist Schleim aber noch nicht beobachtet; wie sollte auch die kleine Schleim- drüse hinreichen, das grosse Blattohr zu füllen. Zelinka sagt ferner, „Auch dürfte der Satz, dass Nostoc nur schleimerfüllte Hohlräume aufsuche, noch nicht so ganz sicher sein. Wir wissen wenigstens, dass bei Azolla, einer Gattung der Rhizocarpeen, der obere Lappen eine grosse Höhlung besitzt, welche immer mit Nostoc (Anabaena Azollae) erfüllt ist. Von einer Schleimabsonderung in dieser Höhle ist bisher noch nichts bekannt“. Thatsächlich aber findet — soweit meine Beobachtungen reichen — eine solche statt, und es bildet dieser Fall somit keine Ausnahme. Die Annahme Zelinka’s, die Rotatorien in den Blattohren von Frullania „bewahren die Wirthe ... höchst wahrscheinlich vor Ansiedelung von Schmarotzern und schädlichen Raumparasiten“, ist nach wie vor eine gänzlich ii der Luft stehende, und die Vortheile, welche die Pflanze von ihren Gästen geniessen soll, 449 sind problematische. Dass solche Vortheile vielleicht existiren, ') habe ich früher schon hervorgehoben, aber ich sehe in ihnen nur eine secun- däre Erscheinung, gegenüber den oben hervorgehobenen Vorgängen, und habe schon vor Jahren wiederholt gezeigt, dass man ganze Spross- systeme von Frullania ziehen kann, bei denen die Kappenbildung unterbleibt, wenn man sie schr feucht hält. Des Näheren auf die Ausführungen Zelinka’s einzugehen, halte ich nicht für erforderlich; hätte derselbe meine in den Buitenzorger Annalen veröffentlichten Mittheilungen nachgesehen, so würde er aus dem Oitat auf 8. 23 auch gesehen haben, dass das Vorkommen von Räderthieren in den Blattohren der Lebermoose längst bekannt ist; neu sind dagegen seine Vermuthungen betreffs der „Sicherheitspolizei* und — abgeschen von der oben angeführten Notiz von Spruce, die betreffs des Reizes, den die Räderthierchen behufs Bildung der Blattohren ausüben oder aus- geübt haben sollen, Vermuthungen, die sich denen anschliessen, welche Bececari über die Rolle der Ameisen bei der Bildung der Myrmeeodia- Knollen geäussert hat. Ganz ‘abgesehen von allem Andern sind ja auch die Blattohren, wie oben hervorgehoben, nur ein Specialfall der in den verschiedensten Formen wiederkehrenden Einrichtungen zum Festhalten von Wasser bei Lebermoosen. Wir können das Vorkommen von Thieren in den Blattohren am ehesten vergleichen mit dem der thierischen Bewohner der Blattbasen epiphytischer Bromeliaceen. Diese haben gleichfalls Einrichtungen zum Festhalten von Wasser, das sich hier theilweise offenbar recht lange hält, und in Verbindung damit haben sich hier vielfach Thiere angesiedelt, die gleichfalls eine Düngung der Pflanze bewirken können. Aber sicher ist das Vorkommen der Thierwelt auch hier ein secundäres; in erster Linie sind die Blatt- basen Aufnahme-Organe für Wasser; möglich ist es, dass bei manchen Arten die Düngung durch ihre Inquilinen eine grössere Rolle spielt; in Venezuela sah ich eine kleine Tillandsia-Art (T. biflora) nicht selten auf Telegraphendrähten angesiedelt; bei ihr mag vielleicht die erwähnte Düngung eine Rolle spielen, die aber noch näher zu untersuchen wäre. Vergleicht man einen Frullania-Wassersack im trockenen und im befeuchteten Zustand, so zeigt sich eine bedeutende Verschiedenheit; es findet beim Befeuchten eine beträchtliche Volumenvergrösserung statt, die offenbar durch die Quellung der Zellmembranen veranlasst wird. Man könnte vermuthen (vgl. auch unten bei Physiotium) diese 1) Es ist wahrscheinlich, dass die Pflanze aus den Excrementen der Rota- torien Stoffe aufnimmt, ebenso wie auch sonst in den Moosrasen die zahlreichen darin lebenden Thiere zur Düngung derselben beitragen werden. 444 Volumvergrösserung stehe mit der Füllung der Säcke im Zusammen- hang, indem bei derselben eine luftverdünnung und somit eine Saugung stattfinde. Indess erfolgte die Füllung auch im Vacuum, so dass dieselbe nieht durch eine Druckdifferenz der Luft veranlasst sein kann. 3. Als dritte Kategorie der Wassersäcke können wir diejenige bezeichnen, welche durch die Becherform charakterisirt ist. Ein Fig. 8. Frullamia cormigera Mitt. B Fertiges Blatt mit zwei ohrenförmig ge- krünmten Wassersicken ; C die beiden Wassersäcke auf einem mittleren Ent- wickelungsstadium, auf welchem sie noch beeherförnig sind; D Anlage derselben und die Vorderwand des Bechers, welche durch einen Auswuchs der Blattfläche gebildet wird. (Aus „Pflanzenbiol. Schilderungen“ 1). auffallendes Beispiel hiefür habe ich früher (Schilderungen I. 8. 182), das als „Frullania cornigera“ !) bezeichnete Moos, des Näheren be- schrieben. Ich möchte hier an der Hand der Abbildung (Fig. 8) nur daran erinnern, dass die Becherbildung bei dieser im System nieder stehenden Pflanze in ganz ähnlicher Weise erfolgt wie bei den Schlauchblättern von Sarracenia, Nepenthes?) etc. Die Becher- form wird dadurch erzielt, dass das Blatt, resp. der Blatttheil, auf seiner Oberseite concav vertieft wird, und auf derselben gegen die Basis hin ein Auswuchs entsteht, der dann den unteren Theil, den Becherrand, bildet, ähnlich, wie dies auch bei der Bildung schild- förmiger Blätter der Fall ist. 1) Es wurde a. a, O, darauf hingewiesen, dass die Zugehörigkeit zu Frullania mir zweifelhaft erscheint, 2) Vgl. Pflanzenbiologische Schilderungen II. Ba. 445 In diese Kategorie gehören nun auch, wie die entwickelungsge- schichtliche Untersuchung erwiesen hat, die merkwürdigen Wassersäcke der Gattung Physiotium. „Inter omnes hepaticas europaeas longe princeps“ nennt Lind be erg) die einzige europäische Art der Gattung Physiotium, und jedenfalls ist diese in ınehr als einer Hinsicht eine der interessantesten der viel- gestaltigen Gruppe, welcher sie angehört. Ich hatte wiederholt Gelegenheit, auf dieselbe einzugehen. ?2) Wenn ich hier darauf zurück- komme, so geschieht es, um die früheren Angaben zu ergänzen. Es war dies möglich durch Verfolgung der Entwickelungsgeschichte an Alkoholmaterial und dureh Beobachtung lebender Pflanzen. Bekanntlich ist Physiotium in Europa durch eine Art, Ph. cochleariforme, vertreten, Sie findet sich in Irland, im Norden Schott- lands und im südlichen Norwegen, stimmt also in ihrer Verbreitung überein mit den in Europa vorkommenden Hymenophyllum-Arten, nur ist das Areal ein beschränkteres als bei diesen letzteren. In der That fand ich auch die genannte Physiotium-Art am Fafjord zusam- men mit Hymenopbyllum Wilsoni wachsend. Die Physiotien der Tropen gehören der kühlen, feuchten Berg- region an, wie dies aus der früher angeführten Angabe von Burchell (Studien p. 33) hervorgeht. Sie leben meist als Epiphyten, Ph. cochleariforme fand ich ausschliesslich als Erdbewohner an Felsen, zwischen andern Moosen. Auch diese Art aber ist auf feuchte Orte angewiesen. Ihr klassischer Standort in Norwegen ist bei Fossan, ?) in der Nähe des Eingangs zum Lysefjord. Sie wächst dort auf einem kleinen Berge hinter der schönen Moräne, (die schon schr früh als solche erkannt wurde) und zwar in grosser Menge. Indess findet sie sich nur auf der feuchten Nord- und Westseite des Berges, vielfach zusammen mit Sphagnum. Auf der viel trockeneren Süd- und Öst- seite fehlt das letztere und ebenso auch Physiotium, am üppigsten gedeiht das letztere da, wo Felsen oder enge Schluchten einen Schutz gegen Trockenheit geben. Es findet sich nicht in diehten Rasen (so 1) De planta mascula Pleuroziae purpureae Revue bryologique 1887, p. 17. 2) Vgl. Morpholog. und biolog. Studien in Annales du jardin bot. de Buiten- zorg VII, pag. 82--38; Pflanzenbiologische Schilderungen I. Auf Jack’s treff- liche Monographie habe ich in den „Studien“ hingewiesen. 3) Herr Professor Blytt hatte die Güte, mir von dem norwegischen Hepatico- logen B. Kaarlaas genaue Angaben über diesen Standort zu übermitteln. Man erkennt Physiotium auf demselben sofort an Färbung und Grösse. 446 dass die einzelnen Stämmehen einander berühren würden), sondern die Stämmehen stehen mehr einzeln, wenn auch in grösserer Anzahl. Es ist dies, wie ich meine, für die -Beur- theilung der Leistungen der eigenthüm- liehen Schläuche nicht unwichtig. Denn in einem dicht gedrängten Moosrasen wird Wasser auch zwischen den einzelnen Stämm- chen kapillar festgehalten ; dies ist bei Phy- siotium cochleariforme nicht der Fall. Ausserdem sei noch besonders hervorge- hoben, dass ich bei Ph. cochleariforme keine Spur von Haarwurzeln fand, wie sie sonst den Lebermoosen zukommen. Da- gegen ist dasselbe ausgerüstet mit „Woas- sersäcken“ sehr eigenartigen Baues. Ein Blick auf die Figuren 5—8 Tafel VII—IX zeigt, dass die Wassersäcke in zwei Reihen auf der Unterseite des Stämmchens stehen, Fig. 9. Querschnitt durch die jeder Wassersack ist der untere Theil Stammknospe von Physiotium eines Blattes. Es gehen hier, wie unten giganteum, Yvorgr. Bei den: gezeigt werden soll, im Gegensatz gegen zweit- und dJrittjüngsten Was- .: : sersack ist die Eingangsöffnung alle anderen bis jetzt untersuchten foliosen getroffen. Lebermoose am Stämmchen nur zwei Reihen seitlicher Segmente aus der Spross- scheitelzelle hervor, und denigemäss finden sich auch nur zwei Blatt- reihen. Die Anordnung der Theile wird aus der Textfigur 9 ersichtlich sein, welche einen Querschnitt durch eine Sprossspitze darstellt. Die Wassersäcke sind mit Ausnahme der eigenthümlichen Eingangsöffnung ganz geschlossen. Sie haben aufihrer Oberseite eine, bei den verschiedenen Arten verschieden geformte Einstülpung (welche auf Taf. VIIL/IX Fig. 5 u. 7 durchschimmert), am unteren Ende derselben befindet sich die Ein- gangsöffnung. Wie a. a. O. schon geschildert wurde, besteht dieselbe aus einer Klappe, welche an ihrer Einfügungsstelle ein Charnier hat. Sie liegt einer concaven starren Zellfläche auf, so dass die Eingangs- öffnung einigermaassen mit zwei aufeinanderliegenden Muschelschalen verglichen werden kann, von denen aber die eine, die Klappe, flach ist (vergl. die Abbildung einer Flächenansicht der Klappe Fig. 11). Die frühere Angabe über die Klappe ist nun hier in doppelter Be- ziehung zu ergänzen. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Zellen der 44% Klappe todt und leer sind, es konnte kein Plasmainhalt in denselben mehr nachgewiesen werden. Die Aussenwände sind sehr zart (auch Fig. 10. Physiotium gigantenm, T Blatt mit Wasser- Fig. 11. Klappe von Physiotium sack flach ausgebreitet, vergr. 7] die Eingangsöffnung giganteum, stark vergr. Oben von unten gesehen, € Widerlager. d Klappe stärker das Gelenk, (Aus Pflanzenbiol. vergrössert als I. (Aus Pflanzenbiol. Schilderungen I.) Schild. I.) die Randzellen der Klappe) und die Klappe hat die, für die Function der Schläuche wichtige Eigenschaft, dass sie bei Wasserentziehung (sei es dureh Austrocknen, oder durch wasserentziehende Mittel, z. B. Glycerin) so zusammenschrumpft, dass der Eingang in das Innere des Sackes nun nicht mehr verschlossen ist. Dies kann in der Natur natürlich erst dann erfolgen, wenn das Wasser aus dem Sack ver- schwunden ist; es wird sofort zu erwähnen sein, dass gewöhnlich die Säcke mit Wasser gefüllt sind. Alle anderen Zellen der Wassersäcke sind lebend und chlorophylihaltig, nur die Klappen bestellen aus todtem Gewebe. Bei Wasserzusatz nehmen sie durch die Quellung der Zellhäute ihre ursprüngliehe Form wieder an, d. h. sie werden so gross, dass sie wieder auf ihr Widerlager passen und somit den Schlaucheingang verschliessen. Was das Gelenke der Klappe anbetrifft, so kommt es zu Stande durch die abweichende Gestalt der an der Gelenkstelle liegenden 7ellen. Einmal nämlich befinden sich hier Zellen, die quer zur Längsachse der Klappe gestreckt und weniger verdickt sind, als die übrigen Klappenzellen, und dann sind die Zellen an der Gelenkstelle, wie der in Fig. 17 Taf. VIH—IX abgebildete Längsschnitt durch dieselbe zeigt, auch weniger hoch als die anderen. Diese beiden Faetoren wirken zusammen, um die leichte Beweglichkeit der Klappe herzustellen, Flora 1893, 30 448 Es fragt sich nun, was die Säcke im Leben der Pflanze enthalten. Die Untersuchung zahlreicher lebender Pflanzen zeigte, dass Wasser darin ist, ausserdem gewöhnlich eine oder zwei Tuftblasen. Es ist ferner leicht festzustellen, dass das in den Schläuchen festgehaltene Wasser nur sehr langsam aus denselben entweicht, selbst wenn man Physiotium-Sprosse in sehr trockene Zimmerluft frei mit den Säcken nach oben legt, dauert es bei 15° über eme Stunde, bis das Wasser aus den Säcken verschwunden ist. Namentlich aber ist zu beachten, dass das Wasser, welches verdunstet — mit Ausnahme eines kleinen Bruchttheiles —, durch die Zellen der Schlauehwand hindurch wandern muss, Denn das Innere des Schlauches ist durch den Deckel abge- schlossen. Ferner befindet sich vor der Eingangsmündung die oben erwähnte Einstülpung. Diese hält Wasser, wie man sich leicht über- zeugen kann, kapillar fest. Es wird dies bei Ph. giganteum um so mehr der Fall sein, als die Mündung der Einsenkung nach aussen verengert ist, so dass Wasser nicht leicht aus derselben entweichen wird. Welchen Werth, wenn der Ausdruck gestattet ist, die Natur auf diese Construction legt, geht daraus hervor, dass bei Ph. conchaefolium vom Rande der Einsenkung aus eine Zellfläche manschetten- förmig in dieselbe hineinwächst, so dass hier nur auf andere Weise dieselbe Wirkung er- zielt wird. Dieser äussere Raum aber ist nicht nur durch seine Lage anf der Unter- seite, sondern auch dureh die Anordnung der fig. 12. Physiotium eonchae- Blätter vor rascher Wasserverdunstung ge- folium, Blattquerschnitt an schützt. Die in dem Wasser gelösten Stoffe der Einstülpungsstelle, vergr. also werden jedenfalls der Pflanze zu gute “ kommen, und sie ist ja, da sie keine Haar- wurzeln besitzt, ausschliesslich auf die Wasseraufnahme von aussen angewiesen, ebenso wie ein Sphagnum, das — von den Jugendstadien abgesehen — gleichfalls ohne „Rhizoiden“ ist!) und das Wasser und die darin gelösten Stoffe durch die bekannten durchlöcherten Zellen aufnimmt und festhält. 1) Wenn diese auch bei den anderen Moosen wohl hauptsächlich Haft- organe sind, 50 ist eine Nährstoffaufnahme aus dem Substrat doch zum mindesten sehr wahrscheinlich, bei Marchantia z. B. aber sicher; dementsprechend ist hier auch die Zahl der „Rhizoiden“ eine sehr grosse; eine Wasseraufnahme durch die Fläche des Thallus dürfte bei Marchantia nicht oder doch nur in ganz beschränktem Maasse vorkommen. 449 Ein Wassersack von Physiotium, der noch Wasser enthält, kann selbst wenn der Inhalt zum grösstentheil dureh eine Luftblase aus- gefüllt ist, kein Wasser aufnehmen. Offenbar verhindert die Klappe den Eintritt. Ist der Sack aber ausgetrocknet, so erfolgt die Füllung sehr rasch — die Klappe ist dann geöffnet, auch bei todten Exem- plaren. Die Blätter, welche sich beim Austrocknen noch mehr concav nach unten krümmen, als sie dies schon im frischen Zustand sind, breiten sich wieder aus, sie sind, ebenso wie die Säcke, für Wasser leicht benetzbar, sie quellen auf und nehmen ihre ursprüngliche Lage wieder ein. Dass das Wasser sehr leicht bis zu den Eingangsöffnungen gelangen kann, ist leicht verständlich, da ja capillare Gänge auf die- selbe zuführen. Ausgetrocknete Physiotien fanden sich auch an einigen Stellen des oben erwähnten Standorts, so dass also anzunehmen ist, dass eine Austrocknung und somit eine Leerung der Säcke in der trockenen Zeit gelegentlich eintreten wird. Vergleicht man ein Stück der Fläche eines Wassersackes im trockenen und im befeuchteten Zustand, so sieht man, dass bei der Benetzung eine Vergrösserung der Fläche stattfindet. Die Zellmem- branen schrumpfen beim Austrockenen, und zwar trifft dies hauptsächlich die charakteristischen Wandverdickungen. Von diesen treten in der Flächenansicht die Verdickungen der Seitenwände hervor, welche, wie früher bemerkt, ein ähnliches Bild wie ein Querschnitt durch Collenchym darbieten. Man überzeugt sich leicht, dass diese Verdiekungen bei Wasserverlust schrumpfen, bei Wasserzusatz quellen; ähnlich dürfte es auch mit den Verdickungen der Aussenwände sein.) Es schien, da bei Befeuchtung eine Vergrösserung des Sackes stattfindet, und so in demselben zunächst eine Luftverdünnung entsteht, nicht unwahr- scheinlich, dass das Wasser in den Sack durch den Atmosphärendruck hineingepresst werde, und so eine rasche Füllung desselben zu Stande komme. Indess ergaben auch hier wie bei Frullania Versuche ?), dass eine Füllung auch im Vacuum stattfindet, so dass also die oben angeführte Annahme zur Erklärung des Füllungsvorganges nicht er- forderlich erscheint. 1) Dieselbe Eigenschaft dürfte die Zellmembran wohl auch bei andern foliosen Lebermoosen haben, 2) Es wurde zu denselben eine mit den nöthigen Vorrichtungen versehene, mit einer Wasserstrahl-Luftpumpe in Verbindung stehende Glaskammer benützt, welche die Beobachtung unter dem Mikroskop und die Regulirung des Wasser- zutritts ermöglichte. 30* 450 Wenn ein mit Wasser gefüllter, in demselben eine Luftblase umschliessender Wassersack in verdünnte Luft gebraeht wird, so lässt sich durch die Ausdehnung der eingeschlossenen Luftblase Wasser aus demselben zu der Oeffnung herauspressen, ohne dass der Sack verletzt wird (indess kann natürlich auch ein Zerreissen der Sack- wand eintreten). Wahrscheinlich beruht dies darauf, dass durch den auf die Einstülpung der Sack-Oberseite ausgeübten Druck der Klappen- apparat geöffnet: wird, so dass Wasser dann leicht austreten kann; wird aber Atmosphärendruck wieder hergestellt, so wird wieder Wasser von aussen hineingepresst.!) Es ist dies biologisch vielleicht nicht ganz ohne Interesse, insofern es denkbar ist, dass — ähnlich wie dies oben für Frullania nachgewiesen wurde — bei lebhafte: Assimilation sich die ‚eingeschlossene Luftblase mehr und mehr vergrössert; sie kann dies nach dem soeben Angeführten, ohne dass eine Zerreissung eintritt. Schon früher wurde nun darauf hingewiesen, dass der Klappen- apparat von Physiotium sehr erinnere an den von Utrieularia, und es fragt sich desshalb, wie es sich mit den kleinen Thieren verhält, welche man gelegentlich in den Wassersäcken findet. Die Untersuchung lebender Pflanzen führte mich zu dem Eır- gebniss, dass kein Grund vorliegt, Physiotium den Insektivoren anzu- reihen; aus dem Vorhandensein eines „Fangapparates“ darf dies noch ebensowenig geschlossen werden, als dies etwa für viele mit Kleb- drüsen versehenen Pflanzen, welche oft sehr viele Insekten fangen, zulässig ist. Ausserdem wurde früher?) darauf hingewiesen, dass die „Insektivorie* nicht vereinzelt, sondern in ganz bestimmten Familien auftritt, denn auch Cephalotus schliesst sich, wie a. a. O. gezeigt wurde, offenbar den Sarracenieen an, und nimmt nicht, wie seither angenommen wurde, eine vereinzelte Stellung in einem anderen Ver- wandtschaftskreise (z. B. Saxifrageen) ein. Unter den Lebermoosen aber würden Physiotium und die sich ganz ähnlich verhaltende Gattung Colura als „Insektivoren“ ganz allein stehen.®) Ferner besitzen die wirklichen Insektivoren alle ° °D Man kann sich davon überzeugen, wenn man dem Wasser fein zerriebene Kohlentheilchen zusetzt; solche finden sich dann nachher im Innern des Sackes, 2) Pflanzenbiolog. Schilderungen II, 2. 3) Ich möchte hier an das 1887 (Morpholog. und biolog. Studien I Annales du jardin botanique de Buitenzorg vol. VII pag. 42) über den Inhalt der Schläuche von Colura calyptrifolia (welcher nur an getrockneten Pflanzen untersucht werden konnte) Gesagte erinnern: „Sehr häufig findet man in den Schläuchen Inhalts- körper, namentlich Thiere, Unter diesen fielen besonders auf kleine, mit Anguillula 451 Anlockungsmittel;!) bei den genannten Lebermoosen könnte man als solche höchstens zweierlei in’s Feld führen. Nämlich emerseits das Vorhandensein von schleimabsondernden Haaren, andererseits für Physiotium die lebhafte, von der grünen abweichende Färbung. Was den ersten Punkt anbelangt, so functioniren die Schleim- haare auch hier nur in der ersten Jugend des Blattes, und ihre Be- deutung ist offenbar dieselbe wie die der auch sonst am Vegetations- punkt der Lebermoose so verbreiteten Schleimhaare, deren Produkt die zarten Gewebe der Sprossspitze schützt; man wird sie als An- lockungsmittel wohl nicht betrachten können. Die Färbung von Physiotium — sie ist bei den auch als Pleurozia purpurea bezeichneten Ph. cochleariforme meist mehr eine gelbbraune als eine purpurne — hängt offenbar mit anderen Factoren zusammen; beschattet wachsende Sprosse sind oft rein grün. Ganz abgesehen von diesen Erwägungen, zeigt nun die Untersuchung, dass in den Schläuchen sich kleine Thiere zwar öfters finden, aber doch sehr viel seltener, als man erwarten ınüsste, wenn die Pflanze insektivor wäre. In manchen Exemplaren finden sich in den Schläuchen überhaupt keine Thiere, andere — wie es scheint solche, die an Stellen wachsen, wo Wasser heruntertrieft — haben sie mehr oder minder reichlich. Es fanden sich eine Tardigrade, der Maerobiotus Hufelandi, Anguillulen, Crustaceen, häufig namentlich Oxyurus, eine kleine Nematode, von ÜCrustaceen Cantocamptus und sodann eine mir nicht bekannte Larvenform,. Alle diese Thiere sind Wasserthiere. Bei Ph. conchaefolium, die sehr grosse, stattliche Wassersäcke hat, traf ich gar keine Thiere an. Eigentlich aber ist es viel mehr zu verwundern, wenn keine Thiere angetroffen werden, als wenn dies der Fall ist. Denn jeder Moosrasen beherbergt eine nicht unbeträchtliche Fauna kleiner Thiere, und es wäre zu verwundern, wenn diese nicht in die Wassersäcke hineingerathen würden. Sie können, wie früher hervorgehoben wurde, aus denselben nicht mehr jedenfalls nahe verwandte Nematoden; ob andere röthliche Klumpen als einge. trocknete Rotatorien zu betrachten sind, wage ich bei der Beschaffenheit derselben nicht mit Sicherheit zu behaupten, Auch Algen fand ich in den Säcken gar nicht selten, namentlich war zuweilen die eng ausgezogene Schlauchspitze ganz vollge- pfropft damit. Kann man bei diesen allenfalls noch an ein Eindringen durch Schwärmsporen denken — — —, so ist dies ausgeschlossen für gelegentlich vor- kommende anorganische Körper, und einen Fall, in welchem ich ein Pinus-Pollen- korn in einem mit unversehrter Klappe versehenen Sack antraf, Dass diese Körper in den Sack hineingeschwemmt waren, kann natürlich keinem Zweifel unterliegen.* 1) Vergl. die Darstellung in Pfanzenbiolog. Schilderungen, I. 452 entrinnen, wenn es nicht etwa Formen sind, welche die ziemlich dicke Schlauchwand zu durchfressen, oder, wie noch unwahrscheinlicher ist, die Klappe zu öffnen vermögen. Allerdings können sie entkommen, wenn das Wasser im Schlauch verbraucht ist, da dann, wie oben gezeigt, die Klappe zusammenschrumpft. Aber die Thiere, um die es sich handelt, sind, wie erwähnt, Wasserbewohner, und werden desshalb beim Austrocknen entweder zu Grunde oder (nach Art der Rotatorien) in einen Ruhezustand übergehen. Dass es sich wirklich um Wassserbewohner handelt, zeigt auch. die Thatsache, dass ich dieselben in dem im Sack enthaltenen Wasser vielfach in lebhafter Bewegung antraf; eine Oxyurus wurde über eine Woche in einem Wassersack lebend beobachtet, und hat in demselben wahr- scheinlich noch länger gelebt. Auch todte Thiere wurden indess in frisch gesammelten Physiotien einigemal beobachtet; ob sie in den Säcken verhungert oder sonstwie umgekommen waren, muss dahin- gestellt bleiben. Wenn ein Thier einmal in die Einsenkung des Schlauchs oberseits gelangt ist, wird es in derselben sehr bald an die Klappe gelangen, und durch dieselbe in den Schlauch. Dass aus der zersetzten Körpersubstanz lösliche Bestandtheile von den Säcken aufgenommen werden, ist wahrscheinlich, aber offenbar spielt dieser Vorgang doch nur eine so untergeordnete Rolle, dass wir die ge- nannten Lebermoose als Insektivoren nicht bezeichnen können, während nachgewiesen wurde, dass die „auriculae“ in der That Wasser aufnehmen und festhalten und so im Haushalt der Pflanze eine wichtige Rolle spielen. Namentlich möchte ich hiebei nochmals an Sphagnum erinnern; das, wie oben erwähnt, in Norwegen an demselben Standorte wächst, wie Physiotium cochleariforme. Auch Sphagnum ist bekanntlich ein wurzelloses Moos und ausschliesslich auf das in den capillaren THohl- räumen festgehaltene Wasser angewiesen, die assimilirenden Zellen spcciell auf das in den todten, durchlöcherten enthaltene. Niemand wird aber behaupten wollen, dass die in diesem Wasser gelösten Stoffe nicht zur Ernährung des Mooses genügen. Ebenso ist Physiotium bezüglich seiner Existenz nicht auf die Erträgnisse seines Thierfanges angewiesen, wenngleich dieselben möglicherweise ihm gelegentlich Stoffe, die zur Ernährung verwendet werden können, zuführen mögen. Wegen Mangel an geeignetem Material konnte in meinen früheren Untersuchungen auf die Entwiekelungsgeschichte nicht eingegangen werden. Jetzt stand mir ausser Ph. cochleariforme auch Alkohol- material von Ph. giganteum und Ph. conchaefolium zur Verfügung. Ich 453 verdanke dasselbe Herrn Dr. Karsten, welcher diese Formen in Salhoetoe Wai auf Amboina im Oktober 1889 mit Sporogonien sammelte- In Betreff der äusseren Ausbildung der Wassersäcke sei auf die Figuren 5—8, sowie 10 auf Taf. VIII/IX verwiesen. Die Entwickelung derselben erfolgt bei den drei untersuchten Arten im Wesentlichen ganz gleichartig. Zunächst ergab sich eine, bisher bei keinem anderen foliosen Lebermoose bekannte Eigen- thümlichkeit des Scheitelwachsthums. Es ist hier nämlich nicht wie sonst allgemein eine „dreiseitig pyramidale* Scheitelzelle vorhanden, sondern eine zweischneidige (vergl. Fig. 13), die nur Fig. 13. Querschnitt durch zwei Reihen lateraler Segmente abgliedert. Die den Stammscheitel von ventralen, und damit jede Spur von Amphigastrien Fy“otium conchaefolium. fehlen vollständig. Die Form der Scheitelzelle ist also bei den foliosen Lebermoosen ebensowenig eine durchgehends gleiche, wie z. B. bei den Farnen, die Differenz ist aber hier auffallender als bei den letztgenannten Pflanzen, weil die Beziehungen der Segmentirung zur Bildung der Anhangsorgane bei den Lebermoosen engere sind, als bei den Farnen. Was die Bildung der Schläuche anbelangt, so ist zunächst auf- fallend, dass dieselbe ausserordentlich früh erfolgt, noch ehe ein Auswachsen des Segmentes ur Blattfläche eintritt. Zunächst wird — wie gewöhnlich jedes Segment — durch eine Medianwand getheilt, in zwei Hälften, von denen nach Analogie mit den übrigen foliosen Lebermoosen eine den Ausgangspunkt des Ober- die andere die des Unterlappens darstellt. Der letztere sollte nach der Annahme von Nees von Esenbeck!) die „auricula“ liefern, indem er mit den Rändern nach innen umgerollt sei und dadurch hohl erscheine, eine Vorstellung, deren Nichtzutreffen, was den letzten Punkt betrifft, schon aus den Gestaltungsverhältnissen des fertigen Wassersackes hervorgeht. Die untere Segmenthälfte wird nicht ganz zur Schlauchbildung ver- wandt; es geht aus derselben auch ein Theil der Blattfläche hervor, welcher gemeinsam mit dem aus dem oberen Segmenttheil hervor- gehenden Blattlappen wachsend die Verbindung des letzteren mit dem Schlauche herstellt. Man erkennt denselben am jungen Blatte deutlich als gesonderten, ebenso wie der Oberlappen an der Spitze mit einer 1) Naturgeschichte der europäischen Lebermoose III, pag. 76. 454 Papille versehenen Lappen. Die Reihenfolge, in welcher die weiteren ‚zur Bildung des Schlauches führenden Theilungswände auftreten, scheint keine ganz constante zu sein. Es mag an Fig. 14 angeknüpft sein, die eine halbschematische Ober- ansicht einer Scheitelzelle und zweier Segmente darstellt. Das erste Segment ist getheilt durch die Medianwand ], welche Ober- und Unterlappen-An- lage von einander trennt. Nun wächst die untere Segmenthälfte zu- nächst stärker als die obere, und ces tritt in ihr die Wand 2 auf, die, wie der Längschnitt durch eine junge Schlauchanlage zeigt, sich unter der Fig. 14. Querschnitt der Stammspitze Aussenwand des Segmentes ansetzt. von Physiotium conchaefolium, stark Die Wand II ) schneidet eine Zelle M vergr. S Scheitelzelle, O0 Oberlappen, , . M Mittellappen der Blätter, ab, die nicht zur Schlauchanlage, sondern zu einem Blattlappen wird. Die Oberansicht eines Scheitels Fig. 12 auf Taf. VIIL/IX zeigt ein zweit- jüngstes Segment; eine Schlauchanlage, die aus drei Zellen bestcht: zwei, die bereits so hervorgewölbt sind, dass sie eine kleine Nische umschliessen, und eine dritte kleine, vor ihnen liegende. Diese drei Zellen bilden die junge Schlauchanlage, deren Mündung jetzt noch am freien Boden liegt. Es möge damit die ein etwas älteres Stadium darstellende Seitenansicht Fig. 13 auf Tafel VIII/IX verglichen werden. Die ganze Bildung lässt sich zurückführen auf denselben Vorgang, der früher ?) für Frullania cornigera beschrieben wurde. Dort entsteht aus einem Blattlappen ein zunächst becher- Fig. 15. Längsschnitt on Gebe, und har ch ve auf der durch einen jungen prung hervorwächst, der die eine Wassersack von Phys. Aussenwand des Bechers bildet, während die übrige eonchaefolium, Blattläche den Rest der Wand liefert. Auch der Wassersack von Physiotium ist nach demselben Plane gebaut. Aber der obere Theil desselben krümmt sich schon ausserordentlich früh (schon auf dem jüngsten Stadium) so ein, dass die Mündung nach unten zu liegen 1} Dieselbe scheint auch vor 2 auftreten zu können. 2) Schilderungen I p. 182, vergl. oben pag. 444 Fig. 8. 455 kommt, indem die hintere Wand stärker wächst, als die vordere. Diese letztere wird angelegt durch das Emporwachsen der kleinen, durch die Wand II abgeschnittenen Zelle, sie ist in der in Fig. 14 Taf. VIII/IX dargestellten Vorderansicht eines Schlauches noch sehr niedrig. Ein zweiter Vorgang bestcht darin, dass an der Grenze zwischen Blatt- fläche und Schlauch eine Lamelle hervorwächst, die sich an der Schlauchbildung betheiligt, wie dies schon früher von mir postulirt wurde. Dieses steht von vornherein in Verbindung mit dem Lappen M und wächst mit demselben empor; es könnte ohne dieselbe nicht die charakteristische Gestalt des Schlauches zu Stande kommen. Es werden die Figuren vielleicht einige Anschauung der verwickelten, schwer zu schildernden Wachsthumsverhältnisse des Schlauches geben; auf die Zelltheilungen im Einzelnen möchte ich nicht näher eingehen. An seiner, seitlich unten liegende Mündung findet bald die An- lage der Vertiefung und des Klappenapparates statt. Es bildet sich eine Einstülpung (Fig. 15, 16), von der aus jederseits ein Vorsprung in das Innere hineinwächst: die Klappe und ihr Widerlager. Beide unterscheiden sich früh schon durch ihre: charakteristische Zellen- anordnung (vergl. Fig. 15 und 16 auf Taf. VIIL/IX). Die junge Klappe wächst mit einer „zweischneidigen“ Scheitelzelle (ganz wie die von Colura, vergl. darüber die Angaben und Zeichnungen in Annales du jard. bot. de Buitenzorg IX, pag. 26ff). Dies Widerlager der Klappe dagegen zeigt an ihrem vorderen Ende mehrere grosse Rand- zellen (vergl. Text-Figur 16 und Fig. 6) auf Taf. VIIL/IX. Was die Ausbildung des ganzen Blattes anbelangt, so geht sie in ausgesprochen basipetaler Richtung vor sich; an der Spitze treten die charakteristischen Wandverdiekungen zuerst auf, während an der Basis noch Zell- theilungen vor sich gehen. — Auf die eigenthümliche Beschaffenheit der Wandverdickungen !) soll hier nicht näher eingegangen werden, erwähnt sei nur, dass die Verdickung der Aussen- und der Innenwand der Blattzellen nicht gleichmässig stattfindet, sondern dass zuerst ein- zelne nach innen convex gewölbte Verdickungsmassen auftreten, erst später wird dann die Verdickung eine gleichmässigere. Auf die sonstigen Formveränderungen bei der Schlauchentwicke- lung hinzuweisen, ist wohl kaum erforderlich. Dass bei Ph. conchaefolium vom Rande der Einstülpung aus eine kragenförmige Zellfläche in dieselbe hineinwächst, wurde oben schon erwähnt. — Von grossem Interesse würde es sein, wenn die Bildung der einfachen „aurieulac*“, 1) Charakteristisch ist die intensive Gelbfärbung mit Kalilauge, vgl. Rugße, Flora 1893, p. 801. 456 wie sie bei Ph. acinosum und Ph. subinflatum neben solchen, die dem oben beschriebenen Typus folgen, vorkommen, entwickelungsge- schichtlich verfolgt werden könnte. Bei Phys. mierocarpum kommen ausschliesslich ganz einfach gestaltete Blattohren vor in Gestalt kahnförmiger Gebilde mit eingeschlagenen Blatträndern (vgl, Studien 1 und die daselbst angeführte Abhandlung von Jack.) Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass — wie schon . früher von mir hervorgehoben Physiotium conchaefolium, Entwiekelung des e . , . a wurde — solche Formen, wie Klappenwiderlagers (von der Fläche gesehen); _, . _ 7 links sehr jung, rechts älter, vergr. die in den Annales VII Pl. IV Fig. 27 abgebildete, als ein- fache llemmungsbildung aus einer gewöhnlichen Schlauchanlage hervorgegangen sein wird. Denken wir uns eine Schlauchanlage, wie die in Fig. 14 auf Tafel VIH/IX abgebildete, wachse in allen ihren Theilen ziemlich gleichmässig heran, die Oeffnung werde also ebenfalls eine schr grosse, Einstülpuug und Klappenapparat bilde sich nicht, so muss offenbar die äusserlich sehr abweichende, a. a. O. für Phys. mierocarpum abgebildete Form zu Stande kommen — ein neues . Fig. 17. Physiotium microearpum, Blattquersehnitte in vorschiedener Höhe geführt, 1 am höchsten, 3 am tiefsten, nur ganz unten ist der Sack geschlossen. Vergr. Fig. 16. Beispiel für den in der Entwickelungsgeschichte der Pflanzen so wichtigen Satz, dass aus ein und derselben Anlage durch verschiedene Wachsthumsvertheilung äusserlich sehr verschieden aussehende Gebilde hervorgehen können. Diese Anschauung konnte ich nun auch ent- ’ 457 wiekelungsgeschichtlich bestätigen an Material, das ich der Freund- lichkeit des Ilerın Jack verdanke. Zunächst sei auf den Querschnitt, Fig. 17 verwiesen. Der durch den untersten Theil der auricula ge- führte Schnitt zeigt, das hier freilich nur auf eine sehr kurze Strecke die Beeherform sich findet. Dieser Theil bleibt aber sehr nieder und weiter oben hat der Schlauch, wie der Schnitt Fig. 17 zeigt, eine weite Oeffnung, wie wir sie bei den Schläuchen von Phys. giganteum u. a. nur im Jugendstadium finden. (Vergl. den Querschnitt durch den zweitjüngsten Schlauch in Fig. 17.) Die Verfolgung der Entwickelungsgeschichte ergab eine durchgängige Uebereinstimmung mit dem für die anderen Arten oben Geschilderten, nur dass die Becher- bildung verzögert auftritt. Wie es sich mit dem a. a. O. Pl. IV Fig. 32 abgebildeten Phys. articulatum verhält, muss einstweilen dahin gestellt bleiben, insofern als aus dem fertigen Zustand zunächst nicht zu er- sehen ist, ob auch hier vielleicht die Anlage dieselbe ist, wie sie oben beschrieben wurde, oder ob sie einfacher gestaltet ist dadurch, dass die Becherbildung unterbleibt und nur an der Grenze zwischen „auricula“ und Blattfläche eine Lamelle hervorsprosst; im ersteren Falle müssten die beiden a. a. OÖ. Pl. IV Fig. 32 mit b bezeichneten Lamellen unten noch zusammenhängen, wenn auch nur durch einen ganz kurzen Saum; es würde in diesem Falle die Anlage der Aurieulae durchaus eine gleichartige sein, so verschieden auch die fertigen Zu- stände sich darstellen. Es wurde oben gezeigt, dass die Wasser- säcke der Physiotien, so gross sie auch sind, doch nur aus einem Theile des Blattunterlappens hervorgehen, während der andere Theil noch an der Bildung der Blattfläche theilnimmt. Es fragt sich nun, wie die Blätter der Sexualsprosse sich verhalten, bei denen eine Umbildung des (#) unteren Theiles des Blattunterlappens natürlich nicht eintritt. Von der einzigen europäischen Physiotium- Fig. 18. Physiotium coch- art, dem Jh. cochleariforme, sind Sporogonien leariforme, Querschnitt nicht bekannt; auch ich konnte weder solche urch einen Antheridien- noch überhaupt weibliche Geschlechtsorgane "“”®’ a erten finden, wohl aber waren Antheridienzweige an den norwegischen Exemplaren nicht selten. Die Amphigastrien fehlten an den Antheridienästen ebenso vollständig wie bei den vegetativen, die Seitenblätter aber, in deren Achsel je Ein grosses Antheridium steht, 458 zeigen eine Gestalt, die offenbar der ursprünglichen Blattform nahe steht. Die (mit ihrem Öberlappen um das Antheriduim herumge- krümmten Blätter) zeigen nämlich einen zweitheiligen Unterlappen. Dies ganze Blatt ist also hier dreitheilig, wie es der Anlage nach auch bei den vegetativen Blättern ist, nur dass hier am unteren Theil des Blattunterlappens die oben erwähnten Umbildungen auftreten. Zu- weilen ist der mittlere Zahn wenig oder gar nicht entwickelt, angelegt wird er wohl auch hier stets. werden. Auch an den Perichaetialblättern von Ph. giganteum lässt sich eine ganz ähnliche Gestalt nachweisen, jedoch habe ich nur eine kleine Anzahl derselben untersucht. Sie sind (bei Ph. giganteum) an ihrem oberen Theile gewimpert durch rand- ständige Zellreihen. Solche fanden sich auch an der Spitze des mehrere Archegonien umschliessenden Perigons, an dem sie auch aus der Aussenseite entspringen. Ohne Zweifel haben diese Bildungen dieselbe Function wie die auf den Blättern von Gottschea oben be- schriebenen: sie halten Wasser fest, Diese Wimpern fehlen bei den eigenthümlichen „Röhrenorganen“, welche einen glatten eingeschlagenen Rand haben, den Perianthien aber ihrer Stellung nach entsprechen. Archegonien schliessen sie niemals ein. Jugendstadien habe ich nicht beobachtet, vielleicht entstehen sie durch Beschädigung sehr junger Archegonienstände durch Thiere. Wie dem nun sei‘) jedenfalls werden sie auch als Wassersäcke einfacherer Construction dienen. 1) Möglicherweise stellen sie auch eine normal auftretende Hemmungs- resp. Umbildung der Perianthien dar. Nur die Entwiekelungsgeschichte kann darüber Auskunft geben. Uebrigens finden sie sieh nieht bei allen Arten. 459 Erklärung der Abbildungen zu Tafel VII und IX. Bemerkung: Sämmtliche Abbildungen sind mehr oder minder stark vergrössert, Fig. Fig. Fig Vig Fig. am stärksten Fig. 11-16. 1. Frullania atrosanguinea Taylor, Stück eines Stämmchens von unten. 2. Lejeunia Jumbricoides. N. a. E. E. . 83. Rudula physolejeunioides, Spitze einer. Pflanze von unten, es sind am Hauptspross 7 Kurztriebe sichtbar (einer links ist abgebrochen), an dem Seitenspross rechts sind die drei untersten Blätter ohne Seitenzweige, darauf kommen solche, unterhalb deren Kurztriebe stehen, g. 4. Dieselbe Art mit zwei Antheridienzweigen (A); die Spitzen der Kurz- triebe sind meist abgebrochen. ‚5 und 6. Physiotium conchaeforme, 5 von unten; an den grossen Wassersäcken schimmern die Vertiefungen, die zu den Eingangsöffnungen führen durch; 6 von oben. . T und 8. Physiotium giganteum, Stämmchen von unten und von oben. . 9. Colura superba Mont. Stück einer Pflanze mit Perianth. (fünfkantig) und Innovation, . 10. Halbirter Wasserschlauch von Phys. giganteum. . 11-16. HEntwickelung der Wassersäcke von Phys. conchaeforme. 11 und 12 Oberansichten des Sprossscheitels, Scheitelzelle. Fig. 13. Aussenansicht eines jungen Blattes, I Öberlappen (nur zum Theil sichtbar), II oberer Theil des Unterlappens. . 14. Junge Schlauchanlage von vorn, daneben der obere Theil des Unter- lappens M und cin Stück des Oberlappens O. . 15. Halbirte junge Schlauchanlage mit junger Klappe, M etwas jüngere Entwickelungsstadium, in welchem der feste Lappen, auf. dem die Klappe ruht, in sehr jugendlichem Stadium von der Fläche gesehen dargestellt ist. . 17. Längsschnitt durch die Ansatzstelle der Klappe von Physiotium conchae- forme, Die oberen mit dieken Wänden versehenen Zellen gehören der Schlauch- wand an, darunter die Gelenkstelle der Klappe. . 18. Querschnitt durch einen Stamm von Gottschea sciurea. 19. Stück einer fructifieirenden Pflanze von Lejeunea paradoxa. Ueber Caulerpa prolifera. Ein Beitrag zur Erforschung der Form- und Richtkräfte in Pflanzen, Von Paul Klemm. Mit 5 Textfiguren. 1. Zur Orientirung über Aufbau und Lebensweise. In Caulerpa haben wir eine Pflanze vor uns, die wegen ihres einfachen inneren Aufbaues bei einer morphologisch die verschiedenen Glieder der Gestaltung höherer Pflanzen besitzenden Ausbildung sehr geeignet ist, die Beziehungen zwischen der Form und den dieselbe bedingenden Kräften zu untersuchen. Während eines Aufenthaltes in Neapel hatte ich Gelegenheit von diesem Gesichtspunkte aus Beobachtungen und Experimente mit jener Alge anstellen zu können. Es ist natürlich, dass es in der kurzen Zeit von etwa 7 Wochen, die ich in Neapel zubringen konnte, und die nur einen kleinen Theil der Entwicklungsperiode von Caulerpa umfasst, nicht möglich war, ein erschöpfendes Bild der biologischen und physiologischen Eigenthümlichkeiten dieser eigenartigen Pflanze zu gewinnen. Immerhin möchte ich die Ergebnisse meiner Unter- suchung der Oeffentlichkeit übergeben, da ich nicht weiss, ob ich so- bald wieder in die Lage komme, die Studien selbst fortzusetzen. Wie jeder, der Gelegenheit hatte, die zoologische Station in Neapel zu ernsten Untersuchungen zu benutzen, sich der steten Hilfsbereitschaft und der ausserordentlichen Liberalität, die er bei seinen Studien dort erfahren, dankbar erinnern wird, so fühle auch ich mich gedrungen, den Ilerren, in deren Händen die Leitung und Erhaltung dieses Instituts liegt, den Herren Geheimrath Dohrn, Professor Eissig, Professor P. Meyer, dessen erfahrener, stets so bereitwillig ertheilter Rath mich zu besonderem Danke verpflichtet, sowie Herrn Professor Schönlein und Dr. Schöbel meinen auf- vichtigsten Dank auszusprechen. In gleicher Weise fühle ich mich dem Curatorium der v. Römer’schen Stiftung in Leipzig, insbesondere 461. Herrn Geheimrath Prof. Dr. Pfeffer, für die Gewährung der Mittel, die mir diese Studienreise ermöglichte, zu herzlichem Danke verpflichtet. Ueber die Vegetation von Caulerpa finden sich hauptsächlich bei Janse!) und Berthold?) die nöthigen Angaben. Caulerpa vegetirt periodisch. Der Beginn ihrer Entwicklung fällt in die Frühjahrs- monate. Als ich Anfang März nach Neapel kam, waren an dem aus der See heraufgeholten Material die ersten Anfänge der Eintwiekelung zu erkennen, als ich Ende April wegging, hatten die diesjährigen Prolificationen der frisch gesammelten Pflanzen etwa eine maximale Länge bis lem, und zahlreiche Neuanlagen waren im Begriff hervor- zubrechen. Die äussere und innere formelle Ausbildung, also Morphologie und Anatomie, sind schon von Nägeli?) erschöpfend und auf das Klarste beschrieben. Nur eine Correetur ist durch die damals nicht bekannte, erst mit Hilfe neuerer Präparationstechnik ermittelte und ermittelbare T'hatsache, dass Caulerpa wie alle Siphonaceen viele Kerne enthält®), unabweisbar geworden. Wir können heute, wenn wir den Begriff der „Zelle“ wie jetzt stillschweigend, aber allgemein üblich, nicht mehr rein formal fassen, sondern einen Zellkern mit einer ihm zugehörigen Proto- plasmaportion als das Wesentliche für den Begriff „Zelle“ aner- kennen, Caulerpa nicht mehr für einzellig erklären. Zellen von solcher Ausdehnung, wie sie von Caulerpa und den übrigen Siphonaceen erreicht sein würden, wenn sie den Zellen der höheren Pflanzen ent- sprechende Gebilde wären, sind sicherlich, wie von Sachs?) jüngst auseinandergesetzt worden ist, ein Ding der Unmöglichkeit. Die Er- fahrung lehrt, dass Zellen, die zweifellose Elementarorgane repräsentiren, nie eine gewisse sehr geringe Ausdehnung überschreiten, also unter den in der Natur obwaltenden Lebensbedingungen jedenfalls auch nicht überschreiten können. Dürfen wir also Caulerpa auch nicht für einzellig anerkennen, so widerstrebt es andrerseits auch dem Be- mühen nach einer klaren, den besonderen Verhältnissen Rechnung 1) Die Bewegung des Protopl. v. Caulerpa prolifera. Prgsh. Jb. Bd. 21. 1890, 2) Ueber die Vertheilung der Algen im Golf v. Neapel, Mitth. a. d. zool. Station z. Neapel. III. 1882, 3) Ueber Caulerpa. Schleidenu. Nägeli, Zeitschr. f. wissensch, Bot. I. Heft p. 134 ff. 4) Schmitz, Beob. üb. d. vielkernigen Zellen d, Siphonocladiaccen. 1879. 5) Ueber einige Beziehungen der specifischen Grösse der Pflanzen zu ihrer Organisation. Flora 1893, 8. 71. 462 tragenden Ausdrucksweise, Organismen, wie wir in Caulerpa einen vor uns haben, als mehrzellig zu bezeichnen. Diese Sachlage hat denn auch zu der Erörterung geführt, ob Pflanzen der Art wie die Siphonaceen als „nichteelluläre“ zu be- zeichnen zweckmässig sei, wie Sachs seiner Zeit vorschlug. Eine solche Bezeichnung würde aber die Klarheit nicht fördern, weil sie, rein formal, dem Inhalt, den man jetzt in dem Begriff „Zelle“ legt, nicht Rechnung trüge. Alles das zeigte, dass uns ein treffender Ausdruck für die Be- zeichnung der physiologischen Einheit, unabhängig von der Gestalt der Begrenzung, der selbständigen oder nicht selbständigen membranösen Umhüllung, fehlte, aber erwünscht war, da Formelement und Elementar- organ sich nun einmal nicht immer deckt; da die Blementarorgane nicht zugleich auch immer Formelemente sein müssen. Sachs!) hat neuerdings das Wort „Energide“ als Bezeichnung für die physiologische Einheit vorgeschlagen und ich werde mich hier öfter dieses Ausdrucks bedienen, der für. eine präcise klare Verständigung grade bei der besonderen Gliederung der hier in Betracht kommenden Organismen sehr zweckmässig und willkommen ist. Caulerpa ist also ein Organismus aus zahlreichen Energiden, die zu einem „Symplasten‘ ?) vereinigt sind, gewissermaassen ein berin- detes, durch seinen Chlorophyligehalt die Fähigkeit selbständiger Er- nährung besitzendes Plasmodium bilden. Die Berücksichtigung dieser Verhältnisse halte ich gerade des- ' halb für besonders wichtig, weil damit von gewissen Gesichtspunkten eine volle Analogie gegeben ist zwischen dieser Pflanze und höheren Pianzen, die ebenfalls aus zahlreichen Energiden bestehen, wenn diese auch mit allem ausgestattet sind, womit sie ausgestattet sein können, also auch. je von einer Membran umhüllt sind. Insofern nänlich, als beide als Staaten von Energiden erscheinen, die durch specifische Anpassungen zu polaren Gegensätzen von einer Indifferenz- zone aus, zu einer Gliederung in Stamm, Blatt und Wurzel führen. Desshalb muss es uns auch erlaubt sein, zwischen den Vorgängen Analogieschlüsse zu ziehen, das, was wir an ÜCaulerpa betrachtet haben, als vergleichbar anzuerkennen mit dem bei höheren, aus echten Zellen aufgebauten Pflanzen, und die allgemeinen Schlüsse aus den Beobachtungen an jener Alge als auch giltig für diese. 1) Beiträge z. Zellentheorie Flora 1892, 8. 57 £, 2) Hanstein, Einige Züge a. d. Biologie d. Prot. 8.9. In Bot. Mittheil. H. IV; 463 Ein Wort noch über die Function der den Coeloblasten durch- setzenden Zellstoffbalken, betreffs deren in letzter Zeit von Noll und Janse Ansichten geäussert worden sind. Zuletzt hat Janse darüber gesprochen.) Er kommt zu dem Schlusse: „Wenn man alle Resultate zusammenfasst, ... . so kann es kaum mehr bezweifelt werden, dass die Balken hauptsächlich zu dem Zwecke da sind, zu besorgen, dass Caulerpa, auch bei erheblicher Turgorkraft, im Stande ist die zweckmässige äussere Form ihrer Organe beizubehalten.“ Es ist also .eine mechanische Wirksamkeit, die Janse den Balken zuschreibt, während Noll?) die Anschauung vertritt, dass, die Festigkeit der Pflanze durch das Balkengerüst nur in geringem Grade erhöht würde. Noll fügt noch hinzu: „Es scheint mir das aber der geringste und zufälligste Nutzen zu sein, den dasselbe der Pflanze leistet.‘ Er sucht die Hauptbedeutung in der hohen Leitungsfähigkeit für gelöste Stoffe. Der Hauptfactor für die Festigkeit, meint Noll, sei der hohe Turgor. Aber es ist dabei zu bedenken, dass der Turgor ein Produkt aus mehreren Factoren ist, dass er ein festes Widerlager voraussetzt. Er hat die mechanische Bedeutung der Zell- stoffbrücken unterschätzt, weil er sie verkannte, weil er nur an die Biegungsfestigkeit dachte, die Balken nur in ihrer Widerstandsfähig- keit gegen Druck, nicht gegen Zug beurtheilte. Die Anschauung Janse’s ist zweifellos die richtige. Die Biegungselasticität, wie die Biegungsfestigkeit, sind im Ver- gleich zu den Graden dieser Eigenschaften bei höheren Pflanzen, hier bei Caulerpa, wie bei den meisten submersen Wasserpflanzen äusserst gering und werden ihnen hauptsächlich durch den Turgor verliehen. Sie brauchen auch jene Eigenschaften gar nieht in hohem Grade, weil die Differenz der Dichte der Pflanzenkörper und des umgebenden Mediums eine geringe ist und ibnen deshalb das Ausbreiten und die Erhaltung der angestrebten Lage und Plastik leicht gemacht ist. Eine Caulerpa ist denn auch, wie die meisten Algen, von aussen senkrecht auf ihre Flächenausdehnung wirkenden Kräften gegenüber ganz widerstandsunfähig. Die Blätter knicken schon im Leben bei der geringsten Biegung ein, obschon ihnen der osmotische Druck noch einigen Halt verleiht. Ist dieser aber beseitigt, dann sind alle Theile der Pflanze so ohne inneren Halt, wie etwa ein durebfeuchtetes 1) le. 8. 279. . “ 2) Botan. Zeitung 1887, 8, 478. Flora 1893, 31 464 £ Blatt Papier. Man kann sich leicht davon überzeugen, wenn man eine Caulerpapflanze verletzt oder tödtet. Die Zellstoffbalken werden also in der Weise mechanisch wirken, dass sic zum Theil das Zellgerüst ersetzen, wovon allerdings auch Noll spricht, ohne aber die rechten Oonsequenzen daraus zu ziehen; ihre Widerstandsfähigheit wird im Verein mit den im eigenen Innern des Organismus entwickelten zur Expansion drängenden Kräften — hauptsächlich dem Turgor — zur Erzeugung von Spannungen Anlass geben, die mit der Erhaltung der Plastik und Ausbildung einer jeden durch Evolution sich formenden Masse nothwendig ver- knüpft sind. !) I. Zur Orientirung über die Erforschung der formbildenden Einflüsse. Die Abhängigkeit der Gestalt einer Pflanze wie eines jeden Organismus von äusseren Factoren ist zu auffallend, als dass sie nicht natürlicherweise schon Jahrhunderte lang bekannt und Gegenstand des Nachdenkens gewesen wäre, und seit dem Erwachen der Naturwissen- schaften zuneuem Aufschwunge manchen Forscher zu ernsten experimen- tellen Untersuchungen veranlasst hätte. Die Litteratur über die durch Erfahrung gewonnenen Thatsachen, die darauf Bezug haben, ist deshalb ausserordentlich reich. Kennt- nisse über Acusserlichkeiten besitzen wir daher in Hülle und Fülle. Die geotropischen und heliotropischen Erscheinungen gehören ja auch hierher. Wenn wir uns aber fragen, wie es mit der Erkenntniss der Vor- gänge steht, wie weit die Thatsachen genügen, um jene Vorgänge bei logischer Combination der letzteren zu begreifen, so müssen wir ein- gestehen, dass wir noch so gut wie nichts wissen. Roux?) hat heute noch vollkommen Recht mit dem Ausspruch: „So bleiben denn mit allem Geschehenen doch die morphologischen Grundprobleme ohne jede Erklärung: die Ausbildung von Richtungen aus den an, sich richtungs- losen oder die Gestaltung aus den an sich gestaltungslosen chemischen Processen,® Veranlassende Ursache und. Schlusseffeet, Anfang und Ende sind uns wohl bekannt, aber was dazwischen liegt, warum und wie diese . 1) Ueber die Bedeutung der Spannungen in dieser Hinsicht vergl. Pfeffer, Physiol. I, 8. 14. 2) Beiträge z. Morphologie der funetionellen Anpassung. Archiv f. Anat. u. Physiol, 1883, 8. 76. 465 Schlusseffecte zu Stande kommen, die Mechanik ist uns weder bei den durch Licht, noch durch die Schwerkraft, noch durch irgend einen anderen formbedingenden Factor veranlassten bekannt. Wie wenig weit man gekommen ist, zeigt sich auch darin, dass man trotz der vielen Untersuchungen noch nicht einmal die Ursachen der Polarität kennt, die eins der näheren Ziele der Forschung, die auf die Bedingungen des Zustandekommens der Formen abzielt, wird sein müssen, Den Versuch einer Erklärung, wie Schwerkraft und Licht wirken, finden wir bei Hofmeister?!) gemacht und mit folgenden Worten eingeleitet: „Der denkenden Naturbetrachtung ist es unabweisbares Bedürfniss, sich eine Vorstellung über die Mechanik der Beeinflussung zu bilden, welche die Schwerkraft und die Beleuchtung in unter sich so ähnlicher, und beide in doppelartiger, bald hemmender, bald fördernder Weise auf die Gestaltung wachsender Pflanzentheile üben. Der Versuch zur Bildung einer solchen Vorstellung ist bei dem gegen- wärtigen Stande unserer Kenntnisse nothwendig auf Hypothesen an- gewiesen, welche auf nur wenige leitende Thatsachen sich gründen“. Hofmeister stellte eine solche Hypothese auf, zwar mit aller Reserve, mehr nur um zur Ueberwindung der Scheu vor dem Angreifen dieser Fragen zu veranlassen, wie er am Schlusse des diesem Gegen- stande gewidmeten Absatzes ausspricht. ?) Zwar hat seitdem die Forschung betreffs des Problems der Ur- sachen der specifischen Gestaltung nicht stillgestanden, Was darüber geleistet worden, ist in einer Uebersicht der einschlägigen Unter- suchungen und Erörterungen in Pfeffer’s Physiologie?) kurz und klar zusammengefasst. Aber es liegen auch heute noch nicht so viel leitende Thatsachen vor, dass eine weitere Erörterung der letzten Ursachen fruchtbar sein würde. Dass man in der Erforschung dieses Berührungsgebietes zwischen Physiologie und Morphologie nicht rascher vorwärts ge- kommen, mag zum guten Theil darauf beruhen, dass die bezüglichen Untersuchungen fast nur an höheren Pflanzen ausgeführt wurden, bei denen die mannigfachsten Complicationen im Spiele sind, deren Wirkung es erschweren würde, die Bedeutung der einzelnen Factoren zu er- kennen, auch wenn wir mit diesen so genau bekannt wären, um sie in jedem Falle gebührend würdigen zu können, 1) Allgemeine Morphologie $S. 629 u. f. 2) Allgem. Morphol. 8. 683, 3) Bd II 8. 174 8. 31* 466 ‘Ein Forscher, der ganz besonders sich das Grenzgebiet zwischen Physiologie und Morphologie als Arbeitsfeld erwählt, Vöchting, macht auf den Werth und die Nothwendigkeit aufmerksam, einfachere Organismen, wie Caulerpa, auf ihre formbestimmenden Ursachen zu untersuchen. !) ‚Wenn wir uns den Bau von Caulerpa im Vergleich zu höheren mehrzelligen Organismen nochmals vergegenwärtigen, so ist Folgendes besonders hervorhebenswerth. Auch in Caulerpa haben wir eine Pflanze vor uns, die aus vielen Lebenseinheiten, vielen Energiden zusammen- gesetzt ist, eine Pflanze, welche die polaren Gegenssätze geotropisch positiv uud negativ reagirender, chlorophyllhaltiger und chlorophyll- freier Sprossglieder entwickelt. Aber es fallen die rein mechanischen Spannungen weg und es fällt die Transpiration weg, zwei die Gestalt- bildung beeinflussende Factoren, von denen der erstgenannte von ausserordentlicher Bedeutung ist, von denen auch der zu zweit ange- führte nicht zu unterschätzen sein dürfte, da von ihm die für das Leben so wichtige Nährsalzzufulır abhängig ist. Wir haben es hier nur mit einer Genossenschaft auch bei abgeschlossener Entwickelung noch fast gleichartiger Elemente zu thun, die einer verhältnissmässig freien Bewegung fähig sind und mit einander in unmittelbaren Ver- kehr treten können, Bei dieser Analogie mit den Formen höherer Pflanzen und der Einfachheit des Baues und Stoffverkehrs, vor allen Dingen aber, weil die Elemente so gleichartig sind, ist es einleuchtend, dass Caulerpa ein vielversprechendes Object für die Erforschung der Wirkungsweise formbildender Factoren ist. . Wir dürfen a priori bei Caulerpa annehmen, dass jede Energide potentiell zum Aufbau jeder Art von Prolificationen, der wurzelartigen, der stammartigen wie der blattartigen befähigt ist, ist dies doch bis zu einem gewissen Grade selbst bei höheren Pflanzen der Fall, umsomehr hier, wo die Schranken der Einzelbegrenzung durch Membranen und die damit im Zusammenhang stehenden mechanischen Hindernisse und Span- . nungen der verschiedensten Art in Wegfall kommen, die bald eine rela- tive Starrheit der Form und des physiologischen Systems bedingen. Man darf also von folgenden Erwägungen ausgehen: Ist es mög- lich, eine grössere Masse Protoplasmas aus einer Caulerpa zu isoliren, 1) Ueber Organbildung im Pflanzenreich, 1878, 8. 250, Vöchting fasst übrigens dort Caulerpa noch als einzelligen Organismus auf, Doch ist auch Vöchting von der Berechtigung der Analogisirung mit höheren mehrzelligen Organismen überzeugt. 467 welches anfangs formlos nur dem Äbrundungsbestreben folgt, so muss ich, wenn es ferner möglich ist, dasselbe in lebens- und entwickelungs- fähigem Zustande zu erhalten, beobachten können, inwiefern äussere Factoren eine polare Ausbildung verursachen. Es wäre damit positiv zu entscheiden, ob bei dem Zustandekommen polarer Gebilde über- haupt äussere Factoren nothwendig sind oder nicht. Sind sie es, so dürfen bei Ausschluss derselben die sich regenerirenden Gebilde ihre Form’ nicht ändern, nur ihre Ausdehnung, sie müssen als kuglige Ge- bilde fortwachsen. Eine solche Protoplasmamasse dem dauernd einseitigen Einfluss der Schwerkraft und des Lichtes entziehen, ist möglich, auch beides gleichzeitig, und möglich ist auch, einseitigen Contaet mit dichteren Medien!) und stetig einseitig wirkende Diffusionsströme zu ‚verhüten. Dies sind aber die Hauptfaetoren, die von aussen als formbedingend in Betracht kommen. Es würden derartige Experimente natürlich vor allem davon ab- hängig sein: ob es möglich ist, den Caulerpen Protoplasmamassen zu entziehen, ohne dass die Lebens- und Entwickelungsfähigkeit der letzteren aufgehoben wird. Meine Bemühungen in dieser Beziehung während meines Aufent- haltes in Neapel sind allerdings. gescheitert, indessen ist damit die Unmöglichkeit des Gelingens noch nicht besiegelt; ich glaube vielmehr; dass die Hoffnung darauf sehr wohl begründet ist. Denn es sind noch sehr kleine Stücke von Caulerpa regenerationsfähig, bei denen die blossgelegten Stellen schon verhältnissmässig grosse Ausdehnung besitzen. Es ist dies auch nach allem was wir über die Regenerations- fähigkeit kleiner Theile des Symplasten der Siphonaceen wissen ?), nicht weiter überraschend. Ferner erhielten sich vorsichtig durch sanften Druck aus angeschnittenen Caulerpaexemplaren ausgestreifte Plasma- portionen von wenigen Cubikmillimetern Volumen, die in Reagensgläschen unter continuirlichem Wasserwechsel gehalten wurden, in einem Zustande, der vermuthen liess, dass das Lieben in ihnen noch nicht erloschen war -— freilich stützt sich diese Annahme nur auf den äusseren Anschein, besonders die Erhaltung der Chlorophylikörper, bei deren Empfindlichkeit aber wohl ein solcher Schluss gerechtfertigt ist, Erst nach 2—3 Tagen schwammen die Massen als entfärbte Flocken auf der Oberfläche, — Ich mochte natürlich soleherlei Experimenten, 1) Etwa durch Einschliessen in einen nicht leicht zersetzlichen colloidalen Körper, wie Agar. 2) S, Pfeffer, Physiologie II. 8. 173, 468 von denen ja immerhin sehr zweifelhaft war, ob sie in der mir zur Verfügung stehenden Zeit von Erfolg begleitet sein würden, nicht allzuviel Zeit widmen und habe demgemäss in der Hauptsache mit Theilen von Caulerpaexemplaren gearbeitet, deren Entwickelungsfähig- keit sicher stand, bei denen also die Polarität ausgebildet und mithin auch den Neubildungen inducirt ist, wie allen durch Evolution auf einer vorhandenen Basis entstehenden Gebilden. Ich war mir übrigens wohl bewusst, dass dergleichen Probleme nicht im Handumdrehen, nicht während eines kaum zweimonatlichen Experimentirens mit physiologisch und biologisch noch wenig unter- suchten Objeeten zu lösen sind, und es machen diese Untersuchungen nur darauf Anspruch, eine Pionierarbeit, eine Vorarbeit zu sein, mit dem unmittelbaren Zwecke, das Object näher kennen zu lernen und zu sehen, ob Culturbedingungen, Wachsthumsverhältnisse und was der für physiologische Untersuchnngen wichtigen Umstände mehr sind, ein erfolgreiches Arbeiten mit diesem Objecte versprechen. Vor allen Dingen wurden die Wirkungen des Lichts und der Schwerkraft auf die Ausbildung der Prolificationen, insbesondere der foliären, studirt und das gegenseitige Verhältniss dieser Wirkungen wie es sich bei Caulerpa äussert. Ferner wurden noch Untersuchungen über die Wirkung der Berührung mit festen Körpern angestellt und die Wirkung einseitiger Diffusion; indessen war es mir unter den obwaltenden Verhältnissen nicht möglich, dieselben mit all’ der Sorg- falt und unter all den Vorsichtsmaassregeln anzustellen, die allein zweifellose Ergebnisse verbürgen. Besonders von diesen letzteren Experimenten gilt es, dass sie auf nicht mehr Anspruch machen, als Vorversuche zu sein. Daraus wird im Allgemeinen ersichtlich sein, innerhalb welches Rahmens sich die Untersuchungen bewegten. II. Beobachtungen über die Formbildung bei Caulerpa. Einer der wichtigsten formbildenden Factoren ist bei Caulerpa das Licht; es ist offenbar der mächtigste, der am meisten in die Augen fallende Wirkungen hervorbringende Factor, wie schon Noll hervorgehoben. !) Es lässt sich in gedrängter Kürze ausdrücken, welche Bedeutung er hat: Ohne Licht keine foliären Prolificationen. Dieser Satz ist unbestreitbar. Verdunkelt man Caulerpen, so wachsen sie fort, bilden neue Prolificationen, aber dieselben haben, so viel ich be- 1) Ueber d. Einfluss der Lage auf die morphol, Ausbildung einiger Siphoneen. 469 obachtet habe, nie blattartige Form; selbst eine Andeutung der Ver- schiedenheit der Querschnittsdurchmesser konnte ich nicht beobachten; es waren stets cylindrische Gebilde mit kreisförmigem Querschnitt. Es fragt sich, gilt auch die Umkehrung: Werden bei Licht nur blatt- artige Prolificationen gebildet, keine rhizoidartigen, keine stammartigen ? Nach den Beobachtungen, die ich an Material, welches ich in einem Wasserbehälter in der zoologischen Station vorfand, anzustellen Gelegenheit hatte, sowie nach den absichtlich angestellten Experimenten habe ich keinen dem widersprechenden Fall beobachtet. Dennoch glaube ich ihn nicht für unbedingt erwiesen hinstellen zu dürfen. Aus folgenden Gründen nicht, Ich habe überhaupt nur einen einzigen Fall von Rhizoidbildungen beobachten können, der später noch näher besprochen werden wird; auch stammartige Neubildungen waren in meinen Culturen äusserst selten und nie neu entstanden, sondern nur Zuwachse frisch aus dem Meere geholter Exemplare. Die vorhin erwähnten Caulerpa - Exemplare waren von Dr. Hauptfleisch im November des Vorjahres (1892) in das betreffende Bassin gebracht worden, sie hatten also über 4 Monate in dem mit der einen Langseite nach der Wand gekehrten, mit der Schmalseite dem nahen Fenster zugekehrten Behälter verbracht und hatten zahl- reiche neue Prolificationen getrieben, Zur Einfallsrichtung zeigten diese offenbar gleichsinnige Stellung, nämlich mit der Längsachse schräg nach oben, dem Fenster zu gerichtet, die Flächen meist nach oben; sie waren also unter den gebotenen Verhältnissen, wie ge- wöhnlich bei Zimmerbeleuchtung mit einseitig von einem Fenster ein- fallenden Licht, longitudinal heliotropisch. Sie waren zwar in ihrer Lage oft gestört worden durch Hantiren im Behälter, die Formen der Prolificationen verriethen dies durch den Besitz zahlreicher Biegungen — aber die Erscheinung war nach wenigen Tagen der Ruhe sehr deutlich wieder zu beobachten, alle Neuzuwachse waren parallel zur Einfallsrichtuug des Lichtes weitergewachsen. 8. Fig. 1. Der Charakter der neu hinzugewachsenen Theile war ein ganz eigenartiger'), wie ich ihn an den im Meere gewachsenen Exemplaren nie beobachten konnte, ganz abgesehen von der geringeren Grösse der in Cultur befindlichen Prolificationen. Während nämlich normaler Weise die foliären Prolificationen nur mit einem an der Spitze ge- legenen Vegetationspunkte weiter wachsen bis zur vollständigen 1) Vergl. Janse, 1. ec. 8.169... u Noll, Experimentelle Unters. üb. d, Wachsthum d. Zellmembran, Abh, d. Senekenb. naturf. G. Bd. XV. 8. 131. 470 Einstellung des Wachsthums, und neue Auszweigungen meist nur aus der Fläche der Mutterblätter sich entwickeln, wachsen sie bei den in Cultur gehaltenen bald mit mehreren Vegetationspunkten weiter, ver- zweigen sich also in derselben Ebene, oft sehr regelmässig dichotomisch. Die Zweigprolificationen werden dabei immer schmäler, so schmal schliesslich, dass die Aehnlichkeit mit Rhizoiden sofort in die Augen springt, da eine Verzweigungsebene jetzt nicht mehr zu unterscheiden ist. 1) Berthold, 1. c. 8. 482, Während die Blätter im Meere bis 15mm und darüber breit werden — ich fand sie meist 10 bis 12 mm breit — sank die Breite der im Be- hälter gebildeten bis auf nur !/s mm herab. Man könnte vermuthen, dass das Austreiben während der eigentlichen Zeit der Winterruhe von Einfluss gewesen sei, indessen zeigten die unter meinen Augen im Frühjahr sich im Bassin bildenden Prolifica- tionen dieselben Formen, Wie viel etwa bei dieser Art der Ausbildung der Intensität der Be- leuchtung zuzuschreiben sein mag, ist schwer zu beurtheilen, Jedenfalls sind die Bildungen auch denen. ähnlich, die bei Ver- dunkelung entstehen. Es ist dies um so auffälliger, als man nicht an- nehmen kann, dass die Beleuchtung im Laboratorium eine weniger in- tensive sei, als in der Meerestiefe, in welcher Caulerpa wächst, d. h. etwa bis 15 Meter unter dem Meeres- spiegel. ') Durch das Fenster, von welchem aus das Zimmer beleuchtet wurde, fielam Nachmittag sogar unmittelbar das Sonnenlicht ein, das manchmal 471 auch die Algen getroffen hat. Es liegt also eher der Gedanke nahe, dass eine Beleuchtung. über das Optimum derselben stattgefunden hat. Hier klar zu sehen, wären vergleichende Messungen der Licht- intensität Bedingung. Ob vielleicht noch’ andere Factoren in Betracht kommen, wie die Wärme, lasse ich auch dahin gestellt. Dass durch- schnittlich, trotz des continuirlichen Wasserwechsels in den Behältern, die Temperatur eine höhere ist, wie im Meere und vor allen Dingen grösseren und rascheren Schwankungen ausgesetzt ist, ist klar, und es ist wohl möglich, dass die Wärme nicht nur auf die Stoffproduction, sondern unmittelbar auch auf die Entstehung der Vegetationspunkte und damit nicht nur auf die Grösse oder die Schnelligkeit des Wachsthums, sondern auch auf die Form einwirkt. Mangel des Lichts bewirkt deutlich eine Verschmälerung der Prolificationen und eine reichlichere Verzweigung, also insofern eben das, was wir bei den im Bassin gewachsenen besprochen, aber sie sind im Vergleich zu jenen viel länger gestreckt. Die Verhältnisse sind also insofern denen bei höheren Pflanzen vergleichbar, als das Wachsthum in der Längs- richtung im Verhältniss zu dem der Querrichtung überwiegt, wenn auch keine Ueberverlängerung im Vergleich zu den normalgewachsenen stattfindet. Bei vollständiger Verdunkelung wachsen die Sprosse eine Zeit lang eylindrisch weiter, bekommen cylindrische Prolificationen, die sich ebenfalls reich verzweigen, sie werden chlorophylifrei und sind insofern den Rhizoiden ähnlich, aber der Charakter ist dennoch kein rhizoid- artiger; dies liegt einestheils daran, dass die Verzweigungen nicht dichte Büsche] bilden an einem kurzen dicken Hauptglied, wie dies bei den Rhizoiden meist der Fall ist, sondern kandelaberartige Formen be- sitzen. Vor allen Dingen ist. es natürlich der Gegensatz des positiven und negativen Geotropismus, der beiderlei Bildungen unterscheidet. Bei diesen Verdunkelungsexperimenten ist nun allerdings immer zu bedenken, dass gleichzeitig mit ihnen eine Ernährungsstörung ver- bunden ist, infolge der Unterbrechung oder Hemmung der Assimilation. Will man also zur Klarheit kommen, was allein Wirkung des einen oder des anderen Factors ist, so müssen noch andere Wege eingeschlagen werden. Das beste wäre, wenn man künstliche Nahrungszufuhr, genau so wie die Assimilationsthätigkeit sie normalerweise bietet, schaffen und damit die verdunkelten Objecte ernähren könnte. Das setzt indessen die genaue Kenntniss der Produkte in qualitativer und quantitativer 472 Beziehung und die Möglichkeit. voraus, sie succesive zuzuführen, Be- dingungen, die zur Zeit nicht zu verwirklichen sind. Wir sind also darauf angewiesen, auf anderen, indirecten Wegen zum Ziele zu kommen, wenn wir erfahren wollen, welche Wirkung das Licht als Richtkraft, welche es als Energiequelle für den Stoff- wechsel spielt. Ein solcher wäre die Einwirkung des Lichtes unter gleichzeitiger Verhinderung der Assimilationsthätigkeit; dies lässt sich dadurch erreichen, dass man die Objecte unter Entziehung der Kohlen- säure im Licht wachsen lässt. Experimente dieser-Art konnte ich indessen nicht mehr ausführen. Aber cs erlaubt auch ein anderer Weg Schlüsse darauf, zu welchen Formen die normale Stoffzufuhr unabhängig von der einseitigen Beleuchtung führt, nämlich, wenn wir eine allseitig gleichmässige Be- leuchtung herstellen, wie das durch Drehung um eine verticale Axe zu erreichen ist. Dieses Experiment habe ich ausgeführt. Es hatte das Ergebniss, dass trotz der durch die Drehung hergestellten succesiven Beleuchtung von allen Seiten die heranwachsenden Proli- ficationen sich blattartig entwickelten. Eine bestimmte Orientirung der Flächen war dabei nicht zu erkennen. Das Experiment wurde folgendermassen angestell. Die Axe einer amerikanischen Weckeruhr wurde durch einen Glasstab ver- längert, am Ende dieses Glasstabes war ein grosser Kork angebracht, an dem die Objecte angesteckt wurden. Die Uhr war horizontal an einen eisernen Dreifuss befestigt, der auch noch eine Führung für die Axe — ein Kupferdrahtring an nach den drei Füssen ausgespannten Bindfäden — trug. Diese Vor- richtung wurde einem Oulturgefäss aufgesetzt, in der Weise, dass der Ring des Dreifusses auf dem Rande des Glasgefässes ruhte und —==—- der Kork mit den Objeeten in der Wasser- masse rotirte, 8. Fig. 2. 1 Umdrehung fand in 1 Stunde statt. Nach dem vorhin mitgetheilten Versuchsergebnisse scheint es also, als ob die Zufuhr genügender Assimilationsstoffe die Hauptsache für die blattartige Entwickelung wäre, als ob diese vom Licht ab- hängig wäre nicht insofern dieses einseitig einwirkend die Rolle einer Richtkraft für die Protoplasmathätigkeit spielt, sondern weil es die Fig. 2. 473 normale Stoffproduction unterhält, eine genügende Ernährung veran- lasst. Die Ausbildung der Prolificationen zu blattartigen Gebilden geschähe dann also aus inneren Ursachen, wäre eine erblich inducirte. Der Geotropismus kommt überhaupt erst bei Verdunkelung der Objecte zur Geltung, denn die Wirksamkeit der in der Richtung der Lothlinie sich äussernden Kräfte ist so schwach im Verhältniss zu der des Lichtes, dass, sobald dieses einwirkt, die geotropische Richt- kraft vollständig zurücktritt und dem Beobachter, wenigstens wenn er nicht Präcisionsmethoden anwendet, nicht als Componente der an- genommenen Richtung in die Erscheinung tritt, gar nicht mehr eine Beeinflussung der Stellung zu haben scheint. Dieses Verhältniss zwischen der Wirkung der Lichtreize und der Schwerkraftreize ist uns, da die Erscheinungen fast nur bei Gewebs- pflanzen studirt wurden, ungewohnt, denn bei diesen ist das Streben der Entwickelung in der Richtung der Lothlinie, der Geotropismus, auch bei oberflächlichster Betrachtung auf den ersten Blick als mächtiger Factor zu erkennen, unter Umständen mächtiger wie der Heliotropismus. Mir ist kein Fall bekannt, dass Gewebspflanzen, die man invers stellt und von unten beleuchtet, entgegen der geotropischen Richtkraft invers fortwüchsen, sondern sie krümmen sich stets aufwärts, Der Geotropismus erweist sich unter diesen Verhältnissen mächtiger wie der Heliotropismus. Anders bei Caulerpa. Sprosse von Üaulerpa wachsen, von unten beleuchtet, invers weiter?), in entgegengesetzter Richtung, wie sie im Dunkeln gewachsen sein würden. Für solche Experimente zur Beleuchtung von unten finden sich in der zoologischen Station dreifüssige Ständer, auf welche ent- sprechende Glasschalen zu setzen sind, in denen man die Öbjecte an Korkringe tragende Glasstäbe befestigt. Man darf dies natürlich nieht mit Metallnadeln thun; ich benutzte dazu leicht herzustellende Glasnadeln oder Seeigelstacheln. Nach den Ausführungen Bertholds?) könnte es scheinen, als reagire Caulerpa und andere Algen auf die in der Richtung der Lothlinie wirkenden Kräfte überhaupt nicht. Caulerpa thut es aber?), 1) Noll, Ueber d, Einfluss der Lage etc, Arb. d. bot. Inst, z, Würzburg III, 8. 472. 2) Pringsh. Jahrb. Bd. 13. 8. 572, 3) Für Vaucheria ist dies bereits von Sachs, Lehrb., 4. Aufl, 8. 813, ange- geben, 474 nur eben schwach, Um das experimentell zu zeigen, müss aber dem Verhältniss zwischen Lichtwirkung und Schwerkraftwirkung Rechnung getragen werden, das übermächtig wirkende Licht muss ausgeschlossen werden. Es zeigt sich denn auch, dass bei vollständigem Lichtab- schluss_ die Fortentwickelung der Prolificationen in der Richtung der Lothlinie erfolgt und bei einer Lageveränderung des Objects immer wieder in dieselbe einlenkt. In eine grössere, meh- rere Liter fassende Cuvette wurden "Caulerpa-Stücke, die alle Arten von Proli- ficationen besassen, in allen Stellungen .zum Horizont eingesetzt. ‘ Dann und wann, in der Regel nach 2 bis 3 Tagen, wurde das Wasser gewechselt. Nach 17 Tagen hatten die vor- handenen Prolificationen sämmtlich lothrechte eylin- drische Neuzuwachse er- fahren und hatten ausser- dem zahlreiche neue auf- wärts gerichtete Prolifi- cationen gebildet von 1,5 bis 2,5 cm Länge. 8. Fig. 3. Nun wurde die Lage der Versuchsobjecte wiederum so geändert, dass die neu hinzugewachsenen Stücke in horizontale oder lothrecht invers gerichtete Stellung kamen. Nach 2 Tagen bereits waren an allen Spitzen verticale Neuzuwachse zu beobachten, sowohl bei den invers gestellten, den Boden be- rührenden, wie bei denen in horizontaler Lage. Sie blieben nachher noch eine Woche stehen und wuchsen auch dann noch ein Stück weiter. Die geringe Aeusserung der geotropischen Richtkraft hat zur Folge, dass auch bei Ausschluss derselben durch Drehung um eine horizontale Axe die Gestalt und Wachsthumsrichtung zum Horizont nicht eine so auffällige Abweichung von dem Gewohnten zeigt, wie das beim Horizontalfortwachsen höherer Pflanzen der Fall ist. Ich habe mir angelegen sein lassen, solche Klinostatenexperi- mente mit Caulerpa auszuführen. Das Ergebniss war, dass die Pro- 475 lificationen sich nicht in einer zur Drehungsaxe regelmässigen Richtung fortentwickeln. Wohl aber haben die Flächen, in welchen die blattartigen Prolificationen ihre grösste Ausdehnung erlangen, eine zur Drehungsaxe bestimmte, nämlich parallele Lage; bei den meisten so, dass die Verlängerung durch die Axe selbst hindurchge- gangen sein würde. Ueber Versuchsanstellung und Apparat sei Folgendes mitgetheilt. Der Klinostat war ein Apparat, den ich in der zoologischen Station nahezu betriebsfähig vorfand, an dessen Construction Herr Professor P.Meyer und Herr Professor Schönlein Theil haben. 8. Fig. 4. Er war mit sehr einfachen Mitteln hergestellt, aber den Zwecken vollständig entsprechend, und bestand im Wesentlichen aus einer Pendeluhr, welche, an einem Stativ befestigt, durch Vermittlung eines Fadens die in einem Bassin angebrachte gläserne Welle in Bewegung setzte, die an einem Ende mit einer Platinspitze, am anderen mit einem Hartgummizapfen in Lagern aus Hartgummi drehbar war. Bassin und Stativ standen auf einem hohen Tisch — etwa von Brusthöhe — in dessen Platte an entsprechender Stelle ein Loch ausgesägt war, um Uhrketten und Gewicht freie Bewegung auf einer thunlichst langen Bahn zu gewähren. Die Scheiben, über welche die Treibschnur lief, hatten verschieden tiefe Einschnitte, so dass Drehungen von ver- schiedener Geschwindigkeit möglich waren. Die Öbjecte wurden an Korkringe, die auf die Axe gesteckt waren, mit Glasnadeln oder Seeigelstacheln befestigt. Das Wasser in dem Behälter wurde durclı stetigem Zu- und Ablauf erneuert, das Niveau durch einen aus einem dreifach gebogenen Glasrohr hergestellten Niveauhalter constant er- halten. — Als Umdrehungsgeschwindigkeit wurde eine solche von 20 Minuten gewählt. — Der Apparat war so aufgestellt, dass das Licht aus einem hohen nach Norden gerichteten Bogenfenster senk- recht zur Drehungsaxe einfiel, er stand von diesem Fenster etwa 2 Meter entfernt. Im Gange war derselbe 18 Tage. Als Versuchs- objecte wurden sowohl blattartige, wie stammartige Prolificationen in den Apparat gebracht, sie wurden theils parallel, theils vertical zur Drehungsaxe befestigt. Nach einer Beobachtung am 12. Tage hatten sämmtliche Versuchsobjecte zahlreiche Neuzuwachse älterer und neuer Anlagen getrieben, alle von Blattcharakter mit spitzkeilförmiger Basis und stumpfer Endigung; dieselben waren intensiv grün, nur die Spitze war chlorophylifrei, wie immer bei noch wachsthumsfähigen Prolifica- tionen. Betrachtete man die Objecte im Apparate senkrecht zur Richtung 476 der Axe, so sah man auf die grössten Durchmesser der Blattgebilde; beobachtete man sie in der Richtung der Axe, so sah man auf die m 24 u en Fig. 4. kleinsten Durchmesser. Die Flächen der blattartigen Prolificationen würden bei ihrer Ausbreitung sich zum grössten Theil in der Drehungs- axe geschnitten haben oder doch ihr parallel gewesen sein, — Schon 477 jetzt war zu beobachten, dass die Prolificationen an der Spitze zu einer korkzieherartigen Drehung der Flächen neigten. Diese Drehungen wurden später noch deutlicher. Sie waren alle gleichsinnig, werden also einem gemeinsamen Einflusse zuzuschreiben sein; als solchen bin ich geneigt, die Strömungen anzusehen, die durch die Wassereireulation im Verein mit der Bewegung entstanden, welche die Drehung der Axe mit den Objeceten hervorruft. Ich bin der Sache indessen nicht weiter auf den Grund gegangen, infolge der Beschränkung, die mir mit Rücksicht auf die Zeit für die Ausdehnung der Experimente auferlegt war. Am Schlusse des Experimentes hatten die meisten der Prolifieationen an den Spitzen sich ein oder zweimal gabelig ver- zweigt. Es wurde nun. auch zum Vergleiche ein Klinostatenversuch im Dunkelzimmer vorgenommen. Als ich meinen Aufenthalt abbrechen musste, waren die Neuzuwachse noch sehr gering, erst wenige (1-3) mm; an der Richtung der Hauptachse derselben war in Bezug auf die Drehungsachse noch keine Regelmässigkeit zu erkennen. Allerdings schien es, als ob die Spitzen senkrecht zur Drelungsaxe abzubiegen geneigt wären.‘ Das würde bedeuten, dass sie als Wachs- thumsrichtung die Richtung des geringsten Widerstandes gegen das in geringer Bewegung befindliche umgebende Medium angenommen hätten, also der durch die Rotation verursachten Strömung folgten. Zwar ist der Versuch durch Gefälligkeit des Herın Dr. Schöbel noch einige Zeit im Gange erhalten worden, doch war an dem eonservirten mir zugesandten Material über die Stellung der Sprosse zum Horizont und zur Drehungsaxe nichts mehr deutlich zu erkennen. Es zeigte sich aber, dass eine reiche Verzweigung der zarten eylin- drischen Sprosse eingetreten war. Unter den aus dem Meere gefischten Exemplaren von Caulerpa findet man hin und wieder solche, an denen Rhizoidbildungen unmittel- bar aus den Blättern, nicht nur aus den mehr oder weniger horizontale Richtung einhaltenden stammartigen, Rhizomcharakter besitzenden Gliedern der Pflanzen hervorbrechen. Auch diese stammartigen Glieder entspringen hin und wieder unmittelbar den blattartigen Prolificationen, s. Fig. 5. Es scheint dies allerdings ein seltener Fall zu sein, die Regel ist, dass die stammartigen Prolificationen an gleichartigen Gliedern ihren Ursprung nehmen. Für die Bedingungen der Bildung derselben auf Grund von Experimenten Anhaltspunkte zu gewinnen, ist mir nicht gelungen. Auch bei solchen, die ich den normalen Verhältnissen entsprechend .eingepflanzt hatte, d. h. das Stämmchen 418 horizontal, mehr oder weniger tief bedeckt mit Seesand oder dem- selben aufliegend, konnte ich keine Neubildungen der Art beobachten. Auch ziemlich tief im Sande neuentstandene Anlagen wuchsen, ihn durehbrechend, aufwärts als schmale blasse, anfangs wohl cylindrische, aber später doch deutlich flache blattartige Gebilde. Auch an den am natürlichen Standorte gewachsenen Exem- plaren waren übrigens solche Anlagen zu der Zeit meines Aufenthaltes in Neapel selten, es scheint also, dass sie erst im späteren Verlaufe der Ent- wicklung gebildet werden, wenn ein gewisser Ueberschuss an Assimilations- Produkten nicht mehr ausschliesslich nach Bil- dung assimilirender Sprossglie- der drängt. Da die Rhizoiden nur in seltenen Fällen unmittelbar an den Blättern gebildet werden, so ist einleuchtend, dass auch für die Beobachtung der Bildung dieser die Zeit nicht die ge- eignete war. Sehr häufig waren die Auszweigungen der vorjährigen ıhizoidalen Prolificationen zu Grunde gegangen und nur der diekere Basaltheil als kleiner Zapfen übrig geblieben. Auch an den von Hauptfleisch in den Wasser- behälter verpflanzten Caulerpen hatten sich keine Rhizoiden gebildet. Aus den Experimenten, die ich anstellte, geht hervor, dass unter den obwaltenden Verhältnissen weder Contact allen, noch Ver- dunkelung allein, insbesondere auch nicht partielle, sowie auch beide zusammen noch nicht zur rhizoidartigen Ausbildung Veranlassung geben müssen, auch dann nicht, wenn vorher ausserdem durch Belichtung von unten ein erdwärts gerichtetes Wachsthum stattgefunden hatte. Die Wirkung des Berührungsreizes wurde dadurch studirt, dass Caulerpa-Exemplare zum Theil oder ganz in mehr oder weniger feinkörnige Massen eingebettet, zum Theil auch durch einfaches Auf- legen mit jenen Körperchen in Berührung gebracht wurden. Dabei wurde zugleich auf die Löslichkeit, also auf eine eventuelle chemische Fig. 5. 479 Wirkung Rücksicht genommen. Es wurden dazu verwendet Smirgel, also ein unlöslicher Stoff, ferner Seesand eines Standortes der Caulerpa, von dem anzunehmen ist, dass er lösliche Stoffe barg, und schliesslich auch ein Glaspulver. Diese Massen befanden sich in einer etwa 4—5cm hohen Schicht auf dem Grunde kleiner Cuvetten und diese wurden zur Ermöglichung des Wasserwechsels in einen grossen Behälter mit continuirlichem Wasserwechsel gestellt. Nur in einem Falle, in der mit Glaspulver beschickten Cuvette, hatte sich eine specifische Wirkung geäussert, in allen anderen nicht. Diese Wirkung bestand darin, dass die eylindrischen Spitzen der sich an wenig über das Glaspulver hervorragenden Blatttheilen entwickeln- den Prolificationen in scharfem Bogen sich abwärts krümmten. Ein- zelne von ihnen waren nach einer Beobachtung vom 13. Tage in das Glaspulver eingedrungen, andere dagegen von der ursprünglichen Richtung wieder abgewichen, in Sförmiger Krümmung aufwärts ge- wachsen und fingen an, blattartig zu werden. Auch aus folgenden Experimenten geht hervor, dass Berührungs- reize allein nicht zur Bildung von Rhizoiden Veranlassung geben. Als ich auf den Boden eines der von unten beleuchteten Gefässe eine rauhe Glasplatte, die von einer Anzahl Prolificationen an der Spitze berührt wurde, brachte, war beim Fortwachsen der Sprosse unter dem Einflusse der Berührung nichts Bemerkenswerthes zu beobachten; sie bogen durch die Stauchung einfach seitlich aus. Und als ich darauf die Schale vollständig verdunkelte, wuchsen sie, dem negativen Geotropismus folgend, aufwärts. Die partielle Verdunkelung wurde so ausgeführt, dass in Glas- Cylinder paraffinirte Pappdiaphragmen mit Durchbohrungen einge- klemmt wurden; in diese Durchbohrungen wurden die Objeete mit Hilfe von Baumwollpfropfen so eingesetzt, dass ein Theil herausragte, ein anderer’ Theil sich unterhalb des Diaphragmas befand, bis etwas über dessen Höhe hinaus die Cylinder aussen durch Umwieklung mit Staniol verdunkelt waren. Ueber das Diaphragma kam dann noch eine Schicht Sand. In einige der Cylinder wurde ausserdem eine Schicht Seesand gebracht, welcher die Objecte zum Theil umhüllte. Vollständige Dunkelheit herrschte bei dieser Versuchsanstellung in dem abgegrenzten Raume freilich nicht, da durch die Glaswand in der Ausdehnung des Querschnitts derselben noch Licht eindringen konnte. Das Ergebniss war denn auch kein anderes wie bei Lichtmangels es wurden ceylindrische und sehr schmale blasse blattartige Prolifi- Flora 1893, 32 480 cationen gebildet, gleichviel, ob Berührung stattgefunden: hatte oder nicht. - Wenn wir nach einer Erklärung der Ablenkungserscheinung in der Glascuvette suchen, so ist zu bedenken, dass hier keine Berührung stattfand, Berührung also nicht die primäre Ursache des Ablenkens der Sprosse nach unten sein konnte. Da das Glaspulver weiss war, so kann auch ‚keine Lichtflucht im Spiele sein. Es bleibt uns also weiter nichts übrig, als die Vermuthung, dass bei der Erscheinung eine chemischen Wirkung im Spiele gewesen ist. Glas ist ja kein vollständig unlöslicher Körper und in dem pulverisirten Zustande bietet es dem Meerwasser, dessen Lösungsfähigkeit für Glas vielleicht noch durch seinen Salzgehalt erhöht ‘wird, auch noch besonders viel Oberfläche dar. Vielleicht war das betreffende Glas sogar etwas mehr löslich, als dies gewöhnlich der Fall ist; verschiedene Umstände wiesen darauf hin. Dass es lösliche Bestandtheile abgab, erwies ein Versuch, so dass wir in der beobachteten Ablenkung jedenfalls eine chemotropische zu erkennen haben. Auch das Heraufbiegen der an- fänglich abwärts wachsenden Sprosse liesse sich dann wohl dadurch erklären, dass nach Lösung der leichter löslichen Bestandtheile ein Stoffausgleich stattgefunden hatte, und nun kein Diffusionsstrom mehr vom Glaspulver ausging, der kräftig genug war, eine Ablenkung zu verursachen. Zu einer gründlicheren Inangriffnahme. der Einwirkung einseitig hinzudiffundirender Stoffe — insbesondere Nährsalze — konnte ich keine Zeit mehr finden, zumal für solche Versuche die Einrichtung des Apparates nicht so einfach ist. Sie wäre auch im Grunde ge- nommen zwecklos gewesen, da sich herausgestellt hatte, dass die innere Disposition zur Bildung von Rhizoiden nicht vorhanden war, Zur Unmöglichkeit wurden dadurch auch die beabsichtigten Experimente über die Möglichkeit der Bildung von blatt- und stammartigen Proli- fieationen aus wurzelartigen, wie sie Noll!) an den verwandten Siphoneen Bryopsis und Derbesia beobachtet hat. IV. Allgemeine Erörterungen. Zum Schlusse soll uns noch eine Erörterung der Beobachtungen von allgemeineren Gesichtspunkten beschäftigen. Wir haben gesehen, dass die durch die Assimilation gebildeten ‚Stoffe unter den herrschenden Verhältnissen alle zum Aufbau haupt- 1) Botan. Zeitung, 1887, 8.79 u. Arb, des bot. Inst. z. Würzburg. III. 8. 469. 481 sächlich im Dienste der Assimilation thätiger neuer Sprossglieder ver- wendet, also zu Gliedern einer Art wurden. Welche Umstände haben bewirkt, dass andere Glieder nicht ge- bildet wurden? Welche Bedingungen waren dafür nicht erfüllt? Waren es Bedingungen, die sich die Pflanze im Verlaufe der Entwickelung selbst schaffen muss, oder waren äussere nicht erfüllt, die aber der Pflanze geboten werden müssen, wenn sie Sprossglieder aller Art entwickeln soll? Hätten allein äussere Bedingungen gefehlt, so dürften sich unter jenen Culturbedingungen überhaupt nie andere, als blattartige Prolifi- cationen entwickeln, läge die Schuld aber nicht an dem ausschliess- lichen Mangel gewisser äusserer Einwirkungen, so wäre vielleicht nur ‚der Zeitpunkt noch nicht dagewesen und es würden sich im Verlauf der Entwickelung vielleicht noch Glieder allerlei Formen, stamm- und wurzelartiger Sprosse eingestellt haben. Gerade bei einer ausge- sprochen periodisch vegetirenden Pflanze wie Caulerpa ist dies wohl zu berücksichtigen. Eine vergleichende Beobachtung der in Cultur gehaltenen Objecte mit denen am natürlichen Standorte während des ganzen Verlaufs der Vegetationsperiode würde darüber Klarheit bringen, wenigstens dann, wenn ein positives Resultat erzielt würde, wenn sich wirklich Sprosse aller Art auch an den cultivirten Caulerpen bilden würden. Solche Beobachtungen liegen thatsächlich vor. !) Auch führen ganz allgemeine Betrachtungen zur Annahme einer durch den Stoffwechsel geschaffenen inneren Disposition, es ist deshalb viel wahrscheinlicher, dass nur eben darum ausschliesslich blatt- artige Sprosse sich entwickelten, weil diese innere Disposition noch nicht geschaffen war. Nach den von Sachs in den beiden Aufsätzen „Ueber Stoff und Form im Pflanzenreiche“ entwickelten Anschauungen würde das heissen, dass die specifischen rhizoidbildenden Stoffe noch nicht oder noch nicht in genügender Menge producirt oder noch nicht an den Ort ihrer definitiven Verwendung hingelangt waren. Ueber das Zustandekommen der Ansammlung am Orte der Verwendung, von welchen Kräften sie dahin gebracht werden, ob sie dahin gestossen oder ge- zogen werden, erfahren wir damit freilich noch nichts; es fehlen noch wesentliche Anhaltspunkte für die Erklärung der morphologischen Polarität, der offenbar die der physiologischen Polarität vorausgehen muss, weil die erstgenannte nur der äussere Ausdruck der letzteren ist. Es ist ja unbestreitbar, dass die verschiedenen Glieder einer Pflanze speeifische Stoffe enthalten; Frage ist nur, wie viel von diesen Stoffdiffe- 1) Janse, I. c. 8. 172, 32* 482 renzen sich an Ort und Stelle ausgebildet hat, wie viel davon bereits durch eine eventuelle Zuleitung specifischer Stoffe bedingt ist. Nach den Sachs’schen Anschauungen würde das letztere das Hauptmoment und das Primäre sein, die Stoffdifferenzen müssten unmittelbar zurück- greifen bis zu den Assimilationsherden, Es ist klar, dass nun auch die andere Eventualität erwogen zu werden verdient, welche darauf hinausläuft, dass die Differenzen sich wenigstens überwiegend erst an Ort und Stelle ausbilden, aus den gleichen den verschiedenen Theilen zugeführten Assimilationsprodukten. Erwägungen dieser Art will ich im Folgenden entwickeln. Wenn durch die Assimilationsthätigkeit der für dieselbe vor- handenen Glieder neue Stoffe produeirt werden, so werden diese sich von den Orten ihrer Bildung, soweit es lösliche Produkte sind, aus- zubreiten streben, umsomehr, als durch die Lebensthätigkeit und den nothwendig mit derselben verknüpften Stoffverbrauch stete osmotische Spannungen aufrecht erhalten werden, die von den Assimilationsherden ausstrahlende Diffusionsströme zur Folge haben müssen. Mischungs- gleichgewicht würde ja überhaupt der Tod sein. Andrerseitsaber wirdauch ein entgegengesetzt gerichteter Diffusions- strom vorhanden sein müssen für die Nährsalze, die vorzugsweise an den Assimilationsherden gebunden werden. Durch und in dem Maasse der chemischen Bindung wird naturgemäss der Zustrom von Nährsalzen aufrecht erhalten. Wir haben infolgedessen zwei gegen- einander diffundirende Stoffe bezüglich Stoffgemische, deren osmotische Spannung in wechselseitiger Abhängigkeit steht. Es ist nun denkbar, dass im Verlaufe der Vegetation sich in der einen oder andern Richtung Missverhältnisse zwischen Zufuhr und Verbrauch herausbilden. Bei der periodischen und von so mancherlei wechselnden Nebenumständen abhängigen Einwirkung des Hauptagens, des Lichts, ist dies sogar melır als wahrscheinlich. Ein Verhältniss, das nach allem was wir wissen, oft eintritt, ist ein Mangel an Nährsalzen, Dieser wird bei sonst günstigen Umständen für die Assimilation sich besonders fühlbar machen und sich von den als Attractionscentren wirkenden Assimilationsherden bis in die ent- legensten Enden der Pflanze fortsetzen. Diese Spannung könnte nun schr. wohl bewirken, dass der Bildungstrieb an den Stellen sich äussert, die in Berührung mit dem Medium sind, aus denen die Salze herbei- gezogen werden, so dass das vorhandene Bildungsmaterial, welches in der Pflanze disponibel ist, dort zu einem Neuzuwachs verwendet wird, wo durch denselben die Gelegenheit zu einem theilweisen Ausgleich 483 der in der Pflanze herrschenden chemisch-physikalischen Spannungen gegeben ist. Das Fortwachsen der Wurzeln in der angenommenen Richtung würde dann also als eine chemotropische Erscheinung zu betrachten sein. Es wird so lange andauern, als Bildungsmaterial vor- handen ist und könnte selbst nach Stillstand der Production neuer Stoffe in Folge der Festlegung an der Spitze und des dadurch veran- lassten Zuströmens von Bildungsmaterial aus den übrigen Theilen der Pflanze noch eine Zeit lang fortgesetzt werden. Insofern durch diese Neubildung specifisch hierfür angepasster Sprossglieder neue Nährsalz- mengen der Pflanze erschlossen werden, wird auch die Assimilation ihren Fortgang nehmen können. Natürlich ist auch nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen die Wurzelbildung der Bildung vegetativer Sprosse vorausgeht. Sie ist dann wahrscheinlich, wenn aus irgend emem Grunde eine An- häufung von Assimilationsprodukten stattgefunden hat, die erst nach Erschliessung neuer Nährsalze weiter verarbeitbar sind. Sie ist auch thatsächlich beobachtet von Janse und Wakker, Was zuerst entsteht, ist davon abhängig, welche Sprossglieder mit ihrer Thätigkeit nicht mit denen, die zusammen mit ihnen ein geschlossenes Ganzes bilden, in entsprechendem Maasse fortgeschritten waren, Alles das kann sich natürlich bald mehr periodisch, bald mehr continuirlich vollzichen, je nach den Eigenthümlichkeiten der Pflanze und den gerade verwirklichten äusseren Bedingungen. Es würde eins aus dem andern folgen, die Erscheinungen einander wechselseitig be- dingen, die Annahmen würden also auch mit dem allgemeinen bio- logischen Erfahrungssatz der Bildungsfähigkeit nach dem Bedürfniss, dem Princip der Selbstregulation !) in vollem Einklange stehen. Ebenso ist das Eintreten von Correlationserscheinungen, wie sie so mannigfach zu beobachten sind, leieht verständlich. Es ist klar, dass man dabei zu einer Annahme für jedes Organ vorgebildeter specifischer Stoffe nicht gezwungen ist, da es denkbar ist, dass je nach Art und Angriffspunkt des auslösenden Agens das in Lebensthätigkeit begriffene Plasma zu einer besonderen Aeusserung, zur Bildung nach Form und Function verschiedener Glieder befähigt und thatsächlich getrieben wird.. Wenn wir prüfen wollen, ob eine Anschauung fruchtbar ist, so dürfen natürlich durch die Erfahrung festgestellte Thatsachen ihr nicht 1) Vgl Pflüger, Archiv f. Physiologie 1877, Bd. XV, 8. 76. 484 widersprechen. Es soll desshalb unsere nächste Aufgabe sein, die Probe darauf an der Hand unseres Objectes, der Caulerpa, zu machen. Rhizoidbildung würde bei der oben entwickelten Auffassung immer ein Zeichen für einen relativen Mangel, vom Standpunkte der lebendigen Pflanze aus für ein Bedürfniss an Nährsalzen sein. Ich wüsste nicht, was dem widerspräche, im Gegentheil, die Erscheinungen sind damit in vollem Einklange. Für die Assimilationsthätigkeit am Anfange der Vegetationsperiode wie überhaupt für ein geringes Maass derselben wird das die ganze Pflanze umspülende Wasser genug Nährsalze ent- halten, um den Bedarf der Pflanze zu decken, es folgen alle Neu- anlagen dem Streben nach Stoffvermehrung, zu welcher vom Licht der Reiz ausgeht, sie werden alle zu blattartigen Prolificationen. Es ist denkbar, dass dieses Verhältniss sich überhaupt nicht ändert, dass die Pflanze unter den obwaltenden Bedingungen nie so günstig ge- stellt ist, so viel assimilatorisch thätige Glieder ausbilden zu können, dass jenes Missverhältniss eintritt, dass immer genug Salze da sind für die Assimilationsthätigkeit der vorhandenen Sprossglieder, wie auch der sich langsam entwickelnden Neubildungen, für welche alles producirte Material aufgebraucht wird, so dass es zu keinem Stoffüber- schuss kommt. Es wäre begreiflich, warum bei dieser Sachlage erst im späteren Verlaufe der Entwickelung Bedürfniss wie Fähigkeit zur Neubildung rhizeidartiger, activ für die Gewinnung von Nährsalzen thätiger Spross- glieder sich einstellt. Der Stamm (Rhizom) würde dann das Sprossglied sein, welches ein Wachsthum erfährt durch den Ueberschuss an Bildungsstoffen, der unter den obwaltenden Verhältnissen weder zur Vermehrung von Assimilations- noch Wurzelsprossen Veranlassung gibt, bis die wohl nie ganz erlöschenden polaren chemisch-physikalischen Spannungen wieder so mächtig sind, dass sie zur Bildung neuer Blatt- und Wurzel- glieder den Anstoss geben. Der Anstoss zur Bildung von Rhizoiden liegt also gar nicht in der Einwirkung von aussen kommender Stoffe — wir sehen ja auch anderwärts, wie z. B. bei abgeschnittenen Sprossstücken, sich in die Luft hinein Wurzeln bilden — sondern er liegt in jenem Missverhältniss ‘des Vorhandenseins von Bildungsstoffen, die ohne Nährsalze nicht für neue, das Bedürfniss noch steigernde Assimilationsglieder verwendet werden. Die Stoffe, die mit der Pflanze in Berührung kommen, wirken nur aufrechterhaltend auf die Spannungen, welche zu der bei der Volumzunahme ausgeführten Bewegung der Theilchen führen, 485 ebenso wie die Schwerkraft, wie das die heliotropischen Erscheinungen veranlassende Licht höherer Brechbarkeit. Sie indueiren aber weder die Art, noch den Ort der sich. bildenden Sprossglieder, Pfeffer!) macht bereits darauf aufmerksam, dass „die inneren Ursachen, welche die‘Ausbildung der Pole an Theilstücken veran- lassen, unterschieden werden müssen von der Induction der Vertiei- basalität in die Pflanze“. Er fährt fort: „Lassen sich jene auch nicht näher präeisiren, so dürften sie doch wohl im Zusammenhang mit dem Stoffaustausch stehen.“ Das ist im Grunde das, was oben näher aus- zuführen versucht wurde. Können wir also auch verstehen, wie die Fortentwiekelung auf Grund der einmal indueirten Polarität erhalten werden kann, so erlaubt uns das doch noch keinen Schluss darauf, in welcher Weise sie sich herausgebildet hat. Für das Zustandekommen derselben möchte Folgendes zu be- denken sein. Dass die Bedingungen der Polarität schon dadurch gegeben sind, dass die Organismen an der Grenze zweier terrestrischer Hauptgebiete — Lithosphäre und Atmosphäre resp. Hydrosphäre — leben, welche die Quellen der Voraussetzungen für ihr Bestehen bilden, ist im Grunde genommen nieht mehr wie natürlich, es wäre im Gegentheil wunderbar, wenn es nicht so wäre. Denn alle Ein- flüsse, welche die Organismen im Betrieb erhalten, wirken einseitig, aber von im Allgemeinen zwei verschiedenen entgegengesetzten Richtungen aus; so z.B. die anorganischen Stoffe, die.Schwerkraft von der Seite der Lithosphäre, das Licht — dass es kosmischen Ursprungs ist, kommt hierbei weiter nicht in Betracht — sowie auch der Sauerstoff der Luft von der Seite der Atmosphäre. Nichts kann unter diesen Umständen begreiflicher sein, als die Ausbildung zweier nach den beiden Quellengebieten ihrer Existenz- bedingungen gerichteten Hauptpole. So erscheint die Polarität als Ergebniss des Zusammenwirkens einer Anzahl von in Wechselbeziehung stehenden Factoren und es ist nicht möglich, dieselbe als von einer Ursache allein, sei es der Schwerkraft!) oder irgend welcher anderen, inducirt zu begreifen. Aufgabe der Zukunft wird es sein, die Rolle jedes einzelnen Factors zu ergründen. Vor der Hand erscheint uns die Polarität im 1) Physiologie I, 8, 171. 2) Pfeffer (Physiologie II, 172) hat sich bei der Erwähnung der Sachs’schen Anschauungen gegen die Annahme, dass die Schwerkraft des Hauptagens hierbei sei, ausgesprochen. 486 Wesentlichen als eine vom Organismus selbst ausgehende, ihm inhärente Erscheinung, eine Erscheinung aus inneren Ursachen. Zu charak- terisiren ist sie als der Ausdruck cines chemisch - physikalischen Spannungssystems. Litteratur. Berthold, Beiträge zur Morphologie u. Physiologie der Meeresalgen. Pringsheim’s Jahrb. Bd. 16. 1886, Berthold, Ueber die Vertheilung der Algen im Golf von Neapel. Mittheilungen aus d. zool. Station zu Neapel, III. 1882, Falkenberg, Die Mceresalgen des Golfes von Neapel. Ebenda I. 1879. Janse, Die Bewegung des Protoplasmas von Caulerpa prolifera. Pringsheim’s Jahrbücher. Bd. 21. 1890. Nägeli, Caulerpa prolifera. Zeitschr. f, wissensch. Botanik v. Schleiden u. Nägeli, 1. 1. 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Aber nur zwei Seiten sind einer solchen gewidmet, und von diesen haben nur zwölf Zeilen eigentlichen Bezug darauf, diese aber sind in hohem Grade unpraktisch. Kapitel II „structure of Diatoma“ ist gleichfalls viel zu mager ausgefallen, als dass es dem Leser wirklich von praktischem Nutzen sein könnte. Kap. III über die Be- wegungserscheinungen ist sorgfältiger compilirt. Es behandelt in klarer Weise die verschiedenen Hypothesen über diese schwierige Frage und stellt mit Recht Max Schultze’s Theorie als den derzeit besten Erklärungsversuch in den Vordergrund. Kap. IV gibt die bekannte und allgemein angenommene Classification der Diatomeen von Prof. H. J. Smith. Kap. V, welches die Fortpflanzung behandelt, ist sowohl unklar als unzulänglich, Nach Kap. VI, welches den, wie schon er- wähnt, unzutreffenden Titel „collecting diatoms“ führt, gibt Kap. VII eine kurze Besprechuug über das Präpariren. Was im folgenden Kapitel über mikroskopische Untersuchung mitgetheilt ist, findet man in allen Optiker-Catalogen; das Kapitel schliesst mit einer ganz zwecklosen, zwei Seiten langen Anführung, die mittheilt, wie Dr. J. H. L. Flögel seine berühmten Diatomeen-Schnitte ausführt. Das Schlusskapitel ist das längste, und von dem Verfasser mit mehr Sorgfalt bearbeitet als einige der vorhergehenden. Es bespricht die Mikro-Photographie eingehend. Indess nehmen Bemerkungen über Dunkelzimmer, Entwickler, Ton- Bäder etc. zu viel Raum ein, Dinge die in der jetzt endlos angewachsenen Litteratur über Liebhaber-Photographic eingehend genug behandelt sind, Der Rest des Buches — nicht weniger als 162 Seiten von 240 — gibt eine Bibliographie der Diatomeen-Litteratur, welche Julien Deby zusammengestellt hat. Dieselbe ist eine ganz ausgezeichnete und mit vollendeter Sachkenntniss aus- geführte Arbeit, die alles Lob verdient. Sie entschädigt ohne Zweifel den Käufer des Buches zum grossen Theil für die Mängel des ersten Theiles,. Alb. Mann. Vom tropischen Tiefiande zu ewigem Schnee. Eine malerische Schilderung des schönsten Tropenlandes Venezuela. In Wort und Bild von Anton Goehring. Mit 12 Aquarellen und 54 Text- illustrationen von nach der Natur aufgenommenen Original- zeichnungen. Leipzig, Adalb. Fischer’s Verlag, geb. 25 M. Referent ist zwar nicht der Ansicht, dass Venezuela das „schönste Tropenland‘ ist, aber die von Goehring in dem vorliegenden Werke gegebenen Schilderungen und Abbildungen bieten trotzdem auch dem Botaniker viel Interessantes, Vege- tationsbilder aus den Tropen besitzen wir nur in äusserst geringer Anzahl. Das Entwerfen derselben ist auch viel schwieriger, als in unseren Breiten, wenn man sich nicht, wie das vielfach geschieht, damit hilft, durch eine Staffage von einigen Palmen, Bananen und Bambus einen tropischen Eindruck hervorzurufen und den 488 Rest „Schweigen“ sein zu lassen. Die besten, dem Ref. bekannten Vegetations- bilder, die von Marian North, sind leider noch nicht vervielfältigt, sondern nur in Kew in den Originalen zugänglich, Es ist also mit Dank zu begrüssen, wenn ein Maler, der sich Jahre lang in Venczuela aufgehalten hat, seine Bilderschätze dem Publikum zugänglich macht. Die Abbildungen beziehen sich, wie der Titel besagt, auf Gegenden vom Meeros- spiegel bis zur Cordillere. Nun sieht zwar der Naturforscher vielfach anders als der Maler — namentlich der Maler der älteren Richtung, welcher Goehring an- gehört —, aber man wird dessenungeachtet dem vorliegenden Werke, das zum erstenmal den Versuch macht, ein Tropenland in den Bereich der illustrirten Prachtwerke zu ziehen, Interesse entgegenbringen. Besonders sei als dankens- werth noch hervorgehoben, dass in demselben nicht die meist so wenig erfreu- lichen Phototypieen auftreten, welche moderne Reisewerke zu „verzieren‘ pflegen, sondern gute Holzschnitte, welche die Darstellungen auf den Farbentafeln ergänzen. K. Goebel. Der botanische Garten ‚s’lands plantentuin“ zu Buitenzorg auf Java. Festschrift zur Feier seines 75jährigen Bestehens (1817 bis 1892) mit 12 Liehtdruckbildern und 4 Plänen, Leipzig, Verlag von W. Engelmann. Preis: 14 Mark. Die meisten tropischen botanischen Gärten sind in Europa recht wenig be- kannt und haben für die europäischen Botaniker nur wenig Bedeutung. Anders ist es mit dem Buitenzorger Garten der seit einer Reihe von Jahren durch die schöpferische Thätigkeit seines Direetors, Dr. M. Treub, die allgemeine Auf- merksamkeit auf sich‘ gezogen hat, So wird auch die vorliegende Festschrift grosses Interesse finden. Sie zeigt an der Hand der Geschichte und unter Vorführung der jetzt be- stehenden Einrichtungen, dass dieser botanische Garten in den Tropen nicht nur von grosser Bedeutung für die tropischen Kulturen ist, sondern einen wichtigen Mittelpunkt für das gesammte Studium der Pflanzenwelt bietet. Die Organisation des Buitenzorger Gartens ist ein Muster geworden durch das selbstlose ideale Bestreben, die Wissenschaft zu fördern. Möchte dasselbe bald auch anderwärts Nachahmung finden und so allmählich eine, wenn auch kleine Anzahl tropischer botanischer Stationen entstehen, Das vorliegende schön ausgestattete und trefflich geschriebene Werk wird zweifelsohne dazu beitragen, dass der Besuch des Buitenzorger Gartens von Seiten europäischer Botaniker ein immer regerer wird, und dass es allmählich als selbstverständlich betrachtet wird, dass jeder Botaniker die Tropenvegetation aus eigener Anschauung, nicht nur aus den vielfach nur als Pfianzen-Spitälern zu bezeichnenden Gewächshäusern kennen lernt. Es handelt sich dabei nicht nur um speciell wissenschaftliche Probleme — deren gibt es ja auch in Europa für alle Zeiten in Hülle und Fülle —, sondern um Gewinnung von Anschauungen. Könnte man sich endlich zu einer zeitgemässen Reform der bota- nischen Gärten entschliessen, so dürften dadurch auch Mittel frei werden, die zu Reisestipendien Verwendung finden könnten; auch die für Preisaufgaben noch an einigen Stellen verwendeten Mittel würden nutzbringender auf diese Weise ange- legt werden, zumal eine Tropenreise heute meist keine grösseren Schwierigkeiten und Gefahren bietet als eine solche in Europa, K. Goebel. 489 Eingegangene Litteratur. Arthur, J. C., Concerning the potato tuber. Purdue University. Bulletin of the Agricultural Experiment Station of Indiana. Nr. 15. — Spotting of peaches and eucumbers. Ibit. Nr. 19. — Wheat rust. Ibid, Nr. 26. — Smut of wheat and oats, Ibid. Nr. 28. — Treatment of smut in wheat. Ibid. Nr. 32, — Loose smut of oats. Ibid. Nr. 35. — Diseases of the Sugar Bee Root. Ibid. Nr, 39. — — The potato: The relation of number of eyes on the seed tuber to the product. Ibid. 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