FLORA ODER oe ALLGEMEINE. BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. “- . 80. BAND. — JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, Mit XI Tafeln und 75 Textfiguren. Mo. Bot. Garden, 1895. on MARBURG. ‚N. @. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1895. Inhaltsverzeichniss. I. Abhandlungen. BOWER, Verwahrung . . DAIKUHARA, G., Ueber das Reserveprotein der Pflanzen DALMER, M., Ueber Eisbildung in Pflanzen mit Rücksicht auf die ana- tomische Beschaffenheit derselben . FARMER, J. Bretland. Ueber Kerntheilung in Lilium-Antheren, besonders in Bezug auf die Centrosomenfrage . GLÜCK, H., Die Sporopkylimetamorphose GOEBEL, K., Archegoniatenstudien: 6. Ueber Function und Anlegung der Lebermoos-Elateren . 7. Veber die Sporenausstreuung bei den Laubmoosen . — Ueber die Einwirkung des Lichtes auf die Gestaltung der Kakteen und anderer Pflanzen GREVILLIUS, Dr. A. H., Veber Mykorrhizen bei der Gattung Botrychium nebst einigen Bemerkungen über das Auftreten von Warzeloprossen bei Botr. virginianum Sw. . .KLEBAHN, Dr. H,, Gasvakuolen, ein Bestandtheil der Zellen der wasser- blüthebildenden Phyeochromaceen . . LOEW, Ueber das active Reserre-Eiweiss in den Pflanzen OLTMANNS, Fr,, Notizen über die Kultur und Tebenbedingungen der Meeresalgen . . . . . . — Ueber die Entwickelung der- Bexualorgane bei Vaucheria . . SACHS, J. von, Aus dem botanischen Institut in Würzburg. 2. Eine geotropische Kammer STENSTRÖM, Dr. K. O. E,, Ueber das Vorkommen derselben Arten in verschiedenen Klimaten an verschiedenen Standorten, mit besonderer Berücksichtigung der xerophil ausgebildeten Pflanzen. Eine kritische pflanzenbiologische Untersuchung . . . . . . . Nachtrag dazu ... . B oo. oo. . . D. Abbildungen. A. Tafeln. Tafel I zu Goebel, Archegoniatenstudien 6. Tafel II u. II zu Farmer, Ueber Kerniheilung ete. Tafel IV zu Klebahn, Gasrakuolen. Tafel V zu Glück, S$porophylimetamorphose. Tafel VI, VII, VII, IX, X zu Oltmanns, Vaucheria. Tafel XI zu Goebel, Archegoniatenstudien 7. 9 445 241 68 ’88 888 293 117 421 IV. _B Textfiguren. 13 Fig. zu Goebel, Archegoniatenstudien 6. 5 Fig. zu Goebel, Ueber die Einwirkung des Lichtes. 2 Fig. zu Stenström, Üeber das Vorkommen etc. 2 Fig. zu Sachs, Eine geotrop. Kammer. 40 Fig. zu Glück, Sporephylimetamorphose, 13 Fig. zu Goebel, Archegoniatenstudien 7. III. Litteratur: Seite Anstalten, Die botanischen, Wiens im Jahre 1894 . . . . . 284 HESSE, Die Hypogacen Deutschlands . . 283 KOCH, Jahresbericht über die Fortschritte'in der Lehre von "den Gährungs- Organismen, IV. Jahrgang . . . . . . . . . 457 LEVIER, A travers le Cmucase 2.002 4b LISTER, Mycetozor . 489 LOEW, E, Blüthenbiologische Floristik des mittleren und nördlichen Buropa 283 MOELLER, Brasilische Pilzblumen . . . . . 454 NAWASCHIN, Ueber die gemeine Birke . . . . . . 454 SCHUMANN, K., Lehrbueh der systematischen Botanik . j . . 285 WAINIO, Edrv. A, Lichenes Brasiliae exsiecati, 1891 . . . . 490 WARMING, Den almindelige Botanik III. Udgave . . . . . 284 IV. Eingegangene Litteratur: 8. 288, 456, 490. Heft I (8. 1—292) erschien am 22. Februar, Heft II (S. 293--458) am 11, Mai, Heft III (S. 459—492) am 15. Juli. Binnen kurzem erscheint das |. Heft des 81. Bandes (Ergänzungs- band zum Jahrgang 1895). Der Gesammtpreis dieses Bandes lässt sich, da derselbe, um eine raschere Drucklegung der Manuskripte zu er- ‘möglichen, in Heften ausgegeben wird, noch nicht feststellen, wird aber 16 Mark jedenfalls nicht übersteigen. | re FLORA ODER ! FRÜHER HERAUSGEGEBEN voNn DER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. "Inhalt. u 80. BAND. — JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, Zu . “Erschienen am 22. Februar. . K, GOEBEL, Archegoniatenstudien. 6. Ueber Function und Anlegung der- Lebermoos-Elateren . . * - FRIEDRICH OLTMANNS, Notizen über die Eullur- und Lebensbedingungen der Meeresalgen J. BRETLAND FARMER, Veber Kerntheilung in Lilfum-Antheren bescnders in Bezug auf die Centrosomen-Frage j O, LOEW, Ueber das: active Reserve-Eisweiss in den Pflanzen -+6. DAIKUHARA, Ueber das Reserve-Protein .der Pflanzen X. GOEBEL, Ueber die Einwirkung des Lichtes auf die Gestaltung der. wz Kakteen und anderer Pflanzen j Dr..K. O. Ei Stenström, Ueber das’ Vorkommen derselben, Arten in ven schiedenen Klimaten an Verschieä ı Standorten, mit besonderer Be- rücksichtigung der xerophil. ausgebildeten Pflanzen. Eine kritische - pflanzenbiologische Untersuchung Dr, H. KLEBAHN, Gasvacuolen, ein Bestandtheil der Zellen der wasserblüthe- . "bildenden Phycochrumaceen _ .. LITTERATUR: Blütenbiologische _ Floristik des mittleren und nördlichen Europa sowie Grönlands. Von Dr. E. Loew. — Dr.. Rudolph Hasse, Die Hypogaeen Deutschlands. — Die botanischen Anstalten Wiens im Jahre 1894. — Dr. Eug. Warming: Den almindelige Botanik. Tredie fulstaen- digt omarbejdede og forögede Udgave ved Eug. Warming oe W. Jo- “= hannsen . . EINGEGANGENE LITERATUR -Mo. Pot.‘ Gar rden, MARBURG. Heft I-mit 4 Tafeln und 18 Textfiguren. - Seite $. 6. ELWERTSCHE VERLAGSBUG HHANDLUNG. dar 38-55 56--67 . ° 5489 90--95 96-116 117240 2a - 282 Pr Bu: WE einer Beilage der Veriagsbuchkandiungen. Ferdinand PR Shattgart, und u > Br ) ä S E2 “ gr u ” .n 2 Fr 2 4 . _ - u Bu ” .r Bemerkung. . - Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Litteraturbesprechungen : 30. Mk; Die; ‚Mitarbeiter erhalten 30 - Sonderabdrücke kostenfrei. Wird: eine “ “gröfsere "Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: © " Für. 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. - 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 F 26 ö ” on i n°. 2.50 " n r ” ” 60 - - n. 30 Pr ” ” 3.80, ” » ” —.90 - 1:9 40- ” » n „5. ” ” ” „. 1.20 ” "+50 ” ” n n 6.50 „ » ” ” „ 150 # ‚00 ” „ * [2 8.-- " ” r ” nn. 2.— Iuuze \ w ” n ., 90 5. ”. ” ” » ‚2.50 ” 80 ” ” ” „2% 50”, n ” ” „ 8— ”- so u ln BEE Be ” 12.— " ” ” n „. 4 : 200 yn ” on ” 15.— nn n n „» I . Dissertätionen, Abhandlungen systematischen Inhalts, sowie solche von _ : welchen über 100 Sonderabdrücke hergestellt werden, werden nicht honoriert; - für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur & Bogen honoriert; die - Kosten für Abbildungen hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen; ebenso % “bei fremdsprachigen Manuskripten die Kosten der Übersetzung. Die Zahlung dr ; Honorare erfolgt nach. Äbschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes _; “ beträgt 18 Mark. Jedes Jahr erscheint-ein Band im Umfang von. mindestens 30 Druckbogen, nach Bedürfnifs schliefsen sich an die ‚Jahrgänge. Ergänzunge- bände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Litteratur für die „Flora* sind an den Herausgeber, Herrn Prof, Dr, Goebel in München, Leopoldstr. 33 (vom 15. Märzab Nymphen- . burgerstr. 50/1) zu senden, Korrekturen an die Druckerei von Valentin Höfling, München, Kapellenstrafse 3. Alle geschäftlichen Anfragen ete. sind zu richten an die unterzeichnete Verlagshandlung. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung. Marburg (Hessen-Nassau). DRS EEE DENE UHEHE EEE une Archegoniatenstudien. Von K. Goebel. Hierzu Tafel I und 13 Text-Figuren. 6. Ueber Function und Anliegung der Lebermoos-Elateren. In einem früheren Abschnitt dieser „Studien“ habe ich auf die Verschiedenheit hingewiesen, die bei einem Vergleich der Vegetations- organe der Laubmoose mit denjenigen der Lebermoose hervortritt: Auf der einen Seite eine gewisse Einförmigkeit und Starrheit der äusseren Gliederung!), auf der andern eine reiche Mannigfaltigkeit von unter sich durch Uebergänge verknüpften Gestaltungen. Die Frage liegt nahe, ob für die ungeschlechtliche Generation dasselbe gelte. Von vornherein könnte man geneigt sein, diese Frage zu verneinen. Ein Lebermoossporogonium ist in seinen typischen Vertretern — also abgesehen von den Anthoceroteen, die, wie schon der eigenthümliche Bau der Zellen (meist nur ein pyrenoidhaltiger Chloroplast) zeigt, eine besondere Stellung einnehmen — ein sehr vergängliches Ge- bilde, das aus dem Archegonium nur hervoriritt, um seine Sporen auszustreuen. Die typischen Laubmoossporogonien dagegen führen eine selbständigere Existenz, da sie schon vor der Reife den Arche- gonienbauch durchbrechen und ausserhalb desselben einen längeren Reifeprocess durchmachen. Dem entspricht bekanntlich eine Arbeits- theilung im inneren Bau der Sporogone, wie sie bei der geschlecht- lichen Generation nicht vorkommt; es genügt an das Auftreten einer mit Spaltöffnungen versehenen Epidermis sowie an die den sporogenen Zellen als Nahrungsgewebe und Wasserspeicher dienende Columella zu erinnern. Dazu gesellen sich die Aussäevorrichtungen, wobei be- merkt sein mag, dass wir über die Beziehungen zwischen Bau und Function des Peristoms vielfach noch recht wenig wissen.?) Diesen An- 1) Der anatomische Aufbau der Laubmoose ist dagegen bekanntlich viel reicher gegliedert als der der Lebermoose. 2) Bezüglich des Annulus vgl. Dihm, Flora 1894, Ergänzungsbd. p. 286 ff. Experimentelle Untersuchungen werden die Bedeutung der dort geschilderten Bau- verhältnisse näher zu bestimmen haben. Flora, 1895, 1 Mo. Bot. Gar vr Io n , 1ES3 2 passungserscheinungen gegenüber steht aber eine grosse Einförmigkeit des Aufbaus und der Anlage der Sporogonien. Die ganze Laubmoosreihe zeigt — soweit bis jetzt bekannt — in dieser Beziehung nur einen Typus, den wir als einen primitiven bezeichnen können — Archidium. Bei allen. übrigen Moosen nämlich wird bekanntlich zur Sporenbildung nur eine einzige Zellschicht des Sporogons, das Archesporium, ver- wendet!), während den übrigen vegetative Functionen zukommen. Bei Archidium dagegen ist ein Archespor noch nicht ausgebildet, alle Zellen des Innenraumes der Kapsel sind noch im Stande fertil zu werden, obwohl dies nur bei einer kleinen Anzahl geschieht, während die übrigen offenbar als „Nährzellen“ für die fertilen functioniren. Unter den Lebermoosen war bisher nur eine Form bekannt, bei der in den Sporogonen ein besonderes Meristem für das sporogene Gewebe sich von den steril bleibenden übrigen Zellen des Kapsel- raumes?) sondert, es ist dies, wie Leitgeb gezeigt hat, bei den Anthoceroteen der Fall. Es ist beachtenswerth, aber wohl noch nicht genügend hervor- gehoben, dass die Sporogone derselben auch biologisch, d.h. in ihren Anpassungserscheinungen, sehr an das Verhalten der Laubmoossporo- gonien erinnern. Es spricht sich darin nicht etwa eine phylogenetische Annäherung, sondern lediglich eine Parallelbildung aus. Entsprechend seinem langsamen interkalaren Wachsthum besitzt das Sporogon von Anthoceros eine wohldifferenzirte Epidermis mit Spaltöffnungen und darunter ein Assimilationsgewebe; auch die Sporogonien der meisten übrigen Lebermoose (vielleicht mit Ausnahme der Geocalyceen) sind übrigens chlorophylihaltig, so lange sie jung sind, aber die Assimi- lationsthätigkeit dürfte eine geringe sein. Was die Ausbildung der Sporogone betrifft, so soll hier auf die bekannten Vorgänge, die zur Bildung eines Stieles und eines basalen, als Saugorgan functionirenden Theiles hier nicht näher eingegangen werden; auch in dieser Beziehung zeigt sich den Laubmoosen gegenüber eine viel grössere Mannigfaltigkeit. Dagegen sind die Differenzirungen im Kapseltheile hier zu besprechen, welche zur Bildung der Elateren führen, und namentlich auch die Function derselben. 1) Bei Andreaca und den Bryineen gehört das Archespor dem „Grund- quadrate“ an, bei Sphagnum bildet das letztere die Columella, während das Arche- spor von der „Wandschicht“ abgetrennt wird (vgl. Waldner, Die Entwicklung der Sporogone von Andreaea und Sphagnum, Leipz. 1887). Es erscheint mir fraglich, ob auf diese Differenz so viel Gewicht zu legen ist, wie dies bisher geschah. 2) Also abgesehen von den sterilen Zellen, welche die Wandung, den Fuss und den Stiel, wo diese Organe vorkommen, bilden. 3 Man sollte denken, die letztere sei eine allgemein bekannte, schon durch den Namen genügend gekennzeichnete. Dem ist aber, wie die Litteratur zeigt, nicht so. Allerdings hat man sich frühe schon mit der biologischen Bedeutung der Elateren beschäftigt, und ge- rade die älteste Arbeit darüber ist auch die beste. Aber von da ab hat sich die Kenntniss der Vorgänge, die sich bei der Sporenaussaat der Lebermoose abspielen, in absteigender Linie bewegt. Das Interesse war in den letzten Jahrzehnten weit mehr auf die Entwickelung der Sporogonien, auf die Anordnung der Zellen im embryonalen Zustand gerichtet, als auf das Verhalten der fertigen Organe; man hat auch hier, wie de Bary!) für ein anderes Gebiet hervorhob, über dem „voir venir les choses“ die Dinge, die da kommen sollten, vernach- lässigt und sich mit dem Namen „Elateren“ begnügt. Dass dieser aber noch keineswegs eine Auskunft über die Function zu geben braucht, zeigt das bekannte Beispiel der „Elateren“ der Equiseten, welche keine „Schleuderer“ sind.?) Bei den Lebermoosen ist, wenigstens für eine Reihe von Formen, die Kenntniss der Function der Elateren älter als ihr Namen. In seiner „Dissertatio de Jungermanniae charactere“ vom Jahre 1760°) sagt Schmidel (a. a.O. p. 104): „Elegans et delectabile esse solet spectaculum, quando vasculum (das Sporogon) rumpitur, et post ali- quam ab accedente Aere moram Pollen e nexu cum filis non solum sed et in quibusdam ipsa fila a vasculi laciniis tanto impetu resiliunt et exploduntur, ut si a Arcu aut Ballista proiiceretur. Ipsa quoque 1) Vorwort zur „Vergleichenden Anatomie der Vegetationsorgane“. 2) Vgl. darüber de Bary, Bot. Zeit. 1881 p. 782. Ich möchte annehmen, dass die Function der Elateren sich nicht, wie de Bary anzunehmen scheint, auf das Zusammenheften der Sporen zu kleinen Massen beschränkt; die im trockenen Zustand ausgestreckten Elateren werden auch als Flugorgane der Sporen in Betracht kommen. Bei den Farnen findet ein, wenigstens theilweises Abschleudern der Sporen durch die Bewegungen der Sporangienwand statt. Die Wichtigkeit des von de Bary hervorgehobenen Gesichtepunktes soll keineswegs bestritten werden, da ja in der That durch das Zusammenhaften der Sporen einzelne Prothallien (die schlechter ernährten) männlich werden. Aber es scheint mir dies nach dem Obigen nicht die einzige Bedeutung der Elateren zu sein, um so mehr als die Sporen bei dem Herausfallen aus dem Sporangium zunächst lockere Verbände bilden, die leicht durch Luftströmungen weggeführt werden können. Erst wenn sie auf ein feuchtes Substrat gelangen, schliessen sie sich fester zusammen. 3) Abgedruckt in: D. Casimiri Christoph. Schmidelii dissertationes botanici argumenti revisae et recusae, Erlangae sumtu Wolfgangi Waltheri vr, p. 89 f. 4 fila motu spontaneo crispantur et convolvuntur. Hac igitur modo Pollen in sublime proiieitur, et in glebas vieinas disseminatur.“ Von anderen älteren Autoren möchte ich hier nur den um die Organographie der Muscineen hochverdienten Hedwig anführen, um so mehr, als von ihm der Ausdruck Blateren zum ersten Mal angewendet zu sein scheint. In seiner „Theoria generationis et fructificationis plantarum erypto- gamicarum Linnaei mere propriis observationibus et experimentis superstructa, Petropoli 1784* widmet er den Lebensverhältnissen der Lebermoossporogonien eine ziemlich eingehende Schilderung. Er er- wähnt, dass der Stiel der Kapseln innerhalb weniger Stunden zu seiner vollen Länge sich strecke, und dass der „Fuss“ der Kapsel zur Nahrungsaufnahme diene; heute würden wir ihn als ein Haustorium bezeichnen. Er beschreibt die Elateren unter dem Namen Filamenta (resp. filamenta elastica) und schildert ihre Anordnung an der aufge- sprungenen Kapsel von Pellia, Aneura, Metzgeria u. a. und spricht später (p. 95) von „elateres“, über die er freilich mit Schmidel eine irrige Meinung theilt, indem er sie als „quasi pedicella seminum“ auffassen zu sollen glaubt; indess hat er die Sporen als solche er- kannt und deren Keimung beschrieben. Ueber die Function der Bla- teren bringt er Schmidel gegenüber nichts Neues bei, auch scheint er dieselben überall für Schleuderorgane zu halten, obwohl er auf p-. 106 die Oeffnung der Kapsel von Preissia im Wesentlichen richtig beschreibt. Diese Auffassung geht auch aus einer späteren Mittheilung hervor, die sich auf Lycoperdon pusillum bezieht (Dr. Johann Hed- wig’s Sammlung seiner zerstreuten Abhandlungen und Beobachtungen I p- 35 ff., Leipzig 1793). Er macht hier darauf aufmerksam, dass die „Springfäden“ von Lycoperdon ganz ebenso die „Samen“ dieses Pilzes fortschnellen, wie dies in den Früchten der Jungermannien und Marchantien geschehe, nur dass bei den Bovisten diese Erscheinung länger andaure. Diese Angaben sind dann in die Lehrbücher der folgenden Zeit übergegangen. So heisst es z.B. bei Willdenow in seinem „Grundriss der Kräuter- kunde“ (III. Aufl., Berlin 1802) p. 172: „Der Schneller („Elater*) ist ein fadenförmiger elastischer Körper, der sich an den Samen der Lebermoose (z. B. Marchantia, Jungermannia) findet und diese weit fortschleudert. Er hat meistentheils, unter einem Vergrösserungsglas betrachtet, das Ansehen einer kleinen Kette, daher er auch bisweilen - Kettchen (catenula) genannt wird.“ Dass diese Angabe, was Marchantia . betrifft, nieht richtig ist, wird sich unten zeigen; sie wiederholt sich 5 aber in ähnlicher Weise bei andern Schriftstellern.!) Die Angaben der neueren Lehrbücher und Compilationen sind äusserst dürftig, wenn sie überhaupt von der Rolle der Elateren etwas sagen. Gar nichts darüber mitgetheilt wird z.B. von Lürssen in seinem umfangreichen „Handbuch der systematischen Botanik“ (Leipzig 1879), ferner von Frank in seinem „Lehrbuch der Botanik nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft“ (IT. Bd., Leipzig 1893, p. 175) und Schiffner in seiner Bearbeitung der Lebermoose inEnglerundPrantl’s „Natür- lichen Pflanzenfamilien“. Man erfährt aus diesen compilatorischen Darstellungen nichts weiter, als dass eine Anzahl als Elateren oder „Schleuderzellen“ bezeichnete sterile Zellen in den Sporogonien vieler Lebermoose vorkommen. Im Sachs’schen Lehrbuch (vgl. Goebel, Grundzüge, p. 155) finden wir dagegen eine bestimmte Ansicht über die Function der Elateren. Sie sollen die Sporenmasse auflockern und dadurch offen- bar die Verbreitung der Sporen erleichtern. Als Schleuderorgane werden sie also nicht mehr betrachtet, und in der That ist diese An- gabe, wie unten zu zeigen sein wird, auch für eine Reihe von Formen richtig. In meiner Bearbeitung der Museineen in Schenk’s Hand- buch (1882) habe ich — damals mit den älteren Angaben, namentlich der Schmidel’s, noch unbekannt — (p. 353) darauf hingewiesen, dass es fraglich erscheine, ob dies die einzige Function dieser merk- würdigen Gebilde sei, und dass die Frage jedenfalls eine nähere Untersuchung verdiene. Eine solche wurde ausgeführt von Leclere du Sablon in seinen „Recherches sur le d&veloppement du sporogone des Hepatiques“ (Annales des sciences naturelles, VII" serie t. II 1885), in der manche durch die Arbeiten anderer Autoren bekannte Gegenstände behandelt werden. Was die Rolle der Elateren anbe- langt, so scheinen dem Verfasser dieselben bei den Marchantieen „un röle tout & fait negligeable* zu spielen. Bei den Junger- mannieen unterscheidet er mehrere Fälle. Bei Pellia und Aneura sind die Elateren einer Sporenmutterzelle gleichwerthig; „chez les Aneura elles rayonnent & partir du pöle superieur du sporogone; 1) So z.B. bei Mirbel (vgl. die Uebersetzung seiner Abhandlung in Nees von Esenbeck, Naturgesch. der eur. Lebermoose IV p. 477): „Jedes spiralförmig ge- wundene Faserpaar wird von den Botanikern mit dem Namen Elatere bezeichnet. Sie wissen längst, dass, wenn die Reife das Aufplatzen der Kapsel veranlasst, sämmtliche Elateren sich nach allen Seiten hin- und herbewegen und auf diese Weise die runden Zellen (Samen), mit denen sie bedeckt sind, ausstreuen.“ 6 chez les Pellia au contraire, ce serait plutöt A partir du pöle in- ferieur.!) Elles sont en general libres; cependant quelques-unes restent encore fix&es au parois apres la dehiscence, et c’est pr&- cisement par lä qu’elles me paraissent jouer un röle dans la disse- mination des spores. Mais, comme nous l’avons vu, ce röle est purement passif; il consiste seulement & retenir les spores quelque temps encore apres la dehiscence pour rendre la dissemination plus lente et plus complete,“ Von foliosen Formen wurden von Leclerc untersucht: Junger- mannia bicuspidata, J. alicularia, Calypogeia Trichomanes und Frullania dilatata. Bezüglich der ersteren kommt er zu dem Schlusse: „Chez les Jungermannes, la deformation des elateres sous l’influence des change- ° ments d’&tat hygrometrique n’est pas appreciable; on ne doit done pas s’attendre A trouver & ces organes une röle important dans la dissemination des spores. Il semble seulement que les e&la- teres retardent la dissemination des spores, en les re- 'tenant sur les valves quelque temps encore apres la dehiscence,* Nur bei Frullania sollen die Elateren etwas mehr zu bedeuten haben. Ursprünglich im Sporogon vertical gestellt?), bleiben sie bei der Dehiscenz mit ihrem oberen Ende an den Klappen, in welche die Sporogonwand sich theilt, haften, die Klappen schlagen sich nach aussen, nehmen die Elateren mit und fegen die Sporen heraus; zu einer Verbreitung derselben tragen sie aber kaum bei, die Bewegung der Elateren selbst kann höchstens „un certain deplacement de spores“ her- beiführen, „et, dans tous les cas, l’effet produit parait par considerable“. Die Beobachtungen, die unten angeführt werden sollen, zeigen dagegen, dass die Rolle der Elateren eine ganz andere ist, als Leeclerc annehmen zu müssen glaubte; es scheint, dass dieser Autor das „elegans et delectabile spectaculum* wie eine Lebermooskapsel sich öffnet, nie unter dem Mikroskop beobachtet hat, obwohl dies doch die erste Voraussetzung für den sein muss, der sich über die Rolle der Elateren unterrichten will. So bleibt denn auch der neueste Autor hinter dem ältesten in dieser Beziehung wesentlich zurück.?) 1) Beide Thatsachen waren, wie unten auszuführen sein wird, längst bekannt. 2) Was schon von Hofmeister und Kienitz-Gerloff genau darge- stellt worden war. 3) Welche Verwirrung auch in den neuesten Compilationen betreffsa der Ela- teren vorhanden ist, mag noch ein weiteres Beispiel zeigen. In Schumann’s - 7 Ehe auf die Schilderung der einzelnen Fälle näher eingegangen wird, ist zunächst die Frage zu erörtern, was man unter Elateren zu verstehen habe. Gewöhnlich denkt man dabei an spindelförmige, mit einem oder mehreren spiraligen Verdiekungsbänder versehenen Zellen, und diese stellen ohne Zweifel die „typischen“ Elateren dar. Aber ausser diesen gibt es noch andere sterile Zellen in dem Sporenraum mancher Lebermoose, und es ist von besonderem Interesse, dass sich nachweisen lässt, dass die Bildung von Elateren offenbar in ver- schiedenen Gruppen unabhängig vor sich gegangen ist. Stellen wir mit Leitgeb') Sphaerocarpus und Riella zu den Jungermannieen, so sind für alle drei grosse Gruppen der Lebermoose elaterenlose Formen oder doch solche mit rudimentären Elateren bekannt, welche als primitivere Typen gegenüber den mit wirklichen Elateren ausge- rüsteten betrachtet werden können. 1. In den Sporogonen von Riella und Sphaerocarpus finden sich sterile Zellen, von denen Leitgeb sagt, es sei eine schwer oder viel- leicht gar nicht zu beantwortende Frage, ob man sie als Anfänge der Elaterenbildung oder als rückgebildete Schleuderzellen deuten solle. Für letztere Annahme spreche, dass die sterilen Zellen als Reservestoffbehälter für die sich entwickelnden Sporen dienen, da die Zufuhr der Nährstoffe aus dem übrigen Pflanzengewebe durch das frühzeitige Absterben der Zellen des Sporogonstieles unterbrochen erscheinen. Ich möchte zunächst namentlich darauf hinweisen, dass die Riellen im Wasser untergetaucht leben und auch die Sporogone sich unter Wasser öffnen. Nach dem, was unten über die Function der Elateren anzuführen sein wird, wären diese unter Wasser gänzlich nutzlos. Aber trotzdem können die sterilen Zellen, ganz abgesehen „Lehrbuch der systematischen Botanik, Stuttgart 1894“ wird bei Besprechung der Marchantiaceae auf p. 146 von den Elateren dieser Abtheilung angegeben: „Sie sind befähigt, starke Streckungen auszuführen, und besitzen desshaib für die Sporenverbreitung eine grosse Wichtigkeit“; bei den Jungermanniaceen dagegen {p. 149) sollen die Sporen und Elateren durch das Auseinanderschlagen der Sporogon- wand in vier Klappen ausgestreut werden! Freilich sind die Bryophyten in diesem Buche wenig sorgfältig bearbeitet. Haplomitrium Hookeri, von welchem derzeit (da die aus früherer Zeit angegebenen neuerdings nicht mehr nachzuweisen sind) in Deutschland meines Wissens nur ein Fundort — der von mir vor einigen Jahren bei Rostock nachgewiesene — bekannt ist, soll „verbreitet“ sein; eine und dieselbe Figur (Fig. 48 A und 55 A) ist mit verschiedener Figurenerklärung zweimal ge- geben, kn soll das einemal „Bildung einer Brutknospe*, das anderemal eine „junge Moosknospe“ sein, das Sphagnum-Protonema soll sich im Wasser confervenähnlich _ entwickeln (was längst berichtigt ist), Buxbaumia aphylia soll blattlos sein (p. 161) etc. 1) Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose Heft IV p. 7. 8 von ihrer Ernährungsthätigkeit, auch für die Sporenaussat von Be- deutung sein. Zwar hatte ich leider keine Gelegenheit, die Oeffnung lebender Riella- Kapseln zu beobachten. Aber Mikrotomschnitte durch reife Kapseln von Alkoholmaterial zeigen, dass die ste- rilen Zellen ganz verschwunden und die Sporen einer schleimigen Masse eingebettet sind, durch deren Quellung offenbar die Sporogonwand später gesprengt wird. Dass dies bei Wasserpflanzen nicht selten vor- kommt, ist eine bekannte Thatsache; ich Fig. i. Riella Clausonis. Stück eines . . . Längsschnittesdurchein unreifes CTinnere an Trianea, Hydrocharis, Utricu- Sporogon, zwischen den vierge- laria oligosperma (vgl. Goebel, Pflanzen- theilten Sporenmutterzellen die biol. Schilderungen IIp. 136 u. 234). Es liess sterilen „Nährzellen“. sich feststellen, dass bei der Bildung dieses Schleimes die sterilen Zellen betheiligt sind. Dieselben sind mit Stärke ursprünglich reichlich versehen und spielen ohne Zweifel eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Sporenmutterzellen und Sporen. Schon ehe die Sporenmutterzellmembranen noch aufgelöst sind!), und zu einer Zeit, wo die sterilen Zellen noch reichlich Stärke führen, liess sich an Riella Clausonis, welche ich Herrn Prof. Trabut in Algier verdanke, feststellen, dass an der zarten Membran der sterilen Zellen sich aussen an einzelnen Stellen Schleimmassen fanden, zu deren Bildung möglicherweise auch ein Theil der in den sterilen Zellen vorhandenen Stärke verwendet wird; später geht der Ver- schleimungsprocess dann offenbar weiter. Ganz ähnliche Verhältnisse wie bei Riella finden sich bei Sphaero- carpus, dessen sterile Zellen längst bekannt sind (vgl. Leitgeb IV p- 64). Man hat ihnen auch hier nur eine Rolle als „Nährzellen“ zuge- schrieben. Die Differenz zwischen sterilen und fertilen Zellen tritt hier aber später auf als bei Riella, erst nachdem die sämmtlichen Zellen des Sporenraums sich abgerundet haben. Diesem primitiveren Verhalten — Riella gegenüber — entpricht auch die Thatsache, dass sie — wie Leclere du Sablon angibt — (a. a. OÖ. p. 151) eine Annäherung an das Verhalten der Sporenmutterzellen darin zeigen, dass ihr Kern eine Viertheilung erfährt. Es wäre von Interesse, zu 1) Noch in den reifen Sporogonien hängen die Sporen zu vieren zusammen, was zeigt, dass die Schleimmassen zwischen den Sporen hier nicht, oder doch nur zu geringem Theile aus der Verquellung der „Specialmutterzellmembranen“ her- vorgegangen sein können. En een TEE 9 erfahren, ob dabei eine directe Kerntheilung (wie bei den Tapeten- zellen) oder eine indirecte stattfindet. Für letzteres spricht die That- sache, dass, wie schon Leitgeb angegeben hatte, auch eine Fächerung durch Zellwände in den sterilen Zellen auftreten kann, wobei übrigens auch mehr als vier Zellen gebildet werden können (Leitgeb a. a. O. p. 72). Ueber die etwaige Rolle der sterilen Zellen bei der Sporenaus- saat konnte ich aus der Litteratur keine Angabe entnehmen, und lebendes Material stand mir leider nicht zu Gebot. Es scheint mir aber sehr wahrscheinlich, dass auch bei dieser Gattung die sterilen Zellen Schleim bilden, der durch seine Quellung die Kapselwand sprengt und zur Sporenverbreitung beiträgt, nur dass die sterilen Zellen in der reifen Kapsel erhalten bleiben. Sphaerocarpus ent- wickelt sich in den Monaten, wo sich reichliche Niederschläge finden (Herbst und Frühjahr); in der trockeneren Jahreszeit ist der Vege- tationskörper verschwunden und nur die Sporen sind übrig geblieben. Es würde also nichts Auffallendes haben, wenn die Sporenaussaat ähnlich erfolgte, wie bei der im Wasser lebenden Riella. Die Vergleichung von Riella mit Sphaerocarpus scheint mir keinen Zweifel darüber übrig zu lassen, dass es sich hier handelt um Formen mit rudimentärer, nicht mit reducirter Elaterenbildung. Zugleich habe ich versucht, aus den biologischen Verhältnissen heraus verständlich zu machen, warum die Elaterenbildung nicht auf die Stufe fortgeschritten ist, die wir bei anderen Formen sehen. 2. Rudimentäre Elateren finden sich auch bei Corsinia, wie Leit- geb zuerst nachgewiesen hat (IV p. 53) in Form kurzer, spindel- formiger Zellen mit unverdickten Wänden. Ueber die Function der- selben gibt Leitgeb nur die Vermuthung an, dass die in ihnen enthaltenen Stärkekörner zum Aufbau der Sporen Verwendung finden, was wohl kaum bezweifelt werden kann. In Kapseln, die schon ge- bräunt sind, d. h. die Sporen vollständig entwickelt haben, aber noch im Archegonienbauch eingeschlossen sind, finde ich die sterilen Zellen noch vollständig lebend, mit kleinen, blassgrünen Chlorophylikörpern versehen vor. Kapseln derartiger Entwiekelung fanden sich an den kultivirten Exemplaren an den älteren, vielfach von anderen Thallus- zweigen überwachsenen Theilen vor. Ueber die Ausstreuung der Sporen wird nur angegeben „capsula non dehiscens“. (Vgl. z. B. Synopsis hepaticarum p. 596.) Daraus ist zu schliessen, dass der kurze „Kapselstiel“ lediglich als Saugorgan dient und die Kapsel- wandung wie bei Riceia verwittert, die Sporen aber nur durch den 10 Regen verbreitet werden. Ob etwa die sterilen Zellen bei der Verbreitung der Sporen durch Schleimbildung oder sonstwie mitwirken, wäre noch näher zu untersuchen, ich konnte eine Schleimbildung hier indess nicht nachweisen. Jedenfalls sind sie äusserlich viel elaterenähnlicher, als bei Sphaerocarpus, auch enthalten sie nur einen Zellkern. Bei Boschia sind bekanntlich in den sterilen Zellen, die im Uebrigen sehr denen von Corsinia gleichen, spiralige Verdiekungsleisten vorhanden. Ueber ihre Function ist nichts bekannt. Zwar öffnet sich die Kapselwand hier durch unregel- mässiges Zerreissen, aber man wird wohl Leitgeb beistimmen müssen, wenn er vermuthet (IV p. 63), dass die Elateren beim Ausstreuen der Sporen keine grosse Rolle spielen. Worin diese besteht, bleibt aber un- sicher, jedenfalls erscheint es mir äusserst wahrscheinlich, dass die sterilen Zellen hier zunächst ebenso wie Corsinia eine Rolle als „Nährzellen* spielen, wie dies auch für andere Elateren anzunehmen sein wird. Wir werden auf die „typischen“ Elateren der Marchantieen und Jungermannieenreihe zurückzukommen haben. Hier sei zunächst kurz auf die Verhältnisse in der Authoceroteenreihe aufmerksam gemacht. 3. Die Entwickelung des Sporogons ist bei AnthocerosundDendro- cerosdurchLeitgeb’s Untersuchungen genau bekannt, über die bio- logische Bedeutung der einzelnen Theile aber finden wir keinen Auf- schluss. Was zunächst die mehrschichtige Spo- rogonwand anbelangt, so functionirt sie als chlorophyllreiches Assi- VOnr ® milationsgewebe, des- sen Zellen öfters statt einer Chlorophyliplatte (wie sie sonst für An- Fig. 2. Anthoceros punctatus. Querschnitt durch ein Spo- rogon. Die Sporenmutterzellen sind viergetheilt, . zwischen einzelnen derselben sind die sterilen Zellen thoceros charakteri- sichtbar, weiche die Columella mit dem Assimilations- stisch ist) deren zwei gewebe verbinden. enthalten. Die dem Sporenraum angrenzende innerste Schicht dient offenbar zur Aufbe- wahrung der Assimilate und Ueberführung derselben zu den sporen- 11 bildenden Zellen. Die Columella hat zunächst eine mechanische Function, die mit der beträchtlichen Längenentwickelung der Spo- rogone in Beziehung steht. Es wird dies am besten hervortreten, wenn wir uns einer analogen Bildung erinnern, der „Columella*, die in den Sporogonien von Stemmonitis, einem Myxomyceten, auftritt. Wie hier in den ebenfalls langgestreckten Sporangien die Columella als Säule dient, an der das Capillitium und die dazwischen befind- lichen Sporen aufgehängt sind, so ist auch an der Columella von An- thoceros das Netzwerk steriler Zellen befestigt, zwischen denen die Sporen liegen. Ausserdem aber hat die Columella — ebenso wie die der Laubmoossporogonien — auch eine ernährungs-physiologische Funetion. Sie geht unten über in das Haustorium, mittelst dessen das Sporogon dem Thallus Stoffe entziehen kann; namentlich kann auch Wasser den assimilirenden Wandzellen des Sporogons dadurch zugeleitet werden, dass die Columella vermittelst der sterilen Zellen in directer Verbindung mit dem Wandungsgewebe steht. Dass nicht nur Wasser, sondern auch andere Stoffe in der Columella geleitet werden, geht daraus hervor, dass die Zellen derselben in jugendlichen Stadien, ebenso wie die sterilen Zellen des Sporenraumes, Stärke enthalten, ausserdem jedenfalls noch andere Bildungsstoffe, auf deren Vorhandensein aber nicht näher geachtet wurde. Die sporen- bildenden Zellen stehen bei Anthoceros somit unter ganz besonders günstigen Ernährungsbedingungen, da ihnen einerseits von dem peri- pherischen Assimilationsgewebe, andererseits von der Columella und den sterilen Zellen Stoffe zugeführt werden können. Die rasche Entwickelung der Sporen von Anthoceros gegenüber dem Verhalten der übrigen Lebermoose dürfte damit im engsten Zusammenhang stehen, In der beschreibenden Botanik werden die sterilen Zellen des Anthoceros-Sperogons als „Elateren“ bezeichnet. Es geschah dies wohl aus zwei Gründen. Einmal nämlich, weil bei der Sporogonreife das Netzwerk der sterilen Zellen sich in einzelnen Zellreihen von der Wandung und der Columella ablöst, und dann, weil es in der That Anthoceros-Arten gibt, welche „Elateren“, d. h. Zellreihen mit spira- ligen Verdiekungen besitzen. Ob aber die sterilen Zellen wirklich etwas zur Sporenverbreitung beitragen, darüber babe ich nirgends eine Angabe finden können. Der genau beobachtende Hedwig (a. a. OÖ. pag. 111) gibt an „Elateres, qui ista (seminula, d. h. die Sporen) eomprehendere videntur, figura, varia admodum inter se et Compositione, penitus ab illis Jungermanniarum Marchantiarumque 12 abludunt.* In der Figurenerklärung bezeichnet er die Elateren als „membranula elastica®.!) Zur Untersuchung diente Anthoceros punetatus. Normal sich öffnende Kapseln fanden sich an dem Standort selbst (Ambach) nicht — offenbar weil für die im Herbste reifenden Sporogonien die Witterungsverhältnisse ungünstig waren —, wohl aber erwuchsen solche in der Kultur. Die sterilen Zellen sind zur Zeit der Sporen- reife todt und schwärzlich gefärbt. Einzelne derselben haften an der Columella oder der Wandung an, die meisten aber lösen sich los und dienen der Sporenaussaat. In den geöffneten, auf dem Objectträger liegenden Sporogonien geräth durch die drehenden Bewegungen, welche die Elateren?) beim Austrocknen ausführen, die dunkle Sporenmasse in Bewegung, einzelne Sporen — theilweise auch kleine Klumpen von solehen — wurden mitsammt den Elateren aus dem Sporogon herausgeworfen. Jedenfalls also tragen die Bewegungen der „Blateren“ zur Sporenaussaat bei. Wen sie angehaucht werden, führen die trockenen Elateren drehende Bewegungen aus. Wie Gottsche?) angibt, zeigen die „sogenannten Schleuderer“ von Anthoceros laevis in seltenen Fällen auch Zeilen mit rudimentär- spiralfaseriger Ablagerung (p. 14). Was bei den rudimentären Ela- teren dieser Arten nur ausnahmsweise und dann nur in schwacher Ausbildung sich findet, ist bei anderen Arten scharf ausgeprägt. Bei Anth. Vincentianus, giganteus, multifidus, dentieulatus sind wirkliche Spiralverdickungen ebenso wie bei Dendroceros vorhanden. Leit- geb hat neuerdings vorgeschlagen, diese Gruppe als Anthocerites ab- zutrennen. Es kann wohl nicht bezweifelt werden, dass derartig ge- baute Elateren energischere Schleuderbewegungen ausführen; da ich keine Gelegenheit hatte, ihre Function zu prüfen und auch in der Litteratur darüber nichts mitgetheilt ist, so verweise ich auf die morphologischen Angaben von Gotische und Leitgeb, 1) Sehmidet hatte schon früher (Icones plantarum 1747 p. 73 T. XIX) die Elateren als „funiculi umbicales“ beschrieben. Wenn er angibt, es sehe aus, als ob dieselben aus einer Reihe von Bläschen bestehen, so ist nach der Abbildung wohl anzunehmen, dass sich dies nicht auf die thatsächlich vorhandene Mehrzellig- keit der Elateren bezieht, sondern auf die Drehungen derselben, falls nicht etwa eine Verwechslung mit Pilzfäden stattfand, die in den geöffneten Anthocerossporo- gonien sich nicht selten einänden. 2) Auch die Columella führt Bewegungen aus, die aber für die Sporenaus- saat wohl kaum in Betracht kommen. 3) Uebersicht und kritische Würdigung ete. Beil. z. Bot. Zeit. 1858. 18 Das Vorstehende zeigt also, dass in verschiedenen Gruppen der Lebermoose rudimentäre Elateren auftreten. Diese haben zunächst die Function als Nährzellen für die Sporen, können aber auch zur Verbreitung derselben dienen. Dieselbe doppelte Function gilt nun meiner Ansicht nach auch für die „typischen“ Elateren. Nur lässt sich die erste, die die Nährstoffzufuhr zu den sporogenen Zellen, hier schwer nachweisen. Wenn wir aber sehen, wie frühzeitig in den Elateren Stärke und andere Bildungsstoffe auftreten, so ist es zum mindesten sehr wahrscheinlich, dass diese Stoffe nicht allein zum Wachsthum und zur Wandverdickung der Elateren verbraucht werden, sondern den sporenbildenden Zellen zugeleitet werden. Sehen wir doch fast in der ganzen Moosreihe das Bestreben, dieselben (Archespor resp. sporenbildende Zellen) mit einer möglichst grossen Oberfläche mit sterilen, stoffleitenden Zellen in Berührung zu bringen, wofür neben den Laubmoosen namentlich Anthoceros und die unten zu schildernden Gattungen Pellia und Aneura besonders auffallende Beispiele bieten. Analoges gilt auch für die Gefässkryptogamen. Ich habe früher darauf hingewiesen), dass bei massigerer Entwickelung der sporogonen Zellen Einrichtungen getroffen werden, um dieselben mit möglichst grosser Oberfläche an die sterilen Grenzen zu lassen, sei es, dass die sporogonen Zellen eine hufeisenföormige Krümmung erfahren wie bei Lyeopodium?) (und vielen Antheren), oder dass wie bei Isoötes einzelne sporogone Gewebestränge die Fähigkeit der Sporenbildung ver- lieren und nun hauptsächlich der Stoffzufuhr zu den fertilen Zellen dienen. Die Gestalt und der Bau der Elateren können hier als bekannt vorausgesetzt werden?). Es muss indess hervorgehoben werden, dass dieselben nicht so gleichmässig bei allen Lebermoosen sind, wie ge- wöhnlich angegeben wird. Die typischen Elateren allerdings sind spindelförmige Zellen, mit einem, zweien oder mehreren schrauben- }) Vergleichende Entwickelungsgesch. (Schenk ’s Handbuch III) p. 92. Annals of botany VI p. 358. 2) Dieser Auffassung hat sich neuerdings auch Bo wer angeschlossen (Studies in the morphology of spore producing membres. Philos. transactions of the royal society of London Vol. 185 (1894) B p. 518), weleher für Lycopodium clavatum hervorhebt, dass das sterile Gewebe unterhalb des Archespors zuweilen später in Form unregelmässiger Vorsprünge sich in das sporogene Gewebe hinein erstrecke, eine Eigenthümlichkeit, die sich viel ausgeprägter bei Lepidostrobus findet (vgl. Bowera.a.O.), dessen grosse Sporangium ganz besonders geeignet erscheinen, die Richtigkeit der oben erwähnten Auffassung zu demonstrieren. (Nachträgl. Anm.) 3) Ueber die Verdickungsweise derselben vgl. die Angaben von Jack, Hepa- ticae europaese etc, in Bot. Zeit. 1877 p. 56 ff; Ueber die Entwickelung die Arbeiten von Kienitz-Gerloff. 14 förmigen Verdickungsbändern. Indess kommen auch Abweichungen vor. Bei Colura ornata z. B. sind die Elateren annähernd eylindrisch, an den Enden erweitert und mit ringförmigen Verdiekungen versehen‘) Bezüglich der Anordnung der Elateren lassen sich verschiedene Typen unterscheiden, von denen Folgende untersucht wurden’): 1. Elateren frei, der Sporogonwand nicht angewachsen und ohne be- stimmte Orientirung in der Sporenmasse vertheilt: Blasia, Marchantieen, Chiloseyphus polyanthus, Plagiochila, viele Jungermannia-Arten; über- haupt dürften hieher die meisten der mit Elateren ausgerüsteten Formen gehören. 2. Elateren an ihrem einen Ende der Sporangienwand ansitzend, mit dem anderen frei in den Sporenraum hineinragend: .Junger- mannia bicuspidata u. a. 3. Elateren einander annähernd parallel in der Längsachse des Sporogons angeordnet: An den Enden nicht zugespitzt, sondern ver- breitert und hier mit der Innenfläche der Kapselwand verbunden, bei der Oeffnung des Sporogons an der Wand sitzen bleibend. Frul- lania, Lejeunia, Colura, Phragmicoma. 4. Zahlreiche Elateren im mittleren und unteren Theile des Sporo- gons zu einer dichten, nach oben garbenförmig zertheilten, etwa zwei Drittel des Sporogonienraumes einnehmenden Masse vereinigt (in . der keine Sporen sich befinden), ausserdem solche, die zwischen den Sporen vertheilt sind: Pellia. 5. Aneura-Typus (Aneura und Metzgeria): Im oberen Theile der Kapsel befindet sich ein Gewebekörper (Jack’s „Elaterenträger“), den man als eine unvollständige Columella betrachten kann; von ihm strahlen eine Anzahl Elateren aus, ausserdem sind zahlreiche frei im Sporenraum vertheilt. Die Einzelheiten sollen bei der Beschreibung des Oeffnung®- vorganges mitgetheilt werden. Was nun die Rolle der Elateren betrifft, so haben wir zwei Fälle zu unterscheiden; bei den meisten Lebermoosen sind die , Elateren Schleuderorgane, es gibt aber auch solche, wo sie es nicht sind, und die Angabe zutrifft, dass sie die Auflockerung der Sporen- masse zu übernehmen haben. Es mag dies aus der Mittheilung einiger Einzelbeobachtungen am Anschaulichsten hervorgehen. 1) Goebel, Morpkologische und biologische Studien IV Annales du jardin botanique de Buitenzorg Vol. IX. p. 32. 2) Vgl. auch Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose III p. 30, w° die Zelltheilungen genauer erörtert sind, 15 I. Die Elateren wirken ais Schleuderorgane. A) Jungermannia-Typus. Hierher gehören die meisten beobachteten Jungermannieen. Die Oeffnung der Kapsel erfolgt bekanntlich durch Theilung der Sporogonwand in vier Klappen, die sich in annähernd horizontale Stellung zurückscehlagen — ein Vorgang, der in den beim Austrocknen eintretenden Spannungsdifferenzen begründet ist!) und durch Be- feuchten rückgängig gemacht werden kann. Man könnte vermuthen, dass beim Zurückschlagen der Klappen die Sporen fortgeschleudert würden, dies ist aber nirgends der Fall. Vorauszuschicken ist dem Folgenden auch die für das Verständniss des Vorgangs der Sporen- verbreitung wichtige Thatsache, dass die Sporen- und Elaterenmasse in dem reifen, zum Aufspringen bereiten Sporogon nicht etwa ein trockenes Pulver darstellt. Die Sporen und Elateren sind vielmehr feucht und die Sporen hängen an den Rlateren; sie sind mit den- selben locker verklebt. Chiloseyphus polyanthus. Die Kapsel begann eine Spaltung ihrer Wand zu zeigen 10h36, Die Spaltung geht (meist von unten nach oben) rasch weiter. So- bald die Kapselwand klafft, beginnt das Ausschleudern der Sporen, das energisch vor sich geht, lange ehe die Klappen horizontale Lage erreicht haben; indess ist es ein allmähliches, geht also auch nach Erreichung der Ruhelage noch weiter, in dem Maasse, wie die Sporen- und Elaterenmasse austrocknet. Es dauert das Ausschleudern bei trockener Zimmerluft nur kurze Zeit, bei der in Rede stehenden Kapsel war es 10%43 beendigt, aufgesprungene Kapseln, die unter einer Glasglocke in feuchter Luft stehen, zeigen die Sporenmasse längere Zeit auf der geöffneten Kapsel liegend. Die meisten Sporen findet man, wenn das Ausschleudern auf einem Objectträger erfolgt, nahe der geöffneten Kapsel, indess fanden sich auch noch in einer Entfernung von 4cm Sporen, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass auf der glatten Glasfläche die Sporen noch eine Strecke weiter rollen können. Die Sporen werden weiter weggeschleudert als die Rlateren, was aus der Wirkung derselben ohne Weiteres leicht ver- ständlich ist. 1) Auf den Bau der Sporogonwand und seine Beziehung zum Oeffnungs- vorgang kann hier nicht näher eingegangen werden; es wird dies Aufgabe einer audern Arbeit sein. 16 Es würde kaum einen Zweck haben, noch weitere Beobachtungs- beispiele von andern Formen anzuführen. In allen Fällen, bei Pla- giochila asplenioides und Jungermannia-Arten, zeigte sich, dass bei normalen Kapseln und trockener Luft der ganze Vorgang sich in wenig Minuten abspielte, dass die Blastieität der Kapselwand für die Verbreitung der Spo- ren nicht in Betracht kommt, sondern diese nur von den Elateren bedingt wird und eintritt, wenn die letzteren auszutrocknen beginnen. Besonders deutlich ist dies in den Fällen, wo die Elateren einseitig angeheftet sind. Ein Beispiel dafür sei deshalb hier angegeben. .P Jungermannia bicuspidata. Die Anordnung der Elateren ist aus Fig. 3 ersichtlich. Sie sind mit einem Ende der Kapselwand angeheftet und convergiren nach innen hin, wo eine elaterenfreie Zone sich befindet. Das Verhalten des reifen Sporogons mag folgendes Beispiel erläutern. Oeffnung / der Kapsel 816. Das Schleudern beginnt, ehe die Kapsel vollständig offen ist. Die sehr langen Elateren, die an ihrer Basis an- geheftet sind, sind ihrer ganzen Länge nach mit Sporen besetzt. Sie zeigen mit ihrem freien Ende erst eine drehende Bewegung aus und springen dann von ihrer Anheftungs- Fig. stelle ab, dabei die ihnen ansitzenden Sporen Längsschnitt durch e. Spross- fortschleudernd. Das Schleudern dauerte etwas ende von Jungermannia bi- länger als vier Minuten an, die weiteste Ent- cuspidata mit einem Sporo- fernung betrug 3,5 cm. gon, in dem die Sporen noch Ebenso verhielten sich einige andere nicht ausgebildet sind. Die 2007 78 Richtung der Elateren ist Arten mit ähnlicher Elaterenstellung, z. B- durch Striche angedeutet, Calypogeia trichomanes, Jungermannia tricho- der Stiel und der Fuss des Phylla. Einzelne Elateren bleiben auch an Sporogons sind punktirt. der Kapselwand sitzen. P Perigon, Ganz anders hat Leclere du Sablon (a. a. O. p. 157) den Vorgang der Sporenausstreuung geschildert. Er beschreibt, wie die Sporogone von J. bicuspidata sich öffnen: Nach dem Auseinanderspringen der Klappen sei deren Innenfläche EN 17 zunächst noch schwarz durch die Sporen, „qui n’etaient pas encore tombees gräce aux &lateres qui les reliaient en une masse!); mais a la suite du reploiement suivant la seetion transversale, on a vu tomber presque toutes les spores et les &lateres. Chez les Jungermannes, la deformation des Elateres sous liinfluence des changements d’ötat hy- gromötrique n’est pas appreciable; on ne doit done pas s’attendre A trouver & ces organes un röle important dans la dissemination des spores.* Jeder, der sich die Mühe nehmen will, das Aufspringen eines Sporogons zu beobachten, wird sich leicht überzeugen, was von dieser Behauptung zu halten ist. Man kann den Vorgang auch leicht an Alkoholmaterial verfolgen (Plagiochila wird auf diese Weise im Praktikum von mir zur Demonstration benützt) und ebenso zeigen aus- getrocknet gewesene Elateren, die angefeuchtet wurden und dann wieder austrocknen, die Schleuderbewegungen. Die Gestaltverände- rungen, die beim Befeuchten auftreten, sind nur unbedeutend, eben- sowenig treten dabei etwa Schnellbewegungen auf. Aber wie die Erfahrung zeigt, kann daraus noch nicht der von Leclerc du Sablon gezogene Schluss abgeleitet werden, dass die Elateren bei der Sporen- verbreitung keine wichtige Rolle spielen, die Schnellbewegungen treten eben erst beim Austrocknen ein. B) Frullania-Typus. Hierher gehören, wie oben erwähnt, ausser Frullania: Lejeunia und die verwandten Gattungen Colura, Phragmicoma ete. Die derben Kapseln von Frullania sind mit einer Cuticula ver- sehen?), was bei den Lebensverhältnissen dieser Pflanze leicht ver- ständlich erscheint. Sind die Frullanien doch Epiphyten, die auf oft austrocknenden Standorten wachsen, mit ziemlich grosser Kapsel, deren derbe Wand sie also vor der Gefahr des Vertrocknens zu schützen hat. Ich habe manche Stunde mit dem Warten auf das Aufspringen von Frullaniakapseln, die mir in grösserer Anzahl zur Verfügung standen, verloren. Anscheinend vollständig reife, schwarze Kapseln öffnen sich entweder nieht — sie werden dann bräunlich und hart —, oder in einem Moment, in dem man gerade wegsieht. Chärakteri- stisch für diesen Typus ist nämlich, dass die Oeffnung der Kapseln ausserordentlich rasch erfolgt — ein Ruck und die sämmtlichen Sporen sind aus der Kapsel herausgeschleudert, während bei dem gewöhn- j 1) Auch das ist nicht richtig; die feuchte Sporenmasse würde auch ohne die Elateren zusammenhalten. 2) Wie Kienitz-Gerloff nachgewiesen hat (Vergl. Untersuchungen etc. Bot. Zeit. 1874). Flora 1895, 2 18 lichen Jungermannientypus das Schleudern — wie oben dargelegt — einige Minuten andauert. Ich will den Vorgang bei Lejeunia kurz schildern. Hier konnte ich an L. serpyllifolia, die ich mit jungen Sporogonien im bayerischen Gebirge sammelte und im Laboratorium weiter eultivirte, den Vorgang oft wiederholt beobachten. Die Anordnung der Elateren ist oben angegeben worden. Ein Querschnitt durch eine reife Kapsel zeigt die von Elateren durchsetzte Sporenmasse als ziemlich compacte Substanz, in der die Sporen gegen- über den Elateren sehr gross erscheinen. Der Vorgang der Sporen- aussaat spielt sich in zwei, ungemein rasch aufeinanderfolgenden Acten ab. 1. Die Kapselwand öffnet sich, indem sie sich von oben her in vier Klappen theilt. Die Theilung geht aber nur etwa bis zur Hälfte der Wand. Die grüne Sporenmasse wird sichtbar und die Klappen biegen sich nun zurück, so dass sie fast horizontal stehen (zuweilen machen sie mit der Horizontalen einen Winkel von 45°) und theilen dabei die Sporenmasse in vier Theile, welche den Klappen anhaften. 2. Dann schnellen die Sporen auf einmal alle weg, die Elateren ziehen sich zusammen, sie bleiben aber mit ihrem einen Ende den Klappen angeheftet, die letzteren nähern sich einander wieder, während sie vorher, wie oben erwähnt, auseinanderklafften. Die Wegschleu- derung der Sporen kann auf eine Entferuung von über 2 cm erfolgen, was, wenn man die geringen Grössenverhältnisse der Kapseln und der ganzen Pflanze bedenkt, recht bedeutend erscheint. Dies ist der normale Vorgang; nicht ganz selten verläuft er etwas anders. Die Sporenmasse theilt sich auch dann in vier von den Elateren der Länge nach durchzogene Theile. Aber die Sporen werden nicht weggeschleudert, sondern die vier von einander getrennten Sporen- massen schlagen sich nur so um, dass sie einen Winkel von etwa 180° beschreiben und dem oberen Theil der Klappen aufsitzen (Taf. I, Fig. 4). Offenbar war hier die Sporenmasse noch zu compact, sie haftete den Elateren noch zu fest an, um weggeschleudert zu werden, vermuthlich weil die ganze Masse noch zu feucht war. Ein Weg . schleudern findet nun überhaupt nicht mehr in nennenswerthem Maass® statt. Allerdings führten die Elateren hygroskopische Bewegungen aus, die aber nur kurz andauerten und nur ein ganz schwaches Abschleu- dern einer nicht grossen Anzahl von Sporen zur Folge hatte. Wohl aber werden die Bewegungen der Elateren eine Auflockerung der vier Sporenmassen zur Folge haben, welche eine Vertheilung der selben durch Luftströmungen (eventuell auch Wassertropfen) erleichtert, 19 Die Rolle, welche die Elateren spielen, ist hier offenbar nicht dieselbe wie bei den übrigen foliosen Jungermannieen; die hygro- skopischen Bewegungen, welche die Elateren beim Austrocknen aus- führen, sind vielmehr, wie erwähnt, ganz nebensächlich und kommen auch nur bei den erwähnten Ausnahmefällen in Betracht. Der Vor- gang ist vielmehr offenbar der, dass beim Zurückbiegen der Klappen die Elateren zunächst gespannt werden. Dann reissen sie an ihrem untern Ende ab, schnellen los (wobei sie sich gerade biegen) und schleudern dabei die Sporen fort. Es handelt sieh dabei aber keines- wegs nur, wie Leclerce meinte, um ein „balayer“, sondern um eine sehr energische Schleuderbewegung. Die Frullaniakapseln springen ganz ähnlich auf, wie die von Lejeunia, nur krümmen die Klappen sich hier nach dem Aufspringen nicht wieder zurück, wie bei Lejeunia, sondern bleiben ausgebreitet (vgl. Taf. I, Fig. 3). Befeuchtet man eine aufgesprungene Frullania- Kapsel und lässt sie dann wieder austrocknen, so führen die Elateren starke drehende Bewegungen aus, ein Abschleudern etwa noch an- haftender Sporen fand dabei aber nicht statt. Dass in der reifen -Kapsel von Lejeunia (und ähnlich der von Frullania) starke Spannungen herrschen, welche schliesslich zu dem momentanen Aufspringen führen, zeigt auch die Thatsache, dass bei einer solchen Kapsel oft eine leichte Erschütterung genügt, um sie zur Explosion zu bringen. Es ist dies begründet in dem Bau der Kapselwand, bezüglich dessen auf Jack’s Angaben hingewiesen sei (vgl. Jack a. a. O. Bot. Zeit. 1877). Betrachten wir schliesslich noch die Entwickelungsgeschichte der Sporogonien des Frullaniatypus, wie dieselbe durch Hofmeister und Kienitz-Gerloff für Frullania festgestellt ist, so zeichnet sich dieselbe dadurch aus, dass die Differenzirung der Elateren schon auf ein ausserordentlich frühes Entwiekelungsstadium zurückgreift. Die Zellen, welche die Elateren liefern, wachsen gleich von Anfang an mit der Kapsel in die Länge, sie kommen nicht zu Stande durch ein nach- trägliches Auswachsen ursprünglich annähernd isodiametrischer Zellen. Einen Uebergang von dem gewöhnlichen Jungermannieentypus zu dem Frullaniatypus sehe ich dem Verhalten von Formen wie Junger- mannia bicuspidata. Leider ist hier die Entwickelung der Elateren nicht bekannt, in der Untersuchung von Kienitz-Gerloff fehlten gerade die für diese Frage entscheidenden Stadien, und auch mir standen dieselben nicht zu Gebote. Die Elateren sind hier an ihrer Basis der Sporogonwand angeheftet, und entstehen wahrscheinlich 2* . 20 wie bei Frullania nicht durch Auswachsen, sondern durch Mit- wachsen bei der Kapselvergrösserung. Nur fällt ihre Anlegung nicht in eine so frühe Entwiekelungsperiode, wie bei Frullania. Denken wir uns in der Text-Figur 3 am oberen Drittel des Kapselraumes eine Querlinie, welche den Kapselboden bezeichnet, so würden wir ein ganz ähnliches Verhältniss wie bei Frullania erhalten, die Elateren würden oben und unten mit ihrem Ende angeheftet sein und nur nicht so gerade verlaufen, wie dies beim Frullaniatypus der Fall ist. Für mich ist also der Zeitpunkt, in welchem die Elateren angelegt werden, von Wichtigkeit; je früher sie auftreten, desto mehr erscheint die Kapselentwickelung von dem primitiven Kapseltypus entfernt. Ich kann also die Anschauung von Kienitz-Gerloff nicht theilen, der die Anordnung der Elateren von Frullania als einen Rückschlag zu den Marchantieen auffasst. Bei Letzteren differenziren sich die Elateren ganz ebenso, wie bei dem gewöhnlichen Junger- mannieentypus, sie sind aber nieht mit ihren Enden angeheftet und ihr Verlauf annähernd senkrecht vom Scheitel der Kapsel bis zur Basis, hat somit nur ganz äusserlich einige Aehnlichkeit mit dem des Frullaniatypus. Auch funetionell sind sie von den Blateren des letzteren ganz verschieden. C) Formen mit Elaterenträgern. 1. Aneura-Typus, Seit lange ist bekannt, dass an den geöffneten Kapseln von Aneura und Metzgeria eine Anzahl Elateren als pinselförmige Büschel an den Klappenspitzen sitzen bleiben. Schon Hedwig (a. a. O.) hat dies Verhalten abgebildet. Die Elateren sitzen aber nicht direet auf der Kapselwand, sondern auf vier Gewebestücken, die man früher (vgl.z.B.Gottsche, Haplomitrium Hookeri p. 360) für eine „eigene mit Halbringfasern besetzte, aus etwa 20 Zellen bestehende Verlänge- rung der inneren Klappenwand“ hielt. Jack hat (Bot. Zeit. 1877 p- 71) für diese Gebilde die Bezeichnung „Schleuderträger“ eingeführt. „Auch Pellia, Metzgeria und Aneura enthalten nur solche lose Schleu- dern, dagegen findet man bei diesen Gattungen noch verschieden geformte Schleuderträger, welche auf dem Grunde der Kapseln oder mit den Klappen derselben verwachsen sind und an denen ein ge ringer Theil der Elateren, nachdem die Kapsel sich geöffnet hat, kürzere oder längere Zeit hängen bleibt.“ Derselbe Autor hat auch den Bau der Schleuderträger beschrieben. Hofmeister (vgl. Unter- suchungen p. 24) gibt einige Mittheilungen über die Entwiekelung der 21 Sporogone von Aneura multifida, wornach die Zeilen, welche Elateren und die, welche Reihen von Sporenmutterzellen erzeugen, sich schon (wie bei Frullania) zu der, ‚Zeit differenziren, da eine einfache hori- zontale Zellschicht den ganzen Inhalt der Kapsel ausmacht. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Angabe irrthümlich ist (vgl. unten). Leclere du Sablon (a. a. O. p. 146) hat versucht, eine Entwickelungsgeschichte des Sporogons zu geben, die ebenso unrichtig ist als seine Angaben über das Verhalten der fertigen Sporogone von Jungermannia etc. Zunächst sei auf den Bau der fertigen, mit reifen Sporen versehenen Kapseln hingewiesen. Fig. 2 auf Taf. I gibt einen Längsschnitt durch die Kapsel von Aneura ‚pinguis, der Elaterenkörper bildet im Centrum der Kapsel ein zusammen- hängendes Gewebe, das etwa den dritten Theil der Kapsellänge einnimmt. Es ist derselbe um so mahr entwickelt, je länger die Kapsel ist, also in den kleinen Kapseln von Aneura palmata weniger als in den stattlicheren von A. pinguis; am auf- fallendsten fand ich ihn in den grossen Kapseln einer javanischen, nicht näher bestimmten Art (vgl. Fig. 4), die ich vor einer Reihe von Jahren in den Wäldern am Salak gesammelt hatte; leider konnte ich reife Kapseln von A. multifida und pinna- tifida nicht untersuchen. Letztere Art soll nach Gottsche (Haplomitrium p. 360) keine Ela- terenträger haben: „A. pinnatifida unserer Moore würde hierin dem Haplomitrium am nächsten stehen, denn da findet man die angegebene Ver- längerung der inneren Klappenhaut nicht, die Schleuderer haften etwas loser bei dieser als bei Haplomitrium*. Wie Jack angegeben hat, sind die Zellen des Elaterenträgers mit Halbringfasern verdickt, die annähernd horizontal stehen. Soweit ich darauf geachtet habe, ist die Orientierung dieser Halb- ringe in den Zellen so, dass die offene Seite einer der Trennungslinien des Elaterenträgers zuge- Aneura sp. (Java). Längsschnitt durch den Kapseltheil eines reifen Sporogons; H Calyptra, C. Colu- mella. Die Richtung, in welcherdieBlateren verlaufen, ist durch Striche angedeutet. 16mal vergr. wendet ist (vgl. die Querschnitte Fig. 5 u. 6). Die Linien, in denen später eine Trennung des Elaterenträgers in normal vier (zuweilen, wie in Fig. 5, 22 auch nur drei) Theilen auftritt, treten schon sehr früh hervor. Die Mem- branen nehmen hier Farbstoffe besonders leicht auf — offenbar infolge einer nicht näher untersuchten Abweichung ihrer stofflichen Beschaffenheit von derjenigen der übrigen Zellen des Elaterenträgers. Sie sind in Fig 5. Aneura pinguis. Quer- schnitt durch einen ab- normerweise nur in drei Fig. 6. Theile zerfallenden Ela- Aneura sp. (Java). Querschnitt durch den terenträger (vergr.). T Tren- Elaterenträger einer reifen, aber noch un- nungslinie. Nur an wenigen geöffneten Kapsel. In den Trennungslinien Punkten derselben hat eine T hat grösstentheils schon eine Spaltung Trennung schon stattge- der Membran in zwei Lamellen sattge- funden. funden. SpSporen, Eanhaftende Elateren. den Figuren mit T bezeichnet, und spalten sich schon ehe die Kapsel sich öffnet in zwei dünne Lamellen. Dass sie Theile der ursprüng- lichen Quadrantenwände, die im oberen Theil des Embryo auftreten, darstellen, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Mit dem Elateren- träger stehen eine Anzahl Elateren in Verbindung. Zunächst wachsen die Zellen des Letzteren, die an den Sporenraum grenzen'), vielfach zu elaterenähnlichen, zugespitzten Zellen aus, die sich aber von den Elateren nicht nur dadurch unterscheiden, dass die Zelle nur an ihrem freien Ende zugespitzt ist, sondern auch dadurch, dass das Verdiekungsband nicht so breit ist, wie bei den Elateren; vielfach haben diese Zellen auch ringförmige Verdiekungen statt der spiraligen. Zwischen diese Vorsprünge des Elaterenträgers (und auch an andere Stellen) legen sich die Enden einer Anzahl der freien, im Sporen- raum vorhandenen Rlateren an; viele Elateren stehen übrigens mit dem Elaterenträger nicht in Berührung. Jack hat in einer Kapsel von An. pinguis 1500, in einer solchen von An, palmata 1300 Ela- 1) Namentlich im unteren Theil des Elaterenträgers, nicht, wie Leeler® du Sablon angibt, im oberen. en 23 lateren gezählt (a. a. O. pag. 83). Der Namen Elaterenträger darf also nicht so verstanden werden, als ob die sämmtlichen Blateren daran befestigt wären, vielmehr liegen nur die Enden einer Anzahl derselben nach dem Obigen dem Rlaterenträger an, ohne mit ihm etwa verwachsen zu sein. Die Kapsel öffnet sich in vier Klappen, die annähernd horizontale Richtung einnehmen, wobei die Ränder der Klappen nach aussen ge- bogen sind. Die Sporen- und Elaterenmasse: theilt sich in vier Theile. Was nun weiter erfolgt, hat Leelere du Sablon nicht beobachtet, er leugnet aber auch hier (a. a. O. 156), dass die Elateren eine Rolle bei der Sporenverbreitung spielen, weil er fand, dass „la forme des elateres est sensiblement independante des conditions de milieu; il n’y a donc pas lieu de parler iei de proprietes hygroscopiques.* Was davon zu halten ist, mag folgendes Beobachtungsbeispiel von Aneura pinguis zeigen: Beginn des Risses in der Kapselwand (von der Mittel- region aus) 10°50. Die Klappen klaffen 10%56. Gehen auseinander 1057, auf jeder Klappe liegt, wie oben erwähnt, die dunkle Sporen- und Elaterenmasse. Nun führt jede dieser vier Massen an ihrem Anheftungspunkt (also am „Elaterenträger“) eine Drehung von etwa 90° aus (später vergrössert sich der Winkel noch), so dass also auf jeder Klappe die Sporenmasse zunächst aufgerichtet erscheint. Nun beginnt ein ener- gisches Abschleudern der Sporen. In etwa fünf Minuten vom Auf- brechen der Kapsel an ist alles zu Ende, es bleiben nur die Elateren- träger übrig sammt einzelnen denselben anhaftenden Elateren, die übrigen sind mit den Sporen weggesprungen. Ganz ähnlich erfolgt die Sporenaussaat auch bei A. palmata; kleine Abweichungen kommen natürlich vor, z. B. die, dass die Sporenabschleuderung beginnt, ehe die Klappen sich noch ganz getrennt haben. Die Drehung der Sporenmassen auf Klappen trägt zur weiteren Ausbreitung der Sporen bei. Die Sporenmassen können dadurch, dass sie über die Sporogonwand herausgehoben werden, in weiterem Umkreis zerstreut werden. Die Drehung dürfte in dem Bau der Elaterenträger begründet sein. Die nach aussen liegende Seite derselben kann sich beim Austrocknen stärker verkürzen, als die innere, was durch die oben angegebenen Verdickungsverhältnisse der Zellmembranen verständlich ist. Ob dabei für die Loslösung der Sporen- massen zugleich die Veränderung in der Form der Sporogonwand beim Oeffnen derselben in Betracht kommt, bleibe unentschieden, es sei aber daran erinnert, dass die Sporen-Elaterenmasse beim Oeffnen 24 noch nicht ein lockeres Pulver, sondern eine feuchte zusammenklebende Masse darstellt, die an dem einen Ende an der Klappenspitze be- festigt ist, und durch die Biegung der Klappe sich am andern Ende loslöst. Es wird darauf unten, bei Besprechung von Metzgeria kurz zurückzukommen sein. Hier seien zunächst die inneren Differen- zierungvorgänge in den heranwachsenden Kapseln von Aneura be- sprochen. Die ersten Entwickelungsstadien derselben sind von Hof- meister (Vgl. Unters.) und Leitgeb (III, 47) geschildert worden, dagegen hat die Entstehung der Elaterenträger von den genannten Forschern keine Berücksichtigung erfahren. Leelere du Sablon’s diesbezügliche Angaben müssen als verfehlt bezeichnet werden. Nach ihm soll man die „cellules steriles“ (wie er das acht Jahre früher von Jack als Elaterenträger bezeichnete Gewebe benennt) erst sehr spät sichtbar resp. von den anderen Zellen unterscheidbar werden (a. 2. O. p. 147); „c’est au moment ou se resorbent les parois des cellules & spores et & Elateres qu’on peut commencer & distinguer les cellules steriles“. In Wirklichkeit ist uun aber charakteristisch und für die Auf- fassung der Gesammtentwickelung der Lebermoossporogone von erheb- licher Bedeutung, dass schon ausserordentlich frühe eine Diffe- renzirung des Kapselinnern eintritt in zwei Meristeme, von denen das eine, weniger thätige, aber ursprünglich den Haupttheil der Kapsel einnehmende den Elaterenträger, das an- dere das sporogene Zellge- webe liefert, das sich erst viel später in Sporenmutter- zellen und Elateren diffe- renzirt. Ursprünglich sind, wie bei anderen Leber- moosen, die Zellen des Kapselraumes anscheinend alle gleichartig. Später unterscheidet sich eine peri- Fig. 7. pherische Partie von Zellen Aneura palmata. Längsschnitt durch ein junges durch reicheren Plasmage- Sporogon, stark vergr. Die sporogenen Zellen sind i b punktirt und der Zellkern angedeutet, die Wan- halt, Chlorop hyıl und A dung des Sporogons ist zweischichtig, von dem wesenheit von Stärkekörn- inneren Gewebe ist nur die linke Hälfte ge- chen von dem inneren. zeichnet. T spätere Trennungslinie. Erstere Zellen sind das Archesporium, letztere die Anlage der Columella. Das Archesporium bildet einen nach oben offenen Bogen. Es liess sich in verschiedenen 25 Fällen sowohl bei Aneura palmata (Fig. 7) als A. pinguis auf eine einzige Zellschicht zurückführen, aus deren Theilung das sporogene Gewebe hervorgeht. Ob in der That immer eine Zelllage als Arche- spor zu betrachten ist, scheint mir von wenig Belang, von erheblichem Interesse aber der Nachweis, wie ausserordentlich früh die Sterilisirung des grössten Theiles des Kapselgewebes hier eintritt. Denn offenbar haben wir hier und bei Pellia (deren Elaterenträger ja schon öfter mit der Columella von Anthoceros verglichen wurde) einen ganz ähn- lichen, aber im Verlaufe der Einzelentwickelung ein- tretenden Vorgang wie bei Antho- ceros, dessen aus einer U-förmigen Zellreihe bestehendes Archespor bisher so vereinzelt unter den Lebermoosen dastand; bei Aneura , lässt sich, wie erwähnt, verfolgen, dass eine ganz analoge Bildung dadurch entsteht, das in einem — soweit unsere jetzigen unvoll- kommenen Untersuchungsmittel zu beurtheilen erlauben —ursprüng- lich gleichartigen Kapsel- gewebe ein Theil zum Archespor, ein Theil zu sterilen Zellen wird. Fig. 8. Die Fig. 9 zeigt einen Längs- Aneura palmata. Medisner Längsschnitt . . ri durch ein Sporogon, welches älter ist als schnitt durch ein etwas älteres das in Fig. Tabgebildete, T Trennungslinie. Entwickelungsstadium von A. pin- guis; das sporogene Gewebe hat sich durch Zelltheilung vermehrt !), seine Wände werden, wie wohl bei allen Lebermoosen, später sehr stark 1) Wie erwähnt, ist es ausgezeichnet durch reichen Plasmagehalt, Chlorophyli und Stärkemangel. Später (z. B. zur Zeit der Viertheilung der Sporenmutter- zellen) enthalten auch die fertilen Zellen kleine Stärkekörnchen., Der Stärke- mangel dürfte in dem energischen Wachsthum der fertilen Zellen, das mit ent- sprechendem Stoffverbrauch verbunden ist, begründet sein. Die sterilen wachsen weniger rasch und dienen den fertilen als Nahrungsspeicher. Man beachte die Aehnlichkeit des in Fig. 8 abgebildeten Längsschnitt mit dem Quersehnitt durch die jungen Pollensäcke mancher Antheren (z. B. Hyoseyamus in Goebel, Ver- gleichende Entwickelungsgeschichte p. 395, Fig. 110). Die Columella der Aneura- kapseln entspricht auf diesem Stadium biologisch dem bei den Antheren von Chatin unnöthigerweise als „Placentoid“ bezeichneten Gewebe: in beiden Fällen handelt es sich um eine ausgiebigere Ernährung der sporogonen Schicht. Vgl. die Bemerkung auf 8. 13. \ 26 quellungsfähig. Sie scheinen auch von weicherer Beschaffenheit als die der sterilen Zellen zu sein und sind vielfach nicht deutlich wahr- nehmbar. Die starke Aufquellung der Membranen hat Leclere du Sablon zu der sonderbaren Angabe veranlasst, dass die Protoplasma- massen der Zellen in Freiheit gesetzt „Aottent dans ce liquide“. Es. bedarf wohl kaum der Angabe, dass dem nicht so ist, wenn man dem Fig. 10, Längsschnitt durch eine unreife Kapsel von Aneura pinguis. Die Elateren sind differen- zirt, ihr Verlauf durch Linien angedeutet, die Sporenmutterzellen sind noch nicht als solche kenntlich. T Trennungs- linie des „Elaterenträ- gers“. In der reifen Fig. 9. Kapsel erscheint der- Aneura pinguis. Längsschnitt durch eine Kapsel selbe verhältniss- mittlerer Entwickelung; sporogene Zellen punktirt, mässig weniger gross T Trennungslinie. (vgl. Fig. 2 auf Taf. 1) Präparat nicht Wasser zusetzt; bei Untersuchung in Alkohol zeigen sich die Zellen stets mit einer, wenn auch gequollenen Membran um- geben. Die zu Elateren werdenden zeigen frühzeitig stärkeres Längen- wachsthum als die, aus deren Theilung die Sporenmutterzellen hervor- gehen. Beide zeigen ursprünglich bei A. pinguis annähernd spindelförmige Gestalt. Die Elateren und Sporenmutterzellreihen strahlen später in 27 der aus Fig. 10 ersichtlichen Weise an dem „Elaterenträger“ aus. Hofmeister’s merkwürdige Angaben über die Entwiekelung von A. multifida habe ich oben (p. 21) angeführt. Dieselben können für A.multifida schon dess- - halb nicht zutreffen, / weil diese Art, wie,” Jack angibt (a. a. O. p- 83), Elaterenträger besitzt. Die letzteren fehlen nach Gottsche (a. a. O.) bei A. pin- natifida. Indess zeig- Fig. 11. ten junge Sporogonien Metzgeria furcata. Längsschnitt durch den oberen Theil einer Sporenkapsel. T Trennungslinie der (wenig um- von A. pinnatifida, r ;chem Columell . me . welche ich der Güte angreichen) Colu des Herrn Prof. Briosi in Pavia verdanke, im Wesent- lichen dieselben Differenzi- rungsverhältnisse, wie sie oben von A. palmata und pinguis beschrieben wurden.) Ich möchte also annehmen, dass auch hier, wenngleich vielleicht nicht sehr hervor- tretende Elaterenträger vor- handen sind und demnach die Kapseln aller bisher unter- suchten Aneura-Arten nach demselben Typus aufgebaut i \ sind. Würde Gottsche’sAn- in @; gabe zutreffen, so wäre esmög- Fig. 12. Metzgeria furcata. Qnerschnitt durch lich, dass durch diese Art der ginen Elaterenträger (stärker vergr. als Fig. 11). . Aneura-Typus mit dem Frul- T Trennungslinien, einige Sporen und Theile lania-Typus verknüpft würde. von Elateren sind sichtbar. Zum Aneura-Typus gehört auch die nahe verwandte Metzgeria. Den Bau des Elaterenträgers fand ich an den in der Umgebung des Würmsees 1) Dasselbe gilt für eine tropische habituell A. multifida nahestehende Form, die ich vor Jahren in Java sammelte. 28 gesammelten Exemplaren etwas anders, als Jack (a. a. O. p. 74) ihn angibt. Der Elaterenträger, welcher hier viel weniger entwickelt ist als bei den Aneura-Arten (vgl. den Längsschnitt Fig. 11 und den Querschnitt Fig. 12), soll nach ihm „aus unter sich verwachsenen, mit Halbringfasern versehenen Röhren“ bestehen. Ich fand solche halb- ringförmige Verdickungen nicht und darf wohl annehmen, dass Jack die Querwände der kurzen Zellen des Elaterenträgers, die vielfach braungefärbte Verdickungen zeigen, für Halbringfasern gehalten hat. Auch die Seitenwände der Zellen zeigen an einzelnen Stellen braune, annähernd halbkugelig oder flachgewölbt vorspringende kleine Ver- diekungen, sonstige Skulpturen waren nicht vorhanden. Die Sporenausstreuung findet ganz ähnlich wie bei Aneura statt, namentlich findet die eigenthümliche Bewegung der Sporen-Elateren- massen vor dem Ausschleudern auch hier statt. Die beobachteten Kapseln verhielten sich bezüglich der Energie des Schleuderns ziem- lich verschieden; die einen zeigten die Abschleuderung schon beim Oeffnen, vor dem Zurückschlagen der vier Massen, dann begann leb- haftes Schleudern, durch das fast alle Sporen und Elateren — abge- sehen von den wenigen an den Elaterenträgern hängenbleibenden — entfernt wurden. Bei einer anderen, wohl nicht vollständig normalen Kapsel blieben die meisten Sporen und Elateren an den Elateren- trägern hängen, von denen sie dann natürlich durch Luftströmungen leicht weggeführt werden können; bei einer dritten sich ähnlich verhaltenden Kapsel war die Entfernung, auf welche die Sporen weggeschleudert wurden, eine auffallend geringe; auch hier blieben viele Sporen an den Elaterenträgern hängen. Indess dürfte das erstangeführte Verhalten das typische sein. Die Entwickelung der Kapsel dürfte der von Aneura entsprechen, die betreffenden Stadien sind hier aber nicht bekannt, sondern durch die Untersuchungen von Kienitz-Gerloff und Leitgeb nur die frühesten. Leitgeb hat (a. a. O. III, p. 40, Taf. II, Fig. 9e) ein mittleres Entwickelungs- stadium beschrieben und schematisch abgebildet, an dem er im Scheitel der Kapsel eine Gruppe steriler Zellen fand, über deren Schicksal er wegen Materialmangels nur die Vermuthung mittheilt, dass sie im Verlauf der Kapselentwickelung zusammengedrückt würden und den An- satz für die Elaterenbüschel liefern, welehe nach dem Oeffnen der Kapsel an der Spitze der Klappe haften. Ersteres ist, wie aus dem Vorstehen- den hervorgeht, nicht der Fall, das sterile Gewebe der Leitgeb’schen Figur stellt vielmehr die Anlage des Elaterenträgers dar, die bei Metzgeria ‘dem Gesagten zufolge viel weniger entwickelt sind als bei Aneura. 29 2. Pellia-Typus. In Fig. 5 auf Taf. I ist die Hedwig’sche Abbildung eines geöffneten Pellia-Sporogons wiedergegeben; er sagt von den Elateren (filamenta): „Epiphyllae longissimae sunt, uno extremo capsulae centro inhaerentia et post seminis explosionem barbulae confusae ad instar surreeta“. Seither ist Pellia viel untersucht worden. Betreffs des Verhaltens der fertigen Sporogonien und seine Schilderung bei den systematischen Beschreibungen der verschiedenen Autoren kann auf Jack verwiesen werden (a. a. O. p. 71 u. 72), der auch die Unter- schiede im Verhalten von P. epiphylla und P. calyeina erläutert. Hofmeister (Vgl. Unters. p. 19) hat die Entwickelung der Frucht dargestellt; nach ihm findet man im August die Zellen des Kapsel- innern freischwimmend; sie umkleiden sich mit neuen Zellwänden (p. 20 a. a.0.). „Dabei zeigen sie ein sehr verschiedenes Verhalten. Ein Theil wird lang spindelförmig, die zukünftigen Schleudern. Diese Spindelform nimmt ein ganzer Strang in der Längsaxe der feucht liegenden Zellen an, um ihn erscheinen die übrigen zu Schleudern sich umwandelnden Zellen aufwärts strahlig angeordnet.“ Bei Besprechung der Anordnung von Sporen und Elateren in den Lebermooskapseln stellt Kienitz-Gerloff Pellia an die Seite von Marchantia. Er sagt: „Aehnlich ist die Anordnung derselben Zellen (der elaterenbildenden) bei Pellia; die aus ihnen hervorgegangenen Schleudern liegen bei dieser Pflanze nicht mehr vollkommen senkrecht, sondern sie strahlen fächerförmig von der Basis der Kapsel nach oben und nach den Seiten, bei Aneura und Metzgeria vom Kapselscheitel nach der Basis aus“. Dagegen möchte ich hervorheben, dass die Aehn- lichkeit hier nur eine äusserliche ist. Betrachten wir einen Längs- schnitt durch eine reife Kapsel von Pellia (Taf. I Fig. 1), so sehen wir, dass die Elateren in der Mitte der Kapsel eine compacte, mehr- fach hin- und hergebogene, nicht von Sporen durchsetzte Masse bilden, was bei den Marchantieen nicht der Fall ist. Es ist dies nicht eine nachträgliche Zusammendrängung ursprünglich gleiehmässig vertheilter Elateren, sondern diese Anordnung beruht auf einer frühzeitigen, von dem Jungermannieen-Typus abweichenden Entwickelung. Nach Hof- meisterund Kienitz-Gerloff, der ihm hierin folgt, sollen sich zu einem gewissen Zeitpunkt im Kapselinnern freischwimmende Primor- dialzellen befinden, die, nachdem sie sich von Neuem mit einer Membran umgeben haben, eiförmige Gestalt besitzen. „Einzelne von ihnen bilden an ihren verjüngten Enden Ausstülpungen, die nach und nach zu langen Schläuchen auswachsen und sich zwischen den übrigen, 30 welche kurz bleiben, hindurchdrängen“ (Kienitz-Gerloff a.a.0.). Die Annahme ursprünglich freischwimmender (also regellos angeord- neter) später zu Elateren auswachsenden Zellen ist ein Irrthum, ver- anlasst durch die starke Quellbarkeit der Membranen des Kapselinneru auf diesen Entwickelungsstadien. Vergleicht man Längsschnitte durch jugendliche Sporogone, wie Hofmeister einen abgebildet. hat, mit solchen durch ältere, wie Fig. 13 einen widergibt!), so zeigt sich, dass die Elateren dieselbe springbrunnenförmige (coaxiale) Anordnung haben wie die Zellen im Centrum der jugendlichen Kapsel vor Dif- ferenzirung der Elateren. Letztere sind also offenbar aus den centralen Zellen im untern Kapseltheil her- [| vorgegangen, die sämmtlich steril blieben und zu Elateren (resp. Elaterenträgern) auswuchsen , die sich nun zwischen die fertilen Zellen eindrängen. Ein auffallen- der Unterschied zwischen den zu Elateren und fertil werdenden Zellen besteht darin, dass erstere kleine Stärkekörnchen führen, letz- tere nicht; aber auch in dem (HH Stadium, wo die Elateren schon Fig. 13. beträchtlich in die.Länge gestreckt Pellia epiphylla. Längsschnitt durch ein sind, fand ich dieselben noch als junges Sporogon, halbschemat. Vergr.74. einen zusammenhängenden Ge- Die sporogenen Zellen sind punktirt. webekörper. Wir haben hier eine ganz ähnliche Differenzirung wie beim Aneura-Typus. Es findet frühzeitig eine Differenzirung des Kapselinnern in zwei Theile statt: Archespor und steril bleibende Zellen. Erstere erzeugen Sporen und freie Elateren, letztere die „Elaterenträger“. Die letzteren repräsen- tiren aber bei Pellia noch einen primitiveren Typus als bei Aneura: sie stellen sich dar als ganz elaterenähnliche Zellen, während bei Aneura und noch mehr bei Metzgeria die Elaterenträger aus einem Gewebe zusammengesetzt sind, das eine gewisse Verwandtschaft zu 1) Leider standen noch jüngere Stadien, da ich die Pflanze zu spät ein- sammelte, mir nicht zu Gebote. Aber das in Fig. 13 Abgebildete spricht durchaus gegen die Annalıme Leitgeb’s (III, 57), dass die fächerförmige Anordnung erst erkennbar werde, wenn man die Sporenmutterzellen unterscheiden könne, kF/ KEN / ZN GEN N I ML TZISN IWW sell | | | / Gl ee ee 81 den Elateren nur noch im Auswachsen äusserer Zellen zu elateren- ähnlichen Gebilden aufweist. Ehe auf das Verhalten bei der Sporenaussaat von Pellia hin- gewiesen wird, sind noch die Angaben von Leclere du Sablon au besprechen. Auch hier bringt dieser Autor einige erstaunliche Mittheilungen. Befruchtete Eizellen soll man vom November an finden: Nach Hofmeisters Angaben, mit denen meine Erfahrungen voll- ständig übereinstimmen, sind schon im August vielzellige Embryonen vorhanden, in denen die Differenzirung des Kapselinhalts schon be- ginnt. Ferner soll man nach Leclere du Sablon die Archegonien „sur le bord de la fronde“ suchen, während sie in Wirklichkeit auf der Mitte des Thallus stehen; seine Längsschnitte sind, wie die Ab- bildungen zeigen, schief verlaufen, und seine Angaben fügen dem vorher Bekannten nichts von Bedeutung hinzu. Leider konnte ich die Sporenaussaat normal geöffneter Kapseln nicht beobachten, da die von mir in Kultur genommenen Exemplare alle abnorm wurden. Es darf aber wohl angenommen werden, dass die freien Elateren hier nicht als Schleuderer dienen, sondern nur zur Auflockerung der Sporenmasse, da die Sporen verhältnissmässig sehr gross sind und die ersten Keimungsstadien innerhalb der Sporogon- kapsel zurücklegen. Auch die „Elaterenträger“ dürften durch Streckung (vgl. das Hedwig’sche Bild Taf. I Fig. 7) und Bewegung zur Vergrösserung und Lockerung der Masse beitragen. Die Elateren zeigen, wenn sie austrocknen (aueh beim Anhauchen), Bewegungen, welche die oben erwähnte Vermuthung wahrscheinlich erscheinen lassen. Indess soll hier auf diese Frage nicht näher eingegangen werden, da ich beabsichtige, die Entwickelungsgeschichte und das Verhalten der Pelliasporogonien einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen; sie waren hier zuletzt in der ersten Gruppe zu besprechen, da sie zwar an Aneura bezüglich der Differenzirung sich anschliessen, bezüglich des Verhaltens der Elateren aber wahrscheinlich auch in die folgende Gruppe eingereiht werden könnten. II. Elateren nicht als Schleuderer dienend. I. Fossombronia. Ueber die Sporenausstreuung dieser Jungermanniee liegen zwei Berichte vor. Zunächst hat sie Schmidel 1747 beschrieben (Icones plant. p. 86). Er sagt: „vasculi (der Kapsel) tota capacitas magna eopia funiculorum (Elateren) et iis adherentium seminum refertur, quae 32 . euncta mox post valvarım aperturam ob aeris externi accessum et parietes siceatos avelli, cum impetu ejaculari et dispergi ineipiunt, donee tota testa inanis sit usque ad centrum, in quo penieillus funi- culorum restat.“ Damit stimmen die Angaben von Leclere du Sablon an F. caespitiformis nicht überein, nach ihm findet kein Wegschleudern der Sporen wie Schmidel es angenommen hatte) statt. Meine Beobachtungen stimmen mit keiner dieser fast 150 Jahre aus- einanderliegenden Angaben überein, nähern sich aber mehr denen Schmidel’s. Dieser hat sich offenbar, wie auch seine Darstellung des Oeffnungsvorganges der Sporogone zeigt, zu sehr durch die Ana- logie mit den übrigen Lebermoosen leiten lassen. Im Oetober bei Ambach gesammelte Sporogonien von F. pusilla zeigten, wie mehrfach in der Litteratur angegeben ist, dass die Kapsel- wand unregelmässig aufspringt; gelegentlich findet man ein ähnliches Bild, wie Schmidel es zeichnet, der vier Klappen annimmt, aber dies ist mehr Zufall, die Regel ist, dass sich die Sporangienwand durch unregelmässige Längs- und Querrisse in einzelne sich ablösende Stücke trennt, wobei ein unterer schüsselförmiger Theil stehen bleibt, der der Masse von Sporen und Elateren als Stützpunkt dient. Dies hat auch Leelere du Sablon gesehen. Die Elateren bewegen sich ziemlich lebhaft (nach Leclere du Sablon sollen sie dagegen bei F. caespitiformis „pas de mouvements propres“ haben — vermuthlich verhält sich aber die Sache ebenso wie bei F. pusilla), schleudern aber die Sporen nurin ganz unbedeutendem Maasse ab. Die meisten bleiben mit den Elateren zusammen als braune Masse auf dem schalenförmigen unteren Rest der Sporogonwand sitzen und können dann leicht vom Wind weggeführt werden, Die Sporen- und Elaterenmasse wird grösser (breiter und flacher) als sie im Sporogon war; dies erfolgt durch die Bewegung der Elateren, während Leelerc du Sablon, der an den Elateren keine Bewegung wahrnehmen konnte, die Vergrösserung dem „ebranlement cause par le mouvement des parois“ zuschrieb, was sicher nicht der Fall ist. Eine charakteristische Anordnung der Ela- teren ist im Sporenraume von Fossombronia nicht vorhanden, sie erscheinen gleichmässig mit den Sporen gemengt. 2. Marchantieen. Ob alle Marchantieen hierher gehören, ist fraglich; namentlich gilt dieser Zweifel von Lunularia, die bekanntlich mit reifen Sporo- gonien selten angetroffen wird. Die über das Oeffnen der Sporogonien vorliegenden Angaben sind dementsprechend auch nicht entscheidend. Ian mm nunen nn ne. 33 Bischoff!) hat dieselben besprochen und meint, dass die Angabe Micheli’s, wornach bei dem Aufspringen der Sporenbehälter. die Schleudern auf den Spitzen der Klappen sitzen, zutreffend sei. Dar- nach, nicht nach der Natur, ist, wie er ausdrücklich angibt (p. 1011), auch seine Abbildung entworfen, welche spätere Autoren dann ohne Weiteres als Beobachtungsresultat betrachteten und copirten. Es scheint, dass seit Mieheli (1729) niemand mehr das Oeffnen der Lunularia-Sporogone beobachtet hat; Leitgeb (VI p. 102) gibt nur an, dass bei Anordnung der Elateren vollständig der von Marchentia entspreche. Dieser Fall bedarf also weiterer Aufklärung. Fegatella conica. Die Sporen durchlaufen bekanntlich hier, ebenso wie bei Pellia, die ersten Keimungsstadien schon innerhalb des _ ungeöffneten Sporogons und es muss von vornherein unwahrscheinlich erscheinen, dass bei der Grösse und Schwere der aus der Sporenkeimung hervorgegangenen Zellkörper die Elateren als Schleuderer dienen. Dass dies nicht der Fall ist, zeigte dann auch die Beobachtung. Z. B.: Die Sporenkapsel öffnet sich langsam durch Zurückschlagen der Wand an der Spitze der Kapsel 10%51. Beim weiteren Zurückrollen der Wand wird ein lockerer Ballen von Elateren und Sporen frei; die Elateren zeigen beim Austrocknen schwach drehende Bewegung und schrumpfen, aber weder das Zurückrollen der Wand, noch die schwachen Bewegungen der Elateren schleudern Sporen weg. Wohl aber wird die ganze Masse lockerer und breiter als sie im Sporogon war; stellt man ein geöffnetes Sporogon vertical, so verstäubt die Masse leicht, das Zurückrollen der Wand war nach 9 Minuten beendigt. Die Ver- breitung der Fegatella-Sporen (ebenso derjenigen von Pellia) dürfte den feuchten Standorten entsprechend, an denen die Pflanze lebt, meist durch Fortschwemmen zu Stande kommen. Bei trockenem Wetter wird, und das erscheint nicht unwichtig, die Verstreuung der Sporen nicht auf einmal, sondern nach und nach, in dem Maasse wie die Sporogonwand sich zurückrollt und die aufgelockerten und trockener gewordenen Theile der Sporen-Elaterenmasse abfallen, erfolgen. — Die Vermuthung, die ich ursprünglich hegte, es könnten die Elateren innerhalb des ungeöffneten Sporogoniums gespannt sein, war, wie sich schon aus dem oben Angeführten ergibt, eine irrige. Ganz ähnlich verhalten sich Preissia commutata und Marchantia polymorpha. Bei ersterer kamen zwar einzelne Sporen mit einem kleinen Ruck hervor, blieben aber in unmittelbarer Nähe der Sporen- ) Bemerkungen über die Lebermoose. Nova acta Acad. Leop. Carol. VoL XVII 12, 1835, Flora 1895, 8 34 Elaterenmasse liegen, die auch hier ein lockeres, mit fortschreitender Austrocknung zerfallendes Haufwerk bildet. Bei Marchantia führen die Elateren war beim Anhauchen lebhafte hygroskopische Bewegungen aus, ein Wegschleudern der Sporen aber findet entweder nicht statt oder es werden einige, aber bei Weitem nicht alle Sporen auf ganz kurze Entfernungen abgeschleudert. Die Elateren selbst aber werden (im Gegensatz gegen die Fälle, wo sie wirklich Schleuderer sind) nicht fortgeschleudert. Das geht ja auch schon aus dem bekannten, schon von Bischoff schön wiedergegebenen Bild einer geöffneten Marchantiakapsel hervor, welches, aus dem geöffneten Sporogon hervor- ragend, eine lockere, von Sporen und Elateren gebildete Masse zeigt. Wären die Elateren hier Schleuderer!), wie in den oben beschriebenen Fällen, so könnten sie doch nicht in dieser Weise nach dem Oeffnen des Sporogons zusammen liegen bleiben. Die Sachs’sche Ansicht, dass sie die Sporenmasse aufzulockern haben, trifft also durchaus zu, wozu noch kommt, dass durch das Vorhandensein der Elateren die Sporen nicht auf einmal, sondern nach und nach herausfallen. Zusammenfassung. Die vorliegenden Untersuchungen beschäftigen sich mit der bio- logischen Bedeutung der Lebermoos-Elateren. Dieselbe ist eine doppelte. A. Sie wirken mit bei der Stoffzufuhr zu den sporogenen Zellen und bei der Verbreitung der Sporen. Die erstgenannte Function ist die einzige bei den rudimentären Elateren, die in allen drei Entwickelungs- weisen der Lebermoose vorkommen und schon aus diesem Grunde, sowie daraus, dass sie sich bei Sporogonen, die unter verschiedenen Lebens verhältnissen sich befinden, vorkommen, erhellt, dass wir es mit rudimen- tären, nicht mit reducirten Organen zu thun haben. Die Ernährung der sporogenen Zellen wird ferner hier, wie bei den Sporogonien der Laubmoose (abgesehen von den kleinen und verhältnissmässig nur wenig Sporen bildenden Sporogonien von Archidium), erleichtert da- durch, dass die sporogenen Zellen mit möglichst grosser Oberfläche mit den sterilen, Nahrung liefernden in Berührung treten. Dies’ ist am Ausgesprochensten der Fall bei Anthoceros. Aber bei Aneur& und Pellia findet im Verlauf der Einzelentwickelung ein ganz ähnlicher Vorgang statt, indem in dem Kapselraum der jungen $po- rogone der grösste Theil der Zellen sterilisirt wird und die Fähigkeit, sporogene Zellen zu erzeugen, auf ein vielfach auf eine Zellschicht 1) Als solche werden sie irrthümlich gerade für Marchantia auch in dem neuesten Lehrbuch der Botanik von Strasburger, Noll, Schenck u. Schimpe! bezeichnet (8. 334). en m 35 zurückführbares Meristem beschränkt bleibt. Die sterilen, ursprünglich als Nährstoffleitgewebe für die sporogenen Zellen funetionirenden Zellen werden später zu Elaterenträgern. B. Bezüglich der Anordnung der Elateren sind zwei Formen zu unter- scheiden: freie und einseitig angeheftete. Der Frullania-Typus schliesst sich durch Formen wie Jungermannia bicuspidata an den ersteren an. ©. Als Verbreitungsorgane haben die Eiateren nicht die unter- geordnete Bedeutung, welche ihnen von Leclere du Sablon zu- geschrieben wird, sie sind aber auch nicht überall Schleuderer, wie die älteren Forscher annahmen, vielmehr sind zwei Fälle zu unter- scheiden, zwischen denen übrigens Uebergänge sich finden: 1. Bei einer grossen Anzahl von Formen sind die Elateren Or- gane, welche die Sporen energisch fortschleudern; es geschieht dies in dem Momente, wo sie austroeknen. Eigenthümliche Modificationen finden sich bei dem Frullania-Typus und bei den mit Elaterenträgern versehenen Formen, namentlich bei Aneura und Metzgeria, deren Ela- terenträger schon in der ungeöffneten Kapsel in vier Theile zerlegt wird, die beim Aufspringen der Kapsel eigenthümliche Bewegungen ausführen. 2. Bei Fossombronia und den untersuchten Marchantieen sind die Elateren nieht Schleuderer. Ihre wenig ausgiebigen Bewegungen machen nur die Sporen-Elaterenmasse zu einem lockeren Haufwerk, welches dann leicht durch Luftströmung zerstreut werden kann. Bezüglich der Einzelheiten sei auf den Text verwiesen. Der Mechanismus der Schleuderbewegung wurde nicht näher untersucht; es ist das eine Frage für sich. Dass es sich dabei handelt um Er- scheinungen, welche durch Schrumpfungsdifferenzen in der verdiekten Elaterenzellmembran bedingt werden, kann wohl nicht bezweifelt werden. Dass beim Befeuchten gerade der als Schnellorgane dienen- den Elateren (z. B. Plagiochila, Aneura) keine Bewegungen und nur unbedeutende Gestaltveränderungen auftreten, wurde schon oben hervorgehoben, während andere „Elateren“ hygroskopische Bewegungen ausführen. „Elateren“ finden sich bekanntlich nicht nur bei den Lebermoosen, sondern, abgesehen von den Equiseten, deren Sporenverbreitungs- organe diesen Namen mit Unrecht tragen!), bei den Myxomyceten, 1) Dasseibe gilt wohl auch für die von G. Karsten (Flora, Ergänzungsbd. z. 1894 p. 87 ff.) neuerdings für Polypodium imbricatum beschriebenen „Elateren*“ deren Functicn noch unbekannt ist, und die desshalb vorläufig wohl besser nicht als Elateren bezeichnet werden. Es sei dies um so mehr hervorgehoben, als Karsten sagt: „Die Aehnlichkeit dieser Fasern mit den hekannten Elaterenzeilen 36 Lycoperdaceen und Orchideen. Es ist beachtenswerth, dass bei den beiden ersteren Abtheilungen, soweit unsere noch unvollständigen Kennt- nisse ein Urtheil zulassen, ganz Aehnliches vorkommt, wie es oben für die Lebermoose nachgewiesen wurde. Ob das Capillitium der Myxomyceten bei der Ernährung der Sporen eine Rolle spielt, wissen wir nicht. Bei der Verbreitung derselben aber ist dies sicher der Fall; es bildet in den einen Fällen ein Gerüstwerk, das ein Zusammen- ballen der Sporen verhindert und ein allmähliches Zerstreutwerden derselben ermöglicht, auch bei dem Öeffnen der Kapseln in manchen Fällen sich nicht unbeträchtlich ausdehnt, in anderen, wie bei Trichia, kommen lose „Elateren“ vor, an denen ich eine Schleuderbewegung in dem einen untersuchten Falle freilich nicht bemerken konnte, ihre Function ist vielleicht der der Marchantieen-Elateren ähnlich, möglicher- weise kommen auch hier wirkliche Schleuderorgane vor. Bei den Lycoperdaceen ist dies, nach Hedwig’s oben eitirten Angaben, bei gewissen Formen der Fall, während bei anderen auch hier nur ein Gerüstwerk gebildet wird. Wie Beer?!) gefunden hat, besitzen die Früchte einer Anzahl epiphytischer Örchideen „Schleuderorgane* ‚ welche den Lebermoos- Elateren ganz analog sind. Es sind dies Haare, die aus der Innen- wänd des Fruchtknotens entspringen und nach allen Richtungen hin die Masse kleiner Samen, welche den Fruchtknoten erfüllt, durchsetzen. Sie führen, wenn sie nach dem Oeffnen der Frucht austrocknen, wie ich mich bei Vanda tricolor überzeugen konnte, recht energische Be- wegungen aus, wobei auch ein Abschleudern der ihnen anhaftenden kleinen Samen stattfindet. Wie bei den Lebermooskapseln ist dadurch namentlich ein gleichzeitiges Ausstreuen der Samen verhindert; dasselbe findet allmählich statt in dem Maasse, in welchem die Aus- troeknung weitergeht. Legt man eine Samen-Elaterenflocke aus einer reifen, aber noch nicht ausgetrockneten Vanda-Frucht auf den Object- träger, so findet bald durch die Bewegungen der Elateren eine Trennung derselben von den Sporen statt. Indess scheint mir, wie erwähnt, die biologische Bedeutung der Elateren weniger in dem Wegschleu- von Marchantia z. B. liegt auf der Hand“ (a. a. O. p. 88). Meiner Ansicht nach ist diese Aehnlichkeit eine ganz aussordentlich geringe, wie sich aus den oben mitgetheilten Thatsachen ergeben wird. 1) Ueber das Vorkommen eines Schleuderorganes in den Früchten verschie dener Orchideen von J, &. Beer (Sitz.-Ber. der math.-naturw. Classe der kai. Ak. der Wissenschaften Bd. XXIV 8. 23). Vgl. auch Pfitzer in Engler-Pranll, „Pflanzenfamilien I. Bd., Orchideen, 37 dern als in der allmählichen Ausstreuung der zahllosen kleinen Samen zu liegen, wodurch die Möglichkeit, dass einige derselben an für die Keimung günstige Standorte gelangen, bedeutend erhöht wird. Die „Elateren“ von Vanda entspringen als lange, mit stark verdickter Wandung versehene Zellen aus den zwischen den Placenten gelegenen Theilen des Fruchtknotens.. An denen von Taeniophyllum lassen sich, namentlich im untern Theile, spiralig angeordnete Tüpfel er- kennen, was ebenso wie die nicht seltene Spaltung der Membran in Schraubenbänder für eine spiralige Anordnung der „Micellen“ spricht, die für den Mechanismus der Bewegung in Betracht kommt. Tafelerklärung. Fig. 1. Längsschnitt durch die reife Kapsel von Pellia epipylla. Fig. 2. Längsschnitt durch die reife Kapsel von Aneura pinguis. Die Elateren sind etwas zu dick ausgefallen. Fig. 3. Geöffnete Kapsel von Frullania dilatata mit anhaftenden Elateren von oben. Fig. 4. Lejeunia serpyllifolia, abnorm geöffnete Kapsel (vgl. den Text). Fig. 5. Geöffnete Pellia-Kapsel (Kopie aus Hedwig). Anm. Für freundliche Zusendung von Untersuchungsmaterial möchte ich Herrn Irck in Constanz auch hier bestens danken. Notizen über die Cultur- und Lebensbedingungen der Meeresalgen. Von Friedrich Oltmanns. Als ich vor einigen Jahren meine Beobachtungen über die Lebens- bedingungen der Meeresalgen publieirte?), war ich nicht der Meinung, dass damit der Gegenstand erledigt und zum Abschluss gebracht sei; ich habe vielmehr selbst noch eine ziemlich erhebliche Menge von gelungenen und missrathenen Culturen in Gang gesetzt, um mich noch eingehender über manche Punkte zu orientiren. Die Versuche sind durch den Wechsel meines Wohnortes nicht zum Abschluss ge- kommen, trotzdem mag es erlaubt sein, einige derselben mitzutheilen, da sie immerhin gewisse Dinge näher zu präcisiren gestatten. Ich habe a. a. OÖ. von der grossen Empfindlichkeit der Meeres- algen gesprochen, welche eine ungemein vorsichtige Behandlung der- selben in der Cultur erforderlich mache und auch Noll hat?) als unerlässliche Bedingung für das Gelingen der Algeneulturen Gewäh- rung von Stetigkeit in den einmal gebotenen Verhältnissen hingestellt. Noll erwähnt, dass eine Verschiebung der Culturgefässe an anders beleuchtete Stellen, energische Bewegung im Culturwasser u. s. w. die Pflanzen schädige, und das kann ich nur bestätigen; z. B. starben Spirogyren, welche einige Wochen hinter einer bestimmten Stelle meiner Tuscheprismen gestanden hatten, ab, als sie in hellere Regionen desselben Apparates vorsichtig geschoben wurden. Ich glaube aber behaupten zu können, dass solche Culturen eben durchaus nicht mehr normal im vollsten Sinne des Wortes sind, ebenso wagig, wie die Treibhauspflanzen, auf welche Noll hingewiesen hat. Solche von Noll erwähnten Gewächse, deren Sprosse und Blätter ceteris paribus im Freien nicht lebensfähig sind, nachdem sie im Gewächshaus erzogen 1) Pringsh. Jahrb. Bd. XXIII. 2) F. Noll, Ueber die Cultur von Meeresalgen in Aquarien. Flora 1892. Kae oe 89 wurden, mögen im Treibhaus Blüthen und Früchte reifen, trotzdem würde sie kaum ein Physiologe für physiologische Untersuchungen verwenden wollen. Und genau so ist es mit den Algen. Mögen auch viele der von Noll und von mir cultivirten Algen Fortpflanzungs- organe in der Gefangenschaft gebildet haben und insofern für die rein morphologische Untersuchung vollauf genügen, völlig normale Oulturen, die für alle Zwecke ausgereicht hätten, waren das nicht. Meine vielfachen Erfahrungen haben mich gelehrt, dass die Pflanzen, welche wochenlang in den Culturen gediehen und scheinbar normal wuchsen, physiologisch verändert waren. Frische Spirogyren, welche erst wenige Tage im Glasgefäss gestanden hatten, kann ich beliebig hinter meinen Tuscheprismen verschieben, sie sterben nicht ab, auch Polysiphonien und Ceramien gedeihen unter wechselnden Lebensbedingungen relativ lange, falls sie frisch sind, zeigen aber abweichende Resultate, sobald sie längere Zeit in Glasgefässen ete. „gepflegt“ worden waren. Ich habe häufig folgende Erfahrungen gemacht: Frisches Material und ältere Culturen von Polysiphonien ete. wurden in Seewasser gesetzt, das demselben Glasgefäss entstammte, sie wurden auch sonst völlig gleich behandelt und trotzdem erlitten die Culturen Schaden, die frischen Algen vegetirten ruhig weiter. Natürlich habe ich nach einer Erklärung für dies Verhalten gesucht, aber ein befriedigendes nicht gefunden. Würde man von einer Abschwächung reden und an Milz- brand und ähnliche Fälle denken, in welchen durch die Cultur eine physiologische Veränderung des Organismus nachweislich bedingt wird, so wäre damit für unseren Fall kaum mehr gewonnen, als ein Wort, das vielleicht Analoges bezeichnet. Man könnte aber auch die oligo- dynamischen Erscheinungen Nägeli’s heranziehen und in der That bezweifle ich nicht, dass ich mehrfach derartige Wirkungen vor mir gehabt habe. Ein besonders eclatanter Fall, der wohl sicher hierher gehört, war folgender. Um die Wirkung eoncentrirteren Wassers auf die Algen zu studiren, bat ich den Kapitän eines zwischen Rostock und eng- lischen Häfen fahrenden Frachtdampfers, mir Wasser aus der Nordsee mitzubringen. Ich erhielt auch solches mit genauer Angabe der Schöpfstelle nach Länge und Breite, und.die Untersuchung ergab eine völlige Uebereinstimmung des Salzgehaltes mit demjenigen, welcher durch die Untersuchungen der „Pommerania* und des Kanonenbootes „Drache“ an gleichen oder benachbarten Orten ermittelt war.!) So 1) Vergl. die Karten in: „Ergebnisse der Uutersuchungsfahrten 8. M. Knbt. „Drache“ in der Nordsee“. Herausg. v. hydrograph. Amt d. Admirslität. 40 glaubte ich gutes Wasser vor mir zu haben. Polysiphonien, welche rasch oder langsam in solches Wasser überführt worden waren, sistirten ihr Wachsthum unter schwacher Aufschwellung der Scheitelzelle und der jüngsten Segmente, aber nach einigen Wochen entstanden in mässiger Zahl Adventivsprosse, welche ziemlich gut wuchsen. Darauf- hin tauchte die Vermuthung auf, dass die Ostseealgen die hohe Con- _ centration des Nordseewassers (ca. 3,5°/o) nicht vertragen können, und in der That wuchsen die Polysiphonien ohne Störung weiter, wenn das gleiche Wasser mit solchem, welches aus Glas in Glas destillirt war, auf 2°/o verdünnt wurde und ebenso, wenn die Verdünnung mit schwachem ÖOstseewasser erfolgte. Somit schien eine auffallende That- sache entdeckt und die obige Vermuthung bestätigt zu sein. Ich traute aber der Sache nicht so ganz und erbat mir von Herrn Dr. Kuckuck Helgoländer Seewasser, welches mir auch in der freund- lichsten Weise übermittelt wurde. Schon der erste Versuch zeigte andere Resultate. Die eingebrachten Polysiphonien wuchsen in dem- selben (3,3°/0) ohne Störung weiter. Für den Transport des See- wassers habe ich immer die sog. Schwefelsäure-Ballons oder umfloch- - tene Glasflaschen verwendet (sog. Demijons), welche stets vorher ' dadurch auf Reinheit geprüft wurden, dass ich etwa 14 Tage lang Ostseewasser in denselben aufbewahrte und mit diesem dann einige Algenculturen ansetzte; erst wenn letztere gut wuchsen, wurden die Flaschen auf die Reise gesandt; somit muss eine Verunreinigung des vom Dampfer mitgebrachten Wassers auf diesem stattgefunden haben und es ist kaum eine andere Möglichkeit, als dass, entgegen meiner Bitte, das Meerwasser nicht mit reinen hölzernen Eimern aufgeholt, sondern durch die Pumpe eingesaugt wurde, welche das Wasser für die Kessel ete, in den Schiffsraum einführt. Wenn dieser Process sich auch sehr rasch abspielt, so kann sehr wohl genügend Kupfer gelöst werden, um die beschriebenen Erscheinungen hervorzurufen. Völlig erklärt werden indess alle oben berichteten Erscheinungen durch Oligodynamik nicht und immer bleibt nach Abzug dieser eine Summe von Vorgängen übrig, die man in Ermangelung klarer That- sachen als Empfindlichkeit bezeichnen mag. Wenn ich nun auch nach dem Gesagten nicht bestreite, dass das alte und von Noll!) auch wieder vorgeschlagene Verfahren, die Culturen ruhig stehen zu lassen bis die Pflanzen erwachsen sind, für viele morphologische Untersuchungen ausreicht, und nicht bezweifle, dass der von Noll vorgeschlagene Zusatz von Nährsalzen in gewissen die, nen 4 Fällen zweckmässig ist, so habe ich doch noch mehrfache Versuche angestellt, um die Schädigungen, welche bei der Erneuerung des Wassers so leicht eintreten, zu vermeiden. Ich bin zu dem Resultat gekommen, dass ständiges Durchleiten von Wasser durch die Culturen immer noch das Beste ist, vorausgesetzt, dass man für peinlichste Sauberkeit in den Leitungen sorgt, die man am besten aus Glas be- stehen lässt, jedenfalls sind wohl Metalle wie Blei, Kupfer etc. zu vermeiden; das geht aus Nägeli’s mehrfach eitirten Untersuchungen hervor, und deshalb ist es mir zweifelhaft, ob es zweckmässig war, wenn man in der biolog. Meeresstation zu Bergen!) die Aquariums- leitungen aus Blei hergestellt hat. Noll hat gegen das ständige Durchleiten von Wasser Bedenken erhoben, weil Schwärmsporen und ähnliche Gebilde mit fortgerissen würden; das ist indess nach meinen Erfahrungen kaum der Fall, man kann Zu- und Abfluss so reguliren, dass eine störende Strömung nicht zu Stande kommt. Nothwendig ist übrigens ein ständiges Durchleiten von Wasser nicht und man kann die Algen sehr wohl cultiviren, wenn man das alte Wasser direet durch neues ersetzt. Es verlangt das allerdings gesunde Culturen und es ist rathsam, häufiger (alle 8—14 Tage) den Wechsel vorzunehmen. Dann braucht man nicht einmal genau die ursprüngliche Concentration inne zu halten, Differenzen. des. Salzge- haltes um einige Zehntel Procent machen unter solchen Umständen kaum etwas aus, und wenn ich früher zu anderen Resultaten gelangte, so lag das eben daran, dass ich kränkliche Culturen in dem oben angegebenen Sinne vor mir hatte und mich auch nicht immer hütete, das Wasser mit Metallen in Berührung zu bringen. Nun wird es für viele Zwecke erwünscht oder erforderlich sein, steriles Wasser zu verwenden, zunächst um die Baeterien fern zy halten, welche im Seewasser vorkommen. Es ist selbstverständlich, dass man durch Einsetzen von Algen in sterilisirtes Wasser die Cul- turen nicht bacterienfrei machen kann und ich wüsste vorläufig kein Mittel, um die den Algen anhängenden Mikroorganismen zu entfernen, aber ich habe doch vielfach durch sterilisirtes Wasser Vortheile erzielt, weil keine Bacterien neu eingeführt werden, was bei gewöhnlichem Beewasser leicht der Fall ist. Die Sterilisirung ist aber auch besonders dann unerlässlich, wenn ‚ man kleine Ectocarpeen einigermassen rein eultiviren will, weil das Seewasser fast zu jeder Jahreszeit und an jedem Ort eine recht 1) Brunchorst, Biolog. Meeresstation in Bergen. Zoolog. Anzeiger 1898, 42 erhebliche Anzahl von Schwärmsporen der verschiedensten Species enthält, welche alle neben den ausgesäten Formen keimen würden. Die Beseitigung überflüssiger und schädlicher Keime kann mit Hilfe von geeigneten Filtern geschehen; mir haben die Nordtmeyer- Berkefeldt’schen Kieselfilter recht gute Dienste geleistet; mögen sie auch kein absolut keimfreies Wasser liefern, so genügen sie für unsere Zwecke vollständig, da Algenkeime völlig zurückgehalten werden und vereinzelte Baeterien nichts ausmachen. Die genannten Kerzen haben vor anderen den Vorzug, dass sie relativ rasch filtriren. Gründlicher als solche Filter beseitigt natürlich das Kochen des Wassers ungebetene Gäste, und auch das ist ausführbar, wenn man mit der nöthigen Vorsicht zu Werke geht. Anfangs habe ich mehr- fach mangelhafte Resultate auf diesem Wege zu verzeichnen gehabt; ich kochte das Wasser !j; Stunde in grossen Kochkolben und that einige Platinspiralen hinein. Die in solches Wasser eingebrachten Polysiphonien starben häufig schon nach wenigen Tagen ab, indem sich die Chromatopboren von den peripheren Wänden zurückzogen; auch die im Zellinhalt vorhandenen Körner verschwanden. Das Ganze | erinnerte bis zu einem gewissen Grade an das durch Oligodynamik ' erfolgende Absterben von Spirogyrazellen und die Verwendung des Platins, dassauch bei Nägeli in nicht völlig reinem Zustande solche Erscheinungen hervorrief, würde das Ganze erklären. Es kommt aber . vielleicht noch etwas anderes hinzu. Es ist bekannt, dass das See- . wasser beim Kochen wie das Süsswasser einen Theil seiner Kohlen- : säure abgibt, aber es fällt nicht CaCO; aus, sondern es entsteht i ein Niederschlag von Magnesiumhydroxyd, wie Tornoe!) gezeigt hat und es wäre wohl möglich, dass diese und andere beim Erhitzen eni- stehenden Verbindungen das Wachsthum der Algen hemmen und dass sich auch daraus die obigen Resultate erklärten. Zum Theil handelte : es sich aber auch hier wieder um ältere Culturen der Polysiphonia i nigrescens, die übermässig empfindlich waren. ; Frische Polysiphonien kann man ohne Schaden in gekochtes : Wasser bringen, und von gesunden älteren Culturen gilt dasselbe. _ Noch viel unempfindlicher sind aber die Ectocarpeen, welche vielfach in dem gekochten Wasser normal weiter vegetirten, das die Poly- siphonien nicht mehr ertrugen. Voraussetzung für die Unschädlichkeit ist nur, dass die Erhitzung nicht zu lange fortgesetzt wird. Es genügh die Flüssigkeit ca. !/4 Stunde im Sieden zu halten, kocht man länger 1) Vergl. Journal f. prakt. Chemie Bd. 20, p. 44. — Jacobsen in „Ergeb nisse der Untersuchungsfahrten 8. M. Knbt. „Drache“ in der Nordsee“ p. 18. 43 als !/s Stunde, so pflegt schon ein merklicher Niederschlag aufzutreten und dann kann allerdings eine Schädigung der Culturen die Folge sein. Da ich anfangs im Unklaren darüber war, ob etwa die durch das Kochen entfernte Kohlensäure zu einem Verhungern der Algen Anlass gegeben hätte, wurde auch Wasser in geschlossenen Flaschen längere Zeit erhitzt und dann für die Cultur verwandt; im Allgemeinen ge- diehen die Algen in solehem Wasser etwas besser als in dem offen gekochten; ich glaube indess nicht, dass hieran der etwas grössere Kohlensäuregehalt schuld war, sondern dass secundäre Erscheinungen dabei mitspielten. Die Thatsache, dass auch Polysiphonien in gekochtem Wasser Monate lang gedeihen, legte dann die Frage nahe, wie weit die im Seewasser enthaltene Kohlensäure entbehrlich sei. Bekanntlich ist CO, im Meerwasser in ziemlich erheblichen Quantitäten vorhanden. Alle Meere, welche einen Salzgehalt von annähernd 3,5°/0 Salz ent- halten, besitzen gegen 100mg (atlant. Ocean durchrehnittlich 96,52 mg) Kohlensäure im Liter, davon entfallen im Durchschnitt 52,82 mg auf neutral gebundene CO, (Carbonate), 43,70mg auf „sauer gebundene“ (Bicarbonate)!). Von diesen Mittelwerthen weichen die Angaben der Analytiker mehr oder weniger ab und es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass thatsächlich in all den genannten Meeren gewisse Schwankungen vorkommen, wenn diese auch keineswegs sehr grosse zu sein scheinen. Für Meeresabschnitte mit geringerem Salzgehalt sind mir nur Jacobsen’s?) Angaben bekannt, welche sich auf Wasser von Warne- münde, Rügen ete. beziehen. Darnach schwankt in diesen Meeres- abschnitten der Gehalt an neutral gebundener CO; zwischen 44,0 und 33,9mg. Jacobsen macht darauf aufmerksam, dass diese Abnahme an gebundener Kohlensäure durchaus nicht mit dem Salzgehalt pa- rallel gehe, Ueber die Gesammtkohlensäure der Ostsee und die „sauer ge- bundene“, die für uns hauptsächlich in Frage kommt, fand ich keine Angaben und habe deshalb selber einige Analysen des Warnemünder Wassers ausgeführt. Die Probe enthielt annähernd 1,20°jo Salz. Analysirt wurde dieses einerseits im frischen Zustande, andererseits nachdem es !/; Stunde zum Sieden erhitzt war. Die Bestimmung 1) Jacobsen in: „Ergebnisse di der Untersuchungsfahrten 8. M. Knbt. „Drache* in der Nordsee“ p. 17. 2) 1. c.p. 23. Tab. VI. 44 der Kohlensäure geschah nach dem von Tornöe!) angegebenen Verfahren, indem die neutral gebundene durch direetes Titriren mit !lıo Normal-Schwefelsäure ermittelt wurde, während die Gesammt- kohlensäure durch Kochen des Seewassers mit verd. HzS0; frei ge- macht, in titrirtem Barytwasser aufgefangen und in diesem mittelst Oxalsäurelösung unter Anwendung von Curcuma als Indicator bestimmt wurde. Die Differenz zwischen Gesammtkohlensäure und neutral ge- bundener gibt dann die Menge der „sauer gebundenen* CO:. Im Mittel aus je 3 Analysen ergab das ungekochte Wasser 72,5mg CO; p. Liter 47,70mg CO; p. Liter neutral gebunden 24,8mg CO, sauer gebunden. Das ' gekochte Wasser ergab 62,24mg CO; in Summa 47 ‚0mg CO, neutral gebunden 14, ‚B4mg CO; sauer gebunden. Aus den Analysen ergibt sich zunächst, dass das Ostseewasser, wie auch Jacobsen fand, an neutral gebundener CO, nicht sehr erheblich gegen das Wasser der Nordsee und des atlantischen Oceans zurücksteht (52 mg gegen 34—48mg), dass dagegen die sauer gebun- dene CO; fast um die Hälfte gesunken ist, indem nur 25mg p. Liter vorhanden sind gegen die 44mg, welche im Durchschnitt salzreiche Meere aufweisen. Natürlich müssten an verschiedenen Orten der Ostsee und zu verschiedenen Zeiten ausgeführte Analysen die angegebenen Resultate erweitern und bestätigen, aber auch diese wenigen dürften einiges Interesse beanspruchen, weil sie zeigen, dass die Menge der disponiblen Kohlensäure (der „sauer gebundenen“) für die in der Ostsee wach- senden Algen innerhalb gewisser Grenzen gleichgültig ist. Das geht aus der Thatsache hervor, dass die Algen im gekochten Wasser gedeihen, in welchem die CO, noch um weitere 1Omg p. Liter ver- mindert war. Man wird gegen diesen letzteren Schluss einwenden _ können, dass das Culturwasser sehr rasch die verlorene COs wieder absorbire, das scheint aber nicht der Fall zu sein; wenigstens „ergab eine der untersuchten Proben, welche mehrere Tage in einer nur mit leichtem Wattepfropf verschlossenen Flasche gestanden hatte, kein abweichendes Resultat, und ausserdem verschwindet auch bei längerem Stehen an der Luft der Niederschlag im gekochten See- 1) Journal f. prakt. Chemie 20, p. 44 ff. 45 wasser nicht, was doch wohl der Fall sein müsste, wenn erhebliche COs-Mengen absorbirt würden. Noch eine andere Thatsache dürfte das Gesagte illustriren. Ich konnte früher wenigstens qualitativ fest- stellen, dass ein COs-freier Luftstrom aus dem Seewasser Kohlensäure fortnimmt. Wenn man nun Seewasser mehrere Wochen unter geeig- neter Einschaltung einer Kalilauge-Flasche durchlüftet, so muss ein nicht unerhebliches Quantum CO; (genaue Analysen konnte ich freilich bislang nicht anstellen) entfernt werden. In einem derartig behan- delten Wasser gedeihen die Algen durchaus gut. Ist das auch kein exacter Beweis für das oben Erörterte, so scheint es mir die Sache doch immerhin ganz gut zu illustriren. Aus allem aber geht, so meine ich, hervor, dass der Kohlensäure- gehalt des Seewassers kein Factor ist, welcher in erster Linie einen bestimmenden Einfluss auf die Verbreitung der Algen ausübt. Bei den ungeheuren Wasserquantitäten, welche zur Verfügung stehen, genügen offenbar Spuren dieses Körpers. Des weiteren ist dann klar, dass die Durchlüftung von Culturen, welche einige Algen, soweit meine Erfahrungen reichen, nicht vertragen, nicht desswegen schädlich wirkt, weil vielleicht etwas CO, weggeführt werden könnte, Ich war früher anderer Meinung, wurde indess schon durch Noll zum Theil corrigirt. In meiner oben genannten Arbeit hatte ich gezeigt, dass die Vertheilung der Algen bei Warnemünde insofern eine eigenthümliche ist, als an den Orten, an welchen häufiger und rascher Wechsel der Strömung und damit auch des Salzgehaltes statt hat, die Algen weniger gut gedeihen als an Stellen, an welchen ein langsamer Salzwechsel sich vollzieht. ‘Die damals gemachten Angaben bezüglich der Ver- theilung der Algen, der Strömungs- und Salzverhältnisse haben sich noch weiterhin durch Untersuchungen des Herrn H. C. Porter be- stätigt. Dagegen haben weitere Versuche, welche theils Herr Porter, theils ich selbst anstellte, ergeben, dass die s. Z. für die aufgefun- denen Thatsachen gegebene Erklärung nicht genau zutrifft; ich habe dem Salzwechsel einen zu grossen Einfluss zugeschrieben. Aus meinen früher angestellten Versuchen war allerdings eine scheinbare Bestä- tigung hervorgegangen, allein ich hatte damals vielfach mit älteren, sicher überempfindlichen Culturen gearbeitet, neue Versuche mit ganz frischem Material ergaben ein etwas anderes Resultat. Die Versuche wurden in der Weise angestellt, dass Glashäfen von 1—2 Liter Inhalt in Mehrzahl nebeneinander gestellt wurden, die eine Hälfte erhielt sodann z. B. einprocentiges, die andere Hälfte der Gefässe 2procentiges 48 Auf die Verdiekung der Membranen in gewissen Fällen möchte ich zunächst nicht den gleichen Werth legen, weil sie nicht immer in der- selben Schärfe auftritt und ich nicht völlig sicher bin, ob man hier eine directe Wirkung der Concentrationsdifferenzen vor sich habe, die sich den Erscheinungen anschliessen, welche Klebs!) an vielen Algenzellen nach deren Plasmolysirung wahrgenommen hat, oder ob secundäre Prozesse eine Rolle spielten, die mit dem Salzgehalt. direct nichts zu thun haben; hat doch Zacharias?) gezeigt, dass auch im gewöhnlichen Leitungswasser Membranverdiekungen an Wurzelhaaren Platz greifen können. Nicht ohne Interesse ist die Thatsache, dass bei der genannten Versuchsanstellung eine eclatante Entwickelung von Haaren sich be- merkbar machte, desswegen, weil die Haare von Berthold und auch von mir als Schutz gegen zu intensives Licht aufgefasst worden sind. Auch jetzt glaube ich noch an dieser Auffassung festhalten zu sollen. Nach allen meinen bisherigen Erfahrungen tritt ceteris paribus die Haarbildung immer dort am energischesten auf, wo das intensivste Licht herrscht. Nur zeigen die weiteren Versuche, dass auch andere Factoren eine starke Entwickelung der fraglichen Ge- bilde bedingen können. Da ich an mangelhaft wachsenden Culturen meist etwas reichlichere Haarbildung fand, da junge, recht energisch wachsende Sprossen selbst dann wenig Haare bilden, wenn sie in relativ grosser Helligkeit stehen, würde man vermuthen, dass allge- mein beschleunigtes Wachsthum der Sprosse die Haarentwiekelung hemmt, verzögertes dieselbe correlativ fördert; allein dem steht die Thatsache gegenüber, dass bei niedriger Concentration und dem Wechsel innerhalb der Wässer von geringem Salzgehalt die Haar- bildung schwächer ausfällt, trotzdem augenscheinlich das Wachsthum kein sehr energisches ist. Man wird sich sonach wohl vorläufig mit dem einfachen Versuchsresultat begnügen müssen. Aus der oben festgestellten Thatsache, dass Fucus vesiculosus relativ hohe Schwankungen des Salzgehaltes ohne Schaden verträgt, geht hervor, dass der Salzwechsel nicht ausreicht, um die thatsäch- liche und eigenthümliche Vertheilung der Algen bei Warnemünde, welche ich a. a. O. beschrieb, zu erklären, wenn ich auch nicht daran zweifle, dass ilım eine gewisse Bedeutung zukommt; namentlich dürften 1) Klebs, Beitr. z. Physiologie der Pflanzenzelle.. Arb. d. bot. Instituts Tübingen Bd. II. 2) Zacharias, Wachsthum der Zellhaut bei Wurzelhaaren. Flora 1891, p- 466 ff, 49 bei einem etwaigen Kampf um den Platz diejenigen Formen bevor- zugt sein, welche am unempfindlichsten sind. Nun war es selbstverständlich, nach einer weiteren Erklärung für die genannten Vorkommnisse zu suchen; eine solche liess sich aber ohne Weiteres um so weniger geben, als die Vegetationsverhältnisse des Brackwassers, speciell des hier in Frage konımenden Gebietes, nicht hinreichend bekannt waren. So wurde denn durch Herrn Prof. Falkenberg und mich Herr H. C. Porter veranlasst, eine ge- nauere Untersuchung der Unterwarnow und des Breitlings, jenes zwischen Rostock und Warnemünde liegenden Gewässers, vorzunehmen, das mehr oder weniger concentrirtes Brackwasser enthält und mit der See nur durch einen relativ engen Kanal in Verbindung steht.!) An einer Anzahl über das Gebiet vertheilter Stationen wurden über ein Jahr lang, wöchentlich einmal, soweit Wind und Wetter das gestatteten, Wasserproben entnommen, welche daheim auf ihr speeif. Gewicht geprüft wurden. Zugleich wurde das ganze Revier und besonders die bezeichneten Stationen nach Pflanzen abgesucht. Während vor der Stadt Rostock, im Hafen, fast ständig Süss- . wasser gefunden wird, ist in vielen Fällen schon in 1—2 Kilometer Entfernung von derselben ein geringer Salzgehalt (0,01—0,15 0) nachweisbar und dieser steigt bis zu dem etwa 12 km entfernten Warnemünde im Breitling auf 0,5—0,7°%. Demgemäss zeigt die Flora der Warnow vor Rostock völlig den Charakter einer Binnensee- vegetation, aber schon an der erstgenannten Station treten typische Meeresgewächse auf, an diesem Punkte, an welchem mehrfach reines Wasser, häufig nur 0,08—0,1°/, Salz, seltener und wohl vereinzelt ca. 0,3%, gefunden wurde, ist Zostera marina festgewurzelt und auf Cladophora fracta ete. wurde eine neue als Streblonema fluviatile bezeichnete Phaeosporee entdeckt, die wohl sicher einen redueirten Typus darstellt. Mit dem weiter abwärts steigenden Salzgehalt treten die meisten Potamogetonarten zurück, ihr Platz wird durch Myrio- phyllum spicatum, das stellenweise in ungeheuerer Menge auftritt, und weiterhin durch Potamogeton pectinatus oceupirt. Letztere Pflanze bildet den Hauptbestandtheil der Breitlingsflora bei 0,4—0,7°/ Salz und auf diesem Potamogeton werden schon relativ weit nach oben (bei einem 0,3°%/, kaum jemals übersteigenden Salzgehalt) Eetocarpus confervoides und siliculosus gefunden, die weiterhin mit E. littoralis etc. zusammen die Phanerogamen in eine dichte Wolke einhüllen. Dazu 1) Die Arbeit ist inzwischen publicirt im Archiv d. Freunde d. Naturgeach. in Mecklenburg Bd. 48 (1894). Flora 1895, % Mo. Bot. Garl’n 18E5 50 gesellen sich in grossen Mengen Ceramium tenuissimum und Poly- siphonia violacea als charakteristische Bestandtheile, stellenweise auch Zostera marina und Chorda filum. Die genannten und andere weniger wichtige Arten gedeihen völlig normal und zeitigen reichlich ihre Fortpflanzungsorgane (Polys. violacea allerdings nur Tetrasporen), da- gegen werden noch manche Formen wahrgenommen, deren Vegetations- organe zwar wachsen, die aber bislang fructifieirend niemals beobachtet wurden; das sind u. a. Fastigiaria furcellata, Phyllophora membrani- folia, Rhodomela subfusca, und besonders Polysiphonia nigrescens nebst Fucus vesiculosus f. baltica. Alle letztgenannten Formen finden sich an Stellen, deren Salzgehalt nur selten unter 0,3—0,4°/, sinkt. Die im Sommer in Unterwarnow und Breitling gedeihenden Meeres- und Süsswasserformen werden auch während des ganzen Winters dort gefunden. Sehen die Exemplare um diese Zeit auch wesentlich kümmerlicher aus, so sind sie doch nachweislich lebendig. Muss man nun auch annehmen, dass ursprünglich einmal die marinen Bestand- theile der fraglichen Flora aus der offenen See eingewandert sind, ist auch fernerhin noch heute die Möglichkeit einer Neu-Einwanderung durch die Strömung täglich gegeben, so scheint mir doch nach obigen Befunden, dass die wesentlichen Bestandtheile der Breitlingsflora ‘ jahraus jahrein ebenso an Ort und Stelle verbleiben wie die meisten Algen der offenen See. Diese Thatsache aber beansprucht ein be- sonderes Interesse in Verbindung mit der Beobachtung, dass im Winter der Breitling fast völlig ausgesüsst wird oder werden kann. Porter fand im Februar, März und April an Orten, die im ganzen Sommer 0,4—0,6°]o Salz beherbergt hatten, nicht mehr als 0,05°/, obwohl das Wasser unter dem Eise aus 1,5 Meter Tiefe hervorgeholt wurde (grösste Tiefe des Breitlings ea. 2,00 Meter). Ist das auch zunächst nur für den einen Winter nachgewiesen, so bezweifle ich nicht, dass sich ähnliches jedes Jahr wiederholt, sobald nur energischer Frost eintritt, hat doch schon G. F. Meyerfür die Kieler Bucht bis zu einem gewissen Grade Analoges vor langen Jahren festgestellt. Die bei Rostock gemachten Beobachtungen würden zu manchen weiteren Erörterungen und zu Vergleichen mit der Flora anderer Brackwässer reizen, allein dafür ist hier kaum der Ort, Es dürfte z. B. nicht zweifelhaft sein, dass sich im bottnischen und finnischen Meerbusen analoge Verhältnisse wieder finden. Leider aber ist bis- lang nirgends in den Brackwassergebieten eine hinreichende Bestim- mung des Salzgehaltes vorgenommen worden und noch weniger sind dazu die floristischen Befunde in Beziehung gesetzt, } ; ! 8, 51 Wenn es sich nun um eine Erklärung der Algenverbreitung in unseren Brackwassergebieten handelt, so können dafür mehr oder weniger rasche Veränderungen des Salzgehaltes nur in geringem Grade herangezogen werden; das wurde oben bereits betont und auch Porter hat in seiner Arbeit mit Recht darauf hingewiesen. Die Gewinnung einer präcisen Vorstellung über die fraglichen Dinge wird aber noch durch folgende Thatsache erschwert: Abgeschnittene Sprossen von Fucus vesiculosus (der See entnommen) wuchsen in Brackwasser von 0,5°/, normal weiter und entwickelten Conceptakeln, ja sogar in Wasser von 0,25°/o wurde das Wachsthum nicht völlig sistirt und es entwickelten sich an den Schnittflächen Adventivsprosse, die mehrere Centimeter Länge erreichten; zur Bildung von Conceptakeln kam es innerhalb der Versuchszeit nicht. Polysiphonia nigrescens sah ich in filtrirtem Breitlingswasser von 0,42°/, sehr gut gedeihen, weit besser als das jemals mit den im Freien bei gleichem Salzgehalt gefundenen Exemplaren der Fall war, und ich bezweifle nicht, dass die Oultur- exemplare Fortpflanzungsorgane produeirt hätten, wenn die Versuche hätten völlig zu Ende geführt werden können. Die Frage ist jetzt natürlich: wesshalb treten Fucus vesiculosus und Polysiphonia nigres- cens nicht an den Orten im Breitling in normaler Entwickelung auf, in welchen z. B. der Salzgehalt, wenigstens im Sommer, niemals unter 0,40°j, sinkt? Man sollte doch annehmen, wenn sie in der Cultur trotz der manchen ungünstigen Einflüsse gedeihen, dass dies im Freien erst recht der Fall sein müsse. Einen völlig ausreichenden Grund weiss ich nicht dafür anzugeben. Dass die gegenseitige Verdrängung der dort wachsenden Pflanzen eine Rolle spiele, glaube ich kaum, dazu ist im Grossen und Ganzen die Vegetation zu dünn; man wird eher geneigt sein, irgend welche im Wasser vorhandene Substanzen verantwortlich zu machen; es müssten das solche sein, welche im filtrirten Culturwasser fehlen, also entweder suspendirte Theile, welche thatsächlich das Wasser im Freien erheblich trüben, oder gelöste Körper, z. B. Gase, welche späterhin bei längerem Stehen an der Luft aus dem Wasser verschwinden. Das letztere kann sehr wohl der Fall sein, wenn man berücksichtigt, dass an Ort und Stelle sich gerade im Brackwasser der Warnow Fäulnissprocesse abspielen, die übelriechende Gase produeiren. Fehlt auch an Orten stärkster Fäulniss die Vegetation fast ganz, so wird doch an anderen Orten gerade durch geringe Mengen von Fäulnissprodukten schon eine Auslese zwischen em- pfindlichen und unempfindlichen Arten stattfinden können. Ob diese Vor- stellungen den Thatsachen entsprechen, müssen weitere Versuche lehren, - . 4 52 Der Umstand, dass im einfach filtrirten Brackwasser Algen ge- deihen, welche bei der gleichen Concentration im Freien meist nicht mehr fortkommen, weist meines Erachtens auf eine Erklärung der mehrfach angezogenen Thatsache hin, dass in dem engen Ver- bindungsstück zwischen Breitling und Ostsee die Strömungen möglichst gemieden werden. Es kann das seinen Grund sehr wohl darin haben, dass an den Orten stärkster Strömung die Algen mit denselben Bei- mengungen oder Bestandtheilen des Brackwassers ständig überschüttet werden, welche auch im Breitling selbst ein Aufkommen derselben hindern. Auch hier müssten wohl weitere Versuche einsetzen. Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden!), dass die Frage nach dem Salzbedürfniss der Meeresalgen vielleicht nur eine Turgorfrage sei, dass dem Seesalz als solchem eine Bedeutung als Nährstoff nur insofern zukomme, als es Biearbonate und die unerlässlichen Aschen- bestandtheile enthält — dafür würde aber auch eine schwächere Salz- lösung genügen. Die oben mitgetheilten Versuche mit Fucus vesi- culosus, welcher in einem 0,25proe. Wasser wuchs, würden ebenso dafür sprechen, dass die Salzmengen relativ entbehrlich sind, wie die Be- obachtungen Porter’s, dass Eetocarpus silieulosus und eonfervoidens noch bei ca. 0,30°/, Salz im Freien gedeiht und dass Streblonuna fluviatile unter einer completen Süsswasserflora in einem Gebiet mit häufig kaum nachweisbarem Salzgehalt gefunden wird. Des Weiteren spricht für meine Auffassung der Umstand, dass eine grössere Anzahl von Meeresaigen fast süsses Wasser jedenfalls dann verträgt, wenn sie sich nicht im üppigen Wachsthum befinden. Das Streblonema fluviatile kommt auch in Wasser von 0,5 %/, Salz reichlich vor und ist aus diesem sicher in der Warnow und auch im Ribnitzer Binnensee (0,13), Salz), wo es Porter fand, aufwärts ge- wandert. Man sollte nun erwarten, dass dies häufiger mit Meeres- gewächsen der Fall sein müsse, wenn wirklich der Salzgehalt relativ gleichgiltig ist. Wir sahen aber schon aus den erfolgreichen Cultur- versuchen mit Polysiphonia nigrescens und Fucus vesiculosus in schwachen Wässern, dass im Freien eine Anzahl von Faetoren, welche mit dem Salzgehalt direet nichts zu thun hat, die Verbreitung und Wanderung der Gewächse hemmen kann, Vereinzelt kommen aber gewiss solche Wanderungen und Uebergänge aus dem See-. in Süss- wasser vor, z. B. dürfte das für die von G. Karsten beschrie- 1) Vergl. meine Abhandl.: Ueber die Bedeutung der Concentrationsänderungen des Meerwassers für das Leben der Algen. Sitzungsber. d Berl. Acad. 1891. \ } ı $ 53 bene‘) Delesseria amboinensis gelten, welche sich jetzt in den Berg- bächen Amboinas findet. Das bekannteste und bestverfolgte Beispiel für niedere Thiere ist dann die Cordylophora lacustris, welche, wie in vielen anderen Flüssen, so auch in der Warnow aus dem Brackwasser in das Süsswasser nachweislich hinaufgewandert ist.?) Obwohl sich bei meinen früheren Versuchen in beliebigen Cultur- gefässen häufig genug kleinere Algen, besonders Eetocarpeen, aus Sporen zufällig entwickelt hatten, um wieder Sporangien hervorzu- bringen, wünschte ich natürlich, wie ich schon früher betonte, Sporen, welche ad hoc ausgesät waren, rationell wieder zur erwachsenen Pflanze heranzuziehen. Ich habe immer noch keine vollen Erfolge erzielt, möchte aber doch über Einiges berichten, das mir weiter den Weg zu bahnen scheint. Es ist längst bekannt und auch Noll hat das wieder betont, dass bei mangelhafter Cultur etc. häufig ein grosser Theil der Sprosse einer Alge abstirbt, dass aber der Rest neue Zweige etc, treiben kann. Diese Thatsache kann man zweckmässig benutzen, um „Steck- linge* zu machen. Ich habe Sprosse von Polysiphonien und Ceramien mit einer feinen Scheere fein zerschnitten. Es resultirten Stücke von einigen Millimetern Länge. Diese wurden in einen Glashafen gebracht, auf dessen Boden sich mattgeschliffene Glasplatten befanden. Rührt man jetzt das Wasser nicht zu stürmisch um, so vertheilen sich die Stückchen im Wasser gleichmässig und sinken nachher auf die Glas- platten herab. Die Gefässe wurden dann an einen geeigneten Ort gestellt und man kann nach kurzer Zeit beobachten, wie Rhizoiden gebildet werden, welche die Stäckehen auf den Glasplatten verankern. Darauf treten dann auch Sprosse auf, welche bei Ceramium aus den Gürtelzellen, bei Polysiphonia nigrescens aus der Uentralzelle hervorbrechen. Aus solchen Stecklingen habe ich 1-2 cm lange Pflanzen gezogen — bis ich die Culturen abbrechen musste. Ich hatte sie angesetzt, einerseits um überhaupt einmal zu sehen, wie solche Dinge sich gestalten und ausserdem, um zu controliren, ob etwa das Misslingen früherer Culturversuehe mit Tetrasporen ete. darauf zurückzuführen sei, dass den Jungen die Beschattung durch ältere Pllanzen fehlte, welche ihnen im natürlichen Vorkommen mei- stens zu Theil wird. Ich habe mich überzeugt, dass dies nicht der Fall ist und dass meine früheren Culturen wegen der Verunreinigungen 1) Botan. Zeit. 1891, p. 265. 2) Vergl. L. Will, Sitzungsber. der naturf. Ües. zu Rostock im Arch. d. Freunde d. Naturgesch. Mecklenburgs. 1891. 54 des Wassers und der bislang kaum vermeidlichen Culturempfindlich- keit zu Grunde gingen. Es mag noch bemerkt sein, dass man natürlich das Zerschneiden der Polysiphonien und Ceramien nicht in infinitum fortsetzen kann, bei Ceramium muss selbstverständlich immer mindestens ein Knoten vorhanden sein, bei Polysiphonien trieben Stücke unter 1mm Länge fast niemals mehr aus. Letztere Alge liess die Polarität auch in ihren kleinen Stücken immer erkennen, die Rhizoiden traten immer am basalen, die Sprosse am apicalen Ende hervor. Es braucht kaum noch bemerkt zu werden, dass die Versuche die allerdings wohl kaum bezweifelte Thatsache eclatant demonstriren, dass auch im Freien aus jedem losgerissenen Fetzen einer Alge eine neue Pflanze hervorgehen kann, wenn derselbe in geeignete Lebens- bedingungen geführt wird. Es bedarf also für die Verbreitung, Ueber- tragung und Verschleppung von Algen in andere Gebiete keineswegs des Transportes von Tetra- oder Carposporen, ja, ich möchte glauben, dass die Uebersiedelung meistens durch negative Sprosse erfolgt, die nach allen Erfahrungen weit weniger empfindlich sind als die unbe- häuteten Sporen. Die Stecklingsversuche haben dann weiter dazu gedient, meine Tuscheprismen auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen und gezeigt, dass thatsächlich auf diesem Wege etwas zu erreichen ist. Besonders aber wurde das demonstrirt durch Versuche mit Pilayella littoralis. Bis dahin hatte ich immer im Frühling, wenn die Pflanzen reichlich fructifieirten, die Schwärmer auf matten Glasplatten aufge- fangen, um sie weiter zu cultiviren, damit aber keine befriedigenden Erfolge erzielt, wenn auch vereinzelte Sporangien zufällig einmal zum Vorschein kamen. Die fragliche Alge bringt aber im Herbst (October, November) noch einmal an geeigneten Standorten bei Warnemünde und wohl auch anderswo massenhaft uniloculare Sporangien hervor. Die Schwärmer dieser Pflanzen fing ich ein und nahm sie Mitte No- vember in Cultur. In Gefässen von !/s Liter Inhalt wurden die Glas- platten reihenweise hinter Tuscheprismen von.50cm Länge und 40cm Höhe gestellt. Alle 8—14 Tage wurde das Wasser gewechselt. Die Pflanzen wuchsen gut und nach 4 Monaten, am 15. März, wo ich leider die Versuche abbrechen musste,.ergab sich Folgendes: Hinter jedem der beiden Prismen fanden sich 2—3 Gefässe mit Pflänzchen, welche anfänglich eine grössere Zahl von Kriechsprossen (Haftsprossen) auf dem Glase gebildet hatten, aus diesen erhoben sich dann die normalen vegetativen Fäden, welche bis zu 5 mm Länge bereits erreicht hatten. In dieser Form stimmten die Pilayellen genau mit dem Stadium Fe ug 55 der Pflanze überein, wie es um diese Jahreszeit in der See gefunden wurde. Auch hier begannen sich Mitte März die langen, später Sporangien tragenden Fäden von dem Substrat zu erheben, und es unterliegt keinem Zweifel, dass die Pflanzen, welche im ersten Früh- jahr fruchten, von den Sporangien des Herbstes abstammen, dass also jedenfalls ein grosser Theil der Pilayellen in Form von Haftfäden überwintert, Die nicht an einer günstigen Stelle der Prismen stehenden Ge- fässe enthielten wenige oder gar keine aufrechten Aeste, hatten da- gegen — sowohl die im helleren, als die im schwächeren Licht befindlichen — viele Kriechsprosse entwickelt, die vielfach dem Sub- strat gar nicht anlagen, sondern wirr durcheinander wuchsen. Solche Zweige hatte ich auch in früheren Culturen, die sich offenbar in un- richtiger Beleuchtung befanden, oft massenhaft erhalten, die Pflanzen kamen dann fast niemals zur normalen Weiterentwickelung. Abgesehen davon, dass mir damit die Brauchbarkeit unserer Prismen nachgewiesen zu sein scheint, ergeben die Versuche auch eine Bestätigung der Resultate von Vöchting!) und Klebs?), indem sie demonstriren, dass eine normale Formentwickelung der frag- lichen Algen nur dann erfolgt, wenn ein optimales Maass von Licht ihnen geboten wird. 1) Vöchting, Ueber den Einfluss des Lichtes auf Gestalt und Anlage der Blüthen. Pringsh. Jahrb. Bd. XXV, 2) Klebs, Ucber den Einfluss des Lichtes auf die Fortpflanzung der Ge- wächse. Biolog. Centralblatt Bd. XI. Ueber Kerntheilung in Lilium-Antheren besonders in Bezug auf die Gentrosomen-Frage. Von J. Bretland Farmer. (Hierzu Tafel II u. II.) Die vorliegende Mittheilung ist das Ergebniss einer ausgedehnten Untersuchung über die Einzelheiten der Karyokinese bei Lilium-Arten. Die Veranlassung dazu gab mir der Wunsch, mich über Existenz und Eigenschaften pflanzlicher Centrosomen zu orientiren. Ich wählte Lilium, weil Lilium Martagon die Art war, bei der diese Körper am Eingehendsten beschrieben wurden.!) 1893 erwähnte ich in einer kurzen Mittheilung?), was ich bei L. Martagon gesehen hatte, und beschrieb die Fragmentationen des Nucleolus und seine darauf folgende Vertheilung im Zellprotoplasma während des Vorgangs der Karyokinese. Diese Angabe wurde sehr bald nachher von Zimmermann?) be stätigt, welcher in einer schönen Reihe von Untersuchungen über das Verhalten des Nucleolus während der Kerntheilung zeigte, dass diese Auswanderung in das Cytoplasma bei einer sehr grossen Reihe von Pflanzen vorkommt. Dagegen konnte ich keine Inhaltskörper der Zelle als Centrosomen identificiren. Seitdem habe ich die Untersuchung der Frage wieder aufgenommen und ausserdem benützt‘ L. candidum, L. speciosum und L. tigrinum. In den wesentlichen Punkten stimmen alle diese Arten überein, zeigen aber, wie zu erwarten war, unter sich kleine Differenzen. Methoden: Die Antheren wurden rasch aus den Knospen herausgeschnitten und in verschiedene fixirende Lösungen gebracht. Ich erhielt ausgezeichnete Resultate, nicht nur mit absolutem Alkohol, 1) Guignard, Nouvelles &tudes sur la fecondation. Ann. des scienc. nat. bot. T. XIV 1891. 2) Farmer, On nuclear division in the pollen mother-cells of Lilium Martagon. - Annals of hotany Vol. VIL, 3) Zimmermann, Beitr. z. Morph. ü. Physiol. d. Pflanzenzellen. R hi 4 % \ i F R \ \ E 57 sondern auch mit Alkohol und Essigsäure, mit Alkohol und Ameisensäure und mit der Hermann schen Lösung. Die letztgenannte ist besonders geeignet für das Studium der Chromosomen, die achromatische Spindel dagegen ist etwas angeschwollen, und obwohl sie ganz besonders deutlich hervortritt, müssen Untersuchungen über sie durch die Ver- gleichung mit der Wirkung anderer Reagentien berichtigt werden. — Zu den Angaben über den ruhenden Zellkern habe ich nichts Neues hinzuzufügen. Während der ersten Theilungsstadien ist das Kerngerüste (Linin) deutlich als zusammenhängender Faden erkenn- bar, namentlich an in Hermann ’scher Lösung fixirtem Material. Ich konnte in unbeschädigten Zellen nie eine Endigung oder Unterbrechung an dem Faden nachweisen. Die scheinbaren Unterbrechungen sind, wie Strasburger und Andere schon gezeigt haben, durch die scharfen Krümmungen veranlasst, die man so oft: beobachten kann. ‘ Mit dem Fortschreiten der Mitose wird der Faden kürzer, dicker und chromatischer, und zugleich treten im Nucleolus Vacuolen auf. Die Verdiekung des Fadens ist keine gleichmässige, ebenso ist die Chromatinablagerung nicht die gleiche in der ganzen Länge desselben. An den Stellen, wo keine wahrnehmbare Verdickung vorhanden ist, zerbricht der Faden und so entstehen die 12 Chromosomen. Man kann sie oft noch durch Lininfäden zusammenhängen sehen, ganz wie dies Guignard!)in seiner Abhandlung schon angegeben hat. Eine ausgezeichnete Methode,dasV orhandensein dieser Verbindungsfäden nach- zuweisen, ist die Färbung mit Heidenhain’schem Eisen-Hämatoxylin, _ darauf mit Orange G, oder mit Fuchsin. Das letztgenannte Reagens wird am besten zu starker Färbung (nach dem Eisen-Hämatoxylin) ange- wendet, und die Ueberfärbung mit Alkohol, dem etwas Orange G zugesetzt ist, entfernt. Aber ausser diesen, dem Kern entstammenden Lininfäden, welche die Chromosomen ziemlich unregelmässig mit einander verbinden, ist noch eine andere, gleichfalls den Chromosomen anhaftende Substanz vorhanden, die sie vielfach mit der Kernwand verbindet. Diese Substanz, die gleichfalls Fäden oder Streifen bildet, entstammt, meiner Ansicht nach, dem Cytoplasma, welches durch die Kernwandung in die Kernhöhlung eingedrungen ist. Allerdings gelang es mir nicht, durch Reagentien die Nuclearfäden von den Cyto- plasmafäden scharf zu sondern, die beide den Chromosomen ange- heftet sind, aber die Lagenverhältnisse der beiden Substanzen erschei- nen ausschlaggebend. Die von mir.als cytoplasmatisch betrachteten Fäden haften mit einem Ende der Kernwandung an, und in den 1) Guignard, I. e. Pl. 10, Fig. 10 u. 12. 68 Fällen, in denen es gelang, die Kernwandung schwach von dem übrigen Protoplasma abzuheben (durch Contraction), zeigten sie sich durch feine, den vakuolisirten Raum überbrückende Fäden mit dem Cyto- plasma in Verbindung. Es ist, wie ich glaube, hauptsächlich — wenn nicht ausschliesslich — der contractilen Wirkung dieser Cytoplasmafäden, die sich ihren Weg in den Zellkern hineingebahnt haben, die wand- ständige Lage der Chromosomen in diesen frühen Stadien zuzuschreiben. Die Chromosomen gruppiren sich an der Wand des Kernes, die Linin- fäden, welche sie ursprünglich verbinden, werden abgetrennt und sind nieht länger unterscheidbar; das gezackte Aussehen der Chromosomen- ränder tritt auf diesem Stadium sehr gut hervor (Taf. II, Fig. 8). Die Form der Chromosomen ist sehr unregelmässig, zuweilen erscheinen sie als Bänder, oft als Ringe mit einer oder zwei Protuberanzen, letzteres tritt namentlich in etwas späteren Stadien auf. Ich habe viele Zeit geopfert, mit dem Versuch zu einer festen Entscheidung darüber zu kommen, ob die ringähnliche Form wirklich primitiv vor- handen oder einer inneren Spaltung zuzuschreiben ist, die das Chro- mosom noch nicht vollständig getheilt hat. Ich neige stark zu letzterer Annahme und betrachte desshalb die Ringform, wo sie vorkommt, als ein frühes Anzeichen der Längstheilung des Chromosoms. Wenn die Chromosomen indess in der Aequatorialplatte liegen, wo sie sich, nachdem sie die Zellkernwand verlassen haben, ansammeln, zeigen sie Längsfurehung und oft theilweise Theilung. Das allgemeine Aussehen eines Chromosoms auf diesem Stadium ist das zweier ausgestreckter, einander dicht berührender Finger. Unterdess sind mit dem Nucleolus Veränderungen vor sich gegangen. Dieselben lassen sich leicht ver- folgen bei Lilium Martagon, wo dieser Körper von erstaunlicher Grösse ist. Oft verharrt er als vakuolisirtes Gebilde bis zu seiner schliess- lichen Zertheilung. In diesem Zustand zeigt er oft eigenthümliche Gestaltung und wird eiförmig mit ein oder mehreren Protuberanzen. Früher oder später wird er indess zertheilt und nach dem Verschwinden der Kernwand in das Cytoplasma ausgestossen. Unmittelbar vor der Ansammlung der Chromosomen im Aequator des Kerns werden Ver- änderungen im Bau des Cytoplasmas sichtbar, die mit der Bildung der achromatischen Spindel endigen. Dieser Körper wird mit äusserster Schnelligkeit gebildet, aber er entsteht selten an zwei gegenüberliegenden Punkten des Kerns, oder in Verbindung mit zwei bestimmten Körpern, die als Centrosphären betrachtet werden könnten, vielmehr entsteht er an verschiedenen Punkten im Protoplasma und erst später gelangen diese Anlagen in & | 59 annäherud convergirende Richtung zu den schliesslichen Polen der Spindel. Und doch ist gerade dieses Stadium dasjenige, in dem wir erwarten könnten, die Centrosomen am deutliehsten ausgebildet zu finden. Ich hatte keine Schwierigkeit mit denselben in den keimen- den Sporen von Pellia!) (Vgl. Taf. II Fig. 19) und bei der Spindel- bildung von Aneura-Sporenmutterzellen?), ebenso sah ich sie deutlich in den Zellen von Sphacelaria scoparia, die von Strasburger?) schön abgebildet und beschrieben wurden. Wenn sie daher auf diesem Stadium vorhanden sind, müssen sie eine sehr obskure Existenz führen, wenigstens konnte ich mich von derselben durchaus nicht überzeugen. Ich wandte die von Guignard, Heidenhain, Reinke und An- deren empfohlenen Färbe- und Einschlussmethoden an, aber ohne Erfolg. Einige der Methoden allerdings, z. B. Heidenhain’schen Eisen- Hämatoxylin, sodann Fuchsin oder Safranin und Gentiana-Violett mit oder ohne Differenzation in Orange G gaben so schöne Präparate, dass es unmöglich erscheint, dass sie übersehen worden wären, wenn sie überhaupt vorhanden sind. Und ein Irrthum erschien um so un- erklärlicher, als dieselben Methoden in den erwähnten Fällen so gute Resultate ergaben. Neuerdings hat Belajeff*) die erste Entstehung der Spindel in den Pollenmutterzellen von Larix und Lilium beschrieben und wenn ich seine Mittheilung recht verstehe, stimmen unsere Be- obachtungen der Hauptsache nach überein. Die Dauer dieser Phase ist äusserst kurz, wenn man auf dem Längsschnitt einer Anthere den sehr kleinen Raum, in dem die Zellen in diesem Zustand bleiben, in Betracht zieht, und selbst in diesem kleinen Raum findet man nur wenige Zellen gerade in dem richtigen Stadium. Ich habe viele hundert Schnitte durchmustert, ehe ich zur Ueberzeugung kam, dass es sich um einen wirklichen, wenn auch rasch vorübergehenden Vorgang der Entstehung der Spindel handelt. Unmittelbar darnach wird, wie schon erwähnt, die Spindel in der bekannten Weise orientirt, in der Richtung der beiden entgegenge- setzten Pole. Wenn man aber die Enden der achromatischen Spindel sorgfältig mustert, zeigen sie eine Anzahl Fäden, die zu verschie- denen Punkten hin convergiren, und an den Punkten, wo sie zu- sammentreffen, liegen Körnchen verschiedener Grösse. Nur in gut 1) Farmer and Reeves, On the occurence of centrospheres in Pellia epi- phylia, Annals of botany Vol. VI. 2) Farmer, On Pallavicinia decipiens, Annals of botany Vol. VII. 3) Strasburger, Histologische Beiträge Heft IV. 4) Belajeff, Zur Kenntniss d. Karyokinese b. d. Pflanzen, Flora 1894, Ergbd, 80 conservirtem, geeignet gefärbten Material können diese Thatsachen klar gesehen werden. Ich habe ein und dasselbe Präparat in verschiedenen Einschlussmitteln untersucht. Die Schnitte wurden auf dem Objectträger fixirt, indem die Paraffinbänder schwimmen und dann antrocknen gelassen wurden; kein anderes Fixirungsmittel wurde benützt, und desshalb konnte die Farbe keine fremde, unter den Schnitten liegende Substanz gefärbt haben, eine Schwierigkeit, der ich zuweilen begegnet bin, wenn Eiweiss oder Collodium zum Ankleben der Schnitte auf dem Objeetträger benützt wurden. Nach der Färbung wurden die Schnitte in Nelkenöl eingebettet, mit der 2mm apro- chematischen Immersion von Zeiss untersucht und sorgfältig ge- zeichnet. Das Deckglas wurde dann entfernt, das Nelkenöl durch Cedernöl ersetzt und die Schnitte wieder geprüft. Auch dies wurde entfernt und der Vorgang bei Einbettung in Glycerin wiederholt. Schliesslich wurde wieder in Nelkenöl eingebettet, um zu sehen, ob die Präparate durch die verschiedenen Proceduren Veränderungen erfahren hatten. In keinem Falle konnten solche gefunden werden, wenn der Objeetträger sorgfältig behandelt worden war. Das ergab eine sehr lehrreiche Reihe, und es unterliegt keinem Zweifel, dass mit den Flüssigkeiten von geringerem Brechungsindex man viel mehr trügerischem Anschein ausgesetzt ist, als mit denen von höherem Brechungsindex. Als bestes Medium fand ich Cedernöl, zweifellos weil es auch zur Immersion der Linse und des Condensor benützt wird. An jedem guten so behandelten Präparat konnte ich mich davon überzeugen, dass die Richtung der Spindelfasern nach verschiedenen Punkten an den Polen die Regel ist, und sorgfältig verglich ich op- tische Schnitte mit denen, die sich in Polfeld-Ansichten ergaben. Die Spindel endigt gewöhnlich, aber nieht immer, sehr nahe unter der Zellwand. Selten ist ihr Konvergenzpunkt so weit von ihr ent- fernt, wie dies die Figuren 10 und 11 zeigen. Ich erwähnte, dass Körnchen an dem Scheitel der convergirenden Fasern liegen, aber es sind auch andere Körnchen vorhanden, die ganz ähnlich sind, aber zu den Spindelfasern in keiner solchen Beziehung stehen, obwohl es nicht selten ist, dass ein Faserbündel den Hauptverlauf der Fasern verlässt und nach einigen der ausserhalb liegenden Körnchen hin convergirt.!) Dies ist gut sichtbar bei L. Martagon, wo die Körnchen (die dem Nucleolus entstammen) gross sind (vgl. die Photographien, besonders Fig. 17 und 18, Taf. III). Die Körnchen sind oft durch 1) Reinke hat offenbar einen diesem einigermassen ähnlichen Fall beschrieben in Th. II seiner Zeillstudien, Anz, für mikrosk. Anatomie XLIX. 61 Protoplasmafäden mit einander verbunden, und dies ist namentlich bei den nahe den Enden der Spindeln gebildeten der Fall, wo sie ge- wöhnlich ausserdem durch Protoplasmafäden netzartig mit dem am meisten nach aussen liegenden Zellprotoplasma verknüpft sind. Keines dieser Körnchen betrachte ich als ein Centrosom, und ich meine, es hiesse den T'hatsachen Gewalt anthun, wenn man auch nur die, welche mit der Spindel in Beziehung stehen, als zusammen ein „Mikrocentrum“ (in Heidenhain’s Sinn) bildend betrachten wollte. Diese Bezeichnung wurde eingeführt!) als Sammelnamen für die durch Vermehrung des Centrosoms durch Knospung (oder Fragmentation) entstandenen Körperchen. Aber ich kann keine Verbindung zwischen diesen Körnchen und einem Centrosom, das, wenn vorhanden, ausser- dem noch da sein müsste, entdecken. Nie sah ich in diesen Zellen eine Erscheinung, die auf das Vorhandensein eines Centrosoms schliessen liesse. Allerdings ist es sehr leicht, namentlich bei schwacher Ver- grüsserung, aber auch mit manchen gewöhnlichen starken Immersions- linsen, Bilder zu sehen, welche zu der Annahme, diese Körper seien hier vorhanden, veranlassen könnten. Aber ich für meinen Theil konnte mich stets überzeugen, dass in all den Fällen, wo ich sie zuerst ge- funden zu haben glaubte, Vacuolisirungs- oder Diffractionserschei- nungen mich getäuscht hatten. Ein gutes Beispiel bietet die Photo- graphie 11a. Die Zelle war mit Hämatoxylin und Fuchsin gefärbt und in Glyceringelatine, der Chloralhydrat hinzugefügt war, einge- bettet. Aber der Anschein eines dunkeln Körpers mit seinem hellen Hof am Ende der Spindel war nur durch Diffraction entstanden, und in der Photographie 11b, welche einen ein wenig tieferen optischen Durchschnitt durch dieselbe Zelle darstellt, sieht man eine ähnliche Struktur links; dieser Körper steht aber in keinerlei Beziehung zu der Spindel. Bei Lilium Martagon?), wo, wie schon erwähnt, die Körnchen ungewöhnlich gross sind, werden die Spindelfasern durch ihre Gegen- wart mehr beeinflusst als bei anderen Arten, wo sie äusserst klein sind. Bei der soeben erwähnten Lilium-Art wird irgend eines der grossen Körnchen, wenn es nahe der Spindel zu liegen kommt, zu u; M. Heidenhain, Neue Untersuchungen über d. Centralkörper ete. Archiv für mikrosk. Anatomie Bd. XLIM. 2) Rücksichtlich dieser Lilium-Arten ist zu beachten, dass sehr vielerlei Varietäten unter einem Namen verkauft werden, möglicherweise bestehen wichtige Differenzen in der Zellstruktur der verschiedenen Varietäten. Nur durch diese Yermuthung kann ich mir die Differenz zwischen meinen Präparaten und den An- gaben gewisser anderer Beobachter erklären. 62 einem Punkt, nach dem hin ein Faserbündel convergirt. Zuweilen sind die Körnchen sehr zahlreich, wie dies’ in Phot. 18a bis 18d zu sehen ist!), und dann kann die ganze Spindel unregelmässig werden. Anderwärts ist eine wohl ausgeprägte Hauptspindel vorhanden (und dies ist der gewöhnliche Fall) und nur einige wenige Fäden gehen von ihrer Hauptrichtung ab, wie deutlichst hervortritt in Phot. 17a, welche, gleich den schon angeführten, zu der durch ein und dieselbe Zeile gelegten Serie gehört.?) Ich würde es nicht für nöthig erachtet haben, Humphrey’s?) Kritik über meine frühere vorläufige Mittheilung zu beachten, wenn nicht Guignard*) anscheinend die in jener Mittheilung gemachten Annahmen acceptirt hätte. Humphrey gibt keinen Beweis für seine persönliche Bekanntschaft mit den in Rede stehenden Objecten, glaubt sich aber offenbar berechtigt, die von mir beschriebenen Erscheinungen für pathologisch zu erklären, weil sie nicht mit seinen bei Psilotum be- schriebenen Resultaten übereinstimmen. Nun wurde das Lilium-Material theils in Oxford, theils in Kew entnommen; da es zudem ausgezeichnet gehärtet war, kann ich kaum annehmen, dass „Pathologie“ mit diesem Fall zu thun hat.) Bekanntlich bleiben die Zeilen in dem Kernplattenstadium be- trächtliche Zeit, und die Chromosomen theilen sich hier in die zwei Tochterkörper. Ich finde, dass dieser Vorgang in den Pollenmutter- zellen nicht, wie gewöhnlich angegeben wird, nur durch longitudinale Theilung und darauffolgende U-Krümmung des Tochtersegments erfolgt. Der Vorgang ist am leichtesten zu verfolgen an mit Hermann’scher Lösung fixirten Zellen, und das erklärt wahrscheinlich die Irrthümer in den bisher gegebenen Beschreibungen. Der einzige Autor, der den Vor- gang richtig verstanden hat, ist, soviel ich weiss, Belajeff‘), wenn 1) Vgl. Strasburger’s Fig. 33 Taf. III in Histol. Beitr, Heft I. 2) Der Vortheil einer solchen Serie durch eine und dieselbe Zelle liegt darin, dass man nur auf diese Weise im Besitz der Evidenz ist, welche Einstellung durch verschiedene 'Tiefe der Zelle allein geben kann. Der Zustand der Zelle kann s0 von jedem reconstruirt werden, der sich die Mühe nimmt, die Serien sorgfältig zu vergleichen. . 3) Humphrey, Nucleolen und Centrosomen. Ber. d. d. bot. Ges. 1893. 4) Guignard, Sur Porigine des spheres direetrices. Journ. de botanique 1894. 5) Es ist hier nicht der Ort, Humphrey’s Abhandlung zu kritisiren. Ich muss aber hervorheben, dass, wenn die Wiedergabe der „Centrosomen“ in seinen Figuren 5—8 genau ist, sie weit abweichen von allen bisher, beschriebenen Centro- somen, auch von den von Guignard selbst von derselben Pflanze beschriebenen. 6) A. a. 0, 63 ich die Angaben in seiner kürzlich erschienenen Arbeit über die Pollenmutterzellen von Larix und Lilium richtig auffasse. Die Chromosomen, welche in der oben beschriebenen Weise ge- furcht sind, biegen sich längs der Spindelfasern am Aequator auf und werden so T-förmig, der obere Balken liegt längs der Spindel und stellt die divergirenden Glieder des ursprünglich gefurchten I-förmigen Chromosoms dar, während der Vertikalstrich des T, welcher die noch zusammenklebenden Glieder des Chromosoms darstellt, auswärts gerichtet ist. Es ist nun klar, dass diese Erscheinung auch auf einem andern Wege zu Stande kommen kann, und obwohl mir meine eigenen Prä- parate keinen Beweis dafür boten, ist die Möglichkeit doch im Auge zu behalten. Ich meine, dass, wenn die Gestalt der Chromosomen wirklich ringförmig ist, die Furche den Ring nur in einem zusammen- gefallenen und ausgezogenen Zustand darstellt. Das ganze Chromosom könnte gekrümmt werden und an der Faser in ähnlicher Form wie ein griechisches © liegen, die Furche würde immer noch durch seine ganze Länge gehen, aber (wie es thatsächlich oft der Fall ist) an den Enden aufhören. Wir würden dann genau die Form der heterotypen Theilung haben, die Flemming für die spermatogenetischen Zellen der Thiere beschrieben hat. Indess führen mich, wie gesagt, meine eigenen Präparate zu der Ansicht, dass diess nicht der Fall ist, sondern dass die Furche con- tinuirlich längs des Chromosoms und jedenfalls zu einem der beiden Enden verläuft, und dass es sich hier ausbiegt und in der beschrie- benen Weise längs der Spindel liegt. Diese Auffassung stimmt mit den bisherigen Beschreibungen des Vorgangs überein, aber die darauf folgenden Vorgänge sind nicht richtig erfasst worden. Das T-fürmige Chromosom fährt fort, seinen horizontalen Balken zu verlängern auf Kosten des vertiealen (welcher an der Spindel vertical auswärts gerichtet ist), und in gelungenen Präparaten kann man die schliessliche Spaltung sehen bei Betrachtung in der Axe des sich verkürzenden verticalen Balkens. Gleichzeitig aber sieht man eine andere Spaltung rechtwinklig zu der soeben er- wähnten auftreten nnd schliesslich veranlasst ihre Ausdehnung jedes der jungen Tochtersegmente, V-Form anzunehmen, wobei der sehr spitze Winkel polwärts gerichtet ist. Die ersten Stadien davon sind in den Phot. 14, 15 zu sehen und eine etwas spätere „End-Ansicht“ in Phot. 14. Nur die Enden des V sind deutlich zu sehen, da die Figur nicht so liegt, dass sie in einer Ebene photographirt werden kann. z 64 \$ Nun erhebt sich wieder die Frage: Ist die letzterwähnte Spalte eine Neu bildung, oder stellt sie den nahezu obliterirten inneren Raum eines ringförmigen Chromosoms dar? Ich denke die erstere Alterna- tive ist die richtige, es ist kein Grund zu der Vermuthung vorhanden, dass selbst eine heterotype Theilung immer nach bestimmten und ähnlichen Weisen vor sich gehe, ebensowenig als das bei anderen Theilungsformen der Fall ist, z. B. bei einigen Arthropoden, wo die Chromosomen perlenähnlich sind und sich anscheinend ganz wie ein Chlorophylikügelchen theilen. Jedenfalls würde die Ebene der Spalte in diesen Pollenmutterzell- Chromosomen und den von Flemming beschriebenen um 90° divergiren. Die Chromosomen bilden so unmittelbar durch Spaltung in zwei Hälften die bekannten V-förmigen Segmente, und es braucht keine Ein- krümmung der Enden, wie dies in diesen Fällen — abweichend von dem Sachverhalte — abgebildet wurde. Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass diese heterotype Form der Mitose auf die Pollen- mutterzellentheilungen sich beschränkt und sich weder in den vege- tativen, noch in den früheren archesporialen Theilungen derselben Pflanze findet. Die 12 Tochterchromosomen ziehen sich dann rasch zu den Polen zurück, wobei sie äquatorial durch die Verbindungsfäden im Zusammen- hang bleiben. Ich habe in diesem Stadium vergeblich nach einem Centrosom gesucht, obwohl man sein Vorhandensein erwarten könnte, Die Körnchen an den Polen sind noch sichtbar und sie nehmen häufig an Grösse zu und an Zahl ab. ' Durch die Freundlichkeit meines Freundes Herrn J. E.8.Moote war ich in Stand gesetzt, die spermatogenetischen Zellen von Seyllium zu photographiren, um deutlich zu zeigen, wie verschieden von diesen mit ihren wohl ausgeprägten Centrosomen die Lilium-Spindeln sind. Möglicherweise wird das Centrosom mit der Bildung der gen®- rativen Zelle während der Keimung der Pollenkörner leichter sichtbar, und tritt dann der „marche de quadrille“, der zuerst von Fol bei . Asterias, fast unmittelbar darauf von Guignard bei Lilium beschrieben wurde, ein. Indess sei bemerkt, dass beide Angaben der Bestätigung bedürfen. Alle neueren zoologischen Arbeiten scheinen gegen Fol’s Bericht zu sprechen, und ganz neuerdings theilt Wilson!) mit, dass ‘er die Angabe nicht bestätigen könnte, obwohl er zu diesem speciellen Zweck einen Echinus (Toxopneustes) untersuchte. Andere fanden, 2 Wilson, Anat. Anz. Bd. X p. 272. — Mein Herr College Prof.Howes hatte ' die Güte, mich auf diese Angabe aufmerksam zu machen, | | 65 dass das Centrosom der ersten Kernsegmentation entweder ausschliesslich dem Spermatozoon!) entstammt, oder in andern Fällen vom Bi allein geliefert wird. Thatsächlich ist es desshalb, wie Brauer?) bemerkt hat, gleichgültig, ob es vom Spermakern oder Eikern oder von beiden ge- liefert wird, wenn es nur geliefert wird! Brauer betrachtet das Centrosom als ein Theilungsorgan und soweit ich ihn verstehe, nimmt er sein potentielles Vorhandensein auch da an, wo es nicht wirk- lich nachgewiesen werden kann, z. B. beim Richtungskörper von Ar- temia. Aber kaum zwei Beobachter stimmen genau in dem Grad der Wichtigkeit überein, die sie dem Centrosom beilegen. Einige betrachten dieselbe als untergeordnet gegenüber der des Zelikerns selbst, dessen Theilung es beherrscht, während andere das Centrosom lediglich auf die Stellung eines Insertionspunktes für die Fasern herunterdrücken, welche der Ausdruck der in der Zelle wirkenden dynamischen Kräfte sind. Für beides fehlt der directe Nachweis; denn in beiden Fällen würde das Centrosom natürlich dieselbe relative Lage einnehmen, ob nun die Impulse von ihm ausgehen, oder ob es den Convergenzpunkt der Fadensysteme des Protoplasmas bildet. Indess erscheint das Centrosom so häufig in embryonalen Zellen, und diese Thatsache zusammen mit der Verdoppelung, welche gewöhnlich während der Mitose stattfindet, gibt dem Forscher natürlich den Eindruck ihrer Individualität und des Begründetseins ihrer Anerkennung als morpho- logische Bestandtheile der Zelle. Die wirklich zu lösende Frage ist indess gerade die: Sind die Centrosomen wirklich bleibende morphologische Gebilde? d.h. haben sie eine Existenz, abgesehen von der Wirkung der dynamischen Kräfte, welche die Kerntheilung bewirken, und deren Wirkung viel- leicht durch manche Zellgeneration hindurch während der Periode activer Theilung sich erstreckt? Sind sie dazu bestimmt, nach dem Aufhören dieser Bedingungen ihre Individualität zu verlieren und in den allgemeinen Protoplasmazustand der Zelle zurückzusinken ? Nun scheint mir, dass der Individualität des besonders bestehen- den Oentrosoms bereits durch M. Heidenhain ein Schlag versetzt worden ist, der in gewissen von ihm untersuchten Zellen eine variable Zahl dieser Körper findet. Allerdings betrachtet Heidenhain die ganze Gruppe als ein Sammelgebilde, dem er den Namen Mikro- 1) Julin, Structure et d6vel, des glandes sexuelles . .. . chez Stylopsis grossularia. Bull. seientifique de la France et de la Belgique T. XXV p. 56 des 8.-A. 2) Brauer, Zur Kenntniss der Reifung des parth. sich entw. Kies v. Artemia selina. Archiv f. mikr. Anatomie Bd. XLIII p. 709. Flora 1895, 5 00 3 centrum gibt! Für ihn entspricht ein Mikrocentrum also einem ander- wärts vorhandenen einzelnen Centrosom. Es ist (bei thierischen Zellen) oft beobachtet worden, dass die Grösse der Centrosomen an den ent- gegengesetzten Polen der Spindel verschieden ist, und diese Thatsache, so weit sie überhaupt etwas bedeutet, spricht gegen eine directive, Wirkung dieser Körper, sonst wäre zu erwarten, dass der grössere von beiden eine stärkere Wirkung ausüben werde als der andere. Dies ist meines Wissens aber nicht der Fall. Sind sie aber nur passive Strukturen, so liegt kein besonderer Grund dafür vor, warum sie gleich gross sein sollten. Das Verhalten der Centrosomen (oder Centrosphären) bei Abkühlung der sich theilenden Zelle oder die eigenthümlichen Einwirkungen, welche durch Gifte wie Chinin oder Chloral auf die Karyokinesis hervorgebracht werden, beweisen nach keiner der beiden Möglichkeiten hin etwas, ebenso wenig kann die angebliche Thatsache der Verschmelzung des Sperinatozoid-Centrosons mit dem der Eizelle bei der Befruchtung eine wirkliche Wichtigkeit beanspruchen (abgesehen von der Thatsache der Verschmelzung der Cytoplasmen ebensowohl wie der Kerne), ehe die Frage nach der Natur dieser Körper beantwortet ist. Auch die Färbungsreactionen der Centrosomen fördern die Sache nieht, und der helle Hof, von dem sie oft umgeben sind, kann daher kommen, dass aller Farbstoff in dem centralen Körper selbst condensirt wird. Der objective Prüfstein der morphologischen Permanenz der Centrosomen liegt thatsächlich in dem Nachweis ihrer Vermehrung lediglich durch Theilung von schon vorhandenen. Der erste klare Fall ihrer Neubildung im Protoplasma würde sicher ihre Ansprüche als permanente morphologische Bestandtheile der Zelle zerstören. Die Frage würde dann bleiben, ob sie eine Stellung einnehmen sollen, wie z. B. die der Leukoplasten war, ehe Sehimper zeigte dass neue niemals unabhängig von alten entstehen können, oder ob sie, wie ich sagte, zu dem Niveau blosser Oondensationsmassen heruntersinken, deren physiologische Bedeutung gross sein mag, deren Existenz aber nur unsicher und vorübergehend ist. Nach dem schon Gesagten brauche ich wohl kaum hinzuzufügen, dass ich stark zu letzterer Ansicht neige. Wenn das Ende der ersten Kerntheilung in den Lilium-Zellen herannaht, ordnen sich die Chromosomen regelmässig in Beziehung zum Polfeld an, sie gehen aber in keinen Ruhezustand über bis nach der nächsten Kerntheilung. Die Verbindungsfäden bilden die bekannte tonnenförmige Figur und die Zellplatte wird durch Verdickung der Fäden gebildet, genau wie Strasburger es beschrieben hat. Das Taf.!. Flora 1895.80.Bd. "lora 1895. 80.Bd. - - > Taf. Tu.l. en Be a " 3 a FE Dan an, ® * 2 . 2 Pe: " Munngehgigg EI AypaAl BR EITIEREREL FEN ia . are, ” RAN ” % er “ m nn Te \ Er = Pre u „ Proz ge = NT Sn Band wi Boa 2. m : \ 2 ” Ion. iur Bi Mr I ET or en 2 euch | dam ri 67 Protoplasma zu beiden Seiten der Zellplatte ist verhältnissmässig hell!) (Taf. III, Fig. 6), aber näher gegen die Kerne hin ist es diehter und wird tief gefärbt. Körnchen kommen reichlich in ihr vor und die Protoplasmafäden bilden an den von diesen Körnchen eingenommenen Stellen Anastomosen. Was die zweite Kerniheilung im Pollenmutterkorn betrifft, so zeigt sie gar nichts von den eigenthümlichen (heterotypischen) Vor- gängen, welche die erste Mitose charakterisiren; sie weieht nur dureh die behaltene redueirte Chromosomenzahl von einer vegetativen oder einer frühen archesporialen Kerntheilung ab. Es ist daher wahr- scheinlich, dass die der ersten Theilung besonderen Eigenthümlich- keiten mit der plötzlichen Chromosomenzahlveränderung in einer directen und causalen Beziehung stehen. . 1) Die Verbindungsfäden sind jedoch natürlich sichtbar. Figurenerklärung. Fig. 1--10 Zeichnungen, Fig. 11—21 Photographien. Die Zeichnungen wurden entworfen mit Zeiss’ apochrom. hom, Immers. 2 mm oc. 18, Die Photographien wurden mit einer 3mm hom. apochrom. Immersion und Projectionsocular 2 gemacht, ausgenommen Phot. 18, bei weleher Oc. 1 angewandt wurde. Die Grössenverschiedenheiten rühren namentlich daher, dass der Kammera- balg nicht immer zur gleichen Entfernung von dem Ocular ausgezogen war. Fig. 1—6. Lilium speciosum, Pollenmutterzellen. Die Fig. 3 und 4 zeigen die Theilung der Chromosomen. Fig. 7—9. Lilium candidum, Pollenmutterzeilen. Fig. 10. Zelle von der Antherenwandung von L. caudidum, Photographien. Fig. 1la u. 11b. Phot. zweier optischer Querschnitte durch dieselbe Pollenmutterzelle von L.candidum,. Im oberen Theil ist ein centrosomenähnlicher Körper sichtbar. Fig. 12, 13, 16. Theilungsstadien derselben Zelle. In Fig. 12 tritt im oberen Theil der Charakter der Spindel gut hervor. Fig. 14, 15. Theilang der Chromosomen in Pollenmutterzellen von L. candidum. Das ersteStadium istzu sehen inFig.14, nahe der rechten Seite, esist 4lappig geworden, Fig. 17. Pollenmutterzeilen von Lilium Martagon. Drei optische Schnitte durch die Mitte derselben Zelle. Man achte auf das Körnchen nahe der Aequatorialplatte bei a. Fig. 18. Vier Phot. durch dieselbe Zeile. Die Ebenen sind einander sehr ge- nähert, und man kann die Einzelheiten von einem Schnitt zum andern verfolgen. Fig. 19. Pellia epiphylia. Centrosomen an denPolen einesKerns in einer keimendenSpore. Fig. 20. Pellia ep. Centrosom und Strahlungen in Polansicht. Fig. 21. Spermatogenetische Zellen aus dem Hoden von Scyllium sp. Fig. 22ab. Phot. durch aufeinander folgende Ebenen ein und derselben Pollen- mutterzelle von Lilium candidum. Bei a am oberen Ende sieht man Körnchen nahe der Spindel, die achromatisehen Fäden kreuzen einander, einige enden in Körnchen, andere gehen zur Wand ab, In beiden dient am untern Zell- rande ein grosses Körnchen als Endpunkt eines Theiles der Spindel, aber in b, links, sieht man die Begrenzungen der Spindel; der dunkle, von einem lichten Hof umgebene Körper am Ende der Zelle in b ist kein Centrosom, es ist ein Körnchen mit seinem Diffractionshof, etwas ausserhalb des Focus, er hat keine Beziehung zu den Spindelfasern, von denen einige an ihnı vorbeiziehen. Fig. 23. Pollenmutterzelle, zweite Theilung. Die achromatische Spindel geht nach zwei Punkten genau an der Peripherie. Zw. Zellwund der ersten Theilung, ln 5 Ueber das active Reserve-Eiweiss in den Pflanzen. Yon 0. Loew. I. Verbreitung des gespeicherten activen Albumins. Um den von Verf. und Bokorn y beschriebenen leicht veränder- lichen Eiweisskörper nachzuweisen, zerzupft man das Objeet (ein Stückchen Blatt, Rinde, Wurzel, Blüthe ete.) mit Präparirnadeln in einigen Tropfen Coffeinlösung und betrachtet die Gewebe sofort unter dem Mikroskop. Man kann dann die Entstehung der Kügelchen, das Zusammenfliessen zu Tropfen und oft auch das rasche Coaguliren in denjenigen Zellen beobachten, die — vielleicht wegen Drucks oder Zuges beim Präpariren —- bald absterben. Die früher vorgeschlagenen Reaetionen: Coagulation durch 1Oproc. Alkohol oder durch sehr ver- dünnte Jodlösung oder durch kochende 5proc. Kochsalzlösung, die Fixirung dureh O,lproe. Ammoniak, können dann zur weiteren Iden- tificirung herangezogen werden. Bokorny hat schon früher darauf hingewiesen '), dass das ge- speicherte active Albumin sich in vielen Pflanzen und in den ver- schiedensten Theilen vorfindet. Kürzlich hat G.Daikuhara?) wieder in einer Untersuchung gezeigt, dass dasselbe grosse Verbreitung besitzt. ;s seien hier noch einige Objecte hervorgehoben, die ich kürzlich 1) Pflüg, Arch. 55. Th. Bokurny, Eigenschaften, Verbreitung und Bedeutung des nicht organisirten activen Proteinstoffes, 2) Diese Zeitschrift 1895, 69 untersuchte (von denen einige auch bereits von Daikuhara er- wähnt wurden). Die Reaction auf actives Albumin wurde von mir erhalten an jJungenhLaubblättern!)von Oxercus serrata, Qu. glauca, Qu. tentata, Qu. glandulifer«; ferner von Alnus glutinosa, Alnus maritima; von Acer palmatum und trifidum; Fagus silcafica, Tilia Miqueliana, Ca- stenea rulgaris, Aesculus Hipporastanum; von Prunus domestica, Pr. Cerasus; von Persica vulgaris, Rosa laevigata, Paeonia albiflora, Vitis vinifera, Lespedeza bicolor, Wistaria chinensis, Photinia glabra, Staphylea pinnata, Cedrela chinensis, Actinidia arguta, Spiraea betu- Hfolia, Thea chinensis.?) Zwar reagiren, wie Bokorny bereits hervorhob, die Epidermis- zellen besonders stark mit Coffein oder Antipyrin (Pflüg. Arch. 55 p. 142); doch lassen sich Fälle beobachten, wo auch das grüne Pa- lissaden- und Schwammgewebe starke Reaction zeigt, z. B. bei Prunus und Tilia. Blatthaare reagiren besonders häufig. Bei Cedrela reagirte die Rinde der Blattstiele sehr intensiv. Bei manchen Pflanzen fand sich actives Eiweiss in der Knospe der Blüthe gespeichert vor, fehlte aber in den Laubblättern: so bei Suussuria Bungei, Oxalis eorniculata (hier auch im Embryosack Reaction), Gnaphalium multieeps (Fruchtboden). In einem Falle rea- girten die Haare an den Blattknospen, aber die jungen Blätter selbst nicht, nämlich bei Magnolia grandifolia. Bei Fragaria indica wurde an Zellen des‘ Fuchtfleisches unreifer Beeren die Proteosomenbildung beobachtet.?) In Folgendem soll eine Uebersicht sämmtlicher bis jetzt von mir und Andern angestellten Untersuchungen über das Vorkommen activen Reserve-Eiweisses in den Pflanzen gegeben werden: 1) Bei vielen dieser Objecte (Quercus, Prunus, .trer, Fayus, Betula etc.) gab auch die Rinde starke Proteosomenbildung. Bei Acer campestre wurde auch die Blüthe geprüft mir positivem Resultat (Bokurny, Pfüg. Arch. 55, p. 137); tesgl, reagiren bei Rosa, Spiraea und Viburnum die Blüchenknospen, oo 2) Von Interesse ist, dass auch chlorophyllarme oder -freie Panzentheile die Reaction zeiyen; so reagiren die an Albinismus leidenden Blatttheile von Acer annähernd eben so stark wie die grünen. Die Parasiten Viseum album und Thesium zeigen auch Reaction. Schattenblätter reagiren cet. par, schwächer als stark belichtet. 3) Zellen mit rothem Zellsafte geben hier wie in einigen anderen Füllen besonders starke Reaction. 70 Pfianzen- | Name der untersuchten ! Untersuchte Theile, Resultat Beobachter gruppe Pflanze!) Conjugatae |Spirogyra,vieleArten' Reaction in vegetativen Zellen _Loew und Bokorny Chlorophye. }Spaeroplea anulina Keine Reaction :L. u. B. Florideae Betrachospermum sp.?. „ „ IL.u.B. Myxomyceten Copromyxa Zopf.? Mit 0,19%, Coffein binnen !/, St. Kugelbildung Bokorny Coniferae Taxus canadensis Coffeinreaction inlängsgestreckten Zellen der Zweigspitze » Gingko biloba ‚Keine Reaction im Blatt : Daikuhara Picea'excelsa . Reaction i.viel.Zellen d.Zweigspitze, Bokorny Larix europaea | dgl. \ MR Liliiflorae Fritillaria impe-, „ i.d, Fruchiknotenepidermis ı „ rialis! | Jucca dgl. | » Lilium callosum ‘Keine Reaction in Wurzel u. Blatt Daikuhara l Hemerocallis flava ' dgl. i iD) ; Eucomis punctata | Keine Reaction ‘ Bokorny Convallaria majalis n » ) Polygonatum multiflor.! „ n ” Allium I, „» in jungen Blättern) Loew Nareissus poeticus | » „ Bokorny Hyacinthus | Reaction in der Narbe „ Crocus vernus „ in d. Narbe mit Coffein od, | mit 0,05%, Kali „ Dioscorea japonica Keine Reaction in Blatt u. Wurzel) Daikuhara Spadieiflorae | Chamaerops excelsa In n „ Blüthenknospen ” Alocasia ' Reaction im Phloem d. Inflor.-Axe Amorphophallus „ in farbstoffführenden Zellen! Rivieri des Blüthenschaftes } „ Glumiflorae | Triticum vul gare „ 1. d. Epidermis junger Samen] Daikuhara Hordeum distichum KeineR.i. jungen Samen u.i. Blatt| n Avena sativa dgl. „ Arundinaria japonica | Keine R. in Blatt u, Wurzel | ” Bambusa React.i.d. Epidermis junger Samen] ” Brachypodium ja- ponicum dgl. | ” Orchideae Bletia Hyacinthus| React. in jungen Blättern, Blüthen! und Wurzelepidermis ! ” Gastredia elata Reaction in der Blüthe | ” Cymbidium virens Keine Reaction ” Epidendron ciliare| Reaction i. d. Epidermis d. gelben) Blumenblätter Bokorny 1) Die Pflanzenarten mit positivem Resultat sind durchschossen gedruckt. sowie i. d. Blattfloischzellen! Bokorny 71 Pflanzen- gruppe - ı Name der untersuchten ' Pflanze Untersuchte Theile, Resultat |Beobachter } Orchideae Helobiae Juliflorae Polygoninae Centrosperm. Polyearpieae ‚Cypripedium ('alceolus "Oneidium altissimum 'Alisma Plantago Morus alba Zelkova Keyaki Ulmus parvifolia 'Humulus Lupulus |Salix | | Populus 'Quercus glanduli- | fera 'Quercus dentata :Quereus cuspidata ‚Quereus serrata "Querceus glauca ‚Fagus silvatica r ” |Carpinus cordata Alnus glutinosa Alnus maritima 'Castanea vulgaris |Polysonumamphib. „ euspidatum Fagopyrum escu- | lentum Dianthus superbus | Lyehnis flos eueuli ;Paeonia albiflora ’ \ ; Clematis florida | Naudienadomestica | ;Coeceulus indieus Menispermum dauricum! -Cinnamomum Camphora! Machylus Thunbergi | Anemone sp.f | " hepatica | Ranunculus Ficaria | Keine Reaction ” ka} Reaction in den jungen Blättern Keine Reaction in den Blättern Reaction in den jungen Blättern, nicht in der Wurzel Reaction in den jungen Blättern Reichliche Reaction im (untern)' Stengel mit 0,1%, Coffein | Reaction in männl. u. weibl. Infl.-: Axe, ferner in der Stammrinde| Reaction in jungen Blättern dgl. dgl. dgl. j dgl. | dgl. Reaction an der Zweigspitze Reaction in Jungen Blättern agl. agl. dgl. dgl. Staubfäden, Fruchtknoten und Samenanlagen geben Reaction ? Reaction in den jungen Blättern „ 4.d.Bläthen, nicht i.Laubblatt Keine Reaction in Wurzel u. Blatt dgl. Reaction in Blüthen,. Laubblättern und Wurzeln Keine Reaction R Reaction in Blüthenknospen, nicht in den Blättern Keine Reaction ” ” in jungen Blättern‘ dgl. in der Blüthe ” ” Bokorny ” Daikuhara Bokorny ” Loew Daik. u.L. ” » Daikuhara Loew E} Bokorny Loew Daikuhara Loew Daik. u.L. ” u} Bokorny Daikuhara Bokorny ” „ Nymphaeazanzibar.| Reactioni.d. Epid.d. unt. Blattseite' Loew 12 | Pflanzen- | Name der untersuchten | Untersuchte Theile, Resultat "Beobachter gruppe . Pflanze Polycarpicae | Thalietram aquilegifol. | Sehr geringe Reaction . Bokorny Paeonia albiflora | Reaction in jungen Blättern | Loew Magnolia grandi- | folia „ Ind, Haaren d. Blattkospe, nicht in den Blättern selbst „ Clementis patens Keine Reaction in jungen Blättern und in der Blüthe | „ Rhoeadinae |Papaver somniferum » „ In Blatt, Blüthe und Samenknospe Daik. u.L. Raphanus sativus „ „ In der Blüthe vo» Brassica napus n „ Bokorny Arabis albida » „ » Sinapis » „ in jungen Blättern | Loew Iberissembervir. | Reaction in d. Blattepidermis | Bokorny Cistiflorae Camellia japonica| „ in jungen Blättern | Daikuhara Eurya japonica Keine Reaction ' | ’ Droserarotundifol. Reaction in d. Tentakeln und d. Blattepidermis u. im Blattfleisch , Bokorny Drosera dichotoma ' dgl. | „ Dionaea muscipula' Reaction in der Blattepidermis . Nepenthes phyl- „ 1. d. Epid. d. Kanneninnen-' lamphora | seite sowie i. d. Randhaaren „ Darlingtonia cali-- ,„ i. d. Epid. d. Innenseite d. fornicea Kanne „ Sarraceniapurpur. „ i.d.inneren Epid.d.schlauch- förmigen Fangapparate | " Columniferae | Malva (sp.?) - “Die Blüthen enthalten in einem! ' gewissen mittl. Entwickelungs-; ; zustandactivesAlbumin, anfangs ; keines, später wieder keines | Loew ‚ Reaction i. jungen Blättern (auch i.: Palissaden- u. Schwammgewebe) Thea chinensis | Reaction in jungen Blättern rR Hibiscus syriacus | Keine Reaction Daikuhara Stereulia platani- Tilia Miqueliana ” folia | Reaction in den jungen Blättern Gruinales :Linum usitatissimum | Keine Reaction in jungen Blättern und in der Blüthe | Loew | Reinwardtia trigyna I, „ in Blatt u. Blüthe | Daikuhara !Oxalis corniculata! Reaction in der Blüthenknospe |Loew ‚Pelargoeniumzonale „ i.Epidermis u. Drüsenhaaren| Bokorny !Impatiens Sultani: „ Im Blüthenstiel, ferner i. d. Oberhaut von Fruchtknoten | | und Samenknospen -r 73 Pflanzen- | Name der untersuchten! Untersuchte Theile, Resultat Beobachter gruppe Pflanze ’ ! Terebenthin. Melianthus major. | Reaction im Blattstiel | Bokorny 'Cedrela chinensis n in jungen Blättern ; Loew |Ailanthus glandu- ! losa dgl. ı Daikuhara | Pikrasma ailanthoides | Keine Reaction „ | Melia Azedarach » » " !Rhus semialata Reaction in Blatt’ und Wurzel | " |Xanthoxylum pipe- | ritum dgl. ' „ Orixa japonica Keine Reaction „ | Citrus fusca 9 n f „ Aeseulinae Acer campestre Reaction in Griffel, Narbe, Staub- | faden, Blüthenboden Bokormy ‚Acer palmatum | „ In jungen Blättern, Wurzeln’ L. u. Daik. Acer trifidum m n » ‘ Loew |Tlex pedunculosa » „ Blüthe und Blatt Daikubara |AesulusHippocast. EinigeZellen am Zweiggipfelgeben | Reaction Bokorny ! ' Reaction in jungen Blättern Loew |Staphylea pinnata dgl. on 'Polygala amara Keine Reaction Bokorny Frangulinae : Vitis vinifera Reaction in jungen Blättern Loew Tricoccae |Euphorbia Myrsi- nites im Stengel Bokorny Euphorbia peplus | | | ‚Stillingia sebifera| Umbeltiflorae Cornus ! ! “ Aucuba japonica | | Daueus carota :Torilis Authriscus Saxifrasinae |Echereria gibbi- flora Echeveriadurabılis 'Crassula aborese. 'Cotyledoncoceinea |Sempervivum Ar- ! borescens |Sedum sp.? | Distylium racemosum pauci- flora |Saxifraga sarment. jCorylopsis ” im Stengel in den Staubfäden ” „ Keine Reaction in Jungen Blättern Reaction in den Blattnerven dgl. Reaction in Blatt und Stengel dgl. dgl. dgl. dgl. dgl. Keine Reaction Reaction ın jungen Blättern in Blütch., Blätt. u. Wurzeln ” im Blüthenstiel u. Perigonbl., ferner in Zweigrinde u. -Bast: i. d. Blüthentheilen, weniger ! i " ” ; ‚Daikuhara } ” I ji h ” | ’ Bokorny \ !Daikuhara | ” 74 Pflanzen- | Name der untersuchten : Gruppe Pflanze j Untersuchte Theile, Resultat [Beobachter Saxifraginae | Hoteia japonica Deutzia Sieboldiana Hydrangea japonica Opuntinae Rhipsalis Cereus Passiflorinae |Begonia Passiflora _ Myrtiflorae |Oenotheradaquinii Punica Granatum Lagerstroemia indica Melaleuca hyperi- eifolia Eugenia australis Thymelinae | Elaeagnus pungens Rosiflorae Prunus persica Prunus Pseudoce- rasus Pirus japonica ‘Rosa laevigata |Photinia glabra Kerria japonica Rubus palmatus Rubus Thunbergi Cydonia ‚Prunus avyiun "Pirus malus |Urataegus !Alchemilla | 'Poterium Sangui- sorba Geum rivale 4 ! :Sorbus aucuparia Prunus domestica "Prunus Cerasus !Persica vulgaris j l | } \ ' i i I i i \ | Reaction in Blüthe und Blatt Daikuhara Keine Reaction „ ka} ” „ » „ in veget. Theilen Bokorny „ „ In Blüthen „ Reaction in Blattstielhaaren, keine in Blüthen ” „ in Epidermis d. Nectarien n „ In Wurzel und Blatt Daikuhara „ in Blüthen, nicht in Blättern ri „ In jungen Blättern n „ in Staubfäden, Drüsen am Blüthenstiel, Blüthenboden | Bokorny „ in Staubgefässen, Epidermis vom Stengel u, Blatt, sowie im Bilattfleisch " Keine Reaction i. jungen Blättern| Daikuhara Reaction in jungen Blättern und Wurzelepidermis » dgl. ” dgl. bi} dgl. „ul. Reaet. i. jungen Blättern u. Blüthen ” ” ” ” ” Keine Reaction „ ” ”„ Reaction in Staubfäden u. Narben| Bokorny Geringe Reaction in Staubfäden Reaet. i, Griffeln u. Samenknospen „ Geringe Reaction a. d. Zweigspitze ” Reaction in Blüthenstielen, Staub- fäden und Stengelrinde Mn Starke Reaction am Blüthen- und Stengel-Längsschnitt " Starke Reaction am Längsschnitt durch Blüthe und Stengel „ Reaction in den Blüthenknospen | „ Reaction in jungen Blättern ; Loew dgl. I» dgl. | ”„ 75 ” ” r “ | Tr Pflanzen. | Name der untersuchten | Untersuchte Theile, Resultat Beobachter gruppe Pflanze \ j Rosiflorae 8 piraeabetulifolia| Reaction in jungen Blättern Loew ‚Fragariaindiea „ in Zellen des Fruchtfleisches unreifer Beeren r Teguminosae | Vicia (3 Arten) Keine Reaction Daikuhara ‚Wistariachinensis| „ „ (nach Loew React. in jungen Blätteru) » ıLespedeza sericea r „» (nach Loew Reaect. in jungen Blättern) „ ‚Acacıa Reaction in Blüthentheilen, ferner \ in Blattepidermis Bokorny ; Pisum sativum Keine Reaction i. Blüthenknospen, Loew ;Mimosa pudica Reaction in der Epidermis der Blättchen, ferner i. d. petiololi] Bokorny Hysterophyta! Yiscum album Reaction Loew | Thesiumdecurrens) „ in Wurzeln, nicht i. Blättern) Daikuhara Bicornes Andromedajaponie.| „ in jungen Blättern » Rhododendron „ in Griffel und Narbe Bokorny Erica „ in Staubfäden n Primuline 'Cyclamen europae.; „ in Blüthenstiel, Blumenblät- tern, Blüthenboden, Palis-' ! sadenz. des Laubblaites „ ;Primula off. „ in Blumenkrone, Griffel, Fruchtknoten, Samenknospe' » 'Primula sinensis „ 3. d. Epid. d. Blüthenstieles’ n Diospyrinae | Diospyros Kaki Keine Reaction in jungen Blättern, Blüthe und Samen| Daik. u.L. Styrax obassia " „ In jungen Blättern | Daikuhara Contortae Ligustrum Ibota » „ In Blättern n Syringa vulgaris MR ne » „ Gentiana Reaction in Blumenkrone, Staub- fäden, Griffel, Fruchtknoten, Samenknospen Bokorny Olea aquifolia Keine Reaction in jungen Blättern| Loew Tubiflorae Physalis Alkekengi dgl. Daikuhara Solanun tuberosum dgl. » Ipomoea hederacea Keine Reaction in Blatt u. Wurzel n Cestrum laurifolium ri „ iBlütheu.Blüthenstiel| Bokorny Labiatiflorae |Callica rpajaponi el Reaction in jungen Blättern | Daikuhara Premna japonica Keine Reaction in Blatt u. Blüthei fr Veronica purpurea i. Blüthe u, Infl.-Axe; Bokorny Marubium vulg. Serofulariavernal. Lamium Symphytum tub. | " in Blättern In Blüthen schwache Reaction | Keine Reaction I ” | j on | 76 Pflanzen- Name der untersuchten Untersuchte Theile, Resultat "Beobachter gruppe Pflanze Labiatiflorae : Galeobdolon luteum "Keine Reaction ' Bokorny | Rhinanthus on „ » Campanulin, | Phyteuma FR Fr ; „ Rubiinae Viburnum dilatatunı „ „ in jungen Blättern Daikuhara Viburnum Opulus Reaction in Blüthen „ Sambucus nigra ‚ Keine Reaction im Laubblatt ” Symphoricarpus | racem. | Reaction in der unreifen Frucht | Loew Viburnumrugosum, „ in den jungen Infl.-Axen | Bokorny Galium Keine Reaction \ " | Lonicera n „ in jungen Blättern _ Loew Aggregatae 'Hieracium umbellatum n n Daikuhare Leucanthemum vulgare , MR „ | Petasites japonica u % ss Ageratum MM „ InBlüth. u. Bl.-Stielen! Bokorny | Tussilago Farfara on FR | ” j Hleinia n „ im Blatt ” ; Leontodon Taraxacum on » „ 'Helianthus Reaction in den Cotyledonen Loew | Scabiosa : Keine Reaction Bokorny IGnaphalium multi-: \ ceps React.im Boden d. Blüthenknospen Loew ı Sonchus Keine Reaction i. jungen Blättern „ II. Die chemische Veränderung der Proteosomen. Da gerade die so leicht vor sich gehende chemische Ver- änderung der tropfenartigen Proteosomen, welche die nahe Ver- wandtschaft mit dem lebenden Protoplasma aufs deutlichste doeumentirt, wenn man die ganze Reihe der beobachteten Erscheinungen in’s Auge fasst, — consequent ignorirt wird, so seien die Einzelheiten bei dieser Veränderung nochmals hervorgehoben. Jene Veränderung, bestehend in dem Uebergang aus dem flüssigen in den starren und unlöslichen Zustand, tritt meist bald nach dem Tode der Zellen ein, in Ausnahmefällen aber auch in noch lebenden Zellen, und ist begleitet von Verlust des Glanzes sowie von Vacuolenbildung infolge von Wasserausstossung, wobei die anfangs gebildeten zahlreichen kleineren Vaeuolen oft in eine einzige grosse zusammenfliessen, eine Hohlkugel bildend. Wenn die Vaeuolenbildung eininal begonnen hat, schreitet sie durch die ganze Proteosomenkugel in der Regel rasch fort; nur selten gewahrt man ein auffallend langsames Fortschreiten, 7 z.B. bei den mit Antipyrin erzeugten Proteosomen in Paeoniablättern; verdünnter Alkohol beendet allerdings auch hier sehr schnell die einmal in Gang gesetzte Vacuolisirung. Geht das Erstarren einer Kugel schneller vor sich als die Ver- einigung der Vacuolen, so resultirt eine Kugel von Schwammstruktur. Erstarrt die Oberfläche nicht rascher als das Innere, so kann sich auch die ganze Kugel ohne Vacuolenbildung contrahiren!), wobei öfters die Kugelform verloren geht, der Glanz aber erhalten bleibt — im Gegen- satz zu den erwähnten Kugeln von Schwammstruktur. Sehr selten ist ein dritter Fall: Die erstarrende Kugel bekommt radiäre Risse statt der Vacuolen, was sich an den Proteosmen der Blüthenblätter von Hotteia japonica bei Behandlung mit sehr verdünnter Jodlösung beobachten lässt.) Das Unlöslicehwerden beruht auf einer chemischen Verän- derung und zwar muss diese gleich oder ähnlich derjenigen sein, welche in dem das lebende Protopiasma zusammensetzenden Eiweiss- körper vor sich geht beim Absterben; denn alle Substanzen, welche die Zelle tödten, verändern auch die Proteosomen (siehe Flora 1892, Suppl.-Heft). Diese Veränderung wird nieht dadurch hervorgebracht, dass Stoffe aus dem todten Plasma in die Vaeuole übertreten; die Proteosomen sind ja auch häufig im Cytoplasma selbst enthalten und müssten also dort verändert werden, so lang das Protoplasma noch lebt. Dass die Proteosomen, erhalten mit den verschiedenartigsten Ob- jeeten aus dem Phanerogamenreich, im Wesentlichen übereinstimmen mit denen der Spirogyren, kann wohl kaum mehr bezweifelt werden; kleinere Unterschiede, entsprechend zahlreichen Isomeren, bestehen Ja höchst wahrscheinlich, aber der Haupteharakter bleibt überall der- selbe. Da man aber viele Objeete nieht gerbstofffrei erhalten kann und mancher, der keine weitern Beobachtungen gemacht hat, ver- muthen möchte, dass der Gerbstoff bei Quercus, Prunus, Tilia ete. 1) Es kaun so der Fall vorkommen, dass ınan in Zweifel ist, ob die Proteo- sonen noch actives Eiweiss enthalten oder bereits in passives umgelagert sind (siehe unten bei Bespr. der ausgehungerten Prunusblätter). Die Behandlung mit absolutem Alkohol entscheidet dann die Frage sofort: in ersterem Falle findet starkes Zusammenschrumpfen statt, in letzterem bleibt die Form ganz intact. — Auch wenn die frischen Coffeinproteosumen durch sehr verdünntes Ammoniak um- 8ewandelt werden, bleibt die Kugelform ohne Vacuolisirung erhalten. 2) Es kann bei der ('offeinbehandlung auch vorkommen, dass die ursprüng- lich vorhandenen kleinen Coffeinkugeln Umänderung erleiden, bevor sie zu einem $rossen Tropfen zusammengeflossen sind; dann ist das Hanfwerk kleiner Kugeln durch die Unlöslichkeit in sehr verdünntem Ammoniak zu identifieiren. 78 etwas mit der Proteosomenbillung zu thun habe oder dass hier leicht eine Verwechslung mit gerbsaurem Coffein stattfinden könne!), so sei noch Folgendes bemerkt: Gerbstoff ist häufig zu finden, nicht nur wo lebhaft assimillirt wird, sondern auch wo reichlich Eiweiss ge- speichert wird2), so dass es scheint. als sei Gerbstoff ein häufig auf- tretendes Nebenprodukt, wo immer Kohlehydrade zur Verwendung kommen (Stärkebildung aus Zucker, Eiweissbildung aus Zucker). Wenn nun in Zellen, welche viel actives Eiweiss und viel Gerbstoff enthalten, das Eiweiss durch Aushungern zuın Verschwinden gebracht wird, so bleibt der Gerbstoff übrig. Solche Zellen kann man leicht bei Blättern von Quercusurten beobachten, wenn man kleinere Zweige in Wasser stellt und im Dunkeln aufbewahrt; nach 10—12 Tagen ist in vielen Zellen keine Proteosomenbildung mehr zu erhalten durch Coffeinbehandlung, sondern nur noch ein feinvertheilter, aus minimalen Kügelchen bestehender Niederschlag, der sich leicht in verdünntem Ammoniak löst — die Reaction des noch vorhandenen Gerbstoffs, der sich als gerbsaures Coffein ausscheidet. Durch Verdunklung ausgehungerte Blätter von Prunus Cerusus enthalten noch ihren gesammten Gerbstoff, geben aber gar keine Reaction mehr mit Coffein, weil der vorhandene Gerbstoff nicht concentrirt genug ist. Ferner seien noch folgende Punkte zur Beruhigung derjenigen, welche zu schnell mit ihrem Urtheile fertig sind, hervor- gehoben: 1. Die mit Coffein erzeugten Proteosomen der Blätter von Quer- eus, Prunus, Paconia, Acer, Betula, Fagus und andern gerbstoffreichen Objecten werden durch 1p.m. Aminoniak — ebenso wie die von gerbstoff- freien Spirogyren -— ziemlich rasch in feste Kugeln umgewandelt und so verändert, dass sie nachher weder in 2proc. Ammoniak sich lösen, noch durch absoluten Alkohol im Geringsten alterirt werden — Unterschied von gerbsaurem Coffein, das sich leicht in Ammoniak und absolutem Alkohol löst. 1) Vergl. hierüber auch Loew und Bokorny in Flora 1892 und Bot. U. 1593, März, Nachsehrift. 2) Zwischen dem Gerbstoffvorkommen und dem Auftreten des activen Reserve- proteins herrscht oft eine merkwürdige Uebereinstimniuung. Bokorny prüfte auf beide Stoffe die Gewebe von Quercus und fand, dass dieselben Zellen, welche Gerb- stoff enthalten, auch Proteosomenbildung zeigen; am Vegetationspunkt der Zweige hört die Colfeinreaction ecwa 6—3 Zellschichten hinter dem Scheitelpunkt auf, dem- entsprechend auch die Gerbstoffreaetion (mit Eisenvitriol, essigsaurem Blei etc.) Der eigentliche Stammscheitel ist frei von Gerbstoff und activem Reserve-kiweiss. 19 2. Durch Behandlung mit sehr verdünnter Jodlösung werden in den frischen Proteosomen meist zahlreiche kleine Vacuolen erzeugt, die sich rasch zu einer einzigen grossen vereinigen. Dieses so ver- änderte Produkt wird weder durch warmes Wasser, noch durch absoluten Alkohol gelöst — Unterschied von gerbsaurem Eiweiss, das nach Jodbehandlung ebenso in Alkohol löslich ist wie zuvor. 3. Verdünnter Formaldehyd verändert die Proteosomen bald so, dass sie selbst in kochendem Alkohol nicht schrumpfen — gerbsaures Coffein bleibt löslich. 4. Proteosomen verlieren durch Absterben der Zellen in der Coffeinlösung ihre Löslichkeit in 30° warmem Wasser — gerbsaures Coffein wird dadurch wohl kaum alterirt, 5. Durch Eintauchen in kochende Öproc. Kochsalzlösung coagu- liren die Proteosomen; weder in Alkohol noch in Aether schrumpfen dieselben dann; gerbsaures Coffein aber löst sich in der kochenden Salzlösung und behält dabei auch seine Löslichkeit. 6. Kurzes Kochen mit Iproe. Salzsäure bringt die Proteosomen nicht in Lösung; gerbsaures Coffein löst sich dabei. 7. 1proc. Essigsäure löst die durch Ammoniak veränderten Pro- teosomen nicht auf — Unterschied von gerbsaurem Eiweiss, 8. Antipyrin von 0,5°jo wirkt ganz ähnlich dem Coffein, während die verschiedenartigsten Gerbstoffe nur einen amorphen Niederschlag mit Antipyrin geben.!) Die Eiweissnatur der Proteosomen kann bei Phanerogamen ebenso wie bei Spirogyren durch die bekannten Reactionen festgestellt werden; doch eignen sich für Millon’s Reaction und die Binretreaction besser gerbstofffreie Objeete. An solchen, z. B. der Wurzelepidermis von Thesium decurrens, werden letztere Reactionen sehr rein erhalten.?) II. Ueber die Speieherung activen Albumins, Welchen Nutzen hat die Speicherung activen Albumins für die Pflanze? Es wurde schon früher darauf hingewiesen, dass der Betrag activen Albumins, der in Spirogyren gespeichert vorkommt, bedeu- tenden Schwankungen unterliegt; dass es ferner bald im Cytoplasma und Zellsaft, bald im Zellsaft allein sich vorfindet und dass das active Albumin durch Züchtung in höherer Temperatur (28° C.) ganz zum 1) Nur ist hier die nachherige Jodeinwirkung nicht su gut zu verfolgen wie bei Coffeinproteosomen, da Antipyrin einen braunen Niederschlag mit Jod gibt, 2) Siehe Daikuhara, diese Zeitschrift 1895. 80 Verschwinden gebracht werden kann, wobei sich die Zellen rasch vermehren können. Es wurde ferner dargethan, dass man auch bei gewöhnlicher Temperatur das active Eiweiss zum Verschwinden aus der Vaeuole bringen kann, wenn man die Wachsthumsbedingungen sehr günstig gestaltet, dabei aber jede Stickstoffquelle aus der Nähr- lösung weglässt; es kann sich so kein neues Eiweiss bilden und die wachsenden Zellen sind gezwungen, das gespeicherte Eiweiss aufzubrauchen. Daraus wurde gefolgert, dass das gespeicherte active Eiweiss zum Aufbau des lebenden Protoplasmas verbraucht wird, und ferner, dass das active Eiweiss sich nicht ansammelt, wenn es ebenso rasch ver- braucht als gebildet wird. Wenn wir nun diese Folgerung auf Sphaeroplea übertragen, die niemals actives Eiweiss speichert, und dieses damit erklären, dass hier das aetive Eiweiss ebenso rasch organisirt als gebildet wird (Sphaeroplea wächst thatsächlich schon bei gewöhnl. Temp. sehr schnell und bildet viele Sporen), so muss gefragt werden: Was ist hier „Sache des Glaubens*, was ist hier „Doetrinarismus“? Welche Berechtigung hat wohl Klemm in seinem jüngsten Angriff (Bot. Centralbl. 1894) für solehe Ausdrücke? in vielen Pflanzen kommt noch ein anderer Fall vor: es ist passives, nicht actives Eiweiss gespeichert. Auch lassen sich genug pflanzliche Objecte (Phanerogamen nicht ausgeschlossen) finden, welche weder passives!) noch actives Riweiss in dem Zellsafte ge- speichert enthalten (z. B. ausgewachsene Blätter von Diospyros Kaki). Es wurde geschlossen, dass das passive Eiweiss ein Um- lagerungsprodukt aus dem activen Eiweiss ist, dass das active stets zuerst gebildet wird Um dies gründlich zu verstehen und zu würdigen, müssten sich freilich manche Botaniker besser mit der theoretischen Chemie ver- traut machen. Darum seien hier theoretisch-chemische Erwägungen aus dem Spiele gelassen und sei nur bemerkt, dass nachgewiesener- massen beim Tödten der Spirogyrenzellen das active Eiweiss ver- ändert wird, sei es zu Proteosomen geformt, sei es gelöst gewesen. In letzterem Falle ergibt sich die Veränderung daraus, dass sich nun mit Coffein keine Proteosomenbildung mehr erzielen lässt; der ge- speicherte Eiweissstoff hat seine Reagirfähigkeit mit Coffein ete. ver- loren. Bokorny und Verf, haben gezeigt, dass er dabei nicht etwa i) Wenigstens nieht in löslicher Forın. Der Nachweis des passiven Eiweisses (bei Abwesenheit von activem) ist leicht zu führen, indem man die Objeete mit etwas Wusser zerreibt und das Filtrat mit Salpetersäure versetzt. x“ Errz 81 aus der Zelle verschwindet, sondern im veränderten Zustande in den Zellen vorhanden sein muss. Es wurde diese Beobachtung lediglich verallgemeinert und geschlossen, dass viele pflanzliche Objecte in noch lebenden Zellen ihr überschüssig gebildetes actives Eiweiss sofort in passives umwandeln; das mag durch gewisse Stoffe, die in dem Vacuolensaft abgelagert sind, geschehen, z. B. durch Säuren. Viele Objecte, die passives Eiweiss in der Vacuole speichern und nicht sauer reagiren, bewirken die Umlagerung vielleicht auch durch ein Enzym. Hier ist offenbar ein Punkt, der weitere Studien erfordert.!) Bei Prunus Persica findet sich in jungen Laubblättern sehr viel actives Eiweiss gespeichert, in den unreifen Früchten aber findet sich nichts davon. Da diese nun stark sauer reagiren, so ist es wahr- scheinlich, dass durch die Säure das überschüssige active Eiweiss um- gelagert wird. Wäre die Vacuolenwand nicht ein vortreffliches Schutz- organ, so würde jedenfalls auch das Protoplasma selbst durch die allmähliche Anhäufung von Säure in der Vaeuole getödtet werden. Der vermeintliche Doctrinarismus besteht also darin, dass Verf. sich nieht bloss mit der Aufdeckung von Thatsachen begnügt, sondern auch Erklärungen für dieselben zu liefern sucht. Ist das zu ver- urtheilen? Ich glaube das Gegentheil. Wenn wir uns die Frage vorlegen, ob die Speicherung von activem Eiweiss stets einen Vortheil habe, so ist allerdings in manchen Fällen ein Nutzen nicht ohne Weiteres einzusehen; z. B. bei der oft starken Speicherung in jungen Pflanzenhaaren; oder wo Transport von Eiweissstoffen stattfindet, wie in keimenden Samen (dort muss eine Spaltung in osmosefähige Amidokörper stattfinden, das active Eiweiss müsste zuerst in passives, dann in Pepton und weiter verwandelt werden). Anders liegt der Fall bei wachsenden Laubblättern und heranreifenden Früchten. Eine Speicherung activen Albumins muss da vortheilhafter sein als eine solche von passivem; denn das wachsende Protoplasma kann in ersterem Falle direct aus der Vacuole den richtigen Baustoff entnehmen, während passives Eiweiss erst in actives umgewandelt werden müsste.?) Wenn allerdings das Laubblatt ausgewachsen ist oder die Frucht gereift, dann liegt t) Versuche, ob solche Pflanzen durch gewisse Verhältnisse gezwungen werden können, actives Eiweiss zu speichern, sind beabsichtigt. 2) Das dürfte allerdings für eine Pflanzenzelle auch dann nicht schwer sein, wenn die Umwandlung über Pepton statt auf dem Wege Asparagin erfolgt; können doch auch die Thierzellen aus den todten Eiweissstoffen der Nahrung resp. dem daraus erzeugten Pepton ihr lebendes Protoplasma erzeugen. , Flora 1895, 6 82 der Nutzen des gespeicherten activen Albumins weniger auf der ITand. Vielleicht wird es aus den Blättern allmählich in den Stamm abgeleitet und dort als Reservestoff aufbewahrt. Die Wanderung könnte dureh Plasmabrücken geschehen oder (wie beim Passiven) durch Umwand- lung in Amidokörper und Wiederaufbau am Orte der Speicherung. Aeltere Blätter von Prunus 7. B. enthalten weit weniger aetives Eiweiss als jüngere. IV. Ueber das Verhalten des activen Albumins bei der regressiven Stoffmetamorphose. Es ist bekannt, dass, wenn Eiweissstoffe zerfallen, eine Anzahl Amidokörper auftreten und dass viele Erscheinungen darauf hinweisen, dass Asparagin die Hauptrolle spielt, wenn Biweiss regenerirt wird.') Jener Zerfall kommt vor beim Transport von Eiweisskörpern, ferner dann, wenn nach Verbrauch der Kohlehydrate beim Aushungern von Pflanzen (durch Verdunklung) das Reserveeiweiss zur Nahrung heran- gezogen wird; es wird hiebei in Amidosäuren gespalten, deren Kohlen- stoff und Wasserstoff zum Theil die Athmung unterstützt. Aus Stickstoff wird Ammoniak und aus einem Theil des Kohlenstoffes wahrscheinlich Formaldehyd gebildet, aus diesen beiden aber wahr- scheinlich sofort Asparagin erzeugt, der Stoff, in welchem der Stickstoff des zersetzten Riweisses gespeichert wird, bis wieder genügend Kohlehydrate gebildet sind?). um die Regenerirung von Eiweiss zu ermöglichen. Um zu beobachten, wie sich das aetive Eiweiss in Phanero- gamen bei der Verdunkelung verhält, wurden folgende Versuche angestellt: Ein 25em langer Zweig von Prunus (erasus mit theils ausgewachsenen und theils ganz jungen Blättern. welcher (Anfangs Mai) in Rinde und Blättern eine ausserordentlich starke Proteosomen- bildung mit Coffein und Antipyrin lieferte, wurde in Wasser gestellt und nur schwacher Beleuchtung ausgesetzt. Als nach 10 Tagen die Coffeinreaction noch fast ebenso stark ausfiel wie anfangs, wurde die untere Hälfte des Zweiges weggeschnitten (um die absolute Menge ler Reservestoffe des Zweiges zu vermindern) und der Zweig nun in I) Vergl. die Arbeiten Pfeffer's, Kellner's, Borodin’s und besonders die von E Schulze, landw. Jahrb. Bd. 12, 17 u. 21. 2) Diese neue Theorie der Asparaginbildung habe ich kürzlich ausführlicher dargelegt im Bulletin Bd. VI No. 2 des agrieulturchem, Instituts der Universität Tokio. — Es ist das jedenfalls eine naturgemässere Erklärung als die von Einigen angenommene Dissoeiation (l) des lebenden Plasmas (!) in N-freie und N-bal- tige Produkte. “ 83 einen vollkomen dunklen Schrank gestellt, um den Aushungerungs- process zu beschleunigen (das Stärkemehl war schon verbraucht). Nach weiteren 8 Tagen fingen die Blattstiele der obersten (kleinsten) Blätter an zu erschlaffen, worauf sich bald braune Flecken auf diesen Blättern zeigten.!) Einen Tag später erschlafften auch die Blattstiele der unteren Blätter, die Blätter wurden gelblich und verloren den Turgor. Zugleich trat ein an Phenylessigsäure und Cumarin erinnern- der Geruch auf. Als nun die noch gesunden Portionen der jüngsten Blätter in einigen Tropfen Wasser zerzupft wurden, ergab die mikroskopische Betrachtung, dass in den Blattnerven (den Cambiform- zellen besonders der Mittelrippe) zahlreiche Kugeln vorhanden waren?), die genau den Eindruek machten wie die Coffein- Proteosomen. Nichts derartiges war im Schwamm- und Palissaden- gewebe zu sehen (auch nicht in den Blattstielen, wo nur einige Krystall- drusen von oxalsaurem Kalk auffielen); die Epidermiszellen aber enthielten theils helle, theils trübe minimale Kügelchen. Die Haare enthielten zum Theil ebenfalls Kugeln, zum Theil evagulirte un- regelmässig geformte Massen. Als nun zur Controle ein frisch zerzupftes Blattstückchen mit gesättigter Coffeinlösung behandelt wurde, zeigte sich nirgends neue Proteosomenbildung, das Bild war nicht verändert — ausgenommen einzelne Haare! Gerb- stoff war noch ziemlich reichlich in den Palissadenzellen vorhanden; jene Kugeln aber wurden nach längerem Liegen in Eisenvitriollösung (bei Luftzutritt) nur schwach gebläut, können also nur geringe Mengen von Gerbstoff enthalten haben. Die älteren Blätter enthielten in keinem Theile solehe Kugeln, auch die Zweigrinde nicht; letztere gab aber mit Coffein noch sehr starke Proteosomenbildung, während die älteren Blätter diese nicht ergaben.) Aus was bestehen nun jene spontan entstehenden Kugeln? Das chemische Verhalten liess darüber keinen Zweifel. Weder 1Oproc. 1) Blätter, welche in Wasser gelegt werden, sterben früher ab, enthalten dann aber noch reichlich actives Eiweiss gespeichert in den noch lebenden Partieen. 2) Borodin scheint bei verwandten Objecten dasselbe gesehen zu haben {Bot. Ztg. 1878). " 3) Eine von mir an freiwachsenden Pflanzen von Prunus Üerasus später (Juli) ausgeführte Untersuchung ergab, dass hier die Blattepidermis ganz, das grüne Gewebe des Blattes fast frei war von act. Albumin. Dafür waren Reste voagulirter Massen vorhanden, die manchmal an Reste kugeliger Bildungen er- innerten, Die Rinde der jüngsten Zweige war noch reich an act, Albumin. Der Gehalt an act. Albumin unterliegt also grossen Schwankungen auch unter natür- lichen Bedingungen. 6* 84 Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur, noch kochender absoluter Alkohol hatten einen Einfluss, die Kugeln schrumpften nicht; nach Behandlung mit absolutem Alkohol wurde mit Aether erwärmt — aber auch hier keine Veränderung! Die Kugeln können also weder actives Eiweiss noch Fett gewesen sein. Weder 1proc. Essigsäure noch 2proe. Ammoniak hatten irgend einen Einfluss, die Kugeln blieben ungelöst.!) Kochende Salpetersäure löste sie nicht, färbte sie aber gelb, welche Färbung durch Ammoniak intensiver wurde; kurzes Kochen mit Iproc. Salzsäure oder verdünnter Phosphorwolframsäure hatte keinen lösenden Einfluss. Die Kugeln speicherten ferner intensiv Anilinfarbstoff und gaben Millon’s und die Biuret-Reaction. Sie be- standen also aus passivem Eiweiss. Aber ich möchte mich nieht mit der blossen Constatirung dieser Thatsache begnügen, sondern ich fühle auch das Bedürfniss, eine Erklärung für die Bildung jener Kugeln zu versuchen und logische Folgerungen aus den früher beobachteten Erscheinungen zu ziehen — selbst auf die Gefahr hin, für doctrinär gehalten zu werden. Wir wissen, dass beim Eiweisszerfall auch Basen entstehen können?); schwächere Basen aber können, wie Coffein und Antipyrin, das gespeicherte active Albumin zu Proteosomen ballen.?) Da beim Riweisszerfall auch etwas Ammoniak vorübergehend gebildet werden kann, so können diese Proteosomen weiter in der früher beschriebenen Weise verändert werden. Letztere Umwandlung muss aber nieht durchaus eintreten; es können die ursprünglich spontan entstandenen Proteosomen lediglich unter Contraetion und ohne Vaeuolenbildung Coagulation erleiden, in passives verwandelt werden, das sich nicht zu Kugeln ballt. Ich denke, dieser Erklärung kann einige Wahrscheinlichkeit nicht abgesprochen werden. Das wesentliche Resultat des vorhin beschriebenen Versuches ist: Abnahme des activen Eiweisses in den Blättern bei der re- gressiven Stoffmetamorphose und spontane Proteosomenbildung in gewissen Gewebepartieen jugendlicher Blätter, Auch ein Versuch mit Acer palmatum ergab spontane Proteo- somenbildung, als junge, 15—16cm lange Zweige mit Blattknospen und I—1!j»em lange Blättehen (im April) bei Abschluss von Licht 1) Es wurde hier nur mehrere Stunden, nicht Tage lang, beobachtet. 2) Lysin, Lysatinin, bei Behandlung mit Trypsin oder Salzsäure (E. Drechsel); Arginin in keimenden Lupinensamen (E. Schulze). 3) Diese Basen können in andere Zellen diosmiren, deren actives Eiweiss uoch nicht angegriffen ist, und dort die Ballung veranlassen. u 85 und Wasser gehalten wurden. Nach 7 Tagen war reichliche spon- tane Proteosomenbildung in den Blättchen zu beobachten, meist in gewissen (cambiformen) Zellen der Gefässbündel. An Controlzweigen, welche in Iproc. Rohrzuckerlösung bei Lichtabschluss standen, trat ie Proteosomenbildung 3 Tage später auf, ferner 8 Tage später an einem zweiten ÜControlversuch, bei welchem die Zweige statt in Dunkelheit bei mässiger Beleuchtung gehalten wurden (der Mangel an Kohlehydraten ist also hier bestimmend!). An Buchen- und Eichen- zweigen, sowie an Paeoniablättern, kann man die spontane Proteo- somenbildung beim Aushungern nicht beobachten; wohl aber sind nach 8--10 Tagen in vielen Zellen coagulirte Massen von unregel- mässiger Form zu sehen, besonders in den grösseren Zellen der Gefässbündel. Die Buchen- und Eichenzweige, welche anfangs (1. Mai) in den Blättern sehr starke Proteosomenbildung mit Coffein lieferten, gaben nach 10tägiger Verdunkelung, als schwarze Flecke den be- ginnenden Absterbeprocess erkennen liessen, mit Coffein keine Pro- teosomen mehr; die Rinde aber zeigte noch Reaction, und zwar am untern Ende des Zweiges stärkere Reaction als am obern (eine saure Reaction war an den Blättern kaum zu bemerken). Ausgewachsene Paeoniablätter, welche besonders in der Epidermis starke Proteosomen- bildung ergeben, verlieren ihr actives Eiweiss sehr langsam, wenn sie in einem mit Wasserdampf gesättigten Raume bei Liehtabschluss ge- halten werden. Selbst nach 25 Tagen ergeben noch einzelne Zellen und Zellgruppen in der Epidermis starke Proteosomenbildung mit Coffein oder Antipyrin, die Mehrzahl der noch gesund gebliebenen Zellen gibt freilich keine Reaction mehr; es scheint, als ob Zelle für Zelle angegriffen würde, nicht alle Zellen gleichzeitig. Der Eiweiss- zerfall ist auch hier beträchtlich.) Es kann also bei der regressiven Stoffmetamorphose das active Eiweiss in Proteosomenform ausgeschieden werden oder nicht. Da seine Menge stetig abnimmt, die Menge der Amidokörper aber zu, so kann wohl gefolgert werden, dass es zuerst in passives Eiweiss verwandelt, dann dieses peptonisirt und gespalten wird. Die oben erwähnten coagulirten Massen dürften wohl durch Umlagerung von activem Eiweiss entstehen. Borodin (Bot. Zig. 1878) hat die Asparaginbildung in zahl- reichen Fällen nachgewiesen, indem er Zweige mit Blattknospen in Wasser weiter cultivirte. Viele von den Öbjeeten enthalten aber 1) Siehe Daikuhara, diese Zeitschr. 1895. 86 actives Eiweiss in den Vacuolen der Rindenzellen gespeichert '), was Borodin nicht wusste. Borodin hat geglaubt, das lebende Protoplasma selbst erleide Dissociation?), und wenn Kohlehydrate mangeln, bleibe Asparagin übrig. V. Ist der Ausdruck „actives Albumin“® gerechtfertigt? Es wurde gezeigt, dass der durch Coffein oder Antipyrin in Tropfenform ausscheidbare Stoff ein Eiweisskörper ist, der einerseits die gewöhnlichen Eiweissreactionen gibt, andrerseits aber weit leichter veränderlich ist als das gewöhnliche Eiweiss. Letzteres reagirt über- haupt nicht mit organischen Basen oder Ammoniak, während jener Eiweisskörper sehr empfindlich dafür ist. Hierin allein liegt schon ein himmelweiter Unterschied! Es wurde ferner gezeigt, dass jener Eiweisskörper schon durch Aetherdunst, durch 10 proc. Alkohol, durch 4proc. Essigsäure und durch die verdünnteste Jodlösung eoagulirt wird, was bei gewöhnlichem Eiweiss nicht der Fall ist. An den grösse- ren Proteosomen sind die erwähnten Umänderungen ja sehr leicht zu verfolgen. Diese weit leichtere Coagulirbarkeit lässt sicher auf eine grössere Labilität des Moleküls schliessen. Ein be- deutender Labilitätsgrad wird aber bedingt durch einen beschleunigten Bewegungszustand gewisser Atomgruppen im Molekül. Eine beschleu- nigte Bewegung ist „Activität“ gegenüber dem ruhenden Zustand des umgelagerten gewöhnlichen Eiweisses oder des todten Protoplasmas. Der Umstand, dass „actives Eiweiss“ genau durch dieselben Agentien — wenn auch etwas langsamer — sich verändert, wie der Fiweissstoff des lebenden Plasmas, dass er mit andern Worten durch dieselben Agentien coagulirt wird, durch welche das Plasma ab- stirbt, stellt ferner ausser Zweifel, dass jener Eiweisskörper dem Eiweiss des lebenden Plasmas weit näher steht als dem des todten Plasmas oder als dem gewöhnlichen Eiweiss. Das schnelle Ver- schwinden beim Wachsthum der Zellen %) führt dann ferner zum Schluss, dass es zur Protoplasmabildung verbraucht wird. Wenn Klemm meint, er erlebe es nicht mehr, dass aufgeklärt wird, wie die Unterhaltung des lebenden Zustandes möglich sei, so möchte ich 1) Siehe oben p. 4 Anm. 2 (Fagus, Betula, Acer, Quercus). 2) Aber selbst solche Pflanzen, welche in Rinde und Blatt kein actives Eiweiss enthalten, haben sicher genügend passives Eiweiss in dem Zellsafte gelöst. um die Asparaginbildung zu erklären. Lebendes Protoplasma selbst ist wohl sehr seiten (Zwiebelschalen) Reservematerial. 3) Siehe Flora 1892, Suppl.-Heft p. 125. 87 ihm rathen, sich gründlich mit der Physik der Molekularbewegungen, noch weit gründlicher aber mit dem chemischen Charakter der labilen Verbindungen vertraut zu machen‘); vielleicht sieht er dann nicht so schwarz in die Zukunft, W, Pfeffer sagt?): „Durch Verwandlung von Spannkraft in leben- dige Kraft wird die Betriebskraft gewonnen, vermöge deren die Pflanze Leistungen zu vollbringen vermag. Diese treten uns in Form von Wärme, Licht, Eleetrieität, namentlich aber als Bewegungen des Ganzen und seiner constituirenden Theile entgegen. Ohne Bewegungs- zustände ist Lebensthätigkeit überhaupt undenkbar.“ Niemand wird gegen (diese Auffassung etwas einzuwenden haben, aber fragen muss man — was ist denn eigentlich die Ursache, dass in den lebenden Zellen „Spannkraft in lebendige Kraft verwandelt wird“. Diese Um- wandlung erfolgt doch nieht von selbst und hört ja mit dem Tode von selbst auf. Wenn man die Energetik der Pflanze erfolg- reich erforschen will, so muss man vor Allem den labilen Zustand des Plasma-Eiweisses zu Grunde legen. Durch diesen wird die Athmung erst ermöglicht und hiedurch wird wieder Energie in andern Formen gewonnen! Nach der von mir entwickelten Theorie wird der labile Zustand durch das Zusammenvorkommen von Amido- und Aldehydgruppen im Eiweiss-Molekül bedingt. Dieser Schluss ergab sich naturgemäss aus der denkbar plausibelsten Erklärung der früher so mysteriös erschei- nenden Eiweissbildung aus Asparagin; dieselbe Theorie aber führte nothgedrungen zur weiteren Folgerung, dass, wenn die lebenabewegung (oder Plasmakraft) von jenen labilen Atomgruppen ausgeht, auch alle diejenigen Stoffe giftig auf alles Lebende wirken müssen, welche bei grösster Verdünnung noch mit jenen Gruppen reagiren. Nun wirken leicht auf labile Amidogruppen ein: freies Cyan, salpetrige Säure, Formaldehyd; auf labile Aldehydgruppen: Cyanwasserstoft, Diamid, Phenylhydrazin, Hydroxylamin, Schwefelwasserstoff. Die Giftnatur dieser Stoffe wäre unbegreiflich, wenn nicht wirklich obiger Schluss berechtigt wäre.d) Da aber das zu Proteosomen geballte Eiweiss ebenfalls durch alle diese Reagentien angegriffen wird, so dürfte jener Schluss wohl auch für dieses gelten; damit fällt ein weiterer Einwand l) Vergl, einige Bemerkungen hierüber bei 0. Loew, Chem. Bewegg., biolog. Centralbl. IX, No. 16. 2) Handb. d. Pfianzenph. 1881 Bd. IE p. 11. 3} Vergl. OÖ. Loew, natürl. System d. Giftwirkungen. und Hilger's For- schungsber. 1894 (O. Loew, Giftwirkung des Dicyans). 88 Klemm's gegen die Bezeichnung „actives Eiweiss“ für diesen eigen- thümlichen Reserve -Eiweissstof. Für Klemm sind das allerdings „wenig belangreiche Einzelheiten“ und die Silberreaction ist die Hauptsache, während doch gerade das Umgekehrte richtig ist und die Silberreduction durch das Proteosomen-Eiweiss lediglich eines der Charakterisirungsmittel ist. Von der Silberreduction allerdings gingen Bokorny und Verf. zuerst aus, allein unsere weiteren Arbeiten haben zu der viel interessanteren Beobachtung der Proteosomen ge- führt, zu Beobachtungen, welche das labıle Eiweiss, wenigstens für den Nichtehemiker, in einfacherer, leichter begreiflicher Weise charakterisiren. Wer aber den Namen „actives Eiweiss“ aus irgend einem Vorurtheil verschmäht, mag den Ausdruck „labiles Eiweiss“ verwenden, der ebenso richtig und treffend ist. Der Umstand, dass das active Eiweiss nur dann mit Silberlösung reagirt, wenn „Aggregation“ eintritt, scheint Klemın schwer begreif- lich, ist aber sehr natürlich, weil die Silberlösung alkalisch sein muss, um mit Aldehydgruppen zu reagiren, alkalische Reaction aber zugleich Proteosomenbildung herbeiführt. Dass die Coffeinproteosomen Ammoniak binden, dabei resistenter werden und ihr Silberreductions- vermögen behalten, ist für den Chemiker natürlich und begreiflich. Doch ich will hier die rein chemischen Diseussionen möglichst beschränken, Klemm meint weiter: „Wir haben doch nirgends einen that- sächlichen Anhalt dafür, dass das zu Organen aufgebaute Plasma, wenn es weniger empfindlich wäre, die Silberreduction gäbe“. Darauf ist zu erwidern, dass toxicologische Studien den Schluss auf Aldehyd- gruppen im lebenden Protoplasma!) gestatten, womit allerdings ein thatsächlicher Anhalt geboten ist, Das Plasma muss als ein labiler Bau aus labilem Material betrachtet werden, da nicht nur chemische Eingriffe der geringfügigsten Art, sondern auch mecha- nische Störungen den Zusammenfall, die chemische und morpholo- gische Verwandlung in todtes Plasma bedingen. Der Umstand, dass das active Eiweiss mit Silberlösung reagirt, das lebende Eiweiss (Plasma) aber nicht, ist ebenso leicht begreiflich, als dass der befeuchtete Jodstickstoff nicht, der trockne aber sehr leicht explodirt. — Es ist chemisch denkbar, dass durch die Organisation die Labilität gesteigert werden kann. ı) Verf. hat bie Giftigkeit des Diamids, NH,—NH,, vorausgesagt, als Cur- tius die energische Wirkung dieses Körpers auf Aldehyde beschrieben hatte.. 89 Neue Anschauungen, neue Wahrheiten müssen sich langsam und mühsam ihre Wege bahnen; oft sind durch autoritatives dogmatisches Auftreten der gerade herrschenden Schulen sogar Wahrheiten auf lange Zeit vernichtet worden; die Lehre von der thierischen Bleetricität ist 50 Jahre, die von der pflanzlichen Athmung 20 Jahre lang aus der Wissenschaft gestrichen gewesen! Und wie ging es mit der Lehre von der Assimilation freien Stickstoffs durch die Legumi- nosen! — Solche unterdrückte Wahrheiten werden später von neuem erkannt und tragen dann dem Entdecker Nr. 2, der natürlich einen neuen Namen dazu erfindet, meist mehr Ehre ein als dem ersten, Was will wohl anders Klemm mit dem Satze bezwecken: „Meine private Meinung ist, dass ich es für einen erwiesenen Irrthum halte. dass die Aggregationen den hypothetischen von O. Loew „actives Albumin* benannten Körper repräsentiren*. Man muss erstaunt fragen: Wo, wie und wann, von wem ist erwiesen worden, dass dieser Schluss ein Irrthum ist? Haben sich nicht umgekehrt die Ansichten der Gegner als Irrthümer erwiesen? Auf die Schlussfrage Klemm’s: was ist unumstösslich erwiesen ? — diene Folgendes zur Antwort: Unumstösslich erwiesen ist, dass in den Pflanzen sehr häufig ein Eiweisskörper ge- speichert vorkommt, welcher weit leichter veränderlich als das gewöhnliche Eiweiss ist und die grösste Aehn- lichkeit mit dem Eiweiss des lebenden Protoplasmas darbietet, der sich fast ebenso leicht verändert, als das Plasma stirbt, und der sowohl beim Wachsthum der Zellen als auch beim Aushungern verbraucht wird. Alles Uebrige, was sonst darüber publicirt wurde, dient lediglich zur näheren Charakterisirung des activen Albumins. Ueber das Reserve-Protein der Pflanzen. Von G. Daikuhara. (Mittheilung aus dem agrikulturchemischen Laboratorium der Universität Tokio.) Es wurde früher allgemein angenommen, dass das im Safte ent- wiekelter Pflanzen vorkommende Eiweiss immer gewöhnliches Eiweiss sei. Nun haben aber die Untersuehungen von O.Loew und Th.Bo- korny ergeben, dass noch ein anderer und zwar weit leichter ver- änderlicher Eiweisskörper vorkommen kann, der schon durch Alkohol von 10%, durch Aetherdunst, durch Essigsäure von 1°,, evagulirt wird, ferner Ammoniak aufnimmt aus den verdünntesten Jösungen und dadurch in einen sehr schwer löslichen Körper übergeht. Dieser iabile Eiweissstof, der von den erwähnten Autoren „actives Eiweiss“ genannt wird, reagirt sehr leicht mit Basen; aber nur zwei Basen sind bis jetzt bekannt, welche das active Eiweiss in solcher Form ausscheiden, dass sich seine Eigenschaften gut studiren lassen; diese Basen sind Coffein und Antipyrin. Das im Zellsaft gelöste active Eiweiss wird dadurch in kleinen Tröpfehen ausgeschieden, welehe meist rasch zu grossen Tropfen — Proteosomen genannt — Zu- sammenfliessen; diese sind stark lichtbrechend und verändern sich aber rasch beim Absterben der Zellen, indem sie trübe werden von zahl- reichen in ihnen sich bildenden Höhlungen, die sich schliesslich oft zu einer vereinigen, wobei dann das Proteosoma eine Hohlkugel mit erstarrter Wand darstellt.!) Es schien mir von Interesse, über die Verbreitung?) dieses interessanten Biweissstoffes, sowie wenn mög- lich über dessen Verhalten beim Aushungern von Pflanzen einige Untersuchungen anzustellen. Was die Eigenschaften der Proteosomen betrifft, so habe ich folgende Beobachtungen gemacht: Durchstochene Blüthenblätter vor Sazifrayga sarmentosa, welche etwa 30 Minuten in einer kalt ge- sättigten Coffeinlösung verweilt hatten und zahlreiche Proteosomen u 1) 0. Loew und Th. Bokorny in Flora 1892, Suppl. - Heft; Bioloz- Centralbl, 1891. 2) Vgl. Th Bokorny, Pfüg. Arch. Bd. 55 p. 136. Dieser Autor hat das active Eiweiss in einer grösseren Anzahl von Pflanzen nachgewiesen, 91 zeigten, wurden theils in Iproc. Salzsäure, theils in Iproc. Salpeter- säure und theils in verdünnter Phosphorwolframsäure 15 Stunden liegen gelassen; es zeigte sich, dass die Proteosomen trübe geworden waren, sich aber nicht gelöst hatten; bei dem Versuch mit Salpeter- säure zeigte sich Gelbfärbung der Proteosomen, stärker werdend beim Erhitzen mit der Säure. Blüthenblätter von Prnica granatum wurden nach der (offein- behandlung theilweise in Ipro mille Ammoniaklösung, in Iproc. Essig- säure und in 2Oproc. Alkohol gelegt. Nach 4stündiger Einwirkung des 1 pro mille Ammoniaks waren keine Hohlräume in den Proteosonen entstanden, sondern diese waren (wie es schien unter Contraction) fest geworden; absoluter Alkohol hatte selbst beim Kochen keinen weitern Einfluss, ferner zeigte weder 10proc. Ammoniak, noch Iproc. Essigsäure lösende Wirkung!) auf dieselben. — Die nach Coffein- behandlung in verdünnter Essigsäure 4 Stunden lang gelegenen Ob- jeete zeigten Proteosomen, welche coagulirte Massen von unregel- mässiger Form darstellten (dureh absoluten Alkohol erlitten diese keine weitere Veränderung); einige der Proteosomen schienen sich aber etwas gelöst zu haben. — Diejenigen Proteosomen, welche vier Stunden in Alkohol von 20 °%/u verweilt hatten, waren theils in Hohl- kugeln, theils in unregelmässig geformte Massen verwandelt worden, die durch absoluten Alkohol ebenfalls. keine weitere Veränderung erlitten, während frische Proteosomen, direet mit absol. Alkohol be- handelt, auf häutige Massen zusammenschrumpften. Die Coagulation durch Eintauchen in kochende 5proe. Kochsalz- lösung wurde an den Proteosomen von Panica- und Hotteia-Blüthen sowie der Wurzelrinde von Thesium beobachtet; die Proteosumen ver- loren dabei ihre Form mehr oder weniger und sehrumpften ein. Essig- säure von 1°,, Ammoniak von 1°% und absoluter Alkohol hatten keinen weiteren Einfluss auf die coagulirten Massen. Proteosomen mit Antipyrin statt mit Coffein hervorgerufen verhielten sich ebenso. Ferner beobachtete ich, dass die Proteosomen leicht Anilinfarbstoffe speichern und die Millons- wie Biuretreaction geben. Diese beiden letztgenannten Reactionen wurden an den Proteosomen gerbstofffreier Objecte, wie Wurzelepidermis von Thesium decurrens, vorgenommen in der von Loew und Bokorny (botan. Centralbl. 1889) beschrie- benen Weise. Die Biuretreaetion wurde auch so erhalten, dass das 1) Dieselben Beobachtungen machte ich bei den Proteosomen der Blüthen von Hotteia japonicu und Saxifraga sarmentosa, sowie denjenigen in den Epiderimis- zellen der Laubblätter von Paeoniu albiylora. 92 Object mit ziemlich conc. Kupfersulfatlösung gekocht, dann mit Kali- lauge betupft wurde; die Proteosomen waren vorher durch längeres Liegenlassen in 1 pro mille Ammoniak fixirt worden. An der Blüthe von Punica granatun beobachtete ich weiterhin, dass die Fähigkeit, Proteosomen zu liefern, durch Istündigen Aufent- halt in Aetherdunst verloren geht. Bei Objeeten mit sehr dicker Cellulosemembran und Cuticula kann aber, wie Beobachtungen an dem Laubblatt von Paeonia zeigten, selbst nach mehrtägigem Liegen in Chloroformdunst noch schwache Coffeinreaction erhalten werden. Nach ltägigem Aufenthalt in Iproc. Essigsäure lieferte keine Zelle des P’aeoniablattes Proteosomen mit Coffein. Ich untersuchte nun, nach diesen einleitenden Beobachtungen, eine grössere Anzahl von Öbjeeten auf die Anwesenheit jenes interessanten Eiweisskörpers in der Weise, dass ich ein Gewebe- stückchen in einigen Tropfen kaltgesättigter Coffeinlösung auf dem Objectträger zerzupfte und dann sofort mikroskopisch feststellte, ob die lebend gebliebenen Zellen reagirt hatten oder nicht. Hiebei wurde die Reaction nur dann als entschieden eingetreten erachtet, wenn grosse Tropfen gebildet waren, welche entweder spontan bald in ITohlkugeln übergingen oder durch Behandlung mit sehr verdünnter Jodlösung eine solche Umwandlung erlitten.!) Die Objecte, welche ich prüfte, sind mit dem Resultate in folgen- der Zusammenstellung angeführt: Coniferae: Das Blatt von Gingko biloba ergab keine Reaction. Glumiflorae: Die Epidermis der jungen Samen von Triticant rulgure, Bambus, Brachypodium ‚japanieum ergab Reaetion. Hordeum distichum, Arena satica zeigten weder in den jungen Samen noch im Blatte Reaction. Blatt u. Wurzel von Arundinaria japonica veagirten nicht. Liliaceae: Lilivm eallosum und Hemerocallis Hlava zeigten weder in der Wurzel noch im Blatte Reaction. Dioscoreae: Blattu. Wurzel von Dioscorea juponica reagirten nicht. Alismaceae: Alisma Plantage ergab Reaction in den jungen Blättern. Örchideae: Bletia Hyacinthus ergab Proteosumenbildung in den jungen Blättern, Blüthen und in der Wurzelepidermis; Gastredia elata in der Blüthe; Cymbidium virens veagirte nicht. 1) Durch die Jodbehandlung wurde jede Verwechslung mit Stärkekörnern oder Fetttropfen ausgeschlossen. Dieselbe eignet sich aber weniger, wenn Antipyrin statt Coflein zur Erzeugung der Proteosomen angewandt wurde, weil ersteres mit Jod einen störenden gelbbraunen Niederschlag liefert. 93 Palmae: Blüthenknospen von Chamaerops excelsa zeigten keine Reaction. Cupuliferae: Quereus glandulijera, On. denduta, Qu. cuspidata, ferner Castanea vesca ergaben Reaction in den jungen J,aubblättern; desgleichen Carpinus cordata und Alnus maritima. Moreae: Morus ulba ergab keine Reaction in den Blättern. Ulmaceae: Zelkova Keyaki zeigte in den jungen Blättern, nicht aber in den Wurzeln Reaction; Ulmus parvifolia in den jungen Blättern. Santalaceae: Thesium decurrens ergab Reaction in den Wurzeln, nicht aber in den Blättern. Die ziemlich starke Reaction wurde an Jungen Exemplaren mit gelblicher Blattfarbe erhalten, der grössere oder geringere Grad von Saprophytismus scheint Einfluss auf die Menge des in der Wurzel gespeicherten activen Albumins zu haben. Elacagnaceae: Junge Blätter von Elaeagnus pungens ergaben keine Reaction. Ranunculaceae: Blüthen, Laubblätter und Wurzeln von Pueo- nia albiflora ergaben Reaction; bei Clematis Horida konnte keine Reaction erzielt werden. Berberideae: Naudiana domestica ergaben Reaction in den Blüthenknospen, nicht in den Blättern. Menispermaceae: Cvceulus indieus und Menispermum dauri- cam wurden vergeblich auf actives Protein geprüft. Lauraceae: Cinnamomum Camphora, ferner Machylux Thun- beryi ergaben keine Reaction in den jungen Blättern. Lineae: Blatt und Blüthe von Reimrardtia trigyna wurde mit negativem Erfolg geprüft. Stereuliaceae: Sterculia platumifolia ergab Reaction in den Jungen Blättern. Malvaceae: Hibiscus syriacus ergab keine Reaction. Ilicineae: Ilex pedunculosa ergab Reaction in Blüthe und Blatt. Ternströmiaceae: Cumellia japonica ergab Reaction in den Jungen Blättern; Kurya japonira ergab keine Reaction. Rutaceae: Orixa japonica und Citrus fusca gaben die Reaction nicht, dagegen Blatt und Wurzel von ‚Xanthoxylum piperitum sehr stark. Anacardiaceae: Blatt und Wurzel von Rhus semialata zeigten - die Reaction. Simarubeae: Ailanthus ylandulosa gab Reaction in den jungen Blättern; Picrasma ailanthoides und Melia Azedarach wurden mit negativem Erfolg geprüft. 94 Papaveraceae: Pupurer somniferum ergab die Reaction weder im Blatt, noch in der Blüthe, noeh in den unreifen Samen. Cruciferae: Die Blürhe von Raphanus sativus wurde mit negativem Erfolge geprüft. Sapindaceae: Acer palmatum zeigte starke Reaction in Wurzel und Blatt. Caryophyllinae: Diunthus superbus und Lychnis flos eueuli zeigten keine Reaction, weder in Wurzel, noch im Blatt. Saxifrageae: Surifraga sarmentosı ergab Reaction in Blüthen, Blättern und Wurzeln, Hotteia japonien in Blüthe und Laubblatt. Hydrungea japonica und Deutziu Sieboldian« zeigten keine Reaction. Myrtiflorae: Oenother«a Jaequinüi zeigte starke Reaction in Wurzel und Blatt; Puxica Granatum zeigte Reaction in den Blüthen, nicht aber in den Laubblättern; Lagerstroenia indica gibt die Reaetion in den jungen Blättern. Polygoneae: Polygonum cuspidatum gab Reaction in den jungen Blättern; Fagyopyrum escnlentum in den Blüthen, nicht aber im Laubblatt. Umbelliferae: Bei Daxcus Carota und Tordis Anthrisens zeigte sich Reaction in den Blattnerven. Cornaceae: Junge Blätter von Aucuba japonica ergaben keine Reaction. Leguminosae: 3 Viein-Arten, ferner Wistaria chinensis und Lespedezu sericea wurden ohne Resultat geprüft. Rosaceae: Prunus persica und pseudocerasus, ferner Pirus Juponica und Rosa laevigata ergaben Reaction in den jungen Blättern und in der Wurzelepidermis; Photini« glabra in jungen Blättern und Blüthen; Kerria japoniea in jungen Blättern; Bubus palmatus und R. Thunbergi gaben keine Reaction. Hamamelideae: Distylium racemosum zeigte keine Reaction ; dagegen ergab sich solche in den jungen Blättern von Corylopsis paueiflora. Ericaceae: Andromeda japonica ergab Reaction in den jungen Blättern. Diospyrinae: Blatt, Blüthe und Samen von Diospyros Kakı wurden mit negativem Erfolge geprüft. Vleaceae: Ligustrum Ibota und Syrinya vulgaris zeigten keine Reaction in den Blättern, Caprifoliaceae: Fiburnum dilatatum ergab keine Reaction in den jungen Blättern, Vib. Opulus zeigte Reaction in den Blüthen; Sambucus nigra keine Reaction im Laubblatt, 95 Solanaceae: Physalis Alkekengi und Solanum tuberosum ergaben keine Reaction in den Blättern. Verbenaceae: Cullicarpa japonica ergab Reaction in den Jungen Blättern; Premna japonica keine Reaction in Blatt und Blüthe. Convolvulaceae: Blatt und Wurzel von Ipomaea hederacea gab keine Reaction. Compositae: Hieracium umbellatum, Lencanthemum vulgare und Petasites japonien gaben keine Reaction. Die eben aufgezählten Pflanzen sind dem botanischen ‚Garten in in Kommba bei Tokio aufs Geradewohl entnommen; da eine sehr erheb- liehe Anzahl derselben (fast die Hälfte) aetives Eiweiss in dem einen oder andern Organ gespeichert enthält, so ergibt sieh hieraus, wie schon früher aus der eingangs eitirten Untersuchung Bokorny’s, dass es eine grosse Verbreitung im Ptlanzenreiche besitzt.') Meine weiteren Untersuchungen ergaben ferner, dass die Intensität der Coffeinreaetion und die Zahl der reagirenden Zellen allmählich abnahm, als Zweige von Quercus glandulifera in Wasser gestellt und im Dunkeln aufbewahrt wurden. Da hiebei der Asparaginstiekstoff, bestimmt nach Sachse-Kormann, von 0,2 auf 0,6° „ binnen 12 Tagen stieg, so dürften beide Erscheinungen im Zusammenhang stehen. — Blätter von Paeonia albiflora, mit eiweissreicher Epidermis, wurden in einem mit schwarzem Papier umklebten Glase, in dem sieh etwas Wasser befand, 25 Tage lang bei 25— 30° unter öfterem Erneuern der Luft aufbewahrt. Das Stärke- mehl verschwand bald, dann nahm auch die Zahlder mit Coffein reagirenden Zellen ab. Als endlich schwarze Flecken auftraten, das baldige Absterben aller Blätter in Aussicht stellend, wurde, wie anfangs, der Totalstiekstoff, der Proteinstickstoff und der Asparagin- stickstoff (nach Sachse-Kormann) bestimmt, mit folgendem Resultat: Anfangs: Nach25 Tagen: Totalstickstoff = 2,222, 2,648 |, Proteinstickst. = 1,890 jo 1,414 jo Asparaginst. = 0,279 1,211 jo Anfangs machte also der Asparaginstickstoff nur 9,36°jo des Gesammtstickstoffs aus, nach 25 Tagen Hungerzeit aber 45,73 ®/o. 1) Oefters zeigen Blüthentheile bei der Coffeinwirkung die hiebei schon von Th. Bokorn y beobachtete Erscheinung der anormalen Plasmolyse, wobei manchmal innerhalb des plasmolysirten Tonoplasten Proteosomen auftreten. Bokorny hat bereits auf die Analogie beider Erscheinungen hingewiesen (Pringsh. Jahrb. ZU P. 464 und 465 und Taf. 6 u. 7). Ueber die Einwirkung des Lichtes auf die Gestaltung der Kakteen und anderer Pflanzen. Von K. Goebel. 1. In meinen pflanzenbiologischen Schilderungen!) habe ich zu zeigen versucht, dass bei den Gestaltungsverhältnissen der Kakteen zweierlei Faetoren eine Hauptrolle spielen: einmal die (der 'Transspirationsver- minderung dienende) Oberflächenverringerung, andererseits eine, bei vielen Formen nachweisbare, die Assimilation fördernde Oberflächen ver- grösserung. Diese letztere tritt auf theils in der Form der Abflachung radiär angelegter Sprosse, theils dureh Vorsprünge in Form von Höekern (Mamillarien, einige Opuntia- und Echinocactus-Arten) oder von Rippen (Echinocactus-Arten, Melocactus u. a.). Die Abflachung kann erfolgen unter Beibehaltung der ursprünglichen radiären Struktur, wie bei den flachgliedrigen Opuntien, oder indem von den angelegten Rippen nur zwei sich entwiekeln (Phyllocactus, Fpiphyllum u. a.) wobei sich zeigen liess, dass namentlich die Keimpflanzen in einer An- zahl von Fällen das ursprüngliche Verhältniss deutlich zeigen (vgl. die Abbildungen Fig. 55 auf S. 103 und Fig. 4 auf Taf. Ta. a. VO.) Es lag nun die Frage nahe, ob diese Oberflächenvergrösserung eine erbliche, inneren Ursachen zuzuschreibende ist, oder eine durch äussere Faetoren, speciell das Licht, bedingte. Hatte doch schon Sachs?) ge” funden, dass die Sprosse von Opuntia im Finstern schmal, fadenförmig werden, „bei kräftiger einseitiger Beleuchtung dagegen ihre normale tlache Gestalt so ausbilden, dass die Flächen rechtwinkelig zum ein- fallenden Strahl stehen (a. a. O. p. 535)“, und derselbe Forscher weist ausdrücklich auf die allgemeine Bedeutung derartiger Fragen hin, in- lem er (Vorlesungen p. 545) sagt, „dass die Pflanzen die Formen und 1) I. Theil, Marburg 1889. 2) Vorlesungen über Pflanzenphysiologie II. Aufl, 1887, p. 535. 97 die Lebensweise darbieten, die der Botaniker studirt, das muss zum grossen Theil durch die beständige Einwirkung von Schwere und Licht hervorgerufen sein. Manche dieser Wirkungen können wir Jetzt noch künstlich hervorrufen oder verhindern, andere aber sind vollständig erblich und constant geworden. Offenbar liegt eines der fruchtbarsten Gebiete botanischer Forschung gerade hier vor uns,“ Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dass diese Frage- stellung und Auffassung ganz wesentlich verschieden ist, von der welche Vöchting!) in hypothetischer Weise über die Entstehung der mit Phyllocactusähnlichen Flachsprossen versehenen Rhipsalis-Arten früher dargelegt hat. Derselbe ging aus von Rhips. paradoxa, einer Form mit alternirend dreikantigen Gliedern, was, wie ich in den „Schilderungen“ gezeigt zu haben glaube, desshalb nicht thunlich ist, weil diese Form zweifellos selbst eine abgeleitete ist, worauf unten noch kurz zurückzukommen sein wird. Vöchting sagt (a. a. O. p. 423): „Denken wir uns eine Rhipsalis paradoxa, bei welcher die alternirende Stellung in eine einfache '/sStellung überging, bei welcher die Kanten etwas schärfer, flügelartig ausgebildet, ununterbrochen verlaufen, so ist eine Form, wie sie der Beschreibung nach Rh. trigona darstellt, fertig. Stellen wir uns nun weiter vor, dass an dieser unter dem Einfluss der natürlichen Zuchtwahl?) zweierlei Sprosse gebildet wur- den, die schon vorhandenen dreikantigen, und an diesen breitere, zweiflügelige, so ist die Grundlage für die Alatae gelegt. — Denken wir uns an den aufrechten Gliedern horizontal oder geneigt ab- stehende gebildet, von denen ein Theil zwei Flügel der intensivsten Beleuchtung zu, den dritten davon abkehrt, so liegt nichts näher, als dass die dem Lichte zugekehrten Flügel eine stärkere Ausbildung erhalten, als der dritte, davon abgewandte. Stellen wir uns nun vor, dass dieser Vorgang in accumulirter Weise fortgesetzt werde, denken wir uns, dass die beiden dem Lichte zugekehrten Flügel allmählich um 180° auseinander rücken, während der dritte mit beiden nur je 90° bildet; — Fälle, die sich thatsächlich beobachten lassen — dass der letztere, nachdem er immer nutzloser geworden, schliesslich auch der Anlage nach ausbleibt, so ist die Entstehung der Alatae aus der 1) Vöchting, Beiträge zur Morphologie und Anatomie der Rhipsalideen, Pringsheim’s Jahrb. IX, p. 327 ff. 2) In einer Anmerkung sagt V., dass er dahingestellt sein lasse, ob die natürliche Zuehtwahl zur Erklärung der besprochenen Formänderungen genüge, meint aber, es sei möglich, ja wahrscheinlich, dass sie bei Hervorbringung der alaten Formen den wichtigsten Factor abgegeben habe. Flora 1895, - ‘ 98 Gruppe der Angulosae klar ersichtlich“. Hier ist dem Lichte also in keiner Weise eine direcete Rolle bei der Oberflächenvergrösserung zugewiesen, vielmehr eine allmähliche Züchtung derselben angenom- men, eine Anschauung, welche Vöchting später verlassen hat. Wenn Vöchting in seiner unten anzuführenden späteren Abhandlung be- züglich der Entstehung der alaten Rhipsalisformen aus mehrkantigen von seiner früheren Arbeit sagt: „Ich nahm an, dass bei dem Um- gestaltungsvorgange die Wirkung des Lichtes eine grosse Bedeutung gehabt habe“, so wird der Leser der Rhipsalis-Abhandlung von einer „Wirkung“ des Lichtes wohl kaum in dem oben angeführten Citate etwgs gefunden haben; wäre eine solche stipulirt (wie dies von Sachs [vgl. die Anmerkung auf Seite 99| schon längere Zeit vor dem Erscheinen der Rhipsalis-Arbeit Vöchting’s geschehen war), könnte der Autor doch wohl kaum als wahrscheinlich hinstellen, dass die natürliche Zuchtwahl bei Hervorbringung der alaten Formen den wichtigsten Factor abgegeben habe; auch an anderer Stelle (p. 426 a. a. Ö.) sagt er ausdrücklich, „dass die Zuchtwahl den Stamm der Rhipsalideen an die verschiedensten Lebensverhältnissen „an- passte“, und nach und nach die differenten Formen erzeugte, welche die Gruppe darbietet.“ Dass nun aber die Sachs’sche Anschauung betreffs der Flächen- vergrösserung der Kakteen durch direete Lichtwirkung die richtige, und der von Vöchting als wichtigster Factor verinuthete Kampf ums Dasein nur von indirecter Bedeutung sei, war um so wahrscheinlicher, als schon vor 10 Jahren Janezewski für gewisse Orchideenwurzeln ganz Analoges nachgewiesen hatte.!) Bekanntlich zeigen die dem Lichte ausgesetzten Luftwurzeln mancher Orchideen, am auffal- lendsten wohl einige Phalaenopsis und Sareanthusarten, auf der Ober- seite eine Abflachung, verbunden mit einem dorsiventralen Bau. Selbst bei Taeniophyllum nun, bei welchen die bandförmig abgeflachten und dadurch dem Lichte eine grössere Oberfläche bietenden Wurzeln die einzigen Assimilationsorgane sind (vgl. Schilderungen I, p. 194), ist, wie ich mich überzeugte, der Vegetationspunkt radiär gebaut, die Abflachung erfolgt wie bei Opuntia im Verlaufe der Einzel- entwickelung. Dabei lässt sich wenigstens für einige Orchi- 1) Janczewski, Organisation dorsiventrale dans les racines des Orchidees. Aum. d. se, nat, bot. 1885, VII. ser. t. 2; vgl. auch Goebel, Pflanzenbiol. Schilde- rungen I p. 197, II p. 351, wo auch darauf hingewiesen ist, worauf die Abfiachung der Unterseite derartiger Wurzeln beruht, 99 deenluftwurzeln zeigen, dass die Flächenvergrösserung dieser Wurzeln eine directe Lichtwirkung ist, während sie bei andern erblich gewor- den ist. Innerhalb eines und desselben Verwandtschaftskreises und bei einem und demselben Organe finden sich also die beiden von Sachs hervorgehobenen Fälle verwirklicht. Ausgehend von den genannten Thatsachen und Gesichtspunkten habe ich vor 6 Jahren eine Reihe von Untersuchungen begonnen, über die Entwickelung flächenförmig verbreiteter Sprossaxen im Dunkeln. An einer ausführlichen Veröffentlichung hinderten theils äussere Umstände, theils die Thatsache, dass manche der betreffenden Pflanzen eine streng periodische Entwickelung haben und man dgss- halb ein Jahr warten muss, wenn man den richtigen Zeitpunkt des Austreibens der Knospen verpasst hat. Ein kurzer Bericht über das allgemeine Ergebniss wurde zu Anfang des vorigen Jahres gegeben.!) „Among the Opuntias there are some species which possess eylindri- cal shoots, others again in which they are quite flattened; the former are clearly the more primitive and if the more flattened Opuntias are exposed to less intense light, they besome cylindrieal. In every ease the apex is eylindrical but in many kinds it soon gives rise to a flattened axis under the influence of light; but if the transforming agency is removed the original nature of the shoot becomes manifest. Similar results were obtained with Mühlenbeckia platyclada and other plants.“ In seiner eingehenden Besprechung der „Photomorphosen“ hat Sachs?) auf die vorliegende Frage und die einschlägigen Thatsachen hingewiesen. Er sagt u.a.: „Ganz ähnlich verhalten sich die Flach- sprosse mancher Kakteen (z. B. des Oereus phyllanthoides u. a.), die im finstern Raume austreibend, prismatisch, stielförmig werden, wie ebenfalls Goebel beschreibt und ich selbst vor vielen Jahren gesehen habe.3) 1) On the study of adaptations in plants Seience progress Vol. 1Nr.2 p.180u.186. 2) Flora 1894 pag. 231 ff. 3) In der Abhandlung „Ueber den Einfluss des Tageslichtes auf Neubildung und Entfaltung versch. Pflanzenorgane (Bot. Zeit. 1860, abgedr. in Sachs, gesam- melte Abhandlungen I pag. 179 ff.) finde ich (a. a. O. pag. 204) aufmerksam ge- macht durch die obige Bemerkung in der „Flora“ Folgendes: „Die im Finstern ge- bildeten Sprosse von Caetus speciosus hatten meist kürzere Internodien, als die am Licht und zugleich machte sich die blattartige Natur dieser Stammgebilde dadurch geltend, dass sie sich im etiolirten Zustande niemals flach ausbreiteten, sondern schmal zwei- bis dreikantig blieben. Die blattartige Entwickelung der grünen Rinde scheint hier wesentlich vom Licht abzuhängen.“ Dass es sich bei „Cactus speciosus“ um einen Phyllocactus (vermuthlich um einen Bestand mit Cereus) handelt, kann nicht zweifelhaft sein. Tr @ 100 Die letztere Thatsache hat gegen Ende des Jahres eine sehr ausführliche Behandlung erfahren!) dureh Vöchting. In seiner Ab- handlung „Ueber die Bedeutung des Lichtes für die Gestaltung blattförmiger Caeteen“ hat die oben aus der Litteratur angeführte frühere Aufstellung und Behandlung der Frage keine Erwähnung ge- funden (es ist selbstverständlich für die allgemeine Seite der Frage gleichgiltig, ob man die Liehtwirkung an einer Opuntia oder einem Phyllocactus prüft), wesshalb hier darauf hingewiesen werden soll; han- Fig. 1. A Keimpflanze von Phyliocaetus phylianthoides (etwas vergr.) B Lepismium commune, kantiger Keimspross, der oben zur Flügelbildung übergegangen ist. delt es sich doch um eine Frage von allgemeiner Bedeutung. Ausser- dem möchte ieh unter Vorführung einiger vor mehreren Jahren auf- genommenen Photographieen die Frage in etwas weiterer Umgren- zung kurz besprechen, }) Pringsheim’s Jahrb. für wissensch. Botanik Bd. XXYI Heft 3. 191 Was zunächst Phyllocaetus betrifft, so sei über die Morphologie dieser P’fanze Folgendes vorausgeschiekt. Wie ich a.'a. O. hervor- gehoben habe, ist die Abtrennung dieser Gattung von Cereus ledig- lich auf habituelle Merkmale des Vegetationskörpers gegründet, da- rauf, dass derselbe bei Phyllocactus abgeflacht und mit zweizeiliger Blattstellung versehen ist, während er bei Cereus drei bis vielkantig ist. Dieser Unterschied kann aber um so weniger in das Gewicht fallen, als sich zeigen liess, dass die Flachsprosse von Phyllocaetus zweifellos von kantigen sich ableiten. Es wird nicht überflüssig sein, diesen auch für andere Cacteen mit Flachsprossen zutreffenden Satz durch die Keimungsgeschichte zu erläutern. Fig. 1 zeigt bei A (ver- grössert) eine Keimpflanze von Phyllanthus phyllanthoides. Es bilden sich zunächst kantige, mit deutlichen Dornbüscheln versehene, voll- ständig denen mancher Cereusarten gleichende Sprosse. Rechts hat sich später ein solcher gebildet, in dessen oberen Theil eine Reduc- tion der Kantenzahl eintrat, es sind nur noch vier vorhanden, die sich aber flügelförmig ausbilden; die Zahl der Flügel verringert sich dann auf zwei. Letzteres geschieht in ähnlicher Weise bei der in Fig. 1B abgebildeten Keimpflanze von Lepismium ecommune, bei welcher schon der dreikantige Keimspross selbst zur Flügelbildung, d. h. zur Ober- tlächenvergrösserung übergeht. Nicht alle Phyllocaetus-Arten zeigen bei der Keimung noch ein so deutliches Zurückgreifen auf die Cereusform des Vegetationskörpers. Für „Ph. latifrons“ und erenatus wurde in den Schilderungen ganz dasselbe Verhalten wie es für Ph. phyllanthoides soeben geschildert wurde, angegeben, wobei hervorgehoben wurde, dass für die Richtig- keit der Benennungen keine Gewähr geleistet werden könne, umso- weniger, als die Phyllocaetus-Arten ausserordentlich viel mit andern Cereus-Arten gekreuzt worden sind, namentlich gilt dies für Ph. phyllanthoides. Dass dieser Vorbehalt gerechtfertigt war, zeigte sich später für Ph. phyllanthus, die wie phyllanthoides keimen sollte. Keimpflanzen aber, die unzweifelhaft zu Ph. phyllanthus gehörten, fand ich in Brittisch- Guiana, bei einer Excursion auf dem Tapa- cooma-See auf einem Baume, in der Nähe der Mutterpflanze. Die- selben zeigten, dass die früher unter diesem Namen erhaltenen Samen nicht zu Ph. phyllanthus gehörten, denn die Keimpflanzen verhielten sich wie die in den „Schilderungen“ pag. 104 abgebildete von Ph. stenopetalus (Fig. 56 a. a. O.). Hier ist die }Hauptachse der Keim- pflanze von Anfang an abgeflacht und zwar in der Medianebene der Kotyledonen. Scheinbar ist auch die Blattstellung von Anfang 102 an zweizeilig, es wurde indess schon damals darauf hingewiesen, dass sie offenbar vierzeilig beginnt, der Keimspross also eigentlich vierkantig angelegt wird, um sofort in die zweizeilige Stellung, un- ter Verkümmerung zweier Kanten überzugehen. In der That ergab, wie ich hier besonders betonen möchte (da die einzige damals zur Verfügung stehende Keimpflanze nicht geopfert werden konnte), ge- nauere Untersuchung sowohl für Ph. stenopetalus als für Ph. Phyl- lanthus das Vorhandensein zweier sehr kleiner und nicht leicht wahr- nehmbarer Schuppen zwischen den Kotyledonen. Mit anderen Worten die Keimung dieser Flachpross-Kakteen verhält sich ebenso, wie die a. a. 0. geschilderte von Epiphyllum truncatum (vgl. die dort gegebene Fig. 55), Rh. pachyptera und Rh. crispata.') Dass auch bei Epiphyl- lum bei den einzelnen Arten das Cereus-Stadium, wie ich es kurz nennen will, bei der Keimpflanze verschieden lang andauern kann, zeigt die früher mitgetheilte Keimungsgeschiehte von Epiphyllum Russellianum (Schilderungen I Tafel I Fig. 4. Es wurde ferner auf das Verhalten der Seitensprosse von Phyllocactus hingewiesen, die bei manchen Arten mit mehrreihig gestellten Schuppen beginnen, bei andern sofort mit zweizeilig gestellten (pag. 9%); bezüglich der Eim- wirkung des Lichtes auf das Flachwerden der Sprosse verwies ich auf eine spätere Mittheilung (a. a. O. pag. 76), ich bemühte mich namentlich aus dem Vaterlande reine, nieht mit andern Cereus-Arten bastardirte Phyll. phyllanthoides zu erhalten, um in den Versuchen ‘den Einfluss „fremden Blutes“ zu eliminiren. Wenn, wie angeführt (pag. 99) wurde, und auch Vöchting später beschrieben hat, an ver- dunkelten Phyliocaetus-Exemplaren Cereusähnliche Sprosse auftreten, so kann das entweder ein Rückschlag auf die Form der Keimlings- sprosse, oder bei einer mit Cereus bastardirten Form das Hervor- treten des Cereus-Blutes sein. Das Letztere findet bei manchen Bastarden von „Phyllocactus“ und Cereus auch im Lichte normal statt. So zeigt der kleine, in dem hiesigen Garten als Phyll. Dieffen- bachianus eultivirte Phyllocaetus — der unzweifelhaft ein (vielleicht abgeleiteter) Bastard ist, dessen Eltern mir aber nicht bekannt sind — stets ein Gemenge von Phyllocactus und Cereussprossen und 1) Die a. a. erwähnte Keimpflanze, welche aus als Rh. crispata erhaltenen Samen erzogen war, gehörte wie spätere, aus selbst erzogenen Samen gekeimte Pflanzen zeigten, nicht zu Rh, erispata. — Auch bei den Cupressineenformen dauert bei den verschiedenen Arten der Jugendzustand (ausgezeichnet durch die Primärblätter) verschieden lange an. Bei den Biota und Chamaecyparisarten tritt der Uebergang zu den Folgeblättern meist schon im ersten Jahre ein, bei den Cupressusarten erst nach mehreren Jahren. 103 Vebergängen zwisehen beiden. Vöchting gelangt bezüglich des Ver- haltens von Phyllocaetus zu Cereus zu denselben Resultaten, wie ich sie in den Schilderungen dargelegt hatte (3. 29 des S.-A.) und er findet, dass je Heischiger und mehr Uereusartig der Bau der Phyllo- eaetus-Sprosse sei, (desto leichter die Blattstellung von I. in en höheres Verhälmmiss übergeführt werden könne, am leichtesten bei Bastarden mit Cereus. Die oben kurz aus den Schilderungen wieder- holten Thatsnchen zeigen, wie verschielen bei den einzeln Arten in Fir. 2 Oerreus (Phiylloeaetus pbs Nancheldes nach länrerem DBunkelzimmer (1N0). Verweilen im der Ontorenese dus Sehwanken zwischen Cereus und Flachsprossform ist, un leichtesten wird die direete Liehtwirkung natürlich bei denen 104 sich geltend machen, die der Stammform noch näher stehen. Es sei, ataft einer Jangen Beschreibung auf die Fig, 2 hingewiesen, welehe das Verlalten verfinsterter P’Hanzen von Phyll phylianthoides zeigti es ist ersichtlich, dass die Blanstellung bier eine radiäre, mehr- zeilige wehlieben ist, und eine stärkere Butwickelung der Stachel- polster stattgefunden hat, Aueh ist ohne Weiteres ersichtlich, dass wie Sachs vor 30 Jahren schen hervorgehoben hat. und Vöochting ipag. 114. 8.-&.) gleichfalls beschreibt, die Internodien der Dunkel- sprosse, abweichend von dem Verhalten sonstiger etiolirter Sprosse, kürzer sind als die im Licht gebildeten. Die Seitensprosse behielten ihre radiäre Blattstellung bei, der Hauptspross ging von zweizeiliger in radiäre über, Auf die Einzelheiten braucht nach den ausführ- lichen Beschreibungen Vöehting's nieht näher eingegangen zu worden. Wurden die im Dunkeln gebildeten Spröosse in das Licht gebracht, so trat zunächst deurliche Kanfenbiklang. also Oberllächen- vergrösserung, auf, später entstanden die normal zweizeilig abge- flachten Sprosse. Wie in den „Schilderungen“ pag. IT an- geführt ist, haben die Seitensprosse der Flach- triebe von Gereus (Phrlloeaerusy Jafifrens von Anfang an zweizeilige Blattstellung. Der- artige Sprosse konnten auch dureh Ver- ılunkelung nicht mehr in radiäre, mehrzeilig beblättorte Triebe übergeführt werden. Aus dem in Figur 3 abgebildeten Steckling er- wuchs zunächst ein ca. 25em langer, schmaler sehmächtiger Trieb, der unten Smm. oben nur 33mm breit war, während der als Steck- Jinz benürzte Theil der Mutterpflanze Bem " a breite besass, Die Abbildung zeigt den Sean [Ehylieenerun lat, Spross, nachdem er wieder einige Zeit dem Yreyım, Ann vinsm als Sterk- j line henrzten Stück einen Lichte ausgesetzt war, Die etiolirten Theile Fiachsprosses Io sieh gm Waren nicht evlindrisch, sondern nach dem chimaler, zwetzeilig beblät- Rande hin abgetlacht, Das Lieht konnte also ierterTriehentwickolt, slessen beishiesen, von vornherein zweizeiligen Sprossen Spitze sund ein Seitensprons) : ; di } Ps) son Phyliocaetus einen Rückschlag auf die sich infolgel,iehtzutrittes wie. > der verbreitert haben. (ISt0h, mehrzeilige Blartstellung nicht hervorrufen. Von Interesse würde es sein, das Ver- halten der Keimpflanzen bei denjenigen Formen zu prüfen, bei welehen, wie bei Cereus (Phylloe,) phyllanthus und U, stenopetalus, nur in der Keimpflanze noch sie Anlage für mehr als zwei Kanten anzutreffen ist. Es scheint nieht un- wahrscheinlich, dass die Keinpanzen bei Licht- absehluss — mehrkantig fortwachsen, vorausge- setzt, dass sie nicht etwa schon in der Plumula in ausgesprochen zweizei- lige Blattstellung über- gegangen sind. die dann wohl ebensowenig mehr hei Lichtabsehluss sieh ändern dürfte, als dies nit den Sprossunlagen der älteren PHanzen in den oben mirgerheilten Versuchen der Fall war, Uchrigens ist herverzu- heben dass Keimpflanzen vielfich noch plastischer sind, als dieselbe PHanze in späterem Lebensalter, So sind, wie es seheint, dasoderdie ersten Blätter der Keimpflanzen von Lvcopscdiuminundamem im Stunde, Adventiv- Spraosse zu ZEUGEN. Was bei Blättern älterer PHlan- zen nicht beobaehter werden ist, und die Keimscheibe von Mar- ellantieen lässt sich dureh Anwendung schwachen Liehtes dazu bringen, Fir. 4. Opuntia leuentricha mit eslindriselen, aus olen Knospen der Flachsprosse Je Liehrabsechluss er- “wachsenen Trieben. Verkleimert Von. I) Vgl. Botan. Zeitung 1887 p. In8. 106 wieder zur Keimschlauchbildung überzugehen, während dies bei älteren Pflanzen nicht möglich ist. Die oben von Cereus (Phyllocactus) angeführten Thatsachen be- treffs der Liehtwirkung sind lediglich eine Bestätigung der Sachs- schen Anschauung. Es wird nicht ohne Inte- resse sein, einige andere Kakteen noch anzufüh- ren. Bei den Opuntien er- folgt die Oberflächenver- grösserung, wie früher vonmirausgeführt wurde, theils durch Abflachung der stets radiär ange- legten Sprosse, theils durch Mamillenbildung. Die erstgenannten ver- halten sich, wie es scheint, betreffsderLicht- wirkung verschieden. ÖOpuntia leueotricha (ebenso ©. dejecta u. a.) bildete im Dunkeln an- nähernd ceylindrische Sprosse (Fig. +), die, ans Licht gebracht, als Flach- sprosse weiterwuchsen. Andere Flachsprossarten zeigten im Dunkeln zwar eine sehr starke Breiten- verminderung der neu gebildeten Triebe, aber . Fig. 3. dieselben blieben flach. Opuntia arborescons mit etiolirten Trieben, welche Besonders lehrreich sind keine Mamillenbiklung zeigen. die an den am Licht . \ . erwachsenen deutlich hervortritt, (1890.) die Formen mit Ober- flächenvergrösserung durch llöcker- resp. Mamillenbildung. Wie Fig. 5 zeigt, verschwindet diese Form der Oberflächenvergrösserung bei den Dunkelsprossen voll- ständig, so dass auch diese Art von Überflächenvergrösserung direct durch das Licht bedingt wird. Die im Finstern eultivirten Mamillarien wuchsen © | & | 107 so ausserordentlich langsam, dass sie als ungeeignete Objeete nicht weiter gezogen wurden; nach der Analogie mit Opuntia arborescens ist zu vermuthen, dass bei raschwüchsigen Formen auch hier ein Verschwinden der Mamillenbildung im Finstern zu erreichen sein wird, Dass die beschriebenen Formänderungen dem Liehte und nicht etwa der im Dunkelzimmer vorhandenen grösseren Luftfeuchtigkeit zuzuschreiben ist, braucht kaum betont zu werden. Erwähnt sei jedoch, dass bei Keimpflanzen von Opuntia fieus indica, welche in einer ständig feucht gehaltenen Atmosphäre unter Glasglocken am Lichte gezogen wurden, keine Formänderungen wahrnehmbar waren. Von anderen mit Flachsprossen versehenen Arten wurden Mühlen- beekia platyelados und Xylophylla longifolia!) geprüft. Letztere wuchs im Dunkelzimmer schlecht und ergab desshalb keine brauch- baren Resultate, erstere ergab zahlreiche, eylindrische, beblätterte Dunkelsprosse. Ihr Verhalten ist indess noch näher zn prüfen, nach dem Angegebenen würde es mit dem von Ph. phyllanthoides überein- stimmen; eylindrische beblätterte Rücksehlagsprosse kommen bei dieser Pflanze auch normal nicht ganz selten vor; ich verweise auf die Abbildungen, die ich früher (Schilderungen I p. 16) gegeben habe. Der dort in Fig. 6 in der Mitte abgebildete Spross zeigt — abgesehen von der Blattgrösse — die bei den im Dunkeln gebildeten Rückschlags- spiossen sich findenden Gestaltungsverhältnisse. Hofmeister?) hat schon eine Anzahl hierhergehöriger Beispiele der Liehtwirkung angeführt, die freilieh meist noch eingehender ex- perimenteller Prüfung bedürfen. Er erinnert u. a. an ıas Zweizeilig- werden der Fissidens-3) und Schistostegastämmehen im Tageslicht: wir wissen, dass hiert) ähnliche Verhältnisse vorliegen wie bei den verschiedenen Phylloeaetus-Arten, indem bei Sehistostega bei jedem einzelnen Spross das Zweizeiligwerden aus einer spiraligen Blattan- ordnung am Vegetationspunkt hervorgeht, während bei Fissidens die }) Flachsproxse dieser Euphorbiaeee, die ich als Steeklinge in verticaler Tage einpflanzte, haben sich zwar bewurzelt, aber im Verlauf von nahezu !!;, Jahren noch keine Weiterentwickelung gezeigt. Was daran untersucht werden te, wird die unten folgende Besprechung des Verhaltens von Opuntia brasi- liensis und Buphorbia alieornis zeigen. 2) Allgemeine Morphologie pazr. 628. 3) Bezüglich des Plagiotropismus von Fissidens vgl. Sachs, Abhandlungen Pag. 1034. An den meisten Standorten von Fissidens tritt derselbe nur wenig hervor. 4) Vergl. die Angaben bei Goebel, Museineen, Schenk’s Handbuch II pag. 371. 108 Segmentirung der Scheitelzelle aus der dreiseitigen in die zweischneidige übergeht und damit die Zweizeiligkeit der Blattstellung von vornherein bestimmt wird. Ich zweifle nicht, dass bei Schistostega der umbildende Einfluss des Lichtes in gleicher Weise wie bei Phyllocactus nach- weisbar sein wird; Versuche, die ich betreffs der Wirkung einsei- tig einfallenden Lichtes vor einigen Jahren mit Schistostega anstellte, hatten kein positives Ergebniss. Ich setzte die sich entwickelnden Schistostegasprosse auf einem Rotationsapparat (bei verticaler Axe) gleichmässiger Beleuchtung aus, trotzdem entwickelten sich die be- kannten, miniaturfarnblattähnlichen, zweizeilig beblätterten Triebe, wenngleich manche Störungen der Zweizeiligkeit zeigten. Bei Licht- abschluss entwickelte Sprosse aber würden wohl die spiralige Blatt- stellung beibehalten haben.) Die eigenthümliche Blattverschiebung der Schistostegasprosse, die zu den merkwürdigsten im Pflanzenreich gehört, gestattet jedenfalls den Schistostegapflänzchen, das schwache, einseitig einfallende Licht am besten auszunutzen, wie ja auch das Protonema derselben Pflanze zu diesem Zweck höchst eigenartige Anpassungen aufweist.?) Hier ist auch der Ort, um auf die gestaltbildende Einwirkung des Lichtes bei anderen Museineen hinzuweisen. Sachs hat (in der Abhandlung über plagiotrope und orthotrope Pfilanzentheile, Ges. Abh. II p. 1035) gezeigt, dass die Seitenzweige des einseitig be- leuchteten Protonemas von Funaria ausschliesslich rechts und links an den aufrechten Hauptsprossen entspringen, das Lieht hier also „den Ort der ersten Anlage neuer Theile bestimmt“. Ganz Achn- liches gilt auch für plagiotrope Moospflanzen. (Vgl. Coesfeld, Beitr. zur Anatomie und Physiologie der Laubmoose, bot. Zeit. 1892 p- 188.) Ilypnum splendens ist zweizeilig verzweigt, während die Blattstellung eine radiäre (nach °s) ist, die zweizeilige Anordnung 1) Ganz analoge Verhältnisse hat Vöchting für Phyllocactus festgestellt. Schon Sachs hatte gezeigt, dass die Abflachung der Opuntiasprosse rechtwinklig zur Richtung der einfallenden Lichtstrahlen stattfindet. Vöchting fand — wie zu erwarten war — dasselbe Verhältniss für Phyllocactus, konnte aber bei dureh Rotation herbeigeführter allseitiger Beleuchtung die Abplattung nicht verhindern, woraus sich ergibt, ‚dass die Abflachung lediglich an ein bestimmtes Maass der Helligkeit gebunden ist. 2) Vgl. Noll, Ueber das Leuchten der Schistostega osmundacea, in Sachs, Arbeiten a. d. bot. Inst. in Würzburg III p. 477 (1888). — Es wäre zu unter- suchen, ob die Leuchtzellen des Protonemas ihrerseits nicht auch nur bei bestimmter (schwacher) Lichtintensität sich bilden, Da ich mit der Biologie der Schistostega (die im bayerischen Wald noch ziemlich verbreitet ist) seit längerer Zeit beschäftigt bin, verweise ich auf eine spätere Mittheilung. 109 der Aeste wird hier durch das Licht bedingt, die Astanlagen, welche auf der Lieht-, und die, welche auf der Schattenseite stehen, bleiben unentwickelt. Ganz dasselbe dürfte für Formen wie Thuidium tama- riseinum gelten. Die Analogie mit Phyllocactus liegt auf der Hand. Endlich sei erinnert daran, dass die Keimseheiben der Marchantieen sich nur bei bestimmter Liehtimtensität bilden und sich reehtwinklig zur Richtung der Lichtstrahlen abplatten, und dass auch zur Flächen- bildung der Farnprothallien Licht von bestimmter Intensität noth- wendig ist, ° Ganz ebenso verhält sich offenbar das Protonema von Sphagnum (vgl. Ueber die Jugendformen der Pflanzen, Flora 1889), das mit der Fadenform beginnt, um zur Flächenbildung überzugehen. Wie ich gezeigt habe, sind auch die normal die Fadenform beibehaltenden „Wurzeln“ dieser Flächenprotonemen im Stande, zur Flächenbildung überzugehen. Die näheren bedingenden Umstände für dies Verhalten sind noch nicht bekannt, aber dass das Licht dabei eine wichtige Rolle spielt, kann wohl nicht bezweifelt werden, und man könnte daran denken, dass die Sphagnumprotonemen zur Flächenbildung da- durch disponirt würden, dass sie zu einem Moose gehören, das an Standorten mit viel grösserer Liehtintensität vorkommt, als die meisten übrigen Moose. Sphagnumprotonema kann man sich, beiläufig be- merkt, leicht auch ohne Sporen verschaffen; schneidet man Sphagnunı- sprosse ab, so entwiekeln sich aus der Schnittfläche Protonemafäden, welche bald in die Flächenbildung übergehen, während ich eine Protonemabildung aus den Blättern, die bei den Laubmoosen so leicht dazu gebracht werden können, bis jetzt nicht zu erzielen ver- mochte. Bei Leueobryum gelingt dieselhe ohne Schwierigkeit. Ich werde auf das Verhalten von Sphagnum und auf das (ler (a. a. O. kurz geschilderten und abgebildeten) Assimilationsorgane des Protonemas von Diphyseium bei anderer Gelegenheit zurückkommen. Betreffs der Siphoneen geht aus den Untersuchungen von N 011) und Klemm?) hervor, dass die (physiologisch) als Blätter zu be- trachtenden Organe sich nur am Lichte bilden, im Dunkeln werden sie cylindrisch, ähnlich wie dies oben von Opuntia leucotricha ge- schildert wurde. Auch die Verbreiterung der abgeflachten Axen der Bossiaea- und Carmichaelia-Arten senkrecht zur Richtung der einfallenden 1) Noll, Ueber den Einfluss der Lage auf die morphologische Ausbildung einiger Siphoneen in Sachs, Arb. a. d. bot. Inst. in Würzburg III p, 466 ff. 2) Klemm, Ueber Caulerpa prolifera, Flora 1893 p. 460 ff, 110 Lichtstrahlen führt Hofmeister auf die Wirkung des Lichtes zurück. Bei Carmichaelia australis konnte ich im Finstern cylindrische Sprosse bis jetzt nicht erziehen, dieselben besassen auch im etiolirten Zustand noch deutlich abgeflachte Sprossaxen. Sehr auffällig reagirte dagegen Genista sagittalis!), deren breitgeflügelte Sprosse ja allgemein bekannt sind. Bei den Dunkelsprossen unterblieb die Flügelbildung bis auf kleine, bei den untersten Blättern kaum wahrnehmbare Reste, dieselben wichen von den Lichtsprossen kaum weniger ab, als dies bei Phyllo- cactus der Fall ist. Ich werde später auf diesen Fall genauer eingehen. Bei Phyllocaetus kommen nach dem Obigen zweierlei Gesichtspunkte in Betracht, einmal die Oberflächenvergrösserung, welche durch das Licht bedingt wird, und dann das Zurückhalten der Blattanordnung auf einer primitiveren Stufe, also das Beibehalten eines Jugendzu- standes. Ich habe früher schon in letzterer Beziehung auf analoge Fälle aufmerksam gemacht und möchte hier unter Hinzufügung einiger neuen Beobachtungen kurz darauf zurückkommen, zunächst auf das Verhalten von Sagittaria. In den „Schilderungen“ (II p. 294) habe ich angeführt, dass es mir sehr wahrscheinlich sei, dass die Beibehaltung der Jugendform dieser Pflanze in tiefem oder rasch strömendem Waaser auf Lichtwirkung zurückzuführen sei, und es wurde auch ein diesbezüglicher, aber zur Entscheidung der Frage nicht ausreichender Versuch angeführt. Später wurde an reichlicherem Material die Frage weiter geprüft.?2) Bekanntlich entstehen als Jugend- blattform sowohl beim Keimen der Samen als beim Austreiben der Ueberwinterungsknollen bandförmige Blätter, die in seichtem Wasser bald in die langgestielten, pfeilförmigen übergehen. Es wurden in der einen Versuchsreihe eine grössere Anzahl Knollen eingesetzt, die einen in verdunkelte, die andern in be- leuchtete Glasgefässe, theils mit wenig Wasser (handhoch), theils tiefer unter dem Wasserspiegel. Die beleuchteten Pflanzen trieben bald nach einer Anzahl bandförmiger Blätter Uebergangsblätter (vgl. Fig. 84 auf p. 291 a. a. O.) und dann pfeilförmige. Die Dunkel- pflanzen hatten in derselben Zeit nur bandförmige Blätter gebildet. Dass es sich dabei nicht etwa um eine durch Nahrungsmangel ver- ursachte krankhafte Entwiekelung handelte, zeigt schon die That- 1) Bei dieser Pflanze, die bekanntlich eine Bewohnerin trockener Standorte ist, lassen sich ebenso wie bei den Kakteen die beiden Prineipien der Oberflächen- verringerung (durch Reduction (er Blattgrösse) und der Oberflächenvergrösserung (durch Bildung der Stammflügel) nachweisen. 2) Vgl. science progress a, a, O. 111 sache, dass die Dunkelpflanzen Ausläufer trieben, die am Ende zu (natürlich kleinen) Knöllehen anschwollen. Es fehlte also nicht an Bildungsstoffen überhaupt, wohl aber an den spezifischen Bildungs- stoffen, welche zur Bildung der pfeilförmigen Blätter nothwendig sind; diese entstehen erst durch die Assimilationsarbeit der band- förmigen Blätter, Die letzteren erreichten trotz der geringen Wasser- tiefe (ob die Pflanzen handhoch vom Wasser bedeckt waren oder in doppelter Tiefe standen, zeigte sich ohne Einfluss) eine Länge, wie sie sie in der freien Natur sonst nur bei Stand in tiefem oder rasch ströomendem Wasser zeigen, nämlich über 60 cm. In einem der Dunkelgefässe entwickelte sich nach einem Monate auch ein ge- stieltes Luftblatt. Die Pflanzen in demselben waren auffallend er- grünt, und die Untersuchung ergab, dass die Hülle aus schwarzem Papier das Gefäss nicht mehr dieht umschlossen hatte, so dass Lieht in dasselbe hineingelangt war. Uebergangsblätter fanden sich nicht. Eine zweite Reihe von Culturen wurde theils dem vollen Tages- lichte, theils geschwächtem Lichte ausgesetzt. Die im April einge- setzten Knollen hatten sich zu Pflanzen entwickelt, die Anfang Juni Folgendes zeigten. Die Pflanzen der Volllichteultur hatten ausser den wenigen bandförmigen Primär- und einer Anzahl von Ueber- gangsblättern (letztere fehlten nur bei einem Exemplare) schon eine ganze Anzahl von pfeilförmigen Blättern (Luftblättern) entwickelt; die im abgeschwächten Lichte erzogenen Pflanzen hatten nur band- förmige Blätter, die zwar schön grün (laete viridis, wie die Systema- tiker hübsch sagen) waren, aber sehr viel grössere Länge erreichten als die bandförmigen Primärblätter der Volllichteultur. Damit dürfte bewiesen sein, dass in der That Sagittaria durch Liehtmangel auf einem Jugendstadium zurückgehalten werden kann, ähnlich wie Phyllocactus.. Dass auch andere Factoren denselben Effect haben können, ist möglich, wie ja auch z. B. die Chlorophyli- bildung selbst bei Lichtzutritt nicht stattfindet, wenn nicht das Temperaturminimum für die Ergrünung erreicht ist. Auf analoge Fälle bei niederen Pflanzen wurde früher bei Be- sprechung der Jugendformen der Pflanzen !) hingewiesen. So im Anschluss an die Untersuchungen von Sirodot auf das Verhalten der Batrachospermum-Vorkeime, an denen nur bei höherer Lichtintensität Batrachospermumpflanzen sich bilden. Die dort von mir hervorgehobene Möglichkeit, dass zur Anlage der Moosknospen am Protonema höhere Liehtintensität erforderlich sei, als zum Wachsthum des Protonemas 1) Veber die Jugendzustände der Pflanzen, Flora 1889 p. 1 #, 112 selbst, wurde später durch die interessanten Untersuchungeu von Klebs?) als 'Thatsache erwiesen. Betreffs des Verhaltens der Leber- moosvorkeime sei auch auf die auf meine Veranlassung ausgeführten Untersuchungen von Schostakowitsch?) verwiesen, namentlich auf die oben berührte Thatsache, dass die Vorkeime von Preissia (die sich nur bei höherer Lichtintensität aus der Fadenform ent- wickeln) bei Sinken der Lichtintensität wieder auf die Fadenform — diejenige, welche schwächerer Lichtintensität „angepasst“ ist, zurück- gehen. Ich möchte annehmen, dass auch die Anlagen der Laub- moosstämmehen am Protonema durch äussere Umstände wieder auf die Stufe der Protonemabildung herabgedrückt werden könnten, speciell also durch Verminderung der Lichtintensität. Wenigstens habe ich schon vor Jahren 3?) beobachtet, dass eine Moosknospen- anlage entweder vor oder nach der Anlage von Blättern wieder zu einem Protonemafaden auswachsen kann. Die mit Ephemerum und andern Laubmoosen zur Entscheidung dieser Frage eingeleiteten Ver- suche sind noch nieht zum Abschluss gelangt. Es erscheint mir wahrscheinlich, dass die früher von mir be- schriebenen t) „rudimentären“ Lebermoose Zoopsis, „Kurzia erena- canthoidea* u. a. Formen darstellen, bei denen der Vegetationskörper verminderter Beleuchtung „angepasst“ ist. Die Blätter sind rudimen- tär, die Sprossaxen fadenförmig und speciell für die confervenähnliche „Kurzia“ (die eine Lepidoziaform darstellt) ist, wie ich a, a. O. an- geführt habe, bekannt, dass sie das Innere von Höhlen als dicht verwobener grüner Teppich überzieht. Auch Zoopsis wächst, soweit ich mich erinnere, an Stellen, die nur abgeschwächtes Licht trifft. Ich führe dies desshalb an, um damit vielleicht Veranlassung zu einer experimentellen Prüfung dieser Frage zu geben, was jetzt, da sowohl 1) Klebs, Ueber den Einfluss des Lichtes auf die Fortpflanzung der Ge- wächse, Biolog. Centralblatt XIII. Bd., 15. Novbr. 1893. 2) Flora 1894. Ergünzungsband p. 356 ff. 3) Morpholog. und biolog. Studien, Annales du jardin botanique de Buiten- zorg Vol. VII (1887) p. 69. 4) Morphologische und biol. Studien, Annales du jardin botanique de Buiten- zorg VII p. 62 (Zoopsis argentea). Ibid, Vol. X p. 37. Kurzia crenacanthoidea; Ueber rudimentäre Lebermoose, Flora 1893 pP. 82 ff. An letztgenannter Stelle ist auch ein Querschnitt durch die (die Assimilation allein besorgenden) Sprossaxen von Zoopsis abgebildet. Es wäre zu untersuchen, ob die grossen Zellen der Stammoberfläche nicht vielleicht in ähnlicher Weise auf die Chlorophylikörper das Licht concentriren, wie dies in den eigenthümlich umgebildeten Vorkeimzellen von Schistostega der Fall ist. 113 Zoopsis als „Kurzia“ (Lepidozia) in der Nähe der botanischen Station des Buitenzorger Gartens in Tjibodas zu haben sind, nicht schwer sein kann. Auf die Analogie mit Schistostega habe ich schon früher hin- gewiesen (Flora 1893 pag. 101), es würde aber von besonderem In- teresse sein, wenn sieh experimentell nachweisen liesse, dass bei diesen Lebermoosen verminderte Lichtintensität ein Zurückhalten nicht auf der Stufe des Vorkeims, sondern auf der einer rudimentären Ausbildung der Pflanze!) selbst bedingt, betreffs deren ich auf die angeführten Abhandlungen verweisen muss. Hier sollte nur gezeigt werden, dass die „Photomorphose“ bei den Kakteen nicht vereinzelt ist. Von Interesse würde es sein, unter denselben Formen wie Opuntia brasiliensis zu untersuchen. Wie früher (Schilderungen I p. 74) dargelegt wurde, hat diese Art cylin- drische Hauptsprosse und sehr dünne und flache Seitensprosse, die vertical gestellt sind. Die Abflachung wird hier durch die seitliche Stellung bedingt, denn wenn man einen Flachspross als Steckling behandelt, wächst seine Endknospe als eylindrischer, radiär sich ver- zweigender Spross weiter (vgl. Fig. 38 auf p. 75 a. a. O.). Ganz dasselbe Resultat erhielt ich später, als ich den Hauptspross über einem der seitlichen Flachsprosse abschnitt, der letztere richtete sich auf und wuchs als radiärer Spross weiter, der Unterschied in der Gestaltung der beiden Sprossformen ist ein sehr auffallender. Wie ich später fand, verhält sich auch eine Euphorbiacee, Euph. alicornis Baker, ganz ähnlich. Dieselbe besitzt mehr- (4—5-) kantige Haupt- sprosse, blattähnliche, flache, zweikantige Seitensprosse; kräftigere Seitensprosse verhalten sich ähnlich wie der Hauptspross, an den schwächeren trifft man gelegentlich auch die Spur einer verkümmernden Kante an, gewöhnlich aber sind sind sie, wie erwähnt, zweizeilig be- 1) Die Sprosse, welche die Sexualorgane tragen, dagegen haben ihre ur- sprüngliche Gliederung gewahrt, eine Erscheinung, die, wie früker hervorgehoben, auch bei anderen Pflanzen wiederkehrt. Dass übrigens ein Zurückhalten der Pflanzen auf der Jugendform auch durch andere, als Lichteinwirkungen, erfolgen kann, ist sicher. Dabei ist zu beachten, dass die Zeitdauer, während deren die Jugendform beibehalten wird, individuellen Schwankungen unterliegen kann. Unter 28 Sämlingen von Chamaecyparis pisifera hatten z. B. zwei die Jugendform noch ganz beibehalten, während die Triebe der übrigen gleich alten schon in die Squarrosaform übergegangen waren. Das „Fixiren“ der Jugendform gelang mir hier und bei Biota orientalis auch dadurch, dass die Hauptsprosse (die normal in die „Folgeform“ übergehen) abgeschnitten wurden. Die basalen, die Jugendblätter zeigenden Seitensprosse entwickelten sich dann kräftig und behielten die Jugend- form bei. Dies zeigt, dass bei derartigen Fragen auch auf die Correlationsver- hältnisse zu achten ist. Flora 1895, 8 114 blättert und flach.!) Verwendet man einen der letzteren als Steckling, so geht er in einen mehrkantigen, radiären Spross früher oder später über. Hier entscheidet also zunächst die Lage der Sprosse über ihre Ausbildung, wie dies in weniger auffallendem Maasse ja auch z. B. bei dem Sprosssystem einer Tanne der Fall ist. Dass aber die durch den Einfluss des Hauptsprosses in seitlicher Lage ge- haltenen Sprosse von Opuntia brasiliensis sich abflachen, könnte den- noch durch Liehtwirkung bedingt sein, worüber weitere Versuche zu entscheiden haben ‘werden. Dieselben sollen auch zeigen, ob es möglich ist, die a. a. O. beschriebenen, schon länger bekannten Rückschlagssprosse mancher Rhipsalideen durch äussere Einwirkungen hervorzurufen. Ueber die Anatomie und Morphologie der Rhipsalideen hat Vöchting früher eine ausführliche Arbeit veröffentlicht. In den „Schilderungen®* sind dieselben nur kurz behandelt, und Vöchting meint in seiner neuesten Arbeit, dass meine Beschreibung des Baues und der Gliederung der Rhipsalissprosse in den wesentlichen Punkten init der von ihm früher gegebenen übereinstimme. Dagegen möchte ich hervorheben, dass Vöchting und ieh gerade in den Punkten, welche ich für die Morphologie der Kakteen als die wesentlichen betrachte, zu verschiedenen Auffassungen gekommen sind. In den „Schilderungen“ habe ich nachzuweisen versucht, „dass die grosse Mannigfaltigkeit in der äusseren Gestaltung der Kakteen sich zurückführen lässt auf wenige, ja, man kann sagen, auf eine einzige Grundform, aus welcher durch stärkeres Wachsthum be- stimmter Theile, Verkümmerung anderer alles übrige sich ableiten lässt.“ Die Dornen betrachtete ich als umgebildete Blätter und suchte zu zeigen, dass die dornenlosen (resp. mit verkümmernden Dornen versehenen) Formen sich von Dornen tragenden ableiten. Die Vöchting’schen gegentheiligen Anschauungen sind in der ein- gehenden Arbeit von Ganong?) folgendermassen kurz zusammen- gefasst: „Vöchting in seiner umfangreichen Arbeit über Rhipsalis hielt die Dornen für Emergenzen und nahm an, dass die Blätter bis 1) Eine Annäherung an dies Verhalten findet sich auch bei anderen Euphor- bien insofern, als die Seitensprosse weniger Kanten haben als der Hauptspross. Bei jungen Pflanzen von Euphorbia grandidens z. B. ist der orthotrope Haupt- spross meist fünfkantig, die Seitensprosse sind dreikantig; angelegt sind sie vielfach mit vier Kanten, von denen dann eine verkümmert. 2) W. Ganong, Beiträge zur Kenntniss der Morphologie und Biologie der Kakteen. Flora, Ergänzungsband z. Jahrg, 1894 (79. Bd.) p. 50. 115 kannte das Blattkissen nicht und hielt alle die Knospen, welche in der Achsel des Blattes von einigen Rhipsalis-Arten vorkommen, mit _ Ausnahme je einer einzigen, für endogenen Ursprungs.* Da in der genannten Arbeit die betreffenden Annahmen Vöchting’s hinlänglich als unhaltbar erwiesen sind, so brauche ich auf die betreffenden Verhältnisse hier nicht zurückzukommen, ich muss meine von der Vöchting’s abweichende Auffassung vollständig aufrecht erhalten. Und dasselbe gilt für die Ableitung der Formen. Vöchting hat (a. a. O.) die alaten Formen abgeleitet von kantigen Formen wie Rh. trigona und namentlich Rh. paradoxa. Diese sind aber, wie die Keimungsgeschichte zeigt, deren Nichtberücksichtigung eine wesentliche Lücke in Vöchting’s Rhipsalideen-Arbeit bildet, selbst wieder ab- geleitet von der, bei der Keimung noch deutlich auftretenden Cereus-Form. Gerade bei einer so wenig starren, sondern gewissermassen plas- tischen Familie, wie die Kakteen sie sind, ist der — in Vöchting’s Rhipsalideenarbeit mangelnde — vergleichende Standpunkt besonders wichtig, und dabei sind auch die Gestaltungsverhältnisse der Keimpflanzen von besonderem Werth. Ich erinnere an das oben für Phyllocaetus erwähnte und verweise im Uebrigen auf meine früheren Darlegungen (Schilderungen und Flora 1889). Hier sei nur noch auf einen Gesichtspunkt hingewiesen, der bei den in neuerer Zeit mehrfach — meist von zoologischer Seite — unternommenen Versuchen, Vererbungstheorien aufzustellen, nicht berücksichtigt worden ist. Aus den oben besprochenen Erscheinungen geht, wie auch schon früher betont wurde'), hervor, dass die Gestaltungs- verhältnisse chlorophylihaltiger Pflanzen nicht von vornherein in den Keimzellen angelegt, sondern im Verlauf der Entwickelung bestimmt werden, vielfach unter Mitwirkung äusserer Factoren, namentlich des Lichtes. Wie eine Pflanze auf die Einflüsse desselben reagirt, ist in ihrer stofflichen Beschaffenheit bedingt, vererbt aber können z. B. bei einer Sagittaria nicht die „Iden“ der pfeilförmigen Blätter sein, sondern nur die Möglichkeit, unter dem Einfluss des Lichtes solche zu bilden. An und für sich ist die Möglichkeit vorhanden, Reihen von Genera- tionen zu züchten, die niemals zur Entwickelung dieser Blattform gelangen. Derartige Thatsachen hätten berücksichtigt werden sollen, ehe man in verfeinerter Form die Evolutioastheorie des vorigen Jahr- hunderts wieder aufleben liess. — 1) Ber. der d. bot. Gesellsch. IV, 156. gr 116 Weitere Untersuchungen über den Einfluss des Lichtes auf die Gestaltungsverhältnisse werden namentlich auch die Correlationser- scheinungen in Betracht zu ziehen haben. Wir wissen, dass bei vielen Farnen die Laubblattanlagen durch das Auftreten der Sporangien mehr oder minder tiefgreifende Gestaltveränderungen erfahren !) und es liess sich experimentell wenigstens an einem Falle zeigen, dass das Ausbleiben der Sporangienbildung das Unterbleiben der Blatt- umbildung bedingt.?) Es ist nun kaum zu bezweifeln, dass die Sporangienbildung der Pteridophyten ebenso wie die Blüthenbildung der Samenpflanzen vom Lichte bedingt ist, auf für die Sporangien- bildung nicht genügende Lichtintensität ist wahrscheinlich das Verhalten der vor Jahren von mir beschriebenen eigenthümlichen Isoötesform zurückzuführen), bei der die Sporangienbildung durch vegetative Sprossung ersetzt war. Verhindert man die Sporangienbildung an jugendlichen Farnsporophyllen durch Entziehung der für die Sporangien- bildung nothwendigen Lichtbedingungen, so wird die Sporophyll- Umbildung gleichfalls unterbleiben. Analoges dürfte für höhere Pflanzen gelten. Jedermann kennt z. B. die eigenthümlichen Verschiedenheiten zwischen den basalen Blättern von Campanula rotundifolia und den in der Blüthenregion auftretenden. Gelegentliche Beobachtungen, welche experimentell näher geprüft werden sollen, machen es mir sehr wahrscheinlich, dass die Gestaltveränderung der Blätter unmittelbar mit der Blüthenbildung zusammenhängt. Unterdrückt man diese, so erscheinen die Blätter, nach denen die Pflanze ihren Namen erhalten hat. Hier sollte indess nur die Formgestaltung, die in Betracht kommt, berührt werden. Ein weites Feld der Forschung liegt hier noch vor uns. 1) Vgl. darüber die im nächsten Hefte folgende Arbeit des Herrn Glück (Ueber Sporophylilmetamorphose). 2) Ueber künstliche Vergrünung der Sporophylie von Onoclea Struthiop- teris Hoffm. Ber. d. d. bot, Gesellsch. 1887. (Abbildung in Annals af botany VI Tafel XXI1.) 3) Ueber Sprossbildung auf Iso&tesblättern, Bot. Zeit. 1879 p. 1. er Ueber das Vorkommen derselben Arten in verschiedenen Klimaten an verschiedenen Standorten, mit besonderer Berücksichtigung der xerophil ausgebildeten Pflanzen. Eine kritische pflanzen- biologische Untersuchung. Von Dr. K. 0. E. Stenström. Die teleologische Anschauungsweise. — Die Abhängigkeit der epidermaien Gewebebildung und der Blattstellung von äusseren Factoren. — Verdickung der Aussenwände, Lage und Vertheilung der Spaltöffnungen. — Papilionaceen, Gra- mineen, Juniperus-Arten u. a. — Hydrophile Pflanzen mit xerophiler Ausbildung und verschiedene Erklärungsversuche dieses Verhältnisses. — Subarktische Pfanzen, die das feuchte westnorwegische Klima scheuen. — Pyrola-Arten. — Blytt’s sub- arktisches Pflanzenverzeichniss, — „C-Pflanzen“ (Ledum palustre, Pyrola rotundi- Folia u. a.). — Wesshalb meiden die „C-Pflanzen“ das westlichste Norwegen? — Das arktische Klima. — Angaben über die Trockenheit etc, des arktischen Klimas, — Die xerophile Ausbildung der arktischen Pflanzen, — Vergleich mit alpinen Gewächsen (Lycopodium-Arten u. a.). — Gründe, die für das Bedürfniss eines Transspirationsschutzes bei arktischen Pflanzen sprechen. — Steht die xerophile Ausbildung in irgend welcher Beziehung zu dem verschiedenen lokalen Auftreten der Pflanzen in verschiedenen Klimaten? — Der Kampf um’s Dasein. — Picea excelsa und Pinus silrestris, — Klimatologische Faetoren. — Wie verhält sich eine „fixirte“ Pflanze beim Wechsel des Klimas aus einem continentalen zu einem insulären und umgekehrt? — Salir lividu, Betula nana, Alnus incana u. a. — Nicht-plastische („fixirte“) Pflanzen und ihr Entstehen. — Das Vorkommen derselben Arten auf Berggipfeln und am Meeresstrande. — Ueber die Transspiration der Pflanzen. — Aeussere und innere Kräfte. — Die Feuchtigkeit der Luft und des Bodens und ihr Einfluss auf die Transspiration. — Paradoxie. — Kihlman’s und anderer Deutungsversuche der xerophilen Ausbildung der hydrophilen Pflanzen. — Humin- substanzen. — Absorptionsvermögen des Humus. — Von Pflanzengeographen ge- gebene Erklärung einiger Verbreitungserscheinungen. — Noch einmal der Kampf um’s Dasein. — Blytt’s Erklärung der Erscheinung, dass einige Pflanzen das Bergener Klima scheuen. — Ueber die Bildung von Torfmooren oben auf den Bergen. — Die epiphytische Vegetation. — Norwegisch-atlantische, -boreale u. a. Floren, — Vergleich zwischen den Floren Grönlands, Islands und der norwegischen Westküste, — (fegenseitige Ausbreitung der Birkenbäume, der Fichte und der 118 Kiefer, sowie verschiedene Erklärungen derselben. — Das alpine Gebiet. — Das alpine Klima und sein Einfluss auf die Vegetation. — Ueber die Ursache der Ent- wickelung des Palissadenparenchyms. — Gletscherpflanzen. — Ueber Flächenver- grösserung und Papillenbildung bei Alpenblättern. — Formelberechnung für Ver- dunstung. — Der Feuchtigkeitsgrad des Bodens. — Verschiedene Verhältnisse in verschielenen Alpengegenden. -— Sonnen- und Schattentemperaturen. — Prüfung der Gründe, die (von Wagner) dafür angeführt werden, dass die Alpengewächse einer starken Transspiration nicht ausgesetzt seien. — Die Bedeutung der Inter- cellularräume. — Wassergewebe und Verschleimung. — Die Ursache der Ausbil- dung von verschiedenen Arten Transspirationsschutz. — Häufigkeit der Spaltöffnungen und Vertheilung derselben. — Isolateralität und Blattstellung. — Gründe, die für vermehrte Transspiration in den Alpengegenden sprechen. Die teleologische Anschauungsweise. Da ich im Folgenden an mehreren Stellen die von Vielen scharf getadelte teleologische Anschauungs- und Ausdrucksweise ge- brauchen werde, so dürfte es nicht unzweckmässig sein, zuerst etwas näher auf diese Frage einzugehen. Im Gegensatz zu Kohl?!) kann ich nichts Anstössiges darin finden, wenn man sagt, dass eine Pflanze, die an einem trockenen, sonnigen Standorte wächst, sich durch Verdickung der Membranen etc. gegen Verdunstung schützt. Was hingegen die Ursache (Causa effieiens) der Verdickung der Membran betrifft, so ist das eine andere Frage, und zwar eine Frage von oft oder vielmehr immer äusserst complieirter und schwieriger Beschaffenheit. Man hat also zwischen zwei Dingen zu unterscheiden, erstens den Veränderungen, die von gewissen äusseren Factoren bedingt werden und die man wohl auch künftig wie bisher mit vollem Recht als eine Anpassung der Pflanze an äussere Verhältnisse (Reaction oder Schutz gegen solche, oder wie man es nennen will) betrachten kann, wenn es sich nämlich zeigt, dass sie denselben entgegenarbeiten, und zweitens den mechanischen Ursachen dieser Veränderungen. Kohl sagt auf $. 21 seiner Abhandlung über die Transspiration der Pflanzen: „Die direete und die indireete Wirkung eines äusseren Factors erscheinen immer entgegengesetzt gerichtet. Beleuchtung einer Pflanze ruft direct Steigerung der Transspiration hervor, in- direct aber Concentration der Zellinhalte, Verdickung der Membranen, Verkleinerung der Intercellularsysteme und Bildung von ganzen Ge- weben aus dickwandigen Gewebeelementen, alles Mittel, die Trans- 1) Kohl, F.@., Die Trunsspiration der Pflanzen und ihre Einwirkung auf die Ausbildung pflanzlicher Gewebe. Braunschweig 1886, ER" 119 spiration in der Folge herabzudrücken. Diese Erscheinungen, welche bisher noch nicht von diesem Standpunkt aus betrachtet wurden, thun dar, woher die Möglichkeit und Neigung stammt, sich mit ana- tomischen Daten durch teleologische Auslegung abzufinden*. In Uebereinstimmung mit dieser Anschauungsweise müsste man dann also auch sagen, dass die Kälte auf die Thiere direet durch Wärmeverlust wirkt und indireet durch die gesteigerte Eigenschaft ihrer Bekleidung die Wärme zu bewahren, sei es in der Form von reichlicherem Haarwuchs, Fettbildung oder irgend etwas anderem, ja man müsste noch weiter gehen und sagen, dass man, wenn man ein Gefühl von Kälte empfindet und deshalb einen diekeren Rock anzieht, dieses nicht thut, um sich vor der Kälte zu schützen oder die Körper- wärme zu bewahren (denn das wäre ja eine teleologische Erklärung), sondern man müsste dies als die indireete Wirkung der Kälte er- klären, die einen Nervenreiz hervorruft, der sich bis ins Gehirn fort- pflanzt, wodurch die motorischen Nerven affieirt und schliesslich diejenigen Bewegungen ausgeführt werden, die zu dem Anziehen des Rockes führen — oder etwas Aehnliches. Aber in diesem Falle findet man bald, dass man entweder jedes Wort, das mit Schutz gleich- bedeutend ist, aus dem Sprachgebrauch ausmerzen muss, oder auch muss man mit gleichem Recht solche Ausdrucksweisen sowohl in dem einen wie in dem anderen Falle gebrauchen können. Dies dürfte Vielen ein hartes Wort zu sein scheinen und man dürfte dafür halten, dass die „bewusste“ Handlung des Menschen, wenn er einen Rock anzieht, etwas ganz anderes ist, als das unbewusste Auftreten von reichlicherer Behaarung u. s. w. Es scheint jedoch, als ob alle möglichen Uebergänge zwischen diesen beiden Arten existirten. Die Kälte lässt den Kettenhund sich in das Stroh seiner Hütte verkriechen, und dieselbe dürfte wenigstens in einigen Fällen die Ursache sein, dass Pflanzen ihre Blumen schliessen. Für letzteres sucht man die mechanische Erklärung, für ersteres begnügt man sich damit, dasselbe als eine bewusste, eine absichtliche Bewegungsäusse- tung anzusehen; aber es darf wohl gefragt werden, ob man nicht ebenso gut in jenem Falle eine mechanische Erklärung suchen muss, obgleich sie viel schwerer zu erbringen sein dürfte. Der Hunger nöthigt die höheren Thiere, ihre Nahrung zu suchen und sich dieselbe mit grösserer oder geringerer List und Anstrengung zu verschaffen, und wo geht die Grenze zwischen ihnen und den niedersten Thieren, die nur diejenige Nahrung nehmen können, welche der Zufall ihnen zuführt, und wo ist wiederum die Grenze zwischen 120 diesen und den Pflanzen, und wo kann also eine Grenze gezogen werden z. B. zwischen dem Herabstürzen eines Raubvogels auf seine Beute und der Entwickelung von Blättern oder Wurzelsystem (in der zweck- dienlichsten Richtung) bei einer Pflanze, um ihr Nahrung zu verschaffen? Aber man kann sagen, dass es doch etwas anderes ist, wenn der Hund einerseits ein dichteres Haarkleid erhält und wenn er andrer- seits sich in das Stroh hineinbohrt, oder wenn die Pflanze einen reich- licheren Haarschutz erhält und wenn sie Wurzeln und Wurzelhaare entwickelt. — Wir wissen ja doch, wie zahlreiche Uebergänge es zwischen unbewussten und bewussten Bewegungen gibt, wie zwischen Bewegungen, die im Schlaf und in wachem Zustand ausgeführt werden, die unwillkürlichen Schläge des Herzens, die aber dennoch vom Be- wusstsein beeinflusst werden können, die ersten durchaus bewussten Griffe des Klavierspielers beim Einüben eines Stückes und der spä- teren mechanischen (wenigstens in Einzelheiten unbewussten) Wieder- gabe desselben u. s. w., was alles der Physiolog aus der Reflexthätigkeit erklären wollen dürfte. Ja, auch thatsächliche äussere Veränderungen können durch den Willen herbeigeführt werden, wie wenn durch hypnotische Suggestion rothe Flecken an gewissen begrenzten und vorherbestimmten Stellen der Haut hervorgerufen worden sind; und vielleicht würde auch eine kräftigere Haarbildung stattfinden können, im Falle die Suggestion während einer hinreichend langen Frist an- dauern könnte (um der Neubildung genügend Zeit zu lassen). Von mechanischem Standpunkt aus wäre man versucht, die will- kürliche Bewegung, die den Hund veranlasst, sich in das Stroh zu verkriechen, als die Folge eines schneller entstehenden oder stärker wirkenden oder in Bezug auf Wirkung (verschieden für verschiedene davon beeinflusste Gegenstände) modificirten und von der Kälte ver- anlassten Impulses zu erklären. Wenn wiederum der Reiz während einer längeren Zeitdauer so zu sagen ausportionirt wird (oder auf irgend eine andere verschiedenartige Weise wirkt), so erfolgt das un- willkürliche Entstehen der Haarbekleidung oder dgl. In beiden Fällen lässt sich denken, dass die Kälte einen gewissen Reiz auf die Haut ausübt, wodurch die Gefühlsnerven affieiirt werden, was eine Thätigkeit der motorischen Nerven zur Folge hat; dieses führt wiederum im ersteren Falle zu einer Ortsveränderung des ganzen Thieres, in letzterem Falle zu einer auf die Muskeln in den Wänden der Blutgefässe beschränkte Bewegung, wodurch ein reichlicherer Blutzudrang zu den äussersten Körperpartien stattfindet, und die Folge hiervon ist schliesslich ein reichlicherer Haarwuchs. 121 Hiermit vergleichbar dürfte einerseits die Bewegung sein, die man bei einer auf einem Zweige kletternden Raupe zu sehen pflegt, wenn sie an dem Ende des Zweiges angelangt ist, wie sie nämlich den vor- deren Theil des Körpers aufrichtet und denselben im Kreise dreht, um eine neue Stütze zu suchen; und andererseits die ähnliche Be- wegung, welche eine Schlingpflanze ausführt, um Halt zu gewinnen. Der einzige Unterschied scheint der zu sein, dass die Bewegung im letzteren Falle bedeutend langsamer von Statten geht, und zwar des- halb, weil sie durch Zuwachs geschieht, im ersteren Falle aber durch Muskelthätigkeit; aber was ist die Ursache, dass sich der Zuwachs und die Muskelthätigkeit in dieser Weise äussern, und was würde man sagen, wenn die Bewegung der Schlingpflanze bedeutend an Schnelligkeit zunähme? Vergl. Haberlandt, G., Eine Botanische Tropenreise (Leipzig 1893) S. 152: „Man denkt sich unwillkürlich, welch einen phantastischen, unheimlichen Anblick es bieten müsste, wenn alle diese weit vorgestreckten Schlingäste (bei Combretum lati- folium) plötzlich mit hundertfacher Geschwindigkeit ihre grossen Kreise beschreiben würden“. Auch ein paar andere neulich in der Litteratur (Haberlandt, a. a. Ö.) angeführte Beispiele mögen hier erwähnt sein, nämlich die Haftwurzeln der epiphytischen Anthurium- und Philodendron-Arten, von welchen H. (8. 162) sagt: „Das Merkwürdigste und Räthselhafteste beim Wachsthum dieser Rankenwurzeln liegt aber darin, dass sie nicht in beliebiger Richtung den Stamm allmählich umwinden, sondern den kürzesten und mit Rücksicht auf ihre mechanische Aufgabe auch zweckmässigsten Weg senkrecht zur Stammaxe einschlagen; daher denn auch der Anschein, als sei die Pflanze mit Stricken angebunden worden. Ganz umgekehrt verhalten sich dagegen die grünen assimilirenden Wurzeln des Tueniophyllum Zollingeri (H. a. a. O. 8. 170), die näm- lich „bei ihrem Wachsthum eine zur Längsaxe des Zweiges annähernd parallele oder schwach spiralige Richtung einschlagen‘. — Wenn man nun das Suchen der Larve nach einer Stütze aus dem Instinkt und das der Schlingpflanze als eine „rotirende Nutation“ und schliess- lich die beiden zuletzt angeführten Fälle als „Transversal*- bezw. „Longitudinalgeotropismus“ erklären will, — ist man dadurch be- deutend klüger geworden, oder werden die Erscheinungen durch die Belegung mit solchen Namen so sehr viel begreiflicher? Erst wenn wir an den sichtlichen Zweck der Bewegungen denken, fällt etwas Licht auf sie. Haben wir denn hinreichende Gründe, um solehen und 122 ähnlichen Benennungen ängstlich aus dem Wege zu gehen? — Fänden wir auch bei den Pflanzen Gehirn und Nervensystem, was wäre da- durch gewonnen? Keine annehmbare Theorie für eine mechanische Erklärung des Gehirns und seiner Thätigkeit ist bisher aufgestellt worden, und wenn es andrerseits den Pflanzen an einem Nervensystem fehlt, so dürfte niemand mit Bestimmtheit zu sagen vermögen, dass nicht bei ihnen Vorriehtungen oder Organe existiren können, die in ihrem Leben eine dem Nervensysteın der Thiere entsprechende Auf- gabe erfüllen. Schliesslich müsste man es bei consequenter Nutzanwendung der Kohl’schen Auffassung für kindisch und thöricht halten, wenn jemand sagte, dass der Wolf laufe, um seine Beute einzuholen, d. h. um sich Nahrung zu verschaffen (was ihm ohne Zweifel nützlich, um nicht zu sagen nothwendig wäre — eine teleologische Erklärung!), sondern man müsste nach den mechanischen Bedingungen dafür suchen, dass der Wolf dahinstürmt, dass er denselben Weg wie sein Raub ein- schlägt, und dass er eben sein Opfer ergreift und nicht irgend einen anderen Gegenstand im Wege u. s. w. Richten wir nun unsere Aufmerksamkeit auf einige Seiten in Kohl’s oben angeführter Schrift, die mir besonders wegen der Be- handlung von theilweise denselben Gegenständen, die unten berührt werden, in die Hände gefallen ist. 8. 9 sagt K.: „Die (durch starke Transspiration zur Ausbildung gekommenen) Gewebe sind gebildet worden, damit die Pflanze sich vor Austrocknung schütze, oder das (bei sehr schwächer Transspiration stets vorhandene) Auftreten zarter Gewebe, das Fehlen oder auffallende Zurücktreten diekwandiger Zellen ist erklärlich, denn unter den die Transspiration vermindernden Um- ständen ist ein besonderer Schutz vor zu grosser Wasserabgabe durch die Pflanze in Gestalt diekwandiger Zellen ete. nicht nöthig! Es ist hohe Zeit, derartige teleologische Scheinerklärungen, mit denen sich nur Anfänger begnügen können, die aber eine gesunde Forschung hemmen und hindern, aus der Naturforschung hinauszustossen und den Versuch zu machen, an ihre Stelle eine auf dem Causalitätsprinzip basirende Erklärung zu setzen. Einen solchen Versuch habe ich im letzten Abschnitt dieses Schriftchens mitgetheilt“. Sehen wir nun zu, wie es hier auf 8. 115 heisst: „In engem Zusammenhang mit den Wassermengen, welche eine Pflanze aus ihren Blatttlächen verdampft, steht die Ausbildung der Gefässe in Bezug auf Zahl und Weite, so dass man mit der Kenntniss des Standorts und der Grösse der transspirirenden Blattflächen ausgestattet, schon 123 annähernd die Gefässmenge zu bestimmen vermag. Sehr grossblättrige Pflanzen mit verhältnissmässig dünnem Stengel, die sich mit ihren Blattorganen hoch in die Luft erheben und mit diesen den Luftströmungen ausgesetzt sind, haben immer weite, ziemlich zahlreiche Gefässe (Aristolochia, Vitis, Menispermum ete.), Bäume'und Sträucher dagegen mit sehr kleinen Blättern meist wenige und enge Gefässe etc... .. Dass die Intensität der Transspiration der Pflanzen, welche im Wesent- lichen einestheils von Standortsverhältnissen, anderntheils von der Grösse der transspirirenden Fläche abhängt, die Menge (und beziehentlich auch Weite) der Gefüsse bestimmt, geht aus solchen vergleichenden Studien hervor“, Mir scheint es schwierig, einen wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden Erklärungsweisen zu finden. In letzterem Falle heisst es, dass die Transspiration es ist, die die Menge der Gefässe ete. be- stimmt, im vorigen (8. 9), dass diekwandige Gewebe sich bilden, damit sich die Pflanze gegen Austrocknung, d. h. gegen Verdunstung, Trans- spiration, schütze. Es ist dies ja thatsächlich die nämliche Erklärung, obgleich die Ausdrucksweise verschieden ist. In beiden Fällen wird die mehr oder weniger bewiesene Thatsache constatirt, dass die Aus- bildung der Pflanze mit der Transspiration in Beziehung steht, aber durch welche Kräfte oder auf welche Weise die Transspiration die Vergrösserung der Gefässe an Zahl und Weite oder die Verdickung der Wände bewirkt hat, das wird ebenso wenig oder ebenso gut (wenigstens in den angeführten Beispielen) erklärt, gleichgültig, ob man den einen oder den anderen Ausdruck gebraucht. Es sei fern von mir, befürworten zu wollen, dass man sich mit der teleologischen Erklärung begnügen und dann die Hände in den Schoss legen sollte. Denn es ist ja das Bestreben der wissenschaft- liehen Forschung, immer tiefer und tiefer in das Wesen der Dinge einzudringen und alles durch bekannte Naturgesetze zu erklären. Man untersuche daher, was es eigentlich ist, das die Substanzver- mehrung einiger Partieen der Pflanzengewebe bewirkt, und warum gerade diese Partieen zunehmen und auf welche Weise, welches die mechanischen Ursachen der verschiedenen Verhältnisse der Blüthe sind, deren Farbe, die Lage und Richtung der Honigzeichen u. s. w., und dabei darf man sich nicht entmuthigen lassen, wenn man auch nicht einer jeden Frage auf den Grund kommen kann, sondern der Horizont sich immer mehr erweitert und der Untersuchung neue Felder eröffnet. Wie soll man sich nun die teleologische Erklärungsweise vor- stellen? Ist ihre mechanische Formel im Kampf ums Dasein zu 124 suchen!) und dadurch der Wissenschaft gerettet, oder kann man behaupten, dass sie so zu sagen auf eigenen Füssen steht? Die den Kampf ums Dasein begleitende natürliche Auswahl beruht wie bekannt auf der Variationsfähigkeit der organischen Wesen. Man darf natürlich nicht voraussetzen, dass diese Variation nur nach einer gewissen vorausbestimmten Richtung hin wirkt, sondern man muss annehmen, dass sie nach verschiedenen Richtungen stattfindet, wobei nur die Veränderungen, die sich am zweckmässigsten (nütz- lichsten) erweisen, bestehen können. Sollte man desshalb glauben, dass z. B. die epidermale Aussenwand einer in ein trockenes Klima versetzten Pflanze bei einigen Individuen etwas dünner, bei anderen etwas dicker wird und dass die letzteren, als gegen äussere Ein- wirkungen am besten geschützt, bewahrt werden, die ersteren aber (im Kampfe ums Dasein) untergehen? In diesem Falle wäre es ja augenscheinlich, dass die äusseren, mechanisch wirkenden Faetoren nicht oder nur in geringem Maasse auf die Entwickelung der Pflanzen von Einfluss wären. Denn wenn sie das wären, so würde in diesem Beispiel wahrscheinlich die Variation ausschliesslich auf eine Ver- diekung der Aussenwände hinauslaufen, und die einzige Aufgabe der natürlichen Auswahl wäre nur die Vertilgung der Individuen, die hierin am meisten zurückgeblieben wären oder die vielleicht das Maass überschritten hätten. Wir haben also die Wahl zwischen zwei Anschauungen: entweder besitzt der Organismus eine innere Fähigkeit, nach allen Seiten un- abhängig von äusseren Einflüssen zu variiren und die natürliche Aus- wahl greift direct ein, oder die äusseren Factoren sind es, die die 1) Vgl. Haberlandt, G, in Schenk’s Handbuch der Botanik Ba. U 8.561: „Durch einen „Zauberschlag des Genies“ wurde nun auf einmal die Scheide- wand durchbrochen, welche die mechanische und teleologische Erklärungsweise trennte und der lang zurückgestaute Strom der Forschung konnte sich ungehindert in das neue breite Bett ergiessen. Dem Scharfsinne Charles Darwin’s blieb es bekanntlich vorbehalten, für die teleologische Erklärungsweise die mechanische Formel zu finden, Im „Kampfe ums Dasein“ werden nur jene morphologischen Varistionserscheinungen durch Vererbung fixirt, welche einen möglichst sicheren, vollständigen und glatten Verlauf aller physiologischen Functionen gewährleisten. Older, genauer gesagt, es bleiben diejenigen Combinationen von chemischen und physikalischen Kräften durch Vererbung erhalten, welche bei jedem einzelnen Individuum der betreffenden Species die vortheilhaften morphologischen Eigen- schaften eausal-mechanisch hervorrufen. So werden die wirkenden Ursachen mit den Endursachen verknüpft, die einen bewirken das Zustandekommen der mor- phologischen Thatsache in der Entwickelung des einzelnen Individuums, die anderen dagegen bewirken das Gleiche in der historischen Entwickelung der ganzen Species“. 125 Veränderungen veranlassen (wobei natürlich auch die Annahme nicht ausgeschlossen ist, dass nicht ebenfalls innere Kräfte, Anlagen ete, mehr oder weniger fördern oder hemmen könnten), und die natürliche Auswahl kann sich erst in zweiter oder dritter Reihe geltend machen. Im ersteren Falle ist es allerdings leichter, die Utilität zu erklären, da aber die letztere Anschauungsweise die grössere Wahrscheinlichkeit zu besitzen scheint (wenigstens in mehreren Fällen), so erscheint nur die Vorstellung möglich, dass die äusseren mechanisch wirkenden Faetoren die Veränderungen der Organismen bewirken; dass aber diese Veränderungen zum Nutzen und nieht zum Schaden derselben ge- reichen, das hat bisher nicht genügend und naturwissenschaftlich er- klärt werden können, sondern besteht nur als eine Thatsache. Man darf nieht ausser Acht lassen, dass die Theorie von der natürlichen Auswahl als Erklärung der zweekmässigen Anpassung der PHlanzen nur theilweise angewendet werden kann, denn eine un- zählige Menge von Fällen kommt niemals innerhalb der Grenzen ihres Bereichs, nämlich alle inerster Reihe entstehenden und für gewisseäussere Verhältnisse bestimmte Modifieationen des Baues, die man also nicht als eine nur spontane Variation denken kann. — Nimmt man z.B. den Samen irgend einer plastischen Art und säet denselben an verschiedenen Standorten, so erhalten die Individuen, die troekenen und der Sonne zugänglichen Localitäten entwachsen, diekere epidermale Aussenwände u. s. w. als die Sehatten- pflanzen. Aber in diesen Fällen lässt sich nicht denken, dass die natürliche Auswahl irgendwelchen Einfluss auf die verschiedenartige Gewebeentwickelung oder auf die Entwiekelung im Allgemeinen in den beiden Fällen bei den verschiedenen Pflanzenindividuen aus- geübt habe. In der Physik und der Chemie bedient man sich der Hypothesen, wie der Emanations- und Undulationstheorieen, der Atomtheorie, und mit ihrer Hilfe erklärt man dann die gemachten Beobachtungen und Erfahrungen, ja, was die Atomtheorie betrifft, so baut man auf ihr und stützt damit die ganze chemische Wissenschaft, die mit ihr steht oder fällt, sofern man nämlich nicht die Wissenschaft nur aus den nackten Thatsachen bestehen lassen will. Ebenso scheint es durchaus berechtigt, für die physiologischen Diseiplinen ein Nützlichkeits-Prineip:) aufzustellen, wodurch man wahrscheinlich die generellste (Schluss-) Erklärung für die Ausbildung der organischen Wesen erhält, während 2) Dem Entwickelun gsprineip ist schwerer beizukommen und es kaun hicht so direct mit den einzelnen Erscheinungen in Beziehung gebracht werden, 126 man nachher für jeden besonderen Fall die Causa eficiens in here- ditären Ursachen, im Kampf ums Dasein oder in der handgreiflicheren Einwirkung äusserer Faetoren suchen mag. Aber dies alles ist, wie gesagt, ein Kapitel für sich. Es kann natürlich niemandem entgehen, dass dennoch ein ge- wisser Unterschied zwischen den genannten Principien besteht. Die Theorieen, welche für die Wissenschaften, die sich mit den anorga- nischen Stoffen und mit den dieselben regierenden Kräften beschäf- tigen, maassgebend sind, enthalten etwas so zu sagen Begreiflicheres. Allerdings hat niemand ein Atom gesehen oder die Atome eines Moleküls gezählt, und dennoch enthält die Atomtheorie nichts, was theils direet, theils per analogiam gegen gewöhnliche, bekannte That- sachen spräche. Im Nützlichkeitsprineip dagegen kommt etwas für uns gewissermaassen Unfassbares hinzu, aber darüber darf man sich nicht wundern, da wir es hier mit belebten Wesen zu thun haben, und da die Erscheinung, die man das Leben nennt, bisher nicht aus den gewöhnlichen Naturgesetzen hat erklärt werden können, ob nun dies davon abhängt, dass das Leben einem „übernatürlichen“ oder aber einem bis jetzt nicht entdeekten natürlichen Gesetze und eben- solcher Kraft unterworfen ist. Wenn aber das Gesetz oder die Gesetze, denen die „Lebenskraft“ gehoreht, unbekannt sind, so ist es nicht auffallend, dass auch die Hypothese, die diese Dinge betrifft, unver- standen ist und daher auf dem jetzigen Standpunkt der Wissenschaft unwissenschaftlich erscheint.!) Andrerseits besteht zwischen den verschiedenen Arten von Hy- pothesen die Aehnlichkeit, dass die Anschauungsweise, die sie an- bahnen, sich als fruchtbringend erweist und auf gute Fährten führt. Durch die teleologische Anschauungsweise findet man gleichsam das Ende des Fadens, den man nachher aufzuwickeln hat, oder den Schlüssel, der die unerschöpfliche Schatzkammer der Natur erschliesst. 1) Vgl. Kerner von Marilaun, A. Pflanzenleben 1. Bd., Leipzig 1888, 8.49: „Wie aber sollen wir nun jene Naturkraft nennen, welche auch ohne materielle Veränderung des Protoplasmas und ohne äusseren Anlass erlöschen kann, jene Naturkraft, welche, wenn sie nicht erloschen ist, das Protoplasma veranlasst, sieh nach Bedürfniss zu bewegen und umzulegen, neue Stofftheilchen in seinen Wirkungs- kreis aufzunehmen und andere auszuscheiden, jene Naturkraft, welche, wenn sie als lebendige Kraft wirkt, das durch äussere Reize angeregte Protoplasma seine Bewegungen den jeweiligen Verhältnissen in der zweckmässigsten Weise anpassen lässt? Es ist nicht Electrieität, es ist nicht magnetische Kraft; diese Kraft ist überhaupt mit den anderen Naturkräften nicht identisch, denn sie zeigt eine Reihe eigenthünlicher Wirkungen, welche allen anderen Naturkräften abgehen“ etc. ee 127 Man könnte sich schliesslich fragen, ob es kein Kriterium gibt, das die teleologische Erklärung auf die richtige Spur führt. Als ein Zeugniss dafür, dass es sich wirklich so verhält, könnte man den Umstand betrachten, dass die Veränderungen der Organismen that- sächlich zu deren Nutzen.geschehen. Also, um die schon gebrauchten Beispiele zu benützen, es werden zum Transspirationsschutz die Aussen- wände verdiekt, die Spaltöffnungen vertieft u. s. w., und nicht um- gekehrt. Schwerlich dürfte ein sicherer Beweis eines entgegengesetzten Verfahrens beizubringen sein, wobei also die Reaction der Pflanze gegen äussere Factoren zum Schaden und nicht zum Nutzen gereichte, oder, um mit Kohl zu reden, wobei die indireete Wirkung der direeten nicht entgegengesetzt wäre. Indessen dies Gesetz in jeder Einzelnheit und in jedem besondern Fall zu prüfen, stösst natürlich auf erhebliche Schwierigkeiten wegen der mannigfachen Complicationen, die leicht eine falsche Auffassung herbeiführen können. Ein Beispiel hierfür sei aus Kohl (a. a. O. 8. 110 und ff.) ange- führt. Auf Grund seiner Untersuchungen über den Einfluss der Tem- peratur auf die Ausbildung mechanischer Gewebe sucht dieser Ver- fasser zu zeigen, wie unrichtig Schwendener’s Auffassung von den Functionen dieser Gewebe ist, und wie wenig rationell die Ausbildung bei jener Auffassung sein würde: „So muss vor allem auffallen, dass mechanisch stützend wirkende Gewebe bei Wasserpflanzen, auch wenn letztere sich beträchtlich über die Wasserfläche erheben und grosse resp. schwere Blattorgane entwickeln, doch nur in äusserst geringer Menge gebildet werden, wogegen Landpflanzen mit viel kleineren Blatt- organen, die also weit bescheidenere Ansprüche an die Tragfähigkeit des Stengels machen, oft eine sehr ansehnliche Menge mechanisch wirkender Gewebe produeiren. Schlingpflanzen, deren Stengel doch viel weniger auf ihre Festigkeit in Anspruch genommen werden als die aufrechtwachsenden anderer Pflanzen, bringen oft auffallend viel Gewebe mit diekwandigen Elementen hervor“ etc. Es ist nicht schwer zu zeigen, wie unhaltbar dieses Urtheil ist. Wie verschieden gestalten sich nicht die Verhältnisse in Bezug auf das Bedürfniss von Biegungsfestigkeit bei dem Blatte einer Wasser- pflanze und demjenigen eines Baumes! Wenn auch jenes grösstentheils über: dem Wasserspiegel hervorragt, so ist doch der Spielraum des Windes ein ganz anderer dicht über der Oberfläche des Wassers als um ein frei in der Luft hängendes Blatt herum. Das Schwingungs- gebiet des Wasserblattes ist von der Wasserfläche begrenzt, das freie Blatt dagegen vermag sich nach allen Riehtungen hin zu drehen und 128 zu schwingen. Aber der wichtigste Unterschied dürfte doch der sein, dass jenes eine stete Zufuhr von Wasser besitzt, die es schwellend erhält, dieses dagegen muss auf Perioden von Trockenheit gefasst sein, und wäre es dann mit festen Geweben schlecht ausgerüstet, so wäre es unwiederbringlich verloren. In Bezug auf die Schlingpflanzen wissen wir ja gut, in wie hohem Grade ihre Zugfestigkeit in Anspruch genommen wird, wenn die Sub- stratpflanze an Dicke zunimmt und die umschlingenden Banden zu sprengen droht, dabei aber selbst den Kürzeren ziehen und in der Umarmung der Schlingpflanze „ersticken“ kann. Sollte hierin nicht Grund genug sein für eine starke mechanische Ausbildung? Oder wenn Kohl an einer anderen Stelle von den vielen und grossen Ge- fässen der Schlingpflanzen spricht, wie sollten diese vor Zusammen- pressung bewahrt werden können, wenn nicht durch starke mechanische Belege?!) — Es scheint mir daher unzweifelhaft, dass derjenige, welcher sich in seiner Lösung ebengenannter Frage geirrt hat, eher Kohl ist, der sich auf einen hochwissenschaftlichen, aber dennoch viel zu un- vollkommenen Boden gestellt, und nicht Schwendener, der die Frage vom teleologischen Standpunkt aus betrachtet hat. Abhängigkeit der epidermalen Gewebebildung und der Blattstellung von äusseren Factoren. Durch anatomische Untersuchungen von Pflanzen, die entweder an verschiedenen natürlichen Standorten vorkommen oder die auf experimentellem Wege unter verschiedene äussere Verhältnisse gebracht 1) Wie sollte man mit Hilfe der Transspiration das locale Auftreten von mechanischen Verstärkungen, die bei den Pflanzen z. B. in floralen Axen, post- floralen Ausbildungen etc. so gewöhnlich sind, erklären können? Vergl. Gre- villius, A. Y., Anatomiska studier öfver de Hlorala axlarnı hos diklina Fanero- gamer. Bihung till K. svenska Vet. Akad. Handlingar. B. 16. Afd. III. No. 2, Stockholm 1890. — Eliasson, A. G, Om sekundära, anatomiska förändringer inom Janerogamernas florala region. KEbendaselbst B. 19. Afd. III. No. 3. Stock- holm 1893. — Und besonders Kjellmann, F. R., Ueber Verdnderlichkeit anato- nischer Charaktere. Bot. Centr.-Bl. B. 30, $. 123, 1887. — Die in dieser letzten Schrift behandelte Untersuchung der Fruchtstiele von Cucurbita melanospermd zeigt, wie verschieden die Entwickelung der Stiele wird, wenn sich die Frucht in hängender Lage befindet, als wenn sie auf dem Boden liegt. Im ersteren Falle werden die mechanisch wirkenden Gewebe mehr ausgebildet, was man nicht gut anders deuten kann als in Beziehung zu den hier herzukommenden grösseren An- sprüchen an Tragfestigkeit, Dieses Beispiel gibt schwerlich Gelegenheit zu der Bemerkung, «dass die Transspiration in den beiden Fällen verschieden sei (natürlich unter der Voraussetzung, dass die Früchte sowie die Pflanzen im übrigen fast gleich sind). 129 wurden, hat man versucht, eine Vorstellung zu gewinnen von dem Einfluss, den die äusseren Einwirkungen auf den inneren Bau der Pflanzen ausüben. Da indessen unter den gewöhnlichen Verhältnissen solche Factoren wie Licht, Feuchtigkeit u. s. w. einen gleichzeitigen Einfluss üben und auch schwerlich durch experimentelle Methoden von einander getrennt werden können, sofern sich die Pflanze ohne krankhafte Veränderungen entwickeln soll, so ist es kein Wunder, dass die Ansichten über den Einfluss jedes einzelnen dieser Factoren für sich auf die anatomische Ausbildung sowohl im Allgemeinen als auch auf jedes einzelne Gewebe sehr weit auseinandergehen. Am meisten scheinen die Ansichten über die epidermalen Variationen mit einander übereinzustimmen. Es ist ja auch in der Natur der Ober- haut, sowohl wegen ihrer Lage als auch wegen ihrer besonderen Befähigung gegen äussere Einflüsse zu schützen, begründet, dass dieses Gewebe in erster Reihe bei seiner Entwickelung von den äusseren Verhältnissen beeinflusst werden muss. Und dass dies vor allem von ihrer äussersten Partie, d. h. der Aussenwand, gilt, ist ja ganz natürlich. Die Erfahrung zeigt auch, dass sich die Aussenwand verdickt und besonders, dass deren äussere, euticularisirte Schichten im Allgemeinen je nach der zunehmenden Trockenheit des Standortes verstärkt werden. Gleichen Schritt mit diesen Veränderungen halten diejenigen der Spaltöffnungen, die nun in Bezug auf Entwickelung und Lage immer mehr geschützt und befähigt werden, die Verdunstung des Wasserdampfes aus der Pflanze zu erschweren.!) Was nun die Vertheilung der Spaltöffnungen auf dem Blatte 2. B. betrifft, so sind die Meinungen hierüber auffallend verschieden gewesen. Während einige meinen, dass der Standort nicht in nam- haftem Grade die Anzahl der Spaltöffnungen oder deren Auftreten auf den verschiedenen Seiten des Blattes beeinflusst, so sind andere da- gegen der entgegengesetzten Meinung; und diese letztere Auffassung _ dürfte wohl a priori die wahrscheinlichste sein; denn bei der gewöhn- lichen Voraussetzung, dass die Spaltöffnungen als Ausführpforten des transspirierenden Wasserdampfes die Verdunstung der Pflanze regelt, muss man vermuthen, dass sie in allen ihren Beziehungen und also auch in Betreff ihrer Vertheilung mit den äusseren die Wasserzufuhr bedingenden Factoren in Verbindung gebracht werden müssen. 1) Vgl. z.B. Tschirch, A., Ü'eber einige Beziehungen des anatomischen Baues der Assimilationsorgane zu Klima und Standort, mit speeieller Berücksichtigung des Spaltöfnungsapparates, Linnaeu No. 43. 1881. Flora 1895, 9 130 Indessen ist es deutlich, dass die uns mehr oder weniger unbe- kannten Organisations- und Compensationsvorrichtungen der Pflanzen bei aller Art von Anpassung eine grosse Rolle spielen müssen, und dass unser Urtheil leicht getrübt werden kann, wenn wir sehen, wie sich bei der einen Pflanze nach Veränderung des Standortes die An- zahl und die Vertheilung der Spaltöffnungen ändert, während dagegen die andere unter denselben äusseren Verhältnissen in diesen Be- ziehungen unverändert bleibt oder sogar in entgegengesetzter Richtung verändert wird, um einer etwaigen allzu starken Anpassung anderer Organe das Gleichgewicht zu halten.) Um solche Abweichungen zu erklären, nimmt man gewöhnlich seine Zuflucht zu phylogenetischen Ursachen. Oft dürfte jedoch die Erklärung näher liegen, und da dieser Umstand für die folgende Darstellung eine gewisse Bedeutung hat, so möge er hier durch einige Beispiele erläutert werden. Die dikotyledonen Pflanzen haben meistens, wie bekannt, die Spaltöffnungen ausschliesslich oder grösstentheils an der Unterseite des Blattes gesammelt. Dies scheint die Regel zu sein, wenigstens bei den Dikotyledonen, die in gewöhnlicher Beleuchtung wachsen und Blätter von gewöhnlicher Stellung und von dem bei dieser Pflanzen- gruppe vorwaltenden Typus besitzen. Man glaubt nun, dass dies von Verdunstungsverhältnissen, von der scharf ausgeprägten Differenzirung des Blattbaus und der daraus folgenden Arbeitstheilung u. s. W. abhängt. — Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen, und besonders trifft man bei den Papilionaceen oft ein ganz entgegengesetztes Verhalten.?) In dieser Familie dürfte jedoch eine nähere Untersuchung der Stellung der Blättchen unter verschiedenen Verhältnissen eine direetere Er- klärung der Ausnahmefälle liefern als die gewöhnliche, eniferntere und vor allem weniger besagende hereditäre. So kann man z. B. ») Beispiele von Ersatzvorriehtungen zur Bildung desselben Schutzes findet man angeführt z. B. bei Areschong, Der Einfluss des Klimas auf die Organi- sation der Pflanzen, insbesondere auf die anatomische Str uktur der Blattorgane. Engl. Jahrbücher 1882, Bd. II S. 525. 2) Kareltschikoff: Ueber die Vertheilung der Spaltöffnungen auf den Blättern, Bulletin de la Societ& imperiale des naturulistes de Moscou, T. 39, 1866, 8. EIER — Bei Pieia Orobus DC. habe ich dieses umgekehrte Verhältniss besonders deutlich ausgeprägt gefunden. Das Palissadenparenchym der oberen Blattseite ist mit einer Epidermis bekleidet, die aus kleineren Zellen mit graderen Seitenwänden, dünneren und nach aussen convexen Aussenwänden sowie zahlreichen Spaltöffnungen besteht. Auf der Unterseite dagegen wird das Schwammparenchym bedeckt von grösseren Epidermiszellen mit stärker undulirten Seitenwänden, diekerer Aussen- wand und entweder ohne oder mit nur vereinzelten Spaltöffnungen. 131 bei Arten der Gattung T’rifolium finden, wie sich der gemeinsame Blattstiel bei eintretender Trockenheit so dreht, dass sich die Blättchen umwenden und die Unterfläche nach oben gerichtet wird.!) Ebenso scheint es sich bei den Gramineen zu verhalten, und wenn man die im Vergleich zu den Dikotyledonen-Blättern verschiedenartige Stellung der Grasblätter, die Umdrehung der Scheibe, wodurch die morphologisch obere Seite zur physiologisch unteren wird, ferner Rollblätter, Rippenbildungen etc. berücksichtigt, so wird man finden, dass, wenn solche Gräser, die an sehr trockenen Plätzen vorkommen, nur auf der Oberseite Spaltöffnungen zeigen, dieses die für sie vor- theilhafteste Anordnung ist, und, was die Vertheilung der Spaltöffnungen betrifft, dieses durchaus mit dem entgegengesetzten Verhältniss bei den Dikotyledonen verglichen werden kann und ebenso leicht zu er- klären ist wie dieses.?) 1) Vgl. Johow, F., Ueber die Beziehungen einiger Eigenschaften der Laub- blötter zu den Standortsverhiltnissen. Pringsheim’s Jahrbücher 15, 1884, S. 287: „Die Leguminosen haben in der nach der Beleuchtungsintensität regulirbaren Be- wegung ihrer Blattfiedern ein wirksames Mittel, um den schädlichen Einfluss des Lichtes für die zu stark exponirten Blätter abzuschwächen“. — Siehe auch Wiesner, J., Die nutürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylis der lebenden Pflanzen. Festschrift der zool.-botanischen Gesellschaft in Wien 1876. — Ob indessen das Licht oder die Transspiration (oder noch andere Factoren) oder beide vereint die Ursache dieser Stellungsveränderungen und Drehungserscheinungen der Blätter sind, dürfte in jedem einzelnen Fall eine besondere Untersuchung erfordern (vgl. eine spätere Abhandlung von Wiesner, hier unten eitirt), aber da besonders die Vertheilung der Spaltöffnungen, in diesem Zusammenhang gesehen, zu wenig beachtet worden zu sein scheint, habe ich es für zweckmässig erachtet, oben im Texte ganz besonders die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, 2) Vgl. Pfitzer, E, Beiträge zur Kenntniss der Hautgewebe der Pflanzen, Pringsh. Jahrb. 7. 1869—70. — De Bary, A., Vergleichende Anutomie der Vege- tutionsorgane der Phanerogamen und Furne, Leipzig 1877, S. 426: „Auch bei manchen Gräsern (wie bei den Passerina-Arten) wird die morphologische Oberseite durch Tor- sion des Blattstiels oder der Blattbasis nach unten gekehrt; sie hat hier das lockere Parenchym, und die faktisch nach oben stehende untere das dichte“. — Tschirch, A., Beiträge zu der Anatomie und dem Einrollungsmechanismus einiger Grasblätter, Pringsh. Jahrb. 13. 1882. — Von den Figg. auf Taf. XVI könnte man den Ein- druck erhalten, dass die Spaltöffnungen hauptsächlich auf der unteren (also der nach der Einrollung nach aussen gerichteten) Seite vorkämen. Im Texte (8. 549) heisst es aber: „Ueberhaupt finden sich bei dieser Abtheilung (Gräser mit Roll- blättern), 80 weit meine Beobachtungen reichen, bisweilen ausser in den Längsrinnen der Oberseite auch auf der Unterseite Spaltöffnungen“ etc. Ferner wird, wie Tschirch zeigt, infolge besonderer Einrichtungen bei starker Einrollung des Blattes „das grüne Gewebe der Oberseite fast ganz gegen die umgebende Atmosphäre abge- schlossen“, — Was die auf der Oberseite des Blattes stark hervortretenden Längs- g* 132 Unser gewöhnlicher Wachholder (juniperus communis) hat, wie bekannt, die Spaltöffnungen nur auf der oberen Seite der Nadeln. Hier wird indessen die Transspiration durch die geringe Anzahl der Spaltöffnungen, ihre vertiefte Lage u. dgl. herabgesetzt, wozu, wie Warming!) gezeigt, für die arktische und auch in unseren nördlichen Gebirgsgegenden vorkommende nana-Form die aufrechte und an- liegende Stellung der Blätter hinzukommt. Ein ähnliches Verhält- niss findet statt bei mehreren Arten der Gattung Lycopodium, worüber Näheres weiter unten. Ferner hat Stahl?) bei Juniperus virginiana auf folgenden Umstand hingewiesen: „Wächst der Baum in sonniger Lage, so sind die Zweige mit anliegenden Blättern versehen. In schattigen Lagen oder an Zweigen, die im Innern der Büsche stehen, treten sehr häufig die Zweige mit nadelförmigen, abstehenden Blättern auf.“ Und Goebel?) erhielt dadurch , dass er die aus Neuseeland stammende und mit anliegenden Blättern versehene Veronica cupres- soides in feuchter Luft zog, eine Form mit abstehenden Blättern. Ferner hat derselbe Verfasser in Bezug auf Filago minima Folgendes beobachtet: „Auf sandigen, dürren Aeckern der Umgebung Marburgs sind die Blätter dieser Pflanze steil aufgerichtet, der Stammoberfläche angedrückt, bei in feuchter Luft gezogenen Pflanzen stehen sie vom Stamme ab.“ — Selbst habe ich zuweilen Calluna vulgaris im Inneren feuchter und schattiger Wälder angetroffen, woselbst die Pflanze ein ganz anderes Aussehen erhält als das gewöhnliche: die Zweige sind. bedeutend verlängert und die Blätter stehen sehr weit ab.‘) rippen betrifft, so wirken sie natürlich schützend auf die in den zwischen ihnen liegenden Rinnen befindlichen Spaltöffnungen. Ausserdem ist anzunehmen, dass sich diese Rippen durch Zusammenziehen des Blattes bei Austrocknung dichter an einander schliessen und die Spaltöffnungen mehr oder weniger vollständig gegen die äussere Atmosphäre abschliessen. — Dufour, L., Influence de la Tumiere sur la forme et la structure des feuilles. Annales des sciences naturelles 7ieme Serie. T. 5. Paris 1887, S. 311, sowie die in dieser Arbeit angeführten Beobachtungen von Duval-Jouve, Irmisch, Thomas, Frank u. a. m. 1) Warming, Eug., Om Grönlands Vegetation. Meddelelser om Grönland, XII, Kjöbenharn 1888, S, 115. 2) Stahl, E., Ueber den Einfluss des sonnigen oder schattigen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter, Jena 1883, S. 22. 3) Goebel, K., Pflanzenbiologische Schilderungen. T. I. Marburg 1889. S. 19.f. 4) Vgl.Seemann, Onthe Newfoundland Heather. Journal of botany 1866, S. 305. Die Form von Calluna vulgaris, die 8. in Newfoundland angetroffen hat, und die er auch, wie er sagt, von Island und höheren Alpengegenden gesehen, hat „leaves always closely adpressed to the stem“, und er nennt sie Calluna atlantica. Diese Form steht wahrscheinlich zu der europäischen in demselben Verhältniss wie 133 Lector K. B. J. Forssell hat die Güte gehabt, mir folgende zwei Aeusse- rungen, die hier mitgenommen sein mögen, um ihrestheils die in dem Folgenden behandelten Fragen zu beleuchten, mitzutheilen: „Juniperus communis var. nana, sich in niedrigen, sehr dichten Pyramiden bildend, zuerst von v. Linn& an der Ostseite des Hunnebergs — zwischen dem Freigut Nygärd und der Kirche von Thunhem —, wo Stürme heftig rasen, ange- merkt; in letzter Zeit ist sie am Wenersee angemerkt worden nahe dem Freigut Sjöberg auf langen, kahlen Bergabhängen, wo es ausser dieser nicht einmal einen Strauch gab. Sie scheint aus dem Bemühen der Pflanze, sich gegen die Stürme zu schützen hervorgegangen zu sein“. (Aus einer handschriftlichen Aufzeichnung des für Botanik sehr interessirten Probstes P. Selander.) „Diese Varietät (J. comm. v. nana), von der man bis jetzt geglaubt, dass sie ausschliesslich den Hochgebirgen oder wenigstens den nördlichsten Provinzen Schwedens angehörte, scheint in ganz Schweden hervorgerufen werden zu können, wo immer eine den Winden ausgesetzte Localität sich darbietet. Ich habe sie vorher auf nackten Inselchen in den Schären von Haparanda und Stockholm ange- troffen und fand sie vergangenen Sommer auch auf den hohen, kahlen Graten des Kullaberges in Schonen. Ausserdem kommen, ausser an genannten Stellen, auch auf den Hügeln in der Umgegend von Upsala zahlreiche Uebergangsformen vor, von welchen besonders die auf dem Galgenberge sich den am meisten entwickelten Formen der Varietät nähern. Dass diese Form kein Artrecht, wie es Einige ge- wollt, verdient, wird am besten durch ihre Zwischenformen bewiesen“. (Fr. Björn- ström: Spridda växtgeografiska uppgifter rörande Skandinavfloran, in Botaniska Notiser 1855, S. 70). Mit dergleichen Beispielen vor Augen und mit Berücksichtigung der Gefahr zu verdorren, welcher die Pflanzen in alpinen und arktischen Klimaten ausgesetzt sind, und deren thatsächliches Vorhandensein ich im Folgenden zu zeigen versuchen werde, kann man kaum unschlüssig sein, die Veränderungen, welche die Pflanzen erleiden, und wovon ich oben einige Fälle angeführt, so zu erklären, dass sie gerade einen Schutz gegen Verdunstung bilden oder so zu deuten sind. Bei Juni- perus communis 2. B. kann man mit Rücksicht hierauf sich schwer- lich eine bessere Lage der Spaltöffnungen denken als an der oberen Seite des Blattes. Denn es ist wahrscheinlich, dass diese Pflanze, wenn nöthig, die Transspiration dadurch auf das möglichst geringste Mass herabsetzen kann, dass sie die Blätter an den Stamm drückt und so die Spaltöffnungen mehr oder weniger vollständig verschliesst. Indessen darf man natürlich nicht die Forderung aufstellen, dass die extremsten Formen unmittelbar in einander übergehen sollen, wenn sich die äusseren Verhält- Juniperus nana zu J. communis. — Vgl. das Verhältniss bei den Moosen, deren Blätter sich in feuchter Luft nach aussen biegen und in trockenerer Luft dem Stamme anlegen („sommeil hygrometrique*): Bastit, E., Recherches anatomiques et physiologiques sur la tige et les fewilles des mousses. Berue generale de Bot. Tome 3, 1891, 8. 412 ff. 134 nisse im selben Masse ändern. Denn es besitzt nicht jede Pflanze eine derartige plastische Fähigkeit. Und ebenso wie die Entwickelung einer Form aus einer andern allmähliche kleine Veränderungen während langer Zeit erfordert haben kann, so kann es auch möglich sein, dass die secundäre Form nur allmählich im Stande ist, wieder in die primäre zurückzugehen. Ist der Wechsel ein überstürzter, kann sonst leicht eintreffen, dass die Pflanze nieht Zeit genug hat, die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, sondern mehr oder weniger leidet. So erfuhr Seemann a. a. O., als er die Neufundländische Callun« vulgaris auf Irland pflanzte: „Whilst the Newfoundland one always suffered from frost and turned brown during the mild Irish winter, the common British form, growing by its side, was unaffected by cold and retained its usual greeu colour“. Die Ursache dafür, dass die neufundländische Form auf Irland nicht gedeihen wollte, möchte ich jedoch, in Uebereinstimmung mit der hier gegebenen Darstellung, eher in Transspirationsstörungen als in dem directen Einfluss der Kälte suchen. Hydrophile Pflanzen mit xerophiler Ausbildung und verschiedene Erklärungsversuche dieses Verhältnisses. Wenn in oben angeführten Beispielen das anscheinend regellose Auf- treten der Spaltöffnungen leicht erklärlich erscheint, und wenn sowohl die geregelte Abhängigkeit derselben als auch die des epidermalen Gewebes im Grossen und Ganzen von äusseren auf die Transspiration einwirkenden Umständen insofern wahrscheinlich ist, so kommen doch Verhältnisse vor, die schwerer zu erklären sind, wo nämlich ererbte Anlagen, innere Ursachen u. s. w. unabhändig von äusseren Umstän- den sich geltend machen dürften. Unter diesen schwer zu erklärenden Fällen hat man besonders eine gewisse Aufmerksamkeit der Erschei- nung gewidmet, dass einige Pflanzen, die an feuchten Stellen vor- kommen, eine anatomische Entwickelung zeigen, die einen ganz anderen Standort andeuten; sie sind nämlich xerophil ausgebildet.) Von Verfassern, die Abweichungen dieser Art beobachtet und zu er- klären gesucht haben, mögen folgende angefürt werden. Pfitzer (a. a. 0. 8.559) bemerkt über Calamagrostis strieta und lanceolata, dass sie „trotz ihrer feuchten Wohnplätze nur auf der Blattoberseite Stomata besitzen“ und dass die erstere „dieselben in ziemlich tiefen Furchen verbirgt“. Zur Erklärung sagt er, „dass eine solche Beschränkung der Verdunstung einem an feuchten Standorten wachsenden Grase nicht schaden wird, sondern höchstens unnöthig 1) Man pflegt die Bezeichnung xerophil (im Gegensatz zu hygro- oder hydrophil) theils auf solche Pflanzen anzuwenden, die an trockenen Standorten wachsen, theils auf solche, die in ihrer anatomischen Struktur einen kräftigen Transspirationsschutz zeigen, ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit des Standortes. Um indessen einem Missverständniss vorzubeugen, benenne ich die zu letzterer Kategorie gehörenden Pflanzen „xerophil ausgebildet“. 135 erscheint“, und ferner, „doch kommen die bei den meisten Pflanzen noch unbekannte Höhe der Wurzelkraft und die Grösse des Wider- standes, den die Gewebe verschiedener Pflanzen dem Entweichen gasförmigen Wassers entgegensetzen, bei der hier vorliegenden Frage zu schr in Betracht, als dass wir hoffen dürften, in jedem Falle eine Erfüllung des aus der Natur des Standortes entspringenden Bedürf- nisses durch den anatomidchen Bau erkennen zu können‘. Volkens sagt:!) „Es kommen bei Carex limosa, panicea und gracilis nach meinen Beobachtungen, bei €. paniculata, glauca und mazimea nach denen Zingler’s, Einrichtungen vor, die wir nach allen Analogien, die sich sonst im Pflanzenreiche vorfinden, nur als Vor- kehrungen gegen übermässige Transspiration deuten können, und doch sind es gerade diese Arten, die ausnahmslos nur in einem feuchten Boden gedeihen. .. .“ „Warum nun bei den angeführten Oarices eine Ausnahme von der allgemeinen Regel stattfindet, warum gerade viele in nassem Boden wachsende durch Verdeckung der Spaltöffnungen, Ü. panicea auch durch Wachsüberzug der Epidermis, die Verdunstung einschränken, dafür vermag ich hier nur eine Vermuthung auszu- sprechen. Die Standorte, die in den Floren gewöhnlich als Torfmoore, feuchte Wiesen, Sumpf- und Grabenränder bezeichnet werden, lassen sich in zwei Kategorieen bringen, in solche, wo wirklich dauernd das ganze Jahr über reichlich Feuchtigkeit im Boden vorwaltet, und in solche, wo das Grundwasser im Hochsommer zurücksinkt und in den oberen Erdschichten vorübergehend eine gewisse Dürre eintreten kann. Sämmtliche oben besprochene Curices gehören Standörtern der zweiten Kategorie an, und ihre Schutzeinrichtungen gegen Transspiration wären somit vielleicht eine Art Präventivmassregel, deren Bedeutung nur in den Zeiten des Wassermangels hervortritt, und deren Nothwendig- keit besonders darum einleuchtet, weil fast alle Carices des nassen Bodens im Gegensatz zu denen des trockenen nur kurze, sich ober- tlächlich verbreitende Wurzeln resp. Rhizome aufweisen.“ Warming (a. a. O. 8. 126) macht darauf aufmerksam, dass ein Theil zur Gruppe Monostachyae gehörende Carices xerophil ausgebildet sind, und zwar sowohl wenn sie an trockenen Standörtern als auch auf Sumpfboden vorkommen. Er glaubt daher, dass dies nichts mit dem Standort zu thun hat, sondern dass es eine Eigenthümlichkeit 1) Volkens, G., Zur Kenntniss der Beziehungen zwischen Standort und “natumischem Buu der Vegetutionsorgane, Jahrb. des königl. botanischen Gartens zu Berlin, Bd. IUI (Berlin 1884) 8. 22 ff. 136 der ältesten Carices und deren nächster Verwandten ist. Ungefähr ebenso äussert sich Schwendener.!) Kihlman?) hat die Vegetation der Halbinsel Kola studirt und nimmt als Ursache des starken Transspirationsschutzes vieler Pflanzen, die daselbst auf den grossen offenen Moorebenen vorkommen, theils die Abkühlung des Bodens an, wodurch die Fähigkeit der Pflanze, Wasser aufzunehmen, beschränkt wird, theils die starken, austrock- nenden Winde. Gleichzeitig mit Kihlmann und unabhängig von ihm ist Goebel (a. a. O. T. II) durch das Studium der Vegetation der Venezolanischen Päramos zu denselben Resultaten gelangt. Schimper?°) schliesslich ist nach Untersuchungen von Lesage und nach eigenen Culturversuchen der Meinung, dass viele Meeres- strandpflanzen wegen der starken Salzeoncentration des Wassers xero- phil ausgebildet sind, da diese die Wasseraufnahme beeinträchtigt. In Bezug auf die arktischen Pflanzen spricht er dieselbe Meinung wie Kihlman aus, und ich werde später auf seine Auffassung der alpinen Verhältnisse zurückkommen. Subarktische Pflanzen, die das feuchte westnorwegische Klima scheuen. Während meiner Beschäftigung mit vergleichenden anatomischen Studien der Pyrolaceen*) richtete sich meine Aufmerksamkeit auf eine auffälligere Abweichung bei Pyrola rotundifolia. Diese Art, die an feuchteren Standörtern als ihre Verwandten vorkommt, zeigt dennoch im Bau des Blattes bedeutend kräftigere Einrichtungen für den Trans- spirationsschutz als die näherstehendsten Arten. Um mich jedoch nicht auf zu viele anatomische Details einzulassen, will ich hier nur die oben erwähnten und in Bezug auf die Deutung am besten bekannten Organisationsvorkehrungen berücksichtigen, nämlich die Verdickung der epidermalen Aussenwand sowie die Vertheilung der Spaltöffnungen.?) Im Vergleich mit der am nächsten stehenden Art, P. minor, hat P. 1) Schwendener, 9. Die Spaltöffnungen der Gramineen und Cypericeen. Sitzungsb. d. k. preuss. Akad. d. Wiss. 1889, S. 73 ff. 2) Kihlman, A. O., Pflanzenbiologische Studien aus Russisch - Lappland. Acta societatis pro Fauna et Flora fennica T. VIT, No. 83. Helsingfors 1890. 3) Schimper, A.F,W., Ueber Schutzmittel des Laubes gegen Transspiration, besonders in der Flora Javas. Sitzungsb. d. k. preuss. Akad. d, Wiss. zu Berlin 1890. 4) Eine ausführlichere Darstellung der Anatomie unserer Pyrola-Arten, die in vielen Hinsichten ein besonderes Interesse besitzen dürfte, habe ich beinahe fertig und hoffe sie bald veröffentlichen zu können. 5) In Bezug auf die Lage der Spaltöffnungen ist kein namhafter Unterschied beobachtet worden. 137 rotundifolia eine ungefähr noch einmal so dicke Aussenwand auf der Blattoberseite und eine ungefähr 2 mik. dieke Cuticula (bei P. minor nicht ganz 1 mik., vgl. nebenstehende Fig. 1u. 2). Spaltöffnungen fehlen a LIT n—T mi II I Fig. 1. Fig. 2. Pyrola rotundifolia. Pyrola minor. Querschnitt durch die obere Epidermis eines Rosettenblattes; a Aussenwand, b Cuticula (390/1). durchaus auf der Blattoberseite bei P. rotundifolia, was um so eigenthümlicher ist, da das Mesophyli nicht differenzirt ist, wodurch die Blätter, wenn man will, isolateral werden, obgleich keine Palissaden vorkommen.!) Unsere übrigen Pyrola-Arten, die ebenfalls ein un- differenzirtes Blattmesophyll besitzen — P. secunda, minor und media —, besitzen dagegen auf beiden Seiten Spaltöffnungen, obgleich weniger zahlreich auf der Oberseite. Dass nun einander so nahestehende Pflanzen — besonders bei dem Gedanken an P. rotundifolia und P. minor — in dieser Hinsicht eine Ungleichheit zeigen und zwar eine Ungleichheit, die, wenn man das gewöhnliche Auftreten dieser Arten bedenkt, eher umgekehrt sein sollte, muss bei P. rotundifolia als eine specielle xerophile Ausbildung aufgefasst werden. Hierfür sowie für einige andere mir bekannten Fälle will ich eine Deutung zu geben versuchen. Ich wenigstens bin zu der Auffassung der Verhältnisse des südlichen Schwe- dens (bis zum 60. Breitengrade) gelangt, dass P. rotundifolia entschieden tiefere, feuchtere und wasserreichere Standorte als 7. minor aufsucht, was sich zeigt, sowohl wenn beide allein als auch besonders, wenn beide zusammen in derselben tsegend auftreten. Der Umstand, dass beide, wie in voriger Note erwähnt wurde, auch durcheinander au demselben Standorte auftreten können, beweist natürlich nichts gegen das Gesagte. Die einzige Art, über deren Verhältniss zu P. rotundi- fHora in dieser Beziehung ich einigermaassen unschlüssig gewesen bin, ist P. uni- ‚fora. Letztere habe ich nämlich in einigen Gegenden an sehr wasserreichen Standorten, wie an Quellen, an Bachufern oder an mit Quelladern versehenen Ab- hängen, gefunden. In anderen Gegenden wiederum trift sie in trockenerem, stark sandigem Waldboden auf und hier verbreitet sie sich auch über grössere Flächen, n An einigen Plätzen in der Nähe von Upsala wachsen diese beiden Pyrola- Arten an denselben Standorten durch einander. In dem aussergewöhnlich troekenen Frühling dieses Jahres (1893) zeigte es sich, dass P. minor sehr von der Dürre gelitten, während P. rotundifolia dagegen frisch und, wie es den Anschein hatte, von der ungünstigen Witterung ganz unberührt da stand, Die nächstliegende Er- klärung liegt natürlich in dem Unterschied des Transspirationsschutzes, der diesen beiden Arten eigenthümlich ist. 138 was sie im vorigen Falle nicht thut, wo sie sich streng an die begrenzteren Stand- orte hält. Es scheint daher, als wäre sie von fliessendem Wasser abhängig oder auch von der frischeren Bewässerung im Sandboden. P. rotundifolia dagegen wählt Thalgründe, Sumpfränder u. s. w. mit stillstehendem Wasser und be- sonders periodenweise sehr stark bewässerte Standörter. Dieselbe Auffassung, besonders das Vorkommen von P. rotnndifolia in Süd- schweden betreffend, haben mehrere schwedische Botaniker, mit denen ich darüber gesprochen. Dieses schliesst natürlich nicht aus, dass diese Art auch an trocke- neren Stellen angetroffen werden kann, wo sie übrigens, wie schon erwähnt worden ist, besser auszuhalten scheint als andere Arten derselben Gattung. So hat sie sich bei Cultur im Bergianischen Garten zu Stockholm von allen unseren Pyrola- Arten am besten gehalten, von welchen, ausser dieser, nur ein paar andere wenigstens bis auf Weiteres haben am Leben erhalten werden können. Professor Wittrock hat mir übrigens gütigst mitgetheilt, dass der in Rede stehende Bestand von P. rotundifolia des Bergianischen Gartens von einen mehr trockenen natürlichen Standort herstammt, den man gerade behufs Verpflanzung derselben in den bota- nischen Garten als solchen gewählt hatte. — Im botanischen Garten zu Christiania war P. rotundifolia die einzige von den Arten, die sich mehrere Jahre hindurch zu halten vermochte, ’ Ob aber diese Ausdauer der Pyrola rotundifolia im Vergleich zu unseren übrigen Arten ihren Grund in der auffallenden xerophilen Ausbildung hat, oder von ganz anderen Ursachen abhängt, darauf kann ich mich hier nicht näher einlassen. Biytt’) hat, wie bekannt, die Florenelemente Norwegens in 6 Kategorieen eingetheilt: arktische, subarktische, boreale, atlantische, subboreale und subatlantische. In dem Verzeichniss, das er über die subarktischen Pflanzen geliefert, hat er mit dem Buchstaben C solche Arten bezeichnet, die „beinahe oder ganz an den feuchtesten Meeres- küsten im Stifte Bergen fehlen“.?) Diese Pflanzen, die ich im Folgenden der Kürze halber C-Pflanzen nennen werde, sind in folgender, Blytt entlehnter Liste durch fetten Druck hervorgehoben. Mit Bei- behaltung der Blytt’schen Nomenklatur sind sie hier unten alpha- betisch geordnet. Achillea Millefolium 'Aira eaespitosa 'Alnus incana Aconitum septentrion. „ Nexuosa :Alopecurus fulvus Agrostis alba ;Ajuga pyramidalis | „ geniculatus „ ecanina Alchemilla vulgaris Andromeda polifolia __». vulgaris Allosorus erispus " Angelica sylvestris 1) Blytt, A., Die Theorie d, wechselnden kontinentalen u. insularen Klimate. Nachtrag. Botanische Jahrb. von A. Engler, Bd. II, Leipz. 1882, 2) Natürlich gibt es auch andere norwegische Pflanzen als diese, die diese an Niederschlag besonders reiche Gegend meiden. So sagt Blytt von den borealeu Pflanzen z. B. auf 8. 178 seiner in der vorhergehenden Note erwähnten Schrift: „Pie meisten sind seltener oder fehlen ganz an den offenen feuchten Meeresküsten im Stifte Bergen.“ Aus Gründen, die ich im Folgenden näher erörtern werde, be- schäftigeich mich in der gegenwärtigen Frage nur mitdensubarktischen Pflanzen. Antennaria dioica Anthoxanthum odorat. Aracium paludosum Archangelica littoralis | „ officinalis Aspidium Lonchitis Asplenium Filix femina | Aster Tripolium Atriplex hastata „ patula Barbarea strieta Bartsia alpina Betula odorata Botrychium Lunaria Cakile maritima Calamagrostis lanceo-. lata !) „ Pseudophragmites „ strieta Callitriche verna Calluna vulgaris Caltha palustris Campanula latifolia „ rotuntifolia Carex ampullacea „ aquatilis „ Buxbaumii „ canescens „ ehordorrhiza „ dioica Carex filiformis flava globularis heleonastes „ Irrigua laxa „ limosa „ fivida loliacea microstachya „ pallescens panicea pauciflora Personii „ stellulata „ vaginata „ vesicaria „ vulgaris et varr. Cerastium vulgatum , Cerefolium silvestre ‚ Cirsium heterophyllum 'Comarum palustre :Convallaria verticillata -Corallorrhiza innata . Cornus suecica :Cystopteris montana Drosera longifolia i „ rotundifolia _Epilobium angustifol. origanifolium ” 139 Epilobium palustre | Equisetum arvense ı „ Naviatile 3 limos. „ hiemale „ palustre „ Ppratense „ silvaticum Eriophorum alpinum „ angustifolium „ Callithrix |, latifolium „ vyaginatum Euphrasia offieinalis 'Festuca rubra | Galeopsis tetrahit Galium boreale „ Palustre „ trifidum „ uliginosum Geranium silvaticum Geum rivale Glaux maritima Gnaphalium norvegie. Goodyera repens Gymnadenia conopsea IIeleocharis palustris „ uniglumis llieraeium erocatum dovrense murorum ” | | ” l) Calamagrostis lanceolata habe ich mir hier einzureihen erlaubt. Sei es ab- sichtlich, sei es aus Versehen, hat Blytt sie auf keiner seiner Listen aufgenommen. Es scheint, dass diese Art sowohl als auch C. stricta, die Blytt mit einem Frage- zeichen versehen, nirgend besser hineinpasst als in diese Gruppe. Vgl. auch Kjellman, F. R., Skandinariska fanerogamflorans utreeklingshistoriska element. Ofvertryck efter offentliga föreläsninger @r 1886. Kjellman zählt hier diese Arten beide zu seinen Glacial-Pflauzen, eine Gruppe, die, wie es scheint, ungefähr Blytt’s arktischen und subarktischen zusammengenommen entspricht, Ueber die Verbreitung von Culamegrostis lanceolata in Norwegen sagt Biytt: „Ich habe sie in den Stiften von Bergen und Trondhjem nicht geschen®. (Blytt, A., Noryes Flora. Christiania 1861-76.) 140 Hieracium nigrescens „ Prenanthoides Hierochloa borealis Hippuris vulgaris Juncus alpinus „ bufonius compressus filiformis „ stygius Ledum palustre Leontodon autumnalis Lepigonum caninum Limosella aquatica Linnea borealis Listera cordata Lotus cornieulata Luzula campestris „ Pilosa Lycopodium annotinum clavatum „ complanatum Majanthemum bifolium Melampyrum pratense „ Silvaticum Melandrium silvestre Melica nutans Menyanthes trifoliata Milium effusum » ” n Molinia caerulea Montia fontana Mulgedium alpinum Myosotis arvensis „ silvatica Myriophyllum alternifl. Myrtillus nigra „ uliginosa Nardus stricta Nasturtium palustre Nuphar pumilum Orchis maculata :Oxycoceus palustris - Paris quadrifolia |Pedicularis palustris | Phalaris arundinacea | Phleum alpinum | Pinguicula vulgaris Pinus silvestris | Plantago maritima ‚Poa alpina annua ' nemoralis pratensis | „ trivialis | Polemonium caeruleum | | n | ” „ !' Polygonum aviculare Polypodium Dryopteris Phegopteris „ rhaeticum . Polystichum Filix mas „ spinulosum Populus tremula Potamogeton ” gramin. marinus perfoliatus pusillus „ rufescens Potentilla Anserina » Tormentilla Prunus Padus Pyrola minor rotundifolia „ secunda Ranuneulus aconitifol. acris ” » ” ” ”» auricomus repens „ reptans !'Rhinanthus minor Ribes rubrum Rubus Chamaemorus ” r» ı Rubus idaeus „ saxatilis Rumex Acetosa „ Acetosella Sagina procumbens Salıx aurita caprea depressa glauca lapponum nigricans pentandra „ _phylicifolia Saussurea alpina Sceptrum Carolinum Seirpus caespitosus „ pauciflorus Sedum annuum Selaginella spinulosa Silene rupestris Solidage Virgaurea Sorbus Aucuparia Sparganium affine Spiraea Ulmaria Stellaria borealis Friesiana media „ nemorum Struthiopteris german. Subularia aquatica Trientalis europaea Trifolium repens Triglochin maritimum „ palustre Trollius europaeus Tussilago Farfara Urtica dioica : Utrieularia minor ' Valeriana sambueifolia Veronica longifolia ” ” 141 Veronica offieinalis Vieia Cracca Viola epipsila „ seutellata Viola biflora „ Palustris „ serpyllifolia | „ canina Zostera marina Aus diesem Verzeichniss geht also hervor, dass P. rotundifolia zu den C-Pflanzen gehört, aber nicht P. minor und P. secunda, die Blytt ebenfalls zu der subarktischen Gruppe zählt. Ferner findet man, dass Ledum palustre, dessen Blätter kräftig xerophil ausgebildet sind, das feuchte westnorwegische Klima scheut, obgleich es eine ausgeprägte Sumpfpflanze ist. Ebenso 2. B. Calamagrostis strieta und lanceolata sowie Carex chordorrhiza und Eriophorum alpinum, von denen die Calamagrostis-Arten nach Pfitzer’s oben angeführter An- gabe, und die übrigen nach der Kihlman’s (a. a. O. 8. 111) xero- phil ausgebildet sind. Wie sich indessen alle diese O-Pflanzen, deren Anzahl beinahe 50 beträgt, in Bezug auf ihre anatomische Bildung verhalten, darüber habe ich keine Angaben gefunden, auch bin ich nicht selbst in der Lage gewesen, sie daraufhin zu untersuchen. Bei einer oberflächlichen Untersuchung derselben findet man, dass ein Theil von ihnen mehr oder weniger glaucescent sind, wie Equisetum hiemale und Lycopodium complanatum, deren Farbe von der beinahe aller übrigen skandinavischen Equisitum und Lycopodium-Arten abzu- weichen scheint. Erstere muss man übrigens für sehr gut ausgerüstet halten, die Transspiration zu schützen, wegen der sehr redueirten Blätter; letztere ebenso wegen der anliegenden Blätter.!) Andere C-Pflanzen zeichnen sich durch ihre lederartigen und glänzenden Blätter aus, was xerophile Ausbildung andeutet. Als Beispiele hier- von mögen angeführt werden die 3 Arten der Gattung Salix, nämlich S. pentandra, depressa und phylicaefolia. Die übrigen subarktischen Arten, S. caprea, aurita, nigricans, glauca und lapponum verhalten sich anders.?) 1) Equisetum hiemale wird in dieser Beziehung von Areschong (a. a. O. 8. 523) mit australischen Caswarineen verglichen, Ueber Zycopodium complanatum siehe unten, — Die Glaucescenz ist eine Eigenschaft, die, wie bekannt, be- sonders xerophilen Pflanzen zukommt, wie den Nelken und Wolfsmilchsgewächsen der Mittelmeerländer, den Cruciferen und Rutaceen der Steppen, den Akazien und Myrtaceen von Neulolland ete. Bei diesen Pflanzen wird die Glaucescenz in der Regei durch einen Wachsüberzug hervorgebracht, der, wie man durch Experimente (F. Haberlandt, A. Tschirch) gefunden hat, als ein guter Transspirations- schutz wirkt (vgl. Kerner, Pflunzenleben, I, S. 288). 2) Der Glanz der Blätter wird wenigstens in vielen Fällen durch stark ent- wickelte Aussenwand und Cuticula bewirkt, und es ist wahrscheinlich eine Folge des stärkeren Widerstandes, den die verdickte Wand dem schwellenden Inhalt des 142 Ein Charakter, von dem man wohl sagen kann, dass er ihnen fast allen gemeinsam ist, ist der, dass sie an mehr oder weniger feuchten Plätzen vorkommen, oft in Sümpfen oder Mooren, am trockensten auf Wiesengründen, worunter man jedoch im Allgemeinen einigermaassen morastige und wenigstens periodisch stark durchnässte Oerter zu ver- stehen hat. Hiervon gibt es nur zwei auffallende Ausnahmen, nämlich Lycopodium complanatum und Galium boreale, die beide an trockenen Abhängen u. s. w. vorkommen. Ferner darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass es innerhalb derselben Gattung gerade die an den feuchtesten Plätzen vorkommenden Arten oder Formen sind, die das Klima von Bergen meiden. Das ist z. B. der Fall bei den Pyrola-Arten. Von der Gattung Alopecurus zählt Blytt A. geniculatus und fulous zu den subarktischen. lLietzterer, auch für eine Unterart des vorigen gehalten, ist eine O©-Pflanze.') Er ist u. a. bläulicher als der vorige. Beide sind in Schweden bei- nahe gleich gewöhnlich, aber A. /ulvus wächst am liebsten an sehr nassen Plätzen oder im Wasser. Andere Beispiele hiervon findet man in der Gattung Veronica und mehr oder weniger deutlich in einigen anderen Gattungen. Wie es sich nun auch mit der xerophilen Ausbildung der C-Pflanzen im Allgemeinen verhalten mag, sei es nun, dass eine grössere oder eine kleinere Anzahl einen Transspirationsschutz besitzt, der nicht gut zu dem wasserreichen Standort zu passen scheint, so dürfte es doch für die folgende Darstellung genügen, sich die bekannte Thatsache bei Zellenraumes entgegenstellt, dass die Blattfläche ebener und glatter wird, wodurch die Lichtstrahlen gleichförmiger refleetirt werden und die Fläche daher ein glän- zendes Aussehen erhält. Dagegen bei Pflanzen mit schwächeren Aussenwänden, wie es gewöhnlich bei Schattengewächsen der Fall ist, biegt sich jede Epidermis- zelle nach aussen und bildet dadurch eine mehr oder weniger deutliche Papille (vgl. Figg. 1 u.2). Wenn die Lichtstrahlen eine solche Fläche treffen, werden sie nach verschiedenen Richtungen reflectirt und das Blatt erhält dadurch ein matteres Aussehen. — In Bezug auf Aussehen, Standörter ete, der Pflanzen habe ich hier wie auch in den folgenden Angaben hauptsächlich folgende zwei Floren um Rath gefragt: Hartman, C.J., Handbok i Skandinaviens Flora, XT. Aufl. Stockholm 1879 sowie XII. Aufl. (edit. Krok, Th.O.B.N.) 1. Heft, Stockholm 1889, und Nyman, Ü. F., Sveriges Faneroyamer, Örebro 186768, 1) Vergleichungsweise sei erwähnt, dass nach Kirchner’s Flora von Stutt- gart und Umgebung in dieser continentaleren Gegend sowohl Alopecurus geniculatus als auch Jw/rus vorkommen, letztere aber ist dort allgemeiner. Ferner kommen dort Lycopodium complanaltum nur in der Chamaecyparissus benannten Form vor, die dagegen in Norwegen fehlt, 143 den obengenannten zu merken, unter welchen man vor anderen — wegen ihrer bekannten abweichendenStandörter in anderen Klimaten — zwei im Auge zu behalten hat, nämlich Ledum palustre und Pyrola rotundifolia. Stellt man nun den Umstand, dass Jiese an feuchten Plätzen wachsenden Pflanzen in der niederschlagreichen Gegend von Bergen fehlen, der Thatsache gegenüber, dass sie kräftig ausgebildet sind zum Transspirationsschutz, so scheint es mir am natürlichsten, die Ursache der ersteren Erscheinung in letzterer zu suchen. Denn es ist ja an- zunehmen, dass es solchen Pflanzen schwerer wird, in einem feuchteren Klima zu gedeihen, wo die Feuchtigkeit der Luft hemmend auf die Verdunstung einwirkt, wodurch also die Wirkung des anatomischen Baues noch erhöht wird, nämlich unter der gewöhnlieben Voraus- setzung, dass die Pflanzen ihren Wasserbedarf nur aus dem Boden holen und nicht oder doch nur in minimalen Mengen direct aus der Luft oder aus dem ihre oberirdischen Theile bespülenden Wasser. Da ferner diese Pflanzen beiden schon mehr continentalen Verhältnissen, diein dem übrigen Skandinavien obwalten, an wasserreichen Plätzen vorkommen, so ist es wenig wahrscheinlich, dass sie in regenreicheren Gegenden ihr Wasser reichlicher oder bequemer aus dem Boden empfangen und also auf diese Weise dennoch den quantitativen Transspirationsstrom (mit in Wasser gelösten Stoffen), den sie zu ihren Lebensfunctionen nöthig haben, aufrecht erhalten sollten. Es gibt allerdings ein Mittel, wodurch die Pflanzen in ähnlichen Fällen Abhülfe schaffen, und dieses haben sie in ihrer Fähigkeit, je nach den äusseren Umständen ihre Charaktere zu verändern, oder mit anderen Worten in ihrer Anpassung. Dass indessen die hier in Rede stehenden Pflanzen diese Fähigkeit nicht oder wenigstens nicht in beachtenswerthem Grade besitzen, dafür werde ich gleich einen Beweis zu liefern suchen. Ein Umstand fand sich indessen, der mich unschlüssig machte, ob diese Erklärung richtig wäre. In Beschreibungen aus arktischen Ländern wird nämlich berichtet, dass einige Pflanzen, die in niederen Breiten in Sämpfen vorkommen, dort aber an dürren, offenen Abhängen u. s. w. auftreten. Da nun auch zugleich erzählt wird, dass die Feuchtigkeit der Luft in den Polargegenden sehr gross sei, so erschien die oben gegebene Erklärung unhaltbar, sofern nicht dieselben Arten in den Polargegenden weniger xerophil ausgebildet wären als weiter nach Süden. Um zu sehen, inwiefern dies wirklich der Fall wäre, habe ich einiges während Polarexpeditionen gesammeltes Material, das mir in dem hiesigen botanischen Museum zur Verfügung stand, 144 anatomisch untersucht.!) Hierbei ergab sich, dass der Blattbau der hochnordischen Exemplare (von Ledum palustre und Pyrola rotundifolia) keinen merkbaren Unterschied von demjenigen mehrerer anderen untersuchten Exemplare aus verschiedenen Gegenden Skandinaviens und des Kontinents zeigte. Messungen der Aussenwand und der Cuticula haben ganz dasselbe Maass ergeben. Ich habe wenigstens nicht entscheiden können, ob die arktischen Exemplare von Ledum palustre und Pyrola rotundifolia eine mehr oder weniger entwickelte Aussenwand als südlichere Exemplare gehabt haben. Erstere Art wird wegen der Art und Weise, wie sie in arktischen Gegenden wächst, B decumbens genannt. Letztere stand mir zur Verfügung theils unter dem Varietätsnamen arenaria, theils als selbständige Art P. yrandiflora Rottb. Obgleich ich selbst sie nicht lebend gesehen, erlaube ich mir doch, sie nur für eine nordische Form von P, rotundi- Folia zu halten, und zwar infolge der nur relativen Charaktere, die von Floristen gegeben sind, z. B. von dem Monographen der Pyrola-Gattung, Alefeld?), wobei u. a. besonders die Grösse der Blüthe hervorgehoben wird, die jedoch, wie männiglich bekannt, eine Eigenschaft ist, die bei derselben Art grosse Verän- derungen erleiden kann, sei es unter verschiedenen Breiten oder bei verschiedener Höhe über dem Meeresspiegel. Ferner stütze ich diese Meinung auf den Umstand, dass der Bau des Blattes von P. grandiflora, so viel ich habe finden können, in den kleinsten Einzelheiten eine überraschende Uebereinstimmung mit dem von P. rotundifolia aufweist, was sonst um so eigenthümlicher sein müsste, da unsere einander nahestehende Arten — P. rotundifolia, media und minor —, trotz ihrer gleichartigeren Lebensverhältnisse und der grossen äusseren Uebereinstimmung der Blätter, dennoch in sehr vielen, und wie es scheint, unbedeutenden Charakteren constante Unterschiede aufweisen. Es sei hier bemerkt, dass bei der mikroskopischen Untersuchung von Quer- schnitten durch die Mitte eines Blattes von Ledum palustre 8 decumbens, von F. R. Kjellman in der St. Lawrence Bay (Vega-Expedition 1878—1880) ge- sammelt, die Aussenwand bei einigen Schnitten nur halb so dick war als gewöhnlich. Andere, der Reihe nach gemachte Schnitte, zeigten immer grössere Dimensionen und schliesslich nahezu die normale Dicke (dieser Partieen). Es ist wahrscheinlich, dass aus irgend einem Grunde die Aussenwand dieses Blattes theilweise vermindert worden ist, oder auch kann die Ursache in der Anfertigung des Präparates zu suchen sein. Andere Blätter desselben Exemplars haben nämlich die gewöhn- lichen Dimensionen. Ich führe diesen Umstand an für den Fall, dass jemand bei der Controlle meiner Angaben einen ähnlichen Ausnahmefall antreffen sollte. Uebrigens ist es selbstverständlich, dass man bei solchen Vergleichen acht geben muss, dass die Schnitte von der nämlichen Stelle des Blattes genommen werden und wenn möglich von gleichalterigen Blättern. 1) Für die Bereitwilligkeit, mit welcher der Präfekt des botanischen Museums zu Upsala, Prof. Th. M. Fries, die Sammlungen des Museums zu meiner Ver- fügung gestellt hat, spreche ich ihm hiermit meinen besten Dank aus. 2) Alefeld, T’eber die Fumilie der Pyrolaceen, insbesondere die Unterfamilie der Pyrolaea (gen. Pyrola L.). Linnaea 1856. 145 Obiges gilt von der gewöhnlichen Blattform von Ledum palustre. Eine unge- wöhnlich breitblättrige Form, die ich in den Sammlungen des Museums zu Upsala ge- funden und die, nach der freundlichen Mittheilung des ConservatorsK. A. Th. Seth, auf Gäsö, einer der Schären in der Nähe von Stockholm, gefunden ist (die Etiquette ist unvollständig), scheint mir eine ein bischen dünnere Aussenwand zu besitzen. Da nun diese Pflanzen, die in verschiedenen Klimaten und an verschiedenen Localen vorkommen und trotzdem nicht die geringste Veränderung ihrer anatomischen Bildung aufweisen — insofern ich dieselbe in Bezug auf den Blattbau habe kennen lernen, der ja auf alle Fälle für am empfindlichsten gegen äussere Einflüsse gehalten wird —, dürfte es nicht unbefugt sein, sie für fixirte Arten zu halten, d. h. Arten, die aus irgend einem Grunde zu einer gewissen Form erstarrt sind, die sich nicht ändern lässt oder wenigstens nur unmerkliche, äusserst unbedeutende Schwankungen zulässt. Hierdurch gewinnt nun allerdings meine oben angeführte Deutung der Ursache, wesshalb jene Pflanzen das feuchte Klima an der nor- wegischen Westküste meiden, eine Stütze, aber andererseits wird das Verhältniss in arktischen Gegenden desto unerklärlicher. Wäre die dortige Tuft trockener als bei uns gewesen, so würde es vortrefflich gepasst haben, aber ich kannte keine diesbezüglichen Angaben. Das arktische Klima. Als ich mich in der arktischen Litteratur umsah, fand ich recht viele Mittheilungen, die darauf ausgehen zu zeigen, dass das arktische Klima als ein trockenes anzusehen und eher mit einem continentalen als mit einem insularen zu vergleichen wäre. In diesem Sinne äussert sich Warming an vielen Stellen seines oben angeführten Werkes über Grönlands Vegetation, besonders Seite 23 Note 2, wo er mehrere Litteraturbelege zum Beweise für die Trockenheit des hochnordischen Klimas zusammengestellt hat, und worauf ich verweise. Aus der Tabelle auf Seite 22 und 23 da- selbst geht hervor, wie sehr der Niederschlag von Süd-Grönland aus nach dem Norden zu abnimmt, wobei jedoch in einer Note hervor- gehoben wird, dass die sehr niedrigen Ziffern des Niedersehlags im nördlichen Grönland vielleicht auf der Schwierigkeit beruhen, den Schneefall mit genügender Genauigkeit zu messen. Warming’s eigene Worte mögen hier (in Uebersetzung) angeführt werden: „Wie eigenthümlich es auch klingen mag, dass die Pflanzenwelt eines Landes wie Grönland einer grossen Dürre ausgesetzt werden kann und dass Vegetationsformen existiren, bei welchen der anatomische Bau der Pflanzen z. B. an die lybisch-ägyptischen Wüstenpflanzen erinnern, Flora 1895. 10 146 so ist dies doch der Fall. Ich habe oben berichtet, dass das Klima sehr schnell immer trockener wird, je weiter man nach Norden vor- dringt, und dass dieselbe Erscheinung auftritt, je mehr man sich von der äussersten Küste entfernt und in das Land hineinrückt. Auf allen Wegen gelange ich zu dem Resultat, dass die arktische Flora wirklich, um ausdauern zu können, einem trockenen Klima angepasst ist, ein Resultat, das bis zu einem gewissen Grade mit Blytt’s Theorie, dass die arktischen Pflanzen in Norwegen das Küstenklima scheuen, übereinstimmt.“ Ebenso spricht sich Kihlman (a. a. O. 8. 104) über die starke Verdunstung in den Polarländern aus: „dass die ganze Vegetations- periode hindurch ein plötzlicher Schneefall oder ein eiskalter Regen die Temperatur des Bodens und der Luft plötzlich und bedeutend herabdrücken kann, während die heftige Luftströmung keine ent- sprechende Abschwächung der Transspiration ermöglicht.* Und weiter heisst es: „Der relativ geringe Schneefall im Winter und die un- gleiche Vertheilung desselben veranlassen, dass auch in der kalten Jahreszeit die Austrocknung der Pflanzendecke auf weite Strecken ebenso wie im Sommer und sogar in geschärftem Masse fortdauert.“ Es ist möglich, dass durch die letzten Worte deutlicher, als man bisher vermuthet, der Einfluss des arktischen Klimas auf die Pflanzen- welt erklärt wird, ein Eindruck, den man besonders nach dem Lesen der Beschreibungen von Kjellman!) gewinnt. Dieser in arktischen Gegenden weit gereiste schwedische Forscher hebt hervor, dass die Polarländer keineswegs, wie man meinen sollte, im Winter von einer gleichmässigen, ununterbrochenen Schneemasse bedeckt sind, sondern auf weiten Strecken — welche Vegetation besitzen — während des ganzen Winters oder wenigstens eines grossen Theiles desselben frei von Schnee sind. Ferner macht er darauf aufmerksam, dass der Schnee auch da, wo er liegen bleibt, keineswegs als „ein vollkommener Schutz gegen die Kälte“ aufzufassen ist, wobei er auch directe Angaben über die starke Abkühlung der Schneemassen macht. Da man indessen heutigen Tages, aus guten Gründen, was die Pflanzenwelt (wenigstens im Gegensatz zu den höheren Thieren) be- trifft, nicht den hohen oder niedrigen Temperaturen an und für sich den schädlichen Einfluss zuschreibt, den sie auszuüben scheinen, son- dern diesen vielmehr für eine Folge der Verdunstung hält, wie 1) Kjellman, F. R, Ur polareärternas Üf, in A. E. Nordenskiöld, Studier och forskningar föranledda af mina resor i höga Norden, S. 499 F. 147 wenn z. B. nach einer starken Kälte die gefrorenen Zellensäfte nicht nach dem Wiederaufthauen wieder der Pflanze zu gute kommen, sondern durch Verdunstung entweichen, so ist es nicht merkwürdig, dass der Besitz eines guten Transspirationsschutzes für die arktischen Pflanzen von grosser Bedeutung ist. Unter südlicheren Breiten kennt man nur allzugut die schädliche Einwirkung, die Barfröste auf die Pflanzenwelt ausüben, und wenn auch in arktischen Ländern nicht während des Winters selbst der im Süden in schneelosen Wintern so häufige Wechsel zwischen Frieren und Aufthauen vorkommt, so dürften dennoch im Beginne der arktischen Vegetationsperiode und wahrscheinlich aueh im Verlauf derselben obige Verhältnisse desto verhängnissvoller sein.) Doch fehlen nieht Angaben über verhältnissmässig hohe Temperaturen auch während arktischer Winter, So soll nach Hann (Handbuch der Klimatologie, Stuttgart 1883, S. 718) auf der Bäreninsel oft „bis Weihnachten und sogar noch im Januar“ mildes Wetter vorkommen, und Tobiesen, der auf dieser Insel 1865--66 überwinterte, beobachtete, dass die Temperatur am Weihnachtstage 1,20 war und dass sie eine ganze Woche im Mittel auf 0,50 bei Westwinden und Regen blieb. — Auf Spitzbergen regnet es auch mitten im Winter, selbst in der zweiten Hälfte des Januar noch (Hann 8, 724). Ferner berichtet Hann ($. 729) nach Wrangel, wie man in dem asiatischen Polargebiet ein Steigen der Temperatur von —440 bis 20 beobachtet hat. — In Bezug auf Thauwetter in amerikanischen Polar- gebieten s. H. S. 736. — Auf Grönland hat man um die Weihnachtszeit eine Er- höhung der Temperatur bis auf 10° beobachtet, sowie dass Regenschauer um dieselbe Jahreszeit den Boden ganz und gar vom Schnee entblösst (MN. S. 741). Man sollte glauben, dass diese verschiedenen Ansichten über die Beschaffenheit des arktischen Klimas auf Beobachtungen in verschie- denen Theilen des arktischen Gebietes beruhen könnten, Aber sogar aus derselben Gegend finden sich widersprechende Angaben. Während Nordenskiöld?) von der trockenen Luft im Innern Grönlands 1) Vergl. H. Hoffmann (Ueber die Frostbeschädigungen des letzten Winters in Mitteleuropa. Allg. Forst- und Jagdzeitung 1880, S. 346 f.), der sagt: „Ich bin der Ansicht, dass, gänzliches Gefrorensein der Pflanzen nach längerer Kälte- periode vorausgesetzt, die Tödtung gleich sicher erfolgt, wenn bei der Pflanze der Sprung der Temperatur um z. B. 200 von —170 auf +30 geht, oder wenn er von —100 auf -+100 geht; dass ferner mit jedem Grade geringere Schwankung, pro- portional die Schädigung eine geringere ist; dass endlich für jede Speeies (indi- viduelle, zur Zeit gänzlich unerklärbare Anomalien ausgenommen) die Grösse dieser Amplitude eine besondere und begrenzte ist, bei härteren Pflanzen eine grosse, bei zarten eine kleine; — wahrscheinlich abhängig von der Molekular- struktur und Elastieitätsgrenze der Zellwände und ihres plastischen Inhalts“. 2) Nordenskiöld, A. E., Den undra Dicksonsku Expeditionen HI Grönlund ete., utförd 1883, Stockholm 1885. 8. 11 u. öfters. 0% 10 148 redet, beobachtete Nansen') auf seiner Reise durch Grönland, dass die Feuchtigkeit der Luft im Innern des Landes überraschend hoch war (90—100°/), und dass sie nur nahe der Westküste bis unter 7900 herabsank, wobei jedoch besonders bemerkt wird, dass zugleich ein föhnartiger Wind blies. Indessen ist es wohl wahrscheinlich, dass innerhalb des ausgedehnten arktischen Gebietes in verschiedenen Gegenden bis zu einem gewissen Grade verschiedenartige Verhältnisse obwalten, und dass die Unterschiede sogar ziemlich bedeutend sein können, wie z. B. wenn man das continentale nördliche Sibirien und die kleineren im Eismeer gelegenen Inseln vergleicht, von denen er- zählt wird, dass sie so in Nebel gehüllt sind, dass sie nur schwierig von den Seefahrern wiedergefunden werden können.?) Man sollte auch glauben, dass durch meteorologische Beobach- tungen am besten die Frage von der Beschaffenheit des arktischen Klimas entscheiden könnten, aber diess soll nach der Aussage der Meteorologen nicht so leicht zu bewerkstelligen sein. Allerdings be- streitet niemand, dass die absolute Feuchtigkeit der arktischen Re- gionen besonders im Winter unbedeutend ist, aber die relative, die in Beziehung auf die Verdunstung hauptsächlich von Bedeutung ist, ist schwer zu bestimmen, u. a. gerade wegen der unbedeutenden absoluten Feuchtigkeit, da ein geringer Wechsel der Temperatur bedeutende Veränderungen der relativen nach sich zieht.?) Uebrigens ist der Grad der Verdunstung nicht allein von der relativen Feuchtigkeit abhängig. Hierbei kommen mehrere andere wichtige Faetoren in Betracht. Directe Messungen der Verdunstung aber sind mir nicht aus diesen hochnordischen Gegenden bekannt. Ausser- dem hält man die in südlicheren Gegenden ausgeführten Messungen wegen der Unvollkommenheit der bisher benutzten Apparate für viel 1) Nansen, F,, Pü skidor genom Grönland, Stockholm 1890, 8. 659. 2) Vergl. einen in allerletzter Zeit veröffentlichten kurzgefassten Vergleich zwischen elpinen und arktischen Pflanzen, letztere nach einem gerade in derartigen Gegenden eingesammelten Materiale von Bonnier, @., Sur la structure des plantes du Spitzberg et de Pile Jan Mayen. Comptes Rendus des sdances de V’Academir ıles sciences de Paris. T. 118. 1894, Nr, 25, 8. 1427—1430. In der Zusammen- fassung heisst es hier: „les plantes arctiques comparees aux plantes alpines de möme espöce sont plus &paisses et pr&sentent une structure differenciee et renfer- ment de plus nombreuses lacunes“, und: „Vhumidite plus grande de l'air et le mode d’&clairement different doivent jouer le röle prineipal dans cette adaptation des plantes arctiques.* 3) Wegen der Bewegung der Luft ist es auch wenig wahrscheinlich, dass die geringere Sättigungsfähigkeit derselben einen bedeutenderen Einfluss auf die Stärke der Verdunstung in arktischen Regionen haben könnte. 149 zu unzuverlässig, da man bei den mit ihnen angestellten Beobachtungen mehrere unter gewöhnlichen Umständen wirkende Factoren mehr oder weniger hat vernachlässigen müssen. Ein Beispiel davon, dass man sich durch das Gefühl verleiten lassen kann, Schlüsse zu ziehen, die den Thatsachen widerstreiten, will ich aus Hann’s allgemeiner Charakteristik des Polarklimas (a. a. 0. 8. 743 ff.) anführen: „Aus dem europäischen Polargebiet, vor Franz Josephs-Land, berichtet Payer von einem durch- dringenden Feuchtigkeitsgefühl, welches bei grosser Kälte um so lebhafter wird, Die Luftfeuchtigkeit erhält durch die den offenen Meeresstellen (als Frostrauch) entströmenden Wasserdämpfe immer neuen Zuschuss. Die unzähligen Eiskrystalle, welche die Luft erfüllen und die Klarheit des Tages bis zu einer graugelben Dämmerung dämpfen, üben ein unausgesetztes flüsterndes Ge- räusch aus. Bei alledem herrscht in der Atmosphäre eine unbe- schreibliche Trockenheit (Dampfarmut), die mit dem Feuchtigkeitsgefühl in grellem Widerspruch steht. Tabak zerfällt in dürre Staubtheilchen.*“ In den Beschreibungen der Polarreisenden wird erzählt, dass todte Thiere viel langsamer als in südlicheren Gegenden in Verwesung übergehen. Leichen von erschossenen Rennthieren, die erst nach längerer Zeit aufgefunden worden, waren mehr oder weniger vertrocknet und zusammengeschrumpft (mumificirt), sonst aber gut erhalten (vgl. die Verhältnisse der Alpengegenden!). Ebenso halten sich höl- zerne tiegenstände lange Zeit unbeschädigt.!) Es ist indessen wohl wahrscheinlicher, dass diess nicht auf der Trockenheit des Klimas, sondern vielmehr auf dem Mangel an fäulnissbewirkenden Mikro- organismen in der reinen Luft dieser Gegenden beruht. Vielleicht ist hierin auch die Ursache davon zu suchen, dass Reisende (z. B. auf Spitzbergen) nicht von Schnupfen, Brustschmerzen u. dgl. belästigt werden, obgleich ihre Kleider oft nass werden und sie nicht immer Gelegenheit haben, dieselben zu wechseln. Besonders vortheilhaft hat man Spitzbergens Klima im Sommer gefunden, wesshalb man sogar „vorgeschlagen hat, hier ein Sanatorium zu gründen. Ein zweiter bemerkenswerther Umstand ist der, dass das Eisen nur wenig von Rost angegriffen wird. So berichtet Ekholm?), dass eiserne Nägel in 1) Vgl, z. B, Malmgren, öfrersigt af Spetsbergens fanerogamflora. Öfrersigt af Kongl. Vetenskaps Akademiens förhandlingar, Stockholm 1862, 8. 267: „Es ist eine bekannte Thatsache, dass die Verwesung organischer Stoffe in den arktischen Regionen sehr langsam von Statten geht, wesshalb mehrjährige Pflanzen- reste beinahe unverändert neben den neuen Schösslingen der perennirenden Wurzel bestehen. Ein vor einem halben Jahrhundert errichtetes Grabkreuz sieht aus, als wäre es von gestern. Man könnte beinahe sagen, dass Steine und Bergarten schneller verwandelt werden, als organische Stoffe.“ 2) Obserrations faites au Cap Thordsen, Spitzbery, pur Pexpedition suedoise, publiees par Vacademie des sciences de Suöde, Stockholm 1891. Tome I. Intro- Auction historique par N, Ekholm p. 8. 150 Kisten, die zehn Jahre lang auf Spitzbergen der Luft ausgesetzt gewesen, gar nicht oder wenigstens höchst unbedeutend gerostet wären, wesshalb sie ebenso brauchbar wie neuegewesen. Da die Kisten ganz offen und den Niederschlägen exponirt waren, kann der Grund dieser Erscheinung nicht im Mangel an Feuchtigkeit liegen. Haben wir auch hier die Erklärung in der Abwesenheit von Bakterien zu suchen? Und kann man dieselbe Erklärung auch auf den merkwürdigen Fall anwenden, dass Meteorsteine, die sich in arktischen Gegenden gut erhalten haben, dagegen nach ihrer Transportierung in südlicheren Gegenden trotz aller Vorsichtsmassregeln hier immer mehr verwittern? Betrachten wir, wie sich die Pflanzen selbst in Bezug auf ihre anatomische Entwickelung im höchsten Norden verhalten, so dürften sie das unverwerflichste Zeugniss für das gesteigerte Bedürfniss eines Transspirationsschutzes ablegen, mag nun die Ursache sein, welche sie will. Hierfür muss ich wieder auf Warming verweisen, der unmittelbar nach dem oben (Seite 145) angeführten Citate hinzufügt: „Diese Ergebnisse in Bezug auf das Klima (dass nämlich die arktische Flora einem trockenen Klima angepasst ist) finde ich vollständig be- stätigt, wenn ich den Bau der Vegetationsorgane, speziell den des Blattes der betreffenden Pfanzen, betrachte.“ In der Fortsetzung gibt Warming zur Erläuterung eine durch Abbildungen illustrirte Beschreibung. Hier sei nur daran erinnert, was schon oben (Seite 132) über Juniperus communis var. nana gesagt ist, und besonders sei ferner auf die mit den Juniperus-Arten ana- logen Verhältnisse der Lycopodiaceen aufmerksam gemacht. Beinahe alle skandinavischen Lycopodium-Arten kommen in Ge- birgsgegenden in Formen mit anliegenden Blättern vor, und nach Warming (a.a. 0. 8. 115) treten L. Selago auf Grönland meistens in einer anliegend blätterigen Form auf, die Berlin alpestre genannt hat, und L. annotinum findet sich ebenfalls beinahe immer in der an- liegend blätterigen Form, die Hartmann alpestre genannt hat. Vgl. hiermit, wie es sich in alpinen Gegenden verhält! In Hartmann, handboki Skandinaviens flora, 12. Aufl. (herausgegeben von Th. OÖ. B. N. Krok, Stockholm 1889) 8. 27 ff. ist unter Lyco- podium Selago bemerkt: variirt in Gebirgsgegenden mit kürzeren, mehr oder weniger anliegenden, gewöhnlich gelbgrünen Blättern mit zuweilen niederliegendem, wenig verzweigtem Stengel: f. adpressa Desv. (wahrscheinlich = alpestre Berlin) und unter L. clavatum: varürt in Gebirgsgegenden mit kurzen Zweigen, mit anliegend dachziegeligen Blättern, einzelnen Achren an einem 1—1,5 em langen Stiel: f. lagopus Laest, sowie unter L. annotinum: variirt ebenfalls in Gebirgsgenden mit kurzen Zweigen, kürzeren und aufrechten, 151 beinahe anliegend dachziegeligen Blättern: f. alpestris Hn. Ferner ist bemerkenswerth, dass von den beiden mit (kleinen und) anliegenden Blättern versehenen Arten L. alpinum und L. complanatum, erstere “ auf Heiden, besonders in Gebirgen vorkommt, die letztere, die übri- gens über Skandinavien verbreitet ist, dennoch theils die feuchte Westküste Norwegens vermeidet, theils auch in einer auf Heiden wachsenden Forın Chamaecyparissus auftritt, die stärker anliegende Blätter hat und nach Blytt nicht mit Bestimmtheit irgendwo in Norwegen beobachtet worden ist. Eine von mir zufällig unternommene anatomische Untersuchung, um den Blattbau von L. complanatum und L. clavatum zu vergleichen, ergab, dass die anliegenden Blätter jener Art bifacial sind und Spaltöffnungen nur auf der einen Seite besitzt und dass solche „Gürtelkanäle“ vorzukommen scheinen, die Tschirch am Schwammparenchym von Olea und Hakea beschrieben und abgebildet hat. Die abstehenden Blätter von L. clavatum dagegen sind un- differenzirt, mit Schwammparenchym und Spaltöffnungen auf beiden Seiten, sowie ohne die genannten eigenthümlichen Bildungen. Vgl. Eriksson, J., Lycopodinebladens anatomi. Lunds Arsskrift. T. 28. 1891 92. 5, 43 über Lycopodium complanatum, bei welchem Eriksson die dor- salen, lateralen und ventralen Blätter untersuchte: Die lateralen Blätter sind drei- kantig, mit einer oberen, einer unteren und einer inneren dem Stamme anliegenden Fläche. Spaltöffnungen kommen in grösster Anzahl an der oberen Fläche vor, besonders unten an der Basis, hier und da tritt auch eine an der inneren Fläche auf, wogegen sie an der unteren Fläche gänzlich fehlen. Die Blätter der Ober- seite haben an ihrem freien Theile keine Spaltöffnungen an der unteren (äusseren) Fläche und nur einige wenige an der oberen. An den Blättern der Unterseite scheinen Spaltöffnungen gänzlich zu fehlen. In Bezug auf die hier oben angedeutete Beobachtung von „Gürtel- kanälen“ im Schwammparenchym des L. complanatum habe jeh bei Eriksson keine Angabe finden können. Von besonderem Interesse ist Eriksson’s Aeusserung auf 8. 87: „Bei L. eipinım und erythroeum, beide alpin, wird ein Schutz gegen allzu lebhafte Transspiration vor allem dadurch erreicht, dass die Blätter anliegend sind und die Spaltöffnungen an der inneren Fläche besitzen. L. reflexum hat seine Spalt- öffnungen an der unteren Fläche, da aber die Blätter nach unten gebogen sind, gewinnt auch diese rupestrische Art einen erforderlichen Schutz.® Wenn man an ähnliche Fälle wie die oben (8. 132) genannten denkt, kann man es schwerlich vermeiden, diese arktischen und alpinen Formenveränderungen auf die Verdunstung zu beziehen.!) — Im All- 1) Siehe indessen Warming a. a. O. 115: „Ich wage nicht zu behaupten, dass diese Richtungsverschiedenheit gerade die Herabminderung der Verdunstung zum Zweck hat; sie ist vielleicht durch rein äussere Einflüsse entstanden, ohne 152 gemeinen lässt sich wohl nicht bestreiten, dass die vegetative Ver- kleinerung der arktischen Pflanzen (wenigstens in den oberirdischen Theilen) und besonders die Grössenabnahme der transpirirenden Blätter auf die Transspiration hemmend wirken, oder mit anderen Worten, dass sie einen Transspirationsschutz bilden, wobei es dahin- gestellt bleiben mag, ob die Ursache der Gedrungenheit zunächst in den Transspirationsverhältnissen direct oder in dem Einfluss der Be- leuchtung!) zu suchen ist, oder in den allgemeinen ungünstigen Ver- hältnissen (Nahrungszufuhr u. ä.) ihren Grund hat, welche die Pflanzen zwingen, ihre Entwickelung so viel als möglich zu beschränken.?) Es mag sich nun mit dem arktischen Klima verhalten, wie es will, und es dürfte auch von weniger Bedeutung sein, ob es im All- gemeinen und im gewöhnlichen Sinne am ehesten als ein trockenes oder als ein feuchtes aufzufassen ist. Die Hauptfrage ist die: Gibt es Gründe, die dafür sprechen, dass Polarpflanzen einen stärkeren Transspirationsschutz benöthigen, als Pflanzen (derselben oder anderer Art), die in südlicheren Breiten unter gewöhnlichen Verhältnissen vor- kommen. Das was ich im Folgenden vorzubringen habe, scheint mir anzudeuten, dass diess wirklich der Fall ist. Ich lasse es indessen dahingestellt sein, welcher von den unten angeführten Gründen als der hauptsächlichste anzusehen ist, oder ob in verschiedenen Gebieten und an verschiedenen Standörtern (Expositionsbedingungen) Schwan- kungen stattfinden können, 1. Schwankungen der Temperatur bewirken, auch wenn sie ver- hältnissmässig unbedeutend sind, in der relativen Feuchtigkeit der Atmo- irgend ein beabsichtigtes „Schützen“ oder „Zweckmässigkeit*, die die Jetztzeit 80 eifrig bemüht ist überall herauszufinden.“ ı) Vgl. KraSan, F., Ueber den combinirten Einfluss der Wärme und des Lichtes auf die Dauer der jährlichen Periode der Pflanzen, ein Beitrag zur Nuch- weisung der ursprünglichen Heimatzone der Arten. Engler’s Jahrb, 1882, B. 3, 5.81: „Es ist evident, dass die Pflanze um so gedrungener und compacter werden muss, je reichlicher ihr das Licht zu Gebote steht, dagegen umsomehr in die Höhe wachsen und umsomehr auf die Verlängerung der Achsentheile verwenden wird, je spärlicher sie mit Licht versorgt ist.“ ... „Daraus ergibt sich zugleich der entgegengesetzte, für die Pflanze günstigere Fall, indem nämlich reichlicheres Licht einen entsprechend gedrungeneren, compacten Körperbau bedingt, die An- lage und Entwickelung der Blüthen beschleunigt und somit die Blütheperiode abkürzt,* 2) Vgl. Warming, a.a. O. 8. 119 f. — Damit möchte ich auch Kjell- man's Worte (a. a. O. 8. 504 ff) von der Materialersparniss vereinigen, die mir nur ein anderer Ausdruck für dieselbe Sache zu sein scheint. 153 sphäre grosse Veränderungen wegen der in den arktischen Regionen ge- ringen absoluten Feuchtigkeit, die wiederum eine Folge der niedrigen Temperatur ist. 'Temperaturveränderungen sind, wenigstens in einigen Gegenden, durch Windverhältnisse bedingt, wie in Grönland durch die föhnartigen Winde, die dort vorkommen. Aber im Allgemeinen sind sie einer Wirkung der Sonne, sowie dem relativ bedeutenden Unterschiede der Schatten- und Sonnentemperaturen, d. h. dem, der zunächst und im Allgemeinen dem Temperaturunterschiede der Luft und eines der Sonne ausgesetzten Thermometers entspricht (vergl. unten Abschnitt 2), zuzuschreiben. Man sollte kaum glauben, dass die arktische Sonne hohe Tem- peraturgrade bewirken könnte. Direkte Versuche haben es aber be- wiesen. So sagt Klinggräff'): „Auf Spitzbergen und Nowaja Semlja gehen die Schattentemperaturen selten über + 4° bis 6° R., die Sonnentemperaturen öfter über 14° bis 16° R. Scoresby be- obachtete auf den Spitzbergen einmal in der Sonne 18° und gleich- zeitig im Schatten nur 4+2°R. Moissejew auf Nowaja Semlja gleichzeitig in der Sonne und im Schatten 27° und 6° R. Midden- dorff sah in Sibirien unter 70'/2°, bei 20°R. im Schatten („sogar in der Entfernung eines Fusses“, vergl. 8. 655 des Originals) in der Sonne an einem dunkeln Hintergrund den Schnee und bei einigen Graden Frost im Schatten in der Sonne das Pech schmelzen, sowie unter 74° bei wenigen Wärmegraden im Schatten, das Thermometer in der Sonne bis über 80° RR. steigen. So bedeutend sind die Unter- schiede der Sonnen- und Schattentemperaturen in Mitteleuropa nicht“ ete. — Warming theilt in seiner oben vielfach citirten Schrift (S. 100 f£) Tabellen über Messungen in Grönland (Expedition der Fylla 1884), und zwar in Vegetationshöhe mit, wobei man gleichzeitig an einem geschwärzten Therniometer bis 40°C. und an einem unge- schwärzten 361/,°C. beobachtete (Teswisak, d. 29. Juli). Leider ver- gass man zugleich die Temperatur im Schatten zu bestimmen. Es wird nur bemerkt, dass die Beobachtung an der Leeseite eines Steines und bei schwachem Wind stattfand, und dass die Temperatur gleich darauf bedeutend herabsank. Man kann allerdings solchen Untersuchungen vorwerfen, dass sie keine Aufschlüsse geben über die Temperaturveränderungen, denen die Pflanzen selbst ausgesetzt sind. Dazu wäre ja erforderlich, die Temperatur im Innern der Pflanzen zu messen, z. B. dadurch, u Dr Klinggräff, C. 3., Zur Pflanzengeogruphie des nördlichen und arkti- schen Europas, 2. Aufl., Marienwerder 1878, $. 1 f. 154 dass man ein Thermometer in die Versuchspflanze hineinsteckt. Es ist indessen wahrscheinlich, dass die Absorption der Wärmestrahlen sowohl bei den Pflanzen als auch bei dem Thermometer wenigstens im Grossen und Ganzen dieselbe ist (siehe unten). Man kann sich leicht einen Begriff von den grossen durch plötz- liche Temperaturveränderungen hervorgerufenen Unterschieden in der Spannkraft des Wasserdampfes innerhalb und ausserhalb einer Pflanze machen, sei es nun, dass diese Differenzen hervorgerufen werden dadurch, dass die von Wolken kurz vorher bedeckte Sonne plötzlich hervorbricht und ihre Strahlen auf die Pflanzenwelt wirft, oder da- durch, dass z. B. eine Pflanze, die vorher im Schatten eines Felsens gestanden, im Laufe des Tages in einem Nu dem vollen Sonnen- lichte ausgesetzt wird, um früher oder später wieder in Schatten ge- hüllt zu werden. Gesetzt auch, dass die Luft im Schatten mit Feuchtigkeit gesättigt ist, und dass die Spannkraft des Wasserdainpfes innerhalb der Pflanze derjenigen ausserhalb derselben nahezu das Gleichgewicht hält; aber wie anders müssen sich nicht die Verhält- nisse gestalten, wenn die Wärme im Innern der Pflanze von unge- fähr 0° bis auf 80° steigt, während sich die Temperatur der die Pflanze umgebenden Luft nicht erheblich ändert! Da wäre es nicht wunderbar, wenn die Pflanze schnell ihre Wassermenge verlöre und der Verdörrungsgefahr ausgesetzt würde.‘) Um dies zu verhüten, ist ohne Zweifel ein guter Transspirationsschutz von grösster Bedeutung — wenn man nicht annehmen muss, dass die verdiekten Wände ent- standen sind, um die Pflanze vor einer etwaigen Zersprengung durch den Druck von innen zu bewahren? Dass sogar eine verhältniss- mässig kurze Zeit andauernde Verdunstungsgefahr schaden und daher Schutz erfordern kann, dahin deuten einige unten herangezo- gene Experimente und Thatsachen. 1) Man sollte glauben, dass das geringe Sättigungsdeficit der Luft in den arktischen Gegenden eine nur unbedeutende Transspiration herbeiführen müsste, da die Luft durch die Verdunstung der Wassermassen u. s. w. bald mit Feuchtigkeit gesättigt sein würde, Aber durch die Strömungen in der Atmosphäre erneuert sich die Luft immerwährend, was an den beschatteten Plätzen eine wiederholte Condensation «des Wasserdampfes zur Folge hat, sowie eine unausgesetzte Ver- dunstung an den von der Sonne beschienenen, bei der Zufuhr von weniger Wasser enthaltenden Luft (Schattenluft). Liegt hierin vielleicht die Erklärung jener oft auftretenden Dünste und Nebel, die über den arktischen Gegenden schweben und die Vorstellung herbeigeführt haben, dass die Luft hier ausserordentlich feucht wäre? ne 155 2. Die Intensität der Sonnenstrahlung. Man hat die Intensität der Sonnenstrahlung unter verschiedenen Breiten und unter gewissen Voraussetzungen (Abwesenheit von Atmosphäre) berechnet und hat dabei folgendes Ergebniss erlangt. „Die Bestrahlung des Pols ist am 21. Juni um mehr als 20/0 grösser als die grösste, die der Aequator je erhält, und um 36°|, grösser als die am Aequator gleichzeitig stattfindende Bestrahlung.“ (Hanna. a. O. S. 62.) Wie bekannt, ist es aber in der That anders. Es gibt jedoch einige Um- stände, die, abgesehen von den verlängerten Tagen während der Vegetationsperiode, eine verhältnissmässig gesteigerte Sonnen- intensität andeuten. Dafür spricht u. a. der grosse Unterschied der Schatten- und Sonnentemperaturen, woraus folgt, dass die Luft wenig von den Lichtstrahlen absorbirt. Die Ursache hat man in der ge- ringen absoluten Feuchtigkeit der Luft, im verminderten Kohlen- säurengehalt (vgl. unten Abschnitt 3 und 4) und (vor allem) in dem verminderten Staubgehalt der Luft zu suchen.?) Dass die Sonne auch bei bewölktem Himmel ihre Wirkung be- thätigen kann, scheint aus folgenden Worten Middendorff's (Hann, $. 72) hervorzugehen: „Der Himmel war zwar grössten- theils bewölkt, aber die Sonne machte trotzdem ihre Anwesenheit am Himmel sehr merkbar.“ Ausserdem hat man die gesteigerte diffuse Refleetion der Schnee- felder u. s. w. (vgl. Hann 8. 30. u. 72), sowie die Vorliebe zu be- achten, mit welcher die arktische Vegetation vorzugsweise solche Plätze wählt, die eine günstige Lage besitzen, z. B. einen Abhang, wo wenigstens manchmal am Tage die Sonnenstrahlen weniger schief fallen, als sie es auf ebenem, wagerechtem Boden thun, wo nur eine geringere Anzahl Strahlen der Pflanze zu Gute kommen würde (vgl. Kjellman, a. a. O. 8. 464). Schliesslich dürfen wir den allerwich- tigsten Grund nicht vergessen, nämlich das immerwährende Licht während der Vegetationsperiode, infolge dessen obengenannte Berech- nung ein für die Polargegenden so günstiges Resultat zeigt. Den Einfluss desselben auf die Entwickelung der Pflanzen hat Kjell- 1) Nach freundlicher Mittheilung des Herrı« Dr. K, Ä ngström, Laborator der Physik an der Universität Upsala. Vergl. die beiden Schriften desselben: Beiträge zur Kenntnis der Absorption der Wärmestrahlen durch die rerschiedenen Bextandtheile der Atmosphäre. Bihang BI K. svenska Vetensk. Akad, Handlingar, Bd. XV, Abth. 1, Ny, 19. Stockholm 1889. Beobachtungen über die Strahlung der Sonne. Separatabdruckh aus den An- nalen der Physik und Chemie, Neue Folge. Bd, XXXIX. Leipzig 1590. 156 mann (a. a O. 8. 526 ff.) durch Versuche gezeigt, aus denen deut- lich genug hervorzugehen scheint, dass die Ursache der gesteigerten Lebensthätigkeit, besonders der vermehrten Assimilation und der davon abhängigen vergrösserten Transspiration (Zuwachs) in diesem ununterbrochenen Licht zu suchen ist. Vergl. Drude O., Handbuch der Pflanzengeographie, Stuttgart 1890, 8, 17: „In der Wirkungsweise des Erdumlaufs um die Sonne im Jahreswechsel und in der des Wechsels von Tag und Nacht, welche die grosse jährliche und die kleinen täglichen Perioden des Pflanzenlebens erzeugen, pflegt man stets von der Wärme- wirkung zu sprechen, ohne dem Lichte die gebührende Rolle zuzuertheilen. Und dennoch muss diese vorangestellt werden, da die sich aus der atmosphärischen Kohlensäure ernährenden grünen Pflanzenorgane zwar diese ihre fundamentale organische Arbeit durch Acelimatisation bei verhältnissmässig niederen Tempera- turen (über Null) auszuführen lernen, aber niemals das Licht entbehren können. Die Lichtperiode ist daher der oberste Regulator des pflanzlichen Lebens.“ Lemström bezweifelt jedoch, dass man dem Lichte allein oder in einem höheren Grade die verhältnissmässig grossartige Entwiekelung der Pflanzenwelt zuschreiben kann, die ihn auf seinen Reisen in den Polarländern so überrascht hat. Er hat daher eine neue Hypothese für die Erklärung dieser Erscheinung aufgestellt; er findet sie in den elektrischen Strömungen der Luft, die in den Polargegenden am stärksten auftreten sollen. Durch Experimente (in Fin- land) hat er den wohlthuenden Einfluss derartiger Erscheinungen auf die Pflanzen dargethan, und besonders beachtenswertli scheint hierbei der Umstand zu sein, dass derartige Versuche, die in südlicheren Gegenden (Frankreich) wiederholt worden sind, bewiesen haben, dass eine gleichzeitige starke Sonnenhitze schäd- lich ist, wesshalb es den Anschein hat, als ob der Einfluss der Elektricität gleichsam speciell für höhere Breitegrade bestimmt wäre und vielleicht eine Art von Ersatz für die niedrigere Temperatur biete. Fernere Untersuchungen dürften jedoch von nöthen sein. Siche weiteres Lemström, 8., On elektrieitetens inrerkan pa värterne. Helsingfors 1890. Promotionsprogramm. 3. Den verminderten Dampfdruck, d. h. die allmäbliche Abnahme der absoluten Wassermenge je weiter nach Norden. Diese Abnahme ist theils durch die niedrige Temperatur bedingt, theils ist eine locale oder periodische starke Minderung der Wassermenge als Folge von föhnartigen Winden, Kondensationserscheinungen bei An- wesenheit grosser Eisinassen!) u. s. w. wahrscheinlich, wodurch auch die relative Feuchtigkeit in höherem oder niedrigerem Grade ab-' Vgl. auch, was ich oben ($8, 149) mit Rücksicht auf die langsame Verwesung über den etwaigen Einfluss der grösseren oder kleineren Bakterienlosigkeit der Luft gesagt. 1) Vgl. unten Dufour’s und Forel’s Untersuchungen über die starke Kondensation des Wasserdampfes durch Schnee- oder Eismassen, wobei sie ge- funden, dass die Luft in der Nähe von Gletschern trockener als in einiger Ent- fernung davon ist. Diese Thatsache muss wohl in arktischen Gegenden in noch höherem Grade vorhanden sein. 15 nimmt. Der Wasserdampf absorbirt, wie bekannt, in hohem Maasse die Lichtstrahlen, besonders die am wenigsten brechbaren (die gelben ete., vgl. Hann, $. 143 ff.) und also die für die Assimilation wirk- samsten Strahlen. 4. Die Abnahme der Kohlensäure in der Luft infolge von Kondensirung durch das Meerwasser und auch wegen der unbe- deutenden Entwickelung dieses Gases aus verwesenden organischen Stoffen et. — Hamberg!') hat gezeigt, dass Meerwasser die Kohlensäure der Luft eondensirt und zwar desto stärker, je weiter nach Norden, und also im Allgemeinen je kälter das Meerwasser ist. Ob diese Abnahme der Kohlensäure einen bedeutenden Einfluss auf die Polarvegetation übt, muss dahingestellt bleiben, und ebenso ob oder inwiefern man hierin die Erklärung der eigenthümlichen Er- scheinung zu suchen hat, dass einige Meeresstrandpflanzen auch auf hohen Bergen auftreten, aber in der zwischenliegenden Gegend fehlen (vgl. Schimper a. a. O.) Wagner?) bringt indessen die starke Palissadenausbildung bei alpinen Pflanzen u. a. in Beziehung mit der je nach der Höhe infolge der Luftverdünnung stärkeren Abnahme der Kohlensäure, wess- halb die Pflanzen vollkommenere Apparate nöthig haben für die ver- mehrte Arbeit, aus einer grösseren Luftquantität die für sie noth- 1) Vgl. Hamberg, A., Hydrografiskt-Kemiska iaktagelser under den Srenska expeditionen HIL Grönland 1883. Bihany till K. Srenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar, Bd. 9 Nr. 15 und Bd. 10 Nr. 13. 1884—1885. — Aus seinen Experi- menten glaubt Hamberg den Schluss ziehen zu dürfen, dass „ein und dasselbe Meerwasser bei niedrigerer Temperatur grössere Mengen gebundener Kohlensäure enthält als bei höherer“ (Nr. 13. 8. 39). Und er sagt ferner ($. 41): „Die warmen Öberflächenströme, welche den Polen zufliessen, müssen auf ihrem Lauf nach kälteren Gegenden immer mehr Kohlensäure aus der Luft absorbiren. Wenn man die grossen Unterschiede in Betracht zieht, welche, obenstehenden Tabellen nach, in der Fähigkeit des Meerwassers, bei verschiedener Temperatur verschiedene Mengen Kohlensäure zu binden, vorzukommen scheinen, wird man vielleicht einen Erklärungsgrund für den verhältnissmässig niedrigen Kohlensäurengehalt der At- mosphäre, den die französische Expedition nach dem Cap Horn 1882—1883 in der Nähe des südlichen Eismeeres beobachtete, finden. Noch interessanter erscheint mir die von derselben Expedition gemachte Beobachtung, dass der Kohlensäure- gehalt der Luft während der Nacht geringer war als am Tage, geringer bei nie- driger Temperatur als bei höherer. Um dieses Phänomen zu erklären, verweisen die beiden Erklärer jener Beobachtungen auf die Wirkungen des nahegelegenen Meeres, Die Richtigkeit dieser Auffassung dürfte kaum einem Zweifel unterliegen.“ 2) Wagner, A., Zur Kenntniss des Blattbanes der Alpenpflanzen und dessen biologischer Bedeutung. Sepuratabdruck aus den Sitzungsber. d. k, Akad, d. Wiss. in Wien, Mathem.-Naturw. Classe, Bd. CI, Abth. 1. Mai 1892. 158 wendige Kohlensäure zu beschaffen, die sie in niedrigeren Gegenden in einer weniger grossen Luftquantität vorräthig haben. Hiermit muss auch eine stärkere Transspiration in Beziehung stehen, was auch Sorauer!) durch Experimente bewiesen hat: „Auffallend und einst- weilen ohne positive Erklärung zu registriren ist die Thatsache, dass die Pflanzen, denen die Kohlensäure der Luft entzogen, pro Quadrat- centimeter Fläche und pro Gramm Trockensubstanz mehr verdunstet haben, als die der Kohlensäure zugänglichen Pflanzen.“ — Ts wäre dies ein Fall analog dem, den Sorauer gefunden, als er Pflanzen in allzu schwacher Nahrungslösung zog, wobei die Verdunstung eben- falls zunahm, und wesshalb er die Frage aufwirft (die man auch mit Beziehung auf die Kohlensäure stellen könnte): „Sollte die Pflanze sich zu grüsserer, einseitiger Arbeitsleistung anstrengen, um den Mangel durch vermehrte Zufuhr aus dem Wurzelmedium zu decken ?* ?) 5. Die Windstärke. Dieser misst Kihlman, wie oben er- wähnt worden ist, grosses Gewicht bei. Da es indessen scheint, dass dieser Faetor in verschiedenen Gebieten der Polarregion einen sehr un- gleichen Werth hat (wenigstens während der Vegetationsperiode)?), so dürfte daher, abgesehen von seinem an und für sich bedeutenden Einfluss auf die Verdunstung, die specielle Bedeutung desselben für das arktische Klima etwas zweifelhaft sein. 6. Herr Dr. N. Ekholm, Assistent an der meteorologischen Centralanstalt zu Stockholm, hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die arktischen Pflanzen, da die Verdunstung wie bekannt einen grossen Verlust an Wärme mit sich bringt, wahrscheinlich die Trans- spiration einschränken müssen, um sich gegen einen zu grossen Ver- brauch von Wärme zu schützen. Sowohl die Polarpflanze, als auch die Wüstenpflanze hätte sich also gegen Verdunstung zu schützen, aber während, wie es scheint, die Letztere dieses thut, um die Ver- 1) Sorauer, Studien über Verdunstung. Wollny, Forschungen III, 1880, S. 468, — Vgl. indessen Kohl, a.a.O. 8. 43 ff, der anderer Meinung ist. 2) Eine andere Erklärung hat H. Jumelle (Nourelles vecherches sur Passi- milation et la transspiration chlorophylliennes, Revue ‚generale de Botanique, Paris IS91, Nr. 30, 8. 2411-248 und Nr. 31, S. 293-8305) gegeben (3. 305): „Si, & la lumiere, l’absenee d’acide carbonique a’ pour effet d’aceeierer la transspiration des plantes ou des organes verts, cette ace&leration s’explique par ce fait que l’önergie des radiations absorbees par la chlorophylie, ne pouvant plus ötre employee pour la d&composition de l’acide carbonique, se reporte entire sur la transspiration.“ 3) So beobachtete Dr. Ekholm (nach freundlicher mündlicher Mittheilung) auf Spitzbergen im Sommer 1883 überwiegend nur schwache Winde oder Windsiille. 159 dunstung zu verhindern, würde die Erstere es thun, um zur Aus- führung ihres Lebensprocesses Sonnenwärme zu sparen?). Zu diesen eben angeführten Gründen für das gesteigerte Bedürfniss der arktischen Pflanzen von Transspirationsschutz könnte man noch mehreres hinzufügen, aber das Gesagte, worunter ich meinestheils das grösste Gewicht legen möchte auf den starken Wechsel der rela- tiven Luftfeuchtigkeit oder, vielleicht besser gesagt, auf den grossen Unterschied zwischen der Temperatur innerhalb der Pflanze und der ausserhalb derselben, dürfte, ausser dem Zeugniss der Pflanzen selbst, am besten für diese Auffassung sprechen. Ferneren Anlass zu derselben Annahme geben mehrere Analogien aus anderen Klimaten, worauf ich im Folgenden zurückkommen werde, In der zunächst folgenden Darstellung werde ich indessen von der Voraussetzung ausgehen, dass das arktische Klima ein trockenes ist, wenigstens in der Beziehung, dass es einen höher entwickelten Trans- spirationsschutz der Pflanzen fordert. Steht die xerophile Ausbildung in irgend weicher Beziehung zu dem verschiedenen focalen Auftreten der Pflanzen in verschiedenen Klimaten ? Im Anschluss an das oben (8. 145) Gesagte sei nun die Frage aufgeworfen: Wie soll man einestheils die xerophile Ausbildung der genannten Pflanzen und anderntheils ihr verschiedenes locales Auf- treten in verschiedenen Klimaten erklären; stehen diese beiden Er- scheinungen zu einander in Beziehung? Nach Kihlman u. a. (vgl. oben) würde die relativ niedrige Temperatur des wasscrreichen Bodens sowie die starken ausdörrenden Winde die Ursache der Nothwendigkeit eines stärkeren Transspira- 1) Vgl. Tschaplowitz, F., Gibt es ein Trunsspirations-Optimum? Bot. Zeitung 1883, S. 361. — Kihlman, a.a. 0.8. 114. — Es könnte scheinen, als ob ich mich bei der Erwähnung des arktischen Klimas zu sehr mit Kleinigkeiten be- schäftigt und zu sehr in Details vertieft hätte, die im Grossen und Ganzen keinen wesentlichen Einfluss auf die Entwickelung der Pflanzen ausüben könnten. Es dürfte jedoch besser sein, auch scheinbaren Geringfügigkeiten seine Aufmerksamkeit zu schenken, als sie zu übergehen, denn wir wissen thatsächlich nicht, einen wie grossen oder wie kleinen Einfluss diese üben können. Man vergleiche die unbe- rechenbar grosse Bedeutung folgender in der Luft nur spärlich vorkommenden Stoffe für Pflanzen und Thiere: Wassergas 0,84 Vol. Proc., Kohlensäure 0,04 Vol. Proc. und Ammoniak 0,0001 Vol. Proc. Eine geringe Steigerung des Kohlensäure- gehaltes der Luft macht sie für die Athmung unbrauchbar und „schon Schwan- kungen von 10/, der relativen Feuchtigkeit bringen merkliche Aenderungen in der Hautausdünstung hervor“. (Hann, a. a. O. 8. 35.) 160 tionsschutzes sein. Wenn wir nun näher betrachten, wie es sich in dieser Beziehung mit den obengenannten Beispielen, Ledum palustre und Pyrola rotundifolia, verhält, so finden wir sie allerdings in ihrem südlicheren Verbreitungsgebiet auf nässerem Boden, während dagegen ihre nördlichsten Standörter wenigstens in der Regel als trockene angegeben werden. Was die Windstärke betrifft, so ist sie im Süden oft beinahe gleieh Null, da L. palustre gewöhnlich in kleineren Wald- sümpfen tief in grossen Wäldern vorkommt, und P. rotundifolia in Gebüschen gut geschützt steht. In einem Uebergangsgebiet dagegen, wozu man die von Kihlman studirte Halbinsel Kola rechnen könnte, wirken beide genannte Factoren. Soll man nun annehmen, dass der Wasserreichthum des Bodens im Süden denselben Einfluss besitzt wie die windige Lage im Norden, oder dass die Kälte des Bodens, auch da wo derselbe trocken ist, im Norden genügt, um dasselbe Erschweren der Wasseraufnahme zu verursachen, das im Süden durch den nässeren (und daher kälteren?) Boden hervorgerufen wird, oder dass der Boden in den Polargegenden wasserhaltig genug ist, um im Verein mit der hier herrschenden stärkeren Kälte dasselbe Resultat wie im Süden zu bewirken? Es wäre jedoch sonderbar, wenn sich die Pflanzen unter dem Einfluss von scheinbar so ver- schiedenen äusseren Bedingungen ohne merkbaren Unterschied im inneren anatomischen Bau (s. oben) entwickelt hätten. Ausserdem sollte man ja auch meinen können, dass dieselben, da sie sich an dem einen Orte den äusseren Verhältnissen angepasst haben, sich auch denen an dem anderen Orte, also auch dem Klima der Westküste Nor- wegens, hätten anpassen können. Sehen wir nun nach, ob es ähnliche Verhältnisse auf anderen Gebieten gibt, d. h. ob Beispiele davon vorkommen, dass dieselben Arten in verschiedenen Klimaten an verschiedenen Standörtern vor- kommen, so fehlen hierfür allerdings die Belege nicht ganz. Leider geben jedoch die Floren und in noch höherem Maasse die Herbarium- etiquetten öfters nur allzu unvollständigen Aufschluss über die localen Fundstätten. Während nun einige Pflanzen, deren eigentliches Ver- breitungsgebiet die continentalen Gegenden von Europa und Asien sind, bei uns (im südlichen und mittleren Schweden) an feuchten Stellen vorkommen, so weiss man dagegen im Allgemeinen nicht, wie ihre Standörter in continentaleren Gegenden beschaffen sind!). Die 1) Mir wenigstens ist es nicht gelungen solche Aufschlüsse durch die mir zugänglichen Floren zu erhalten. Vielleicht gibt es hier und da in anderen Schriften zerstreute Andeutungen, aber wegen der vielen verschiedenartigen 161 in Bezug auf Verbreitungsverhältnisse am besten bekannte soge- nannte Continental-Pflanze dürfte die Fichte (Picea excelsa) sein. Sie kommt sowohl auf Bergen als auch auf Ebenen des inneren conti- nentalen Russlands vor. Bei uns hält sie sich am liebsten an niedere feuchte Gegenden. Im ganzen westlichen Norwegen fehlt sie oder tritt nur in vereinzelten Exemplaren auf!) (vgl. weiter unten). Ueber die Ostgrenze der Fichte heisst es in Willkomm, Forstliche Flora ron Deutschland und Oesterreich etc. 8.77: „Nach Trautwetter soll eine gerade Linie, welche aus dem Osten der finnischen Halbinsel Kola in ziemlich südöst- licher Richtung bis zum Zusammenfluss des Wjätka und Kama (ungefähr 550 29°) hinzieht, «die Ostgrenze der europäischen Fichte ziemlich genau ausdrücken.“ Wie bekannt, beginnt dann nach Osten hin (und in Sibirien hinein) die sibirische Fichte (P. oborata), die jedoch als Art nicht von der europäischen zu unter- scheiden sein dürfte: „Speeifisch verschieden sowohl in botanischem Sinne als in forstwirthschaftlicher Beziehung ist P. oborata und P. ercelsa nicht, das hat Teplouchoff, der an Ort und Stelle den allmählichen Uebergang bezüglich der Zapfengrösse und Zapfenform und speciell der Zapfen- schuppen beobachtete, schlagend bewiesen. Vielmehr ist P. eborata, wie der ge- nannte russische Forstmann sehr richtig bemerkt, nur eine klimatische Abart oder Form der gemeinen Fichte, wofür sie schon Grisebach gehalten hat“, (Willkomm 8. 94.) Nun pflegt man, wie bekannt, das locale Vorkommen bei uns von continentalen und arktischen (glacialen) Pflanzen durch den Kampf ums Dasein zu erklären. Bei dem Eindringen derselben in Skandinavien (z. B. der Fichte) oder bei ihrer Verdrängung aus demselben (z. B. der Glacialpflanzen) haben dergleichen Pflanzen den Kampf ums Dasein mit anderen Pflanzen nicht an den bevorzugteren Fragen, die ich in der vorliegenden kurzen Darstellung berühren muss, habe ich ılavon absehen müssen, jene (regenstände gründlieher zu untersuchen, Es ist auch weniger mein Zweck, eine Menge Thatsachen zu sanımeln, als vielmehr eine Er- klärung einiger, wenn auch vereinzelter Fälle zu versuchen, In Bezug auf schwedische Verhältnisse haben wir eine vorzügliche Schrift von C. F. Nyman, die ich oben citirt habe und deren vollständiger Titel lautet: Utkust till svenska växternas naturhistoria eller Sreriges Funerogamer skildrade i korthet med deras vdatställen och utbredning m. m, deras egenskaper, anrindning och historia i allmiünhet, Tra delur. Örebro 1867 och 1868. 1) Ferner gibt es einige Angaben über Pflanzen, die theils im Tieflande, theils in Alpengegenden vorkommen und bei denen man als etwas Eigenthümliches hervorzuheben pflegt, dass sie in tieferen Gegenden an wasserreichen und schat- tigen Plätzen vorkommen, während sie dagegen auf den Bergen auf dürrem und freiem Boden wachsen, z. B. Parnussia pulustris, Pyrola rotundifolia u. a. m. Da indessen die alpine Frage besonders behandelt zu werden verdient, 30 werde ich ihr in Folgenden ein eigenes Kapitel widmen, worauf ich verweise, Flora 1895. 11 162 Plätzen aufnehmen können, sondern sie sind in die Moore hinab- gedrängt worden‘). Keineswegs will oder kann ich die grosse Rolle in Abrede stellen, die der Kampf ums Dasein in der Natur spielt, wage aber dennoch zu bezweifeln, dass in den genannten Fällen die wirkliche Ur- sache der Verbreitung darin zu suchen wäre. — Die Kiefer (Pinus silvestris) ist wegen ihrer Verbreitung für weniger continental zu halten als die Fichte. Trotzdem kommt sie bei uns im Allgemeinen vor auf trockenerem Boden, Kieshügeln, Bergen u. s. w., aber im südlichen Schweden wenigstens besteht die eigenthümliche Erschei- nung, dass es nicht die Fichte, sondern die Kiefer ist, die sich auf feuchteren Mooren niederlässt, wenn schon ihr Dasein nur ein kümmer- liches ist. Man kann also sagen, dass die Kiefer theils auf Bergen, theils auf feuchteren Mooren („nassen Moortorf#)?) vorkommt, während die Fichte dagegen die Mitte hält zwischen diesen beiden Extremen. Es sieht also wegen der Verbreitung dieser beiden Baumarten aus, als ob die Fichte bei ihrer Einwanderung in Skandinavien die Kiefer- bestände auseinandergesprengt hätte, und es ist ja auch möglich, dass sich die Kiefer nach Ausrottung aller Fichten auch über diese Zwischengegend ausbreiten würde, obgleich es auch eintreffen könnte, dass die hiesigen Verhältnisse dem Gedeihen der Kiefer nicht. günstig genug wären. Nähme man wiederum alle Kiefern fort, so ist es weniger wahrscheinlich, dass die Ausbreitung der Fichte viel erheb- lieher würde, wenigstens nicht in den sumpfigen Gegenden von Südschweden, denn sonst würde sie schon jetzt dort festen Fuss ge- fasst haben, wo die Kiefer zerstreut genug steht, um sie nicht zu hindern. Wenn es sich aber auch so verhält, dass die eine von diesen Pflanzen im Kampf ums Dasein unterliegt, so muss man wohl’ nach » Vgl. jedoch Areschoug, F. W.C. (Bidrag till Skandinariska Vegeta- tionens historin, Lunds Unirersitets Ärsskrift 1866-67, 8. 4 ff), der die Sache anders betrachtet, was auch besser mit der Erklärung, die ich hervorgehoben, über- einstimmt. Er sagt nämlich von den hier und da in Skandinavien vorkommenden arktischen Pflanzen: „Entweder bilden sie sozusagen den Nachtrab einer Vege- tation, die früher in der Gegend vorherrschend war, wo sie jetzt ganz isolirt an solehen Punkten wachsen, deren locale Verhältnisse die sonst ungünstigen Ver- änderungen des Klimas u. s. w. in etwa aufheben, oder sie sind, um mich des- selben Bildes zu bedienen, die Vorposten einer Vegetation, die bemüht ist, sich über jene Gegend auszubreiten, in welcher diese vereinzelten Repräsentanten sich an besonders günstigen Stellen niedergelassen haben.“ 2) Vgl. Hult, R. Biekinges Vegetation. Ett bidrug Hl växtformationernds historiu. Meddel. af Societ. pro fauna et flora fennica. 12. 1885. 8. 181. 163 der Ursache dieses ungleichen Streites zu fragen berechtigt sein. Ist die Ursache zu suchen in verschiedenem Wurzelsystem, in ver- schiedener Keimfähigkeit der Samen, in Schattenverhältnissen oder in verschiedenen Ansprüchen an Wasser, Kalk und Mineralstoffen im Allgemeinen u. s. w.?)). Und wie soll man das umgekehrte Ver- hältniss im nördlichsten Skandinavien erklären, wo die Fichte in den Mooren auftritt, aber die Kiefer nicht oder wenigstens seltener?), so- wie die beiderseitige eigenthümliche Verbreitung dieser Bäume im übrigen? (siehe unten.) Was die arktischen (glacialen) Pflanzen betrifft, so möchte ich als einen Beweis für die wenigstens grosse Unwahrscheinlichkeit, dass der Localwechsel in unseren Gegenden durch den Kampf ums Dasein hervorgerufen ist, den Umstand anführen, den Kjellman (a. a, O. 3. 485) erwähnt, dass nämlich ein Theil der charakteristischen Sumpf- pflanzen in den Polargegenden sowohl in Sümpfen als auch an trockenen Plätzen vorkommen, dass sie aber im letzteren Falle eine viel grössere Ausbildung erhalten’). In unseren Gegenden verhält es sich aber meines Wissens umgekehrt (wenn sie sich überhaupt an trockenen Stellen entwickeln). Dieses scheint anzudeuten, dass die Pflanzen in verschiedenen Klimaten an den Plätzen auftreten, die sich für sie am besten eignen, kann aber nicht direct aus dem Kampf ums Dasein erklärt werden. Was besonders die xerophil ausgebildeten und darunter vorzugsweise die immergrünen Pflanzen betrifft, so hat man in ihrer geringeren Wachsthumsenergie einen Beweis dafür sehen wollen, dass sie gerade in Sümpfen den Kampf ums Dasein mit weniger Erfolg aufnehmen können‘) Es liegt wohl am nächsten, die Ursache der allgemeinen und localen Verbreitung derselben Arten gerade in den dabei hervortreten- den Verschiedenheiten zu suchen. Wenn daher eine Art in dem 1) Vgl. Ebermayer, E., Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden und seine klimatologische und hygienische Bedeutung, Berlin 1873, S. 187. — Derselbe, Die gesummte Lehre der Waldstren ete. Berlin 1876, Ss. 290 F. 2) Vgl. Hjelt, H., och Hult, R., Veyetutionen och floran i en del of Kemi Lüppmark och norra Österbotten. Meddel, nf Soc. pro f. Ef. Jenn. 12, 1885, 8. 8. 3) Es kann also auch nieht der Mangel an Sümpfen sein, der diese Piianzen zwingt, auf dürrem Boden aufzutreten (vgl. Klinggräff, a.a.O. 5.35) 4) Vgl. Fleischer, Die Schutzeinrichtungen der Pflunzenblätter gegen Ver- troeknung. 16. Bericht über das kyl. Reulgymnesium und die Landweirtschafts- schule zu Döbeln, 1885, Seite XXXXV: In der geringen Wachsthumsenergie ist der Hauptgrund dafür zu suchen, dass die gegen Vertrocknung gut geschützten. 11 164 continentalen Gebiet auf trockenem, in dem insulären auf feuchtem Boden auftritt, so muss man den Wechsel des localen Vorkommens der Pflanze theils in der Beschaffenheit des Klima’s theils in der des Bodens suchen. „Unter Klima versteben wir die Gesammtheit der meteorolo- gischen Erscheinungen, welche den mittleren Zustand der Atmo- sphäre an irgend einer Stelle der Erdoberfläche charakterisiren“ (Hann, a. a. O0. 8. 4). Die klimatischen Elemente oder Factoren, die zu- sammen das Klima bilden, sind mannigfacher Art. Als den von meteorologischem Gesichtspunkt wichtigsten derselben pflegt man die Temperatur zu betrachten, d. h. die Wärme der Luft, darnach die atmosphärische Feuchtigkeit u. s. w. Vom botanischen Standpunkt aus dürfte es am geeignetsten sein, die Feuchtigkeit an die erste Stelle zu setzen, wenigstens bei dem Vergleiche eines continentalen mit einem insulären Klima. Denn das, was gerade das Erstere im Gegensatz zu dem Letzteren charakterisirt, sind theils die excessiven Temperaturverhältnisse, theils die Trockenheit der Luft. Nun aber liegt, wie man weiss, die Ursache, wesshalb das insuläre Klima kein excessives ist, gerade in der Feuchtigkeit der Luft. „Feuchte Luft stumpft extreme Wärme und Kälte ab“.!) Ohne die anderen klima- tischen Factoren zu übersehen, berücksichtige ich in der folgenden Beweisführung nur die Feuchtigkeit. Es scheint mir nämlich gerade in der Verbreitung dieser Pflanzen, in dem Gegensatze, welcher zwischen der Feuchtigkeit der Luft und der des Bodens besteht, ein Fingerzeig zu liegen, der uns darauf achtzugeben ermahnt, besonders wenn man bedenkt, eine wie grosse Bedeutung die Transspiration und die dadurch vermittelte Wassereireulation und Stoffaufnahme für die Pflanzen besitzt. Da ich also den Grund der besprochenen Ver- breitung in den Transspirationsverhältnissen suche, so werde ich Pflanzen auf solehen Standorten, welche immer das nöthige Wasser besitzen, nieht in Concurrenz treten können mit den übrigen Arten, welche keine oder wenig entwickelte Schutzeinrichtungen haben; dass sie sich im Kampf um’s Dasein also nur an solchen Localitäten behaupten können, denen sie durch diese specielle Ausrüstung angepasst sind. " 1) Ebermayer, Die physikalischen Einwirkungen ete. 8. 443. — Vgl. Engler, A., Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflunzenwelt, Th. 1], Leipzig 1882, S. 323; „Die Feuchtigkeit ist ein noch wichtigerer Factor als die Wärme, denn wir sehen mehrfach, dass die Areale von Feuchtigkeit und Wärme bedürfenden Pflanzen und Pflanzengruppen sich über mehrere Breitengrade er- strecken, während sehr oft unter demselben Breitengrade sehr scharfe Grenzen zwischen den xerophilen und hygrophilen Pflanzengemeinden existiren.. . .* 165 nun auseinandersetzen, wie ich mir den Einfluss des Klimas, be- sonders in Beziehung auf xerophil ausgebildete und fixirte Pllanzen, denke, Angenommen, dass das Klima irgend einer Gegend während langer Epochen ausgeprägt continental gewesen und dass sich irgend eine Pflanzenart von Generation zu Generation z. B. auf einem trockenen und frei gelegenen Hügel befanden. Die Pflanze hat sich immer mehr an dieses Klima gewöhnt, sich demselben angepasst und eine xerophile Ausbildung erhalten. Die Wasserzufuhr der Pflanze aus dem Boden steht in einem gewissen Verhältniss zu der Evapo- rationskraft der Luft und dieses Verhältniss hat sich der Anpassung und der xerophilen Ausbildung gemäss zu dem für die Pflanze geeig- netsten gestaltet. — Abgesehen von selteneren Ausnahmefällen und innerhalb gewisser Grenzen in Bezug auf Wasserzufuhr kann wohl nicht geleugnet werden, dass, je mehr Wasser in der Luft enthalten ist, die Transspiration und demzufolge auch die Wassercirculation innerhalb der Pflanze desto schwieriger stattfinden können, und dass wiederum, je mehr Wasser in dem Boden (ceteris paribus) enthalten ist, das Wasser mit desto grösserer Leichtigkeit der Pflanze zugäng- lich sein muss und daher die Transspiration unterstützt wird. Ich gehe also von der Annahme aus, dass die Feuchtigkeit der Luft und die des Bodens in dieser Hinsicht zwei einander entgegenwirkende Factoren sind. Bezeichnet man erstere mit L, letztere mit B, so können wir in dem ebengenannten continentalen Zustande L 5” T setzen, wobei T die Transspiration bezeichnet. Die Factoren L und B können sich natürlich ändern und zwar theils im selben Verhältniss vergrössern oder verkleinern, wobei in allen Fällen das Verhältniss dasselbe bleibt (nT; n —= 1), theils ungleichförmig, wobei sich der Werth von T ändert und grösser (n>1) oder kleiner (n<1) wird, je nach dem Uebergewicht des Zählers oder des Nenners. Die Schwan- kungen, denen T in dem continentalen Klima unterworfen ist, sind nicht grösser, als dass die Pflanze sie ertragen kann. Anders steht die Sache, wenn das Klima wegen Niveauänderungen oder anderer Ursachen zu einem mehr insulären überzugehen anfängt. Einer der genannten 3 Variationsfälle (n=1) kann dann eintreten. Aus Gründen, die ich unten nennen werde, behaupte ich, dass es unter den gemachten Voraussetzungen anzunehmen ist, dass L im Vergleich zu B grösser wird, und dass wir also schreiben dürfen 166 wobei n grösser als 1 ist; und wenn der Werth von n grösser wird als der Maximumwerth während der continentalen Periode, so ist auch vorauszusetzen, dass die Pflanze dies nicht ohne Weiteres ertragen kann. Entweder passt sie sich nun den neuen Umständen an und wird z. B. in ihrem anatomischen Bau weniger xerophil, wodurch die Transspiration gesteigert und daher der schädliche Einfluss der grösseren Feuchtigkeit der Luft aufgewogen wird, oder, im Falle die einmal erworbene Ausbildung der Pflanze sich nicht in nennenswerthem Maasse ändern lässt, mit anderen Worten, wenn die Eigenschaften fixirt sind, muss die Pflanze entweder untergehen oder auch auf eine andere Art das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen suchen und zwar durch Aenderung des Standortes. Es ist nämlich wahrschein- lich, dass das Verhältniss von L zu M je nach dem Standort wechselt und dass z.B. näher am Fusse des Hügels, den wir als die ursprüng- liche Heimath der Pflanze angenommen, die Feuchtigkeit des Bodens durch das Zusammenfliessen des Niederschlags in einem relativ höheren Maasse zunimmt als die Feuchtigkeit der Luft. Wenn also das Klima von einem continentalen zu einem insulären übergeht, muss die Pflanze unter den angenommenen Voraussetzungen den Hügelhinabwandern und sich einen wasserreicheren Boden suchen (sowie umgekehrt bei dem Uebergang von einem insulären zu einem continentalen Klima). Es lässt sich aber auch denken, dass die Verhältnisse an einem anderen Standort ganz andere werden können, dass also eine Pflanze, die sich während der continentalen Periode an einem niedrigeren, geschützteren und schattigeren Ort befanden, wo sich die Feuchtigkeit der Luft besser erhält, dagegen die des Bodens wegen des geringen Niederschlages verhältnissmässig unbedeutend ist, höher hinauf wandern wird, wenn sich das Klima u. s. w. ändert. Wenn wir uns nun der Einfachheit wegen nur an den ersten Fall halten, so ist es selbst- verständlich, dass wir diese Beweisführung nicht auf die Spitze treiben dürfen. Man darf also nicht sagen, dass die Pflanze desto mehr Wasser aufnimmt, je mehr Wasser man dem Boden zuführt, denn es gibt natürlich hierin wie auch sonst eine Grenze, die die Pflanze nicht überschreiten kann; aber diese Grenze ist bei verschiedenen Arten verschieden weit entfernt. Wenn daher eine Art die Fähigkeit besitzt, alle Standortstufen in Bezug auf Bodenfeuchtigkeit durehzumachen, von der trockensten bis zu der nassesten, so muss eine andere Art viel früher den Kampf aufgeben, denn wenn die Pflanze jene Grenze 167 erreicht hat, bleibt ihr nichts Anderes übrig, als zu Grunde zu gehen -— vorausgesetzt, dass die Eigenschaften der Pflanzen fixirt sind. Es ist ferner wohl überflüssig, hervorzuheben, dass die obigen Formeln sehr schematisch sind und nicht mit mathematischer Genauig- keit angewendet werden können. So können L und B nicht zu gleicher Zeit und in gleichem Maasse vergrössert oder verkleinert werden, als bis zu einer gewissen Grenze, wenn auch der Werth von T in der Formel nicht gleich bleiben sollte, und andererseits lassen sich andere Modifieationen denken, wie z. B. dass T beim Uebergang von einem Klima zu einem anderen einen verschiedenen Werth erhält, je nach der Zeit des Jahres oder der Vegetationsperiode, ohne dass dabei das Maximum oder Minimum der vorigen Periode über- schritten oder geringer wird. Das eben Gesagte müsste nun eigentlich durch direete Experi- menfe controlirt werden. So viel ich aber habe sehen können, sind noch keine Versuche gemacht, um z. B. in Gegenden von aus- geprägt continentalem oder insulärem Klima die Feuchtigkeit der Luft und die des Bodens gleichzeitig und an Standörtern der- selben Art (Bodenbeschaffenheit ete.) zu bestimmen. Wahrscheinlich würde es auch schwierig sein, solche Untersuchungen mit hinreichender Genauigkeit auszuführen. Die durch derartige Versuche erzielten Resultate würden sich natürlich ebenso verhalten wie direete Unter- suchungen der Verhältnisse beim Uebergang des Klimas von einem eontinentalen zu einem insulären, wenn man im Stande wäre, solche zu machen. Und ebenso muss sich auch eine Pflanze unter ähnlichen Umständen verhalten — natürlich unter der Voraussetzung, dass ihr Auftreten mit klimatischen Eigenthümlichkeiten in Beziehung steht. Für die Kategorie von Pflanzen, die in continentalen (arktischen und alpinen) Klimaten auf troekenem Boden und in insulären (resp. in südlichen und in Tiefebenen) auf feuchterem Boden auftreten, scheint mir die oben gegebene Erklärung die annehmbarste. Man darf jedoch nicht ausser Acht lassen, dass der Natur viele Mittel zur Verfügung stehen, und dass sie die verschiedenen Factoren und Verhältnisse auf unzählige Weise combiniren und dasselbe Resultat auf verschiedenen Wegen erlangen kann. Es ist daher immer mehr oder weniger schwierig, verallgemeinernde Regeln aufzustellen, da man, trotz des besten Willens, nur auf die einzelnen Factoren achtgeben kann, die mehr auffallen. Ich setze daher die Möglichkeit voraus, dass es auch Pflanzen gibt, die sich umgekehrt wie die obengenannten verhalten, d. h. die in arktischen, alpinen und continentalen Regionen an 168 feuchten Orten vorkommen, während sie im südlicheren, niedrigeren und mehr insulären auf trockenem Boden auftreten. Ein sicheres Beispiel hiervon kenne ich indessen nicht. Was aber die Verbreitung einiger Pflanzen in Schweden betrifft, so kommen hier Verhältnisse vor, die hierin einander zu widersprechen scheinen. Einige treten nämlich im nördlichen Schweden an trockneren Plätzen auf als im südlichen, während bei anderen das Umgekehrte der Fall ist. Von den vorigen wären zu nennen: Salix livida Whinb. und Betula nana L., als Beispiel der zweiten Art weiss ich nur Alnus incana L. an- zuführen, obgleich es mehrere geben dürfte, die sich ebenso verhalten. Nach Nyman (a. a. OÖ.) gehört Salix livida eigentlich den Wäldern von Lappland und Norrland an, wo diese Pflanze am schönsten wird und nicht selten an trockenen Plätzen wächst; sie fehlt aber auch nicht auf feuchten Waldwiesen in anderen Theilen des Reiches, obgleich sie nach Süden immer seltener und kleiner wird, so dass sie nicht selten einer kleinen Kriechweide an Wachsthum gleicht. -- Betula nana steigt an den trockenen und harten Abhängen der Ge- birge im Allgemeinen höher hinauf als irgend ein anderer Straucb, und die Gebirge sind ohne Zweifel die eigentliche Heimath der Zwergbirke. Uebrigens kommt sie, besonders im Süden, auf niederem Boden, in Sümpfen und Mooren etc. vor. — Alnus incana wächst allgemein in Lappland, Vesterbotten und im nördlichen Norrland und ist in diesen Gegenden ebenso üppig an Ufern und Gewässern wie A. glutinosa weiter nach Süden, wo wiederum A. incana spärlicher auftritt oder auch höhere trocknere Plätze aufsucht, an denen sie am schönsten und am besten entwickelt wird („besonders auf den Höhen- zügen [„äsar“], die im Innern des Landes verlaufen“). Um jedoch solche Verbreitungsverhältnisse richtig beurtheilen zu können, ist es u. a. nöthig, die klimatischen Verhältnisse des nörd- lichen Schwedens, verglichen mit denen des südlichen, zu kennen. Vielleicht sind die Differenzen der Evaporationskraft der Luft (des Klimas) in den einzelnen Theilen dieses Gebietes (Schweden) nicht gross genug, als dass nicht andere Verhältnisse hier ihr Spiel treiben und scheinbare Ausnahmen herbeiführen könnten. Wenn das Klima von z. B. Lappland continentaler als im Süden ist, was, soviel ich weiss, die allgemeine Ansicht ist (sichere meteorologische Angaben fehlen), so scheint es, dass die sowohl hier als auch südlicher wachsen- den Pflanzen den obengenannten Beispielen (aus arktischen etc. Gegenden) in Bezug auf Vorkommen folgen, und die Erklärung, die ich eben gegeben, lässt sich also auch auf sie anwenden. Die Aus- 169 nahme von dieser Regel, die Alnus incana macht, kann vielleicht aus der Art und Weise, wie sie südlicher auftritt, orklärt werden: „be- sonders auf den Höhenzügen, die im Inneren des Landes verlaufen“, aus welchen Worten hervorgeht, dass sie daselbst (im Süden) vor- zugsweise die continentalsten Plätze aufsucht, wo also die Verdunstung verhältnissmässig gross sein muss und vielleicht grösser ist als an den tiefer gelegenen Standörtern in Lappland. Es gibt indessen Anzeichen, die darauf hindeuten, dass Lappland insulärer ist als das übrige Schweden. Beobachtet man Ledum palustre eines Waldmoores im südlichen Schweden, so wird man finden, dass die an den Rändern des Sumpfes wachsenden Exemplare, geschützt und beschattet von dem umgebenden und auch eine Strecke in den Sumpf hinein wachsenden Walde, die breitesten Blätter be- sitzen und dass die Ledum-Individuen desto schmalblättriger werden, je mehr man sich der offenen Mittelpartie des Sumpfes nähert. Es Lleibe dahingestellt, ob dieser Wechsel der Blattgrösse eine Folge ist der Beleuchtung, der Luftfeuchtig- keit, der Bodenbeschaffenheit oder anderer Ursachen, aber nach der Analogie der gewöhnlichen Flächenvergrösserung der Blätter bei Pflanzen, die im Schatten (und in Feuchtigkeit) wachsen, wo also im Kleinen insulärere Bedingungen obwalten als auf freier Strecke, könnte man Ursache haben, anzunehmen, dass die breitere Blattform für ein insuläres Klima geeigneter ist, und dass man, wenn man daher irgendwo Ledum palustre (oder andere Pflanzen) mit Blättern von grösserer Fläche als die gewöhnlichen auftreten sieht, dann einigermassen das Recht hat, an dieser . Stelle auf ein mehr insuläres Klima zu schliessen (vgl. Kerner, a.a. O. I, 263), Nun kommt indessen in Lappland eine aussergewöhnlich breitblätterige Form von L. pulustre vor (— v. dilatat« W ahlenb., Flora lapponicu), zu welcher man in südlichereu Gegenden kaum ein Seitenstück finden wird (vgl. oben 8. 145) und die stark an L. yroenlandieum (L. latifolium) erinnert. — Aber andererseits wächst Andromeda polifolia „am schönsten und am üppigsten in Lappland, wo sie sehr schmalblätterig und röthlich wird“ (Nyman a. a. O.. — Ferner könnte man nach meinen obigen Schlüssen in dem Auftreten der Fichte in Lapplands Torfmooren (vgl. oben 8. 163) einen Beweis für ein etwas insuläreres Klima finden, Solche Verschiedenheiten, wie sie Ledum pelustre und Andromeda polifolia in Bezug auf die Entwickelung der Blätter unter wahrscheinlich denselben äusseren Verhältnissen zeigen, können zum Nachweis dienen, wie sehr man irre- geführt werden kann, wenn man auf eine andere Pflanze das anwenden will, was man bei einer besonderen als geltend gefunden hat. Vgl. auch die im Nach- trage citirte Abhandlung von Meigen 8. 407: „An trockenen Orten findet man eine Pflanze (Godetia Carunillesii), die 5—12 cm hoch wird und in der Regel lanzettliche bis 6 mım breite Blätter hat; an feuchten Stellen wird sie bis 30 cm hoch und trägt mehr lineale Blätter, die selten breiter werden als 3mm.* Nach Meigen sollt sich die Blattfläche im letzteren Falle verminderu (irgend welche Angabe über die Länge der Blätter in beiden Fällen findet sich jedoch nicht), was das Gegentheil wäre von dem, was er sonst beobachtet hat. So bemerkt er 2. B. von einer Adienthum-Art (8. 399), dass im Schatten ihre Blättchen ziemlich 8r08s seien, im Freien dagegen kleiner bleiben u. 8. w. Nun sind allerdings diese 170 Fälle nicht völlig mit einander zu vergleichen, denn man weiss nicht, ob der feuchtere Ort des ersteren Falles auch schattiger ist, oder ob der schattigere Ort des letzteren Falles auch feuchter ist. Doch sei die Frage aufgeworfen: Sind einige Pflanzen als stark ausgeprägte Schattenpflauzen (resp. Hygrophilen), andere dagegen als stark ausgeprägte Sonnenpflanzen (resp. Xerophilen) anzusehen, und erhalten sie in Verhältnissen, die den normalen entgegengesetzt sind, in beiden Fällen verminderte Blätter (nach dem Gesetze der mechanischen Coineidenz im Organismus), sind sie also mit den Resultaten, die Jaccard’s Experimente dar- gethan, zu vergleichen? Als Beispiel übrigens davon, wie ganz verschieden Pflanzen gegen dieselben äusseren Verhältnisse reagiren können, erlaube ich mir, auf die sehr interessanten Untersuchungen zu verweisen, die Wiesner in den Berichten der D. Bot. Gesellsch 9, 1891, S. 46 ff. (Formveränderungen von Pflanzen bei Cultur in absolut feuchtem Raume und im Dunkeln) mitgetheilt hat, und die beweisen, dass, während einige Pflanzen, wie Plantago media, weder im feuchten Raume noch im Etiolement ihren ursprünglichen Habitus ändern, dagegen andere Pflanzen (z. B. Semperrivum tectorum) in beiden Fällen ihre Blattrosetten auflösen und nur entwickelte Stengelglieder ausbilden, wie es auch andere Pflanzen gibt, die nur in dem einen von beiden Fällen (im feuchten Raume: Capsella bursa pastoris; im Etiolement: Turaxacum officinale) sich auf diese Weise verändern. Besonders auffällig sind solche Veränderungen, wenn wir die vielgestaltige Gattung Hieracium in der Natur studieren, wo man Arten antrifft, die im Uebrigen kaum von einander unterschieden werden können, die aber gerade in letztgenannter Hiusicht eine erstaunliche Verschiedenheit zeigen. Da also Arten der Silvaticum- Gruppe (siehe z. B. meine Abhandlung Virmländska Archieracier. Upsala 1889) nicht einmal in tiefem und feuchtem Schatten die basale Blattrosette auflösen, haben wiederum andere zur »igedum-Gruppe gehörende unter allen Umständen alle Internodien entwickelt; aber bei einer Gruppe, die zwischen diesen beiden steht, nämlich murorum, findet man die Arten in solcher Weise verschieden, dass sie an offenen Standorten basal-rosettgestellte Blätter erhalten und dadurch häufig grosse Aehnlichkeit mit zunächststehender Arten der ersten Gruppe zeigen, im Schatten dagegen neigen sie mehr zu der letzten, der sigidum-Gruppe hin. Eine Beziehung zwischen diesen Erscheinungen und der verschiedenen Blüthezeit der Vertreter der verschiedenen Gruppen, sowie der Verschiedenheit der äusseren Verhältnisse während verschiedener Jahreszeiten in Bezug auf Trans- spiration, Licht u. s. w., lässt sich leieht in Uebereinstimmung mit Wiesner’s Darstellung in einer früheren Abhandlung denken. (Der ubsteigende Wasserstrom und dessen physiologische Bedeutung mit Rücksicht unf das Gesetz der mechanischen (oineidenz im Organismus. Bot, Zeitung 1889, 5. 1-9, 24—29.) In Beziehung zu denı oben erwähnten Verhältniss der Gattung Hieracium stehen ausserdem mehrere andere interessante Erscheinungen, worauf ich vielleicht später und an anderer Stelle zurückzukommen Gelegenheit finden dürfte. In Bezug auf Betula nana, sowie auf eine ganze Gruppe von P’Hanzen (eigentlichen Gebirgspflanzen), als deren Typus man sie auf- stellen kann, sei bemerkt, dass man in der Art und Weise ihres Vor- kommens weniger einen Gegensatz zwischen dem südlichen und dem nördlichen Schweden zu suchen hat, als vielmehr zwischen einem alpinen und einem tiefländischen Klima. Was Salix livida betrifft, rn. 171 so geht aus der Beschreibung ihres Vorkommens hervor, dass sie im Süden nicht gedeiht oder wenigstens nicht dieselbe Entwickelung er- langt wie im Norden, was man dahin erklären könnte, dass sie im Süden aus irgend einem Grunde gezwungen wird, einen für sie nicht passenden Standort einzunehmen. Ausserdem. lässt sich ja denken, dass die südlichere Form dieser zu einer äusserst polymorphen Gattung gehörenden Art mehr verändert sein und ihre Variation weiter getrieben haben könnte, wesshalb man schwerlich die beiden Formen mit einander vergleichen kann. Einige andere zerstreute Angaben, die ich zufällig notirt habe, mögen hier noch ihren Platz finden: Nach Norrlin!) kommt Hieracium Aurieula (gleichwie andere Hieraeium-Arten, wie I]. suecicum, H. bra- ehycephalum und H. cochleare) in nördlichen Gegenden an trockneren Plätzen vor als in südlicheren. Ebenso hat der bekannte Hieraciologe, Assistent H. Dahlstedt, mir gefälligst mitgetheilt, dass er beobachtet hat, wie diese Art in Jämtland und Härjedalen an trockenen Ab- hängen wächst, während sie in südlicheren Provinzen (Östergötland, Smäland ete.) vorzugsweise nur auf tieferem feuchtem Boden vor- kommt. Derselbe hat ferner während einer Reise auf dem Continent 1) Norrlin, d. P,, Adnotatiomes de Pilosellis fennieis. Aeta Societatis pro Fauna ct Flora Fenniea II, n. 4. Helsingfors 1884 und Bidrag HU Hieraeium- Flovan i Skandinariska halföns mellersta delar. Ebendaselbst III n. 4. J888. — ls ist möglich, dass eine künftige gründliche Untersuchung über die verschiedenen Formeneinheiten der Gattung Hierweium (sowie anderer pulymorphen Gattungen), sowie über deren locales Auftreten für die Erörterung solcher Fragen, wie der vorlie- genden von grosser Bedeutuns sein wird. Denn es ist ja wahrscheinlich, dass innerhalb einer so formenreichen und lebenskräftigen (rattung die Goncurrenz (der Kampf um’s Dasein) auf die Spitze getrieben sein muss, woraus folgt, dass jeder äussere Vortheil einen grösseren Einfluss, als er sonst ausüben würde, haben muss, und dass daher eine speeielle Form den Kampf mit den verwandten mit Erfolg nur an dem Standort und unter den Bedingungen im übrigen aufnehmen kann, die für sie die günstigsten sind. Bei meinen, während der verflussenen Jahre betriebenen Studien der Hieraeium- flora in Südschweden bin ich oft überrascht worden von der eigenthümlichen, aber verhältnissmässig grossen Verbreitung der besonderen distinkten MHiereeitm-Formen, von ihrem plötzlichen Aufliören oder Wiederauftreten, von ihrer Frequenz u. ». w. In einigen Fällen liegt wohl der Grund, wenigstens für kleinere (ebiete, mehr in zufälligen Ursachen, wie Samenverbreitung u. ä., aber im Grossen und Ganzen ist tiese Erklärung nicht genügend, wie es auch nicht befrieiligt, den Grund in der Plastieität dieser Gattung zu suchen, denn trotz dieser treten wenigstens viele von ihren Formen in einem weiten Gebiete von Skandinavien mit wenigstens äusserlich unveränderten Charakteren auf, soweit man es nach einer minntiösen Untersuchung beurtheilen kann. 172 beobachtet, dass Rhinanthus major und minor (im der Nähe von München), sowie Veronica Anagallis (bei Genf) dort an trockneren Plätzen vorkommt als bei uns in Schweden. Nach einer mündlichen Mittheilung des Herrn Adjunkt Th. ©. B. N. Krok kommt Sesleria caerulea in dem übrigen Europa auf trockenem Boden vor, bei uns auf feuchten Wiesen u. s. w. (mit Ausnahme von der Insel Gotland).') Volkens (a.a.0. 8.20) nennt Ranunculus Lingua „eine Wiesen- pflanze“?), bei uns müsste er eher „eine Wasserpflanze“ heissen und demzufolge ist er bei uns auch glatt („oder besonders oben anliegend behaart“, nach Hartman, Skand. Flora) oder jedenfalls bedeutend weniger behaart als die „durch lange und abstehende Haare weich- haarige“ R. bulbosus. In den Gegenden (bei Berlin?), wo Volkens diese beiden Arten untersucht hat, fand er dagegen: „Die Behaarung findet sich auf Stengel und Blatt der Wiesenpflanze R. lingua zum mindesten ebenso stark entwickelt als bei R. bulbosus, der häufig dürre und sandige Plätze aufsucht“. Lonicera caerulea kommt in Schweden (Dalarne und Vestman- land) „in ziemlich feuchten Hainen (und auf Wiesen) in Gebirgsgegenden vor“ (Nyman). Wie ihr Standort in continentaleren Gegenden, be- sonders in Asien, ist, weis ich nicht, aber nach Kolb?) „erträgt sie die brennendste Sonne*. Aus diesen zerstreuten Aufzeichnungen geht, soweit man daraus Schlüsse ziehen kann, hervor, dass die Pflanzen keine allgemeine Regel für ihr locales Auftreten mit Rücksicht auf den geographischen Breitegrad befolgen. Dagegen scheint die Verbreitung und das verschiedene locale Auftreten wenigstens der obengenannten Pflanzen gut mit der von mir vorgeschlagenen Erklärung zu stimmen, die ihren Grund in klimatischen Verhältnissen hat. Denn das südliche Schweden ist unzweifelhaft im Allgemeinen mehr insulär als theils wenigstens gewisse (iegenden weiter nach Norden (z. B. Jämtland) und theils das übrige (also im Süden gelegene) Europa im grossen und ganzen. }) Vielleicht haben wir indessen hier zwischen zwei Arten zu unterscheiden, nänlich Sesteria euerulra L. und S. rarie Jaeg. Vgl. R. v. Wettatein, Ueber Sesteria caerulea L. in Verh der k. k. Zool.-bot, Ges. in Wien Bd. 38, S. 557 (ISS8). Ob unsere gotländische Form für 8. raric anzusehen ist, habe ich leider nicht entscheiden können, da mir kein Exemplar von dieser Insel zu Gebote ge- standen hat. 2) Siehe Nachtrag, 3) Kolb, Die europäischen und überseeischen Alpenpflanzen, Stuttgart 1890, 177. Le 173 Untersucht man nun, wie es sich mit der allgemeinen Verbreitung der obengenannten Pflanzen verhält, so wird man finden, dass sie sich beinahe alle (Hieracium Auricula, Rhinanthus major und minor, Veronica Anagallis, Ranunculus Lingua sowie Loniceru caerulea) von Sibirien aus mehr oder weniger weit nach Westen ausbreiten, wess- halb sie als ausgeprägt continentale Pflanzen anzuschen sind.') Nicht-plastische („fixirte“) Pflanzen und ihr Entstehen. Da sich die eben vorgeschlagene Erklärung der eigenthümlichen Verbreitung solcher Pflanzen wie Ledum palustre, Pyrola rotundi- Folia ete. auf die Fixirung derselben und ausserdem auf Transspira- tionsverhältnisse stützt, will ich kurz etwas näher auf diese beiden Fragen eingehen. Niemand bestreitet wohl, dass verschiedene Pflanzen eine relativ verschiedene Fähigkeit besitzen sich anzupassen. Während die eine Pflanze so bildbar ist, dass sie sich fast in jedem beliebigen Maasse umbilden (anpassen) kann, wie z. B. die ubiquitären Unkräuter, so gibt es hinwiederum Pflanzen, welche nicht einmal unbedeutende Veränderungen der äusseren Bedingungen ertragen können, ohne zu Grunde zu gehen, oder wenn sie fortdauern können, so zeigen sie dennoch nicht durch merkliche Modificationen ihrer (anatomischen) Charaktere ihre Reaction gegen neue Verhältnisse oder Anpassung an dieselben (s. oben 8. 144), Das ist besonders der Fall bei einigen immergrünen Pflanzen?), und da es gerade diese Kategorie ist, aus der ich meine besten Beispiele geholt habe, verdienen sie be- sonders erwähnt zu werden. Der Grund dafür, dass es gerade diesen Pflanzen schwer fällt, ihren anatomischen Bau den jeweiligen Ver- änderungen der äusseren Verhältnisse anzupassen, liegt vielleicht in . 9» In Engler’s Entwickelungsgeschichte (I, S. 173) findet man angegeben, dass Arnica monton«u „in den Mooren Mittel- und Norddeutschlands“ vorkommt; in Schweden dagegen tritt sie auf Waldwiesen u. dgl, wo sonst die mehr xero- philen Archieracien zu Hause sind, auf. Die allgemeine Verbreitung derselben -- nach der kurzen Darstellung Nyman’s (a. a. O. I, 3) zu urtheilen, die auch den im Texte mitgetheilten Notizen zu Grunde gelegen — scheint darzuthun, dass man sie für weniger continental zu halten hat, und dass sie desshalb nicht in dieselbe Kategorie gebracht werden darf, wie die im Texte genannten, und also auch nicht wie jene zu beurtheilen ist. 2) Vgl. Noack, F., Der Einfluss des Klimas auf die Cutieularisation und Verholzung der Nadeln einiger Coniferen. Pringsh. Jahrbücher, 1887, Nr. 185,529 mit Rücksicht auf die „grosse Resistenz gegen klimatische Einflüsse“ bei den Blättern der Coniferen, Auch einige nicht sempervirente Pflanzen erweisen sich als wenig plastisch, wie Stahl (a. a. O, 8. 5) von Oxculis Acetosella gezeigt hat, 174 ihrer geringen Wachsthumsenergie (vgl. Fleischer, a. a. O., u. a.), die ihnen nicht gestattet, schnell genug sich umzubilden, um das Entstehen krankhafter Erscheinungen zu verhindern. Aber mit noch grösserem Rechte dürfte man berechtigt sein, den Grund in dem hohen Alter der immergrünen Pflanzen, besonders derer der kälterer Länder, zu suchen. Pflanzen mit ausdauernden Blättern finden sich, wie bekannt, hauptsächlich in den wärmeren Gegenden, in Ländern, wo die klima- tischen Verhältnisse der Beibehaltung der Blätter während des ganzen Jahres keinen Abbruch thun. Trotz der ungünstigen Ver- hältnisse in nördlichen, kälteren Ländern gibt es indessen auch hier einige Pflanzen mit stets grünen Blättern, und da es sieh nicht denken lässt, dass diese unter den jetzt obwaltenden Umständen entwiekelt worden sind, so muss man annehmen, (dass ihre Semper- virenz eine von den Stammeltern ererbte Eigenschaft ist, eine Eigen- schaft, die permanent geblieben, die sich fixirt hat. „Das wird natür- lieh nur möglich sein, wenn sie (die Pflanze) durch eine ausser ordentlich lange Reihe von Generationen hindurch unter Verhältnissen gelebt hat, welche die Sempervirenz fördern.® . .- „Hätten immer nur solche klimatische Verhältnisse in Mitteleuropa und im Norden stattgefunden wie gegenwärtig, so würde ein Pflanzen- typus von der Natur der immergrünen Coniferen sicher nicht existiren, es wäre unmöglich; allein wenn wir an die Urzeit denken, wo Mittel- europa zu einer gewissen Zeit eine Temperatur besass, wie heutigen Tages die Tropen, oder gar an die noch ältere Periode, als die Erde rings um die Pole die erste Baum- und Strauchvegetation zu erzeugen vermochte, wo mit tropischer Wärme sich die Wirkung eines 4—6 Monate lang continuirlich anhaltenden Lichtes vereinte, so dass bei der mehr als genügenden Feuchtigkeit, die damals den ersten Ge- wächsen zu Gebote stand, eine Unterbrechung der organischen Thätigkeit nieht möglich war, — wenn wir uns in diese Periode der Erdgeschichte im Geiste versetzen, so werden wir begreifen, dass unter solchen Lebensbedingungen die Pflanze nur derbe, zähe und persistirende Blätter hervorbringen konnte. Damals entstand höchst wahrscheinlich der Typus der Lyeopodiaceen mit ausdauernden Blättern, der Typus der Coniferen, der Typus der Gewächse mit permanenter Semper- virenz überhaupt. Hätten aber solche Zustände, nur kurze Zeit ge- dauert, so hätte der Typus mit bleibenden Blättern in einen solchen init periodisch abfallenden umgeschlagen, und wir würden gegenwärtig von Coniferen nur solche, die sich vor Anbruch des Winters entlauben, 175 wie Gingko und die Lärche, in den verschiedenen Florengebieten haben. Es scheint, dass der Ursprung der stabilen Sempervirenz bis in jene Urzeiten zurückreicht und im äussersten Norden oder im äussersten Süden (im arktischen und antarktischen (iebiete) seine Wiege hat.“ .... „Die grössten Gegensätze im periodischen Wechsel der Temperatur während des Jahres vermochten im Laufe vieler Jahrtausende die Sempervirenz solcher Gewächse nicht aufzuheben. Letztere verkündigen uns gegenwärtig durch ihr unter allen Umständen immergrünes, derbes und zähes Laub mit verdiekter Epidermis und langer Functionsdauer, wie die klimatischen Verhältnisse ursprünglich in jenen Gegenden der Erde beschaffen waren, die als Schöpfungs- herd ihrer Sempervirenz angesehen werden können, da sie das Gepräge einer anhaltenden und mächtigen Wirkung des mit erhöhter Wärme combinirten Lichtes an sich tragen, so können wir nirgends sonst als in hohen Norden ihren Ursprung suchen, in den Polargegenden, wo durch mehrere Monate hindurch das Lieht ununterbrochen auf dieselben einwirkte und zu einer Zeit, als die Temperatur der Erde 35—40° C. höher war als gegenwärtig“. (Krasan, a. a. O.)') An dieser Stelle mag auch Folgendes aus Engler’s Enbwickelungs- geschichte (II S. 325) angeführt werden, was ich auch nicht besser als durch seine eigenen Worte ausdrücken kann: „Ferner ist von grossem Einfluss auf die Verbreitung der Pflanzen die Lebensfähigkeit des Typus. Ein veralteter Typus wird leicht den äusseren Einflüssen unterliegen, der lebensfähige sie überwinden. Die Lebensfähigkeit äussert sich vor allem in der Fähigkeit, Nachkommen zu erzeugen. Der höchste Grad der Lebensfähigkeit äussert sich darin, dass die Pilanze die Fähigkeit besitzt, veränderliche Nachkommen zu erzeugen; denn damit ist die Möglichkeit gegeben, dass dieselben sich klima- tischen Aenderungen des Landes entsprechend anpassen und somit ihr Terrain behaupten oder im Kampf mit weniger lebensfähigen Arten erweitern. Man kann wohl sagen, dass diese Lebensfähigkeit als der wichtigste Factor bei der Verbreitung der Pflanzen anzusehen ist.“ Die hier behandelten Pflanzen (die C-Pflanzen oder wenigstens die xerophil ausgebildeten unter ihnen) brauchen natürlich nieht ab- solut fixirt zu sein. Denn es lässt sich ja denken, dass sie desshalb 1) Vgl. Engler, A., Die geographische Verbreitung der Coniferen. Engler und Prantl, Die natürlichen Pfanzenfamilien, 4. Lieferung, 8. 62. „Es ist für die Coniferenvegetation des nördlichen extratropischen Florengebietes als sicher anzu- nehmen, dass ein grosser Theil derselben in den Nordpolarländern seine ur- Sprüngliche Heimath hat“ ete, 176 weniger Erfolg im Kampf ums Dasein erringen, weil es ihnen grössere Schwierigkeiten bereitet oder weil sie längere Zeit gebrauchen als andere Pflanzen, um ihre Charaktere zu ändern, es raubt ihnen so zu sagen mehr Kraft und strengt sie mehr an, wodurch sie geschwächt und von anderen Pflanzen überwunden werden. In anderen Gegenden mit denselben ungünstigen äusseren Verhältnissen, wo aber die coneurrirende Vegetation eine andere und schwächere ist, wäre es wohl möglich, dass sie ihren Platz behaupten und Zeit genug haben könnten, ihre Entwiekelung den Umständen anzupassen. Dies dürfte besonders bei der Cultur derselben der Fall sein, da es in dem Inter- esse des Gärtners liegt, alle Coneurrenten derselben fern zu halten. Die höchst merkwürdigen Culturversuche, die Schimper (a. a. O, 8. 1050) im botanischen Garten zu Buitenzorg, Java, angestellt, wo er u. a. die Mungrore- Pflanze Sonneretia acida auf dürrem Boden und in brennender Sonne anpflanzte und woselbst dieselbe nichts desto weniger einen grossen Theil ihrer xerophilen Ausbildung verlor (sie erhielt u. a. bifaciale Blätter statt ihrer gewöhnlichen iso- lateralen), scheinen jeloch eher krankhafte Veränderungen infolge der allzu un- günstigen und ungewöhnlichen äusseren Verhältnisse herbeigeführt zu haben. — Man vergleiche hiermit die vor kurzem angestellten Untersuchungen Jaceard’s, P., Iufluence de la pression des yaz sur le dereloppement des regeln, Berne generale de botunique, Nr. 55, 56 und 57, IS95), aus welchen hervorgeht, dass sowohl verdünnte als auch comprimirte Luft im Allgemeinen das Wachsthum der Pflanzen beschleunigt (aceeleration de croissance), dass also in dieser Beziehung zwei Maxima vorkommen und dass die Verhältnisse bei normalem Luftdruck die Mitte halten. Ebenso liesse es sich vielleicht denken, dass ein zu weit- gchender Mangel an Feuchtigkeit bei Pflanzen, die gleichwohl Lebensfähigkeit genug besässen, um nicht zu Grunde zu gehen, eine Entwickelung hervorbringen könnte, die sonst aus entgegengesetzten Gründen hervorgeht. Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir Folgendes aus Schimper') anzuführen: „Auf die habituelle Aehnlichkeit zwischen alpinen Ge- wächsen und Halophyten ist schon zu wiederholten Malen aufmerksam gemacht worden, so namentlich für die algierische Flora durch Bat- tandier(Quelques mots sur les causes de la localisation des especes. Bulletin de la Soc. bot. de France 1887), welcher das Vorkommen fleischiger oder stark behaarter Gewächse als charakteristisch für den Strand und die höchsten Gipfel des Atlas hervorhebt und erwähnt, dass gewisse nbiquitäre Pflanzen, wie Polycarpon tetraphyllum und Pluntago Coronopus, an beiden Standorten in ganz ähnlicher Weise von der normalen Form abweichen. Diese Aehnlichkeit erstreckt sich aber auch auf die systematische Zusammensetzung der Vegetation; die Strandfiora und die alpine Flora des Atlas haben manche Arten 1) A. a. 0.8. 1055 ff. — Für die nach Schimper angeführten Angaben sind natürlich nur er und die von ihm eitirten Verfasser verantwortlich. 177 gemeinsam, die in den Zwischenregionen vollständig fehlen. Diese bedeutsame Aehnlichkeit ist nicht auf Algerien beschränkt. So wächst Erodium maritimum auf den höchsten Gipfeln Corsicas. Rhodiolu rosea und Primula strieta gedeihen, nach Lecogq, als Halophyten auf dem Strand in Lappland, und Hr. Glaziou sagte mir, dass die Flora des Strandes bei Rio de Janeiro mehrere Arten mit derjenigen der Gipfel der Serra do mär, die in den Zwischenregionen fehlen, gemeinsam hat.* Ebensolchen Austausch von Florenelementen hat Schimper auf Java gefunden. Von besonderem Interesse ist seine Beobachtung, dass sich Epiphyten ebenso verhalten: „Dieser Wechsel des Standorts zwischen den Pflanzen der alpinen Regionen, derjenigen des Strandes und der Epiphyten, der früher räthselhaft erschien, hat für uns nichts Unbegreifliches, indem alle diese Gewächse die gemeinsame Eigen- thümlichkeit haben, dass an ihren gewöhnlichen Standorten die Ver- hältnisse der Wasserversorgung ungünstig sind, so dass sie überall wesentlich gleiche Scehutzmittel gegen Transspiration erworben haben.“ Es ist nicht ersichtlich, ob solche Pflanzen wie Plantago Coronopus ete. auch hygrophil entwickelt sein können. Dagegen sagt Schimper von einigen auf den Bergspitzen Javas vorkommenden und hier xero- phil entwickelten Pflanzen ausdrücklich, dass sie tiefer thalwärts hygrophil entwickelt sind. Wahrscheinlich gibt es theils Pflanzen, die ». B. am Fusse des Berges eine andere anatomische Umbildung als auf dem Gipfel desselben erfahren haben, theils solche, die einzig und allein wegen ihres anatomischen Baues und gerade desshalb an solchen Localitäten vorkommen können, wo sie aus irgend einem Grunde, wenn ich so sagen darf, ihre Ausbildung irgendwie verwerthen können, also entweder an Küsten, auf Berggipfeln, in entschieden vontinentalen Ländern, in arktischen Regionen u. s. w. Wie man sieht, findet Schimper den Grund dieses Auftretens derselben Arten an Küsten und auf Berggipfeln nicht in der grösseren Feuchtigkeit, die nach der Meinung einiger (vgl. Kerner, Das Pflanzenleben der Donauländer 8. 247; Klinggräff, a.a.0. 8. 77, siehe weiter unten) an beiden Localitäten die Transspiration ver- mindern, sondern gewissermaassen umgekehrt in der gemeinsamen Ge- fahr einer zu starken Transspiration, obgleich die Ursache hier- von bei alpinen Pfanzen eine andere als bei Strandpflanzen sein würde.!) Dass diese Art von Austausch von Florenelementen an den 1) Uebrigens sei bemerkt, dass ein solcher Austausch von Pflanzen nicht nur zwischen Gebirgen und Meeresküsten, sondern auch zwischen Gebirgen und Flora 1895, 12 178 genannten Localitäten keineswegs die Regel ist, sondern dass eher und vielleicht häufiger das Gegentheil stattfindet, da sehr viele alpine Pflanzen, die sonst auffallend tief ins Flachland hinabgehen, dennoch den eigentlichen Meeresrand meiden, der für sie gleichwohl nach Schimper’s Erklärung am geeignetsten sein würde, das kann man u. a. aus folgender Aeusserung Blytt’s (Engler’s Jahrbücher 1882, 8.3) ersehen: „Diese Schieferflora hat überall dasselbe leicht kennt- liche Gepräge und zeigt einen entschieden arktischen Charakter. Dieselben Arten findet man wieder auf Spitzbergen, in Grönland und anderen hochnordischen Gegenden. Im südlichen Norwegen ist diese Flora auf die Gebirge beschränkt; erst in den nördlichen Theilen des Landes steigt dieselbe wie in den anderen arktischen Gegenden in das Flachland herab... . Aus derselben (der beigegebenen Karte von Norwegen) erhellt, dass die hierher gehörenden Pflanzen das Küstenklima scheuen. Die Gebirge am Meeresrand sind selbst da, wo sie aus Schiefer bestehen, arm an arktischen Pflanzen. Die reichsten derartigen Pflanzencolonien treten in den eigentlich continentalen Gebirgsregionen auf, wo sie durch unsere höchsten Bergzüge und ausgedehntesten Firnmasse gegen die Seeluft geschützt sind, welche sonst durch die herrschenden Südwestwinde über das Hochland hinein-. geführt wird. — Diese arktische Flora hat, wie bereits oben erwähnt, die allergrösste Achnlichkeit mit der Spitzbergens und Nordgrönlands. Dr. Kjellman hat mir erzählt, dass man auch auf Spitzbergen die artenreichste Flora in der grössten Entfernung von der Küste an den inneren Enden der Fjorden (z. B. des Isfjords) findet, so dass die besprochene Pflanzengruppe auch unter so hoher Breite die Nähe des offenen Meeres flieht“ ete. Dieser Umstand ist jedoch nieht an und für sich als ein Beweis aufzufassen gegen die Erklärung von Schimper, denn die ver- schiedenartigen äusseren Verhältnisse, die an so verschiedenartigen Localitäten wie Meeresküsten und ÜGebirgen in übrigen Be- Binnenseeküsten stattfindet (vgl. unten). Man kann daher unschlüssig werden, ob man annehmen soll, dass es wirklich der Salzgehalt des- Meerwassers ist, der diesen Austausch (und die dadurch bedingte xerophile Ausbildung, nach Schimper) bewirkt. Sollten vielleicht irgend eine Modifieation des Sonnenlichtes wegen Reflectionserscheinungen oder anderer Ursachen, Condensirung der Kohlen- säure u. 85, w. (vgl. ferner Hanu, a. a. O. 8.116 ff.) bewirken, dass Pflanzen in der Nähe vom Wasser xerophil ausgebildet werden, oder dass Pflauzen, die sonst an Localitäten mit starker Verdunstung, z. B. in Alpengegenden, auftreten, auch in der Nähe von Wasser, sei es salzigen oder süssen, wachsen können? 179 ziehungen!) obwalten, hindern höchst wahrscheinlich viele und vielleicht die meisten Pflanzen, an beiden Standörtern aufzutreten. Hierin kann man auch einen wesentlichen Unterschied finden zwischen wenigstens einigen von den Pflanzen, mit denen sich Schimper beschäftigte, und denen, die in vorliegender Schrift be- sonders zur Sprache kommen. Jene scheinen in hohem Grade plastisch zu sein, diese nicht. Ueber die Transspiration der Pflanzen. Die grosse Bedeutung der Transspiration für das Leben der Pflanze dürfte wohl von Niemand mehr angezweifelt werden.?) Die Pflanzen bestehen grösstentheils aus Wasser, Wasser ist ihr Haupt- nahrungsmittel (vgl. Ebermayer, Die physikalischen Einwirkungen etc. 8. 182) und durch das Wasser werden ihnen die nöthigen an- organischen Stoffe zugeführt. Nun weiss man, dass das Wasser (bei den gewöhnlichen Landgewächsen) nur aus dem Boden aufgenommen werden kann, wenigstens in keinem anmerkenswerthen Maasse auf andere Weise (vgl. Sachs, Vorlesungen 8. 305), und nur unter dieser Bedingung gilt natürlich meine obige Auseinandersetzung. Eine andere Frage aber ist die: Wie wird das Wasser aufgenommen? und wie wird daher die Transspiration ermöglicht? Geschieht es durch äussere oder innere Kräfte? Es ist üblich gewesen, sich hauptsächlich nur an die äusseren zu halten, wahrscheinlich wegen der Schwierigkeit, den inneren, phy- siologischen näher auf den Leib zu rücken. Wenn man daher be- haupten kann, dass einige, und zwar, wie es scheint, die meisten, beinahe ausschliesslich die äusseren Kräfte berücksichtigen, welche 1) Vgl. z. B. die Erklärung über die angeführte Stelle, die Blytt in der Fortsetzung gibt, und die übrigens dieselbe ist, die er in einer früheren Schrift ausgesprochen und die ich an einer anderen Verbindung wiedergegeben (s. unten). 2) Vgl. u. a. Burgerstein, A., Ueber den Einfluss dusserer Bedingungen «uf die Transspiration der Pflanzen. Zwölfter Jahresbericht des Leopoldstädter Communal-, Real- und Obergymnasiums in Wien 1876, 8. 1; Sachs, Forlesungen über Pflanzen-Physiologie, Leipzig 1882, 8. 272 #.; Kerner, a. a. O. I, 8. 260. — Die Gründe, die Volkens (Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste, Berlin 1887, 8. 30) gegen die Bedeutung der Transspiration anführt, sind natürlich leicht zu widerlegen, wesshalb ieh mich hier nicht auf sie einzulassen brauche (siehe Weiteres im Nachtrag). — Für die Orientirung in der weitläufigen Transspira- tionslitteratur leistet ausgezeichnete Dienste Burgerstein, A. Materialien zu einer Monographie, betreffend die Erscheinungen der Transspiration der Pflanzen. Verh. d. 'k. k. Zool.-bot. Ges, in Wien. 1. Theil in Bd. 37, 1887; 2. Theil in Bd. 39, 1889, . 12 180 direct durch die Verdunstung des Wassers wirken, und die daher je nach der Beschaffenheit des Transspirationsschutzes stärker oder schwächer werden, so fehlt es andererseits nieht an Anderen, die in den anderen Gegensatz gefallen sind und die Wasserströmung und die Transspiration durch innere Kräfte, „Wurzeldruck“ u. s. w. haben erklären wollen. Und da denjenigen, welche letzterer Meinung hul- digen, meine Schlussfolgerungen in Bezug auf die Erklärung der Ver- breitung der Pflanzen vielleicht weniger wahrscheinlich sind, dürfte es nicht unzweckmässig sein, hier etwas näher auf diese Fragen ein- zugehen. A priori ist es nun wahrscheinlich, dass hier wie in allen ähn- lichen Fällen, wo zwei Gegensätze einander gegenübergestellt sind, die Wahrheit in der Mitte zwischen beiden Extremen liegt, und dass die Transspiration daher durch sowohl innere als äussere Ursachen bedingt ist.!) Welche Gruppe man nun als die wichtigste anzusehen hat, das dürfte schwer, wenn nicht unmöglich, zu entscheiden sein, "und zwar ebenso unmöglich wie zu entscheiden, ob das Herz oder der Magen der wichtigste Theil des Thierkörpers ist, oder, um eiu vergleichbareres Beispiel zu wählen, ob die inneren Ursachen, welche die Wärmebildung des Körpers verursachen, wichtiger sind oder nicht als die äusseren Ursachen, die dem Körper die Wärme erhalten und die, wie bekannt, von der Beschaffenheit der Haut, von Fettbildungen ete. abhängen. Die einen sowohl als die anderen sind für das Leben des Organismus nothwendig und Störungen nicht nur in der einen, sondern auch in der anderen sind gleich verderblich. Unter gewissen Um- ständen jedoch treten die einen mehr hervor als die anderen. Denn da es wohl ausgemacht ist, dass die inneren Erscheinungen im Ver- hältniss zu den äusseren durch andere oder wenigstens modifieirte Kräfte oder Ursachen bedingt werden, so können wohl in einer ge- wissen Gegend und unter gewissen Umständen die Störungen der einen grösser als die der anderen sein. Wenn daher Nahrungsver- hältnisse u. ä, denen man vor allem Anderen einen Einfluss auf die inneren Verhältnisse von Pflanzen und Thieren beimessen kann, keine Veränderung erleiden, so entsteht auch keine innere Anpassung, 1) Vgl. Sachs, G., Beiträge zur Lehre von der Transspiration der Gewächse. Botan. Zeitung 1860, S. 123: „Um den Antheil der Activität der Pflanze einerseits und der Einwirkung der Luft und Temperatur an den Blättern andererseits zu bezeichnen, kann man sagen: durch die in der Pflanze thätigen Kräfte wird ein gewisses Quantum Wasser in den Blättern disponibel gemacht zur Verdunstung, diese selbst wird allerdings nach Maassgabe der Trockenheit und Wärme der Luft bewerkstelligt*, 181 während z. B. der Wechsel des Klimas, der directer und unmittel- barer die äusseren Theile des Organismus angreift, in diesen grosse Veränderungen hervorrufen kann und umgekehrt. Dass indessen die Verhältnisse hier wie überall, wo man sich mit den Erscheinungen bei lebenden Wesen bewegt, äusserst com- plieirt werden und Irrthümer leicht entstehen können bei einer allzu einseitigen Beurtheilung (die übrigens schwerlich vermieden werden kann), ist augenscheinlich. Als einen solchen Irrthum möchte ich Sorauer’s Schluss (a. a. O. $. 454) ansehen, den er aus seinen Versuchen mit concentrirten Nährlösungen zieht: „Die Pflanze braucht unter denselben Witterungsverhältnissen in einer concentrirten Nähr- lösung weniger Wasser aufzunehmen, um das g Trockensubstanz zu bilden, und demgemäss verdunstet auch der Blattfläche bedeutend weniger. Man sieht auch hier wieder, wie wenig begründet die Auf- fassung der Verdunstung als mechanischen Vorgangs ist, indem die- selbe Blattgrösse unter gleichen äusseren Verhältnissen ganz enorm verschiedene Wassermengen in derselben Zeit aushaucht.“ — Woher weiss man in diesem Falle, dass die Pflanze gleichsam herumtastet und dann erst gewahr wird, dass hier ein kräftiges Gericht aufgetischt wird, von dem es nicht so viel zu sich zu nehmen braucht? Kann man nicht mit eben demselben Rechte Ursache und Wirkung umkehren und behaupten: da das Wasser aus einer concentrirten Lösung be- deutend langsamer verdunstet, so verlangsamt auch die Transspirations- strömung, und desshalb kann die Pflanze während derselben Zeit nicht ebenso viel Wasser aufnehmen wie aus einer weniger concentrirten, -— Es ist ja auch wahrscheinlich, dass sich die physischen Diffusions- erscheinungen bei der Aufnahme der Wurzelhaare von verschieden eoncentrirten Lösungen verschieden verhalten werden. In beiden Fällen hat man es also mit rein äusseren (mechanischen) Ursachen zu thun. Wenn die äusseren Verhältnisse wirklich von untergeordnetem Einfluss auf die Transspiration wären, so wäre man zu der Annahme berechtigt, dass die inneren ihnen leicht entgegenwirken (oder die- selben ersetzen) könnten. Dies ist aber nicht der Fall. Denn ebenso wenig, wie sich die Thiere ohne Schaden durch innere Wärmeent- wickelung gegen eine ungewohnte Kälte schützen können, cbenso wenig können die Pflanzen eine durch übergrosse Feuchtigkeit der Luft herabgesetzte Transspiration durch Wurzeldruck ete. ersetzen.') ı Vgl. z. B. Kerner a. a. O. I, $. 260: „Bei den meisten grün belaubten Blüthenpflanzen ist ein vollständiger, länger dauernder Ersatz der Transspiration durch den Wurzeldruck nicht von Vortheil. Die Erfahrung hat gezeigt, Jass 182 Andererseits darf man aber keineswegs glauben, dass dieselben äusseren Verhältnisse ausschliesslich die Transspiration bedingen!), denn wie sollte man sich dann die Erscheinung erklären können, dass die eine Pflanze sich auf alle erdenkliche Weise gegen ein ungünstiges Klima zu schützen sucht, die andere dagegen nicht? (vgl. z.B. Kjell- man, Ur Polarväzternas lif S. 479, sowie Volkens eigene Angaben, s. unten, 8. 186) und wie soll man sich mit nur einiger Wahrschein- lichkeit in mehreren eigenthümlichen Verhältnissen zurechtfinden können, auf die ich mich jedoch hier nicht näher einlassen kann, wesshalb ich auf die einschlägige Litteratur verweise. Hier mag zur weiteren Ver- ständigung nur noch ein Vergleich aus der uns näher liegenden Thier- welt dienen. Man scheut sich nieht zu sagen, dass die niedrige Temperatur einer Schlange (oder eines Fisches) theils davon abhängt, dass die Haut derselben nicht die Fähigkeit besitzt, eine höhere Tem- peratur festzuhalten (also eine äussere Ursache), theils davon, dass deren Respirationsorgane, Herz u. s. w. (also innere Ursachen) viel zu unvollkommen sind, als dass sie eine höhere Wärme hervorbringen und dem Körper zuführen könnten. Hätte man keine anderen Beweise, so könnte man aus der Analogie den Schluss ziehen, dass die Trans- spiration, die für die Pflanzen von so grosser Bedeutung ist, nicht von nur äusseren, rein mechanischen Kräften beeinflusst und von ihnen vermittelt sein könnte. Nun bestreitet allerdings Volkens, dass die Transspiration für die Pflanzen von so grosser Bedeutung wäre wie man meint, und er stützt seine Behauptung u. a. durch die Folgerung, dass, da z.B. die submersen Gewächse nicht zu transspiriren brauchen, es auch un- wahrscheinlich sein muss, dass die Transspiration für andere Pflanzen eine nothwendige Lebensbedingung wäre. Es scheint mir dies etwas grünbelaubte Pflanzen, wenn sie längere Zeit in einem dunstgesättiglen Raume gehalten werden, nicht weiterwachsen, sondern krank werden, die Blätier ver- lieren und zu Grunde gehen, und zwar geschicht diess auch dann, wenn Beleuch- tung, Temperatur der Luft und des Bodens, Zusammensetzung und Feuchtigkeits- zustand des Erdreiches, kurz alle Lebensbedingungen für die betreffende Pflanze die denkbar günstigsten sind“ ete. t) Vgl. indessen Volkens: Zur Kenntniss der Beziehungen ete., 8.3, woselbst er sagt: „Die Transspiration der Pflanzen ist ein rein physikalischer Process und in Bezug auf ihre ursächlichen Momente vollkommen der Verdunstung einer freien Wasserfläche an die Seite zu stellen“ etc. Sowie derselbe, Die Flora etc, S. 39, wo es heisst: „Nur wenn man die äusseren Agentien, Wärme und Feuchtig- keit der Luft, als alleinige ursächliche Momente gelten lässt, ist es gestattet, aus der sichtbaren Struktur einer Pflanze auf die Höhe der Verdunstungsintensität zu schliessen.“ 183 Aehnliches zu sein, als wenn jemand behaupten wollte, dass auch andere Thiere ohne wärmeerhaltende Bekleidung leben könnten, da die Schlange es ohne Nachtheil thun kann; und diese letzte Schlussfolgerung wäre vielleicht um so wahrscheinlicher, als der Abstand zwischen der Schlange und den übrigen höheren Thieren (z. B. den Vögeln), sowohl in Bezug auf Lebensweise als auch phylogenetisch gesehen, grösser sein dürfte als der zwischen den submersen und vielen anderen höheren Pflanzen. Ausserdem ist zu beachten, dass sich die submersen Pflanzen wahr- scheinlich einen Ersatz für die fehlende Transspiration und die damit in Verbindung stehenden Verhältnisse auf andere Weise verschaffen (vgl. Sachs, Vorlesungen 8. 297).') Was den Wassergehalt der Luft und des Bodens, sowie deren Einfluss auf die Transspiration der Pflanzen betrifft, so weiss man aus directen Versuchen, dass die Transspiration unter übrigens gleichen Verhältnissen je nach Vergrösserung des Wassergehaltes der Luft erschwert wird und dass dieselbe in wasserdampfgesättigter Luft höchst unbedeutend ist, wenn auch nicht ganz aufgehört hat. Dass man auch in wassergesättigtem Raume Transspiration hat nachweisen können, hat man u. a. aus dem grösseren Dampfdruck im Inneren der Pflanze erklären wollen, der eine Folge der Eigenwärme der- selben wäre.) Einander widersprechender sind dagegen die Meinungen über den Einfluss gewesen, den der verschiedene Wassergehalt des Bodens auf die Transspiration der Pflanzen übt. Während (nach Burger- stein) Hales, Risler u. a. beobachtet, dass die Transspiration je nach der zunehmenden Feuchtigkeit des Bodens zunahm, sind dagegen Andere, Guettard und Sprengel, entgegengesetzter Ansicht. Sachs hat indessen darauf aufmerksam gemacht, dass es weniger auf die quantitative Wassermenge des Bodens ankommt, als vielmehr auf dessen Fähigkeit, Wasser festzuhalten, welche die aufsaugenden Wurzelzellen überwinden müssen; und ein anderer Verfasser (Flei- scher a. a. ©. 8. IV) sagt: „Dass der Wassergehalt des Bodens einen Einfluss äussere, derart, dass aus nassem Boden mehr 1) Ich will hiermit natürlich durchaus nicht gesagt haben, dass man die Vegetation verschiedener Klimate nicht mit einander vergleichen dürfe, und dass man nicht befugt sei, daraus seinestheils Schlussfolgerungen zu ziehen betreffs der Beschaffenheit des Klimas, denn im Allgemeinen gilt ja die Regel, dass sich die Reaction 'der Pflanzen gegen äussere klimatische Factoren im Bau der Pflanzen ausdrückt. 2) Vgl. Sachs, Erperimentalphysiologie 8. 226. 184 Wasser in der Zeiteinheit aufgenommen und auch mehr verdunstet wird als aus trockenem Boden, dass also die Pflanzen die Fähigkeit besitzen, die Transspiration der geringen Wasserzufuhr halber in ge- wissem Grade einzuschränken, scheint allerseits für selbstverständlich gehalten worden zu sein; wenigstens sind mir vergleichende Versuche über gerade diesen Punkt nicht bekannt; nur hat Sorauer gelegent- lich festgestellt, dass Pflanzen (Kirchsämlinge) in Wassercultur auf die gleiche Oberfläche mehr verdunsten als solche in Sandeultur.“ Soweit ich finden kann, gibt es also keinen Umstand, der mit Bestimmtheit gegen die von mir gegebene Erklärung der Verbreitung gewisser Pflanzen spräche. Beim ersten Anblick könnte es allerdings absurd erscheinen, dass die Pflanzen einen desto wasserreicheren Standort aufsuchen sollten, je feuchter das Klima ist; und umgekehrt: je trockener die Luft ist, je heisser und je weniger beschattet die Sonne scheint und je stärker also die Transspiration wird, desto dürrere und wasserärmere Localitäten sollten sie vorziehen! Aber dasselbe Pa- radoxon findet man ja in der Natur, z. B. wenn man eine Pflanze aus der Wüste mit einer aus der Mitte eines dichten feuchten Waldes zusammenstellt. Man findet es wieder bei einem Vergleich zwischen Land- und Wasserpflanzen uud wenn man die bedeutende Trans- spiration der ersteren derjenigen der letzteren gegenüberstellt. Schliesslich sei noch ein Beispiel aus dem Gebiete unserer Cultur- gewächse angeführt und die Schwierigkeit erwähnt, Topfpflanzen in Wohnzimmern zu erhalten. Durch die dortige hohe Temperatur in Verbindung mit. der geringen absoluten Feuchtigkeit der Luft wird die relative Feuchtigkeit der Luft derselben verhältnissmässig unbe- deutend, daher die Luft selbst mehr oder weniger trocken. Dess- halb verdorren auch gewisse Pflanzen trotz reichlicher Begiessung. Nun ist es aber gerade das Merkwürdige, dass gerade diese reichliche Begiessung am häufigsten der Grund ist jenes Missgedeihens und Aussterbens der Pflanzen, und dass diese am Leben erhalten werden können, wenn man so vorsichtig ist, die Töpfe nur sparsam mit Wasser zu versehen — eine Thatsache, die also mit meiner Ansicht aufs beste übereinstimmt.?) Hinsichtlich der Topfpflanzen dürfte man wohl im Allgemeinen der Meinung sein, dass die erwähnte Erscheinung davon'abhängt, dass die Wurzeln bei zu reichlicher Begiessung faulen, indem nieht Luft genug für die Respiration der Wurzeln vorhanden ist u. s. w. (siehe 1) Vgl. Sachs, Vorlesungen ete. 8. 306 fi. .. 185 Sachs, 8. 307) — was ich durchaus nicht bestreiten will, noch kann, und es mag wohl möglich sein, dass meine Erklärung keine oder nur untergeordnete Giltigkeit hat. Da ich indessen keinen sicheren Beweis für die andere Meinung kenne, habe ich mich berechtigt ge- glaubt, meine eigene Ansicht vorzutragen. Ich will diesem Beispiel jedoch keine zu grosse Bedeutung beilegen oder daraus einen Beleg für meine Erklärung der Abhängigkeit der Pflanzen von Transspirations- verhältnissen entnehmen, denn von diesem vielmehr unmittelbaren Einfluss kann man wohl mit grösserem Rechte vermuthen, dass er durch mehrere ungünstige Factoren bedingt ist. Hiermit darf man natürlich nicht das auffälligere Bedürfniss der Begiessung verwechseln, das die Landgewächse an heissen Sommer- tagen empfinden, ebenso wenig wie man unter allen Umständen den Satz aufrecht halten darf, dass die Pflanzen desto weniger Wasser haben müssen, je trockener und wärmer es ist. Denn man hat genau zu unterscheiden zwischen der tiefer liegenden, mehr inhärenten dies- bezüglichen Verschiedenheit zwischen Land- und Wasser- oder Sumpf- pflanzen — sei es nun, dass sie durch allmähliche Anpassung dahin gelangt sind, an ihren jetzigen Standörtern zu gedeihen oder nicht — und dem mehr zufälligen, unwesentlichen und übrigens allen Pflanzen gewissermaassen gemeinsamen Bedürfniss nach Begiessung (wie die Thiere Nahrung nöthig haben). Und nur durch eine Verwechslung dieser, beiden Dinge erscheint es als ein Widerspruch, dass in Gegenden mit der stärksten Verdunstung (z. B. in Wüsten) die Wasserzufuhr am geringsten ist oder, mit anderen Worten, dass die Wasserversorgung geringer sein muss, je stärker die Verdunstung ist. Bei einigem Ueberlegen sieht man leicht ein, dass Sorauer’s Versuche mit „Durstpflanzen“ (a. a. O. S. 428), die er anstellte um zu untersuchen, ob solche Pflanzen, die an dürren Localitäten vor- kommen (wie die an dürren Sandhalden wachsende Pinus austriaca) bei reichlicherer Wasserversorgung reichlicher transspiriren würden, und die negativ ausgefallen sind, meiner obigen Beweisführung, in welcher ich voraussetze, dass das Verhältniss g einen wenigstens annähernd constanten Werth hat, und dass also die Transspiration dieselbe ist, nicht widersprechen. Denn es lässt sich ja denken, dass in den Sorauer’schen Versuchen auch die Feuchtigkeit der Luft zuge- nommen hat; wenn nicht, so ist ja anzunehmen, dass innere Ursachen (auf die S. gerade so grosses Gewicht legt) die Transspiration z. Th. gehindert haben können, das für die Pflanze geeignetste Maass zu 186 überschreiten. — Dass die Verdunstung in der That aber wechseln kann, beweisen Sorauer’s eigene Versuche mit Sand- uud Wasser- eultur (s. das Citat oben 8. 184). Kihlman’s und Anderer Deutungsversuche der xerophilen Ausbildung der hydrophilen Pflanzen. In Bezug auf die Meinungen, die zur Erklärung der xerophilen Ausbildung einiger Sumpfpflanzen hervorgetreten sind und die ich oben (8. 134) kurz wiedergegeben habe, sei hier die wie es scheint am besten begründete derselben, nämlich die von Kihlman, etwas näher ins Auge gefasst. Kihlman macht selbst darauf aufmerksam, dass man gegen seine Theorie einwenden kann: „dass unter den Sumpfpflanzen auch solehe auftreten, bei welchen besondere Vorrich- tungen zur Verminderung der Transspiration nicht hervortreten“, und als Beispiel derselben führt er Rubus Chamaemorus u. a. an, „die trotzdem die windoffensten, ungünstigsten Oertlichkeiten nicht scheuen“ ; ferner dass man aus südlicheren Gegenden Beispiele von Sumpfpflanzen hat, die xerophil ausgebildet sind (z. B. Butomus, Iris, Seirpus- und Juncus-Arten), obgleich Kihlman hier nicht glaubt, dass die Ver- hältnisse derartig sind, dass ein vermehrter Transspirationsschutz nöthig wäre, wie es der Fall in nördlicheren Gegenden ist (wegen der Wind- stärke und der Kälte des nassen Bodens). — In dieser Bemerkung, besonders in deren letztem Theil, scheint wir ein grosses Bedenken. gegen die Richtigkeit der Erklärung Kihlman’s zu liegen. Denn wenn man sich auch vorstellen kann, dass Rubus Chamaemorus u. a. sich zu den mit Schutzvorrichtungen verschenen Pflanzen der hoch- nordischen Sümpfe ebenso verhalten wie mehrere schutzlose Pflanzen (z. B. Schowwia Schimperi, Scopolia mutica, nach Volkens, Zur Kenntniss der Beziehungen etc. 8. 32) in trockenen Klimaten zu ihren xerophil ausgebildeten Genossen, so wird es noch schwerer, das Ver- hältniss von Butomus und Iris ete. zu erklären. — Kennt man das locale Auftreten dieser Gewächse unter verschiedenen klimatischen Umständen und kann man für deren Ausbildung und Verbreitung dieselbe Erklärung geben, die ich oben für Ledum palustre etc. glaublich zu machen gesucht? Ebenso wenig wie ich jedoch bezweifle, dass es nicht Pflanzen geben könnte, deren xerophile Ausbildung nach der von Kihlman vorgeschlagenen Erklärung aufzufassen wäre, ebenso wenig bestreite ich Schimper’s Annahme, dass die javanesischen Strandpflanzen infolge der Concentration des Wassers xerophil ausgebildet wären. r 187 Eine ähnliche Erklärung habe ich für unsere Sumpfpflanzen zu geben versucht. Das Wasser in Mooren und Sümpfen verhält sich allerdings umgekehrt wie das Meerwasser in Bezug auf Salzeoncentration, aber es wäre ja denkbar, dass andere diesen Oertlichkeiten eigenthümliche Stoffe hier vorkommen, die einen ähnlichen Einfluss wie das con- centrirte Meerwasser ausüben könnten. So hat Burgerstein (Ueber den Einfluss ete. 8. 25) Versuche mit Huminsubstanzen („Humus- körpern“*) gemacht, die er aus dem Boden ausgezogen, und dabei gefunden, „dass sich solche wässerige Humusextraete insofern wie Nährstofflösungen verhielten, als auch sie die Transspiration herabsetzten“. — Indessen ist zu bemerken, was Schimper unter anderen Beweisen für die Richtigkeit seiner Ansicht anführt, dass in den nahegelegenen Süsswassersümpfen (auf Java) die Pflanzen hygrophil entwickelt waren!) (im Gegensatz also zu den Strand- gewächsen). Eine fernere Ursache könnte man aus folgender Aeusserung Ebermayer's (Die gesammte Lehre der Waldstreu ete. 8. 232 ff.) herausfinden: „Humus besitzt unter allen Bodenbestandtheilen nicht bloss das grösste Absorptionsvermögen für Wasserdampf, sondern nimmt auch unter allen am meisten Wasser auf; nach ihm folgt der Thon und Kalkschlamm, während dem Quarzsand diese werthvollen Eigenschaften fast gänzlich abgehen. Bei einem angestellten Ver- suche absorbirten z. B. 100 Gewichtstheile Sand nur 12,2g Wasser, 100 Gewichtstheile Torf (Humus) 114,4g Wasser. Der Humus kann den Wassergehalt des Bodens schon dadurch erhöhen, dass er infolge seiner porösen Beschaffenheit durch Flächenattraction das Vermögen besitzt, aus der atmosphärischen Luft eine bestimmte Menge zu ab- sorbiren nnd dasselbe in den tieferen, kühlereren Bodenschichten oder während der Nacht in der erkalteten Bodenkrumme zu tropfbar flüssigem Wasser zu verdichten; es ist also wie Kochsalz oder wie Pottasche hygroskopisch, wenn auch in geringerem Grade. Durch die Knop’schen Versuche (Landw. Versuchsstationen V. Bd. S. 110) ist nachgewiesen, dass das Quantum Wassergas, welches irgend ein poröser Körper zu absorbiren und zu kondensiren vermag, unabhängig ist von der relativen Sättigung der Luft mit Wasserdampf und nur abhängt a) von der Beschaffenheit und Natur des porösen Körpers und b) von der jeweiligen Temperatur. Bei niederer Tem- 1) Ob übrigens nicht eine genauere Untersuchung der juvanesischen Süss- wassersümpfe auch Pflanzen mit xerophiler Ausbildung ergeben würde? 188 peratur nehmen die porösen Körper mehr Wasserdampf als bei höheren Temperaturgraden auf.* Wegen solcher Beobachtungen könnte man geneigt sein, die Verbreitung der genannten Pflanzen gerade diesen Umständen zuzu- schreiben. Es wäre ja z. B. nicht unglaublich, dass die niedere Tem- peratur der arktischen Regionen eine viel zu starke Kondensirung des Wassers auf Moorboden (?) herbeiführen könnte und andererseits eine genügende auf anders beschaffenem Boden, so dass er weder zu wenig noch zu-viel Wasser hält. Für die Bedeutung einer gleich- mässigen Wasserzufuhr der obersten Schicht spricht vielleicht auch das unterirdische System der genannten Pflanzen (wenigstens eines Theiles derselben), das nur in geringer Entfernung von der Oberfläche verläuft und dieser mehr oder weniger parallel, z.B. bei Pyrola, bei der Fichte im Gegensatz zur Kiefer!) — Gegen alle diese Er- klärungsweisen, sowie gegen noch andere, die man wohl finden könnte, obgleich es unnöthig ist damit noch mehr Raum zu verschwenden, können indessen Anmerkungen gemacht werden, die mir schwer wider- legbar zu sein scheinen. Von Pflanzengeographen gegebene Erklärung einiger Verbreitungs- Erscheinungen. Hinsichtlich der oft ausgesprochenen Ansicht der Pflanzengeo- graphen, dass die Verbreitung der hier erwähnten Pflanzen aus dem Kampf ums Dasein zu erklären wäre, besonders bei dem Eindringen in ein Gebiet oder bei dem Verdrängtwerden aus demselben, habe ich schon (8. 161) meine Bedenken darüber geäussert, will aber dennoch hier etwas näher darauf eingehen. Die Frage gilt natürlich nicht, ob die Pflanzen von dem gegen- seitigen Kampf unberührt sind, der sonst überall in der organischen Natur vorzukommen scheint, sondern vielmehr, ob man das Richtige getroffen, wenn man den hauptsächlichen Grund der Verbreitungs- 1) Man beachte auch Kerner von Marilaun’s (a. a. O. 8. 279 ff.) Be- richt über das Vorkommen von Pflanzen mit Rollblättern (dieses gilt also auch von Ledum palustre), sowie seine Erklärung dieses Blattbaues als eines Mittels, die Spaltöffnungen gegen Benetzung ete. zu schützen. Diese Auffassung ist wohl nicht ganz mit meiner Erklärung unvereinbar, aber wegen der von meiner abweichenden Ansicht über die Verdunstungsverhältnisse des arktischen und des alpinen Klimas, die er zu hegen scheint, steht sie jedenfalls so, wie sich Kerner Ursache und Wirkung vorstellt, mit meiner Auffassung des Hauptcharakters dieser Blätter als für den Transspirationsschutz (= zur Minderung der Verdunstung) ausgebildeter Organe im Widerspruch. mamma © 189 verhältnisse in diesem Gesetze sucht. Im Allgemeinen gibt man keine directe und eingehende Beweise für diese Ansicht, und es ist ja auch deutlich, dass ‚solche schwerlich zu geben sind. Seitdem man aber mit mehr oder weniger Erfolg nachgewiesen, dass Boden- beschaffenheit u. s. w. für die Erklärung der VPflanzenverbreitung nicht genügen, ist man desto geneigter, in jedem Verbreitungsfalle die Folge eines Kampfes ums Dasein, einer Wanderung wegen geo- logischer Umwälzungen u. dgl. zu sehen. Zum Beweise dafür, dass wirklich der Kampf ums Dasein die Pflanzenvertheilung verursacht hat, scheint folgende Angabe bei Blytt (a. a. ©. 8. 9 Note) zu sprechen: „Arten, welche in der Natur nur an sehr sumpfigen Orten wachsen, werden im botanischen (arten in Christiania in ganz trockenem Boden gezogen und nicht mehr begossen als alle übrigen, gedeihen aber nichtsdestoweniger ausgezeichnet, z. B. Veronica Beccabunga, Anagallis und scutellata, Carex chördorrhiza, Epipactis palustris, Naumburgia thyrsiflora u. m. Die Erklärung liegt darin, dass der Gärtner die Rolle des Sumpfes übernimmt, d. h, die Nebenbuhler fern hält, indem er das Unkraut ausjätet.“ Die Erklärung, die Blytt hier gibt, will ich nicht bestreiten. Die eine PHanze verhält sich auf die eine Weise, die andere auf die andere. Doch könnte man fragen, ob diese Pflanzen, wenn sie die Wahl gehabt hätten, einen troekneren oder einen feuchteren Ort vor- gezogen hätten? Auch wenn sie an trockneren Standorten gut zu ge- deihen scheinen, ja auch wenn sie hier noch üppiger schiessen, als an ihren natürlichen Standörtern, so ist damit nicht gesagt, dass erstere Localität wirklich für sie zweekmässiger ist, dass sie sich also dort länger behaupten und eine quantitativ oder qualitativ kräftigere Nachkommenschaft erzeugen könnten. Dass das Gegentheil auch stattfinden kann, dafür liefert der alpine Aster Amellus ein Beispiel, welcher, wenn im Flachlande gepflanzt, zwar eine bedeutende vegeta- tive Entwickelung erreicht (,Aster Amelloides“), aber anderer Ver- hältnisse halber — wie z. B. wegen der längeren Zeit, die er zur Vollendung seines jährlichen „Lebenscyclus* gebraucht — muss man ihn doch an letzterem Platze für weniger vortheilhaft entwickelt halten (vgl. Krasan, a. a. O. 8. 92). Dasselbe gilt von eimem grossen Theile unserer cultivirten Pflanzen, und niemand wird wohl behaupten, dass eine wilde Blume, die in einem Garten gepflanzt, hier üppiger schiesst und auf Kosten der Geschlechtsorgane doppelte Blumen entwickelt („ein glänzendes Elend*), oder dass samenlose 190 Obstsorten u. s. w. ihres Theils besser daran sind als ihre wild wachsenden Verwandten. Solche Erscheinungen sind wohl eher als abnorme pathologische Aeusserungen aufzufassen. Von der Frage, wesshalb einige Pflanzen das Klima des Stiftes Bergen scheuen, gibt Blytt folgende Erklärung!), die ich hier in der Uebersetzung wiedergebe: „Es kommt mir nieht unwahrscheinlich vor, dass die milden Winter an der Küste von Bergen, wo einige Grad Wärme oft mit Frost wechseln, von dieser Küste alle die Pflanzen fern halten müssen, die schon bei einem verhältniss- mässig geringen Wärmegrad zu vegetiren anfangen, während sie zu- gleich leicht der Beschädigung durch die Kälte ausgesetzt sind. Ich muss jedoch ausdrücklich hinzufügen, dass es nicht meine Absicht ist, diesen Grund für jede einzelne der obengenannten Arten geltend zu machen.“ — Diese Erklärung erscheint allerdings ganz annehmbar, doch lässt sie die Verbreitung dieser Pflanzen im Uebrigen unerklärt, wesshalb sie südlicher in Sümpfen, dagegen auf Bergen und nörd- licher auf trockenem Boden ete, auftreten, sofern man nicht an- nehmen wollte, dass auch das locale Auftreten selbst ebenso zu er- erklären wäre, d. h. dass man die Sümpfe als gegen Temperaturwechsel (besonders um den Eispunkt herum) geschütztere Localitäten ansehen müsste, was jedoch, so viel ich weiss, Niemand untersucht oder be- hauptet hat. Eher sollte man das Gegentheil erwarten, da sich das Wasser bei eintretendem Thauwetter in den tieferen Gegenden sam- melt und hier bei sinkender Temperatur gefriert und dabei den Boden sowie die Pflanzen lockert und aufreisst. Sollte ich mich aber hierin irren, und wäre ersteres wirklich der Fall, erscheint es merkwürdig, dass die Reaction der Pflanzen gegen continentale und insuläre Klimate in erster Reihe durch einen solchen Umstand be- dingt wäre, der doch, verglichen mit dem, was gerade das Charak- teristische der verschiedenen Klimate bildet?), wohl nur eine Neben- 1) Blytt, A, Bidrag til Kundskaben om Vegetationen i den lidt sydfor os under Polarkredsen liggende Del of Norge. Forh. i Vid. Selsk. Christiania 1871. S. 131. Vgl. Derselbe, Christienias Omeyns Phanerogamer og Bregner. Universi- tetsprogram. Christiania 1870, 8. 33: „Die Arten, welche die Silurformation vor- ziehen, fehlen beinahe ohne Ausnahme in den Küstengebieten westlich von Lin- ıdesnäs, was zu beweisen scheint, dass sie eine starke Sommerwärme benöthigen.“ Klinggräffa.a.0. 8.70: „Im mittleren und nördlichen Europa dringen nicht wenige Arten östlich weiter nach Norden als westlich, weil sie gelinde Winter und eine ver- längerte Vegetationsperiode weniger beanspruchen als sonnenreiche, warme Sommer.“ 2) Vgl. Blytt in Engler’s Jahrbücher 1882 8. 3 ff., woselbst seine eben eitirte Ansicht noch weiter entwickelt wird. — Ueber die klimatischen Verschieden- 191 sache ist. Ausserdem begegnen einer solchen Deutung andere Schwierigkeiten, wie z. B. die Frage von der xerophilen Ausbildung. Einige Erklärungsversuche derartiger Verbreitungsverhältnisse findet man u.a. bei Krause, H.L., Pflunzengeographische Uebersicht der Flora ron Mecklen- burg. Archiv d. Vereins d. Freunde d. Naturgeschichte in Mecklenburg, Güstrow 1834, 5. 23: „Es lüsst sich annehmen, dass auf grossen Torfmooren die Tempera- tureurve flacher — also dem Seeklima analog — verläuft, als auf dem benach- barten Diluvialboden. Denn Torf ist wie Wasser ein schlechter Wärmeleiter. Nach dieser Anschauung würden die nördlichen Gewächse auf den Torfmooren die Sommertemperaturen weniger fühlen“ ete. — 8. 18: „See- und Continentalklima sind es nicht allein, welche Vegetationslinien bedingen. Es gibt eine Anzahl von Gewächsen, die an der Küste gedeihen, von der norddeutschen Ebene aber aus- geschlossen sind, Hier ist es nicht der kalte Winter, sondern der warme Sommer des Binnenlandes, der die Arten an die Küste drängt. Sie haben ihr Verbrei- tungsgebiet im Norden und erreichen bei uns eine Südwestgrenze. Ein Theil von ihnen tritt südlich wieder auf, aber auf der Höhe der Gebirge, wo sie gleichfalls eine niedrige Temperatur finden, z. B. Primula farinosa.“ — 8. 31: „Den hohen Feuchtigkeitsgrad der Luft hat die Küste mit den Gebirgen gemeinsam. Eine Anzahl von Pflanzen sind dementsprechend den Gebirgen und der Küste gemeinsam. Hippopha® rhamnoides L. kommt an der Küste mit Unterbrechungen von Borkum bis Preussen und in den Alpen vor, von letzteren längs der Ströme in die Ebene vordringend. Die Feuchtigkeit der Luft kann es allein sein, welche eine solche Verbreitung bedingt, wie wir sie bei Hippophad sehen.“ — S. ferner 8. 32 über Plantago maritima und Cochlearia officinalis, denen in den Alpen Plantago alpina bezw. Cochlearia, pyrenaica (Kalipflanzen?) entsprechen, sowie über in Gärten ge- zugene Pflanzen, die sonst nur am Meeresstrande vorkommen, wie Crumbe nari- tima, Cakile maritima, Lathyrus maritimus, bei welchen Krause annimmt, dass es die feuchte Luft des Meeresstrandes sei, die es ihnen ermögliche, hier in dem trockenen Sande der Dünen zu wachsen, der wiederum andere Gewiüchse aus- schliesse. Von besonderem Interesse für die von mir berührten Fragen ist folgende Aeusserung von Blytt (in Engler’s Jahrbücher 1882 8. 10): „Continentale Arten, welche in den südöstlichen Gegenden des Landes ohne Unterschied auf Kalk, Gneis, Porphyr, Schiefer u. s. w. wachsen, sind oft in den westlichen und nördlichen Landes- theilen an den trocknen, warmen Kalk gebunden, wie denn eine Menge von Arten ihre Nordgrenzen und ihre Höhegrenzen auf Kalk haben. Umgekehrt findet man aber auch auf der feuchten Westküste heiten siehe oben 8. 164. Vgl. auch oben 8. 146 und S. 147, aus denen hervorgeht, dass die arktischen Pflanzen keineswegs immer von einer Schneedeeke geschützt sind, sowie über das Vorkommen von gelinden Wintern auch in den hochnor- dischen Regionen. Hiermit will ich jedoch nieht behauptet haben, dass nicht die wahrseheinlich häufigereu Wechsel zwischen Frost und Aufthauen in südlicheren Gegenden der in dieser Beziehung empfindlichen nordischen Pflanzen verderben- bringender sein können. 192 oft sogar Sumpfpflanzen auf steilen Bergabhängen und auf Steingeröll, wo sie in einem trockenen Klima unmöglich wachsen könnten. So habe ich an der Küste von Bergens Stift Alnus glutinosa, Molinia cae- rulea, Sueeisa pratensis, Myrtillus uliginosa, Pingnicula vulgaris, Tri- ophorum caespitosum auf steilen Bergen und auf Schutthalden wachsend gefunden, ja was noch mehr sagen will, man findet in unseren feuchten Küstengegenden nicht selten noch dazu mächtige Torflager, welche sich über Hügel und Abhänge hin ausstrecken.“ — Aehnliche Beob- achtungen habe ich in weit mehr eontinentalen Gegenden von Skan- dinavien gemacht, als es die norwegische Westküste ist. So habe ich in der Provinz Wermland nicht selten Sphagnum-Bestände!) von grösserer oder geringerer Ausbreitung sowohl auf Gebirgskämmen als an den Seiten der Berge entlang angetroffen, wobei es auffallend ist, dass gerade die steilsten Abhänge die an solchen wasserliebenden PHlanzen reichste Vegetation besitzen. An solchen Bergwänden, wo man nur mit der grössten Schwierigkeit und mit gelegentlicher Hülfe von Baumästen u. ä. hinaufklettern kann, trifft man ausser mehreren Teber- und Blattmoosen, die sonst in Sümpfen oder anderen feuchten Standorten zu finden sind, auch phanerogame Sumpfpflanzen, wie einige Eriophora, Carices und Gramineen, hier und da zwischen den Mooshügeln (besonders Torfmoos) oder an anderen geeigneten Stellen an. Nun sieht man indessen, wie an solchen steilen Abhängen das Wasser beinahe unaufhörlich hinabrieselt oder hinabtröpfelt, wodurch der Pflanzenwuchs eine eontinuirliche und gleichmässige Feuchtigkeit erhält. Doch dürfte auch hier die Wasserarmuth in Perioden von an- haltender Dürre um so grösser werden, wesshalb derartige Localitäten hauptsächlich für Pflanzen passen werden, welche ein gelegentliches starkes Eintrocknen vertragen können (z. B. Moose). Dass aber über- haupt solche Standorte, von denen man meinen sollte, dass sie vor allen anderen trocken und für wasserliebende Pflanzen ungeeignet wären, thatsächlich dennoch in Bezug auf Wasserversorgung den ge- wöhnlichen Tieflandversumpfungen nahekommen, dürfte seine Ursache in der Bildung von Spalten und Rissen im Gestein haben, wodurch das Wasser von entfernteren Punkten hierher geleitet wird und so eine Art Quellader entsteht. Da ich indessen ähnliche Erscheinungen auch hoch oben nahe an der Spitze einiger Berge beobachtet habe, die ausserdem auf der eigentlichen Spitze keine wassergefüllten Ver- 1) Nicht nur Sphagnum compactum DC. (— rigidum Schimp.), das oft hier und da auf Felsenplatten u. s. w. vorkommt, sondern auch andere Arten, die man sonst gewöhnlich in Sümpfen antrifft. 193 tiefungen hatten, scheint es, dass diese Erklärung nicht genügt, sondern vielleicht in den Erdschichten der Spalten und Baumwurzeln ete., sowie besonders in den kryptogamen Beständen (Moosen und Flechten) zu suchen ist, die an der höchsten Spitze des Berges anfangen und an den Seiten desselben entlang wachsen. Bei atmosphärischen Nieder- schlägen sammelt sich hier eine verhältnissmässig grosse Menge Wasser, das dann allmählich abgegeben wird und hinunterfliessend auf diese Weise der tieferwachsenden Vegetation nach und nach zu gute kommt, und so weiter der Reihe nach. Es scheint desshalb nicht unwahrscheinlich, dass die Wasserversorgung der Pflanzen aus dem Boden an solchen Loealitäten auf diese Weise nicht nur grösser ist als an den weniger abschüssigen Seiten des Berges, sondern sogar grösser sein kann als auf niederem ebenem Boden mit tiefer Erd- schicht — wenigstens unter der Voraussetzung, dass der Boden weder eine solche Neigung, noch eine solche Lage besitzt, dass Wasser von anderen Seiten zufliessen oder durchströmen kann, sowie dass das Wurzelsystem der Pflanzen nicht zu tief hinunterdringt. Denn eine hier wachsende Pflanze bekommt eine ebenso grosse oder meinet- wegen noch grössere Regenmenge, als sie oben auf dem Berge er- halten würde, aber sie hat nicht Zeit, all dieses Wasser zu verwerthen oder besser gesagt, sie kann keinen Gebrauch davon machen während der relativ kurzen Dauer, da es zu ihrer Verfügung steht. Dem Ge- setze der Schwere gehorchend dringt nämlich das Wasser mehr oder weniger senkrecht durch den Boden, und nur so viel bleibt, als der- selbe absorbiren kann. Daher wird diese Wassermenge immer kleiner bis zum nächsten Niederschlag. Auf dem Berge dagegen wird wahrscheinlich theils mehr Wasser aufgespeichert durch die reichlich wasseraufsaugende Moosvegetation, theils auch das Ein- dringen des mechanisch zurückgehaltenen Wassers (das zwischen Aesten, Blättern ete. zurückbleibt) infolge der oft unterbrochenen Continuität der Leitung erschwert, da das nackte Gestein zwischen den einzelnen Beständen die Weiterleitung des Wassers verhindert; und theils schliesslich verschwindet dieses Wasser nicht direet in die Erde, sondern kommt erst dem einen Bestande nach dem andern zu gute, indem es während einer längeren Zeit nur tropfenweise aus- portionirt wird. Die höher gelegenen Matten von Moos, Flechten ete. dienen also als Wasserbehälter, die während einer verhältnissmässig langen Zeit im Stande sind, die tiefer wachsenden Pflanzen mit Wasser zu versorgen, und der nächste Regenschauer füllt dies Re- servoir von neuem. Und so behält die Vegetation etwas unterhalb Flora 1895, 13 194 der Spitze des Berges bis zum Fusse desselben eine gleichmässige Feuchtigkeit, während auf anderen Seiten des Berges, die eine schwächere Neigung haben, das Wasser mehr oder weniger schnell durch die Ritzen verschwindet und auf diese Weise ohne Nutzen für die nächststehende Vegetation verloren geht.!) Fin Umstand und vielleicht der wichtigste, der indessen nicht ausser Acht gelassen werden darf, ist die Fähigkeit einiger Pflanzen, Wasser aus der Luft zu holen. Besonders zeichnen sich in dieser Beziehung die Sphagnaceen aus (vgl. Kerner, Pflanzenleben ], S. 202 ff.). Ihre Condensirung des in der Luft befindlichen Wasser- dampfes dürfte für die Bewahrung der Bodenfeuchtigkeit von grosser Bedeutung sein und dadurch auch für die Möglichkeit des Auftretens und Gedeihens von solchen Pflanzen, die von einem grösseren Wasser- gehalte des Substrats abhängig sind. Besonders dürfte dieser Um- stand berücksichtigt werden müssen bei der Erklärung der von Blytt erwähnten Verhältnisse an der an Niederschlag reichen und daher wahrscheinlich dureh grosse Luftfeuchtigkeit ausgezeichneten norwegischen Westküste (um Bergen) ?). Die Beobachtung, die Schimper in Bezug auf Epiphyten gemacht, dürfte diesen Thatsachen nahekommen. Er sagt nämlich?): „Dass die in den feuchten Wäldern nur als Epiphyten gedeihenden Gewächse in der alpinen Region ebenso ausschliessliche Boden- pflanzen werden, eine Erscheinung, die ich auch in den Bergen Bra- siliens beobachtete, ist vollkommen begreiflich, da dieselben, ent- sprechend der Beschaffenheit des Substrats, Schutzmittel gegen Trans- spiration besitzen.“ — Nun weiss man indessen, dass wenigstens ein Theil der epiphyten Pflanzen besonders gut construirt ist, entweder um Wasser direet aus der Luft zu holen, oder um Wasserdampf zu eondensiren®), und desshalb scheinen solche Fälle nieht mit den oben 1) Man vergleiche hiermit die wichtige Aufgabe der Untervegetation (bes. Moose) unserer Wälder, die erste zu sein, die den Niederschlag sammelt und dann allmählich vertheilt. Wird der Wald umgehauen, so entstehen als indirecte Folge, wie eine traurige Erfahrung lehrt, nach reichlichem Niederschlag mehr oder minder verheerende Ueberschwemmungen. 2) Siehe Nachtrag. 3) Schimper, a. a. O. 8. 1053. Vgl. Schimper’s Auffassung des al- pinen Klimas als eines trockenen, 4) Vgl. Schimper, A. F. W., Veber Bau und Lebensweise der Epiphyten. Botan. Centralblatt 1884. — Kerner, Pflanzenleben, I, 8. 203 ff. — Go ebel (a. a. O. 1, S. 188) bestreitet indessen die Fühigkeit dieser Pflanzen, Wasserdampf zu eondensiren, aber wenn sie Vorrath an Wasser in flüssiger Form besitzen, dürfte auch jene Eigenschaft entbehrlich sein. Ya mn BR 195 gegebenen Voraussetzungen bei den C-Pflanzen zu stimmen, bei denen man, so viel ich weiss, keine derartigen Vorrichtungen kennt, sondern annehmen muss, dass sie hierin nicht von der allgemeinen Regel ab- weichen, d. h. dass sie das Wasser nur aus dem Boden holen können. Inwiefern nun die Erklärung dieser Verhältnisse, die ich hier be- sonders in Bezug auf das von Blytt erwähnte Vorkommen von Sumpfpflanzen auf Bergen u. s. w. in der an der norwegischen West- küste zu geben versucht habe, die richtige ist oder nicht, muss dahin- gestellt bleiben. Für dergleichen Fälle, die der oben gegebenen Deutung der Verbreitung einiger Pflanzen zu widersprechen scheinen, verweise ich auf das früher (S. 166 ff.) Gesagte und möchte hier nur kurz und andeutungsweise eines Umstandes hinzufügen, dessen nähere Untersuchung von grossem Interesse sein dürfte, Wenn man nämlich die von Blytt zusammengetragenen Pflanzen- listen über die Elemente der norwegischen Flora durchsieht, so findet man, dass unter den subarktischen Pflanzen, nicht, wie man an- nehmen sollte, eine Auswahl der an den trockensten Localitäten vor- kommenden die Küste meiden, sondern (eher) diejenigen, welche an den feuchtesten Standorten wachsen (vgl. oben $. 142). Nun sagt Blytt in seiner Schrift (Engler’s Jahrbücher $. 6) von der sub- arktischen Flora: „In ihrer Gesammtheit betrachtet, trägt dieselbe einen insulären Charakter, denn ihre Arten scheuen in der Regel das Küstenklima nicht oder lieben zum grossen Theil sogar feuchte Standorte.“ — Soll man daher in dem feuchten Standort einen insu- lären Charakter in Bezug auf Pflanzen erblicken? Wenigstens in diesem Falle scheint dies nicht berechtigt zu sein, und wenn wir nachsehen, wie es sich mit der atlantischen und subatlanti- schen Flora verhält, von denen letztere „wie die atlantische eine Feuchtigkeit liebende ist“, so wird man finden, dass gerade die durch ihre Verbreitung ausgeprägtesten atlantischen Arten!) — ausser den wahren Wassergewächsen, sowie denen, die an die unmittelbare Nähe des Meeres gebunden sind (Meerstrandpflanzen) — wie Erica einerea, Genista aunglica, Ilex aquifolium u. s. w,, und die man vor anderen als insuläre Pflanzen anzusehen Ursache haben könnte, an entschieden trockenen Standorten, vorkommen. Was nun die borealen und subborealen Gruppen betrifft — von denen es mit Beziehung auf die Repräsentanten der ersteren heisst: „Die meisten sind seltener oder fehlen gänzlich an den offenen feuchten 1) Vgl. Kjeilman, Öfvertryck efter föreläsningar etc. 8. 22: „llex- Pflanzen,“ ı13* 196 Meeresküsten im Stifte Bergen“, und mit Beziehung auf die der letz- teren: „Diese Flora hat wie die boreale ein continentales Gepräge* —, scheint dagegen die continentalere (trocknere) Eigenschaft sowohl des Bodens wie die der Luft kennzeiehnend zu sein, denn der grösste Theil derselben ist an einen trockenen Boden gebunden. — Wie indessen diese verschiedenartigen Pflanzen in Bezug auf Standorts- und Klimaverhältnisse zu betrachten sind, und besonders ob man be- fugt sein könnte, eine Erklärung in ihrer anatomischen Bildung ete. zu suchen, also denselben Weg zu betreten, den ich oben für die C-Pflanzen vorgeschlagen, müssen fernere Untersuchungen entscheiden. Bei Vergleichung der Flora von Grönland, Island, Norwegens Westküste und anderen Gegenden ergeben sich einige Unterschiede, auf dieu. a Warming aufmerksam gemacht hat. Ob man indessen anzunehmen hat, dass diese Unterschiede zunächst von klimatischen Umständen abhängen oder von Verbreitungsverhältnissen infolge ur- zeitiger Landverbindung oder von anderen Ursachen, dürfte ungewiss sein. Das Wahrseheinlichste ist wohl, dass viele Ursachen zusammen- gewirkt haben, und dass bei der einen Art der eine Umstand, bei der anderen der andere das Uebergewicht gehabt hat und maassgebend gewesen ist. Einige Eigenthümlichkeiten dieser Verbreitung mögen jedoch hier erwähnt werden, da sie mit den oben behandelten Fällen in naher Beziehung zu stehen scheinen, wesshalb sieh auch die näm- liche Erklärung denken lässt. Aus den Tabellen, die Warming über den Niederschlag auf Island, in Grönland und in Norwegen gegeben, erlaube ich mir folgen- den Auszug über den jährlichen Niederschlag in mm wiederzugeben‘): Stykkisholm . . 685 Island IBerufjord ... . 1142 Bergen ..... 1724 Grimsey 407 Aalesund . . . . 1090 en 1145,5 Norwegen . nistianssund , s i VomSb 2.2... Grönland Godthaab . ... 621,7 Alten 974 Jakobshavn .. 218,9 Ik Ban Fi Upernivik ... 237,2 arasjok .... 99 Man ersieht hieraus eine sehr grosse Uebereinstimmung der Regenmenge von Island, Südgrönland und Norwegens Westküste. Aus den Pflanzenlisten (siehe Warming, 8.17, 186 u. ö.) geht her- vor, um uns nur an die C-Pflanzen zu halten, dass viele von ihnen 1) Warming, a.a. 0. 8. 22 f. Diese Tabellen sind ursprünglich dem Meteorologischen Institut in Kopenhagen entnommen. Eine nähere Darstellung während der verschiedenen Monate findet man bei Warming. Ye 197 in Grönland und auf Island fehlen, wie Viola biflora, Trollius euro- pueus, Carex chordorrhiza und Buxbaumü, Hierochloa borealis.t) Einige Pflanzen dieser Kategorie fehlen in Grönland, sind aber auf Island mehr oder weniger gemein, z. B. Galium boreale, Salix phylieifolia. Dass aber ein Vergleich der Floren dieser Gebiete, als Ganzes be- trachtet, hinken muss, lässt sich leicht denken, wenn man einen Blick auf die obigen Tabellenauszüge wirft, aus denen der grosse Unter- schied zwischen den verschiedenen. Theilen desselben grösseren Ge- bietes, z B. zwischen Süd- und Nordgrönland, hervorgeht. Die Regen- inenge von Island ist allerdings verhältnissmässig gross und in Berufjord beträgt sie ungefähr so viel wie in Ivigtut auf Grönland. Wollte man nur darnach urtheilen, würde indessen Island weniger insular sein als das südlichste Grönland. Berücksichtigt man ferner die steten und starken Stürme von Island?), so muss der Verdunstungseffeet hier relativ gross und das Klima in dieser Beziehung ein continentaleres werden. Hat man hierin den Grund dafür zu suchen, dass Galium boreale auf Is- land „recht gemein“ und Salix phylicifolia „gemein“ sein können? 1) Natürlich gibt es auch andere skandinavische Pflanzen, die der nor- wegischen Westküste fehlen und die man auch nicht in Grönland oder Island an- getroffen. Ich beabsichtige jedoch hier, nur einige Andeutungen zu geben, auch brauche ich nicht darauf aufmerksam zu machen, dass meine Erklärungen einen sehr einseitigen Charakter besitzen. Ich habe nämlich nicht Gelegenheit gehabt, hierbei die Erfahrungen zu berücksichtigen, die man in Bezug auf die historische Eutwickelung, Wanderungen ete. hat machen können, — Auf dem Gebirge sind übrigens die Verhältnisse anders als auf dem Flachlande und auf jenem treten auch hauptsächlich einige Arten wie Betul«a nana auf (Grönlund, Ch, Karak- teristik af Planteraexten paa Island, summenlignet med Floruen i flere andre Lande. In: Festskrift i anledning af den naturhistoriske Forenings Bestauen fra 1833 — 1863, Kjöbenhern 1890, 5. 135). Uebrigens dürften die Verhältnisse in arktischen Ge- genden (Island und südlichstes Grönland gehören nicht zur arktischen Zone) wie auch in alpinen Zonen an benachbarten Localitäten wegen verschiedener Expo- sition u. s. w. bedeutend differiren können. Darauf deutet der Umstand, dass ein Theil unserer Sumpfpflanzen in diesen Gegenden sowohl an trockenen als auch an feuchten Stellen vorkommen können, und vielleicht ist es dieselbe Ursache, die die grosse Abwechslung in der Blattgrösse veranlasst, wie sie Warming bei ‚Indromeda polifolia und besonders bei Ledum erwähnt. 2) Vgl. Klinggräff, a. a. O. 8. 88: „Es gibt bekanntlich wenig so wind- reiche Gegenden auf der Erde wie Island, wo die Luft in steter und meist bedeu- tender Bewegung ist, und wo die Winde sich sehr oft zu so rasenden Stürmen steigern, dass jeder Verkehr im Freien unmöglich wird. Daher das sehr bezeich- nende Scherzwort, dass der Isländer diejenigen Tage „windstille“ nenne, an dene der Wind nicht so stark ist, dass er ihm die Mütze „vom Kopfe reisst“. — Viel- leicht liegt hierin die Erklärung jener Erscheinung, dass einige Pflanzen, wie Ledum belustre, auf dieser baumlosen Insel fehlen oder nur spärlich vorkommen. 198 Was besonders die Verbreitung der Birken betrifft, erlaube ich mir Folgendes aus Warming (a. a. O. S. 24) in deutscher Ueber- setzung anzuführen: „Dass es klimatische Uebereinstimmungen sind, welche den Birkenwald an die äusserste Grenze der Baumvege- tation sowohl in Grönland als auch auf Island und in Skandinavien gestellt haben, darüber hege ich keinen Zweifel. Die Birke ist offen- bar ein sehr genügsamer Baum, der sehr viel Feuchtigkeit sowohl der Luft als auch des Bodens vertragen und der gut in der mehr feuchten als warmen Luft eines insulären Klimas gedeihen kann. Desshalb gedeiht sie in den drei genannten Ländern; nimmt aber die Luft- feuchtigkeit ab und die Kälte zu, so weicht die Birke zurück und unterliegt im Kampfe mit den Nadelhölzern. So weicht sie denn vor diesen zurück im nördlichen Russland vom Weissen Meer an und durch ganz Sibirien und Nordamerika. Wahrscheinlich dürften in diesen Gegenden ein continentaleres Klima, geringere Luftfeuchtigkeit und kalte, aus dem Eismeer wehende Winde der Grund sein, dass sie der Fichte und der Lärche gegenüber nicht mehr bestehen kann und dass sie erst südlich von der Nordgrenze derselben und an deren Leeseite Kraft genug erhält, ihren Platz zu behaupten,“ Mit Beziehung hierauf sei auch folgender Auszug aus Kling- gräff (a. a. O. S. 73) wiedergegeben: „Abies excelsa Poir. bleibt auf dem skandinavischen Gebirge unter der Birke zurück, während sie auf den Alpen bis zur Baumgrenze aufsteigt und diese grössten- theils selbst bildet, da Pinus Cembra L. und Larix europaea DC. dort nur local auftreten. Aber auch die Birke ist auf den Alpen ein seltener Baum und mag aus diesem Grunde nur selten an der Grenze des Baumwuchses bemerkt werden. Martius (Grisebach, Die Vegetation der Erde, I, 8. 546) fand auf der Grimsel, im Berner Öberlande, die Birke bis 6080 Fuss aufwärts und nur unter der Zirbel- kiefer etwa 400 Fuss zurückbleibend, während hier die Tanne nur bis etwa 5000 Fuss reichte, die aber sonst in den Alpen auch bis 6000 Fuss und darüber aufsteigt. Es haben hier vielleicht Tanne und Birke gleiche Höhengrenzen, und die letztere kommt, wegen ihrer Seltenheit, nur wenig zur Geltung, während sie im westlichen Skan- dinavien das Seeklima besser gedeihen und höher als die Tanne auf das Gebirge steigen lässt. Aber auch unter der Kiefer bleibt Abies in Norwegen!) noch zurück. Denn nächst Betula geht hier Pinus I) Ebenso verhält es sich auf den schwedischen Gebirgen, wo die Fichte nur ausnahmsweise höher steigt als die Kiefer, wie auf dem Zvickjock-Ge- birge und auf der Areskutan (vgl. Nyman, a. a. O. li, S. 284), 199 silvestris am weitesten nach Norden und am höchsten auf das Ge- birge.* .. . „Aber anderseits geht auf den Alpen, wo Abies excelsa gewöhnlich die Baumgrenze bildet, die Kiefer an einigen Stellen, z.B. auf der Gemmi, nach Mohl, eben so hoch wie Tanne, bis 6400 Fuss, und zwar nicht im verkrüppelten Zustande, sondern als aufrechter Baum. Ja, auf den Üentralpyrenäen steigt die Kiefer sogar höher hinauf wie die Tanne und bildet dort die Baumgrenze, während sie dann wieder auf den nicht sehr entfernten Gebirgen der Auvergne, wo Abies cxcelsa Poir, ganz fehlt, selbst unter A. pectinata DC. zurück bleibt,“ Ueber die Ursache dieser Erscheinung sagt Klinggräff (8.74): „Wahrscheinlich bedingen Bodenverhältnisse diese verschiedene ver- ticale Anordnung der Kiefer und der Tanne, wobei dann freilich auf- fallend bleibt, dass Pinus silvestris von weiten Strecken des ebenen Mitteleuropas, wo doch hin und wieder ein ihr zusagender Boden vorhanden zu sein scheint, ganz ausgeschlossen ist. Es ist kein Grund ersichtlich, warum sie in den Ebenen Britanniens und Frankreichs so durchweg fehlt, warum sie in Dänemark fehlt, wo sie überdies in früherer Zeit vorhanden war, wie ihre in den dortigen Waldmooren lagernden Stämme beweisen“ etc. Wenn ich die für ähnliche Verbreitungserscheinungen von mir gegebene Erklärung hier anwende, so würde dieses eigenthümliche Auftreten von Kiefer, Fichte und Birke in verschiedenen Gegenden von verschiedenem Gleichgewichtsverhältniss zwischen Luft- und Boden- feuchtigkeit abhängen. Wenn man in einigen Gebieten, wo z. B. die Kiefer fehlt, allerdings einen „ihr zusagenden Boden“ findet, so hat man dennoch ein gutes Recht anzunehmen, dass die Beschaffenheit der Luft weniger zusagend ist. Da nun die Kiefer auf dem norwegischen Gebirge höher steigt als die Fichte, und umgekehrt auf den Alpen, da ferner die Birke hier selten ist, während sie in ersterer Gegend die Baumgrenze bildet, scheint dieses gut zu der von mir vorge- schlagenen Erklärung zu stimmen, denn die atmosphärische Feuchtig- keit muss wohl grösser (oder vielleicht besser gesagt die Evaporations- kraft kleiner) sein an der niedrigeren Grenze des Baumwuchses in Skandinavien als an der höher gelegenen der südeuropäischen Gebirge. Was die alpine Frage betrifft, verweise ich auf den im Folgenden enthaltenen Versuch einer Lösung derselben. Hier möchte ich indessen darauf aufmerksam machen, dass die oben vorgeschlagene Erklärung dem, was Klinggräff (a. a O. 8.77) nach Kerner anführt, ganz zu widersprechen scheint: „Denn wie Kerner (Das Pflanzenleben 200 der Donauländer 8. 247) mit Recht bemerkt, setzt in den Alpen- gegenden weniger die von der Höhe gegen die Ebene zunehmende Wärme, als die Abnahme der Feuchtigkeit den meisten Alpenpflanzen eine Grenze, über welche thalabwärts sie nicht mehr fortzukommen vermögen, und es erscheint darum auch in den Alpengegenden in niedrigeren Regionen eine alpine Vegetation, wenn ihre Feuchtigkeits- verhältnisse, durch örtliche Umstände bedingt, denen der alpinen Region ähnlich sind.“ — Man darf wohl annehmen, dass, wenn Klinggräff hier von „Feuchtigkeitsverhältnissen“ redet, er darunter die des Bodens versteht. Da es aber wenigstens für einige Pflanzen, die sowohl auf Alpen als im Tiefland auftreten, gerade charakteristisch ist, dass erstere an trockenen und letztere an feuchten Oertlichkeiten wachsen, so wird man, wenn man diesen Gedanken vor Augen hat, finden, dass dies mit meinen vorher und nachstehend ausgesprochenen Ansichten aufs Beste übereinstimmt, Kerner (a. a. O.) sagt dagegen über die Flora am Ufer des Achensees: „Als die wichtigste Ursache dieses tiefen Herabgehens der alpinen Vegetation ist unstreitig die Wassermasse des Sees an- zusehen, durch deren Einfluss die Uferflora fortwährend in einer feuchten Atmosphäre erhalten wird.“ Und ferner geht aus der Fort- setzung hervor, dass Kerner vorzugsweise (?) an die Feuchtigkeit der Luft gedacht hat. Vergleicht man aber die Localitäten, die Kerner besonders als durch grosse Luftfeuchtigkeit ausgezeichnete nennt, mit der darauffolgenden Darstellung, möchte man wirklich be- zweifeln, ob wirklich die Luft, die um „die Wände steil eingeschnittener Bergschluchten, welche bis tief in den Hochsommer hinein mit den Schneemassen der Lawinen angefüllt sind“, schwebt, so reich an Feuchtigkeit ist wie andere Stellen von derselben Höhe (siehe unten die Beobachtungen von Leist in der Nähe des Steinlimmi- Gletschers, die Untersuchungen von Dufour und Forel ete.). — Vergleiche ferner „die Ufergebiete tiefer Alpenseen* mit der von Schimper u. m. A. erwähnten Thatsache, dass mehrere Alpen- gewächse an der Meeresküste vorkommen, sowie seine Erklärung derselben. — Ferner: „Die kühlen schattigen Tobel, in welchen Bäche und Wasserfälle schäumend und brausend zwischen Felsblöcken sich durcharbeiten und die Umgebung weithin mit feinem Sprühregen befeuchten® ete. — Wegen derartiger Oertlichkeiten will ich nur auf die bekannte Thatsache aufmerksam machen, dass alpine Pflanzen leicht durch Giessbäche bis ins Tiefland hinabkommen und oft in deren unmittelbarer Nähe angetroffen werden, wo sie kürzere oder we _ 201 längere Zeit bestehen, um dann ebenso wie andere Pflanzen, die in ungewohnte Verhältnisse gerathen, früher oder später zu Grunde zu gehen oder von neuen Einwanderern ersetzt zu werden. Man hat bemerkt, dass alpine, im Tiefland gezogene Pflanzen eine reichliche Begiessung fordern, um nieht zu verdörren, und dies ist zum Beweis dafür angeführt worden, dass in alpinen Gegenden eine grosse Feuchtigkeit herrschen sollte. Man beachte aber folgende Aeusserung Christ’s!), aus der hervorgeht, dass der Grund hierfür wahrscheinlich anderswo zu suchen ist: „Darum vergeilen auch so leicht die polsterförmigen Hochalpenarten, wenn sie in die Tiefe ver- setzt werden; sie verfallen der Erschöpfung, die ihnen das plötzliche, gesteigerte Wachsthum während der warmen Nächte zuzieht: sie ver- längern anfangs alle ihre Theile in ungewöhnlicher, krankhafter Weise und welken hin.“ — An hochgelegenen Standorten dagegen dient ihnen die dortige niedrige Temperatur zum Schutz in dieser Beziehung, wie Christ meint. — Diese Erklärung dürfte auch für die arktischen Pflanzen zutreffen, und für diesen Fall möchte man vielleicht geneigt sein, in diesem Umstand die Erklärung für das locale Auftreten im Tiefland sowohl von alpinen als auch von arktischen Pflanzen zu suchen. Was nun die nach Klinggräff eitirten Abweichungen in der Verbreitung der Bäume in dem alpinen Gebiet betrifft, so könnte man, wenn man bedenkt, wie sehr die klimatischen Verhältnisse, be- sonders die Feuchtigkeit, sowohl auf verschiedenen Bergen als auch auf verschiedenen Seiten oder in verschiedenen Localitäten desselben Gebirges (s. folgenden Abschnitt) wechseln, Ursache haben zu ver- muthen, dass der Grund dieser eigenthümlichen Verbreitung gerade hierin liegen könnte. Daher müssen die Grimsel im Berner Ober- land, wo die Fichte vor der Birke zurücktreten mus», die Gemmi, wo Kiefer und Fichte gleich hoch gehen, die Uentralpyrenäen, wo die Kiefer höher steigt als die Fichte, und die Berge der Auvergne, wo die Fichte durchweg fehlt (nach Klinggräff), ein feuchteres (insuläreres) Klima besitzen als die übrigen Alpengegenden, und die dortigen Verhältnisse daher den norwegischen näher kommen. Alles natürlich unter der Voraussetzung, dass in den genannten Gebieten keine anderen Factoren eingewirkt haben (s. oben 8. 163). Nachdem Obiges geschrieben war, habe ich mir in dem Meteoro- logischen Central-Institut zu Stockholm nähere Aufschlüsse über die Niederschlagverhältnisse der genannten Gegenden zu verschaffen gesucht. 1) Pflanzenleben der Schweiz, 1379, 8. 260. 202 Aus den zuletzt erschienenen Annalen der schweizerischen Meteoro- logischen Central-Anstalt (1889) geht aus den Regenkarten hervor, dass die Gemmi und die Grimsel beide innerhalb oder auf der Grenze eines Gebietes liegen, das als „unsicher mangels an Beobach- tungen“ bezeichnet wird. Aber ungefähr über erstere ist die Linie gezogen, die einen Niederschlag von 1500 mm angibt, und in der Nähe der letzteren verläuft die Linie von 1750 mm. Es gibt jedoch in der Schweiz andere Punkte, die einen noch grösseren Niederschlag besitzen, ob aber die Fichte hier vorkommt, weiss ich nicht, obgleich cs sich ja denken lässt, dass die Verdunstung wegen einer höheren Lage oder anderer Umstände verhältnissmässig stärker sein und daher die Fichte hier gedeihen kann (P). Nach den Annules du Bureau Central Meteorologigue de France, publi6es de $. Mascart geht aus der Totalkarte über den Nieder- schlag von 1889 hervor, dass die Pyrenäen einen besonders grossen Niederschlag besitzen, anmı wenigsten in den östlichen, am meisten in den westlichen Theilen. Hier kommen zwei Niederschlagmaxima vor von grösserer Höhe als irgendwo anders in Frankreich, vielleicht mit Ausnahme einiger Punkte in den östlichen Gebirgen. Das Centralste dieser Maxima liegt etwas westlich von dem Mittelpunkt der Gebirgs- strecke zwischen beiden Meeren, Die Regenmenge ist hier i200 bis 1400 mm, während sie weiter nach Westen bis auf 1600 mm steigt. — In der Auvergne kommt auch ein Niederschlagmaximum vor, ob- gleich kleiner (800 mm), sowie ein in die centralsten Theile dieser Gebirge (ungefähr in der Mitte zwischen Clermont und Aurillac) hineinragendes grösseres Maximum (1000 mm). In anderen Jahren tritt das Auvergner Maximum stärker hervor, z. B. 1886 und besonders 1882 und 1885, wo sich dasselbe Maximum über die Mitte der Auvergne mit einer Regenmenge von mehr als 1600 mm erstreckte. Ist vielleicht in früheren Zeiten der Niederschlag hier noch grösser gewesen und hat derselbe die Fichte vollständig gehindert, hier festen Puss zu fassen? ') 1) Vgl. jedoch Kerner, A., Die Vegetationsrerhältnisse des mittleren und östlichen Ungerns und angrenzenden Siebenbürgens (Oesterr. botan. Zeitschrift 1879 S, 89): „Mit dem Tieferrücken der unteren Fichtengrenze auf der östlichen siebenbürgischen, vom Tieflande abgewendeten Flanke des Gebirges und mit dem zuletzt erwähnten vereinzelten Vorkommen der Fichte in tiefeingeschnittenen, schattigen, feuchten und kühlen Thalschluchten hängt auch die Erscheinung zu- sammen, dass sich im Bihariagebirge ganz ähnlich wie in den östlichen ober- ungarischen Karpathen im Beregher Comitate und in der Marmaros, noch mehr in den südöstlichen Ausläufern der Alpen im Küstenlande, am Krainer Schneeberg bei Fiume und überhaupt im Karstgebiete ausgedehntere Nadelholzwälder, nament- 203 Wenn man nun auch nicht in diesen oder damit in Beziehung stehenden Verhältnissen die Ursache der Verbreitung der Fichte schen will, so erscheint doch das Fehlen der Fichte und ein reichlicher Niederschlag als ein eigenthümliches Zusammentreffen. Willkomm') sagt von der Verbreitung der Fichte: „Nach Ueber- springen des Rhonethales folgt die Südgrenze dem Kamme der Cevennen und erreicht jenseits der Ebene von Roussillon die Ost- und Centralpyrenäen, wo die Fichte auf beiden Seiten nur spärlich vorkommt. Hier in den catalonischen und aragonesischen Pyrenäen erreicht dieser Baum im Walde von la Cinca südlich vom Maladetta- gebirge den südlichsten Punkt seiner Verbreitung (etwa 42° 30°). In den Centralpyrenäen kommt die Fichte westwärts bis etwa zum 17° O.L. (von Ferro) zerstreut vor, von wo aus die Westgrenze beginnt, welche gegen NO. durch Central-Frankreich hindurch nach den Vo- gesen hinzieht, deren Kamme sie folgt.“ 8.92 ff.: „Die Fiehte verlangt ferner zu ihrem Gedeihen eine feuchte Luft und einen gleichmässig durchfeuchteten Boden, welcher wegen ihrer flachen Bewurzelung vor dem Austrocknen geschützt sein muss. Daraus erklärt sich einestheils das reichliche Vorkommen und der schöne Wuchs (dieses Baumes in allen innerhalb seines Bezirks gelegenen durch häufige Thau- und Nebelbildung und durch reichliche atmosphärische Niederschläge ausgezeichneten Gebirgen, sowie in Ost- preussen und den baltischen Provinzen, anderntheils die aus den Tabellen II bis IV sich ergebende Thatsache, dass in den Alpen und mitteldeutschen Gebirgen die Fichte an den südwestlichen, südlichen, westlichen und südöstlichen Hängen weit höher emporsteigt als an dden nordöstlichen, nördlichen, östlichen und nordwestlichen Hängen. Denn an letzteren ist sie den austrocknenden Ostwinden resp. den durch die kalten Nordwinde und die geringe Dauer der Insolation bedingten niedrigsten Temperaturgraden ausgesetzt, während sie sich an ersteren im Vollgenuss der feuchten Westwinde und einer lang andauernden Insolation und darauf beruhender höchster Temperatur- grade befindet. In dem nordöstlichen Theile unseres Gebiets wächst die Fichte noch auf sehr nassem ja völligem Bruchboden vortrefflich, lich geschlossene Fichtenbestände vorzüglich in den feuchteren Thalkesseln finden, während die Höhen, welche die Schluchten und Thalgründe umranden, mit Laub- holz bewachsen sind. . . .. “ „Zum Theile hat diese Erscheinung allerdings auch ihren Grund in den eigenthünlichen geognostischen Verhältnissen des hier speciell behandelten Gebietes.“ l) Forstliche Flora von Deutschland und Oesterreich ete. Leipzig 1887, 8. 78, 204 z. B. in den baltischen Provinzen, wo diese Holzart fast ausschliess- lich in den sumpfigen Flussniederungen und Tiefebenen gefunden wird“ etc. Man ersieht hieraus, dass Willkomm, im Gegensatz zu meiner vorhergehenden Darstellung, das Gedeihen der Fichte vor allem einem hohen atmosphärischen Feuchtigkeitsgrade zuschreibt. Dagegen scheint jedoch u. a. der Umstand zu sprechen, dass die Fichte das mehr insuläre atlantische Klima scheut. Was wiederum die Thatsache be- trifft, dass die Fichte an niederschlagreicheren oder feuchteren Seiten der Gebirge höher aufsteigt, so kann man ja auch annehmen, dass gerade die mit der Höhe zunehmende Verdunstung (vgl. das Folgende) es der Fichte möglich macht, an solchen Bergen sder Bergseiten höher hinaufzusteigen, wo der Niederschlag reichlicher ist. Aber andererseits muss dann auch die untere Fichtengrenze an der feuchteren Seite höher hinauf liegen als an der trockenen. Es ist mir jedoch nicht gelungen, Angaben darüber zu finden, wie es sich hiermit verhält. Vielleicht bewirkt Verschiedenheit der Feuchtigkeit auf verschiedenen Niveaux der Gebirge, dass dies nicht ganz stimmt, wobei es noch allzu wahrscheinlich ist, dass eine Menge anderer Ver- hältnisse hier noch ihr Spiel treiben, wie z. B. Insolation, Temperatur und Bodenbeschaffenheit, was alles macht, dass ein auf eine einzige Thatsache gestütztes Gesetz nicht immer zuverlässig ist (vgl. das 8.202 Note nach Kerner eitirte Verhältniss in den Bihariagebirgen). Das alpine Gebiet. Ueber das alpine Klima und dessen Einfluss auf die Vegetation findet man die widerstreitendsten Angaben. The ich mich jedoch auf einen Theil der einschlägigen neueren Litteratur näher einlasse, möchte ich zuerst Einiges über das alpine Klima im Allgemeinen sagen. Es könnte allerdings hinreichen, wenn ich nur auf Hann’s Klimatologie verweise, da das Folgende hauptsächlich seiner um- fassenden Schilderung des Höhenklimas entnommen ist; da man aber dieses Buch als Quelle einer Auffassung angeführt hat, welche der- jenigen ganz entgegengesetzt ist, die ich daraus habe folgern können, gebe ich der Sicherheit halber Hann’s eigene Worte wider.') 1) Im Allgemeinen habe ich es vorgezogen, den Wortlaut der Verfasser selbst anzuführen, wenn auch dadurch mehr Raum beansprucht worden ist, um mit desto grösserer Deutlichkeit und Bestimmtheit gerade das sagen zu können, was jeder von ihnen selbst gesagt haben will und hierdurch zu vermeiden, dass auch durch scheinbar unbedeutende Wortveränderungen der Sinn anders werden 205 In alpinen wie in arktischen Regionen ist es hauptsächlich die Frage von der Luftfeuchtigkeit, der der Streit gilt. Und während man auf beiden Gebieten die verhältnissmässig geringe absolute Feuchtigkeit zugibt, sind es nur der relative Sättigungsgrad und besonders die Verdunstung, die umstritten sind. Hann sagt (a.a. 0. S. 176): „Die relative Feuchtigkeit, der Grad der Sättigung der Luft mit Wasserdampf, zeigt keinerlei gesetzmässige Aenderung mit der Höhe, sie ändert sich im Allgemeinen überhaupt wenig!) mit der Höhe, In tropischen regnerischen') Gebirgen gibt es allerdings eine bestimmte Seehöhe, wo die Luft während der Regen- zeit, welche örtlich den grösseren Theil des Jahres umfasst, fast con- stant mit Wasserdampf gesättigt bleibt, einen nahezu permanenten Wolkengürtel, der meist zwischen 1300-1600 m Höhe liegt.“ — 5. 177: „Das Charakteristische der Feuchtigkeitsver- hältnisse grösserer Gebirgshöhe ist der rasehere Wechsel und die grösseren Extreme derselben. Volle Sättigung der Luft mit Wasserdampf, auf dem Boden aufliegende Wolken, wechseln häufig mit grosser Trockenheit.!) — 8. 178: Neben den Verhältnissen der absoluten und relativen Feuchtigkeit im Gebirgsklima ist auch noch die Grösse der Verdunstung sehr zu beachten. Bei derselben relativen Feuchtigkeit, Temperatur und Windstärke istaufden Höhen der Gebirge die Verdunstung viel stärker als in der Niederung infolge des verminderten Luftdruckes. Es trocknet alles viel rascher in grossen llöhen, getödtete oder ge- fallene Thiere numifieiren, ohne zu faulen (schon im unteren Engadin ist luftgetrocknetes Fleisch landesübliche Speise), der Schweiss ver- dunstet rasch, die Haut ist troeken und spröde, das Durstgefühl wird gesteigert. Die „Evaporationskraft* des Hochgebirgs- klimasdarfdesshalb nicht nach derrelativen Feuchtig- keit allein beurtheilt werden, der verminderte Luft- druck ermöglicht eine vielraschere Verbreitung der gebildeten Wasserdämpfe, also eine Beschleunigung der Verdunstung Dazu kommt dann auch noch die zeitweilig während schöner Witterung herrschende grosse Lufttrockenheit.*') könnte, als er ursprünglich war, was hier nm so nuthwendiger yewesen ist, da dieser Aufsatz zuerst in einer anderen Sprache verfasst worden ist und somit eine doppelte Uebersetzung vonnöthen gewesen wäre. 1) Die Sperrung rührt von mir her. — Mangels direeter und zuverlässiger Angaben über die Verdunstung pflegt man, wie bekannt, die Feuchtigkeitsver- 206 Ohne Zweifel können sich indessen die Verhältnisse sehr ver- schieden gestalten, theils in verschiedenen Gebirgen wegen verschie- dener Umgebung oder anderen Ursachen, theils auf verschiedenen Höhen, Seiten oder Gebieten desselben Gebirges. So erwähnt Schimper, dass die Vegetation der javanesischen Gebirge in der Wolkenregion hygrophil, darüber aber xerophil gewesen sei. Einige mehr oder weniger zufällige Umstände, wie Föhnwinde, Conden- sirung oder Ausdehnung der Luft und des Wasserdampfes mit daraus folgenden Temperaturänderungen u, s. w. können wenigstens zeitweilig einen grossen Einfluss auf die Feuchtigkeit und die Ver- dunstung üben (vgl. Hann, Nordenskiöld’) u.a). Dass nun unter solehen Umständen die Ansichten über das alpine Klima im Allgemeinen und besonders über dessen Einfluss auf die Entwickelung der Pflanzen weit auseinandergehen, ist nicht zu verwundern. Trotz hältnisse nach dem Niederschlag, der Menge der Wolkentage ete. zu schätzen. Hierdurch erhält man allerdings recht gute Vergleiche, sobald es sich um in übrigen Beziehungen gleichartige Gegenden handelt, wie wenn man ein Tiefland mit dem anderen (das von denselben äusseren Umständen beeinflusst wird), ein alpines Gebiet mit dem andern von derselben Höhe ete. vergleicht, na- türlich alles unter der Bedingung, dass die Voraussetzungen der Verdunstung auch in übrigen Beziehungen gleich sind. — Wollte man aber aus dem verhält- nissmässig starken Niederschlage der Alpengegenden folgern, dass das Klima der- selben feuchter wäre als das der Ebene, so kann das ganz und gar verfehlt sein. Man vergleiche ferner Hann, 2. B, 8. 402 Note: „Es ist nicht überall die Regen- zeit die Zeit grösster Trübung, die äquatoriale Westküste Afrikas z. B. macht eine Ausnahme.“ So heisst es von Gabun (8. 256): Bemerkenswerth ist die fast beständige Bedeckung des Himmels während der trockenen Zeit, die Regenzeit hat im Gegensatz hierzu mehr sonniges Wetter.“ — Und ferner (8. 405): „Man sieht daraus, dass grosse Lufttrockenheit wohl verträglich ist mit grossen Regen- mengen, denn Genua wie Fiume zeichnen sich dadurch besonders aus.* — 8. 513 wird erwähnt, dass trotz der äusserst troekenen Luft in Central-Sibirien (im Winter) dennoch hier ein Frostnebel auftritt, „durch welchen die Sonne selbst kaum durch- zublicken vermag.“ — Im Anschlusse hieran und 'um einen direet aus Experi- menten geholten Vergleich zwischen örtlichen Verschiedenheiten der Luft und der Bodenfeuchtigkeit zu geben, sei erwähnt, dass Wollny (Der Einfluss der Pflanzen- decke und Beschattung auf die physikalischen Eigenschaften und die Fruchtbarkeit tes Bodens, Berlin 1877, S. 130) beobachtet, dass unbewachsener Boden, z.B. Brachland, wasserreicher ist als bewachsener, dagegen ist die Luft über dem Boden im ersteren Falle trockener als im letzteren. I) Hann (a. a. O.): „Der Gegensatz der Witterung auf beiden Seiten les Aldangebirges im Sommer soll ein höchst auffallender sein (Erman, Middendorff). Auf der einen Seite kalte Nebel, die fast nie die Sonne durch- blicken lassen, auf der anderen Seite ein heiteres, heisses Sommerwetter“. Nordenskiöld, a. a. O. 207 alledem scheint es doch, als ob Hann’s oben angeführte Worte in der Regel wenigstens in unseren gemässigten Klimaten gelten sollten; und dass sich dies auch in dem anatomischen Bau des Blattes kund gibt, werde ich gleich zu zeigen versuchen. Weniger zu verwundern ist dagegen, dass die Vegetation in einem derartigen constanten Nebelgürtel, wie ihn Sehimper auf Java beobachtet!), ein stark hygrophiles Gepräge erhält. Da es für die Beurtheilung der im Vorhergehenden behandelten Fragen vom grössten Interesse ist, die alpinen Verhältnisse näher ins Auge zu fassen, muss ich mich jetzt mit einigen Verfassern beschäf- tigen, die den Einfluss des alpinen Klimas auf die Vegetation studirt haben. Leist?) gelangt zu dem Resultat, „dass die in den Alpen an freien, sonnigen Standorten gewachsenen Blätter in Bezug auf ihre Form und Struktur des Mesophylis mit den Schattenblättern der Ebene übereinstimmen, indem sie die für die Schattenformen eharak- teristischen Veränderungen erleiden“. — Eine auffallende Ausnahme von dieser Regel macht jedoch das epidermale Gewebe, das, dem gewöhnlichen Verhalten der Sehattenblätter entgegen, stärker aus- gebildet wird (die Aussenwand wird verdickt ete.). Dieser Bau der Alpenblätter ist nach Leist bedingt durch herab- gesetzte Transspiration und grössere Bodenfeuchtigkeit; um dieses zu beweisen, lässt er sich zuerst auf die Frage ein: wodurch wird das Schattenblatt verursacht? und untersucht dann, ob die Bedingungen der Entwickelung von Schattenblättern thatsächlich in alpinen Gegen- den vorhanden sind. Indem sich nun Leist auf Vesque, Eberdt und auch auf eigene Experimente beruft, schliesst er zuerst, dass „die Verlängerung der Palissadenzellen und die Vermehrung ihrer Lagen durch starke Transspiration herbeigeführt wird. Umgekehrt werden bei vermin- derter Transspiration die Palissadenzellen kürzer und weiter und die Zahl der Palissadenschichten eine geringere“. Il) Ueber den Niederschlag sagt Sehimper a. a. O. $. 1055: „Genaueres über die Niederschläge auf den alpinen Höhen Javas ist nicht bekannt. Jung- huhn spricht von heiterem Wetter als Regel, ich habe hingegen sowohl auf Java, wie bei zweimaliger Besteigung des Pidurutallagalla, stetigen Regen gehabt, der nur auf dem Pangerango durch heitere, brennend heisse Pausen unterbrochen wurde, während welcher das feuchte Gras auffallend schnell wieder trocken wurde,“ 2) Leist, K., Ueber den Einfluss des alpinen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter, Mittheilungen der naturforscheuden Gesellschaft in Bern 1889. 208 Nach Durchlesung der Abhandlungen von Vesque und Eberdt, auf die Leist seine eben angeführte Ansicht stützt, kann ich nicht sehen, dass hinreichende Gründe für die Behauptung vorgebracht sind, dass der Factor, der die Palissadenbildung veranlasst, die Transspira- tion sein sollte. Vesque!) sagt zwar: „les cellules en palissades se developpent sous l’influence de la transpiration“, aber worauf stützt er diese Meinung? In der von Leist eitirten Arbeit oder vielmehr in dem Original- bericht in den Annales Agronomiques p. 9 habe ich vergebens nach Beweisen hierfür gesucht. Auf p. 489 sagt V. hier: „j’ai fait, soit seul, soit avec la collaboration de M. Viet, un tr&es grand nombre de eultures qui ont toutes fourni ce r&sultat unique, que la formation des cellules palissadiques peut toujours 6tre ramenee ü l’action de la transpiration. Je rendrai compte un peu plus tard de toutes ces exp£eriences que jaurai alors & diseuter en detail.“ — Ich bin nicht sicher, ob man mit „un peu plus tard* tiefer unten in derselben Schrift zu verstehen hat, oder ob hiermit eine folgende Abhandlung gemeint sei. Doch halte ich das Erstere für das Wahrscheinlichste wegen einiger anderer Aeusserungen. So sagt V. in der Fortsetzung {p- 489): „Les 'palissades se forment dans l’air see et a l’obseurite; ce n’est done pas la lumiere en tant que lumiere qui en provoque le developpement. Ce ne peut ötre que la transpiration“, und auf p. 498 ff. findet man einige Experimente angeführt, die gerade zu dieser Aeusse- rung stimmen. Aber unter allen übrigen Maassen, die hier angeführt sind, sucht man vergebens nach irgend welehen Angaben über die Entwickelung des Palissadenparenchyms in den verschiedenen Fällen. Man erfährt nicht einmal, ob Palissaden überhaupt in beiden Fällen zur Entwiekelung gelangt sind (im Dunkeln und keine oder geringe Transspiration, sowie im Dunkeln mit gleichzeitiger Transspiration) oder nur in dem einen! Eberdt?) sucht zu zeigen, dass sich Stahl’s Satz: „Die Palissaden- zellen sind die für starke Lichtintensitäten angemessene Zellenform* nicht bestätigt. Dabei scheint E. hauptsächlich die Anzahl der Zelllagen zu berücksichtigen ; seine Beweisführung ist durchaus nicht überzeugend und kann wohl kaum die von Stahl und vielen Anderen vielfach gemachte Beobachtung umstossen, dass Schattengewächse 1) Vesque, G., Annules Agronimiques T. 9, Paris 1383, S, 481 f. (Bot. Centralbl. B. 18 5. 259.) 2) Eberdt, O., Ueber das Pulissadenpurenchym, Ber. d. deutschen bot. Gesellsch. Ba. VI, Berlin 1888, S. 363 f. 209 (in der Regel!) ein auf irgend eine Weise schwächeres Palissaden- parenchym besitzen als Sonnengewächse. Eberdt’s Beweise für seine Ansicht, dass die Palissadenbildung durch die Transspiration verursacht wird, geben zu berechtigten Anmerkungen Anlass. So hat er Ver- suche mit Tropaeolum majus angestellt, aus welchen hervorgeht, dass sich diese Pflanze einen Transspirationsschutz verschafft durch Ver- diekung der Aussenwand ete., wenn sie auf trockenem Boden und in trockener Luft gezogen wird, dagegen auf feuchtem Boden und in trockener Luft, und in noch höherem Maasse auf feuchtem Boden und in feuchter Luft, ausser geringerem epidermalen Transspirationsschutz auch einen lockeren inneren Bau (grössere Intercellularräume etc.) zeigt. Das ist nun alles sehr schön, dagegen erfährt man nichts darüber, wie sich die Palissaden bei den verschiedenen Versuchen in Bezug auf ihre Längenentwickelung verhalten. In einem anderen Falle, als E. nämlich Hydrolea spinosa unter- suchte, die das eine Mal in der sehr feuchten Luft eines Aquariums wuchs, das zweite Mal aber, als er „dasselbe Hydrolea-Exemplar in troekene Atmosphäre brachte, wo die Transspirationsbedingungen günstiger waren“, zeigten sich beim letzten Male die Palissaden länger als beim ersten. Ob man nun dieses wirklich der Transspiration zu- zuschreiben hat, dürfte wohl viel zu ungewiss sein. Jedenfalls erfährt man nichts darüber, ob nicht in dem letzteren Falle die Lichtverhält- nisse anders als im ersteren (im Aquarium) waren, wesshalb man be- rechtigt ist, dies wenigstens zu vermuthen.!) Dass die epidermalen Schutzvorrichtungen gegen zu starke Transspiration in diesen Fällen der allgemeinen Regel gefolgt sind, gehört dagegen nicht hierher und 1) Es ist einleuchtend, dass das Licht nicht in beiden Fällen den nämlichen Einfluss besitzt, denn bei dem einen Versuch müssen die Lichtstrahlen durch einen mit Wasser reichlicher gesättigten Raum gehen als bei den anderen, und der Wasserdampf hat, wie bekannt, eine ganz besondere Fähigkeit, Lichtstrahlen zu absorbiren. Dasselbe kann man an Leist’s Versuchen mit Saxifraga cuneifolia aussetzen (a. 2.0. 8. 188): „Zur Untersuchung der Frage, was für einen Einfluss grössere oder geringere Iransspiration auf die Gestaltung gewisser Gewebepartien habe, werden Exemplare von Sarifraga euneifolia in freier Luft gezogen an einer Stelle, wo sie nur Vormittags eine Zeit lang direetes Sonnenlicht erhielten und neben ihnen andere ganz unter den nämlichen Beleuchtungsverhältnissen, aber unter einer Glasglocke, in feuchter Kammer, in feuchter Atmosphäre und ganz feuchtem Boden.“ Da Leist nur die von ihm hierbei beobachteten Veränderungen der Transspiration zuschreibt, so darf man wohl zweifeln, ob man wirklich be- rechtigt ist, die Beleuchtungsverhältnisse in beiden Fällen gleichzustellen. Im letzteren Falle müssen je die Lichtstrahlen theils durch das Glas hindurchehen, theils auch durch eine, wenn auch dünne Schicht sehr feuchter Luft. Flora 1895, 14 210 darf nicht mit der Entwickelung des Assimilationssystems verwechselt werden. In der Zusammenfassung (S. 374) sagt E. ferner: „Die Ver- längerung der Palissadenzellen, die Vermehrung ihrer Lagen wird herbeigeführt durch das Zusammenwirken der Assimilation und Trans- spiration und zwar so, dass, je inniger die beiden Faetoren zusammen- wirken, die Zellen um so länger, der Lagen um so mehr werden.“ — Nun kann aber die Assimilation ja nur im Lichte stattfinden, wenn zugleich Wasser mit darin gelösten Stoffen zugeführt wird, was durch den Transspirationsprocess bewirkt wird. Man hat allerdings bewiesen, dass sowohl die gewöhnlichen Pflanzen im Dunkeln als auch die nichtassimi- lirenden (schmarotzenden) dennoch einigermaassen transspiriren, gleich- wohl wird aber die Tfinsspirationsströmung niemals so lebhaft wie im Sonnenlicht und während einer wahrscheinlich gleichzeitigen starken Assimilation. Kann man daher wenigstens mit einigem Rechte sagen, dass die Assimilation die Transspiration bewirkt, so kann man dagegen schwerlich das Verhältniss umkehren und sagen, dass diese jene zur Folge hat. Könnte man durch experimentelle Methoden dahin gelangen. Assimilation ohne Transspiration hervorzurufen, oder umgekehrt, oder wenigstens eine eonstante Abnahme der einen oder der anderen sicher zu. berechnen, und zwar alles bei ganz derselben Beleuchtung, dann könnte man sich vielleicht darüber äussern, ob es die Trans- spiration ist oder nicht, die die Bildung von Palissaden verursacht.') I) Vgl. oben 8, 184, wo ich, wie auch sonst in der ganzen vorher- gehenden Abtheilung, die Assimilation gar nicht berücksichtigt habe, was mir auch überflüssig zu sein schien, da es nur die erforderliche Auseinandersetzung noch mehr verwickelt hätte. Man kann sagen, dass sich die stärkere oder schwächere Transspiration der Pflanzen ganz nach dem grösseren oder kleineren Einfluss des Lichtes richtet, dem sie ausgesetzt sind. Wenn daher eine continen- tale (Solar-)Pflanze, die an starke Beleuchtung uni starke Transspiration gewöhnt ist und einen gut ausgebildeten Transspirationsschutz besitzt, der auch wahr- scheinlich mehr minder als Lichtschutz dient, in ein insuläres Klima mit dessen schwacher Beleuchtung und Transspiration versetzt wird und die Pflanze hier nicht den genannten Schutz abzulegen vermag, so muss sie den kürzeren ziehen, sei es wegen der durch den Schutz noch mehr verminderten insulären Lichtinten- sität, oder wegen der Transspiration, oder endlich aus beiden Gründen zusammen. — In der trockenen Luft der Wohnzimmer sind Topfpflanzen gerade bei reichliecher Begiessung einer starken Transspiration ausgesetzt, während die Beleuchtungsver- hältnisse, besonders wenn das Zimmer Doppelfenster hat, gleichseitig keine damit vergleichbare Assimilation zulassen. Wie gross jedoch der Einfluss dieses Um- standes auf das Gedeihen der Pflanzen sein mag, ist schwer zu entscheiden und dürfte auch für unseren Zweck weniger von Bedeutung sein, wesshalb die Erklärung von Sachs (siehe 9. 184) gelten mag, entweder als hauptsäch- 211 Haberlandt sucht, wie bekannt, die Ursache der Palissaden- bildung in der Ableitung der Assimilationsprodukte auf möglichst kurzem Wege, und er hat hierfür eine gute Stütze in der Erschei- nung, dass, so viel man sehen kann, die Palissaden keine bestimmte Richtung zu den Lichtstrahlen haben, sondern anderen Gesetzen folgen. Er sagt allerdings’): „Das Constante in der Stellung der Palissadenzellen besteht in ihrer Rechtwinkeligkeit zur Oberfläche des Organs. Auf diese Rechtwinkeligkeit ist unser Augenmerk zu richten, wenn wir die in Rede stehenden Beziehungen ausfindig machen wollen. — Da für die Pflanze weniger das direete Sonnen- licht in Betracht kommt, als das vom gesammten Himmelsgewölbe refleetirte und überhaupt das diffuse Licht, so kann von einer be- stimmten Richtung des auf die Assimilationsorgane einfallenden Lichtes nicht die Rede sein. Wenn also das Licht unter allen möglichen Winkeln auf die Oberfläche des Organs auffällt, so werden offenbar die darauf senkrecht geriehteten Lichtstrahlen am tiefsten in das Organ eindringen. Für die Durchleuchtung desselben werden die senkrecht auffallenden Lichtstrahlen die maassgebendsten und wichtig- sten sein. Indem nun die Palissadenzellen rechtwinkelig zur Ober- fläche des Organs gestellt sind, beeinträchtigen sie auf diese Weise am allerwenigsten die für die Assimilation so nothwendige Durehleuchtung des Gewebes“. — Haber- landt meint indessen, dass dies nicht die Form und Lagerung der Palissadenzellen erklärt, sondern nur erklärt, „warum gerade die zur Oberfläche des Organs senkreehte Orientirung der gestreckten Assimilationszellen die häufigste ist“. Wenn ich Haberlandt recht verstanden habe, fasst er also die Wirkung des Sonnenlichtes auf die Bildung des Assimilations- parenchyms als eine Causa finalis auf, und er sagt ausdrücklich, dass das Licht nicht die erste Ursache ist. Wenn ich nun versuchen wollte, dem Sonnenlichte auch diese Wirkung zu vindieiren, so thue ich es bei dem Gedanken an die verschiedenartige Bildung, die das Assimilationsparenchym bei Schatten- und Sonnenblättern erhält und die nur sonst unerklärlich vorkommt, oder wenigstens nicht hinrei- ehend erklärlich erscheint durch Haberlandt’s zweites Bauprineip licher und direeter Grund oder als indirecte Ursache, nachdem die Pfianze zuerst durch Hemmung ihrer Lebensverrichtungen geschwächt worden ist und dadurch leichter Krankheiten u. s. w. unterliegt. 1) Haberlandt, G., Vergleichende Anutomie des ussimilatorischen Gewebe- systems der Pflanzen. Prinysh. Jahrb. 13, 1832, S. 151. 14% 212 (Ableitung auf möglichst kurzem Wege). Was dagegen die Art und Weise betrifft, auf die das Licht in diesem Falle wirkt, so wissen wir allerdings darüber nichts, sondern müssen uns wohl mit Ver- muthungen begnügen. Zu einer solchen verhilft uns Haberlandt’s oben angeführte Aeusserung. Bei dem Schattenblatt, das vielleicht niemals von einem directen Lichtstrahl getroffen wird und bei dem nur diffuse Strahlen von allen denkbaren Einfallswinkeln die Assimi- lation vermitteln, erhält keine bestimmte Lichtrichtung das Ueber- gewicht. Die verschiedenen Strahlen haben ungefähr dieselbe Stärke, und wenn man sich dieselben als Kräfte denken darf, die auf die verschiedenen Wände der Zellen wirken, so spannen oder dehnen sie so zu sagen die Zellen gleich stark nach allen Richtungen aus, und so entsteht eine mehr oder weniger isodiametrische Zellenform. In den Sonnenblättern dagegen walten die direet einfallenden Lichtstrahlen und unter diesen diejenigen, die am senkrechtesten auf die Blatt- oberfläche einfallen und am weitesten eindringen, und diese sind es, die die gestreckte und zur Oberfläche rechtwinkelige Form bewirken. Es liesse sich auch denken, dass das Material, das zu dieser Streekung in Anspruch genommen wird, zum Theil der seitwärts wirkenden Kräfte (Lichtstrahlen) beraubt wird, wodurch die Zeilen gehindert werden, an Breite zuzunehmen und die Zellenform daher um so lang- gestreckter und schmäler wird, je intensiver die Sonne wirkt. Aber gleichwie alle äusseren Einflüsse eine gewisse Anlage oder so zu sagen Mitwirkung der beeinflussten Pflanze voraussetzen, so kann auch das Lieht keine Palissaden dort hervorbringen, wo eine solche ererbte Disposition fehlt. Denn hier, wie überall, wenn man die Reaction der Pflanzen gegen äussere Einflüsse in Betracht zieht, findet man natürlich Ausnahmen, die von mehr oder weniger fixirten Eigen- schaften, von besonderen Constructionsvorrichtungen, von protoplas- matischen Eigenschaften u. s. w. abhängen können, was aber die Regel nicht umstösst. Uebrigens lässt sich denken, dass auch eine solche Anlage entstehen kann, und dass also ein Schattengewächs ohne die geringste Spur von Palissaden, das nach seiner Versetzung ins Sonnenlicht noch immer keine Andeutung von dergleichen zeigt, dennoch für den Fall, dass es die veränderte ‚Beleuchtung während einer längeren Zeit (durch viele Generationen hindurch) ertragen könnte, sich eine solche Disposition zu erwerben vermöchte, Es ist jedoch wahrscheinlich, dass auch noch andere Ursachen zur Bildung von Palissadenparenchym beitragen. Wenn also die langgestreckte und zur Oberfläche rechtwinkelige Zellenform die für m mw 213 ein zweckmässiges Ausbeuten der Lichtstrahlen angemessenste ist, so kann sie auch die für die Stoffleitung passendste sein, und der Ein- fluss, den das Licht einerseits sowie die Bedingungen der Stoffleitung andererseits auf das Gewebe ausüben, können einander vorarbeiten und dadurch die Palissadenbildung beschleunigen und verstärken; dieselben können aber auch in Bezug auf ihre Wirkung mehr oder weniger differiren, woraus ein Ausgleich entsteht, der sich z. B. in solchen Palissaden kundgibt, die sich von der gewöhnlichen recht- winkeligen Richtung entfernen und gegen die „Aufsammlungszellen“ u. dgl. abbiegen.) Auch andere auf die Entwickelung des Assimi- lationssystems wirkende Einflüsse lassen sich natürlich denken, und es ist ja möglich, dass bei einigen Pflanzen der Einfluss des Lichtes mehr oder weniger durch andere Umstände überflügelt wird, wodurch das Gewebe eine Gestaltung erhält, die den Einfluss des Lichtes mehr oder weniger verbirgt und demselben zu widersprechen scheint. Wenn man indess die Haupterklärung der Bildung des Assimilationsparen- chyms in anderen Erscheinungen als im Lichte gesucht hat, scheint es mir, als hätte man sich dabei verleiten lassen, relativen Neben- sachen ein allzu grosses Gewicht beizulegen, und dass man (in einigen Fällen allerdings mit scheinbar guten Gründen) die Bedeutung der Hauptursache selbst übersehen hätte. Denn gerade so wie die ver- schiedenen Gewebe einer Pflanze ausser ihrer Hauptfunetion auch noch mehrere Nebenfunctionen haben, ebenso kann man sich eine Ursache für die Entwickelung eines Gewebes als die Hauptursache denken, wobei andere Ursachen von grösserem oder kleinerem Ein- tluss sein können. Und da scheint es mir, als könnte man das Licht schwerlich für etwas anderes als für die Hauptursache der Bil- dung des assimilatorischen Gewebes ansehen, und zwar nicht nur wegen der Thatsachen, die aus den gewöhnlichen Verhältnissen her- vorgehen, sondern auch aus so zu sagen speculativen Gründen, die kurz so ausgedrückt werden können: das Assimilationsparen- chym ist in erster Reihe die Werkstätte der Lichtstrahlen, aber kein Leitungs- oder Transspirationsgewebe. — In dem Folgenden werde ich bei einem Vergleiche zwischen den Resul- taten, die verschiedene Bearbeiter der Blattanatomie der Alpen- gewächse erhalten haben, Beweise für diese Ansicht vorzulegen suchen. 1) Besonders sieht es so aus, als ob die parietale Vertheilung der Chloro- phylikörner zu der Stoffleitung in Beziehung stände, wie Haberlandt (Ueber dus Assimilationssystem. Ber. d. deutsch-bot. Ges., Bd. IV, Berlin 1886) gezeigt hat. 214 Vergleicht man eine Sonnen- und eine Schattenpflanze, die unter gewöhnlichen Umständen leben, so ist es wahrscheinlich, dass es be- sonders zwei äussere Factoren sind, die auf die verschiedenartige Entwickelung dieser beiden Pflanzenarten von Finfluss gewesen sind. Der eine Factor ist das Licht, der zweite sind die Feuchtigkeitsver- hältnisse. Diese beiden Agentien können nun entweder in gleichem Grade auf die verschiedenen Gewebe des Blattes wirken, der eine negativ, der andere positiv, wenn ich so sagen darf, d. h. die be- schattete Pflanze z. B. erhält ihre Ausbildung theils durch Abhaltung der directen Sonnenstrahlen und den davon abhängigen Assimilations- bedingungen, theils wegen der vermehrten Feuchtigkeit mit den daraus folgenden Transspirationsverhältnissen, oder auch verhält sich die Sache so, und dies ist das Wahrscheinlichste, dass die verschiedenen Gewebe durch diese Faetoren verschieden beeinflusst werden, Man darf daher annehmen, dass die Lichtstrahlen vor allem dasjenige Gewebe beeinflussen werden, das ihre wahre Werkstätte ist, nämlich das Assimilationsparenchym, sowie dass die Feuchtigkeit be- sonders auf das Gewebe einwirken wird, dem die Wasserversorgung und die Regelung des Wasserverbrauchs speciell zugetheilt sind, näm- lich das Hautgewebe. Im Allgemeinen wirken die genannten Factoren gleichzeitig und desshalb entgeht der Einfluss eines jeden von ihnen unserer Auf- merksamkeit. Wenn aber die Verhältnisse derartig wären, dass z. B. eine Pflanze irgendwie der direeten Wirkung der Sonnenstrahlen ent- zogen würde (folglich sich im Schatten befände), aber dennoch eine starke Transspiration erlitte, so würde man sie gewissermassen ge- trennt sehen. Leider weiss ich nicht, ob man für die Lösung dieser Frage experimentelle Untersuchungen unternommen hat, und selbst bin ich auch nicht in der Lage gewesen, es zu thun. Jedoch scheint es, als ob solche Verhältnisse in einigen Alpengegenden vorkämen, z. B. da, wo Leist seine Untersuchungen anstellte, und dass hier auch die besondere Wirkung der einzelnen äusseren Einflüsse auf je ihre besonderen Gewebe sehr auffallend wird, geht aus dem Folgen- den hervor. Die Alpenpflanzen, die Leist untersuchte, wuchsen nach seiner Angabe an offenen Standorten. Dass sie sich trotzdem im Schatten befanden, erhellt aus den Tabellen, die Leist mitgegeben, um die bedeutend grössere Anzahl von Woilkentagen während der Vege- tationsperiode in Alpengegenden als im Tieflande zu zeigen. Unter solchen Umständen vegetiren die Pflanzen natürlich eher im Schatten m 215 als in der Sonne, und dass das intensive Sonnenlicht der Alpengegenden (nämlich von einer gewissen Höhe an) während heiterer Tage nicht hinreicht, um die Wirkung der zahlreicheren Schattentage aufzuheben, das hat Leist selbst durch Experimente zu zeigen versucht, von denen er sagt: „Es geht daraus deutlich hervor, dass, wenn es zur Bildung von Palissaden kommen soll, auch eine bestimmte Insolations- dauer nothwendig ist, die nicht durch sehr grosse Intensität der Insolation ersetzt werden kann.“ — Da nun die Leist’schen Alpen- gewächse einerseits ein schwächer entwickeltes Palissadenparenchym zeigen und andererseits, wie bereits oben gesagt, eine stärker ent- wickelte Epidermis!), so scheint mir der erste Umstand leicht aus der grossen Anzahl Wolkentage erklärt werden zu können, letzterer hin- gegen aus einem grösseren Bedürfniss nach Transspirationsschutz, sei es nun, dass sich dieses Bedürfniss allgemein äussert oder, was das Wahrscheinlichste ist, nur während der Augenblicke, wo die Sonne direct wirkt. Haben wir nicht hier gerade ein Beispiel von Pflanzen, die in solche Verhältnisse versetzt sind, wie die oben angedeuteten und von denen man also sagen kann, dass sie zu gleicher Zeit Schatten- und Sonnenpflanzen sind! Leider hat uns Leist nicht mitgetheilt, wie sich die Epidermis bei seinen Versuchen verhielt. Da er nun aber die Unveränderlichkeit der Palissaden besonders her- vorgehoben hat, kann man vermuthen, dass sich die Epidermis anders verhalten haben muss. Dies dürfte auch das Wahrscheinlichste sein — natürlich nur unter der Voraussetzung, dass man es mit plastischen Pflanzen zu thun hat —, denn man kann sich leicht den verhängniss- vollen Einfluss vorstellen, den die starke Insolation einiger heiterer Tage auf Pflanzen ohne Transspirationsschutz ausüben müssen, wenn man z. B. eine gewöhnliche Schattenpflanze mitten in das Sonnenlicht stellt. Die Transspiration hat ohne Zweifel einen unmittelbareren Einfluss j 1) Eigenthümlicherweise glaubt Leist, dass die schwächere Palissadenaus- bildung eine herabgesetzte Transspiration andeutet, obgleich er selbst, auf seine Experimente gestützt, sagt, dass für die Bildung der Palissaden eine bestimmte Insolationsdauer nothwendig ist. Ueber die nach Leist’s Erklärung schwer zu deutende starke Epidermisausbildung der Alpenpflanzen sagt Leist 8. 198 f.: „Zu einer gewissen Zeit ist vielleicht die meist stark entwickelte Cutieula nicht ohne Einfluss auf die Herabsetzung der Transspiration.“ ... „Dass die alpinen Blätter eine wohl entwickelte Cuticula besitzen, scheint auf den ersten Blick nicht recht vereinbar mit der angenommenen Luftfeuchtigkeit.* ... „Das Ver- halten der Cutieula bedarf allerdings noch näherer Untersuchung; da sich in vielen Fällen die Cuticula erst ausbildet, wenn das Blatt im Uebrigen seine definitive Ausbildung erlangt hat, so glaube ich, dass das Verhalten der Cuticula eher auf Assimilationsverhältnisse zurückzuführen sei.“ 216 auf den Lebensprocess, und desshalb muss sie auch schneller geregelt werden können. Die Assimilation dagegen fordert durchgreifendere Veränderungen, und Störungen in derselben ziehen ausserdem nicht dieselben drohenden Gefahren nach sich. Besonders erwähnt wird „das regelwidrige Verhalten der Pflanzen auf der Moräne des Stein- und Steinlimmigletschers am Susten“ (Leist, 8. 182 ff.), welche (z. B. Saxifraga aizoides) „weniger und kleinere Intercellularräume aufweisen, als das Blatt an den meisten anderen alpinen Standorten. Die Cuticula ist ganz auffallend entwickelt und dadurch unterscheidet sich das Blatt der Moräne vor allen andern sehr.“ ... „Die Blätter der genannten Pflanzen (Moränen-Pflanzen) stehen in Bezug auf Dicke denen der Ebene gleich und übertreffen die in gleicher Höhe nicht weniger sonnig gewachsenen Blätter be- deutend. Die Palissaden halten ungefähr die Mitte zwischen den typischen alpinen Blättern und denen der Ebene, indem sie in Bezug auf Länge derselben den letztgenannten nieht nachstehen, dagegen weiter sind als diese und sich in dieser Beziehung mehr den alpinen Blättern nähern. Von allen anderen Blättern derselben Art unter- scheiden sich die auf der Moräne gewachsenen durch eine ausser- gewöhnlich dieke Cutieula.® Dieses abweichende Verhalten der Gletscherpflanzen schreibt Leist der trockneren Luft in der Nähe des Gletschers zu: „Ch. Du- four und F. A. Forel!) haben nachgewiesen, dass die Oberfläche des Gletschers die Wasserdämpfe der Luft eondensirt, und dass dess- wegen die Luft auf der Oberfläche und in der unmittelbaren Nähe des Gletschers viel trockener ist als an Orten, die um geringe Distanz vom Gletscher entfernt sind. So ist nach ihren Versuchen die Luft auf der Oberfläche und am Rande des Rhonegletschers viel trockener als bei dem um 900 m entfernten Hötel.“ — „Nous exprimons done bien la realit en attribuant au glacier une puissante action de des- sechement de Vair. Les glaciers et les neiges &ternelles agissent par rapport & l’humidite de l’air des regions avoisinantes comme pourraient 1) Ch. Dufour et F. A. Forel, Recherches sur la condensation de la vapeur ayueuse de l’air au contact de la glace et sur l’evaporation, Bulletin Nr. 64 de la Soeiet! vaudoise des sciences naturelles. Vol. X. — Vgl. hiermit das Verhältniss in arktischen Gegenden. Siehe z. B. Malmgren a. a. O.: „Eine grosse Zahl der spitzbergischen Pflanzen blühte hier (an der nördlichen Küste der Angusti- Bai, eines Busens der Nordostinsel Spitzbergens) am 4. August und gedieh ausser- ordentlich gut auf einem Gebiet von einigen hundert Quadratellen, das auf allen Seiten von Eis und Schnee umgeben war.“ vr 217 le faire d’immenses &ponges imbibees d’acide sulfurique ou des mon- tagnes de chaux vive.“ Aus Dufour’s und Forel’s Untersuchungen geht natürlich zu- nächst die Annahme hervor, dass die Trockenheit der Luft und folg- lich auch die Stärke der Verdunstung die directe oder indirecte Ur- sache des abweichenden Verhaltens der Gletscherpflanzen ist. Aber wenn nun Leist dies annimmt, um die starke epidermale Entwicke- lung dieser Pflanzen zu erklären, warum denn nicht auch die (den Tieflandpflanzen gegenüber) stärkere Entwirkelung der Aussenwand der übrigen Alpenpflanzen ebenso erklären ? Was hingegen die, wenigstens im Verhältniss zu den übrigen Alpenpflanzen, stärkere Palissadenentwickelung der Gletscherpflanzen betrifft, so muss man die ganz verschiedene und kräftigere Wirkung bedenken, die die Sonnenstrahlen in der Nähe eines Gletschers als in einiger Entfernung von demselben ausüben müssen, und zwar theils wegen ihrer geringeren Absorption bei ihrem Durchgang dureh die trockene Luft und theils wegen der Reflexionsverhältnisse der Eis- und Schneemassen. Ausserdem liesse es sich wenigstens denken, wenn der Gletscher einigermaassen gross ist, dass die Wolkentage in dieser Gegend weniger sind oder dass wenigstens ein kleinerer Theil des Himmels durch Wolken verdeckt wird. Mir erscheint daher das von Leist erwähnte anatomische Verhältniss der Gletscherpflanzen keineswegs als „regelwidrig“, sondern als ein ausgezeichnetes Beispiel der regelmässigen Anpassung des inneren Blattbaues an die äusseren Verhältnisse. Schimper (a. a. O. 8. 1061) gibt eine andere Erklärung für die xerophile Entwickelung der Gletscherpflanzen: „Die verzögernde Wirkung einer niederen Temperatur des Bodens auf die Wasseraufnahme durch die Pflanze macht es uns vielleicht begreiflich, dass Alpenpflanzen, die im schmelzenden Schnee, wie R«- nunculus glacialis, oder an Gletscherbächen wachsen, wie Saxifraga aizoides, den glühenden Strahlen der Alpensonne ausgesetzt, diekblätterig oder gar succulent sind, ähnlich wie die Bewohner trockener Standorte.“ — Anderseits sagt Schimper (8. 1052 f.): „Auf den Gipfeln Javas ist der Schnee unbekannt und die Temperatur für die Vegetation das ganze Jahr hindurch günstig; höchstens kommen hie und da leichte Nachtfröste vor. Nicht der niederen Tem- peratur verdankt diese alpine Flora ihr höchst eigenartiges Ge- Präge, sondern den Schutzmitteln gegen Transspiration.*“... „Dass wir die Ursache des Aufhörens der Baumvegetation und des xerophilen Charak- ters jener tropischen alpinen Formationen in ungünstigen Verhältnissen der Wasserversorgung zu suchen haben, kann keinem Zweifel unterliegen. Ebenso ist es klar, dass die Luftverdünnung, direct durch ihren för- dernden Einfluss auf die Transspiration und indireet durch die kräftigere Insolation, als die wichtigste Ursache zu betrachten ist“ — und wegen der gleichartigen Verhältnisse, die die europäische Hochgebirgsvegetation zeigt: 218 „Ich trage daher kein Bedenken, die Eigenthümlichkeiten der europäischen Hochgebirgsfloren ebenso wie diejenigen der javanischen auf die durch Luftverdünnung und stärkere Inso- lation bedingte grössere Transspiration und die dadurch er- schwerte Wasserversorgung zurückzuführen.“ — Wegen der Unter- suchungen Dufour’s und Forel’s erscheint die besondere Erklärung, die Schimper für Gletscherpflanzen (Ranunculus glecialis und Sarifraga «izoides) gegeben, überflüssig und auch weniger glaublich. Es gibt ferner zwei andere Umstände, die dafür sprechen, dass die Blätter der von Leist beschriebenen Alpenpflanzen ihre Ent- wickelung u. a. der Fernhaltung des Sonnenlichtes verdanken; der eine ist die Flächenvergrösserung des Blattes, der zweite die epidermale Papillenbildung desselben. Allerdings ist nicht ganz bewiesen, in welcher Beziehung diese Erscheinungen zu den äusseren Factoren stehen, und was besonders die Flächenvergrösserung betrifft, ist es möglich, dass sie auch von Transspirationsverhältnissen beein- tlusst wird (P). Da nun Leist beobachtet hat, dass die Alpenblätter eine bedeutendere .Plächengrösse (und geringere Dicke?) als die der Ebene besitzen und dieselbe Wahrnehmung auch aus Kerner (a.a.0. 8.264) anführt, scheint es das Natürlichste zu sein, dass dies in erster Reihe dem Einfluss des Lichtes zuzuschreiben ist, und dass es dieselbe Ursache wie die Entwickelung des Mesophylis haben muss und vielleicht damit in gewisse Beziehung zu bringen ist (vgl. Stahl a.a. 0.8.34 ff.). Ebermayer (die gesammte Lehre der Waldstreu etc.) ist jedoch zu einem entgegengesetzten Ergebniss gelangt, was von verschiedenartigen örtlichen Verhält- nissen abhängen dürfte (weniger Wolkentage? u. s. w.). Seine Tabelle ($. 39) über die Grössenverhältnisse der Buchenblätter gebe ich hier wieder, besonders da sich die Untersuchungen von Leist auch auf die Buchenblätter (aus Genthal) beziehen: Die Abnahme der Blattgrösse mit steigender Meereshöhe. | Die Gesammtfläche Standort: Meereshöhe | yon 1000 St. Blätter | in Metern: |beträgt folgende qm: Aschaffenburg (Schönthal) . . . 2.2... 133 | 3,414 Auerbacher Schloss (Odenwald) . . . 237 | 2,128 Revier Irtenberg (Guttenberg.Waldb Würzburg) 324 | 2,112 Buchberg (im bayer. Wald). ve. 500; 1,843 Melibocus (Odenwald) . . 514 | 1,674 Revier Hohenaui. bayer. Wald(Unterhüttenwald) | 685 | 1,500 dto. (Blasstberg). . 2.2.2.0. | 700 | 1,472 dio, (Hexenriegel) . . . 2... 1043 1,083 dto. (Tummelplatz) . . . . 1182 | 1,351 dto, (Buchengrenze am Lusengipfel) 1344: 0,910 Die Ausnahme, die die vorletzte Ziffer (1,851) macht, erklärt Ebermayer in einer Note auf derselben Seite, worauf ich verweise. 219 Was die Papillenbildung!) betrifft, so zeigt diese, wenn sie trotz gleichzeitiger Verdiekung der Aussenwände auftritt, dass man sie (wenigstens in mehreren Fällen) anders erklären muss als es Tschirch?) gethan, nämlich als vom Druck benachbarter Zellen abhängig. Im Allgemeinen scheinen es gerade Schattenpflanzen zu sein, also Pflanzen mit verhältnissmässig dünner Aussenwand, welche mehr oder weniger papillös ausgebogene Epidermiszellen besitzen, und es liegt ja nahe anzunehmen, dass, da solche Wände dem Druck einen geringeren Widerstand entgegenstellen, sie auch leicht nach Aussen gebogen werden.) Wenn nun an den dickwandigen Alpenblättern papillöse Anschwellungen entstehen, lässt sich denken, dass dies vor stärkerem Turgor wegen des spärlicheren Lichtes abhängt. Dies stimmt also mit Hugo de Vries’ Theorie, dass die Säuren des Zellensaftes die Träger des Turgors sind. Diese Säuren entwickeln sich, wie bekannt, reichlicher im Dunkeln als im Lichte, also wahr- scheinlich auch reichlicher im Schatten oder bei bewölktem Himmel als im vollen Sonnenlichte. Aus dem Zusammenhang leuchtet natürlich ein, dass ich nicht Alpengegenden im Allgemeinen, sondern hier speciell die Orte meine, an denen Leist seine Untersuchungen angestellt. Wie sich die Ver- hältnisse in grösseren Höhen gestalten, wie z. B. da, woher die im Folgenden genannten Verfasser (Bonier, Wagner u. A.) ihre An- gaben entnommen, ist mir unbekannt. Da indessen z. B. Wagner keine vermehrte Papillenbildung der Alpenpflanzen besonders erwähnt (vgl. auch seineFigg. ), kommt eine solche aufseinem@ebiete wahrscheinlich nicht vor. u) Leist, a.a.0. 8.184: „Es mag ferner das interessante Verhalten einiger Pflanzen erwähnt werden, welche an alpinen Standorten auf der Oberseite des Laubblattes deutlich Papillen ausbilden, während bei den Blättern der Tiefregion davon nichts wahrzunehmen ist.“ 2) Angewandte Pflanzenanatomie 1889 S. 250. 3) Vgl. Fig. 1u.2 auf $. 137 oben. — Niedenzu, F.: Ueber den anatomischen Bau der Laubblätter der Arbutoideae und Vreeinioideae in Beziehung zu ihrer syste- matischen Gruppirung und geographischen Verbreitung. Engler’s bot. Jahrb. 11. 1890, S. 138: „Im Allgemeinen gilt als Regel, dass eine starke Cuticula flach, eine dünne gewellt ist, indem über der Mitte der einzelnen Epidermiszellen Wellen- berge, über den Radialwänden derselben Wellenthäler liegen. Diese Erscheinung dürfte darauf zurückzuführen sein, dass eine starke Cuticula dem nach aussen drängenden Turgor in der Epidermiszelle genügenden Widerstand zu leisten ver- mag und so ihre ursprüngliche und naturgemässe, ebene Form bewahrt, eine schwache Cutieula aber vor dem stärkeren Turgor nach aussen ausbiegen muss, wo sie nicht durch die Radialwände der Epidermiszellen genügend gehalten wird.“ — Es ist indessen wahrscheinlich, dass auch andere Arten von Papillenbildung vor- kommen können, deren Entwickelung nicht auf diese Weise erklärt werden kaın. 220 Lesage!) hat gefunden, dass die Papillen von Atriplex portulacoides bei der maritimen Form stärker entwickelt waren als bei der terrestrischen Varietät. Kommt dies wohl von einem stärkeren Turgor in den Zellen der maritimen Varietät infolge einer stärkeren Coneentrirung des Zellinhalts und infolge der davon abhängigen grösseren Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und das aufgenommene zäher festzuhalten, und hat man hierin auch die Ursache des grösseren Saftreichthums etc. der Meeresstrandpflanzen zu suchen? — Eine teleologische Erklärung dergleichen Bildungen hat Haberlandt?) vorgeschlagen, indem er auf die Rolle aufmerksam macht, die diese kleinen Erhabenheiten für das Auffangen der Lichtstrahlen wohl spielen können. Was die Art und Weise betrifft, wie Leist die mit steigender Höhe abnehmende Verdunstung zu beweisen gesucht hat, nämlich durch Formelberechnungen, so brauche ich darauf nicht näher einzu- gehen. Keine Formel ist durchweg zuverlässig genug, um diese Sache entscheiden zu können. Es kommen so viele Umstände hinzu, die nicht in einer Formel mitgenommen werden können, oder die man wenigstens bisher nicht hat messen können, oder die man bis jetzt noch nicht genau beobachtet hat, wie z. B. Exposition, Insolation u.s. w. Als Beispiel des unzuverlässigen Eindrucks, den jene Formel macht, will ich nur erwähnen, dass, trotz des grossen Einflusses, den die Windstärke auf die Verdunstung ausübt, Leist dennoch (8. 195) sagt: „Da nun Weilenmann’s Tabelle zeigt, dass der zweite, die Windgeschwindigkeit enthaltende Theil der Formel ohne bedeutenden Einfluss ist, so vernachlässigen wir ihn,“ — Die einzige einigermaassen zuverlässige Art und Weise die Verdunstung zu bestimmen ist, sie direct durch besonders dafür eonstruirte Apparate zu messen.) Hierfür 1) Recherches experimentales sur les modifications des feuilles chez les plantes maritimes. Rev. gen. de bot. 1890 8. 62. 2) Die physiologischen Leistungen der Pflanzengewebe. Schenk’s Handbuch d. Bot, Bd, II. Breslau 1882 S. 579. 3) Z. B. Wild’s Evaporimeter. — Hinsichtlich der von Leist eitirten Weilenmann’schen oder genauer gesagt Weilenmann- Meyer’schen Formel sagt Meyer selbst von derselben (Ueber den jährlichen Gang der Luftfeuchtigkeit in Norddeutschland. Meteorologische Zeitschrift 1885, S. 154): „Handelt es sich nun um die austrocknende Wirkung der Luft innerhalb geschlossener Räume, so fällt, da hier w (Windgeschwindigkeit) = o, das zweite Glied fort.“ Aber die oben auf den Alpen gelegenen Standorte der Pflanzen können wohl nicht als „geschlossene Räume* angesehen werden! Ich ergreife hier die Gelegenheit, den Herren Meteorologen in Upsala und Stockholm, Prof. H. H. Hildebrandsson, Dr. H. E. Hamberg und Dr. N. 221 fehlen aber im Allgemeinen Beobachtungen. Ausserdem lässt auch diese Messung viel zu wünschen übrig, so ist, wenn z. B. solche Apparate gegen Niederschlag geschützt werden müssen, die Verdunstung nicht die nämliche wie bei freier Lage, und der Fehler wird wahr- scheinlich um so grösser, je dünner die Luft ist. Schliesslich führt Leist zur Erklärung des Baues, den er bei Alpenpflanzen gefunden, die grössere Feuchtigkeit des Bo- dens an. Auch dies bezweifle ich, da ich nicht weiss, dass es be- wiesen oder wenigstens wahrscheinlich ist, dass der Boden im All- gemeinen reichlicher Wasser in Alpengegenden als auf der Ebene enthält. Zur sicheren Entscheidung dieser Frage wären directe Be- obachtungen erforderlich, wie sie z. B. Ebermayer und Wollny anweisen.!) Denn es ist sehr gut möglich, dass trotz reichlicheren Niederschlages der Boden dennoch verhältnissmässig weniger wasser- haltig ist. Dies hängt von Neigungsverhältnissen und vom Ablaufen des Wassers ab, um von der Verdunstung ganz zu schweigen (vgl. unten 8.227, Breitenlohner). Dass die Pflanzen in alpinen Gegenden auf feuchterem Boden als an tiefer gelegenen Localitäten auftreten sollten, stimmt übrigens nicht mit der häufig beobachteten Thatsache, dass Pflanzen auf Hochgebirgen an trockneren Plätzen als anderswo auf- treten, und Leist sagt selbst (8. 198): „. . . dass Pflanzen, welche in der Niederung nur an sehr nassen Orten gedeihen, in der Höhe ziemlich allgemein verbreitet sind, wie Parnassia palustris‘ — ein Ausspruch, den man kaum anders auffassen darf, als dass z. B. eine Pflanze wie Parnassia palustris in den Alpen auf trocknerem Boden auftritt als im Tieflande.?) Ausserdem ist es meines Wissens Ekholm meine Dankbarkeit dafür zu bezeugen, dass sie die Güte gehabt, mir mit Aufschlüssen beizustehen und die Tabellen u. s. w. zu besorgen, die ich für die ver- schiedenartigen Fragen, welche durch meine Abhandlung veranlasst wurden, nöthig hatte. Besonders zu grossem Dank verpflichtet bin ich Herrn Dr. Ekholm wegen seiner nie ermüdenden Gefälligkeit bei den zeitraubenden Untersuchungen. 1) Ebermayer, Die physikalischen Einwirkungen ete. 8.14. — W ollny, E. Der Einfluss der Pflanzendecke und Beschattung auf die physikalischen Eiyen- schaften und die Fruchtbarkeit des Bodens. Berlin 1877, 5. 139 f. 2) Vgl. oben 8.199 ff. (Kerner, Klinggräff). — Herr Leetor N.C. Kind- berg hat mir gefälligst mitgetheilt, dass die Form von Pyrola rotundifolia, die er mehrere Jahre hindurch auf dem Dovre (Norwegen) an der höchsten Grenze der Birkenregion beobachtet, daselbst an einem ungewöhnlichen Standort wächst, nämlich auf trockenem und offenem Boden. Nach einem mir gütigst über- lassenen Exemplar dieser Form zu urtheilen, weicht, so viel ich habe finden können, der anatomische Charakter des Blattes in keinerlei Weise von dem der gewöhnlichen P. rotundifolia ab. Indessen sollen ihre äusseren Charaktere von dem 222 keineswegs bewiesen, dass die Feuchtigkeit des Bodens als solche die Transspiration herabsetzt. Gestützt auf die einschlägige Litteratur und auf Verbreitungsverhältnisse habe ich oben das Gegentheil zu beweisen gesucht. Wenn nun auch Eberdt gefunden, dass ein feuch- terer Boden ein lockreres Blatigewebe verursacht und Leist ein lockreres Gewebe bei Alpenpflanzen constatirt hat, so beweist dies nichts für die Evaporationskraft des Klimas. Unter sonst gleichen Bedingungen zieht natürlich ein lockreres Gewebe eher eine stärkere Transspiration nach sich! — Folgender Ausspruch Leist’s ($. 189) scheint mir daher sehr irreleitend: „Die Unterschiede im Blattbau müssen offenbar grösser und deutlicher werden, wenn die beiden Faetoren, herabgesetzte Transspiration infolge grosser Luftfeuchtigkeit und grosse Bodenfeuchtigkeit, vereinigt auf das Blatt einwirken.) Bonnier?) hat Culturversuche in Alpengegenden gemacht mit Beobachtung vieler Vorsichtsmaassregeln. Da mir indessen nur der erste Theil seiner Darstellung zu Gesicht gekommen, kann ich nicht näher darauf eingehen, sondern erwähne nur einige seiner Beobach- tungen zusammen mit denen des folgenden Verfassers und theilweise nach den Angaben desselben, Wagner?) ist ebenso wie Bonnier?) zu dem Resultat gelangt, dass die Blätter der Alpenpflanzen gewöhnlich ein stärker entwickeltes der gewöhnlichen Form ebenso abweichen, wie die arktische P. grandiflora, und nach Leetor Kindberg’s Aussage soll auch Professor Warming in Kopen- hagen sie für identisch mit letzterer halten. (Vgl. oben 8. 144.) 1) Irgend welche Begriffsverwirrung muss einer solchen Aeusserung zu Grunde liegen. Wenn ei feuchterer Boden ein lockreres Blattmesophyli ver- ursacht, wenn Schattenpflanzen ein lockreres Mesophyli besitzen und wenn schliesslich die äusseren Bedingungen der Transspiration im Schatten weniger hervortreten als in der Sonne, so folgt hieraus nicht, dass der feuchtere Boden die Transspiration herabsetzt! Im Gegentheil, der wasgerreichere Boden vermehrt die Transspiration u. a. gerade dadurch, dass er ein lockreres Gewebe verursacht (wie man behauptet) und sucht daher den übrigen, den Schattenpflanzen eigen- thümlichen äusseren Verhältnissen entgegenzuwirken. 2) Bonnier, M. &., Cultures experimentules dans les alpes et les Pyrenees. Reru& generale de Botanique. Puris 1890. 3) Wagner, A., Zur Kenntniss des Blattbaues der Alpenpflanzen und dessen biologischer Bedeutung. Sitzungsber. der K. Akad. d. Wiss. Muth.-nat. Cl. Band 101. Wien 1892. 4) Bonnier, @., Etude erperimentale de Vinfluence du climat alpin sur la regetation et les fonctions des plantes, Bull, de la soe, bot. de Frunce 1888, S. 438: „L’une des plus constantes differences s’observe dans les feuilles dont la paren- chyme en palissade est, pour la mäme esp&ce, plus developpe dans les hautes sltitudes que Jans les plaines,* DE NUELUGEIEIISEEEEGSEREEEE 223 Palissadenparenehym haben, wobei noch die Blattgrösse abnimmt, aber die Dicke zunimmt. Also ganz das Gegentheil von dem, was Leist sagt. In Bezug auf die epidermale Bildung dagegen stimmen die Beobachtungen von Leist und Bonnier mit einander überein, da sie beide gefunden, dass die Aussenwand und die Cuticula der Alpen- blätter stärker entwickelt sind, und auch Wagner sagt (8. 513), dass seine Untersuchung „das für viele Fälle bestätigen muss, ohne auch diesem Satz allgemeine Giltigkeit zuzuerkennen“. Wie soll man sich nun diese ganz entgegengesetzten Ergebnisse in Bezug auf die Bildung des Mesophylis erklären; sind sie wirklich unvereinbar? — Wagner sagt (8. 490): „Diese beiden Ansichten über die Veränderungen des Blattbaues in der Höhe können nun schwerlich in ihrem vollen Umfange neben einander Giltigkeit haben, wenn man nicht annehmen will, dass einzelne Gebiete der Alpen der Vegetation ganz und gar verschiedene Lebensbedingungen gewähren, so dass auf dem einen Berggipfel die Blätter den Charakter der Sonnenpflanzen, auf einem anderen den der Schattenpflanzen an sich trügen. Da diese Verschiedenheiten der klimatischen Verhältnisse aber sehr bedeutende sein müssten, so ist einleuchtend, dass, da für dieselben keine hinreichenden Gründe vorhanden zu sein scheinen, man zunächst die Annahme einer derartigen Möglichkeit von sich weist. Von vorne herein haben die Behauptungen Bonnier’s den Vortheil grosser Wahrscheinlichkeit für sich. Denn nachdem zahl- reiche Arbeiten den hohen Einfluss der Lichtintensität auf die Aus- bildung der Assimilationsgewebe, sei er nun direeter oder indirecter Natur, bewiesen haben, muss es nothwendig befremden, dass in den Alpen, wo die Insolation aus mehreren Gründen eine erhöhte ist, diese nicht nur eine gleichfalls erhöhte, sondern überhaupt alle speeifische Wirkung verlieren, dass im Gegentheil je mehr die Beleuchtung zu- nimmt, desto mehr die Ausbildung des Assimilationsgewebes unter- bleiben soll.“ Gestützt auf Hann u. A. habe ich oben zu zeigen gesucht, dass die Verhältnisse auf verschiedenen Bergen und in verschiedenen Theilen desselben Höhenzuges thatsächlieh so verschieden sein können, dass die Pflanzen sich ganz verschieden entwickeln müssen im Falle sie plastisch sind. Einen sehr guten Beweis hierfür gewährt das oben nach Schimper angeführte Beispiel von verschiedenen Höhen der Berge Javas, worauf ich verweise (eine hygrophile Vegetation ent- wickelt sich in der Wolkenregion, und höher hinauf eine xerophile). Nun ist es aber interessant zu erfahren, dass, abgesehen von ver- 224 schiedenen Gegenden, Leist im Allgemeinen seine Beobachtungen in niedrigeren Höhen als Bonnier und Wagner angestellt hat. Wäh- rend nämlich der erstere, so viel ich gesehen habe, sich meistens unter 2000 m über dem Meeresspiegel aufgehalten hat, so haben die beiden anderen diese Höhe meistens überschritten. Es mag indessen dahingestellt bleiben, ob diese entgegengesetzten Resultate eine Folge der verticalen oder horizontalen Differenzen oder wahrscheinlicher beider zusammen gewesen sind. Wenn auch Leist’s Beobachtungen nicht mit denselben Vorsichtsmaassregeln angestellt sind wie die, welche Bonnier und Wagner für die ihren getroffen haben, so darf man sie dennoch nicht bezweifeln oder ihnen alle Bedeutung absprechen. Im Gegentheil, es sind gerade diese scheinbaren Widersprüche, die mir am meisten lehrreich und erklärend schienen, und ich glaube in ihnen gute Belege für meine oben angeführten Ansichten gefunden zu haben, Wie schon vorher gesagt, ist mir, wie auch Wagner, das Licht die Hauptursache der Ausbildung von Assimilationsparenchym, und es ist anzunehmen, dass die Verhältnisse für die Wirkung des Lichtes weniger günstig gewesen sind an den Orten, wo Leist seine Beobachtungen machte, als da, wo Bonnier und Wagner arbeiteten, Besonders bemerkenswerth aber ist, dass alle drei in ihren Beobach- tungen über die epidermale Ausbildung mit einander übereinstimmen!'), und hierin möchte ich einen specifischeren alpinen Charakter erblicken, den ich mir als durch vermehrte Transspiration und gestei- gertes Bedürfniss nach Transspirationsschutz erkläre. Dieses ist jedoch das Gegentheil von der Ansicht Wagner’s, der folglich mit Leist darin übereinstimmt, dass er die Verdunstung mit zu- nehmender Höhe abnehmen lässt. Da er aber seine Ansicht mit 1) Vgl. jedoch die oben angeführten Worte Wagner’s, die, sowie viele andere Aeusseruugen in seiner Schrift einen gewissen Zweifel darüber anzudeuten scheinen, wie es sich hiermit wohl verhalten mag. Da aber Wagner sich nicht näher hierauf einlässt und keine eingehende Beschreibung der betreffenden Ver- hältnisse liefert, muss ich dafürhalten, dass die mit steigender Höhe zunehmende Verdiekung der Epidermisaussenwand (also der Transspirationsschutz) wenigstens bis jetzt am besten bewiesen ist. Ausnahmen gibt es natürlich hier wie überall, und zufüllige Umstände können bewirken, dass man solche in grösserer oder kleinerer Anzahl antrifft; es sieht auch beinahe so aus, als ob die Unvereinbar- keit der Wagner’schen Annahme einer mit der Höhe zunehmenden Feuchtigkeit mit einer Zunahme des Transspirationsschutzes bewirkt hätte, dass Wagner g®- rade solchen Ausnahmen ein zu grosses Gewicht beigelegt hätte. Irz 225 keinen besonderen oder neuen Beweisen?) belegt, muss ich auf das verweisen, was ich in dieser Frage bei der Prüfung von Leist’s Gründen hierfür gesagt habe. Im Anschluss an die Frage von der Transspiration gebe ich hier dieselbe Frankland’sche Tabelle wieder, die auch Wagner (nach Hann) anführt und worin die Zunahme der Unterschiede zwischen der Temperatur in der Sonne und im Schatten mit der steigenden Seehöhe gezeigt wird: Seehöhe in m Thermometer Ort Sonnenhöhe 60° im Schatten in der Sonne Whiby oo on 20 39,2 37,8 Pontresina . . 2. 2.2. 1800 26,5 44,0 Bernina H.. . . .... 2330 19,1 46,4 Diavolezza . . . . 2980 6,0 59,5 Wie soll man sich nun das Verhalten der Verdunstung z. B. in Diavolezza vorstellen, wo der Thermometer im Schatten 6°, dagegen in der Sonne beinahe 60° zeigt? Angenommen, dass der Schatten durch bewölkten Himmel verursacht und die Luft vollständig mit Wasserdampf gesättigt ist, also 100°/, Wasser enthält. Dies kann für einen Augenblick der Fall sein, im nächsten aber theilt sich das Gewölk und die Sonne strahlt unbedeckt herunter, wobei der Thermometer eine Temperatur von ungefähr 60° zeigt. Höchst wahrscheinlich können die Diffe- renzen in diesem Falle noch grösser werden, als wenn der Schatten durch die Lage verursacht ist, denn in letzterem Falle, wo man sich die Sonne die ganze Zeit hindurch wirkend zu denken hat, ist anzu- nehmen, dass die Schattentemperatur durch die Bewegung der Luft oder durch die Leitung von benachbarten wärmeren Lagen aus etwas erhöht wird. — Wenn nun die Temperatur des Sonnenthermometers wirklich auch die der Luft wäre und wenn die absolute Feuchtigkeit der Luft sich nicht änderte, so würden wir die kolossale Umwälzung der relativen Luftfeuchtigkeit von 100°), bis auf 4,7°|jo erhalten, was eine unerhörte Verdunstung zur Folge haben müsste, besonders wegen der dünnen Luft und der plötzlichen Veränderung, und kaum eine einzige Pflanze in der dürrsten Wüste dürfte jemals auf eine solche Probe gestellt worden sein.) Nun erleiden, wie bekannt, die Ver- D Auch Wagner gibt ein Citat aus Hann’s Klimatologie wieder, ich sehe jedoch nicht ein, dass es etwas zur Sache beweist, wenn ich es mit meinen Aus- zügen aus demselben Werke vergleiche. Einen zweiten Beweis der geringeren Verdunstung findet Wagner in der anatomischen Ausbildung, worüber Näheres weiter unten. 2) Zum besseren Vergleiche sei Folgendes aus Ebermayer (Die physikn- lischen Einwirkungen etc. 8. 147) angeführt: „Nach dem Vorschlag von Vivenot Flora 1895, 15 226 hältnisse verschiedentliche Modificationen, theils dadurch, dass die Lufttemperatur nicht so schnell oder bis auf die Höhe steigt, wie es der Thermometer angibt, theils nimmt die absolute Luftfeuchtigkeit wahrscheinlich durch Verdunstung des Bodens zu. Inzwischen darf man nicht vergessen, dass der Wärmegrad, bis auf welchen die Pflanzen selbst erwärmt werden (also ihre Absorption der Wärme- strahlen), wahrscheinlich kaum geringer ist als der 'Thermometeraus- schlag, ja denselben sogar übertreffen kann, wie direcete Experimente lehren, oder jedenfalls demselben weit näher kommt als der Capa- eität der Luft in dieser Beziehung '), und die Ausdehnung des in der Pflanze befindlichen Wasserdampfes mit entsprechender Verdrängung (resp. Verlust) von Wasser muss jedenfalls höchst bedeutend werden können. Ob dabei der Transspirationschutz den grössten Nutzen ge- währt, indem er direct eine zu starke Verdunstung verhindert oder indem er das Zerreissen und Zersprengen der Gewebe infolge der gewaltsamen Gasausdehnung (oder beim Gefrieren, vgl. Christ, Breitenlohner) verhütet, das ist wieder eme andere Frage. Nach Christ (Pflanzenleben der Schweiz, S. 257 ff.) sind noch höhere Temperaturdifferenzen beobachtet worden: „Schon Saussure hat in den Hoch- alpen an sonnigen Tagen die Temperatur der Luft mit denen der Erdoberfläche oder einer dunkeln Thermometerkugel bei direeter Besonnung verglichen. Er hat am Montblanc bei 6,20 Lufttemperatur eine Erwärmung bis auf 870 durch die In- solation beobachtet!“ — Ferner sagt Christ von den alpinen Pflanzen: „Entweder sind ihre Blätter straff, dieklich und fähig, durch eine sehr solide Oberhaut der gewaltigen Austrocknung ihrer Oberfläche zu widerstehen, welehe ihnen die in- (Ueber die Messung der Luftfeuchtigkeit zur richtigen Würdigung der Klimate, Wien 1864) bezeichnen wir als trockene Klimate jene, deren relativer Feuchtig- " keitsgehalt sich unter 700), bewegt, als feuchte hingegen jene, bei welchen die relative Feuchtigkeit 700), übersteigt. Sehr trocken ist das Klima bei einer re- lativen Feuchtigkeit bis zu 550/,*. 1) Vgl. Askonasy, [eber die Temperatur, welche Pflanzen im Sonnenlichte annehmen. Bot. Zeitung 1875, 8. 441. — Askenasy benützte Pflanzen, die im botanischen Garten in Heidelberg standen; diese „wurden eingeschnitten und die (Quecksilberkugel in diesen Schnitt (z. B. in das Innere einer Sempervivum rosette) eingesteckt“, wobei sich folgende Zahlen ergaben: Luft- Temperatur Temperatur im Innern der Pflanze Sempervivum alpinum . . . . 49,39 C, 49,709 °C. Pi arenarium . . . 48,70 48,70 „ spec. rn 51,20 48,70 Volkens (Die Flora der Aeyypt.-arab. Wüste 8. 40) steckte einen Thermo- meter in die sueeulenten Blätter von Mesembryanthemum Forskalii, wobei er fand, „dass zur Zeit des höchsten Sonnenstandes eine Erwärmung von 5 —80 €, über die Lufttemperatur sehr häufig eintritt“. a mm en — m " 227 tensive Besonnung zeitweilig zumuthet, oder sie sind durch dichte Behaarung vor diesen Einwirkungen geschützt.“... „Die anatomische Untersuchung der Alpen- pflanzen lehrt, dass die Zellen ihrer Blätter kleiner, die Zellwand dicker, der Zell- inhalt weit concentrirter ist als bei den Ebenenpflanzen® etc. Siehe ferner Breitenlohnert), der auf 8. 150 ff. von der Trockenheit des alpinen Klimas redet, sowie von der starken Wiederstrahlung des Sonnenlichtes von den Bergwänden, wodurch die Temperatur noch mehr erhöht wird u. s. w., und besonders (auf 8. 155) von der Beschaffenheit (Feuchtigkeit) des Bodens in den Alpen: „Die Begünstigung der Südseite durch starke Insolation muss die Bodentemperatur am Tage erheblich steigern und damit auch die Verdunstung potenziren. In der Nacht gefriert wieder der Boden zufolge der bedeutenden Ausstrahlung. Dieser Wechsel von Gefrieren und Aufthauen von Nacht zu Tag ist gleichbedeutend mit erhöhtem Verlust an Bodenfeuchtigkeit. -- Während des Aufthauens am Tage erscheint der Boden allemal nässer, als er den Abend zuvor im offenen Zustande war. Zudem bewirkt der Frost eine Lockerung (es Boden- gefüges und macht wenigstens die oberflächlichen Bodenschichten den austrock- nenden Einflüssen zugänglicher. — Vgl. auch Schröter) der sagt: „L’insolation de jour et la radiation de nuit est grande d’ou derive une forte oseillation de In temperature. — La force d’&vaporation est souvent tres grande, —- Le mouvement de Pair est fort“ ete. _ Indem Wagner am Sehlusse seiner Schrift (8. 546) die Ergeb- nisse zusammenfasst, hebt er die Gründe hervor, die er aus der ana- tomischen Ausbildung der Alpenblätter schöpft, und die nach seiner Meinung für seine Ansicht sprechen, indem er sagt: „Die Blätter der Alpenpflanzen zeigen keine so durchgreifenden Schutzanpassungen, wie starke Transspiration solche hervorzurufen pflegt. Dies drückt sich aus: In der meist lockeren Struktur des Mesophylis, in dem Mangel stärker verdickter Epidermis bei vielen Formen, vollständigem Mangel an Wassergewebe und in der meist exponirten Lage der Spaltöffnungen.“ Was nun zuerst die lockere Struktur des Mesophylis betrifft, so wird diese Aeusserung an anderen Stellen derselben Schrift, z. B. auf S. 511 modifieirt: „Dass im Ganzen und Grosse die Alpenblätter eine mehr lockere Struktur besitzen, habe ich ebenfalls beobachtet; aber die vollgiltige Verallgemeinerung, welche Leist seiner Wahr- nehmung zu Theil werden lässt, ist auch diessmal nicht am Platze. Nicht alle Alpenblätter zeigen eine Förderung des Intercellular- systems, bei einigen war im Gegentheile eher eine Einschränkung desselben zu constatiren. Zunächst ist darauf aufmerksam zu machen, 1) Der Winterbrand der Holzgewächse in den Alpen. Wollny’s Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik 1885. 2) Le climat des Alpes et son influence sur la flore alpine. Compte vendn des Travauc presentes a la soiwante-douzieme session de la societd helretiqur des sciences naturelles reunie a Lugano les 9, 10., et 11. Septembre 1889, 5 10. 15 228 dass auf der Unterseite jener dorsiventralen Formen, welche in der Höhe mehr minder weit entwickelte Palissaden an Stelle der äusser- sten Schwammparenchymlage aufweisen, eine Verminderung der (ie- sammtintercellularen eintritt, wenn auch diese Palissadenschichte ein sehr lockeres Gefüge beibehält. Auch Fälle, wo mit zunehmender Höhe des Standortes typisches Schwammparenchym mit reich ver- zweigten Zellen enthalten bleibt und dennoch Reduction, wenigstens in der Grösse der Zellzwischenräume eintritt, sind nicht ausgeschlossen. Ebenso treffen wir auch im Palissadengewebe bei manchen Alpen- pflanzen eine sehr dichte Anordnung der Zellen.“ Es ist übrigens keineswegs ausgemacht, in welcher Beziehung ein lockeres Mesophyll zur Transspiration steht, oder ob man wirklich berechtigt ist, aus einem lockreren Gewebe auf eine verminderte Transspiration zu schliessen, wenigstens nicht ohne gebührende Rücksicht auf andere und für die Transspiration zwei- felsohne wichtigere Umstände. Zum Beweise hierfür will ich Wagner’s Aeusserung 9. 546 anführen: „Das grösste Schutz- bedürfniss zeigen die wintergrünen Gewächse wegen der zur Zeit der Schneeschmelze für sie erwachsenen Transspirations- gefahr. Die Anpassung findet am meisten Ausdruck in einer stärkeren Ausbildung der Epidermisaussenwand.“ — Aus Wagner’s Dar- stellung geht nun allerdings nicht hervor, wie es sich mit den Inter- cellularräumen der immergrünen Gewächse verhält, ob diese grösser oder kleiner sind, als bei den Tieflandsformen. Aber im Allgemeinen müsste wohl, nach der Auffassung Wagner’s, wenn überhaupt, so gerade besonders bei diesen Pflanzen eine Verkleinerung der Zwischen- räume notwendig sein. Lalanne'), der die Anatomie der persistenten Blätter besonders studirt hat, sagt indessen: „Constamment chez les feuilles persistantes, le tissu lacuneux est plus läche que chez les feuilles caduques. Les espaces a6riferes sont plus nombreux et plus grands.“ Volkens?) scheint die Intercellularen „als Mittel der Assimi- lationsenergie zu steigern“ aufzufassen, was auch viel für sich hat. Man erhält dadurch einen Einblick in die Ursachen, wesshalb Schatten- blätter und wesshalb persistente Blätter ein lockreres Mesophyll er- halten, nämlich jene, um dem spärlicheren Lichte entgegenzuwirken, oder, richtiger gesagt, um es besser auszubeuten, diese um ihrer in- härenten geringen Wachsthumsenergie das Gleichgewicht zu halten. 1) Lalanne,G., Recherches sur les caracteres anatomiques des feuilles per- sistantes des Dicotyledones. . Bordeaux 1890. 5. 122. 2) Die Flora der ägypt-arab. Wüste. S. 75. 4 gi 229 Nimmt man an, dass eine in gewöhnlicher Beleuchtung wachsende Pflanze so zu sagen am normalsten sowohl in Bezug auf die epider- male Verdiekung (und Cutieulabildung) als auch auf die Wachsthums- energie ausgebildet ist, so besitzt dagegen eine Schattenpflanze ein Minimum von epidermaler Verdiekung und ein Maximum von Wachs- thumsenergie, und eine sempervirente Pflanze umgekehrt ein Maximum der ersteren und ein Minimum der letzteren. Beide Extreme werden nun auf dieselbe Weise gehemmt oder ausgeglichen, d. h. durch ein lockreres Mesophyll und durch zahlreichere Spaltöffnungen (also ge- wissermassen mit Jaccard's erwähnten Versuchen vergleichbar, s. oben S. 176), da sich ja denken lässt, dass die directeAufnahme von Kohlen- dioxyd aus der Luft (durch die Epidermis) erschwert wird bei Schatten- pflanzen wegen des schwächeren Lichts und bei Immergrünen wegen ihrer dicken Epidermis. Der Beweis, den Volkens führt um zu erklären, wesshalb die Intercellulare im Palissadenparenchym klein, dagegen im Schwamm- parenchym gross sind, scheint mir aber so eigenthümlich, dass ich zweifle, ob ich ihn recht verstanden habe. Es kommt mir nämlich vor, als habe Volkens sagen wollen, dass, je grössere Kraft (Licht) einem zu Gebote steht und je grösser die zur Verfügung stehende Fabrik (resp. mehrere Fabriken: Chlorophyllkörner), desto weniger Roh- material (Kohlendioxyd) nöthig sei, um in der Fabrik veredelt zu werden und umgekehrt! (Wenn man also z. B. eine grosse und eine kleine Cellulosenfabrik mit einander vergleichen wollte, so würde erstere weniger Holz gebrauchen, um z. B. eine doppelte Menge Holzstoff zu erzeugen als letztere!) Denkt man sich aber die Sache so, dass die grossen Intercellular- räume desshalb im Schwammparenchyn: vorkommen, weil sie, wenn sie hierher verlegt werden, hier der Pflanze den geringsten Uebelstand bereiten — das Palissadenparenchym muss ja so viel wie möglich eoncentrirt sein, damit die hauptsächlich dieses Gewebe treffenden Lichtstrahlen möglichst ausgenutzt werden können —, so kann man in den Intercellularräumen ein gemeinsames Reservoir des Kohlen- dioxyds erblicken, das sowohl von den kleinen Fabriken im Palissaden- als auch im Schwammparenchym verbraucht wird, doch am meisten von den ersteren, deren es mehr gibt, und zwar obgleich dieses Re- servoir sie nicht so dicht und nahe umgibt, was auch wahrscheinlich nicht von grossem Belang ist; denn die Grösse der Absorptions- fläche dürfte in diesem Falle eine unwesentlichere Rolle spielen als die Stärke des Verbrauchs und des daraus entstehenden Bedarfs. 230 Hierin scheint auch eine Erklärung zu liegen, wesshalb isolaterale Blätter häufig durch ein „lockeres Gefüge des Mesophylis“ ausgezeichnet sind.!) Bei diesen Blättern (man meint ja gewöhnlich mit isolateralen Blättern solche, die Palissadenparenchym auf beiden Seiten besitzen) fehlt das in dorsiventralen Blättern auf der einen Seite vorkommende Schwammparenchym, und die nöthigen Zwischenräume sind hier durch die lockrere Verbindung der Palissadenzellen gebildet. Die übrigen aus anatomischen Verhältnissen geschöpften Gründe, die Wagner für die Behauptung anführt, dass die Alpenpflanzen nicht für einen besonderen Transspirationsschutz construirt seien, sind das Fehlen einer stärker verdickten Epidermis bei vielen Formen, vollständiger Mangel an Wassergewebe und die gewöhnlich exponirte Lage der Spaltöffnungen. — Was den erstgenannten Grund betrifft, muss ich auf das oben hierüber Gesagte verweisen, wesshalb dieser Beweis als höchst problematisch anzusehen ist und ohne Zweifel viel eher das Gegentheil beweist, da die Verhältnisse nach allem zu ur- theilen (nach den übereinstimmenden Angaben anderer Verfasser und auch von Wagner selbst nicht geleugnet) eher umgekehrt sind, d.h. die Epidermis der Alpenpflanzen verdickt sich in den meisten Fällen. Die beiden anderen Gründe dagegen kann ich keineswegs irgend- wie beweisend finden. Denn man hat natürlich nicht das Recht, bestimmte Anforderungen an die Art und Weise der Anpassung der Pflanzen zu stellen. Die Natur besitzt unendlich viele Mittel und Wege, um dasselbe Ziel zu erreichen, und wenn es nicht in dem Bauplan einer Pflanze liegt, sich durch specielle Wassergewebe oder durch vertiefte Spaltöffnungen zu schützen, so darf man es derselben nicht verübeln. Was nun besonders das Wassergewebe betrifft, so ist ja anzunehmen, dass dieses Schutzmittel den Alpenpflanzen nach- theilig sein könnte wegen der starken Kälte, der sie ausgesetzt sind, und die, wie bekannt, gerade den wasserreichsten Pflanzen am schäd- lichsten ist. Uebrigens könnte man sich fragen, ob nicht die Ver- schleimung sehr wohl wenigstens als ein Ersatz der Wassergewebe anzusehen sein könnte, Weiteres hierüber siehe unten. Man vergleiche hiermit Schimper’s Aeusserung über die Trans- spiration der Pflanzen auf den Bergen Javas (a. a. O. 8. 1054): „Beinahe alle Schutzmittel, die wir für andere Fälle kennen, kommen auch hier zur Verwendung, am wenigsten jedoch Wassergewebe. 1) Vgl. Heinricher, Ueber isolateralen Blattbau mit besonderer Berick- sichtigung der europäischen, speziell der deutschen Flora. Pringsh. Jahrb. I. 1834, 3. 561. 231 Sueculenten, die in alpinen Floren stellenweise häufig sind, fehlen gänz- lich; das gewöhnlichste Schutzmittel ist starke Verdiekung und Cutieu- larisirung der Aussenwand der Epidermis. Dieselben Arten, in tieferen Regionen eultivirt, verlieren sowohl in ihrem Gesammthabitus als auch im anatomischen Bau den xerophilen Charakter beinahe vollständig“. Johow!) unterscheidet zwischen der Entwickelung der Behaarung und der Entwickelung der Aussenwand im Uebrigen, indem er sagt, dass die Behaarung vor Allem als Temperaturschutz (ebenso Tschirsch), die Cuticularisation etc. als Transspirationsschutz diene. Diese Be- hauptung stützt er durch den Umstand, dass behaarte Pflanzen be- sonders auf hohen Bergen, Steppen etc, wachsen, wo die Temperatur plötzlich und bedeutend wechselt. Pflanzen dagegen mit starken Aussenwänden (ohne Behaarung) kommen vor Allem in dürren, tro- pischen Gegenden vor, besonders bei baumartigen Gewächsen, bei denen es vor Allem die starke Verdunstung ist, die verhindert werden muss: „An tropischen Küsten (z.B. auf den westindischen Inseln), wo die Wärmestrahlung niemals eine solche Höhe erreicht, dass dadurch der Organismus der Pflanzen geschädigt werden könnte, wo hingegen oft eine sehr bedeutende mit Dürre verbundene Hitze herrscht, sind stark behaarte Gewächse nichts weniger als häufig“. Dieser Auffassung an und für sich will ich nicht entgegentreten; da jedoch die Verdunstung, wie bekannt, mit den Temperaturverhält- nissen in innigster Beziehung steht, indem die Luft im einen Augen- blick mit Feuchtigkeit gesättigt sein kann, während die Temperatur niedrig ist, im anderen Augenblick dagegen mehr minder schnell bei steigender Temperatur wieder mehr minder trocken wird, so könnte man sich wohl fragen, ob nicht auch in diesem Falle die Transspiration der bestimmende Factor wird. Hierfür spricht der Umstand, dass vorzugsweise niedrige Pflanzen stark behaart sind, die höheren da- gegen (Bäume u. s. w.), die doch durch die dem Wind und der Wärmestrahlung exponirte Lage ihrer Blätter und anderer Theile in höherem Grade den Unbilden der Temperatur ausgesetzt sind, ge- wöhnlich glatte Blätter haben.?2) Diese beiden Arten von Schutz 1) Ueber die Beziehungen einiger Eigenschaften der Luubblätter zu den Stand- ortsrerhältnissen. Pingsh. Jahrb. 15. 1883, S. 306 f. 2) Besonders bemerkenswerth ist die Thatsache, auf die mich Assistent Dahlstedt aufmerksam gemacht hat, dass an Pflanzen in dürren hochgelegenen Gegenden (z. B. auf den inneren spanischen Hochebenen) oft die dem Boden zu- nächst befindliche Blattrosette sehr stark behaart ist, während die Stammtheile des hieraus aufsteigenden Stengels, sowie dessen Blätter glatt sind. Dies ist z. B. der Fall mit einigen Hieracium-Arten, die dadurch ein höchst eigenthümliches 232 scheinen mir daher wahrscheinlich ein Moderiren der Transspiration zu bezwecken, wie man auch sagen kann, dass die eine Schutzvor- riehtung die andere vertreten kann, wie es Areschoug') bei den in den Mittelländern vorkommenden Rosmarinus officinalis gezeigt hat, dessen Blätter an der oberen Seite eine diekwandige Oberhaut, da- gegen an der Unterseite eine sehr dünne Epidermis besitzen, wobei jedoch eine sehr starke Behaarung hinzukommt. Welches ist nun der Grund dafür, dass die Pflanzen gewisser Gegenden im Allgemeinen behaarter sind als in anderen Gebieten? Es liesse sich denken, dass irgend eine Eigenthümlichkeit der Inten- sität des Sonnenlichtes, die aus unbekannten Ursachen in verschiedenen Gegenden bedeutend abwechselt?), im Verein mit den inneren Kon- struktionsverhältnissen der Pflanzen selbst dieses bewirkte: dass es z.B. für die eine Pflanzengattung oder im Allgemeinen für die Vege- tation innerhalb eines gewissen Gebietes (z. B. in Alpengegenden) am zweckmässigsten wäre, wenn die Transspiration und zugleich auch die Wärmeabsorption vermindert würde, was wahrscheinlich am besten durch reichliche Behaarung geschehen könnte; dass aber in einer anderen Gegend, wo ein hoher Grad von Wärme dem inneren protoplasmatischen Bau und den Lebensfunctionen der daselbst wach- senden Pflanzen (z. B. tropische Gewächse) nicht schadet, sondern im Gegentheil nutzt, nur oder hauptsächlich die Verdunstung ge- regelt zu werden braucht. Wegen des oben Gesagten, nämlich dass die höheren Pflanzen die am wenigsten behaarten sind, und ferner desshalb, weil verdickte und glatte Aussenwände vorzugsweise immergrüne Pflanzen charak- terisiren (wie die tropischen Lignosen), so müächte ich indessen den Grund dieser Vorrichtungen lieber in mechanischen Ursachen suchen. Für die genannten Pflanzen ist nämlich eine stärkere me- Aussehen erhalten und die wegen ihrer unteren Parthien zu einer ganz anderen Gruppe als der, welcher sie nach ihren oberen Theilen angehören, geführt werden könnten. Möglicherweise steht indessen dieses vielmehr mit verschiedenen klima- tologischen Verhältnissen in den verschiedenen Jahreszeiten in Beziehung, während deren die verschiedenen Theile der Pflanzen sich aufbauen. Vgl. Kerner, Pflanzen- leben I, S. 294. 1) Engler’s Jahrb. 1882, S.-525. r . . . 2) Vgl. Hann, Klimatologie $. 382. — Man könnte infolge dessen geneigt sein, eine in verschiedenen Theilen der Erde verschiedene Zusammensetzung der Atmosphäre anzunehmen und zwar entweder durch Auftreten irgend eines noch nicht entdeckten Stoffes oder durch irgend welche Modification der bisher bekannten Bestandtheile. rn ee 233 chanische Widerstandsfähigkeit von besonderer Bedeutung und diese wird amı einfachsten durch Verdiekung der Aussenwände erworben. Die Behaarung dagegen wäre für diesen Zweck nutzlos. Man darf Jedoch nicht glauben, dass der den Pflanzen aus solchen mechanischen Vorrichtungen erwachsende Vortheil primärer Natur ist, d. h. dass die Wände gerade zu diesem Zwecke verdiekt werden, sondern dies steht wahrscheinlich mit der Transspiration in Beziehung, aber diese Modification des Transspirationsschutzes ist den me- ehanischen Vorrichtungen zuzuschreiben. Man kann auch geneigt sein, für die stärkere Haarbildung an der Unterseite der Blätter eine der hier oben vorgeschlagenen Deutung entsprechende biologische Erklärung zu suchen. Einerseits werden nämlich die Lichtstrahlen in ihrer Arbeit an der Assimilation weniger durch eine stark epidermale Wandverdiekung an der Oberseite des Blattes gehindert, als durch eine hier auftretende reichliche Behaarung, und andererseits bildet die Behaarung der Unterseite ein geringeres mechanisches Hinderniss für die Bewegungen der hier häufiger vor- kommenden Spaltöffnungen, als eine starre und schwer verschiebbare Öberhaut, wobei noch den Spaltöffnungen ohne Zweifel ein passen- derer Schutz durch Haare als durch Verdiekung der Aussenwände sowohl gegen allzu starke Transspiration als auch gegen Benetzung durch Thau ete bereitet wird. In dem oben Gesagten habe ich mich der zunächst liegenden teleo- logischen Anschauungsweise bedient; die ('ausae efficientes hingegen - muss ich übergehen und es dahin gestellt sein lassen, ob sie zu suchen sind z. B. in der geringen Wachsthumsenergie der immergrünen Gewächse und in damit in Beziehung stehenden Ursachen, in mecha- nischem Reiz des Windes oder in irgend welehen anderen Verhältnissen. Ausser den Gründen, die nun Wagner.a. a. O. zum Beweise seiner Behauptung, dass die Alpenpflanzen nicht mit Schutzvorkehrungen gegen starke Transspiration ausgerüstet seien, muss ich auch auf seine Beobachtungen über die Vertheilung der Spaltöffnungen auf- merksam machen, da man hierin einen Beleg für die Ansicht, suchen könnte, dass die Transspirationsbedingungen in den Alpengegenden weniger günstig wären. Wagner sagt (8.513): „Pflanzen mit ober- seits spaltöffnungslosen Blättern sind in der Minderzahl. Hingegen solche mit gleichmässiger oder oben vorherrschender Vertheilung der Stomata sind in überwiegender Mehrheit zu finden“. Die Frage von den Spaltöffnungen und die rechte Erklärung ihres Auftretens und übriger Beziehungen sind, wie bekannt, ein 234 sehr schwieriges Kapitel, denn diese Organe sind an und für sich höchst verwickelte Vorrichtungen und werden es in noch höherem Maasse durch die verschiedenen Funetionsweisen der benachbarten Gewebe. Einige für die Auffassung dieser Frage aufklärende Um- stände will ich jedoch hier erwähnen. Der Umstand, dass Spaltöffnungen auf beiden Seiten des Blattes vorkommen, muss jedenfalls, ceteris paribus, eine stärkere Trans- spiration bewirken, auch wenn ihre Anzahl desshalb nicht grösser ist.!) Denn der Luftaustausch, der Zug, muss ja stärker werden, wenn man die Fenster auf zwei Seiten offen hält als wenn dies nur auf der einen geschieht. Man beachte indessen, dass, wie aus der Tabelle bei Wagner auf S. 508 hervorgeht, es zum grossen Theil Pflanzen aus der Fa- milie der Papilionaceen sind, die Spaltöffnungen auf der Oberseite besitzen. Nun ist dies, wie Kareltschikoff (a. a. ©. 8. 271) ge- zeigt, eine Eigenthümlichkeit gerade dieser Pflanzen, auch wenn sie in der Ebene vorkommen, wesshalb man hieraus keine Schlüsse in Bezug auf die Alpenpflanzen ziehen kann. Ferner sind es, worauf auch W. selbst aufmerksam macht, be- sonders Alpenpflanzen mit isolateralem Blattbau, die Spaltöffnungen auf der Oberseite besitzen. Wegen der Isolateralität ist es in der Natur der Sache begründet, dass die Spaltöffnungen sich wenigstens bestreben werden, sich gleichmässig zu vertheilen, da sie, wenigstens was den Blattbau betrifft, keinen Grund haben, auf der einen Seite zahlreicher als auf der anderen aufzutreten. Für die richtige Beurtheilung ist es jedoch von grösster Bedeu- tung, die Blattstellung der Alpengewächse zu kennen, von der man von vornherein vermuthen kann, dass sie eine andere als im Tiefland ist, und wobei die Erklärung der Tendenz der Spaltöffnungen sich auf der Blattoberseite hochalpiner Gewächse mehr zu entwickeln ebenso gesucht werden kann, wie Heinricher?) das gleichartige i) Aus Wagner’s Darstellung geht nicht hervor, ob die Zahl der Spalt- öffnungen kleiner oder grösser ist als bei den entsprechenden Pflanzen des Tief- landes, obgleich, auch wenn letzteres der Fall sein sollte, dies für die Beantwortung der Frage von der Transspiration keine besondere Bedeutung hat, Man ver- gleiche auch hier (ebenso wie vorher betreffs der Intercellularen), wie es sich mit den persistenten Blättern verhält, bei denen Lalanne (a. a. O. 8. 126) gefunden, dass „les stomates sont extröämement abondants“, ohne dass man desshalb an- nehmen darf, dass das Bedürfniss sempervirenter Pflanzen nach Transspirations- schutz geringer wäre als bei anderen (cher ist das Gegentheil möglich). 2) Heinricher, BE, Ueber isolateralen Blattban mit besonderer Berück- 235 Verhältniss von Linum tenuifolium erklärt: „Die Pflanze kommt auf der Insolation stark ausgesetztem, nur geringen Pflanzenwuchs zu- lassendem steinigen Boden vor, der ungemein erwärmt wird und da- durch die nach unten sehenden Blattflächen einer starken Wärme- strahlung aussetzt. Die steil aufgerichteten Blätter sind desshalb auf der nach dem Stengel sehenden Seite der Verdunstung weniger aus- gesetzt und haben daher auch die Ausbildung der Spaltöffnungen auf diese Blattseite beschränkt“. Nachdem ich nun die Gründe durchgenommen und geprüft habe, die Wagner in Anspruch nimmt für die Anpassung der Alpenpflanzen an verminderte Transspiration, will ich zuletzt einige von den Erscheinungen erwähnen, die für eine gesteigerte Transspira- tion und den davon abhängigen vermehrten Schutz sprechen. Diese sind hauptsächlich Wagner’s eigenen Angaben entnommen: 1, Zunahme des unterirdischen und Abnahme des oberirdischen Systems; 2. mechanische Verstärkung; . kleinere Fläche, grössere Dicke (sowie Stellung?) der Blätter; stärkere Entwickelung (Isolateralität) des Palissadenparenchyms; . stärkere Entwickelung der Epidermis; . Verschleimung der Innenwand der Epidermis; Zellinhalt (Gerbsäure). . Betreffs der Frage von der Zunahme des unterirdischen und der Abnahme des oberirdischen Systems verweise ich z. B. auf Bonnier (Cultures experimentales, Revue generale 1590; man beachte die Holz- schnitte und Tafeln); „Un developpement relatif plus considerable des parties souterrains“ und „une taille plus petite“. Wenn man auch auf dem alpinen wie auf dem arktischen Gebiete diese Umstände un- günstigen Nahrungsverhältnissen oder anderen Ursachen zuschreiben wollte (vgl. oben $. 152), so liegt doch die Bedeutung derselben für die Herabsetzung der Transspiration auf der Hand. 2. Die Existenz einer mechanischen Verstärkung geht allerdings nicht aus Wagner’s Darstellung deutlich hervor. Jedoch wegen seiner Worte über das mechanische System (z. B. 8. 517) sei an die Behauptung Tschirch’s (Ueber einige Beziehuugen ete. mmoom sichtigung der europäischen, speziell der deutschen Flora. Pringsh. Jahrb. 15. 1884, 8.333. -- Auch wenn die Blattstellung in den Alpen nicht anders wäre als im Tiefland, so müssen doch die Unterschiede der Licht- und Wärmeverhältuisse, denen die Ober- und die Unterseite des Blattes ausgesetzt ist, in den Alpen ge- ringer sein; oder auch dürften sogar, wenigstens in gewissen Looalitäten, diese 236 S. 167) erinnert, welcher sagt, dass die Biegungsfähigkeit zu der Trockenheit des Klimas in Beziehung zu stehen scheint und dass be- sonders die australischen Pflanzen bedeutende Bastgurtungen u. s. w. nuf- weisen. Wenn nun die alpinen Pflanzen trotz ihrer geringen verti- calen Ausbildung dennoch eine auffallende mechanische Entwickelung erhalten, so sind sie dadurch u. a. gegen den Einfluss des Windes besser geschützt und demzufolge auch gegen Erschütterungen und Wasserverlust!). 3. Die kleinere Fläche und die wenigstens relativ grössere Dicke der alpinen Blätter scheint wenigstens in hinreichender Höhe über dem Meeresspiegel sicher festgestellt zu sein und der Einfluss dieser Umstände auf die Abnahme der Wasserverdunstung wird wohl von Niemand bestritten?).. Ueber die Stellung der Blätter siehe oben 8. 234. 4. Die stärkere Entwickelung des Palissadenparen- chyms, die im Allgemeinen eine festere Struktur des Assimilations- systems zur Folge hat, muss mit dem im vorigen Absatz Gesagten in Beziehung gebracht werden, und hat u. a. einen auf dasselbe Ziel gerichteten Einfluss, wie die mechanische Verstärkung. Von beson- derem Interesse ist die (nach Wagner), wie es scheint, starke Ten- denz eines isolateralen Blattbaues mit Palissaden auf beiden Seiten des Blattes. Nun ist nach Heinricher (a. a. O. 8. 557) der iso- laterale Blattbau besonders gewissen Florengebieten charakteristisch: „so ist er offenbar in der Mediterranflora, der Steppen- Verhältnisse ganz umgekehrt gewesen sein, und zwar infolge der starken Er- wärmung des Bodens und der kräftigen Reflexion der Licht- und Wärmestrahlen. Vgl. auch Klauseh P., Teber die Morphologie und Anatomie der Blätter ron Bupleurum mit Berücksichtigung des Einflusses von Klima und Standort. Inang.- Dissert, Leipzig 1887. 1) Vgl. Baranetzky, TÜrber den Einfluss einiger Bedingungen auf die Transspiration der Pflanzen. Bot. Zeitung 1872, S. 65 F- 2) Man vergleiche z. B. Wagner’s Tafel I, Fig. 7 und 8, die Blattquer- schnitte von Paparer pyrenaicum vorstellen und zwar Fig. 7 aus dem botanischen Garten und Fig. 8 von einem alpinen Standort. Der Einfluss, den ein solcher Unterschied der Dicke auf die Trensspiration üben muss, ist selbstverständlich und folgt ja demselben Gesetze, welches wir z. B, bei einer Wassermenge sehen, die, in einem weithalsigen Gefässe enthalten, schneller verdunstet, als in einem eng- halsigen, da in diesem Falle die Verdunstungsfläche natürlich kleiner wird. Man kann übrigens argwöhnen, dass die offene Spalte der Spaltöffnung kleiner wird oder dass im Allgemeinen die Fähigkeit der Spaltöffnung sich zu öffnen abnimmt wegen Jer grösseren Festigkeit des Gewebes und wegen des entstehenden grösseren Widerstandes bei der Verkleinerung der Blattfläche. 237 flora, dem amerikanischen Prairieengebiet sehr ver- breitet“. Diese Construction würde also besonders an dürren und sonnigen Orten auftreten. Ueber die Ursache der Isolateralität sagt‘ Heinricher: „Die beiden Factoren, starke Besonnung und Trocken- heit, treten an den Standorten der Pflanzen mit isolateralem Blattbau meist vereint auf, doch scheint für die Ausbildung eines solchen. Blattbaues die Trockenheit des Standortes keine nothwendige, nur eine mit der starken Insola- tion in der Regel gepaarte secundäre Bedingung zu sein. Wir finden nämlich isolateralen Blattbau auch an Pflanzen, die entschieden feuchte Standorte bewohnen, ausgeprägt, oder doch mehr oder minder scharf angedeutet“. Und einige Seiten weiter: „Es erscheint uns auf Grund des Angeführten die Insola- tion als der wesentlichste Factor, welcher auf die iso- laterale Ausbildung der Blätter hinwirkt. Wenn man also nicht berechtigt sein dürfte, aus dem isolateralen Blattbau an und für sich irgend welche Schlüsse betreffs der Boden- beschaffenheit oder der Trockenheit des Klimas der Alpengegenden im Allgemeinen zu ziehen, so spricht doch wohl wegen der Tendenz des isolateralen Blattbaues (wenn man nämlich an die anderen Ge- genden denkt, wo die Isolateralität auftritt) die Wahrscheinlichkeit eher für als gegen Trockenheit des alpinen Klimas, — dass also die Transspiration dieses Gebietes gross ist. Ueber die Aufgabe der Palissadenzellenform als eines Schutz- mittels gegen Transspiration sei Folgendes aus Areschoug (Engler’s Jahrb. 1882, S. 518 ff.) angeführt. „Es ist mir vorge- kommen, als ob die begrenzte Wasserverdunstung solcher Blätter (mit stark entwickeltem Palissadenparenchym, nicht nur eine Folge der schwachen Entwickelung des Schwammparenchyms und der Be- schaffenheit der Oberhaut wäre, sondern auch auf das mächtige Palis- sadenparenchym zurückzuführen sei. Viele Umstände scheinen näm- lich darzuthun, dass dieses Gewebe infolge seines Reichthums an Chlorophyll im Stande ist, Wärme zu absorbiren und dadurch das unterliegende transspiratorische Gewebe gegen die Wärme, die das directe Sonnenlicht den Blättern zuführt, zu schützen. Ueberhaupt scheint dieses (Palissadenparenchym) das Schwammparenchym zu ver- treten, wenn die Transspiration vermindert werden soll.* Hier mögen noch einige andere Jiessbezügliche Stellen aus Jer Litteratur hinzugefügt werden. — Niedenzu (a. a. O. 8. 229) glaubt hei Arbutus Uurdo folgende Beziehung zwischen Standort und anatomischer Entwickelung gefunden 238 zu haben: „Je sonniger und trockener der Standort ist, umsomehr schwinden die Haarbildungen und Randzähne, um so consistenter wird die Cuticula, um so enger und höher werden die Epidermiszellen, um so mächtiger wird das Assimilations- gewebe, und zwar ebensowohl infolge einer — allerdings geringen — Zunahme der Schichtenzahl, wie ganz besonders infolge der Höhenzunahme der einzelnen Palissaden, wie Schwammparenchymzellen. Und dabei kommt es vor, dass die unmittelbar an die Palissaden, wie die untere Epidermis anstossenden Schichten des Schwammparenchyms sich palissadenartig ausbilden, womit die Isolateralität des Assimilationssystems eingeleitet wird.“ Schimper (a. a. OÖ. 8. 1048): „Die Wirkung concentrirterer Salzlösungen auf die Ausbildung der Gewebe ist derjenigen starker Beleuchtung ganz ähnlich; in beiden Fällen findet Abnahme der Oberfläche, Zunahme der Dicke durch stärkere Entwickelung der Palissaden, Zurücktreten der Intercellularen statt. Die Zunahme der Palissaden ist daher nicht oder nur theilweise als Anpassung an die Beleuch- tung als solehe zu betrachten; sie gehört vielmehr, wie es schon Areschuug annahm, zu den Schutzwitteln gegen Trausspiration. Es ist in der That auch klar, dass die langgestreckte Gestalt der Palissadenzellen für rasche Wasserver- sorgung sehr geeignet ist.* — Hieraus scheint hervorzugehen, dass Schimper die Ursachen des Auftretens von Palissaden (sowie die der xerophilen Ausbildung überhaupt) bei den Mangrov-Pflanzen eher in dem Salzgehalt des Wassers als in der Beleuchtung erblickt. Es scheint jedoch natürlicher zu sein, die Ursache hier- von ebensowie die der häufigen Isolateralität und Verticalstellung der Mangroven!) in erster Reihe in der starken tropischen Beleuchtung zu suchen, obgleich an- zunehmen ist, dass die Wirkung der Sonnenstrahlen irgend wie dureh starke Salz- eoncentrirung des Zelleninhalts verändert wird. 5. Ueber die epidermale Entwickelung habe ich bereits genug gesprochen; sie ist vielleicht der augenfälligste Grund. 6. Ueber die Verschleimung sagt Wagner (8. 515): „Noch ist ein anderes Vorkommen zu erwähnen, nämlich das verschleimter Epidermiszellen; und zwar handelt es sich in allen beobachteten Fällen um Verschleimung der Innenmembran“ ete. — Wegen Mangel an Vergleichen ist relativ genommen nichts hierüber zu sagen. Etwas anderes dagegen ist die Frage, wie man die Verschleimung als solehe aufzufassen hate. — Nachdem Westermayer in seiner bekannten Abhandlung über das Hautgewebe der Pflanzen ?) die starke Anschwellung der verschleimten Innenmembran im Wasser erwähnt, sagt er, dass „man den Eindruck erhält, als ob eine zwei- schichtige Epidermis vorläge“ und fährt dann fort: „Es liegt nun nahe, diesen hygroskopischen Polstern die Funetion zuzuschreiben, 1) Vgl. Schimper 8. 1049. — Johow, F., Ueber die Beziehungen einiger Eigenschaften der Laubblätter zu den Standortsrerhältnissen. Pringsh. Jahrb. 15, IN84, 8. 305. 2) Westermayer, M, Ueber Bau und Function der pflanzlichen Haut- yrivebesysteme, Pringsh. Jahrb. 14, 1883, S. 61, 239 Wasser abwechselnd zu speichern und bei Trockenheit unter Volumen- verminderung wieder abzugeben. Doch ist es mir nicht gelungen, durch einen Versuch, diese Hypothese zu stützen.“ — Ob irgend ein neuerer Verfasser in Rede stehendes Verhältniss direet gezeigt hat, ist mir nicht bekannt. Es scheint jedoch, als wäre eine solche Membranverschleimung eine sogar noch zweckmässigere Vorriehtung für den Transspirationsschutz, als eine nur verdoppelte Epidermis, denn der Schleimstoff besitzt ja die Eigenschaft, Wasser an sich zu ziehen und zäher festzuhalten‘) Westermayer selbst scheint in- dessen unschlüssig zu sein, ob eine solche Verschleimung wirklich als Vorrichtung für den Transspirationsschutz aufgefasst werden darf, weil die Verschleimungsmetamorphose z. B. auch bei Lythrum Sali- earia sich findet, sowie bei vielen Salix-Arten, also bei Pflanzen, die keineswegs wegen Troekenheit ihres Standortes eines verstärkten Wasserversorgungssystems bedürfen.* — Es ist jedoch möglich, dass diese Pflanzen zu der Gruppe der xerophil entwiekelten Sumpf- pflanzen gehören, und ebenso wenig, wie man bezweifelt, dass eine starke epidermale Wandentwickelung ein Transspirationsschutz der Pilanzen überhaupt ist, auch wenn dieser Bau bei Pflanzen mit reicher Wasserversorgung auftritt, ebensowenig dürfte man für die allgemein gültige Erklärung diejenigen Fülle zu berücksichtigen brauchen, in denen man Verschleimung des Gewebes bei Wassergewächsen ge- funden hat. 7. Was endlich den Zelleninhalt betrifft, ist mir hesonders eine Angabe bei Wagner (S. 544 Note) aufgefallen: „Ich will nur nebenbei bemerken, dass ich fast bei allen Species, welche ich daraufhin untersuchte, in den Epidermiszellen gerbstoffartige Sub- stanzen vorfand und oft in sehr erheblicher Menge. Gleichzeitig er- wies sich auch das Mesophyll oft reich an solchen Stoffen.“ — Es fehlt, soweit mir bekannt, auch über den Einfluss der Gerbsäure auf die Transspiration an direeten auf Untersuchungen gestützten Erfahrungen. Da aber dieser Stoff, wie es scheint, hauptsächlich bei arktischen, immergrünen und alpinen Pflanzen vorkommt, dürfte 1) Vgl. Fleischer (a. a. O. $. 41), der durch Experimente gefunden, dass gerade die reichlicher Schleimstoff enthaltenden Versuchspflanzen (Sedum, Senper- tirum, Bryophyllum, Aloe und Cereus) sich durch die grösste Widerstandsfähigkeit gegen Vertrocknen auszeichneten. — Volkens (Zur Keunbiiss der Beziehungen ete. 5. 13) erblickt in der Schleimabsenderung einen Schutz gegen Vertrocknung. — Warming (a. a. ©. 8.109) bringt gleichfalls die Schleimbildung von Emprtrum u.a. m. in Beziehung zu der Verdunstung. 240 es wenigstens wahrscheinlich sein, dass er einige Function als Trans- spirationsschutz ausübt.!) Es liesse sich vielleicht noch einiges hinzufügen, das mehr oder weniger eine starke Verdunstung in Alpengegenden?) andeutet, aber das Gesagte mag genügen, und nachdem ich nun die Gründe einander gegenübergestellt habe, einerseits diejenigen, welehe Wagner für seine Ansicht herbeizieht, dass Alpenpflanzen nicht für den Schutz gegen starke Transspiration eingerichtet wären, und in denen er einen Beweis für die schwächere Verdunstung in Alpen als in der Ebene erblickt, sowie andererseits diejenigen, welche ich selbst oben für die entgegengesetzte Ansicht angeführt, sche ich keine Veranlas- sung, meine Auffassung zu ändern. Wenn man auch die Mehrzahl meiner Gründe nicht billigen sollte als nicht mit absoluter Ge- wissheit für meine Ansicht beweisend, so müssen doch die übrigen, deren Bedeutung nicht bezweifelt werden kann, vollständig genügen, zumal, da ich zu zeigen gesucht, dass wohl kein einziger von Wagner’s Gründen die Ansicht desselben unwiderleglich beweisen kann. 1) Nach Burgerstein a. a. O. I, 8. 750 fasst Volkens u. a. das Vor- kommen von Gerbsäure in der Oberhaut und in den Mesophyli-Idioblasten als Schutz gegen zu starken Wasserverlust auf. (Volkens @., Zur Flora der ägypt- arab. Wüste. Vorl. Skizze. Sitzungsber. d. k. preuss. Akad. d. Wiss. T. VI, Berlin 1886, 8.63) — Vgl. Warming, Om Skudbygning etc. 8. 99. 2) Vgl. z.B. Bonnier, G.: Efwde experimentale etc, $. 439: „Dans les m&mes conditions d’&clairement, de temperature et d’&tat hygromötrique, pour une möme surface, les feuilles des altitudes superieures degagent toujvurs plus d’oxy- gene que les feuilles des altitudes inferieures.* Derselbe: Influence des hautes «ltitudes sur les fonctions des veyetaux. Comptes Rendus hebdomaduires des seunees de Vacademie de sc. etc, Tome CXI, 1890, 8. 379: „Chez les plantes plaeees ılans les mömes conditions exterieures, l’&chantillon cultive dans le elimat alpin a inoditie ses fonctions de telle sorte que l’assimilation et la transpiration chloro- phylliennes sont augmentees, tandis que la respiration et la transspiration & Vob- sceurite semblent peu modifi6es ou m&me diminudes.“ Gasvacuolen, ein Bestandtheil der Zellen der wasserblüthe- bildenden Phycochromaceen. Von Dr. H. Klebahn in Hamburg. Hierzu Tafel IV. Der nachfolgende Aufsatz entstand während eines längeren und wiederholten Aufenthaltes in Ploen, der mir durch ein Stipendium der Kgl. Akademie der Wissenschaften in Berlin ermöglicht wurde. Es sei mir gestattet, der Kgl. Akademie auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Ferner bin ich dem Begründer und Leiter der Biologischen Station in Ploen, Herrn Dr, Ö. Zacharias, dafür zu Dank verpflichtet, dass er mich zu dem Besuche der Station animirte und mir die Hilfsmittel derselben in liebenswürdiger Weise zur Verfügung stellte. I. Einleitung. Die Algenwelt der grossen Süsswasserbeeken lässt sieh in ähn- licher Weise, wie die des Oceans, in zwei grosse biologische Gruppen eintheilen, von denen die eine alle diejenigen Algen umfasst, die das Bedürfniss haben, sich an festen Gegenständen anzusiedeln oder sich wenigstens daran zu stützen, die andere dagegen solche Algen, die vermöge besonderer Eigenthümlichkeiten ihrer Organisation befähigt sind, sich mehr oder weniger vollkommen im Wasser schwebend zu erhalten. Während die Ersteren ihrer Verbreitung nach auf die Küstenregionen beschränkt sind, werden die Letzteren, die Plankton- algen, an jeder beliebigen Stelle, am reinsten aber in möglichster Entfernung vom Ufer angetroffen. Auch die Planktonalgen umfassen wieder mehrere Gruppen von abweichender Organisation und ver- schiedenem biologischen Verhalten. Ein Theil von ihnen besitzt ein specifisches Gewicht, welches das des Wassers um ein geringes über- trifft. Diese Algen würden sich nicht dauernd im Wasser schwebend Flora 1895, 16 242 erhalten können, wenn nicht besondere Einrichtungen bei ihnen zur Ausbildung kämen, die das Versinken hindern. So besitzen z. B. die Volvocaceen und Peridineen schwingende Geisseln, die eine, man möchte sagen, willkürliche Ortsveränderung ermöglichen. Auch die Diatomeen des Süsswasser-Planktons, die, soweit man weiss, der Eigenbewegung entbehren, aber durch die Gestalt ihrer Schalen und ihre Anordnung zu Colonien dem Sinken einen gewissen Widerstand entgegensetzen!), scheinen schwerer zu sein als das Wasser; ich werde am Schlusse dieser Arbeit darauf zurückkommen. Eine andere Gruppe von Planktonalgen zeichnet sich dagegen gerade dadurch aus, dass ihr speeifisches Gewicht geringer ist, als das des Wassers. Diese haben daher die Eigenthümlichkeit, dass sie in völlig ruhigem Wasser noch oben steigen und sich in einer Schieht an der Oberfläche an- sammeln. Geschieht das an den Orten ihrer natürlichen Verbreitung in grösserem Maassstabe, so bilden sie jene auffälligen grünen l’eber- züge, die seit langer Zeit das Interesse der Beobachter gefesselt haben und mit dem Namen Wasserblüthe bezeichnet werden. Nur im bewegten Wasser bleiben sie in verschiedenen Tiefen schwebend mehr oder weniger gleichmässig vertheilt. Hierher gehören fast aus- schliesslich Algen aus der Gruppe der Phycochromaceen. Während meines Aufenthaltes in Ploen habe ich namentlich der zuletzt genannten Gruppe der Planktonalgen meine Aufmerksamkeit zugewandt. Zunächst war es die von Paul Richter im II. Theile der von ©. Zacharias herausgegebenen Forschungsberichte der Biologischen Station zu Ploen bearbeitete Gloiotrichia echinu- lata (Engl. Bot.) P. Richter, die mich durch ihr massenhaftes Vor- kommen und durch ihr interessantes Verhalten fesselte und zu einer Lösung der Frage herausforderte, worin das Wesen und die Be- deutung der in ihren Zellen enthaltenen, von P, Richter für Schwefel angesehenen rothen Körper bestehe. Da die Letzteren sich auch in den Zellen der anderen wasserblüthebildenden Phycochro- maceen finden, so wurde die Untersuchung auch auf diese aus- gedehnt. Während der Arbeit erfreute ich mich der anregenden Theil- nahme und Unterstützung des Herrn Dr. 8: Strodtmann?), der, 1) Sehr anschaulich hat F. Schütt in den „Ergebnissen der Plankton-Expe- ıition“ (Das Pflanzenleben der Hochsee, Kiel und Leipzig 1893) die Schwebevor- riehtungen der Hochsee-Diatomeen geschildert. 2) Vgl. die Arbeit von Dr. S. Strodtmann im III. Theile der Forschungs- berichte aus der Biologischen Station zu Ploen. -— Infolge meiner Uebersiedelung 243 mit Studien über das biologische Verhalten der Planktonorganis- men im Allgemeinen und im Besonderen mit Rücksicht auf deren Schwebfähigkeit beschäftigt, auch mit Gloiotrichia echinulata Versuche anstellte. So gelangten wir dazu, eine Reihe von Ver- suchen und Beobachtungen gemeinsam auszuführen, deren Ergebnisse jeder für seine Zwecke verwerthete. Für die mir dadureh zu Theil gewordene Hilfe und Anregung spreche ich Herrn Dr. Strodtmann meinen verbindlichsten.Dank aus. Ferner möchte ich an dieser Stelle Herrn Apotheker Dr. U. Hausmann in Bremen für eine chemische Untersuchung der Gloiotrichia echinulata meinen Dank ab- statten, sowie Herrn E. Lemmermann in Bremen, Herrn Prof. Dr. N. Wille in Christiania und Herrn Prof. Dr. F. Schütt in Kiel für eine Anzahl von Mittheilungen, bezüglich die Beschaffung von Vergleiehsmaterial. ll. Gloiotrichia echinulata. A, Allgemeines Verhalten. Von den gesammmten Lebewesen des grossen und kleinen Ploener Sees ist die Gloiotrichia echinulata eines der interessantesten, mindestens eines der auffälligsten. In den Planktonfängen, die Dr. O0. Zacharias täglich ausführen lässt, findet sie sich von Mai bis September in Menge, und sie zieht in denselben nicht nur durch ihre Grösse und ihre lebhafte, gelblichgrüne Färbung die Aufmerksamkeit auf sich, sondern namentlich auch durch den Umstand, dass sie sich beim ruhigen IHinstellen der Fänge nach kurzer Zeit an der Ober- fläche des Wassers ansammelt. In den heissen Sommermonaten er- reicht sie den Höhepunkt ihrer Entwickelung. Dann bildet sie oft die Hauptmasse der Fänge, und in jedem Glase Wasser, das man an einer beliebigen Stelle im See schöpft, ist man sicher, eine Anzahl der Algenkügelchen anzutreffen. Durch ihre Grösse schon aus einiger Entfernung dem blossen Auge kenntlich, bietet sie sich dann auch ohne weitere Hilfsmittel bei einer Bootfahrt auf dem See der Beob- achtung dar, Namentlich im Sonnenschein bei etwas bewegtem Wasser gewährt sie ein anziehendes Bild; soweit der Blick in die von Bremen nach Hamburg ist der vorliegende Aufsatz später, als beabsichtigt war, zum Abschlusse gelangt; eine kurze Notiz findet sich indessen in meinem in den genaunten Berichten publicirten Artikel über den allgemeinen Charakter der Flora des Ploener Seengebietes. 16* 244 Tiefe zu dringen vermag, sieht man die hellschimmernden Kügelchen im Wasser verteilt und der Bewegung desselben folgend durch einander wogen. Beruhigt sich der Wasserspiegel, so zeigt sich eine andere Erscheinung. Die speecifisch sehr leichten Pflänzchen steigen an die Oberfläche und sammeln sich hier in grossen Schaaren an. Durch die gelinden Strömungen, die auch auf dem scheinbar völlig glatten Spiegel noch vorhanden sind, werden sie zu Gruppen zu- sammengetrieben, und sie bilden dann Streifen oder hin- und herge- zogene lange Linien von lebhaft gelber Farbe auf der glänzenden Fläche. Dann treibt sie ein gelinder Wind oft in so gewaltigen Massen nach dem Ufer, dass sie dort eine dieke, fast zähflüssige Schicht auf dem Wasser bilden, und dass man sie mit dem Löffel oder mit einem Netze leicht in beliebigen Mengen abschöpfen kann. Bei bewegtem Wasser verschwinden sie wieder von der Oberfläche, stets aber halten sie sich vorwiegend in den oberen Wasserschichten auf, während sie in grösserer Tiefe seltener werden und unterhalb 6—10m!), je nach der Stärke des Wellenschlags, fast gar nicht mehr zu finden sind. B. Der vermeintliche Schwefel in den Zellen der Gloiotrichia. Wie schon bemerkt, war die erste Veranlassung zu meiner Unter- suchung der Gloiotrichia die Vermuthung Riehter’s, dass diese Alge, ähnlich wie gewisse Bacterien, Schwefel in ihren Zellen auf- speichere. Untersucht man die lebende Alge bei starker Vergrösserung, so fallen die eigenthümlichen „kleinen rothen Körnehen, Balken oder Splitter“, wie Richter sich ausdrückt, die aus Schwefel bestehen sollen, sofort auf (vgl. Fig. 1, 8, 4 und 5)2). Sie erscheinen allerdings wie Einlagerungen in die schwach grünlich gefärbte Grundsubstanz der Zellen. Der Membran liegt zunächst ein zarter, schwach grünlich aussehender Wandbeleg an; dann folgt eine Schicht der röthlichen Gebilde, die gegen den Wandbeleg sehr scharf und mit einer bei ge- wissen Einstellungen des Mikroskopes sehr dunkel erscheinenden Contour abgegrenzt sind. Nach innen zu ist die Abgrenzung weniger deutlieh; die Ursache dafür ist wohl lediglich in optischen Ver- hältnissen zu suchen, die durch diejenigen dieser Gebilde herbeigeführt 1) Leber die Vertheilung der Gloiotrichia in den verschiedenen Tiefen bringt die erwähnte Arbeit von Dr. Strodtmann Genaueres, 2) Die Wiedergabe dieser Gebilde in der Zeichnung ist sehr schwierig. Die Abbildungen können daher nur eine ungefähre Vorstellung von der Zellenstruktur erzeugen, 245 werden, welche an der dem Beobachter zu- und an der abgewandten Seite der Zelle liegen. Bei hoher Einstellung sieht man die auf der zugewandten Seite liegenden Körperchen deutlicher. Der innerste Theil der Zellen ist, wie mir scheint, frei von diesen Gebilden. Hier liegt ein rundlicher Körper, der in den lebenden Zellen mit Methylen- blau gefärbt werden kann, und der dann, wenn auch wegen der optischen Verhältnisse nicht scharf umgrenzt, durch die röthlichen Gebilde hindurchschimmert (Fig. 8). Er dürfte dem Centralkörper entsprechen, der von den Autoren!) bei anderen Phycochroma- ecen beschrieben ist. Abgesehen von dieser Beobachtung, welche für das Fehlen der rothen Körperchen im innersten Theile der Zellen sprieht, machen Letztere den Eindruck, als ob sie ganz mit diesen Gebilden angefüllt wären. In bedeutend geringerer Menge sind die röthlichen Körper in den Heterocysten (Fig. 1) enthalten, und ein ganz erheblich ab- weichendes Aussehen zeigen die Zellen der langen haarartigen Ver- längerungen der Zellfäden. Diese Zellen (Fig. 4) sind langgestreckt und viel schmäler als die der unteren Fadentheile, ihr Inhalt ist farb- los. Die röthlichen Körper bilden vereinzelte Einlagerungen, die durch längere Streifen farbloser Substanz getrennt sind; sie kommen an Breite den Haarzellen häufig gleich und sind stets deutlich um- schrieben. Bei der Lebendfärbung mit Methylenblau wird statt des Centralkörpers ein band- oder fadenförmiger Streifen sichtbar, der sich in unregelmässigen Windungeu der Länge nach durch die Zelle zieht, bald der einen, bald der anderen Wandseite, fast stets auch den röthlichen Körpern anliegend (Fig. 10); mitunter zerfällt derselbe auch in einzelne isolirte Theile. — Von dem Verhalten der röthlichen Gebilde in den Sporen wird weiter unten die Rede sein. Nach der wiederholten und eingehenden Untersuchung der Zell- struktur von Gloiotrichia echinulata bin ich zu der Ueber- zeugung gekommen, dass die röthlichen Gebilde kein Schwefel sein können. Verhalten gegen Reagentien. Zunächst spricht das Ver- halten der rothen Körper gegen eine Reihe von chemischen Reagen- tien gegen die Schwefelnatur derselben. Setzt man einem Präparate Alkohol zu, so löst sich sofort in allen Zellen, die das Reagens er- —__i.l 1) Vgl. neben anderen E. Palla in Pringsheim’s Jahrbüchern Bd. XXV, p- 511, 246 reicht, die beschriebene Struktur auf, der ganze Inhalt der Zellen wird gelblich grün, und es treten runde Körner auf, die vorher nicht sichtbar waren (vgl. Fig. 2 mit Fig. 1). Bei der Anstellung dieses Versuches ist zu beachten, dass der Alkohol nicht immer rasch einwirkt, da namentlich unter dem Deckglase die Gallerte der Gloiotrichia leicht sein Eindringen hindert. Die nach der Alkohol- behandlung sichtbaren runden Körner färben sich leicht und intensiv mit Haematoxylin (Fig. 7). Da Alkohol die bekannten Modifieationen des Schwefels nicht löst, wenigstens nicht leicht und in grösserer Menge, und da sich Schwefel mit Haematoxylin nicht färbt, so können weder die röthlichen noch die mit Alkohol sichtbar werdenden Körner Schwefel sein. Auch durch die Einwirkung einer ganzen Reihe anderer Rea- gentien, von denen nicht bekannt ist, dass sie Schwefel zu lösen im Stande sind, verschwinden die röthlichen Körmer. Starke Säuren, 4. B. Salzsäure, Essigsäure, concentrirte Pikrinsäurelösung, wirken fast momentan; einprocentige Chromsäurelösung und andere verdünnte Säuren vernichten die Körnerstruktur nach etwas längerer Einwirkung. Es ist nicht möglich, mittels dieser Reagentien die Zellstruktur der Gloiotrichia zu fixiren. Selbst in Glycerin, das anfangs ohne jede Einwirkung ist, verschwinden die Körner nach einigen Tagen. Gegenüber den genannten Substanzen verdient eine Reihe anderer genannt zu werden, die ohne oder von geringerer Einwirkung auf die rothen Körner sind. Hierher gehören Kalkwasser, Ammoniak, Jodjodkalium, Sublimat, Osmiumsäure. Die Osmiumsäure in 1pro- eentiger Lösung ist ein vortreffliches Fixirungs- und Härtungsmittel für die Struktur der Zellen. Die mit diesem Reagens behandelte Alge hält sich in Glycerin tagelang unverändert; in mit etwas Kreo- sot gegen Pilzbildung versetztem Wasser blieb die Struktur der Zellen über zwei Monate unverändert; noch länger hielten sich die in con- eentrierter Zuckerlösung eingeschlossenen mikroskopischen Präparate (s. unten). Verhalten gegen Druck. Einen weiteren, unbedingt über- zeugenden Beweis dafür, dass die röthlichen Gebilde kein Schwefel sein können, liefert das Verhalten derselben gegen Druck. Die Ver- suche wurden zuerst in der Absicht ausgeführt, die rothen Körner aus den Zellen zu isoliren; ihr Erfolg war ein durchaus unerwarteter. Bringt man eine durch gelinden Druck zertheilte Gloiotriehia- Kugel mit wenig Wasser unter das Deckglas und übt dann unter Anwendung eines Objectivs von genügend grossem Abstand in der 247 Mitte des Gesichtsfeldes mittels einer starken Nadel einen sehr kräf- tigen Druck auf das Deckglas aus, so verschwindet die Körner- struktur plötzlich in der nächsten Umgebung der Druckstelle, d. h. überall, wo infolge der Durchbiegung des Deckglases der Druck ge- nügend stark war. Die Zellen platzen selbst bei starkem Druck nicht und es wird keinerlei Austritt irgendwelcher Substanz aus den- selben bemerkt; sie verbreitern sich nur und nehmen nach dem Auf- hören des Druckes ihre alten Maasse wieder an. Es scheint also, dass die Membran eine hohe Widerstandsfähigkeit besitzt. Die ganze Erscheinung ist im höchsten Grade auffallend uud bemerkenswerth: die frischen Zellen erscheinen bei der anzuwendenden schwachen Vergrösserung sehr dunkel, fast schwarz; durch den Druck werden sie mit einem Male hell und durchscheinend; untersucht man sie hernach bei starker Vergrösserung, so zeigen sie fast dieselbe Be- schaffenheit, wie die mit Alkohol behandelten Zellen, und man be- merkt in ihnen dieselben oder wenigstens ganz ähnliche helle Körner. Ein noch interessanteres Verfahren, die Struktur durch Druck zum Verschwinden zu bringen, brachte Herr Dr. Strodtmann zur Anwendung. Es besteht darin, dass man eine Anzahl Gloiotrichia- Kugeln mit Wasser in ein diekwandiges Cylindergläschen füllt und dann mittels eines dichtschliessenden Stöpsels einen sehr kräftigen Druck auf das Wasser ausübt, wobei man dafür zu sorgen hat, dass sich unter dem Stöpsel keine Luft mehr befindet, derselbe also un- mittelbar auf das Wasser drückt. Auch für das unbewaffnete Auge verändern die Gloiotrichia-Kugeln ihr Aussehen bei diesem Ver- suche. Während sie vorher trüb und undurchsichtig, nur im auf- fallenden Lichte hell grünlichgelb sind, werden sie durch den Druck grünlich durchscheinend und zeigen, wenn das Sonnenlicht hindurch- fällt, die zwei Radien eines bestimmten Durchmessers als glänzende Streifen, ähnlich wie sie eine auf der Drehbank abgeschliffene und lackirte kreisförmige Messingplatte im auffallenden Lichte zeigt. Sehr bemerkenswerth ist auch die Erscheinung, dass der zuletzt beschriebene Versuch an dem frisch mit Osmiumsäure fixirten Mate- riale nicht gelingt. Chemische Untersuchung auf Schwefel, Mit dem im Vorstehenden aus der mikroskopischen Untersuchung der Alge (tloiotrichia echinulata abgeleiteten Schlusse, dass die rothen Körper kein Schwefel sein können, steht das Resultat einer chemischen Prüfung, die Herr Apotheker Dr. U. Hausmann in Bremen die Güte hatte, für mich auszuführen, in vollem Einklange. Das zu dieser 248 Analyse verwandte Material war bei einer starken Ansammlung der Wasserblüthe am Ufer mit dem Gazenetz abgeschöpft und auf Lösch- papier in Wind und Sonnenschein rasch getrocknet worden. Der Bericht des Herrn Dr. Hausmann lautet: „Nach verschiedenen Vorprüfungen habe ich mich zu folgendem (ange entschieden, der mir die grösste Gewissheit zu geben schien, Fehler auszuschliessen, welche durch gebundenen Schwefel entstehen könnten: 3,5 g der trockenen Algen wurden erst mit Spiritus von 69°, dann mit kochen- dem Wasser so lange ausgezogen, bis sie an letzteres nichts Nennens- werthes mehr abgaben. Nun wurden sie mit 30 cem einer 20 proc. Lösung von neutralem Natriumsulfit übergossen. womit 31. Stunden bei einer Temperatur von 90° digerirt wurde. Bei dieser Behandlung würde sich sämmtlieher ungebundene Schwefel aufgelöst und einen Theil des Natriumsulfits in Natriumhyposulfit verwandelt haben. Die abfiltrirte Flüssigkeit wurde mit Salzsäure übersättigt, erwärmt und 24 Stunden stehen gelassen, um einen entstandenen geringen Nieder- schlag absetzen zu lassen, der dann auf einem Filterchen gesammelt wurde. Dieser Niederschlag konnte nun der gesuchte Schwefel sein, da sich Natriumhyposulfit mit Salzsäure in Chlornatrium, schwefelige Säure und freien Schwefel zerlegt. Zur näheren Prüfung wurde der Niederschlag mit Natronlauge gekocht, wieder filtrirt und das Filtrat mit basischer Bleilösung versetzt. Die Flüssigkeit blieb jedoch ganz farblos. Freier Schwefel konnte somit in der Alge nicht nachgewiesen werden.“ Gegenüber den vorliegenden Ergebnissen will ich allerdings da- rauf hinweisen, dass nach Richter’s Angabe (p. 13 des Separat-Ab- druckes) bei einer Analyse von P olyeystis aeruginosa, die ein befreundeter Chemiker für ihn ausführte, ein positives Resultat erzielt worden ist. Indessen kann ich nach den weiter unten mitzutheilenden Beobachtungen auch an einen Schwefelgehalt von Polyeystis nicht glauben, und ich mus daher bedauern, dass Richter das Verfahren bei jener Analyse nicht mittheilt. Ts erscheint ja nicht ausgeschlossen, dass bei der Untersuchung eines grösseren Algenquantums der im Ei- weiss enthaltene gebundene Schwefel ein positives Resultat bedingen kann, falls nicht die Analyse, wie die von Dr. Hausmann aus- geführte, von vornherein den Nachweis nur des freien Schwefels ins Auge fasst, Beggiatoenschwefel. Ich muss gestehen, dass infolge meiner Erfahrungen einige Zweifel in mir aufgestiegen sind, ob die in den Beggiatoa-Arten als Schwefel angesprochenen Körner auch wirklich 249 Schwefel seien, namentlich wegen der von Cohn!) referirten Angabe Cramer’s, dass die Körner in einem Ueberschuss von absolutem Alkohol löslich sein sollen, und weil verschiedene Einzelheiten in Cohn’s Beschreibung des Beggiatoenschwefels sehr gut auf das Ver- halten von Gloiotrichia passen?). Indessen sind diese Zweifel doch wieder verschwunden, als ich die Arbeit von Winogradsky?) durch- las, Die ganzen Ergebnisse Winogradsky's, namentlich die engen Beziehungen der Beggiatoen zum Schwefelwasserstoff, lassen kaum einen Zweifel, dass es sich in diesen Bacterien wirklich um echten Schwefel handelt. Dagegen ist es ja möglich, dass in andern Bacterien, deren Gedeihen nicht so unbedingt an das Vorhandensein von Schwefelwasserstoff gebunden ist, gelegentlich Gebilde für Schwefel gehalten worden sind, die nichts damit zu thun haben. Hervorheben möchte ich noch, dass Winogradsky concentrirte Pikrinsäurelösung verwendete, um den amorphen Schwefel der Beggiatoen zum Krystal- lisiren zu bringen, während, wie schon oben mitgetheilt, der ver- meintliche Schwefel der Gloiotrichia durch dieses Reagens momen- tan verschwindet. C. Die rothen Körner als Gasvacuolen. Nachdem die voraufgehende Untersuchung das Resultat gebracht hat, dass die röthlichen Einschlüsse der Gloiotrichia-Zelle kein Schwefel sind, erhebt sich naturgemäss die Frage, worin denn ihr Wesen besteht. Sind es überhaupt feste Körper, oder besitzen die- selben flüssigen oder gar gasförmigen Aggregatzustand ? Sowohl durch das rasche Verschwinden der Gebilde mittels einer Reihe der obengenannten Reagentien von nicht besonders aus- geprägtem Lösungsvermögen, z. B. wässriger Pikrinsäurelösung, als auch ganz besonders durch den Umstand, dass es möglich ist, sie durch einen auf die Zellen wirkenden Druck zum Verschwinden zu bringen, wird die Annahme völlig ausgeschlossen, dass es sich um feste Körper handele. Das steht auch in Einklang mit ihrem opti- schen Verhalten, denn man findet bei aufmerksamer Beobachtung des mikroskopischen Bildes, dass sie schwächer lichtbrechend sind, als das sie umgebende Protoplasma. Sie zeigen röthliche Farbe und 1) Beiträge zur Biologie I. Bd. 3. Heft p. 178. Die Uramer’sche Arbeit konnte ich leider nicht erhalten. 2) Besonders p. 178 oben. 3) Botan. Zeitung 1887, p- 493 #. 250 einen namentlich bei hoher Einstellung dunkeln Rand in ganz ähn- licher Weise, wie kleine Theilchen schwach lichtbrechender Substanz, die man in ein optisch dichteres Medium eingeschlossen hat, z. B. Wasser- oder Glycerintröpfeben in Canadabalsam, Luftbläschen in Wasser oder Balsam!). Wenn man dann die Frage erwägt, ob die röthlichen Gebilde eine Flüssigkeit enthalten können, so sind nach dem geringen Licht- brechungsvermögen alle ölartigen Körper von vornherein auszu- schliessen. Dafür spricht auch der Umstand, dass Osmiumsäure keine Veränderung im Ausschen der Zellen hervorbringt. Eher schien es mir möglich, dass der Inhalt Wasser oder eine wässrige Lösung sei, wonach dann die Gebilde als Vaeuolen zu bezeichnen gewesen wären. Aber auch für diese Annahme erscheint die Lichtbreehungs- differenz zwischen dem Protoplasma und den röthlichen Gebilden viel zu: hoch; diese ist nämlich, wie die Vergleichung mit den oben erwähnten Hilfspräparaten zeigt, entschieden wesentlich grösser, als die zwischen Balsam und Wasser, und es sprieht nichts dafür, dass das Protoplasma der Gloiotrichia-Zellen einen besonders hohen Brechungsindex habe. Flüssigkeiten von geringerem Brechungsindex als Wasser sind aber, soweit ich weiss, kaum bekannt, und man kann daher mit Recht vermuthen, dass der Inhalt der röthlichen Ge- bilde überhaupt keine Flüssigkeit ist. Es lässt sich aber auch dircet beweisen, dass es sich nicht um Wasser handeln kann. Denn wären die Gebilde mit Wasser oder einer wässrigen Lösung angefüllte Vacuolen, so müssten sie sich ver- kleinern oder verschwinden, wenn man die Zellen mit Substanzen von starker osmotischer Wirksamkeit behandelt, z. B. mit Glycerin, Kuoch- salzlösung, Zuckerlösung. In diesen Flüssigkeiten halten sich die vöth- lichen Gebilde jedoch tagelang völlig unverändert. Das Glycerin hatte allerdings nach einiger Zeit die Zellstruktur zerstört, und die Zellen zeigten dann dasselbe Aussehen wie solche, die mittels Alkohol oder durch Druck die rothen Körner verloren haben; doch kann diese erst nach mehreren Tagen erfolgende Einwirkung nicht mehr als eine osmotische bezeichnet werden. Ganz besonders indifferent erwies sich die Zellstruktur der Gloiotrichia gegen concentrirte Zucker- lösung. Ich habe diese daher an Stelle von Glycerin als Einschluss- medium für Dauerpräparate verwandt und kann sie insoweit empfehlen, 1) Durch Verreiben eines Wassertröpfehens mit Canadabalsam lassen sich 2. B. derartige Vergleichsobjecte herstellen. Weiteres wird unten mitgetheilt werden. 251 als die im August mit Ösmiumsäure gehärteten Algen sich bis jetzt (Ende Dezember) zum grössten Theil fast unverändert darin gehalten haben; störend wird nur der Umstand, dass die Lösung leicht Kry- stalle absetzt. Während die genannten osmotisch wirksamen Sub- stanzen auf die rothen Körner keinen Einfluss ausüben, sind sie da- gegen durchaus nicht ohne Einwirkung auf das Plasma der Zellen. Das wird an den Haaren leicht sichtbar; die zwischen den röthlichen Gebilden liegenden farblosen Theile der Haare schrumpfen merklich zusammen, wenn man eine jener Flüssigkeiten zusetzt; sie erscheinen dann in derselben Weise platt, wie Fäden von Oedogonium oder Spirogyra, die man in Alkokol oder Glycerin gelegt hat. Einen ebenso überzeugenden Beweis dafür, dass die Substanz der rothen Gebilde kein Wasser oder eine andere flüchtige Flüssig- keit sein kann, liefert das Verhalten der Alge beim Trocknen und beim Erhitzen nach dem Trocknen. Um zur Untersuchung geeig- netes Material zu erhalten, zerdrückt man einige Gloiotrichia- Kugeln schr vorsichtig mittels eines Deckglases auf einem Object- träger und lässt dann die dadurch getrennten Fadengruppen antrocknen. Untersucht man das Object nach dem völligen Austrocknen in einem Tropfen Wasser, Glycerin, Oel, Kreosot, Xylol, Canadabalsam oder dergl. so ist das mikroskopische Bild des Zellinhaltes fast genau das- selbe wie im lebenden Zustande; die röthlichen Gebilde treten un- verändert, fast noch deutlicher als im Leben, hervor. Auch wenn man den Öbjeetträger mit der trockenen Alge vorher längere Zeit auf über 100° erhitzt hat, und selbst dann, wenn die Tlitze bereits eine gelinde Bräunung der Alge hervorgebracht hat, bleibt das mikro- skopische Bild unverändert. Die Objectträger mit der an der Luft und durch Erhitzen ge- trockneten Alge lassen sich daher durch Bedecken mit einem Tropfen stark eingediekten Canadabalsams und Deekglas leicht in Dauerprä- parate von wahrscheinlich unbegrenzter Haltbarkeit verwandeln, an denen das Aussehen des Zellinhaltes sich von dem im Leben nur unerheblich unterscheidet. Auch in Gelatine kann man die Alge auf dem Objeetträger eintroeknen lassen, ohne dass die rothen Körper ver- schwinden!). Lässt man grössere Quantitäten der Alge mit Gelatine gemischt eintrocknen, so kann man auch Querschnitte durch die !) Das Ausschen der so erhaltenen, in Balsam eingeschlossenen Präparate entspricht dem lebenden Zustande noch mehr, als das derjenigen mit der einfach getrockneten Alge. 252 Fäden erhalten. Ich habe damit allerdings für die Untersuchung bis jetzt keine Vortheile erzielt. Nach dem Vorausgehenden bleibt in Bezug auf die Natur der röthlichen Gebilde keine andere Annahme übrig, als die, dass sie Hohlräume im Protoplasma sind, die ein Gas enthalten. Der Name ‚„Gasvaecuolen* dürfte ihr Wesen kurz und deutlich bezeichnen. Da meines Wissens das Vorkommen derartiger Bildungen in den Zellen irgend welcher Wesen überhaupt noch nicht bekannt ist, erfordert die vorstehende Ansicht eine eingehende Begründung. Ich glaube aber behaupten zu dürfen, dass das Verhalten der röthlichen Gebilde sowohl wie das der ganzen Alge durch die Annahme, dass erstere Gasvacuolen sind, cine völlig befriedigende Erklärung findet, und ich will versuchen, das im Folgenden zu beweisen. 1. Verhalten beim Troeknen und Erhitzen. Beim Austrocknen der Alge können nur die mit Wasser dureh- tränkten Theile eine Veränderung erleiden. Es erscheint daher völlig begreiflich, dass die Gasvacuolen erhalten bleiben, zumal da keine Oeffnungen in der Zellwand vorhanden sind, durch die das Gas entweichen könnte. Indem aber das die Vaeuolen umgebende und von einander trennende Protoplasma einschrumpft, werden sie geringe Veränderungen in ihrer Grösse, vielleicht auch in ihrer An- ordnung erfahren, die wohl mit den unerheblichen Verschiedenheiten, die das mikroskopische Bild der Zellstruktur der getrockneten Alge gegenüber dem lebenden Zustande zeigt, in Einklang zu bringen sind. Die Vacuolen werden selbst zu ihrer Erhaltung beitragen, indem sie verhindern, dass das gesammte Plasma der Zelle zu einer einzigen Masse zusammenschrumpft. Die Zellmembran, die an sich schon recht widerstandsfähig ist, wie die obenerwähnten Druckversuche zeigen, dürfte durch das Antrocknen der sie umgebenden Gallerte noch fester werden, so dass man versteht, weshalb auch bei stärkerem Erhitzen, so lange die Hitze unter dem Zersetzungspunkte der organischen Substanz bleibt, keine bemerkbare Veränderung des durch Trocknen erreichten Zustandes mehr eintritt. Es ist daher auch nicht zu erwarten, dass man beim Erhitzen der Alge in Flüssigkeiten von höherem Siedepunkt als Wasser ein Austreten der Gasbläschen beobachten kann. Ich machte diesen Ver- such mit gut getroeknetem Material, um Täuschungen durch etwa auftretende Dampfblasen auszuschliessen, unter Verwendung eines improvisirten heizbaren Öbjeettisches und einer in geeigneter Weise 253 geschützten Linse von grösserem Abstande. Wenn Oel oder Vaseline als Einschlussmedium benutzt wurde, liess sich die Erhitzung bis zur beginnenden Bräunung der Alge treiben, ohne dass eine Veränderung bemerkt wurde. Beim Erhitzen in Glycerin verschwanden dagegen die Vacuolen, jedoch ohne dass ein Austreten von Blasen bemerkt wurde; ich glaube, dass es sich dabei um denselben Vorgang handelte, wie bei den im nächsten Abschnitt zu besprechenden Absorbtions- erscheinungen. Wenn die Gasvacuolen einmal auf die eine oder andere Weise durch eine Flüssigkeit ausgefüllt sind, scheint es nicht möglich zu sein, sie wieder mit Gas zu erfüllen. Beim Trocknen der durch Druck oder durch Reagentien vom Gase befreiten Algen treten sie nicht wieder auf; so gewonnenes Troekenmaterial sieht wesentlich anders aus, als aus unveränderten Algen hergestelltes. Ueberhaupt ist nach’ dem Eindringen der Flüssigkeiten von den Vacuolen meist niehts mehr zu sehen. Nur einmal machte ieh eine abweichende Beobachtung, als ich nämlich ein getrocknetes und etwas gesengtes Präparat, das in Nelkenöl liegend die Gasvacuolen unverändert zeigte, vorsichtig mit Alkohol behandelte. Die sich bildende alkoholische Nelkenöl- lösung drang in die Zellen ein und absorbirte das Gas, aber die An- ordnung des Protoplasmas schien unverändert zu bleiben, und nach dem abermaligen Zusatze von Nelkenöl erschienen dann die Varuolen mit dunkel gefärbtem Oel angefüllt, von dem das hellere Protoplasma sich deutlich abhob. Das Bild der Vaeuolen war dadurch erhalten, aber nur durch Färbungsunterschiede; alle Lichtbreehungsdifferenzen fehlten. Die Erscheinung hing übrigens von einem günstigen Zufalle ab; es gelang bei wiederholter Herbeiführung ähnlicher Umstände nicht, dieselbe noch einmal in gleicher Deutlichkeit zu sehen. 2, Absorbtion def Gasvacuolen. Es ist weiter oben gezeigt worden, dass eine Reihe von Reagentien die Vacuolenstruktur mehr oder weniger rasch zum Verschwinden bringt. Die getrocknete Alge zeigt dasselbe Verhalten gegen einige jener Substanzen, z. B. gegen Alkohol, und die Untersuehung an trockenem Material hat den Vorzug, dass man sicher ist, es nur mit physikalischen oder ehemischen Erscheinungen, nicht mit Beactionen des lebenden Plasmas zu thun zu haben. Noch geeigneter als Alkohol ist flüssiges Phenol (acid. earbol. liquefaet.) zu dieser Untersuchung, weil letzteres langsamer unter dem Deckglase vordringt und auch auf die trockene Alge etwas langsamer einwirkt. Sowie dieses Reagens 254 mit einem der getrockneten Fäden in Berührung kommt, verschwinden die Vaeuolen fast momentan, ohne dass austretende Gasblasen sichtbar werden; man kann aber beobachten, dass sie sich dabei zuvor ver- kleinern. Zur Beurtheilung dieses Vorgangs ist die Erfahrung von Wich- tigkeit, dass kleine Luftblasen in derselben Weise von Phenol (oder Alkohol) absorbirt werden. Ein fast regelmässiger Begleiter der Gloiotrichia im Plankton des grossen Ploener Sees ist die Diato- macee Fragilaria cerotonensis Edw.; wenn diese mit der ersteren auf dem Objeetträger angetrocknet ist, so findet sich Luft in ihren Schalen. Setzt man einem solchen Präparate Phenol zu, 50 sieht man, wie die verhältnissmässig grossen Luftblasen in den Kiesel- panzern allmählich kleiner werden und schliesslich, nachdem sie zu einem Pünktchen zusammengeschrumpft sind, ganz verschwinden, und zwar auch, ohne dass dabei ein Austreten von Luftblasen zu beobachten wäre. Ganz ähnliche Erscheinungen zeigen sich in trockenen Baum- wollfäden, die man der Einwirkung von Alkohol oder Phenol aus- setzt. Was die Erklärung dieser Vorgänge betrifft, so glaube ich, dass dieselben nicht sowohl auf einem besonders ausgeprägten Ver- mögen der genannten Flüssigkeiten, Gase zu absorbiren, beruhen, als vielmehr auf der hohen Capillarkraft, welche dieselben namentlich auch organischen Stoffen gegenüber, äussern. Wenn z.B. Phenol von allen oder von mehreren Seiten her in den engen luftgefüllten Hohl- raum einzudringen beginnt, wird es infolge der Capillarität bestrebt sein, denselben ganz auszufüllen. Dadurch wird ein Druck auf das Gas ausgeübt und die Absorbtion desselben beschleunigt. Im aufgelösten Zustand diffundirt das Gas dann und vertheilt sich in der Flüssigkeit. Das Verschwinden der Gasvacuolen an der trockenen Gloiotrichia durch die Einwirkung von Alkohol oder Phenol ist ohne Zweifel auf denselben physikalischen Vorgang zurückzuführen, und dasselbe dürfte für die in der Kälte allerdings sehr langsame, in der Wärme dagegen erheblich beschleunigte Wirkung des Glycerins gelten. Auch bei dem Verhalten der oben erwähnten Reagentien gegen die lebende Gloio- triehia kommt es wohl im Wesentlichen darauf an, in welchem Maasse das betreffende Reagens im Stande ist, in das Innere der Zellen ein- zudringen und beim Eindringen in die Hohlräume Capillarkräfte zu äussern, Dass Alkohol oder mit starken Säuren versetztes Wasser eine kräftigere Wirkung in diesem Sinne hervorbringen muss, als wässrige Lösungen indifferenter Stoffe, wie Zucker oder Kochsalz, erscheint begreiflich. Schwieriger ist es zu verstehen, warum andere N | | { ; 255 kräftig wirkende Stoffe, wie Jodlüsung oder Ammoniak, ohne Einfluss auf die Vacuolen sind. Zweifellos kommen bei der Behandlung der lebenden Zelle noch chemische oder physiologische Wirkungen ins Spiel, wie z. B. die durch Ösmiumsäure, Jod, Chromsäure veranlassten Härtungen oder Gerinnungen des Plasmas, oder auch Einwirkungen auf das senem Wesen nach noch unbekannte in den Vacuolen ent- haltene Gas. Es wäre vielleicht nicht ohne Interesse, diese bis jetrt noch nieht genügend geklärten Verhältnisse weiter zu verfolgen. 3. Druckversuche; Auspressen des Gases, Die oben erwähnte Erscheinung, dass die Vaeuolen durch einen auf die Zellen wirkenden starken Druck zum Verschwinden gebracht werden können, bedarf unter der Annahme, dass sie wirklich ein Gas enthalten, keiner besonderen Erklärung. Ueber die Grösse des Druckes, der zur Entfernung der Vacuolen erforderlich ist, habe ieh kein bestimmtes Urtheil, da geeignete Apparate zur messenden Beobachtung in Ploen nicht zu beschaffen waren; ich glaube aber, dass ein Teber- druek von einer Atmosphäre nicht genügt, denn den Druck der Wasserleitung der Biologischen Station, der annähernd eine Atmosphäre beträgt, hielt die lebende Alge einen Tag lang ohne Veränderung aus. Die Druckversuche unter Deckglas hatte ich ursprünglich in der Hoffnung ausgeführt, dass es gelingen möchte, die Zellen zum Platzen zu bringen und die röthlichen Gebilde, bezüglich die muthmasslichen Luftblasen, dadurch zu isoliren. Das erwartete Resultat trat indessen auch bei den stärksten mit dem Deckglase unter dem Mikroskope ausführbaren Drucken nicht ein. Als ich aber Ende September die Versuche in etwas modifieirter Weise mit Material wiederholte, das Mitte August mit Osmiumsäure fixirt und seitdem jn Wasser auf- gehoben worden war (wobei die Struktur der Zellen keine Veränderung erlitten hatte), zeigte sich eine sehr bemerkenswerthe Erscheinung. Im Momente des Aufhörens des Druckes kamen nämlich Gasblasen über den gedrückten Algenmassen zum Vorschein. Wenn die Beob- achtung gelingen soll, muss der (in der Mitte des (iesichtsfeldes auf das Deckglas auszuübende) Druck sehr kräftig und von momentaner Dauer sein, also sehr rasch einsetzen und sofort ebenso plötzlich wieder auf- hören. Der Vorgang lässt sich so erklären, dass das Gas infolge des Druckes zunächst ahsorbirt wird, aber bei der kurzen Dauer des Druckes nicht Zeit findet, sich in der Flüssigkeit zu vertheilen, und daher bei der plötzlichen Druckverminderung wieder als (as zum Vorschein kommt. Mitunter war sogar zu eonstatiren, dass beim Auf- 256 hören des Druckes im Innern der gedrückten Zellen wieder Gasblasen auftraten, die dann aber von anderer Form und deutlicher als Gas- blasen zu erkennen waren, als die vorher vorhandenen Vacuolen. In Bezug auf die Richtigkeit der Annahme, dass das auf diese Weise sichtbar werdende Gas aus den Vacuolen stamme, wurde ich indessen zunächst durch einige Erscheinungen stutzig gemacht, die ich bei Controlversuchen ohne die Alge mit verschiedenen Flüssigkeiten beobachtete. Bringt man einen Tropfen Glycerin oder Paraffınum liquidum zwischen Objeetträger und Deckglas und übt in derselben Weise einen momentanen, sehr kräftigen Druck auf das Deckglas aus, so sieht man beim Aufhören des Drucks eine grosse plattgedrückte Gas- blase, die nach der Peripherie hin gewöhnlich dendritisch verzweigt ist, um die Druckstelle herum auftauchen, sich rasch zusammenziehen und eine Anzahl kleiner Bläschen zurücklassen. Mitunter, namentlich bei Anwendung von Paraffinum liquidum, verkleinern sich die Bläs- chen nach kurzer Zeit und verschwinden wieder, indem sie absorbirt werden. Es scheint danach also, dass man die von einer Flüssig- keit absorbirten Gase durch starken Druck und darauffoigendes plötz- liches Nachlassen des Druckes zum Austreten bewegen kann. Es ist aber auch möglich, dass die saugende Wirkung, welche zu Stande kommen muss, wenn das durchgebogene Deckglas sich wieder streckt und die Flüssigkeit den entstehenden leeren Raum nicht so rasch ausfüllen kann, die Hauptursache des Auftretens der Bläschen ist. Ob die den Glaswänden im absorbirten Zustande anhaftende Luft dabei zugleich eine Rolle spielt, ist schwer zu beurtheilen. Jedenfalls ist diese Erscheinung auch vom rein physikalischen Standpunkte nicht ohne Interesse, Iliernach wäre nun aber auch eine andere Erklärung des eben besprochenen Versuchs mit Gloiotrichia zulässig, nämlich die, dass die nach dem Drücken der Alge frei werdenden Gasblasen aus der sie einschliessenden Flüssigkeit stammen. Es lag daher nahe, aus- gekochte Flüssigkeiten anzuwenden. Bei einem Vorversuche mit unter dem Deckglase ausgekochtem Glycerin zeigte sich, dass die beim Nachlassen des Drucks entstehende und sich dann contrahirende Blase alsbald vollständig wieder absorbirt wurde. Vielleicht ist die Blase in diesem Falle fast oder ganz luftleer. Indessen kam ich doch von der Verwendung ausgekochter Flüssigkeiten wieder zurück, da die Gloiotrichia natürlich nicht mit ausgekocht werden konnte, und daher doch ein uncontrolirbarer Factor eingeführt wurde. Ich beschränkte mich schliesslich auf einfache vergleichende Versuche 257 mit gewöhnlichem Wasser einerseits, mit Wasser und Gloiotrichia- Fäden andererseits. Die Deckgläser wurden bei den Versuchen mit Hilfe von geleimtem Papier festgeklebt. Führte ich den Versuch mit blossem Wasser aus, so war die Menge des dureh die Druck- verminderung befreiten Gases nach dem Contrahiren der ursprüng- lich entstehenden Blase sehr gering, es blieben nur winzig kleine Bläschen zurück, die nieht selten zu langgezogenen und verzweigten baeterien- oder bacteroidenähnlichen Stäbehen verlängert und den- dritisch angeordnet waren. Blieb das Deckglas unberührt, so hielten diese sich lange unverändert, so dass ich sie zeichnen konnte (Fig. 37); bei der geringsten Bewegung des Deckglases, z. B. beim Drücken auf dasselbe, verschwanden sie aber, indem sie absorbirt wurden. Auf das optische Verhalten dieser Bläschen werde ich weiter unten zurückkommen. Wenn der Versuch dagegen mit Gloiotrichia in Wasser ausgeführt wurde, so blieben nach dem Contrahiren der bein Nachlassen des Drucks auftretenden Blase immer zahlreiche, verhältnissmässig grosse, gewöhnlich sich abrundende Gasblasen zurück (gar nicht selten bis 20% Durchmesser)'), und diese verschwanden nicht wieder bei dem wiederholten Druck, der nüthig war, um an den verschiedenen Stellen des Präparats das Gas aus den Fäden herauszudrücken. Stets war die Menge der frei werdenden Gasblasen eine ganz wesentlich grössere, wenn die Alge verwandt wurde, und es gelang bei Anwesenheit derselben viel leichter, Blasen hervorzu- bringen, als wenn der Versuch mit Wasser allein angestellt wurde. Ich bin daher durch die wiederholte Ausführung der beiderlei Ver- suche zu der Ueberzeugung gekommen, dass die bei dem Versuche mit Gloiotriehia frei werdenden Blasen thätsächlich von den Gas- massen herrühren, die vorher in. den Algenzellen enthalten waren. — Ob sich frisches Material ebensogut zu diesen Versuchen eignet, konnte ich, als ich dieselben ausführte, nicht mehr entscheiden; ver- muthlich waren an dem conservirten durch das längere Liegen im Wasser die Membranen lockerer geworden. Wie in Voraufgehenden gezeigt ist, gelingt es durch blossen Druck wicht, die Zellen der Gloiotriehia zum Platzen zu bringen und dadurch die röthlichen Gebilde zu isoliren. Will man dieses Resultat erreichen, so ist ein längeres kräftiges Verreiben der Alge zwischen Deckglas und Objectträger unter Verwendung von möglichst wenig I!) Länge der Bläschen in Fig. 37 höchstens bis 251, Dicke nicht viel über iu. Man vergleiche die Kubikinhalte dieser und der grossen Bläschen (79, bezügl, 4186 Kubiku). Flora 1895, u 258 Wasser erforderlich. Das ist unter dem Mikroskope nicht möglich und die Beobachtung dadurch sehr erschwert., Es gelingt jedoch auf diese Weise mitunter, die aus den Zellen befreiten Vacuolen als röth- liche, dunkel umrandete Bläschen von verschiedener Form im Wasser vertheilt zu beobachten. Einmal sah ich auch eine Vacuole, die noch in einem Tropfen Protoplasma eingeschlossen war (Fig. 5). Es könnte auffallend erscheinen, dass die isolirten Bläschen, wenn sie wirklich aus Gas bestehen, sich nicht abrunden. Doch ist einerseits schon weiter oben gezeigt, dass Gasblasen von mannigfaltiger, z. B. faden- förmiger oder selbst verzweigter Gestalt sich im Wasser bilden und sich darin längere Zeit unverändert halten können (Fig. 87), anderer- seits ist es wahrscheinlich, dass auch die Gasvacuolen, wie man es von den mit Wasser gefüllten gewöhnlichen Vacuolen annimmt’), von einer widerstandsfähigeren Plasmaschicht, gewissermaassen einer beson- deren Wand, umgeben sind, die eine Veränderung ihrer (Gestalt hin- dert. Auch die zähere Beschaffenheit, die das Wasser im Präparat durch das Verreiben mit der Gallerte der Alge erhalten muss, kann zur Erhaltung der Form der Bläschen beitragen. 4. Optisches Verhalten der Gasvaecuolen. Dass der grosse Unterschied in Lichtbrechungsvermögen zwischen den röthlichen Gebilden und dem Protoplasma, der sich aus der Beobachtung des mikroskopischen Bildes ergiebt, sehr für den Gas- gehalt derselben spricht, ist bereits zur (fenüge hervorgehoben. Es erübrigt nur, an dieser Stelle noch auf zwei weitere Umstände hin- zuweisen. Der erste ist die überraschende Aehnlichkeit im mikroskopischen Bilde, welche sich zwischen den Gasvaeuolen und zweifellosen Luft- oder (insblasen zeigt, falls die letzteren nur klein genug sind und womöglich eine andere Gestalt als die kugelförmige besitzen. Ver- gleichsobjecte lassen sich in verschiedener Weise gewinnen. Neben- einander in demselben Gesichtsfelde können die Vacuolen und Gas- blasen verglichen werden, wenn man ein in Oel bis zum beginnenden Braunwerden erhitztes Trockenpräparat der Gloiotrichia unter- sucht; neben unveränderten Vacnolen sieht man dann mannigfaltig geformte Gasblasen, die theils zwischen den zusammengelagerten Fäden, theils in den durch die Hitze veränderten Zellen entstanden 1) efr. Botan. Zeitung 1887, p. 76. Hier spricht de Vries in einem Referate über Went, De jongste toestanden der Vacuolen (Amsterdam 1886) von einer „faetisch isolirbaren Vacuolenwand“ als einem „tebenden präformirten Theile des Protoplasten“, 259 sind. Ferner lassen sich kleine Gasblasen in Balsampräparaten von getrockneten Diatomeenschalen (Fragilarıa), Baumwollfäden, Müllergaze und dergleichen beobachten. Besonders geeignet zur Ver- gleichung sind die winzigen, in der oben beschriebenen Weise durch momentanen Druck aus Wasser ausgepressten Bläschen (Fig. 37). Es sei hervorgehoben, dass die Bläschen denselben dunkeln Rand bei hoher Einstellung und dieselbe röthliche Interferenzfarbe zeigen, wie die Gasvaeuolen. Der zweite Umstand, auf den hier hingewiesen werden soll, ist der, dass überhaupt das optische Verhalten sowohl der ganzen Alge, wie der einzelnen Fäden am besten durch die Annahme des Gas- gehaltes der Zellen seine Erklärung findet. Durch die Totalreflexion des Lichts an den Gasblasen wird das helle Aussehen der Alge im auffallenden Lichte auf dunklem Grunde, namentlich also auch das helle Leuchten der im See treibenden Kugeln erklärt, während die trübe und undurchscheinende Beschaffenheit der Kügelchen im durch- fallenden Lichte, das fast schwarze Aussehen der einzelnen Fäden bei schwacher Vergrösserung durch die Lichtbrechung in den wie Zerstreuungslinsen wirkenden Gasblasen zustande kommit. Ebenso erscheint es völlig begreiflich, dass die optischen Verhältnisse in dem bereits früher erwähnten Sinne sich ändern müssen, wenn das Gas durch eine Substanz von höherem Breehungsindex, also durch Wasser, Alkohol oder dergl., bei der Einwirkung von Druck oder chemischen Reagentien ersetzt wird. 5. Die Gasvacuolen als Ursache desSteigvermögens der Gloiotrichia. Ein besonders wichtiges Argument für die Gasnatur der röthlichen Gebilde der Gloiotrichia-Zelle liefert der enge Zusammenhang, in welchem dieselben zu dem Steigvermögen der Alge stehen. Durch eine Reihe von Versuchen, die ich gemeinsam mit Herrn Dr. Strodt- mann!) ausführte, ergab sich das bemerkenswerthe Resultat, dass die Gloiotriehia-Kugeln, einerlei ob lebend oder abgetödtet, im Wasser emporsteigen, so lange die Gasvacuolen unverändert geblieben, dass sie dagegen zu Boden sinken, wenn die Vacuolen ganz oder theilweise beseitigt sind. Bei der Behandlung der Gloiotrichia mit Osmiumsäure, Jod- jodkalium, Sublimat, Ammoniak, siedendem Wasser werden die Zellen = y Vergl. den bereits erwähnten Bericht von Dr. Strodtmann im II. Heft der Forschungsberichte aus der Biolog. Station zu Ploen. 17% 260 abgetödtet, aber die Gasvacoulen bleiben unversehrt, vorausgesetzt, dass man die Einwirkung des Reagens nieht länger ausdehnt, als zum Abtödten der Zellen erforderlich ist. Das auf diese Weise gewonnene todte Material besitzt eine unverminderte Steigkraft. Mit Osmium- säure fixirte Pflänzchen konnte ich sogar in mit Kreosot desinfieirtem Wasser noch mehrere Wochen aufheben, ohne dass das Steigvermögen sich wesentlich verminderte; nach längerer Zeit geht es allerdings verloren. Nur bei zu langer Einwirkung verringern die genannten Reagentien theilweise die Steigkraft, entweder dadurch, dass die Vacuolen angegriffen werden, oder dadurch, dass sich Niederschläge an oder in den Algen bilden, die das spezifische Gewicht derselben erhöhen. Ammoniak konnte übrigens einen ganzen Tag auf die Pflänzchen einwirken, ohne dass ihre Schwimmfähigkeit sieh ver- minderte. Diejenigen Reagentien, welehe die Vaeuolenstruktur der Gloio- trichia vernichten, heben auch sofort die Schwimmfähigkeit derselben auf. Sehr rasch wirken ceoncentrirte Pikrinsäurelösung, verdünnte Salz- oder Essigsäure, Alkohol; eine längere Einwirkung erfordern verdünntere Pikrinsäurelösung, 1Iproc. Chromsäurelösung, Aether, Chloroform. Durch ganz kurze Behandlung mit Pikrinsäure oder verdünnter Salzsäure, am einfachsten durch Uebergiessen der Alge mit der Flüssigkeit in einem mit einem Wattebäuschehen locker ver- stopften Triehter und sofortiges Nachspülen mit Wasser kann man Material herstellen, das bei dem Schwimmversuch in einen steigenden, einen schwebenden und einen sinkenden Antheil zerfällt. Die mikro- skopische Vergleichung der steigenden und der sinkenden Kügelchen lässt dann meistens erkennen, dass an den sinkenden Algen die Zer- störung der Vacuolenstruktur einen höheren Grad erreicht hat, als an den steigenden. Am packendsten ist ‘jedoch der von Dr. Strodtmann ausge- führte Druckversuch. Die durch einen kräftigen Druck auf das Wasser, worin sie schwimmen, ihrer Vaeuolenstruktur beraubten Gloiotrichia-Kugeln verlieren mit letzterer zugleich augenblicklich ihr Steigvermögen und sinken zu Boden. Aus dem Vorstehenden geht auf das Bestimmteste hervor, dass das Schwimmen und Steigen der Gloiotrichia auf rein physika- lischen Verhältnissen beruht und von Liebensvorgängen nur insofern abhängig sein kann, als durch diese die Menge der speeifisch leichten, das Aufsteigen bewirkenden Substanz regulirt wird!). Letztere muss 1) Vgl. den Abschnitt über das Verhalten der Gasvacuelen in den Sporen, 261 in den Vacuolen enthalten sein, da von dem Vorhandensein dieser das Schwimmen abhängig ist, und sie kann nur ein Gas sein, da keine andere Substanz durch blossen Druck bei geschlossener Mem- bran aus den Zellen verdrängt und durch das eingepresste specifisch schwerere Wasser ersetzt werden würde.!) Von anderen Substanzen, denen man die Auftriebskraft der Gloiotrichia-Kugeln zuschreiben könnte, dürften wohl nur fett- artige Körper in Betracht kommen können. Sowohl das mikrosko- pische Bild der Zellen, wie auch namentlich die Behandlung der- selben mit Osmiumsäure, lehrt aber, dass Fette in nachweisbarer Quantität in den Zellen nicht vorhanden sind. 6. Die Natur des Gloitrichia-Gases. Welcher Art das in den Vacuolen der Gloiotrichia enthaltene Gas ist, entzieht sich noch durchaus meiner Beurtheilung. Dass es nicht Kohlensäure ist, scheint daraus zu folgen, dass Kalk wasser völlig ohne Wirkung auf die Alge bleibt, dass es nicht reiner Sauerstoff ist, daraus, dass ammoniakalische Pyrogallollösung die Vacuolen nicht verändert. Bemerkenswerth erscheint, dass Säuren so leicht (Aus- nahme 1°), Osmiumsäurelösung), Basen dagegen sehr wenig auf die Vacuolen einwirken; doch dürfte es wohl verfrüht sein, daraus zu schliessen, dass die Vacuolen ein Gas von basischen Eigenschaften (wie Ammoniak, Methylamin oder dergl.) enthalten. Am nächsten liegt es offenbar, an atmosphärische Luft oder an blossen Stickstoff zu denken. Wenn man einen zum Auspressen des Gases geeigneten Apparat construirte, dürfte es immerhin möglich sein, dieser Frage auf dem Wege der Gasanalyse näher zu treten, da die Alge von Zeit zu Zeit in beliebig grossen Quantitäten zu haben ist. 7. Verhalten der Gasvacuolen in den Sporen. Die Vegetationsperiode der Gloiotrichia dauert nur vom Mai bis in den September. Schon Anfang August beginnt die Alge Sporen 1) Die Ansicht, dass Gloiotrichia echinulata durch Gasblasen sein Steig- vermögen erhalte, ist, allerdings in einem ganz anderen Sinne, bereits von Bornet und Flahault (Bull. soc. bot. France, 22, Febr. 1894, p. 80) ausgesprochen worden: „Que V’eau 8’öchauffe alors, qu’un soleil radieux determine une assimilation Ener- gique, des bulles de gaz se produiront dans l’interieur des cellules, s’emprisoneront entre les trichomes si la plante est pleine, dans sa cavite si elle est creuse, et bientöt, etachde du fond, chacune des petites spherules viendra flotter A la sur- face de Peau“. Bornet und Flahault hielten Gl. echinulata für identisch mit Gl. Pisum (Ag.) Thur., daher die Worte „detschee du fund*, 262 zu bilden. Ich glaube bemerkt zu haben, dass die Sporenbildung im kleinen Ploener See noch um 1—2 Wochen früher begann als im grossen See, was wohl eine Folge der durch die verschiedene Ausdehnung dieser Gewässer bedingten Temperaturunterschiede sein könnte. Von Mitte oder Ende September an verschwindet die Alge aus dem Plankton der Seen. Schon mit dem unbewaffneten Auge lassen sich die sporenführen- den Kügelchen der Gloiotrichia leicht von den sporenlosen unter- scheiden; sie zeigen nämlich im auffallenden Lichte einen dunkel- grünen Kern und sind nur aussen hellgelbgrün, während die sporenlosen Kügelchen ganz gelbgrün erscheinen. Den Grund dieses Verhaltens erkennt man bei mikroskopischer Untersuchung. Die langgestreckten Sporen, die dicht an einandergedrängt den inneren Theil des Kügel- chens zusammensetzen, sind nämlich frei von Gasvacuolen, ihr Inhalt ist blaugrün und enthält zahlreiche glänzende, d. h. stark licht- brechende, runde Körner. Daher erscheinen die Sporen im durch- fallenden Lichte hell, während die vegetativen Zellen wegen ihres Gasgehalts undurchsichtig sind; umgekehrt müssen im auffallenden Lichte die lichtdurchlässigen Sporen dunkel, die an den Vacuolen das Licht total reflectirenden vegetativen Zellen hell erscheinen. Besonders hervorgehoben zu werden verdient, dass die unmittel- bar auf die vacuolenfreien Sporen folgenden vegetativen Zellen des- selben Fadens gashaltig sind (Fig. 3.), dass also nicht etwa ein all- mählicher Uebergang von vacuolenhaltigen Zellen zu der vacuolenfreien Spore in dem Faden stattfindet. Uebrigens sind die Sporen nicht von Anfang an gasfrei; in den jüngeren Stadien enthalten sie Gas- vacuolen, erst wenn sie sich der Reife nähern, verschwinden die Letzteren.') Bemerken wili ich noch, dass es mir mehrfach schien, als ob der Gasgehalt der vegetativen Zellen in den sporenbildenden Kügelchen ein höherer sei, als in den Zellen der sporenfreien Kügelehen, Die Untersuchung der sporentragenden Zustände der Gloiotri- chia muss mit einer gewissen Vorsicht geschehen. Während die sporenlosen Kügelchen sich leicht unter dem Deckglase durch einen gelinden Druck in die einzelnen Fäden und Fadengruppen zertheilen lassen, ohne dass dabei die Vacuolenstruktur leidet, ist der aus den Sporen gebildete Kern der sporenführenden Exemplare sehr fest und durch einen mässigen Druck nicht in die einzelnen Theile zu zer- 1) Besser als bei Gloiotrichia echinulata ist dies bei den unten zu besprechenden andern wasserblüthebildenden Algen zu beobachten. 263 legen. Drückt man aber zu stark, so beseitigt man leicht die in den jüngeren Sporen etwa noch vorhandenen Vacuolen durch den Druck. Die Ursache dieser Festigkeit ist einerseits die dichte Zu- sammendrängung der Sporen im Innern der Kugel, andererseits der Umstand, dass jede Spore, sowie die zwei bis drei untersten Zellen des sich daranschliessenden Fadens von einer derben Scheide, die mit den benachbarten Scheiden fest zusammenhängt, umschlossen wird. Die sporenbildenden Algenkugeln zeigen also eine auffällige Localisirung der Gasvaeuolen. An nicht sporenbildenden Exemplaren habe ich niemals etwas derartiges bemerkt, die Vacuolen waren viel- mehr stets in allen Zellen reichlich vorhanden, und nur die Hetero- eysten sowie die haarförmigen Verlängerungen der Fäden enthielten etwas weniger Vacuolen, bezüglich dieselben in abweichender An- ordnung, wie oben ausführlich dargelegt wurde, Das von Richter!) mit den Worten: „Es ist befremdend, dass der im Centrum der Kugel steckende Theil des Fadens Zellen mit homogenem, stahlblauen oder graublauen Inhalt zeigt, der hervorragende Fadentheil aber gelb- grüne Zellen mit rothen Körnchen“ geschilderte Verhalten, das aller- dings nicht mit bestimmter Regelmässigkeit vorhanden sein soll, habe ich an nicht sporenbildenden Exemplaren nie gesehen. Die Festigkeit des inneren Theils sporenführender Gloiotrichien ermöglicht, ein Experiment mit denselben vorzunehmen, welches einen neuen Beweisgrund für die Gashaltigkeit der Vacuolen abgiebt und zugleich Licht auf die Bedeutung des Fehlens der Gasvacuolen in den Sporen wirft. Durch vorsichtiges Rollen und Reiben zwischen den Fingern oder in der flachen Hand gelingt es nämlich, von den sporenführenden Gloiotrichia-Kugeln den grösseren Theil der äusseren gashaltenden Fäden abzubrechen, so dass nur der innere, aus Scheiden mit Sporen und wenigen gashaltenden Zellen bestehende Theil der Kugeln zurückbleibt. Es steht völlig im Einklange mit der aufgestellten Theorie, dass die in dieser Weise behandelten Gloio- trichia-Kugeln im Wasser nicht mehr schwimmen, sondern rasch zu Boden sinken. Man dürfte nicht irregehen, wenn man annimmt, dass das Fehlen der Vacuolen in den Sporen damit zusammenhängt, dass letztere nach der Reife und nach Abstossung der äusseren noch gashaltenden Fäden zu Boden sinken sollen, um in der Tiefe eine Winterruhe durchzumachen. Ob die Sporen einzeln, oder was wahr- scheinlicher ist, die Sporenkugeln als ganze zu Boden sinken, und in !) Forschungsberichte der Biolog. Station zu Ploen, Heft Il, p. 12 des Sep.-Abdr. 264 welcher Weise im nächsten Frühjahre die Keimung und das Wieder- emporsteigen vor sich gehen, das sind Fragen, die noch genauerer Untersuchung bedürfen. Anhangweise soll hier noch bemerkt werden, dass dieselben mit Haematoxylin sich intensiv färbenden Körner, die in den Zellen der Gloiotrichia durch Tinction nach voraufgehender Alkoholbehand- lung sichtbar werden, auch in den Sporen vorhanden sind. Man kann sie durch dasselbe Verfahren leicht nachweisen (Fig. 6). Ferner will ich erwähnen, dass Herr Prof. Dr. N. Wille (Christiania) mir ein Exsiccat der Rivularia Echinulus Areschoug aus Schonen in Schweden sandte, dessen Untersuchung — es ist sporenbildendes Material — die Uebereinstimmung dieser Alge mit Gloiotrichia echinulata ergab. Als besonders beweisend betrachte ich den Umstand, dass in einem Theile der Zellen noch Reste der Gasvacuolen nachweisbar sind. ill. Weitere wasserblüthebildende Phycochromaceen des Süsswassers. In seiner mehrfach eitirten Abhandlung hebt P. Richter!) hervor, dass sich dieselben röthlichen Körner, welche die Zellen von Gloio- trichia echinulata auszeichnen, auch bei noch anderen wasser- blüthebildenden Algen, speeiell bei Polyeystis aeruginosa Kütz., seripta P. Richter, prasina Wittr, Aphanizomenon Flos- aquae Ralfs und nach den Abbildungen von Bornet und Thuret auch bei Nostoe Linckia (Roth) Born. finden, Richter geht sogar schon soweit, den Satz aufzustellen: „Es scheint, dass alle wasserblüthebildenden Algen... eine besondere physiologische Gruppe wegen ihres Schwefelgehaltes bilden.* Nach den Beobachtungen, die ich während meines Aufenthaltes in Ploen gemacht habe, kann ich diesen Satz, von zwei nothwendigen Finschränkungen abgesehen, bestätigen. Zunächst handelt es sich bei den in Betracht kommenden Algen ebensowenig um Schwefel, wie bei Gloiotrichia echinulata. Die röthlichen Gebilde, die sich in den Zellen derselben finden, sind vielmehr gleichfalls Gasvacuolen; sie zeigen dasselbe optische Verhalten, dasselbe Verhalten gegen Druck, gegen Reagentien und beim Trocknen, dasselbe allmähliche 1) Richter, .e. p. 12—13 des Sep.-Abdr. — Die citirte Abbildung von Bornet und Thuret findet sich in den Notes algologiques II, Pl. XXVIH. Dies Werk war mir leider nicht zugänglich. 265 Verschwinden in den reifenden Sporen, wie die Gasvacuolen der Gloiotrichia, und das Steigvermögen der Algen ist von ihrer Anwesenheit abhängig, so dass also die z. B. durch Druck von ihnen befreiten Pflänzehen nicht mehr oben schwimmen, sondern zu Boden sinken. Die zweite Einschränkung betrifft den Ausdruck wasserblüthe- bildende Algen. Ich halte es für zweckmässig, unter diesem Namen alle diejenigen Algen zusammenzufassen, die speeifisch leichter sind als das Wasser, die daher bei völlig ruhigem Wasserspiegel an die Oberfläche steigen und hier, wenn sie in genügender Zahl vorhanden sind, die Erscheinung der sogenannten Wasserblüthe hervorbringen. Die überwiegende Mehrzahl dieser Algen gehört in die Gruppe der Phyeochromaceen, und für alle wasserblüthebildenden Phyeochromaceen ist allerdings, so weit meine Erfahrungen reichen, der Besitz von Gas- vacuolen ein gemeinsames Merkmal. Die wasserblüthebildenden Algen können eine Wasserblüthe hervorbringen. Damit ist nieht gesagt, dass sie stets nur in Gestalt einer solchen vorkommen, oder dass die Erscheinung der Wasser- blüthe der normale Zustand ihres Auftretens ist. Sie verhalten sich vielmehr ganz ähnlich wie Gloiotrichia echinulata, von der oben bereits bemerkt wurde, dass sie nur dann eine Wasserblüthe bildet, wenn der Wasserspiegel völlig ruhig ist. Das tritt aber auf den grösseren Wasserbecken nur verhältnissmässig selten ein; ge- wöhnlich ist ein schwächerer oder stärkerer Wellenschlag vorhanden, und mit diesem vertheilen sich die emporgestiegenen Pflänzchen stets wieder in eine gewisse Tiefe. Daher finden sich die wasserblüthe- bildenden Algen trotz ihres Steigvermögens duch in der Regel in den oberen Wasserschiehten mehr oder weniger gleiehmässig vertheilt, und sie können desshalb auch mit Recht als ein Bestandtheil des „Plank- tons“ betrachtet werden!). N) Ob, wie ich in diesem Aufsatze zunächst annehme, die Erscheinung der Wasserblüthe ein rein physikalischer Vorgang ist, der — vorausgesetzt, dass die nöthige Zahl wasserblüthebildender Algen in dem Gewässer vorhanden ist — nur von dem Bewegungszustande des Wassers abhängt, oder ob die Steigkraft der Algen und damit zugleich die Neigung zur Wasserblüthebildung von Lebens- vorgängen oder von äusseren Factoren (Licht, Wärme) beeinflusst wird, müssen Spätere Untersuchungen entscheiden. Irgend welche Anhaltspunkte zu be- stimmten Vermuthungen in letzterer Hinsicht liegen bis jetzt nicht vor. Das Steigvermögen der Gloiotriehia war, so lange ich sie beobachtet habe, stets gleichmässig und schien durch das Einfangen der Algen, durch das längere Ver- weilen derselben in dunkeln oder mässig erleuchteten Räumen, durch die dichte Zu- Sanımendrängung zahlloser Individuen und selbst durch beginnendes Absterbeu nicht verändert zu werden. 266 Wegen dieses Verhaltens lassen sich die wasserblüthebildenden Algen eines Gewässers auch dann nachweisen, wenn nicht gerade die Erscheinung einer Wasserblüthe vorhanden ist. Man erhält sie, wie überhaupt alles im Wasser Treibende, mit dem bekannten Plank- tonnetz und hat dann nur nöthig, sie aus den Fängen zu isoliren, Dies ist eine sehr einfache Aufgabe, da sie sich nach kurzer Zeit selbst an der Oberfläche des ruhig stehenden Wassers ansammeln, Mit den Fängen aus den Ploener Seen verfuhr ich so, dass ich sie zunächst mit viel Wasser durch ein weitmaschiges Gewebe (Müller- gaze Nr. 12) filtrirte, um die Gloiotrichia echinulata (die mit- unter die Hauptmasse bildete) und die grösseren Krebse zurück zu halten, dann mittels Filtration durch ein enges Gewebe (Müllergaze Nr. 16), das überflüssige Wasser entfernte und nun den Fang eine Zeit lang ruhig stehen liess. Dann konnte ich die wasserblüthebilden- den Algen leicht in fast reinem Zustande mit der Pipette oben ab- schöpfen. Durch das beschriebene Verfahren habe ich aus den Seen der Umgegend von Ploen eine Reihe von Arten dieser Algengruppe, darunter einige neue, isolirt; dieselben sollen, soweit ich sie bis jetzt bearbeiten konnte, im Folgenden besprochen werden. Bei fortge- setzter Nachforschung dürften zu den erwähnten Formen wohl noch einige weitere hinzukommen. Bei der Bearbeitung der Anabaena-Arten wurde Bornet et Flahault, Revision des Nostocac&es heterocystees!) zu Grunde ge- legt. Ich rechne mit der Möglichkeit, dass einzelne der von mir als neu bezeichneten Arten und Varietäten bereits einmal beschrieben und benannt sind, aber es war mir nicht möglich, die zahlreichen von Bornet und Flahault als „species inquirendae“’) be- zeichneten Formen in den Originalbeschreibungen zu vergleichen. Neue Beobachtungen an diesen Algen im lebenden Zustande scheinen mir zunächst wichtiger und nothwendiger zu sein, als die Unter- suchung alter Exsiecaten und die Entzifferung mangelhafter Diagnosen aus älterer Zeit, Die Ergänzung meiner in vielen Punkten leider noch lückenhaften Beobachtungen wird in der Station zu Ploen leicht ausführbar sein. lt) Annales des seiences nat, VIEL Ser. T. VII, 2) lc. p. 238—240. 267 Anabaena Flos-aquae Brebisson. (Fig. 21 u. 22). Die Fäden sind in engen Windungen von 20-404 Weite viel- fach hin- und hergebogen und zu verhältnissmässig dichten rund- lichen oder länglichen Knäueln von 150--250 ıı Grösse vereinigt. Den eingekrümmten Beinen einer Spinne vergleichbar von der mit- unter diehteren Mitte ausstrahlend und dahin zurückkehrend, „bilden sie im äusseren Theile einen Kranz von Schlingen und verleihen den Knäueln dadurch ein sehr charakteristisches Aussehen?). Eine leicht zu zerdrückende, ohne Hilfsmittel kaum erkennbare Gallerte, die jedoch durch Einlegen der Alge in zerriebene Tusche leicht sichtbar zu machen ist, umgiebt die Fäden und dadurch zugleich die ganzen Knäuel, Die vegetativen Zellen sind rundlich oder kurz ellipsoidisch, 5— 7 dick, ebensolang oder wenig länger, die meist im inneren Theile der Knäuel liegenden Heteroeysten rundlich-ellipsoidisch und von der- selben Grösse; die gleichfalls im inneren Theile meist neben den Heterocysten entstehenden Sporen sind abgerundet-eylindrisch, mit- unter etwas gekrümmt, 8—10y. diek, 19— 254 lang und mit glattem Epispor versehen. Die Sporenbildung beginnt im August. Sänmtliche vegetative Zellen enthalten Gasvacuolen in reich- licher Menge, die Heterocysten und die unreifen Zustände der Sporen etwas weniger. Die reifen Sporen scheinen die Vacuolen zu ver- lieren. Dauerpräparate der Alge, welche die Gasvasuolen zeigen, lassen sich in derselben Weise, wie von Gloiotrichia echinu- lata, mittels Osmiumsäure und Zuckerlösung gewinnen?) Die Vacuolen der Heteroeysten gehen darin meistens verloren und machen die Letzteren dadurch sehr leicht kenntlich. Beim Zusatze von Alkohol verschwinden die Vacuolen in den Zellen, und es treten zahlreiche kleine, mit Haematoxylin sich stark färbende Körner hervor, die besonders in den Sporen in grosser Menge und dicht gedrängt enthalten sind, alles ganz ähnlich wie bei Gloiotrichia echi- nulata, Anabaena Flos-aquae bildet einen regelmässigen Bestand- theil des Planktons des grossen Ploener Sees und ist nächst Gloiotrichia die auffälligste unter den wasserblüthebildenden Algen desselben, wenngleich sie der Letzteren gegenüber an Masse sehr 1) Auf den charakteristischen Habitus der Alge ist in den Diagnosen bisher nicht hingewiesen. Bornet und Flahault (p. 228--230) haben die Alge nur getrocknet untersucht. . 2) Die Abbildungen dieser und der folgenden Algen sind nach solchen Prä- Paraten entworfen. 268 zurücktrit. An einem besonders windstillen Tage beobachtete ich sie auch in grossen Mengen an der Oberfläche des Wassers, so dass man sie leicht mit dem Gazesieb abschöpfen konnte (24. Juli). Auch in vielen der anderen Seen bei Ploen tritt A. Flos-aquae auf, besonders reichlich war sie am 10. August im Schluen-See vorhanden, wo Gloiotrichia fehlte. In der Kultur in Glasgefässen hält sich Anabaena Flos-aquae noch weit weniger gut, als Gloiotrichia echinulata. Wenn sie sich in grösserer Menge an der Oberfläche gesammelt hat, färbt sie sich in weniger als 24 Stunden blaugrün und zersetzt sich unter Ent- wickelung eines üblen Geruches. Im frischen Zustande ist die Farbe der Alge, wie die der meisten folgenden, hellgelblichgrün; die Be- zeichnungen „aerugineus“ und „caeruleus“, die sich in den Diagnosen für die Farbe der Anabaena- und Aphanizomenon-Arten finden, treffen also für die Arten, welche Gasvacuolen enthalten, im lebenden Zustande nicht zu. Anabaena Fios-aquae var. gracilis n. v. (Fig. 23 u. 24). Die Fäden sind in weiten Bögen von 30—60 ıx Windungsweite . unregelmässig gewunden und gewöhnlich zu lockeren, gewissermaassen sich auflösenden Knäueln von unbestimmter Form und wechselnder Grösse (bis zu 300 ı) unregelmässig vereinigt. Die Zellen sind kugelig oder meist ellipsoidisch, 4—5 y breit, 5—6 ı. lang, die Heteroeysten kugelig, 5—6 1 diek, 5 x lang. Die Sporen sind abgerundet cylind- visch, gewöhnlich etwas gekrümmt, 5—7 p diek, 12—25 ji lang, neben den ITeteroeysten oder von denselben entfernt gelegen. Diese Alge fand sich vereinzelt neben der typischen A. Flos- aquae (Gr. Plöner-See, Trent-See). Ob es sich nur um eine Varietät der A. Flos-aquae oder um eine selbständige Art handelt, muss weiterer Untersuchung vorbehalten bleiben?). Anabaena (Trichormus) spiroides n. sp.?) (Fig. 11—13). Die stets einfachen, mit einer dieken aber schwer erkennbaren Gallerte (s. A. Flos-aquae) umgebenen Fäden dieser Alge bilden 5) Durch ihre Zierlichkeit erinnert diese Form an die var. Treleasii Bornet et Flahault (p. 230), mit der sie indessen wegen der abweichenden Dimensionen der Heterocysten nicht identisch zu sein scheint. 2) Kurze Beschreibungen dieser Art, der Anabaena macerouspora und des Trichodesmium lacustre sind bereits in meinen Bemerkungen über den allgemeinen Uharakter der Flora des Ploener Seengebietes im IH. Theile von V. Zacharias’ Forschungsberichten enthalten. 269 zierliche und meist sehr regelmässige Schrauben von 2—13, gewöhnlich 3-5 Umgängen, ca. 45— 544 Windungsweite und 40- 50 1 Windungs- höhe. Die vegetativen Zellen sind annähernd kugelig, 6,58 p. dick, ebenso lang uder etwas kürzer, die Heteroeysten von derselben Form, etwas kleiner, ca. 7 p diek. Bisher wurde nur einmal eine Spore beobachtet (Mitte August). Dieselbe war noch unreif, kugelig, 14 u diek und lag neben der Heteroeyste. Gasvacuolen sind in derselben Weise vorhanden, wie bei A. Flos-aquae und der folgenden Art. Die zierlichen Windungen der Fäden machen die Alge leicht kenntlich. Sie ist eine so regelmässige Begleiterin der A. Flos- aquae in den Planktonfängen aus dem grossen Ploener See, dass ich sie anfangs nur für einen Zustand der letzteren hielt. Auch im Schluen-See fand ich sie neben A. Flos-aquae, im Pluss-See da- gegen ohne dieselbe. Anabaena spiroides var. contracta n. v. (Fig. 14 u. 15). Die Fäden sind zu ziemlich regelmässigen Schrauben von 3--10 und mehr Umgängen, ca. 25 u Windungsweite und 10-15 a. Windungs- höhe aufgerollt. Die vegetativen Zellen sind fast kugelig, von 7— Sy Durchmesser, die IIeteroeysten gleichfalls fast kugelig und von derselben Grösse. Auch bei dieser Alge wurde bisher nur einmal eine Spore beobachtet; dieselbe war noch unreif und wie bei A. spiroides kugelig und 14 u» dick, lag aber nicht neben einer Ilfete- rocyste. Gasvaeuolen sind vorhanden. Von A. spiroides unterscheidet sich diese bemerkenswerthe Varietät auf den ersten Bliek durch die eng gewundenen und daher plumper aussehenden Schrauben; im übrigen steht sie derselben sehr nahe. Uebergänge zwischen der Hauptart und der Varietät wurden bisher nicht bemerkt. Vorkommen: Plankton des grossen Ploener Sees, in vereinzelten Individuen neben den übrigen wasserblüthe- bildenden Algen. Anabaena (Trichormus) macrospora n. sp. (Fig. 16—18). Die stets vereinzelt lebenden, wohl nur selten mehr als 1000 u Länge erreichenden Fäden sind völlig oder fast völlig gerade gestreckt und gleichfalls mit einer dieken, schwer sichtbaren, aber mittelst Tusche leicht nachzuweisenden Gallerthülle umgeben. Die Zellen sind kugelig oder ellipsoidisch, 5 - 6,5 x diek und 5--9 u lang, die Heterveysten kugelig oder kugelig-ellipsoidisch von ea. 6- 6,5 x Durchmesser. Die anfangs rundlichen Sporen erreichen ausgewächsen eine Dicke von 270 17 und eine Länge von 26 ı und haben dann eine nahezu ellipsoi- dische Gestalt, doch sind sie in der Mitte etwas mehr eylindrisch und nach den Enden zu etwas kegelförmig, so dass ihr Längsschnitt einem niedrigen Sechseck ähnelt; sie liegen von den Heteroeysten entfernt und scheinen nur einzeln oder zu zweien gebildet zu werden; das Epispor ist ziemlich diek und glatt. Die Zellen enthalten reichlich, die Heteroeysten etwas spärlicher Gasvacuolen; in den reifenden Sporen nimmt der Gehalt an Gas nach und nach ab, so dass sie endlich frei davon sind). Auch Anabaena macrospora fand sich als regelmässige Begleiterin der A. Flos-aquae im Plankton des grossen Ploener und des Schluen-Sees. Die ersten Sporen wurden im August beobachtet. Anabaena macrospora var. crassa n. v. (Fig. 19 u. 20.) Durch die erheblich grösseren Dimensionen und die mehr runden Zellen von A. macrospora verschieden. Zellen 3—9 p. diek, 5—4 1 lang, Heterocysten 10 x dick, 9- 10 x lang, Sporen 21 px diek, 33 1 lang. Gasvacuolen sind wie bei A. macrospora vorhanden. Diese Alge fand sich in wenigen Exemplaren in Präparaten aus dem Trent-See, die mir Herr Dr. Strodtmann Anfang Dezember sandte. Anabaena (Dolichospermum) solitaria n. sp. (Fig. 25.) Fäden einzeln lebend, gerade, wahrscheinlich mit Gallerthülle”), aber ohne Scheide; Zellen fast kugelig, Sp diek, etwa ebenso lang; Heterocysten 8-9p. dick, 9—10% lang; Sporen eylindrisch, an den Enden rundlich-abgestutzt, in der Mitte nicht eingeschnürt, einzeln auf einer oder beiden Seiten neben der Heteroeyste oder auch da- von entfernt gelegen, 9—10p dick, 28— 35}. lang, Zellen mit Gas- vacuolen. Die Alge fand sich in wenigen Exemplaren in Präparaten aus dem kleinen Uklei-See (bei Stadthaide). Sie ist, von den Sporen abgesehen, A. macrospora sehr ähnlich, steht aber im übrigen wohl A. catenula (Kütz.) Born. et Plah., mit der sie in den Grössen- verhältnissen annähernd übereinstimmt, von der sie sich aber durch die geraden einzeln lebenden Fäden, das Fehlen der Scheiden, die 1) Die noeh nicht ganz reifen Sporen dieser Art sind zur Beobachtung ver einzelter Gasvacuolen besonders gut geeignet. (Fig. 18, Vergl, auch Apbanizo- menun Flos-aquae, Fig. 30.) 2) Dies liess sich in den Präparaten nicht mehr feststellen, 271 nicht eingesehnürten Sporen, vielleieht auch durch das Vorhandensein der Gasvacuolen unterscheidet, am nächsten. Leider war ich bisher nicht im Stande, authentisches Material der A. catenula zu ver- gleichen?). Aphanizomenon Flos-aquae Ralfs. (Fig. 27—30), Fäden zu Bündelchen von hell-gelblich-grüner Farbe, 60— 1501. Dicke und 300—800 p. Länge vereinigt, jedoch sehr leicht von einander trennbar. Zellen eylindrisch, ea. 31 diek, 3—6g: lang, nach den Enden der Fäden zu häufig sehr stark verlängert, bis 22} und dann nur 2— 31. dick. Heterocysten cylindrisch-ellipsoidisch, ea. 4y dick, 9—13y lang, nur vereinzelt gebildet. Sporen 4,5— 5 dick, 22-401. lang, abgerundet-cylindrischh von den Heterocysten entfernt. Die Zellen enthalten Gasvacuolen, wie schon aus den Angaben von P. Riehter (l. e.) hervorgeht. Das Material, nach welchem die vorstehende Beschreibung und die Abbildungen Fig. 27—29 entworfen sind, erhielt ich durch Herrn E. Lemmermann von einer Wasserblüthe, die im Septembar 1894 bei Bremen auftrat. Ich will nicht versäumen, zu bemerken, dass die Dimensionen der Alge gegenüber den von Bornet und Fla- hault (l. ec.) angegebenen auffallend gering sind. In Präparaten aus dem Trent-See, die mir Herr Dr. Strodt- mann Anfang Dezember sandte, waren einige Fäden enthalten, deren Dimensionen gut mit der Diagnose übereinstimmen (Fig. 30). Die Zellen waren 3—5p diek, 8—7y lang, die IHleteroeysten 4—-5y diek, 7—13y lang, die Sporen ea. 61 dick, ca. 49x lang. Ausserdem lag mir ein Rabenhorst’sches Exsieeat vor, das gleichfalls etwas grüssere Dimensionen hatte, die Sporen waren reichlich 64 diek, bis 70% lang. Auch in diesem Exsiceat waren die Gasvacuolen noch nachweisbar. Trichodesmium (Aphanizomenon?) lacustre (n. sp.?) (Fig. 31—33). Unter dem Namen Triehodesmium lacustre habe ich an der bereits erwähnten Stelle in den Forschungsberichten aus der Biologischen Station zu Ploen eine Alge beschrieben, die von Mitte Mai an während des ganzen Sommers vereinzelt in den Plankton- fängen aus dem grossen See vorkam, und die ich später auch im 1) Siehe auch die weiter unten erwähnte, als A, catenula bezeichnete Alye. 272 Schluen-See') fand, hier in etwas grösserer Menge. Herr Dr. O. Zacharias hatte sie zuerst bemerkt und sie theilweise wegen der ähnlichen Beschaffenheit der Zellen, theilweise wegen eigenthümlicher noch genauer zu untersuchender Verhältnisse in der Entwickelung der Gloiotrichia echinulata für ein Entwiekelungsstadium der letzteren gehalten. Leider bin ich bis jetzt noch nicht im Stande, ein sicheres Urtheil über die systeniatische Stellung der Alge zu geben. Im Habitus gleicht sie den Gattungen Triehodesmium und Apha- nizomenon. Da es mir bislang trotz vielfacher Bemühung nicht gelungen ist, Meterocysten aufzufinden, und da die Zellen nicht wie bei Aphanizomenon Flos-aquae eylindrisch, sondern auffallend abgerundet sind (Fig. 32 u. 33), so kann ich die Alge vorläufig nicht zu Aphanizomenon stellen, und ich habe sie daher zunächst mit der heteroceystenfreien Gattung Triehodesmium vereinigt, von der allerdings bis jetzt nur marine Formen bekannt sind, und die auch in mehreren nicht unwosentliehen Punkten von der vorliegenden Alge abweicht). Es ist möglich, dass die fortgesetzte Beobachtung (zur Herbstzeit) doch noch die Zugehörigkeit zu Aphanizomenon er- giebt, wenn es gelingt, Heterocysten und Sporen aufzufinden. Herr Dr. Strodtmann glaubte im November solche bemerkt zu haben und sandte mir dann die bereits erwähnten Präparate. Ich habe mich aber nicht überzeugen können, dass die darin enthaltenen sporen- und heteroeystenführenden Fäden (Fig. 30), die als Aphanizomenon Flos-aquae bezeichnet werden müssen, zu der während des Son- mers von mir beobachteten Alge gehören, obgleich die derselben allerdings weit ähnlicher sind, als das gleichfalls oben beschriebene Aphanizomenon Flos-aquae von der Wasserblüthe bei Bremen. Jedenfalls wird es von Interesse sein, das Verhalten dieser interes- santen Alge weiter zu beobachten. Im Folgenden gebe ich eine kurze Beschreibung derselben: Fäden gerade, ungleich lang, annähernd parallel, zu Bündelehen von gegen 200 » Dicke und bis 1000 x Länge und von hellbräunlieh- gelber Farbe vereinigt?). Zellen meist kugelig tonnenförmig, stark 1) 8. August. Gloiotrichia fehlte. 2) efr. Gomont, Monographie des Oscillariees. Ann. des sciences nat. VI Ser. T. XVI, p. 198. 3) Durch ihr in Gestalt und Fürbung winzigen Holzsplitterehen ähnliches Aussehen kann man die Alge schon unter der Lupe zwischen den Anabaenen, in deren Gesellschaft man sie nach dem oben erwähnten Verfahren erhält, erkennen und daun mit einem Capillarrohr herausfischen. 273 abgerundet, mit flachen Wänden aneinander grenzend, 5—6 1 dick, meist 3—6 ı. lang, Endzellen der Fäden mitunter mehr eylindrisch und verlängert, bis 12», und dabei etwas verjüngt. — Die Verbin- dung der Fäden miteinander in den Bündeln ist eine sehr lockere; sie scheinen zwar durch etwas Gallerte zusammengehalten zu werden, doch ist diese so minimal, dass, wenn man die Alge in zerriebene Tusche legt, die Tusehetheilchen bis fast unmittelbar an die Zellen vordringen. Die Zellen enthalten Gasvacuolen; letztere sind in den Zuckerpräparaten weniger gut haltbar als die von Gloiotrichia oder Anabaena. Durch Behandlung der Zellen mit Alkohol und Haematoxylin treten, ähnlich wie bei Gloiotrichia, intensiv gefärbte Körner hervor, die zu einer eentralen Gruppe vereinigt sind (Fig. 33). Clathrocystis aeruginosa Henfr. (Fig. 35). Die kugeligen, 4—5n grossen Zellen liegen in grosser Menge beisammen, aber von einander völlig ilosirt in kugeligen oder unregel- mässigen, oft netzförmig zerrissenen .Gallertmassen, deren Grösse schr verschieden sein kann, 200 bis fast 1000x». Sie sind dicht mit ver- hältnissmässig kleinen Gasvaeuolen erfüllt. Durch Behandlung mit Alkohol verschwinden Letztere, und es treten dafür winzige, unregel- mässig in der Zelle vertheilte Körnchen auf, die sich mit Haemato- xylin stark färben. Clathroeystis aeruginosa ist eine sehr häufige Erschei- nung im Plankton des grossen Ploener Sees; im Schluen-See schien sie zu fehlen (10. Aug.). Durch ihre zarte Beschaffenheit und ihre (im auffallenden Lichte) sehr helle Farbe lässt sie sich auf dunklem Grunde sehon unter der Lupe erkennen und von den derberen und dunkleren Anabaenen, mit denen man sie nach dem oben er- wähnten Verfahren gemischt erhält, unterscheiden und trennen. Coelophaerium Kützingianum Näg. (Fig. 36). Die Alge bildet 40-80 u grosse, oft gefurchte oder oberflächlich fast traubig getheilte Gallertkugeln, in denen die eiförmigen, 2,5-—-3n dieken, 4,5--5,5p langen Zellen, mit der längeren Axe radial ge- stellt, dichtgedrängt, aber durch etwas Gallerte getrennt, eine peri- pherische Schicht bilden. Die Zellen enthalten Gasvaeuolen in reich- licher Menge. Coelosphaerium Kützingianum fand sich Anfang August in dem rings von Wald umgebenen, von den übrigen Seen der Um- Flora 1895, 18 274 gegend von Ploen völlig isolirten „kleinen Uklei-See“ neben Ana- baena solitaria als fast einzige wasserblüthebildende Alge in dem überhaupt sehr spärlichen Plankton. Nach dem ruhigen Hinstellen des Fanges konnten die mit blossem Auge eben noch als helle Punkte erkennbaren Kügelchen von der Oberfläche des Wassers mit dem Capillarröhrehen abgefischt werden. Ferner erhielt ich die Alge aus dem der Lage nach ähnlichen Pluss-See in Gesellschaft von Botryo- coceus Braunii Kütz. und aus der erwähnten von Aphanizo- menon Fios-aquae Ralfs. gebildeten Wasserblüte von Bremen gleichfalls zugleich mit Botryococeus Braunii. IV. Marine wasserblüthebildende Phycochromaceen. Die im Voraufgehenden nachgewiesene allgemeine Verbreitung der Gasvacuolen bei den wasserblüthebildenden Phyeochromaceen des Süsswassers legt die Vermuthung nahe, dass auch die Meeresalgen von ähnlicher Lebensweise dieselbe Organisationseigenthümlichkeit besitzen. Durch die Aehnliehkeit einer der im Voraufgehenden be- schriebenen Arten mit Trichodesmium wurde meine Aufmerk- samkeit zunächst auf diese Gattung gelenkt. Schon aus den älteren von Ehrenberg!) mitgetheilten Beobachtungen geht hervor, dass Triehodesmium sich durch eine bedeutende Auftriebskraft aus- zeichnet. Ehrenberg schreibt: „In den um mich gestellten Gläsern beobachtete ich, dass die Flocken bei der Tageswärme und im Sonnen- licht sämmtlich sich an der Oberfläche des Wassers hielten. Des Nachts?) und beim Erschüttern des Glases gingen sie zu Boden. Nach: einiger Zeit kehrten sie aber wieder an die Oberfläche zurück.* Als charakteristisch führe ich ausserdem eine in neuerer Zeit von Herrn Kapitän J. Bortfeidt (Bremen) auf einer Reise an der Ostküste Brasiliens gemachte Beobachtung an. Derselbe beobachtete Tr. Ehrenbergii Mont. auf weiten Strecken der Meeresoberfläche als eine gelbe Wasserblüthe und schreibt darüber Folgendes®): „Aus einer besonders dichten gelblichen Wolke wurde ein Gefäss voll Wasser mit dem Stoff geschöpft und das Ganze in eine Wasserkaraffe gethan, und zeigte sich der gelbe Staub als eine Unmasse von ganz kleinen länglichen Wesen — am besten mit ganz feinem Grassamen zu ver 1) Poggendorf’s Annalen XVII, 1830, p. 504 — 506. 2) Diese Beobachtung ist auffällig und bedarf wohl der Nachprüfung. 3) Abgedruckt in E. Lemmermann, Algologische Beiträge II in Abhandl. naturwiss. Verein Bremen XII, p. 151, 275 gleichen. — Als die Flasche auf den Tisch gestellt wurde, strebten die kleinen Körperchen mit grosser Eile nach der Oberfläche des Wassers und sammelten sich dort im Halse der Flasche als ein auf dem Wasser schwimmender Kuchen an“. Ausser dem auch in dieser Darstellung sehr anschaulich geschilderten Aufsteigen der Alge in ruhig hingestelltem \Vasser weist die hellgelbe Farbe der Pflänzchen auf ein ähnliches Verhalten hin, wie es die oben besprochenen Wasserblüthen zeigen. Das seinerzeit von Herın Kapitän Bortfeld an den naturwissenschaftlichen Verein in Bremen eingesandte und von Herrn E. Lemmermann als Triehodesmium Ehren- bergii Mont. bestimmte Material, von dem mir ein Präparat vorge- legen hat, war leider zu schlecht eonservirt, um daraus Aufschluss über das etwaige Vorkommen von Gasvacuolen erhalten zu können. Mehr war nach den oben besprochenen Erfahrungen von ge- trocknetem Material zu erwarten, und desshalb begrüsste ich es mit Freude, dass ich ein auf den städtischen Sammlungan in Bremen befindliches Exsiecat des von J. M. Hildebrandt 1879 bei Mada- gaskar gesammelten Tr. Hildebrandtii Gomont (= Tr. Ehren- bergii f. indiea Hauck) untersuchen konnte. Ich bedeckte einen Theil der mit Wasser von dem Papier abgelösten und auf einem Öbjectträger wieder angetrockneten Algen mit eingedicktem Canada- balsam und konnte nun constatiren, dass die erwarteten Gasvacuolen, wenn auch nicht vollkommen, so doch so gut erhalten waren, dass ihre Identifieirung zweifellos ist (Fig. 34). Interessant war es zugleich, festzustellen, dass an solchen Stellen, wo, wie es schien, ein Druck die Fäden getroffen hatte, die Vacuolen fehlten. Iliernach ist der Analogieschluss erlaubt, dass auch die übrigen Trichodesmium- Arten, insbesondere das oben erwähnte von Tr. Hildebrandtii sicher specifisch verschiedene Tr. Ehrenbergii Gasvacuolen ent- halten. Ich möchte auch die Frage aufwerfen, ob nicht vielleicht die beiden neuen von der Planktonexpedition aufgefundenen Gattungen Xan- thotrichum Wille und Heliotriehum Wille, die nach Schütt!) „strohgelbe* Bündel bilden, sowie eventuell noch weitere im Ocean treibende Phycochromaceen, gleichfalls (iasvacuolen besitzen. Wenn das der Fall wäre, so könnten sie nieht mehr, wie Schütt will, als ausschliessliche Planktonpflanzen betrachtet werden, vielmehr würden sie wahrscheinlich je nach dem Bewegungszustande des Meeres bald 1) Das Pflanzenleben der Hochsee. Kiel und Leipzig 3893, p. 2, 276 als Planktonpflanzen, bald als Wasserblüthe!) auftreten. Begreif- licherweise habe ich mich sowohl bei Herrn Prof. Wille, wie bei Herrn Prof. Sehütt erkundigt, ob ihnen im Aussehen dieser Algen etwas den Gasvacuolen Aehnliches erinnerlich sei, jedoch habe ich nicht die erwartete Auskunft erhalten. Prof. Wille hat nur con- servirtes Material untersucht; Exsieeaten sind leider nicht gemacht worden. Nach der brieflichen Mittheilung von Prof. Schütt, dass Xanthotrichum und Heliotriehum keinen röthlichen Inhalt haben und bei schwacher Vergrösserung nicht auffallend dunkel aus- sehen, scheinen keine Gasvacuolen vorhanden zu sein, und danach würden diese Algen dann allerdings als „echte Planktonalgen* in einem interessanten Gegensatze zu den „wasserblüthebildenden“ stehen. Indessen halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass eine mit Rück- sicht auf das Vorstehende ausgeführte erneute Untersuchung doch noch zu anderen Resultaten führen kann, Triehodesmium ist bisher ausschliesslich als Wasserblüthe beobachiet worden; es dürfte aber bei bewegtem Wasser in der- selben Weise als Planktonpflanze auftreten, wie es die oben be- sprochenen Phyeochromaceen des süssen Wassers thun. Schon Ehrenberg hebt hervor, dass Triehodesmium bei der geringsten Erschütternng des Wassers zu Boden sinke, und dass die See ruhig war, als er die von der Alge gebildete Wasserblüthe beobachtete?). Auch aus dem sich in kurzen Pausen wiederholenden Auftreten der Wasser- blüthe — Ehrenberg sah sie am 10., 25. und 30. December 1823 und am 5. Januar 1824 — wird man wohl auf das planktonische Leben der Alge in der Zwischenzeit schliessen dürfen, wenngleich ich nicht bestreiten will, dass möglicherweise auch noch andere Fac- toren als die Bewegung des Wassers auf die Periodieität von Ein- Huss sind. Das Fehlen von Triehodesmium in den Fängen der Planktonexpeditionen, auf das Schütt aufmerksam macht, spricht nicht unbedingt gegen meine Ansicht, da es, wie auch Schütt schon versucht, durch die geographische Verbreitung und die ihrer Ursache nach noch unbekannten Beziehungen der Alge zu der Küste, vielleicht auch durch den Einfluss der Jahreszeit auf die Entwieke- lung der Pflanze erklärt werden könnte. Jedenfalls wird es von In- teresse sein, bei künftigen Planktonfängen im Meere den hier ge- stellten Fragen Beachtung zu schenken. 1) Die Möglichkeit gibt auch Sehütt sehon zu (p. 42). 2) „Die kurzen Wellen des ruhigen Meeres führten beim Sonnenschein des Tages eine blutrothe schleimige Masse ans Ufer etc.“ (l, e.) 277 V. Nicht wasserblüthebildende Phycochromaceen. Es ist nach dem Voraufgehenden zu erwarten, dass die nicht wasserblüthebildenden, bezüglich nieht im Wasser schwebenden Phyco- chromaceen keine Gasvacuolen besitzen, selbst wenn sie mit echten wasserblüthebildenden Formen in naher verwandtschaftlicher Beziehung stehen. Zum Vergleiche boten sich zunächst die an den verschiedensten Wasserpflanzen angeheftet lebenden Kugeln von Gloiotrichia Pisum (Ag.) Thur. Vom Substrate abgelöst, sinken dieselben im Wasser unter. Der Zellinhalt dieser Algen ist im lebenden Zustande ziemlich homogen und enthält glänzende stark lichtbrechende Körner; er gewährt also ungefähr denselben Anblick, wie der von Gl. echi- nulata, wenn man daraus durch Druck die Gasvacuolen entfernt hat. Dasselbe gilt für Gl. natans (Hedw.) Rabenh. Die oft mehrere Centimeter grossen Gallertkugeln der letzteren schwimmen zwar häufig an der Oberfläche, man findet dann aber regelmässig eine Luftblase im Innern der Gallerte; entfernt man diese, so sinkt die Alge unter!). Schwimmend und an der Oberfläche treibend fand ich in einigen Buchten des grossen Ploener Sees auch nicht selten grössere Flocken von Oscillatoria princeps Vauch. Ich habe versäumt, beim Einfangen darauf zu achten, zweifle aber nicht, dass sie in ähnlicher Weise, wie treibende oder schwimmende Watten von Spirogyra, Mougeotia oder anderen Fadenalgen durch äusserlich zwischen den Fäden festgehaltene Luftblasen an der Oberfläche gehalten werden. Die einzelnen Fäden der Alge vermögen nicht zu schwimmen; Gas- vacuolen sind in den Zellen nicht enthalten. Auch in der Gattung Anabaena, die mehrere Repräsentanten unter den echten Wasserblüthen hat, gibt es jedenfalls eine Anzahl Arten, die festsitzend leben und daher keine Gasvacuolen enthalten. Als ein Beispiel kann ich eine Form erwähnen, die Herr E. Lem- mermann unter Material von Ploen gefunden und weiter kultivirt hat. Wir haben dieselbe als Anabaena catenula (Kütz.) Born. et Flah. bestimmt, doch ist die Uebereinstimmung mit der von Bornet und Flahault?) gegebenen Diagnose keine vollkommene, und ich gebe daher eine kurze Beschreibung. Die zahlreich beisammen liegen- den, in eine ziemlich leicht sichtbare Scheide eingehüllten Fäden sind gerade oder in sehr weiten Bögen gekrümmt. Die Zellen sind im l) Vergl. hierzu auch das oben abgedruckte Citat von Bornet und Flahault. 2) Ann. des sciences nat. VIL. Ser, T. VII, p. 232. 278 Längsschnitt rundlich bis abgerundet quadratisch, 4-5,5 x dick und meist ebenso lang oder wenig länger. Die kugeligen, ellipsoidischen oder fast abgerundet eylindrischen Heterocysten haben eine Dicke von 5—7 und eine Länge von 7—9y. Die von den Heterocysten ent- fernt gebildeten Sporen sind eylindrischh am Ende abgerundet-abge- stutzt, nicht eingeschnürt, 6—7 x diek, 21—26 ıı lang. Von einigen Anabaena-Arten geben die Autoren an, dass sie anfangs am Boden oder an irgend welchen Gegenständen festsitzend leben und sich erst später nach der Oberfläche begeben und sogar eine Wasserblüthe bilden), Wenn diese Behauptung richtig ist, so erhebt sich die Frage, ob die betreffenden Algen schon im festsitzen- den Zustande Gasvacuolen enthalten, oder ob sich die letzteren erst bei der Loslösung ausbilden. Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass ursprünglich festsitzende Formen sich in echte Wasserblüthen umwandeln; ich glaube vielmehr, dass bisher die Nichtbeachtung der ‚ Vaeuolenstruktur zur Verwechselung sonst ähnlicher Arten geführt hat. (Vergl. die eben erwähnte als A. catenula bezeichnete und die oben als A. solitaria beschriebene Alge) Man dürfte also künftig wohl zweckmässig die Gasvacuolen bei der Classification der Anabaenen mit berücksichtigen; vielleicht tragen die hier gewon- nenen Erfahrungen zu einer Klärung der Systematik auf diesem nicht ganz leichten Gebiete bei. VI. Wasserblüthebildende und Planktonalgen aus anderen Algengruppen. Es ist sehr bemerkenswerth, dass die Gasvacuolen, soweit es sich bis jetzt überblicken lässt, nur in der Gruppe der Phycochromaceen vorkommen und dass auch die überwiegende Mehrzahl der wasser- blüthebildenden Algen dieser Gruppe angehört. Ausser den Phyco- chromaceen ist mir bis jetzt nur eine einzige Alge bekannt geworden, die ein ebenso ausgeprägtes Steigvermögen besitzt und daher nicht bloss zu den wasserblüthebildenden Algen gerechnet werden kann, sondern thatsächlich an der Bildung von Wasserblüthen theilnimmt. Es ist Botryococeus Braunii Kütz. Worauf das geringe speci- fische Gewicht dieser Alge beruht, bedarf noch genauerer Unter- suchung. Dass keine Gasvacuolen vorhanden sind, lässt sich leicht feststellen, zumal wenn man das Pflänzchen trocknet und mit Canada- balsam bedeckt. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Fett, das 1) Z.B. Anabaena variabilis Kütz. efr. Bornet et Flahault I. c. p. 227. 279 die auffällig dicken, die Zellen umgebenden Membranen durchtränkt. Dafür spricht die intensive Schwarzfärbung, welche die Membranen mit Osmiumsäure annehmen, ferner das Austreten ölartiger Tropfen in den Glycerinpräparaten, und endlich das Durchsichtigwerden der ein- fach getrockneten und mit Canadabalsam bedeckten Alge. Alle anderen im Plankton des Süsswassers vorkommenden Algen scheinen speeifisch schwerer oder jedenfalls nicht leichter zu sein als das Wasser. Dass die specifisch leichteren Algen je nach dem Bewegungszustande des Wassers bald als Wasserblüthe, bald als Plankton auftreten, ist — soweit nicht etwa noch unbe- kannte Veränderungen der Algen selbst darauf einwirken — leicht erklärlich. Ebenso macht das Verständniss des Vorkommens der mit Geisseln versehenen Volvocaceen, Peridineen etc, im Plankton keine Schwierigkeiten. Anders verhält sich die Sache da- gegen bei den Diatomeen und vielleicht auch bei einigen gelegent- lich im Plankton vorkommenden Chlorophyceen, wie Pediastrum, Staurastrum u. a. Die Planktondiatomeen besitzen allerdings” einen nicht unerheblichen Fettgehalt. Bei der Behandlung mit Os- miumsäure werden schwarz gefärbte Tropfen sichtbar; Asterio- nella gracillima Grun. enthält z. B. meist mehr als 10 Tröpfchen, die an Dicke der schmalen Zelle fast gleichkommen und in derselben der Länge nach gleichmässig vertheilt sind, Fragilaria croto- nensis Edw. gewöhnlich zwei oder vier grosse neben den Chroma- tophoren im mittleren Theile der Zelle gelegene Tröpfehen, die in den Zellenketten zwei Längsreihen bilden, und ausserdem meist noch eine Anzahl kleinerer, die durch die ganze Zelle vertheilt sind. Auch kommen bei diesen und anderen Planktondiatomeen des Süsswassers Schwebevorriehtungen, wie sie Schütt!) für die marinen Formen beschreibt, in verschiedener Weise zur Ausbildung. Indessen geben diese Verhältnisse, wie mir scheint, noch keine befriedigende Er- klärung für das Schweben der Süsswasserdiatomeen ab. In den Planktonfängen sinken die Pfänzchen beim ruhigen Stehen nach kurzer Zeit zu Boden, einen braungelben Schlamm bildend, wie ich wieder- holt beobachtet habe. Warum versagen die Schwebevorrichtungen den Dienst, wenn sich die Algen in einem kleinen Gefässe mit Wasser befinden, oder wodurch wird das specifische Gewicht der Algen nach dem Einfangen so rasch erhöht? Gewiss ist für das Schwebenbleiben der Diatomeen auch die Wellenbewegung des Wassers nicht ganz l) Le, p. 17. Vgl. hierzu auch die erwähnte Arbeit von Dr. Strodtmann, 280 ohne Bedeutung, da sie die sinkenden Algen in ähnlicher Weise wieder heben wird, wie sie die steigenden, die Wasserblüthen, von der Oberfläche in eine gewisse Tiefe zurückbefördert. Aber eine befriedigende Erklärung liefert die Wellenbewegung nicht, da sie nicht stets vorhanden ist und da ihre Wirkung in der Tiefe sehr bald eine Grenze findet. Mir will es scheinen, dass noch irgend ein aus der Lebensthätigkeit der Zellen resultirender Factor, der nach dem Einfangen der Algen nicht mehr voll zur Geltung kommt, zur Er- klärung des Schwebens der Planktondiatumeen zu suchen ist. Jeden- falls harren hier noch verschiedene Fragen der Lösung, die mit Aus- sicht auf Erfolg nur in einer der in unmittelbarer Nähe des Wassers, sowohl des salzigen wie des süssen, gelegenen und mit den nöthigen Hilfsmitteln ausgerüsteten Stationen versucht werden kann. Mögen die vorliegenden Betrachtungen dazu eine Anregung geben! Hamburg, 6. Januar 1895. Nachträgliche Bemerkungen. 1. In der mittlerweile im Drucke er- schienenen Arbeit von Dr. 8. Strodtmann findet sich ein Hinweis darauf, dass bei einigen Protozoen (Arcella) den Gasvacuolen vergleichbare, aber rasch eut- stehende und wieder verschwindende Luftbläschen im Protoplasma vorkommen (Bütschli in Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs, Bd. I, p. 101). 2. Herr Dr. F, Ahlborn in Hamburg hat bereits im Sommer 1893 Versuche au- gestellt, welche das Verschwinden der Schwimmfähigkeit von AphanizomenorR Flos-aquae durch Druck und Stoss ergeben und auch den erforderlichen Druck gemessen. Durch unsere Besprechung der Angelegenheit veranlasst, wird Herr Dr. Ahlborn selbst einen kurzen Bericht darüber veröffentlichen (10. Febr. 1895). Erklärung der Abbildungen. (Tafel IV.) Die Figuren 1-10, 13, 15, 17—20, 22, 24 -30, 32--36 einerseits, 11, 12, 14, 16, 21, 23, 31 andererseits sind, weil bei derselben Vergrösserung, 824/1 bezüg- tich 115/1, mit dem Zeichenspiegel entworfen, hinsichtlich der Grössenverhältnisse unter sich direet vergleichbar. Den meisten Zeiehnungen liegen die im Texte besprochenen Zuckerpräparate zu Grunde, Gloiotrichia echinulata. 824/1. Fig, 1. Unteres Fadenende mit Gasvacuolen, . Fig. 2. Dasselbe, die Gasvacuolen durch Alkohol entfernt. Grüsse durch die Wirkung des Alkohols etwas vermindert, Fig. 3. Oberes Ende einer Spore und angrenzende Zellen, erstere ohne, letztere mit Gasvacuolen, j een Fig, Fig. Fig. Fig. ke} Fig. Fig. Fig. Fig. -ı 10. 11. ig. 25, 281 . Zellen des haarförmigen Fadenendes mit Gasvacuolen, . Zellen des haarförmigen Fadenendes mit daneben liegenden, durch Zer- veiben aus anderen Zellen befreiten Gasvacuolen: # ein Plasmatropfen mit Gasvacuolen. . Unteres Ende einer Spore. Haematoxylinfärbung nach voraufgchender Alkoholbehandlung. . Theil eines Fadens, Färbung wie Fig. 6. . Theil eines Fadens. Methylenblau-Lebendfärbung. Der Centralkörper dureh die Gasvacuolen hindurehschimmernd. . Theil eines Fadens. Methylenblaufärbung nach voraufgehender Entfernung der Gasvacuolen mittels Druck. Zellen des haarförmigen Fadenendes. Methyleublau-Lebendfärbung. Anabaena spiroides,. Ein grosses sporenloses Exemplar. 115/l. Das dunkle Aussehen dieser und der folgenden Abbildungen, namentlich der schwach vergrösserten, ent- epricht dem Verhalten der Algen im lebenden Zustande, und ist eine Folge der Gasvacuolen. . Kleineres Exemplar mit einer jungen Spore. 115/1. 3, Der die Spore enthaltende Theil, stärker vergrössert. Gasvacuolen nur in einem Theil der Zellen dargestellt. 824/1. Anabaena spiroides var. contracta, . Vollständiges Exemplar. 115/1. . Ein Theil des Fadens mit Heteroeyste, stärker vergrössert. 824/1. Anabaena macrospora. . Jiwei sporenbildende Exemplare. 115/1. . Theil des Fadens stärker vergrössert. Spore ohne Gasvaeuolen; in der Heterocyste sind die Gasvacuolen verloren gegangentZuckerpräparat). 824/1, . Junge Spore mit noch vorhandenen Giasyaruolen, 824/1. Anabaena macrospora var. crassa. 824/l. . Fadenstück mit Heterocyste, . Fadenstück mit Spore. Zellen mit, Spore ohne trasvacuolen. Anabsaena Flos-aquae. . Kleineres Fadenknäuel mit den charakteristischen Windungen der Fäden, 1151. . Nicht ganz reife Spore und Fadenstück mit Heteroeyste. 824/1. Anabaena Flos-aquae var. graeilis. . Ein Fadenknäuel. 115/1. Fäden der Zeichnung im Vergleich zu Fig. 21 etwas zu dick ausgefallen. . Fadlenstück mit Heteroeyste und junger Spore, 824/1. Anabacna solitaria. 824/1. Fadenstück mit Heterocyste und Spore. Zeilen mit, Spore ohne Gas- vacuolen. 282 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 26. 27. 28, 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. Anabaena catenula (?) 824/1. a) Fadenstück mit Heterocyste. db) Fadenstück mit Sporen. Zellen ohne Gasvacuolen. Aphanizomenon Flos-aquae. 824/1. Material von Bremen. Fadenstück mit Heterocyste. Fadenstück mit Spore. Theil des Fadenendes mit verlängerten Zellen. Gasvacuolen nicht ge- zeichnet. Material von Pioen (Trent-See). Fadenstück mit Heteroeyste und Spore. Letztere enthält noch eine Reihe besonders deutlicher Gasvacuolen. Trichodesmium (Aphanizomenon?) lacustre. a) und b) Zwei vollständige Fadenbündelchen. 115/1: Fadenstücke, mit Gasvacuolen. 824/1. Fadenstück, Haematoxylinfärbung nach voraufgehender Alkoholbehand- lung. 824/1. Trichodesmium Hildebrandtii. Fadenstück mit Gasvacuolen. Nach getrocknetem Material, die Vacuolen daher nicht ganz dem Leben entsprechend. 824/1. Clathrocystis aeruginosa. Zellen mit Gasvacuolen. 824/1. Coelosphaerium Kützingianum. Zellen mit Gasvacuolen. 824/1. Luftbläschen von bacteroidenartiger Form, aus Wasser durch kräftigen momentanen Druck auf das Deckglas erhalten. 354/1. Litteratur, Blüthenbiologische Floristik des mittleren und nördlichen Europa, sowie Grönlands. Systematische Zusammenstellung des in den letzten zehn Jahren veröffentlichten Beobachtungsmaterials. Von Dr. E. Loew, Professor am Kgl. Realgymnasium zu Berlin. Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke 1894. Preis 11 Mark. Seit durch Darwin’s Orchideenbuch die fast in Vergessenheit gerathene Blüthenbiologie!) neu belebt wurde, hat sich eine mächtige und weit zerstreute Litteratur auf diesem Gebiete entwickelt. Die bekannten Werke von Herm. Müller haben dadurch vielfache Ergänzungen erfahren. Nur sehr wenigen war aber noch ein Ueberblick über das angehäufte Beobachtungsmaterial möglich. Es ist desshalb als ein verdienstvolles Unternehmen zu begrüssen, dass der Ver- fasser, welcher selbst zahlreiche Untersuchungen über Blüthenbiologie veröffentlicht hat, die gesammte Litteratur des im Titel bezeichneten Gebietes gesammelt hat. Dadurch wird eine weitergehende Verwerthung des Materiales ermöglicht und der weitere Ausbau der Blüthenbiologie wesentlich gefördert werden. Es wäre sehr zu wünschen, dass auch für andere Gebiete der Botanik von Zeit zu Zeit yon berufener Seite verfasste Berichte, wie der vorliegende, erscheinen würden. K. Goebel. Dr. Rudolph Hesse. Die Hypogaeen Deutschlands. Natur- und Entwiekelungsgeschichte, sowie Anatomie und Morphologie der in Deutschland vorkommenden Trüffeln und der diesen verwandten Organismen, nebst praktischen Anleitungen bezüglich deren Ge- winnung und Verwendung. Band II. Die Tuberaceen und Ela- phomyceten mit 11 Tafeln. Halle a.$. Verlag von Ludw. Hof- stetter. Preis 27 Mark. In Band 75 (1892) der Flora wurde p. 304 das Erscheinen des ersten Bandes des vorliegenden Werkes angezeigt, der die Hymenogastreen behandelte. Ihm ist 1) Der Verfasser gibt von seiner Aufgabe folgende Definition: „Die blüthen- biologische Floristik (oder Blumengeographie) stellt sich die umfangreiche Auf- gabe, die Wechselbeziehungen zwischen den Blumen und ihren Kreuzungsvermittlern in sämmtlichen Florengebieten der Erde festzustellen, wobei nicht bloss die Be- stäubungseinrichtungen der Pflanzen, sondern auch alle für die Blüthenbestäubung wesentlichen Körper- und Lebenseigenthümlichkeiten der Blumenbesucher, wie der Insekten, Vögel u. a. in Betracht zu ziehen sind,“ 284 nunmehr der zweite gefolgt, der die Tuberaceen und Elaphomyceten schildert, von denen die Tuberaceen ja als Nutzpflanzen auch ein bedeutendes praktisches Tn- teresse beanspruchen. Der Verfasser schildert auf Grund seiner reichen Erfahrungen acht Tuberaceengattungen und neun Elaphomyeesarten, unterstützt durch vorzüg- liche Habitusbilder, so dass hier eine wesentliche Bereicherung der Naturgeschichte dieser sonderbaren Pflanzenformen vorliegt. Er theilt sodann mit, dass ihm die Cultur der Trüffeln seglückt ist und zwar durch Aussaat von Tuberaestionen, also nicht durch die mehr mit dem Zufall rechnenden, bisher bei der Trüffeleultur au- gewendeten Kunstgriffe. Er yibt ferner eine eingehende Entwickelungsgeschichte der Hypogaeen, betreffs deren auf das früher beim ersten Bande Gesagte ver- wiesen sei. Wenigstens hut sich der Verfasser jetzt aber überzeugt, dass „zum Aufbau der sog. Hymenogastreen-Fruchtkörper nieht unter allen Umständen Flagellaten nothwendig sind. K. Goebel. Die botanischen Anstalten Wiens im Jahre 1894. Mit 11 Abbildungen. Wien, Verlag von Carl Gerold’s Sohn, 1894. Geh. 3 Mark. Die vorliegende Schrift erschien ursprünglich als Festgabe anlässlich der letzten Naturforscherversammlung, die in Wien stattfand, Es ist mit Dank zu begrüssen, dass die Verlagsbuchhandlung sie als selbständige Veröffentlichung weiteren Kreisen zugänglich gemacht hat, denn wir finden darin eine eingehende Schilderung der in Wien vorhandenen Sammlungen und Institute, die für jeden Botaniker von Interesse ist. Erstaunlich klein für die grösste Universität Oester- reichs sind die Dotationen: 14,850 fl. für den botanischen Garten und das Museum, 800 Al. für das pflanzenphysiologische Institut. K. Goebel. Dr. Eug. Warming: Den almindelige Botanik. Tredie fuldstaendigt omarbejdede og forögede Udgave ved Eug. Warming og W. Johannsen, Kjöbenhavn. P. G. Philipsens Forlag 189. Das vortreffliche Lehrbuch der systematischen Botanik von Warming Ist durch die deutsche Uebersetzung allgemein bekannt seworden, Es mag gestattet sein, hier auch auf den die allgemeine Botanik behandelnden Theil, der in neuer bearbeitung soeben erschienen ist, kurz hinzuweisen. Während derselbe früher mit der Zellenlehre begonnen hatte, ist jetzt, was gewiss richtiger ist, nach einer kurzen orientirenden Uebersicht über Protoplasma, Lebenserscheinungen, einzellige und vielzellige Pflanzen die Morphologie in den Vordergrund gestellt. Dieselbe findet in dem vorliegenden Lehrbuch eine viel eingehendere Darstellung, als dies sonst der Fall zu sein pflegt, und zwar nach des Referenten Ansicht mit Recht. Ent- schieden leiden die meisten botanischen Lehrbücher unter einer Ueberschätzung des mikroskopisch Wahrnehmbaren und versäumen dabei, dem Lernenden das Verständniss der Dinge beizubringen, die ihm zunächst vor Augen liegen und die ihn umgeben, wenn er längst keine Gelegenheit mehr hat, sich mit Zellenlehre etc. zu beschäftigen, Gewiss soll die Wichtigkeit dieser Disziplinen nieht herunter- gesetzt werden. Aber wie viele von den durch die botanischen Hörsäle gehenden Medieinern und Pharmacenten, welche gelernt haben, wodurch sich ein Iysigener und ein schizogener Seeretbehälter unterscheiden, eine gegliederte und eine un” gegliederte Milehröhre ete. sind wuhl in: Stande, den Aufbau eines Baumes, die Ueberwinterung einer perennirenden Pflanze etc. zu erläutern? Die W arming'sche Darstellung der Morphologie erscheint als sehr geeignet zur Einführung in die- I 285 selbe, womit nicht gesagt sein soll, dass Referent nieht in manchem abweichender Meinungs wäre. Warming wendet sich z. B. scharf gegen die Suchs’sche Terminologie der Organe, welche das Hauptgewicht auf die Function derselben legt, und meint, das sei eine Verkemnung der Begriffe Homologie und Analogie (pag. 132). Ab.r dies ist durchaus nicht der Fall. Man kann sehr wohl für die Bezeichnung eines Örganes seine Funetion in den Vordergrund stellen und sich (labei bewusst sein, dass darüber über die Homologie nichts ausgesart ist. Und sicher gewinnt man dadurch eine vereinfachte Nomenklatur. Oder sollen wir, wie dies ja neuerdings auch versucht worden ist, die Blätter der Moose anders bezeichnen als die der Farne, weil sie mit denselben nur analog, nicht homolog sind? Warming selbst thut diess nicht, obwohl das dem von ihm eingenommenen Standpunkt entsprechen würde. Er sagt ausdrücklich (pag. 13), bei den Moosen finde sich eine Reihe von Uebergangsformen „fra det rene Löv til typiske, bladbaerende Skud“ (vom reinen Thallus zum typischen blatttragenden Spross). Jede Terminologie muss nach Zweck mässigkeitsgründen sich richten, eine absolut consequente, nur nach abstrakten Prineipien sich richtende gibt es nicht; e8 frage sich nur: wie vermittelt sie dem Lernenden am klarsten die typischen Lebenserscheinungen des Pflanzenkörpers? Und die „physiologische* Termino- logie ist unzweifelhaft die ältere und näherliegende. In der Morphologie dürften übrigens die niederen Pflanzen zu kurz weggekommen sein; sie ist im Wesent- lichen nur eine Morphologie der Samenpflanzen. Ihr folgt die Zelleulehre und Ge- webelchre, wobei die physiologischen Thatsachen vielfach mit eingeflochten sind und die neuere Litteratur sorgfältige Berücksichtigung gefunden hat. Darauf Er- nährungswachsthums-, Bewegungs- und Fortpflanzungserscheinungen und zum Schluss Blüthe, Bestäubung, Befeuchtung, Samenverbreitung. Referent hält es nicht für richtig, die Morphologie der Blüthe von der der Vegetationsorgane abzutrennen. Die Umbildung der Sprosse zu Trägern der Fortpflanzungsorgane (Pellensäcke und Samenanlagen) wird viel deutlicher hervortreten, wenn sie im Anschluss an die anderen vegetativen Umbildungsformen besprochen wird und die Physiologie sich nur mit den wirklichen Sexualorganen befasst, deren Unterschied von den Vegetationsorganen dann auch mehr hervortritt. Indess, quot eapita tot sententfiae, Jedenfalls ist auch der vorliegende Theil ein treffliches Buch. K. Goebel. Prof. Dr. K. Schumann. Lehrbuch der systematischen Botanik, Phyto- palaeontologie und Phytogeographie. Stuttgart 1894. Schumann hat in dem obengenannten Werk die didactische, botanische Litteratur um ein umfangreiches, 700 Seiten starkes Buch vermehrt. Was die An- ordnung des Materials und Methodik der Beschreibung anbelangt, so besteht das Lehrbuch aus drei Theilen, von welchen der erste, der Pllanzensystematik gewid- mete, der umfangreichste ist. Wie wir aus der Vorrede erfahren, will der Verfasser dem Leser nur gesicherte Thatsachen vorbringen, es sind desswegen. auel überall die Auforennamen der Pflanzen weggelassen, ebenso alle Citate, Die area ist vollständig an die „Natürliche Pflanzenfamilien® angelehnt, soweit dieselbe bis R B . R u ’ FR} un ’ „Jetzt erschienen sind, sonst ist aus den Werken Tavel’s, Ludwig’s, Luerssen’s und Anderen geschöpft, auch manche eigene Untersuchungen des Verfassers sind an einigen Stellen erwähnt. Sehr lobeuswerth ist das Bestreben des Verfassers, in dem systematischen Theile die fossilen Pilanzen su weit wie möglich zu berück- sichtigen. Auch die Widergabe zahlreicher biologischer, anatomischer, morplıo- 286 logischer und sonstiger Notizen, die unter dem Titel Morphologie sich bei fast jeder Phanerogamenfamilie finden, verdient Anerkennung. Der zweite Theil des Lehr- buchs iet der Palaeophytologie gewidmet und zwar versuchte hier der Verfasser nach dem Muster eines Heer oder Saporta die Vegetation der aufeinander- folgenden Epochen der Erde zu schildern, während in den dritten Theile die Pflanzengeographie behandelt wird. Was die Behandlung des Materials durch den Verfasser anbelangt, so muss ich constatiren, dass trotz der Versicherung, nur gesicherte Thatsachen vorzu- führen, die Zahl solcher, die bisher zweifelhaft sind und doch von dem Verfasser als sicher angegeben werden, sehr ansehnlich ist, sie wird noch vermehrt durch die höchst mangelhafte Correetur des Manuskriptes, welche offenbar an zahlreichen, häufig nur einige wenige Zeilen von einander entfernten, sich widersprechenden Angaben die Schuld trägt, sowie auch durch die wenig correete Stilisirung, die einerseits Unklarheiten des Textes verursacht, andererseits Behauptungen zu Stande bringt, wo die eausale Verknüpfung verdreht ist, z.B. wird (p. 32) von Crenothrix behauptet, dass sie beim Absterben einen so widerlichen Geruch hervorbringt, dass das Wasser schlammig aussieht. Ich lasse hier einige Citate von dem Schu- mann’schen Werke folgen, aus welchen der Leser selbst beurtheilen kann, in wie weit meine oben ausgesprochene Ansicht begründet ist. Auf der Seite 20 ist eine Beschreibung der Zellkerne der Schizophyten ge- liefert, wo zu erfahren ist, dass dieselben oft denen der höheren Pflanzen gleich sind, — auf der Seite 50 lesen wir, dass von den Knotengliedern der Characeen Quirle von begrenzten einzelligen Strahlen „Blätter“ ausgehen, auf der folgen- den Seite wird das Vorkommen eines Krönchen an den Oogonien der Characeen als „häufig“ bezeichnet, — bei der Diagnose der Zygomyceten (p. 65) lautet der erste Satz kurz und bündig: „Sie leben saprophytisch“, vier Seiten weiter sind doch manche parasitischen Mucorineen ausführlich besprochen, — Von der Anordnung der Blätter bei den Filicales wird (p. 164) gesagt, dass dieselbeu „allermeist spiralig, nur bei einer fossilen Gruppe 2zeilig gestellt sind“, und unsers Polypodium vulgare oder Pteris aquilina? Von den Loranthaceen (p. 324) lesen wir, dass ihre Samenanlagen sich dureh Wucherungen bestimmter Epidermzellen ent- wickeln, wasbekanntlich nicht der Fall ist. Beidem Tribus Asterothecae der Marattiaceae wird angegeben (p. 178), dass sie nur aus dem Carbon bekannt sind, zwölfte Zeile weiter ist aber Asterotheca Meriani, Leitfossil des Keupers erwähnt. Von den Sporen der Equiseten wird behauptet, dass ihre Exospor sich in 4 Bänder löst (p. 187), von dem Lycopodium Selago erfahren wir (p. 196), dass seine Endknospe sich in Brut- knospen umwandelt, die Sporangien von Isoetes sind als 2—-4fächerig beschrieben (p. 211), auf der Seite 224 ist von einer kletternden Conifere: Gnetum die Rede, welches trotzdem einige Seiten später bei den Gnetaceen behandelt wird. Die Nymphaeaceen sollen sich durch Anwesenheit der inneren Sternhaare auszeichnen (p. 344), obwohl bekanntlich die Nelumboneen und Cabombeen, die der Verfasser zu den Nymphaeaceen rechnet, keine solche besitzen. Ich will diese unangenehme Liste nicht weiter führen, erwähnen möchte ich nur, dass zur Erläuterung des systematischen Theiles zahlreiche Figuren dienen, meist Copien aus den Werken Luerssen’'s, Willkomm’s, Tavel’s u. A. Es wäre besser gewesen, manche dieser Figuren nicht aufzunehmen, z.B. die Fig. 97,B,K, Fig. 98, B, J; sie erinnern doch viel mehr an die Randzeichnungen des kleinen Moritz, als an die Blattquer- schnitte, als welche sie der Verfasser deutet, An den Figg. 18 und 55 ist dasselbe 287 Cliche, Funaria hygrometrica darstellend, abgebildet. Merkwürdig erscheint, dass dasselbe Organ in den beiden, thatsächlich ideutischen Figuren bald (p. 142) als „Bildung einer Brutknospe“, bald (p. 153) als junge Moosknospe bezeichnet wird, Die fossilen Pflanzenreste sind in dem Werke Schumann’s einerseits in dem systematischen Theile, anderseits nach der Reihenfolge der Formationen in einem besonderem Abschnitte des Buches besprochen. Was die Behandlung der Phyto- palaeontologie durch den Verfasser anbelangt, so wäre es nach des Referenten An- sicht viel besser gewesen, es hätte Schumann dieses Gebiet gar nicht berührt. So bebandelte Phytopalaeontologie, wie wir sie in diesem Buche finden, bringt doch dem Lehrenden keinen Nutzen, dem Lernenden aber kann sie nur von Nachtheil sein. Man kann zwar zur Entschuldigung des Verfassers anführen, dass eben bei dem jetzigen Stadium der Phytopalaeontologie, wo die wissenschaftliche Kritik noch nicht alle falschen Ueberlieferungen der vergangenen Zeit beseitigt hat, wo es an solchen Lehrbüchern dieser Wissenschaft fehlt, aus welchen das Erwünschte ohne Mühe zu excerpiren wäre, wo in den Originalarbeiten die subjectiven und differenten Meinungen verschiedener Forscher eine zu grosse Rolle spielen, einem mit der Phytopalaeontologie nicht vertrauten in der That schwer ist, ein Lehrbuch der Phytopalaeontologie zu schreiben. Ohne die Hauptthatsache der Entwickelungs- geschichte der Pflanzenwelt zu erwähnen, dass die Entwickelung der Pflanzen- formen derjenigen der Thierformen voransehreitet, dass die Pflanzenwelt schon an der Grenze zwischen dem Rothliegenden und den Zechstein den palaeozoischen Cha- rakter verliert, ebenso wie sie schon mit der rhätischen Formation in die jurassische, mit der Kreide in die tertiäre Phase tritt, legt der Verfasser die zoopalaeonto- logische Eintheilung der Erdentwickelungen seinen Ausführungen zu Grunde und bespricht in diesem für die Pflanzenwelt gar nicht passenden Rahmen die Ent- wickelung derselben. Wie er dabei mit den geologischen Thatsachen umspringt, lehrt 2. B. die Behandlung der reichen Keuperflora der Lunzer und Raibler Schichten, als einer rhätischen, oder die Bemerkung von dem Vorhandensein der braunjurassischen Pflanzenreste in Schlesien (571) und von der Flora der Werns- dorfer Schichten in Galizien (574). Es sind meines Wissens ebenso wenig aus Schlesien braunjurassische Pflanzenreste, wie aus Galizien die der Wernsdorfer Schichten bekannt und die Lunzer Flora ist bekanntlich von der rhätischen so ver- schieden, dass Niemand ein Handstück von Lunz oder Neuem Welt mit einem solehen von Theta oder Bjuf verwechseln kann. Wie die einzelnen Pflanzenreste behandelt sind, will ich wieder an der Hand der Citate demonstriren. Von den Calamitaceen lesen wir auf der Seite 189, dass „sie erscheinen im Oberdevon und verschwinden im Perm“. An der Seite 562 erfahren wir jedoch von der Keuper- flora, dass in derselben von (’alamitaceen noch C. Meriani vorhanden ist, und pP. 564 ist sogar von den Calamiten der rhätischen Flora die Rede. Nebenbei möchte ich bemerken, dass die von Schumann erwähnten mesozoischen „Calamiten* längst als zur Gattung Schizoneura gehörend erkannt sind. Vollständig dieselbe Differenz in den Meinungen des Verfassers auf verschiedenen Seiten des Buches finden wir bei den Cordaiten. Auf der Seite 221 ist zu lesen, dass die Cordaiten sind vom Devon bis in das Perm verbreitet, und dass alle jüngeren Funde kaum zu den Cordaiten zu zählen sind, während wir auf der Seite 280 belehrt werden, dass „Yuccites vogesiacus aus dem Buntsandstein dürfte wohl sicher zu den Cor- daitaceae gehören“. Wieder dieselbe Inconsequenz finden wir bei Besprechung der mesozoischen Cladophlebisarten. Auf der Seite 172 ist zu lesen, dass man yeglaubt 288 habe, die Gattung Asplenium bis in das Rhät (A. whitbyense)i) hinauf verfolgen za können, was aber nicht gesichert sei, während auf der Seite 569 die sog. „Asplenien“ whitbyense, petruschinense, argutulum nach dem Vorgange Heer’s zur Untergattung Diplazium gerechnet sind. Die vermeintlichen Asplenien - sori dieser Arten, auf welche die Gattungsbestimmung basirt ist, sind aber bekanntlich nur den Secundärnerven parallel verlaufende Sprünge der zer-Jrückten Blattlamina. Mehrfach wird erwähnt, dass Thyrsopteris Murrayana Osmunda ähnliche Sporangien haben soll. Das ist nicht wahr. Wenn der Verfasser (p. 194) behauptet, dass die Arten der Gattung Sphenophyllum zweifelsohne flottirende Wassergewächse gewesen sind, so muss ich erwidern, Jass ich daran ebensowenig glaube, wie an die Zugehörigkeit der Taeniopteris Münsteri zur Gattung Angiopteris. Es irrt der Verfasser (p. 179), wenn er die Danaepsis marantacea in der rhätischen Formation leben lässt. Die Presl’sche Art ist meines Wissens noch nicht in den rhätischen Schichten gefunden. Als älteste bekannte Gleicheniaceae betrachtet Schumann Gleichenites elegans Zigno, eine Art, die gewiss nichts mit Gleicheniaceen zu thun hat und über die schon Heer Klarheit verschaffte. Angesichts der mitgetheilten Blüthenlese aus Schumann's Werke, die man ohne Mühe fortführen könnte, wird man den: Verfasser den Vorwurf nicht ersparen können, dass er es bei der Abfassung seines Lehrbuches — gelinde ausgedrückt — an der Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit hat fehlen lassen, welche jeder Autor seinem Leser schuldig ist. M. Racibeorski. 1) Wie erwähnt, fehlen überall die Autorennamen, was besonders bei einer 30 misshandelten Species, wie Cladophlebis whitbyense, empfindlich ist. Ich will näm- lich bemerken, dass meines Wissens Clad, whitbyense Brongniart, also die typische Art, aus dem Rhät unbekannt ist. Eingegangene Litteratur. Andreae, C., Ueber abnorme Wurzelanschwellungen bei Ailanthus glandulosa. Inaug.-Dissert. Erlangen 1894, Allescher, A., Einige für das südliche Bayern neue Sphaeropsideen. Melan- conieen und Hyphomyceten. 8.-A. aus Hedwigia. Bd. XXXIII. 1894. Bailey, L. H.. A Paper on Electrieity and Plant-Growing. — Massachussetts Horticulural Society. Boston 1894. Barth, K., Die geotropischen Wachsthumskrümmungen der Knoten. Imaug.- Dissert. Leipzig 1894. Behrens, J., Der Ursprung des Trimethylamins im Hopfen und die Selbsterhitzung desselben. Karlsruhe 1894. Belajeff, WL, Zur Kenntniss der Karyekinese bei den Pflanzen. $.-A. aus: „Flora oder allg. Bot. Zeitung“ 1894. Ergänzungsband. Ibid. Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden der Pflanzen. Bommer, Ch., Sclerotes et C'ordons Myceliens. Bruxelles 1594. Mit Tafeln. Bower, F. O., A Criticism and a Reply to Critieisms. Annals of Botany Vol. vo No, XXVII, 289 Bower, F.A. O. A Theory of the Strobilus in Archegoniate Plants. Ibid, Vol. VIEL Nr. XXXI — — Studies in the Morphology of Spore-produeing Members. Preliminary Sta- dement on the Equiseraccae and Psilotaceae. From the Proceedings of the Royal Society. Vol. 58. — — Studies in the Morphologie of Spore-produeing Members. Equisetineae and Lycopodineae. Philosophieal Transactions of the Royal Society of London. ol 185. Brandl, J., Chemisch-pharmacologische Untersuchung über die Manacawurzel. S.-A. aus der Zeitschrift für Biologie. 1394. Briosi, G., Atti dell’ Instituto Botanico dell’ Universitä di Pavia. II Serie Volume I, II, III. Milano 1888, 1892, 1894. Bruns, E., Ueber (die Inhaltskörper der Meeresalgen. S8.-A. aus „Flora oder Allg. Bot. Zeitung“. 1894. Ergänzungsband. — — Beitrag zur Anatomie einiger Florideen. $8.-A. aus den Berichten der Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Bd. XI, Heft 7. Burserstein, A,, Anatomie des Holzes von Albizzia moluccana. 8.-A. aus den Berichten der Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Bd XII, Heft 7. — — Zur Anatomie des Albizziaholzes. $.-A. aus den Berichten der Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1994, Bd. XI, Heft 9. Burt, E., A North American Anthurus -- its Structure and Development. Me- moirs of the Boston Society of Natural History. Vol. III, No. 14, 1894. Büsgen, M., Culturversuche mit Cladothrix dichotoma. 8.-A. aus den Berichten der Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Bd. XII, Heft 6. College of Agriculture. Vol. II Nr. 2. Tokyo 1894. Contents: C. Loew. The Energy of the Living Protoplasm. — K. Yabe. On the Vegetable Cheese, Natto, on the Poisonous Action of the Hydroxyl-derivatives of Benzol upon Yeast and Bakteria. — J. Okamura. On the Quantity of Wood-gum con- tained in different kinds of wood. Daikuhara, G., On the Reserve Protein in Plants. — J. Ischii, On the Oceu- rence of Mucin in Plants, Mannane asa Reserve Material in the seeds of Diospyros Kaki. — C. Psuji. Mannane as an Article of Human Food. . Contributions from the U. S. Nationa! Herbarium. Vol, Il, Nr. 2, 1894, Preliminary Revision of the North American Species of Cactus, Anha- lonium and Lophophora by J. M. Coulter. Correns, C., Ueber die vegetabilische Zellmembran. Eine Kritik der Anschauungen Wiesner's. 8.-A. aus Pringsheim’s Jahrbüchern für wissenschaftl. Botanik. Bd. XXVI, Heft 4, 1894. . Dennert, E., Vergleichende Pflanzenmorphologie. Leipzig, Verl. von J. T. Weber. 1894. Die botanischen Anstalten Wiens im Jahre 1894. Verlag v. C. Gerold’s Sohn, Wien. Dihm, H., Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose, $.-A. aus „Flora od. allg. Bot. Zeitung“ 1894, Ergänzungsband. Fischer, A., Zur Kritik der Fixirungsmethoden und der Granula. $8.-A. aus Anatomischer Anzeiger, IX. Bd., Nr. 22, — — Untersuchungen über Bakterien mit 5 Tafeln. 27. Bd., 1. Heft. . . . Fritsch, C., Ueber Orchis Spitzelii Sauter u. die geographische Verbreitung dieser Art. 8.-A. aus d. Sitzungsberichten der k. k. zoolog.-bot. Gesellschaft in Wien. Bd. XLIV. 1894, u — — Ueber die von Parlatore begonnene u. Caruel vollendete „Flora Italiana und Caruel’s System der Rosifloren. Ibid. . . . , Ganong, W.F,, Beiträge zur Kenntniss der Morphologie u. Biologie der Cacteen, S.-A. aus „Flora od. allg. Bot. Zeitung‘ 1894, Ergänzungsband. Gibson, R.J. H., Contributions towards a knowledge of the anatomy of the genus Selaginella, Spr. Annals of Botany, Vol. VIIL Nr. XXX. \ . — — Note on the diagnostic characters of the subgenera and species of Nelaginella, Spr. From. Frans. Biol. Soc. Liverpool. Vol. VI. Flora 1895. 19 S.-A. aus Bringsheims Jahrb. 290 Gilg, E., Studien über die Verwandtschaftsverhältnisse der Thymelaeales und über die „anatomische Methode“. S.-A. aus Engler’s bot. Jahrbüchern. 18. Band. 5. Heft 1894. u , Golenkin, M., Algologische Notizen. Extrait du Bulletin de la Soeiet& Imper. des Naturalistes de Moseou, 1894. Nr. >. . Guignard, L., L’origine des spheres directrices. Extrait du Journal de Botanique. Paris 1894. Haberlandt, &, Ueber wassersecernirende und -absorbirende Organe. 1. Ab- handlung. Aus d Sitzungsberichten d. kais, Akad. d. Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Classe. Bd. CI. Abtheil. I. Hansteen, R., Ueber die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus Samen. 8.-A, aus „Flora od. allg. Bot. Zeitung“ 1394, Ergänzungsband, . Hesse, R., Die Hypogaeen Deutschlands. Natur- und Entwickelungsgeschichte, sowie Anatomie u. Morphologie der in Deutschland vorkommenden Trüffeln u. der diesen verwandten Organismen nebst praktischen Anleitungen bezüglich deren Gewinnung und Verwendung. Bd. II, Die Tuberaceen und Elaphomy- ceten. 1894. Jack, J. B., Hepaticae in insulis Vitiensibus et Samoanis a Dre Ed. Graeffe anno 1864 lectae. S.-A. aus „Botanisches Centralblatt“ Bd. LX. Nr. 4. XV. Jahrg. Janczewski, E., Recherches sur le Cladosporium herbarun et ses compagnons habituels sur les cereales, Extrait du Bulletin de l’Academie des Seiences de Cracovie 1894, — — Zawilec Anemone L. Studyum Morfologiezne ibid. Jungner, R., Klima und Blatt in der Regio alpina. 8.-A. aus „Flora od. allg. Bot. Zeitung‘ 1894, Ergänzungsband, — — Om regnblad, daggblad och snöblad. Meddelanden fran Botaniska föreningen i Stockholm. Nr. 1. 1893. Karsten, @., Die Elateren von Polypodium imbricatum. $8.-A. aus „Flora oder allgem. bot. Zeitung“ 1894, Ergänzungsband. . Kny, L., On Correlation in the Growth of Roots and Shoots. Annals of Botany, Vol. VII. Nr. XXX]. 1894. Koch, A., Vergleichende bacteriologische Untersuchungen über die Haltbarkeit der Norweger- und Nordsee-Schellfische. 8.-A. aus den „Mittheilungen der Section für Küsten- und Hochseefischerei" Nr. 8, 1894. — — Ueber Verschlüsse und Lüftungseinrichtungen für reine Culturen. 3.-A. aus d. Centralblatt f. Bakteriologie u. Parasitenkunde. XIII, Bd. 1893. Nr. 8/9. — und H. Hosaeus, Das Verhalten der Hefen gegen Glykogen. Ilbid. XVI. Bd. 1894. Nr, 4/5. — — Ueber einen neuen Froschlaich der Zuekerfabriken. Ibid. XYVL Bd. Nr. 6. — und P. Kossowitsch, Ueber die Assimilation von freiem Stickstoff dureh Algen. 8.-A, aus d. bot. Zeitung Nr 21. 1893, Koorders, $. H., Plantkundig Woordenboek voorde Boomen van Java. Mede- deelingen uit 's Lands Plantentuin Nr. XII. 1894. — u. Valeton, Th, Bijdrage Nr. I tot de kennis der Boomsoorten van Java. Ibid. Nr. XI . Kossowitsch, P., Untersuchungen über die Frage, ob die Algen freien Stick- stoff fixiren. Botanische Zeitung 1894, Heft V, Kuckuck, P., Bemerkungen zur marinen Algenvegetation von Helgoland. 8.-A. aus: Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, herausgegeben von der Kom- mission zur Untersuchung der deutschen Meere in Kiel u. der biologischen Anstalt auf Helgoland. — — Choreocolax albus n. sp., ein echter Schmarotzer unter den Florideen. Aus den Sitzungsberichten der Kygl. Preuss. Akadenıie d. Wissenschaften zu Berlin. Sitzung der physik.-matlı. Classe v. 26. Juli 1894. Küster, W,, Die Oelkörper der Lebermoose und ihr Verhältniss zu den Elaio- plasten. Basel 1894, . Lagerheim, G., Zur Anatomie der Zwiebel von Crinunı pratense Herb. Viden- »kabsselskabets Skrifter. I. Math.-naturwiss. Classe, 1894, Nr. 3. Kristianla 1894. Ib. 291 Lagerheim, G., Ueber Uredineen mit variablem Pleomorphismus. Fin Beitrag zur Biologie der Rostpilze. S.-A. aus Tromsö Museums Aarshefter 16. 1893, Tromsö 1894. — — Veber das Auftreten von Chrysomyxa Rhododendri (DU.) de Bary auf Topf- Rliododendrons. Ibid. — — Beiträge zu einer Monographie der Salix-Parasiten I, II. Ibid. — — Studien über arktische Uryptogamen. I. Ueber die Entwickelung von Tetraödron Kütz. und Euastropsis Lagerh., eine neue Gattung der Hydro- dietiaceen. 8.-A. aus Tromsö Museums Aarshefter. 17. 1894. — — Ueber Dipteroceeidien auf Carex-Arten. Ibid. Tromsö 1894. — — Ein Beitrag zur Scehneeflora Spitzbergens. Ibid. Tromsö 1894. Lister, A., A Monograph of the Mycetoza, being a descriptive catalogue of the species in the Herbarium of the British Museum. London 1894. Loew, O, The energy of the living protoplasm. Imperial University. Collage of Agriculture, Bulletin Vol. I. Tokyo 1893, — E,, Blüthenbiologische Floristik des mittleren u. nördl. Europa sowie Grönlands. Stuttgart, Verl. v. Ferd. Enke. 1894. Luerssen, Chr, Beiträge zur Kenntniss der Flora West- und Ostpreussens. 1.—Il. aus Bibliotheca Botanica, Heft 28. 1894. Lutz, K. G., Ueber die sogenannte Netzbildung bei Ramalina retieulata Krplhbr. S.-A, aus den Berichten d. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1894, Bd. XII, Heft 7. Matvuschek, F., Bryologisch-floristische Beiträge aus Böhmen. S.-A. aus Lotos 1895. Neue Folge Bd. XV. Mayer, A, Ueber Drosophylium Lusitanicum. S8.-A. aus d. Botan. Centralblatt, Bd. LX. 1894, Mededeelingen nit 's lands Plantentuin. XHE Erste Resultaten van he door W. G. Boorsma verrichte Onderzoek Naar De Plantenstoffen van Neder- landsch-Indi£. Meissner, R., Beitrag zur Frage nach den Orientirungsbewegungen zygomorpher Blüthen. 8.-A. aus d. Bot. Centralblatt. 1894. Bd. LX. Minnesota botanical studies. Contents: A. P. Andersen, Ona new re- gistering balanie. — W.D. Trost, Ona new electrical auxanometer and con- tinuous recoreder. — D. P. Mac Dougal, Pittes of literature concerning the fixation of free nitrogen by plauts. Bulletin Nr. 9. Part IV. Molisch, H,, Die mineralische Nahrung der niederen Pilze. 1. Abhandlung. Aus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.-naturw. Classe, Bd. CIH, Abth. I. Oktob. 1894. . Naturkundig Tijdschrift voor Nederlandseh-Indi#. Deei LII Tiende Serie, deel II. Batavia, D. Th. Regensburg 1892. . . Palla, E., Ueber eine neue, pyrenoidlose Art und Gattung der Conjugaten. 8.-A. aus den Berichten d. Deutsch. Bot. Gesellsch. Jahrg. 1894, Bd. All, Heft 8. — — Ueber ein neues Organ der Conjugatenzelle. 8.-A. aus den Berichten der Deutsch. Bot. Gesellsch. 1894. Bd. XII, Heft VI. ı Peirce, G. J., Das Eindringen von Wurzeln in lebendige (iewebe. Leipzig 1894. 8.-A. aus Bot. Zeit. 1894. ö Pfeffe r, W., Ueber geotropische Sensibilität der Wurzelspitze nach von Dr. Üzapek im Leipziger bot. Institut angestellten Untersuchungen. 8.-A, aus d. Ber. d. math.-phys. Classe d. Kgl. Sächs. Gesellsch. d. Wissensch. zu Leipzig 1894. Pfitzer, E., Uebersicht des natürlichen Systems der Pflanzen. Heidelberg 1894, Verl. v. €, Winter, . Poirault, G., Recherches anatomiques sur les Cryptogames vaseulaires. Ann. se nat. bot. XVIll, 8. — — Les Uredindes et leurs plantes nourrieieres. de Botanique, 1893 et 1894. , Raciborski, M,, Beiträge zur Kenntniss der Cabombeen und Nymphaeaceen. S.-A. aus „Flora oder Allg. Bot. Zeitung“. 1894. ‚Ergänzungshand. . — — Flora Kopalna Ogniotrwatych (linek Krakowskich. Üzese I. Rodniowee (Archegoniatae). Krakow. 1894. on =— Elajoplasty liliowatych. Osobne odbieie z Tomu XXVII. Rospraw Wydrialu matematyezno-przyrodniezego Akademii Umiejetnäsci w Krakowin 10. Suppl. I. Extrait du Journal 292 Rothert, W., Die Streitfrage über Jie Function der Wurzelspitze. S.-A. aus „Flora oder Allg. Bot. Zeitung“ 1894, Ergänzungsbanid. — — Ueber Heliotropismus. Breslau 1894, Verlag von J. U. Kern, Sauvageau, C., La Maladie Pectique de la Vigne. Extrait de la revue de Vitieulture, tome Il, Nr. 29. 1894, — — La Destruction des Vers blanes. Ibid. tome I. . — -- Variabilit& de l’Action du Sulfate de Cuivre sur l’Isaria Farinosa. Extrait du bulletin de l’Rerbier Boissier. Tome Il. Nr. 10. 1894. — — La Maladie Peetique de la Vigne. Extrait de la revue internationale de Vitieulture et d’Oenologie. 1894, — -— Notes Biologiques sur tes Potamogeton. Extrait du Journal de Botanique. 1894. Schostakowitsch, W., Ueber die Reproduetions- und Regenerationserschei- nungen bei den Lebermoosen. 8.-A. aus „Flora oder Allg. Bot. Zeitung 1894. Ergänzungsband. Solms-Laubach, H. Graf zu, Ueber Stigmariopsis Grand Eury. 8.-A. aus Paläontolog. Abhandlungen, neue Folge, Bd. II, Heft 5. 1894. Jena, Verlag von G. Fischer. Spencer, H., Weissmannism once more. Reprinted from „The Contemporary Review“ with a Postscript. 1894. Stapf, C., On the Flora of Mount Kinabalu in Nortu Borneo, The Transactions of the Linnean Society of London. II. Ser. Botany, vol. IV Port 2. 1894. Strasburger, E., Ueber periodische Reduction der Chromosomenzahl im Ent- wiekelungsgang der Organismen. $8.-A. aus dem Biologischen (entraiblatt Bd. XIV. Nr. 23 u. 24. Toni, G. B. de, Sulla comparsa di un Flos-Aquae a Galliera Veneta, Bstratto darli Atti del R. Istituto Venetto di seienze, lettere ed arti Tomu V, Serie VIE Vöchting, H., Ueber die Bedeutung des Lichtes für die Gestaltung blattförmiger Caeteen. 8.-A. aus Pringsheims Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik. Bd. XXVI, Heft 3. Berlin 1394, — — Zur Theorie der Blattstellungen. Ibid. Wager, H., On the Presence of Uentrospheres in Fungi. $.-A. aus Annals of Botany Vol. VIIL 1894. Warming, E. Den Almindelige Botanik. Predie Fuldstaendigt Omarbejdede og Forögede Udgave. Kiöbenhavn 1895. . Went, F. A. C., Beobachtungen über die Hefearten und zuckerbildenden Pilze der Arackfabrikation. Amsterdam 1895. un Wiesner, J., Vergleichende physiologische Studien über die Keimung europäl- scher und tropischer Arten von Viscum und Loranthus. Aus den Sitzungs- berichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.- naturw. Classe. Bd. CIH, Abth. I. Willis, J. C., Contributions to the Natural History of the Flower. — Part. II. Fertilization Methods of Varions Flowers; Cleistogamy in Salvia Verbenaca. Extracted from the Linnean Society’s Journal-Botany vol. XXX. — — On Gynodioecism, wits a preliminary note upon the origin of thes and similar phenomena. Extracted from the Procedings of the Cambridge Philo- sophical Society. Vol. VIII Pt. II. Woronin, M., Bemerkung zu Ludwig’s „Selerotinia Aucupariae*, 8.-A. aus den Berichten der Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1891, Bd. IX, Heft 4. , — — Selerotinia heteroica Wor. et Naw. Nachträgliche Notiz zu 8. Nawaschin's Mittheilung: „Ueber eine neue Selerotinia, Vergleiche mit Selerotinia Rhodo- dendri Fischer“. Ibid. 1894, Bd. XI, Heft T. Zacharias, E. Einige Bemerkungen zu Farmers Untersuchungen über Zell- und Kerntheilung. 8.-A. aus der Botanischen Zeitung Nr. 24, 1894. Zeitschrift für Naturwissenschaften, Herausgegeben von 6. Brandes. 67. Bd. (fünfte Folge, fünfter Band) 1. u. II. Heft. Leipzig. C. E. M. Pfeffer. 1894. Verlagsbuchhandlung von Julius Springer in Berlin N, Monbijouplatz 3. Februar 1895. Soeben erschien: Pflanzenkrankheiten durch kryptogame Parasiten verursacht. Eine Einführung in das Stadium der parasitären Pilze, Schleimpilze, Spaltpilze und Algen, Zugleich eine Anleitung zur Bekämpfung von Krankheiten der Kulturpflanzen. Von Dr. Karl Freiherr von Tabenf Privatdozent an der Universität München. Über 600 Seiten mil 306 in den Text gedruckten Abbildungen. Preis M. 16,—. In Leinwand gebunden M. 17,20. Das neue Werk über die parasitären Pilze, Schleimpilze, Spaltpilze (Bakterien) und Algen, sowie die von denselben ver- ursachten Krankheiten der Pflanzen stützt sich auf die Litteratur bis auf die neueste Zeit und auf zahlreiche Untersuchungen und Nachuntersuchungen des Verfassers. Die Kenntnisse der Physiologie, Biologie und Systematik der Pilze und Bakterien sind aber gerade in den letzten zehn Jahren durch eine Anzahl bedeutender Arbeiten ganz wesentlich vermehrt worden. Die Untersuchungen der Reaktionen erkrankter Pflanzen auf die Krankheitserreger, die Anpassungserscheinungen bei symbiotischen Fig.291. Plasmodiophora Brassicae Wor. Kohlhernie der weissen Rübe, Brassica rapa. Verhältnissen, insbesondere die tiefer greifenden anatomischen Ver- änderungen im Baue der Wirthspflanzen haben sehr zahlreiche neue Resultate ergeben. Versuche, praktisch wichtige Krankheiten unserer Kulturgewächse zu bekämpfen, wurden in Europa und Amerika von vielen Seiten im Grossen durchgeführt und haben Methoden und Mittel gezeigt, den Kampf gegen schädigende Parasiten erfolgreich aufzu- nehmen. Alle neueren Forschungen wurden gründlich zu verwerthen gesucht, denn ein Buch zu schaffen, neuer, vollständiger und um- fangreicher wie die vorhandenen älteren Werke, erschien dem Ver- fasser eine zeitgemässe und dankbare Aufgabe. Vor allem schien ihm aber zweckmässig, dasselbe auszustatten mit recht zahlreichen, guten Abbildungen, unter denen naturgetreue photographische Auf- nahmen lebender Objekte die besten Habitusbilder liefern sollten, während mikroskopische Bilder durch Holzschnitte und Zinkotypien vertreten sein konnten. Obwohl das Werk vom rein wissenschaftlich botanischen Standpunkte aus bearbeitet ist, wurden doch die praktisch wichtigen Krankheiten besonders eingehend behandelt und die Vorbeugungs und Bekämpfungsmaassregeln derselben angeführt. Hiebei sind die asia Inhalts - Uebersicht. Allgemeiner Theil. I. Parasitismus, 1. Kap. Die parasitären Pilze. Definition des Parasitismus der Pilze — Eintheilung der Parasiten und Saprophyten — Lebensweise und Nahrungsaufnahme der parasitären Pilze. 2. Kap. Reaktionen der Wirthspflanze oder der befallenen Zelle auf den Angriff der Parasiten. A. Wirkungen parasitärer Pilze auf das Leben ihrer Wirthe. Absterben der Nährzellen — Absterben von Organen und Pflanzen — Verkürzung der Lebensdauer — Vorzeitige Entwickelung der Knospen bei erkrankten Pflanzen — Erhaltung der Nährpflanze und des Nähr- gewebes. B. Wirkungen parasitärer Pilze auf die Gestalt der Nährpflanze. Verkümmerungen — Wucherungen. Wirkung parasitärer Pilze auf den Zellinhalt. Wirkung parasitärer Pilze auf die Zellwand. Wirkung parasitärer Pilze auf den anatomisehen Baa ihrer Wirthspflanzen. 3. Kap. Wirkungen des Substrates auf die Entwickelung des Parasiten. 4. Kap. Natürliche und künstliche Infektion. 5. Kap. Disposition der Pflanzen zu Pilzkrankheiten. 6. Kap. Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaassregeln bei landwirthschaftlich, forstlich und gärtnerisch wichtigen, durch parasitäre Pilze, Schleimpilze und Bakterien verursachten Pflanzenkrankheiten. 7. Kap. Die praktische Bedeutung der Pflanzenkrankheiten. U Mutualismus. TE. Nutrieismus. Die eetotrophe und endotrophe Mycorhiza bei chlorophylifreien und chloro- phylihaltigen Pflanzen — Die durch Frankia-Arten erzeugten Wurzelknöllchen der Erlen, Eleagnaceen und Myricaceen — Die durch Rhizobium-Arten er- zeugten Wurzelknöllchen der Leguminosen. ee Spezieller Theil, I. Die phytopathogenen Pilze (Fungi). Niedere Pilze (Chytridiaceen, Zygomyeeten, Oomyceten) — Höhere Pilze (Ascomyceten, Ustilagineen, Uredineen, Basidiomyceten, Fungi imperfecti). I. Die phytopathogenen Schleimpilze (Myxomycetes). IT. Die phytopathogenen Spaltpilze (Schizomycetes). IV. Die phytopathogenen Algen (Uyanophyeese und Algae). Indem wir dasselbe allen Interessenten angelegentlichst em- pfeblen, machen wir noch besonders aufmerksam auf die sorgfältige Ausführung der Tlustrationen. welche die vorkommenden Natur- objekte mit photographischer Treue wiedergeben. Die hier abgedruckten Probe-Illustrationen geben «davon eine Vorstellung. Bestellungen auf das Werk nehmen alle Buchhandlungen entgegen. Verlagsbuchhandlung von Julius Springer in Berlin N, Monbijouplatz 8. Fig 238. Anabaena Cycadearum (Reinke) OQxerschitt dlureli eine won Nastne befallene und in Pie. 297 ulgehildete Uveaswurzel. Die Anabaenntäden erfüllen die Inereellnlersiione der von ilnen auseinander ge- drängten and zu bedeutenden endialen Wachstum angeregten Zellen. Daneben das unveräuderte Gewebe. Zwetschen hypertrophirt durch Exoascus Pruni. landwirthscehaftlich, forstlich und gärtnerisch wichtigen Krank- heiten ganz gleichmässig berück- sichtigt worden. Vor allem wurden die in Deutsch- land und Mitteleuropa beobachteten Krankheiten besprochen, es sind aber auch viele der wichtigeren Krank- heiten besonders amerikanischer Fflan- zen zur Schilderung gekommen. Da aber nicht nur die Kıypto- gamen, welche an Kulturgewächsen Krankheiten erregen, aufgenommen wurden, sondern auch jene an den wildwachsenden Pflanzen, so ist wenigstens für Deutschland und die angrenzenden Gebiete eine nahezu vollständige Parasitenflora ge- schaffen worden, in welcher das in systematischen Werken meist nur (Der Steinkern ist verkümmert.) wenig berücksichtigte biologisch und physiologisch Interessante be- sonders hervorgehoben ist. Zum ersten Male hat der Verfasser es versucht, in einem „Allgemeinen Theile“ die biologischen und physiologischen Verhältnisse bei parasitären und symbiotischen Erscheinungen und besonders die Reaktionen der Wirthspflanzen auf die Angriffe” der Parasiten vergleichend zu- samımnenzufassen. Zugleich wurde neben anderen Kapiteln auch zum ersten Male eine systematische Uebersicht über die Vorbeugungs- und Be- kämpfungsmaassregeln bei prak- tisch wichtigen Krankheiten der Kulturpflanzen aufgestellt. Das bei- gegebene Inhalts-Verzeichniss mag genauer über das Werk orientiren. Fig. 266, Zersetzung des Weisstannenholzes durch Agaricus adiposus, Fig.81. Trichosphaeria parasitica an der Weisstanne. Fig 132, Ustilago Maydis. (Maisbrand,) Kig.240, Polyporus igniarius an der Eiche. x Arte Norember 1894 erschien: oder . Allgemeine Botanische Zeitung. .. 79. Band. _ ar zum Ang u Herausgeber: Dr. K. GOEBEL, - ‚Professor‘ der Botanik in Mürichen. Mit 13 Tafeln. und 53 Toxtfiguren. Preis für Abonnenten 16 Mk. - Marburg i in Hessen. BE „N & Eiwarlsche Trans . Verlag von _ FERDINAND ENKE- in- n Stutgart Soeben erschien: B Dammer, Dr. u, Anleitung | für Pflanzen- ‚sammler. Mit 21 Holsschnitten.. 8, geh M = Sehumann, Bror. Lehrb. der systematischen ' Botanik, Phytopaläontologie una Phytogeographie.. Mit 193 Figuren und einer. Karte in Farbendruck. gr. 8°. - 1894. geh. "M. 16... Loew, "zt E, Blüthenbiologische Floristik des ittieten und nördliehen Europas sowie Grönlands. Systema- fische Zusammenstellung des in den letzten zehn Jahren. veröffentlichten” ; nn Beobachtumgsmaterials. gr. 6%. 1894. geh. 11 Mark. r TRREEEEREE B . ' R et Im Verlag der M. Rieger’schen Univ.-Buchhandiung (Gustav Winmer) in München erschien jetzt eine billigere Ausgabe der Monographie der Abietineen des Japanischen Reiches, . (Tannen, Fichten, Tsugen, Lärchen und Kiefern) in systematischer, geogräphischer und forstlicher Beziehung bearbeitet von Dr. Heinrich Mayr, Prof, an der Universität München, 28. Mit 7 uneolorirten Originaltafeln. Preis eart. Mk. 10.-—, color. > Ausgabe, Mk. 20.—. JS "Flora en R. Friedländer & Sohn in Berlin N. W., Carlstr. 11. In unserem Verlage erschien soeben: Landschafts- und Vegetationsbilder aus den Tropen Südamerikas. Nach der Natur gezeichnet von Prof. F. Bellermann. Erläutert von Prof. Dr. M. Karsten. Nach den Originalen in Lichtdruck ausgeführt. 24 Tafeln mit 4 Seiten Text in 40, Preis I6 Mark. R. FRIEDLÄNDER & SOHN, BERLIN. Soeben erschien und ist für Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Russland und den Orient ausschliesslich von uns zu beziehen: Conspectus Florae Africae ou Enumeration des Plantes d’Afrique. Par Th. Durand Aıde-naturaliste au Jardin botanique de I’Etat a Bruxelles et Hans Schinz Professeur a V’Universit& et directeur du Jardin botanique ä Zurich. Volume V. (Monocotyledoneae et Gymnospermeae.) 977 pg. er. in-®. Einzelpreis 20 Mark. Subseriptionspreis für das ganze Werk (6 Bände) 96 Mark == 120 franes (16 Mark older 20 franes der Band). Da die Munueotyledanen in den neueren wrossen Werken noch nieht behandelt worden sind haben es Jie Verfusser für rathsam gehalten, zuerst den 3. Band des (ionspectus zu veröffentlichen ; dieser Band enthält 900 Orchideen, 400 Irideen ete, . Nach dem 5, Band sollen die Bände + 3 und 2 nach und nach erscheinen, darauf Band © (Register) und endlich Band ı, "welcher dieses Repertorium der afrikanischen Flora um Abschluss bringen wird. [ Subseriptionen werden bis auf Weiteres noch angenommen. Druck von Val. Höflfne. München, Kapellenstr. 8. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEREN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 80. BAND. — JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K, GOEBEL Professor der Botanik in München, Heft II mit 6 Tafeln und 47 Textfiguren. Erschienen am 11. Mai, Inhalt. JULIUS SACHS, Aus dem botanischen Institut in Würzburg. 2. Eine geotropische Kammer . . . . . . . . Seite 293—302 HUGO GLÜCK, Die Sporophyli1- Metamorphose . . n 303—387 FRIEDRICH OLTMANNS, Ueber die Entwickelung der Sexualorgane bei Vaucheria . „ 388 —420 Dr. K. O0. E STENSTRÖM, Ueber das Vorkommen derselben Arten in ver- schiedenen Klimaten an verschiedenen Standorten, mit besonderer Be- rücksichtigung der xerophil ausgebildeten Pflanzen. Eine kritische pflanzenbiologische Untersuchung. Nachtrag . . n. 821-435 MORITZ DALMER, Ueber Eisbildung in Pflanzen mit Rücksicht auf die anatomische Beschaffenheit derselben . . n. 036444 Dr. A. Y. GREVILLIUS, Ueber Mykorrhizen bei der Gattung Boteychium nebst einigen Bemerkungen über das Auftreten von Wurz:lsprossen bei B. viriginianum Swartz . . . „445-453 LITTERATUR: Brasilische Pilzblumen. Von Alfred Möller. _ "Emile Levier. A travers le (Jaucase notes et impressions d’un botaniste. — Jahresbe- richt über die Fortschritte in der Lehre von den Gährungs-Organisınen. Von Prof, Dr. Alfr. Koch. — Ueber die gemeine Birke etc. Von Sergius Nawaschin B oo - 0. B . ER n 454-455 EINGEGANGENE LITTERA' TUR . FE “456-453 Mn Dis ’ MO, DE lEU3, MARBURG. N. G. ELWERTSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG,. 1895. ‘Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Litteraturbesprechunge 30 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einferb. einfache Tafel Mk. —.30 » 20 Pi Pr Pi Pr 2.50 „ ” „ ” „60 n 30 y Pr Pr % 380 „ Pi » F „#0 n 40 ” ” ” » .— ” » n „ 12% L) 50 n » ». n 6.50 „ ” » ” „ 1,50 n 60 ” ” » ” 8.— ” r ” n ” 2.— n 70 ” n ” ” 9.20 „ n » ” „2.50 » 80 ” ” » „»„ 1050 „ ” E) ” „37 „9% ” » ” »„ 1&— „ n ” n „ 4 „ 100 n r „ 15.— 3.— ” Dissertationen, Abhandlungen systematischen Inhalts, sowie solche von welchen über 100 Sonderabdrücke hergestellt werden, werden nicht honoriert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert; die Kosten für Abbildungen hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen; ebenso bei fremdsprachigen Manuskripten die Kosten der Übersetzung. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 18 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen, nach Bedürfnifs schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungs- bände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Litteratur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Nymphenburgerstr. 50/im zu senden, Korrekturen an die Druckerei von Valentin Höfling, München, Kapellenstrafse 3. Alle geschäftlichen Anfragen ete. sind zu richten an die unterzeichnete Verlags- handlung, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). BB an u Aus dem botanischen Institut in Würzburg. 2. Eine geotropische Kammer. Von Julius Sachs. In meinem Buch „Vorlesungen über Pflanzenphysiologie“ (II. Aufl. 1887 p. 737 u. 738) habe ich zwei verschiedene Formen eines Appa- rates abgebildet, den ich als heliotropische Kammer bezeichnete. Der Zweck desselben ist einerseits ein rein wissenschaftlicher, nämlich vorwiegend zunächst die fundamentale Thatsache festzustellen, dass bei orthotropen Organen die heliotropische Krümmung erst dann auf- hört, wenn der frei bewegliche Theil sieh in die Richtung der ein- fallenden Lichtstrahlen gestellt hat; die zweite Form des Apparates dient dazu, in sehr bequemer und einfacher Weise die heliotropische Wirkung verschiedenfarbigen Lichtes zu studiren. Andererseits, und das ist vorwiegend: der Zweck der heliotropischen Kammer, handelt es sich darum, derartige Erscheinungen den Zuhörern in einer Vor- lesung zu demonstriren, ohne dass man ein sog. Dunkelzimmer nöthig hätte, da sich der einfache Apparat leicht in der Nähe jedes Fensters aufstellen lässt und bei richtiger Wahl kleiner Keimpflanzen mit dünnem Stengel oder mit dünnen Keimwurzeln die heliotropische Wirkung schon in sehr kurzer Zeit eintritt. Ganz ähnliche Zwecke verfolgt die hier zu beschreibende geo- tropische Kammer, die ich vor mehreren Jahren construirt habe: auch sie kann zu wissenschaftlichen Studien und zur Demonstration in Vorlesungen bequem benutzt werden. Was die wissenschaftliche Benutzung betrifft, so möchte ich sogleich hervorheben, dass es sich vor Allem darum handelt, den Verlauf der geotropischen Krümmung, ihre nach und nach eintretenden Veränderungen, wie ich sie an einem Beispiel in den „Vorlesungen“ p. 724 dargestellt habe, genau festzustellen; es bedarf ja keines besonderen Beweises, dass man nur auf diese Art diejenigen Kenntnisse gewinnt, aus denen sich eine mechanische Theorie der geotropischen Krümmungen ableiten lässt. Die folgende Beschreibung des Apparates wird zeigen, in Welcher Art der Verlauf der geotropischen Krümmung festgestellt werden kann. Die Verwendung der geotropischen Kammer zum Zwecke der Demonstration in Vorlesungen wird sich aus der Beschreibung der- selben von selbst ergeben: auch sie bietet den Vortheil, dass sie nur Flora 1895, 19 294 wenig Raum einnimmt und in einem halbwegs zweckmässig einge- richteten lörsaal leicht aufgestellt werden kann. \Wer sich Jahre lang mit derartigen Studien und Vorlesungs- demonstrationen beschäftigt hat, der weiss, dass der Verlauf geotro- pischer Krümmungen durch helistropische Einwirkungen gestört wird, wie bekanntlich auch die heliotropischen Versuche durch Einwirkung des Geotropismus gestört werden.!) Es kommt also darauf an, durch die geotropische Kammer vor allem die heliotropischen Nebenwirkungen zu beseitigen, d. h. die Versuchspflanze muss in einen Kasten einge- schlossen werden, in welchem sie tiefe und allseitige Dunkelheit findet. Aus der Aufgabe, die Form und Formveränderung der geotro- pischen Krümmung zu beobachten und die heliotropischen Neben- wirkungen auszuschliessen, ergibt sich, dass der zu beschreibende Ap- parat aus einem Kasten besteht, in welehem sich das Bild einer sich geo- tropisch krümmenden Pflanze auf einem Li- niennetz (Coordinaten- netz)projieirt, wennman die beiden Thüren des- selben für die kurze Zeit der Beobachtung öffnet (Fig. 1). Das Coor- dinatennetz istaufeiner Glastafel r verzeichnet Fir ı und die Beobachtung m“ ” . . N Giestropische Kammer mit geöffneten Thüren p, g.— der sich krümmenden s Decke des Kastens. — r Glastafel mit Coordinaten- Pflanze wird mittelst netz, — Der Apparat steht auf einem Tisch, — Die eines wenigstens3—4 mM Thür p ist links hinten, die Thür q rechts vorn entfernt aufgestellten eingehängt. Ablesefernrohrs ausge- führt, welehes am besten während der ganzen Beobachtungsdauer rahig stehen bleibt. (Ein Ablesefernrohr sollte ja überhaupt in keinem pfanzenphysiologischen Laboratorium fehlen.) Wie die Abbildung des geotropisch sich krümmenden 'Theils in verschiedenen Stadien der Krümmung zu bewirken ist, soll weiterhin gesagt werden. )) Wie sich zur Vermeidung dieses Vebelstandes der Klinostat verwenden lässt, habe ich früher angegeben. RESTE krderre 295 Diese vorläufigen Bemerkungen werden dem Leser das Verständ- niss der beiden Figuren von vornherein erleichtern, so dass er sogleich den Zweck der ganzen Einrichtung übersieht. Der stabile Theil der geotropischen Kammer ist ein aus Holz bestehender Kasten, dessen beide Breitseiten (a b ce d) 65 cm breit und hoch sind; die schmalen Seiten desselben sowie die Basalfläche und die Decke haben die Breite von 20cm. — In manchen Fällen kann es besser sein, die Abmessungen grösser zu nehmen. Dieser Kasten besitzt nun auf seinen beiden grossen quadratischen Flächen je eine Thür, was am deutlichsten in Fig. 1 bei p und q zu sehen ist. Die beiden Thüren sind nur wenig kleiner als die grossen Seiten des Kastengerüstes und lassen sich mit Leichtigkeit in ihren Charniren so öffnen, dass die eine Thür nach links, die andere nach rechts heraustritt. Der Schluss Foren - 5 beider Thüren wird durch ; - einen geeigneten Riegel bewirkt, wobei jede Thür in tiefe Nuten eingreift, so dass nach dem Schluss der Thüren kein Licht eindringen kann. Das Oeffnen und Schliessen der Thüren muss leicht und. ohne Erschütterung vor sich gehen. Unmittelbar hinter je- der der beiden Thüren ist Fig. 2. in besonderen Nuten eine Dieselbe geotropische Kammer wie Fig. 1, bei Scheibe von diekem reinen anderer Aufstellung gesehen. —a, f, ce, g die eine Spiegelglas eingesetzt, die schmale Seitenwand des Kastens. — b, d, m, k die E PIRERR in Fig. ; ichnet ist. — an der oberen Kante durch Thür, welche in Fig. 1 mit p bezeichnet is! . , klei . . a, h, t die hinten durehscheinende Thür, identisch einen kleinen Schieber (in mit q in Fig. 1. — Bein der Ansatzkasten für Fig. 2 oberhalb h undeut- einen Blumentopf, oben der Riegel zur Befestigung lich dargestellt) festgehal- desselben. — Die Glastafel mit den Coordinaten- ten wird. Die andere. in linien ist dieselbe wie in Fig. 1. “ ’ den Figuren nicht dargestellte Glasscheibe, welche dem Ablesefern- rohr und dem Beobachter zugekehrt ist, hat nur den Zweck mit der anderen Scheibe, mit der sie parallel steht, den inneren Raun des Kastens so einzuschliessen, dass er gleichmässig feucht bleibt, wenn die Thüren des Kastens geöffnet werden. 19* 296 In den Raum zwischen den beiden Glasscheiben kommt die Pflanze, d. h. im Allgemeinen also ein kräftig wachsender Stengel oder ein blattloser Schaft oder auch ein Blattstiel zu liegen, deren Aufwärtskrümmung in senkrechter Ebene zu beobachten ist. Für die Abwärtskrämmung der Wurzeln ist unser Apparat weniger geeignet, aus verschiedenen Gründen; man wird zu diesem Zweck besser die schiefwandigen Erdkästen, welche ich zu meinen Wurzelstudien benutzt habe, verwenden können, sowohl zum Studium, wie zur Demonstration; ich habe einen solchen 1873 in meiner Abhandlung über das Wachs- thum der Haupt- und Nebenwurzeln (Meine „gesammelten Abhand- lungen über Pflanzenphysiologie* Bd. II p. 775) abgebildet und in Fig. 51 daselbst p. 780 die Beobachtungsmethode versinnlicht; auch sind diese schiefwandigen Kästen, wie ich aus der Litteratur entnehme, von Anderen vielfach verwendet worden, Wer sich der geotropischen Kammer bedienen will, wird vielleicht gut thun, meine Tafeln, welche ich am Schluss des dritten Bandes der „Arbeiten des botanischen Institus in Würzburg“ 1888 publieirt habe, in Betracht zu nehmen, um sich so im Voraus über die zu erwartenden Vorgänge an der Beobachtungspflanze zu orientiren, Was für die Befestigung der Pflanze in der geotropischen Kammer nöthig Ist. Die Art, wie man eine wachsende Sprossaxe zu dem vorliegenden Zweck innerhalb der geotropischen Kammer befestigen kann, hängt wesentlich von der Länge und Dicke der im Wachsthum begriffenen Strecke desselben ab. Zunächst muss man natürlich Rücksicht darauf nehmen, dass der Stengel oder Schaft bei seiner zu erwartenden Aufwärtskrümmung nicht etwa an einer der Kastenwände anstösst und gehindert wird. Hauptsächlich ist aber darauf Rücksicht zu nehmen, dass das Beobachtungsobjeet kräftig fortwachsen kann. In manchen Fällen ist das sehr leicht und einfach zu erzielen; so 2. B. bei den Sprossaxen von Dipsacus fullonum. Mittelst eines starken Drahtes stosse ich bei solchen in dem krümmungsfähigen Gipfeltheil die bekannten Diaphragmen innerhalb des sonst hohlen Stammes durch, giesse dann Wasser in die Höhlung des Stammes und verstopfe die untere Öeffnung (Querschnitt) mit einem weichen Medieinkork. Reich- liche Erfahrung hat mir gezeigt, dass man auf diese Weise hohle Sprossaxen völlig frisch erhalten und ihre geotropische Krümmung gut beobachten kann, wie in den vorhin genannten Tafeln dargestellt ist, Diese Tafeln (im dritten Band der Arbeiten) sind, wie dort an- gegeben, in der Weise gewonnen, dass ich die steifen und kräftiger Sprossaxen zu verschiedenen Zeiten ihrer Aufwärtskrümmung auf 297 einen Carton legte, sie mit der linken Hand festhielt und mit der rechten die Bleistiftspitze an dem Object entlang führte, wobei zu- gleich die Zuwachsänderungen der einzelnen Querzonen notirt wurden. — Gerade diese nur bei sehr steifen und kräftigen Spossaxen mögliche Art der Beobachtung kann nun durch die geotropische Kammer ver- micden werden, denn es kommt darauf an, auch dünne und sehr biegsame Objekte zu beobachten und ihre geotropischen Bilder fest- halten. Wie das mit Hilfe der Coordinatenglastafel geschehen kann, werden wir sogleich sehen, Vorher sei erwähnt, dass man natürlich die abgeschnittenen zur Beobachtung bestimmen Gipfelstücke, welche man bei hohlen Stengeln mit Wasser gefüllt hat, innerhalb des Kastens horizontal (unter Umständen auch schief) am Hinterende durch ein aufgelegtes Gewicht oder sonstwie festlegt, damit bei der Aufwärts- krümmung keinerlei seitliche Ueberneigung stattfinden kann. Bei nicht hohlen Sprossaxen, die man abgeschnitten hat, kann man am basalen Theil ein Glasrohr ansetzen, welches rechtwinklig gebogen einen kurzen horizontalen und einen langen aufrechten Schenkel besitzt; der kurze Schenkel wird mit Kautschukrohr an den Spross befestigt und das Glasrohr mit Wasser gefüllt, so dass letzteres mit einigem Druck in das leitende Gewebe des Sprosses hineingetrieben wird. Ich habe vor langen Jahren vielfach auf eine derartige Be- handlung zum Zweck 'von Studien und Demonstration hingewiesen. Ist nun der Raum des Kastens zwischen den Glasscheiben hinreichend gross, so kann man den Spross sammt dem Glasrohr innerhalb des- selben befestigen, nachdem man die vordere nicht getheilte Spiegel- scheibe herausgenommen hat. Ist dagegen der Spross sammt dem rechtwinkligen Glasrohr zu gross für den Kasten, so dient ein Loch von 3—5 cm Durchmesser in der einen schmalen senkrechten Seiten- wand dazu, den Spross horizontal in den Kasten hineinzuschieben, während nur seine Basis mit dem rechtwinkligen Glasrohr ausserhalb des Kastens bleibt. In diesem Falle wird das Object mittelst eines halbirten Korkes in dem Loch festgalten. Etwas complicirter macht sich die Einrichtung, wenn man mit einer in Erde eingewurzelten Pflanze operirt, deren zu beobachtender Stengel schon 1—2 dem lang ist. Zu diesem Zweck dient der kleine Kasten n in Fig. 2; er ist mit dem grossen Kasten nicht dauernd verbunden, sondern wird nur, wie die Fig. 2 zeigt, durch einen Riegel am unteren Theil der einen senkrechten Seitenwand festgehalten. In diesen kleinen Kasten legt man den Blumentopf, nachdem man den Stengel in die geotropische Kammer durch das erwähnte Loch hinein- 298 geschoben hat. Zuletzt kann durch einen Deckel bei n der Zutritt des Lichtes abgeschlossen werden. Wer sich mit derartigen Beobach- tungen vielfach beschäftigen will, wird wohl gut thun, sich mehrere solche Kästen, wie n, anzuschaffen, von verschiedener Grösse und verschiedener Form, um verschieden grosse Blumentöpfe bequem darin unterzubringen. Da die geotropisch krümmungsfähigen Sprossaxen, Blattstiele und ähnlichen Objecte biegsam sind, so biegen sie sich mehr oder weniger abwärts, wenn man sie freischwebend horizontal befestigt. Die geo- tropisch wirksamen Kräfte müssen natürlich diese nur durch das Gewicht des Gipfels bewirkte Abwärtsneigung des weichen geotropisch reizbaren Theiles zuerst überwinden, bevor die eigentliche geotropische Aufwärtskrümmung sichtbar werden kann; auch kann durch dieses Verhalten die anfängliche Form der geotropischen Krümmung eine Veränderung erleiden, durch welche die Beurtheilung der Vorgänge erschwert wird, und gerade die zuerst entstehende geotropische Krüm- mung ist, wie ich mehrfach in meinen Publikationen erwähnt habe, theoretisch besonders wichtig. Man vermeidet diesen Uebelstand, der besonders bei Demonstrationen im Colleg recht störend mitwirken kann, wenn man das durch das Gewicht des Gipfels bewirkte Hinab- hängen des horizontal gelegten Sprosses von vornherein unmöglich macht. Wenn es zufällig möglich ist, so legt man den Spross gleich Anfangs horizontal auf die Bodenplatte des Kastens, so dass er also nicht abwärts sinken kann; es leuchtet ein, dass nun während längerer Zeit die geotropisch wirksamen Kräfte genau rechtwinklig zur Längs- axe des Objectes einwirken können, was, wie ich früher (vgl. meine „Gesammelten Abhandlungen“ p. 844) gezeigt habe, für orthotrope Organe die günstigste Lage ist, d. h. diejenige Lage, in welcher die geotropische Krümmung mit der grössten Energie und Geschwindigkeit sich geltend macht. Das ist nun besonders bei Demonstrationen er- wünscht. — Wenn es, wie gewöhnlich, nicht möglich ist, den Spross einfach auf die Basalplatte des Apparates zu legen, so kann man den Zweck sehr einfach durch untergelegte Holzklötzchen erreichen. Um einen Blumentopf in richtiger Weise horizontal zu legen, bedient man sich am besten einiger Holzkeile. Ueberhaupt sollte jeder, der experi- mentelle Pflanzenphysiologie treibt, eine grosse Zahl von solchen Holzklötzchen und Keilen besitzen, um den beobachteten Pflanzen die gewünschte Richtung zum Horizont zu geben; auf diese kommt es ja besonders bei Beobachtungen über geotropische und helio- tropische Krümmungen an und überhaupt bringt es die in der Pflanze 299 herrschende Symmetrie und Polarität mit sich, dass bei den Be- obachtungen die Richtung der Wachsthumsaxe jederzeit beachtet werde. Ich will nicht versäumen, hier auf einen Punkt aufmerksam zu machen, der bei Demonstrationen von geotropischen (ähnlich auch heliotropischen) Krümmungen berücksichtigt werden muss, wenn man die kurz bemessene Zeit einer Vorlesung nicht verschwenden will. Wie schon erwähnt, bedarf es immer längerer Zeit, je nach der Dicke, Wachsthumsgeschwindigkeit und speeifischen Reizbarkeit des Objectes, bis bei horizontaler Lage die erste geotropische Krümmung sichtbar wird. Es ist also nicht zweckmässig, die verschiedenen bisher be- schriebenen Manipulationen etwa in Gegenwart der Hörer am Anfang der Vorlesungsstunde vorzunehmen, weil dann viel Zeit vergeht, bevor man die erste Aufwärtskrümmung zeigen kann. Ich habe bei meinen Vorlesungen über Experimentalphysiologie daher derartige Demon- strationen schon 2—3 oder 4 Stunden vor dem Beginn der Vorlesung vorbereitet, d. h. die erwähnten Manipulationen ausgeführt, nachdem der Apparat und das Ablesefernrohr an ihre richtige Stelle gebracht waren. Der Vortragende, der die Hörer darauf aufmerksam gemacht hat, kann sich nun unmittelbar vor Beginn der Demonstration über- zeugen, ob bereits eine erste Andeutung der fraglichen Krümmung eingetreten ist; diese schreitet dann gewöhnlich rasch vorwärts und man kann im Laufe von ein oder zwei Vortragsstunden den Hörern zeigen, wie die Krümmung fortschreitet und ihre Form ändert. Da eine wesentliche Aufgabe unserer geotropischen Kammer darin liegt, dass die Mitwirkung heliotropischer Krümmungen ver- mieden werde, so müssen natürlich, nachdem alle Anordnungen ge- troffen sind, die beiden Thüren (p und. q in Fig. 1) sofort geschlossen werden und nur zum Zweck der Beobachtung oder Demonstration darf man sie auf kurze Zeit öffnen, weil während dieser Zeit das Licht einseitig die Pflanze trifft und weil die heliotropischen Nach- wirkungen in manchen Fällen sehr bedeutend sind. Die Oeffnung der geotropischen Kammer darf also auch bei der Demonstration nur kurze Zeit, wenige Minuten, in Anspruch nehmen, man kann also nicht gerade einer sehr grossen Zahl von Hörern unmittelbar nach einander die fortschreitenden Krümmungen demonstriren. Ich habe bisher nicht versucht den Apparat dadurch zu verbessern, dass ich die hinteren mit Coordinaten versehene und auch die vordere Glasscheibe aus rothem Rubinglas nehme, hinter welchem die 300 störenden heliotropischen Wirkungen nicht stattfinden; indessen ist die Sache nicht von grosser Wichtigkeit, wenn man überhaupt in einem spärlich beleuchteten Raum arbeitet. Bevor man den zu beobachtenden Spross horizontal in den Kasten legt, ist es gut, etwa vorhandene Blätter an dem krümmungsfähigen Theil abzuschneiden; so weit meine sehr zahlreichen Beobachtungen reichen, wird dadurch die geotropische Reizbarkeit der Sprossaxe nicht gerade merklich beeinflusst; jedenfalls ist es zum Zweck der Demonstration ohne Nachtheil, wogegen die Blätter bei der Beobach- tung selbst recht unangenehm stören können; bei glatten blattiosen , Schäften blühender Alliumarten u. dgl. fällt die Sache ohnehin weg. Sollen die Beobachtungen nur einigermaassen genau werden, so muss man vor dem Einbringen in den Kasten auch noch eine Theilung der wachsenden Region der Sprossaxe in der bekannten Art durch Tuschestriche rechtwinklig zur Axe anbringen. Diese Eintheilung ist nöthig um zu zeigen, in welcher Weise die geotropische Reizbarkeit in den verschieden alten Theilen der Sprossaxe sich verhält; ich habe mich darüber in meinen Vorlesungen und lange vorher in einem Auf- satz ausgesprochen, den man in meinen gesammelten Abhandlungen p. 961 abgedruckt findet. Im Allgemeinen genügt es, eine wachsende Region des Sprosses von etwa 15—20 cm Länge durch 4 Striche in 3 gleich lange Abtheilungen einzutheilen, die dann also 5—6 cm lang sind. Den ersten Theilstrich macht man unmittelbar unter der Knospe und der vierte oder bei längeren Sprossen der fünfte bis sechste Theilstrich kommt dann eo ipso in die alte schon ausgewachsene Region der Sprossaxe zu liegen. Bei Sprossen mit interealaren Wachsthumszonen muss man die Eintheilung natürlich in entsprechen- der Weise ändern, Um nun die Vorgänge der geotropischen Krümmung durch ein Bild. auf dem Papier zu fixiren und besonders bei Demonstrationen die Hörer darauf aufmerksam zu machen, wie nach und nach die einzelnen Abtheilungen des Sprosses sich verlängern und ihre Krüm- mungen verändern, legt man neben das Ablesefernrohr einen Papier- bogen, der mit einem Coordinatennetz von derselben Form, wie das auf der hinteren Glasscheibe verzeichnete, versehen ist. Man hat nun weiter nichts zu thun als von Zeit zu Zeit, etwa stündlich oder je nach der Temperatur und der Energie des Wachsthums nach kurzen oder längeren Pausen, wo die 'Thüren geschlossen sind, diese voll- ständig zu Öffnen und nun durch das schon vorher richtig eingestellte Ablesefernrohr die Lage der Theilungsstriche, wie sie sich 301 auf der Theilung der Glasscheibe projiciren, genau zu beobachten und in das Coordinatennetz auf dem Papier zu verzeichnen. Selbstverständlich ändern die Theilungsstriche ihre Lage fortwährend und jeder derselben beschreibt in seiner Projeetion auf der @as- scheibe einen gekrümmten Weg. Aber nicht auf diesen Weg kommt es zunächst an, sondern auf das jedesmalige Bild, welches die Spross- axe infolge der geotropischen Action darbietet. Aus der Vergleichung dieser Bilder soll ja zuletzt ein Urtheil über die stattgehabten Vor- gänge gewonnen werden, worüber meine Vorlesungen II. Aufl. p. 724 zu vergleichen. Nachdem man die Lage der Theilstriche auf dem Coordinatennetz des Papiers verzeichnet hat, kann man nun die ein- zelnen Punkte durch Linien aus freier Hand so verbinden, dass man ein möglichst getreues Bild von der jedesmaligen Form, welche die Sprossaxe angenommen hat, gewinnt und da die basale Region des Sprosses ein für alle mal festgelegt ist, so laufen alle diese Linien an der nicht mehr krümmungsfähigen Basalregion in eine zusammen, während der Gipfeltheil der Linien sich immer mehr der verticalen Stellung nähert und zugleich die stärkste Krümmung immer weiter rückwärts gegen die Basalregion hinrückt. Zur leichten Orientirung und grösseren Sicherheit der Beobachtung trägt es bei, wenn die Kreuzungspunkte der Linien, welche das Coor- dinatennetz auf der hinteren Glasscheibe bilden, in geeigneter Weise mit fortlaufenden Zahlen bezeichnet sind und wenn man dasselbe auch mit dem Coordinatennetz auf dem Papier (am besten einem starken Carton) thut. Auf diese Art können Irrthümer nicht leicht eintreten. Wenn die Maschen des Liniennetzes auf der Glasscheibe dieselbe Grösse wie auf dem Carton haben, so bekommt man ein Bild von der natürlichen Grösse des beobachteten Objeetes; es leuchtet ein, dass, wenn die Maschen des Netzes auf dem Papier kleiner oder grösser sind als auf der Glastafel, man ein verkleinertes oder ver- grössertes Bild bekommt. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass bei derartigen Be- obachtungen, ebenso wie bei allen anderen Beobachtungsmethoden, eine längere Uebung nöthig ist, um schöne und klare Resultate zu gewinnen; besonders ist dies nöthig, wenn man diese Erscheinung den Hörern demonstriren will. Einige Schwierigkeiten machen freilich manche Sprossaxen infolge ihrer Nutationskrämmungen,; man thut dann am besten, eine andere Pflanzenspecies zu verwenden. Ein Punkt’ von grosser Wichtigkeit ist die richtige Aufstellung des Apparates und des Ablesefernrohrs betreffs der Beleuchtung 302 während der Beobachtungszeiten. Der Apparat muss natürlich so gestellt werden, dass man unmittelbar nach dem Oeffnen der Thüren sowohl das Coordinatennetz auf der Glastafel, als auch die Theilstriche auf der Sprossaxe ganz deutlich zu sehen bekommt, was zuweilen mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist; diese lassen sich aber gleich am Anfang einer Beobachtungsreihe corrigiren und im Nothfall kann man selbst mit künstlicher Beleuchtung die Ablesungen vornehmen. Dass meine geotropische Kammer noch mancher Verbesserung zugänglich sein wird, ist ja wohl selbstverständlich. Bevor ich aber diese Beschreibung schliesse, möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass der Kasten, wie er Fig. 1 u. 2 ab- gebildet ist, auch ganz gut gelegentlich in eine heliotropische Kammer verwandelt werden kann. Es genügt zu diesem Zweck, in eine der beiden schmalen Seitenwände übereinander eine Anzahl von grossen Bohrlöchern anzubringen, die man für gewöhnlich durch weiche Korke gut verschlossen hält. Setzt man nun in den Kasten einen Topf mit Keimpflanzen oder ein sonstiges heliotropisches Objeet mit geeigneter Montirung und öffnet man eines der Bohrlöcher, welches mit dem wachsenden heliotropisch reizbaren Theil in gleicher horizontaler Höhe liegt, so wird selbstverständlich heliotropische Krümmung _ eintreten. Je nach Umständen wird man in das betreffende Bohrloch ein Deck- stück aus Blech mit einem Querspalt oder sonst eine entsprechende Vorrichtung einsetzen können. So lange aber der Kasten ausschliess- lich als geotropische Kammer dient, müssen die Bohrlöcher gut ver- schlossen bleiben. Würzburg, Januar 1895, Die Sporophyllmetamorphose, Von Hugo Glück. Hierzu Tafel V. Einleitung. Hofmeister’s grundlegende Untersuchungen haben zur fest- stehenden Thatsache gemacht, dass das Sporogonium der Moose und die Farnpflanze morphologisch gleichwerthige Gebilde sind. So nahe liegend auch der Gedanke einem Anhänger der Deszendenztheorie sein mag, die Farnpflanze phylogenetisch von einem sporogonium- ähnlichen Gebilde abzuleiten, so ist es doch nicht möglich, irgend welche stichhaltige Beweisgründe für diese Annahme geltend zu machen. Schon Prant! hat im Jahre 1875, angeregt durch seine Untersuchungen der Hymenophyllaceen, einen solchen Versuch ge- macht; und nach ihm wurden ähnliche Vermuthungen über die Ver- wandtschaft der Farne mit den Moosen von Leitgeb, Nägeli (siehe unten) u. A. ausgesprochen; in neuester Zeit ist es Bower, der in einer Anzahl von Schriften eine derartige Hypothese aufstellt und zu begründen sucht, welche die Farnpflanze von einem spore- goniumartigen Gebilde herleitet. Was zunächst die Prantl’sche Hypothese anlangt, so sucht diese, ausgehend von dem Sporogonium von Anthoceros, vermittelst Formen, die den heutigen Hymenophyl- laceen ähnlich sind, eine Verbindungsbrücke zwischen Mooskapsel und Farnpflanze zu schlagen (ITa p. 62); es stützt sich diese Hypo- these auf rein anatomische Merkmale und zugleich auf eine gewisse äussere Aehnlichkeit, welche das Sporogonium von Anthoceros mit dem Sorus der Hymenophyllaceen besitzt; selbstverständlich muss dabei auch eine Verzweigung der ursprünglichen Seta angenommen werden, deren Aeste terminal die Sori tragen. Im Gegensatz zu Prantl knüpft Bower seine Speculationen an die Ophioglos- seen an, die allerdings mit zu den ältesten, jetzt noch lebenden Farnen gehören; in eigenartiger Weise leitet Bower das Sporophyil von Ophioglossum von dem Ursporogonium her. I, p.130 heisst es folgendermaassen : . „It is probable that in the course of evolution of the Filieineae, the originally united archesporium became partitioned by bands of sterile tissue, each portion thus isolated, developing together with its 304 superficial covering of cells into a sporangium: if this were so, it follows that we may recognise in the synangia or so called „coales- cent sporangia“ of the Marathiaceae, and also in the „sporangiophore“ of Ophioglossum, instances of the ineomplete separation of the indi- vidual sporangia, though the archespore in each is separate from that of its neighbours. From a comparativ point of view I am disposed to regard these synangia wich are found in more than one series of the Vascular Cryptogams, as primitive in character, and as indicating not a coalescence of sporangia whose distinet archesporial cells were derived by isolation from some such united ancestral archesporium as is seen in the Bryophyta of the present day. If such Eusporangiate forms with synangial sori were the more primitive, it is not diffieult to conceive how in plants growing in moist and shaded positions, where the danger of exposure to drought is minimised, the sporangia might have become not only completely separate, but also reduced in bulk, as we see in the progression through ihe Osmundaceae to the truly Leptosporangiate Ferns: and parallel with this reduetion of the sporangium, as I have shown elsewhere, would have proceeded the reduction in mass of all the other members of the sporophyte.“ Aus beiden Hypothesen ergibt sich für die Natur der sterilen Farnblätter die gleiche Schlussfolgerung; es müssen nämlich in beiden Fällen die sterilen Farnblätter ursprünglich fertil gewesen sein, und hätten somit erst im Laufe der Zeit die ihnen von Haus aus zukom- mende Function der Sporenproduktion eingebüsst. Prant! bekennt sich denn auch (lla p. 63) zu dieser Annahme, und ebenso Bower, bei dem es III p. 266 folgendermaassen heisst: „From it we recognise that the ascending series shows a pro gressive sterilisation of the tissues of the neutral generation, and also an inereasing elaboration of external form and internal structure, the two lines of progress going, in a measure, hand in hand. „It is obvious that, if the progression were as above stated, the function of the spore production preced the vegetative funetions of the sporophyte in point of time; spore-produeing members may, in this sense, be termed primary from the point of view of descent, and the vegetative members, secondary; the morphology of spore produ- eing members should accordingly take precedence of the morphology of vegetative members.“ Die Prantl’sche und Bower’sche Hypothese steht einer an- deren Auffassung gegenüber, die bisher wohl die meisten Vertreter gefunden hat, und welche die fertilen Blätter der Farne als meta 305 morphosirte Laubblätter deutet; schon Pringsheim hat 1863 die Kapsel der Salvinia als metamorphosirten Blattzipfel gedeutet; ähnlich äusserte sich Strassburger 1873 über die Fruchtkapsel von Azolla; 1365 suchte Milde (II p. 380) auf Grund einer Anzahl von Ueber- gangsformen steriler Blätter in fertile, die er bei Equisetum linosum entdeckte, die Sporophylle von Equisetum als umgebildete Laubblätter zu deuten; ganz ähnlich war auch Alexander Braun’s morpholo- gische Deutung der Marsiliaceenkapsel (p. 706). In neuester Zeit wird diese Anschauung auch von Goebel vertreten an verschiedenen Punkten (cf. insbesondere VIII p. 110). Und zwar fasst Goebel im Gegensatz zu vielen anderen die Metamorphose der Sporophylle ebenso wie die Metamorphose der Pflanzenorgane überhaupt als eine „reale“ auf, d. h. es kann sich ein Organ infolge seiner genetischen Beziehungen zu einem anderen wirklich in dieses umwandeln; es er- klärt diese reale Umbildung der Farnsporophylle auf Grund unleug- barer 'Thatsachen in einfachster Weise die Natur der Sporophylle gegenüber den ziemlich complieirten Hypothesen Prantl’s und Bower’s Es ist nun der Zweck dieser Arbeit, zu beweisen, dass die metamorphosirten fertilen Farnblätter ontogenetisch umgewandelte Laubblätter sind; damit ist dann aber auch bewiesen, dass 1. die Sporophylle unmöglich die Vorläufer der Laubblätter haben sein "können, da jedes Sporophyll das Vorhandensein einer Laubblattanlage voraussetzt, und 2, ist bewiesen, dass das Farnblatt nicht aus einem sporogoniumähnlichen Gebilde entstanden sein kann, und dass somit das Moossporogonium überhaupt kein Entwickelungsstadium der Farn- pflanze darstellt, wenn beide auch morphologisch gleichwerthige Ge- bilde sind. Das fertile Farnblatt kann im Vergleich zum sterilen eine drei- fache Ausbildung zeigen: 1. kann das Sporophyli dem Laubblatt vollkommen gleich gebaut sein, natürlich abgesehen von den Sporangien selbst; dies findet sich z. B. bei sehr vielen Polypodiaceen; 2. kann das Sporophyll vor dem Laubblatt nur durch das Vor- handensein besonderer, die Sporangien beschützender Organe ausge- zeichnet sein, im übrigen aber diesen völlig gleich beschaffen sein, so 7. B. bei Aspidium filix mas; 3. kann das Sporophyll in morphologischer und anatomischer Hin- sicht einen von dem Laubblatt verschiedenen Bau besitzen, dabei können noch besondere, für den Sporangienschutz geschaffene Organe vorhanden sein oder auch nicht. 306 Dass bei dieser Arbeit nur die unter Nr. 2 und Nr. 3 genannte Sporophyllausbildung in Betracht gezogen werden konnte, versteht sich wohl von selbst und geht aus dem Titel der Arbeit hervor. Der erste Abschnitt des speciellen Theiles beschäftigt sich mit den zu Nr. 2 zählenden Sporophyllen; bei ihnen ist die Metamorphose nur angedeutet in oben genannten Organen. Um jedoch einen ein- heitlichen biologischen Gesichtspunkt nieht aufgeben zu müssen, sind in diesem ersten Abschnitt alle Einrichtungen, die bei dem Sporangien- schutze der Farne überhaupt eine Rolle spielen, mit berücksichtigt worden; es bildet also dieser Abschnitt, „der Sporangienschutzapparat“, gleichsam für sich ein abgeschlossenes Ganze. Der zweite Abschnitt des speeiellen Theiles handelt von der eigentlichen „Sporophyllmetamorphose“ ; sie ist eine mit der Lebens- weise der Sporangien aufs engste verbundene Erscheinung. Die Differenzen, in denen die Metamorphose zum Ausdruck gelangt, finden sich bei allen untersuchten Farnen zuerst angegeben, und machen einen wesentlichen Theil der Arbeit aus. Den Beweis der thatsäch- lich stattfindenden ontogenetischen Metamorphose erbringt die Ent- wickelungsgeschichte der Sporophylle und Laubblätter, die meisten sogen. „Missbildungen“ und das Experiment. 1. Die Entwickelungsgeschichte lehrt, wie die Sporophylle durch Umbildung aus Laubblattanlagen hervorgehen; von den IIymeno- phyllaceen und Cyatheaceen, die nur sehr wenige hierher gehörige und schwer zu beschaffende Arten besitzen, konnte kein Vertreter untersucht werden, 2. Die sogen. „Missbildungen“ ; weitaus die Mehrzahl dieser kann bier genannt werden; bei vielen Farnen treten derartige Bildungen in der Entwickelung eines jeden Individuums regelmässig auf; ich habe daher diese Bezeichnungsweise vermieden und unterscheide je nachdem vier verschiedene Fälle, nämlich: a) Sterile Mittelformen. Hiermit bezeichne ich solche Blätter, die zwar völlig steril und vegetativ ausgebildet sind, die aber die charakteristischen Merkmale fertiler und steriler Blätter zugleich in sich vereinen, ohne also dem normalen Laubblatt zugezählt werden zu können (ef. z. B. Osmunda), wohl von den sterilen Mittelformen zu unterscheiden sind die sterilen Sporophylle. Diese besitzen alle wesentlichen Merkmale eines Sporophylis, aber gar keine, oder auf sehr frühem Entwiekelungsstadium stehen gebliebene Sporangien. b) Fertile Mittelformen. Diese sind den sterilen Mittelformen ganz ähnlich, nur sind sie fertil; sie tragen normale oder verkümmerte 307 Sporangien, oder mindestens Sporangienanlagen. Häufig finden sich auch Sporangien in den verschiedenartigsten Entwiekelungszuständen gemischt vor (ef. z. B. Equisetum). 6) Rückschlagsbildungen. Man bezeichnet zwar mit diesem Namen auch sehr häufig die „Mittelformen“, die ich in sterile und fertile eintheilte; ich möchte jedoch dagegen einwenden, dass für diejenigen Sporophylie, die nicht eine ganz charakteristische Stellung an der Spross- ev. Blattaxe einnehmen, diese Bezeichnung in vielen Fällen vielleicht gar nicht passend ist; in einem solchen Falle kann die betreffende Bildung ebenso gut eine theilweise metamorphosirte Laubblattanlage sein, als auch eine „rückgeschlagene“, d. h. unge- nügend metamorphosirte Sporophyllanlage. Ich bezeichne daher mit „Rückschlagsbildung“ nur solche Blätter, die zwar alle Charaktere des normal sterilen Laubblattes an sich tragen, aber durch ihre normaler Weise nur den Sporophylien zukommende Stellung an der Spross- oder Blattaxe verrathen, dass ihre Blattanlagen ursprünglich dazu bestimmt waren, metamorphosirt zu werden (ef. z. B. die Rück- schlagsbildungen von Equisetum). d) Völlig fertile Blätter. Diese bilden das gerade Gegentheil zu den vorhergenannten, bei ihnen erstreckt sich die Fructification über das ganze Blatt; und zwar kann diese Bezeichnungsweise nur da am Platze sein, wo sich normaler Weise die Sporangienbildung nur auf bestimmte Blatttheile zu erstrecken pflegt, wie solches z. B. für die Ophioglosseen gilt. Da also einerseits jede Laubblattanlage eine theilweise oder gänzliche Metamorphose erleiden kann und da andererseits jede Sporo- phyllanlage einen theilweisen oder gänzlichen Rückschlag erleiden kann, so ist klar, dass die Sporophyllanlage von der Laubblattanlage nicht verschieden sein kann. Diese vier genannten Ausbildungsweisen finden in der Entwickelungsgeschichte ihre Begründung und führen in Uebereinstimmung mit ihr stets zu einer gleichen morphologischen Deutung; ist letzteres nicht der Fall, so liegt eine echte Missbildung, eine teratologische Erscheinung vor; solche gibt es in der That bei Farnen auch, aber im Grossen und Ganzen doch recht selten; es gehören hierher z. B. die von Alexander Braun beschriebenen (p. 707), an der Spitze oder bis zum Grunde getheilten Früchte der Marsilia Drummondi oder die zu eigenthümlichen fruchtkapselähnlichen Ge- bilden metamorphosirten Fiederblättehen der Marsilia hirsuta A. Br., wie solche Büsgen in neuester Zeit entdeckte (p. 176), oder die mitunter gespaltene Sporophyllähre von Ophioglossum vulgatum und einigesandere. 308 3. Muss noch als Beweis, dass die Sporophylle aus Laubblatt- anlagen hervorgehen, ein von Goebel an ÖOnoclea Struthiopteris angestelltes Experiment genannt werden, durch welches auf künstlichem Wege fertile Mittelformen erzielt wurden (man möge das nähere bei der betr, Pflanze im speciellen Theil nachsehen). Versuche, die ich selbst an einigen Aneimiaceen anstellte, mochten nicht zu dem ge- hofften Resultate führen. Im speciellen Theil sind bei jeder einzelnen Art angegeben 1. die Differenzen der Sporophylle und Laubblätter angegeben; 2. die Entwickelungsgeschichte von Sporophylien und Laubblättern da, wo es nötig erschien und auch möglich war, auf dieselbe näher einzugehen; 3. fanden die Mittelformen, die Rückschlagsbildungen und event. noch die völlig fertilen Blätter Berücksichtigung. Der allgemeine Theil bringt in gedrängter Kürze eine Zusammen- fassung der aus dem speciellen Theil geschöpften Untersuchungs- resultate, Der Einfachheit halber habe ich für die Bezeichnung „fertiles Blatt“ häufig den alten Sehleiden’schen Ausdruck „Sporophyli* in Anwendung gebracht, der neuerdings durch Goebel wieder eingeführt wurde, und andere specielle Bezeichnungsweisen zu vermeiden gesucht. Kurz bevor diese Arbeit unter die Presse ging, wurde von Bower eine neue Abhandlung (IV) veröffentlicht, welche eine wesent- liche Erweiterung seiner oben besprochenen phylogenetischen An- schauungen bildet; ich sehe mich daher veranlasst, noch mit einigen Worten auf diese Arbeit hinzuweisen zur Ergänzung des oben Gesagten. Durch einen ausgedehnten Vergleich des Sporogoniums der Moose mit dem Farnsporophyll sucht B. seine Speeulationen wissen- schaftlich zu begründen. Dass die Entstehung eines Sporophylis durch allmähliche Sterilisation eines ursprünglich einheitlichen Archespors jedenfalls stattgefunden hat, wird aus dem Bau der verschiedenen Moos- sporogonien zu erweisen gesucht ; je vollkommener der Bau eines Mooses ist, um so weiter ist auch die Sterilisation im Bau des Sporogoniums fortgeschritten. So kommt z. B. eine wohl entwickelte Columella nur den höchst stehenden Arten der Laubmoose zu. Der Sterili- sationsprocess der Moose würde also ein Seitenstück zu dem- jenigen der Farne bilden und eventuell der Vorgänger des letzteren gewesen sein. Die Brücke nun, welche die Moose mit den Farnen verbindet, wird vermittelst der Equisetaceen geschlagen; die Sporo 309 phyllähre dieser lässt Bower durch weiter fortgesetzte Sterilisation eines Moossporogoniums mit centraler Columella entstehen. Dabei zerfällt der Sporensack in eine Anzahl isolirter sporenerzeugender Theile, wobei gleichzeitig besondere Anhängsel (Sporangienträger) an der Columella (= Axe der Sporophyllähre) gebildet werden; den Equisetaceen reiht Bower zunächst die Lycopodiaceen an, deren Entstehung aus ersteren hauptsächlich durch eontinuirliches Weiter- wachsen an der Spitze und durch Verzweigung neben fortgeführter Sterilisation erklärt werden kann. Den stattgehabten Sterilisations- process bei der Entwickelung der Farne findet Bower bestätigt in dem Vorhandensein steril bleibender Zellmassen in den verschieden- artigsten Farnsporangien; hierher gehören die sogen. Trabeculae in den Sporangien von Isoötes; an diese Gattung schliesst sich jedenfalls im Bau des Sporangiums das fossile Lepidodendron an; ferner ist in ähn- licherWeise das Tapetum im Sporangium von Selaginella aus sterilbleiben- den Archesporzellen hervorgegangen; auch in den Sporangien der Equi- setaceen, Psilotaceen und Ophioglosseen findet Sterilisation gewisser Archesporzellen statt, die zwischen den Sporen zerstreut sich vorfinden. Im Makrosporangium von Selaginella sind sogar alle Archesporzellen von dieser Sterilisation betroffen, abgesehen von einer einzigen, die zur Sporenmutterzelle wird. — Die Gründe, die für die Unwahr- scheinlichkeit der Bower’schen Hypothese sprechen, habe ich bereits oben zur Genüge auseinander gesetzt; auf einen allgemeinen Vergleich der Sporengenerationen der Moose und Farne beruht diese Hypothese. Die Thatsachen der Entwickelungsgeschichte jedoch lassen sie unglaub- würdig erscheinen. ' Schliesslich sei noch erwähnt, dass bereits 10 volle Jahre vor dem Erscheinen der eben besprochenen Abhandlung Bo wer’s Nägeli in seiner „Abstammungslehre“ (p. 475 u. f.) in ganz ähnlicher Weise wie Bower die Farne von den Moosen herleitete; nur vermeidet Nägeli die recenten Familien so direet aus einander abzuleiten wie Bower, da nach seiner wohlbegründeten Ansicht die Abstände zwischen den einzelnen Familien so ausserordentliche sind, dass zur Aufstellung einer phyllogenetischen Reihe eine grosse Anzahl ver- mittelnder Bindeglieder nötig wäre. Specieller Theil. A. Ber Sporangienschutzapparat. Den Sporangien kann auf die verschiedenartigste Weise ein Schutz zu Theil werden, der besonders für die noch in Entwickelung be- Flora 1895, 20 310 griffenen Sporangien von Wichtigkeit ist; treten besondere Organe auf, die für den Sporangienschutz geschaffen sind, so bestehen diese in Haaren, Gruben oder Indusien, Wir betrachten nach einander 1. den Schutzapparat der flächen- ständigen Sporangien, 2. den der randständigen und 3. einige be- sondere Fälle, wie sie sich bei Lyeopodiaceen, Equisetaceen, Ophio- glosseen und Marsiliaceen vorfinden. ı. Schutzapparat der flächenständigen Sporangien. Es gibt unter den Farnen (s. st.) nur einige vereinzelt dastehende Fälle, in denen die Sporangien allein der Blattoberseite ansitzen. Hierher gehört das Acrostichum peltatum, von dem mir leider keine jugendlichen Sporophylle zur Verfügung standen. Dagegen trägt weitaus die Mehrzahl der Farne die Sporangien auf der Blattunterseite. Schon dieser Umstand allein bietet den Sporangien mancher Arten einen hinlänglichen Schutz, ohne dass besondere Schutzurgane nöthig wären; dies gilt z. B. für Polypodium aureum, P. vulgare, für ver- schiedene Gymnogrammearten und andere; gegenüber diesen, ver- hältnissmässig widerstandsfähigen Sporangien bedürfen die Sporangien vieler anderer hierher gehöriger Farne noch eines besonderen Schutz- apparates. Dieser besteht aus Haaren, Indusien, Gruben oder aus einer Combination zweier der genannten Factoren. a) Haarbildungen. Durch diese wird stets eine Ueberdachung der Sporangien erzielt, die je nach der Zahl und Beschaffenheit der Haare eine mehr oder weniger vollkommene sein kann. Die Art der Stellung dieser Haare lässt zwei verschiedene Fälle unterscheiden; die Haare sitzen entweder auf den Sporangien oder zwischen diesen. «) Haare auf den $Sporangien. Diese finden sich vorwiegend in den seitlich vom Annulus ge- legenen Partieen des Sporangiums vor; ihre Anzahl schwankt im Mittel zwischen fünf und acht; ihre Richtung ist eine meistentheils abstehende, so dass die Sporangien durch die sich kreuzenden und in einander greifenden Haare von oben her geschützt sind; die längsten Haare sah ich bei Gymnogramme villosa (Fig. 1), bei der die spitzen ein- bis wenigzelligen Tlaare zum Theil die Länge des ganzen Sporangiums sammt Stiel erreichen, Aehnlich verhält es sieh mit den Sporangienhaaren von Gymnogramme totta, Polypodium erenaftum und Polypodium crassifoliun; bei letzterem sind die wenigzelligen, kurzen, 311 gedrungenen Haare annähernd vertical gestellt. Bei einigen Phegop- terisarten nehmen diese Haare die Gestalt kleiner Stächelchen an, die den Sporangien wohl schwerlich mehr einen Schutz gewähren können. 9) Haare zwischen den Sporangien. Diese sitzen entweder dem Receptakel oder der Blattfläche an; finden sich Haare an dem sterilen Blatt in eben derselben Ver- theilung und Gestalt wie an dem Sporophyll vor, so können diese natürlich nicht als ein speciell für die Sporangien geschaffener Schutzapparat angesehen werden, wenn auch Fig. 1. den jugendlichen Sporangien ein besonderer Ein naneragendes Sporan- Sehutz dureh diese Haare zu gute kommt. Villosn. S0mal vergrössert, Dies gilt z. B. für Ceterach offieinarum, bei der erst. mit der Sporenreife die Sporangien durch Verdrängung und Abstossung der schuppenförmigen Haare sichtbar werden. Aehnlich verhält es sich mit dem mehligen Wachsüberzug verschiedener Gymno- grammearten, Die hier in Rede stehenden Haare sind vielmehr auf den sporan- gientragenden Blatttheil (eventuell auf das Receptakulum) beschränkt oder, falls auch das sterile Blatt behaart ist, sind diese Haare zwischen den Sporangien in besonders grosser Anzahl und in besonderer Modi- fication vorhanden. 1. Die Haare sitzen nur zwischen den Sporangien, das sterile Blatt oder auch der sterile Blatttheil ist unbehaart. Die UVeberdachung der Sporangien kommt stets dadurch zu Stande, dass diese Haare in ihrem oberen, die Sporangien überragenden Theil wesentlich anders gebaut sind als im unteren; mit der Sporen- reife werden diese Haare von den Sporangien abgestossen, was häufig nur für den oberen, die Sporangien überragenden Theil gilt, oder sie bleiben vertroeknet zwischen den Sporangien sitzen. Im oberen Theil blasig aufgetriebene Haare besitzt Taenitis blechnoides und Acrostichum aureum. Bei dieser tragen die Haare eine sehr stark blasig aufgetriebene Endzelle, die häufig noch mehrere eigenthümliche Ausstülpungen zeigt; bei jener sind die mehrzelligen Haare im oberen Theil hakenförmig gekrümmt und 3—-4mal so dick als im unteren. Auch Pteropsis angustifolia gehört hierher. Im oberen Theil verzweigte Haare besitzt neben einfachen Alsophila blechnoides. Haare, die im 312 oberen Theil häufig einen aus mehreren unregelmässig gestalteten Zellen zusammengesetzten, verdickten Theil besitzen, an den sich noch ein hakenförmig gekrümmtes Haarstück ansetzt, finden sich bei Alsophila elegans und Alsophila excelsa. Ganz ähnlich verhalten sich alle anderen den genannten Arten zunächst stehenden Alsophilaarten, die wegen ihres ausserordentlich stark behaarten Receptakels auch unter dem Gattungsnamen „Trichopteris* zusammengefasst wurden. Sternhaare finden sich bei Drymoglossum piloselloides; sie bestehen aus einem über den Sporangien befindlichen sternförmigen Theil, der aus 4—8 radial gestellten länglichen Zellen besteht, die an ihrer Ver- einigungsstelle einem langen Stiele aufsitzen. Schliesslich finden sich noch „Schirmhaare“ vor (Fig. 2). Diese bilden von allen bisher ge- nannten Haarbildungen den besten Schutzapparat; der über den Fig. 2a. Fig. 2b. Jugendlicher Sorus von Poly- Schirmhaar von Hyme- podiun Phlebodes von oben ge- nolepis spieata, 50mal sehen, mit Schirmhaaren, unter vergr. denen sich die Sporangienan- lagen befinden, 8mal vergr, Sporangien befindliche Theil stellt eine trockenhäutige, rundliche und etwas ausgerandete Platte dar, die von einem Netz leistenförmiger, meist radial angeordneter Verdickungen überzogen wird. Durch diese wird dem Schirmdach eine bestimmte Festigkeit verliehen; im Centrum wird die Platte von einem sehr zarten, wenigzelligen Stielehen ge- tragen. Solche Schirmhaare besitzt Lomagramma pteroides, Polypodium Phblebodes (Fig. 2a) und Iymenolepis spieata (Fig. 2b); bei letzterer konnte auch die Entwickelungsgeschichte der Schirmhaare untersucht werden. Diese gelangen, wie vornherein zu erwarten war, lange vor der Sporangienanlage zur Entwickelung. 2. Die Haare des sporangientragenden Theiles sind zum Unter- schied von denen des sterilen Blattes oder denen des sterilen Sporo- 318 phylitheiles zwischen den Sporangien in grösserer Anzahl und in be- sonderer Modification vorhanden. Bei Polypodium adnascens und Polypodium nummulariaefolium sind die betreffenden Sternhaare nur durch das Vorhandensein eines langen mehrzelligen Stieles, der den sternförmigen Theil über die Sporangien erhebt, vor denen der sterilen Blattfläche ausgezeichnet ; diese sind entweder sitzend oder nur mit einem kurzen cinzelligen Stielchen versehen. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Modification der Schildhaare bei Polypodium lepidotum Willd. Eine etwas stärkere Modification weisen die Sternhaare von Polypodium angustatum Sw. und Platycerium aleicorne auf; durch lange Stiele sind auch hier die Sporangienhaare ausgezeichnet, ausserdem aber haben auch die den Stern zusammensetzenden Zellen eine Modification erlitten; sie sind bedeutend kürzer und dicker als die gleichen Theile der betreffenden anderen Haare steriler Blatttheile.. Die Modifieation der schuppen- förmigen lanzettlichen Haare von Polypodium tectum Klfss. besteht darin, dass die Mehrzahl der betreffenden Haare der fertilen Blatt- fläche in eine lange Spitze ausgezogen und doppelt so lang sind als die ähnlich gestalteten, auf der Unterseite des sterilen Blattes zer- streuten Haare. b) Gruben. Gruben allein finden sich, abgesehen von den weiter unten be- handelten Marsiliaceen, gar nie allein als Schutzapparate vor; bei den Filieineen treten sie stets in Verbindung mit Haarbildungen auf. Die Gruben stellen in typischer Ausbildung runde kesselförmige Ver- tiefungen der Blattunterseite vor; von der Oberseite des Blattes be- trachtet erscheinen sie als knopfförmige Ausstülpungen. Der Boden der Grube wird von dem Sorus eingenommen und die Mündung der Grube wird vollständig durch Haare abgeschlossen, wenigstens so lange als die Sporangien noch in Entwickelung be- griffen sind. Dies gilt jedenfalls für alle angeführten Fälle, wenn in dieser Hinsicht auch nur Polypodium jubaeforme Kaulf. näher unter- sucht werden konnte. Die betr. Haare können auch hier eine ver- schiedenartige Ausbildung besitzen. Haare, die oberhalb der Sporan- gien eine aus zwei oder mehr Zellen bestehende Verdickung besitzen, finden sich bei Polypodium saecatum und P. iteophyllum (= Drynaria). Bei erstgenannter Art überwachsen die heranreifenden Sporangien später die Haare; diese bleiben zusammengeschrumpft zwischen oder richtiger unter den Sporangien sitzen, oder es wird ihr oberer Theil durch die 314 emporwachsenden Sporangien abgestossen. Schirmhaare, deren platten- förmige Theile die Sorusgrube gleichsam wie mit einem Deckel ab- schliessen, finden sich bei Polypodium subauriculatum und wohl bei allen dieser Art nahe stehenden Polypodiaceen, die dem Subgenus Goniophlebium angehören. Ein besonderer Fall findet sich bei Goniophlebium verrucosum Smith; hier sind die im Sorus selbst be- findliehen Haare im oberen Theil keulig angeschwollen und bestehen hier aus stark verdiekten Zellen, während dem die den Sorus um- säumenden Haare auf langem Stiel eine plattenförmige Endzelle tragen, die durch mehrere stumpfe und spitze Einbuchtungen gelappt ist, wobei ihre Oberfläche mit tiefen Runzeln bedeckt ist. Als eine besondere Modifieation der Grube darf die sporangien- tragende Rinne von Vittaria und anderer Arten angesehen werden; auch hier finden sich Haare vor, die kegelstumpfähnliche, sehr dicke Endzellen tragen, die ebenfalls dazu geeignet sind, einen Verschluss der Rinne herbeizuführen. Leider konnte die noch unbekannte Ent- wickelungsgeschichte dieser Rinne nicht untersucht werden. c) Indusien, welche die auf der Blattunterseite befindlichen Sporangien durch Ueberdachung schützen, besitzen unter dem Schutzorgane der Sporangien wohl die weiteste Verbreitung. Die hierher zählenden Indusien sind meistens häutig ausgebildet, seltener besitzen sie blattartigen Charakter und sind dann assimilationsfähig. Da über diesen Gogen- stand bereits eine ziemlich vollständige Bearbeitung von William Burck vor- liegt, so kann ich mich hier mit ein Fig. 3. paar ergänzenden Notizen begnügen. Querschnitt durch den äusseren Theil Eine Art Uebergang der Haar- eines jungen Fiederblatts von Ono- bildungen zu den Indusien findet sich elea Struthiopteris. I—= Anlage des . znd: , echten, R — Anlage des falschen dem unterständigen Indusium von Indusiums, Rop—Receptakelanlage, Woodsia hyperborea, das, abgesehen 152,5mal vergrössert. von einem kleinen centralen Mittelstück, dem das Receptakel aufsitzt, fast voll- ständig in gegliederte Haare aufgelöst ist. Die von mir untersuchte Entwickelungsgeschichte des falsche- Indusiums von Pteris erenata Sm. ergab, dass dieses als eine Neun bildung auf dem ursprünglichen Blattrande entsteht und zwar aus 315 keilförmig nach unten zugeschärften Randzellen. Zu dem gleichen Resultate gelangte Prantl (III p. 143) bei Pteris eretica und Burck (p. 68) bei noch verschiedenen anderen Pterisarten. Genau ebenso verläuft die Entwickelung des falschen Indusiums bei Onoclea Stru- thiopteris (Fig. 3). Etwa gleichzeitig mit der Anlage des falschen Indusiums entsteht auch das echte bei Onoclea als Emporwölbung von Öberflächenzellen, die sich halbmondförmig aneinanderreihen, wobei die convexe Seite der Indusiumanlage der Mittelrippe des be- treffenden Fiederchens zugekehrt ist; während das falsche Indusium in seinen basalen Theilen später mehrschichtig wird, bleibt das echte Indusium einschichtig, zuletzt entsteht zwischen den beiden Indusien- anlagen die Receptakelanlage durch Emporwölbung von Oberflächen- zellen. Mit dem Heranreifen der Sporangien schrumpft das echte Indusium allmählich ein und wird von den Sporangien überragt, während das falsche, das sich ursprünglich über die Sori nach unten zubog, zurückgeschlagen wird. Die Function des falschen und echten Indusiums wird häufig noch dadurch unterstützt, dass sich das Sporophyll mit seinen seitlichen Partieen einrollt, so dass die Sporangien vollständig eingeschlossen werden können. Dies gilt z. B. für die Gattung Onoclea, für Llavea und andere. Treten gleichzeitig mit den Indusien noch zwischen den Sporangien Haare auf, so sind diese nie sehr reichlich vorhanden und in allen von mir beobachteten Fällen einfach; nie ist ihr oberer Theil von dem unteren wesentlich verschieden. II. Schutzapparat der randständigen Sporangien. Hier lassen sich zwei Fälle unterscheiden, je nachdem der Sehutz dureh Einrollung des Sporophylis oder durch Indusien zu Stande kommt. a) Ersteres gilt für Aneimia und Osmunda. Bei dieser kommen hier noch einige andere Punkte mit in Betracht; einmal geschieht die Entfaltung der fertilen Spreite zu einer Zeit, da die Sporangien schon sehr weit in der Entwickelung vorgeschritten sind, und ferner ist das eingerollte junge Sporophyll mit einem sehr dichten Filz be- deckt, der sich aus vielfach verzweigten, algenähnlichen, verworrenen Zellfäden zusammensetzt. b) Schutzapparat randständiger Sporangien durch Indusien. Hierher gehört einmal das taschenförmige Indusium von Lygodium, das falsche und echte Indusium von Pteris aquilina, das becherförmige 316 Indusium von Davallia und verschiedener Cyatheaceen. Das napf- förmige Indusium von Davallia und schliesslich das zweiklappige Indusium mancher Cyatheaceen (Balantium antareticum, Cibotium spectabile u. a.) und Hymenophyllaceen. 1. Das taschenförmige Indusium von Lygodium. Die Entwickelungsgeschichte dieses studirte ich an Lygodium scandens; sie stimmt genau überein mit der von Prantl gegebenen bei Lygodium japonicum; unter Hinweis auf diesen (IIb p. 42) ge- nüge es das allernotwendigste aus der Entwickelungsgeschichte hervor- zuheben. Das Indusium entsteht als Neubildung in Gestalt eines halbringförmigen Walles um das Sporangium, das aus einer einzigen Randzelle seine Entstehung nimmt, Durch nachträgliche Verschiebung kommt das eine den Sorus bildende Sporangium und ein Theil des Indusiumwalles auf die Blattunterseite zu stehen, während der andere Theil des Ringwalles in der Blatifläche aufgeht, 2. Die beiden Indusien von Pteris aquilina sind nach Burck’s Untersuchungen Neubildungen auf der Blattfläche; das echte ist eine solche auf der unteren, das falsche eine auf der oberen Blattfläche. Letzteres nimmt erst später die Richtung der Blattfläche an, während die Sporangien als ursprüngliche Randgebilde auf die Blattunterseite verschoben werden. 3. Das becherförmige Indusium von Davallia ist zur Hälfte ganz mit der Blattfläche verwachsen und verräth seine Lage durch eine schwache, höckerartige Emporwölbung auf der Blatt- oberseite. Die andere unterseitige Hälfte des Becherindusiuns ist frei, chlorophyllios und einschichtig. Der Sorus ist bei der von mir untersuchten Art der D. aurita Presl. immer etwas vom Rande ent- fernt und liegt stets unterhalb eines Fiederschnittes; dass die untere einschichtige Hälfte des Indusiums eine Neubildung ist, kann wohl von vornherein erwartet werden, dass jedoch auch die scheinbar einen Theil der Blattfläche darstellende Indusiumhälfte eine Neu- bildung ist, wurde zuerst von William Burck nachgewiesen. Der Sorus nimmt von verdiekten Zellen des meristematischen Blatt- randes aus seine Entstehung. Bei dem genannten Forscher heisst es pag. 38 folgendermassen: „Deze randverbreeding heft steeds plaats daar, waar zich later het aangezwollen uiteinde van cene nerf ver- toout. In dit aangezwollen nerfuiteinde houdt de oorspronkelijke topcel, na nog slechts eenige segmenten gevormd te hebben, die den 317 bodem van den sorus vormen en ongeveer in een vlak gelegen zijn, op met het vormen van segmenten, maar te gelijkertijd is nu de groei aangevangen op twee tegenovergestelde zijden van het verbreede gedeelte, die overeenkomen met de boven — en ondervlakte van het blad. Aan de eene zijde constitueeren zich nieuwe randeellen (topcel in de doorsnede), die op de wijze overeenkomstig den gewonen groei der bladeren segmenten vormen naar twee verschillende rich- tingen beurtilings eine naar de bovenzijde en dene nar de onder zijde van het blad gekeerd.“ Burck stellte seine Untersuchung an Davallia Mooreana an; die von mir untersuchte D. aurita weicht in keinem wesentlichen Punkte hiervon ab. Fig. 4a stellt eine solche verdickte Stelle des Blattrandes im Längenschnitt dar; die mit 7 bezeichnete Zelle ist die „topcel* Burck’s. Aus ihr und den zwei benachbarten Zellen Z und R ent- steht das Receptakulum; aus A geht die obere Indusiumhälfte hervor, die später als ursprünglicher Blattrand erscheint; sie wölbt sich gleich nach der Receptakelanlage hervor und gelangt also früher zur Ent- wickelung als die unterseitige In- dusiumhälfte. Diese geht aus J hervor, die noch nicht so stark wie „1 vorgewölbt ist; nach Burck Fig. 4a. Fig. 4b. Fig. 4. Davallia aurita. Drei aufeinanderfolgende Entwickelungsstadien im Längensehnitt, der senkrecht zur Blattfläche geführt ist. 4a u. 4b sind 76mal, 4c ist 152mal vergrössert. T = Scheitelzelle. J = Anlage des inneren Indusiums. 4 == Anlage des äusseren Indusium. . . ; S == Randzelle, aus welcher der einschichtige Theil des inneren Indusxiums ent- steht; in 4c hat sich aus £ das erste Sporangium entwickelt; beiderseits folgen zwei jüngere Sporangien. entstehen zwar, wie wir eben sahen bei D. Movreana die beiden Indusienhälften gleichzeitig („te gelijker tijd“), was also bei D. aurita er 318 nicht der Fall ist. Durch A ist die Receptakelanlage etwas zur Seite geschoben worden. An noch jüngeren Stadien findet man diese Zelle in der Mitte des Blattrandes liegen, etwa in der Richtung des Pfeiles, wie ich mich zu wiederholten Malen überzeugen konnte, und auch Burck fand (siehe oben). In Fig. 4b hat sich die Anlage des ein- schichtigen Indusiumtheiles schon merklich emporgewölkt, während der obere Indusiumtheil A bereits die Höhe der Receptakelanlage er- reicht hat; mit H ist die Anlage eines Haares bezeichnet. Im Laufe der Weiterentwickelung nimmt J allmählich die Wachsthumsrichtung des Receptakels und des äusseren Indusiums an und erleidet im Ver- gleich zu diesem eine Wachsthumsänderung; es entsteht auf der bereits vorhandenen mehrzelligen Basis des unteren Indusiumtheiles als Neubildung der einschichtige häutige Theil des Indusiumbechers (Fig. 4e). Das Wachsthum wird also beschränkt auf eine einzige Zellreihe S, die nur tangentiale Theilungslinien noch aufnimmt; das äussere In- dusiumstück A überholt schliesslich das innere J und das Receptakel in der Entwickelung. Das äussere Indusium ist, von der Fläche be- trachtet, in seinem Wachsthum nicht von dem des Polypodiaceen- blattrandes verschieden. Hieran würden sich zunächst die napfförmigen Indusien von Dick- sonia reihen, die Burck näher untersuchte; sie verhalten sich in ihrer Entwickelung (Burck pag. 43) ganz ähnlich wie Davallia. An einer nicht näher bestimmbaren der von Burek untersuchten nahe verwandten Art konnte ich Burek’s Untersuchung auch hier bestätigen. Das zweiklappige Indusium von Balantium antareticum (Fig. 5) ge- hört mit zu den allerbesten Schutzvorrichtungen, die sich bei Farnen überhaupt vorfinden. Die beiden halbkugelförmigen, ungleich grossen Klappen sind mit ihrer Basis beiderseits dem Grunde des Receptakels angewachsen, aber seitlich frei. Vor der Sporenreife greifen die beiden Klappen übereinander, und zwar die obere über die untere, so dass das ganze Receptakel ringsum völlig eingeschlossen wird. Bei der Sporenreife wird die untere Klappe zurückgeschlagen, so dass sie der Blattunterseite anliegt und dass die reifen Sporangien senkrecht nach unten zu hängen; oder es findet, was ebenso häufig vorkommt, bei der Sporangienreife eine Drehung des Läppchens, welches den Sorus trägt, um 180° statt, so dass die Unterseite des Sorusläppchens der Blattunterseite parallel gegenüber steht. Zu bemerken ist noch, dass beide Klappen parenchymhaltig, mehrschichtig und blattartig ausge bildet sind; doch ist die untere Klappe etwas schwächer gebaut als wie die obere; daher kommt es, dass erstere nach Veffnung des Sorus 319 meist zusammenschrumpft und dann viel kleiner aussieht als wie die obere Klappe, welche kaum die Länge der oberen erreicht. Die Entwickelung des Indusiums verläuft hier ganz ähnlich wie bei Davallia und den anderen schon genannten Arten. Die Recep- takelanlage S in Fig. 5a nimmt auch hier ihre Entstehung in dem ursprünglichen Blattrande, währenddem die beiden Indusienklappen der oberen und unteren Blattfläche entspringen. Zum Unterschiede von Davallia ist hier die zeitliche Differenz zwischen der Anlage des äusseren und inneren Indusienlappens bedeutend grösser als bei den äquivalenten Theilen des Indusien- bechers von Davallia. Die obere Indusien- klappe I stellt in Fig. 5a schon einen sehr grossen Zellhöcker dar im Vergleich zur Fig. 5a. Fig. 5b. auiage der unteren... hadoutat 7 Anlage der Ausseren, ; — die Klappe i. In letzterer der Inneren. Tndusienklappe, S = Receptakelanlage. treten, ähnlich wie bei pn 5b ist die untere Klappe eben im Begriff, sich Davallia sehr frühzeitig zwischen der oberen und den Sporangienanlagen hin- keilförmig zugeschärfte durchzuschieben. 5a ist 152,5mal und 5b ist 76mal Randzellen auf; doch vergrössert. erfährt zumUnterschied von dieser das jugendliche untere Indusium noch so viele radiale Theilungen neben tangentialen, dass es vielschichtig wird und während es in seiner Wachstumsrichtung eine Kurve zu beschreiben sucht, findet eine Drehung des Receptakels statt, die in 5b bereits 90° er- reicht hat, die untere Klappe ö schiebt sich nun zwischen der oberen Klappe und den Sporangienanlagen hindurch, überdacht diese voll- ständig und biegt mit ihrem vorderen Rande noch ein wenig nach unten zu um; auf diese Weise werden die Sporangien durch die doppelte Decke des äusseren und inneren Indusiums überdacht. Cibotium spectabile (Fig. 6) besitzt ebenfalls zwei blattartig aus- gebildete Indusiumklappen ähnlich der vorigen Art; doch ist die untere hier bedeutend grösser wie die obere; auch ist hier der den Sporangien zu Theil werdende Schutz bei weitem nicht so vollkommen wie bei voriger Art, da sich beide Klappen mit ihren vorderen Rändern zwar berühren, nicht aber übereinanderschieben. Die Ent- wickelung des Sorus scheint hier ähnlieh wie bei den vorigen Arten zu 320 verlaufen. Fig. 6 stellt den Längenschnitt eines verhältnissmässig schon alten Stadiums dar; aus Sı wird das erste, aus S$2 das zweite Sporangium seine Entstehuug nehmen. $ Ueber Cibotium Schiedei vergleiche man Burek p. 44 und Prantl UI p. 142. Schliesslich sei noch auf die Hymeno- phyllaceen aufmerksam gemacht; bei ihnen sind die Sporangien ebenfalls Randbildungen. Die Entwickelung des zweiklappigen oder becherförmigen Indusiums steht derjenigen der eben behandelten Arten sehr nahe (cf. Prantl’s „Hymenophyllaceae*). Fig. 6. Cibotium spectabile. Längenschnitt eines Jugend- lichen Sorus. 152,5mal ver- grössert. 7— äussere, obere IH. Besondere Fälle des Sporangienschutz- Indusienklappe, / = untere, apparates. innere Indusienklappe, S, — erstes, Sg = zweites Sporan- gium in der Anlage. 1. Bei den Ophioglosseen bedarf be- kanntlich jedes Blatt vier Jahre zu seiner Entwickelung. Die Sporangien entwickeln sieh fast bis zu ihrer Reife unter der Erde. Ihre Entwickelung be- ansprucht etwa ein volles Jahr. Ausserdem aber kommen noch zwei andere Momente hier in Betracht, die den Sporangien zur Jugendzeit einen Schutz gewähren. Einmal finden sich die jugendlichen Blätter in den unteren Theil der älteren Blätter eingeschachtelt, und weiter umfasst der sterile Blatttheil mit seinen Fiedern in der Jugend das Sporophyll; im Vergleich zu Botryehium ist bei Ophioglossum diese Umhüllung eine noch vollkommenere, da der sterile Blatttheil ganz ist, und auf der dorsalen Seite des Sporophylis mit seinen Rändern noch etwas übereinander greift, so dass das jugendliche, gerade ge- streckte Sporophyli den Kern eines lHohleylinders vorstellt. 2. Bei den Lycopodiaceen wird in erster Linie der Sporangien- schutz durch die, wenigstens in der Jugend stets vorhandene, auf- rechte Stellung der Sporophylie erzielt; dazu kommt aber noch die alternirende Stellung der Sporophyliquirle, wodurch eine dachziegel- förmige Deckung der Sporophylle zu Stande kommt. Am schönsten sah ich diesen Schutzapparat ausgeprägt bei Lycopodium annotinum (Fig. Ta); es ist hier ein jedes Sporophyli noch eigens mit einem trockenhäutigen Rand umsäumt, der einem falschen Indusium ver- gleichbar ist; gleich diesem entwickelt er sich als Neubildung auf dem ursprünglichen Blattrande aus keilfürmigen Randzellen (R in Fig. 7b). Mit diesen trockenhäutigen Rändern greifen die Sporophylle 321 ein und desselben Quirles häufig noch etwas über einander. Jedes Sporophyli legt sich mit dem grössten Theil seiner freien Spreite über die Berührungsstelle der beiden oberen, mit ihm alternirenden Fig. 7a. Fig. 7b. Fig. 7. Lycopodium annotinum. 7a ein Querschnitt durch die Sporophyllähre; B —= Sporophylibasis; jedes der vier Sporangien ist zweimal durchschnitten. 7b Querschnitt in halber Höhe eines Jungen Sporophylis; % — Randzelle, aus der das flügelartige Anhängsel seine Entstehung nimmt. 7a ist 14mal und 7b ist 152,5mal vergrössert, Sporophylle und weiter schiebt sich die an den Stamm herablaufende Basis zwischen die Sporangien der beiden tiefer stehenden Sporophylle’ keilförmig ein, 3. Bei den Equisetaceae geht die Hauptentwickelung der Sporan- gien ebenfalls unter der Erde vor sich im Laufe eines Sommers; weitaus die Mehrzahl der fertilen Sprosse überwintert unter der Erde in einem schon sehr weit vorgeschrittenen Stadium. Die meisten im Späth- herbste ausgegrabenen Sporophyllähren von Equisetum Telmateja und arvense enthielten schon Sporen mit deutlich differenzirten Elateren. Die den Sporangien während ihrer unterirdischen Entwickelung und Ueberwinterung nöthige Schutzeinrichtung besteht in folgenden drei Factoren: einmal sitzen die Sporangien auf der der Sprossaxe zuge- kehrten Innenseite der Sporophylle, die, morphologisch betrachtet, die Oberseite des Sporophylis darstellt; zweitens sind die meist hexagonalen Sporophylischilder in alternirende Quirle vereinigt, wobei durch enge Berührung der einzelnen Schilder ein mosaikartiger Zu- sammenschluss der ganzen Sporophyllähre erzielt wird. Dieser Zu- sammenschluss erhält dadurch noch ein ganz besondere Festigung, dass jedes Sporophylischild an seinen seitlichen Berührungsflächen mit den benachbarten Sporophylien eine Menge unregelmässiger, conischer Zähne trägt, die zwischen sich grubige Vertiefungen lassen und die 322 in eben solche der Nachbarschilder eingreifen; und schliesslich wird die ganze Sporophyllähre noch durch die tütenförmig in einander ge- schachtelten Laubblattquirle vollständig eingehüllt. Zum Zwecke dieser Umhüllung finden sich bei vielen Equiseten die Blattquirle fertiler Sprosse ganz besonders kräftig entwickelt, was z. B. für E. Telma- teja gilt, bei der die Blattquirle fertiler Sprosse etwa doppelt so gross werden als die sterilerr. An der im jugendlichen Stadium spindelförmig gestalteten, Sprossaxe convergiren die oberen Blatt- quirle mit ihren Scheidenzähnen, so dass die Sporophyllähre auch von oben her geschützt wird. Die einzelnen Blattquirle sind hier eben- falls alternirend und die rinnenförmig gestalteten Blätter lassen dem- zufolge isolirte Kanüle zwischen sich, die vielleicht eine besondere Rolle bei den Temperaturverhältnissen der Pflanze spielen. 4. Bei den Salviniaceen werden die Sporangien, ähnlich wie bei manchen Cyatheaceen (Diacalpe, Matonia ete.) von einem hohlkugel- förmigen, sich über dem Receptakel schliessenden Indusium beschützt; das Nähere über Indusiumentwickelung siehe weiter unten. 5. Bei den Marsiliaceen entstehen die Sporangien in grubigen Vertiefungen aus Oberflächenzellen des Sporophylis. Durch Wuche- rungen des Sporophylis werden die Gruben geschlossen, so dass die sog. Fruchtkapsel zu Stande kommt. Auf die über diesen Gegen- stand bereits vorliegenden Arbeiten von Goebel, Meunier, Campbell (für Pilularia) und auf die von Büsgen (für Marsilia) kann hier nur verwiesen werden. B. Sporophylimetamorphose (s. st.). Der Zweck, welcher durch die Umwandlung der fertilen Spreite erreicht werden soll, ist stets ein und derselbe: auf Kosten vegetativer Substanz Sporangien zu erzeugen und dieselben in der ihnen zukom- menden Function zu unterstützen; es ist klar, dass die Erreichung dieses Zieles, von anderem abgesehen, stets mit einer Flächenver- ringerung der ursprünglichen Blattspreite verknüpft sein muss, und es besitzt in der That die grosse Mehrzahl der umgewandelten Sporophylle einen bedeutend kleineren Flächeninhalt als die äquivalenten sterilen Blattspreiten. Das durch die Sporophyllumwandlung angestrebte Ziel wird auf die verschiedenartigste Weise erreicht, d. h. es gelangt die Umwandlung der Blattspreite auf die verschiedenartigste Weise zum Ausdruck; die Umwandlungserscheinungen lassen sich sämmtlich auf 3 Ausbildungsweisen zurückführen: 323 I. Verkürzung oder Verschmälerung, wenn das fertile Blatt kürzer oder schmäler als das sterile ist; II. Theilung, wenn das fertile Blatt reicher gegliedert ist das sterile; III. redueirte Gliederung; wenn das fertile Blatt weniger reich gegliedert ist als das sterile. Je 2 oder 3 der genannten 4 Factoren können in Combination auftreten; ausgeschlossen ist selbstverständlich die Verbindung von I -- IH, Die Anordnung des ziemlich umfangreichen aber lange nicht erschöpften Stoffes geschah nach diesen 3 ebengenannten Gesichts- punkten; und zwar wurden dabei diejenigen Arten stets an den Anfang gestellt, die in reinster Weise die jeweilige Ausbildung zeigten, und die Combinationen kamen an das Ende, so dass eine Art Stufenleiter in jeder Gruppe sichtbar ist. Um ein möglichst voll- ständiges Bild von den Umwandlungserscheinungen der Sporophylle liefern zu können, fanden im Nachstehenden noch eine Anzahl hetero- phyller Arten Unterkunft, bei denen sich nur die Sporophylidiffe- renzen angegeben finden, die aber im UVebrigen nicht näher unter- sucht wurden. Die ILycopodiaceen, Equisetaceen, Salviniaceen und Marsiliaceen sind in dem nun folgenden Abschnitt nicht mit inbegriffen; ich habe sie besonders behandelt., I. Verkürzung oder Verschmälerung. 1. Verkürzung. Acrostichum simple Sr. Die fertile Spreite ist um die Hälfte kürzer als die sterile; der Sporophylistiel kann länger oder kürzer sein als der Blattstiel, die diehotomen Seitennerven sind nicht verändert. Acrostichum Aubertii Desv. Die Sporophylispreite ist länglich, oben und unten gerundet, nur ';smal so lang als die sterile; Sporophylistiel 2!/smal so lang als der Blattstiel, die einfachen oder dichotomen Seitennerven sind unverändert. Aerostichum recognitum Kunze. Die fertile Spreite ist !/jsmal so lang und ein wenig schmäler als die sterile, der Sporophylistiel 1'%—3mal so lang als der Blatt- stiel; die Nervatur wie bei voriger Art. 324 2a) Versehmälerung mit wenig reducirter Nervatur. Aecrostichum latifolium Sıe. Die fertile Spreite ist etwas weniger als halb so breit wie die sterile, sie kann um die Hälfte kürzer oder auch länger sein als diese. Der Sporophylistiel ist doppelt so lang als der Blattstiel; die diehotomen Seitennerven sind beim Sporophyli entsprechend verkürzt. Fertile Mittelformen sind häufig; der sporangientragende, obere Spreitentheil ist nicht oder nur wenig schmäler als der untere, vegetative, Aerostichum araneosum Eaton. Die fertile Spreite ist !/s—!jımal so breit als die sferile und der Sporophylistiel ist dreimal so lang als der Blattstiel, die ein- bis mehrfach dichotomen Seitennerven sind entsprechend verkürzt. Aerostichum rigidum Wallr. (= Photinopteris Horsfeldü Sm.). Die linealische Sporophylifieder ist eirca !/zomal so breit als die eiförmige sterile Fieder, wird aber bedeutend länger als letztere; die in die Länge gezogenen Netzmaschen des Sporophylis sind ohne Seeundärmäschehen; wie solche die, aus grossen, fast quadratischen Netzmaschen bestehende Nervatur der sterilen Spreite besitzt. Dryosiachium splendens Sm. Die fertile Primärfieder ist etwa !/smal so breit als die sterile; die Seitennerven der fertilen Fieder schliessen nur unregelmässig angeordnete grössere und kleinere Maschen zwischen sich ein; die Seitennerven des sterilen Blattes dagegen nehmen zwischen sich in ziemlich regelmässiger Anordnung Primär- und Secundärmaschen auf. Lluvea cordifolia Lagasca. Das 3fach gefiederte Blatt ist im unteren Theil steril, im oberen fertil; ein fertiles Tertiärfiederchen ist, wenn seine beiden mit einem falschen Indusium ausgerüsteten Blatthälften nach unten umgeschlagen sind, \/nomal so breit als das sterile eiföormige Endfiederchen, dabei wird das fertile doppelt so lang als letzteres. Die Gabeläste der doppelt dichotomen Seitennerven sind entsprechend verkürzt, Fertile Mittelformen. Solche Tertiärfiederchen tragen in ihrem oberen Theil eine flach ausgebreitete sterile Spreite, die '/s—!/; der Gesammtlänge des Fiederchens ausmacht und 3—5mal so breit ist als der normale untere Sporophylitheil. 325 Drymoglossum piloselloides Prest. Das fertile Blatt ist 1/3 —!/mal so breit als das eiförmige sterile und bis 5 mal so lang wie dieses; der Sporophylistiel ist doppelt so lang oder länger als der Blattstiel. Eine fertile Mittelform wurde beobachtet, die die Mitte einhielt zwischen dem linealischen Sporophyli und dem eiförmigen Laubblatt, im übrigen aber ebenso reichlich Sporangien trug wie das normale Sporophyll. Blechnum Spieant. Das Sporophyll, das in Mitten der oft rosettenförmig gestellten Blätter steht, unterscheidet sich zunächst durch seine mehr vertieale Richtung von den letzteren. Der Sporophylistiel wird doppelt so lang als der Blattstiel; die fertilen Primärfiedern sind von einander (wenigstens im unteren Theil) entfernt und nicht an der Basis zu- sanımenhängend wie die sterilen. Durchsehnittlich sind die Sporophyll- fiedern halb so breit als sterile; die fertilen Fiedern besitzen eine aus 2 medianen Reihen von Netzmaschen bestehende Nervatur; von ersteren verlaufen noch kleine Nerven gegen den Rand. Die sterile Fieder hingegen besitzt einfachgegabelte Seitennerven, die nur hie und da durch Anastomosen verbunden sind. Fertile Mittelformen besitzen nicht die straff aufrechte Haltung der Sporophylle; die- selben sind von Lürssen (pag. 111) bereits ausführlich geschildert, cf. auch Milde I, pag. 616. Pteris heterophylla L. Norraal erstreckt sich die Sporangienbildung über ein ganzes 3fach gefiedertes Blatt; die fertilen Endblättchen sind ganzrandig und kaum halb so breit als die länglichen grobgezähnten sterilen. Das Sporophyli trägt ausserdem 2 fertile Randnerven. Fertile Mittelformen. Von (diesen findet sich eine ganze Stufenleiter vor an Blättern, die unten steril und oben fertil sind. Mit dem Auftreten noch so weniger Sporangien erscheint gleichzeitig ein entsprechend langes Stück eines Randnerven und eines ebenso langen randständigen Indusiums, wobei an der betreffenden Stelle 2 bis viele Randzähne verschwinden. Flora 1895, 21 326 2b) Versehmälerung mit stark redueirter Nervatur. Lomagramma pteroides Sm. Eine fertile Fieder 1. Ordnung ist !'smal so breit als eine eben- solche sterile; die einfache Netzmaschennervatur der sterilen Fieder ist bei der fertilen auf einige in die Länge gezogene Netzmaschen reducirt. Gymnopteris deeurrens look. (= Acrostichum rivulare Wull.). DasSporophylil ist linealisch und nur !/;zmalso breit als das sterile läng- liche Blatt, dessen Spreite sich nach unten zu Hügelförmig verschmälert; die Sporophylinervatur besteht, abgesehen von dem medianen Nerv, aus 2 fertilen Nerven, dagegen besitzt das sterile Blatt Seitennerven, zwischen denen sich noch sehr viele freie Nervenäste einschliessende Netzmaschen vorfinden. Der Sporophylistiel ist 16mal so lang als der Blattstiel, wenn man die am Blattstiel herablaufende Lamina abrechnet. Polypodium eiliatum Willd. Das Sporophyli ist !/amal so breit als das läugliche Laubblatt, und länger gestielt; die Nervatur ist redueirt auf die fiederig ange- ordneten Sorusnerven; jedem von diesen sitzt ein hufeisenförmnig gekrümmter Receptakelnerv auf, die Nervatur des sterilen Blattes dagegen besteht aus 2 Reihen sehr grosser, an den Mittelnerv sich anlegenden Netzmaschen, von denen noch viele kleine freie Nerven- äste gegen den Rand zu verlaufen. Die grossen Netzmaschen sind noch in eine grössere und kleinere getheilt, wobei in die erstere ein sehr langer, am Ende stark verdiekter freier Nerv ausläuft; das Sporophyll ist schwach wellig ausgerandet, das Laubblatt aber ganz- randig. Aehnlich liegen die Differenzen bei allen dem Subgenus Niphobolus angehörigen Arten, wozu auch P. eiliatum gehört. Sılpinchlaena scandens Prest. 3 lomarioides Baker. Die lineale Sporophylifieder ist 2-- 3mm breit, wenn die beiden Blattränder mit den falschen Indusien nach unten umgeschlagen sind, die sterile wird bis 27mm breit; dabei kann erstere die doppelte Länge der letzteren erreichen. Die einfachen oder Imal gegabelten Seitennerven der sterilen Primärfieder fehlen beim Sporophyll gänzlich; dagegen treten bei diesen 2 dem Mittelnerv parallele, fertile Nerven auf, die durch viele Anastomosen mit ersteren in Verbindung stehen. 3. Verschmälerung und Verkürzung der Sporophylispreite. Pteris cretiea« Linne. Die fertile Primärfieder ist kürzer als die sterile; erstere wird 5 mm breit, letztere aber bis zu 26mm; das ganzrandige Sporophyil 327 trägt beiderseits ein falsches Indusium, das Blatt ist am Rande gezähnt; das Sporophyli trägt 2 fertile Randnerven, welche die Enden der einfach gegabelten und verkürzten Seitennerven verbinden. Aecrostichum Yapurense Martius. Eine fertile Fieder ist ";smal so breit als eine sterile, und be- deutend kürzer; die Sporophylinervatur zeigt keine wesentliche Ab- änderung. Aerostichum praestantissimum Bory. Die Imealische Sporophylifieder ist !/smal so breit als eine sterile Fieder und bedeutend kürzer wie diese. Die Zahl der Netzmaschen ist beim Sporophyll eine bedeutend geringere und die noch vorhandenen Maschen sind stark in die Länge gezogen. Eine fertile Mittelform bildet Hooker ab Tab. 58, Fig. 2. Lindsaya dimorpha. Das Sporophyli steht auch hier in Mitten der übergebogenen Laubblätter und zeiehnet sieh vor diesen zunächst durch seine straff aufrechte Vertiealstellung aus; der Sporophylistiel wird 7—11mal so lang als der Blattstiel. Eine dreieckige, vorne ausgerandete Sporophyll- fieder 1. Ordnung ist nur !/mal so gross als die ähnlich gestaltete sterile Primärfieder, die vorne convex ist; eine fertile Mittelform sah ich an einem sonst normalen Stock. Das betreffende Blatt war übergebogen, der Blattstiel länger als bein normalen Laubblatt und die reichlich Sporangien tragenden Fiedern waren in Grösse und Ge- stalt von normal sterilen kaum verschieden. Lomaria vestita Blume. Das einfach gefiederte Blatt ist in seiner ganzen Ausdehnung fertil oder steril. Die fertile linealische Primärfieder ist !/smal so breit und 2'/smal kürzer als die lanzettliche sterile Primärfieder. Das Sporo- phyll ist ganzrandig, das Blatt fein gesägt; die gegen den Rand zu verlaufenden einfachen oder oft gegabelten Seitennerven der Primär- fieder fehlen beim Sporophyll gänzlich, dagegen besitzt das Sporophyll 2 fertile, der Mittelrippe parallele Nerven, die durch kleine Commisuren mit ersterer in Verbindung stehen. Nahe dem Blattrande entspringt auf der Umterseite beiderseits am Sporophyli ein echtes Indusium, das sich in Gestalt einer Rinne um die Sporangien herumlogt; der 328 ausserhalb des Indusiums gelegene freie Spreitentheil ist nur !/amal so breit als das Indusium. Fertile Mittelformen. Hieher gehörige Primärfiedern nehmen entweder ein ganzes Blatt ein, oder sie sind auf den oberen Theil eines Battes beschränkt und gehen nach unten zu in normal sterile über, wobei dann der untere Theil einer Fieder immer mehr und mehr vegetativ sich ausbildet; dabei ziehen sich die Sporangien immer mehr nach oben zurück, bis sie an den untersten Fiederblüttern gänzlich verschwinden. Sind derartige Primärfiedern in ihrer ganzen Ausdehnung fertil, so besitzen sie die Länge normal steriter Fiedern; (ie Sporangien sind bei ihnen in geringerer Anzahl vorhanden, und der ausserhalb des Indusiums gelegene freie Blattrheil gelangt zu weiterer vegetativer Ausbildung und wird 1'3--!jsmal so breit als das Indusium. Trägt jedoch die halb umgewandelte Primärfieder im unteren Theil noch ein Stück vegetativer Spreite, so findet man, wie an der Üebergangs- stelle der sterilen Spreite in die fertile die Seitennerven immer kürzer werden, wobei die diehotomen Seitennervern ganz verschwinden können. An günstiger Stelle sieht man auch, wie zwischen den Seitennerven Quereommisuren auftreten, die hinter einander gereiht, dem Mittelnerv parallel verlaufen. Treten an diesen Quercommi- suren Sporangien auf, so findet sich auch stets ein Indusium von der betreffenden Stelle an vor; dabei können die gegen den Rand zu verlaufenden Seitennervchen als einfache noch vorhanden sein, oder sie sind mit diehotomen untermischt und dann dureh ihre Kürze von denen des normal sterilen Blattes verschieden; schliesslich können sie auch mit dem Auftreten von Sporangien und Indusien plötzlich verschwinden; ähnliche fertile Zwischenformen sah ich ausser- dem bei folgenden Lomariaceen: bei Lomaria discolor Sprengel, L. eapensis var. procera, L. Gilliesii Presl, und bei L. Regneliana Kunze. II. Theilung der Sporophylispreite. Trochopteris elegans Gardner. Ein fertiler Blattlappen ist buchtig gelappt, ein steriler ist ganz und besitzt höchstens am Scheitel eine seichte Ausrandung-. Die Nervatur eines fertilen Blattlappens muss eher fiederig als dicho- tom genannt werden, während den sterilen Blattlappen (dem medianen 329 stets) eine dichotome Nervatur zukommt. Die Nervenepidermis- zellen fertiler Blattlappen besitzen fast gerade Zellwände im Ver- gleich zu den noch deutlich gewellten Membramen äquivalenter Zellen steriler Lappen; nach Prantl soll auch das Parenchym im fertilen Blattlappen schwächer entwickelt sein als im sterilen. Sterile Mittelformen tragen basale buchtig gelappte Blattlappen, die den fertilen ähnlich sind. Interessant ist noch, dass Trochopteris allein von allen Aneimiaceen die Spaltöffnungen nur auf der Oberseite des Blattes trägt. (Nach langem Suchen entdeckte ich eine einzige auf der Unterseite eines fertilen Blattlappens.) Die Spaltöffnungen liegen unter den oberseits in grosser Anzahl vorhandenen, langen, gegliederten Haaren, die wohl als Schutzorgane für erstere angesehen werden dürfen; dass bei Trochopteris die Spalten auf die Oberseite beschränkt sind, hat jedenfalls seinen Grund in der eigenartigen Wuchsform dieser Pflanze. Die kleinen, nur wenige Centimeter langen Blätter sind zu einer Rosctte gruppirt und liegen zum Theil dachziegelartig übereinander; dadurch würde die Athmung und Transspiration wesentlich beein- trächtigt werden, wenn die Spalten, wie bei allen anderen Aneimiaceen auf der Unterseite stünden. Davallia heterophylla Sm. Das längliche Sporophyll trägt einfache eiförmige Fiederlappen, die durch tiefe ausgebuchtete Spalten von einander getrennt sind; das sterile Blatt dagegen ist länglich, ungetheilt. Jeder Sporophylllappen ist am Rande noch seicht gekerbt, dabei entspricht je einem Secundärläppeben je 1 Sorus. Der Sporophylistiel ist doppelt so lang als der Blattstiel. Der in je 1 Sporophyllläppehen eintretende Seitennerv ist einfach gefiedert; dagegen sind die Seitennerven des sterilen Blattes einfach dichotom und in bedeutend grösserer Anzahl vorhanden als bei letzterem. Pteris pedata Linne. Die langestielte fertile Blattfläche ist 5lappig, fast 5zählig; jeder Lappen ist sehr tief fiederspaltig. Das sterile Blatt hingegen besitzt 5 nicht scharf von einander getrennte ungetheilte Lappen. Das Sporophyll besitzt weiter einen fertilen Randnerv; im Uebrigen zeigt die Netzmaschennervatur keine wesentliche Abweichung von der des Laubblattes. Eine fertile Mittelform zeigte dieselbe Gestalt wie ein normal steriles Blatt, nur waren ihre 5 Lappen etwas weiter vorgezogen. 330 , Aehnliche Mittelformen beobachtete ich an noch anderen dieser Species nahe stehenden Arten, die mit ihr dem subgenus Doryopteris angehören. Lygodium volubile Sw. (= L. lucens Kaulfss.). Die fertilen Tertiärsegmente sind länglich und tragen, im Gegen- satz zu den ähnlichen am Rande gesägten sterilen Segmenten, beider- seits in fiederiger Anordnung linealische Läppchen, welche die Träger der Sori sind und von einem gefiederten Nerv durchzogen werden. Mittelform. An der Basis der Sporophyllläppehen finden sich häufig leere, mit einem Indusium versehene Sori vor. Solche Läppehen sind noch ebenso lang als normal fertile (5 mm); nehmen mehrere Sori eine sterile Ausbildung an, so nimmt das fertile Fiederchen an Länge zu. Schreitet dieser Process noch weiter, so können alle Sori steril mit normalen Indusien ausgebildet sein. Verschwinden schliesslich diese auch noch, so ist das ganze Läppchen vegetativ entwickelt und stellt eine sterile Mittelform dar; ein solches vegetatives Läppchen kann dann fast die Bfache Länge (24 mm) eines normalen Sporophyllläppchens erreichen. Tertiärsegmente die ausschliesslich ganz sterile, indusium- und sporangienlose Läppeben in grosser Anzahl trugen, sah ich nicht, wohl aber finden sich sterile Segmente, die nur ein paar vereinzelte solche Läppehen an der Basis tragen. Asplenium dimorphum Kunze. Eine fertile Primärfieder ist je nach ihrer Stellung doppelt oder einfach fast bis zur Spindel fiederig eingeschnitten, so dass schmale, linealische T,äppehen entstehen, welche die Sporangien tragen; eine sterile Primärfieder dagegen ist entweder nur im unteren Theil fieder- schnittig, oder sie ist ungetheilt. Im ersteren Fall entstehen dann wenige, ovale Blattlappen; der Rand des sterilen Fiederchens ist stets unregelmässig stumpf gezähnt. Fertile Mittelform, Normaler Weise erstreckt sich bei A. dimorphum die Fructification über ein ganzes Blatt. Blätter, die im oberen Theil normal fertil und im unteren normal steril sind, tragen an der Grenze beider Regionen Primärsegmente, die fertile Mittelformen sind. Ihre Seeundärfiedern sind etwa bis zur Hälfte mehrfach in schmale Lappen gespalten, die an der Spitze noch einmal versehieden tief eingeschnitten sein können. Sie tragen auf der Unterseite Indusien, die aber zum Theil kürzer als 331 die an normalen Sporophyllen sind und von denen jedes wenige bis zu 12 verkümmerte Sporangien enthält, die erst durch Bleichen des betreffenden Blättchens zum Vorschein kommen. Diese Formen gehen nach oben allmählich dureh tiefer eingreifende Theilung in normale Sporophylisegmente über. Schizaea digitata Sw. Das Sporophrll trägt zum Unterschied von dem ungetheilten, grasartigen Laubblatt an der Spitze eine einfach gefiederte fertile Spreite mit linealischen aufrechten Segmenten. 3 sterile Sporophylifiedern wurden beobachtet an einem Blatt. Die genaue Untersuchung liess auch keine Spur von Sporangienanlagen erkennen; jede Sporphylifieder war etwa T!jemm lang und !/;—t/4mal so breit als eine normal fertile, die ?/;ı mm breit und bis zu 55 mm lang wird. Acrostichum osmundaccum Hoocker. Die fertilen Seeundärsegmente sind gefiedert mit linealischen Endsegmenten, die sterilen dagegen sind nur fiederschnittig. Die fertilen Endsegmente tragen 2 dem Mittelnerv parallele fertile Nerven, dagegen trägt jeder sterile Tertiärlappen je einen gefiederten Seitennerv. Fertile Mittelform. Normaler Weise erstreckt sich die Fructification über ein ganzes Blatt. Das betreffende, die Mittelstellung einnehmende Blatt, trug im unteren Theil Primärsegmente, die lange, einfache, fertile Sceundärsegmente trugen; die Primärspindel jedoch endete mit einer länglichen sterilen Spreite. Die oberen Primärsegmente, die am Ende ebenfalls eine sterile Spreite trugen, waren ähnlich be- schaffen, aber ohne Secundärsegmente. Die Sporangien sassen hier allein der schmalen Primärspindel an, was auch für normale Sporophyll- fiedern gilt; der oberste Theil des Blattes war normal steril. (Aus Ceylon stammend, in Goebels Privatherbar.) Thyrsopteris elegans Kunze. Das Sporophyll ist doppelt gefiedert, die Primärfiedern des Laub- blattes sind nur einfach fiederschnittig; jedes parenehymlose Sporo- phyllästehen 2. Ordnung trägt terminal einen halbkugeligen Sorus. Botrychium Lunaria Sw. Der fertile Blatttheil ist 2—-8fach gefiedert im Vergleich zu dem einfach gefiederten sterilen Blatttheil; ferner ist das Sporophyli sehr lang gestielt und vertical gerichtet, der sterile Blatttheil ist etwas über- 332 gebogen. Die fertilen Primärfiedern haben je nach ihrer Theilung einfach oder doppeltfiederige Nervatur; die rundlichen sterilen Primär- fiedern sind von einem mehrfach dichotom sich theilenden Nerv durchzogen. Die Entwiekelungsgeschichte der Ophioglosseen ist schon mehr- fach untersucht, insbesondere von Hofmeister für Botrychium und von Holle für Ophioglossum; sie zeigt, dass das Sporophyli aus der Blattanlage auf deren Innenseite seine Entstehung nimmt, als ein der Blattanlage gleichgestalteter Zellhöcker ohne Scheitelzelle. Schon die Thatsache, dass die Anlage eines Sporophylis bei den Ophioglosseen (und ebenso bei den Marsiliaceen) das Vorhandensein einer Laubblatt- anlage voraussetzt, spricht gegen die Prantl’sche und Bo wer ’sche Hypothese. Ferner erbringt die Entwickelungsgeschichte die rich- tige morphologische Deutung des Sporophylis; dieses ist bei den Ophioglosseen ein dem sterilen Blatttheil äquivalentes Gebilde, und eine sterile Primärfieder entspricht einer solehen am Sporophyll. Dies beweisen ausserdem auch alle unten angeführten Rückschlags- bildungen; werden an der Primärfieder eines Sporophylis keine Spo- rangien angelegt, so entsteht aus ihrer Anlage ein normal steriles Primärfiederchen. Werden am ganzen Sporophylitheil keine Sporan- gien angelegt, so bildet er sich gleich dem sterilen Blatttheil aus. a) Fertile Mittelformen. Diese besitzen stets normalentwiekelte Sporangien; je nach der Stellung, welche erstere einnehmen, lassen sich 2 Fälle auseinander halten: fertile Mittelformen am sterilen Blatttheil, und solehe am fertilen. a) Fertile Mittelformen am sterilen Blatttheil (Fig. 8a, b). Treten nur ein oder einige vereinzelte Sporangien am Rande eines sterilen Fiederblätichens auf, so hat dieses in der Regel noch seine normale Gestalt und Grösse; dabei sitzen die Sporangien dem Ende eines Nervenastes auf. Dass an derartigen Blättchen eine Um- wandlung noch nicht eingetreten ist, "kann nur dadurch erklärt werden, dass eben das betr. Blättchen im Stande ist, die den wenigen Sporangien nöthigen Baustoffe zu liefern, ohne zu Gunsten der Sporangien auf Kosten seiner vegetativen Substanz metamorphosirt zu werden. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Sporangien zu zwei oder mehreren gruppen“ weise am Rande eines Fiederblättehens auftreten. Dieses ist dann nicht mehr im Stande, die im Laufe seiner Entwiekelung erzeugten vege tativen Substanzen allein für sich zu beanspruchen und normale Ge- 333 stalt anzunehmen; es verbrauchen die an dem Fiederchen angelegten Sporangien so viel vegetative Substanz zu ihrer Entwiekelung, dass dem sich entwickelnden Fiederchen nur noch ein ganz bestimmtes Quantum vegetativer Substanz für seine Ausbildung gelassen ist; in Folge dieser theilweisen Stoffentziehung durch die Sporangien erleidet das betreffende Fiederblättchen eine theilweise Umgestaltung. Es beginnt die Metamorphose, indem da, wo die Sporangien auftreten, die Blattfläche eine Theilung erfährt. Die Sporangien findet man dann häufig schmalen Läppchen ansitzen (ef. die Fig. 8). Je grösser die Zahl der Sporangien ist, die an einem Fiederblättchen angelegt werden, um 50 grösser ist aueh das von den Sporangien zu ihrer Entwickelung beanspruchte Quantum an Baustoffen, die das Fieder- blättehen liefern muss; und demzufolge muss auch dieses um so stärker metamorpho- sirt werden und dem nor- malen Sporophyl! "um so näher stehen. Mit der Sprei- tentheilung geht eine Um- wandlung der Nervatur Hand Fig, 8a. Fig. 8b. n Hand, indem die einzelnen Fig. 8. Zwei fertile Mittelformen von dem fertilen Läppchen von einem vegetativen Blatttheil von Botrychium Lunaria gefiederten Nerv durchzogen (von zwei verschiedenen Individuen). 8a ist werden, und ebenso gelangt zweimal und 8b ca. zehnmal vergrössert. entsprechend der jeweiligen Umwandlung ein mehr oder weniger deutlicher Stiel zur Ausbildung (ef. auch Goebel V p. 111 die Abbildungen). Ist das Fiederblättchen klein (wie solche auch stets die obersten Primärfiedern eines Sporophylis sind), so besteht die Umwandlung in blosser Verschmälerung der Spreite, wenn man davon absieht, dass ein jedes Sporangium eigentlich einem kleinsten Fiederblättchen aufsitzt, Fig. 8b stellt ein Stadium dieses Umwandlungsprocesses dar, Die Metamorphose hat ihren Höhepunkt erreieht, wenn das ganze Botrychiumblatt zu einem Sporophyll wird, so dass das Blatt wei fertile Abschnitte trägt. Dies sind die völlig fertilen Blätter (ef. diese weiter unten). Mitunter finden sich Formen unter den Botrychien, bei denen das eine der beiden untersten Primärsegniente vollständig in ein 334 Sporophyli verwandelt ist, das freilich stets kleiner ist als das eigent- liche Sporophyll (der fertile Blatttheil). Auf eine solche von Milde (I tab. 53 Fig. 1985) abgebildete Form des Botrychium rutaefolium möchte ich hier besonders aufmerksam machen. Hier ist das betr. metamorphosirte Primärsegment des sterilen Blatttheiles nur unmerk- lich von dem eigentlichen Sporophyll verschieden. Eine auffallende Aehnlichkeit mit vielen Aneimiaceen ist hier nicht zu verkennen. Solche Befunde liefern für die Deutung des Sporophylis der Ophio- glosseen als unpaares medianes Fiederblatt eine scheinbare Stütze. Die schon oben angeführte Entwickelungsgeschichte zeigt jedoch, dass diese Anschauung älterer und auch mancher neuerer Morphologen (Prantl) unbegründet ist. Während das Sporophyll eine Neubildung auf der Blattanlage ist, gehen die Primärsegmente aus dichotomer Anlage hervor; beide können somit nicht gleichgestellt werden. Fertile Mittelformen am sterilen Blatttheil kommen wohl bei allen Botrychiumarten (ef. Lürssen) vor; von folgenden zwei konnte ich sie noch nirgends erwähnt finden, wesshalb ich sie eigens noch anführe, An einem Exemplar von B. virginianum (von Nuwara Elyia auf Ceylon, in Goebel’s Privatherbar) finden sich zwei Tertiärfiedern, von denen die eine vier und die andere fünf Sporangien trägt, und bei einem Exemplar von B. boreale Milde var. ineisum Baenitz (von der Insel Pitholmen bei Pitea in Schweden) trägt der unterste lanzett- liche Blattlappen einer sterilen Primärfieder auf verschmälerter Spreite jederseits je fünf Sporangien und ein terminales, ß) Fertile Mittelformen am fertilen Blatttheil. Diese entstehen, was jetzt wohl selbstverständlich ist, dadurch, dass nicht das ganze, den Sporangien zur Verfügung stehende Quantum vegetativer Baustoffe aufgebraucht wird, so dass noch etwas assimilirendes Parenchym sich bilden kann. Es ist dies die unvollständige Metamorphose einer eigentlichen Sporophyllanlage, ein theilweiser Rückschlag. Nur zwei hieher gehörige Fälle von B. Lunaria sind mir bekannt geworden und zwar nimmt beidesmal das ganze Sporophyli diese Mittelstellung ein. Die ganze fertile Spindel ist hier blattartig verbreitert und trägt an ebenso 86 stalteten Segmenten die Sporangien. Das eine Exemplar bildet Milde ab (I tab. 48 Fig. 135), das andere beschreibt Lürssen (pag- 560 Nr. 16). 335 b) Sterile Mittelformen. Hierher darf vielleicht das B. lunaria var. ineisum Milde gestellt werden (confer. Milde I Tab. 47 Fig. 124 und Fig. 126— 128 incl.). Die sterilen Primärsegmente sind diehotom gelappt in grössere und kleinere Läppehen, entsprechend der Nervatur; aber mit Bestimmtheit muss das B. lunaria var. tripartita Moore (Lürssen pag. 559) hieher gezählt werden. Das unterste sterile Segmentpaar ist hier fieder- theilig und dem oberen Theil der sterilen Spreite ähnlich; auch die von Milde in Fig. 136 und 137 (I Tab. 48) abgebildeten Monstrositäten gehören der var. tripartita an. c) Rückschlagsbildungen entstehen dadurch, dass an einzelnen Segmenten oder am ganzen fertilen Blattabschnitt die Sporangienanlegung unterbleibt. Die Sporo- phyllanlagen bilden sich dann als normal sterile Fiedern, event. als normal sterile Blattabschnitte aus. Sporophylle von B. lunaria, die zwischen normalen Sporophylifiedern normal sterile Primärsegmente tragen, bildet Milde ab (I Tab. 46 Fig. 132—134). Ein Exemplar von B. lunaria, an dem der ganze fertile Blattabschnitt zurückgeschlagen ist, so dass dieser von dem sterilen nicht wesentlich verschieden ist, bildet Röper ab (Tab. 12 Fig. 30 pag. 261); ferner findet sich noch bei Milde (I Tab. 51 Fig. 183—184) eine Copie aus der Botaniska Notiser aus dem Jahre 1854, die ebenfalls 2 Botrychiumblätter mit Je 2 sterilen Blattabschnitten darstellt, die Milde mit einem ? zu B. tenellum stellt. d) Völlig fertile Blätter sind bis jetzt beobachtet worden bei B. simplex (Milde I Tab. 50 Fig. 194) und 2 Fälle bei B. Iunaria (Milde I pag. 663 und Röper pag. 261). Ein ähnliches Exemplar von B. lunaria mit ein paar küm- merlichen sterilen Blättchen sah ich auch von Höllriegelsgreuth im Isarthale und ein ebensolches bildet noch Milde ab von B. matri- cariaefolium A. Br. (Tab. 52 Fig. 195). Aneimia Phyllitidis. Das fertile Blatt ist länger gestielt als das sterile; die Sporan- gienbildung erstrekt sich normal nur über die 2 bäsalen Fiederblätter l. Ordnung. Letztere sind durch einen sehr langen Stiel und durch ihre 3fach gefiederte Spreite zunächst vor den fast sitzenden unge- theilten ovalen Primärsegmenten ausgezeichnet. Die Nervatur der Sporophylifieder entspricht der Spreitentheilung; die gegabelten Seiten- nerven der sterilen Fieder dagegen steben zum Theil durch vielfache 336 Anastomosen mit einander in Verbindung. Die Richtung der paren- chymlosen Sporophylifiedern ist eine verticale, die der übrigen sterilen Fiederblätter ist schief oder fast horizontal. a) Fertile Mittelformen von Aneimia. «) Bei A. adiantifolia Sw. beobachtete ich eine solche; zur allge- ») 1) meinen ÖOrientirung sei das nöthigste über diese Spezies voraus- geschickt. Die zwei hintersten fertilen Primärfiedern sind 2—3fach gefiedert, die sterilen dagegen nur 1—2fach. Ein fertiles Endfieder- chen ist rundlich, nierenförmig und in 10—12 ganz allmählich zuge- spitzte Läppchen gespalten. Die obere Epidermis ist ausgezeichnet durch sehr stark verdickte Zellwände, die eine deutliche Mitteilamelle zwischen sich lassen; ein steriles Endblättchen dagegen ist rhombisch und in wenige eiförmige Lappen getheilt. Die oberen Epidermis- zellen besitzen dünne Membramen ohne Zwischenlamelle. Die besagte Mittelstellung zeigte die unterste Secundärfieder eines sterilen Primärsegmentes, das den zwei fertilen zunächst stand. Die fertilen Endsegmente 3. Ordnung sind hier vor normalen durch ge- ringere Einschnitte ausgezeichnet, die bei den meisten nur noch als Kerbung zu sehen war; auch näherten sie sieh in ihrer zum Theil länglichen, zum Theil verkehrt-eiförmigen Gestalt den gleichen sterilen Segmenten. Die Sporophyliläppehen waren oben ganz plötzlich zugespitzt, die obere Epidermis war von der des sterilen Blattes nicht verschieden. Die untere Epidermis stimmte mit der des normalen Sporophylis überein. Von einem Exemplar der Aneimia imbricata Sturm (aus dem IlIerbar Alexander Braun’s) sagt Prantl (IIb p. 20): „Ausser dem normalen, hintersten fertilen Paar sind an dieses angrenzend noch fünf weitere Primärsegmente fertil, aber nach vorne zu allmählich kürzer werdend“. Von Aneimia Millefolium Gardner findet sich bei Martius (Tab. X VI Fig. 3) eine fertile Mittelform abgebildet. Das betreffende Blatt, das an einem sonst normalen Stocke sich befindet, trägt im unteren Theil 10 fertile und im oberen 8 sterile Primärsegmente. Es gehört diese Aneimia zu den wenigen Arten, bei denen sich die Sporangienbildung über das ganze Blatt ausdehnt. b) Sterile Mittelformen. Diese fand ich nur bei solchen Arten vor, bei denen die Spo- rangien auf das unterste Segmentpaar beschränkt sind. Es finden sich bier zweierlei Fälle; entweder nimmt nur das eine der beiden zn 337 untersten Segmente diese Mittelstellung ein, während das andere normal fertil ist, oder es sind die beiden Segmente als Mittelformen ausgebildet. b) 1. Nur das eine der beiden Segmente nimmt diese Mittel- stellung ein. «) Bei einem Exemplar von Aneimia Phyllitidis trug das betreffende Primärsegment, das im übrigen nicht von einem normal sterilen verschieden war, an der Basis zwei längliche Läppchen; in das kleinere der beiden trat ein einmal und in das grössere ein fünfmal diehotom gegabelter Nerv ein. Ein ähnliches Segment, das aber sechs Läppchen in der unteren Jlälfte trägt, bildet Prantl ab (Ib Tab. II Fig. 24 B) ebenfalls von Aneimia P’hyllitidis; freilich erfahren wir nichts von dessen Correspondenten. Bei einem anderen Exemplar von Aneimia Phyllitidis erhob sich das betreffende Primärsegment auf einem 60mm langen, verticalen Stiele. Das eiförmige Blättchen war nur ?/smal so gross als ein normales, sonst aber von einem solchen nicht verschieden. Leider fehlte der Correspondent dieses Blättchens; ob es fertil gewesen sein mochte oder nicht, war nicht mehr zu entscheiden. Beide Exemplare « und 3 ent- stammten dem botanischen Garten zu Würzburg. Bei einem Blatt von Aneimia pallida Fiedler & Gardner hatte das betreffende 33mm lange Segment eine 24mm lange, ziemlich vertical gestellte Spindel mit drei in weiter Entfernung von einander stehenden Fiederchen. Das end- ständige war durch zwei Spalten dreilappig und die zwei übrigen waren ungetheilt. Im Vergleich hiezu ist ein äqui- valentes normal steriles Fiederchen 16 mm lang, länglich und am Rande gekerbt. Unter den bisher genannten sterilen Vebergangsformen steht das zuletzt beschriebene dem nor- malen Sporophyll noch am nächsten. b) 2. Die beiden untersten Segniente sind sterile Mittelformen. %) Bei Aneimia Phyllitidis war das eine Segment des betreffenden Exemplares 8Smm lang gestielt und trug 1 Paar Secundär- fiederchen; in jedes von diesen trat ein mehrfach (bis fünf- fach) dichotom getheilter Nerv ein, dessen Aeste mit einander anastomosirten; normal sterile Primärsegmente sind nicht oder höchstens 1—2mm lang gestielt. Bei Aneimia mexiecana Klotsch war an einem Exemplar das eine der beiden untersten Segmente 9mm lang gestielt und 338 trug im unteren Theil sechs Secundärfiederchen, das andere war 16mm lang gestielt und trug fünf Secundärfiederchen. Jedes dieser Läppehen wird von einem nicht überall deutlich ausgeprägten Mittelnerv durchzogen, von dem diehotome Seitennerven ausgehen; im Vergleich hierzu ist cin normal steriles Segment ungetheilt, durchschnittlich 2—3 mm lang gestielt und das fertile ist mehrfach gefiedert. Die Schlussfolgerung, die sich für die Ursache der Umbildung bei Aneimia ergibt, ist, dass die Uinbildung bis zu einem bestimmten Grade nicht von dem Auftreten der Sporangien abhängig sein kann; es kann ein Sporophylistiel entstehen, es kann eine Spreitentheilung eintreten und schliesslich kann eine Verticalstellung stattfinden, ohne D Fig. 9. Lygodium palmatum, 9a ein normal steriles Seeundärsegment; 9b ein normal fertiles von unten; 9c beginnende Um- wandlung; der eine Basallappen eines sonst normal sterilen Seeundärsegmentes trägt auf wenig vorgezogenem Läppchen ein paar unvoll- kommene Sporangien; 9d ein halb umgewandel- tes Tertiärsegment. Fig. 9a u. c ist 1/, der natürl. Grösse. 9b u. d in nat. Grüsse: beide von der Unterseite, dass die Anlage der Sporan- gien dazu nöthig gewesen wäre. Freilich bleibt, ohne Vorhandensein von Sporan- gienanlagen, die Umbildung bei Aneimia eine vollkommene. nur UD- Lygodium palmatum Sr. (Fig. 9.) Die Sporangienbildung erstreckt sich hier normaler Weise entweder über das ganze Blatt oder sie ist auf einzelne Secundärsegmente beschränkt. Das fertile Seeundärsegment ist durch seine 3--4 fach gefiedert- fiederschnittige _Spreiten- theilung vordem handförmig gelappten, an der Basis tiefherzförmigen _sterilen Segment ausgezeichnet. Ein fertiles Endblättehen ist durch 1—3 tiefe Spalten gelappt, die Neryatur des fertilen Seceundär- sporophylis entspricht seiner Spreitentheilung. Die Sorusnerven N den fertilen Endläppehen sind fiederig angeordnet; dagegen wird jeder der 4—8 Lappen des sterilen Segmentes von einem medianen Nerv 339 durchzogen, an den sich 2—-3 fach gegabelte Seitennerven ansetzen. Das fertile Secundärsegment ist dreimal so lang gestielt als das sterile. Fertile Zwischenform. Ganz ähnlich wie bei Botrychium lunaria hält auch hier die Blatttheilung stets gleichen Sehritt mit der jeweiligen Zahl der Sporan- gien; treten nur wenige Sporangien auf, so können diese einem schwach vorgezogenen Läppehen ansitzen, das einem sonst normal steril ge- bauten Blatte angehört (Fig. 9 D). Ein Blick auf die Figur besagt hier mehr als sich mit vielen Worten sagen liesse. Theilung und Verschmälerung findet sich bei Woodiardia areolata Moöre. Das Sporophyli ist einfach gefiedert, das Laubblatt aber nur tief fiederspaltig; die fertile Primärfieder ist '/smal so breit als eine sterile, und trägt nur zwei fertile, mit dem Mittelnerv. durch Anastomosen in Verbindung stehende Nerven, das sterile Fiederehen hingegen be- sitzt beiderseits der Mittelrippe eine sehr wohl entwiekelte Netz- maschennervatur, Das Sporophyli ist ganzrandig, das Laubblatt aber am Rande gesägt. Theilung und Verkürzung. Lygodium articulatum Kichard. Die Fructification erstreckt sich hier über einzelne Secundär- segmente. Der Blattstiel eines fertilen Secundärsegmentes ist 6—7 mal dichotom getheilt, der eines sterilen aber nur 2 mal. Ein fertiles Endblättehen ist rundlich, mehr als um die Hälfte kürzer wie ein steriles, aber etwas breiter wie dieses. Die fertile Spreite ist in mehrere (bis zu 11) sporangientragende, gezähnte Läppchen getheilt; ein steriles Endblättchen dagegen ist ungetheilt, länglich. Das fertile Endblättehen ist von einem 4 fach diehotom getheilten Nerv durch- zogen, wobei jedes Endästchen in fiederiger Anordnung die Sorus- nerven trägt; die Nervatur eines sterilen Endblättchens dagegen be- steht aus einem Mittelnerv, der in fiederiger Anordnung doppelt gegabelte Seitennerven trägt. Die Gabeläste 1. Ordnung sind beim fertilen Segment 2 mal und die 2.Ordnung 5 mal so lang als die entsprechenden Aeste des sterilen Segmentes. Fertile Zwischenform (Fig. 10). Diese sitzen an Gabelästen sechster ev. siebenter Ordnung. Durch ihre rhombische Gestalt nähern sie sich den normal sterilen Blättchen. Durch 1-8 grössere Einschnitte sind sie gelappt; jeder 340 Lappen trägt mehrere gezähnte Läppehen, die zum Theil zu oberst eine Sporangiumanlage in Gestalt einer zweitlächig zugeschärften Randzelle tragen, die häufig noch von einem ganz rudimentären, mit blossem Auge kaum sichtbaren Indusium umgeben ist. Die an dem normalen Sporophyll nur durch Kerbung ange- deuteten Läppehen haben sich hier, ähnlich wie bei einer Mittelform von Uryptogramme cerispa vegetativ ausgebildet auf Kosten der nicht zur Eniwiekelung gekommenen Sori (Fig. 10). Fig. 10 In diese Rubrik liesse sich noch Osmunda Fertile Zwischenform von Claytoniana und O. einnamomea stellen, doch Lygedinm artieulatun. habe ich sie, um vielfachen unnöthigen Wieder- Blättchen letzter Ordnung. Viermal vergrössert. holungen vorzubeugen, in dem nun folgenden Abschnitt im Anschluss an OÖ. regalis und javanica erwähnt. Theilung mit Verschmälerung und Verkürzung. Ophioglossum vidgatum L. Bei der linealen fertilen Spreite ist die T'heilung nur angedeutet durch knotige Segmentirung. Die fertile Spreite wird 0,25 em breit und 5em lang. Die eiförmige sterile Blattspreite dagegen wird bis zu 4cm breit und bis 15em lang. Die fertile Spreite ist ausserdem sehr langgestielt und ziemlich vertical gestellt; die sterile ist kurzge- stielt (abgesehen von den beiden Blatttheilen gemeinsamen Stiel) und schief stehend. Die Nervatur des Sporophylis ist sehr stark redueirt und besteht aus zwei medianen Nerven, die mit den medianen durch (uercommisuren in Verbindung stehen. Zwischen je zwei Sporangien, die auch hier als terminal kleinsten Fiederchen aufsitzend angesehen werden können, verläuft gegen den Rand zu noch ein, oben meist noch gegabelter Nervenast. Der sterile Blatttheil dagegen besitzt eine sehr wohl entwickelte Netzmaschennervatur, bestehend aus Pri- märmaschen, die noch zarte Secundärmäschehen einschliessen. Das Sporophyli ist ohne Schwammparenchym. /wischenformen sind bis jetzt von Ophioglossum vulgatum noch nieht bekannt; wohl aber finden sich Missbildungen mit zwei oder dreitheiliger Sporophyllähre; es scheint, dass diese Abnormität durch die Cultur besonders leicht entstelit (cf. auch die von Lürssen beobachteten Vorkommnisse). Auch in dem Münchener botanischen Garten trugen im Sommer 1893 fast alle Exemplare solche Sporo- 341 phyllähren. Erblich scheint jedoch diese Eigenschaft nicht zu sein, da ich an derartigen Individuen die jugendlichen Sporophylie normal entwickelt fand. Stenosemia aurita Presl. Die fertile Spreite ist etwa halb so gross als die sterile. Erstere ist dreifach gefiedert mit linealischen Endblättchen, letztere ist unten doppelt, oben einfach fiederschnittig. Der Sporophylistiel ist länger als der Blattstiel. Die Sporophylinervatur ist auf zwei seitliche Nerven reducirt, abgesehen von dem (ev. den) Mittelnerven, der nur hie und da mit ersteren durch Commisuren in Verbindung steht; die Nervatur der sterilen Endlappen dagegen besteht aus zwei Reihen sehr grosser ınedianer Netzmaschen, von denen noch freie Nerven gegen den Rand hinlaufen. Die Sporangien sitzen den parenehymlosen Endsegmenten sowie den Sporophylispindeln an und greifen etwas mehr auf die Unter- als auf die Oberseite über. Die Epidermiszellen des Sporo- phylis sind quadratisch bis polygonal und dann mehr in die Länge ge- zogen im Vergleich zu den tief buchtigen, sternförmigen Epidermis- zellen der Blattunterseite. Bedeutend geringer sind diese Differenzen im Vergleich mit den Epidermiszellen der Blattoberseite; diese sind hier polygonal, mit geraden Zellwänden und mit 3—4 einspringenden fast rechteckigen Winkeln. Die Epidermisunterschiede der Blattober- und Unterseite, sind hier ausnahmsweise sehr gross. Ganz ähnlich verhält sich Polybotrya acuminata Link; nur ist die Nervatur der sterilen ganzen Secundärsegmente eine doppelt- fiederige. Onoclea sensibilis L. Eine fertile Primärfieder ist ca. !jmal so breit und !/s bis !/amal so lang als eine sterile. Ferner trägt erstere echte Secundärfiederchen, die rundlich, etwas gelappt, und nach unten zu eingerollt sind; die sterile Primärfieder dagegen ist höchstens bis zur Hälfte fiederig ein- geschnitten. Jedes fertile Secundärsegment trägt durchschnittlich einen vier Fiederäste tragenden Nerv; dagegen breitet sich zwischen den Seitennerven der sterilen Primärfieder eine wohl entwickelte Netz- maschennervatur aus. Trichomanes spicatum Hedw. fils. Das Sporophyll ist etwa nur !imal so breit als das Laubblatt. Ein fertiles Primärfiederchen besteht aus einem sehr kurzen, rund- lichen, parenchymlosen Aestchen, das terminal den becherförmigen Sorus trägt, und nur !jmal so lang und !/smal so breit ist als ein steriles Fiederchen; dieses ist stets noch mit dem benachbarten an der Basis ver- Flora 1895, 22 342 schmolzen. Während der Nerv eines fertilen Primärsegmentes sehr kurz und ungetheilt ist, trägt der Mittelnerv eines sterilen Fiederchens in fiederiger Anordnung doppelt dichotome Seitennerven. Eine fertile Mittelform, die oben normal sterile und unten normal fertile Primärsegmonte trägt, bildet Hooker ab (Tab. 60). Olfersia Cervina Kunze. Eine Sporophylifieder erster Ordnung ist nur !,smal so breit und ®2/amal so lang als eine sterile. Erstere ist einfach gefiedert, letztere ungetheilt, länglich. Jedes fertile lineale Secundärsegment wird von einem gefiederten, etwa sechs Aestchen tragenden Nerv durchzogen. Die Seitennerven der sterilen Primärfieder sind nicht oder einmal ge- gabelt. Feriile Mittelform. Die betr. Primärfiedern waren schmal aber mit Blattparenchym und unregelmässig seicht gekerbt. Im unteren Theil befanden sich ein oder wenige freie Läppchen, Die Breite einer Primärfieder kam der einer normal fertilen gleich. Normale Sporangien trugen diese Segmente in eben solcher Zahl wie normal fertile. Osmunda regalis. Das doppelt gefiederte Sporophyll, das in seinem unteren ‘Theile von einem normal sterilen Blatt nicht verschieden ist, trägt im oberen Theil fertile Segmente. Diese sind, sowohl erster als zweiter Ordnung, im® Durchschnitt gerade halb so lang und breit als entsprechende sterile. Diesterilen Secundärsegmentesind länglich. Ferner sind die fertilen Secundärsegmente noch mit einfachen oder 2—-4lappigen sehr kleinen Tertiärsegmenten ausgerüstet. Diese letzteren tragen oben, unten und am Rande die Sporangien. Die einfachen, ein- oder zweimal ge- gabelten Seitennerven der sterilen Seeundärfieder sind an der fertilen sehr in ihrer Anzahl beschränkt. Ihre in die Sporophyllläppchen aus- gehenden Aeste sind sehr kurz und eine zweimalige Gabelung kommt nicht vor. Die fertilen Segmente sind nur in der Jugend grün, später werden sie dunkelbraun. Ein Parenchym fehlt dem Sporophyll. Die Epidermiszellen dieses sind 2—4mal so gross als die entsprechenden an sterilen Segmenten. Schliesslich sind noch die fertilen Segmente mehr oder weniger aufgerichtet im Vergleich zu den abstehenden sterilen Segmenten. 343 Entwickelungsgeschichte (Fig. 11). Auch hier macht sich die Blattumwandlung erst in der äusseren Gliederung geltend. Erst au dem Erscheinen der Tertiärläppchen erkennt man das künftige Sporophyll. Diese Tertiärläppchen, die Träger der Sporangien, entstehen vor Anlage dieser; es wird also der Anstoss zur Umwandlung nicht von den Sporangienanlagen ertheilt, sondern geht von inneren Ursachen aus. Die Entwickelung dieser Läppchen, auf denen ringsum die Sporangien ent- stehen, zeigt nichts aussergewöhnliches. Fig. 11 stellt einen Längenschnitt eines solehen dar; von der Fig. 11, Fläche gesehen, erscheint ein Secundärsegment mit Längenschnitt angelegten Tertiärläppcehen sehr unregelmässig ge- eines eben ange- kerbt; ein steriles dagegen ist ganzrandig. Eine legtenSporophyli- Gewebedifferenzirung hat zur Zeit der Sporophyll- läppchens von Os- läppchenanlage noch nicht stattgefunden, wohl aber a Dr ein merkliches Wachsthum in die Dicke. Der ' j Durehmesser der Breite ist höchstens um !/s grösser als der Dicken- durehmesser. Dagegen ist bei eimem äquivalenten sterilen Segment der Breitendurchmesser 1!/;—2mal so gross als der Dickendurch- messer; auch ist zu dieser Zeit eine Mittelrippe beim Sporophyli noch nicht differenzirt, was aber bei dem sterilen Segment der Fall ist. Die Sporangienläppehen der Osmunda haben eine verschieden morphologische Deutung erfahren. Milde schreibt in seiner „Fructifi- cation der Osmunden“ diesen echte Sori zu; ebenso Sadebeck (II pag. 326c) und Prantl, der jedoch später seine Ansicht änderte. Dieser Auffassung zufolge müssten die Sporophyllläppchen echte Re- teptakeln sein. Diese werden jedoch von Goebel (VIII pag. 387) als Fiederblättchen gedeutet, wozu sich auch Lürssen (pag. 521) bekennt. Dass die letztere Ansicht die richtige ist, unterliegt jetzt wohl keinem Zweifel mehr, da die Entwickelung dieser „Receptakeln* mit der eines Blattlappens übereinstimmt. Zudem aber können hier noch die unten angeführten sterilen Mittelformeu als Beweis herbei- Sezogen werden. Es sind eben hier die Läppchen dritter Ordnung auf Kosten der ursprünglich den Sporangien bestimmten Baustoffe zu vegetativer Entwickelung gelangt. Sterile Mittelformen. Fig. 12 u. 13. Entweder kann der ganze obere Theil eines Blattes diesen Charakter tragen, oder nur einige Primärfiedern. In der Regel jedoch sind es hur einzelne Secundärfiedern am Grunde fertiler Segmente. Solche 22* 344 Mittelformen stehen, wie von vornherein zu erwarten ist, an der Grenze des fertilen und sterilen Blatttheiles, — Die leiseste Hin- neigung zu Sporophylien macht sich an sterilen Segmenten im unteren Theile durch auftretende Kerbung geltend, wobei die Einschnitte von unten nach oben an Grösse abnehmen. Die hiedurch entstandenen ' Läppchen besitzen, je nachdem sie höher oder tiefer stehen, zwei- bis vierfach dichotom getheilte Nerven (ef. auch Milde Ill, pag. 65) (Fig. 12). Mit fortschreitender Verwandlung schneiden die Cäsuren immer tiefer ein und die Tertiärläppehen nehmen an Grösse zu. Merkwürdig ist, dass die Blattfläche eines solchen Lappens an einer oder zwei Stellen nach oben zu ausgefaltet sein kann. Jede dieser Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14, Zwei sterile Mitielformen von Osmunda Fertile Mittelform derselben regalis von der Unterseite gesehen. Pflanze. R == rudimentäres F = Faltenbildung. 7 == Trichterbil- Sporanangium. 2,2mal ver- dung. Fig. 12 ist 1,2mal, Fig, 13 1,7mal grösser, Von unten ge- vergrössert. sehen. Falten (Fin der Fig. 13) beginnt mit der ersten bis dritten Gabelung eines Seitennerven und hat annährend die Gestalt eines Dreiecks oder Kreisausschnittes, wobei je zwei Seiten in die Richtung zweier Gabel- äste fallen. Die gefalteten Blattstücke können noch Gabeläste höherer Ordnung einschliessen und die Gestalt trichterförmiger Taschen an- nehmen (7 in Fig. 13), wobei dann auf der Blattunterseite die ge- falteten Ränder etwas miteinander verwachsen. Fertile Mittelformen. Fig. 14. Hieher gehört zunächst die O. regalis var. interrupta, die ähn- lich wie O. Claytoniana in der Mitte des Blattes fertile Primärseg- mente trägt, im übrigen aber normal steril ausgebildet ist (ef. Lürssen pag. 522). Am häufigsten jedoch sind es auch hier Secun- därsegmente, die diese Mittelstellung einnehmen, und auch hier an der Grenze des fertilen und sterilen Blatttheiles zu suchen sind. 345 (Fig. 14.) Solche Secundärsegmente sind stets an dem sporangien- tragenden (fast stets dem unteren) Theil stark verschmälert und tragen oben meist noch eine vegetative Spreite. Sind nur wenige rudimentäre Sporangien vorhanden, so ist die Ausbildung der Tertiärläppchen eben- falls eine sehr unvollkommene (Fig. 14); z. Thl. sind sie gar noch nicht, z. Thl. in Form kleiner Zähnchen zu beobachten. Die Spo- rangien sind bei solchen Formen auf die Unterseite beschränkt. Eine sehr bemerkenswerthe Thatsache, in der die verwandtschaftlichen Be- ziehungen mit der Gattung Todea zum Ausdruck gelangen, die nur unterseits Sporangien trägt (cf. auch Prantl I, pag. 86). Eine Art Taschenbildung findet sich auch hier. Doch sind diese Taschen klein (7 in Fig. 14) und haben ellipsoidische, trogförmige Gestalt. Sie liegen stets zwischen je zwei rudimentären Tertiärläppchen ganz nahe dem Blattrande, auf der Unterseite; die Gabelung der Secundär- nerven ist nur hier und da angedeutet. Auch die Gestalt der Epi- dermiszellen und des Mesophylls nimmt eine Mittelstellung ein. Ist die Zahl der Sporangien an solchen Mittelformen eine geringe, so sind sie meistens rudimentär, seltener normal. Solche sah ich unter anderem auch an einem Segment eines aus dem Himalaya stammenden Exemplars. Das betreffende Secundärsegment war eiförmig, 9 mm lang, am Rande ausgebissen, gezähnt und trug unterseits ziemlich weit vom Rande entfernt acht‘ normale Sporangien, abgesehen von zwei verkümmerten. Die Taschenbildung war nur angedeutet. Mit fortschreitender Umwandlung nimmt die Verschmälerung der Spreite zu, die Tertiärläppchen gelangen mehr und mehr zur Entwickelung, die am Blattrande liegenden Taschen nehmen rinnenförmige Gestalt an, bis sie schliesslich ganz verschwinden und normale Sporangien wandern an Zahl zunehmend von der Unterseite auf den Blattrand und die Oberseite der immer deutlicher sich entwickelnden Tertiär- läppchen. Ausser den schon genannten Mittelformen finden sich noch folgende Fälle. Ein im übrigen normal fertiles Segment kann an der Basis noch ein steriles Blattohr tragen mit oder ohne Sporangienrudimenten ; oder ein im übrigen normal steriles Segment ist im unteren Theil auf der einen Seite stark gelappt und auf der anderen mit ein paar Sporangientragenden Läppchen versehen. Schliesslich kann ein steriles Segment an einer Stelle mit einer tief bis zur Mittelrippe einspringenden Bucht versehen sein, in deren Grund Sporangien sitzen. Hiermit dürfte noch lange nicht die Reichhaltigkeit ähnlicher Formen er- schöpft sein, 346 Völlig fertile Blätter. Hieher gehört die O. regalis var. japonica und mitunter finden sich solche Blätter auch bei der O. regalis var. capensis (ef. Lürssen pag. 522). Wiederholen wir kurz das Gesagte, so lassen sich vier Haupt- phasen bei der Umbildung von O. regalis unterscheiden. Die beiden ersten mit Bezug auf vegetative, die beiden letztern mit Bezug auf fertile Ausbildung: 1. Kerbung im unteren Theil steriler Blätter; 2. Lappenbildung an derselben Stelle, verbunden mit Falten und Taschenbildung; mit dem Erscheinen von Sporangien auf der Unterseite findet 3. Verschmälerung und gleichzeitige Verkürzung statt; allmähliche Ausbildung von Tertiärläppchen, Redueirung der Nervatur, Um- wandlung des Mesophylis und der Epidermis; nur mehr ange- deutete Taschenbildung; 4. beim Auftreten der Sporangien auf dem Rande und der Ober- seite der Tertiärläppchen findet normale Ausbildung der letzteren statt; die Taschenbildung verschwindet; das Mesophyli und die Epidermis gestalten sich normal. Osmunda javanica. Das einfach gefiederte Sporophyli trägt zum Unterschied von dem Laubblatt im unteren oder mittleren Theile fertile Primärfiedern. Eine solche ist bedeutend kürzer und schmäler (halb so breit) als eine sterile und trägt ausserdem noch Seeundärfiedern, die zwei- oder drei- lappig sein können. Ein steriles Primärsegment dagegen ist lanzett- lich, ganzrandig oder entfernt gekerbt. Die Reduction der Nervatur ist ähnlich wie bei O. regalis. Die Seitennerven der sterilen Primär- fieder sind 2—3mal gegabelt; ein Schwammparenchym fehlt. Fertile Mittelformen tragen fast ausschliesslich normale Sporangien. Ein dem normal sterilen Segment am nächsten stehendes Blatt trug auf der einen Seite an der Basis drei halbkreisförmige ungetheilte Läppchen, die ebenfalls nur unten Sporangien (rudimentäre und normale) trugen. Derartige ungetheilte, nur unterseits fertile Läppchen können bis zu ?js des unteren Theils einer Primärfieder einnehmen. Es findet sich dann zwischen den zwei beiderseitigen Läppchenreihen immer noch ein Spreitentheil von 2mm oder etwas darüber vor; der obere Segment- theil ist dabei normal steril. Treten im mittleren Theil einer Fieder 347 derartige Sporophyllläppcehen auf, so ist der untere sterile Spreiten- theil bedeutend verschmälert und der obere ziemlich normal entwickelt. Mit zunehmender Zahl der Sporangien treten diese auch hier am Rande und auf der Oberseite der Läppchen auf, die gleichzeitig eine Theilung erfahren und so die Gestalt normaler Sporophyliläppchen annehmen. Nicht selten findet man im unteren oder oberen Theil einer Fieder normale Sporophyliläppchen vor, die nach oben, event. unten zu in ganze nur unterseits fertile Läppchen übergehen. An diese schliesst sich dann ein normal steriler Spreitentheil an. Ist der grössere Theil eines Segmentes fertil, so ist der übrige sterile Spreiten- theil stark verschmälert (auf '!/ der ursprünglichen Breite); Taschen- bildung wurde hier nicht beobachtet. Osmunda Claytoniana L. (= O0. interrupta Michaux.) Hier sind im normalen Falle die mittleren Segmente eines Blattes fertil, Die fertilen Primärsegmente sind bedeutend kürzer als sterile und 2—-3 fach gefiedert, während serile nur fiederschnittig sind. Sterile Mittelform. Die Primärlappen der betreffenden sterilen Segmente, die den fertilen zunächst stunden, zeigten Folgendes: die Fiederlappen waren gekerbt und mit breiter Basis sitzend, normal sterile Fiederlappen hingegen sind ganzrandig und stets an der Basis deutlich mit einander verschmolzen. Ausserdem fand ich an der Basis einer normal fertilen Primärfieder eine Secundärfieder als ein eiförmiges, ganzrandiges, sehr kurzgestieltes steriles Blättchen ausgebildet. Fertile Mitteformen. Nach Hooker’s Synopsis filieum finden sich auch Blätter, die im oberen oder unteren Theil fertile Primärsegmente tragen; diese gehören jedenfalls hieher. Ösmunda einnamomea. Die Sporophylidifferenzen sind ähnlich wie bei voriger Art; die fertilen Primärsporophylle sind circa halb so lang als sterile. Die Sporangienbildung erstreckt sich hier über ein ganzes Blatt. Fertile Mittelform. Die von E. H. Day neuerdings aus Amerika beschriebene var. frondosa ist eine solche; bei ihr sind die untersten und obersten Primärfiedern steril, die mittleren fertil. Sie unterscheiden sich nur durch die zugespitzten Fiedern von OÖ. Claytoniana (ist mir nur aus einem Referat des botanischen Jahresberichtes von Just bekannt). Halb umgewandelte Primärsegmente scheint auch Goebel gesehen zu haben (VIII pag. 112 Anm, 2). 348 Bei Osmunda graeilis fand ich ebenfalls fertile Mittelformen (halb umgewandelte Endsegmente), doch kann ich auf diese Art nicht näher eingehen, da mir nur ein einziges Exemplar vorlag. III. Reducirte Theilung. Es ist hier in vielen Fällen nicht leicht zu erkennen, ob dieser Umwandlungsfactor allein oder in Combination auftritt. Da ohne weiteres einzusehen ist, dass die redueirte Gliederung ohne dies eine Verschmälerung eventuell Verkürzung oder beides zur Folge haben kann. In Verbindung mit starker Verschmälerung findet sich die redueirte Gliederung sicherlich bei Aerostichum quereifolium, und in Verbindung mit Verkürzung ebenso bei Gymnopteris aliena und Onoclea Struthiopteris. Ich habe daher diesen Umwandlungsfactor für sich allein und seine Combinationen im Folgenden nicht strenge auseinander gehalten. Öryptogramme crispa Bernhd. (Fig. 15—19.) Das Sporophyli steht in Mitten der wenig übergebogenen sterilen Blätter und zeichnet sich zunächst durch seine mehr verticale Rich- tung, sowie durch seinen bedeutend längeren Stiel von den sterilen Blättern aus; normal erstreckt sich die Sporangienbildung über ein ganzes 3—4fach gefiedertes Blatt. Ein fertiles Tertiär- event. Quartär- fiederchen, dessen beiderseitige Indusien tragende Blattränder nach unten zu eingerollt sind, ist walzenförmig. Klappt man letztere zu- rück, so erscheint die Sporophylispreite breit eiförmig (Fig. 19), mit etwas unregelmässig gezähnelten falschen Indusium. Ein steriles Endblättchen (Fig. 15) dagegen ist ebenfalls eiförmig, aber beiderseits 3—4mal tief fiederig eingeschnitten. Die fiederigen Seitennerven des Sporophylis sind zum Unterschied von denen des sterilen Blättchens etwas kürzer und an der Spitze häufig noch ein wenig gegabelt; einem jeden Gabelästchen sitzt terminal ein Sorus auf, der mit den benachbarten frühzeitig zusammenfliesst. Entwickelungsgeschichte. Die sterilen und fertilen Blätter halten bis zur Anlage der Tertiär- fiedern gleichen Schritt. Bei beiden gehen die Fiedern aus dichotomer Anlage hervor, wobei ähnlich wie bei anderen in dieser Hinsicht schon untersuchten Polypodiaceen (Aspidium z. B.) bald der rechte, bald der linke Blattlappen den anderen zur Seite drängt und den Blatt- vegetationspunkt darstellt. Bei dem sterilen Blatt kann diese echt dichotome Verzweigung in der Jugend sehr schön verfolgt werden. Beim Sporophyli gelangen an den Endsegmenten noch oben besagte 349 Fiederläppchen zur Ausbildung, die bei den fertilen Endsegmenten eben noch angelegt werden, aber in Folge der Sorusanlage, die schon frühzeitig unterhalb eines jeden J,äppehens emporsprosst, in ihrer Aus- bildung gehemmt werden; würde die Sporangienbildung unterbleiben, so würde auch das betreffende Blattläppcehen, unter dem der Sorus entsteht, sich vegetativ entwickeln können, wie dies in der That bei den sterilen Mittelformen stattfindet. Am fertigen Sporophyli sind die den Soris entsprechenden Läppchen nur mehr durch seichte Kerbung sichtbar, die durch die feine Zähnelung des Indusiums und durch das Zusammenfliessen der Sori noch unkenntlicher ge- macht wird. Uebergangsformen kommen hier sehr häufig vor; dabei kann ein ganzes Blatt entweder steril ausgebildet sein und dann neben normal sterilen Endsegmenten sterile Mittelformen tragen, die sich auch über ein ganzes Blatt erstrecken können, oder es findet von unten nach oben ein allmählicher Uebergang normal steriler Endsegmente in normal fertile statt, Sterile Mittelfermen (Fig. 16, 17). Die dem normal sterilen Endsegment noch am nächsten stehen (Fig. 16) sind eiförmig und nur grob gekerbt. Formen, die ebenfalls r N Ken ER ' 3 rn Wh N NZ INy, er N INS 7 \" , N N, 2 Fig. 15, Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 15--19. Cryptogramme erispa. Fig. 15 normal steriles, Fig. 19 normal fertiles Endsegment im aufgeruliten Zu- Stand; Fig. 16 u. 17 zwei sterile Mittelformen; Fig. 18 eine fertile Mittelform. Alle Formen von der Unterseite gesehen. Alles zweimal vergrössert, gekerbt sind, keilförmige, längliche Gestalt besitzen, mit häufig nach unten zu schwach eingebogenen Blatträndern, stehen den Sporophyllen schon näher (Fig. 17); sterile Mittelformen mit Indusium sah ich nicht. Fertile Mittelformen (Fig. 18) sind ähnlich beschaffen wie die zuletztgeschilderte sterile Mittelform, nur tragen alle Blattläppchen Indusien, die bald mehr, bald weniger oder auch gar nicht mit den benachbarten Indusien in Zusammenhang stehen. In Uebereinstimmung mit der Entwickelungsgeschichte kommt 350 dann je einem Blattläppchen je 1 Sorus zu, der aus nur verkümmerten Sporangien besteht und nur hie und da ein normales besitzt; mit- unter findet man auch umgeschlagene Blattläppchen ohne jegliche Spur von Sporangien. Onychium auratum Klfss. Die Sporophylidifferenzen sind ganz ähnlich wie bei voriger Art. Ein fertiles Tertiärfiederchen ist im eingerollten Zustande linealisch zugespitzt; ein äquivalentes steriles Fiederchen dagegen ist einfach oder doppelt fiedersehnittig, mit gleichbreiten, abgestutzten End- läppehen, Die 7 bis 13 Paar fiederig angeordneten Seitennerven eines Sporophylls sind mit ihren Enden durch zwei fertile randständige Nerven verbunden; die Nervatır eines sterilen Tertiärfiederchens ist doppelfiederig. Normal erstreckt sich auch hier die Sporangienbildung über ein ganzes Blatt. An einem sonst normal sterilen Blatt waren einige der unteren Primärfiedern halbmetamorphosirt, und zwar wurden sie von unten nach oben zu allmählich fertil, Sterile Mittelformen, welche je nach dem die Endsegmente 5. bis 8. Ordnung darstellen, sind länglich lanzettlich, schwach wellig ausgerandet, der Mittelnerv trägt 4—-6 fiederige Seitennerven; hie und da ist der Blattrand wenig nach unten zu umgeschlagen. Darneben finden sich noch ähnliche Formen, die entweder nur an einer Stelle oder auch am ganzen Blatt- rande hin ein falsches Indusium tragen. Fertile Mittelformen. Diese tragen fast ausschliesslich normale Sporangien. Hieher gehörige Segmente 5. bis 3. Ordnung zeigen sehr häufig auf der einen Seite noch den Charakter einer sterilen Mittelform mit oder ohne Indusium. Ist nur ein einziges Sporangium auf einer Seite vor- handen, so sitzt dieses einem Fiedernerv auf, wobei ein randständiger Verbindungsnerv noch fehlt. Doch findet sich ein solcher stets vor, wenn die Sporangien zu mehreren auftreten, diese werden, und wenn es auch nur ein vereinzeltes ist, stets von einem falschen Indusium bedeckt. Bei der den beiden letztgenannten Arten nahe stehenden Pellaea angustifolia Backer (= Cheilanthes Humbold & Bonpland) sah ich ganz ähnliche Mittelformen wie bei Onychium auratum. Acrostichum quercifolium. Das Sporophyll ist schmal linealisch, nur 2!) m breit, und trägt an der Basis noch zwei kleine gegenständige lineale Läppchen; das 351 sterile Blatt hingegen, das eben so lang als das Sporophyll ist, wird bis zu 26mm breit, und ist eiförmig, buchtig ausgerandet, ähnlich einem Eichenblatte. An der Basis der Spreite finden sich ebenfalls häufig zwei kleine gegenständige Läppcehen vor; der Sporophylistiel wird mehr als doppelt bis viermal so lang als der Blattstiel. Die Sporophylinervatur ist sehr stark redueirt, auf zwei der Mittelrippe parallele Nerven, die mit den medianen durch kleine Commisuren in Verbindung stehen; das sterile Blatt hingegen besitzt eine schr wohl entwickelte Netzmaschennervatur. Die grösseren Maschen schliessen noch freie, oft gegabelte Nervenäste ein. Das Parenchym ist redueirt und als assimilirendes Gewebe auf den ausserhalb der fertilen Nerven gelegenen Spreitentheil beschränkt. Entwickelungsgeschichte. Die Umwandlung der sterilen Blattanlage zum Sporophyli tritt bei Acr. qu. ziemlich frühzeitig ein. Vor der Gewebedifferenzirung macht sich die Umwandlung zunächst in der äusseren Gliederung geltend; die fertile Spreite gelangt zu nur sehr unvollkommener Entwickelung, wobei jedoch die Spindel bedeutend an Dieke zunimmt. Ein in allen seinen Theilen schon wohl differenzirtes jugendliches Sporophyli lässt noch keine Spur von Sporangienanlagen erkennen. Es ist also auch hier die Metamorphose nicht direct von diesen abhängig. Fertile Mittelformen sind so lang als normale Laubblätter, werden aber nur 7—11 mm breit, der Rand trägt einige ganz schwach vorgezogene höckerartige Läpp- chen; die Dicke der Spindel hält genau die Mitte zwischen den normalen Dimensionen ein; bei allen diesen Zwischenformen ist nur der ausserhalb der fertilen Nerven gelegene Blatttheil zu weiterer vegetativer Entwickelung gelangt, Die Mehrzahl der Sporangien ist normal. Trichomanes elegans Rudge. Das Sporophyli ist nur !/smal so breit als das Laubblatt, und linealisch ungetheilt, gegenüber dem fast einfach gefiederten Laubblatt, dessen längliche Primärsegmente an der Basis noch mit einander verschmelzen. Die Seitennerven des Sporophylis sind ungetheilt oder einmal gegabelt, wobei jedem Nervenende je ein becherförmiger Sorus aufsitzt; im Gegensatz hiezu trägt der Mittelnerv eines sterilen Fieder- blättchens noch vielfach maschenartig anastomosirende Seitennerven. Der Sporophylistiel erreicht die dreifache Länge des Blattstieles. 352 derostichum flabellatum. Die ungetheilte, rundliche, an der Basis schwach nierenförmige fertile Spreite ist nur halb so gross als die sterile; diese ist dreieckig oder fast halbkreisförmig und danı noch durch einen tiefen Schlitz in zwei gleich grosse dreieckige J,appen gespalten. Der Sporophyll- rand ist sehr deutlich ausgebissen gekerbt. In dieser Kerbung ist auch bei dem ungetheilten Laubblatt eine weitergehende Gliederung noch angedeutet. Aerostichum alienum Sw. Die Primärfieder eines Sporophylis ist nur !/a-—1/3mal so lang und !/;—!/smal so breit als eine entsprechende sterile Fieder; ferner ist die fertile Fieder stumpf und nur seicht ausgerandet, die sterile ist dagegen fast bis zur Hälfte fiederig eingeschnitten und am Rande fein gesägt. Die wohl entwickelte Netzmaschennervatur des Blattes ist bei dem Sporophyli auf wenige, ähnlich beschaffene, aber kleinere Netzmaschen reducirt. Onoclea Struthiopteris Hoffm. Das Sporophyll ist straff vertical gestellt, umgeben von den schief- stehenden Laubblättern, die zu einem Trichter zusammengefügt sind. Die fertile Spreite wird nur 40 cm lang und 6cm breit, die sterile aber 158em lang und 15cm breit. Der Sporophylistiel erreicht fasst die doppelte Länge des Blattstieles (20cm: 12em), und ist ausserdem bulbös angeschwollen. Eine fertile Fieder ist ferner ganz, mehr emporgerichtet und nur wellig ausgerandet, eine sterile hingegen ist tief fiederspaltig und abstehend, einer jeden Randvorwölbung der Sporophylifieder entspricht ein Fiederlappen der sterilen Fieder. Die gefiederten Seitennerven der fertilen Primärfieder sind ohne wesent- liche Abänderung entsprechend verkürzt; häufig finden sich beim Sporophyll echt dichotome Seitennerven vor. Jedem Nervenaste sitzt je ein Sorus auf, der von einem echten Indusium umhüllt wird; der Blattrand des Sporophylis wird von einem falschen Indusium gebildet. Sterile Mittelformen. Blätter, deren sämmtliche Primärfiedern diese Bezeichnung zu- gleich mit dem ganzen Blatt verdienen, sind äusserst selten; Milde bildet ein solches ab (1 Tab. 39). Das ganze Blatt spitzt sich oben plötzlich zu wie ein normal steriles; die Primärfiedern sind ähnlich normal fertilen gestaltet, sie sind ungetheilt und nur seicht wellig ausgerandet, oben stumpf und nieht wie normal sterile, in eine Spitze ausgezogen. Leider begnügt sich Milde mit der blossen Abbildung, 353 ohne sonstige Mittheilung über Stellung ete.; hieher gehörige Primär- fiedern, wie sich solche an halb umgewandelten zum Theil fertilen Blättern vorfinden, sind bei den nun kommenden fertilen Mittelformen erwähnt. Fertile Mittelformen. Solche Blätter sind entweder im unteren oder im oberen Theil normal fertil, und werden dann allmählich nach oben oder unten zu steril. Die Sporophylifiedern gehen in sterile Mittelformen über; auch die Richtung solcher Mittelformen hält in charakteristischer Weise die Mitte zwischen der von Sporophyllen und Laubblättern ein (ef. Goebel YII pag. LXXI). Achnliches gilt auch für die einzelnen Primärfiedern solcher Blätter; sterile können die Richtung von fertilen annehmen (ef. Milde I Tab. 38 Fig. 71), und umgekehrt (ef. Schkuhr Tab. 105 Fig. C). Die untersten sterilen Primärfiedern des von mir näher untersuchten Exemplares zeichneten sich nur durch ihre geringe Grösse wesentlich vor normal sterilen aus; sie waren nur !jamal so lang und bedeutend schmäler als diese.. Eine etwas höher stehende Primärfieder besitzt Seeundärläppehen, die eben so lang als breit sind, aber immer noch, wenigstens in der unteren Hälfte durch tiefe Fiederschnitte von einander getrennt sind (sterile Mittel- form). Werden solche Blättehen 2. Ordnung fertil, so sind sie stets von einem halbmondförmig gestalteten, falschen Indusium umsäumt ;” dabei können diese entweder nur ein einziges Sporangium tragen, oder ein bis wenige Sori, die sich mitunter aus nur 2--3 Sporangien zu- sammensetzen; gleichwohl findet sich bei diesen ein echtes Indusium vor. Noch höher stehende fertile Primärfiedern sind nur durch die im unteren 'Theil noch vorhandene Fiederspaltung von normalen ver- schieden, wie als solche die obersten Primärfiedern ausgebildet sind. Die Sporangien fertiler Mittelformen sind fast ausschliesslich normale. Wie auch anderweitig, gehören hier bei Onoclea Mittelformen mit in den Entwickelungskreis eines jeden Individuums. Ueber diese inte- ressante Thhatsache berichtet uns Milde (I pag. 364 und 365) folgen- dermassen : „Stöcke, die zur Entwickelung der Fructification alt genug sind, zeigen nicht gleich die, von den sterilen Wedeln ganz verschieden gebildeten fruchtbaren, sondern gehen erst in die Produeirung eigen- thümlicher Vorläufer Bildungen ein, welche mehr oder weniger noch den Habitus der sterilen Wedel tragen und nur äusserst kleine Frucht- häufchen zeigen, deren Sporangien gewöhnlich nur eine ausgebildete Spore enthalten. Diese Vorläufer stehen auch nie, wie Man es sonst 354 bei den fructifieirenden Wedeln stets beobachtet, in der Mitte des Trichters, sondern sind unter die anderen sterilen Wedel gemischt. Die Fiedern dieser Exemplare sind nämlich nicht zusammengerollt und braun, sondern grün und so breit, oft noch breiter als die der sterilen Wedel, nur am Rande ein wenig umgebogen und nach ihrer Spitze zu breiter werdend, nie fiederlappig, sondern entweder ganz- randig oder gekerbt.“ Schliesslich sei noch besonders auf die künstlich erzielten Mittel- formen hingewiesen, wie solche Goebel herstellte durch Entfernung der Laubblattanlagen, und zwar zu einer Zeit, wo die Sporophylle schon angelegt waren. Goebel sieht die Ursache dieser Erscheinung in einem Correlationsverhältniss zwischen sterilen und fertilen Blättern. Unmöglieh hätte eine Mittelform zu Stande kommen können, wenn nicht die in ihrer Existenz von den Laubblättern abhängigen Sporo- phylle ebenfalls aus Laubblattanlagen hervorgegangen wären (cf. GoebelIV, pag. LXXI). Die von mir näher untersuchte Mittelform war eine derartige, die Goebel im bot. Garten zu Marburg auf be- sagte Weise erzielte. . 4erostichum peltatum Sw. (= Rhipidopteris p.) Die Sporophylldifferenzen sind hier sehr beträchtlich. Die rund- liche, ungetheilte fertile Spreite ist um vieles kleiner als die sehr reich gegliederte, sterile, rundliche Spreite. Diese besitzt eine 5— 6fach diehotom getheilte Blattfläche mit linealischen, stumpf zugespitzten Endläppehen. Diesen letzteren äquivalent finden sich mitunter kleine unregelmässige Randzähnchen am Sporophyll. Häufig besitzt dieses vorne eine Ausrandung; seltener zu beiden Seiten je eine. Die Nervatur der fertilen Spreite ist sehr stark verkürzt und vierfach diehotom im Vergleich zu- der 5—6fach dichotomen des sterilen Blattes. Schliesslich ist noch die Richtung der fertilen Spreite be- achtenswerth, Diese ist annähernd horizontal gestellt, die sterile aber schief. Fertile Mittelform. Die Blattmediane einer solchen ist 20 mm lang; die Gestalt rhom- bisch. Die fertile Spreite ist durch mehrere tiefe, bis zur Hälfte des Blattes reichende Einschnitte in 11 Lappen getheilt. Der mediane oberste Lappen ist dreimal dichotom getheilt und am breitesten. Die anderen sind der Mehrzahl nach meist bis zur Hälfte wenigstens einmal in zwei linealische Endläppchen getheilt, von denen das eine oder andere noch einmal gespalten sein kann. Die Beschreibung gr 355 dieser höchst ausgezeichneten Mittelform wurde nach einer mir gütigst überlassenen Handzeichnung Goebels gemacht. Das Original be- findet sich im Berliner Staatsherbar. Besondere Fälle der Sporophylimetamorphose finden sich bei den Lycopodiaceen, Equisetaceen, Salviniaceen und Marsiliaceen. I. Lycopodiaceae. Auch hier fehlt es nicht an Arten, die zwischen Sporophyll und Laubblatt keine Differenzen erkennen lassen; so z. B. Lycopodium Selago; von den heterophyllen Arten sei zunächst genannt Selaginella spinulosa A. Br. Das eiförmige Sporopliyll ist hier gegen die allgemeine Regel der Metamorphose 4mal so gross als das längliche Laubblatt. Am Rande trägt es mehrere mit blossem Auge erkennbare Zähne, die bei dem Laubblatt entweder gänzlich fehlen oder sich nur in sehr geringer Anzahl vorfinden. Ferner ist das Sporophyll in eine lange Spitze ausgezogen; das Blatt dagegen ist nur zugespitzt. Schliesslich ist das Sporophyll nie so sparrig abstehend wie das sterile Blatt. Entwicekelungsgeschichte. (Fig. 20—22.) Aehnlich wie bei Lycopodium entstehen auch hier die Blätter als halbkugelförmige Höcker unterhalb des Stammscheitels, die sich aus mehreren hervorgewölbten Oberflächenzellen zusammensetzen. Erst verhältnissmässig spät tritt zwischen Sporophyll und Blattentwickelung ein Unterschied ein. Während jedoch bei Lycopodium das Sporangium eine Neubildung auf der Blattbasis ist, nimmt bei Selaginella spinu- losa das Sporangium seine Entstehung aus dem Stammvegetations- punkt, eine zuerst von Goebel (I pag. 697) richtig erkannte Thatsache, die im Widerspruch steht mit den Untersuchungen Strasburger’s und Hegelmaier’s (I pag. 516). Ich kann hier nur die Resultate Goebel’s als richtig bestätigen. Aus den Zellen 1, 2 und 3 in Fig. 20 geht die Sporophyllunterseite hervor. Aus den nach oben zu folgenden Zellen 4 und 5, die ebenfalls schon weiter getheilt sind, geht die Oberseite des Sporophylis hervor. Die stärker hervortreten- den Theilungswände sind genetisch älter gegenüber den zarteren Theilungswänden, wesshalb auch entsprechend den ersteren diese Bezifferung gewählt wurde. Die nun folgenden Zellen 6, < und 8 sind Abkömmlinge ein und derselben Zelle $, und diese ist die Spo- rangiummutterzelle, aus welcher ein Makro- oder Mikrosporangium sich entwickeln kann. Nur wenig älter als das Stadium in Fig. 20 356 ist das in Fig. 21 dargestellte. Die sich entsprechenden Zellen sind hier mit denselben Ziffern wie in Fig. 20 bezeichnet; im Stadium von Fig. 22 ist der Blatthöcker schon beträchtlich emporgewölbt und ebenso die Zellen 6-8, die Sporangiumanlage. Diese ist hier be- reits in die Axel der Blattanlage ge- rückt. Es ist also das Sporangium von Fig. 20, Fig. 21. Fig. 22. Fig. 20-22. Drei auf einander folgende Entwickelungsstadien der Sporophyll- und Sporangiumanlage von Selaginella spinulosa. Fig. 20 u. 21 sind 230mel und Fig. 22 ist 460mal vergrössert. Selaginella spinulosa ein Stamimgebilde und keine Neubildung auf der Blattbasis wie bei Lycopodium. Fertile Zwischenformen, Diese gehören hier stets in den normalen Entwickelungskreis eines jeden Individuuns. An einer reifen Pflanze lassen sich stets drei wohl differenzirte Blattregionen unterscheiden. Zu unterst an der Axe stehen die kleinsten, sparrig abstehenden, normal sterilen Blättehen. Weiter nach oben zu folgt die zweite Blattregion, die meist den grössten mittleren Theil der Sprossaxe für sich beansprucht; und diese Region ist es, die aus kuuter halbmetamorphosirten Sporo- phylien besteht. Diese sind nämlich doppelt so gross wie vegetative und halb so gross wie die normal fertilen Blätter. Ferner stehen sie, was ihre Bezahnung anlangt, ebenfalls in der Mitte zwischen den normalen Ausbildungsarten. Schliesslich aber ist das Vorhandensein von Sporangienanlagen in der Axel solcher Blättchen ausschlaggebend. Diese Sporangienanlagen sind noch recht gut erhalten, wenn die oberste Blattregion der Sporophylie, welche die grössten Blätter an der Sprossaxe sind, schon reife Sporen enthält. Hiermit weise ich auf einen, auch in den neuesten systematischen Handbüchern sieh 357 vorfindenden Irrthum hin, demzufolge die eben beschriebenen fertilen Uebergangsblätter als normal sterile Blätter angesehen werden. Von dem Vorhandensein von Sporangienanlagen kann man sich hier nur auf Längsschnitten überzeugen. Lycopodium annotinum L. Die Sporophylle stehen hier in viergliedrigen alternirenden Quirlen, während die Laubblätter in der Regel in einer Spirale an der Stamm- axe stehen (ef. Fig. 6). Das eiförmige Sporophyli ist kürzer, aber etwa fünfmal so breit als das lanzettliche Laubblatt. Jenes ist am - Rande trockenhäutig und unregelmässig gezähnt; dieses ganzrandig. Ferner ist die Blattbasis des Sporophylis, welche das Sporangium trägt, als ein lamellenartiger Fortsatz am Stamme herablaufend. Dieser lamellöse Fortsatz trägt auf dem Rücken den sich nach unten zu verschmälernden basalen Theil der eigentlichen Spreite (B in Fig. 6). Dagegen ist die Blattbasis des sterilen Blattes, das sog. „Blattkissen“, mit ziemlich gleicher Breite am Stamme herablaufend und zeigt auch auf dem Querschnitt eine rundliche Gestalt und keine T-förmige wie die Sporophylibasis. Letztere lässt zwischen sich und der Stamm- axe einen Hohlraum J, der dem vielmal grösseren von dem Blatt- kissen eingeschlossenen Hohlraum äquivalent ist. Die Epidermiszellen der Aussenseite des Sporophylis besitzen, auf Querschnitten gesehen, durchweg stark getüpfelte Membranen. Bei dem Laubblatt finden sich an gleicher Stelle nur sporadisch solche Zellen vor. Schliesslich unter- scheidet sich das Sporophyll noch durch seine aufrechte Stellung von dem wagerecht abstehenden oder oft noch zurückgebogenen Laub- blatte (ef. auch Hegelmaier I). Entwiekelungsgeschichte. Die Entwiekelung der sterilen Blätter ist bereits von Hegel- matier untersucht; die der Sporophylle verläuft anfangs genau ebenso. Beide entstehen durch Emporwölbung von Oberflächenzellen zu einem Zellhöcker, der sich allmählich emporrichtet. Der Querschnitt eines Jugendlichen Sporophylis ist vor Anlage des Sporangiums erst oval, und nimmt mit Anlage des letzteren erst rechteckige, dann trapez- förmige Gestalt an. Dabei nimmt auch gleichzeitig der trockenhäutige Rand, das indusinmartige Anhängsel als Neubildung auf dem Blatt- rande seine Entstehung (ef. pag. 47). Die Basis des Sporophylis kommt dadurch zu Stande, dass sich das jugendliche Blatt nach oben und nach unten hin gleich rasch entwickelt, so dass die einzelnen Sporangienanlagen von den Blattbasen der oberen Blätter förmlich Flora 1895. 23 358 umwachsen werden. Erst später gewinnt mit Abnahme des Wachs- thums der Blattbasis jedes Sporangium eine etwas freiere Lage. Sterile Mittelformen. Solche Blättchen, die diese Bezeichnung verdienen, finden sich stets am Grunde der Sporophyllähre von L. annotinum in spiraliger Stellung vor. Die den Sporophylien zunächst stehenden besitzen einen trockenhäutigen, gezähnelten Rand, gleiche Länge mit den Sporophyllen und sind etwas breiter wie die Laubblätter. Die Blattbasis solcher Blätter zeigt mehr die Gestalt des Blattkissens steriler Blätter, ist aber nicht so lang wie dieses, Nach unten zu gehen diese Blättchen in normal sterile über. Die den Sporophyllen zunächst stehenden Blättchen haben die Richtung dieser. Spalten fand ich auf der Innen- seite dieser Blättehen nur wenige, aussen entweder 2—3 oder keine. Fertile Mittelformen finden sich auch vor, doch sah ich nur eine einzige bei L. anno- tinum; und diese nur auf dem Längenschnitt. Das verkümmerte Spo- rangium war doppelt so lang als diek und oben etwas dieker als unten. ?/s des unteren Theiles bestand aus prosenchymatösen Zellen, die nach oben zu allmählich kürzer und breiter wurden; die obersten waren polygonal oder rundlich. Letztere waren ohne Zweifel Sporen- mutterzellen. Die Blattbasis näherte sich der eines Sporophylls. — Bei L. celavatum werden Zwischenformen von Lürssen erwähnt (pag. 822) und zwar von einer proliferirenden Form (monstr. pro- lifera), wo es heisst, dass die Sporophylle allmählieh in die Blätter der gipfelständigen Laubsprosse übergingen. Aehnlich scheint es sich mit einer proliferirenden Form des L. annotinum zu verhalten, die Milde abbildet (I Tab. 31). Auf die analogen Fälle von Equiseten sei hier noch verwiesen. Rückschlagsbildungen. Solche sind bis jetzt nur von dem L. Chamaeeyparissus A. Br. (forma frondescens Milde I, tab. I, fig. 1—6) bekannt. Ich selbst hatte Gelegenheit, diese Form genauer zu untersuchen. Die betr. Blättchen standen wie normale Sporophylle in zweigliedrigen, deeus- sirten Quirlen; nur durch ihre geringe Grösse (halb so gross) waren sie von normalen Laubblättern verschieden. In solchen sterilen Aehren findet man bisweilen einige sporangien- tragende Blättchen, oder es ist auch der ganze untere Theil einer solehen Aehre fertil. Diese fertilen Mittelformen sind hier nur halb so gross als normale Sporophylle, sonst aber von diesen kaum ver- 359 schieden (ef. auch Lürssen pag. 827). — An Stelle von Sporophyll- ähren finden sich mitunter normale sterile Aeste vor an derselben Art. Lycopodium inundatum L. (Tab. V, Fig. 1—3.) Verhält sich in seinen Sporophylldifferenzen ähnlich wie L. anno- tinum, Das eiförmige zugespitzte Sporophyll ist häufig etwas länger und mehrmals breiter als das sterile lanzettliche Blatt. Der Sporo- phylirand trägt beiderseits mehrere kräftige Zähne; der Blattrand aber nicht. Die Unterschiede zwischen der herablaufenden Sporophyll- und Blattbasis sind ganz ähnlich wie bei L. annotinum; nur setzt sich beiL. inundat. die Sporophylibasis mit gleichbleibender Dieke nach unten zu fort. Das Sporophyli besitzt ferner zwei gesonderte Schleimgänge S und Sı; einen in dem freien Spreitentheil, den anderen in seiner Basis. Bei dem Blatt dagegen setzt sich der im Querschnitt rund erscheinende Schleimkanal der freien Spreite direet in den gleichgestalteten der Basis fort. Bei dem Sporophyli ist der Schleimkanal des freien Spreitentheiles von dem der Basis durch eine dünne Lamelle (Z Fig. 1) getrennt. Der basale Schleimkanal Sı (ef. Fig. 8) zieht sich an den Flanken der Sporophylibasis mit seinen nach Aussen zu gelegenen Partien hinab und vereinigt sich im untersten Theil der Basis (Fig. 2). Zwischen den beiden seitlichen Theilen des basalen Schleimganges zieht sich nun bis zu deren Vereinigungsstelle der obere Schleimkanal s herab. Eine besondere Eigenthümlichkeit (Fig. 3) ist der Zusammen- hang von je fünf basalen Schleimsäcken ein und desselben fünf- gliedrigen Sporophyliquirles, so dass an der Basis eines jeden Wirtels im Stamm ein eentrales eylindrisches Stück desselben von Schleim rings umhüllt wird und gegen denselben durch zerrissene Parenchymzellen abgegrenzt wird. Fig. 1 stellt einen Längensehnitt durch drei in einer verticalen an der Sprossaxe stehende Sporophylie dar. Die Pfeile II und Ill zeigen die Richtung der Querschnitte bezw. von Fig. 2 und 3 an und ebenso zeigt Pfeil I in Fig. 2 und 8 die Richtung vom Längen- schnitt 1 an. Die mit den Sporophylien Sp alternirenden Sporophylle sind in Fig. 2 in ihrem untersten Theil des basalen Schleimganges getroffen und in Fig. 3 in einem etwas höheren Theil des gleichen Schleimganges.. @ — Gefässbündel. Sp = Sporophyll. Alle Figuren sind 18mal vergrössert. ° Biologische Bedeutung der Schleimmassen. Bruchmann deutet die in dem Stamm von Lycopodium vor- kommenden Schleimanhäufungen als einen Schutzapparat gegen Aus- 23* 360 trocknung der Pflanze (pag. 550). Ich bin geneigt, diese Deutung auf die Blätter und vor allen Dingen auf die in den Sporophylien befindlichen Schleimmassen auszudehnen. Diese scheinen hier um so nöthiger zu sein, da wir hier die seitlichen flügelartigen Anhängsel der Sporophylle vermissen, die sparrig abstehend sind, so dass es zu keiner dachziegelförmigen Deekung kommt, wenn auch letztere in der Jugend vorhanden ist, so lange diese Schleimmassen noch nicht ent- wickelt sind. Der eine bestimmte Menge absorbirten Wassers fest- haltende Schleim wird die Pflanze, deren Existenz mit an das Wasser geknüpft ist, eher vor dem Untergange bewahren können als wusser- haltiges Parenchym, 2. Equisetaceae. E. Telmateja Ehrhdt. Das Sporophyll ist durch seine geringe Länge, durch seine ge- stielte schildförmige Spreite ganz wesentlich vor dem 6mal so langen, mit breiter Basis sitzenden, lanzettlichen, sterilen Blatt ausgezeichnet. Die fertilen Blätter ein und desselben Quirles sind frei; die sterilen aber sind in jedem Quirl zu einer sog. „Stengelscheide® verwachsen. Das Sporophylischildchen besitzt eine centrale, nabelförmige, oft etwas hexagonale Vertiefung an seiner Aussenseite. Als äquivalentes Ge- bilde durchzieht das Blatt an der Aussenseite eine mediane „Carinal- furche“. Der Sporophylinerv theilt sich in mehrere übergebogene sporangientragende Aeste, der Blattnerv dagegen ist ungetheilt. Das Sporophyli ist chlorophylilos (nur in der Jugend ist die Epidermis ehlorophyliführend), das Blatt aber besitzt eine aus wenigen Lagen parenchymatischer Zellen bestehende Schichte, die ganz mit Chloro- phyli angefüllt ist. Die polygonalen, geradwandigen Epidermiszellen des Sporophylis enthalten regellos eingestreute Spaltöffnungen, in Vergleich zu den langgestreckten, rechteckigen Epidermiszellen des sterilen Blattes, die gewundene Membranen besitzen und in Reihen hintereinanderliegende Spaltöffnungen. Schliesslich steht das Sporo- phyll senkrecht zur Sprossaxe, das Blatt aber bildet einen sehr spitzen Winkel mit ihr. Entwickelungsgeschichte des sterilen Blattes von Equisetum. (Fig. 23—26 inel.) Die Anlage des sterilen Blattes von E. Telmateja entsteht dicht unterhalb des Vegetationspunktes durch Emporwölbung von in runder Summe 28—36 Oberflächenzellen (ef. Fig. 23 und 24). Eine jede 361 solche höckerförmige Emporwölbung besteht im Längenschnitt aus 6-7 Zellen, und zwar geschah die Emporwölbung excentrisch. Der Höcker besitzt seine stärkste Convexität bei der mit einem 7 be- zeichneten Zelle. Diese und ihre Nachbarzelle A werden allein zum Aufbau des Blattes verwendet. Aus den Zellen # und 4, von denen erstere infolge ihrer Grösse stets den besten Anhaltspunkt für die Fig. 23. Fig. 24, Fig. 25. Fig. 23-25. Drei aufeinander folgende Entwickelungsstadien des sterilen Blattes von Equisetum Telmateja. Aus 4 und der mit f bezeichneten Zelle entsteht das Blatt selbst. E und E, = Internodiumzellen. 7 = Basalzelle des Internodiums, S — Axclzelle. Alles 152,5mal vergrössert. Örientirung der Zellanordnung liefert, geht die Rindenschichte des Sprossinternodiums hervor. Ich will sie daher „Internodiumszellen® heissen. Aus J geht die Basis des Internodiums hervor „Basalzelle*. Die „Axelzelle* S, die in der Axel der nächst tieferen Blattanlage sitzt, liefert unter Umständen eine Astscheitelzelle, die dann durch ihre starke Emporwölbung der Aussenseite sich auszeichnet. Die Anzahl dieser ist unter den Axelzellen ein und derselben Aequatorial- ebene an der Sprossaxe natürlich eine ganz bestimmte, die der Anzahl der später erscheinenden Aeste entspricht. In der Weiterentwickelung hebt sich der Blatthöcker immer mehr aus dem Niveau der Stamm- vberfläche heraus (Fig. 25), wobei die ursprünglich centrifugale Wachs- thumsrichtung allmählich in eine negetativ geotropische tibergeht. Die beiden, das Blatt aufbauenden Zellreihen wachsen dabei am stärksten. Hat sich einmal die Blattanlage emporgerichtet, so wird das Wachs- thum der obersten Zellreihe durch dem Stamme abwechselnd zu- und abgekehrte Zellwände vermittelt, die zum Theil rechtwinkelig zu einander stehen (Fig. 26). Gleichzeitig tritt in den Internodiumszellen ein lebhaftes Wachsthum ein. Diese äussert sich, nach Bildung weniger radialer Wände, in denen die Streckung des Internodiums 362 zum Ausdruck gelangt, vorwiegend in dem Auftreten tangentialer Zellwände. Die Basal- und Axelzellen bleiben in der Entwickelung am weitesten zurück. Sie halten im Wesentlichen nur gleichen Schritt mit dem peripheren Diekenwachsthum des Stammes, so dass fast nur Fig. 26. Fig. 27. Eine etwas ältere Blattanlage von Erste Anlage des Sporophylis von Equisetum Teimateja. Die Bezeich- Equisetum Telmateja. Die mit III nung ist die gleiche wie bei den bezeichneten Zellen werden sich vorigen Figuren. seiner Zeit am stärksten empor- wölben. 152,5mal vergrössert. tangentiale Zellwände erscheinen. Auf die Entwickelung der Axel- zelle als Astscheitelzelle kann hier nicht näher eingegangen werden. Entwickelungsgeschichte des Sporophylls bei Equi- setum (Fig. 27—29). Die Entwickelung des Sporophylis ist nur in der allerfrühesten Jugend von der des sterilen Blattes nicht verschieden. Die Sporophyll- anlage besteht ebenfalls aus einem emporgewölbten Zellhöcker. Bei E. Telmateja besteht der Sporophylihöcker aus in runder Summe 20 Zellen und im Längenschnitt betrachtet aus fünf; bei E. arvense besteht der Sporophylihöcker aus rund 20—36 Oberflächenzellen und im Längenschnitt aus 5—7 (cf. Fig. 27—29). Die Art und Weise jedoch der Emporwölbung führt bei dem Sporophyllhöcker schon sehr frühzeitig eine Verschiedenheit in der Entwiekelung und äusseren Gestaltung herbei. Die Emporwölbung geschieht nämlich bei dem Sporophylihöcker central, er besitzt demnach die Gestalt eines Kugel- segmentes und ist allseitig gleichmässig ausgebildet, während der Blatthöcker sich frühzeitig nach einer Richtung hin ausbildete. Das Wachsthum ist daher bei dem Sporophylihöcker in den mittleren Zellreihen (IlLin Fig. 27 und III und IV in Fig. 28) am stärksten. Die 363 Sporophyllanlage wächst ferner im Gegensatz zur Blattanlage mit ge- schichtetem Bau weiter und, während bei dem Blatt nur ein Theil der Blattanlage sich am Aufbau des Blattes selbst betheiligt, werden beim Sporophyll sämmtliche Zellen der Anlage zur Ausbildung des Sporophylis verwendet, abgesehen also von den zwei obersten Zell- Fig. 28. Fig. 29. Fig. 28 und 29. Zwei aufeinanderfolgende Entwickelungsstadien der Sporophyli- anlage von Equisetum arvense. In Fig. 29 besitzen die mit IV und V bezeich- neten Zellen das stärkste Wachsthum. 152,5mal vergrössert. reihen des Sporophylis helfen noch die Homologen der Internodiums- und Basalzellen das Sporophyll mit aufbauen. Die Entwickelung des Sporophylis von E. limosum (ef. Goebel I p. 550 £.) weicht in keinem wesentlichen Punkte von der des E. arvense und Telmateja ab. Als homologes Gebilde der Axelzelle des sterilen Sprosses finden sich zwischen den Sporophyllanlagen eine im Längenschnitt keilförmig erscheinende Zelle J vor (in Fig. 28 und 29). Aus dieser Zelle allein geht die periphere Rindenschichte des Sprossinternodiums der Sporophyllähre hervor. Es gehört also die Internodiumszelle des fertilen Sprosses nicht der Blattanlage an. Aus den nebenan liegen- den, mit S und $, bezeichneten Zellen entsteht der Stiel des Sporo- phylis. Nach Kenntnissnahme von Blatt- und Sporophylientwickelung finden wir, wie die Umwandlung auch hier in einer Nichtausbildung vegetativer Theile besteht, die als solche ausgebildet der sterile Spross und der sterile Sprosstheil des fertilen Sprosses besitzt. Es liegt also auch hier das Wesen der Umwandlung in einer Hemmung der ursprünglichen Blattanlage. Der Zweck dieser Hemmung ist auch hier, die später zur Anlage und Entwickelung gelangenden Sporangien auf Kosten vegetativer Substanz zu ernähren. Es äussert sich nun, um das Gesagte kurz zu wiederholen, bei Equisetum dieser Umwandlungsprocess in einer doppelten Hemmungserscheinung: 364 1. Gelangt die fertile Spreite zu nur sehr geringer Entwickelung, indem an dieser die Ausbildung keilförmiger Randzellen unter- bleibt, die im Stande wären, eine dauernd assimilationsfähige Blattfläche zu erzeugen, wie eine solche das sterile Blatt besitzt. 2. Die den Basal- und Internodiumszellen der sterilen Blattanlage homologen Zellen der Sporophyllanlage verbleiben im Verbande mit dieser und helfen dieselbe aufbauen; dadurch ist aber die Ausbildung eines lange gestreckten Internodiums, wie es sich an den sterilen Sprosstheilen vorfindet, unmöglich gemacht; die für die Ausbildung eines vegetativen Sprossinternodiums nöthigen Stoffe werden somit nur für die Entwickelung der Sporangien verwendet. Die Folge dieses Processes ist, dass nunmehr andere Zellen der fertilen Sprosstheile mit der Internodiumsbildung be- traut werden müssen, und dies sind die Axelzellen der Sporo- phyllähre, die allerdings nur ein schwach entwickeltes, nicht assimilationsfähiges Internodium zu erzeugen im Stande sind. Fertile Mittelformen (Tab. V. Fig. 4—6.) Den allmähligen Uebergang der Sporophylie in Laubblätter studirte ich an E. Telmateja Ehrh. var. serotinum forma prolifera Milde. Das betreffende Exemplar (gesammelt von O. Sendtner 23. VI. 1848 im Längenthal an der Benediktenwand in den bayerischen Alpen) hatte im unteren Theil das Aussehen eines normal fertilen Sprosses, der oben eine Sporophyllähre trug; die Sporophylle dieser gingen nach oben in sterile Blätter über. Die Achre war von einem, 12 normale Astwirtel tragenden Spross durchwachsen. Die vier unteren Quirle der Aehre bestunden aus normalen Sporo- phylien; die Sporophylle des 5. Quirles waren schon nicht mehr nor- mal gebaut. Die Sporangien eines Schildehens sind zum Theil be- deutend kleiner als normale; hie und da ist eines ganz in den unter- seitigen Rand des Schildehens eingesenkt. Dieses ist bei den meisten unregelmässig gestaltet, häufig annähernd dreieckig und geht dann nach oben zu in ein kleines Spitzchen aus; entstanden ist ein derartiges Blättchen dadurch, dass nicht alle vegetative den Sporangien zur Verfügung stehende Substanz verbraucht wurde. Es konnte eben noch eine vegetative Spreite angelegt werden, die aber eine schon sehr frühzeitige Hemmung erfahren hat, wie auch die noch ziemlich normal gestalteten Sporangien beweisen. Der Sporophylistiel bildet hier weder mit der Sprossaxe noch mit dem Schildchen einen rechten Winkel. 385 Die Sporophylle der sechsten Reihe sind zum Theil frei, zum Theil paarweise mit einander verwachsen; eines der erstgenannten stellt Tab. V Fig. 4 dar. Sämmtliche fünf Sporangien sind bedeutend kleiner als normale; die zwei kleinsten sind dem Blattrande, etwas nach unten zugekehrt, eingesenkt, die drei anderen hängen herab. Infolge dieser nur unvollkommenen Sporangienentwickelung war es möglich, dass dieses Sporophyli noch ein gutes Stück einer vegetativen Spreite an sich zur Entwickelung gelangen lassen konnte, Die Hem- mung der an dem Sporophyli sich entwickelnden sterilen Spreite trat daher auch bedeutend später ein, als dies bei dem zuletzt beschriebenen Uebergangsblättchen der Fall war. Der sterile Spreitentheil, den dieses Blättehen am Schilde oben trägt, besteht aus einem langen, massiven, auf dem Querschnitt dreiseitig erscheinenden Fortsatz, der von einem Nerv durchzogen wird, und dessen oberstes Spitzchen abgeflacht und gezähnt ist. Der Sporophylistiel bildet hier ebenfalls einen spitzen Winkel mit dem Schildehen. Die Epidermis der Innenseite ist die eines normalen Sporophylis auf dem sporangientragenden Theil und geht nach oben zu in die Epidermis des Fortsatzes über, die von der eines normal sterilen Blattes nicht wesentlich verschieden ist; merk- würdiger Weise trägt die Aussenseite keine, die Innenseite acht Spaltöffnungen, von denen je vier und je drei reihenweise ange- ordnet sind. Je weiter natürlich die Sporangien in der Entwickelung zurück- bleiben, um so mehr kann sich das betreffende Blättchen vegetativ ausbilden und um so näher wird dieses dem normalen Laubblatt zu stehen kommen. Tab. V Fig. 5 stellt zwei verwachsene Blättchen der sechsten Sporophylireihe dar. Die Sporangien sind hier alle sehr klein und geschlossen, zwei von ihnen sind der Oberseite des Schild- chens genähert und schimmern nur durch; das kleinere Blättchen trägt nur ein einziges zu oberst stehendes, ganz rudimentäres Spor- angium, Diese weit in der Entwiekelung zurückgebliebenen Sporan- gien ermöglichten eine um so bessere Ausbildung einer vegetativen Spreite ; das Blättchen besitzt eine Länge von 13mm, das vorhergehende hatte eine solche von 9mm und ein ähnliches Blättehen der fünften Reihe war nur 5mm lang. Ein Sporophylistiel ist hier gar nicht mehr zur Ausbildung gelangt; etwas oberhalb der Basis sitzt auf der Innenseite des einen Blättchens in Gestalt einer polsterförmigen Ver- diekung das sehr entstellte Schildchen, das die Sporangien trägt, auf. In die eine, grössere Blattspitze läuft dieses Schildehen noch als ein massiver, gratförmiger Rücken aus. 366 Die Blättchen des siebenten Wirtels haben schon fast ganz das Aussehen normal steriler, nur sind sie zum Theil noch in ungleicher Höhe mit einander verwachsen, und nur an einigen Stellen finden sich Unterbrechungen der Blattscheide, wo dann stets noch ein fertiles Blättchen zu finden ist. Tab. V Fig. 6 stellt ein solches dar; das rudimentäre Schildchen stellt auch hier eine in die Blattspitze aus- laufende, und auf die Ober- und Unterseite übergreifende, polsterförmige Verdickung dar, die drei, theilweise eingesenkte Sporangien an ihrem basalen Theile trägt; das dritte Sporangium schimmert nur durch. Ueber das Zustandekommen dieses Blättchens, das dem normal sterilen schon sehr nahe steht, brauche ich jetzt kein Wort mehr zu verlieren. (Fig. 4—6 sind 7,5 mal vergrössert.) Aus allen diesen Mittelformen geht hervor, dass etwa !js des unteren Theiles der verwachsenen Blätter dem Sporophylistiel äqui- valent ist, und dass die übrigen ?Jı des Blattes dem Schildchen ent- sprechen; den freien Scheidenzahn als dem Schildehen, und den ver- wachsenen Blatttheil als dem Sporophylistiel identisch aufzufassen, scheint mir unbegründet zu sein (ef. im Gegensatz hiezu Lürssen p. 631). In der Litteratur finden sich verhältnissmässig nur wenige Notizen über die Uebergangsformen steriler in fertile Equisetenblätter. Von E. Teimateja sind noch drei Fälle mit ähnlichen Zwischen- formen erwähnt: nämlich von Milde bei E. T. var. serotinum (V pag. 591 Tab. 55 Fig. 23—38); leider sind Milde’s Abbildungen sehr klein und schematisch. Bei E. T. monstr. polystachyum proli- ferum (Milde I pag. 429) und bei Ridley und Fawcelt (pag. 246) findet sich ebenfals ein proliferirendes Exemplar von E. T. mit Ueber- gangsformen aus Amerika beschrieben. Bei anderen Equiseten scheinen derartige Mittelformen seltener zu sein; Sturm hat solche noch bei 'E. pratense (Flora 1849 pag. 498) beobachtet und Milde bei E. arvense var. serotinum (a. a. O.), bei E. arvense, campestre Schultz, E. inun- datum, E. limosum (V pag. 571, 584 und 602). Sterile Mittelformen. Hieher gehört in erster Linie der Annulus; ein oder zwei solcher Ringe finden sich in Gestalt einer niedrigen Scheide bei jedem fertilen Spross am Grunde der Sporophyllähre im normalen Zustande vor; dass der Annulus wirklich eine Mittelform ist, beweist, abgesehen von seiner äusseren Gestalt und seiner Stellung, die Thatsache, dass er bald einen Rückschlag, bald eine progressive Metamorphose erleiden kann; das erstere hat bis jetzt nur Milde beobachtet (IV pag- 161). Dabei war der halbe Ring als Stengelscheide ausgebildet; die letztere 367 Erscheinung beobachtete ich selbst an E. limosum var. Linneanum (von Möhrendorf bei Erlangen) und an E. Telmateja (von der Ehren- bürg bei Forchheim). In beiden Fällen bestand der Annulus aus freien, ganz oder theilweise verwachsenen fertilen Mittelformen, die zwar keine sterile Blattspitze trugen, aber durch das gänzliche Fehlen eines Sporophylistieles, sowie durch die nur rudimentären Sporangien, die der Innenseite ansassen, ausgezeichnet waren. Auch bei noch anderen Arten wurde ähnliches beobachtet. Der Annulus stellt eben- falls eine Hemmungsbildung dar; ‘die Hemmung trat ein bald nach Emporrichtung der Anlage des Annulus, die sich ähnlich einer sterilen Blattanlage zu entwickeln begonnen hatte. Die Ursache der Hem- mung ist in den dem Annulus benachbarten, zur Entwickelung ge- langten Sporophylien zu suchen. Ferner gehört hieher der E. Tel- mateja monstr. comosa Milde (V pag. 590 Tab. 55); bei dieser trägt der fertile Spross einen sporangientragenden Ring, „auf den sechs Wirtel blattartiger Zähne folgten, die jedoch bis zum Grunde getrennt, nur bisweilen zu zwei mit einander verwachsen waren; der obere Theil der Aehre war regelmässig ausgebildet“. Aehnlich verhält es sich mit den im oberen Theil, schopfigen Aehren von E. arvense f. campestre Schultz, E. inundatum, E. limosum (Milde V pag. 571, 584, 602). Rückschlagsbildungen. Diese entstehen, wenn die Anlage von Sporangien an der ursprüng- lichen Sporophyllanlage unterbleibt; dem zufolge können sich die Sporophyllanlagen vegetativ ausbilden und werden zu normal sterilen Blättern. Hieher gehört E. pratense Ehrh. monstr. annulatum Milde ( pag. 443 Tab. 35 Fig. 40), und E. arvense var. serotinum (I pag. 423). Erstere trug an Stelle der Sporophylle normal sterile Blattquirle, während der Annulus fertil war, und letztere trug ebenfalls sterile Quirle, die mit fertilen Uebergangsformen vermengt waren. 3. Salviniaceae. Salvinia natans Willd. Das Wasserblatt der Salvinia, das hier allein in Betracht kommt, ist kurz gestielt und trägt eine in 8-12 oder mehr feine, lange, drehrunde Blattzipfel aufgelöste Spreite. Der fertige Zustand dieser Blattzipfel gestattet keinen Einblick mehr in die Anordnung dieser; zwischen ihnen hängen an einem „Pseudopodium“ zu einem Knäuel zusammengedrängt die Fruchtkapseln herab, deren Stiele nach Art eines wickelförmigen Sympodiums verzweigt zu sein scheinen. Die Metamorphose erstreckt sich hier nur auf die Blattzipfel; somit ist “368 jede Fruchtkapsel ein umgewandelter Blattzipfel. Dieser ist dem Receptakulum äquivalent, abgesehen also von der eigentlichen Kapsel, dem Indusium. Der Umwandlungsprocess hat sich somit bei Salvinia in einer sehr starken Verkürzung des Wasserblattzipfels geäussert. Der entwickelungsgeschichtliche Beweis der thatsächlich stattfindenden Metamorphose fehlte bis jetzt. Entwickelungsgeschichte der vegetativen Blatttheile (Fig. 30—32). Das Wasserblatt entsteht (ef. auch Pringsheim) durch Auf- treten einer Scheitelzelle in einer ventral gelagerten Segmentzelle des Sprossvegetationskegels. Die Scheitelzelle ist von oben gesehen ellip- % 2, Fig. 30. Fig. 31. Längenschnitt durch die Anlage Oberer Theil eines jungen eines Wasserblattes von Salvinia Wasserblattes von Salvinia natans. 345mal vergrössert, natans. 345mal vergrössert. tisch und wird von zwei ebenen, sich spitzwinklig schneidenden, und einer krummen Fläche begrenzt. In dieser Scheitelzelle treten (Fig. 30) ab- wechselnd convergirende Theilungswände auf. Nachdem eine Anzahl von Segmenten gebildet ist, entstehen in den nun folgenden Segmenten die Anlagen der Blattzipfel, und zwar in acropetaler Reihenfolge. Fig. 31 stellt den oberen Theil eines jugendlichen Wasserblattes dar; bei W liegt der Vegetationspunkt des Blattes. Zı ist die erste An- lage eines Wasserblattzipfels, Z, eine etwas ältere Blattzipfelanlage in halb seitlicher Ansicht. Diese Anlagen wachsen nach oben zu heraus, ähnlich wie die fertilen Blattfiedern einer Schizaea, so dass also ihre Längsaxe mit derjenigen der eigentlichen Blattspreite, aus der die Lacinien ihre Entstehung nahmen, nicht in ein und dieselbe Ebene zu liegen kommen; die Entwickelung eines solchen Blattzipfels ist ganz ähnlich der des Blattes selbst (Fig. 32). Das Wachsthum wird hier durch annähernd rechtwinkelig zu einander stehende, ab- 369 wechselnd convergirende Zellwände vermittelt; kurz nach Bildung eines Segmentes, das etwa die Gestalt einer halbirten Scheibe hat, tritt in diesem eine radiale Theilungswand auf, welche das neugebil- dete Segment in zwei gleiche Theile zer- legt, und mit der Papierfläche in ein und dieselbe Ebene zu liegen käme. Häufig tritt (Fig. 32) eine Verzweigung der Blattzipfel, aber nur im unteren Theile, ein. Die Verzweigung entsteht ähnlich wie die Bildung eines Blatt- zipfels auf der ursprünglichen Blatt- spreite. Entwiekelungsgeschichte der Salviniakapsel. (Fig. 33—88 incl.) Sind an einem Sporophyli einmal 8—12 oder mehr Blattzipfel zur An- lage gekommen, so werden die nun folgenden Blattzipfelanlagen zu Frucht- Fig. 32. Längenschnitt durch einen jugend- lichen, beiderseits der Basis sich verzweigenden Wasserblattzipfel von Salvinia natans. Die einge- tragenen Buchstaben beziehen sich auf äquivalente Theile der meta- morphosirten Blattzipfelanlage. 345mal vergrössert. kapseln metamorphosirt. Der Einfachheit wegen sei die Entwiekelung einer Kapsel zunächst an einem Schema (Fig. 33) erläutert. Umwandlung tritt bei Salvinia schon sehr frühzeitig ein; nach Bildung von hur wenigen Segmenten beginnt die Metamorphose, in dem zweitletzten Seg- ment mit dem Auftreten der tangen- tialen Zellwand FD. Die hiedurch entstandene, in allen Figuren mit ; be- zeichnete Schichtzelle hat etwa centrale Lage. Von nun an nimmt die Wachs- thumsgeschwindigkeit in der Richtung der Längsaxe der Kapselanlage be- deutend ab; die Blattanlage beginnt sich zu verdicken, indem das, später die doppeltwandige Kapsel darstellende Indusium, äquatorial an der Blattanlage als Neubildung entsteht. Die Indusium- Die Fig. 33. Schema für den Zelltheilungs- process bei der Metamorphose der Kapselanlage von Salvinia; mit I-IIT sind drei auf einander folgende Segmente bezeichnet, von denen /Ik das letztgebildete ist. di — Centralzelie. dev. d, = In- dusiumanlage. S — Scheitelzelle. anlage hat stets die Gestalt einer peripher verlaufenden Verdiekung. Sie nimmt stets nur auf der einen Seite der Blattanlage ihre Entstehung; es setzen sich dabei in den betreffenden Segmenten schräg an die 370 jeweiligen radialen Scheidewände neue Zellwände an; diese führen zur Bildung von im Längenschnitt dreiseitig erscheinenden Zellen d event. dı. Eine solche Zelle 5 findet man infolge der einseitigen gen. Indusiumanlage bei ganz jugend- lichen Kapselanlagen daher auch Fig. 34a. Fig. 34b. Fig. 35. Fig. 36. Eine eben angelegte Kapsel von Sal-_ Zwei ältere Kapselanlagen in verschiedener vinia natans bei doppelter Tubusein- Richtung der Länge nach durchschnitten. stellung. Fig. stelit dieMedianebene 35 ist nur um weniges jünger als Stadium dar. Bezeichnung der einzelnen Zel- 36, Bezeichnung der Zellen wie oben. len wie oben. 345mal vergrössert. 345mal vergrössert. stets nur auf der einen Seite im Längenschnitt der Symmetrieebene vor (ef. Fig. 34, 35 und 36), Zur ÖOrientirung, wie die einzelnen Schnitte geführt sind, vergleiche man das Schema Fig. 38, welches eine Projeetion einer jugendlichen Kapsel mit Indusiumanlage wieder- _ gibt; mit $ ist die Projeetion der Scheitelzelle bezeichnet, die bald nach rechts, bald nach links ein Segment bildet von der Gestalt einer halben Scheibe, welche frühzeitig durch eine radiale Zellwand halbirt wird. Im Centrum © ist die Projeetion der Centralzelle i quadratisch dargestellt. Schnitte, welche die Kapselanlage in ihrer einzigen Sym- metrieebene treffen, müssen einmal die Centralzelle i und die Scheitel- zelle $ treffen, und ferner die Indusiumanlage halbieren; die Umriss- linie solcher Längenschnitte wird daher assymmetrisch erscheinen. Dies gilt für Fig. 34 und Fig. 35; ihre Schnittriehtung entspricht dem Pfeil I in Fig. 38. Einen ähnlichen Schnitt durch eine ältere Kapsel- anlage stellt Fig. 37 dar, aber er ist nicht mit der Symmetrieebene zusammengefallen, wie schon aus der eben noch angeschnittenen Scheitelzelle s ersichtlich ist, doch scheint die Centralzelle noch ge- troffen zu sein. Demnach bildet die Schnittfläche von 37 einen spitzen Winkel mit der Symmetrieebene, welche von ihr im Centrum geschnitten wird (Pfeil II). In Schnitt 36 ist die Centralzelle ö, die Scheitelzelle s und das Indusium getroffen; aber die scheinbar nicht assymmetrische Umrisslinie beweist, dass die Indusiumanlage eben noch angeschnitten ist (Pfeil II). Die Schnittfläche schneidet demnach die Symmetrie- 371 ebene unter einem grossen spitzen Winkel, wobei die Schnittlinie senkrecht im Centrum der Aequatorialebene steht. Die Herstellung brauchbarer Mikrotomschnitte ist hier mehr als anderswo dem Zufall überlassen; die Kleinheit der Objeete gestattet selbst bei sorgfältigster Paraffineinbettung keine genaue Fixirung. Fig. 37. Fig. 38. Längenschnitt einer alten Kapselanlage von Schema für die Schnitt- 8. n. Zelle A,B,C entspricht d, in Fig. 34 richtung. und Zeile AADEB entspricht einem Theil von g. 345mal vergrössert, Was schliesslich das Auftreten der Zellwand AB und der Zelle d (ef. Fig. 33) anlangt, in der sich das erste Anzeichen der Indusiumanlage kundgibt, so kann sie entweder in Zelle e auftreten, wie dies für Fig. 35, Fig. 37 (wo Aı Bi = AB) und jedenfalls auch für Fig. 36 gilt; oder es kann diese erste Zellwand AB des Indusiums in Zelle A+% und dann höchst wahrscheinlich auf der anderen Seite der bilateral sym- metrischen Sporophyllanlage auftreten, und die hierdurch neu geschaf- fene Zelle habe ich zum Unterschied von d mit dı bezeichnet; dies gilt für Fig. 34a u. b.; es scheint mir nieht unmöglich, dass in dieser verschiedenartigen Anlage des Indusiums auch eine Verschiedenheit in der Entwiekelung zwischen Makro- und Mikrosporangienkapsel liegt. Ist die Indusiumanlage völlig um die ursprüngliche Blattzipfelanlage herumgewachsen, so nimmt sie erst die Gestalt eines Napfes, später die eines Kruges an, um schliesslich als ein hohlkugelförmiges Indu- sium über dem Receptakel zusammen zu wachsen; letzteres ist in der Scheitelzelle S bereits angelegt. Die scheinbare sympodiale Verzweigung des kapseltragenden Pseudopodiums rührt daher, dass alle Kapseln wie die Blattzipfel akropetal entstehen und ebenso wie diese nach oben zu wachsen; durch die bedeutende Dicke, die jede Kapsel erreicht, wird eine von der anderen zur Seite geschoben, so dass die ursprünglich zweizeilige 372 Anordnung an älteren (reifen) Sporophylien nicht mehr sichtbar ist; es hat eine Verdrehung der ursprünglichen Spreite stattgefunden, die mit dem sehr kurzen Kapselstielchen ein wickelförmiges Sympodium darzustellen scheint, Fertile Mittelform. Mettenius fand (Tp. 53) bei Salvinia natans Blattzipfel, die an der Spitze bis zu drei Fruchtkapseln trugen; diese Erscheinung findet eine sehr einfache Erklärung. Ausnahmsweise ist hier ziemlich hoch oben und erst sehr spät eine Verzweigung des Blattzipfels eingetreten, wobei die einzelnen Aeste zu Fruchtkapseln metamorphosirt wurden. Kapseln, die gar keine Sporangien enthalten (sterile Sporophylle) oder nur verkümmerte, finden sich bei Salvinia sehr häufig; sie sind stets durch ihre glasige durchscheinende Beschaffenheit vor sporangien- tragenden Kapseln ausgezeichnet. Azolla. Aehnlich wie bei Salvinia ist auch hier die Sporangienkapsel ein modifieirter Blatttheil und zwar ein modifieirter Blattlappen, der eben- falls dem Receptakel allein äquivalent ist, während das Indusium eine Neubildung darstellt. Strasburger hat zwar schon längst diese Ansicht in seiner Arbeit über Azolla geäussert, aber den nothwen- digen entwickelungsgeschichtlichen Beweis lieferte erst im vorigen Jahre Campbell, bei dem es (J p. 158) heisst: „Ihe leaf-lobe wich is to develop into the sporocarps is dis tinguishable at an extremely early period. Its first divisions are like those in the sterile lobes, and like them it is divided into two very nearly equal parts, Each half now developes at once into a sporocarp. As soon as the first median wall is formed, each of the resulting cells becomes the initial cell of the future sporocarp. In it walls are formed that cut off three segments from its base, and these are follo- wed by others following the same order, so that for some time each sporocarp-rudiment grows by a three-sided apical cell (Fig. 8). Next a slight ontgrowth is observed near the base of the young sorus, wich fornıs a ring-shaped projection around it this is the beginning of the indusium or sporocarp-wall, and eorresponds exactly to that of Sal- vinia® (Strasburger p. 54). Auf Fig. 9 (Tab. VID möchte ich bei Campbell noch be- sonders aufmerksam machen; es ist dies ein in der Symmetrieebene® geführter Schnitt, aus dem die bilateral symmetrische Gestalt der 373 Kapselanlage ersichtlich ist; erstere tritt hier noch bedeutend stärker hervor als Salvinia. Als erster befasste sich Griffith mit der Entwickelung der Salviniaceenkapsel; er untersuchte Salvinia und Azolla, und er- kannte richtig, dass die Kapsel in der Jugend die Gestalt eines Bechers hat („concave or eup-shaped form“ p. 227) und sich erst später über dem Receptakel zusammenschliesst; seine Abbildungen sind zwar ziemlich gut, doch sind ihm die jugendlichsten Zustände der Kapsel entgangen. Diese entdeckte ein Jahr später, 1836, ohne Kenntniss der Griffith’schen Arbeit, Mettenius, bei dem es pag. 6 heisst: „Die jüngsten Receptakula (= Kapselanlagen), die ich untersuchte, stellten eine nach oben abgerundete, cylindrische oder mit etwas verschmälerter Basis dem gemeinschaftlichen Stiel an- sitzende, parenchymatöse, nicht hohle Hervorragung dar“. Doch sind die Abbildungen des Mettenius wenig gelungene Schemata. Als letzter bestätigte Strasburger die Untersuchungen von Mettenius_ für Salvinia (p. 54), ohne jedoch dem schon Bekannten etwas Neues beigefügt zu haben. 4. Marsiliaceae. Die Umwandlung der Sporophylle, die hier ebenfalls „Frucht- kapseln“ genannt werden, besteht in einer sehr starken Verkürzung in der Richtung der Längsaxe des Blattes, ferner in einer bedeutenden Verdiekung der fertilen Blattanlage. Dies gilt für Pilularia; bei dem Sporophyll von Marsilia, das in der Spreitenumwandlung die höchste Stufe einnimmt, findet ausserdem noch die Unterdrückung der Spreitengliederung statt, die selbst entwickelungsgeschichtlich nicht mehr nachgewiesen werden kann als ursprünglich vorhanden, was bei schwächer metamorphosirten Sporophyllien oft noch gelingt (Oryptogramme crispa). Eine genaue Angabe der Sporophyll- differenzen kann ich mir hier ebenso wie bei den Salviniaceen ersparen, da sie ohne viele Worte sich nicht abmachen liesse; über morphologische Details vergleiche man Lürssen und Meunier. Von der Entwickelungsgeschichte können hier nur die allerfrühesten Stadien in Betracht gezogen werden, im Uebrigen verweise ich hier auf die Arbeiten von Goebel (II p. 771), Meunier und Camp- bell (ID für Pilularia, und auf Büsgen für Marsilia. Pilularia globulifera L. Die scheinbar ein axilläres Gebilde darstellende Fruchtkapsel ist ebenso wie bei Marsilia ein modifieirter Blatttheil. Diese bereits Flora 1895, 24 374 von Alexander Braun (pag. 706) als möglich ausgesprochene An- sicht wurde zuerst von Goebel zur feststehenden Thatsache ge- macht (III pag. 775). Später hat zwar Meunier (pag. 357) auf Grund des Strangsverlaufes den blattbürtigen Ursprung der Pilu- lariafrucht als zweifelhaft hingestellt, doch hat sich auf Grund meiner eigenen Untersuchung Meunier’s Zweifel als unbegründet erwiesen. Fig. 39 stellt einen sehr glücklichen Mikrotomlängenschnitt einer jungen Blattanlage dar; auf der Innenseite dieser entspringt als Neu- bildung die Kapselanlage A. Das Wachsthum derselben wird ebenso wie bei der Blattanlage B dureh eine dreiseitige Scheitelzelle ver- mittelt, somit hat sich die bereits von Goebel (Ill pag. 776) aus- gesprochene Vermuthung als richtig bestätigt; aus einem etwas älteren Stadium sah ich, dass das Wachsthum der Kapselanlage ebenso wie Fig. 39. Pilnlaria globulifera. Fig. 40. Marsilia polycarpa, Längenschnitt einer Blattanlage mit Längenschnitt einer Blattanlage mit zwei angelegter Kapsel A. 345mal ver- Kapselanlagen X, u. A,, wovon letztere grössert. die jüngste ist. 230mal vergrössert. bei dem sterilen Blatttheil durch convergirende, abwechselnd auf- einander ansetzende Zellwände zu Stande kommt. Es herrscht also zwischen der Entwickelung der"Kapsel und der des sterilen Blatt- theiles in frühester Jugend kein Unterschied. Die Entwickelung des Blattes von P. globulifera schildert auch Bower (II p. 574 Tab. 37, Fig. 1-3), ohne jedoch die Entwickelung der Kapsel berücksichtigt zu haben. Von anderen Pilularia-Arten liegt bis jetzt bloss für P. americana A. Br. eine entwiekelungsgeschichtliche Untersuchung der ersten Frucht- anlage vor; diese stimmt jedoch in allen wesentlichen Punkten mit 375 der von P. globulifera überein. Bei Campbell, dem wir diese Untersuchung verdanken, heisst es II pag. 142: „In the fertile leaves, however, before this curvature has become very pronounced, a pro- tuberanee may be noticed upon its inner face, not far above the base. This originates from the growth of a single cell (x), wich acts as an apical cell in the same way as that of the apex of the body of the leaf. This protuberance is the young sporocarp which at this stage is clearly seen to be simply a segment or branch of the fertile leaf. „The young sporocarp eularges rapidly after its formation and assumes the form of a blunt eune.* Marsilia polycarpa Hook. et Grer. Das in Alkohol conservirte Untersuchungsmaterial dieser seltenen Pflanze verdanke ich der Güte des Herrn Prof. Dr. Goebel, der diese Art in Britisch Guiana sammelte. Es verhält sich, was die Entwickelung der Früchte und des Blattes anlangt, diese Art ganz ähnlich wie Pilularia; die Früchte die bei M. polycarpa zu 20 und mehr hinter einander am Blattstiel stehen, sind ebenfalls Neubildungen an der Blattanlage. An dieser entstehen sie ebenfalls an der dem Stammvegetationspunkt zugekehrten Innenseite, und zwar in akrope- taler Reihenfolge. Kı ist in Fig. 40 älter als Ks; auch hier wächst in frühester Jugend jeder Sporophylihöcker ebenso wie der Blatthöcker B, der zur gefiederten Spreite wird, mit tetraädrischer Scheitelzelle und bildet in gleicher Weise abwechselnd Segmente. Somit ist jede Fruchtkapsel äquivalent der ganzen vier Fiedern tragenden sterilen Spreite. Genau ebenso verhalten sich die Jugendzustände von Blatt- spreite und Sporophyll bei Marsilia maera und hirsuta (cf. Büsgen pag. 171). Gegen die ältere Auffassung, dass sich die Fruchtkapsel von Marsilia aus zwei umgewandelten Fiederchen zusammensetze (Endlicher, Genera pl. pag. 68) oder auch nur aus einem solchen bestehe (Al. Braun pag. 706), spricht auch die Entwickelung der Blattfiedern, die von vornherein ein Randzellenwachsthum besitzen, wenn auch für die letztere Ansicht die von Büsgen entdeckten mehr oder weniger in Kapseln umgewandelten Fiederchen der M. hirsuta zu sprechen scheinen (pag. 175). Sterile Mittelform, Als eine solche darf eine bei M. Drummondi von Al. Braun gemachte Beobachtung einer blattartigen Fruchtausbildung angesehen werden; es befand sich an dem betr. Exemplar ein Fruchtstiel, der 24* 376 an Stelle der Frucht eine schmal lanzettförmige, von einem einfachen Nerv durchzogene Spreite trug (pag. 707). Allgemeiner Theil. Die Untersuchungsresultate des speciellen Theiles lassen sich folgendermassen kurz zusammenfassen. Der I. Abschnitt des speciellen Theiles handelt von dem „Sporangienschutzapparat“. Der Entstehungsort der Sporangien gab die Einteilung. I. Sind die Sporangien flächenständig, auf der Blattunterseite sitzend, so besteht der für die Sporangien geschaffene Schutzapparat 1. aus Haaren allein. Diese können entweder auf den Sporangien selbst oder zwischen diesen sitzen. Im letzteren Falle ist der fertile Blattheil, event. das Receptakel, allein haaretragend oder trägt diese in besonderer Modification, falls das sterile Blatt unterseits ebenfalls behaart ist. Der Schutz der Sporangien durch Haare beruht stets in einer Ueberdachung durch diese Die Ueberdachung kommt auf die verschiedenartigste Weise zu Stande; so z. B. durch Anschwellung oder Verzweigung der Haare im oberen Theil, durch Schirmhaare u. s. w.; bieher gehören sehr viele Polypodiaceen ; 2. Gruben. Diese treten nur in Verbindung mit Haaren auf (exel. die Marsiliaceen, siehe unten). Jedes Receptakel findet sich in eine Grube versenkt. Ausserdem aber werden die Sporangien auf ähnliche Weise wie im vorigen Falle von Haaren überdacht, die hier stets zwischen den Sporangien sitzen und gleichzeitig einen Verschluss der Grube herbei- führen. Wenigstens gilt dies, so lange als die Sporangien in Entwiekelung begriffen sind. Hieher gehören sehr viele Polypodiaceen und Vittari. Im ersten und zweiten Falle werden mit dem Heranreifen der Sporen die Haare allmählich unnöthig; sie werden entweder von den Sporangien ganz oder nur z. Thl. abgestossen, oder sie vertrocknen und bleiben zwischen letzteren sitzen; 3. Indusien. Ilier wurden nur einige Ergänzungen zu dem schon Bekannten erbracht. Durch Indusien findet ebenfalls eine Ueberdachung der Sporangien statt, die aber viel vollkommener ist als die durch Haare. Die Function der Indusien wird häufig noch durch die Einrollung des Sporophylis unterstützt, so bei 377 Onoelea etc. Häufig werden mit der Sporenreihe die Indusien zurückgeschlagen oder sie vertrocknen. Il. Schutzapparat der randständigen Sporangien. Dieser kommt zu Stande: ul. 1. durch Einrollung des Blattes, so bei Aneimia, Osmunda, bei der die Sporangien auch auf der Ober- und Unterseite der Sporophyliläppchen sitzen. Bei O. regalis wird der Schutz noch verstärkt durch späte Entfaltung der fertilen Segmente und durch dichte Filzbedeckung; . durch Indusien. Hieher gehört das taschenförmige Indusium Lygodium, das als Ringwall um die randständige Sporangien- anlage angelegt wird; ferner das falsche und echte Indusium von Pteris aquilina; ferner das becherförmige Indusium von Davallia und schliesslich das napf-, oder becher-, oder krug- förmige, oder zweiklappige Indusium der Cyatheaceen und Hymonophyllaceen. Bei Davallia und den letztgenannten nimmt das Receptakel stets auf dem ursprünglichen Blatt- rande seine Entstehung, während die Indusien als ,Neubildungen um das Receptakel entstehen; letzteres erleidet sehr häufig eine nachträgliche Verschiebung auf die Blatifläche (so bei Davallia aurita u, a.). Mit zu den besten Schutzapparaten ge- hört das zweiklappige Indusium von Balantium antarcticum, das das Receptakel vollständig und allseitig einschliesst. Die beiden Klappen öffnen sich mit der Sporenreihe. Besondere Fälle des Sporangienschutzes finden sich bei 1. den Ophioglosseen. Der Schutz besteht in der unterirdischen Entwiekelung der Sporangien, in der Biatteinschachtelung und in der Umfassung des Sporophylis durch den sterilen Blatttheil; . bei den Lycopodiaceen kommt der Sporangienschutz zu Stande durch die aufrechte Stellung der Sporophylle, die mit einander alterniren, so dass in den meisten Fällen eine dachziegelförmige Schutzdecke für die Sporangien geschaffen wird; bei L. anno- tinum wird dieser Schutz noch durch den trockenhäutigen Sporophylirand verstärkt, der einem falschen Indusium iden- tisch ist; . bei den Equisetaceen wird der Sporangienschutz erzielt durch die unterirdische Entwickelung der Sporangien, durch das Sitzen der Sporangien auf der Innenseite der Sporophylle, durch die alternirende Stellung der mosaikartig zusammengefügten Sporo- phylischilder, die ausserdem an ihren seitlichen Berührungsflächen 378 mit den Nachbarschildern mit einander verzapft sind und schliesslich durch die beim fertilen Spross besonders kräftig entwickelten, etwas modifieirten Blattscheiden, welche allseitig die ganze Sporophyllähre umhüllen; 4. bei den Salviniaceen wird das Receptakel, ähnlich wie bei manchen Cyatheaceen, von einem über den Sporangien sich hohlkugelförmig schliessenden Indusium geschützt; 5. bei den Marsiliaceen wird der Schutz, abgesehen von der starken Behaarung der jugendlichen Sporophylle, hergestellt durch Gruben, in denen die Sporangien entstehen, und die sich später über diesen zusammenschliessen. Der II. Abschnitt des speciellen Theiles beschäftigt sich mit der eigentlichen Sporophyllmetamorphose. Die hier in Betracht kommenden Sporophylie sind von den zu- gehörigen Laubblättern wesentlich verschieden, abgesehen von Spo- rangien selbst und abgesehen von dem event. zu diesen sich noch gesellenden Schutzapparaten. Die Umwandlung der Sporophylle gelangt stets in der eigenartigen Beschaffenheit der Blattspreite zum Ausdruck. Dazu kommt häufig noch die Verlängerung oder Aus- bildung eines Stieles und eine vom Laubblatt verschiedene Richtung des Sporophylis. 1, Umwandlung der Sporophylispreite. Hier kommt einmal die morphologische und zweitens die ana- tomische Differenz der fertilen Spreite in Betracht. a) Die morphologische Umwandlung der Spreite besteht in Verkürzung event. Verschmälerung;; zweitens in Theilung und drittens in reducirter Theilung. Daneben können verschiedene Combi- nationen von zwei oder auch drei der genannten Factoren vorkommen. a) Verkürzung event. Verschmälerung. Verkürzung allein tritt nur selten auf; so bei Acrostichum simplex, A. Aubertii und A. recognitum, alle drei mit sehr wenig veränderter Nervatur. Verschmälerung allein findet sich häufiger; mitunter wird bei der Verschmälerung das fertile Blatt bedeutend länger als das Laubblatt; so z. B. Llavea cordifolia und Salpin- chlaena scandens. Setzt man die Breite des fertilen Blattes = 1, so verhält sich die Breite des fertilen Blattes ev. Blattab- schnittes zu derjenigen des sterilen Blattes (ev. Blattabschnittes) 879 wie 1/, bei Acrostichum latifolium, Pterisheterophylla, Blechnum Spicant und Acrostichum simplex; wie !/; bei Dryostachyum splendens und Acrostichum recog- nitum; wie 1/3 bis 1/ı bei Acrostichum araneosum und Drymoglossum piloselloides; wie 1/3 bis 1; bei Llavea cordifolia, Bei den bisher genannten Arten ist die Umwandlung der Nervatur gine nur geringe; sehr stark dagegen ist sie bei den vier folgenden Arten redueirt. Die Breitendifferenz ist !js bei Lomagramma pteroides; 1/4 bei Polypodium ciliatum; !/a—"/ıs bei Salpinchlaena scandens und !/ır bei Gymnopteris decurrens. Verschmälerung und Verkürzung findet sich bei Acro- stichum Yapurense, Lindsaya dimorpha, Pteris cretica und Acrostichum praestantissimum; bei diesen mit wenig redu- eirter Nervatur; schliesslich bei Lomaria vestita mit sehr stark reducirter Nervatur. Theilung der Sporophylispreite. Einfache Theilung im Ver- gleich zu dem ganzen oder weniger stark getheilten Laubblatt findet sich bei Trochopteris elegans, Davallia heterophylla, Pterispedata, Lygodium volubile, Asplenium dimorphum, Schizaea digitata, Acrostichum osmundaceum, Thyrsopteris elegans; eine mehrfache Theilung des Sporophylis im Ver- gleich zum Laubblatt findet sich bei Botrychium lunaria, Aneimia Phyllidis, Lygodium palmatum. Bei den meisten der bisher genannten Arten besteht die Umwandlung der Nervatur darin, dass die diehotomen Nerven ev. Seitennerven in fiederige verwandelt werden. Eine strenge Scheidung der einfachen Blatttheilung und ihrer Combinationen kann nicht durchge- führt werden. Theilung und Verschmälerung findet sich bei Wood- wardia areolata, deren Sporophylinervatur eine sehr starke Reduction erfahren hat. Theilung und Verkürzung findet sich bei Lygodium arti- culatum, Osmunda cinnamomea und Ö. interrupta. Die Ner- vaturumwandlung ist bei den drei letztgenannten ganz ähnlich wie bei erstgenannter Gruppe. Theilung in Verbindung mit Verschmälerung und Ver- kürzung findet sich bei Ophioglossum vulgatum, Stenosemia 380 y) aurita, Onoelea sensibilis und Trichomanes spicatum. Bei den eben genannten findet eine starke Reduction der Nervatur statt. Auffälliger als bei eben genannten tritt die Sporophyli- theilung hervor bei Olfersia Cervina, Osmunda regalis und O. javanica. Doch sind deren Nervaturveränderungen nicht erheblich. Reducirte Theilung tritt verhältnissmässig selten auf; sie findet sich bei Cryptogramme crispa und Onychium auratum mit wenig veränderter Nervatur bei beiden; bei Acrostichum quereifolium und Trichomanes elegans mit sehr stark redueirter Nervatur und schliesslich bei Acrostichum flabellatum, Gym- nopteris aliena, Onoclea Struthiopteris und Acrostichum pel- tatum, bei welcher Art die Reduetion der Blatttheilung ihren Höhepunkt erreicht. Eine besondere Behandlung im speciellen Theilen erfuhren a) die Lycopodiaceen, bei denen die Sporo- phylle häufig bedeutend grösser sind als die Laubblätter, abgesehen von der eigenartigen Umbildung der Sporophylibasis mancher Arten, b) die Equisitaceen infolge ihrer schildförmigen Sporophyllausbildung, ec) die Salviniaceen, bei denen der Blatt- zipfel (Salvinia) oder Blattlappen (Azolla) in das Receptakel (excl. das Indusium) sich umwandelt, d) die Marsiliaceen, deren ungetheilte oder gefiederte Blattspreite zur sog. „Frucht“ metamorphosirt wird. b) Anatomische Umwandlung der Spreite. Die anatomische Beschaffen- heit der fertilen Spreite fand im speciellen Theil sehr wenig Berücksichtigung, um vielfacher unnöthiger Wiederholung vor- zubeugen; hier kommt einmal das Mesophyli und zweitens die Epidermis mit den Spaltöffnungen in Betracht. Das Mesophyll. Nur bei schwach metamorphosirten Sporo- phylien, wie denen von Llavea, Cryptogramme, Pteris und vielen anderen findet sich ebenso wie beim sterilen Blatt assimilirendes Schwammparenchym vor in der gleichen Aus- bildung; mit fortschreitender Metamorphose jedoch verliert das Mesophyll immer mehr den Charakter des Schwamm- parenchyms, indem die Intercellularen an Grösse abnehmen, so bei Acrostichum quereifolium; noch mehr tritt dies bei Onoclea Struthiopteris und Lycopodium annotium hervor, bei denen auch die Zahl und Grösse der Chlorophylikörner ver- mindert -wird. Stark metamorphosirte Sporophylie besitzen nur ein aus parenchymatischen Zellen bestehendes Mesophyll, B) 381 das’nur kleine spärliche Chlorophylikörner einschliesst. Dies gilt für Osmunda, Stenosemia, Gymnopteris, für Ophio- glossum, Botrychium, für viele Aneimiaceen; ähnlich bei Equisetum. Der Sporangienträger enthält nur in der Jugend auf seiner Aussenseite wenig Chlorophyll. Die Epidermis. Was zunächst die Umwandlung der Epi- dermiszellen selbst anlangt, so besteht diese in der Regel in einer Streckung der Epidermiszellwände und häufig noch in einer Dehnung der Epidermiszellen in die Länge. Fast bei sämmtlichen Laubblättern finden sich mehr oder weniger stark gewundene Epidermiszellwände vor. Sehr gering sind die Epidermisunterschiede bei Lygodium articulatum, Crypto- gramme crispa, Llavea cordifolia, bei denen das Sporophyli nur durch unmerklich schwächer gebogene Membranen aus- gezeichnet ist. Nicht viel bedeutender sind diese Unterschiede bei Ophioglossum vulgatum, Equisetum Telmateja, Acrostichum peltatum, Polypodium eiliatum und Selaginella spinulosa. Da- gegen sind bei Onoclea Struthiopteris, Acrostichum quereci- folium, Lomaria vestita, Salpinchlaena scandens die Epidermis- unterschiede schon grösser. Das Sporophyli besitzt hier poly- gonale oder etwas gestreckte Zellen mit geraden Wänden, während das sterile Blatt sehr stark hin und her gebogene Epidermiszellwände besitzt. Die grössten Epidermisunterschiede finden sich bei denjenigen Sporophylien, die kein Schwamm- parenchym führen; hierher gehören die schon oben genannten Gattungen Stenosemia, Osmunda etc., bei denen die Epidermis- zellen des Sporophylis meist noch sehr stark in die Länge gedehnt sind (Botrychium, Aneimia Phyllitidis). Die Anzahl der Spaltöffnungen ist verhältnissmässig beim Sporophyll stets eine geringere als beim Laubblatt, ohne dass jedoch mit fortschreitender Umwandlung die Zahl der Spalten stetig verringert würde. Das Sporophyll ist entweder auf beiden Seiten in gleicher Weise wie das Laubblatt mit Spalten besetzt, so bei Osmunda regalis, Lygodium palmatum, Botry- chium Lunaria, Ophioglossum vulgatum, oder es trägt ebenso wie das Laubblatt nur unten Spalten, so bei Polypodium ciliatum, Llavea cordifolia, Cryptogramme crispa, Aneimia Phyllitidis, Equisetum Telmateja, oder es besitzt schliesslich das Sporophyli gar keine Spalten, während das laaubblatt nur unterseits solche trägt, so bei Lomaria vestita, Salpinchlaena 382 scandens, Stenosemia aurita, Onoclea Struthiopteris, Acrostichum quereifolium. Eine Ausnahme macht das Sporophyli von Acrostichum peltatum, welches nur oben, das Blatt aber nur unten Spalten trägt. 2. Der Sporophylistiel. Die Ausbildung eines Sporophylistieles oder die Verlängerung des Stieles an der fertilen Spreite findet sich zwar als häufige Er- -scheinung bei vielen Sporophyllen vor, steht aber in keinem Zusammen- hang mit dem jeweiligen Grad der Metamorphose. Bei Osmunda regalis z. B. ist der Stiel der fertilen Blätter nicht länger als der der sterilen, was aber bei manchen tiefer stehenden Sporophyllen zutrifft und bei den meisten Marsiliaarten ist das Sporophyll sehr kurz ge- stielt im Vergleich zur sterilen Spreite. Der Sporophylistiel wird zweimal so lang als der Blattstiel bei Acrostichum latifoium, Drymo- glossum piloselloides, Onoclea Struthiopteris, Blechnum Spicant, Davallia heterophylla, Lygodium articulatum (Gabeläste 1. Ordnung), 2!/mal bei Acrostichum Aubertii, dreimal bei Acrostichum recognitum (1'!e—3mal), A. araneosum, Lygodium palmatum (Stiel des Secundär- segmentes), Trichomanes elegans, 2—4mal bei Acrostichum querei- folium, fünfmal bei Lygodium articulatum (Gabeläste 2. Ordnung), 7—11mal bei Lindsaya dimorpha, 16mal bei Gymnopteris decurrens. Bei den Equisetaceen ist das Sporophyll gestielt, während das Blatt sitzend ist. Ein gleiches gilt für die sterilen und fertilen Segmente vieler Aneimiaceen. Aehnliche Verhältnisse finden sich auch zwischen den fertilen und sterilen Blattabschnitten der Ophioglosseen vor. 3. Die Richtung des Sporophylis. Diese ist bei vielen heterophyllen Farnen wesentlich von der des Laubblattes verschieden; sie ist in den meisten Fällen eine mehr oder weniger verticale gegenüber den schief stehenden Laubblättern. Eine Neigung zur Verticalstellung zeigen die Sporophylle von Cryptogramme crispa und Osmunda regalis (die fertilen Primär- und Secundärseg- mente). Deutlich tritt diese Verticalstellung schon hervor bei Blech- num Spicant, Lindsaya dimorpha und allen Ophioglosseen ; am schönsten bei Onoclea Struthiopteris und vielen Aneimiaceen wie A. Phyllitidis und densa. Auch bei vielen Iycopodiaceen sind die Sporophylle bestrebt eine Verticalstellung einzunehmen. Horizontal stehen die Sporophylle bei Equisetum und die fertile Spreite von Acrostichum peltatum. Die Verticalstellung der Sporophylle steht (abgesehen von den Lycopodiaceen) wohl im engsten Zusammenhang mit der Sporenaussaat. Dass 383 alle Sporophylle umgewandelte Laubblätter sind, dies zu beweisen, war der Zweck dieser Arbeit. Den Beweis lieferte einmal die Entwickelungsgeschichte der Blätter und Sporophylle und zweitensdie Mittelformen, Rückschlagsbildungen und völligfertilen Blätter. a) Die Entwickelungsgeschichte hat bewiesen, dass einmal Blatt- und Sporophyllanlagen identische Gebilde sind. Die Entwickelung der Sporophyllie hält mit derjenigen der Laubblätter stets bis zu einem gewissen Stadium gleichen Schritt. Sporophyll- und Laubblattanlagen sind bis dahin morphologisch nieht von einander verschieden; und weiter hat die Entwickelungsge- schichte gezeigt, dass die Sporophylle jünger sind als die Laubblätter, dass sie erst durch Umbildung aus einer Laub- blattanlage entstanden sind. Proportional dem jeweiligen Grade der Sporophyllumwandlung beginnt der Umwandlungs- process bald später, bald früher mit der zu einem Sporophyli bestimmten Laubblattanlage vor sich zu gehen; sehr spät beginnt er bei Cryptogramme crispa, etwas früher bei Osmunda regalis, Lycopodium annotinum, noch früher bei Acrostichum quereifolium und den Öphioglosseen; bei stark metamor- phosirten Sporophylien beginnt die Umwandlung bereits zu einer Zeit, da beide Blattanlagen erst aus verhältnissmässig wenigen Zellen sich aufbauen, so bei den KEquisetaceen, Salviniaceen uud Marsiliaceen; je höher also der Grad der Metamorphose, um so weiter muss man in der Entwickelungs- geschichte zurückgehen, um eine Uebereinstimmung in der Gestalt zwischen Sporophyll und Laubblatt beobachten zu können. Der Umwandlungsprocess beruht auf einer Hemmung der ursprünglichen Blattanlage; dabei wird die von dem be- treffenden Blatt erzeugte vegetative Substanz zum Aufbau der sich entwickelnden Sporangien verwendet. Das Erscheinen dieser auf der Blattanlage ruft jedoch keineswegs die Um- wandlung hervor, diese ist nicht von den Sporangienanlagen direet abhängig; dass die Umwandlung stets früher eintritt als die Sporangien angelegt werden, bezeugt die Entwickelungs- geschichte und die sterilen Mittelformen. Somit ist die Ur- sache der Sporophylimetamorphose eine uns unbekannte, wenn auch ohne weiteres einzusehen ist, dass die Umwandlung von inneren Kräften ausgeht, die in stofflicher Zusammensetzung zu suchen sind, und die mit der Erzeugung von Sporangien betraut sein müssen. 384 b) Die Mittelformen, Rückschlagsbildungen und völlig fertilen Blätter erbrachten nächst der Entwickelungsgeschichte den Beweis, dass die Sporophyll- und Laubblattanlagen gleichwerthige Ge- bilde sind und dass durch Umbildung von Laubblattanlagen die Sporophylle entstanden sind. a) Die Mittelformen sind entstanden entweder durch theilweise Umbildung eigentlicher Laubblattanlagen, oder durch unge- nügende Umbildung von eigentlichen Sporophyllanlagen. Auf diese Weise kommen z. B. zu Stande die bei Aneimia ge- nannten sterilen Mittelformen, die die Stelle der hintersten Fiederblätter einnehmen, die Mittelformen in der Sporophyli- ähre von Equisetum, die sterile Mittelform der Marsilia Drum- mondi ete. und auf jene Weise kommen zu Stande die Mittel- formen am sterilen Blatttheil von Botrychium Lunaria, der fertil gewordene Equisetenannulus u. s. w. Da also eine Mittelform bald auf diese bald auf jene Art zu Stande kommen kann, so muss die Sporophyllanlage der Blattanlage gleich- werthig sein; dass ferner die Laubblätter umgebildet werden können zu Sporophylien, beweisen vorzüglich solche Mittel- formen, die bei ein und derselben Art zahlreich auftreten, so dass durch die verschiedenen, stufenweise aufeinanderfolgen- den Ausbildungen das normal sterile Blatt mit dem normal fertilen verbunden wird. Mit zunehmender Ausbildung der Sporangien muss die vegetative Seite der Mittelform immer mehr in den Hintergrund treten, und die Annäherung an die Gestalt des normalen Sporophylis wird immer grösser; und je unvollkommener die Sporangien entwickelt sind, um 50 mehr kann sich das betr. Blättchen vegetativ ausbilden und um so mehr wird die Gestalt des normal sterilen Blattes erreicht. Sterile Mittelformen finden sich bei: Trochopteris elegans, Lygodium lucens, Botrychium Lunaria, Aneimia Phyllitidis, A. pallida, A. mexi- cana, Osmunda regalis, O. Claytoniana, Cryptogramme crispa, Onychium auratum, Onoclea Struthiopteris, Lycopodium anno- tinum, ferner gehört der Equisetenannulus hieher, weiter bei E. Telmateja monstr. comosa, E. arvense, E. inundatum, E. limosum und bei Marsilia Drummondi. Fertile Mittelformen besitzen eine sehr weite Verbreitung und finden sich bei: Llavea cordifolia, Drymoglossum piloselloides, Blechnum 385 Spieant, Pieris heterophylla, Lindsaya dimorpha, Lomaria vestita, L. discolor, L. capensis var. procera, L. Regneliana, L. Gilliesü, Pteris pedata, Lygodium lucens, Asplenium dimor- phum, Acrostichum osmundaceum, Botrychium lunaria und wohl allen Botrychien, Aneimia adiantifolia, A. imbrieata, A. Mille- folium, Lygodium palmatum, L. articulatum, Trichomanes spica- tum, Ölfersia Cervina, Osmunda regalis, ©. regalis var. inter- rupta, ÖO. javanica, OÖ. einnamomea, ÜUryptogramme crispa, Önychium auratum, Acrostichum quereifoliun, Onoelea Struthi- opteris, Acrostichum peltatum, Selaginellaspinulosa, Lycopodium annotinum, L. elavatum, Equisetum Telmateja var. serotinum forma prolifera, E. T. monstr. polystachyum, E. pratense, E. arvense var. campestre, E. inundatum, E. limosum und schliesslich bei Salvinia natans. B) Rückschlagsbildungen und völlig fertile Blätter. Erstere tragen den Charakter normal steriler Blätter und letztere den normal fertiler. Diese sind dadurch entstanden, dass die ursprünglich zu . einem Laubblatt bestimmte Anlage völlig metamorphosirt wurde, und jene dadurch, dass die Umwandlung der Sporophyllanlage vollständig unterblieb. Da also einerseits ein normales Laub- blatt bald aus einer Laubblatt-, bald aus einer Sporophyll- anlage hervorgehen kann, und da andererseits ein normales Sporophyli bald aus einer Sporophyll- bald aus einer Laub- blattanlage entstehen kann, so müssen beide Blattanlagen gleichwerthig sein. Rückschlagsbildungen finden sich bei: Botrychium Lunaria, Lycopodium Chamaecyparissus forma frondescens, Equisetum pratense monstr. annulatum, E. arvense var. serotinum. Völlig fertile Blätter finden sich bei Botrychium Lunaria, Osmunda regalis var. japonica und var. capensis; von Lygodium subalatum sind nach Prantl bis jetzt sterile Blätter noch nie gefunden worden (IIb pag. 14); auch die Subprimordial- und Primordialblätter sind hier stets fertil. Die vorliegende Arbeit wurde von mir auf Vorschlag und unter Leitung des Herrn Prof. Dr. Karl Goebel im pflanzenphysiologischen Institut zu München ausgeführt; es sei mir gestattet, diesem meinem hochverehrten Lehrer an dieser Stelle meinen wärmsten Dank auszu- sprechen; einmal für dessen vielfache Rathschläge, die mir bei meiner Arbeit zu Theil wurden, und weiter für dessen Liberalität, Dank deren ich eine Reihe von ihm in Ceylon, Java und Guiana gesammeiter 386 Farne untersuchen konnte. Diese waren mir theils getrocknet, theils in Alkohol konservirt zur Benützung überlassen. Einen grossen Theil der untersuchten Farne entnahm ich dem botanischen Garten und dem ziemlich reichhaltigen Universitätsherbar zu München; ein- heimische Pflanzen konnten von mir selbst gesammelt werden. Citirte Litteratur. Bower, F. O., I. Is Eusporangiate or Leptosporangiate the more primitive type in the Ferus? (Annals of Botany Vol. V p. 130. London 1890 —1891.) — II. On the comparative morphology of the leaf in the vascular cryptogams and gymnosperms (i. d, Philosophical transactions of the Royal Society of London. (Part II 1884). — 1. Studies in the morphologie of spore produeing members. — Preliminary statement on the Lycopodinae and Ophioglossaceae (From the proceedings of the Royal Society 1891). — IV. Studies in the morphology of spore-produeing members, — Equisetineae and Lycopodineae. (Phil. transact. o. t. royal soc. of London 1894 Vol. 185.) Braun, Alexander. Marsiliaceen. Monatsbericht der Berliner Academie 1870 pag. 707. Bruchmann. Ueber Anlage u. Wachsthum der Wurzeln von Lycopodium u. Isoetes. (Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaften 1874.) Burck, William. Over de ontwikkelings gschiedenis en den aard van het indusium der varens Haarlem 1874. Büsgen, M. Untersuchungen über normale u. abnorme Marsilienfrüchte. Flora 1890. Campbell, D.H., I. On the development of Azolla filiculoides (Annals of Botany Vol. VII Nr. XXVI June 1892), — U. The development of the sporocarp of Pilularia Americana A. Br. (Bulletin of the Torrey botanical Club Vol. XX Nr. IV. April 1893.) Goebel, K., I. Beiträge zur vergleichenden Entwiekelungsgeschichte der Sporan- gien. (Botan. Zeitung 1880 Nr. 33.) — 11. Das gleiche, Bot. Zeitung 1831 pag. 699. — Ill. Das gleiche. Ueber die „Frucht“ von Pilularia. Bot. Zeit. 1882 Nr. 45. , — IV. Ueber künstliche Vergrünung der Sporophylle von Onoclea Struthiopteris (in den Berichten der deutschen botan. Gesellschaft 1887 pag. LXIX). — V. Vergleichende Entwiekelungsgeschichte der Pflanzenorgane (in Schenk’s Handbuch der Botanik). Griffith, W. On Azolla and Salvinia (Caleutta Journal of Natural History Vol. V 1845). Hegelmaier I. Zur Kenntniss einiger Lycopodinen (Bot. Zeitung 1874 p. 516). -— IL. Zur Morphologie der Gattung Lycopodium (Bot. Zeit. 1872.) Holle, H. G. Ueber Bau und Entwickelung der Vegetationsorgane der Ophio- glosseae, (Bot. Zeitung 1875 Nr, 16.) Hooker, Garden Ferns. London 1862. Lürssen, Ch. Die Farnpflanzen in Rabenhorst's Kryptogamenflora Deutschlands, Ocsterreichs u. der Schweiz. 387 Martius, Ph. v. Flora Brasiliensis Fascikel XXIII. Mettenius |, Beiträge zur Kenntniss der Rhizokarpeen. Frankfurt a. M. 1846. Meunier, Alph. „La Pilulaire“. Etude anatomico-genetique du sporocarp chez 1a Pilularia globulifera. Milde, Julius. Die Gefässkryptogumen in Schlesien preussischen u. österreichischen Antheils. (Verhandlungen der k. Leopold. Karol. Akademie der Naturforscher Vol. XVI, pars II 1858.) — 1. Equisetenstudien. Botanische Zeitung 1865 pag. 380 ff. — III. Die Fructification der Osmunden. Bot. Zeitung 1868 pag. 65. — IV. Mongraphia Equisetorum (in den Verhandlungen der k. Leop. Karol. Ak. der Naturf. Vol, XXXII pars II. Dresden 1865.) — V, Beiträge zur Kenntniss der Equiseten. (Ebenda Vol. XXIII 1852.) Naegeli, v. Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre. München und Leipzig 1884. Prantl, K., I, Bemerkungen über die Verwandtschaftsverhältnisse der Gefäss- kryptogamen u. den Ursprung der Phanerogamen (Verhandl. der phys. med. Gesellschaft zu Würzburg 1875). — Ha. Untersuchungen zur Morpologie der Gefässkryptogamen. Heft I Hymeno- pbyllaceen. Leipzig 1875. — Ib. Das gleiche Heft II Schizaeaceae, Leipzig 1881. — HI. Vorläufige Mittheilungen über die Verwandtschaftsverhältnisse der Farne (Verhandlg. der phys.-med. Ges. zu Würzburg 1874 pag. 141). Pringsheim, N. Zur Morphologie der Salvinia natans (Jahrbücher f. wiss. Bot, 1863). Ridley & Faweett. Additions to the Flora of Dorset. (Journal of Botany XI 1882.) Roeper. Zur Systematik u. Naturgeschiehte der Ophioglosseen. Bot. Zeit. 1859. Sadebeck. Farne in Schenk’s Handbuch der Botanik. Strassburger, Ed. Ueber Azolla mit 7 Tafeln. Jena 1873. Erklärung der Tafel V. Fig. 1. Längensehnitt durch zwei Sporophylie von Iycopodium inundatum. Fig. 2 u. 3. Zwei Querschnitte in verschiedener Höhe durch die Sporophyllähre von Lycopodium inundatum. Fig. 1—3 18mal vergrössert. Fig. 4—6. Fertile Mittelformen von Equisetum Telmateja Ehrh. var. serotinum forma prolifera. 7,5mal vergrössert. Fig. 4 u. 5. Zwei Blättchen aus dem 6. Sporophyliquirl; Innenseite. Fig. 6. Blättchen aus dem 7. Sporophyliquirl von der spaltöffnungsführenden Innen- Seite gesehen. Ueber die Entwickelung der Sexualorgane bei Vaucheria. Von Friedrich Oltmanns. Hierzu Tafel VI-X. Seitdem durch die grundlegenden Untersuchungen Pringsheim’s') die Entstehung der Geschlechtsorgane und die Befruchtungsvorgänge an Vaucheria sessilis klar gelegt und durch de Bary kurze Zeit darauf an Vaucheria aversa bestätigt?) wurden, sind wir zwar durch die Arbeiten von Walz, Woronin u. A. über die Formen dieser Gattung, durch Schmitz, Strasburger etc. über den Bau der Fäden und der Schwärmsporen unterrichtet worden, aber unsere Kenntnisse über die Entwickelung der Oogonien und Antheridien sind etwas dürftig, besonders soweit es die inneren Vorgänge — das Ver- halten der Zellkerne — betrifft. Und doch ist die Kenntniss der fraglichen Processe bei den Vaucherien sowohl als auch bei allen anderen nichteellulären Pflanzen sicher von Bedeutung für die Er- kenntniss der Befruchtungsvorgänge überhaupt, denn es erhebt sich immer die Frage, ob auch hier ein Eikern durch einen Spermakern befruchtet werde und nach Bejahung dieser die weitere, wie die Bil- dung des einen Eikerns zu Stande komme. Da die vorliegenden Angaben, wie gesagt, für die Beurtheilung unserer Fragen nicht ausreichen — sie sind meistens auch gar nicht ad hoe angestellt —, habe ich die Vaucherien von dieser Seite her einmal gründlich in Angriff zu nehmen versucht. Ich sah bald, dass das bisher übliche Verfahren, die Pflanzen in toto zu färben, nicht zu brauchbaren Resultaten führt. Schläuche und Oogonien sind viel zu dick, um, auch nach Anwendung der üblichen Aufhellungsmittel, tadellose Bilder zu geben und ausserdem sind die Zeilmembranen nicht selten gerade für die besten Farbstoffe und Farbgemische mehr oder weniger undurchlässig, so dass die Untersuchung an mangelhafter Färbung scheitert. Die Anwendung des Mikrotoms dagegen führt leicht und glatt zum Ziel. Die Pflanzen wurden in 190 Chromsäure oder 1°jo Chromessigsäure fixirt und dann nach bekanntem Recept in Paraffin eingebettet. Um richtige Längsschnitte durch die Oogonien 1) Pringsheim, Ueber die Befruchtung der Algen. Sitzungsber. d. Acad. d. W. zu Berlin, 1855, p. 188. 2) de Bary, Ueber d. geschlechtl. Zeugungsprocess b. d. Algen. Berichte d. naturf. Ges, zu Freiburg i. Br. I, 1856, 389 zu bekommen, muss man natürlich über die Lage derselben orientirt sein. Das ist in folgender Weise zu erreichen. In guten Culturen der Vaucheria hat man zahlreiche vertical neben einander stehende Fäden, welche meist sehr reichlich fruchten. Man fasst mit einer Pincette ein Büschel solcher Fäden, legt dasselbe auf ein mit der Fixirungsflüssigkeit getränktes Stück Fliesspapier und knickt das lange . Büschel mehrfach so, dass auf einen Raum von etwa 5mm Länge und 2mm Breite eine grosse Anzahl von Fäden parallel neben und auf einander zu liegen kommen. Hierbei legt sich die weitaus grösste Mehrzahl der Oogonien und Antheridien parallel der Papierfläche auf die Seite; die Fäden etc. bleiben, bei vorsichtiger Weiterbehand- lung, in ihrer einmal angenommenen Lage. Wenn man dann später entsprechend schneidet, erhält man sehr reichliche Oogonien-Längs- schnitte und kann bis zu 10 Schnitten durch ein Oogon herstellen. Durch Färbung mit Gentianaviolett-Eosin erzielt man ausgezeichnete Bilder. Zur Cultur wurde Material verwendet, welches ich theils in den Wässern Freiburgs, theils bei Basel unter gütiger Führung des Herrn Prof. Klebs gesammelt hatte. Es wurden einfach Stücke dichter Vaucheria-Rasen in Glashäfen gebracht und die aus denselben auf- schiessenden Fäden oder auch die aus Schwärmern erwachsenen Pflänzchen verwandt. Auf „Reineulturen® wurde verzichtet, da hin- reichend kleine Rasenstücke meistens nur eine Species enthalten und ausserdem die einzelnen Arten recht leicht unterscheidbar sind. Wie der nachfolgende Bericht ergeben wird, haben natürlich auch lebende Objecte, welche in der feuchten Kammer unter dem Mikroskop beobachtet wurden, Berücksichtigung gefunden. Es zeigte sich sehr bald, dass normale Culturen die Befruchtung und den wichtigsten Theil ihrer Entwiekelung bei Nacht vollziehen, doch kann man — nach bekanntem Verfahren — die Pflanzen zeitweilig in Eis setzen und dann auch am Tage alles beobachten. Je nach der Dauer der Eisbehandlung lassen sich jüngere oder ältere Stufen für die Vor- oder Nachmittagsstunden zur Beobachtung „einstellen“. Im Hängetropfen wachsen dieVaucherien gut, besonders imHerbst, wenigerimHochsommer, weil wohl die Wärmegrade zu hoch sind. Freilich ist es mir kaum ge- lungen, die Entwiekelung der Geschlechtsorgane von der ersten Anlage bis zur völligen Reife zu verfolgen, indess genügt auch in unserem Fall eine 6—8 Stunden fortgesetzte Beobachtung grösserer Abschnitte aus der Entwickelung und im Weiteren die Combinirung solcher Stücke. Da ich anfänglich über die Unschädlichkeit der Eisbehandlung Flora 1895, 25 390 nicht ganz im Reinen war, habe ich das zu conservirende Material Normaleulturen entnommen, indem ich alle 2 Stunden bei Tage und bei Nacht genügende Quantitäten in Chromsäure etc. einlegte. Was die früheren Angaben über das Verhalten der Zellkerne us. w. in jungen und alten Oogonien von Vaucheria betrifft, so theilt Schmitz!) mit, dass die Oogon-Anlagen viele Zellkerne ent- halten; in der später ausgeschiedenen Plasmamasse (Riehtungskörper nach Schmitz) liegen zahlreiche kleine Kernfragmente?), die von den Zellkernen der jungen Oogonien abgegliedert werden. In der Oospore macht er einen Kern wahrscheinlich und vermuthet, dass dieser durch Verschmelzung des Spermakerns mit dem ursprünglich vorhandenen entsteht. Später behandelt Strasburger?) den Fall in seinen Zellbüchern im Anschluss an die Zoosporenbildung, ohne erheblich Neues über die Oogonien zu bringen. Berthold*) bespricht ebenfalls in erster Linie die Entwickelung der Zoosporen und ver- gleicht damit die bei der Oogonbildung sich abspielenden Umlage- rungen im Plasma. Ueber die Kerne äussert er sich sehr vorsichtig. Sodann nimmt J. Behrens die Frage wieder auf.) Er be- stätigt die Angaben Berthold’s bezüglich der plasmatischen Um- lagerungen, findet nach der Abtrennung des Oogons durch eine Querwand in einigen Fällen Kerne im Schnabel des letzteren, sowie einen grossen Zellkern in der Mitte des Eies, der „ohne Zweifel* durch Verschmelzung der früher vorhandenen zahlreichen Kerne ent- standen ist. Klebahn®) erklärt dann schliesslich Schmitz’ und Behrens’ Auffassungen für unbewiesen und beobachtet selbst zahl- reiche Kerne noch in der Oospore. Ein erfreuliches Bild bieten diese Angaben nicht, es sind fast alles nebenbei gemachte Beobachtnngen und so ist fast in allen Richtiges und Unrichtiges vermengt. Dess- wegen darf ich auch wohl darauf verzichten, alles noch im Einzelnen zu seciren. Ich ziehe es vor, die Entwickelung der Geschlechtsorgane im Zusammenhang zu schildern; aus dieser Darstellung wird sich dann von selbst ergeben, was nach meinen Untersuchungen an den }) Zellkerne der Thallophyten. Sitzungsber. d. niederrhein. Gesellschaft f. Natur- und Heilkunde zu Bonn 1879, p. 349. 2) Unters. über die Befruchtung der Florideen. Sitzungsber. d. Acad. . Wiss, zu Berlin 1883, p. 225 Anmerk. 3) Zellbildung u. Zeiltheilung III. Aufl. p. 90. 4) Protoplasmamechanik p. 291 ff, 5) Berichte d. deutschen bot. Gesellsch. 1890, p. 314. 6) Studien über Zygoten, Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. XXIV, p. 237. a ee 391 früheren Beobachtungen ungenau ist und was andererseits den That- sachen entsprechen dürfte. I. Vaucheria clavata und fluitans. Zur Untersuchung gelangten zunächst Formen der Vaucheria sessilis und zwar diejenigen, welche nach einer freundlichen Mitthei- lung des Herrn Prof. Klebs als V. clavata einerseits, als V. fuitans andererseits zu bezeichnen sind. Die V. elavata besitzt relativ dicke Fäden, die Oogonien sind schlank mit geradem, mässig geneigtem Schnabel, diejenigen der V. fluitans sind dünner, die Oogonien ziem- lich bauchig, der Schnabel ist kürzer als bei V. clavata und stark geneigt, er bildet gegen das Oogonium oft einen Winkel von 90°, In ihrer Entwickelung verhalten sich beide Formen so gleich, dass selbst eine Vermengung nichts schaden würde. Ich habe sie aus einander gehalten und es beziehen sich die unten zu gebenden Zeich- nungen grösstentheils auf V. fluitans soweit es die Wiedergabe lebender Objecte betrifft, auf V. clavata soweit Schnitte in Frage kommen. Von V. celavata stand mir reichlieheres Material zur Verfügung, für die bunten Abbildungen wählte ich trotzdem die V. fluitans, weil bei dieser Art eine Anzahl von Vorgängen in den Färbungen etwas deutlicher hervortreten. a) Oogonien. Die Entstehung von Geschlechtsorganen an den Fäden der Vaucheria wird schon frühzeitig dadurch angekündigt, dass sich an einzelnen Stellen derselben dunkle, mehr bläulichgrün erscheinende Zonen bilden, hervorgerufen durch reichliche Ansammlung von Proto- plasma mit Chlorophylikörpern und noch massenhafteres Auftreten grau schimmernder Oeltropfen. Zunächst erscheinen dann bekanntlich die Antheridien als Seitenzweiglein von normalem Bau; nur wandert in diese Aeste mehr Oel hinein, als das bei vegetativen Aesten der Fall zu sein pflegt. Dies Oel tritt später, wenn das junge Antheri- dium schon eine stark hornförmige Krümmung zeigt und sich eine stärkere Plasma-Ansammlung in der Spitze bemerkbar macht, grössten- theils wieder in den Faden zurück (Fig. 1 Taf. VIu. VON). Schon vorher sind die ersten Anfänge der Oogonien in Form kleiner, pyramidaler Höckerchen bemerkbar geworden, die nun an Grösse zunehmen. Wie bei der Anlage vegetativer Aeste, sieht man auch hier an der Kuppe eine ziemlich dicke Schicht mehr weniger körnigen Plasmas, das relativ geringe Mengen von Chlorophylikörpern enthält, dann folgen 392 nach unten reichlichere Chlorophylimassen, während Oel noch nicht siehtbar ist. Wie Fig. 1 Taf. VIIITu.IX ausweist, treten schon in den jüngsten Anlagen Kerne auf und vermehren sich mit dem Wachsthum der- selben (Fig. 5 Taf. X). Sie liegen besonders reichlich in den Theilen, welche auch vom Chlorophyll eingenommen werden, während die äusserste Spitze des Kegels ebenfalls von den Kernen gemieden wird — genau wie an der Spitze gut wachsender vegetativer Fäden, die ebenfalls kernfrei sind. Die Bilder stimmen auch im Wesentlichen mit dem überein, was Berthold (Protoplasmamechanik p. 267 ff.) über den Scheitel von Bryopsis ete. angibt. Schon die oben genannten dunkleren Zonen, welche der Entstehung von Sexualorganen voraufgehen, enthalten sehr reichliche Kernmassen, weitaus mehr, als die übrigen Theile der Fäden, und es ist mir nach Allem, was ich gesehen habe, in hohem Maasse wahrscheinlich, dass die Plasmamasse, welche die jungen ÖOogonien ausfüllt, zunächst wenigstens, aus dem Tragfaden stammt, aus welchem sie mit Chloro- plasten und Kernen einwanderte. Dass daneben auch eine Ver- mehrung dieser Gebilde, namentlich auf späteren Stufen der Ent- wiekelung, eintrete, wird kaum zu bestreiten sein. Freilich habe ich gerade hier Bilder, die auf Kerntheilung hindeuteten, kaum erhalten, das würde aber nicht viel beweisen, da bei der unglaublichen Klein- heit der fraglichen Gebilde sehr schwer in dieser Richtung etwas Positives zu erzielen ist, Die kegelförmige Vorstülpung wandelt sich nun ziemlich rasch in einen kugel- oder umgekehrt eiförmigen Körper um und damit beginnt auch das Oel des Tragfadens in denselben einzuwandern (Fig. 2 Taf. VLu. VID). Am Scheitel findet sich zunächst noch eine dicke Plasmakappe mit reichlichen Kernen (Fig. 2 Taf. VIIlu. IX), welche aber auch jetzt noch eine, wenn auch kleinere, Zone farblosen Proto- plasmas oben frei lassen. Durcli weiteres Wachsthum des fraglichen Organs schwindet die Plasmakappe, es entsteht ein gleichmässiger und ziemlich dicker Wand- beleg (Fig. 3 Taf. VI u. VL, Fig.3 Taf. VIlLu. IX), welcher aussen immer noch helles Plasma führt und besonders dadurch auffällt, dass die Kerne ganz nach innen zu liegen, gedeckt nach aussen durch eine diehte Lage von Chloroplasten. Der ganze Hohlraum wird von Oel- tropfen ausgefüllt. Aeusserlich macht sich weiterhin am lebenden Object kaum eine Veränderung bemerkbar, nur sieht man, dass im ganzen Oogonium die Plasmaschicht mit Chlorophylikörpern etwas dicker wird und dass 393 die Chloroplasten oft scharf an die Wand heranrücken, bis nach kurzer Zeit (Fig. 4 Taf. VI u. VII) die erste Andeutung einer Schnabelanlage her- vortritt, indem sich seitlich unter Vorwölbung der Membran an jener Stelle helles Plasma (ohne Chlorophyll) ansammelt. Fig. 4 Taf. VII zeigt einen Schnitt durch ein solches Oogonium, das dem eben ge- schilderten, lebenden entspricht. Es fällt die ungemein dieke Plasma- schicht sofort in die Augen, sowie die Lage der Kerne, die nicht mehr an die grosse Vacuole angrenzen, sondern mitten im Plasma liegen, überall umgeben von Chlorophylikörnern, welche letzteren sehr nahe an die Wand herantreten und kaum einen farblosen Saum übrig lassen. Auch im Plasma ist die Schnabelbildung angedeutet, es hat bereits eine Wanderung der Kerne in der Richtung des Schnabels stattgefunden; das Chlorophyll tritt mehr zurück und man sieht hier eine schwach strahlige Anordnung desselben, wie es scheint verknüpft mit einer eigenartigen Vacuolenbildung. Dem gezeichneten Stadium geht ein anderes voraus, welches zwar den dicken Plasmabelag, nicht aber die Anfänge der Schnabelbildung zeigt und natürlich sind alle Uebergänge zu dem vorigen nachweisbar. Unsere Fig. 4 Taf. VIII u. IX und alle Präparate dieser Stufe fallen weiter noch auf durch die dicken Plasmamassen, welche sich auch im Tragfaden vorfinden, und die Beobachtung lebenden wie auch todten Materials macht den Eindruck — Sicheres habe ich nicht ermittelt —, als ob es sich auch hier nicht allein um eine Vermehrung des im Oogon enthaltenen Materials durch Theilung, sondern auch wesent- lich um eine Zuwanderung aus dem Faden handelte, denn auf späteren Stufen (Fig. 5, 6 Taf. VIII) sind die Plasmamassen aus den Fäden ver- schwunden und nichts spricht dafür, dass sie seitwärts im vegetativen Faden fortgerückt seien. Die Weiterentwickelung führt dann zu Gestalten, wie sie-Fig.5 Taf.VI u. VIl liefert, das junge Oogonium wird grösser und etwas schlanker, der Schnabel tritt scharf als helle Papille hervor, der Plasmawandbelag ist dünner geworden, das Oel wird reichlicher in das Oogonium hinein- transportirt und nimmt demgemäss im Tragfaden ab. Die Schnitte Fig. 5 u. 6 Taf. VIII zeigen die inneren Veränderungen. Auch sie ergeben eine „Verdünnung“ der Plasmamassen (bes. auffallend die Stadien der Fig. 6) und zeigen markant die Ausbildung des Schnabels. Die Kerne liegen zunächst noch mitten im Plasma, durch eine Chloro- phylischicht von der Wand getrennt (Fig. 5), später rücken sie aber weiter nach aussen und kommen, wenigstens zum Theil, ausserhalb der Chloroplasten , nahe der Wandung zu liegen (Fig. 6). In dem sich 394 entwiekelnden Schnabel fällt die Form der Zellkerne auf. Während dieselben in den unteren Regionen gerundet sind, erscheinen sie hier stark zugespitzt, spindelförmig; statt des einen centralen, stark ge- färbten Körperchen treten zwei solcher auf, bald gleich, bald stark ungleich. Eines scheint oft an der Spitze der Spindel zu liegen. Alle Spindeln zeigen nach der Spitze des Schnabels, und so glaube ich kaum fehlzugehen, wenn ich annehme, dass hier Theilungen der Kerne vorliegen, um so mehr, da man gerade hier zwei Kerne nicht selten dicht neben einander findet. Genaueres war bei der Kleinheit der Objecte nicht zu ermitteln. Stadien vom Alter der Fig. 6 Taf. VIII zeigen am Schnabel fast genau den Bau, wie ihn auch wachsende vegetative Sprosse der Vaucheria an ihrer Spitze aufweisen, und es findet denn gerade hier auch ein nicht unerhebliches Wachsthum statt, das zu Fig.7 Taf. VIII hinüber führt. Die Kerne haben sich im Schnabel stark vermehrt, und zwar sprechen alle Anzeichen dafür, dass dies durch Theilung, nicht durch Zuwanderung, erfolgt sei. Jetzt ist die Vermehrung beendet, alle Kerne haben rundliche, oder doch nur schwach spindelförmige Umrisse und einen centralen stark gefärbten Körper. Chlorophyll- körner liegen jetzt im ganzen Schnabel überall zerstreut, besonders bei der Vaucheria clavata, weniger bei V. fuitans. Der Protoplasma- Wandbeleg ist wieder etwas dicker geworden, die Kerne treten meist noch weit nach aussen vor, einzelne Plasmastränge durchziehen mehr oder weniger dick die grosse centrale Vacuole. In diese ist alles Oel aus dem Tragfaden eingewandert, nur wenn sehr reichlicher Vor- rath vorhanden war, bleiben einzelne Oelkörper im letzteren zurück. Die dunklere Färbung des Fadens unter den Sexualorganen ist ge- schwunden, weil nunmehr die Anordnung der Chlorophylimassen und der Kerne von derjenigen an anderen Stellen der vegetativen Fäden nicht wesentlich abweicht. Mit der in Fig. 7 Taf. VIII gezeichneten Stufe ist das junge Oogo- nium bis auf den Schnabel ausgewachsen, und es tritt nunmehr in der Entwickelung des Ganzen ein Wendepunkt ein. Wir verfolgen die weiteren Processe zunächst an den Schnitten und greifen später auf die lebenden Objecte zurück. Fig. 8 Taf. VIII ist ein Stadium, welches kaum 2—3 Stunden nach dem in Fig. 7 wiedergegebenen zur Beobachtung kommt. Wir sehen zunächst den Schnabel etwas heller und von Chloro- phyll häufig ganz frei. Die Menge des Plasmas hat namentlich in den 395 oberen Partien erheblich zugenommen. Was aber am meisten auffällt, ist die Vertheilung der Kerne. Einer derselben nimmt eine markante Lage im Schnabel ein, und zwar gewöhnlich dort, wo das farblose Proto- plasma an die chlorophyllführenden Theile grenzt. Die übrigen Kerne haben sich von der Spitze zurückgezogen und liegen massenhaft im weiten, bauchigen Theil des Oogons. Der Tragfaden enthält relativ wenig Kerne und Chlorophylikörper. Es tritt das an dem hier ge- zeichneten Schnitt besonders deutlich hervor, weil der letztere, im Gegensatz zu dem Oogonium selber, nicht genau median, sondern etwas tangential getroffen worden ist. Zwischen der vorigen Stufe (Fig. 7 Taf. VIII) und der vorliegenden lassen sich alle Uebergänge reichlich auffinden und man kann verfolgen, wie die Kerne langsam vom Schnabel zurückwandern. Diese Wanderung wird wohl meistens gemeinsam von allen Kernen angetreten, fast in jeden: Präparat findet man aber auch, wie in Fig. 8 Taf. VIII, einige Nachzügler. Die Kerne setzen weiterhin ihre Bewegung fort. Wie das im Einzelnen vor sich geht, darüber belehren uns die Fig. 9—12 auf Taf. VIII. Man sieht, wie zunächst die Bauchseite des Oogoniums von Kernen völlig frei wird, wie sich diese zunächst im unteren, verengten Theil des Oogo- hiums massenhaft ansammeln (Fig. 9) und weiterhin in den Faden hineinrücken, wo sich Chlorophyll mit Kernen gemengt an der oberen Wand des Fadens (diesen horizontal gedacht) massenhaft aufhäuft. Gleiches geschieht späterhin an der Rückenseite; Fig. 9 und ähnliche Präparate zeigen besonders gut, wie die Chlorophylimasse mit den Kernen theils noch im Oogon liegt, theils schon im Tragfaden auf- gehäuft ist. Schliesslich wird das ganze Oogon sauber ausgekehrt, auch aus dem engen halsähnlichen Theil weicht alles, was an Kernen noch vorhanden war, zurück. Ein Vergleich von Fig. 9 u. 11, sowie von Fig. 10 u, 12 ergibt das ohne Weiteres. Fig. 11 u. 12 sind Schnitte derselben Serie, sie zeigen, wie die Kerne sich in einer kragenförmigen Zone im Tragfaden anordnen, und damit ist gleichsam der Hals freigelegt zwecks Abtrennung vom letzteren, die nunmehr bald beginnt. Ehe wir darauf eingehen, mag noch betont werden, dass die grosse Vacuole, welche in den Stadien der Fig. 8 Taf. VIL noch deutlich war, später zum mindesten in einige grössere und viele kleinere zerfällt und dass das Protoplasma scheinbar massenhafter vorhanden ist, was theils auf einer wirklichen Vermehrung, theils auf reichlicher Bildung kleiner Vacuolen beruhen dürfte. Leicht ersichtlich ist auch, dass sich Plasma mit einigen Chlorophylikörpern im Schnabel angehäuft hat. 396 Der Umstand, dass sich mit den ausgeschiedenen Kernen reichlich Chlorophyll an der Basis der Oogonien ansammelt, lässt schliessen, dass auch dieser Körper auswandert, resp. dass beide, Kerne und Chloroplasten, durch bewegliches Protoplasma mitgenommen werden. Beobachtung lebender Pflanzen belehrt uns denn auch noch (des Näheren darüber. Wir halten uns an Fig. 6 auf Taf. VI, es ist das ein Oogonium, welches wenig älter ist, als das durch Fig. 6 Taf. VIII wiedergegebene, und doch ist bereits ein Unterschied bemerkbar, indem zunächst einmal das Oel eine andere Anordnung zeigt; dasselbe war vorher gleichmässig im ganzen Organ vertheilt, jetzt hat es sich mehr von der Wand zurückgezogen, und die grüne Schicht erscheint dicker. Das Zusammenziehen des Oels nach der Mitte soll aber offenbar nur Platz schaffen für die Auswanderung der Kerne und Chlorophylikörper, die bereits begonnen hat. Unsere Figur repräsentirt eine Stufe, etwas älter als Fig. 8 auf Taf. VIIL. Die Wanderungen machen sich dadurch bemerkbar, dass unter der Basis des Oogoniums der Tragfaden wieder etwas dunklere Färbung annimmt, man sieht das Chlorophyll gleich- sam von der Anheftungsstelle des Oogoniums ausstrahlen. Nun rückt immer mehr Plasma mit Chlorophyll aus dem Oogonium abwärts; man kann das erschliessen aus der Thatsache, dass zunächst am oberen Ende der Wandbelag dünner wird und dass die Oeltropfen jetzt ganz nahe an die Aussenwand heranrücken. In Verbindung damit wird das ganze Oogonium heller. Fig. 7 Taf. VI zeigt dann ein Stadium, das ohne Weiteres mit Fig. 10 Taf. VILI vergleichbar ist. Das Bild bezieht sich auf V. clavata und zeigt die Situation besonders klar. Das Oel ist weit oben der Wand dicht angedrückt, unten dagegen sieht man zwei mit Chlorophylikörpern und Kernen beladene Plasma- ströme aus dem Oogon sich ergiessen; man kann in der feuchten Kammer verfolgen, wie diese Massen sich in den Faden hinein bewegen. Sollte noch Jemand an den beschriebenen Bewegungen zweifeln, so mag hervorgehoben sein, dass dieselben besonders leicht sichtbar werden, wenn dem Protoplasma noch braune Körnchen eingelagert sind, wie das bisweilen vorkommt. Was die Körper zu bedeuten haben, weiss ich nicht, sie dienen aber als gute Indicatoren und markiren direct den Weg, welchen das Plasma nimmt, Werden durch die beschriebenen Wanderungen schon grosse Umwälzungen im Körper des jungen Oogons hervorgerufen, so ergibt sich aus dem Hin- und lIerwandern der Chlorophylikörper, dem Vor- treiben und Zurückziehen der Oeltropfen im Schnabel, welches während der geschilderten Processe statt hat, dass der ganze Oogoniums-Inhalt 397 in mehr oder weniger energischer Bewegung ist, und dass die Plasma- theile stark durch einander gerührt werden müssen. Nur der eine Zellkern, welcher im Oogonium zurückblieb, wird, nach den Schnitten zu schliessen, nicht mit in den allgemeinen Umsturz hineingezogen, er wandert nur etwas abwärts und bleibt dann in der Mitte des Ganzen liegen, indem er sich gleichzeitig etwas vergrössert. In dem eben geschilderten Stadium ist das Oogon kurz vor der Abgliederung durch die Querwand. Man kann am lebenden Object zunächst noch sehen, wie die aus dem Oogonium ausgewanderten Massen sich etwas gleichmässiger im Faden vertheilen, dann gewahrt man ein Dünner- und Hellerwerden des Plasma- und Chlorophyli- belages und schliesslich reisst derselbe an der Basis des Oogoniums aus einander, indem sich erst einzelne helle Stellen und Lücken bilden, die kurz darauf vereinigt erscheinen (Fig. 8 Taf. VI). Das Bild kann im Einzelnen wechseln, es resultirt aber immer ein breit klaffender Riss; das Protoplasına zieht sich weit nach der dem Oogo- nium gegenüber liegenden Seite des Fadens zurück. Unter mancherlei Zuckungen der Ränder tritt dann rückläufige Bewegung gegen die ÖOogoniumsbasis ein, es resultiren Bilder wie Fig. 10 Taf. VI, in welchen der obere Rand des Fadenplasmas ziemlich scharf begrenzt erscheint. Aeusserlich tritt jetzt Ruhe oder doch nur ein ganz lang- sames Vorrücken ein, man kann aber sehen, wie an den Rändern der „Wunde“ das Plasma durch einander läuft, es bildet sich ein Wulst, der namentlich an gehärteten Objeceten (Fig. 13 Taf. VIID deutlich hervortritt. Hat sich in den Wulsten genügend Protoplasma, das wohl Chlorophylikörper, aber keine Kerne enthält, angesammelt, so fliessen unter leichtem Vorrücken des Randes die Wülste zu einem Plasmaklumpen zusammen, der aus den Fig. 9 Taf. VI und 14 Taf. VIII u.IX genügend deutlich ist. Fig. 9 ergibt auch, dass eine feinkörnige, helle Plasmaschicht jetzt die Grenze gegen den scheinbar leeren Raum bildet. Im Oogonium, besonders an dessen Basis, spielen sich analoge Veränderungen ab, auch hier erfolgt unter Hin- und Her- fliessen des Plasmas ein Abschluss, nur ist die begrenzende Plasma- lamelle oft recht dünn, Einen Moment stehen sich, wie in Fig. 9 Taf. VI, beide Seiten noch ruhig gegenüber, dann erfolgen Zuckungen oben wie unten und plötzlich stürzt die untere Partie gegen die Basis des Oogoniums vor, fast möchte man glauben, es solle wieder eine Ver- schmelzung stattfinden, aber eine ganz schmale, helle Trennungslinie ist immer sichtbar und nach wenigen Minuten ist eine Membran zu erkennen. Unter der neu entstandenen Wand vertheilt sich das Proto- 398 plasma gleichmässig (vgl. Fig. 11 Taf. VI) und noch ehe diese gebildet ist (Fig. 15 Taf. VIII) sieht man schon von den Seiten her Kerne in die Theile einwandern, welche vorher davon frei waren, bis eine völlige Durchsetzung erzielt ist (Fig. 16 Taf. VII). Die Vorgänge, welche zur Bildung der Membran führen, spielen sich meistens sehr rasch ab, in guten Culturen vergehen meist nur 10-15 Minuten von der ersten Andeutung der Rissbildung bis zum Auftreten der Trennungslinie. Besonders im Hochsommer aber dauerte der Process oft 30—45 Minuten, schon desswegen, weil hier nicht selten ein wiederholtes Rück- und Vorwärtswandern des Plasmas an der fraglichen Stelle zu verzeichnen war. Die Wanderungen scheinen zunächst die Trennung der betheiligten Plasmamassen zu bezwecken, und durch die Bewegungen werden Oogon und Tragfaden bis auf die feinsten Fäden sauber von einander gesondert. Bei ungünstiger Temperatur im Sommer gelingt das nicht immer sofort, und dess- wegen scheinen dann mehrere Anläufe erforderlich zu sein; man beobachtet bisweilen ein Hin- und Herwandern, das an nervöse Zappelei grenzt. Der Moment, in welchem eine feste Membran auftritt, ist natürlich nicht genau anzugeben, da dieselbe in ihren ersten Stufen nicht von einer hyalinen Plasmaschicht unterscheidbar ist. Des. weiteren ist auch schwer zu sagen, ob die Zellwand von dem Faden oder von dem Oogon aus gebildet wird, oder ob sich beide Plasmamassen daran betheiligen. Häufig schien es mir, als wenn die Membranbildung nur von dem Tragfaden ausgehe, doch liess sich darüber volle Gewissheit nicht erlangen. Die Membranbildung einschliesslich der ganzen Umlagerungs- processe und Rissbildungen entsprechen im Wesentlichen den Er- scheinungen, welche Thuret!) schon im Jahre 1847 an den Zoosporen der Vaucheria beschrieb und welche daun Strasburger und Berthold?) nicht bloss an diesen, sondern auch an den Oogonien bestätigten. Ich habe meine eigenen Beobachtungen hier wiederholt, nicht bloss um Früheres zu bestätigen, sondern auch um eine zusammen- hängende Darstellung des ganzen Entwickelungsganges der Oogonien zu bringen und die Betheiligung der Zellkerne an den Vorgängen zu illustriren, die, wie leicht ersichtlich, bezüglich der Membranbildung gleich Null ist. Aehnliches dürfte aueh — wenn man überhaupt aus der einfachen Lage der Kerne etwas schliessen will — die Unter- suchung wachsender vegetativer Fäden oder der Antheridienzweige 1) Annales des sc. nat. Bot. 2, serie T. XIX. 2) Vgl. die p. 10 eitirten Schriften. 399 (Fig. 4 Taf. X) ergeben, in welchen sich immer die Kerne in einiger Entfernung von der Spitze halten, obwohl gerade hier die ausgiebigste Membranbildung statt hat. Auch während der Rissbildung treten Umlagerungen im Oogonium ein, indem z. B. die Chlorophylikörper und Oeltropfen im Schnabel sich ziemlich lebhaft verschieben, wie das aus dem Vergleich von Fig. 8 u. 9 Taf. VI hervorgeht, welche dasselbe Oogonium darstellen; Fig. 9 ist etwa 15 Minuten später aufgenommen als Fig. 8. Die Plasmawanderungen werden natürlich auch nach Bildung der Scheide- wand fortgesetzt, und man beobachtet, wie die Oeltropfen in das hintere untere End des Oogoniums geschoben und so dicht zusammen- gepresst werden, dass sie kantig erscheinen. Nur von einem sehr dünnen Plasma nach aussen hin überdeckt, liegen sie der Membran scheinbar direct an. Chlorophylikörper sind hier sehr wenig vorhanden, man findet sie relativ vereinzelt dort, wo die Oeltropfen sich berühren (Fig. 11—13). Die weitaus grösste Mehrzahl der Chloroplasten sammelt sich am Schnahelende des Oogons an. Zunächst sind sie auch im Schnabel selbst noch sichtbar, ziehen sich aber bald zurück, indem sie zunächst eine eigenartig strahlige Gruppirung zeigen (Fig. 11 Taf. VI). Diese aber geht rasch verloren, die Chlorophylikörner werden auf die Oelmassen gleichsam heraufgepresst (Fig. 12 Taf. VI), und damit ist die ganze vordere Hälfte des Oogoniums frei von allen Ein- lagerungen, nur gefüllt mit einer fast glashellen, feingekörnten Proto- plasmamasse. Der hintere, Oel und Chlorophyll führende Theil rundet sich dann noch ein wenig ab und zieht sich etwas von der Vorder- wand zurück, damit ist aber auch das Oogonium reif zum Oeffnen (Fig. 13 Taf. VD. Besonders bei Vaucheria fluitans ist die skizzirte Anordnung eine höchst auffallende, so dass man schon mit ganz schwachen Vergrösserungen Oogonien herausfinden kann, welche in diesem Sinne reif sind; die graugrün schimmernden Oelmassen, die dichte Chlorophylidecke darüber und der völlig helle Schnabel treten markant hervor. Bei Vauch. clavata ist die Anordnung und auch die vorhergehende Wanderung ganz ähnlich, nur tritt die Sonderung von Oel und Chlorophyll nicht so scharf hervor, weil hier die Öeltropfen meist etwas kleiner sind, Die Oeffnungserscheinungen sind hinreichend bekannt; seit Prings- heim weiss man, dass der grösste Theil des farblosen Schnabelplasmas in Form einer Kugel heraustritt, und dass damit das Oogonium ge- öffnet erscheint, während das Ei sich abrundet und nun befruchtungs- 400 fähig ist (Fig. 14 Taf. VI). Die Angaben über das Oeffnen differiren insofern etwas, als die einen ein Verquellen, die anderen mehr ein Aufreissen der Membran am Scheitel des Schnabels finden. Jeden- falls ist die Membran an der fraglichen Stelle dünner als die übrigen Theile (Fig. 17 Taf. VIID. Nach dem Oeffnen (Fig. 18 Tafel VII) ist von dieser nichts mehr sichtbar, keine Spuren zerrissener Fetzen oder dergleichen, und auch die Beobachtung am lebenden Object spricht meines Erachtens für ein recht rasches Aufquellen, das aber einer völligen momentanen Lösung fast gleichkommen muss, denn von einer Hemmung, welche die jetzt eindringenden Spermatozoiden durch etwa vorhandenen Schleim erführen, habe ich niemals etwas wahrnehmen können. Man weiss, dass an normalen Pflanzen Anthe- ridien und Oogonien sich fast gleichzeitig öffnen und dass dann die Befruchtung sehr rasch erfolgt. Schon wenige Minuten nach der Be- rührung der Spermatozoiden mit dem Ei sieht man eine Membran oder doch wenigstens eine scharf hervortretende Hautschicht ausge- bildet. Das Ei besitzt im Moment der Befruchtung einen typisch po- laren Bau, der bis zu einem gewissen Grade mit dem thierischer Eier verglichen werden kann, welche grosse Dottermassen führen. Aber bald nach der Befruchtung wird die polare Anordnug verwischt indem neue Wanderungen einsetzen. Fig. 15 Taf. VI ist etwa 15 Mi- nuten nach dem Eintritt der Spermatozoiden gezeichnet. Die Chloro- phylikörper sind auf dem Marsche nach den rückwärts gelegenen Theilen des Bies begriffen und überziehen schliesslich die ganze nun- mehr gebildete Oospore, während die Oelkörper zurücktreten, so dass Jetzt die ganze Spore tief grün erscheint. Später wandern bekannt- lich die Choroplasten mehr nach der Mitte, verlieren ihre Farbe und erscheinen in dem reifen Oogon als braune, braunrothe oder gar farb- lose Körper. Die Veränderungen in der reifenden Spore sind in den oben citirten Arbeiten mehrfach richtig beschrieben worden, ich ver- zichte desshalb auf eine weitere Erörterung. In guten Culturen trifft, wie ich bereits andeutete, die Oeffnung der Oogonien und Antheridien zusammen, in mässigen dagegen ver- späten sich die Antheridien bisweilen. Dann tritt der farblose Theil der Eizelle in den Hals vor, kommt schliesslich draussen zum Vor- schein und, wenn die Befruchtung ausbleibt, kann noch zum zweiten Male ein Plasmaklumpen, welcher häufig auch Chlorophylikörper ent- hält, abgegliedert werden. Danach scheint aber das zurückbleibende Ei nicht mehr entwickelungsfähig zu sein. Trifft dagegen ein Sper- matozoid auf das aus der Oeffnung vorschauende Ei, so kann noch a een. 401 Befruchtung stattfinden. Das Ganze umgibt sich dann mit Membran, ohne dass ein Rücktritt des Plasmas zu verzeichnen wäre, und so resultiren Sporen, welche an einem Ende mehr oder weniger stark eingeschnürt erscheinen. Nachdem wir damit die am lebenden Objeet sichtbaren Ent- wickelungsprocesse kennen gelernt haben, greifen wir zurück auf Fig. 17 Taf. VIII, um uns über das zu orientiren, was Härtung und Färbung lehrt. Die Figur entspricht der Fig. i2 oder 13 auf Taf. VI. Die Situation ist nach dem oben Gesagten klar und ein Vergleich mit Fig. 12 Taf. VIII lehrt, ebenso wie die direete Beobachtung, dass noch mannigfache Umlagerungen stattgefunden haben müssen. Be- sonders klar ersichtlich ist, dass viel Plasma in den Schnabel ein- und alles Chlorophyli aus demselben ausgewandert sein muss. Der Kern hat, wie schon vorher, trotz aller Verschiebungen des Plasmas, seine Lage annähernd beibehalten. Wenn auch im Einzelnen die Bilder vielfach wechselten, besonders bezüglich der den grossen Hohl- raum durchziehenden Plasmastränge, so blieb doch eins immer gleich: die Aufhängung des Zellkernes in einem dieken, von oben nach unten verlaufenden Plasmastrang, der meistens gegen die Bauchseite etwas vorgerückt erscheint. Im Schnabel treten bisweilen Körnchen auf, die sich etwas intensiver färben als die Umgebung; möglich, dass diese Schmitz u. A, veranlasst haben, dort Kerne oder Kernfragmente anzunehmen. Aus der ganzen Entwickelung aber geht hervor, dass davon nicht wohl die Rede sein kann. Auch nach der Oeffnung des Oogoniums verändert der Kern seine Lage nicht (Fig. 18 Taf. VIll) und demonstrirt des weiteren ad oculos, dass die ausgeschiedene Plasmamasse einen Kern nicht ent- halten könne; auch von Kerntheilungen, die sich inzwischen vielleicht könnten abgespielt haben, ist keine Spur sichtbar, und damit scheinen mir frühere Angaben, welche dem „Richtungskörper* Kerne vindi- eirten, endgiltig widerlegt. Die Befruchtung verläuft im Wesentlichen nach bekanntem Muster. Fig. 18 zeigt die Spermatozoiden vor dem Ei, Fig. 19 und 19a Taf. VIII eines derselben eingedrungen, Fig. 20 demonstrirt das Vorrücken im Ei (der Eikern lag im Nebenschnitt), ebenso wie Fig. 21 Taf, VII. Sofort mit dem Eintritt des Spermatozoides müssen an der äussersten Hyaloplasmaschicht Veränderungen vor sich gehen, denn im Stadium der Fig. 19 ist bereits eine deutliche Umgrenzung sichtbar, die einer Membran zum mindesten gleicht, in Fig. 20 ist eine solche 402 sicher vorhanden, und dieses ist doch eine Stufe, die der Fig. 15 Tafel VI sicher gleichkommt, also recht kurze Zeit nach der Be- fruchtung fixirt wurde. Die Membran wird auch nicht, wie Berthold glaubte, nur vorn, gegen die Oeffnung hin gebildet, sondern um die ganze junge Oospore, man erkennt das leicht unten und oben nach der geringen Contraction, welche durch die Fixirungsmittel hervor- gerufen wird. An den Seiten pflegt die junge Haut der älteren so dicht anzuliegen, dass man sie nicht immer zu Gesicht bekommt. Aus den Figuren ist des Weiteren deutlich, wie die apicale Plasma- masse langsam verschwindet und wie ausserdem eine gleichmässigere Vertheilung der Chlorophylikörper eintritt. Besonders richtet sich die Wanderung von Plasma und Chlorophyll gegen die Mitte des Ganzen gegen den Eikern, hierher wird auch der Spermakern mitgeführt und in dem so entstehenden dicken, centralen Plasmaklumpen (Fig. 21 Taf. VIII) spielt sich dann auch die Copulation der beiden Kerne ab. Während an den Spermatozoiden nur eine scharf gezeichnete Membran und ein mittlerer, stark gefärbter Körper sichtbar ist, zu der Zeit, in welcher sie in das Ei eintreten, wird später genau wie beim männlichen Kern phanerogamer Pflanzen, schon auf dem Wege nach der Mitte hin das, Gefüge gelockert, und wenn der Spermakern den Eikern berührt, hat er an Umfang zugenommen, er lässt viele verschieden grosse, stark tingirbare Körnehen erkennen (Fig. 22 Taf. VII. Auch der Eikern ist gewachsen, erscheint ebenfalls kör- niger, hat aber noch den grossen, durch Färbung stark vortretenden centralen Körper behalten. Fig. 23 u. 24 zeigen dann, wie beide Kerne sich aneinander legen; Fig. 25 demonstrirt einen solchen, an dem die Verschmelzung eben vollzogen ist. Im Einzelnen habe ich den Process nicht ver- folgt, es ist aber wohl nicht zweifelhaft, dass nach Auflösung einer Kernmembran das Zusammenfliessen statt hat. In der reifenden Spore unterliegt der Kern noch manchen Veränderungen, er erscheint zu- nächst (Fig. 26) wie von einem feinen, lockeren Gerüst durchsetzt, in welchem zahlreiche gleich grosse Chromosomen liegen, später wird der Kern kleiner und damit diehter, auch erscheint er dichter punktirt (Fig. 27), schliesslich tritt in ihm wieder ein Nucleolus-äbnlicher grüsserer Körper auf und dazu bemerkt man an der Peripherie eine Jdichtere Schicht, wie eine Membran (Fig. 28). Auf Stufen, wie Fig. 26, war eine solche nicht sichtbar, überhaupt ist der Kern dort recht schwer zu erkennen, weil sich häufig dichte Plasmamassen, die sich eventuell mit färben, über denselben legen. 403 Nachdem Plasma und Chlorophylikörper nach dem Inneren ge- rückt waren (Fig. 21 Taf. VIII), ist der Wandbelag der Oospore ein relativ dünner und im weiteren Verlauf der Entwickelung bleibt es zunächst dabei. Auch im Innern nimmt scheinbar das Protoplasma ab, die einzelnen Stränge sind — vermuthlich durch die vorhandenen Oelmassen — comprimirt, die Chlorophylikörper treten zurück, nur vereinzelte, zum Theil offenbar gequetschte, sind noch erkennbar (Fig. 26 Taf. VII). Das in der genannten Figur gezeichnete Stadium liegt nach meiner Schätzung etwa 24—36 Stunden nach der Befruchtung. Unter- sucht man aber Oosporen, welche mehrere Wochen alt sind, so bieten sie Bilder wie Fig. 27 und Fig. 28 Taf. VII. In diesen hat die schleimige (ausschliesslich protoplasmatische?) Substanz wieder erheb- lich zugenommen, sie durchzieht, von einem mittleren Klumpen aus- gehend, den Hohlraum der Oospore in dicken Strängen, welche sich an dem ebenfalls dicken Wandbelag ansetzen. Schon Schmitz hat (l. e.) darauf aufmerksam gemacht. Jetzt endlich scheint auch bis- weilen der Kern, der bis dahin so fest stand, zu wanken, man findet durchaus nieht selten Schnitte, in welchen der Kern seitlich neben dem centralen Schleimklumpen liegt, und zwar häufig, wie in Fig. 28 Taf. VIII völlig an die Wand geschoben. Die von mir angewandten Fixirungs- und Färbungsmethoden ge- statten auf diesen Stufen ein Erkennen der Chromatophoren nicht mehr. Dass sie vorhanden und nöthigenfalls nachweisbar sein werden, bezweifle ich nicht. Ich habe hier auf genauere Untersuchung schon desswegen verzichtet, weil es von einer gewissen Stufe an recht schwierig ist, das Alter der Oosporen zu erkennen; 2—3 Tage nach der Befruchtung hat man dafür kaum noch Anhaltspunkte. Schon Fig. 26 Taf. VIII zeigt zwei Membranschichten für die Oospore an, in Fig. 27 und 28 sehen wir, dass noch eine dritte hinzu- gekommen ist. Ihre chemische Beschaffenheit habe ich nicht untersucht. b) Antheridien. Die ersten Anfänge der Antheridienbildung sind schon oben (p. 15) besprochen worden. Dass thatsächlich diese Organe den Bau vegetativer Seitenzweige im Anfang zu erkennen geben, demonstrirt die Fig. 4 auf Taf. X. In der Spitze liegt — wie in den jüngsten Oogonanlagen — vielkerniges Plasma mit Chlorophylikörpern; aber auch hier ist die äusserste Kuppe frei von Kernen. Während Jiese oben die übliche rundliche, kaum zugespitzte Form zeigen und einzeln 404 liegen, fand ich mehrfach in den unteren Regionen kleinere Kerne paarweise beisammen und auch scheinbar durch eine Brücke ver- bunden (Fig. 4 Taf. X). Die Bilder, welche u. a. D. G. Fair- child für die Kerntheilung von Valonia gegeben hat,!) würden ver- kleinert genau so aussehen, wie das, was ich hier bei Vaucheria sah; und wenn natürlich auch wegen der Kleinheit der Objeete Genaueres schwer zu ermitteln ist, glaube ich doch, in diesen Bildern Kern- theilungen vor mir gehabt zu haben. Das junge Antheridium wächst dann weiter zu jenem bekannten hornförmigen Körpern aus, welcher in Fig. 1 u. 2 Taf. V] abgebildet ist, indem sich, wie bereits betont, das Oel aus dem ganzen Organ mehr oder weniger zurückzieht. Das Antheridium ist bald mehr bald weniger stark gewunden, die Spitze schiebt sich meistens seitlich neben die älteren Theile, so z. B. in Fig. 2 Taf. VI. Der Präpa- ration bietet das insofern einige Schwierigkeiten, als man Schnitte, welche das ganze Antheridium übersichtlich demonstriren, nur selten bekommt und eigentlich nur dann auf solche zu rechnen hat, wenn Schneckenwindungen unterblieben sind. Glücklicherweise ist das nicht so ganz selten, und so konnte ich manche Antheridien in dieser Form wiedergeben, musste mich aber auch mehrfach mit Fragmenten oder mit Combinationen successiver Schnitte begnügen. Fig. 5 Taf. X entspricht im Wesentlichen, soweit es das An- theridium betrifft, dem Bilde auf Taf. VI Fig. 2. Es hat sich an der Spitze eine reichliche Plasmamasse, durchsetzt mit Chlorophylikörpern und Kernen, angesammelt; die äusserste Kuppe aber ist immer noch frei von beiden. Lebende Objecte erscheinen relativ hell und führen offenbar nicht besonders reichlich Chlorophyll. Bisweilen schien es mir, als ob letzteres theilweise zurückwandere, wie beim Oogonium, doch konnte ich keinerlei bestimmte Anhaltspunkte dafür gewinnen. Das Antheridium wächst meistens noch weiter und während auf Stufen wie Fig. 5 in der Spitze Vacuolen in grösserem Maasse fehlen, treten solche späterhin noch feichlicher wieder auf; es scheint zeit- weilig eine Ansammlung von Protoplasma stattzufinden; dann erfolgt wohl Streekung, verbunden mit Vacuolenbildung und darauf erneute Plasma-Ansammlung. Letztere dürfte durch Vermehrung am Ort unter Kerntheilung erfolgen, da von Einwanderung nichts wahrnehmbar ist. Schliesslich ist der Antheridienzweig ausgewachsen und an seiner Spitze dicht mit Protoplasma gefüllt, das viele Kerne enthält. Diese t) Ber. d. d. bot. Ges, 1894, p. 331. Beitrag z. Kenntniss d. Kerntheilung bei Valonia. 405 müssen sich noch vermehrt haben, denn in Fig. 6 Taf. X finden wir im Vergleich zu Fig. 5 eine grosse Anzahl von Kernen in ein dicht schaumiges Protoplasma eingelagert. Die Kerne, welche auf früheren Stufen eine derbe Membran und ein grosses tingirbares Korn in der Mitte enthielten, zeigen jetzt mehrere kleinere Punkte und eine relativ zarte Umgrenzung. Die bis dahin recht kleinen Vacuolen wachsen jetzt, resp. fliessen zu grösseren zusammen, die Kernvermehrung ist beendet. Diese Or- gane liegen (Fig. 7 Taf. X) reihenweise in den oft recht dünnen Lamellen und Strängen, welche die einzelnen Vacuolen trennen und durchsetzen. Meistens finden sich, mehr oder weniger deutlich, zwei Reihen von Hohlräumen nebeneinander. In diesem Stadium beginnt dann auch sehr bald die Membranbildung, die im Wesentlichen ver- läuft, wie bei den Oogonien. Zunächst werden die meisten Chloro- phylikörper von der Basis des Antheridiums fortgeschafft, der Wand- belag erscheint dünn (Fig. 6 Taf. X), dann tritt unter den üblichen Formalitäten der breite Riss auf. Das Plasma wandert auch hier rückwärts, steht dann kurze Zeit relativ ruhig, während die trennenden Plasmamembranen sich quer durch das Innere spannen, dann schiesst das Stielplasma bis zur Berührung mit dem Plasma des Antheridiums vor, bald darauf wird die Membran sichtbar. Der Process spielt sich in kaum einer halben Stunde ab. Auffallend ist, dass sowohl in den Oogonien als auch in den Antheridien kurz vor der Bildung der Querwand eine relativ gleich- mässige Vertheilung schaumigen Plasmas zu verzeichnen ist, wie leicht aus den entsprechenden Figuren ersichtlich (Fig. 12 Taf. VIII, Fig. 7 Taf. X). Kurz nach der Bildung der Querwand bleibt die Anordnung im Antheridium noch gewahrt, bald aber gehen die kleinen Vacuolen verloren und es treten einige grössere auf, indem einfach das Proto- plasma in den mittleren Regionen auseinander reisst und gegen die Membran hinwandert. Die grossen Vacuolen zeigen sich zuerst an der Basis, wie leicht aus Fig. 8 Taf. X zu ersehen ist, einem Bilde, das übrigens die äusserste, gekrümmte Spitze nicht wiedergibt. Fig. 10 auf der gleichen Tafel zeigt dann die Anordnung von Plasma, Kernen und Vacuolen für einen Fall; andere Exemplare geben etwas andere Bilder (vgl. Fig. 10 u. 12), aber alle stimmen darin überein, dass jetzt nur relativ wenige grosse Vacuolen sich finden. Zwei etwas kleinere scheinen mit Vorliebe an der Spitze zu liegen (Fig. 9 u. 10). Die Kerne liegen dicht beisammen im Wand- 2 Flora 1895, 26 406 belag und in den Brücken zwischen den Vacuolen. Ihre Wandung ist jetzt kaum erkennbar, sie erscheinen häufig als einfache Punkte. Bald aber werden sie wieder grösser, erhalten wieder eine deutlichere Membran und fangen an, sich in die Länge zu strecken. Während sie früher mitten im Protoplasma des Wandbelages ete. zu finden waren, rücken sie jetzt gegen die Vacuolen vor, und, indem sie sich spindelförmig verlängern, gewinnt man den Eindruck, als ob sie in die Hohlräume hineinwüchsen oder in diese, mit einem spitzen Ende voran, geschoben würden. Absolut Sicheres ist aus naheliegenden Gründen nicht festzustellen. Bestimmt fand ich häufiger die Kerne mit dem Vorderende in die Vacuolen hineinragen, mit dem Hinter- ende aber noch im Protoplasma stecken. Schliesslich aber kommen sie ganz in die Vaeuole hinein und haben hier eine auffallend strah- lige Anordnung (Fig. 11 u. 12 Taf. X). Sie stehen mit dem um- liegenden Plasma überhaupt nicht mehr in Verbindung, ja es wird sogar ein membranartiges Gebilde entwickelt, welches die Vacuole scharf von der Umgebung trennt. Diese Membran tritt erst kurz vor der Reife des Antheridiums auf, ist aber dann stets mit Deutlich- keit nachweisbar, weil sie sich meistens etwas intensiver färbt, als die Umgebung. Sie für eine derbe Hyaloplasmaschicht zu halten, liegt nahe. Die spindelförmigen Kerne, von welchen ich soeben ge- sprochen habe, sind natürlich die Spermatozoiden von Vaucheria, die auf diesem Wege von allem überflüssigen Plasma und von Chloro- phyll befreit werden. Meine Meinung ist selbstverständlich nicht, dass sie ausschliesslich aus Kernsubstanz bestehen müssten, nur ist unzweifelhaft, dass diese weitaus vorwiegt; sie tritt auch besonders deutlich in Gestalt von meist zwei grösseren Chromatinkörnern hervor: Wahrscheinlich ist dann noch ein Hof von Plasma vorhanden, allein deutlich sehen kann ich denselben nicht oder doch in einzelnen Fällen nur andeutungsweise. Als Cilien fasse ich sehr feine Fädchen auf, welche auf dem Stadium der Fig. 11 und 12, also kurz vor der Reife der Antheridiums, stets im Innenraum sichtbar sind. Mehr- fach glaubte ich auch, deren Zusammenhang mit den Spermatozoiden wahrnehmen zu können. Am lebenden Object sieht man schliesslich wimmelnde Be- wegung der Spermatozoiden beginnen, wodurch die radiäre An- ordnung natürlich aufhört, und bald öffnet sich die Spitze; die Samenzellen schiessen hervor. Da der Process sich sehr rasch ab- spielt, kann man nicht erkennen, wie die Oeffnung in der Membran entsteht. 407 Das periphere Plasma bleibt, wie bekannt, theils im Antheridium zurück, theils tritt es mit hervor, um draussen unbeweglich liegen zu bleiben. Natürlich muss die Blase, welche die Spermatozoiden ent- hielt, platzen, um diese frei zu machen; nicht selten bleiben einige Spermatozoiden in ihr eingeschlossen. Wie oben bereits hervorgehoben, spielt sich ein wesentlicher Theil der beschriebenen Entwickelungsprocesse über Nacht ab. Unter- sucht man gut wachsende, junge Culturen am Morgen, etwa um 8 Uhr, so findet man das Antheridium reeht weit entwiekelt, das- selbe wurde schon am Abend zuvor angelegt; die ersten Stufen der Oogonien zeigen sich in der Nacht oder in den frühen Morgen- stunden. Im Lauf des Tages wachsen dann beide Organe, anfangs langsam, weiter. Während des Nachmittags (etwa von 3—6 Uhr) wird die Papille am Oogonium bemerkbar, in den Abendstunden (8—11 Uhr) wird das Antheridium durch eine Wand abgetrennt, während das Oogon etwa die in Fig. 6 u. 7 Taf. VIII wiedergegebene Entwickelung erreicht hat. Die Auswanderung der Kerne beginnt jetzt und dauert bis gegen 12 Uhr, dann tritt der Riss auf und so etwa von 1—2 Uhr wird die Wand fertig gestellt. Die Oogonien platzen zwischen 2 und 4 Uhr früh. Besonders um 3 Uhr fand ich in meinen Culturen alle Stufen kurz vor und bald nach dem Ein- dringen der Spermatozoiden. Die Copulation der Kerne erfolgt dann am Vormittag, etwa zwischen 8 und 10 Uhr. Natürlich sind nicht unerhebliche individuelle Schwankungen zu verzeichnen und auch in verschiedenen Jahreszeiten verschiebt sich das Ganze ein wenig. Die obigen Zahlen beziehen sich auf Juni und Juli, im October spielte sich der Process etwas rascher ab, und es ist auch wohl klar, dass äussere Factoren hier eingreifen müssen, wie das aber im einzelnen erfolgt, kann ich nicht angeben. 2. Vaucheria aversa. Die Entwiekelung der Vauch. aversa, jener derben, mit grossen, stark geschnäbelten Oogonien versehenen Form, stimmt zwar in allen Hauptzügen mit derjenigen von V. elavata und fluitans überein, ver- dient aber doch wegen mancher Einzelheiten eine Besprechung. Vieles ist vonde Bary in der p. 388 erwähnten Mittheilung richtig angegeben worden, da aber jetzt manches hinzukommt, werde ich die Entwicke- lung im Zusammenhang kurz darstellen. Die Anlage des Oogoniums beginnt, wie bei V.clavata, mit der Bildung einer Papille, welche späterhin unter Oeleinwanderung halb- 26 408 kuglig anschwillt. Ein Unterschied besteht insofern, als die Papille anfänglich fast nur aus farblosem Protoplasma mit relativ sehr wenigen Chloroplasten ete. zusammengesetzt ist. Noch ehe alles Oel in das Oogonium einwanderte, beginnt die Bildung eines Schnabels, in welchem zunächst noch Oel und Chloro- phylikörner gemengt erscheinen. Bald aber tritt ersteres zum Theil heraus und der Schnabel erscheint somit durehsichtiger. Gleichzeitig wandert auch das letzte Oel in das Oogonium, der Faden ist dann frei von diesem Körper und mit Chlorophyll! annähernd gleichmässig angefüllt (Fig. 16 Taf. VD). Doch bemerkt man nach kurzer Zeit, dass der Faden unter dem Oogen heller wird, und dass das Chlorophyll sich in einiger Entfernung zu beiden Seiten des Oogons staut, wodurch hier dunklere, oft recht auffallende Zonen entstehen. Ob nicht auch von weiterher in diese Zonen seitlich Chlorophylikörper einwandern, mag dahingestellt sein. Das Oel liegt auf dieser Stufe im Oogonium mehr nach der Mitte zu, umgeben von einem recht dieken Plasma, das viele Chloro- phylikörner und natürlich, wie die Färbung ergibt, auch viele Kerne in gleichmässiger Vertheilung enthält. Die zugehörige Fig. 16 Taf. VI zeigt die Situation deutlich, es füllt an derselben aber auch eine scheinbare Kleinigkeit auf. An der Stelle, wo der Schnabel mit einer scharfen Biegung an das Oogonium ansetzt, wird ein kleiner röthlieh-brauner Fleck sichtbar und beginnt ganz langsam gegen die Basis des Oogoniums zu gleiten, indem er etwas an Grösse zunimmt. Aus dem Schnabel wandert alles Oel zurück, derselbe wird fast hell, nur einige Chloroplasten bleiben zurück (Fig. 17 Taf. VI). Auf der Rückenseite des Oogoniums hat sich ebenfalls ein hell röthlich-brauner Klumpen gebildet, weleher auch unter ständiger Vergrösserung seinen Weg gegen die Basis des Oogoniums nimmt (Fig. 17). Fig. 18 be- zeichnet den weiteren Fortschritt. Die auf der Bauchseite sichtbare Masse hat schon fast den Tragfaden erreicht, auf dem Rücken ist das Wanderplasma, wie das Ding einmal kurz genannt werden mag, ebenfalls fortgeschritten. Das Chlorophyll schiebt sich zum Theil vor den Massen her, und wir erhalten in dieser Beziehung Bilder (in Fig. 17 u. 18), welche dem in Fig. 6 Taf. VI für V. fluitans gegebenen sehr ähneln. Die Wanderung des Chlorophylis springt besonders in die Augen, wenn man Fig. 18 berücksichtigt; hier sieht man auf der Ober- seite des Fadens einen dichten Sattel von Chlorophylikörpern, während die Unterseite wesentlich heller erscheint, ja es kam bei anderen um = 409 Exemplaren vor, dass die Unterseite infolge lebhafter Auswanderung der Chloroplasten nach der Seite fast weiss wurde. In dem Maasse, als das \Wanderplasma vorschreitet, vergrössert sich dasselbe (Fig. 19) durch Zusammenfliessen mit den unteren Par- tien und erscheint häufig in so bedeutender Masse, wie in der oben eitirten Figur. Nicht immer freilich nimmt es diesen Raum ein, son- dern hält sich nicht selten in etwas bescheideneren Grenzen. Von nun an kann man das Herausrutschen der grossen Masse direct sehen, es folgen rasch Bilder wie Fig. 20, bald darauf liegt ein dicker Klumpen von Protoplasma mit darin eingebetteten Chlorophylikörpern im Trag- faden und beginnt sich hier etwas zu verbreitern, ohne sich indess ganz zu vertheilen. Dass mit dem Fortgleiten des Wanderplasmas ständig ein Trans- port von Chlorophylikörpern nach den seitlich liegenden Zonen Hand in Hand geht, ergibt sich ohne Weiteres, wenn man die Figuren 17, 18, 19, 20 vergleicht. Dieser Transport scheint schubweise zu er- folgen, man sieht nicht selten unter der Basis des Oogoniums ganz nackte Stellen, die dann durch Zuwanderung neuer Chloroplasten aus dem Oogonium wieder bedeckt werden. Und auch die oben erwähnte Sattelbildung (Fig. 18) ist nicht durch ein Stehenbleiben der Chloro- phylikörner, sondern wohl sicher dadurch zu erklären, dass in dem Maasse ein Ersatz aus dem Oogon statt hat, als die unteren seitlich fortwandern. Schliesslich, wenn alles im Oogon entbehrliche Chlorophyll aus- gewandert ist, erscheint der Tragfaden ganz hell, oft führt er unter der Basis des Oogoniums kaum einige Chlorophylikörper, und statt des dunklen Sattels der Fig. 18 Taf. VI tritt meist ein heller auf, indem sich jetzt einige Chloroplasten auf der Unterseite des Trag- fadens ansammeln. Um so auffallender heben sich dann die rechts und links im Tragfaden liegenden dieken Chlorophylihaufen ab. Jetzt steht die Bildung der Querwand bevor; der Riss wird in der üblichen Weise gebildet und späterhin wieder geschlossen. Be- sonders deutlich lässt sich bei V. aversa verfolgen, wie die Hohl- räume des Oogoniums kurz nach der Entstehung des Risses noch mit dem des Fadens in direeter Verbindung stehen, wie sich dann aber später unterhalb der Oeltropfen ziemlich reichlich Plasma mit Chlorophyll ansammelt, welches das Oogon gegen unten hin ab- schliesst. Dass in dem Moment, in welchem das Fadenplasma an die Basis des Oogoniums heranschiesst, schon eine hinreichend feste Trennungsschicht in irgend einer Form gegeben sein müsse, geht 410 daraus hervor, dass in dem unteren Protoplasma, noch ehe eine feste Membran sichtbar ist, häufig ein Hin- und Herrutschen bemerkt wird, ohne dass der Inhalt des Oogoniums dadurch beeinflusst würde. Das Protoplasma des Fadens, welches sich an der Wandbildung zunächst betheiligt, pflegt von Chlorophyll fast absolut frei zu sein; erst nachdem zum mindesten eine scharfe Trennungslinie vorhanden ist, wandern mehr Chlorophylikörper hinzu; ihnen folgt rasch, oft in ziemlich dieken Klumpen, das Wanderplasma, das sich, wie wir sahen, zeitweilig seitlich im Faden zurückgehalten hatte, und somit ist nach ganz kurzer Zeit oft ein dicker protoplasmatischer Wandbelag vor- handen, der aber immer noch relativ farblos ist. Dabei bleibt es aber auch nicht lange, die seitlich aufgestapelten Chlorophylireserven werden mobil gemacht, sie marschiren gegen die Basis des Oogoniums und oft schon !/. Stunde nach der Entstehung der Trennungswand ist der ganze Faden wieder gleichmässig grün (Fig. 21 Taf. VD), er unterscheidet sich von den übrigen vegetativen Theilen nicht weiter, hat mit den späteren Vorgängen im Öogon nichts mehr zu schaffen und bildet nur noch den Träger desselben. Das Verhalten der ÖOeltropfen im Oogonium während der eben besprochenen Vorgänge war etwas vernachlässigt. Vor dem Auf- treten des Wanderplasmas lag dasselbe mehr nach innen; in dem Maasse, als das letztere aber sich verschiebt, rückt das Oel scharf an die Wand heran, während das übrig bleibende Chlorophyll weiter nach innen tritt (Fig. 18, 19, 20 Taf. VI), und insofern herrscht wieder völlige Uebereinstimmung mit V. clavata und fluitans (vgl. Fig. 7 Taf. VD. Das Oogonium erhält infolge des Vortretens der Oelmassen und natürlich auch zum Theil wegen der Auswanderung von grünen Körnern, von oben her beginnend eine hellere, grauliche Färbung, wie das in den Figuren gut zur Anschauung kommt. Während das Oel zeitweilig gegen den Schnabel vorgeschoben wurde (Fig. 19), rückt es dann später, kurz vor der Rissbildung, wieder gegen die Basis, der Schnabel wird völlig hell und enthält nur noch wenige Chloroplasten. Nachdem die Membran fertig gestellt ist, zieht sich alles Oel und Chlorophyll von vorn nach hinten zurück, so dass schliesslich Bilder zu stande kommen, wie Fig. 21 Taf. VI; alles Oel wird hier dem Hinterende und Rücken des Oogons so stark angepresst, dass, ähnlich wie bei V. fluitans die einzelnen Tropfen kantig abgeflacht erscheinen. Das Ganze bildet eine nach vorn offene, hohle Halb- kugel mit mehr weniger unregelmässig begrenzten Rändern. An- 411 fänglich liegt noch im Schnabel reichlich schaumiges Protoplasma, aber auch dieses wandert rückwärts mit sammt einzelnen Chlorophyli- körnern, ‘die sich eventuell noch dort vorn verstreut vorfanden. So erhält man dann ein fast glashell durchsichtiges Vordertheil und ein von den Oeltropfen grauweiss schimmerndes Hinterende. Das Plasma und seine sämmtlichen Einschlüsse umgeben eine riesige Vacuole, welche die Hauptmasse des Ganzen ausmacht (vgl. Fig. 2 Taf. X). Fig. 21 ist etwa eine halbe Stunde vor der Oeffnung gezeichnet; auf dieser Stufe sieht man noch einen mässigen Wandbelag von körnigem Plasma im Schnabel, aber auch dieses wandert noch aus und nur Spuren desselben bleiben zurück. Nunmehr ist das Oogonium reif. Plötzlich zieht das Protoplasma in demselben sich zusammen (vgl. auch de Bary a. a. O.) und binnen einer Minute liegt im Oogon ein kugelförmiges Ei, wie Fig. 22 zeigt. Den Prozess im Einzelnen zu verfolgen ist kaum möglich, man sieht nur, wie die Ränder der Halbkugel etwas nach innen einkrempeln und dann zusammenschlagen. Das Ei ist ziemlich dunkelgrün gefärbt und man sieht leicht an der Figur, dass jetzt aussen ein dieker Plasmarand mit vielen Chloro- phylikörpern liegt, welcher nur vorn, nach der Mündung des Oogo- niums hin, heller erscheint, weil dort weniger Chlorophyll vorhanden ist, Also auch hier ein, freilich schwach entwickelter „Empfängniss- fleck“! Wie die Oeffnung des Oogoniums zustande kommt, lässt sich bei der grossen (Geschwindigkeit, mit welcher alles vor sich geht, nicht sagen. Sicher ist, dass in dem Augenblick, in welchem das Ei sich ballt, eine Oeffnung vorliegt, die derjenigen bei V. clavata durchaus ähnelt und wohl wie diese durch rasches Verquellen der betreffenden Theile entsteht. Eine grosse Menge des ursprünglichen Inhaltes muss aus dem Oogonium ausgestossen werden; man wird nicht fehl gehen in der Annahme, dass einfach die riesige Vacuole, welche vor der Oeffnung den Mittelraum ausmacht, entleert werde, dass wesentliche Protoplasmamengen aber nicht fortgehen. Der Vacuolen- inhalt mag zum Theil dazu dienen, den Hohlraum zwischen Ei und Öogonienwand auszufüllen. Die Spermatozoiden werden aus dem Antheridium entlassen, sowie das Oogonium geöffnet ist, dringen in dieses ein und bewegen sich im ganzen Innenraum umher, ohne dass man von einer Hemmung durch Schleim ete. etwas wahrnehmen könnte. Die Befruchtung erfolgt prompt; die Entwickelung der Oospore bietet nichts Besonderes, Ueber die durch Färbung zu erzielenden Resultate kann ich mich kurz fassen. Schon oben habe ich betont, dass die jungen Oogonien 412 viele Kerne enthalten, genau wie V. clavata. Bezüglich der späteren Processe genügt ein Hinweis auf Fig. 1 Taf. X. Man sieht sofort, dass das Wanderplasma alle oder die Mehrzahl der aus- geschiedenen Kerne enthält und damit werden die auf Taf. VI gegebenen Bilder verständlich. Mehrfache Vergleiche haben mir gezeigt, wie auch schon oben erwähnt, dass die betr. Masse nicht immer den gleichen Umfang an- nimmt; besonders rücken die innere und die äussere Chlorophyllkör- perschicht oft dadurch mehr zusammen, dass die mittlere, Kerne führende Substanz wesentlich dünner ist. Die Zellkerne liegen dann zuweilen direct zwischen den Chloroplasten und in Berührung mit diesen; damit tritt die Aehnlichkeit zwischen V. elavata und aversa wieder besonders deutlich hervor. Der Eikern liegt stets oben am Anfang des Schnabels, wie es Fig. 1 Taf. X zeigt, und behält auch die Lage bei, trotz aller Umwälzungen. Fig. 2 Taf. X. zeigt das deutlich; sie entspricht einem erst vor Kurzem durch eine Wand abgegliederten Oogon und lässt den centralen Saftraum sowie, an den kleineren Hohlräumen, die Lage der Oeltropfen und Chloröphylikörner besonders deutlich erkennen. Fig. 3 Taf. X demonstrirt ein befruchtungsreifes Ei. Der Kern liegt nahe der Vorderseite, in der Nähe des schon oben erwähnten Empfängnissfleckes. Wie aus der Figur ersichtlich, ist dieser längst nicht so scharf wie bei der V. elavata, immerhin lässt sich eine bevorzugte Anhäufung von Chlorophyll! am Hinterende nicht ver- kennen, Ueber die Befruchtung habe ich Näheres nicht ermittelt, die für V. clavata gefundenen Thatsachen schienen mir ausreichend zu sein. Die Antheridien sind ebenfalls nicht näher untersucht worden, ihre Entwickelung weicht nicht wesentlich von derjenigen bei V. elavata ab. Was die Zeit betrifft, welche für die ganze Entwickelung in Anspruch genommen wird, so pflegt im Sommer (Juni, Juli) die An- lage der Antheridien im Laufe der Nacht zu erfolgen, die Oogonien treten wie bei V. clavata in den ersten Morgenstunden in die Er- scheinung, im Laufe des Tages entwickelt sich das Oogonium zu normaler Grösse. In den Nachmittagsstunden, etwa um 3—5 Uhr, werden die Antheridien abgetrennt und es beginnt die Auswanderung des Plasmas, zwischen 7 und 8 Uhr Abends pflegt die Trennungswand gebildet zu werden und zwischen 9 und 10 Uhr platzt das Oogon. 413 Doch kommen natürlich merkliche Verzögerungen vor, so dass das Oogonium sich unter Umständen erst zwischen 12 und 1 Uhr Nachts öffnet. Immerhin aber pflegt sich die Entwickelung der V. aversa etwas rascher abzuspielen als diejenige bei V. clavata. Alte Culturen gerathen bisweilen ganz in Unordnung, insofern sie alle Stadien der Entwickelung neben einander enthalten, was bei jungen, kräftig wachsenden Pflanzen nicht der Fall ist. Um weiterhin einige Anhaltspunkte zu geben, theile ich noch die folgende kleine Tabelle nach Beobachtungen mit, welche an Nachts durch Eis gekühltem Material gemacht wurden. A. B. Stadium der Fig. 16 Taf. VI Vm.105 „wm 10% 30 „18 115 „19 12h 15 „20 12545 112 30 Rissbildung gh 12 30 Ringbildung 2:15 12» 40 Membran 2h 25 12550 Fig. 21 gh ie „2 3h 55 gh Allgemeines. Wie sind jetzt die an Vaucheria gemachten Beobachtungen zu verstehen? Bei den „niederen“ Verwandten unserer Pflanze, bei Botrydium, Acetabularia u. a. sind die Gameten bekanntlich gleich, bei Codium und Bryopsis dagegen tritt bereits eine Grössendifferenz auf und ich wüsste keinen wesentlichen Grund gegen die mehrfach gemachte Annahme, dass die Vaucherien durch weitere Differenzirung sich von diesem abgezweigt hätten, Ist dem so, dann darf man Antheridien und Oogonien unserer Pflanze ebenso wie bei anderen Algen’) als homologe Organe betrachten, genau so wie niemand darüber in Zweifel sein wird, dass die grosse und kleine Gameten führenden Behälter bei Codium und Bryopsis äquivalente Gebilde darstellen. Solche Gleichwerthigkeit müsste sich dann in der Entwickelung zu erkennen geben, und ich glaube eine Anzahl von Aehnlichkeiten hervorheben zu können. Un- 1) Vergl. dazu Goebel, Vergl. Entwickelungsgesch. p. 413 £. 414 verkennbar ist der periodisch wechselnde‘ Gehalt an Protoplasma, welcher vermuthlich auf einem stossweisen Wachsthum beruht; beson- ders fiel uns auf, wie vor der Abschnürung sowohl in den Antheridien als auch in den Oogonien eine relativ gleichmässige Vertheilung des Plasmas statt hat. Das Auffallendste aber sind natürlich die massen- haften Zelikerne, welche beide Organe bis zu einem bestimmten Punkte der Entwickelung führen. Wenn auch Wachsthum und Ausbildung des Oogoniums möglicher Weise von der Anwesenheit der Kerne abhängig ist, so scheint mir damit um so weniger ein ausreichender Grund für das zahlreiche Einwandern gefunden zu sein, als gleich nachher doch wieder eine Auswanderung erfolgt. Die Sache wird aber leicht verständlich, wenn wir die Kerneinwanderung und even- tuelle Vermehrung im jungen Oogonium als Zeichen dafür ansehen, dass dies Organ einst dazu bestimmt war, einer grossen Anzahl von Gameten den Ursprung zu geben. Jetzt sind alle Kerne bis auf einen überflüssig geworden und werden entfernt. Solche Processe, bei welchen während der Eibildung überflüssige Kerne hinaus befördert werden, sind ja auch sonst bekannt, ich erinnere nur an das Verhalten mancher Fuucaceen, bei welchen ebenfalls dem Eikern ursprünglich gleichwerthige Kerne bei Seite geschoben werden. Dass die letzteren zu Grunde gehen, während bei Vaucheria Plasma und Kern erhalten bleibt, ja ganz unzweideutig wieder in den Aufbau des vegetativen Körpers eingeht, dürfte zunächst für die Beurtheilung unserer Fragen von secundärer Bedeutung sein. Denn diese Processe hängen wohl einzig und allein mit dem nicht cellulären Bau unserer Pflanze zusammen, der eben Wanderungen ermöglicht, welche bei cellulären Pflanzen ausgeschlossen sind. Damit ist freilich nicht gesagt, dass die sämmt- lichen Siphoneen und Phycomyceten sich immer ihrer überzähligen Kerne auf diesem recht einfachen Wege erledigen müssten, denn nach den Angaben Wager’s!) findet die Formung des Eis bei Pero- nospora parasitica erst statt, nachdem die Querwand das Oogonium von dem übrigen Schlauchinhalt getrennt hat. Dann aber wandern alle die zahlreichen Kerne an die Peripherie, d. h. in das Periplasma, während der mittlere Raum, resp. das in ihm enthaltene Protoplasma, völlig von Kernen entblösst wird. Später schieben sich 2 oder 3 Kerne wieder nach dem Centrum vor, um hier zu verschmelzen und damit das befruchtungsreife Ei zu bilden. In dem einen Hauptpunkt (Entfernung der Kerne durch Auswandung aus dem späteren Ei) 1) Annals of Botany Vol. IV., 1891—92, p. 128, 415 herrscht also Uebereinstimmung mit Vaucheria. Freilich weicht Pero- nospara ab bezüglich der Verschmelzung von wenigstens 2 Kernen innerhalb des Eis, die recht auffallend ist. Mit den oben vorgetragenen Funden ist, wie mir scheint, die Frage nach der Bedeutung der bei V. clavata u. a. ausgeschiedenen Schleimmassen um so mehr erledigt, als bei V. aversa von Plasma- ausscheidung kaum etwas zu schen ist. Die Vorgänge bezwecken sicher weiter nichts, als die feste Cellulosemembran an irgend einer Stelle zu öffnen, allenfalls auch überflüssige Stoffe hinauszubefördern ; aber das Ueberflüssige kann auch Vacuoleninhalt sein. Sicher wird bei Vaucheria so dasselbe erreicht wie bei Oedogonium, wo ebenfalls eine Schleimausscheidung statt hat, die aber nach Klebahn!) in dem untersuchten Falle nur durch Verquellen der Zellwand gebildet wird. Sehr richtig hat dieser Beobachter auch darauf hingewiesen, dass der Process ausschliesslich auf Oeffnung der Zellwand abziele. Die „Richtungskörper“ der Vaucheria wären event. in dem Wander- plasma zu suchen; denn hier haben wir die Ausscheidung von Kernen und Protoplasma aus dem Ei vor dessen Reife und diese Vorgänge stimmen, wie bereits betont, mit Fucaceen ete, überein. Sind überall die Richtungskörper, wie jetzt wohl allgemein angenommen wird, redueirte Eizellen, dann haben wir es auch bei Vaucheria mit Rich- tungskörpern in diesem Sinne zu thun, und selbstverständlich kommt es dann auf deren Zahl nicht an. Von besonderem Interesse dürfte die Thatsache sein, dass im ÖOogonium von Vaucheria keinerlei Kernverschmelzung stattfindet; ein Resultat, das mir desswegen wichtig zu sein scheint, weil damit auch hier auf die Aequivalenz von Spermakern und Eikern hingewiesen wird. Strasburger hat kürzlich?) alles was über diese Frage be- kannt ist, einheitlich behandelt; er kommt auf Grund der vorliegenden Daten zu dem Schluss, dass zwar bei den höheren Pflanzen immer die gleiche Chromosomenzahl im Sexualakt verschmelze, dass aber ein solcher Process bei einer Anzahl niederer Pflanzen nicht nachweisbar sei. Als Belege führt er Vaucheria, Saprolegnia u. a. auf. Nachdem ich zeigte, dass bei Vaucheria von einer Kernverschmelzung vor der Eireife nichts wahrnehmbar ist, bin ich zweifelhaft geworden, ob überhaupt irgendwo ein solcher Process sich abspielt. Für Saprolegnien wird 1) Klebahn, Studien über Zygoten II. Die Befruchtung von Oedogonium Boscii, Pringsh. Jahrb. Bd. XXIV Heft 2. 2) Ueber periodische Reduction der Chromosomenzahl im Entwickelungs- gang der Organismen. Biolog. Centraibl. Bd. XIV p. 817 ff, 416 von verschiedenen Autoren die Verschmelzung der Kerne behauptet, aber trotz aller vorhandenen Angaben scheint der Kern der einzelnen Eier nicht aus mehreren hervorzugehen. Wenigstens hat Herr A.H. Trow, welcher im letzten Sommer die Saprolegnien in meinem Institut einer erneuten Untersuchung unterwarf, keinerlei bestimmte An- haltspunkte hiefür gewinnen können. Da die Beobachtungen in kurzer Zeit publicationsfähig sind, verzichte ich auf eine Discussion dieser Frage. Für Sphaeroplea annulina machte Rauwenhoff!) die Kernver- schmelzung bei der Bildung des Eis wahrscheinlich, und es lässt sich nicht leugnen, dass seine Argumente manches für sich haben. Direet gesehen aber wurde der Vorgang auch hier nicht. Erneute Unter- suchung dürfte desshalb immerhin empfehlenswerth sein. Die Angaben von Rosen, Wagner, Dangeard?) bezüglich der Verschmelzung von Kernen in den Basidien der Hymenomyceten u. 8. w. gehören nicht hierher, da es sich bei diesen Vorgängen nicht um Bildung von Sexualorganen handelt; mir kam es natürlich nur auf solche an, und bezüglich dieser scheinen mir, wie gesagt, die meisten Nachweise noch auf recht schwachen Füssen zu stehen. Man wird eventuell geneigt sein, auf die Entwickelung der Oogonien von Vaucheria einen Einwand gegen die von Sachs?) vertretene Lehre von den Energiden zu begründen, und ich kann nicht leugnen, dass die ganzen, sehr erheblichen Umwälzungen, welche sich vor der Eireife und bei der Auswanderung der Kerne (mit dem zugehörigen Plasma) vollziehen, sich scheinbar nicht ganz glatt in diese Auffasssung einfügen wollen. Etwas Entscheidendes wird sich aber auf Grund der Beobachtung an diesem einen Objeet um so weniger anführen lassen, als ja immerhin denkbar ist, dass von den vielen in das Oogonium einwandernden resp. durch Theilung entstehenden Ener- giden eine erhebliche wächst, während die übrigen ihre ursprüngliche Grösse etc. beibehalten. Wäre dies der Fall, dann hätten wir voll- kommen die gleichen Vorgänge wie bei anderen Algen auch, z. B. bei Volvox, Oedogonium, Coleochade ete. Ueberall werden einzelne Energiden durch erhebliches Wachsthum ihrer Portoplasmasubstanz, des „Trophoplasma“ nach Strasburger, zum Ei, und der einzige Unterschied wäre der für Siphoneen und andere Fadenalgen typische: 1) Rauwenhoff, Recherches sur le Sphaeroplea annulina. Archives neer- landaises des sc. exact. et nat. T. 22, 1888, p. 91. 2) Vgl. darüber Strasburger, 1. c. p. 864. 3) Physiolog. Notizen II. Flora 1892, p. 57 fl. 417 feste Membranen im einen, Fehlen der Letzteren im anderen Falle und damit die Möglichkeit, für die Energiden nicht cellulärer Pflanzen durcheinander zu spazieren und so die Erkenntniss des wahren Sach- verhaltes zu erschweren. Die Sache ist zu hypothetisch, um weiter ausgesponnen zu werden, und ebenso lässt sich kein Urtheil darüber gewinnen, ob etwa bereits im vegetativen Faden generative Energiden vorhanden sind, wie das die Anhänger der Lehre von den Keimbahnen fordern müssen, welche generativen Energiden dann die Bildung der Oogonien bedingen und in diese einwandern würden. S$ichtbar ist von solchen Dingen — etwa von besonders geformten Kernen etc, nichts. Die Entwickelung der Schwärmer, mögen das nun Zoosporen oder Gameten sein, verläuft. bei vielen Algen und eventuell auch bei Pilzen (Saprolegnien) in der Weise, dass die genannten Gebilde in der einen oder anderen Form aus dem Protoplasmawandbelag herausdifferenzirt werden '), während die Wandung der Vacuole und wohl auch die äusserste Hyaloplasmaschicht, letztere als sog. Periplasma, keine Verwendung finden. Bryopsis, Botrydium ete. folgen offenbar diesem Schema. Die Bildung der Spermatozoiden bei Vaucheria ähnelt bis zu einem gewissen Grade einer solchen Schwärmerbildung, weicht aber dadurch nicht unwesentlich ab, dass hier die Spermato- zoiden in die centrale Blase (Vaeuole) gelangen, während der grüsste Theil des Protoplasmas zwischen innerer und äusserer Iautschicht zurückbleibt. Die Vorgänge demonstriren sehr hübsch, wie die Plasma- schicht, welehe Vacuole und Cytoplasma trennt, leicht relativ grosse Körper durchlässt, wenn solehes erfordert wird, und wie sich dieselbe dann späterhin als ziemlich derbe Membran abheben kann. Soil man nun die an der Peripherie zurückbleibende Plasmamasse als Periplasma bezeichnen? Berthold und Strasburger sprechen von Periplasma in den oben genannten Fällen der Schwärmerbildung, in welchen die äussere Hautschicht, wie es scheint, keine Verwendung findet; dort würde es sich nur um Hyaloplasma handeln, immerhin aber könnte man vielleicht auch in den Antheridien von Vaucheria und bei der Sporenbildung der Ascomyceten von Periplasma reden, um ganz allgemein damit Protoplasma zu bezeichnen, welches bei der 2) Vgl. u. a. Strasburger, Schwärmsporen, Gameten, pflanzl. Spermato- zoiden und das Wesen der Befruchtung, Jena 1892; Berthold, Protoplasma- mechanik p. 287 f.; Kiebs, Bildung der Fortpflanzungszellen bei Hydrodietyon, Bot. Zeit. 1891; Rothert, Entw. d. Sporangien bei Saprolegnia, in Cohn, Beitr. z, Biolog, d. Pf. Ba. 5, 418 Bildung von Fortpflanzungszellen keine Verwendung findet. Dann aber wird es nützlich sein, die Masse, welche das Ei und die Oospore bei den Peronosporen ete. umgibt, nicht mehr als Periplasma zu benennen, denn in dem einen Fall handelt es sich um Protoplasma ohne Kerne, im anderen um eine Anzahl von Energiden im Sinne von Sachs. Eine Klärung der Begriffe und der sich daraus ergeben- den Nomenklatur wäre erwünscht, lässt sich aber kaum auf Grund einer Einzeluntersuchung aufstellen. Die Bildung der Spermatozoiden erfolgt in den verschiedenen Gruppen in sehr verschiedener Weise. Im Allgemeinen gilt der Satz: je höher entwickelt eine Gruppe um so stärker tritt der Zellkern im Spermatozoid hervor, während das Protoplasma einen relativ kleinen Raum einnimmt, ohne dass damit die physiologische Bedeutung müsste in Frage gestellt werden. Strasburger hat!) darauf aufmerksam gemacht, dass die Spermatozoiden von Volvox (auf Grund der Unter- suchungen Overtons) sich in ihrem Bau denjenigen der Moose und Farne relativ weit nähern, weil der Kern prävalirt, Plasma und Farb- stoff zurücktreten. Das Gleiche gilt für die Vaucheriaspermatozoiden fast noch in höherem Masse, denn bei diesen tritt sicher das Proto- plasma stark zurück und Chloroplasten oder überhaupt Farbkörper sind nicht vorhanden. Während nun bei Volvox und auch bei manchen Oedogonien der ursprüngliche grüne Farbstoff in den Spermatozoiden modifieirt wird, gehen bei anderen Formen die Chromatophoren über- haupt nicht in den Aufbau der Spermatozoiden und Spermatozoid- Mutterzellen ein — ich erinnere an Coleochaete (wahrscheinlich), Chora, Florideen. Bei Vaucheria wird gleiches auf relativ einfachem Wege erreicht. Die Chlorophylikörper werden einfach im Periplasma zurückgelassen. Das ist einer von den vielen Modis, deren sich die Pflanzen bedienen, um sich der Chromatophoren zu entledigen, die im Befruchtungsprocess eine wesentliche Rolle nicht spielen; das geht aus allen Erfahrungen, besonders wie mir scheint aus Chimielevsky’s Angaben hervor?), nach welchen die Chloroplasten geradezu ver- nichtet werden — auch das bezeichnet nur einen Modus der Ver- werfung männlicher Farbkörper. Die Entwickelung der Schwärmsporen von Vaucheria ist so häufig untersucht worden, dass ich auf eine Nachprüfung verzichtet habe. 1) Schwärmsporen etc. p. 108. 2) Verhalten der Chlorophylibänder in: den Zygoten der Spirogyra-Arten. Bot, Z. 1890. 419 Die Einwanderung des Protoplasmas in die keulig anschwellenden Spitzen, die gleichmässige Vertheilung desselben kurz vor der Mem- branbildung und dieser Process selber gehen im Wesentlichen parallel, worauf auch namentlich Berthold bereits hingewiesen hat. Auch die Umlagerungen im Protoplasma, welehe dieser Autor fand; die zu verschiedenen Zeiten verschiedene Schichtung des Plasmaleibes der Zelle, sind überall nachweisbar und bei Sporangien, Antheridien und Öogonien ähnlich. Dass sie nieht genau übereinstimmen können, ist natürlich, und klar bedingt durch die verschiedenen Ziele auf welche die Entwickelung jedes der genannten Organe hinsteuert. Nicht über- flüssig ist es vielleicht, noch einmal zu betonen, dass die Umwälzungen, welche sich in der Entwiekelung besonders der Oogonien abspielen, sehr bedeutende sind, und dass grosse Theile des Tragfadens hierbei in Mitleidenschaft gezogen werden. Interessant wäre es zu wissen, ob auch bei cellulären Pflanzen die Entwiekelung der Sexualorgane dermaassen die Nachbarzellen, eventuell die ganzen Tragsprosse corre- lativ beeinflusst. Manche Anzeichen sprechen dafür. Resultate. Die jungen Oogonien von Vaucheria enthalten eine grosse Anzahl von Zellkernen in annähernd gleicher Vertheilung (nur im Schnabel liegen sie dichter). Späterhin wandert ein Theil des Protoplasmäs mit Chlorophylikörpern und fast allen Kernen in den Tragfaden zurück. Nur ein Kern, der zukünftige Eikern, bleibt im Oogonium, welches erst durch eine Wand vom vegetativen Faden abgeschnitten wird, wenn alle übrigen Kerne’ etc. ausgewandert sind. Die beim Oeffnen des Oogons ausgeschiedene Plasmamasse enthält keine Kerne, ist also nur ein Mittel zur Oeffnung der Zelle, nicht ein „Riehtungskörper“. Die Befruchtung findet in bekannter Weise durch Eindringen eines Spermatozoids und darauffolgende Verschmelzung der beiden Kerne statt. 420 Figuren-Erklärung. Tafel Viu. VI. Fig. 1-6. V. fluitans \ ” 7. V. elavata FR 8, 9. V. fiuitans \ Zeiss. E, Ocul. 2. „ 10. V. clavata „ 11-15. V. fluitans 16—22. V, aversa (Zeiss, D. Ocul. 2). bb} Die Figuren sind von Herrn R. Schilling nach meinen Culturen und unter meiner Aufsicht gezeichnet. Tafel VI u. IV. Die meisten Figuren sind gezeichnet mit Hilfe von Zeiss. Apochrom. 20 Oeul. 4 und Abbe’s Zeichenapparat. Auf der lithograph. Tafel ist die Mehrzahl auf ?/, oder 3/, verkleinert. Fig. 22-25 nach Zeiss. Apochr. 3 Oeul. 8. Alles Längsschnitte durch gehärtetes Material von Vaucheria clavata. Die Fixirung der wiedergegebenen Präparate erfolgte zu folgenden Zeiten: 1. 3 Uhr Nachts im Juni, 2. 3. 21/, Uhr Nachmitt. im October, 4.—6, 5 ” E} ” 7 T. Tja „ Abends " » 8, 10 5 „ „ Juni. 9—16. 121/, „ Nachts, 17-20. 3 „ „ 21—25. 9 „» Vormittags. 26. ist wahrscheinlich 24 Stunden älter als die vorhergehenden. 27. 28. mehrere Wochen alt. TafelX, Zeiss. Apochr. Er Öeul. 4, 1-3 um die Hälfte verkleinert. 1—3, Vauch. aversa.. 4--9, Antheridien von Väuch. elavata. 4. 10 Uhr Abends im Juni. 5. 21, „ Nachm. „ October. 6. 5 ” ” ” ” 1. Tg „ Abende „ „ 8.—10.121/, „ Nachts „ Juni. 11, 12, 3 ” ” ” ” Ueber das Vorkommen derselben Arten in verschiedenen Klimaten an verschiedenen Standorten, mit besonderer Berücksichtigung der xerophil ausgebildeten Pflanzen. Eine kritische pflanzen- biologische Untersuchung. Von Dr. K. 0. E. Stenström, Nachtrag. Durch eine neulich veröffentlichte Abhandlung von Stahl!) sind einige der im Vorhergehenden besprochenen Erscheinungen in ein neues Licht gestellt worden. Stahl hat hier nämlich das Ergebniss seiner Untersuchungen u. a. über das Oeffnen und Schliessen der Spaltöffnungen bei verschiedenen Pflanzen und bei verschiedenen Ver- hältnissen niedergelegt. So fand S., dass im Allgemeinen ein Ver- schluss der Spaltöffnungen der Pflanzen durch Chlornatrium hervor- gerufen wurde, was u.a. zur Folge hat, dass abgeschnittene Pflanzen, die in mit NaCl versetztes Wasser gestellt werden, langsamer als in unvermischtem Wasser verwelken, da natürlich die Transspiration durch den Spaltenverschluss herabgesetzt wird. Mit Recht sucht auch Stahl hierin eine der Ursachen, wesshalb unsere gewöhnlichen Pflanzen von der Meeresküste ausgeschlossen sind, da eine genügende 'Irans- spiration ohne Zweifel eine Lebensbedingung für sie ist,?) Auf ganz andere Weise verhalten sich die Halophyten. Bei diesen schliessen sich die Spaltöffnungen nicht, und die Schliesszellen 1) Stahl, E., Einige Versuche über T'ransspiration und Assimilation, Bo- tanische Zeitung 1894, S. 117 ff. 2) Man vergleiche hiermit das bekannte Verfahren, auf Strassen und Höfe, die man von der gewöhnlichen Unkrautvegetation rein halten will, Salz zu streuen. In diesen von Stahl hervorgehobenen Thatsachen findet man fernere Beweise gegen das Befugte einer Verringerung des Werthes und die Bedeutung der Trans- spiration, wie es Volkens und neuerdings Haberlandt gethan. Vor Allem muss ınan sich hüten, aus mehr oder weniger eigenthümlichen Verhältnissen inner- halb gewisser Gruppen von Pflanzen ohne Weiteres für die Pflanzen im Allge- meinen Schlüsse ziehen zu wollen. Es wäre sonst ebenso berechtigt, zu sagen, dass, da ein Verschluss der Spaltöffnungen bei den Halophyten nicht stattfindet (siehe unten), der Verschluss auch bei anderen Pflanzen keine Bedeutung haben könne, wie zu sagen, duss, da submerse Pflanzen nicht transspiriren, hieraus folge, dass auch bei anderen Pflanzen die Transspiration von keiner sonderlichen Be- deutung sein könne. Flora 1895, 27 422 sind gerade die Zellen, die am wenigsten Salz aufnehmen (im Gegen- satz zu anderen Pflanzen): „Wenn nun aber die Walophyten ohne Gefahr des Spaltenversehlusses grosse Mengen von Kochsalz in ihre Blätter aufzunehmen vermögen, so scheinen sie zugleich die Fähigkeit, die Transspiration durch Verschluss der Spaltöffnungen zu reguliren, verloren zu haben und man kann sich des Gedankens nicht erwehren, dass vielleicht gerade hiermit das in so auffallender Weise hervor- tretende Vorhandensein der anderen Schutzmittel gegen Transspiration im Zusammenhang steht. . . . Das so eigenthümliche Verhalten des Spaltöffnungsapparats der Ilalophyten gegenüber Chlornatrium ist jedenfalls in erster Linie entscheidend dafür, ob eine Pflanze auf salzreichem Boden zu gedeihen vermag oder nicht, denn die erste Bedingung für das Gedeihen ist ja ein ausgiebiges Assimilationsver- mögen, welches an das Offensein der Spaltöffuungen geknüpft ist. Die mancherlei Schutzmittel gegen Transspiration, die Schimper in den Vordergrund seiner Betrachtung stellt, kommen jedenfalls erst in zweiter Linie in Betracht, so wichtig sie auch sein mögen in der Wasserökonomie der Halophyten“ ete, So eigenthümlich und überraschend auch die Ergebnisse sind, die uns Stahl’s Untersuchungen geliefert haben, so dürfte man dennoch Ursache haben zu bezweifeln, ob die ihnen von Stahl zur Erklärung des Auftretens von Schutzmitteln gegen Transspiration ge- gebene Nutzanwendung die richtige ist, obgleich sie beim ersten An- blick schr wahrscheinlich vorkommt. Denn gegen stets offene Spalt öffnungen scheinen Wandverdiekungen wenig ausrichten zu können, und die verhältnissmässig geringe Transspirationsminderung, die daraus erfolgen könnte, scheint den llalophyten von keinem nennenswerthen Vortheil sein zu können, da ja auf alle Fälle ein hinreichendes Quan- tum von Wasser zu Gebote steht. Eher liesse sich denken, dass die Wandverdickung als Lichtschutz auftritt, was allerdings auch eine verminderte Transspiration zur Folge hat. Aber bei dem Gedanken an Schimper’s Zuchtversuche von Mangroven in Buitenzorgs bo- tanischem (arten (s. oben 8. 176) ') liegt es vielleicht doch am nächsten, die Wandverdiekung nur als eine mechanische Folge der Safteoncen- tration zu betrachten, ohne dass man direct sehen kann, welchen 1) Nach Haberlandt (Das tropische Laubblatt im Wiener Sitzungsbericht B.C.1, 8. s11) „behält aber das Blatt der Cocospalme, deren xerophiles Gepräge von Schimper auf den Salzgehalt des Bodens zurückgeführt wird, auch im Innern des Landes, im feuchten Klima von Buitenzorg, sein xerophiles Gepräge vollständig bei®. 423 Nutzen für die Pflanze sie mit sich bringt, wenn nicht ein mit der Sempervirenz in Beziehung stehender Vortheil. Fernere Untersuchungen über diese Verhältnisse sind indessen sehr wünschenswerth, vor allem darüber, ob sie bei unseren xerophil ausgebildeten Sumpfpflauzen in Betracht kommen. Infolge von Studien auf Java ist Haberlandt') zu dem Re- sultat gekommen, dass die Transspiration in diesem feucht-warmen tropischen Klima geringer ist als in unseren gemässigteren Ländern, wesshalb man die stark entwiekelten Einrichtungen für Transspirations- schutz, die bei dem tropischen Laubblatt vorkommen, nicht direct aus der Transspiration erklären kann, wohl aber wenn man den dortigen bedeutend grösseren Transspirationsunterschied in den verschiede- nen Tageszeiten berücksichtigt. Dies stimmt gut zu der von mir im Vorhergehenden betonten Gefahr einer starken Transspiration, auch wenn die Pflanzen nur während einer verhältnissmässig kurzen Zeit derselben ausgesetzt sind, sowie zu der damit in Beziehung stehenden Entwickelung von Transspirationsschutz. Was nun die Art und Weise betrifft, in der Haberlandt die Grösse der tropischen 'Transspiration kennen zu lernen gesucht hat, sowie die Schlüsse, die er aus dem gefundenen Resultate zieht, so können verschiedene Anmerkungen hiergegen erhoben werden. Erstens mag es wohl fraglich sein, ob man die Transspiration, vor Allem die tropische, nach Versuchen, die im Schatten geschehen sind, beur- theilen kann? Das tropische Laubblatt scheint doch vorzugsweise dem intensiven tropischen Sonnenlichte angepasst zu sein, wie Ha- berlandt (Eine bot. Tropenreise S. 114) sagt: „Infolge der intensiven Durchleuchtung kann das grüne Assimilationsgewebe diekere Schichten bilden, ohne dass die inneren Zelllagen zu wenig Licht empfangen. So kommt es, dass die assimilatorische Leistungsfähigkeit des tropischen Laubblattes, welches noch dazu unter so günstigen äusseren Verhält- nissen arbeitet und in einem Klima, wie es z. B. auf Westjava herrscht, das ganze Jahr hindurch ununterbrochen funetioniren kann, die Leistungsfähigkeit der Laubblätter unserer mitteleuropäischen Ge- wächse jedenfalls um ein Vielfaches übertrifft.“ — Es darf dann niemand Wunder nehmen, dass die Transspiration im Schatten ein Minimum wird uud sogar noch unvortheilhafter ausfällt als bei unseren 1) Haberlandt, G., Anatomisch-physivlogische Untersuchungen über ıas tropische Laubblatt. Sitzungsber. der k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Mathem.- naturw. Cl. Bd. 101, H. 8., 8. 785-816. — Eine botanische T’ropenreise, Leipzig 1893. 27* 424 Pflanzen in unserem Klima unter gleichen Verhältnissen, denn um das dickwandige, langlebige tropische Laubblatt so zu sagen wach zu rütteln, ist ein bedeutend stärkerer Impuls erforderlich als bei unseren ganz anders gebauten und kurzlebigeren Taubblättern.‘) Andererseits würde das tropische Laubblatt nicht existiren können, wenn es nicht so gut ausgerüstet wäre, und dennoch sucht es, wie H. sagt, auf mannigfaltige Weise, wie durch Faltungen, Krümmungen, Lageände- rungen, einen schrägen Lichteinfall zu erzielen und sich dadurch gegen eine Ueberfülle von Licht zu schützen. Hätte Haberlandt die Transspiration tropischer (wahrscheinlich im Allgemeinen sempervirenter?) Pflanzen nicht mit europäischen Gewächsen mit abfallenden Blättern, sondern mit europäischen semper- virenten verglichen, so würden sich die Verhältnisse gewiss ganz anders gestaltet haben, obgleich man sich auch hier unter ungünstigen äusseren Umständen, z. B. bei Schatten und bei sehr wasserdampf- gesättigter Luft, die Verhältnisse in beiden Fällen nicht ganz gleich- gestellt denken kann. Denn in gleichmässig feucht-warınen tropischen Klimaten, wo „die äusseren Bedingungen des Wachsthums und der Ernährung das ganze Jahr hindurch ununterbrochen günstig sind“ (Tropenreise 8. 3), da lässt sich auch denken, dass die Pflanzen nicht für den morgigen Tag zu sorgen brauchen durch eine bis zum äussersten getriebene Anstrengung; dass sie sich auch unter ungünstigen äusseren Bedingungen dennoch die producirende Lebensthätigkeit zu erhalten nieht nöthig haben; sie können dann ihre Blätter sorglos in der ersten besten Lage hängen lassen und brauchen sich weder um Transspiration noch Assimilation zu kümmern, wohingegen unsere armen, stiefmütter- lich behandelten Pflanzen jeden Augenblick ihrer kurzen Vegetations- periode auszubeuten suchen müssen, um nicht im kommenden Winter Ifunger zu leiden. Erstere könnte man mit den faulen Eingeborenen der paradiesischen Klimate vergleichen, die nur die Hand auszustrecken brauchen, um Nahrung zu finden, und die sich zwischendurch einem sorgenfreien Müssiggange überlassen können, letztere dagegen mit den strebsamen und umsichtigen Einwohnern der kälteren Klimate.?) 1) Es zeigte auch die mit dünnwandigen, krautigen Blättern versehene Aetlypha tricolor eine bedeutend stürkere Transspiration als die übrigen Ver- suchspflanzen, und sie scheint hierin völlig den europäischen gleichgestellt werden zu können. (Vgl. die eitirten Abh, in d. Wiener Sitzungsber. 8. 807.) 2) Obige Sätze, die wohl manchem etwas eigenthümlich vorkommen werden, sind durch die in Haberlandt's Tropenreise häufigen Ausdrücke veranlasst, die anzudeuten scheinen, dass die tropischen Gewächse sozusagen mehr „in Freiheit dressirt“ sind als die einheimischen. — Eine gewisse Aehnliehkeit mit dem obigen 425 - Indessen will es scheinen, als ob sich die javanischen Pflanzen für eine besonders periodisch allzugeringe Transspiration einen Ersatz verschaffen könnten, und zwar durch Ausscheidung flüssigen Wassers: „Die auf die Ausscheidung flüssigen Wassers abzielenden Einrichtungen treten bei den Pflanzen feuchtwarmer Tropengegenden in weit grösserer Mannigfaltigkeit auf als bei den Pflanzen unserer einheimischen Flora mit ihren ‚Wasserspalten‘* (Das trop. Laubblatt 8. 815 Note). ... . „Neben der Abgabe dampfförmigen Wassers scheiden viele tropische Gewächse zur Nachtzeit reichliche Mengen tropfbar-flüssigen Wassers aus, welches frühmorgens in grossen Tropfen die Blattspreiten bedeckt; bei der geringsten Erschütterung ergiesst sich dann ein förmlieher Regen aus der Krone herab. .. . Von einigen Beobachtern wird sogar behauptet, dass das Wasser zuweilen mit einer gewissen Gewalt aus den Blattspitzen herausgespritzt wird... . Im feuchten Tropen- klima muss auch die Pflanze reichlich schwitzen, um sich auf diese Weise bei verminderter Transspiration des im Ueberschuss aufgenom- menen Wassers zu entledigen* (Tropenreise 8. 116).') Auf Grund derartiger Berichte liegt, wie gesagt, die Vorstellung nahe, dass besonders die in Rede stehenden tropischen Pflanzen die Fähigkeit besitzen, die Transspiration durch einen vicariirenden oder complettirenden Vorgang zu substituiren oder zu vervollständigen und dass sie in dieser Beziehung gewissermassen unseren Wassergewächsen gleichkommen. Denn wenn man von der gewöhnlichen und zweifelsohne auf guten Gründen fussenden Voraussetzung ausgeht, dass die Natur gleichsam einen gewissen Zweck bei allen ihren Einrichtungen hat, und dass sie auch in der Beziehung ihre Zweckmässigkeit beweist, dass sie Kraft und Stoff nicht unnöthigerweise vergeudet, dürfte es schwer sein einzusehen, wozu das viele Aufnehmen und Ausspritzen von Wasser dienen sollte, wenn es nämlich nicht zum Nutzen der Pflanzen selbst geschähe, welche beiden Vorgänge wiederum kaum anders gefasst werden können denn als den Transspirationserschei- Vergleiche zwischen einer zeitweilig unterbrochenen und einer das ganze Jahr hindurch währenden Transspiration zeigt Haberlandt's Zusammenstellung des Blüthenreichthums unserer und tropischer Gegenden (Tropenreise 8. 123): „Wenn man sich die Blüthezeiten all’ der Wiesenpflanzen, die eben in unserem Klima fast durchgehends zu gleicher Zeit blühen müssen, gleichmässig über ein ganzes Jahr vertheilt denkt, dann wird man sofort zugeben, dass es unter solchen Um- ständen gerade so langwierig wäre, einen Strauss von heimathlichen Wiesenblumen zu sammeln, wie in den Tropen einen Urwaldstrauss.“ 1) Siehe ferner Haberlandt, G, Üeber Wasser ausscheidende mul absor- birende Organe der tropischen Laubblätter. Bot. Centr.-Blatt B. 60, Nr. 6, 8. 166. 426 nungen und den davon abhängigen Verhältnissen gewissermassen gleichartig und dieselben substituirend.‘) Da man nun diese letztere Art und Weise der Wasserausschei- dung nach Haberlandt’s Untersuchungen an und für sich als be- wiesene Thatsache hinnehmen muss, wodurch vor Allem der grosse Wasserverlust oder vielleicht besser gesagt die bedeutenden Wasser- mengen bezeugt werden, die demzufolge durch die Pflanzen strömen, so ist es wahrscheinlich, dass diejenigen Kräfte in der Pflanze, die einen solchen Wasserstrom hervorbringen, nur bei der unbeschä- digten Pflanze in voller Thätigkeit sein können. Man ist daher zu der Vermuthung berechtigt, dass bei Versuchen mit ganzen bewurzelten Pflanzen anstatt mit „abgeschnittenen Zweigen oder auch einzelnen Blättern“ der Wasserverlust auch im Schatten grösseren Ausschlag gegeben hätte, trotzdem dass im Boden wurzelnde Pflanzen weniger transspiriren als in Wasser gestellte Pflanzen und Pflanzentheile.?) Es fehlt übrigens auch bei Haberlandt nicht ganz an Aeusse- rungen, die auf eine starke Transspiration auch auf Java schliessen lassen. So hat er (Tropenreise 8. 116) eine Berechnung „über die ansehnliche Menge von Wasser, welche die Krone einer Cocospalme pro Tag transspirirt“, vorgenommen, und den Grund, wesshalb die Epiphytengenossenschaft nicht auch in unseren heimischen Wäldern vertreten ist, glaubt H. darin suchen zu dürfen, dass die stärkere Beschattung unserer Wälder den Kampf der Epiphyten ums Dasein nicht lohnt. „Dazu kommt noch der Umstand, dass bereits die terrestrisch lebenden Pflanzen des feuchten Tropenwaldes ihrer zeit- weilig doch sehr starken Transspiration halber weit häufiger mit ver- schiedenen Schutzeinriehtungen gegen allzu starke Verdunstung, be- sonders mit Wassergewebe, versehen sind, als unsere einheimischen Gewächse. Dadurch wird ihnen der Uebergang zu epiphytischer Lebensweise ganz wesentlich erleichtert“ (a. a. O. $. 180). Schliesslich ist auch in Betracht zu ziehen, dass Java eine der regenreichsten Gegenden der Erde ist und in dieser Beziehung sogar die meisten anderen tropischen Länder übertreffen dürfte, wozu noch kommt, dass Haberlandt die dortigen Verhältnisse gerade während 1) Vgl. jedoch Haberlandt, Tropenreise 8. 76: „In einem paradiesischen Klima hat eben auch das Nutzlose eine grössere Daseinsberechtigung.“ 2) Auch andere Fehlerquellen lassen sich denken, wie z. B. dass die Schnitt- fläche im Wasser bald fault und unthätig wird (vgl. Sachs in Bot. Zeit. 1860 S. 123), was wegen der in verschiedenen Theilen der Erde verschiedenen Be- schaffenheit des Wassers (Temperatur, Bacterienreichthum u. a.) hinkende Ver- gleiche verursachen könnte, 427 der Regenzeit studirte. In der trockenen Jahreszeit, Mai—Oktober, soll indessen die Hitze sehr stark sein und auf die Vegetation ver- brennend wirken, was ja auch Haberlandt bei seinem ersten Besuche auf der Insel hat beobachten können: „Die Laubkronen waren stark gelichtet, einzelne Bäume gänzlich verdorrt, die Stengel und Blätter der Epiphyten derart eingeschrumpft, dass ihre Wiederbelebung fast ausgeschlossen schien“ (a. a. O. 8. 77). Vielleicht hatte jedoch ge- rade bei dieser Gelegenheit ein aussergewöhnlicher Grad von Hitze geherrseht; wenn man indessen das eine und das andere zusammen- stellt, möge man mich entschuldigen, dass ich mich zu der angeblich geringen Transspiration der tropischen Vegetation im Vergleich zu der europäischen zweifelnd verhalte. Haberlandt zieht nun auf Grund seiner Untersuchungen über die Transspiration der javanischen Pflanzen den weitgehenden Schluss, dass die Transspiration für das Leben der Pflanzen nicht die Bedeutung besässe, die man ihr bis jetzt zuertheilt hat, — da sich aus seinen Versuchen „die unabweisliche Folgerung“ ergab, „dass der sogenannte Transspirationsstrom zur Aufwärtsbeförderung der mineralischen Nähr- stoffe aus dem Boden keineswegs unentbehrlich ist“ (a. a. 0.8. 115) — und er tritt also hierin auf die Seite Volkens’. Im Vorhergehen- den (8. 179 ff.) habe ich diesen Gegenstand berührt, da aber die von Volkens für sein Urtheil herangezogenen Gründe mir so wenig zu beweisen schienen, habe ich mich nur kurz bei dem Grunde aufge- halten, der mir am meisten für seine Ansicht zu sprechen schien und den er aus dem Vergleiebe mit submersen und ähnlichen Gewächsen geholt hat. Gegen die neuen Belege, die Haberlandt ins Treffen geführt, habe ich hier oben einige Anmerkungen niedergeschrieben, die mir durchaus befugt zu sein scheinen. Uebrigens wiederhole ich noch einmal, dass man auch unter der Voraussetzung einer geringeren Transspiration bei einigen Pflanzen, mögen sie nun einer besonderen biologischen Gruppe oder einem besonders ausgesprochenen Klima an- gehören, nicht berechtigt sein dürfte, aus ihnen Schlüsse zu ziehen, die das umwerfen, von dem man hinwiederum gefunden, dass es von anderen unter anderen Bedingungen lebenden Pflanzen gilt. Denn auch in der Pflanzenwelt besteht ohne Zweifel die bekannte Regel, dass das, was dem einen passt, nicht immer dem anderen zuträglich ist. Mancher dürfte wohl mit mir daran zweifeln, ob es berechtigt sei, von der „Einseitigkeit der europäischen Botanik“ zu reden, wie Haberlandt so häufig thut, und zwar besonders desshalb, weil unsere europäischen Pflanzen weniger dazu angethan wären, dass man 428 sich aus ihnen ein Urtheil darüber bilden könnte, wie eine ‚typisch‘ höher entwickelte Landpflanze auszusehen habe, während dagegen eine tropische Pflanze sich hierzu eignen solle: „Weil das constant feuchtwarme Tropenklima an die Anpassungsfähigkeit des pflanzlichen Organismus lange nicht so hohe Anforderungen stellt, wie das wetter- wendische Klima der höheren Breiten, kann sich die Gestaltungskraft des Pflanzenlebens gewissermaassen mehr gehen lassen, dem eignen Trieb und nicht der Noth gehorchend; die Pflanzenwelt kann in viel höherem Maasse zeigen, was sie aus sich selbst heraus in uneinge- schränkter Fülle der Gestaltungen zu bilden vermag, da alle neu auftretenden Variationen von der natürlichen Zuchtwahl nicht allso- gleich und allzuscharf betreffs ihrer Nützlichkeit oder Schädlichkeit auf die Probe gestellt werden; in einem paradiesischen Klima hat eben auch das Nutzlose eine grössere Daseinsberechtigung‘“ (a.a. 0.8.76). Es kommt mir vor, als würde es schwer werden, sicheren Halt für die Art von Pflanzenstudium zu finden, das man bisher mit Vor- liebe umfasst hat, nämlich die Beziehung der Gewächse zu äusseren Agentien und ihre Reaction gegen dieselben, wenn man solche tro- pischen Pflanzen zum Muster und Maassstab nehmen soll, die sich nicht entblöden, das Nutzlose zu berücksiehtigen, und die, nach Haberlandt’s Beschreibungen und Abbildungen zu schliessen, dem eigenen Trieb viel zu sehr die Zügel schiessen lassen. Unter solchen Umständen könnte es wohl scheinen, als ob die Verhältnisse noch verwickelter und schwererklärlicher als bei unseren Pflanzen mit ihrer Winteranpassung werden müssten, und im Vergleich zu solchen un- artigen Naturkindern erscheinen unsere einheimischen Gewächse als wohlerzogene I’fänzchen, die gelernt haben, bescheiden und genügsam zu sein. Und dennoch fehlt es den javanischen Pflanzen durchaus wicht an Zuchtmeistern, zu denen man, ausser einer wahrscheinlich weitgehenden und in den ganzen Organismus der Pflanzen tief ein- greifenden Anpassung an Perioden von Dürre, als die bedeutendsten die heftigen Regenschauer zu zählen hat, auf die sie auch bei ihrer Entwickelung besondere Rücksicht nehmen müssen, und die anderer- seits die Ursache davon sein sollen, dass unsere krautigen Pflanzen sich im Allgemeinen nicht auf Java acclimatisiren lassen.!) 1) Wiener Sitzungsber. S. 790: „Die mechanische Intensität dieser heftigen Regenschauer ist eine sehr bedeutende und die derbe lederige Beschaffenheit des tropischen Laubblattes ist, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch zu grossenl Theile als eine Festigungseinrichtung aufzufassen, welche das Blatt gegen die heftigen Regengüsse zu schützen hat.“ — Tropenreise 8. 57: „Als ich auf einem 429 Nicht ohne Grund dürfte man denn, wie auch schon oben ge- schehen, unsere europäischen Pflanzen mit eivilisirten Menschen ver- gleichen können, hingegen tropische Pflanzen die wilden Völker ver- treten lassen. Und es zeigen ja auch die europäischen Pflanzen, ebenso wie die europäischen Völker, ihre Ueberlegenheit über die Bewohner anderer Himmelsstriche, dass sie im Allgemeinen die Fähigkeit besitzen, die Eingeborenen zu verdrängen, sofern nicht das Klima allzu hindernd in den Weg tritt. Soll man nun den civilisirten Menschen nach dem Wilden beurtheilen, oder soll man überhaupt eine höhere Entwickelungsform nach einer niedrigeren beurtheilen ? In diesem Falle sollte man folgerichtig sein und an der Stufenleiter der Entwickelung so tief wie möglich hinabsteigen; wenn nicht, sollte man „jedem geben, was ihm gebührt“, In seinen Biologischen Beobachtungen aus der Flora Santiagos in Chile!) schliesst sich Meigen der Ansicht Kihlman’s und Goebel’s über die xerophile Ausbildung der Sumpfpflanzen an und ist daher der Meinung, dass, da mit zunehmender Meereshöhe die Temperatur des Wassers abnimmt, dies immer schwieriger von den Wurzeln aufgenommen wird. „Daraus erklärt sich die auf den ersten Blick befremdende Erscheinung, dass alle Wasserpflanzen?) des Hochgebirges mit wenigen Ausnahmen noch besondere Schutzeinrich- tungen gegen Verdunstungsverlust besitzen.“ In der eitirten Abhandlung habe ich indessen vergebens nach Beweisen für diese Behauptung gesucht. Als Wasserpflanzen zählt Meigen folgende auf: Cardamine nasturtioid. Hydrocotyle modesta : Mimulus parviflorus Cotula coronopifoliu jTssieua repens ; Senecto Hrualtata Epilobium glaueum ,Mimulus luteus: | Setaria geniculata. Von diesen sagt Meigen: „Keine dieser Arten hat be- sondere Schutzeinrichtungen, die zur Unterstützung des Standortschutzes dienen könnten?) In hohem Maasse sind sie daher auf ihren Standort angewiesen“. — Dass jedoch nicht alle diese Pflanzen auf die Ebene beschränkt sind, geht aus der Abendspaziergange durch den Rosengarten an Dr. Treub die Frage richiete, wesshalb hier nicht auch noch andere Pflanzenarten, die unsere heimischen Blumen- beete zieren, zu sehen seien, da erhielt ich zur Antwort, dass auf die Cultur dieser krautigen Pflanzen zumeist nur desshalb verzichtet werden müsse, weil dieselben vom Regenschauer, wie vom Hagel getroffen, zu Boden geschlagen werden.“ 1) Engler 's Botan, Jahrbücher 18. B., 4. H., 8. 394 f. (1394). 2) Von mir gesperrt. 430 folgenden Darstellung hervor: „Mimulus parviflorus und Senecio Hualtata steigen noch bis gegen 2000m in das Gebirge hinauf, wo sich zu ihnen noch Hydrocotyle modesta und Mimulus luteus gesellen. Die beiden Mimulus-Arten gehen sogar noch in die subandine Region hinein und treffen dort mit Epilobium glaucum zusammen. Dies findet sich noch bei 8300 m als einzige beobachtete Art der Andinen-Region, die Trockenschutzeinrichtungen entbehrt.“ — Hier fragt man sich unwillkürlich mit einem gewissen Erstaunen, ob es denn andere „Wasserpflanzen des Hochgebirges* gibt, die wirklich „besondere Schutzeinrichtungen® besitzen, und wenn dies der Fall sein sollte, warum denn Meigen sie nicht nennt. Im Verlaufe der Arbeit erwähnt er dagegen hier und da, dass Pflanzen an hochgelegenen und feuchteren Plätzen Schutzeinriehtungen gegen Verdunstung besässen, trotz des wasserreichen Standortes und gewissermassen infolge desselben. Aber auch hierfür fehlt es an deutlichen Beweisen. So nennt er z. B. auf 8, 410 Diposis bulbo- castanum var. andinum, das sich erst bei 2500 m und darüber findet. „Dort ist sie dem Boden dicht angedrückt und fast stengellos. So ist sie dem Winde weniger ausgesetzt und bleibt meist in Berührung mit der untersten feuchteren Luftschicht. Ein Trockensehutz ist auch in dem von Schneewasser durchtränkten Boden nöthig, weil die Tem- peratur so niedrig ist, dass die Wasseraufnahme durch die Wurzeln stark beeinträchtigt wird®. Sowie auf 8. 420: „Tropaeolum sessili- Jolium findet sich erst in Höhen von ungefähr 2800 m an Stellen, wo der Boden nicht vollständig austrocknet. Ein Trockenschutz ist dess- halb nöthig, weil das kalte Wasser auch den Boden stark abkühlt und die Wurzelthätigkeit beeinträchtigt“. — Auf 8. 462 findet man indessen diese Pflanzen alle beide in der Gruppe aufgenommen, die eine Oberhaut ohne Schutzeinrichtungen besitzen und die einzige bei ihm angegebene Art und Weise, auf welche sie sich schützen, wäre der sogenannte organische Schutz, der bei beiden in der Wachsthumsform bestände und zwar so, dass erstere zu den „Rosettenpflanzen“, letztere zu der Gruppe gehörte, die sich dureh einen niederliegenden beblätterten Stengel auszeichneten. Inwiefern aber diese Art Schutzmittel bei Pflanzen auf einer so bedeutenden Ilöhe über dem Meeresspiegel dem kalten Wasser zuzuschreiben ist dürfte jedoch einem allzu grossen Zweifel unterliegen. Indessen werden auch einige andere Pflanzen erwähnt ($. 436), die einen ordentlichen Transspirationsschutz besitzen und an hoch gelegenen und feuchten Standorten vorkommen sollen. Ihnen gegenüber 431 stehen jedoch andere Arten derselben Stellen („nasse Stellen der andinen Region“) Arenaria andicola und Gentiana Ottonis, von welchen es heisst: „Es ist auffallend, dass sie keinen stärkeren Schutz haben, obwohl die Temperatur des Wassers eine niedrige ist“. Und dasselbe scheint der Fall zu sein bei Phaca elata, „die an nassen Stellen der oberen subandinen Region vorkommt“, sowie Acaena canescens, die „sich an Bachufern der subandinen Region findet“. Andererseits ist es interessant zu erfahren, dass Meigen auch Beispiele dafür gefunden, dass Pflanzen an feuchten Plätzen der Ebene Trans- spirationsschutz besitzen: „Der Zweck seiner (Cyperus vegetus) starken Cutieulaverdickung ist nieht recht ersichtlich, da die Stellen, an denen er beobachtet wurde, einer regelmässigen künstlichen Bewässerung unterliegen“, Also haben wir auch hier Beispiele desselben Umstandes, den Kihlman erwähnt und den er als einen Grund anführt, den man gegen seine Theorie aufstellen könnte (s. oben 8. 186). Da man nun einerseits sieht, wie der Transspirationsschutz immer stärker entwickelt wird, je höher man hinaufkommt auf die Berge und an je troekeneren Localitäten die Pflanzen wachsen — wovon Meigen zahlreiche Beispiele anführt —, und andererseits erwägt, wie unsicher die Entwickelung eines Transspirationsschutzes an feuch- teren Stellen des Hochgebirges, wenigstens dieser Abhandlung nach zu urtheilen, ist, so scheint es, als ob man schwerlich die Fälle der letzteren Erscheinung, wo ein Transspirationsschutz entwickelt wird, dem Wasser zuschreiben könnte.!) Berechtigter würde doch wohl die Behauptung sein, dass, wenn das Wasser nicht vorhanden wäre, der Transspirationsschutz viel stärker werden würde, was aus dem Ver- gleich mit den auf dürrerem Boden wachsenden Pflanzen derselben Höhen hervorgeht. Aber wenn es sich auch so verhalten sollte, wie 1) Es dürfte übrigens wichtig sein, darauf achtzugeben, dass es wenigstens zweifelhaft sein kann, ob man das bekannte Sachs’sche Experiment der Auf- nahme von Wasser durch die Pflanzen bei herabgesetzter Temperatur auf solche Gewächse anwenden kann, die an eine niedere Bodentemperatur ge- wöhnt sind. Jedenfalls weiss man nicht, ob sie sich nicht hierfür angepasst haben, zu welcher Annahme man jedoch mit Fug berechtigt ist, seitdem sie wahr- scheinlich während unabsehbarer Perioden und Generationen solchen Einflüssen ausgesetzt gewesen. Vgl. Sachs in Bot, Zeit. 1860, 8. 125. „Demnach haben wir in dem Kürbis, den Tabak, der Bohne einerseits, und in dem Kohl anderer- seits zwei wesentlich verschiedene Organisationen vor uns; bei jenen hört die Wurzel auf, thätig zu sein, wenn die Temperatar auf -- 4° hinabsinkt, bei diesem bleibt sie immerfort thätig bis zum Gefrieren des Bodens. . . . Wer demnach meine Erklärung für Cueurbita und Nicotiana gelten lässt, wird doch gut thun, sie nicht unmittelbar auf andere, zumal auf Holzgewächse, anzuwenden,“ 432 Meigen am Anfange seiner Schrift sagt, dass nämlich „alle Wasser- pflanzen des Hochgebirges mit wenigen Ausnahmen noch besondere Schutzeinrichtungen gegen Verdunstungsverlust besitzen“, so scheint mir dies viel eher seine Ursache in den ganz verschiedenen Ver- hältnissen zu haben, die eine Folge der grösseren Meereshöhe sind (s. oben $. 204 ff.); und vielleicht dürfte man auch in einigen Fällen den Grund in hereditären oder der Art eigenthümlichen Erscheinungen zu suchen haben. Aus meiner Darstellung oben 8. 127 f. könnte man vielleicht die Vorstellung gewinnen, dass ich der Transspiration jeglichen Einfluss auf die Ausbildung der mechanischen Gewebe absprechen wollte. Dies ist jedoch nicht meine Absicht. Ich habe nur zeigen wollen, wie eine einseitige und bis ins Aeusserste getriebene „mechanische“ Erklärung eine unrichtige biologische Deutung der Funetion der Ge- webe hervorrufen kann. Denn wenn man auch, wie es bereits Duval-Jouve!') gethan, eine Beziehung constatiren kann zwischen der Ausbildung des mecha- nischen Systems und dem Auftreten der PHlanzen an dürren und warmen Standorten, und wenn man auch hieraus auf einen Causalnexus zwischen diesen beiden Erscheinungen schliessen darf, so ist doch damit nicht gesagt, dass man gerade hierauf gestützt eine richtige Erklärung der biologischen Bedeutung der mechanischen Gewebe für die Pflanzen zu geben im Stande ist. Ausserdem habe ich auf Fälle aufmerksam gemacht, bei welchen man sich schwerlich einen direeten ursächlichen Zusammenhang zwischen Transspiration und mechanischer Ausbildung?) denken kann, und schliesslich weiss ich nicht, ob man wirklich mit völliger Bestimmtheit sagen kann, dass es gerade z. B. in den von Duval-Jouve mit- getheilten Fällen die Transspiration und nicht irgend ein anderer oder mehrere zusammenwirkende Factoren sind, die den Bau ver- ursacht haben, Was ich vor Allem a. a. O. hier oben gegen Kohl habe hervor- heben wollen, ist die Berechtigung der rein teleologischen oder der sog. biologischen Erklärungsweise. Irrthümer können natürlich bei 1) Duval-Jouve, J., Histotaxie des feuilles de (Gramindes. Annales des seiences naturelles, 1875, Tome I, S. 294—371. 2) Siehe Note 8. 12. — Zu den dort angeführten Schriften sei noch erwähnt der Bericht Pfeffer’s über die Untersuchungen R. Hegler’s U’eber den Einfluss von Zugkräften auf die Festigkeit und die Ausbildung mechunischer Gewebe in Pflanzen. Ber. d. k. sächs. Gesellsch, der Wissensch, 1891, V, 8, 638—643. 483 den Erklärungsversuchen sowohl in diesem als auch in jenem Falle vorkommen. Aber bei aller Anerkennung, die man im Uebrigen den Bestrebungen eine mechanische Erklärung zu finden auch schenken kann, darf dennoch diese die Berechtigung jener nicht aufheben. Zur ferneren Beleuchtung Jessen, was ich gesagt, erlaube ich mir ein Gleichniss zu benutzen. Angenommen, jemand käme auf Grund angestellter Untersuchungen zu dem Ergebniss, dass diejenigen Men- schen am meisten schwitzten, die die kräftigsten Muskeln besässen. Wenn er nun bieraus die „mechanische“ Schlussfolgerung zöge, dass die sog. animale Transspiration die Ursache der Entwiekelung und Vertheilung der Muskeln im Körper wäre, oder die biologische Sehluss- folgerung, dass die Aufgabe der Muskeln die Beförderung der Schweiss- absonderung sei, so könnte es wohl möglich sein, dass beides ebenso richtig oder falsch wäre wie die Behauptung, dass die Transspiration der Pflanzen die Eintwickelung (und Vertheilung) der mechanischen Gewebe bewirke, oder dass es die Aufgabe der mechanischen Gewebe sei, die '[ransspiration zu fördern oder gegen sie zu schützen. Aus Öltmanns’ Untersuchungen über die Wasserbewegung in der Moospflanze und ihren Einfluss auf die Wasservertheilung im Boden!) geht mit genügender Deutlichkeit die hohe und specielle Bedeutung der Moose für die Feuchtigkeitsverhältnisse ihrer Substrate und für die Wasservertheilung in der Natur hervor, und hieraus folgt auch, von wie grossem Gewicht die Moose in Betreff der Pflanzen sind, die in ihrer Nähe oder zusammen mit ihnen wachsen. Einige der Ergebnisse Oltmanns’ mögen hier erwähnt sein. So hat er gefunden (S. 38), „dass die Moose, mögen sie nun lebendig oder todt sein, in gleicher Weise das Wasser aufsaugen, wenn es als Regen- oder Sehneewasser von oben auf sie gelangt, und, wenn sie damit gesättigt sind, es gleichmässig durchlassen“. — 8. 46 ff.: „Der Moosrasen ver- hindert die Verdunstung irgendwie erheblicher Wassermengen aus dem Boden, so lange er selbst noch ein bestimmtes Wasserquantum enthält, während unbedeckter Boden sehr rasch austrocknet.* ..... „Er entzieht einem mässig feuchten Boden das Wasser.“ ... „Die gesammte Moosvegetation des Waldes und der Moore wirkt ebenso wie ein Schwamm, den man auf dem Boden ausbreitet“ ete. Bei meinem oben (8. 192 ff.) gegebenen Bericht von Blytt’s Angabe über das Auftreten von Sumpfpflanzen auf Gebirgen in Westnorwegen, welche 1) Inaug.-Dissert. auch in Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflunzen Bd, IV, Heft 1. Breslau 1884. 434 Angabe vielleicht der von mir dargestellten Ansicht über die Beziehung der Boden- und der Luftfeuchtigkeit und über die Reaction der Pflanzen hiergegen zu widerstreiten scheinen könnte, habe ich gerade die Thatsache hervorgehoben, dass einige Pflanzen, vor allem Sphag- naceen, die Fähigkeit besitzen, Feuchtigkeit direet der Luft zu ent- nehmen, und dass dieser Umstand die Sache in ein anderes Licht stellt und ihr damit auch eine andere Erklärung gibt als die, welche man bei gewöhnlichen Pflanzen anzunehmen Grund hat, die ja, so viel man weiss, so gut wie ausschliesslich auf den Wassergehalt des Bo- dens angewiesen sind. Kann nun Wasser von gewissen Pflanzen aus der Luft geholt werden, so ist es natürlich von geringer Bedeutung für mein Argu- ment, ob wiederum dieses Wasser den Pflanzen in flüssigem Zu- stande von oben zu gute kommt, womit sich Oltmanns hauptsächlich beschäftigt, oder ob die Pflanzen fähig sind, den Wasserdampf der Luft zu condensiren, welch letzteres ich nach Kerner (in Bezug auf Sphagnum-Arten) angeführt habe. Und sollten die Pflanzen auch nicht fähig sein, den Wasserdampf zu eondensiren, dagegen mit ihren oberirdischen Theilen das Regen- oder Schneewasser direct aufnehmen können, so ist es wahrscheinlieh, dass diese letztere Eigenschaft jeden- falls in sehr niederschlagreichen (iegenden genügt. Was indessen besonders die Sphagnum-Arten betrifft, sagt Öltmanns (8. 10): „Ich controlirte Lesquereux’ Beobachtungen, indem ich lufttrockne Sphagnum-Pflänzchen neben Wasser unter eine Glasglocke brachte. Dadurch, dass der Raum unter der Glocke nicht vollkommen luftdieht abgeschlossen war, wurde verhindert, dass sich Wasser in flüssiger Form niederschlug. Die Sphagna nahmen !/ı—!js ihres eigenen Ge- wichts an Wasser auf“. — Obgleich das Wasserquantum, welches von dem Moose auf diese Weise aufgenommen wird, unbedeutend erscheinen mag im Vergleiche zu dem, welche es in Berührung mit Wasser aufzusaugen vermag, so ist es doch wahrscheinlich, „dass*, wie Oltmanns selbst sagt, „die hygroskopischen Eigenschaften für die Biologie der Sphagna im Allgemeinen von grosser Bedeutung sein können, dass sie aber für die uns beschäftigende Frage (d. h. die Wasserbewegung in der Moospflanze) kaum in Betracht kommen. Zur ferneren Beleuchtung des wichtigen Unterschiedes, der in Bezug auf Wasseraufnahme und damit zusammenhängende Verhält- nisse bei Moosen und bei höheren Pflanzen herrscht, möchte ich ferner auf Oltmanns’ Versuche (8. 45) hinweisen, aus welchen hervorgeht, dass der Wassergehalt des Bodens geringer ist ohne Bedeckung von 435 Moosvegetation — set es todter oder lebender — als mit solcher. Wollny ist, wie oben (S. 205 Note) erwähnt worden, rücksichtlich des Einflusses der Phanerogamen auf den Boden zu einem ganz ent- gegengesetzten Resultat gelangt. Im Allgemeinen dürfte man daher berechtigt sein zu sagen, dass eine durch Transspiration bervorgerufene Wasserbewegung, wie wir sie bei den Gefässpflanzen finden, bei den Moosen nicht vorhanden ist (vgl. Oltmanns, 8. 13 ff.). Wenn nun auch die Art und Weise der Aufnahme und Abgabe von Wasser wesentlich verschieden ist bei Moosen und bei höheren Pflanzen, so wird doch der Einfluss des Wassers sowohl auf die einen als auch auf die anderen durch die deutlichen Anpassungen an Feuch- tigkeit bewiesen, welche diese beiden Pflanzengruppen bieten. Beson- ders was die Moose betrifft sei z. B. an das interessante Verhalten von Frullania erinnert, worauf Goebel (Pflanzenbiologische Schil- derungen ]) aufmerksam gemacht, ferner an die Mittheilungen Bastit’s (s. oben S. 132 Note 4) und Anderer. Im Anschluss an das hier oben nach Oltmanns Angeführte liegt indessen die Annahme nahe, dass sich die erwähnten Verschieden- heiten auch bei diesen Anpassungen äussern werden, und dass man also zu der Vermuthung Veranlassung haben kann, dass sich bei Vergleichen zwischen Moosen und höheren Pflanzen scheinbare Widersprüche finden könnten. Ich denke herbei zunächst an die Beschreibung und Erklärung, die Lorch!) über die Mamillen und Papillen der Moose gegeben, und die eine ganz andere ist als die Deutung, welche ich oben auf 8. 219 für die Bildung und Funetions- weise der Papillen der höheren Pflanzen geliefert. Herr Professor K. Goebel hat die Gefälligkeit gehabt mir mit- zutheilen, dass Ranunculus Lingua auch in Deutschland eine Sumpf- resp. Wasserpflanze ist, wesshalb Volkens’ Angabe (vgl. oben S. 172) auf einer Verwechslung beruhen dürfte. Für diese gütige Mittheilung sowie auch für die Aufmerksammachung auf einige der zuletzt ange- führten Arbeiten spreche ich Herrn Professor Goebel hiermit meinen ergebensten Dank aus. C. 0. Nordgren, für die Hülfe, die er mir bei der Uebersetzung vorliegender Abhandlung geleistet hat, meinen besten Dank zu bezeugen. 4) Lore h, W., Beiträge zur Anutomie und Biologie der Laubmoose. Flora Bd. 78, 1894, 8. 459. Ueber Eisbildung in Pflanzen mit Rücksicht auf die anatomische Beschaffenheit derselben. Von Moritz Dalmer. Wenn die Temperatur der Luft tiefer unter Null Grad sinkt, gefriert der Saft in den Bäumen und Sträuchern. Erst im Anfang dieses Jahrhunderts wandte sich das Interesse der Botaniker in höherem Maasse dieser Erscheinung zu. Um jeden Zweifel zu zerstreuen, stellte man anfangs etwas umständliche Experimente an. Göppert!) liess zum Beispiel bei grosser Kälte Stämme von Birken und Erlen umhauen und brachte sie in ein Fruchthaus von 410° und sägte sie in der Mitte durch. Es zeigten sich dann bei diesem Versuche ebenso wie bei dem Experiment im Freien Eiskrystalle im Innern. Es war hierdurch der Einwand widerlegt, dass dieselben sich etwa erst nach dem Durchsägen an der Oberfläche gebildet hätten aus dem selbst bei grosser Kälte flüssig bleibenden Saft. Jetzt kann man etwas einfacher und schneller das Gleiche beob- achten. Man braucht bloss ein gefrornes Stamnıstück von beliebiger Dicke von Aristolochia Sipho in kalter Luft zu durchsehneiden. Schon mit der Lupe kann man dann in den weiten Gefässen die Eiskrystalle sehen. Oder man macht mit einem kalten Rasirmesser einen Quer- schnitt durch ein Stammstück der genannten Pflanzenart und beob- achtet denselben auf abgekühltem Objectträger im kalten Raume unter dem Mikroskope, dann wird man in den weiten Gefässen die schönsten Eiskrystalle an den Wänden sehen. Bringt man das Mikroskop mit dem Präparat in ein warmes Zimmer, so sieht man das Eis nach kurzer Zeit schmelzen, Von Sachs?) wurde beobachtet, dass sich auf der Oberfläche von durchschnittenen Pflanzentheilen, Kürbisfrüchten, Runkelrüben u. 8. w. bei einer Temperatur von —3° bis —6° unter Null Eis- krystalle bilden, falls die Verdunstung verhindert wird, während die Pflanzentheile selbst ungefroren bleiben. Da sich die Krystalle hier bequem untersuchen liessen, suchte der genannte Forscher an diesem 1) Veber die Wärmeentwickelung in den Pflanzen, Breslau 1830, 8. 160, 161. Hier ist die ältere Litteratur zusammengestellt. Das Fehlende vergleiche bei Sachs, Untersuchungen über das Erfrieren. Landwirthschaftl. Versuchsstationen, 1860, 8. 167. 2) Krystallbildungen bei dem Gefrieren und Veränderung der Zellhant bei dem Aufthauen saftiger Pfianzentheile. 1860. Gesammelte Abhandlungen Bd. I. 8.3. 437 Material hinter die Art und Weise der Bildung zu kommen. In den Krystallen bildeten nämlich Luftblasen Längsreihen senkrecht auf der Unterlage, eine von der anderen immer gleich weit entfernt. Die Breite der Krystalle war unabhängig von den darunter befindlichen Zellen. Die Schlüsse, die sich hieraus ziehen lassen, fasst er selber in die Worte zusammen: „Demnach scheint es, dass die Dicke der Krystalle allein von den Molekularkräften abhängt, welche die Eis- bildung überhaupt bedingen, nicht aber von der organischen Struktur der Unterlage. Es führt dies auf die Vorstellung, dass die auf der Oberfläche sich ausbreitende Imbibitionsflüssigkeit eine continuirliche Schicht bildet. Bei dem Gefrieren derselben treten dann gewisse Mittelpunkte der Krystallisation auf, wodurch die dünne Eisschicht eine parkettartige Struktur erhält, in der neuen unterhalb sich ansetzen- den Schicht verdickt sich dann jede Platte für sich und nach und nach wird die Dicke der Platte grösser als ihre Breite. Die regel- mässigen Abstände der Iuuftblasen in den Längsreihen stimmen sehr gut mit der Annahme dieses schichtenweisen Ansatzes. Offenbar wurde die Luft im Moment des Erstarrens von der Flüssigkeit aus- gestossen. Die Regelmässigkeit der Reihen zeigt, wie bei jeder neuen Ansatzschicht dieselben Kräfte in derselben Weise thätig sind.* In der ersten Auflage seines Lehrbuchs beschrieb Sachs!) sodann ähnliche Krystallbildungen zwischen den Zellen im Innern langsam gefrorner Blattstiele von Cynara Scolymus. Prillieux?) zeigte, dass bei einer ganzen Reihe von Pflanzen die gleiche Eisbildung im Innern beobachtet werden kann. Besonders Blattstiele sind geeignete Objecte, wie z. B. Blattstiele des Epheu, die sich ohne Mühe im Winter auftreiben lassen. Ebenso zeigte Müller-Thurgau?°), dass die Krystallbildung bei gefrornen Runkelrüben, Kartoffeln, Dahlienknollen u. s. w. in den Intercellularräumen stattfindet. Beide Forscher stellten “ ausserdem fest, dass die Krystalle im Innern der Pflanzentheile nach Form, Struktur und Entstehungsweise mit den von Sachs beschriebenen Eisbildungen völlig übereinstimmen. Bei der Bildung von Eiskrystallen können bekanntlich Molekular- kräfte von derartiger Intensität zur Entfaltung kommen, dass hölzerne, gläserne, ja eiserne Wände zersprengt werden. Was Wunder, dass 1) Sachs, Lehrbuch der Botanik I. Aufl. 1868. 2) Sur la formation de glacons & l’interieur des plantes. Annales des sciences naturelles; Botanique XII, 1869, 5. Serie. 3) Landwirthschaftliche Jahrbücher 1880, 8. 134 u. f. und 1886. Ucber das Gefrieren und Erfrieren der Pflanzen. Flora 1895, 28 438 man früher allgemein annahm, die Pflanzen würden bei der Eisbildung im Innern zerrissen? Von Göppert!) wurde jedoch mikroskopisch bewiesen, dass bei einer ganzen Reihe von Pflanzen diese Annahme mit den anatomischen Beobachtungen in Widerspruch steht und Nägeli?) hat experimentell bewiesen, dass die Zellwände von Spiro- gyren beim Gefrieren keine Risse bekommen. Seitdem sind diese Anschauungen maassgebend gewesen bei der Beantwortung der Frage, warum können Pflanzen beim Gefrieren sterben, d. h. erfrieren. Ich habe hier nicht die Absicht auf dieses Problem näher einzugehen, dessen Lösung bekanntlich für die Praxis nicht ohne Bedeutung ist, je nachdem man annimnıt, dass der Tod der Pflanze schon durch das Gefrieren oder durch die Art und Weise des Aufthauens eintritt. Auf der anderen Seite gibt es auch eine Reihe Angaben in der Literatur, welche beweisen, dass durch die Eisbildung wichtige Ge- webetheile der Pflanze zerrissen werden können, Einer der ersten, welcher derartige Beobachtungen gemacht zu haben scheint, ist der Astronom und Director der Münze Sir John Herschel?®) Er berichtet von eigenthümlichen Eisbildungen, die er an den Stümpfen abgestorbener Disteln (decaying thistles), also in England wild wach- sender Pflanzen, und an den Stümpfen von Heliotropen beobachtet hat (abgebildet |. ce. PL H A, B, OÖ). Er sagt, dass in den Fällen, wo die Rinde dem Stamme fester auflag, sie die freie Ausbildung dieses Eises gehindert zu haben scheine und in den Fällen bot der Stamm die auffallende Erscheinung einer dieken massiven Lage von Eis dar, welche zwischen dem Holz und seiner Rinde lag, die aufgetrieben und zersprengt war. In dem Bericht von Treviranus*) über eine Abhandlung von le Conte heisst es: Eine Pflanze, Helianthemum eanadense, werde geradezu Frustkraut genannt, weil im Winter dünne Eiskrystalle aus der geborstenen Rinde nahe der Wurzel austreten. Bei Pluchea bifrons und camphorata sollen Eiskrystalle dem Holz aufsitzen und die Rinde zerrissen werden. Das Ris soll immer tiefer am Stumpf heraustreten und zwar an dem Theil, welcher vom Frost der vorigen Nacht nicht angegriffen, d. h. nicht getödtet war. Sodann 1) Wärmeentwickelung, 1830, 8. 24—30. Ueber das Gefrieren, Erfrieren der Pflanzen und Schutzmittel dagegen, 1883, 3, 23, 2) Sitzungsberichte der königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München, München 1861, I, 8. 264, 3) Notice of a remarkable disposition of ice round the decaying stems of vegetables during frost. Lond., Edinb. u, Dubl. phil. mag. and journ. of se. II. Jan. u, Juni 1833 p. 110. 4) Botanische Zeitung 1850, 8. 606, 439 sind uns sehr zuverlässige Mittheilungen von Caspary') überliefert, nebst zwei Zeichnungen, die an Ort und Stelle bei einer Temperatur unter 0° in einem offenen Gewächshause gegen 8 Uhr Morgens ausgeführt wurden. Caspary beobachtete nämlich am 14. November 1853 eigenthümliche Eisbildungen an ausländischen im freien Lande stehenden Pflanzen, theils faserige, theils blättrige, die auf dem Holz- eylinder aufsassen. Durch die erste Art der Eisbildung war die Rinde der Länge nach durch ein oder zwei Spalten geöffnet. Das Eis liess sich durch die Spalte gut sehen. Solche fasrige compacte Eisbildung zeigten nur wenige Pflanzen, wie z. B. Laufana aculeata, Tagetes bonariensis, Viel mehr in die Augen fallend und wirklich zierlich war die zweite Art der Eisbildung, die blättrige. Die Eisblätter hatten die Rinde und das Cambium abgetrieben, die erstere der Länge und der Quere nach zerspalten und die Fetzen derselben hingen an den Rändern der Eisblätter. Der Ilolzeylinder war oft und durch mehrere Spalten zersprengt. Folgende Pflanzen zeigten diese Erscheinung: Perilla arguta, Alonsoa ineisifolia, Cuphea cordata, tubiflora, platycentra, Heliotropium peruvianum, Manulea oppositifolia, Caleeolaria perfoliata. Nach einer Notiz von Caspary?) in der Botanischen Ztg. 1855 wurde bei einer grossen Anzahl von etwa 1'/s‘ und mehr dicken Stämmen von Thuja oceidentalis im Winter 1852/53 im botanischen Garten zu Berlin die Rinde durch Gefrieren des Saftes zersprengt. Prillieux?) gibt ferner an in der oben erwähnten Abhandlung, dass bei Nonea flavescens die Rinde durch Eisbildung zerrissen werde und ebenso bei Hydrangea hortensia, falls der Frost die Pflanzen in voller Vegetation überrascht im Anfang des Winters. Das gleiche soll nach ihm Dunal im „jardin du Montpellier“ an den Stämmen exotischer Labiaten beobachtet haben. In allen diesen beschriebenen Fällen scheint die Krystallbildung in gleicher Weise sich abgespielt zu haben, wie bei den von Sachs genauer untersuchten Objecten, an der Oberfläche durchschnittener Pflanzentheile. Caspary hat auch über die anatomische Beschaffenheit der ebengenannten Pflanzen etwas mitgetheilt, aber nur Lückenhaftes; vor allem fehlen genauere Beobachtungen über die "Beschaffenheit der Rinde. Im Folgenden sollen diese Lücken ergänzt werden. Es stand mir leider nur wenig Material zur Verfügung, und zwar aus dem botanischen Garten zu Jena, Cuphea platycentra Benth., Heliotropium 1) Botanische Zeitung 1854, 8. 665. Auffallende Eisbildung auf Pflanzen. 2) Botanische Zeitung 1855 8. 489. 3) 1. c, 8.129 u. 130. 28* 440 peruvianum, Hydrangea hortensia, Thuja oceidentalis, und doch regt vielleicht das Beobachtete zu neuen Untersuchungen an. Ich bemerke vorher, dass mir von Hydrangea hortensia und Cuphea platycentra nur in Töpfen gezogene Fixemplare zur Verfügung standen, daher erklärt es sich vielleicht, dass meine Angaben über den Inhalt ab- weichen von den Notizen Caspary’s. Bei Cuphea platycentra ist das weitzellige stärkereiche Mark von einem Holzceylinder umgeben, die stark verdickten prosenchymatischen Holzfaserzellen sind in radiale Reihen geordnet und führen theilweise Stärke. Zwischen ihnen liegen mässig zahlreiche Gefässe. In der Markgegend sind besonders auf Radialschnitten die zuerst angelegten Schraubengefässe, das Protoxylem, zu erkennen. Der zartwandige Siebtheil umgibt den Ilolzeylinder und wenn die Triebe jung sind, d. h. noch Blätter tragen, ist derselbe von einem zartwandigen Parenchymmantel umschlossen, der nach aussen durch die Epidermis abgegrenzt wird. Der innere Rand dieses Mantels besteht in der Basis der jungen Triebe aus Zellen, deren Wände etwas verdickt sind, aber erstens bilden dieselben keinen geschlossenen Ring, sondern sie lassen ab und zu Lücken dünnwan- diger Zellen zwischen sich, und zweitens erreicht die Verdickung keineswegs diejenige typischer Bastzellen. Dieser Mantel vertrocknet jedoch sammt den zuletzt besprochenen Zellen und der Siebtheil ist bloss von zarten verkorkten Zellen, die sich inzwischen gebildet haben, nach aussen abgegrenzt. Bei Heliotropium peruvianum ist der Holz- eylinder schmäler, die getüpfelten Gefässe zahlreicher, auf eine breite Cambiumzone folgt der Siebtheil mit krystallführenden Zellen, zu äusserst ein Kreis sehr feiner Bastzellen. Die feinen Bastzellen treten entweder einzeln auf oder mehrere ein zartes Bündel bildend, jedes Bündel wird von dem nächsten durch mehrere dünnwandige Parenchyın- zellen getrennt. Das Ganze wird umgeben von einer Parenchym- zone mit der Epidermis, nach aussen zu sind die Wände der Parenchymzellen verdickt. Bei dem Material, welches ich im Spät- sommer in Alkohol eingelegt hatte, hatten sich bereits zartwandige Korkzellen am innern Rande der zuletzt genannten Zone gebildet. Dadurch vertrocknet dieselbe nach und nach, so dass die älteren Stammtheile derselben entbehren. Wahrscheinlich war dieselbe bei dem von Caspary untersuchten Material im November auch an den jüngsten Zweigspitzen bereits vertrocknet, soweit ihre Rinde wenigstens zerrissen war. Bei Hydrangea hortensia ist der Holzring ebenfalls etwas lockerer, d. h. die Gefässe zahlreicher, Markstrahlen deutlich zu unterscheiden und zwar aus vier Zellreihen bestehend. 441 Die Tüpfel der Gefässe haben die Form von Querspalten, wie sie Mohl!) für Chilianthus arboreus abbildet. Der zartwandige Siebtheil wird von einer schmalen Schicht verkorkter zartwandiger Zellen nach aussen abgeschlossen, denn ein Mantel sehr grosslumiger Parenchym- zellen, welcher den jungen Trieb umgibt, ist später nur noch theil- weise erhalten. Bastzellen fehlen. Bei Thuja occidentalis sind be- kanntlich Bastfasern in der Rinde. Dieselben bilden tangentiale ein- zellige Reihen, die mit drei Reihen Weichbast abwechseln. Die Bastfasern scheinen aber seitlich nicht stark mit einander verkittet zu sein, sie sind auch durch Markstrahlen mehrfach unterbrochen. Den letzteren Fall will ich unberücksichtigt lassen, da über die Eis- bildung von Caspary hier nichts Näheres angegeben ist. Als Resultat ergibt sich, dass in all den untersuchten Fällen, wo die Rinde durch Eisbildung zerrissen wird, die Widerstände in derselben gering sind, es fehlen die starkausgebildeten mechanischen Ele- mente, Bastring, Bastplatten, starkes ÜÖollenchym, feste Periderme, wie sie sich beiunsern einheimischen Bäumen und Sträuchern vorfinden. Es bilden sich wahrscheinlich Eiskrystalle in den Intercellular- räumen der Rinde, weil in denselben der Widerstand am geringsten ist, dieselben dehnen sich sodann in der Richtung des geringsten Widerstandes aus, d, h. nach aussen zu, indem sie an der nach dem Holz gekehrten Seite wachsen, das Wasser beziehen sie durch Imbi- bitionsthätigkeit aus dem llolzkörper, der noch nicht gefroren ist und in dessen Gefässen die Flüssigkeit fortfährt zu steigen. Die Rinde wird hierdurch zerrissen. Caspary nimmt an, dass dabei noch ein Druck thätig ist, welchen die Kraft des aufsteigenden Saftstromes auf die in den äussersten Intercellularräumen gebildeten Eismassen ausübt. Das ganze Phänomen scheint bloss bei geringer Abkühlung unter 0° einzutreten; die Temperatur der Luft war —3°R.; es stimmt mit der Eisbildung auf durchschnittenen Pflanzentheilen über- ein, wie sie von Sachs zuerst beobachtet worden ist und mit der Eisbildung auf dem Erdboden, wie sie le Conte zuerst beschrieben hat. Caspary hat leider versäumt zu beobachten, ob auch die Ge- fässe Eiskrystalle enthielten und in welcher Ausdehnung. Wäre der Widerstand in der Rinde grösser gewesen, so würde wahrscheinlich das Wasser hauptsächlich in den Gefässen auskrystallisirt sein. Es kann natürlich auch der Fall eintreten, dass Eisschollen in 1) Vermischte Schriften botanischen Inhalts Tafel XU, Fig. 18, 442 der Rinde, besonders in der Cambialgegend sich ausscheiden und dabei das Zellgewebe zerreissen, ohne jedoch die Rinde bis an die Oberfläche zu zerspalten, so dass nur durch Zufall derartige Wunden entdeckt werden können. Ein solcher Fall ist ganz sicher eonstatirt durch Prillieux!) bei Evonymus japonieus. Erstens hat er die Fiskrystalle im Innern des Stammes gesehen, zweitens bildet er in Figur 10 einen Querschnitt des Stengels ab, der deutlich erkennen lässt, dass das Gewebe rings- um das Holz im der Cambialgegend auseinander getrieben ist. „Coupe d’une tige Evonymus japonieus montrant une grande lacune eirculaire dans laquelle s’etait depose un ceylindre complet de glace*. So heisst es in der Figurenerklärung. Versuche, die ich im December dieses Jahres mit Evonymus japonieus angestellt habe, bestätigten die Angaben Prillieux’s. Ich liess Zweigstücke gefrieren und härtete das Material in Alkohol. Die Zellreihen waren aber nicht auseinander gedrängt, wie es Prillieux für die übrigen von ihm be- obachteten Beispiele beschreibt, sondern die Radialwände der Zellen waren zerrissen. Ebenso konnte ich die Beobachtungen von Caspary ein wenig bestätigen. Ich liess Zweigstücke von Cuphea platycentra gefrieren und härtete das Material in Alkohol. Das Gewebe zeigte sich bei näherer Untersuchung vielfach zerklüftet, besonders in der Cambialgegend, die Zellwände waren dabei zerrissen. Alle übrigen Angaben in der Litteratur über Risse im Cambium, die im Winter entstehen, lassen sich natürlich nicht eher auf die angegebene Weise mit Sicherheit erklären, als bis die Eisschollen direet beobachtet worden sind. Das gilt z. B. auch von der Notiz Caspary’s?): „Ich besitze Stämme von Thuja oceidentalis und Juglans regia, die diese Art von Frostschaden zeigen, welche mir von so aufmerksamen Beob- achtern, als den verstorbenen Dr. Pet. Bouch&, dem Inspector des botanischen Gartens in Berlin Charles Bouch& und dem Handels- gärtner Lorberg in Berlin gegeben worden sind, aber weder die genannten Herrn, noch ich habe je Gelegenheit gehabt, davon den factischen Beweis zu beobachten, dass wirklich der Frost diesen Schaden herbeigeführt hat; die Beschädigung wurde immer erst mehrere Wochen, nachdem sie schon geschehen war, entdeckt“. Bei den Bäumen und Sträuchern, die bei uns einheimisch sind oder in Gärten cultivirt werden, ist, soweit meine Litteraturkenntniss reicht, noch nie beobachtet worden, dass die Rinde bis an die Ober- 1) 1. e. 8. 127 u. 128. 2) Botanische Zeitung 1857, 8. 158, 443 fläche zerrissen wird und das Eis heraustritt in Fasern oder Lamellen, Das Eis bildet sich vielmehr in grossen Massen in den Gefässen, wie schon im Anfang der Abhandlung hervorgehoben wurde, und in der Rinde. Die Bildung des Eises in den Gefässen hat schon Müller- Thurgau!) genauer beschrieben. Am deutlichsten konnte er die Erscheinung bei einjährigen Trieben der Rebe beobachten, ausserdem sollen einjährige Triebe von Syringa, Cornus und Birne geeignete Objecte sein. In der Rinde gefrorner Gewächse soll es leicht gelingen Eisdrusen zu beobachten, er sagt, dass dieselben im Bast zwischen den Zellen des Weichbastes sich ausbilden. Bestimmte. Pflanzen- namen hat jedoch Müller-Thurgau für diesen Fall nicht genannt. Es gelang mir sehr schön, die Krystalle abschmelzen zu sehen, in der Rinde von Acer Negundo und zwar an einjährigen Trieben. Die Zellreihen waren vielfach auseinander gedrängt, so dass Tangential- spalten entstanden waren, die Lücken waren mit Eis angefüllt. An Alkoholmaterial, welches während starker Frostzeit gesammelt und eingelegt wurde, liessen sich ebenso überall die Lücken beobachten. In der Rinde ist ein Bastring vorhanden, und die Aussenwand der Epidermis ist ausserordentlich stark verdickt. Jieider habe ich versäumt, die Eismasse in den Ge- fässen genauer zu untersuchen. Wahrscheinlich können aber selbst im günstigsten Falle die Krystalle nicht nach Aussen wachsen und die Rinde vollständig zersprengen, weil die Widerstände zu gross sind. Vielleicht kann auch die Flüssigkeit in den Gefässen nicht rasch genug steigen, um das nöthige Material für grössere Eismassen zu liefern. Unsere einheimischen Bäume und Sträucher stehen ja meistens nicht in voller Vegetation, wenn die ersten Fröste kommen, wie die von Caspary untersuchten Pflanzen, Immerhin beweist eine Beobachtung Prillieux’s an Blattstielen, auf die ich noch kurz eingehen will, dass geringe Differenzen des Widerstandes bei diesen Vorgängen von Belang sind. Prillieux?) sagt: „Wenn man bei Frostwetter einen Blattstiel vom Veilchen, von der Schwarz- wurz, vom Schöllkraut oder von jeder andern Pflanze, deren Vege- tation während des Winters fortdauert, beobachtet, so sieht man, dass er angeschwollen ist und einen ungewöhnlichen Anblick darbietet, statt daher auf seiner Oberseite eine Vertiefung in Gestalt einer Rinne aufzuweisen, zeigt er einen Buckel, eine Erhöhung im Sinne des Blattstiels verlängert“. Die anatomische Untersuchung des Blatt- 1) Landwirthschaftliche Jahrbücher 1886, 8. 481. 2) 1. c. 8. 126. 444 stiels einer Veilchenart ergibt nun, dass die Epidermis sammt der darunter liegenden Collenchymschicht gerade auf der Oberseite in der Rinne am leichtesten abgehoben und ausgestülpt werden kann. Der Widerstand ist hier am geringsten. Die Angaben Prillieux’s sind nicht genau genug, als dass sie hier weiter benutzt werden können. Es liegt mir fern, eine umfassende Erklärung geben zu wollen von der Art und Weise, wie das Eis sich in unsern ein- heimischen Bäumen und Stäuchern ausbildet, wie es die Rinde exo- tischer Gewächse durchbricht. Es kam mir bloss darauf an, auf einen Factor hinzuweisen, der bisher nicht genügend berücksichtigt worden ist, der aber sicher eine Rolle spielt in den geschilderten Erscheinungen. Ueber Mykorrhizen bei der Gattung Botrychium nebst einigen Bemerkungen über das Auftreten von Wurzelsprossen bei B. virginianum Swartz. Von A. Y. Grevillius. In seiner Monographie der Gattung Botrychium!) erwähnt Milde, bei der „eingehenden Charakteristik der Gattung“, $. 82, mit folgenden Worten einen in der Wurzelrinde dieser Gewächse auftretenden und hier, wie es scheint, nicht vorher beobachteten Stoff: „Ausser dem Amylum findet sich fast bei jeder Art noch ein eigenthümlicher, form- loser Stoff, welcher drei Zellreihen von der Oberhaut der Wurzeln entfernt, die nächsten drei Zellreihen erfüllt. Derselbe bildet grosse gelblichgraue, teigähnliche, eingerissene Massen, welche die einzelnen Zellen fast ganz ausfüllen. Durch Jod werden diese Massen nur schwach gebräunt, in Schwefelsäure allmählich aufgelöst, in Essigsäure veränderten sie sich nicht.“ Es geht aus der speciellen Beschreibung nicht deutlich hervor, welchen Arten es an diesem Stoffe fehlen sollte. Nur bei B. Lunaria Sw., B. lanuginosum Wall. und B. vir- ginianum Sw. wird sein Auftreten ausdrücklich hervorgehoben. Von B. simplex Hitche. wird auf S. 143 bei Besprechung des Wurzel- baues gesagt: „das übrige Gewebe“ (von der Gefässbündelscheide an) „bis zur Oberhaut ist... mit Amylum erfüllt“ ; ebenso, $. 174, betreffs B. daueifoliumWall. Diesen Arten sollte es also an „den teigartigen Massen“ vermuthlich fehlen. Der Bau der Wurzelrinde der übrigen Arten wird gar nicht erwähnt. Verf. sucht 8.170, bei Besprechung des B. lanuginosum, die Natur des genannten Stoffes zu erklären. Es heisst nämlich: „Ich glaube mich ... .. von dem Zusammenhange zwischen Amylum und den teigartigen Massen der benachbarten Zellen überzeugt zu haben. Die Amylumkörner einer Zelle schienen sich in einen Klumpen zu- sammenzuballen und zuletzt mit einander zu verschmelzen; derartige Klumpen, in denen die einzelnen Amylumkörner nicht mehr zu unter- scheiden waren, die sich aber durch Einwirkung von Jod bläuten, beobachtete ich wiederholt.“ Diese Ansicht gilt wahrscheinlich auch in Betreff derjenigen anderen Arten der Gattung, die den erwähnten 1) J. Milde, Botrychiorum Monographia (Verhandlungen der k. k. zool.- botanischen Gesellschaft in Wien, 1869). 446 Stoff besitzen. „Teigähnliche Massen“ sind bei B. Lunaria in Fig. 3b, bei B. ternatum(?) in Fig. 8 Taf. VII schematisch abgebildet. Russow!') hat in der Wurzelrinde des Ophioglossum vulyatum L. deutlich entsprechende Gebilde gefunden. Er sagt 8.1221. c.: „Schr auffallend treten die innersten Zellen der Aussenrinde (der Wurzeln von Ophioglossum vulgatum) vor allen übrigen durch ihren Inhalt hervor, der aus gelblichen bis bräunlichen, zusammmengeballten, gru- mösen (Protoplasma?) Massen besteht, die meist von zahlreichen, farb- losen oder braun tingirten Pilzfäden umsponnen sind. Letztere durch- bohren die Wände der Zellen und verlaufen auf längeren Strecken in den Intercellulargängen an der Grenze zwischen Innen- und Aussen- rinde.* Aus der ziemlich allgemeinen Aeusserung des Verf. auf der- selben Seite: „Die Rinde ist bei beiden Gattungen (Botrychium und Ophioglossum) gleich gebildet“, lässt sich in Betreff der Frage, ob die Milde’schen Gebilde bei den sämmtlichen oder nur bei einigen Botrychium-Arten, und ob sie bei derselben Art constant oder zu- fällig auftreten, keine sichere Entscheidung finden. Kühn?) hat später diese Gebilde bei einigen Ophioglossaceen näher studirt. Er fand sie bei B. Lunaria Sw. constant auftretend während es ihm nicht gelang, sie bei B. ternatum Sw. nachzuweisen. Keine andere Botrychium-Art wurde von ihm untersucht. Der Verf. constatirte, dass sowohl bei Ophioglossum vulgatum L., als auch bei Botrychium Lunaria Sw. die genannten Massen — ähnlich wie bei den untersuchten Marattiaceen — aus zusammengeflochtenen Pilz- hyphen bestanden und dass diese intracellulären Hyphenknäuel durch intercelluläre Hyphenfäden, welche Aeste in die Zellen hinein senden, mit einander in Verbindung stehen. Diese Aeste schwellen zu intra- cellulären Blasen an und die Hyphenknäuel entstehen dadurch, dass diese Blasen von anderen Hyphen umwunden werden. Das durch diese Untersuchungen Kühn’s erwiesene Auftreten der Mykorrhizen bei Botrychium konnte ich im vorhergegangenen Sommer in Betreff nicht nur des B. Lunaria Sw., sondern auch zwei anderer Arten, fernatum Sw. und virginianum Sw., bestätigen. 'Theils auf Grund des bekannten vollständigen Mangels an Wurzelhaaren bei 1) E. Russow, Vergleichende Unter. betr. die Histiologie der vegetativen und sporenbildenden Organe und die Entw. der Sporen d. Leitbündel-Kıyptogamen. (Mem. de Pacad. imp. des sciences de St. Petersburg, VII. Serie, Tom. XIX, Nr. 1, 1872.) 2)R. Kühn, Untersuchungen über die Anatomie der Marattiaceen und anderer Gefässkryptogamen. Flora 1889. 447 der ganzen Gattung (vgl. Russow ]. ec. 8. 121), theils auf Grund des von Milde hervorgehobenen, „fast bei jeder Art“ zu findenden - Auftretens der „gelblichgrauen, teigähnlichen Massen“, wurde ich später veranlasst, meine Untersuchungen auf eine grösstmögliche Zahl von Botrychium-Formen auszudehnen, um sowohl das Auftreten oder Nichtauftreten der Mykorrlizen wie auch ob das Auftreten bei den einzelnen Arten constant oder zufällig sei, wenn möglich entscheiden zu können, Die sämmtlichen skandinavischen Botrychium-Arten, in verschie- denen Gegenden in und ausserhalb Skandinavien eingesammelt, zu untersuchen, hat mir Herr Prof. A. G. Nathorst ermöglicht, dureh dessen Güte das reiche Herbarmaterial des kgl. Reichsmuseums in Stockholm mir zur Verfügung gestellt wurde. Herr Prof. Ritter Beck von Managetta hat mir auch gütigst Gelegenheit gegeben, dieses Material mit folgenden ausserskandinavischen Formen zu com- plettiren, die durch die dienstwillige Yermittelung des Herrn Docenten J. af Klercker am botanischen Institute der Universität Stockholm überliefert worden sind: B. ternatum Sw. Australasiatieum Milde, B. daueifolium Wall., B. subbifoliatum Brack., B. australe R. Br., B. obliguum Willd. und 2. lanuginosum Wall. Milde nimmt in seiner Monographie folgende Botrychium-Arten auf: B. Lunaria Sw., B. crassinervium Ruppr., B. boreale Milde, B. matricariaefolium A. Br., B. lanceolatum Angstr., B. simplex Hitche., B. ternatum Sw., B. daueifoliugn Wall., B. lanuginosum Wall. und B. virginianum Sw. Mit Ausnahme des sibirischen B. crassinervium Ruppr., das übrigens nach Milde (l. e. 8.97) „wahrscheinlieh in den Formenkreis von B. Lunaria gehört“, habe ich sämmtliche dieser Arten untersucht. Dazu kommen noch B. subbifoliatum Brack., B. australe R. Br. und B. obliguum Willd., welche von Prantl') als selbständige Arten angesehen, von Milde aber unter B. ternatum Sw. eingereiht werden. Prantl nimmt ausserdem B. rutifolium A. Br., B. silaifolium Presl. und B. lunurioides Sw. als Arten auf, von welchen rutifolium aber mit der europäischen Form des.B. ternatum Sw. identisch ist. Die zwei übrigen, die Milde als Formen des B. ternatum Sw. betrachtet, sind mir nieht zugänglich. B. crassinervium Ruppr. wird von Prantl (mit?) zu B. boreale Milde geführt. Die von mir untersuchten Formen, die nach der Begrenzung Prantl’s zu folgenden Arten gehören und die also sämmtliche be- 1) K. Prantl, System. Uebersicht der Ophioglosseen. (Ber. d. d. bot. Ges, 1883, 8. 348.) 448 kannte Typen und beinahe alle Formen innerhalb der Gattung re- präsentiren, sind an den unten genannten Standorten eingesammelt: B. Lunaria Sw.: s. Grönland; Schweden Medelpad Söraker; » „ var.: Norwegen Östfinmarken Varanger; B. lanceolatum Ängstr.: Schweden Ume Lappmark Baggböle, Pite Lappmark Piteä; B. matricariaefolium A. Br.: Schweden Ume Lpm. Baggböle, Vester- botten Koddis; B. simplex Hitche.: Deutschl. Tilsit; B. boreale Milde: Grönland; Schweden Pite Lpm. Piteä, Vesterbotten Koddis; Norwegen Dovre (Drivstuen und Jerkin); B. ternatum Sw.: Schweden Medelpad Söräker, Ängermanland Täsjö; n » Australasiaticum Milde: Hawai’sche Inseln Kauai; Japan Yokohama; B. obligquum Willd.: Verein. Staaten von Nordamerika Massachusetts Salem; . . subbifoliatum Brack.: Hawai’sche Inseln Kauai; australe R. Br.: Neu Zeeland; . daueifolium Wall.: Ceylon; lanuginosum Wall.: Ceylon; eirginianum Sw.: Schweden Medelpad Söräker, Angermanland Täsjö; Brasilien. Die von Kühn bei B. Lunaria Sw. erwähnten Hypher- gebilde fand ich in den Wurzeln sämmtlicher dieser Arten. Gewöhnlich sind mehrere an demselben Standorte einge- sammelte Individuen untersucht; die Wurzeln aller untersuch- ten Individuen haben sich als Mykorrhizen erwiesen. Hinsichtlich des Auftretens der Pilzgebilde sind gewisse Unter- schiede sowohl in den verschiedenen Theilen derselben Wurzel, als auch in den entsprechenden Regionen der Wurzeln verschiedener Arten zu finden. Die diesbezüglichen Verhältnisse will ieh hier unten in Kürze erläutern. In den allerjüngsten Wurzeltheilen habe ich niemals Pilzgebilde gefunden. In der Wurzelrinde des B. Lunaria Sw. erscheinen zu- erst etwa Imm von der Spitze intracelluläre Hyphenfäden, die aber noch nicht Knäuel zu bilden angefangen haben. Es ist bemerkungs- werth, dass die Epidermis auch ein Stück näher gegen den Spitz zu fortwährend mit beträchtlich dicken, für Hyphen wahrscheinlich schwer durchdringbaren Aussenwänden versehen ist. Es scheint somit, als ob die Hyphen, die vermuthlich nur nächst der Wurzelhaube, wo die 5 u I . 449 Epidermiswände dünn genug sind, eindringen können, mit der Wurzel während ihrer Längenzunahme nicht gleichen Schritt zu halten ver- mocht haben.') In anderen Fällen — z. B., bei B. boreale Milde — erscheinen die Hyphen zuerst in einer Entfernung von 1 bis 2cm von dem Spitze. Die Pilzgebilde scheinen in älteren sowie in jüngeren Theilen be- sonders da, wo grössere Mengen von Stärke in deren unmittelbaren Nähe aufgespeichert sind, reichlich aufzutreten. Es fehlt den pilz- führenden Zellen beinahe oder vollständig an Stärke, auch wenn die angrenzenden Zellen solche in reichlicher Menge enthalten. Die Stärke dient also den Hyphen wahrscheinlich zur Nahrung. Der Zu- wachs der Hyphen nach den Wurzelspitzen hin dürfte somit auch zufolge des mehr oder weniger vollständigen Mangels an Stärke in den apicalen Wurzeltheilen etwas verzögert werden. Die Hyphenknäuel kommen gewöhnlich in einer Entfernung von nur einigen wenigen Millimetern hinter den ersten scheinbaren Hyphen- fäden zum Vorschein, Die dieselben einschliessenden Zellen treten zuerst in isolirten Gruppen oder einzeln hervor, in grösserer Ent- fernung von dem Spitze bilden sie aber einen allmählich sich schliessen- den, von einer bei verschiedenen Arten ungleichen Anzahl von Zellen- schichten bestehenden Mantel. Die Zahl der Zellenschichten hat gewöhnlich ihr Maximum schon ziemlich nahe dem Wurzelspitze er- reicht. Der Mantel ist in den jüngeren Theilen nur wenig mehr der Peripherie als dem Centrum genähert, in den älteren Regionen liegt er, in Mächtigkeit relativ abnehmend, mehr vom Centrum entfernt. Die meisten Mantelzellen schliessen ein einziges gelbbraunes Hyphen- knäuel, mit der Zellwand durch eine stielförmige Hyphe verbunden, ein. Die Hyphenstruktur dieser Knäuel tritt nicht deutlich hervor. In anderen Mantelzellen finden sich aber deutlich zu unterscheidende, unregelmässig geschlängelte Hyphen von hellerer Farbe. Ausserdem kommen, obgleich infolge der spärlichen Intercellularräume ziemlich selten, intercellulare, in die Längenrichtung der Wurzel mehr oder weniger regelmässig laufende Hyphenfäden vor. Bei einigen Arten — z. B. B. virginianum Sw. — sind auch die ältesten Wurzeltheile relativ reichlich pilzführend. In anderen Fällen — z. B. bei B. ternatum Sw. — tritt in den basalen Wurzeltheilen, auch wenn sie mit Stärke reichlich versehen sind, kein zusammen- 1) Vgl. G. Sarauw, Rodsymbiose og Mykorrhizer, sceerlig hos Skovtreerne (Botanisk Tidsskrift. 18. Bd. 3u.4 H. 1893) z. B. S, 186—187, bei Besprechung der Mykorrhizen des Pinus Strobus. 450 hängender Pilzmantel auf, sondern die die IHyphenknäuel einschliessen- den Zellen liegen in Querschnitt isolirt oder in kleineren Gruppen ziemlich nahe an der Peripherie zerstreut. Von den Arten, welche sich in dieser Hinsicht wie B. ternatum verhalten, dürften folgende einer näheren Besprechung werth sein. In der Rinde der jüngeren Wurzeltheile des B. subbifoliatum Brack. findet sich, der Peripherie ein wenig ınehr als dem Centrum genähert, ein Mantel pilzführender Zellen mit einer Mächtigkeit von drei bis vier Schichten. Beinahe jede Zelle dieses Mantels schliesst ein Ilyphen- knäuel ein, das die Zelle fast ganz ausfüllt. In den älteren Wurzel- regionen nimmt die Zahl der pilzführenden Schiehten ab. Sie sind hier, wie gewöhnlich, relativ näher an der Peripherie gelegen, indem sie nur durch einige wenige Rindenschichten von den geschrumpften äussersten Schichten geschieden sind, während zahlreiche Rinden- schichten zwischen ihnen und dem axilen Gefässbündel auftreten. In jeder pilzführenden Zelle liegt ein kleines, das Lumen gar nicht aus- füllendes, kugeliges Knäuel, das durch den vorher erwähnten, faden- förmigen Stiel mit der Zeilwand verbunden ist. Die Knäuel sind hier, auch absolut, viel kleiner als in den jüngeren Wurzeltheilen; sie scheinen somit allmählich resorbirt zu werden, In den älteren Theilen wechseln die pilzführenden Zellen oft mit solchen ab, in welchen keine Pilzgebilde zu entdecken sind ; diese Zellen sind wahr- scheinlich einst von Hyphen bewohnt, die schliesslich vollständig re- sorbirt worden sind. Es fragt sich nun — wenn diese Deutung die richtige ist — ob die Hyphenknäuel von den Rindenzellen der Wirth- pflanze oder von Hyphen, die sie etwa mit den jüngeren lebens- kräftigeren, näher an dem Wurzelspitze gelegenen Theilen der Pilz- geflechte verbinden, resorbirt sind. Die Verhältnisse bei 5. australe R. Br. dürften mit Hinsicht dieser Frage von Interesse sein. Von dieser Art habe ich nur die älteren Wurzeltheile zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Eine alte Wurzel zeigte an der Oberfläche rings herum laufende Erhöhungen und zwischenliegende Einsenkungen, die von einer bei Wurzeln, wie bekannt, oft vorkommenden longitudinellen Zusammenziehung ver- ursacht zu sein schienen. Es zeigte sich nun in dem Bau der Rinde innerhalb der Erhöhungen einerseits und der Einsenkungen anderer- seits ein bemerkungswerther Unterschied. In jenen Regionen waren die Rindenzellen wie gewöhnlich turgescent und von Stärke gefüllt, diesen aber fehlte es ganz an Stärke und die Zellen waren hier mehr oder weniger eingeschrumpft. An gewissen Stellen wurde in 451 den letztgenannten Regionen eine beginnende Entwickelung lysigener Lufträume wahrgenommen. Nur in den an Stärke leeren Rinden- theilen wurden Hyphenknäuel, wie gewöhnlich mit einer dünnen Stiel- hyphe versehen, beobachtet. Es zeigte sich, dass die die Hyphen- knäuel einschliessenden Zellen keinen zusammenhängenden Mantel, sondern isolirte, auf Quersehnitten in tangentialer Riehtung mehr oder weniger ausgedehnte Gruppen bildeten. Diese Gruppen bestanden aus 2 bis 4, etwas näher der Peripherie als dem Centrum gelegene Zellenschichten.. Das Hyphenknäuel nahm gewöhnlich nur einen kleinen Theil des Zelllumens ein. Man dürfte hiervon, in Analogie init der oben betreffs B. subbifoliatuın ausgesprochenen Ansicht, auf eine begonnene Resorption schliessen. Diese Resorption findet hier wahrscheinlich nicht durch Hyphen, die mit den näher an der Wurzel- spitze gelegenen etwa communieiren möchten, statt. An Quer- und Längs- schnitten durch die Erhöhungen mangeln nämlich, so weit ich habe sehen können, nicht nur die Hyphenknäuel, sondern auch verbindende Hyphen- fäden. Die Resorption dürfte also durch die Wirthpflanze stattfinden. Die älteren untersuchten Wurzeltheile des B. obliguum Willd. zeigten dasselbe äussere Aussehen wie die beschriebenen Theile des B. australeR. Br. Bei obliguum waren die an Stärke leeren Regionen schon beinahe vollständig in lysigene Lufträume umgebildet. In diesen alten Wurzeltheilen fehlte es ganz an Pilzgebilden, während solche in den jüngeren Theilen in reichlicher Menge auftraten. Hinsichtlich der relativen Mächtigkeit und der Zahl der Zellen- schichten des pilzführenden Mantels weichen die verschiedenen Arten von einander mehr oder weniger ab. Ich gebe hier unten eine ver- gleichende Zusammenstellung diesbezüglicher Verhältnisse. Nur die- jenigen Wurzeltheile, die aın reichlichsten pilzführend sind — also nicht die ältesten, noch die allerjüngsten Theile — werden berück- sichtigt. Wo nicht anders angegeben wird, stimmen die an ver- schiedenen Standorten eingesammelten, zur Untersuchung gelangten Individuen mit einander überein. Bei B. lanceolatum Ängsttr. ist der pilzführende Mantel am mäch- tigsten entwickelt. Er besteht hier aus etwa sieben Zellenschichten und nimmt mindestens !jsz des Querschnittsradius ein. B. matricariaefolium A. Br. hat 4 bis 7 pilzführende Zellen- schichten, die einen Mantel mit einer Mächtigkeit von ungefähr '|» des Querschnittsradius bilden. B. simplex Hitche. stimmt mit der vorigen Art überein. Der Mantel ist jedoch etwas dünner. 452 B. Lunaria Sw. zeigt einen aus ungefähr vier Schichten be- stehenden Mantel mit einer Dicke von !/; des Querschnittsradius, Auch bei einer zwergartigen Form aus Ostfinmarken ist der pilz- führende Mantel sehr wohl entwickelt. B. virginianum Sw. besitzt einen von ungefähr vier Zellen- schichten zusammengesetzten Mantel, der !J, des Querschnittsradius : misst. Die untersuchten brasiliensischen Individuen weichen durch einen schwächer ausgebildeten Mantelab. Die Zellenschichten sind hier gewöhn- lich nur zwei und die pilzführenden Zellen weehselu mit pilzfreien ab. B. boreale Milde verhält sich an verschiedenen Standorten ver- schiedenartig. Bei Individuen aus Grönland besteht der unvollständig zusammenhängende pilzführende Mantel im Allgemeinen nur von zwei Zellenschichten und hat eine Dicke von nicht ganz !j; des Quer- schnittsradius. Bei Exemplaren aus Pite Lappmark bilden die knäuel- führenden Zellen einen dicht zusammenschliessenden, zwei Zellen- schichten dieken Mantel mit einer Mächtigkeit von ungefähr !j; des Querschnittsradius. Individuen in Vesterbotten eingesammelt haben einen etwas diekeren Mantel, der aus drei Schichten besteht. Bei norwegischen Individuen (aus Dovre) erreicht der Mantel eine Dicke von 2; des Querschnittsradius und wird von 4—5 Schichten gebildet. B. subbifoliatum Brack, hat 3 bis 4 Schiehten; der Mantel er- reicht eine Mächtigkeit von !j; des Querschnittsradius. B. lanuginosum Wall. und B. daueifolium Wall. schliessen sich der vorigen Art an. Bei B. lanuginosum ist der Mantel auch in sehr alten Regionen vollkommen zusammenhängend und hat hier eine Dieke von ?7 bis !% des Radius, B. obliguum Willd, hat einen zusammenhängenden, von drei Schichten gebildeten Mantel mit einer Mächtigkeit von ungefähr !s des Querschnittsradius, Bei 3. ternatum Sw. bilden die pilzführenden Zellen nur ein bis zwei, sehr selten drei Zellenschichten. Nur bei einigen skandi- navischen Individuen habe ich einen vollständig geschlossenen Mantel angetroffen, der indessen eine viel geringere Mächtigkeit als bei den übrigen Arten besitzt; gewöhnlich ist er von hyphenfreien Zellen mehrfach unterbrochen, und zwar bei dem ganzen untersuchten Material der Form ustralasiaticum Milde, Japanische Individuen dieser letzteren Form zeigten doch in stärkereichen Wurzeltheilen einen annähernd zusammenhängenden Mantel. Von B. australeR. Br. habe ieh nur ältere Wurzeltheile zur Verfügung gehabt. (Wie oben erwähnt, sind diese sparsam pilzführend.) 458 Leider habe ich nicht Gelegenheit gehabt zu prüfen, wie sich Individuen irgend einer der oben besprochenen Arten verhalten, wenn sie in sterilisirtem, pilzfreiem Boden aufgezogen werden, ob sie in diesem ebenso gut gedeihen können, wie unter normalen Verhältnissen oder ob die Abwesenheit der Pilzhyphen etwa eine Herabsetzung der Lebens- thätigkeit hervorruft, in ähnlicher Weise wie Frank in Betreff der Buche!) und der Kiefer?) nachgewiesen hat. Wenn man das oben erwähnte häufige und wie es scheint constante Auftreten von Pilz- hyphen in den Botrychiumwurzeln, ebenso wie den bemerkungswerthen Mangel an Wurzelhaaren in derselben Gattung in Betracht zieht, dürften indessen derartige Culturversuche in Betreff dieser Gattung von Interesse sein mit Hinsicht auf die Frage der symbiotischen Verhältnisse der Pilze und der Wurzeln der Wirthpflanze, Endlich will ich einiges über Wurzelsprosse bei B. virginianum Sw. kurz erwähnen. Unter den Ophioglossaceen sind Wurzelsprosse bisher nur bei Ophioglossum vulgatum L. beobachtet; sie sind hier, wie bekannt, schon längst gefunden. An mehreren Individuen des B. virginianum Sw., in Täsjö, Ängermanland, von mir eingesammelt, habe ich Wurzelsprosse beobachtet. Die Muttersprosse waren wie gewöhnlich mit vielen, nach allen Seiten horizontal ausgehenden, sehr langen Wurzeln versehen. In einer Entfernung von ldm und mehr von dem Muttersprosse zeigten sich an mehrere Jahre alten Wurzeln hie und da Sprosse, die viele, gleichfalls horizontal ausgebreitete Wurzeln getrieben hatten und also wahrscheinlich schon einige Jahre alt waren. Dass die Wurzelsprossbildung wenigstens bei dieser Art häufig ist, scheint mir in Betracht ihres geselligen Vorkommens in Beständen von mehr oder weniger zirkelförmigen Umriss wahrschein- lieh. Ob die Wurzelsprosse soleherweise entstehen, wie es bei Ophio- glossum vulgatum L. von Rostowzeff und Poirault?) beobachtet ist, nämlich gleich hinter dem Wurzelspitze aus einem der Seitensegmente der Scheitelzelle, war ich nicht in der Lage entscheiden zu können. 1) B. Frank, Ueber die physiologische Bedeutung der Mykorrhiza. (Ber. d. d. bot. Ges. Bd. 6, 1888.) 2) Die Ernährung der Kiefer durch ihre Mykorrhizapilze. (Ber. d. d. b. G. Bd. 10, 1892.) 3) G. Poirault, Recherches anatomiques sur les eryptogames vaseulaires, (Ann, de se. nat. Tome XVIII, No. 3 u. 4, 1893.) m Flora 1895, 29 Litteratur. Brasilische Pilzblumen. Von Alfred Möller. Mit 8 Tafeln. Jena, Verl. von Gustav Fischer, 1895. Preis il Mark. (Zugleich Heft 7 von Schimper, Botan. Mittheilungen aus den Tropen.) Unter dem etwas gesuchten Titel „Pilzblumen“ schildert der Verf. die von ihm während seines Aufenthaltes in Blumenau (Südbrasilien) aufgefundenen Phal- loideen. Es zeigte sich, dass von denselben eine verhältnissmässig grosse Anzahl vorhanden war, darunter die so merkwürdige Dietyophora phalloidea, von der eine schöne farbige Abbildung gegeben wird; einige andere Formen sind durch sehr gute Photographieen erläutert, drei Tafeln sind anatomischen Darstellungen ge- widmet. Es kann auf die Einzelnheiten der Arbeit hier nicht näher eingegangen werden, Unzweifelhaft bietet dieselbe eine werthvolle Bereicherung unserer Kennt- niss der so merkwürdigen Gruppe der Phallvideen. Eine von dem Verf. aufgefundene neue Form, Protubera, vermittelt den Anschluss der Clathreen an die Hymeno- gastreengruppe, während die Beziehung zwischen Clathreen und Phalleen resp. die Ableitung der letzteren noch der Aufklärung bedürfen. K. Goebel. Emile Levier. A travers le Caucase notes et impressions d’un botaniste. Neuchatel, Attinger freres, editeurs. 10 Fres, Das mit zahlreichen INlustrationen verschene Buch gibt den ungemein frisch geschriebenen Reisebericht eines begeisterten Sammlers, dem es vergönnt war, die reiche Pflanzenwelt des Kaukasus kennen zu lernen. Auch abgesehen von den eingestreuten Vegetationsschilderungen wird man das Buch mit Vergnügen lesen. In einem Anhang sind 69 neue Pflanzenarten aufgezählt. K. Goebel. Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den Gährungs- Organismen. Von Prof. Dr. Alfr. Koch, Lehrer an der Gross- herzogl. Obst- und Weinbauschule zu Oppenheim. Vierter Jahrg. 1893. Braunschweig, Harald Bruse. Preis Mk. 9,60. Auf das Erscheinen des vierten Bandes dieses trefflich bearbeiteten Berichtes mag um so mehr hingewiesen werden, als der Verf. in seinem Vorwort im Interesse eines früheren Erscheinens der Berichte den Wunsch ausspricht, dass alle Autoren, die auf den behandelten Gebieten thätig sind, ihn durch Einsendung ihrer Arbeiten unterstützen möchten. Diesem Wunsche soll auch hier Ausdruck gegeben werden, um so mehr, als es sich um eine weitzerstreute, immer mehr anwachsende, den meisten Botanikern nicht leicht zugängliche Litteratur handelt. K. Goebel. Ueber die gemeine Birke (Betula alba L.) und die morphologische Bedeutung der Chalazogamie von SergiusNawaschin. (Memoires de l’acad&mie imperiale des sciences de St. Petersbourg VII. serie Tome XLII Nr. 12 1894.) Dass ausser den Casuarincen, bei denen die „Chalazogamie“ von Treub ent- deckt wurde, dieselbe auch bei einigen anderen Dikotylen vorkonmt, ist durch die vorläufigen Mitiheilungen des Verf. sowie durch die Untersuchungen von M. u en 455 Benson bekannt geworden. In der vorliegenden Abhandlung theilt Nawaschin einerseits die Resultate seiner Untersuchungen über die Blüthen- und Samenent- wickelung der Birke ausführlich mit, andererseits knüpft er daran — und zwar bildet dies den umfangreicheren Theil der Abhandlung — eine Reihe von Speku- lationen. Diese beiden Seiten der vorliegenden Arbeit sind sehr ungleichwerthig. Die Thatsachen sind sorgfältig untersucht und durch schöne Abbildungen trefflich erläutert, die Spekulationen sind, wie wohl kaum jemand bezweifeln wird, durchaus missglückt, und lassen eine hinreichende morphologische Orientirung vermissen, Der Verf. geht mit einer vorgefassten Meinung — der, dass sich bei den „Chala- zogamen“ durchaus primitive Verhältnisse finden müssten — an seine Deutungen und kommt dabei zu Constructionen, deren Wegbleiben seiner Abhandlung nur vortheilhaft gewesen wäre. Das möge die Besprechung einiger Punkte zeigen. Schacht hat vor 40 Jahren die Fruchtknotenentwiekelung der Birke untersucht, die bekanntlich dadurch merkwürdig ist, dass zur Zeit der Bestäubung (ähnlich wie in anderen Fällen) weder Plagenten noch Samenanlagen vorhanden sind. Es sind zwei Fruchtblätter vorhanden mit zwei wandständigen Placenten, deren eine keine Samenanlagen trägt. Gegen diese Auffassung opponirt Nawaschin schon aus dem Grunde, weil es „kein anderes Beispiel eines unfruchtbaren Samenträgers mehr gebe*. Ein derartiger Analogiegrund beweist zunächst überhaupt nichts, Sodann aber gibt es in der That noch andere Fälle steriler Placenten. Ref. hat einen solchen für Valerianella geschildert (Vergl. Entwiekelungsgesch., Schenk’s Handbuch TI, 1. p. 328). Es sind hier drei wandständige Placenten vorhanden, aber nur an zwei derselben werden Samenanlagen gebildet, und zwar an einer Placenta zwei, an der anderen eine, die dritte Placenta ist stern, Nawaschin will der fruchtbaren Placenta der Birke aber durchaus einen axilen Charakter verleihen. Diese soll hervorgehen aus dem Axenscheitel, der von Anfang an der Wandung des Fruchtknotens angewachsen ist! Das ist eine durchaus gezwungene und unhaltbare Construction, Die eigenen Figuren des Verfassers zeigen, dass der Axen- scheitel zur Bildung der Fruchtblätter vollständig aufgebraucht wird!), also gar nicht ınehr vorhanden ist. Es entsteht eine ganz typische, der einen (theore- tischen) Verwachsungsstelle der beiden Fruchtblätter (die wie gewöhnlich interkalar wachsen) entsprechende Placenta. Ihr gegenüber, wie es scheint, etwas verspätet, (tie zweite sterile Placenta. Schacht hat offenbar gegenüber der an den Haaren lierbeigezogenen Construction von Nawaschin vollständig Recht. Dieser aber geht weiter in seinen Deutungen. Die Betulaceen sollen ein Bindeglied zwischen Coniferen und Dikotylen darstellen. Die ersteren sollen eigentlich keine mit Inte- gument versehenen Samenanlagen, sondern einen offenen Fruchtknoten mit einfacher centraler Placenta haben. Der offene Fruchtkuoten schliesst sich dann, er ent- wickelt eine terminale Samenanlage, die sich ein Integument zulegt (Myricaceae, Juglandeae) oder eine centrale Placenta, deren Segmente je einen Embryosack haben und sich bei anderen Pflanzen zu vollständigen Samenanlagen entwickeln etc. Doch es lohnt sich wirklich nicht, den Phantasiegebilden des Verfassers näher nachzugehen, der, unbekümmert um seine Vorgänger, sich berufen gefühlt hat, die Morphologie auf den Kopf zu stellen. Seine Abbildungen dagegen sind, wie an- fangs erwähnt, von bleibendem Werth. K. Goebel, 1) Trotzdem auf die Wichtigkeit der Art und Weise, wie die Fruchtblätter angelegt werden, schon wiederholt hingewiesen wurde, hat der Verf. diese Frage ganz ausser Acht gelassen, 29* 456 Eingegangene Litteratur. Ascherson, P. u. Engler, A., Erklärung «der Geschäftsleitung der vom inter- nstionalen bot. Congress zu Genua 1892 eingesetzten Nomenclatur-Comntission. S.-A. aus der „Oesterr. bot. Zeitschrift“, Jahrg. 1895, Nr. I, Wien. Askenasy, E., Ueber das Saftsteigen. 8.-A. aus d. Verhandlungen des Natur- hist.-med. Vereins zu Heidelberg. 1895. Behrens, J., Noch ein Beitrag zur Geschichte des „entdeckten (eheimnisses der Natur“, S8.-A. aus der naturwissenscaftlichen Wochenschrift. Bd. IX, Nr. 52, 1594, — Weitere Beiträge zur Kenntniss der Tabakpflanze. 8.-A. aus: Die landwirth- schaftlichen Versuchs-Stationen. XLV. Bd. 1895. Benecke, W., Ein Beitrag zur mineralischen Nahrung der Pflanzen. S.-A. aus den Berichten der Deutsch. Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Generalvrersamm- lungsheft. Bulletin des Travaux de la Societe Botanique deGenüve Section de la Societ& suine de Botanique, VIE Annder 1892-94. H. Georg, libraire de l’universite. Büsgen, M., Zur Biologie der Galle von Hormomyia Fagi Hlg. $8.-A. aus der „Forstlich-naturwissenschaftlichen Zeitschrift.“ 1. Heft. 1895. de Candolle, C., Nouvelles Considerations sur la Phyllotaxie. M. ı Taf. Extrait des Archives des Sciences physiques et naturelles. Troisieme periode, t. XXXUI 1895. Chodat, K., Algues des environs de Gentve. Archives des Sciences Physiques et Naturelles, III. Periode, Tome XXXIl, Nr. 12, 1894. Geneve bureau des archives, rue de la pellisserie 18. De&pöt pour l’Allemagne. H,. Georg, Basel. — Chrooeoceus Turgidus. Ibid, Christ, H., Fougeres Nouvelles ou peu connues. Extrait du Compte rendu de la seance du 10. novembre 1894 de la Soeiete royale de hotanique de Belgique. Bulletin, tome XXXIII, deuxieme partie, pp. 92—93. Ibid. — Un cas d’Androgynie dans le Genre Pinus, pp. 88—92. Correns, C., Ueber die Membran von Caulerpa. M. 1 T. $.-A. aus den Be- richten der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Jahrg. 1894, Bd. XII, Heft 10. Czapek, F., Untersuchungen über Geotropismus. M. 1 Taf. 8.-A. aus d. Jahr- buch für wissenschftl. Botanik. Bd. XXVII, Heft 2. 1895. Dennert, E., Die Pflanze, ihr Bau u. ihr Leben, M. 96 Abb, Sammlung Göschen. 1895. Dodge, Ch. R, A report of the Uneultivated Bast Fibers of the United States, inelnding the history of previous experiments with the plants of fibers, and brief statements relating to the allied species that are produced commercially in the old world. M, Abb, Published by Authority of the Secretary of Agri- eulture, Washington, Report Nr. 6. 1894, j “ Duggar, B. M., Variability in the Spores of Uredo Polypodii (Pers.) DC. Pro- ceedings of the American Academy. M. ı Taf, 1894, Engler, A., Ueber Amphicarpie bei Fleurya podocarpa Wedd., nebst einigen all- gemeinen Bemerkungen über die Erscheinung der Amphicarpie u. Geocarpie. M. 1 Taf. Sitzungsberichte der kgl. preussisch. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1895. V., Eriksson, J., Veber die Speeialisirung (des Parasitismus bei den Getreiderost- pilzen. S.-A. aus den Ber. d. Deutsch. bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894. Bd. XII, Heft 9. Berlin. Flahault et Combres, Observations sur la Part qui revient au Cordon Littoral dans l’Exhaussement actuel du Delta du Rlione. Societ€ Languedocienne de Geographie, tome XVII. M. 2 Tat. — — Projet de Carte Botanique Forestiere et Agricole de la France. Extrait du Bulletin de la Soci6te botanique de France, T. XLI. 1895. Ibid. — — La Question Forestitre. T. XXXVIIL 1891. — — Sur une Carte botanique detaillde de la France. 1894, Gauthier -Villarset file, Paris — Quai des Grands — Augustins 55. 457 Ganong, W. F., An Outline of Phytobiology with- special reference to the study of its problenıs by local botanists, and suggestions fora biologieal survey of acadian plants. First paper. Printed in advance from Bulletin Nr. 12 of the New Brunswick Natural History Society. Barnes u. Co. 84 William Street. 1894. Günther, 8., Die Phänologie, ein Grenzgebiet zwischen Biologie u. Klimakunde. S.-A. aus Natur u. Offenbarung, Bd. 41, Münster 1895. Hartig, K., Die Ausschlagfähigkrit der Eichenstöcke u. deren Infeetion durch Agaricus melleus. $.-A. aus (ler Forstlich-naturwissenschftl. Zeitschrift. Heft 10, 1894. Ibid. — Doppelringe als Folge von Spätfrost. M. 6 Abb. u. 1 Taf. Heft 1, 1895. — Untersuchungen des Baues u. der technischen Eigenschaften des Eichenholzes. Heft 2, — Sonnenrisse u. Frostrisse an der Eiche. M. ı Taf. Heft 6, 1894. Heinricher, E, Wahrung der Priorität. Zur Frage über die Entwickelungs- geschichte der Adventivknospen bei Farnen, 8.-A. aus „Botanisches Central- blatt“ Bd. LX. 1894. — Die Keimung von Lathraea. M. 1 Taf. S.-A. aus den Berichten der Deutsch. bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Generalversammlungsheft. Hempel, G. u. Wilhelm, K, Die Bäume und Sträucher des Waldes. M. 3 Taf. Wien, Verlag von Ed. Hölzel. X. u. XI. Lieferung. Jost, L., Ueber die Abhängigkeit des Laubblattes von seiner Assimilationsthätig- keit, M. 1 Taf. 8-A. aus den Jahrbüchern für wissenschaft. Botanik, Bd. XXVII, Heft 3, 1895. Klebahn, H, u. Lemmermann, E., Vorarbeiten zu einer Flora des Plöner Seengebietes. S.-A. aus Heft 3 der Forschungsberichte aus der Biologischen Station zu Plön 1895. Ibid. Klebahn, H., Verzeichniss einiger in der Umgegend von Plön gesammelter Schmarotzerpilze. Ibid. — YVorläufiger Bericht über im Jahre 1894 angestellte Kulturversuche mit Rost- pilzen. S.-A. aus der Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten, IY. Bd., 4. Heft. Ibid. — Einige Wirkungen der Dürre des Frübjahrs 1893. Ibid. 5. Heft. — Gasvacuolen, ein Bestandtheil der Zellen der wasserblüthebildenden Phyco- chromaceen. M. 1 Taf. 8S.-A. aus Flora od. allg. bot. Zeitung 1895, Heft I. Klein, L. u. Migula, W., Arbeiten aus den Bacteriologischen Institut der tech- nischen Hochschule zu Karlsruhe. Bd. I, Heft 1 u.2. M.4 Taf. 1895. Verlag von Otto Nemnich. Levier, EB. A Travers le Caucase. Notes et impressions d'un Botaniste avec dex nombreuses illustrations de F. Huguenin-Lanauguette et des reproduktions direetes d’aprös les photographies de M. M. Stephen Sommer et Vittorio Sella. Neuchatel, Attinger fröres, Editeurs. Loew, O., Nochmals über Methylenitan u. Formose. Bonn 1894. S.-A. aus dem Archiv für die ges. Physiologie. Bd. 59. Verlag v. Emil Strauss. Luerssen, Chr, m. Ascherson, P., Notiz über das Vorkommen von Polygenum Kaji Bab. in Deutschland. $.-A. aus den Berichten der Deutsch. bot. Ge- sellschaft. Jahrg. 1895, Bd. XIII, Heft I. Mattirolo, O., Össervazioni ceritiche intorno la sinonimia e la presenza du „Carex lasiocarpa“ di Ehrhart nella Flora italiana, Estratto dalla Malpighia, 1894. — L’Eryngium alpinum Lin. e P’Eryngium Spina-alba Vill, nelle Alpi del Piemonte. Estratto dal Giornale Malpighia, Anno VIII, Vol. VIII, 1894. Minnesota Botanical Studies, Bulletin Nr. 9, Part V, 1895. M. 10 Taf. Missouri Botanical Garden, Fifth Annual Report. St. Louis, Mo.: Publisched by the Board of Trustees. 1894. M. 32 Taf. . Möller, A., Brasilische Pilzblumen. M. 8 Taf. Jena, Verlag v. Gustav Fischer. 1895. Aus A. F, W. Schimper’s „Botanischen Mittheilungen aus den Tropen“, Heft 7. Molle, Ph. La localisation des Alcaloides dans les Solanacees. Extrait du Bulletin de la Societ6 belge de Mieroscopie, t. XXI, 1895, Nadson, G., Ueber den Bau des Cyanophyceen-Protoplastes. 1895. M. 2 Taf. S.-A. aus Scripta Botanica Ph. IV. (Russisch.) 458 Nawaschin, $., Ueber die gemeine Birke (Betula alba L.) u. die morphologische Deutung der Chalazogamie. M. 6 Taf. u. } Holzschn. St. Petersburg, 1894. M. Eggers u. Co. et J. Glason nof. Oltmanns, Fr., Notizen über die Cultur- u. Lebensbedingungen der Meeresalgen. S.-A. aus Flora oder allg. bot. Zeitung 1895, Heft I. — Ueber einige parasitische Meeresalgen. M. 1 Taf. Bot. Zeitung 1894, Heft xml. — Ueber das Oeffnen u. Schliessen der Blüthen. Bot. Zeitung 1895, Heft II. Palladin, W., Pflanzenphysiologie (russisch). 2. Auflage. 1895. Mile. Rodrigue, Structure des organes sensibles chez les Legumineuses et les Oxalidees, Archives des Sciences Physiques et Naturelles, Illieme Periode, Tome XXXIJI, Nr. 12, 1894. Geneve bureau des archives, rue de la pellis- serie 18. Sadebeck, K., Ueber die knollenartigen Adventivbildungen auf der Blattfläche von Phegopteris sparsiflora Hook. M. 1 Taf. 8.-A. aus den Berichten der Deutsch, bot. Gesellschaft. Jahrg. 1895, Bd. XIII, Heft 1. — Ueber das Auftreten und die Verbreitung einiger Pflanzenkrankheiten im öst- lichen Alpengebiete, namentlich in Tyrol. 8.-A. aus der Forstlich - Natur- wissensch, Zeitschrift 1895, — Ein bemerkenswerther Fall der Gabelung der Blätter des Asplenium viride Huds. 8.-A. aus den Berichten der Deutsch. bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, . Bd. XII, Heft 10, Schmitz, Fr., Kleinere Beiträge zur Kenutniss der Florideen. 8.-A. aus La Nuova Notarisia, Serie V, 1894. Padova. Schütt, Fr., Die Peridineen der Plankton-Expedition. I. Theil. M. 27 Tafeln. Kiel u. Leipzig, Verlag v. Lipsius u Fischer. 1895. The Botanical Magazine, Vol. VIII, Nr. 91, 92. — Urajimbocha, Kanda, Tokyo. Tubeuf, v. K., Pflanzenkrankheiten durch kryptogame Parasiten verursacht. Eine Einführung in das Studium der parasitären Pilze, Schleimpilze, Spaltpilze u. Algen. Zugleich eine Anleitung zur Bekämpfung von Krankheiten der Kulturpflanzen. 1895. Berlin, Verlag v. Julius Springer. Verschaffelt, Ed., Ueber graduelle Variabilität von pflanzlichen Eigenschaften. M. ı Taf. 8.-A. aus: Berichte der Deutschen botanischen Gesellschaft 1894. Warburg, O., Moraceae afriesnae. II. Ficus. $.-A. aus Engler’s bot. Jahr- büchern. XX. Bd. 1/, Heft. 1894. Marshall Ward, H., The Action of Light on Bacteria.. M. ı Taf. u. Holzschn. Phylosophical Transactions of the Royal Society of London. Vol. 185 (1894). B. pp. 961 --986. Went, FLA. F. C.u. Prinsen v. Geerligs. Zaaiproeven 1893-94. Mededee- lingen van Het Proefstation Voor Suikerriet in West-Java te Kagok-Pegal. Wiesner, J. Pflanzenphysiologische Mittheilungen aus Buitenzorg. V. Studien über die Anisophyllie tropischer Gewächse. 4 Taf. 3 Textfig, Aus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien; mathem.- naturwiss. Classe, Bd. CIII, Abth. I, Nov. 1894. —- Bemerkungen über den faetischen Lichtgenuss der Pflanzen, $.-A. aus den Berichten der Deutsch. bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Generalversammlungsheft. Ibid. _ ‚Ueber die Epitrophie der Rinde und des Holzes bei den Filiaccen u. Anonaceen. Williamson, W. C., Further Observations on the Organisation of the Fossil Plants of the Coal-Measures. Part 2. The Roots of Calamites. 1894. From the Proceedings of the Royal Society, Vol. 57. Harrison and Sons, printers ‚In ordinary to her Majesty, St, Martin’s Lane. Williamson, W.C,and Scott, D. H., Further Observations on the Organisation of the Fossil Plants of the Coal-Measures Part I. -- Calamites, Calamostachys and Sphenophyllum. M. 15 Taf. London, publisched for the Royal Society by Derlau and Co, 37, Loho Square, W. 1895. 3.80.Bd. Flora 189 reparieren nn nr hr ann BR HE ne — \ DRHIRRE aal SEEN BEE ne OR re af. \Iu Vi. re ı BR Pe 2 BE sa* ni ee Fe E et dlpeu PARSE Taf.VIIu.IX. Flora. 1895. 80. Bd. dr, E\ E12 7 227 75 ?% Er. Meter. es RE I = rs 80. Be. a. 1895. Flor “ec E ae a Bı 77 1057 Yomı SarE MazIn. LU E. Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschien: Lehrbuch der Biologie der Pflanzen Prof. Dr. Friedrich Ludwig. Mit 28 Holzschnitten. gr. 8. 1895. geb. M. 14.—. In unserem Verlage erschien Ende November 1894: FLORA oder Allgemeine Botanische Zeitung 79. Band. Ergänzungsband zum Jahrgang 1894, Herausgeber: Dr. K. GOEBEL, Professor der Botanik in München. Mit 13 Tafeln und 58 Textfiguren. Preis für Abonnenten 16 Mk. Inhalt. WL. BELAJEFF, Ueber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden der Pflanzen. WILLIAM FRANCIS GANONG, Beiträge zur Kenntniss der Morphologie und Biologie der Cacteen. G. KARSTEN, Die Elateren von Polypodium imbricatum. M. RACTBORSKT, Beiträge zur Kenntniss der Cabombeen und Nymphaeaceen. ADAM MAURIZIO, Zur Entwickeiungsgeschichte und Systematik der Saprolegnieen, E. BRUNS, Ueber die Inhaltskörper der Meeresalgen. WLADISLAW ROTHERT, Die Streitfrage über die Function der Wurzelspitze. Pr. 3. R. JUNGNER, Klima und Blatt in der Regio alpina. Be HUGO DIHM, Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose. ” “ W. SCHOSTAKOWITSCH, Ueber die Reproduction und Regenerationserscheinungen bei den Leberimvusen, i LYDIA RABINOWITSCH, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Fruchtkörper einiger = Gastromyceten, BARTHOLD. HANSTEEN, Ueber die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus Samen. Wi. BELAJEFF, Zur Kenntniss der Karyokinese hei den Pflanzen. LIFTERATUR: Das Reduetionsgesetz der Blüthen, das Dedvublement und die Ohdiplostemonie. Kin Beitrag zur Morphologie der Blüthen von Dr. Lad. J. Celakovsky. EINGEGANGENE LITTERATUR. Marburg. N, G. Elwertsche Verlagsbuchhandlung, PER . Re x. r3 Druck von Val. Höfling. München, Kapellenstr. 3, FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHER ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 80. BAND. — JAHRGANG 1895. HERAUSGEBER: Dr. K, GOBBEL Professor der Botanik in München. “ Heft IH mit Tafel XI und 13 Textfiguren. (Sehluss.) Erschienen am 15. Juli 1395. Inhalt. K. GOEBEL, Archegoniatenstudien. 7. Ucher die Sporenausstreuung bei den oo. . . B Seite 459-486 Laubmoosen . . F. ©. BOWER, Verwährung ” „487-488 LITTERATUR: LISTER Arthur, Myoetozn. Edv. A. WAINIO, Lichenes Brasiliae exsiccati, 1891 . . . . - . . B 489-490 „430-492 Eingegangene Litteratur . Mo. Bot. Garda - u MARBURG. N. 6. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG 1895. Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Litteraturbesprechungen 30 Mk. Die Mitarbeiter erhalrem 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20: pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 „20 n ” n ” 2.50 „ ri a „ „650 r 30 ” „ ” 3.80 ” ” on » ” —.%0 n 40 ” ” ” ” 8. ” ” r » ” 1.20 „50 n ” ” ” 6.50 „ ” " n „1.50 rn 60 ” ” r ” 8.-- ” ” ” ” rn 2.— ” 70. ” ” ) ” 9.20 5 ” » ” n 2.50 „8% » ® Pr „ 10.50 „ ” » „ „.3— „9% ” ” ” »„ 12.5 » r ” „ 4— „ 100 ” ” „ 15.— ” 5.— ” r r ” ” Dissertationen, Abhandlungen systematischen Inhalts, sowie solche von welchen über 100 Sonderabdrücke hergestellt werden, werden nicht honoriert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert; die Kosten für Abbildungen hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen; ebenso bei fremdsprachigen Manuskripten die Kosten der Übersetzung. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 18 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen, nach Bedürfnifs schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungs- bände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Litteratur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Nymphenburgerstr. 50jı zu senden, Korrekturen an die Druckerei von Valentin Höfling, München, Kapellenstrafse 3. Alle geschäftlichen Anfragen ete. sind zu richten an die unterzeichnete Verlags” handlung. N. 6. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). Archegoniatenstudien. Von K. Goebel. 7. Ueber die Sporenausstreuung bei den Laubmoosen. Hierzu Tafel XI und 13 Abbildungen im Text. In dem vorhergehenden Abschnitt!) dieser Untersuchungen wurde gelegentlich erwähnt, dass wir über die Beziehungen zwischen Bau und Function des Peristoms der Laubmoose noch recht wenig wissen. Zwar ist die Hygroskopieität der Peristomzähne schon lange bekannt; schon Hedwig wusste, dass sie bei feuchtem Wetter die Kapsel- mündung verschliessen. Dadurch wird, wie ich früher hervorhob?), einerseits ein Eindringen von Feuchtigkeit in die Kapsel (welche die Sporen veranlassen könnte, innerhalb der letzteren zu keimen) verhindert, andererseits können auch die Sporen unter Umständen, die für ihre Verbreitung nicht günstig sind, die Kapsel nicht verlassen. Mehr findet sich über die Bedeutung des Peristoms, soweit ich sehen kann, auch sonst in den Hand- und Lehrbüchern nicht gesagt?). Aber die angegebene Function kann doch nur für den Theil des Peristoms gelten, der aus beweglichen Zähnen besteht. Es bleibt dabei die Frage ganz unbeantwortet, was die biologische Bedeutung des inneren Peristoms ist, das oft in so eigenartiger Weise entwickelt ist (man erinnere sich z, B. an das zierliche Gitterwerk von Fontinalis), ferner wie die Kapseln von Diphyseium und Buxbaumia sich verhalten, bei denen das Peristom eine gefaltete Haut darstellt. Und wie ist es mit den Moosen, die gar kein, oder nur ein rudimentäres Peristom besitzen? Lässt sich der Mangel dieser Einriebtung irgendwie mit 1) Ueber Function und Anlegung der Lebermooselateren, Flora 80. Bd. 1895 Pag. 1 ff. 2) Die Museineen, in Schenk’s Handbuch II p. 399. 3) Nur eine Arbeit besehäftigt sich eingehender mit der Sporenverbreitung bei den Laubmoosen. Es ist dies die Abhandlung von Hutton „Observations on the different Modifieations in the Capsules of Mosses, with reference to the Dis- Persion of their spores“ (Transactions and Proceedings of the New-Zealand institute 1874 Vol. VII p. 342—348). Ich möchte auf diese mir erst in letzter Zeit bekannt gewordene Abhandlung hier besonders hinweisen, da sie einige wiehtige biologische Gesichtspunkte richtig bervorhebt. (Nachträgl. Anmerkg.) Flora 1895. 30 460 sonstigen Bauverhältnissen der Pflanze, oder mit den Lebensbedingungen, unter denen dieselbe steht, in Zusammenhang bringen? Ist der Peri- stommangel ein ursprüngliches oder ein durch Reduction entstandenes Verhalten? Dies sind die Fragen, welche hier wenigstens zum Theil kurz erörtert werden sollen. Es war meine Absicht, daran eine ver- gleichend morphologische Untersuchung der Peristommodifieationen in den verschiedenen Verwandtschaftskreisen der Moose zu knüpfen. Indess zeigte sich bald, dass dazu mehr Zeit und Material erforder- lich ist, als mir zu Gebote steht, und die Aufgabe war infolge dessen in bescheidene Grenzen einzuschliessen. Bleibt also auch das hier Gebotene hinter dem ursprünglich Erstrebten weit zurück, so kann ich wenigstens eine alte Schuld, die ungenügende Berücksichtigung der Peristomfunction in meiner Bearbeitung der Museineen einiger- maassen abtragen. Auch soll dabei auf einige in Vergessenheit ge- rathene ältere Beobachtungen hingewiesen und gezeigt werden, dass unsere Kenntniss der Lebenserscheinungen der Moossporogonien immer noch eine recht lückenhafte ist, trotzdem dieselbe in den letzten Jahren namentlich in anatomisch-biologiseher Beziehung sehr gefördert wurde. Zunächst sei ein Punkt hervorgehoben, der biologisch von be- sonderer Bedeutung ist. Für die Früchte der Phanerogamen hat schon De Candolle!) darauf aufmerksam gemacht, dass diejenigen, die zahlreiche Samen besitzen, dieselben nur allmählich ausstreuen: „Ainsi les grosses capsules des pavots, qui renferment un nombre immense de graines?), ne les laissent sortir que par des pores si etroits, qu’a chaque secousse il n’en peut sortir qu’un petit nombre A la fois“. Dasselbe finden wir, wie früher nachgewiesen wurde, nur in ganz anderer Weise auch bei den Lebermoosen vor, und gewisse Laubmoose besitzen Kapseln, die an das Verhalten der Mohnkapseln so unmittel- bar erinnern (Polytrichum), dass an der biologischen Uebereinstim- mung beider nicht zu zweifeln ist; auch hier handelt es sich um Kapseln, die im Wesentlichen nach dem Princip der Streusandbüchse gebaut und ausgezeichnet sind dadurch, dass sie zahlreiche Sporen enthalten, Diese können aus der Kapsel nur entleert werden, wenn dieselbe geschüttelt wird, was meist durch Luftzug geschehen wird, der dann aueh die Sporen mit fort nimmt. Die kleistokarpen Moose dagegen besitzen kleine Kapseln mit viel weniger zahlreichen Sporen, welche z. B. bei Archidium verhältnissmässig bedeutende Grösse or > 1) Physiologie vegetale p. 608. 2) Schon Grew zählte in einer Kapsel des Gartenmohns, wie Bischof anführt, 8000 Samen. 461 erreichen. Ebenso sind die kleistokarpen Tebermoose, soweit ich die Verhältnisse übersehe, ausgezeichnet durch verhältnissmässig geringe Zahl und bedeutendere Grösse der Sporen. Mit der Zahl der Sporen wird also auch die Bedeutung der Einrichtungen für eine allmählich eintretende Sporenaussaat steigen. Geht man von diesem Prineip aus, so zeigt vielfach schon ein Blick auf die Abbildungen, wie sie z. B. in der Bryologia europaea vorliegen, wie es sich im Peristombau ver- wirklich. Warum es von Bedeutung ist, dass die Sporenaussaat nur allmählich stattfindet, braucht hier nicht näher auseinandergesetzt zu werden, da der Vortheil dieser Einrichtung selbstverständlich ist. I. Kleistokarpe Moose. Diese Gruppe mag hier, ganz abgesehen von der Frage, ob sie in einem natürlichen System der Moose noch beibehalten werden kann, als eine biologische kurz besprochen werden, zumal sie auch die einfachsten Sporogontypen überhaupt enthält. Es sind bis jetzt bei den Laubmoosen nur zwei Haupttypen der Kapselentwiekelung bekannt: der von Archidium und der, welcher in verschiedenen Modificationen auftretend (abgesehen von der Wand, Deckel etec.), eine Differenzirung von Archespor und Columella zeigt, bei dem also das sterile Gewebe frühe schon angelegt wird und eine beträchtliche Entwiekelung gewinnt. Wir wissen namentlich durch Kienitz Gerloff’s Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der Laubmooskapsel (bot. Zeitung 1878), dass sich im Laubmoos- embryo zunächst ein Innencomplex (Endotheeium) von der Wandschicht (Amphitheeium) sondert, wie bei der Lebermooskapsel, und in ersterem dann die Differenz zwischen fertilen und sterilen Zellen auftritt. Die letzteren, welche die Columella darstellen, sind also von späterer Entwickelung als das Amphitheeium, Als niedrigsten Typus einer Laubmooskapsel müssen wir offenbar eine Form annehmen, bei wel- cher, abgesehen von der Wand, das ganze Innengewebe fertil ist, wie bei Riceia. Existirt ein solcher Typus noch, oder wenigstens eine Form, die sich ihm mehr nähert als Archidium, bei welchem Archespor und Columella zwar nicht ausgebildet, aber doch nur wenige Zellen des Inneren fertil sind? Wenn wir annehmen, dass die Moose aus algenähnlichen Formen sich entwickelt haben, so ist die weitere Folgerung, dass die Sporogone der niedrigsten Moose klein waren und verhältnissmässig wenig Sporen entwickelten, und dass sie dann später an Grösse zunahmen und dem- entsprechend höhere innere Gliederung erfuhren, an der auch das 80* 462 sterile Gewebe durch Weiterentwiekelung sich betheiligt hat. Sind daher noch rudimentäre Sporogontypen vorhanden, so werden wir wohl am ehesten Aussicht haben, sie bei den kleinsten Moosen an- zutreffen, also bei den Ephemeraceen. Die Untersuchung der Kapsel- entwickelung von Ephemerum durch N. J. ©. Müller hat indess ge- zeigt, dass der Mangel der Columella in der fertigen Kapsel durch Verdrängung derselben erfolgt; angelegt wird sie, wie es scheint, ebenso das Archespor, durchaus in der gewöhnlichen Weise, aber der Unterschied zwischen fertilen und sterilen Zellen scheint erst verhält- nissmässig spät hervorzutreten. Die letzteren zeigen keine selb- ständige Weiterentwickelung, sondern funcetioniren nur als Nährzellen, wie z. B. bei Riella. Von Ephemerum hat Lindberg als Vertreter einer besonderen Gattung abgetrennt das Eph. tenerum Hampe. In Europa ist dies kleine auf austroeknendem Teichschlamm wachsende Moos der einzige Vertreter der Gattung Nanomitrium. Diese ist aus- gezeichnet namentlich durch die eigenthümliche, fast nur aus dem Archegonhals gebildete Calyptra, deren Entstehung unten zu schildern sein wird. Philibert hat neuerdings die Gattung Nanomitrium be- sprochen,!) ist indess auf die Entstehung des Kapsel- differenzirung nicht eingegangen. Leider stand mir nur selır wenig Material zur Verfügung, das sich im Münchener Kryptogamenherbar fand, essind Original- exemplare von Breutel, der dies winzige Moos vor langen Jahren in der Lausitz entdeckte. Trotzdem meine Untersuchungen über dies Moos wegen Mate- rialmangels ganz lückenhaft bleiben mussten, möchte ich hier doch auf dasselbe aufmerksam machen, da hier möglicherweise ein noch primitiverer Typus als bei Archidium vorliegt. Fig. 1. Optischer Die jüngeren Stadien der Embryoentwickelung Längsschnitt durch ein befruchtetes Ar- chegonium von Na- nomitrium tenerum, F liessen sich unschwer gewinnen, sie stimmen, wie Figur 1 zeigt, mit dem gewöhnlichen Verhalten überein. Der „Fuss“ des Archegoniums wächst nach der Befruchtung zu einem Zellkörper heran, in welchen sich das Saugorgan des Embryo einbohrt. Eigenthümlich ist das Verhalten des Archegoniums. Der Bauchtheil bleibt zartwandig, er er- ») Philibert, Sur le genre Nanomitrium (Lindberg) revue bryologique 1895 pag. 49. Limprieht (Laubmoose in Rabenhorst’s Kryptogamenflora I. Aufl. Bd. IV, 1.p. 162) hatte die Vermuthung ausgesprochen, dass sich im innern Bau der Kapsel eine Verwandschaft mit Archidium werde nachweisen lassen. 488 fährt nur ausnahmsweise perikline Theilungen und hebt sich durch die Farblosigkeit seiner Zellwandungen auffallend von dem gebräunten Hals- theil ab. Der Kapseltheil des Embryo (der allein im Bauehtheil sich entwickelt) drückt die Zellen des Archegonienbauches bis zur Un- kenntlichkeit zusammen; daher kommt es, dass die Nanomitrium- kapsel dann auf ihrer Spitze allein den Archegonienhals trägt. Der Fuss des Embryo bohrt sich in den Archegonienfuss ein und schwillt dort zu einem grosszelligen Saugorgan an. Ein Stiel wird nicht ent- wickelt, eine Andeutung desselben ist in der Einschnürung zu finden, die da sich findet, wo das Saugorgan an den Kapseltheil sich ansetazt. Fig. 2 zeigt den optischen Längsschnitt eines älteren Embryo. Man sieht, dass die letzten Segmente der Embryoscheitelzelle steril bleibende Segmente geliefert haben. Im Centrum des Embryo findet sich die Anlage des sporogenen Gewebes (durch Punktirung angedeutet) * nach aussen von der Wand getrennt durch zwei Zellschichten; das Ganze der Hauptsache nach durch- aus gleichend dem Längsschnitt eines Archegoniatensporangiums. Leider fehlten nun die Stadien, welche mit Sicherheit hätten entscheiden lassen, ob die sporogenen Zellen alle fertil werden oder ob in deren Centrum eine rudimentäre Colu- mella auftritt. Diese Frage sei also der Untersuchung besonders empfohlen. Sollten _\ Bu . . . . Fig. 2. Nanomitrium tene- sterile Zellen vorhanden sein, so dienen sie rum. Optischer Längsschnitt jedenfalls nur als Nährzellen, einer Sporogonanlage. Die Phascaceen, zu denen Nanomitrium gehört, werden bekanntlich als kleistokarp bezeichnet. Nanomitrium besitzt indess einen Deckel und einen „Ring* in der einschichtigen Sporogonwand. Ob er Schleim enthält, konnte ich an dem aufge- weichten Material nicht entscheiden; an einer Anzahl reifer Kapseln war der Deckel an der Ringstelle (die wie Fig. 3 zeigt, durch niedrigere Zellen gekennzeichnet ist) abgebrochen; gelegentlich mag auch der Ring unvollständig sich ausbilden und dann die Kapselwand bei der Reife unregelmässig zerreissen, was Limpricht (Rabenhorst’s Kryptogamenflora II. Aufl. Laubmoose I p. 162) jedenfalls mit Unrecht als einzigen Oeffnungsmodus bezeichnet. Die Verbreitung der Sporen 464 erfolgt bei der ohnehin halbaquatisch (auf Teichschlamm) lebenden Pflanze offenbar, indem dieselben weggeschwemmt werden; vermuthlich neigen die Blätter bei trockenem Wetter über der Kapsel zusammen, während sie sich bei feuchtem ausbreiten. Die reifen Kapseln sind annähernd kugelig mit einem Durchmesser von etwa °/ıo mm. Was die Sporenausstreuung der übrigen „kleistokarpen* Moose anbelangt, so ist darüber wenig bekannt. Gewöhnlich wird wohl ange- nommen, dieselbe erfolge einfach durch Ver- witterung der Kapselwand. Dies scheint auch Fig. 3. Aussenan- für eine Anzahl von Phascaceen zuzutreffen, die, sicht einer jungen wie oben bemerkt, verhältnissmässig wenige und Kapsel von Nanomi- grosse Sporen besitzen. An den winzigen Kap- Grium tenerum; a An- seln von Ephemerum serratum z. B. habe ich nulus, c Calyptra. . u: , keine Einrichtungen zur Sporenverbreitung finden können; indess ist zu bemerken, dass nach der Reife das ganze Sporogon sich leicht ablöst, und durch den Regen bei seinen kleinen Dimensionen leicht fortgeschwemmt werden kann. Dasselbe mag bei manchen Phaseum-Arten der Fall sein. Bei anderen bildet sich, wie schon Hedwig!) bei Phasc. subulatum beobachtet hat, beim Ablösen der Theca von dem Stiele derselben an der Basis eine Oeffnung, durch welche die Sporen allmählich entleert werden können. Merkwürdig ist die von demselben Forscher entdeckte, später, wie es scheint, in Ver- gessenheit gerathene Oeffnung der Sporogonien von Physeomitrella patens (a. a. o. pag. 29): „Theca globosa acumine tenerrimo obtuso pellucente finitur ..... matura plane, crepando suos fetus aurae ad dislo- candum porrigit. Qua pariendi methodo explanata supra plantulam fusca seminulorum congeries, eandem obscurat ita, ut illius nescius puncta fusca tantum loco plantularum videre eredat.“ Hier ist also eine Einrichtung getroffen, welche die Weiterverbreitung der Sporen durch Wind resp. auch durch Wasserströmungen gestattet. Das Spo- rogon besitzt hier auch schon einen längeren Stiel als bei Arten, deren Kapseln stets geschlossen bleiben. Dieses Bersten der Kapseln, welches — abgesehen von den hier fehlenden Elateren — einiger- maassen an die früher für Frullania und Lejeunia beschriebenen Verhältnisse erinnert, ist nicht beschränkt auf die Phascaceen. Es findet sich auch in einer ganz anderen Moosreihe, bei Sphagnum. 1) Hedwig, Deseriptio et adumbratio microscopico-analytica muscorum frondosorum T. I Lipsiae 1787. 465 In den Lehrbüchern wird bezüglich des Oeffnens der Sphagnum- kapseln nur angegeben, dass sich ein oberes Stück als Deckel los- löse, wornach dann die Sporen allmählich herausgeschüttelt werden müssten. Indess wussten schon die älteren Autoren, dass eine wirk- liche Ausschleuderung der Sporen stattfindet. Bridel (von welehem die Benennung pseudopodium stammt) sagt:') „Theca cum erepitu desiliens“. Wovon das mit hörbarem Geräusch bedingte Aufspringen der Kapseln bedingt ist, wäre näher zu untersuchen. Denn Lin dberg's?) Vermuthung, dass durch Zusammenschrumpfen der Columella ein luft- verdünnter Raum im Innern der Kapsel entstehe, und der Atmosphären- druck das Wegschleudern des Deckels bedinge, ist durch keinerlei Experimente gestützt und desshalb unwahrscheinlich, weil die Kapsel- wand zahlreiche Spaltöffnungen besitzt. Schimper?) — der übrigens betreffs der Sporenaussaat der Moose dem durch seinen Vorgänger Bekannten kaum etwas hinzugefügt hat — meint im Gegentheil, dass durch die Contraction der Kapselwand im Innern die Luft verdichtet werde und dadurch die Explosion erfolge. Es könnten ja auch die Spannungsdifferenzen in den verschiedenen Theilen der Kapselwand allein in Betracht kommen. Da Sphagnum im letzten Jahre hier fast gar nicht fructifieirte, konnte ich den Vorgang bis jetzt nicht näher prüfen. Auf Grund der Abbildungen schien es mir wahrscheinlich, dass auch bei dem bekanntlich durch 4—6 Längsspalten sich öffnenden Sporogon von Andreaca ein Ausstäuben der Sporen stattfindet, ver- anlasst durch das Bersten der Sporogonwand. Sowohl die Gestalt- verschiedenheit geöffneter und ungeöffneter Sporogonien, als die starke Verdickung der Sporogonwände schienen diese Vermuthung nahezu- legen. Die Untersuchung lebender Kapseln von Andreaea petrophila, welche ich Herrn Geheeb verdanke, zeigte indess, dass meine Vermuthung unrichtig war. Die Oeffnung der Klappen erfolgt viel- mehr ganz allmählich — sie dauerte in einigen Fällen stundenlang — und langsam gewinnen sie ihre starke Convexität. Wären nun die Sporen, wie man dies gewöhnlich annimmt, ein trockenes Pulver, so müssten sie sofort, wenigstens im oberen Theil des Sporogons, heraus- fallen. Dies geschieht aber nicht, weil die Sporenmasse feucht ist. Die Sporen kleben also den Klappen an, sie können dann allmählich 1) Bridel Briders, Bryologia universa I 1. 2) Lindberg, Sur la morphologie des mousses, revue bryologique 13. 3) Schimper, Histoire naturelle des sphaignes. 466 in dem Maasse, wie die Spalten zwischen den Klappen weiter werden, austroeknen, und dann weggeblasen werden. Dieser Gesichtspunkt kommt als wesentlich hinzu zu den schon von Kühn!) betonten. Bekanntlich schliessen sich die Spalten bei feuchtem Wetter. „Indem sie nur bei trockenem Wetter die Sporen ausstreuen, tragen sie nicht wenig zu deren Verbreitung bei. Dass bei der ersten Oeffnung die Sporen nicht alle austreten können, ergibt sich schon aus der Stellung der Klappen zu der prismatischen Columella. Weiter kommt noch hinzu, dass der Sporensack tief unter den Insertionspunkt der Klappen in den ringsum vollständig geschlossenen Basilartheil der Büchse hinabreicht und die in ihm liegenden Sporen erst beim Vertrocknen und Zusammen- schrumpfen dieses Theiles zum Ausstreuen emporgehoben werden.“ (Kühn, a. a. O.) Alle diese Factoren wirken also zusammen, um eine allmähliche Entleerung der Sporen zu bewirken. Il. Stegokarpe Moose. Um die Besprechung der Peristombildungen nicht zu unterbrechen, sei zunächst kurz auf die Stielbildung der Sporogone hingewiesen. Welche Bedeutung das Emporheben der Kapsel auf einem Stiele hat, sei es nun eine wirkliche Seta oder ein Pseudopodium (letzteres bei Sphagnum und Andreaea) ist ja selbstverständlich. Allein es sind hier doch einige wenig beachtete Eigenthümlichkeiten der Stielbildung zu zu erwähnen; zunächst seine sehr verschiedene Länge. Bei Moosen, die auf Baumstämmen oder nackten Felsen leben (Orthothriehum, Grimmia-Arten), pflegt der Stiel sehr kurz zu sein. Es hängt dies damit zusammen, dass die Kapseln dem Winde ohnediess ausgesetzt sind; gerade die Kürze des Stieles ist für eine allmähliche Sporen- ausstreuung vortheilhafter. Dasselbe gilt für Wassermoose, die, wie es scheint, fast alle nur bei theilweiser Trockenlegung fruchten. Die Kürze des Sporogonstieles von Fontinalis und Cinelidotus ist eine sehr auffallende. Dabei gehören diese beiden Gattungen von Wassermoosen ganz verschiedenen Abtheilungen des Moossystemes an. Sie theilen aber mit den oben erwähnten Rinden- und Felsenmoosen das Vor- kommen an exponirten Standorten. Ihre Sporen werden übrigens ohne Zweifel auch durch Wasserströmungen verbreitet werden. Wo- mit das Fehlen der Seta bei Diphyseium, einem charakteristischen Erdmoos, zusammenhängt, soll unten dargelegt werden. Die Consi- stenz des Stieles ist gleichfalls je nach der Art der Sporenaussaat 1)E. Kühn, Entwickelungsgeschichte der Andreaeaceen in Schenk und Lürssen. Mittheilungen aus dem Gesammtgebiet der Botanik I. A nenne 487 eine verschiedene. Wo er zart gebaut ist, ähnlich wie bei den Leber- moosen, spielt sich die Sporenaussaat verhältnissmässig rasch ab. Dies gilt, wie oben dargelegt wurde, für das Pseudopodium von Sphagnum. Wo die Sporenaussaat eine länger andauernde ist, hat auch der Stiel eine derbe Consistenz und er trägt zur Ausstreuung der Sporen na- mentlich auch bei durch seine hygroskopischen Bewegungen. Be- kanntlich führt die Seta mancher Laubmoose — besonders auffallend die von Funaria hygrometrica — hygroskopische Drehungen aus. Da- durch wird die Kapsel bei Funaria mehrmals im Kreise herumgeführt. Die Mündung vieler Kapseln mit hygroskopischem Stiel ist schief nach unten gekehrt und die Sporen können so — da die Drehungen sich bis zur völligen Entleerung der Sporen öfters wiederholen — auf einen weiteren Umkreis ausgestreut werden, als wenn die Lage der Kapselmündung eine feststehende wäre. In anderen Fällen werden die Drehungen der Seta für die Sporenausstreuung von geringer oder gar keiner Bedeutung sein. Auf die Beziehungen zwischen der Richtung der Kapselöffnung und der Sporenausstreuung wird unten zurückzukommen sein, Auch die Sporogonwand ist bei manchen Moosen bei der Sporen- ausstreuung betheiligt, speciell bei manchen, die mit einem Peristom- trichter versehen sind, in welchen die Sporen dann durch eine Verengerung des Innenraums des Sporogons beim Austrocknen hinein- gelangen. Dieser näher zu untersuchende Vorgang dürfte in Be- tracht kommen bei Barbula-Arten, Encalypta streptocarpa u. a. Gehen wir nun zur Rolle des Peristoms über, so ist daran zu erinnern, dass dasselbe bei einer beträchtlichen Anzahl von stegokarpen Moosen fehlt, die ursprünglich als „Gymnostomum* zusammengefasst wurden. Diese Sammelgattung ist längst aufgegeben; kommen doch innerhalb der verschiedensten Verwandtschaftskreise der Laubmoose peristomlose Formen vor, selbst innerhalb von Gattungen, bei denen die Mehrzahl der Arten mit einem Peristom ausgerüstet ist, z. B. Grinmmia, Trichosto- mum, Fontinalis, Orthotrichum, Der Peristommangel kann entweder ein ursprünglicher oder ein durch Rückbildung entstandener sein, und in der That scheinen beide Fälle vorzukommen. Hier handelt es sich darum, inwieweit der Peristommangel biologisch verständlich ist, Für Sphagnum wurde dafür oben schon ein Grund angegeben, bei den peristomlosen Bryineen handelt es sich zumeist um sehr kleinfrüchtige Moose. So z. B. bei Schistostega, bei der in der annähernd kugeligen Kapsel der Deckel nur eine kleine Oeffnung zurücklässt, die nicht nur eine allmähliche Sporenausstreuung bedingt, sondern auch Wasser 468 kaum wird eindringen lassen. Dasselbe wird bei Hymenostomum auf andere Weise erreicht. Untersucht wurde H. mierostomum. Die Kapsel ist hier nach der Entdeckelung durch ein enges Loch geöffnet. Dies kommt durch Verschwinden des Columellagewebes zu Stande, während die Kapselwand mehrschichtig ist. An der Innengrenze der Kapsel bemerkte ich in mehreren Exemplaren deutlich ein rudimen- täres Peristom, das aber gewöhnlich sich nicht in einzelne Zähne sondert, sondern nur in dem unter dem Annulus liegenden Theil aus- gebildet ist. Die übrigen Arten der Gattung konnte ich nicht unter- suchen; es dürfte das die Mündung verschliessende Columellagewebe hier allmählich zerstört werden. Einige gymnostome Moose sind dadurch ausgezeichnet, dass der Deckel mit der Columella in Verbindung bleibt und, nachdem er sich von der Kapselmündung abgelöst hat, dieselbe noch überdacht. Er lässt so einen ringförmigen Spalt frei, der sich bei Befeuchtung schliesst; so bei Hymenostylium curvirostre und einigen Pottia-Arten. Bei an- deren Pottien fällt der Deckel zwar ab, aber es bleibt die Columella stehen, so den Kapseleingang verengernd, und wieder andere haben ein rudimentäres Peristom. Physcomitrium wird später besprochen werden. Von den verschiedenen — auch innerhalb einer systematischen Gruppe durchaus nicht gleichen — Peristomtypen sollen hier nur ein- zelne herausgegriffen werden. Zunächst lassen sich zwei Gruppen bilden, je nachdem das Peristom allein oder in Verbindung mit der Columella bei der Aussaat mitwirkt. A. Peristom (das stets dem Amphithecium angehört) allein betheiligt. Die einzelnen hier unterschiedenen Typen sind vielfach nicht scharf von einander getrennt. I. Das Peristom dient nur als hygroskopischer Verschluss der Kapsel. U. Es sichert ausserdem die allmähliche Entleerung 1. bei einfachem Peristom: a) durch Entwickelung langer Peristomzähne, die in trocke- nem Zustand über der Kapselöffnung eingebogen bleiben, b) durch Verbundenbleiben an der Spitze; 2. bei doppeltem Peristom: a) das innere Peristom dient nur zur Verengerung der Kap- selmündung, b) es entwickelt Schleuderorgane. B. Ausser dem Peristom ist auch die Columella betheiligt. 469 Es sei dabei bemerkt, dass bei dem Typus A II, 2 die äusseren Peristomzähne entweder nur den hygroskopischen Verschluss bewirken oder an der Aussaat auch dadurch sich betheiligen, dass sie bei der Zurückkrümmung (beim Austrocknen) Sporen mitnehmen, die dadurch nach aussen geschafft werden. A. I. Die hinzugehörigen Formen bedürfen keiner weiteren Bespre- chung, da sie diejenige Einrichtung darstellen, die man bis jetzt wohl meist als typisch für das Moosperistom angenommen hat. Als Bei- spiel seien genannt: Ceratodon purpureus, Weissia crispula; die Tetra- phideen, welche biologisch, wie unten — entgegen anderen Angaben — nachzuweisen sein wird, hierher gehören, sind wegen der Entstehung ihrer Peristomzähne bei Gruppe B zu besprechen; dagegen ist der Barbula-Typus hier kurz zu erwähnen. Barbula-Typus, Als typisches Barbula-Peristom können wir das bezeichnen, welches 2. B. bei B. unguieulata (Taf. XI Fig. 1 u. 2) sich findet. Wir haben es hier zu thun mit langen, schlanken Kapseln, deren Peristom aus 32 langen gewundenen Zähnen besteht. Die Windung der Peristom- zähne wird schon frühzeitig durch das Wachsthum des oberen Kapsel- theiles bestimmt. Zwischen den Peristomzähnen steckt der obere Theil der Columella, dieser und den Peristomzähnen haften die Sporen an, die also, wenn sie aus der Kapsel herauskommen, noch nicht mit trockener Oberfläche versehen sind. Beim weiteren Austrocknen können sie dann um so leichter weggeblasen werden, als die Peri- stomzähne sich beim Austrocknen, namentlich im unteren Theile, aus- einanderrollen und das ganze Peristom sich verkürzt (Taf. Xl Fig. 2) („peristoma filamenta tenerrima rubra madore funis ad instar in conum contorta, siecitate inordinate divergentia“ Hedwig 1787). Einige den Peristomzähnen anhaftende Sporen sind in der soeben eitirten Ab- bildung sichtbar. Die Peristomzähne schützen die Sporen vor Feuch- tigkeit nun nicht nur dadurch, dass sie die oben beschriebenen hygroskopischen Bewegungen ausführen, sondern namentlich auch da- durch, dass sie Luft zwischen sich festhalten und so das Eindringen von Wasser erschweren. Aber selbst wenn dies bei länger andauernder Durchfeuchtung erfolgt ist, kann ein Wegschwemmen der in dem langen Peristomkegel befindlichen Sporen nicht stattfinden, da die aus den Sporen und dem Columellaende gebildete Masse von den Peri- stomzähnen festgehalten wird. 470 Bei manchen Barbula-Arten sind die Peristomzähne unten durch eine Membran verbunden. Diese erreicht bei mehreren Arten eine be- trächtliche Länge und erscheint so als eine einigermaassen an das Diphy- scium Peristom erinnernde Röhre, auf deren Mündung die kurzen freien Peristomzähne sitzen. Die Membran kommt dadurch zu Stande, dass sich die Peristomzähne in ihrem unteren Theile nicht von einander trennen; die Zahl derselben ist die doppelte der der Zellreihen, da jede der letzteren sich in zwei Zähne spaltet. In der Abbildung in der Bryologia europaea ist dies Verhalten nicht ersichtlich. Als Bei- spiel sei B. subulata genannt (Tafel XI Fig. 3). Es ist klar, dass die Sporenentleerung bei der ohnedies schon langen, durch die Peri- .stomröhre aber noch beträchtlich verlängerten Kapsel nur eine ganz alimähliche sein kann. Die Sporenmasse wird in die Peristomröhre hineingelangen durch die Erschütterung der Kapsel (auch die starke Drehung des Kapselstieles mag dazu beitragen) und durch die Ver- engerung des Kapselraumes beim Austrocknen. Eigenthümlich ist das Verhalten der Peristomröhre bei Befeuchtung. Sie wird dann kürzer und breiter, während sie beim Austrocknen länger und enger wird. Auch dieser Vorgang wird, da er sich öfter wiederholt, dazu beitragen, Sporen an die Peristommündung zu befördern, welche bei feuchtem Wetter durch den Zahnpfropf verschlossen, bei trockenem geöffnet ist. Betreffs verwandter Formen möchte ich nur auf Trichostomum hinweisen, dessen haarförmige Peristomzähne in der Trockenheit nicht zurück- geschlagen, sondern aufrecht sind und so ein .d ähnliches, wenngleich viel weniger vollkommenes Fig.4. Peristomröhre Sieb für die Sporen bilden, wie es von Dawsonia vonBarbulasubulata, hei den Polytrichaceen zu besprechen sein wird. links im trockenen, rechts im befeuch- ID. 1a Hieher gehören eine Anzahl von teten Zustand. Dieranaceen und Fissidentaceen. Als Beispiel diene Dicranella (Tafel XI Fig. 4). Die Peristom- zähne biegen sich bei Trockenheit nicht gerade, sondern ihre lang ausgezogenen Spitzen bleiben über die Sporogonmündung hergekrümmt und bilden so ein Gitterwerk, das einen allmählichen Austritt der Sporen bewirkt, bei Befeuchtung aber denselben verhindert. Bei Fissi- dens taxifolius beobachtete ich eine schwache Schleuderbewegung der Peristomzähne. Dieselben sind ausserordentlich hygroskopisch und bringen beim raschen Herausbiegen wenigstens einige Sporen 471 mit, die aber (bei horizontal auf dem Deckglas liegender Kapsel) un- mittelbar vor der Kapselmündung liegen bleiben. Auch bei Dicrano- dontium tragen die Peristomzähne dazu bei, die Sporen nach aussen zu schaffen. II. 2. a. Hier ist Conostomum zu nennen. Bei dieser zu den Bartramien gehörigen Gattung bleiben die Zähne des einfachen Peri- stoms oben verbunden und bilden so einen mit 16 Längsspalten ver- sehenen Kegel. Die Spalten werden bei Befeuchtung fast ganz ge- schlossen, so dass kein Wasser eindringen kann. An alten Kapseln lösen sich wohl die Peristomzähne los und gestatten dadurch den etwa noch nicht entleerten Sporen den Austritt. II. 2.a. «) Orthotrichum-Typus. Als typisches Beispiel für das Orthotrichum-Peristom können wir die mit einem doppelten Peristom ausgestatteten Formen betrachten, Fig. 6. Mündung der Kapsel von ÖOrthotricehum callistomum von oben gesehen (nach Bryo- logia europaea). Aeusseres Peri- stom zurückgeschlagen, inneres oben zusammenhängend. Fig. 5, Orthotrichum urnigerum (aus Bryologia europaea); Kapselmündung in trockenen Zustand. Das äussere Peristom abstehend, Zähne des innern Peristoms nach einwärts gekrümmt. wie es z. B. von Orth. urnigerum in Fig. 5 abgebildet ist. Charak- teristisch ist das Verhalten des inneren Peristoms. Dieses dient ledig- tich zur Verengerung der Mündung, seine Zähne sind in trockenem Zustand entweder über die Mündung (wie in Fig. 5) annähernd quer hergebogen oder schwach aufwärts gerichtet. Bei Befeuchtung richten sich die Zähne des inneren Peristoms auf (z. B. bei Orthotr. speciosum), während sich die des äusseren zum Verschluss der Kapselmündung heraufbiegen. Das innere Peristom hat hier also andere hygrosko- pische Eigenschaften als sonst die Peristomzähne, und wie es zur 472 Herstellung der „Streusandbüchse“ dient, wird noch schöner erläutert durch das Peristom von Orth. callistomun (Fig. 6), bei dem die inneren Peristomzähne im Centrum zusammenhängen und so eine Bildung zu Stande kommt, wie sie auch in anderen Verwandtschafts- kreisen erreicht wird. Charakteristisch ist das Verhalten der äusseren Peristomzähne bei Orthotr. anomalum. Hier fehlt das innere Peristom oder ist doch nur spurenweise angedeutet. Das üussere Peristom aber schlägt sich in der Trockenheit nicht zurück, sondern richtet sich, wie schon Hedwig bemerkt hat, auf. Dies Verhalten wird uns bio- logisch jetzt leicht verständlich; es dient dazu, an Stelle des fehlenden inneren Peristoms die Kapselmündung im trockenen Zustand zu ver- engern. Bei Orthotr. nigritum und Drummondi dagegen ist ein ein- facher hygroskopischer Peristomverschluss mit in der Trockenheit zurückgebogenen Zähnen vorhanden. Das bei manchen Orthotrichum- Arten sich findende sehr kurze „Vorperistom“, entstanden durch theil- weise Verdieckung der periklinen Wände ausserhalb des Peristoms liegender Zellreihen (vergl. z. B. die Abbildung bei Limpricht, Die Laubmoose II, 30), hat mit der Sporenausstreuung nichts zu thun, Ob etwa hier ein reducirtes Organ vorliegt, lüsst sieh derzeit nicht entscheiden. Dagegen berulit es wohl jedenfalls auf Verkümmerung, dass Örthotriehum gymnostomum ein Peristom nieht ausbildet, wenig- stens fand ich bei Untersuchung einer jungen Kapsel ein rudimentäres Peristom vor. Das Sporogon ist in die Blätter hier fast ganz ver- senkt und die Mündung der schlanken Kapsel etwas verengt. : Damit mag der Peristommangel bei dieser — übrigens sehr seltenen — Art zusammenhängen. Bei den Arten von Zygodon, welche kein Peristom haben, handelt es sich gleichfalls um kleine Kapseln. B) In etwas anderer Weise ist dasselbe Prinzip wie bei den typi- schen Örthotrichumkapseln verwirklicht bei dem Orthodontium-Typus. Das innere Peristom der schmalen kleinen Kapseln krümmt sich in trockenen: Zustande nach innen und verengert dadurch die Mündung. Bei Befeuchtung richtet es sich auf und trägt so mit dem äusseren Peristom zusammen zum Kapselverschluss bei. ’) Fontinalis und Cinelidiumtypus zeigen uns dasselbe Verhältniss, wie es von Örthotrichum callistomon oben geschildert wurde. Bei Fontinalis bildet das innere Peristom ein zierlich durchbrochenes Gitterwerk, mit zahlreichen ÖOeffnungen, welche durch das äussere Peristom geschlossen werden, wenn Befeuchtung eintritt (man vergl. z.B. die Abbildung Schimper’s, die im Sachs’schen Lehrbuch wieder- gegeben ist). Bei der Mniaceen-Gattung Cinclidium bildet das innere 4713 Peristom eine Kuppel, an deren Basis 16 Oeffnungen sich finden, auf welche die kurzen äusseren Peristomzähne bei Befeuchtung gerade passen. Die in der Peristomkuppel sich sonst noch findenden Oeff- nungen sind kleiner als der Sporendurchmesser und kommen deshalb für die Sporenverbreitung nicht in Betracht, Sie entsprechen den Oeffnungen im inneren Peristom anderer Mniaceen, bei denen dasselbe oben nicht geschlossen ist. °) Funaria-Typus. Die so oft untersuchte Funaria hygrometrica (Taf. XI Fig. 6) besitzt eine der schönsten Peristomeinrichtungen. Bekanntlich ist das Peristom ein doppeltes. Die Zähne des inneren Peristoms alterniren aber nicht, wie diess sonst gewöhnlich!) der Fall ist, mit denen des äusseren, allein es ist, wie unten gezeigt werden soll, eine Einrichtung getroffen, die sie trotzdem und obwohl sie nicht wie bei Hypnum als Schleuderer dienen nicht nutzlos erscheinen lassen. Die äusseren Peristomzähne hängen an ihrer Spitze zusammen, sie bilden dort ein zierliches Sieb. Die Mündung der Kapsel ist durch die wurstförmige Krümmung derselben schräg nach unten gerichtet, was einer rasch verlaufenden Sporenentleerung an und für sich schon weniger günstig ist, als wenn die Mündung ganz nach unten gerichtet wäre. Immerhin aber müssten die Sporen bei jeder stärkeren Erschüt- terung in grösseren Mengen herausfallen, wenn nicht zwei Einrichtungen getroffen wären, die auch hier eine nur allmähliche Ausstreuung sichern. Zunächst ist klar, dass die Zwischenräume zwischen den Zühnen nach oben hin breiter werden (trotz des Convergirens der Zähne), da die Zähne sich hier stark verschmälern. Diese Zwischenräume werden nun dadurch verengert, dass die Reste der Querwände der zum Aufbau der Peristomzellen verwendeten Zellen um so mehr über den Rand der Peristomzähne vorspringen, je weiter nach oben sie stehen, bis sie schliesslich miteinander im Zusammenhang bleibend das termi- nale Sieb bilden. Ferner biegen sich die inneren Peristomzähne so, dass sie an die Stellen zu liegen kommen, wo die Spalten zwischen den äusseren annähernd am weitesten sind. Bei feuchter Luft oder Benetzung schliessen sieh die Spalten zwischen den Peristomzähnen, die Zähne krümmen sich nach innen, das kleine am Ende derselben befindliche Sieb wird gleichfalls weiter nach innen gezogen und ein Sporenaustritt ist 1) Opponirt sind die inneren Peristomzähne den äusseren auch z. B. bei Encalypta streptocarpa. 474 unmöglich. In alten Kapseln vereinzeln sich häufig die Zähne durch Abbrechen des sie zusammenhaltenden Gitters. Die noch nicht ent- leerten Sporen können dann leichter zerstreut werden. Es sei hier kurz auf eine andere biologische Eigenthümlichkeit von Funaria hingewiesen. Bekanntlich zeigt die Calyptra derselben in jugendlichem Zustand, so lange sie das Sporogon noch umschliesst, eine starke Ausbauchung (vgl. die Abbildung von Sachs Fig. 132 in meiner Bearbeitung des syst. Theils von Sachs’ Lehrbuch p. 199). Die Bedeutung dieser Ausbauchung war mir unklar, bis ich beobach- tete, dass sie Wasser umschliesst.') Funaria lebt an offenen, der Aus- troeknung zugänglichen Standorten und dabei nicht in dichte Rasen gedrängt. Es darf wohl angenommen werden, dass die \Wasseraus- scheidung für die Wasserversorgung des jungen Sporogons von Bedeutung ist. Dieselbe Bedeutung als Wasserbehälter wird der Calyptra-Ausbauchung auch in anderen Fällen zukommen. Sicher der Fall ist dies bei Physcomitrium. Diese mit Funaria nahe ver- wandte Form ist hier deshalb zu besprechen, weil sie ganz peristomlos ist. Es muss dies zunächst um so mehr auffallen, als die Kapseln (z. B. bei Physcomitrium pyriforme) verhältnissmässig gross sind. In- dess ist der Sporenraum viel kleiner, da ein umfangreiches Assimi- lationsgewebe vorhanden ist.) Ausserdem ist die Kapselmündung dadurch, dass sie weit nach oben liegt, bei Physcomitrium klein. Be- obachtet wurden reife Kapseln von Physe. eurystomum. Der Deckel zerreisst hier allmählich und bildet so eine Zeit lang noch eine Ver- engerung der Kapselmündung; er löst sich zunächst nur theilweise ab, so dass zwischen ihm und der Kapselmündung eine Spalte ent- steht, durch welche die Sporen herausgelangen können. Später löst er sich vollständig ab und die Kapselmündung ist dann frei. Gegen das Eindringen von Feuchtigkeit sind die Sporen dann allerdings nicht geschützt, ihre gleichzeitige Verbreitung aber wird durch die Kürze des Kapselstiels, die Form der Kapsel und das langsam vor sich gehende Ablösen des Deckels verhindert werden. Hinzuweisen ist auch auf die Massenhaftigkeit der Sporogonentwickelung, welche, teleologisch gesprochen, sorgfältige Einrichtungen zur Sporenaussaat 1) Dies hat, wie ich später fand, schon Hedwig beobachtet. Vgl. Funda- mentum historiae natnralis muscorum frondosorum Pars I pag. 82. 2) Es sei hier darauf aufmerksam gemacht, dass eine ausgiebige Entwicke- lung des Assimjlationsgewebes bei den Moosen sich findet bei Formen, die einem reichlichen Lichtzutritt ausgesetzt sind; ausser den Funariaceen gehört hierher namentlich Splachnum. i 415 weniger nothwendig erscheinen lassen wird, als bei weniger produktiven Formen. Freilich fruchtet auch Funaria sehr reichlich und hat doch den oben beschriebenen Aussäcapparat, thatsächlich ist aber dies Moos auch weiter verbreitet als Physcomitrium, seine Sporen scheinen fast überall zu sein. Es ist mir immer aufs Neue überraschend, mit welcher Sicherheit Funaria in der Nähe meines Wohnorts mitten im Wald an Stellen auftritt, wo Holz verbrannt wurde; sie bildet dort dann in kurzer Zeit eine Massenvegetation, :) Buxbaumieen. Die beiden hierhergehörigen Gattungen Buxbaumia und Diphyseium zeigen im Bau und in der Function des Peristoms zwar im Wesentlichen Uebereinstimmung, aber andererseits sowohl betreffs der Sporenaussaat als des Peristomaufbaus auch Verschiedenheiten. Bekanntlich bildet das „innere Peristom* der Buxbaumieen, welches wir hier zunächst allein betrachten wollen, einen aus einer gefalteten Haut bestehenden, mit enger Mündung versehenen Trichter, der ein Eindringen von Feuchtigkeit in die Kapsel verhindert. Im trockenen Zustand ist der Peristomtriehter schwach gedreht, was eine, wenngleich nicht bedeutende, Verengerung der Mündung herbeiführen wird, ähnlich wie dies von Barbula subulata oben geschildert wurde. Zunächst fällt nun auf, dass die Kapseln von Diphyseium ungestielt, die von Buxbaumia langgestielt sind. Es lässt sich zeigen, dass damit eine Verschiedenheit im Bau der Kapselwand und der Art und Weise der Sporenausstreuung zusammenhängt. Buxbaumia besitzt derb gebaute Kapselwände, die Sporen werden hier aus der engen Mündung wie in so vielen anderen Fällen durch den Wind herausgeschüttelt, was sehr allmählich geschieht. Bei Di- physeium ist die Einrichtung anders. Die dorsiventral gebauten Kapseln sind so orientirt, dass der Peristomtrichter annähernd aufrecht steht und die abgeflachte Seite der Kapsel nach oben sieht. Die Kapselwand ist hier nicht starr, sondern beweglich; es ist hier ein ähnliches Bau- prinzip wie bei einem Blasebalg, Führt man gegen die obere Kapsel- wand einen leichten Schlag (z. B. mit einer Nadel), so sprüht aus der Peristomröhre ein Staubwölkchen hervor. Die Sporen sind sehr klein und können, sobald sie aus dem Sporogon heraus sind, durch den leise- sten Windzug fortgeführt werden. Der grosse Innenraum der Kapsel enthält viel Luft, deren Compression dann die Sporen durch die Feri- stomröhre treibt, die in der That ganz ähnlich gebaut ist wie die Spitze eines Blasebalgs. Es liegt also ein ähnlicher Fall vor, wie a Flora 1895. 416 bei der Sporenausstreuung mancher Lyeoperdaceen, deren Peridie am Scheitel durch ein verhältnissmässig enges Loch sich öffnet, durch welches Sporenwolken bei jedem Drucke auf die Peridie austreten. Was Diphyscium anbelangt, so fragt es sich, wodurch der Druck auf die Sporogonwand zu Stande kommt. Es kann dies offenbar auf verschiedene Weise geschehen, durch Thiere, welche sich über das in dichten Räschen wachsende Moos bewegen, durch fallende Blätter (die Sporogone reifen meist im Herbst), vielleicht auch Regentropfen, Schnee etc. Thatsache ist jedenfalls, dass eine grüssere Anzahl im Frühjahr untersuchter Kapseln ihre Sporen der Hauptsache nach ent- leert hatten; die obere Kapselwand war eingesunken, so dass sie der unteren anlag. Dieses Einsinken der Kapselwand mag zur Entleerung der Sporen, soweit dieselben nicht vorher durch die „Blasebalg*-Ein- richtung entfernt sind, gleichfalls beitragen. Ehe zu Buxbaumia übergegangen wird, sei noch die meines Wissens bisher nicht bekannte Entwiekelungsgeschiehte des Peristoms von Diphyscium kurz besprochen. Auf dem Querschnitt durch den oberen Theil einer Kapsel mitt- lerer Entwiekelung, welcher in Fig. 7 abgebildet ist, erkennt man leicht drei verschiedene Zonen: in der Mitte das kleinzellige Gewebe entspricht der Columella, diese ist umgeben von einem Ring grösserer Zellen, in denen aber dureh an- tikline Theilungswände der Peri- stomkegel schon angelegt ist, darauf folgt nach aussen das Deckelge- webe. Die mit Q bezeichneten Quadrantenwände sind trotz man- cher Breehungen noch leicht er- Fig. 7. Diphyscium foliosum; Querschnitt kennbar. Während nun bei der durch den Deckeltheil einer Kapsel mitt- Mehrzahl der andern Moose das a eenkrin, Dertam angelot wird durch pr partielle Verdiekung zur Anlage eines tielle Verdiekung der Wände der „äusseren Peristoms“ führen kann. der Columella angrenzenden Zell- schicht, wird es bei Diphyscium erst durch weitere Theilungsschnitte aus der letzteren gewisser- massen herausgeschnitten, ein Unterschied, der mir sehr beachtens- werth erscheint, denn diese Anlegungsweise unterscheidet das Bux- I er u nn ATT baumieenperistom auch von den habituell ähnlichen Peristomhäuten, wie wir sie von Barbula-Arten und anderen Moosen oben angeführt haben. In den systematischen Werken wird Diphyseium auch ein äusseres Peristom zugeschrieben. So heisst es z. B. in der Bryologia europaea Vol. IV: „Das äussere Peristom, welches so oft übersehen oder bloss als Kapselwand betrachtet wurde, entspringt aus der in- neren Kapselmembran und bildet einen blassen, aus kleinen Zellen gebildeten stumpf gezähnelten Ring.“ Von einen constanten Vor- kommen desselben habe ich nichts auffinden können. Wo das äussere Peri- stom vorhanden ist, entsteht es dadurch, dass an den mit den Ecken des inneren Peristoms alternirenden Stellen (eine derselben ist in Fig. 7 mit R bezeichnet), eine Verdickung (Fig. 8) der Zellwand (dort wo die Zellen zusammen- stossen) eintritt. Bei Besprechung von Bux- baumia wird darauf zurückzukommen sein. Die Peristombildung ist bekanntlich bei den beiden europäischen Buxbaumia-Arten eine verschiedene. Sie hat zu verschiedenen 87 Deutungen Anlass gegeben; war man doch Fig. 8. Querschnitt durch das nicht einmal darüber einig, was als „Annu- Peristom von Diphyscium folio- . sum; Pe „äusseres Peristom“, lus“ und was als Peristom zu betrachten ’ ” ist. Durch die Untersuchungen Dihm’s!) ist die letztgenannte Frage als entschieden zu betrachten. Es werden hier zur Bildung des Ringes nicht nur, wie sonst, Epidermiszellen benützt, sondern auch innere (ewebe- lagen, die bei B. indusiata in Form von 2---3 Zellschichten annähernd horizontal über einander gelagert, bei Buxbaumia aphylla aber in Form eines schief aufsteigenden Zellkörpers ausgebildet sind, dessen Zellen Schleim führen, Der Ring gehört hier also theilweise dem inneren Deckzellgewebe an; von dem Peristom ist er scharf getrennt. Das letztere ist am einfachsten ausgebildet bei B. aphylia, im Wesentlichen gauz ähnlich wie bei Diphyseium; ebenso wenig wie dort habe ich auch hier ein constantes Vorkommen von Spuren eines äusseren Peri- stoms nachweisen können. Von B. indusiata gibt Fig. 9 einen Theil eines Peristomquerschnitts. Pi ist das als gefaltete Haut ausgebildete Ausserdem ist noch ein 2—3faches äusseres Peri- innere Peristom.?) 1) Dihm, Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose. Flora 739. Bi, (Erg.-Bd. z. Jahrg. 1894) p. 338 ff. 2) Die Sporenentleerung erfolgt naturgemäss durch dasselbe nur langsam. In der Bryologia europaea scheint dies als Nachtheil betrachtet zu werden (Vol. IV), während hier, wie die vorliegende Arbeit zeigt, nur eine Steigerung eines bei 31* 418 stom vorhanden. Wie die Abbildung zeigt, kommt das mit 2 bezeich- nete Peristom zu Stande durch Verdiekung der den Einfaltungsstellen des inneren Peristoms gegenüberliegenden Membrantheile. Mit andern Worten: was bei Diphyscium und B. aphylla nur schwach angedeutet ist, ist hier zur vollständigen Ausbildung gelangt. Auch der Peristom- kreis 3 ist noch wohl entwickelt, während der vierte nur durch vereinzelte viel schwä- chere Membranverdickungen angedeutet ist. Fig. 9. Buxbaumia indusiata Die Frage ist nun: hat das sonderbare Theil eines Peristomquer- äussere Peristom von B. indusiata eine schnittes unten geführt, Die Function und lässt sich zwischen ihm und Zähne des äusseren Peristoms sind schraffirt. den beiden anderen Buxbaumieen eine genetische Beziehung aufstellen ? Es standen mir nicht genug vollständig ausgereifte Kapseln zur Verfügung, um die erste Frage beantworten zu können. Auf die zweite eine sichere Antwort zu geben, ist naturgemäss überhaupt nicht möglich. Aber am nächsten liegt es wohl (wenn man den phy- logenetischen Standpunkt einnimmt), das Peristom von B. indusiata als der ursprünglichen Form näher stebend zu betrachten, denn das „äussere“ Peristom von B. aphylla und von Diphyseium trägt deutlich den Charakter eines reducirten Organes an sich, das bald ganz, bald theilweise fehlt und sehr wahrscheinlich functionslos geworden ist. Es als rudimentär zu betrachten und von hier aus die Weiterent- wickelung des B. Indusiata-Peristoms abzuleiten aber erscheint un- thunlich, Es müsste sich dafür doch auch ein functioneller Grund angeben lassen! Will man sich auf den unsichern Pfad phylogene- tischer Speeulation begeben, so kann man sich vorstellen, dass die Buxbaumieen ursprünglich freie Peristomzähne besassen, also das äussere Peristom, wie es jetzt bei B. indusiata noch erhalten ist und das ganz mit der Bildungsweise der Peristomzähne anderer Laubmoose übereinstimmt. Das Faltenperistom aber würde eine spätere Ent- wiekelung darstellen, womit auch seine Entwiekelungsgeschichte zeit- lich übereinstimmt (indem es später angelegt wird als die Zahnver- den Laubmoosen weit verbreiteten Bauverhältnisses vorliegt. Dass nicht alle Sporen entleert werden, kann bei der grossen Zahl derselben um so weniger als unzweckmässig betrachtet werden, als schliesslich durch Zerstörung der Kapsel doch alle Sporen aus derselben herausgelangen, 479 diekungen), soweit die eine junge Frucht, die ich von B. indusiata untersuchen konnte, ein Urtheil gestattet. Dieses Faltenperistom machte das Zahnperistom überflüssig und demgemäss verkümmerte es bei B. aphylla und Diphyscium fast ganz. Jedenfalls weist auch die Untersuchung der Ring- und der Peristombildung darauf hin, dass wir es bei den Buxbaumieen mit einer alten Gruppe zu thun haben, deren vorgeschrittenstes, den übrigen Laubmoosen am nächsten stehen- des Glied Diphyseium ist. Der Annahme einer Reduction ist auch die allmähliche Abstufung der Peristomzähne von B. indusiata günstig. Die äussersten sind die kürzesten und macht man einen Querschnitt durch den oberen Theil einer Kapsel von B. indusiata, so ergibt sich das Bild Fig. 10, d. h. es ist nur noch eine äussere Peristomzahnreihe vor- handen, etwa wie bei den beiden andern Formen, nur kräftiger aus- gebildet. Der einfachere Bau des oberen 'Theils der Mooskapseln aber kommt ganz allgemein durch eine Entwickelungshemmung, ein Stehen- bleiben gegenüber dem sich weiter entwickelnden untern [heile zu Stande. Was hier ontogenetisch er- folgt, kann man sich phylogenetisch vorstellen. Indess eben auch nur vorstellen, ohne dass ein ausschlag- gebender Grund für die Annahme Fig. 10. Buxbaumia indusiata. Theil dieser Vorstellung vorhanden wäre. eines Querschnitts durch den oberen ; : Theil des Peristoms; es ist nur noch s A, 008- ' Il. 2b. Für die Leberm eine Reihe äusserer Peristomzähne Elateren wurde im vorhergehenden vorhanden. Abschnitt dieser „Studien“ gezeigt, dass ihre hygroskopischen Bewegungen bei den einzelnen Formen mit sehr verschiedener Intensität auftreten. Dasselbe gilt für die Moosperistome: es wurde oben erwähnt, dass die Peristomzähne beim Zurückbiegen Sporen mitnehmen können und schon bei Formen mit einfachem Peristom ein schwaches Abschleudern stattfinden kann. Es gibt aber auch eine Anzahl von Fällen, in denen die Sporen wien weggeschleudert werden. Ich beobachtete diesen Vorgang zuerst j Hypnum eupressiforme, später bei anderen Hypnaceen, Mniaocen In Bryum-Arten. Es handelt sich dabei um Formen, deren inneres veri- stom einen kurzen Trichter bildet, an dessen oberem Rand sich „Cilien 480 befinden (Taf. XI Fig. 6). Diese dienen als Schleuderorgane und sollen deshalb als Schleuderfäden bezeichnet werden. Das Abschleudern findet beim Austrocknen des Peristoms, in geringerem Grade auch unmittelbar nach dem Befeuchten desselben statt. Die Stellung der Kapseln trägt in diesen Fällen vielfach dazu bei, dass die Sporen in die Peristomröhre gelangen, indem die Kapselmündung bei zahlreichen Formen nach unten gekehrt ist, wodurch die Sporen in den Peristomtrichter gelangen, aus dem sie aber nicht herausfallen (was eine Massenverbreitung sein würde), denn der Peristomtrichter ist ein ziemlich enger und die Sporenmasse ist zunächst klebrig. Sobald aber die Austrocknung beginnt, tritt auch die Schleuderbewegung ein. Die Sporen haften den mit kleinen Höckern versehenen Schleuderfäden des Peristoms leicht an. Die äusseren Peristomzähne aber sind auch in trockenem Zustand nach einwärts gebogen und die fadenförmigen Fortsätze der inneren legen sich gleichfalls über die Kapselmündung her, so dass, selbst wenn dieselbe ganz nach unten gekehrt und die im Peristom- trichter vorhandene Sporenmasse ausgetrocknet ist, sie nicht auf einmal herausfallen kann. Das Austrocknen der Sporenmasse aber dürfte durch die zierlichen Durchbrechungen des Peristomtrichters erleichtert werden, welche für den Austritt der Sporen selbst ihrer Kleinheit halber keine Bedeutung haben. In dem grossen Verwandtschaftskreis der Hypnaceen finden sich übrigens in der Ausbildung des inneren Peristoms zahlreiche Abstufungen. Die einfachste Gestalt desselben ist verwirklicht, wenn es aus lauter getrennten, höchstens durch eine kurze basale Membran zusammenhängenden Zähnen besteht, wie z. B. bei Orthotheeium imbricatum, Anomodon viticulosus. Diese Membran wird dann höher, es bilden sich zwischen den eigentlichen Peristom- zähnen noch die Schleuderfäden aus, die bei Pseudoleskea atrovirens nur als ganz kurze, offenbar functionslose Fortsätze angedeutet, bei andern mehr entwickelt sind, bis sie die hohe Form der Ausbildung erreichen, wie sie sich bei vielen Hypnum- und Mnium-Arten findet. Einen anderen Ent- wickelungsgang endlich haben die als Cinclidium abgetrennten oben schon erwähnten Mnium-Arten eingeschlagen, indem dort der Peristom- trichter oben geschlossen bleibt; Schleuderfäden fehlen hier natürlich. B. Eine, wenngleich nicht sehr ins Gewicht fallende Mitwirkung der Columella bei der Sporenaussaat findet sich auch bei einigen Ange- hörigen der unter A besprochenen Moose, nämlich bei denjenigen, deren Columella zur Reifezeit noch nicht verschrumpft ist. Sie ver- engert dann die Kapselmündung und trägt so zur Verlangsamung 481 der Sporenaussaat bei. Ferner haben wir gesehen, dass bei manchen Barbula-Arten (z. B. B. unguiculata vgl. 8.469) der obere Theil der Columella einen Pfropf bildet, an den sich die dünnen Peristomzähne anlegen und der zugleich auch dazu dient, dass die Sporen ihm anhaften und bei trockenem Wetter dann allmählich weggeblasen werden können. Beide Eigenthümlichkeiten finden sich bei anderen Formen in gesteigertem Maasse, letztere namentlich bei Cinelidotus fontinaloides, bei welchem der obere Columellatheil als lange Borste hervortritt, an die sich die Spitzen der Peristomzähne anlegen. Letz- tere sind nach dem Barbula-Typus gebaut, nur dass sie im untern Theil gitterartig zusammenhängen. Betreffs des ersten Verhaltens sind namentlich bei einigen Splach- naceen die Verhältnisse erwähnenswerth, zumal innerhalb einer Gattung die Columella in verschieden hohem Grade an der Sporenaussaat sich betheiligt. Alle Arten besitzen ein (scheinbar) einfaches, wohl ent- wickeltes, in der Trockenheit zurückgebogenes Peristom. Die erhalten bleibende Columella des Kapseltheiles bildet bei Spl. urceolatum ein- fach einen centralen, die Mündung verengenden Pfropf. Bei andern Arten aber ist sie oben deckelförmig verbreitert und tritt, wenn nach dem Oeffnen sich die Kapselwand verkürzt,') mehr oder minder weit hervor; die Beziehungen zur Sporenaussaat sind ohne Weiteres klar. Tetraphis-Typus. Die Kapsel der Tetraphideen besitzt bekanntlich ein vierzähniges Peristom, das auf andere als die sonst stattfindende Weise sich ent- wickelt. Zunächst ist betreffs der Function desselben ein in der Litteratur mehrfach sich findender Irrthum zu berichtigen.. Es wird nämlich das Peristom als „nieht hygroskopisch“ beschrieben?) Aller- dings sind die hygroskopischen Bewegungen keine so auffallenden wie sonst zuweilen, aber vorhanden sind sie. Die Peristomzähne schliessen sich bei Befeuchtung kegelförmig zusammen, während sie im trockenen Zustand zwar auch noch aufgerichtet bleiben, aber spaltenförmige Räume zwischen sich lassen, durch welche die kleinen Sporen entleert werden können. Das Eigenthümliche der Peristom- 1) Lebende Splachniumkapseln habe ich nicht untersucht, es bleibe deshalb dahingestellt, ob nicht eine Verlängerung der Columella nach der Entwickelung eintritt. 2) So z. B. bei Limpricht, Die Laubmoose (Rabenhorst's Kryptogamen- fiora IV. Bd, I. Abth. 2. Band p. 125 (1891). Schon Bischoff hat (Handbuch der bot. Terminologie und Systemkunde p. 680) Tetraphis (neben Fnealypta longieolla und Polytrichum) unter deu Laubmoosen aufgeführt, deren Zähne „immobiles* seien. 482 bildung besteht hier, wie bekannt, darin, dass der ganze obere Kapsel- theil sich in vier Theile spaltet. Es sei hier nur bemerkt, dass die Trennungslinien hier bei den „Blaterenträ- gern“ (Fig. 11)von Aneura schon frühe ander stofflichen Beschaffenheit der betreffenden Membranen erkennbar sind und dass die äusseren, verdickten Theile der Peristom- Fig. 11, Tetraphis pellueida. Quer- Fig. 12. Tetraphis pellueida. schnitt durch die ober e Partie des Theil eines Querschnitts durch Deckeltheiles einer Kapsel. Die den Deckeltheil eines Sporo- Columella besteht nur aus 4 Zellen, gons. P Peristom. die aber durch Membranspaltung schon von einander getrennt sind. zähne meiner Ansicht nach das darstellen, was bei anderen Moosen allein zum Peristomzahn wird, nur dass keine Resorption von Zell- wandtheilen stattfindet. Lantzius Beninga (a. a. O. Tab. 57) zeichnet die verdickten Zellen als zwei, der Kapseloberhaut angren- zende Schichten. Auch Dihm erwähnt 2—-3 äussere dickwandige Zelllagen. in den von mir untersuchten Kapseln war stets nur eine Lage von Zellen mit (nach aussen) verdickten Wänden vorhauden, die von dem Deckel durch zartwandige getrennt sind, nur die antiklinen Wände dieser Zellen sind collenchymatisch verdickt (vgl. Fig. 12). Polytrichaceen-Typus. Die Verhältnisse bei Polytrichum und seinen Verwandten sind bekannt genug, es braucht also kaum daran erinnert werden, dass die Peristomzähne oben durch eine aus der Columella entstandene, späterhin der Zerstörung anheimfallende Haut — das Epiphragma — verbunden bleiben und die Kapsel, wie oben erwähnt, so ganz den Charakter der Porenkapsel von Papaver gewinnt. Ein Eindringen von Wasser in die Kapsel ist schon durch die die Mündung ver- schliessende Haut äusserst erschwert. Ausserdem findet bei Catharinea, wo ich darauf geachtet habe, bei Befeuchtung eine Verengerung (nicht aber ein Verschluss) der Poren statt, indem sich das ganze Peristom- dach streckt; bei andern Polytrichaceen scheint diese Verengerung viel kleiner zu sein oder auch zu fehlen. Es ist dabei zu bemerken, 483 dass Catharinea feuchteren Standorten angepasst ist als die übrigen Formen. Dass die ganze complieirte Struetur des Polytrichaceenperistoms D) eine abgeleitete, spät entstandene ist, ergibt sich auch daraus, dass die Zelltheilungen, welche zu seiner Anlegung führen, erst verhält- nissmässig spät auftreten. Es würde deshalb von besonderem Interesse sein, eine primitivere Peristomform bei den Polytrichaceen kennen zu lernen und eine solche liegt vielleicht vor bei Dawsonia. Diese im Habitus, Blattbau und sonstigen Bigenthümlichkeiten mit Polytrichum nahe verwandte Gattung, die sich durch ihr höchst eigen- thümliches Peristom auszeichnet, ist aufgestellt worden von Robert Brown?) welcher das Peristom von D. polytrichoides folgender- maassen beschreibt: „Peristomium penicillum densum album referens, longitudine cireiter dimidiae eapsulae, formatum e ciliis indeterminatim aumerosissimis (200 et ultra) capillaribus inarticulatis aequalibus rectis albis opacis, pluribus e capsulae parietibus ortum ducentibus, centra- libus (eireiter 50) columellam terminantibus!* . In einer späteren Mittheilung?) macht R. Brown darauf auf- inerksam, dass die „Wimpern‘, welche pinselförmig angeordnet, das Dawsoniaperistom bilden, aus Haaren bestehen, die weit genug aus einander stehen, um eine allmähliche Ausleerung der Sporen zu ge- statten. Ausserdem ist kar, dass dieser Haarpinsel das Eindringen von Feuchtigkeit in die Kapsel verhindern muss, da bei Benetzung die Haare verkleben. Spätere eingehendere Untersuchungen von Dawsonia sind mir nicht bekannt geworden, nur einige kurze Angaben von Bischoff und Philibert, Ersterer sagt:‘) „Eine eigenthümliche Bildung zeigt noch der Besatz von Dawsonia. Dieser ist nämlich pinselförmig aus einem dichten Haarbüschel gebildet. Dieser Besatz wird zwar gewöhnlich noch zu dem einfachen Besatze gerechnet, weil die Aussenhaut der Büchse keinen Theil daran nimmt; aber er besteht doch aus mehreren deutlich unterschiedenen Kreisen, nämlich aus einem äusseren, welcher 1 V treffi 1 1 k it I z 2 tzius- ) gl. betretis derse ben die bekanute Abhand ung von J. Lan i äre y iss ss inneren Baues der a usgewachsenen Mous- Benin ga, Beiträge zur Kenntniss des 5 kapsel, Nove acta acad. Leop. Carol. Vol. XXL2p. 561 #. Die Einzelheiten der Peristomentwiekelung verdienen übrigens eine erneute Untersuchung. 2) Transactions of the Linn. Soe. Vol. X ı8tt. . 3) Transactions of the Linnean Soc, Vol. AU p- u p- 560. Bu 4) Handbuch der botanischen Terminologie und Systemkunde IT p. 683. 484 aus einer ringförmigen Verdickung der Innenhaut entspringt, und aus einem inneren Kreise von Haaren, der aus einem ringförmigen Wulste des Säulehens sich erhebt und welcher selbst wieder einen Kreis von kurzen pfriemlichen Zähnchen umschliesst, die aus dem nämlichen Wulste entspringen, so dass der Besatz ein doppelter (peristomium triplex) zu nennen wäre. Auch bei dieser Gattung ist noch die Andeutung eines kleinen Querfelles vorhanden, welches aber beim Abfallen des Deckelchens oben an dessen Spitze hängen bleibt.“ Philibert (revue bryologique 1899 p. a.) beschreibt die „Filaments“ des Peristoms, die bei D. superba am längsten werden (bis 5 mm): „A leur base ils se r&unissent et s’enchevötrent en une masse serree, qui se divise en deux parties: une peripherique, forme une couronne epaisse qui adhere au bord de la capsule un peu au-dessous de son orifice; l’autre, centrale parait terminer la columelle.* Er meint, man könne sich den Ursprung des Dawsonia-Peristomes dadurch vorstellen, dass man annehme, dass die einzelnen Zellen der Zähne des Polytrichum- peristoms sich trennen, sehr stark verlängern und vermehren; wahrschein- lich aber stelle Dawsonia einen älteren Typus dar als Polytrichum. Durch die Freundlichkeit des Herrn Baron F. v. Müller in Mel- bourne, Dr. K. Müller in Halle, Prof. Berggren in Lund und des Directors der botanischen Abtheilung des Britischen Museums in London war es mir möglich, eine Anzahl Dawsonia-Arten zu unter- suchen; meine Hoffnung, aus der Entwickelungsgeschichte den Ur- sprung des Peristoms aufklären zu können, blieb freilich unerfüllt, da das trockene Material sich dazu nicht eignete; so kann ich dem oben Angeführten nur einiges Wenige hinzufügen. Vor allem sei betont, dass die Annahme, die Peristomzähne von Dawsonia bestünden aus einzelnen Zellen, nicht richtig ist. Sie sind vielmehr gegliedert durch gewöhnlich schief gestellte Wände. Sodann halte ich die Ansicht, dass das Peristom hier wenigstens zum Theil aus der Columella des Deckeltheiles hervorgehe, für unbewiesen und wegen der Analogie mit der nahe verwandten Gattung Polytrichum für unwahrscheinlich. Ein Längsschnitt durch eine reife Dawsonia- kapsel zeigt das Pinselperistom nur dem Rand der Kapselöffnung eingefügt; sie gehen dort in einen aus kurzen Zellen gebildeten. Kragen über. Dieser stellt den Theil des Peristoms dar, in welchem die Zellen sich nicht von einander der Länge nach getrennt haben. Auf einem jüngeren Stadium von Dawsonia superba liessen sich auf dem Quer- schnitt drei Zonen unterscheiden: zu äusserst das mehrschichtige Gewebe des Kapseldeckels, dann ein mehrschichtiger Ring, dessen 485 Zellen sich zu den Peristomzähnen isoliren, soweit sie nicht theilweise seitlich im Zusammenhange bleiben, und eine innere Zone. Letztere möchte ich als die Columella betrachten, welche der Auflösung anheinfällt. Es lässt sich das Dawsonia-Peristom als eine Weiterentwickelung des Tetraphisperistomes betrachten. Denken wir uns in Fig. 13 die Peristomzellen (P) durch Periklinen und Antiklinen gespalten, die Columella resorbirt, so würden wir die Structur von Dawsonia erhalten. Polytrichum aber lässt sich gleichfalls nahe daran anschliessen. Das Peristom geht, soweit die Untersuchungen reichen, aus der der Colu- mella angrenzenden Schicht des Amphitheeiums hervor. In derselben treten die Theilungswände in eigenthümlicher Richtung auf, die in Fig. 13 schematisch dargestellt sind. Mit der Richtung der Thei- K K K lungswände hängt es offenbar zu- \—A sammen, dass die Zellen sich nicht AI isoliren, sondern zu den bekannten Bündeln verbunden bleiben, wel- che zum Theil aus stark hufeisen- Fig. 13, Schema für die Theilungen der förmij " Zel f Peristom-Mutterzellen von Polytrichum örmig gekrümmten Zellen aufge- von aussen gesehen. K die Stellen, wo baut sind, während bei Dawsonia die Löcher entstehen. die Peristomzellreihen gerade ver- laufen und ein Epiphragma bei der reifen Kapsel nicht mehr vorhanden ist. Der Typus der Peristomentwiekelung der Polytrichaceen erscheint also insofern als ein einheitlicher, als er zu Stande kommt durch Theilungsvorgänge in einer Zellschicht oder Zone, ılie bei Tetraphis für sich allein das Peristom darstellt; er erscheint als ein dem primi- tiven Verhalten fernestehender. Ob die über die Entstehung des Dawsoniaperistoms hier geäusserte Anschauung richtig ist, wird dureh die Entwickelungsgeschichte zu prüfen sein, Zusammenfassung. Die grosse Mannigfaltigkeit in der Ausbildung des Moosperistoms ist biologisch nur verständlich durch das Prinzip der allmählichen Daneben dient das Peristom vielfach als hygrosko- bisher gewöhnlich als Haupt- Die Ausbildung des Peristoms aftsreihen mehrmals unab- theilweise dürfte auch Biologisch verständlich Sporenaussaat. pischer Verschluss der Mooskapsel, was bedeutung desselben aufgefasst wurde. scheint in den verschiedenen Verwandtsch hängig von einander vor sich gegangen zu sein, Rückbildung des Peristoms stattgefunden haben. ist das Fehlen des Peristoms 486 1. bei kleinen Mooskapseln mit verhältnissmässig wenig Sporen; 2. durch das Vorhandensein anderer Einrichtungen zur Sporen- verbreitung. Solche sind: a) die Explosion der Kapseln bei Sphagnum und Phasceum patens; b) die Spaltkapsel von Andreaea (mit langsamer Auswärts- krümmung und allmählicher Ablösung der Sporen); c) die Verengerung der peristomlosen Kapselmündung durch allmähliches Ablösen des Deckels (Physcomitrium) oder die stehenbleibende Columella; d) Entstehung einer basalen Oeffnung (Phascum-Arten). Für die Sporenaussaat in Betracht kommen die Länge der Seta, die Veränderungen des Innenraumes der Kapseln und die Beschaffenheit der Kapselmündung. Letztere wird bedingt entweder durch das Peri- stom allein, oder es wird das Columellagewebe mit herangezogen. Eine Uebersicht über die verschiedenen Modificationen, in denen das Peristom allein bei der Aussaat mitwirkt, ist auf 8. 468 gegeben, worauf hier verwiesen sei. Besonders bemerkenswerth ist, dass ein Fort- schleudern der Sporen durch das Peristom bewirkt werden kann. Die Columella wirkt mit: 1. bei Tetraphis, wo sie sich an der Bildung der Peristomzähne betheiligt, welche entgegen andern Angaben hygroskopisch sind; 2. bei Splachnaceen, wo sie zur Verengerung der Kapselmün- dung dient; 3. bei den Porenkapseln der Polytrichaceen, wo sie das Epi- phagma bildet. Das merkwürdige Haarperistom von Dawsonia besteht aus Zell- reihen, die nach des Verfassers Auffassung denselben Ursprung haben, wie die Peristomzähne der Polytrichaceen, so dass das Peristom selbst überall dem Amphithecium angehören würde. Das Dawsoniaperistom lässt sich von dem Tetraphisperistom ableiten. Primitive Laubmoos- sporogonien mit wenig vorgeschrittener Sterilisirung des Sporogons finden sich wahrscheinlich bei Nanomitrium. Die höhere Ausbildung der Kapseln ist bedingt durch eine Weiterentwickelung des sterilen Gewebes. Die Ausbildung desselben wird um so mehr als eine ab- geleitete zu gelten haben, in je späterem Entwickelungszustand sie eintritt, Tafelerläuterung. u Fig. 1 und 2 Barbula unguiculata, Peristom feucht (1) und trocken (2). Fig. Peristom von Barbula subulata. Fig. 4 Dievanella-Peristom (in Glycerin). Fig. Stück eines Peristoms von Mnium euspidatum von innen, 8 Schleuderfäden. Fig. Funaria-Peristom von vben, die Zähne des innern Peristoms dunkel. ao Verwahrung von F. 0. Bower. In einem Artikel, betitelt „Die SporophylImetamorphose (Flora, 30. Bd. Heft II p. 303) hat Herr Glück gewisse Abhandlungen von mir eitirt und diskutirt. Der Autor dieser Abhandlung hat indess meine Ansichten so irrig dargestellt, dass ich es nothwendig finde, mit seinen Angaben mich sofort zu’ beschäftigen, jede Diskussion über seine eigenen Resultate und Meinungen werde ich indess für eine spätere Gelegenheit aufsparen. Zunächst ist der von ihm angeführte Auszug aus einer meiner Arbeiten nicht correet wiedergegeben. Zeile 9 nach dem Wort „sporangia“ sind fast zwei Linien des Originals weggelassen. Dies hat zur Folge, dass der von ‚Herrn Glück angeführte Satz nicht den von mir gemeinten Sinn, sondern eher, wenn überhaupt etwas, das Gegentheil ausdrückt. Allein nicht nur zeigte Herr Glück sich ungenau in der Wiedergabe eines einfachen Citates: er hat auch wiederholt meine Angaben verdreht und mir Ansichten zugeschrieben, die ich nie hatte, Ich wähle nur zwei Beispiele seiner mich betreffenden falschen Darstellung aus, sie mögen als Muster des Uebrigen dienen. Auf S. 309 seiner Arbeit lese ich, betreffs des Strobilus der Equi- setaceae als angeblichen Auszug aus einer meiner Arbeiten, „wobei gleichzeitig besondere Anhängsel (Sporangienträger) an der Columella (= Axe der Sporophyllähre) gebildet werden“. Ich habe nie ange- geben, dass die Sporangiophore auf der Columella gebildet werden oder von ihr aus entstehen, ebensowenig, dass die Achse des Strobilus das Aequivalent der Columella ist. Meine Angabe lautet (IV, p. 503) „Ihe sterile central part of the strobilus with its vascular bundles, would be the counterpart of the columella“. Hätte ich die Columella mit der ganzen Achse vergleichen wollen, so hätte ich das ausdrück- lich gethan. Aber ich habe einen solchen Vergleich sorgfältig vermieden, da er einen endogenen Ursprung der Sporangiophore be- dingen würde. Für einen solchen bietet aber die Entwiekelungs- geschichte keine Stütze, denn sie sind deutlich 'exogen; auch liegt kein anderer Grund für die Annahme vor, dass eine solche Entstehung der Sporangiophore je stattgefunden habe, Die Leser der Original- 488 Abhandlung werden sehen, dass ich die mir von Herın Glück zu- geschriebene Ansicht nicht ausgesprochen habe (vgl. Annals of botany 1894 p. 359— 360). In derselben Wiedergabe des Herrn Glück lese ich ferner (p. 309): „Den Equisetaceen reiht Bo wer zunächst die Lycopodiaceen an, deren Entstehung aus ersteren hauptsächlich dureh continuirliches Weiterwachsen an der Spitze und durch Verzweigung neben fortge- führter Sterilisation erklärt werden kann“. Dass ich je vermuthet haben sollte, dass die Lycopodiaceen von den Equisetaceen abzuleiten sind, verneine ich schlechtweg. Sicherlich wird Herr Glück für seine Angabe keine Stütze in meiner Abhandlung (IV) finden, von der er eine Uebersielt zu geben behauptet. Allerdings folgt die Darstellung meiner Beobachtungsresultate bei den Lycopodiaceen auf die bei den Equisetaceen, aber ich denke, kein vernünftiger Mensch wird dies für einen zureichenden Grund halten, um mir, wie Herr Glück, die Meinung zuzuschreiben, die Lycopodiaceen seien von den Equisetaceen abgeleitet. Es ist unnötig, Weiteres hinzuzufügen. ‘Das Obige mag als Beispiel der Correetheit dienen, mit der Herr Glück meine Mittheilungen wiedergibt. Ich glaube es ist kein extravaganter Wunsch, dass, wenn meine Schriften überhaupt beachtet werden, sie genau citirt und discutirt werden möchten. Unter den vorliegenden Umständen muss ich die Leser der „Flora*® bitten, nicht die Verzerrung meiner Ansichten zu beachten, die Herr Glück in seiner Inaugural-Dissertation ihnen vorgeführt hat, sondern dieselben im Original nachzusehen. Glasgow, Juni 1895. Litteratur. Lister Arthur. A monograph of the Mycetozoa, being a deseriptive eatalogue of the species in the herbarium of the british museum. London 1894. Mit 77 Tafeln. Die von Rostafinski vor 20 Jahren verfasste Monographie der Schleim- Pilze hat nicht den Einfluss auf die Entwickelung der Schleimpilzkunde gehabt, den sie dem Inhalte nach beanspruchen könnte, und zwar wegen der den meisten Forschern unverständlichen polnischen Sprache, in welcher sie verfasst war. Seitdem sind jedoch zahlreiche Arbeiten auf dem Gebiete der Mycetozoensystematik erschienen, von welchen die von Cooke, Zopf, Schröter, Raunkier, Cela- kovsky und Massee besonders hervorzuheben sind. Die letzte Monographie der Schleimpilze von Massee bezeichnet jedoch keinen Fortschritt, sondern einen Rückschritt in der Wissenschaft, und als einer der Vorzüge, der uns jetzt vor- liegenden Bearbeitung Lister’s, ist eben die Richtigstellung zahlreicher Angaben Massee’s zu bezeichnen. Die Monographie Lister’s beschäftigt sich nur mit höheren Schleimpilzen, Ceratieen und Endomyxeen Van Tieghem’s. In der Einleitung ist die Ent- wiekelungsgeschichte kurz skizzirt und durch einige Abbildungen der indirecten Kerntheilung in den Plasmodien und jungen Sporangien illustrirt. Die systematische Gruppirung der Arten und Gattungen ist von Rostafinski entnommen. Von den 275 Arten, welche der Verfasser erwähnt, hat er 175 selbst untersucht und abgebildet und den von ihm gelieferten Beschreibungen und Abbildungen kann der Referent nur Lob spenden. Jeder, der die Schleimpilze kennen oder bestimmen will, muss das Buch von Lister zu Hilfe nehmen und ein Anfänger kann mit Hilfe desselben die Schleimpilze leicht bestimmen, Trotzdem sind dem Referenten bei Durchsicht des Buches einige kritische Bemerkungen aufgetaucht. So sind z.B. dem Verfasser mehrere Arten entgangen, die der Referent in Hedwigia, die Reinhart und Thümen aufgestellt haben, auch ist ihm die werthvolle Monographie der böhmischen Schleimpilze von Celakovsky ganz unbekannt geblieben. Es sind die Bemerkungen über die systematische Stellung mancher von dem Verfasser nicht gesehenen Arten nicht richtig, so z. B. über einige von mir beschriebene Arcyrella- und Lachnobolus- arten. Eine Verwirrung in der Nomenklatur ist durch das Suchen nach den ältesten Namen zu Stande gebracht; so sind z. B. die Hemiarcyrien wieder als Hemitrichien bezeichnet. Warum ist jedoch in solchem Falle Arcyria ceinerea (1791) in Ar, albida (1794) umgetauft? Und warum bildet der Verfasser neue Namen wie Dianenıa corticatum für eine Art, die nach seinen eigenen Angaben schon früher von dem Referenten als Pericheana Krupii beschrieben war? Im Allge- meinen ist der Artbegriff zu weit gefasst, und desswegen sind die polvmorphen Gruppen 2. B. Arcyrella in zu wenig Arten gegliedert. Diese sowie auch manche andere (Comatricha, Perichaena etc.) bedürfen noch heute sehr einer monographischen Bearbeitung. 490 Doch sind das alles Bedenken, die der Nützlichkeit dieses Kataloges keinen Abbruch thun, und der Referent freut sieh, der Sorgfalt des Verfassers, der Klarheit seiner Diagnosen und Deutlichkeit der Abbildungen volle Anerkennung zollen zu können, M. Raciberski. Edv. A. Wainio, Lichenes Brasiliae exsiccati, 1891. Den Lesern der Flora ist Wainio’s „Etwle sur la classification naturelle et la morphologie des Lichens du Bresil, Helsingfors 1890% ans einer eingehenden Besprechung vom Jahre 1891 8. 383 fl, von Seiten des Herrn Prof. Müller in Genf bekannt. In Wainio’s Arbeit handelt es sich um ein Material, welches Ver- fasser an Ort und Stelle selber gesammelt und dessen einzelne Funde unter Nummern der Beschreibung der Arten beigesetzt hat, Aus diesem weit über 1000 Nummern betragenden Materiale hat der Verfasser nun eine kleine Anzahl von Exemplaren obgenannten Exsiecatenwerkes zusammengestellt; in den meisten Exemplaren der Sammlung sind nur wenige der in der Fitule beschriebene Arten nicht vertreten; ein Rest von Exemplaren, worunter auch ılas von mir erworbene zählt, ist von geringerem Umfange. Wenn nun diese Sammlung einerseits schon als willkommener Commentar zu Wainio's Etude öffentliche Erwähnung verdient, 80 muss anderseits auch hervorgehoben werden, dass sie durch sehr saubere Präpa- ration und durch Schönbeit und Vollständigkeit der einzelnen Nummern sich würdig an die hervorragenderen Exsiceatenwerke anschliesst und die Zuverlässig- keit der Bestimmungen und die Uebereinstimmung der einzelnen Exemplare des Exsiccatenwerkes unter einander nach dieser Richtung auch insoferne verbürgt ist, als das Geschäft des Sammelns und die Bearbeitung des Gesammelten hier gegen- über anderen exotischen Sammlungen von einem und demselben Botaniker be- sorgt wurde, Konstanz, Juli 1895. Stizenberger. Eingegangene Litteratur. Beck, G. de, Knautiae (Trieherae) aliquot novae. Annalen des k. k. naturhisto- rischen Hofmuseums, Bd. IX, Heft 3, 1°94. — — Die Geum-Arten der Balkanländer. Aus den Verh. der k. k. zoologisch- bot. Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1895. — — Fiele und Erfolge der Acelimatisation der Pflanzen, 8.-A. aus der „Wiener Wustrirten Garten-Zeitung“, April 1894. _— Allamanda Hendersoni und Thunbergia Harrisii, Ibid, Gärtnerische Reflexionen über Dalmatien. Ibid. Okt. 1894. Einiges über Sisyrinchien. Ibid. Nov. 1894. Fr — Ueber Misehfrüchte (Xenien) und deren Enstehung. Ibid. April 1895. vergesen, F., Sur P’Anatomie des Feuilles des Plantes Aretiques. Extrait, du Journal de Botanique, No. I et 16, Janvier 1895, _ Bilrag til Kundskaben om arktiske Planters Bladbygning M. Taf. 3. Saertrijk R of Botanisk Pidsskrift, 19. Bd., 3. Hett. Kjöbenhavn 1895. vorge, C., Ueber die Rhizoidenbildung bei einigen fadenförmigen Chlorophyceen. Bi Upsala 1994, \ya Tidnings Aktiebolags, üsyen, M., Culturversuche mit Cladothrix diehotoma. S.-A. aus d. Ber. d. Deutschen Bot. Gesellschaft. Jahrg. 1894, Bd. XII, Heft 6. Bulletin de la Societ& botanique deFrance. Tome 42, Troisidme serie Tome II. Fevrier 1895, de Candolle,C. des Sciences ’ Nourvelles consid@rations sur la Phyliotaxie. Extrait des Archives Physiques et naturelles. Troisiöme periode, t. XXXIIL Fevrier 1895. Te er 491 Chodat, R., Remarques sur ie Monustroma Bullosum. Mit 1 Taf. Bull. Soc. bot. de Franee. P, XLI. Ibid, — — Recherches experimentales sur le Pediastrum Boryanum. Mit 1. Taf. 1895. — — Sur le genre Lagerheimia. Estratto della Nuova Noterisia diretta dal Prof. Dott. G. B. de Toni. 1895, — — Golenkinia genre nouveau de Protococcoiddes. M. 1 Taf. Extrait du Journal de Botanique. 1894. Comes, O., Darstellung der Pflanzen in den Malereien von Pompeji. Stuttgart, Verl. v. Erwin Nägele. 1395. Cramer, C., Weber Halicoryne Wrightii-Harvey. S.-A. aus der Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft zu Zürich. Jahrg. XL. 1895. — Bemerkungen zu der Abhandlung: Ueber oligodynamische Erscheinungen in lebenden Zellen von C. v. Nägeli, mit einem Vorwort von 8, Sehwendener u. einem Nachtrag von ©, Cramer, Denkschriften der schweiz. naturf, Gesellschaft Bd, XXX. I. 1893, Cremer, M., Zucker und Zelle. $8.-A. aus der Zeitschrift für Biologie 1895. Ba. XXXIL, Heft 1. . Detmer, W., Das pflanzenphysiologische Praktikum. Anleitung zu pflanzen- physiologischen Untersuchungen für Studirende und Lehrer der ‚Naturwissen- schaften, sowie der Medizin, Land- und Forstwissenschaft. Zweite völlig neu bearbeitete Auflage. Jena, Verl. v. G. Fischer, 1895. Fritsch, C., Ueber die Auffindung einer marinen Hydrocharidee im Mittelmeer. Aus d. Verhandl, der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1895. . Ganong, W. F., Present problems in the anatomy, morphology and bielogy of the Cactaceae, From the Bot. Gazette, Vol. XX. . , . Günther, S., Die Phänologie, ein Grenzgebiet zwischen Biologie und Klimakunde 8.-A. aus „Natur und Offenbarung“, 41 Bd., 1895. . . Häckel, E., Systematische Phylogenie der Protisten u. Pflanzen. 1. Theil. Berlin H ri DR > “ enter! longi n.sp., eine neue Saprolegniacee au eisch, P. reptonema longispora n. g.n. sp., g Pe. Sc. aus den Ber. "ler Deutschen Bor. Gesellschaft Jahrgang 1895, Bd. XII, Heft 3, un Huber, J. ot Jadin, F., Sur une Nouvelle Algue Perforante D Eau Douce. M. I Taf. Extrait du Journal de Botanique 1. et 16. Avril 1892, Ibid. . — — Öbservations sur la Valeur Morphologique et Histologique des Poils et des Soles tophordes, M. Abbild. , , = — en Cine onnaissance des Chaetophordes Epiphytes et Endophytes et it6es. Paris, G. Manon, 1893. . -— Se un hat Parkiculier du "Chaetonema Irregulare Nowakowski. M. 1 Taf. Extrait du Bulletin de l’Herbier Boissier, Tom. II, Nr. 3. 1894. 16 Extrait — — Sur l’Aphanochaete Repens A. Braun et sa Reproduction Sexule, Ma du Bulletin de la Societ& botanique de France, Tome XLI, 1894. MN. af. Huie, L., On some Protein Crystalloids and their probable relations to ne Stein of the Pollen-Tube. M. 1 farb. Taf. Extrait de la Rerue ar et und Knight, Th, A., Sechs pflanzenphysiologische Abhandlungen. Uebersetz herausgegeben von H. Ambronn. Leipzig, W. Anskeität, Dehnung u. Wachs- Kolkwitz, R., Untersuchungen über Plasmolyse, Elastieitä "895 su. thum an lebendem Markgewebe. Inaug.-Dissert., Berlin > Kuntze, O., Geogenetische Beiträge, 1895. . Laurant, E., Le Bas-Congo sa flore et son agrieulturn. Soeiet& Royale de Botanique de Belgique, Avril 1594. Viscum album). — — Influence de la nature du sol sur la dispersion da Gui ( ann der Loitlesberger, K., Vorarlbergische Lebermoose. Aus Ani Verhandlung k. k. zoologisch-bot. Gesellschaft in Wien, Jahrgang .n und Lebensgeschichte Meyer. A., Untersuchungen über die Stärkekörner. W sen I a ns, der Stärkekörner der höheren Pflanzen. Jena, Vorl. Y. | T mente Assimilatore Montemartini, L., Intorno alla Anatomia e Fisiologia del Tex de : r M. ı Taf. della Plante. Atti dell’Ist. Bot. Universitä di Pavia. Vol. IV. [ Conference donnee de la 492 Nestler. A., Kritische Untersuchungen über die sogenannten Weasserspalten. M. 2 Taf. Nova Acta der Kaiserl, Leop.-Carol. Deutsch. Akademie d, Natur- forscher, Bd. LXIV, 1894. Niedenzu, F., Handbuch für botanische Bestimmungsübungen. Verlag von W. Engelmann, Leipzig 1895. Oltmanns, F., Ueber einige parasitische Meeresalgen. Bot. Zeitg. 1894, Heft XII. — — Ueber das Oeffnen u. Schliessen der Blüthen. Ibid. 1895, Heft IL. — — Ueber die Entwickelung der Sexualorgane bei Vaucheria. 8,-A. aus „Flora oder all&. Bot. Zeitung“, 1895, Heft 2. Rostowzew, 8, Die Entwickelungsgeschichte und die Keimung der Adventiv- knospen bei Cystopteris bulbifera Bernh. M. ı Taf. S.-A. aus den Berichten d. Deutsch. Bot. Gesellschaft, Jahrgang 1894, Generalversammlungsheft. Rullmann, W., Chemisch-baeteriologische Untersuchungen von Zwischendecken- füllungen mit besonderer Berücksichtigung von Cladothrix odorifera. München 1895. Schilling, A., Der Einfluss von Bewegungshemmungen auf die Arbeitsleistungen der Blattgelenke von Mimosa pudica. Jena, Gustav Fischer, 1895. Schmitz, F., Marine Florideen von Deutsch-Ostafrika. S8.-A. aus Engler’s bot. Jahrbüchern, XXI. Bd., Heft 1/2. 1895. Leipzig, W. Engelmann. Steinbrinck, Ü., Zur Oeffnungsmechanik der Blüthenstaubbehälter. M. 2 IIolzschn. S.-A. aus den Berichten der Deutsch, Bot. Gesellschaft, Jahrg. 1395, Bd. XIIL, Heft 2. Stenström, K. O. E,, Ueber das Vorkommen derselben Arten in verschiedenen Klimaten an verschiedenen Standorten, mit besonderer Berücksichtigung der xerophil ausgebildeten Pflanzen. $.-A. aus „Flora oder allg. Bot. Zeitung“, 1895, Heft 1 u, 2, Schwarz, F., Die Erkrankung der Kiefern durch Cenangium Abietis. Jena, Verl. v. Gustav Fiseher, 1895, . Tognini, F., Seconda Contribuzione alla Micologia Toscana. M. 1 Taf. Istituto Botanico della k. Universita di Pavia, — — Caso teratologia nella &erminazione d’una castagna, Estratto dal Giornale Malpighia. Anno LX. 1895, Warming, E., Plantesamfund. Kjöbenhavn, P. G. Philipsens Foriäg, 1895. Woronin, M., Die Sclerotienkrankheit der gemeinen Traubenkirsche und der Eberesche. S-A. des M&moires de l’Academie imperiale des Sciences de St. Petersbourg. VIIL Serie, Vol. II, Nr. 1. Zenetti, P., Das Leitungssystem im Stamm von Osmunda regalis L. und dessen Vebergang in den Blattstiel. $.-A. aus der Bot. Zeitung 1895, Heft 3. Flora 1895. 80.Bd. TarXl. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung in Marburg. Lehrbuch der Zoologie von Dr. GC. Claus. O. Oe. Professor der Zoologie und vergl, Anatomie an der Universität Wien, Director der zoologischen Station in Triest. Fünfte umgearbeitete und vermehrte Auflage. Mit 869 Holzschnitten. Gr. 80. 1891. XIE, 958 8, und XX $. Register. Mk. 1.—, geb. Mk. 12.60. Kohl, Friedr. Georg, Anatomisch-physiologische Untersuchung der Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze, Ein Beitrag zur Kenntniss der Mineralstoffe im lebenden Pflanzenkörper. Mit 8 lithographirten Tafeln. Lex. 8%. 1889. VII 314 Ss. Mk. 18.—. _ Mlnzenbiolgische Schilderungen von Dr. K. Goebel, Professor der Botanik und Director des botanischen Gartens zu München. -L Theil, . Mit 3 Holzsehnitten und Tafel I-IX. Lex. 8°. IV, 240 8. - Preis Mk. 14.—. II. Theil, ı. Lieferung. Mit 57 Holzsehnitten und Tafel X—XXV. Lex. 8°. 160 8. Preis Mk. 12.—. U. Theil, 2. Lieferung. Mit 64 Textfiguren und Tafel XXVI-XXXI. Lex. 8". Preis Mk. 12.—. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg. Wigand, Albert, Professor der Botanik in Marburg Flora von Hessen und Nassau . IT, Theil. Fundorts-Verzeichniss der in Hessen und Nassau beobachteten Samenpflanzen und Pteridophyten herausgegeben von Dr. Fr. Meigen. Mit einer Karte von Hessen-Nassau. Gr, &0. 1891. VII, 565 8. Mk. 7.—, geb. Mk. 8.25. Von demselben Verfasser erschien: Grundsätze aller Naturwissenschaft. 80. 1856. 65 8. Mk. —.60. Entstehung und Fermentwirkung der Bakterien. Vorläufige Mittheilung. 2. Auflage. ir. 50, 1554, 40 8. Mk. —.80. Das Protoplasma als Fermentorganismus. Ein Beitrag zur Kenntniss der Bakterien, der Fäulniss, Gährung und Diastasewirkung, “ sowie der Molekularphysiologie. Nach dem Tode des Verfassers vollendet und herausgegeben von "E. Dennert. Gr. 60, 188%. X, 2948, Mk. 7.—. Ueber Darwin's Hypothese Pangenesis. Gr 8%. 18570. 148. Mk. —.40.. Druck von Val. Hötling. München, Kapellenstr. 3. SR A 3 ee VORN