ODER ° ALLGEMEINE: BOTANISCHE: ZEITUNG F RÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT .IN REGENSBURG. 93. BAND. JAHRGANG 1904. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München, Mit 22 Tafeln und 171 Textfiguren. MARBURG. N. 6. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1904. l....1.T baren 1908 Inhaltsverzeichnis. TI. Abhandlungen. F,W.C. ARESCHOUG, Zur Frage der Salzausscheidung der Mangrove- pflanzen und anderer mitihnen zusammen wachsender Strandpflanzen ERNST A. BESSEY, Über die Bedingungen der Farbbildung bei Fusarium J. CLARK, Beiträge zur Morphologie der Commelinaceen . A. ERNST, Zur Kenntnis des Zellinhaltes von Derbesia . 0. A. FENNER, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie, Entwicklungs- geschichte u. Biologie der Laubblätter u, Drüsen einiger Insektivoren K. GOEBEL, Morphologische und biologische Bemerkungen. 15. Über Regeneration bei Utricularia Dr. A. GÜNTHART, Blütenbiologische Untersuchungen Or. 2. Beiträge zur Blütenbiologie der Dipsaceen) A.HANSEN, Experimentelle Untersuchungen über die Beschädigung der Blätter durch Wind . ARTHUR HELLER, Über die Wirkung ätherischer Öle und einiger verwandter Körper auf die Pflanzen H. O0. JUEL, Über den Pollenschlauch von Cupressus . J.P. LOTSY, Die Wendung der Dyaden beim Reifen der Tiereier als Stütze.für die Bivalenz der Chromosomen nach der numerischen Reduktion . F. W. NEGER, Über die Bildung von "hibernakelähnlichen Sprossen bei Stellaria nemorum . Dr. EM. RÄDL, Über die Anziehung der Organismen durch das Licht K. REICHE, Bau und Leben der chilenischen Loranthacee Phrygilan- thus aphylius . P. F. REINSCH, Die Zusammensetzung des "»Passatstaubes“ auf dem südlichen atlantischen Ozean . . . OTTO RENNER, Über Zwitterblüten bei Juniperus communis O. ROSENBERG, Über die Individualität der Chromosomen im Pflan- zenreich . Dr. phil. JOHS, SCHMIDT, Zur Frage der Salzausscheidung der Man- grovepflanzen C. STEINBRINCK, Über dynamische Wirkungen innerer Spannungs- differenzen von Flüssigkeiten und ihre Beziehung zum Baftsteige- problem der Bäume . MARIE C. STOPES, Beiträge” zur Kenntnis der Fortpflanzungsorgano der Cycadeen . A. MSCHIRCH, Sind die Antheren "der Kompositen verwachsen oder verklebt? . . . — — Über den sog. Harzflufs ZYGMUNT WOYCICKI, Einige neue Beiträge z zur Entwicklungsge- schichte von Basidiobolus Ranarım Eidam . . . . I. Abbildungen. A. Tafeln, Tafel I zu Hansen, Beschädigung der Blätter durch Wind. Tafel Il zu Tschirch, Antheren der Kompositen, Tafel III zu Juel, Cupressus. Tafel IV zu Woyeicki, Basidiobolus Ranarum Eidam. Tafel V zu Reiche, Phrygilanthus aphyllus. Tafel VI-XXI zu Fenner, Insektivoren. Tafel XXII zu Ernst, Derbesia. B. Textfiguren. Seite 484 ff, Fig. 1-31 zu Clark, Commelinaceen. Seite 99 ff. Fig. 1-17 zu Goebel, Utricularia. Seite 204 ff. Fig. 1—30 zu Günthart, Dipsaceen. Seite 70 ff. Fig. 1-19 zu Lotsy, Die "Wendung der Dyaden etc. Seite 161 1 Fig. zu Neger, Stellaria nemorum. Seite 169 1 Fig. zu Rädl, Anziehung der Organismen durch das Licht. Seite 274 ff, Fig. 1—9 zu Reiche, Phrygilanthus aphyllus. Seite 299 Fig. 1-3 zu Renner, Juniperus communis. Seite 155—160 301—334 483—513 514—532 335—434 98—126 199—250 32—50 1—31 56—62 65—86 160—163 167—178 171—297 533—536 297—300 251—259 260— 261 127—154 435—482 51—55- 179-—198 87—97 ' ROBERT KELLER, Vegetationsskizzen aus den Grajischen Alpen . 539 Due IV Seite 534 Fig. 1—3 zu Reinsch, Passatstaub. Seite 253 ff. Fig. 1-7 zu Rosenberg, Individualität der Chromosomen. Seite 183 ff. Fig. 1-7 zu Steinbrinck, Spannungsdifferenzen von Flüssigkeiten. Seite 486 ff. Fig. 1-37 zu Stopes, Cycadeen, ° Seite 180 ff, Fig. 1-5 zu Tschirch, Harzfiufs. Seite 93 1 Fig. zu Woycicki, Basidiobolus Ranarum Eidam, II Literatur. \ GÜNTHER Ritter BECK von MANNAGETTA, Grundrifs der Naturgeschichte Seite des Pflanzenreichs . . . . . . . . . . ... 164 Dr. &. BERTHOLD, Untersuchungen zur Physiologie der pflanzlichen Or- ganisation . . . . . . . . . . . . . 587 BOTANY, of the Faroös based upon Danish investigations . 263 F. BUCHENAU, Kritische Nachträge zur Flora der nordwestdeutschen .. Tiefebene . . . . . . . . . . . . . 54, BÜGGELI MAX, Pflanzengeographische und wirtschaftliche Monographie des Sihltales bei Einsiedeln . . . . 63 L. ERRERA, Une lecon, El&mentaire sur le Darwinisme . . . 265 A. J. EWART, On the physies and physiology of protoplasmic streaming in plants . . . . . . . . . . . . B 164 MAX FLEISCHER, Die Musci der Flora von Buitenzorg . . . 265 Dr, K. FRITSCH, Die. Keimpflanzen der Gesneriaceen . . . . . 542 GURKE M., Plantae Europaeae . . . . . . . . 269 G. HABERLANDT, Physiologische Pflanzenanatomie . . . . . 540 TH. M. HOLFERTY, The Archegonium of Mnium cuspidatum . 262 JAHRESBERICHT der Vereinigung der Vertreter der angewandten Botanik 268 JEROSCH MARIE, Geschichte und IIerkunft der schweizerischen Alpenflora 270 W. JOHANNSEN, Über Erblichkeit in Populationen und in reinen Linien ' 264 Dr. L. JOST, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie . . . 166 G. KARSTEN und H. SCHENCK, Vegetationsbilder 164 LUDWIG KINDT, Die Kultur des Kakaobaumes und seine Schädlinge .„ 268 O. KIRCHNER, E. LOEW, C. SCHROETER, Lebensgeschichte der Blüten- pflanzen Mitteleuropas . . . . . . . . „264 H. KLEBAHN, Die wirtswechselndent) Rostpilze . . . . 168 Prof. Dr. A. KOCH, Jahresbericht über die Fortschritte in den Lehren von den Gärungsorganismen . . . . . . . . 268 Dr. F. G. KOHL, Über die Organisation und Physiologie der Cyanophyceen- zelle und die mitotische Teilung ihres Kernes 262 P. KNUTH, 0. APPEL und E. LOEW, Handbuch der Blütenbiologie . 268 MARTIN CU. ED., Le „Boletus subtomentosus“ de la Region Genevoise . 63 ARTHUR MEYER, Praktikum der botanischen Bakterienkunde . . . 62 M. MÖBIUS, Matthias Jacob Schleiden . . . . . . . „267 E. PAX, Pranils Lehrbuch der Botanik . . . on . . 789 Dr. W, PFEFFER, Pflanzenphysiologie . . . . . . . 267 v. POST, TOM und KUNTZE OTTO, Lexicon generum phanerogamarum 269 A. B. RENDLE, The Classification of flowering plants . R . . 540 G. ROTH, Die europäischen Laubmoose . . . . . .. 164, 268 Dr. A. SCHMIDT, Atlas der Diatomaceenkunde , . . . . . 64 Dr. WALTHER SCHOENICHEN, Die Abstammungslehre im Unterrichte der Schule . . . . . . . . . . . . 265 OTTO EUGEN SCHULZ, Monographie der Gattung Cardamine . . .... 538 Prof. Dr. K. SCHUMANN, Praktikum für morphologische Botanik . 541 STRASBVURGER, NOLL, SCHENCK, KARSTEN, Lehrbuch der Botanik . 166 Prof. Dr. W. K. von DALLA TORRE und LUDWIG Graf von SARNTHEIM, Die Moose (Bryophyta) von Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein . “268 Dr. R. Ritter von WETTSTEIN, Handbuch der systematischen Botanik . 164 — — Vegetationsbilder aus Südbrasilien . . . . . . 540 J. C. WILLIS, A. manual and dictionary of the flowering plants and ferns 267 Das 1. Heft erschien am 2. November 1903, das 2. Heft am 6, Vebruar 1904, das 3. Heft am 7. Mai: 1904, das 4. Heft am 10. August 1904. 1) Auf pag. 163 steht durch einen Druckfehler „wirtswachsenden“ statt „wirtswechselnden‘. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München, 93. BAND. JAHRGANG 1904. f Heft I mit 3 Tafeln. Erschienen am 2, November 1903. Inhalt: ARTHUR HELLER, Über die Wirkung ätherischer Öle und einiger ver- wandter Körper auf die Pflanzen A.HANSEN, Experimentelle Untersuchungen über die Beschädigung der Blätter durch Wind : . A. TSCHIRCH, Sind die Antheren der Kompositen verwachsen oder verklebt? H. O0. JUEL, Über den Pollenschlauch von Cupressus . LITERATUR: Meyer, Arthur, Praktikum der botanischen Bakterienkunde. _ Martin, Ch. Ed., Le „Boletus subtomentosus* de la Region Genevoise, — Büggeli, Max, Pflanzengeographische und wirtschaftliche Monographie des Sihltales bei Einsiedeln. — Atlas der Diatomaceenkunde von Dr. A. Schmidt MARBURG. N. G ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1908. . Seite 1-31 32—50 51—55 56—52 62—64 Bemerkung. Das Honorar beträgt 25 Mk. pro Druckbogen, für die Literaturbesprechungen 30 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 E) 20 ” ” nn. n 2.50 ” » ” » » —.60 n 30 ” ” ” ” 3.80 n n 2 7 ” —.90° ” 40 n ” n » 8.— ” j n » ” n 1.20 ” 50 # n ” ” 6.50 ” ? bi) ” ” 1.50 - ” 60 ” » n ” 8.— ’ » " b) n » 2.— „. 70 ” ” ” n 9.20 n n ” » ” 2.50 ” 80 » ” » ” 10.50 n "r . n nr ” 3.— ” % ” nn. ” » 11.50 L) » ” » ” 3.50 „ 100 „ 13.50 „ » n 4.— Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- riert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert, Die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- rechnet werden, so mufs dieselbe Barzahlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat ‘der Verfasser die Kosten der Übersetzung zu tragen. Korrekturentschädigungen, die von der Druckerei für nieht verschuldete Korrekturen in Anrechnung gebracht werden, fallen.dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen und zahlreichen Tafeln in 8 bis 5 Heften. Nach Bedürfnis schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, weiche besonders berechnet werden. Manuskripte und Literatur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Luisenstrafse 27/t, zu senden, Korrek- turen an die Druckerei von Val. Höfling, München, Lämmerstrafsel. Alle geschäftlichen Anfragen te, sind an die unter zeichnete Verlagshandlung zu richten, N. 6. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). s Über die Wirkung ätherischer Öle und einiger verwandter Körper auf die Pflanzen. Von Arthur Heller. Einleitung. Die botanische Literatur weist eine ganze Reihe von Arbeiten auf, die sich mit der Untersuchung der Wirkung ätherischer Öle auf die Pflanzen beschäftigt haben. Bereits zu Anfang des vorigen Jahr- hunderts haben Göppert?), Schübler?) und De Candolle?) schä- digende Einflüsse flüchtiger Stoffe auf den pflanzlichen Organismus beobachtet, und auch in neuerer Zeit sind vielfach derartige Unter- suchungen gemacht worden. Alle Beobachter stimmen darin überein, ‘dafs die Giftwirkung sehr grols ist und schnell eintritt. Derartige Versuche sind meist mit ätherischem Öl in Dampfform ausgeführt worden; bei Anwendung von ätherischem Öl in flüssiger Form wurde keinerlei Unterschied in der Wirkung gefunden. Ebenso enthält die vorhandene Literatur keine Angaben über die Art und Weise des Eindringens noch über die Wege, die der Öldampf in die Zelle hinein findet. Die tiefgreifenden Veränderungen aber, die in Gegenwart äthe- rischer Öle in der Zelle eintreten, lassen keinen anderen Schlufs zu, als dafs ein Eindringen durch die Zellmembran hindurch auch wirk- lich stattfindet. Dafs die imbibierte Membran in der Tdt für Öldampf und gelöstes Öl permeabel ist, darüber finden sich verschiedene Be- lege. Bereits De Candolle®) hatte das an Umbellifergen beobachtet. Hofmeister?) erklärte die Permeabilität als eine Fohfe der Durch- tränkung der Membran, und zwar ist diese um so permeabler, je mehr Imbibitionsflüssigkeit sie enthält. Man mufs dempach bei einer Imbibition mit ätherischem Öle gleichzeitig eine Verilrängung von Wasser annehmen: Das letztere bewies Hofmeister u, a. an den Membranen der verschiedensten Pollenkörner, die unveretzt und luft- trocken begierig ätherisches Öl aufsaugen. Im feucht n Zustand in 1) Göppert, De acidi hydrocyan, vi in plantas comm. B eslau 1827. 2) Schübler, Untersuch, über Einwirkung versch, Stoffe: ıuf die Pflanzen, Flora 1827, pag. TS. 2) DeCandolle, Physiologie vegetale, 1832, Bd. III, pag 1347. 4) DeCandolle, M&moires sur la famille des Ombelliföre , 1829, pag. 11. 5) Hofmeister, Lehre von der Pflanzenzelle, 1867, pag. :26, 238, Flora 1904. 1 2 ätherisches Öl gebracht, imbibierten sie sich damit, wurden durch- scheinend und schieden Wassertröpfehen aus. Eine Angabe, wie die Behandlung mit ätherischem Öle auf das Leben der Körner ein- gewirkt hat, fehlt gänzlich. Weitere Beobachtungen über die Form und die Wege einer Auf- nahme liegen bisher für ätherisches Öl nicht vor. Für die Aufnahme von fettem Öl sind diese Fragen eingehend studiert worden. Angaben darüber finden sich bereits bei Sachs?), Hofmeister?), Peters?), Detmer‘), Pfeffer?) u. a.; sicher erwiesen, dafs in der Tat die mit Wasser imbibierte Membran für fettes Öl leicht durchdringbar ist, wurde dieses erst durch R. H. Schmidt.®) Detmer nimmt im Anschlufs an Hofmeister zwar Permea- bilität an, ist jedoch der Meinung, dafs die Wanderung unter Stoff- metamorphose mit nachfolgender Regeneration zu Fett stattfindet. Nach Pfeffer”) dagegen finden Öltropfen ungelöst reichlich den Weg durch Zellwand und Plasmahaut, der Protoplast nimmt fettes Öl auf und gibt es ab; er gibt ferner an, es liegen keine Gründe vor zu bezweifeln, dafs fette Öle als solche, wenn auch mit Hilfe von Emul- gierung, von Zelle zu Zelle wandern. Zusammenfassende Beobach- tungen über diese Erscheinungen stellte R. H. Schmidt?) auf, der vor allem die Aufnahme und die dabei eintretenden Veränderungen studierte. Er fand, dafs mit dem Mobilisieren der Gehalt an freier Säure derart zunimmt, dafs das Wanderfett gewöhnlich 10—30 %,, in manchen Fällen fast die Gesamtmenge der Fettsäuren in freiem Zu- stand enthält?) Schmidt kommt für die Art und Weise des Durch- dringens der lebenden Membran zu dem Schlusse, dafs ein in der Zellulosehaut befindlicher Körper mit den freien Fettsäuren eine seifen- artige Verbindung eingeht. Diese durchtränkt die Membran und er- höht dadurch die Kapillarattraktion derselben für Fette; andrerseits emulgiert sie auch einen Teil des Fettes und vermittelt auf diese Weise den Durchgang desselben. 1) Sachs, Pringsheims Jahrbücher, Bd. III, 1863, pag. 213, 251, 2) Hofmeister, l. c. p. 226. 8) Peters, Landwirtschafti. Versuchsstationen, 1865, Bd. VII, pag. 9. 4) Detmer, Keimungsphysiologie des Samens, 1880, pag. 371. 5) Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. I, pag. 97. 6) R.H. Schmidt, Aufnahme und Verarbeitung usw., Flora 1891, pag. 300 7) Pfeffer, 1. c. pag. 81, 97, 581. 8) R. U. Schmidt, ], c. pag. 345, 369. 9) Vgl. Pfeffer, ]. c. pag. 478, 3 Eine solche Anschauung zieht demnach nur verseifbare Stoffe in Betracht. Da nun aber die imbibierte Membran auch für ätherische Öle permeabel ist und diese Körper unverseifbar sind, so ist hier ein anderer Modus anzunehmen. Schon aus der. Giftwirkung ätherischen Öles läfst sich eine Aufnahme folgern. Über die Art und Weise einer solchen liegen bisher keinerlei Angaben vor. Ich folgte deshalb gern dem Änraten des verehrten Herrn Geh. Hofrat Prof. Dr. Pfeffer näher an diese Fragen heranzugehen. Zu diesen Körpern, die von der Zelle produziert werden, ge- hören weiterhin auch die Harze und Harzbalsame, die den ätherischen Ölen in chemischer Beziehung sehr nahe stehen. Tschirch!) hat deshalb auch für ätherisches Öl und Harz, als nie allein vorkommend, die Bezeichnung Balsam gebraucht. Neuerdings hat Tunmann?) für alle drei Körper das Wort Harz eingeführt, mit der Begründung, dafs sie sich im allgemeinen nur in der Konsistenz unterscheiden. Unverseifbar sind allerdings Harze und Harzbalsame nicht, je- doch liegt die Temperatur der Harzverseifung hoch über der, die von der Pflanze vertragen werden kann. Aus diesen Gründen erwies es sich zugleich als nötig, diese Stoffe in den Kreis meiner Betrach- tungen zu ziehen. Betrachtet man nun die chemische Natur der ätherischen Öle, die aus flüssigen Kohlenwasserstoffen oder Terpenen (meist CjoHis) in wechselnden Verhältnissen mit Kamphenen (meist C16HısO) be- stehen, so liegt es nahe, diesen pflanzlichen Kohlenwasserstoffen solche an die Seite zu stellen, die wie Benzin, Petroleum und Paraffin Zer- setzungsprodukte untergegangener Vegetationen oder aber wie Benzol und Xylol Produkte der chemischen Industrie sind. Betrachtet man sämtliche von mir gewählten Stoffe, die unter normalen Verhältnissen alle unverseifbar sind, in ihren physikalischen Eigenschaften, so zeigen sie sich meist als Flüssigkeiten, die ölartigen Charakter tragen. Mit Wasser sind dieselben nicht mischbar, die ätherischen Öle sind jedoch in geringem Grade in Wasser löslich. Aufserdem sind fast alle leicht flüchtig. Es mufste daher meine erste Aufgabe sein, die Wirkung dieser flüchtigen Stoffe in Dampfform kennen zu lernen. Wenn man nun die Resultate betrachtet, welche die zu Anfang dieser Arbeit genannten Forscher erhielten, über deren Versuche ich noch kurz referieren werde, so lälst es sich bei den minimalen 1) Techirch, Harze und Harzbehälter, 1900, pag. 839. 2) Tunmann, Sekretdrüsen, Dissert, Bern, 1900, pag. 8. 1* 4 Mengen von Öldampf, die zur Erzielung schädlicher Wirkungen ge- braucht werden, wohl annehmen, dafs ein positiver mikrochemischer Nachweis von aufgenommenen Ölanteilen in der Zelle nicht zu führen sein wird. Die Tatsache des baldigen Absterbens der Pflanzen läfst aber keinerlei andere Schlüsse zu. Ebenso dürfte es ausgeschlossen sein, dafs ätherische Öle und Harzprodukte die Membran in meta- morphosierter Form durchdringen. Schon in Anbetracht der kompli- zierten chemischen Zusammensetzung dieser Körper känn man eine derartige Umwandlung als unwahrscheinlich ansehen. Als weitere sehr bedeutungsvolle Frage erscheint die Unter- suchung der Wirkung von tropfbar flüssigem ätherischen Öle auf die Pflanzen. Dafs der Unterschied von dampfförmigem und flüssigem ätherischen Öle in der Tat sehr grofs ist, zeigt ein Vergleich der in beiden Fällen zur Giftwirkung erforderlichen Mengen. Diese Betrachtungen lenken aber gleichzeitig die Aufmerksam- keit hin auf die Wege, die der Dampf in die Pflanze bezw. Zelle hinein nimmt, und ebenso auf die Bedeutung, die die Cuticularisie- rung für die Permeabilität hat. In Betracht zu ziehen ist dann das Verhalten der nichtflüchtigen Stoffe gegen die Pflanzen, das diese bei einer direkten Einführung zeigen. Hier würden in erster Linie Harze zu berücksichtigen sein, dann von den Kohlenwasserstoffen das Paraffin. Mit Harzbalsamen als flüchtigen Körpern mülsten aufser direkten Einführungsversuchen auch Beobachtungen über Dampfwirkungen angestellt werden. Für die Harzprodukte ist die Möglichkeit einer Durchdringung der imbibierten Membran von verschiedenen Seiten bezweifelt worden; ich halte es daher für nötig, hier an dieser Stelle einige speziell diese Frage berührenden Literaturangaben zu machen. Erst wieder in jüngster Zeit ist die Durchlässigkeit der Membran für Harz direkt bestritten worden und zwar von Tschirch.!) Dieser geht im botanischen Teil seiner Arbeit von folgendem Satze aus: „Es erscheint nicht wahrscheinlich, dafs Harz und ätherisches Öl durch mit Wasser imbibierte Membranen diffundieren kann.* Entsprechend seiner an genannter Stelle aufgestellten Theorie der Bildung von Harz- balsam und ätherischem Öl innerhalb des Sekretbehälters in einer verschleimten Membranschicht, die er „resinogene Schicht“ nennt, kommt er zu folgender Schlufsfrage: „Mufs man, um die Harzsekre- tion in den Gängen und Behältern zu verstehen, notwendig annehmen, 1) Tschirch, ], c. pag. 337, 5 dafs Öl oder Harzbalsam durch die wassergetränkte Membran der secernierenden Zellen hindurch diffundiert?* Er verneint nun zwar diese Frage im Anschlufs an seine Theorie, jedoch erklärt er die Zellwand mehrfach für impermeabel.!) Dieselbe Meinung vertraten vor Tschirch bereits Wigand?) und Karsten.) Nach ihrer Meinung ist die Entstehung des Harzbalsams im Sekretbehälter auf Umwandlung der Zellwand zurückzuführen. Diese Anschauung wurde von'N. J. ©. Müller*) lebhaft angegriffen. Müller fand in allen Zellen Harz, in der-Hauptsache natürlich in den Secernierungszellen; er kommt zu dem Schlusse 5) dafs „die ungemein grofsen Massen in solchen Behälter nicht anders hineingelangen konnten, als durch Wanderung durch viele Zellmembranen*. Harz in den Secernierungszellen beobachtete ferner E.Schwa- bach.) Als erster hatte Meyen’) die Bedeutung der den Harzgang bildenden Zellen als Sitz der Sekretion erkannt. Er betont als wun- derbar die Ablagerung des Stoffes nach aulsen hin, während die Zelle doch sonst die Stoffe im Innern erzeugt und aufbewahrt. ‚Fernerhin sprechen sich Dippel®) und Hanstein°) für die Durchlässigkeit der Membran aus. Letzterer kommt zu dem Schlusse, dafs Harz- balsam die Cuticula, Zellhaut und Protoplasmaschlauch in Gestalt kleinster Teile zu durchdringen vermag. Bei Drüsenhaaren konsta- tierten Haberland!®), Martinet!!), Behrens!?) u. a. ebenfalls, dafs das gebildete Sekret die Zellwand zu durchwandern vermöge. Von Mayr?) ist der Satz aufgestellt worden, dafs die Zellwand nur so lange für Harz permeabel ist, als sie noch im Wachstumsprozels begriffen ist. 1) Tschirch, 1. c. pag. 338, 357. 2) Wigand, Bot. Ztg., 1850, pag. 428; Pringslieim, 1863, Bd. III, pag. 164. 3) Karsten, Bot. Ztg., 1857, pag. 317. 4) N. J. C. Müller, Untersuchungen über die Verteilung des Harzes etc. Pringsheim 1866, Bd. V, pag. 387 ff. 5) ibid., pag. 421. 6) E. Schwabach, Ber. d. bot. Ges., 1900, pag. 417, 1899, pag. 295, 7) Meyen, Sekretionsorgane, 1837, pag. 18. 8) Dippel, Bot. Ztg, 1863, pag. 253. Histologie der Coniferen. 9) Hanstein, Laubknospen, Bot. Ztg. 1868, pag. 781. 10) Haberlandt, Physiolog. Anatomie II. Aufl, pag. 434. 11) Martinet, Organes de sedceretion d. veg. Annal. sc. nat. 1872 ser, 5 T.XIV, pag. 161. " 12) Behrens, Ber. d. Bot. Ges., 1886, pag. 400. 13) Mayr, Das Harz der Nadelhölzer, Berlin 1894, pag. 8. Fernerhin wäre zu untersuchen, ob die Pflanze gegen das eigene ätherische Öl etwa weniger empfindlich ist, als es fremde Pflanzen sind. Die Beobachtung, dafs Pflanzen und vor allem aber Tiere durch Eigenprodukte in geringerem Malse geschädigt werden, ist für ver- schiedene Fälle bekannt. Für Alkaloide und andere vegetabilische Gifte sind solche Untersuchungen mit wechselnden Resultaten gemacht worden.!) Es erweist sich daher als nötig, diese Verhältnisse auch an ätherischen Ölen zu untersuchen. Erwähnt sei, dafs Göppert?) angibt, dafs Foeniculum, Anisum, Rosmarinum und Lavandula durch das aus ihnen gewonnene Öl ebenso schnell zugrunde gehen wie durch Terpentinöl. Zu einer letzten Frage läfst sich dies leicht erweitern. Es wäre nämlich festzustellen, ob Öldampf ausströmende Pflanzen so viel davon produzieren können, dafs sie innerhalb von geeigneten Glasgefälsen die Atmosphäre so mit Öldampf anreichern, dafs Schädigung eintritt und die Pflanzen ‘'gewissermafsen Selbstmord begehen. Am ‚Schlusse dieser einleitenden Betrachtung möchte ich die hierher gehörige Literatur kurz zusammenfassen. Die ältesten Versuche über Schädigung duch Dämpfe flüchtiger Öle weisen auf Göppert, Schübler?) und De Candolle®) zurück. De Candolle hat Terpentinöl und Bittermandelöl in Dampfform auf. Blätter einwirken lassen. Er konstatiert, dafs braune Flecken ent- stehen und die Blätter allmählich absterben. In direkter Berührung mit den Öltropfen beobachtet er baldigen Tod. Göppert hatte Pflanzen mit ätherischem Öle getränkt, die dann in wenigen Stunden auf den vierten Teil des Volumens zusammenschrumpften. Er stellte ferner Dampfversuche mit Terpentinöl und Blausäure an Zweigen von Prunus Laurocerasus und Mimosa pudica an; bereits sechs Stunden später traten braune Flecken auf. Schübler untersuchte die schä- digenden Wirkungen von Pfefferminzöl und Kampfer. Letzteren Körper in seinen Wirkungen auf die Pflanze studierten Vogel) und 1) Cornerin, Action de poisons sur la germination des graines d. vögd- taux dont ils proviennent. Compt. rend. Bd. 118, pag. 274 (1891). — de Varigny, L’atropine est-il un engrais vegetal? Revue generale de Bot. 1892, Bd. IV pag. 407. 2) Göppert,1.c. pag. 45 Abs, 4. 3) Schübler, Flora 1827, pag. 753, 4) DeCandolle, Physiol. veg. 1832, Bd. III, pag. 1347, 5) Vogel, Über das Verhältnis der Kampfergruppe etc. 1873. Sitz,-Ber. d. math. Classe d, Bayer. Akad, III München. 7 Beurier!), die in ihm ein Stimulans zu erblicken glaubten. Burger- stein?) und Wilhelm°) widerlegten diese Ansicht und stellten in Übereinstimmung mit Conwentz®) und Frank?) die schädigenden Wirkungen des Kampfers fest. Weitere Veröffentlichungen liegen vor von Treviranus‘), Nägeli”), Detmer°®), Mesnard?), Nobbe und Hänlein!%), ferner von Frank?) und, erst bei Niederschrift dieser Zeilen in meine Hände gelangend, von Detto.'!) Auch für Bakterien sind die Wirkungen verschiedener flüchtigen Öle untersucht worden. Flügge'?) gibt an, dafs Hemmung der Ent- wieklung von Milzbrandbakterien schon in der Verdünnung 1:330 000 durch Senföl und (lt. Koch) durch Terpentinöl bei 1:75000 erfolgt. Weitere Angaben machen Ometschenko®®), Chamberland’*) und Cad&ae und Meunier.!5) Letztere Arbeiten klassifizieren die ätherischen Öle nach ihrer Giftwirkung speziell gegen Typhus- und Rotzbazillen. Einer Sublimatlösung 1°Joo kommt etwa chinesisches Zimmtöl gleich, es folgen dann die Öle von Origanum ereticum, Thy- mus und Citrus, später erst Terpentinöl. Weit geringer an Gift- wirkung sind bei Bakterien Kampfer und Pfefferminzöl. _ Literaturangaben über die Einführung einiger Kohlenwasserstoffe fanden sich nur bei R. H. Schmidt!®), der Versuche mit flüssigem Parafin an höheren Pflanzen machte, und dann bei Nobbe und Hänlein!”), die die Wirkung einer Lösung von Lavendel- und 1) Beurier, Du camphre comme stimulant actif etc. Revue horticole Bd. 46. Paris 1874. 2) Burgerstein, Landwirtschaftl. Versuchsstat., 1888, Bd. XXXV, pag.9 ff. 3) Wilhelm, Einwirkung des Camphors auf die Keimkraft. (Ref, Just, Bot. Jahrber. 1876, pag. 884.) 4) Conwentz, Bot. Ztg. 1874, pag. 401. 5) Frank, Pflanzenkrankheiten, II. Aufl. Bd. I, pag. 330, 331. 6) Trevianus, Physiologie der Gewächse, 1838, Bd. II, pag. 726. 7) Nägeli, Theorie der Gärung, 1879, pag. 84, 85. 8) Detmer, Üb. Zerstörung d. Molekularstrukt.d. Protopl. Bot. Ztg.1886 Nr. 30. 9) Mesnard, Annales sc. nat. 1893, ser. 7, Bd. 18, pag. 257. 10) Nobbe und Hänlein, Landw. Versuchsstat. Bd. XXI 1878, pag. 437. 11) Detto, Bedeutung äth. Öle bei Xerophyten, Flora 1903, pag. 147. 12) Flügge, Mikroorganismen Bd. I, pag. 473 (1896), 13) Ometschenko, Centralblatt für Bakteriologie Bd. IX, pag. 813. 14) Chamberiand, Les essences au point de vue de leurs propridtes antisept. Annal. de l’institut Pasteur 1887, pag. 153. 15) Cad&ac und Meunier, Action antiseptique des essences. Annales de Yinstitut Pasteur 1889, pag. 220. 16) R. H. Schmidt, 1. ce. pag. 329. 17) Nobbe und Hänlein, Landw. Versuchsstat. 1878, Bd. XXI, pag. 437. 8 Krauseminzöl in Benzin auf Blätter von Prunus und Tilia beob- achteten. Spezieller Teil. Ich komme nunmehr zu den von mir angestellten Versuchen, Von ätherischen Ölen wählte ich folgende: Pfefferminz-, Origanum-, Salbei-, Rosmarin-, Lavendel-, Eucalyptus-, Senf-, Terpen- tin- und Kiefernöl (= Ol. Pini silv.), aufserdem blausäurefreies Bitter- mandelöl, ferner Kampfer und Thymol. Als Harze und Balsam wandte ich an: Venetianischen Terpentin (Lärchenterpentin), Colo- phon und Asphalt, gelöst teils in Paraffin, teils in Olivenöl. Von Kohlenwasserstoffen berücksichtigte ich: Paraffin, Petroleum, Benzin, Petroläther, Xylol und Benzol. Als Untersuchungsobjekte benutzte ich folgende Pflanzen: Keimlinge: Pisum, Vieia, Cueurbita, Sinapis, Brassica, Mentha sil- vestris, Pinus Pinea, Pinus silvestris; Zweige und Blätter: Salvia, Rosmarinum, Lavandula, Pinus pi- naster, Pin. silv., Abies pectinata, Tradescantia, ‘Begonia parvi- peltata, Camphora offie., Laurus nobilis; ferner Primula sinens. und obconica, Pelargonium; Moose: Bryum, Ceratodon, Barbula; Pilze: Aspergillus niger, Pehicillium glaucum. Methode. Versuche über die Wirkung flüchtiger Stoffe. Für diese Untersuchungen wählte ich eine Anzahl gleich grolser Glasglocken, die auf abgeschliffene Glasplatten aufgesetzt wurden. Um den Versuchspflanzen, die in kleinen Töpfehen mit Erde oder Sägespänen gezogen waren, beim Aufenthalt unter der Glocke etwa dieselben Verhältnisse wie in freier Luft zu gewähren, mufste für Ent- fernung der durch die Atmung ausgeschiedenen Kohlensäure gesorgt werden. Das geschah durch Einsetzen von flachen Schälchen mit etwa 25proz. Kalilauge. Durch Verdampfen der in den Blumentöpfen und den Schälchen mit Kalilauge enthaltenen Feuchtigkeit, ferner aber auch durch die Transpiration der Pflanze selbst enthält der Raum unter der Glocke bedeutende Mengen von Wasserdampf. Um dem ätherischen Öle die Gelegenheit zur Erreichung der vollen Dampf- spannung zu geben, erwies es sich als notwendig, den Wasserdampf nach Möglichkeit zu entfernen. Ich gab daher behufs Entwässerung 9 ein kleines Weithalsglas voll Chlorcaleium unter die Glocke, dus zu- vor frisch geglüht war. Um den verbrauchten Sauerstoff wieder ersetzen zu können, verband ich die Glasglocke mit einer Vorlage, die Sauerstoff enthielt. Zur Regulierung war zwischen Glocke und Vorlage eine Quecksilber- sperre eingeschaltet, deren Spiegel mit Wasser bedeckt war. Das Vorlagegefäfs enthielt noch ein zweites Glasrohr, das bis zum Boden führte und durch eine fein ausgezogene Spitze das Nachsaugen von Luft in die Vorlage gestattete. Auf diese Weise wurden gleichzeitig ungünstige Spannungen innerhalb der Versuchsglocke vermieden. Zum luftdichten Abschlufs der Glocke auf der Glasplatte ver- wandte ich anfänglich ein Fettgemisch. Letzteres absorbiert jedoch ein gut Teil des Öldampfes, wird dadurch weichflüssig und verbreitet sich über die ganze Platte hinweg. Ich nahm später in fast allen Fällen Glycerin. Das erreichte Resultat entsprach im allgemeinen den Erwartungen. Wenn durch Anwesenheit reichlicher Mengen von austrocknenden Stoffen, wie Chlorcaleium oder gebranntem Kalk, für genügende Entfernung des Wasserdampfes in der Glocke gesorgt wurde, so fand keine wesentliche Absorption von Öldampf statt. Erst durch einen gewissen Wassergehalt wird das sehr hygroskopische Glycerin befähigt Öldampf in sich aufzunehmen. In kritischen Fällen wurde deshalb Kobaltpapier zur Feststellung des Feuchtigkeitsgrades heran- gezogen. Das Einbringen von flüchtigen Stoffen geschah meist so, dafs fächerartig gefaltetes Fliefspapier mit dem betr. Körper getränkt wurde. Die grolse Oberfläche gestattet ein schnelles Erreichen der Dampf- spannung. DBei festen Körpern, wie Kampfer und Thymol, welche dampfförmig wirken sollten, nahm ich Uhrschalen, beschickte dieselben mit einigen Stücken des betr. Körpers, übergofs zur Gewinnung einer grofsen Oberfläche mit einem Lösungsmittel und lies dasselbe dann schnell abdunsten. Bei allen von mir angestellten Versuchen war es nötig, Kontroll- pflanzen in ölfreien Glocken zu halten, da immerhin eine Schädigung bei den veränderten Lebensbedingungen möglich war. Der Platz, der den Glocken angewiesen wurde, war ein Ost- fenster für ‘die selbst Öl produzierenden Pflanzen, während bei allen Versuchen mit künstlicher Zufuhr der flüchtigen Stoffe die Glocken im Zimmer, den Sonnenstrahlen nicht direkt erreichbar, standen. Als Kriterium für eingetretene Schädigungen diente bei Massen- kulturen der Augenblick des Absterbens von mindestens der Hälfte 10 der Pflanzen. Bei Einzelpflanzen nahm ich als Markstein die Dunkel- färbung und die Schrumpfung des Protoplasmas bei mikroskopischer Untersuchung an. Bei Begonia konnte aufser der Verfärbung noch die Infiltration des Hautgewebes und das dadurch bedingte Durch- scheinendwerden als Moment des Absterbens betrachtet werden. Versuche über die Aufnahme von Harz und Balsam. Bei den Versuchen der Einführung dieser Stoffe bediente ich mich der Lösungen derselben in Olivenöl sowie in Paraffin. Die zur Verwendung gelangenden Keimpflanzen wurden mit Ausnahme der Coniferen im Dunkeln erzogen, um Ergrünen zu ver- hindern, ferner um Bildung transitorischer Stärke und aller solcher Körper nach Möglichkeit auszuschliefsen, welche die Beobachtung des Zellinhalts erschweren konnten. Gezogen wurden die Pflanzen in Töpfen mit Sägespänen; um sie zur Aufnahme geeigneter zu machen, stellte ich dadurch einen gewissen Hungerzustand her, dafs ich nach dem Auskeimen die Hälfte der Kotyledonen wegschnitt, wodurch die Reservestoffe bald zu Ende gingen. Derart behandelte Keimpflanzen von Pisum, Vieia faba und Ou- curbita stellten Exemplare von 30—40 cm Höhe dar und diese bildeten bei hinreichender Bewässerung ein sehr gutes Arbeitsmaterial. — Die Einführung selbst geschah in der vonR.H. Schmidt!) angegebenen Methode. In die Pflanze wurde ein etwa centimeterlanger Längs- schnitt durch die Mitte des Stengels mittels eines spitzen, scharfen Messers gemacht und zwar oberhalb des untersten Knotens, In den entstandenen Spalt führte ich einen Streifen Fliefspapier ein, dessen eine Hälfte trocken war; nach dem Vollsaugen mit der reichlich auf- tretenden Blutungsflüssigkeit wurde das Papier bis zur anderen Hälfte durchgezogen, die mit der einzuführenden Lösung getränkt war. Zur Erleichterung des Auffindens der Tröpfchen wurden die Einführungs- flüssigkeiten meist gefärbt; als bester Farbstoff erwies sich dazu Al- kannin. Zur Anwendung kamen aufserdem Chlorophyll und Cyanin. Bei der späteren Untersuchung der etwa 8—15cm über der Einfüh- rungsstelle entnommenen Schnitte benutzte ich zur Erkennung des Harzes teils die Unverdorben-Franchimont’sche Methode, teils nahm ich Cyanin zur Differenzierung. Die genannte Methode des Harznachweises besteht in einem mindestens achttägigen Einlegen des möglichst zerkleinerten Materials )R.H. Schmidt, 1, c. pag. 321. 11 in eine gesättigte Kupferacetatlösung.’) Bei Vorhandensein von llarzen bilden diese ein intensiv grün gefärbtes Kupfersalz. Einführungsversuche von Paraffin in Moose. Derartige Versuche wurden mit Bryum caespiticium, Barbula muralis und Ceratodon purpureus vorgenommen, also Objekten, die das Austrocknen vertragen. Die Vorversuche an trockenem Material machte ich derart, dafs ich die Moospflänzchen im Warmzimmer an der Luft austrocknen liefs. Bevor ich diese nun in Schälchen mit alkannarotem Paraffin hinein- gab, überzeugte ich mich an verschiedenen Exemplaren, ob nach Einweichen in Wasser und darauffolgendem Behandeln mit Salpeter- lösung auch deutliche Plasmolyse eintrat, die dann durch Wieder- behandeln mit Wasser zurückgehen mufste. Beim Einbringen in Pa- raffin saugten sich die trockenen Pflänzchen sofort damit voll und wurden von anhaftender Luft durch Auspumpen befreit. Nach drei- stündigem Verbleiben im Paraffin wurden die ersten Probepflanzen daraus entnommen, auf Fliefspapier abgetupft und wieder in Wasser überführt. “ Aufser diesen getrockneten verwandte ich vor allem frische Exemplare. Die Behandlung war hierbei folgende: Auf einen Ob- jektträger wurde ein Glasrfing aufgekittet, der entstandene Raum mit Paraffin gefüllt und mit einem Glimmerplättchen bedeckt. Dieses Plättchen war mehrfach fein durchlöchert; durch seine Öffnungen steckte ich frische Moospflänzchen ohne Wurzel in nur kräftigen Exemplaren derart ein, dafs die Schnittstelle ins Paraffin hineintauchte. Ich machte mehrere solche Objektträger fertig und stellte sie teils staubgeschützt frei auf, teils brachte ich dieselben in einer feuchten Kammer unter. Im ersteren Falle traten bald Schrumpfungen ein, trotzdem die Präparate kühl standen. Die feuchtgehaltenen Moos- pflänzchen blieben turgescent und erschienen äufserlich mit kleinen Paraffintröpfehen bedeckt. Sie wurden deshalb leicht mit Fliefspapier abgetupft, dann eine Zeitlang in Wasser gelegt und schliefslich mit Hilfe von Plasmolyse etc. untersucht. Versuche über Wachstum von Pilzen in Gegenwart von Kampfer. Die Versuchsanordnung hierbei war folgende: Die Erlenmeyer- schen Kölbcehen, die eine der üblichen schwach sauren Nährflüssig- 1) Vgl. Zimmermann, Mikrotechnik 1892, 8 145, pag. 88. 12 keiten enthielten (C-quelle = Zucker 3°/,, N-quelle = Pepton 1/2 9), wurden mit Wattepfropfen verschlossen. Zur Impfung dienten Sporen von Aspergillus niger und Penicillium glaucum. Die Kölbchen setzte ich unter Glocken, die luftdicht in der früher beschriebenen Weise abschlöossen und mit einem Schälchen beschickt waren, das den Kampfer teils fest, teils in Form von Kampferwasser enthielt. Letz- teres hatte ich derart dargestellt, dafs Kampfer zerrieben in eine gut schliefsende Flasche voll Wasser gegeben wurde und unter gelegent- lichem Schütteln längere Zeit stehen blieb. Ihren Platz fanden die Glocken im Warmzimmer. Bei den Versuchen, bei denen gleich mit der Impfung Kampfer- wasser zugesetzt wurde, erhielt ich anfänglich bakterielle Trübungen. Das Kampferwasser gleich mit der Nährlösung zusammen zu sterili- sieren, war kaum möglich, da hierbei der Verlust an Kampfer zu grofs gewesen wäre. Ich half dem so ab, dafs ich in die betr. Kölb- chen von Anfang an zu dem aus Nährlösung und Kampferwasser bestehenden Inhalt etwas festen Kampfer gab. Diesen Kampfer tauchte ich dadurch unter, dafs ich ihn in ein kleines mit Glas- kügelchen beschwertes Siebdöschen steckte, das völlig unter dem Flüssigkeitsspiegel lag. Dadurch wurde gleichzeitig eine direkte Be- rührung zwischen Kampfer und Sporen verhindert: Versuche über die Wirkung ätherischen Öles auf Drü- senhaare. Die Untersuchung des Einflusses von flüchtigem Öle auf Drüsen- haare geschah derart, dafs Schnitte durch die Teile der drüsenhaar- tragenden Pflanzen gemacht wurden. Diese Schnitte wurden mit schr wenig Wasser so auf Deckgläser aufgesetzt, dafs die Haare in Be- rührung mit der Luft blieben. Andrerseits hatte ich Glasringe mittels Wasserglas auf Objektträger festgekittet. Innerhalb dieser Ringe be- fanden sich aus ungeleimtem Kartonpapier ausgeschnittene Scheiben, die mit ätherischem Öle getränkt waren. In der Mitte der Papier- scheiben war ein Loch ausgestanzt, das genügend grols war, um Licht für mikroskopische Untersuchungen durchzulassen. Auf derart vor- bereitete Glasringe setzte ich die Deekgläser mit den Schnitten auf, nachdem vorher der abgeschliffene Rand des Ringes mit Vaselin ein- gefettet war, um einen möglichst luftdiehten Verschlufs und die volle Dampfspannung zu erreichen, 13 Versuche einseitiger Öldampfwirkungen und Studium der eingeschlagenen Wege. Bei allen bisherigen Versuchen war stets eine allseitige Zufuhr der flüchtigen Untersuchungsstoffe in Anwendung gekommen. Um nun auch einseitige Einwirkungen beobachten zu können, verfuhr ich folgendermafsen: Blätter von Tradescantia wurden mit einem ziemlich (ca. 3—4cm) langen Stengel in ein wassergefülltes Gläs- chen mit durchbohrtem Stopfen fest eingesteckt. Die Spitze des Blattes wurde in einem gespaltenen Kork, der in entsprechender Entfernung auf einem zweiten Fläschchen safs, leicht eingeklemmt, - derart, dafs das Blatt seine Spreite vertikal darbot. Gegen diese Blattoberseite wurde ein Weithalsglas mit der Öffnung leicht ange- drückt, das mit terpentinölgetränkten Fliefspapierstreifen angefüllt war. Eine direkte Berührung zwischen Blatt und Öl war so ausgeschlossen, ein leichtes Einfetten des Glasrandes mit Vaselin schützte vor grölseren Verlusten an Terpentindampf. Einen leichten Gegendruck auf der Rückseite des Blattes erzielte ich durch einen lockeren Wattebausch, der ebenfalls in einer Flasche befestigt war. Um das Durchdringen des Öldampfes durch Zwischenschichten zu beobachten, wurde ein Stück dünnsten sog. Seidenpapiers, sowohl trocken als auch genälst, zwischen Blatt und Glasöffnung eingeschaltet. In derselben Weise wurden auch Kartoffelschalen und ebenso die Rinde von Cytisus Laburnum benutzt. Ferner stellte ich Versuche an, bei denen Tradescantiablätter mit Gelatineüberzug versehen waren, der, um Austrocknen und Spalt- bildung zu verhüten, einige Tropfen Glycerinzusatz erhielt. Bemerkt sei noch, dafs alle diese Versuche bei einer Tempe- ratur von 17° C. vorgenommen wurden. Versuchsergebnisse. Die ersten Versuche, die ich anstellte, betrafen Untersuchungen über die Wirkung verschiedener ätherischen Öle auf Keimpflanzen von Brassica nigra und Sinapis alba. Die Töpfchen, die in die nach oben angegebener Methode vor- bereiteten Glocken eingesetzt wurden, enthielten Massenkulturen, ca. 40 Stück per Glocke, und zwar etwa 14 Tage alte, 10—12cm hohe Pflänzchen. Das erste Zeichen des Eindringens von ätherischem Öldampf war eine fahle gelbliche Färbung, die allgemein sehr schnell eintrat. Allmählich wurden die Anzeichen des Hinsterbens deutlicher, die 14 Blätter färbten sich bräunlich bis braun, und bald brachen die Pflänzchen zusammen. Äufserlich erschienen sie mit kleinen Tröpf- chen bedeckt, die deutlich saure Reaktion zu erkennen gaben. Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dals die Zellen tot waren. Das Protoplasma hatte sich unregelmälsig zusammengezogen, und die hell- grüne Farbe der Chlorophylikörner war in schmutziggelb übergegangen. Den abgestorbenen Pflanzen haftete auch nach stunden-, selbst tagelangem Stehen noch ein deutlicher Geruch nach dem zur An- wendung gekommenen ätherischen Öle an. Ein mikrochemischer Nachweis dafür, dafs ätherisches Öl ins Zellinnere gelangt war, liels sich bei den geringen Mengen nicht erbringen, doch läfst die Erschei- nung des Absterbens kaum einen anderen Schlufs zu. In nachstehen- der Tabelle sind die Wirkungen verschiedener ätherischer Öle auf , Sinapis und Brassica zusammengestellt; die Versuche wurden bei einer ungefähren Temperatur von 17°C. vorgenommen, direkte Be- sonnung war ausgeschlossen. Die Zeitangaben ergeben die Dauer des Versuches bis zum Absterben in Stunden ausgedrückt: Tabelle L — Zeitdauer der Versuche bis Eintritt des Todes. “ . = Sinapis Brassica Atherisches Ol (in Stunden) (in Stunden) Eucalyptus globulus . . en . 5 5—6 Citrus vulgaris . . . . . . . 5 6 Salvia officinalis . . . . . . . 36 40 Thymus vulgaris . . . . . . . 32 32 Origanum vulgare . . . . . . . 27 30 Mentha piperita . . . . . . . 32 33 Pinus silvestris . . . . . . . 51/6 6 Bittermandelöl (HCy-frei) . . . . . 516 6 Terpentinöl . . . . . . . 41/5 5 » (00),) mit Colophon . . . . 130 _ ».@00) » nn 82 32 ” (250),) „ Olivenöl . . . . 92 _ » 600%) nn 28 34 Lärchenterpentin!) (Terebinthina larieina) . . 165 —_ Kampfer . . . . . . . . . 18 20 Thymol . . . . . . . . . 8 8 1) Der Lärchenterpentin enthält nach neueren Bestimmungen 15—16/, eines leichtflüchtigen u. 5—6 0), eines schwerflüchtigen Öles [nach Tschirch u.Weigell).] 1) Tschirch u. Weigel, Über Harzbalsam von Larix deeidua ete. Archiv für Pharmacie Bd, 238, 1900, pag. 887 ff, (pag. 408). 15 Fernerhin untersuchte ich die Einwirkungen einiger flüchtigen Stoffe auf verschiedene andere Pflanzen. Mit Ausnahme von Vicia faba, die in Töpfehen mit Sägespänen gezogen war, kamen abgeschnittene Zweigstücke in Gläsern mit feuchtem Sand gehalten zur Verwendung. Pinus Pinea wurde in Form von etwa sechs Wochen alten Keim- pflanzen zum Versuch herangezogen. Tabelle D. Untersuchungspflanze Flüchtiger Körper Zeit du Stunden) end Tradescantia viridis . . . . | Pinus silvestris-Öl 11—12 „ zebrina . . . » 12 n m Terpentinöl 10 » viridis . . . . n 12 Salvia officinalis . . . . » 22 Mentha piperita . . . . 9 24 Begonia parvipeltata . . . Thymol 14 Pinus Pinea . . . . . Kampfer 72 (Stengel noch nicht tot) Abies pectinata . . . . » 122 Laurus nobilis . . . . . » 80 Vicia faba . . . . . » 42 (unterer Teil des Stengels noch nicht tot) Origanum vulgare . . . . Senföl 18 Lavandula vera . . . . n 22 Mentha piperita . . . . » 19—20 ” » . Zitronenöl 23 Origanum vulgare . . . . » j 24 Lavandula vera . . . . n 27 Pinus silvestris . . . . . Terpentinöl 56 (63) . . . . . a 24 Beginn Pinus Pinaster (Treibhaus) . . | Pinus silvestris-Ol { 4% Ende Bei längerer Aufbewahrung nehmen die ätherischen Öle Sauer- stoff aus der Luft auf; einen Teil des Oz wandeln sie in Ozon (O5) um, Ein typisches Beispiel hiefür bildet das Terpentinöl, das bei Zutritt von Licht und Luft stets einen Gehalt an Ozon erkennen läfst. Diese Tatsache mufste bei meinen Untersuchungen berücksichtigt werden; denn noch ganz abgesehen von dem schon im Öl vorhan- denen Ozon bot die Anordnung meiner Versuche alle zur Ozonbildung nötigen Bedingungen. Und welch bedeutende Giftwirkung Ozon allein schon auf die Zelle auszuüben vermag, hat bereits Pfeffer!) gezeigt. 1) Pfeffer, Beiträge zur Kenntnis der Oxydationsvorgänge in lebenden Zellen, 1889, pag. 55. 16 Ich versuchte daher das etwa vorhandene Ozon in Glocken mit Ter- pentinöl nachzuweisen, die stundenlang im Sonnenlicht gestanden hatten. Zu diesem Zwecke befestigte ich Streifen feuchten Jodkaliumstärke- papiers in der Glocke. Das Resultat war eine Bräunung des Papiers, die in der Richtung auf das Terpentinschälchen zunahm und an den Konturen braunschwarz war. Diese durch den Terpentindampf ver- anlafste Zersetzung, deren Grund mir unbekannt ist, trat unabhängig vom Licht auch in der verdunkelten Glocke ein. Dementsprechend hatte auch die Reaktion mittels durch Jodkalium genetzten Lakmus- papiers denselben Erfolg. Das zur Untersuchung auf Ozon von Wurster!) vorgeschlagene Tetrapapier (Tetramethylparaphenylendiaminpapier CsH,[N(CH3)2].) gibt ebenso wie das aus der Lösung der Dia-base hergestellte Dia- papier im angefeuchteten Zustande die charakteristische Bläuung auch über Wasserstoffsuperoxyd. Erst Guajakpapier, das analog dem Verfahren von Schaer?) zur Darstellung von Guajakblau verfertigt war, liels Ozon erkennen, während es über H,O, unverändert blieb. Die an sich geringe Bläuung trat erst nach längerem Stehen ein; bei Versuchen, die abends bei hereinbrechender Dämmerung mit frischem, in dunkler Flasche bewahrtem Terpentinöl angesetzt wurden, war am nächsten Morgen noch keinerlei Veränderung eingetreten. Erst der Einflufs der Mittagssonne rief einige Reaktion hervor. — Ich glaube deshalb das Absterben der Pflanzen im Öldampf bei diffusem Licht in der Hauptsache auf eine Giftwirkung des vorhandenen flüchtigen Öles zu- rückführen zu können. Ich erinnere an den in Tab. I erwähnten Versuch, bei dem Sinapis bereits nach 5 Stunden im Terpentin- dampf abstarb. Die Vornahme desselben Versuches in der Dunkel- kammer ergab keinerlei Verlangsamung und bestätigte obiges Resultat. Das zur Untersuchung benutzte Guajakpapier wird derart her- gestellt, dafs man Fliefspapier mit einer Lösung von Guajakharz in Chloroform (1:200) tränkt. Bei längerer Aufbewahrung empfiehlt es sich das Licht auszuschlielsen. Es sei gestattet, im Anschlufs hieran zu bemerken, dafs das Guajakpapier über Hz0; nach Zusatz minimaler Mengen eines als 1) Wurster, Bestimmung der oxydierenden Kraft der atmosphärischen Luft. Berichte der chemischen Gesellschaft Bd. 1888, pag. 923. 2) Schaer, Das Guajakblau und Aloinrot. Chemikerzeitung 1900 (Nr. 79), pag. 842. Ferner Archiv für Pharmacie 1900, Bd, 288, pag. 279 ff.; ibid. 1901, Bd. 239, pag. 610 f. 17 Katalysator wirkenden Metallsalzes, wie Ferrocyankalium, sofort ge- bläut wird. Weitere Untersuchungen betrafen die Wirkungen, die ätherisches öl auf die Pflanzen ausübt, aus denen es dargestellt wird. Pinus silvestris kam in Form abgeschnittener junger Zweige, dann als 8—10cm hohes Keimpflänzchen und schliefslich als ganze Pflanze zur Anwendung, die ich in Exemplaren von 15—25cm Höhe und schon holzigem Stämmchen der Letzlinger. Heide entnommen hatte. Tabelle II. — Zeitdauer des Absterbens von Pflanzen im eigenen, künstlich zugeführten Öldampf. Name der Pflanze Aulelerben Name der Pflanze Ahsterben Sinapis alba (Keimpflanze) 7 Origanum vulgare . . . 76 Mentha piperita ( » ) 74 Lavandula vera . . . 140 Pinus silvestris (zarte „ ) 22 Camphora ofhein. . . . 60 » » (kräftige „ ) 75 Citrus volgaris . . . co n n„ (Zweige) . . 66 Für die letzte Versuchsgruppe lautete die Frage dahin, ob es möglich sei, dafs eine ätherisches Öl liefernde Pflanze so viel davon produziert, dafs dieses bei entsprechender Versuchsanordnung durch eine reichliche Ansammlung unter der .Glocke auf die Pflanze selbst schädigend einwirkt. Zu jeder Versuchspflanze wurde zur Kontrolle noch eine Kultur Brassica mit unter die Glocke gegeben. Die Ver- suche wurden stets gleichzeitig mehrmals angestellt. Ferner sei be- merkt, dafs die Versuche an hellen Tagen des Juni und Juli im Zimmer von durchschnittlicher Temperatur von 17—18° C, vor sich gingen. Tabelle IV. — Versuche über die Möglichkeit einer Selbstschädigung. a) Ölpflanze, b) Kontrollpflanze Absterben nach Tagen a) Dietamnus b) Brassica a) Salvia . . . . . . . 11 Tage b) Brassica 33), Tage | {9 Mentha piperita. ' { 11 Tage | } 12 Tage gelb am 4.Tg.,verkümmerte dann, b) Brassica 5 Tage a) Pinus silvestris beide unverändert nach Been- b) Brassica . . digung sämtlicher Versuche. a) Camphora offic. 15 Tage b) Brassica 220200... [Ü schwach gelb am 7. Tage, Flora 1904. 2 18 Die in dieser Übersicht gegebenen Zahlen geben zwar die Tage des Absterbens an, doch kann als Ursache des letzteren nicht ohne weiteres der schädigende Einflufs des Öldampfes daraus abgeleitet werden. Um die Möglichkeit einer baldigen Dampfsättigung zu haben, war es nötig, die Glocken nicht zu grofs zu wählen (Inhalt ca. 2,51). Deshalb konnte ich aber auch nur mit abgeschittenen Stengeln er- wachsener, im Vollbesitz des ätherischen Öles befindlicher Freiland- pflanzen operieren. Kleinere Exemplare, die ich in Töpfen gezogen hatte, hatten geringen Ölgehalt und waren deshalb zu meinen Ver- suchen ungeeignet. Nun halten sich zwar abgeschnittene Pflanzenteile in feuchten Sand gesteckt in freier Luft sehr gut, 14 Tage und länger, ohne Schrumpfungen und Braunwerden der Blätter. Bei Dietamnus . aber erwies die Anstellung eines weiteren Versuches in offener Glocke, dafs ein Aufenthalt in Glocken auf längere Zeit nicht vertragen wird. Vom neunten Tage an treten selbst hier gewisse Krankheitserschei- nungen auf, trotz genügender Bewässerung Runzligwerden der Blätter, Schwarzfärbung geringfügiger Verletzungen. Vor allem aber zeigte sich die Tatsache, dafs bei gelegentlichen Riechproben allmählich der sehr starke Geruch des Dietamnusöles verschwunden war; schon am vierten Tage hatte derselbe aufgehört. Weniger empfindlich erwiesen sich die in gleicher Weise untersuchten Labiaten Salvia und Mentha. Zwar zeigten auch hier Versuche bei offener Glocke nach längerer Dauer die herabgesetzte Lebenstätigkeit, geringere Turgescenz, doch wurde die Ausscheidung von Dämpfen ätherischen Öles erst später als bei Dietamnus verringert. Wie Tab. IV zeigt, starben die Kontroll- pflanzen bei Salvia nach 4, bei sehr kräftigen Exemplaren sogar schon 3!/a Tagen, bei Mentha piperita erst nach 5 Tagen. Das Ab- sterben der zur Kontrolle verwandten Brassicakulturen zeigt sehr deutlich den schädigenden Einflufs des von den Ölpflanzen abgegebenen Öldampfes; das Absterben der Ölpflanzen möchte ich dagegen nicht auf eine Selbstvergiftung zurückführ, , vielmehr scheint es, als ob mit einer beginnenden Schädigung ül,srhaupt die Ölabgabe aufhört. Der Tod wäre demnach nur durch die ungünstigen Lebensbedingungen zu erklären. Versuche über Aufnahme von Harz und Balsam. Als Untersuchungsmaterial hiefür benutzte ich etiolierte Keim- pflanzen von Pisum sativum, Vieia faba und Cucurbita Pepo, aufser- dem noch Pinus silvestris. Zur Einführung in die Pflanzen dienten von Balsamen Lösungen des Lärchenterpentins, der an sich schon 19 ca. 20%, flüchtiges Öl enthält, aber trotzdem noch zu zähflüssig ist, um mittels Papierstreifen in die Stengeleinschnitte eingeführt zu werden. Als Lösungsmittel benutzte ich Terpentinöl, Olivenöl und Paraffin, und zwar setzte ich diesen 40°), Balsam zu. Bei den Pflanzen, die mit ätherischer Terpentinauflösung behandelt waren, machte sich bald ein Aufsteigen der zuvor rotgefärbten Lösung bemerkbar; jedoch schon nach wenigen Stunden zeigten sich die verletzten Partien des Stengels bräunlich gefärbt, sie wurden weich, und die Pflanze knickte an der Einführungsstelle um. Querschnitte zeigten alle Zellen als abgestorben, die Lücken zwischen den letzteren enthielten die rötlichen Tropfen der Einfüh- rungsflüssigkeit. Im Innern der geschrumpften Zellen waren jedoch derartige Tröpfehen nicht nachzuweisen. Ebenso schädigenden Ein- flufs, wenn auch erst nach späterer Zeit, rief auch die Einführung der ätherischen Balsamlösung in gespaltenen Pinus silvestris-Zweigen hervor. Ich löste deshalb den Balsam in Olivenöl, und die Behandlung hiermit wurde 2—-3 Tage ohne besondere Schädigung ertragen. Am vierten Tage aber machten sich alle Anzeichen des Verfalls geltend. Bei diesen Versuchen zeigte es sich als praktisch, den Längsschnitt nicht durch die Mitte, sondern mehr seitlich durchs Parenchym zu führen. Bei mäfsiger Balsamzuführung wurde dann nur die kleinere Hälfte davon durchdrungen, während die grölsere Hälfte frisch blieb und zur genügenden Wasserversorgung beitrug. Ausgesucht kräftige Exemplare von Pisum und Cucurbita wurden nach zwei Tagen untersucht.. Ich fertigte Längsschnitte der über der Einschnittsstelle liegenden Partien an. Diese Schnitte behandelte ich mit Cyaninwasser, das durch Mischen von einigen Tropfen alkoholi- scher Cyaninlösung mit viel Wasser bereitet war. Dabei konnte ich zwar eine dunkelblaue Färbung des Intercellularinhalts konstatieren, jedoch enthielten die Zellen im Innern nur kleine lichtbrechende Tröpfehen, die ungefärbt erschienen. Es lag hierbei nun die Mög- lichkeit vor, dafs der Farbstoff die Zellwand nicht so schnell oder gar nicht passieren kann und deshalb die Blaufärbung ausgeblieben war. Andrerseits konnte es aber auch sein, dafs eine Trennung der ein- geführten Flüssigkeit in fettes Öl und Balsam stattgefunden hatte. Untersuchung der Tröpfehen mittels Osmiumsäure ergab eine Schwarz- färbung als Reaktion für Fett, eine Tatsache, die im Einklang steht mit den von R.H. Schmidt!) gemachten Beobachtungen, dafs fette 1) R. H. Schmidt, l. c. pag. 317 ff. 2* 20 Öle leicht von der lebenden Zelle aufgenommen werden. Diese Schwär- zung liefs jedoch keine Schlüsse auf das gänzliche Freisein des Oles von harzigen Bestandteilen zu. Erst durch Behandeln zerschnittener Stengelteile mit konzentrierter Kupferacetatlösung nach Unverdorben- Franchimont’scher Methode gelang es sicher nachzuweisen, dafs die Öltropfen keinerlei Harz enthielten. Die Behandlung mit Paraffinauflösung des Balsams erzielte ein betreffs Aufnahme in die Zelle völlig negatives Ergebnis. Selbst vom Paraffin waren keine Spuren in den Zellen aufzuweisen, und alle weiterhin angestellten Versuche der Einführung von 20proz. Colo- phon- und Asphaltauflösung in Olivenöl und Paraffin bestätigten das obengenannte Resultat. Gegenversuche nur mit Paraffin zeigten selbst 15—20 cm über der Einschnittstelle in den meisten Intercellularen perl- schnurartige Aneinanderreihungen von Paraffintropfen. In den Zellen selbst war nichts davon nachzuweisen, ein Resultat, welches auch die diesbezüglichen Angaben von R. H. Schmidt!) bestätigt. Die Behandlung mit Paraffin und Colophon wurde in einzelnen Fällen mehrere Tage hindurch von den Pflanzen ausgehalten, wenn eben der Schnitt so geführt war, dafs die Durchtränkung der Schnitt- stellen mit der Harzlösung keine vollständige war, sondern wenigstens in einer Hälfte die Wasserzufuhr aus dem Boden gestattete.?) Erwähnen möchte ich noch, dafs von colophonhaltigem Olivenöl die Hauptmenge des Fettes nach mehreren Tagen in die Zellen aufgenommen ist; der harzige Rest dagegen bildet allmählich in den Intercellularräumen kleine Kristalle von Nadelform, die vermutlich aus den Harzsäuren des Colophons, wie Abietin-, Silvin- und Pininsäure, bestehen. Versuche mit Kohlenwasserstoffen. Um die Wirkung von flüchtigen Kohlenwasserstoffen auf die Pflanze zu beobachten, stellte ich Versuche mit Kulturen von Sinapis und Brassica unter Glocken an und zwar in der bei den Uhnter- suchungen über Öldampf angegebenen Weise. Von Kohlenwasserstoffen der Reihe C„Hz 2 benutzte ich Petrol- äther, Benzin und Petroleum, die als Gemenge verschiedener Kohlen- wasserstoffe anzusehen sind und nach ihren Siedepunkten getrennt werden. Von denen der Reihe C„H„_s wählte ich Benzol und Xylol. Aulserdem zog ich noch zwei andere aromatische Körper, Anilin und 1) R.H. Schmidt, 1. e. pag. 329. 2) Pfeffer, Physiologie, II, Bd. 1, pag. 204 Anmerkg. 2. 21 Phenol, zum Vergleich heran, deren Siedepunkt wenig oberhalb dem der meisten ätherischen Öle liegt. Die Ergebnisse habe ich in fol- gender Übersicht zusammengestellt: Tabelle V.— Zeitdauer der Versuche bis zum Absterben. Sinapis Brassica Kohlenwasserstoff (in Stunden) (in Stunden) Petroläther . . . . . . . . 16 18—19 Benzin . . . . ... . . . 18 20 Petroleum . . . . . . . . 152 156 Benzol . . . en er 3ij, 31/,—4 ol ee 41/5 5 Ali en (5) (5) Phenol (12) (12) Ich untersuchte fernerhin die Einwirkung eines hochsiedenden (360°C.) Kohlenwasserstoffes, des flüssigen Paraffins. Um das Ein- dringen der farblosen, ölartigen Flüssigkeit leicht beobachten zu können, wählte ich als Untersuchungsmaterial einige Moose, deren dünne Blättchen ohne weiteres eine mikroskopische Untersuchung er- lauben. Bei den Experimenten mit trockenem Material waren zwar nach 3—4stündigem Aufenthalt in gefärbtem Paraffin die Pfänzchen völlig damit durchtränkt, jedoch das nach dem Abtupfen mit Fliefs- papier vorgenommene Einwässern änderte das gänzlich. Die künstlich untergetauchten Pflänzchen imbibierten sich sofort mit Wasser und deutlich sah man kleine rote Tröpfehen aufsteigen und sich oben ausbreiten. “ Nach mehrstündigem Liegen im Wasser ergab die mikrosko- pische Untersuchung, dafs nur einige wenige Zellen Paraffintropfen enthielten. Behandlung mit 5proz. Salpeterlösung zeigte, dafs es sich in solchen Fällen um Zellen mit nicht mehr lebendem Plasma gehan- delt hatte. Auch die Versuche an frischen Moospflanzen ergaben kein anderes Resultat. Durch die Leitbündel war, wie sich auch makro- skopisch beobachten liefs, reichlich Paraffin in den Stengel aufge- stiegen. Die mikroskopische Untersuchung bewies, dafs die Inter- cellulargänge reichlich mit Paraffın gefüllt waren, ein Eindringen von Tröpfchen war nur sporadisch zu konstatieren und dann stets zwischen Zellwand und abgehobenem Plasma, Ähnliche Bilder, wie sie die Behandlung von Bryum mit Ölsäure ergibt, waren nicht zu erzielen. Ich möchte also die Frage einer Paraffinaufnahme in die lebende Zelle verneinen, 22 Um auch den Einflufs von Paraffın auf Pilze und eine event. Auf- nahme desselben zu untersuchen, gab ich zu anorganischen Nährsalz- lösungen, die mit Aspergillus niger geimpft waren, als einzige Kohlen- stoffquelle einen Tropfen Paraffin, ebenso zu gleichen Kulturen eine Spur von 10proz. bezw. 30proz. Colophonlösung in Paraffın. In keinem der genannten Fälle trat Mycelbildung ein. Um die Möglichkeit aus- zuschlielsen, dafs die Sporen mit dem*äuf dem Wasser ausgebreiteten Paraffin sich überziehen und dadurch am Auskeimen behindert werden, übertrug ich in anderen Versuchen noch nicht fruktifizierende Mycel- fäden in die Kulturen. Wenn diese Pilzfäden vorher in destilliertem Wasser abgespült waren, so trat keinerlei Wachstum oder Fruktifikation ein. Eine Paraffinaufnahme war also auch bei Pilzen unmöglich. Wachstum von Pilzen in Gegenwart von Kampfer. Hatten die eben geschilderten Versuche ergeben, dafs Paraffin für Pilze nicht als Kohlenstoffquelle nutzbar gemacht werden kann, so lag der Gedanke nahe, zu diesem Zwecke flüchtige Stoffe zu wählen, um gleichzeitig dadurch die Wirkungen derselben auf Pilze feststellen zu können. Versuche mit Kampfer in Stücken führten ebenfalls nicht zum Auskeimen der Aspergillussporen. Es erwies sich daher als nötig, die.Sporen erst auskeimen zu lassen und den Kam- pfer auch nur in Form verdünnter Lösung anzuwenden. In den Glocken fanden aulser den Kulturkölbchen noch Schalen mit Kampfer oder Kampferwasser Platz. Tabelle VI. KW = Kampferwasser; 1.= ein Kölbchen, das nur Nährlösung und Sporen enthält; 2.= ein Kölbchen, dessen Aussaat bis zur Fruktifikation gewachsen war und dann KW zugesetzt erhielt; 8.—ein Kölbchen, das gleich mit einem Siebdöschen voll Kampfer sterilisiert war. Ind.Glocke| Aussaat Im Kölbchen Ergebnis "1. ganz ohne KW dichte Rasen, viel Mycel, Aspergill. wenig Sporen niger 2. bis z. Frukt, gew,, dann KW geringe Zunahme d.Mycels Kampfer- 83. gleich KW nichts wasser l.ganz ohne KW gröfsere Inseln, viel Mycel, Penicillum wenig Sporen glaucum 2. bis z. Frukt. gew., dann KW| Zuwachs gering 3. gleich Kw nichts Aspergill, f} 1. ganz ohne KW wenig Mycelbildung niger 2. bis z. Frukt. gew., dann KW unverändert Kampfer 8. gleich KW nichts Penicillium 1 ganz ehe KW 1 KW eiwas Mycel .b18 2. Frukt, gew., dann unveränder glaucum 3. gleich KW ' nichts 23 Die in vorstehender Tabelle gegebenen Resultate zeigen einen bemerkenswerten Unterschied in der Wirkung zwischen Kampfer- wasser und festem Kampfer. Während in Glocken mit der hohen Dampfspannung des festen Kampfers selbst bei den Kulturen Nr.l, also ohne Kampferwasser, die Sporen bei Optimaltemperatur kaum über das Auskeimen hinwegkommen, ergeben die entsprechenden Ver- suche mit Kampferwasser sogar Rasen- bezw. Inselbildung. Frukti- fikation war allerdings nur vereinzelt, zu konstatieren, hierzu trägt einmal wohl die geringere Dampfspannung des Kampferwassers und der gröfsere Gehalt an Wasserdampf in der Glocke bei. Das Kam- pferwasser enthält nur eine begrenzte Menge von Kampfer, die mit der Zeit auch schwindet. Bei Gegenwart von Kampfer wird dagegen Sättigung erhalten. Gegenversuche mit Kampferwasser sowohl als auch wässerigen Lösungen von ätherischen Ölen zeigten, dafs dieselben auf abgeschnittene Zweige von Tradescantia innerhalb von Glocken zwar noch schädigend einwirken; beim Einstellen von Tradescantia in solche Lösungen an freier Luft hielten sich die Zweige lange Zeit hindurch frisch, Wirkung des ätherischen Öles auf Drüsenhaare. Zur Untersuchung zog ich ferner Drüsenhaare heran, die ein günstiges Material zu ständiger mikroskopischer Kontrolle abgaben. Ich wählte Haare von Primula und Pelargonium und zwar in den verschiedensten Stadien, teils mit, teils ohne Köpfchen. Bei manchen Drüsenhaaren hatte sich unter der Cuticula noch kein Sekret abge- schieden, bei anderen erschien der Zwischenraum zwischen Endzelle und Cuticula bereits mit gelbem Sckret erfüllt. Da nun die Dämpfe ätherischer Öle in diesem Sekret löslich sind, lag die Möglicheit vor, eine etwaige Zunahme mikrometrisch zu bestimmen und dadurch die Aufnahme des Öldampfes zu beweisen. Die ganze Versuchsreihe ergab aber kein befriedigendes Resultat. Die Giftwirkung der Dämpfe ist eine viel zu hohe. Bereits nach sehr kurzer Zeit waren alle Drüsenhaare abgestorben. So hörte z. B. in der Terpentinölatmosphäre schon nach einer Stunde die Plasma- strömung auf. Bald traten auch Schrumpfungen ein. So möchte ich denn die Fälle, bei denen ich eine Sprengung der Outieula und einen Ergufs des Sekrets beobachten konnte, nicht auf eine melsbare Öl- dampfspeicherung zurückführen. Ich sehe diese Erscheinung nur als eine Folge der Veränderungen an, die das Drüsenhaar beim Absterben erleidet. — Bemerkt sei noch, dafs die basalen Zellen der Haare schneller geschädigt wurden als die Endzellen. 24, Über einseitige Öldampfwirkungen. Aus den in Tab. II gegebenen Zahlen geht hervor, dals Tra- descantia zebrina und viridis im Terpentinöldampf in 10 bezw. 12 Stun- den abstarben. Um zu beobachten, welchen Weg der Öldampf in die Blätter hinein nimmt und inwieweit die meisten auf der Unter- seite der Blätter befindlichen Spaltöffnungen für das Eindringen des ätherischen Öles in die Intercellulargänge und von da ins Zellinnere von Wert sind, stellte ich folgenden Versuch am Ein Blatt von Tradescantia zebrina wurde unterseits mit flüssiger Gelatine über- zogen, so dals die unterseitigen Spaltöffnungen gänzlich verdeckt waren. Das Einströomen des Dampfes mufste nunmehr durch die spaltöffnungsfreie Cuticula der Oberseite erfolgen. Im terpentinöl- gesättigten Raume war das Blatt nach 18 Stunden tot. Der Gegen- versuch, bei dem die Oberseite überzogen wurde, ergab, dafs das Absterben etwas schneller, in 14—15 Stunden, erfolgte. Da dieser Versuch deutlich auf den -Einflufs der Spaltöffnungen hinwies, liefs ich zunächst einseitig in der früher geschilderten Weise Terpentinöl- dampf auf die Oberseite einwirken. Und hier, wo die Möglichkeit einer Durchlüftung des Blattes gegeben war, zeigten sich auch erst am zweiten Tage gröfsere braune Stellen. Brachte ich nun zwischen Blatt und Terpentinquelle ein genügend grofses Stück trockenes Seidenpapier, so war das Resultat etwa dasselbe; wurde jedoch dieses Papier durch herabfliefsendes Wasser stets feucht gehalten, so trat Mifsfärbung und Absterben erst nach drei Tagen ein. Überziehen mit Gelatinelösung erlaubte eine Einwirkung von 6!/, Tagen. Wei- tere Versuche stellte ich mit Einschalten von Korkschichten an. Nun ist zwar Kork keineswegs ganz impermeabel für ätherisches Öl und seine Dämpfe, das beweist jede mit einem Korkstopfen versehene ätherische Ölflasche, ferner auch ein Versuch, den Zacharias!) be- schrieben hat. Ein ganz lückenfreies Stück Kartoffelschale, das vorher zur Abtötung allen Protoplasmas gekocht worden war, zeigte, dafs es möglich ist, die Einwirkung des Öldampfes auf das Tradescantiablatt so herabzusetzen, dafs auch nach 12 Tagen die beeinflufste Stelle ganz frisch war. Das an der Spitze des Blattes beginnende Ab- trocknen veranlafste mich, diesen Versuch abzubrechen. Erwähnt sei, dals innerhalb dieser Versuchszeit kein Unterschied zwischen 1) Zacharias, Sekretbehälter mit verkorkten Membranen. Bot. Zig. 1879, pag. 645, .25 troekener und stets feucht gehaltener Kartoffelschale beobachtet wer- den konnte. Dasselbe Resultat ergab auch die Zwischenschaltung der abge- zogenen Rinde von Cytisus Laburnum. Wie günstig überhaupt die Rindenschicht darunterliegende Teile schützt, das zeigten Zweigstücke von Ribes, die mit einem Ende in ein Gläschen voll Wasser tauchten, dessen durchbohrten Kork sie fest verschlossen. Wenn die Schnittfläche des frei herausragenden Teiles mit etwas Ton verklebt wurde, so hielten sich die Versuchsobjekte wochenlang unter der Terpentinglocke. Zog man aber die Rinde des überstehenden Zweigendes vorsichtig ab, so trat bereits nach weniger als 24 Stunden Braunfärbung und Absterben ein. Schlufsbetrachtung. Nach Schilderung vorstehender Versuche möchte ich noch vor der Zusammenfassung der Resultate einige Bemerkungen anknüpfen. Sämtliche Versuche über den Einflufs ätherischen Öles auf die Pflanzen hatten eine starke Giftwirkung ergeben. Nun ist aber jede Giftwirkung, die als Eintritt einer funktionellen Störung. im Organis- mus spez. im Protoplasten anzusehen ist, nur möglich, wenn eine spezifische Wechselwirkung zwischen dem Gift und dem Protoplasma stattfindet.) Das würde also in diesem Falle das Eindringen von Öl- dampf ins Zellinnere durch Membran und Hyaloplasmahaut hindurch voraussetzen. Es findet demnach eine Aufnahme von Öldampf statt, durch die die Giftwirkung ausgeübt wird. Dafs in der Tat ein Teil des Öldampfes verbraucht wird, beweist folgender Versuch, der aller- dings nur auf einer Zeitvergleichung beruht. Eine quantitative Be- stimmung des Verbrauches kann aber überhaupt als ausgeschlossen gelten. Unter zwei gleich grofsen Glocken, deren eine zwei Keimpflänz- chen von Brassica, deren andere aber ca. 200 Stück enthielt, starben nach Zusatz von Terpentinöl in gleicher Menge und bei gleicher Ober- fläche die beiden Pflänzchen der ersten Glocke früher als die Massen- kultur. Bemerkt sei, dafs gleichzeitig mehrere Glocken mit nur zwei Pflänzchen zur Kontrolle beschickt wurden, ferner, dafs bei den Glocken, welche die Massenkultur enthielten, für Entfernung von Transpirationswasserdampf und Kohlensäure gesorgt wurde. Aufser- dem wurde ein Parallelversuch in der Dunkelkammer angestellt. 1) Pfeffer, 1, c. II pag. 332, 339. 26 Die Menge der von den Pflanzen der zweiten Glocken anfäng- lich aufgenommenen Dampfmoleküle ist jedenfalls in Vergleich zu den ersten Glocken sehr grofs. Durch die Aufnahme ist aber die Dampf- spannung innerhalb der Glocken verringert worden und der Verbrauch muls erst wieder ersetzt werden. Diese Wiederersetzung bis zur Er- reichung der vollen Dampfspannung geschieht eben weit langsamer als das über dem Quecksilber des Barometers der Fall ist. Da es sich hier um einen Raum mit atmosphärischer Luft neben Öl- und Wasserdampf handelt, geht die Verdampfung bis zur vollen Spannung nur allmählich vor sich. Auffallend ist die hohe Giftwirkung so geringer Mengen des Öldampfes. Bei Anwendung von tropfbar flüssigem ätherischem Öle werden verhältnismäfsig bedeutende Quantitäten zur Schädigung ver- braucht, Setzt man z. B. auf die Oberfläche eines Blattes von Tra- descantia viridis einen Tropfen Terpentinöl, so verbreitet sich dasselbe sofort nach allen Seiten. Nach Ablauf von 1!/a—2 Stunden fangen die Blattränder an mifsfarbig zu werden und allmählich folgen dann einzelne Stellen der Blattspreite nach. Welche Rolle bei diesen Versuchen die Cuticula spielt, zeigt sich bei Anwendung von Blättern der Tradesc. zebrina, die zwar sehr stark, aber nicht gleichmäfsig euticularisiert sind. Hier tritt nach einer Stunde dunkle Bräunung der weniger stark cuticularisierten Teile ein, während das Blatt an den übrigen Teilen nach 8 Stunden noch nicht tot ist. Betrachtet man die Versuchsergebnisse der Rinwirkung ätheri- scher Öle auf die Pflanzen, von denen sie abstammen, so erscheint es, als ob in der Tat die Pflanze gegen das eigene ätherische Öl resi- stenter sei als die fremden Pflanzen sind, selbst wenn diese nahe verwandt sind. Die Differenz in der Wirkung von Kampfer auf Camphora offiein. und Laurus nobilis — beim ersten dauert es 68, beim zweiten 78 Stunden bis zum Absterben — möchte ich darauf zurückführen, dafs Camphora offic. dem Gewächshause entnommen wurde, während Laurus nobilis an kalten Herbsttagen noch im Freien stand. Die stetige Erwähnung von Kampfer in der Reihe ätherischer Öle, rechtfertige ich dadurch, dafs Kampfer direkt aus dem ätheri- schen Öle des Kampferbaumes ‘durch postmortale Sauerstoffaufnahme entsteht.') i) Pfeffer, 1, c. I pag. 500. 27 Bemerken möchte ich auch noch, dafs Wiederholung von Ver- suchen mit Terpentinöl auf Pinus silvestris, die im Sommer angestellt worden waren, im Dezember ein etwas günstigeres Ergebnis erzielten und zwar im Verhältnis 56:63 Stunden. Bei den Untersuchungen über Wirkung von Kohlenwasserstoffen der Reihen O„Hzn+z und CnHzn-s zeigte es sich, dafs dieselben sehr giftig für die Pflanzen sind. Es hat den Anschein als ob ein bestimmtes Verhältnis zwischen Giftigkeit und Siedepunkt besteht. Bei Kohlenwasserstoffen gleicher Reihen nimmt mit höherem Siedepunkt die Schädlichkeit ab. Folgende Zahlen mögen das zeigen. Petroläther 8.-P. 55—60° Sinapis stirbt nach 16 Stunden "Benzin „60-750 , » 0 n.%0 n Petroleum „ über 150° n „ 156 n (Paraffin „ über 360°; nicht flüchtig). Ähnlich liegen die Verhältnisse auch bei Kohlenwasserstoffen der Zusammensetzung C,Hzn_-6. Es sind natürlich aber noch verschiedene andere Faktoren, die aulser diesen Werten der grölseren Flüchtig- keit bezw. der Dampfspannung für die Unterschiede in der Giftwir- kung ausschlaggebend sind. Bei allen diesen Körpern fällt es auf, dafs die Giftwirkung insofern etwas anders als bei ätherischen Ölen ist, als nämlich die Pflanzen schon alle Anzeichen des Absterbens bieten, während kaum Gelbfärbung zu beobachten ist. Derartige Braunfärbungen, wie sie die Behandlung mit Terpentin- und Zitronen- öldampf sehr bald erzielt, habe ich an den durch Kohlenwasserstoff- dämpfe abgestorbenen Pflanzen nicht gesehen. Es liegt nahe zu vermuten, dafs die ätherischen Öle in der Pfianzenzelle verschiedenartige Wirkungen ausüben, die in erster Linie die Hemmung der Plasmatätigkeit zur Folge haben; die Zer- störung des Chlorophylis kommt erst an zweiter Stelle. Bei mikro- skopischer Beobaehtung von solchen Pflanzen, die mittels Kohlen- wasserstoffen abgetötet waren, habe ich öfters gefunden, dafs die . Chlorophylikörner zwar etwas umgeformt, aber dennoch grün er- schienen. Es mufs als ausgeschlossen betrachtet werden, die Verhältnisse zwischen Siedepunkt und Giftwirkung bei Kohlenwasserstoffen etwa auf ätherische Öle verallgemeinern zu wollen. Denn die Werte für Verdampfungsfähigkeit laufen den Zahlen der Siedepunktsgrade kei- neswegs parallel. 28 Ich stellte für zwei ätherische Öle mit naheliegendem Siede- punkt und gleicher Dampfspannung quantitative Bestimmung des Verdampfungswertes an. Die Untersuchungen erstreckten sich auf Terpentin- und Pinus silvestris-Öl (letzteres frisch von Schimmel & Co., Leipzig -Miltitz, bezogen).. Die Bestimmung wurde derart ausgeführt, dals exakt gewogene Kristallisierschalen mit dem betreffenden Öle bei gleicher Oberfläche (6,7 em Durchmesser) und gleicher Zimmertempe- ratur staubsicher aufgestellt wurden. Nach 48 Stunden wurde der Gewichtsverlust festgestellt und ergab im Mittel folgende Werte: Terpentinöl . . 6,55g Pinus silvestris-Öl 2,208. . Das wären also für letzteres 33!];°/), des Verdampfungswertes von Terpentinöl, trotzdem weisen beide Öle gleiche Dampfspannung (4,7) auf. Und da die Giftwirkung beider ätherischen Öle nicht wesentlich verschieden ist, so mufs man zum Schlusse kommen, dafs die Schä- digung als eine nach chemischer Zusammensetzung verschiedene auf- zufassen ist. Die Versuche über die Einwirkung ätherischen Öles auf die Pflanzen, aus denen es gewonnen wird, scheinen dadurch stark be- einflufst zu sein, dafs die Ölexhalation unter den anormalen Lebens- bedingungen innerhalb der Glocke gestört wird. _Die Tatsache, dafs die Kontrollkultur Brassica eingeht, zeigt sehr deutlich, dafs anfäng- lich noch reichlich Öldampf ausgeatmet, wurde, wenigstens am 1. und 2. Tage. Noch schneller als bei Salvia und Mentha setzt die Ölab- gabe bei Dietamnus aus, der besonders empfindlich zu sein scheint. Die Schädigung durch Ölexhalation, die bei den als Kontrollpflanzen beigegebenen fremden Pflanzen sogar zum Tode führt, ist aber bei der ölexhalierenden Pflanze selbst weit geringer; ich möchte das Ab- sterben der abgeschnittenen Ölpflanze lediglich als eine Folge der ungünstigen Lebensbedingungen hinstellen. Die Blätter von Camphora officinalis zeigen an sich einen schwachen Geruch nach Kampfer, der erst beim Zerreiben des Blattes deutlicher wird. Entsprechend der postmortalen Entstehung des Kampfers ist es verständlich, dafs erst mit beginnendem Fleckig- werden der Camphorblätter das Absterben der Brassica seinen An- fang nimmt. Die Versuche einer künstlichen Einführung von Harzen hatten ergeben, dafs sowohl diese als auch das als Lösungsmittel benutzte Paraffin von der Zelle nicht aufgenommen werden. 29 R.H. Schmidt hat nun in seiner schon: öfters zitierten Arbeit über Aufnahme fetten Öles gezeigt, dafs dieses bei der Wanderung von Zelle zu Zelle eine Zerspaltung in seine Komponenten, Fettsäuren und Glycerin, erleidet, und Pfeffer!) nimmt als Sitz dieser Zer- legung das Zellinnere an. Eine Einwirkung auf solche Fette, die sich aufserhalb der Zelle befinden, tritt nicht ein, doch ist eine solche extracellulare Zerspaltung von Fett bei Pilzen durch Schmidt ge- zeigt worden. Dals Pilze einen derartigen Einflufs, teils zerlegender, teils emulgierender Art, auf Paraffin und Harze ausüben könnten, war schon wegen der chemischen Indifferenz des Paraffins schwer denkbar. Dementsprechend ist auch das Resultat der Wachstums- versuche mit Aspergillus niger ein völlig negatives. In Berücksich- tigung zu ziehen ist ferner, dafs bei der Aufnahme von fettem Öle „die Bildung löslicher, seifenartiger Fettsäureverbindungen in Betracht. kommt, welche höchst wahrscheinlich von einer teilweisen Emulgierung des Fettes begleitet ist“.?) Auch unter diesem Gesichtspunkte wäre dann die Nichtaufnahme von Paraffin und schwer verseifbaren Kör- pern wie Harz und Harzbalsam zu verstehen, Was nun die Aufnahme von ätherischen- Ölen anbelangt, so mülste man nach vorigem annehmen, dafs die imbibierte Membran für diese ebenfalls impermeabel sei, wie überhaupt für die meisten un- verseifbaren und nicht mit Wasser mischbaren Körper. Eine Erklärung findet die durch die Giftwirkung bewiesene Ölaufnahme darin, dafs ätherisches Öl in Wasser nicht ganz unlöslich ist. Versetzt man näm- lich Wasser mit 1/4 Prozent Öl und schüttelt kräftig um, so zeigt es sich, dafs fast alle ätherischen Öle in diesem Verhältnis direkt mischbar bezw. löslich sind. Der Öldampf tritt nach meinen Versuchen durch die Spalt- öffnungen in die Gaswege ein und wird hier infolge der relativ grofsen Oberfläche von der imbibierten Zellwand schnell absorbiert und ist so in gelöstem Zustande befähigt, die Membran zu durch- wandern. Das erklärt dann zugleich, dafs das ätherische Öl in Dampfform seine Hauptwirkung entfaltet. Bei der schnell eintreten- den Giftwirkung durch Berührung mit Öltropfen wirkt in erster Linie nur die Menge schädlich, die sich im Zellimbibitionswasser löst. Bei Pflanzenteilen, die sich durch eine starke Cutieula äuszeichnen, kommt zuerst eine Giftwirkung durch die Spaltöffnungen hindurch in Betracht. Bei längerer Versuchsdauer wird aber auch die cuticularisierte Haut- 1) Pfeffer, l. c. Bd. I, pag. 478. -2) R. H, Schmidt, 1..c. pag. 338; ferner Pfeffer, 1. c. Bd. I, pag. 86. 30 schicht nicht widerstehen. Das zeigen die Versuche, bei denen die spaltöffnungbesitzende Unterseite des Tradescantiablattes mit Gelatine überzogen war. Es mufs nun als ein gewisser Widerspruch zu den von mir be- obachteten Giftwirkungen erscheinen, wenn man sieht, dafs mitten im Gewebe der Pflanzen das Vorhandensein von ätherischen Ölen in be- sonderen Behältern keinerlei schädigenden Einflufs ausübt. Diese Behälter sind zwar meist mit einer Korksicht umschlossen, doch ist auch eine solche absolut nicht impermeabel für ätherische Öle. Es mufs hier entweder eine besondere Schutzschicht oder aber eine Ver- änderung der Durchlässigkeit angenommen werden. Auch das Ver- halten der Sekretbehälter, die Harzbalsam führen, würde für letztere Annahme sprechen, Meine Versuche einer künstlichen Einführung von Harzbalsam hatten eine völlige Impermeabilität der imbibierten Membran ergeben; die Membranen der Epithelzellen, die den Harzgang umschlielsen, müssen aber dennoch durchlässig sein. Ich habe wiederholt beob- achtet, im Gegensatz zu verschiedenen früher zitierten Autoren, dafs die den Harzgang auskleidenden Zellen Harztröpfehen enthielten. Von hier aus können diese doch nur durch Wanderung in den Harzkanal gelangen. Bei den untersuchten jüngeren und älteren Coniferennadeln, besonders Pinus- und Abiesarten, blieben die Epithelzellen auffallend zartwandig. Diese Membranen möchte ich als permeabel ansehen. " ‘Die Bildung von Harzen und Harzbalsamen ist aber auch leichter verständlich in den lebenden Zellen, die den Harzgang bilden, als in einer besonderen Schicht des Sekretbehälters, die wohl auch als „resi- nogen*!) bezeichnet worden ist. Der Harzgang als solcher hat eben- sowenig wie die Öl- und Harzbehälter Reste von Plasmamassen oder Zellkernen aufzuweisen, die auf eine eigene Lebenstätigkeit hindeuten. Ein solcher Mangel ist auch in verschiedenen Lehrbüchern ?) betont worden. Zusammenfassung. I. Die Giftwirkung der ätherischen Öle in Dampfform auf die Pflanze ist sehr grofs; in flüssigem Zustand wirken die Öle geringer, ebenso wenn sie in Wasser gelöst sind. 1) Tschirch, 1. c. pag. 338. 2) Sachs, Lehrbuch IV. Aufl., pag. 69 u, 84; de Bary, Vergleichende Anatomie 1877, pag. 141. 3l II. Ölproduzierende Pflanzen sind gegen ihr eigenes Öl resistenter als fremde Pflanzen. II. Ätherisches Öl wird in die lebende Zelle aufgenommen. IV. Der Öldampf gelangt am schnellsten durch die Gaswege in die Pflanze. V. Der Öldampf löst sich im Imbibitionswasser der Membran und gelangt so ins Zellinnere. VI. Die Ölexhalation unter der Glocke scheint vermindert zu werden, wenn die Lebensbedingungen für die Ölpflanze ungünstig werden. VII. Die Cuticula verlangsamt die Einwirkung des ätherischen Öles nur, hindert sie aber nicht. VII. Eine trockene Membran bietet einen geringeren Schutz als eine imbibierte. IX. Flüchtige Kohlenwasserstoffe zeigen gleiche Wirkung wie ätherische Öle. ' X. Aufnahme von gelösten Harzen in die lebende Zelle scheint bei künstlicher Zufuhr nicht möglich zu sein. XI. Paraffin wird von Moosen und Pilzen nicht in die lebende Zelle aufgenommen. Vorliegende Arbeit wurde im Laufe des Jahres 1902 im bota- nischen Institut der Universität Leipzig ausgeführt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Herrn Geh. Hofrat Prof. Dr. Pfeffer für die gütige Überweisung der Arbeit und die wohl- wollende Unterstützung meiner Studien auch an dieser Stelle meinen ehrerbietigen, aufrichtigen Dank auszusprechen. Ebenso bin ich dem I. Assistenten Herrn Dr. Klemm zu grofsem Danke verpflichtet. Experimentelle Untersuchungen über die Beschädigung der Blätter durch Wind. Von A. Hansen. Hiezu Tafel L Schon vor Veröffentlichung meiner Arbeit über die Vegetation der ostfriesischen Inseln 1901) hatte ich Vorbereitungen getroffen, der theoretischen Frage nach dem schädlichen Einflufs des Windes auf die Pflanzen experimentell näher zu treten. Es bedarf keines Hinweises, dafs die genannte Arbeit, wie andere Untersuchungen von einigen einfachen Beobachtungen ausgehend, eine kritisch vorberei- tende ist, in welcher ich jedoch zeigen konnte, welche Folgerungen aus der Verfolgung der Beobachtungen sich ableiten lassen. Es ist heutzutage nicht möglich und auch nicht üblich, mit einer Veröffent- lichung bis zum völligen experimentellen Abschlufs zu warten. Solches von einer Seite im vorliegenden Fall gestellte Verlangen ist daher ganz abnorm. Wenn ich meiner ersten Veröffentlichung nicht alsbald weiteres folgen liefs, so liegt der Grund in amtlichen Abhaltungen (durch das Universitätsrektorat 1901/02). Ich bin auch jetzt ungern daran gegangen, diese Mitteilung zu veröffentlichen und hätte sie lieber noch vervollständigt. Doch zwingt mich ein fortgesetzter An- griff zur Veröffentlichung, da ich so am besten weiterer Polemik, zu der ich zu meinem Bedauern gezwungen worden bin?), enthoben werde. Die Ergebnisse meiner Versuche sind mit einigen begründenden Zusätzen folgende: Wir haben hier in Gielsen im Sommer häufigen Wind. So be- trug z. B. die Zahl der völlig windfreien Tage im Juni und Juli 1901 - nur drei. Sonst- wurden Windstillen nur auf Stunden beobachtet. 1) Die Vegetation der ostfriesischen Inseln. Ein Beitrag zur Pflanzengeo- graphie, besonders zur Kenntnis der Wirkung des Windes auf die Pflanzenwelt. Darmstadt 1901. 2) Englers Jahrbücher Bd. 31 Heft 4/5 und Bd. 32 Heft 2/3 (1903). 33 Ich durfte also hoffen, durch systematische Versuche eine klarere Antwort auf die Frage zu erhalten als durch blofse Beobachtungen an der Seeküste, wo der Kochsalzgehalt der Luftströmungen, die Sonnenstrahlung, gelegentliches Sandtreiben etc. die Frage von An- fang an so kompliziert haben, dafs wohl mancherlei Meinungen in der Literatur mehr oder weniger ausführlich vertreten wurden, aber nicht völlig geklärt werden konnten. Wer ein wissenschaftliches Eindringen in eine Frage nicht für nötig hält, kann sich natürlich mit aus der Praxis bekannten, unter Umständen jedem Bauern bekannten Tat- sachen begnügen. Deren liegen auch aus unseren Gegenden eine Reihe vor, doch würde mit der Anführung solcher ohne wissenschaft- liche Absicht gemachten Notizen gar nichts gewonnen sein. Um dem Problem, denn um ein solches handelt es sich, vor- läufig näher zu kommen, wurden in einem Garten, der fast ständig dem Taizuge eines kleinen Flüfschens ausgesetzt ist, welches hier genau von NO. nach SW. fliefst, mehrere Weinstöcke so angepflanzt, dafs sie dem Angriff des Windes möglichst dauernd unterlagen. Die vorherrschenden Winde sind hier im Sommer NO., SW., NW., die durchschnittliche Windstärke etwa = 2, So waren die Bedingungen für die Beobachtung gegeben. Um dem Winde eine möglichst grolse Blattmenge darzubieten, wurden die Pflanzen an einem 4m hohen und ebenso breiten, ganz durchbrochenen Spalier gezogen; später wurde der eine Weinstock entfernt, nachdem der andere zur Bekleidung des Spaliers völlig ausreichte. So konnte der Wind auch bei wechselnder Richtung doch fortwährend wirken, bald von der einen, bald von der anderen Seite. Vorversuche hatten ergeben, dafs das Vorbeiströmen der Luft für die Austrocknungserschei- nungen die günstigste Bedingung ist. Blofser Stofs des Windes auf eine an fester Wahd wachsende Pflanze ist häufig unschädlicher, unter Umständen auch wirkungslos, weil die Wand den Windstrom sofort zurückwirft. Das sind Verhältnisse, die bei der Beurteilung über Jokalen Erfolg der Windwirkung auf Pflanzen zu berücksichtigen sind. Um den Versuch unter möglichst natürlichen Verhältnissen verlaufen zu lassen, wurde, nachdem der Wein bis anfangs Juni nach regen- losen Tagen begossen worden war, die Wasserzufuhr dem Regen überlassen. Das Wetter war insofern dem Versuch günstig, als 1901 und 1902 im Juni weniger Regen fiel als gewöhnlich, denn ich mufste nach den früheren Beobachtungen annehmen, dafs bei Verminderung der Wasserzufuhr und grölserer Lufttrockenheit die Windwirkung um so deutlicher hervortreten würde. 1901 fielen im Flora 1904. 3 pP. 34 Juni 43,6mm Regen an neun Regentagen, 1902. 31mm an 11 Tagen, während der Durchschnitt der drei vorhergehenden Jahre 85mm an 14 Regentagen betrug. Die Regenhöhe des Juli war 1901 normal, betrug aber 1902 ebenfalls nur die Hälfte des Durchschnittes. Doch ist die verminderte Regenhöhe nicht Bedingung für das Eintreten der Windschäden. Im Juni 1903 fielen 72,5 mm Regen, im Juli 66,2 mm, und die Windwirkung trat trotzdem auf. Ende Juni begaun sich an den fast stets vom Winde leicht be- wegten Blättern eine Bräunung einzelner Zähne und Abschnitte des Randes zu zeigen und Ende Juli waren zahlreiche Blätter mit einem vollständigen Rande braunen vertrockneten Gewebes versehen. Die Blätter zeigten in ihren gesunden Teilen niemals auch nur zeitweilig ein Welken, sie waren sonst durchaus gesund und blieben es bis zum Herbst, da die Beschädigung bei dem relativ schwächeren Winde nur noch geringe Fortschritte machte und nicht, wie auf den Nordsee- inseln, bis zum vollständigen Vertrocknen der ganzen Blätter führte. Nach photographischen Aufnahmen hergestellte Abbildungen liegen auf Tafel I vor; die Entwicklung der Bräunung ist in der Reihen- folge der Figuren gegeben. Diese mit gleichem Erfolge mehrere Sommer wiederholten Beob- achtungen bestätigen zunächst meine Angaben über die äufsere Er- scheinung der eigentlichen Windwirkung in der Arbeit über die ost- friesischen Inseln, besondexg zeigen sie, dafs die schädigende Wirkung des Windes, wenn er konstant ist, schon bei mäfsiger Stärke auftritt, dafs er, wie die bisherige Literatur annahm), sich weder zum Sturm zu erheben braucht, noch dafs der Salzstaub der Luft oder Sandtreiben an der Seeküste die allgemeine Ursache der Blattbeschädigung seien. Ebenso wird widerlegt, dafs der Wind durch die Kälte wirke, denn bei meinen Versuchen handelte es sich um eine Mifteltemperatur von 14—16° C. Warming behauptet (u. a. in Englers Jahrbüchern l. ec. pag. 32): „Wenn Kohl z. B. in seiner interessanten Abhand- lung (‚Der Nordwestwind in den unteren Elb- und Weserlanden‘) schrieb, dafs der Nordwestwind gefährlich ist, so wird der Grund ‚wahrscheinlich der sein, dals er so kalt ist und den Erd- boden abkältet.* Ich glaube nicht, dafs derartige, wie die meisten Behauptungen Warmings nicht auf eigenen Untersuchungen beruhende angeblich wahrscheinliche Ansichten von Belang sein können. Dasselbe gilt 1) Vgl. Kihlmenn, Biolog. Schilderungen aus Russisch-Lappland. 35 von andern Warming’schen Zitaten, z. B. der gelegentlichen Angabe eines Arztes Dr. Friedrich in einer Medizinalzeitung, dafs die Windwirkungen nur nach heftigem Nordwest eintreten sollen und in der Hauptsache auf einem Vertrocknungsprozess der Belaubung der Bäume zu beruhen scheinen, der aber von dem Dr. Friedrich nirgends wissenschaftlich beobachtet wurde. Diese Behauptungen sind teils wissenschaftlich ungenau, teils ganz unrichtig. Der Wind wirkt nach meinen Untersuchungen auch aus andern Richtungen und ohne heftig zu sein. Die oben mitgeteilten Versuche mit Vitis geben anstatt.der zahl- reichen Meinungen über Wahrscheinliches und Mögliches eine klare Antwort auf die Frage nach der Windwirkung. Schon ein konstanter Wind mäfsiger Stärke ruft an Blättern ganz charakteristische Be- schädigungen der Gewebe hervor, welches endlich braun und ver- trocknet erscheint. An den Küsten steigern sich diese Erscheinungen entsprechend der Intensität des Windes und können dort in kürzerer Zeit als im Binnenland zur völligen Vernichtung der Blätter führen. Die Beobachtungen beseitigen die von Warming jedoch ohne jede Begründung geäufserte Behauptung, die Ursache der Blattränderung könne auch eine andere als der Wind sein. Ich habe, um hier sicher zu gehen, die Weinblätter mit völlig negativem Resultat auf Parasiten untersucht. Andererseits bestätigen die Versuche einige Beobachtungen über Blattbräunungen, die gelegentlich mitgeteilt wurden, ohne mehr als die Vermutung aussprechen zu können, es handle sich hier um Witterungsschäden. Ich behalte mir Literaturangaben vor. Natürlich sind diese Beobachtungen an Vitis einfache Versuche und man kann auch hier wieder sagen, das kann jedermann machen. Ich selbst halte diese Versuche nicht für Experimente im Sinne der modernen Pflanzenphysiologie und habe sie nur in dieser Form an- "gestellt, um zu erfahren, ob eine experimentelle Verfolgung der Frage überhaupt möglich und aussichtsvoll sei. Das läfst sich aus der bis heute vorliegenden Literatur, die nicht im geringsten auch nur die Richtung eines richtigen experimentellen Vorgehens andeutet, nicht beantworten. Praktisch haben aber auch diese im Freien angestellten Versuche einige Bedeutung. In neuerer Zeit spielt die Beschädigung der Blätter in der Nähe von industriellen Anlagen eine grolse Rolle. Die Industrie wird viel- fach bedrängt durch Klagen der Anwohner über Rauchbeschädigung von Pflanzen und obgleich meiner Ansicht nach schon die nachweis- bare Schädigung oder Belästigung von Menschen ausreichend sein 5*+ 3 sollte, solche Klagen zu begründen, wird, wie ich als Experte bei Prozessen mehrfach erfahren habe, fast immer die Schädigung der Vegetation als letzter Trumpf von klägerischer Seite ausgespielt. So schlagend nun auch bei Hüttenwerken und solchen Anlagen, die nachweisbar durch schädliche, meist saure Gase aus ihren Schorn- steinen die Luft verunreinigen, die Schädigungsursachen zu erkennen sind, so schwierig ist das bei industriellen Anlagen, wie manchen chemischen Fabriken und andern, deren Rauchentwicklung oft nur von Feuerstätten im gewöhnlichen Sinne herrührt. ‘Wenn in solchen Fällen aus dem Verhalten der Vegetation auf Rauchbeschädigung ge- schlossen werden sollte, so war das Urteil, da man die Windwirkung gar nicht berücksichtigt hat, bisher ein unklares, unter Umständen falsches. Fast alle Beschädigungen der Blätter geben sich als Bräunungen zu erkennen, seien die Ursachen nun Frost oder Para- siten oder Rauch. Waren Frost oder Parasiten ausgeschlossen, so wurden häufig schon kleine Bräunungen der Blattränder von den sog. Sachverständigen als Rauchschäden einer Fabrik bezeichnet, was ich selbst erlebt habe, vorwiegend, weil die Schäden in der Wind- richtung von den Fabrikschornsteinen her auftreten. Dafs der Wind selbst Schaden anrichten kann, ist bis dahin gar nicht beachtet worden, und ich glaube, die Praxis auf Grund meiner Beobachtungen auch in dieser Hinsicht auf die Windschäden an Blättern aufmerksam machen zu sollen, da die Frage nach der Rauchbeschädigung keine unbedeutende Rolle spielt. Ein genauerer Einblick in die Wirkung des Windes auf Pflanzen und eine schärfere Antwort auf eine Menge von Nebenfragen, die sich nur auf diesem Wege lösen lassen, liels sich nur von einem exakten Laboratoriumsexperiment erwarten. Ich habe in meiner ersten Arbeit ausführlich einige Versuche von Kihlmann hervorgehoben, die dieser anstellte, um seine inter- essanten Beobachtungen in Russisch-Lappland theoretisch zu be- gründen. Warming hält diese Versuche für ausreichende ex- perimentelle Beweise für die schädigende Windwirkung, um weitere Beobachtungen ganz überflüssig zu machen. Ich bin dieser Ansicht nicht. Es handelt sich natürlich darum, das Experiment so zu ge- stalten, dafs die reine Windwirkung beobachtet werden kann. Das ist nun von Kihlmann, der vor allem die kombinierte Wirkung von Bodenkälte und Wind beobachten wollte, gar nicht geschehen. Weder in seinen Versuchen mit welkenden Kürbispfanzen, noch bei seinem Versuch am Kaminfeuer wurde die Windwirkung beobachtet. Im 37 ersten Falle waren die Wurzeln durch Eis abgekühlt und die Pflanzen gleichzeitig der vollen Einwirkung der Sonne und des Windes ausgesetzt; im zweiten Fall hat Kihlmann an Stelle des Windes die Wirkung strahlender Wärme beobachtet. Diese bringt freilich ähnliche Ränderungen der Blätter hervor wie der Wind, aber das tun auch andere Ursachen und man ist wohl kaum berechtigt, die Wirkung eines Kaminfeuers, d. h. strahlende Wärme, einfach der Windwirkung gleichzusetzen. Bei Kihlmanns Versuchen mit Kürbispflanzen wurde zwar das Welken der Blätter, aber gar nicht die Windwirkung selbst, d. h. das Entstehen der charakteristischen braunen Blattränder beobachtet. Ich habe in meiner Arbeit über die ostfries. Inseln pag. 64 gesagt: „In Kihlmanns Versuchen spielt also die niedere Temperatur des Bodens und der Pflanzenorgane eine grolse Rolle, das Vertrocknen der Pflanzenteile wird mehr theoretisch abgeleitet als beobachtet.“!) Das ist eine um so unanfechtbarere Beurteilung, als ich gleichzeitig hinzufügte, dafs ich die Ansichten Kihlmanns für durchaus richtig halte. Ich zweifle gar nicht, dafs ein Forscher wie Kihlmann ganz genau ebenso über seine eigenen Versuche urteilen würde. Wenn ich hier Kihlmanns Versuche so genau auf ihre Tragweite prüfe, so geschieht es nicht, um diese, noch viel weniger die unersetzlichen Beobachtungen dieses Forschers herab- zusetzen. Die von Warming aufgestellte Behauptung, ich hätte Kihlmann „ignoriert“ und „eliminiert“, zwingen mich allein dazu, meine Meinung ganz bestimmt dahin auszusprechen, dafs Kihl- manns Versuche nichts bewiesen haben, als dafs Pflanzen, deren Wurzeln durch Eis abgekühlt sind, unter gleichzeitiger Einwirkung von Sonne und Wind welk werden und dafs Blätter in nächster Nähe eines Kaminfeuers austrocknen können, was übrigens auch ohne Versuch kaum bezweifelt worden wäre. Demnach liegen irgendwelche Experimente über reine Wind- wirkung überhaupt in der genannten Arbeit nicht vor. Es ist noch gar nicht der Versuch gemacht worden, den Wind ins Laboratorium zu tragen und dort an Versuchspflanzen seine Wirkung zu beobachten. Ich habe mir sogleich nach meinen Beobachtungen auf Borkum die Frage vorgelegt, wie das am besten zu erreichen sei, und nach mancherlei Vorversuchen, die hier gleichgiltig sind, einen Apparat konstruiert, den ich kurz als „Windapparat“ bezeichnen will. Er ist aus Eisen 1) Ich hätte mit Recht sagen können, „ist überhaupt in den Versuchen nicht beobachtet*, 88 gebaut und besteht aus zwei miteinander verbundenen Kammern. In der einen bewegt sich das motorische Rad, in der andern das Windrad von jenem bewegt. Als Kraft wurde Wasser benützt und so ein intensiver, ununterbrochen aus einem weiten Mündungsrohr austretender Luftstrom erzeugt, der imstande ist, Tag und Nacht zu wirken. Seine Stärke ist so, dafs die Blätter ziemlich stark bewegt werden und entspricht ungefähr einer Zahl zwischen 1 und 2 der Beau- fort’schen Skala. Die Abbildung des Apparates wird später erfolgen. Mit diesem Apparat habe ich Versuche angestellt, von denen ich einige hier mitteile. I. Ein Topf mit drei jungen, gesunden Tabakpflanzen mit zu- sammen 26 Blättern wurde vorm. 9 Uhr vor dem Windapparat aufge- stellt und dieser in Gang gesetzt. Lufttemperatur 22°C. Am nächsten Tage um 9 Uhr vorm. zeigten vier Blätter, jedoch nur an den Rän- dern, bräunliche Flecken, die durch den anhaltenden Luftstrom ent- standen waren. Eine gegenseitige Reibung der Blätter konnte nicht stattfinden. Am folgenden Tage, wieder nach 24 Stunden, waren vier weitere Blätter beschädigt, besonders stark ein älteres an der Spitze. Dem blofsen Auge erscheinen diese Stellen als leichte Bräunungen, Der übrige Teil der Blattspreiten war völlig gesund und zeigte keine Spur von Welken. Die Versuchspflanzen wurden zweimal schwach begossen in dem Mafse, dafs die Erde feucht war. Der Erfolg dieses Versuches beweist, dafs die Deutung, die ich diesen zuerst im Binnenlande in mäfsiger Ausdehnung, später an der Seeküste im Extrem beobachteten Blattschäden gab, richtig ist. II. Die bei dem ersten Versuch benutzten jungen Pflanzen mulsten im Frühjahr im Glaskasten herangezogen werden. Wenn auch das Resultat keine andere Deutung zuläfst, so war die Empfind- lichkeit der Blätter möglicherweise für das schnelle Eintreten der Wirkung mafsgebend und erstere sicher gröfser als bei im Freien kultivierten und kräftiger herangewachsenen Pflanzen. Daher wurden weitere Versuche mit kräftigen, ganz im Freien erwachsenen Topf- pflanzen von Tabak angestellt. Ich führe nur einen statt mehrerer an. Eine Pflanze, deren ältere Blätter 40—42cm lang und bis 19cm breit waren, wurde am 14. Juli 9 Uhr vor dem Apparat aufgestellt. Am 19. Juli, nachdem der Wind fünf Tage und vier Nächte ununter- brochen auf die Versuchspflanze eingewirkt hatte, begann sich an den ältesten beiden Blättern die Bildung trockener Stellen am Blatt- rande zu zeigen. Die Pflanze wurde am 19. Juli begossen und der Versuch fortgesetzt; am 22. wieder begossen. Da wegen der Gröfse 39 der Pflanze nicht alle Blätter vom Luftstrom getroffen werden konnten, wurde die Pflanze gedreht, um auch andere Blätter vor den Wind zu bringen. Am 26. Juli hatten die beiden älteren Blätter, die noch vom Windstrome mit betroffen wurden, einen vollständig trockenen Rand. Aber ein jüngeres, noch aufrecht stehendes Blatt hatte eine völlig trockene Spitze erhalten. Die allerjüngsten Blätter waren noch intakt. Nach diesen Versuchen werden die ausgebildeten Blätter am ersten ergriffen und die jüngeren leisten offenbar gröfseren Wider- stand, was durch spätere Versuche noch aufzuklären ist. Zu den Versuchen ist im allgemeinen zu bemerken, dafs die Stellung der Pflanze zum Windrohr nicht von vornherein Aufschlufs über die Reihen- folge der Wirkung geben kann. Ein Blatt, welches den Windstrom wegen seiner Stellung auffängt, leitet denselben auf tieferstebende ab, so dafs diese oft lebhafter bewegt werden als jenes. Dem entspricht es dann, dafs zuweilen ein vom Windrohr entfernteres Blatt früher Ränderungen zeigt als das nähere. Natürlich können auch indivi- duelle, nicht kontrollierbare Verschiedenheiten der Blätter mit in Be- tracht kommen. Um festzustellen, ob der Luftstrom ganz lokal wirke, wurde von einer Tabakpflanze ein kräftiges Blatt von 43 cm Länge und 20cm gröfster Breite mit dem Rande dicht vor das Windrohr ge- bracht, so dafs nur der Rand getroffen wurde. Nach 14 Tagen war hier langsam an drei unterbrochenen Stellen des Blattrandes das Ge- webe in der Gröfse von etwa IODJem vertrocknet. Die übrige Blatt- fläche war ganz gesund und unverändert geblieben. Das Ergebnis dieser Versuche stimmte also mit den Versuchen im Freien sowohl wie mit den Beobachtungen unter natürlichen Ver- hältnissen darin überein, dafs die Windwirkung stets als eine cha- rakteristische Beschädigung der Randpartien der Blätter erscheint. Bei anderen Versuchen entstanden gelegentlich auch auf der Spreite eines Blattes trockene Flecken, aber immer auch diese nahe dem Rande, niemals in der Nähe der Mittelrippe. Stets beginnt die Ver- trocknung der Gewebe in der Nähe der dünnsten Blattnerven. Aufser mit Tabak wurde mit Sieyos angulatus experimentiert, einer Pflanze mit sehr dünnen Blättern. Eine vorher stark begossene Pflanze wurde am 27. Juli um 11 Uhr vorm. an den Apparat gebracht. Am 30, zeigte ein dem Winde am stärksten ausgesetztes Blatt eine trockene Spitze, nachmittags desselben Tages ein zweites Blatt Ein- trocknen des Randes, bis zum 4. August, also nach neun Tagen, noch vier Blätter das gleiche. Die Pflanze wurde durch Begiefsen alle drei 40 Tage reichlich mit Wasser versorgt. Auch bei Sieyos zeigten die Blätter trotz ihrer Zartheit keine Spur von Welkwerden. Es fiel hier ebenso wie bei den Tabakpflanzen eine gewisse Resistenz der Blätter gegen den Angreifer deutlich in die Augen. Es handelt sich nicht um ein schnelles, ganz passives Austrocknen der Blätter, sondern vielmehr um einen langdauernden Kampf derselben mit dem Winde. Über die Verschiedenheit dieser Dauer bei verschiedener Windstärke und bei verschiedenen Arten können erst spätere Versuche genauere Angaben bringen. Die Resultate, die mit diesem Windapparat erlangt wurden, lassen sich vorläufig dahin zusammenfassen, dafs der Wind nur an den Blättern und zwar im Beginn örtlich bestimmte Gewebezerstörungen hervorruft. Kleine Gewebekomplexe am Rande neben den dünnsten Gefäfsbündeln vertrocknen. Zunächst bleiben die vertrockneten Stellen meistens grün, zuweilen erscheinen sie hellbraun. Kultiviert man eine windbeschä- ‚digte Pflanze am Lichte weiter, so nehmen die vertrockneten Stellen allmählich eine braune Farbe an. Diese Bräunung des ganzen Ge- webes ist demnach eine durch Luft und Licht verursachte sekundäre Erscheinung. Ich vermute, dafs es sich bier um die gleichen Oxy- dationserscheinungen handelt wie bei der Bräunung der im Herbst abfallenden Blätter, die zuerst gelb (oder rot) sind und erst nach dem Vertrocknen am Boden die bekannte braune Farbe annehmen. Es ist, nachdem sich die Windwirkung so gut charakterisieren läfst, jedenfalls falsch, dieselbe mit übermäflsiger Transpiration der Blätter zu ver- gleichen und damit erklärt zu halten, wie dies rein deduktiv versucht. worden ist.‘) Die Unrichtigkeit dieses Vergleichs ergibt sich aus dem Verhalten abgeschnittener Blätter, die sich zunächst ganz verschie- den untereinander beim Vertrocknen verhalten. Ein abgeschnit- tenes Blatt von Acer platanoides z.B. welkt zunächst und vertrocknet dann, vollständig grün bleibend, ohne jede Randbildung. Abgeschnittene Tabaksblätter welken nach einigen Stunden. Nach Tagen sind sie noch nicht vertrocknet, bedecken sich aber auf der ganzen Fläche mit zahllosen dunklen Flecken. Langsam gibt das Blatt sein Wasser ab und vertrocknet endlich gleichmäfsig. Niemals entstehen am Rande trockene Partien, die den vom Winde am lebenden Blatte erzeugten gleichen. Die auf rein deduktivem Wege gewonnenen Ansichten War- mings über Windwirkung in dessen Lehrbuch der ökol. Pflanzen- 1) Warming, Englers Jahrb, Bd, 32 pag. 33. 41 geographie II. (deutsche) Aufl. pag. 41 stimmen mit diesen Ergebnissen nicht überein. Es heifst dort: „Die Wahrheit ist wahrscheinlich, dafs besonders die durch den Wind hervorgerufene Verdunstung, also die Austrocknung, der Grund sei.“ !) Dieser Satz bedeutet, von seiner ganz allgemein und alldeutigen Ausdrucksweise abgesehen, eine Vermischung physiologischer Vor- stellungen und Begriffe mit physikalischen. Man kann unmöglich sagen Verdunstung also Austrocknung, da beides etwas ganz Verschie- denes bedeutet. Äufsere Einflüsse, welche das Austrocknen feuchter Stoffe bewirken, wirken auf die Transpiration der Organe ganz anders ein, weil die regulatorischen Einrichtungen der Pflanze in Wirkung treten. Man kann also die Verdunstung der Blätter nicht mit dem Austrocknen eines feuchten Stückes Filtrierpapier vergleichen. Die Folge übermäfsiger Verdunstung der Blätter ist Welken, und dies kann wieder rückgängig gemacht werden. Das Austrocknen ist ein rein physikalischer Vorgang, dem tote Blätter natürlich ebenso an- heimfallen wie feuchtes Papier. Das Austrocknen der Blätter ist eine Folgeerscheinung des Absterbens und kann nicht wieder rückgängig gemacht werden. Demnach ist es nicht wissenschaftlich, zu sagen „Verdunstung, also Austrocknung“. (Vgl. auch Pfeffer, Handbuch, II. Aufl. I pag. 226.) Die von mir oben berichteten vergleichenden Beobachtungen über Windwirkung und Vertrocknen von Blättern ergaben, dafs beides sehr verschieden ist, und ist daher die Meinung, der Wind trockne die Blätter aus, wie er Wäsche austrocknet, nicht an#ehmbar. Aber auch die in unklarer Weise mit dieser Ansicht vermengte zweite, die Wind- wirkung beruhe auf übermäfsiger Verdunstung, wird durch meine Versuche nicht bestätigt. Warming deduziert pag. 41 seines Lehrbuches (II. Aufl.) das Folgende: „In ruhiger Luft werden die der Pflanze zunächst angren- zenden Luftteile dampfreich und .die Verdunstung wird gehemmt. Durch die Luftbewegung werden sie beständig weggeführt und neue, weniger dampfreiche, kommen mit den Pflanzenteilen in Berührung. Selbst wenn die Luft sehr reich an Wasserdampf ist, wird ihre un- unterbrochene Erneuerung eine starke Verdunstung herbeiführen.?) 1) In Englers Jahrbüchern pag. 33 1. c. heifst es: „Als Hauptfaktor wird immer und überall eine übermäfsige Transpiration zu betrachten sein, selbst wenn andere Faktoren mitspielen.“ 2) Das ist bei Organen noch fraglich. 42 Je trockener die Luft und je stärker der Wind ist, desto stärker wird selbstverständlich die Austrocknung werden. Durch diese Verdunstung werden das Längenwachstum der Sprosse und der Blätter gehemmt (Zwergwuchs), viele Blätter und ganze Sprosse getötet, so dafs un- regelmälsige Verzweigung eintritt, und hierdurch werden alle beob- achteten Erscheinungen ungezwungen erklärt.“ Diesen Ausführungen liegen weder Versuche noch genauere Be- obachtungen zugrunde. Es kommt natürlich nicht darauf an, ob alles ungezwungen erklärt werde, was Warming sich mehrfach in freilich anfechtbarer Weise in seinem Lehrbuch zur Aufgabe stellt, sondern dafs die Erklärungen begründet sind. Das ist aber weder bei der angeblichen Hemmung des Längenwachstums, noch bei den andern Erscheinungen der Fall. Nichts ist beobachtet, nichts durch Versuche festgestellt. Überdies ist der erste Teil der obigen Aus- führungen nichts weiter, als eine Wiedergabe aus Pfeffers Pflanzen- physiologie'), wo es heilst, dals bewegte Atmosphäre die Verdamp- fung steigert, da sie bewirkt, dafs die durch Transpiration der Pflanze dampfreicher werdenden Luftschichten schnell durch relativ trockene Luft ersetzt werden muls. Diese also längst bekannte Steigerung der Transpiration durch den Wind wird noch vermehrt durch die Erschütterung, welche die Blätter erleiden. Baranetzky hat 1872?) nachgewiesen, dafs bei den fast unaufhörlichen Stöfsen und Erschütterungen, welchen die be- sonders so leicht beweglichen Pflanzenblätter von den Winden aus- gesetzt sind, sich dde Luft der Interzellularräume der Blätter bestän- dig und vollkommen erneuern kann.* Warming hat offenbar diese und andere einschlägige Untersuchungen übersehen, da er (Englers Jahrb. Bd. 32 Beiblatt 71 pag. 83) angibt, es sei noch unentschieden, welche Wirkung das Schütteln der Blätter durch den Wind auf die Transpiration habe. . Aber möge der Wind noch so sehr die Transpiration steigern, so wird diese doch niemals so stark, dafs die von mir beschriebenen charakteristischen Windwirkungen von ihr -verursacht werden. Nach meinen Erfahrungen wird die Transpiration durch den gewöhnlichen Wind in unseren Breiten selten so gesteigert, dals die Blätter welken, geschweige denn, dafs sie unmittelbar vertrockneten. Das von Kihlmann beobachtete Welken junger Blätter bei heftigem 1) 1. Aufl. I pag. 147. 2. Aufl. pag. 230. 2) Botan. Zeitung 1872 pag. 65. 43 kalten Winde in Lappland ist, wie aus seinen Angaben (Pflanzenbiolog. Studien pag. 91) hervorgeht, eine kombinierte Wirkung von Boden- kälte, kalter Luft, Abkühlung der Organe und Wind. In den nicht- arktischen Gegenden tritt die Windwirkung in reiner Form hervor, wie ich sie auf experimentellem Wege demonstriert habe. Die Ver- suche mit dem Windapparat widerlegen direkt die Ansicht von „der übermäfsigen Transpiration® der Blätter. Diese bleiben vielmehr auch bei lange dauernder Windwirkung völlig turgescent, der Wind bewirkt nur das partielle Vertrocknen der Gewebe vom Rande aus und zwar in einer eigentümlichen Weise, die mit der Transpiration nicht zu- sammenlüngen kann. Die Entstehung der vertrockneten Stellen an der Peripherie der Blattnervatur kann nicht anders verstanden werden, als dafs ganz lokal die Wasserzuführung zum Mesophyll aufhört, während die Wasserversorgung der übrigen Blattlamina normal bleibt. Die mikro- skopische Untersuchung der beginnenden Blattränderungen ergibt, dafs das Mesophyli kollabiert, aber nicht lufthaltig ist... Vielmehr er- scheint das trockene Gewebe durchsichtig, wie injiziert. Der Inhalt des Mesophylis ist deformiert, die Chlorophylikörner nicht mehr deut- lich zu erkennen. In manchen Zellen zeigt das Protoplasma schwach bräunliche Körnchen. Bemerkenswert aber ist, dafs die Leitbündel der affizierten Stellen stark braun gefärbt sind. Die Grenze von gesundem und durch den Wind vertrocknetem Gewebe fällt scharf zusammen mit der Braunfärbung der hier durchziehenden Leitbündel, welche im gesunden Gewebe farblos sind. Die Gefäfsbündel werden offenbar von dem Winde auffallend verändert. Mir scheint die Sache so zu liegen, dals die dünnen Gefäfsbündel durch den Luftstrom zuerst ihres Wassers beraubt und dadurch so verändert werden, dals sie das Wasser nicht mehr leiten. An dieser Stelle vertrocknet infolge- dessen das Mesophyll. Da die Blattnerven zwischen dem Mesophyll blofs liegen, so sind sie dem Angriff des Windes unmittelbar zugäng- lich und die dünnsten an der Peripherie werden zuerst vertrocknen, so dals hier das Vertrocknen des Mesophylis beginnt. Bei einer an- deren Annahme erscheint mir das Vertrocknen der Blätter vom Rande her nicht verständlich. Wollte man annehmen, der Wind griffe das Mesophyll direkt an, dann wäre nicht zu verstehen, warum der Ver- troeknungsprozels nicht auch mitten auf der Lamina beginnen sollte. Nach dieser Auffassung, welche sich nicht durch Diskussion, sondern nur durch weitere Versuche sicher stellen läfst, handelt es sich also um einen direkten Angriff des Windes auf das Leitungsgewebe der 44 Blätter, und nicht um eine zum Übermafs gesteigerte Transpiration. Die Windwirkung verursacht vielmehr eine Unterbindung der 'Tran- spiration. Der Transpirationsstrom wird abgeschnitten. Das ist ziem- lich das Gegenteil anderer Ansichten. Die Versuche sollen selbstredend mit den verschiedensten Ob- jekten fortgesetzt werden. Da sie nur im Sommer mit brauchbarem, zum grölsten Teil sorgfältig heranzuziehendem Pflanzenmaterial an- gestellt werden können, so läfst sich dies Thema nicht in einer ein- zigen Mitteilung erschöpfend behandeln und ich darf wohl ohne Un- bescheidenheit bis zum völligen Abschluls dieser Untersuchungen auf etwas Geduld rechnen. Inzwischen habe ich an verschiedenen Orten die natürlich auf- tretenden Windwirkungen in ihrer charakteristischen Art überall wieder- kehren sehen, überall bei uns, aber auch an der mediterranen Küste. Besonders bemerkenswert ist die Ile St. Honorat bei Cannes. In dem Walde, mit dem sie bestanden ist und der aus Pinus halepensis mit eingestreuter Quereus Ilex und angepflanztem Cupressus horizontalis besteht, ist die mechanische Wirkung der hier zu Zeiten herrschenden heftigen Winde und Stürme wie kaum irgendwo an einem ganzen Walde zu beobachten. Er bietet einen ganz ungewöhnlichen An- blick.t) Alle Stämme sind verbogen und verdreht. An der Südseite besonders sind viele Stämme tief herabgebogen und wachsen so weiter. Hier sowohl, wie auch auf den Klippen der Riviera selbst, fand ich den Windschaden auch an den Nadeln von Pinus deutlich ausgeprägt.?) Auch Koniferennadeln sind trotz ihres xerophilen Baues schutzlos gegen stärkeren Wind. Die Nadeln werden von ‘der Spitze an bis zu einem Drittel ihrer Länge braunrot gefärbt. Dafs ältere Nadeln weniger resistent erscheinen als junge, hängt mit den anatomi- schen Veränderungen zusammen, die die älteren Nadeln erleiden- Zunächst sind die jungen Nadeln durch ihre Scheiden geschützt, namentlich aber ist zu beachten, dafs die Spaltöffnungen der älteren 1) Ich habe natürlich diesen Wald nicht entdeckt, was ich der Vorsicht halber besonders bemerke. Dennoch glaubte ich darauf hinweisen zu dürfen, weil auch ausführliche Schilderungen von St. Honorat, z. B. diejenige von Stras- burger in seinem hübschen Rivierabuche, dieses auffallenden Phänomens mit keinem Worte gedenken. 2) Von Helms ist erwähnt worden, dafs die Kiefer im Norden im Frühjahr vorwiegend an der Westseite rötliche Nadeln bekomme (zitiert von Warming, Englers Jahrb. 82, Bd., Beiblatt 71 pag. 34). 45 Nadeln verholzen und dann funktionslos werden); sie schliefsen sich dann nicht mehr und der Eintritt der trocknenden Luft kann ungehindert stattfinden. Da die beiden Gefälsbündel an der Spitze im Transfusions- gewebe endigen, so beginnt auch von hier die Hemmung der Wasserzufuhr durch Austrocknen und das Nadelgewebe stirbt von oben nach unten ab. Auf der Insel sind in dem Klostergarten für die Kulturgewächse primitive Schutzwände von Arundo Donax gegen den Wind herge- stellt. Auch fängt man an, Cupressus horizontalis in Reihen anzu- pflanzen, die ihre Front gegen den Wind richten. Mit welchem Er- folg bleibt abzuwarten. Doch werden diese lebenden Wände immerhin eine geraume Zeit Schutz gewähren. Von Interesse ist, dafs gerade an der exponierten Südseite der Insel sich dichte Macchiagebüsche ansiedeln, die offenbar dem Winde kräftig_widerstehen. Das häufige Auftreten der Macchia als Strand- formation der Inseln des Mittelmeergebietes, z. B. der dalmatinischen Inseln, auf Korsika ete., scheint mir nicht mit einer Halophilie der Macchiapflanzen zusammenzuhängen. Dem widerspricht, dafs sie be- sonders in Spanien auf die Berge steigen. Von den Anhängern der Halophilie werden sie auch inkonsequenter Weise nicht zu den Ha- lophyten, sondern zu den Xerophyten gerechnet. Es scheint mir aber die Resistenz gegen den Wind bei der Macchia am besten das Vor- kommen in solchen Massen am Strande zu erklären, und dies darf wohl um so mehr hervorgehoben werden, als über diese Formation nur dürftige ökologische Angaben vorliegen. Warming beschränkt sich in seiner ökologischen Pflanzengeographie (II. Aufl. pag. 286) wesentlich auf die Anführung der bekannten floristischen Zusammensetzung der Macchia, stellt sie zu den Xerophytenvereinen und charakterisiert sie als eine öde, unfruchtbare, nicht nutzbare Formation. Das letztere ist freilich nur eine subjektive Ansicht. Zur Zeit der Blüte ist die Mac- chia sehr anziehend; ich brauche zur Bestätigung nur auf Stras- burgers lebendige Schilderung (Riviera pag. 89) hinzuweisen.) Auch ist die Macchia nicht ganz nutzlos, wird vielmehr in dem holzarmen ‘Süden zur Herstellung grofser Mengen Holzkohle benutzt. Absolut windbeständig sind auch nicht alle Macchiapflanzen. Ich fand z. B. bei Quercus Ilex einen Teil der lederartigen Blätter 1) Vgl. die Untersuchungen von A. Lemaire, De la Lignification de quelques membranes epidermiques. Annales sciences nat. Ser. VI, Tome XV. — G.Kraus, Pringsheims Jahrbücher 1866 Bd. IV. — Mahlert, Bot. Zentralbl. XXIII pag. 54. 2) Rickli nennt die Maquis in seinen korsikanischen "Reiseschilderungen Geist und Herz erfreuend. “ 46 mit grofsen braunen Flecken am Rande und an der Spitze versehen; also auch die Sklerophylien greift der Wind an. Bemerkenswert sind an der Riviera auch die auf den von der Brandung umtosten äufsersten Klippen zuweilen wachsenden Myrten- büsche, welche niedrige, halbkugelige Windpolster darstellen, die vom Winde wie glattgeschoren, übrigens reich beblättert daliegen. Sie bilden den Übergang zu den dünenförmig gestalteten Holzpflanzen, die ich, abgesehen von Norderney, auch in Spanien am Strande beob- achtete (vgl. Östfries. Inseln) und von denen auch Rickli in seinen korsikanischen Beobachtungen eine hübsche Abbildung bei Phillyrea gibt. Es ist gewifs sehr merkwürdig, dafs die Pflanzen die Gewalt des Windes dadurch breehen, dals sie ihm eine schiefe Ebene entgegen- stellen, auf die er, ohne weiter zu schaden, ebenso hinaufläuft wie eine Wurfkugel, deren Anprall man durch eine aufsteigende schiefe Ebene beseitigt. Auch hier schafft der Wind, indem er selbst diese „Pflanzen- düne* aufbaut, die Schutzvorrichtung selbst. Indem ich genötigt bin, diese Mitteilungen über neue Tatsachen vorläufig abzuschliefsen, gestatte ich mir noch einige Erörterungen anzuschlie/sen, um Mifsverständnissen zu begegnen. In meiner früheren Arbeit habe ich auseinandergesetzt, dafs der niedrige Wuchs der Pflanzen in windigen Gegenden ein Windschutz sei und dafs die Einheitlichkeit der Flora in ihrer Physiognomie da- herkomme, dafs alle aufrechten Pflanzen, sofern sie keinen xerophilen Bau besitzen, durch den Wind ausgeschlossen würden. Ob der Wind den niedrigen Wuchs selbst hervorruft, ist eine ganz andere Frage. Dieser Ansicht war Knuth, der übrigens die ganze Frage nur beiläufig gestreift hat, ohne Untersuchungen oder ausführlichere Beobachtungen anzustellen. Seine Meinung, der Wind bewirke niedrigen Wuchs und daher seien auf Sylt Pflanzen mit Blatt- rosetten häufig, ist eine blofs literarische. Ich habe mich in meiner Arbeit pag. 41 dagegen ausgesprochen, halte vielmehr den rosetten- förmigen Wuchs für ganz unabhängig vom Wind entstanden, wenn er auch nun einen wirksamen Windschutz darstellt. Es ist ein Irrtum zu glauben, die Anpassung an eine äufsere Bedingung schlösse die Notwendigkeit in sich, dafs dieselbe Bedingung auch die Anpassung hervorgerufen habe. Das hat schon Goebel in einer Rede über die Anpassungserscheinungen bestimmt ausgesprochen.') 1) Goebel, Über Studium und Auffassung der Anpassungserscheinungen der Pflanzen. Festrede, München 1898, pag. 16. “ 47 Dagegen kann der Wind wohl in einzelnen Fällen das Zustande- kommen der Anpassung begünstigen. Zweifellos ist der abnorme Wuchs von Bäumen in windigen Gegenden eine Anpassung. Sie ist aber eine mit Hilfe des Windes gewordene, der die Zweige soweit biegt, bis die neuen Triebe unter Schutz auswachsen können, Ebenso kann der Wind, der einen bedeutenden Druck .auf den Boden ausübt, schief aufrecht wachsende Sprosse mehr zu Boden drücken und bei verholzenden Sprossen die endliche Richtung bestimmen. Natürlich ist daraus nicht der Schlufs zu ziehen, alle Sprols- richtungen seien durch den Wind bedingt. Es ist längst bekannt, dafs die verschiedensten Ursachen richtend wirken. Um so weniger verstehe ich die Aufforderung Warmings an Massart, doch seine Versuche mit Polygonum amphibium fortzusetzen, um mich zu wider- legen, weil ich gar nicht behauptet habe, dafs alle Sprofsrichtungen vom Winde herrührten. Wohl aber bin ich der Ansicht, dafs auch da, wo der Wind nicht selbst richtend auf die Sprosse wirkt, er die Richtung indirekt unterstützen kann. Warming sagt in seinem Lehrbuche II. Aufl. pag. 28 Absatz 3: Für den niedrigen Wuchs vieler Strandpflanzen könnten die Winde und Windrichtungen nicht bestimmend sein. Die Erklärung . müsse wahrscheinlich in der verschiedenen Erwärmung gesucht werden, die den Pflanzen während ihrer Entwicklung vom Boden her zuteil würde, so dafs sie thermotropische Bewegungen ausgeführt hätten. Diese Ansicht ist so allgemein und unbestimmt gefafst, dafs man damit gar nichts anfangen kann. Untersuchungen sind nicht ange- stellt. Infolgedessen kann nicht einmal angegeben werden, ob die hypothetischen thermotropischen Bewegungen positiv oder negativ sind. Da von einigen Pflanzen gesagt wird (Salix, Betula, Juniperus), sie erlangten zweifellos bei niederliegendem Wuchs eine gröfsere Wärmemenge, als wenn sie aufrecht wüchsen, so hat sich bei andern “Autoren die Meinung entwickelt, positiver Thermotropismus veranlasse den niederliegenden Wuchs der Dünenpflanzen.') Nach sehr eingehenden und in mehrfacher Richtung interessanten Untersuchungen von Vöchting?) liegen die Tatsachen jedoch wesent- lich anders. Seine Beobachtungen an Mimulus Tillingii und anderen 1) Abromeit im Handbuch des deutschen Dünonbaues 1900 pag. 177. 2) Vöchting, Über den Einfufs niederer Temperatur auf die Sprofsent- wieklung. Ber. d. d. bot. Ges. 1898 XVI 3. 48 Pflanzen ergaben, dafs die verbreitete Erscheinung, dafs Sprosse sich horizontal richten und dem Erdboden anliegen, abgesehen von einer Mitwirkung des Lichtes in erster Linie durch niedrige Temperatur (Psychroklinie) veranlafst wird. Diese Tatsache ist an Mimulus aus- führlich experimentell festgestellt, bei einer Reihe anderer Pflanzen beobachtet worden. Vöchting nimmt an, dafs auch das Kriechen mancher Alpenpflanzen teilweise oder ganz auf den Einflufs niederer Temperatur beruht. Die Sache verhält sich demnach umgekehrt, wie Warming und andere annehmen. Nicht wegen der Erwärmung des Bodens schmiegen sich die Sprosse demselben an, sondern durch die Abkühlung. Nach Vöchtings Untersuchungen richten sich die Sprosse vielmehr bei einer Erwärmung auf. Auch durch neuere Untersuchungen an Kartoffeln!) wurde von Vöchting festgestellt, dafs sich etiolierte Sprosse, die aufrecht gewachsen waren, bei der Ab- kühlung horizontal richteten. Vöchting hat darauf hingewiesen, (l. ec. pag. 81), dafs es wahrscheinlich sei, dafs die Tracht mancher Pflanzen der glazialen Region mit dem Einflufs der niederen Temperatur zusammenhängt. Auf die Dünenpflanzen geht er nicht ein, doch zweifle ich nicht, dafs auch hier äufsere Einflüsse für die Riebtung malsgebend sind. Diese Annahme ergibt sich aus den Untersuchungen von Lidfors?), die diejenigen von Vöchting in interessanter Weise ergänzen. Vöchting hat unter Hinweis darauf, dafs manche Pflanzen, wie . Salix retusa, herbacea u. a., in der höheren Temperatur der Ebene sowohl als auch in der niedrigen der Hochgebirge denselben kriechen- den Wuchs zeigen, davor gewarnt, seine Beobachtungen zu verall- gemeinern und angegeben (l. c. pag. 51), hier wirke vermutlich die intensive Beleuchtung auf die Richtung der Sprosse ein: oder diese seien diageotropisch. Hier bringen nun die Untersuchungen von B. Lidfors erwünschte Aufklärung, welcher nachweist, dafs zahlreiche Pflanzen bei niederer Temperatur diageotropisch werden. Es ent- sprechen diese neuen Tatsachen den früheren Entdeckungen von Czapek und Oltmanns, dafs auch das Licht auf Sprofsrichtungen einwirkt, indem es den Geotropismus umstimmt und Diageotropismus hervorruft. Das ist von Ozapek und Oltmanns bei Lysimachia Nummularia, Rubus caesius, Fragaria etc. nachgewiesen worden. ®) 1) Vöchting, Über die Keimung der Kartoffelknollen. Botan. Ztg. 1902. 2) Lidfors, Über d. Geotropismus einiger Frühjahrspflanzen. Jahıb. f. wiss. Botanik 1902 Bd. 38 pag. 344. 3) Czapek, Über Richtungsursachen der Seitenwurzeln und einiger plagio- troper Pflanzenteile. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d, W. CIV. Bd. 1. Abt. pag. 1197. 49 Ich verweise auf die interessante Abhandlung von Lidfors, wo an einer Reihe von Frühlingspflanzen, Holosteum umbellatum, Lamium purpureum, Veronicarten etc. die Hervorrufung des Diageotropismus durch niedere Temperatur bewiesen ist. Dadurch werden Vöchtings Untersuchungen in so erwünschter Weise ergänzt, dafs man wohl eine Verallgemeinerung auf andere Fälle, also auch auf Dünenpflanzen unternehmen darf. Dazu berechtigen Lidfors Untersuchungen umsomehr, als er auch die wichtige Beobachtung gemacht hat, dafs Salix. herbacea im botanischen Garten zu Lund bei der Kultur den kriechenden Wuchs aufgegeben hat und aufrecht wächst. Ebenso hat Saxifraga oppositi- folia aufrechte Sprosse erzeugt. Wenn ich diese Untersuchungen von Vöchting und Lidfors, die für die Erklärung der Pflanzenformen von grofser Wichtigkeit sind, hier für die von mir behandelte Frage über den Einflufs des Windes auf die Formation heranziehe, so geschieht es deshalb, weil es zweifellos ist, dafs diese Wuchsformen den in den -glazialen, .al- pinen und litoralen Gebieten wachsenden Pflanzen den unentbehr- lichen Windschutz gewähren. Allein es ist ebenso begreiflich, dafs der Wind, der diese Anpassungen nicht selbst hervorruft, die Bedingungen fördert für ihr Zustandekommen. Er trägt in den genannten Gebieten wesentlich zur Abkühlung des Bodens bei, die die psychroklinen Er- scheinungen hervorruft. Durch Verdunstung des oberflächlichen Boden- wassers im Winde wird so viel Wärme gebunden, dafs eine nachhal- tige Erwärmung des Bodens ausgeschlossen ist, auch wenn zeitweise Insolation eintritt. Der Boden ist vielmehr eine bleibende Kältequelle. So schafft der Wind selbst die Bedingungen, die die Pflanze zwingen, ihre Schutzstellungen anzunehmen, und auf andere Weise wäre diese Regulierung auch nicht verständlich, Über die alpinen Pflanzen äufsert M. Jerosch (Geschichte und Herkunft der schweizerischen Alpenflora, 1903) ganz auffallende An- sichten. Die Verfasserin hält es pag. 22 „für wichtig, dafs die Pflanzen unter austrocknenden und kalten Winden relativ wenig zu leiden “haben, da die vorherrschende Windrichtung W., NW., SW. ist, welche wenig Feuchtigkeit bringt“. Dem ist zu entgegnen, dafs auch feuchte Winde austrocknend wirken, wie die Verhältnisse an der Seeküste lehren. Die Verfasserin — Oltmanns, Über positiven und negativen Heliotropismus, Flora N. R. 83. Bd. pag. 1. Flora 1904, 4 Mo.but Garde: 1906 50 kennt offenbar die Alpen nur in der guten Jahreszeit und hat im Frühjahr oder Spätherbst keine alpinen Höhen besucht, wo die eisigen Winde sich nicht blofs in den nördlichen Alpen, sondern auch in den Südalpen ganz gewaltig bemerkbar machen. Die von beschneiten Gipfeln herunterwehenden Winde sind sowohl kalt als trocken. Dem- nach sind die Behauptungen der Verfasserin gänzlich einseitig. Noch auffallender ist der Satz pag. 24 des Buches: „Gerade für die alpine Region sind die Winde nur von untergeordneter und lokaler Bedeu- tung, schon weil hier Holzgewächse, die ihnen am schutzlosesten preisgegeben sind, mehr zurücktreten,“ Diese Ansicht ist auf das Entschiedenste zu bestreiten; sie zeigt aufs deutlichste, wie wenig man bisher dem Winde Einflufs auf die wiedrige Flora zuschreibt. Diese wird über den Holzpflanzen ganz vergessen, und die Berechtigung, dafs ich in meiner ersten Arbeit ganz besonders darauf hingewiesen habe, kann nicht besser belegt werden als durch die zitierten Äufserungen von M. Jerosch. Wenn der Mangel an Holzgewächsen die untergeordnete Be- deutung der Winde beweisen soll, so fehlt dafür bei Jerosch jede Begründung. Die. Sache liegt gerade umgekehrt, die Holzgewächse fehlen, weil der Wind sie nicht aufkommen läfst; ihr Fehlen beweist die ungeheure Bedeutung des Windes in den baumlosen Alpenregionen. Da Vöchting und Lidfors die biologische Wichtigkeit der Sprofsriehtungen in dem Schutz vor starker Transpiration, vor dem Erfrieren, vor Schneedruck sehen, so halte ich es für nötig, auf die Bedeutung dieser Formenbildung als Windschutz besonders hinzu- weisen, was von beiden Forschern nicht geschieht. Der’ Wind wird gerade in dem von Lidfors besonders berücksichtigten nordischen Klima von wichtigstem Einflufs sein, weil er ein viel dauernderer Faktor ist als die anderen. Ich habe demnach keine Veranlassung, auch nur einen Satz meiner Arbeit über die Vegetation der ostfriesischen Inseln abzuän- dern, vielmehr werden meine Ausführungen nicht nur durch die von mir mitgeteilten Versuche, sondern auch durch die zunächst nach ganz anderen Richtungen gehenden Untersuchungen anderer Forscher bestätigt. Sind die Antheren der Kompositen verwachsen oder verklebt ? Von A. Tschirch. Hierzu Tafel II Die Frage, ob die Antheren der Kompositen verwachsen oder nur verklebt sind, ist nicht entschieden. Um nur einige Angaben in der Literatur herauszugreifen, so sei erwähnt, dafs Eichler in den Blütendiagrammen bemerkt (I pag. 288) „die Antheren zu einer Röhre verklebt, nicht wirklich verwachsen“. Schnitzlein dagegen (Icono- graphia Taf. 120 Erklärung) bemerkt, dafs die Aufsenwände der Antherenoberhaut sich teilweise auflösten und einen die Antheren verkittenden Klebstoff bilden. Schumann sagt (in dem Berg- Schmidt’schen Atlas der offizinellen Pflanzen pag. 2): „Die Staubbeutel sind unter einander zu einer Röhre verklebt.“ Ich selbst habe im Anatomischen Atlas der Pharmakognosie pag. 6 bei Chamomilla die Ansicht vertreten, sie seien verwachsen, jedenfalls auch zur Reife- zeit durch ein Ligament mit einander verbunden. Hoffmann be- merkt (in Engler-Prantls Pflanzenfamilien IV, 5 pag. 105): „Sie sind fast immer am Rande mit einander zu einer Röhre verwachsen oder verklebt.“ Drude äufsert sich (Morphologie der Phanerogamen in Schenks Handb. der Botanik I pag. 725) ausführlicher: „Zuweilen verschmelzen die Antheren der Staminen, welche man alsdann synan- therisch und syngenesisch nennt; dieses Zusammenhängen bei frei- bleibenden Filamenten entspricht nicht einer regulären Verwachsung, es ist vielmehr nur durch Druck auf die schwellenden Antheren von seiten des engen Korollentubus bewirkt und es hält daher nicht schwer, solche syngenesische Staminen voneinander völlig zu trennen. Bei vielen Kompositen, für welche letztere als Familiencharakter gelten, findet eine solche Trennung daher nach der Blütezeit von selbst statt, bei manchen tritt sie schon in der jugendlichen Blüte ein, nachdem kaum ein loser Zusammenhang bewirkt war.“ Da mir bei einer Nachprüfung meiner Angaben im Anatom. At- las Zweifel aufstiegen, ob die daselbst gegebene Erklärung für das die Anthere verbindende „Ligament“ richtig sei, habe ich mit Herrn Gerdts die Frage an einem gröfseren Material einer erneuten Prüfung unterworfen. 4* 52 Im einzelnen untersucht wurden die Verhältnisse bei Gaillar- dia grandiflora und bei Silphium, da diese sich der Grölse ihrer Blüten wegen am besten dazu eignen. .Als die Verhältnisse an diesen Pflanzen festgestellt waren, wurden sie dann an einer Anzahl weiterer Gattungen verifiziert, nämlich an Artemisia Cina, Pyre- thrum einerariaefolium und roseum, Pieris hieracoides, Bellis perennis, Anthemis nobilis, Erigeron specios,, Rudbeckia spec. und purpur, Matricaria Chamomilla. Das Resultat sei an dieser Stelle vorweggenommen. Es hat sich herausgestellt, dafs weder eine Verklebung noch eine eigentliche Verwachsung der Antheren stattfindet, sondern dafs ausschliefslich die Cuticula zweier benachbarten Antheren auf eine kurze Strecke verwächst und dauernd verwachsen bleibt. Das Ligament, welches die ganze Antherenröhre auch im Zustande völliger Reife umschliefst, wird nur von der Cuticula der Antheren gebildet, die sich von der Aufsenwand der Antherenepidermis ablöst und eben wegen der oben erwähnten partiellen Verwachsung der benachbarten Stücke ein zu- sammenhängendes Band bildet. Die zur Beobachtung benutzten Präparate stammen von frischen Pflanzen, mit einziger Ausnahme von Artemisia Cina. Die Objekte wurden jedoch durch starken Alkohol gehärtet. Die Blüten wurden, da die Objekte zum Teil sehr klein sind, zwischen Hollundermark geschnitten. Um die Cuticula, die oft ganz aufserordentlich zart. ist,- ‘deutlich zu machen, wurden die Schnitte auf folgende Weise be- handelt. Die Schnitte wurden sehr vorsichtig mit Chloral aufgehellt, das Chloral mit Wasser ausgewaschen und die Schnitte dann in eine Sudanglyzerinmischung eingetragen, die aus 0,1 Sudan, 10,0 Alkohol und 10,0 Glyzerin bestand. Nach 24stündiger Einwirkung wurde die Sudanlösung mit Alkohol und Wasser ausgewaschen und dann der Schnitt in Glyzerin eingebettet. Das Zufliefsenlassen und das Ab- saugen des Färbemittels und des Waschwassers mufs äufserst vor- sichtig — ohne Hebung des Deckglases — geschehen, da die feinen _ Sehnitte äufserst leicht sich umlegen und dann natürlich unbrauchbar werden, Bei dieser Behandlungsweise färbt sich die Cuticula lebhaft rot, während die übrigen Gewebe farblos bleiben. Im jugendlichen Zustande liegen die Antheren eng aneinander geprelst dicht um den Griffel herum. Das Ganze ist von der Blumen- krone eng umschlossen. Man sieht aber bei genügender Vergrölserung deutlich, dafs jede Anthere für sich allein von einer Cutieula um- 53 geben ist (Fig. 1 Taf. D. Die Antheren liegen in diesem Jugend- stadium, besonders in der oberen Hälfte, so fest aneinander, dafs man fast keine Trennungslinie zwischen den beiden Cuticulis sieht. Nur bei starker Vergröfserung sieht man, dafs die beiden Cuticulae an der Berührungsstelle nicht glatt nebeneinander liegen, sondern dafs sie von kleinen Lücken getrennt werden. Ursprünglich sind also die Antheren nicht miteinander verwachsen. In ganz frühen Stadien sind die Antheren fast rund oder zeigen doch nur kaum merkliche Einschnürungen. Sobald aber die Pollen- körner sich zu entwickeln beginnen, treten die Einschnürungen hervor und späterhin werden die vier Kammern immer deutlicher (Fig. 2). In diesem Stadium ist die Verwachsung der Cuticula an den Stellen, wo die Antheren aneinander geprefst wurden, perfekt geworden. “Die Wand der Antheren besteht meist aus zwei Zellschichten: die innere „fibröse Schicht“ mit den charakteristischen Leistenver- diekungen und darüber die zarte Epidermis mit der Cuticula (Figg. 5 und 6). Die Cuticula liegt im Jugendstadium der Epidermisaufsen- wand- fest auf. Auch noch in dem Stadium, in dem die Verwachsung erfolgt, zeigt sie keinerlei Ablösung. In dem darauffolgenden aber beginnt die Ablösung (Fig. 7). In der subeuticularen Schicht der Epidermisaufsenwand geht eine Metamorphose vor sich, die in der Auflösung einer aufserordentlich zarten unmittelbar unter der Cuticula liegenden Lamelle besteht. Tritt nun in der weiteren Entwicklung der anfangs im Querschnitt runden Antheren an der Aufsenseite die Erscheinung ein, welche sich in einer Eihziehung des Korrektivs nach innen äufsert, so treten Spannungen ein und diesen Spannungen folgt die Cuticula. Da sie nun aber mit der Cuticula der benachbarten Antheren ein Stück weit fest verwachsen ist, so löst sie sich ab (Figg. 2,3 u.5). Diese Ablösung erfolgt gleichzeitig oder fast gleich- zeitig an den korrespondierenden Partien der benachbarten Antheren und nur an den benachbarten Partien. An der Aufsenseite der An- theren bleibt die Cuticula unverändert und liegt den Epidermiszellen dauernd fest auf (Figg. 8 u. 4). Springen dann die Antheren auf, so treten neue Spannungen ein und nunmehr löst sich die Outicula ein beträchtliches Stück weit ab. Da die Verwachsung der benach- barten Cuticulae eine aufserordentlich feste ist, so spannt sich nun- mehr ein Cuticularligament um die ganze Antherenröhre herum, sie wie eine Scheide einschliefsend (Fig. 4). Diese Scheide besteht an der Antherenaufsenseite aus der fest aufliegenden Cuticula; an den Stellen, die zwischen zwei Antheren liegen, besteht sie aus der ab- 54 gelösten verwachsenen Cuticula der benachbarten Antheren, die sich wie eine Brücke von Anthere zu Anthere spannt (Figg. 3 u. 4). Diese Verhältnisse, besonders die Verwachsung und die allmäh- liche Ablösung der Cuticula, kann man sich durch die obenerwähnte . Sudanfärbung sehr deutlich machen. Aber auch ohne diese sieht man sie an guten Präparaten schon bei mäfsiger Vergrölserung gut. Es läfst sich hierbei auch sehr gut feststellen, dafs die Verwachsung nur auf ein verhältnismälsig kurzes Stück erfolgt und dafs sie selbst auf diesem bisweilen nicht an allen Punkten erfolgt ist (Figg. 5 u. 62 —aı). Es fragt sich nun: haben wir es in diesem Falle mit einer wirk- lichen Verwachsung der beiden Cuticulaabschnitte oder nur mit einer Verklebung zu tun? Es wäre ja der Fall sehr gut denkbar, dafs die Verklebung eine so feste wäre, dafs eher die Cuticula sich von der Epidermis ablöst als die verbundenen Stücke voneinander weichen. Hätten wir es aber mit einer Verklebung zu tun; so mülste die Klebe- masse sich in irgend einem Lösungsmittel lösen. Als Klebemittel kommen in Betracht gummöse oder harzige oder wachsartige Sub- stanzen. Wir haben nun an losgesprengten Stücken die betreffenden Abschnitte sowohl mit Alkohol wie mit Chloroform, Kalilauge, ver- dünnten und konz. Mineralsäuren (z. B. auch mit konz. Schwefel- säure) behandelt und dann nach erfolgter Behandlung durch wieder- holtes Zerren mit der Nadel die Stücke voneinander zu lösen versucht. Aber es ist uns niemals gelungen, die verbundenen Stücke vonein- ander zu lösen. Man ist daher vollständig berechtigt, in diesem Falle von einer nachträglichen Verwachsung und nicht nur von einer Verklebung zu reden. Die Stelle, wo die Cutieula der einen Anthere mit der Cutieula der anderen verwachsen ist, liegt unmittelbar benachbart der Stelle, wo die Antheren aufspringen. An dieser Stelle reifst die Quticula natürlich durch. Aber auch in diesem Stadium, wo die Spannungen infolge der aktiven Krümmung der Antherenwand am gröfsten sind, lösen sich die miteinander verwachsenen Cuticulastreifen nicht von- einander. Nach dem Aufspringen der Antheren erhält man nun folgendes Bild (Figg. 3, 4, 6). Der Innenseite der Antheren liegt die Outicula fest auf, ebenso der Aufsenseite. An der Aufspringungsstelle ist sie durchrissen. Dort aber, wo die äufseren Thecae der benachbarten Antheren einander gegenüber liegen, hat sich infolge der kräftigen . Umkrümmung der Antherenwand die Cuticula abgelöst und bildet 55 nun von Anthere zu Anthere eine Brücke. Diese Brücke besteht aus drei Abschnitten: dem Cuticularabschnitte der einen Anthere, der Verwachsungsstelle und dem Cutieularabschnitte der anderen Anthere. Sie ist oft so straff gespannt, dafs man von der Verwachsungsstelle nichts mehr sieht, sondern das Ganze wie ein homogenes Ligament erscheint (Fig. 4). Die zur Reifezeit die Antheren umspannende Cu- tieula, die übrigens stets relativ derb ist, besitzt eine grolse Wider- standsfähigkeit und ist nur schwer zum Zerreifsen zu bringen. Ich habe sie in keinem der untersuchten Fälle zerrissen gesehen — abge- sehen natürlich von den Stellen, wo die Antheren aufspringen. Sie bildete vielmehr ein mit Sudan immer deutlich zu machendes derbes Ligament. An den Stellen, wo die Cuticula abgelöst ist, liegt natürlich die Zellulosewand der Epidermiszellen frei. Es wäre nun das Natür- lichste, dafs die Cuticula an diesen Stellen regeneriert würde. Das findet aber nicht statt. Die Pflanze gibt die Gewebe der aufge- sprungenen Antheren, die ja ohnedies bald völlig zugrunde gehen, preis. Fassen wir die Ergebnisse zusammen, so läfst sich also sagen, dals weder eine Verklebung, noch eine eigentliche Verwachsung der Antheren — in dem üblichen Sinne — stattfindet, sondern dafs nur die Cuticulae auf kurze Strecke verwachsen und dafs das die Antheren verbindende Ligament von der abgelösten Cuticula gebildet wird. Figurenerklärung zu Tafel Il. Fig. 1. Artemisia Cina. Die Antheren aneinander geprefst, Die Verwachsung der Cuticula beginnt, „ 2. Erigeron spec, Die Verwachsung ist erfolgt. Die Ablösung beginnt (bei ). „ 8. Matricaria Ohamomilla. Die Antheren sind aufgesprungen. Die Cuti- cula ist an den Aufspringungsstellen zerrissen. Die Cuticula ist aufsen abgelöst, die Spannung beginnt (bei x). „4. Gaillardia, Die Antheren sind entleert. Die Cuticula umgibt als ein / Ligament die Antherenreihe. Bei z ist die Verwachsung noch zu sehen, bei x, nicht mehr. „5. Gaillardia. Die Antheren sind aufgesprungen, aber die Cuticula ist noch nicht zerrissen. x—x, die Partie, wo die beiden Cuticulae verwachsen sind, @« = aufsen, i = innen. „ 6. Gaillardia. Die Antheren aufgesprungen, die Cuticula bei s und r, zerrissen. <—x die Partie, wo die beiden Cuticulae verwachsen sind. a = aufsen, ö = innen. Über den Pollenschlauch von Cupressus. Von H. 0. Juel, Hierzu Tafel IIL, Die Veranlassung zu der folgenden Untersuchung gaben einige Versuche mit, verschiedenen Fixierungsflüssigkeiten, die ich im ver- gangenen Winter anstellte. Ich hatte nämlich bei mehreren Gelegen- heiten die Erfahrung gemacht, dafs die gewöhnlichen Fixierungsge- mische in etwas gröfsere Objekte, wie z. B. ältere Samenanlagen von Gymnospermen, ziemlich schlecht eindringen, so dafs die inneren Par- tien zuweilen gar nicht fixiert werden. Ich wünschte daher eine schnell und kräftig eindringende Fixierflüssigkeit ausfindig zu machen und bereitete mir zu diesem Zwecke eine Anzahl Lösungen von ver- schiedenen Zusammensetzungen, die ich an Samenanlagen von einigen Gymnospermen prüfte. Als Lösungsmittel verwendete ich im Allge- meinen schwachen Alkohol, der wahrscheinlich schneller als Wasser in die Gewebe eindringt. Und damit der fixierende Stoff nicht beim Eindringen hinter dem Lösungsmittel zurückbleibt, wählte ich vor- zugsweise solche Metallsalze, die sowohl in Wasser als in Alkohol leicht löslich sind, und machte die Lösungen etwas stärker als in den gewöhnlichen wässerigen Fixierungsgemischen. Von den geprüften Flüssigkeiten scheint mir die folgende nicht nur die beste, sondern auch wirklich gut zu sein: 2g Zinkchlorid, 2ccem Eisessig, 100cem 45—50proz. Alkohol, Die Objekte bleiben ungefähr 24 Stunden in der Fixierung und werden dann in 60proz. Alkohol gewaschen. Zum Färben der Schnitte eignet sich am besten Eisenhämatoxylin. Safranin-Gentiana-Orange gibt blasse Färbungen, die aber besser ausfallen, wenn man die Schnitte vor dem Färben einige Stunden lang mit Chrombeize behandelt. Ähnliche Lösungen von Eisen- oder Platinchlorid fixieren auch recht gut, aber sie zersetzen sich sehr schnell, indem der Alkohol in Aldehyd übergeht. Die Zinkflüssigkeit ist dagegen wenigstens 1—2 Monate lang haltbar. : In der eben beschriebenen Flüssigkeit habe ich Samenanlagen von Gymnospermen fixiert, darunter diejenigen von Callitris guadri- 57 valvis, welche ziemlich grols sind. Ich habe im allgemeinen eine gute und gleichförmige Fixierung aller Gewebe bekommen. Eine unüber- windliche Schwierigkeit bieten, wie zu erwarten war, die einen ge- wältig grolsen Saftraum enthaltenden Embryosäcke vor und während der Zellbildung. Denn an diesem Stadium tritt ein Zusammen- schrumpfen des Embryosacks unvermeidlich ein. Der Zellinhalt wird doch dabei gut fixiert. Auch zum Fixieren gröfserer angiospermer Samenanlagen, wie z. B. von Helleborus, fand, ich dieses Gemisch vor- züglich geeignet. Die grolsen Embryosäcke dieser Pflanze sind in allen Teilen gut fixiert und enthalten sehr schöne Kernfiguren. Als Versuchsobjekte hatte ich besonders die Samenanlagen zweier Cupressineen erwählt, nämlich Callitris quadrivalvis und Oupressus Goweniana, welche im Kalthaus aufgestellt zahlreiche Zapfen trugen, Ihre Samenanlagen waren fast ohne Ausnahme bestäubt und enthielten im Nucellus einen bis mehrere Pollenschläuche. Die Embryosäcke waren im Februar ziemlich ausgewachsen, aber enthielten im Plasma- schlauch nur freie Kerne. Um die Entwicklung etwas zu beschleu- nigen, wurde der Callitris-Baum in ein wärmeres. Zimmer gestellt, und gegen Ende April bekam ich an demselben völlig entwickelte Endosperme. Indessen waren diese nur in wenigen Fällen normal. Die meisten Samenanlagen waren taub und geschrumpft, andere ent- hielten normal aussehende Endosperme, die aber keine Spur von Archegonienbildung zeigten, noch andere hatten an der Stelle der Archegonien nur eine mit desorganisiertem Gewebe gefüllte Spalte. Auch die mit Archegonien versehenen waren nicht immer normal, sondern hatten zuweilen aufser der typischen, terminalen Archegonien- gruppe auch hie und da kleinere solche Gruppen an den Seiten des Endosperms. Ein anderes Anzeichen der Abnormität zeigten diese Endosperme von Callitris dadurch, dafs die Kerne der vegetativen Zellen von deutlich verschiedener Gröfse waren. Die Cypresse, welche indessen im Kalthaus stehen geblieben war, zeigte sich in der Entwicklung des Embryosacks gänzlich abnorm. Die Zellbildung blieb in fast allen Embryosäcken völlig aus. Die Kerne im Wandplasma waren dabei zum Teil riesig gro[s geworden, zum Teil in sehr kleine Kerne zerfallen (Fig. 5 Taf. ID). Noch am 11. Juni fand ich die meisten Embryosäcke in diesem Zustande. Andere waren ganz zusammengedrückt, wobei die Zellen der Chalaza einen gewaltigen Längenzuwachs erlitten hatten und den Raum er- füllten, den sonst das Endosperm einnehmen sollte. Nur einmal fand ich ein zelliges Endosperm mit jungen Archegonienanlagen. 58 Die Unregelmäfsigkeiten im Bau und in der Entwicklung der Endosperme dieser beiden Pflanzen lassen sich wahrscheinlich auf Unregelmäfsigkeiten im Verlauf der Kernteilungen im Embryosack zurückführen. Dafls die Kerne so ungleiche Gröfse haben, beruht wohl darauf, dafs sie sich amitotisch, statt mitotisch, geteilt haben. Die übermäfsig grofsen Kerne bei Cupressus (Fig. 5) sind wohl durch Kernverschmelzungen, welche schon mehrmals in Endospermen beob- achtet worden sind, entstanden. Inwiefern dieses unregelmäfßsige Ver- halten der Kerne auf die gleichmäfsige niedrige Temperatur, welcher die Pflanzen ausgesetzt gewesen, zurückzuführen ist, darüber wage ich keine Meinung auszusprechen. Der Pollenschlauch von Callitris quadrivalvis stimmt mit den- jenigen der bisher in dieser Beziehung untersuchten Cupressineen- gattungen Juniperus!) und Thuja?) in allem wesentlichen überein. Die deutlich umgrenzte generative Zelle mit ihrem grofsen Kern bleibt wenigstens sehr lange ungeteilt. Ich vermute, dafs sie sich wie bei jenen Gattungen gleich vor der Befruchtung in zwei Spermazellen teilt, aber ich hatte nicht Material genug, um dies konstatieren zu können. Bei Cupressus Goweniana ist der Pollenschlauch wie bei anderen Cupressineen anfangs dünn, aber sobald er ein bilschen im Nucellus vorgedrungen ist, erweitert er sich beträchtlich. Bei seinem weiteren Vordringen wächst er gern im Ziekzack und zeigt eine Neigung, seit- liche Ausstülpungen zu bilden. Dies beruht wahrscheinlich darauf, dals dem Vordringen des Pollenschlauches ein Auflockern oder we- nigstens eine chemische Veränderung der Zellwände im Nucellarge- webe vorausgehen mu/s. In der Spitzenregion des Nucellus ist das Gewebe sehr deutlich gelockert und die Veränderung des Gewebes dürfte allmählich nach unten vorschreiten, wenn auch eine sichtbare Lockerung des Gewebes hier nicht zustande gebracht wird. Wenn. nun der Pollenschlauch schneller wächst als die Veränderung des Nucellargewebes nach unten fortschreitet, so wird er dazu gezwungen, Ziekzackkrümmungen auszuführen oder seitliche Auswüchse zu bilden. Der ganze lebende Inhalt befindet sich wie gewöhnlich im ter- minalen Teil des Pollenschlauches. Hier liegt im Plasma eine ge- mischte Gruppe von Zellen und Kernen. Gegen die Schlauchspitze zu liegen zwei Kerne, die in Gröfse und Bau keinen merkbaren Unter- - 1) Belajeff, Ber. deutsch. bot. Ges., 11, 1898. 2) Land, Bot, Gaz., 36, 1902. 59 schied zeigen. Der eine dürfte der Kern des Pollenschlauches, der andere der Kern der sogen. Stielzelle sein. Gleich hinter diesen bei- den Kernen fand ich in einigen kleineren und wahrscheinlich jüngeren Schläuchen eine ziemlich kleine, nackte, aber scharf umgrenzte Zelle, die auch im Schlauchplasma eingebettet war (Fig. 1 Taf. II). Dies ist die noch ungeteilte generative Zelle. Aber in den meisten Schläuchen lag statt derselben eine Zellgruppe, welche durch Teilung der generativen Zelle gebildet war. Die Zellen dieses generativen Zellkomplexes sind die Spermazellen. Ihre Anzahl kann verschieden sein, wenigstens sind vier vorhanden, öfters acht oder zehn, in ein paar sehr kräftigen Schläuchen zählte ich ungefähr 20 Spermazellen (Fig. 2). Möglicherweise bezeichnet dies verschiedene Entwicklungs- stadien, aber ich möchte doch eher annehmen, dafs die Zahl der Spermazellen von dem schwächeren oder kräftigeren Wachstum und der Nahrungsaufnahme der Pollenschläuche abhängig ist. Die Form des generativen Zellkomplexes ist gerundet oder läng- lich, bei gröfserer Zellenzahl kann er auch eine unregelmälsige Form annehmen (Fig. 2). Die einzelnen Zellen zeigen nach aufsen gewölbte Flächen, während sie gegeneinander durch ziemlich gerade Wände begrenzt sind. Alle diese Wandungen sind sehr dünn, sie geben mit Chlorzinkjod keine Zellulosereaktion und sind wohl nur Plasma- häute. . Das Fehlschlagen des Endosperms und des weiblichen Ge- schlechtsapparats in den Samenanlagen von Cupressus Goweniana ver- hinderte die Pollenschläuche nicht, sich weiter zu entwickeln. In Samenanlagen, die am 11. Juni fixiert waren, fand ich Pollenschläuche, die in die tieferen Schichten des Nucellus, in ein paar Fällen sogar bis an den Embryosack, vorgedrungen waren. An diesem Entwicklungsstadium sind im generativen Zellkom- plexe wichtige Veränderungen eingetreten (Fig. 3 und 4). Der ganze Komplex hat an Umfang zugenommen indem die Spermazellen gröfser geworden sind. Ebenso sind ihre Kerne gröfser geworden, und sowohl diese als das Cytoplasma sind .an Inhalt reicher geworden. Die Spermazellen haben sich jetzt voneinander getrennt, so dafs sie nun- mehr nicht durch eine einfache, gemeinsame Haut vereinigt sind, sondern jede Zelle hat ihre eigene Plasmahaut und ist an den Ecken ein bifschen abgerundet. Die beiden vegetativen Kerne liegen un- verändert an der vorderen oder unteren Seite des generativen Zell- komplexes (Fig. 4). Dem Anschein nach sind die Spermazellen jetzt reif oder haben wenigstens ihre definitive Gröfse erreicht. 60 Der männliche Gamophyt von Cupressus unterscheidet sich also von demjenigen der übrigen Cupressineen erstens durch die gröfsere Anzahl der Spermazeilen nnd dann durch die frühzeitige Teilung der generativen Zelle. Bei allen anderen bisher untersuchten Phanerogamengattungen werden zwei befruchtende Körper (Spermatozoiden, Spermazellen oder Spermakerne) gebildet. Aber bei den Coniferen erleidet dieser zweizählige Complex zuweilen eine Reduktion. Bei Taxus') ist die eine Spermazelle sehr klein und verkümmert vor der Befruchtung, und. dasselbe scheint bei Podocarpus?) der Fall zu sein. Bei den Abietineengattungen. Pinus®), Picea*) und Abies®) teilt sich nur der Kern, nicht aber der Zellkörper der generativen Zelle, und von den beiden Spermakernen ist nur der eine bei der Befruchtung tätig. Alle diese Gattungen haben also in jedem Pollenschlauch nur einen wirk- lich befruchtenden Körper. Die Cupressineengattungen Biota®), Juni- perus?) und Thuja®) besitzen dagegen in jedem Pollenschlauch zwei vollkommen entwickelte Spermazellen, die auch beide imstande sind, je ein Archegon zu befruchten. Diese Cupressineen sind also unter den Coniferen die einzigen Gattungen, bei denen der zweizellige männliche Zellkomplex keine Reduktion erleidet. Da nun bei der Gattung Cupressus eine gröfsere Anzahl von Spermazellen auftritt, so fragt es sich, ob der mehrzellige generative Zellkomplex sich aus dem zweizelligen Typus entwickelt hat, oder um- gekehrt. Erstens ist dabei zu bemerken, dafs die Befruchtung einer Mehrzahl von Archegonien öfters schon durch das Eindringen meh- rerer Pollenschläuche in eine Samenanlage ermöglicht wird; und andrerseits würde die Befruchtung von mehreren Archegonien in einer Samenanlage überhaupt kaum einen Vorteil bringen, weil ja doch nur ein Embryo zur Reife gelangen wird. Es ist deshalb weit wahrscheinlicher, dafs die zahlreichen Spermazellen einen älteren j Typus darstellen, aus welchem der gewöhnliche .zweizellige Typus durch Reduktion hervorgegangen ist. 1) Strasburger, Histol.Beitr. IV; Belajeff,Ber.d, deutsch. Bot. Ges. 9, 1891. 2) Coker, Bot. Gaz. 33, 1902. 3) Ferguson, Ann. of Bot. 15, 1901. 4) Miyake, Ann. of Bot, 17, 1903. 5) Miyake, Beihefte Bot. Oentralbl, 14, 1903. 6) Strasburger, Histol. Beitr. IV. 7) Strasburger, l. e.; Belajeff, Ber. d. deutsch. Bot. Ges, 11, 1893. 8) Land, Bot. Gaz. 86, 1902. 61 Wenn wir also annehmen, dafs der Urtypus der Cupressineen- reihe einen mehrzelligen generativen Zellkomplex gehabt hat, so kann diese Reihe nicht aus den noch existierenden, Spermatozoiden er- zeugenden Typen, den Cycadeen und Ginkgoeen, abgeleitet werden. Denn in dieser phylogenetischen Reihe ist eine Reduktion der Zellen- anzahl bis auf’zwei schon durchgeführt, ehe noch ein Übergang von Spermatozoiden zu unbeweglichen Spermazellen stattgefunden hat, während dagegen in derjenigen phylogenetischen Reihe, welcher die Cupressineen angehören, der Übergang zu unbeweglichen Sperma- zellen eingetreten sein mufs, ehe die Reduktion der Zellenzahl statt- gefunden hatte. Als Stammform der jetzigen Cupressineen müssen wir einen Typus annehmen, dessen männlicher Gamophyt mehrere Spermatozoiden erzeugt hat. Es wird wohl ziemlich allgemein vermutet, dafs das mehr- zellige Gebilde, das in den Pollenkörnern oder Mikrosporen der Cor- daiten regelmälsig wahrgenommen wird, ein Spermogon darstellt, das wahrscheinlich in jeder Zelle ein Spermatozoid erzeugt hat.) Wenn diese Deutung richtig ist, so ist jener Zellkomplex im Cordaiten- pollen das Homologon des generativen Zellkomplexes bei Cupressus, von welchem er sich dadurch unterscheidet, dafs er sich innerhalb des Pollenkorns vor dessen Keimung (die vielleicht durch direktes Ausschwärmen der Spermatozoiden stattfand) angelegt wird. Ob die Cupressineen von den Cordaiten abstammen können, ist eine Frage, auf die ich mich nicht einlasse; aber jedenfalls kann unter den Vorfahren der Cupressineen irgend ein Typus existiert haben, dessen Pollenkorn ein solches mehrzelliges Spermogon enthalten hat. Bei Cupressus dürfte der generative Zellkomplex zwar nicht im Pollenkorn, s sondern im Pollenschlauch gebildet werden, aber die Tei- lung der generativen Zelle findet doch weit früher statt als bei den anderen Cupressineen, und auch dieser Umstand trägt dazu bei, diese Gattung als einen älteren Typus zu charakterisieren. Aus dem Umstand, dafs der männliche Geschlechtsapparat bei den Cupressineen überhaupt, und bei Cupressus im besondern einen weniger reduzierten Charakter hat als bei den übrigen Koniferen, darf natürlich nicht geschlossen werden, dafs jene als Stammformen von diesen zu betrachten sind. Nur die Cupressineen sind so orga- nisiert, dafs jede der in einem Pollenschlauch erzeugten Spermazellen als solche funktionieren kann. Hier liegen ja die Archegonien zu 1) Potoni6, Lehrb. der Pflanzenpaläontologie pag. 270; Oliver, The ovules of the older Gymnosperms. Ann. of Bot. 17, 1903, pag. 455. 62 einem einzigen Haufen zusammengedrängt, und die Spitze des Pollen- schlauches kann sich über alle oder wenigstens mehrere ihrer Mün- dungen ausbreiten und seine Spermazellen auf dieselben verteilen. Bei den anderen Coniferen trifft jeder Pollenschlauch nur auf ein Arche- gon, und das Funktionieren mehrerer Spermazellen in einem Pollen- schlauche ist daher ausgeschlossen. Diese verschiedenen Organisationen im Geschlechtsapparate bilden für das System sehr wichtige Charak- tere, welche darauf hinweisen, dafs die Cupressineen wahrscheinlich eine von den übrigen Coniferen früh abgetrennte und mit ihnen pa- rallel laufende phylogenetische Reihe bilden. Und in dieser nimmt die Gattuug Oupressus mit ihren zahlreichen und früh angelegten Spermazellen die unterste Stufe ein. Upsala, den 22. August 1903. Erklärung der Tafel ill. Cupressus Goweniana. Fixierung Zinkchlorid-Essigsäure-Alkohol, — Seiberts Ölimm. 1/.., Ok. 0. Vergröfserung 530. Fig. 1. Spitze eines kleinen Pollenschlauches mit zwei vegetativen Kernen und ungeteilter generativer Zelle, „ 2. Spitze eines älteren, sehr grofsen Pollenschlauches -mit zwei vegetativen Kernen und einem generativen Zellkomplex von ungefähr 20 noch zu- sammenhängenden Spermazellen, » 3. Querschnitt einer Pollenschlauchspitze an einem weit späteren Entwick- lungsstadium. Spermazellen sehr grofs, getrennt. „ 4. Längsschnitt einer Pollenschlauchspitze an demselben Stadium. Sperma- zellen grofs, getrennt. Vor ihnen die beiden vegetativon Kerne, „ 5. Partie vom Wandplasma eines abnorm sich entwickelnden Embryosacks, Kerne von sehr verschiedener Gröfse. Literatur. Meyer, Arthur, Praktikum der botanischen Bakterienkunde. Jena (G. Fischer) 1903. Unter einem gedruckten „Praktikum“ versteht man im allgemeinen ein Lehrbuch, welches in der Praxis des Hochschulunterrichts den Übungen zugrunde gelegt werden kann. Für das vorliegende Werk hat das aber nur in schr be- schränktem Mafse Geltung. Eine systematische Durcharbeitung und Verteilung des Stoffes, welche den Prinzipien der Pädagogik Rechnung trägt, wird gänzlich vermilst. Um in der zweiten Übung Nährgelatine bereiten zu können, soll z. B, der Praktikant ein Kapitel von 16 Druckseiten, d. i. den zehnten Teil des ganzen Buches, mit chemischen Formeln und Rezepten, mit Tabellen und detaillierten Literaturnachweisen vorher zu Hause durchstudieren. Wenn das, wie der Verf, betont, gefordert wird, damit „der Praktikant wissen kann, weshalb er seine Arbeit so und nicht anders ausführen darf und in Fällen, die nicht vorgesehen sind, auch 63 später selbständig vorgehen kann“, so wäre es meines Erachtens zweckmäfsiger, wenn der Kursleiter während der Arbeitszeit dem Praktikanten mündlich die nö- tigen Aufschlüsse gibt und ihn bezüglich der etwa noch möglichen Fälle, die in der Übung nicht vorgesehen sind, auf eigenes Nachdenken und auf das Literatur- studium verweist. Auf die räumlichen Verhältnisse und die übliche Ausrüstung der Unterrichtsiaboratorien ist gleichfalls keine Rücksicht genommen. Soviel Heifsluftkästen anzuschaffen, dafs auch nur ein halbes Dutzend von Praktikanten gleichzeitig die vorgeschriebene Übung 1 ausführen kann, dürften wohl wenige Vorstände botanischer Laboratorien geneigt sein. So behält also das Buch seinen Wert als Praktikum nur für den Fall, dafs ein einzelner Praktikant, dem ein ganzes, wohlausgerüstetes Laboratorium zur Verfügung steht, möglichst ohne fremde Hilfe lernen will, „wie man Bakterienspezies fängt, kultiviert, beschreibt und bestimmt“; und auch dann noch erscheint der Weg im Verhältnis zu dem erstrebten Ziel zu umständlich. Die theoretischen Abschnitte enthalten gar zu vieles, was auf die in den Übungen nicht vorgesehenen Fälle Bezug hat und „was man nicht nützt, ist eine schwere Last“, besonders beim Selbstunterricht und für jemand, der neben der Methode der bakteriologischen Forschung noch allerlei andere Dinge zu lernen hat, Sieht man von dem unzutreffenden Titel ab, den der Verfasser für sein Werk gewählt hat, so erweist sich dasselbe als ein in vielen Fällen recht brauch- bares Nachschlagewerk über die Methoden und Ergebnisse der botanisch-bakterio- logischen Forschung, das besonders auch, weil es die wichtigere Literatur bis auf die Gegenwart berücksichtigt und weil es mit Übergehung aller rein techno- logischen und medizinischen Dinge die botanische Seite der Bakteriologie in den Vordergrund stellt, neben den eingebürgerten umfänglicheren Werken von Heim, Hueppe u. a. m. in den Laboratoriumsbibliotheken einen Platz verdient. Giesenhagen. Martin, Ch. Ed., Le „Boletus subtomentosus‘“ de la Rögion Genevoise. Beiträge zur Kryptogamenflora der Schweiz. Bd. II Heft 1. Bern 1903. Mit Recht beklagt der Verfasser den Zustand der Verwirrung in der Be- nennung und Artumgrenzung der Hutpilze, die zum grofsen Teil auf die Sorg- losigkeit und Ungenauigkeit der älteren und auch der neueren Bearbeiter zurück- zuführen ist, zum Teil aber auch bedingt wird durch die aufserordentliche Viel- gestaltigkeit einzelner Arten, die eine alle Fälle einschliefsende Diagnose, wenn sie nicht von zahllosen 'naturgetreuen Abbildungen begleitet ist, für die Wieder- erkennung der Art fast wertlos macht. Der Verfasser hat seine Studien auf eine einzige Art, Boletus subtomentosus, beschränkt, deren weitgehende Variationsfähig- keit bereits von P. Bulliard hervorgehoben worden ist. Er kommt zu dem Schlufs, dafs die Formenbildung zu dem Standort in gewisser Beziehung steht, dafs die ebweichenden Formen in verschiedenen Gegenden verschieden auftreten, dafs Boletus chrysenteron Bull. und B. irideus Rost. zu Boletus tomentosus ge- hören. Einen besonderen Wert verleihen der sorgfältigen Arbeit die 18 Tafeln mit zahlreichen naturgetreuen Abbildungen von Exemplaren des. Pilzes aus der Umgebung von Genf, auf deren Studium die Angaben der Arbeit beruhen. Giesenhagen. Düggeli, Max, Pflanzöngeographische und wirtschaftliche Monographie des Sihltales bei Einsiedeln (Arbeiten aus dem Botan. Museum des 64 eidgenöss. Polytechnikums in Zürich XI). Zürich, Zürcher & Furrer 1903. pag. 222. Das dem Botaniker von alter Zeit her bekannte, viele wertvolle Schätze bergende Sihltal bei Einsiedeln, welches Hochtal durch ein auffallend rauhes und kaltes Klima ausgezeichnet ist, soll in nächster Zeit auf eine Fläche von ca. 12 Quadratkilometern in einen Stausee umgewandelt werden. Die langgestreckte, düstere Ebene mit ihren interessanten, ausgedehnten, etwas melancholisch wirken- den Hoch- und Flachmooren, welche nur von wenigen Kulturflächen, vereinzelten Wiesenstreifen und kleinen Gebüsch- und Waldpartien unterbrochen werden, s0- wie auch die 98 auf dem Gebiete des projektierten Sees liegenden Wohnhäuser und vielen Torfhütten werden auf ewige Zeiten verschwinden und einer lachenden Seefläche, umgeben von frischen Weiden und Wäldern, Platz machen müssen, Der Verfasser fafste deshalb den Plan, dieses dem Untergange geweihte Vegetations- gebiet nach allen Seiten hin exakt und gründlich zu erforschen und festzuhalten, um damit auch zugleich die Grundlage für die spätere Neubesiedelung des See- beckens zu schaffen. Den geographischen, geologischen und klimatologischen Abschnitten folgt‘ zunächst ein ausführlicher, äufserst vollständiger Florenkata log, von dem einfachsten Phytoplankton bis hinauf zur vollendeten Komposite. Grofsen. Wert legte der Verfasser besonders auf die niedere Schwebeflora des Wassers, deren Weiterentwicklung im zukünftigen Seebecken. besonders studiert werden soll. Von pflanzengeographischem Interesse sind besonders die folgenden Phanerogamen, die auch auf der beigegebenen pflanzengeographischen Karte ein- getragen sind. Es sind dies: eine seltene Graminee, das wohlriechende Marien- gras (Hierochloe odorata Wahlnb.), Malaxis paludosa Sw., welch kleines Knaben- kraut in der Schweiz nur hier angetroffen wird, zwei seltene Juncaceen (Juncus stygius L. n. supinus Moench.), die Zwergbirke (Betula nana L.), der Siebenstern (Trientalis Europaea L.), eine typische Hochmoorpflanze (Saxifraga hirculus L.), Meum athamanticum L., Lysimachia tyrsiflora L., Orchis Traunsteineri ete. Weitere Kapitel behandeln in ausführlicher Weise die Pflanzengenossenschaften und deren Zusammensetzung. Verschiedene Profile durch die Hoch- und Flach- moore tragen wesentlich zum leichtern Verständnis des Stoffes bei. Geschichte und Herkunft der Pflanzen "werden auch kurz berührt. Den Abschlufs bilden Kapitel über die wirtschaftlichen Verhältnisse, sowohl in historischer Zeit als auch in der Gegenwart unter Benützung. von zahlreichen handschriftlichen Quellen, vor allem aus dem Stiftsarchiv von Einsiedeln. Hegi. Atlas der Diatomaceenkunde von Dr. A. Schmidt (Fortsetzung unter dem Titel: Vorläufige Erläuterungen zu Dr. A. Schmidts Atlas der Diatomeenkunde, herausgeg&ben von Dr. H. Heiden, Rostock i. M. . Leipzig, O. R. Reisland. Der Schmidt’sche Atlas ist als unentbehrliches Hilfsmittel für das Studium der Diatomeen allgemein bekannt. Es ist deshalb sehr erfreulich, dafs nach dem Tode des Verfassers ein anderer gründlicher Diatomeenkenner sich zu einer Er- gänzung des wichtigen Werkes entschlossen hat. Die vorliegende Lieferung bringt auf 4 Tafeln die schön gezeichneten Abbildungen einer Anzahl teils fossiler, teils recenter Diatomeen; für die nächste Lieferung sind Formen von Nansens Nord- . polexpeditionen und der dänischen Grönlandexpedition in Aussicht gestellt. K.G. Flora, 1904. 93.Bd. Tall. Flora 1904,93.Band. a TaRı LSThumas.Litk.Inst, Berlin 5.853. Flora 1904,93. Band. Jael delin. 4J1'YOmaS.hÜR Inst,Berür 8.33 Zu Kaufen gesucht: , Flora, Allgem. botan. Zeitung, Bd. 1-87, 1818-99. Gefl. Angebote zu richten an S. Calvary & Co., Buchhandlung, Berlin, NW. T. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, - Marburg (Hessen). Soeben erschien: Pflanzenphysiologie Dr. F. a. Kohl, Professor der Botanik in Marburg. Vorträge, gehalten im Kursus wissenschaftlicher Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen zu Marburg. Preis Mk. 1.60. N. G. Eiwert’sche Verlagsbuchhandiung, Marburg (Hessen). In unserem Verlage erschien: Pflanzenbiologische Schilderungen. Von K. Goebel. 2 Teile. Mit 31 Tafeln und zahlreichen Holzschnitten, ‚Im Preise von Mk. 38.— auf Mk. 15.— ermäfsigt. Physiologische Notizen. Von Julius Sachs. Als Sonderabdruck aus der Zeitschrift „Flora“ 1892—1896 herausgegeben und bevorwortet von K. Goebel. Mit Bild von Julius Sachs. Preis Mk. 4.50. Druck von Val. Höfling, München, Lämmerstr. 1. FLORA ALLGEMEINE. BOTANISCHE: ZEITUNG FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER 'KEL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. . HERAUSGEBER: Dr. K. GORBEL Professor der Botanik in München, 93. BAND. JAHRGANG 1904. Heft mit 1 Tafel und 45 Textfiguren. Erschienen am 6, Februar 1908. Inhalt: J. P. LOTSY, Die Wendung.der Dyaden beim Reifen der Tiereier als Stütze für die.Bivalenz der Chromosomen nach der numerischen Reduktion . Seite 6586 . ZYGMUNT WOYCICKI, Einige neue Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Basidiobolus Ranarum Eidam . Henn ee ,.n. 89-97 K. GOEBEL, Morphologische und biologische Bemerkungen. 15. Regeneration “ bei Utricularia . . . „ 98—126 C. STEINBRINCK, Über dynamische Wirkungen innerer Spannungedifferenzen von Flüssigkeiten und ihre Beziehung zum Saftsteigeproblem der Bäume „127-154 F.W. C. ARESCHOUG, Zur Frage der Salzausscheidung der Mangrove- pflanzen und anderer mit ihnen zusammen wachsender Strandpflanzen . „155-160 F. W. NEGER, .Über die Bildung von hib:rnakelähnlichen Sprossen bei Stelaria emorum 202 en en. ven. 160-163 LITERATUR: H, Klebahn, Die wirtswachsenden Rostpilze. — Vegetations- bilder. Herausgegeben von G. Karsten und H. Schenck. — On the phy- sics and physiology of protoplasmie streäming in plants. ByA.J. Ewart. — Grundrifs der Naturgeschichte des Pflanzenreichs. Bearbeitet von Günther Ritter Beck von Mannagetta. -— Die europäischen Laubmoose, beschrieben und gezeichnet von G. Roth. — Handbuch der systematischen Botanik. Von R. Ritter von Weitstein. — Vorlesungen über Pflanzen- physiologie von Dr. L. Jost. — Strasburger, Noll, Schenck, Karsten, Lehrbuch der Botanik . B . B . . . . . . . „ 163-166 MARBURG. N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1904. Ba5- Diesem Hefte liegen Prospekte der Verlagsbuchhandlungen von Arthur Felix in Leipzig und Eugen Ulmer in Stuttgart bei, auf die besonders aufmerk- sam gemacht wird. - Bemerkung. Das Honorar beträgt 25 Mk. pro Druckbogen, für die Literaturbesprechungen '80 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei, Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb, einfache Tafel Mk. —,30 s 20 n » ” ” 2.50 » ”„ n ” ” —.60 ” 30 ” ” » ” 3.80 » ” » E „90 nr 40 n ” n ” 3. an... » ” ” 1.20 ” 50 n n 9» 7 6.50 » n ” ” n 1.50 ” 60 » » ” nn 8, n ” ” „» 2— n 70 n n „ » 920 „ on n n „2.50 „ 80 n D) ”. 'n 1050 „ ” n ” „8. „-.% n n Pi ” 11.50, „ Pi " » „3.50 „»„ 100 „ 13.50 „ ” n ” „ .%- ” ” n Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- riert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert, Die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- rechnet werden, so mufs dieselbe Barzahlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat der Verfasser die Kosten der Übersetzung zu tragen. Korrekturentschädigungen, die von der Druckerei für nicht verschuldete Korrekturen in Anrechnung gebracht werden, fallen dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes, Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. - Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen und zahlreichen Tafeln in 3 bis 5 Heften. Nach Bedürfnis schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, welche besonders berechnet werden. ; Manuskripte und Literatur für’ die „Flora“ sind an den Herausgeber, - Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Luisenstrafse 27/11, zu senden, Korrek- turen an die Druckerei von Val. Höfling, München, Lämmerstrafsel. Alle geschäftlichen Anfragen etc, sind an die unterzeichnete Verlagshandlung zu richten, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). r S alataylakatayn f u VERZEICHNIS A Botanischer Werke K aus dem Verlage von Arthur Felix in Leipzig. anmnnmnnnnrnnnentnne®N Die in vorliegendem Verzeichnis angeführten Bücher sind durch jede Sortiments-Buchhand- M A lung zu beziehen; wo der Bezug auf Schwierig- N keiten stossen sollte, liefert die Verlagsbuch- handlung direkt und franko gegen vorherige Einsendung oder Nachnahme des Betrags. & INDIEN \ I Pilze. Brefeld, Prof. Dr. Oscar, Botanische Untersuchung über ! _ . ? Schimmelpilze. I. Heft. Mucor Mucedo, Chaetocladium Jones’i Pipto- cephalis Freseniana. Zygomyceten. Mit 6 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1872. VII, 64 S. Brosch. M. ı1.—. II. Heft. Die Entwickelungsgeschichte von Penicillinm. Mit 8 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1874. IV, 98 5. Brosch. M. 15.—. II. Heft. Basidiomyceten I. Mit ı1 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1877. V, 226 S. Brosch. M. 24.—. IV. Heft. /. Kulturmethoden zur Untersuchung der Pilze. 2. Bacillus subtilis. 3. Chaetocladium Fresenianum. 4. Pilo- bolus. 5. Mortierella Rostafinskü. 6. Entomophthora radicans. 7. Peziza tuberosa und P. Sclerotiorum. &. Picnis sclerotivora. 9. Weitere Untersuchungen von verschiedenen Ascomyceten. 10. Bemerkungen zur vergleichenden Morphologie der Ascomy- ceten. Il. Zur vergleichenden Morphologie der Pilze, Mit to lithogr. Tafeln. gr. 4. 1881. VII, ı9ı S. Brosch. M. 20.—., Die Fortsetzung erschien unter dem Titel: Brefeld, Prof. Dr. Oscar, Botanische Untersuchungen über Hefen- u - ! pilze. Fortsetzung der Schimmelpiize. Untersuchungen aus dem Gesammtgebiete der Mykologie. V. Heft. Die Brandpilze I. (Ustilagineen) mit besonderer Be- rücksichtigung der Brandkrankheiten des Getreides. ı. Die künst- liche Kultur parasitischer Pilze. 2. Untersuchungen über die Brand- pilze, Abhandlung I—XXTIL 3. Der morphologische Werth der He- fen. Mit 13 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1883. VIII, 220 S. Brosch.M. 25.—. Die Fortsetzung erschien unter dem Titel: Untersuchungen aus dem Gesammt- Breield, Prof. Dr. Oscar, gebiete der Mykologie. Fort- setzung der Schimmel- und Hefenpilze. VI. Heft. Myxomyceten ] (Schleimpilze) : Polysphondylium violaceum und Dietyostelium mucoroides. Entomophthoreen I: Conidiobolus utriculosus und minor. Mit 5 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1884. VI, 78 S. Brosch. M. 10.—. VI. Heft. Basidiomyceten II: Protobasidiomyceten. Die Untersuchungen sind ausgeführt im Königlichen botanischen Institute in Münster i. W. mit Unterstützung der Herren Dr. G. Istvänffy und Dr. Olav Johan-Olsen. Mit ıı lithogr. Tafeln. gr.4. 1888. XII, 178 S. Brosch. M. 28.-—-. VIII. Heft. Basidiomyceien Il: Autobasidiomyceten und die Begründung des natürlichen Systemes der Pilze. Die Unter- suchungen sind ausgeführt im Königlichen botanischen Institute in Münster i. W. mit Unterstützung der Herren Dr. G. Istvänffy und Dr. Olav Johan-Olsen. Mit ı2 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1889. IV, 305 S. Brosch. M. 38.—. Flechten. , Entwicklungsgeschichte und Morphologie der Krabbe, Dr. G,, polymorphen Flechtengattung Cladonia. Ein Beitrag zur Kenntniss der Ascomyceten. Herausgegeben mit Unterstützung der k. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Mit rz Tafeln. gr.4. 1891. VIII, 1608. Brosch. M. 24.—. Morphologie. ı ., Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Winogradsky, 5, Bakterien. Heft I. Zur Morphologie und Physiologie der Schwefelbakterien. Mit 4 lithogr. Tafeln. gr. 8. 1888. VII, ı20 $. Brosch. M. 6.40. Zopf Prof. Dr. W. Beiträge zur Physiologie und Morphologie . ’ niederer Organismen. Aus dem krypto- gamischen Laboratorium der Universität Halle a. S. ı. Heft. Mit 3 lithogr. Tafeln. gr. 8. 1892. Vl, 97 S- Brosch. M. 5.60. 2. Heft. Mit 5 lithogr. Tafeln. gr.8. 1892. 568. Brosch. M. 5.—. 3. Heft. Mit 3 lithogr. Tafeln und ı0 Textabbildungen. gr. 8. 1893. 74 S, Brosch. N. 5. -- 4. Heft. Mit 5 lithogr. Tafeln. gr. 8. 1168. Brosch.M.9.—. 5. Heft. Mit 2 lithogr. Tafeln, ı Lichtdrucktafel und 3 Textfiguren. gr. 8 1895. 72 S. Brosch. M. 6.—. Zellen. Studien über Protoplasmamechanik. Berthold, Prof, Dr. G., Mit 7 Tafeln. gr. 8. 1886. XII, 332 S. Brosch. M. 14.—- Meve Arthur Das Chlorophylikorn in chemischer morpholo- yer ? gischer und biologischer Beziehung. Ein Bei- trag zur Kenntniss des Chlorophylikorns der Angiospermen und seiner Metamorphosen. Mit 3 Tafeln in Farbendruck. gr. 4. 1883. VII, 91 S. Brosch. M. 9. Gewebe. Winogradsky, siehe unter Morphologie. Zopf, siehe unter Morphologie. Systematik und Pflanzengeographie. ‘1 _ Die Vegetationsverhältnisse im Gebiete Trommer, Ernst Emil, der oberen Freiberger Mulde. Mit einer geologischen Karte der Umgebung von Freiberg. (Sep.- Abdruck aus dem neunten Jahresberichte der Realschule I. Ord- nung zu Freiberg.) gr. 4 1881. 36 S. Brosch. M. 1.50. Paläophytologie. Solms-Laubach, Prof. H. Graf zu, Einleitung in die Paläo- phytologie. Vom bo- tanischen Standpunkte aus bearbeitet. Mit 49 Holzschnitten. gr. 8. 1887. VII 416 S. Brosch. M. 17. -. Verschiedenes. Aderhold, Dr. Rudolf Generalregister der ersten fünfzig Jahr- . > gänge der botanischen Zeitung. gr. 4- 1895. V, 392 Spalten. Brosch. M. 14.—- 1 Das Mikroskop und die wissenschaft- Vogel, Prof. Dr. Julius, lichen Methoden der mikroskopischen Untersuchung in ihrer verschiedenen Anwendung. Vierte Auflage, vollständig neu bearbeitet von Dr. Otto Zacharias unter Mit- wirkung von Prof. Dr. FE. Hallier in Jena und Prof. Dr. E. Kalkowsky ebendaseibst. gr. 8. 1885. IV, 28858. Brosch. M. 6.—. Angewandte Botanik. Berg, Dr. O. C. und C. F. Schmidt, Atlas der offizinellen ? Pflanzen. Darstellung und Beschreibung der im Arzneibuche für das I!cutsche Reich erwähnten Gewächse. Zweite verbesserte Auflage von Dar- stellung und Beschreibung sämmtlicher in der Pharmacopoca Borussica aufgeführten offizinellen Gewächse, Herausgegeben durch Dr. Arthur Meyer, Prof. an der Universität Marburg, und Dr. K. Schumann, Prof. und Kustos am kgl. bot. Museum in Berlin. Band I. Die Sympetalen. Mit Tafel I-XLIV. VII und 129 S. Text. Geb. M. 56.-—. Band II. Die Choristopetalen (I. Hälfte). Mit Tafel XLV—XCIV. IVund 131 8. Text. Geb.M. 64.—. Band III. Die Choristopetalen (IT. Hälfte). Mit TafelXCV—-CXXXII. 102. Text. Geb. M. 48.—. Band IV. Die Monocotyledonen, Gymno- spermen und Kryptogamen. Mit Tafel CXXXII - CLXIH. Il und ® 728. Text. Geb.M. 42.—. Auch in 28 Lieferungen mit je 6 Tafeln in Handcolorit und ca. 2 Bogen Text. Brosch.aM. 6.50 zu beziehen. : ı Berichte der Versuchsstation für Zucker- Krüger, Dr. Wilhelm, rohr in West-Java, Kagok-Tegai (Java). Heft IL Mit 2 lithogr. Tafeln und ı Autotypie. gr. 8. 1896. VIN, 273 S. Brosch. M. 6.50. Solms-Laubach, Prof. H. Graf zu, Weizen und Tulpe und deren Geschichte. Mit ı Tafel in Hand-Kolorit. Lex.-8. 1899. IV, 116S. Brosch. M. 6.50. Oekologie. Die Schutzmittel der Pflanzen gegen Thiere Kuntze, Dr. Otto, und Wetterungunst und die Frage vom salz- freien Urmeer. Studien über Phytophylaxis und Phytogeogenesis. gr. 8. 1877. 151 S. Brosch.M. 4.—. Botanische Zeitung. Jährlich 52 Nrn. mit Holzschnitten und lithogr. Tafeln. gr. 4. Red.: H. Graf zuSolms-Laubach, J. Wortmann, Jahrgang XLI—XLIL 1883-—84. a M. 22.— Botanische Zeitung. ı2 Hefte und 24 Nrn, jährlich, gr. 4. Red.: H. Graf zu Solms-Laubach, J. Wortmann. Jahrgang XLIU—LV. 1885 — 97. aM. 22,— Red.: H. Graf zu Solms-Laubach, Friedrich Oltmanns. Jahrgang LVI-LXI. 1898 — 1903. aM. 24.— Folgende Werke sind nur noch in geringer Anzahl vorrätig. Pilze. Ascherson Dr. M., Pe Fungis venenatis. Commentatio a , ? facultate medica Universitatis literariae Berolinensis praemio aureo ornata. 8. maj. 1828. VIII, 52 pag. Brosch. M. 1.—. Algen. de Bar rof. ., Bericht über die Fortschritte der Algen- Y; Prof._A ” kunde in den Jahren 1855, 1856 und 1857. (Sep.-Abdruck aus der Botan. Zeitung.) kl. 4. 1858. 45 S. Brosch. M. 2.40. Physiologie. aspar , „ Über Wärmeentwickelung in der Blüthe der c Spaty, Dr. Rob * Vietoria regia. Mit 4 lithogr. Kurven- tafeln. gr. 8. 1856. 48 S. Brosch. M. 2.—. Entwickelungsgeschichte. i Beiträge zur Entwickelungs- Hartig, Prof. Dr. Theodor, geschichte der Pflanzen. Mit besonderer Beziehurg auf die vom Prof. Dr. M. J. Schleiden in dessen »Grundzüge der wissenschaftlichen Botanik« Bd. I (1843) gegen meine neueren physiologischen Arbeiten erhobe- nen Einwendungen. Mit ı Tafel Abbildungen. gr.4. 1843. 308. Brosch. M. 1.50. Folgende Werke sind im Preise herabgesetzt. Allgemeines. Lehrbuch der Botanik für Gymnasien, Real- Goldmann, Dr. J., und Gewerbeschulen. 2 Abtheilungen. Mit 4 lithogr. Tafeln und Abbild. im Text. gr. 8. 1852 53. Brosch. M. 2.-—. I. Abtheilung. Organographie, Anatomie und Physiologie. Mit 4 lithogr. Tafeln und Abbildg. im Text. gr. 8. 1852. XI, 156 S. Brosch. M. 1.—. II. Abtheilung. Systemkunde, Schilderung der wichtigsten Pflanzenfamilien, Kultur-, Handels- und Giftpflanzen. Mit Ab- bildg. im Text. gr. 8. 1853. IV, 22ı S. Brosch. M. 1 —. Müller, Dr. Karl, Per Pflanzenstaat oder Entwurf einer Ent- ? wiekelungsgeschichte des Pflanzenreiches. Eine allgemeine Botanik für Laien und Naturforscher. Mit Abbild. in Tondruck und vielen in den Text eingedruckten Holzschnitten. gr. 8. 1860. XXVI, 599 S. (3 Lieferungen.) Brosch. M. 4.--; in englischem Einband geb. M. 4.60. Pilze. Hoffmann, Prof. Herm., !dex fungorum, sistens icones et 2 ? specimina sicca nuperis temporibus edita; adjectis synonymis. Indieis mycologiei editio aueta. Lex.-8. 1863. VI, 153 S. Brosch. M. 4.—. Rostafinski, J. u. M.Woronin, Über Botrydium granulatum. Mit 5 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1877. ı8 S. Brosch. M. 3.—. Algen. Untersuchungen über die Familie der Con- de Bary, Prof. A., jugaten (Zygnemeen und Desmidieen). Ein Beitrag zur physiologischen und beschreibenden Botanik. Mit 8 lithogr. Tafeln. gr. 4. 1858. VI, gr S. Brosch. M. 9.-. Hansgirg, siehe Physiologie. Itzigsohn, Dr. Herm. Über den männlichen Geschlechtsapparat ! ? hei Spirogyra und einigen anderen Con- ferven. Mit ı Tafel Abbild. gr. 8. 1853. 198. Brosch. M. —.30. in „, Beiträge zur Kenntniss der Tange. lieft1. Über Rostafi sky, I das Spitzenwachsthum von Fucus vesiculosus und Himanthalia lorea. Mit Tafel I-M. gr. 8. 1876. ı8 5. Brosch. M. 1.60. Farnpflanzen. { Filices Europae et Atlantidis, Asiae minoris Milde, Prof, Dr. J., et Sibiriae. /. Filices, Equiseta, Lycopodia- ceae et Rhizocarpeae Europae, insularum Madeirae, Canariarum, Azoricarım, Promontori viridis, Algeriae, Asiae minoris et Sibiriae. 2. Monographia Osmundarum, Botrychiorum et Equi- setorum omnium hucusque cognitorum. gr.8. 1867. IV, zır S. Brosch. M. 4.— Flechten. Stahl, E., Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Flechten. Heft I. Über die geschlechtliche Foripflanzung der Colle- maceen. Mit4lithogr. Tafeln. gr.8. 1877. 55S. Brosch.M. 3. Heft II. Über die Bedeutung der Hymenialgonidien. Mit 2 lithogr. Tafeln. gr. 8. 1877. 32 S. Brosch. M. 2.—. Moose. i Bryologia Silesiaca. Laubmoos-Flora von Milde, Prof. Dr. 3, Nord- und Mittel-Deutschland, unter be- sonderer Berücksichtigung Schlesiens und mit Hinzunahme der Floren von Jütland, Holland, der Rheinpfalz, von Baden, Franken, Böhmen, Mähren und der Umgegend von München. gr. 8. 1869. IX, gro S. Brosch. M. 5.—. Müller, Dr. Karl, Synopsis muscorum frondosorum omnium . * hucusque cognitorum. 2 Bände. gr. 8. 1851. VIH, Sız und 772 S. Brosch. M. ı12.-—. 1 Die Entwicklung der Sporogone von Waldner, Dr. Martin, Andreaea und Sphagnum. Mit 4 lithogr. Tafeln. gr. 8. 1887. 25 S. Brosch. M. 1.60. Physiologie. Die stärkeumbildenden Fermente Baranetzky, Prof. Dr. in den Pflanzen. Mit ı lithogr. Tafel. gr. 8. 1878. 64 S. Brosch. M. 1.—. N Physiologische und algologische Hansgirg, Prof. Dr. Anton, Studien. Mit 4 lithogr. Tafeln, theilweise in Farbendruck. gr.4. 1887. 1V, 1888. Brosch. M. 15.—. Systematik und Pflanzengeographie. Hasskarl, J. K., Plantae javanicae rariores adjeetis nonnullis ? ? exotieis in Javae hortis cultis. gr. 8. 1348. XIV, 554 S. Brosch. M. 3.—. Untersuchungen zur Klima- und Boden- Hofimann, Prof. Herm., kunde mit Rücksicht auf die Vegetätion. Mit ı Karte. (Sep.-Abdruck zus der Botan. Zeitung, 1865") gr. 4. 1865. 1248. Brosch. M. 4.—-. Hoffmann, Prof. Herm., Witterung und Wachsthum oder Grund- u ? züge der Pflanzenklimatologie. Mit ı lithogr. Tafel in Farbendruck. gr. 8. 1857. IV, 583 S. Brosch. M. 6.—. Kuntze, Dr. Otto, Revisio generum plantarum vascularium omnium atque cellularium multarum secun- dum leges nomenclaturae internationales cum enumeratione plan- tarum exoticarum in itinere mundi collectarum. Pars I--I1. Mit Erläuterungen. gr.8. 1891. CLVI, rorı S. Brosch. M. 12. -. Kuntze, Dr. Otto, Revisio generum plantarum secundum leges nomenclaturae internationales cum enumera- tione plantarum exoticarum. Pars III!. Mit Erläuterungen Texte en part frangais; partly english text). gr. 8. 1893. CLVI-- CCCCKX. Brosch. M. 3.—. Kuntze, Dr. Otto, Revisio generum plantarum vasceularium om- nium atque cellularium multarum secundum ieges nomenclaturae internationales eum enumeratione plantarum exoticarum in itineribus mundi colleetarum. Pars III?” Mit Er- läuterungen :Texte en part frangais; partly english text; codex emendatus en 4 langues, V'italienne incluse;. gr. 8. 1898. VI. 576 S. Brosch. M. 8.40. Kuntze, Dr. Otto Methodik der Speciesbeschreibung und Rubus. ? Monographie der einfachblättrigen und krautigen Brombeeren, verbunden mit Betrachtungen über die Fehler der jetzigen Speciesheschreibungsmethode, nebst Vor- schlägen zu deren Änderung. Mit ı Tafel in Lichtdruck und 7 statistisch-phytographischen Tabellen. gr. 4. 1879. IV, 160 S. Brosch. M. 6.—. ü Der Maisbau mit Rücksicht auf die klima- Lüdersdorit, Dr. F., tischen und Bodenverhältnisse der Mark. 2 Hefte. Zweite Auflage. Mit 2 Kupfertafeln. gr. 8. 1832. IV, 46 und sı S. Brosch. ä M. —.8o. Rebentisch, J. F., Prodromus Florae Neomarchicae, sccundum systema proprium conscriptus, cum prac- fatione et dispositione vegetabilium eryptogamicorum a. D. C. L. Willdenow, Fig. XX., acneis coloratis adornatus. 8 ma]. 1804. Roh M. ı1.--. Rebentisch, J. F., !ndex_ plantarum circum Berolinum sponte 2 nascentium adjectis aliquot fungorum des- criptionibus. gr. 8. 1805. 46 pag. Brosch. M. --.50. Angewandte Botanik. Ascherson, Dr. M Pharmaceutische Botanik in Tabellen-Form. “% Eine kurzgefasste Anleitung zur Kennt- niss sämmtlicher, in der fünften Ausgabe der preussischen Phar- macopoc aufgeführten, und vieler andern mit ihnen verwandten Pflanzen. Nebst einer fasslichen Darstellung der offizinellen Pflanzenfamilien nach Jussieu’s natürlichem System. Mit 2 Kupfertafeln. gr. 4. IV, 84 5. Brosch. M. 1.—. 1 Vollständige Naturgeschichte der Hartig, Prof. Dr. Theodor, forstlichen Kulturpflanzen Deutsch- lands. Neue wohlfeile Ausgabe. Mit ı20 kolorierten Kupfer- tafeln und in Text gedruckten Holzschnitten. 1. Lieferung. gr.4. S.I-XVIlund 1144 und Tafel 1 — 30. Brosch. M. 6.50. 2. Lieferung. gr. 4. S. 145—306 und Tafel 31—35. 44—53. 105—ı20. Brosch. M. 6.50. 3. Lieferung. gr. 4. S. 307—452 und Tafel 36—43. 54—74- Brosch. M. 6.50, 4. Lieferung. gr. 4. S. 453—580 nebst Index und Tafel 75--104. Brosch. M. 6.50. Lieferung ı—4 zusammen fest bezogen M. 25... N Vergleichende Untersuchungen über Hartig, Prof. Dr. Theodor, den Ertrag der Rotbuche im Hoch- und Pflanzwalde, im Mittel- und Niederwald-Betriebe, nebst Anleitung zu vergleichenden Ertragsforschungen. Im Anhange: Ertragstafeln von J. C. Paulsen und G. L. Hartig; Kreisflächen-, Secanten-, Tangenten- und Reduktions-Tabellen. Mit Illustrationen in Holzschnitt. Zweite unveränderte Auflage. gr.4. 1851. VI, 148 und XXIIS. Brosch. M. 3. -. Teratologie. — Pflanzenkrankheiten. de Bary Die gegenwärtig herrschende Kartoffeikrankheit, ihre Ur- — 7° sache und ihre Verhütung. Eine pflanzenphysiologische Untersuchung in allgemein verständlicher Form dargestellt. Mit ı lithogr. Tafel. gr. 8. 1861. IV, 75 S. Brosch. M. —.80. Pteridophyten. r Die höheren Sporenpflanzen Deutschlands und der Milde, Dr. J., Schweiz. gr. 8. 1865. VII, ı52 S. Brosch. M. 2... Entwickelungsgeschichte. „ Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Karsten, Dr. Herm., Loranthaceen. Mit 2 lithogr. Tafeln. (Sep.-Abdruck aus der Botan. Zeitung X. Jahrg.) gr. 8. 1852. 25 S. Brosch. M. —.;5o. Botanische Zeitung. Jährlich 52 Nrn. mit Holzschnitten und lithogr. Tafeln. gr. 4. Red.: Hugo von Mohl u. D. F.L. Schlechtendal. Jahrgang I—-IX. 1843—51. (In 1844 u. 45 fehlen einzelne Tafeln, 1846, 1848 u. 1851 fehlen ganz.) aM 8— Jahrgang X. 1852. (Inkomplet.) Jahrgang XI—-XVl. 1853—58. aM 8— Jahrgang XVII--XIX. 1859-61. (Fehlen.) Jahrgang XX—AXIV. 1862-66. (1863 fehlt.) a M. 10.— Red.: Hugo von Mohl u. A. de Bary. Jahrgang XXV XXVI. 1867--69. aM, 10.— Jahrgang XXVII -XXAII 1870—75. (In 1871 fehlt Nr. 50, 1872/73 fehlen ganz.) aM. ı5.— Red.: A. de Bary u. G. Kraus. Jahrgang XXXIV—XXXVL 1876-78. aM. 15.— Red.: A. de Bary. Jahrgang XXXVU. 1879. M. 15.— Jahrgang XXXVIM. 1880. M. 18.— Red.: A. de Bary u. L. Just. Jahrgang XXXIX—XL. 1881—82. aM. 18.— Richard Hahn fH. Otto), Leipzig. Die Wendung der Dyaden beim Reifen der Tiereier als Stütze für die Bivalenz der Chromosomen nach der numerischen Reduktion. Von J. P. Lotsy. Mit 19 Textfiguren. Es hat kürzlich Hugo de Vries in einem höchst interessanten Vortrag!) auseinander gesetzt, dals das geschlechtlich erzeugte Wesen ein Doppelwesen ist, dessen doppelte Natur sich auch histologisch nachweisen läfst. Seine Auseinandersetzungen stützen sich der Haupt- sache nach auf van Beneden, Boveri, Häcker und zumal Sutton. Er zeigt, wie die Verschmelzung der beiden elterlichen Zeugungszellen eigentlich nie vollkommen ist. Bei einigen Tier- formen ist diese sogar sehr auffallend unvollkommen, so bei Cyelops und Crepidula (einer Schnecke), wo die ganzen Kerne sogar während der gröfsten Zeit des vegetativen Lebens völlig getrennt liegen. Dies trifft nun in der grofsen Mehrzahl der Fälle, wie bekannt, nicht zu. In weitaus den meisten Fällen enthalten die somatischen Zellen, ja enthält sogar die Zygote schon, nicht zwei nahe zusammenliegende Kerne, sondern nur einen einzigen. y De Vries verteidigt aber die Meinung, dafs sogar bei völlig miteinander verschmolzenen Kernen ein unverschmolzener Rest bleibt; dieser Rest ist das Chromatin. Die Chromosomen in den Kernen der somatischen Zellen der geschlechtlich erzeugten Wesen sollen aus zwei unverschmolzenen, gleich zahlreichen Gruppen zusammengestellt sein, deren eine von der Mutter, deren andere vom Vater stammt. Erst bei oder kurz vor der Bildung der Fortpflanzungszellen sollen diese sich wieder trennen. Da de Vries seine Abhandlung ohne Figuren publiziert hat, ist es nicht ganz leicht, sich eine detaillierte Vorstellung über das Verhalten der Chromosen, so wie de Vries sich das denkt, zu machen. Ich wurde, wollte ich die wichtigen Aus- einandersetzungen verstehen, dadurch genötigt, mir die verschiedenen Möglichkeiten im Verhalten der Chromosomen während den Reifungs- teilungen zurecht zu legen. Am besten gelangte ich zum Ziel durch die Annahme eines hypothetischen geschlechtlichen Wesens, dessen Zeugungszellen je ein einziges, dessen somatische Zellen also zwei Chromosomen enthielten. Dadurch, dafs ich in meinen Figuren dem 1) H.de Vries, Befruchtung und Bastardierung. Leipzig, Veit & Co. 1903. Flora 1904. 5 66 einen elterlichen Chromosom eine andere Farbe resp. Schattierung als dem anderen gab, konnte ich beider Schicksale leicht ver- folgen. Es zeigte sich dann, ohne dafs ich dieses Resultat erwar- tete, dafs dieses Verhalten immer zum Vorkommen einer Reduk- tionsteilung im Sinne Weismanns führt, zwar nicht so, dals ein univalentes Chromosom quer geteilt wird, sondern dafs dieses mit einem bivalenten geschieht, so dafs jedenfalls die Teilungsprodukte nicht gleich, sondern ‚ungleich sind. Trotzdem zeigte sich Stras- burgers Vorstellung der doppelten Spaltung der Chromosomen bei ‚der Bildung von Mikro- und Makrosporen als durchaus nicht der ge- wonnenen Anschauung entgegenstehend. Die Erklärung fand sich darin, dafs von zwei senkrecht zu einander stehenden Längsteilungen eines seitlich bivalenten Chromosoms die eine eine Äquationsteilung, die andere aber eine Trennung zwischen väterlichen und mütterlichen Chromosomen ist, welche ich also nachher als Trennungsteilung bezeichnen werde. Als ich mich nun dazu setzte, diese Resultate zusammen- zuschreiben und dazu die Literatur durchging, bekam ich zuerst Farmer und Moores letzte Publikation!) zu Gesicht, welche den Beweis für die von mir theoretisch abgeleitete seitliche Bivalenz der Chromosomen während der Prophase der ersten Reifungsteilung brachte. Weiter zurückgehend sah ich dann, dafs meine Auffassung der Differenz zwischen den beiden Längsteilungen der Chromosomen keineswegs so neu war, wie ich meinte, vielmehr bereits 1900 von Correns?) darauf bei Bastarden hingewiesen war und als zygolytische und seirolytische unterschieden. Erst im allerletzten Moment erhielt ich Suttons höchst wich- tigen Artikel „on the Morphology of the Chromosome Group in Brachy- stola magna*, Biological Bulletin of the Marine Biological Laboratory Wood’s Holl zu Gesicht — die Arbeit war mir zunächst unzugäng- lich —, welehe mir erstens zeigte, dals bereits 1901 Montgomery (Spermatogenesis of Peripatus etc. Zool. Jahrb. XV und A Study of the Chromosomes of the Germ Cells of the Metazoa Trans. Amer. Phil. Soc. Vol. XX) suggestierte, dafs die Kopulation von den väter- lichen und den mütterlichen Chromosomen im Synapsisstadium statt- finde, zweitens überzeugend zeigte (Sutton pag. 33), dafs Sutton diese Kopulation nachgewiesen hatte. 1) New investigations in the Reduction Phenomena of Animals and Plants. Proc. of the Royal Society vol. 72 Nr. 478, 2) Bot. Zentralbl. 84 (1900) pag. 9 und Bot, Ztg. 1902 pag. 70. 67 So zeigte sich denn, dafs, was ich für eine neu gewonnene An- schauung hielt, nicht nur alt, sondern sogar schon praktisch nach- gewiesen war. Wenn ich dennoch diese Zeilen publiziere, so geschieht dies, erstens weil ich glaube, dafs die Wendung des Dyadenstadiums dennoch eine Stütze für obenstehende Ansicht Montgomery- Suttons gibt, in Fällen, wo die väterlichen und mütterlichen Chro- mosomen nicht unterscheidbar sind; zweitens aber, weil es mir vor- kommt, als dürften untenstehende Betrachtungen dennoch zu weiterer Diskussion resp. weiteren Untersuchungen Veranlassung geben. Ich glaube hiermit genug gesagt zu haben, um zu zeigen, dafs ich bemüht war, jedem das ihm gebührende Verdienst zu geben. Sollten mir dennoch, ganz gegen meinen Willen, diesbezügliche Arbeiten ent- gangen sein, was bei der ungeheuer grolsen, sowohl botanischen als zoologischen Literatur!) ja ganz gut möglich ist, so bitte ich den Be- treffenden im voraus um Verzeihung. Dem Vorwurf glaube ich mich jedenfalls nicht auszusetzen, dafs ich mir die ihm gebührende Ehre habe zueignen wollen, denn, wie gesagt, was ich für neu hielt, war lange vor mir verkündigt worden. Es besteht die geschlechtliche Fortpflanzung aus der Vereinigung zweier Zellen. Dieser bei unizellulären, ja sogar bei homozellulären Organismen so einfache Satz wird bei den heterozellulären nur be- greiflich, wenn angenommen wird, dafs die Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten von Zellen bei heterozellulären Organismen nicht auf Abwesenheit gewisser Eigenschaften, sondern nur auf Latenz be- ruhen. Von diesen Fortpflanzungszellen stammt eine von der Mutter, eine vom Vater. Jede ist, wenigstens potentiell imstande, sich auch ohne Befruchtung weiter zu entwickeln (Parthenogenese der Eier, Boveris Seeigellarven ohne weibliche Merkmale). Es mufs also jede dieser Zellen sämtliche Eigenschaften der Art enthalten. Viele Erfahrungen führen zum Schlusse, dals man noch weiter gehen kann und sagen, der Kern, ja sogar das Chromatin der Kerne, ist der eigentliche Träger der erblichen Eigenschaften. Das Schieksal des Chromatins ist also von fundamenteller Bedeutung. .. Dieses Schicksal entfaltet sich vor unseren Augen während der Karyo- kinese; es ist also die Karyokinese als ein Studienobjekt von prin- zipieller Wichtigkeit zu betrachten. Kein Wunder, dafs die besten 1) Meiner grofsen Verpfichtung E.B. Wilson gegenüber für seine meister- hafte Zusammenbringung der Hauptpunkte in seiner „Cell in development and inheritance“ möchte ich noch Ausdruck geben. 5* 68 Untersucher, sowohl auf botanischer (mit Strasburger als Leiter), als auf zoologischer Seite (unter der Führung Flemmings), sich zu diesem Studium hingezogen fühlten. Da zeigte sich bald auf zoo- logischem und auf botanischem Gebiete grofse Übereinstimmung. Von beiden Seiten wurde nachgewiesen, dafs das Chromatin im Nucleus das eine Mal aus einem ununterbrochenen Faden, das andere Mal aus einer Anzahl Stücke bestand. Es zeigte sich, dals es der Faden war, welcher in eine Anzahl Stücke zerfiel, dafs diese Stücke sich ‘aber später wieder zu einem einheitlichen Faden vereinigen konnten. Der Fall läfst sich also in gewisser Hinsicht mit der Quecksilberkolumne eines Thermometers vergleichen, welche bei Abkühlung bisweilen in Stückchen zerbricht, später aber durch Erwärmung in manchen Fällen wieder zur einheitlichen Kolumne wird. Zwischen beiden Vorgängen liegt aber ein tiefgehender Unterschied. Sollte die Quecksilberkolumne durch spätere Abkühlung wieder zerbrechen, so wird die Zahl der Bruchstücke von der früheren Zahl abweichen. Beim Chromatin ist das ganz anders. Es findet dort in der Tat eine periodisch wieder- kehrende Zerbrechung des Chromatinfadens statt, immer wieder durch eine Restitution gefolgt; es zeigt sich aber dabei, dafs die Zahl der Bruchstücke konstant ist. Diese Bruchstücke nennen wir Chromo- somen. Es läfst sich demnach folgender wichtiger Satz aufstellen: Die Zahl der Chromosomen, welche zur Bildung eines Chromatin- fadens zusammentreten, ist ebenso grols, als die Zahl der Chromo- somen, in welcher dieser Faden später auseinander fallen wird.- Demnach sind die Chromosomen keine einfachen Bruchstücke des Fadens, sondern Individuen, welche sich der Länge nach an- einander legen und so den Faden bilden. Es ist nun bekannt, dals weder Nucleus noch Chromatin je „de novo* gebildet werden, sondern der jüngere Nucleus, das jüngere Chromatin stets durch Teilung aus dem nächst älteren hervorgegangen ist. Da das Chromatin mit hoher Wahrscheinlichkeit als der Träger der erblichen Eigenschaften anzu- sehen ist, darf es uns nicht wundern, dafs auf eine gleichmäfsige Verteilung dieses Chromatins über die beiden Tochternuclei bei der Karyokinese ganz genau geachtet wird. Eine solche gleichmäfsige Teilung kann nun anscheinend nur durch longitudinale Spaltung der Chromosomen resp. des Chromatinfadens — was ja schliefslich das- selbe ist — stattfinden. Bei der Karyokinese treffen wir denn auch immer . diese: Längs- spaltung an; es leuchtet sofort ein, dafs bei diesem Prozels die Zahl der Chromosomen in den Tochterkernen dieselbe wie diejenige im 69 Mutterkern ist. Da nun der Körper des Organismus durch wiederholte ‚ Zweiteilung des ursprünglichen Kopulationsprodukts beider Zeugungs- zellen entstanden ist, muls, falls alles dies richtig, jede Körperzelle eo ipso ebensoviel Chromosomen als die Zygote aufweisen. Unter- sucht man nun z. B. die Leukozyten eines höheren Tieres, die Vege- tationspunkte einer Phanerogame, so zeigt sich in der Tat, dafs die Zahl der Chromosomen dieser Zellen dieselbe ist, wie die der Zygote, woraus sie entstanden. . Der einzige schwierige Punkt bei dieser Geschichte lag in den Fortpflanzungszellen selber, denn wenn diese die gleiche Zahl von Chromosomen wie die anderen Zellen des Organismus enthielten, so würde sich der 'sonderbare Fall dartun, das x+x nicht 2x, sondern x macht. Es zeigte sich dann auch bei der Untersuchung, dafs dies nicht der Fall, dafs im Gegenteil die Zahl der Chromosomen der Fortpflanzungszellen nur die Hälfte von jener der Zygote ist. Oder mit anderen Worten, die Chromosomenzahl derjenigen Zellen, welche wir künftighin somatische Zellen nennen werden, ist doppelt so grofs wie die Chromosomenzahl der Fortpflanzungszellen. Es ergibt sich also : Die Chromosomenzahl der Sexualzelle ist die Hälfte von jener der somatischen Zellen. Die Chromosomenzahl der somatischen Kerne ist also aus der Addierung der Chromosomen zweier Sexualkerne ent- standen und zwar stammt die Hälfte von der Mutter, die Hälfte vom Vater, kann also die eine Hälfte mütterliche, die andere väterliche Eigenschaften auf das Kind übertragen. Es ist also erklärt, wie es kommt, dafs die somatische Nuclei zweimal so viel Chromosomen wie die Nuclei der Fortpflanzungszellen haben, nicht aber weshalb die Fortpflanzungsnuclei die halbe Chromo- somenzahl der somatischen Nuclei besitzen. Und doch mufste auch dieser Punkt aufgeklärt werden, denn es gehen die Fortpflanzungs- zellen am Ende doch aus somatischen Zellen hervor. Während der Teilungen der somatischen Zellen wufste man schon lange, dafs die Zahl der Chromosomen in den aufeinanderfolgenden Zellengenerationen gleich blieb; die Reduktion mufste also wohl kurz vor der Bildung der Fortpflanzungszellen stattfinden. Nun werden sowohl bei Tieren wie bei Pflanzen die Fortpflanzungszellen sozusagen in Paketen von vier abgeliefert, d. h. es entstehen immer aus einer bestimmten Art Zellen, vier Sexualzellen oder vier Makro- resp. Mikrosporen. ») Diese 1) Ich werde künftighin auch für die Sexualzellen und für Makro- und Mikrosporen einen Kollektivbegriff verwenden und beide als Gonen, von yovos, der Nachkomme, bezeichnen. 70 "bestimmte Zellenart möchte ich mit einem Namen, welcher sowohl für primäre oocyte, primäre spermatocyte als für Makrosporenmutter- (richtiger -grofsmutter)zelle verwendet werden kann, belegen; ich wähle dafür den Namen Gonotokonten, von yovotoxos, der Nachkommen- bildner. Dieser Gonotokont war dadurch bereits auffallend, dals er eine längere Ruheperiode durchmachen kann; in unserem nördlichen Klima kann diese Ruheperiode sogar viele Monate anhalten, indem der Gonotokont [als Sporenmutterzelle!) z. B. bei den Farnen] über- wintert, Der Chromatinfaden des Gonotokonten hat sich aus 2x Chro- mosomen gebildet. Es zeigt sich aber, dafs während der Ruheperiode sehr bedeutende Änderungen stattgefunden haben, denn am Ende der Ruheperiode bricht der Faden nicht in 2x, sondern nur in x-Chromo- somen auseinander. Die numerische Reduktion der Chromosomen findet also ohne jede Vermittlung während der Ruheperiode des Gonotokonten statt. Es zeigt sich dann, dafs die aus dem Chromatinfaden hervor- gehenden Chromosomen öfters bedeutend dieker sind als diejenigen, aus welchen sich der Faden gebildet hatte. Da die Zahl der Chro- mosomen auf die Hälfte reduziert, die Dieke bis auf das Doppelte gewachsen ist, liegt es auf der Hand, die dicken Chromosomen da- durch entstanden zu denken, dafs zwei Chromosomen sich seitlich (mit den langen Seiten) aneinander geschmiegt haben.?) Die Reduk- tion der Chromosomen ist also nur eine scheinbare, denn de facto bestehen diese dicken Chromosomen aus zwei aneinander geschmiegten, sind also bivalent. Auch scheint es vorzukommen, dafs die Bivalenz nicht durch seitliche Aneinanderschmiegung, sondern durch Hinter- einanderliegen zustande kommt (Bivalenz von Häcker). Ich werde also das erste Stadium des Gonotokonten als das univalente, das zweite als das bivalente bezeichnen. Im letzten Sta- dium, kurz bevor der Gonotokont zur Bildung der Gonen schreitet, finden wir öfters das bivalente Chromosom übers Kreuz gespalten, so dafs eine Scheitelansicht uns eine Tetrade zu Gesicht führt. Ich möchte dies das Tetradenstadium des Gonotokonten nennen. Die Zahl der Tetraden ist also die Hälfte der Anzahl univalenter Chromosomen, welche zusammen den Chromatinfaden des Gonotokonten bildeten. Bei der jetzt stattfindenden Teilung, wodurch sich die Mutterzellen der eigentlichen Gonen bilden, kommt eine dieser Spaltungen zur Perfektion 1) Dieser Ausdruck ist eigentlich grundfalsch, es ist die Sporengrofsmutterzelle. 2) Dies ist aber keineswegs zwingend, denn es konnte die gröfsere Dicke auch durch Kontraktion entstanden sein, 71 und erhalten die beiden Gonenmutterzellen je eine Dyade, Fassen wir jetzt einen bestimmten Fall ins Auge und beschäftigen wir uns mit dem Ursprung der Eizellen eines weiblichen Tieres (Fig. I), dann zeigt sich jetzt in dieser Eimutterzelle ein ganz eigentümliches und, wie ich meine, höchst wichtiges Verhalten. Die Dyade fängt an, eine Wendung um 90° auszuführen, Grund, weshalb ich dieses Stadium das Wendungsstadium nenne. Bei der jetzt stattfindenden Bildung der reifen Eier tritt die zweite Spaltung des bivalenten Chromosomes ein und erhält jedes Ei resp. Polkörperchen sein univalentes Chromosom. Bildung der weiblichen Fortpflanzungszellen höherer Tiere. un 1. Stadium (univalente Chromosomen) f-- 2, Stadium (bivalente Chromosomen) . Gonotokont . . . . Ä 3. Stadium (Tetradenstadium) Dyadenstadium Gonenmutterzelle Dyadenwendungsstadium Gonen (in die- P sem Falle reife___ ___ Eizellen, Richtungs- körperchen) ‘ Fig.1. Wahrgenommenes. Fig. 2. Interpretierung. Soweit die wahrgenommenen Facta; jetzt deren Interpretierung (Fig. 2). Die Hälfte der Chromosomen der Zellen des Kindes stammt vom Vater, die Hälfte von der Mutter. Diese bilden dadurch, dals sie sich der Länge nach aneinander legen, den Kernfaden. Da dieser durch Spaltung (Äquationsteilung) jedesmal auf die Tochterzellen übergeht, befinden sich in den Nucleis des Kindes während des ganzen somatischen Lebens sowohl väterliche wie mütterliche Chromosomen. Da die absolute Zahl für unsere Zwecke ganz nebensächlich ist, wieder- 72 hole ich, dafs wir einen ganz hypothetischen Fall annehmen, wobei die Fortpflanzungszellen je ein einziges Chromosom enthalten. Stellen wir die väterlichen Chromosomen durch einen lichten, die mütterlichen - durch einen schraffierten Raum dar, dann wird der Chromatinfaden der somatischen Kerne so: IT I dargestellt. Der Gonotokont erhält also auch einen solchen aus zwei univalenten Chromosomen zusammengesetzten Chromatinfaden. Bei der sogenannten numerischen Reduktion legen diese Chromosomen sich z. B. der Länge nach an- einander (Stadium der bivalenten Chromosomen). Jetzt spalten sich beide Chromosomen, welche zusammen das bivalente Chromosom bil- den, der Länge nach, und so entsteht das Dyadenstadium der Eimutter- zelle. In der Eimutterzelle befinden sich also de facto noch zwei Chromosomen, ein väterliches und ein mütterliches, gerade wie in den somatischen Zellen, nur mit dem Unterschiede, dafs bei den somati- schen Zellen diese Chromosomen hintereinander, hier nebeneinander I Fig. 2a. Ausstofsung der Polkörperchen bei Asterias. liegen. Es ist nun klar, dafs die folgende Teilung (Fig. 2) sehr ver- schieden sein wird, je nachdem diese in die Ebene « oder in die Ebene ß stattfindet. Eine Teilung in der Ebene « würde nichts Neues bringen, die Deszendenten würden wieder zwei Chromosomen, ein väterliches und ein mütterliches, erhalten; dagegen würde eine Tei- lung in der Ebene ß eine Trennung zwischen väterlichen und mütter- lichen Chromosomen bedeuten und die Teilungsprodukte würden je nur ein univalentes Chromosom enthalten. In welcher Ebene findet nun die folgende Theilung statt? Vorläufig tritt sie gar nicht ein. Es vollzieht sich zunächst eine Wendung, die deswegen von so hoher Bedeutung ist, weil sie die Richtung andeutet, in welcher das zweite Polkörperchen ausgestolsen wird, und weil diese Richtung ‘dieselbe ist, in welche das erste Polkörperchen ausgestolsen wurde. Dafs beide Polkörperchen nach derselben Seite ausgestofsen werden, geht aus obenstehender Figur von Hertwig bei Asterias zur Genüge hervor. Die Teilung findet also im zweiten Falle in eine Ebene parallel zu « (Fig. 2) state. Ohne Wendung!) würden also 1) Bei oben angenommener Lage der Chromosomen in der Tetrade kommen wir noch darauf zurück. 73 beide Teilungen gleich sein; die Wendung bringt den fundamentellen Unterschied zwischen der ersten und zweiten Teilung hervor. Dafs diese Wendung keine zwingende Begleiterscheinung karyo- kinetischer Prozesse bei der Gonenbildung ist, geht aus dem Verhalten bei der Bildung der Spermatozoiden hervor. Auch dort enthält der Gonotokont am Schlufs seiner Ruhezeit eine Tetrade, welche wir uns in ähnlicher Weise entstanden denken, Es geht aus nebenstehenden Figuren hervor, dals das Dyaden- stadium sich in ganz ähnlicher Weise wie bei der Bildung der Fort- pflanzungszellen bildet. Aber — und dies scheint mir wichtig — ein Tetradenstadium Dyadenstadium Einleitung des Monadenstadiums am Spermatiden, welche sich ohne weitere f ® Teilung zu Spermatozoön heranbilden [e) le, Fig. 3. Fig. 4. Wendungsstadium tritt jetzt nicht ein. Es braucht dieses auch nicht der Fall zu sein, denn die zweite Reifungsteilung findet in einer Richtung senkrecht zur ersten Reifungsteilung statt, wodurch ge- rade weil keine Wendung stattgefunden hat, der fundamentelle Unter- schied zwischen der ersten und der zweiten Teilung zustande kommt. Die eine ist auch hier eine Äquationsteilung, die andere aber eine Trennungsteilung, wodurch die vom Vater und von der Mutter bei- getragenen Chromosomen sich wieder trennen. Es mag hier zugleich darauf aufmerksam gemacht werden, wie ein grofser Unterschied da- durch entsteht, ob die Ebene, in welcher das mütterliche Chromosom liegt, zur ersten Teilungsebene parallel oder senkrecht verläuft. Die 74 Fälle werden in Figg. 3 und 4 diagrammatisch angegeben. Es zeigt sich, dafs in Fig. 3 die erste Teilung eine Äquationsteilung, die zweite eine Trennungsteilung ist, in Fig. 4 dagegen die erste eine Trennungs- teilung, die zweite eine Äquationsteilung ist, Wir kommen auf diesen Punkt noch näher zurück. — Es kommt mir vor, dafs sich manche beschriebene Reifungsteilung in dieser Weise erklären läfst. In einem für Botaniker geschriebenen Artikel brauche ich wohl nicht die zu- mal von Strasburger ausgearbeitete Ansicht näher zu begründen, dafs der Gonotokont bei Pflanzen mit dem Namen Makrospore resp. Mikrospore angedeutet wird, denn man stimmt jetzt wohl allgemein Strasburgers Ansicht bei, dafs. der Gonotokont die Stammzelle des Gametobionten (bei Pflanzen Gametophyten) ist. Dafs dieser Gameto- biont bei den Tieren sehr reduziert ist, ja de facto sich auf die Bil- edung von Sexualzellen beschränkt und ganz im Körper des Sporo- bionten eingezogen ist, während er bei den Farnen als Prothallium ein freies Leben führt, hat für Botaniker nach Hofmeisters klas- sischem Nachweis des Verbandes zwischen dem damals sogenannten Endosperm der Coniferen und dem Prothallium der Farne keine Schwierigkeit. Prophase IL Prophase I. Metaphase. Tochterkerne. Fig. 5. Lafst uns jetzt einmal die Hauptzüge der Reifungsteilungen ver- folgen. Was die Tetradenbildung betrifft, so sagt Wilson, 1. c. pag. 246: „With a few apparent exceptions, described hereafter, the tetrads or their equivalents (rings, erosses, and the like) always arise by a double division of a single primary rod or mass.“ Diese Tei- lung konnte auf zwei verschiedene Weisen zustande kommen. Ver- suchen wir eine weitere Analyse. Gehen wir wieder von unserem hy- pothetischen Wesen mit seinen monochromosomen Zeugungskernen aus. Bei normaler Karyokinese erhalten wir dann das in Fig. 5 gezeichnete Schema. Am Anfang der Prophase finden wir zwei hintereinander liegende Chromosomen, welche sich am Ende der Prophase getrennt haben und erst jetzt als Chromosome unterscheidbar sind. Während der Metaphase spalten diese Chromosome sich der Länge nach, werden 75 während der Ana- oder Telephase (in Fig. 5 nicht gezeichnet) nach den Polen der achromatischen Figur hingezogen und legen sich später in den Tochterkernen wieder hintereinander, gerade wie sie im Mutter- kern lagen. Die Teilung ist eine reine Äquationsteilung. — Wir wissen, dafs während der Ruheperiode des Gonotokonten die Zahl der Chromosomen um die Hälfte abnimmt. Da kein Chromatin aus- gestolsen wird, müssen wir wohl annehmen, dals diese letzteren der Zahl nach reduzierten Chromosomen in Wirklichkeit aus zwei Chro- mosomen bestehen, bivalent sind. Diese Bivalenz kann nur auf zwei Weisen zustande kommen; entweder sind die Chromosomen in der Länge oder in der Breite HH] pivalent. Für letzteres spricht in manchen Fällen der Umstand, dafs diese Chromosomen bedeutend dicker sind als die univalenten; dazu scheint die letzte Mitteilung Farmers diesen Punkt für einige Fälle ziemlich sicher zu stellen, während die ebenfalls recenten Untersuehungen Suttons hingegen den ersten Fall nachzuweisen schei- nen. Lassen wir den Punkt vorläufig beiseite. Der zweite Pnnkt ist, dafs die auftretende \D Tetradenzahl bei den höheren Tieren immer & halb so grofs ist als die Zahl der univalenten Chromosomen. Dafs also je eine Tetrade aus je einem bivalenten Chromosom entsteht, ist wohl kaum zu bezweifeln. . Da fragt sich, welche Möglichkeiten gibt es, um aus einem solchen bivalenten Chromosom eine Tetrade 1 | UM Fig. 7. zu bilden. Nimmt man an, dafs die Bivalenz der Länge nach gebildet wird, wie Häcker will, dann gibt es zwei Weisen, welche sich abspielen können. Zunächst durch zwei senkrecht zueinander stehende Längsspaltungen (Fig. 6). Die Teilungsprodukte blieben dann bivalent, die Tetrade wäre mit acht univalenten Chromosomen homolog. Die zweite Weise würde durch eine Längs- und eine Querspal- tung eine Tetrade liefern (Fig. 7). Diese Tetrade wäre dann vier univalenten Chromosomen homolog. Nie vermöchte aber, von den Polen gesehen, nicht den Eindruck einer Tetrade zu erwecken. Ich glaube von den beiden möglichen Weisen die erste für unrealisierbar halten zu dürfen und zwar eines gültigen Grundes wegen. Da aus dem Gonotokonten vier Gonen entstehen, von welchen jede ein einziges univalentes Ohromosom enthalten wird, ist diese Weise 76 ausgeschlossen, denn aus ihr würden vier Zellen entstehen, welche je ein bivalentes Chromosom enthielten. Die zweite wäre aber realisier- bar, wenn die bivalenten Chromosomen nicht bedeutend dieker wären als die univalenten und wenn sie von der Polansicht betrachtet nicht Ö NS R \ \ GORL RZ Fig. 8, den Eindruck einer Tetrade erweckten; von der Seite gesehen, würden sie doch einen Tetradeneindruck machen (Fig. 8). Es würde das der Fall sein, welcher bei Cyclops in der Meta- phase realisiert zu werden scheint. Wir kommen darauf näher zurück. Da der erste Fall also ausgeschlossen, der zweite nur für jene Fälle giltig sein kann, wo die ent- stehenden Chromosomen in der Scheitelansicht nicht den Eindruck einer Tetrade erwecken, bleibt der Fall zu erklären, wie dicke Chromosomen mit Tetradenscheitelansicht entstehen können. Dies scheint mir am einfachsten durch seitliche Bi- valenz mit einer Kreuzteilung zu realisieren; trotz- NY dem beide Längsteilungen sind, ist die eine ‘ eine Aquationsteilung, die andere eine Trennungs- teilung (Fig. 9). Es fragt sich jetzt, wie würden diese beiden möglichen Teilungen sich bei der Eireifung verhalten, und ist vielleicht noch etwas Näheres Fig. 9 IS —ıB u Be . b | d. ” Fig. 10. über die Lage der Chromosomen im Ei zu eruieren? Nehmen wir zunächst die beiden Reifungsteilungen bei einem hypothetischen Cyclops mit Monochromosomen-Fortpflanzungszellen (Fig. 10a, b,c,d). a stellt 17 dann die Metaphase am Anfang der ersten Reifungsteilung vor, b die Anaphase beim Ausstofsen des ersten Polkörperchens, c die Meta- phase beim Anfang der zweiten Reifungsteilung (nach inzwischen stattgefundener Wendung), d die Anaphase beim Ausstofsen des zweiten Polkörperchens. Beide Polkörperchen werden, wie gesagt, in .-SID oe Fig. 11. in derselben Richtung, hier nach oben, ausgestofsen. Auf diesen Fall palst die oben angegebene Figur der Cyclopstetrade vollständig, d.h. es pafst der Fall, wobei die longitudinale Spaltung parallel dem Äuquator des Eies verläuft. Die Figuren a—d (Fig. 11) zeigen das zur Genüge. Es ist demnach die erste Teilung eine Äquationsteilung, die zweite eine Trennungsteilung. Es liefse sich nun noch der Fall denken, dafs die Ebene, in welcher die Longitudinalspalte liegt, nicht parallel zur Äquatorebene ne _ Fig. 12. Äquatorebene. verläuft. Zwei Fälle wären da möglich; in beiden würde die Ebene senkrecht zur Äquatorebene stehen, im ersten horizontal und senk- recht, im zweiten vertikal und senkrecht, wenn ich es so ausdrücken darf. Nehmen wir den Fall, die Tetrade stände horizontal, aber der longitudinale Spalt senkrecht zur Äquatorebene. Da das erste Pol- 78 körperchen nach oben ausgestofsen wird, würde die erste Reifungs- teilung in einer Ebene, welche von « in Fig. 12 (parallel der Äquator- ebene) angegeben wird, stattfinden. Das Resultat würde eine einfache Äquationsteilung sein, wie sie bei normaler Karyokinese stattfindet. Dureh die darauf stattfindende Drehung würde die zweite Reifungs- teilung eine Art Trennungsteilung sein, aber als notwendiges Postulat die Anwesenheit von zwei väterlichen oder zwei mütterlichen Chro- mosomen in den Fortpflanzungszellen mit sich bringen, was unserem hypothetischen Falle nicht entspricht. Dieser Fall is also undenkbar, Fig. 13. Äquatorebene. Fig. 14. Der zweite Fall würde körperlich wie Fig. 13 vorzustellen sein. Bei der ersten Teilung («) würden dann die väterlichen und mütterlichen Chromosomen voneinander getrennt.werden; durch die danach statt- findende Drehung würde dann bei der zweiten Reifungsteilung die Äquationsteilung stattfinden. Sie würde zum Zweck führen: Die An- wesenheit eines einzigen univalenten Chromosoms in den Fortpflan- zungszellen. Sie entspricht aber nicht dem Bild der Metaphase der ersten Reifungsteilung bei Cyclops, realisiert sich also dort wenigstens wohl nicht. Der Unterschied zwischen beiden wäre weiter, dafs bei ersterer die erste Reifungsteilung eine Äquationsteilung, die zweite eine Trennung ist, während hier der umgekehrte Fall sich ergeben würde. Läfst sich nun noch etwas von der Lage der Tetrade eruieren bei solchen Fällen, wo die Scheitelansicht eine Tetrade ist, und wo also das seitlich bivalente Chromosom nach meinen Anschauungen auftritt. Es können auch hier wieder zwei Fälle auftreten. Entweder kann das mütterliche (schraffhiert angegebene) gespaltene Chromosom in einer Ebene senkrecht zur Äquatorebene liegen oder es kann in einer Ebene liegen, welche der Äquatorebene parallel verläuft. Der 79 erste Fall wird von Fig. 14 dargestellt. Dieser Fall ist, wenn wir nur die Scheitelansicht berücksichtigen, einfacher in dieser Weise darzustellen: 2 \ "’ Die Teilung würde dann nach Fig. 15 verlaufen. Die erste Teilung würde eine Äquationsteilung, die zweite eine Trennungsteilung sein. Sie entspricht allen Anforderungen und ist möglicherweise bei Ascaris realisiert. Die andere Möglichkeit wird von dem in Fig. 16 darge- stellten Schema verdeutlicht. Auch sie ist möglich, denn auch sie führt zum Zweck und auch bei ihr würde die Wendung der Chromo- DE ® Fig. 15. ae somen notwendig sein, um die Trennung jetzt zwischen zwei väter- lichen und zwei mütterlichen Chromosomen zustande zu bringen. Der einzige Unterschied zwischen beiden wäre, dafs im letzteren Falle die erste Teilung eine Trennungsteilung wäre, die zweite eine Spaltung. Möglicherweise ist auch sie bei Ascaris ‚realisiert, denn theoretisch besteht zwischen beiden modi procedendi kein Unterschied, beide führen zum Zweck. Diese beiden morphologisch ununterscheidbaren Möglichkeiten legen die Frage nahe, ob es sogar nicht möglich wäre, 8 \ & % es < Fig. 16. \ dafs bei ein und demselben Individuum das eine Mal der eine, das andere Mal der andere Weg eingeschlagen wird. Falls es sich heraus- stellen sollte, dafs die Trennungsteilung identisch der heterotypischen Teilung von Flemming ist, die Äquationsteilung der homöotypischen, gibt es für eine derartige Anschauung sogar gewisse. Anknüpfungs- punkte. Flemming gibt nämlich im Arch. f. mikrosk. Anatomie 1887 pag. 401 an, dafs die heterotypische Teilung sowohl bei der ersten als bei der zweiten Reifungsteilung vorkommen kann. 8 oO Cyelops ergab uns also als wahrscheinliches Resultat, dafs die erste Reifungsteilung eine Aquationsteilung ist. Sind nun auch Fälle bekannt, wo die erste wahrscheinlich eine Trennung ist? Wir sahen ja, dafs sich dies bei Fällen doppelter Längsspaltung nicht entscheiden läfst. Für das Vorkommen solcher Teilungen sprechen aber die letzten Mitteilungen Farmers. Nach Far- mers Anschauungen!) findet zunächst gar keine (oder lieber gesagt eine ganz ephemere, wieder spur- :los vorübergehende) Längsteilung der seitlich biva- lenten Chromosomen statt. Sein Fall kann also nie jene Fälle illustrieren, wo die Scheitelansicht per- IM o manent eine Tetrade ist. Fig. 17 illustriert seine Ansicht.?) Die erste Teilung ist also eine reine Tren- nung, die zweite eine Äquationsteilung. Bei seinen Anschauungen würde eine Drehung oder Wendung vor der zweiten Reifungsteilung nur dann Zweck OD Od haben, wenn die Richtung der Äquationsspalte prä- destiniert wäre. Da er aber seine vorläufige Mitteilung mit keinen von tierischen Eiern entnommenen Figuren illustriert, mag dieser Punkt vorläufig beiseite ge- lassen werden. Seine in Aussicht gestellte definitive Arbeit mag diesen Punkt zu berücksichtigen haben. Es scheint aber bei Pflanzen auch wohl sicherlich der Fall vorzukommen, dafs die erste Teilung nach der numerischen Reduktion eine Ädquationsteilung, die zweite eine Trennungsteilung ist. Dafür sprechen namentlich Belajefs Figuren von Iris, Resümierend haben wir also bei Cyclops erst eine Äquations-, dann cine Trennungsteilung; bei Ascaris ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dafs die erste Teilung je nach Umständen eine Äquations- oder eine Trennungsteilung ist und die zweite Teilung dann die entsprechend entgegengesetzte ist, während bei Pflanzen anscheinend zwei Kategorien von Fällen vorkommen. Bei der ersten Kategorie ist die erste Teilung konstant eine Trennung (Farmer), bei der anderen kon- stant eine Äquationsteilung (Belajefs Iris). & x Fig. 17. O8 c b 018 1) Proc. Royal Society 72 pag. 104 ff, . 2) Die Figur ist von a nach f zu lesen; sie sollte eigentlich liegend gedruckt sein, doch genügt dazu die Breite der Pagina nicht. 8 Alle Differenzen in den Beobachtungen scheinen mir darauf zurückführbar zu sein, dafs die erste Reifungsteilung entweder eine Trennungsteilung oder eine Äquationsteilung sein kann, wodurch dann die zweite zur entsprechend umgekehrten wird, und darauf, dafs man nicht genügend beachtet hat, dafs bei kreuzweiser Längsteilung beide Längsteilungen grundverschieden sind, trotzdem Correns solches bei seinen zygolytischen Spaltungen bereits betont hatte. _ Dals eine kreuzweise Längsteilung der beiden senkrecht zu ein- ander stehenden Teilungsebenen zu grundverschiedenen Resultaten führt, mag die Fig. 18 nochmals illustrieren. Ich halte es deswegen für überflüssig, näher / auf die Fälle bei Pflanzen einzugehen, wo beide Teilungen longitudinal sind; sie widersprechen nicht dieser Vorstellung. Zwar könnte man von ”% mir eine Analyse einer weit gröfseren Zahl von 77 Fällen verlangen, doch würde dies den Rahmen eines „Flora“-Artikels nicht nur überragen, / Teilungen in dieser Ebene sind Trennungs- Teilungen in dieser Ebene teilungen, sind Äquationsteilungen. Fig. 18, es würde den Artikel selber ganz unlesbar machen. Möglich ist es, dafs mancher Fall noch Schwierigkeiten machen mag, doch ich tröste mich mit dem, was Farmer in seinem interessanten Artikel!) über voraussichtlich nicht ausbleibende Kritik sagt: „Every one has plenty of the kind of friends who are anxious to detect and expose his errors“. 1) Stimulus and Mechanism as Factors in Organisation. New Phytologist 1903 pag. 194. Flora 1904. 6 82 Bei allen vorhergehenden Auseinandersetzungen haben wir es so ziemlich als ein Axioma angenommen, dafs die Fortpflanzungszellen entweder nur väterliche oder nur mütterliche Chromosomen enthalten. Ich fühle da ziemlich sicheren Boden, da es sonst einfach unver- ständlich wäre, wie die Mendel’schen Hybriden reine statt hybride Fortpflanzungszellen bilden. Überhaupt scheinen mir diese Trennungs- teilungen bei Hybriden sehr beachtenswert; da ich aber, wie gesagt, diesen Artikel so kurz wie möglich halten will, will ich z. B. nicht‘ mehr denn höchst nötig auf die Kontroverse zwischen Strasburger und Correns über den Zeitpunkt der Eigenschaftenspaltungen bei Hybriden von roten und weilsen Epilobiumrassen mit grünen und farblosen Intinen ihrer Pollenkörner eingehen. Zwar bin ich da mit Strafsburger der Meinung, dafs diese Trennung bei den Reifungs- teilungen stattfindet, doch möchte ich Strasburgers Äufserung (Biol. Otrlbl. 1900 pag. 769), „von diesem Gesichtspunkt aus würde sich ergeben, dafs vier aus derselben Mutterzelle hervorgegangene Pollenkörner Träger der nämlichen erblichen Tendenzen wären“, nicht unterschreiben. Gesetzt den Fall, es wären die vier Pollenkörner unterscheidbar, dann würde sich aus ihrer Lage in der Tetrade schliefsen lassen, ob die erste Teilung eine Trennungsteilung wäre oder nicht. Falls die ursprüngliche Anordnung der Chromosomen im Gonotokonten [Pollenmutter- (richtiger Grofsmutter-)zelle] so war: 7 2\O % und die Pollenkörner so a 9 lagen, wäre die erste Teilung « eine Äquationsteilung; war aber die ursprüngliche Lage diese: es und die schliefsliche diese: (e[e), | GE so wäre die erste Teilung « eine Trennungsteilung. Wie dem auch sei, es werden immer zwei Pollenkörner Träger mütterlicher, zwei väterlicher Chromosomen sein. Nur einen Punkt bei Hybriden möchte ich noch rasch berühren, es sind dies die vegetativen Spaltungen, wie sie am schönsten bei Cytisus Adami vorkommen. Sie liefsen sich vielleicht durch Tren- nungsteilungen erklären. Man müfste dann bei diesen ein verfrühtes 83 Auftreten von seitlich bivalenten Chromosomen annehmen, d.h. die numerische Reduktion müfste bereits in irgend einer Initialzelle statt- finden, während sie sonst erst im Gonotokonten geschieht. Es würde dies nur auf eine Tendenz zu frühzeitiger Trennung hinweisen, was ja schlielslich bei einer Hybride nicht zu wundern braucht. Wenn wir uns jetzt fragen, wozu die ganze geschlechtliche Fortpflanzung, wenn sich die väterlichen und mütterlichen Chromo- somen denn doch wieder trennen, so gibt uns de Vries die Ant- wort. Er meint, es finde ein Austausch gleichnamiger Pangene zwischen den väterlichen und mütterlichen Chromosomen statt. Er läfst es (pag. 32) noch unentschieden, ob dieser Austausch schon während des vegetativen Lebens oder erst kurz vor der Trennung stattfindet, doch neigt er wohl der Meinung zu, es ge- schehe erst im letzten Moment. Nur mit einem Satz in de Vries’ Broschüre bin ich nicht ganz einverstanden, es ist wo er pag. 28 sagt: „Man pflegt diesen Vorgang die numerische Reduktion zu nennen, es bedeutet dieser stattliche Name weiter nichts, als die Trennung zweier Kerne, welche bis dahin eine Zeitlang zusammen gearbeitet haben. Es ist ein Abschied zwischen zwei Personen... .“ Dieser Abschied ist von zahreichen Forschern ausführlich studiert worden. Er macht den Eindruck einer Kernteilung ganz besonderer Natur und wird vielfach Reduktionsteilung oder heterotypische Kern- teilung genannt, Es scheint mir, dafs hier vielleicht schärfer zwischen numerischer Reduktion und den darauf folgenden Reifungsteilungen unterschieden werden könnte. Die numerische Reduktion ist meiner Ansicht nach nicht die Trennung, vielmehr das Resultat der Kopulierung von väterlichen und mütterlichen Chromosomen. Die Trennung findet erst nach der numerischen Reduktion und zwar, wie es scheint, ent- weder bei der ersten oder bei der zweiten darauf folgenden Tei- lung statt. Wir haben oben gezeigt wie die Fortpflanzungszellen immer die halbe Zahl der Chromosomen der somatischen Zellen haben und wie nützlich das ist. Das erklärt aber noch nicht wie dies ursprünglich zustande gekommen ist. Mit scharfem Blick scheint mir. Stras- burger den Kern gesehen zu haben, wenn er darin ein Überbleibsel erblickt aus den Zeiten, wo die Pflanzen sich noch ungeschlechtlich fortpflanzten. Da mag dann die Kopulation niederstehender Wesen noch Licht auf diese späteren Reifungsteilungen werfen und es scheint 6* 84 angebracht einmal zu sehen ob ähnliches vielleicht bei niederen Wesen vorkommt. Sehen wir uns dazu zunächst den von Klebahn beschriebenen Fall bei Closterium an. Die dort kopulierenden Individuen weichen e Zweite Reifungs- ce Erste Reifungsteilung. teilung (Trennungsteilung). Fig. 19, b Zygote Sporophyte und Gonotokont. in keiner Hinsicht von denen, welche nicht kopulieren, ab. Vorder Konjugation geschieht keine Reduktion; dies ist denn auch gänzlich überflüssig, da die Generation, welche wir Olosterium nennen, die frei- lebenden Gonen, die Gametophyten selber sind. Aus demselben Grunde ist ja auch die von Farmer nachgewiesene Kopulation zweier benach- 85 barter Prothalliumzellen bei apogamen Farnen möglich. Die Closterium- individuen können also ohne weiteres kopulieren, nur mufs ihr Kopu- lationsprodukt notwendigerweise die 2x Chromosomen besitzen. Die Zygote besitzt also 2x Chromosomen; da sich nun aus dieser Zygote später aber wieder die Gonen bilden müssen, mufs nach der Be- fruchtung eine Reduktion stattfinden. Gibt es dafür nun Anhalts- punkte? Meiner Meinung nach gewifs, sehen wir uns dazu Klebahns Figuren einmal an. In Fig. 19 stellt @ die Zygote noch vor der Verschmelzung ihrer Nuclei dar, bei b sind diese verschmolzen; der Kopulationskern enthält also 2x Chromosomen. | Es folgt daraus also, dafs die Zygote, wie selbstverständlich, zu gleicher Zeit sporophyt ist. Statt aber, stolz auf diese Würde, sich im wahren Sinne des Wortes „breit“ zu machen und durch viele Äquationsteilungen einem sporophytischen Metaphyten das Da- sein zu schenken, bildet cr sich ohne weiteres zum Gonotokonten um, wie klar daraus hervorgeht, dafs er vier Gonen (von denen zwei reduziert) das Dasein gibt. Während der Ruheperiode der Zygote (hier synonym mit Gonotokonten) findet dann die numerische Re- duktion statt und es ist dann cd die erste, ef die zweite Reifungs- teilung, welche letztere in diesem Falle nicht vollendet wird. Auch wäre es möglich, dafs nicht die Zygote direkt zum Gonoto- konten würde, sondern erst ein zweizelliger Sporophyt (fg d) entstände, deren beide Zellen dann sofort zum Gonotokonten würden. Die numerische Reduktion fände dann während der Ruheperiode der Nuclei in d statt, es würde dann e die erste Reifungsteilung vor- stellen, welche dann wohl eine Trennungsteilung wäre, während dann die erste Teilung ‚der Closteriumindividuen der zweiten Reifungs- teilung entspräche. Nähere Untersuchungen. sind hier sehr erwünscht. Ein Punkt. scheint mir aber sicher, dafs die freilebenden Closterien die Gonen vorstellen, dafs folglich die Gonen der höheren Pflanzen als homolog den ungeschlechtlichen Vorfahren geschlechtlicher Pflanzen betrachtet werden müssen, und dafs der Sporophyt bei Closterium zwar existiert, aber auf eine (möglicherweise zwei) Zellen beschränkt ist. Von Closterium ähnlichen Fällen läfst sich dann eigentlich alles ableiten. Blieben die sich hier nach jeder Teilung trennenden Gonen zusammen, so würden sie zum Prothallium der Farne werden. Einen Anlauf dazu nimmt ja Spirogyra, deren Zellenfäden also dem Pro- thallium der Farne homolog sind; die Zygospore stellt ja dort den 86 Sporophyten dar. Ebenso würden weitere Äquationsteilungen der Zygote zur Bildung eines Sporophyten führen, welche Generation bei den Farnen ihren Höhepunkt erreicht. Weitere Fälle auszuführen, ist wohl überflüssig. Selbstverständlich führt die Erkennung der Wichtigkeit der Vier- zahl bei der Gonenbildung zum Schlusse, dafs überall, wo vier Fort- pflanzungszellen gebildet werden, die Zelle, aus denen sie entstanden, als Sitz der numerischen Reduktion zu betrachten ist. Da fragt man sich denn sofort: tritt bei den tetrasporenführenden Algen diese Re- duktion vielleicht in der Tetrasporenmutterzelle auf? Bei Dietyota!) wurde dies bereits vor kurzem nachgewiesen, bei den Florideen findet sie auch wohl statt. Es ist demnach die aus den Tetrasporen hervorgehende Generation als Prothallium aufzufassen, folglich wären bei den Florideen die tetrasporenbildenden Individuen als die Sporo- phyten, die carposporenbildenden Individuen als die Gametophyten, aufzufassen, Da z. B. Chylocladia Kaliformis am selben Individuum Tetrasporen und Carposporen bilden kann, wäre eine ceytologische Untersuchung dieser Pflanze sehr erwünscht. Ob vielleicht in der Basidie der Basidiomyceten eine numerische Reduktion stattfindet, wäre zu untersuchen.?) Möglicherweise komme ich auf diese Fragen später noch einmal zurück. Es sind das Abschweifungen, welche mit meinem eigentlichen Thema nichts zu tun haben; ich beabsichtigte damit nur zu zeigen, wie sehr Strasburger recht hat, wenn er die Gonen als die Homologen der ungeschlechtlichen Vorfahren auffafst. Leiden, 28. Nov. 1908. 1) Lloyd Williams, New Phytologist 1903 pag. 184. 2) Wer je die Bildung der Basidien bei Tremella beobachtete, kann sich wohl kaum der Vorstellung verschliefsen, dafs die grofse Ähnlichkeit mit Tetra- sporen eine mehr als oberflächliche sein mufs. Einige neue Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Basidiobolus Ranarum Eidam. (Aus dem Botanischen Cabinett der Kaiserlichen Universität Warschau, 1903.) Von Zygmunt Woycicki. Hierzu Tafel IV und eine Textfigur. Dieser interessante Pilz wurde zuerst von Dr. Eduard Eidam im Jahre 1885 in den Exkrementen von Rana esculenta!) entdeckt. Ihm (Eidam) verdanken wir auch die ersten gründlichen Unter- suchungen über die äulseren Erscheinungen des Bildungs- und Weiter- entwieklungsprozesses der Zygote, der Entstehung .der Conidien, sowie überhaupt des gesamten Lebenszyklus dieses vom Autor der Familie der Entomophthoraceen zugewiesenen Saprophyten. Eidam wies auch als Erster darauf hin, dafs jede Zelle des Mycels von Basidiobolus nur einen einzigen Zellkern enthält, der im wesent- lichen aus schwach färbbarem Protoplasma besteht, in dessen Mitte sich ein gro/ser, intensiv färbbarer Nucleus befindet. Bei der Bildung der Zygote aus.den vegetativen Zellen, begeben sich diese Zellkerne nach den Beobachtungen Eidams in die während dieser Zeit durch zwei Nachbarzellen des Mycels gebildeten Aus- wüchse und teilen sich dort karyokinetisch, wobei „die der Schnabel- spitze zugekehrte obere Hälfte der Kernteilungsfigur einfach blofs ab- geschieden wird, ohne dafs sie fähig wäre, sich als ein neuer Zellkern zu organisieren“. Auf diese Weise entbehrt also, nach der Bildung der Zellquer- wand, die kleine, die Schnabelspitze einnehmende Zelle eines Zell- kernes gänzlich. Die Kerne der beiden unteren Zellen sind, nach der Resorption der sie scheidenden Wandungen, stets in derjenigen Zelle gelagert, welche stark angeschwollen erscheint und in welche aufser dem Kerne der Nachbarzelle auch deren Protoplasma übertritt. Bezüglich des weiteren Schicksales dieser Kerne macht Eidam keine weiteren bestimmten Angaben, nimmt jedoch die Möglichkeit der Verschmelzung derselben zu einem einzigen an. Die 1) „Basidiobolus, eine neue Gattung der Entomophthoraceen* in Cohns Beiträge zur Biologie der Pflanzen, 1886. 88 endgültige Konstatierung dieses letzteren Faktums geschah durch Prof. Chmielevsky') und D.G.’Fairchild?). Nach den Worten von Prof. Chmielevsky gehen der Bildung der Zygote bei Basi- diobolus ranarum gewisse, mit den Beobachtungen Eidams überein- stimmende Prozesse voraus: eine der vegetativen Zellen zerfällt durch Querteilung in zwei Zellen; jede der aus dieser Teilung entstandenen Zellen bildet je einen Auswuchs; je ein Paar dieser zwei Nachbar- zellen angehörigen Auswüchse verwachsen mit einander, wobei sie die Form eines Schnabels oder auch die Gestalt der Konjugations- ‘ auswüchse bei Rhynchonema annehmen. Ein Teil des Proto- plasmas und des Kernes einer jeden dieser Zellen treten in diese Auswüchse über und teilen sich dort karyokinetisch, so dafs in jedem Auswuchse je zwei Kerne ent- halten sind, welche*einer unter dem andern gelagert sind. Der obere Kern verbleibt mit einem Teil des Plasmas im Auswuchse und grenzt sich durch eine Querscheidewand von dem übrigen Plasma ab; der untere Kern steigt aus dem Auswuchsnachuntenherab. In der Querscheidewand zwischen den in Rede stehenden Zellen bildet sich unterdessen, etwas unterhalb der Auswüchse, eine Öffnung und das Plasma der einen Zelle ergiefst sich, zusammen mit dem Zellkern, in die Nachbarzelle — welche dadurch etwas aufgeschwollen erscheint —, wo es sich mit dem Plasma dieser letzteren vermischt. ‘Die in die Zygote eingetretenen beiden Kerne nähern sich ein- ander, das sie umgebende Plasma fliefst zusammen, so dals beide Kerne in eine gemeinschaftliche centrale Plasmamasse eingeschlossen erscheinen, welche an plasmatischen Fäden am peripherischen Plasma aufgehängt ist. Zwei Wochen nach erfolgter Bildung der Zygote verschmelzen beide Kerne zu einem einzigen. Indem er den Prozefs der Zygotbildung bei Basidiobolus ranarum Eid. mit demjenigen von Spirogyra crassa vergleicht, kommt Prof. Chmielevsky zu dem Resultate, dafs sie „beide sehr viel Analoges bezüglich der Kerne während des geschlechtlichen Prozesses besitzen, obgleich andererseits wieder wesentliche Verschiedenheiten vor- handen sind“, 1) „Beiträge zur Morphologie und Physiologie des geschlechtlichen Prozesses bei den niederen Pflanzen.“ Von F. Chmielevsky, Charkow, 1890, (Russ.) 2) „Über Kernteilung und Befruchtung bei Basidiobolus ranarum Eid,* Cytologische Studien aus dem Bonner Botanischen Institut. 1897. t 89 „Bei Baßidiobolus beobachteten wir drei Perioden. Die sich fortbdgebenden Kerne verschwinden aufserhalb der Zygotel;, in die Zygote treten die bereits differen- zierten geschlechtlichen Kerne ein, woselbst sie sich auch miteinander verschmelzen. Bei Spirogyra vollzieht sich der ganze Differenzierungsprozels der Zellkerne in den Zygoten selbst; bei beiden (sekundären) ge- schlechtlichen Kernen, welehe in der vierten Periode entstehen, findet keinerlei geschlechtlicher Austausch untereinander statt, weil sie als die Abkömmlinge eines und desselben Kernes erscheinen und in einer und derselben Zygote entstehen. Wir beobachten daher bei den Arten der Gattung Spirogyra eine scheinbar zwei- ma] stattfindende Befruchtung, zuerst bei der Ver- schmelzung der primären und zum zweiten Male bei der Verschmelzung der sekundären Kerne“ Unter Ausnutzung aller neuen Vervollkommnungen im Bereiche der Mikrotechnik vervollständigte D. G: Fairchild in seiner oben zitierten Abhandlung in der nachfolgend wiedergegebenen Weise das Bild des geschlechtlichen Entwicklungsprozesses dieses merk- würdigen Saprophyten. Der Kern der vegetativen Zellen ist, nach seinen Worten, mit einem grofsen, öfters vakuolisierten Kern- körperchen versehen. Dieses Kernkörperchen ist mit erstaun- licher Regelmälsigkeit stets im Zentrum des Kernes gelagert. „Das Chromatingerüst, welches dieses Kernkörperchen. umgibt, erscheint als ein Netz mit geschlossenen Maschen, öfter aber auch in Form weniger langer, gewundener Fädchen, die mit Chromatinscheiben be- setzt sind.“ }) " Einen gleichartigen Aufbau besitzen auch diejenigen Kerne, welche Fairchild in den Schnäbeln der beiden Nachbarzellen be- obachtete, welche sich zum geschlechtlichen Prozesse anschicken (ef. Tab. XIII, Figg. 1 u. 2), Zur Zeit der karyokinetischen Teilung dieser Kerne verschwindet das Kernkörperchen, die einzelnen Chromosome sammeln sich in der Mitte des Kernes. Die Kernspindel hat eine tonnenförmige Gestalt und besteht aus einem Bündel von Fäden ‚ welche an den Polen in intensiv färbbaren Körnerchen endigen (cf. Tab. XIII, Figg. 4 u. 5). I)1. c. pag. 134. 90 Was die Bildung der Zellquerscheidewand anbetrifft, so ent- spricht dieselbe vollständig der Zellplatte der höheren Pflanzen). Nachdem sich diese letztere definitiv gebildet hat, verschwin- den allmählich die Kerne der Schnabelzellen, während hingegen die Kerne der beiden grofsen, darunter lie- genden Zellen an Umfang zunehmen und sich als ein oder mehrere dicke, miteinander verschlungene Fäd- chen zeigen, in welchen in ziemlich gro[sen Zwischen- räumen die Chromatinscheiben lagern. In einer solchen Gestalt tritt der Kern einer der beiden Nachbarzellen — nämlich der männlichen — in die weibliche über, und zwar durch die Öf- nung, welche sich in der, beide Zellen- trennenden Scheidewand am Grunde der Schnäbel gebildet hat. Nach seinem ‚hierher erfolgten Übertritt lagert sich der männliche Kern dicht an den weiblichen, mit welchem er dann in der Periode der Membranbil- dung und während der Periode verschiedener Form- veränderungen, denen das Protoplasma der Zygospore unterworfen ist, verschmilzt. Die fast gleichzeitig mit der Arbeit Fairchilds erschienene Abhandlung M. Raciborskis?) ergab viele interessante Fakta be- züglich des Einflusses der Ernährungsbedingungen auf diese oder jene Art der Wachstums des Mycels von Basidiobolus, ebenso auch hin- sichtlich der Beschleunigung oder Verlangsamung der Zygosporen- bildung. Der Autor läfst aber in dieser Arbeit diejenigen Prozesse gänzlich unberührt, welche sich mit den Kernen bei der Zygotbildung vollziehen. Raciborski sagt nur, dafs der von Prof. Chmielevsky bemerkte Verschmelzungsproze[s der Kerne in der Zygote sowohl beschleunigt, als auch verlangsamt werden kann, und dafs wir im geschlechtlichen Prozesse bei Basidiobolus zwei der Zeit nach voneinander getrennte Phasen unterscheiden müssen: 1. die Kopulation des plasmatischen Inhaltes zweier Zellen, 2. die Kopulation zweier in einer Zelle auftreten- der Kerne. Auf Grund aller ihm bis dahin bekannten Ergebnisse, besonders aber auf Grund der Einkernigkeit der Zellen des Mycels, teilt Raci- 1) „Ich glaube“, sagt Fairchild, „dafs wir es hier mit einer echten Zell- platte zu tun haben... .* (ef. pag. 188 1. e.). 2) „Über.den Einflufs äufserer Bedingungen auf die Wachstumsweise des Basidiobolus ranarum“; Flora 1896, 82. Bd,, Heft 2. 9 borski den Basidiobolus der von ihm „Archimycetes* genannten Gruppe der niederen Pilze zu. Im Jahre 1899 erschien in der Zeitschrift: „Berichte der Aka- demie der Wissensch. zu Krakau“, Fasc. II, Bd. XIV, eine weitere Untersuchung Raeiborskis über die Kernteilung bei Basidiobolus, bei welcher der Autor zu folgenden Schlufsfolgerungen gelangte: das Kernkörperchen verschwindet zur Zeit der An- sammlung des Archiplasmas an den Polen des Zell- kerns; das Chromatin aber sammelt sich in Form von Streifen am Äquator des Kernes. Diese Streifen zerteilen sich dann in zwei, im Laufe der Zeit nach zwei entgegengesetzten Seiten auseinandergehende Streifen. Die Zellmembran bildet sich centropetal gerade in demjenigen Zeitpunkte, in welchem die bereits fertig formierten Tochterkerne soweit wie möglich voneinander entfernt stehen. Dieses Faktum spricht, nach den Worten des Autors, für die Unabhängigkeit der Bildung der ‚Zellmembran vom Zellkern '!). ı Meine Untersuchungen über Basidiobolus ranarum Eidam, den ich im Herbst 1901 und 1902 in reichlichen Mengen in der Um- gebung von Warschau in den Ausleerungen der Frösche fand, waren hauptsächlich darauf gerichtet, die Bedeutung und das Schicksal der Kerne in den Zygoten zu erklären, sowie auch darauf, die Frage über die Bildung der sogenannten „Zellplatte* zu lösen. Indem ich mich auf die Hinweisungen Raciborskis stützte in bezug auf den Einflufs der Konzentration und der Zusammensetzung der Nährflüssig- keit auf das Wachstum und die Bildung der Zygote bei Basidiobolus, wendete ich zu den Kulturen auf trockenem Substrate 2proz. Agar oder 1Oproz. Gelatine mit einer Beimischung von 1°, Pepton an; für die Kulturen im flüssigen Substrate gebrauchte ich einen mit Zitronensäure .angesäuerten Pflaumenaufgufs. Die Kulturen wurden auf dem Objektträger in der feuchten Kammer bei Zimmertemperatur (17° C.) angestellt. In verschiedenen Zeitintervallen vom Moment der Aussaat an, wurden die Kolonien unter Anwendung der Merkl- schen oder Kaiser’schen Flüssigkeit fixiert. Diese Fixativflüssig- keiten, welche zur Färbung nach der Heidenhein’schen Methode oder einfach mit Hämatoxylin nach Delafield von mir vorzugs- weise angewendet wurden, ergaben die allerbesten Resultate. Aufser- dem wurden die in bestimmten Entwicklungsperioden der Konjugation der Zellen in einer Dicke von 1 bis 2 ausgeführten Schnitte zwecks 1) ef. lc. pag. 31. « 92 Entfernung der Fettropfen während einiger Tage einer Behandlung mit einem Gemisch von 50 T. Wasser + 25 T. Alkohol + 25 T. Äther, oder 50 T. Alkohol + 25T. Äther — 25 T. Schwefelkohlen- stoff unterworfen. In Anbetracht der Meinungsverschiedenheiten in den Arbeiten Fairchilds und Raciborskis hinsichtlich der Bildung der „Zell- platte“, bestand, wie bereits erwähnt, das Hauptziel meiner Unter- suchungen darin, diese Erscheinung definitiv aufzuklären. Wie aus Figg. IA und I® (Taf. IV) ersichtlich, bildet sich die Zellmembran in centripetaler Weise, wobei beide Tochterkerne so- weit als möglich sich von einander entfernen. Das Protoplasma der Conidien ist in diesem Stadium von gleichmäfsig körniger Beschaffen- ‚heit, welche nur in der Nähe der Kerne und an den Enden der wachsenden Membrane ein wenig grobkörnig ist. (Figg. IA und IB.) Obgleich bei der Kernteilung die Kernspindel ganz deutlich sichtbar ist, so gelang es mir doch niemals, die Verdickung, ver- mittelst deren die Bildung der Zellscheidewand vor sich geht, zu be- obachten. Im Gegenteil: erst nach dem völligen Verschwinden der Kernspindel und nachdem sich die beiden Tochterkerne definitiv formiert haben, beginnt, übereinstimmend mit den Beobachtungen Raciborskis, die Bildung der Zellscheidewand von der Peripherie aus, d.h. von der Wandung der Mutterzelle aus nach dem Zentrum zu, und zwar in Form eines Diaphragmas, dessen Öffnung sich all- mählich bis zur völligen Verschliefsung verengert. Fig. 19 Taf. I der Arbeit Raciborskis und die Zeichnungen nach meinen Präparaten entsprechen einander vollständig). Das aus den Conidien herauswachsende Mycel gibt im Laufe der Zeit, nach vier oder fünf, mitunter auch mehr Tagen, eine grofse Anzahl von Zygoten mit zwei Kernen in jeder. Nach den Unter- ‚suchungen Fairchilds und Prof. Chmielevsky verschmelzen diese Kerne gewöhnlich früher oder später zu einem einzigen Kern. Ich fand aber sehr viele Zygoten nicht mit zwei, sondern mit vier Kernen, d.h. gerade solche, wie sie Prof, Chmielevsky bei Spirogyra beobachtete. Derartige Zygoten besafsen meistens, wie solches Figg. IT und III zeigen, eine noch aufserordentlich dünne Membran, oder mit anderen Worten, es waren noch junge Zygoten; bei einigen Präparaten waren jedoch auch sogar alte, mit einer 1) cf, pag. 29 1. c. 93 dicken, geschichteten Membran versehene Zygoten (der Darstellung Fairchilds in Fig. 15 Taf. XIV völlig entsprechend) gleichfalls ‘noch mit vier deutlich sichtbaren Kernen versehen (ef. Fig. IV). Erst im Herbst 1902 gelang es mir nachzuweisen, auf welche Weise diese vier Kerne in der Zygote entstehen. Aus der vergleichenden Zusammenstellung der Präparate ergab sich, dafs die zwei in die Zygote eintretenden Kerne später jeder für sich einer amitotischen Teilung unterworfen werden, als deren Resultat vier Kerne von annähernd gleicher Gröfse entstehen. (Figg. 2 und 3.) Zwei von ihnen unterliegen, ganz so wie bei Spirogyra, einer allmählichen Resorption (Figg. 4, 5 und 6); die anderen beiden verschmelzen entweder sofort miteinander, oder erst in den alten, völlig ausgebildeten, d.h. mit allen drei von Fairchild beschrie- benen Membranen versehenen Zygoten (Figg. 6 und 7). Hieraus ergibt sich, dafs auch bei Basidiobolus, ebenso wie bei’ Spirogyra, in die Zygote geschlechtlich noch nicht völlig differenzierte Kerne eintreten, dafs der Differenzierungsprozefs sich noch in der Zygote selbst vollzieht. Es mufs deshalb das von Prof. Chmie- levsky gegebene Schema in folgender Weise modifiziert werden: Schema nach Prof. Chmielevsky. Modifiziertes Schema, Die Kerne sowohl der vegetativen, als auch der geschlechtlichen Zellen, ebenso auch die Conidien, zeigen bei jeder Art der Tingie- rungsmethode (z. B. durch das Delafield’sche Hämatoxylin, durch Safranin, durch die dreifache Färbung nach Flemming, durch die Biondi-Heidenhein’sche Lösung, durch das Heidenhein’sche Hämatoxylin ete) in den Ruhestadien ein stark gefärbtes Kern- körperchen, von welchem die nur eine sehr schwache Färbung an- nehmenden Fäden auslaufen, wie solches Fig. VIII darstellt. Diese Fäden gehen unmittelbar in das Protoplasma der Zelle über. Raciborski spricht seine Ansicht hierüber folgendermafsen aus: „Der aulsergewöhnlich grofse Kern enthält nur sehr wenig 94 Chromatin; in dem aufserordentlich grolsen Kernkörperchen ist, mor- phologisch ausgedrückt, jedenfalls gar kein Chromatin enthalten.“ Einen ganz ähnlichen Aufbau besitzen auch die Kerne vieler Taphrinaarten!), „Jener Kern“, schreibt Ikeno?), „besitzt im Anfang einen sehr dichten und gewöhnlich vakuolisierten, nucleolusartigen Körper, welcher durch Gentianviolette oder Eisenhämatoxylin sehr intensiv blau gefärbt wird... . .“ Diesen Körper nennt der Autor „Chromatinkörper“ 3). „. . . die Kernhöhle ist scharf gegen das umgebende Cytoplasma abgegrenzt, wenn auch die Kernmembran nicht dgutlich nachzuweisen ist.* Noch viel frappanter tritt diese Ahnlichkeit in der Abbildung Fig. 44 Taf. III hervor. „In dieser Zeit“, sagt der Autor auf Seite 14, „scheint die Kernvakuole, abgesehen von einem Chromatinkörper, bald fast leer zu sein, bald einige kerngerüstartige Gebilde zu enthalten.“ Wenn ich die Ergebnisse der Arbeit Raciborskis — welcher, wie mir scheint, die Anteilnahme des Kernkörperchens an der Bildung der Ohromatinplatte nur vermutet) — und die Ergebnisse der Untersuchungen Ikenos — welcher bei Taphrina im „Chromatin- körper“, wie schon der Name allein zeigt, einen ausschliefslich chro- matinischen Körper fand — mit meinen eigenen Beobachtungen ver- gleichend zusammenstelle, so glaube ich, dafs bei Basidiobolus ebenso, wie bei Spirogyra°) und einigen anderen niederen tallophytischen vegetabilischen Organismen ®), das Kernkörperchen das Zentrum der 1) Bezüglich weiterer Angaben vergl. weiter unten, 2) „Die Sporenbildung .von Taphrinaarten.* 8. Ikeno, Flora Bd. 92, Jahrg, 1903. 3) Diese Bezeichnung wurde von Ikeno bereits im Jahre 1901 eingeführt; vgl. seine Arbeit unter dem Titel: „Studien über die Sporenbildung von Taphrina Johansoni*; Flora 88. Bd., Jahrg. 1901. 4) cf. pag. 28, 1. c. 5) „Über die karyokinetische Kerntheilung bei Spirogyra“; Mitzkewicz, Warschau, 1897. (Russ) — „Über Kerntheilung bei Spirogyra®; C, v. Wisse- lingh; Flora Bd. 87, 1900: „Es zeigt sich wieder daraus, dafs der Nucleolus von Spirogyra viele Ähnlichkeit mit einem Nucleus hat“. 6) Vgl.: „Die Chromatophoren der Algen“; Schmitz; Bonn 1882. — M, Golenkin: „Algologische Mitteilungen“; Bull. d. 1, Soc. Imp. d. Nat. d. Moscon, 13.,1899. — B. M. Davis: „Kernteilung in der Tetrasporenmutterzelle bei Coral- lina officinalis var. mediterranea“; Ber. d. D. Bot. Ges. 16, 1898. — A. H. Trow: „Observations on the Biology and Cytology of a new Variety of Achlya ameri- cana“; Ann. of Bot. 13, 1899. — H. Wager: „The nucleus of the Yeast-Plant“; Ann. of. Bot. 12, 1898, j < b 95 Anhäufung der Chromatinstubstanz !) darstellt. Bei der karyokinetischen Teilung der Kerne verlängert es sich, ebenso wie jene, spindelförmig (ef. Fig. IX); darauf teilt es sich augenscheinlich in zwei mehr oder weniger gleich grolse, körnige Platten, welche nach dem Verschwinden der Kernmembran sich immer mehr und mehr voneinander entfernen (Figg. 10, 11 und 12), wobei sie eine Zeitlang mit den Fäden der Achromatinspindel verbunden bleiben. Wenn man den Prozefs der Karyokinese bei Taphrina Cerasi?) mit dem eben beschriebenen ver- gleicht, so ergibt sich sowohl aus meinen, als auch aus den Abbil- dungen Fairchilds und Raeiborskis, die notwendige Schlufs- folgerung, dafs dieser letztere Proze[s wohl nur den auf den ersten folgenden zweiten Schritt einer „vereinfachten“ Karyokinese ®) darstellt. Was die Amitose in den Zygoten anbelangt, so spielt auch hier das Kernkörperchen eine malsgebende Rolle. Von ihm geht der Impuls zur Teilung aus, denn es schnürt sich zuerst ab (cf. Fig. XIV) und erst nach der definitiven Teilung, oder gegen Ende dieses Pro- zesses beginnt die Abschnürung des Kernes (ef. Fig. XV). Das im Fortbewegungsstadium befindliche Kernkörperchen hat dann öfter die Gestalt einer Hantel (cf. Figg. 13 und 16), am häufigsten jedoch nimmt es die Form eines unregelmälsig gebogenen *Ringes an, welcher anfänglich an einer Stelle, später aber auch, in- folge der allmählichen Verdünnung und Ausdehnung, noch an andern Stellen durchbrochen erscheint (vgl. Figg. 14 und 15). Die Umrisse des Kernes sind hierbei unregelmäfsig, wobei aber die Durchschnürung nicht immer zu Ende geführt wird, sondern zu einem gewissen Zeit- punkt tritt ein Stillstand ein und zwischen den beiden definitiv for- mierten Kernkörperchen tritt die Querscheidewand auf, an der entlang nachher die Spaltung der Tochterkerne erfolgt (Fig. 15). Zur Zeit der oben beschriebenen Prozesse unterliegt auch der Plasmainhalt der Zygote auf verschiedenartige Weise einer starken Formveränderung. Das Protoplasma der konjugierenden Zellen hingegen ist kompakt, feinkörnig und mit verhältnismälsig grolsen Körpern angefüllt, welche N 1) Ikeno ist folgender Ansicht über das Kernkörperchen bei Taphrina: „Der Chromatinkörper ähnelt im äufseren Aussehen einem Nucleolus, aber er weicht beträchtlich davon ab, sowohl in morphologischer und physiologischer, als in chemischer Beziehung. Er enthält wahrscheinlich Nuclein von etwas ab- weichendem Charakter und verhält sich wie ein Zellkern.“ 2) Ikeno, l.c, 83) Auf Seite 11 1. e. heifst es: „Bei dieser Teilung wird deshalb aus einem Chromatinkörper ein einziges Chromosom gebildet, wir haben also wohl einen sehr einfachen Prozefs der Chromosombildung vor uns.* 96 durch Osmiumsäure gar nicht gefärbt werden. Nur hier und da zeigt sich eine stellenweise Anhäufung von Tröpfehen, welche durch das genannte Reaktiv grau tingiert werden, was den Beginn von Fett- bildung anzeigt. Dafür steigert sich in den Zygoten mit der Zeit die Fettquantität derartig, dafs sie unter der Einwirkung von Osmium- säure gänzlich dunkel erscheinen). Das Protoplasma bildet hierbei, übereinstimmend mit den Beobachtungen von Prof. Chmielevsky, eine zentrale Anhäufung, in welcher zwei, oder auch nur ein Zygot- sporenkern eingeschlossen sind, von dem aus nach allen Richtungen ganz feine Querbalken ausgehen, welche diesen zentralen Teil mit dem peripherischen Plasma verbinden (ef. Figg. 6 und 7). Zum Schlusse halte ich es für nicht überflüssig, ein kurzes Resümee meiner Beobachtungen anzugeben: _ 1. Da bei Basidiobolus ranarum zur Bildung der Zygote eine Kopu- lation zweier nebeneinander liegender Zellen eines und desselben Fadens stattfindet, so teilen sich, wahrscheinlich wegen der allzu nahen Verwandtschaft der Kerne, welche sich miteinander verschmelzen sollen, diese letzteren vor der Verschmelzung zweimal. Hierbei verschwinden die Produkte der ersten, und zwar, wie die Untersuchungen der vorangegangenen Forscher ge- zeigt haben, der karyokinetischen Teilung aufserhalb der kopu- lierenden Zellen in den oberen Abschfitten, den sogenannten „Schnäbeln“. Die Produkte der anderen amitotischen Teilung sind einem verschiedenartigen Schicksal unterworfen. Zwei der sich bildenden Tochterkerne werden resorbiert, die zwei andern aber verschmelzen im Laufe der Zeit zu einem einzigen Kern. 2. Neben den Prozessen der geschlechtlichen Differenzierung der kopulierenden Kerne vollzieht sich auch eine Fettumbildung des Protoplasmas und derjenigen Körper, welche gewöhnlich die vegetativen Zellen des Mycels von Basidiobolus erfüllen. 3. Das Kernkörperchen schliefst augenscheinlich das gesamte Chro- matin des Kernes in sich ein. 4. Die Kernmembran verschwindet im karyokinetischen Prozesse. 5. Die Querscheidewand der Zelle bildet sich von der Peripherie aus nach dem Zentrum zu, in Gestalt eines Diaphragmas, welches allmählich seine Öffnung verengert- 1) Hinweise auf dieses Faktum fand ich bereits in den Bemerkungen Prof. Chmielevskys zu seiner Arbeit über Basidiobolus, 97 Alle diese Ergebnisse weisen, wie es mir scheinen will, in noch höherem Grade, als solches bis jetzt angenommen wurde, auf die ver- wandtschaftliche Verbindung des Basidiobolus mit Spirogyra hin. Warschau, im Mai 1903. Erklärung der Abbildungen zu Taf. IV. IA, Durchschnitt durch die Mitte eines keimenden Conidiums. IB. Durchschnitt durch den Endteil eines keimenden Conidiums. (Gezeichnet mit der Zeichenkammer nach Zeifs; mit Obj. Nr. 6 und Ocular von Leitz.) IH. Junge Zygote mit vier Kernen. (Gezeichnet mit der Zeifs’schen Camera; Obj. Zeifs DD; comp. Ocular Nr. 18.) III. Vier Kerne in der jungen Zygote. (Gezeichnet mit der Zeifs’schen Camera; Obj. Nr. 6, Ocular Nr. 4 von Leitz.) IV. Reife Zygote mit vier Kernen, von denen zwei resorbiert zu werden be- ginnen. V, Reifende Zygote mit vier Kernen. . VI Reife Zygote mit zwei Kernen nach viertägiger Behandlung in einer Mischung von 50 Teilen Alkohol -+ 25 Teilen Äther -+ 25 Teilen Schwefel- kohlenstoff. (Figg. IV, V und VI gezeichnet mit Obj. Nr. 8 und Ocular Nr. 4 von Leitz, mit Hilfe der Zeichenkammer von Zeifs.) VI. Zygote mit ineinander verschmelzenden Kernen. (Gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Ocular Nr. 4, Obj. Nr, 8 von Leitz.) VEIL Kern einer vegetativen Zelle des Mycels im Ruhezustande. (Gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Apochr, 1.5m, apert. 1.3, comp, Ocular Nr. 18.) IX, X, XI und XII. Aufeinanderfolgende Teilungsphasen der vegetativen Kerne. (Gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Apochr. 1,5m, apert. 1.3, Ocular Nr. 8.) XII, XIV, XV und XVI. Amitotische Kernteilung in den Zygoten. (Fig. XIII: gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Apochr. 15m, apert. 1.3, comp, Ocular Nr. 12.) (Fig. XIV: gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Apochr. 1,59, apert. 1.3, comp. Ocular Nr. 18.) (Fig. XV: gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Apochr. 1.5 m, apert. 1.3, comp. Ocular Nr. 12.) (Fig. XVI: gezeichnet mit der Zeichenkammer von Zeifs; Obj. Nr. DD von Zeifs, comp. Ocular Nr. 12.) Flora 1904. 7 Morphologische und biologische Bemerkungen. Von K. Goebel, 15. Regeneration bei Utricularia. Mit 17 Abbildungen im Text. In den vor einiger Zeit veröffentlichten Untersuchungen über Regeneration') wurde auf das Verhalten von Utricularia nicht einge- gangen, obwohl die Regenerationsfähigkeit der Blätter dieser merk- würdigen Pflanzengattung schon aus früheren Untersuchungen hervor- ging.’) Es geschah dies in der Hoffnung, ausgedehntere experimentelle Untersuchungen an verschiedenen Arten anstellen zu können. Leider sind nun aber die meisten der früher in Europa in Kultur befindlichen Land-ÜUtrieularien wieder aus den Gewächshäusern verschwunden; Utr. reniformis, peltata, bifida, welche früher in einzelnen Gärten, 2.B.in Kew und in den botanischen Gärten in Marburg und München kultiviert wurden, sind hier nicht mehr vorhanden, und es gelang bis, jetzt nicht, sie wieder einzuführen. Da das Regenerationsproblem gerade jetzt in lebhaftester Erörterung steht, so mag es berechtigt sein, zunächst die an den Wasser-Utrieularien und den beiden einzigen noch in Kultur befindlichen Land-Utrieularien, U. longifolia und U. montana, erhaltenen Ergebnisse mitzuteilen. Es handelt sich dabei um die an den „Blättern“ auftretenden Regenerationserscheinungen. Ich sehe hier ab von allen morphologischen Erörterungen, bezüglich derer ich auf frühere Arbeiten verweise, und gebrauche die Bezeich- nung „Blatt“ in dem Sinne der beschreibenden Botanik, welche diesen Ausdruck bei den Utrieularien auf die Organe anwendet, die habi- tuell den Blättern anderer Pflanzen gleichen. Bekanntlich sind die bisher untersuchten Blätter von Samen- pflanzen dadurch ausgezeichnet, dafs sie Wurzeln und Sprofsanlagen 1) Goebel, Über Regeneration im Pflanzenreich. Biol, Centralbl. Bd, 22, 1902. — Weitere Studien über die Regeneration. Flora, 92. Bd. 1908 pag. 132. (Vgl. auch Regeneration in plants. Bulletin of the Torrey botanical Club 1903.) 2) Pringskeim, Zur Morphologie der Utricularien. Monatsbericht der Berliner Akademie 1869 und Gesammelte Abhandlungen, II, pag. 159: Goebel, I. Vergleichende Entwicklungsgeschichte (pag. 237), Schenks Handbuch, UI, 1; ll. Über die Jugendzustände der Pflanzen (Flora 72, pag. 41); III. Der Aufbau von Utrieularia (ibid. pag. 293, 296); IV. Morphol, und biol. Studien, Utriceularia (Ann. du jard, bot. de Buitenzorg Vol, IX); V. Pflanzenbiol. Schilderungen II. Teil. 99 (wo solche überhaupt auftreten) an der Basis bilden (betr. Torenia u.a. s.u.). Damit stimmt auch das Verhalten der mit Utrieularia nächst ver- wandten Gattung « 1. Pinguicula überein. Die schöne mexikanische P. caudata wird, wie den Gärtnern bekannt ist, dadurch vermehrt, dafs abgeschnittene Blätter feucht und warm gehalten werden. Sie bringen an ihrer Basis dann bald neue Sprosse und Wurzeln hervor. In Fig. 1 ist die Basis eines solchen Blattes gezeichnet, von der Schnittfläche aus gesehen. Einige Wur- zeln waren an der Unterseite des aus der Schnittfläche etwas hervor- ragenden Calluswulstes, der sich aus dem Mittelnerven entwickelt hatte, entstanden, Sprosse in gröfserer Anzahl auf der Oberseite der Blattbasis; diese bewurzelten sich bald. Fig. 1. Pinguicula caudata. Basis eines Blattes mit Adventivsprossen und (aus der Schnittfläche entwickelten) Wurzeln. Weniger regenerationsfähig erwiesen sich die Blätter von Pin- guicula alpina; ich erhielt nur einmal einen Adventivsprofs auf der Blattbasis, auch Bewurzelung des Blattes tritt nur selten ein. Auch bei P. caudata gelang es mir nicht, aus Blättern, denen der basale Teil abgeschnitten war, Adventivsprosse zu erhalten, so dafs es sich fragt, ob hier die Regenerationsfähigkeit nicht etwa ausschlielslich auf ein Stück der Blattbasis beschränkt ist, denn Blätter, denen das schmä- lere basale Stück genommen war, gingen bald zugrunde, Hier wie in anderen Fällen ist es freilich fraglich, ob nicht gerade durch das frühzeitige Absterben des Blattes das Auftreten der Regeneration ver- hindert wurde. Es ist ja eigentlich eine sehr rohe Methode, einfach nur das Verhalten abgetrennter Pflanzenteile zu untersuchen, ohne die bei und nach dem Abtrennen auftretenden nachteiligen Einwir- 7* 100 kungen einigermafsen zu kompensieren. Bessere Methoden werden hier wohl noch mancherlei Neues bringen. Einstweilen also sind alle Angaben über das Verhalten abgetrennter Pflanzenteile mit diesem Vorbehalt aufzunehmen. 2. Wasser-Utricularien. Über die Sprofsbildung auf den Blättern von Utr. vulgaris liegt eine Angabe von Pringsheim (a. a. O.) vor: „Eine dritte Reihe Fig. 2. Utrieularia vulgaris. Abgetrenntes Blatt, an welchem vier Adventivsprosse (A, Ay, Ag, Ag) entstanden sind (5fach vergr.). Die Adventivsprosse, welche, um sie deutlicher zu machen, zum Teil dunkel gehalten sind, sind in Wirklichkeit heller als das Blatt. von Sprossen entsteht auf den Blättern der alten Pflanze; sie er- scheinen auf diesen sowohl nach ihrer Trennung von der Mutterpflanze .® 101 als auch noch in Verbindung mit derselben. Die Vegetationskegel, aus welchen sie hervorgehen, entstehen exogen vorzugsweise in der Nähe der Winkel der oberen Blattabschnitte. Ich habe 3—4 Sprosse auf einem Blatte angetroffen; sowohl an solchen Blättern, die noch mit der Mutterpflanze in Verbindung waren, als an abgeschnittenen.“ Es wird dann weiter angegeben, dass diese Sprosse mit den normalen im Wesentlichen übereinstimmen, aber kümmerlicher sich ausbilden, was übrigens jedenfalls von Kulturbedingungen abhängt. Die Angabe Pringsheims, dafs der Ursprungsort dieser blattbürtigen Sprosse mit dem der Schläuche übereinstimme („sie entstehen exogen vorwiegend an den vorderen Blattabschnitten, meist in der Nähe des Winkels der Blattabschnitte — ähnlich wie die Schläuche“ a. a. O. II pag. 174) habe ich früher schon als irrtümlich bezeichnet;!) sie hängt mit seiner unhaltbaren Auffassung über die morphologische Bedeutung der Schläuche zusammen. Untersucht wurden von mir U. vulgaris, U. minor, U. intermedia und U. exoleta. Diese Wasser -Utricularien sind zu Regenerations- versuchen sehr geeignet, man erhält an abgeschnittenen Blät- tern, die in Wasser oder Nähr- lösung schwimmen, schon nach wenigen Tagen blattbürtige Sprosse. Das Auftreten von Wurzeln ist bei diesen ohne- hin ganz wurzellosen Pflanzen selbstverständlich nicht zu er- warten. Die einzelnen Arten (von denen teils gewöhnliche, teils die abweichend gestalteten Blätter von Winterknospen un- tersucht wurden) verhalten sich Fig. 3. U. vulgaris. Blattgabel mit Adventiv- nicht ganz übereinstimmend. sprofs A(Bl Blasenstiel). Stärker vrgr. als Fig.2. Zunächst sei von U. vulgaris ausgegangen. Fig. 2 zeigt ein ab- getrenntes Blatt einer kräftig vegetierenden Pflanze, die — wie fest- gestellt wurde — vorher keine blattbürtigen Sprosse besafs. Infolge der Abtrennung sind vier, mit A, Aı, Ag, As bezeichnete, exogen ent- standene Adventivsprosse aufgetreten.. Drei von ihnen stehen in den „Gabeln“ zwischen einzelnen Blattabschnitten. Am meisten entwickelt 1) Goebel, I, pag. 237. Blattbürtige Adventivsprosse wurden dort als nicht selten auftretend bezeichnet. _ 102 ist A, die übrigen sind noch zurück. Die Entstehungsart dieser Sprosse stimmt mit Pringsheims Angaben überein, drei (A, As, As) stehen in den Blattgabeln. Auffallend ist, wie jetzt schon bemerkt werden mag, dafs, wenn wir das Blatt als Ganzes betrachten, eine Bevor- zugung der Basis in keiner Weise hervortritt. Fig. 4. I..U. exoleta, Blattstück mit zwei Adventivsprossen (A) an der Basis zweier Blasen. II. U. vulgaris. Blattstück mit Adventivsprofs (A) am Blasenstiel. In Fig. 3 ist das untere Ende eines solchen gabelständigen Sprosses stärker vergrölsert gezeichnet. Es zeigt sich, dafs auf ihm eine Sprofsanlage R sich befindet, sein Leitbündel steht scheinbar in keiner Verbindung mit dem des Blattes, an dem er entsprang, indes wurde eine solche Verbindung bei einer grofsen Zahl von Adventir- sprossen nachgewiesen. Aufserdem aber entstehen solche Adventiv- 103 sprosse auch an den Schläuchen ') und zwar an der Basis ihres Stieles. So Aı Fig. 2, vgl. ferner Fig. 4II. Diese Adventivsprosse an der Schlauchbasis können den Schlauch so zur Seite drängen, dafs er wie ein seitliches Gebilde aussieht. Bei der Bildung der Adventiv- sprosse ist die Epidermis nicht ausschliefslich beteiligt, indes ist es kaum von Interesse, auf die Zellteilungsfolgen hier einzugehen. Auch an abgetrennten, nicht ausgewachsenen Blättern wurde Adventivsprols- bildung erzielt. Leider wurde nicht untersucht, ob Blätter verschie- denen Alters sich hinsichtlich der Regeneration, namentlich betreffs der Verteilung der Adventivsprosse, verschieden verhalten. Es soll dies später geschehen. Die Blätter von U. minor und ex- oleta verhielten sich von denen von U. vul- garis insofern verschieden, als an ihnen nur an der Blasenbasis Adventivsprosse auftraten (Fig. 4). Diese stellten sich bei U. minor nach 10 Tagen, bei U. exoleta teilweise noch früher ein. Die Schläuche selbst gingen bei U. minor meist rasch zu- grunde (auch bei U. exoleta sind sie emp- findlicher als die übrigen Blatteile), und die Adventivsprosse standen dann an den Stummeln. In den Blattgabeln, welche bei U. vulgaris nach dem Obigen die bevor- zugten Ursprungsstellen für die Adventiv- sprosse darstellen, traten sie bei den bei- den genannten Arten nicht auf. Dafs aber auch bei ihnen hier sozusagen Stellen zweiter Ordnung für die Adventivsprossung- __ bildung vorhanden sind, ergab sich aus Fig. 5. U. oxoleta. Abge- schnittene Blattgabel, die einen anderen Wahrnehmungen. Diese sollten Adventivsprofs A (mit Anlage zeigen, ob bei diesen Utrieularien dann, einer,Ranke“R) entwickelt hat. wenn an den Blättern keine Schläuche vorhanden sind, die Adventivsprofsbildung auf bestimmte Stellen be- schränkt ist. Zur Entscheidung dieser Frage wurden einerseits abge- trennte blasenlose Stücke von U. exoleta, andrerseits die Winter- knospenblätter von U. minor benützt. . 1) Für andere Arten, z. B. U. reticulata, habe ich dies früher schon he- schrieben. Vgl. Goebel, IV. - 104 Kleine abgetrennte Blattstücke von U. exoleta gingen leicht zu- -grunde. Aber Fig. 5 zeigt eine isolierte Blattgabel, in der ein Ad- ventivsprofs (A) sich gebildet hatte. (Er ist mit einem Seitensprols R versehen, was ihm eine gewisse Habitusähnlichkeit mit einer jungen Blase verleiht, die aber nur eine ganz oberflächliche ist.) Fig. 6. U. minor. Winterblätter mit Adventivsprossen A; Bl rudimentärer Schlauch (Blatt) (vergr.). Bei U. minor wurden die Winterblätter benutzt. Bekanntlich sind diese als Schutz- und Speicherorgane für die überwinternde Sprofsspitze ausgebildet. Sie haben breitere und kürzere TeilealsdieSommerblätterund die Schlauchbildungunter- bleibt mit Ausnahme einer einzigen frühzeitig stehen- bleibenden Schlauchan- lage; möglich, dafs diese manchmal auch ganz fehlt. Die Blätter der Win- terknospe — sie seien kurz als Winterblätter bezeich- net — brauchen, wie es scheint, länger, ehe sie Fig. 7. U. minor. Blatt einer Winterknospe. Knospen bilden, als die Aufser den gabelständigen Adventivsprossen Aund Sommerblätter. Doch habe dem an der Basis der rudimentären Blase Bl ent- ich darauf nicht eingehen- sprungenen Ab! hat sich noch ein Achselsprofs entwickelt. Sp Stück der Sprofsachse, an welcher. das Blatt safs (vergr.). der geachtet; man mülste beide untergleichen äufse- ren Verhältnissen kulti- vieren, um mit Sicherheit angeben zu können, ob wirklich das Ver- halten ein zeitlich verschiedenes ist. Die Frage interessierte mich nicht näher, deshalb wurde auch kein Versuch zu ihrer Beantwortung 105 gemacht. Vielmehr handelte es sich nur darum, ob und wo Adventiv- sprosse entstehen würden. Sie zeigten sich an den erwarteten Stellen. Nämlich einmal in den Blattgabeln und sodann an der Basis der Schlauchanlage (Fig. 6). Blätter, an denen ein Stückchen Sprofsachse geblieben war (Fig. 7), wiesen auch an der Basis des Blattes einen Sprofs auf. Diese Fälle mögen aber hier ausscheiden, da sie wahr- scheinlich auf Entwicklung eines „Achselsprosses“ zurückzuführen sind. Fig. 6 zeigt die Verteilung der Adventivsprosse. Es tritt nicht in jeder Blattgabel einer auf, aber doch in den meisten. Diese Blätter zeigen also gleichfalls die Blattgabeln als Entstehungsorte zweiter Ordnung; es ist bemerkenswert, dafs an der Blase ein Adventiv- sprofs entsteht, obwohl sie gar nicht zur vollen Entwicklung gelangt, sondern verkümmert ist. Die an diesen Winterblättern entstandenen . Sprosse zeigten zum Teil in ihren ersten Blättern insofern eine An- näherung an die Winterblattform, als diese mit breiten, flachen Zipfeln versehen und oft (nicht immer) obne Schläuche waren (Fig. 6 rechts oben). Indes liegt eine konstante Beeinflussung der Blattgestaltung der Adventivsprosse durch die Beschaffenheit des Blattes, an welchem sie entstehen, hier offenbar nicht vor. Bei U. intermedia konnten an isolierten Winterblättern zwar in einzelnen Gabeln Sprofsanlagen beobachtet werden, aber diese trieben nicht aus, während eine Entwicklung von Axillarsprossen an den Winterknospen leicht zu erzielen war. Diese zeigten in ihren ersten Blättern insofern zum Teil (aber nicht immer) eine Annäherung an die Winterblattform, als sie wie diese Büschel von Stachelhaaren zeigten, die sich bei den weiter entwickelten Blättern verloren, um einzelnen Stachelhaaren Platz zu machen. Zunächst geht also aus dem Mitgeteilten hervor, dafs die Blätter der untersuchten Wasser -Utrieularien sich insofern übereinstimmend verhalten, als sie Adventivsprosse alle leicht und meist in grölserer Anzahl infolge der Abtrennung hervorbringen. Diese Sprosse treten in den Gabeln des Blattes oder am -Blasenstiel auf. Letzterer Ort ist bei U. minor und U. exoleta der bevorzugte, aber die Sprofsbil- dung in den Gabeln kann auch bier hervorgerufen werden durch Beseitigung der Blasen, eine Beseitigung, die bei den Winterblättern schon von der Pflanze selbst besorgt wird. Isolierte Stücke der „Sprofs“achse von U. exoleta und anderen Wasser-Utrieularien gingen stets ohne Adventivsprofsbildung zugrunde, Es fragt sich nun weiter, ob die Adventivsprofsbildung auch bei Blättern, welche noch an der Pflanze festsitzen, hervorgerufen werden 106 kann. Da in einer früheren Mitteilung !) gezeigt werden konnte, dafs an Begoniablättern, welche sonst — von Ausnahmefällen abgesehen — nur nach Abtrennung von der Pflanze Adventivsprosse erzeugen, diese auch an Blättern, die nicht von der Sprofsachse getrennt werden, hervorgerufen werden kann, wenn man alle Sprofsvegetationspunkte beseitigt, so lag es nahe, dieselbe Methode auch bei Utrieularia an- zuwenden, Es wurden am 13. Oktober eine Anzahl von Sprofsstücken von U. exoleta mit Blättern in Nährlösung gebracht, Die zu dieser Zeit sichtbaren Sprolsvegetationspunkte wurden beseitigt. Es entwickelte sich aber zunächst, wie zu erwarten war, eine Anzahl weiterer Sprofs- vegetationspunkte, so dafs schliefslich wohl jedes Blatt einen Achsel- sprols angelegt hatte, was sonst nicht der Fall ist. Alle diese Sprosse wurden beseitigt. Schon nach drei Wochen — also in bei weitem kürzerer Zeit als bei Begonia — trat das erwartete Resultat ein: es bildeten sich „Adventivsprosse“ auf den Blasen der Blätter, bei zwei Blättern in den Blattgabeln. Solche Adventivsprosse hatte ich an nicht abgetrennten Blättern von U. exoleta vorher nicht beobachtet; es ist aber wohl möglich, dafs sie hier ebenso wie bei U. vulgaris vorkommen. Namentlich wird man an alten Blättern Aussicht haben, sie zu finden. Jedenfalls aber waren sie bei den untersuchten Sprossen vorher nicht vorhanden. Ich finde also für Utrieularia exoleta die Anschauungen bestätigt, zu denen ich früher gelangt war, nämlich die, dafs hier ebenso wie bei Farnprothallien, Bryophyllum, Begonia usw. Korrelationsverhältnisse das Auftreten (oder bei Bryophyllum die Entwicklung) der „Adventivsprosse“ bestimmen. So lange die normalen Sprolsvegetationspunkte vorhanden und in kräftiger Tätig- keit sind, treten die blattbürtigen Adventivsprosse nicht auf oder ent- wickeln sich nicht, wohl aber tritt dies ein, wenn man die normalen Vegetationspunkte entfernt oder das Blatt abtrennt, Es wird unten ein ganz analoger Fall von U. montana mitzuteilen sein, und es soll später auf die Bedeutung dieser Tatsachen eingegangen werden. Hier sei nur auf eines noch hingewiesen. Für Bryophyllum wurde gezeigt, dafs die Unterbrechung der Leitungsbahnen genügt, um die Entwicklung der blattbürtigen Sprolsanlagen hervorzurufen, Diesen Versuch an den Wasserblättern von Utricularia auszuführen, ist kaum möglich, weil die Blattzipfel zu dünn sind. Indes darf wohl angenommen werden, dafs hier dasselbe Verhalten anzunehmen ist. 1) Flora 92. Bd. pag. 132 ff, 107 Ist dies der Fall, so können wir weiter schliefsen, dafs das Ausschlag- gebende die Unterbreehung des Siebteils der Leitbündel oder der Bündelscheide sein wird, denn der Gefälsteil ist bei den Wasser- Utrieularien so wenig entwickelt, dafs er kaum in Betracht kom- men kann, Dafs auch andere Wasser-Utrieularien mit denen der oben be- schriebenen Arten übereinstimmende Regenerationserscheinungen zeigen werden, ist nicht zu bezweifeln. Für die nordamerikanische U. inflata® habe ich früher!) schon angegeben, dafs Adventivsprosse auf den intakten Blättern auftreten und zwar in den Gabeln; an den Blasen habe ich sie hier nie gesehen. Bemerkenswert ist, dafs die Adventivsprosse am festsitzenden Blatt hier schon auftreten können, ehe es ausgewachsen ist, also ehe die Zellen in den Dauerzustand übergegangen sind. Man findet an Blättern, deren Blasen noch nicht !/, ihrer späteren Gröfse erreicht haben, schon „Adventivsprosse“ mit stark eingerolltem Vege- tationspunkt und mehreren Blattanlagen (vgl. z. B. die Abbildung Fig. 100 auf Taf. XIII a. a. O.). Ganz Ähnliches — Auftreten von „Adventivsprossen“ an noch nicht in den Dauerzustand übergegange- nen Teilen — wird für U. montana zu berichten sein. Es sind dies Tatsachen, die aufs neue zeigen, dafs die neuerdings auch von Winkler?) aufrecht erhaltene Trennung der Regeneration und der Bildung von Knospen aus meristematisch gebliebenen Blattzellen eine künstliche ist.) Die Adventivsprosse stehen b®i U. inflata deutlich auf eine Seite des Blattes verschoben. Dafs sie früh schon. auftreten, zeigt nicht nur die Entwicklungsgeschichte, sondern auch die Tatsache, dafs in vielen Fällen sich ein von der Leitbündelgabelung unterhalb des Ursprungsortes des Adventivsprosses nach diesem hin abzweigen- der Leitbündelast besonders deutlich nachweisen liefs. Die Frage, ob das Vorkommen solcher blattbürtiger Sprosse bei U. inflata regel- mäfsig eintritt oder ob es von bestimmten, nicht stets vorhandenen Bedingungen abhängt, bedarf näherer Untersuchung; ich konnte sie nicht entscheiden, da mir nur Reste des früher benützten Alkohol- materiales vorlagen. Sollte die Untersuchung lebender Pflanzen er- geben, dafs an ihnen „Adventivsprosse“ regelmäfsig auftreten, so würden die Wasser-Utricularia-Arten ähnliche Verschiedenheiten wie die Begonia-Arten zeigen. Vgn ihnen wurde früher erwähnt, dafs '1) Goebel, IV pag. 90 und 91. 2) In seiner unten zu zitierenden Torenia-Arbeit. 3) Vgl. Goebel, Flora 1903 pag. 132 ff. 108 B. sinuata u. a. spontan Adventivsprosse auf der Spreitenbasis bilden, während letztere bei Blättern von Begonia Rex u. a. nur nach der Abtrennung auftreten. 3, Land-Utricularien. Sowohl U. montana als U. longifolia!) gehören zu den Arten mit kurzgestielten, langgestreckten, durch Spitzenwachstum ausge- zeichneten Blättern. Das Spitzenwachstum tritt äufserlich auch da- durch hervor, dafs die Spitze des noch nicht ausgewachsenen Blattes Fig. 8. U.montana. Blätter zweier Keimpflanzen, welche spontan einen Adventiv- sprofs auf der Blattmitte gebildet hatten. I. altes, UI. junges Blatt, etwas schief von oben. E die weiterwachsende Blattspitze. nach oben eingerollt ist. Dafs spontan auf dem ersten Blatt der Keim- pflanze von U. montana nicht selten ein Adventivsprofs und zwar nahe der Spitze auftritt, habe ich früher mitgeteilt;?) es wurden an _ diesem Primärblatt gelegenlich auch mitten auf der Blattfläche Sprosse 1) Lebendes Material von U. longifolia verdanke ich der Direktion des bo- tanischen Gartens in Marburg, wo die Pflanze dank der Pflege durch einen so ausge- zeichneten Kultivateur, wie Herr Garteninspektor Siber es ist, sich erhalten hat. 2) Flora 1889 pag. 40; Pflanzenbiol. Schilderungen II, 1891, pag. 147 mit Abbildung. - beobachtet?), an älteren Blättern da- gegen nicht. Es handelt sich bei den hier mitzuteilenden Untersuchungen um das Verhalten der Blätter älterer Pflan- zen. Auch diese sind in hohem Grade: regenerationsfähig. Beide Arten stim- men darin überein, dafs die Adventiv- sprosse nicht wie sonst an der Basis, sondern an der Spitze entstehen. In Fig. 9 ist ein Blatt von U. montana dargestellt, welches vollständig ausge- wachsen war. Es wurde auf feuchten, mit Nährstofflösung getränkten Torf ge- legt und hatte nach kurzer Zeit an seiner Spitze einen Adventivsprols ent- wickelt. Nicht selten treten auch meh- rere auf; sie stehen dann alle auf der Oberseite des Blattes. So stellt z. B. Fig. 10 ein Blatt dar, dessen Spitze (durch Punktierung angedeutet) braun und abgestorben war. Iinter ihr haben sich die Adven- tivsprosse entwickelt, in einem anderen Falle zählte ich deren 15. Adventiv- sprosse bildeten sich auch, wenn mit .der Spitze noch eingerollte “Blätter abgeschnitten und feucht gehalten wur- den, also wie bei den oben erwähnten Keimpflanzen aus „embryonalen“, noch “ nieht in den Dauerzustand übergegange- nen Zellen. — Es wurde versucht, die Entwicklung von Adventivsprossen auch an Blättern hervorzurufen, welche im 109 Fig. 9. U. montana. Abgetrenntes Blatt mit spitzenständigem Ad- ventivsprofs (4fach vergr.). 1) Ann. du jardin bot. de Buitenzorg Vol, IX pag. 63. Ich finde bei Unter- suchung meiner alten Präparate, dafs diese Beobachtung nicht so zu deuten ist, als ob aus Dauergewebe am Primärblatt ein Adventivsprofs hervorgegangen wäre, Vielmehr entsieht er (Fig. 8) nahe der Blattspitze aus embryonalem Ge- webe. Die Blattspitze wächst (E Fig. 8II) aber weiter, und so findet man an äl- teren Blättern entfernt von der Blattspitze eine Sprofsanlage (Fig. 8 I), welche dem Mittelnerv aufsitzt. 110 - Zusammenhang mit der Pflanze blieben. Zu diesem Zweck wurde von einer jungen (aus einem Adventivsprofs entwickelten) Pflanze der Vegetationspunkt entfernt. Nach kurzer Zeit erschien ein Adventiv- sprols auf der Spitze des Blattes, welches der Pflanze gelassen worden war, ein Verhalten, welehes mit dem oben für U. exoleta geschilderten ganz übereinstimmt. Man könnte hier allerdings die Beweiskraft des Versuches anzweifeln, da er nur einmal ausgeführt wurde und bei Keim pflanzen (wie früher nachgewiesen) auch spontan an dem ersten Blatte sich Adventivsprosse bilden können. Mein Material erlaubte mir nicht, den Versuch öfter zu wiederholen, aber ich bin überzeugt, Fig. 10. U. montana. Blattspitze mit Adventivsprossen. Die Spitze selbst war. abgestorben (durch Punktierung angedeutet); die Adventivsprosse haben sich weiter hinten gebildet (vergr.). dafs das Resultat sich auch bei öfterer Wiederholung gleich bleiben würde, Dagegen ist fraglich, ob sich auch bei älteren Blättern das- selbe ergeben würde. Die Tatsache, dafs die Primordialblätter leichter zur Regeneration neigen, ist ja oben hervorgehoben worden. U. longifolia verhält sich ganz ähnlich. Sämtliche fünf zunächst ausgelegten Blätter bildeten nahe der Blattspitze - Adventivsprosse (Fig. 11). Aufserdem kommt hier, ebenso wie bei U. montana, offen- bar auch ein direktes Weiterwachsen der Spitze vor, was auch bei nicht abgeschnittenen Blättern eintreten kann. .An einem Blatt wurde die Spitze, an der schon Adventivsprosse angelegt waren, entfernt; es entstanden jetzt nahe dem apikalen Rande der Schnittfläche eine 111 ganze Reihe von Adventivsprossen (Fig. 12). Es ist hier also zu- nächst im obersten Teil des Blattes eine gewisse Polarisierung vor- handen, indem die Adventivsprosse am unverletzten Blatte zunächst der- Spitze auftreten. Durch Abtragung der Spitze kann die Ent- stehung weiter nach hinten verlegt werden; nach unten zu nimmt die Regenerationsfähigkeit offenbar ab, denn Blätter von U. montana und longifolia, denen ein 1—2cm langes Stück der Spitze genom- men worden war, gingen zugrunde, ohne Adventivsprosse zu bilden, mit Ausnahme eines einzigen, welches nahe dem vorderen Rande, aber erst nach längerer Zeit, einige Adventivsprosse bildete (Fig. 13). Möglich also, dafs das Unterbleiben der Regeneration bei den anderen Fig. 11. TU. longifolia. Spitzen ' zweier abgeschnittener Blätter, Fig. 12. U.longifolia. Blatt, dessen Spitze (etwa welche Adventivsprosse gebil- 1l/j,mm lang) abgetrennt war (durch Punktierung det haben. Bei I scheint die angedeutet). Hinter der Spitze hat sich eine Anzahl Blattspitze direkt weiter ge- von Adventivsprossen gebildet. Einige (aber nicht wachsen zu sein (vergr.) alle) Blattnerven durch Punktierung angedeutet. darauf beruhte, dals sie für tiefergreifende Verletzungen besonders empfindlich sind und nicht regencerieren, weil sie infolge der Ver- letzung absterben, was ja, wie oben hervorgehoben, auch bei an- deren Regenerationsversuchen zu beachten ist. An dem Resultat, dals diese Blätter sich ganz anders verhalten als die anderer Pflanzen wird dadurch nichts geändert. Vielmehr ergibt sich aus den angeführten Tatsachen, dafs bei U. montana und U. longifolia bei der Regeneration nicht wie sonst die Basis, sondern die Spitze des Blattes bevorzugt ist, und dafs dies namentlich bei U.longifolia auch an Stücken des Blattes hervor- 112 tritt. Nur einmal habe ich ein Blattstück von U. longifolia beobachtet, an dessen Basis die Adventivknospen auftraten. Das Stück war lcm lang und etwa lcm hinter der durch den Schnitt entfernten Blattspitze abgeschnitten. Worauf diese Ausnahme beruhte (die einzige unter etwa 10 Blättern resp. Blattstücken, welche mir zur Verfügung standen), vermag ich nicht zu sagen, doch sei hier daran erinnert, dafs man auch sonst eine „Umkehrung der Polarität* dann beobachtet hat, wenn die Regeneration an dem eigentlich dafür disponierten „Pole“ verhindert war.!) Diese Verhinderung braucht ja nicht immer eine mechanische zu sein. Man köunte sich z. B. denken, dafs das api- kale Ende dadurch, dafs an der ursprünglichen Blattspitze schon Ad- ventivsprosse aufgetreten wa- ren, erschöpft war. Indes wird sich nur durch Untersuchung eines reichlicheren Materials, das eine entsprechende Va- riation der Versuche gestattet, darüber Aufklärung schaffen lassen. Jedenfalls kann der bis jetzt ganz vereinzelt stehende Fall zunächst eben j u als eine der Aufklärung bedürftige Ausnahme be- trachtet werden. Bei U. montana sowohl, als bei U. longifolia traten die Adventivsprosse oberhalb eines Blattnerven auf. Wenn also eine Beziehung zu den Blattnerven hier erkennbar Fig. 13. U. longifolia, Blatt mit Adventiv- . . sprofs (4) an der apikalen Schnittfläche, 186, so braucht sie doch mit (II nat. Gr., I 23fach vergr.) der Tatsache, dafs diese als . Leitungsbahnen dienen, nicht direkt zusammenzuhängen. Es wäre möglich, dafs die Beschaffen- heit der Epidermiszellen (und der anschliefsenden Mesophylizellen) ‘oberhalb der Blattnerven ausschlaggebend ist. Erstere sind ja — wie schon das Unterbleiben der Ausbildung von Spaltöffnungen oberhalb der Blatinerven in vielen Fällen zeigt — hier weniger differenziert 1) Vgl. z. B.: Die Wurzeln von Taraxacum. Biol. Centralblatt Bd. XXII pag. 492, 113 als an anderen Stellen des Blattes. Andrerseits spricht doch manches dafür, dafs die Bevorzugung der Leitbündel mit deren Funktion als Leitungsbahnen in Beziehung stelıt. An abgeschnittenen Blättern von Poly- pompholyx (es waren die Primärblätter von Keimlingen, welche aus fünf Jahre alten, in Australien gesammelten Samen sich noch in Menge entwickelten) konnte ich Re- generation nicht erzielen, obwohl sie lange frisch blieben. Von anderen Land-Utri- cularien seien hier noch einige früher ge- machte Notizen angeführt. An den ‘Pri- märblättern von U. reniformis wurde das spontane Auftreten von Adventivsprossen beobachtet!); ihre Stellung entsprach der für U. montana und longifolia oben ange- führten, d. h. sie befanden sich auf der Oberseite nahe der Spitze. An Blättern älterer Pflanzen traten spontan keine Adventivsprosse auf. Die kleinen nierenförmigen Blätter von U. reniformis waren öfters?) ganz mit Adventivsprossen bedeckt. Eine Polarität war hier also, wenigstens im fertigen Zu- stande, nicht nachweisbar. Andere Utri- eularia-Arten bringen normal Sprossungen am Blatte hervor. Bei U. „coerulea“ tre- ten diese in akropetaler Reihenfolge auf, der Tatsache entsprechend, dafs der Gipfel des Blattes lange embryonalen Charakter beibehält. Es bilden sich diese Sprossungen auf der Blattunterseite von U. coerulea teils als „Ausläufer“, teils als Blätter aus (Fig. 14), ich möchte diese aber nicht als „Adventivblätter“ bezeichnen, wie dies neuerdings Winkler?) tut, weil sie, wie 1) V, pag. 143. 2) V, pag. 150. Fig. 14. Blatt von U. coerulea (schwach vergr.). Es haben sich in akropetaler Reihen- folge entwickelt: Zwei Blasen (Bl), ein Ausläufer (Al) und zu oberst eine noch nicht diffe- renzierte,wahrscheinlichstehen bleibende Anlage. 83) Winkler, Regenerations-Sprolsbildung auf den Blätteru von Torenia asiatica L. Ber. d.D. bot. Ges. Bd, XXI, 1903, pag. 102. Flora 1904. “ 8 114 erwähnt, in nach der Blattspitze fortschreitender Reihenfolge normal angelegt werden (wenn auch bei manchen Blättern die Anlagen unter- drückt werden), ebenso wie dies bei den Blasen der Fall ist, an deren Stelle Ausläufer resp. Blätter auftreten können. Bei U. reticulata stehen „Adventivsprosse“ häufig in der Nähe der Blasen gegen den Blattrand hin; diese Sprosse werden aber sehr früh, offenbar im em- bryonalen Teile des Blattes, angelegt; man kann sie als eine Art Achsel- sprosse der Blasen betrachten. Ebenso stehen bei U. rosea „Adven- tivsprosse“ häufig neben der Blasenbasis, auf der der Blattspitze abgewandten Seite, wie ja auch die Achselsprosse der Blätter an Ausläufern auf der der Ausläuferspitze abgewandten Seite stehen. Derartige Blätter wie die von U. rosea (und teilweise U. reticulata) nähern sich schon so sehr den Ausläufern, dafs man, wenn Sprosse an ihnen auftreten, kaum mehr von Adventivsprossen sprechen kann. Wie sich solche Blätter, deren normale Anlagen zerstört sind, bei der Abtrennung verhalten, kann nur experimentell festgestellt werden. Vergleichen wir die im Vorstehenden beschriebenen Tatsachen untereinander und mit den sonst für Regenerationserscheinungen an Blättern bekannten, so wäre folgendes hervorzuheben: 1. Auch bei Utrieularia hat sich gezeigt, dafs die Ursache für das Auftreten von Adventivsprossen gegeben wird nicht durch die Trennung der Blätter von der Sprolsachse, sondern von den normalen Sprofsvegetationspunkten; es konnte an mehrere Zentimeter langen Sprofssticken Adventivsprofsbildung an den Blättern erzielt werden, wenn die Sprofsvegetationspunkte alle entfernt wurden. Daraus wurde dann geschlossen, dafs, wenn an alternden Blättern von U. vulgaris auch an unverletzten Pflanzen Adventivsprofsbildung eintrete, dies darauf beruhe, dafs die Verbindung zwischen Sprofsvegetationspunkten und Blatt eine weniger wirksame sei als an einem kräftig vegetie- renden Blatt!) Dafür lassen sich ja auch sonst Beispiele anführen. So das Verhalten der Farnprothallien. An diesen kann man bekannt- lich reichlich Adventivsprofsbildung erhalten, wenn man den Vege- tationspunkt zerstört oder wenn er gestört wird. Prothallien von Hemitelia capensis, welche ich von ihrem früheren Standort loslöste und auf Torf übertrug, bildeten eine Menge von Adventivprothallien: beim Übertragen war die Lebenstätigkeit, sozusagen der „Tonus“, des ganzen Proöthalliums gestört worden, der Vegetationspunkt zeitweilig inaktiviert. Später wuchs er dann kräftig weiter. Dem entspricht 1) Wie man sich das Verhalten von U, inflata zurechtlegen könnte, mag hier unerörtert bleiben aus den oben angeführten Gründen. 115 auch das für alternde Osmundaprothallien früher Angeführte. Das Verhalten von Utricularia ist aber deshalb von besonderem Interesse, weil bei dieser untergetaucht lebenden Wasserpflanze ein Umstand wegfällt, den man bei Landpflanzen mehrfach als für die Entwicklung von Adventivbildungen besonders wichtig betrachtet hat, die Wasser- zufuhr. Man kann bekanntlich an manchen Pflanzen die Entwicklung der Adventivsprosse oder Adventivwurzeln an der unverletzten Pflanze durch Wasserzufuhr oder Transpirationshemmung hervorrufen resp. beschleunigen (Biol. Centralbl. XXII pag. 393). Aber das ist keines- wegs allgemein der Fall, sondern, soweit ich sehen kann, eine Eigen- tümlichkeit von Pflanzen, welche wenigstens zeitweilig feuchte Stand- orte bewohnen. Hier ist die Verbindung (wenn ich dies Bild gebrauchen darf) zwischen den „Adventiv*-Anlagen und den normalen eine lockere; es genügt, den ersteren bestimmte Wachstumsbeding- ungen zur Verfügung zu stellen, um sie zur Entfaltung zu bringen. Aber wenn Klebs!) neuerdings derartige Fälle in den Vordergrund gestellt hat, so ist dies, wie ich früher?) schon kurz betonte, doch eine einseitige Auffassung des Regenerationsproblems. Der Satz Klebs’: „Wenn durch eine Verletzung oder eine Abtrennung Wur- zeln oder Knospen sich entfalten oder direkt neugebildet werden, so geschieht es deshalb, weil durch die Abtrennung gerade diejenigen Bedingungen geschaffen werden, die an und für sich unter allen Um- 'ständen die betreffenden Bildungsprozesse herbeiführen müssen“, sagt, wie mir scheint, auf der einen Seite zu viel, auf der anderen zu wenig. Zu viel, weil er die für einige unter bestimmten äufseren Be- dingungen lebenden Pflanzen geltenden Verhältnisse verallgemeinert, zu wenig, weil er nicht betont, dafs die Bedingungen sind: einerseits die Aufhebung einer durch den Verband mit anderen Organen er- folgenden Hemmung, andererseits das Vorhandensein bestimmter äufserer Faktoren. Die letzteren sind bei einer Utricularia ex- oleta, die alle ihre Vegetationspunkte noch hat, dieselben wie bei einer, welcher die Vegetationspunkte genommen wurden. Die erstere hat keine blattbürtigen Adventivsprosse, die letztere bringt sie hervor. Geändert ist also nur die innere Konstellation, nicht die äufsere. Es sind also für verschiedene Pflanzen (vielleicht auch für die verschiede- nen Entwieklungsstadien einer und derselben Pflanze) verschiedene Be- dingungen für die Entwicklung oder Neubildung von Organen mafsgebend. 2. Die Utrieulariablätter zeigen, dafs die Regenerationsfähigkeit 1) Klebs, Willkürliche Entwicklungsänderungen bei Pflanzen. Jena 1903. 2) Flora 92. Bd. pag. 499. : 8*+ 116 auf bestimmte Stellen lokalisiert ist. Zunächst drängt sich die Frage auf, womit es zusammenhängt, dafs die Blätter von U. longifolia und U. montana im Gegensatz zu dem sonstigen Verhalten die Regene- ration an der Spitze, nicht an der Basis, vornehmen. Es liegt am nächsten, diese Eigentümlichkeit mit dem Spitzen- wachstum dieser Blätter in Zusammenhang zu bringen, eine Eigen- tümlichkeit, die es auch, wie früher hervorgehoben wurde,!) begreif- lich erscheinen läfst, dafs manche Utrieulariablätter sich zu Ausläufern verlängern können. Es wäre natürlich nur eine Umschreibung dieser Tatsache, wenn man sagen würde, derartige Blätter hätten eine „Ten- denz“ zu unbegrenztem Wachstum. Vielmehr ist anzunehmen, dafs die jüngsten Zellen, die hier an der Spitze liegen, leichter in den embryona- len Zustand übergehen können als die älteren. Diese haben auch dann, wenn die Spitze entfernt ist, nach meinen bisherigen Erfahrungen nicht die Fähigkeit, einen Callus zu bilden. Ein Utricularia- blatt unterscheidet sich dadurch von den blattähn- lichenKurztrieben anderer Pflanzen. Wenn man einen der einem gefiederten Blatt ähnlichen Sprosse von Fig. 15. Malaxis paludosa. Spitze eines Blattes, welche sich wulstig verdickt hat und eine Anzahl Adventivsprosse bildet, die, abgesehen von demmitt- leren, nur kleine Höcker darstellen. (Schwach vergr.) Phyllanthus lathyroides als Steckling benutzt, so bewurzelt er sich an der Basis und kann auch eine Zeitlang weiter wachsen, bildet aber schliefslich aus dem basalen Callus Adventiv- sprosse. Der Callus aber besteht aus embryonalen Zellen, welche zudem in der Nähe der gröfseren Leitungsbahnen liegen, Wir sahen ja auch, dals noch nieht ausgewachsene Blätter von U. montana an der Spitze Sprosse erzeugen können, und haben darin einen Anhaltspunkt für die Annahme, dafs auch an „aus- 1) Vgl. I-V. Bei manchen Uftricularien (z. B. U. Hookeri, vgl. Organo- graphie pag. 445) und Polypompholyx ist die Dauer des Spitzenwachstums eine sehr kurze, resp, es tritt ganz zurück. Bei Formen mit langandauerndem Spitzen- wachstum wie U. montana zeigt sich dies auch in der Einrollung der Blattspitze. 117 gewachsenen“ Blättern die Zellen an der Blattspitze den „embryo- nalen“ Charakter noch mehr als die weiter hinten gelegenen behalten. Sieht man ab von der Bildung spitzenständiger Knospen an Farn- blättern, so ist der einzige Fall von Lokalisierung der Adventivknospen auf die Blattspitze, welchen ich derzeit anzuführen wülste, der von Malaxis paludosa.!) Es ist lange bekannt, dafs die Blätter dieser Orchidee an ihrer Spitze — meist in gröfserer Anzahl — wurzellose Adventivknospen hervorbringen, so lange sie noch mit der Pflanze in Verbindung sind. An den von mir untersuchten Pflanzen waren nur wenige Blätter ohne Adventivknospen. Von den Leitbündeln sind diese Knospen ziemlich weit entfernt (Fig. 15); wenn nur eine vor- handen ist, sicht man sie zwar in der Verlängerung eines Leitbündels. auftreten, wo aber eine gröfsere Anzahl sich findet, die teils auf dem kapuzenförmig ausgehöhlten oberen Teil des Blattes, teils von hier aus nach den Blatträndern stehen, ist von einer räumlichen Beziehung zu den Blatträndern nichts zu bemerken. Hier ist die biologische Bedeutung der Stellung der Adventivknospen ohne weiteres klar: sie werden, da die Blätter von Malaxis ziemlich steil aufgerichtet sind, nach oben gehoben und können so einerseits leichter verbreitet werden, an- dererseits erfordert es, auch wenn sie an Ort und Stelle bleiben, keinen beträchtlichen Materialaufwand, um das erste Laubblatt ans Licht zu bringen, ein Vorteil, der besonders dann einleuchtet, wenn, wie dies oft der Fall ist, Malaxis von Torfmoosen umgeben wächst, Was die Entstehung der Adventivknospen anbelangt, so hat darüber Poulsen - berichtet; er fand, dafs die Adventivknospen der Epidermis entspringen und weder Leitbündel noch Wurzeln besitzen; die Wasseraufnahme ist hier dadurch gesichert, dals das erste Scheidenblatt der Adventiv- knospe schon die merkwürdige velamenähnliche Ausbildung erhält, welche für die Malaxideen charakteristisch ist.?) ‚Indes geht aus Poulsens Angaben nicht mit Sicherheit hervor, ob die Adventivknospen einem in den embryonalen Zustand zurück- gekehrten Dauergewebe oder einem embryonal gebliebenen entspringen. Der Unterschied zwischen beiden Fällen ist ja, wie mehrfach hervor- gehoben wurde, nur ein gradueller, immerhin aber für die Auffassung des Vorganges von Interesse; ebensowenig ist bekannt, ob etwa die Blätter von Malaxis ein Spitzenwachstum besitzen, wds a priori nicht gerade wahrscheinlich ist. Die von mir untersuchten Blätter waren 1) Vg. die bei Raunkiaer, De danskes blomsterplanters naturhistorie I pag. 322 angeführte Literatur. 2) Vgl. Goebel, Zur Biologie der Malaxideen. Flora 88, Bd. (1901) pag. 94. 118 zur Entscheidung dieser Frage zu alt. Die Adventivknospen kamen aus einem kleinzelligen Gewebe hervor, im allgemeinen in nach unten gerichteter Reihenfolge, doch können neue zwischen den schon vor- handenen auftreten. Es scheint aber, dafs der Teil des Blattes, aus welchem die Adventivknospen entspringen, von vornherein wenig dif- ferenziert ist; ich sah z. B. nie Spaltöffnungen zwischen den Brut- knospen. Stets aber war die Knospenbildung auf den oberen Teil- des Blattes beschränkt; eine fast bis zur Blattmitte reichende Knospen- bildung am Blattrand, wie sie Kerner) abbildet, habe ich nie ge- sehen und ich bezweifle die Richtigkeit der Abbildung, zumal sie an der Blattspitze keine Brutknospen zeigt. Es wäre wünschenswert zu ermitteln, ob, wenn die Spitze entfernt wird, auch andere Teile des Blattes imstande sind, Knospen zu bilden.?) Dafs die Brutknospen- bildung durch den feuchten Standort begünstigt wird, ist klar, es dürfte auch die Tatsache, dafs die unteren, am meisten im Moos steckenden Blätter besonders zahlreiche Adventivsprosse zu haben pflegen, damit in Verbindung stehen. Schon Hornschuch?) hat übrigens vermutet, dafs die Adventivsprosse „durch das um diese Zeit stattfindende Überwachsen ‘des der Pflanze als Boden dienenden Sphag- num und die dadurch veranlafste zu starke Wassereinwirkung in Ver- bindung mit der durch dieselbe Ursache bedingten Entziehung des Lichtes und der Luft erzeugt werden“. Die beiden zuletzt genannten Faktoren können kaum in Betracht kommen, da man bei den normal ausgebildeten und funktionierenden Laubblättern nicht von einer Ent- ziehung von Licht und Luft sprechen kann, und auch die Feuchtig- keit natürlich nur insoferne, als sie eine in der Pflanze vorhandene Entwieklungsmöglichkeit in die Erscheinung treten läfst. Nach Horn- sehuchs Beobachtung soll vor und bei dem Beginn des Blühens die Oberfläche der Blätter glatt und eben sein und dann erst der Blatt- rand gegen die Blattspitze hin sich wulstig verdicken und so die Bil- dung der Adventivsprosse einleiten. Es wäre von Interesse, das Verhalten von Blättern anderer Pflanzen welche durch Spitzenwachstum ausgezeichnet sind, zu prüfen. Ein aus- giebiges Spitzenwachstum haben z. B. die Blätter von Drosophyllum.*) Ab- geschnittene Blättergingenaber ohne Adventivknospen zu bilden zugrunde. 1) Flora 1838 pag. 280. 2) Pflanzenleben II .pag. 39. 3) Die Weiterentwicklung der Brutknospen ist bis jetzt nicht bekannt. Wahr- scheinlich geht sie nur vor sich, wenn eine Infektion durch den Pilz erfolgt welcher in Malaxis lebt. 4) Organographie pag. 508. 119 Was die Farne anbelangt, so ist eine Adventivknospenbildung an abgetrennten Blattspreiten!') bis jetzt nicht erzielt worden. Die Adventivknospen an den Blattstielen abgetrennter Blätter treten in den bis jetzt bekannten Fällen, so bei den von Heinricher?) untersuchten Cystopteris-Arten, in der Basalregion auf. Eine Bevor- zugung der jüngeren Zellen kann man hier insofern finden, als nach Palisa°) die Neigung zur Regeneration an den Flanken der Blatt- basis am gröfsten ist und gegen die Medianlinie hin abnimmt. An den Flanken aber befinden sich die Zellen, mit denen weiter oben am Blatt die Blattfläche sich aufbaut. Womit aber die Lokalisation der Regeneration auf die Stielbasis zusammenhängt, ist nicht bekannt. Vor allem wird man hier an die Anhäufung von Reservestoffen im Blattstiel denken, sowie an die gröfsere Lebenszähigkeit des Blattstiels überhaupt (vgl. pag. 99). Kehren wir indes zu den Utricularien zurück und fragen wir uns, ob das verschiedene Verhalten der Blätter der Wasser-Utricu- larien gegenüber denen der Land-Utricularien mit einer Verschieden- heit in der Blattentwicklung*) in Beziehung gebracht werden kann. Bei den Wasser-Utricularien hat zunächst das ganze Blattgewebe embryonalen Charakter und zeigt in diesem Stadium (annähernd) ga- belige Verzweigung. Die Spitze der Blattzipfel geht dann aber früher in den Dauerzustand über als die Basis, wie sich schon dadurch zeigt, dafs an der Spitze die Zellen z. B. bei U. vulgaris zuerst zu Borsten- 1) In „Organographie“ I pag. 39 steht durch einen Schreibfehler: „Bei den Farnen ist kein Fall bekannt, dafs aus abgetrennten Blättern (gemeint waren Blatt- spreiten) neue Pflanzen sich gebildet hätten.“ Es war mir wohlbekaunt, dafs aus den Blattstielen Adventivknospen hervorgehen können. (Vgl. z. B. Druery, Choice British ferns, London 1880): „Is has also been found, that the basal por- tions of the old, decayed fronds, which retain vitality for many years, are capable of developing buds when detached from the old crowns and inserted in sandy compost. The Lady Fern (Athyrium filix femina) Male Fern (Asp. Filix mas) and Hartstongue (Scolopendrium vulgare) and probably other species, permit of this method of propagation. ...* Für Athyrium Filix femina hatte schon Hof- meister die Regenerationsfähigkeit der Blattstiele beobachtet. Beitr. z. Kenntn. d. Gef.-Krypt. IL pag. 650. 2) Heinricher, Nachträge zu meiner Studie über die Regenerationsfähig- keit der Cystopteris-Arten. Ber. d. D. bot. Ges. 1900 Bd. XVIJI pag. 109 ff. 3) Palisa in Ber. d. D. bot. Ges. 1900 Bd. XVIII pag. 398 ff. 4) Hier sei noch darauf hingewiesen, dafs die Verschiedenheiten zwischen Spitzenwachstum und interkalarem Wachstum natürlich mit denen zwischen un- begrenztem und begrenztem nicht zusammenfallen, Es gibt zahlreiche Organe mit Spitzenwachstum (z. B. die Farnblätter), die begrenztes, andere mit interkalarem (2. B. die Welwitschiablätter), welche (theoretisch) unbegrenztes Wachstum haben. 120 haaren auswachsen. Indes ist damit natürlich noch nicht „erklärt“ weshalb gerade die Gabeln und die Blasenbasis Stellen für die Neu- bildungen sind. Da der Übergang in den Dauerzustand von der Spitze nach der Blattbasis fortschreitet (soweit dies näher untersucht wurde), mülste man ja, wenn die zuletzt in das Streckungsstadium übergegangenen Zellen bei der Regeneration die bevorzugten wären, erwarten, dals die Adventivsprosse hauptsächlich an der Blattbasis auftreten würden. Dies war aber nicht der Fall. Hier scheint mir ein anderer Gesichtspunkt in Betracht zu kommen, der Verlauf der Leitungsbahnen. Die Neubildungsstellen liegen hier im allgemeinen oberhalb der Stellen, wo die Nerven sich gabeln. Wenn wir berück- sichtigen, dafs die Knoten der Sprosse Stellen sind, wo bei vielen Pflanzen die Neubildung von Wurzeln (und Seitensprossen) auftritt, ferner die Tatsache, dafs bei Begonia die Stelle, an der die Blatt- nerven zusammenlaufen, bei Cardamine die Verzweigungsstellen der Blattnerven die Orte bezeichnen, an denen Neubildungen auf- treten, so führt das zu der Annahme, dafs eine Ablenkung der Leitungsbahnen vom geradlinigen Verlauf, sozusagen eine Stauung derselben, bestimmte Stellen des Pflanzenkörpers zu Neubildungen prädisponier. Schon die Hervorhebung der beiden verschiedenen Gesichtspunkte (Alter der Zellen, Verlauf der Leitungsbahnen) zeigt, dafs das Problem, soweit es bis jetzt überhaupt fafsbar ist, kein ein- faches ist und dafs für verschiedene Pflanzen verschiedene Gesichts- punkte in Betracht kommen; die oben hervorgehobenen sind nur die, welche sich zunächst darbieten. Erinnert sei auch an das Verhalten der Brutorgane bei Moosen, wo vielfach bestimmte „lnitialen* sich vorfinden, welche die Weiterentwieklung übernehmen. Bei den Brut- knospen von Lejeunia sind die Scheitelzellen die Sprofsinitialen, andere Initialen sind für die Rhizoiden vorhanden; solche finden sich auch bei den Marchantiaceenbrutknospen. Auch für die Laubmoose hat Correns!) eine reiche Mannigfaltigkeit in dem Vorkommen von Initialen nachgewiesen, ohne dafs es bis jetzt gelang, die Faktoren (etwa besonders stark ausgebildete Plasmaverbindungen ?) zu ermitteln, welche bedingen, dafs diese Initialen gerade an den Stellen auf- treten, an denen sie sich vorfinden. Bei der Regeneration aus Laubblättern höherer Pflanzen wird es sich zunächst darum handeln, zu ermitteln, wie weit die Regene- rationsfähigkeit auf bestimmte Stellen beschränkt oder diffus verteilt ist. 1) Untersuchungen über die Vermehrung der Laubmoose durch Brutorgane und Stecklinge. Jena 1899, 121 Darüber geben die Beobachtungen, dafs abgeschnittene Blätter an ihrer Basis Wurzeln und oft auch Sprofse‘ erzeugen, natürlich noch keine Auskunft; wir schen ja bei Pinguicula, dafs die Regenerations- fähigkeit auf die Basis beschränkt zu sein scheint. Fig. 16. Torenia Fournieri. Blätter mit Adventivsprossen, bei I an der Blatistiel- basis, bei II (Blattstiel entfernt) zwei Adventivsprosse, A und B, auf der Blatt- spreite. (8fach vergr,) Vergleichen wir damit das Verhalten anderer Blätter, so scheint mir, dals wir folgende Fälle unterscheiden können, zwischen denen gewifs zahlreiche Übergangsstufen sich finden lassen werden (vgl. auch Winkler a. a. O.): Die bei der Regeneration erscheinenden Neubildungen treten normal an der Blattbasis auf, weil diese bevorzugt ist, können aber 122 auch an anderen Stellen sich entwickeln. Hierher wären die bisher als typisch betrachteten Fälle der Blattregeneration zu rechnen. Als Bei- spiel sei Torenia Fournieri angeführt. Die Blätter wurden abge- schnitten und auf feucht gehaltene, mit Nährstofflösung getränkte Torfstücke in einer Glasdose in ein warmes Gewächshaus gebracht. Die Blätter, denen der Stiel gelassen war, brachten stets an dessen Basis Wurzeln und Adventivsprosse hervor, letztere meist in grölserer Zahl und unregelmälsig gestaltet, weil oft eine Verwachsung zweier oder mehrerer Adventivsprosse eintritt (Fig. 16). Auf der Blattspreite traten weder Neubildungen noch Zellteilungen auf. Dagegen konnten Adventivsprosse auf der Blattspreite erzielt werden, wenn der Blatt- stiel entfernt wurde. In Fig. 16II sind zwei Adventivsprosse aufge- treten, einer (4) ganz an der Blattbasis, ein anderer (B) weiter oben an der Basis eines der Seitennerven. Die Blätter, denen ein Teil der Blattspreite unten genommen war, gingen ohne Regeneration zugrunde. . Hier war also die Regenerationsfähigkeit um so mehr beschränkt, je weiter man sich von der Blattbasis entfernte — umgekehrt wie bei U. montan& und U. longifolia. Zu einem anderen Resultate kam neuerdings Winkler bei Untersuchung der regenerativen Sprofsbil- dung auf den Blättern von Torenia asiatica; es war eine Polarität nicht nachweisbar, Sprosse entstanden von der Stielbasis bis zur Blattspitze. Die Resultate, welche Lindemutht) mit Tor. asiatica erhielt, stimmen mit denen Winklers nicht überein. Er sah nie auf der Spreite Knospen oder Blüten und schreibt dies dem Umstande zu, dafs Winkler die Blätter anders behandelte als er. Indes scheint mir dafür zunächst kein Nachweis geliefert zu sein; vielleicht hatte Winkler eine (durch Bastardierung entstandene?) Torenia-Rasse vor - sich, deren Blätter durch ein besonderes Sprossungsvermögen sich auszeichnen. Jedenfalls stimmt Lindemuths Angabe insofern mit meinen an T. Fournieri gemachten Erfahrungen überein, als er nur an der Stielbasis Knospen erhielt; auf der Spreite traten sie ja auch in meinen Versuchen erst nach Entfernung des Stiels auf. Begonia Rex gehört, was den Blattstiel betrifft, hierher. Die Blattspreite hat bekanntlich Orte, wie die Vereinigung der Blattnerven, die zur Adventivsprofsbildung besonders disponiert sind. Spontane Entstehung von Adventivknospen an der Stelle, wo die Blattnerven zusammenlaufen, beobachtete ich neuerdings auch bei Beg. vertieillata ; 1) Vorläufige Mitteilungen über regenerative Wurzel- und Sprofsbildung auf Blättern und ihre Bedeutung für die Planzenvermehrung. Gartenflora, 52 Ihrg., 1908, pag. 479. ° 123 dafs sie bei Beg. Rex auch an festsitzenden Blättern hervorgerufen werden kann, wurde früher gezeigt. Ähnliches zeigt das bekannte Verhalten der Blätter von Carda- mine pratensis, nur dafs hier die Adventivsprofsbildung leichter (oft schon spontan) und höher hinauf an der Spreite eintritt. Auch hier ist der basale Teil, wo die Leitungsbahnen sich vereinigen, bevorzugt. Fig. 17 zeigt den oberen Teil eines Blattes der gefülltblühenden Form. 2 - Bde & SER her Fig. 17. Cardamine pratensis fl. pl. Oberer Teil eines Blattes, an welchem spontan Adventivsprosse sich ausgebidet haben (Ende Oktober). Bei « Adventivsprofs- anlagen. Die Adventivsprosse hatten sich im Herbst auf dem an der Pflanze befindlichen Blatt entwickelt. Schneidet man Blätter ab und hält sie feucht, so ist die Wurzelbildung gegenüber der Blattbildung viel mehr im Vorsfrung als dies bei den im Freien entwickelten Adventiv- sprossen der Fall war. Es wurde nicht untersucht, ob dies einfach 124 auf den Einflufs gröfserer Feuchtigkeit zurückzuführen ist oder darauf, dafs am abgetrennten Blatt die Neigung zur Wurzelbildung der Ad- ventivsprosse unter sonst gleichen Bedingungen eine grölsere ist als am festsitzenden. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dafs an jedem Fiederblatt die basalen Adventivsprosse die begünstigten sind. Unterbricht man die Leitbündel durch Einschnitte, so entwickeln sich die weiter oben ge- legenen Sprosse kräftiger, aber es gelang nicht, Adventivsprolsbildung an anderen Stellen als den dazu prädisponierten — in der Nähe der Nervenverzweigungen — hervorzurufen; es kommt also nicht selten vor, dals ein Adventivsprofs am apikalen Ende eines der durch Schnitte getrennten Stücke entspringt, wenn gerade zufällig hier die Nerven- verzweigungsstelle lag, ganz ähnlich wie bei einer isolierten Blatt- gabel von U. exoleta (Fig. 5) der Adventivsprofs nicht an der Basis des ganzen Stückes, sondern in der Gabel entspringt. Ich kann also nicht mit Winkler übereinstimmen, wenn er Oardamine mit Bryo- phyllum in seinen Typus IIb stellt, in welchem die Sprosse weder an der Basis des Blattes, noch am Stielpunkt der Spreite erscheinen, auch damit nicht, dafs er angibt, Vöchting habe für Cardamine nachgewiesen, dafs sie nach Typus I regeneriere. Vöchting') brachte an verschiedenen Orten der Lamina Schnitte durch die stär- keren Nerven an und fand, dafs zwar nicht in allen, aber doch in vielen Fällen an der Basis über dem Schnitt Knospen angelegt wurden. Mit Recht läfst er aber (pag. 105) dahingestellt, „ob die besprochenen Knospen durch den Schnitt hervorgerufen oder schon früher vorhan- dene, durch den letzteren aber zur Entwicklung angeregte Anlagen waren“. Meinen Erfahrungen zufolge trifft letzteres zu, und es ist also mehr oder minder zufällig, ob die Knospen an der Basis des Einschnittes entstehen oder nicht. Es ist aber wohl möglich, dafs man durch bestimmte Eingriffe, z. B. Entfernung der zur Adventiv- sprofsbildung prädisponierten Stellen, auch längs der Blattnerven Ad- ventivbildungen hervorrufen kann. In den genannten Fällen kann man für die Bevorzugung der Basis einerseits die Tatsache, dafs bei interkalar wachsenden Blättern die basalen Teile zuletzt in den Dauerzustand übergehen, andererseits den Verlauf der Leitungsbahnen als prädisponierende Momente heran- ziehen. Wir kennen also Blätter mit Bevorzugung der Basis, andere mit Bevorzugung der Spitze. Eine weitere Gruppe von Blättern ist 1) H. Vöchting, Über Organbildung im Pflanzenreich I pag. 104. 125 die, bei welcher bestimmte Stellen der Blätter für Adventivsprofsbil- dung nicht prädisponiert sind. Dahin gehöre die früher genannte U, peltata und die untersuchten Lebermoosblätter. Drosera capensis, welche von Winkler neuerdings untersucht wurde, zeigt eine Be- vorzugung des Mittelnerven,!) bei der Bildung der Adventivsprosse aber keine Polarität; auch die von Winkler untersuchte Torenia asiatica würde hierher zu stellen sein. In allen diesen Fällen müssen erst weitere Untersuchungen lehren, ob sich für das örtliche Auftreten der Adventivbildungen bestimmte Beziehungen auffinden lassen. Denn dafs hier eine viel gröfsere Mannigfaltigkeit vorhanden ist als man früher annahm, dürften auch die oben mitgeteilten Tatsachen zeigen. Sollte sich bestätigen, dafs solche Zellen, welche später in den Dauer- zustand übergehen, leichter Regenerate erzeugen als andere, so würde das ja mit der Tatsache übereinstimmen, dafs embryonales Gewebe durch besondere Regenerationsfähigkeit ausgezeichnet ist. Wo sich an der Schnittfläche ein COallus bildet, also das Gewebe wieder em- bryonal wird, kann schon diese Eigenschaft ihn zur baldigen Re- generation besonders befähigen. Auch sonst können zwischen den zur Regeneration befähigten Stellen Correlationen stattfinden, welche bedingen, dafs die örtliche Verteilung der Regenerate nicht immer das Vorhandensein der zur Regeneration besonders befähigten Stellen erkennen läfst (vgl. das oben über das Auftreten von Adventivsprossen in den Blattgabeln. und an der Blasenbasis bei Wasser-Utricularien Angeführte). Es sollten diese Ausführungen lediglich Erwägungen wieder- geben, welche sich durch die Verfolgung der Regenerationserschei- nungen bei den Utrieulariablättern aufdrängten. Sie beabsichtigen in keiner Weise eine „Theorie“ für die bisher an Blättern beobachteten Regenerationserscheinungen zu geben, und es wurde deshalb auch auf früher erörterte Gesichtspunkte nicht eingegangen. Übersicht der Ergebnisse. 1. Die Blätter vieler Lentibularieen zeichnen sich aus durch ihre Fähigkeit, Adventivsprosse zu bilden. Diese treten bei Pinguicula caudata und alpina an der Basis auf, bei Utricularia in den unter- suchten Fällen entweder diffus (U. peltata) oder an bestimmten dazu disponierten Stellen. 1) Ob die „beliebigen Punkte der Blattoberfläche“ nicht zu den Leitungs- bahnen (den Seitennerven) in Beziehung stehen, wird nicht angegeben. 126 2. Diese Stellen sind bei den Wasser-Utrieularien die Blatt- gabeln und der Stiel der Blasen; je nach der Art ist die eine oder die andere dieser Sellen bevorzugt. Bei U. exoleta, welche normal nur an dem Blasenstiel regeneriert, traten an isolierten blasenlosen Blattstüäcken Adventivsprosse in den Gabeln auf; ebenso verhielten. sich die Winterblätter von U. minor, während die Sommerblätter nur an der Blasenbasis Adventivsprosse hervorbrachten. 3. An denselben Stellen (den Blattgabeln) bilden die an der Sprolsachse befindlichen Blätter von U. inflata schon im jugendlichen Stadium Sprosse. Bei den anderen untersuchten Arten tritt ihre Bildung bei abgetrennten Blättern sehr rasch ein. Sie konnten aber bei U. exoleta auch hervorgerufen werden an Blättern, die an Sprofs- stücken festsafsen, denen alle Sprofsvegetationspunkte genommen worden waren. Die Bedeutung der Correlationsverhältnisse bei der Regeneration wird dadurch weiter erläutert. Die Blätter restituieren das, was entfernt wurde, nämlich Sprofsvegetationspunkte, ohne dafs “ sie selbst vom Sprofs getrennt wurden. 4. Eine Grenze zwischen Neubildungen, welche aus Dauer- gewebe, und solchen, die aus embryonalem Gewebe entstehen, läfst sich nicht ziehen; beide treten bei Utricularia auch an derselben zu Neubildungen disponierten Stelle des Blattes auf. 5. Diese Stelle liegt an der Spitze bei Utricularia- Arten (U. longifolia, U. montana) mit lange andauerndem Spitzenwachstum | des Blattes. Es findet hier eine „Polarität“ statt in der Weise, dafs, wenn ein Spitzenstück abgetrennt wird, die Adventivsprosse an der apikalen Schnittfläche des übrigen Blattes auftraten. Indes erlischt die Regenerationsfähigkeit nach unten hin mehr oder minder rasch. Bei den Wasser-Utrieularien ist die Lokalisierung der Adventivsprofs- bildung wahrscheinlich in Verbindung zu bringen mit dem Mangel eines ausgeprägten Spitzenwachstums einerseits, dem Verlauf der Leitungsbahnen andererseits. Aufser dem Alter der Zellen kommt also in Betracht der Verlauf der Leitbündel und, wie bei den Farnblättern hervorgehoben wurde, auch die mehr oder minder ausgiebige Ausstattung eines Gewebes mit Baumaterialien. In dieser Hinsicht scheint mir von besonderem Interesse, dafs die Sprofsachsen einiger Cuscuta-Arten Ad- ventivsprosse bilden in der Nähe der Haustorien (so schon von Solms- Laubach und Koch bei einigen Arten beobachtet; ich kann Cuscuta Hederae hinzufügen, wo die Erscheinung besonders reichlich auftrat). Es wird aber noch zahlreicher Untersuchungen bedürfen, um - tiefer in das Problem eindringen zu können. Über dynamische Wirkungen innerer Spannungsdifferenzen von Flüssigkeiten und ihre Beziehung zum Saftsteigeproblem der Bäume. Von €. Steinbrinck. Mit 7 schematischen Figuren. l. Einleitung. Wenn man einem Physiker darüber berichtet, dafs ein dem Laien so einfach erscheinender Vorgang, wie das Aufsteigen des rohen Nahrungssaftes in den Bäumen in seinen Ursachen immer noch dunkel sei, so wird man nicht selten einer zuweilen mit einem Anflug von Überlegenheit verbundenen Verwunderung darüber begegnen. Denn da die gewaltigen Kräfte der Osmose event. im Verein mit der Kapillarität und dem Luftdruck auf den ersten Blick hierzu vollkommen aus- reichend erscheinen, so ist der Vertreter der „exakten Wissenschaft“ ‚leicht geneigt, es unzulänglicher exakter Schulung der Botaniker zu- zuschreiben, dafs ein so alltägliches Problem noch rätselhaft ist. Wenn sich aber der letztere nun seinerseits durch die Andeutung zu verteidigen sucht, ob nicht die Schuld an dem mangelnden Verständ- nis des Saftsteigeproblems zum Teil wenigstens der Physik zufalle, so wird er grolsen Zweifels gewärtig sein müssen. Und dennoch wage ich zu behaupten, dafs jener Vorwurf einigermalsen gerecht- fertigt ist. Untersuchungen über die Dynamik von Flüssigkeiten, die einige Jahre hindurch fortgesetzt sind, haben mich zu der Ansicht geführt, dafs selbst die Mechanik eines so gewöhnlichen Fundamental- apparates, wie es der Winkel- oder Saugheber ist, in den physikali- schen Lehrbüchern, soweit sie mir bekannt sind, meist in ganz un- klarer und schiefer, um nicht zu sagen verkelrter Weise dargestellt - wird. Seine Funktion wird so behandelt, als ob der Luftdruck dabei eine treibende Rolle spiele, während sein Betrieb meines Erachtens in Wirklichkeit auf davon unabhängigen Druckdifferenzen inner- halb der Flüssigkeit selbst beruht. Fragt man den Physiker ferner, ob er zwischen den aktiven Kräften beim Schenkelheber und bei der Endosmose eine nahe Verwandtschaft anerkenne, so wird man sicherlich meist eine abweisende Antwort erhalten. Man braucht sich durch diese aber nicht irre machen zu lassen. Auch die Theorie der Osmose ist nämlich von den Physikern z. B. etwas stiefmütter- 128 lich behandelt worden. Was wir heute darüber wissen, verdanken wir hauptsächlich Botanikern und Chemikern und zwar das Gesetz- mälsige desselben in erster Linie den letzteren. Diese müssen aber ebenfalls zugeben, dafs der Mechanismus der Endosmose noch nicht genügend geklärt ist. Bereits im Jahre 1899 habe ich nun bei Gelegenheit meiner ersten Untersuchungen über die sog. „elastische Entfaltung oder Schwellung“ von Pflanzengeweben !) zwischen diesem Vorgang und dem der osmotischen Saugung eine Parallele zu ziehen gesucht. Seitdem habe ich mich weiterhin vornehmlich aus den Mitteilungen der Zeitschrift für physikalische Chemie, sowie aus Einzelpublikationen hervorragender Chemiker über das Wesen dieses Mechanismus zu be- lehren gestrebt, ohne jedoch eine ganz klare und in sich konsequente, allgemein anerkannte Darstellung desselben zu finden, In der neuesten Auflage von Wüllners Lehrbuch der Experimentalphysik stiefs ich allerdings auf eine kurze Auseinandersetzung hierüber ?), die mir ein- wandfrei und die auch mit den Ansichten Pfeffers?) übereinzustimmen schien. Jedoch mufste ich nachträglich die Erfahrung machen, dafs gerade dieser Passus Wüllners in einer Rezension des Wüllner- schen Lehrbuches von Ostwald®) als verfehlt bezeichnet wurde. Eine im Oktober ds. Jhrs. veröffentlichte Mitteilung von H. Dixon’): „A Transpiration Model“, die sich mit dem „anscheinenden Parodoxon“ beschäftigt, dafs eine Pflanzenzelle trotz hohem osmotischen Überdruck saugend wirken könne, hat den Anstofs zu den folgenden Zeilen ge- geben. Dixon kommt nämlich ebenso wie ich zu dem Schlusse, dafs hierbei Druckdifferenzen im Wasser selbst tätig sind, indem dieses in der osmotischen Zelle negativ gespannt sei. Ich hoffe nun zur Klärung dieses Problems beizutragen, wenn ich es hier im Anschlufs an die Theorie des Winkelhebers zu einer ausführlichen Erörterung bringe. Mich dünkt, dafs, wenn erst in den ‘ Erscheinungen der Kapillarität, des Hebers und der sog. elastischen Entfaltung von Pflanzengeweben eine gemeinsame Wurzel blofsgelegt ist, der Widerspruch gegen die Auffassung eher schweigen wird, dafs auch die Endosmose aus dieser Wurzel entspringt. Als diese gemein- 1) Siehe Ber. d. deutsch. Bot. Ges. XVII, pag. 111 u. 175. Vgl. auch Physi- kal, Zeitschrift II, 1901, pag. 493—496. 2) Wüllner, Lehrb. d. Experimentalphys. 1895, I, pag. 674, und 1896, II, pag. 688 u. 689. 8) Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. 1897, I, pag. 126. 4) Zeitschr. f. Physikal. Chemie 1894, XV, pag. 522. 5) Proceed. of the Royal Dublin Society 1903, X (N. 8), Part. I, pag. 114—121. { 129 same Ursache erscheint mir nun das Ausgleichsbestreben von inneren Spannungen der Flüssigkeit. Verschieden sind jedesmal nur die Um- stände, welche die Dehnungszustände innerhalb der Flüssigkeit her- vorrufen. Es wird mein Bestreben sein, dies in den nächsten beiden Abschnitten auseinander zu setzen. Beigefügt ist denselben ein fer- neres kurzes Kapitel, worin die gewonnenen Anschauungen zu einer Prüfung der strittigen Auffassungen über das Saftsteigeproblem ver- wertet werden sollen. Ill. Zur Theorie des Schenkelhebers. 1. Die bisherigen Anschauungen darüber. In der bekannten, vortrefflichen „Physikal. Technik* von Frick, 6. Aufl. herausg. von O. Lehmann-Karlsruhe, Bd. I, 1890, findet sich pag. 313 hinsichtlich des Winkelhebers folgender Passus: „Es wird zu wenig Gewicht darauf gelegt, dafs der Heber nur flie[fsen kann, wenn der Luftdruck ausreicht, die beiden Schenkel gefüllt zu erhalten, so dafs man, wie Emsmann (1885) bemerkt, selbst in verbreiteten und im übrigen sehr guten Büchern die Bemerkung findet, dafs es mit Hilfe des Hebers möglich sei, Wasser über die gröfsten Höhen zu leiten.“ Wenn diese Auffassung früher wirklich wiederholt geäufsert worden ist, so bemühen sich jedenfalls die heutigen physikalischen Lehrbücher, die mir zur Hand sind, fast durchweg, im Gegensatz dazu den Stand- punkt von Emsmann und Frick nachdrücklich zu betonen, d. h. besonders hervorzuheben, dafs der Schenkelheber ein Luftdruck- apparat sei und die Flüssigkeiten aus diesem Grunde nicht über die barometrische Höhe hinüberbefördern könne. So beginnen Koppes Anfangsgründe der Physik, bearbeitet von Husmann, 20. Aufl. 1898, die Besprechung des Hebers pag. 114 ausdrücklich mit den Worten: „Auf den Gesetzen des Luftdruckes beruht auch der Sauglieber“. Später heilst es pag. 115: „Man sieht aus dieser Darstellung auch noch, dafs das Wasser im Heber zu keiner gröfseren Höhe als 10m über dem Wasserspiegel emporsteigen kann; bei einem mit Quecksilber gefüllten Heber würde diese Höhe nur 76cm betragen“. Und es folgt dann die Anmerkung: „Der Heber war schon den Alten bekannt; da ihnen aber die Kenntnis des Luftdruckes abging, so suchten sie die Erscheinungen desselben aus einer anziehenden Kraft des leeren Raumes (horror vacui) zu erklären“. Der „Leitfaden für den Unterricht der Experimentalphysik nach dem Lehrbuch von E. Budde, bearbeitet von Kiefsling“, 1902, Fiora 1904. 8 130 bringt den Saugheber ebenfalls unter der Überschrift: Anwendungen des Luftdrucks. Auch in ihm findet sich ebenso wie in den Lehr- büchern der Physik von Münch (17. Aufl. 1882, pag. 121) und Reis (7. Aufl. 1890, pag. 212) ausdrücklich die barometrische Höhe als Grenze des Hubes hingestell. Münch begründet diese Ansicht mit den Worten: „Wäre h > 10,5m, so würde keine Bewegung von innen nach aufsen erfolgen, weil die Flüssigkeit nicht bis zum höch- sten Punkte gehoben werden würde“. Reis sagt darüber: „Wäre die Höhe gleich 10m, so wäre der Druck von innen Null, also das Fliefsen unmöglich“. In Lommels Lehrbuch der Experimentalphysik (2. Aufl. 1895) heifst es pag. 128 (in wörtlicher Übereinstimmung mit seinem Lexikon der Physik und Meteorologie, 1882, pag. 147): „Der Heber ist eine gebogene Röhre, welche dazu dient, eine Flüssigkeit aus einem Ge- fäfse mit Hilfe des Luftdrucks, der sie bis an den Gefäls- rand hebt, ausflielsen zu lassen* und später: „Damit der Heber wirksam sei, darf sein höchster Punkt nicht höher über dem Flüssig- keitsspiegel liegen, als die Höhe der Flüssigkeitssäule beträgt, die dem Luftdruck das Gleichgewicht hält“). Woblgemerkt handelt es sich bei allen diesen Erörterungen um das Weiterfliefsen des gefüllten Hebers, nicht etwa um seine erst- malige Füllung. Der Gedankengang jener Lehrbücher ist ursprüng- lich ganz richtig und zwar bekanntermafsen der folgende: An der obersten Stelle des Hebers herrscht vom kürzeren Schenkel her der äufsere Druck P=L-—h?), von dem längeren her der Druck p=L—H. Der Heber fliefst nun darum, weil P—-p = (H—h) > 0. Der Fehler der zitierten Urteile der Lehrbücher liegt nun darin, dafs sie die Gröfse PP= H—h, nämlich das tatsächlich vorhandene Übergewicht des längeren Flüssigkeitsfadens nur als rechnerische Mafszahl für den Unterschied der beiderseitigen Luftdruckgröfsen, nicht aber als physikalisch wirkliche und unabhängig vom Luftdruck exi- stierende Kraft ansehen. Mit anderen Worten, sie schmuggeln gewissermafsen in Gedanken die Gröfse L, die sich infolge doppelten 1) Lommel führt als Beweis für die oben angegebene Bedeutung des Luft- drucks auch die Wirksamkeit einer selbsttätigen Waschflasche an. Dies Argument ist aber nicht zutreffend, denn die Regulierung dieser Flasche beruht ja gerade darauf, dafs der Luftdruck beiderseits ungleich wird. Unter gewöhnlichen Um- ständen hebt sich dagegen der Luftdruck beiderseits auf (siehe die folgenden Zeilen des Textes). j 2) L, H und h bedeuten den Luftdruck bezw. die Höhen akr Flüssigkeits- säulen, alle in gleichem Mafse ausgedrückt (vgl. die Fig. 7, pag. 148). 131 Vorzeichens weggehoben hat, wieder ein, indem sie sich anstatt H—h immer (L--h)—(L—H) vorstellen und kommen so von der Ein- beziehung des Luftdruckes nicht los. Daher heifst es auch noch in dem neuesten der gröfseren physikalischen Lehrbücher, die mir zu Gebote stehen, nämlich in Müller-Ponillet, herausgegeben von "Pfaundler, 10. Ausgabe, Bd. I, 1902, pag. 471 vom Saugheber:‘ „In dem Malse, als wie das Wasser ausläuft, wird auf der anderen Seite durch den Luftdruck von neuem Wasser in die Röhre getrieben“. Diese Lehrbücher können sich demnach, um kurz zu rekapitulieren, den Heberprozefs nur so vorstellen, dafs sie auf der einen Seite eine treibende Kraft L—h, auf der anderen eine wider- stehende L—H annehmen, die beide durch den Luftdrucküberschufs repräsentiert werden; daher auch der zitierte Schlufs von Münch und Reis, das Fliefsen müsse aufhören, wenn L—h = 0, weil dann keine treibende Kraft mehr da wäre. 2. Theorie des Hebers als Kohäsions- oder Binnen- drucksmechanismus, Die soeben bezeichnete Auffassung von Münch, Reis u. a. ist unzweifelhaft ein grofser Irrtum. Man kann sich diesen auf doppelte Weise klar machen, indem man die Flüssigkeiten in ihrem Verhalten entweder mit soliden oder mit gasförmigen Körpern ver- gleicht. Wählt man den ersteren Weg, so wird es sich empfehlen, etwa an Stelle des Quecksilbers im Saugheber durch die Schenkel desselben mittelst einiger Rollen ein schweres Drahtseil geführt zu denken. Niemand wird daran zweifeln, dafs, wenn nicht etwa die Reibung zu grofs ist, das im längeren Schenkel herabhängende Seil- stück infolge seines Übergewichtes hinabsinken und dabei das kürzere Stück in die Höhe ziehen wird. In derselben Weise mufs aber auch ein Quecksilber- oder anderer Flüssigkeitsfaden ganz unabhängig vom Luftdruck durch die Schwere abwärts gezogen werden, so lange seine Kohäsion ausreicht. Wenn ein Quecksilberheber tatsächlich zu fliefsen aufhört, sobald oder noch ehe die barometrische Höhe erreicht ist, so liegt dies entweder daran, dafs nicht genügend für völlige Beseitigung der Luft aus dem Heberrohre Sorge getragen worden ist, oder daran, dafs das Quecksilber an der Wandung des Rohres nicht haftet. Denn das winzigste zurückgebliebene Luftbläschen, oder Spuren von Luft, die überhaupt nicht sichtbar werden, unterbrechen, wenn sich die Steighöhe desselben der barometrischen Grenze nähert, indem 9*+ 132 diese Luft sich stark ausdehnt, unfehlbar den Flüssigkeitsfaden. Und wenn das Quecksilber am Rohre nicht adhäriert, so löst es sich, so- bald die barometrische Höhe erreicht ist, in der obersten Gegend des Hebers von der Wand ab, der Faden schnürt sich ein und reifst, wenn er sehr dünn geworden ist, infolge des Gewichtes der daran ziehenden tiefer gelegenen Quecksilbermasse. Gelingt es aber, durch geeignete Mittel das Zerreifsen zu verhindern, so mufs der Heber, da die Kohäsion des Quecksilbers sehr beträchtlich ist, imstande sein, dasselbe weit über die barometrische Höhe hinüberzubefördern. Bei dem gewöhnlichen lufthaltigen Wasser kommt die Unter- brechung des Flüssigkeitsfadens im Heber, längst ehe die baro- metrische Höhe erreicht wird, dadurch zustande, dafs Luftblasen frei werden und Dampfblasen auftreten. Die Anwendung luftfreien Wassers und luftleerer Röhren sichert aber den Zusammenhang der flüssigen Säule und damit auch das Weiterfliefsen des Hebers selbst für sehr beträchtliche Erhebungen über die barometrische Grenze. Der Irrtum der Lehrbücher kann demnach dem Umstand zuge- schrieben werden, dals sie an diese Kohäsionsverhältnisse nicht gedacht haben. Unter gewöhnlichen Umständen spielt der Luftdruck allerdings beim Heber ebenfalls eine grofse Rolle, aber nur eine statische, insofern er die Form des Flüssigkeitsfadens erhält, sein Zerreifsen hindert. Eine hebende oder treibende, dynamische Bedeutung kommt ihm aber nicht zu. Hiernach könnte man den Heber also wohl einen Kohäsionsmechanismus, aber nicht einen Luft- druckapparat nennen. Denn zu seinem Betrieb ist der Luftdruck entbehrlich, die Kohäsion aber nicht. Bei der Saugpumpe ist es umgekehrt; die Flüssigkeitssäule, die zu heben ist, darf unterbrochen sein, der Luftdruck aber nicht fehlen.'). 1) Da die Botaniker durch die Versuche von Dixon und Joly, sowie von Askenasy, und durch die von diesen Forschern beigebrachten Zitate aus Donny, Berthelot, Worthington über die bedeutende Höhe der Kohäsion von Flüssig- keiten hinreichend unterrichtet sind (beim Wasser sind ca. 50 Atmosphären ex- perimentell nachgewiesen), so beschränke ich mich an dieser Stelle darauf, auf jene Schriften hinzuweisen. Es sind vornehmlich die drei: a) Dixon und Joly, On the ascent of Sap. Transact of the Royal Society, London 1895, Vol. 186, pag. 568-576. b) Askenasy, Über das Saftsteigen. Verhandl, des Naturhist.-Mediz. Vereins zu Heidelberg, N. F. V, 1895. c) Askenasy, Beiträge zur Theorie des Saft- steigens. Ebenda 1896, V. — Ob man das Mafs der Kohäsionsfestigkeit ohne weiteres mit dem des Kohäsionsdruckes (Oberflächen- oder Normaldruckes) iden- tifizieren kann, lasse ich hier dahingestellt sein. Für den Kohäsionsdruck sind bekanntlich Tausende von Atmosphären errechnet worden. 133 Wie bereits oben (pag. 131) angedeutet, läfst sich aber unser Problem auch von einer anderen Seite betrachten, indem man die Eigenschaften der Flüssigkeiten heranzieht, die sie mehr den gas- förmigen Stoffen nähern. Wir brauchen hierbei die kinetische Flüssig- keitstheorie nicht einmal in Anspruch zu nehmen und wollen uns lediglich auf die Grundeigenschaften der flüssigen Substanzen stützen, die Wüllner im Lehrbuch der Experimentalphysik 5. Aufl., 1895, Bd. I pag. 314 folgendermafsen kennzeichnet: „Aus der, soweit wir beurteilen können, vollkommen freien Beweglichkeit der Flüssigkeits- teilchen gegen einander ergibt sich zunächst, dafs eine flüssige Masse nur dann im Gleichgewicht sein kann, wenn die auf irgend ein Teil- chen wirkenden Kräfte sich das Gleichgewicht halten, wenn also die auf das Teilchen wirkenden Kräfte nach gerade entgegengesetzten Richtungen genau gleich sind und deshalb sich aufheben. Denn würde der Druck auf das Molekül nach der einen Richtung stärker als nach der gerade entgegengesetzten, so würde das Molekül, da es auch dem kleinsten Drucke folgt, sich nach der Richtung der gröfseren Kraft bewegen.“ Knüpfen wir nun unsere Auseinandersetzungen an die Fig. 1, welche ein aufrechtes, 'gleichschenkliges U-Rohr dar- stellt, das mit einer Flüssigkeit .! ı vollständig gefüllt ist und dessen = = . offene Enden unten in je ein 5 E Gefäls mit derselben Flüssig- 2! = keit eintauchen. Die Flüssig- E= = keitsspiegel seien in beiden e= 64 Gefäfsen zunächst gleich an- = = genommen. Vom Luftdruck > 7 wird vollständig abgesehen, er 7 = kann Null sein oder viele At- 1 mosphären betragen; das ist ganz gleichgiltig. Es ist kein Zweifel, dafs der Binnendruck der Flüssigkeit von unten nach Fig. 1. :. oben allmählich abnimmt und z. B. am Gipfel des U-Rohres um das Gewicht der ganzen Flüssig- keitssäule kleiner ist als an der Oberfläche der Flüssigkeit in den Gefäfsen. Trotzdem kann keine Bewegung hinüber oder herüber zu- 134 stande kommen, weil ja in jedem Niveau auf beiden Seiten genau der gleiche Binnendruck herrscht, Sobald man aber eines der Ge- fälse, etwa das rechte, auch nur ein wenig senkt, wird innerhalb des Schenkels, der in dieses Gefäfs taucht, der Dehnungszustand gröfser und somit der Binnendruck geringer als in dem gleichen Niveau des anderen Schenkels, weilja an jeder Flüssigkeitsschicht des ersteren eine schwerere (längere) Flüssigkeitssäule nach unten zieht. Diese Druckdifferenzen müssen aber bewirken, dals Substanzteilchen aus dem kürzeren in den längeren Schenkel hinüberwandern, bis ein Ausgleich stattgefunden hat. Und dieser ist erst erreicht, wenn sich die Niveaux der Flüssigkeit in beiden Gefälsen wieder in :gleicher Höhe eingestellt haben. _ Diese Notwendigkeit bleibt unverändert auch bestehen, wenn die Höhe der Schenkelrohre die barometrische Grenze, beim Queck- silber z. B. 76cm, überschreitet. Man wende nicht ein, dafs dies un- denkbar wäre. Wie oben gesagt, gibt es Mittel, das Ablösen des Quecksilbers von der Rohrwand zu hindern. Hat doch Askenasy das Quecksilber mit ausgekochtem Wasser festgehalten. Vermutlich täte auch ein verzinntes Eisen-, ein Zink- oder Bleirohr denselben Dienst. Will man nun von diesen Gesichtspunkten aus den Grundfehler der landläufigen Hebertheorie kennzeichnen, so kann man ihn auch dahin formulieren, dafs dieselbe die selbständigen Binnendruck- differenzen der Flüssigkeiten für nichts geachtet und dagegen die Gröfse des Luftdrucks, der, weil beiderseits gleich, aktiv gar nicht in Betracht kommt, allein als mafsgebend angenommen hat. 3. Über den experimentellen Nachweis der vorgetragenen | Theorie. Man wird nun von einem exakten Forscher erwarten, dafs er seine Behauptung nicht nur theoretisch begründet, sondern, wenn möglich, auch experimentell belegt. In unserem Falle wäre nachzu- weisen, dafs Flüssigkeiten mit dem Heber tatsächlich weit über die barometrische Höhe hinweggehoben werden können. Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Oberregierungsrates Prof. Dr. Wein- hold bin ich jedoch der Mühe dieses Beweises völlig enthoben worden. An ihn hatte ich mich nämlich behufs jenes Nachweises um Rat und Unterstützung gewandt, weil Herr Prof. Weinhold der einzige Physiker ist, bei dem ich in der Literatur eine Angabe da- rüber fand, dafs die allgemeine Behauptung, der Heber stelle seine Tätigkeit im Vakuum ein, unter Umständen keine Giltigkeit habe. Aufserdem hat aber Weinhold an der betreffenden Stelle das Weiter- 1835 fliefsen auch schon auf die Kohäsion bezw. Oberflächenspannung der Flüssigkeiten zurückgeführt. In seinem allbekannten wertvollen Werke: „Physikalische Demonstrationen“ heifst es nämlich (II. Aufl. 1887, pag. 174) unter der Überschrift: „Der Heber hört im Vakuum zu fliefsen auf“, wörtlich: „Zum Nachweis, dafs der Heber im Vakuum aufhört zu fliefsen, eignet sich nur Quecksilber. Man hat zwar Apparate konstruiert, um einen Heber mit Wasser erst dann zu füllen, wenn das Pumpen schon ziemlich weit getrieben ist. Die- selben sind aber kompliziert, erfordern möglichst luftfreies Wasser und versagen doch noch leicht wegen der Kohäsion.* Nachdem nun ein Quecksilberapparat beschrieben ist, fährt der Verf. hinsichtlich desselben fort: „Zuweilen fliefst der Heber noch, wenn der Druck der Luft im Apparat bereits kleiner geworden ist, als der der Queck- silbersäule im inneren Schenkel des Hebers. In solchen Fällen be- wirkt die Oberflächenspannung und Kohäsion des Quecksilbers das Zusammenhalten desselben im Heber. Mäfsige Erschütterung, Schlag mit der Hand auf den Tisch, auf dem die Luftpumpe befestigt ist, bewirkt dann meist das Zerreilsen des Quecksilbers*. Wie man aus diesem Texte ersieht, hat Weinhold seine Wahr- nehmungen nicht zu einer prinzipiellen Klärung der Hebertheorie verallgemeinert. Auf eine briefliche Anfrage teilte er mir in der Tat mit, dafs er mit jenen Sätzen nur auf einen beim Experimentieren beachtenswerten Umstand habe aufmerksam machen wollen. Ich schlug Herrn Prof. Weinhold nun vor, zum Zwecke eines bequemen all- gemeinen Nachweises meiner Auffassung den von ihm als zu kompli- ziert bezeichneten Apparat eines dazu geeigneten Wasserhebers dahin abzuändern, dafs man nicht den ganzen Apparat unter den Rezipienten stellte, sondern das Heberrohr mit zwei geschlossenen, wasserhalten- den Gefäfsen verbände und nur diese evakuierte. Als solche Gefäfse sollten z. B. zwei zweihalsige (Wulff’sche) Flaschen verwendet werden, von denen je ein Tubus den Heber aufnehmen, während die anderen miteinander und mit der Luftpumpe (resp. mit vorher evakuierten grofsen Behältern) verbunden werden sollten. Herr Oberregierungs- rat Weinhold nahm sich der Sache nun mit lebhaftem Interesse an, fand das Unpraktische des vorgeschlagenen Apparates bald heraus, er- setzte die Flaschen einfach durch die Kugeln eines Wasserhammers, deren Verbindungsrohr zweckmäfsig gebogen den Heber darstellt, und konnte so auch die Luftpumpe entbehren. Nach Herrn Prof. Wein- holds Bericht arbeitet dieser „Vakuumheber“ sowohl mit Wasser wie mit Quecksilber tadellos. So übersteigt z. B. das Quecksilber darin 136 eine Höhe von 40cm, auf die sich Herr Prof. Weinhold übrigens nur aus Bequemlichkeitsrücksichten beschränkt hat. Auch der Freiluftver- such mit Quecksilber gelang ihm vollkommen und in ebenso über- raschend einfacher Weise, indem er hierbei, wie bei dem eben er- wähnten Versuche nach dem Fingerzeige von Askenasys Experiment, das Quecksilber mittels Wassers an der Wand festhielt. Herr Ober- regierungsrat Weinhold wird selbst über seine Ergebnisse in Pos- kes Zeitschrift für physikalischen und chemischen Unterricht ausführ- lichere Mitteilung machen. Durch sie ist also die Luftdrucktheorie des Hebers endgiltig beseitigt. Nach meiner Meinung ist es ja vollkommen gleichgiltig, wenn für die üblichen Schulversuche mit lufthaltigem Wasser, trockenem Queck- silber usw., sowie für die Praxis des gewöhnlichen Lebens der Luftdruck zur Erhaltung der Kohäsion tatsächlich statisch eingreifen mufs. Denn es handelt sich für eine exakte Theorie des Hebers, sowie für die Parallele mit den im folgenden Kapitel hier zu besprechenden Vorgängen wesentlich nur um die Feststellung, dafs die Binnendruckdifferenzen von Flüssigkeiten allein für sich zu so erheblichen dynamischen Lei- stungen ausreichen, falls die Kohäsion gesichert ist. ii. Zur Theorie der osmotischen Saugung. 1. Der Widerstreit der bisherigen Anschauungen. Es ist bekannt, dafs der Chemiker van’tHoff um die Mitte der 80er Jahre aus den Versuchsergebnissen Pfeffers zahlenmäfsig das Gesetz ableitete, dafs der osmotische Druck dem Gasdruck gleich sei, den die gelösten Moleküle im gleichen Raum bei derselben Tem- peratur und demselben Druck ausüben würden!). Er schrieb ihn da- her dem Stofs dieser Moleküle zu. Durch den wärmetheoretischen Zusammenhang des osmotischen Druckes mit der Dampfspannung, dem Siede- und Gefrierpunkt etc. wurden auch diese Gröfsen in Be- ziehung zum Molekulargewicht gebracht. Hierdurch erwies sich das Gesetz von solcher Bedeutung für die Chemie, dals dieselbe infolge- dessen nach Ostwald?) in zehn Jahren „einen so bedeutenden Fort- schritt in ihrer Entwicklung zu einer von allgemeinen Prinzipien be- herrschten Wissenschaft gemacht hat, wie vielleicht nie vorher durch einen derartigen Gedanken“. Seit seinem Bestehen hat das van’t Hoff’sche Gesetz in unzähligen Fällen eine rechnungsm älsige Bestätigung gefunden, ohne dafs jedoch die volle Einsicht in das 1) Zeitschr. f. physikal. Chemie 1887, I, pag. 481. 2) Grundrifs der Chemie, 1899, III. Aufl., pag. 190. 137 Wesen des osmotischen Mechanismus erreicht worden wäre. Die Ansichten hierüber sind vielmehr auch heute noch nicht geklärt. Die kinetische Ableitung der Gesetze des osmotischen Druckes (im ursprünglichen Sinne van’tHoffs) ist nach Ostwald') „bisher ‚auf unüberwindliche Schwierigkeiten gestofsen“. „Es ist kaum je ein rein erfahrungsmälsig definierbarer und nachweisbarer Begriff so viel- fach mifsverstanden worden wie der des osmotischen Druckes. Ver- folgt man diese Mifsverständnisse auf ihren Ursprung zurück, so findet man sie meist durch hypothetische Zutaten verursacht, durch die man diesen Begriff hat erklären oder rechtfertigen wollen“ ?), Einem interessanten Beispiel eines solchen Milsverständnisses begegnen wir in der Dissertation des Amerikaners Pupin?°) aus dem Jahre 1889, der gegen die kinetische Hypothese das Bedenken geltend machte, dafs bei der Übereinstimmung des Gasdruckes und des osmo- tischen Druckes „eine 49proz. Chlorkaliumlösung mit ihrem osmo- tischen Druck von 53 Atmosphären in dünnwandigen Gefälsen nicht aufbewahrt werden“ könne. Und in seiner Bemerkung zu dem Ein- wand des Herrn Pupin‘) mufste selbst ein Forscher wie Bredig zugeben, dafs ihn selbst Pupins Bedenken anfänglich sehr frappiert habe. Ein solcher Angriff auf die kinetische Hypothese van’tHoffs war allerdings nur in ihren Jugendzeiten möglich; aber auch in den letzten Jahren sind die Versuche noch nicht unterblieben, sein Gesetz nach alter Weise aus der Anziehung des gelösten Stoffes abzu- leiten5). Bekanntermalsen hat diese ältere Anschauungsweise mehrere Jahre hindurch an Lothar Meyer einen sehr eifrigen Verteidiger ge- funden, wobei der Streit sich speziell dahin zuspitzte, ob der osmo- tische Druck von dem gelösten Körper oder von dem Lösungsmittel herrühre. Am Schlusse einer solchen Diskussion findet sich van’t Hoffmit diesem Zwiespalt in folgenden Worten ab®): „Wiederum haben wir die im Grunde zwecklose Frage: Was übt den osmotischen Druck aus? Wirklich, es werde betont, ich kümmere mich schliefslich nur um dessen Grölse; da er sich dem Gasdruck gleich gezeigt hat, so ist man geneigt, sich einen ähnlichen Mechanismus wie bei den Gasen beim Zustandekommen zu denken“. 1) Zeitschr. f. phys. Chemie 1897, XXII, pag. 366. 2) Ostwald, Grundrifs der Chemie 1899, pag. 190. 3) Der osmotische Druck und seine Beziehung zur freien Energie. Berlin 1889. 4) Zeitschr. f. phys. Chemie 1889, IV, pag. 444. j 5) Vgl. z. B. die Abhandlung von Barmwater, Zeitschr. f. phys. Chemie 1899, XXVIIL, pag. 115, sowie auch Schreber, ebenda pag. 79. 6) Zeitschr. f. phys. Chemie 1892, IX, pag. 485. 138 2. Stellung der Aufgabe. Der Physiker, und namentlich der Botaniker, ist aber vielfach in ganz anderer Lage wie der Chemiker. Denken wir speziell an das Saftsteigeproblem, so können wassergesättigte Pflanzenzellen überhaupt keine wasserhebende Tätigkeit mehr leisten, mag ihr osmotischer Druck noch so hoch sein. Daher kommt es hierbei wie in anderen Fällen nicht so sehr darauf an, diejenige Zahl zu ermitteln, die der Chemiker gew. xaT &oyrv als osmotischen Druck bezeichnet, nämlich den maxi- malen Überdruck innerhalb einer gesättigten Zelle, als vielmehr die Bedingungen zu kennen, unter denen eine nicht gesättigte Zelle arbeitet und über die Kräfte unterrichtet zu sein, die bei dieser Arbeit ins Spiel kommen, d. h. Wasser in sie hineintreiben (oder event. auch aus ihr herausziehen). Um diesen Unterschied in den beiderseitigen Aufgaben zu kennzeichnen, habe ich absichtlich für dieses Kapitel nicht die Überschrift: Zur Theorie des osmotischen Druckes, sondern die Worte: Zur Theorie der osmotischen Saugung gewählt, Ich möchte mich nämlich im folgenden auf diese allgemeinere Frage aus der Lehre der Osmose beschränken und Zahlenmäfsiges nur nebenbei berühren. Unsere Frage lautet demnach: Welche Kraft treibt den Stoff, der als Lösungsmittel verwendet worden ist (in un- serem Falle stets Wasser) aus der Umgebung einer ungesättigten - osmotischen Zelle in diese hinein? 3. Die bisherigen Urteile über die Ursache der osmoti- schen Saugung. Lüpke (Grundzüge der Elektrochemie, II. Aufl. 1896, pag. 73) nennt unser Problem eine noch wenig exörterte Frage. Einen eigen- artigen Anlauf zur Beantwortung derselben habe ich in Nernsts Theoret. Chemie!) gefunden. Nachdem er nänlich die Einrichtung einer Pfeffer’schen mit Rohrzucker beschickten Zelle beschrieben hat, fährt er fort: „Durch die Niederschlagsmenbran wurden die Zuckermoleküle am Austritt gehindert, nicht aber das Wasser am Passieren der Zellwand. Die Folge davon ist... . Druckwirkung auf die halbdurchlässige Membran; da letztere aber nicht nachgeben kann, weil sie in die widerstandsfähige 'Tonzelle eingelagert ist, so wird nach dem Prinzip von Aktion und Reaktion umgekehrt ein Zug auf die Lösung ausgeübt werden, der sie von 1) Theoret. Chemie, III. Aufl. 1900, pag. 132, 139 derMembran hinwegzutreiben sucht, DiesemZug kann Folge geleistet werden, indem die Lösung in dem Steig- rohr unter gleichzeitigem Eindringen von Wasser em- porsteigt und zwar wird die Steigehöhe so grofs werden, bis der hierdurch geweckte hydrostatische Gegendruck das weitere Eindringen von Wasser verhindert.* Sehr plausibel erscheint diese Darstellung schwerlich, sie er- ‚innert einigermalsen an den horror vacui. In van’tHoffs populärer Abhandlung: „Über die Theorie der Lösungen“ ') findet sich ferner folgender Satz: „In bezug auf die vielumstrittene Frage, ob der os- motische Druck von Anziehung der gelösten Substanz auf das aufser- halb der semipermeablen Wand befindliche Lösungsmittel oder aber vom Anstofsen und Zurückprallen der gelösten Teilchen her- rührt, läfst sich aussagen, dafs der betreffende Beweis keine diesbe- züglichen Voraussetzungen macht“. Ob aber van’t Hoff hierin durch den zweifellos auffälligen und wohl beabsichtigt erscheineriden Zusatz der beiden von mir durch Sperrdruck hervorgehobenen Worte: „und Zurückprallen“ eine ähnliche Auffassung hat andeuten wollen, wie sie Nernst in den zitierten Worten kundgibt, ist mir nicht klar. Ursprünglich hat van’t Hoff nämlich ein viel anschaulicheres Bild von dem osmotischen Vorgang gegeben, das er besonders auch bei der Diskussion mit Lothar Meyer?) ausgeführt hat und das von Pfeffer ebenfalls vorzugsweise empfohlen wird. Der Letztgenannte sagt hierüber nämlich®): „Übrigens wird alles am übersichtlichsten und klarsten unter Annahme der Theorie, die van’t Hoff unter Zugrunde- legung meiner Untersuchungen entwickelte... Wenn in einer semi- permeablen Zelle Zuckermoleküle im Wasser herumfliegen, so wirken sie nach dem Mariotte’schen Gesetze und der Avogadro’schen Hypothese drückend, wie etwa Kohlensäure in einer gaserfüllten Zelle, die nicht Kohlensäure, wohl aber Wasserstoff (der hier an Stelle des Wassers tritt) diosmieren läfst, aber dieses Gas nicht verliert, weil die Zelle von Wasserstoff umgeben ist.“ Der Wasserstoff muls näm- lich erfahrungsgemäfs so lange eindringen, bis sein Partialdruck in der Zelle so grofs geworden ist, wie die Spannung der äufseren Wasserstoffatmosphäre. 1) Samnlg. clıem. und chem,-techn. Vorträge von Ahrens, Bd. V, Stutt- gart 1900, pag. 4. 2) Zeitschr, f. phys. Chem. 1890, V, pag. 23 und 174, 3) Pflanzenphys., II. Aufl, 1897, I, pag. 126. 140 In seinem Lehrbuch der Experimentalphysik!) hat Wüllner nun diesen Vergleich für die Pfeffer’sche Zelle folgendermafsen ausgeführt: „Innerhalb der Lösung sind in der Volumeinheit Zucker- moleküle und wenn wir von einer etwaigen Kontraktion der Lösung absehen, in dem Mafse weniger Wassermoleküle, als Zuckermoleküle vorhanden sind. Der Partialdruck des Wassers ist somit innen und aufsen verschieden, es mus demnach so lange Wasser in die Zucker- lösung diffundieren, bis der Partialdruck des Wassers im Innern gleich demjenigen aufsen geworden ist, bis also der Überdruck dem in der Lösung ursprünglich vorhandenen Drucke des Zuckers gleich geworden ist. Der durch die Endosmose entstandene Überdruck gibt also den Partialdruck des gelösten Zuckers im Innern der Lösung.“ Eine dem ganz entsprechende Darstellung findet sich im zweiten Bande von - Wüllners Werk pag. 688 und 689 wieder. . Merkwürdigerweise hat aber Ostwald gegen diese Auffassung Einspruch ‘erhoben. In einer Rezension des ersten Bandes der 5. Aufl. von Wüllners Werk?) hebt er ausdrücklich die oben zitierte Stelle pag. 674 als nicht befriedigend hervor; es ginge nicht an, „den im Innern der Zelle herrschenden Druck als einen Druck des Wassers zu behandeln; er ist durchaus ein Druck des gelösten Stoffes. Ost- wald begründet seine Kritik näher damit, dafs bei Wüllner „hier wie an anderen Stellen“ die Neigung hervortrete, „die kinetische Hypothese nicht als Illustration der empirisch abgeleiteten Gesetze, sondern als ein Beweismittel für sich zu behandeln“. Ein solches Verfahren erschiene ihm „in diesem Falle besonders bedenklich, als Männer, wie Boltzmann und Lorentz sich dahin erklärt haben, dafs eine befriedigende kinetische Theorie der Lösungen ohne sehr zweifelhafte Annahmen schwer möglich ist“. Ob nun diese Kritik eines so hervorragenden Gelehrten die Ver- anlassung gewesen ist, dafs Nernst bezw. van’t Hoff neuerdings in dem oben angeführten Erklärungsversuche den Rückstofs heran- gezogen hat, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls scheint mir aber, nachdem Weinholds Versuche im Zusammenhang mit meiner Ana- Iyse der Vorgänge beim Winkelheber die grofse Leistungsfähigkeit von Spannungsdifferenzen der Flüssigkeiten unabhängig von jeder Hilfstheorie erwiesen haben, Ostwalds Einwand, dafs sich Wüll- ners Darstellung des osmotischen Druckes nur auf eine zweifelhafte 1) 5. Aufl, Bd. I, 1895, pag. 674, 2) Zeitschr. f. phys. Chemie 1894, XV, pag. 522. 141 Hypothese, nämlich die kinetische, stütze, nicht mehr haltbar zu sein. Beim Heber ist ja in meinen Auseinandersetzungen die kinetische Hypothese nirgendwo notwendig gewesen. Es scheint mir daher nicht vermessen zu sein, sondern durchaus einer logischen Forderung zu entsprechen, wenn im folgenden versucht wird, trotz einer solchen Autorität wie Ostwald, die Frage von neuem in Wüllners Sinne hier zu erörtern. Ich hoffe wenigstens, dafs eine Parallele zwischen der osmotischen Saugung einerseits und anderseits den Tatsachen, die uns von der Kapillarität, dem zweiten Askenasy’schen Versuch, der elastischen Schwellung und dem Winkelheber her bekannt sind, zur Klärung des erstgenannten Problems beitragen werden. 4. Erklärung der osmotischen Saugung ausBinnendrucks- differenzen des Lösungsmittels innerhalb und aulser- halb der Lösung. Bereits in der Einleitung habe ich meiner Ansicht Ausdruck verliehen, dafs den am Schlusse der vorigen Nummer genannten Be- wegungserscheinungen eine gemein- same Ursache zugrunde liege, die darin besteht, dafs in jedem der angeführten U Fälle innerhalb der Flüssigkeit ohne ä Mitwirkung des Luftdruckes zunächst ein lokaler Dehnungszustand erzeugt wird, dessen Ausgleich dann jene Be- wegungen zur Folge hat. Dies soll zunächst näher erörtert werden. - a) Die kapillare Erhebung. Fig. 2a stelle ein Haarröhrchen vor, das soeben in Wasser gesenkt ist. In dem Moment, in dem das untere Rohr- ende in das Wasser taucht, bildet sich daselbst der konkave Meniskus. Dieser bleibt aber nur eine verschwindend kurze Zeit an derselben Stelle, weil mit seiner Entstehung eine Verminderung des Oberflächendrucks unterhalb des Meniskus unmittelbar verbunden ist. Es ist also der Überdruck des Aufsenwassers, der die Flüssigkeit in dem Haarröhrchen so schnell in die Höhe treibt, dafs wir das Aufsteigen selbst meist kaum gewahren. Ist der Aufstieg vollendet, wie in Fig. 2b, so bleibt in dem ganzen gehobenen Flüssigkeitsfaden der Dehnungszustand nach oben zunehmend zwar bestehen, ein weiterer Ausgleich ist aber £ Fig. 2. 142 dadurch verhindert, dafs die Binnendrucke inner- und aufserhalb des Röhrchens am Grunde desselben gleich sind. Dies ist aber die für den Wasserübertritt entscheidende Grenzstelle. b) Der zweite Versuch Askenasys. Askenasy hat be- kanntlich gezeigt, dafs man durch Verdunstung von Wasser aus einem Gipspfropf Quecksilber weit über den Barometerstand heben kann. Fig. 3a zeigt, wie das hierzu benutzte Glockentrichterrohr 77’, dessen Glocke mit Gips gefüllt und noch dazu von einem Gipsballen G um- geben ist, nach der Wasserfüllung aufrecht gestellt und mit dem offe- nen Ende in ein Quecksilbergefäls eingetaucht war. Anfänglich reichte das Wasser des Rohres natürlich abwärts bis zum Quecksilberspiegel des Gefäfses. Infolge der Verdun- stung durch den Gipsballen hin- durch nahm es aber an Volum ab und zog das Quecksilber nach sich. In einem Falle überstieg die Höhe | der Quecksilberkuppe den Baro- meterstand um 14cm. Dieser Versuch ist sehr be- kannt geworden, weniger hingegen der zweite, der uns hier besonders interessiert. Nachdem das Queck- 1 an £ silber eine Strecke weit gestiegen fig. 8. we war, gofs nämlich Askenasy Wasser auf den Gips. (In der Fig. 35 ist angenommen, dafs dieses in eine Höhlung oben im Gipsballen eingebracht worden sei.) Und siehe da, dieses Wasser drang binnen kurzem durch die Gipsporen in das Rohr hinein, während das Quecksilber zurücksank. Offenbar hatte die Quecksilbersäule vorher das Wasser im Rohre gedehnt (vgl. Fig. 3a) und diese Spannung sich durch den Gips auf das Wasser in der Gipshöhlung fortgepflanzt. c) Die elastische Entfaltung. Wenn lebende oder flüssig- keitsgefüllte tote Pflanzenzellen Wasser verlieren, so ist es eine über- aus verbreitete Erscheinung, dafs sich ihr Inhalt (Wasser, Zellsaft, Protoplasma) nicht von der Wand ablöst, sondern diese bei der Volumenabnahme "mit nach Innen zieht und in Falten legt (von mir = 5=: ITIFETRAUNTHTENETRIFNERNIGEN == 143 als „Schrumpfeln“ bezeichneter Vorgang). Die Zellen der Fig. 4a nehmen dabei etwa die Form von Fig. 45 an. In Fig. 45 haben die Zellen das Wasser noch nicht ganz, sondern nur zum Teil ein- gebüfst, Bringt man sie nun aber wieder mit Wasser zusammen, so dringt dieses oft aulserordentlich schnell ein und führt die Zellen zur ursprünglichen Form (Fig. 4a) zurück. Ohne Zweifel ist dieses Phänomen dem Sachverhalt bei dem zweiten Askenasy’schen Ver- suche ganz analog. Der Deh- nungszustand des Zeilwassers wird diesmal jedoch nicht durch ein Quecksilbergewieht, sondern durch die Elastizität der Zeillwand ver- anlafst'). “ d) Die osmotische Sau- gung. Da wir für den Heber die uns gestellte Aufgabe schon erledigt haben, so können wir uns endlich unserem eigentlichen Pro- blem zuwenden. Wodurch wird also in einer Lösung der Deh- nungszustand des Lösungsmittels hervorgebracht? Knüpfen wir die Erörterung dieser Frage an Fig. 5. In Fig 5a sei ABCD ein Gefäfs mit halbdurchlässiger Nieder- schlagsmembran. Durch die Scheidewand ?{—t wird es in zwei un- gleiche Räume geteilt. Der bei weitem kleinere enthält den zu lösenden Stoff S; die gröfsere Abteilung ist mit dem Lösungsmittel W gefüllt. Denken wir uns die Scheidewand t—t beseitigt, so wird sich S in W verteilen. Das Lösungsmittel, das vorher auf den einen Raum beschränkt war, wird sich seinerseits, wenn wir uns zunächst die An- nahme gestatten, dafs bei der Mischung von S und W keine Volumen- änderung eintritt, über den ganzen Raum ABCD ausbreiten. Es wird durch die Teilchen von $ auseinander gedrängt und seine eigene Dichte wird demgemäfs verringert. An Stelle des dehnenden Ge- wichtes beim Heber und beim zweiten Askenasy’schen Versuch, oder an Stelle der Oberflächenspannung bei der Kapillarität und des Zuges der adhärierenden Wandung bei der elastischen Entfaltung von Pflanzenzellen tritt also hier als Dehnungsursache die Keilwirkung der 1) Vgl. das Referat in der phys. Zeitschr. II, 1901, pag. 493. 144 sich auflösenden Teilchen von $ auf und setzt den Partiärdruck des Lösungsmittels dementsprechend herab. Kein Wunder also, wenn das das Gefäfs umspülende Lösungsmittel W infolge seines Überdrucks bis zum Ausgleich desselben oder, was dasselbe sagt, bis zur Her- stellung gleicher Dichte von W innen und aufsen, eindringt (s. Fig. 5). Wie man sieht, ist diese Auffassung an die kinetische Hypothese durchaus nicht gebunden. Man wende auch nicht ein, dafs die An- nahme, es finde beim Mischen keine Volumänderung statt, die Schlufs- folgerungen beeinträchtige; der Dehnungszustand kann ja auch bei einer Volumkontraktion noch eintreten. Wir haben diesen idealen Fall nur supponiert, weil ja auch das van’tHoff’sche Gesetz nur für solche Idealfälle genau gilt. 5. Prüfung unserer Anschauung an van’tHoffs Gesetz. Wenn wir nun von unseren grundlegenden allgemeinen Er- örterungen über die osmotische Saugung zur Feststellung des Be- trages des erreichbaren osmotischen Druckes übergehen, so wird sich zeigen, dafs unsere Auffassung mit dem Gesetze van’tHoffs nicht im Widerspruche steht. Dieses gilt nämlich, wie die Gasgesetze genau genommen nur für sog. „vollkommene“ Gase, exakt nur für unendlich verdünnte Lösungen. Für solche dürfen wir die An- 145 nahme gleichbleibenden Volums beim Mischen mit der Voraussetzung verknüpfen, dafs die Lösung sehr nahe denselben Oberflächen-(Nor- mal)druck besitzt, wie das Lösungsmittel. Bezeichnen wir nun diesen bekanntlich sehr hoch anzunehmenden Oberflächendruck mit O, den äufseren Druck (ausgeübt durch die Luft, die Dampfspannung_ etc.) mit A, den gewöhnlichen Binnendruck des Lösungsmittels mit Pyw, den Partialdruck desselben in der Lösung mit pw und endlich den Partialdruck des gelösten Stoffes mit ps, so gelten die Gleichungen: P,=0-+A ps+pw=O-+A, also Ps + Pw = Pw, folglich Pw = P w—Ps;5 d. h. in einer solchen Lösung ist der Binnendruck des Lösungsmittels in der Lösung um den Partialdruck des gelösten Stoffes unter den gewöhnlichen Binnendruck des Lösungsmittels draufsen herabgesetzt. ‚Wird er also durch die Osmose wieder auf seinen ursprünglichen Be- trag gesteigert, so erreicht bei gleichbleibendem Volum der Lösung der Gesamtdruck den Wert Py-+ ps, der Überdruck also genau die- selbe Gröfse wie ps: der osmotische Druck ist demnach gleich dem Druck der gelösten Moleküle. Wenn man nun ebenfalls die Pfeffer- schen Resultate heranzieht, so ergibt sich, ohne dafs die kinetische Hypothese benutzt ist, der van’tHoff ’sche Satz, dals die gelösten Stoffe dem Gasgesetz folgen. (Aufserdem berührt diese Ableitung mehrere Ursachen, die zur Folge haben, dafs das Gesetz van’tHoffs vielfach nur annähernd gilt). Ein Beispiel diene zur Erläuterung. Für eine 1 proz. Rohrzucker- lösung hat sich das van’tHoff’sche Gesetz nach Pfeffers Ergeb- nissen hinreichend zutreffend erwiesen. Pfeffer konnte mit der- selben einen osmotischen Druck von 0,65 Atmosphären (bezogen auf 0°) erzielen. Um diesen Betrag ist also der Partiärdruck des Wassers in einem Tropfen solcher Zuckerlösung unter den gewöhnlichen Binnendruck des reinen Wassers herabgesetzt. Mit anderen Worten, das Wasser dieses Tropfens verhält sich so, als ob es durch eine äufsere Kraft von 0,65 Atmosphären negativ gespannt wäre; es ist so stark gedehnt, als ob z. B. der Atmosphärendruck darauf auf ca. ein Drittel des gewöhnlichen Luftdrucks, nämlich auf etwa 25cm Quecksilber gesunken wäre, indes die Zuckerteilchen mit den übrigen zwei Dritteln des Luftdrucks nach aufsen wirken.!) In einem Tropfen 1) Hieraus liefse sich annähernd berechnen, welche Wassermenge beispiels- weise in eine osmotische Zelle, in der 1g Zucker in 100g Wasser gelöst sind, ein- Flora 1904. 10 ‘ 146 einer 3proz. Zuckerlösung beläuft sich die negative Spannung des Wassers im Tropfen schon auf ca. 2 Atmosphären, was auf den ersten Blick befremdlich erscheint, aber verständlich wird, wenn man den überaus hohen Betrag des Binnendrucks im reinen Wasser er- wägt, der 10000 Atmosphären übersteigen soll). 6. Bedingungen zum Zustandekommen der Osmose. Werfen wir nun an der Hand der vorher entwickelten An- schauungen kurz die alte Streitfrage zwischen Lothar Meyer und van’t Hoff nochmals auf: Wodurch wird der osmotische Überdruck bewirkt, durch den gelösten Stoff oder durch das Lösungsmittel? Nach meiner Meinung mufs die Antwort lauten: Beiderlei Stoffe sind bei der Osmose aktiv beteiligt. Der Mechanismus scheint sich mir am leichtesten klarstellen zu lassen, wenn man wieder den Betrieb einer Saugpumpe zum Vergleich wählt. Diese Pumpe arbeitet mit Luftdruck-, die osmotische Zelle mit Binnendruckäifferenzen. Wie der Kolbenhub im Pumpenstiefel eine Luftverdünnung, so bringt der zwischen den Teilchen des Lösungsmittels verteilte fremde Stoff eine Dichtigkeitsabnahme dieses Mittels hervor. Weiter geht aber die direkte Wirkung beider äufserer Einwirkungen (des Kolbenhubs nud der gelösten Substanz) nicht. Die Pumpe kann nicht arbeiten ohne die Spannung der Atmosphäre, die osmotische Zelle nicht ohne den inneren Überdruck des aufsen befindlichen Lösungsmittels. Diese -Überdrucke stellen beidemale die vis a tergo dar, die die Flüssigkeit nach den Orten geringerer Spannung treibt. Ebensowenig wie es üblich ist, zu sagen, der Kolbenhub stelle bei der Pumpe die treibende treten mufs, um den maximalen Überdruck bei gleichbleibendem Volum derselben hervorzubringen. Der Kompressionskoeffizient des Wassers beträgt 50 Millionstel, d. h. durch eine Druckänderung von 1 Atmosphäre wird eine entsprechende Volumänderung von 50.10-$ Volumteilen hervorgebracht. Durch eine Druckver- minderung von 0,65 Atmosphären wird das Wasser also um 50.10-6.0,65 Volum- teilen gedehnt. Für unsere Zuckerlösung, deren Volum 100,6cem mifst, betrüge die Volumzunahme also 100,6.50.10-$.0,65 ccm = 0,003 cem. So viel vermöchte unsere Zelle also bis zur Sütligung an Wasser aufzunehmen. Hätten wir es da- gegen mit idealen Gasen zu tun, so müfsten von dem durchlässigen Gase 0,6cm eindringen. Dies macht den grofsen Unterschied zwischen Gasen und Flüssig- keiten hinsichtlich der Volumverhältnisse anschaulich. 1) 8. van der Waals, Kontin, d. gasf, u, flüss. Zust,, II. Aufl. 1899, pag. 114 u. 175. Auch die Rechnung nach Ste fans Methode (vgl. Ostwald, Grundr. d. allg. Chemie 1899, pag. 146) ergibt das oben angeführte Resultat, während Tumlirz (Sitzungsber, d. Wiener Akad, d. Wiss. CX. Abt. IIa, Mai 1901 pag. 517) jenen Druck auf etwa die Hälfte, nämlich ca. 5000 Atm., beziffert. 147 Kraft dar, ebensowenig dürfte man meines Erachtens den gelösten Stoff vorzugsweise als das Agens ansprechen, das die Osmose eigentlich verursacht, Im Gegenteil, wenn man die Saugpumpe als Luftdruckapparat charakterisiert, müfste man konsequenterweise eine osmotische Zelle mit wässriger Lösung als einen Wasser- spannungsmechanismus charakterisieren, Dies tritt besonders klar hervor, wenn mıan der osmotischen Zelle statt „gewöhnlichen“ Wassers gedehntes Wasser zum Aufsaugen darreicht. — Eine Anordnung, die dieser Forderung entspricht, findet sich schon in Ostwalds Grundrifs der Chemie, III. Aufl. 1899, pag. 205 abgebildet. Es ist die Fig. 28 daselbst, die Ostwald zur Ableitung des Zusammenhunges zwischen dem osmotischen Druck und der Dampfspannung einer Lösung benutzt hat. Es sei mir gestattet, dieselbe mit Weglassung einiger für uns unwesentlicher Teile zu reproduzieren. In dem aufrechten Glasrohr denkt sich Ostwald f 1 bei L über der halbdurchlässigen (punktiert gezeichneten) BI Wand ein kleines Quantum einer beliebigen Lösung ein- E2 gefüllt und zwar in einer solchen Höhe der im übrigen = mit dem Lösungsmittel ganz gefüllten Röhre, dafs die E= Länge dieser Säule der osmotisch erreichbaren Steighöhe F2 entspricht. Wäre .die Lösung bei L etwa 1 proz. Zucker- = lösung mit einem osmotischen Druck von 0,65 Atmo- F: sphären, so mülste also’ die Länge der Wassersäule 0,65.10,5m = rund 7m sein. Ostwald will durch diese Einrichtung erzielen, dafs die Lösung aus der Wasser- säule keine Substanz mehr an sich reifsen kann. In der Tat kann hier keine Wasserbewegung mehr eintreten, weil sowohl der Partialdruck des Wassers in der Lösung, als der Binnendruck des Wassers unterhalb der Scheide- wand 0,65 Atmosphären weniger beträgt als sonst (der erstere durch die Einwirkung der Zuckerteilchen, der letztere durch das Gewicht der gesamten Wassersäule), also beiderseits der Scheide- wand gleiche Wasserspannung vorhanden ist. Würde man die Wasser- säule länger gewählt haben, so würde sie der Lösung sogar Wasser ent- ziehen. Eine andere Einrichtung ähnlicher Art wäre die folgende. In dem Winkelheber der Fig. 7 sei inmitten seines Buges eine senkrechte halbdurchlässige Scheidewand angebracht und der linke ‘kürzere Schenkel etwa wieder mit der Zuckerlösung von 1°|,, der längere mit reinem Wasser gefüllt. Enthielte der Heber nur reines _ 10* ı 77 HHEH Ij 148 Wasser, so wäre links von der Scheidewand ein Überdruck vorhan- den, gemessen durch die Differenz H—h der Schenkellängen (diese etwa in Metern ausgedrückt): Dieser treibt die Flüssigkeit nach rechts. Da aber der linke Schenkel die Zucker- lösung enthält, so ist dieser Überdruck (wenn wir diesen Schenkel kurz annehmen und den Unterschied im spez. Gewicht des Wassers und der Lösung vernachlässigen) um 0,65 Atmosphären, d. h. um den Zug einer Wassersäule von ca. 7m herabgesetzt. Es hängt also nur davon ab, ob H—h z 7, in welcher Richtung sich das Wasser durch die Scheidewand bewegen wird. Das Wandern Fig. 1... der Wasserteilchen wird unterbleiben, wenn H-h=1N. IV. Bemerkungen zum Saftsteigeproblem. Die vorstehende Untersuchung ist hervorgegangen aus dem Wunsche, über verschiedene Fragen, die sich auf das Saftsteigen beziehen, ins Klare zu kommen. Hierher gehören die nach der osmotischen Leistungsfähigkeit der Blattzellen in ‚ihrer Wirkung auf das Wasser der Leitungsbahnen, nach der Möglichkeit der Existenz ununterbrochener Wasserfäden oder -netze von der Wurzel bis zu den Blättern und nach der event. Nachweisbarkeit eines solchen Zu- sammenhangs, sowie nach der Wahrscheinlichkeit eines Eingriffs der äufseren Luft in den Betrieb des Saftsteigens. Vielleicht werden durch die vorausgegangenen Mitteilungen noch Andere zur Diskussion unseres Problems angeregt. Ich bin zu einem sicheren Resultate hin- sichtlich einer der heute von verschiedenen Forschern vertretenen Theorien nicht gekommen, hinsichtlich der Kohäsionstheorie allerdings auf erhebliche Bedenken gestofsen. Wie in der Einleitung berichtet, hat den Anstofs zu dieser. Untersuchung die neueste Publikation von H. Dixon unter dem Titel „A Transpiration Model“ gegeben. Es ist zunächst bemerkens- wert, dafs Dixon, einer der Mitbegründer der Kohäsionstheorie des Saftsteigens, den lebenden Blattzellen beim Zustandekommen des Transpirationsstromes eine erhebliche Rolle zuteilt. Er billigt demnach den Standpunkt Nolls nicht, der der Meinung ist, dafs Strasburgers Versuche die Mitwirkung der lebendigen Elemente 149 bei dem Transpirationstrom wohl endgiltig ausschliefsen‘). Dixon sagt vielmehr in einer „Note of the röle of osmosis in transpiration“ vom Jahre 1896?): „From various considerations we think it most probable, that under normal conditions the force which establishes the tension in the sap in the water-conduits is to be referred to the osmotie properties of the cells of the leaf“. Und er begrün- det diese Auffassung damit, dafs „in transpiration-experiments in which colouring materials or other substances poisonous or non poisonous are supplied in watery solution to the cut surface of a “ transpiring branch, it is found that the rate of transpiration con- tinues without much diminution till tbe solution can te detected in the leaves, but then suddenly falls off“. Auf pag. 770 wird noch ein anderer Grund angeführt: „The fact, that the leaves of the high- est trees remain turgescent during the time of transpiration may... be used as an argument in support of the view, that it is the osmo- tic properties of the cells of the leaf which directly put the water in the tracheal system in tension“ und einige Zeilen später: „As we know the leaves do not normally become flaccid during transpiration we may conclude that during normal transpiration the tractional force is’ exerted by the osmotic properties of the turgescent cells in the leaf“®). In konsequenter Verfolgung dieser Meinung hat Dixon 1897 %) zunächst die Höhe des osmotischen Drucks in Blattzellen ver- schiedener Gewächse zu ermitteln gesucht (wobei er ein Maximum von 16 Atmosphären fand), und in der bereits mehrfach zitierten Mit- teilung von 1903 die Frage diskutiert, wie es möglich sei, dafs stark turgescente Zellen aus den Leitungsbahnen fortwährend Wasser auf- saugen könnten. Er kommt dabei?) zu folgendem Schlusse: „A state öf tension may exist in the water (solvent) of leaf-cells, while simultaneously the dissolved substances may be exerting an osmotic pressure. This latter is apparent from the fact that these cells remain in a turgid state. 2. The tension set up by evaporation at the sur- face of the leaf-cells during transpiration is transmitted through the 1) Bonner Lehrbuch der Botanik, V. Aufl. 1902, pag. 156. 2) Proceed. of the Royal Dublin Society, 1896, III, Nr. 5, pag. 767. 3) Auch Askenasy war der Meinung, dafs die lebenden Zellen durch ihre Osmose die Vermittlung zwischen den verdunstenden Oberflächen des Blattes und dem Wasser der Leitungsbahnen übernehmen (s. Abhandl. von 1896. Ber. d, Heidelb, Vereins, pag. 1 des Sonderdrucks. 4) On the osmotie pressure in the cells of leaves; Proceed. of the Dublin Society 1897, IV, Nr. 1, pag. 61. 5) 1. c. pag. 121. 150 solvent in these cells to the water in the conducting vessels and tra- cheids of the leaf*. Dabei ist zu bemerken, dafs Dixon, wie aus seiner ersten dies- jährigen Mitteilung: „The cohesion theory of the ascent of sap“ !) hervorgeht, an seiner Kohäsionstheorie und der Ansicht, dafs in den Bäumen ununterbrochene Wasserfäden von unten bis oben ziehen, festhält. Da nun Noll (l. c.) gelegentlich seiner Erörterung der Transpirationserscheinungen erwähnt, dafs Eucalyptusbäume 150m er- reichen, so stellte ich mir folgende Aufgabe: Denken wir uns einen solchen Stamm von kontinuierlichen Wasserfäden der ganzen Länge nach durchzogen und schreiben den lebenden Zellen der obersten Blätter einen osmotischen Druck von 15 Atmosphären zu. Können unter solchen Umständen die wasserverdunstenden Blätter turgescent bleiben und eine ausgiebige Wasserzufuhr bewirken ? Ein aufmerksamer Leser wird sofort entdecken, dafs diese Frage nur ein Spezialfall des am Schlusse des vorigen Abschnitts behan- delten Themas ist, zu dessen Diskussion wir nach Ostwald die Fig. 6 herangezogen haben. Nach den dortigen Erörterungen müfste am oberen Ende der Leitungsbahnen des Eucalyptus in ihrem Wasser “eine negative Spannung von ca. —15 Atmosphären vorhanden sein 2), Wenn die benachbarten Zellen aber auch nur schwach turgescent wären, so mülste sich in ihnen die Wasserspannung schon über den Betrag von —15 Atmosphären, also etwa auf —143/, oder 14!/, erhoben haben. In diesem Falle würde somit ihnen der höhere Wasserdruck zukommen, und anstatt Wasser aufwärts zu ziehen, müfsten sie es umgekehrt an die Leitungsbahnen abgeben. Nur im Zustande der Erschlaffung, wenn also durch die Wasserverdunstung ihr Zellsaft konzentrierter geworden wäre, könnten sie eine saugende Wirkung ausüben. Der osmotische Druck jener Eucalyptuszellen mülste dem- nach den Betrag von 15 Atmospären übersteigen, damit sie in stark turgescentem Zustande Wasser aus den Leitungsbahnen schöpfen könnten. Es wäre interessant, genauer zu untersuchen, ob die os- motische Kraft der Blattzellen ihrer Höhe über dem Boden ent- sprechend zunimmt?). Wie ich aus Pfeffers Pflanzenphysiologie ersehe, hat derselbe schon auf diesen für die Kohäsionstheorie beachtenswerten Umstand 1) Proceed. of the Dublin Society 19083, X, Part, T, Nr, 4. 2) Der Wurzeldruck ist vernachlässigt. 3) Nach Pfeffers Pflanzenphysiologie, II. Aufl. 1897, I, pag. 121 kann der osmotische Druck in der Wurzel der Zuckerrübe 21 Atmosphären betragen, 151 hingewiesen). Er sagt nämlich: „Es sei darauf aufmerksam gemacht, dafs in den trachealen Bahnen die abschliefsenden. Wandungen ebenso leicht Wasser aufnehmen als abgeben und dafs der negative Zug einer kontinuierlichen Wassersäule unvermeidlich auf ein Einsaugen von Wasser, also auf eine abwärts ziehende Wasserbewegung hin- arbeiten mülste“. Zu diesem Bedenken gegen die Zweckmäfsigkeit überaus langer Wassersäulen gesellen sich aber schwerere, die gegen ihre Existenzfähigkeit zu sprechen scheinen. Da bei starkem Winde die Blattstiele und Zweige oft starken Erschütterungen und Stöfsen aus- gesetzt sind, so wäre es bei der aufserordentlich hohen Spannung solcher sehr langer Wassersäulen in den Saftbahnen wohl möglich, dafs jene Erschütterungen genügten, um die Kohäsion der flüssigen Fäden aufzuheben. Bei den Heberversuchen wenigstens bringt ein Stofs mit einem harten Körper, wie sich Herr Oberregierungsrat Weinhold brieflich ausdrückte, „todsicher“ die Unterbrechung stark gespannter Flüssigkeitssäulen hervor. Nach Askenasys Angabe?) bewirkte auch bei einem Versuche Berthelots die geringste Erschütterung das Zerreilsen des Wassers. Allerdings vermochten bei einem Versuche Donnys nach Aske- nasys Bericht (l. c. pag. 14) die heftigsten Stölse kein Zer- oder Abreilsen der flüssigen Säule hervorzurufen, jedoch war diese auch nicht einmal Im lang. Immerhin könnte hinsichtlich des pflanzlichen Wasserleitungsapparates vielleicht der Umstand für die Kohäsions- theorie geltend gemacht werden, dafs die Leitungsbahnen gröfsten- teils im Innern der Gewebe geborgen und daher vor „harten“ Stölsen geschützt seien. Jedoch trifft die Kohäsionstheorie noch auf zwei andere Schwierig- keiten, nämlich den Luftgehalt des Wassers der Leitungsbahnen und den undichten Abschlufs ihrer Wandungen gegen die Atmosphäre. Was die Kohäsion von lufthaltigem Wasser anbetrifft, so haben Dixon und Joly in ihrer Mitteilung vom 26. Juli 1895 pag. 568—570 allerdings über Versuche berichtet, bei denen solches Wasser (in dem nebenbei das eine Mal auch Holzstückchen eingebracht waren) bis über 7 At- mosphären gespannt gewesen wäre, ohne zu reifsen. Jedoch ist sehr zu beachten, dafs die Wasserteilchen etwa wie Flüssigkeit im Siede- verzug dabei in Ruhe verharren durften. Nach den Heberver- 1) Pflanzenphysiologie, II. Aufl., Bd. I, 1897, pag. 206 u. 207. 2) 8. die Abhandl. von 1898, 1. c, pag. 15 des Sonderdrucks, 152 suchen zu urteilen, tritt dagegen bei Wasser, das in Bewegung ist, die Unterbrechung bei stärkerer Spannung stets ein, wenn es nicht annähernd luftfrei ist. Wie aus Askenasys Bericht (l. c. 1896, pag. 11 des Sonderdruckes) ersichtlich ist, hat auch er seine bekannten Versuche mit Wasser angestellt, „das meist zu wieder- holten Malen einige Zeit gekocht war“. Wenn Strasburger tote Pflanzengewebe zu Versuchen verwandte, wurden sie erst längere Zeit mit kochendem Wasser infiltriert. Dagegen fanden Dixon und Joly selbst schon das Wasser, das aus Pflanzen infolge Wurzel- druckes austrat, nicht luftfrei (l. c. pag. 568 Anmerkg.). Hierzu kommt nun noch die Luftdurchlässigkeit der Wandungen, zwischen denen sich das Wasser aufwärts bewegt; denn der Hub von Flüssig- keitssäulen auf beträchtliche Höhen durch den Heber ist unbedingt an den Abschlufs des Heberrohres gegen die Atmosphäre gebunden. Dieser Abschlufs ist bei den Leitungsbahnen der Pflanzen aber bei weitem nicht so gesichert, wie man es gewöhnlich dargestellt fin- det. In bezug auf diesen Punkt möchte ich diesmal!) namentlich auf sehr interessante Versuche Nolls?) hinweisen und sie deshalb etwas ausführlicher besprechen, weil sie mir nicht genügend gewür- digt erscheinen und weil sie ferner auffällig an die Wirkung der Partialdrücke bei der Osmose erinnern. Noll brachte nämlich be- blätterte Zweige, deren Schnittende er in Wasser tauchte, in eine Atmosphäre von Wasserstoff, Leuchtgas, Kohlensäure und anderen Gasen, Die drei erstgenannten drangen mit ungemeiner Schnellig- keit durch die Intercellularen in die Gefäfse ein, so dafs ein Mano- meter bei Anwendung von Kohlensäure einen Überdruck von ! Atmosphäre in der Gefäfsluft anzeigte und „Wasserstoff mit Luft ge- mischt in einem Blasenstrom in die Wasservorlage einbrauste“. Auch Sauerstoff bewirkte in den Gefäfsen eine Verdichtung, obschon in ge- ringerem Mafse. Stickstoff dagegen verhielt sich entgegengesetzt, es ‘rief in den Leitungsbahnen eine erhöhte Verdünnung hervor. Die Spannungserscheinungen kehrten sich nach Nolls Bericht um, wenn er die Gase direkt von den Gefälsbahnen durch die Schnittfläche auf- saugen liels. Die mit diesen Gasen beobachteten Vorgänge erinnern ungemein an die bekannten Schulversuche in dem physikalischen Unterricht, wobei man an einem Manometer, das mit einer porösen Tonzeile 1) Vgl. Ber. d. deutsch. Bot, Ges. XVII, 1900, pag. 388 — 392, 2) Über die Luftverdünnung in den Wasserleitungsbahnen der höheren Pflanzen, Sitzungsber. d. niederrhein. Ges. f. Natur- u. ‚Heilkunde 1897, 15. Nov. 153 verbunden ist, eine aufserordentlich rasche und starke Erhöhung des Gasdrucks im Innern der Tonzelle nachweist, wenn man die Zelle in eine Atmosphäre von Wasserstoff oder Leuchtgas bringt. In dieser Weise werden ja diejenigen Wirkungen von Partiärdrucken demon- striert, die schon von van’t Hoff und nach ihm von Pfeffer zur Erklärung des osmotischen Druckes verwertet worden sind. Auch bei Nolls Versuchen beiderlei Art scheint mir dieselbe Erklärung auf der Hand zu liegen. Bei der Anwendung von Wasser- stoff, Leuchtgas und Kohlensäure ist das Ein- bezw. Ausströmen durch die Gefäfswände darum so beschleunigt, weil auf der jeweilig anderen Seite der Wandung (beim Einströmen innerhalb der Leitungsbahnen, beim Ausströmen in der freien Atmosphäre) das betreffende Gas an- fangs überhaupt nicht oder nur in Spuren vorhanden ist. Dagegen strömt der Sauerstoff langsamer ein, weil die Leitungsbahnen den- selben in den Blasen zwischen den getrennten Wassersäulchen schon enthalten. Das Verhalten des Stickstoffs läfst sich verstehen, wenn man annimmt, dafs die Wandung der Leitungsbahnen für Sauerstoff leichter durchlässig ist als für Stickstoff, Infolge seines partiären Überdrucks innerhalb der Gefäfse diffundiert der Sauerstoff nach aulsen und zwar rascher, als der Stickstoff eindringen kann. (Von dem chemischen Verbrauch des Sauerstoffs innerhalb der Gewebe ist dabei ganz abgesehen.) Jedenfalls erscheinen Nolls Ergebnisse, gleichgiltig ob unsere speziellen Annahmen zur Erklärung derselben richtig sind, unbegreif- lich, wenn man nicht eine relativ hohe Permeabilität der Wände des Trachealsystems für jene Gase und somit auch für die Luftbestandteile annimmt. Diese Auffassung steht zwar, wie bereits gesagt, in einigem Gegensatz zu der üblichen. Sollte diese aber nicht durch die Idee beeinflufst worden sein, dafs zum Zustandekommen des Transpirations- stromes ein nahezu dichter Abschlufs der Leitungsbahnen von der Atmosphäre erforderlich sei? Und sollte nicht ganz im Gegenteil die Vermutung Beachtung verdienen, dafs durch die relative Luftdurch- lässigkeit des Trachealsystems die Zerlegung längerer gespannter Wassersäulen in kürzere von geringerer, ja ganz unerheblicher nega- tiver Spannung begünstigt werden soll? Indem sich nämlich solche kurze Wassersäulchen lediglich dadurch, dafs der untere Meniskus etwas flacher gewölbt ist als der obere, selbst tragen, braucht ihre innere Spannung, selbst wenn sie im Baum in sehr beträchtlicher Höhe schweben, von der Normalspannung des Wassers nur wenig abzuweichen.. Es wird also den lebenden Zellen, selbst wenn sie 154 stark turgescieren, leicht gemacht, Wasser aus ihnen zu entnehmen. Allerdings würde die Erkenntnis des Hauptproblems, wie sie zu jenen Höhen hinaufgelangen, durch jene Annahme keineswegs erleichtert- Dies bliebe nach wie vor noch rätselhaft. Ist nun unsere bisherige Auseinandersetzung nicht gerade zu- gunsten der Kohäsionstheorie ausgefallen, so möchte ich anderseits nicht verhehlen, dafs mir eine Beobachtung, die ich bisher, ihre Rich- tigkeit vorausgesetzt, als schlagenden Beweis gegen die Kohäsions- theorie angesehen habe, nicht mehr beweiskräftig erscheint. Ich meine folgendes. Bekanntlich hat Schwendener gegen die An- sicht, dafs in Bäumen kontinuierliche Wasserfäden oder auch nur ein zusammenhängendes Wassernetz vorhanden seien, seine Manometer- versuche geltend gemacht. Wenn er nämlich in verschiedenen Höhen an Baumstämmen mit einem Manometer verbundene durchlöcherte Hohlbohrer anbrachte, so zeigten sich die Manometerdrucke von- einander in hohem Grade unabhängig, während sie in gesetzmälsigem Zusammenhange hätten stehen und die lokalen Unregelmäfsigkeiten hätten ausgleichen müssen, wenn die Bohrer durch zusammenhängende Wasserfäden mit einander verbunden gewesen wären. Dieser Schlufs Schwendeners leuchtet an sich sehr ein. Es ist dabei aber aulser acht gelassen, dafs der Tatbestand jener Versuchsergebnisse mit den Verhältnissen des Baumes vor dem Anbringen der Bohrer nicht über- einzustimmen braucht. Allerdings ist jedes Manometer anscheinend aulser Zusammenhang mit dem anderen gewesen. Aber dieser Zu- sammenhang könnte darum doch im Stamme ursprünglich bestanden haben und der Rifs der gespannten Wasserfäden nach Analogie der mehrfach betonten analogen Vorgänge bei den Heberversuchen erst durch das Eindringen der Manometerrohre veranlafst worden sein. Somit scheint mir unser Problem immer noch sehr aufklärungsbedürftig zu sein. Man darf ja auch nicht vergessen, dals die Erfahrungen am Heber nicht ohne weiteres auf den Pflanzenkörper übertragbar sind. Denn 1. wird das Fortbestehen der Kohäsion bei den Pflanzen sehr wahrscheinlich durch die Enge der Leitungsbahnen begünstigt, 2. ist die aufsteigende Bewegung des Wassers in den Leitungsbahnen erheblich langsamer als bei den gewöhnlichen Heberversuchen, 3. haben meine Versuche über die Grenzen des Schrumpfelns ergeben, dafs der Lufige- halt des Wassers und die_Luftdurchlässigkeit der Membran im Pflanzen- körpernicht so schnell zur Unterbrechung der Kohäsion zu führen braucht, wie es nach den Erfahrungen am Heber den Anschein haben könnte. Lippstadt, 31. Dezember 1903. Zur Frage der Salzausscheidung der Mangrovepflanzen und anderer mit ihnen zusammen wachsender Strandpflanzen. Von F. W. C. Areschoug. In einer im vergangenen Jahr erschienenen Arbeit!) lenkte ich die Aufmerksamkeit auf verschiedene bei diesen Pflanzen vorkom- mende Einrichtungen, deren physiologische Bedeutung wahrscheinlich darin gesucht werden kann, dals sie die Chloride, welche die betref- fenden Pflanzen auf Grund ihres Standortes zweifelsohne in gröfserer Menge aufnehmen, aus den Geweben entfernen. Die Verhältnisse, welche diese Auffassung in hohem Grade wahrscheinlich machen, sind in Kürze folgende. Durch die von Schimper angestellten Versuche ist erwiesen worden, dafs konzentrierte Salzlösungen auf die Pflanzen wie ein absolut tötliches Gift wirken, wie auch, dafs die Halophyten, um eine für sie verderbenbringende Anhäufung der Chloride in den Blättern zu ver- hindern, die Transpiration in der Weise herabzusetzen suchen, dafs sie einen xerophilen Bau annehmen. Allein infolge der verminderten Wasserverdunstung würden die assimilatorischen Gewebe des Blattes bald mit Wasser überfüllt werden, was wiederum eine Stockung in der Zufuhr von Nährstoffen verursachen würde, falls nicht besondere Ein- richtungen vorhanden wären, welche das Wasser aus diesen Geweben ableiten könnten. Eine solche Ableitung kann man sich auf zwei verschiedenen Wegen realisiert denken, und zwar teils durch beson- dere Gewebe, welche das Wasser aufspeichern und festhalten, teils durch äufsere Einrichtungen, welche Wasser in tropfbar flüssiger Form ausscheiden. In den Blättern fast sämtlicher in meiner oben zitierten Arbeit beschriebenen Pflanzen findet sich ein mehr oder weniger ent- wickeltes Wassergewebe, das bei den meisten einen allmählichen Zu- wachs zeigt und öfters sehr ansehnliche Dimensionen erreicht, wo- durch es imstande ist, gröfseren Wasserquantitäten Platz zu bereiten. Bei gewissen von den betreffenden Pflanzen ist indessen das Wasser- gewebe wenig entwickelt, und auch dann, wenn es ziemlich mächtig ist, kann man im Zweifel sein, ob dasselbe wirklich imstande ist, eine die assimilatorische Tätigkeit der Gewebe beeinträchtigende 1) Untersuchungen über den Blattbau der Mangrovepflanzen. Bibliotheca Botanica, H. 56, Stuttgart 1902, 156 Wasseranhäufung zu verhindern, so dafs der zweite Ausweg in An- spruch genommen werden muls. Die Tatsache, dafs bei diesen Pflanzen eine Menge verschiedener Einrichtungen vorgefunden wurde, die auf Grund ihres Baues als Organe für Ausscheidung von Wasser in tropf- bar flüssiger Form aufgefalst werden können, dürfte wahrscheinlich dafür sprechen, dafs die betreffenden Pflanzen sich dieses Mittels be- ‚dienen, um sich gegen die aus dem Standorte resultierenden Unzu- träglichkeiten zu schützen. Eine derartige Ausscheidung von Wasser in tropfbar flüssiger Form ist übrigens bei den Pflanzen überhaupt eine keineswegs seltene Erscheinung. Schon seit lange ist es wohlbekannt, dafs die sogen. Wasserspalten Organe für eine solche Funktion darstellen, und die Anzahl hauptsächlich europäischer Pflanzen, bei denen eine auf diesem Wege realisierte Wasserausscheidung beobachtet worden ist, dürfte gegenwärtig auf 3—400 zu schätzen sein, eine Anzahl, die sich sicher mit Leichtigkeit auf das Vielfache steigern läfst. Aufserdem hat Haberlandt nachgewiesen, dafs bei vielen, insbesondere tropischen Gewächsen verschiedene andere, oft sehr ungleichartige Einrichtungen, sog. Hydathoden, vorhanden sind, welehe dieselbe Funktion haben. Dafs auch salzhaltiges Wasser durch Drüsen ausgeschieden werden kann, hat Volkens bei verschiedenen Wüstenpflanzen und von Min- den sowohl bei mehreren Nicotiana-Arten als bei einem Halo- phyten, Glaux maritima, konstatiert. Der letztgenannte Autor findet es wahrscheinlich, dafs die Wasserausscheidung bei den soeben erwähnten Pflanzen hauptsächlich darauf abzielt, die Gewebe von Chloriden zu befreien. Unter den Mangrovepflanzen wurde bis jetzt nur beiAegiceras eine Salzauscheidung konstatiert, die so reichlich ist, dals sie leicht auffällt und die, wie Karsten annimmt, aus den im Blatte eingesenkten Drüsen herrührt. Die Einrichtungen, die nach meiner Auffassung bei den Mangrove- und anderen Strandpflanzen als Wasserausscheidungsorgane fungieren, haben meistens eine solche Lage, die geeignet ist, diese Auffassung zu stützen. Dieselben stehen nämlich in vielen Fällen in mehr oder weniger direkter Verbindung mit dem Wasserleitungssystem, wie es meistens mit den Hydathoden Haberlandts der Fall ist, und befinden sich also entweder an den Blattstielen oder an der Mittelrippe oder über den Nerven der Blatt- spreite. Bei anderen wiederum stehen sie in naher Verbindung mit dem Wassergewebe oder mit Gruppen von wasserspeichernden Zellen. Auch der Bau dieser Organe ist ebenso wechselnd wie derjenige der Hydathoden, und sie zeigen in dieser Hinsicht eine nicht unerhebliche 157 Ähnlichkeit mit jenen Gebilden. Spaltöffnungen, Drüsen oder andere trichomatische Gebilde, Epidermiszellen oder epithematische Zellgruppen gelangen in beiden Fällen zur Verwendung, und auch die von mir sog. Lenticellhydathoden entsprechen hinsichtlich ihrer Entstehungs- weise einigermafsen den Adventivhydathoden, die Haberlandt bei Conocephalus ereetus Trev. beschrieben hat, und sind oft wie letztere sekundären Ursprungs. Es wäre deshalb höchst auffallend, wenn die Mangrovepflanzen und andere in ihrer unmittelbaren Nähe lebende Strandpflanzen, welche unter solchen Verhältnissen vegetieren, dals sie gröfsere Mengen stark salzhaltigen Wassers aufnehmen, und die infolge einer herabgesetzten Transpiration in geringerem Grade als die meisten anderen Pflanzen auf diesem Wege sich des über- flüssigen Wassers entledigen können, das Wasser und die darin ge- lösten Salze in flüssiger Form nicht auf demselben Wege entfernen könnten, der so vielen anderen Pflanzen zu Gebote steht, obwohl erstere keineswegs solcher Einrichtungen entbehren, die denjenigen ähnlich sind, welche bei den letzteren im Dienste der Wasserausscheidung stehen. Und noch sonderbarer wäre es, wenn die Drüsen bei Aegi-. ceras als wassersecernierende Organe funktionieren würden, nicht aber ähnliche Drüsen bei anderen Pflanzen, die auf demselben Stan- orte wachsen. Auf Grund des soeben Angeführten habe ich mit einer fast an Gewifsheit grenzenden Wahrscheinlichkeit geglaubt annehmen zu dür- fen, dafs die betreffenden Pflanzen auch durch Ausscheidung flüssigen Wassers sich gegen die aus dem Standorte erwachsenden Unzuträg- lichkeiten schützen können. Ja, man könnte sogar versucht werden zu behaupten, dafs ein Nichtvorhandensein wasserausscheidender Or- gane ein Mangel in der Organisation dieser Pflanzen sein würde. Ich habe indessen, wie es sich auch gebührt, zu gleicher Zeit‘ betont, dafs volle Gewifsheit in dieser Frage nur durch sorgfältige Unter- suchung im Freien zu gewinnen ist. „Venir voir* genügt keineswegs. Ich bin veranlafst worden auf diese Frage zurückzukommen durch eine in Kopenhagen neulich erschienene Arbeit über Mangrove von Johs. Schmidt!), der während einiger Zeit im Jahre 1900 sich auf der dem Siam zugehörigen Insel Ko-Chang aufgehalten hat. In dieser Arbeit wird auch die Salzausscheidungsfrage gelegentlich be- sprochen und es wird gezeigt, dafs ein solcher durch Drüsen ver- 1) Johs. Schmidt, Bidrag till Kundshab om Skuddene hos den Gamle Verdens Mangrovetr@er. Köpenhaven 1903. ' 153 ‚mittelter Prozefs bei Aegiceras tatsächlich stattfindet. An den Blättern anderer Mangrovepflanzen hat der Verfasser aber eine Salz- ausscheidung nicht gesehen, und er meint deshalb, dafs ein derartiger Prozefs nicht stattfindet. Ich konnte nun allerdings das, was der Verf. in diesem Punkte anführt, unbeachtet lassen, da seine Beweisführung völlig hinfällig ist. Doch habe ich geglaubt die Gelegenheit benutzen zu sollen, um in bezug auf diese Frage einige Gesichtspunkte und Verhältnisse hervorzuheben, die nach meiner Ansicht nicht aufser acht gelassen werden dürfen, wenn man durch künftige Untersuchungen im Freien faktische und entscheidende Belege für das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein einer Salzausscheidung bei den betreffenden Pflanzen zu erhalten sucht. In meiner oben zitierten Arbeit habe ich (pag. 41) "hervorge- hoben, dafs von den drei verschiedenen Modi, welche bei den be- handelten Halophyten als Schutzmittel in der berührten Hinsicht zur Verwendung gelangen, nicht alle in demselben Grade von allen diesen Pflanzen in Anspruch genommen werden, sondern dafs die eine mehr Gebrauch von diesem, die andere mehr Gebrauch von jenem Schutz- mittel macht. Also kann auch die Salzausscheidung in bezug auf ihre Effektualität verschieden bei verschiedenen Arten sein. Von theoretischem Gesichtspunkte ‚steht zu erwarten, dafs dieselbe am gröfsten sei bei denjenigen Pflanzen, deren Transpiration auf Grund des mehr xerophilen Baues der Blätter für die geringste gehalten werden mufs, insbesondere wehin zu gleicher Zeit das Wassergewebe wenig entwickelt ist, wie es sich bei Aegiceras, Avicennia und Scolopia herausgestellt hat. Bei Aegiceras befinden sich die wasserausscheidenden Organe in Form von Drüsen soviel man weils aulschliefslich an der Blattspreite, was den reichlichen und leicht zu beobachtenden Salzbelag an jener erklärt. Was wiederum Avicennia betrifft, so finden sich bei dieser Pflanze in einer Cavität an der Innen- seite der Blattstielbasis zahlreiche, durch ihre Gröfse auffallende Drü- sen, aus welchen möglicherweise ein grofser Teil des für das Blatt bestimmten Wassers ausgeschieden werden kann, natürlich ohne Salz- kristalle an der Spreite zu hinterlassen. Hierdurch wird natürlich der Blattspreite eine geringere Quantität Wasser zugeführt, und zu gleicher Zeit wird eine an dieser stattfindende Salzausscheidung herabgesetzt. Da indessen auch bei dieser PAanze Drüsen von ungefähr demselben Bau wie bei Aegiceras an der Blattspreite vorhanden sind, so findet wahrscheinlich auch bei dieser Pflanze eine Salzausscheidung statt, obwohl in geringerem Grade und deshalb weniger auffallend, 159 wozu auch die eigentümliche Behaarung bei Avicennia beitragen dürfte. Scolopia, die nicht eine Mangrovepflanze im engeren Sinne ist, sondern auf der inneren Grenze der Mangrove gegen die Land- seite zu vorkommen soll und die deswegen dem Salzwasser weniger ausgesetzt ist, besitzt nur an den Blattstielen sehr eigentümliche, aus Fibrovasalgewebe bestehende Hydathoden, durch welche die Wasser- zufuhr zur Blattspreite vermindert werden kann. Und da an der Blattspreite keine Einrichtungen vorkommen, in denen man Hydatho- den erblicken könnte, so kann auch keine Salzablagerung an den Blättern erwartet werden. Oft sind die wasserauscheidenden Organe bei anderen Halophyten in Cavitäten in der Blattmasse verlegt, so dafs die betreffenden Sekretionsprodukte schwerlich an der Blattspreite auftreten können. Wenn, wie es aus guten Gründen zu vermuten steht, die Lenticellhydathoden als wasserausscheidende Organe funk- tionieren, so bleibt offenbar das Salz in den schliefslich desorgani- sierten Zellen zurück und entgeht somit der Aufmerksamkeit. Alle diese Umstände sind in Betracht zu ziehen, wenn man sich davon vergewissern will, ob bei diesen Pflanzen eine Wasser- bezw. Salz- ausscheidung stattfindet oder nicht. Und man lasse sich auch nicht durch den Umstand irreführen, dafs das Meer diese Pflanzen über- spült und in dieser Weise die Bildung einer Salzkruste an ihrer Oberfläche bewirken kann, denn dies schlielst keineswegs die Mög- lichkeit aus, dafs solche Pflanzen zu gleicher Zeit selbst Wasser aus- scheiden können. Was wiederum die Organe der Wasserausscheidung betrifft, so habe ich in der diesbezüglichen Darstellung ausdrücklich betont (pag. 32), dafs alle solche Einrichtungen von mir aufgenommen worden sind, deren Funktion noch unbekannt ist, von denen man aber auf Grund ihres Baues oder sonstigen Verhältnisse vermuten könnte, dafs sie als Wasserausscheidungsorgane funktionieren, wenn ich auch selbst in dieser Hinsicht Zweifel hegte. Ich beabsichtige damit, die Auf- merksamkeit auf solche Gebilde zu lenken und dieselben zur näheren Untersuchung denjenigen Forschern zu empfehlen, die in der Lage sein werden, die Mangrovevegetation an Ort und Stelle zu untersuchen, Besonders zweifelhaft bin ich gewesen bezüglich der bei Sonne- ratia caseolaris vorkommenden, sekretzellenähnlichen, grofsen, runden Epidermiszellen, die gewöhnlich als Wasserzellen aufgefafst werden, sowie auch in bezug auf die sogenannten Lenticellhydatho- den, besonders wenn sie mit dem Wasserleitungsgewebe nicht in Verbindung stehen, in welchem Falle sie als Korkwarzen rubriziert 160 werden können, was indessen nicht dagegen spricht, dafs sie Wasser ausscheiden. Es mufs also ein jeder, der durch Untersuchungen im Freien sich davon überzeugen will, ob bei diesen Pflanzen eine Salzausschei- dung stattfindet, zuerst wissen, an welchen Teilen des Blattes eine solche Ausscheidung erwartet werden kann, und aufserdem darf er sich keineswegs vorstellen, dafs diese Sekretion- immer so reichlich sein mulfs, dafs sie beim ersten Blick immer ohne weiteres beobachtet werden kann, oder dafs die betreffende Ausscheidung nicht stattfinden kann, wenn die Blätter zeitweise vom Meerwasser überspült werden. Lund, den 3. Dezember 1903. Über die Bildung von hibernakelähnlichen Sprossen bei Stellaria | nemorum. Von F, W. Neger (Eisenach). Hierzu eine Textfigur. An der Hainmiere treten unter gewissen Umständen eigentüm- liche Sprosse auf, welche, indem sie sich im Herbst in feuchte Moos- rasen oder lockere Erde einbohren, offenbar zur Überwinterung dienen und daher wohl mit den Hibernakeln gewisser Wasserpflanzen, z. B. Potamogeton crispus, verglichen werden können. Ob diese Sprosse überall zur Ausbildung kommen, kann ich nicht entscheiden; in ausgezeichneter Weise beobachtete ich sie an den mit einer üp- pigen Moosflora bedeckten Felsen der Waldschluchten im Eisenacher Rotliegenden, und auf diese Lokalität beziehen sich auch die nach- stehenden Ausführungen: Schon im Sommer fiel mir auf, dafs die sonst normal entwickelten Pflanzen der Stellaria stellenweise aus einem der unteren Knoten langhbinkriechende Ausläufer entsenden, welche durch die sehr lang- gestreckten Internodien und die winzigen — den’ normalen Blättern aber im Umrifs ähnlichen — Blätter auffielen. Wenn auch die Bil- dung derartiger oberirdischer plagiotroper Sprosse für Stellaria :nemorum bisher noch nicht bekannt zu sein scheint, so sah ich darin doch nichts Merkwürdiges, nachdem bekannt ist, dafs die Er- zeugung langgliedriger Ausläufer durch eine dauernd feuchte Atmo- sphäre sowie durch gedämpftes Licht begünstigt wird.') 1) Vgl. z. B. Goebel, Organographie pag. 642. Ganz gelegentlich werden diese Wandersprosse erwähnt von Grevilius, Biologisch-Physiognomische Unter- suchungen einiger schwedischer Haintälchen. Botan. Ztg. Bd. 52, 1894, pag. 163. > 161 Einen anderen Eindruck*'erhielt ich von der Erscheinung im Winter. Zunächst beobachtete ich schon im Herbst, dafs die oben beschriebenen Wander- sprosse in grofser Anzahl auftreten. Sie hängen dann in der Regel in Form zier- licher Girlanden schlaff von den Felsen herab. Ihre Länge beträgt I—2m, zuweilen sogar bis 3m, die einzelnen Internodien messen 6—-1Ocm. Zu An- fang Winter endlich boten jene mit Wandersprossen übersponnenen Felswände einen recht merkwürdigen Anblick; die Enden der Sprosse hatten sich in dichte Moosrasen oder feuchte Erde eingebohrt, um hier reich verzweigte und reich bewurzelte Sprosse zu bilden, welche ein ganzanderes Aussehen haben als die oberirdischen Sprosse. Die Internodien sind sehr kurz, die Blätter also gedrängt, und von lanzettlicher bis länglicher Gestalt (mit kaum ent- wickeltem Blattstiel), ähn- lich denjenigen gewisser Cerastium-Arten, von fleischiger Konsistenz; zu- weilen — bei vollkomme- nem Ausschlufs des Lich- tes — sind sie niederblatt- artig schuppenförmig und bleich bis gelblich, in den meisten Fällen — wenn nn. Flora 1904. 11 162 die Winterlager in Moosrasen gebildet werden, welche offenbar eine geringe Lichtmenge eintreten lassen — haben sie hellgrüne Farbe. Die Bildung dieser Wintersprosse kommt, wie aus vergleichenden Beobachtungen verschiedener Entwicklungsstadien — in der freien Natur — hervorgeht, folgermafsen zustande: Die im Herbst sich entwickelnden Wandersprosse wachsen, indem sie der mehr .oder weniger senkrechten Felswand anliegen, fast stets senkrecht nach unten, der Talsole zu, welche sie zuweilen auch er- reichen; selten beobachtet man Sprosse, welche an der Felswand ‚entlang horizontal weiterwachsen oder gar sich aufrichten, um in die Höhe zu klettern. An einzelnen Knoten bilden sich Adventivwurzeln, welche in das lockere, dem Felsen anliegende Erdreich oder in Fels- spalten eindringen, Wenn die Sprosse eine gewisse Länge erreicht haben und die Jahreszeit vorgerückt ist, entsenden sie schräg nach unten gegen den Felsen zu gerichtete Seitensprosse, welche offenbar die Aufgabe haben, „das Terrain gewissermalsen zu sondieren*. Findet sich an der betreffenden Stelle ein Moospolster, Blätterhaufen oder feuchte Erde, so dringt der Seitensprofs in dieses Substrat ein und entwickelt hier ein Winterlager. Ist die Stelle aber hiefür nicht geeignet, so stellt der Seitensprofs sein: Wachstum bald ein. Der gleiche Vorgang spielt sich an mehreren Knoten eines längeren Wandersprossen ab. Überraschend ist nun, wie bei diesen in den Boden eindringenden Sprossen die Reaktionsfähigkeit auf geotro- pische und heliotropische Reize vollkommen ausgeschaltet zu sein und wie die Sprolsspitze einzig und allein durch den hydrotropischen Reiz, welcher von dem feuchten Sub- strat ausgeht, beherrscht zu sein scheint, Die in der soeben angegebenen Weise entstandenen Winter- lager überdauern in Moosrasen, Blätterhaufen ete. die Winterkälte sehr wohl und scheinen unter diesem Schutz gegen Vertrocknung auch eine bis zum Gefrieren führende Abkühlung ohne Schaden zu ertragen. Wohlbewurzelte Wintersprosse, in günstige Vegetationsbeding- ungen gebracht, entwickeln sich zu vollkommen normalen Pflanzen. Nicht selten gelingt es der Spitze eines Wandersprosses, die Talsole noch vor Einbruch des Winters zu erreichen; dann bohrt sich dieselbe in die den Boden bedeckende Schicht abgefallenen Laubes ein und entwickelt hier besonders reich verzweigte Winterlager, ein Zeichen, dafs die Laubdecke denselben hervorragend günstige Überwinterungs- +» 163 bedingungen bietet. An nahe der Talsole einspringenden Felsen ' beobachtet man dann zuweilen, dafs die Sprosse eine beträchtliche Strecke lang frei in der Luft hängend dem Boden zuwachsen — offen- bar angezogen von dem von der Laubdecke ausgehenden Feuchtig- keitsreiz. Diese letztere Beobachtung scheint mir darauf hinzuweisen, dafs dem ganzen Vorgang (aufser der Bildung von an geeigneter Stelle angelegten Überwinterungsorganen) noch eine besondere biologische Bedeutung zukommt. Ich möchte die Wandersprosse der Stellaria nemorum auf- fassen als einer zielbewufsten Ortsveränderung dienend. Unsere Pflanze liebt bekanntlich einen sehr feuchten Standort. Nun sind die Feuchtigkeitsverhältnisse in den höheren Lagen der Felswände offen- bar weniger günstig als in den tieferen; am günstigsten sind sie in der Talsole. Wenn die Pflanzen also Wandersprosse entsenden, welche an einer geeigneten Stelle Überwinterungssprosse bilden, so ist es nur zweckmälsig, wenn diese in einem für die Entwicklung der nächst- jährigen Pflanze günstigen — nämlich möglichst feuchten — Boden angelegt werden. Figurerklärung. Die Wachstumsriehtung des Sprosses wird durch den Pfeil angegen. «a ober- irdischer kriechender Sprofs, b unterirdischer (Überwinterungs-)Sprofs. Bei @ ver- welkte Blätter. Literatur. H. Klebahn, Die wirtswachsenden Rostpilze. Versuch einer Gesamt- darstellung ihrer biologischen Verhältnisse. Berlin, Verlag von Gebr. Borntraeger. Preis: 20 Mk. Über die heteröcischen Rostpilze hat sich seit de Barys grundlegenden Arbeiten eine umfangreiche, aber sehr zerstreute Literatur entwickelt. Nicht nur gelang es bei einer grofsen Anzahl von Formen den Wirtswechsel experimentell festzustellen, sondern es ergaben sich bei diesen Untersuchungen auch eine An- zahl allgemein interessanter Tatsachen. Es braucht nur erinnert zu werden an die Spezialisierungserscheinungen, an die Debatten über Erikssons Mykoplasma- Hypothese u. a Klebahn, welcher sich bei der Rostpilzforschung selbst in hervorragender Weise beteiligt hat, hat sich durch das vorliegende Buch das Verdienst erworben, alles auf diesem Gebiete Bekannte zu sammeln und in kriti- scher Beleuchtung darzustellen. Das Werk zerfällt in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Im ersteren werden nicht nur die allgemeinen Fragen in klarer Darstellung erörtert, sondern auch die Untersuchungsmethoden angegeben, der spezielle bringt eine eingehende Darstellung der einzelnen heteröcischen Rost- pilzformen, Wie erwünscht ein solches Buch sein mufste, geht schon aus dem Umfang des Literaturverzeichnisses hervor. 164 Vegetationsbilder. Herausgegeben von &. Karsten und H. Schenck. Jena, Verlag von G. Fischer. 1903. Seit der letzten Anzeige dieses schönen‘ Werkes sind fünf weitere Liefe- rungen erschienen. Heft 4 (von Karsten) illustriert den mexikanischen Wald der Tropen und Subtropen, Heft 5 (Schenck) Südwestafrika, Heft 6 (Karsten) Monokotylenbäume, Heft 7 (Schenck) die Strandvegetation Brasiliens, Heft 8 (Karsten und Stahl) die mexikanische Cacteen-, Agaven- und Bromeliaceen- Landschaft. Am schönsten und lehrreichsten sind naturgemäfs die Bilder, welche einzelne Pflanzen oder Pflanzengruppen darstellen (so z. B. einige prächtige Oac- teenbilder von Stahl), während die Waldbilder weniger wirken, 80 erwünscht auch sie sind. Hoffentlich gelingt es den Herausgebern, noch zahlreiche weitere Beiträge zu bringen. . On the physics and physiology of protoplasmic streaming in plants. By A. J. Ewart. With twenteen illustrations. Oxford, at the Cla- rendon Press. 1903. Das Buch ist eine sorgfältige, auf kritischer "Benützung der vorhandenen Literatur und eingehenden eigenen Untersuchungen beruhende Monographie der Protoplasmaströmung. Haben sich auch wesentlich neue Gesichtspunkte aus den Darlegungen des Verf. nicht ergeben, so ist seine Arbeit doch eine sehr nützliche und anregende. Die Ausstattung ist — wie bei allen Büchern der Clarendon Press — eine vorzügliche. Grundrifs der Naturgeschichte des Pflanzenreichs für die unteren Klassen der Mittelschulen und verwandter Lehranstalten. Bearbeitet von Günther Ritter Beck von Mannagetta. Mit 193 Originalabbil- dungen, davon 160 Pflanzenbilder in Farbendruck. Verlag von A. Holder, Wien. Preis: 3 Mk, Wie schon aus dem Titel hervorgeht, ist das für Mittelschulen bestimmte Lehrbuch besonders durch seine zahlreichen farbigen Abbildungen ausgezeichnet. Diese sind ein treffliches Mittel, um die Schüler für die Pflanzen zu interessieren ; sie erhalten so für einen billigen Preis in dem Buche einen Pflanzenatlas, welcher ihnen mühelos die Kenntnis einer Anzahl von Pflanzenformen vermittelt. Die Be- schreibungen sind klar und eingehend und nehmen auch auf biologische Verhält- nisse Rücksicht; nach des Ref. Ansicht hätte das noch in ausgedehnterem Mafse geschehen können, wenigstens was die Biologie der Vegetationsorgane betrifft. Die europäischen Laubmoose, beschrieben und gezeichnet von &. Roth. 2.—4.Lfrg. Leipzig, Verlag v. W. Engelmann. 1903. Preis: je 4Mk. Die zweite Lieferung des früher angezeigten Werkes bringt den Schlufs der Phaseaceen, die Bruchiaceen, Voitiaceen, -Seligeriaceen, Angstroemiaceen; Weisiaceen und einen Teil der Dieranaceen, die dritte den Schlufs der Dicrana- ceen und weitere Gruppen, die vierte führt das Werk bis zu den Encalypteen. Die Abbildungen sind namentlich dadurch von Bedeutung, dafs sie manche bisher überhaupt nicht bildlich wiedergegebene Formen bringen, so dafs das Werk für den Bryologen ein sehr nützliches Hilfsmittel bietet. Handbuch der sytematischen Botanik. Von Dr. R. Ritter von Wett- stein, Professor an der Universität Wien. II. Bd. 1. Teil mit 664 165 Figuren in 100 Textabbildungen und einer Farbentafel. Leipzig und Wien, Franz Deuticke. 1908. Der zweite Teil des früher angezeigten Wettstein’schen Handbuchs um- fafst die Archegoniaten und die Gymnospermen. Wie der erste bringt er in knapper, klarer Darstellung ein sehr reiches Material und namentlich sehr viele vortreffliche Abbildungen, welche das Werk für die Studierenden besonders wert- voll machen, Der Verf. hat sich namentlich auch überall bemüht, die phylogene- tischen Zusammenhänge, welche ja das Studium der Systematik zu einem beson- ders interessanten machen, hervorzuheben. Dabei treten mehrfach auch neue Gesichtspunkte hervor. So bei Erörterung der Homologie der Antheridienbildung. Betreffs der Antheridien der heterosporen Pteridophyten acceptiert Wettstein die vom Ref. vertretene Anschauung (dafs nur eine Zelle als Wandschicht der Antheridien' zu betrachten sei, im Gegesatz zu Belajeff u. a.) und betrachtet “ bei den Gymnospermen die seither als „Stielzelle“ des Antheridiums bezeichnete Zelle als Wandschicht. Das könnte zunächst sehr auffallend erscheinen, da sonst ja die Wandschicht nach aufsen liegt (weshalb man auch meist die Schlauchzelle als Wandschicht betrachtet hat, wofür aber, wie früher — Organographie pag. 784 — erwähnt, kein stichhaltiger Grund, vorliegt). Wenn man aber bedenkt, dafs die Prothalliumzellen der Gymnospermen an dem unteren Teil (dem der Schlauchzelle gegenüberliegenden) bald zugrunde gehen, so ist die Wettstein’sche Deutung weniger fremdartig als sie zunächst erscheint, und die eigentümliche Ausbildung der unter der generativen Zelle liegenden Zellen bei Ginkgo könnte zur Stütze dieser Auffassung herangezogen werden. Eine Entscheidung darüber wird freilich erst durch eingehende weitere Untersuchungen gegeben werden können. Auf sehr schmaler Basis aufgebaut scheint mir eine andere im Wettstein’schen Buche vertretene Hypothese zu sein, die Ableitung der thallosen Lebermoose von foliosen. Indes werden solche Betrachtungen jedenfalls anregend wirken, und das ist, wenn man sich des hypothetischen Charakters derselben bewufst bleibt, die Hauptsache. — Nicht einverstanden erklären kann sich Referent mit einigen Namengebungen; so mit der Bezeichnung „Anthophyten* statt Samenpflanzen (wofür ja die Bezeich- nung „siphonogame Embryophyten“ auch nur eine Umschreibung gibt). Wett- stein zieht die Bezeichnung Anthophyten aus Prioritätsgründen vor. Aber da, wie er Selbst — wenigstens für Selaginella — zugibt, auch Pteridophyten Blüten be- sitzen, so ist eben die Benennung „Blütenpflanzen“ keine das charakteristische Merkmal der Samenpflanzen bezeichnende mehr; wenn man darauf keinen Wert legt, müfste man eigentlich den Namen „Phanerogamen“ beibehalten. Zudem dürfte die Bezeichnung „Spermophyten“!) älter sein als die Braun’sche als „Anto- phyten“. Auf Priorität legt W. auch sonst so viel Gewicht, dafs cr selbst alte, lange im Gebrauch gewesene Namen ändert (wie dies ja auch sonst geschehen ist), z. B. Welwitschia in Tumboa, Aneura in Ricardia, Ref. mufs in diesem Punkte ‚seine „Rückständigkeit* bekennen, denn er denkt wie einst im Mittelalter O. Brunfels: „Wäre nit unrecht, wenn man die alten Namen auch hett lassen bleiben. Sintemahl so man einen bekannten Menschen seinen Namen darin er getauft, verwandelt, wird er unbekannt, also auch mit den Krüutern“. — Einige 1) Sie ist grammatikalisch ja nicht ganz richtig; Referent wählte seinerzeit diese Form, weil er sie vorfand, vermag aber nicht mehr anzugeben, woher sie kommt, 166 Bedenken hege ich dann noch gegen die farbige Tafel, welche die „Entwicklung der. Cormophyten und der Homologieen ihrer Organe“ darstellen soll. Denn sie tut der Natur Zwang an, um Verhältnisse bildlich zu erläutern, die sich eben wohl kaum in dieser Weise zusammen darstellen lassen. Ein Moossporogon, unterhalb dessen Spermatozoen (so grofs wie die Sporen) herumschwimmen, eine Selaginella, an der unten noch die Makrospore, oben neue Makrosporangien usw. sitzen, können, wie mir scheint, den Anfänger verwirren. — Aber abgesehen von diesen Dingen wünsche ich dem Buche, welches in kurzer, klarer und an- regender Darstellung und ausgestattet mit einer reichen Fülle vortrefflicher Ab- bildungen aufserordentlich viel bietet, die weiteste Verbreitung, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie von Dr. L. Jost, a.o. Professor an der Universität Strafsburg. Mit 172 Abbildungen. Jena, Ver- lag von Gustav Fischer. 1904. Das Buch stellte sich die Aufgabe, den mit den Grundlagen der Natur- wissenschaft Vertrauten-in die Pflanzenphysiologie einzuführen, Es zerfällt in drei Teile, welche den Stoffwechsel, den Formwechsel und den Energiewechsel behan- deln. Schon eine flüchtige Durchsicht zeigt, dafs das Buch tatsächlich eine Lücke ausfüllt, indem es zwischen den kurzen Darstellungen der Pfianzenphysiologie in den Lehrbüchern und Pfeffers nicht für Anfänger bestimmtem Handbuch eine Mittelstellung einnimmt. Die Darstellung ist klar, kritisch und reichhaltig und oft durch historische Rückblicke belebt. Die Jost’schen Vorlesungen werden deshalb als eine treffliche Einführung in das Studium der Pflanzenphysiologie be- grüfst werden, Auch für Berufsbotaniker ist das Buch wertvoll durch die ein- gehende Berücksichtigung und Diskussion, welche die neuere pfanzenphysiologische Literatur in ihm gefunden hat, Diskussionen, welche freilich dem Anfänger weniger nützlich sein werden. Solche orientierende Darstellungen sind ja um so notwendiger, je mehr die Entwicklung der Botanik es unmöglich macht, in allen ihren Gebieten die Literatur zu verfolgen, besonders aber in der Physiologie, welche die Grundlage für alle anderen Teile der Botanik darstellt. Strasburger, Noll, Schenck, Karsten, Lehrbuch der Botanik. Sechste umgearbeitete Auflage mit 741 zum Teil farbigen Abbildungen. Preis: 7,50 Mk., geb. 8,50 Mk. Rasch olgen die Auflagen des allgemein bekannten Lehrbuches aufeinander, ein Beweis, wie weit verbreitet und wie geschätzt es ist. Die sechste Auflage zeigt eine grofse Anzahl neuer Abbildungen?); auch die farbigen Abbildungen, welche eine Eigenart des Buches darstellen, sind neu hergestellt worden, so dafs die äufsere Ausstattung eine hervorragend gute ist. Auch der Text folgt den neueren Fortschritten der Botanik in eingehendster Weise, Neu eingetreten in den Kreis der Verfasser ist G. Karsten, welcher die Panerogamen bearbeitet hat, mit dem Resultst, dafs dieser Teil des Buches den früheren Auflagen gegenüber äufserlich & und innerlich wesentlich gewonnen hat. K. 6. 1) Zw ändern wäre die Figurenerklärung von Fig. 619; „ca“ ist nicht die Caruncula, sondern der (aus der Placenta entspringende und eine höchst sonder- bare Form des Leitgewebes darstellende) „Obturator*, Dasselbe gilt für Fig. 413 in Karsten» Pharmakognosie. Wlovra 1904, 93.Bd. I J Thomas, hithı Inst, Berlin. 5.53. Verlag von Eugen Ulmer in Stuttgart. PROSPEKT. Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Spezielle Ökologie der Blütenpflanzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Von DR. ©. KIRCHNER DR. E. LOEW Professor der Botanik an der landw. Akademie Professor am Kgl. Kaiser Wilhelms-Reaigymnasium * Hohenheim Berlin DR. C. SCHRÖTER Professor der Botanik am eidgen. Polytechnikum Zürich Mit zahlreichen in den Text gedruckten Abbildungen. Vollständig in 5 Bänden von ca. je 40-50 Druckbogen. Erscheint in Lieferungen von je & Druckbogen. Subskriptionspreis für jede Lieferung von 6 Druckbogen Mk. 3.60. Inhalt der 1. Lieferung, Bog. 1—6: Einleitung. Übersicht über die ökologischen Erscheinungen bei den mitteleuropäischen Blüten- pflanzen. Verzeichnis der wichtigsten zusammenfassenden Schriften über die spezielle Ökologie der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Erklärung der für die ökologischen Einrichtungen der Blütenpflanzen gebrauchten Kunstausdrücke. — Anfang der speziellen Darstellung: 1. Taxaceae. 2. Pinaceae. In dem Werke, dessen Erscheinen soeben beginnt, unternehmen es die Verfasser, für die Blütenpflanzen der mitteleuropäischen Flora eine Schilde- rung ihrer besonderen Lebenserscheinungen und Lebensgewohnheiten zu geben, eine Darstellung der Art und Weise, wie die einzelne Pflanzenart dazu aus- gerüstet ist, unter den gegebenen äusseren Verhältnissen ihre Lebensbedürf- nisse zu befriedigen, ihren eigenen Fortbestand und die Hervorbringung einer Seite 4 dieses Prospektes enthält einige dem Werke eninommene Abbildungen. 23 _ Nachkommenschaft sich zu sichern. Das Werk ist also ein Handbuch der speziellen Ökologie (Biologie) der einheimischen Blütenpflanzen, wie es bis jetzt weder in deutscher, noch in einer fremden Sprache existiert. Als Ziel haben sich die Verfasser bei ihrer Bearbeitung gesetzt, alle bis jetzt bekannten ökologischen Erscheinungen der mitteleuropäischen Blütenpflanzen zu einer zusammenhängenden Darstellung der Lebens- geschichte der einzelnen Arten zu vereinigen; sie beschränken sich aber keineswegs darauf, nur eine Zusammenstellung der in der botanischen Lite- ratur hierüber. bereits vorhandenen Angaben zu liefern, sondern sie sind bemüht gewesen, zur allmählichen Ausfüllung der noch bestehenden grossen Lücken in unserer Erkenntnis der speziellen Ökologie der eben bezeichneten Pflanzen durch eigene Untersuchungen nach Möglichkeit beizutragen. Die Einzelschilderungen beziehen sich bei jeder Pflanzenart zunächst im allgemeinen auf Ernährungsweise, Nährmedium, Lebensdauer und Überwinterungsform, phänologische Erscheinungen, Beziehungen zu den Standortsbedingungen, Beteiligung an pflanzengeographischen For- mationen und geographische Verbreitung, um sodann auf die s pezielle ‚Ökologie der einzelnen Entwickelungszustände und Organe überzugehen. Begonnen wird mit den Erscheinungen der Keimung (Sicherung der Keimung, Art der Keimung, Schutzmittel des Keimlings, besondere Anpassungen u. s. w.), worauf die Ökolo gie der Jugend- form und endlich die Schild erung der ökologischen Erschei- nungen der erwachsenen Pflanze folgt. Hier gelangt zur Dar- stellung: die Bewurzelung mit ihren mannigfachen Anpassungen, die Sprossfolge nebst den ökologischen Gruppen, welche sich aus der Sprossdauer, Lebensdauer, Überwinterung, Verjüngung und Wanderungs- fähigkeit ergeben; sodann die spezielle Ökologie der Sprossformen, d. h. der geophilen und photophilen Sprosse mit ihrer Beblätterung in den verschiedenen Arbeits- und Ruhezuständen u. s. w. Ein weiterer Ab- schnitt behandelt die Ökologie der Blütens prosse und schildert die Bestäubungsorgane, die Geschlechtseinrichtung (Pollinationstypus, Geschlechterverteilung, Geschlechterspaltung u. a.), die Bestäubungs- vermittler, die Anlockungs- und Schutzmittel der Blüten, die Wechsel- beziehungen zwischen der Bestäubungseinrichtung und den Lebens- bedingungen der Pflanze. Schliesslich stellt die Ökolo gie von Same und Frucht die Folgen der Bestäubung, die Aussaeungseinrichtungen und die damit im Zusammenhange stehenden Lebenserscheinungen dar. Der Text ist durch reichliche Illustrationen erläutert, welche vorzugs- weise nach Originalabbildungen der Verfasser hergestellt sind. Anordnung und Begrenzung der Familien schliessen sich dem Engler’schen System an, während der Abgrenzung der Arten die neuesten massgebenden syste- matischen Werke (Ascherson und Graebner, Richter und Gürke, Nyman) “ zu Grunde gelegt sind. Aus dieser kurzen Übersicht wird sich ergeben, dass es sich bei dem Erscheinen der „Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mittel- europas“ um ein Werk handelt, welches zunächst für den Botaniker von Fach als erste existierende ausführliche Darstellung der speziellen Ökologie ein unentbehrliches Handbuch sein wird, welches aber auch in hervorragendem Masse geeignet ist, die Ergebnisse des modernsten und anregendsten Zweiges der Botanik in weitere Kreise zu tragen. Es wird namentlich für höhere Lehranstalten in der Hand des Lehrers ein unverg!leichliches Hilfsmittel zur Belebung des botanischen Unterrichtes werden, aber nicht minder für jeden wissenschaftlich gebildeten Forstmann, Landwirt und Gärtner, sowie für alle Liebhaber der Pflanzenkunde, welche sich nicht nur für die Systematik, sondern auch für die Lebenserscheinungen der einheimischen Pflanzen interessieren, eine reiche Quelle der Belehrung und des Genusses bilden. Von den 5 Bänden, welche für die ganze Bearbeitung vorgesehen sind, werden enthalten: Band I. Einleitendes, Gymnospermen und Monokotyledonen. Band IJ. Dikotyledonen 1. Archichlamydeen 1: Die Reihen Salicales, Myri- cales, Juglandales, Fagales, Urticales, Santalales, Aristolochiales, Polygonales, Centrospermae, Ranales, Rhoeadales, Sarraceniales. Band III. Dikotyledonen 2,’ Archichlamydeen 2: Die Reihen Rosales, Gera- niales, Sapindales, Rhamnales, Malvales, Parietales, Opuntiales, Myrti- florae. Band IV. Dikotyledonen 3. Sympetalen 1: Die Reihen Ericales, Primulales, Contortae, Tubiflorae. Band V. Dikotyledonen 4. Sympetalen 2: Die Reihen Plantaginales, Rubiales, ‚Campanulatae. — Allgemeines Register. | | N Bestell-Zettel. Der Unterzeichnete bestellt aus dem Verlag von Eugen Ulmer in Stuttgart: BEReEEeee Expl. Kirchner, Loew und Schröter, Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas. I. Bd. Lief. 1 u. ff. Subskript.-Preis pro Lieferung von 6 Bogen Mk. 3.60. Name und genaue Adresse ----- ee een Bunnnnenennenenenennn Probeabbildungen aus Kirchner, Loew und Schröter Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas. - Verlag von Eugen Ulmer in Stuttgart. Fig. 7. Taxus baecata. Endknospe und oberste Seitenknospe eines Gipfeltriebes A. Durch die anliegenden oberen Nadeln wird der Knospenschutz verstärkt. Bei B ist der all- mälige Übergang der Nadeln zu Schuppen deut- lich zu sehen. (Orig. Sch.) - Fig. 31, Abies alba. Zaptenschuppe mit Deck- schuppe und 2 geflügelten Samen, A von der Unterseite, B von der Oberseite; 1:1. (Orig. K.) Be 4 ge CHEN Unreifer Same mit heran- wachsendem Samenmantel. 3:1. (Orig. K.) Fig. 13. Taxus bacca weiblicher Blütenspross im pfängnisfähigen Zustand mit Beiruchtungsiropfen auf der 15:1. kropyle. (Orig. K Fig. 28. Abies alb Männliche Rlüta» 9»1 /ı Fig. 26. Abies alba. Weibliche Blüte z. Z. der Anthese ; 2:1. (Orig.) Verlag von Arthur Felix in Leipzig. Atlas der officinellen Pflanzen. . Darstellung und Beschreibung der im Arzneibuche für das deutsche Reich er- wähnten Gewächse. Zweite verbesserte Auflage von Darstellung. und Beschreibung sämtlicher in der Pharmacopoea borussica aufgeführten offieinellen Gewächse Dr. 0. C. Berg und C. F. Schmidt herausgegeben durch Dr. Arthur Meyer - Dr. K. Schumann Professor an der Universität Professor und Kustos am Kgl, bot. in Marburg, Museum in Berlin, 28 Lieferungen. In gr. 4. Preis pro Lieferung M. 6.50. Band. I. Die Sympetalen. Mit Tafel I-XLIV. VI und 129 Seiten Text. Gebunden, Preis: M, 56.—. Band U. Die Choristopetalen (I, Hälfte). Mit Tafel XLV—XCIV. IV und 131 Seiten Text. Gebunden, Preis: M. 64,—. Band III. Die Choristopetalen (II. Hälfte), Mit Tafel XCV—-CXXXIL 102 Seiten Text, Gebunden, Preis: M. 48.—., Band IV. Die Monocotyledonen, Gymnospermen und Kryptogamen. Mit Tafel OXXXIL-—CLXII. II und 72 Seiten Text. Gebunden, Preis: M. 42.—. Studien über Protoplasmamechanik von Dr. G. Berthold, a. 0, Professor der Botanik und Direktor des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Göttingen. Mit 7 Tafeln. In gr. 8. XIl. 336 Seiten. 1886. Brosch., Preis: M. 14.—. Einleitung in die PALAEOPHYTOLOGIE ‘vom botanischen Standpunkte aus bearbeitet von H. Grafen zu Solms-Laubach, Professor a. d. Universität Göttingen. Mit 49 Holzschnitten. In gr. 8. VIII, 416 8. 1887. Brosch., Preis: M. 17.—. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Goebel, Dr. K., Prof. an der Universität München, Organographie der Pflanzen insbesondere der Archegoniaten und Samenpflanzen. Erster Teil: ‘Allgemeine Organographie. Mit 180 Abbildungen im Text. 1898. Preis: M. 6.—. Zweiter Teil: Spezielle Organographie. 1. Heft: Bryophyten. M. 128 Abbildg. im Text. 1898. Preis: M. 3.80. 2, Heft: Pteridophyten und Samen- pflanzen, 1. Teil. M.173 Abbildg.im Text. 1900. Preis:M.7.—, 2. Teil (Schlufs des Ganzen). M. 107 Textabbildg, 1901. Preis: M..5.—., P Verlag von Gustav Fischer in ‚Jena. 23 " Soeben erschien: Wissenschaft und Buchhandel. Zur Abwehr. Denkschrift der Deutschen Verlegerkammer unter Mitwirkung ihres derzeitigen Vorsitzenden Dr. Gustav Fischer in Jena ” bearbeitet von Dr. Karl Trübner, Strafsburg ji. E, Interessenten steht, soweit der dafür bestimmte Vorrat reicht, die Schrift in einem Exemplar unentgeltlich zur Verfügung. Bestellungen beliebe man direkt an die Verlagsbuchkandlung von Gustav Fischer in dena gelangen zu lassen. Weitere Exemplare sind zum Preise von M. —.80 a durch jede Buckhandlung zu beziehen, r N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg (Hessen). Soeben erschien: Pflanzenphysiologie. - Von r. F. G: Kohl, Professor der Botanik in Marburg. Vorträge, gehalten im Kursus wissenschaftlicher Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen zu Marburg. Preis Mk. 1.60. Druck von Val. Höfling, München, Lünmmerstr. 1, FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München. 93. BAND. JAHRGANG 1904. v Heft III mit 43 Textfiguren. Erschienen am 7, Mai 1904, Inhalt: Dr. EM. RÄDL, Über die Anziehung der Organismen durch das Licht . A. TSCHIRCH, Über den sog. Harzflufs . . . . . Dr. A. GÜNTHART, Blütenbiologische Untersuchungen. (Nr. 2. Beiträge zur Blütenbiologie der Dipsaceen) . O, ROSENBERG, Über die Individualität der Chromosomen im " Phanzenreich Dr. phil. JOHS. SCHMIDT, Zur Frage der Salzausscheidung d:r Mangrove- pflanzen . . LITERATUR: Th. M. Holferty, The Archegonium of "Mnium Cuspidatum. _ Dr. F. G. Kohl, Über die Organisation und Physiologie der Cyano- phyceenzelle und die mitotische Teilung ihres Kernes. — Botany of the Faro&s based upon Danish investigations. — Jahresbericht der Vereinigung der Vertreter der angewandten Botanik. — Ludwig Kindt, Die Kultur des Kakaobaumes und seine Schädlinge. — W. Johannsen, Über Erblichkeit in Populationen und in reinen Linien. — O.Kirchner, E. Loew, C. Schroeter, Lebensgescnichte der 'Blütenpflanzen Mitteleuropas. — L. Errera, Une lecon &l&mentaire sur le Darwinisme. — Dr. Walther Schoenichen, Die Ab- stammungslehre im Unierrichte der Schule, — Max Fleischer, Die Musci der Flora‘ von Buitenzorg. — J.C. Willis, A manual and dictionary of the flowerinz plants and ferns. — M. Möbius, Matthias Jacob Schleiden. — Dr. W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie. — Prof, Dr. W. K. von Dalla Torre und Ludwig Graf von Sarntheim, Die Moose (Bryophyta) von Tirol, Vorarl- berg und Liechtenstein. — Prof Dr. A. Koch, Jahresbericht über die Fort- schritte in der Lehre von den Gärungsorganismen. — G.Roth, Die euro- päischen Laubmoose. — P. Knuth, O. Appel und E. Loew, Handbuch der Blütenbiologie. — von Post, Tom, und Kuntze, Otto, Lexicon generum pha- nerogamarum. — Gürke, M., Plantae europaeae. — K. Kraepelin, Ex- kursionsflora für Nord- und Mitteldeutschland. — Jerosch, Marie, Ge- schichte und Herkunft der schweizerischen Alpenflora MARBURG. Seite 167—178 „ 179-198 „ 199-250 „251-259 n 260-261 » 262-270 N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1904. Bemerkung. Das Honorar beträgt 25 Mk. pro Druckbogen, für die Literaturbesprechungen 80 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30: Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und ‚Papier berechnet: - Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 L) 20 ” ” n n 2.50 » ” n n a 60 » 30 » D) n n„ 380 „ » n " ” —.,90 „ 40 ” ” ”». n Don ”». ” » „ 120 „5 P Pr Pa n 650 „ » Pi n » 1.50 ” 60 ” on n „» 8—- „ ” n L) » 2— . 0 ” „ " » 920 „ 2» "m. 250 ” 80 » » ” „ 10.50 „ ” ” ” „ 83- „ 9% n » » „ 150 5 nn » 350 „ 100 " » „ 13.50 ” ” n „+ - Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- riert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert. Die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- - rechnet werden, so mufs dieselbe Barzahlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat der Verfasser die Kosten der Übersetzung zu tragen. Korrekturentschädigungen, die von der Druckerei für nicht verschuldete Korrekturen in Anrechnung gebracht werden, fallen dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung. der Honorare erfolgt .nach Abschlufs eines Bandes, Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen und zahlreichen Tafeln in 3 bis 5 Heften. Nach Bedürfnis schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Literatur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Gocbel in München, Luisenstrafse 27/11, .zu senden, Korrek- turen an die Druckerei von Val. Höfling, München, Lämmerstrafsel. Alle geschäftlichen Anfragen ete. sind an .die unterzeichnete Verlagshandlung zu richten. N. 6. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). Über die Anziehung der Organismen durch das Licht. Von Dr. Em. Rädl. Hierzu eine Figur im Text. Die Untersuchungen über den Phototropismus haben mich zu dem Schlusse geführt,!) dafs in der Richtung des phototropisch wirk- samen Lichtstrahls ein Druck oder Zug auf den reagierenden Orga- nismus ausgeübt wird, welcher als Reiz auf den Organismus wirkt, und dessen Folge die Orientierung, orientierte Bewegung oder orien- tiertes Wachstum gegen das Licht ist. Ich habe auch die Hoffnung ausgesprochen, dafs es vielleicht gelingen wird, diese Theorie durch geeignete Versuche an den Pflanzen nachzuweisen. Ich will in dieser Abhandlung über Versuche berichten, die ich bisher in dieser Hin- sicht angestellt habe, und die mich nach vielem fruchtlosen Bemühen doch zu einem einigermalsen befriedigenden Resultat geführt haben, Es sei zuerst das Problem kurz erklärt. Bekanntlich stellen sich manche Pflanzenorgane, seitlich belichtet, in eine bestimmte Orientie- rung gegen das Licht; auch freie Algenschwärmer und die mannig- fachsten Tiere sind entweder genötigt oder wenigstens imstande, eine bestimmte Orientierung gegen eine Lichtquelle einzunehmen. Populär sagt man, dieselben seien durch das Licht angezogen; in der Wissen- schaft werden verschiedene Theorien angenommen, welche diese Tat- sachen erklären sollen. Es streiten noch die Philosophen darüber was das bedeutet, dafs das menschliche Auge sich nach einem Punkte wenden kann; ebensowenig weils man das Sehen der Tiere (d.h. ihre Orientierung gegen das Licht) auf irgendwelche bekannte Tatsachen zurückzuführen — ich habe in meiner oben zitierten Arbeit auf die Un- zulänglichkeit der bisher zu diesem Zwecke aufgestellten Theorien hingewiesen; was endlich die Pflanzen betrifft, so glaubt man zwar eine Erklärung für deren Krümmungen in die Richtung des Lichtes gefunden zu haben, indem man auf die Verschiedenheit des Zell- turgors und des Wachstums auf der belichteten und der beschatteten Seite hinweist; man ist jedoch auch bezüglich der Pflanzen in voll- ständiger Unklarheit darüber, worin eigentlich die Reizwirkung des . Lichtes besteht, durch welche die eben erwähnten Mechanismen des Turgors und Wachstums ins Spiel gesetzt werden, denn man hat bald 1) Unters. üb, d. Phototropismus d. Tiere. Leipzig, W. Engelmann 1903, Flora 1904. 12 168 erkannt, dafs die von P. De Candolle angezogene Tatsache, dafs die beleuchteten Pflanzenorgane langsamer wachsen als die beschat- teten, nicht auf den Phototropismus, namentlich nicht auf den nega- tiven Phototropismus, angewendet werden kann. Die meisten Pflanzenphysiologen glauben, dafs es Unterschiede der Lichtintensität sind, welche die phototropische Krümmung der Pflanzenorgane verursachen. Wenn z.B. ein Pflanzenkeimling, der im Dunkeln aufrecht stand, einseitig beleuchtet wird, so trifft seine beleuchtete Seite offenbar eine gröfsere Lichtmenge als die ent- .gegengesetzte und zwar einmal, weil diese von der Lichtquelle mehr entfernt ist, dann aber auch wegen der Lichtabsorption im Innern des Keimlings; ob nur die eine Art der Lichtabnahme oder beide zusammen wirken, hat man nicht analysiert, obwohl es nicht ganz unwesentlich ist, denn mit der phototropischen Krümmung ändern sich wohl die Lichtverhältnisse auf beiden Seiten des Keimlings. Ob aber die durch die Krümmung neu entstehenden Verhältnisse eine Annäherung an das schliefslich ‚erfolgte Ergebnis, nämlich die gleiche Beleuchtung aller Seiten des Keimlings bedeuten müssen, wird kaum in allen Fällen zutreffend sein. Doch ich will derlei Kleinigkeiten übergehen und den wesent- lichsten Punkt der Theorie hervorheben. Die Annahme, dals die Intensitätsunterschiede den Phototropismus verursachen, behauptet, dafs nur die Lichtmenge, nicht die Strahlenrichtung dabei entschei- dend ist. Die Pflanze wird dabei als ein System innerer Kräfte be- trachtet, welche Kräfte aber nur mechanisch zusammenhängen: die Vorderseite des Keimlings wird als ein Kraftsystem für sich, die Hinterseite als ein anderes Kraftsystem betrachtet und beide Sy- steme hängen nur insofern miteinander zusammen, als die Vorder- und Hinterscite verwachsen sind. Wird dem vorderen Kraftsystem neue Energie zugeführt, arbeitet es für sich und ebenfalls das hintere System. Ganz ebenso arbeitet z. B. ein feuchtes, einseitig erwärmtes Brett: Die feuchte und die trockene Seite arbeiten jede für sich und die Krümmung ist nur die Folge des mechanischen Zusammenhanges beider Seiten. Es ist nun sehr beachtenswert, dafs, was die leben- digen Pflanzen anbelangt, nur eben ad hoc angenommen wird, dafs deren Vorder- und Hinterseite bei einseitiger Beleuchtung nur mecha- nisch zusammenhängen; denn sonst ist doch die Tatsache ganz be- wiesen und. anerkannt, dals, falls Gleichgewichtsstörungen in der Pflanze auftreten, dieselben alsbald wieder durch innere Leitungsvor- gänge ausgeglichen werden. 169 Die Krümmung eines Pflanzenkeimlings gegen den Lichtstrahl ist mit Energieverbrauch verknüpft. Mit der Annahme, dafs nur die Lichtmenge die Krümmung verursacht, nimmt man zugleich an, dafs sich die Pflanze nur aus ihren inneren Kräften krümmt. Eine jede solche Krümmung ist mit einer Verschiebung eines Teils der Pflanzen- substänz in der Richtung gegen das Licht verbunden, denn der Scheitel des Keimlings wird dabei dem Licht genähert. Wenn es nun richtig ist, dafs nur innere Kräfte diese Krümmung verursachen, so muls die Arbeit, welche bei der Verschiebung der Pflanzensubstanz gegen das Licht verbraucht war, ein negatives Äquivalent haben, oder mit an- deren Worten, es mufs entweder eine äquivalente Verschiebung der Pflanzensubstanz vom Licht weg an dunklen Pflanzen stattgefunden haben, oder ein dieser Verschiebung äquivalenter Druck. Wenn sich . r } ir ! \ a ß 2 Fig. 1. Schematische Darstellung der Krümmungsformen aus inneren Kräften: Bei a ist das ganze Stäbchen frei und: gleich krümmungsfühig, bei 5 krümmt sich nur der obere Teil, bei c ist der untere Teil befestigt und drückt bei der Krüm- mung auf der Unterlage in der Richtung des angedeuteten Pfeiles. z. B. ein aufrechtstehendes Holzstäbchen durch einseitige Erwärmung krümmen würde, so würde sich ein Teil desselben der Wärmequelle nähern, ein äquivalenter Teil sich von derselben entfernen. Das Stäbchen würde z. B. die Form annehmen, wie sie auf der Fig. 1a punktiert angedeutet ist, denn ein System innerer Kräfte kann seinen Schwerpunkt in keiner Richtung verschieben. Ein Wickenkeimling, dessen Rückenseite (d. h. die phototropisch empfindlichste Seite) dem Licht zugekehrt ist, sollte sich nach diesem Postulat etwa wie es an der Fig. 15 angedeutet ist, krümmen. ı12* 170 Da er dies bekanntlich nicht tut, sondern aufser dem oberen sich gegen das Licht krümmenden Teil in den ersten Stadien gerade bleibt (Fig. 1c), so mufs die Pflanze in der Richtung vom Licht weg auf den Boden einen Druck ausüben, der der Kraft äquivalent ist, mit welcher der Scheitel des Keimlings gegen das Licht verschoben wurde, ganz ebenso wie wir, einen schweren Gegenstand vor uns tre@ibend, einen äquivalenten Druck in entgegengesetzter Richtung auf den Boden ausüben müssen. Nun ist es zweifellos, dafs der Wickenkeimling am Boden Stütze genug findet, um sich auf diese Art nun aus inneren Kräften aus- giebig krümmen zu können; nicht ganz so überzeugend scheint mir der Fall bei langen, fadenförmigen Wasseralgen zu sein. Eine mehrere Dezimeter lange, sehr dünne Alge ist zwar auch im Boden einge- wurzelt und man kann sie theoretisch wohl einem festen Stab ver- gleichen, der bei der Krümmung an dem Boden eine gehörige Stütze findet, wenn man aber die halbflüssige Substanz der Alge, den ziem- lich losen Zusammenhang der Zellen, den sehr geringen Druck, mit dem sie auf den Boden sich stützt, beachtet, so scheint es mir’ bereits sehr unwahrscheinlich zu sein, dafs die bekanntlich sehr starke Krüm- mung mancher fadenförmigen Algen dadurch zustande kommen würde, dafs der untere ungekrümmte Teil der Alge als ein unbiegsamer Stab funktioniert, an dessen oberen Ende die phototropische Verschiebung der Massen geschieht, deren unteres Ende aber mit einer äquivalenten Kraft in entgegengesetzter Richtung drückt. Ich glaube, dafs wenn nur innere Kräfte im Spiele sein würden, die Alge sich viel eher in der Art krümmen würde, wie die punktierte Linie in Fig. 1a zeigt. Diese Betrachtung gilt selbstverständlich nicht nur für den Fall, wenn die Alge sich gegen das Licht krümmt, sondern auch wenn sie wachsend neue Massen in der Richtung gegen das Licht vor- schiebt. Wenn nur innere Kräfte diese Verschiebung verursachen, so kann die Alge nur so lange gegen das Licht wachsen, als sie am Boden befestigt an denselben sich stützen kann; eine fadenförmige freischwebende Alge könnte ihren Scheitel nur in der Art gegen das Licht wenden, dafs sie andere Teile ihres Körpers vom Licht zurück- schieben würde. Ich glaube nicht, dafs es die Lichtintensität ist, welche den Phototropismus verursacht, sondern dafs der Lichtstrahl die Ursache desselben ist. Bereits J. Sachs hat diese Tatsache behauptet, für zoologische Objekte ferner J. Loeb und nach ihm einige andere; doch hat die Theorie nicht viel Glück gehabt. Was für und gegen D 11 dieselbe angeführt worden ist, habe ich in der oben zitierten Abhand- lung erörtert; hier soll dieselbe nur weiter entwickelt werden. Das Problem, das diese Theorie zu beantworten hat, ist: wie ein Lichtstrahl physiologisch wirken kann? Was ist das: ein physio- logischer Lichtstrahl? Man hat sich sehr daran gewöhnt unter dem Lichtstrahl sich nur etwas Geometrisches, nur eine Linie vorzustellen, die man in beliebiger Richtung ziehen kann, welcher man nur der Einfachheit wegen eine bestimmte Richtung gibt. Wenn jedoch der Lichtstrahl, d. h. die Richtung des Lichtes wirkt, so muls offenbar diese Richtung etwas Objektives sein. Das Reale an dem Lichtstrahl ist, dafs er die Fortpflanzungsrichtung des Lichtes angibt, dafs senk- recht zu derselben die das Licht bedingenden periodischen Verände- rungen des Lichtäthers geschehen, und dafs — nach neueren Unter- suchungen — in der Richtung des Lichtstrahls ein feiner Druck vorhanden ist. Da die phototropischen Erscheinungen in einer Ver- schiebung der lebenden Substanz in der Richtung des Lichtstrahles bestehen, so ist es am natürlichsten, an die letztgenannte Eigenschaft des Lichtstrahles, nämlich an die Spannung, die in seiner Richtung vor- handen ist, zu denken. Es ist nicht nötig anzunehmen, dafs eben die physikalisch bekannte Spannung die physiologisch wirksame sei: wie z. B. ein Magnet die Spannungsverhältnisse in einem magnetischen Felde verändert, wie verschiedene Körper verschieden stark auf den Magnetismus reagieren, so kann man ganz Analoges auch von der lebendigen Substanz annehmen und experimentell prüfen; auch sie kann sich im Lichtfelde anders als die toten Massen verhalten. Wenn man zur experimentellen Prüfung der Theorie, dafs der Lichtstrahl die phototropisch reagierende lebendige Substanz anzieht, schreiten will, so mufs man sich zuerst dessen bewufst werden, dafs die Werte, die da herauskommen werden, jedenfalls sehr klein sein müssen, vielleicht so klein, dafs sie praktisch nicht aufzufinden sind. Man beachte z. B. folgende Analogie: Das diamagnetische Moment des Wismuts verhält sich zu dem des Eisens wie 1:1,470.000. Der Strahlungsdruck der direkten Sonnenstrahlen auf einen Quadratmeter, den die Strahlen senkrecht treffen und von welchem sie vollständig resorbiert werden (in welchem Falle der Druck maximal ist), ist nicht ganz Img grols!); ich schätze den physikalischen Strahlungsdruck, 1) Die Messungen von &. Lebedew (Wied. Ann. 6, 1901) und andererseits von Nichols und Hull (ibid. 12, 1908) haben nicht zu übereinstimmenden Werten geführt, doch stimmen beide Autoren darin überein, dafs jener Druck nicht über img ‚beträgt. 172 der’auf einen Keimling von Vicia bei der geringen physiologisch noch wirksamen Beleuchtung wirkt, gewils zu hoch, wenn ich ihn durch einen Wert ausdrücke, der 10!%mal geringer als der Druck eines Milli- gramms ist. Wenn ich nun den physiologischen Zug der Lichtstrahlen — analog dem Verhältnis des Magnetismus bei verschiedenen Sub- stanzen — als 10°%mal gröfser annehme als den physikalischen Druck, 50 ist der physiologische Zug der Lichtstrahlen immer noch 10 000mal kleiner als der Druck eines Milligramms — jedenfalls ein sehr feiner Zug. Dieser Vergleich orientiert uns, glaube ich, gut über die Schwierig- keiten, die da einer experimentellen Untersuchung im Wege stehen. Wir können auch anders zu der Überzeugung gelangen, dafs ein solcher Zug der Lichtstrahlen, falls er überhaupt existiert, sehr klein sein mufs, Das mechanische Äquivalent der in einem Licht- strahl enthaltenen Energiemenge, namentlich wenn man nur den kalten Teil des Spektrums (welcher bekanntlich phototropisch der wirksamste ist) betrachtet, ist jedenfalls sehr klein. Nun beachte man, dafs für Pieia sativa das Optimum der phototropischen Wirkung der Licht- strahlen bei einer Intensität von nicht ganz drei Normalkerzen, das Minimum jedenfalls unter 0.05 einer Normalkerze liegt.!) Ich wage es nicht, eine Zahl anzugeben, die die Menge Energie ausdrücken würde, welche im letzteren Falle die Pfanze trifft. Nun beachte man, dafs diejenigen, welche den Phototropismus auf Intensitäts- unterschiede zurückführen, anzunehmen genötigt sind, dafs die Pflanze nicht nur diese Energie, sondern sogar den ungeheuer feinen Unter- schied der Energie empfindet, welche sie an der belichteten und der, welche sie an der beschatteten Seite trifft. Jedenfalls kommt man da auf ungemein kleine Energiewerte. Tatsache ist, dafs die Organismen auf sehr feine. Energiewerte reagieren. Die Reaktion der Pflanzen auf den mechanischen Druck wird zwar gewils nicht unter die feinsten Reaktionen der Pflanzen zählen, und doch reagiert z. B. nach Ch. Darwin?) Passiflora gra- eilis bereits auf einen Druck, der etwas über Img beträgt, und Cie- matis flammea reagiert nach demselben Autor auf einen noch fei- neren Druck, Was die feineren Sinnesorgane betrifft, so führe ich die Messungen von H. Zwaardemaker und F. H. Quix?) an, 1) J. Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche. Denkschr. Wien. Akad. 1879, 1880. 2) Ch. Darwin, The movements and Habits of Climbing Plants, 3) H. Zwaardemaker und F. H. Quix in Neederl. Tijdschr, v. Genees- kunde 2. (9) 1902, 173 nach welchen die Energie der Schallwellen, welche zur Wahr- nehmung derselben durch das Gehör des Menschen nötig ist, nur 36,6.10°°—0,7.10”8ergs betragen soll. Ich habe diese :Analogien angeführt, einmal um das Vorurteil gegen eine Theorie abzuschwächen, welche aus sehr kleinen Energie- werten den Phototropismus erklären will, anderseits aber um auf die Schwierigkeiten der experimentellen Prüfung der Theorie hinzuweisen: Ich habe zuerst geprüft,.ob verschiedene lebendige Organismen, Fliegen, Käfer, der Kopf eines frischgetöteten Frosches, nach der Art einer Magnetnadel auf einem je nach dem Gewicht des Versuchs- objekts verschieden dieken Kokonfaden aufgehängt und, nachdem sie eine Ruhelage eingenommen, seitlich beleuchtet, nicht durch einen Ausschlag aus der Ruhelage: die Beleuchtung beantworten. Nach vielem fruchtlosen Bemühen habe ich diese Versuche aufgeben müssen, da ich wohl bei jeder Lichtintensität nach !/s Minute bis nach 2 Stun- den einen Ausschlag, eine Annäherung an das Licht, konstatieren konnte, es konnte aber niemals nachgewiesen werden, dafs dieser Ausschlag nicht thermischen (radiometrischen) Ursprungs ist. Insbe- sondere blieb der Ausschlag nicht bei den getöteten Objekten aus, und er war ebenso bei rotem wie bei blauem Licht zu konstatieren. Bekanntlich bestehen die radiometrischen Drehungen der be- leuchteten Körper darin, dafs die beleuchtete Seite des Objekts und von ihr die angrenzenden Luftschichten erwärmt und verdünnt werden; infolgedessen bewegt sich der auf dem Kokonfaden hängende Gegen- stand gegen diese erwärmte Luftschichten und nähert sich so dem Licht. Auch die geringsten Lichtintensitäten, mit welchen ich ar- beiten konnte, haben innerhalb der Zeit, innerhalb welcher eine pho- totropische Reaktion merklich wird, eine Drehung verursacht. Ich habe deshalb folgende Versuchsanordnung getroffen: Ein rundes Glasgefäfs, etwa 2dm breit und 1dm hoch, wurde mit einem Glasdeckel, der in der Mitte eine runde Öffnung hatte, bedeckt. Über die Öffnung des Deckels habe ich ein kleines Glasgefäls umgestülpt, auf dessen Boden ich einen einfachen Kokonfaden, etwa 6cm lang, befestigt hatte. Am Ende des Fadens habe ich ein leichtes zuge- spitztes Glashäkchen aufgehängt, welches also frei im Raum des Ge- fälses hing.‘) Das spitze Ende des Häkchens konnte in den Samen der keimenden Pflanze eingestochen werden, so dafs die Keimlinge dann auf dem Kokonfaden horizontal wie eine Magnetnadel im Glas- - 1) Ich habe anfänglich anstatt des Glashäkchens eiserne Stecknadeln be- nutzt, doch hat ihr Magnetismus die Versuche sehr gestört, 174 gefäls schwebten. Die inneren Wände des Gefäfses wurden mit feuchtem” dunklem’ Papier belegt, auf dafs der Keimling längere Zeit lebendig bliebe‘; nur an einer Seite blieb ein Spalt etwa lcm breit und 3cm,hoch‘, der die Lichtstrahlen hineinliefs.. Um die Wärme- wirkungen möglichst abzuschwächen, habe ich das ganze Gefäls in ein gröfseres Glasgehäuse gelegt und darin befestigt und zwischen die Wände eine konzentrierte Alaunlösung gegossen. ‚Das gröfsere Ge-. fäls wurde überdies mit_einer doppelten Schicht von schwarzem Tuch umgeben, ausgenommen wieder jenen obenerwähnten Spalt. Über- dies wurde noch vor den Spalt ein viereckiges etwa 3 cm breites Glasgefäls "gestellt, welches ebenfalls mit Alaunlösung gefüllt war. Vor dieses Gefäls konnten farbige Gläser gestellt werden. Der ganze Apparat, den Spalt wieder ausgenommen, wurde mit einer doppelten Schicht von schwarzem Tuch bedeckt, auf dafs das von oben kom- mende Licht nicht störend wirke. Der Apparat stand auf einer schweren Konsole in einer Ecke meines Versuchszimmers. Als Licht- quelle habe ich das Tageslicht benutzt und abends das Licht einer kleinen Öllampe, Diese beiden Lichtquellen beleuchteten das Innere des Gefälses so wenig, dafs der Keimling eben noch sichtbar war. Trotzdem waren noch bei dieser Versuchsanordnung die radiometri- schen Wirkungen fühlbar. Ich habe immer mit zwei Keimlingen experimentiert. Der eine hing frei an dem Kokonfaden, der andere wurde ebenfalls in horizon- taler Lage an einem Korkstöpsel befestigt und dieser auf den Boden des Gefäfses gelegt. Die erste Aufgabe war nun, beide Keimlinge in eine parallele Lage zu bringen, was oft sehr viel Zeit beansprucht hat und woran oft der Versuch gescheitert ist. Bei- physikalischen Versuchen ist es sehr leicht, die Ruhelage des Kokonfadens aufzu- finden und durch geeignete Drehung dem an demselben hängenden Gegenstand eine beliebige Lage zu erteilen. Da aber bei den hier beschriebenen Versuchen der Versuchsraum ganz durchfeuchtet war und es sein mufste, so setzten sich alsbald auf dem Kokonfaden kleine Wassertropfen an, welche seine inneren Torsionskräfte oft ganz auf den Kopf gestellt haben, so dafs keine Drehung den Keimling in die gewünschte Lage bringen konnte. Nachdem es geglückt war, beide Keimlinge parallel und zwar in eine gegen die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen senkrechte Lage zu orientieren, wurden sie mehrere Stunden beleuchtet in voll- ständiger Ruhe gelassen. Von Zeit zu Zeit habe ich mich überzeugt, dafs die Ruhelage des schwebenden Keimlings wirklich eingehalten 175 wurde, welches nötig war, da oft die obenerwähnten Ursachen die Ruhelage des Kokonfadens verändert haben. Während eines solchen Versuchs konnte nun konstatiert werden, dafs der Keimling etwa nach !/s Stunde sich äufserst langsam mit dem Scheitel gegen die Lichtquelle bewegt hat; nach 2 Stunden betrug der durchlaufene Bogen 5—10°, mehreremale noch mehr. Diese Bewegung war gewils zum Teil durch radiometrische Kräfte verursacht; es sollte nun be- wiesen werden, dafs ein Teil derselben auf die Rechnung der direkten physiologischen anziehenden Wirkung der Lichtstrahlen kommt. Es wäre wohl möglich, den Versuch so anzuordnen, dafs man zuerst den durchlaufenen Bogen des lebendigen Keimlings messen würde, ihn dann abtötete und wieder drehen liefse; doch schien mir diese Me- thode weniger lohnend, da ich gefürchtet habe, dals sich die zu er- mittelnden Bewegungen vielleicht innerhalb der Versuchsfelder ver- lieren würden. Ich habe deshalb folgende indirekte Methode gewählt. Nehmen wir an, dafs durch den Zug der Lichtstrahlen der schwebende Keim- ling, um 1° dem Licht genähert wird. Die auf diese pondoremoto- rische Wirkung angewandte Kraft ist also verbraucht worden und deshalb für die Krümmung des Keimlings verloren gegangen; je mehr an Kraft auf die Bewegung des Keimlings verbraucht wird, desto weniger wird er sich krümmen können; ein solcher Keimling wird wie auf eine geringere Lichtintensität reagieren müssen. Wenn aber zwei gleiche Keimlinge unter sonst gleichen Bedingungen beleuchtet werden, von welchen jedoch der eine befestigt wurde, der andere an dem Kokonfaden frei schwebte, so mufs, falls überhaupt das Licht ponderomotorisch und anziehend wirkt, der freischwebende Keimling sich weniger als der feste krümmen. Wenn keine Torsionskräfte und sonstige Wirkungen den schwebenden Keimling an der Bewegung hindern würden, so mülste er sich offenbar ohne jede Spur der Krüm- mung mit seiner Längsachse in die Richtung der Lichtstrahlen stellen ; je schwächer die Zugkraft der Lichtstrahlen ist, desto mehr wird sich die Krümmung des schwebenden Keimlings der des festen nähern. Bekanntlich reagieren die Pflanzen nicht mit physikalischer, quantitav exakt angebbarer Präzision auf den phototropischen Reiz; man mufs immer auf ziemlich bedeutende individuelle Variationen gefalst sein; dieselben müssen durch eine gröfsere Anzahl von Ver- suchen unschädlich gemacht werden. Der feste und der schwebende Keimling waren durchschnittlich etwa 1,5cm voneinander entfernt (der feste lag, wie oben erwähnt, 176 unter dem schwebenden); ich habe zuerst geprüft, ob innerhalb dieser Entfernung die Lichtintensität nicht empfindlich variiert. Der Versuch wurde so angestellt, dafs beide Keimlinge an einem Korkstöpsel in horizontaler Lage befestigt und in der angegebenen Weise beleuchtet waren. Das Ergebnis von 20 mit Vicia, Pisum und Avena angestellten Versuchen war, dafs in drei Fällen beide Keimlinge ganz gleich ge- krümmt waren, in acht Fällen war der untere mehr als der obere und in neun Fällen der obere Keimling mehr als der untere ge- krümmt, nachdem sie einer Beleuchtung von 2—8 Stunden gleich- zeitig ausgesetzt wurden. ‘Im ganzen haben also die unteren wie die oberen Keimlinge gleich reagiert. Ich habe nun je einen festen und einen freien Keimling be- leuchtet und die Krümmung beider nach einer bestimmten unten an- gegebenen Zeitdauer miteinander verglichen. Noch mufs bemerkt werden, dafs durch die Bewegung des freien Keimlings derselbe eine etwas andere Lage gegen das Licht als der feste eingenommen hat; doch kann dies aufseracht gelassen werden, denn selten betrug die Bewegung mehr als etwa 10° Die Krümmung beider Keimlinge nach einem Malsstab anzugeben, will ich unterlassen, denn die Zahlen würden sehr ungenau ausfallen müssen, da der Keimling immer in zwei Ebenen (geotropisch nach oben und phototropisch seit- lich) gekrümmt war, was die Messung sehr erschwert hat. Ich gebe also im Folgenden nur an, ob der eine oder der andere sich mehr gekrümmt hat, und zwar ist durch + angegeben, wenn der freie weniger, durch — wenn er sich mehr gekrümmt hat und durch +, . dafs kein Unterschied zwischen beiden merklich war. Versuchs- - Nr. Art dauer | Reaktion Bemerkung in Stunden 1 Pisum 18 + Mit dem Rücken gegen das Licht gekehrt 2 » 3 + do 8 » 2 + do. 4 n 10 + do. Beide Keimlinge stark geotropisch, darum die Gröfse der phototropischen Reaktion weniger deutlich erkennbar 5 » 1.5 + do. 6 » 2.5 + Mit der Seite gegen das Licht 7 » 2.5 + Rücken gegen das Licht 8 Vicia 2.5 + Die Seite beleuchtet 9 n 3 _ Rücken beleuchtet 10 Pisum 2 + do, 177 Versuchs- Nr Art dauer | Reaktion Bemerkung inStunden 11 Pisum 2 + Rücken beleuchtet 12 „ 3 _ do, 13 r 4 + do, 14 „ 3 + do. 15 » 3,5 - do, 16 » 2 En do, 17 » 4 + do. 18 » 3 + do. 19 » 3 — Seite beleuchtet 20 n 2.5 + do. 21 » 3.5 + Rücken beleuchtet 22 n 5 + do. 23 » 5 + do. 24 » 4 _ do. 25 Vicia 2 + do. 26 Avena 2.5 + 27 n 2.5 _ Der untere Keimling hat nicht reagiert 28 Vicia 3 + Rücken beleuchtet 29 Avena 4 + 30 Pisum 10 + do. 31 » 83 — do. 32 „ 4.5 + 83 » 13 + do. Beide K, haben sehr schwach rea- 34 „ 4.5 + do. [giert 85 n 5 + do. R 36 Vieia 3 + do. 37 n 2 — do. 38 Pisum 4 —_ do. 39 „ 9 + do, 40 » 5 + do. 41 » 3. + do. 42 » 9 + do. 43 „ 2.5 + do. 44 » 6 + do. 45 Avena 10 + 46 Pisum 4.5 _ Rücken beleuchtet 47—50 Avena 4 + (viermal) 51 Vieia 3 + do. Wenn ich in dieser Tabelle diejenigen Fälle, wo kein Unter- schied zwischen der Krümmung des oberen und des unteren Keim- lings bemerkbar war, zu den ungünstigen zähle, so fallen aus den N 178 51 Einzelversuchen 39 Fälle für die Theorie günstig, 12 ungünstig aus. Im ganzen haben sich also die freibeweglichen Keimlinge in 76,5), der Einzelversuche schwächer als die festen gegen das Licht gekrümmt.') Da diese Abnahme der Krümmung durch keine äulsere Ursache bedingt sein konnte, muls sie nur dadurch entstanden sein, dals ein Teil der den Keimling krümmenden Kraft auf die Bewegung desselben angewendet wurde. Wenn auch die Versuche dafür einen Beweis liefern, dafs der Lichtstrahl einen Keimling anzieht, so zeigen doch die 28,5%, der für die Theorie ungünstigen Fälle, dafs die Versuchsmethode noch zu grob war und dafs durch sekundäre Wirkungen die Resultate mehr als sonst zulässig gestört worden sind. Ich kann im vorhinein nichts anderes daraus schliefsen, als dafs die anziehende Lichtkraft äulserst schwach sein muls; für eine auch nur annähernd quantitative Schät- zung derselben sind offenbar die mitgeteilten Versuche untauglich. ‘Meine Theorie von der physiologischen Spannung der Licht- strahlen hatte bisher wenig Anklang gefunden. Ich schmeichle mir nicht, dafs die hier mitgeteilten Versuche die Theorie so gänzlich über jeden Zweifel erheben. Vielleicht wird aber doch die Mitteilung einige Forscher zu einem ernsteren Nachdenken über die Theorie und zu einigen mehr originellen Versuchen als es die meinigen sind anspornen. Ich werde mich selbstverständlich selbst auch weiter be- mühen, handgreiflichere Tatsachen zu finden, die als Stütze für die- selbe dienen könnten. Den ersten Teil der hier angeführten Versuche habe ich im pflanzenphysiologischen Institut der böhmischen Universität in Prag, den zweiten in meinem Privatlaboratorium ausgeführt. I) In der Tabelle sind die Versuche in derselben Reihenfolge angeführt, in der sie gemacht wurden. Es ist vielleicht nicht überflüssig darauf aufmerksam zu machen, dafs das Verhältnis der günstigen und ungünstigen Falle innerhalb der ganzen Versuchsreihe, welche etwa 1t/, Monate gedauert hat, ziemlich kon- stant bleibt. Über den sog. Harzflufs. Von A, Tschirch. Hierzu 5 Figuren im Text. Über den „Harzflufs“ der Pflanzen war bis vor kurzem!) nur so viel bekannt, dafs derselbe zu Verwundungen in Beziehung steht, jedenfalls nach Verwundungen, seien dieselben künstlich hervorge- bracht oder spontan, durch Astbruch, Blitzschlag etc. entstanden, stärker hervortritt. Welche physiologischen, physiologisch-chemischen und anatomischen Veränderungen den Harzflufs einleiten und begleiten, war unbekannt. Die grofsen Massen Sekret, welche nach Verwun- dungen verschiedenster Art an Stämmen und Zweigen vieler Pflanzen nach einiger Zeit austreten, liefsen sich nicht auf Austritt normal ge- bildeter Sekrete zurückführen. Selbst wenn die Verwundungen alle Sekretbehälter des Stammes oder Zweiges geöffnet und diese Behälter ihren gesamten Inhalt entleert hätten, würde das Sekret doch nur einen verhältnismäfsig geringen Betrag erreichen und niemals viele Kilo betragen. Nun erhält man aber z. B. von einer Seestrandkiefer bis 10 Kilo Harzbalsam und bis 1,5 Kilo festen Barras im Jahre. Andererseits gibt es auch Pflanzen, welche entweder gar keine (Styrax Bepzoin) oder nur im Jugendzustand (Toluifera) Harzbehälter führen, bei denen es also zu einem normalen Harzaustritt überhaupt nicht kommen kann. Aber auch diese zeigen nach Verwundungen Harzflufs. Derselbe ‘trägt also hier von vornherein einen rein pathologischen Charakter. Welche Verhältnisse den pathologischen Harzflufs bedingen, ein- leiten und begleiten, kann nur auf experimentellem Wege festgestellt werden. Ich habe diesen Weg betreten und zunächst (1896—1901) in Gemeinschaft mit den Herren Nottberg und Faber, die die 1) In der Literatur findet sich über den Gegenstand wenig, doch seien einige Arbeiten, die hier in Betracht fallen, genannt: Dippel, Histologie der Co- niferen, Bot. Ztg. 1863; Ratzeburg, Waldverderbnifs, Berlin 1868; Mayr, Harz der Nadelhölzer, 1894; Frank, Krankheiten der Pflanzen, 1896; Hartig, Baum- krankheiten, 1889; Conwentz, Monographie der Baltischen Bernsteinbiiume, Danzig 1890; Tsehirch, Angewandte Pflanzenanatomie; Moeller, Zeitschr. d. allgem. österr. Apothekervereins 1896; Hartig, Wichtige Krankheiten der Nadel- bäume; E.Mer, Recherches sur la maladie des branches de Sapin, Journ, de bot. 18998; A. P. Anderson, Über abnorme Bildung von Harzbehältern, Dissertation München 1896; Tschirch, Harze und Harzbehälter, Leipzig 1900. 180 Versuche nach meinem Plane durchführten, den Harzflufs der Coniferen und die Bildung der sog. Harzgallen näher studiert. Die Resultate, welche wir bei den 400 Versuchen an Abies pec- tinata DC., Picea vulgaris Link, Pinus silvestris L. und Larix euro- paea DC. — also sämtlich Pflanzen, die zur Harzung herangezogen werden — erhielten und die durch zahlreiche Beobachtungen an na- türlich entstandenen Wunden im Walde kontrolliert wurden, lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen !): Fig. 1. Schematische Darstellung der Entstehung des Harzflusses am Stammquer- schnitt. I Rinde. II Nach der Verwundung entstandenes Neuholz mit Harzkanälen (HK) in der Umgebung der Wunde. III Altholz. Das Harz ist schwarz gehalten. Durch jede Verwundung, welche das Kambium verletzt, wird bei den vier Abietineen Harzflufs erzeugt. Dieser Harzflufs setzt sich zusammen aus einem primären, unmittelbar nach der Verwundung eintretenden und nur kurze Zeit anhaltenden Harzflusse geringer Ergiebigkeit, bei dem das Sekret aus 1) Vergl. auch Tscehirch und Faber, Experimentaluntersuchungen über die Entstehung des Harzflusses bei einigen Abietineen (Arch. d. Pharm. 1901 pag. 249) und Faber, Dissertation, Bern 1901, mit 2 Tafeln. . 181 den normalen Sekretbehältern des Holzes und der Rinde (bei der Tanne nur aus letzteren, da ihr Kanäle im Holz fehlen) stammt — also physiologischer Natur ist —, sowie aus einem sekundären, ergiebigen, erst nach einiger Zeit einsetzenden Harzflusse, dessen Se- kret nur aus den Kanälen des nach der Verwundung gebildeten Neu- holzes stammt, die infolge des Wundreizes dort in grofser Zahl entstehen. Dies Sekret ist also pathologischer Natur. Diese pathologischen Kanäle sind schizogen und erweitern sich lysigen. Sie bilden ein reichverzweigtes anastomosie- rendes Netz und ragen mit ihren offenen Enden bis an die Wundfläche heran. Sie liegen in einer Zone von Tracheidalparen- chym, in welchem sich alle Übergänge von der typischen Parenchymzelle bis zur typischen Tracheide finden. Fig. 2. Schematische Darstellung Fig. 3. Harzflufs. Tangentialschnitt durch der Entstehung des Harzflusses die Harzkanalschicht, die Kanalanastomosen am Stammlängsschnitt. Bezeich- . zwischen den Markstrahlen zeigend. nung wie in Fig. 1. In der Rinde werden keine pathologischen Harzbehälter gebildet, daher kann sich dieselbe auch nicht am sekundären Harzflufs be- teiligen. Das Sekret ist schon in den jüngsten Kanälen vorhanden. x 182 Der sekundäre Harzflufs beginnt im Hochsommer etwa 3—4 Wochen nach der Verwundung und hält während der Vegetations- periode so lange an, bis die Wunde durch Überwallung geschlossen ist, Es werden alljährlich in den neugebildeten Holzteilen neue pa- thologische Kanäle angelegt. Die Intensität des sekundären Harzflusses und die Menge des austretenden Sekrets ist abhängig von der Gröfse der Wunde und von der Dauer der Einwirkung des Wundreizes. Ist die Wunde geschlossen (z. B. durch Überwallung), so hört auch der Reiz auf und die aus dem nunmehr wieder geschlossenen Kambiumringe gebildeten Gewebselemente sind wieder völlig normal. Der Wundreiz äufsert sich kräftiger in dem oberhalb der Wunde befindlichen Zweigteil als in demjenigen unterhalb derselben. Infolge dessen werden oberhalb der Wunde zahlreiche und lange Kanäle, unterhalb weniger zahlreiche und kurze Kanäle gebildet. In vielen Fällen waren Kanäle oben bis 6, unten bis 2,5cm von der Wunde entfernt zu konstatieren. Wo man bei anatomischer Untersuchung eines Coniferenholzes auf vom Normalen abweichendes reichlicheres Auftreten von Harz- gängen stölst, kann man mit Sicherheit auf die Nähe einer Wunde schliefsen, die zur Zeit, als diese Kanäle gebildet wurden, noch nicht geschlossen war. Denn immer ist die Bildung zahlreicher pathologi- scher Kanäle und damit zusammenhängend das Auftreten von sekun- därem Harzflufs als Reaktion auf Wundreiz zu betrachten. Der Harz- fluls trägt also den Charakter eines Wundbalsams. Die Verwundungen, welche wir anbrachten, waren folgende: Flachwunden. Abschälen der Aufsenrinde durch Schnitte in tan- gentialer Richtung geführt ohne das Kambium zu verletzen. Brand- und Schwelwunden. Abtöten der Kambiumzone durch Erhitzen mit einer Flamme, ohne die Rinde von aulsen zu ver- letzen. ” Ringelwunden. Herauslösen eines ca. lcm breiten Ringes, Bohr- und Nagelwunden. Durchbohren eines Zweiges mittels eines Bohrers oder Nagels. Fensterwunden. Herauslösen eines rechteckigen Stückes Rinde. Kerbwunden. Herauslösen eines keilförmigen Stückes Rinde und des darunter liegenden Splintes. Klopfwunden. Klopfen eines Zweiges mit einem hölzernen Hammer bis zur Zerfetzung der Rinde. Schabwunden. Abschaben der Rinde mit einer groben Feile. 183 Bruchwunden. Knicken von Zweigen und Abreifsen von Neben- zweigen an der Insertionsstelle. Schnittwunden. Glatte Einschnitte in radialer Richtung. Die Folgen der Verwundung sind zwar in allen Fällen im we- sentlichen stets dieselben, immerhin verhalten sich die verschiedenen Baumarten gegen einzelne Wunden ein wenig verschieden. Am emp- findlichsten gegen Verwundungen ist die Lärche. * * * Die sog. Harzgallen, die ich anfangs glaubte für den Harz- flufs mitverantwortlich machen zu können, haben damit nichts zu tun, da sie allseitig geschlossen sind. Nur insofern haben sie Beziehungen dazu, als sie ebenfalls nur infolge von Verwundungen entstehen, Speziell auf diese Gebilde gerichtete Untersuchungen!) haben näm- lich Folgendes ergeben. Harzgallen bilden sich nur infolge von Verwundungen und zwar nur wenn das Kambium verletzt wurde. Als erste Folge der Verwundung bildet sich ein eigentümliches Wundparenchym, welches entweder aus typischen Parenchymzellen oder aus „Tracheidalparenchym“ besteht und welches entweder ziem- lich unvermittelt oder durch zahlreiche Übergänge in typisches Tra- cheidengewebe übergeht. In diesem pathologischen Holzgewebe, vor- nehmlich in dem typischen Tracheidalparenchym, bilden sich die Harzgallen und zwar, ‘wie es scheint, rein ]ysigen. Einige Zellen dieses Gewebes entwickeln nämlich eine resinogene Schicht. In dieser entsteht das Sekret in ähnlicher Weise wie ich dies für die Sekret- zellen überhaupt beschrieben habe.) Dann beginnt die primäre und sekundäre Membran dieser Harzzellen zu verschleimen — die tertiäre Membran bleibt lange intakt — und schliefslich gehen die Zellen zu- grunde und die Mitte der Harzgalle führt einen grolsen Harzklumpen. Die Randzellen der Harzgallen werden in diese Resinosis nicht ein- bezogen. Sie bilden überhaupt kein Sekret. Weit über 400 Versuche an fünf verschiedenen Abietineen — Pinus silvestris, Picea vulgaris, Abies pectinata, Pinus Strobus und Larix europaea — mit denselben Verwundungsarten, die oben er- 1) Vergl. Tschirch und Nottberg, Experimentaluntersuchungen über die Bildung der Harzgallen und verwandter Gebilde bei unseren Abietineen (Arch. d, Pharm. 1897 pag. 256) und Nottbergs Dissertation 1897 (Abdr, aus der Zeitschr. f. Pfianzenkrankheiten VII) mit 1 Taf. und 10 Textfiguren. - 2) Harze und Harzbehälter pag. 389. Flora 1904. ' 13 184 wähnt wurden, und zahlreiche Beobachtungen an natürlich entstan- denen Wunden im Walde haben ergeben, dals Harzgallen nicht bei jeder Verwundung entstehen müssen, sondern nur unter besonderen, allerdings ziemlich häufig eintretenden Bedingungen sich bilden. Eine der häufigsten dieser Bedingungen ist die, dals eine im Umfang be- trächtliche Schicht von Tracheidalparenchym durch die Überwallung gewissermalsen „eingefangen“ wird oder gröfsere Partien Tracheidal- parenchym sich zwischen normalem Holz an der Wundstelle bilden. Fig. 4. Harzgalle im Stammquerschnitt (schematisch). Bezeichnung wie in Fig. 1. 1i—3 die drei Randschichten der Harzgalle. 1. Tracheidalparenchym, das später der Verharzung anheimfällt; 2. Tracheidalparenchym,. dessen Zellen zwar noch Harz führen, aber nicht zugrunde gehen; 3, harzfreie Randschicht des Tracheidal- parenchyms. Jedenfalls ist ihre Bildung an das Vorhandensein von Tracheidal- parenchyminseln oder -Streifen relativ gröfseren Umfanges geknüpft. Gelangen aber solche durch Überwallung oder Bildung normalen Holzes in den nach aufsen folgenden Schichten in den normalen Holzkörper. hinein, dann verharzen sie auch in der Regel und es ent- steht eine Harzgalle. Die Harzgallenmutterzellen werden also stets bereits im Kambium als Parenchymzellen angelegt und zwar nur nach einer Verwundung. Man kann also aus dem Vorhandensein einer Harzgalle stets auf eine Verwundung schliefsen. Oft, wenn die Harzgalle tief im Holze liegt, ist die Verwundung, welche zur Bildung der Harzgalle 185 den Anstofs gab, längst vernarbt. Aber noch in vielen Fällen liefs sich die Verwundung auch nach Jahren noch nachweisen, wenn wir sorg- fältig darnach suchten. Mit den pathologischen Kanälen des eigentlichen Harzflusses haben die Harzgallen nichts zu tan. Sie bilden sich bald innerhalb, bald aufserhalb der Zone, wo diese Kanäle liegen, Nun kann aber bei schweren Wunden und starkem Harzflufs auch wohl normal der Fall eintreten, dafs die ganze Schicht, in der die pathologischen Ka- näle des Harzflusses lagen, verharzt, d. b. auch die trennenden Mark- strahlen des anastomosierenden Netzes mitverharzen. Dann entstehen sog. Harzfliefsen oder -Platten im Gewebe, die durch ihre flache Form sich von den im allgemeinen rundlich-ovalen eigentlichen Harzgallen unterschei- den. Der Fall scheint aber relativ selten zu sein, Vergleicht man die an rezenten Coniferen erzielten Resultate mit den Befunden, die Conwentz!) beim Bernstein beschreibt, so findet sich fast überall Übereinstimmung und ich stimme vollständig Conwentz bei, dafs wir berechtigt sind anzunehmen, dafs kein Baum des Bernsteinwaldes gesund war, sondern alle mehr oder weniger tiefgreifende Wunden ge- zeigt haben müssen. m Als „falsche Harzgallen“ möchte . ’ ich eine Bildung bezeichnen, die Fig. 5. Harzgalle im Stammlängs- . . . schnitt (schematisch). Bezeichnung mir einige Male, allerdings sehr wie in Fig. 4. selten, begegnet ist und deren Entstehung in allen Punkten von den echten Harzgallen abweicht. Bei nicht sehr grofsen Wunden an Pflanzen, die die Neigung be- sitzen starke Überwallungswülste zu bilden, kann es vorkommen, dals der Harzbalsam über der Wunde eintrocknet und dann von dem Überwallungswulst eingeschlossen, gewissermafsen eingefangen wird. Das Harz liegt in diesem Falle der Wunde so fest auf, dafs weder _—UT LU II u el 1) Monographie der baltischen Bernsteinbäume, Danzig 1890, pag. 145. 13* . 186 der Überwallungswulst noch die Neuholzschichten es beiseite schieben können. Die Pflanze läfst es alsdann liegen, und so gelangt die Harz- insel schliefslich im Laufe der Jahre tief ins Holz hinein, eine echte Harzgalle vortäuschend. Derartige Bildungen sind aber von den echten Harzgallen leicht zu unterscheiden, denn sie zeigen an ihrem Rande niemals den für die typischen Harzgallen charakteristischen dreifachen Saum: zu innerst in Auflösung begriffene Zellen, dann harzführendes Tracheidalparenchym und endlich Tracheidalparenchym, . dessen Zellen leer sind. * * * Damit war die Frage, soweit sie die Gymnospermen, speziell die Coniferen betraf, beantwortet und ich konnte mich zu den Angio- spermen wenden. Mittlerweile hatte jedoch Jos. Moeller eine inhaltreiche und wichtige Arbeit über die Entstehung des Harzflusses bei Liqui- dambar veröffentlicht!), welcher ebenfalls auf Grund von Experi- menten die Frage des Harzflusses zu lösen sucht. Die Versuche wurden von L. Planchon in Montpellier und von Mohr in Mobile (Alabama) ausgeführt. Jos. Moeller kommt bei Liquidambar zu folgendem Resultate: „Weder in der Borke noch in der Rinde bildet sich Balsam, sondern einzig und allein im jungen Holze. Hier entstehen infolge von Verletzungen zunächst intercellulare, später lysigene Balsamgänge, die quer angeschnitten werden müssen, wenn sie ihren Inhalt ent- leeren sollen. In den Markstrahlen entsteht primär kein Balsam, doch können die Markstrahlen sekundär in die Balsambildung ein- bezogen werden.* Moeller hat für Liquidambar die Frage gelöst. Er war der erste, der erkannte, dafs nicht die Rinde, sondern das Neuholz der Ort ist, von dem der Harzflufs ausgeht. Da sich nun heraus- gestellt hatte, dafs die Coniferen sich ganz wie Liquidambar ver- hielten, lag die Vermutung nahe, dafs die Bildung des Harzflusses bei den Pflanzen überhaupt nach einem einheitlichen Gesetze erfolgt, welches sowohl für die Gymnospermen wie für die Angiospermen gilt. Es blieb nunmehr zu untersuchen, ob sich die übrigen Angio- spermen,. bei denen wir Harzflufs beobachten, ebenso verhalten wie Liquidambar und die Coniferen. 1) Jos. Moeller, Über Liquidambar und Storax. Zeitschr. d. allgem. österr. Apoth.-Ver. 34 (1896). 187 Ich hatte bereits während meines Aufenthaltes in Indien (1888/89) eine Anzahl von Verwundungen an harzliefernden Bäumen unter- nommen, die mich über eine Reihe von Fragen, den Harzflufs bei den Angiospermen betreffend, vorläufig orientierten. Doch blieb noch vieles unklar. Ich habe daher vor einigen Jahren Herrn Prof. Treub gebeten, einige Versuche in Buitenzorg anzustellen und mir das Material zu senden. Mit gewohnter Liebenswürdigkeit und Bereitwilligkeit ist derselbe auf meine Wünsche eingegangen, hat die Versuche genau nach dem Programm durchgeführt und mir die verwundeten Zweige alsdann gesandt. Das Programm enthielt folgende Punkte: 1. Als zu verwundende Pflanzen wurden bezeichnet: Styrax Ben- zoin Dryand. (liefert die Benzoe), Canarium commune L. (liefert das Manila-Elemi), Shorea stenoptera Burck (liefert ein Copal-Dammar), Toluifera Balsamum L. (liefert den Tolubalsam) und T.Pereirae Baillon (liefert den Perubalsam). 2. Die Wunden wurden in folgender Art angebracht: a) Fensterwunden. Entfernen gröfserer rechteckiger Rinden- stücke bis an das Kambium. b) Ringelungswunden. Entfernen eines ringförmigen Rin- denstückes. ec) Schwelwunden. Anbrennen einer eircumseripten Partie mittels einer Flamme. d) Kleinere Schnitt- und Kerbwunden, teils nur bis zum Holz, teils in dieses hinein. Die verwundeten Zweige wurden etwa nach drei Monaten ab- gesägt und mir übersandt. Von den für die Versuche ausgewählten Pflanzen enthält Styrax Benzoin Dryand,, wie ich bereits früher festgestellt hatte 1), in keinem seiner Organe Sekretbehälter. Die Toluiferaarten ent- halten zwar in der primären Rinde der Zweige schizogene Gänge, dieselben werden jedoch später mit der primären Rinde abgeworfen. Canarium commune L. enthält in der Rinde und in den Siebteilen der markständigen Gefäfsbündel Harzkanäle, Shorea stenoptera Burck. führt dergleichen im Mark. Aufser diesen Pflanzen wurde alsdann noch Liquidambar orientalis und styraciflua zum Vergleich herangezogen, von denen ich Material verwundeter Zweige Herrn Prof. Jos. Moeller 1) Ber, d. d, Bot, Ges. 1890, pag. 48. 188 verdanke, der ja die Verhältnisse bei dieser Gattung eingehend studiert und beschrieben hat. Die Untersuchungen wurden von mir in Gemeinschaft mit Herrn Svendsen durchgeführt. !) . * % * Styrax Benzoin. Der unverwundete Zweig enthielt weder in der Rinde noch im Holzkörper Sekretbehälter. An einem Zweige von ca. Tem Durchmesser war durch eine Ringelungswunde ein 2,5cm breiter Rindenstreifen abgelöst worden, so dafs der Holzkörper in der ganzen Ausdehnung der Wunde frei- gelegt war. An der Oberseite der Wunde hatte sich ein kräftiger Überwallungswulst gebildet, an der Unterseite derselben ein kleinerer. Dort, wo der Rindenwulst diek war, war auch viel Neuholz gebildet, an den anderen Stellen weniger. Das Neuholz war scharf gegen das Altholz abgegrenzt und führte reichlich Harzkanäle, die sich an ein- zelnen Stellen bis 5cm von der Wunde entfernt verfolgen lielsen. Im Neuholz war „Tracheidalparenchym“ gebildet, die Zellen waren wenig verdickt, die Markstrahlen undeutlich, das Tracheidalparenchym zeigt6 alle Übergänge zwischen Parenchym mit wenig deutlichen Hof- tüpfeln und sehr kurzen Tracheiden mit kaum schräg gestellten Quer- wänden. Bisweilen traten auch Scelereiden auf. Stärke war reichlich vorhanden. Das Neuholz trug also den Charakter von „pathologischem Holz“. In diesem Gewebe hatten sich nun die Harzkanäle gebildet und zwar in der dem Altholz benachbarten Partie. Die Harzkanäle waren in ihrer Anlage schizogen und zeigten im jüngsten Stadium eine deut- liche resinogene Schicht. Der fertige Kanal ist im Querschnitt von ea. 5—8 sezernierenden Zellen umgeben. Verhältnismäfsig frühzeitig beginnt die lysigene Erweiterung der Kanäle, so dafs die Kanäle nun schizolysigen werden. Die Auflösung der Zellen erfolgt in der gleichen Weise, wie ich dies für die Rutaceen beschrieben habe. ?) Bemerkenswert erscheint, dafs aus der Membran, bevor sie sich löst, zunächst das sog. Lignin verschwindet. Die Membranen der die Harzlücken umgebenden Zellen reagieren daher nicht auf Phlo- roglucinsalzsäure. Die Kanäle erweitern sich schliefslich so stark, dafs sie von Markstrahl zu Markstrahl reichen, ja häufig werden so- gar die Markstrahlen ergriffen; die Auflösung beginnt bei diesen an 1) Betreffs der Einzelheiten sei auf die Dissertation von Svendsen ver- wiesen (Bern 1904). 2) Harze und Harzbehälter, pag, 371. 189 den keilförmigen Enden. Oft ragen, wenn der Kanal über mehrere Markstrahlen hin sich erstreckt, die Reste der Markstrahlzellen von den entgögengesetzten Seiten des Kanals in diesen hinein. In der Nähe der Wunde sind die Kanäle am gröfsten. An den Stellen, wo der Überwallungswulst am dicksten ist, sind zwei Reihen von Kanälen gebildet, die aber nicht untereinander kommunizieren. Der Über- wallungswulst liegt dem Altholz nicht fest auf, sondern es befindet sich zwischen beiden eine Spalte. In diese münden die Harzkanäle des Neuholzes und ergiefsen von hier aus ihren Inhalt über die Wund- fläche. Der der Rinde benachbarte Teil des Neuholzes pflegt keine Kanäle zu enthalten, zeigt aber oft Maserbildung. Die Kanäle, welche über der Wunde liegen, stehen mit der Wundfläche durch den Spalt zwischen Überwallungswulst und Altholz in offener Kommunikation. Sie stehen aber auch untereinander in Verbindung. Denn, wie ein Tangentialschnitt lehrt, bilden alle Kanäle schliefslich ein reich verzweigtes anastomosierendes Netz, in dem die Markstrahlen oder Markstrahlreste wie Inseln liegen. Auch die Kanäle unterhalb der Wunde münden auf die Wundfläche, aber begreiflicher- weise ist hier der Balsamaustritt ein geringerer, erstlich da unterhalb der Wunde weniger Harzbehälter liegen und ferner der Balsam hier nur dann austritt, wenn er herausgeprelst wird, während er aus dem Kanalnetz oberhalb der Wunde einfach ausfliefst, der eigenen Schwere folgend. Aber auch an den Seitenrändern der Wunden kann wegen der reichen Anastomosen Balsam austreten. Er wird aber hier nur an einzelnen Stellen in Form von Tröpfchen austreten, während er von oben her als breiter Strom die Wunde überfluthet und von unten her als schmaler Streifen hervorquillt. Die Beobachtung lehrt, dafs dies in der Tat sich so verhält. Auch in der Rinde, besonders im äufseren Teile derselben, finden sich Harzlücken. Dieselben stehen nicht selten durch in den Mark- strahlen verlaufende Radialspalten mit den Kanälen des Neuholzes in Verbindung und zwar mit der gröfsten und in der Erweiterung am meisten vorgeschrittenen. Die radialen Verbindungskanäle entstehen ebenfalls zunächst durch Auseinanderweichen benachbarter Zellen, also schizogen, erweitern sich aber ebenfalls Iysigen. Sie setzen sich über das Kambium hin, wo sie ziemlich’ schmal sind, in der Rinde fort und erreichen, die sekundäre Rinde durchsetzend, die äufsere Grenze der- selben. Besonders hier entstehen die Rindenlücken. Diese sind meist keilförmig, mehr hoch als breit. Ihre Bildung beginnt in den Markstrahlen (Rindenstrahlen). Allmählich wird aber das ganze um- 190 gebende Gewebe ergriffen, sogar die mechanischen Elemente, wie ich dies schon früher beschrieben habe.!) Die Bildung der Rindenlücken wird also gewissermafsen vom Holz her angeregt, wenn in diesem die Resinose weit vorgeschritten ist. Je weiter man sich von der Wundstelle entfernt, um so seltener werden die Kanäle und auch das Tracheidalparenchym geht allmäh- lich durch zahlreiche Zwischenformen in normales ‚Holz über. Diese Rückkehr zur Normale erfolgt unterhalb der Wunde rascher als ober- halb derselben. Der Zweig, an dem sich eine „Fensterwunde“ befand, verhielt sich im grofsen und ganzen gleich, ebenso ein solcher, aus dem ein keilförmiges Stück herausgeschnitten worden war, Die vorstehenden Untersuchungen wurden dann noch an Harz- stücken der Droge kontrolliert, denen Gewebsreste anhingen. Man findet nämlich in der Siambenzoe des Handels — selten bei der in Tränen, fast regelmälsig bei der in Platten — anhängende, fest mit dem Harz verklebte und vom Harz durchtränkte Gewebsreste. Die Tränen werden nämlich von der Wundfläche abgelöst, während die Platten aus der Rinde und zwischen Rinde und Altholz herausgelöst werden. Von 12 beiderseits mit Gewebsresten bedeckten Harzstücken waren 7 beiderseits mit Rinde, 2 beiderseits mit Holz und 3 einer- seits mit Rinde, andererseits mit Holz bedeckt. Von 27 einseitig mit Gewebsresten bedeckten Harzstücken waren 19 mit Rinde, 8 mit Holz bedeckt. Ähnliche von mir schon früher gemachte Beobachtungen hatten mich damals zu dem Schlusse geführt 2), dafs die Benzoe vor- nehmlich in der Rinde entstehen müsse. . In allen Fällen liefs sich feststellen, dafs das Has in den Ge- weben gebildet war, zwischen deren Resten es lag, denn die das Harz unmittelbar umgebenden Zellen zeigten die Auflösungserscheinungen und die Reaktionen ihrer Wände, von denen oben die Rede war. Anatomisch stimmten die Gewebe ganz mit denen von Styrax Benzoin Dr. aus Buitenzorg überein. Um das sehr brüchige Gewebe schneid- bar zu machen, wurden die mit Ätheralkohol entharzten Stücke an der Wasserstrahlpumpe mit verdünntem Glyzerin imbibiert. Die Untersuchung des Drogenmateriales ergab vollständige Über- einstimmung mit den oben beschriebenen Untersuchungen in Buiten- 1) Über die Entwicklungsgeschichte einiger Sekretbehälter und die Genesis ihrer Sekrete. Ber. d.d. bot. Ges. 1888, pag. 2; vgl. auch Wiesner, Mikroskop. Untersuch. pag. 89, und Rohstoffe, 2, Aufl, pag. 331. 2) Ber, d. d. bot. Ges. 1888, pag. 10. 191 zorg verwundeter Zweige, so dafs, da die Droge aus Siam, das Buitenzorger Material aber von aus Sumatra stammenden Pflanzen herrührte, nunmehr erwiesen ist, dafs die Bildung der Siam- und der Sumatrabenzoe in gleicher Weise vor sich geht. * * * Canarium communeL. In der primären Rinde der Zweige liegen in Ausbuchtungen von Bastzellgruppen grofse schizogene Sekret- behälter, kleinere in der sekundären Rinde. Gleichgebaute Harzgänge finden sich auch im Siebteil der markständigen Bündel. Die Kanäle sind hie und da Iysigen erweitert. Das Holz enthält keine Sekretbehälter. Von einem ca. 6cm dicken Zweige war ein ca. dem breiter Rindenstreifen entfernt worden. Das Zweigstück wurde 112 Tage nach der Verwundung abgeschnitten. Oberhalb der Wunde hatte sich ein fast zentimeterdicker sehr regelmäfsiger Überwallungswulst ge- bildet. Unter dem Überwallungswulst war Harzflufs zu bemerken. Unterhalb der Wunde war der Überwallungswulst kleiner, der Harz- flufs geringer. Im inneren Teile des nach der Verwundung gebildeten Neu- holzes lag ein einfacher Kreis von Sekretbehältern, eingebettet in eine breite Parenchymzone, deren Zellen fast reinen Parenchymcharakter besalsen und kaum zum Tracheidalparenchym gerechnet werden können. Die Zone war etwa 12 Zellen breit. Nach aufsen ging sie in fast normales Holz über. Doch waren die Elemente dieses Neu- holzes durchweg kürzer. Die Sekretbehälter werden schizogen angelegt und erweitern sich lysigen zu oft beträchtlichen Lücken. Sie bilden auch hier ein anastomosierendes Netz und münden in den Spalt zwischen Über- wallungswulst und: Altholz. Die Rinde zeigte keine Veränderungen, selbst die Sekretbehälter waren unverändert geblieben, neue nicht angelegt. Im Überwallungswulst des Holzes war Maserbildung zu bemerken. Auch hier bei Canarium zeigte es sich, dafs der Wundreiz sich viel stärker in der oberhalb der Wunde liegenden Partie bemerkbar macht als in den unterhalb derselben liegenden. Die Kanäle ver- schwinden früher, bleiben kleiner und ihre Zahl ist geringer, das Neu- holz weicht in seinem Bau weniger vom Altholz ab, der Überwallungs- wulst zeigt schwächere Maserbildung. Ein Zweigstück war durch „Anschwelen“ verwundet. Die Rinde war aufsen rissig und verkohlt, aber an keiner Stelle vom Aste ab- 192 gelöst. Harzflufs war nicht eingetreten. Unter der geschwelten Rindenstelle war das Holz dunkel gefärbt, das Kambium war abge- storben. Das Neuholz zeigte wenig Abnormes, Kanäle waren nicht gebildet. Doch zeigten die Gefäfse des Neuholzes sowie auch des benachbarten Altholzes Thyllenverschlufs, der bei Canarium überhaupt den sonst so verbreiteten Gummiverschlufs ersetzt. Nur in der un- mittelbaren Nähe der Wunde fand sich Tracheidalparenchym. Auch bei einer Kerbschnittwunde wurden keine Harzkanäle im Neuholz gefunden, obwohl auch hier Tracheidalparenchym auftrat. Doch waren „Harzgallen* in verschiedenen Entwicklungsstadien zu bemerken. Dieselben zeigten ganz die gleiche Entwicklungsgeschichte und das gleiche Verhalten wie die Harzgallen von Pinus.!) Aus vorstehend skizziertem Verhalten ergibt sich, dafs bei Can- narium commune nur bei grolsen Wunden Harzflufs eintritt, t * * f * Shorea stenoptera Burck. Schizogene Sekretbehälter fin- den sich im Mark und im Zentrum der Blattspurstränge, sowie bei älteren Zweigen auch im Holzkörper und zwar in den Holzparen- chymbändern. Die verwundeten Stücke zeigten „Fensterwunden“, Kerb- und Schwelwunden. Die Zweige waren 110 Tage nach der Verwundung geschnitten worden. Die Fensterwunde war ca. 20cm? grofs. Rings um dieselbe hatten sich Überwallungswülste gebildet. Am stärksten war der obere Wulst, geringer die Seitenwülste, am geringsten der Basalwulst. Harz- flufs war reichlich, besonders oben eingetreten. In der Nähe der Wunde war im Neuholz Tracheidalparenchym und in demselben eine Reihe Harzbehälter gebildet, die um so kleiner waren je weiter sie von der Wunde entfernt lagen. In der Wund- nähe waren sie grols und lysigen erweitert. Auch das Tracheidal- parenchym wird allmählich schmäler, wenn man sich von der Wunde entfernt. Oberhalb der Wunde sind noch 4cm von der Wundstelle entfernt Harzkanäle um °/ des Zweigumfanges nachzuweisen, im letzten, der Wunde abgekehrten Viertel fehlen sie. Unterhalb der Wunde findet man sie fast nur noch an der der Wundstelle entsprechenden Partie des Zweigquerschnittes. Auch die Wundfläche zeigte einige Harztröpfehen. Dieselben entstammten horizontalstreichenden, zu den Blattspuren führenden 1) Harze und Harzbehälter pag. 393. , 193 Radialkanälen, waren also primärer Harzflufs. Die Kanäle, welche diese Tröpfchen geliefert hatten, waren durch Thyllen verschlossen, die durch Auswachsen von Sezernierungszellen zustande kommen, wie ich dies schon früher bei Balsamea Myrrha beschrieben habe.') Im Altholz tritt reichlich Thyllenbildung in den Gefälsen ein. Die Rinde zeigt keine Veränderung. Bei kleineren Wunden wurden im Wundholze keine Sekret- behälter gebildet. Auch bei einer Schwelung, bei der die Rinde er- halten blieb, waren solche nicht zu bemerken, wohl aber Tracheidal- parenchym und kurze, abnorme Holzelemente. * * * Toluifera Pereirae Baillon und T.Balsamum L. Der anatomische Bau -der Achsenorgane dieser beiden Pflanzen stimmt vollständig überein. Bei jungen Zweigen finden sich kleine schizogene Sekretbehälter in der primären Rinde. Aber schon bei einem 6mm dicken Zweige sind dieselben gewöhnlich samt der primären Rinde durch Borkenbildung abgestofsen.?) Doch kommt es auch vor, dafs sie noch bei 4cm dicken Ästen erhalten sind. In der sekundären Rinde, im Holz und Mark fehlen die Sekretbehälter ganz. Dafs der Balsam ein rein pathologisches Produkt sein mufs, habe ich schon früher auf Grund chemischer und mikroskopischer Untersuchungen hervorgehoben.?) Leider lagen von diesem Material nur Stücke vor, die verhält- nismäfsig kleine Wunden ‘(Ringelung, Kerbschnitt, Kreuzschnitt) er- halten hatten. Bei keinem derselben war Bildung von Kanälen im Wundholz und dementsprechend Harzflufs zu beobachten. Keines der Stücke war geschwelt worden. Und so läfst sich leider nicht sagen, ob Toluifera dem Gesetze folgt. Ich zweifle übrigens nicht daran, dafs auch hier die Verhältnisse ähnlich liegen werden, wenn grofse Wunden (ähnlich wie bei der Tolubalsamgewinnung) hergestellt oder gar kräftiges Schwelen angewandt und tiefgreifende Verletzungen (wie bei der Perubalsamgewinnung) angebracht werden. Denn bei kleinen Wunden sehen wir ja auch bei Canarium und Shorea die Kanalbildung unterbleiben. 63 * * 1) Angewandte Pflanzenanatomie pag. 481 Fig. 565. 2) Harze und Harzbehälter pag. 396. 8) Tschirch und Trog, Studien über den Perubalsam und seine Ent- stehung. Arch, d. Ph. 1894 pag. 93. 194 Liquidambar orientalis und styraciflua. Beide Pflanzen zeigen im Bau des Stammes keine Unterschiede. Sie führen nur im Mark schizogene Harzkanäle.!) Das untersuchte Material verdanke ich Herrn Prof. Moeller. Wir suchten namentlich noch einige ergänzende Fragen zu lösen, da bereits von Moeller die Grundfrage dahin beantwortet worden war, dals bei Verletzungen pathologische Harzkanäle im Neuholz ent- stehen. Wir haben besonders den Fragen: wie entstehen und er- weitern sich die Kanäle? — wie ergiefst sich der Balsam über die Wundfläche? — und stehen die Kanäle in Kommunikation unterein- ander? — unsere Aufmerksamkeit geschenkt. Von Liquidambar styraciflua lagen Stücke vor, die von dem verwundeten Stamme in der nächsten Nähe der „Gürtelung“ losgelöst waren und deutlichen Harzflufs zeigten. Von Liqu. orientalis lag ein Zweigstück von 4cm Durch- messer vor mit einer 4:3em messenden Fensterwunde. Am oberen Teile der Wunde war ein Überwallungswulst gebildet. Unterhalb desselben war Harzflufs zu bemerken. Liquidambar styraciflua. Hier führt der Wundreiz zu sehr ausgiebiger Harzkanalbildung. In der Nähe der Wunde lagen im Neuholz drei konzentrische Reihen von Harzkanälen. Am ent- gegengesetzten Ende war aber nur eine zu sehen. Die Kanäle ent- stehen auch hier in einer schmalen Zone von Tracheidalparenchym, wie dies bereits Moeller beschreibt. Die Kanäle zeigten sehr schön die „resinogene Schicht“ 2), die leicht identifiziert werden konnte, auch noch schön zum Quellen und Kontrahieren gebracht werden "konnte. Auch die lysigene Erweiterung ist hier sehr gut zu verfolgen. Sie erfolgt etwa in der Weise wie bei den Anacardiaceen®) und beginnt mit einem Vakuoligwerden des Zellinhalts und einer Verschleimung der Zwischenwand, die zur Herauslösung der Zellen führt. Übrigens werden bei der Iysigenen Erweiterung schliefslich auch die Mark- strahlen ergriffen und zwar zunächst an ihren Enden, bisweilen aber auch an den Seiten. Auch hier wird der Zellinhalt zunächst vakuolig. Schliefslich ragen die Reste der Markstrahlen in die Harzlücke zapfen- artig hinein. An guten Tangentialschnitten durch die kanalführende Zone läfst sich auch leicht die von Moeller als fraglich hingestellte Kommunikation der Harzkanäle feststellen. Sie bilden ein reichana- 1) Vergl. auch Moeller a. a. O. 2) Harze und Harzbehälter pag. 359. '3) Harze und Harzbehälter pag. 372. 195 stomosierendes Netz, wie dies von uns auch für die übrigen Pflanzen mit Harzflufs nachgewiesen war. | Ob die Rinde sich, etwa in der Weise wie bei Styrax Benzoin, in späteren Stadien der Entwicklung an der Harzproduktion beteiligt, liefg sich an dem Materiale, das zu früh vom Stamme gelöst war, nicht entscheiden. Durch mechanisches Zerreifsen des Rindengewebes gelangt bisweilen etwas Balsam an die Oberfläche der Rinde, Kanäle waren aber nicht zu beobachten. Doch deuten Moellers Beobach- tungen an Drogenmaterial darauf, dafs auch hier radial verlaufende Verbindungen der Harzkanalschicht mit der Rinde und in dieser Harz- lücken vorkommen können. Dieselben treten aber’ offenbar erst in späteren Stadien auf. Der Ergufs des Balsams über die Wundfläche erfolgt ganz wie bei Styrax Benzoin. Das Kanalsystem steht mit der Spalte zwi- schen Überwallungswulst und Altholz in offener Kommunikation. Liquidambar orientalis. Von dieser Pflanze lag nur Ma- terial der jüngeren Entwicklungsstadien vor. Die Verhältnisse lagen genau so wie bei L. Styraciflua, nur waren die Zellen des Neu- holzes kleiner und auch die Harzkanäle zeigten einen geringeren Durchmesser. * * * Somit ist nunmehr erwiesen, dafs es ein einheit- liches Gesetz für den Harzflufs gibt, welches sowohl für die Gymnospermen wie die Angiospermen gilt. Der primäre Harzflufs ist scharf von dem sekundären, dem eigentlichen Harzflufs, zu trennen. Er ist nie ergiebig und erfolgt stets unmittelbar nach der Verletzung. Er stellt den Harzaustritt aus den normalen Kanälen dar, die bei jeder Verletzung, die ihre Wand trifft, ihren Inhalt ausfliefsen lassen. Nur verhältnismälsig wenige Harzsekrete sind Produkte des primären Harzflusses, z. B. Mastix, Sandarak, Strals- burger Terpentin. Er wird stets ganz unterbleiben bei Pflanzen, die keine Sekretbehälter enthalten, z. B. Styrax Benzoin, und bei den anderen abhängig sein von der Zahl der vorhandenen und der durch den Schnitt getroffenen Kanäle, sowie auch von ihrem Durchmesser und ihrer Länge. Viel ergiebiger ist der sekundäre Harzflufs. Für diesen allein mufs das Wort Harzflufs reserviert wer- den, denn nur hier handelt es sich um einen „Flufs“, um ein an- dauerndes Fliefsen. Er setzt erst einige Zeit nach der Verletzung ein und ist in seiner Ergiebigkeit im allgemeinen abhängig von der Gröfse 196 der Wunde. Infolge des Wundreizes entsteht ein pathologisches Neuholz und in diesem bilden sich schizolysigene Harzkanäle oft in sehr grofser Zahl in einer oder mehreren konzentrierten Reihen. Diese meist in einer Zone von pathologischem Tracheidalparenchym gebildeten Kanäle entstehen auch bei den Pflanzen, die sonst im Holze keine Harzkanäle (Abies, Liquidambar), ja sogar bei denen, die überhaupt keine Sekretbehälter enthalten (Styrax Benzoin). Wo Harzkanäle vorhanden sind, beteiligen sich dieselben nicht am Harz- fluls. Die pathologischen Kanäle bilden ein meist reichverzweigtes anastomosierendes Netz, das in offener Kommunikation steht mit dem Spalte zwischen Überwallungswulst und .Altholz. Der Wundreiz äufsert seine Wirkung nur ein Stück weit, welches Stück wohl bei den einzelnen Pflanzen verschieden ist. Jedenfalls reicht die Wirkung des Wundreizes einige Zentimeter. Aufserhalb der Zone des Wundreizes werden keine pathologischen Kanäle und schliefslich auch kein Tracheidalparenchym gebildet. Das Neuholz zeigt normale Beschaffenheit. Der Wundreiz äulsert seine Wirkung stärker oberhalb der Wunde wie unterhalb und an den Seiten. Ober- halb der Wunde ist die Bildung von pathologischem, Harzkanäle führendem Neuholz viel weiter hinauf zu verfolgen wie z. B. nach unten. Oft zeigt die der Wunde abgekehrte Seite des Stammquer- schnittes gar keine Kanäle mehr. Die Rinde beteiligt sich nur selten und nur bei einigen Pflanzen in vorgerückteren Stadien des Harz- flusses an der pathologischen Harzproduktion. Für gewöhnlich deckt das pathologische Neuholz den ganzen Bedarf. Da der Harzfluls Folge eines Wundreizes ist, so wird er ver- mehrt werden können, wenn die Verwundungen wiederholt werden, also ein neuer Reiz geschaffen wird. Eine solche Wiederholung an der gleichen Stelle wird zudem die etwa verstopften Kanalmündungen von neuem öffnen. Deshalb darf das im Departement des Landes geübte Harzungsverfahren ‘der Seestrandkiefer und das in Amerika übliche an Pinus Taeda, bei denen die Wunde nach oben hin ver- gröfsert, also über Jahre hinaus offen gehalten wird, als besonders rationell bezeichnet werden. Trifft man irgendwo im normalen Holze Reihen von Harzkanälen an Stellen, wo sonst normalerweise keine Kanäle liegen, so kann man “mit Sicherheit darauf schliefsen, dafs in der Nähe dieser Stelle eine Wunde liegt oder lag. Dafs der ausfliefsende Harzbalsam physiologisch betrachtet als „Wundbalsam“ bezeichnet werden mufs, unterliegt keinem Zweifel. 197 Er stellt eine Form des Wundverschlusses dar. Ebenso ist der Ver- gleich des Wundbalsams mit dem Eiter zutreffend. Wie denn über- haupt auch die Art der Wundheilung bei Tieren und Pflanzen manches Übereinstimmende zeigt. * * * Zum Schlusse noch einige Worte über die Stammpflanzen einiger der behandelten Harzprodukte. Wir begegnen hier drei Paaren. 1. Die Stammpflanze der Siambenzoe, angeblich Styrax Ben- zoin Dr. oder eine verwandte Art. Die Stammpflanze der Sumatrabenzoe, sicher Styrax Ben- zoin Dr. 2. Die Stammpflanze des Perubalsams, Toluifera Pereirae Klotzsch (Baillon). Die Stammpflanze des Tolubalsams, T. Balsamum L. 3. Die Stammpflanze des orientalischen Styrax, Liquidambar orientalis Miller. Die Stammpflanze der amerikanischen Sweet gum., L. styra- ciflua L. Durchmustert man die Literatur, so findet man, dafs die Unter- scheidung der beiden zu einem Paare gehörigen Pflanzen auf ziem- lich schwachen Füfsen steht!) und dafs einige Autoren sie zusammen- ziehen. Als Hauptgrund für die Trennung der Arten wird stets die Verschiedenheit der Harzprodukte angegeben. Ich habe nun in letzter Zeit sehr einläfsliche Untersuchungen über diese Harzprodukte ange- stellt und gefunden, dafs diese Verschiedenheit eine geringe ist. Am 1) So bemerkt Schumann in Berg-Schmidts Atlas der offizinellen Pflanzen: „Nach einem äufseren Merkmale ist der orientalische Storaxbaum von dem amerikanischen (Liquidambar styraciflua) zuweilen nur sehr schwer zu unter- scheiden“, und über den Peru- und Tolubalsambaum: „Wenn es auch keine Schwierigkeiten macht, den Peru- und Tolubalsambaum zu unterscheiden nach den typischen Exemplaren — —, so wird es in gewissen Fällen keineswegs leicht sein, ein Urteil über getrocknete Exemplare abzugeben. Baillon hat deswegen auch beide Arten vereinigt, indem er Toluifera Pereirae als Varietät des Tolu- balsambaumes betrachtet.“ „Die Verschiedenheit der Balsame spricht doch auch sehr stark für die Wahrung der spezifischen Differenz. Sollte sich indes heraus- stellen, dafs das Produkt seine andere Natur nur der Verschiedenheit in der Ge- winnung verdankt, so wird der Gedanke an eine Verbindung beider Arten mehr Gewicht erhalten.“ Die Stammpflanze der Siambenzoe ist nach Erkundigungen, dieich in Siam einzog (bei den: Direktor des siam. Museums in Bangkok, Dr. Haase), Styrax Benzoin Dryand. Die Sumatrabenzoe wird, wie ich in Indien feststellte, sicher von Styrax Benzoin gesammelt. - 198 grölsten ist sie bei der Siam- und Sumatrabenzoe !), von denen die erstere nur Benzoesäure, die zweite neben Benzoesäure auch Zimmt- säure produziert; auch die Tannole weichen voneinander ab und einige der aromatischen Ester der Sumatrabenzoe fehlen der Siambenzoe oder sind in geringerer Menge darin enthalten. Viel gröfser ist schon die Übereinstimmung zwischen dem orientalischen Styrax und dem Sweet gum.?), die nur im Resinol etwas differieren, und zwischen Tolu- und Perubalsam®) besteht überhaupt, was die Bestandteile be- trifft, mit einziger Ausnahme des Tannols gar kein Unterschied, nur die relativen Mengenverhältnisse . differieren. Aber selbst wenn die Harzprodukte viel stärker differierten, scheint mir darin noch kein Grund zu liegen die Pflanzen deshalb botanisch zu trennen. Ich glaube man hat einer im Pflanzenreiche vielleicht weitver- breiteten Erscheinung bisher nicht die genügende Aufmerksamkeit gewidmet. Ich meine den Begriff der physiologischen Varietät. Dafs Cannabis indica im botanischen Sinne nicht spezifisch verschieden ist von Cannabis sativa ist eine ausgemachte Sache, und doch liefern sie beide chemisch verschiedene Produkte. Sollte nun nicht das Gleiche auch bei den oben erwähnten Pflanzen der Fall sein? Ich stelle die Frage zur Diskussion, ob nicht der Baum der Siambenzoe nur eine physiologische Varietät des Baumes ist, der die Sumatrabenzoe liefert, der Perubalsambaum nur eine physiologische Varietät des Tolubalsambaumes und Liquidambar styraciflua nur eine solche von L. orientalis. Gewisse Differenzen in den Harzprodukten mögen übrigens auch auf die verschiedene Art der Gewinnung zurückzuführen sein, denn es ist natürlich nicht gleichgiltig ob ein Baum stark oder schwach verwundet, ob er nur durch Einschnitte verletzt (Tolubalsambaum) oder geklopft und geschwelt wird (Perubalsambaum). Ob chemische Unterschiede zwischen den nach verschiedener Methode von der gleichen Art gewonnenen Harzprodukten wirklich bestehen, werde ich durch Versuche zu ermitteln suchen. 1) Tsehirch und Lüdy, Studien über die Sumatrabenzoe, Arch. d. Ph. 1893 pag. 43, und Studien über die Siambenzoe, ebenda pag. 461, 2) Tschirch und van Itallie, Über den orientalischen Styrax, Arch. d, Pharm. 1901 pag. 506, und Über den amerikanischen Styrax, ebenda pag. 532. 3) Tschirch und Trog, Studien über den Perubalsam und seine Ent- stehung. Arch, d, Pharm, 1894 pag. 70. — Tschirch und Oberländer, Über . den Tolubalsam. Arch. d. Pharm. 1894 pag. 559, Blütenbiologische Untersuchungen. Nr. 2.1) Beiträge zur Blütenbiologie der Dipsaceen. Von Dr. A. Günthart, Oberlehrer in Barmen. Hierzu 30 Textfiguren. Die vorliegende Arbeit behandelt insbesondere die Aufblühens- folge im Dipsaceenköpfehen und die Unterschiede im mor- phologischen Bau und im Grad der Dichogamie zwischen den Einzelblüten verschiedener Kreise. Nur bei den blüten- biologisch noch nicht näher bekannten Arten wird auch noch auf an- dere biologische Merkmale der Blütenköpfchen und der Einzelblüten näher eingetreten, Die Einzelblüten der Dipsaceenköpfchen Öffnen sich nur bei wenigen Arten in der regelmäfsigen Reihenfolge von aufsen nach innen. Sehr viele Arten verhalten sich in dieser Hinsicht ganz an- ders, ja oft kommen innerhalb derselben Art grofse Verschiedenheiten vor. — Über diese Erscheinungen liegen bereits einige Angaben vor. So führt Kircher?) einige Beobachtungen an, wornach bei Dipsacus silvester Mill., fullonum Mill. und laciniatus L. das Aufblühen von einer mittleren Zone des Köpfchens nach beiden Seiten hin erfolgt. Nach H. Müller?) entfalten sich dagegen die Einzelblüten bei Knautia arvensis Coulter und Suceisa pratensis Moench und nach Kirchner‘) auch bei Knautia silvatica Duby in regelmäfsiger Reihen- folge vom Rande nach der Mitte hin, während sich nach A. Schulz’) bei Scabiosa suaveolens Desf. und S. lucida Vill. zuerst die strahligen Blüten der beiden äufseren Reihen, hernach die innersten und zuletzt die mittleren Zonen der Einzelblüten des Köpfchens öffnen. Über die verschiedene Ausbildung der Dichogamie in den Einzelblüten liegen keine deutlichen Angaben vor Nach H. Müller nimmt bei Scabiosa arvensis L. und succisa L. die Dichogamie von aufsen nach innen 1) Nr. 1 in Heft 58 der Bibliotheca Botanica (Beiträge zur Blütenbio- logie der Crueiferen, Crassulaceen und der Gattung Saxifraga). 2) Flora von Stuttgart pag. 680. 3) Befruchtung der Blumen durch Insekten pag. 868—372. '4) Flora von Stuttgart pag. 680. 5) Beiträge zur Konntnis der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechterverteilung bei den Pflanzen. Bibliotheca Botanica, I in Heft X (pag. 165—168), II in Heft XVII (pag. 192). Flora 1904. 14 200 regelmäfsig ab. Betreffs der morphologischen Unterschiede der Einzel- blüten voneinander haben nur wenige Autoren auf mehr als den strahligen Bau der Randblüten hingewiesen. Ich habe nun diese Verhältnisse an verschiedenen einheimischen und fremden Arten näher untersucht. Da aber meine Untersuchungen, besonders diejenigen über die Ursachen jener unregelmäfsigen Auf- blühungsfolgen noch nicht soweit gediehen sind, dals ich ein ab- schliefsendes Urteil hierüber auszusprechen wagte, so darf die vor- liegende Arbeit nur als vorläufige Mitteilung über diesen Gegenstand aufgefafst werden. Die Untersuchungen, deren Resultate hier niedergelegt sind, wurden im August und September 1900 in der Umgebung der Fürstenalp bei Chur, im Frühjahr und Sommer 1901 im bota- nischen Garten der Universität Zürich, in den Gärten des Herrn Kunstgärtner Froebel in Zürich, in der Um- gebung der Stadt Zürich und endlich im Spätsommer und Herbst 1901 am grofsen St. Bernhard ausgeführt. Einige Notizen zu Sca- biosa succisa L. wurden im Sommer 1903 nach freiwachsenden Pflanzen aus der Umgebung von Dönberg bei Barmen beigefügt, und die Beschreibung von Dipsacus fullonum Mill. wurde mit den in botani- schen Gärten zu Köln und Schwelm i./W. gezogenen Exemplaren verglichen. Der Anfang der Arbeit entstand unter der Leitung meines hoch- verehrten Lehrers Herrn Prof. Dr. C. Schröter in Zürich. Ich benütze die Gelegenheit, ihm, sowie den Herren Prof. Dr. H.Schinz und Kunstgärtner Froebel in Zürich, welche mir ihre Gärten bereitwilligst öffneten, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Wir beginnen unsere Aufzeichnungen mit: 1. Scabiosa lueida Villars, weil ich die Blütenköpfe dieser Art zuerst untersuchte und zwar im September 1900 am Montalin und in der Umgebung der Für- ' stenalp und des Dorfes Trimmis bei Chur. Da die Morphologie und Biologie der Einzelblüten durch die Untersuchungen von C. Schröter!) und A. Schulz?) bekannt sind, 1) Schröter und Stebler, Die Alpenfutterpflanzen. Bern 1889 pag. 185—189. 2) Beiträge II pag. 192. — NB. Über die nyctitrope Krümmung des Blütenstiels vergl. man Hansgirg in Ber. d. D. bot. Ges,*VIII 1890 pag. 345 und A. Kerner, Pflanzenleben, Bd. I pag. 514 und Bd. II pag. 108, 201 so kann ich mich mit den folgenden ergänzenden Aufzeichnungen be- gnügen, um nachher die Entwicklung des Köpfchens eingehender zu besprechen. Im Grunde der Kronröhre befindet sich, besonders in den eng- röhrigen Randblüten, ein feines Haarkleid. — In den Randblüten sind auch die Narben zygomorph entwickelt: sie tragen nach aufsen einen oft beträchtlich langen lappigen Fortsatz. — Behandelt man junge Köpfehen unter Kochen mit den von Knuth angegebenen Zuckerreagenzien, oder mit Fehling’scher Lösung oder Nylander- schem Traubenzuckerreagenz, so werden die Einzelblüten nur am Grund der Kronröhre geschwärzt, während sich ältere Blüten immer weiter oben färben. Es scheint also ein Steigen des Honigsaftes längs den Wänden der Kronröhre stattzufinden. Ich fand diese Erscheinung fast allgemein auch bei den nach dieser Richtung untersuchten Compo- siten. Ich konnte an den von mir untersuchten Exemplaren keinen Duft wahrnehmen. In verschiedenen Köpfchen fand ich einige stets in der Mitte gelegene Blütchen mit ganz enger und deutlich abge- setzter Kronröhre. Die Kelehborsten von Scabiosa lucida Vill. sind im äufsersten Kreis nur !/ı, im folgenden !/; so lang wie die Kronen, nehmen aber nach innen auch absolut gemessen an Länge rasch zu und erreichen im Centrum des Köpfchens die Länge der Krone. Um das Verhältnis der Aufblühungszeit und der Dichogamie zwischen den einzelnen Blüten darstellen und die Blüten auch morpho- logisch miteinander vergleichen zu können, ist es notwendig, irgend eine Bezeichnungsweise für die einzelnen Kreise einzuführen. Der gröfsern Einfachheit wegen werden wir die Blütenkreise nicht kurzer Hand numerieren, sondern gewöhnlich mehrere „Kreise“ zu einer „Zone“ zusammenfassen und diese dann mit einer (römischen) Zahl bezeichnen. Nur die Randblüten werden bei den meisten hier be- handelten Dipsaceen für sich allein eine besondere Zone bilden, da sie sich gewöhnlich von allen andern Blüten sehr unterscheiden. Die Zweckmäfsigkeit dieser Einteilung liegt darin, dafs sich die einzelnen Kreise bezüglich Morphologie, Aufblühen und Diehogamie der Einzelblüten nicht gleich stark voneinander unterscheiden, sondern dafs hierin zwischen gewissen Kreisen Sprünge vorkommen. Zwischen solche Kreise legen wir dann unsere Zonengrenze und erhalten da- durch eine Einteilung des Köpfchens, welche zwar zu scharfe Grenzen schafft, aber doch -die natürlichen Verhältnisse genügend widergibt. Dies ist besonders der Fall, wenn wir die Zonen nicht zu schr fost- 14* 202 legen wollen. Es beziehen sich z. B. in der folgenden Zonenteilung von $. lucida Vill. die Bezeichnungen: Zone I... 0.0... auf Kreis 1u.2 (1) „ U... 220200 »„ 2u.3 (3u4) „ HI... 20.200.209 „ 4uö5 (u 6) „IV... 0.2.2. , die innersten Blüten, die eingeklammerten Zahlen auf seltener vorkommende Köpfchen, in welchen gewisse Zonen einen Kreis mehr oder weniger enthalten. Es besteht hierin natürlich, wie in allen Zahlenverhältnissen der Natur, eine geringe, aber häufige Variabilität. Es ist am besten, wenn die Einteilung der Blütenköpfe in die Zonen direkt auf freiem Feld aus- geführt wird, anfänglich nur nach dem Gesamthabitus des Kopfes, ohne allzugrofse Ängstlichkeit und zeitraubendes, sehr genaues Zählen der Kreise, aber unter Verwendung von möglichst viel Material. Wir vergleichen nun die Einzelblüten mit Hilfe dieser Eintei- lung zuerst bezüglich ihrer Morphologie und nachher auch noch nach ihrem zeitlichen Verhalten, d. h. nach dem Beginn ihres Aufblühens und nach dem Grad ihrer Dichogamie. Durch die Arbeiten der oben genannten Autoren wissen wir, dafs die Einzelblüten von S. Zucida Vill. von aulsen nach innen im Köpfchen immer kleiner werden. Die nach aufsen gerichteten Kronlappen werden, je weiter wir gegen das Centrum rücken, immer kürzer, so dafs hier die Blütchen beinahe oder ganz aktinomorph gebaut sind. Der Grad der Zygomorphie nimmt also nach innen auch immer ab, jedoch nicht stetig, indem hierin zwischen dem ersten Kreis, d.h. den Randblüten, und dem zweiten, oft auch nochmals zwischen diesem und dem dritten ein stärkerer Unterschied als zwischen den übrigen Blütenkreisen vor- kommt. Genau so verhält es sich auch mit dem Durchmesser der Kronröhren, also mit dem selır wichtigen Faktor der Honigbergung. Die Kronröhren werden nach innen relativ weiter, da die Blütchen ja immer kürzer werden. Aber auch absolut gemessen erweitern sich die Blütchen von aufsen nach innen etwas. Einen bedeutenden Unter- schied hierin findet man, wie bereits angedeutet, zwischen Kreis 1 und 2, oft auch noch zwischen 2 und 3. Da nach den Resultaten der oben genannten Forscher und nach eigenen Beobachtungen auch die Länge der Spreuschuppen, der Kelchborsten und der Haare im Innern der Kronröhre von aufsen nach innen regelmäfsig abnimmt, so können wir als Resultat festhalten: Alle morphologischen Merkmale der Einzelblüten von 8. lucida Vill. verändern 203 sich in regelmälsiger centripetaler Reihenfolge, also in der Reihenfolge I—-II—III—IV. Nur in einzelnen, ganz seltenen Köpfen fand ich die Blütchen der Zone III etwas kürzer als diejenigen der benachbarten Zonen I und IV. Ganz anders verhält es sich nun mit den zeitlichen Unter- schieden der Einzelblüten, d. h. mit dem Grade ihrer (protrandri- schen) Dichogamie und der Reihenfolge ihres Aufblühens. Hierin herrscht eine andere Reihenfolge der Zonen, nämlich I—-H und (gleichzeitig oder sofort nachher) IV-—IH, d. h. die mittleren Kreise von Blütchen (Zone III) sind am schwächsten diechogam und öffnen sich auch zuletzt. Wir wollen das zeitliche Verhalten des ganzen Köpfchens durch eine graphische Skizze veranschaulichen. Auf vier übereinander liegen- den Stufen sollen die Zonen dargestellt werden und der Verlauf des Aufblühens, des Beginnes des Stäubens etc. soll auf jeder Stufe durch Striche zum Ausdruck gebracht werden. Das Verhalten des ganzen Köpfehens ist alsdann zwischen zwei Koordinatenaxen eingetragen und zwar stellen die Ordinaten die Höhe der betreffenden Zone im Köpfchen, die Abseissen den zeitlichen Verlauf der Anthese innerhalb der einzelnen Zonen dar. Die Dauer der männlichen Stadien einer Zone ist durch einen dünnen Strich, diejenige der weiblichen Stadien derselben Zone durch einen auf gleicher Höhe stehenden stärkeren Strich angedeutet. Das in der umstehenden ersten Zeichnung dieser Art (Fig. 3) dargestellte Verhalten kommt natürlich nicht bei allen Exemplaren in genau derselben Weise vor, sondern jene Zeichnung stellt das Mittel aus zahlreichen Beobachtungen dar. Zur gröfseren Genauigkeit unseres Verfahrens mufs noch erklärt werden, dafs verschiedene besonders wichtige Punkte des den männ- lichen Zustand darstellenden dünnen Striches in der Weise, wie es Fig. 1 zeigt, mit Zahlen bezeichnet sind und dafs diese Zahlen folgende ‘Bedeutung haben: links vn 0 . . . . Knospe, biO .°2.2.20.2 0. Öffnung der Krone, zwischen 0 und 1 . . Staubfäden noch in der zurückgekrümmten Knospenlage, zwischen 1 und 2 . . Streckung der Staubfäden, bi® .. 0.0.0... Beginn des Stäubens der Antheren, zwischen 38 und 4 . . Antheren verstäubt, 204 Eine ähnliche Bedeutung haben auch die Punkte der stark aus- gezogen, die weiblichen Stadien darstellenden Striche in Fig. 2. Hier wann ihr im Förlchon, # > 1 I — ! ) N Ro ‚ N \ , ) N \ { Ss ) > Ze EEE x I >. j l ! j ! ' ) .L._ j ! 7 ” | | RN t ! P_ De PB ı | De. ® | a ” tt ' | N eo = p > - hi “ ) I. R io = j Rn | C} i [0 B ” al fo ! l L PT Bar IE En 2 a, 63 ji - ji. 70 » rs =) " 5 ” |, ° \_ ve. \_._.. | u ei u En N Eu) Ey bedeutet: 0 den Beginn der Streckung des Griffels, 1, dafs hier der Griffel seine volle Länge erreicht hat, 205 2, dafs hier das Ende des Griffels anfängt, zum Narbenkopf anzuschwellen, der Raum zwischen 3 u.4 die Zeit, während welcher die Narbe papillös und empfängnisfähig ist. Ich füge hier gleich noch bei, dafs die gegebene Erklärung der Bedeutung der einzelnen Punkte der Stadienstriche auch für alle folgenden graphischen Darstellungen des Aufblühens von Dipsaceen- köpfchen gilt. Es ist jedoch unmöglich, überall gleich lange Striche zur Darstellung der Stadien zu verwenden, da die letzteren bei ver- schiedenen Arten ungleiche Zeitdauer haben. Das Verhalten des Köpfchens von 8. lucida Vill. ist nun das in Fig. 3 dargestellte. Indem wir uns durch diese Figur vertikale Linien, ähnlich den mit a, b und c bezeichneten, gezogen denken, können wir das Verhalten des ganzen Köpfchens ‚zu verschiedenen beliebigen Zeiten ablesen. Es besitzen beispielsweise zurzeit @ die Randblüten bereits verstäubte Antheren, aber noch ganz kurze Griffel, die Blüten der II. und IV. Zone kaum etwas aus der Knospenlage gestreckte Staubfäden und ebenfalls noch ganz kurze Griffel, während die Blüten der III. Zone zu jener Zeit noch Knospen sind usw. Aus der gegebenen graphischen Darstellung geht folgendes hervor: 1. Die männlichen Stadien aller Blüten dauern länger als die weiblichen. Es wurde dies durch Beobachtung eines und desselben Blütenkopfes während der ganzen Anthese, sowie durch Kombination der Beobachtungsresultate an zahlreichen, zur selben Zeit blühenden Köpfchen festgestellt. Schon H. Müller und Schulz haben diese Erscheinung beobachtet und durch die langsame Reihenfolge des Aufrichtens der einzelnen Staubfäden erklärt. 2. Wenn wir dagegen das ganze Köpfchen betrachten, so sehen wir, dals die weiblichen Zustände in den verschiedenen Kreisen nicht gleichzeitig durchlaufen werden, so dafs das Köpfchen ziemlich lange Zeit empfängnisfähige Narben besitzt. (Die mit J' bezeichnete Klammer unter der Figur deutet die Zeit an, während welcher die männlichen, die mit © bezeichnete, stark ausgezogene Klammer die Zeit, während der die weiblichen Sexualorgane in Tätigkeit sind.) 3. Die Zone III blüht, wie oben bereits angedeutet wurde, mit starker Verzögerung auf. Zuerst öffnen sich die stark strahlenden Randblüten und während von da aus die Aufblühungswelle zur Zone IL fortschreitet, beginnen sich auch die central gelegenen Blüt- chen zu entfalten. Erst zuletzt: öffnen sich dann noch die Blütchen 206 der Zone III und zwar treten zuerst die obersten und die untersten. Blüten dieser Zone in Funktion, während die mittleren am längsten zurückbleiben. Der Zustand, d. h. das Alter, in dem sich ein Köpfchen be- findet, ist an der Form seiner Oberfläche sehr leicht zu erkennen. Zuerst, wenn alle Einzelblüten noch lange geschlossen sind, ist jene halbkugelig. Dann beginnen die Anlagen in der Randzone zu wachsen und es öffnen sich endlich die randständigen Knospen, so dafs die Oberfläche nach aufsen vorspringt und weiter innen eine konkave Umbiegungszone entsteht. Hierauf beginnt auch die Mitte des Köpf- ehens sich vorzuwölben und es bildet sich dadurch eine noch stärkere Einbuchtung in der Zone II. Dann beginnen die mittleren und hernach die Randblüten zu verdorren und abzufallen, was wiederum die Oberflächenform des Köpfchens stark beeinflufst. 4. Die Blüten der Zone III, aber nur diese, sind kaum mehr diechogam, wie bereits angedeutet wurde, während die Randzone so stark protrandrisch blüht, dafs zwischen das männ- liche und das weibliche Stadium ein sehr lange andau- erndes neutrales Zwischenstadium eingeschaltet ist. 5. Der gröfste Unterschied hinsichtlich der Zeit des Aufblühens besteht zwischen der Zone III und den übrigen Zonen, der grölste Unterschied im Grad der Dichogamie zwischen der Randzone und jener Zone III, 6. Zwischen den Zonen I und II ist der Unterschied in der Aufblühungszeit besonders auffallend. Wenn wir dazu noch die durch die Untersuchungen der einleitend genannten Forscher bekannt ge- wordene Tatsache ins Auge fassen, dafs auch morphologisch, d. h. hinsichtlich der Länge und Weite der Kronröhre, der relativen Länge der äufseren Kronlappen, der Behaarung, der Länge der Kelchborsten und Spreuschuppen etc. zwischen der Randzone I und der folgenden Zone II ein bedeutend gröfserer Unterschied besteht, als zwischen irgend zwei andern Zonen des Köpfchens, so müssen wir in dieser Form des Dipsaceenköpfchens bereits eine Übergangsform zur andern, mit noch viel extremer entwickelten Randblüten versehenen Köpfchen, wie sie sich z. B. bei Scabiosa Columbaria L. oder der Gattung Cephalaria vorfinden, erblicken. Wie bei den meisten Dipsaceen, so treten auch bei der glänzen- den Skabiose neben den zwittrigen noch eingeschlechtige Köpfchen auf. So fand Prof. Schröter!) einige Jahre vor meinen Beob- 1) Alpenfutterpflanzen, 207 achtungen auf der Fürstenalp „neben Stöcken mit zwittrigen Blüten in geringer Anzahl auch solche mit rein weiblichen Blüten. Die Köpf- chen dieser Stöcke sind viel kleiner, die Randblüten weniger strahlig, die Staubgefäfse aller Blüten verkümmert. Seltener finden sich zwittrige Köpfchen mit Übergangsstadien zur weiblichen Blüte, indem nur in einzelnen Blüten die Staubgefäfse verkümmert sind.* Rein weibliche Köpfehen konnte ich am gleichen Orte keine finden, dagegen ziemlich häufig derartige Übergangsformen: Köpfchen, deren Rand- blüten weiblich, die übrigen dagegen zwittrig waren; dann solche, bei denen die Zonen I und II und seltener auch solche, wo die Zonen I, II und IV weiblich und die übrigen Zonen noch zwittrig waren. Wir sehen hier zugleich, dafs dieses Verkümmern der Sexualorgane dieselbe Reihenfolge einhält, wie die übrigen zeitlichen Vorgänge. ME A» ER Tr TR „% nn ' TI Ä } CB AIR, BEBE EREHRE BEE BEER HEN BEER Geitonogamie im Köpfehen, die von A. Schulz angegeben wird, habe ich nicht beobachten können. Einige an Abhängen wachsende Köpfchen mit schief stehenden Stielen kamen auf der nach oben gewendeten Hälfte viel früher zur Entwicklung. Zum Vergleich gebe ich hier (Fig. 4) noch ein auf ähnliche Weise an Herbarmaterial verschiedener Herkunft kon- struiertes Schema der 208 2. Scabiosa suaveolens Desf. (canescens W.K.), über welche bereits Angaben von A. Schulz vorliegen. Diese Art scheint bezüglich dieser zeitlichen Merkmale, ebenso wie Scabiosa lucida Vill., keinen erheblichen lokalen Abänderungen unterworfen zu sein. Die Kelchborsten und Spreublätter sind noch kürzer, als bei Scabiosa lucida Pill. Ich fand weibliche Einzelblüten, jedoch keine vollständig weib- lichen Köpfe. 3. Knautia arvensis Coulter (Scabiosa arvensis L,, Trichera ar- vensis Schrad.). Ende Mai 1901 in Baumgärten der Stadt Zürich unter- sucht. — Auch hier sehe ich davon ab, eine biologische Beschrei- bung der Einzelblüten zu geben, da hierüber zahlreiche Literatur- angaben von Schulz‘), H. Müller2), Loew u:a. vorliegen. Nur einige Ergänzungen mögen Platz finden. Eine Anzahl von ausgeführten Messungen ergab folgende Mittel- werte: Länge der |Durchmesser des| Länge der Krone Kroneneingangs | Kelchborsten in mm in mm in mm Randblüten . . 2. 2 2 2 20. 16 2 5,5 2. Blütenkres . . 2.222. ı1 1,5 2,5 Contralblüten . 2. 22.20. 9 1 2,2 Die Kronröhren sind hier immer stärker behaart, als bei Sca- biosa lucida Vill. In einzelnen Exemplaren von Blütenköpfchen der Witwenblume fand ich einige Einzelblüten mit fünf Kronzipfeln; ganzen . Köpfchen aus solchen Blüten begegnete ich dagegen unter mehreren Hundert untersuchten Exemplaren niemals. Dagegen fielen mir einige Male Übergangsformen zwischen vier- und fünfzähligen Blütchen auf und zwar als Randblüten, die neben vier grolsen Kronzipfeln oben noch ein kleines bis kaum mehr wahrnehmbares Zipfelchen trugen. An dreien jener abnormen mit ganz fünfzähliger Krone versehenen Blütchen fand ich auch fünf Staubfäden. 1)' Beiträge II, 2) Befruchtung pag.368-—-381; Weitere Beobachtungen III pag. 96 (Besucherlisten), 209 Fast ebenso häufig wie die gewöhnlichen grofsen, fand ich auf allen abgesuchten Standorten kleinere Blütenköpfe, in-denen die Staub- fäden aller Einzelblüten verkümmert, und deren Randblüten viel weniger oder gar nicht strah- lig gebaut waren. Diese bereits von mehreren der oben genannten Forscher be- obachteten weiblichen Köpf- chen besitzen nur 14 Rand- blüten und eine Gesamtzahl von 56 Einzelblüten (Mittel- werte), während ich bei den zwittrigen Köpfchen immer ca. 18 Randblüten und 85—95 Blütehen überhaupt zählte. Unter ca. 200 Köpfchen, die ich auf der Wiese vor dem Anatomiegebäude in Zürich daraufhin prüfte, fand ich nur zwei, die zu äufserst weibliche und innen überall zwittrige Blütchen trugen. Die zwittrigen Blütenköpfe sind anfangs rotviolett und später, während ihres weib- lichen Stadiums blauviolett gefärbt, die weiblichen da- gegen besitzen meist schon von Anfang an den bläu- lichen Farbenton, was nach H. Müllers Auffassung ‘sehr leicht erklärlich ist. Das männliche Stadium in der einzelnen Zwitterblüte dauert hier etwas weniger lang, als bei Scabiosa Iu- 3 a a = |- pP Qu 57} : 2 et n x, _ "+ =“ Wi "4172-1203 a lo t FE 7 1 ( a t & a l = i -; ar m i E % = Yo 3 = % 2 n »” ; j e ie \ 1 f | % Aal_.1.-.4 a a u a in 1 I j N Ener ı I v ı ı | o d WERNIN \ cida Will. Über die Entwicklungsreihenfolge der Sexualorgane im Köpfchen sagt H. Müller‘): 1)- Befruchtung pag. 369. 210 „Jedes Köpfchen blüht vom Rande nach der Mitte hin auf und entwickelt auch in dieser Reihenfolge seine Staubgefäfse; doch die Streckung der Griffel und die Entwicklung der Narben beginnt erst, nachdem alle Staubgefälse des Köpfehens ihre Entwicklung vollendet haben, dann aber in allen Blüten ziemlich gleichzeitig. Da hiernach das ganze Köpfchen erst männlich, später rein weiblich ist, so findet bei eintretendem Insektenbesuch nicht blofs Fremdbestäubung, sondern sogar Kreuzung getrennter Köpfchen statt.“ — Diese Schilderung trifft allerdings auch für die gröfsere Anzahl der von mir untersuchten Pflanzen zu. Ich habe dieses Verhalten auf die bei Scabiosa lucida Vill. erklärte Weise schematisch dargestellt (Fig. 5), wobei die Randblüten . . . 2. 2.2... die Zone I die Kreise 5 .....2.2 2 I „ „ dbundT... 2.2... IH und die 1—2 innersten Kreise .. „ „ W darstellen. Aus den unter der Figur angebrachten, mit % und Q bezeich- neten Klammern geht die oben geschilderte Dauer der männlichen und weiblichen Stadien des ganzen Köpfchens hervor. Eine ebenfalls noch recht beträchtliche Anzahl (20—30 %,) von Blütenköpfchen von Knautia arvensis L. verhält sich aber anders. Wir sehen hier z. B. oft die unmittelbar auf die Randzone folgenden Blütehen (Kreis 2), welche durch die bereits geöffneten Randblüten sehr eingeengt werden, zeitlich zurückbleiben. Dasselbe geschieht oft auch mit der Zone III, so dafs dann ein Verhalten, wie es bei (ca. 40) 211 Scabiosa lucida Vill. die Regel ist, resultirt. In einigen Köpfchen fand ich sogar die innersten Blüten zuerst geöffnet. In allen diesen Fällen ist nun auch nicht mehr das ganze Köpfchen einmal rein männlich und nachher ganz weiblich. — Diese Abweichungen von der gewöhnlichen centripetalen Aufblühungsart, die erst bei genauer Untersuchung zahlreicher Köpfchen auffallen, sind in den Schemata der Fig, 6, 7, 8 und 9 dargestellt. “da 2 FIRE y IrıTT Ö a ıı 3 2 l en un N. Al------ i__------ di 2 3 + $ | En an gb ---- (TER: a 2 EHER SE | SI Bı ya 1 # ! 4 m i I; 1 Zi. n N t | P: wie vhum. £ + 4 3 k__ as r | Ale Ei 4 R} 3 r-r n 7 n nn I AL-_____ 0 da 2 FREE, Y ’ d! ;Ä 5 f Va o da a5 } . v kr % y ns | I: ( — | |} >> BB: Ze. 8 5 | | Diese Darstellungen beziehen sich auf Beobachtungen, die ich in den Wiesen beim „Sonnenberg“ (Zürich) machte, während die Schemata in Fig. 10, 11 und 12 auf Grund von Untersuchungen in der Wiese vor dem Anatomiegebäude in Zürich konstruiert 212 wurden. (Die jeder Darstellung beigesetzte Zahl gibt die Anzahl von Blütenköpfchen an, bei denen das betreffende Verhalten konstatiert wurde.) (42) EN N ER n-> <«r A H n j + | u wel Rs —+ t H > pr Hi Zi. I I —y i | OHREN R by > 5% | ir A----- 4 ER" »’| ' oA, 1 (24) f ! 7 a BC. VERRR" 2 7 | en zur % At H---- DA rt 4 Zu Tr Te Su < N N ! N ma Ü EEE ur | | Fig. IL 2 Das oben geschilderte, schon von H. Müller beschriebene nor- male Verhalten der Blütenköpfe habe ich bei diesen Exemplaren gar nie vorgefunden. Ich war natürlich genötigt, oft einige Fälle in diese Darstellungen hinein zu pressen, andere aber wegzulassen, da nicht die Schemata aller Übergänge wiedergegeben werden konnten. Alle gezeichneten Schemata lehren uns, dafs Aufblühungsfolge und Dichogamieverhältnisse dieser Dipsaceenköpfehen enorme Abände- 213 rungen erleiden. Vergleichen wir diese graphischen Darstellungen mit den später für andere Arten aufgestellten ‚ so sehen wir, dafs zwi- schen jenen ebenso grofse Unterschiede bestehen, als zwischen den Schemata ganz verschiedener Arten. Eine so enorme Variabilität in den zeitlichen Vorgängen im Köpfchen habe ich bis jetzt bei keiner andern Dipsacee wieder gefunden. ai A oe dgı 3% > 4 1L----- { 124 7 KT AL -- 0 dA} ER, g Y mm e) A| .__. 2 di + I j | Y 7773 7 | Kb da %» Mk I; | 7 DIT TR ! 1 Zr ie j Bu | Pax. nv I . A | ! Gags. f' ) £ MN Al----.- dt + 5 f 0 JA N y Ro ” LL------- it N N (3,40) 3 va 23 4? TO NL=-2-- 2. -— ı dy FRNEEE 4 ” — lb __ BA % y Rn ' | :; * 2 } | br ide | > ij) 1 Zi. “ nu” + big r2. J | | Wir ersehen aus den graphischen Darstellungen ferner, dafs bei den abnormen Köpfchen auch der Grad der Dichogamie der Einzelblüten von der ausgeprägtesten Form bis zum Verschwinden variiert. 214 Die Länge der Kelchborsten beträgt !/;—"/s von der Länge der Krone’); Spreublätter fehlen. 4. Knautia silvatica, Duby. (Scabiosa silvatica L., Trichera sil- vatica Schrad.) Ich untersuchte diese Art, über welche nur eine kurze blüten- biologische Notiz von Kirchner?) vorliegt, anfangs Juli 1901 im botanischen Garten in Zürich und im August 1901 in der Umgebung des grofsen 8t. Bernhard (Wallis). I N ZA =: 3 + 7 © 4 2 3 al-------- 2 Era 3 4 ' 4 I % N I __LL_L_I.___ N LLLUILLL 8 A 2% 3 K 7 TI? Pr Am letztgenannten Orte fand ich nur zwittrige, im bota- nischen Garten dagegen rein weibliche und rein zwittrige Köpf- chen. Die ersteren waren ebenso grofs wie die zwittrigen. Jedes Köpfchen ist von 14—17 in zwei Reihen stehenden Hüllblättern um- geben. Die Kelchborsten sind meist nicht so lang wie die Krone, aber länger als bei der vorigen Art, Die Einzelblüten verhalten sich, wie auch Kirchner angibt, morphologisch und biologisch ganz ähnlich wie diejenigen von K. ar- vensis Coult. Sie sind ohne Ausnahme nach der Vierzahl gebaut. Die Krone ist ziemlich weit trichterig, nicht engröhrig. Der Griffel 1) Vergl. die Figuren in Knuth, Handbuch Bd. I, Teil 1 pag. 558. — H. Müller, Befr. pag. 868. 2) Flora von Stuttgart pag. 680. 215 ragt weit aus der Öffnung der Krone heraus. Die Narbe ist grofs und rund. Die Länge der gestreckten Randblüten der weiblichen Köpfchen beträgt 9—10, diejenige der Randblüten der zwittrigen Köpfehen dagegen 18—14mm. Die Blütchen der inneren Kreise nehmen in den beiderlei Köpfehen von aufsen nach innen regelmäfsig und langsam an Länge ab, so haben die Blüten des zweiten Kreises bei den beiderlei Köpfehen noch eine Länge von 8—9, diejenigen der centralen Blütchen noch eine solche von 6—-7mm. Die weiblichen Köpfe unterscheiden sich also von den zwittrigen dadurch, dafs ihre Randblüten morphologisch nicht so stark von den inneren Blüten ab- weichen, d. h. dafs der Habitus des ganzen Köpfchens weit weniger strahlig ist. Die Randblüten der weiblichen Köpfe weichen aber auch in ihrem zeitlichen Verhalten nicht so stark von den andern Blütchen ab, d. h., sie öffnen sich nicht so lange vor den übrigen Blüten- kreisen, wie dies in den zwittrigen Köpfchen der Fall ist. Für das zeitliche Verhalten des Köpfchens gilt das Schema der Fig. 13. Demselben wurde folgende Zoneneinteilung des Köpfchens zu- grunde gelegt: Die 1. Reihe (Randblüten) wird bezeichnet als Zone I „ 2 (und 3.) Reihe „ a a | „ 3. (oder 4) „ » n » II „5. (oder 4) „ , mn W „ 2 innersten werden „ vn. Hiernach sind also im selben Köpfchen stark protogyne (Zone III, IV und V), schwach protrandrische (die Randblüten) und ganz homogame Blüten (Zone II) vereinigt. Aus dem Centrum des Köpf- chens, wo doch nicht einmal die am stärksten protogynen Blütchen stehen, habe ich Exemplare gezeichnet, deren Narbenkopf schon ziem- lich weit aus der noch schwach zygomorph gebauten Krone heraus- ragte, während die Staubfäden sich noch in der gekrümmten Knospen- stellung befanden und die grofsen Antheren noch weit unten im Krontrichter zurückhielten. Wie wir aus der Figur sehen, beginnt das Aufblühen in der Randzone und gleich nachher in der Mitte des Köpfchens. Von der Mitte aus schreitet nun die Aufblühungswelle nach aufsen weiter, (wenn wir nämlich von dem zweiten Blütenkreis absehen, der ge- wöhnlich, aber durchaus nicht immer, sofort nach dem ersten aufblüht und also eigentlich noch zur Zone I zu rechnen ist) ohne dafs dieser centrifügalen Welle eine centripetale von aufsen her entgegenkommt, Flora 1904. 15 216 wie bei manchen anderen Dipsaceenköpfchen (Scabiosa atropurpurea L., Cephalaria tatarica Schrad.). So besteht die 3. resp. 4. Reihe (Zone III) noch aus Knospen, wenn die centralen Blüten (Zone V) schon auf dem Höhepunkt ihrer Anthese stehen und die Randblüten bereits zu verwelken beginnen. Aus der oben gegebenen graphischen Darstellung ist auch zu ‘entnehmen, dafs die weiblichen Stadien von allen Einzelblüten des Köpfchens ziemlich gleichzeitig durchlaufen werden (die Zeit, die dazu erforderlieh ist, ist wie in den früheren Figuren mit Q bezeichnet), während die männlichen Zustände über einen viel gröfseren Zeitraum (d) verteilt sind. In dem 1. Blütenkreis (Randblüten) herrscht eine ziemlich grofse Variabilität: in einzelnen Köpfchen sind diese Blüten schwach protrandrisch, in anderen homogam, selten sogar schwach protogyn; immer blühen sie jedoch um die gleiche im Schema dar- gestellte Zeitdauer früher auf, als die Blütchen des 2. Kreises. 4. und non 2 ‚k 4... LLLLL_ 2_o" "Ff 4 N Pu mu um nr[[o no ni Rn" 5 Tr ‚h FR ) oM A" Zu n; Fia-'k- Zi. Aus der Figur können wir ferner noch entnehmen, dafs nicht etwa, wie man nach den Beschreibungen der bisher betrachteten Arten glauben möchte, der Grad der Dichogamie der Blütenkreise direkt abhängig ist von der Zeit ihres Aufblühens; denn in diesem Fall müfste nur die am spätesten aufblühende Zone III stark von der Homogamie resp. Protrandrie der Randzone abweichen, nicht aber auch die sich bald nach den Randblüten öffnende Mitte des Köpf- ehens (Zone V). Wenn ein solcher direkter Zusammenhang zwischen dem Grad der Dichogamie und der Zeit des Aufblühens der ver- schiedenen Kreise des Köpfchens bestände, so würde das Schema von K. silvatica Duby etwa so aussehen wie es Fig. 14 veranschaulicht. 217 Folgende Beobachtung, die ich im botanischen Garten in Zürich machte, zeigt noch deutlicher, dafs wirklich kein direkter Zusammenhang zwischen jenen beiden Erscheinungen besteht. Ich sah nämlich am genannten Ort einige wenige Köpfchen, an denen schon die Blüten des 2. Kreises zeitlich so stark zurückblieben, wie an den soeben beschriebenen Köpfchen die Blüten des 3. und 4. Kreises. Dennoch waren aber jene nicht etwa stark protogyn, sondern voll- ständig homogam, gerade wie in den zuerst beschriebenen Köpfchen mit der gewöhnlich vorkommenden Art des Aufblühens. Für diese seltenen Köpfehen gilt also etwa die folgende graphische Darstellung (Fig. 15). (Diese nur nach den wenigen vorhandenen Exemplaren und direkt an Ort und Stelle konstruierte Figur kann keinen An- spruch auf grofse Genauigkeit machen.) l____--- _e_dAı %& Bsh vo 1 u‘ 2 A l_._- FR A) A e > ı,Kk % Dun un se ve "DE ja d" fl 3; | ! . 1 T j | | v ir E 2 Zu. I. \ ii ZM. nd u 1. Kreis . . . . . Zone I 2. (u. 3.) Kreis... . „Nu 3.(w.4) „2.0, M (4.) 5., 6., 7. Kreis . „ W In der Umgebung des grofsen St. Bernhard fand ich. einzelne, gewöhnlich etwas dunkler gefärbte Blütenköpfe, welche wieder ein anderes Verhalten zeigten (Fig. 16). Dieselbe Zoneneinteilung wie bei dem vorausgehenden Schema. Diese Beobachtung spricht natürlich noch mehr gegen einen di- rekten Zusammenhang zwischen der Zeit des Aufblühens der einzel- nen Zonen und dem Grad der Dichogamie. N 15* 218 . Am zuletzt genannten Orte beobachtete ich aufserdem noch Köpfe mit der in Fig. 17 dargestellten Aufblühungsweise. (Zonen- einteilung wie in den beiden letzten Darstellungen.) Die protogynen Blüten der Zone IV weisen also in dieser Figur sogar ein starkes neutrales Zwischenstadium auf. }- ER A 11 iR > Y L-.Ü____LL_L_ e__d d % > ,k b 7 vw wo | ML=-=-=--- 22222 - 21 ei . 3 m 7 RR Re Var i $-------- | di A 2 ki D Aa AR % I: A ARE GERN DEREN 3 i EN ar er ser» Zu | N ii uE I Zi fat. Bu In zahlreichen Köpfchen aus dem botanischen Garten in Zürich beobachtete ich einzelne zwischen die anderen eingeengte rudimentäre Blütchen. Dieselben fanden sich in den verschiedensten Teilen des Köpfchens, aber immer nur einzeln, fast nie zu mehreren beieinander, 219 5. Seabiosa (Knautia) graminifolia L. Ich untersuchte die Blütenköpfe dieser blütenbiologisch noch nicht beschriebenen Art im Juli 1901 im botanischen Garten und im Garten des Herrn Froebelin Zürich. Die lila gefärbten Köpfchen bestehen aus ca. 6 Reihen von ein- zelnen Blüten und werden von ca. 10 in einer Reihe stehenden be- haarten Hüllblättern umrahmt, weche nach innen ganz allmählich in die ihnen sehr ähnlichen, nur etwas kürzeren Spreublätter übergehen. Der Durchmesser eines Blütenkopfes beträgt 35—50mm, die Zahl der Randblüten 8—11. Über die Gröfsenverhältnisse der einzelnen Blüten geben die folgenden Zahlen Aufschlufs: Länge derineine| Länge | Unterschied zwi- [Weite des | Länge der Richtung ausge-| der Kron-) schen dem längsten | Blüten- Kelch- streckten Krone|l röhre |und dem kürzesten | eingangs | borsten in mm in mm | Kronzipfel inmm inmm | in mm 1. Reihe } Randblüten 19 6—7 10—11 2 2—3 2. Reihe . . 10 2 2—3 8 Innerste ' _ 1i— _ Blüten 89 1-2 ö 56 Hier, wie auch bei den Angaben aller andern Beschreibungen beziehen sich sämtliche Längenzahlen auf die Blütchen ohne den Fruchtknoten. Wie aus diesen Zahlen hervorgeht, unterscheiden sich die zygo- morphen, stark strahlig gebauten Randblüten in ihren Dimensionen sehr stark von allen andern. Auch zeitlich verhalten sie sich, wie wir sogleich sehen werden, sehr verschieden von allen übrigen Blüt- . chen des Köpfchens. Ich wählte die folgende Zoneneinteilung: 1.Kreis . : 2 222 nenn. Zone I a || 3. (und 4) Kreis. . 22... IH (4) 5. und (6.) Kreis . . 2. 2 2200 IV und erhielt die in Fig. 18 veranschaulichte graphische Darstellung. Hier scheint, im Gegensatz zu K. silvatica Duby, eher etwas wie ein korrelativer Zusammenhang zwischen dem Grad der Dicho- gamie und der Aufblühungszeit zu bestehen, wenigstens zeigen die Blütenkreise hinsichtlich der Dichogamie eine um so stärkere Ab- weichung vom Zustand der zuerst aufbrechenden stark protrandrischen 220 Blüten, je später sie ihre Anthese beginnen. In ganz wenigen Fällen waren allerdings die Blüten der Zone II noch stärker verzögört als diejenigen der Zone III, aber trotzdem sogar noch schwach protran- drisch, so dafs für diese Blütenköpfe dann etwa die in Fig. 19 ver- anschaulichte graphische Darstellung zutreffen dürfte. (Diese Figur wurde nur aus wenigen beobachteten Blütenköpfen abgeleitet und er- hebt keinen Anspruch auf Genauigkeit.) u u - - - - 2... _ x p $ Fr Ta ur zus wur j h- ” aaa Ss } | j | | l [ | ! Aus beiden‘Figuren ‚ist dagegen sehr deutlich ein anderes Ge- setz abzulesen: Die früh aufblühenden Zonen der Dipsaceenköpfchen haben genügend Zeit zur Verfügung, um ihre Blüten langsam zu entwickeln. Sie rückeh daher ihre Geschlechtszustände weit aus- 221 einander, d. h. sie werden stark dichogam, während die später und besonders die zuletzt aufbrechenden Einzelblüten homogam bleiben müssen. Ferner ersehen wir aus beiden Darstellungen wiederum, wie die männlichen Zustände der Blüten über einen bedeutenden Zeitraum verteilt sind, während die weiblichen Zustände alle ziemlich gleich- zeitig durchlaufen werden. Dieses Gesetz, seine Ursache und seine Ausnahmen haben wir schon oben besprochen. ‘ 6. Scabiosa Columbaria L. Die Blüteneinrichtungen dieser Art wurden von Sprengel?) und von Knuth?) beschrieben. Ich kann den Angaben dieser beiden Forscher noch folgende, anfangs Juli 1901 im botanischen Garten in Zürich gemachten Beobachtungen beifügen: Die Zahl der Einzelblüten im Köpfchen betrug an den von mir untersuchten Exemplaren im Mittel 85. Ich sah nur fünfzählige Einzelblütchen. In den ca. 17, als Schauapparat funktionierenden stark strahligen Randblüten waren die männlichen Sexualorgane oft verkümmert. Auch die innersten Blütchen des Köpfchens sind noch etwas zygomorph gebaut, d. h., es kommt auch in diesen noch ein Kronlappen vor, der etwas länger als die übrigen, dabei aber nach den verschiedensten Richtungen hingewendet ist. Die Länge der Randblüten (wie immer ohne Fruchtknoten) beträgt 8—9, die der centralen Blüten 5—6mm. Die letzteren haben, absolut gemessen etwas engere, im Verhältnis zur Länge aber bedeutend weitere Kron- “ eingänge. Die Kelchborsten sind kürzer als bei den beiden vorigen Arten, nehmen aber nach der Mitte des Köpfchens hin regelmälsig an Länge zu, j Im Köpfchen von 8. Columbaria L. kommen 7—9 Blütenkreise vor. Wir verwenden die folgende Zoneneinteilung: Die Randblüten . . : 2... 0. . Zone I der . Kreis . ». > 2 ne. HD „ 8. (und 4) Kreis . oo. IH „ 4(ded) „een IV die Centralblüten . . » 2 2 0.0. „. Vv So erhalten wir als Darstellung des Grades der Dichogamie und der Zeit des Aufblühens der einzelnen Zonen im Köpfchen Fig. 20. ‘ 1) Entdecktes Geheimnis der Natur. 2) Nordfriesische Inseln. 222 Sämtliche Blüten sind hienach ausgeprägt protrandrisch, selbst die innersten besitzen noch ein ganz kurzes neutrales Zwischenstadium. Auch hier scheint ein direkter Zusammenhang zwischen Aufblühungs- zeit und Dichogamie zu bestehen. Die früher entwickelte und meist auch etwas stärker diechogame Zone besteht immer nur aus einem, gewöhnlich dem 4. Blütenkreis. Die äufseren Umrifsformen der Köpfchen verändern sich während der Anthese in ganz ähnlicher Weise wie bei Scabiosa lucida Vill. und zahlreichen andern Dipsaceen entsprechend ihres zeitlichen Ver- haltens. P- i 2 ar Tv; F te ae nee 5 BESESEELE GE 8 # F AR RK R) ) € Zi. Für zahlreiche andere, Herbarmaterial ') aus der Umgebung von Zürich entnommene Köpfchen erhielt ich durch Anwendung derselben Zoneneinteilung eine etwas andere Darstellung (Fig. 21). In diesen Blütenköpfchen schreitet die Aufblühungswelle von aufsen nach innen regelmälsig vor. In den zuerst beschriebenen Blüten mit einer frühzeitig auf- brechenden Zone (IV) besitzt der Blütenboden an der Stelle dieser frühblühenden Zone eine viel stärkere Krümmung als weiter gegen innen und weiter gegen die Randblüten hin. Da aus diesem Grunde 1) Nur ganz ausnahmsweise ist getrocknetes Material für diese Studien noch verwendbar, Alkohol- oder Form alpräparate dagegen habe ich wieder- holt zu allerlei Nachträgen und Berichtigungen verwenden können. 223 die Blütechen der Zone IV sich weit ungehinderter entfalten können als die über oder unter ihnen stehenden, so ist frühzeitiges Öffnen verständlich. Wir können uns auch erklären, warum (vgl. die erste graphische Darstellung von S$. Columbaria L.) die Zonen II und II stark verzögert sind: Die Krümmung des Blütenbodens ist hier sehr gering und dann wird der Raum durch die grofsen und horizontal stehenden, infolge der Kraft der ursprünglichen centri- petalen Aufblühungsart rasch wachsendenRand- blüten, die zudem nach oben, gegen die Licht- quelle hindrängen, noch mehr verengert. Der Druck, den die Rand- blüten dadurch nach oben ausüben, pflanzt sich noch um einige Blütenkreise weiterfort. Da wo er nicht mehr wirkt und wo sich zu- dem der Blütenboden etwas stärker wölbt, bildet sich jene früher blühende Zonell. Diese Auffassung kann hier allerdings noch nicht bewiesen werden, doch wird jeder aufmerksame Beobachter der Blüten A = an köpfe von 8. Colum- “ j j j | j | j I ! j ! j ! j j I ! j l =) ! j j i ! 1 I | j t ! ! ! © & baria L. und anderer ähnlich aufblühender Dipsaceen die grofse Wahr- scheinlichkeit, welche sie für sich hat, zugeben müssen. Einen Beweis dafür, dafs besonders das Licht sehr tiefgreifende Wirkungen auf die Entwicklung der Dipsaceenköpfe ausübt, erblicke 224 ich in der schon bei Scabiosa lucida Vill. (siehe oben) mitgeteilten und auch bei $. Columbaria L. und andern Vertretern der Familie wiederholt beobachteten Erscheinung, dafs Blütenköpfe, welche infolge stark schiefer Stellung der ganzen Pflanze, an steilen Abhängen etc. auf der unteren Seite weniger reichlich von jenem Agens umflutet werden, sich auf dieser Seite auch viel später oder gar nicht öffneten. 7. Scabiosa ochroleuca L. Untersucht von Schulz!) und Comes. Meine Beobachtungen wurden am 15.—17. August 1901 im botanischen Garten in Zürich und im März 1901 an Herbarmaterial verschiedener Herkunft gemacht. Be 4.t------.... ISLA 4 2 7 .\ di ı y % Ihr $ A oA a AL-____L__L__LL__L Q_ % KR P 0 ' n 0,4 v3 ur L .- 2 - --- -- fg r > h 1 ! 0 ci 3 3 on i H | $ l Mimi —+ | m | | j ı Zeit l | Die Randblüten unterscheiden sich schon von den Blüten der 2. Reihe sehr stark durch ihre bedeutendere Gröfse und den stark ausgeprägten zygomorphen Bau, so dafs der ganze, schwefelgelb ge- färbte Blütenkopf, dessen Durchmesser 20—25 mm beträgt, einen stark strahligen Habitus gewinnt, Die Länge der gestreckten Krone der Randblüten beträgt 11, diejenige der centralen Blüten 5—6mm. Alle, besonders die inneren Blüten haben einen ziemlich weiten Eingang. Die Kelchborsten der Randblüten sind halb so lang wie die Kronröhre derselben, während 1) Beitr. II pag. 192. 225 die Borsten der centralen Blüten die Länge der Krone vollständig erreichen. Auch hier entwickeln sich die Staubblätter langsam nacheinan- der, so dafs das männliche Stadium jeder Einzelblüte länger dauert, als das weibliche. Über das Verhalten des Köpfchens in bezug auf das Aufblühen und den Grad der Dichogamie der einzelnen Kreise gibt die in Fig. 22 gegebene Darstellung Aufschlufs. Derselben liegt die folgende Zonenteilung zugrunde: 1. Kreis (Randblüten) . . . . . Zone I FE 1 3.—5. Kreis . 2. 2.2.2000... ZU 6. und 7. Kreis nn n Kae Alle Blüten des Köpfchens sind also ungefähr gleich und zwar recht stark protrandrisch. Das Griffelende der Einzelblüte ist ge- “wöhnlich noch kaum bis zum Kronsaum emporgewachsen, wenn die Antheren schon entleert sind, d. h., es sind meistens kurze neutrale Zwischenstadien zwischen die beiden Geschlechtszustände jeder Einzel- blüte eingeschaltet. Zuerst öffnen sich die Blüten der ersten, dann diejenigen der 6. Reihe und von dieser Zone (IV) wandert dann die Aufblühungs- welle nach oben und nach unten über das Köpfchen weg gegen das Centrum und gegen die schon längst blühende Randzone hin. Andere Blütenköpfe (Herbarmaterial) besafsen in der zu- rückbleibenden Zone III gänzlich homogame Blüten, während die übrigen Kreise ebenso stark, die Randblüten sogar noch etwas stärker dichogam waren, als an den im botanischen Garten unter- suchten Exemplaren. Man beachte noch, dafs die Arten Scabiosa ochroleuca L. und S. columbaria L. sich im zeitlichen Verhalten der Köpfchen stark unterscheiden, obwohl die erstere Art oft nur als Varietät jener zweiten aufgefafst wird. Nach unsern bisherigen Erfahrungen über die starke Variabilität der Öffnungsfolge und Dichogamieverhältnisse, sogar innerhalb derselben Art (Knautia arvensis Coult!) erscheint dies nicht auffallend. 8. Secabiosa atropurpurea L. f. „Snowball“ Hort. Es liegt nur eine Besucherliste von Plateau vor. Ich unter- suchte diese Pflanze anfangs Juli 1901 im botanischen Garten in Zürich. 226 Die weifsen Blüten lassen während ihres ersten männlichen Sta- diums stets einen Stich ins Violette wahrnehmen, die Knospen sind rotviolett gefärbt. Der Durchmesser des ganzen Blütenkopfes beträgt 30—40mm. Es sind gewöhnlich acht grofse an der Basis weilse und an der Spitze grün gefärbte Hüllblätter vorhanden, auf welche nach innen eine Reihe kleinerer Hüllblätter folgt. Die Zahl der Randblüten beträgt 14—18, die Gesamtzahl der Einzelblüten im Köpfchen 115 im Mittel. Trotzdem die Blütchen des 2. Kreises, wie die folgenden Zahlenangaben beweisen, bereits erheb- lich kleiner sind als die Randblüten, so sind sie doch in ihrer ganzen Morphologie von diesen kaum zu unterscheiden, um so weniger als oft noch Übergangsformen zwischen den beiden Kreisen vorkommen. ae sauıı & | Io a Fr ! pi 2% 3 | il ı Tr il | f ii __ r | i n _ \ B ) Zen. Die randständigen Blüten messen in ausgestrecktem Zustand in der Länge 21—23mm;, diejenigen der folgenden Reihe bereits nur noch 16 und diejenigen des Centrums noch 9—10mm. An den letzteren ist noch ein Längenunterschied von 2—-3mm zwischen dem längsten und dem kürzesten Kronblattzipfel wahrzunehmen, während an den Randblüten diese Differenz 8mm beträgt. Die äufseren Blüten be- sitzen eine lange enge Röhre, das Perianth der inneren stellt dägegen einen relativ kurzen und oben weiten, geradwandigen Trichter dar. — Die Kelchborsten der Randblüten sind 5, diejenigen der zunächst folgenden Reihen 6 und die in der Mitte des Köpfchens stehenden 8—9I nım lang. 227 Die folgende Zoneneinteilung hat sich für die von mir unter- suchten Blütenköpfe von $. atropurpurea L. als zweckmälsig erwiesen. 1. Kreis (Randblüten) . . Zone I 2. und 38. Kreis .... „ u 4. und 5 (und 6.) Kreis. . „ II (6.) und 7. Kreis . . . . „ W 8. und 9. Kreis (+ Centralblüten) „ V Wir erhalten das in Fig. 23 dargestellte Schema. Es öffnen sich also immer zuerst die Randblüten. Während der Vorgang von diesen aus weiter nach oben fortschreitet, beginnt auch eine mittlere Reihe (Zone IV) in Anthese zu treten und auch von hier aus wandert nun die Aufblühungswelle centripetalwärts weiter. Das Ganze macht uns den Eindruck, als ob hier zwei Köpfchen mit der ursprünglichen von unten nach oben regelmälsig fortschreitenden Aufblühungsfolge ineinander geschachtelt und durch die zeitlich sehr zurückbleibenden Kreise 4, 5 und 6 (Zone III) voneinander getrennt wären. Dieses Verhalten des Köpfchens steht im Gegensatz zu dem- jenigen mancher anderen Dipsaceen (Scabiosa ochroleuca L. u. a.), wo sich von der Mittelzone aus nicht nur nach oben, sondern nach beiden Richtungen hin der Vorgang des Öffnens fortpflanzt. Diese hier zum erstenmal beobachtete Aufblühungsart‘ des Köpfchens ist wahrscheinlich ebenfalls durch Raumverhältnisse, durch die Art der Krümmung des Fruchtknotens etc. bedingt. Wir können diese Auf- fassung auch hier noch nicht beweisen, doch verdient schon die Tat- sache Beobachtung, dafs die Einzelblüten von S. atropurpurea L. sehr dicht gedrängt stehen. Dies gilt besonders für die am stärksten ver- zögerte Zone III, wodurch wohl ein centrifugales Ausbreiten der Auf- blühungswelle von der mittleren Zone IV aus verunmöglicht wird. — Zwischen diesen beiden Arten des Aufblühens der Dipsaeeenköpfehen kommen übrigens bei anderen Arten alle Übergänge vor. 9. Scabiosa caucasica L. Ich uutersuchte die Blütenköpfe dieser blütenbiologisch noch nicht bekannten Art anfangs Juli 1901 im Garten des Herrn Froebelin Zürich. Das Köpfchen erreicht gewöhnlich einen Durchmesser von 3050, ausnahmsweise sogar von 50—60mm. Es ist von 9—11 in einer Reihe stehenden, schmutzig-grün gefärbten, an der Spitze stark behaarten Hüllblättern umgeben. Die Zahl der Randblüten beträgt 9—11, die Gesamtzahl der Einzelblüten im Köpfchen 70—80. 228 Es besteht morphologisch ein grolser Gegensatz zwischen den Randblüten und den folgenden Reihen von Einzelblüten, während die Unterschiede zwischen diesen unbedeutend sind und nach innen immer geringer werden. Dies belegen die folgenden Zahlen (Mittelwerte, in mm angegeben), Länge Differenz zwischen . der Krone | dem längsten und Weite des Länge der (ohne Frucht-) dem kürzesten Blüten- Kelchborsten knoten) Kronzipfel eingang» 1. Reihe (Rand- blüten) . 22 12 8 8,5 max. 28 . 2. Reihe . 19 2 2,5 Innerste Blüten . 7,5 1 2,5 8 (Die Kelchborsten werden nach in- nen etwas dieker) “ Oftmals waren die Blüten der zeitlich stark ver- zögerten Kreise 4 und 5 etwas kleiner als die Central- blüten. Diese Erscheinung war mir früher schon an einzelnen seltenen Köpfchen von $. lucida Vill. aufgefallen (s. oben). Folgende Zoneneinteilung hat sich für das Köpfchen von S. cau- casica L. als zweckmälsig erwiesen: 229 1. Reihe Randblüten . . . . Zone I 2. und 8. Reihe . . ... „a 4. undd. „ „ HI Innerste Reihe (2.—4. Reihe). „ IV Aus meinen Notizen konstruierte ich die Fig. 24. Die Blütenköpfe dieser Art zeigen also ein ganz ähnliches Ver- halten wie diejenigen der zuerst beschriebenen Scabiosa lueida Vill., nur dauern hier die beiden Stadien der Einzelblüte ungefähr gleich lang. An den sehr weit aus den Blütenöffnungen hervorragenden Griffeln mit ihren kolbig angeschwollenen Enden läfst sich leicht konstatieren, dafs die weiblichen Stadien im gesamten Köpfchen über einen etwas kürzern Zeitraum verteilt sind als die männlichen. Ich beobachtete in den Randblüten manchmal rudimentäre Staub- fäden; eingeschlechtige Blütenköpfe wurden dagegen nicht gefunden. 10. Scabiosa suceisa L. Suceisa protensis Moench. Über diese Art liegen bereits sehr viele blütenbiologische Notizen vor [Sprengel‘), H. Müller), Magnus?), Schulz®), Knuth’)]. Ich untersuchte sie am 15. August 1901 im botanischen Garten in Zürich und am 22. und 26.—28. August 1903 an freiwachsendem Material aus der Umgebung von Dönberg bei Barmen. Am letztgenannten Ort zählte ich im Mittel 18 Randblüten, die Summe der sämtlichen Einzelblüten des Köpfchens betrug dort 50—65. Die Blütchen haben meistens (in Dönberg immer) vier Kron- zipfel, in seltenen Fällen auch fünf, oft kommt neben den vier grofsen Kronlappen ein rudimentärer fünfter vor. Die Einzelblüten sind aufsen blaulila gefärbt, an ihrem untern zwischen die Nachbarblüten einge- engten Teil sind sie weifs. Die Griffel und Narben sind kronfarbig, -die Staubfäden hell, die Staubbeutel anfangs rot, während des Stäubens braungelb, später weiflslich. Die Länge der Kronröhre der inneren Blütchen (ohne Kronzipfel) beträgt 5—7 mm. Die Kelchborsten sind sehr kurz.6) Die Narben sind kreisrund, seltener (in Dönberg nie) zweilappig. ’ 1) Entdecktes Geheimnis der Natur, pag. 84. 2)-Befr,. pag. 371—872 (mit Figuren), Weitere Beobachtungen II pag. 76 (Besucherlisten). 3) Bericht der naturforschenden Freunde Berlins, 1881. 4) Beitr. II pag. 192. 5) Ndfr. Ins. pag. 84, 157. — Bydragen pag.31 (43). Weitere Be- obachtungen pag. 235. 6) Vgl. die Figuren von H. Müller, Bofr. pag. 371. 230 Ich fand in Zürich zwittrige und weibliche Köpfchen. Nur in den ersteren weichen.die Randblüten durch den Bau ihres zygomorphen Baues stark von den übrigen Blütchen ab, bei den weiblichen Köpf- chen kann dagegen von einer Randzone im üblichen Sinn, wenigstens bezüglich der morphologischen Verhältnisse, nieht gesprochen werden. Die verkümmerten Staubfäden der innern Blüten mancher weiblicher Köpfe waren erheblich länger als in den weiter aussen stehenden Blütchen und ragten oft sogar etwas aus der Kronröhre hervor, ohne jedoch je zu stäuben. Ich beobachtete in Zürich und Dönberg weder Autogamie in Einzelblüten, noch Geitonogamie im Köpfchen. Bei den unten er- wähnten, beiDönberg gefundenen hochgebauten Blütenköpfen wäre zwar Geitogamie durch Herabfallen von Pollen sehr wohl möglich, doch sind dort, wie ich wiederholt durch verschiedene Versuche kon- statiert habe, die Narben ziemlich glatt und nicht sehr klebrig, die Pollenmassen dagegen recht stark klebrig. U. Ben ' | In Ju og Y 14 5 SR: Ar BEE RER: SE h rs ® | = | | | Zar. i ; | op a x“ Die zeitliche Differenz zwischen dem Aufblühen der Kändzone und den folgenden Reihen ist bei den in Zürich beobachteten Pflanzen bedeutend. Das männliche Stadium dauert, ähnlich wie bei Knautia arvensis Coult und anderen Dipsaceen, wegen der langsamen Reihen- folge des Aufrollens und Öffnens der Staubfäden bedeutend länger als das weibliche. Obwohl das Köpfchen, von der später zu be- sprechenden, zeitlich vorgeschrittenen Zone abgesehen, von aulsen nach innen aufblüht, fallen wiederum, ähnlich wie bei K. arvensis Coult. (vgl. die Angaben H. Müllers und unsere obige Beschreibung) die 231 weiblichen Stadien der Einzelblüten nahezu in denselben Zeitraum. Auch die innersten Blüten des Köpfchens sind noch ausgeprägt protrandrisch dichogam. Wie die in Fig. 25 veranschaulichte graphische Darstellung !) zeigt, existiert auf halber Höhe des Köpfchens eine zeitlich stark vor- geschrittene Zone. 1. Kreis (Randblüten) . . . . . Zone I 2.—4. Kreis. . 2. 2 2 220.2. „ I 5. und 6. Kreis . . 2. 2 2020. „ UI T. „ 8 (und 9) ... . IV Bei dem Material in Dönberg öffnete sich der 1. Blütenkreis viel später. Zuerst traten die innersten: Blütchen in Anthese, dann diejenigen der III. Zone, hernach die Randblüten und ziemlich bald nachher auch die aus der Zone II. Dies ist in beistehendem Schema der Fig. 26 dargestellt. Für dasselbe gilt dieselbe Zoneneinteilung. ar yo FA ER EEE AU er - Die in Dönberg gezeichneten Köpfchen tendieren — besonders im Alter — auffallend zu einer kegelförmigen Verlängerung des Blütenbodens. Während die im Züricher botanischen Garten untersuchten Exemplare wie alle bisher beschriebenen Arten einen ‘ziemlich genau halbkugeligen Blütenboden besitzen, nähert sich also der Blütenboden der Dönberger Exemplare der bei der Gattung Dipsacus vorkommenden Form. Hieraus können wir auch erklären, warum hier die Central- und nicht die Randblüten die geförderten sind: diesen kommt viel weniger Sonnenlicht zu als jenen. Während bei den zuerst beschriebenen Exemplaren von S. succisa L. die Rand- 1) Dieselbe wurde nur nach wenig Beobachtungsmaterial konstruiert. Flora 1904. 16 232 blüten zuerst aufbrachen und darum auch den gröfsten Grad der Dicho- gamie zeigten, so sind bei den Exemplaren aus Dönberg die inner- sten Blütchen am stärksten protrandrisch, weil diese hier zuerst blühen. Die Blüten der Zone II sind hier gar nicht mehr dichogam, die Rand- blüten nur noch ganz schwach protrandrisch. Auch bei diesen Exem- plaren sind die Narben alle zur gleichen Zeit empfängnisfähig. Damit, dies möglich wird, dauert das männliche Stadium nur in den zuerst sich öffnenden centralen Blüten länger als das weibliche; in den “übrigen Einzelblüten entfalten sich die Staubfäden rascher. 11. Cephalaria alpina (L.) Schrad. Die Blütenköpfe dieser Art wurden biologisch noch nicht be- schrieben. Ich untersuchte sie im Juli 1901 im Garten desHerrn Froebelin Zürich. Der Durchmesser des gelblichweilsen Köpfchens, das von schwarz- braunen, weilsbehaarten Hüllblättern umgeben ist, beträgt 40—50 mm, die Zahl der Randblüten im Mittel 17, die Gesamtzahl der Einzel- blüten im Köpfchen ca. 140. Der Fruchtboden trägt einige Millimeter über die Knospen herausragende dunkelblau gefärbte, unten breite, oben stark spitz zulaufende Spreublätter, welche nach aulsen in die soeben beschriebenen Hüllblätter übergehen. Die Einzelblütchen sind ohne Ausnahme nach der Vierzahl ge- baut. Sogar: die Randblüten sind ziemlich weit trichterförmig, nicht engröhrig. Die letztern und oft auch die Blütchen des an dieselben angrenzenden 2. Kreises besitzen stark reduzierte Fruchtknoten, die nie reifen. Die Griffel fehlen hier meist ganz, die männlichen Sexual- organe dagegen sind wohl ausgebildet. Die übrigen Blüten sind alle zwitterig. j Wir wählen folgende Zoneneinteilung des Köpfchens: 1. Kreis (Randblüten) . . . . . Zone I ER „u 3., 4. (und 5.) Kreis. . . 2... „ I 5., 6., 7. (und 8. Kreis). „ W 8., 9. und 10. Kreis . „» Yv und konstruieren darnach Fig. 27. Wie bei Scabiosa atropurpurea L. beginnt also hier das Blühen kurz nacheinander in zwei Kreisen des Köpfchens, im 1. und 6. oder 7. (Zone IV) und schreitet von diesen Stellen aus nach oben weiter. Auch hier bleiben die beiden so entstandenen blühenden Stellen des Köpfchens sehr lange Zeit durch eine stark verzögerte 233 Zone (III) getrennt, so dafs das Ganze des Eindrucks von zwei in- einander geschachtelten Köpfchen erweckt, wobei der zuerst auf- blühende Kreis der Zone IV die Rolle der Randblüten des inneren Köpfehens spielt, ohne aber in seinen Blütchen besondere morpho- logische Unterschiede von den übrigen Einzelblüten zu besitzen, wie die eigentlichen Randblüten (des ganzen Köpfchens). Ein kleiner Unterschied im Aufblühen des Köpfchens ist zwischen den beiden Dipsaceen Scabiosa atropurpurea L. und Cephalaria alpina Schrad. immerhin vorhanden. Es beginnen sich nämlich bei der letztgenannten Art ziemlich regelmäfsig zuerst die Blüten des mitileren Kreises (7) der Zone IV zu öffnen und von hier aus greift der Vorgang nicht 15 N % KR" zz: ana H | | ) N - —o | 0A 0b Ti o. to. ho 8 nur nach oben (innen), sondern zunächst auch noch etwas nach unten, auf den 6. Blütenkreis über. Dann aber steht die abwärts wandernde Blütenwelle still — offenbar, weil sich von dort ab die Blütchen dann zu stark drängen und unten zu sehr von den bereits geöffneten oberen beschattet werden —, so dals die sehr dichtstehenden Blütchen der Kreise 3—5 stark zurückbleiben und von beiden Seiten durch bereits geöffnete Blütchen immer mehr eingeengt werden. Es ist unnötig, die graphische Darstellung der Aufblühungsfolge von C. alpina Schrad. noch weiter zu erklären. Wie in den mei- sten der bisher behandelten Fälle sind die Köpfchen verschiedenen Alters sofort sehr leicht an ihrer äufseren Form zu erkennen, beson- 16* 234 ders wenn man Längsschnitte durch dieselben anfertigt. Ich erinnere diesbezüglich an die bei der Besprechung von Scabiosa lucida Vill. gemachten Mitteilungen. Wir bemerkten oben, dafs der 7. Blütenkreis, der als Ausgangs- kreis der oberen, ebenfalls centripetal gerichteten Aufblühungswelle, als „Randzone“ des oberen (inneren) Köpfchens aufgefalst werden kann, sich morphologisch nicht von den übrigen Blütehen unterscheide wie die eigentlichen Randblüten. Dies ist nun aber nicht immer der Fall. Ich fand in einzelnen Blütenköpfen, die ich mit der gütigen Erlaubnis des Herrn Dr. Correvon in Genf im August 1901 im Alpengarten der Linnaea in Bourg-St.-Pierre (Wallis) untersuchte und die sich durch eine besonders stark zurückbleibende und eng zusammengeprelste III. Zone auszeichneten, jene früh auf- brechenden Blütchen des 7. Kreises um 1—2mm länger als ihre Nach- barn oben (Zone V) und unten (Zone III). Dies läfst sich natürlich leicht erklären, wenn wir bedenken, welch grofse Vorteile an Raum und Licht jener Blütenkreis gegenüber seinen oberen und unteren Nachbarn geniefst, sobald er sich früher als jene zu entwickeln be- ginnt. Auch diese Beobachtung spricht wieder für die Richtigkeit der früher geäufserten Ansicht, dafs alle diese abnormen Aufblühungs- folgen der Dipsaceenköpfehen als Folge der Konkurrenz der verschie- denen Blütenkreise um Raum und Licht aufgefafst werden müssen und läfst uns sogar vermuten, dafs auch der zygomorphe Bau der Blütchen gewisser Kreise mehr oder weniger von diesen Ursachen abhängt. Zu weit dürfen wir hier natürlich nicht schliefsen, da unsere Beobachtungen noch zu wenige Arten umfassen, Da wir überdies in allen bis jetzt behandelten Fällen gesehen haben, dafs die morpho- logischen Unterschiede der Blütenkreise der Dipsaceenköpfchen nicht in gleicher Weise wie die zeitlichen, sondern meist in regelmäfsiger Reihenfolge von aufsen nach innen verteilt sind, so können jene nicht nur von denselben Ursachen abhängen, welche die zeitlichen Unter- schiede hervorbringen. (Vergl. aber die betreffenden Anmerkungen bei Scabiosa lucida Vill., S. caucasica L. und bei Cephalaria tatarica Schrad.) Ich füge noch bei, dafs die Länge der stark strahlenden Rand- blüten 22mm, die Differenz zwischen den längsten und den kürzesten Teilen ihrer Krone 10mm und diejenige zwischen dem äulseren läng- sten Kronzipfel und den beiden seitlichen mittellangen 5—7 mm be- trägt, dals dagegen. die Centralblüten nur 7mm lang sind und eine Differenz von 1,5mm zwischen den längsten und den kürzesten Teilen 235 ihrer Krone aufweisen. Die Blütehen aus der zurückbleibenden Zone III messen I9mm. Die Kelchborsten sind nur I—2mm lang. 12. Cephalaria tatarica (Gmel.) Schrad. Ich untersuchte die Köpfchen dieser blütenbiologisch ebenfalls noch unbekannten Art anfangs Juli 1901 im botanischen Garten in Zürich. Der Durchmesser der Köpfe beträgt 5—7 mm. Die blauschwarzen Hüllblätter sind breiter als bei der soeben beschriebenen Art und tragen keine Haare. Sie lassen sich durch ihre bedeutendere Gröfse, ihre Form und Farbe sehr leicht von den nach innen folgenden langen Spreublättern unterscheiden. Die Zahl der Einzelblüten ist bedeutend grölser als bei C. al- pina Schrad., sie schwankt zwischen 100 und 120. Der morphologische Unterschied der Randblüten von den Blütchen der folgenden Reihe ist auch hier sehr grofs. Die Unterschiede in den Dimensionen er- geben sich aus folgenden Zahlen: Länge der| Differenz in der Länge | Differenz in der Länge gestreck-| des äufseren und der | des äufseren und des ten Krone| beiden seitlichen Kron-| inneren Kronblatt- in mm blattzipfel in mm zipfels in mm Randblüten . . .. . 23 7 10 Folgende (2.) Reihe . . 14 6,5 7 8. Kreis } Zonell . 2 2—3 4.u.5. Kreis ) (s. unten). 0 0—1 Centrelblüten. . . . .» | 1—2 1 Besonders die Vergleichung der beiden obersten fettgedruckten Zahlen (10 u.7) zeigt den grofsen morphologischen Unterschied der Rand- blüten schon von denen des 2. Kreises: jene besitzen enorm lange äulsere Kronzipfel. Aus den vier unteren fettgedruckten Zahlen können wir entnehmen, dafs hier zum erstenmal die zeitlich zurück- bleibende Zone II (s. unten) auch weniger zygomorph ausgebildete Blütchen besitzt als das Centrum des Köpfehens. Die Erscheinung traf ich in geringerem Grade sonst nur noch bei einigen ganz seltenen Köpfchen von Scabiosa lucida Vill. und in sehr schwachem Grade bei einigen Exemplaren von S. caucasica L. (vergl. die betr. Bemerkungen dort). Ich füge aber ausdrücklich bei, dafs ich sie auch bei C. tatarica Schrad. nur bei einzelnen Exemplaren fand, dafs sich also jene vier fettgedruckten 236 Zahlen (ausnahmsweise!) nicht auf die Mehrzahl der untersuchten Blütenköpfe beziehen. Sehr oft blieb in diesen Köpfchen mit kleineren und weniger zygomorphen Blütchen in der Zone II diese Zone auch zeitlich noch stärker zurück als unten in der graphischen Darstellung (Fig. 28), die sich natürlich auf die Mehrheit der untersuchten Exem- plare bezieht, angegeben ist. Die zeitlichen Unterschiede der morphologisch so sehr stark ab- weichenden Randblüten sind dagegen nicht so bedeutend. Dies zeigt die unten gegebene Figur 28, der folgende Zoneneinteilung zu- grunde liegt: l. Reihe . . . ... Zone I 2. ,„ ren „ I 3.—5. Reihe. . . . „ I Centralblüten. . . . „ WV Wir sehen aus dieser Darstellung, dafs ebenfalls die morpho- logisch so verschiedenen Blütenreihen 1 und 2 zeitlich nur sehr wenig voneinander abweichen, so dals sie eigentlich besser zu einer Zone zu vereinigen wären. Dagegen fällt bezüglich des zeitlichen Ver- haltens eine scharfe Grenze zwischen die Blütenkreise 2 und 3. Die protrandrische Dichogamie nimmt trotz des starken zeitlichen Zurück- weichens der mittleren Zone (III), welches, wie wir hörten, selbst auf die Morphologie jener Zone nicht ohne Einflufs bleibt, doch meistens von aufsen nach innen regelmäfsig ab. — Ich beobachtete einzelne Köpf- chen, in denen die Zone III nur sehr wenig zurückblieb. In ganz 237 wenigen Köpfchen fand ich sogar regelmäfsig centripetales Aufblühen. Aber selbst in diesen Köpfchen waren meistens die centralen Blüten noch stärker zygomorph gebaut als diejenigen der Kreise 3—5. 13. Dipsacus fullonum (L.) Miller. Die Blütenköpfe dieser Art wurden von Kirchner?) beschrieben. Meine Beobachtungen wurden Mitte August 1901 im botanischen Garten in Zürich und im Sommer 1903 im botanischen resp. Schulgarten von Köln und Schwelm i. W. gemacht. Die hochkegelförmigen Blütenköpfe (Höhe 4—5em) sind unten zum Schutze gegen aufkriechende Weichtiere') von wenigen grofsen steifen und spitzen Hüllblättern umgeben, die aulsen, auf einer vor- springenden Mittelleiste, kleine, spitze, nach rückwärts gerichtete Zähn- chen tragen. Ähnliche Zähnchen sitzen auch am Stiel des Blütenkopfes. Die Einzelblüten sind oben weifs, zu unterst grünlich. Ihre Länge beträgt, gleichgiltig an welcher Stelle im Köpfchen sie stehen, durchschnittlich 10mm. Eine in Gröfse und Bau der Einzelblüten ab- weichende Randzone kommt also hier nicht vor. Nach aufsen werden die Blütchen meistens sogar etwas kürzer (oft 1—2 mm Unterschied innen und ganz aulsen!), Die Krone endigt oben in vier mälsig spitzen Lappen, von denen der nach dem Centrum des Köpfchens gewendete immer etwas länger ist als die drei übrigen (!). Alle Blüten tragen auf der Aufsenseite ihres untern, engröhrigen Teils feine, nach rückwärts gerichtete Haare. Die Antheren sind hell rotviolett gefärbt. Die Narbe besteht ursprünglich aus zwei langen Ästen. Es ist aber aus Gründen, die von H. Müller?) angegeben werden, immer nur der nach oben (innen) im Köpfchen gewendete Ast entwickelt. Jedes Köpfchen sitzt über einem ziemlich langen und breiten, weissen, durchscheinenden, längsgestreiften, steifhäutigen Spreublatt, mit harter über die Krone herausragender grüner Spitze und spitzen, steifen Haaren an den obern Rändern. Oberhalb des vierkantigen Fruchtknotens befindet sich nur ein rudimentärer Kelch- saum; Kelchborsten fehlen. 1) Flora von Stuttgart pag. 678 und 679. 2) Die aus den verwachsenen Blattbasen bestehenden Wassertröge hat Kirchner als Schutzmittel gegen aufkriechende ungeflügelte Insekten erklärt; s. auch Kerner, Pflanzenleben (Abbildungen). 3) Befr. pag. 369. Vgl. das bei Knautia arvensis Coulter in dieser Abhand- lung hierüber Gesagte, sowie das dort gegebene Zitat von H, Müller. 238 Die Staubfäden richten sich hier nicht, wie bei den meisten bis- her besprochenen Dipsaceenblüten, langsam nacheinander, sondern fast gleichzeitig auf, Darum dauert das männliche Stadium hier nicht so lange, übertrifft aber dennoch an Zeitdauer das weibliche, da die Narben nur kurzlebig sind. Die Einzelblütchen sind alle ziemlich gleich stark protrandrisch. Der Grad ihrer Dichogamie ist der unten- stehenden graphischen Darstellung zu entnehmen. Es finden sich in einer Blüte nur sehr selten noch gleichzeitig stäubende Antheren und empfängnisfähige Narben. In Schwelm und Köln waren die Blüten allerdings schwächer dichogam. „Die steifen, borstigen Spreublätter (s. oben) verhindern die be- suchenden Insekten, über die Blütenstände wegzukriechen“ [Knuth].') Aus diesem Grunde können die Tiere auch keine Geitonogamie im Köpfchen veranlassen, auch wenn die weiblichen Stadien der Einzel- blüten nicht gleichzeitig durchlaufen werden. Dementsprechend sehen wir denn auch hier die männlichen Zustände über einen grölsern Zeitraum verteilt als die weiblichen, Auch hier verhalten sich einzelne Zonen des Köpfchens ver- schieden, die Übergänge erfolgen aber schr allmählich, so dafs die Zoneneinteilung relativ willkürlich ist, Wir vereinigten: Die 3 untersten Kreise u. . . . Zone I den 4. und 5. Kreis u. . . .. „ O2 „ 6.—8. Kreis zu . „ I »„ 8-10. „ „ „ W „ 10. bis ca. 16. Kreis u ... „ V und erhielten so die folgende graphische Darstellung (Fig. 29) des zeitlichen Verhaltens der Blütenköpfe. Kirchner fand, dafs das Aufblühen von einer mittleren Zone nach oben und unten regelmäflsig fortschreitet. Dies trifft, wie die Figur zeigt, für die von mir untersuchten Köpfe nicht ganz zu. Aus der Figur können wir ferner noch ersehen, dafs sich die äufsersten Blüten hier zeitlich noch ganz anders verhalten als bei den bisher besprochenen Dipsaceenköpfen. Sie öffnen sich zwar früher als die nächstfolgende innere Reihe, aber später als die Blütenkreise 8—10 (Zone IV). Die in Köln und Schwelm gezogenen Exemplare stimmen im übrigen mit den im vorstehenden beschriebenen ganz überein. 1) Handbuch, II. Bd. 1. Teil pag. 556. 239 14. Dipsacus silvester Miller. Es liegen bereits zahlreiche blütenbiologische Angaben über diese Art vor. [H. Müller‘), Loew?), Kirchner, Besucherlisten von Dalla Torre, Heinsius, Knuth, Mac Lead u. a.] Ich untersuchte diese Blüten im August 1901-im botanischen Garten in Zürich. Die Blütenköpfe haben eine Länge (Höhe) von 3--4cm. Sie sind ebenfalls von langen steifen Hüllblättern umgeben. Diese tragen aber nur vereinzelte und nach vorn gerichtete Dornen. Jedes Blütchen besitzt vier, seltener drei Kronzipfel. Auch hier ist, wie bereits H. Müller beobachtete, nur der eine Gipfelast ent- Sam | | Ü Rn fr [ en N L >= T T 1 ı 1 1 1 ı_ t 1 + 1 = > fs > N wickelt. Die Kronröhren sind nicht 8—10 (nach Müller 9—11)mm lang und unten noch etwas enger als bei der vorigen Art. Der obere Teil der Krone ist blaulila gefärbt und aufsen sehr fein behaart. Über die Spreublätter und den Kelchsaum gilt das bei der vorigen Art Gesagte; Kelchborsten fehlen auch hier. Die Blütchen sind etwas weniger protrandrisch als bei D. follunom Mill., sie unterscheiden sich aber auch hier im Grad der Dichogamie durchaus nicht voneinander, 1) Befr. pag. 367. Weit. Beob, III pag. 76 (Besucherlisten). 2) Blütenbiologische Floristik pag. 390. 240 da die weiblichen Zustände wegen der langen und spitzen Spreu- schuppen nicht alle zur selben Zeit durchlaufen zu werden brauchen, Die männlichen Stadien der Einzelblüten sind noch kürzer als bei der vorigen Art. Sie werden sogar von den weiblichen an Zeitdauer über- troffen, da die Narben nicht besonders kurzlebig sind. Kirchner | > In ERDE N | j j j _—L.- ! ao ki) r > [A hl u f r2 '% 0 T j | j ) | | j ) ) | ) ) j j ' j j ) R RL: | £ 1 l Le ! I r T 2 T le Fr ! pP (ey BEN Ni beobachtete bereits, dafs der Blütenkopf von einer mittleren Zone aus nach beiden Seiten hin in die Anthese tritt. Ich habe dies in allen von mir untersuchten Blütenköpfchen bestätigt gefunden und in dem obenstehenden Schema (Fig. 30) zur Darstellung gebracht. 241 Für dasselbe betrachtete ich: die ca. 3 untersten Kreise als Zone I den 4.—7. Kes . .., 9». 2 die folg. 2—4 Kreise. . „ „ II die folg. ca.5 „ 90 ,9.W den 16.—18. (19.) Kreis on „N „ 19.—21. Kreis... „ „ VI die centralen Blüten . . „ vu Graphische Darstellung des Aufblühens in Fig. 30. Vergleichende Übersicht über die Blütenmorphologie und -Bio- logie der betrachteten Dipsaceen. Wir beschränken uns hier darauf, die zwischen den einzelnen Blütenkreisen eines Köpfehens gefundenen Unterschiede im Bau und im zeitlichen Verhalten bei den behandelten Arten zusammenfassend und vergleichend zu betrachten, weil doch diesen Merkmalen die ganze vorstehende Untersuchung hauptsächlich gewidmet war. Alle übrigen morphologischen und biologischen Merkmale der Einzelblüten und der Köpfehen müssen in den betreffenden Einzelbeschreibungen nachgeschlagen werden. Obwohl mir das wenige hier bearbeitete Material noch nicht das Recht gibt, sichere Erklärungen jener morphologischen und zeitlichen Unterschiede der Einzelblüten eines Köpfehens aufzustellen, so will ich es doch nicht unterlassen, wenigstens die Wege anzudeuten, die mir nach meiner bisherigen Kenntnis der Blütenbiologie der Dipsaceen zu solchen Erklärungen zu führen scheinen. Ich bitte zu entschul- digen, wenn sich die nachfolgenden Erörterungen der sprachlichen Kürze wegen da und dort wie fertige Erkenntnis darstellen. Ich hoffe, dafs sie doch ihren Zweck erfüllen, indem sie gelegentlich zu Fragestellungen und darauf gegründeten weiteren Untersuchungen der oft so sonderbaren Aufblühungs- und Dichogamieverhältnisse der Dip- saceen anregen. 242 I. Die morphologischen Unterschiede der Einzelblüten. 1. Nach den von Focke aufgestellten Grundsätzen!) entwickeln sich in den gedrängten Blütenständen, wie Dolden, Scheindolden, Köpfchen etc. die äufseren Petalen aller Einzelblüten stärker als die seitlichen und die inneren. Dies geschieht auch im Interesse der Augenfälligkeit, aber, besonders beim Dipsaceenköpfehen, besonders darum, weil die äufseren Kronblattzipfel, die meist senkrecht zum auffallenden Licht ausgebreitet sind, von diesem mehr getroffen werden als die anderen. Da aber gegen die Mitte des Köpfchens hin jene Kronblattzipfel immer weniger senkrecht zum auffallenden Licht stehen, so können sich hier die Blütchen viel weniger nach dem er- wähnten Focke’schen Gesetz zygomorph-strahlend umgestalten als aulsen. Es haben also zwar alle Blütchen die Tendenz zu zygomorph- strahlender Ausbildung, aber nur bei den äufseren wird diese Ten- denz durch die Lebensbedingungen begünstigt. Es ist auch denkbar, dafs an der Vergröfserung der nach aufsen gerichteten Kronblätter die Insekten durch den infolge ihres Auffiegens auf jene Petalen ausgeübten Reiz direkt (vergl. die Theorie von C. W.v. Nägeli über die Entstehung der Blumenblätter durch den Reiz der besuchenden Insekten) oder durch Auslese indirekt mitge- wirkt haben. 2. Eine Ausnahme von der sonst sehr allgemeinen Regel, dafs die Blüten nach innen immer mehr aktinomorph gebaut werden, fanden wir bei Cephalaria tatarica Schrad. Da besitzen nämlich die Einzel- blüten der II. Zone kürzere äufsere Kronblattzipfel als die innersten Blütehen. Der Grund hievon mag darin liegen, dafs die Blüten jener Zone besonders stark verzögert aufblühen, darum ganz bedeutend stärker zusammengedrängt werden als die Centralblüten und aus diesem Grunde der auch ihnen innewohnenden Tendenz zur zygomorphen Entfaltung und horizontalen Ausbreitung der Krone nicht einmal in demselben Grade folgen können wie die innersten Blüten des Köpf- chens. Auch bei CO. alpina Schrad. fanden wir, wohl aus denselben Gründen, die Randblüten des „inneren“ Köpfchens manchmal etwäs länger als die weiter nach unten gelegenen Blüten. Vereinzelte Exemplare von Scabiosa lucida Vill. zeigten diese Erscheinung ebenfalls. 3. Die Einzelblüten der Dipsaceenköpfe werden von innen nach aufsen nicht nur immer stärker strahlend, sondern auch länger und’ stets relativ, oft (bei Scabiosa lucida Vill. und S. graminifolia L.) auch 1) Focke, W. O., Entstehung des zygomorphen Blütenbaues, Österr. bot. Zeitschr. Bd. XXX VII pag. 123—126 und 157-161, 1887. 248 absolut gemessen, engröhriger. Ziemlich weite Kronröhren, auch in der Randzone, hat Cephalaria alpina Schrad. 4. Die unter 1. und 3. erwähnten morphologischen Unterschiede der Einzelblüten sind nicht regelmäfsig über das Köpfchen verteilt, sondern sie sind zwischen der Randzone und dem folgenden Blüten- kreis gröfser als zwischen irgend zwei anderen Kreisen. Ausnahmen: Beide Arten Dipsacus und bis zu einem gewissen Grade auch Sca- biosa atropurpurea L. f. „Snowball‘‘ Hort. Hier liegt nämlich der er- wähnte Sprung in der Verteilung der morphologischen Unterschiede im Köpfchen mehr zwischen dem 2. und dem 3. Blütenkreis. Diese Verschiebung erstreckt sich nicht auch auf die zeitlichen Vorgänge. 5. Bei Scabiosa lucida Vill. und $. Columbaria L. beobachtete ich halbseitige Verkümmerung einzelner Köpfchen infolge schiefer Stellung der Pflanze, welche das Sonnenlicht nur von der einen Seite zutreten liefs. Diese Erscheinung beweist die starke Einwirkung des Lichtes auf die Art der Entfaltung der Dipsaceenköpfchen. 6. Bei Knautia arvensis Coult. fand ich an den verschiedensten Stellen des Köpfchens einzelne zwischen ihre Nachbarn eingeengte Blüten, die klein oder sogar rudimentär blieben und sich erst spät oder sogar überhaupt nicht öffneten. Diese Erscheinung zeigt, wie sehr der Beginn der Anthese derjenigen Einzelblüten verzögert wird, welche von den andern im Raum beengt werden. R 7. Bei Scabiosa lucida Vill. fand ich an den verschiedensten Standorten nicht eingeengte Einzelblüten, die sich zu gleicher Zeit wie alle andern öffneten, aber eine ganz andere Form zeigten. Diese waren sehr selten, traten aber in einem und demselben Köpfchen “ stets häufig und ohne Übergänge auf und dürften wohl spontan ent- standen sein. 8. Bei Knautia arvensis Coult. und Scabiosa succisa L. fand ich Köpfchen mit zweierlei Farbenton. 9. Die Köpfchen der weiblichen Stöcke von Knautia arvensis Coult. besitzen gar nicht strahlende, diejenigen von Scabiosa lucida Vill., Knautia silvatica Duby nur ganz schwach strahlende Randblüten, entsprechend dem allgemeinen Gesetz der geringeren Augenfälligkeit der Blüten weiblicher Stöcke bei Gynodioecie.') 1) Labiaten, Compositen u. &. Über letztere vgl, man M. v. Uexküll- Gyllenband, Phylogenie der Blütenformen und der Geschlechter- verteilung bei den Compositen. Bibliotheca Botanica Heft 52. 244 10. Bei den von mir beobachteten und in 9. aufgezählten Arten mit weiblichen Köpfchen waren diese etwas kleiner und dunkler ge- färbt als die zwittrigen. II. Die zeitlichen Unterschiede der Einzelblüten. Darunter verstehen wir ihre Verschiedenheiten hinsichtlich der Zeit ihres Aufblühens und des Grades ihrer Dichogamie. Wir können hierüber, nur die wichtigeren Beobachtungsresultate zusammenfassend, folgendes aussagen: 1. Die Einzelblüten der untersuchten Dipsaceenköpfchen sind meist protrandrisch dichogam. Besonders stark protrandrisch sind Scabiosa lucida Vill., Columbaria L., suaveolens Desf. und Knautia arvensis Coult. Gar keine protrandrischen Blüten hat Knautia silvatica Duby. Homogame Blütchen kommen in den Köpfen von Scabiosa graminifolia L., atropurpurea L.f. „Snowball‘‘ Hort., caucasica L., Ce- phalaria alpina Schrad., sowie bei einzelnen Exemplaren von Knautia ‚arvensis Coult. vor, protogyne bei Knautia silvatica Duby. 2. Unter den beschriebenen Dipsaceen besitzen nur einige Exem- plare von Knautia arvensis Coult. und Scabiosa Columbaria L., dann z. T. auch 8. suecisa L. die ursprüngliche centripetale Aufblühungs- folge des Köpfchens. 3. Bei den übrigen Arten kommen an verschiedenen Stellen, meist jedoch in der Mitte des Köpfehenhalbmessers eine oder mehrere zeitlich verzögerte resp. beschleunigte Reihen oder Zonen vor. Dies führt oft, z. B. bei Scabiosa atropurpurea Hort. F. „Snowball“ L., Cepha- laria alpina Schrad. (zwei „ineinander geschachtelte“ Köpfchen) und Dipsacus silvester Mill. zu scheinbar ganz andern Aufblühungsarten. Der Weg, der wohl am ehesten zur Erklärung dieser abnormen ' Aufblühungsfolgen der meisten Dipsaceenköpfehen führt, ist folgender: Wie mehrere Beobachtungen mit Sicherheit zeigen (spätes Entwickeln oder Verkümmern der abwärts gerichteten Blütchen schief stehender Köpfchen, Verkümmern der eingeengten Blütchen von Knautia silva- tica Duby., Analogieschlüsse aus den Ergebnissen der experimentellen blütenbiologischen Erforschung anderer Familien) ist die Entwicklung der Einzelblüten der Dipsaceenköpfchen in hohem Grade vom Licht und darum auch von den Raumverhältnissen im Köpfchen . abhängig. Dies ist auch leicht zu verstehen: Wenn irgend ein Blüten- kreis sich früher als die andern entfaltet, so wird er, weil die Einzel- blüten des Köpfchens gewöhnlich sehr dicht stehen, bald die Nachbar- kreise beschatten und nun viel mehr Sonnenlicht geniefsen können 245 und sich darum rascher entwickeln als jene. Nun gibt es, wie uns schon die vorliegenden Untersuchungen mehrmals andeuteten, in den Dipsaceenköpfehen gewisse Blütenkreise, die von Anfang an Aussicht haben, sich etwas früher als ihre Nachbarn zu öffnen, weil sie mehr Raum zur Verfügung haben als jene. Das sind solche, die an be- sonders stark gewölbten Stellen des Blütenbodens stehen. Einen voll- gültigen Beweis für diese Auffassung kann die vorliegende Unter- suchung noch nicht erbringen. Derselbe kann erbracht werden durch genaues vergleichendes Studium und bildliche Darstellung des Blüten- bodens und seines Verhaltens während der Entwicklung der Knospe und bei den verschiedenen Arten. 4. Bei dem kegelförmigen, oben am stärksten gewölbten Blüten- boden von Dipsacus silvester Mill. haben natürlich die innersten Blüten am meisten Raum. Die Knospen können hier am raschesten wachsen und genielsen auch hier am meisten Licht. Dieses Köpfchen sollte daher centrifugal aufblühen. Wie alle Dipsaceen hat aber auch diese Pflanze die Tendenz bewahrt, ihre Blütenköpfe in der Reihenfolge von aufsen nach innen in die Anthese treten zu lassen. Es kämpft also hier eine alte erbliche Anlage gegen eine durch die äufseren Einflüsse hervorgerufene Kraft. Es beginnen darum diejenigen Kreise des Köpfchens zuerst zu blühen, in denen beide Kräfte gleich stark wirken. Dies ist der Fall bei den auf halber Höhe des Blütenkopfs stehenden Kreisen. Von hier aus gehen dann, jenen beiden Kräften entsprechend, eine centrifugale und eine centripetale Aufblühungs- welle über das Köpfchen hin, 5. Cephalaria tatarica Schrad. und einzelne Exemplare von C. alpina Schrad. und Scabiosa lucida Vill. stellen den Fall dar, wo in den dicht gedrängten Kreisen die Einzelblüten sich nicht nur spät entwickelt sondern sogar in ihrer Morphologie verändert sind. (Vgl. 1. Punkt 2.) 6. Die Randblüten öffnen sich fast stets zuerst. Ausnahmen von dieser Regel fanden wir bei beiden Arten Dipsacus, bei einigen Exem- plaren von Knautia arvensis Coult., dann oft auch bei K. silvatica Duby. Die Erklärung dieser Abweichungen findet sich zum Teil in Punkt 4. dieses Abschnittes. — Besonders frühzeitig öffnen sich die Randblüten bei Scabiosa lucida Vill. und Columbaria L. Bei diesen Arten nehmen demnach die Randblüten auch zeitlich eine ähnliche Sonderstellung ein wie in bezug auf ihre Morphologie. 7. In den Köpfchen von Knautia arvensis Coult., Scabiosa Colum- baria L. und S. suceisa L., die nach 2. die ursprüngliche centri- 246 petale Aufblühungsart allein beibehalten haben, durchlaufen die Einzel- blüten ihre weiblichen Stadien ziemlich gleichzeitig, so dafs das ganze Köpfchen ziemlich lange Zeit männlich, dagegen nur kurze Zeit weib- lich ist, Da die Gesamtdauer der männlichen Stadien der ganzen Köpfchen in unseren Figuren mit dem Zeichen d‘, diejenige der weib- lichen mit Q bezeichnet ist, so kann jene Tatsache durch einen Blick auf die betreffenden Figuren rasch konstatiert werden. Wir hatten die Erscheinung schon bei der Besprechung von Knautia arvensis Coult. durch ein Zitat von H. Müller erklärt, das wir hier teilweise nochmals wiedergeben: „... Da das ganze Köpfchen anfangs rein männlich, später rein weiblich ist, so findet bei eintretendem Insekten- besuch nicht blofs Fremdbestäubung, sondern sogar Kreuzung ge- trennter Köpfchen statt.“ In den Köpfchen der oben genannten Arten nimmt, wie aus dem Gesagten leicht zu erschliefsen ist, der Grad der Protrandrie von aufsen nach innen regelmälsig ab. 8. Bei den übrigen Dipsaceen, deren Einzelblüten in unregel- mäfsiger Reihenfolge in Anthese treten, fallen die weiblichen Stadien des Köpfchens nicht zusammen. Nur wenige der behandelten Dipsa- ceen besitzen Köpfchen, welche Ausnahmen von dieser Regel dar- stellen, d.h. solche, die unregelmäfsig aufblühen und deren weibliche Zustände doch ziemlich gleichzeitig durchlaufen werden. Diese sind: Scabiosa suaveolens Desf., succisa L., einige Exemplare von Knautia arvensis Coult., Scabiosa Columbaria L., caucasica L. Beinahe, aber nicht ganz, gleichzeitig verlaufen die weiblichen Stadien bei Scabiosa silvatica L. und graminifolia L. Versuche,. diese Abweichungen zu erklären, finden sich in den nachfolgenden Ausführungen. 9. Der Grad der Diehogamie nimmt bei den unregelmäfsig auf- blühenden Arten nicht von aufsen nach innen regelmäfsig ab, doch sind im allgemeinen auch hier die spät sich öffnenden Blütenkreise weniger oder sogar entgegengesetzt dichogam als die früh in Anthese tretenden. Ausnahmen hievon bieten einzelne Exemplare von Sca- biosa graminifolia L. und dann besonders S$. silvatica L., zum Teil auch S. atröpurpurea L., Cephalaria alpina Schrad. und tatarica Schrad., Dipsacus fullanum Mill. 10. Die vorliegenden Einzeluntersuchungen reichen nicht aus, um beweiskräftig zu erklären, aus welchen Gründen in den meisten Dipsaceenköpfehen einzelne Kreise zeitlich so stark verzögert sind. Immerhin finden sich genug Anhaltspunkte, um die Ansicht wenig- stens sehr wahrscheinlich zu machen, dafs zu dieser Erklärung nur die Raumverhältnisse im Köpfchen und die Form des 247 Blütenbodens herangezogen werden können. Ursprünglich hat die Inflorescenz das Bestreben, in regelmäfsiger centripetaler Reihen- folge in die Anthese zu treten. Die Randblüten öffnen sich also zuerst. Dies geschieht auch noch in den sonst abnorm aufblühenden Köpfchen, weil die horizontal ausgebreiteten Randblüten im Vergleich zu ihren oberen Nachbarn sehr viel Licht zur Verfügung haben. Nur in we- nigen Köpfchen, z.B. in den hoch kegelförmig gebauten von Dipsacus silvester Mill., sind die Randblüten so beschattet, dafs auch sie ver- spätet aufblühen. Zeitlich beschleunigte Kreise oder ganze Zonen werden sich immer an denjenigen Stellen der Köpfchen ausbilden, wo der Blütenboden stark gewölbt ist. Die Knospen wachsen hier rascher und öffnen sich früher und die Blütchen geniefsen nun zuungunsten ihrer Nachbarn sehr viel Sonnenlicht. Dies kann, wie wir im vorigen Abschnitt sahen, sogar zu Einwirkungen auf die Morphologie der Einzelblüten führen. Die spät aufblühenden Kreise müssen nun notwendigerweise weniger stark protrandrisch werden, wenn die weiblichen Stadien des ganzen Köpfchens zum Zwecke der Verhinderung der Geitonogamie doch noch gleichzeitig durchlaufen werden sollen. Dies gilt für die oben schon aufgezählten Arten Scabiosa suaveolens Desf., succisa L., zum Teil auch für Knautia arvensis Coult., Scabiosa Columbaria L., caucasica L. und in noch geringerem Grade für Scabiosa silvatica L. und graminifolia L. Wir sehen also, dafs der Grad der Dichogamie der Einzelblüten bei vielen Dipsaceen abhängig ist von der Zeit ihres Aufblühens.. Da diese wiederum bedingt ist durch Erscheinungen, welche der Beobachtung zugänglich sind, so haben wir demnach hier ein Mittel in der Hand, um der wichtigen Frage der Abhängigkeit der Dichogamie von den äulseren Lebensbedingungen der Pflanze näher zu treten. Bei einer gröfseren Zahl von Arten, nämlich bei Scabiosa lu- cida Vill., ochroleuca L., etropurpurea L. f. „Snowball“ Hort. und bei den untersuchten Arten von Cephalaria und Dipsacus bildet sich jedoch ein anderes Schutzmittel gegen Geitonogamie aus, so dals die weib- lichen Stadien hier nicht gleichzeitig durchlaufen zu werden brauchen. Von diesem Schutzmittel wird unten zusammenfassend noch einiges mitgeteilt werden.‘ 11. Wie schon an”mehreren Stellen erwähnt wurde, haben mich meine Untersuchungen zu ’der Überzeugung geführt, dafs bei den Dipsaceen Geitonogamie im Köpfchen auf direktem Wege, d.h. durch Anlegen der.Narben an die Antheren benachbarter Einzelblüten sowohl Flora 1904. 17 248 bei freiwachsenden wie bei in Töpfen oder im Wasser gehaltenen Pflanzen nur ganz ausnahmsweise vorkommt. Eine für das Leben der Pflanze bedeutungsvolle Geitonogamie kann also nur indirekt, d. h. durch die Hilfe der Insekten, er- folgen. In dieser Weise tritt sie aber, sobald die In- sekten frei auf den Köpfen herumkriechen, naturge- mäfs sehr häufig ein. Angaben über die Wirkung der Geitonogamie liegen leider noch keine vor. 12. Die einen der im Vorstehenden beschriebenen Dipsaceen besitzen nur ganz kurze, die anderen sehr lange Kelchborsten (bei Cephalaria und Dipsacus übernehmen die langen Spreublätter die biologische Aufgabe der hier fehlenden Kelchborsten). Dies hat, wie die aufmerksame Beobachtung sofort lehrt, ein ganz verschie- denes Verhalten der besuchenden Insekten zur Folge. Während die- selben auf den Köpfchen mit kurzen Kelchborsten frei herumkriechen, so wandern sie auf den anderen von den als Anflugplatz dienenden Randblüten aus gewöhnlich nur ganz wenig nach innen, ziehen sich dann wieder zurück und gehen auf andere Köpfchen, kommen viel- leicht später wieder, fliegen manchmal auch auf die Mitte oder auf andere Stellen des Köpfchens an usw. Oft legen sie auch den Weg von einem Einzelblütchen zum anderen fliegend zurück. Der Grund dieses Verhaltens liegt wohl nur darin, dafs den Insekten die langen Kelchborsten resp. Spreublätter dieser Arten unangenehm, hinderlich oder (bei Cephalaria!) gefährlich sind und ihnen besonders den Weg von den Randblüten nach den inneren Teilen des Köpfchens, wo die Borsten auch immer länger werden, unmöglich machen. Da nun, wie wir oben hörten, Geitonogamie nur bei Insektenbesuch möglich ist, . so wird dieselbe durch die geschilderten langen Kelchborsten und Spreuschuppen so vollständig verhindert, dafs in allen Köpfchen, welche solche Borsten und Schuppen aufweisen, die weiblichen Stadien nicht. mehr zusammenzufallen brauchen. Dieselben können dann, ent- sprechend der Öffnungszeit der entsprechenden. Zone, früher oder später eintreten und sich so über einen grölseren Zeitraum ausbreiten. Dafs diese Überlegung für die von uns studierten Arten zutrifft, zeigt die folgende Zusammenstellung (13). 13. Die Köpfchen von Knautia arvensis Coult., Scabiosa succisa L. und diejenigen einiger Exemplare von 8. Columbaria L. mit regel-- mäfsiger centripetaler Öffnungsfolge besitzen kurze Kelchborsten resp. Kelchborsten und Streuschuppen. Darum sind hier die weiblichen 249 Stadien so fixiert worden, dafs sie gleichzeitig verlaufen, so dafs also die Einzelblüten nach innen gleichmäfsig immer stärker dichogam werden. \ Die Dipsaceen Scabiosa suaveolens Desf., suceisa L., Knautia arvensis Coult. (in einigen Exemplaren), Scabiosa Columbaria L. und caucasica L., die ebenfalls kurze Kelchborsten besitzen, blühen un- regelmäfsig auf, besitzen aber ebenfalls gleichzeitig ablaufende weib- liche Stadien. Bei den Arten Scabiosa-lucida Vill., ochroleuca L., atropurpurea L. f. Snowball Hort., ferner bei den untersuchten Arten von Oepha- laria und Dipsacus, die ebenfalls unregelmäfsig aufklühen, aber lange Kelchborsten resp. (bei Cephalaria und Dipsacus) Spreublätter besitzen, sind die weiblichen Zustände über einen längeren Zeitraum verteilt, Bei Knautia silvatica Duby und Scabiosa .graminifolia L. be- sitzen die Borsten eine mittlere Länge und die weiblichen Stadien dementsprechend.eine mäfsige Zeitdauer, doch kommen hierin lokale Unterschiede vor. Arten mit regelmäfsiger Aufblühungsfolge, langen Borsten und auseinandergerückten weiblichen Stadien habe ich nicht gefunden. 14. Als eine Stütze für den unter 12. ausgeführten Erklärungs- versuch kann eine Tatsache gelten, dafs die Öffnungsfolge der Köpfe mit langen Borsten wegen des hier weggefallenen auslesenden Faktors meist aufserordentlich stark variiert. (Man vgl. Knautia arvensis Coult. mit den Arten mit kurzen Borsten !) 15. Die Länge der Kelchborsten und Spreuschuppen ist inner- halb derselben Art konstant. Dies weist darauf hin, dafs wir es hier mit rein morphologischen Merkmalen zu tun haben, die nur zufällig, nämlich weil sie bei starker Ausbildung die Insekten am Herum- kriechen auf dem Köpfchen verhindern, biologischen Wert erhalten haben. Wir dürfen also nicht annehmen, dafs die Länge der Kelch- . borsten resp. Spreublätter als eine Anpassung an die Dichogamiever- hältnisse im Köpfchen im Interesse der Verhinderung der Geitonogamie entstanden sind, sondern es haben sich umgekehrt jene Dichogamie- verhältnisse als Anpassungen an die von Anfang an feste Länge der Kelchborsten resp. Spreublätter ausgebildet. 16. Unter den von mir untersuchten Arten fand ich Gynodioecie bei Knautia arvensis Coult.,‚silvatica Duby, Scabiosa suceisa L. 17* 250 Wie im I. Abschnitt mitgeteilt und erklärt wurde, sind die weiblichen Köpfchen kleiner und anders gefärbt als die zwittrigen (z. B. bei Knautia silvatica Duby.) 17. Bei den in 16. genannten gynodioecischen Arten unterschei- den sich die Randblüten der zwittrigen Köpfchen morphologisch und oft auch zeitlich stärker von den übrigen Einzelblütchen als in den weiblichen Blütenköpfen. 18. :Das folgende Zitat zeigt, wie sich H. Müller!) die Erklärung des Entstehens eingeschlechtiger Dipsaceenköpfe denkt: „So oft sonniges Wetter eintritt, ist (wegen der längeren Dauer der männ- lichen Stadien) bei den zweigeschlechtigen Stöcken die Zahl der ge- rade im männlichen Stadium befindlichen Köpfchen sehr viel grölser als die Zahl der im weiblichen Zustand befindlichen. Es mufs also der Blütenstaub vieler Körbehen nutzlos für die Pflanze verblühen und es mufste deshalb für die Erhaltung der Art von Vorteil sein, wenn bei einem Teil der Exemplare die nutzlosen Staubgefäfse ver- kümmerten und die Narben um so rascher zur Entwieklung gelangten, weil nun bei eintretendem sonnigem Wetter noch viel zahlreichere Blüten in kurzer Zeit befruchtet werden konnten. Wie jede für die Erhaltung der Art vorteilhafte Eigentümlichkeit, welche zufällig als Abänderung auftritt, durch natürliche Auslese erhalten werden kann und mufs, so mufste also auch hier eine zufällig auftretende Ver- kümmerung der männlichen Fortpflanzungsorgane sich erhalten und noch mehr ausprägen.“ .19. Einzelne durch Fehlschlagen der Staubblätter entstandene weibliche Blütchen in sonst zwittrigen Köpfen fanden wir bei Scabiosa lucida Vill., suaveolens Desf., arvensis L. und caucasica L. "20. Bei Scabiosa lucida Vill,, succisa L. und arvensis L. fanden wir Tatsachen, die uns erkennen liefsen, dafs die Reduktion der männlichen Sexualorgane denselben Weg im Köpfchen einhält wie alle übrigen zeitlichen Vorgänge. 1) Alpenbl. Über die Individualität der Chromosomen im Pflanzenreich. Von 0. Rosenberg. j Hierzu 7 Textfiguren. In seinem neulich herausgegebenen Werke über die chromatische Substanz !) hat Boveri seine Ansicht über die sog. Chromosomen- individualität in folgender Weise formuliert: „Ich betrachte die soge- nannten chromatischen Segmente oder Elemente als Individuen, ich möchte sagen elementarste Organismen, die in der Zelle ihre selb- ständige Existenz führen. Die Form derselben, wie wir sie in den Mitosen finden, als Fäden oder Stäbchen, ist ihre typische Gestalt, ihre Ruheform.* „Im sogenannten ruhenden Kern sind diese Ge- bilde im Zustand ihrer Tätigkeit.“ Die Individualitätshypothese hat viele Anhänger erworben; eine grolse Menge Beweismaterial, besonders zoologischerseits, ist ange- häuft worden. Über die Art und den Grad der „Individualität“ der Chromosomen sind wohl die Meinungen unter den Anhängern der Hypothese verschieden. Die meisten derselben meinen doch vorläufig nur, dafs die Chromosomen eines Kerns nicht nur während der Mitose vorhanden sind, sondern auch noch im Ruhestadium des Kerns fort- bestehen, obwohl da nicht immer deutlich sichtbar; sie machen ein immerwährend vorhandenes Organ des Kerns aus, Häcker?) drückt dieses so aus, dafs er sagt, die Individualitätshypothese nimmt „eine individuelle, von Kerngeneration zu Kerngeneration sich forterhaltende Selbständigkeit der Chromosomen“ an. Ich brauche nicht auf die verschiedenen Erscheinungen einzu- gehen, die als mehr oder weniger zwingende Beweise für obige Hypo- these angeführt worden sind. Es scheint mir, dafs der sicherste Beweis für die Existenz einer Chromosomenindividualität dadurch ge- wonnen wird, dafs man die Persistenz der Chromosomen auch im Ruhestadium des Kerns feststellt. Es liegt nicht im Bereiche dieser Arbeit den zoologischen Teil unseres Problems zu behandeln, ich will mich nur auf dem pflanzlichen Gebiet bewegen um zu zeigen, 1) Boveri, Th., Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Sub- stanz des Zellkerns, Jena 1904, pag. 9. 2) Häcker, V., Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre, Jena 1899, pag. 161. 252 wie auch hier gewisse Erscheinungen ganz bestimmt für die Persistenz der Chromosomen sprechen. Zuerst wurde ich durch das Verhalten der Chromosomen in einem Bastarde von zwei Droseraarten mit verschiedener Chromo- somenzahl veranlalst, hier ‘einen Beweis für die Hypothese zu finden, Doch bei Untersuchung der Keimzellbildung fand ich!), dafs in den Pollenmutterzellen eine verschiedene Zahl von Chromosomen auftritt, nämlich die reduzierte Zahl der somatischen Kerne sowohl des Bastardes wie auch der Elternarten. Wenn die Individualitätshypo- these richtig wäre, „so mülste das Zurückgehen zu der Zahl der Eltern durch eine abweichende Kernteilung geschehen, wobei der eine Tochterkern 20 und der andere 10 Chromosomen bekommen sollte“. 10 und 20 waren die red. Chromosomenzahlen der Eltern. Eine solche Karyokinese konnte ich nicht finden. In einer neulich erschienenen Arbeit sagt Cannon?), betreffend der Chromosomen- individualität, dals „it is diffieult to reconcile Rosenberg’s results with the idea, that the Chromosoms are distinet morphological entities*“. Es ist mir jedoch jetzt?) gelungen zu zeigen, dafs das genannte eigen- tümliche Verhalten der Chromosomen des Droserabastardes bei der Keimzellbildung keineswegs gegen die Chromosomenindividualität spricht, sondern ganz gut damit in Einklang steht. Indessen bin ich auf einem anderen Wege zu der Überzeugung geführt worden, dafs die Chromosomen in Wirklichkeit nicht nur zwischen zwei Kernteilungen, sondern auch später im eigentlichen Ruhestadium, in vollständig ausgewachsenen Zellen noch fortbestehen. Bei verschiedenen Pflanzen kann man eine vom Herkömmlichen ziemlich abweichende Struktur der Kerne in den voll ausgewachsenen Zellen wahrnehmen. Der Kern zeigt eine fein gerüstartige oder fast granulierte Grundmasse, die von den allgemeinen Kernfarben sehr schwach gefärbt wird; in dieser Grundmasse und besonders an deren Peripherie liegt eine Anzahl gröfserer und kleinerer Körnchen, die die Kernfarben stark aufspeichern (Fig. 1). Dafs die genannten Körner nicht etwa kleinere Nucleolen sind, zeigt der Umstand, dafs 1) Rosenberg, O., Das Verhalten der Chromosomen in einer hybriden Pflanze. Berichte d. Deutschen Botan. Gesellschaft, Bd. XXI, Berlin 1903. 2) Cannon, W.A., Studies in plant hybrids: Ihe spermatogenesis of hybrid Peas. Contrib. New York Botanical Garden Nr. 45, 1903, 8) Rosenberg, O., Über die Tetradenteilung eines Droserabastardes. Ber. d. Deutschen Botan. Ges., Bd, XXI, 1904. 253 dieselben von dem bekannten Hof nicht umgeben sind, wie derselbe so oft für den echten Nucleolus beschrieben worden ist. In der botanischen Literatur kommen oft Angaben über diese sog. Chromatinkörner vor. Rosen!) hat in seiner Arbeit über Chromatophilie gezeigt, dafs sich bei verschiedenen Farbmischungen die Körner in den Ruhekernen different färben und sich dabei als Eunucleolen und Pseudonucleolen unterscheiden lassen. Rosen hat auch nachgewiesen, dafs die Pseudonucleolen „ihrer Substanz nach für identisch mit dem chromatischen Kerngerüst* zu halten sind und zwar auf Grund ihres Verhaltens während der Kernteilungen. Sie beteiligen sich an der Bildung der Kernfäden; „ja ihre Substanz macht die Hauptmasse der Kernfäden aus. Ganz an- ders die Eunucleolen.* Zacharias?) hat die Struktur der ruhenden Kerne sehr eingehend untersucht. In Cucurbita Pepo beschreibt er die Kerne folgendermafsen: „Die Zell- kerne zeigen in Alkohol eine gerüstartige Grundmasse, welcher ein Nucleolus und eine gröfsere Anzahl kleiner den ‚Nebennucleolen‘ oder ‚Pseudonucleolen‘ mancher Autoren entsprechender Körperchen eingebettet sind.“ „In manchen Fällen war festzustellen, dafs sie aus- schliefslich in der Peripherie des Kerns lagen.“ „Im Leben liefsen sich die ‚Pseudonueleolen‘ in den Kernen von Haarzellen erkennen.“ “Die Pseudonucleolen zeigten yi,, ı. Capsella sich bei Anwendung verschiedener Reagentien (sowohl Bursa pastoris. Farbstoffmischungen wie künstlicher Magensaft) als Kern aus dem nucleinhaltig. Zacharias bezeichnet diese Körner Integument eines > Ta halbreifen Sa- als Nucleinkörper. mens, Wie schon ‚bemerkt, zeigt sich die genannte Struktur der Ruhekerne nur bei gewissen Pflanzen; bei anderen da- gegen kann man in den Ruhekernen keine solche Differenzierung des Kerngerüsts in einer chromatinarmen Grundmasse unterscheiden und nimmt keine an der Peripherie gelagerten, bestimmt abgegrenzten Körner wahr. Das Kerngerüst hat die Form dünner und dicker Fäden, die netzartig verzweigt und amastomosierend sind und zahl- 1) Rosen, Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenzellen. — Beiträge zur Bio- logie d, Pflanzen, herausg. von F. Cohn, Bd. V 1892. 2) Über das Verhalten des Zellkerns in wachsenden Zeilen. Flora 1895, Ergänzungsband. 254 reiche, sehr kleine, fast unscheinbare Chromatinkörner haben, wodurch das Kerngerüst als gleichförmig gefärbt erscheint. Diese Struktur hat auch Rosen für die Kerne von Hyacinthus beschrieben, wo die Pseudonucleolen „aufserordentlich klein sind“. Solche Kerne kommen sehr oft z. B. unter den Liliaceen und Ranunculaceen vor. Oft kann man dabei dickere, mehr oder weniger verzweigte Fäden sehen, welche die Farben besonders aufspeichern. Ich möchte diesen Typus der Kürze halber als Fritillariatypus bezeichnen, die erstere dagegen als Capsellatypus. Gleichzeitig ist mir aufgefallen, dafs die Chromosomen der ge- nannten Pflanzen eine bestimmte Verschiedenheit zeigen. Im Fritil- lariatypus sind dieselben in den Mitosen sehr langgestreckte, faden- förmige Segmente; im Capsellatypus kurze, retanguläre oder kugelige Stäbchen, vorausgesetzt, dafs es sich um dasselbe Stadium handelt; bekanntlich ist nämlich die Chromosomenlänge oft während der ver- schiedenen Kernteilungsphasen verschieden, Diese Erwägungen haben mich veranlafst, eine genauere Unter- suchung der chromatischen Substanz im Ruhestadium des Kerns vor- zunehmen. Zwar hat sich dabei gezeigt, dafs nicht immer Kerne mit kurzen Chro- mosomen im Ruhestadium zum Capsella- typus gehören; doch im allgemeinen traf die Verschiedenheit zu und ich fand da- raus meine Vermutung berechtigt, dafs eine direkte Beziehung zwischen den Chromosomen und den „Pseudonucleolen“ vorhanden sei. Es ist nicht nur 80 wie Rosen das ausdrückt, dafs „ihre Substanz die Haupt- masse der Kernfäden* ausmachen soll, sondern es stellen diese Chromatinkörner selbst jedes für sich ein Chromosom dar. Ich werde im folgenden diese Annahme näher begründen. Capsella Bursa pastoris ist ein ausgezeichnetes Objekt dafür, die ‚Chromosomen im Ruhestadium des Kerns zu demonstrieren. Fig. 2 stellt einen Kern in zwei naheliegenden Serienschnitten von einer voll ausgewachsenen Zelle des Embryoträgers vor. Das be- treffende Objekt war in Carnoys Alkohol-Chloroform-Essigsäure fixiert und mit Fuchsin-Methylenblau gefärbt, Im Kern erkennt man den grofsen Nucleolus und ein feines, fast granuliertes Gerüstwerk, das die Kernfarben entweder gar nicht oder doch nur sehr schwach aufspeichert. An der Kernmembran liegt eine Anzahl von Methylen- blau stark gefärbter, ziemlich gleich grofser Körner, die scharf vom Fig.2. Capsella. Kern aus dem Embryoträger. “ 255 Gerüstwerk abgegrenzt sind. Es sind diese Körner ohne Zweifel mit den „Pseudonucleolen* vergleichbar. Wie schon oben gesagt, bin ich der Meinung, dafs diese Körner die Chromosomen darstellen und zwar deshalb, weil die Zahl derselben genau mit derChro- mosomenzahl in den Mitosen dieser Pflanze überein- stimmt. . Zuerst glaubte ich, wie wohl auch am meisten angenommen wird, dafs diese Körner in verschiedener und wechselnder Zahl in den Kernen auftreten. Zu meiner Verwunderung fand ich jedoch, dafs ihre Zahl im allgemeinen ziemlich genau mit der der Chromosomen zusammenfällt. Die Zahl der Chromosomen in Capsella ist 32, wie ich durch Zählungen während des Metaphasenstadiums der Kerne im Embryo gefunden habe. In unserer Figur 2 sind auch deutlich 32 Körner vorhanden. Durch diese Beobachtung, welche durch eine grofse Anzahl ähnlicher Fälle bekräftigt worden ist, finde ich mich berechtigt den Schluls zu ziehen, dafs die Chromosomen nicht etwa im Ruhestadium im Kern „aufgelöst“ werden, sondern noch weiter bis zuletzt, wenn auch in etwas modifizierter Form, ihre Selbständig- ‘ keit beibehalten und also einen immer vorhandenen Teil, ich möchte sagen, Organ des Kerns ausmachen. Ich will nun noch weitere Be- lege für diesen Satz anführen, Die Samenknospen von Capsella sind besonders geeignet alle möglichen Kernarten dieser Pflanzen vor Augen zu führen. Wie schon gesagt, zeigen die somatischen Kerne während der Mitosen 32 Chromosomen, die Spermakerne, der Eikern, sowie die Kerne des Embryosackes 16 Chromosomen. Bei der Befruchtung bekommt der Embryosack äwei Spermakerne von dem Pollenschlauch. Der eine Spermakern vereinigt sich mit dem Eikern, der Kopulationskern ent- hält also 32 Chromosomen. Der Mutterkern des Endosperms, der sog. Centralkern ist durch Vereinigung von zwei sog. Polkernen des Embryosackes entstanden, enthält demnach 32 Chromosomen; der zweite Spermakern des Pollenschlauches vereint sich mit dem Central- kern, der also in seinen folgenden Teilungen, wenn eine „Chromo- somenindividualität“ besteht, 48 Chromosomen enthalten muls. Bei den Kernteilungen im Wandbelege des Embryosacks habe ich auch ohne Schwierigkeit mehrmals 48 Chromosomen gezählt. Nach der Befruchtung bildet sich ein vielzelliges Endosperm aus. Nur im un- teren Teil des Endosperms, an der Chalazaregion kommt eine dicke Plasmamasse vor, welche zahlreiche freie Kerne enthält. Es stellt diese Partie eine Art Haustorium oder Nährgewebe vor, welches 256 ‚ > wahrscheinlich die aus der Chalazaregion kommenden Substanzen weiter umbildet. Die Eizelle entwickelt sich zuerst zu einem aus etwa acht Zellen gebildeten Embryoträger; die erste Zelle wird sehr grofs und schlauchförmig, die übrigen Zellen kurz, isodiametrisch ; erst dann kommt der eigentliche Embryo. Wenn wir jetzt die Ruhekerne der verschiedenen Gewebe nach ihrer Struktur untersuchen, so ergibt sich folgendes: Der grofse Kern der ersten Zelle des Embryoträgers zeigt fast ohne Aus- nahme 32 Chromatinkörner. In’ den übrigen Zellen des Embryo- trägers ist die Anzahl der Körner etwas verschieden. In den drei ersten Zellen beträgt sie fast immer 32, in den übrigen dagegen ist sie kleiner, mehr selten 32, für gewöhnlich ungefähr 20. In dem Embryo sind diese Körner im Ruhestadium des Kerns schwer zu finden. Dies stimmt ohne Zweifel mit den Angaben von Zacha- rias?). überein, wonach die Nucleinkörper in den Kambialzellen und in den Meristemzellen der Wurzelspitze „von aufserordentlicher Klein- heit sind“. In den Endospermzellen, besonders im „Hau- storium“ sind die Chromatinkörner sehr deutlich hervortretend (Fig. 3). Hier habe ich die inter- essante Beobachtung gemacht, dafs die Anzahl der Chromatinkörner etwa 48 betrug. Die Zahl derselben variierte zwischen 40 und 48, sehr oft fand ich die Zahlen 47 und 48, Es kann ja leicht vorkommen, dafs man einige dieser Körner, be- sonders wenn sie in grolser Zahl auftreten, über- sieht, daher auch die abweichenden Zahlen. In den Zellen, die aufserhalb des Endosperms, aber doch direkt daran in der Chalazaregion liegen, konnte ich dagegen etwa 32 Körner zäh- len, wie ja auch zu erwarten war, da diese Zellen dem Nucellusgewebe gehören. Meiner Ansicht nach sind besonders diese letztangeführten Angaben ganz unzweideutige Beweise für die Richtigkeit der :Hypo- these von der Persistenz der Chromosomen. Die Gröfse der beiden letztgenannten Kernarten ist ungefähr dieselbe und doch ist die Zahl der Chromatinkörner verschieden. Alle die genannten Kerne befan- den sich im „Ruhestadium“; sicher ist, dafs keine Spiremstadien zur Untersuchung gelangt sind. Fig. 3. Capsella. Ruhender Kern aus dem Endosperm, 1. c. pag. 221. 257 In den übrigen voll entwickelten Gewebezellen der Samenknospe sowie in denjenigen der Fruchtwand ist die Zahl der Körner im all- gemeinen etwa 20, seltener 32. Doch hiervon weiter unten. Es schien mir nun notwendig zu sein, nachzusehen, ob diese Erscheinungen auch bei anderen Pflanzen vorkommen. Ich habe zahlreiche Pflanzen daraufhin untersucht, werde hier aber nur folgende Beispiele anführen. Fig. 4 stellt einen Ruhekern einer fast ausgewachsenen Zelle der Samenschale von Zostera vor. Im Kern lassen sich mit Leichtig- keit 12 elliptische ziemlich gleichgrofse Körner zählen. Die Zahl der Chromosomen in den Mitosen der Wurzelspitze ist 12. Fig. 5 ist ein Kern aus dem Integument eines halbreifen Samens von Calendula. Hier’ kommen in einer fast homogen granulierten Grundmasse etwa 30, zwar ungleich grofse, doch immer bestimmt her- vortretende Chromatinkörner vor. Beim Zählen der Chromosomen der Pollenmutterzellen habe ich die Zahl 16 gefunden, in den soma- tischen Zellen fanden sich also 32. Fig. 4. Zostera marine. Kern aus der Samenschale. Fig. 5. Calendula sp. Aus allen - diesen Beispielen geht zur Genüge hervor, dafs in den Ruhestadien der Kerne vieler Pflanzen stark chromatische Körner vorkommen, deren Zahl ziemlich genau mit der Zahl der Chromo- somen der betreffenden Pflanzen übereinstimmt. Ich finde es daher für richtig, diese Körner als Chromosomen aufzufassen.') 1) Als diese Arbeit schon druckfertig war, bekam ich die sehr interessante Abhandlung von V. Häcker über „Bastardierung und Geschlechtszellenbildung, Zool. Jahrb. 19044 zu sehen.. Ich werde in einer. späteren Arbeit dieselbe näher berücksichtigen. Hier möchte ich nur bemerken, dafs, wenn Häckers sog. Suc- cessionshypothese auch auf pflanzlichem Gebiete zutreffen sollte, dieselbe jedoch mit der obigen Annahme von der Chromosomennatur der „Pseudonucleolen* ver- einbart ist, 258 In der genannten Arbeit von Boveri sagt dieser Forscher: „Im sog. rühenden Kern sind diese Gebilde (die chromatischen Seg- mente) im Zustand ihrer Tätigkeit. Bei der Kernrekonstruktion werden sie aktiv, sie senden feine Fortsätze gleichsam Pseudopodien “ aus, die sich auf Kosten des Elements vergröfsern und verästeln, bis das ganze Gebilde in dieses Gerüstwerk aufgelöst ist.“ - Eine Pseudo- podienform der Chromosomen im Ruhestadium des Kerns habe ich bei den genannten Pflanzen nicht gefunden. Vielleicht beruht dies darauf, dafs diese Chromosomen in den Mitosen sehr kurz und dick sind. In den Kernen vom Fritillariatypus dagegen ist wohl eine Pseudopodiumform der aktiven Chromosomen anzunehmen!) und viel- leicht ist dies die Ursache dafür, dafs man hier nur mit Schwierig- keit das Vorhandensein der Chromosomen feststellen kann. ‘ Fig. 6. Capsella. En- Fig. 7. Capsella. Zwei Kerne aus der „Schlauch- dospermkern. zelle“ des Embryoträgers. Es scheint mir berechtigt, den Chromosomen eine aktive Tätig- keit an der Umbildung der „Nahrungsstoffe“ zuzugestehen. Mit Sicher- heit ist eine Korrelation zwischen der Nahrungsarbeit, der Zelle und der chromatischen Substanz des Kerns nachgewiesen worden [Zacha- rias®), Huie®), Rosenberg‘), Magnus?) u. al. Zufolge den 1) durch Alveolisierung, vgl. Grögoire und Wygaerts, La Cellule, 1903. 2) Zacharias, ce. 3) Huie, Lily H,, 1. Changes in the Cell-organes of Drosera rotundifolia .- Quat. Journ. of Mior. So. 1897. 2, Further study of cytological changes .. Ibidem. 1899. 4) Rosenberg, O., Physiologisch- -oytologische Untersuchungen über Dro- sera rotundifolia L, Upsala 1899. 5) Magnus, W,, Studien an der endotrophen Mycorrhiza von Neottia Nidus avis L. Jahrbücher für wiss. Botanik Band 35. 1900. 259 obigen Auseinandersetzungen sollte man also eine direkte Korrelation zwischen den Chromosomen und der Nahrungsarbeit annehmen können. Ich finde eine Bestätigung dieser Annahme im folgenden. In dem das Embryo zunächst umgebenden Teile des Endosperms von Capsella haben die Kerne eine eigentümliche Pseudopodien- form; sie strecken ihre Pseudopodien in der Richtung nach dem Embryo aus, und in demselben liegen auch die meisten Chromoso- men (Fig. 6). In dem grofsen Kern der Schlauchzelle des Embryoträgers von Capsella, wo sicher ein reger Stoffaustausch stattfindet, kommt eine sehr interessante Erscheinung vor (Fig. 7). Hie und da sieht man nämlich die Chromosomen deutlich segmentiert, wodurch sie wie längs- geteilte Chromosomen im Spiremstadium der Mitosen aussehen. Viel- leicht ist dies ein Ausdruck besonders reger Nahrungsarbeit. Tat- sächlich habe ich, obwohl sehr selten, einige Kerne gefunden, in denen die Zahl der Chromatinkörner etwa 34 betrug. Vielleicht läfst sich hierdurch das eigentümliche Verhalten der Antipodenkerne in verschiedenen Pflanzen erklären. Diese führen nach den Angaben von Guignard, Strasburger u. a. nicht immer die reduzierte Zahl der Chromosomen, sondern können auch mehr Chromosomen haben. Dieser Umstand wurde als Beweis gegen die Richtigkeit der Individualitätshypothese angeführt. Ich hoffe bald, weitere Resultate meiner Untersuchungen über . das Ruhestadium des Kerns publizieren zu können. Besonders inter- essant haben sich in dieser Hinsicht die insektenfressenden Pflanzen (Drosera, Pinguicula u. a.) gezeigt. Zur Frage der Sazausscheidung der Mangrovepflanzen. Von Dr. phil Johs. Schmidt, Kopenhagen. In dieser Zeitschrift Bd. 93, Heft 2, pag. 155—160 1904 hat Herr Professor F. W. C. Areschoug einen Aufsatz mit obigem Titel veröffentlicht. Für die Leser dieses Aufsatzes, welche meine dänisch geschriebene Arbeit über den Sprofsbau der Mangroven der alten Welt nicht kennen!), sei mir die Überreichung der folgenden Mitteilung gestattet. Dafs eine Salzausscheidung stattfinden kann, ist bis jetzt nur bei einer einzigen Mangrovepflanze nachgewiesen, nämlich bei Aegi- ceras corniculatum. Der Nachweis dieses Phänomens wurde von mir während eines Aufenthaltes in Siam 1899—1900’ geliefert, wo ich, nachdem ich Salzkrystalle an der Oberfläche der Blätter beobachtet hatte, einige einfache Versuche mit den lebenden Pflanzen an ihrem natürlichen Standort in der Mangrove anstellte (siehe meine Abhandlung, pag. 106—108). Ich entfernte das Salz von der Oberseite solcher Blätter, bei denen eine Benetzung von seiten des Meerwassers aus- geschlossen war. Zwei Tage nachher untersuchte ich dieselben Blätter und fand, dafs sie wieder mit kleinen Salzkörnchen versehen waren; ‘diese befanden sich über oder in unmittelbarer Nähe der Drüsen, die sich auf der Blattoberseite in Menge finden. Bei keiner anderen der von mir studierten Mangrovepflanzen beobachtete ich eine Salz- ausscheidung, und folglich konnte ich bei’ diesen keine ähnliche Ver- suche anstellen?). Dafs die Blätter von Aegiceras Salz auszu- scheiden vermögen, ist zurzeit das einzige zuverlässig bekannte über Salzausscheidungbei Mangrovepflanzen trotz der grofsen und sehr verdienstvollen Arbeit von Areschoug (Untersuchungen über den Bau der Mangrovepflanzen, Bibliotheca botanica Heft 56, 1902), und der Nachweis dieser Tatsache ist ge- führt ganz unabhängig von der Arbeit Areschougs, welche erst 1902 erschien, nael.” . .ich im Sommer 1900 aus Siam zurückge- kehrt war. 1) Johs. Schmidt, Bidrag til Kunshab om Skuddene hos den gamle Ver- dens Mangrove traer Kjöbenhavn 1903. 2) Ob übrigens eine Salzausscheidung bei Aegiceras überall und unter allen natürlichen Verhältnissen stattfindet, weifs ich natürlich nicht. 261 In dieser Arbeit sprach Professor Areschoug die Vermutung aus, dafs eine Salzausscheidung bei den meisten (allen?) Mangrove- pflanzen stattfinden könne, ohne dafs übrigemfirgend ein Beweis Lier- für geliefert wird, aus dem einfachen Grunde, dafs Verfasser nie eine lebende Mangrovepflanze an ihrem natürlichen Standort gesehen hat. In seinem oben erwähnten Aufsatz in dieser Zeitschrift wiederholt Professor Areschoug diese Vermutung, deren Richtigkeit ich be- zweifelt hatte, da ich bei keinen anderen Mongrovepflanzen als bei Aegiceras — beiläufig zu meinem Erstaunen — irgend ein äulseres Zeichen einer Salzausscheidung hatte wahrnehmen können. Aber auch in seiner neuen Arbeit vermag Professor Areschoug keinen Beweis für diejenige Theorie zu liefern, welche er nach einer anato- mischen Untersuchung einer grolsen Anzahl in Alkohol aufbewahrter Blätter von verschiedenen Mangrovebäumen und anderen Halophyten konstruiert hatte. Ebensowohl jetzt wie in meiner früheren Arbeit finde ich es daher überflüssig zu diskutieren, inwiefern eine Salz- ausscheidung bei allen oder den meisten Mangrovepflanzen, bei denen ich sie nicht gesehen hatte, möglicherweise stattfindet. Es ist vielleicht richtig, dafs eine Salzausscheidung durch die von Areschoug beschriebenen Drüsen oder übrigen anatomischen Struk- turverhältnisse stattfindet, vielleicht ist es nicht richtig, was auch Professor Areschoug selber zugibt. Die Frage kann natür- lich nur durch Versuche mit den lebenden Pflanzen beantwortet wer- den, und das Problem ist durch den neuen Aufsatz Areschougs seiner Lösung nicht näher gebracht worden als es war, als ich meine Abhandlung schrieb, die mit folgenden Worten, wortgetreu übersetzt, endet: „Meine Auffassung über den gegenwärtigen Standpunkt der Salz- ausscheidungsfrage werde ich nach dem oben erwähnten so ausdrücken können: Bei Aegiceras ist eine Salzausscheidung durch Drüsen auf der Blattoberseite mit Sicherheit nachgewiesen durch Versuche und durch Beobachtungen in der Natur. Bei den übrigen (in Siam von mir beobachteten) Mangrovepflanzen hat eine solche Salzausscheidung durch Beobachtungen in der Natur nicht iachgariggen werden können, so dafs ich daher annehmen mufs, dafs, wer eine Salzausscheidung bei diesen Pflanzen überhaupt stattfindet, so muls sie auf andere Weise, als wie bei Aegiceras geschehen.* Literatur. Th. M. Holferty, The Archegonium of Mnium cuspidatum. Botanical gazette vol. 37, Febr. 1904. Der Verf. gibt zunächst eine Entwicklungsgeschichte des Archegoniums, welche sehr sorgfältig ausgeführt ist, aber nichts wesentlich Neues bringt; er be- stätigt die Tatsache, dafs die Entwicklungsgeschiehte des Laubmoosarchegoniums durch das eigenartige Spitzenwachstum von der der Archegonien anderer Arche- goniaten abweicht. Dabei legt der Verf. besonderes Gewicht auf den Nachweis von Kernteilungsfiguren. Ob eine Wand neu aufgetreten ist oder nicht, kann man aber auch auf anderem Wege vielfach mit Sicherheit erkennen, Das Hauptinteresse der Arbeit liegt in dem Nachweis von Mittelbildungen zwischen Archegonien und Antheridien. Solehe sind bisher für Laubmoose mehr- fach, aber hur ganz ungenügend beschrieben worden. Ref. hat in einer früheren Abhandlung!) zu zeigen versucht, dafs zwischen der Entwicklung der Antheridien und der Archegonien auch bei Moosen weit- gehende Homologien bestehen, Speziell wurde darauf higewiesen, dafs die Innen- zellen in Antheridium und Archegonium einander entsprechen, also Halskanal- zellen + Bauchkanalzellen + Eizelle = Spermatozoidmutterzellen, und dafs dies darauf zurückzuführen sei, dafs im Archegonium eine weitgehende „Sterilisie- rung“ stattgefunden habe. Ähnliche Anschauungen hat später Davis?) ver- treten, und Holferty kommt zu demselben Resultat, was ja für Ref. nur erfreu- lich sein kann, obwohl seine Abhandlung weder von Davis noch von Holferty erwähnt wird. Die erwähnten Mittelformen sind nun zweierlei Art. Einmal, es treten in den Innenzellen der Archegonienanlagen weitergehende Teilungen auf, wodurch Spermatozoidmutterzellen entstehen; zweitens, es bilden sich im Stiel des Archegoniums Spermatozoidmutterzellen, Beides kann auch kombiniert ein- treten. Ersteres versteht sich nach dem Obigen von selbst. Was den Stiel an- belangt, so hatte ich seine Deutung a. «. O. pag. 303 offen gelassen und erwähnt, es sei fraglich, ob man ihn (den Antheridien gegenüber) als eine Neubildung oder . als einen sterilisierten unteren Teil des Archegons zu betrachten habe. Bildungen, wie die in Holfertys Fig. 47 dargestellte, wo im Stiel eines sonst ziemlich nor- malen Archegoniums sich eine Gruppe von Spermatozoidmutterzellen ausgebildet hat, lassen die zweite der oben angeführten Deutungsmöglichkeiten in den Vorder- grund treten. Derartige Mittelbildungen waren es auch wohl, welche Janezewski bei Atrichum beobachtet hat (vgl. a. a. O. pag. 302). K.G. Über die Organisation und Physiologie der Cyanophyceenzelle und die mitotische Teilung ihres Kernes. Von Dr. F. G. Kohl, a.o. Prof. der Botanik in Marburg. Mit 10 lithogr. Tafeln. Verlag ven @. Fischer in Jena. 1903. Preis 20 Mk. Der Bau der Cyanophyceenzelle ist bekanntlich in den letzten zwei Jahr- zehnten lebhaft umstritten worden. Kohl stellt sich in seinem mit schönen Tafeln 1) Über Homologien in der Entwicklung männlicher und weiblicher Ge- schlechtsorgane, Flora 90, Bd. Heft II (erschien am 30. Jan. 1902) pag. 279. 2) The origin of the Archegonium. Ann, of Botany 17 (1903). 263 geschmückten Buche auf die Seite derer, welche den Cyanophyceen keine Sonder- stellung für ihre Zellstruktur anweisen, doch weicht der Kern durch das Fehlen von Kernmembran und Nucleolen sowie durch seine Gestalt ab. Die Membranen und die Scheiden der Zellen bestehen nach K. gröfstenteilsa aus Chitin (daneben ist Cellulose und Pektin vorlıanden), während die Membranen der Heterocysten vorwiegend aus Cellulose bestehen. Die Darstellung, welche Fischer von der Organisation der Oyanophyceenzelle gegeben hat, bezeichnet K. als „total falsch“. Die Heterocysten verwachsen mit der Scheide, ihr Inhalt stirbt ab, sie dienen als Widerlager für den übrigen frei in der Scheide gleitenden Faden bei der Hormogoniengeburt der Verzweigung. Betreffs anderer Einzelheiten sei auf das Original verweiesen. . Botany of the Faröes based upon Danish investigations. Part II illustrated with 2 plates and 100 figures in the text. (Published by aid of the Carlsberg Fund.) Copenhagen, Det nordiske Forlag Ernst Briesen. 1903. Der zweite Teil des verdienstvollen Werkes bringt die Meeresalgen (von F. Börgesen), die Diatomeen, welche an Meeresalgen gefunden wurden (von E. Östrup), das Meeres-Phytoplankton (von C. H.Ostenfeld), das Phytoplankton der Seen (von F. Börgesen und C. H. Ostenfeld), die Hieracien (von Dahl- stedt) und eine interessante „Geschichte der Flora der Faröes® (von E. War- ming). ’ Jahresbericht der Vereinigung der Vertreter der angewandten Bo- tanik. Erster Jahrgang 1903. Berlin, Verlag von Gebr. Bornträger. Preis geh. 4 Mk. Die Vertreter der angewandten Botanik haben sich im Jahre 1902 zu einer Vereinigung zusammengeschlossen, welche schon eine stattliche Zahl von Mitglie- dern umfafst, eine Zahl, welche jedenfalls in dem Mafse steigen wird, als die Er- kenntnis der Wichtigkeit der angewandten Botanik zunimmt. Die Vereinigung fördert ihre Ziele auch durch Herausgabe eines Jahresberichtes; der vorliegende erste Band bringt: Mitteilungen über die Konstituierung, Zweck und Ziele der Vereinigung der Vertreter der angewandten Botanik. Mitgliederverzeichnis der Vereinigung. Aderhold, R., Der heutige Stand unserer Kenntnisse über die Wirkung und Verwertung der Bordeauxbrühe als Pflanzenschutzmittel, Schulze, C., Einige Beobachtungen über die Einwirkung der Bodensterilisation auf die Entwicklung der Pflanzen. Voigt, A., Einiges über den heutigen Stand der Me- thoden und Normen in der Samenprüfung. Nestler, Untersuchungen über das Thein der Teepflanze. Wieler, A., Wenig beachtete Rauchbeschädigungen. Lindner, P., Über die Mikroorganismen im Gärungsgewerbe. Muth, Über die Schwankungen bei Keimkraftprüfungen der Samen und ihre Ursachen. Bericht über die am 17. August in Mainz abgehaltene Versammlung. Meifsner, R, Kenntnis der abnormen Gärung des Moscato d’Asti spumante. Die Kultur des Kakaobaumes und seine Schädiinge. Von Ludwig Kindt. Hamburg, Verlag von O. Boysen. 1904. Auf Grund langjähriger Erfahrungen gibt der Verf. praktische Ratschläge für die Kultur des Kakaobaumes, seine Ernte, Aufbereitung der Kakaobohnen und die tierischen und pflanzlichen Schädlinge. Das mit einer Anzahl instruktiver Ab- Flora 1904. . 18 264 bildungen versehene Büchlein ist jedem zu empfehlen, der sich in Kürze über Kakaokultur unterrichten will, Über Erblichkeit in Populationen und in reinen Linien. Ein Bei- trag zur Beleuchtung schwebender Selektionsfragen von W.Johannsen, Prof. der Pfianzenphysiologie an der Kgl. dänischen landwirtschaftl. Hochschule in Kopenhagen. Verlag von G. Fischer in Jena. 1903, Die kleine Schrift Johannsens hat mit Recht Aufsehen erregt, denn sie stellt einen sehr wichtigen Gesichtspunkt für die Beurteilung der Vererbungslehre auf. Während die namentlich durch Galton und Pearson vertretene statistische Methode von Populationen ausgeht (Population —= Rasse, Bevölkerung, Bestand irgend einer Art), untersucht Johannsen das Verhalten „reiner Linien“, d. h. von Indivi- duen, welche von einem einzelnen selbsthefruchteten Individuum abstammen, und zwar speziell mit Rücksicht auf das Galton’sche „Rückschlagsgesetz*, welches das Verhältnis zwischen Eltern und Nachkommen betrifft. . Die Resultate seien z. T. in des Verf. eigenen Worten angeführt: „Soweit mein Untersuchungsmaterial reicht stirumt es nämlich sehr wohl überein mit Galtons Lehre, dafs Individuen, vom durchschnittlichen Charakter der Population abweichend, Nachkommen erhalten, welche — durchschnittlich gesehen — in derselben Richtung, jedoch in geringerem Grade, abweichen. Eine Selektion in der Population bewirkt also gröfsere oder kleinere Verschiebung — in der Richtung der Selektion — desjenigen durch- schnittlichen Charakters, um welchen die betreffenden Individuen fluktuierend variieren. — Indem ich aber nicht dabei stehen blieb, die Populationen als Ein- heiten zu betrachten, sondern mein Material in seine „reinen Linien* auflösen konnte, hat es sich in allen Fällen gezeigt, dafs innerhalb der reinen Linien der Rückschlag sozusagen vollkommen gewesen ist: die Selektion innerhalb der reinen Linien hat keine Typenverschiebung hervorgerufen. Die Verschiebung des Durch- schnitischarakters, welche die Selektion in Populationen bekanntlich meistens be- wirken kann, ist demnach dadurch bedingt, dafs die gegebenen Populationen — jedenfalls in meinem Material — aus verschiedenen Linien bestehen, deren Typen mehr oder weniger verschieden sein können: Bei der gewöhnlichen Selek- tion in Populationen wird unrein gearbeitet; das Resultat beruht auf unvollstän- diger Isolation derjenigen Linien, deren Typen in der betreffenden Richtung vom Durchschnittscharakter der Populationen abweichen.“ ..... „Die Variationskurven der Individuen einer in gewöhnlicher Bedeutung rassenreinen Population dürfte häufig, ja vielleicht in den meisten Fällen, der Ausdruck dafür sein, dafs zahl- reiche Typen durch die verschiedenen Linien der Population repräsentiert sind, Der Durchschnittswert hat dann durchaus nicht die Bedeutung eines wahren Typus. In diesem ganzen Verhalten zeigt sich der grofse Mangel einer rein statistischen Methode.“ Es bleibt abzuwarten, wie sich die „Biometriker® zu diesen Darlegungen verhalten werden! . Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Spezielle Öko- logie der Blütenpflanzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Von 0. Kirchner, E, Loew, C. Schroeter. Band I Lieferung 1. Stuttgart 1904, Verlagsbuchhandlung O. Ulmer. Preis 3 Mk. 60 Pf. Ein Werk wie das, dessen erste Lieferung jetzt vorliegt, ist längst ein Be- dürfnis gewesen; aufser Vauchers alter „Histoire physiologique des plantes 265 d’Europe“ und Raunkiaers trefflichem Werke „De Danske’s blomsterplanters Naturhistorie“ gibt es kein Sammelwerk, in welchem man sich über die Organi- sations- und Lebensverhältnisse der einheimischen Pflanzen orientieren kann. Mit besonderer Genugtuung begrüfsen wir also das Erscheinen des neuen Werkes. Die erste Lieferung enthält die Einleitung, eine Übersicht über die ökologischen Erschei- nungen bei den mitteleuropäischen Blütenpflanzen, Literaturverzeichnis und -Er- klärung der Kunstausdrücke. Darauf folgt der Anfang der speziellen Darstellung, welche mit Taxaceen und Pinaceen beginnt, und zeigt, dafs die Verf. nicht nur eine umfangreiche Literatur eingehend berücksichtigt, sondern ‘auch aus eigenen Beobachtungen vielfach geschöpft haben. — Das Einzige, was zu wünschen übrig läfst, ist die Ausführung einiger Abbildungen, Es dürfte sich empfehlen, solche, die der Literatur entnommen sind, auf photographischem Wege zu reproduzieren, denn Fig. 12B z.B. ist ganz unrichtig wiedergegeben, Fig. 11 (Original) und 13 A zeigen die charakteristischen Verhältnisse durchaus nicht; was z. B. Fig. 13 A dar- stellen soll, wäre mir ohne die Figurenerklärung ganz rätselhaft geblieben, was wohl dem Zinkographen zuzuschreiben ist. Bei der Trefflichkeit des Textes möchte man umsomehr wünschen, dafs auch die Abbildungen alle auf derselben Höhe stehen- Une lecon 6lementaire sur le Darwinisme. Par L. Errera. Deuxiöme edition revue et considsrablement augmentee. (Avec 22 figures.) Bruxelles, Henri Lamentin. 1904. Der Verf., welcher bekanntlich versteht geistreiche Essays zu schreiben, gibt in seiner Abhandlung nach einer kurzen, die Stellung der katholischen Kirche zum Transformismus beleuchtenden Einleitung eine klare Auseinandersetzung der Prinzipien des Darwinismus mit besonderer Berücksichtigung der Transmutations- theorie. Er führt dabei u. a. auch an, dafs Impatiens Sultani, nachdem sie lange Zeit in der Kultur ganz stabil geblieben sei, 1899 in einer, Gärtnerei bei Brüssel neun neue Formen erzeugt habe, Ob dabei wohl jeder Kreuzungsverdacht aus- geschlossen war? Die Abstammungsiehre im Unterrichte der Schule. Von Dr. Walther Schoenichen. Mit 14 Figuren im Text und 2 schematischen Dar- stellungen. Leipzig und Berlin, Druck und Verlag von B. G. Teubner. Der Verf, befürwortet in sehr beredter Weise die Einführung der Abstam- mungslehre in den Schulunterricht. Wenn auch gegen diese Forderung prinzipiell kaum etwas einzuwenden sein wird, so stehen ihr doch manche Bedenken entgegen. Die Probleme, um welche es sich dabei handelt, sind bekanntlich sehr schwierige. Eine oberflächliche Behandlung wird mehr Schaden als Nutzen anrichten. Ob es wohl viele Schulen gibt, welche diesem Gegenstand genug Zeit und kompetente Lehrkräfte widmen können? Mir scheint die Hauptaufgabe des naturgeschichtlichen Unterrichts die zu sein, dafs der Schüler vernünftig beobachten lernt. Daran kann sich dann leicht weiteres anschliefsen, auch wenn es in der Schule nicht gelehrt wird, Die Musci der Flora von Buitenzorg (zugleich Laubmoosflora von Java): Bearbeitet von Max Fleischer. Erster Band: Sphagnales, Bryales (Arthrodontei [Haplolepideae]). Mit 71 Sammelabbildungen. Buchhandlung und Buchdruckerei vormals E. J. Brill, Leiden 1904. Das Werk, dessen erster Band unter dem obigen Titel erschienen ist, bildet den fünften Teil der verdienstvollen, auf Treubs Veranlassung enstandenen 18% 266 „Flore de Buitenzorg publi&e par le jardin botanique de l’dtat*, eine Veröffent- liehung, durch welche wir zum erstenmal eine eingehende, alle Pflanzengruppen gleichmäfsig berücksichtigende Flora einer Tropengegend erhalten. Dem Flei- soher’schen Werke kam es besonders zugute, dafs es dem Verf. vergönnt war, fast fünf Jahre an Ort und Stelle die Laubmoosflora zu studieren. Es kann nur mit Dank begrüfst werden, dafs er sich nicht auf die Flora Buitenzorgs im engeren Sinne beschränkte, som@ern ganz Java berücksichtigte und auch die verwandten Arten aus dem malayischen Archipel bis Australien und Polynesien sowie Ceylon und Indien zum Vergleiche heranzog. Dafs dabei auch für die Biologie der Moose sich neue und interessante Beobachtungen ergeben haben, war von vornherein zu erwarten, da die moderne Bryologie eine allseitige Untersuchung der Organisations- verhältnisse erfordert. Der Verf, erwähnt von solehen Beobachtungen im Verwort u. a. den Nachweis von echtem Diöcismus bei den Laubmoosen (bei Makromitrium), Brutkörperbildung in den Blüten, sowie aus dem Fufse des Sporogons, Ausbildung von Wassersäcken an den Blättern von Cyathophorum taitense. Früher schon war es ihm gelungen, die Sporogone der merkwürdigen Ephemeropsis aufzufinden, bei welcher er auch die Entwicklung neuer Pflanzen aus der Calyptra beobachet hat, was bisher nur von Conomitrium Julianum bekannt war (vgl. Goebel, Die Mus- eineen in Scohenks Handbuch II pag. 390 Fig. 24). In „einleitenden Bemerkungen“ bespricht der Verf. zunächst die Verbreitung “der Arten und dann das Moossystem. In seiner „Allgemeinen systematischen Übersicht der Bryales“ stellt er die Reihen auf: Arthrodontei M., Amphodontei und Archodontei Fl. Mit der Charakteristik der beiden letzten Gruppen kann ich mich aber nicht einverstanden erklären. Fleischers Amphodontei werden folgendermafsen charakterisiert: „Peristom aus den verdickten Partien der Zell- membranen gebildet, aber beide Peristome nicht derselben Gewebeschicht ange- hörig, daher einander nicht entsprechend. Äufseres Peristom 1—-4 Zahnreihen mit Quergliederungen; Endostom ein häutiger, kielfaltiger Trichter, nieht quer- gegliedert. Kapsel dorsiventral, Buxbaumoideae.* Nun ist zunächst der innere Peristomtrichter hier genau ebenso quergegliedert, wie z. B. der Peristom von Splachnum; er entsteht aus übereinander gestellten Zellen, deren Innenwände ver- diekt werden und allein übrig bleiben. Ferner gehören der Peristomtrichter wie die Zähne dem Amphithecium an, nur wird der Peristomtrichter aus der innersten Zellschicht desselben durch besondere Teilungen herausmodelliert, wie Ref. früher gezeigt hat. Die Archodontei werden aus den Tetraphideen, Dawsonieen und Polytri- chaceen gebildet. Bei ihnen soll das Peristom „teils im Endothecium und nicht aus verdickten Teilen von Zellmembranen, sondern aus toten ganzen Faserzellen gebildet, nicht quergegliedert* sein. Auch diese Charakteristik ist, wie Ref. früher nachgewiesen hat und in kurzem ausführlicher darlegen wird, zum gröfsten Teile unhaltbar. Richtig ist, dafs das Peristom hier aus „Faserzellen* besteht. Diese sind aber bei Tetraphis sowohl als bei Dawsonia quergegliedert, d. h. Zellreihen- Die seit R. Brown immer wiederholte Angabe aber, dafs bei Dawsonia sich wie Columella an der Peristombildung beteilige, ist irrtümlich; die Dawsonieen schliefsen sich vielmehr auch in der Peristombildung — so wenig das zunächst der Fall zu sein scheint — den Polytrichaceen unmittelbar an, obwohl Fl. meint, die Betei- ligung des Endotheciums bei der Peristombildung sei an Jungen, bedeckelten Kapseln hier leicht nachzuweisen. Die Untersuchung eines zahlreichen in Australien 267 gesammelten Materials hat mir vielmehr die Richtigkeit meiner kurzen - Angaben in der „Organographie“ durchaus bestätigt. Zu einer ausführlichen Diskussion ist hier nicht der Ort, wohl aber mag nochmals hervorgehoben werden, eine wie wertvolle Bereicherung der bryologischen Literatur das Fleischer’schoe Werk darstellt; es wird für lange die Grundlage für alle weiteren „pryologischen Unter- suchungen im malayischen Archipel darstellen. A manual and dictionary of the flowering plants and ferns by 1.C. Willis (Cambridge biological series). Cambridge, at the university press, Second edition. Preis 10 sh. 6 d. Das Ziel, welches sich der Verf. in der ersten Auflage seines Buches stellte, war, in gedrängter Fassung Auskunft zu erteilen über die Pflanzen, die man in einem botanischen Garten oder Museum sowie im Freien antrifft. Dafs das Buch einem Bedürfnis entgegen kam, zeigt die Tatsache, dafs es in zweiter Auflage vorliegt. Der Verf. hat seine Aufgabe in trefflicher Weise gelöst. Das kleine handliche, praktisch gebundene Buch enthält eine Menge nützlicher und interes- santer Angaben und weist stets klar auf die wissenschaftlichen Probleme hin; es ist eine kleine Eneyclopädie der Botanik (soweit nicht mikroskopische Unter- suchungen in Betracht kommen), welche weiten Kreisen ein willkommenes Hilfs- mittel bietet, Matthias Jakob Schleiden. Zu seinem 100. Geburtstage. Von M. Möbius. Mit einem Bildnis Schleidens und zwei Abbildungen im Text. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelınann. Preis 2 Mk. 50 Pf. Am 5, April dieses Jahres waren es 100 Jahre, dafs Schleiden geboren wurde. Die Möbius’sche Biographie gibt ein interessantes Bild des merkwür- digen Mannes, der nicht nur durch seine Stellung in der Wissenschaft, sondern auch in seiner ganzen Lebensgestaltung als eine merkwürdige und eigenartige Persönlichkeit sich’ darstellt, Pflanzenphysiologie. Ein Handbuch der Lehre vom Stoffwechsel und Kraftwechsel in der Pflanze. Von Dr. W. Pfeffer, o. ö. Prof. an der Univ. Leipzig. Zweite Auflage. Zweiter Band (Kraftwechsel) 2. Hälfte. Mit 60 Abbildungen in Holzschnitt. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1904. Preis 19 Mk. Mit lebhafter Freude wird in weiten Kreisen die Tatsache begrüfst werden, dafs Pfeffers Pflanzenphysiologie nunmehr zum Abschlufs gelangt ist, nach- dem durch eine Erkrankung des Verf. leider die Fertigstellung des Schlufs- bandes verzögert worden war. Dieser Schlufsband bringt hauptsächlich die Be- wegungserscheinungen, die Erzeugung von Wärme, Licht und Blektrizität, sowie einen „Ausblick auf die in der Pflanze angewandten energetischen Mittel“, be- spricht also Gebiete, auf denen wir dem Verf. grundlegende Untersuchungen ver- danken und auf denen das Beobachtungsmaterial der ersten Auflage gegenüber in ganz ungemeinem Mafse sich gesteigert hat, Eine sehr erwünschte Zugabe ist das ausführliche Autoren- und Sachregister, Auf die grofse Bedeutung des Pfeffer- schen Werkes hier nochmals hinzuweisen, wäre überflüssig, da sie längst allge- mein anerkannt ist, Pr 268 Die Moose (Bryophyta) von Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein. - Mit dem Bildnisse H. Ganders. Bearbeitet von Prof. Dr. W. K. von Dalia Torre und Ludwig Grafen von Sarntheim in Innsbruck. Innsbruck, Verlag der Wagner’schen Universitätsbuchhandlung. Preis 22 Mk. In ähnlicher Weise wie früher die Algen und Flechten haben die Verf, nunmehr auch die Bryophyten Tirols bearbeitet. Sie geben zunächst eine „Ge- schichte der bryologischen Erforschung von Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein, die Literatur aus den Jahren 1899—1902 und sodann eine Aufzählung der sämt- lichen in dem Gebiete bisher gefundenen Leber- und Laubmoose, welche den un- gemeinen Reichtum Tirols an diesen Pflanzenformen vor Augen führt und das Buch zu einem wertvollen Hilfsmittel für das Studium der Verbreitungsverhältnisse der Bryophyten gestaltet. Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den Gärungs- organismen. Herausgegeben von Prof. Dr. A. Koch, Direktor des Instituts für landwirtschaftl. Bakteriologie an der Univ. Göttingen, 12. Jahrg. 1994. Leipzig, Verlag von J. Hirzel. Preis 16 Mk. Schon der äufsere Umfang des Jahresberichtes zeigt, wie sehr die behan- delte Literatur angewachsen ist; tatsächlich ist die Zahl der angeführten Arbeiten in dem vorliegenden Bd. XII gegen Bd. I auf das Vierfache und gegen Bd. XI um 247 gewachsen, eine Literatur, welche nur durch die Mitarbeit einer Anzahl im Vorwort angeführter Gelehrter bewältigt werden konnte. Es braucht kaum bemerkt zu werden, dafs das Bedürfnis nach einem solchen Jahresbericht gleich- sinnig mit der einschlägigen Literatur zunimmt; namentlich wird auch dann dem Botaniker darin Gelegenheit gegeben, die ihm sonst nicht leicht zugängliche gä- rungstechnische Literatur zu verfolgen. Die europäischen Laubmoose. Beschrieben und gezeichnet von @. Roth. 5. Lieferung. Leipzig, Verlag von W. Engelmann. Preis 4 Mk. Mit der 5. Lieferung (welche demgemäfs auch Titel und Inhaltsverzeichnis bringt) schliefst der erste Band des Werkes (Kleistokarpische und akrokarpische Moose) bis zu den Bryaceen ab. Er enthält auf seinen 52 Tafeln ein reiches Ma- terial, das der Verf. mit erstaunlichem Fleifs zusammengebracht hat, Handbuch der Blütenbiologie. Begründet von P. Knuth. III. Band. Die bisher in aufsereuropäischen Gebieten gemachten blütenbio- logischen Beobachtungen. Unter Mitwirkung von 0. Appel bear- beitet und herausgegeben von E. Loew. 1. Teil. Cycadeen bis Cornaceae. Mit 141 Abbildungen im Text und dem Porträt P, Knuths. Leipzig, Verlag von W. Engelmann. Dem ersten Herausgeber dieses Werkes ist es leider nicht vergönnt ge- wesen, es zu Ende zu führen. Nach seinem Tode haben O. Appel und E.Loew in sehr dankenswerter Weise es übernommen, nicht nur die von Knuth auf einer Reise um die Welt gemachten Beobachtungen zu bearbeiten, sondern auch aus der Literatur alles Hierhergehörige sorgfältig zu sammeln, wozu noch namentlich von E.Loew an kultivierten aufsereuropäischen Pflanzen gemachte Beobachtungen 269 kommen. Es ist selbstverständlich und wird im Vorwort auch von E.Loew aus- drücklich hervorgehoben, dafs das so zusammengebrachte Tatsachenmaterial ein sehr unvollständiges und lückenhaftes sein mufs, Aber es ist in dem Buche ein Fundament gegeben, auf dem weiter gebaut werden kann, und gerade die Erkenntnis, wieviel noch zu tun und zu berichtigen ist, mufs zu weiteren Beobachtungen an- regen. Man kann den Herausgebern also für ihre mühevolle Arbeit nur dankbar sein. Die Bemerkung über den „Blepharoplast“ auf pag. 39 ist wohl ein Lapsus calami. K.&. von Post, Tom, und Kuntze, Otto, Lexicon generum phanerogamarum inde ab anno MDCOXXXVH. Stuttgart, Deutsche Verlagsbuch- handlung. 1904. Dieses in erster Linie für Systematiker bestimmte Nachschlagewerk versucht „eine internationale Ordnung der Nomenklatur und Verständigung unter den Botanikern“ zu erreichen. Das Buch enthält ein vollständiges Verzeichnis aller giltigen und synonymen Namen von Gattungen und Gattungssektionen, sowie bei- jedem giltigen Gattungsnamen die Anzahl der Spezies und die geographische Ver- breitung. Grofses Gewicht ist auf eine korrekte Schreibweise der Namen gelegt worden. So lange man das Buch lediglich als Nachschlagewerk, z. B. zur Orien- tierung über Daten der Veröffentlichung, benützt, bietet es ohne Zweifel recht gute und wertvolle Dienste. Für mehr praktische Zwecke aber, wie z. B, zur Etikettierung in botanischen Gärten, zum Ordnen’ von Herbarien, ist es infolge der z. T. recht unzweckmäfsigen Nomenklatur weniger brauchbar und wird infolge der unangenehmen Umtaufungen nicht sobald in der systematischen Botanik sich Eingang verschaffen können. Da Otto Kuntze die Priorität bis 1737 zurück- gelten lassen will, sind eine Reihe von Familien- und Gattungsnamen wieder aus- gegraben und an Stelle der allgemein gebräuchlichen Linn&’schen Bezeichnungen gesetzt worden, die seit Jahrzehnten gänzlich in Vergessenheit gekommen sind. 80 werden die Ephedraceae als Thoaceae bezeichnet, die Ginkgoaceae als Salis- buryacene, die Commelinaceae als Ephemeraceae, die Amaryllidaceae als Nareis- saceae, die Polygonaceae als Persicariaceae, die Nyctaginaceae als Jalapaceae, die Crassulacene als Sedaceae, die Rhamnaceae als Zizyphaceae, die Sterculiaceae als Cacaoaceae, die Lecythidaceae als Napoleonaceae, die Rhizophoraceae als Paletu- vieraceae, die Cucurbitaceae als Bryoniaceae, die Combretaceae als Myrobalana- ceae usw. Andere Familiennamen werden „richtig“ gestellt; so lesen wir statt Compositae Composaceae, statt Gramina Graminaceae usw. Gürke, M., Plantae Europaeae. Enumeratio systematica et synonymica plantarum phanerogamarum in Europa sponte crescentium vel mere inquilinarum. Tomus1I. Fase. III. Leipzig, W. Engelmann. Preis 5 Mk. Dieses für jeden Systematiker und Pflanzengeographen unentbehrliche und sehr wertvolle Nachlagewerk bringt in der gleichen sorgfältigen Bearbeitung wie die früheren Lieferungen den Schlufs der Caryophyllaceae, die Nymphaeacene, Ceratophyllaceae und den gröfsten Teil der Ranunculacese. Wir möchten dem Unternehmen nur ein etwas schnelleres Tempo im Erscheinen der folgenden Lie- ferungen wünschen. K. Kraepelin, Exkursionsflora für Nord- und Mitteldeutschland. 5. Aufl. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig. 270 Jerosch, Marie, Geschichte und Herkunft der schweizerischen Alpen- flora. Leipzig, Wilhelm Engelmann 1903. Die Verfasserin hat in der interessanten Arbeit mit grofsem Fleifs und Ge- schick versucht, die zahlreichen über die Herkunft der Alpenflora veröffentlichten Arbeiten und aufgestellten Theorien zusammenzufassen und kritisch zu beleuchten. Die Arbeit macht also weniger Anspruch auf Originaluntersuchungen, sondern sie will wohl eher als gutes und bequemes Nachschlagewerk aufgefafst werden. Als solches verdient sie sicherlich volle Anerkennung. — In dem ersten Kapitel werden auch einige Fragen von allgemeiner Bedeutung, wie die Entstehung der Art, das Wandern der Pflanzen, die mono- und polytope Entstehung der Art usw. besprochen. Besondere Beachtung schenkt die Verfasserin der gegenwärtig viel umstrittenen Steppenfrage. (Gestützt auf die pflanzen- und tiergeographischen Tatsachen, sowie in Übereinstimmung mit den sicheren geologisch-paläontologi- schen Funden kommt sie zu dem Schlusse, dafs für die zweite, letzte Interglaziel- zeit eine Steppenzeit oder xerotherme Periode, verbunden mit einer Invasion meridionaler (in der Hauptsache mediterraner und pontischer) Elemente nach Mitteleuropa, anzunehmen ist. Ebenso ist für das Postglazial eine xerotherme Periode mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, zumal xerotherme Arten an Stellen vorkommen, wo sie die letzte Eiszeit nicht haben überdauern können und ferner in vielen Fällen heute nicht mehr an diese Lokalitäten gelangen könnten, Ohne der Arbeit nahe treten zu wollen, möchte ich doch auf einige vielleicht etwas an- fechtbare Punkte aufmerksam machen. Wie die Verfasserin pag. 134 selbst zu- gibt, ist die Auswahl der mehr südalpinen Spezies des meridionalen Elementes eine rein provisorische, die erst auf Grund genauer Spezialstudien in eine definitive gebracht werden kann. So würde Orchis globosa L, wohl richtiger ins mittel- europäisch-alpine Florenelement eingereiht werden. Bei der Einteilung der Alpen- flora in verschiedene geographische Elemente finde ich die erste Hauptgruppe, das Ubiquisten-Element, etwas unglücklich gewählt. Mit gleicher Berechtigung hätte ebenso das silvestre Element, das mit zahlreichen Spezies über die Waldgrenze hinaufgeht, als eigenes Element aufgenommen werden müssen. Auf einer otwas schwachen Basis scheint auch das achte, himalayische Element mit einem einzigen (!) Vertreter — Festuca Halleri All. — zu stehen. Gerne gebe ich zu, dafs die Aus- wahl der für die Alpenflora aufzunehmenden Arten eine mehr oder weniger sub- jektive ist. Trotzdem finde ich aber, dafs verschiedene, doch gewifs als gute alpine Arten zu bezeichnende Spezies gänzlich unberücksichtigt geblieben sind; ich erin- nere an Pinus cembra, Pinus montana, Moehringia muscosa, Dianthus inodorus, Kernera saxatilis, Chaerophyllum Villarsii, Clematis alpine, Alnus viridis, Linnaea borealis, Lonicera caerulea, Rosa rubrifolia, Sorbus chamaemespilus, Cerinthe alpina, Androsace lactea, Achillea Clavennae (ostalpin!), Hieracium staticefolium usw. Sehr angenehm wäre es auch gewesen, wenn weitere Fragen, wie die Ein- wanderung und Verbreitung der alpinen Jurapflanzen, wie überhaupt die Vertei- lung der alpinen Pflanzenwelt und deren nähere Ursachen innerhalb der Schweiz noch weiter untersucht worden wären, Sehr instruktiv und wertvoll sind die verschiedenen Beilagen: eine über- sichtliche Zusammenstellung des Diluviums und des Postglazials nach verschiedenen Forschern, sowie Tabellen über die Verbreitung der Arten der schweizerischen Alpenflora und deren Einteilung in verschiedene Elemente. Hegi. Das Deutsche Volkstum. Unter Mitarbeit von Dr. Hans F. Helmolt, Dr. Alfred Kirchhoff, Dr. H. A. Köstlin, Dr. Adolf Lobe, Dr. Eugen Mogk, Dr. Karl Sell, Dr. Henry Thode, Dr. Oskar Weise, Dr. Ja- kob Wychgram, Dr. Hans Zimmer herausgegeben von Professor Dr. Hans Meyer. Zweite, neubearbeitete und vermehrte Auflage. Mit 1 Karte-und 43 Tafeln in Holzschnitt, Kupferätzung und Farbendruck. 2 Leinenbände zu je 9,50 Mark oder 1 Halb- lederband zu 18 Mark. (Verlag des Bibliographischen In- stituts in Leipzig und Wien.) . Die Aufdeckung deutscher Eigenart, die Trschliefsung aller Wechselwirkungen zwischen dem Volkscharakter und seinen Erzeugnissen, damit zugleich eine För- derung des deutschen Nationalgefühls danken wir diesem wissenschaftlich gediegenen, in der Darstellung geschmackvollen und polemikfreien, in der Ausstattung muster- gültigen Werke; das ist von der ersten Auflage her bekannt, und das zeigt aufs neue die zweite Auflage. Nach allen Seiten hin schildert der einleitende Abschnitt aus der Feder Prof. Dr. Hans Meyers den deutschen Menschen als Einzelnen und im Gesellschaftsleben und schafft so mit der sich anschliefsenden Abhandlung Prof. Dr. Alfred Kirchhoffs, einem Erzeugnis glücklichster Charakterisierungs- kunst, eine sichere Grundlage für alle folgenden Einzeluntersuchungen. Diese be- ginnen mit: Dr. Hans Helmolts lebendiger Darstellung der deutschen Geschichte, bieten in Prof. Dr. Oskar Weises gründlichen Erörterungen über die deutsche Sprache tiefe Einblicke in das geheimste Wesen unserer Muttersprache und ver- binden in Prof. Dr. Eugen Mogks Abschnitt über die deutschen Sitten und Bräuche Volkstumswissenschaft und Volkskunde. Desselben Gelehrten Aufsatz über die altdeutsche heidnische Religion leitet endlich über zu Prof. Dr. Karl Sells gedankenreicher Analyse des deutschen Christentums, womit der erste Teil dieses Hausbuches schliefst. Im zweiten Teil hebt zunächst ein tiefgreifender Aufsatz aus der Feder Dr. Adolf Lobes das spezifisch Deutsche im Gange unserer Rechtsentwiekelung hervor. In seiner bekannten geistvollen Weise behandelt ferner der Heidelberger Kunsthistoriker Dr, Henry '[hode die deutsche bildende Kunst in ihrer nationalen Gestaltung, und Dr. Heinrich Adolf Köstlin gibt einen fesselnden Überblick über die deutsche Musik und ihre Formen. Den Schlufs bilden die beiden umfänglichsten Abschnitte des Werkes, Dr. Jakob Wychgrams feinsinnige Charakterisierung der deutschen Dichtung und Dr. Hans Zimmers lebendige und umfassende Darstellung der deutschen Erziehung und der deutschen Wissenschaft. Dieser Teil des Werkes, der in der zweiten Auflage ganz neu hinzugekommen ist, behandelt gleichzeitig unser deutsches Studententum mit liebe- vollem Verständnis für seine Poesie und wird speziell das Interesse weitester - .Lehrerkreise erwecken, weil er im Schlufskapitel eine ganz neue Theorie der Er- ziehung aufstellt. — Von den vortrefflichen Iilustrationsbeigaben seien hier nur einige der in der zweiten Aufluge neu hinzugekommenen genannt: „Brautzug von Ludwig Richter“, die imposante Ansicht der Marienburg, ein Brief Goethes an Lavater, Rethels "Zeichnung „Der Tod als Freund“, ein Faksimile aus dem „Sachsenspiegel*, die Porträte von Karl Maria von Weber und Richard Wagner, die stimmungsvolle Silhouette Paul Konewkas zu dem Volkslied „O Strafsburg“ und die frische Szene einer „Würzburger Stofsmensur®. Das ganze Werk sei hier als prächtiger Hausschatz für alle national gesinnten Kreise eindringlich empfohlen. x f Verlag von Gustav Fischer in Jena. R Soeben erschien; Vorlesungen über j PX y 5 Dr. Ludwig Jost, 2.0. Prof. a. d. Univ, Strafsburg. Mit 172 Abbildungen. “ Preis: 13 Mk., geb. 15 Mk. J Zum Abonnement empfehlen wir: ANNALES MYCOLOGICI EDITI IN NOTITIAM SCIENTIE MYCOLOGICA UNIVERSALIS. Organ für die Gesamtinteressen der Mycologie, enthaltend Original-Ab- handlungen, Referate und kritische Besprechungen wichtiger myeologischer Publikationen, sowie eine Übersicht über die neu erschienene Literatur. Jährlich 6 Hefte im Umfange von wenigstens 36 Bogen mit zahlreichen Tafeln‘ und Abbildungen. Preis des Jahrgangs 25 Mark. Abonnements nimmt entgegen der Herausgeber H. SYDOW, Berlin W., Goltzstrafse 6, und die Buchhandlung R. FRIEDLEENDER & SOHN in Berlin N. W., Karlstrafse 11. N. G. Elwert’sche Verlagsbuehhandlung, Marburg (Hessen). In unserem Verlage erschien: Pflanzenbiologische Schilderungen. Von K. Goebel. 2 Teile. Mit 31 Tafeln und zahlreichen Holzschnitten. Im Preise von Mk. 38.— auf Mk. 15.— ermälsigt. Drück von Val. Höfling,‘ München, Lämmerstr. 1. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. I FRÜHER, HERAUSGEGEBEN ‚voN DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. Inhalt: HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL x Professor der Botanik in München, pn 953. BAND. JAHRGANG 1904. Heft IV (Schlufs des Bandes) mit 18 Tafeln und 83 Textfiguren. .“ \ Erschienen am 10. August 1904. K. REICHE, Bau und Leben der chilenischen Loranthacee Pryelanttus aphyllus . . OTTO RENNER, Über Zwitterblüiten bei Juniperus ‘communis . . ERNST A. BESSEY, Über die Bedingungen der Farbbildung bei Fusarium . C. A. FENNER, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie der Laubblätter und Drüsen einiger Insektivoren . MARIE C. STOPES, Beiträge zur Kenntnis der Fortpflanzungsorgane der Cycadeen . . J. CLARK, Beiträge zur Morphologie der Commelinaceen A. ERNST, Zur Kenntnis des Zellinhaltes von Derbesia P. F. REINSCH, Die Zusammensetzung des „Passatstaubes“ auf dem süd- lichen atlantischen Ozean . LITERATUR: Dr. G. Berthold, Untersuchungen : zur Physiologie der pfanz- lichen Organisation. — Otto Eugen Schulz, Monographie der Gattung Cardamine. — Robert Keller, Vegetafionsskizzen aus den Grajischen Al- pen. — Prantls Lehrbuch der Botanik, herausgegeben und neu bearbeitet . von F, Pax. — A. B. Rendle, The Classification of flowering plants. — Dr. Richard R. v. Wettstein, Vegetationsbilder aus Südbrasilien. — G. Ha- - berlandt, Physiologische Pflanzenanatomie. — Kritische Nachträge zur Flora der nordwestdeutschen Tiefebene. Bearbeitetet von F. Buchenau. — Prof. Dr!’ K. Schumann, Praktikum für morphologische und systematische Botanik. — Dr.K,Fritsch, 0.6. Prof. der Botanik in Graz, Die > Keimpflanzen der Gesneriaceen oo. . oo. MARBURG. Seite 271—297 » 297-300 „301-334 m 335434 „435482 „483513 „514-532 „333-536 „ 537-542 N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1904. Bemerkung. Das Honorar beträgt 25 Mk. pro Druekbogen, für die Literaturbesprechungen 80 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Drack und Papier berechnet: ‚ Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 ” 20 n ” ” n 2.50 ” ” r ” » —.80 ” 30 ” ” ” ” 3.80 ” r ” ” % v 40 n b) » » 9— r „ ” » 1.20 „ 50 » °® nn " n„ 650 „ " n ” „ 150 ” 60 r ” r ” 8.— ” ” ” ‚ r 2. ” 70 ” r ” ” 9.20 ” r % r ) 2,50 ) 80 ” r ” ) 10.50 ” n n r ” 3.— „ .»0 "} n „ „ 1150 5 » n "nr .350 „ 100 „ 18.50 » n Pe 9 ” ” ” r n Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- riert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert, Die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- rechnet werden, so mufs dieselbe Barzahlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat der Verfasser die Kosten der Übersetzung zu tragen. Korrekturentschädigungen, die von der Druckerei für nicht verschuldete Korrekturen in Anrechnung gebracht werden, fallen dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 80 Druckbogen und zahlreichen Tafeln in 3 bis 5 Heften. Nach Bedürfnis schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, welche besonders berechnet werden, Manuskripte und Literatur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Luisenstrafse 27/1, zu senden, Korrek- turen an die Druckerei von Val. Höfling, München, Lämmerstrafsel. Alle geschäftlichen Anfragen etc. sind an die unterzeichnete Veriagshandlung zu richten, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassan). Bau und Leben der chilenischen Loranthacee Phrygilanthus aphyllus. Von K. Reiche. (Mitteilung aus dem Museo Nacional zu Santiago de Chile.) “ Hierzu Tafel V und 9 Abbildungen im Text. Literatur. Johow, F., Zur Bestäubungsbiologie chilenischer Blüten. Phrygilanthus aphyllus. Verh. d. deutsch. wiss, Ver. Santiago IV (1890) pag. 243—246; 435; tab. II. Thiselton-Dyer, W. T., Morphological notes, The haustorium of Loranthus aphyllus. Annals of Bot. vol. XV Nr. 60, Dec. 1901 pag. 749-757; tab. XI. Weitere Literatur im Text. Nachdem verschiedene Versuche fehlgeschlagen waren, den Kaktus Cereus chilensis mit dem auf ihm lebenden Schmarotzer Phrygilanthus aphyllus in Europa zu züchten, und nachdem auch das Unternehmen Thiselton-Dyers, die Anatomie der Pflanze nach einem schlecht erhaltenen Exemplar darzustellen, ein, wie wir sehen werden, unbe- friedigendes Resultat ergeben hatte, hielt ich es für angebracht, auf ein umfassendes, von verschiedenen Standorten und zu verschiedenen Jahreszeiten gesammeltes Material eine erneute Untersuchung dieser interessantesten aller chilenischen Schmarotzerpflanzen zu gründen. Ich erlaube mir, die Ergebnisse dieser Arbeit auf den folgenden Seiten vorzulegen; allerdings mufste auch ich eine glücklicherweise nicht sehr wesentliche Lücke des Entwicklungsganges unserer Pflanze offen lassen, und wenn ich trotzdem zu einer Veröffentlichung meiner Be- obachtungen schreite, so geschieht es, weil die Reisedispositionen des folgenden Jahres mir nicht gestatten, sämtliche Standorte nochmals nach dem fehlenden Stadium abzusuchen. Die uns beschäftigende Pflanze hat folgende Diagnose: Phrygilanthus aphyllus (Miers) Eichler, Flor. bras. V. II. (1868) pag. 47; Natürliche Pflanzenfam., Nachträge pag. 134 [Loranthus aphyllus Miers ex DC. Prodr. IV (1830) pag. 307; Gay, Flora chilena III pag. 154; L. cactorum Hook. et Arn. Bot. Beech. pag. 25 (1841); Tristerix aphyllus Don, Gen. Syst. III pag. 418]. Fruticulus holopa- rasitus aphyllus glaber ramosissimus ruber. Inflorescentia panicu- latoracemosa. Flos triprophyllatus * 9 P, A, Ja. Tepala ante anthesin leviter cohaerentia. Stamina tepalis opposita antheris versa- tilibus. Calyculus circularis epigynus. Fructus baceiformis mono- spermus. Embryo rectus eylindricus indivisus endospermio eircumdatus. Flora 1904, 19 272 In Reipublicae Chilensis provinciis centralibus Cerei truneis ferociter aculeatis frequenter insidet; Bertero et omnes. var. pallide-citrinus Phil. Anal. Univ. Santiago, vol. 41 (1872) pag. 728. Caules et flores pallide-citrini. Prov. de Coquimbo (Riradavia); Reiche; prov. de Santiago; Philippi. I. Der extramatrikale Teil des Vegetationskörpers. Die vom Schmarotzer befallenen Kakteen gehören sämtlich der Gattung Cereus an; am häufigsten ist es Oereus chilensis Colla, der überall, wo er in den Provinzen Aconcagua, Santiago, O’Higgins in grölseren Mengen vorkommt, auch den Schmarotzer zu tragen pflegt. Es ist die auch als (ereus quisco Gay bekannte Art, leicht kenntlich an den beerenartigen Früchten (guillaves), welche schliefslich trocken werden und unregelmäfsig aufreifsen, um die schwarzen Samen zu entleeren. Im Küstengebiet der Provinz Aconcagua ist es ein anderer, noch nicht beschriebener Cereus, und in den maritimen Stricben der Provinz Coquimbo der Cereus coguimbanus Schum.,'!) durch grofse, in lange, goldbraune Wolle gehüllte Früchte gekennzeichnet. Im Innern derselben Provinz ist es ein, wie es scheint, ebenfalls unbeschriebener, in den Vegetationsorganen dem C. chilensis täuschend ähnlicher Kaktus, der sehr grolse, äulfserst: saftige und bei der Reife stachelbeerartig grün durchscheinende Früchte (copaos) trägt. Um Coquimbo herum wächst O. coguimbanus in Gesellschaft eines convexe Rasen bildenden gelbblühenden Echinocactus, anderwärts auch von niedrigen Opuntien begleitet, und obwohl anzunehmen ist, dafs die Kerne des Phrygi- lanthus gelegentlich auch auf jene Nachbarkakteen fallen und aus- treiben, so habe ich doch auf ihnen niemals den Schmarotzer ange- troffen. Letzterer scheint also, wie viele andere kryptogame und phanerogame Parasiten, wenigstens in bezug auf die Gattung seines Wirtes exklusiv zu sein. — Der einheimische Name der Pflanze ist Quintral del quisco, wobei cünthal einen araukanischen Pflanzennamen bezeichnet; die verführerische Etymologie von cüthal Feuer — wegen der brennend roten Blüten — hat nach Meinung von Dr. Lenz- Santiago keine wissenschaftliche Begründung. Morphologie der Achse, des Blütenstandes und der Blüte. Phrygilanthus aphyllus ist ein von der Basis an verzweigtes Sträuchlein, dessen Äste in der Jugend leuchtend rot sind, mit zu- 1) Syn. Eulychnia brevifiora Phil. 273 nehmendem Alter aber schwärzlichgrau werden und eine Länge von wenigen Zentimetern bis (allerdings ausnahmsweise) 2dem erreichen. Sie stehen rechtwinklig zur Längsausdehnung des Kaktusstammes, und da dieser meist senkrecht emporstrebt, so nehmen sie eine horizontale Richtung ein. Dabei stehen sie entweder getrennt von- einander oder (bei üppigem Wachstum) so dicht genähert, dafs die sich durchkreuzenden gleichlangen Stengel der benachbarten Pflanzen eine Art dicker Mähne oder Bürste auf den befallenen Stämmen bilden. An den genauer beobachteten Standorten in den Provinzen Coquimbo und Santiago waren zumeist die Ost- und Südostseiten der Cereus- Stämme befallen, durchaus nicht vorzugsweise die Nordseiten, wie Johow!) angibt. Häufig kommt es vor, dafs an einem Stamme eine Seite die vorzugsweis besetzte ist, während im gesamten Umfang des Stammeylinders vereinzelte Individuen hervorsprossen. Es hängt dies wohl mit der herrschenden Windrichtung und der davon abhängigen Feuchtigkeit zusammen und könnte demzufolge lokalen Verschieden- heiten unterworfen sein. Ferner geschieht es nicht selten, dafs dichte Phrugilanthus-Büschel in den engen Raum zwischen zwei nachbarlich aufstrebenden Stämmen hineinwachsen. Der Parasit treibt stets aus den Seiten, niemals aus dem fortwachsenden Stammscheitel, hervor, und zwar von der Basis bis höchstens I—2 Hände breit unter der Spitze der gewaltigen, bis 8m hohen Stämme des Cereus chilensis. Niemals habe ich einen jungen, etwa bis 1,5m lıohen Kaktus infiziert gefunden. — Die Verzweigung an der Basis kräftiger Individuen ist unregelmälsig wirtelig, weiter oben decussiert, aber durch spätere Verschiebungen häufig etwas gestört und dadurch, zumal in der Blüten- region, alternierend. Die einzelnen Sprosse sind deutlich voneinander durch eine Einschnürung abgegliedert und brechen an diesen Stellen leicht auseinander, was den traurigen Zustand von Herbarexemplaren dieser Art erklärt. Alle Verzweigungen schlielsen durch Blütenstände ab, so dafs bei dem Fehlen von Laubblättern die Abgrenzung einer floralen und vegetativen Region sich verwischt. Übrigens fehlen Blätter im morphologischen Sinne nicht gänzlich, da die’ Oberfläche der Stämmchen unterhalb der Verzweigungen sich schuppenartig vor- zieht. Auch der Scheitel des jungen, aus der Areole des Kaktus hervorbrechenden Triebes trägt schuppenförmige Blätter, aus deren Achseln die weitere Verzweigung erfolgt. Beachtenswert ist, dafs der blattlose Phrygilanthus auf den blattlosen Kakteen wächst, während 1) 1. c. pag. 244. 19* 274 die normalbeblätterten hemiparasitischen Phrygilanthus-Arten auch be- blätterte Wirtspflanzen besiedeln. Diese Tatsache hat sogar zu der Spekulation Veranlassung gegeben, den P. aphylius als eine auf den Kakteen blattlos gewordene Form eines sonst beblätterten Phrygilan- thus anzusehen. Diese Auffassung besteht in phylogenetischem Sinne zu Recht; aber wie die Blattlosigkeit des Wirtes die des Parasiten bedingen soll, bleibt unerfindlich. — Die Inflorescenzen sind Trauben decussierter Blütenpaare mit leichten Verschiebungen zu alternieren- den Stellungen. Das ganze Individuum stellt zur Blütezeit eine reich- besetzte Rispe der erwähnten Trauben dar; eine jede von ihnen ent- wickelt sich centripetal und bewahrt an ihrem Scheitel die zur Entwicklung kommenden Blütenanlagen. Das erste Auftreten der Blüten habe ich nicht verfolgen können, da es sich unter dem Schutze eines rückenständigen Deck- und zweier seitenständiger, etwas nach vorn Y konvergierender Vorblätter abspielt. In dem a p jüngsten zur Anschauung gekommenen Zu- stande, in welchem die Blütenanlage makro- skopisch überhaupt noch nicht erkennbar ist, besteht sie aus einem kugeligen, von einer wie es scheint allseitig geschlossenen Perigon- : AS anlage überwölbtem Gewebekörper, der von Fig. 1. Längsschnitt durch dem zungenartig nach vorn geschlagenen aa D Des näton- Deckblatt überragt und von den beiden Vor- eins der beiden Vorblätter, blättern seitlich umhüllt wird. Von 'dem seitlich angeschnitten, Deckblatt läuft jederseits eine erhabene Linie den Blütenstiel abwärts (Textfig. 1), Der Rand dieser drei Blättchen ist fein umsäumt von 1—3zelligen Wim- pern, den einzigen Haarbildungen an der gesamten Pflanze. Die gegenseitige Lagerung der genannten Teile ist die, dafs das robuste Deckblatt die Fortsetzung des Blütenstieles zu sein scheint und durch seine in jenem frühen Zustande massige Entwicklung die Blüte nach vorn, nach der Traubenspindel, drückt. Durch eine im basalen Teile der Blütenanlage erfolgende Streckung wird nunmehr die Blüte über jene dreizählige Vorblattgruppe emporgehoben und überflügelt sie bald so sehr an Volumen, dafs sie späterhin überhaupt nur bei ge- hauerer Betrachtung am Blütengrunde wahrgenommen werden kann. Erst in diesem Zustande der Streckung, also wesentlich später als die Anlage des Perigons,. erfolgt die Ausgliederung des Calyculus ‘zwischen dem unterständigen Fruchtknoten und dem Perigon. Diese verspätete Entstehung des Calyculus und das Fehlen jedes Gefäfs- . N 275 bündelstrangs innerhalb seines Gewebes sprechen, wie schon von anderen Autoren!) hervorgehoben worden ist, gegen seine Kelchnatur und sichern (abgesehen von anderen Merkmalen) den Loranthaceen ihre jetzt angenommene Stellung unter den apetalen Archichlamydeen. Immerhin ist bemerkenswert, dafs der Calyculus trotz seiner späteren Anlage mit den Tepala des Perigons in Alternanz tritt, indem seine vier der ringförmigen Basis aufsitzenden Spitzchen in den Furchen zwischen je zwei Tepala sich etwas emporstrecken. Späterhin, auf der Frucht, stellt der Calyculus einen ungegliederten Ringwall dar. Die vier Perigonblätter haben klappige Deckung und hängen seitlich durch Gewebeverband zusammen, aber die betreffenden Zellen, durch geringere Gröfse und dichteren Inhalt kenntlich, weichen schon frühe durch Druck und späterhin spontan in den Mittellamellen auseinander; dabei ist es Regel, dafs sie an der Basis und der Spitze der Blüte später sich trennen als im Mittelstück. Nach Überwindung der Ge- webespannung durch Lösen des Zellverbandes rollen sich die Perigon- blätter zurück und geben die Geschlechtswerkzeuge frei. Die An- theren, versatil auf pfriemlichem Filamente eingefügt, entleeren reichlichen, staubförmigen Pollen, dessen gelbe Körner die Form eines Tetraeders mit abgestumpften Enden und konkaven Flächen haben; der schliefslich etwas längere Griffel endigt in eine gruben- förmig-zweilappige Narbe. Die Farbe des Perigons entspricht ziemlich genau der Nr. 14 ruber der Saccardo’schen Farbentafel; der Farb- stoff findet sich diffus verteilt in der auf die Epidermis folgenden Zellschicht. Staubgefäfse und Griffel haben die Färbung Nr. 23 flavus. Anatomie der Achse. Die eylindrische Achse (Textfig. 2) ist von einer stark outicularisierten Epidermis bekleidet, deren Aufsen- wände in der Richtung der Längsausdehnung fein gerillt sind. Der Spalt der Stomata ist quer zur Längsachse des Stämmcehens gerichtet. ‘Unter der Epidermis findet sich ein breiter Mantel von Rindenparen- chym, in welchem, sowie im Holz und Mark, einzelne oder gruppen- weise vereinte, sehr starkwandige und darum getüpfelt- verholzte, parenchymatische Sclerenchymzellen liegen. Diese Zellen finden sich schon im jugendlichen Alter der Keimpflanze und in dem aus dem Kaktus hervorbrechenden Stämmchen. In den innersten Lagen des Rindenparenchyms ist der aus getrennten, verholzten Bastbündeln be- stehende Pericykel zu bemerken. Die Gefäfsbündel sowie die später abgeschiedenen Phloem- und Xylempartien sind durch sehr enge Ele- 1) Vgl. dazu Eichler, Blütendiagramme II pag. 548. 276 mente ausgezeichnet; die prosenchymatischen Elemente sind sehr kurz — Phloemzellen 0,048mm, die durch eirunde Perforationen ge- ° trennten Gefälsglieder 0,08mm — und es wäre möglich, dafs die schon erwähnte Sprödigkeit und Brüchigkeit: der Achsen mit der Kürze ihrer Stereiden und Gefäfse zusammenhängt. Das Mark enhält neben den bereits namhaft gemachten Selerenchymzellen noch dünnwandige, mit einem dunklen Farbstoff erfüllte Elemente. Es stimmt also der Bau unseres Phrygilanthus gut mit dem der Loranthaceen überhaupt VB ” dei Fig.2. Querschnitt durch ein älteres Stümmchen. A Verholzte parenchymatische . Sclerenchymzellen in Rinde und Mark. B Pericykel, aus Gruppen verholzter Bastzellen bestehend. C Parenchymzellen mit dunkelem Inhalt aus dem Mark. überein.!) Bemerkenswert ist schliefslich die centrale Lage des Ge- fäfsbündelringes, resp. des Holzkörpers oder, was auf dasselbe hinaus- kommt, die Breite des Rindenparenchyms mit seinem weit nach Innen gelegenen Pericykel. Während aus bekannten mechanischen Gründen die aufrecht wachsenden Achsen die Stereomelemente möglichst peri- pher lagern, fällt diese Notwendigkeit bei den wagrecht wachsenden 1) Solereder, H,, Systemat. Anat. der Dicotylen p. 818. 277 Phrygilanthusstengeln hinweg. — Die mehrere Jahre aushaltenden Stämmehen sind den Veränderungen des sekundären Diekenwachstums unterworfen. Am wenigsten wird die Rinde modifiziert; es ist be- kannt, dafs die Loranthaceen überhaupt nicht oder erst spät zur Peri- dermbildung schreiten, und unser Phrygilanthus macht davon keine Ausnahme. Die nach meinen Messungen an der Basis höchstens und auch dann nur selten Icm Durchmesser erreichenden Stämmchen bilden kein Periderm; die primäre Epidermis wird schliefslich ge- sprengt und die jeweils äulsersten Schichten des Rindenparenchyms zuerst tangential gespannt und dann allmählich desorganisiert, wobei die Zellmembranen geschwärzt werden und ihre Reaktion auf Zellu- lose verlieren. $o erklärt sich die kräuselige, dunkele Oberfläche an der Basis älterer Stämmchen. Johow (l. c. pag. 244) gibt an, dafs Peridermbildung stattfindet; ich habe trotz vielfacher Untersuchung niemals lebende, in Teilung begriffene Peridermzellen der bekannten parsllelepipedischen Gestalt beobachtet und vermute, dals Johow sich durch die tangential verbreiterten absterbenden Zellen des Rinden- parenchyms hat täuschen lassen. — Im Holzkörper sind die jährlichen Zuwachszonen undeutlich voneinander abgegrenzt, vielleicht infolge der gleichförmigen Vegetationsbedingungen, unter welchen der intra- matrikale Teil des Parasiten lebt. Fruchtknoten, Frucht und Samen. Der Bau des Gy- naeceums der Loranthaceen und die in ihm bei der Fruchtbildung vor sich gehenden Veränderungen sind von Engler") in übersicht- licher Weise dargestellt worden und es möge darauf zur allgemeinen Orientierung verwiesen werden. Hier seien noch folgende Einzel- angaben gestattet. — In den Bau des cylindrischen unterständigen Fruchtknotens geht hier wie auch sonst die Blütenachse ein, so dals der Anteil beider am fertigen Organ sich nicht mehr abgrenzen läfst. Untersucht man einen voll ausgebildeten unbefruchteten Fruchtknoten, so ergibt sich auf dem Querschnitte folgendes Bild (Fig. 3): Unter der Epidermis breitet sich das Grundparenchym aus, dessen periphe- rische Schichten einen dichten, mit Alkanna sich rot, mit Osmium- säure sich schwarz färbenden, also einen Fettkörper einschliefsenden Zellinhalt führen; auch sind solche Zellen sporadisch im übrigen’ Grundparenchym verteilt. Dicht unter der Epidermis liegen auch wenigzählige Gruppen der bereits im Stämmchen angetroffenen pa- renchymatischen Sklerenchymzellen. An die tieferen Lagen des Grund- 1) Natürl, Pfanzenfamilien III, 1, pag, 170. 278 parenchyms schliefst sich die Viseinschicht an, im Jugendlichen Frucht- knoten aus sehr grofskernigen, äufserst plasmareichen, späterhin sich radial streckenden und dicht mit Visein, dem Klebstoff der Loran- thaceen gefüllt. Dieser Körper, um dessenwillen die Beeren früher zur Bereitung von Vogelleim verwendet wurden, ist nach Huse- mann?) eine durchsichtige, honigdicke, zu Fäden ausziehbare, fast geruch- und geschmacklose, auf Papier Feitflecken erzeugende Masse von der Formel C20H4s05; aber im vorliegenden Falle dürfte sie mit anderen Stoffen gemischt sein, die ihr in der reifen Frucht einen süfsen, schwach aromatischen, etwas an Muskatellertraube erinnernden Geschmack . verleihen und bewirken, dafs auf Papier keine Fett- spuren zurückbleiben. Alkohol verfestigt einigermalsen die Viscin- schicht, so dafs die Früchte sich leidlich gut schneiden lassen, nach- dem sie längere Zeit in ihm gelegen. Unter dem Viseinkörper folgt Fig. 3. Löngsschnitt durch die reife Frucht, @r Fig. 4. Centrale Partie aus dom Ansatzstelle desQriffels; CCalyeulus; EEmbryo; Fruchtknoten (ältere Knospe). En Endosperm, stärkehaltig; V Viseinschicht; Die Samenanlage umgeben von @ die die Gefäfsbündel enthaltende Schicht. 5 1. stärkehaltigem Parenchym, eine mehrreihige, unregelmässig nach innen vorspringende Schicht, welche die Alkanna- und Osmiumsäurereaktion noch deutlicher zeigt als die oben erwähnte. In den einwärts offenen Buchten dieser Zell- lagen verlaufen nun die Gefäfsbündel, welche durch diese Lagerung beweisen, dafs alles nach aufsen von ihnen gelegene Gewebe noch der Blütenachse angehört; nach innen folgt die centrale Partie des 1) Nach Zitat bei Köhler, Medizinalpflanzen I Nr, 29, 279 Fruchtknotens, welche im unbefruchteten Zustand einen massiven, undifferenzierten Eindruck macht. Das Studium der Samenanlagen bietet wegen der weitgehenden Reduktionen ziemliche Schwierigkeiten. Es ist für die Loranthaceen charakteristisch, dafs die Ausgliederung einer deutlichen Placenta und die Ausgestaltung einer typischen Samenanlage mit Integumenten etc. unterbleibt. In dem vorliegenden Falle bildet sich ungefähr in der Mitte des Fruchtknotens eine einzige kegelförmige Samenanlage, welche in eine sie eng umschliefsende Höhle hineinragt. Ich habe trotz sehr zahlreicher Präparate nur ein einziges getroffen, welches den Sachverhalt klar zu erkennen und zu zeichnen erlaubte (Textfig. 4). In dem betreffen- den Entwicklungszustande war von histologisch differenzierten Embryo- säcken nichts zu sehen, und leider kann ich auch über die folgenden Stadien nur unvollständige Angaben machen. In dieser rudimentären Samenknospe treten mehrere durch Plasmareichtum und sehr grofse Kerne charakterisierte Zellen auf, vermutlich die Embryosäcke. Da ich nicht das Eindringen des Pollenschlauchs zu verfolgen vermochte, müssen auch die hier sich aufdrängenden Fragen nach Porogamie und Basigamie unbeantwortet bleiben, sowie auch die Deutung der betreffen- den Kerne als Ei ete. Sicher ist nur, dafs das typische Bild der Eizelle, Synergiden, des sekundären Kerns des Embryosacks etc. nicht zur Erscheinung kommt, Die auf die Befruchtung folgenden Verände- rungen im Eiapparat gehen sehr schnell vor sich. Der oder die Em- bryosäcke strecken sich beträchtlich in der in den Nat. Pflanzenfam. beschriebenen Weise, und der Embryo wird an einem langen, infolge seines ausgiebigen Wachstums sich in kurzen Windungen schlängeln- den Embryoträgers in die Tiefe des Fruchtknotens befördert, wo ihn das benachbarte Gewebe in Form einer becherförmigen, kleinzelligen Scheide umgibt. Sie dürfte mit der Collenchymscheide der Treub- schen in den Nat. Pflanzenfam. 1. ce. pag. 171 reproduzierten Figuren identisch sein, besteht aber hier nicht aus collenchymatisch verdiekten Elementen. Nicht selten finden sich zwei Embryonen in demselben Fruchtknoten; da ich aber in der ausgebildeten Frucht niemals zwei Keimlinge gefunden habe, scheint der eine von ihnen regelmäfsig zugrunde zu gehen. Die reife Frucht ist eine ziemlich kugelige, bis lem im Durch- messer haltende Scheinbeere — keine typische Beere, weil die Blüten- achse an ihrem Aufbau Anteil hat — von weilser oder rosaroter, etwas glasig durchscheinender Farbe. Demnach ist die Angabe in Gays Flora chilena III pag. 154: fruto negruzco (= schwärzlich) 280 irrtümlich und wohl nach einem Herbarexemplar gemacht. Über ihren Bau ist bei Besprechung des Fruchtknotens schon das Wesentliche gesagt; nur über den reifen Keimling ist noch einiges nachzutragen (Textfig. 3). Er gehört sicher zu den eigentümlichst gestalteten und sich verhaltenden Embryonen des ganzen Pflanzenreiches. Er stellt einen 7mm langen, cylindrischen, an seinem dem Scheitel der Frucht zugekehrten Radicularende abgestutzten, am Kotyledonarende, welches in jener Collenchymscheide in der Basis der Frucht angewachsen ist, zugespitzten Gewebekörper dar. Das Radicularende ragt schliefslich frei aus dem scheitelwärts sich in vier Lappen teilenden Viscingewebe der Frucht hervor, ist also sofort sichtbar, wenn das häutige Exocarp abgestreift wird; er ist von dunkelroter Farbe und dicht mit nach deın Kotyledonarende gerichteten, mehrzelligen, cylindrischen Papillen bedeckt. Die andere, der Basis der Frucht zugekehrte Hälfte des Embryos ist grün und zeitlebens fest mit dem umgebenden Gewebe verwachsen, was, wie sich zeigen wird, die Keimung beeinflufst. In den meisten Fällen stellt diese untere Hälfte des Embryos einen so- liden Gewebekörper dar; aber nicht allzuselten kommt es vor, dafs es aus zwei flach aufeinander liegenden Halbeylindern, den Kotyle- donen, besteht oder dafs doch wenigstens eine von der Peripherie ein Stück einwärts reichende linienförmige Zone die Scheidung der beiden Kotyledonen andeutet. Von einer Plumula ist keine Spur zu sehen. Es wird hier also atavistisch die Ausbildung der typisch unterdrückten Keimblätter noch manchmal in die Erscheinung gerufen, und .es ist von weiterem Interesse, dals das Kotyledonarende des Embryos, wie bereits angegeben, grün ist, also durch seinen Chlorophyligehalt eben- falls einen Hinweis auf die Stammesgeschichte des Parasiten gibt, der demnach von den hemiparasitischen, grünbeblätterten Phrygilanthus- Arten abzuleiten wäre. Der Vergleich mit den halbparasitischen P. tetrandrus zeigt einen Embryo mit kurzer, am Radicularende scheibenförmig verbreiteter Achse und zwei langen halbeylindrischen, frei aus der keimenden Frucht hervortretenden Kotyledonen. Der Embryo der Holoparasiten ist demnach weiter reduziert als der des Hemiparasiten. Bestäubung. Die Bestäubungsbiologie chilenischer Pflanzen ist in den letzten Jahren aufser von Johow (l. c. und anderwärts) von Dusen?), von Fries?) und vom Verfasser?) dieses Aufsatzes 1) Svenska Exp. till Magellansläud. III (1903) Nr. 10 pag. 4%. 2) Arkiv för Botanik I (1903) pag. 389. 3) Verhandl. d. deutschen wiss. Ver. Santiago IV pag. 509 etc, 281 studiert worden. Wie für andere Arten hat Johow auch für den uns hier allein interessierenden Bhrygilanthus aphyllus die Meinung vertreten, dafs er ornithophil sei, „weil (l. c. pag. 248) seine Blü- ten von Kolibris bestäubt werden, weil mehrere Blütencharaktere und die Blütezeit deutliche Beziehungen zu den Eigenschaften resp. Gewohnheiten jener Vögel aufweisen, weil ferner andere geeignete Bestäubungsvermittler als Kolibris an oder in den Blüten nicht zu finden sind und schliefslich weil Selbstbestäubung ausgeschlossen sei. Aus diesen Gründen wird die Phrygilanthus- Blüte als an Vogelbestäubung „angepafst* bezeichnet. Ich hann nicht umhin, diese Deduktion als einigermalsen vorschnell zu finden, zumal da Johow selbst (pag. 235) die sehr beherzigenswerte Lehre gibt, von Ornithophilie nur dann zu sprechen, wenn die direkte Beobach- tung in der Natur, im Vaterlande der Pflanze und gewisse blüten- morphologische Charaktere es fordern. Ich bezweifle selbstverständlich nicht die Richtigkeit der Johow’schen Beobachtung, dals die Phry- . gilanthus-Blüte von Kolibris besucht und dafs — obwohl letzteres nicht experimentell konstatiert wurde — auch eine Bestäubung und somit wohl auch Befruchtung stattgefunden habe. Aber ich bestreite, dals diese Beobachtungen genügen, die fraglichen Blüten als nur auf Pollen- übertragung durch Kolibris angewiesen und demnach an sie angepafst zu betrachten. Um ein so ausschlielsliches Urteil zu fällen, mulste Johow doch die Blüten durch ein Draht- oder Gazegitter vor jeder Möglichkeit des Vogelbesuches schützen, und wenn dann nach mehr- facher Wiederholung des Versuches der Ansatz von Früchten ausblieb, hatte er das Recht, die gegebene Organisation der Blüte als eine An- passung an bestäubende Kolibris zu deuten. Übrigens dürfte im vor- liegenden Falle die Sache viel einfacher liegen. Bei den in Längs- reihen auf den Rippen des Kaktus übereinander stehenden Blüten mufs es vorkommen, dafs der massenhaft produzierte, körnige, trockene Pollen obenstehender Blüten auf die unterhalb stehenden fällt, welche ihn in der grubig-zweilappigen Narbe des die Antheren etwas über- ragenden Griffels aufnehmen; da in jedem Stocke sich Blüten ver- schiedenen Alters befinden, so stöfst diese Annahme auf keine äulseren Schwierigkeiten. Aufserdem habe ich selbst an dem fast monatlich revidierten Standort bei Tiltil (Fig. 1 Taf. V), wenigstens im vorigen Jahre, niemals einen Kolibri die Phrygilanthus-Büschel umschwirren sehen und doch einen äufserst reichlichen Fruchtansatz beobachtet. Zudem wachsen manche Phrygilanthus so dicht in den engen Zwischen- raum zwischen zwei parallelen Kaktussäulen hinein, dafs an eine Be- 282 stäubung durch vor der Blüte schwebende Kolibris aus Raummangel nieht zu denken ist. Man mufs also zu den oben zitierten vier Be- obachtungen, welche Johow für die Ornithophilie resp. Anpassung der Phrygilanthus-Blüte ins Feld führt, noch eine fünfte hinzufügen, welche jene abschwächt, sie ihrer Ausschliefslichkeit entkleidet; und das ist die Tatsache, dafs bei dem überaus gedrängten Wachstum der Phrygilanthus-Büschel ihre zahlreichen Blüten sich gegenseitig be- stäuben (Geitonogamie). Damit ist der Fall von Phrygilanthus dem gleichfalls von Johow für Ornithophilie ausgebeuteten von Lobelia sectio Tupa analog.!) — Wie vorsichtig man bei Beurteilung der Ornithophilie (und wohl jeder speziellen Bestäubungsart) sein muls, zeigt folgender Fall: In Mittelchile wird sehr häufig die aus dem Kap- lande stammende Iridacee Antholyza aethiopica kultiviert, die in ihrem Vaterlande als ornithophil gilt. Und wirklich, es dürfte wenig Blüten geben, die schon durch ihre Organisation mehr zu einer solchen An- nahme herausfordern, als die in Rede stehende. Grofse, brennend rote Perigone mit weit vorgestreckten Geschlechtswerkzeugen, das Fehlen einer als Landeplatz für Insekten dienenden Unterlippe, reichliche Nektarproduktion, winterliche, in die Hauptflugzeit der Kolibris fal- lende Blüteperiode und aufserdem ein so häufiger Besuch von Kolibris, dals er sogar ganz Unbefangenen auffällt; zum Schlufs eine ausgie- bige Produktion von Kapseln und Samen. Ich habe nun dieses ex- quisite Untersuchungsobjekt seit einigen Jahren in meinem Garten kultiviert und während der letzten drei Winter über ein üppiges, reich mit Blütenähren ausgestattetes Exemplar vor dem Aufblühen ein pa- rallelepipedisches, an den vier Seitenflächen mit Drahtgewebe, an der Oberfläche mit Zeug abgeschlossenes Gerüst gestülpt, welches die Besuche der Blüte durch Kolibris völlig ausschlofs, dagegen Licht und Luft freien Zutritt gewährte. Der Erfolg war — sehr reichlicher Fruchtansatz. Aufserdem aber und zur Kontrolle hatte ich an meh- reren Exemplaren die dem Aufblühen nahen Blüten mit einer Lanzett- nadel kastriert; solche Blüten konnten natürlich unbehindert von Kolibris besucht und, wenn diese Pollen von aulsen her an ihren Stirnfedern mitbrachten, auch bestäubt werden. Der Erfolg war — meist kein Fruchtansatz oder ein sehr geringfügiger, der sich durch Verwehen des trockenen Pollens, vielleicht auch einmal durch ein zufälliges Nichtkastrieren einer übersehenen Blüte erklärt. In diesem Falle glaube ich experimentell bewiesen zu haben, dafs trotz aller 1) Reichel, co. pag. 517. 283 auf Ornithophilie weisenden Merkmale die Bestäubung vorwiegend dadurch erfolgt, dafs die jüngeren, an der Spitze der Ähren stehenden Blüten die älteren, unten befindlichen, der gleichen oder der benach- barten Infloresceenz bestäuben, was bei der herrschenden Protandrie leicht angängig ist. Damit ist aber selbstverständlich die Möglichkeit der durch Vögel herbeigeführten Bestäubung nicht ausgeschlossen ; sie erhält nur einen aceidentellen, keinen ausschlaggebenden Wert und kann nicht zur Statuierung einer besonderen Anpassung verwertet werden. Ich möchte diese Erwägungen in dem Vorschlag zusammenfassen, die verschieden grofse Bedeutung der Ornithophilie auch in der No- menklatur zum Ausdruck zu bringen. Logischerweise lassen sich drei Möglichkeiten des Vogelbesuches und seines Wertes als bestäu- bendes Agens aufstellen: I. es findet beim Besuch keine Bestäubung resp. Befruchtung statt; IH. es findet eine solche statt (Ornithophilie): A. aufser den betreffenden Vögeln existieren noch andere Pollen- überträger, z. B. Insekten, Wind (Aceidentelle Ornithophilie) ; B. die betreffenden Vögel sind die alleinigen Bestäuber (Ty- pische Ornithophilie), Der Fall IIB kann von IIA nur durch das Experiment abge- grenzt werden; soweit meine bisherigen Erfahrungen reichen, möchte ich glauben, dafs die aus Chile beschriebenen Fälle von Ornithophilie zur Kategorie IIA gehören. Die von Reisenden unterwegs gemachten Beobachtungen, selbst wenn sie von so exakten Forschern wie Du- sen und Fries herrühren, können der Lage der Sache nach häufig keine Scheidung der Kategorien I und II ermöglichen. Geographische Verbreitung, Ökologie. Man sollte meinen, dafs die Verbreitung eines so auffälligen, auch dem Laien bekannten Gewächses wie Phrygilanthus aphylius vollständig sicher- gestellt wäre; aber eigentümlicherweise ist dem nicht so. Es kommen, wenn wir den vorhandenen Literaturangaben folgen, drei Länder Süd- amerikas als Verbreitungsgebiet in Betracht: Chile, Peru und Argen- tinien. a) Chile. Der nördlichste, durch Herbarexemplare beglaubigte Standort ist La Higuera in der Prov. Coquimbo, etwa unter 29° 30’. m. gelegen. Von da erstreckt sich das Gebiet durch die Provinzen Co- quimbo, Aconcagua, Santiago, Valparaiso, O’Higgins bis Colchaqua, also etwa bis zum 34° 30’].m. Und zwar reicht es von der Litoral- zone bis ca. 1000m in der Prov. Coquimbo (jenseits Rivadavia, Reiche 284 / 1904) und bis 1800m in den Cordillern von Santiago [nach Meigen') 1891]. Innerhalb der angegebenen Grenzen findet sich die Pflanze mit ungleicher Häufigkeit. Zur gröfseren Anschaulichkeit will ich die wichtigeren Arten zitieren, welche den Phrygilanthus an den Stand- orten begleiten, welche ich zum Zwecke dieser Arbeit eingehender untersucht habe. 1. Prov. Coquimbo, Rivadavia, ca. 30°1.m., 800m; Januar 1904. Bergabhänge und Ebenen mit grobem Geröll. Sehr häufig und gesellig ein langstacheliger, mit saftigen Früchten versehener Cereus; aufserdem Oereus chilensis, Echinokaktus ceratites, Opuntia ovata. Dazwischen 1—1,5m hohes Adesmia - Gestrüpp, Gutierrezia paniculata, Pleocarphus revolutus, Haplopappus ischnos, Proustia reti- culata etc. 2. Prov. Coquimbo; zwischen den Klippen hinter dem Hafen, auf Cereus coquimbarus. Vergesellschaftet mit einem rasenförmig wachsenden gelbblühenden Echinokaktus, Heliotropium stenophyllum, Haplopappus parvifolius, Ophryosporus triangularis, Solanum pinnati- fidum, Slagunoa glandulosa, Plumbago eoerulea, Bahia ambrosioides, Nolanaceen, Erigeron berterianus, Aristolochia chilensis etc. © 8. Prov. Santiago, Tiltil, ca.3305’, 568m. Der Boden mit Melaphyrtrimmern bestreut (Fig. 1 Taf. V). Von diesem Standorte stammt das hauptsächlichste Material zu vorliegender Untersuchung. Cereus chilensis häufig und in gewaltigen Exemplaren. Damit ver- gesellschaftet Adesmia arborea, Acacia cavenia, Proustia pungens, Schinus dependens (mit Phrygilanthus cuneifolius), Schinus latifolius, Trevoa trinervia, Quillaja saponaria, Porlieria hygrometrica ete. — Die Hauptmenge der Phrygilanthus-Büsche ist nach 8. und 8.0, ge- richtet. Die Blütezeit erstreckt sich von Januar bis in den Winter hinein; das Austreiben neuer Zweige an den alten Stengeln und das Erscheinen neuer Büschel aus den Areolen des Kaktus erfolgt im Oktober; die Früchte reifen von September bis Oktober. Wie sich aus dem Vergleich dieser drei Standorte ergibt, sind die Kakteen und die auf ihnen schmarotzenden Phrygilanthus von einer typischen Xerophytenflora umgeben, deren Habitus besonders von niedrigen Sträuchern und Gestrüppen getragen wird, zwischen welche sich im Frühling zarte Kräuter einschieben. b) Peru. ‘Nach Johow') findet sich Phryg. aph. „in Chile und Peru auf Cereus peruvianus“. Da Johow eine Quelle zu dieser 1) Verhandl. d. deutschen wiss. Vereins Santiago II (1889) pag. 98. 285 Angabe nicht zitiert, so nehme ich sie als Original; sie ist dann von Engler in die Nachträge zu den Natürl. Pflanzenfam. aufgenommen worden. — Die erste Notiz, dafs unsere Pflanze auf Cactus peruvia- nus Mol. wächst, stammt von Gilliest); unter diesem Kaktus ist aber sicherlich die jetzt Cereus chilensis genannte Pflanze zu verstehen.?) Ferner aber habe ich "in der ganzen mir zur Verfügung stehenden Literatur keinen Beleg dafür finden können, dafs der Parasit in Peru heimisch ist, nicht einmal in dem früher zu diesem Lande gehörigen nördlichsten Chile. Ruiz und Pavon?), welche die von ihnen in Peru beobachteten Locanthaceen beschreiben und abbilden, kennen den Loranthus aphyllus überhaupt nicht; Meyen, der in Chile und Peru gereist ist, erwähnt ihn ausdrücklich nur aus Chile.‘) Die neuesten Bereicherungen der peruanischen Flora, deren Beschrei- bungen wir Hieronymus verdanken, zitieren ihn ebensowenig. Ich vermute daher, dafs er in Peru sich überhaupt nicht findet, sondern dafs diese Annahme nur eine Folgerung aus der (unrichtigen) Spezies- bezeichnung des Cereus peruvianus ist. c) Argentinien. Nach Gillies®) ist Phrygilanthus aphyllus bei Villaviceneio in den Anden von Mendoza gesammelt worden. Ich habe in Griesebachs Plantae Lorentzianae keine Bestätigung dafür finden können; auch Burmeister®) erwähnt ihn nicht, als er die Kakteenflora westlich und nördlich von Mendoza beschreibt; ebenso- wenig figuriert er in einer Pflanzenliste, die Kurtz’) aus der Vor- cordillere von Mendoza zusammengestellt hat. Nach freundlicher Mit- teilung des letztgenannten Autors fehlen Belege im Herbar zu Cördoba, aber die Angabe eines so exakten Beobachters wie Gillies ver- dient immerhin Vertrauen, wenn letzterer, der ja auch in Chile gesammelt hat, sich nicht eines Versehens in der Etikettierung schuldig gemacht hat. Alles in allem ist auch die argentinische Heimatsberechtigung des Parasiten nicht über jeden Zweifel erhaben., 1) Bot, Beech. pag. 32. 2) Schumann, K., Gesamtbeschreibung der Kakteen. Nachträge 1898 bis 1902 päg. 23. 3) Flor. per, et chil. III pag. 44—50. 4) Pflanzengeographie pag. 170. 5) Bot. Misc. IIL pag. 267. 6) Reise in den La Plata-Staaten I pag. 228. 7) Bolet. de la acad. nac. de cienoias en Cördoba, XV (1897) pag. 502—522, : j 286 Il. Die Keimung und der intramatrikale Teil des Vegetationskörpers. Die reifen Früchte brauchen keine Ruhezeit durchzumachen, ehe sie auskeimen können; es fällt also bei ihnen die morphologische Reife (definitive Ausbildung aller Organe) mit der inneren chemischen Reife (Existenz und Aktivierung der Inhaltstoffe) zusammen. Die Keimung kann auf beliebiger Unterlage vor sich gehen. Und trotz- dem hängt ihr Eintritt und glücklicher Fortgang von verschiedenen noch unbekannten Umständen ab. Zunächst ist es unumgänglich not- wendig, dafs das häutige ziemlich zähe Epikarp von der Scheinbeere abgestreift wird, weil andernfalls der Keimling es nicht durchbrechen kann und somit zugrunde geht. Dieses Abstreifen des Epikarps wird von drosselartigen Singvögeln, zumal von der Thenca, Mimus thenca (Mol.) Gray, herbeigeführt, welche den Früchten eifrig nachstellt. Dabei pflegt sich der Vogel auf einen Kaktusstachel zu setzen und an ihm von seinem Schnabel den in klebriges Viscin gehüllten Kern abzulegen, nachdem er am süfsen Fruchtfleisch sich gütlich getan; so erklärt es sich, dafs viele Kerne an den Stacheln oder der Epi- dermis des Kaktus angeklebt oder in seiner Umgebung angehäuft gefunden werden. Wenn der Vogel den Kern erst während des Flugs von seinem Schnabel abzuschleudern vermochte, so findet man ihn beliebig im Kamp verstreut; so sah ich einmal einen kräftigen Keimling, der einem Steine aufsafs. Nach glaubwürdiger Mitteilung soll es auch vorkommen, dafs die Thenca die Kerne verschluckt und mit dem Kote wieder entleert.) Ich habe zweimal zu diesem Zwecke eine Thenca im Käfig gehalten und die nur 1—2 Tage in Gefangen- schaft am Leben bleibenden Tiere wenigstens mit hinreichend Beeren füttern können, um Material zur Aussaat zu erzielen — allerdings ohne Keimlinge daraus zu bekommen. Das beweist nun noch durch- aus nichts gegen die Möglichkeit, dafs die durch den Darm des Tieres gegangenen Samen keimen; denn wie bereits erwähnt, es hängt dies noch von unbekannten Umständen ab. Die Zahl der auskeimenden im Verhältnis zur Zahl der. produzierten und von den Thencas ihres Epikarps beraubten Kerne ist verschwindend gering, wenn auch jähr- liche und lokale Schwankungen vorkommen mögen. Bei Tiltil habe ich Hunderte von verstreuten Samen und nur drei Keimlinge gesehen! Zum Zwecke methodischer Beobachtung hatte ich in meinem Garten einen Cereus chilensis kultiviert und ihn an verschiedenen Stellen 1) Die Kerne des auf Pappeln sehr häufigen Phrygilanthus tetrandrus fand ich mehrfach im Vogelkot und zwar mit wohlentwickelten Keimlingen. 287 seines Umfanges mit Kernen beklebt, aber ohne Resultat. Auch ein in Tiltil entwickelter Keimling, den ich in einer Dose sorgfältig nach Hause gebracht und meinem Versuchskaktus angesetzt hatte, ent- wickelte sich nicht weiter. Damit im Einklang steht die fernere Be- obachtung, dals mehrere den Kakteen an ihren natürlichen Standorten aufsitzenden Keimlinge trotz schon erfolgter Bildung der Haftscheibe nicht weiter gediehen. Der Keimungsakt geht in folgender Weise vor sich: Aus dem der Epidermis oder einem Stachel des Kaktus angeklebten und seines Epikarps verlustig gegangenen Kern tritt das, wie wir sahen, bereits “ze EL? 03 IS Ss III N > & ‘__] K Mm {/? % 47T I SESS Ö RSS EES SEIN San SE rasl =, auf der Epidermis des Kaktus festge- klebt und .der Keimling sohlingt sich zwischen den Stacheln hindurch, bis Fig.5. Längsschnitt durch die untere sein zur Keimscheibe anschwellendes Partie eines sich streckenden Keimlings. Radicularende R wieder die Epidermis Der Plasmainhalt der Zellen ist nur im des Kaktus erreicht. 8/1. centralen Meristem gezeichnet. aus dem Endosperm und der Viseinschicht herausgewachsene Radi- cularende des Embryos weiter hervor und erreicht eine je nach der Entfernung von der Oberfläche des Kaktus verschiedene Länge. War der Kern zufällig sehr hoch an einem langen Stachel inseriert, so geht der Keimling manchmal an Erschöpfung des Endosperms zu- grunde, ehe er sein Ziel erreicht. Die Streckung, die er dabei er- fährt, ist beträchtlich und kann 6—8cm betragen. Entweder wächst der Keimling in gerader Linie auf seinen Wirt zu oder macht, wenn Flora 1904. : 20 288 er auf andere Stacheln in seinem Wege trifft, Schlingen und Win- dungen um diese herum (Textfig. 5). Dabei ist er geotropisch un- empfindlich. Die dem Radicularende des Keimlings aufsitzenden mehrzelligen Papillen können in diesem Falle als Stützen und Sperr- haken dienen. Zu gleicher Zeit schwilit das Ende des Keimlings an und setzt sich mit einem Kranze eng anschliefsender Haare der Epi- dermis des Kaktus auf; es hat sich somit die auch sonst bei den Lo- ranthaceen weit verbreitete Haftscheibe gebildet; sie schwillt nunmehr zu einem eikegelförmigen Körper an, der auf seiner Oberfläche dicht mit jenen schief aufwärts gerichteten Papillen bedeckt ist. In dem ER ® D ER [> H RL SER Fig. 7. Längsschnitt durch eine ältere Haftscheibe. Erklärung im Text. Mafse nun als jene Haftscheibe sich ausbildet, trocknet das entgegen- gesetzte apicale oder cotyledonare Ende des Embryos mehr und mehr ab; man erinnere sich, dafs es im Grunde des Nucellus- oder Blüten- achsengewebes fest angewachsen war, so dafs es jetzt bei der Kei- mung überhaupt nicht herausgezogen werden kann; es wirkt zeitlebens als Saugorgan, welches dem Endosperm Nährstoffe entzieht. Der Zu- sammenhang zwischen dem Radicular- und dem Kotyledonarende wird schliefslich durch Absterben der Zwischenpartie bedingt. In diesem Stadium der Trennung vom Samen sitzt der Keimling als eine eikegel- 289 förmige Warze beliebigen Stellen der Epidermis des Kaktus auf. Aus der Mitte seiner ihm angeprefsten Unterfläche von ca. 3mm Durch- messer treten feine, mycelartige Stränge in das Gewebe des Wirtes hinein und in seinem Innern hat sich ein annähernd kugeliger, sehr plasmareicher Meristemkörper gebildet (Textfig. 6). An seiner Basis gehen Neubildungen in der Art vor sich, dafs die jüngst gebildeten Meristempartien die älteren darüber befindlichen zu strukturlosen Schichten zusammendrücken; und da dieser Prozess, dessen Einzel- heiten an umfänglicherem Material noch zu verfolgen und zu deuten sind, sich mehrfach wiederholt, so ergeben sich mehrere, nach oben konvexe, durch zusammengedrückte Gewebepartien von Uhrglasform abgegrenzte Meristeme (Textfig. 7). Das unterste von ihnen, dem Kaktus aufliegende und durch Saugstränge in ihm verankerte schwillt zu einer konvexen Platte an, welcher schliefslich das Radieularende des Keimlings wie eine Klappe aufsitzt, bis es vertrocknet und ab- fällt (Fig. 3 Taf. V). Der Längsschnitt durch solch abgestolsenes Ende lehrt, dafs in seiner Basis sich 1—2 der erwähnten durch zu- sammengeprefstes Gewebe getrennten und jetzt natürlich auch des- organisierten Meristempartien befinden. Die konvexe, im Kaktus wurzelnde Platte ist also endogen in der primitiven Haftscheibe ent- standen.!) Da ich diesen in Fig. 3 Taf. V abgebildeten Entwicklungs- zustand nur ein einziges Mal beobachten konnte, so ist eine weitere, an umfänglicherem Material ausgeführte Untersuchung wünschenswert. Die nunmehr folgende und abschliefsende Entwicklungsstufe habe ich, wie bereits einleitungsweise bemerkt, trotz aller Mühe nicht auffinden können. Sie würde in der Anlage des ersten Stämmchens bestehen, wobei es dahingestellt bleiben mufs, ob. es aus jener konvexen Ge- webeplatte ‚sich erhebt — es wäre dies nicht unmöglich, da blühende Stämmchen nicht allzuselten aus beliebigen Stellen des Kaktus her- vorbrechen; jene Gewebeplatte müfste dann durch Desorganisation schliefslich verschwinden — oder ob aus ihr nur die intramatrikalen Gewebekörper des Parasiten hervorgehen, die dann ihrerseits die blühenden Sprosse aussenden. Der intramatrikale Vegetationskörper einer ausgebildeten Phry- gilanthus-Pflanze besteht aus weilsen, Gefäfsbündel und Weichbast im Grundparenchym enthaltenden mycelartigen Strängen (Textfig. 8), 1) Endogene Bildungen sind bei Parasiten nicht selten; so bei den Balano- phoreen und bei den Loranthaceen selbst; conf. Eichler, Blütendiagramme II pag. 551, 20% 290 welche sich gleitend zwischen den Zellen des Kaktusparenchyms hin- durchschieben und es etwas zusammendrücken. Sie sind nahe der Rinde ca. 2mm dick, werden nach innen dünner und anastomosieren häufig miteinander, bilden also Maschen (Fig. 2 Taf. V) und breiten Rp DEE HET {N ug ER /d Dp\ N! UHR I H ES S ash ERRRER IS ® 5 IN g \ BES SEE 3 N 2, ee 20 EN I IH & b = 1 RE EINER UN ° Gh 2 SS 2 Pe GEBE KR Re 887 os FT Fig. 8. Querschnitt durch. einen der intramatrikalen Stränge im Grundparenchym des Kaktus, Vom Hauptstrang zweigt sich ein Seitenstrang ab (unterer Teil des Bildes). sich mit den Jahren mehr und mehr im Kaktuskörper aus; ja sie _ treten sogar in seitliche Verzweigungen desselben ein. Im Oktober senden sie die extramatrikalen Stengel aus, welche alsdann in Form 291 roter Spitzen zwischen den dichten Haaren der die Stacheln tragenden Areolen sichtbar werden. Es war nun eine interessante Aufgabe, tatsächlich festzustellen, ob die einzelnen ‚Phrygilanthus-Büschel des- selben Kaktus unter sich zusammenhängen oder ob jeder Büschel aus einem besonderen Kerne hervorgekeimt ist; a priori wären beide An- nahmen zulässig, wenn auch die erste mit gröfserer Wahrscheinlich- keit als die zweite. Um die Frage zur objektiven Entscheidung zu bringen, müfste man die intramatrikalen Körper des Parasiten aus dem Kaktus isolieren können. . Für die gröberen Stränge dieses Kör- pers hat die Natur oftmals von selbst diese Arbeit getan: In abge- storbenen Kakteen wird jener Körper — im nächsten Kapitel werden wir sehen, auf welche Weise — erhalten und findet sich dann in dem humusähnlichen Mulm, zu welchem das Kaktusgewebe unter der resi- stenten Rinde zerfällt. Leider aber gehen bei diesem Fäulnisprozels auch die feineren Stränge des Parasiten verloren, und so kann diese natürliche Mazeration für das Detail der uns beschäftigenden Frage uns nichts nützen. Ich habe deshalb die künstliche Mazeration an- gewandt, indem ich 2—4dm lange, dicht mit dem Phrygilanthus be- setzte Cylindersectoren aus dem Kaktus herausschnitt und sie wochen- lang in Wasser mazerieren liefs. Wäscht man dann die Präparate unter einem sanften Strahl der Wasserleitung — ein kräftiger Strahl würde unfehlbar alles mit sich reifsen —, so erhält man das fädige Gewebe der intramatrikalen Stränge, aber leider ebenfalls ohne die feinsten, am weitesten nach innen liegenden Zusammenhänge; sie werden auch, gleich den Gefäfsbündeln des Kaktus, durch diese Ma- zeration leicht zerstört. Da es mir nun unmöglich schien, auf diesem Wege direkt die gesuchten Verbindungen zu finden, so nahm ich zu indirekten Beweisen ihrer Existenz meine Zuflucht. Zunächst waren alle untersuchten, im Mazerationswasser frei flutenden Enden des Vegetationskörpers, wie die mikroskopische Untersuchung ergab, offen und abgerissen; es fehlten ihnen also die weiter nach innen liegenden Enden. Dieses spricht, allerdings nicht zwingend, für die Möglichkeit einer innenwärts erfolgenden Vereinigung. Ferner beobachtete ich einmal, dafs aus der Wundfläche eines quer abgebrochenen Kaktus ein blühender Phrygilanthus-Zweig hervorsprolste. Dieser kann der Lage der Sache nach nicht das direkte Ergebnis einer Keimung sein, sondern ist Adventivsprofs des intramatrikalen Körpers; was aber hier in dem einen Falle geschieht, kann auch im anderen geschehen, d. h. auch die anderen Blütenbüschel sind Auszweigungen des im Innern sich verbreitenden Stranggeflechtes. Und dazu kommt noch 292 ein dritter Beweis: die oben erwähnte relative Seltenheit der Keimung steht in diametralem Gegensatz zur Unmenge der neuen Individuen, welche in jedem Frühjahr aus bisher noch nicht besetzten Areolen des Kaktus hervorsprossen. Will man einen Augenblick den teleo- logischen Standpunkt der Betrachtung zulassen, so müfste es als höchst unzweckmäfsig erscheinen, wenn die Vermehrung der Pflanze, die Erhaltung der Art der spärlichen Reproduktion aus Samen überlassen bliebe, während doch die Möglichkeit einer reichen adventiven Spros- sung vorliegt. Es darf daher wohl mit Sicherheit angenominen werden, dafs die Phrygilanthus-Büschel eines Kaktus ein und dem- selben intramatrikalen Vegetationskörper entstammen; es wäre auch möglich, dafs auf einem Kaktus mehrere Kerne des Parasiten zur Entwicklung gekommen wären; dann würden so viel voneinander un- abhängige intramatrikale Systeme existieren als Keimlinge sich ent- wickelten. Es ist nun eine jedem Beobachter aufgefallene Tatsache, dafs die Phrygilanthus-Büschel am oberen Rande der die Stacheln tragen- den Äreolen des Kaktus hervorsprielsen (Fig. 2 Taf. V), wenn auch nieht mit solcher Ausschliefslichkeit wie die auf unzureichendes Be- obachtungsmaterial gegründete Johow’sche Angabe!) glauben machen will. Es war bei früheren Ausführungen schon mitgeteilt, dafs man den Phrygilanthus an beliebigen Stellen der Rinde des Kaktus finden kann, aber freilich sind es seltene Ausnahmen im Vergleich zur typischen Stellung oberhalb der Stachelbündel. Es muls deshalb nach einer Erklärung dieses häufigsten Falles gesucht werden. Was ver- anlafst das Phrygilanthus-Mycel, jene Orte zu bevorzugen? Es ist zu bedenken, dafs jene am oberen Rande der Areolen gelegene Region die der Neubildung ist, in welcher aus meristematischem Gewebe nicht nur neue Stacheln, sondern auch Seitensprosse und Blüten an- gelegt werden. Es findet demgemäfs zu diesen lateralen Vegetations- punkten ein Zuströmen plastischer Stoffe statt und ich stelle mir vor, dafs diese Aktivierung plastischen Materiales auch den Stoffwechsel- vorgängen im intramatrikalen Geflecht des Parasiten Ziel und Rich- tung ‘vorschreibt. Dafür spricht auch die Tatsache, dafs die Neu- bildungen des Kaktus und seiner Parasiten zur gleichen Zeit, im Oktober, in die Erscheinung treten; ja in einem Falle sah ich sogar den eben hervorgebrochenen Neutrieb des Kaktus schon mit dem Parasiten behaftet. DL oc. pag. 244. 293 IN. Der Kaktus und der Phrygilanthus als Träger von Parasiten und Epiphyten. Die hochwüchsigen COereus-Kakteen beherbergen nicht blofs den Phrygilanthus, dessen Lebensgeschichte im vorstehenden skizziert wurde, sondern dienen einer ganzen Anzahl von tierischen und pflanz- lichen Epiphyten und Parasiten zur Unterkunft, mehr als man es diesen gewaltigen, durch ihre oft über dezimeterlangen, kräftigen Stacheln wehrhaft gemachten Gesellen zutrauen sollte; ja vielfach bildet ein alter Kaktus mit der Gesamtheit der von ihm mehr oder minder ab- hängigen Lebewesen eine interessante Lebensgemeinschaft, eine bio- logische Einheit. Denn wenn jene nach allen Richtungen starrenden Stacheln zunächst und für viele auch abschreckend wirken, so sind sie doch ein zuverlässiger Schutz für die, welche in ihrem Macht- bereich sich anzusiedeln vermochten. Es sei gestattet, etwas ausführ- licher diese Erscheinung zu behandel, da sie uns in direkte Berührung mit der von Thiselton Dyer (l.c.) veröffentlichten Arbeit über das Haustorium von Phrygilanthus bringen wird. Einleitungsweise sei erwähnt, dafs die hochaufstrebenden Kaktus- säulen in ihren abstehenden Stacheln mehreren Schling- und Kletter- pflanzen Stützpunkte geben. So hängen die blütenübersäten Girlanden des Tropaeolum tricolor, T. brachyceras und des prächtigen T. azu- reum an ihnen sich auf; die strauchige Polygonacee Muehlenbeckia chilensis klimmt an ihnen empor, ein Oxypetalum hält an ihnen sich fest, und sogar sonst durchaus nicht klimmende oder kletternde Ge- wächse, wie Paronychia chilensis und Relbunium hypocarpicum, be- nutzen die Stacheln, um sich zwischen ihnen über ihre Mitbewerber an das Licht zu erheben. Von Tieren ist mir nur eine Heuschrecke aufgefallen, die sich, zwischen den Rippen des Kaktus sitzend, mit ihren gefleckten Oberflügeln auf der ebenfalls meist fleckigen Epi- dermis des Cereus verbirgt und zugleich dafür Sorge trägt, durch lang und flach ausgestreckte Vorder- und Hinterbeine aus der Furche nicht hervorzuragen. Der Oberfläche des Kaktus sitzen in Form kreisrunder Flocken von grauer oder schwarzer Farbe Pilzmycelien auf, welche eine brandige Zerstörung des Hautgewebes und darunter _ liegenden Parenchyms bedingen und schliefslich durch Wundkork von dem gesunden Gewebe abgegrenzt werden, Leider war die Bestim- mung des Pilzes europäischen Spezialisten wegen mangelnder Fruk- tifikation nicht möglich. Es dürfte wenig ausgewachsene Individuen von Cereus geben, welche eine durchaus heile Epidermis besitzen, obwohl diese von kartonpapierartiger Beschaffenheit ist und durch 294 beträchtlichen Gehalt an Mineralsalzen gut geschützt erscheint.!) Im weichen parenchymatischen Innenkörper des Kaktus leben verschie- dene Käferlarven, darunter die eines zu den Histerideen gehörigen Tieres?); auf die Tätigkeit solcher Larven sind wohl nun: die höchst eigentümlichen, korallenartig verzweigten Körper zurückzuführen, welche man in verfaulten oder mazerierten Kakteen sehr häufig findet. Man hat sich vorzustellen, dafs die Larven das weiche Kaktusparenchym ausfressen und dafs ihre Gänge durch Wundkork vom gesunden Ge- webe abgesetzt werden. Man sieht dann die bekannten parallelepipe- dischen Zellen des Wandperiderms, welche schichtenweis stark ver- dickt sind und dann alle Reaktionen des typischen Korkes geben, Fig. 9. Querschnitt von einem. Teil eines engen Ganges des Larvengehäuses, mit Umgebung. W Wundkork; davon nach aufsen das unverletzte Gewebe des Kaktus, nach innen das abgestorbene Gewebe mit einem Gefäfsbündel. Siehe den Text. nur für Wasser leichter durchlässig sind,.:wie mir Filtrationsversuche bewiesen. Dafs Larven im Innern dieser Gehäuse leben, habe ich mehrfach gesehen, aber sind sie die alleinigen Werkmeister? Es ist 1) Die Cereus-Kakteen gehören zu den aschenreichsten Pflanzen. Nach einer in den Annales Univ. Santiago vol. XVI (1859) pag. 212—219 veröffentlichten Ana- _ lyse enthält Cereus chilensis im frischen Zustand 85,090), Wasser und 14,910), Trockensubstanz; in letzterer sind 16,790), Asche enthalten. — Nach einer im hiesigen Landwirtschaftl. Institut von Herrn J,Ro jas ausgeführten Analyse finden sich in der trockenen Epidermis 9,78 0, Asche, davon 4,160), Kieselsäure und 1,9 9%, Kalk, also in 100 Teilen Asche 42,53 Teile Kieselsäure und 19,42 Teile Kalk. 2) Nach Angabe des Herrn P, Ge rmain, Entomologen des Nationalmuseums, 295 höchst auffallend, dafs man niemals frische, noch nicht von Wund- kork abgeschlossene Gänge trifft, in deren Enden, wie sonst bei Käfern üblich ist, die weiterfressende Larve sitzt. Ja man kann sehr häufig stecknadelfeine Gänge beobachten, in denen das Kaktusgewebe mit seinen Gefäfsbündeln zwar gebräunt und verschrumpft, also abge- storben, aber noch in situ befindlich ist, Gänge, welche also niemals von einer Larve miniert worden sind (Textfig. 9), Eine im hiesigen bakteriologischen Institut ausgeführte Untersuchung des Inhaltes solcher feinster Gänge ergab Bakterien — aber als Ursache oder als Folge der Zersetzung des betreffenden Gewebes? Ich habe die Angelegen- heit nicht weiter verfolgt, als sich herausgestellt hatte, dafs sie der Berührungspunkte mit der Lebensgeschichte des Phrygilanthus ent- behrte, möchte aber das weitere Studium dieser Angelegenheit den mit bakteriologischen Untersuchungen vertrauten Biologen empfehlen. Manchmal verschmilzt das Gehäuse auf lange Strecken mit der Epi- dermis des Kaktus oder öffnet sich nach aufsen; dann wandern Pilz- mycelien ein und auch Spinnen siedeln sich in der Höhlung an. Wenn ein Phrygilanthus-Büschel abstirbt, so werden schliefslich auch seine intramatrikalen Saugstränge getötet und dann vom Grund- parenchym des Kaktus ebenso durch Wundkork umschlossen, wie es mit den geschilderten Larvengehäusen geschieht. Diesem Umstand ist es zu danken, dafs bei der Fäulnis alter Kakteen jene Stränge in Korkgewebe modelliert als Pseudomorphosen von Korkschichten nach Saugsträngen erhalten bleiben, aber natürlich hohl, da ihr eigenes Gewebe ausgefault ist. Es ist nun eine sehr häufige Erscheinung, dafs derselbe Kaktus sowohl die Phrygilanthus-Büschel trägt als auch von Larvengehäusen durchsetzt ist; man mufs suchen, bis man ein Exemplar mit dem einen, mit Ausschlufs des anderen, findet. Wenn nun ein Forscher, der nur über geringes Material verfügt, unglück- licherweise ein Stück bekommt, welches sowohl Larvengehäuse als auch abgestorbene Phrygilanthus-Körper enthält, so wird er durch die histologische Übereinstimmung des Wundkorks in beiden Fällen sich leicht verführen lassen, ersteres als den intramatikalen Teil von letz- terem anzusehen. Diesen in Anbetracht der absonderlichen Verket- tung der Umstände verzeihlichen Fehler hat Th. Dyer resp. der mit der histologischen Untersuchung betraute L. A. Boodle in der ein- gangs zitierten Arbeit tatsächlich begangen. Was er l. e. Fig. 2 ab- bildet (..... the haustorium [thalloid body] of Loranthus aphylius in situ), ist überhaupt nicht der intramatrikale Teil des Parasiten, son- dern ein Stück Larvengehäuse; Fig. 3 stellt einen Querschnitt aus 296 einem Ast des Larvengehäuses mit dem zersetzten Parenchym des Kaktus, aber nicht mit dem Eigengewebe des Parasiten dar. Dafs der Peridermmantel nicht dem Phrygilanthus, sondern dem Cereus zuzuschreiben ist, dafs er ein Wundgewebe darstellt, hat Boodle nicht erkannt. Die Zersetzung des Gewebes innerhalb des Periderm- mantels erklärte er als Folge der schlechten Erhaltung des betreffen- den Exemplars; in Wahrheit hätte das frische Objekt keinen anderen Anblick geboten. Die intramatrikalen Stränge des Phrygilanthus hat Boodle überhaupt nicht bemerkt oder für feine Auszweigungen des verkannten Larvengehäuses gehalten; oder vielleicht waren sie über- haupt schon durch Fäulnis zugrunde gegangen. Ich selbst habe unter dem Eindruck der Dyer-Boodle’schen Arbeit mich lange abgemüht, das mir auch zunächst als Parasitenkörper plausibel vor- kommende Larvengehäuse mit den Saugsträngen des Phrygilanthus in histologischen Zusammenhang zu bringen, obwohl eine unbe- fangene Überlegung es hätte als ein Unding erscheinen lassen müssen, einen intramatrikalen, lebendigen Vegetationskörper gelten zu lassen, der von seinem Wirt durch einen Peridermmantel abgegrenzt wird und dessen eigenes Gewebe collabiert oder zersetzt ist! Sobald als ich die Boodle’sche Deutung als irrtümlich beiseite geschoben hatte, bot die Aufhellung des Sachverhaltes keine prinzipiellen Schwierig- keiten mehr. Die beim Abwelken sich schleimig zersetzenden grofsen Blüten des Cereus geben zahlreichen Fliegenlarven Unterhalt. So sind alle Organe dieser Kakteen mehr oder minder von anderen Lebewesen in Anspruch genommen. Eine allzu reichliche Besiedelung mit Para- siten führt nun häufig den Tod des befallenen Astes und damit den seiner Angreifer herbei. Oft findet man tonnenförmig angeschwol- - lene Äste, aufgetrieben durch die im Übermafs vorhandenen Larven- gehäuse oder Phrygilanthus-Innenkörper. Dann wird die Rinde gelb und mifsfarbig, das Parenchym verfällt und schliefslich findet sich zwischen dem Holzkörper und der abgestorbenen Epidermis der schon erwähnte, häufig von Ameisen zerwühlte schwarze Mulm, bis Wind und Winter die Epidermisreste ablösen und den cylindrischen, netzförmig durchbrochenen Holzkörper frei in die Luft ragen lassen, oft noch von den resistenten Larvengehäusen umrankt, Wie der Kaktus, so ist auch sein Begleiter, der Phrygilanthus, allermeist von anderen Lebewesen besiedelt. Zunächs sei Cuscuta chilensis erwähnt, die als Parasit auf dem Parasiten gelegentlich schmarotzt. Ferner sind häufig Lecanium-artige Hemipteren, deren 297 schildkrötenartige, braunrote Körper wie Warzen den Phrygilanthus- Zweigen aufsitzen. Der von diesen Pflanzenläusen ausgeschiedene süfse Saft wird von grofsen, schwarzen, geschäftig die Kaktus- stämme auf- und niedersteigenden Ameisen eifrig aufgesucht. Es wäre möglich, dafs die vor den Phrygilanthus- Büscheln schweben- den Kolibris weder dem spärlichen, auf dem Scheitel des Frucht- knotens abgeschiedenen Nektar, noch etwaigen in den Blüten vor- handenen (von mir nie bemerkten) Insekten nachgehen, sondern auf . die aufserhalb der Blüten befindlichen Tierchen Jagd machen, und dann zur Bestäubung noch weniger beitrügen als sie es überhaupt tun. An der Basis der reichverzweigten Phrygilanthus-Stöcke bilden die bleichen Raupen von Kleinschmetterlingen (Motten) dichte, weilse Gespinste und sind, trotz des Schutzes, den diese ihnen gewähren, häufig von Schlupfwespen aus der Familie der Chaleiden angestochen. Santiago de Chile, März 1904. Erklärung der Abbildungen Tafel V. Fig. 1. Standort des Phrygilanthus aphylius bei Tiltil, ca. 50km nördlich von Santiago. = „»„ 2. Ein Stück Epidermis von Cereus chilensis mit Phrygilanthus. Der extra- matrikale Stengel (punktiert) ist über der Basis abgeschnitten; der intre- matrikale Körper ist grau getuscht: bei X X Anastomosen. — Mazera- tionspräparat eines abgestorbenen Exemplars. »„ 8. Die Neubildungen unter der dem Abfallen nahen Haftscheibe. E Epi- dermis des Kaktus mit Sclerenchymzellen im Parenchym; $ Saugwurzeln des Parasiten. „ 4. Sector aus dem Querschnitt der Frucht. Die mit Alkanna sich färben- den Zellen sind rot, die Viscinzellen grau gezeichnet. AB Rindenschicht; BC Viseinschicht; CD die innere die Gefäfsbündel enthaltende Schicht; DE stärkehaltiges Endosperm; EF Embryo, j Über Zwitterblüten bei Juniperus communis. Von Otto Renner München. Hierzu 3 Textfiguren. Während 'bei Abietineen zweigeschlechtige Zapfen gar nicht selten beobachtet werden, war bisher von den Cupressineen nur ein einziger derartiger Fall bekannt, von der Gattung Juniperus überhaupt keiner. Der Grund hiefür liegt wohl nur in der Kleinheit der Blüten, 298 an denen man etwa auftretende Besonderheiten nicht im Vorübergehen bemerkt. Bei Juniperus communis sind jetzt Zwitterblüten gefunden; auf einem Moor bei Seeshaupt am Starnberger See steht ein grofser Busch, der fast ausschliefslich hermaphrodite Blüten trägt; nur an einzelnen Zweigen finden sich, meist gegen die Spitze zu, allmähliche Übergänge bis zu rein weiblichen Blüten. Wie in den meisten der bisher beschriebenen Fälle sind die Blüten nämlich der Hauptanlage nach weiblich, das männliche Element ist accessorisch. Die Unter- bringung von Pollensäcken ist bei Juniperus wegen der grofsen Zahl steriler Blätter am weiblichen Blütensprofs sehr einfach, eine Um- bildung fertiler Organe, wie sie bei den Abietineen eintritt, ist gar nicht nötig. Die typischen Zwitterblüten sind kaum länger als weibliche, aber eben so breit wie männliche Blüten, dabei häufig auffallend asymmetrisch, weil die an das Tragblatt anstofsenden Staubblätter hinter den anderen in der Entwicklung zurückbleiben (Fig. 1). Die 3—4 untersten Blattwirtel sind normal, d.h. steril. Dann folgen 2—3 Quirle, deren Blätter Pollensäcke tragen. An den obersten Staub- blattkreis schliefsen unmittelbar die Fruchtschuppen an, an denen niemals Pollensäcke zu finden sind, oder unter den Fruchtschuppen steht noch ein Quirl kleiner steriler Blättchen (Fig. 2). Die Samen- anlagen fehlen nie und scheinen in keiner Weise verändert zu sein, Die Staubblätter lassen deutlich Stiel und Spreite unterscheiden, die Lamina ist breiter als die sterilen Schuppen sonst sind, aber doch noch etwas schmäler als an männlichen Blüten, auch nicht braun, sondern grün gefärbt. Die Pollensäcke sind etwas kleiner als ge- wöhnlich und den Raumverhältnissen entsprechend in eigentümlicher Weise untergebracht. Ein gröfseres Staubblatt einer männlichen Blüte trägt vier Sporangien, die sämtlich in einer Querreihe stehen und dabei nach innen sich an die Achse anlehnen können, weil die Blatt- kreise ziemlich weit voneinander entfernt sind. Bei der Zwitterblüte sind die Internodien sehr kurz, Um Platz zu finden, rücken die Pollensäcke, schon wenn sie zu zweien vorhanden sind, weiter nach aulsen und inserieren sich auf einem an der Unterseite der Staub- blätter vorspringenden Querwulst. Sind drei Säcke da, so wird der mittlere vollends nach oben und aufsen gedrängt. Kommt noch ein vierter dazu, so stellt er sich hinter die anderen, gegen die Achse zu, wo die Entleerung des Pollens nach aufsen sehr erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht ist. Dafür ist bei den drei äulseren die Möglich- keit eines Schutzes vor dem Regen ganz aufgegeben; aber die ober- 299 sten Sporangien der männlichen Blüte, die von keiner Staubblattspreite mehr bedeckt sind, befinden sich ja in derselben Lage, augenschein- lich ohne Schaden zu nehmen. Die Verhältnisse an der Zwitterblüte sind illustriert durch die Figuren 2 und 3. In Fig. 2 sieht man, wie sich ein Staubblatt zwischen die beiden nächstoberen einkeilt und deren Pollensäcke zusammenschiebt, so dafs sie weit vorquellen. Auf dem medianen Längsschnitt, Fig. 3, sind an einem Staubblatt zwei hintereinanderstehende Pollensäcke getroffen, was bei der männlichen “ Blüte ausgeschlossen ist. Wenn die normalen Blüten stäuben und in den Zwitterblüten die Samenanlagen reif sind, sind hier die Pollensäcke noch klein, Fig. 1. Fig. 2. Pig. 1. Unbestäubt gebliebene Zwitterblüte mit reifen Pollensäcken in der Achsel eines Stengelblattes. — Fig. 2, Bestäubte Blüte mit vergröfserten Fruchtschuppen. — Fig. 3. Medianer Längsschnitt durch eine Blüte mit reifen Samenanlagen und unreifen Pollensäcken; st bedeutet sterile Schuppe, = Wulst am Staubblatt, »s Pollensack, fr Fruchtschuppe. grünlich; ihre Wandzellen lassen nichts von der charakteristischen Membranverdickung erkennen, in den Pollenmutterzellen sind die Tei- lungen eben erst vollendet, teilweise noch im Gang. Es liegt also ausgesprochene Proterogynie vor, die Selbstbestäubung ausschlie/st. Fast 14 Tage später erst ist der Pollen reif; die Pollenkörner haben normale Gröfse, gekörnte Exine, enthalten auch Stärke, doch in sehr geringer Menge. Die Pollensäcke, deren Wand jetzt vollkommen ausgebildet ist, öffnen sich zum gröfsten Teil, wenn auch nicht alle, und meist nicht der ganzen Länge nach. Aber der Pollen kann seine Funktion nicht erfüllen, weil längst keine empfängnisfühigen Samen- 300 anlagen mehr da sind. Und nicht nur das; es zeigt sich jetzt auch, dafs wenige der Zwitterblüten bestäubt worden sind — ob Bestäubung erfolgt ist, ersieht man ja leicht an den vergröfserten Fruchtschuppen und an der die Mikropyle verschliefsenden Wucherung des Integu- ments —, trotzdem ein reiehblühender männlicher Strauch an den zweigeschlechtigen anstöfst. Es scheint, dafs die breiten, eng zu- sammenschliefsenden obersten Staubblätter dem anfliegenden Pollen den Zugang zu den Samenanlagen in der Regel verwehren (vgl. Fig. 3). Tatsächlich ist bei Betrachtung der Blüten von oben gewöhnlich von den Fruchtschuppen und Samenanlagen nichts zu sehen. An den spärlichen vorjährigen Beeren findet man regelmäfsig einige Schuppen noch mit den Resten der Pollensäcke behaftet. Man könnte sich fast versucht fühlen, in der beschriebenen Mifsbildung einen verspäteten tastenden Schritt auf dem Wege zu sehen, der in ferner Zeit zur Gestaltung des bei den höheren Pha- nerogamen konstant gewordenen Blütentypus geführt hat. Die Zwitterblüte des Wachholders ist ja, abgesehen von der Stellung der Samenanlagen,!) geradezu das Idealschema einer hermaphroditen Angiospermenblüte, wenn man den untersten zweigliedrigen Wirtel als Vorblattpaar, die nächsten sterilen Blattkreise als Andeutung einer Hülle nimmt und die Verwachsung der Karpelle als früher eintretend sich vorstellt. Ganz merkwürdig wird der Fall noch durch das Hin- zutreten der Proterogynie, in der wir bei den Angiospermen doch kaum einen ursprünglichen Entwicklungsmodus zu erblicken haben. Aber die Erfahrungen über die Verwendung, die als Anamorphosen angesprochene Mifsbildungen in der vergleichenden Morphologie ge- funden haben, sind derart, dafs es geraten erscheint, mit der Aus- deutung teratologischer Erscheinungen sehr vorsichtig zu sein, solange eine sichere Entscheidung unmöglich ist, was den Wert einer Ana- morphose hat und was nicht — ganz abgesehen davon, dafs man im vorliegenden Falle eigentlich von einer Promorphose sprechen müfste. 1) Beiläufig sei darauf hingewiesen, dafs sich hin und wieder weibliche Blüten mit sechs Fruchtschuppen in zwei alternierenden Kreisen finden, von denen die des unteren Wirtels in ihren Achseln je zwei Samenanlagen tragen. (Vergl. Parlatore, Flora italiana IV, 1867.) Solche Blüten wurden ebenfalls bei Sees- haupt beobachtet, doch sehr vereinzelt an sonst normalen Sträuchern, Über die Bedingungen der Farbbildung bei Fusarium. Von Ernst A. Bessey. Die zahlreichen Untersuchungen, welche sich mit den Farbstoffen der Pilze und Bakterien befassen, haben zumeist nur die chemische Erforschung der Pigmente zur Aufgabe oder begnügen sich damit, das Auftreten von Farbstoffen bei irgendwelchen Formen zu konsta- tieren. Die Frage nach dem Einflufs äufserer Bedingungen auf die Farbstoffproduktion hat bisher verhältnismäfsig wenig Bearbeiter ge- funden; ganz besonders gilt das für die Farbstoffe der Pilze, mit welchen wir es im folgenden ausschliefslich zu tun haben werden. Bevor wir uns unserer Aufgabe, bei einigen Fusarien die Be- dingungen der Farbstoffbildung näher zu erforschen, zuwenden, wollen wir einen Blick auf die einschlägigen Arbeiten früherer Autoren werfen. I. Frühere Untersuchungen. Schacht (56, s. auch 63, 8. 446)!) erwähnt die Anwesenheit violett gefärbter Hyphen von Fusisporium solani Mart., dem Erreger der Kartoffelfäulnis. Die farbigen Hyphen des Pilzes finden sich nicht im Stadium der sog. nassen Fäulnis, sondern umschliefsen die trok- kenen Höhlungen, welche durch die Fäulnis in den Knollen verur- sacht werden. Die Stärkekörner werden von den pigmenthaltigen Hyphen durchbohrt und zum Teil aufgelöst. Der Farbstoff wird inner- halb der Hyphen gebildet. Die gefärbten Hyphen können zu farb- losen, roten oder gelben Hyphen auswachsen. Im Jahre 1890 beschrieb Harz (90) einen neuen Pilz, Physo- myces heterosporus n. g. et n. sp., der in Wirklichkeit eine Spezies von Monascus ist. Der Pilz. wurde in den Glyzerinpfannen einer Lieht- und Seifenfabrik gefunden, Er wuchs in einer Flüssigkeit, deren Glyzeringehalt zwischen 85 und 76,8°), und deren Aschege- halt zwischen 2,4 und 3,1°, schwankte und deren Temperatur, ge- “ wöhnlich von 32,8° bis 34,6°C., bei Zuführung neuen Glyzerins vor- übergehend auf 50° bis 60° stieg. In diesem rohen warnıen Glyzerin waren die Massen des Mycels dunkelbraunrot, stellenweise karmin- 1) Die vollständigen Titel finden sich in der Literaturübersicht am Ende der Abhandlung. Das Jahr der Herausgabe des Werkes (mit Weglassung der ersten beiden Ziffern) wird im Texte zugefügt werden, um verschiedene Werke desselben Verfassers unterscheiden zu können, 802 bis rosarot. Die Farbe wird geliefert von einem Stoff, der in den Hyphen enthalten ist und den Harz Physomyein nennt. Als der Pilz künstlich gezüchtet wurde, brachte er den Farbstoff hervor sowohl in Lösungen, die gereinigtes, wie in denen, die rohes Glyzerin ent- hielten. In festen Medien wurde die Farbe nicht so reichlich her- vorgebracht wie in flüssigen. Ferner werden die Malzkörner manchmal von einem Pilz be- fallen, der eine mehr oder weniger rote Farbe annimmt. Klein (92) hat diesen Pilz, der in enger Verwandtschaft mit „Fusarium grami- nearum‘‘ stehen soll, einem eingehenden Studium unterzogen. Isoliert und gezüchtet kam er auf fast allen Nährböden fort, besonders gut jedoch auf stärkehaltigen. Nur auf Medien, die Kohlehydrate ent- hielten, wurde die Farbe hervorgebracht. Der rote Farbstoff findet sich in den Hyphen. Sauerstoff schien zu seiner Erzeugung notwendig zu sein, denn das submers in der Nährflüssigkeit erwachsene Mycel blieb stets farblos. In einem flüssigen sowie in einem gelatinehaltigen Nährboden quellen die Zellenmembranen des eingetauchten Mycelteils und werden gelblich und gallertartig. Der Teil des Mycels, der bisher nur schwach rot gefärbt ist, wird bei Erwärmung in Wasser dunkelrot. Klein schreibt (l. c. pag. 40): „Das schwach tingierte Mycel wird dunkelrot .. ., was seine Erklärung darin finden dürfte, dafs die vor- handenen leicht flüchtigen Säuren, die eine kräftigere Entwicklung der roten Farbe unterdrücken, schon bei Erwärmung des Wassers auf etwa 80°0. entweichen.“ !) Costantin (93) beschreibt einen Pilz, Eurotiopsis Gayoni, der auf Stärkekleister eine rote Färbung hervorbringt. In Traubenmost bildet er ein dickes, rosaweifses, hie und da blutrotes Mycel. Auf Kartoffel wächst er spärlich und gewöhnlich farblos. Im Most ent- stehen stark gefärbte Perithecien, auf Kartoffel weifse. Laborde (96) unternahm eine gründliche Untersuchung der Physiologie desselben Pilze. Gut gedieh der Pilz auf Nährböden, die aufser den nötigen Mineralstoffen und Stickstoffverbindungen (Am- moniumsalze oder Nitrate) noch einen der folgenden Stoffe enthielten: Kohlehydrate wie Stärke, Dextrin, Invertzucker, Glukose, Levulose, Rohrzucker, Milchzucker, Invertmilchzucker, Galactose und Trehalose. Minder ergiebig fiel das Wachstum aus bei Zugabe von Amygdalin, 1) Ich benutze hier die Gelegenheit, Herrn Prof. D.M. Holrung, Direktor der Versuchsstation für Pflanzenkrankheiten der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen, der mir das schwer zugängliche Werk besorgte, hierdurch bestens zu danken. : 303 Koniferin, Saliein, Äthylalkohol, Butter und einem Öl (Olivenöl). Auf die Farbstoffbildung kommt Laborde bei Behandlung dieser Kulturen nur beiläufig zu sprechen, er erwähnt die Bildung gelblicher Perithecien auf stärkehaltigen Kulturen und die Bildung rosafarbenen Mycels auf mannithaltigen Nährböden. Aufserdem berichtet Laborde von der Produktion eines roten Farbstoffes in einem Stärkekleister, dessen nähere chemische Zusammensetzung freilich nicht näher ange- geben wird. Blutrote Färbung trat auf Milch auf, die unter dem Ein- flufs des Pilzes alkalisch wurde und ungeronnen blieb; Casein und Milchzucker wurden vom Pilz aufgebraucht. Weizenmehlkleister wird unter dem Einflufs des Pilzes ebenfalls alkalisch, doch weniger als die Milch; der Pilz färbt sich auf ihm noch intensiver rot. Die gleiche Farbe entstand auf Casein, das mit Minerallösung getränkt war, sowie auf Gluten. Die Farbproduktion fiel auf neutralem oder schwach saurem oder alkalischem Boden am reichlichsten aus. In stark sauren Lösungen sah Laborde die Farbbildung ausbleiben. In Milch, die mit Milchsäurebakterien geimpft war, wüchs der Pilz zunächst unter- getaucht und wurde rot, wie in keimfreier Milch, aber bei zunehmen- dem Säuregehalt hörte er auf den Farbstoff hervorzubringen und bildete farblose Lufthyphen. Auf den für ihre Erzeugung günstigen Nährböden ist die Farbe anfangs blutrot, manchmal mit einem Stich ins Violette, in alternden Kulturen geht sie in Orangerot über. La- borde fafst seine Beobachtungen wie folgt zusammen (l. c.pag. 109): „La pigmentation des cultures a &t& signal&e en diverses circonstances, mais toujours lorsque le milieu &tait tr&s l&gerement acide, neutre, ou lögerement alcalin; elle &tait d’autant plus intense que ce milieu contenait une plus forte proportion de matieres albuminoides. .... D’ailleurs, la presence d’une matiere hydrocarbonee n’est pas toujours n&cessaire, d’aprös ce qu’on a vu, pour l’Eurotiopsis cultive sur la plaque de caseine.. .. Ces pigments paraissent donc deriver des ma- tieres albuminoides.“ Bei schwachem Luftzutritt und bei Anwendung flüssiger Medien fiel die Farbstoffbildung nur schwach aus, erfolgte aber manchmal sehr schnell bei nachträglicher reichlicher Luftzufuhr. In gut durchlüfteten Kulturen war die Farbe am intensivsten in dem Augenblick, wann die Kohlehydratnährstoffe erschöpft waren und der Pilz seine Reservestoffe aufgezehrt hatte und daher seine eigenen cytoplasmatischen Bestandteile zu verbrauchen anfing. Der Farbstoff Ang-Khak, der in China und Östindien vielfach praktische Verwendung findet, wird durch einen Monascus erzeugt, den Went (95) als M. purpureus beschrieben hat. Uyeda (O1) unter- 21 Flora 1904. 304 suchte Material von demselben Pilz aus Formosa. Der Farbstoff ist in dem Protoplasma enthalten, nicht in dem Zellsaft der Hyphen; in diesem ist er offenbar gleichmäfsig verteilt, und es erscheinen erst beim Absterben der Zelle gefärbte Körner in den Zellen. In dem- selben Faden sieht man rote und farblose Zeilen miteinander wechseln, Untergetauchtes Material bleibt durchweg farblos — anscheinend in- folge Sauerstoffmangels, da es nach Berührung mit Luft sich nach- träglich rötet. Totes farbloses Material wird an der Luft nicht mehr rot. Der Pilz lebt durchaus nur aörob. Die Zusammensetzung des Nährbodens hat auf die Entwicklung der Farbe nur indirekten Ein- flufs; je kräftiger das Wachstum, um so intensiver die Pigmentbildung. Ein weiteres, gut untersuchtes Beispiel für Farbstoffbildung bei Pilzen liefert der Erreger einer viel gefürchteten Krankheit der Baum- wollpflanze, des „cowpea“ (Vigna catjang) und der Wassermelone. Auf seine Konidienbildung hin ist der Pilz zur Gattung Fusarium zu stellen, seine Ascosporenfrucht erweist seine Zugehörigkeit zu Neo- cosmospora vasinfecta. Er bringt auf verschiedenen Nährböden einen roten Farbstoff hervor, besonders auf gekochtem Reis. „On neutral or acid media“, sagt E. F. Smith (99), „in the presents of free oxygen and of starchy foods — e. g. potato, bread, rice, tapioca, wheat, hominy, cucumber agar ete. — this fungus de- velops in the substratum a series of the most brilliant colors, which are then absorbed by the hyphae. These hues include- many shades of pink, red, purple, and violet, and in some of the substrata — e.g. bread or boiled rice — are particularly brilliant, changing gradually from shades of purple and rose color into the deepest crimson.... During the development of this pigment the substratum becomes in- tensely acid (mostly CO2, but some lactie acid...). If, however, al- kaline substances (caustie lime, carbonate of soda etc.) be added to the substratum in advance, so as to neutralize the acid or acids as fast as formed, no color is developed, the fungus remaining snow white, as in the vessels of the melon plant. If less alkali be added, the colors appear gradually after a time, which is longer or shorter according to the amount added,“ Van den Dries (97) berichtet über einige Erfahrungen mit Fusarium hordei. Er findet, dafs auf stärkereichen Nährböden die dem Substrat unmittelbar aufliegenden Mycelteile eine rosenrote Fär- .bung annehmen. Bei günstigen Medien, wie z. B. Brot getränkt mit Raulin’s Nährlösung, ist die Färbung lebhafter und wird scharlach-, purpur- oder schwarzrot. 305 Neulich haben Smith und Swingle (04) den Erreger einer in Amerika und Europa beobachteten Kartoffelkrankheit, Fusarium oxysporum Schlecht., untersucht, der vielleicht mit Schachts Unter- suchungsobjekte identisch ist. Am Licht gezogen, wird der Pilz schön lachsfarben. In rotem Licht (hinter Kaliumbichromat) blieb die Farb- stoffbildung aus, in blauem Licht (hinter Kupferoxydulammoniak) trat sie ein. — Ebenso verhielt sich Neocosmospora vasinfecta, der Erreger der schon genannten Vignakrankheit. Aufser diesem lachsfarbigen Pigment bringt das Fusarium auf vielen Nährböden unabhängig von der Beleuchtung einen rosenroten oder violetten Farbstoff hervor, am besten auf gekochtem Reis, ge- kochter Tapioka usw. Alkalien hemmten die Erzeugung der Farbe. „One of the most noticeable effects of the increasing strength of al- kali was the decrease in the amount of pigment formed, especially the pink“ (l. c. pag. 42). Wohingegen „the general effect of all the acids is to increase the production of the pigments, both lilae and pink-partieuliarly the latter. This is somewhat noticeable in the rice tubes, but much more so in the potato tubes, where if no "acid be added the growth (in darkness) is almost always pure white“ (l. c. pag. 46). Nach Abschlufs der Arbeit wurde ich noch mit der Arbeit von Conpin und Friedel (04) über Sterigmatocystis versicolor bekannt. Die Verfasser stellen fest, dafs die Reaktion des Nährmediums auf die Nuance des vom Pilz ausgeschiedenen Pigments weitgehenden Einflufs hat; auf saurem Substrat fällt die Farbe gelb aus, auf alka- lischem rot. Auch die in den Sporen enthaltene Farbe (grün oder graurot) wechselt mit den Nährbedingungen. = il, Eigene Untersuchungen. Der Zweck der nachfolgenden Blätter soll es sein, die Angaben der früheren Autoren über die Bedingungen der Farbstoffbildung bei Pilzen zu ergänzen und bei einer Anzahl bisher nicht näher unter- suchter Formen das von jenen bereits gestreifte Problem möglichst erschöpfend zu behandeln. Bevor wir die von uns angestellten mannigfaltigen Kulturen näher schildern, wird- eine kurze Auskunft über die Pilze selbst am Platze sein. 1. Untersuchte Pilze. Zur Untersuchung kamen folgende Pilze: 1. Ein Pilz, der von dem Innern der Wurzel einer kranken Sesampflanze isoliert wurde. Mehrere verschiedene Wurzeln wurden 2a1* 308 untersucht und von allen derselbe Pilze isoliert. Die kranken Pflanzen wurden von mir in Golodnaja Step in Turkestan im September 1902 gesammelt, nachdem Herr Graebner, der Direktor der dortigen Versuchsstation, meine Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hatte. Die infizierten Exemplare fielen auf durch ihren welken Zustand, ebenso wie die von der „wiltdisease“ befallenen Vigna- und Baumwollexem- plare (Neocosmospora vasinfecta). Man traf sie gewöhnlich gruppen- weise, zonenweise an Gröfse zunehmend, derart, dafs die am Rande stehenden Pflanzen gerade anfingen zu welken und die am Mittelpunkt stehenden bereits abgestorben waren. Auf Stengelquerschnitten von kranken Pflanzen fallen — wie bei der wiltdisease — die geschwärzten ‚Gefäfsbündel auf. Der untere Teil der abgestorbenen Stengel lies unter der Epidermis eine lachsfarbene oder weilsliche Schicht erken- nen, die, wie das Mikroskop lehrte, aus Mycel bestand. Der im Innern der Wurzeln gefundene Pilz wurde auf künstlichen Böden fortkultiviert; er zeigte grolse Ähnlichkeit mit Neocosmospora vasinfecta Smith. Drei Sporenformen sind vorhanden — ‚Mikrosporen (das Cephalosporium- Stadium), Makrosporen (das Fusarium-Stadium) und Chlamydosporen —, die sich weder in Gröfse noch Aussehen von denen der Neocosmospora unterscheiden. Vorliegendender Pilz ist wahrscheinlich identisch mit der von Jaczewski (03) auf erkrankten Sesampflanzen aus Turke- stan gefundenen und als Neocosmospora vasinfecta Smith beschrie- benen Form. 2. Stücke des kranken Sesamstengels wurden in eine Feucht- kammer übertragen, wo sie sich nach wenigen Tagen mit einem weilsen, baumwollartigen Mycelüberzug bedeckten. Aus diesem wurde ein Pilz isoliert, der morphologisch von dem vorhergehenden nur dadurch zu unterscheiden war, dafs er niemals die sclerotinmähnlichen pseudoparenchymatischen Massen entwickelt, die bei Kultur auf Stengelstücken von Vicia faba von dem anderen, zuerst genannten Sesampilz nicht selten gebildet werden. Physiologisch unterscheiden sich die Pilze dadurch, dafs der erste sehr schnell in der Sonne orangegelb wird, während dieser Prozels bei dem zweiten Pilz lang- samer und weniger intensiv vor sich geht. Bei den meisten Nähr- böden aber erzeugt der zweite Pilz den roten Farbstoff reichlicher als der erste. Es ist unmöglich ohne Berücksichtigung dieser phy- siologischen Merkmale zu entscheiden, ob der von Jaczewski be- schriebene Pilz zu der ersten oder zweiten Form gehört. Wahr- scheinlich ist er mit dem ersten identisch, da Jaczewski seinen Pilz aus dem Innern des Stengels isolierte und nach meinen Er- 307 fahrungen auf diese Weise nur die zuerst beschriebene Form ge- wonnen wird.) Da sich ohne Infektionsversuche nicht entscheiden läfst, welche von den obenerwähnten zwei Pilzen der Sesamparasit ist oder ob vielleicht beide leicht modifizierte Formen derselben Spezies sind, wird der aus dem Innern des Stengels isolierte Pilz der a-Pilz, und der vom Äufseren des Stengels stammende der b- Pilz genannt. Gleichzeitig mit dem letzteren trat in den Kulturen in der Feuchtkammer fast immer eine Spezies von Melanospora mit ähnlichem Mycel auf, die jedoch weder zu dem a- noch zu dem b-Pilz als Askosporenstadium gehörte. 3. und 4. Neocosmospora vasinfecta (Atk.) Smith und N. vasin- fecta var. nivea. Smith, die Pilze, welche die Krankheiten der Baumwollpflanze und der Wassermelone verursachen. Material von diesen Arten wurde mir in Reinkulturen von W. A. Orton (Washington) gütigst zur Verfügung gestellt. - 5. Fusarium culmorum (W. Sm.) Sace., das ich von den mit dem sog. „wheat-scab“ befallenen Weizenähren isolierte, die mir mein Vater aus Nebraska zusandte. Diese Krankheit wird oft auf Fusarıum roseum zurückgeführt, wird aber wahrscheinlich durch F. eulmorum verursacht. 2. Die von den Pilzen erzeugten Farbstoffe. A. Vorkommen. Bei dem a- und b-Pilz wie den Neocosmosporaarten wird der Farbstoff innerhalb der Hyphen gebildet. Gewöhnlich werden nur die dem Substrat aufliegenden oder in seiner nächsten Nähe befind- lichen Hyphen gefärbt: in Kulturen auf gekochtem Reis erscheint die Farbe in den Hyphen, die im äufseren Teil der Reiskörner oder unweit der Körneroberfläche liegen. Die Hyphen, die in einigem Abstand von den Körnern eine lockere oder dicht geflochtene Mycelmasse bilden, sind meist farblos. Hie und da kommen gefärbte und farblose Zellen in derselben Hypha vor. Im Zentrum der Zellen liegen schwach oder stark gefärbte Tropfen, die namentlich in sterbenden Zellen das Aussehen eines festen Körpers annehmen. Der Farbstoff liegt nicht 1) W. A. Orton, dem ich einige Proben zusandte, impfte mit dem von ihm aus dem Inneren der Stengel isolierten Pilz einige Sesampflanzen mit posi- tivem Erfolg. Kontrollversuche, worin statt des Sesampilzes Kulturen von Neocos- mospora benutzt wurden, fielen negativ aus. Eigene Versuche in Halle mifs- glückten, da die Kontrollpfanzen auch auf sterilisiertem Boden von anderen Pilzen befallen wurden und eingingen, 808 anfänglich im Substrat, wie Smith (99 pag. 23) annahm, und wird nicht nachträglich von den Zellen absorbiert, denn in farblosen füs- sigen Kulturmedien sehen wir gefärbtes Mycel auftreten, ohne dafs die Flüssigkeit sich färbte. Auch feste Nährböden werden nur durch den Belag mit gefärbten Hyphen rot oder blau. Erst nach Ab- sterben der Hyphen kann ein noch säurehaltiges Medium infolge Aus- tretens des Farbstoffes etwas gefärbt werden. Aufser dieser Farbe bilden dieselben Pilze unter dem Einflufs des Lichtes ein orangen- farbiges oder orangegelbes Pigment, das ebenfalls in den Hyphen liegt. Der Farbstoff ist in solchen Hyphen an sehr zahlreiche, kleine, stark lichtbrechende Körnehen gebunden, die im wandständigen Plasma angehäuft liegen. Plasmolytische Versuche geben über ihre Lage im Plasma deutlich Aufschlufs. Der von Fusarium culmorum erzeugte Farbstoff fällt je nach der Reaktion des Nährbodens gelb oder violett aus. Das Pigment liegt ebenfalls in Tropfenform in den Zellen; beim Altern oder Ab- sterben der Hyphen werden die Tropfen unregelmälsiger konturiert und scheinen fest oder halbfest zu werden. B. Eigenschaften der Farbstoffe. a) Die rote Farbe. Der Farbstoff, der von dem a- und b-Pilz und von den oben erwähnten Neocosmosporaarten erzeugt wird, ist zuerst rot oder rot- violett, äufserzt selten violettblau. Auf Nährböden, die im Laufe der Zeit saurer werden, bleibt die Farbe rot und kann sogar intensiv rot oder dunkel scharlach werden. Andrerseits wird in den Medien, die zuerst leicht sauer sind, später aber alkalisch werden, die Farbe violett, blau oder sogar blauschwarz. Behandelt man solche Kulturen mit starken mineralischen oder organischen Säuren, so schlägt die Farbe zu intensivem Scharlach um, das, wie das Scharlach der Säurekulturen, wieder violettblau bis violettschwarz wird, wenn man es mit Alkalien behandelt. Von roten Kulturen auf Reis wird der Farbstoff durch folgende Reagentien gelöst: Äthylalkohol, Chloroform, Benzol, Chloralhydratlösung, Äther, geschmolzenes Paraffin, Essig- säure, Ameisensäure, Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure und andere Säuren. Unlöslich ist er in Wasser, Xylol, Petroleumäther, Benzin und in alkoholischen und wässrigen Lösungen der Alkalien. Der Farbstoff derjenigen Kulturen, die durch Behandlung mit Alkalien blau geworden sind, löst sich nur in denjenigen der oben genannten Lösungsmittel, die von saurer Reaktion sind. In ihnen 808 verwandelt sich die Farbe in Rot, bevor sie sich löst. Lösungen von verschiedenen Salzen in absolutem Alkohol können, auch wenn sie alkalisch reagieren, die blaue Farbe ebenfalls lösen. Leicht löslich ist die Farbe in essigsaurem und ameisensaurem Ammonium und Kalium, schwerer in salpetersaurem Ammonium, unlöslich ist sie in salzsaurem und kohlensaurem Ammonium. In Abwesenheit von einem jener Salze wird der Farbstoff aus einer sauren Lösung durch Alka- lien gefällt. Am leichtesten und schnellsten läfst sich der Farbstoff durch Kultur des Pilzes auf Reis gewinnen. Aus Kulturen, die durch das erste Stadium von Blafs- und Scharlachrot gegangen sind und violett zu werden anfangen, liefert ein Teil des Farbstoffes beim Zerreiben oder beim Liegen in starkem Alkohol eine tief weinrote Lösung, während der Reis blau bleibt. Bei den jüngeren Kulturen, die noch blafs- oder scharlachrot sind, wird nur sehr wenig Farbstoff aufgelöst, der Reis bleibt rot. Beim Kochen erscheint eine tief weinrote Lösung, und der Reis ‚wird blau. Beim Kochen der Kultur in Wasser geht die Farbe des Reises von Rot zu Blau über, da die von Pilz produzierten Säuren dabei sich verflüchtigen. Das Wasser bleibt farblos. Das dunkel scharlachrote Mycel einer schwefelsäure- haltigen Nährlösung wird, nach gründlicher Waschung, bei anhalten- dem Kochen in Alkohol blau, während der Alkohol rote Farbe an- nimmt. Der blaue Stoff, der nach dem Kochen mit Alkohol oder Wasser zurückbleibt, ist unlöslich in Wasser, Methyl-, Äthyl-, Amyl- oder Propylalkohol, Chloroform, Benzol, Äther, Xylol, Petroleumäther, Bergamotöl, alkoholischem Ätzkali oder wässeriger Sodalösung, löslich dagegen in Säuren (aufser CO,), welche das Blau in Rot verwandeln. Der blaue Farbstoff bildet in gesättigter alkoholischer Lösung von essigsaurem Kali eine violette Flüssigkeit. In Alkohol, der mit Essig- oder Ameisensäure angesäuert ist, entsteht von dem im Reis zurück- bleibenden Farbstoff eine Lösung von gleichen Eigenschaften wie beim Kochen des Reises in Alkohol. Neutrale oder schwach (or- ganisch-)saure Lösungen des roten Farbstoffes liefern am Licht nach mehreren Tagen einen blauen Niederschlag; mit Schwefelsäure tritt die Umwandlung nicht ein. — Alle diese Versuche zeigen, dals das nach Extraktion mit Alkohol im Reis zurückbleibende Pigment nur die alkalische Form des roten ist. Die alkoholische Lösung der roten Farbe zeigt kein sehr charak- teristisches Spektrum. Rot und ein Teil von Orange werden in einer 13mm dieken Schicht gar nicht, Blau etwas, Gelb und Grün noch mehr, und Violett gänzlich absorbiert. In einer 80mm dicken Schicht 310 scheinen Rot und der Anfang von Orange gar nicht absorbiert zu werden, von dem übrigen Teil des Spektrums läfst sich nur noch ein schwacher Schein der blauen Zone erkennen. Bei der Neutra- . lisierung mit Ammoniak läfst, auch bevor sich ein Niederschlag bildet, die Lösung viel weniger Licht durch; gegenüber dem Rot erscheint das Blau viel intensiver, da es viel weniger absorbiert wird als jenes. Von Orange bis Blau wird alles stark absorbiert. Violett verschwindet gänzlich, Zu beiden Seiten des Gelb erscheint je ein schmaler Streifen besonders starker Absorption. Die blaue Lösung fluoresziert violett, die rote Lösung fluoresziert nicht, Aus der alkoholischen Lösung des roten Farbstoffes liefsen sich keine Kristalle erzielen. Verdunstung gibt eine rotbraune amorphe Masse, die aulser dem Pigment noch andere Stoffe enthält. Die ein wenig eingedickte Lösung färbt Papier rot, so dafs es wie Lakmus- papier aussieht. Solches Papier wird blauviolett mit Alkalien und rot mit Säuren und ist offenbar fast ebenso empfindlich wie Lak- muspapier. Die rote amorphe Masse verhält sich hinsichtlich ihrer Lösungsverhältnisse ebenso wie der rote auf Reis entstandene Farbstoff. Die durch Säuren an dem Farbstoff hervorgerufenen Änderungen sind stets dieselben, — zur Anwendung kamen Schwefel-, Salz-, Essig-, Phosphor-, Ameisen-, Milchsäure, gesättigte wässerige Lösungen von Weinsäure und kalte Salpetersäure Mit warmer Salpetersäure entfärbt sich die Lösung wie bei Erwärmung mit Wasserstoffsuperoxyd; der Zusatz von Zinkstaub stellt die Farbe nicht wieder her. In neu- traler wie in saurer Lösung zerstört nascierender Wasserstoff (von Zinkstaub) die Farbe nicht. Ein Überschufs von Zink jedoch bewirkt, dafs die Farbe als blauvioletter Niederschlag gefällt wird. Beachtenswert ist, dafs bei Behandlung mit verschiedenen Alkalien ungleichartige Veränderungen in den Farbstofflösungen hervorgerufen werden. Die Nuancen der entstehenden Lösungen und Niederschläge wechseln bei Anwendung von Basen verschiedener chemischer Zu- sammensetzungen und werden beeinflufst durch den Grad der Acidität und Alkalescenz der angewandten Lösungen und Reagentien. Aus einer neutralen oder schwach sauren alkoholischen Lösung wird der Farbstoff durch Ammoniak oder wässerige oder alkoholische Kalium- oder Natriumhydratlösungen als ein mehr oder weniger violett getönter blauer Niederschlag gefällt. Baryumhydroxyd verursacht die Bildung eines rotvioletten Niederschlag. Wenn die alkoholische Lösung einen grofsen Überschufs von’ Ameisen- oder Essigsäure enthält, so entsteht zunächst ein ameisensaures resp: essigsaures Salz, dann wirkt die Base sl auf den Farbstoff ein, wobei Ammoniak im Überschufs die Bildung eines blauvioletten Niederschlags bewirkt; ein grolser Anteil des Farb- stoffes bleibt aber in Lösung und die Flüssigkeit wird violettrot. Soda und Natronlauge bilden unter gleichen Umständen einen rotvioletten Niederschlag, nur geringe Farbstoffmengen bleiben gelöst; mit den entsprechenden Kaliverbindungen ist der Niederschlag anscheinend schwächer rot — d. h. reiner violett — und die Lösung nicht so stark gefärbt. Diese violetten Lösungen werden nach Zusatz von Säure rot und bei Zusatz von Alkalien.'wieder violett. Bei Behand- lung der oben erwähnten sauren alkoholischen Lösung mit Kupfer- und Quecksilberoxyd verschwindet die Farbe; im ersteren Falle wird sie vielleicht niedergeschlagen, im zweiten Falle wahrscheinlich oxy- diert. Kupfersulfat ruft einen blauen Niederschlag hervor, die Flüssig- keit bleibt blau. Bei Überschufs von Zinkstaub bildet sich nach einiger Zeit ein violetter Niederschlag, die Flüssigkeit wird blafsrot. Magnesiumoxyd gibt einen violetten Niederschlag. Essigsaures Blei bringt nach mehreren Stunden den Farbstoff in Form rötlicher amor- pher Körper zur Ablagerung; einmal sah ich rote nadelförmige Kristalle entstehen. Die Flüssigkeit über dem ungelösten essigsauren Blei, das im Überschufs zugefügt wurde, ist rot, so lange sie sauer bleibt; macht man sie alkalisch, so wird sie blaugrün. Zinnoxyd, Koffein, Strychnin und Chlorallıydrat brachten keine Veränderung in der sauren alko- holischen Lösung hervor. Aus den angeführten Reaktionen geht mit grofser Wahr- scheinlichkeit hervor, dafs die rote Form des Farb- stoffes eine Säure ist, die mit verschiedenen Basen verschieden gefärbte, blaue oder violette, in starkem Alkohol unlösliche Salze bildet. Vielleicht entsteht dieser Farbstoff erst in Verbindung mit einer Proteidsubstanz — einer Art Chromogen —, von der er später durch die Wirkung des Pilzes selbst oder beim Kochen mit Alkohol oder Wasser sowie durch Behandlung mit starken Säuren oder Alkalien freigemacht wird. Die Bildung eines blauen oder violetten Niederschlages in Lösungen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind, erklärt sich vielleicht durch die Zerspal- tung der in der Lösung vorhandenen Salze organischer Säuren, mit deren Basen das saure Pigment sich bindet. " Smiths Behauptungen (99 pag. 21): „It would scem, therefore, that two colors may be present — a blue and a red — the latter soluble in alcohol and easily destroyed by light and by caustic potash and soda, the former insoluble in alcohol, more resistant to light and 312 unaffected by alkalies*, sind hiernach nicht zutreffend, Sein Irrtum läfst sich darauf zurückführen, dafs, wie wir gesehen haben, beide Farbstoffe nur Säure- und Salzform desselben Pigments darstellen: die von ihm angeführte Zerstörung des roten Farbstoffes durch Licht und durch Natron- und Kalilauge war wahrscheinlich nur seine Ver- wandlung in das unlösliche Salz. Wenigstens verbielt sich das von mir zum Vergleich herausgezogene Pigment des Wassermelonenpilzes genau wie das der a- und b-Sesampilze. Der aus den genannten Pilzen gewonnene Farbstoff hat mancherlei Züge mit anderen organischen Farbstoffen gemeinsam. Zunächst wird an Orcein (8. Schmidt 89 pag. 1402) zu denken sein. Von diesem unterscheidet sich das Pilzpigment dadurch, dafs Orcein in Wasser etwas löslich ist und leicht löslich in wässerigen Lösungen der Ätz- alkalien, einschliefslich Ammoniak. Von Lakmus unterscheidet es sich dadurch, dafs es leicht löslich in Alkohol ist und seine mit alkali- schen Metallen gebildeten Salze in Wasser unlöslich sind. Ferner ist keiner der von Zopf studierten Farbstoffe (89 und 90 pag. 143—168) mit unserer Substanz identisch. Die Telephorsäure nähert sich am meisten, unterscheidet sich jedoch von ihr dadurch, dafs jene unlöslich in Äther, Chloroform, Benzol, konzentrierter Schwefel- und konzen- trierter Salzsäure ist. Die Telephorsäure wird gelb durch die Wir- kung von Ätzkali, — Der rote Farbstoff von Fusarium hordei ‚ den van den Dries (97 pag. 442) untersuchte, wird rot mit Säuren und violett mit Alkalien; er ist aber sowohl in Alkohol wie in Chloroform unlöslich. Der Farbstoff von Aspergillus purpurescens, den derselbe Verfasser beschrieb (I. c. pag. 443), hat Ähnlichkeit mit unserem Farb- stoff, ist aber in konzentrierter Schwefelsäure unlöslich.. Die Pigmente von Monascus purpureus, namentlich a- und ß-Oryzaerubin (Went 95, Uyeda 02, Boorsma 95 und Prinsen Geerligs 95), sind in Ammoniak resp. Natronlauge löslich. Sie geben keine Farbenver- änderung mit Alkalien, aufser dafs die Ammoniaklösung des «-Ory- zaerubin grün fluoresziert. Starke Schwefelsäure gibt eine rotbraune starke Salz- und Salpetersäure, eine orangenrote Lösung, aus der das rote Pigment sich allmählich unverändert ausfällt. Der Farbstoff von Eurotiopsis Gayoni (s. Laborde, 96) ist wenig löslich in Wasser; mit kohlensaurem Kalium oder Soda wird er gelb, wird aber bei Zu- satz von Säure (auch Kohlensäure) wieder rot. Das Physomycin von Harz (90) wird gelb durch die Wirkung von Natron- und Kalilauge wie von Salz- und Schwefelsäure. Die rote alkoholische Lösung fluoresciert grün. Die rote Farbe, die auf Malzkörnern vorkommt 813 (s. Klein 92), unterscheidet sich von der der von mir untersuchten Pilze dadurch, dafs sie in Alkohol unlöslich ist, durch Säuren gelb und durch Alkalien dunkel’rotblau, fast schwarz wird. Der von Matruchot (92) erwähnte Farbstoff von Fusarium polymorphum ist bläulich grün und wird bci Behandlung mit Säuren rot. Weiteres über den Farbstoff berichtet Matruchot nicht, so dafs sich ein sicheres Urteil über eine etwaige Identität mit dem Pigment der ' Sesampilze nicht abgeben läfst, b) Das orangegelbe Pigment. Wie oben erwähnt wurde, bilden die gleichen Pilze, von deren rotem Farbstoff bisher die Rede war, unter gewissen Bedingungen. — unter dem Einflufs des Lichtes — ein orangefarbiges Pigment. Seine Eigenschaften werden kurz zu erörtern sein. Der Farbstoff ist löslich in starkem Alkohol. Die Lösung bleibt bei Zusatz von Ammoniak, Natron- oder Kalilauge, Säuren oder essig-- saurem Blei unverändert. Kocht man den alkoholischen Extrakt mit konzentrierter Natronlauge, so bleibt das Pigment unverseift. In dem Mycel erscheint schliefslich bei Anwendung von konzentrierter Schwefel- säure eine braunviolette Farbe, die verschwindet, wenn man das Mycel wieder in Wasser bringt. Der Prozefs kann mehrmals wiederholt werden, bis das Mycel zerstört wird. Jodjodkaliumlösung bräunt das Mycel nur, aber erzeugt keine grüne Farbe. Erwärmung mit Wasser- superoxyd verursacht keine Veränderungen, ebensowenig Behandlung mit Salzsäure und Zinkstaub. Warme Salpetersäure zerstört die Farbe, die weder durch Behandlung mit Zinkstaub noch durch Formaldehyd sich wieder herstellen läfst. Offenbar ist das Pigment kein Lipochrom. Es entspricht keiner der Farben, die von Zopf (89 und 90) be- schrieben sind. c) Das Pigment von Fusarium culmorum. _ Das von Fusarium culmorum gebildete Pigment ist gelb mit einem Stich ins Braune, wenn der Nährboden sauer ist, rötlich-violett, wenn das Medium eine neutrale oder alkalische Reaktion hat. Durch Behandlung mit Säuren wird die rotviolette Farbe in Gelb, durch Zu- satz von Alkalien die gelbe in Rotviolett umgewandelt. Diese Reak- tionen sprechen dafür, dafs auch, hier wieder nicht zwei selbständige Farbstoffe vorliegen, sondern nur zwei Modifikationen des nämlichen Pigmentes. Die gelbe Form ist sehr leicht löslich in wässeriger Chloralhydratsolution, aus der sie durch KOH als violetter Nieder- schlag sich fällen läfst, leicht löslich ferner in Chloroform und starken Säuren, wenig löslich in Äther, Äthylalkohol und Xylol, und fast un- 914 löslich in Wasser und Amylalkohol. Die violette Form des Farb- stoffes ist unlöslich in Äther und Bergamotöl, wenig löslich in Wasser (bedeutend leichter als die gelbe Modifikation), Xylol, Benzol, Chloro- form und Amylalkohol, etwas leichter in Äthylalkohol. Ein gutes Lösungsmittel ist ferner alkoholische KOH-Lösung, minder gut löst sich der Farbstoff in wässeriger KOH-Solution. Aus der alkalischen ‚alkoholischen Lösung wird der Farbstoff durch Zusatz von Ba(OH). in fester Substanz als braunvioleiter Niederschlag, durch MgO als rötlich-blaugrauer Niederschlag gefällt. Wahrscheinlich ist die gelbe Form des Farbstoffs eine schwache organische Säure; die rot bis blau gefärbten Modifikationen sind ver- mutlich metallische Salze. Der Farbstoff zeigt Ähnlichkeiten mit dem des „Malzschimmels“ (Klein, s. o.), der ebenfalls durch Säuren gelb, durch Alkalien dunkelrot bis blau wird. Wie das Mycel des Malzschimmels nimmt auch das blafsviolette Mycel von Fusarium culmorum bei Erwärmung. in Wasser stärkere Färbung an. 3. Bedingungen der Pigmentbildung. A. die rote Farbe. Als unsere Hauptaufgabe haben wir es bereits oben bezeichnet, .die Bedingungen der Farbstoffbildung möglichst eingehend zu er- forschen. Sowohl die in der Literatur vorliegenden Angaben als auch die soeben mitgeteilten chemischen Reaktionen legen es nahe, den Einflufs folgender Faktoren: a) der chemischen Zusammensetzung des Nährbodens, b) der Reaktion des Nährmediums (Alkaleszens resp. Acidität), c) des osmotischen Druckes, d) der Gegenwart von Luft (Sauerstoff), _ e) der Temperatur und f) die Wirkung giftiger Stoffe zu prüfen. a) Chemische Zusammensetzung des Nährbodens. Die uns interessierenden Pilze sind hinsichtlich ihres Nährmate- rials wenig wählerisch und können fast als omnivor bezeichnet werden. Als Stickstoffquellen %önnen Nitrate wie organische Stickstoffverbin- ' dungen dienen. Bei der Merzahl meiner Versuche wurden die nötigen mineralischen Stoffe und Stickstoff in Form einer schwachen 0,2proz. Knop-Lösung geliefert.') 1) In 1 Liter Lösung 2g Salze. 315 Bei Anwendung dieser mineralischen Lösung gediehen beide Pilze gut, wenn ihnen eins der folgenden genannten Kohlehydrate . geboten wurde: Monosacchariden Trisacchariden Arabinose Raffınose Glukose (Dextrose) Polysacchariden Levulose Gelose (in Agar enthalten) Galactose ‚Stärke (sowohl löslich als un- Disacechariden . löslich) Rohrzucker - Cellulose (Filterpapier). Die Farbstoffproduktion fiel auf diesen Medien bei beiden Pilzen derart aus, dafs gewöhnlich nur an den Rändern der Flüssigkeit in Berührung mit der Luft rote Farbe entstand, die manchmal einen Stich ins Violette zeigte. Der Grad der Färbung und die Nuancen wechseln bei den ver- schiedenen Zuckern: Arabinose: Farbe gering, rosa. Glukose: Farbe oft reichlich, besonders bei dem a-Pilz, zuerst ge- wöhnlich dunkelrot, bald violett oder blauschwarz, Levulose: a-Pilz, carmoisinrote Flecke; b-Pilz, Experiment zufällig milsglückt. Galactose: a-Pilz, Experiment zufällig mifsglückt;; b-Pilz, violettfarbige Streifen am Rande der Flüssigkeit. Rohrzucker: ungefähr wie Glukose. Raffinose: rosa bis violett gefärbte Streifen am n Rande der Flüssigkeit. Gelose: in salzhaltigem Agar zeigte der a-Pilz ein schwaches Wachs- tum und bildete schliefslich ein violettes Pigment, das in Blau überging, sobald der Nährboden alkalisch wurde. Stärke: rosa gefärbte Flecke. Cellulose: auf gewöhnlichem stärkefreiem, mit Knop’scher Lösung 'getränktem Filtrierpapier bildeten beide Pilze eine dichte Schicht von Mycel mit violettblauen Streifen. Auf schwedischem, in Wasser untergetauchtem Filtrierpapier gediehen die Pilze, bildeten aber keine Farbe. In folgenden mehr- (3-, 4-, 5- und 6-) wertigen Alkoholen wuchsen beide Pilze: Glyzerin, Erythrit, Adonit, Mannit. Das Ge- deihen in Erythrit war nur spärlich. In Glyzerin und Mannit er- ‘schien die rote Farbe bei beiden Pilzen, in Erythrit beim b-Pilz allein. Die Versuche mit Adonit wurden zufällig am 10. Tage zer- stört; die Pilze waren darin noch farblos. 316 Bei den folgenden Säuren und Salzen der aliphatischen Reihe gediehen die Pilze gut: Essigsaures Calium . . .. 1% Milchsaures „ .02..1% Bernsteinsaures Caleium . . . 1% Saures apfelsaures Caleium . . 1% » n Ammonium „ 1% Apfeläure . 2... ..2.....10% normal Zitronenäure . 22... 10% Zitronensaures Ammonium . . 1%, Weinäure . . 2.2.2... 10%, normal Weinsaures Calium . . .. 1% Saures weinsaures Kalium 1 Palmitinsäure . 2. .........2% (in Wasser nicht . gelöst) Auf ameisensaurem Caleium war das Wachstum nur spärlich. Alle Lösungen waren am Beginn der Versuche mehr oder weniger sauer, teils wegen der sauren Knop-Lösung, teils wegen der ange- wandten sauren Salze, sie wurden aber sehr bald alkalisch, da die Pilze die Säuren aufbrauchten, Auf den mit den oben genannten Säuren hergestellten Nähr- böden entwickelten beide Pilze (a und b) ihren Farbstoff; die Salze lielsen fast durchweg keine Pigmentbildung aufkommen. Nur auf zwei von ihnen wurde der b-Pilz farbig: Bernsteinsaures Calcium, violette Streifen am Rande der Flüssigkeit ; Essigsaures Calcium, ebenso wie das vorige. Auf Säuren verhielten sich die Pilze wie folgt: Apfelsäure, scharlachrot. Zitronensäure, „ Weinsäure, » Palmitinsäure, blauviolette Farbe bald blau werdend. Palmitinsäure ist in Wasser unlöslich; das als Suspensionsmedium dienende Wasser erweist sich daher bei der Lakmusprobe neutral. Beide Pilze sind imstande die feinen suspendierten Teilchen der un- löslichen Säure anzugreifen. j Als Vertreter der .cyelischen Reihe wurde Chinasäure versucht. Die angewandte 1-proz. Lösung war so sauer, dafs das Wachstum anfangs etwas gehemmt wurde, später bei abnehmender Acidität ge- wann das Wachstum an Intensität. Schliefslich wurde die Lösung 317 alkalisch. Noch vorher auf deutlich saurem Medium erzeugten beide Pilze scharlach- bis rosenrote Flecke. Bei den bisher geschilderten Versuchen wurde der Stickstoff den Pilzen in Form von Nitraten oder Ammoniumsalzen geboten. Weiter- hin wird zu prüfen sein, wie die Ernährung mit Amiden, Imiden und Eiweilskörpern auf die Pilze und ihre Farbstoffproduktion wirkt. Mit Pepton, Glykokoll und Asparagin wurden für beide (a und b) Pilze Versuche angestellt, mit Albumin (aus Eiern) Casein, Legumin, Fibrin, Nuclein, nucleinsaurem Natrium und Kreatin wurde nur der a-Pilz untersucht. - Es ergab sich dabei folgendes: Das Wachstum war auf nuclein- saurem Natrium und Kreatin sehr schwach, auf Asparagin etwas besser, in den andern gut. Auf Leeithin und asparaginsaurem Natrium liefs sich überhaupt kein Wachstum konstatieren. Bei keinem dieser Stoffe wurde die rote Farbe er- zeugt. Alle Nährböden wurden durch Abspaltungen von Aminen und Ammoniak stets alkalischh Auch wenn man das Mycel dieser Kulturen auswäscht und es in einer feuchten Kammer oder in destil- liertem Wasser beläfst, bleibt es farblos. Bringt man aber das aus- gewaschene Mycel in eine Glukoselösung, so bildet es nach einigen Stunden (24—48) roten oder violetten Farbstoff. Bemerkenswert ist, dals die Stoffe, in denen die Farbe sehr reichlich hervorgebracht wird, teils selbst schon sauer sind (Säuren) oder die Säureproduktion seitens des Pilzes fördern (Kohlehydrate und verwandte Stoffe). Doch mufs bemerkt werden, dafs auch diese Lösungen schliefslich sämtlich alkalisch werden — wahrscheinlich durch die Zersetzung der Salze in der Knop-Lösung und die Bildung von kohlensaurem oder doppelt- kohlensaurem Kalium. Eine Ausnahme von dem gewöhnlichen Ver- halten machten Kulturen mit ammoniakhaltigen Verbindungen oder ihren Ableitungen, in welchen die Pilze farblos blieben, obwohl bei saurem apfelsaurem Ammonium sich der Säuregehalt viele Tage lang anbielt. Alle bisher geschilderten Kulturen wurden gewonnen mit einer Kombination von Knops Nährsalzen und einem der oben genannten Stoffe. Um nun die spezifische Wirkung der einzelnen Stoffe näher zu erkennen, und um zu finden ob beispielsweise das Ausbleiben der Farbstoffbildung auf gewissen Stoffen durch die chemischen Quali- täten des Stoffes selbst bedingt wird oder nur auf irgendwelche durch sie bedingte Nebenumstände in der Versuchsanstellung (Änderung in Reaktion ete.) zurückzuführen ist, wurde es nötig, Kulturen mit mehr 318 als einem der genannten Nährstoffe anzustellen und aus den Ergeb- nissen der geeigneten Kombinationen die Wirkungen der einzelnen Bestandteile zu erschliefsen. . Die Resultate dieser vergleichenden Versuchsserien sollen zu- nächst kurz angeführt werden, auf ihre Deutung kommen wir später zurück. Wie oben erwähnt, wird die rote Farbe am reichlichsten auf gekochtem Reis hervorgebracht. Gekochter Weizen und Mais sind auch gute Medien, aber ihre natürlichen Farben sind bei Beurteilung der Pilzpigmente von Nachteil. Künstliche Medien, die Glukose oder Rohrzucker und als Stickstoffquelle Pepton oder Asparagin enthielten, erwiesen sich als sehr günstig für Farbenbildung. Pepton zeigte sich indes darum nicht vorteilhaft, weil bei reichlichem Zusatz das Medium alkalisch wird, bevor die Farbe auftritt. Aufserdem sind seine Zer- setzungsprodukte braun, verbergen daher schwache Farbenwechsel und erschweren eine genaue Titration. Asparagin bildet eine farblose Lösung, die Medien bleiben länger sauer und die Titration ist leicht durchzuführen. Zunächst wurden Nährlösungen?) gemacht mit Ausschlufs von Phosphor resp. Magnesium. In folgender Nährlösung, welche Phos- phor nur in den nicht ausschliefsbaren Verunreinigungen der Chemi- kalien enthält, entwickelte sich die Farbe schneller als in irgend einer anderen der probierten Kombinationen. Glukose . . 2... 3,008 Asparagin. . .» . . 0,10g KNO; . MgS0, | je... j 0,058 Zusatz von Wasser bis zu 1008. Diese Lösung ist nur sehr schwach sauer. Das Wachstum in ihr ist ziemlich langsam und das Mycel bleibt gewöhnlich locker und unter- getaucht. Innerhalb 72 Stunden ist das Mycel (Temperatur 15—25 °C.) dunkelscharlachrot. Eine ähnliche Lösung mit 0,1—0,2°), Knop- Lösung statt KNO; und MgS0, gibt ein viel kräftigeres Wachstum, ‚entwickelt aber die rote Farbe erst nach 10 oder 14 Tagen und dann 1) Die von mir benutzten Chemikalien waren fast ausschliefslich Mercks Fabrikate. Von Grübler bezog ich Asparagin und Witte’sches Pepton, das bei ‘einigen Experimenten verwandt wurde. Neben diesem wurden Mercks „Pepton ex carne* und „Pepton ex albumine“ verwandt. Bei Glukose ergab sich beim Ver- aschen ein sehr kleiner Bruchteil eines Prozents an unverbrennlicher Substanz, der gleichwohl bei der Beurteilung der Resultate zu beachten sein wird. 319 nur an der Oberfläche, die mit einer diehten Schicht Mycel bedeckt erscheint. Um die Wirkung einer phosphorfreien Lösung weiter zu untersuchen, wurde folgende Nährlösung hergestellt: Glukose . . 22.2. 5dg Untenstehende Lösung . 10cem Destilliertes Wasser . . 90cem Die angewandte Lösung hatte folgende Zusammensetzung: KNO ...... 58 M880: . 2 22... 088 a) CaNO ....0.. 208g b) a) und b) für sich aufgelöst, dann gemischt und mit einem Zusatz von Wasser bis zu 175cem. . In dieser Lösung brachten beide Pilze die Farbe hervor, schneller als in einer ähnlichen phosphorhaltigen Lösung. Das Experiment wurde mehreremale mit wechselndem Erfolg wiederholt; manchmal versagte die Kultur und blieb farblos, doch in der Mehrzahl der Fälle ent- sprach das’ Resultat dem vorhin angeführten. Um die Wirkung magnesiumfreier Lösungen kennen zu lernen, wurde folgende Lösung gemacht: Glukose . 2. 2.2.2. Bg Wasser . 2. 2... ..90cem und 10ccm von der folgenden Lösung z CaNO; . . 2... 1,0008 K:80, . 2... ... 0,1878 KPO,kL . . . .... 02508 Wasser. . . . .87,5cem In dieser Lösung wuchs der a-Pilz etwas weniger kräftig als mit Magnesium. Nach fünf Tagen war noch keine Farbe sichtbar; wenn man aber die ziemlich lockere Masse des Mycels auswusch und in eine feuchte Kammer brachte, wurde das Mycel in 3—4 Tagen dunkelviolettroet. Höchst wahrscheinlich sind wegen der Verunrei- nigungen der Glukose etc. die angewandten Lösungen nicht völlig phosphor- und magnesiumfrei, doch zeigten Versuche mit Glukose- lösung, dafs die in ihr enthaltenen fremden Stoffe nur ein ganz dürf- tiges Wachstum des a- und b-Pilzes bewirken können. Obschon Pepton- und Asparaginlösungen in kurzer Zeit stark alkalisch werden, werden sie doch sauer wenn Zucker vorhanden ist. In einer reinen Asparaginlösung, die etwas Schwefelsäure enthält, wird der rote Farbstoff hervorgebracht. Gleichwohl läfst sich in einer reinen Peptonlösung durch Zusatz von Säure die Bildung der roten Flora 1904. 22 320 Farbe nicht erzielen. Um zu prüfen, ob in zuckerfreien, säurehal- tigen Peptonlösungen die Hemmung der Farbstoffbildung als Wirkung der vom Pepton abgespaltenen Ammoniumsalze aufzufassen oder auf andere Faktoren zurückzuführen ist, wurde die auf Seite 318 er- wähnte Lösung mit Zusatz von 1°, NH,CI in Anwendung gebracht. In dieser Lösung wurde, die Farbe vom Pilz gebildet, war aber be- deutend schwächer als in der Kontrollösung, die keinen Zusatz von Ammoniumsalz enthielt, so dafs also den Ammoniumsalzen nicht eine unbedingt hemmende Wirkung auf die Farbstoffbildung zugesprochen werden kann. Alle oben beschriebenen Ergebnisse führen zu dem Schlusse, dafs die Produktion der roten Farbe nicht streng gebunden ist an die Gegenwart und Wirkung begrenzter Gruppen von Nährstoffen, sondern dafs die Pilze die Farbe in jedem Nährmedium bilden können, wofern im übrigen — Temperatur, Sauerstoff, Reaktion des Nähr- bodens — die für Pigmentbildung günstigen Bedingungskombinationen den Pilzen geboten werden. Damit sind jedoch graduelle Unter- schiede in der Wirkung verschiedener Nährmaterialien auf die Pig- mentbildung selbstverständlich nicht ausgeschlossen, da manche Nähr- stoffe vom Pilze schneller verbraucht werden und schneller zur Farbstoffbildung führen als andere. Andererseits machen es die Versuche mit NH,Cl und mit sauerer Peptonlösung wahrscheinlich, dafs die Anhäufung gewisser Produkte, wie z. B. Ammoniumsalze und Ammoniakderivate, die Bildung der Farbe verhindern kann, auch wenn die Lösung noch sauer ist und somit die ander- weitigen Bedingungen für die Farbstofbildung günstig sind. b) Reaktion des Nährmediums (Alkaleszens resp. Acidität). Obwohl die Reaktion des Nährmediums streng genommen eine Frage der Zusammensetzung ist, so schien es doch besser, diesen Punkt getrennt zu behandeln. Aus der vorhergehenden Darstellung ist es zu ersehen, dafs diejenigen ‘Stoffe, welche schnell alkalisch‘ werden, für die Produktion des Farbstoffes besonders ungünstig sind. Unsere Aufgabe wird dabei eine zweifache sein: erstens wird der Einfluss von Alkalizusatz, zweitens die Wirkung eines ange- säuerten Nährbodens zu untersuchen sein. . I. Was die erste Frage betrifft, so dürfen wir an die früheren Versuche anknüpfen, durch welche gezeigt wurde, dafs auf alka- lischen Nährböden keine Farbstoffbildung eintritt. Zu prüfen ist nunmehr, wie sich die Pilze verhalten, wenn Nährböden, die an sich 321 für die Pigmentbildung günstig sind, durch Zusatz von Ätzalkalien oder dergleichen alkalisch gemacht werden. Die Versuche ergaben anscheinend widersprechende Resultate; während bei Reis- und Glukosekulturen, welche an sich beide die Farbstoffbildung fördern, der Zusatz von Alkali (KOH) ohne wesent- lichen Einflufs auf die Pigmentbildung blieb, erwuchsen auf Rohr- zucker farblose Kulturen, wenn das Nährmedium alkalisch gemacht wurde. Die Erklärung dafür fand ich darin, dafs beim Sterilisieren die Glukose und die im Reis enthaltenen Saccharide von den Ätzal- kalien gespalten werden und durch die sauren Spaltungsprodukte die Lösung neutralisiert wird, so dafs in Wirklichkeit, trotz des KOH- Zusatzes,. keine alkalische, sondern eine saure Lösung vorliegt. Zur quantitativen Untersuchung des Einflusses der Alkalien war daher nur die unzersetzbare Rohrzuckernährlösung brauchbar, mit der folgende Versuche angestellt wurden. Ich ging von folgender Stammlösung aus: Rohrzucker . . . . 5,7g Asparagin. . . .. 0O,1g KNO; MgS0, je 0,058 Zusatz von Wasser bis auf 100cem. Um die Wirkung von Alkalien zu prüfen, wurde statt eines Teils des Wassers N-Kalilaugelösung bei Herstellung der Lösungen ver- wandt. Die Lösungen enthielten dann 10, 6, 5, 4, 3, 2, 1, 0,5, 0,8, 0,2, 0,1, 0,05, 0,02, 0,01 Prozent N.KOH. Nach Verlauf von 11 Tagen zeigte sich keine Farbenentwicklung in den Lösungen, die 0,2%, und mehr N.KOH enthalten hatten. Bei der Titrierung konnten in diesen Kulturen statt der ursprünglichen 0,2 °/, nur noch 0,05 °/, Normalalkali nachgewiesen werden; das übrige war durch die Säureproduktion des Pilzes neutralisiert worden.!) Die KOH-freie Kontrollkultur war schon 1) Bei dem gröfsten Teil der zahlreichen Titrationen wurde Rosolsäure als Indikator benutzt. Die Lösung wurde in Übereinstimmung mit der Formel von A. Meyer (03, pag. 96) hergestellt wie folgt: Rosolsäure . 2... .. 025g 960), Alkohol . . . . .„ 50ccm Zur Lösung werden hinzugefügt Wasser 50cem. Die angewandten Reagentien waren 1/10 und 1/100 Normallösungen von Kalilauge und Schwefelsäure. Bei der Titration alkalischer Lösungen wurden sie durch Zusatz einer genau abgemessenen Menge Säurelösung — etwa doppelt so viel als nötig ist, um die alkalische (rosa) Farbe der Rosolsäure zum Schwinden zu bringen — sauer gemacht. Die Lösung wurde dann mit der Kalilaugelösung titriert, bis die rosa Farbe wieder erschien, 22% 322 am dritten Tage mit einem rotvioletten Mycel gefüllt. In der Lösung, die zu Anfang 0,1°, Normalalkali enthalten hatte, blieb das neue Mycel nach 11 Tagen ganz weils, das kleine Stück Mycel, das zur Impfung der Kultur gedient hatte, war blau geworden. Die "Lösung enthielt jetzt zwischen 0,02 und 0,05°, Normalalkali. Bei Kultur des b-Pilzes auf 0,05, 0,02 und 0,01%, N-Alkali wurden zwei ver- schiedene Versuchsreihen angestellt: das eine Mal wurde farbloses Impfmaterial einer alkalischen Kultur entnommen, das andere Mal wurden farblose Mycelteile aus einer Reiskultur benutzt. Beide Kul- turen mit 0,01°/, Normalalkali waren nach ungefähr 50 Stunden blafsviolett, sie enthielten dann ungefähr 0,015 %, Normalsäure. Die zwei weiteren Kulturen mit dem Mycel aus der alkalischen Kultur blieben farblos, obschon auch sie etwas sauer waren (ungefähr 0,002—0,003 %, Normalsäure). Die beiden letzten, die mit Mycel aus der Reiskultur geimpft waren, enthielten 0,005 %, und 0,0025 %, Nor- malsäure statt der ursprünglichen 0,02 °/, und 0,05 °/, Normalalkali; in der ersten war das ganze Mycel, in der zweiten nur das Impf- mycel rosa gefärbt. Der Konzentrationsgrad, bei welchem die Pro- duktion von rotvioletter Farbe seitens des neuen Mycels möglich ist, schwankt somit zwischen 0,005 °/, und ungefähr 0,002 %, Normalsäure. Wenn Mycel von einer sauren (Reis-) Kultur genommen wird, so kann das violette Pigment in einer Nährflüssigkeit mit 0,02%, bis 0,05 %, Normalalkali erzeugt werden. In einem auch nur schwach alkalischen Nährmedium kann das sich neu entwik- kelnde Mycel die rote (oder violette) Farbe nicht bil- den; dagegen kann das noch weise, in einer säurehaltigen (z. B. Reis-) Kultur entwickelte Mycel in sehr schwach alkalischen Nähr- lösungen einen violetten Farbstoff erzeugen. Dabei mufs vielleicht die neutralisierende Wirkung der im Mycel enthaltenen, aus der Reis- kultur stammenden Säure in Betracht gezogen werden oder an die Existenz eines auf Reis gebildeten Chromogens gedacht werden, das auch auf schwach alkalischen Medien noch Pigment liefert, ohne auf solchem selbst neu gebildet zu werden.t) II. Während die in Rede stehenden Pilze sehr empfindlich sind für Alkali, zeigen sie Säuren gegenüber geringere Empfindlichheit. Das Wachstum wird gehindert oder zurückgehalten je nach dem Grad des Säuregehaltes. Für die Farbbildung wird dabei die Grenze 1) Mycel aus alkalischen Medien bildet in schwefelsäurehaltigem Wasser keinen Farbstoff. Es scheint also auf alkalischem Substrat kein Chromogen ge- bildet zu werden. 323 früher erreicht als für das Wachstum. Folgende Tabelle führt die für Farbstoffbildung und Wachstum giltigen maximalen Grenzkonzen- trationen in Prozent der Normalsäure an. Die letzten vier Säuren werden von dem Pilz als Nahrung benutzt, während die ersten drei nur wenig verbraucht werden. Maximale Säurekonzentrationen für Farbbildung und Wachstum, a-Pilz, Maximum für b-Pilz, Maximum für Säure Farbe Wachstum Farbe Wachstum Phosphor |zwischen 1,95—3,6| zwischen 8,6—6,9 bis zu 5 bis zu 5 bis zu 51) Oxal... . |zwischen 0,61—0,95|zwischen 1,95—3,6 Schwefel. |zwischen 1,95— 2,5] zwischen 2,5—3 |zwisch, 2,28—2,5| zwischen 2,53 China. . . jetwas mehr als 1,82 "5,16 8,18 5,16 Apfel... weniger als 10 über 102) Wein.. weniger als 10 über 102) Zitronen . weniger als 10 über 102) Die zweite Tabelle zeigt, dafs durch zunehmende Konzentration der Säure (Hz90,) die Farbenbildung zeitlich stark verzögert wird. Die Konzentrationen werden in Prozenten der Normalsäure an- gegeben. Verzögerung der Farbebildung bei zunemenden Konzentrationen normaler Schwefelsäure. 0,50%, 10 1,5% - 2,50 a-Pilz |nach 4 Tagen | nach 9 Tagen | nach 17 Tagen | nach 17 Tagen | nach 27 Tagen blafsrot blafsrot rot blaferot noch nicht ge- färbt b-Pilz |nach 4 Tagen | nach 4 Tagen | nach 9 Tagen | nach 17 Tagen | nach 23 Tagen gefärbt, blafsrot blafsrot intensiv rot blafsrot in einem 2,Ver- such schonnach 3 Tagen Dafs die Intensität der Farbstoffbildung nicht proportional zu der des Wachstums ist, zeigt ein Vergleich der Schwefel- und Phos- phorsäurewirkung. Zu der Nährlösung, die auf pag. 318 beschrieben ist, wurden bei zwei Kulturen des b-Pilzes je 0,5%, N-Schwefel- säure und Phosphorsäure zugesetzt. In der ersten bildete der Pilz 1) Eine zweite Reihe von Experimenten ergab diese auffallend hohen Werte. 2) Die maximalen Grenzwerte für das Wachstum wurden nicht näher bestimmt, 324 in drei Tagen auf dem Boden der Flasche eine ca. lmm Schicht Mycel, die aus unzähligen kleinen scharlachroten Kolonien bestand. In der Phosphorsäurekultur wurde die Flüssigkeit etwa zu einem Drittel mit kräftigem weilsem Mycel erfüllt. Am siebenten Tage hatte sich eine Schicht Mycel auch an der Oberfläche gebildet, aber erst am 12. Tage erschienen am Rande der oberen Mycelschicht einige rote Flecke. Das Wachstum in der Schwefelsäurekultur war dabei nicht weiter vorgeschritten als das der Phosphorsäurekultur am vierten Tage. Eine Kultur, die 2°, N-Phosphorsäure enthielt, glich nach drei Tagen der gleichalterigen Kultur mit 0,5%, N-Schwefelsäure — nur dafs die Farbe bei jener schwächer war. Das nachfolgende Wachstum der Phosphorsäurekultur war zwar viel kräftiger. als das auf Schwefelsäure, aber erst nach weiteren sechs Tagen wurde bei ihr blafs- und stellenweise scharlachrote Färbung sichtbar. Die Kulturen, die. 5%, N-Phosphorsäure enthielten, wuchsen langsam, erzeugten aber ihre Farbe schon innerhalb neun Tagen. Phos- phorsäure unterscheidet sich also in ihrer Bedeutung für Farbstoffbildung und Wachstum des Pilzes nicht unwesentlich von der Schwefel- und anderen Säuren. Die Erklärung dafür liegt vielleicht darin, dafs die Schwefelsäure je nach den Konzentrationen das Wachstum stets mehr oder weniger verlangsamt, ohne die Farbenbildung zu unterdrücken.- Bei schwä- cheren Konzentrationen von Phosphorsäure bewirkt der Phosphor- gehalt kräftiges Wachstum. Dabei wird der Sauerstoff verbraucht, so dafs der Pilz nur an der Oberfläche Farbstoff produzieren kann. Bei den höheren Konzentrationen von Phosphorsäure wird das Wachs- tum wie bei Schwefelsäure durch die hohe Acidität gehemmt; da infolgedessen der Sauerstoffverbrauch gering ist, kann die Farbstoff- bildung eher eintreten als in den kräftiger wachsenden Kulturen, Bei noch höherer Konzentration hemmt die Phosphorsäure das Wachs- tum gänzlich, c) Einflufs des osmotischen Druckes. Bei den soeben beschriebenen Versuchen wurde durch Zusatz bestimmter Stoffe in verschiedenen Quantitäten vor allem der Grad der Alkalescens und Acidität im Nährmedium beeinflufst und sein Einflufs auf das Wachstum der Pilze usw. zu ergründen gesucht. Es bleibt noch übrig, den Einflufs des osmotischen Druckes zu studieren, der bei Zusatz von osmotisch wirksamen Substanzen zur Wirkung kommt und der, wie bekannt, Wachstums- und Gestaltungsvorgänge bei Organismen stark zu beeinflussen vermag. 325 Zu diesem Zweck wurden Versuche mit NaCl angestellt derart, dafs der Salzgehalt der Kulturen zwischen 1 und 18°, schwankte. Es zeigte sich, ‘dafs beide Pilze auch auf Nährböden von hohem osmotischen Druck wachsen können. Farbstoffbildung trat aber nur in Kulturen von 1—8°), auf; je höher die Konzentrationen, um so später färbte sich die Kultur. Zeit der ersten Erscheinung der Farbe bei verschiedenen osmo- tischen Drucken, Prozentgehalt von Na0l 1% | 2% 3% 5% 6% 8% . nach nach nach nach a-Pilz 4 Tagen 4 Tagen 8 Tagen | 16 Tagen b-Pil zufällig nach nach nach nach nach “r mifsglückt | 4 Tagen 8 Tagen 8 Tagen | 12 Tagen | 12 Tagen Bei 10°), Chlornatrium wurde auch nach 21 Tagen keine Farbe gebildet, das Wachstum war noch gut. Bei 12°), war das Wachstum langsam, bei 14°), sehr spärlich und bei 16°, und mehr wuchs der Pilz gar nicht. Die drei letzten Versuchsreihen wurden nur mit dem b-Pilz angestellt. — Die Farbe erschien bei beiden Pilzen zuerst in dem Mycel das nahe der Oberfläche war und entwickelte sich in dem untergetauchten Mycel einige Tage später. Beim a-Pilz blieb das - untergetauchte Mycel in den Kulturen mit 3—5%, Salz farblos. Bei dem b-Pilz wurde in den Kulturen von 6°, Salz an kein ober- flächliches Mycel mehr gebildet. “ Allen Kulturen lag die auf pag. 318 genannte Lösung zugrunde. Nach Abschlufs der Experimente wurden die Lösungen titriert, Es zeigte sich, dafs die von den Pilzen produzierten Säuremengen sehr gering waren (0,2—0,4%, N-Säure), so dafs sie für den be- schriebenen Ausfall der Versuche nicht verantwortlich gemacht werden können. d) Einflufs der Luft (des Sauerstoffs). Wir haben schon darauf hinweisen müssen, dafs bei Kultur in flüssigen Medien die rote Farbe gewöhnlich zuerst in dem oberfläch- lichen Teil des Mycels erscheint; in dem untergetauchten Mycel erschien sie nur, wenn es locker war, und die Oberfläche nicht von einer. dichten Masse Mycel bedeckt war. Legen sich die oberfläch- lichen Mycelschichten in Falten, so bleiben an ihnen die untergetauchten Teile weils, die in die Luft hervorragenden werden farbig. Dem- 326 entsprechend wird die rote Farbe in einer Kultur auf festem (2 °,) Agar, wo das Mycel imstande ist, sich über die Oberfläche des Agar zu verbreiten und Lufthyphen zu bilden, eher hervorgebracht als auf einem halbflüssigen (0,5%), in dem alle Hyphen untergetaucht sind. Diese Beobachtungen scheinen zu zeigen, dafs bei beiden Pilzen die Farbenproduktion im Gegensatz zum Wachstum vom Zutritt reich- licher Luftmengen abhängig ist. Wir prüfen zunächst die Abhängigkeit des Wachstums vom Sauerstoff. Mycel von beiden Pilzen, das in einer Lösung von Glukose 5%)+Knop (0,2%) kräftig gedieh, wurde in eine frische Lösung von ähnlicher Zusammensetzung versetzt und bei 26--30°C, an- aerob kultiviert; es setzte sein Wachstum fort, wobei sich viele CO;- Blasen entwickelten. Das Mycel bildete viele Mikrokonidien, aber blieb farblos. Bei dem b-Pilz war Wachstum und Gasentwicklung kräftiger als bei dem a-Pilz. Nach 39 Tagen fand sich in den Lö- sungen beim a-Pilz ungefähr 0,3%, Alkohol und 0,78 %%, N-Säure, beim b-Pilz 0,9%, Alkohol und 0,91 %,, N-Säure. “Der Einflufs des Sauerstoffes auf die Pigmentbildung läfst sich auf verschiedene Weise feststellen. Wenn farbloses Mycel 4—5 Tage nach der Impfung seiner Nährlösung entnommen, ausgewaschen und in eine feuchte Kammer gebracht wird, so erscheint die rote oder ‘ violette Farbe oft innerhalb 24—48 Stunden, während in der Lösung die Farbe erst 3-5 Tage später erscheint.?) Um den Einflufs verminderten Druckes auf die Farbenbildung zu studieren, wurden Kulturen auf gekochtem Reis angelegt; nach 20 Stunden, wenn sich annehmen liefs, dafs das Mycel auf seinem neuen Substrat zu wachsen begonnen hatte, wurden die Kulturen evakuiert. Es stellte sich heraus, dafs bei einem Luftdruck von 160mm Hg (einschliefslich des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes) beide Pilze langsamer wuchsen als gewöhnlich, aber noch die rot- violette Farbe bilden konnten. Bei einem Druck von 65-72 mm entwickelte sich die Farbe 'nur noch sehr spärlich; das Wachstum war gering. Bei einem Druck von anfangs '13,2mm, der im Laufe eines Monats auf 44,6mm stieg, blieb das Mycel farblos. Auch in der auf pag. 318 beschriebenen Nährlösung wurde keine Farbe bei einem Druck von 23—27 mm gebildet; der Pilz wuchs langsam, blieb aber normal. Bei völliger Abwesenheit von Sauerstoff — z. B- in —— S 1) Dieser Versuch versagt oft — besonders im Winter, wenn die Ver- brennungsprodukte des Gases im Laboratorium sich anhäufen. — Man vergleiche die entsprechenden von Richter (03) an höheren Pflanzen gewonnenen Ergebnisse. 327 . einem geschlossenen Gefäfs mit alkalischer Pyrogalluslösung — wach- sen die Pilze auf Reis überhaupt nicht. e) Einflufs der Temperatur. Die von mir angestellten Experimente, durch welche die Tem- peraturgrenzen der Farbeproduktion ermittelt werden sollten, sind nicht zahlreich genug, um die Frage endgültig zu entscheiden. Bei einer Temperatur, die von 11° C. im Laufe mehrerer Wochen auf 7,1° C. sank, erschien nach 44 Tagen die rotviolette Farbe in einer Glukosekultur; eine entsprechende bei 15—22° C. gehaltene Kultur war schon nach 15 Tagen farbig. Bei Temperaturen zwischen 3° und 6°C. fiel das Wachstum sehr schwach aus, die Farbenproduktion blieb ganz aus. Bei noch tieferen Temperaturen hörte auch das Wachstum völlig auf. Die oberen Grenzen der Wachstum- und Farbenproduktion fallen beinahe zusammen und werden mit ungefähr 37°C. erreicht. Das Optimum für Wachstum und Farbbildung scheint zwischen 20° und 30° zu liegen. f) Einfluls giftiger Stoffe. Um den Einflufs giftiger Stoffe zu ermitteln, wurden — aus- gehend von der üblichen Nährlösung — nur wenige Versuche angestellt. Die angewandten Gifte waren: Koffein 0,1%; CuSO, 0,2%, 0,1%, 0,01%; HgCls 0,001°],, 0,002], 0,004 %,, 0,006 %,, 0,008 9, und 0,01°%%,; ferner von schwefelsaurem Chinin sehr schwache Lö- sungen und Strychnin in Solutionen von weniger als 0,1 %,.') Im Chininsulfat wuchsen beide Pilze und brachten ihre Farbe regelrecht hervor, desgleichen der b-Pilz in der Strychninlösung.?) Bei Koffein war das Wachstum normal, die Pigmentbildung blieb noch nach 19 Tagen aus. Der Säuregehalt der Kultur (0,56%, N-Säure) war zu schwach, als dafs ihre Farblosigkeit auf ihn sich zurück- führen liefse. Bei 0,001°/, HgCl; war der a-Pilz deutlich affieiert, das Mycel bildete keine zusammenhängende Masse, sondern bestand, wie bei höherem Schwefelsäuregehalt, aus sehr zahlreichen Kolonien, die ihre Selbständigkeit lange beibehielten. Die rote Farbe wurde hervor- gebracht. Bei dem b-Pilz war das Wachstum nahezu normal, sein Mycel rot. Bei 0,01°%, wuchs keiner der beiden Pilze. Die da- 1) Schwefelsaures Chinin wurde in der Hitze gelöst. Beim Erkalten schied sich der weitaus gröfste Teil in Kristallform ab. — Auch die Strychninsolutionen waren konzentriert, ein ungelöster Teil der Substanz blieb als Bodensatz im Kulturgefäfs, 2) Mit dem a-Pilz wurden keine Versuche angestellt, 328 zwischenliegenden Konzentrationen wurden mit dem b-Pilz allein geprüft. Von 0,004°), an aufwärts war kein Wachstum mehr möglich. Bei 0,002°/, entwickelten sich sehr viele kleine untergetauchte rote Kolonien. Auf CuSO, wuchs der b-Pilz gut bei 0,01°/,, ziemlich gut noch bei 0,1°/,; die Hyphen wurden besonders an den äufseren Enden nach fünf Tagen violettblau. In 0,2%, Lösungen war das Wachstum spärlich und lieferte gesonderte Kolonien, die einige Tage lang farblos blieben, schliefslich aber auch violett wurden. All diese Kulturen waren deutlich sauer (Lakmus), Beim Behandeln mit Salzsäure verschwindet ihre violette Farbe, das Mycel wird scharlach- rot. Nach Auswaschen wird es in einer wässerigen Lösung von CuSO, von neuem blau. Dasselbe geschieht bei Behandlung des roten Mycels mit Kalilaugelösung. Die blaue Farbe scheint in diesem Fall von dem Kupfersalz des Farbstoffes verursacht zu sein. Die vorigen Experimente waren nicht mannigfaltig, noch zahl- reich genug, um allgemeine Schlüsse zu gestatten. Wir beschränken uns darauf, auf die hohe Widerstandsfähigkeit der Pilze gegen manche Metallgifte aufmerksam zu machen, B. Die orangegelbe Farbe. Die orangegelbe Farbe wird nur von den a- und b-Pilzen und von den Neocosmosporaarten gebildet; an dem Fusarium culmorum wurde .sie nie beobachtet. Bei Neocosmospora begnügten wir uns mit dem Nachweis seines Auftretens, mit dem a- und b-Pilz wurden ein- gehende Versuche zur Erforschung der Bedingungen angestellt, unter welchen das Pigment gebildet wird, — besonders mit dem a-Pilz, der die Farbe viel reichlicher erzeugt als der b-Pilz. a) Wirkung des Substrate. Die Farbe wird auf allen untersuchten Substraten gebildet, wo- fern die Kultur dem Licht ausgesetzt blieb. Geprüft wurden: ge- kochte Kartoffeln und Mohrrüben mit und ohne Hinzufügung von Apfelsäure, Reis, Mais, Weizen, verschiedene Agarkombinationen, Lösungen von Rohrzucker, Glukose, Pepton, Asparagin, saurem apfel- saurem Ammonium, asparaginsaurem Natrium usw. Bei nucleinsaurem Natrium und bei Kreatin war kaum Wachstum nachweisbar und die Kultur nicht merkbar gefärbt. Der Säure-. oder Alkaligehalt des Kulturmediums ist ohne Ein- flufs auf die Entwicklung der Farbe; überhaupt ist die Bildung der orangegelben Farbe gänzlich unabhängig von der Zusammensetzung des Nährmediums, = 829° Altes in die trockene Luft hervorragendes Mycel bildet die Farbe viel weniger und von geringerer Intensität als neues auf einem nassen - Substrat liegendes, .aber nicht untergetauchtes Myecel. b) Einflufs der Wellenlänge und Intensität des Lichtes. Die zu den Versuchen bestimmten Reagenzgläser wurden mit Agar von folgender Zusammensetzung beschickt: 2%, Agar 90ccm 2% Knop 10ccm Glukose 3g wurden sterilisiert und mit schräger Oberfläche zum Erstarren gebracht. Kulturen auf diesem Medium wurden unter einer mit ammoniakalischer Kupferoxydullösung angefüllten Senebier’schen Glocke schon innerhalb 24 Stunden intensiv orangegelb gefärbt, desgleichen hinter Lösungen von Chininsulfat in schwefelsäurehaltigem Wasser. Unter doppelt- chromsaurem Kali blieb die Farbe aus oder erschien nach vier oder fünf Tagen in schwacher Nuance. Genaue Messungen der für die Farbenproduktion erforderlichen Lichtintensität liefsen sich aus tech- nischen Gründen nicht durchführen. An einem trüben Märztage wurde eine Pilzkultur-12 Stunden lang dem Lichte ausgesetzt; die schwache Belichtung genügte bereits, um deutliche Färbung hervorzubringen. Bei längerem Aufenthalt in direktem Sonnenlicht verschwindet schliefs- lich die orangegelbe Farbe, wahrscheinlich weil nach dem Tode der Zellen der Farbstoff selbst durch das Licht zerstört wird. ce) Einflufs der Luft. In Kulturen des a-Pilzes in Nährlösungen beschränkt sich die orange Farbe zunächst auf die oberflächlichen Schichten des Mycels, nur die oberen 2 oder 83mm des Mycels erscheinen farbig. Tief unter- getauchtes Mycel wird nur gefärbt, wenn es beständig durch einen Strom von Luftblasen mit dem nötigen Sauerstoff versehen wird. Taucht man ein mit Paraffin verschlossenes Reagenzglas mit kräftig wachsendem Mycel im Sonnenlicht unter Wasser, so bleibt die Kultur farblos, während in einem nicht versiegelten, nur bis zum oberen Rande in Wasser getauchten Glas das Mycel sich bald färbt. Da diese Versuche es noch fraglich liefsen, ob die gesteigerte Transpirationstätigkeit oder der geförderte Luftzutritt den mafsgeben- den Faktor abgibt, wurden noch folgende Experimente angestellt: Petrischalen mit Glukose + Knoplösung wurden geimpft und ins Dunkle gesetzt, bis die Oberfläche der Flüssigkeit mit einer dichten Schicht _ Mycel bedeckt war. Der Deckel wurde dann entfernt und die Schale in ein Gefäfs mit Chlorcaleium gesetzt. Trotz der starken Transpi- "380 ration bildete sich keine orange Farbe. Durch eine grofse Erlenmeyer- . flasche, die ein ähnliches Mycel enthielt, wurde ferner vermittelst ein- geführter Glasröhren während des Tages ein ununterbrochener Luft- strom geleitet derart, dafs die trockene Laboratoriumsluft gerade auf die Oberfläche des Mycels. hinabgeleitet wurde und dauernd auf sie wehte. Die Kultur blieb im Dunkeln. Selbst nach einer Woche er-. schien noch keine Farbe. Die durch die Belichtung erhöhte Transpi- ration scheint hiernach nicht die Ursache der Farbenbildung gewesen zu sein. Inwieweit der Sauerstoff der Luft von Einflufs ist und welchen Einflufs andere Gase auf die Farbstoffbildung haben, wurde durch folgende Versuche zu ermitteln gesucht. Mit Agar beschickte Reagenz- gläser wurden mit dem a-Pilz geimpft. Nachdem die Oberfläche sich mit Mycel bedeckt hatte, wurde eines zugeschmolzen, ein zweites mit CO;, ein drittes mit H gefüllt. Die Gase wurden eine Stunde lang hindurchgeleitet, dann wurden die ab- und zuleitenden Röhren zuge- schmolzen. Die Kulturen wurden ins Licht gestellt. Am nächsten Morgen zeigte sich in dem lufthaltigen Glas trotz des trüben voran- gegangenen Nachmittags bereits intensiv orange Farbe, die beiden anderen waren farblos. Erst nach drei Tagen, nachdem der Wasser- stoff etwas hinausdiffundiert war, zeigte die Wasserstoffkultur etwas Farbe, die CO,-Kultur blieb viele Tage lang farblos. Die Versuche beweisen, dafs Sauerstoff und Licht für die Bildung der Orangefarbe nötig sind. In den Kulturen mit vermindertem Luftdruck erschien im all- gemeinen die orange Farbe langsamer und fiel blasser aus als unter normalen Verhältnissen. Erst bei einem Druck von 19—22 mm Hg blieb die Farbstoffbildung aus, auch das Wachstum war unter diesen Bedingungen sehr spärlich. d) Einflufs des osmotischen Druckes. Um die Wirkung gesteigerten osmotischen Druckes zu prüfen, wurden verschiedene Mengen von Chlornatrium zu der oben erwähnten Agarmischung (s. pag. 329) zugesetzt und die Kulturen dem Licht ausgesetzt. Bis zu 4%, NaCl war keine Wirkung erkennbar; bei höherem Prozentgehalt wurde das Wachstum des Pilzes sehr gehemmt; bei 12,5°, war das Wachstum aufserordentlich langsam, doch die Farbe erschien noch. Über diese Konzentration hinaus fand kein Wachstum mehr statt, Ähnliche Kulturen mit 8,70], und 10,2%, NaCl entwickelten im Dunkeln keine Farbe. — Die Versuche wurden durch- wegs nur mit dem a-Pilz angestellt. 331 C. Der Farbstoff von Fusarium culmorum. Zum Schlufs sollen die an den Sesampilzen und Neocosmospora gewonnenen Resultate noch mit einigen an Fusarium culmorum ge- sammelten Erfahrungen verglichen werden. Die Untersuchungen an diesem sind noch keineswegs abgeschlossen; vielmehr sollen später an dieser wie an anderen farbstoffbildenden Fusariumarten die Studien wieder aufgenommen werden. Auf gekochtem Reis wächst der Pilz schnell; die Hyphen werden gelb mit einem Stich ins Braune; nach einigen Wochen wer- den sie stellenweise rot. In der auf pag. 318 beschriebenen phosphor- freien Nährlösung, in welcher beide Sesampilze ihren roten Farbstoff - sehr schnell bilden, wächst Fusarium culmorum etwas langsamer als diese und wird gelb. Beim Altern der Kultur verliert die Nährlösung ihre schwache Acidität und die Farbe geht in Rotviolett über. Auf Agar +Pepton, Glukose und Knoplösung entwickelt der Pilz inner- halb weniger Tage rosafarbiges Mycel, desgleichen auf Gelatine + Pep- ton und Glukose. In beiden Fällen bildet der Pilz im Gegensatz zu den Sesampilzen seine alkalische (rotviolette) Farbe direkt, d. h. ohne vorher seine saure Farbstoffmodifikation gebildet zu haben. Ein weiterer Unterschied zeigt sich in dem Verhalten des Fusarium culmorum auf alkalisch reagierende Nährböden. Bei den Sesampilzen wird die Farbbildung durch die Alkaleszenz des Nähr- bodens gehemmt; Fusarium culmorum bildet dagegen die Farbe auf alkalischen wie auf sauren Medien. Zu der üblichen Nährlösung wurde so viel sterilisierter KOH-Lösung zugesetzt, dafs die Alkaleszens gleich 1°/, normal war.!) In dieser Lösung wuchs der Pilz gut und zeigte (bei 26° C.) nach vier Tagen an der Oberfläche rotviolette Farbe im Mycel. Die Flüssigkeit erwies sich noch als alkalisch (Rosolsäure, Lakmoid). Der b-Sesampilz bleibt bei gleicher Behand- lung farblos. Dafs auch bei Fusarium culmorum die Farbbildung vom Luft- zutritt abhängt, wird dadurch wahrscheinlich gemacht, dafs sich die Farbe (bei Kultur in Flüssigkeiten) zunächst in dem oberflächlichen Mycel entwickelt. In diesem Punkt scheinen alle bisher untersuchten pigmentbildenden Pilze mit einander übereinzustimmen. Ob dabei die Bildung des Farbstoffes wie bei manchen höheren Pilzen (z. B. 1) Die Kalilauge mufs besonders sterilisiert und nach dem Erkalten der sterilisierten Nährlösung zugesetzt werden, andernfalls wird die Glukose zersetzt und die Reaktion verändert. 332 Boletus) mit dem Auftreten irgend welcher Oxydasen sich in Be- ziehung bringen läfst, hoffe ich durch spätere Untersuchungen ent- scheiden zu können. Meine eigenen Versuche wie die der früheren Autoren zeigen, dafs die Zusammensetzung des Nährbodens nicht in ällen Fällen der entscheidende Faktor für die Farbbildung darstellt. Doch scheinen gewisse chemische Gruppen (wie Kohlehydrate) fördernd auf die Farbstoffproduktion zu wirken. Starke Alkaleszens scheint allgemein hemmend zu wirken, starke Acidität ist weniger ungünstig für die Farbbildung. Künftige Untersuchungen über die Physiologie der Farbstoff- bildung werden zweifellos zur Aufstellung von Pilzgruppen führen, die sich von einander durch ungleichartiges Verhalten der Pilze äufseren Faktoren gegenüber unterscheiden werden. Als zusammengehörig erkannten wir bereits die Sesampilze und die Neocosmosporaarten, eine Gruppe, die sich wesentlich von Fusarium culmorum und dem Malzschimmel unterscheidet, die ihrerseits wieder in manchen Punkten übereinzustimmen scheinen. Einige Erfahrungen an unbestimmten Fusariumarten haben ferner gezeigt, dafs noch weitere „Gruppen“ exi- stieren, deren Kenntnis später wohl auch auf die Systematik der morphologisch schwer unterscheidbaren Formen fördernd wirken wird. Zusammenfassung. Verschiedene Spezies von Pilzen, die nach ihrer Conidienbildung zu der Gattung Fusarium gehören, bringen bei verschiedenen Sub- straten unter verschiedenen Bedingungen rote, violette, blaue, orange und gelbe Farben hervor. ' Das rote Pigment der vom Sesamum isolierten Fusarien (a und b-Pilz) und der Neocosmospora ist eine saure Verbindung, löslich in Alkohol und vielen andern Lösungsmitteln. Seine Salze sind meist violett. gefärbt und unlöslich in den genannten Medien, löslich nur in den Salzen einiger organischer Säuren. Die .unter dem Einflufs der Lichtwirkung. durch dieselben Pilze gebildete Orangefarbe ist kein Lipochrom. Ihre ‚nähere chemische Natur konnte nicht festgestellt werden. Der Farbstoff von Fusarium culmorum hat eine saure, gelbe und eine violette alkalische Modifikation. Die saure Form scheint eine schwache organische Säure zu sein, und ist wenig löslich in Alkohol oder Wasser; die alkalische löst sich in alkoholischen und und wässerigen Solutionen von Alkalien. 338 Die Bildung des roten oder violetten Pigments durch beide Sesampilze und Neocosmospora ist nicht von der Zusammensetzung der Kulturmedien abhängig. _Farbloses Mycel aus einer sauren Kultur wird auch nach Übertragung in sehr schwach alkalische Nähr- flüssigkeit farbig; Mycel, das von Anfang an in alkalischem Nähr- medium sich entwickelt hat, bleibt dauernd farblos. Durch sehr starke Acidität des Nährbodens wird die Farbbildung gehemmt. Sauerstoff ist für die Farbstoffbildung unerläfslich, doch wachsen die Pilze unter günstigen Bedingungen anaerob. Durch Steigerung des osmotischen Druckes des Nährmediums über die oben festgestellte Grenze hinaus wird die Bildung des roten Pigments unmöglich ge- macht, desgleichen durch extrem hohe oder niedere Temperaturen. Die Temperaturgrenzen fallen für die Pigmentbildung mit den für das Wachstum fast zusammen. Gewisse giftige Stoffe hindern die Bildung des Pigments gänzlich, andere erst in Konzentrationen, welche das Wachstum des Pilzes stark zurückhalten. Die orange Farbe wird von den Sesampilzen und Neocosmo- sporaarten unter dem Einflufs des Lichtes auf allen Nährmedien her- vorgebracht. Die Reaktion des Mediums hat keinen Einfluls auf die Bildung der Farbe. Die wirksamen Strahlen sind die der blauen Spektrumhälfte. Freier Sauerstoff ist für die Farbbildung unerläfslich. Durch hohen osmotischen Druck läfst sich die Farbbildung nicht unterdrücken, Der Farbstoff von Fusarium culmorum wird auf ver- schiedenen Nährböden gebildet. Auf alkalischen Medien entsteht die rotviolette Modifikation, auf sauren die gelbe. Schwache Alkaleszens und schwache Acidität des Nährmediums hemmen die Farbbildung nicht. Gegenwart freien Sauerstoffs ist für die Erzeugung des Farb- stoffs unerläfslich. Die vorliegende Arbeit wurde im Botanischen Institut zu Halle a.8. auf Veranlassung und unter Leitung von Herrn Professor Dr. Klebs in der Zeit vom Oktober 1902 bis April 1904 ausgeführt. Es ist mir eine angenehme Pflicht auch an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Klebs für die liebenswürdige Leitung meiner. Studien meinen besten Dank auszusprechen, desgleichen bin ich Herrn Dr. E. Küster für seine vielfache Unterstützung aufrichtig dankbar. Zum Schlusse verweise ich noch auf die Arbeit von T. Milburn „Über Farbenänderungen bei Pilzen und Bakterien“, die gleichzeitig mit der vorliegenden im Botanischen Institut zu Halle entstanden ist und demnächst zum Abdruck kommen wird, 334 Literaturübersicht. (95) Boorsma,W.@., Bydrage tot de kennis van ang khak. Geneeskundig Tijd- schrift vor Nederlandsch-Indie Deel XXXV, pag. 415-435, Batavia 1895. (04) Coupin, Henri et Friedel, Jean, Sur la Biologie du Sterimatocystis versi- „color. ©. R. Acad. d. Sc. Paris, T. OXXXVIII, pag. 1118, 1904. (93) Costantin, J., Eurotiopsis, nouveau genre @’Ascomycetes. Bulletin de la Soeiet6 Botanique de France. Tome 15, pag. 236 ff, 1893. (97) van den Dries, R. Matieros colorantes azot&es chez les Champignons. La Cellule. Tom. 13, fasc. 2, pag. 415—446, 1897. (90) Harz, C, O., Physomyces heterosporus n. sp. Sitzungsber. des Bot. Ver. in München. IV. Monatssitzung. Bot. Centralbl. Bd. 41, pag. 378—379, 405— ai, Taf. 1. 1890. i (03) von Jaczewski, A., Über das Vorkommen von Neocosmospora vasinfecta E. 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(08) Richter, Oswald, Pflanzenwachstum und Laboratoriumsluft, Ber. d. D. Bot. Ges., Bd. 21, Heft 3, pag. 180—194, Taf. 10—12, 1903, (56) Schacht, H., Bericht an das Kgl, Landes-Okonomie-Kollegium über die Kar- toffelpflanze und deren Krankheiten. Berlin 1856. (63) Schacht, H,, Über die Veränderungen durch Pilze in abgestorbenen Pflanzen- zellen. Pringsh. Jahrb. f. w. Bot, Bd. 3. 1863, j (89) Schmidt, Ernst, Ausführliches Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie. Bd. II: Organische Chemie. Zweite vermehrte Auflage. Braunschweig 1889—1890. (99) Smith, E. F,, Wilt Disense of Cotton, Watermelon, and Cowpea. (Neocos- mospora nov. gen.). Bulletin Nr. 17. Division of Vegetable Physiology and Pathology. U. 8. Department of Agriculture. 72 Seiten, 10 Tafeln, Washington 1899. (04) Smith, E, F, and Swingle D, B., The Dry Rot of Potatoes due to Fusarium oxysporum. Bulletin Nr. 55, Bureau of Plant Industry, U. 8. Department öf Agriculture. 64 Seiten, 8 Tafeln. 1904. 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Das verwendete Pflanzenmaterial, soweit es sich um schweize- rische Insektivoren handelte, habe ich jeweilen an Ort und Stelle selbst gesammelt, die übrigen Untersuchungsobjekte sind mir jedoch in liebenswürdiger Zuvorkommenheit nebst einer reichhaltigen Literatur durch meinen hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Hs. Schinz, zur Verfügung. gestellt worden. Ihm verdanke ich ferner zahlreiche wertvolle Ratschläge und Winke. Es ist mir daher eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. Dr. Schinz an dieser Stelle für die Förderung, die er dadurch meiner Arbeit hat angedeihen lassen, meinen aufrich- tigen Dank auszusprechen. Auch dem I. Assistenten im bot. Garten, Herrn Dr. A. Pesta- lozzi, sei herzlich gedankt für die freundschaftliche, liebenswürdige Art, mit der er mir mit seinen reichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Pflanzenstudiums stets hilfreich an die Hand gegangen ist. Ich begann meine Untersuchungen im Juli 1901. Da mir jedoch — infolge Ungunst der Verhältnisse — neben meiner Berufstätigkeit nur wenig Zeit zum Studium übrig blieb, konnte ich meine Arbeit erst Ende Dezember 1903 zum Abschlufs bringen. Dabei gewann ich die Überzeugung, dafs noch viele Unter- suchungen notwendig sein werden, um die vielen Fragen, welche das Leben der Insektivoren an den Botaniker stellt, befriedigend zu be- antworten. Zudem harrt noch eine grofse Zahl 'von Vertretern dieser interessanten Lebewesen ihrer Forscher, trotzdem die Literatur über die insektenfressenden Pfianzen bereits eine Sehr umfangreiche ist. Ich habe folgende Vertreter von Insektivoren einer, genaueren Untersuchung unterzogen: Flora 1904. 23 336 . Pinguicula vulgaris L. . Sarracenia flava L. . Nepenthes Rafflesiana Jack. .Aldrovandia vesiculosa Monti . Byblis gigantea Lindl. . Roridula gorgonias Planch. . Drosera rotundifolia L. . Drosophyllum lusitanicum Lk. ao mon Pinguicula vulgaris L. (Taf. VI, VU, VIIL) Als erste Arbeit nahm ich die Untersuchung der Drüsen von Pinguicula vulgaris an die Hand. Die dabei gemachten Erfahrungen und Beobachtungen legten mir nun die absolute Notwendigkeit einer genauen Untersuchung der Blätter in ihrer Gesamtheit sowie das Studium der Entwicklung der Drüsen nahe. Die daraus hervor- gegangenen Resultate drängten mich sodann weiter zur Beobachtung der biologischen Erscheinungen, wodurch mir erst ein befriedigender Aufschlufs über die verschiedenen, mir anfänglich unklaren anatomi- schen Verhältnisse zuteil wurde. Mit einem Worte: ich fand, dafs meine die vergleichende Anatomie der Drüsen behandelnde Arbeit sich nur in befriedigender Weise zu Ende führen lasse, wenn ich, soweit möglich und notwendig, das Blatt in seiner Gesamtheit einer Untersuchung unterziehe, nicht aber, wenn ich nur die anatomischen’ Verhältnisse der Drüsen getrennt von den übrigen Erscheinungen und Verhältnissen meinen Beobachtungen zugrunde lege. Die Epidermis des Pinguiculablattes besteht aus einer ein- zigen Zellage, deren einzelne Zellen miteinander in lückenlosem Zu- sammenhang stehen. Im allgemeinen sind sie von plattenförmiger Gestalt, weisen jedoch auch Formverschiedenheiten auf, je nach dem Alter und der Blattzone, in welcher sie vorkommen (Taf. VIII). In den Winterknospen sind alle Zellen gleich gestaltet und zeigen Über- einstimmung in allen drei Dimensionen. Das Gleiche ist zu konsta- tieren von den 2—3 Zellreihen des Blattrandes der ausgewachsenen, sowie dernoch im Wachstum begriffenen Blätter; bei letzteren ist nämlich der ganze Rand Vegetationszone. Eine um so grölsere Differenz zwi- schen der Flächen- und Tiefenausdehnung der Zellen zeigt sich, je mehr diese vom Blattrand entfernt und der Mittelrippe angenähert liegen. Gegen die Blattmitte hin weisen die Zellen nämlich die typische Platten- oder Tafelform auf. Ferner besteht ein Unterschied in der-Form bei den 337 Zellen der Blattoberseite und der Unterseite. Taf. VIII Fig. 1, 2, 3und 4 stellen Epidermiszellen der Unterseite dar. Die weder von Drüsen noch von Spaltöffnungen unterbrochenen, längs des ganzen Blattrandes gleich- . artigen Zellen der Blattrandzone bilden 22—-28 Zellreihen. In Fig. 2 ist bei gleicher Vergröfserung eine Partie aus der zweiten Zone dar- gestellt, woraus ersichtlich ist, dafs die Epidermiszellen hier an Gröfse resp. an Flächenausdehnung zugenommen haben; die Tiefenausdeh- nung dieser Zellen hat sich dagegen entweder gar nicht oder nur ganz wenig verändert. Wir haben es also hier mit plattenförmigen Zellen zu tun. Diese Zone ist durchwirkt mit Spaltöffnungen und kleinen rudimentären Drüsen, umfafst 60-75 Zellreihen und ist 4-—6mal so breit als die Randzone. Während in diesen zwei Zonen die beiden Flächenausdehnungen der Zellen annähernd gleich sind, zeigt sich nun ein diesbezüglicher Unterschied in der weiter blatt- einwärts gelegenen Zone. Die Zellen sind hier länger als breit und mehr oder weniger in Bändern parallel zur Mittelrippe geordnet. Die Drüsen treten seltener auf und erscheinen inmitten dieser verhältnis- mälsig grolsen Zellen verkümmert; auch die Spaltöffnungen sind sel- tener geworden. Diese Zone besteht aus 12—16 Zellreihen und ist zweidrittelmal so breit als die Randzone. Es folgen nun Zellen, bei denen uns die Änderung in ihrer Umrifsform auffällt, indem die Ver- tikalwände gegen die Blattmitte hin gerade verlaufen, während sie bis dahin mehr oder weniger stark gewellt waren. Anders sind die Verhältnisse auf der Blattoberseite (Taf. VIIL Fig. 5—8). Die zwei Zellreihen des Blattrandes besitzen nur schwach oder gar nicht gewellte Seitenwände; dann folgt eine Zone von nur 2—3 Zellreihen ohne Drüsen, nachher eine solche von 8—12 Zell- reihen mit Drüsen zu vier Köpfchenzellen, aber ohne Spaltöffnungen, und endlich reiht sich die gröfste, 50—60 Zellreihen umfassende Zone an, welche mit gestielten und sitzenden Drüsen, sowie mit Spaltöff- nungen dicht besetzt ist. Gegen die Mittelrippe hin werden jedoch die Spaltöffnungen seltener ünd auch kleiner. Der Übergang zur Mittelzone zeichnet sich, wie auf der Unterseite, ebenfalls durch läng- liche Zellen mit beinahe gerade verlaufenden Seitenwänden aus, wäh- rend die Zellen der äulseren Zonen stark gewellte Seitenwände auf- weisen. Die Aufsenwände der Epidermiszellen, ausgenommen diejenigen der Mittelinienzone, sind nur ganz unwesentlich dicker als die Seiten- wände, obschon sie mit einem allerdings sehr dünnen Cuticularhäut- chen, welches der Zellulosemembran unmittelbar aufliegt, überzogen *23 338 sind. Dafs namentlich die Aufsenwände der Zellen der Einbiegungs- zone nicht verdickt sein dürfen, findet seine Begründung in der : Fähigkeit der Blattränder, sich einzurollen und wieder auszubreiten. Das Cuticularhäutchen, welches die Transpirationsgröfse herabsetzen mufs, überzieht nicht blofs die Aufsenwand der Epidermiszellen, son- dern auch die Drüsen, letztere in der Weise, dafs der das Drüsen- köpfehen bedeckende Cuticularüberzug von vielen Poren siebartig durchbrochen ist, was sich als absolute Notwendigkeit herausstellt, wenn man sich der Drüsentätigkeit erinnert. Ferner machen die Randzellreihe und die folgende, mitunter auch noch die zweitfolgende Zellreihe der Blattoberseite insofern eine auffallende Ausnahme, als auch sie mit einem siebartig durchbrochenen Cuticularüberzug ver- sehen sind. Die Cutieula, welche hier. wie über den Drüsen äufserst dünn ist, wird also nicht als ununterbrochene, sondern als eine von Poren durchlöcherte Schicht ausgebildet. Die genannten Zellen, und besonders diejenigen des Randes, verhalten sich nämlich wie die Zellen der Drüsenköpfchen, sie sezernieren. Der Blattrand (3—6 Zellreihen) ist selbst bei der Maximalaus- breitung des Blattes immer noch etwas eingebogen und zudem bei lebenskräftigen Pflanzen, analog den in Funktion stehenden gestielten und sitzenden Drüsen, mit einem schleimigen Sekret überzogen. Bei der Einbiegung der Blätter wölben sich die Aufsenwände der Epi- dermiszellen nach oben und senken und strecken sich wieder bei deren Ausbreitung. Umgekehrt verhalten sich die Zellen der Blatt- unterseite. Während die mit sehr dünnen, wellenförmig gebogenen Seitenwänden versehenen Randzonenzellen der Blattunterseite tief ineinandergreifen, nimmt diese typische Zellverkeilung gegen die Mittelrippe hin entsprechend der geringeren Inanspruchnahme der Zellen bei den Blattrandbewegungen ab. Die in der Längsausdehnung verlaufenden Seitenwände aller Zellen der Blattunterseite, besonders auch diejenigen über und längs der Mittelrippe, legen sich beim Ent- rollen der Blätter mehr oder weniger in Falten und strecken sich wieder, wenn der Blattrand die entgegengesetzte Bewegung ausführt (Taf. VIIL Fig. 9). Die Epidermis funktioniert ferner als Wassergewebsmantel. Die dünnen Seitenwände der Epidermiszellen collabieren bei Wasserabgabe und dehnen sich bei Wasseraufnahme wieder aus. Sie besitzen die Fähigkeit abwechslungsweise Wasser aufzuspeichern und wieder ab- zugeben. Da die seitlichen und die mit den Tracheiden zusammen- stofsenden inneren Wände sehr dünn sind, ist eine Flüssigkeitsver- 339 schiebung zwischen Tracheiden und Epidermiszellen einerseits, und anderseits zwischen den Epidermiszellen unter sich, sowie zwischen Epidermis- und Parenchymzellen leicht möglich. Bei eingerolltem Blattrande collabieren die Epidermiszellen der Einbiegungszone der Blattoberseite, während beim Strecken des Blattes die gleiche Er- scheinung auf der Unterseite des Blattes eintritt. Der Notwendigkeit, dafs ein epidermales Wasserreservoir zu den das Wasser vom Boden her leitenden Organen in direkter Verbindung stehe, ist besonders in der Randzone in weitgehendem Malse Genüge geleistet, indem ja alle Randzellen unmittelbar an Tracheidenzellen bezw. Tracheidenzweige stolsen, und zudem verlaufen ja sehr viele Äste des stark verzweigten Gefälsnetzes ebenfalls direkt unter der Epi- dermis (Taf. VI Fig. 1-5, Taf. VII Fig. 7—9, Taf. VIH Fig. 11-16). Der aus beiden Epidermiszellschichten und den von ihnen ein- geschlossenen Tracheidenzellen bestehende äufserste Blattrand ist nicht chlorophyligrün, sondern mattgrau und in starkem Sonnenlicht etwas durchschimmernd. Die Randzellen und die erste, mitunter auch die zwei folgenden Zellreihen der Blattoberseite zeichnen sich durch grofse, kräftige Kerne aus, welche von Strängen körnigen Plasmas getragen werden. Diese sehr plasmareichen Gebilde enthalten nur kleine Va- kuolen, stimmen mit den Drüsenköpfchen vollständig überein und zeigen ebenfalls jene typischen Veränderungen ihres Inhaltes, wie wir sie dort nach der Absorption von organischen Substanzen wahrnehmen; ich bezeichne sie deshalb als Drüsenzellen (Taf. VIII Fig. 11 und Taf. VII Fig. 7). Die vierte und fünfte, bei jungen Blättern event. auch: die sechste Zellreihe enthalten einzelne, die Blattfläche papillen- förmig überragende Zellen, es sind die, bei event, weiterem Wachs- tum des Blattes, zu Drüsen prädestinierten Gebilde, welche ebenfalls in bezug auf Inhalt mit den Drüsenzellen übereinstimmen (Taf. VI Fig.5). Die weiter blatteinwärts folgenden Epidermiszellen hingegen zeichnen sich durch einen dünnwandigen Plasmaschlauch aus, welcher mit klarem, farblosem Zellsaft gefüllt is. Während nun die Epider- miszellen des Blattrandes keine Chlorophylikörper enthalten, finden sich solche gegen die Mittelrippe hin sowohl auf der Unter- als auch auf der Oberseite des Blattes. In den Epidermiszellen der Oberseite lassen sich ferner zarte Plasmastränge nachweisen, welche von Zelle zu Zelle gehen und so nicht nur alle Epidermiszellen in kontinuierliche Verbindung setzen, sondern auch die Drüsen der Blattoberseite mit- einander verbinden, indem sie sich direkt in die Basalzellen fortsetzen und von dort bis in die Drüsenköpfchen zu verfolgen sind (Taf. VII Fig. 3). 340 _ . Diese Plasmafäden lassen sich.in der Epidermis der Unterseite des Blattes nicht nachweisen, wie auch ein Kontakt soleher mit den Basal- zellen der hier vorkommenden rudimentären Drüsen nicht gefunden werden kann und sehr wahrscheinlich überhaupt nicht vorhanden ist, zumal diesen Drüsen jene sezernierende und absorbierende Funktion der entsprechenden Gebilde der Blattoberseite nicht zukommt. Dieser Unterschied ist zugleich ein Fingerzeig dafür, dafs die in den Epi- dermiszellen vorkommenden Plasmafäden in einem bestimmten Zu- sammenhang mit der Funktion der Drüsen stehen. Bei Ping. vulg. kann man beobachten, dafs im Frühjahr die äulserste Spitze der Knospe resp. der ganz jungen aus ihr hervor- brechenden Blättchen etwas rot gefärbt ist, welche Färbung jedoch verschwindet, sobald sich die einzelnen Blättchen zurückzubiegen be- ginnen und sich gewissermafsen von der Knospe loslösen, Im Sommer ist jedoch diese Rotfärbung nicht mehr wahrzunehmen. Dagegen findet man im Herbst Exemplare, deren äufserste Knospenblättchen nur auf der äufseren Seite ihrer Spitze mattrot gefärbt sind, sowie auch die mehr entwickelten Blätter nur an den Stellen Rotfärbung aufweisen, welche der Sonne resp. dem Lichte zugekehrt sind. Diese Erschei- nung beruht auf der: Rotfärbung des Zellinhaltes der Epidermiszellen und ist nur auf die Stellen beschränkt, welche dem Sonnenlichte direkt ausgesetzt und bei Ping. vulg. nur im Frühjahr und Herbst zu beobachten sind, d.h.in der Periode, in welcher die niedere Tem- peratur ihr Gedeihen ungünstig beeinflussen kann. Es scheint also. die Rotfärbung eine Schutzeinrichtung gegen Kälte zu sein; jeden- falls dient sie nicht als Abwehr gegen zu grelle Beleuchtung des - subepidermalen Gewebes, sonst müfste die Rotfärbung im Sommer am intensivsten auftreten, was durchaus nicht der Fall ist. -Es han- delt sich offenbar eher um die von A. Kerner 1888 geäulserte Ver- mutung und die von Kny 1892 experimentell nachgewiesene Tatsache, dafs die in das Blatt eindringenden Liehtstrahlen durch Anthokyan absorbiert, in Wärme umgewandelt und so der Pflanze dienstbar ge- macht werden.!) Diese Ansicht findet in dem Verhalten der Ping. alpina eine weitere Unterstützung. Diese Pflanze weist nämlich vom ersten Ent- falten der Blätter im Frühjahr an bis zum Welken des letzten Blattes im Herbst die typische Rotfärbung der dem Licht ausgesetzten Teile der Epidermis der Blattober- und Unterseite auf, und zwar ist die 1) Vide auch: Overton, Beobachtungen und Versuche über das Auftreten von rotem Zellsaft bei Pflanzen. Jahrb, f. wiss. Bot. Bd. XXXII Heft 2. 841 Färbung um so intensiver, je höher ihr Standort. So weisen z. B. die Exemplare von Ping. alp., welche ich im Wytikoner Sumpf (620 m) gesammelt habe, im Juli und August nur eine ganz blafsrote bis vio- lette Färbung auf, während solche aus dem Murgseegebiet und Engel- berg (1500-1800 m) ganz intensiv rot gefärbt, sind. Wenn es sich lediglich um Schutz gegen zu starke Beleuchtung handeln würde, so könnte die Höhe des Standortes keinen so grolsen Unterschied in der Rotfärbung hervorrufen, dagegen erscheint es sehr naheliegend, dafs die Wärmegewinnung resp. die Rotfärbung für die Pflanze um so notwendiger, je höher ihr Standort gelegen ist. Etwas eigentümlich mag es auf den ersten Blick erscheinen, dafs alle Ping. alp.-Exemplare sich während der Sommermonate in den Niederungen durch ihre blafsrote oder violette Farbe erkennen lassen, während in der gleichen Jahreszeit und bei gleichem Standort Ping. vulg. absolut keine Färbung aufweist, obgleich ja beide Spezies . ganz analogen Licht- und Temperaturverhältnissen ausgesetzt sind. Diese Eigentümlichkeit läfst sich indes sehr wohl begreifen, wenn man sich vergegenwärtigt, dafs die Rotfärbung eine erblich fixierte Eigenschaft ‚der betreffenden Spezies ist, die sich teilweise noch er- halten hat, nachdem sie in niederere Standorte mit entsprechend höheren Temperaturen verpflanzt worden war. Auf dem Blattstiele sowie an der Basis der Blattspreite finden sich eigentliche Trichome, welchen die Sekretionsfähigkeit fehlt (Taf. VI Fig. 10—15). Auf ersterem bestehen sie meistens aus einer Zellreihe von 3—6 Zellen. Am Grunde der Blattspreite finden sich vorwiegend Formen mit geteilter Endzelle, während über der Blattrippe neben diesen Formen noch solche mit fiaschenförmig aufgetriebener grolser Stielzelle auftreten, welch letztere ein kleines Köpfchen zu 3—4 Zellen trägt. Alle diese wasserhellen Gebilde lassen in ihrem ebenfalls farb- losen Zellinhalt, mehrere dicht beisammenliegende, kleine, eckige Kör- perchen mit mattglänzendem Aussehen erkennen, die von einer ge- meinsamen Kontur umgeben sind. Es sind 'dies die Zellkerne mit den in ihrem Innern auftretenden Kristalloiden. Die Spaltöffnungen kommen auf beiden Blattseiten, auf der oberen aber häufiger als auf der unteren, vor. Ihre Vertei- jung auf der Blattfläche ist jedoch keine gleichmäfsige, indem auf der Randzone der Blattober- und Unterseite keine zu finden sind. Der auf diese Zone folgende Spreitenabschnitt der Oberseite ent- ' hält am meisten lebenskräftige Drüsen und fast ebenso viele Spalt- öffnungen; das ist die Blattpartie, welche bei jüngeren Blättern 342 noch in den durch das Einrollen des Blattrandes gebildeten Randkanal zu liegen kommt. Die Zahl beider Organe, der Drüsen und der Spalt- öffnungen, nimmt dagegen gegen die Mittelrippe hin ab und sie kom- men dort nur noch vereinzelt vor (Taf. VIII Fig. 5—8). Bei normal ausgebreitetem Blatte erheben sich die Spaltöffnungen der Unterseite etwas über das Niveau der Blattfläche; in der Zone der stärksten Biegung finden sich nicht selten Spaltöffnungsapparate, welche um die Länge der angrenzenden Epidermiszellen in die Höhe gehoben sind (Taf. VII Fig. 6), sie kehren aber auf das Blattniveau zurück, sobald infolge Einrollung des Blattrandes der seitliche Druck aufhört. Die gleiche Erscheinung ist auf der Blattoberseite zu kon- statieren, nur mit dem Unterschied, dafs hier das Herauspressen: der Spaltöffnungsapparate beim Biegen des Blattrandes stattfindet und nicht beim Strecken (Taf. VII Fig. 5). Es sei indes ausdrücklich be- tont, dafs diese Erscheinungen nur auf die Einbiegungszone, also den Blattrand, beschränkt sind und nur hier die Spaltöffnungsapparate bei . den Blattbewegungen dem seitlichen Drucke ausweichen, Während der Auflösung von organischen Stoffen (Insekten) im Innern des Randcylinders (Taf. VII Fig.2) sind infolge des reichlich aus- geschiedenen Sekretes Atmung und Assimilation der Oberseite dieser Blattpartie unterbrochen. Sollte man daraus auf eine unzweckmälsige Anordnung der Spaltöffnungen schliefsen wollen, so ist darauf zu er- widern, dafs die Atmungsorgane der Blattunterseite für die aufser Funktion gesetzte Oberseite in die Lücke treten. Die Ausschaltung der Funktion von so zahlreichen Spaltöffnungsapparaten bedeutet zudem eine Herab- setzung der Transpiration, weleher Umstand für die Pflanze von Vor- teil ist, wenn man in Betracht zieht, dafs durch die Sezernierung dem Blatte ohnehin eine bedeutende Menge von Flüssigkeit entzogen wird. Der hauptsächlichste Grund des so häufigen Vorkommens von Spalt- öffnungen an Orten, wo die Drüsen am dichtesten stehen, liegt offen- bar in einem für die betreffende Zone nach erfolgter Absorption ge- steigerten Atmungs- und “Assimilationsbedürfnis. Das Pinguiculablatt zeigt für den Fang und die Auflösung von Insekten von allen Insektivoren die einfachsten Einrichtungen; sie ‚bestehen lediglich aus einer grolsen Zahl von Sekretions- bezw. Ab- sorptionsdrüsen und’ der Fähigkeit, den Blattrand einzurollen, Die Blattoberseite trägt zwei verschiedene Arten von Drüsen, nämlich gestielte und sitzende. Die ersteren bestehen aus einer Basal-, einer Stiel- und einer Gelenkzelle, welch letztere das aus 16 radial geordneten Zellen bestehende Köpfchen trägt (Taf. VI). Bei älteren 343 gestielten Drüsen finden sich neben der Gelenkzelle zwei und in sehr seltenen Fällen drei Stielzellen. Die gestielten Drüsen sind die eigent- lichen Fangorgane, denn ihre Köpfchen tragen je einen Tropfen klebe- rigen Sekretes, mit welchem die Insekten festgehalten werden. Die noch zahlreicheren sitzenden Drüsen, welche aus einer Basal-, einer Gelenkzelle und einem achtzelligen mit dem Rande auf der Epi- dermis aufliegenden Köpfchen bestehen, sind gewöhnlich trocken oder weisen blofs eine Spur von Sekret auf. Es sind das die eigentlichen Verdauungs- resp. Absorptionsdrüsen. Zu diesen Organen gehören ferner die schon erwähnten, aus vier Köpfchenzellen bestehenden, dem Blattrande genäherten Drüsen, sowie die stets mit Sekret befeuchteten 1—4 Zellreihen der Oberseite des äufsersten Blattrandes. Diese verhalten sich vollständig analog den Köpfchenzellen der Drüsen (Taf. VI Fig. 5). Die kleinen rudimentären Drüsen der Blattunterseite sind als epidermale Hydathoden zu betrachten. Bei eingerolltem, in Funktion stehendem Blattrande sind nämlich an denselben kleine Wassertropfen zu bemerken, was bei ausgebreitetem Blatte nicht der Fall ist. Die Köpfehenzellen der Drüsen, welche mit einer siebartig durch- brochenen, dünnen Cuticula überzogen sind, zeichnen sich ferner durch auffallend grolse Zellkerne aus, welche meistens der Gelenkzelle an- genähert liegen. Stränge von körnigem Plasma, welche den Kern umziehen, verlaufen direkt nach den seitlichen und inneren Membra- nen und scheinen dort plötzlich aufzuhören. Es läfst sich aber an lebendem sowohl als an totem Material nachweisen, dafs dem nicht so ist, sondern dafs die einzelnen Drüsenzellen sowie diese selbst mit der Gelenkzelle durch feine Plasmafäden im Zusammenhang stehen (Taf. VI Fig. 8). An Quer- und Längsschnitten durch Winter-, Frühjahr- und Sommerknospen ist leicht ersichtlich, dafs die Drüsen auf der Ober- und Unterseite der jungen Blätter annähernd gleich zahlreich gebildet werden. Betrachten wir im folgenden die Entwicklung dieser Drüsen (Taf. VI Fig. 16—31). Diese gehen aus einer einzigen epidermalen Zelle hervor. Die für Drüsen prädestinierten Zellen zeichnen sich im jungen Knospen- blatte. durch eine grofse Reichhaltigkeit an Plasma und einen etwas gröfsern Zellkern aus. Diese Epidermis- oder primären Drüsenzellen wölben sich anfänglich papillenförmig nach aufsen, dann erfolgt eine Teilung des Kernes und die Bildung einer neuen Membran senkrecht zur Längsachse der Mutterzelle. Die Stelle, wo die Membran sich zu 344 bilden beginnt, ist leicht erkenntlich, indem vor Beginn der Zellteilung sich dort körniges Plasma in grölserer Menge ansammelt, in dessen Mitte sich der Zellkern befindet; durch seine Teilung wird nun die Zellteilung eingeleitet. In der oberen Tochterzelle tritt sodann eine weitere Membran parallel zur ersten auf, und diese neuge- bildete oberste Zelle (sekundäre . Drüsenzelle) verwandelt sich durch zwei.auf der obersten Membran senkrecht stehende Zeilwände in vier Köpfchenzellen. Sehr selten tritt in der obersten Zelle nur eine Membran auf, wodurch dann ein nur zweizelliges Köpfchen gebildet wird. Das vereinzelte Auftreten dieser Form mag darauf hindeuten, dafs in früheren Generationen nach der Bildung der Gelenk- und Scheitelzelle in der letzteren nicht sofort Vier-, sondern zunächst Zwei- teilung stattfand. Solche zweiteilige Köpfchen finden sich als cha- vakteristische Form bei Utricularia. In diesem Stadium verbleiben nun die Drüsen auf der Unter- seite des Blattes, während die Differenzierung derselben auf der Blatt- oberseite weiter schreitet. Die ersteren halten nicht mehr Schritt mit dem Wachstum der Nachbarzellen, daher bemerkt man in etwas älterem Stadium, dafs “eine vollständige Drüse der Blattunterseite kaum so hoch ist wie eine benachbarte Epidermiszelle (Taf. VI Fig. 34). Die Drüsenköpfchen ragen meistens nicht über das’Niveau der Blattfläche hinaus, und die Drüsen erwecken darum den Eindruck des Ver- senktseins. R Anders verhalten sich die Drüsen auf der Blattoberseite. Die Tochterzellen der sekundären Drüsenzelle vergröfsern sich, namentlich die obere wölbt sich stark empor und wird breiter. Unmittelbar nach dem Auftreten der zwei senkrecht auf der obersten Horizontalmem- bran stehenden Teilungsebenen dehnen sich die Köpfchenzellen aus und kommen mit ihren seitlichen und unteren Rändern auf die be- nachbarten Epidermiszellen zu liegen, wodurch das zarte Drüsenköpf- chen weitere Stützpunkte erhält und darum weniger leicht abgebrochen werden kann. Alsdann findet noch einmal eine Zweiteilung der vier Köpfchenzellen statt, so dafs das ausgewachsene Gebilde ein Köpfchen von acht Zellen erhält und sich nun so zu einer typischen sitzen- den Drüse der Blattoberseite entwickelt hat. Durch starke nachträgliche Streckung der Gelenkzelle: einer sitzenden Drüse, darauffolgende Horizontalteilung dieser Zelle und abermalige Teilung der acht Köpfehenzellen kann es zur Bildung der gestielten Drüsen kommen. Häufiger aber gestaltet sich die Ent- wicklung etwas anders. Es bildet sich nämlich durch nacheinander 345 auftretende Horizontalmembranen eine aus mindestens vier Zellen be- stehende Zellreihe. Die unterste Zelle wird zur Basal-, die zweite zur Stiel-, die dritte zur Gelenkzelle und die vierte wandelt sich in das Drüsenköpfehen um, indem zuerst durch zwei Membranen vier, durch weitere Teilung acht und endlich durch nochmalige Teilung 16 Zellen entstehen. Die gleiche Entwicklung zeigen die Trichome des Blattgrundes und des Stieles, welche zum Teil mit kleinzelligen, rudimentären -Köpfehen versehen sind und zum Teil ohne solche vorkommen. Die sitzenden und gestielten Drüsen der Blattoberseite haben ihre vollständige Ausbildung erst dann erhalten, wenn mindestens eine der an die Basalzellen angrenzenden Parenchymzellen sich zur Netzfaserzelle umgewandelt hat, welcher Vorgang voraussetzt, dafs sich vorher ein Gefälszweig nach dieser Zeile bin gebildet habe oder (dafs ein solcher unmittelbar unter ihr dahinziehe. Die Bildung von besonderen Netzfaserzellen zwischen den Basalzellen der Drüsen und den Gefälszweigen unterbleibt jedoch, wenn die letzteren in ibrem Verlauf die Basalzellen unmittelbar berühren. Alle Drüsen der Blatt- oberfläche, die sitzenden sowohl wie die gestielten, stehen nämlich beim ausgewachsenen Blatte vermittelst ihrer Basalzelle in direkter Verbindung mit dem äufserst fein und allseitig verzweigten Gefäls- system (Taf. VI Fig. 1—3, Taf. VII Fig. 1—4). Bei den Drüsen der Blattunterseite und den Trichomen des Blattgrundes und des Stieles ist das jedoch nicht der Fall. Die äufsersten Gefälszweige verlaufen meistens unmittelbar unter der Epidermis oder zwischen den Zellen der obersten Parenchymlage, also ganz in der Nähe der Basalzellen der sezernierenden Drüsen. Auf die biologischen Verhältnisse von Ping. vulgaris über- gehend, ist zu sagen, dafs diese Pflanze zu den Insektivoren mit ver- dauendem Enzym gehört, aber, wie Goebel bereits hervorhebt, nur auf kleine Portionen eingerichtet ist. Ihre Blätter führen Reiz- bewegungen aus, welchen ich jedoch, gestützt auf vielseitige Beob- achtungen und Experimente, eine gröfsere Bedeutung beilegen mufs, als es Goebel getan, obgleich auch er nicht bestreitet, dafs durch diese Bewegungen einerseits mehr Drüsen mit den festgeklebten In- sekten in Berührung kommen, und anderseits das Abgewaschenwerden derselben durch Regen verhindert wird. Den eminenten Wert der Reizbewegungen der Blattränder begreift man erstrecht, wenn man mit vielen Exemplaren und zwar solchen jeden Alters experimentiert und vor allem, wenn die Beobachtungen und Experimente in freier Natur 346 am natürlichen Standort der Pflanze vorgenommen werden. Das habe ich nun im Wytikoner Sumpf, wo diese Spezies neben Ping. alpina sehr häufig vorkommt, getan und werde im folgenden darüber be- richten. Einer weiteren Richtigstellung bedarf ferner die von Dar- win erwähnte und von Goebel zitierte Angabe, dafs die Einbiegung des Blattes sowohl durch Druck von Gegenständen, welche keine Sub- stanz abgeben (Glassplitter) als auch durch Fütterung mit stickstoff- haltigen Substanzen bewirkt werde. Allerdings erfolgt bei sehr lebenskräftigen jungen Blättern beim Belegen mit Glassplittern, Sandkörnchen etc. eine Reaktion des Blatt- randes, aber nur eine äufserst geringe, welche bald wieder sistiert wird. Die in diesem Falle zwecklose Randbewegung wird rückgängig gemacht, indem sich das Blatt in kurzer Zeit wieder ausbreitet. Die Fremdkörper bewirken nämlich bei ihrer Berührung mit den Drüsen für einige Zeit eine reichliche Sekretion der gestielten Drüsen, und zwar wohl zum Zwecke des Festhaltens dieser Körperchen. Dadurch wird eine Spannung im Blatte ausgelöst. Wenn aber dem mechani- schen Reiz kein chemischer nachfolgt, wird die Biegungsbewegung eingestellt und wieder rückgängig gemacht. Ein auf den Blattrand gelangtes Insekt bewirkt durch seine Bewegungen zuerst einen mecha- nischen Reiz, welchem reichlichere Sekretion folgt, bis das Tier in der ausgeschiedenen Flüssigkeit durch Ersticken den Tod gefunden hat. Durch diese Sekretion, welche eine teilweise Entleerung des Zellinhaltes bedeutet, wird die Spannung, welche sehr wahrscheinlich neben event. noch anderen Ursachen die jungen kräftigen Blätter ausgebreitet erhält, aufgehoben — bei älteren Blättern trifft das aller- dings nicht mehr zu — und der Blattrand rollt sich ein. Wenn nun das getötete Insekt mit seinem Körper in Berührung mit den sitzen- den Drüsen kommt, beginnt der chemische Reiz. Das Sekret, das nun von diesen ausgeschieden wird, ist sauer und etwas dickflüssiger als die zuerst ausgeschiedene Flüssigkeit und enthält ein verdauendes Ferment. Mit der innigen Berührung des Insektenleibes verstärkt sich allmählich der ursprünglich schwächere chemische Reiz und vervoll- ständigt die Einrollung des Blattes derart, dafs annähernd eine ge- schlossene Röhre entsteht, in welcher das aufzulösende Insekt allseitig in Angriff genommen werden kann. Diese Einrollungsfähigkeit nimmt mit dem Alter der Blätter ab und kann sich im günstigsten Falle nur 2—3mal kurz nacheinander einstellen. Wenn ein Insekt auf das vordere Fünftel der Mittelrippe, d. h. gegen die Blattspitze hin, gelegt wird, erfolgt eine gleichmäfsige Ein- 347 krümmung der beiden Ränder, bis es zu einer gegenseitigen Berüh- rung kommt. Kleine Insekten, welche auf den Rand der Blätter gelangen und nach erfolgtem Einrollen des Randes gleichsam von einer mit Sekret gefüllten Röhre umschlossen sind, werden 2—4mal rascher aufgelöst als solche, welche auf dem weiter einwärts gelege- nen Spreitenabschnitt kleben bleiben. Insekten, welche so weit vom Rande weg einwärts zu liegen kommen, dafs sie bei der Einrollung vom Blattrande nicht mehr erreicht werden können, bewirken nur eine geringe Einbiegung, ungefähr gleich derjenigen, welche infolge eines mechanischen Reizes durch Auflegen eines Glassplitters auf den Blatt- rand erfolgt. In diesen beiden Fällen erscheint eben die Einbiegung zwecklos; sie wird von der Pflanze nur eingeleitet, aber nicht durch- geführt. Eine verhältnismälsig rasche Reaktion zeigt sich, wenn Saft von rohem Fleisch auf den Blattrand geträufelt wird; denn dieser beginnt sich schon nach einigen Minuten, wenn auch sehr langsam, zu einer geschlossenen Röhre (Hohleylinder) einzurollen. Der Rand bleibt jedoch bedeutend weniger lang eingerollt als wenn er feste Stoffe (Insekten) aufzulösen hat, woraus ersichtlich ist, dafs flüssige, stickstoffhaltige Substanzen rascher absorbiert werden als feste, welche eben zuerst durch das Verdauungsferment in flüssige Porm umgewandelt werden müssen, was mehr Zeit, Sekret und Kraft erfordert. Bringt man auf den sich wieder öffnenden, vorher mit Fleisch- saft gefütterten Rand abermals einen Tropfen solchen Saftes, so be- ginnt die Einrollung bald wieder. Dieser Versuch kann an ein und demselben Blatt zwei- bis höchstens dreimal mit Erfolg ausgeführt werden, gelingt aber nie, wenn der sich öffnende Blattrand vorher Insekten aufzulösen hatte und nach der Öffnung sofort wieder mit solchen belegt wird. Erst nach einigen Tagen ist ein solches Blatt wieder reaktionsfähig. Es scheint also, dafs das Blatt durch die Auf- lösung von Insekten so erschöpft werde, dals es zu seiner Erholung . mehrere Tage Ruhe notwendig habe. Die gestielten Drüsen, auf welche die Insekten zuerst zu liegen kommen, dienen in erster Linie als Fangapparate. Ihr Köpfchen ist in normalen Verhältnissen immer von einem Tropfen Sekret eingehüllt und die Stielzelle zeigt sich straff gespannt und mei- stens etwas bauchig aufgetrieben. Die nach erfolgter Berührung mit einem Insekt notwendige weitere Sekretabgabe bewirkt eine Er- schlaffung der Stielzelle, wodurch sich die gestielte Drüse zu neigen beginnt und das ihr anhaftende Tier auch mit den sitzenden Drüsen in Berührung kommt. Dieser Kontakt bewirkt nun bei diesen meist trok- 348 kenen oder nur mit einer Spur von Sekret überzogenen Drüsen eine intensive Sekretion, wodurch die organischen Substanzen aufgelöst und nachher absorbiert werden können. An der Absorption beteiligen sich aber neben den eigentlichen Absorptions-, d.h. den sitzenden Drüsen, auch die gestielten Drüsen, was aus den typischen Zellinhaltsverände- rungen, Trübung, Ballung etec., zu schliefsen ist. Bringt man grofse Insekten, z. B. Fliegen, auf den Blattrand, so findet wohl eine Einwölbung desselben statt, aber nach einiger Zeit breitet sich das Blatt wieder aus, ohne dafs diese Lebewesen aufgelöst worden wären. Untersucht man nun diese, so zeigt sich, dafs die Auflösung nur oberflächlich stattfand und nicht in die Tiefe ging. Daraus scheint hervorzugehen, dafs das Verdauungsvermögen von Ping. vulgaris ein sehr beschränktes ist, sowie dafs der Einrol- lungszustand der Blätter nicht-allzu lange andauern kann; ist es doch wahrscheinlich, dafs dieser ein Spannungszustand ist infolge von Tur- gorwirkung in den unteren Epidermiszellen. Die für den Insektenfang am vorteilhaftesten eingerichtete Blatt- partie ist der Rand. In denselben gelangen ja alle Insekten, welche kriechend auf die dem Boden angenäherten. oder aufliegenden Blätter gelangen. Hier müssen auch vorwiegend die Experimente ausgeführt werden, wenn man zu einem richtigen, natürlichen ‚Resultat ge- langen will. Der Blattrand, d. h. die 3—4 Zellreihen seiner Oberseite, ist, wie bereits erwähnt, immer mit einem schleimigen Sekret über- zogen, gerade wie die gestielten Drüsen. Insekten, welche darüber hinkriechen, werden durch den klebrigen Schleim in ihren Bewegungen gehemmt, und langen dann- ermüdet weiter blätteinwärts bei den ge- stielten Drüsen an, wo die Tiere durch die Sekrettropfen der Drüsen- - köpfehen vollends festgehalten werden. Der Wert der Einbiegung des Blattrandes ist ein mehrfacher: Sie bewirkt erstens, dafs möglichst viele Drüsen mit dem zu ver- dauenden Insekt in Berührung kommen, sowie dafs die Auflösung von allen Seiten in Angriff genommen werden kann; ferner verhin- dert sie die Verdunstung des Sekretes.und bedeutet dadurch eine Ersparnis an solchem, dann schützt sie die Verdauungstätigkeit vor Störungen (z. B. vor Verdünnung und Wegspülung des Sekrets durch Regen) und ermöglicht endlich eine rasche Absorption, da sich nach der Auflösung des Insektes die Verdauungsflüssigkeit im Randkanal aus- breiten und somit eine gröfsere Zahl von Drüsen an der Aufnahme der 349 Verdauungsflüssigkeit mitwirken kann. Da durch die Einrollung des Blattrandes ein verhältnismälsig sehr grofser Teil der Blattspreite in Mitleidenschaft gezogen wird, so ist die erforderliche Arbeitsleistung ebenfalls eine entsprechend grofse und darum sehr begreiflich, dafs das Pinguiculablatt die Einbiegung nicht so oft und leicht ausführen kann wie z. B. ein randständiges Tentakel von Dros. rotundifolia. Die Blätter werden durch ihre Tätigkeit bald erschöpft und müssen während eines Sommers 4—Tmal durch neue ersetzt werden, indem die untersten, nicht mehr reaktionsfähigen Blätter suecessive, entspre- chend der Neubildung von funktionsfähigen Blättern, zerfallen. Es ist daher leicht einzusehen, dafs man für die Experimente nicht die breitesten, dem Boden anliegenden, sondern etwas jüngere, lebens- kräftigere Blätter auszuwählen hat. Insekten, welche über den Blattrand kriechen und dort hängen bleiben, werden von jungen Blättern vollständig bis auf das Chitin- skelett aufgelöst, während diejenigen, welche auf die innere Partie der Blattspreite gelangen, nur zum kleineren Teile zersetzt werden und zwar nur an den Berührungsstellen mit den Drüsen. Die Mög- lichkeit einer vollständigen Auflösung solcher Tiere tritt nur dann ein, wenn_sie durch Regenfall nach .der löffelförmig aufwärts gebo- genen Blattspitze geschwemmt werden und in dem dort befindlichen Sekret hängen bleiben. Die Absorption der Verdauungsflüssigkeit im eingebogenen Blatte wird von allen Drüsen besorgt. Die gestielten Drüsen stellen aller- dings diese Tätigkeit zuerst ein, worauf dann das Entrollen des Blatt- randes beginnt, währenddessen der Rest der Nährflüssigkeit von den sitzenden Drüsen noch vollends aufgenommen wird und diese nachher wie die gestielten Drüsen wieder trocken erscheinen. Nach diesem Vorgange setzt die Sezernierung bei den gestielten Drüsen wieder ein, aber verschieden rasch, mitunter schon in einigen Stunden nach dem Entrollen, oft aber auch erst nach einigen Tagen, je nach der voraus- gegangenen Arbeitsleistung und dem Alter bezw. der Funktionsfähig- keit des Blattes. Die Sekretion und die Einrollung des Blattes tritt am raschesten wieder ein, wenn der Blattrand mit Fleischsaft ge- füttert wird. Es rührt dies auch beim vorliegenden Versuche daher, dafs fast gleichzeitig eine grofse Menge von Drüsen durch den zer- fliefsenden Tropfen sowohl mechanisch als auch vorwiegend chemisch gereizt wird und dadurch rasch, infolge der Tätigkeit einer Mehrzahl von sitzenden Drüsen, ein verhältnismäfsig grofses Quantum Ver- dauungsferment auf die organische Substanz einwirken kann. Dem- 350 entsprechend tritt dann ebenfalls bald Absorption und darauffolgende Ausbreitung des Blattes ein. Die sitzenden Drüsen bedürfen zu ihrer Betätigung, wie aus obigem hervorgeht, eines chemischen Reizes, während die gestielten schon auf Druck reagieren. Die vollständige Einrollung des Blatt- randes wird gewöhnlich durch einen Druckreiz eingeleitet, aber nur mit Hilfe eines nachfolgenden chemischen Reizes vollständig durch- geführt. ‚Als auffallende, experimentell nachweisbare Erscheinung sei noch erwähnt, dafs nicht nur die unmittelbar mit dem Insekt in Kon- takt stehenden sitzenden Drüsen zur Sekretion angeregt werden, son- dern successive, in konzentrischen Kreisen fortschreitend, auch die- jenigen der umliegenden Blattpartie. Schneidet man mit einem Messer seitwärts von der die Sekretion veranlassenden Insektenleiche schwach in das Blatt ein, so findet jenseits des Schnittes keine Reaktion mehr statt. Daraus ist ersichtlich, dafs der die Sekretion verursachende Impuls sich in dieser Richtung nicht mehr fortpflanzen kann. Die Sekretionsauslösung in den umliegenden Drüsen ist von besonderem Vorteil für den eingerollten Blattrand; denn würden blofs die mit dem aufzulösenden Insekt in unmittelbarem Kontakt stehenden sitzenden Drüsen in Tätigkeit gesetzt, so reichte die geringe Menge ausgeschie- denen Ferments zu einer etwas raschen Zersetzung nicht aus. In Zusammenfassung der bisherigen Erörterungen ergibt sich für Ping. vulgaris eine nicht sehr vorteilhafte Anpassung an den Insekten- fang. Zunächst setzt die Einrollung der Blattränder für diese Pflanze einen unverhältnismälsig grolsen Kraftverbrauch voraus, und zudem ist die für die Einbiegung notwendige zarte Struktur des Blattrandes allzuleicht Beschädigungen durch .Zerreifsen ausgesetzt. Erinnert man sich ferner, dafs infolge der ungünstigen, allen Witterungseinflüssen ausgesetzten Stellung der Drüsen auf dem offen daliegenden Blatte eine grolse Menge Sekret nutzlos verloren geht, so wird man zu dem Schlusse kommen, dafs der geringe Erfolg dieser Pflanze als Insekten- fängerin in keinem Verhältnis zu dem darauf verwendeten Aufwand an Kraft und Stoff steht. Eine Umwandlung des Blattes zu einem ständig geschlossenen Cylinder, der eine starke, mechanischen Einwirkungen widerstehende Wandung gestattete, die Kraft erfordernden Einbiegungsbewegungen entbehren könnte und das einmal ausgeschiedene Sekret nicht nutzlos verlieren mülste, ergäbe eine für den Insektenfang viel vorteilhaftere Einrichtung. Sie findet sich in der Tat bei Sarracenia und Nepenthes. 351 Sarracenia flava L. (Taf. IX und XXI) Die Formverhältnisse der Blätter und deren Entwicklungsge- schichte sind durch Goebel 1889 bekannt geworden, und auch der allgemeine Bau der Blätter soll im folgenden nur soweit berücksich- tigt werden, als es für die Schilderung der Epidermisanhangsgebilde der Innenseite der Blattschläuche, zu welcher auch die Unterseite des Deckels gehört, notwendig ist. Meine Untersuchungen beziehen sich erstens auf die Nektar absondernden Drüsen der Deckelunterseite und des Schlaucheinganges, zweitens auf die Entwicklung der Reusenhaare des Schlauchinnern und drittens auf das blinde Ende des Schlauches, d. h. desjenigen Blattabschnittes, in welchem die Insekten den Tod finden und angehäuft werden. Auffallenderweise wurde dieser Blatt- partie, trotz ihrer Wichtigkeit, zum Nachteil einer richtigen Deutung des Insektenfanges, keine Aufmerksamkeit geschenkt. An der Innenseite des Schlauchblattes lassen sich vier Zonen unterscheiden. Es sind dies die Unterseite des Deckels, welcher die Nektar absondernden Drüsen neben einer Anzahl langer, steifer, spitziger Borsten trägt (Taf. IX Fig. 83—36). Diese Zone setzt sich fort in die glatte, das obere Ende des Schlauches einnehmende Gleit- zone (Goebel 1889), in deren oberen Abschnitt noch vereinzelt Nektardrüsen vorkommen, während sie sonst in ihrer Hauptausdeh- nung weder Drüsen noch Borsten trägt und aus stark verdickten, kleinen, dachziegelartig angeordneten Zellen besteht, welche eine so glatte Aufsenfläche besitzen, dafs sie einem Insektenfufs absolut keinen Halt geben. Die an diese anschliefsende schlaucheinwärts gelegene Zone zeichnet sich durch dicht gedrängt stehende, abwärts gerichtete Stacheln aus; es ist die Reusenhaarzone, welche unten in das haarlose, verhältnismäfsig kurze, unten blind endende Schlauchstück übergeht (Taf. IX Fig. 16). Dies ist der wichtigste Abschnitt, der eigentliche absorbierende Drüsenteil. Untersucht man die Entwicklungsgeschichte der Nektardrüsen (Taf. IX Fig. 29—35) der Deckelunterseite, so erkennt man, dafs diese aus einer einzigen Epidermiszellen hervorgegangen sind. Ein- zelne der ursprünglich polyedrischen primären Epidermiszellen wölben sich papillenartig auswärts und teilen sich bald durch eine zur Blatt- fläche parallele Membran in zwei Zellen. Die untere Tochterzelle wird zur Basalzelle der Drüse, während die obere sich durch Teilung zur eigentlichen Drüse modifiziert. Es tritt nämlich in ihr anfäng- lich eine senkrechte Membran auf, wodurch zwei Köpfchenzellen Flora. 1804. 24 352 gebildet werden. Diese teilen sich in der Folge durch je eine senk- rechte Wand meistens wieder in zwei Zellen, so dafs ein vierzelliges Köpfchen entsteht. Mit dem weiteren Wachstum der angrenzenden Epidermiszellen wachsen nun auch diese vier Drüsenzellen; aber es ist ein eigentlich lokalisiertes Wachsen, woran sich nur ihre äufseren Membranpartien in etwas stärkerem Malse beteiligen und welches zur Erzeugung eines Grübchens führt. Die Zellen dieses Drüsenbecherchens zerlegen sich nun häufig durch horizontale Membranen wieder in je zwei Zellen, wodurch ein Gebilde hervorgeht, das aus einer Basal-, vier mittleren und vier Randzellen besteht. Nachher geht das Wachs- tum derart von statten, dafs entweder blofs die oberen vier Zellen den Becherrand bilden, oder so, dafs sich auch die vier mittleren Zellen daran beteiligen, in welch letzterem Falle die Becherhöhlung tiefer wird (Taf. IX Fig. 35). Es können sich aber auch einzelne Randzellen durch Vertikalmembranen in je zwei Teile zerlegen, wo- durch ein Randkranz von 5—8 Zellen entsteht. Es finden sich indes auch Formen, welche aus nur vier Randzellen, zwei Mittelzellen und einer Basalzelle zusammengesetzt sind. Bei älteren Blättern findet man die Membranen zwischen der Mittelschicht und Basalzelle häufig verdickt, Auffallend ist sodann ferner, dafs mit zunehmendem Alter das junge Drüsengebilde durch eutinisierte Lamellen allmählich gegen das umgebende Gewebe abgegrenzt wird. Die Drüsenzellen zeichnen sich durch reichliches Cytoplasma und vor allem durch grofse Zellkerne aus, wovon bei älteren Drüsen einzig die Basalzelle eine Ausnahme macht, indem mit dem Auftreten der Wandverdickungen sowohl der Cytoplasmagehalt, als auch der Kern quantitativ zurück- gehen. In dem Grübchen befindet sich normalerweise immer ein Tropfen Flüssigkeit, welcher süfs schmeekt; es ist Nektar zum Zwecke der Anlockung von Insekten. Durch die beschriebene eigentümliche becherartige Drüsenform wird das Nektartröpfehen wie durch einen Stechheber festgehalten, obgleich diese Organe auf der Unterseite des Deckels eingefügt sind und darum das Sekret das Bestreben zeigt, infolge seiner Schwere zu Boden zu fallen, bevor es der Pflanze ge- dient hat, und das umsomehr, da es sich hier nicht um eine zäh- _ flüssige Masse handelt, wie z.B. bei den Tentakeln von Drosophyllum und Drosera rotundifolia. Die Haare der Deckelunterseite bestehen aus einer einzigen Zelle, deren Wand sehr stark verdickt ist. Der Querschnitt durch eine solche Borste ist rund oder. oval und an der Basis annähernd so 853 grofs, wie das Lumen der Epidermiszelle, aus welcher diese durch lokalisiertes Flächenwachstum hervorgegangen ist. Zell- und Borsten- lumen sind nicht getrennt. Auffallend ist die starke Membranverdik- kung der Innenseite dieser Epidermiszelle (Taf. IX Fig. 36c), d. h. der Basis der Borste. Diese Zeilhaut ist nämlich 3—4mal so mächtig wie diejenige der sie umschliefsenden und aller übrigen Epidermis- zellen der Deckelunterseite, und deren spaltförmige Tüpfel kommuni- zieren mit solchen der 6—8 angrenzenden Epidermiszellen. Die scharf zugespitzten, abwärts gerichten Stacheln stehen höchst wahrscheinlich in Beziehung zum Insektenfang. Vielleicht verhindern sie das Insekt, nachdem es den Nektar gekostet und im Begriffe steht, seine Flügel auszubreiten und davon zu fliegen, an der freien Ent- faltung derselben, und der Näscher stürzt infolge irgend einer unge- schickten Bewegung in den Schlund des Blattes, um dort den Tod zu finden. Kriechende Insekten, die am Blatte heraufsteigen, naschen zunächst aus den Drüsen im oberen Teil der Gleitzone den Nektar und wagen sich gar leicht etwas zu weit hinein, gleiten aus und fallen in die Tiefe. Diesen letzteren Fall konnte ich bei Ameisen einige Male beobachten und experimentell durchführen, während ich leider nie wahrnehmen konnte, wie fliegende Insekten durch diese Pflanze ihren Tod finden, obschon vorwiegend solche als Leichen im Schlauche angetroffen werden. Eine wirklich raffinierte Einrichtung des Blattinnern ist die Reusenzone (Taf. IX Fig. 16, 27 und 28). Ihre Haare sind alle ab- wärts gerichtet und schmiegen sich aneinander an, wenn ein animali- sches Lebewesen, .z. B. ein Käferchen oder eine Mücke, durch diese Zone herunterrutscht; sie sind zudem sehr glatt und erleichtern da- durch das Heruntergleiten. Sobald jedoch ein gefangenes Insekt den Versuch macht, nach oben zu entfliehen, richten sich ihm die Haare mechanisch entgegen und bilden ein undurchdringliches Stachelbündel, das jedes Entweichen verunmöglicht. Die Träger dieser Haare besitzen wellige, seitliche Umrisse, Auf der Aufsenseite der jungen Epidermiszellen diese Abschnittes tritt lokalisiertes Flächenwachstum ein, wodurch stumpfe, abwärtsge- richtete Vorsprünge entstehen (Taf. IX Fig. 23—26). Diese strek- ken sich bald in die Länge und ziehen sich zu einer mehr oder weniger feinen Spitze aus. Während sich ihre Wandung gegen die Spitze hin und besonders im Bereiche derselben stark verdickt und sich damit versteift, behält das Fulsstück die dünnere und somit elastischere Wan- dung bei, wodurch das Aufrichten der Haare erinöglicht wird. Alle 24* 354 Epidermiszellen des mittleren Abschnittes der Reusenhaarzone sind in solche Stachelzellen umgewandelt und zudem noch verfestigt durch die unter ihr liegende Zellschicht, deren Zellen sich durch verhältnis- mälsig dicke Wandungen auszeichnen. Diese grenzen nach innen teilweise an die dünnwandigen, lamellenartig angeordneten Parenchym- zellen oder an die zwischen den letzteren gelegenen Interzellularräume (Taf. IX Fig. 27). Gegen die untere Zone hin nehmen die Reusen- haare an Länge ab, so dafs die den Übergang bildenden Zellen nur noch ganz kurze Stacheln besitzen. Der Abschlufs der untersten Zone gegen die Reusenhaarzone hin wird dadurch noch vollständiger, dafs eine ganze Menge von Reusenhaaren, lange und kurze, mit ihren Spitzen auf der gleichen Höhe endigen. Ein Entkommen von hier weilenden Insekten ist daher ganz unmöglich und ihre Bewegungs- freiheit ist ausschliefslich auf das blinde Ende des Schlauches be- schränkt. Gelangen nun mehrere Insekten nacheinander in diesen Kanal, so werden die vorderen bezw. deren Leichen abwärts gedrängt, und das verhältnismäfsig kurze, wenig Raum bietende Schlauchende wird in kurzer Zeit von Insekten derart vollgepfropft, dafs die Leiber der gefangenen Opfer mit der Schlauchwandung in enge Berührung kommen. 'Es liegt dies im Interesse der Pflanze, was aus der ge- nauen anatomischen Beschreibung und der Entwicklungsgeschichte dieser Zone ersichtlich werden wird. Ein Querschnitt durch die unterste Zone (Taf. IX Fig. 22, Taf. XXI Fig.7—9), ich nenne sie Absorptionszone, zeigt uns auf den radiär- gestellten Parenchymlamellen, diesen gleichsam als Decke aufliegend und von ihnen gestützt, drei Zellagen als einheitlicher Abschnitt der Schlauchwandung. Die einzelnen Zellen dieser drei Schichten ent- halten namentlich bei jüngeren Blättern, aber auch bei älteren, welche keine Insekten gefangen halten, einen rötlichen Farbstoff, analog den Sekretionsscheiben der Drüsen der Droseraceen. Dafs dieser Farb- stoff hier in diesen Zellen mit der Anlockung der Insekten nichts zu tun haben kann, liegt auf der Hand, Untersucht man Blätter, welche mit frischen Insektenleichen gefüllt sind, so findet man in den be- sprochenen Zellen jene typische Ballung und Trübung des Inhaltes, wie sie z. B. in den Absorptionsdrüsen von Drosophyllum oder bei den Tentakeldrüsen von Drosera rotundifolia ete, vorkommen und eben auch hier wie dort von der Aufnahme organischer Substanzen 'herrühren. Diese Tatsache wird noch mehr erhärtet, wenn man die innerste Schicht der Schlauchwand genau untersucht. Bei schwacher Vergröfserung scheint es, als handle es sich hier um eine Schicht 355 kleiner Epidermiszellen. Bei Betrachtung mit Immersion aber läfst sich die Struktur dieser Schicht auch in ihren Details genau erkennen. Die Volumen der ziemlich grofsen Epidermiszellen sind durch kräftig entwickelte Zellulosenleisten in kleinere Abschnitte zerlegt (Taf. IX Fig. 21, 22). Da bei ausgewachsenen Blättern diese Membranleisten sich von der äufseren bis zur inneren Wand erstrecken, wenn.auch nicht als vollständige, undurchbrochene Wände, sondern mehr als Leistennetz mit allerdings nur kleinen, membranlosen Partien, so ist nicht mehr genug Platz vorhanden für den grofsen Kern, der diesen Zellen im Jugendzustand eigen war. Dieser wird genötigt sich in Partialkerne so zu teilen, dafs jede Nische einen solchen Teilkern erhält. Es hat sich hier in erhöhtem Mafse jenes Verhalten ausgebildet, das bei älteren sitzenden Drüsen von Drosophyllum als Ausnahmeerschei- nung zutage getreten ist. Es zeigt sich also hier die eigentümliche Erscheinung, dafs eine Epidermiszelle, welche in einzelne Nischen zerlegt wird, mehrere Zellkerne enthält. Allerdings kann man hier nicht von Epidermiszellen sprechen; es handelt sich eben um typische Drüsenzellen. Während in diesen.sekundären, unregelmäfsigen und unvollkom- menen Membranen (Zellmembranleisten) keine Tüpfel vorhanden sind, lassen sich solche in den primären Membranen dieser. Zellen nachweisen. Auch stehen die Zellen dieser äufsersten Schicht durch Tüpfel mit denjenigen der zweiten und diese ebenso mit den Zellen der dritten Schicht in Verbindung. Ein weiteres Charakteristikum, dieser drei Schichten ist ferner die allen Zellen eigene starke Membranverdickung. Die Membranleisten der Absorptionsschicht bezwecken ‘neben einer Vergröfserung der Oberfläche des Plasmaschlauches eine Zellenver- stärkung durch Versperrung, indem sie gleichsam die Aufgabe von Strebepfeilern übernehmen. Die Nischen der Zellen dieser Schicht enthalten reichliches, grobkörniges Plasma, analog den Sekretions- zellen von Drosophyllum etc. Eine weitere Analogie dieser Partie mit den Drüsen von Drosophyllum etc. ergibt sich durch den Nach- weis, dafs die Absorptionszone ebenfalls mit einer von feinen Poren durchsetzten Cutinschicht überzogen ist, unter welcher die ziemlich mächtige Zellulosenmembran liegt. In der zweiten Zellschicht dieses Abschnittes, welche, wie überdies auch die dritte, keine Membran- leisten aufweist, finden sich nicht selten eine ganze Anzahl dunkler Knollen, wie sie z. B. in der zweiten Drüsenschicht der Tentakeln von Drosera rot. sehr oft nach der Absorption organischer Substanzen vorkommen, 856 Bringt man in ein junges Blatt eine so grofse Anzahl Fliegen, dafs sich die unterste Blattpartie damit anfüllt und diese Insekten derart zusammengedrängt werden, dafs eine innige Berührung mit der Wandung des Schlauchendes eintritt, so kann man’nach Ver- flufs von 2—3 Stunden wahrnehmen, dafs eine geringe Menge schlei- migen Sekretes ausgeschieden wurde, sowie dafs in der Folge- zeit die der Wandung anliegenden Insektenkörper aufgelöst und absorbiert werden, was sich übrigens schon aus der oben erwähnten Veränderung des Zellinhaltes ergibt. Jedes weitere in das Blatt ge- langende Insekt schiebt die schon vorhandenenen Insekten bzw. deren Überreste aufs neue zusammen und bringt dadurch fortwährend or- ganische Substanzen in direkten, kontinuierlichen Kontakt mit der Wandung und dem ausgeschiedenen Sekret; der durch die zusammen- gedrängten Insektenleichen entstandene Pfropf erweist sich darum bei der Untersuchung stark angefeuchtet und mit Sekretflüssigkeit durch- tränkt. Wenn die Schläuche nur in der Absorptionszone Insekten einschliefsen, so nimmt man absolut keinen Fäulnisgeruch wahr; ent- hält dagegen, wegen Überfüllung des Schlauchendes, auch die Reusen- zone solche in grölserer Zahl, so entströmt dieser Gegend ein sehr deutlicher Verwesungsgeruch. Diese Erscheinung tritt vorwiegend bei älteren Blättern zutage und bedeutet hier ein Nachlassen ihrer Funktionen und damit die Einleitung zum Absterben. Die Schläuche enthalten im normalen Zustande keine Flüssigkeit, daher ist der Schutz gegen eindringendes Wasser erklärlich, welcher. bei Sarracenia flava durch einen Deckel, bei Darlingtonia californica durch den vollständig über die Öffnung weggebogenen oberen Blatt- abschnitt und bei den liegenden Blättern von Sarracenia purpurea dadurch bewerkstelligt wird, dafs die Absorptionszone höher liegt als ‚ der mittlere Teil des Schlauches, in welchem sich Regenwasser an- sammelt. Bringt man nun eine ganz geringe Menge von Wasser in einen Schlauch, so dafs es nicht über die Absorptionszone hinausragt, so wird es innerhalb von 2—3 Tagen absorbiert. Ist das Wasserquantum aber gröfser, so findet zwar auch dann durch Absorption ein geringes Sinken desselben statt, das aber bald aufhört. Werden nun in so behandelte Blätter Insektenleichen gebracht, so entwickelt sich inner- halb 4—6 Tagen ein Fäulnisgeruch. Aus diesen Versuchen und Beob- achtungen geht gewils klar hervor, dafs der Schutz gegen Regen für diese Pflanze von Wichtigkeit ist, weil in die Schläuche gelangendes Wasser die geringen Mengen des ausgeschiedenen Sekretes derart . 857 verdünnt, dafs die verdauende Funktion der Absorptionszone ungünstig beeinfufst, ja ganz aufgehoben wird, Bringt man in einen jüngeren Schlauch einige Tropfen Fleisch- saft, so kann ferner beobachtet werden, dafs diese, auch wenn der Blatteingang durch einen, die Verdunstung hindernden Baumwoll- . pfropf verschlossen wird, verschwinden, also absorbiert werden; füllt man aber das Blatt bis zur Hälfte, also weit über die Absorptions- zone binauf mit Fleischsaft, so zeigt sich auch hier nach ca. 10 Tagen ein Fäulnisgeruch. Daraus geht wohl hervor, dafs das Absorptions- vermögen der Pflanze ein beschränktes ist. Die Entwicklungsgeschichte (Taf. IX Fig. 17—22) dieser Se- kretions-, bzw. Absorptionsschicht gibt noch weitere interessante Aufklärungen über Wesen und Zweck derselben. Bei jungen Blättern findet man in der besprochenen Zone gleichgestaltete, geradlinig. be- grenzte, polyedrische, mit grolsen Zellkernen versehene Zellen. Ihre Radialwände nehmen nun eine wellige Form an und dann findet durch centripetale lokale Verdiekung der Membran die Anlage von Membranleisten statt, welche aber nicht nur von der peripheren Wand dieser Zellen, sondern auch von der gegenüberliegenden aus angelegt werden, wobei die der äufsern Wand entspringenden Membran- leisten mit den meist kürzeren der Innenwand stellenweise zusammen- treffen. Oft bilden sich aber auch einzelne Leisten, welche von der Aufsenwand bis zur Innenwand vordringen, um stellenweise mit dieser zu verschmelzen. Die anatomischen und entwicklungsgeschichtlichen Untersuch- ungen, sowie die physiologischen Versuche ergeben das Resultat, dafs wir Sarracenia flava mit Recht zu den Insekten verdauenden Pflanzen zählen dürfen und der Insektenfang für sie durchaus kein blofs nutz- loses Spiel bedeutet, sondern für ihre Ernährung notwendig und nütz- lich ist; und darum ist sie durch einen bestimmten, wenn auch kleinen Blattabschnitt befähigt, animalische Substanzen aufzunehmen. Diese Nahrungsaufnahme ist aber bei unserer Pflanze eine weit gleichmäfsigere und kontinuierlichere als bei den übrigen Vertretern der fleischfressenden Pflanzen. Sarracenia flava ist als Insektivor mit verdauendem Enzym zu betrachten. Die jetzt noch geltende gegen- teilige Ansicht erklärt sich aus einer mangelhaften Kenntnis des untern Schlauchabschnittes, ferner aus einer flüchtigen Beobachtung dieser Pflanze in der freien Natur und aus zu wenig sorgfältig ange- stellten Versuchen, 858 Nepenthes Rafflesiana Jack. (Taf. X und IX.) Die an dieser Pflanze vorgenommenen Untersuchungen be- schränkten sich in der Hauptsache auf die Drüsenzone, bzw. auf die Drüsen des hier in Frage kommenden Kannenabschnittes, daneben wurden dann allerdings noch, der. Vollständigkeit halber, die Nektar absondernden Drüsen des Deckels untersucht, sowie deren Entwick- lungsgeschichte festgestellt. Der Ausdruck Drüsenzone für die untere Hälfte der Kanne ist sehr gerechtfertigt; denn hier finden sich breite, kuchenförmige, eigenartig überdachte Drüsen in so dichter Menge, als es sich nur denken läfst. (Taf. X Fig. 19.) Die Drüsen liegen in nach unten offenen Nischen und werden zur Hälfte, ja oft bis zu zwei Drittel von einem epidermalen, vordachförmigen Gebilde überdacht. Diese eigentümliche Lage der verhältnismäfsig grofsen Drüsen hat ganz sicher einen bestimmten Zweck, worin dieser aber besteht, dar- über lassen sich vorläufig nur Vermutungen anstellen. Dafs es z.B. dem Insektenfufs unmöglich gemacht wird, an der Drüse einen Stützpunkt zu finden (Haberland 1889 pag. 109) ist allerdings klar, sowie auch die Annahme, dafs beim Austrocknen des flüssigen Inhaltes des Bechers kleine Wassermengen hier kapillar festgehalten werden. Wenn Insekten, welche in die Kannenflüssigkeit gelangt sind, sich zu retten suchen, indem sie an der Wand hinaufklettern, ge- langen sie immer unter die Drüsenüberdachung und zudem in Be- rührung mit den Drüsen selbst, wo sie kleben bleiben. Diese nassen Tiere veranlassen nun die Drüsen zur Ausscheidung einer geringen Menge klebrigen Schleimes, welcher diekflüssiger ist, als die in der Kanne sich vorfindende, ebenfalls von ihnen ausgeschiedene Flüssig- keit, die sich übrigens schon bei noch geschlossenen, jungen Blättern dort vorfindet. Dieses ausgeschiedene Drüsensekret löst nun den verwendbaren Teil des Tierkörpers auf und der unaufgelöste Rest fällt von der Drüse ab, wenn diese durch Absorption an der Ober- fläche trocken wird. Meistens aber werden die Überreste durch die in der Kanne befindliche Flüssigkeit herabgespült. Die Ausspülung kann auf verschiedene Weise stattfinden, ent- weder durch das Steigen der Flüfsigkeit oder durch schaukelnde Be- wegung derselben, welche durch mechanische Bewegung der Kannen, bzw. der Kannenblätter hervorgerufen wird. Das frische Material der nicht aufgelösten Tierkörper findet sich immer an der Oberfläche der Flüssigkeit, während alte, zum gröfsern Teil chitinige Überreste als 359 Bodensatz zu finden sind. Diese Tatsache läfst die Vermutung aus- sprechen, dafs besonders die im Bereiche des Flüssigkeitniveaus liegenden Drüsen absorbierende Funktionen ausführen; denn sie’ sind es hauptsächlich, die in Berührung mit animalischen Substanzen kommen, sei es, dafs lebende Insekten sich an die Wandung retten wollen, oder sei es, dafs tote Insekten, welche von der Flüssigkeit noch nicht zersetzt sind, ihnen angeschmiegt, vielleicht durch Kapillar- wirkung unter die Drüsenbedachung gezogen werden. Indem der Stand des Flüssigkeitsniveaus ein verschiedener ist, gelangen beim Ab- nehmen der Flüssigkeitsmenge immer andere Drüsenreihen in den Bereich des Niveaus, bzw. des frischen Insektenmaterials, was eben- falls der Fall ist, wenn ein successives Steigen des Flüssigkeitsspiegels eintritt, wodurch dann die unteren Drüsen wieder abgespült, d. h. der chitinigen Überreste entledigt werden. Obige Annahme findet Unterstützung durch die Beobachtung, dafs hauptsächlich in den Zellen jener Drüsen, welche im Bereiche des Flüssigkeitsniveaus mit Insekten in Berührung kommen, Aggregationserscheinungen in- folge Absorption organischer Substanzen eintreten, während die Drüsen, welche nur von Flüssigkeit umspült oder ganz über dem Niveau derselben liegen, meistens ungetrübten Zellinhalt zeigen. Dies läfst sich leicht konstatieren, wenn man in sich soeben öff- nende Kannen eine Menge Mücken bringt, welche auf der Ober- fläche der Flüssigkeit schwimmen und am Rande mit den Drüsen in Berührung kommen. Leert man die Kannen, trocknet eine Partie der Drüsenwandung, legt alsdann einige Mücken auf die getrocknete Stelle, so kann man wahrnehmen, dafs erst nach Verflufs von 4—6 Stunden eine geringe Sekretion eintritt. Diese genügt aber nicht, um den Körper des Insektes aufzulösen; derselbe trocknet darum ein. Bringt man aber ein mit Kanneninhalt benetztes Insekt auf die trocken gemachten Drüsen, so tritt sehr bald eine Sekre- tion ein, welcher dann eine Absorption folgt, so dafs nach 5—8 Stunden blofs noch Chitinreste vorhanden sind. Das zum Be- netzen verwendete Sekret darf aber nicht etwa durch Wasser, das beim Begiefsen der Pflanze gelegentlich in die Kannen kommt, ver- dünnt sein; man entnimmt die Verdauungsflüssigkeit darum am besten einer Kanne, welche durch einen Baumwollpfropf gegen eindringendes Wasser geschützt worden war. Die in den Gewächshäusern gehaltenen Pflanzen zeigen insofern ein anormales Verhalten, als sie gewöhnlich in ihren Kannen nur eine geringe Menge Drüsensekret enthalten und darum der gröfste Teil der Drüsenzone unbenetzt bleibt. 360 Bringt man diese meine Beobachtungen mit den von Goebel 1889 zusammengestellten, und von mir durch Kontrollversuche nach- geprüften Erscheinungen in Zusammenhang, so ergeben sich für die Nepentheskanne verschiedenartige Absorptionen: 1. Normale Kannen, in welchen sich Insekten befinden, enthalten eine schwach saure Flüssigkeit. (Ameisensäure, Goebel 1889.) Diese Flüssigkeit wirkt als chemischer Reiz auf die Drüsen, wenn mit ihr benetzte Insekten mit denselben in Berührung kommen. 2. Sie leitet die Verdauung ein, so dafs von ihr durchtränkte Insektenleiber, wenn sie von der Kannenwandung unter den Drüsen- dächern auf die Drüsen gelangen, rascher aufgelöst und absorbiert werden können. 3. Die in die Kannenflüssigkeit gelangenden Insekten können von dieser vollständig aufgelöst werden mit Ausnahme der Chitin- panzer, welche sich als Bodensatz vorfinden. Ob die aufgelösten organischen Substanzen durch die Drüsen der Flüssigkeit entzogen, oder ob die Lösung immer als solche absorbiert wird, ist noch zu untersuchen. Die Frage nach den die Ausscheidung von Flüssigkeit bedingenden äufseren Faktoren bleibt vorläufig noch eine offene. Sicher ist blofs die Tatsache, dafs nicht etwa die Epidermiszellen, sondern die Drüsen die Flüssigkeit ausscheiden. Dafs man es aber wirklich mit ausge- sprochenen typischen Sekretions- bzw. Absorptionsdrüsen zu tun hat, ergibt sich als unumstöfsliche Tatsache aus deren anatomischen Bau. Sie stimmen nämlich im Prinzip mit den sitzenden Drüsen von Droso- phyllum überein. Die im allgemeinen sehr flache, meistens ovale, kuchenförmige Drüse besteht aus einer zwei- bis dreischichtigen Sekretions- bzw. Absorptionsscheibe, unter welcher eine Lage von Zellen folgt, deren Aufsen- und Radialwände allerdings nur schwach eutinisiertt sind. Diese bildet die Zwischenschicht zwischen der Sekretionsscheibe und den unter ihr liegenden Tracheidenzellen, welche durch Tracheidenstränge mit den Gefäfsbündeln direkt zu- sammenhängen (Taf. X Fig. 20 und 21). Die epidermale Schicht der Drüse ist mit einer siebartigen Cuticula überzogen, deren Poren bedeutend grölser und darum leichter wahrnehmbar sind, als z. B. diejenigen der sitzenden Drüsen von Drosophyllum. Die äufserste Zellage der Drüse zeichnet sich durch grofse, tiefe Zellen aus, welche meistens bedeutend gröfser sind als die der zweiten Schicht, was besonders bei jenen nicht seltenen Formen zutrifft, wo sich die zweite Schicht oder doch einzelne ihrer Zellen sekundär durch hori- 861 zontale Membranen nochmals teilen, wodurch dann dreischichtige Sekretionsscheiben entstehen. Die äufserste Schicht zeichnet sich ferner dadurch aus, dals sich in ihr auch Membranleisten vorfinden (Taf. X Fig. 22 und 23), die aber lange nicht so stark entwickelt sind wie die von Drosophyllum. Daraus ist erklärlich, dafs der den Zellen eigene grofse Zellkern leicht zu beobachten ist, indem er nicht etwa wegen Platzmangel zur Teilung veranlafst wird. Die Entwieklungsgeschichte der Drüsen (Taf. X Fig. 1—11) von Nepenthes zeigt darin eine Übereinstimmung mit der der sitzenden Drüsen von Drosophyllum, als es sich auch hier um Emergenzen handelt, indem subepidermale Zellen an deren Bildung teilnehmen; die zweite Sekretions- sowie die Zwischenschicht entspringen nämlich denselben. Ein Querschnitt durch eine ganz junge Kanne, deren äufsere Epidermis ‚mit einem dichten Balg der wunderlichsten Trichome be- setzt ist (Taf. X Fig. 12—14), zeigt als innere Epidermis eine aus gleich grofsen, polyedrischen Zellen bestehende, undifferenzierte protodermane Schicht. Die einzelnen Zellen zeichnen sich durch grofse Zellkerne aus. Die unter ihnen gelegenen grundmeristematischen Zellen sind bedeutend gröfser und in lückenlose, gleichmäfsige Reihen geordnet. Auf der ursprünglich glatten, ebenen inneren Epidermis beginnen sich nun kleine Hügelchen zu bilden und zwar verursacht durch die Vergröfserung einzelner kleiner Zellgruppen der äufsersten Grundmeristemlage. Die Erhöhungen sind die primären Anlagen der Überdachungen, die Zellgruppen der Vertiefungen stellen dagegen die Drüsenanlagen dar (Taf. X Fig. 3). Nun tritt eine Volumenzu- nahme der epidermalen Zellen der Grübchen, d. h. der Anlage für die Drüsen ein, indem sich diese zugleich papillenartig auswärts ‘ wölben. Die so in den Vertiefungen entstehenden Hügelchen be- stehen aus 3-7 Zellen, wobei bei mehr als drei Zellen eine der- selben als Scheitel in die Mitte sich lagern kann und dann von den übrigen umgeben wird (Fig. 5a—f). Nach diesem Vorgange ver- gröfsern sich ganz bestimmte Reihen dieser bereits erwähnten sub- epidermalen Zellen, so dafs ein nach unten offener Ringwulst entsteht, welcher die primäre Drüse einschliefst. Die Entwicklung dieses Wulstes hält immer genau Schritt mit der der Drüse, namentlich in seiner mittleren Ausdehnung, wodurch die Überdachung der Drüse herangebildet wird. Die Art und Weise, wie -diese Bildung vonstatten geht, habe ich in einer Serie von Skizzen, die sich auf die mediane Partie des Wulstes beziehen, er- läutert (Taf. IX Fig. 1—15). 362 Die Zellen des mittleren Abschnittes des Wulstgrates strecken sich zunächst und teilen sich dann durch eine Membran. Die vor- deren Tochterzellen tun dasselbe ein oder mehrere Male durch zur ersten parallele Membranen. Nun können sich die den primären Gratzellen vorgelagerten Zellen längsteilen, worauf dann die Zel- len, welche die Gratzellen umgeben, sich derart vergrölsern, dafs die letztern dadurch zu Zentralzellen des Wulstes werden. Die Entwicklung der genannten Gebilde kann sich aber auch so vollziehen, dafs die primären Gratzellen sich durch eine Längswand in zwei Räume zerlegen und die ihnen vorgelagerten Zellen ebenfalls Längs- teilung vornehmen (Taf. IX Fig. 11—14). Wenn die Überdachung fertig erstellt ist, findet eine starke Verdickung der Membranen aller Zellen dieses Gebildes statt, besonders aber in den Kanten und der einschichtigen Partie dieses Drüsendaches, Während seiner Entwicklung findet jedoch auch die der Drü- sen selbst statt. Durch subepidermale Zellen, welche infolge Zell- wucherung die primären Drüsen emporwölben, entsteht ein Gebilde, das anfänglich, meistens aber dauernd aus einer Sekretionsscheibe, die sich aus einer epidermalen und einer subepidermalen Schicht zusammensetzt, und einer Grenz- oder Zwischenschicht besteht. Diese wird unten durch eine Gruppe von Tracheidenzellen begrenzt, welche bereits schon vorhanden sind, wenn sich die Kannen öffnen, um in Funktion zu treten. Die Bildung einer eventuell dritten Schicht der Sekretionsscheibe vollzieht sich durch Teilung einzelner oder aller Zellen der zweiten, d. h. der subepidermalen Schicht. Die Membranleisten, welche schon in den Drüsen der noch ge- schlossenen Kannen in ihren Anfängen angelegt werden, verstärken und vergröfsern sich nach Eröffnung der Kanne. Vergleicht man die Drüsen im Kanneninnern miteinander, so macht man die Entdeckung, dafs namentlich bei jungen Kannen die gröfsten und am besten aus- gebildeten Drüsen gegen den Fufs hin zu treffen sind, die kleinern und weniger vollkommenen aber mehr nach oben hin. Bei alten Kannen ist jedoch die Differenzierung der Drüsen viel geringer als bei jungen. Die Honigdrüsen des Deckels (Taf. X Fig. 24) zeigen fast voll- ständig die gleiche Entwicklung wie die oben beschriebenen. Der einzige Unterschied besteht namentlich beim Deckel in einer sich etwas anders vollziehenden Entwicklung des die Drüsen überdachen- den Gebildes. Die Nektardrüsen der Unterseite des Deckels liegen nämlich in einem conceptaculumähnlichen Grübchen, welches durch x 363 eine kleine Offnung mit der Aufsenwelt kommuniziert und durch welche die mittlere Partie der Drüse sichtbar ist. Der von der Drüse ausgeschiedene Nektartropfen kann so nicht abfallen, wohl aber von den Insekten genascht werden. Auch diese Drüsen besitzen in ihrer Basis mehrere Dracheidenzellen. Aldrovandia vesiculosa Monti.!) (Taf. XI, XIL XIIL) Durch sorgfältige Untersuchungen an lebendem und totem Ma- terial, besonders aber an Querschnittserien von in Paraffin eingebetteten Objekten, war es mir möglich, die in den bereits vorhandenen Arbeiten niedergelegten Resultate teils durch neue Momente zu stützen und zu bestätigen, teils zu erweitern und zu vervollständigen. Ich richtete mein Augenmerk hauptsächlich auf die Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Drüsen und auf die Träger derselben. An dem fast drehrunden Stamme (Taf. XI Fig. 3) sitzen 8—9- zählige Quirle von Blättern (Taf. XIII Fig. 42, Taf. XXI Fig. 5). Diese sind an ihrer Basis rings um den Stengel herum verwachsen. Jedes Blatt zerfällt in einen Stiel und eine zweiteilige Blattscheibe. An der Übergangsstelle vom Stiel zum Blatt finden sich 5—6 Borsten (Taf. XI Fig. 1, Taf. XII Fig. 1). Der Stiel ist keilförmig und platt; er besteht aus einer ein- schichtigen oberen und einer einschichtigen unteren Wand, welche durch Parenchymlamellen versperrt werden (Taf. XI Fig. 4). Diese letzteren sind auch in ihren mittleren Abschnitten nur eine Zelle mächtig, an den Verwachsungsstellen mit den Stielwandungen sind sie jedoch verstärkt. Auch die Ränder des Blaitstieles zeigen meistens die gleiche Erscheinung. Die Parenchymlamellen schliefsen grofse Hohlräume ein, welche mit Luft erfüllt sind, wodurch das spezifische Gewicht geringer wird und die Pflanze infolgedessen im Wasser schwimmt. Sticht man mit einer feinen Nadel alle diese Hohlräume auf, so dafs sie sich mit Wasser füllen, so sinken die so mifshandelten Blattquirle zu Boden. Das zeigt deutlich, dafs die Struktur der Blatt- stiele' mit dem Schwimmen zusammenhängt, nicht die bei geschlosse- nen Blattscheiben in denselben vorhandenen Luftblasen. Die Paren- chymlamellen sind auf der Ober- und Unterseite des Stieles als ein Maschenwerk erkennbar; die verdiekten Basen derselben schimmern nämlich durch die einschichtige Wandung des Stieles (Taf. XI Fig. 1/). 1) Dieses Untersuchungsmaterial wurde mir von Herrn Dr. Hegi, Kustos am botanischen Garten in München, zur Verfügung gestellt, 364 Ein dunkler, durchschimmernder Streifen bildet ferner die Mittellinie des Stieles. Aus dem Querschnitt geht hervor, dafs dieser Strang nichts anderes als das aus dem Stamm abzweigende Leitzellenbündel ist, welches mitten durch den Blattstiel nach der Gelenkstelle der Blattscheibe zieht. Es ist eingeschlossen durch eine Scheide von Parenchymzellen, welch letztere, da das Ganze gut geschützt und ver- sperrt ist, wiederum im Zusammenhang mit zwei Parenchymlamellen steht. Meistens findet sich”über und unter dem Leitzellenbündel noch ein in bestimmten Abschnitten wieder unterbrochener kleiner Hohl- raum, der ebenfalls mit Luft gefüllt ist. Dieses Leitzellenbündel be- sitzt nur an der Basis des Blattstieles, soweit als die Verwachsung mit den Nebenblättern reicht, 1—3 centrale Ringgefäfse; im weiteren Verlaufe sind solche nicht mehr vorhanden, wie-Caspary ganz richtig nachgewiesen. Die Hohlräume des Blattstieles setzen sich als lange, schmale Räume in die Borsten hinein fort, was äufserlich leicht wahrnehmbar ist. Die einzelnen Zellen des Blattstieles sind 4—Tmal so lang als breit und annähernd gleich tief wie breit. Alle Zellen des Blattstieles, die Leitzellen ausgenommen, besitzen ChlorophylI- körner. Diese sind besonders häufig in den Wandungen, weniger zahlreich jedoch in den Zellen der Parenchymleisten und der Paren- chymscheide des Leitbündels. Die Aufsenseite des Blattstieles trägt eine beträchtliche Anzahl von zweiarmigen „Drüsen“, welche aber nur bei jungen Pflanzen vollständig erhalten, bei älteren Blättern hingegen meistens bis auf wenige Exemplare abgebrochen und nur noch durch deren zweizellige Spuren erkennbar sind. Die Zahl dieser Drüsen bzw. ihrer Überreste beträgt per Blattstiel 700-900. Die grofse Hinfälligkeit dieser Gebilde ist offenbar ein Beweis da- für, dals sie für das ausgewachsene Blatt keinen Wert mehr be- sitzen. Ihre Häufigkeit hingegen deutet darauf hin, dafs die Epidermis des gesamten Blattes auf ihrer ganzen Ausdehnung jene Organe an- legt, welche im vorderen Abschnitte des Blattes, d.h. in der Blatt- scheibe, einen ganz bestimmten Zweck haben und diesem entsprechend noch weiter modifiziert werden. Der Blattstiel ist eben ein Teilstück des ganzen Blattes. Ein und dasselbe Organ, in diesem Falle das Blatt, scheint im Jugendzustand auf seiner ganzen Ausdehnung diejenigen Gebilde zu entwickeln, welche es für sein späteres Le- ben bedarf und zwar auch dann, wenn durch nachträgliche Modi- fikation des ganzen Organs nur ein bestimmter Teil desselben dem im embryonalen Zustand angestrebten bestimmten Zweck zu dienen hat, worauf dann eben ein Stillstand in der Entwicklung der hier in 365 Frage stehenden Gebilde oder ein Rückbilden und Wegfall als Folge von sich nachträglich einstellender Nutzlosigkeit eintritt. Die Borsten (Taf. XI Fig. 1, 5—11; Taf. 21 Fig. 5 und 6), in der 5- oder 6-Zahl vorlanden, entspringen am breiten Ende des Blattstieles und bilden seine direkte Fortsetzung, indem sich die Hohlräume und Parenchymlamellen des Blattstieles in dasselbe hinein fortsetzen. Sie sind mindestens so lang wie der Blattstiel, dem sie entspringen, und im ausgewachsenen Zustand immer beinahe doppelt so lang wie die Blattscheibe. Sie enden fast ohne Ausnahme in drei spitz ausgezogene, starre, wasserhell durchsichtige Stacheln, welche eine verstärkte massive, ziemlich scharfe Spitze besitzen. Die Fufsstücke dieser drei Spitzenzellen sind ineinander verkeilt und mit- einander verwachsen (Taf. XI Fig.5ez), was dem Zwecke erhöhter Widerstandsfähigkeit gegen Anprall dienlich ist. Der unmittelbar hinter den Spitzenzellen gelegene Abschnitt ist auf die Ausdehnung von 1—3 Zellen massiv (Fig. 6), während sich weiter unten, im Innern der Borsten, ebenfalls Hohlräume vorfinden. Die Wandung der Borsten besteht aus sehr langen Zellen und ist meistens dadurch ver-\ stärkt, dafs sich die Fufsstücke der versperrenden Parenchymlamellen durch Zellteilung verbreiten, wodurch sie Form von T-Balken erhalten und somit die Wandung der Borsten an vielen Stellen zweischichtig wird, was als unbedingte Notwendigkeit erscheint, wenn man die Längenausdehnung dieser Gebilde mit der Querschnittfläche vergleicht und zudem die Funktion derselben in Betracht zieht. Zahlreiche Epidermiszellen ragen einzeln mit ihren vordern Enden aus dem Niveau der Epidermis hervor und sind in spitze Stacheln ausgezogen. Diese so umgeformten Epidermiszellen — Stachelzellen — ent- halten, soweit sie im Niveau der Epidermis verlaufen, Chlorophyll- körner wie die andern Epidermiszellen; dagegen: fehlen diese in den, Sägezähnen ähnlichen, abstehenden vorderen Enden, welch letztere ebenfalls hell durchscheinend sind wie die drei Endzellen. Gegen die Basis der Borsten hin werden diese Stachelzellen immer undeut- licher und verschwinden schliefslich ganz. Diese Borstenstacheln er- höhen den Zweck der Borsten, als Schutzeinrichtung für die zarte Blattscheibe. " Der interessanteste Teil des Blattes ist die aus zwei Teilen be- stehende Blattscheibe. (Taf XI und XIL) Jede Spreitenhälfte hat. die Form eines Kreissegmentes, welches ca. zwei Drittel der Kreis- -fäche beträgt. Die begrenzende Sehne ist das Gelenk, welches die beiden gegeneinander beweglichen Scheibenhälften verbindet. Jede 366 der beiden Blatthälften besteht wiederum aus einem kreissegment- förmigen Innenstück und einem breiten, sichelförmigen, an den Bogen des Innenstückes ansetzenden Saum. Dieser Teil der Blattscheibe ist an der Peripherie einwärts umgebogen, so dafs ein Randsaum ent- steht, welcher gegen das Gelenk hin sich verschmälert und unmittel- bar bei demselben ganz verschwindet. Dieser trägt an seinem Rande in der ganzen Ausdehnung 60-80 einzellige Stacheln (Taf. XII Fig. 9). Gewöhnlich wechselt je ein gröfserer mit einem kleineren ab. Immerhin kommen auch einzelne Exemplare vor, bei denen alle Stacheln annähernd gleich lang sind. Bei ausgewachsenen und etwas älteren Blättern sind diese Stacheln hell durchsichtig und besitzen nur wenig Plasma und einen kleinen, kaum wahrnehmbaren Kern; weitaus der gröfste Teil des Volumens ist mit wasserhellem, klarem Zellsaft gefüllt. Der Randsaum zeigt weder auf der Innen- noch auf der Aufsenseite Epidermisgebilde. Was für einen Vorteil dies bietet, wird bei der Besprechung der Schliefsbewegung erörtert werden. Die einzelnen Zellen sind aber ganz eigentümlich ineinander gefügt, so dafs sie auf der einen Seite mit einer gröfßseren Fläche sichtbar sind als auf der andern. Wenn wir.z.B. die Aufsenseite des Randsaumes untersuchen, so finden wir scheinbar kleine und grolse Zellen. Die kleinen in Taf. XII Fig. 9 dunkel gehaltenen Zellen sind eben auf der andern Seite mit grofser Fläche zu finden, und die grolsen zeigen sich umgekehrt auf der Innenseite als kleine Zellen; die einzelnen Zellen sind also durchgehend (Taf. XIII Fig. 43). Die trennenden Membranen sind wellig, so dafs die Zellen wie Zahn- räder ineinander greifen, auch verlaufen sie schwach gewellt und schief von einer Seite zur andern. Durch diese eigenartige Zell- verbindung wird, wie leicht ersichtlich, eine verhältnismäfsig grolse Festigkeit erzielt, ohne dafs das Organ deshalb massiger wird. An der Umbiegungsstelle des Randsaumes ist die, für diese Stelle not- wendige vermehrte Festigkeit dadurch erreicht, dafs durch die sehr starke wellenförmige Biegung der Zellwände ein Ineinandergreifen stattfindet, ähnlich der von den Holzarbeitern häufig für solide Ver- bindung angewendeten schwalbenschwanzförmigen Überblattung; ein Lösen der Zellverbindung ist daher nur durch Zerreifsen der Zellen möglich. Ein weiterer Vorzug dieses Gefüges ist die durch dessen Eigenart erzielte erhöhte Elastizität, welche an dieser Stelle von Vorteil: ist. Der Randsaum ist an seinem Rande so ge- spannt, dafs er, ohne zu zerreifsen, nicht nach aufsen umgestülpt‘ werden kann. 367 Wenn wir diese soeben besprochene Partie der Blattscheibe als Randzone bezeichnen, so schliefst sich an dieselbe die Zone der vierarmigen Drüsen. Dieser entspricht auf der Aufsenseite die äufsere Zone der zweiarmigen Drüsen (Taf. XII Fig. 2). Sie um- fafst 1/s—?/s des äufseren Abschnittes der Spreitenhälfte und ver- läuft sichelförmig gegen das Gelenk hin. Dieser Abschnitt besteht ebenfalls aus einer Zellschicht mit ähnlicher Beschaffenheit wie der Randsaum. Weiter gelenkwärts folgt nun eine dritte Zone, welehe ich kurzweg „Drüsenlose Zone“ benenne, obschon ausnahmsweise, und zwar auf der Aulsenseite, noch einzelne wenige Drüsen vor- kommen. Den innern Rand der Innenseite nenne ich „Verschlufs- grenze* (Taf. XII Fig. 1 vg, Fig. 13 vg), welcher Ausdruck bei der Besprechung der Funktion der Blattscheibe seine Erklärung finden wird. Die äufsere Partie dieser Zone, als die direkte Fortsetzung der Il. Zone, besteht noch aus einer weitern Zellschicht, welch letztere jedoch gelenkwärts in zwei Schichten übergeht (Taf. XIII Fig. 41 Me). Die Zellen dieses Abschnittes sind von länglicher Form und ihre Längsachsen verlaufen radial. Bei der untern Spreitenhälfte wird von der Verschlufsgrenze an die konkave Wölbung plötzlich durch einen kleinen Absatz etwas gröfser, während der oberen Hälfte die- ser Wölbungsbruch fehlt, wenn die Blatthälften geöffnet sind. Im geschlossenen Zustand verhält sich die Sache allerdings ganz anders, indem dann der äufsere Abschnitt innen nicht mehr konkav, sondern konvex geworden ist und sich an die konkave Innenseite des äulseren Abschnittes der untern Hälfte anschmiegt. Von der Verschlufsgrenze an geht aber die konvexe Innenwölbung der oberen Spreitenhälfte plötzlich in eine stark konkave über, wodurch ein blasenförmiger Hohlraum entsieht (Taf. XII Fig. 5). Dafs die Verschlufsgrenze des oberen Blattes bei den Schliefs- bewegungen stark in Mitleidenschaft gezogen wird, liegt auf der Hand. Dieser Tatsache ist aber dadurch Genüge geleistet, dafs die auf der Aufsenseite im Bereiche der Verschlufsgrenze liegenden ein- zelnen Zellen wieder, analog der Umbiegungsstelle des Randsaumes, stärker gewellt und dadurch besser miteinander verbunden sind, zu- dem scheinen die Membranen etwas dünner und darum elastischer zu sein. Dieses Verhalten läfst sich bei der unteren Blatthälfte nicht nachweisen, was verständlich wird, wenn man die Schliefs- und Öff- nungsbewegungen beobachten und verfolgen kann. Der wichtigste Abschnitt ist aber das kreissegmentförmige Innenstück, welches nach aufsen durch die Verschlufsgrenze und innen durch das Gelenk um- Flora 1904. * 25 368 grenzt wird. Dieser Teil des Blattes trägt die runden, köpfchen- förmigen Digestionsdrüsen, welche längs der Verschlufsgrenze und längs des Gelenkes sehr dicht gedrängt stehen, dagegen in def Gegend der stärksten Wölbung nur spärlich vorkommen. Dieser innere Abschnitt trägt ferner eine Anzahl sensibler, mit einem Gelenk ver- sehener Trichome, welche bei offener Blattspreite alle gestreckt gegen die Öffnung hin gerichtet sind. Er besteht aus drei Schichten. Die innere Epidermis trägt die Digestionsdrüsen und setzt sich aus langgestreckten Zellen zusammen, welche gegen die Verschlufs- grenze hin noch schwach wellige, gegen das Gelenk hin gerade ver- laufende Membranen: besitzen und senkrecht zu den Zellen des letz- teren stehen. Untersuchen wir die Aufsenseite des Innenstückes der Blatt- scheibenhälfte, so finden wir dort wiederum zweiarmige Drüsen, welche längs der Verschlufsgrenze sehr zahlreich vorhanden sind, entsprechend der Zone der dicht gedrängten Digestionsdrüsen; es ist dies die innere Zone der zweiarmigen Drüsen (Taf. XII Fig. 2id). Diese stehen aber sehr locker in den Abschnitten der stärksten Wölbung, finden sich jedoch zahlreicher auf dem Gelenk und längs desselben. Die Zellen der äufseren Epidermis sind bis an die zwei längs des Gelenkes verlaufenden Reihen, wie auf dem äufseren Abschnitt der Blattscheibe, wellig, zeigen aber immerhin einen radiären Verlauf. Die Mittelschicht (Taf. XII Fig. 15) besteht aus radial verlau- fenden, langgestreckten, flachen Zellen und endigt an der Verschlufs- grenze. Die einzelnen Zellen sind 3—-6mal so lang als die sie begren- zenden und einschliefsenden Zellen der inneren und äufseren Epidermis dieses Blatteiles. Sie zeichnen sich ferner noch dadurch aus, dafs sie sehr wenige Chlorophyllkörper enthalten und plasmaarm, jedoch reichlich mit Zellsaft gefüllt sind. Diese saftreichen Mittelschicht- zellen spannen die kreissegmentförmigen Innenstücke und besonders dasjenige der oberen Spreitenhälfte stark aus, was sich leicht nach- weisen läfst, wenn man bei geschlossenem Blatte tangential in die äufsere Epidermis einschneidet oder -sticht und durch Verletzen der Mittelschichtzellen den Turgor in denselben aufhebt. Die vorher straff angespannte Wandung wird alsdann schlaff und fällt zusammen. Das Zentrum des Gelenkes wird eingenommen durch das Leit- zellenbündel, welches weder Gefäfse noch Tracheiden, sondern nur langgestreckte Zellen aufweist. Das Leitzellenbündel endigt mit 1—3 Zellen in der Blattspitze, der Fortsetzung des Gelenkes; es ist seitlich und nach aufsen von einer Scheide von Zellen umgeben, welche 369 gleiche charakteristische Merkmale haben wie diejenigen der Mittel- schicht. Auf der Innenseite hingegen stehen die Zellen des Leitbündels durch plasmareiche Zellen mit den Epidermis- bzw. mit den Basalzellen der Digestionsdrüsen der inneren Gelenkzone in Verbindung, was von Caspary (Taf. IV Fig. 22) falsch dargestellt wurde, wie überhaupt _ eine Anzahl seiner Abbildungen etwas zu schematisch ausgeführt sind. Die Membranen dieser Scheidenzellen sind sehr dünn und ela- stisch und erleichtern dadurch die Bewegung, was bei den äufseren Epidermiszellen, welche parallel zum Leitbündel verlaufen und 7mal so lang als breit sind, ebenfalls der Fall ist. Wenn die Blattspreiten offen sind, zeigen sich diese langen Zellen konvex auswärts gewölbt, im geschlossenen Zustand aber sind sie flach. Die Zellen der inneren Epidermis sind höchstens 2mal so lang als breit und tragen eine dicht- gedrängte Menge von Digestionsdrüsen, Entwicklung der Blattscheibe und ihrer Epidermisgebilde. (Taf. XIIL) j Caspary hat die Entwicklung des Blattes so trefflich darge- stellt, dafs mir nach meiner genauen Kontrolluntersuchung nur noch übrig bleibt, mit einigen Querschnitten (Fig. 34—41) durch die sich bildenden Blattscheiben seine Untersuchung in einigen wenigen Punkten zu ergänzen und zu präzisieren, sowie dann speziell die Entwicklung der Drüsen bzw. der Trichome zu schildern, da über diese in keiner der vorhandenen Arbeiten gründliche Untersuchungen vorliegen. Die Lamina® als Spitze des embryonalen Blattes angelegt, ist zur Zeit, da sich die äufseren zwei Borsten als kleine Erhöhungen bemerkbar machen, ein noch beinahe regelmäfsiger, an der Spitze abgerundeter Konus, der im Querschnitt eine Epidermis erkennen : Jäfst, welche die primären Mittelschicht- und Leitzellen umgibt (Taf. XIII Fig. 34). Einige Zeit später findet an den beiden äufseren oberen Kanten stärkeres, von Zellteilungen begleitetes Wachstum statt, wodurch die Lamina gondelförmig wird. Indem nicht nur die Rand-, sondern auch die übrigen Zellen in fortwährender Teilung begriffen sind, schieben sich die aus zwei Zellschichten bestehenden Seiten immer mehr in die Höhe. Die Lamina ist eben, wie sich Caspary sehr treffend ausdrückt, überall Vegetationspunkt. Die beiden Rän- der rollen sich dann gegeneinander, bis sie sich an einzelnen Stellen berühren, worauf ein ungleiches Wachstum eintritt. Durch die leb- haftere Zellteilung und entsprechendes Wachstum auf der Aufsen- seite wird sodann bewirkt, dafs sich die Ränder einwärts umbiegen 25* 370 und so ein Randsaum entsteht. In diesem Entwicklungsstadium beginnt nun bereits die Modifikation einzelner Epidermiszellen. Zuerst beob- achtet man auf der Innenseite, gegen den Grund der Wölbung, eine Anzahl papillenförmig hervorgewölbter Zellen, und bald nachher treten _ auch solche gegen den Randsaum hin sowie auf der Aulsenseite auf. Frühe schon läfst sich erkennen, zu was für Gebilden diese Zellen bestimmt sind. Es erfolgt ein sehr intensives Strecken dieser Zäpf- chen, verursacht durch Wachstum und Zellteilung. Auffallend, aber nach soeben angeführter Tatsache leicht erklärlich, ist der Umstand, dafs alle Zellen der Seitenwände sich durch einen grofsen Plasmareichtum und grofse Zellkerne auszeichnen; es sind eben alles embryonale Zellen. Im Gegensatz zu diesen haben die Mittel- schichtzellen verhältnismäfsig kleine Zellkerne, sind plasmaarm und gröfser als die sie einschliefsenden Epidermiszellen. Im Gelenk ist ferner eine Gruppe plasmareicher Zellen erkennbar; es ist dies das primäre Leitzellenbündel, welches unten und zu beiden Seiten von Mittelschichtzellen umgeben ist. Die äufseren Epidermiszellen des Gelenkes haben sich ausgeweitet und etwas auswärts gewölbt, wodurch wiederum den Mittelschichtzellen Raum zu ihrer Vergröfse- rung geschaffen worden ist, alles das im Interesse einer leichteren Beweglichkeit der ausgewachsenen Blattscheibenhälften. Ein interessantes Wachstum zeigt während der Entwicklung die äulsere Partie der Blattspreite. Sie besteht nämlich im An- fang aus zwei Zellagen, welche sich in der Folge durch ungleiches Wachstum so auseinander schieben, dafs jene bereits weiter vorn beschriebene einschichtige Zeilverbindung entsteht (Fig. 43). In dieser Zeit kommt es dann auch zur definitiven Ausbildung der Randsaum- stacheln, welche im Stadium des zweischichtigen Randes (Fig. 32) nur andeutungsweise vorhanden waren: Erst jetzt hat das Blatt die . Funktionsreife erlangt. Wie schon oben erwähnt, trägt das Blatt verschiedene Gebilde ; Caspary spricht von fünf Arten von Haaren. Der Blattstiel, die 'Borsten und die Aufsenseite der Blattscheibe tragen Gebilde, welche aus zwei armförmigen Köpfchen-, aus 2—4 Stiel- und aus zwei Basalzellen bestehen; ich habe sie zweiarmige Drüsen genannt. Am Randsaum finden sich einzellige Stacheln mit breitem Fulsstück. Der einschichtige Teil der Blattspreitenhälfte trägt auf der Innenseite die sogenannten Kreuzdrüsen. Sie bestehen aus vier kreuz- weise gestellten, armförmigen Köpfchenzellen, welche auf einem 2—4zelligen Stiele ruhen, der seinerseits auf einer zweizelligen Basis 371 steht (Taf. XII Fig. 6 und 7). Seltene Formen sind die in der gleichen Zone vorkommenden Drüsen mit drei armförmigen Köpfchenzellen. Die für unsere Untersuchung wichtigsten Gebilde sind aber die- jenigen, welche sich auf der Innenseite des dreischichtigen Abschnittes vorfinden; es sind die Verdauungsdrüsen, welche von oben be- trachtet rund erscheinen. Auf zwei nebeneinander liegenden Basal- zellen erhebt sich der meist aus zwei ziemlich hohen Zellen bestehende Stiel, welcher oben durch Ausweitung dieser Zellen kolbenförmig anschwillt. Dieser Stiel trägt das Drüsenköpfchen, welches seinerseits aus zwei Kreisen von Zellen besteht: aus vier zentralen und acht Randzellen (Taf. XIII Fig. 23—25). Nicht gerade selten sind jedoch die Fälle, wo durch weiter erfolgte Teilung ein solches Drüsenköpfchen 5—8 Zentral- und 9-14 Randzellen aufweist. Auf der gleichen Zone der Blattspreite erheben sich spitze Haare, welche auf einer zweizelligen Basis stehen, die in der Fläche der obersten Zellschicht liegt. Diese Haare bestehen aus 4—7 Stockwerken, deren jedes ge- wöhnlich aus zwei Zellen zusammengesetzt ist. Das erste niedrige Stockwerk weist mitunter 3—4 Zellen auf, welche etwas dünnwandiger sind als die Zellen der andern Etagen, dagegen mit Zellsaft so prall gefüllt sind, dafs die peripheren Zellwände bei nicht gereizten Haaren etwas auswärts gewölbt erscheinen. Nach dem zweizelligen zweiten Stockwerk folgt eine dritte aus zwei, mitunter aber auch aus 3—4 Zellen bestehende Abteilung, welche als Gelenk funktioniert (Fig. 309, 31a und 315). Die Zellen dieser Etage sind dunkler als die anderen Triehomzellen, was daher rührt, dafs dieselben plasmareicher und in- folge praller Füllung mit Zellsaft etwas vorgewölbt sind. Die äufseren Membranen sind dünn und elastisch und falten sich wellenförmig, wenn das Trichom nach erfolgter Berührung abbiegt (Fig. 31a und 5, Taf. XII). Diese Abbiegung wird jeweilen wieder aufgehoben, wenn durch Turgorwirkung das Blatt sich wieder öffnet. Wie schon ge- sagt, tritt das Gelenk meistens als drittes Stockwerk auf, es kann aber auch die Stelle des vierten einnehmen. Ja, ich habe einmal ein allerdings ausnahmsweise langes Haar gefunden, bei welchem sogar zwei Gelenkstellen eingeschaltet waren. Die beiden obersten Zellen sind die längsten und laufen in eine schwach gebogene, sehr wenig biegsame, dünne Spitze aus, was zur Folge hat, dafs ein Stols, welcher diese trifft, seine Wirkung auf das Gelenk durch Abbiegen desselben ausübt. Nachdem ich nun diese Epidermisgebilde, und als solche müssen sie ihres Ursprungs wegen aufgefalst werden, im vorigen beschrieben 872 habe, will ich im folgenden die Entwicklung derselben genauer ver- folgen (Taf. XIII Fig. 1—30). Die primären Drüsen- bzw. Trichomzellen sind den übrigen Epidermiszellen vollständig gleich. Durch papillenförmige Wölbung nach aufsen differenzieren sie sich später von der Umgebung. Der Zellkern befindet sich gewöhnlich am oberen Rande der Zelle, d.h. in der Zone des gröfsten Wachstums; er teilt sich in der Folge in zwei Teile, worauf sich eine trennende Membran bildet, welche senk- recht zur Epidermis steht. Aus der primären Epidermiszelle haben sich so zwei Tochterzellen gebildet. Indem sich nun jede dieser beiden Zellen wiederum verdoppelt und zwar in der Weise, dafs sich neuerdings in jeder, etwas schief zu der zuerst gebildeten Membran, eine Scheidewand bildet, entsteht ein vierzelliges Gebilde. Die untern Enkelzellen sind die primären Basalzellen, die oberen hin- gegen die Köpfchenzellen. Nun tritt aber eine weitere Modifikation ein, die zwei verschiedene Wege einschlagen kann. Die primären Basalzellen strecken sich zunächst und teilen sich dann in zwei Hälften, und zwar durch eine zur zweiten parallele Membran; häufiger aber strecken und teilen sich die primären Köpfehenzellen, wo- durch ebenfalls ein Organ entsteht, das sich aus zwei Basal-, zwei Stiel- und zwei Köpfchenzellen zusammensetzt. Bis dahin zeigt sich nun eine vollständige Übereinstimmung zwischen den zwei-, drei- und vierarmigen Gebilden sowie mit den Triehomen und Digestionsdrüsen. Nun tritt aber eine Differenzierung ein, je nach der Bestimmung des oben erwähnten primären Gebildes. Durch fortgesetztes Strecken und Teilen (Fig. 28 und 29) bildet sich das sensible Triehom, bei welchem anfänglich alle Stockwerke annähernd gleich hoch und die einzelnen Zellen nur wenig länger als breit sind. Später strecken und versteifen sich diese Teile mit Ausnahme des ersten Stockwerkes und desjenigen, das für das Gelenk prädestiniert ist, und in welchen durch Längsteilung die Zahl der Zellen von 2 auf 3 bis 4 erhöht werden kann. Diese Vermehrung der Zellen trifft in den meisten Fällen für die erste Etage zu, namentlich bei langen, das Mittel- mals überschreitenden Trichomen. Soll es zur Bildung von zweiarmigen Drüsen kommen, so wachsen die Köpfchenzellen des dreistufigen primären Epidermis- gebildes seitlich in entgegengesetzter Richtung armförmig aus. Mit- unter kommt es noch zu einer weitern Teilung der zwei Stielzellen, so dafs dann vier Stielzellen, auf zwei Stockwerke verteilt, vorhanden sind (Fig. 11). Diese auf allen Teilen der Pflanze vorkommenden 373 Gebilde sind anfänglich sehr plasmareich und besitzen grolse Zell- kerne; die Köpfchenzellen jedoch hellen sich bald auf, namentlich auf dem Blattstiel, indem der flüssige Inhalt durch Luft ersetzt wird, worauf sie abzufallen beginnen und nur noch Spuren (Fig. 13) zurücklassen, Noch ziemlich plasmareich sind hingegen die Drüsen- zellen auf der Rückseite der Blattspreitenhälfte. Weil ihre Anordnung genau derjenigen der Drüsen der Innenseite entspricht, darf wohl gefolgert werden, dafs sie noch eine bestimmte Yunktion zu leisten haben. Tritt bei den primären Drüsen je eine Zweiteilung der zwei Köpfzellen ein und wachsen dann diese Zellen armförmig aus, so ent- stehen die vierarmigen Gebilde, die sogenannten Kreuzdrüsen der Innenseite des äufseren Sames der Blattspreite. Wenn sich nur eine der beiden Kopfzellen teilt, bildet sich die nur ausnahmsweise vorkommende dreiteilige Form. Die weitgehendste Differenzierung findet man aber bei den Digestionsdrüsen. Sie entstehen dadurch, dafs sich die zwei Köpf- chenzellen je durch eine radiale Wand in zwei weitere Zellen teilen, wodurch sich das vierteilige Köpfehen bildet. Durch weitere Teilung dieser Zellen wird sodann das achtzellige Köpfchen geschaffen. Es geschieht das in der Weise, dafs die zweiten Teilungsebenen nicht radial, sondern parallel zur peripheren Membran auftreten (Fig. 18) und dadurch vier zentrale und vier äufsere Zellen entstehen. Die tren- nende Membran zwischen zwei innern Zellen setzt sich direkt fort in diejenige von zwei äufseren; handelt es sich hier ja doch ursprünglich um eine und dieselbe Membran. In der Folge teilen sich die vier äufseren Zellen durch radial verlaufende Membranen wieder je in zwei Zellen, so dafs dann der äufsere Zellring aus acht Zellen be- steht. Die Teilung kann in angedeuteter Weise noch weiter fort- schreiten und es finden sich in der Tat Köpfchen, welche 5—8 zentrale und 9—14 Randzellen besitzen. Diese Köpfchenzellen sind nun typische Digestionsdrüsenzellen. Sie enthalten viel Plasma, haben einen grofsen Zellkern, sowie kleine, leistenförmige Verdickungen der Zellwände, welch letztere die Festigkeit dieser Zellen erhöhen und die Oberfläche der Plasmahaut vergröfsern. Die innern, untern Zellwände der Köpfchenzellen grenzen in ihrer ganzen Ausdehnung an die oben sehr weitlumigen, kolbenförmig angeschwol- “ jenen und ebenfalls plasmareichen Stielzellen (Fig. 25 st 2), was für die Ableitung der durch die Köpfchenzellen aufgenommenen Nähr- lösungen insofern ein Vorteil ist, als die Zahl der die Ableitung 374 hemmenden Stellen dadurch sehr reduziert wird. Die einzelnen Köpfchenzellen stehen sowohl unter sich als auch mit den zwei Stiel- zellen durch Plasmafäden in Verbindung. Die Zellkerne dieser letz- tern befinden sich meistens in deren obern erweiterten Abschnitten. Dafs wir es hier unzweifelhaft mit Digestionsdrüsen zu tun haben, soll in dem folgenden Abschnitte nachgewiesen werden. Funktion der Blattspreite und deren Epidermisgebilde. Beobachtet man an lebenkräftigen Pflanzen, deren ich eine grolse Zahl zur Verfügung hatte, die frischen Jungen, aber vollständig ausgewachsenen Blätter — es handelt sich um jene 3—4 grünen Quirle unmittelbar hinter der Spitzenknospe —, so findet man, dafs die Blattspreiten geöffnet sind und längere Zeit geöffnet bleiben, falls sich die Pflanzen in 24—26° warmem, reinen Brunnenwasser befinden. Die beiden Hälften der Blattscheibe bilden einen Winkel von 64—68°. Die obere Blatthälfte ist gleichmälsig muschelförmig gewölbt, die sensiblen Trichome sind dagegen gestreckt und stehen von der Blattfläche ab. Greift man nun mit einem feinen Pinsel sorgfältig zwischen die Spreitenhälften, so dafs dabei die Spitzen der sensiblen Haare berührt werden, so setzt sofort eine Schliefsbewegung ein (Taf. XII Fig. 2—5), welche, falls der Reiz nicht zu stark war, aufhört, wenn die Blätter einen Winkel von ca. 30° bilden. Wird jedoch der Reiz während des Schliefsens fortgesetzt, so nähern sich die Spreitenhälften noch” mehr, bis sich schliefslich die Rand- säume berühren, wobei letztere durch das beim Schliefsen nach aufsen gedrängte Wasser aufgerichtet werden, bis sie mit der Spreite einen Winkel von ca. 40° bilden. Ferner greifen dann die Stacheln in- einander, wodurch 'ein notdürftiger Verschlufs stattfindet. Beobachtet man die Schliefsbewegung unter dem Mikroskop oder mit einer starken Lupe, so kann man sehen, dafs sie keine kontinuierliche ist, sondern sich zitternd und ruckweise vollzieht. Wird nun weiter kein Reiz mehr ausgeführt, so öffnet sich das Blatt nach Verflufs von 20—30 Stunden wieder, reagiert aber nachher nicht mehr so rasch und stark und öffnet sich, nachdem es zum zweiten Male zum Schliefsen gereizt worden war, erst nach 4-6 Tagen oder bleibt in manchen Fällen ganz oder doch teilweise geschlossen. Daraus ist ersichtlich, dafs das Schliefsvermögen ein beschränktes ist und bald erlahmt. Zieht man aber den reizenden Pinsel nach dem ersten notdürftigen Verschlufs nicht heraus, sondern dreht ihn sorgfältig zwischen den Spreitenhälften, so dafs durch die Pinselhaare womöglich alle 375 sensiblen Triehome sowie die Epidermiszellen berührt werden, so setzt sich die Schliefsbewegung fort und die Randsäume legen sich derart flach aufeinander, dafs ein sehr intensiver Verschlufs entsteht. Einige Sekunden bis einige Minuten später erfolgt nun längs der sogenannten Verschlufsgrenze ein plötzliches Durchbiegen der oberen Spreiten- hälfte (Taf. XII Fig. 5), wodurch dann der Randsaumverschlufs durch das herausgedrängte Wasser etwas gelockert und nun der eigentliche Verschlufs nur durch die drüsenlosen Zonen bewerkstelligt wird. Es bilden nun die innern, kreissegmentförmigen Abschnitte der Spreiten- hälften eine Blase, in welchem Zustande alle ältern Blätter gefunden werden. Bald stellt sich dann im Innern der anfänglich mit Wasser gefüllten Höhlung eine Luftblase ein, das Produkt der aus den Epi- dermiszellen der inneren Blattfläche ausgeschiedenen Gase. Es handelt sich hier sehr wahrscheinlich um den bei der Assimilation ausgeschiedenen Sauerstoff. Die Frage nach Wert und Zweck dieser Blase liegt nun offen- bar sehr nahe. Dafs sie nicht die wesentliche Ursache des Flottierens der ganzen Pflanze ist, habe ich früher nachgewiesen; dagegen ist es doch möglich, dafs sie das Schwimmen derselben unterstützt und eine ausgleichende Wirkung ausübt, wo dieses ungünstig beein- flufst wird durch die Belastung mit den in der Blase sich vorfindenden Crustaceen und durch den Umstand, dafs bei geschlossenen Lamellen die Reibungsfläche auf die Hälfte ihrer vorherigen Ausdehnung re- duziert ist und darum dem Untersinken geringeren Widerstand ent- gegensetzt. Die Luftblasen leisten ferner beim Öffnen des Verschlusses gute Dienste. Ich konnte nämlich beobachten, dafs in den durch Reizung mit einem Pinsel vollständig geschlossenen Blättern die Blase fort- während gröfser wurde. Das hatte eine derartige Spannung der Wandung zur Folge, dafs sich die obere Spreitenhälfte aufwärts durchbog und nun wieder eine gleichmäfsige, muschelförmige Wölbung zeigte, worauf dann die sehr langsam erfolgende Öffnungsbewegung einsetzte. Während nun die erste Öffnungsbewegung in oben erwähnter Weise unterstützt wird, daneben aber auch mit Turgorwirkungen zusammenhängt, ist die weitere Öffnung der Blattspreiten nur der Steigerung des Turgors zuzuschreiben, wobei die Mittelschicht eine hervorragende Rolle spielt. Der Versuch mit dem Pinsel hat also die Lösung der Frage über die Funktion der Blattspreite eingeleitet. Gelangen kleine Crustaceen, möglicherweise angelockt durch ein Sekret der Kreuzdrüsen, zwischen die beiden Klappen, so stofsen diese Tierchen auf die sensiblen Haare, die im Gelenk einknicken und sehr wahrscheinlich eine Turgorschwankung hervorrufen, welche 376 letztere die direkte Auslösung der in den geöffneten Spreitenhälften vorhandenen Spannung bewirkt und damit die Schliefsbewegung ein- leitet; je grölser nun die Zahl der gereizten Trichome ist, um so intensiver ist dieselbe. Das verdrängte Wasser bewirkt nun eine leichte Strömung, welche der Eindringungsrichtung der Crustaceen direkt entgegenläuft und diese offenbar zum weitern Vordringen an- spornt. Dadurch wird successive eine immer grölsere Zahl von Haaren der Berührung ausgesetzt und es erfolgt zunächst der lockere Verschlufs durch den Randsaum und später der festere, Durch letz- tern werden die dem Rande entlang liegenden Hohlräume verengert und die gefangenen Eindringlinge veranlafst, dem weitern Hohlraum, also der innern Partie zuzusteuern, wobei sie aber wieder in Kollision mit den weiter innen stehenden Trichomen kommen und dadurch den solidesten Verschlufs durch die drüsenlose Zone verursachen. Die gefangenen Crustaceen sind nunmehr vollständig im Be- reiche der Verdauungsdrüsen. Mitunter kommmt es vor, dafs ein-' zelne dieser animalischen Lebewesen erdrückt werden, wenn sie im Momente des eintretenden Verschlusses auswärts entfliehen wollen. Es ist nach meiner Ansicht fraglos, dafs die vielen Drüsen ein Sekret ausscheiden, ähnlich dem der Digestionsdrüsen der übrigen insekten- fressenden Pflanzen, welches die verdaulichen Partien der gefange- nen Opfer auflöst, um nachher von ihnen wieder aufgesogen zu werden; zeigen doch die Köpfchenzellen derselben jene typische Ver- änderung ihres -Inhaltes, wie sie z, B. bei Drosera rotundifolia zu beobachten ist. Dafs für eine rasche, leicht sich vollziehende Ab- leitung der aufgenommenen Stoffe aus den Köpfchenzellen hinlänglich gesorgt ist, haben wir früher gezeigt. Öffnet man ein etwas älteres Blatt, so findet man in ihm nur die chitinigen Überreste. Es ist mir bei meinen Untersuchungen ferner zur Gewifsheit geworden, dafs die Luftblase in Beziehung zur Verdauung steht. Ein Teil des anfänglich in der Blase vorhandenen Wassers tritt durch Osmose in die umgebenden Zellen ein; denn ein anderer Ausweg ist nicht mög- lich, wenn für die an der Stelle der gröfsten Blattwölbung sich bildende Luftblase Platz geschaffen werden soll. Durch dieses Luftgebilde wird die noch vorhandene Flüssigkeit nach’den Seiten hinausgedrängt, also in die Zone der dicht stehenden Digestionsdrüsen längs der Ver- schlufsgrenze (Taf. XII Fig. 1vg, 13 vg) und gegen das Gelenk hin, wo die Verdauungsdrüsen ebenfalls in grolser Zahl vorhanden sind, Die so reduzierte Flüssigkeit durchmischt mit Verdauungssekret und aufgelösten Stoffen der eingeschlossenen Crustaceen wird nun von den rt 377 Köpfchenzellen aufgesogen, welche Tätigkeit zudem begünstigt und unterstützt wird durch die einen gewissen Druck ausübende Luft- blase. Wenn die Nährflüssigkeit aufgesogen ist, öffnet sich das Blatt durch Lösung des Verschlusses längs der Verschlufsgrenze. Beim Öffnen, welcher Vorgang übrigens ziemlich selten zu beobachten ist, wirkt die eingeschlossene Luftblase expansiv. Mit einer feinen Pin- zeitte brachte ich einen kleinen Tropfen Fleischsaft zwischen die Spreitenhälften und reizte diese zugleich mit einem Pinsel zum schliefseen. Nachdem der lockere, äufsere Verschlufs sich vollzogen hatte, liefs ich den Tropfen fallen und zog die Pinzette weg, setzte aber die Reizung fort bis der innere Verschlufs ebenfalls zustande kam. Ein Teil des Tropfens befand sich nun im blasenförmigen Hohlraum, wo sich auch bald die Luftblase zu bilden begann. Nach vier Tagen fing das Blatt an sich wieder zu öffnen. Später brachte ich in ein anderes, ebenfalls gut geöffnetes Blatt eine Dosis geschabtes Fleisch, dem Quantum nach bedeutend mehr als bei meinem ersten Ver- such, und verursachte wiederum künstlich den Verschlufs. Dieses Blatt beobachtete ich nun während eines Monates und erkannte dabei, dafs bei reichlich im Innern vorhandenem Material ein Öffnen des Blattes nicht mehr eintritt. Nach Verflufs von etwa drei Wochen begann sich dasselbe zu entfärben und jene dunkeln Flecken aufzuweisen, wie sie bei älteren Quirlen beobachtet werden, bei welchen die Blatt- scheiben ebenfalls geschlossen sind, bis sie zerfallen. Wie von ver- schiedenen Seiten beobachtet wurde, findet man in den verschlossenen Spreiten der älteren Blätter eine gröfsere Menge von Überresten von Crustaceen, woraus zu schliefsen ist, dafs ein einmaliges Eindringen einer Gruppe solcher Tierchen genügt, um das Blatt zu veranlassen, den Verschlufs für so lange beizubehalten, als es überhaupt lebens- kräftig ist. Da diese kleinen Crustaceen gewöhnlich scharenweise vorkommen, gelangen sie nicht blofs in einzelnen, wenigen Exem- plaren, sondern gruppenweise in die Falle, aus der es für sie keine Rückkehr mehr gibt. Zur Untersuchung der Funktionsverhältnisse eignen sich nur die 2—4 jüngsten, aber vollständig ausgebildeten Quirle. Die hier in Frage kommenden Pflänzchen sind zudem so empfindlich, dafs es sich sehr empfiehlt an einem und demselben Exemplar in der Regel nur einen Versuch auszuführen, denn die Reaktionsfähigkeit geht bei ihnen gewöhnlich bald verloren. . Der geöffnete Zustand ist der Moment gröfster Lebenskraft. Er tritt nach meinen Beobachtungen für die gleiche Pflanze höchstens, 378 und zwar nur selten, dreimal ein. Die geöffnete Stellung der Blatt- spreitenhälften ist ferner ein Zustand höchster Spannung durch inten- sive Turgorwirkung. Dafs diese Spannung bei der Berührung und Abbiegung der Haare nachläfst, ist augenscheinlich. Ob das. die Wirkung des Austretens von Flüssigkeit aus den geprefsten Gelenken der Trichome ist, bleibt eine vorläufig unbeantwortete Frage, sowie es noch fraglicher ist, ob die Drüsenzellen in diesem Momente durch Sekretabgabe die Spannung auslösen. Gegen diese Annahme spricht der Umstand, dafs die Drüsenabsonderung anfänglich noch nutzlos durch das ausgetriebene Wasser weggespült würde. Meines Erachtens setzt die Sezernierung erst ein, wenn der innere Verschlufs sich vollzogen hat; die Herabsetzung der Spannung und die Schliefs- bewegung würden demnach ausschlielslich von den sensiblen Trichomen verursacht. Schneidet man eine ältere geschlossene Spreite auf, so findet man mit wenigen Ausnahmen alle Trichome an der Gelenkstelle ge- knickt. Beobachtet man ferner sich öffnende Spreiten, nachdem diese vorher durch künstliche Reizung zum Verschlusse veranlalst worden, so bemerkt man, dafs die Trichome sich erst zu strecken beginnen, wenn die Spreitenhälften bald am Ende ihrer Öffnungsbewegung an- gelangt sind. Im Öffnen begriffene Spreiten reagieren nur auf sehr intensiven Reiz; es mag das mit obigem Verhalten der Trichome zu- sammenhängen. Wenn man frische, aber geschlossene Blätter mit gefangen gehaltenen Tieren und entwickelter Luftblase aufschneidet, so findet man in den Köpfchenzellen der Verdauungsdrüsen trübe, kugelige Massen, welche den Beweis liefern, dafs organische Stoffe aufgenommen wurden; denn in geöffneten Blättern sind die betreffen- den Zellen mit einer hellen Flüssigkeit gefüllt. Ich legte nach dieser Beobachtung eine ganze Anzahl von Blatt- - quirlen aller Altersstufen in einen Aufgufs von rohem Fleisch. Nach 24 Stunden untersuchte ich nun, beim jüngsten beginnend und zu dem nächstfolgenden älteren successive fortschreitend, Quirl um Quirl. Beim jüngsten waren die Spreiten der Blättchen nur teilweise ent- wickelt, der mittlere dieser Reihe war vollständig ausgewachsen und beim ältesten zeigten sich die Lamellen geschlossen. Bei meiner Untersuchung richtete ich nun mein Augenmerk hauptsächlich auf die verschiedenen Gebilde der Epidermis. Die ganz jungen Blätter zeigten bei vollständig entwickelten, plasma- reichen zweiarmigen Drüsen der Oberfläche des Blattstieles und der Borsten sowie der Aufsenseite in den Köpfchenzellen eine Trübung, 579 während diese sonst hell sind, wie diejenigen der Digestionsdrüsen im Ruhezustand. Die grofse Ähnlichkeit mit dem Verhalten der Köpfchenzellen der Verdauungsdrüsen nach aufgenommenen organi- schen Stoffen war in die Augen springend. Das gleiche Verhalten zeigte sich bei ganz ausgewachsenen, aber noch nie tätigen Blatt- spreiten in den Stacheln des Randsaumes und bei den Kreuzdrüsen. Auch bei etwas älteren Blättern war diese Tatsache an den Kreuz- drüsen noch nachweisbar, dagegen fanden sich die zweiarmigen Drüsen des Blattstieles und der Borsten und zum Teil auch diejenigen der Rückseite der Spreitenhälften unverändert vor. Bei den noch älteren Quirlen endlich zeigte sich diese typische Trübung nur in den Köpfchen- zellen der Digestionsdrüsen, welche mit dem Aufgufs in direkte Be- rührung gekommen, also noch nicht ganz verschlossen waren. Dagegen liefs sich weder bei den zwei- und vierarmigen Drüsen, noch bei den Randstacheln irgendwelche Veränderung nachweisen. Aus diesem Verhalten scheint mir hervorzugehen, dafs in der primären Anlage alle Epidermisgebilde dieser Pflanze — die Trichome konnte ich allerdings nicht beobachten — die gleiche Fähigkeit besitzen, welche aber später nur noch von den eigentlichen Digestionsdrüsen beibe- halten wird, bei den anderen Epidermisgebilden aber successive in dem Mafse verloren geht, als sich ein bestimmter Teil des Blattes speziell zum Zwecke des Fanges tierischer Lebewesen, und ein anderer ebenso für die Aufnahme von organischen Substanzen modifiziert. Wenn ich also mitunter die Ausdrücke zwei-, drei-, vierarmige oder Kreuzdrüsen neben der Bezeichnung Digestionsdrüsen verwendete, so wird nach dem oben Gesagten der Ausdruck Drüse einigermafsen gerechtfertigt erscheinen. Die Ausführungen Cohns, dafs die vierarmigen Haare da plötz- lich aufhören, wo der dickere, halbkreisförmige Teil beginne, sind also im obigen berichtigt, und seine Beobachtungen über die Gebilde des inneren Abschnittes der köpfehenförmigen Organe und Haare erweitert. Seine Auffassung über die Luftblase in den geschlossenen Blättern ist richtig, indem er sagt, dafs sie durchaus nicht notwendig sei, um das Pflänzchen an der Oberfläche zu erhalten; dafs es sich aber nicht um ein nutzloses Nebenprodukt der Assimilationstätigkeit handelt, glaube ich genügend erklärt zu haben. Unrichtig ist ferner seine Darstellung über die ersten Entwicklungsstufen der Epidermisorgane. Dagegen haben meine Untersuchungen seine Vermutung, dafs eine Übereinstimmung in der Entwicklung der verschiedenen Gebilde vor- handen sei, als zutreffend erfunden. 880 - Casparys Ausführungen, die in der Behauptung gipfeln, dafs die kopfförmigen Haare der Innenseite nicht sezernieren und nicht drüsenartig seien, habe ich durch sorgfältige Nachuntersuchung wider- legt. Seine Bemerkung, dafs im ausgebildeten Zustande der Inhalt der Köpfchenzellen der runden Epidermisgebilde auf der Innenseite der Blattspreiten, welche ich Digestionsdrüsen genannt habe, braun werde, ist zugleich eine Bestätigung meiner eigenen Beobachtung, allerdings mit dem Unterschied, dafs dieses Braunwerden eben als Folge der Aufnahme organischer Substanzen eintritt und ein vorüber- gehender Zustand ist. Die Gelenke der sensiblen Haare als solche hat Caspary übersehen, obschon er in seiner Abbildung eine Etage kurzer Zellen eingezeichnet hat. Sie sind aber sehr richtig durch Goebel 1889 und Haberlandt 1901 dargestellt worden. Cas- parys Beobachtung über das Auftreten der vierarmigen Haare stimmt dagegen mit meinen Untersuchungsresultaten überein, nur hat er nichts bemerkt über die innere Grenze dieser Zone, und es scheint ihm entgangen zu sein, dafs der Stiel gar nicht immer blofs aus zwei Zellen besteht. Ebenso trifft seine Bemerkung über die Randsaum- stacheln nur zu bei älteren Blättern, nicht aber bei jungen, welch letztere noch plasmahaltige Stacheln besitzen. Die Anordnung der zweiarmigen Haare auf der Aulsenseite der Blattspreitenhälften ist ebenfalls mangelhaft beobachtet worden. Das Abfallen derselben findet nämlich nur bei älteren Blättern statt, und die Bemerkung, dafs sie früh abfallen, ist daher in dieser allgemeinen Fassung unrichtig. Dagegen ist Casparys Mitteilung über die Entwicklung der zweiarmigen Haare richtig; schade, dafs er die Ent- wicklung der anderen Epidermisgebilde nicht auch verfolgte. Dafs die Schliefsung der Blätter nicht so einfach ist, wie sie Cohn darstellt, geht aus meinen Erörterungen hinlänglich hervor. Die kurzen Knotenzellen zwischen den langen Internodialzellen der Haare der Innenseite hat er hier erkannt, aber nicht gedeutet, ob- schon er diese Gebilde als reizempfindlich bezeichnete. Die schon früher aufgestellte und von Cohn geteilte Vermutung jedoch, dafs die als Tier- fallen organisierten Blätter an Stelle der mangelnden Wurzeln bei der Ernährung der Pflanze beteiligt sind, scheint mir sehr richtig zu sein. Darwins Beschreibung der Borste, nach welcher diese in einer steifen Spitze endigen soll, trifft nur selten zu, sie endigt meistens in drei Spitzen. Seine Beobachtung, dafs die kreuzförmigen Gebilde mitunter kugelige Massen von hyaliner Substanz enthalten, ist nur bei jungen ausgewachsenen Blättern zutreffend, ebenso ist 381 seine Annahme, dafs bei geschlossenen Blattspreiten faulendes Wasser leicht ausfliefsen könne, unrichtig, wie ja auch keine Luft entweichen kann, bis die aufsaugende Tätigkeit der Verdauungsdrüsen sistiert ist. Seine Bemerkung ferner, dafs die verschiedenen Fortsätze und die rand- ständigen Spitzen auch die Fähigkeit besitzen, Substanzen aufzusaugen, ist dahin zu berichtigen, dafs das nur bei ganz jungen, nicht aber bei älteren Blättern der Fall ist: Die Auffassung Darwins, nach welcher die innern Drüsen zur eigentlichen Verdauung und die kreuzförmigen Gebilde zur Aufsaugung dienen, ist nach meinen Beobachtungen unrichtig .und unmöglich. Es findet bei diesen Or- ganen durchaus keine Funktionsteilung statt; die innern Drüsen be- sorgen sowohl das Verdauen als auch das Aufsaugen. Drudes Angabe über den Verschlufs des umgebogenen Randes ist unrichtig wie auch die Bemerkung, dafs das ganze Blatt sensibel sei, der Wirklichkeit nicht entspricht. Die Schliefsbewegung tritt normalerweise nur ein, wenn die sensibeln Haare berührt werden, und zwar erfolgt dann eine rasche Reaktion, weshalb ich diese Ge- bilde als sensible bezeichne, nicht aber die ganzen Blattspreiten. Die Behauptung, dafs es an charakteristischen Digestionsdrüsen mangle, ist ebenfalls widerlegt. Die Bemerkung, dafs es zweifelhaft sei, ob die Papillen ein peptonisches Ferment sezernieren und dadurch die Verdauung der animalischen Nährung ermöglichen, findet gleich in seiner weitern eigenen Ausführung eine Widerlegung, indem er sagt, es liege zwar nahe anzunehmen, dafs die eigentümlich geformten Haare und Papillen wenigstens bei der Resorption der stickstofl- haltigen Nahrung eine Rolle spiele (dieser Gedanke ist übrigens auch von Duval Jouve im Bulletin de la soci6t& botanique de France F. XXIII 1876 ausgesprochen worden). Ferner erwähnt Drude, im Gegensatz zu seiner ersten Feststellung, das Zusammenballen des Protoplasmas als Analogon zu Drosera und gibt dann zu, dafs es sich um die gleiche Erscheinung wie bei dieser handle, wenn auch in weniger deutlicher Form. Was hier mehr andeutungsweise zu- gestanden worden ist, erlaube ich mir nun auf Grund meiner Unter- suchungen als wirkliche feststehende Tatsache hinzustellen. Goebels Angabe, dafs der Verschlufs durch den äufseren Saum stattfinde, ist insofern nicht ganz richtig, als ich nachgewiesen habe, dafs nach erfolgtem- Schlusse die Ränder wieder etwas gelockert werden. Grofse Genugtuung bereitete mir aber seine Bemerkung, dafs die Gebilde der innern Partie der Innenseite ganz den Digestions- drüsen von Drosera entsprechen, sowie seine Beschreibung der sen- 382 siblen Haare, indem sich seine Befunde mit meinen Beobachtungen vollständig decken. Seine Vermutung über die Funktion der vier- armigen Gebilde teile ich ebenfalls. Ich schliefsee meine Betrachtung über Aldrovandia mit den gleichen Gedanken, wie Cohn in seiner Abhandlung über die Funktion der Blase von Aldrovandia: „Anzunehmen, dafs an einem Organismus eine Einrichtung bestehen und sich ohne Verkümmerung durch die Reihe von Generationen forterben kann, die für denselben Zweck nutzlos ist, d. h. die demselben nicht im Kampfe um das Da- sein einen Vorteil gewährt, verbietet uns die moderne, auf darwini- stische Ideen gebaute Naturanschauung.“ Byblis gigantea Lindl. (Taf. XIV, XV.) Zur Untersuchung standen mir lebende Exemplare zur Ver- fügung,!) an welchen ich in erster Linie Fütterungsversuche mit kleinen Insekten und Fleischsaft ausführte, um das Verhalten der Drüsen zu studieren. Ferner stellte ich, nachdem die zu untersuchenden Objekte in Paraffin eingebettet worden waren, Längs- und Querschnittserien her. An diesem Material untersuchte ich das drüsentragende Organ, das Blatt, wie die“Drüsen selbst. Die Untersuchung einer grölseren Anzahl junger Blätter lieferte mir das Material zu der Entwicklungs- geschichte der Drüsen. Die Blätter sind 1—2dm lang, linear, schwach dreikantig und zeigen bis unmittelbar zum kolbenförmig angeschwollenen Ende im Querschnitt drei Gefäfsbündel, welche je mit einer Scheide von 5—7 eckigen Parenchymzellen umgeben sind. Eine weitere Reihe solcher Zellen zieht sich bogenförmig von einer Scheide zur andern hinüber und bildet ein trennendes Glied zwischen dem nach aufsen folgenden, lockeren Schwammparenchym und dem grolsen, etwa doppelt so langen als breiten, aus polyedrischen Zellen bestehenden, zentralen Zellkomplex (Taf. XIV Fig.5 und 6), In dem offenen Gefäfsbündel zeigt sich das Cambium als zentraler, länglicher Streifen, welcher aus englumigen Zellen zusammengesetzt ist. Das interessanteste Verhalten zeigt das Schwammparenchym, welches meistens aus radial angeordneten, an beiden Enden gelenkkopfförmig angeschwollenen, chlorophyllreichen Zellen besteht. Diese haben ihren Ursprung meistens bei den Basalzellen der Drüsen und den diese unmittelbar begren- 1) Dieselben wurden mir aus dem botanischen Garten in München in freund- licher Weise überlassen. 883 zenden Epidermiszellen. Die peripheren Köpfe der äufsersten Gruppe dieser Zellen sind konkav ausgewölbt, so dafs die Basalzellen der Drüsen durch eine möglichst grofse Fläche mit ihnen in Kontakt stehen. Das zeigt sich besonders deutlich im Längsschnitt durch das Blatt (Taf. XIV Fig. 4). Diejenigen Parenchymzellen, welche an den : Basalzellen der Drüsen entspringen, sind im allgemeinen etwas länger und zeigen einen direkteren Verlauf als die übrigen. Gewöhnlich erstreckt sich die Verbindung zwischen Drüsenbasalzelle und Stärke- scheide über drei solcher Zellen. Die innerste grenzt an eine plumpe Parenchymzelle, welch letztere die direkte Verbindung mit der Scheide vermittelt. Ein eigentümliches Verhalten zeigt die Epidermis, welche aus langen, in der Längsausdehnung des Blattes verlaufenden Zellen besteht. Die Epidermis ist überall in ihrer ganzen Ausdehnung mit Drüsen bedeckt (Taf. XIV Fig. 1). Diese sind in rinnenförmig vertiefte Längsbahnen — Drüsenkanäle — eingeordnet. Bald stehen sie einzeln, meistens aber in Gruppen von 2--6 Drüsen. Diese rinnenförmige Vertiefung der Drüsenbahnen wird von Strecke zu Strecke durch nach aufsen vorgewölbte Spaltöffnungen unterbrochen. Das Hervortreten derselben ist für ihre Funktion von grölster Wich- tigkeit; denn die Rinnen werden vom Sekret der Drüsen angefüllt, und wenn die Spaltöffnungen auf gleichem Niveau mit diesen lägen, würde ihre Tätigkeit gehemmt, wenn nicht ganz verhindert. Bei den jungen Blättern wechselt ziemlich regelmäfsig eine Drüsenbahn mit einer anfänglich noch schwach konvex nach aufsen gewölbten drüsenlosen Epidermiszellenreihe ab. Bei älteren Blättern, und zwar hauptsächlich in ihrem untern Abschnitt, finden sich je 2—3 Zellreihen als säulenförmiges, trennendes Glied zwischen je zwei Drüsenkanälen. Diese Zellen sind aus der ursprünglich nur aus einer Zellreihe be- stehenden, drüsenlosen Bahn durch Längsteilung hervorgegangen, wodurch eine Vergröfserung der peripheren Oberfläche ermöglicht wurde, obschon bein Diekenwachstum des Blattes die Drüsenkanal- zellen sich nur unwesentlich beteiligen und gegenüber den Zellen der trennenden Säulen im Wachstum zurückbleiben. Das Blatt weist durchschnittlich 82—42 Drüsenkanäle und ebenso viele drüsenlose säulenförmige, die Kanäle trennende Leisten auf. Die Drüsenbahnen enthalten, wie bereits erwähnt, neben den sitzenden und gestielten Drüsen noch die Spaltöffnungen. Folgende Tabelle gibt Aufschlufs über die Zahl dieser Epidermis- .gebilde. Flora 1904. . 26 584 Sitzende Drüsen [Gestielte Drüsen | Spaltöffnungen imm Drüsenkanal . . . T—11 1l/, 1lj, 1 ganzer Kanal (2dm). . 1400— 2200 800 200-300 1 Blatt & 36 Kanäle . . 50.400 79.200 10.800 7200-—10.800 Ganze Pflanze & 30 Blätter | 1.212000-—2.876000 324000 216000— 324000 Die Spitze des Blattes ist keulenförmig angeschwollen (Taf. XV Fig. 1 und 2) und enthält in der oberen Hälfte nur ein Gefäfsbündel. Die Zellen der Stärkescheide des Gefäfsbündels und die nach aufsen folgenden Zellen sind dicht gedrängt und zeigen keine Intercellular- räume, wohl aber netzartige Verdickungen der Membran. Es sind aus primären parenchymatischen Zellen hervorgegangene Netzfaser- zellen, welche nach aufsen von ein bis zwei Schichten kleiner Schwamm- parenchymzellen umgeben sind. Diese stellen die Verbindung zwischen den Basalzellen der Drüsen, bzw. der Epidermiszellen mit den Netz- faserzellen her. Die obersten Spaltöffnungen funktionieren als Wasser- spalten. Das kolbenförmige Blattende hat sich auf Kosten des paren- chymatischen Gewebes zu einem Wasserspeicherungsorgan umgewandelt (Taf. XV Fig. 1, 2 und 3), Die Drüsen, Die in Reihen angeordneten sitzenden Drüsen sind im lebenden frischen Zustand purpurn gefärbt. Sie sind flach, bald kugelig, bald länglich und berühren seitlich die sie begleitenden Zellen der drüsen- losen Bahnen, was für sie insofern von Vorteil ist, als sie dadurch gestützt und vor dem Abgedrücktwerden geschützt sind. Sie erheben sich zudem — der Endabschnitt der kolbenförmigen Blattspitze aus- genommen — nicht über das Niveau der die Drüsenkanäle begleiten- den Leisten. Dieser vorzüglichen Anordnung ist es zuzuschreiben, dafs selbst bei alten Blättern die Drüsen meistens unversehrt erhalten sind, und das trotz der auffallend dünnen Seitenwände ihrer kurzen Stielzellen. Die sitzenden Drüsen bestehen aus zwei Basalzellen, auf welchen sich eine kurze, aber weitlumige Stielzelle erhebt, die das aus einer Schicht strahlenförmig angeordneter Zellen bestehende Drüsenköpfchen trägt. Dieses setzt sich meistens aus 8-16 Zellen zusammen; auf dem Endabschnitt der jungen Blätter jedoch finden "sich sehr oft sitzende Drüsen, deren Köpfchen nur 4—7 radiär an- geordnete Zellen zählen. Es sind das Jugendstadien. Die Köpfchen- 385 zellen sowie die Stielzellen enthalten grofse Zellkerne, welche von grobkörnigem Polioplasma umsponnen sind. Von ihnen aus durch- ziehen zudem dichte Plasmastränge das Zellumen. Das Cytoplasma der einzelnen Köpfchenzellen steht durch feine Fäden miteinander in Verbindung; auch sind Plasmadesmen zwischen Stiel- und Köpfchenzellen einerseits und Stiel- und Basalzellen anderseits nach- weisbar. Das Köpfchen ist mit einer äulserst dünnen, kaum nach- weisbaren Cuticularschicht überzogen, welche aber von Poren durch- brochen ist. Die gestielten Drüsen (Taf. XV Fig. 4—7) besitzen ein hutpilzförmiges Köpfchen, welches meistens aus 32 radial geordneten Zellen besteht. Nicht gerade selten sind aber Exemplare mit 33 — 40 und ältere, gestielte Drüsen mit sogar 50 Zellen. Das Zentrum des Köpfchens besteht aus einer runden, flachgedrückten Zelle, welche die Verbindung zwischen der langen Stielzelle und dem Köpfchen herstellt. Diese flachgedrückte Zelle steht ebenfalls durch Plas- modesmen mit dem Cytoplasma der Köpfchenzellen einerseits und dem der Stielzellen anderseits in Verbindung. Die keilförmigen Köpfchenzellen enthalten auffallend grofse Zellkerne und grobkörniges Polioplasma, Das Köpfchen selbst ist mit einer siebartigen, aber etwas diekeren Outieularschicht überzogen, als dies bei den sitzenden Drüsen der Fall ist. Der im Verhältnis zur ganzen Drüse und zum Blattdurchmesser sehr lange, unten etwas bauchig aufgetriebene, nur aus einer Zelle bestehende Stiel zeigt, je nach dem Turgor, der in ihm vorhanden ist, eine verschiedene Zeichnung auf seiner Aufsen- seite. Untersucht man ihn, wenn das Köpfchen stark sezerniert und in einen Sekrettropfen eingehüllt ist, so finden sich die Wandungen straff gespannt und gleichmäfsig durchschimmernd grau abgetönt. Entfernt man den Sekrettropfen und läfst die Drüse neues Sekret abgeben, so ergibt sich, dafs die sehr zarten, farblosen Wandungen mit feinen, schiefen Linien gezeichnet erscheinen, welche im oberen Abschnitt einfach verlaufen im untern Viertel aber gekreuzt sind. Läfst man Plasmolyse eintreten, so wird die Zeichnung immer deutlicher, wobei es sich dann herausstellt, dafs sich die Wandung in kleine,’ schief verlaufende Falten legt, so dafs die ganze Zelle mit dem Balg einer Handharmonika zu vergleichen ist. Untersucht man, Alkohol- material oder gar getrocknete Exemplare, so findet man meistens die Membran der untern Stielhälfte stark gefaltet, nie aber in der Art geknickt, wie dies bei einem steifen Gebilde der Fall ist. Es findet also kein Brechen und Zwängen statt, sondern es handelt sich auf 26% 386 der Biegungsseite um ein verhältnismäfsig leicht sich vollziehendes Zusammendrängen der Falten und auf der entgegengesetzten Seite um ein ebensolches Ausdehnen, wobei die Plasmahaut nicht ge- quetscht und darum auch nicht verletzt wird. Wenn man sezer- nierende Trichome mit einer Fliege belastet, so kann man wahr- nehmen, dafs sich die Stielzelle nach einiger Zeit neigt, ohne zu knicken, was nach dem oben Gesagten leicht erklärlich ist. Ob in der dünnen Membran der Stielzelle die sie bildenden Bauelemente in ganz bestimmter Weise angeordnet sind, um obiges Verhalten zu bedingen, bleibt eine offene Frage! Die Stielzelle ist auf dem Niveau der Epidermis zwischen 4—8 Basalzellen eingekeilt und grenzt nach unten meistens an eine, mitunter auch an zwei Zellen. Diese, den Stiel verankernden Zellen, sind alle aus zwei Basalzellen hervor- gegangen, was im folgenden Abschnitt klargelegt werden soll. Dafs die lange Stielstelle verankert sein mufs (Taf. XIV Fig. 3 gD), liegt auf der Hand; an ältern Blättern findet man nicht selten Vertiefungen als Spuren von ausgefallenen Stielzellen (Taf. XIX Fig. 6). Die Entwicklungsgeschichte der sitzenden und gestielten Drüsen zeigt in den ersten Entwicklungsphasen Übereinstimmung (Taf. XV Fig. 13—29). Die zur Drüse bestimmte Epidermiszelle wölbt sich papillenartig vor, teilt sich dann nach vorangegangener Kernteilung durch eine wagrechte Membran in zwei Tochterzellen, worauf die obere sich durch eine zur ersten parallele Membran weiter teil. Von diesem Zeitpunkt an tritt in der Entwicklung der gestielten und der sitzenden Drüsen eine Differenzierung ein. Während sich einerseits die oberste Enkelzelle durch zwei senkrechte Membranen in ein vierzelliges Köpfchen umwandelt und die Basalzelle sich bald nachher durch eine mediane Membran in zwei Zellen zer- legt, streckt sich anderseits die oberste Köpfchenzelle sehr stark, wobei sie den Kern immer in der Nähe der Spitze behält. Nach diesem Vorgang schnürt sich oben eine Zelle ab, welche sich, analog der sitzenden Drüse, in ein Köpfchen mit vier Zellen umwandelt, und zu gleicher Zeit führt die primäre Basalstelle die Zweiteilung durch. ‘Unmittelbar bevor das vierzellige Köpfehen der gestielten Drüse sich anschickt, durch weitere radiale Wände seine Umwandlung in ein 8-, 16—32 zelliges Köpfchen zu vollziehen, wird von der Stielzelle oben eine weitere Zelle abgeschnürt, die sich noch etwas verbreitert und die Köpfchenzellen stützt wie das Gestell des Schirmes den Überzug. Mit der fortschreitenden Entwicklung des Köpfchens findet aber auch eine Modifikation der zwei Basalzellen statt. Diese nehmen 887 nämlich an Gröfse weit mehr zu als diejenigen der sitzenden Drüsen. Sie teilen sich durch senkrechte Membranen, wobei die peripheren Zeilen sich etwas nach -aufsen wölben, um so die lange Stielzelle zu verkeilen, während: die zentrale, bzw. die zwei zentralen Basalzellen die untere Begrenzung der Stielzelle bilden. Aus den zwei Basal- zellen ist eine kleine Gruppe, ein System von Basalzellen hervor- gegangen (Taf. XV Fig. 28 und 29). Funktion der Drüsen. Setzt man an sonnigen, warmen Tagen das Pflänzchen der Sonne aus, so bilden sich bald an den Enden der steif vom Blatt abstehen- den gestielten Drüsen wie Perlen glänzende Tröpfchen. Bringt man nun Mücken oder andere Insekten mit diesem Sekret in Berührung, so bleiben diese an dem zähen, bis 3cm lange Faden ziehenden Schleim hängen. Versuchen sie nun längs des Drüsenstieles die Blattfläche zu erreichen, so neigen sich die Drüsen herunter und die fliehenden Insekten kommen mit den sitzenden Drüsen in Kontakt, welche ihrer- seits ebenfalls einen, wenn auch viel weniger konsistenten Schleim absondern als die gestielten Drüsen. Hilft man mit einem kleinen Tropfen Fleischsaft nach, so füllen sich die Drüsenkanäle des be- treffenden Blattabschnittes, namentlich wo die Drüsen in Gruppen gedrängt stehen, derart mit Flüssigkeit, dafs die sitzenden Drüsen von ihr rings umflossen werden. Nach 4—6 Stunden ist die betreffende Partie des Blattes wieder trocken, aber der Zellinhalt erscheint getrübt und es zeigen sich nicht blofs in den Köpfchenzellen, sondern oft auch in den Stielzellen dunkle, kugelförmige Massen. Es liegt daher die Vermutung sehr nahe, dals nicht blofs die Köpfchenzellen, sondern auch die Stielzellen Nähr- flüssigkeit absorbieren; die gestielten Drüsen hingegen scheinen bei dieser Absorption nicht beteiligt zu sein. Die intensive Sekretabsonderung der gestielten Drüsen veran- lafste mich nach einer direkten Wasserzuleitung zu suchen, wie sie z. B. bei Pinguicula ete. vorkommt; aber von einer solchen fand sich absolut nichts vor. Ein Versuch zeigte mir aber, dafs die direkt den Basalzellen zustrebenden Parenchymzellen (Taf. XIV Fig. 2) rascher leiten als die übrigen. Ich stellte nämlich frische Blätter von Byblis in Wasser, worauf ebenso energische Sezernierung bei den gestielten Drüsen eintrat, wie in normalen Verhältnissen. Nun färbte ich das Wasser mit einigen Tropfen Safranin, die Folge davon war, dafs sich nach ungefähr einer halben Stunde einzelne sitzende Drüsen 388 gefärbt hatten, die Sezernierung der gestielten Drüsen aber unter- brochen war. ° . Durch Querschnitte stellte ich nun fest, dafs in erster Linie die Gefäfsbündel gefärbt waren und von diesen besonders der centrale des kolbenförmigen Blattendes eine intensive Färbung zeigte. Zu meiner Überraschung zeigte sich aber auch, dafs ferner einzelne der Parenchymzellen ihre ursprüngliche Farbe geändert hatten und zwar die, welche gegen die Basalzellen der Drüsen hinstreben. Die Fär- bung zeigte sich besonders typisch in den Köpfchen- und Stielzellen, etwas weniger aber in den Basalzellen. Meine Ansicht geht nun dahin, dafs es sich hier ebenfalls um eine insektenfressende Pflanze handelt, deren Organe aber auf der Stufenleiter ihrer Entwicklung noch nicht den Grad von Vollkom- menheit erreicht haben, wie andere Vertreter dieser seltsamen Pflanzen. Roridula Gorgonias Planch. (Taf. XVL) ‘Bei der Untersuchung dieser Pflanze stand mir leider nur Her- bariummaterial zur Verfügung, was selbstverständlich meine Arbeit wesentlich erschwerte und viel zeitraubender gestaltete als wenn mir lebende Pflanzen zur Beobachtung vorgelegen hätten. Nach mancherlei Versuchen gelang es mir schliefslich doch, den richtigen Weg zu fin- den, um mindestens die organographischen und anatomischen Verhält- nisse genau zu untersuchen und darzustellen. Die zu untersuchenden Blätter wurden 10—12 Tage in destil- liertes Wasser gebracht, also langsam aufgeweicht. Es ist dieses Verfahren dem Kochen vorzuziehen, welches zwar schneller zum Ziele führt, aber das Material nicht so sehr schont, wie es beim ruhigen, lang andauernden Aufweichen der Fall ist, wobei keine Drüsen ab- fallen und die zarten Drüsenstiele durch das in die Zellen eindringende Wasser wieder ihre normale Stellung zum Blatte einnehmen. Nach dem Aufweichen legte ich die zu untersuchenden Blätter zunächst in 50proz. Alkohol und färbte sie nachher mit Hämatoxylin. Die so vorbereiteten Präparate hatten sodann 75proz., 95proz., 100proz. Al- kohol, Xylol-Alkohol, Xylol-Paraffin, Paraffin I und Paraffin IL zu passieren, worauf das Giefsen und endlich die Herstellung von Längs- und Querschnittserien erfolgen konnte. Mazerationen unterstützten ferner die Untersuchung. Roridula ist durch ihren halbstrauchartigen Habitus von anderen % 389 Droseraceen ausgezeichnet. Die Blätter, welche eine Länge von 7—10cm erreichen, sind lanzettlich und besitzen auf der oberen Seite eine Rinne, welche sich gegen die Spitze hin verliert, so dafs das obere Sechstel einen stielrunden Querschnitt zeigt. Die Spitze wird durch einen starken Tentakel gebildet, welcher am Ende ein kolben- förmiges Köpfchen trägt (Fig. 12). Gegen die Insertionsstelle hin werden die schmalen Spreitenhälften etwas breiter und lassen als trennende Mittellinie einen oberen schmäleren und unteren breiteren konvexen Wulst erkennen; es ist die, das Hauptgefälsbündel ein- schliefsende, feste Mittelrippe (Fig. 11 und 13). Die Rinnen der Blätter leiten das niederfallende Regenwasser centripetal dem holzigen Stamme zu. Alle Blätter entspringen dichtgedrängt auf einer kurzen Strecke der Achse und bilden einen Büschel. Das Blatt ist in einzelnen Ab- schnitten mit vielen, mehr oder weniger dichtstehenden und mehr oder weniger langen Tentakeln besetzt, welche in der äufseren Form ' an die von Drosera longifolia erinnern, in anatomischer Beziehung jedoch verschieden sind. Die beiden Spreitenhälften tragen an ihren Rändern die gröfsten Tentakeln neben einer dichtgedrängt stehenden Menge von mittel- grofsen, kleinern und kleinsten; es sind also alle Gröfsen vertreten. Wir haben hier die eigentliche Drüsenzone. Die Tentakeln stehen strahlenförmig auswärtsstrebend vom Blattrande ab (Taf. XVI Fig. 3, 13 und 14). Zwischen dieser Randzone und der Mittelrippe des Blattes finden sich nur kurze, wenig entwickelte Tentakeln, welche alle annähernd gleich lang und auf der Unterseite zahlreich, auf der Oberseite aber sehr spärlich vertreten sind. Als weitere spezifische Tentakelzone ist sodann die Unterseite der centralen Längsleiste zu betrachten; denn auf ihr finden sich neben einer grofsen Anzahl kleiner, 2—5 Reihen kräftige, gut entwickelte Drüsen, welche zwar nur kurze Stiele, dagegen wohlentwickelte Köpfchen haben, die den gleichen anatomischen Bau zeigen, wie die der langgestielten Rand- drüsen. Auf der Oberseite der Mittelrippe finden sich nur wenige und zudem kleine Tentakeln. Aus obigem geht hervor, dafs die Unterseite des Blattes als die eigentliche Drüsenseite zu betrachten ist, während der Oberseite diese Qualifikation abgeht. Der einer eigentlichen Blattspreite ent- behrende Endabschnitt der Blätter zeigt eine gleichmäfsige An- ordnung der Tentakeln auf der ganzen Oberfläche. Neben sehr grolsen, gut entwickelten Exemplaren findet sich eine grofse Menge kurz gestielter, wenig entwickelter Drüsen, während die Mittel- 390 formen gegen die Spitze hin immer seltener werden (Taf. XVI Fig. 12). Bei der genauern Durchsicht des Herbariummaterials zeigte es '- sich, dafs die hier in Frage kommenden getrockneten Pflanzen mit einer Menge von kleinen Käfern, Mücken und Fliegen besetzt sind und zwar finden sich die fliegenden Insekten in den beiden Rand- zonen, während die Käfer meistens auf der Leiste der Blattunterseite zu finden sind. In der Rinne der Oberseite treffen wir nur ausnahmsweise auf Insekten. Bringt man diese Beobachtungstatsache in Beziehung mit der Verteilung und Form der Tentakeln, so erhält man den Ein- druck, dafs die Randdrüsen die auffliegenden Insekten gefangen nehmen, die rippenständigen Tentakeln auf der Rückseite der Blätter dagegen die hinaufsteigenden Käfer festhalten. Die rinnenförmige Oberseite kann wegen der sich gegenseitig berührenden oder gar kreuzenden gestielten Drüsen der beiden Blattränder (Fig. 14) von hinaufkriechenden Insekten nicht erreicht werden, und für heran- fliegende Insekten ist dies höchstens im untern Abschnitt des Blattes möglich, wo die zum Teil auf- und zum Teil einwärts gerichteten Randtentakeln wegen der gröfseren Entfernung der beiden Blattränder einander nicht mehr berühren, geschweige denn kreuzen können. Der Zweck der Anordnung und Stellung dieser Tentakeln ist in die Augen springend: Die einmal festgehaltenen Insekten können nämlich bei heftigem Regen nicht weggespült werden, was der Fall wäre, wenn die Fangorgane mit den gefangenen Tieren statt auf der Unterseite und am Rande auf der Oberseite der Blätter sich befänden. Dafs diese Tentakeln aber wirkliche, typische In- sektenfänger sind, mufs aus ihrem anatomischen Bau mit Sicherheit geschlossen werden. Die Ober- und Unterseite des Blattes sind geschützt durch eine‘ kleinzellige Epidermis, welche über und unter der Mittelrippe zwei- schichtig ist (Fig. 11 und 15), Der Unstand, dafs Spaltöffnungen nur auf der Unterseite zahlreich vorkomnıen, aber auf der Oberseite fehlen, findet darin seine Erklärung, dafs die Blätter als zentripetal leitende Wasserrinnen zu dienen haben. Die Spaltöffnungen sind klein, führen zu einer wenig voluminösen Atemhöhle und sind zwischen den Epidermiszellen in gleicher Höhe wie diese inseriert. Unter der oberen Epidermis liegt ein lockeres, kleinzelliges Schwamm- parenchym; zwischen der obern Epidermis und den Sclerenchym- scheiden der Haupt- sowie der gröfseren Nebengefäfsbündel ist es durch dichtgedrängtes, kleinzelliges Parenchymgewebe ohne 391 Intercellularräume ersetzt. An die untere Epidermis schliefst sich ein grofsmaschiges Parenchym, welches im Bereich der Mittelrippe, wo sich ebenfalls keine Intercellularräume vorfinden, besonders deutlich ausgeprägt ist. Diese grofsen, dünnwandigen Zellen stehen wahr- scheinlich im Dienste der Wasserspeicherung, wofür diese Pflanze aulserordentlich besorgt sein muls. Das Hauptgefäfsbündel ist oben und unten durch eine mehr- schichtige Selerenchymscheide begrenzt. Es hat die Form der Ziffer 8 (Fig. 15), bei weleher die untere Null von aufsen nach innen durch einen Streifen Selerenchym, eine Lage Siebteil und einen aufser- ordentlich entwickelten Gefäfsteil ausgefüllt ist, während die obere Null, d. h. der centripetale Teil des Gefälsbündels aus sehr stark verholzten Selerenchymzellen besteht, in welcher Zusammensetzung die Festigkeit des Roridulablattes ihre Begründung findet. Die grofsen Nebengefäfsbündel besitzen ebenfalls eine innere, meistens 2—4schich- tige, und eine äufsere, 1--2schichtige Sclerenchymscheide und zeigen einen runden Querschnitt. Abzweigungen des Gefälsbündels nach den Drüsenfufspunkten sind nicht vorhanden, hingegen endigt das Hauptgefäfsbündel.des Blattes unmittelbar am Fufsstück des grofsen Endtentakels. Die Tentakeln. (Taf. XVI Fig. 1, 2, 3 und 4.) Alle Tentakeln, so verschieden sie auch an Gröfse sind, zeigen Übereinstimmung im Habitus und anatomischen Aufbau. Sie bestehen meistens aus einem etwas breiten Fufsstück, einem sich nur ganz schwach verjüngenden Stiel, der bei den langen Vertretern 8—12 mal so lang ist, wie das ihn krönende, kolbenförmig angeschwollene Drüsenköpfehen. Aus Querschnittserien durch die langen, rundstieligen Tentakeln, ist ersichtlich, dafs diese am Fufsstück aus einer bis 32 Zellen enthaltenden Epidermis und aus 2—3 Kreisen centraler Parenchymzellen bestehen. Nicht selten zeigen die Epidermiszellen des Fufsstückes Intercellularräume, welche dadurch gebildet werden, dafs sich die radial verlaufenden Zellwandungen spalteten (Fig. 7). Nach oben findet eine Reduktion der Epidermiszellen bis auf zwei Drittel der in der Basis vorhandenen Zahl statt, und das gleiche Verhältnis zeigt sich auch bei den centralen Zellen. Die Wände der Zellen der Epidermis sind ziemlich verdickt, die Parenchymzellen dagegen dünn- wandig. Beide Zeilformen zeichnen sich durch grolse Länge aus; das Verhältnis von Durchmesser zur Länge ist gleich 1:10—12. Ein centrales Gefäfs, wie es M. G. Dutailly 1901 in seiner etwas 392 flüchtig gehaltenen Abbildung darstellt, fehlt bei Roridula vollständig. Ein einziges Mal fand ich bei einem Blattspitzententakel ein Gefäls etwas in die Basis desselben eintretend; es handelte sich dabei aber um das Ende des Gefälsbündels, das ausnahmsweise etwas weiter vorgeschoben war und somit in der Basis dieses Spitzententakels endigte. Zudem hält es schwer, den Grenzpunkt zwischen Blattende und Tentakelfuls genau zu bestimmen. Der Mangel an Gefälsen in den Tentakeln ist indes an und für sich absolut kein Beweis dafür, dafs es sich hier nicht um analoge Organe, wie z.B. bei den Tentakeln der Drosera rotundifolia, handle. Die durch dünne Wände getrennten, sehr langen cylindrischen Paren- chymzellen der Stiele sind gewils auch geeignet, leicht Flüssigkeiten zu leiten. Der interessanteste Abschnitt der Tentakeln ist aber das Köpfchen (Fig. 1 und 4). Die kurzen polyedrischen Epidermiszellen, welche in meridianen Reihen stehen, besitzen einen eigentümlich zerklüfteten und zackigen Cutinüberzug, welcher über den Zellumen die gröfste Mächtigkeit er- reicht, über den radialen Membranen dagegen etwas schmäler wird. Die Outinschicht (Fig. 1E und Fig. 10) ist von feinen, schief und gewunden verlaufenden Poren durchsetzt, welche bis zur Peripherie der äufseren Membran verlaufen. Am stärksten entwickelt zeigt sich die Outin- bildung in der Polgegend, so dafs dort das Tentakelköpfchen runzelig erscheint, nimmt aber gegen, die Insertionsstelle hin ab und ver- schwindet auf den Epidermiszellen des Stieles ganz. Die Epidermiszellen des Köpfchens sind schmale, aber tiefe Zellen mit schwach geschweiften Seitenwänden, grofsen Zellkernen und grobkörnigem Cytoplasma. Sie grenzen nach innen an den kolben- förmigen Komplex von ziemlich festwandigen Parenchymzellen, welche aber der Eigenschaften der Tracheidenzellen durchaus entbehren. Es handelt sich hier aber dessenungeachtet doch um eine Einrichtung zur Aufspeicherung von Flüssigkeiten. Der centrale Zellenkolben ist an der Basis etwas eingeschnürt, indem dort 2—3 Ringe von Epi- dermiszellen nach innen eine etwas stärkere Entfaltung aufweisen. Die Zellen dieses Kolbens bilden die direkte Fortsetzung der Stiel- parenchymzellen, zeigen aber im Gegensatz zu den Stielzellen die auch den Epidermiszellen eigene Verkürzung und besitzen etwas dik- kere Membranen als die Parenchymzellen des Stieles. Die grofse Zahl der an den Drüsen hängenden Insekten läfst darauf schliefsen, dafs die Köpfchen eine klebrige Substanz absondern, und die sehr zahlreichen, von allen Weichteilen entblöfsten Insekten- 393 skelette sprechen dafür, dafs die Pflanze organische Substanzen auf- nimmt. Wenn man bedenkt, dafs ihre Tentakeln sich nicht über die gefangenen Insekten einbiegen können, so steht man vor der Tat- sache, dafs die in ihren Bereich kommenden Tiere einzig und allein durch das Sekret festgehalten werden müssen. Trotz eifrigen Suchens, war es mir nämlich nicht möglich, auch nur ein einziges eingebogenes Tentakel zu finden. Damit aber so zahlreiche und verhältnismäfsig grofse Insekten durch das Sekret festgehalten werden können, ist es absolut notwendig, dafs dieses von sehr zäher Beschaffenheit sei und in innigem, schwer zu trennenden Kontakt mit den Köpfchen stehe. Das ist nun in der Tat der Fall und zwar einerseits infolge der rauben, zerklüfteten Oberfläche des Köpfchens und anderseits dadurch, dafs der ganze Schleimtropfen durch Sekretfäden, welche die gewun- denen Kanäle des Cutinüberzuges ausfüllen, verankert ist. Von einer genauen Feststellung der Entwicklungsge- schichte der Drüsen mulfste ich Umgang nehmen, da eine solche an Hand von Herbariummaterial überhaupt nicht möglich ist. Nach den vorstehenden Erörterungen dürfte die Wahrschein- lichkeit schwerlich bestritten werden können, dafs wir in Roridula ebenfalls eine Pflanze vor uns haben, deren ganze Struktur dem In- sektenfang und der Verdauung organischer Stoffe angepalst ist. Füt- terungsversuche und nachherige Untersuchung des Zellinhaltes würden selbstverständlich die sicherste Aufklärung ergeben haben; ich bin aber überzeugt, dafs sie sich mit meiner durch anatomische Unter- suchungen gewonnenen Mutmafsung decken würde. Drosera rotundifolia L. (Taf. XVII, XVIIL, XIX.) Meine Untersuchungen an dieser Pflanze beschränkten sich fast ausschliefslich auf die anatomische Beschaffenheit der Blätter und ihrer Anhangsorgane. Die ganze Oberseite der sich etwas mehr in die Breite als in die Länge ausdehnenden Blattspreite ist mit drüsentragenden Aus- wüchsen, sog. Tentakeln, besetzt. Jede Drüse ist von einem grofsen Tropfen klebrigen, schleimigen, sauren Sekretes umgeben, welcher selbst bei der gröfsten Sonnenhitze erhalten bleibt (Taf. XVII Fig. 17). Die Blätter gehen, in ihrer Breite rasch abfallend, mit kurzem Über- gang in den zweikantigen, 3—5em langen Stiel über. Dieser ist mit‘ Trichomen verschiedenster Form bedeckt. Die meist intensiv rote 394 Blattspreite ist im innern Abschnitt konkav, gegen den Rand hin aber konvex. Die dicht gedrängt stehenden Tentakeln der Vertiefung des Blattes sind die kleinsten und stehen senkrecht von der Blattfläche ab. Gegen die Peripherie hin werden diese eigentümlichen Blatt- anhängsel immer länger und nehmen successive schiefe bis wagrechte Stellung an, ja die randständigen.Drüsenträger sind nicht selten schräg abwärts gerichtet. Die Tentakeln bestehen aus einem nach der Spitze hin dünner werdenden, haarförmigen Stiel und einer diesem aufsitzenden Sekre- tions- bzw. Absorptionsdrüse, welch letztere bei den Randtentakeln anders ausgebildet ist als bei den flächenständigen. Bei ‚beiden Formen aber zeichnet sich schon bei nur flüchtiger, äufserlicher Be- trachtung eine kleine Zone dicht unter der Drüse dadurch aus, dafs sie farblos oder schwach grünlich ist, während sonst der Stiel intensiv rot und die eigentliche Drüse purpurrot gefärbt sind. Über diese Stelle werde ich mich ihrer Wichtigkeit halber weiter unten eingehen- der aussprechen. Als weitere, allerdings unscheinbare, aber sehr zahl- reiche Anhangsgebilde der Blätter sind ferner die sitzenden Drüsen, — Trichome — zu erwähnen, welche ausnahmslos epidermalen Ur- sprungs sind, während bei der Tentakelbildung alle Elemente des Blattes, Epidermis, Parenchym und sogar ein Gefälsstrang Verwen- dung finden. Das Droserablatt erhält Halt und Festigkeit durch ein Gefäfs- bündel (Taf. XVII Fig. 16), das sich von der Mitte des Blattstieles an in drei Äste teilt, von denen der mittlere beinahe doppelt so stark ist wie die beiden randläufigen, welche ihrerseits beim Übergang in die Blattspreite zur Versorgung der ersten 5—6 Randtentakeln einen Zweig nach aufsen abgeben und sich dann parallel zum Blattrand fortsetzen, bis sie mit den Ausläufern des mittleren Gefälsbündels zusammentreffen und so einen geschlossenen Bogen bilden. Das mittlere, stärkste Gefäfsbündel sendet beim Eintritt in die Spreite unter spitzen Winkeln zwei Zweige ab, welche mehr gegen die Ober- seite hin gerichtet sind und hauptsächlich die Flächententakeln mit Tracheiden versorgen, während der mittlere Strang sich in der Mittel- linie, mehr auf die Unterseite verlagert, fortsetzt, um sich im vordern Drittel der Spreite gabelig zu teilen. Diese Gabeläste senden Tra- cheiden in die vorderen, randständigen Tentakeln, nachdem sie un- mittelbar vorher den Randbogen der seitlichen Hauptstränge ge- schlossen haben. Vom Medianstrange senkrecht aufsteigend, ziehen sich Tracheiden in die mediane Reihe der flächenständigen Tentakeln, 895 welche beim embryonalen Blatte zuerst zur vollen Reife gelangen. Die verhältnismäfsig dünnen Gefäfsbündel, welche im Blatte nicht als vorspringende Nervatur zum Ausdrucke kommen, sind von grofslu- . migem, an Intercellularen reichem Blattparenchymgewebe umschlossen. Gefäls- und Siebteil sind ungefähr gleich mächtig, der erstere ist eher etwas weniger umfangreich, als der letztere. Im Siebteil liegen zer- streut die dünnwandigen Siebröhren, umgeben von ebenfalls aufser- ordentlich dünnwandigen Geleit- und Parenchymzellen. Der Basalteil führt als wasserleitende Elemente teils ringförmig-, teils spiralig verdickte Tracheen und Tracheiden, während in den Tentakelstielen ausschliefslich Spiraltracheiden mit ein oder zwei Spiralen vorkommen (Taf. XVII Fig. 25). Die kollateralen Gefälsbündel zeigen im Querschnitt Kreis- flächenform. In den Abzweigungen, welche nach den Emergenzen hin verlaufen, tritt der Siebteil immer mehr zurück und verliert sich schliefslich, so dafs in den Tentakelstielen nur Gefäfse zu finden sind, welche zuletzt mit stumpfer Spitze im Tracheidenkomplex der Drüsen enden (Taf. XVII Fig. 7 und 10). Die Epidermis der Blattspreite besteht aus fest ineinandergefüg- ten, regelmäfsigen, nicht gewellten Zellen, welche auf der Blatt- unterseite (Taf. XVII Fig. 15) 5--6 mal, auf der Oberseite (Taf. XVII Fig. 20) aber nur 2—3 mal so lang als breit sind. Die Zellen sind jedoch auf der Unterseite des Blattes durchschnittlich etwas kleiner als auf der Oberseite. Auf beiden Epidermen finden sich neben vielen sitzenden Drüsen zahlreiche Spaltöffungen (400 — 500 per Quadratzentimeter), deren Spalten die Richtung des Längsdurchmessers der umliegenden Epidermis- zellen haben. Die sessilen (sitzenden) Drüsen, welche sich an allen chlorophyliführenden Teilen vorfinden, sind am zahlreichsten auf der Ober- und Unterseite des Blattes, zeigen aber verschiedene Aus- bildung, je nach ihrem Standort. Grönland 1855 und Tr&cul 1855 haben diese Zellen nur flüchtig untersucht. Nitschkes Darstellung 1861 dagegen kommt den tatsächlichen Verhältnissen wesentlich näher, wenn sie auch nicht auf vollständige Richtigkeit Anspruch machen kann. Die Entwieklungsgeschichte gibt uns genauen Aufschlufs über diese epidermalen Gebilde (Taf. XIX Fig. 27—33). Aus einer papillenförmig nach aufsen vorgewölbten Epidermiszelle, in welcher zunächst eine Vertikal- und dann eine Horizontalteilung eintritt, ent- 396 steht ein Gebilde aus vier Zellen. In den obern zwei Zellen findet sodann wiederum eine Zweiteilung durch je eine horizontale Wand statt und dadurch hat sich im Prinzip die sitzende Drüse fertig ge- bildet. Sie besteht aus 2 Basal-, 2 Stiel- und 2 Köpfchenzellen, welch letztere sich in der Folge allerdings noch stark vergröfsern. Nicht selten entsteht aber durch Auftreten einer dritten horizontalen Membran ein zweistöckiger Stiel, welcher aber dessenungeachtet, in- folge sehr flacher, niedriger Zellen nicht höher ist als ein einstöckiger; andernfalls kann aber durch Verlängerung der oberen zwei Stielzellen eine solche des Stieles selbst eintreten. Daraus erklärt sich das Vor- kommen von Drüsenstielen sehr ungleicher Länge. Während im gewöhnlichen Falle die Köpfchenzellen kugelförmig anschwellen, können sie sich auch seitlich ausziehen, so dafs ein Gabelhaar ent- steht. Ferner kann sich durch eine weitere Teilung der zwei Köpfchenzellen ein vierzelliges Köpfchen bilden. Stielläinge und die Formation der Köpfchen zeigen eine grofse Mannigfaltigkeit, die aber keineswegs regellos ist, denn die verschiedenen Formen treten ihrer- seits wieder nur auf ganz bestimmten Abschnitten des Blattes auf (Taf. XIX Fig. 27—39), Beim ausgewachsenen Blatte sieht man auf der Blattunterseite zahlreiche kleine, niedere Gebilde, bestehend aus 2 Basal-, 2-- 4 ganz kurzen Stiel- und 2 kleinen Köpfchenzellen, welch letztere zusammen ungefähr so grofs sind wie die zwei Schliefszellen der Spaltöffnungen. Bei etwas älteren Blättern findet man viele dieser Köpfchen abgefallen, so dafs die beiden Stielzellen sichtbar sind. Der Inhalt der Köpfchen dieser Gebilde ist von hellbrauner bis ganz heller Farbe. Das leichte Abfallen der Köpfchen deutet darauf hin, dafs diese Drüsen für die Pflanze von geringem Nutzen sind und es sich hier sehr wahrschein- lich blofs um rudimentäre Gebilde handelt. Anders sind die Verhältnisse bei den sitzenden Drüsen der kon- kaven Wölbung der Blattoberseite (Taf. XVII Fig. 20), d. h. der Zone der senkrecht abstehenden, flächenständigen kurzen Tentakeln, obgleich sie in ihrem Bau so ziemlich mit denjenigen der Blattunter- seite übereinstimmen und ebenfalls aus 2 Basal-, 2—4 Stiel- und 2 Köpfehenzellen bestehen, allerdings mit der Abweichung, dafs letztere hier stark angeschwollen sind, nicht selten etwas über die Stielzellen herabhängen und sich so mit ihrem Rande der Epidermis nähern. Der Stiel ist ferner wegen der platten Form der ihn zusammen- setzenden Zellen auffallend kurz, und die trennenden Membranen zwischen Basal- und Stielzellen sind merkwürdigerweise eutinisiert, 397 was mit Jod-Jodkalium und Chlorzinkjod leicht nachweisbar ist. Die Kopfzellen sind hier meistens, wie die Zellen der Sekretionsscheibe der gestielten Drüsen, blals- bis tiefrot gefärbt. Wenn von dem mit gelösten animalischen Substanzen vermischten Sekret des Tentakels etwas auf die sitzenden Drüsen heruntertrieft, wird es von diesen ab- sorbiert und es zeigt sich bei ihnen bald eine Trübung, Dunklung und Ballung des Inhalts. Wir haben hier also analoge Erscheinungen wie in der Sekretionsscheibe der Tentakeldrüsen. Vergegenwärtigt man sich, dafs die Epidermis der Blattoberseite neben diesen sitzen- den Drüsen eine grofse Menge von Spaltöffnungen enthält, so sehen wir auch die Notwendigkeit einer Absorption des mitunter von den Tentakeln niedertriefenden Sekretes ein. Gegen die Peripherie des Blattes und dessen Übergang in den Stiel werden die Drüsen meist länger und hier finden sich auch die oben erwähnten gabeligen Formen (Taf. XIX Fig. 39—42). Die Drüsen- köpfchen sind ganz blafs und zeigen keine Reaktion ihres Inhaltes beim Benetzen mit Nährflüssigkeit, sie kommen aber auch nicht in den Fall wie die vorhin besprochenen sitzenden Drüsen, zum Zwecke der Trockenlegung der Epidermis Sekret absorbieren zu müssen, da sich die randständigen Tentakeln zum Festhalten und Auflösen von Insekten gegen das Centrum des Blattes hin einbiegen. Diese Ge- bilde stehen also nicht als Absorptionsdrüsen in Funktion und haben durch ihre Untätigkeit die Fähigkeit zum Absorbieren organischer Stoffe eingebülst. Die wunderlichsten und mannigfaltigsten Formen von Epidermis- gebilden finden sich aber auf dem Blattstiel (Taf. XIX Fig. 41, 42). Trichome mit kurzen, längeren und langen Stielen, mit 1—3—5 Stock- werken von je zwei Zellen, gekrönt mit einem kleinen Köpfchen, das aus 2—4—6 Zellen besteht, sind hier in grofser Zahl zu treffen. Diese Köpfchenzellen sind meistens eng zusammengedrängt, mitunter aber auch etwas ausgezogen; es sind also verschiedene Modifikationen des primären dreiteiligen Gebildes, welches ursprünglich, wie bereits erwähnt, aus zwei Basal-, zwei Stiel- und zwei Köpfchenzellen bestand. Bei jungen, noch nicht in Tätigkeit gesetzten Blättern zeigt sich in den Formen ihrer Epidermisgebilde eine grofse Einheitlichkeit, in ganz jungem Zustande sogar völlige Gleichheit. Wir treffen diese Gebilde gleichmäfsig auf der gesamten Blattoberfläche verteilt und ihre Köpfchenzellen zeigen.alle eine Trübung ihres Inhaltes, wenn man die Blätter in, den Flächententakeln entnommene, Nährflüssigkeit legt. Die Absorptionsfähigkeit ist also im primären Zustande allen 398 "Drüsen eigen, reduziert sich aber sekundär auf diejenigen Gebilde, welche allein in den Fall kommen, im Interesse der Pflanze eine Ab- sorptionstätigkeit auszuüben. Es verdienen daher einzig und allein nur die Trichome des konkaven Teiles der Blattoberseite den Namen Drüsen, und ihres Aufbaues wegen ist das Prädikat sessil ge- rechtfertigt. Dafs diese Drüsen der Epidermis möglichst angeschmiegt sein müssen, ist eine durch ihre Funktion bestimmte Notwendigkeit. Die Cutinisierung der Horizontalmembran des Stieles dürfte vermutlich den gleichen Zweck haben wie diejenige der Zellwände der Paren- chym- oder Zwischenschicht der eigentlichen Absorptionsdrüsen. Die Tentakeln mit ihren Drüsenköpfen erschienen den sehr zahlreichen Droseraforschern als die wertvollsten Untersuchungsobjekte. Da sich aber die verschiedenen Darstellungen in einzelnen Partien nicht selten widersprechen und oft unklar sind, will ich im folgenden versuchen, durch Wort und Bild eine genaue Vorstellung zu ermög- lichen. Meine Resultate bilden die Zusammenfassung der Beobach- tungen an lebendem und totem Material, an jungen und alten Blättern und vor allem an Quer- und Längsschnittserien durch in Paraffin eingebettetes Material. Den eigenartigen Bau der Drüsenköpfe konnte ich mir erst erklären, nachdem ich mit grofser Mühe die Entwick- lungsgeschichte der Tentakeln und deren Köpfe festgestellt hatte. Es handelt sich um zwei differenzierte, charakteristische Formen, welche nach ihrem Standorte als Flächen- und Randtentakeln benannt werden können. Die einfachere Form, nämlich die Flächententakeln, sollen hier zuerst beschrieben werden (Taf. XVII, Fig. 5). Sie unterscheiden sich voneinander nur durch die Länge des Stieles, der bei den innersten am kürzesten ist, so dafs eine die Tentakelköpfe verbindende Ebene uhrschalenförmig wäre. Der unter einem rechten Winkel vom Blatt abstehende, gerade, unbewegliche, auf etwas verbreitertem Fulsstück stehende Tentakelstiel ist nur 2—3mal so lang als die ihn krönende, achsensymmetrische kolben- förmiglängliche Drüse. Der platte, mit 12—16 Reihen länglicher Epidermiszellen ausgestattete Stiel trägt nur auf seinem Fufsstück einige wenige sitzende Drüsen, während bei den Randtentakeln sich diese auf deren ganzer Stielausdehnung vorfinden. Unter der Epidermis liegt ein Parenchymeylinder, welcher im Fulsstück zwei-, weiter oben aber nur einschichtig ist. Derselbe besteht aus langgestreckten, chlorophyllreichen Zellen. Im Stiele sind keine Intercellularräume vorhanden. Als centraler Kern findet sich im Stiel eine mit dicht- gedrängter Spirale ausgesteifte Tracheide oder ein Gefäfs als direkte 399 Fortsetzung eines Gefäfsbündelzweiges. Dieses Gefäfs bzw. die Tracheide setzt sich als centrale Achse noch in den Tracheidenkomplex der Drüse fort, während die übrigen Stielelemente an der Basis des Kopfes scharf abgegrenzt sind (Taf. XVII Fig. 10). Der oberste Kranz der Epidermis- zellen des Stieles besteht aus kurzen, aber centralwärts vertieften Zellen; ich nenne ihn Halskranz (Taf. XVII Fig. 9HK, 10HKZ, 11). Die Zellen grenzen abwärts an die Epidermis- und Stielparenchym- zellen, einwärts an den Tracheidenkomplex und aufwärts an die langen Parenchym- oder Zwischenschichtzellen. Die eigentümliche Verkeilung dieser Zellen ist noch von keinem Autor richtig beobachtet und dar- gestellt worden. Warming 1873 gibt zwar eine wenigstens annähernd richtige Abbildung, aber keine Deutung. Ich werde auf diesen meist farblosen oder nur schwach grünlich gefärbten Zellenkranz später zu sprechen kommen. Über diesem Kranz folgt nun ein Ring ganz schmaler Zellen; es sind die Enden der langen Parenchymzellen. Un- mittelbar über diesen beginnt nun die prächtig rot gefärbte Sekretions- scheibe des Tentakelkopfes. Die epidermalen Zellen desselben zeigen alle nach aufsen annähernd gleiche Form; es sind meridian geordnete, meistens „sechsseitige Gebilde. Ein Querschnitt durch den mittleren Abschnitt des Drüsenkopfes zeigt, dafs der Sekretionsmantel zweischichtig ist, worauf nach innen die sogenannte Parenchym- glocke folgt, welche den stark entwickelten, aus langgestreckten Zellen zusammengesetzten Tracheidenkomplex einschliefst. Ein genau durch die Längsachse geführter Schnitt (Taf. XVII Fig. 6, 7, 8 u. 10) zeigt uns deutlich die Gröfsen- und Formverhältnisse der verschiedenen Zellen. Durchwegs sind die Zellen der zweiten Schicht . des Sekretionsmantels kleiner als die der ersten. Der Unterschied ist besonders am oberen Ende des Kolbens, gegen den Scheitel hin, grofs, wo die innere Schicht so kleine Zellen besitzt, dafs sie kaum wahrgenommen werden können und darum von einigen Forschern ganz übersehen wurden. Nach unten, gegen die Kolbenbasis hin, findet jedoch eine annähernde Ausgleichung in den Gröfsenverhält- nissen der Zellen beider Schichten statt. Der untere Abschlufs des Sekretionsmantels wird durch einen einzigen Zellring gebildet, dessen Zellen keilförmig über dem Rande der Parenchymglocke auslaufen. Die Zellen dieses Mantels zeichnen sich ferner noch aus durch mehr oder weniger entwickelte, septenförmige Membranleisten, welche vom Drüsenscheitel an abwärts gegen den Stiel hin immer vollkommener entwickelt sind und sich in den untersten Zellen oft zu Membran- leistenbogen vereinigen, während die grofsen, dem obersten Teil des Flora 1904, 27 400 Mantels angehörigen Zellen die kleinsten, unentwickelsten, ja mitunter gar keine Membranleisten aufweisen. Letzteres trifft besonders bei denjenigen Drüsen zu, welche den Übergang zwischen den Rand- und Flächententakeln bilden, also bei jenen Tentakeln, welche sich, um an der Verdauung animalischer Stoffe partizipieren zu können, nach der inneren Blattfläche einbiegen müssen. Diese Membransepten ver- laufen im mittleren und unteren Abschnitt des Mantels vorwiegend in der Richtung von Parallelkreisen (Taf. XVII Fig. 12), weiter oben aber mehr netzartig. Alle Zellen enthalten einen grofsen, rundlichen Zellkern. Der ganze Sekretionsmantel ist ferner mit einer porösen, siebartigen Cuticula überzogen. Denkt man sich den Sekretionsmantel weggehoben, so kommt die sogenannte Parenchymglocke zum Vorschein (Taf, XVII Fig. 6). Diese besteht in ihrer oberen Wölbung aus 12—16 mit wellen- förmig verbogenen Seitenwänden versehenen Zellen, von welchen aus 12—16 langgestreckte, seitlich ebenfalls gewellte Zellen nach dem Glockenrande hinziehen, um an der Peripherie als schmaler Kranz zu enden. Diese langgestreckten Zellen sind mindestens halb so lang als die ganze Glocke und wie die übrigen Zellen dieses Gebildes flachgedrückt. Die Längswände sind ziemlich verdickt und eutinisiert. Ob es sich hier wirklich, wie Goebel vermutet, darum handelt, das Wasser vom Blattgewebe nur nach der Sekretionsfläche hindurchtreten zu lassen, nicht aber umgekehrt, bleibt noch zu untersuchen. Wird nun diese Parenchymglocke ebenfalls weggehoben gedacht, so bleibt der aus länglichen, zum Teil sehr weitlumigen Tracheiden- zellen bestehende kolbenförmige Kern gleichsam aufgestülpt an das "Endstück des Tracheidenstranges (Taf. XVII Fig. 7 und 10), welcher vom Tentakelstiel umschlossen ist. Die Zellen des Halskranzes sind durch dichtgedrängt stehende Tüpfel mit den sie oben begrenzenden Zellabschnitten der langen Parenchymzellen sowie mit den angrenzenden Tracheidenzellen in Ver- bindung gesetzt (Taf. XVII Fig. 11). Durch eine grofse Zahl von Tüpfeln ist ferner die Kommunikation zwischen den Halskranz- und den obersten Stielparenchymzellen einerseits und durch einige wenige solcher mit den angrenzenden Epidermiszellen des Stieles anderseits hergestellt; die obersten Halsparenchymzellen grenzen nämlich an die innersten und zugleich untersten Tracheidenzellen, sowie an die Zellen des Halskranzes. Die Cuticula dieser Zellen ist mit vielen Poren durchsetzt. Beobachtet man bei lebenden Pflanzen diese Stelle, so kann man, starke Beleuchtung vorausgesetzt, im Zellinnern lebhafte 401 Strömungen und tanzende Bewegungen kleiner, dunkler Körperchen wahrnehmen. Wenn man die Form des Sekrettropfens an zum In- sektenfange bereiten Tentakeln genauer ins Auge falst, so fällt auf, dafs der spindelförmige Tropfen auf der Höhe des Halskranzes seinen gröfsten Querdurchmesser aufweist. Das Sekretionswasser, welches zum grölsten Teil aus den Halskranzzellen austritt, stammt aus dem Tracheidenkomplex. Die langen unteren Zellen der Parenchymglocke dienen der Wasserzuleitung aus den obersten Tracheidenzellen; die unteren äufseren Tracheidenzellen geben Wasser direkt an die Hals- kragenzellen, und die inneren untersten Tracheiden, teilweise durch Vermittlung der obersten Stielparenchymzellen, an diese ab, Durch die äufsere Wandung der Zellen des Halskranzes dringt zur Ver- mehrung des diekflüssigeren, von der Sekretionsscheibe abgesonderten Sekretes eine klare Flüssigkeit und bildet dadurch den grofsen, perlenartig glänzenden Tropfen. Infolge dieser Einrichtung kann durch Verdunstung verloren gegangenes Wasser leicht wieder ersetzt werden, und wir finden es daher begreiflich, wenn, selbst bei mehr- stündiger intensiver Insolation, die Sekrettropfen an den Tentakeln ihre ursprüngliche Gröfse beibehalten. Ich vermute, dafs durch die Halskranzzellen auch Wasser, aber nur solches absorbiert werden kann, während die gelösten animali- schen Substanzen durch die Zellen der Sekretionscheibe eintreten müssen, wo sich nach der Absorption die bekannten Trübungen und Ballungen einstellen , welche Erscheinungen: ich aber in den Hals- kranzzellen nie konstatieren konnte. Die Zellen der Sekretionsscheibe sind offenbar die ausschliefslichen Laboratorien für die Umwandlung der aufgenommenen organischen Stoffe. Dazu sind sie wohl dadurch besonders befähigt, dafs die Oberfläche der Plasmahaut durch zahl- reiche Membranleisten stark vergröfsert ist. Die Entwicklungsgeschichte der flächenständigen Tentakeln (Taf. XVIII Fig. 1—10) ergibt neben anderen interessanten Tatsachen in erster Linie genauen Aufschlufs über die Bildung der langen, an der Peripherie endenden Zellen. Die Tentakeln entwickeln sich im Schutze der Einwölbung des jungen Blattes zur vollen Reife. Auf der ursprünglich glatten, inneren Epidermis bilden sich kleine Hügel- chen, hervorgerufen durch lokalisierte Wucherung des unter der Epi- dermis gelegenen Parenchyms. Ein aus meistens vier Zellreihen bestehen- der Parenchymeylinder drängt sich, infolge fortwährender Querteilung und Wachstum der Spitzenzellen, nach oben. Dadurch entsteht ein zapfenförmiges, aus Epidermis- und Parenchymzellen zusammenge- 27* 402 setztes Gebilde. Nachher erfolgt ein Ausweiten der zweit- und dritt- obersten Etage des Parenchymzapfens, worauf sich dessen Zellen durch senkrechte Membranen teilen und die Tochterzellen wiede- rum an Volumen zunehmen. Auf diese Weise hat sich nun ein köpfchenförmiges Endstück gebildet, das durch weiteres Wachstum der Parenchymzellen zur eigentlichen Drüse wird. Die obersten vier Parenchymzellen und die äufseren seitlichen Tochterzellen der zweit- und drittobersten Parenchymetage vergröfsern sich stark und bilden, parallel zur Oberfläche des Köpfchens, Membranen, wodurch der pri- märe, aus vier Zellreihen bestehende Parenchymzapfen mit zwei pri- mären, glockenförmigen Parenchymhüllen umgeben wird, von denen die äufsere doppelt so viele Zellen besitzt wie die innere, und zwar hervorgerufen durch nachträglich in der äufseren Zellhülle auftretende Meridianmembranen. Durch diese Zellwucherung wird das Köpfchen . bedeutend grölser und der epidermale Mantel infolge Zellteilung und Wachstum erweitert. Ein auffälliges Verhalten zeigt der Zellenring an der - Übergangsstelle des primären Tentakelstiels zum Drüsenkölbehen; die Zellen desselben strecken sich nämlich schief ein- und aufwärts. Die Zellen der unmittelbar unter der Epidermis gelegenen äulseren Pa- renchymglocke teilen sich weiter durch Horizontal- und Meridianmem- branen. Diese Teilung wiederholt sich namentlich im unteren Ab- schnitt der Glocke ein oder mehrere Male, wodurch die kleinzellige zweite Schicht der Sekretionsscheibe geschaffen wird, welche also parenchymatischen und nicht epidermalen Ursprungs ist. Die Zellen der inneren Glocke teilen Sich unterdessen noch einmal und zwar nur meridional; dadurch entstehen die ziemlich langen und breiten Zellen des oberen Abschnittes der eigentlichen Parenchymglocke. Inzwischen haben sich aber die einzelnen Glieder des oben erwähnten Zellen- rings noch weiter ein- und aufwärts verlängert, was nur durch das im unteren Gürtel des primären Drüsenkolbens von Zellteilung begleitete Wachstum ermöglicht werden konnte, indem dadurch der obere Kugel- abschnitt emporgehoben, die anfängliche rundliche Form des Drüsen- kopfes oval ausgezogen und Raum für die Verlängerung der ge- nannten epidermalen Zellen geschaffen wurde. Der obere Teil der Parenchymglocke ist somit parenchymatischen, der untere, aus vor- wiegend langen Zellen bestehende, aber epidermalen Ursprungs. Das letzte Strecken der Zellen des Tentakelstieles findet in dem Momente statt, wo sich die jungen Blätter auszubreiten beginnen und damit genügend Raum zur Ausdehnung geschaffen wird. Gleichzeitig findet auch die Umwandlung des centralen Parenchymzapfens in 408 Tracheidenzellen und die der bereits vorgedrungenen, centralen Zell- reihe in einen Tracheidenstrang statt. Als letzte Bildung treten die Membranleisten auf. Die randständigen Tentakeln (Taf. XVII Fig. 1, 2, 3 und 4) zeichnen sich durch sehr lange Stiele aus. Bei den äufsersten verhält sich die Länge des Stieles zur Drüsenkopflänge wie 8—12:1. Die Stielläingen nehmen mit der Entfernung ihres Standortes von der Blattmitte zu, und gegen die Blattmitte hin ab. Der Fufs der Stiele ist hier breiter, als bei den mittelständigen Tentakeln und gewöhnlich zweigt nicht nur ein einzelnes Gefäls in den Drüsenträger ab, sondern ein Strang von 3—4 Gefäfsen, der sich aber bald auf zwei reduziert. Gewöhnlich enthält das eine Gefäfs nur eine, das andere zwei Spiralen; beide aber enden erst im Tracheidenkomplex der Drüse. Wegen der breiten Basis dieser Tentakeln finden am Blattrande gewöhnlich nur 12—16 solcher Platz; hingegen findet sich unmittelbar innerhalb dieser äufsersten Tentakelreihe ein zweiter Drüsenkreis, dessen ein- zelne Tentakeln so geordnet und inseriert sind, dafs sie gewisser- mafsen die von den erstern offen gelassene Lücken ausfüllen und mit ihnen darum einen dichteren Randkranz von gestielten Drüsen bilden (Taf. XVII .Fig. 16). Diese beiden Kreise haben gleiche Drüsen und werden auch gleichartig, nämlich in einwärts gerollter Spirale, angelegt und ausgebildet, um sich bei der Ausbreitung des seinem Entwicklungsabschlufs zustrebenden jungen Blattes centrifugal zu ent- rollen und damit die für ihre zukünftigen Funktionen geeignete Stellung einzunehmen. Die Entwicklungsgeschichte wird darüber später noch genaueren Aufschlufs geben. An dem sich ziemlich stark verjüngenden Tentakelstiel sitzt die eigenartige, aber äufserst zweckmälsig eingerichtete Drüse, welche nicht, achsensymmetrisch, wohl aber zweiseitig symmetrisch ist, an der man darum ein Oben und Unten, Links und Rechts und ein Vorn und Hinten unterscheiden kann. In einem zweischichtigen Löffel, gebildet durch langgestreckte Epidermis- und Parenchymzellen, liegt die bei jungen Blättern kugelförmige, bei etwas ältern eiförmige und bei noch ältern aber flachlängliche, bachmuschelförmige Drüse. Im Querschnitt erkennt man auf der Oberseite eine aus zwei Schichten bestehende Sekretionsscheibe (Taf. XVII Fig. 19), bei welcher mit- unter die zweite Schicht aus sehr kleinen Zellen besteht. Hebt man diese flache Sekretionsscheibe ab, so liegt der Parenchymmantel blols, dessen Randzellen meistens etwas länger sind als die übrigen. Sämt- liche Zellen desselben haben wellig verbogene Seitenwände. Unter ‘ 404 diesem Mantel, welcher von der konkaven Löffelwölbung aufsteigt, liegt der Tracheidenkomplex (Taf. XVII Fig. 18), in welchem die zwei Spiraltracheiden enden. Unter diesem befindet sich die löffel- förmig ausgebreitete untere Parenchymschicht (Taf. XVII’ Fig. 4), welcher die untere, aus langgestreckten Zellen bestehende Epidermis anliegt (Taf. XVII Fig. 3). Diese beiden letzten löffelförmigen Schichten bilden gleichsam den Sockel der Drüse. Denkt man sich in der Mitte des Sockels eine Senkrechte errichtet, so finden wir um diese herum die Drüse in gleiche Art entwickelt, wie es bei den achsensymmetrischen Drüsen der Flächententakeln der Fall ist. Die Drüsenachse steht also hier senkrecht auf der Achse des Stieles, während Stiel und Drüsenachse bei den Flächententakeln zusammen- fallen. Der Sekretionsmantel ist ebenfalls mit einer porösen Cutin- schicht überzogen. Die einzelnen Zellen, besonders die gegen den Rand hin, besitzen Membranleisten und die mit wellig verbogenen Seiten- wänden versehenen Zellen der flachen Parenchymglocke enthalten cuti- nisierte Tangentialwände. Die Randzellen dieser Glocke stehen durch Tüpfel mit den einen einheitlichen Zellenring bildenden Halskranzzellen inVerbindung, welcher gleichsam als Borde das Drüsenei umzieht. Die einzelnen Zellen dieser Borde, sie bilden also das Analogon des Hals- kranzes bei den Flächententakeln, greifen zum Teil unter die Rand- zellen der Parenchymglocke, stehen einwärts mit den Tracheidenzellen in direktem Zusammenhang und erstrecken sich mit anfänglich kon- kaver Wölbung gegen die Konvexität des Löffelrandes hin (Taf. XVII Fig. 2, Taf. XVII Fig. 18, Taf. XIX Fig. 25). Auf diese Weise bildet sich eine Rinne um die eigentliche Drüse herum. Hier findet ebenfalls die intensivste Sekretion, sowie die Absorption des Wassers statt. Die untere Epidermis und die angeschmiegte untere Paren- chymschicht haben mit der Sekretion bzw. Absorption nichts zu tun. Wenn wir das Tentakel als Blattspreitenteil auffassen, so liegt auf dessen oberen Fläche eine flache Drüse z. B. analog den fladen- förmigen sitzenden Drüsen von Drosophylium. Die Entwicklungsgeschichte (Taf. XVIII Fig. 1118) zeigt uns die prinzipielle Übereinstimmung der Rand- und Flächen- tentakeldrüsen. Vom embryonalen Blattrande aus bilden sich zwe Reihen spiralig eingewundene, fingerförmige Auswüchse, bestehend aus einem Epidermismantel und einem anfänglich meistens aus vier Zellreihen zusammengesetzten Parenchymkern. Wenn das Spitzen- wachstum der Spiralen infolge Raummangels sistiert wird, beginnt die Ausbildung der Drüsen durch Wucherung der oberen Zellen des , 405 . Parenchymzapfenendes. Durch fortwährende Teilung der äufsersten und zugleich obersten Parenehymlage kommt es unter der sich “ schalenförmig emporwölbenden Epidermis, d. h. der primären äufseren Sekretionsscheibe, zur Bildung der zweiten Sekretionsschicht, der flachen Parenchymglocke und des Tracheidenkomplexes. Nachdem die junge Drüse, allerdings vorläufig noch in zusammengedrängter “ kugeliger Form, ihre prinzipielle Ausbildung, erlangt hat, beginnt sich mit dem Ausbreiten des Blattes die Spirale, unter fortwährendem Strecken der Stielzellen und der übrigen Gewebeelemente der jungen Drüse, zu entrollen. So bildet sich aus dem anfänglich kurzen, ge- drängten Organ eine längliche, ziemlich platte Tentakeldrüse; zuletzt aber erfolgt die Bildung der Membranleisten. Auch hier ist also die zweichichtige Sekretionsscheibe epidermalen und parenchymatischen Ursprungs, wie im fernern auch der Randkranz der Parenchymglocke aus etwas einwärts verlängerten Epidermiszellen und der Tracheiden- komplex aus Parenchymzellen entstanden ist. Die eigenartige Bildung der randständigen Tentakeln deutet auf eine sehr zweckentsprechende Anpassung an ihre Funktionen hin. Diese langgestielten Drüsen biegen sich nämlich blatteinwärts, um die an den Flächententakeln haftenden Insekten festzuhalten, zu töten und aufzulösen oder, um die an ihnen selbst hangen gebliebene Tiere mit den Köpfchen der flächenständigen kurzgestielten Drüsen in Be- rührung zu bringen. Es ist einleuchtend, dafs dadurch die Auflösung der animalischen Lebewesen von zwei Seiten in Angriff genommen und somit beschleunigt wird. Ebenso ist leicht einzusehen, dafs bei diesem Vorgang nur eine Seite des sich einbiegenden Tentakelkopfes mit dem zu verdauenden Insekt in Berührung kommt. und darum ist praktischerweise das absorbierende Organ seitlich in der Richtung gegen die Blattmitte angebracht. Die von Nitschke 1861 erwähnte asymmetrische Form kommt in der Tat mitunter vor und zwar vorwiegend beim dritten Tentakel- kreis des Blattrandes, gleichsam als Übergangsform zwischen den achsensymmetrischen Flächen- und den zweiseitig symmetrischen Randtentakeln. Zum Vergleiche untersuchte ich auch noch Drosera longifolia Hayn (Drosera anglica Huds.), Drosera intermedia Hayn und Drosera obovata M. K. (Bastard zwischen D. rot und D. longif.), also die übrigen schweizerischen Droseraarten. Bei keiner dieser drei Species ist ein Unterschied zwischen rand- und flächenständigen Tentakeln "nachweisbar, denn alle Drüsenköpfe zeigen den gleichen anatomischen 408 Bau wie wir ihn bei den flächenständigen Tentakeln von Drosera rot. kennen gelernt haben. Ganz gleich sind auch die Verhältnisse bei Drosera capensis, dessen Tentakeln ich ebenfalls eingehend unter- sucht habe. . Die biologischen Schilderungen von Grönland, Trecul, Nitschke, Darwin, Morren, Hugo de Vries und Goebel habe ich leider aus Mangel an Zeit nur teilweise nachprüfen können, ich fand dabei aber keine wesentlichen Abweichungen von den durch diese Forscher aufgestellten Tatsachen, Die von Hugo de Vries geschilderten und auch von Darwin erwähnten Aggregations- erscheinungen konnte ich ebenfalls beobachten; ich habe dieselben aber nicht weiter verfolgt. Es sei an dieser Stelle aufmerksam ge- macht auf die trefflichen Untersuchungen von Huie Lily 1896, 97, 99 und Otto Rosenberg 1899. Die Tatsache hingegen möchte ich nicht unerwähnt lassen, dals nämlich das von den Drüsen ausgeschiedene Sekret nur dann ver- dauende Kraft hat, wenn die Ausscheidung infolge eines chemischen Reizes durch stickstoffhalti ge Substanzen stattfindet, nicht aber, wenn die Reizung der Drüsen rein mechanischer Art ist, wie z. B. durch Verbringung von Sandkörnchen, Glassplitterchen, Holz- stücken etc. auf die Sekretionsscheibe oder durch Bestreichung der- selben mit einem Pinsel. Ist der Reiz chemischer Art, so tritt bei dem sezernierenden Organ bald eine intensive Ansscheidung von dicht- flüssigem Sekret ein; ist*er blofs mechanischer Natur, so findet zwar ebenfalls eine Ausscheidung statt, aber diese ist wässerig dünnflüssig und stammt vorwiegend aus den Halskranzzellen. Ein auf die Tentakeln gelangtes Insekt bewirkt durch seine Fluchtversuche zunächst nur einen mechanischen Reiz, welchem eine rasche und aus- giebige Sekretion von Flüssigkeit folgt, in welcher das Tier durch Ersticken den Tod findet. Sobald nun die Leiche mit der Sekretions- scheibe in Berührung kommt, beginnt der intensive chemische Reiz; ein Teil’des nun überflüssigen wässerigen Sekretes wird absorbiert und zwar vermutlich durch die Halskranzzelle, worauf ein schleimiges Sekret mit Stickstoff lösendem Ferment ausgeschieden wird, das nun die Auflösung der animalischen Stoffe besorgt, welche dann durch die Sekretionsscheibe absorbiert werden. Der ursprüngliche an den Drüsenköpfehen hängende Sekret- tropfen, dessen Zweck zunächst die Anlockung der Insekten ist, läfst sich leicht von den Tentakeln loslösen, nicht aber. die nachher sich einstellende Verdauungsflüssigkeit. Diese ist sehr zähe, läfst sich 407 in lange Faden ziehen und steht im innigsten Zusammenhang mit der Sekretionsscheibe. Als Sitz der Reizbarkeit ist das Drüsenköpfchen zu betrachten, von wo der Reiz in dessen Stiel geleitet wird und ihn, falls es sich um ein Randtentakel handelt, zum Einbiegen nach der Blattmitte ver- anlafst. Vom Stiel aus überträgt sich die Reaktion auf die benach- barten Tentakeln, bewirkt bei ihnen eine gleiche Bewegung und bei intensiver Reizung eine gesteigerte Sekretion. Es läfst sich leicht nachweisen, dafs die Reaktion viel rascher, intensiver und weiter aus- greifend sich vollzieht, wenn nach dem anfänglich durch die zappelnden Bewegungen des dem Drüsenköpfchen anhaftenden Insektes. verur- sachten mechanischen Reize der chemische einsetzt, als wenn durch irgend eine Ursache blofs der erstere einwirkt. Ein besonderes Reiz- leitungsgewebe ist bei den Droseratentakeln ‘nicht nachweisbar. Der motorische Impuls strömt offenbar von der Reizstelle nach allen Seiten, ob hiebei die Epidermis- oder die Parenchymzellen oder beide zu- gleich die Leitung besorgen, mufs vorläufig dahin gestellt bleiben, wie man ja auch über die Art der Reizübertragung noch durchaus im Unklaren ist. Die Theorie von Sachs, welche die Bewegung der Tentakeln einer, durch Flüssigkeitsverschiebung verursachten Aus- lösung ihres Spannungszustandes zuschreibt, hat zwar etwas Be- stechendes an sich, aber einen direkten Nachweis hat er nicht leisten können und das innerste Wesen dieser Reizleistung ist bei Drosera darum damit noch keineswegs aufgehellt. Zudem dürften zu einer befriedigenden Lösung dieser Frage noch weitere Faktoren in Be- rücksichtigung zu ziehen sein. Drosophylium Lusitanicum Lk. (Taf. XIX, XX und XXI) Zur Vornahme einiger physiologischer Versuche, namentlich aber zum Studium des anatomischen Baues der Blätter, bzw. der Drüsen und zur Darstellung der Entwicklungsgeschichte der letzteren standen mir drei sehr schöne, lebende Exemplare der genannten Pflanze im Gewächshaus zur Verfügung.) Längs-, Quer- und Schiefschnitt- serien sowie Untersuchungen am lebenden Blatt lieferten das inter- essante Material für die folgenden Mitteilungen über Drosophyllum. 1) Von Haage & Schmidt in Erfurt bezogen. 408 Einige Photographien!) von Dauerpräparaten sollen als Ergänzung zu den angefertigten Handzeichnungen dienen. Die sitzenden, ungestielten, halbstengelumfassenden, linear lan- zettlichen, nach der Spitze hin sich allmählich verschmälernden Blätter zeigen auf der Oberseite eine Rinne, welche sich gegen die Spitze hin verliert, so dafs dort das Blatt fast stielrund, gegen die Basis hin jedoch zwei- bis dreimal so breit als dick ist. Die Blätter sind 20—-30cm lang, dick, fleischig und leiten das auf sie fallende Regenwasser infolge ihrer rinnenförmigen Beschaffen- heit und ihrer schiefaufwärts gerichteten Stellung centripetal. Während die jungen Blätter nach unten eingerollt sind, zeigen sich die ältern vollständig ausgestreckt, so dafs der grolse Spitzentenkakel, in welchem: das Blatt endigt, sichtbar wird. Bei den ältern Blättern ist die Rinne bedeutend schmäler und’tiefer als bei den jungen;. denn die Blatt- ränder wölben sich, und zwar in verstärktem Mafse gegen die Basis hin, seitlich empor und werden dort halb stengelumfassend. Das unmittelbar hinter der nach unten eingerollten Blattspirale befind- liche Blattstück zeigt noch keine Rinze, es ist im Gegenteil kon- vex, wie ja auch in der Spirale nicht etwa die obere, sondern die untere Blattseite konkav, die obere dagegen konvex gewölbt ist. Es zeigt sich also in dem spiralig eingerollten oberen Blattabschnitt hinsichtlich der Wölbung seiner Oberfläche ein genau entgegen- gesetztes Verhalten wie beim ausgestreckten. Blatteile. Aus Längs- und Querschnitten durch die Spirale erhielt ich nun Antwort auf die Frage nach dem Grund dieser eigenartigen, ausnahmsweisen centrifugalen Einrollung; sie hängt nämlich mit der Anordnung der Tentakeln zusammen und wirkt für diese in ihrem Jugendstadium, im Interesse einer ungehinderten Entwicklung, als Schutzvorrichtung. Die Beschreibung der Anordnung dieser Tentakeln und ihre Ent- wieklungsgeschichte wird meine Auffassung eingehender begründen. Die Blätter tragen auf der Unterseite und der Randzone der Oberseite gestielte Drüsen, Tentakeln, neben sitzenden, ungestielten Drüsen (Taf. XX Fig. 1, 4 und 5). Beide Drüsenarten sind aber nicht unregelmäfsig angeordnet, wie es beim flüchtigen Betrachten den Eindruck macht, sondern sie sind. es in Reihen. Es lassen sich 6 Tentakelreihen und 11—12 Reihen sitzender Drüsen nach- weisen, welche regelmäfsig so geordnet sind, dafs eine Tentakelreihe . je rechts und links von einer Reihe der andern Drüsenart flankiert 1) Diese wurden von Herrn Dr. Anton Pestalozzi, I, Assistent von Herrn Prof. Dr. H. Schinz, hergestellt. 409 ist. Die konvexe Unterseite und die Randpartien der Blätter sind als die eigentlichen Drüsenzonen zu betrachten; denn die konkave Oberseite, die Blattrinne, trägt keine oder doch nur ausnahmsweise wenige rudimentäre, sitzende Drüsen. Die Unterseite der Mittelrippe, welche leistenförmig auswärts gewölbt ist und aus sehr langgestreckten, aber schmalen Zellen besteht, ist frei von Drüsen und Spaltöffnungen. Diese Leiste wird zu beiden Seiten von je einer Bahn sitzender Drüsen begleitet, dann folgt eine Reihe Tentakeln, welche wiederum nach aufsen von einer Zeile sitzender Drüsen flankiert wird. So haben wir also eine Drüsenzone links und eine solche rechts von der Mittelrippe. An diese zwei Zonen schliefsen sich nun auswärts zwei schmale drüsenlose Bahnen an, die sich dadurch auszeichnen, dafs hier plötzlich die kleinen Spaltöffnungen in ziemlich dichtgedrängter Menge auftreten. Diese letzteren sind ferner besonders zahlreich über die beiden Ränder hinaus bis zur ‚konkaven Rinne der Blatt- oberseite verbreitet. Dann hören sie plötzlich auf, so dals die innere Partie der Rinne ganz drüsenlos ist, welches Verhalten sehr begreif- lich und zweckentsprechend erscheint, wenn man bedenkt, ‚dafs die Blätter als centripetal leitende Wasserrinnen zu funktionieren haben. Die Randzone trägt zwei Tentakelreihen, welche durch ein bis zwei Zeilen sitzender Drüsen getrennt und seitlich von je einer Bahn sitzender Drüsen begleitet sind. Schon ‘wegen der äufseren, eigenartig regelmäfsigen Anordnung dieser Epidermisgebilde gestatte ich mir in der Folge von Drüsen- systemen zu sprechen und unterscheide deren sechs, entsprechend der Zahl der Tentakelreihen mit den sie beidseitig flankierenden, sitzenden Drüsen. Längs der beiden Blattränder ziehen sich je zwei solcher Systeme hin und ferner je eines zu beiden Seiten der Mittel- rippe der Blattunterseite. Dafs es sich nun wirklich um Systeme handelt, geht aus der Untersuchung von Längs- und Querschnitten unzweifelhaft hervor, indem es sich zeigt, dafs die nach den Tentakeln führenden Tracheiden- büschel Zweige an die, zu dem betreffenden System gehörenden Drüsen abgeben. Daneben stehen allerdings die einzelnen Systeme noch durch Anastomosen miteinander in Verbindung, was besonders bei den Randpartien zutrifft, weniger jedoch bei den Drüsenreihen der konvexen Blattunterseite. Während die Randsysteme in direktem Zusammenhange stehen mit den lateralen Gefäfsbündeln, haben die gegen die Mitte der Blattunterseite gelegenen Systeme Verbindung mit dem centralen Gefäfsbündel; es werden also alle Drüsen von 410 diesen Gefäfsbündeln gespeist und geben auch die aufgenommenen organischen Substanzen an sie ab. Bei der spiralig eingerollten Blattspitze (Taf. XXI Fig. 4) sind alle Tentakeln, auch diejenigen, welche beim ausgewachsenen Blatte am Rande der Blattoberseite stehen, einwärts gerichtet. Verfolgt man das Entrollen der Spirale, so kann man beobachten, dafs die beteiligten Tentakeln ihre Stellung ändern, indem sie, sich allmählich seitwärts und schliefslich etwas schief aufwärts richten, welche $tel- lungsveränderungen eine Folge der Durchbiegung des sich aufrollenden Blattes ist, wobei nunmehr die Oberseite konkave Wölbung annimmt, nachdem im eingerollten Zustande die Unterseite konkav war. Dieses Verhalten des Blattes sichert den Tentakeln, die äufsersten nicht ausgenommen, eine ungestörte Entwicklung. Die Entrollung findet nämlich successive in dem Mafse statt, in welchem sich die gestielten Drüsen entwickeln und es treten deshalb nur vollständig. ausgebildete Tentakeln in die ihnen zugewiesene Tätigkeit. Auf diese Weise werden nach und nach in dem Mafse, als von der Blattbasis her die Reaktionsfähigkeit abnimmt, neue lebenskräftige Tentakeln geschaffen und in den Dienst des Insektenfanges gestellt, und es geht ferner aus diesem Verhalten hervor, dafs. physiologische Versuche nicht etwa gegen die Blattbasis hin mit Vorteil vorgenommen werden, sondern am oberen Abschnitt in der Nähe der Spirale. Beobachtet man die ganze Pflanze in ihrem Verhalten, so kann man sehen, dafs die jüngsten Blätter fast senkrecht stehen und sich mit zunehmendem Alter immer mehr vom Stamme weg nach aufsen neigen. Die ältesten Blätter haben horizontale Lage und ruhen auf dem Erdboden oder sind infolge ihrer höher gelegenen Insertionsstelle abwärts gerichtet. Nähern sich die Blätter der wagrechten Richtung, so findet ein vollständiges Entrollen statt, wobei die fast stielrunde Blattspitze, welche in einem kräftigen Tentakel endigt, sichtbar wird. Die Tentakeln dieses Endstückes haben sich nach und nach so voll- kommen entwickelt, wie diejenigen des übrigen Blattes (Taf. XX Fig. 3). Kaum sind jedoch die Blätter vollständig entrollt, so fangen sie an zu welken, sinken zu Boden und sterben von der Spitze nach. innen allmählich ab. Das vollständige Entrollen ist also zugleich die Einleitung des Alters, welchem die Blätter nach und nach zum Opfer fallen; es bedeutet ferner den Abschlufs der Bildung neuer reaktionsfähiger Tentakeln und sitzender Drüsen, und führt zur Er- lahmung der Funktionen der schon vorhandenen Epidermisgebilde, Aus diesem Verhalten läfst sich ein Schlufs ziehen auf den Wert der 411 Drüsen. Stellen diese ihre Tätigkeit ein, so verliert, wie es scheint, auch das Blatt, als deren Trägerin, seine Bedeutung und stirbt ab, und es darf daraus wohl geschlossen werden, dafs die Funktionen der Drüsen für das Leben dieser Pflanze von ebenso grofser, wenn nicht gröfserer Wichtigkeit sind, als diejenigen des Assimilationsgewebes, Sicher ist jedenfalls, dafs die Drüsen zu den wesentlichen Organen von Drosophyllum gehören, was übrigens schon aus ihrem intimen Zusammenhang mit den Gefäfsbündeln hervorgeht. ‚ Aus Querschnitten ergibt sich, dafs das Gefäfsbündel unmittelbar über der Basis des Blattes sich in drei Teile trennt. Das mittlere durchzieht als kräftiger Strang die Mittellinie des Blattes und lälst . zwischen sich und der dorsalen und ventralen Epidermis keinen Raum für die normale Entwicklung des Blattparenchyms. Die zwei seit- lichen Stränge verlaufen innerhalb der Seitenränder des Blattes, von der Epidermis durch 2—3 Lagen weitlumigen Parenchyms getrennt. Alle drei sind im Querschnitt eiförmig und zeichnen sich ferner da- durch aus, dafs bei älteren Blättern Holz- und Siebteil zusammen weniger umfangreich sind als der sie ringsumgebende Bastteil, welcher besonders nach aufsen sehr voluminös entwickelt ist. Der halbmond- förmige Holzteil ist nach innen gelegen und trägt in seiner Wölbung den Siebteil, welcher neben dem Phloemparenchym, den Cambiform- zellen und den typischen Siebröhren mit ihren Geleitzellen noch eine Anzahl anderer, ziemlich weitlumiger, langgestreckter Zellen enthält. Einige derselben liegen im Innern des Leptoms, die meisten jedoch an der Peripherie ‚desselben. Sie zeichnen sich durch sehr lange Zellkerne, körniges, strangartiges Oytoplasma aus, zweigen von den Gefäfsbündeln ab, begleiten die tertiären und quartären Nerven, welche nach den Tentakeln und den sitzenden Drüsen führen und sind ferner als direkte Verbindungen zwischen den gestielten und sitzenden Drüsen nachweisbar (Taf. XX Fig. 6, 12, 13, 14). Ich nenne sie Reizleitungszellen, da ihnen vermutlich die Funktion der Reizleitung zwischen sitzenden und gestielten Drüsen und von Tentakel zu Tentakel zukommt, welche Vermutung übrigens noch durch physiologische Experimente als zutreffend konstatiert werden kann. Ein Längsschnitt durch die Spirale des Blattes zeigt an dessen Spitze ein gleichartiges Meristem, während an etwas älteren Partien derselben bereits das Plerom erkennbar ist, dessen längliche Zellen sich durch lange, schmale Zellkerne auszeichnen. Das ursprünglich aus dichtgedrängten, isodiametrischen Zellen bestehende Periblem 412 wandelt sich im Laufe der Entwicklung zu einem schwammigen, 'an Intercellularräumen sehr reichem Gewebe um und tritt durch zahl- reiche Spaltöffnungen in Kommunikation mit der Atmosphäre. Die ganze Reihe der verschiedenen Entwicklungsstufen kann bei Droso- phyllum an ein und demselben Blatte beobachtet werden, wenn man es von der Spitze gegen die Insertionsstelle hin lückenlos fortschrei- tend untersucht. Die Epidermiszellen derjenigen Partie des Blattes, welche weder Drüsen noch Spaltöffnungen enthält, sind gestreckt und besitzen gerade Längswände; die Zellen der Drüsen und Spalöffnungszonen hingegen sind kürzer und zeigen neben verschiedenen Formen, welche durch die in die Epidermis eingeschalteten Drüsen und Spaltöffnungen bedingt sind, oft gewellte, die Struktur des Gewebes verstärkende Zellwände. Ferner sei noch erwähnt, dafs diese Zellen reichliches Oyto- plasma enthalten, in welches auch Chlorophylikörper eingebettet sind, was besonders deutlich in dem Fufsstück der gestielten Drüsen zu sehen ist. Die Spaltöffnungen sind klein und sehr einfach gebaut. Sie finden sich auf den gleichen Zonen wie die Drüsen, erstrecken sich aber auf der Blattoberseite etwas weiter gegen die Mittellinie hin als diese, fehlen jedoch vollständig in der eigentlichen Rinne so- wie auf der Mittelrippe der Blattunterseite (Taf. XX Fig. 5). Die Drüsen. Das Blatt trägt, wie bereits erwähnt, zwei Arten von Drüsen, nämlich gestielte, die sogenannten Tentakeln, und sitzende. Die ein- facheren Gebilde sind die sitzenden Drüsen; sie sollen im fol- genden zuerst beschrieben werden. Ihre Anordnung, sowie diejenige der Tentakeln, ist aus dem Vorigen schon bekannt. Die ausgewachsenen sitzenden Drüsen haben meistens die Form eines Ovals, d. h. sie sind in der Richtung der Längsachse etwas gestreckt, was jedoch bei jüngern Exemplaren noch gar nicht oder nur in geringem Mafse der Fall ist. Sie liegen in einer schwachen Einsenkung der Epidermis des Blattes und treten als weniggewölbte Knöpfe über das Niveau der Oberfläche hervor. Je nach dem Alter besteht die äufserste Zellage der Drüsen aus 40—140 Zellen, deren Wände eine Menge grofser und kleiner Membranleisten aufweisen, wodurch die Hautschicht des Cytoplasmas eine bedeutend grölsere Ausdehnung erhält. Diese Leisten treten aber nicht nur an den Radial-, sondern auch an den Tangentialwänden auf und sind an den letztern so stark entwickelt, dafs ein Längsschnitt durch die Drüse 413 den Eindruck erweckt, als wären die einzelnen Zellen durch solche Leisten in verschiedene Fächer eingeteilt (Taf. XX Fig. 6 u. 10 und Taf. XXI Fig. 1, 2 u. 3). Diese Zellen sind ferner mit einer zähen Outinschicht überzogen, welche mit vielen feinen, dichtgedrängt stehenden Poren durchsetzt ist, so dafs sie siebartig aussieht. Unter der peripheren Zellschicht befindet sich eine gleichartige zweite Schicht, welche am Rande als direkte Fortsetzung der erstern erscheint. Diese innere Zellage enthält zwar weniger Zellen als die äufsere, sie weist auch bedeutend weniger Membranleisten auf, charakterisiert sich aber durch diese, sowie durch die grofsen Zellkerne als gleichwertig mit den Zellen der peripheren Schicht. Unter dieser, als einheitlicher Abschnitt der Drüse zu betrach- tenden Sekretionsscheibe (Penzig 1874), liegt eine Schicht von etwas flachern, aber voluminöseren Zellen, welche keine Membranleisten besitzen, dessen Längswände aber cutinisiert sind. Hellt man die Drüsen in Eau de Javelle oder in Alkohol auf und gibt man einige Tropfen von Chlorzinkjod hinzu, so kann man bei etwas tiefer Ein- stellung die Umrisse der Zellen dieser Schicht leicht beobachten, indem sie durch die obern zwei Schichten durchschimmern. Die Zellenzahl dieser Schicht, Grenzschicht (Penzig 1874), verhält sich zu derjenigen der äufsersten Zellage, der Sekretionsscheibe wie 1:5—7. Diese Zellschicht bildet den niedern, flachen Stiel der sitzenden Drüsen, über welchen die Sekretionsschicht ringsherum vordachförmig hinausragt, mitunter aber auch so stark heraustritt, dafs sie auf die Epidermis zu liegen kommt, wodurch der Eindruck entsteht, als ob sich die Sekretionsscheibe direkt aus der Epidermis erhebe, was be- sonders bei älteren Drüsen oft der Fall ist. Die Zellen dieser Schicht, die peripheren ausgenommen, stehen in direktem Kontakt mit einer Gruppe von Tracheidenzellen, welche den Anschlufs an den Gefäfsbündelzweig, der nach der Drüse hin verläuft, vermitteln. Ferner stehen einzelne Zellen dieser Schicht mit dem Reizleitungssystem, bzw. mit Zellen desselben in Verbindung, die bis hieher zu verfolgen sind (Taf. XX Fig. 6). Alle Zellen der Sekretionsscheibe stehen unter sich durch Plasmo- desmen in Verbindung. Solche Plasmodesmen sind aber auch vor- handen zwischen der Grenzschicht und der innern Schicht der Sekretionsscheibe einerseits und anderseits zwischen der erstern und den Enden der Reizleitungsbahnen. Es besteht somit ein direkter L 414 ceytoplasmatischer Zusammenhang zwischen den Sekretionsscheiben der gestielten und ungestielten Drüsen. Die gestielten Drüsen, Tentakeln, stimmen im Prinzip mit den sitzenden überein. Immerhin zeigt sich bei genauer Unter- suchung, dafs der Stiel nicht so einfach gebaut ist, wie er von Goebel 1889 dargestellt wurde. Die eigentliche Drüse besteht wiederum aus einer zweischichtigen Sekretionsscheibe, auf welche nach innen die einschichtige Grenz- schicht folgt, die bei älteren Tentakeln seitlich von der sich schirm- förmig ausbreitenden Sekretionsscheibe vollständig überdacht wird; bei jüngern Exemplaren trifft das allerdings noch nicht zu. Die ältern Tentakeln besitzen in der äufsersten Zellschicht der Sekretions- scheibe 540—780 Zellen. Das Verhältnis der Zellenzahl der Grenz- schicht zu dieser ist ebenfalls 1:5—7. Bedenkt man, dafs die Sekretionsscheibe zweischichtig ist, als 900—1600 Zellen enthält und sich alle diese Gebilde durch sehr grofse Zellkerne und reichliches Cytoplasma auszeichnen, also ein verhältnismäfsig sehr grofses Quantum von Kern und Cytoplasmamaterial in sie hineingelagert ist, so liegt der Gedanke sehr nahe, dafs diese Organe für die Pflanze eine ganz bedeutende Rolle spielen. Die Zellen der Sekretionsscheibe zeich- nen sich ferner noch durch zahlreiche Membranleisten aus, die aber in Ausdehnung, Form und Anordnung so gehalten sind, dafs die grolsen Zellkerne genügend Raum haben. Bei ältern, sitzenden Drüsen der äufseren Sekretionsschicht wächst dagegen in einzelnen Zellen mitunter eine Membranleiste so stark einwärts, dafs eine un- vollkommene Teilung des Zellumens eintritt, wodurch der Kern, aus Mangel an Raum, ebenfalls zur Teilung gezwungen wird; die beiden Teilkerne finden sich alsdann in den beiden Zellhälften. Der Zell- kern hat sich also hier den Raumverhältnissen angepafst, welches Verhalten bei gestielten Drüsen nur sehr selten nachweisbar ist. Die Grenzschicht ist mehr oder weniger stark gebogen und bildet bei den ältern Tentakeln einen halbkugelförmigen Becher, dessen nach unten gerichtete Höhlung einen Komplex von Tracheidenzellen enthält, welcher durch den Tracheidenstrang des Stieles mit dem Gefäfsbündel des Blattes zusammenhängt. Neben den Tracheiden- zellen, zwischen dieselben hineingedrängt, finden sich aber in diesem Zellenkomplex noch schmale Zellen, welche die Endstücke der wenigen Holzparenchymzellen des Stieles darstellen. Ferner drängen sich Leptomelemente, als welche die Reizleitungszellen, sowie einige andere englumige, lange Zellen des Stieles aufzufassen sind, in diesen Becher 415 hinein, um sich darin zu verlieren, event. bis an die Grenzschicht zu verlaufen. Namentlich die Reizleitungszeilen können bis dahin ver- folgt werden und stehen mit Plasmadesmen durch Vermittlung dieser Schicht im Zusammenhang mit dem Cytoplasma der Sekretionsscheibe. Ein Querschnitt durch den Stiel (Taf. XX Fig. 8) zeigt eine periphere Schicht von 12—16 ziemlich weitlumiger Zellen, auf welche eine zweite Schicht von nur halb so vielen Zellen folgt. Das Centrum besteht aus verschiedenartigen, ziemlich englumigen Zellen. Es finden sich in diesem erstens ein Tracheidenstrang,‘ ferner einige Holz- parenchymzellen und endlich 2—3 Zellen, welche sich durch lange Zellkerne auszeichnen; es sind das die bereits erwähnten Reiz- leitungszellen. Neben diesen und den etwas verdickten Holz- parenchymzellen enthält das Centrum des Tentakelstiels noch einige dünnwandige Zellen, welche als dem Leptom angehörend aufgefafst werden können. Wenn wir letzteres annehmen, so finden wir also im Stiel die charakteristischen Teile des Mestoms, nämlich Hadrom und Leptom. Der Nachweis der Poren in der Cuticula der Sekretionsscheibe bot mir anfänglich die gröfste Schwierigkeit, gelang mir aber, nach- dem ich mich der Javelle’schen Lauge bediente (Haberland 1901, pag. 97). Es zeigte sich nun in der Tat, wie Haberland sehr richtig festgestellt hatte, dafs die Cutinschicht der sitzenden Drüsen feinere Poren aufweist als diejenige der gestielten, und ferner ist zu erwähnen, dafs die Poren der sitzenden Drüsen auch dichter gedrängt stehen als diejenigen der Tentakeln. Die Cuticula und deren Poren sind wie folgt nachweisbar: Man bringt aufgehellte Tentakeln auf einen Objektträger in Wasser und ‚drückt das Deckglas schwach auf; dann legt man an den Rand des Deckglases, nach welchem die Tentakeln hinweisen, einen Tropfen Chlorzinkjod und bewirkt durch ein Stück Fliefspapier, das man an den entgegengesetzten Rand des Glases legt, ein langsames Vor- dringen des Reagens.. Wie nun dieses auf den Tentakelkopf trifft, färbt sich die ganze Outicula fast plötzlich gelbbraun. Bald nachher kann man beobachten (Ölimmersion), dafs sich die unter der Cuti- eula gelegenen Zellulosenmembranen blau sprenkeln, das dauert aber nur wenige Sekunden; denn in kürzester Zeit tritt eine gleichmäfsige Dunkelblaufärbung der Zellulose ein. Ergiefst sich das Reagens um den Rand des Tentakelköpfchens herum, so tritt von dort aus eine rasche Gelbfärbung der cutinisierten Wände der Grenz- oder Zwischenschicht (Goebel 1889, pag. 58) ein, welche sehr stark Flora 1904. 28 416 durch die Sekretionsscheibe hindurch schimmern. Schreitet das Reagens noch weiter, so findet auch eine Gelbfärbung der Cuticula der Stielzellen statt; die unter ihnen gelegenen Zellulosewände da- gegen bleiben ungefärbt, denn hier ist die Cutieula nicht porös. Bei einiger Übung.und Anwendung der nötigen Sorgfalt gelingt das beschriebene Experiment fast immer. Es hat mir auch beim Nachweis der Poren von Byblis gigantea, sowie bei Drosera rotundi- folia treffliche Dienste geleistet; bei der letzteren allerdings erst nach mehreren mifsglückten Versuchen. Für den Nachweis der Reizleitungszellen stellte ich, aus in Haematoxylin gefärbten Blättern und Drüsen, Längs-, Quer- und Schiefschnittserien her. Ferner verwendete ich Pikrin-Eisessig-Schwefel- säure zur Fixation und Parakarmin zur Färbung. Es ist von Vorteil, wenn man an den zu untersuchenden Tentakeln die Köpfchen ab- schneidet, um dadurch den Zutritt der Färbungsflüssigkeit zu er- leichtern. Hiebei kann man wahrnehmen, dafs sich die langen Zell- kerne der Reizleitungszellen des Stieles besonders rasch färben und leicht durchschimmern, wenn man das Präparat vorher etwas aus- wäscht und dann mit direktem Sonnenlicht stark durchleuchten läfst. Die Entwicklungsgeschichte der Drüsen (Taf. XIX Fig. 1—24) läfst sich ziemlich leicht verfolgen, wenn man aus dem noch spiralig eingerollten Endabschnitt der Blätter Längs- und Quer- schnittserien herstellt. Auf künstlich entrollten und aufgehellten Spiralen läfst sich ferner die regelmäfsige, reihenförmige Anordnung der sitzenden und gestielten Drüsen am besten erkennen. Weil die Entwicklungsgeschichte dieser Drüsen bis anhin noch nie sorgfältig studiert und von Penzig 1877 unvollkommen und zudem unrichtig dargestellt wurde, will ich versuchen, durch eine möglichst lückenlose Reihe von Skizzen, welche mit dem Zeichnungs- prisma nach Dauerpräparaten hergestellt worden sind, dieselbe klar zu machen. Die erste Anlage der Drüsen tritt dem Beobachter in der Form von in Reihen geordneter, rundlicher Gruppen kleiner Epidermiszellen entgegen, welche nur etwa halb so grofs sind als die übrigen sie um- gebenden Zellen der Blattoberfläche. Bald wölben sich diese Drüsen- anlagen empor und zwar veranlafst durch die unter dem Centrum der betreffenden Zellgruppe befindlichen Grundgewebezelle, welche derart an Gröfse zunimmt und nach aulsen drängt, dafs eine kleine, aus mehreren Zellen bestehende Papille entsteht, welche als centrale Füllung eben diese Grundgewebezelle enthält. Diese Papille nimmt x 417 nun infolge. Teilung der Epidermiszellen und Streckung der von ihnen eingeschlossenen Centralzelle an Volumen zu. Teilt sich diese durch eine horizontale Membran so, dafs zwei übereinanderliegende Tochterzellen entstehen, so haben wir in diesem Vorgang die Ein- leitung zur Bildung einer sitzenden Drüse, findet hingegen eine Längsteilung der Grundgewebezelle durch eine Membran, oder durch zwei sich rechtwinkelig kreuzende Zellhäute statt, so erhält man zwei, bzw. vier nebeneinanderliegende Tochterzellen, und wir haben die primäre Anlage eines Tentakels, welcher also auf etwas breiterer Basis aufgebaut wird, als die sitzenden Drüsen. Die beiden Drüsenarten sind also schon in ihrer primären An- lage differenziert, und man kann darum auf der jungen Blattfläche Reihen von Hügelchen kleineren und gröfseren Umfanges erkennen, welche .regelmäfsig abwechseln, entsprechend der Stellung der sitzenden und gestielten Drüsen auf den ausgewachsenen Blatt- abschnitten. Verfolgen wir nun die Weiterentwicklung der sitzenden Drüsen, so sehen wir, dafs sich die Centralzelle zu vergröfsern be- ginnt, während die Teilung der Epidermiszellen weiter fortschreitet und sich auf diese Weise ein kuppelförmiges Gebilde entwickelt. Nachher erfolgt durch Vertikalwände eine Zwei- oder Vierteilung der Centralzelle, worauf sich einzelne oder alle Tochterzellen ihrerseits ebenfalls wieder vertikal teilen. Durch diese Vorgänge entsteht eine Zellschicht, welche schliefslich annähernd ebensoviele Zellen enthält, wie die sie überdachende Epidermis des Köpfehens. Diese zwei sich aneinander schmiegenden Zellagen bilden nun die zweischichtige Sekretionsscheibe. In dem Momente, da diese zweite Schicht noch aus 2—4 Zellen besteht, liegt unter ihr eine ziemlich grolse, einzelne Zelle; es ist die untere Tochterzelle der primären Centralzelle. In dem Mafse, wie sich nun die zweite Zellage der Sekretionsscheibe durch Zellteilung und Wachstum verbreitet, findet auch eine Teilung dieser central gelegenen unteren TTochterzelle statt, wodurch die primäre Zwischen- oder Grenzschicht entsteht, welcher dann allerdings noch die sie einrahmenden Epidermiszellen beigezählt werden dürfen; bei den sitzenden Drüsen sollten diese, ihrer Lage halber, richtiger- weise als Stielzellen bezeichnet werden. Die sitzende Drüse ist also vorwiegend durch vertikale Teilung der Zellen entstanden, und die im ausgewachsenen Organ sich als einheitliches Gebilde darstellende Sekretionsscheibe zeigt bei genauer Verfolgung ihrer Entstehungs- geschichte, dafs ihre beiden Schichten verschiedenen Ursprungs sind. 28* 418 Wenn sich die junge, aber typisch entwickelte Drüse zu ver- breitern beginnt, wandeln sich die unter dem Centrum der Mittel- schicht gelegenen Grundgewebezellen in Tracheidenzellen um, und zur gleichen Zeit erfolgt durch schmale, dünne, mit langgestreckten Zeilkernen versehenen Zellen ein Anschlufs an das Gefälsbündel. Ebenso beginnen sich die Membranleisten zu bilden, so dafs dieselben fertig erstellt sind, wenn diese Drüsen durch Entrollen der betreffenden Blattpartie in den Fall gesetzt werden, die für sie bestimmte Funktion zu übernehmen. Bei den für gestielte Drüsen prädestinierten primären Papillen vergröfsert sich die Centralzelle sehr stark und teilt sich durch 1—2 vertikale Ebenen in 2—4 Tochterzellen. Diese strecken sich aufwärts und teilen sich mehrere Male durch horizontale Wände. Dadurch wird nun die sie umschliefsende epidermale Hülle ihrerseits ebenfalls veranlafst, sich mittels von Zellteilung begleitetem Wachstum auszudehnen und so entsteht ein Zäpfchen, welches höher als breit ist, Nun tritt in der epidermalen Schicht ein rascheres Wachstum ein. Die auf dem Scheitel des Zäpfchens gelegenen Zellen dehnen sich in ihrer Längrichtung aus, und die seitlich gestellten vermehren sich und wachsen, wodurch die Wölbung des Drüsenköpfehens zu- stande kommt. Gleichzeitig dehnen sich die obersten Zellen des aus 2—4 Zellreihen bestehenden centralen .Grundgewebezapfens seit- und aufwärts aus und bilden durch vertikale Zellteilung eine zunächst aus 4—8 Zellen bestehende Zellscheibe. Nachdem sich diese Zellen stark nach oben ausgestreckt haben, findet eine Querteilung derselben statt, und es entsteht so aus der einschichtigen eine zweischichtige Zellage. Es ist‘ indes zu bemerken, dafs an dieser horizontalen Teilung blofs die mehr central gelegenen Zellen partizipieren, nicht aber die peripheren. Indem sich nun die durch den besprochenen Vorgang neu erzeugten Tochterzellen zur Gröfse ihrer Mutterzellen entwickeln und mehr Raum in Anspruch nehmen, wird die centrale Partie des Drüsenköpfchens emporgewölbt und es erhält das ganze Gebilde eine rundlichere Form. Die unmittelbar unter der Epidermis des Köpfehens gelegene Zellschicht, welche also aus der obersten Lage des Grundgewebes hervorgegangen ist, wird zur zweiten Schicht der Sekretionsscheibe, und die darunter liegenden gleichwertigen, ebenfalls aus der Quer- teilung der Grundgewebezellen hervorgegangenen Tochterzellen, bilden die Mittel- oder Grenzschicht. Es sind also diese beiden Zellagen. gleichen Ursprungs. " 419 Während das Köpfchen in beschriebener Weise herangebildet wird, drängen sich von unten her schmale, mit langen Zellkernen versehene Zellen zwischen die Grundgewebezellen des vorläufig noch kurzen Tentakelstiels hinein. Sie stehen mit dem primären Gefäls- bündel im Zusammenhang. Unmittelbar unter der Grenzschicht er- folgt nun eine starke Wucherung der Grundgewebezellen, und die langkernigen, schmalen Zellen arbeiten sich durch bis zur Grenz- schicht. Dann wandeln sich einige dieser central gelegenen dünnen Stielzellen zu Spiraltracheiden um, und ebenso findet eine Umwand- lung einzelner Zellen des Grundgewebes im kropfförmig angeschwollenen, oberen Teile des Stieles in Tracheidenzellen statt, welchem Vorgange sich im Laufe der Entwicklung noch andere Grundgewebezellen an- schliefsen. Inzwischen hat aber in der Sekretionsscheibe auch die Bildung von Membranleisten eingesetzt. Die Sekretionsschicht steht - nunmehr durch Vermittlung der Grenzschicht im Zusammenhang mit den Tracheidenzellen und diese durch Spiraltracheiden mit den Haupt- gefäfsbündeln des Blattes. Mit der Herstellung dieser Verbindung ist indes das Wachstum der Tentakeln noch nicht vollständig ab- geschlossen, denn es findet, namentlich bei den randständigen Organen, welche im ausgewachsenen Zustande gewöhnlich etwas länger sind als die übrigen, noch ein letztes Strecken der den Stiel zusammen- setzenden Zellen statt.- Endlich wird durch weiteres von Zellteilung begleitetes Wachstum in der Sekretionsscheibe, und zwar haupt- sächlich in den Randpartien, ihr Volumen in der Weise erweitert, dafs schliefslich der Scheibenrand dachförmig über den oberen Ab- schnitt des Stieles herunterhängt und die Grenzschicht wie die Se- kretionsscheibe eine halbkugelige Form annehmen, welche mit dem obersten Teil des Stieles zugleich auch die Tracheidengruppe enthält, und wobei dieser nicht mehr als solcher, sondern als charakteristischer Teil des Drüsenkopfes erscheint. Physiologische Versuche. I. Sandkörner, Holzteilchen, Papierschnitzel, Glassplitter und Eisen- feilspäne wurden auf die Drüsen gebracht; es zeigten sich keinerlei Veränderungen, weder bei den sitzenden noch bei den gestielten Drüsen. II. Das Sekret wurde von den gestielten Drüsen weggenommen, dann Fleisch und Eiweifswürfelehen auf die sitzenden Drüsen gelegt; es zeigte sich keine Sekretion. 420 II. IV, VIL vv. IX, Stückchen von Fleisch und Eiweifs wurden in das von den Tentakeln abgelöste, in einem Schälchen gesammelte Sekret ge- bracht und, nach Verflufs von fünf Minuten, mit Sekretflüssig- keit umhüllt, auf die sitzenden Drüsen gebracht; nach zehn Minuten zeigte sich eine geringe Sekretion, die aber nicht so stark war wie in normalen Verhältnissen. Nur ein ganz kleiner Teil der Körperchen wurde aufgelöst und der Rest vertrocknete. Fleisch- und Eiweilsstückchen wurden auf die Tentakeln gelegt und nach einer Viertelstunde samt dem Sekrettropfen auf die nächstliegenden sitzenden Drüsen verbracht; schon nach 2—3 Minuten trat eine ganz intensive Sekretion ein und nach vier Stunden waren die Körperchen. vollständig aufgelöst und aufgesogen. . Ein Tröpfehen Fleischsaft auf einen Tentakel gebracht, be- wirkte sowohl eine langsame Absorption des Sekretes als auch des Fleischsaftes. . Ein kleiner Tropfen Fleischsaft wurde auf eine sitzende Drüse gebracht; es trat eine schwache Sekretion ein und dann wurde der Saft absorbiert und zwar viel rascher als bei den Tentakeln. ' Ein Tropfen Fleischsaft wurde aufserhalb des Tentakels mit einem Tropfen Sekret gemischt und alsdann auf eine sitzende Drüse gebracht; die Absorption erfolgte in der halben Zeit wie bei Versuch VI. Ich legte einen kleinen Tropfen Fleischsaft auf einen Tentakel und verbrachte nach drei Minuten das Gemisch von Fleischsaft und Sekret auf die sitzende Drüse; es zeigte sich nun, dafs es ungefähr ein Viertel der Zeit (15 Minuten) bedurfte für die Aufsaugung der Flüssigkeit wie bei Versuch VI, obschon der Tropfen etwas gröfser war. Die Tentakeln wurden in einer kleinen Zone abgeschnitten und dann die sitzenden Drüsen belegt mit Fleischkörperchen und Sekret, Fleischsafttropfen, Gemisch von Sekret und Fleischsaft ; es zeigte sich keine oder nur eine äulserst geringe Reaktion. Um die Basis eines stark sezernierenden Tentakels herum schnitt ich schwach in die Blattoberfläche ein und legte dann eine Mücke auf die Sekretionsscheibe des Tentakels und nach einiger Zeit mit dem anhaftenden Sekret auf die nächstliegenden sitzenden Drüsen; es zeigten sich bei diesen nur ganz geringe Spuren einer Reaktion, 421 Aus obigen Versuchen scheint hervorzugehen, dafs die Drüsen nicht auf mechanischen Reiz reagieren (I). Die sitzenden Drüsen absorbieren auf sie gelegte animalische Substanzen nicht (II), wenn nicht bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Diese bestehen in einer Reizung von aufsen durch das Sekret der gestielten Drüsen (III), aber in erster Linie durch Anregung zur Sekretion von seiten der gereizten gestielten Drüsen, wahrscheinlich durch Vermittlung der Reizleitungs- zellen (IV). Die Tentakeln, welchen der Fang der Insekten zu- kommt, besitzen ein Absorptionsvermögen nur in beschränktem Malse (V), diese kommt hauptsächlich nur den sitzenden Drüsen zu (WD. Die sitzenden Drüsen zeigen die gröfste Sekretions- und Absorptions- fähigkeit, wenn sie einen chemischen Reiz von den Tentakeln aus, sowie einen solchen von aufsen her durch das Sekret der gestielten Drüsen erhalten (IV, VII und VII). Es ist die Sekretionsfähigkeit der sitzenden Drüsen abhängig von den gestielten (IX und X), und es handelt sich hier also offenbar um eine Wechselwirkung zwischen beiden, sowie um Arbeitsteilung. Diese Annahme wird unterstützt durch die anatomische Untersuchung, welche das Vorhandensein von Drüsensystemen ergab. Der Nachteil, welcher der Pflanze durch die Bewegungslosigkeit der Tentakeln gegenüber denjenigen von Drosera erwachsen ist, wird ausgeglichen durch eine Überleitung des chemischen Reizes von den gestielten zu den sitzenden Drüsen. Beobachtet man die Drüsen bei beginnender Resorption, so kann man ein Zusammenballen des in den Zellen der Sekretions- scheibe enthaltenen roten Farbstoffes wahrnehmen, worauf eine Trübung eintritt und die Drüsen eine dunkle Färbung erhalten. Nach etwa 2—4 Studen, je nach dem Quantum der aufgenommenen ani- malischen Substanzen, hellen sich die Drüsen wieder auf und be- kommen wieder ihre hellrote Farbe. Literaturverzeichnis. 1877 A, Batalin, Mechanik der Bewegungen der insektenfressenden Pflanzen. Flora, 60. Jahrg. Regensburg 1877. 1888 Büsgen, Die Bedeutung des Insektenfanges von Drosera rotundifolia L. Bot. Ztg. 1883 Nr. 35, 36. 1859 Caspary, Aldrovandia vesiculosa Monti, Bot. Ztg. Nr. 13—16, 17. Jahrg. Leipzig 1859. 1850 Cohn, Über Aldrovandia vesiculosa Monti. Fiöra Nr.43. Regensburg 1850. 1875 — Über die Funktionen der Blase von Aldrovandia und Utricularia. Bei- träge zur Biologie der Pflanzen, 3. Heft. Breslau 1875. 1896 Correns Karl, Zur Physiologie von Drosera rot, L. 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Weiter blatteinwärts folgen papillenartige Drüsenzellen, dann aus zwei Zellen bestehende Drüsengebilde, Diesen schliefsen sich Drüsen zu vier Köpfchenzellen an, ferner ausgebildete sitzende Drüsen und endlich die gestielten Drüsen, 6. Der Scheitel des 16zelligen Köpfchens einer gestielten Drüse ist horizontal weggeschnitten. 7. Dasselbe Köpfchen, weiter unten horizontal durchschnitten, so dafs die Centralzelle sichtbar wird. 8. Centralzelle (Gelenkzelle) und einige angrenzende Drüsenzellen mit Kernen und Plasmasträngen, welch letztere durch Plasmodesmen miteinander zu- sammenhängen. 9. Seitenansicht einer gestielten Drüse, 10—15. Trichome der Übergangsstelle von Blatt und Stiel und des Stieles selbst. 16—24. Entwicklung der sitzenden Drüsen, 16—28 und 25—-31. Entwicklung der gestielten Drüsen, 32—34. Entwicklung der Drüsen der Blattunterseite; sie bleiben im Wachs- tum stark hinter den sie umgebenden Epidermiszellen zurück. Taf. VII. — Pinguicula vulgaris L. r . Gestielte Drüse; Verlauf der Plasmastränge eingezeichnet, . Eingebogener Blattrand. Sp Spaltöffnungen, SD Sitzende Drüsen, GD Ge- stielte Drüse, 3. Längsschnitt durch das Blatt, Blattoberseite. Darstellung des oytoplas- matischen Zusammenhanges zwischen den Epidermiszellen und den Drüsen, 4, Zwei sitzende Drüsen und ihre Verbindung mit einem Gefäfsbündelzweig. Auf der Unterseite eine rudimentäre kleine Drüse, 5. Blattquerschnitt aus der Umbiegungszone beim eingebogenen Blatte; der ‚Spaltöffnungsapparat ist nach aufsen geprefst und geschlossen. 6. Die gleiche Zone bei ausgebreitetem Blatte; die Spaltöffnungen der Blatt- unterseite sind infolge Pressung herausgewölbt, diejenigen der Oberseite liegen im Niveau der Epidermis, 7. Rand des Blattes mit grofsen, plasmareichen Drüsenzellen. 8. Verlauf der Gefäfszellen im Blattrand. 9, Blattrand mit Drüsenverteilung und Gefäfsbündelverzweigungen, [2] Taf. VIII. — Pinguicula vulgaris L. . 1. Randzone der Blattunterseite; sie enthält weder Drüsen noch Spaltöffnungen. 2. Weiter einwärts gelegene Zone mit Spaltöffnungen und rudimentären Drüsen. 3. Dritte Zone der Blattunterseite: die Zellen sind langgestreckt und haben nur schwach gewellte Seitenwände, Die rudimentären Drüsen sind sehr klein. 4.. Zellen längs und über der Mittellinie der Unterseite des Blattes, 5. Randzone der Blattoberseite; die äufseren fünf Zelireihen sind ohne Drüsen, dann folgen Drüsen mit vierzelligen Köpfchen, 6. Zweite Zone der Blattoberseite mit zahlreichen Drüsen und Spaltöffnungen. 425 Fig. 7, Folgende blatteinwärts liegende Zone; die sitzenden Drüsen sind bedeutend n umfangreicher als die zwischen ihnen liegenden Spaltöffnungen. 8. Innerste, die Mittelrippe begleitende Zone der Blattoberseite. 9. Querschnitt durch die Mittelrippe; die längs verlaufenden Seitenwände der Epidermiszellen auf der Blattunterseite sind in Falten gelegt, weil beim ausgebreiteten Blatte ein seitlicher Druck auf diese Zone ausgeübt wird- 10. Eine mit langem Zellkern versehene Zelle aus dem Rande des Siebteils. 11. Randpartie der Blattoberseite. DZ Drüsenzellen. 12—16. Endstücke des Wassergefäfssystems am Blattrande. Taf. IX. — Sarracenia flava L. und Nepenthes Raffl. Jack. , Fig. 1—15. Entwicklung der Drüsenüberdachung von Nepenthes; Fig 8-10 die >» 4 3% Fig. n R] eine Entwicklungsart, Fig. 11—14 die andere darstellend. Fig. 15 eine ausgewachsene Überdachung mit stark verdickten Membranen. 16. Unterer Abschnitt des Schlauchblattes von Sarracenia flava. M Massiver Blatteil, Blattstiel; ASch Absorptionsschicht; RZ Reusenhaarzone, 17. Querschnitt durch die Absorptionszone eines jungen Blattes. 18. Flächenansicht derselben. 19. Flächenansicht derselben in etwas vorgerückterem Entwicklungsstadium, 20. Flächenansicht derselben beim ausgewachsenen Blatte. Sekundäre Mem- branen (Membranleisten) erstrecken sich zwischen den Wandungen der primären Zellen; die äufsere Membran ist mit einer porösen Cutinschicht überzogen, 21, Längsschnitt durch die ausgewachsene Absorptionszone; Übergang der- selben in die Reusenzone. 22. Einige Zeilen der Absorptionsschicht. Die Membranen sind dunkel, die zu sekundären Membranen verbreiterten Zellulosenleisten dagegen heller gehalten. In der zweiten Zellage finden sich dunkle Knollen; es sind Ab- sorptionsprodukte. 23 und 25. Entwicklungsstufen der Reusenhaare. 24 und 26. Dieselben, aber im Längsschnitt. 27. Längsschnitt durch Reusenhaare in vorgerückterem Entwicklungsstadium. 28. Dasselbe in der Flächenansicht. 29—35. Entwicklung der Nektardrüsen auf der Unterseite des Deckels. Fig. 29a Längsschnitt, 5 Flächenansicht, 36. Borste der Unterseite des Deckels, @ Querschnitt, b Längsschnitt, c Radial- membran des Fufsstückes der Borste, 37. Querschnitt durch die mittlere Partie des Deckels mit dem medianen Gefüfs- bündel. Taf. X. — Nepenthes Rafflesiana. Jack. 1-11. Entwicklung der Drüsen und deren Überdachung. 1. Flächenansicht der Drüsenzone einer ganz jungen Kanne; die dunkel ge- haltenen Zellgruppen sind die primären Drüsenzellen. 2, Längsschnitt durch diesen Teil der Drüsenzone; die Epidermiszellen ent- halten sehr grofse, rundliche Kerne, alle Zellen sind nach Inhalt und Form noch gleich. 426 Fig. 3. Längsschnitt durch einen, in weiter vorgerlicktem Entwicklungsstadium befindlichen Abschnitt dieser Drüsenzone. Einzelne Zellgruppen der sub- epidermalen Schicht nehmen an Volumen zu und bewirken eine wellige Oberfläche der Epidermis, Die Hügelchen sind die Anfänge der primären Überdachungen. . Die Zellen der Vertiefungen, d. h, die primären Drüsenzellen beginnen . sich papillenförmig herauszuwölben, indem sie ebenfalls an Volumen zu- nehmen. »„ 5 und 6a, b, c, d, e, f stellen die verschiedenen Formen der primären Drüsen dar. n» 7-9. Drüsen in vorgerückterem Entwicklungsstadium. „ 10 und 11. Ebensolche, welche auf einer noch höheren Entwicklungsstufe „14. angelangt sind. Eine subepidermale Zelle, welche sich bereits durch eine horizontale Wand geteilt hat, wölbt die primäre Drüse ziemlich stark empor und der epidermale Wulst beginnt sich über die Drüse zu schieben. . Querschnitt durch eine junge Kanne, dem Entwicklungsstadium von Fig. 1 entsprechend. . Partie des Querschnittes stärker vergröfsert, Die äufsere Epidermis trägt verschieden geformte Trichome, während die innere Epidermis noch un- differenziert ist; die Gefäfsbündel sind "aber bereits vorhanden und es haben sich im peripheren Abschnitt der Wandung Intercellularräume gebildet. Trichom der Aufsenwand der jungen Kanne, „ 15—17. Kurze Triehome, welche zwischen den langen, verzweigten plaziert sind. „18. „19. „20. „21. „22. „28. „24. Fig. 1. Epidermisgebilde auf der Aufsenseite der ausgewachsenen Kannen — ‚seltene Formen. Drüsenzone der Innenseite der Kanne. Längsschnitt durch eine Drüse, Querschnitt durch die obere Partie der Drüse; der über sie weg gespannte Bogen ist der Querschnitt durch die Überdachung. Eine Zelle der Sekretionsschicht der Drüse, Äufsere Membran einer Drüsenzelle; die kurzen Membranleisten sowie die Poren der Cuticula sind erkennbar. Querschnitt durch die mittlere Partie des Deckels mit einer Nektardrüse, über welcher sich das Gefäfsbündel befindet. Taf. XI. — Aldrovandia vesiculosa Monti. Ausgewachsenes Blatt eines Blattquirls mit acht Blättern von oben ge- gesehen. « Stamm, b Blattstiel, c Borsten (6), & Blattscheibe, vollständig geschlossen; I, Randzone; II. Zone der zweiarmigen Drüsen der Aufsen- seite, welcher auf der Innenseite die Zone der vierarmigen Drüsen ent- spricht; III. drüsenlose Zone; IV. innere Hauptzone der zweiarmigen Drüsen, welcher auf der Innenseite die Zone der dichtgedrängten, runden Drüsen entspricht; V. Gelenkzone; VI. Blattspitze; VII, Luftblase zwischen den inneren Abschnitten der Blattscheibenhälften; e Leitzellenbündel als dunkler Streifen durchschimmernd; f durchschimmernde Parenchym- lamellen, welche als Längs- und Querversperrungen der dorsalen und Fig. 2. „ıı „12. Fig. 1. 427 ventralen Wand des Blattstieles dienen und lufterfüllte Hohlräume um- grenzen, Stück der Oberseite des Blatistieles; d zweiarmige Drüse; n Narbe einer abgefallenen zweiarmigen Drüse; f durchschimmernde Zellen der Paren- chymlamellen. . Querschnitt durch den ausgewachsenen Stamm; e Epidermis; p Parenchym, von aufsen nach innen lockerer werdend ; ch Chlorophylikörner, von innen nach aufsen an Häufigkeit zunehmend; Intercellularräume, von aufsen nach innen gröfser werdend; Leitzellenbündel, ringsum eingeschlossen durch eine Scheide von Parenchymzellen; d zweiarmige Drüse. . Querschnitt durch den Blattstiel; o obere Seite; « untere Seite, einschichtig wie die obere Seite; / Leitzellbündel; pl! Parenchymlamellen als Längs- und Querversperrungen; % Hohlräume mit Luft erfüllt, in der Flächen- ansicht als sechsseitige Formen sichtbar; d zweiarmige Drüsen; d’ Drüse mit abgebrochenem Köpfchen. . Spitze einer Borste (siehe Fig. 1, Borste rechts, Zone X); ez die drei chlorophyllosen, wasserhellen Endzellen; st Stachelzellen. . Quersehnitt durch die Borste; unmittelbar hinter den Endzellen (Fig. 5]). . Querschnitt durch die Borste (Fig. 511); st Stachelzelle, A Hohlraum, . Stück aus der mittleren Partie der Borste; (Fig. I Borste rechts, Zone 4); st Stachelzellen; d zweiarmige, wasserhelle Drüsen. . Querschnitt durch die Borste (Fig. 8I); st Stachelzellen; pl Parenchym- lamelle; A Hohlräume, . Stück aus der unteren Partie der Borste (Fig. 1, Borste rechts, Zone 2); st Stachelzellen; d zweiarmige, wasserhelle Drüsen; d’ Spur einer abge- fallenen Drüse. Querschnitt durch die in Fig. 10 dargestellte Partie der Borste; d zwei- armige Drüse; 92 Parenchymlamelle; % Hohlräume, Skizze über die Lage der Stachel und der Blattscheibe; 1—5 die Stacheln, in einem Bogen angeordnet; b die geschlossene Blattscheibe, in der durch die Stacheln gebildeten konkaven Wölbung liegend. Taf, XI. — Aldrovandia vesiculosa. Monti. Der vordere Teil eines Blattes; die Biattscheibe ist geöffnet und in eine Ebene ausgebreitet, was nur dadurch möglich war, dafs man in den Rand der oberen Scheibenhälfte einige Einschnitte machte, I, Der einwärts um- gebogene Rand, Randsaum; er ist drüsenlos, trägt aber am Rande ein- zellige Stacheln,; II. Zone der vierarmigen Drüsen; III. Drüsenlose Zone; IV. Zone der diehtgedrängten, runden Drüsen, Verdauungsdrüsen; V. Ge- lenkzone mit vielen Drüsen; VI, Blattspitze. Yg Verschlufsgrenze, d. h. Stelle bis wohin der Verschlufs stattfindet, von aufsen nach innen gerechnet. Die an der Verschlufsgrenze einwärts gelegenen Abschnitte der Blattscheibenhälften tragen neben den Verdauungsdrüsen eine Anzahl sensibler Trichome; Z das durchschimmernde Leitzellenbündel, welches in der Gelenkzone bis zur Spitze des Blattes verläuft. . Querschnitt durch ein vollständig offenes Blatt, zum Fange bereit; rs Rand- seum; ad äufsere Zone der zweiarmigen Drüsen; id innere Zone der zwei- 428 Fig. 3. Fig. 13, 14. 15. armigen Drüsen; krd Zone der vierarmigen Drüsen, Kreuzdrüsen; »d Zone der runden Verdauungsdrüsen und der sensiblen Trichome; g Gelenk. Stellung der Scheibenhälften nach der ersten Schliefsbewegung, welch letztere durch Reizung der sensiblen Haare eingeleitet wurde; durch das beim Schliefsen ausgeprefste Wasser ist der Randsaum auswärts gedrängt worden und die Stacheln greifen fingerförmig ineinander ein, wodurch ein nötdürftiger Verschlufs erreicht wird, . Die Blattscheibenhälften haben sich noch mehr geschlossen, nachdem durch die den Ausgang suchenden Insekten weitere Reize auf die sensiblen Haare ausgeführt wurden; die zwei Randsäume liegen in der ganzen Aus- dehnung fest geschlossen aufeinander. . Querschnitt durch das vollständig geschlossene Blatt; der Verschlufs findet nur an den drüsenlosen Stellen statt (Fig. I, Zone II). . Junge, aber vollständig ausgewachsene vierarmige Drüse; Kreuzdriüse (Fig. I, Zone II); KZ Köpfchenzellen; Stz Stielzellen; Zk Zellkern. . Dieselbe Drüse von oben gesehen. . Eine Drüse mit drei Köpfchenzellen; seltene Form in der Zone II, Fig. 1. . Aufsenseite des Randsaumes mit den Randstacheln; die dunkel gehaltenen Zellen bilden mit ihren gröfseren Partien die Innenseite des Randsaumes. . Stück aus der Kreuzdrüsenzone (Fig. I, II). . Stück aus der Zone der zweiarmigen Drüsen (Fig. 2, Zone ed und :d). . Gelenkzone der Innenseite mit vielen Verdauungsdrüsen besetzt; die Lüngs- achsen der Zellen der Blattscheibenhälften stehen senkrecht auf denjenigen der Zellen des Gelenkes; st sensibles Trichom; o obere Blattscheibenhälfte ; vd ‘Verdauungsdrüse und untere Blattscheibenhälfte, Stück aus der Innenseite des Blattes; Verschlufsgrenze (vg Fig. 1); diz drüsenlose Zone; vg Verschlufsgrenze; vd Zone der dichtgedrängten Ver- dauungsdrüse; d Verdauungsdrüse, ® Aufsenseite der Gelenkzone; z2d zweiarmige Drüsen. Die mittlere Zellschicht der Blattscheibe; sie endet an der Verschlufs- grenze; das dargestellte Stück liegt zwischen der Zellschicht von Fig. 18 und derjenigen von Fig, 11. Taf. XIII. — Aldrovandia vesiculosa Monti. . Epidermiszellen aus der jungen Blattscheibe (Fig. 38 und 39). Die Zeil- kerne sind sehr grofs und besitzen mehrere Kernkörperchen; die ein- zelnen Zellen stehen durch feine Plasmafüden miteinander in Verbindung, . Die zur Drüse bestimmte Zelle wölbt sich papillenförmig hervor; der Zell- kern wird gröfser und das Plasma reichlicher und dichter. . Die Drüsenzelle streckt sich auf die doppelte Länge und der Zellkern rückt in die Mitte, sowie sich das Plasma in der Längsachse zu konzen- trieren beginnt. . Der Kern hat sich geteilt; die beiden Tochterkerne liegen noch eng aneinander, sind länglich und besitzen um das Kernkörperchen herum einen hellen Hof; die Anordnung des Plasma deutet die Stelle an, wo die Membran entsteht. . Die primäre Drüsenzelle hat sich durch eine senkrecht zur ‘Epidermis stehende Membran in zwei Zellen geteilt. „10. Ku } 18. 19—22, Drüsenköpfehen von ausgewachsenen Verdauungsdrüsen von oben „28. „24. „2. „26. „27. „28. „29. „30. 429 . Junge Drüse (Fig. 5) von oben gesehen. . Die beiden Tochterzellen teilen sich wieder und zwar durch je eine Mem- bran, welche etwas schief einwärts zur ersten Teilungswand gestellt ist. . Die oberen zwei Zellen wachsen rundlich aus; die unteren zwei haben sich auf die doppelte Länge gestreckt und sich abermals in je zwei Zellen geteilt. . Die oberen Zellen (Fig. 7) haben sich gestreckt und abermals geteilt, wo- durch nun ein sechszelliges Gebilde entstanden ist. Die zwei Köpfchenzellen wachsen armförmig aus; es bilden sich die zwei- armigen Drüsen, . Die zwei Stielzellen haben sich nachträglich noch einmal geteilt, so dafs die Drüse nun aus folgenden Teilen besteht: kz zwei Köpfchenzellen; stz vier Stielzellen; bz zwei Basalzellen, . Die zweiarmige Drüse von oben gesehen. . Spur einer abgefallenen zweiarmigen Drüse, . Jugendstadium einer Verdauungsdrüse, abzuleiten von Fig. 8; die Stiel- zellen haben sich gestreckt und die zwei Köpfchenzellen vergröfsert und abgerundet. . Dasselbe Stadium wie Fig. 14, aber um 90° gedreht, . Die zwei Köpfehenzellen teilen sich durch je eine Membran; das Köpfchen der Drüse besitzt nun vier Zellen. . In den Stielzellen haben sich unten zwei Zellen abgeschnürt, was aber bei dieser Form der Drüsen als Ausnahmefall anzusehen ist. Zeigt, wie sich aus dem vierzelligen Köpfchen ein achtzelliges bildet. gesehen. Eine ausgewachsene Verdauungsdrüse von oben gesehen; das Köpfchen besitzt vier centrale und zehn randständige Zellen; die trennenden Mem- branen der centralen Zellen setzen sich fort in vier Membranen der pheri- pheren Drüsenzellen, die angrenzenden Epidermiszellen enthalten zahl- reiche Chlorophyllkörner. Eine ausgewachsene Verdauungsdrüse von der Seite gesehen. Dieselbe Drüse im Durchschnitt; kz Köpfchenzellen; stz Stielzellen ; bz Basalzellen. Querschnitt durch das Köpfchen; die centrale Zelle ist ein Stück der im Schnitt getroffenen Stielzelle. Querschnitt durch den Stiel der Drüse, Jugendstadium eines sensiblen Trichomes; abzuleiten von Fig. 9. Weiteres Entwicklungsstadium eines sensiblen Trichoms, entstanden durch fortgesetztes Strecken und darauffolgende Zweiteilung der Polzellen. Ausgewachsenes, sensibles Trichom; sp Spitzenzellen; g Gelenk; f Fufs- zellen. „ 31a. Das Gelenk eines abgebogenen Trichoms, die untere Membran ist wellig gebogen. „315. Gelenk bei gestreckter Borste. Die Wände der Gelenkzellen sind be- „ 32. deutend dünner als diejenigen der angrenzenden Zellen. Die Randzone der jungen Blattscheibe, 430 Fig.38. Übergang aus ‚der dreischichtigen in die zweischichtige Partie der Blatt- scheibe (Taf. vu Fig. 1). vg Verschlufsgrenze; zdvd Zone der Ver- dauungsdrüsen; mz mittlere Zellschicht unmittelbar hinter der Verschlufs- grenze endigend. „ 34. Querschnitt durch die Blattscheibe eines sehr jungen Blattes; e Epidermis „85 n Fig. 1. Fig. 1. 2. Längsschnitt durch die Blättspitze; das Parenchym P ist zugunsten von mz mittlere Zellschicht; ?! primäre Leitzelle. —39. Querschnitt durch etwas ältere Blattscheiben, woraus ersichtlich ist, wie sich die beiden Scheibenhälften entwickeln; in Fig. 39 zeigen sich "bereits zu Drüsen oder Trichomen bestimmte papillenförmig vorgewölbte Epidermiszellen, 40—41. Weitere Entwicklung der Blattscheibe. rs Randsaum; kr Kreuz- drüsen; st sensibles Trichom; vd Verdauungsdrüsen; zd zweiarmige Drüsen; Mz mittlere Zellschicht; 7 Leitzellenbündel; 92 Gelenkzellen. . Ein Blattquirl mit acht Blättern. 43. ” Partie der drüsenlosen-Zone des äufseren Abschnittes der Blattspreite. - Tafel XIV. — Byblis gigantea Lindl. Stück der Blattoberfläche, vier Drüsenbahnen und vier drüsenlose säulen- förmige Zellreihen enthaltend. Zwei der Drüsenreihen sind durch je eine Spaltöffnung unterbrochen, . Querschnitt durch die Randpartie des Blattes. DA Drüse nach Absorption animalischer Substanzen, D Drüse vor der Absorption, . Querschnitt durch die Randpartie des Blattes. Die Verankerung der ge- stielten Drüsen G@D ist dargestellt. Längsschnitt durch den Rand des Blattes; er zeigt eine aus vier Drüsen bestehende, dichtgedrängte Drüsengruppe; .deren Basalzellen in die mit konkaven Köpfen versehenen angrenzenden Parenchymzellen versenkt sind. . Querschnitt durch das Blatt; die Gefäfsbündel sind nur schematisch ein- gezeichnet, *sD sitzende Drüsen, Sp Spaltöffnung, 9 D gestielte Drüse, . Sektor aus dem Querschnitt durch das Blatt mit Epidermis, Parenchym, Stärkescheide und Gefäfsbündel. Sp Spaltöffnung, P Parenchym,. St Sch Stärkescheide. Tafel XV. — Byblis gigantea Lindl, Die kolbenförmig angeschwollene Blattspitze. Netzfaserzellen auf 3—2 Zellreihen reduziert. Im Centrum liegt die Spitze der drei hier verschmolzenen Gefäfsbündel & Wsp Weasserspalte. . Querschnitt durch die Biattspitze. Im Centrum liegt das Gefäfsbündel @, dann folgt der voluminöse Teil der Netzfaserzellen NZ, ferner das 1—3- schichtige, aus kleinen Zellen bestehende Parenchym pP, welches nach aufsen von der Epidermis E umgeben ist. + . Eine gestielte Drüse. . . . . . Längssehnitt durch den oberen Abschnitt einer gestielten Drüse. @ Ge- lenk- oder Centralzelle, K Köpfchenzelle, St Stielzelle, . Das Köpfchen der gestielten Drüse von oben gesehen. e „8 „9 „10. 431 Querschnitt durch das Köpfchen der gestielten Drüse; im Centrum die Gelenkzelle GZ und die trennende Membran M zwischen Stiel- und Ge- lenkzelle. . Längsschnitt durch ein Blatt; Photographie nach einem Dauerpräparat. . Stück des Drüsenstiels bei starkem Turgor; die Wandung ist schief ge- strichelt. Stück des Drüsenstieles, nachdem Sekret vom Köpfchen weggenommen wurde; die Strichelung wird deutlicher. „ 11-12, Stück des Drüsenstieles nach ausgeführter Plasmolyse; die Lincatur ist noch deutlicher geworden und die Membran zeigt sich gewellt. „ 13—22. Entwicklung der sitzenden Drüse. „ 23—29. Entwicklung der gestielten Drüse; Fig. 25—29 Teilung der Basalzelle „u. „12. „18. „1. „1. „in. ao D - „6 und Verfestigung (Verkeilung) der Basis des Stieles. Taf.XVL — Roridula gorgonias Planch, . Drüsenkopf eines grofsen Tentekels. E Epidermiszellen. . Drei verschieden grofse Tentakeln eines ausgewachsenen Blattes. Blattrand. . Randpartie eines Blattes. . Längsschnitt durch das Drüsenköpfehen eines grofsen Tentakela. . Querschnitt durch das Drüsenköpfchen. . Querschnitt durch den Drüsenstiel. . Querschnitt durch das Fufsstück eines grofsen Randtentakels. . Querschnitt durch den Stiel eines der kleinsten Tentakeln. . Querschnitt durch den Stiel eines noch im Wachstum begriffenen Tentakels; durch Längsteilung werden centrale Zellen von den Epidermiszellen abge- trennt, j . Randpartie der epidermalen Drüsenzellen; die zerklüftete, von feinen Poren durchsetzte Cutinschicht liegt als zimlich mächtige Schicht auf der Cellu- losenmembran. Querschnitt durch ein Blatt. Die Spitze eines Blattes, Querschnitt durch das Blatt. Verteilung und Gröfsenverhältnisse der Ten- takeln sind veranschaulicht. Drüsenzone des Randes und der Mittelrippe der Blattunterseite. Querschnitt durch den oberen Abschnitt des Blattes. Das centrale Gefäfsbündel. . Eines der gröfseren Gefäfsbündel der Blattspreite, Eines der kleinsten Gefäfsbündel der Blattspreite. Tafel XVIL. — Drosera rotundifolia L. . Randständiger Tentakel. . Drüse des randständigen Tentakels von der Seite gesehen, . Untere Epidermis der Drüse des randständigen Tentakels, . Unteres Parenchym desselben. . Flächenständiger Tentakel. Parenchymglocke; die Sekretionsscheibe ist weggehoben, Flora 1904. 29 432 Fig. 7—8, Halbschematische Längsschnitte. $ zweischichtige Sekretionsscheibe, b;] 9. 10. 11. 12, 13, 14. 15. 16. 11. P Parenchymglocke, T' Tracheidenkomplex. Übergang zwischen Tentakelstiel und Drüsenkopf. $ Sekretionsschicht, P Parenchymglocke, HK Halskranz, Ey» Epidermis des Stieles, Längsschnitt durch eine Drüse der flächenständigen Tentakeln. S Zwei- schichtiger Sekretionsmantel, die Zellen besitzen Membranleisten, P Pa- renchymglocke, HKZ Halskranzzellen mit Tüpfelmembranen, OStP oberste Stielparenchymzellen, StP Stielparenehym, Ep Epidermis, 7' Tracheiden- strang. Halskranzzellen mit den angrenzenden verschiedenartigen Gewebeelementen. Zwei Zellen des unteren Gürtels der Sekretionsscheibe, Oberflächenansicht. Membranleisten und Poren. Querschnitt durch den. Drüsenkopf eines flächenständigen Tentakels. Der centrale Tracheidenkomplex ist dunkel gehalten. Querschnitt durch den Tentakelstiel eines flächenständigen Tentakels, un- mittelbar unter der Drüse ausgeführt, Partie der Unterseite des Blattes mit Spaltöffnungen und sitzenden Drüsen- Unterseite des Blattes mit Verlauf der Gefäfsbündel. Tentakeldrüse mit Sekrettropfen, Taf, XVIIL — Drosera rotundifolia L. . Fig. 1, Junges Blatt mit in verschiedenen Entwicklungsstadien stehenden Tentakeln. 2—10. Entwicklung der achsensymmetrischen, flächenständigen Tentakeln. Die ” » Epidermiszellen sind dunkel gehalten, 11—18. Entwicklung eines Randtentakels. Fig, 11—15 Längsschnitte; Fig, 16 18, 19, 20. Tentakel von oben, Fig. 17 von der Seite gesehen. Längschnitt durch die Drüse. S Sekretionsscheibe; T Tracheidenkomplex ; P Parenchymschale. Querschnitt durch die Drüse eines Randtentakels, $ zweischichtige Sekre- tionsscheibe; P Parenchymschale; 7’ Tracheidenkomplex; «P unteres Pa- renchym; «E untere Epidermis. Partie der konkaven Wölbung der Blattoberseite mit Spaltöffnungen, ses- silen Absorptionsdrüsen und Spur einer abgefallenen Drüse. 21—22. Längs- und Querschnitt durch eine sessile Drüse mit nur einer Stieletage. 23—24. Längs- und Querschnitt durch eine sessile Drüse mit einem Stiel 25. 26, & zwei Etagen zu je zwei Zellen. Längsschnitt durch die zwei Spiraltracheiden eines randständigen Ten- takels. Querschnitt in der Nähe des Drüsenköpfehens durch den Stiel eines rand- ständigen Tentakels. Taf. XIX. — Drosophyllum lusitanicum Lk. und Drosera " rotundifolia L. Fig. 1—10. Entwicklung einer sitzenden Drüse. In Fig. 1 sind alle Epidermis- zellen gleichartig; Fig. 2 und 3: die zu Drüsen bestimmten Zellen teilen sich; Nig. 4: eine Parenchymzelle vergröfsert sich und wölbt die Epi- Fig. 333 3 Fig. 433 dermiszellen auswärts; Fig. 5: Diese Parenchymzelle teilt sich horizontal; Fig. 6: die oberste Tochterzelle nimmt an Volumen zu und teilt sich durch eine senkrechte Membran in zwei Zellen, Fig. Te und 7c, dann erfolgt eine weitere Teilung der letzteren zwei Zellen; Fig. 7d: nun vergröfsert sich das ganze Gebilde durch Teilung der Epidermis und der Parenchym- zellen. lla, b, c, d, e zeigt die Entwicklung des Stieles, bzw. der Zwischenschicht. Die äufseren hellen Zellen sind Epidermiszellen, die dunkeln aber Paren- chymzellen. Fig, f stellt eine nur selten vorkommende Verschmelzung von zwei sitzenden Drüsen dar; die Zellen der Zwischenschicht sind einge- zeichnet. 12--24 zeigt die Entwicklung der Tentakeln; die Epidermiszellen sind in Fig. 12-23 hell, die Zellen parenchymatischen Ursprungs dagegen dunkel gehalten. 23. aS äufsere Sekretionsschicht, epidermalen Ursprungs; iS innere Sekre- tionsschicht, parenchymatischen Ursprungs; Zs Zwischenschicht; die epi- dermalen Randzellen umgeben die parenchymatischen inneren Zellen; T Tracheidenkomplex; $tP Stielparenchymzellen; 7’ Str Tracheidenstrang. 25. Längsschnitt durch die Übergangsstelle des Stieles in die Drüse eines randständigen Tentakels von Drosera rotundifolia; «E untere Epi- dermis; %P unteres Parenchym, T' Tracheidenkomplex; HKZ Halskranz- zelle; PS Parenchymschale; Ep Epidermis des Stieles; P Stielparenchym; T Tracheidenstrang, ML Membranleiste; S Sekretionsschicht. 26. Längsschnitt durch eine sessile Drüse mit zwei Stieletagen zu je zwei Zellen; die Cutinisierung ist durch kräftige Linien angedeutet. 27-38. Entwicklung einer sessilen Drüse, . 34. Sitzende Drüse mit abgefallenen Köpfchenzellen, 35. Sitzende Drüse der konkaven Wölbung der Blattoberseite, 36-837. Zwei Drüsenformen von Randtentakeln, 38. Sitzende Drüse der Blattunterseite. 39-42. Drüsenformen vom Blattrand und dem oberen Abschnitt des Stieles. Taf. XX. — Drosophyllum lusitanicum Lk. 1. Querschnitt durch das Blatt zeigt die Anordnung der Tentakeln und der sitzenden Drüsen. T' Tentakel; sD sitzende Drüse; Sp Spaltöffnungen ; P Parenchym; eG centrales Gefäfsbündel; 7.D Iaterales Gefäfsbündel; H Holzteil; $ Siebteil; Sk Sklerenchym. 2. Seitenansicht eines Tentakels mit Blattpartie. Spitze eines vollständig ausgesireokten, entrollten Blattes. 4. Stück eines Blattes; Unterseite mit Tentakeln 7, sitzenden Drüsen sD und Spaltöffnungen Sp besetzt. 5, Oberseite eines Blattstückes mit den innersten sitzenden Drüsen und den Spaltöffnungen. 6. Lüngsschnitt durch ein Tentakel und durch das Blatt. Darstellung der Reizleitungszellen RZ und der Tracheidenstränge T'st zwischen sitzenden und gestielten Drüsen. E Epidermis; P Stielparenchym; $Sch Sekretions- scheibe; ZSch Zwischenschicht; 7’ Tracheidenzellen. = 29* » "OD - Flächenansicht einer noch nicht ganz ausgewachsenen sitzenden Drüse, Die Membranleisten sind nur zum Teil ausgebildet; die Membranen der Zwischenschicht sind ebenfalls erkennbar, 8. Querschnitt durch den Tentakelstiel, E Epidermis, P Parenchym, RZ Reizleitungszelle. 9. Querschnitt durch die centrale Partie des Blattes, welche fast ausschliefs- je je . lich vom Gefäfsbündel eingenommen wird; Sklerenchym sehr umfangreich. . Flächenansicht einer Zelle der Sekretionsscheibe mit den Membranleisten. . Querschnitt durch einige Zellen der äufsersten Schicht der Sekretions- scheibe. . Querschnitt durch den oentralen Gefäfsbündel; nur Holz- und Siebteil mit einigen angrenzenden Bastzellen gezeichnet. Die mit Kreuzchen versehenen Zellen dienen vermutlich der Reizleitung. . Eine Reizleitungszelle mit langem Zellkern aus dem Tentakelstiel. . Verlauf der Plasmastränge nach den trennenden Membranen zweier Reiz- leitungszellen, Drüsenform aus dem äufsersten Teile der entrollten Blattspirale, Tafel XXI, — Photographien nach Dauerpräparaten. . Sitzende Drüse von Drosophyllum lusitanicum. . Längsschnitt durch das Blatt von Drosophyllum lusitanicum, . Längsschnitt durch ein Tentakel von Drosophyllum lusitanicum, . Spiralförmig gerolltes Blattende von Drosophyllum lusitanicum mit Ten- tekeln verschiedener Entwicklungsstufen. . Neunstrahliger Blattquirl von Aldrovandia vesiceulosa. . Ein Blatt mit geschlossener’ Blattspreite von Aldrovandia vesiculosa. . Querschnitt durch die Sekretions- und Absorptionszone des Sarracenia- schlauches. . Flügelförmiger Anhang des Schlauches von Sarracenia; die zwei Haupt- gefäfsbündel zeigen umgekehrte Lagerung von Holz- und Siebteil. . Ein Gefäfsbündel und dessen Umgebung aus der Schlauchwandung der Sekretionszone von Sarracenia. Beiträge zur Kenntnis der Fortpflanzungsorgane der Cycadeen. Von Marie C. Stopes B. Sc. Mit 37 Textfiguren. 1. Teil. Einleitung. Der Zweck dieser vorläufigen Mitteilung ist, einige Details über - die Struktur der Cycadeensamenanlagen zusammen zu tragen, welche zum Teil in der Literatur zerstreut sind. Diesen kann ich einige neue Beobachtungen hinzufügen. Auf Grund dieser Daten ist es möglich, einige biologische Fragen zu erörtern, sowie die über die Phylogenie und Morphologie. dieser interessanten Pflanzengruppe herrschenden Ansichten einer kritischen Besprechung zu unterziehen. In späteren Arbeiten hoffe ich diese Fragen noch ausführlicher be- sprechen zu können. Dafs solche Details bis jetzt noch so wenig bekannt sind, läfst sich nur dadurch erklären, dafs es grofse Schwierigkeit macht, Material zu bekommen. Daher ist die Struktur der Cycadeensamen trotz häufiger Bearbeitung viel weniger bekannt, als die interessante Pflanzen- gruppe es verdient. Von rein äufseren Beschreibungen gibt es viele. Verschiedene Arten sind sogar im Detail bearbeitet, und in solchen Arbeiten sind gewöhnlich die Samen etwas genauer beschrieben. Die hauptsäch- lichsten dieser Arbeiten sind die von Richard, Heinzel, Gottsche, Karsten und Miquel. Miquel (4) hat im Jahre 1868 die ver- schiedenen zerstreuten Details in einer allgemeinen Diskussion über die Samen dieser Familie vereinigt. Warming (l, 2) hat später viele wichtige Tatsachen der allgemeinen Struktur der Samenanlagen und der Entwicklungsgeschichte veröffentlicht. Treub (1, 2) hat etwas später über die Embryologie der Cycas circinalis und die Entwicklungsgeschichte der Ceratozamia longifolia zwei Arbeiten hinzugefügt, die vorbildlich bleiben auf diesem Gebiet. Lang (2) hat kürzlich eine genaue Beschreibung der Verhältnisse bei Stangeria paradoxa geliefert. “Die neuesten Arbeiten beschäftigen sich besonders mit den Archegonien und Spermatozoiden; dennoch finden sich im Zusammen- hang mit solchen Arbeiten häufig einige wichtige Details der Samen- struktur erörtert [verg. Ikeno (1) und Webber (1l)]. 436 Auf die Ahnlichkeit der heutigen Cycadecnsamen mit den fossilen Samen aus der Karbonzeit wird schon von Brogniart und Renault aufmerksam gemacht. In dieser Richtung ist das Thema weiter be- arbeitet von Oliver. Sein Interesse erstreckt sich auch auf die Einrichtung und Struktur des Gefälssystems dieser Samen, und es ergeben sich einige Resultate, welche die Frage der phylogenetischen Entwicklung der Gymnospermensamenanlagen etwas beleuchten. Es ist einer der Zwecke meiner Arbeit, zu sehen, ob man diese Resul- tate in Beziehung zu den jetzigen Cycadeen bringen kann. Die Zusammensetzung und der Verlauf der Leitbündel in der‘ Samenanlage sind bis jetzt nicht bearbeitet. Die Anatomie der vege- tativen Organe dieser Pflanzen ist vollständig bekannt und hat so viele interessante Resultate ergeben, dafs es ganz wertvoll erscheint, die anatomische Kentnis dieser Pflanzen zu vervollständigen durch eine Untersuchung der Samen. Das Vorhandensein „mesarcher“!) Leitbündel ist von Interesse, weil es bei Phanerogamen so selten vorkommt. Im Jahre 1860 hat Mettenius auf diese Tatsache bei den Blättern von Cycas aufmerksam gemacht. Aber während vieler Jahre hat man geglaubt, dafs es eine Eigentümlichkeit dieser Organe sei. Bertrand (pag. 69) sagt von den Leitbündeln der Cycadeen- samenanlagen „qu’aucun de ces faisceaux ne presente le developpement ligneux interieur qui caracterise le faisceau foliaire de nos Oycaddes actuelles dans son parcours & travers la feuille,* Später hat Scott (1) über den Fruchtstiel bei verschiedenen Cyeadeengattungen und Worsdell(1) bei den Fruchtblättern Unter- suchungen gemacht. Die beiden Verfasser haben in diesen Organen solche „mesarche“, sowie einige ganz konzentrische Leitbündel ge- funden. Diese Tatsachen sind nicht nur von rein anatomischem Interesse — obgleich sie auf diesem Gebiet ganz wichtig sind, weil solche Bündel nur bei Ginkgo, Cephalotaxus und Torreya von den Phanero- gamen gefunden sind —, sondern sie können auch bei dem Studium der phylogenetischen Entwicklung als Wegweiser dienen. Die biologischen Untersuchungen über Bestäubung könnten natür- lich nur an lebendem Material vorgenommen werden. 1) „Mesarche“ Leitbündel sind kollaterale Bündel, die normal orientiert sind; das Protoxylem aber liegt in der Mitte des primären Xylems, welches sich differenziert in zentripetaler (nach innen) und zentrifugaler (nach aufsen) Richtung (vergl. pag. 465 Fig. 32), . . 497 Die Frage aber, woher der Bestäubungstropfen auf der Mikro- pyle stammt, ist bei dieser Familie nicht ohne Interesse und ist sehr wenig genau bearbeitet. In vorliegender Arbeit finden sich einige Tatsachen über den anatomischen Bau des Samens, welche diese Frage betreffen. Die Beschaffenheit des Integuments ist vor langer Zeit viel er- örtert worden und diese Diskussion ist so gut bekannt, dafs ich sie hier nieht in Details zu besprechen brauche. Ich bringe dazu einige neue Ergebnisse und versuche diese Frage für die Oycadeen etwas zu beleuchten. Es möge zunächst eine kurze Beschreibung der verschiedenen untersuchten Formen Platz finden, woran sich dann eine Zusammen- fassung und Diskussion der erhaltenen Resultate anschliefsen kann. Gycas. Die äufsere Gestalt der Fruchtblätter und Samenanlagen der Gattung Cycas sind so allgemein bekannt, dafs man sie nicht genauer zu besprechen braucht. In jeder Art dieser Gattung ist das Fruchtblatt ein ausgeprägt, blattähnliches Gebilde, das mehr oder weniger in Fiederblättehen ge- teilt ist. Die Samenanlagen haben immer bilaterale Symmetrie und liegen in derselben Fläche wie das Fruchtblatt. Sie sind gewöhnlich in gröfserer Zahl an jedem Fruchtblatt vorhanden. Cycas circinalis. Die Fruchtblätter dieser Art sind schon oft abgebildet, gewöhn- lich aber mit abortierten Samenanlagen; die beste Abbildung mit grofsen, reifen Samen ist die von Richard (1, pl. 26). Die Samen sind sehr grofs und in dem Stadium, bevor sie ganz reif sind, sind sie für eine Untersuchung am besten geeignet; sie sind dann 6cm x 4cm, Seit Richards Arbeit ist die Struktur dieser Samen von Warming (1) beschrieben. Er hat bemerkt, dafs eine dicke fleischige Schicht an der innern Seite der Steinlage des Integuments vorhanden ist, eine Tatsache die oft übersehen wird. Er gibt auch eine Serie von Figuren, die den Gefäfsbündelverlauf in den Samen selbst zeigen (Tab. III Fig. 6-12). Einige wichtige Tatsachen aber hat er nicht bemerkt, und weil es vielleicht leichter wird, die anderen Samen zu verstehen, wenn ein typisches Beispiel zuerst vollständig beschrieben ist, wollen wir zunächst mit der Besprechung dieses Samens beginnen. 438 Im allgemeinen kann man die Einrichtung bei Fig. 1 sehen. Das Integument ist auf einem mittleren Querschnitt ungefähr lcm dick und aus drei verschiedenen Schichten gebildet, einer äulseren fleischigen, 4mm dick, einer mittleren aus stark verdickten Zellen, 1!/, mm dick, und einer inneren fleischigen, 4!/,mm dick. Die Epidermiszellen sind in radialer Richtung gestreckt und haben verdickte Aufsen- und Radialwände; diese sind von Warming für (, circi- nalis [(t) Tab. III Fig. 13] abgebildet, und ich finde, dafs dieselben für die ganze Gattung charakteristisch sind. : In Samen, die nahezu reif sind, haben viele dieser Fig. 1. Cycas eiroinalis. Schematischer Längs- Epidermiszellen Gerbstoff- schnitt durch bald reife Samen. «a äufseres Fleisch, 5 Stein, ce Centralgefäfsstrang, d inne- inhalt, res Fleisch, e Prothallium mit Archegonien, Das Gewebe des äufse- i innere Leitbündel, o äufsere Leitbündel mit ren Fleisches ist von grofsen, Zweig i‘ nach innen, » Nucellus, m Mikropyle, ? Pollenkammer. schwach differenzierten Zel- len gebildet, die reich an Stärkekörnern sind. In diesem Gewebe sind auch sehr viel Gummi- schläuche und Gerbstoffzellen. j Die Steinzellschicht ist an der Spitze bedeutend dicker als an den Seiten, und sie bildet an der Basis des Samens eine kleine Ein- stülpung, welche auf eine kurze Strecke hin die hineintretenden Gefäfsbündel begleitet. Die Zellen dieser Schicht sind stark verholzt und von länglicher Gestalt; sie bilden zwei Lagen insofern sie aufsen in der Längsrichtung, innen mehr horizontal gelagert sind. Der Unterschied zwischen den zwei Lagen ist aber nicht so stark wie bei anderen Arten. Die innere fleischige Schicht ist sehr stark entwickelt, am stärksten an der Basis des Samens. Sie ist gebildet aus einfachen, Fig. 2. COycas circinalis (6mal vergr.) Pollenkammer von aufsen. 439 grofsen, parenchymatischen Zellen, mit sehr. vielen Gerbstofizellen, welche ihr eine dunkelbraune Farbe geben. An der Innenseite grenzt an sie der Nucellus, welcher durch die helle Beschaffenheit seiner Zellen deutlich von ihr sich abgrenzt. Dieser Nucellus ist zum gröfsten Teil mit dem inneren Integument verwachsen; die Spitze aber ist von demselben getrennt und liegt frei. An der freien Spitze des Nucellus ist ein Schnäbelchen, in welchem die Pollenkammer sich befindet. Dieses Schnäbelchen ist von einer Epidermis aus lang gestreckten Zellen, deren Aufsenwand etwas cutinisiert ist, bedeckt. Im Zusammenhang wit der bilateralen Symmetrie des Samens ist dieses Schnäbelchen seitlich zusammengeprefst und es palst sich der Integumentspitze an (Fig. 2). Im Vergleich zur Gröfse des Samens ist diese Pollenkammer bei Cycasarten kleiner als bei den anderen Gattungen. Das Prothallium (Fig. le) ist sehr grofs und findet sich auf der Spitze in ein kleines Becken vertieft, welches dömm Breite und 1!amm Tiefe hat; darin liegen die Halszellen von 4—5 Archegonien, wie sie schon abgebildet sind von Treub [(2) pl.I Fig. 1]. Das Gefäfssystem istzum Teil von Warming (1) beschrieben, der auch den Gefäfsverlauf abgebildet hat (Taf. III Fig. 6—12 Quer- schnitt, und Fig. 14 Längsschnitt). In diesen Bildern sieht man drei Leitbündel, die in die Basis des Ovulums eintreten. Das mittlere von diesen verzweigt sich in ein inneres System, während die beiden äufseren, nach Abgabe je eines nach innen sich verzweigenden Astes, obne Teilung weiter durch das äufsere Fleisch bis zur Spitze der Samenanlagen laufen (vergl. Fig. 1 pag. 438). Alle, welche über dieses System bisher geschrieben haben, sagen, dafs die Gefäfse dort endigen, wo der Nucellus von dem Integument sich loslöst. Bei diesem Samen aber fand ich, dafs, obgleich im ganzen diese Ansicht zutrifft, es doch einige kleine Bündel gibt, die weitergehen und beinahe bis zur Mikropyle laufen. Diese Tatsache ist wichtig, wenn wir der bisher von vielen Seiten vertretenen Ansicht, dafs diese Gefäfsbündel zum Nucellus gehören, in einem späteren Abschnitt näher treten werden. Die Gefäfsbündel (o Fig. 1) der äufseren Fleischschicht sind collateral; jedes hat aulsen liegendes Phloöm und inneres Xylem, welches „mesarch“ ist, und auch ziemlich viel „Transfusiontracheiden*. Das ganze Bündel ist in tangentialer Richtung gestreckt und ist um- 440 - ringt von einer Scheide von Zellen, schr ähnlich den von 0. Beddomii abgebildeten (Fig. 8 u. 9s). ” Die Bündel des inneren Systems sind sehr verschieden in Gröfse und Struktur und sind mehr als Stränge von Gefäfselementen, denn als bestimmte Bündel zu bezeichnen. Sie sind aber gleich orientiert, wie bei dem äulseren System. Die grofsen Bündel haben eine sehr unregelmäfsige Entwicklung des Xylems und zerstreute „Transfusion- tracheiden“ .die zuweilen aufserhalb des Phloems liegen; in der Basis sind einige kleine Bündel, die konzentrisch sind mit ceniralem Pro- toxylem. Im Nucellus selbst kommen gar keine Gefäfse vor. Die Samen sondern sich leicht von dem Sporophyll ab und man kann dann in der Basis die drei eintretenden Leitbündel sehen. Fig. 3. Cycas eircinalis. Schema des Bündelverlaufs nach dem Samen. «a aus- laufende Bündel, c Centragefäfsstrang, o üufsere Leitbündel mit Zweig i nach innen (c, i und o vergl. Fig. 1). Worsdell [(1) pag. 215) hat den Gefäfsverlauf des Sporo- . phylis folgendermafsen beschrieben: „A single strand passes off to the Sporangia, and in so doing divides to 3—5 strands which enter the latter; some of these have perfecetly concentric structure“. War- ming (1) hat den Bündelverlauf im Samen selbst beschrieben; aber zwischen den beschriebenen zwei Zonen liegt eine kurze dritte Region, in welcher man eine eigentümliche Verzweigung und Endigung der Bündel wahrnimmt. Zuerst glaubt man wohl, eine Abnormität vor sich zu haben, aber bei dem von sechs verschiedenen Orten bezogenen Material habe ich dieselbe Erscheinung gefunden, und obgleich sie in den kleinen Details etwas verschieden sind, sind sie im allgemeinen so ähnlich, dafs die Anordnung aller aus folgendem ganz gut zu verstehen sein wird, Ein Gefäfsbündel des Sporophylis biegt nach den Samenanlagen hinaus; dieses ist vollständig oder nur teilweise concentrisch. Es teilt sich in zwei, drei, und endlich vier oder mehr Zweige, welche in einem Kreise liegen. Ein Strang geht in die Mitte dieses Kreises hinein und ist der Centralstrang oder „main supply“ [vergl. Oliver 441 (1) pag. 464], der gewöhnlich concentrisch oder fast concentrisch ist. Von den anderen grenzen sich die zwei, welche in der Haupt- fläche des Sporophylis und Samens liegen, gegen das umgebende Ge- webe besonders scharf ab, während die übrigen zwar stark vergrölsert werden, aber weniger differenziert erscheinen und endlich unter der Samenbasis auslaufen (vergl. Fig.3). Eine in der Hauptsache gleiche Anordnung findet man nicht nur bei abortierten Samen, sondern auch in Sporophylien, welche gro/se, reife Samen tragen; und nicht nur in dieser Art, sondern auch bei verschiedenen anderen Üycasarten. Das Bündel des Sporophylis, welches den Samen versorgt, ist \ gewöhnlich grofs und eoncentrisch Fig. 4. „Qyeas cireinalis (4mal vergr.). und oft ist es noch komplizierter. Abortierte Samenanlage mit frischer Der Centralstrang des Samens sSrüner Wucherung a. s Sporophyll, selbst ist kleiner und einfacher, ‚ss geschnittener Rand des Sporophylis, . @ Wucherung der Samenbasis, und gewöhnlich entweder voll- ständig „mesarch“ concentrisch oder sehr gebogen „mesarch* col- lateral; ebenso die zwei Bündel, die als Seitenzweige von den äufseren Bündeln nach dem innern System abzweigen (i’ Fig. 1 u. 3). Natürlich kann bier nur die Hauptanordnung und nicht jede individuelle Varietät dieses Systems berücksichtigt werden. Es gibt viele abortierte Samenanlagen, und solche sind ge- wöhnlich abgetrennt zwischen der Samenbasis und dem Sporophyll; die Samenanlagen sind daher ganz und gar verkümmert und trocken. Bei einer Materialsendung aber fand ich eine grüne, frische Wuche- rung, welche die trockene Samenbasis umgab, und welche einem Arillus sehr ähnlich war (Fig. 4a). Die Epidermis dieser Wucherung ist nicht so differenziert wie bei den Samenanlagen, aber ähnlich in der Struktur und die Gewebe sind weich parenchymatisch mit Chlorophylikörpern. Zwischen dieser Wucherung und den abortierten Samenanlagen liegt eine Trennungszone von cutinisierten, korkähnlichen Zellen. Die Bedeutung dieser Erscheinung soll später betrachtet werden. 442 ‚ _Cycas media. Diese Art ist sehr ähnlich C. circinalis, und mit nur wenig Än- derung kann das Schema (Fig. 1) von C. circinalis auch für diese Art benützt werden. Das Integument zeigt deutlich die drei Schichten, welche von folgender relativer Dicke sind: Äufseres Fleisch: Stein: Inneres Fleisch = 3:2:1. Die Gefäfsbündel des äufseren Systems laufen wie in C. eircinalis; die innere Struktur jedes Bündels aber ist komplizierter. Jedes Leitbündel besteht aus zwei Bün- deln, welche mit ihren Phloem- teilen gegeneinander gekehrt sind; jedes dieser letztern Bündel hat mesarches Xylem mit einigen centri- petalen Tracheiden, während das innere, das in normaler Richtung orientiert ist, auch eine weitere Entwicklung der lateralen Trans- fusiontracheiden hat. Das ganze Leitbündel aber ist nicht grofs Fig. 5. Oycas media. v» Leitbündel, undhat keine differenzierte Scheide. t Gerbstoffzellen, n Grenze des Nu- Die Orientierung ist ähnlich einem cellus, s Grenze des Steines. sehr einfachen Falle von CO. _Bed- domü (Fig. 8). Das Gefäfssystem der inneren Schichten des Integuments ist vielfach verzweigt und die kleinen Zweige liegen ganz durch die Schicht verbreitet (vergl. Fig. 5). Diese Bündel endigen nicht alle am freien Scheitel des Nucellus, sondern einige gehen ganz nahe bis zur Mikropyle hin und laufen dort allmählich aus wie in O._cireinalis (vergl. Fig. 1). Wie man aus Fig. 5 sehen kann, sind die Bündel dieses Systems klein und einfach, zuweilen nur von einigen Tracheiden und kleinen parenchymatischen Zellen gebildet. Obgleich die Rich- tung der Entwickelung bei den gröfseren Bündeln meistens von einem nach innen liegenden Protoxylem ausgeht, finden wir auch Fälle [wie Worsdell[(1) pag. 234] beidem Sporophylivon Ceratozamia miqueliana bemerkt hat], wo einige Tracheiden seitlich von den zuerst ent- wickelten Xylemelementen liegen. Von ganz echtem Protoxylem kann man nur selten sprechen, weil diese ersten Elemente gewöhnlich nur sehr kleine, netzförmige Tracheiden sind. 443 Pollenkammer und Samenstruktur sind schr ähnlich O\_eireinalis. Der Bündelverlauf im Sporophyll ist genau derselbe, wie bei CO. circinalis (vergl. Fig. 1). In abortierten Samenanlagen wird die Trennungsschicht nicht‘ immer an der gleichen Stelle gebildet; meist aber liegt sie an der Basis. In einem Falle umhüllt sie die Basis des Nucellus bis zu einer gewissen Höhe und biegt dann in scharfem Winkel in das Integumentgewebe aus. Hier kann man sehr deutlich den Unter- schied zwischen dem oberen, zugrunde gegangenen Teil und dem unteren, wo die Steinschicht differenziert ist und das äufsere Inte- gument noch lebt, sehen. j Cycas Rumphi,. Die Fruchtblätter und Samen dieser Art, sowie auch das Inte- gumentgewebe, sind C. circinalis sehr ähnlich. Bei einem etwas jungem Stadium (Samen 10 x 7mm) ist die Nucellusspitze massiv, und man kann hier drei Regionen in dem Schnäbelchen unterscheiden. Der untere Teil dieses Schnäbelchens ist ge- bildet von Zellen, die in horizontaler Rich- tung etwas gestreckt sind (B Fig. 6). Die des Nucellusschnäbelehens. Zellen des oberen Teiles haben einen 7» Langgestreckte Zellen mit dicken, dunkeln, körnchenreichen Inhalt Anfang der Pollenkammer, C (4A Fig. 6), und in der Mitte befindet sich langgestreckte Zellen, A Zellen ein Strang von Zellen, welche mehr oder mit viel Inhalt, B horizontal- weniger senkrecht liegen, und in welchen liegende Zellen, nicht inhalts- . . reich, N freier Scheitel des zuerst die Bildung der Pollenkammer an- Nucellus. fängt. Fig. 6._Cycas Rumphii. Schema Das ganze Schnäbelchen ist begrenzt von. einer Epidermis mit parallel zur Aufsenfläche in vertikaler Richtung verlängerten Zellen, die aufsen verdickte Wände haben. Bei den Samenanlagen selbst ist der Gefäfsverlauf kürzlich be- schrieben und abgebildet von Oliver [(1) Fig. 4 pl. I, pag. 463], und er ist sehr ähnlich dem bei 0. eircinalis. Ein oder zwei Leitbündel gehen nach jeder Samenanlage, welche sich teilen, in einen Kreis von Bündeln, und wie bei C. circinalis und C. media gehen von diesem Kreis nur eine bestimmte Anzahl in den Samen hinein; die anderen laufen unter der Samenbasis aus, 444 In der äufseren fleischigen Schicht sind die Bündel collateral. Die Elemente des Centripetalxylems sind zuweilen gröfser als die centrifugalen Tracheiden. Die inneren Bündel sind collateral mit äulserem Phloem; die erste kleine Tracheide jedes Bündels ist gewöhnlich den grofsen, später entwickelten, netzförmigen ganz ähnlich. In der Samenbasis sind gewöhnlich der Centralstrang, sowie die zwei nach innen laufenden Zweige (Fig. 1i) mesarch concentrisch. Unter den untersuchten Samenanlagen war eine, die drei äufsere Gefälsbündel hatte, und auch eine mit vier. Diese Samen werden radial symmetrisch, aber in jeder anderen Beziehung ganz normal. „Oycas Thouarsi. Die Fruchtblätter und Samen sind denjenigen von (. circinalis besonders ähnlich. Aus dem Sporophyli geht nach jeder Samenlage hinaus ein ein- ziges concentrisches Gefälsbündel, welches aufsenliegende Xylem- stränge hat. Dieses Bündel teilt sich in eine Anzahl verschiedener Bündel, welche meist unter der Samenbasis auslaufen, wie bei C. cireinalis u. a. Bei abortierten Samenanlagen ist zwischen dem Sporophyli und dem Samen eine Trennungsschicht entwickelt. Oycas Bedomii. Das einzige Material dieser Art, das ich bekommen konnte, ist ein abgetrennter, fast reifer Samen, etwa 3,5><3cm grols, der sehr schwach bilateral ist. Das Integument ist das komplizierteste, das ich untersucht habe, und zeigt eine grolse Differenzierung der äulseren, fleischigen Schicht. Die äufserste Lage besteht aus grofsen, parenchymatischen Zellen mit stark getüpfelten Cellulosewänden. Innen liegen etwas zerstreut Zellen mit grofsen, netzförmigen, verdickten Wänden (siehe Fig. 70). Diese vermengen sich mit einem Gewebe von radialen, langgestreckten, schwach verholzten Zellen, welche gegen die Steinzellenschicht hin eine dicke Lage. bilden. Die Steinschicht selbst ist aus zwei ganz bestimmten Lagen gebildet (vs und hs Fig. 7), nach innen zu liegt die innere fleischige Schicht, welche in diesem Stadium etwas zu- sammengeprefst ist. Diese eigentümliche Entwicklung der grofsen Inhalt führenden, schwach verholzten Wasserspeicherungstracheiden ähnlichen Zellen ist 445 vielleicht durch die trockene Heimat dieser Pflanzen zu erklären (sie ist aus Madras). Sie ist aber wichtig, weil sie uns zeigt, wie kom- pliziert diese äufsere fleischige Schicht werden kann und wie die Steinzellenschicht und dieses Fleisch ineinander übergehen. N zb imago LIT Y > nn vr 10% De ZN IN g F \ Fig. 7. Cycas Beddomii. Äufse- res Fieisch und Steinzellen- 6 schicht. »s Vertikale Steinzel- “ len, hs horizontale Steinzellen, Fig.8. C. Beddomii. Äufseres Gefäfsbündel, Quer- s dünn verholzte Zellen, over- schnitt. G@ Gummischläuche, P Parenchym des einzelte wasserspeicherungs- Fleisches, 8 Gefäfsbündelscheidezellen, Px’ Proto- tracheidenähnliche Zellen, p xylem 7 Transfusiontracheiden, x Centrifugal- Parenchymzellen des äufseren phloem, x’ Centripetalxylem, p Phloem. Fleisches. x In der äufseren fleischigen Schicht laufen zwei Bündel, welche auch sehr kompliziert sind. Jedes besteht aus zwei vollständigen Leitbündeln, von welchen das eine entgegengesetzt orientiert ist wie das andere. Beide sind von einer gemeinsamen Scheide umschlossen. Die zwei Phloemgruppen liegen gegeneinander und sind etwas zu- sammengeprefst. Das Xylem besteht aus kleinen Elementen, von denen die meisten centrifugal sind; eine kleine Anzahl derselben. ist aber immer centripetal (siehe Fig. 8 xp, zxp‘). Die Scheidezellen sind grofs und haben schwach entwickelte, netzförmig verholzte Wände, die den vorher bei der Schale besprochenen sehr ähnlich sind (vergl. Fig. 9 und Fig. 7). 446 Diese doppelten Leitbündel laufen ohne Teilung bis zur Spitze des Namens. . Das innere Bündelsystem teilt sich mehrmals; jeder Strang in diesem Stadium ist nur aus Tracheiden gebildet, das Phloem ist samt den weichen, inneren Geweben zusammengeprefst. Die Tracheiden- stränge bestehen entweder nur aus vier oder fünf Tracheiden, oder ‚sie bilden grofse Bündel. Dieser Samen war abgeson- dert von dem Fruchtblatt; daher konnte ich den Bündelverlauf nach dem Samen nicht untersuchen; im Samen selbst aber ist er ganz wie bei C. circinalis. —$, Fig. 10. .C. Riuminiana. Querschnitt durch die innere Schicht des Integu- ments, 1 Nucellus, zusammengeprefst, 7 Trennungslage, c verkorkte Zellen j derselben, I innere fleischige Schicht Fig. 9. C. Beddomii. Einige Zellen der des Integuments, $ einige Steinzellen Scheide des Leitbündels. s Scheide- der Steinschicht, # Gerbstoffzellen, g zellen, t Transfusiontracheiden des Bün- inneres, schwach differenziertes Lei- dels, p Fleischzellen des Integuments. tungsgewebe. Cycas Riuminiana. Die Fruchtblätter und Samen sind C. eircinalis sehr ähnlich; nur die Fiederblättchen sind etwas stärker entwickelt. Das Integument zeigt deutlich die drei Schichten. Die Stein- zellenschicht differenziert sich von den inneren Zellen nach aufsen hin. . Die innere fleischige Schicht ist aus Parenchym gebildet, das sehr reich an Gerbstoffzellen ist. | In abortierten Samenanlagen ist die ganze innere Schicht durch das Wachstum der Trennungslage vergröfsert. In dieser Trennungs- lage sind die Zellen in sehr regelmäfsigen Reihen geordnet, von 447 welchen die inneren leer und euticularisiert sind und die äufseren ihre Zellkerne beibehalten. In diesem Gewebe sind viele Gerbstoff- zellen (vergl. Fig. 10). Dieses Gewebe sonderte den jungen Nucellus ab, der jedoch verkümmerte, als er noch sehr klein war, während das Integument weiter wuchs; daher bestehen die Samenanlagen fast nur aus In- tegument, obgleich sie ganz normal aussehen; z. B. bei einem Samen, der 8mm im @ e s 2 PR Querschnitt ist, sind 7mm & & o 2 Integument und nur Imm A. " <. 2. 5 trifft auf den verkümmerten Nucellus, Fig. 11. ©. Riuminiana. Verlauf des Bündels Der Gefäfsverlauf nach nach der Samenanlage.,. D In der Basis des Samens, E basale Verzweigung im Samen selbst, i vergl, Fig.1, a Bündel des äufseren Fleisches, c Centralstrang. den Samenanlagen ist ganz einfach und zeigt nur kleine Änderungen. Ein Bündel aus dem Sporophyli versorgtjeden Samen; dieses Bündel ist nicht concentrisch nach dem gewöhnlichen Gebrauch dieses Wortes, aber durch Biegung eines collateralen Bündels entsteht eine Form mit central liegendem Phlocm und äufserem umringendem Xylem. Dieses Gefäfsbündel teilt sich in drei Bündel, welche in die Samenanlagenbasis eintreten (D Fig. 11). Der centrale Strang ist concentrisch; die zwei äulseren Integument- bündel sind gewöhnlich collateral. Von diesem letzteren sind die zwei innen laufenden Zweige mehr oder weniger concentrisch. Die zwei Bündel des äufseren Fleisches (Fig. 11a) laufen ohne Teilung der Spitze des Samens zu. Sie sind. collateral mit mehr centripetalem als centrifugalem Xylem und ohne differenzierte Scheide. Bei dem inneren System sind die Bündel sehr unregelmäfsig und wenig differenziert. Sie teilen sich sehr oft und laufen unter dem freien Scheitel des Nucellus aus. _Cycas siamensis. Die Fruchtblätter dieser Art sind jenen von O._revoluta sehr ähn- lich, die Fiederblätichen nur etwas weniger geteilt (vergl. Fig. 12); die Samen aber sind glatt, unbehaart und C. _circinalis ähnlich und zeigen in ihrer Struktur Ähnlichkeit mit beiden Arten. Das Integument zeigt die drei Schichten in folgender Gröfse: Äufseres Fleisch 0,7 mm, Stein 0,4 mm, inneres Fleisch 0,9 mm bei Samenanlagen, die 7mm in Querschnitt sind. Flora 1904. 30 448 Die Gewebe sind C,, cireinalis ähnlich. - Ein einziges Bündel geht nach jeder Samenanlage. Es wird concentrisch und dann teilt es sich in vier Bündel, von welchen das eine in das Sporophyli läuft und die drei anderen nach der Samen- basis gehen. Im Samen selbst laufen die Bündel wie bei C. cir- einalis, nur dafs die zwei, in der äulseren fleischigen Schicht liegen- den, sich teilen und daher zwei Paare geben wie in C. revoluta; sie laufen in solcher Weise aber nur bis zur halben Höhe des Samens, wo sie sich wieder ver- einigen und als zwei bis zur Spitze Fig. 12, Q. siamensis (!/, nat. Gröfse). des Samens auslaufen. Fruchtblatt und Samenanlagen, Die äufseren Bündel sind ein- fach collateral mit äufserem Phloem und innerem Xylem, ihre Differenzierung tritt früher ein als die des inneren Systems. Oycas revoluta. Die Fruchtblätter sind so oft abgebildet, dafs sie sehr gut bekannt sind. Die Samen sind stark bilateral und dicht behaart. Die Epidermis- zellen des Samens sind weniger radial gestreckt als bei den anderen Cycasarten und haben eine stark entwickelte orange gefärbte Cuticula. In frischem Zustand sind die Samen tief orange gefärbt und der Stiel des Fruchtblattes ist gelb und von einem dem japanischen Lack ähn- lichen Aussehen. Ich fand bei den Fruchtblättern, dafs diese eigen- tümliche Färbung ganz und gar nur in der Cutieula der Epidermis entwickelt ist. Bei den jungen Samen ist die Cuticula stark orange und das Fleisch gelb. Bei ganz trockenen, reifen Samen, die äufserst intensiv rotorange gefärbt sind, hat die Färbung nur in der Cuticula ihren Sitz, während das Fleisch ganz farblos ist. Wie Warming (1 pag. 5) schon bemerkt hat, hat C. revoluta zwei Paar Bündel und nicht nur zwei Bündel in der äufseren fleischigen Schicht. Worsdell (1 p. 213) hat darauf aufıerksam gemacht, dals im Sporophyll: „Two strands are observed to pass off to a sporangium, and enter it without previous branching .. . One of these is almost com- pletely concentric in structure.“ Diese zwei Stränge sind ursprüng- 449 lich von einem Sporophylizweig gebildet und sie verlaufen entweder wie Worsdell schildert oder treten nach weiteren Verzweigungen in die Samenbasis ein (siehe Fig. 13). Die in der Mitte liegenden Zweige (Fig. 13) sind gewöhnlich mehr oder weniger concentrisch, während die äufseren collateral sind und centripetales und centrifugales Xylem und eine besonders grofse laterale Entwicklung der Transfusion- tracheiden haben. Bei Samen, die fast reif sind, sind die Bündel von einer sclerenchymatischen getüpfelten Scheide umhüllt. Die Bündel sind stark tangential ge- streckt und haben im Querschnitt eine Breite von 3mm; diese besondere Gröfse ist meistens von den massenhaften Transfusiontracheiden verursacht, welche von dem centralen Gefäls- strang ausstrahlen. In der Nähe der Spitze sind diese Tracheiden sehr regelmäfsig und liegen in grolsen radialen Reihen recht- winklig vom Centralstrang. 2 es > ®.89 Fig. 14. C.rewvoluta (nat. Or.). SS © er ® ; o>- Ak 4 Spitze des abnormen Samens 209. © 5“ : „®. (i Integument, s Steinzellen- eo schicht, N Nucellus, bedeckt Fig. 13. C. revoluta. Verlauf der Bündel in der von der inneren Fleisschicht, Samenbasis. i Bündel, welche sich im inneren vBündeldes inneren Fleisches), Fleisch teilen, o Bündel, welche sich im äufseren DB Prothalliumspitze des Sa- Fleisch teilen. “ mens A, mit 4 Archegonien. Die inneren Bündel verzweigen sich sehr stark; sie sind von verschiedener Gröfse, und die gröfseren Stränge sind gut differen- ziert. Sie sind collateral, mit Phloem auf der äufseren Seite, welches sehr früh zusammengeprelst wird. Die Xylemelemente sind centrifugal zuweilen mit Centripetalzellen. Wir finden keine Scheide und keine Transfusiontracheiden und die kleineren Stränge bestehen nur aus zwei oder drei Tracheiden und einigen Zellen Parenchym (vergl. Fig. 5). Ein abnormer Samen ist vollständig radial symmetrisch mit einem Kreise von sechs äufseren Gefäfsbündeln. Obgleich äufserlich die Mikropyle entwickelt ist, hat sie gar keine Öffnung und ist mit einem Fortsatz der Steinlage erfüllt. Der Nucellus hat auch keinen freien Scheitel und keine Pollenkammer; dennoch ist das Endosperm schön entwickelt und trägt vier vollkommene Archegonien auf einer Seite (Fig. 14 B). 30* 450 Der Samen ist grofs und das innere Gewebe etwas trocken. Man kann aber den Bündelverlauf sehr deutlich sehen (Fig. 14 Av) und bemerken, dafs viele dieser Bündel bis zur Samenspitze hinaufgehen. Bei Samen, die sehr früh abortiert sind, geht die Trennungslage quer durch die Basis, wie bei (©. circinalis u. a. Gewöhnlich aber entwickelt sich diese Lage im inneren Fleisch; das Resultat ist, dafs die äufseren Gewebe ihr Wachstum fortsetzen und sich über der Mikropyle zusammenschliefsen (Fig. 15 D). Weil die Samenanlagen frisch bleiben, erscheint es zuerst, dafs dieses Wachstum die Ursache der Abortion ist, weil es die Bestäubung unmöglich macht; man findet aber, dafs zuerst der Nucellus zugrunde geht und dieses Wachs- tum nur als Resultat der Abortion eintritt. Fig. 15. C. revoluta (nat, Gr.) Stadien der abortierten Samen. A Jüngstes Sta- ” dium, D Mikropyle vom Integument überwallt, Alle die anderen Gattungen der Cycadeen haben Fruchtblätter die nur zwei Samen tragen. Die Samen sind radial symmetrisch im innern Bau. Die verschiedenen Arten sind in verschiedenem Grade kompliziert. Von diesen werden zuerst die einfacheren beschrieben. Zamia. Bei allen den untersuchten Zamiaarten sind die Fruchtblätter schildförmig, mit zwei unbehaarten Samen. Die Samen sind alle ursprünglich radial symmetrisch, aber sie werden mehr oder weniger zusammengeprefst durch den physikalischen Druck des Zapfens. Eine Mikropylenpapille ist deutlich zu sehen bei jungen Stadien, verliert sich aber allmählich bei gröfseren Samen. Das Mikropylröhrchen selbst ist ursprünglich kreisförmig, nachher jedoch oft etwas unregelmälsig zusammengeprefst. Bei dieser Gattung sind die Samen nie sehr grofs, und sie baben eine zarte, kleine Anhängungsbasis mit dem Sporophyll. Nucellusspitze und Pollenkammer sind kreisföormig und etwas grofs. Die 6—8 äufseren Gefäfsbündel sind zu einem Ring geordnet wie van Tieghem, Warming u. a. bemerkt haben; das innere System ist aus vielen verzweigten Bündeln gebildet. 451 Zamia muricata. Karsten (1) gibt in seiner Monographie über dieser Art, eine allgemeine Beschreibung der Samen und ihrer Struktur; aber die für die jetzige Diskussion wichtigsten Tatsachen hat er nicht in Betracht gezogen. Die drei Schichten des Integuments sind deutlich zu sehen, bei Samenanlagen, 5>< 4mm grofs, ist das innere Fleisch eben so dick oder noch dicker als das äufsere. Bei reifen Samen bleibt das Inte- gument sehr dünn; die drei Schichten aber sind ganz deutlich- zu unterscheiden. Die Epidermis ist nicht der von Cycas ähnlich und ist sehr wenig differenziert von den allge- meinen Gewebezellen ; die äufseren Wände sind etwas verdickt. Das äufsere Fleisch besteht aus weichem Parenchym, das reich an Stärke ist und auch viele Gum- mischläuche hat, Der Stein ist ur. Fig.16. Z.muricata (130mal vergröfsert). Fig. 17. Z._muricata. Schema des Archegonienscheidezellen. $ Scheide- Bündelverlaufs in Samenbasis, Quer- zellen, p» Prothalliumzellen, e Eizelle, schnitte. o Bündel des äufseren Flei- w getüpfelte Wand. sches, i Bündel des inneren Fleisches. besonders dünn, selbst bei bald reifen Samen und besteht im Quer- schnitt aus nur fünf oder sechs tangential gestreckten, wenig ver- holzten getüpfelten Zellagen. Das innere Fleisch ist ebenso dick wie das äufsere, und ist von weichen Parenchymzellen mit wenig Inhalt gebildet. Bei jungen Samen ist der freie Scheitel des Nucellus grofs und massiv, die obere Hälfte besteht aus inhaltsreichern Zellen als die untere. Die Epidermis dieses Schnäbelchens hat eine verdickte äufsere Wand. | Auf der Spitze des Prothalliums kommt eine kleine Vertiefung vor, in welcher fast immer nur zwei Archegonien sind. Die Zellen der Archegonienscheide sind gut differenziert und haben besonders grofse Zellkerne im Vergleich mit denen der Prothalliumzellen (Fig. 16). 452 Diese bedeutende Gröfse der Scheidezellkerne ist in dieser Art stärker als bei allen anderen, die ich untersucht habe. Diese Zell- kerne zeigen auch 1—4 grolse sehr deutliche Nucleoli. Aus dem Sporophyli läuft ein Bündel nach jeder Samenanlage. Es teilt sich bevor es die Samenbasis erreicht hat. Einer seiner Zweige geht nach dem Sporophyli, der andere nach der Samenanlage. Dieser letztere ist entweder gebogen collateral oder rein concentrisch und teilt sich wie Fig. 17 zeigt. Die inneren Bündel teilen sich vielmals und laufen vor dem freien Scheitel des Nucellus aus. Die äufseren Bündel sind klein, einfach, endarch, collateral, mit einigen Zellen Centripetalxylem und sind ohne differenzierte Scheide. Die inneren Bündel sind in derselben Weise orientiert. Sie sind von kleinen Parenchymzellen umhüllt und haben nur selten Centripetalxylem. Zamia obliqua. Die drei Integumentsschichten sind hier auch klar zu sehen. Die Epidermiszellen sind denen vom Z. muricata ähnlich ; das äufsere m. Fleisch aber zeigt zwei Regionen, f eine äufsere, welche aus kleinen 2. v Zellen besteht, und eine innere, wo die Zellen in radialer Richtung etwas gestreckt sind. Gummi- -n. schläuche sind in grofser Zahl, Gerbstoffzellen dagegen nur wenig entwickelt. Auf der inneren Seite des 1 inneren Fleisches bildet sich eine Trennungslage (vergl. Fig. 18 i), deren an den Nucellus grenzende Zellen verkorkt sind; die äulseren aber sind gewöhnliche Parenchym- zellen mit Inhalt. Diese Lage, welche vollständig den abortierten Nucellus begrenzt, liegt auf der Fig. 18. Z. obligua (2,5mal vergr.). Schema des Lüngsschnittes. af äufse- res Fleisch, 9 zusammengeschrumpfter Nucellus, & äufseres Bündel, 5b Leit- bündel nach der Samenanlage, s Stein- zellschicht, m Mikropyle, if inneres Fleisch, ‚fs freier Scheitel des Nucellus, i innere Bündel. — Weil die Symmetrie des Samen dreifach ist, kann man in Wirklichkeit nur ein Bündel in einem Längsschnitt sehen; diese Figur ist et- was schematisiert, um zwei zusammen zu zeigen. inneren Seite der inneren Bündel und reicht im innern Fleische des Integuments bis zur Mikropyle. Das Mikropylröhrchen ist sehr un- regelmäfsig, weil einige Zellen 453 dieser Trennungsschicht beinahe bis zur äufseren Spitze sich erstrecken und es halb verschliefsen. Der Bündelverlauf nach den Samenanlagen und die Bündel- struktur sind wie bei Z. muricata. Zamia integrifolia. = Diese Samenanlagen sind mehr oder _ weniger sechsseitig, entsprechend ihren sechs Gefäfsbündeln. Die drei Schichten des Integuments sind deutlich zu sehen. Die Epidermis ist wie bei Z.muricata; das äulsere Fleisch besteht aus weichem Parenchym mit wenigen grofsen . Gummischläuchen. Das Mikropylröhrchen Fig. 19. Z,integrifolia (1,5mal ist kreisföormig im Querschnitt mit einer vergr.) Fruchtblatt mit abor-- wohl entwickelten Epidermis. tierten Samenanlagen. Fig. 20. Z._integrifolia. Längsschn. durch A Fig. 19. A Äufseres Fleisch, AV äufseres Leitbündel, / noch nicht differenzierte Stein- schicht und inneres Fleisch, Fig. 21, Z,integrifolia. Längsschnitt durch B Fig. 19. beide verschrumpft, N Nu- Erklärung wie in Fig. 20. AP’ Addiertes äufseres ceilus, B Leitbündel, Bündel, 7 Trennungslage, Winneres Fleisch, s Stein. Nach jeder Samenanlage läuft ein einziges Bündel des Sporo-. phylis; dieses teilt sich wie bei Z, muricata, nur mit dem Unterschied, dafs sechs Bündel in die äufsere fleischige Schicht laufen. 454 Diese. Bündel sind collateral; an der Basis sind einige, die etwas gebogen sind. Das innere System besteht aus vielen Zweigen, welche sehr fein sind, und welche nahe unter dem freien Scheitel des Nucellus auslaufen. Diese Bündel bestehen aus einer verschiedenen Anzahl kleiner Tracheiden und einigen kleinen Parenchymzellen. ' Eine Materialsendung dieser Art zeigt uns ein interessantes Beispiel der Abortion. Hier sind zwei verschieden ausgebildete Samenanlagen auf einem Fruchtblatt zu sehen (Fig. 19). Die eine A ist abortiert, die andere B gegenüber anscheinend nahezu reif. Im Längsschnitt zeigt A (Fig. 20) wenig Gewebedifferenzierung und ist ganz und gar verkümmert. Bei B aber (Fig. 21) sieht man eine grofse Entwicklung des äufseren Fleisches, welches aus weichen, wenig differenzierten Parenchymzellen mit Gummischläuchen und einfacher Epidermis besteht. Es enthält acht Gefälsbündel in einem Kreise und noch zwei aufsenliegende (vergl. Fig. 21 AV”). An der inneren Seite dieser Schicht liegt der Stein, welcher sehr klein, aber ganz verdickt und differenziert ist. Nach innen liegen das innere Fleisch und die Trennungslage, welche den ver- kümmerten Nucellus absondert, dadurch das Integument gegen schä- digende Einflüsse schützt und so das weitere Wachstum desselben ermöglicht. Zamia Skinneri (?). Die äufsere Gestalt”und die drei Integumentschichten sind wie bei den beschriebenen Arten dieser Gattung. Bei einer Material- sendung von abortierten Samenanlagen ist nur das Prothallium ver- kümmert; die Nucellusspitze dagegen ist ganz massiv und macht zu- weilen fast die Hälfte des ganzen Nucellus aus. Sie besteht aus weichem Parenchym, bedeckt mit einer Epidermis von längsgestreckten, aufsen cuticularisierten Zellen. Zuweilen ist ein Anfang einer Trennungs- lage zwischen Prothallium und Nucellus, aber sie ist nicht vollständig entwickelt. Ein einziges concentrisches oder gebogenes collaterales Bündel geht aus dem Sporophyll nach jeder Samenanlage. Gerade unter der Samenbasis teilt es sich wie bei Z. muricata. Jedes Bündel des äufseren Fleisches ist klein, einfach, collateral mit Centrifugalxylem und ein oder zwei centripetalen Tracheiden, welche etwas entfernt von den anderen liegen. Die Bündel des inneren Fleisches teilen sich mehrmals; jedes ist einfach und besteht aus 1—6 Tracheiden und einigen kleinen Parenchymzellen. 455 Worsdell[(1) pag.229] hat den Bündelverlauf nach den Samen- anlagen in noch einigen Fällen beschrieben. Bei Z. Loddigesii und Z. Leiboldii findet er, dafs nach jedem Samen ein einziges Bündel läuft. Über Z. Loddigesii schreibt er: „as seen in transverse section a bundle about to enter the sporangium has a curved contour, with very well developed centrifugal, and often a large amount of centri- petal xylem; the occurence of this latter is perhaps correlated with the evident tendeney of these bundles to revert to a concentrie struc- ture.* Bei Z, furfuracea und Z. Fischeri fand er, dafs mit dem Bündel noch ein Strang aus der Lamina nach jeder Samenanlage kommt. Bowenia. Bowenia 'spectabilis. Die Fruchtblätter sind einigermafsen denjenigen von Zamia ähn- lich und haben zwei radiosymmetrische, unbehaarte Samen. Das einzige Stadium, das ich untersucht habe, ist sehr klein und ohne Differenzierung der verschiedenen Lagen; aber das ganze Ge- webe, die Nucellusspitze und die Epidermis zeigen Zellkernteilungs- figuren. Das Prothallium ist mehr als 1 mm lang und hat die angrenzenden Zellen des Nucellus ein wenig zusammengeprelst. Der freie Scheitel des Nucellus ist massiv und beträgt fast N die Hälfte des ganzen Nucellus. Schon in diesem jungen Stadium ist der Anfang der Differenzierung der Zonen des Schnäbelchens zu sehen, indem die Zellen in der Mitte in ji, 22. Bowenia specta- mehreren senkrechten Reihen liegen, wäh- bilis. Schema des Bündel- rend die anderen Zellen mehr unregelmälsig verlaufs in der Samen- sind. anlage. Worsdell [(1) pag. 221] hat den Bündelverlauf beschrieben und sagt davon: „2 bundles branch off to the sporangium, each of these immediately before entering the latter may divide up inte 2 or 3°. Ich gebe eine Abbildung (Fig. 22) dieses Verlaufes der Bündel, und dort sieht man, dafs das zweite Bündel ein Nebenzweig eines Gefäls- bündels der Lamina ist. Entweder gerade unter den Samenanlagen oder in ihrer Basis teilen sich diese Bündel. Acht Zweige derselben gehen nach der äufseren fleischigen Schicht und eine gröfsere Anzahl geht nach dem inneren Fleisch. Diese letzteren aber konnten nicht verfolgt werden, 456 weil sie nicht weiter differenziert sind. Hier tritt die Differenzierung der inneren Bündel (wie bei Ceratozamia u. a.), später als die der äulseren ein. Die äufseren Bündel sind collateral und bis jetzt sehr wenig differenziert und enthalten nur je eine Tracheide. Diese Tracheide ist kurz, klein und netzförmig und unterscheidet sich von den langen, feinen, spiraligen, schwachnetzförmigen ersten Elementen des Sporophyll. Dioon. Dioon edule. Die grofsen blattähnlichen Fruchtblätter sind an der unteren Seite dicht mit sehr langen Haaren bedeckt; sie tragen seitlich zwei unbehaarte Samenan- lagen, welche aufeinem fast stielähnlichen Aus- wuchs des Sporophylis sitzen. Diese Samen sind radialsymmetrisch und haben eine deut- liche Mikropylpapille. Das Integument Fig. 28. ‚Dioon edule. Schema des Bündelverlaufs zeigt ganz früh die und der Samenbasis. o Äufseres Fleisch, s Stein- Differenzierung in drei zellenschicht, öinneres Fleisch, A Centralgefäfsstrang, Schichten. Die Epi- vo äufsere Gefäfsbündel, v; innere Gefäfsbündel, dermis besteht aus N Nebenzweig aus dem Laminabündel, welcher nur . . , . . kleinen, etwas vier- einen kleinen Teil des Samens versorgt. , ? . eckigen Zellen, mit einer äufseren dieken Wand, welche in der Nähe der Spitze des Samens und an der Mikropylpapille stärker verdickt ist. Das äufsere Fleisch besteht aus einigen Lagen kleiner Zellen, die unter der Epidermis liegen, und vielen, grofsen, undifferenzierten Parenchymzellen mit einer grofsen Anzahl von Gummischläuchen und Gerbstoffzellen. Bei meinem Material sind die Steinzellen, obgleich sie noch nicht verdickt sind, schon differenziert und die Steinschicht besitzt an der Basis eine Einstülpung (Fig 23). Das innere Fleisch und der Nucellus bestehen aus grolsen Pa- renchymzellen mit wenig Inhalt. Der freie Scheitel beträgt ein Drittel des ganzen Nucellus. 457 Das Prothallium hat cine dreieckige Vertiefung an der Spitze mit drei Archegonien. Van Tieghem [(}) pag. 271] bemerkt, dafs zwölf Bündel in das äufsere Fleisch laufen. Worsdell [(1) pag. 222] sagt, dals zwei Bündel aus dem Sporophyli nach jeder Samenanlage gehen, und dafs jedes dieser Bündel sich in drei Zweige teilt. Weil seine Ab- bildung dieses Verlaufes [(1) pl. XVII, Fig. 17] die Beziehung dieser Bündel zu den zwei Gefäfssystemen nicht genau anzeigt, füge ich Fig. 23 hinzu. Das in der Mitte verlaufende Bündel A, welches dem Centralstrang der Cycas entspricht, ist entweder concentrisch oder gebogen collateral mit vielem Centripetalxylem. Die äufseren Bündel teilen sich in einen Kreis von 11 oder 12 Bündeln, welche bei der Mykropyle auslaufen. Die äufseren Bündel sind collateral, mit äufserem Phloem, einer Gruppe von cen- trifugalen Tracheiden und einigen centripetalen Tracheiden, aber keiner differenzierten Scheide. Die inneren Bündel sind verhältnismäfsig grofs, collateral, ent- halten nur wenig äufseres Phloem und Centrifugalxylem und zuweilen einige centripetale Tracheiden. Bei abortierten Samenanlagen ist der Nucellus verkümmert, und eine Trennungslage entwickelt sich, wie bei anderen besprochenen Beispielen. Diese Lage hat einen unregelmäfsigen Ursprung in den inneren Zellen des inneren Fleisches und läuft manchmal um ein Bündel herum, so dafs es ganz abgesondert ist. Die inneren Zellen dieser Lage sind cuticularisiert, die äufseren Zellen behalten ihren Inhalt und Zellkern bei und gehen in die Parenchymzellen über. Ceratozamia. Die Fruchtblätter sind für diese Gattung ganz charakteristisch und gleichen denjenigen von Zamia, haben aber zwei Hörner oder Fiederrudimente, über deren Bedeutung schon von Goebel[(1) pag. 692 Fig. 466] geschrieben worden ist. Jedes Fruchtblatt hat zwei Samenanlagen, welche. mit vielen charakteristischen, schlauchförmigen Haaren bedeckt sind. Die Samenanlagen sind radialsymmetrisch und haben, wie Warming [(1) p. 5] schon bemerkt hat, 10—11 Bündel, welche in das äulsere Fleisch laufen, und ein inneres kompliziertes Gefäls- system (l. c. pl. III Fig. 24, pl. II Fig. 33). Nach jeder Samenanlage geht ein einziges Bündel des Sporo- phylis mit einem Nebenzweig der Bündel der Sporophyllamina. 458 Ceratozamia robusta. Das Integument zeigt sehr deutlich die drei Schichten. Beim ältesten Material, das ich untersucht habe (Samenanlage 10mm x 7mm), ist im Durchschnitt das äufsere Fleisch 0,7mm, der Stein 0,3mm, das innere Fleisch 1,0 mm. Die Epidermiszellen sind klein und regelmäfsig und denen von Zamia ähnlich. Das äufsere Fleisch besteht aus weichen Parenchym- zellen mit vielen Gummischläuchen, und das innere Fleisch ist ganz ähnlich, nur ohne Gummischläuche. Fig. 24, C. robusta. Schema des Bündelverlaufs Fig. 25. C,_robusta. Sche- im Längsschnitt. B Hauptbündel, A anhängender matischer Querschnitt durch Zweig aus der Lamina (o äufsere Bündel, © innere Samenanlagen (vergl, Fig. 24). Bündel, » Prothallium.) Die Mikropyle ist ungefähr kreisförmig, und kurz vor der Bildung der Pollenkammer hat sie einen Durchmesser von 0,lmm, Zu dieser Zeit (Samenanlagen 7x 4,5 mm) sind auch die Seiten des Nucellus nicht vollkommen zusammengeprelst. Der freie Scheitel des Nucellus ist massiv, aus Parenchymzellen gebildet und mit einer Epidermis von langgestreckten Zellen bedeckt. Das Gewebe der Spitze ist in drei Zonen differenziert; in einen un- teren Teil, wo die Zellen denen des Nucellus und des inneren Fleisches ähnlich sind; in einen oberen Teil, wo die Zellen viel inhalisreicher sind; und einen in der Mitte liegenden Strang von Zellen mit wenig Inhalt, welche etwas langgestreckt sind, und in denen zuerst die Bildung der Pollenkammer beginnt. Das Prothallium hat unmittel- bar vor der Bildung der Pollenkammer eine Gröfse von ungefähr 2x 1!/g mm. Nach jeder Samenanlage erstrecken sich ein Bündel aus dem Sporophyll (B Fig. 24) und ein Zweig des Laminabündels (A Fig. 24). 459 Von diesen zwei Bündeln teilt sich das erste vielfach und liefert die meisten Zweige des Samens; das zweite gibt nur zwei Bündel an das äufsere und 3—4 an das innere System ab (vergl. Fig. 24 u. 25 wo die Auszweigungen des Bündels A weifs sind). Die Bündel des äufseren Fleisches sind collateral, mit äufserem Phloem, kleinen Gruppen Centrifugalxylem und einigen Zellen Oentri- petalxylem. Die Bündel des inneren Systems sind collateral in derselben Richtung mit nur wenigen centripetalen Tracheiden, und sind ohne Scheide. Die Entwicklungsgeschichte bei C._longifolia ist von Treub (2) beschrieben, und ich fand, dals bei C. robusta die Details wesentlich dieselben sind. ” Die äufseren Bündel sind viel früher differenziert als die inneren, welche sogar noch unvollständig ausgebildet sind zu der Zeit, da die Pollenkammer entsteht. Ceratozamia Miqueliana. Im allgemeinen und in der inneren Struktur ist diese Art be- sonders C. robusta ähnlich. Der Bündelverlauf ist auch fast derselbe, nur liegen acht Bündel im äufseren Fleisch. Bei Samen, die bald reif sind, sind diese Bündel collateral mit kleinen Gruppen von centrifugalen und einigen centripetalen Tracheiden und keiner Scheide. In diesem Stadium sind die inneren Bündel zu sehen als Tra- cheidenstränge , linsenförmig im Querschnitt, welche zwischen dem zusammengeprelsten Nucellus und Integument liegen (vergl. Fig. 33). Ceratozamia americana. Die untersuchten Samenanlagen sind sehr jung, aber so weit eine Vergleichung möglich ist sind sie genau so, wie bei ©. miqueliana. Macrozamia. Die Fruchtblätter sind "etwas unregelmäfsig, raub, haben seit- liche Wucherungen, welche an der Samenbasis liegen, und eine lange Spitze von besonders hartem sclerenchymatischen Gewebe (Fig. 26). Die Samen und das Fruchtblatt sind ganz unbehaart. Die Samen- anlagen haben eine. sehr deutliche Mikropylpapille, welche bleibt, bis der Samen bald reif ist. Die Samen sind ursprünglich radial symmetrisch, aber sie sind etwas zusammengeprelst durch den physikalischen Druck, welcher das äufsere Fleisch sehr ungleich dick macht. Der. Stein ist viel regel- 460 mälsiger, aber obgleich die Samen zuerst ganz gerade sind, sind sie später etwas gebogen, so dafs bei reifen Samen der Stein asymmetrisch ist (vergl. Fig. 27), die innere Struktur ist aber ganz radial sym- metrisch, Die Basis der Verbindung des Samens mit dem Sporophyli ist sehr breit und die Leitbündel verzweigen sich unter dieser Basis vielfach. Macrozamia spiralis. Das Integument zeigt die drei Schiehten sehr deutlich, zuweilen ist das innere Fleisch dicker als das äufsere. Die Epidermiszellen sind denen der Cycasarten ähnlich, aber nicht ganz so lang gestreckt in radialer Richtung; ihre äufseren und radialen Wände sind sehr verdickt, besonders gegen die Spitze hin und auf der Mikropylpapille. Fig. 26. M, spiralis (l/mal vergr.) Fig. 27. M._spiralis (nat. Gr.) Der reife Profil des Fruchtblattes mit Samen, Stein, frei präpariert. F Leisten, die ohne Spitze des Sporophylis. W Seit- korrespondieren mit den Bündeln des liche Wucherung des Fruchtblattes, äufseren Fleisches, B Basis, S Spitze. M Mikropylpapille. Das äufsere Fleisch besteht aus Parenchym mit vielen Gummi- schläuchen und Gerbstoffzellen. Der Stein ist bei reifen Samen un- gefähr 2mm dick und sehr hart. Er zeigt nicht zwei regelmälsige Lagen, wie bei Oycas, aber besteht aus Strängen, welche in ver- schiedenen Richtungen laufen. Bei Samen, die fast reif sind (3>4cm), kann der Stein voll- ständig von dem Fleisch losgelöst werden und zeigt dann von aufsen eine Anzahl von gut entwickelten Leisten, welche von der Spitze zur Basis laufen. Diese 12 Leisten korrespondieren mit den 12 Gefäls- bündeln des äufseren Systems (vergl. Fig. 27). Sie entsprechen zwei ähnlichen Leisten bei COycas, welche man als Verbindungslinie der zwei Blätter erklärt hat; ich glaube aber, dafs sie ein ganz einfacher 461 Auswuchs des Steines gegen die Gefäfsbündel sind, weil sie in ver- schiedenen Arten mit den Gefäfsbündeln korrespondieren und in gleicher. Zahl vorkommen wie diese. Das innere Fleisch besteht aus undifferenziertem Parenchym mit vielen Gerbstoffzellen; dieses Gewebe ist in reifen Samen durch das Wachstum des Prothalliums zusammengeprefst. Der Nucellus hat einen radialen freien Scheitel, auf welchem die Pollenkammer steht, die auch radial symmetrisch ist und, wenn sie reif wird, in sehr regelmäfsiger Weise einschrumpft (vergl. Fig. 30). Das Prothallium hat eine Ver- tiefung an der Spitze, welche ge- wöhnlich kreisförmig ist und in welcher 3—6 Archegonien ent- wickelt sind. Die Archegonien sind grofs und haben immer nur zwei Halszellen. Nach jeder Samenanlage laufen drei Bündel des Sporophylis; diese teilen sich sehr oft und verzweigen Fig. 28. M, spiralis. Schema (etwas sich vielfach unter der Samenbasis., vereinfacht) des Bündelverlaufs, Die Verzweisungen sind sehr kom- Längsschnitt. o Aufsere Bündel des ıe sung , Samens, i innere Bündel des Samens, pliziert und verschiedene Bündel s Bündel des Sporophylie. treten in die Samenbasis ein. Dies ist schematisch gezeigt in Fig. 28. Hier können wir nicht zwischen einem „ÜCentralstrang“ und äufseren, System unterscheiden, weil die Verzweigung so kompliziert ist. In den Samen selbst aber laufen ganz regelmäflsig 12 oder 13 Bündel oder Bündelpaare, welche korrespondieren mit den Steinleisten. An der Spitze vereinigen sie sich in 9—10 Bündel, welche in die Mikropylpapille selbst eintreten und dort allmählich auslaufen. _ Das innere System bildet einen Kreis von Bündeln, welche unter dem freien Scheitel des Nucellus auslaufen. In der Basis zeigen Orientierung und Struktur der Bündel mancherlei Abweichungen, und viele der kleinen inneren Bündel sind ganz concentrisch. Die Bündel des äufseren Integuments sind collateral mit äulserem Phloem. Der gröfste Teil des Xylems ist centrifugal, aber in jedem Bündel sind auch centripetale Tracheiden, welche häufig gröfser als die centrifugalen Elemente sind. Die inneren Bündel sind in derselben Weise orientiert, nur mit weniger Phloem, und haben selten Centripetalxylem. 462 An der oberen Hälfte des Samens bestehen diese Bündel nur aus einigen Tracheiden und kleinen Parenchymzellen. Bei reifen Samen sind das innere Fleisch und der Nucellus zu einer faserigen Lage zusammengeprelst, in welcher nur. die Tracheiden- stränge ihre Struktur beibehalten. Macrozamia Preissü,. Diese Art ist in ihrem inneren Bau sehr ähnlich M. spiralis. Die innere fleischige Schicht und ihr Gefälssystem wurden von Heinzel schon bemerkt, aber er hat natürlich keine scharfe Grenze zwischen Integument und Nucellus gemacht. Er beschreibt sieben Lagen.) Der Nucellus und die Pollenkammer sind wie bei M. spiralis. Fünf oder sechs Archegonien liegen in einer Vertiefung an der Spitze des Prothalliums. Die Zellen der Archegonienscheide sind gut entwiekelt mit grolsen Zelikernen, welche zuweilen 4-6 sehr grofse, deutliche Nucleoli haben. Diese färben sich mit Flemming scher dreifacher Färbung in derselben Weise wie die Körperchen, die in der Oosphäre selbst liegen. Der Bündelverlauf ist wie bei M. spiralis, nur etwas komplizierter. Die Bündel des äufseren Fleisches sind collateral mit äufserem Phloem, Centrifugalxylem und grolsen etwas zerstreuten centripetalen Elementen. Die inneren Bündel haben äufseres Phloem, mehr Centrifugal- xylem als gewöhnlich bei diesem System ist, und auch eine oder mehrere centripetale Tracheiden bei einigen der Bündel. Encephalartos. Die Fruchtblätter dieser Gattung sind denen von Macrozamia etwas ähnlich, sie haben aber eine breite und nicht zugespitzte Lamina. Sie sind unbehaart, aber besonders rauh, diek und tragen viele sehr harte sclerenchymatische, gitterähnliche Spitzchen (Fig. 29). Die Samen sind ursprünglich radial, aber sie sind zusammengeprefst durch physikalischen Druck; zuweilen sind sie beinahe bilateral wie z. B. bei E. ‚horridus; ihr innerer Bau ist aber radial. Zuweilen 1) „Strata septem, si incipis ab externo transiens ad internum, haec sunt; 1. membrana epidermi similis, 2. stratum molle, carnosum aurantiacum, 3. stratum osseum exterius, 4. stratum osseum interius, 5. stratum vasorum, 6. membrana exterior, 7. membrana albida interior,“ 468 sind die seitlichen Wucherungen des Sporophylis besonders entwickelt und umhüllen die Samen in eigentümlicher Weise (vergl. Fig. 29). Bei den Arten dieser Gattung kann man nach dem inneren Bau zwei Gruppen unterscheiden; eine mit der gewöhnlichen Integumentbildung, die andere mit einer sehr eigentümlichen Entwicklung des äufseren Fleisches, welche im Zusammenhang mit einer besonderen Verzweigung der äufseren Bündel steht. Die basale Verbindung zwischen Samen und Sporophyll ist bei allen Arten sehr grofs und die Bündel- verzweigung der Basis ist sehr kom- Fig.29, E.Lehmanni(!/amalvergr.). pliziert. Fruchtblatt mit Samen. $ Frucht- blatt, Ss Stiel des Fruchtblattes, Wseitliche Wucherungdes Frucht- blattes, M Mikropyle des Samens, Encephalartos Hildebrandtiü. Bei Samen, welche 3%x1'/gcm Gröfse haben, sind die drei Schichten von folgender Dicke: äufseres Fleisch Imm, Stein 0,5 mm. Inneres Fleisch 1,85mm. An der Spitze des Steines, über der Pollen- kammer, liegt.eine Zone, welche viel dünner als anderswo ist. Auf der äufseren Seite des Steines sieht man kleine Leisten, welche mit den äufseren Gefäfsbündeln korrespondieren. Die Epidermis ist der von Macrozamia ähnlich. Das äufsere Fleisch besteht aus Parenchym, welches die Cellulosetüpfel sehr deutlich zeigt, und hat auch grofse Gummischläuche und viele, besonders grofse Gerbstoffzellen. ‚Die Steinzellen sind lang gestreckt und getüpfelt; sie liegen in der Längsrichtung und bei reifen Samen haben sie häufig Gerbstoffinhalt. Das innere Fleisch besteht aus Parenchymzellen, die nicht viel Inhalt haben, und enthält auch einige Gummischläuche und Gerb- stoffzellen. Der freie Scheitel des Nucellus ist kreisförmig und das Nucellus- schnäbelehen ist zuerst massiv, seine Zellen liegen beinahe parallel zur Oberfläche, seine Epidermiszellen sind etwas rundlich und häufig haben sie Gerbstoffinhalt. Bei reifen Samen, wo die Pollenkammer alt ist, schrumpft dieses Schnäbelchen zusammen und es entstehen ‚radiale Furchen (Fig. 30). Flora 1904. 31 464 An der Spitze des Prothalliums ist eine Vertiefung mit drei oder vier Archegonien, Zwei oder drei Bündel laufen nach. den Samenanlagen; diese verzweigen sich vielfach und anastomosieren unter der Samenbasis (Fig. 31). 11 Bündel treten in den Samen ein und laufen im äufseren Fleisch bis zur Mikropyle. Eine grofse Anzahl Bündel geht in das innere Fleisch, diese verzweigen sich und anastomosieren bis zum freien Scheitel des Nucellus. In der Basis selbst sind die Bündel in verschiedener Weise orientiert. Die Bündel des äufseren Systems sind klein, collateral, mit äufserem Phloem, einer kleinen Gruppe centrifugalen Tracheiden und etwas mehr Centripetalxylem (Fig. 32). IE Tr man Fig. 80. E. Hildebrandtii (31/3mal vergr.). Pollen- Fig.31. E. Hildebrandtü. Schema i kammer und freier Nucellus von aufsen. P Pol- des Bündelverlaufs i in der Samen- lenkammer, F freier Scheitel des Nucellus, R basis, Längsschnitt. o Bündel Trennungslinie von Integument und Nucellus, des äufseren Fieisches, © Bündel S Nucellus und inneres Fleisch zusammenge- des inneren Fleisches, s Bündel wachsen, mit Bündelendigungen. des Sporophylis, Die Bündel des inneren Fleisches sind gut entwickelt, collateral und haben äufseres Phloem, Centrifugalxylem und bei den gröfseren Bündeln einige Zellen Centripetalxylem. Die Bündel sind umhüllt von vielen kleinen Parenchymzellen, aber sie. sind ohne Scheide und Transfusiontracheiden. Bei reifen Samen, wo das innere Fleisch zu- sammengeprelst und strukturlos ist, behalten nur die Tracheiden- stränge ihre Form bei (Fig. 33). Encephalartos Barteri. Im grofsen und ganzen ist die Struktur dieser Art wie bei E. Hildebrandtiüi. In dem Bündel des äufseren Integuments auch ist das Centripetalxylem gröfser als das Centrifugalxylem. Eincephalartos Cafer. Die drei Schichten des Integuments sind, sowie auch die übrige Struktur und der Bündelverlauf, ähnlich wie bei den anderen be- 465 schriebenen Arten. In der Basis selbst sind die Bündel sehr unregel- mälsig; die zehn Bündel des äulseren Fleisches aber sind regelmäfsig, collateral und bestehen aus äulserem Phloem, etwas Centrifugalxylem und mehreren grofsen Centripetaltracheiden.- Die Bündel des inneren Systems sind zahlreich und grols; sie haben äufseres Phloem und Centrifugalxylem mit nur einigen Centripetalelementen. Fig. 32. E. Hildebrandtii, Bündel des äufseren Fleisches, Querschnitt. px Proto- xylem, pp Protophloem, cp Centripetalxylem, p Phloem, cf Centrifugalxylem, s Zellen des Fleisches. Encephalartos villosus. Die drei Integumentschichten sind wie bei den anderen Arten. Der Stein zeigt besonders deutlich die zehn Leisten, welche korrespon- dieren mit den zehn äufseren Bündeln. Diese Bündel liegen so nahe am Stein, dafs zuweilen nur eine einzige Parenchymzellage dazwischen kommt. Die Bündel sind collateral, mit etwas zerstreutem Xyleın, welches centrifugal und centri- petal ist. Fig. 33. E. Hildebrandtii. Zusammen- geprefster Nucellus und inneres Fleisch, Die inneren Bündel verteilen sich vielfach und laufen etwas unter dem freien Scheitel des Nu- cellus aus. Querschnitt. T Tracheidenstrang, N zusammengeprefster Nucellus, S inneres Fleisch, teilweiseauch zusammengeprefst, Drei bis vier Archegonien liegen in einer kreisförmigen Ver- - tiefung der Prothalliumspitze. Worsdell(1 pag.224) sagt, dals „The megasporangium receives 4—-5 bundles, some of which havea very distinet concentrie structure 81* 466 Fig. 20“. Ich finde, dafs diese Bündel ihren Ursprung aus drei Bün- deln des Sporophylis nehmen, welche sich unter der Samenbasis teilen, aber nicht in einer so komplizierten Weise wie bei E. Hildebrandti. Enncephalartos horridus. Diese Art unterscheidet sich von den anderen beschriebenen Arten durch ihr grofses Wachstum des Fleisches an der Spitze (Fig. 34). Die Mikropyle erreicht hier eine Länge von 10mm. Dafs dieses Wachstum nicht nur eine Wirkung der Reife ist, sieht man aus den Tatsachen, dafs bei dem hier gezeichneten Beispiel das Nucellusschnäbelchen ganz jung und frisch und die Pollenkammer noch nicht vollständig entwickelt ist. Das Integumentgewebe, ist wie früher beschrieben; die Gerb- stoffzellen sind aber etwas eigentümlich, sie sind grolse, unregel- mäfsige, zuweilen verzweigte Zellen mit dicken, verholzten, getüpfelten Wänden. Der freie Scheitel des Nucellus ist radial. Die Zellen des Nucellusschnäbel- chens sind im obern Teil inhaltreich; in einem centralen Strang aber, in dem die Pollenkammer anfängt, sind sie zart und ie. 34. E horridus. Sch inhaltsarm. ig. 34. E. horridus. Schema- Zehn Bündel tischer Längsschnitt durch den . . laufen m äulseren oberen Teil der Samenanlagen. Fleisch ohne Teilung bis zu der dicken, M Mikropyle, N Nucellus, 0 fleischigen Spitze, wo sie sich verzweigen. äufseres Fleisch, SSteinzellen- Die Zweige liegen parallel zur Mikropyle schicht, G Bündel des äufseren „nd laufen von der Mitte aus nach oben Fleisches, P Nucellusschnäbel- . chen mit Anfang der Pollen- und unten (vergl. Fig. 34 c). kammer, i inneres Fleisch. Im einfachsten Fall ist die Struktur der Bündel des äufseren Fleisches colla- teral, mit äufserem Phloem und Centrifugalxylem und einer relativ grolsen Anzahl von centripetalen Tracheiden. Man findet aber kleine Xylemstränge oder vollständige Leitbündel aufserhalb des Phloems. Diese entfernen sich zuweilen, so dafs wir zwei bestimmte Bündel haben, die mit dem Phloem gegeneinander orientiert sind und ziem- lich weit voneinander liegen. Die inneren Gefäfsbündel in der Basis sind collateral, haben äulseres Phloem, Centrifugalxylem und zuweilen einige Zellen Cen- tripetalxylem. Weiter oben bestehen sie nur aus Tracheiden und kleinen Parenchymazellen. 467 Encephalartos Altensteinü. Diese Art ist sehr ähnlich E. horridus; sie ist nur etwas kom- plizierter und das obere Fleisch ist so dick, dafs die Mikropyle 17mm lang ist. Die Integumentschichten sind überall ganz normal, nur im oberen Teil erreicht das äufsere Fleisch diese ganz aufserordentliche Dicke (vergl. Fig. 35). Dieser Dicke des Fleisches entspricht ein un- gewöhnlich komplizierter Verlauf der äufseren Bündel (vergl. Fig. 36). Die Gewebe, Gerbstoffzellen und die allgemeine Struktur sind wie bei E. horridus. In dem äufseren Fleisch sind 11 Bündel, welche korrespondieren mit den Leisten des Steines. In dem dicken Teil des Fleisches ver- Fig. 86. E. Altensteinäi. Schema- tischer Längsschnitt durch den oberen Teil der Samenanlagen. M Mikropyle, O äufseres Fleisch, G Bündel des äufseren Fleisches, Fig. 35. E, Altensteinii (nat. Gr). A Der I inneres Fleischh N Nucellus, ganze Samen von aufsen, B Stein desselben, S Steinzellenschicht, P Nucellus- frei präpariert (d Basis, / Leisten des Steines, schnäbelehen mit Anfang der m Mikropylpapille). Pollenkammer. zweigen sich die Bündel vielmals; die kleineren von diesen Zweigen bestehen nur aus unregelmäfsigen netzförmigen Tracheidensträngen. Bis zu der Höhe der Spitze des Steines sind die Bündel des äufseren Fleisches collateral, mit äufserem Phloem, Centrifugalxylem und vielen grofsen, centripetalen Tracheiden. Die Bündel des inneren Systems verzweigen sich vielfach und laufen unter dem freien Scheitel des Nucellus aus. Das Xylem jedes Stranges besteht aus 3—20 Tracheiden, welche centrifugal sind, aus- genommen einige grolse centripetale Elemente. 468 Zusammenfassung und Diskussion der Resultate. Eines der Resultate dieser Untersuchung ist der Beweis, dafs das Integument viel komplizierter ist, als es gewöhnlich beschrieben wird. Die am häufigsten vertretene Ansicht ist die, dafs es einfach sei und aus zwei Schichten, einer äufseren fleischigen und einer inneren, von holziger Beschaffenheit bestehe. Diese Ansicht ist besonders nach- drücklich von Miquel ausgesprochen worden, und sein Einflufs ist wahrscheinlich die Ursache für die häufige Wiederkehr dieser Struk- turbeschreibung in der Literatur geworden. Miquel hat sehr oft auf die doppelte Struktur des Cycadeeninteguments aufmerksam ge- macht und trotzdem behauptet, dafs nur ein einziges Integument vor- handen sei. Er sagt [(4) pag. 9]: „Structura integumenti peculiaris est... . Inde ab initio oflert: 1. Stratum externum carnosum cellulis parenchymaticis regularibus conflatum, ... . 2. Stratum secundum, ligneum vel osseo-ligneum cellulis parenchymaticis et elongatis com- positum, materia deposita inde a prima origine lignescentibus“, Warming [(l) pag. 5] aber sagt ganz deutlich: „L’enveloppe seminale se compose‘ de 3 couches* und er folgert: „La couche interieure (fig. 22, 23 pl. II, 14, pl. III) est parenchymateuse et munie de faisceaux vasculaires anastomoses qui en occupent les ?]s inferieurs*. Er legt aber kein Gewicht auf die Unterscheidung zwischen dieser Lage und dem Nucellus, weil er weiter sagt: „elle se compose elle möme de deux couches, qui, en bas, sont s&pardes par le plan qu’occupent les faisceaux vasculaires et, en haut, sont entierement distinctes, quoique de m&me nature, & savoir la couche interne du tögument (III fig. 14) et la paroi du nucelle qui enveloppe l’endosperme avec l’embryon‘. Lang [(2) pag. 286) sagt ganz einfach, dafs in den jungen Samenanlagen der Stangeria paradoxa zur Bestäubungszeit die drei Lagen des Integuments zu sehen sind, obgleich die in der Mitte liegende Steinlage noch nicht verdickt ist. Im allgemeinen aber ist die innere Lage übersehen worden [vergl. Eichler (1), Goebel (2), Van Tieghem (l), Worsdell (2), Coulter and Chamberlain (I) u. a.]. Die fast reifen Samen von Cycas circinalis zeigen vielleicht am deutlichsten die verschiedenen Lagen des Integuments, weil hier das innere Fleisch so dick ist. Es erreicht eine Dicke von 4—5mm, obgleich die Steinzellenschicht differenziert und fest ist. Dieses innere Fleisch ist bei allen untersuchten Cycadeenarten zu finden, wie ich beschrieben habe, und nicht selten erreicht es einen gröfseren Durch- messer, als das äufsere, Seine schliefsliche Zusammenpressung in 469 vielen reifen Samen ist vielleicht die Ursache, dafs es so oft über- sehen worden ist. In den meisten Fällen aber ist es nicht schwer zu finden, und zuweilen bleibt es noch frisch und nicht zusammen- geschrumpft bei Samen, die fast reif sind, wie z. B. bei C. circinalis und Macrozamia spiralis. Über die Wichtigkeit dieser Lage können wir nicht sprechen, ehe wir die Beschaffenheit der Bündel, die sie durchlaufen, näher betrachtet haben. Das innere Gefäfssystem ist seit langer Zeit schon bekannt und ist oft für viele verschiedene Arten abgebildet. Die früheren Verfasser haben keinen Unterschied zwischen Integument und Nucellus gemacht, aber sie sprechen im allgemeinen von ver- schiedenen „Membrana“ der Samen. Im Jahre 1868 vergleicht Gris [(1) pag. 12] diese Gefäfsbündel bei Zamia und Cycas mit denen bei Rieinus, von denen er glaubt, dafs sie zu dem Nucellus gehören. Miquel [(4) pag. 11] hat diese Frage bestimmt erörtert und er kam zu dem Schlufs, dafs sie zum Nucellus gehören. Er sagt [(4) pag.11]: „Comme ces vaisseaux perforent le t6gument et sont sitües entre lui et la partie accrue du nucelle, il ne semble pas qu’on puisse les regarder comme appartenant au tegument.“ Warming macht (zitiert oben pag. 468) keine bestimmte Be- merkung über ihre Entstehung. Nach Bertrand (pag. 63) „Le systeme vasculaire interieur, se distribue dans la region commune au tegument et au nucelle, en de- dans de la coque ligneuse qu’il traverse & la base.“ Renault [(1) pag. 39] sagt: „Le systeme interieure apres avoir pendtr6 dans le noyau se distribue & la base du nucelle qu’il embrasse en s’irradiant dans la region oü ce dernier est soude au tegument, mais ne s’eleve pas au delä.* Van Tieghem [(2) pag. 927] spricht von dem Integument und sagt, dafs es zwei Bündelsysteme hat, aber er macht es nicht ganz klar, wo sie verlaufen. Oliver (1) spricht von einem „Nucellarsystem*, obgleich er kürzlich bemerkt hat [(2) pag. 394), dafs sie wirklich zu dem Integument gehören müssen; zu diesem Schlufs kommt er durch vergleichende Studium der fossilen Formen. Durch meine Untersuchungen an Material in allen Stadien ist es ganz bestimmt erwiesen, dafs diese Bündel nicht im Nucellus und nicht auf der Grenze zwischen Integument und Nucellus liegen, sondern innerhalb der inneren fleischigen Lage des Integuments. Am deut- lichsten kann man das bei CO. circinalis sehen, wo zwischen den Ge- % 470 fälsbündeln und dem Nucellus eine 2imm dicke Schicht des inneren Fleisches vorhanden ist. Einen weiteren Beweis sieht man in dem Fall von Z, obligqua (vergl. Fig. 18), wo bei abortierten Samen die Trennungslage ihren Ursprung innerhalb der Bündel und in dem inneren Fleisch nimmt und von der Samenbasis zur Samenspitze ver- läuft. Sie kann deshalb nicht zu dem Nucellus gehören, weil sie im Integument über den freien Scheitel des Nucellus hinaufreicht. Die Bündel, die aufserhalb liegen, müssen daher auch zu dem Integument gehören. Um seine Ansicht zu bekräftigen, hat Miquel die Behauptung aufgestellt, dafs diese Bündel immer auslaufen bevor sie den freien Scheitel des Nucellus erreichen. Ich finde aber, dafs, obgleich das im allgemeinen richtig ist, es auch vorkommt, dafs einige Bündel weiterlaufen und im inneren Fleisch bis fast zur Mikropyle gehen, “wie es schon bei C. circinalis und C. media oben beschrieben ist. “ Diese Tatsachen beweisen ganz klar, dafs das innere Gefäfs- bündelsystem zu dem inneren Fleisch gehört und nicht zu dem Nu- cellus, der bei allen lebenden Cycadeen und ihren fossilen Verwandten!) absolut ohne Gefäfsbündel ist. Die Struktur und Orientierung dieser Bündel ist gleichfalls wichtig und verdient einige Betrachtung. Bei allen den untersuchten Samen sind diese Bündel sehr ähnlich und einfach. Die gröfseren Stränge bestehen aus collateralen Leitbündeln ohne differen- zierte Scheide, das Phloem ist gewöhnlich gar nicht stark entwickelt und wird mit dem kleinzelligen parenchymatischen Gewebe sehr früh- zeitig zusammengeprefst. Die Tracheidenstränge sind linsenförmig im Querschnitt. Der gröfste Teil der Tracheiden ist centrifugal; zu- weilen jedoch sind einige Zellen von Centripetalxylem zu sehen, aber es ist oft schwer zu sagen, wo gerade das echte Protoxylem liegt, weil es gewöhnlich ganz so ausgebildet ist wie die späteren Xylem- elemente, nur kleiner. Im ganzen liegen diese kleinen Tracheiden auf der inneren Seite der Leitbündel, welche daher endarch sind. Wenn die inneren Gewebe durch das Wachstum des Prothalliums zusammengeprefst sind, liegen diese Bündel nur zwischen zwei Mem- branen. Sie haben dann (im Querschnitt) eine offenbare Ähnlichkeit mit denjenigen von Lagenostoma. 1) Der Cordaiteensamen, Stephanospermum, hat eine gut entwickelte Tracheiden- scheide um den Nucellus herum, Es wird aber angenommen, dafs dieser Samen nicht in phylogenetischer Verwandtschaft zu den Oycadeen steht, Vergl. Oliver (2). arl Diese Bündel sind im einfachsten Falle die Verzweigungen eines einzigen Centralleitbündels; nur einige Zweige anderen Ursprungs kommen aus dem Seitenbündel hinzu. Die Struktur dieses Centralstranges (besonders bei Oycas selbst) ist concentrisch oder fast concentrisch, in den Fällen, wo die Basal- verzweigung komplizierter ist, findet man einige kleine concentrische Stränge an der Basis. Die Bündel des äufseren Fleisches. Mit Ausnahme komplizierter Fälle, wie sie C. Beddomi u. a. zeigen, finden wir, dals die Bündel des äufseren Systems collateral sind, mit äufserem Phloem und innerem Xylem, welches mesarch ist und gewöhnlich aus relativ gleichen Mengen Centripetal- und Centrifugaltracheiden besteht. Wo die Samen sehr klein sind, sind nur zwei oder drei centripetäle Tracheiden, aber im allgemeinen sind die Bündel deutlich „mesarch*. Diese Bündel nehmen collaterale Struktur an, wo sie aus dem Centralstrang ausbiegen, welcher häufig concentrisch oder fast con- centrisch ist. Es ist jetzt unzweifelhaft, dafs die fossile Lagenostoma, aus der Karbonzeit, ein Samen ist, welcher eine Verwandtschaft mit den lebenden Cycadeen hat: dagegen ist es nicht notwendig, eine direkte phylo- genetische Verbindung anzunehmen. Obgleich Lagenostoma etwas eigenartig ist, war es doch der Samen einer Pflanze, die einem Farnkraut so ähnlich war, dafs sie sehr lange Zeit als ein Farn angesehen wurde. Ihr Samen muls daher dem gemeinsamen Ursprung der lebenden Cycadeen näher liegen. Bevor wir die zwei Samentypen vergleichen können, müssen wir zuerst die notwendigsten Tatsachen bei Lagenostoma hier anführen. Der Samen zeigt den Cycadeentypus; er hat ein wirkliches einfaches Integument ohne Differenzierung in Fleisch und Stein, Er ist umhüllt von einer „Cupula ähnlichen“ Umhüllung, welche mit dem Integument nicht zusammengewachsen ist, aber vollständig den jungen Samen umhüllt. Das Gefäfssystem, das nach dem Samen führt, besteht aus einem centralen Leitbündel, welches concentrisch und mesarch ist; dieses gibt neun Zweige an die „Cupula“ ab, welche in einem Kreise angeordnet, collateral, mesarch und mit äufserem Phloem versehen sind. Der Centralstrang setzt sich nach dem Samen fort und dort teilt er sich in neun Bündel in einem Kreise geordnet, welche in das Integument laufen. Diese Bündel bestehen aus Strängen von Centri- fugalxylem, mit nur wenigen centripetalen Tracheiden. 472 Leider hat sich das Phloem nicht erhalten; aber ich glaube es wird nicht unrichtig sein, wenn wir annchmen, dafs es auch bei diesem Samen aulserhalb des Xylems liegt, und zwar deshalb, weil bei diesem Samen nur ein System von Gefäfsbündeln sich findet, und dies die natürliche Orientierung in diesem Fall ist. Dann sehen wir auch bei den Oycadeen, dafs das Phloem dort entwickelt ist, aber sehr bald zusammengeprefst wird, so dafs die Bündel ganz wie bei „Lagenostoma aussehen. Gehen wir nun zur Betrachtung der Beschaffenheit des Cycadeen- integuments über. Wie ich schon bemerkt habe, zeigt das innere Fleisch ein wohl entwickeltes Gefäfssystem. Diese Schicht und ihre Gefäfsbündel haben durch alle Cycadeenarten hindurch den gleichen Charakter. Die Steinzellenschicht ist viel unregelmäfsiger entwickelt und geht allmählich in das äufsere Fleisch über. Die Differenzierung be- ginnt in der innersten Lage gegen das innere Fleisch und verbreitet sich nach aufsen. Zuweilen ist die Steinzellschicht sehr wenig ent- wickelt wie bei Zamia muricata, oder sie ist sehr dick und kompliziert wie bei..C, _Beddomii. Die Steinzellenschicht und das äufsere Fleisch können deshalb als ein einziges Gewebesystem betrachtet werden. In diesem Gewebesystem verläuft auch ein Kreis von Gefäls- bündeln, welche verschieden von den inneren Bündeln sind, wie oben beschrieben. Vergleichen wir nun diese Verhältnisse mit denjenigen von Lagenostoma. "Bei Lagenostoma haben wir einen Samen mit einem einfachen Integument, das von „endarchen“ collateralen Leitbündeln durchzogen ist, welche ihren Ursprung von einem centralen, concentrischen Central- bündelnehmen. Der Samen ist umhüllt von einer getrennten fleischigen Umhüllung, welche von „mesarchen“ Bündeln durchzogen ist, die aus dem centralen, eoncentrischen Strang unten auszweigen. D) Bei Cycadeen haben wir Samen mit einer inneren einfachen Integumentsschicht, die von „endarchen“, collateralen Leitbündeln ‚durchzogen ist, welche ihren Ursprung nehmen aus einem centralen, concentrischen Centralbündel. Die innere Schicht ist umhüllt von einer zusammengewachsenen, fleischigen und steinigen Umhüllung, 1) Oliver und Scott, 3. Einige Details, die nicht in dieser Arbeit ent- halten sind, aber bald in Phil. Trans. of Royal Society veröffentlicht werden, ver- danke ich Prof. Oliver. j 478 welche von „mesarchen“ Bündeln durchzogen ist, die aus dem cen- tralen, gewöhnlich concentrischen Strang unten auszweigen. Dies ist rein schematisch dargestellt in Fig. 37. Mithin stimmt die Struktur von Lagenostoma und die der Cycadeen fast in allen diesen Punkten überein. Sie unterscheiden sich nur dadurch, dafs die beiden Umbhüllungen bei Lagenostoma frei von- einander sind, bei Cycadeen dagegen verwachsen. Dieser Unterschied aber fällt offenbar nicht so schwer ins Gewicht wie die vielen Tat- sachen, welche die Ähnlichkeit der beiden offenbaren. - In der Figur ist Cycas [mit Weglassung der zwei Nebenstränge (Fig. 1:)] als Typus der Cycadeen gebraucht, weil sie am deutlichsten Fig. 37. Rein schematische Darstellung der Samen von Cycas und Lagenostoma zum Vergleich. L_Lagenostome, C Cycas (A innere Gefäfsbündel, die das Resultat derVerzweigung des Centralstranges c sind, B äufsere Gefäfsbündel, 0’ Zweige, die unter der Basis auslaufen bei Cycas, und korrespondieren mit den Zweigen O bei Lagenostoma, die weitergehen. die Bündelanordnung zeigt. Bei Zamia sehen wir wirklich dieselbe Struktur, nur dafs die zwei Bündelserien von derselben Stelle aus- laufen und daher nicht so geeignet zum Vergleich mit den fossilen sind. Dioon ist gleich wie Cycas, mit Hinzufügung eines Zweiges des Sporophylis (vergl. Fig. 23), und bei Ceratozamia, Macrozamia und Encephalartos sehen wir verschiedene Stadien einer immer kompli- zierter werdenden Ausbildung. Dafs die äufsere fleischige Scheide bei_Lagenostoma wirklich ‘ ganz dasselbe ist wie das äufsere Fleisch der Cycadeen, ist natürlich nicht meine Meinung. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, 474 dafs wir in Lagenostoma einen Samen haben, welcher nahe dem gemeinsamen "Ursprung der Gruppe liegt, und das kann uns daher vielleicht eine Wegleitung geben. Hier hat der Nucellus zwei bestimmte Umhüllungen und diese haben eine Ähnlichkeit mit den zwei bestimmten Teilen der einzigen Umhüllung des Cycadeensamens. Es ist daher zu vermuten, dafs diese zwei Teile des Cycadeen- integuments zwei ursprüngliche Umhüllungen vorstellen, welche ganz ‘verwachsen sind. Wenn dies der Fall ist, dann repräsentiert bei den Cyeadeen das „einfache Integument“ zwei Integumente, Deshalb würden die Cyeadeen mit Celakovskys allgemeiner Annahme übereinstimmen. Der Versuch, diese Übereinstimmung zu finden, ist schon oft gemacht worden. Goebel [(1) pag. 786] sagt in einer Besprechung über die Beschaffenheit des Integuments: „Es sei auch an die bei Cycadeen unterhalb der Samenanlagen auftretende Wucherung erinnert (W. Fig. 522 Cratozamia), welche sicher dem Fruchtblatt angehört und gewissermalsen als Ansatz zu einem zweiten Integument be- 'trachtet werden könnte“. Sie sind noch stärker entwickelt bei Macrozamia und Encephalartos (vergl. meine Fig. 26 W und Fig. 29 W), aber wie Goebel sagt, gehören sie sicher dem Fruchtblatt an, sie haben keine Beziehung zu den Samenanlagen selbst. Kürzlich haben Coulter und Chamberlain [(l) pag. 32] bemerkt: „The Testa (of Cycads) develops from the thick integument in two layers, the outer fleshy and the inner stony ... these two very distinet layers of the testa may represent two integuments which have become merged into what appears to be a single very thiek inte- gument“ und weiter (pag. 159): „The outer fleshy and inner bony layers may be regarded as representing two integuments structurally, which have become connate“. Dafs diese Ansicht, wie es jetzt steht, nicht richtig sein kann, ist schon bewiesen durch die Tatsache, dafs sie das innere Fleisch ganz übersehen haben, und auch dadurch, dafs das äufsere Fleisch und der Stein, welche wirklich nicht so scharf zu unterscheiden sind, als zwei separate Sachen angenommen wurden. Wenn man statt: „outer fleshy and inner bony“ die Worte: „outer flesh and stone, and inner flesh“ setzt, dann glaube ich, dafs die An- sicht ganz annehmbar wird. j Worsdell (2) kam bei Oephalotaxus zu dem Schlusse, dafs das äufsere Fleisch ein zweites Integument sei. Seine Folgerung ist aber eine ganz andere als die jetzt gegebene; die morphologische Beschaffenheit des äufseren Integuments ist nach seiner Auffassung 475 die einer hypothetischen Ligula. Er findet bei Cephalotaxus in dem "äufseren Fleisch zwei entgegengesetzt orientierte Bündel, jedes mit Centripetalxylem. Seine Schlüsse sind (pag. 318): „1. That Cepha- lotaxus is the most primitive of the Coniferae. 2. That this forms in some measure a connecting link between the Üycadaceae and Coniferae“. Mit der zweiten Schlufsfolgerung allein wollen wir uns beschäftigen. Sie ist wohl möglich ; aber zur Erklärung der Bündel- struktur ist es nicht notwendig, wie Worsdell es tut, die ideale Orientierung einer hypothetischen Ligula zu benutzen. Wie ich schon bemerkt habe, haben die Bündel der COycadeensamen gewöhnlich centripetale Elemente; man findet auch doppelte Stränge, welche aus zwei entgegengesetzt orientierten Bündeln bestehen, wie bei En- cephalartos horridus, Oycas Beddomüi u. a. Bei E. horridus sind diese zwei Bündel ferner zuweilen etwas getrennt und liegen ziemlich weit voneinander. Ein solches Beispiel, wie E.horridus, zu erklären durch die Einführung einer Ligula wird natürlich ganz überflüssig. Es erscheint einfacher, auch bei Cephalotaxus in den beiden Bündeln nur einen Fall wie bei E. horridus zu sehen. Die Tatsache, dafs die Integumente der Oycadeen sich nur aus einer einfachen Anlage entwickeln, könnte vielleicht gegen meine Ansicht ins Feld geführt werden. Wir kennen aber viele Fälle [vergl. Goebel (1) pag. 787], wo bei Angiospermen sehr nahe ver- wandte Arten sich finden, von denen die einen zwei, die anderen nur ein Integument besitzen. Im letzteren Fall „kann man das Integument hier also als aus zwei ‚verwachsen‘ betrachten, die Erscheinung ist eine ähnliche wie bei der Entstehung einer sympetalen Korolle“; wie auch van Tieghem [(4) pag. 213] sagt: „les deux familles (Rosa- c&es et Ranonculacees) sont done incontestablement des Crassinucellees bitegumindes, mais avec cette eirconstance que les deux teguments y sont souvent unis par conerescence, dans une tendue variable, de maniöre & simuler un t&gument unique“. Bei den Oycadeen glaube ich, dafs wir in ihrem komplizierten Integument die Stellvertretung der zwei Integumente, welche „verwachsen“ sind „de maniere’& simuler un tegument unique“, finden. Es darf auch nicht vergessen werden, dafs die Entwicklungs- geschichte von nur sehr wenigen Arten bis jetzt untersucht ist. Es ist schon möglich, dafs später bei den Anlagen einiger Gattungen das Integument an der Spitze geteilt gefunden werden wird. Weitere Tatsachen über das Integument. Die Tat- sachen, dafs concentrische und mesarche collaterale Gefäfsbündel in 476 den Samenanlagen so vieler Arten gefunden werden, ist von Interesse im Vergleich mit denen, die von Scott (1) und Worsdell (1) in Fruchtstiel und Fruchtblättern beobachtet wurden. Der kompliziertere Bau des Integuments, besonders an der Spitze, ist nur nebensächlich, aber er zeigt, dafs die Einfachheit des „ein- fachen Integuments“ etwas übertrieben wurde. Die Mikropyle. Webber [(1) pag. 20] sagt, Em bei Zamia floridana die Mikropyle der Samenanlagen kurz vor der Be- stäubungszeit eine Länge von 3mm von aufsen bis zur Nucellus- spitze erreicht. Leider weils ich nicht bestimmt, ob das Material von Ence- phalartos horridus, das ich untersucht habe, zur Bestäubungszeit ge- sammelt wurde oder nicht. Ich fand aber, dafs die Nucellusspitze frisch und die Pollenkammer nicht ganz fertig war, daraus schliefse ich, dafs die Samenanlagen etwa zur Bestäubungszeit gesammelt waren. Hier war die Länge von aufsen bis zur Nucellusspitze 13mm, eine Länge, die erstaunlich grols erscheint. Im allgemeinen ist die Mikropyle ein einfaches, ziemlich kreis- förmiges Röhrchen. Die umgebenden Gewebe haben eine gut euticularisirte Epidermis und sind oft sehr reich an Gerbstoffzellen. Die Epidermis kleidet auch das Mikropylarröhrchen aus und ist zu- weilen sehr früh euticularisiert. Keines dieser Gewebe hat den Cha- rakter eines Sekretionsgewebes. Der Zeitpunkt für die Bildung der Pollenkammer. Webber [(1) pag. 21) sagt: „At the time of pollination in Ja- nuary the prothallus forms a spherical mass of soft, watery, rapidly developing tissues in the middle of the nucellus which still comprises a considerable thickness of tissue on each side.“ Aus seiner Abbildung sieht man, dafs das Prothallium eine Gröfse von ungefähr 1!/;mm erreicht hat (bei Zamia floridana) und Lang [(2) pag. 286] sagt, dafs zur Bestäubungszeit der Stangeria paradoxa der Embryosack ganz von Prothalliumgewebe angefüllt ist, welches nach seiner Abbildung fast 83mm lang sein mufs. Ich fand bei Ceratozamia robusta, dafs das Prothallium unmittel- bar vor der Pollenkammerbildung 2mm lang ist. Die Samenanlagen sind in diesen Fällen natürlich ziemlich grofs. Webber sagt, dafs in diesem Stadium die Mikropyle bei Z. Roridana 3mm lang ist, und wie ich fand, ist die von E._horridus % 477 noch gröfser. Webber fährt aber fort [(1) pag. 20]: „In Ginkgo and Cycas the pollen must passthrough a similar long and narrow mikropyle.“ Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Professor Fujii habe ich japanisches Material von Ginkgo bekommen, welches gerade zur Bestäubungszeit fixiert worden war. In diesem Stadium ist die Pollenkammer schon entwickelt. Die Samenanlagen sind nur 1!/smm lang und haben gar kein Prothallium, sondern die Embryosackmutterzelle teilt sich noch. Die Nucellusspitze ist aus einfachem Gewebe gebildet. Es verhält sich hier also ganz .anders wie bei Cycadeen. Die Beschreibung von Seward und Gowan [(l) pag. 122] ist nicht ganz genau; sie sagen: „a large pollenchamber (p. c. fig. 47) occupies the apex of the nucellus, and immediately below this two or more Archegonia are developed ad the summit of the Embryosac.“ Sie sagen zwar, dafs „in fig. 47 the embryosac is respresented at c in an early stage of development“, aber gleich darauf fahren sie fort: „at a later stage, after the pollen grains have entered the pollen chamber. ... .“ So schliefst man natürlich daraus, dafs die Pollen- kammer schon grofs ist und die Archegonien entwickelt sind, bevor Bestäubung stattfindet. Strasburger [(1) pag. 17] sagt auch: „Die Pollenkörner gelangen wie bei Cycadeen in eine wohlentwickelte Pollenkammer.“ Hirase (1) macht keine Angabe über die relative Entwieklung des Prothhlliums und der Mikropyle zu dieser Zeit, aber man kann aus seinen Figuren (fig. 31 pl. IX) sehen, dafs sie sehr klein gewesen sein müssen, Die Tatsachen aber, die ich oben angeführt habe, zeigen deutlich; dafs die Pollen bei Ginkgo nicht durch eine lange Mikropyle wie bei Cycas zu laufen haben. Bezüglich dieser Verhältnisse ist Ginkgo weniger den Oycadeen ähn-. lich als den Coniferen, wo die Samenanlagen sehr früh bestäubt werden. Eine so lange Mikropyle und so späte Bestäubung scheinen also nur bei Cycadeen vorzukommen und isolieren sie noch weiter von den anderen Phanerogamen.. Der Nucellus ist im allgemeinen in seinem unteren Teil mit dem inneren Fleisch vollständig zusammengewachsen. Oben aber, wo das Schnäbelchen, in welchem die Pollenkammer entwickelt ist, sich befindet, liegt er immer frei von dem Integument. Bei jungen Stadien des Samens ist dieses Schnäbelchen nur eine Verlängerung des Nu- cellusgewebes, wie man aus der Abbildung von Treub [(1) pl. VD) u. a. sieht. Bei reifen Samen ist. die Pollenkammer ganz trocken 478 und geschrumpft: (vergl. Fig. 30); sie ist besonders regelmäfsig zu- sammengezogen in radiale Furchen, und die Regelmäfsigkeit und Symmetrie dieses Baues ist ganz charakteristisch für alle Gattungen, die ich untersucht habe. Der bei Lang [(2) pl. XVII Fig. 23 und 24) abgebildete Fall von Stangeria paradoxa ist nicht charakteristisch für die normale Entwicklung der anderen Gattungen. Das lehrreichste Stadium dieses Baues ist dasjenige gerade vor der Bildung der Pollenkammer. Keine Abbildung oder Beschreibung dieses Stadiums scheint veröffentlicht zu sein. Die Abbildung eines etwas späteren Stadiums von Webber gibt die meisten Details. Er sagt: „Shorty before pollination the tissue at the apex of the nucellus was found to lie solid just to the point; but just before or during pollination a cavity, the Pollenchamber for the reception..of the pollen, is formed in the apex by the breaking down of the tissue (fig. 5).“ Die Ab- bildung zeigt, dafs das Gewebe neben der Pollenkammer durchwegs aus gewöhnlichen parenchymatischen Zellen, mit einer nicht sehr stark differenzierten Epidermis besteht. Die Centralzellen sind ver- schwunden und darunter liegen einige Zellen, die in senkrechter Richtung etwas gestreckt sind. Bei Cycas Rumphi, Ceratozamia robusta u. a. fand ich, dals das massive Schnäbelchen vor der Bildung der Pollenkammer eine bestimmte Differenzierung in drei Regionen zeigt. Bei den oberen in der Mitte liegenden, zarten, inhaltsarmen, langgestreckten Zellen fängt die Pollenkammer an. Lang [(2) pag. 287] bemerkt für S. paradoxa, dafs zwischen der Basis der Pollenkammer und der Prothalliumspitze liegt „a strand of more elongated cells“. Er hatte aber nicht Gelegenheit, die Struktur vor der Bildung der Kammer zu studieren, Die Zellen, welche am oberen Teil des Schnäbelchens liegen, sind inhaltsreich mit dunkelm, körnigem Protoplasma; sie scheinen wohl die Möglichkeit zu haben, ein „mucilaginous stigmatie fluid“ abzusondern. Ob die Flüssigkeit hierher stammt, kann nicht bestimmt gesagt werden ohne Experimente an lebendem Material. Die Tropfen aber müssen irgendwo abgesondert sein, aus den bei der Bildung der Pollen- _ kammer zuerst zugrunde: gehenden zarten Zellen können .sie kaum entstehen. . Ich kenne keine genaue Bearbeitung dieses Themas; Stras- burgers (2) allgemeine Ansicht ist aber (pag. 271): „Dieselbe. Art 479 der Bestäubung wie für Coniferen und Gnetaceen gilt schliefslich auch für Cycadeen; auch hier werden zur Empfängniszeit der weib- lichen Blüten Tropfen aus der Fruchtknotenmündung ausgeschieden, auch wird die Nucellusspitze ähnlich wie in den. schon erwähnten Fällen ausgehöhlt“. Von den Ooniferen sagt er: „wird die Flüssig- keit sicher nicht von den Rändern der betreffenden Hüllen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach von der gleichzeitig sich desorgani- sierenden Nucellusspitze ausgeschieden“. Dagegen aber sagt Webber (pag. 20) kürzlich: „A. mueilaginous, stigmatic, or mieropylar Auid is secreted by alls of the ovule coat surrounding the micropyle“; er macht aber weiter keine näheren Angaben über die Struktur. In Strasburgers Lehrbuch gibt Karsten (1) wahrscheinlich die Strasburger’sche Ansicht in den Worten: „. ... während die sich lösenden Zellen eine schleimige Masse darstellen, welche den Mikropylkanal füllt und als Tropfen aus ihm hervorquillt®. Die Details der Struktur aber, die ich in meiner Arbeit gegeben habe, machen es sehr wahrscheinlich, dafs die Flüssigkeit nicht nur aus den zugrunde gegangenen Zellen allein stammen, sondern zum weitaus gröfsten Teil von den inhaltsreichen angrenzenden Zellen der Nucellus ausgeschieden wird. Die Archegonien sind durchaus gleichförmig; immer mit nur zwei Halszellen und einer gut entwickelten Scheide versehen. Ich finde bei Zamia muricata, Macrozamia Preissii u. a., dals die Zell- kernstruktur der Scheidezellen nicht dieselbe ist wie bei C. revoluta, welche von Ikeno (1) beschrieben ist. Ikeno zeigt bei C. ‚revoluta, dafs der ganze Zellkern vollständig homogen wird, ausgenommen die Nucleoli. Die Kerne werden in der Form etwas unregelmäfsig und es lösen sich Teile ab, die in die Oosphaere wandern (vergl. Taf. VI Fig. 7). Eine solche Unregelmäfsigkeit der Form des Zellkerns habe ich: bei den oben besprochenen Gattungen nicht bemerkt. Die Zell- kerne sind aber sehr grofs, normal in Gestalt, mit 1—4 grolsen, deutlichen, nucleoliähnlichen Gebilden, welche auch ganz ähnlich den Körperchen, die in den Scheidezellen selbst liegen, sind und genau so wie die Körperchen, die in der Oosphaere selbst zu sehen sind. Weitere Untersuchungen dieser Verhältnisse werden natürlich notwendig sein; jetzt sei nur bemerkt, dafs diese Tatsachen mehr mit den Resultaten Hirases (2) über Ginkgo als mit den bei Oycas selbst übereinstimmen. Flora 1904, 32 480 Abortierung und die Trennungsschicht. Bei den ver- schiedenen untersuchten abortierten Samenanlagen habe ich als fast allgemeine Erscheinung eine Trennungslage zwischen den lebenden und den abgestorbenen Geweben bemerkt. Gewöhnlich fängt sie in den inneren Lagen des inneren Inte- guments an und wächst um den zugrunde gegangenen Nucellus herum. Sie ist der Korkbildung sehr ähnlich; die inneren Lagen, die an den Nucellus grenzen, sind cuticularisiert; die äufseren Lagen gehen in das innere Parenchym über. Gerbstoff entwickelt sich häufig neben dieser Trennungslage und auch in deren Zellen selbst. Zuweilen nimmt diese Schicht einen sehr unregelmäfsigen Ursprung und durch- zieht verschiedene Gewebe. Infolgedessen können nur die durch die Trennungsschicht nicht vom Sporophyli getrennten Teile weiter- wachsen. Bei C. circinalis und C. Thourarsii entwickelt sich diese Lage z. B. in der Basis und trennt den ganzen Samen ab, der darum verschrumpfen -muls. Bei C. revoluta dagegen nimmt diese Schicht ihren Ursprung in den äufseren Zellen des inneren Fleisches und daher entwickelt sich der Stein und das innere Fleisch weiter, bis das letztere über der Mikropyle zusammenschliefst (Fig. 15) oder, wie es bei C. eircinalis der Fall sein kann, die Trennungsschicht durchschneidet die Basis etwas höher und wir sehen eine arillus- ähnliche Wucherung der unteren Partie des Samens entstehen. Gewöhnlich nimmt diese Trennungsschicht ihren Ursprung in den Zellen des inneren Fleisches und wächst um den Nucellus herum. Das Resultat ist, dafs die Samen von aufsen ganz normal aussehen, weil die Integumentschichten wohl entwickelt sind. Der Einflufs dieser Schicht ist am besten zu sehen bei Z. integrifolia (Fig. 19), wo auf einem Fruchtblatt zwei Samenanlagen sind, die eine ge- schrumpft und augenscheinlich abortiert, die andere "scheinbar noch lebend. Der Unterschied besteht nur darin, dafs die erste keine, die zweite jedoch eine gut entwickelte Trennungsschicht hat, welche ein weiteres Wachstum des Integuments erlaubte. Die Trennungsschicht ist also eine Schutzvorrichtung, deren Be- deutung leicht zu verstehen ist, weil in einem grofsen Zapfen, wo so viele Samen beisammen sind, der schädliche Einflufs. einer zugrunde gehenden Samenanlage schnell weitergreifen würde. Phylogenetisch. Leider konnte ich nicht Stangeria unter- suchen. Sie scheint aber nach der Beschreibung Langs (2) die primitivste Anordnung des Gefälssystems zu haben. Er sagt (pag. 8), dafs acht Bündel in das äufsere Fleisch und acht in das innere gehen, 481 von denen die letzteren sich sehr wenig teilen. Darin gleicht von den Cycadeen Stangeria Lagenostoma (mit neun Bündeln den äufseren und neun Bündeln beim inneren System) am meisten. Nach Stangeria kommen die Zamia-Arten mit ihrer einfachen radial symmetrischen Anordnung, relativ kleiner Anzahl der Bündel und einem einzigen Centralstrang. Auf sie folgen Dioon, Bowenia und Ceratozamia, welche Zamia ähnlich sind, nur etwas komplizierter durch die Hinzufügung einer Gefälsabzweigung aus der Sporophyll- lamina. Ihnen schliefsen sich an Macrozamia und Encephalartos mit ihren sehr komplizierten Verzweigungen und sehr grolser Samenbasis. Sie sind den fossilen Formen am wenigsten ähnlich; der komplizierte Bau ihres Gefäfssystems ist aber wahrscheinlich die physiologische Folge der Gröfse des Samens. Oliver (1) hat, als er die Ansicht aussprach, dafs die Basis der Gymnospermensamenanlagen eine spätere phylogenetische Entwicklung als die Spitze sei, schon vermutet, dafs in dieser Zone am leichtesten eine Änderung als das Resultat eines physiologischen Erfordernisses erfolgen werde. Die Samen aller oben beschriebener Gattungen sind aber radial symmetrisch. Cycas selbst steht mit bilateraler Symmetrie isoliert. Wie ich aber schon bemerkt habe, hat sie unter der Samen- basis einen Kreis von Bündeln, von welchen alle, ausgenommen die drei, die in den Samen eintreten, unter dem Samen endigen. Die concentrische Struktur des centralen Stranges erinnert sehr stark an den fossilen Centralstrang. Ich glaube, dafs wir in den Bündeln, welche endigen, ‘die Reste einer früheren radialen Anordnung des Bündelsystems sehen können; das innere Bündelsystem hat die kreise- förmige Anordnung beibehalten. Deshalb sehen wir in Oycas selbst die höchste Entwicklung der Cycadeensamen. Diese Arbeit wurde in dem.von Prof. Dr. Goebel geleiteten pflanzenphysiologischen Institut zu München ausgeführt. Ich schulde Herrn Prof. Goebel aufserordentlichen Dank für die Liebenswürdigkeit, mit welcher er mir sowohl die Hilfsmittel des Instituts, die Schätze des botanischen Gartens, sowie eigenes Alkohol- material zur Verfügung gestellt hat. Vor allem aber möchte ich ihm für seine persönliche, anfeuernde Hilfe meinen wärmsten Dank sagen. Auch Herrn Prof. Dr. Oliver von University College, London, bin ich zu herzlichem Dank verpflichtet für die Übersendung von wertvollem Material, viele liebenswürdige Mitteilungen, und vor allem 32* 482 für das lebhafte Interesse für Gymnospermen, welches mir seine Vor- lesungen und die Arbeit in seinem Laboratorium einflöfsten. Es sei an dieser Stelle ferner gedankt dem Vorstand des Kgl. Gartens in Kew für reichliches Material, wie auch Herrn Prof. Dr. Fujii aus Tokyo für verschiedene Materialbeispiele von beson- derem Interesse, sowie den Herren Prof. Schröter in Zürich, Prof. Baccarini in Florenz und Dr. Garbari in Trient, welche mir auf Veranlassung von Prof. Goebel Material beigesteuert haben. Literatur. Bertrand, Ann, d. Sc. nat. Botanique tome VII. 1878. Brogniart, Sur le struoture de l’ovule des Cycad. comp. & fossile. Comptes Rendus vol, LÄXXI. 1875. 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Bei Nennung des ersten Namens denken wir an eine zierliche, kriechende Pflanze von dorsiventralem Bau, welche in Ge- wächshäusern allenthalben fast wie Unkraut wuchert. Bei Nennung des letzten Namens dagegen erinnern wir uns einer kräftigen Pflanze von radiärem Bau mit gestauchten Internodien, deren bis meterlange Blätter an der Basis oft 25cm Breite erreichen. Es drängt sich uns unwillkürlich die Frage auf, auf welehe Weise innerhalb einer und derselben Pflanzengruppe so verschiedenartige Pflanzenformen haben entstehen können. Niemand wird Zweifel hegen, dafs diese verschiedenartigen For- men von gemeinsamem Grundtypus ihren Ursprung nahmen, und es ‘“ schien besonders aussichtsvoll, innerhalb der extremen Typen nach Bindegliedern zu suchen durch vergleichendes Studium ihrer Vege- tationsorgane und Reproduktionsorgane. Die Anregung zu der gestellten Aufgabe verdanke ich Herrn Professor Dr. Goebel, unter dessen Leitung und liebenswürdiger Beihilfe ich während 18 Monaten im pflanzenphysiologischen Institut in München gearbeitet habe. Seiner gütigen Beihilfe ist in erster Linie das Resultat dieser Arbeit zuzuschreiben, und ich möchte ihm auch an dieser Stelle hierfür meinen herzlichsten Dank sagen. München, den 6. Mai 1904. Vegetationsorgane. Symmetrieverhältnisse. Ich stelle die Erörterung über die Symmetrieverhältnisse aus dem Grunde voran, weil sie sich im Verlaufe der Arbeit als von ganz besonders fundamentaler Bedeutung erwiesen haben und weil nach 484 Erörterung derselben an den Vegetationsorganen auch leichter ein Einblick sich gewinnen läfst in die merkwürdigen Veränderungen, welche uns bei den Inflorescenz- und Blütenverhältnissen begegnen. In der Gruppe der Commelinaceen finden wir Hauptsprosse von radiärem, bilateralem und dorsiventralem Bau. Es ist oft schwer, (Nach einer Aufnahme von Prof. Dr. Giesenhagen.) Fig. 1. Cochliostema mit radiärem Bau. innerhalb einer wohl umgrenzten Pflanzengruppe zu entscheiden, welche Glieder derselben primitive Formen und welches die höher entwickelten sind. Hier aber weisen die Tatsachen mit unfehl- barer Sicherheit darauf hin, dafs die radiäre Ausbildung des Sprosses 485 die ursprünglichere Form ist; sie mögen daher zuerst besprochen werden. I. Radiäre Formen. Wir können dabei drei Typen unterscheiden: A. Rein radiär gebaute Pflanzen ohne Seitensprosse. Hier läfst sich, wie in vielen Fällen bei radiären Formen, erkennen, dafs die Internodien sehr kurz sind, während die Blätter oft bedeutende Di- mensionen erreichen, und es drängt sich uns unwillkürlich die Ansicht auf, dafs ein inniger Zusammenhang besteht zwischen Blattgröfse und Länge des Internodiums. Die epiphytisch lebende Cochliostema bietet hiefür wohl das beste Beispiel (Fig. 1). B. Radiäre Hauptsprosse mit radiären Seitensprossen. Auch hier lassen sich die Be- ziehungen zwischen Interno- dienlänge und Blattgröfse er- kennen. Wir finden einmal in Rhoeo discolor eine Pflanze mit kurzen Internodien und ver- hältnismäfsig langen unge- stielten Blättern, während Ti- nantia fugax bei schmalen, gestielten Blättern längere und zarter gebaute Internodien er- kennen läfst. C. Radiäre Hauptsprosse Fig.2. Cyanotis Kewensis. Junge Pflanze mit dorsiventralen Seitenspros- mit radiärem Hauptsprofs und dorsiventralen sen. Es gehören zu diesem Seitensprossen. Typus die meisten Pflanzen aus den Gattungen Cyanotis (Fig. 2) und Callisia, doch finden sich auch unter den Tradescantieae u. a. Gat- tungen Vertreter dieses Typus. Wir müssen vorausschicken, dafs die radiären Sprosse von einigen unter diesen Pflanzen Blüten hervor- bringen, welche in anderen Fällen nur auf den dorsiventralen Sprossen gefunden werden. Die Bedeutung, welche das Fehlen von Blüten auf Teilen der Pflanze, welche im gewöhnlichen Falle solche tragen, hat, wird uns klar werden, wenn wir einige Fälle genauer betrachten, wobei einerseits Blüten an beiden Sprofsarten hervorgebracht werden, andererseits die dorsiventrale bevorzugt ist. Cyanotis cristata ist ein Beispiel für den ersten Fall. Unter normalen Verhältnissen ist die Pflanze 60--90cm hoch, und die radiäre 486 Hauptachse verzweigt sich so, dafs die Internodien 5—8cm lang sind. Die dorsiventralen Seitenzweige erreichen eine Länge von 20—30 cm. Gewöhnlich tragen alle Sprosse, radiäre sowohl wie dorsiventrale, - endständige Infloresceenzen. Cyanotis Kewensis dagegen zeigt trotz seiner nahen Verwandtschaft einen gänzlich abweichenden Aufbau. Hier bleibt der Hauptsprofs kurz, er wird selten länger wie 5—8cm. Dicht gedrängt stehen an ihm die Blätter in Spiralstellung, und ihre ‚Divergenz ist ähnlich jener von Cyanotis cristata. Von dem kurzen Hauptsprofs zweigen zahlreiche dorsiventrale Seitensprosse ab, von bedeutend gröfserer Länge — 30—50cm — und ausläuferartigem Aus- sehen, welche sich stellenweise an den Knoten bewurzeln. Diese Seitenzweige sind die Blüten tragenden. Nie konnte ich am Haupt- sprofs solche vorfinden. Man sieht deutlich aus dieser Beschreibung, dafs zwischen der Länge des Hauptsprosses und jener des Seiten- sprosses eine gewisse Beziehung besteht. Bei Cyanotis cristata ist das Verhältnis der Länge des Hauptsprosses zu dem des Seitensprosses ungefähr 2:1, während es bei C. Kewensis 1:4 ist. Welche Ver- hältnisse diesen Unterschied in der Wuchsform bedingen, erscheint leicht einzusehen. Erstere Pflanze, C. cristata, lebt unter sehr gün- stigen Bedingungen, umgeben von üppiger Vegetation; die zweite, C. Kewensis, scheint auf weniger kräftigem, vor allem wasserärmeren Boden zu leben. Die Bewurzelung der Seitenzweige mufs der Pflanze unter solchen Umständen von grofsem Nutzen sein. Da offenbar ein Anta- gonismus zwischen Reproduktion und Ernährung besteht, sowohl im Pflanzenreich wie im Tierreich, ist es augenscheinlich, dafs wir es hier mit einem Falle zu tun haben, in welchem die Seitensprosse einen ungewöhnlich hohen Grad der Entwicklung erreicht haben auf Kosten des Radiärsprosses, welcher gewissermafsen nur noch einen Mittel- punkt abgibt für die blütentragenden Seitensprosse. Es müfsten an dieser Stelle eigentlich die Fälle besprochen werden, in denen es zu einem völligen Verschwinden des radiären Hauptsprosses gekommen ist. Jedoch erscheint es angebracht vorerst noch einige andere Be- ziehungen zu erörtern, welche zwischen radiären Sprossen und dorsi- ventralen Seitensprossen teils allein durch den Vergleich sich ergeben, zum Teil aber auch auf experimentellem Wege gefunden wurden. Es gibt nur wenig Übergangsformen zwischen unverzweigten und verzweigten Arten, und es stölst daher die Beantwortung der Frage, wie die verzweigten Formen aus der anderen entstanden sind, auf bedeutende Schwierigkeiten. Leichter scheint die andere Frage zu 487 beantworten, wie. dorsiventrale Sprosse von den radiären sich ableiten, denn es sind zwischen den beiden Extremen eine ganze Zahl von Übergangsformen vorhanden. Zudem erscheint es mehr als wahr- scheinlich, dafs die Ursachen für die an den Seitenzweigen entstehen- den Veränderungen dieselben sind wie diejenigen, welche die Ver- zweigung der radiären Hauptsprosse bedingten. Leicht wäre es hierüber eine Theorie sich zu bilden, aber besser ist es, Tatsachen für eine solche gleich ins Feld führen zu können, und diese werden uns geliefert durch Experiment und vergleichende Beobachtung. Fig. 3. Cyanotis cristata. Vegetations- Fig. 4. Cyanotis oristata. Vegetations- punkt des Hauptsprosses.. Q.-8. punkt bes Seitensprosses. Q.-8. Zur Beantwortung der Frage, auf welche Weise an orthotropen Hauptsprossen plagiotrope Seitensprosse aus radiären und dorsiven- tralen sich verändern, sind schon zahlreiche Versuche angestellt worden. In übersichtlicher Weise finden wir dieselben zusammengestellt in Goebels (1) „Organographie“, wo drei Typen sich angeführt finden, nach welchen bei der Bildung dorsiventraler Sprosse die Veränderung in der Blattstellung eintritt: | a) durch Änderung der Blattinsertion, b) durch Drehung der Internodien oder der Blattbasis, c) von vornherein im Vegetationspunkt. Ein Blick auf die Figuren 8 und 4, welche Querschnitte durch Vegetationspunkte von einem radiären und einem dorsiventralen Sprols von C. cristata darstellen, läfst erkennen, dafs die Veränderung ledig- 488 ‚lich nach dem Typus 8 vor sich geht, d. h. die Anlage der Blätter des dorsiventralen Sprosses geschieht bereits am Vegetationspunkt in anderer: Weise wie beim radiären Sprofs. Bei allen Cammelinaceen, die ich untersuchte, habe ich die gleichen Verhältnisse beobachten können. Wenn äufsere Faktoren die Stellungsveränderung der Blätter bedingt hätten, mülste offenbar am Vegetationspunkt noch eine Spur der ursprünglichen Anordnung zu bemerken sein. Es war jedoch in keinem Falle auch nur eine Andeutung ursprünglich radiärer Anord- nung am Sprolsgipfel der dorsiventralen Zweige bemerkbar. Es schien aussichtsvoll, den Vegetationspunkt durch irgend einen ex- perimentellen Eingriff zu beeinflussen, und ich wählte zu den im folgenden zu besprechenden Experimenten Cyanotis cristata und C. Kewensis aus, ” Im Oktober 1902 schnitt ich von beiden Pflanzen den Vege- tationspunkt des radiären Hauptsprosses in der Weise ab, dafs der oberste achselständige Seitensprofs Gelegenheit hatte, sich in die Rich- tung des Hauptsprosses einzustellen und damit, wie ich hoffte, auch unter gleiche Wachstumsbedingungen gelangte. Dafs hierbei kein ähnliches Resultat zu verzeichnen war, wie es Goebel (2) mit einem jungen Phylianthus lathyroides erhielt oder wie es bei manchen Coniferen leicht zu beobachten ist, darf uns nicht wundernehmen, wenn wir, wie oben schon erörtert, voraussetzen, dafs wir es in diesen Fällen mit dorsiventralen Sprofsachsen zu tun haben, die nur eine durch äufsere Faktoren bewirkte Modifikation radiärer Sprosse sind, während im Falle Cyanotis auf keine Weise eine der- artige Beziehung sich konstatieren läfst. Das Experiment wurde zu wiederholten Malen angestellt. Niemals aber ist es mir gelungen, die dorsiventralen Sprosse in radiäre zu verwandeln, trotzdem ich steta beobachten konnte, dafs sie sich aufrichteten und in die Richtung des Hauptsprosses sich einstellten. Cyanotis cristata und Kewensis ver- hielten sich hierbei vollständig gleich. Bei einer zweiten, anderen Versuchsanstellung band ich einen der kräftigsten Seitensprosse senkrecht auf und entfernte alle Seiten- sprosse zweiter Ordnung, um auf diese Weise dem Vegetationspunkte desselben möglichst alle Nahrung zuzuführen. Trotz längerer Dauer (4—5 Wochen) der Versuchsanstellung, wobei die Pflanzen zum Teil im Gewächshaus sich befanden, während andere im Laboratorium auf dem Klinostaten gehalten wurden, um eine möglicht gleiehmäfsige Beleuchtung zu erzielen, war in keinem der Fälle irgend eine Ver- änderung in der Blattstellung wahrzunehmen. 489 Doch war dabei zu beobachten, dafs die ursprünglich asym- metrische Blattgestalt der dorsiventralen Sprosse symmetrisch wurde, eine Tatsache, welche an anderer Stelle Erörterung finden möge. Ein dritter Versuch, ähnlich dem obigen, ergab zuerst wenig be- friedigende Resultate. Eine ganze Anzahl von Seitensprossen von C. Kewensis wurden etwa in dem Entfernung vom Vegetations- punkt abgeschnitten, in guten, kräftigen Boden eingetopft und in feuchter Atmosphäre unter Glas gezogen. Leider, vielleicht auch glücklicherweise, zeigten die Kulturen schon nach wenigen Tagen (5—6) Blütenansätze und sie schienen für meine Zwecke wertlos, doch liefs ich sie, weniger aus Interesse als der Merkwürdigkeit halber, noch stehen. Sie kamen zur Blüte und machten Samen. Fünf Fig. 5. Cyanotis Kewensis. Dorsiventraler blühender Steckling mit einem radiären u Seitensprofs links. oder sechs Wochen später, als ich dieselben zufällig wieder betrach- tete, fiel mir ein radiärer Sprofs auf, welcher sich auf einer der Topfkulturen eingefunden hatte. Ich dachte zunächst, dafs ein Same ausgekeimt sei (es sind ja die Keimpflanzen radiär gebaut). Nähere Untersuchung aber zeigte, dafs der radiäre Sprofs als Seitenzweig an einem dorsiventralen sich gebildet hatte (Fig. 5). Es gibt drei Möglichkeiten der Erklärung für diese aufsergewöhnliche Umkehrung des üblichen Verhältnisses (dafs nämlich die dorsiventralen ihre Ent- stehung aus radiärer nehmen). Es mag dieselbe eine Folge sein des Wechsels von Boden und Atmosphäre, es kann dieselbe bedingt sein dadurch, dafs sich die Sprosse in blühbarem Zustande befanden, oder es konnte schliefslich bei der geringen Anzahl des Auftretens eine 490 völlig abnormale Erscheinung sein. Der Gedanke an letztere Mög- lichkeit aber konnte bald aufgegeben werden, als sich die Fälle der- artiger Bildung mehrten. Schon nach ein paar Tagen zeigten sich weitere radiäre Sprosse als Seitensprosse der dorsiventralen einge- pflanzten Zweige. In gleicher Zeit waren auf drei weiteren Kulturen eine Anzahl geteilter Blätter zu bemerken in der Blütenregion. Manche derselben waren bis zur Basis geteilt. An allen übrigen Kulturen waren lediglich. dorsiventrale Sprosse zur Ausbildung ge- kommen. Dieser Befund der geteilten Blätter brachte mir keine Überraschung, weil ich schon früher vermutet hatte, dafs beim Über- gang von der radiären Anordnung zur dorsiventralen eine Verwach- sung stattfinden werde, während beim Übergang vom dorsiventralen zum radiären Bau eine Teilung eintreten müsse. Die drei Kul- turen mit geteilten Blättern wurden nun unter den günstigsten Wachstumsbedingungen gezogen, und ich hoffte, dafs es mir gelingen würde aus den Rosetten mit geteilten Blättern völlig radiäre Sprosse zu erhalten. Dies aber war nicht der Fall. Eine von den Kulturen, welche besonders kräftig war, brachte vier Seitensprosse hervor, von denen drei radiär waren, einer aber dorsiventralen Bau zeigte. Drei der Seitensprosse nahmen ihren Ursprung aus Knoten in der Nähe des Vegetationspunktes, einer aber entsprang einem unterirdischen Knoten. Der dorsiventral gebaute Sprofs war von den drei ober- irdischen der oberste und dem Vegetationspunkte nächste. Von den beiden übrigen Pflanzen brachte eine aus unterirdischen Knoten einen radiären Sprofs hervor, während die andere nach Bildung zahlreicher geteilter Blätter zugrunde ging. Bei C. cristata erhielt ich unter denselben Versuchsbedingungen ganz ähnliche Resultate. Es ist nötig zu bemerken, dafs die Kulturen von Cyanotis cristata in derselben Erdmischung eingepflanzt wurden, wie die Stammpflanze, so dafs also die Beeinflussung durch besondere Ernährungsverhältnisse aus- geschaltet war. Jeder Zweifel über die in diesem Falle die Dorsi- ventralität und den radiären Aufbau bewirkenden Faktoren wird durch die folgenden Beobachtungen ausgeschlossen. Es werden im Münchener botanischen Garten jährlich zwei Töpfe von 25cm Durchmesser mit Stecklingen von C. Kewensis gezogen, Die Stecklinge waren vom Gärtner den Mutterpflanzen zu verschie- denen Zeitpunkten entnommen, einmal als die Pflanzen in blühbarem Zustande sich befanden, und die anderen sechs Wochen später. Jeder Topf war mit sicher 30 Stecklingen besetzt, und in beiden Töpfen befanden. sich diese .unter gleichen Ernährungs- und anderen Be- 491 dingungen. Bei Betrachtung der Stecklingspflanzen im. Herbste des Jahres ergab sich, dafs lediglich auf jenem Topfe, dessen Steck- linge von blühbaren Pflanzen geschnitten waren, radiäre Sprosse (ca. 7) sich entwickelt hatten, während solche auf dem anderen Topfe mit Steeklingen von Pflanzen im nichtblühbaren Zustande voll- “ständig fehlten. Wenngleich der Prozentsatz an radiären Sprossen ein verhältnismäfsig geringer war, so ist doch der Unterschied zwi- schen den beiden Töpfen so deutlich gewesen, ‚dafs der Schlufs' nicht unberechtigt ist, dals die Blütezeit von Cyanotis für die Bildung radiärer Sprosse auf dorsiventralen besonders günstig ist. Wenn auch die eben beschriebenen Beobachtungen nicht ge- nügen um das Zustandekommen von radiären in dorsiventralen Spros- sen hinreichend zu erklären, so wird es doch vorteilhaft sein, sie mit anderen ähnlichen Beobachtungen an weiteren Pflanzen zu ver- gleichen, um dänn später noch weitere Beobachtungen an Comme- linaceen hinzuzufügen. Aus der Summe aller dieser Beobachtungen dürfte dann vielleicht ein Schlufs sich zichen lassen darüber, welche Faktoren dorsiventralen und radiären Bau bedingen. Ich habe schon früher die auch von anderer Seite vorgebrachte Vermutung ausge- sprochen, dafs zwischen Wachstum und Reproduktion ein gewisser Antagonismus besteht, während hier das Experiment gerade ein widersprechendes Resultat ergibt, indem an den im Reproduktions- zustande befindlichen Zweigen das Wachstum gefördert ist und daselbst rädiäre Sprosse, die normalerweise nur an Stellen kräftigster Ernäh- rung entstehen, sich bilden. Obiger Vermutung entsprechend liefse sich erwarten, dafs entweder die Bildung von Seitensprossen ganz ‘ unterbleibt oder die entstandenen Sprosse dorsiventralen Bau zeigen würden. In der Tat findet man diese Bildung an unverletzten Pflänzen nicht vor. Sie tritt, soweit ich beobachtet habe, nur ein an abge- schnittenen und in frischem Boden wieder eingesetzten Zweigen, Die Bedeutung dieses Eingriffs läfst sich schwer ermessen, weil wir über die Wachstumsverhältniste blühbarer Stecklinge zu wenig Erfahrung haben. Es lassen sich die von mir gemachten Beobach- tungen am ehesten vergleichen mit jenen, welche Goebel beschrieben hat unter dem Titel: „Künstliche Hervorrufung von Jugendformen an Pflanzen“. In dieser Arbeit zeigt Goebel, dafs die Pflanze auf manche künstliche äufsere Eingriffe mit Änderung der Organgestaltung antwortet. Es sei hier nur an die Jugendformen von Cypressen er- innert. Bei ©. Kewensis ist die radiäre Form die Jugendform, und sei es nun, dafs das Auftreten von radiären Sprossen an dorsiventralen 492 das Resultat der Verpflanzung unter besonders günstigen Verhältnissen ist, oder nur eine Folge des blühbaren Zustandes der Zweige, jeden- falls mufs in ihm eine Rückkehr zur Jugendform erblickt werden, Die interessanten Resultate der zufällig gemachten Beobachtung dürfen unsere Aufmerksamkeit jedoch nicht ablenken von der wirk- lichen Aufgabe, welche wir uns gestellt, nämlich der direkten Um- wandlung eines dorsiventralen Sprosses in einen radiären. Ich hoffte, dafs jüngere Pflanzen, eine gröfsere Plastizität zeigen würden, und wandte deshalb folgende Methode an: Im April 1903 säte ich in Zeitintervallen von 2—3 Tagen Sa- men von C. cristata aus und erhielt in kurzer Zeit eine gröfsere Zahl von radiären Keimpflanzen verschiedenen Alters. Die Vegetationspunkte einiger derselben wurden schon nach Bildung des ersten sichtbaren Knotens weggeschnitten. In anderen Fällen liefs ich die Pflanzen gröfser werden, so dafs mehrere sicht- bare Knoten zur Entwicklung kamen, Es wurden z.B. drei Knoten stehen gelassen, so dafs also der Seitensprofs des dritten Knotens von unten gerechnet die Möglichkeit hatte, sich.in die Richtung des Hauptsprosses einzustellen. Wieder in anderen Fällen wurde der Vegetationspunkt erst über dem vierten oder fünften Knoten entfernt. Der Zweck dieser Manipulation war, die Periode stärksten Wachstums zu ermitteln. Eine weitere Partie der so behandelten Pflanzen wurde auf den Klinostaten gebracht, um den eventuellen Einflufs ungleich starker Beleuchtung auszuschalten. Trotzdem ich die Pflanzen meh- rere Wochen in Kultur hatte, war irgend ein Übergang vom dorsi- ventralen zum radiären Bau bei den sich entwickelnden Seitensprossen nicht zu beobachten, obgleich sie sich aufrichteten und in die Stellung des Hauptsprosses einrückten. Nach diesen Versuchen er- scheint es aussichtslos, bei Cyanotis einen dorsiventralen Seitensprofs in einen radiären direkt umzuwandeln, obgleich wir beide Sprofsarten auseinander sich entwickeln sehen. Das Glück fügte es, dafs Prof. Goebel gerade in diesem Zeit- punkte einen radiären jungen Sprofs von C, Somalensis brachte, welcher nach mehrwöchentlicher Kultur drei Seitensprosse hervor- brachte, welche sämtlich sehr bald eine Tendenz zu radiärem Bau beobachten liefsen. Es traten noch zwei weitere Seitensprosse auf, bei denen aber diese Erscheinung nicht mehr zutage trat, und es schien, als ob dies mit einer allmählichen Verringerung der Nährstoffe im Zusammenhang stehe. Es wurden deshalb -die ersten drei Seiten- sprosse abgeschnitten und in neuen Boden gebracht. 493 Der weitere Entwicklungsgang sämtlicher Seitensprosse gestaltete sich sehr interessant. Von den dreien, welche Tendenz zum radiären Bau gezeigt hatten, behielten zwei diese Wuchsform bei, während der dritte eine etwas abweichende Entwicklung zeigte (Fig. 6). Es war nämlich hierbei das achte Blatt, das zur Ausbildung kam, von aufser- gewöhnlicher Breite und war aufserdem deutlich asymmetrisch. Ich hatte den Eindruck, als ob diese Verbreiterung und Asymmetrie mit einer Verwachsung zweier in kurzer Aufeinanderfolge am Vegetations- punkt entstandener Blätter sich erklären liefse. Fig. 6. Cyanotis somalensis. Abnormales Blatt Fig. 7. Cyanotis somalensis. Dorsi- (Verwachsung zweier Blätter). ventraler Seitensprofs, durch Zucht aufdemKlinostatenradiär geworden. Ich wünschte mich zu vergewissern, ob nicht der Gedanke, der sich mir bei Beobachtung der geteilten Blätter von ©. Kewensis und eristata aufgedrängt hatte, durch diesen neuen Fund zur Wirklichkeit werde. Es konnte ja kein Zweifel mehr bleiben über die Ursache der Dorsiventralität, wenn das nächstentstehende Blatt wiederum asym- metrische Ausbildung zeigte und seine Stellung eine derartige war, dafs der Sprofs dadurch dorsiventral wurde. Allein diese Hoffnung erfüllte sich nicht, sondern das nächste neunte Blatt entstand direkt über dem vorhergegangenen und war symmetrisch. Der Sprofs behielt den radiären Bau bei. 494 Mit den beiden von Anfang an dorsiventralen Seitensprossen der ursprünglichen Pflanze wurden- bessere ausschlaggebende Resultate erzielt. Einer derselben wurde auf der Stammpflanze gelassen, der an- dere abgeschnitten, in frischen Boden eingesetzt und, nachdem er sich bewurzelt, auf den Klinostaten gebracht. Von diesem Zeitpunkt an erschienen an diesem Sprols die Blätter in radiärer Anordnung (Fig. 7). Der auf der Pflanze verbliebene Sprofs behielt einige Zeit noch seinen dorsiventralen Bau bei, änderte denselben aber nach Verlauf mehrerer Wochen in den radiären Bau um. Dabei richtete sich der Stengel auf, wobei noch die Frage unentschieden blieb, ob der ra- diäre Bau Bedingung oder Ursache für die Aufrichtung gewesen ist. Schon die Tatsache, dafs die drei ältesten Sprosse von Anfang an radiär waren, obgleich sie keine ‚aufgerichtete Stellung annahmen, hätte genügt mich zu überzeugen, dafs die Aufrichtung nicht die Ursache sein konnte. Ferner läfst sich leicht beobachten, dafs, wenn die Pflanze das Bestreben hat (wenn der Ausdruck erlaubt ist), eine gröfsere Anzahl von Blättern zu bilden, die Internodien bei dorsiventralen Sprossen viel länger sind wie beim radiären Bau. Man kann dies in der Weise erklären, dafs die Reduktion der Internodiengröfse bedingt wird durch die Vergröfserung der Blattzahl oder dafs sie Veranlassung ist für die Stellungsänderung der Blätter. Jedenfalls besteht zwischen beiden eine Beziehung, welche an anderer Stelle genauere Erörterung fin- den soll. Folgendes aber mufs gleich hier hervorgehoben werden: 1. ohne jeden künstlichen Eingriff sind -an Commelinaceen Ände- - rungen der Wuchsformen zu beobachten vom dorsiventralen Bau zum radiären, was wir sonst, $oweit mir bekannt, nur durch künstliche Eingriffe zu erzielen imstande sind; 2. dafs auf, derselben Pflanze Sprosse sich finden, die von Anfang an radiär, andere, die von Anfang an dorsiventral gebaut sind, : was zeigt, dals die Ursache der Veränderung in inneren Um- ständen der Pflanze zu suchen ist, OH. Dorsiventrale Formen. Es wurde schon früher erör- tert, dafs bei den Gattungen Cyanotis. und Callisia der radiäre Hauptsprols in einigen Fällen selır reduziert wird und keine Blüten hervorbringt, weil die Seitensprosse, die dorsiventral sind, sich un- gewöhnlich stark entwickelt haben. In diesen Fällen ist. der Haupt- 495 sprofs ein rudimentäres, lediglich von früheren Formen ererbtes Organ geworden, welches seine Funktion aufgegeben hat. In der Gruppe der Commelinaceen ist dieser Reduktionsprozefs noch weiter vorgeschritten, so dafs wir eine ganze Anzahl von Arten finden, wo ein radiärer Sprofs überhaupt nicht mehr zur Ausbildung. kommt (Fig. 8). Manche derselben sind kriechende Formen, welche sich Fig. 8. Commelina bengalensis. Dor siventral gebaute Pflanze “mit hypogäischen Blüten. jedoch unter Umständen aufrichten können. In solchen kriechenden Formen ist die Dorsiventralität sehr deutlich ausgeprägt und es ist mit derselben stets auch eine asymmetrische Gestaltung der Blätter verbunden, was jedoch später zu besprechen ist. Bei den aufge- richteten. Formen, wie Tradescantia virginica,. finden wir bilaterale Flora 1904. . 33 496 Sprosse mit zweizeiligen Blättern. Wir können uns diese Anordnung leicht entstanden denken durch Annahme einer Drehung, welehe die ursprünglich in einem Winkel von 120° an dem im dorsiventralen Sprofs, sitzenden Blätter ausgeführt haben. Während bei Tradescantia virginica die Blattanordnung niemals völlig zweizeilig wird, wobei ja die Divergenz 180° betragen müfste, wird diese Stellung bei Trades- cantia navicularis schon am Vegetationspunkt fast völlig erreicht (Fig. 9). Es muls hier gleich erwähnt werden, dafs es mir niemals gelang, den Übergang einer dieser dorsiventralen Formen zur radiären Ausbildung zu beobachen, selbst nicht bei Keimlingen. Es scheint gerade so, als wenn in diesen Fällen die in der Pflanze wirkenden, auf Hervorbringung radiärer Formen abzielenden Kräfte völlig über- „wunden seien durch andere, welche auf die Hervorbringung dorsi- ventraler Formen gerichtet sind. Bei Betrachtung dieser Formen können wir vier gut markierte Stufenfolgen der Ausbildung erkennen: 1. radiäre unveränderte Sprosse (Haupt- oder Seitensprosse); 2. dorsiventrale Seitensprosse von Anfang an, die aber leicht in radiäre verwandelt werden können; 3. dorsiventrale Seitensprosse, die nur zu gewissen Zeiten (im blüh- baren Zustand) in radiäre sich überführen lassen ; 4. dorsiventrale Sprosse, die unveränderlich sind. Reproduktionsorgane. Der gleichen Mannigfaltigkeit der Ausbildung wie bei den Vege- tationsorganen begegnen wir auch bei der Betrachtung von Blüten und Inflorescenzen. Den besten Beleg für diese bedeutenden Unter- schiede gibt uns ein Vergleich der Blüte von Tradescantia mit jener von Cochliostema. Ende des Jahres 1868 ungefähr, erschienen in den gröfseren botanischen und gärtnerischen Zeitungen!) lange Ab- handlungen über eine auf der Pariser Ausstellung neu eingeführte merkwürdige und schöne Pflanze. Der Beschreibung nach war es ein Epiphyt aus Ecuador, dessen Blüten eine so merkwürdige Aus- bildung besafsen, dafs Botaniker lange im Zweifel waren, an welcher Stelle des Systems die Pflanze unterzubringen sei. Nach der einen Be- schreibung sollte die Pflanze neun, nach anderer sechs und nach wieder anderer gar nur drei Staubblätter enthalten. Eine Einsicht in die Entwicklungsgeschichte der Blüte veranlafste Lemaire und Masters, die Pflanze bei den Commelinaceen unterzubringen. 1) „Wochenschrift“, „Gardeners Chroniele*, „Revue Horticole* usw. 497 Um mich mit den Blütenverhältnissen vertraut zu machen, be- gann ich damit die Entwicklungsgeschichte der Inflorescenz und Einzel- blüten der Commelinaceen im allgemeinen und von Cochliostema im besonderen zu studieren. ” Inflorescenzen. Wie bei den Vegetationsorganen, so lälst sich auch bezüglich der Reproduktionsorgane erkennen, dafs die ursprünglichen Formen radiär gebaut gewesen sind. “Am besten wird dies dadurch illustriert, dafs wir häufig mit radiärer Ausbildung der vegetativen Organe auch einen radiären Bau der Inflorescenzen Hand in Hand gehen sehen, so bei Palisota, Dichorisandra, Cochliostema und anderen. ” “Die Zahl, der die Inflorescenzen zusammensetzenden Teilinflores- cenzen schwankt. zwischen weiten Grenzen. Während z. B. Palisota, Aneilema, Polyspatha oft deren 30—40 zeigen, begegnen wir bei der Gattung Commelina wie Tradescantia selten mehr als zweien. Es gibt sich In dieser Tatsache die Tendenz zu einer Reduktion der Teilinflorescenzen kund, und es springt dies noch deutlicher ins Auge, wehn wir uns vergegenwärtigen, dafs von den 26 Genera der Commelinaceen (Clarkes) 22 zu jenen gehören, bei denen wir, mit nur wenigen Ausnahmen, nur eine geringe Zahl von Teilinflorescenz antreffen. Bei den Tradescantiaarten ist das Vorhandensein von nur zwei Teilinlorescenzen 'ein so konstantes Verhältnis, dafs es als Gattungsmerkmal verwertbar ist. Es sind hier auch die Knoten, aus denen dieselben ihren Ursprung nehmen, so nahe an einander gerückt, dafs ein Internodium kaum mehr zu bemerken ist. Die Tragblätter sind sehr stark. entwickelt und werden durch die Stauchung des Internodiums so ineinander eingeschachtelt, dafs sie zusammen eine tassenförmige Umhüllung für die beiden Inflorescenzen bilden (Fig. 10), welche es erlaubt, eine Menge: von Wasser aufzufangen. Auf kräftig ernährten Sprossen von Tradescantia virginica traf ich ab und zu auch drei Teilinflorescenzen an und es ist besonders interessant, dafs diese dritte Inflorescenz sich zu den beiden normaler Weise angelegten immer so einstellt, dafs die Anordnung der drei eine fast radiäre wird. Bemerkenswert scheint mir die Tatsache, dafs wir in der Gattung Commelina gewöhnlich nur einer einzigen Inflorescenz be- gegnen. Es machen von dieser Regel nur wenige eine Ausnahme, z. B. Commelina robusta mit sechs oder sieben Inflorescenzen, sie bilden dadurch gewissermafsen einen Übergang zu der Gattung Polyspatha. 83* 498 Diese einzige Inflorescenz der Commelinaceen zeigt nun aber eine eigentümliche Erscheinung. Wir sehen in dem einen oder anderen Entwicklungsstadium eine Verzweigung eintreten, die jedoch deshalb auffällt, weil der Seitenzweig nicht durch ein Tragblatt gestützt wird und weil der Seitenzweig scheinbar wie ein Adventivsprofs unterhalb der Blütenregion der ursprünglichen Inflorescenz entspringt. Manch- mal sind die beiden Äste der Verzweigung gleich stark entwickelt und dann sehen wir meist die Blüten des oberen Hauptzweiges männliche Blüten tragen, während jene des Seitentriebes herma- Fig. 10. Rhoeo discolor. Fig. 11. Commelina bengalensis. Q.-S. der Inflorescenz Inflorescenz mit tassen- zeigt eingeschlossen in Schleimmassen: 1, den Q.-8. des förmiger Umhüllung. Blütenstiels mit zahlreichen Intercellularräumen, 2. die exzentrische Lage des Fruchtknotens, 3. die drei Staub- blätter einer an der Spitze getroffenen dritten Blüte. phrodite Blüten hervorbringen. Die Blütezeit ist eine verschie- dene, insofern als die männlichen gewöhnlich verblüht sind, wenn gerade die hermaphroditen sich ' öffnen. Bei einigen Commelina- arten trägt der obere Teil der Inflorescenz nur Blüten, bei anderen werden auch diese weniger wohl angelegt, aber nieht mehr zur Ent- wicklung gebracht und schliefslich wird der obere Teil völlig redu- ziert, während zugleich auch der unterhalb der Verzweigungsstelle befindliche Teil der Hauptinflorescenzachse schwindet und der Seiten- 499 zweig besonders kräftig entwickelt wird. Wie bei Tradescantia aus den beiden Tragblättern eine schüsselförmige Umhüllung gebildet wird, so formt sich bei Commelina das vorhandene Hochblatt durch Einschlagen der Blattränder oder durch Verwachsung derselben zu einer Hülle um, welche neben einer Menge Wasser auch viel Schleim enthält. (Fig. 11.) Über die Entstehung dieses Schleimes finden sich verschiedene Angaben in der Literatur vor, von welchen nur jene von Breiten- bach erwähnt sei, der im Kosmos 1885 die oben beschriebene rudimentäre Inflorescenz beschreibt und sie als das jene Schleim- absonderung bewerkstelligende Organ deutet. Es wird jedoch dieser Schleim abgesondert von Drüsenhaaren, welche die Innenseite der Trag- blätter sowie Kelchblattes und vor allem den Fruchtknoten der Blüte in grofser Menge bedecken. Anordnung der Blüten. Der Blütenstand der Commelinaceen ist, ähnlich dem der Bora- gineen und Hydrophyllaceen, dorsiventrel gebaut und zeigt eine Einrollung. : Solehe Blütenstände sind nach Goebels Ansicht abzu- leiten von Wickeln und nachdem ich von einer ganzen Reihe solcher Inflorescenz die Entwicklungsgeschichte verfolgt habe, kann ich nicht umhin mich dieser Ansicht anzuschliessen. Das, was uns hauptsächlich interessiert, ist die Tatsache, dafs sie dorsiventralen Bau zeigen. Die Blüten stehen in zwei alter- nierenden Reihen auf der Oberseite und die Tragblätter befinden sich, wenn sie zur Ausbildung kommen, auf den Flanken. Die in der Jugend ganz eingekrümmte Achse richtet sich all- mählich auf in der Weise, dafs immer an der Stelle stärkster Krümmung eine entfaltete Blüte sich befindet. In dieser Stellung befindet sie sich zugleich in .der Richtung der Hauptachse der In- fiorescenz. Aber gleich nach der Befruchtung biegt sie aus dieser Stellung in eine zu ihrer ursprünglichen Lage entgegengesetzte um. An manchen der echten Commelinaceen ist diese Tatsache sehr leicht zu verfolgen. In C. bengalensis z. B. ist die Inflorescenzachse so gekrümmt, dafs die Blütenknospen in den innerhalb der Bracteen befindlichen Schleim eintauchen, die befruchtungsfähigen Blüten ragen gerade aus diesen Schleim hervor, biegen dann über, so dafs die jungen Früchte wiederum in den Schleim auf der andern Seite der Achse eintauchen. 500 Blüte. Die Blüten der primitiven Commelinaceen bauen sich, ‘wie die der meisten Monocotyledonen, aus fünf dreizähligen Organkreisen auf, eine radiäre Anordnung, welche eine symmetrische Zerlegung durch drei Ebenen gestattet. Die meisten Arten der Gattungen Pollia, Forrestia, Tradescantia, Cyanotis und anderer kleinerer, weniger wichtiger Gattungen zeigen diese radiäre Ausbildung in gröfster Vollkommen- heit. Einige wenige machen jedoch eine Ausnahme, insofern in ihnen sich die Tendenz bemerkbar macht zu einer Reduktion im An- droeceum, welche stets jene drei Staubblätter betrifft, die nach der Aufsenseite der im Zicekzack angelegten Infloresceenz gewendet sind (wie weiter unten noch genauer auseinander gesetzt werden wird). Weiter vorgeschritten ist die Reduktion bereits bei Tinantia, Bei Tinantia fugax z. B. sind in den drei von der Reduktion be- troffenen Staubblättern die Pollensäcke nur schlecht ausgebildet und bringen nur wenige und kleinere Pollenkörner hervor. (Müller, Kos- mos 12.) Die Filamente derselben sind mit Haaren dicht besetzt, ‘während die der gewöhnlichen Staubblätter kahl sind. Diese Rückbildung in der Hälfte der Staubblätter ist auch für die gröfsere Gattung Commelina ein konstantes Merkmal und führt hier häufig zu einem vollständigen Schwinden der Pollensäcke. Da- gegen finden wir an jedem der rudimentären Staubblätter vier flügelartige Auswüchse, welche hochgelb gefärbt sind und mit den violetten oder blauen Blumenblättern kontrastierend wohl einen Schau- apparat zur Anlockung der Insekten darstellen. Um diese eben skizzierten Verhältnisse dem Leser deutlicher noch vor Augen zu führen, kann ich nichts besseres tun als auf die diagrammatische Darstellung Eichlers von Commelina coelestis zu verweisen, welche auch in Goebels Organographie pag. 112 wiedergegeben ist.- Eine sehr exakte Darstellung der verschiedenen Blütenformen ist in Clarkes Monographie der Commelinaceen gegeben, weshalb ich auf eine weitere detaillierte Beschreibung der fertigen Blüte nicht eingehen will. Blütenentwieklung. Auch die Blütenentwicklung hat bereits eine sehr ausführliche Darstellung erfahren durch Schumann. Es geht aus dieser Dar- stellung hervor, dafs die Reihenfolge des Erscheinens der verschie- denen Glieder der Blüten nicht konstant ist. Einige besonders :be- merkenswerte Beobachtungen, die ich machen konnte, ‚sollen jedoch hervorgehoben werden, 501 Konstant ist die Reihenfolge des Erscheinens der Kelchblätter. Das erste unpaar erscheinende Kelchblatt ist besonders grofs und wohl- entwickelt. Dasselbe erscheint immer vom Vegetationspunkt der Inflores- cenz abgekehrt. Die beiden paarigen erscheinen auf der dem Vege- tationspunkt zugekehrten Seite, und zwar treten sie nacheinander auf und das zuletzt erscheinende ist das dem Vegetationspunkt am meisten genäherte. Es ergibt sich bei Vergleichung des Vegetationspunktes (Fig. 12) und des Diagramms von Eichler ein kleiner Unterschied, insofern als in Eichlers Diagramm die Blüten zu sehr gedreht er- scheinen. Auch die Erscheinungsfolge der Kronblätter ist eine kon- stante. Dieselben sind in der Mehrzahl der Fälle nicht verwachsen, Einige Fälle aber mit nur wenigen Ausnahmen finden wir besonders in den Gattungen Üyano-. tis, Zebrina und Weldenia, wo dieselben am Grunde miteinander verwachsen sind. Gewöhnlich sind die Kronblätter gleich gestal- _-' tet, bei einigen Comme- linaarten jedoch findet sich eine starke Reduktion des unpaaren Kronblattes. Wie von nach dem schon Voraus- b ‘b, geschickten zu erwarten, 7, 19. Tinantia fugax. by, dz Bj, B finden wir beim An- gerBlüten. In der jüngsten Blüte si droeceum bezüglich der blätternach d. Reihenfolgeihres Auftref Reihenfolge des Erschei- \ eckblätter 1 die Kelch- 8 beziffert. nens und definitiven Ausbildung die gröfsten Unterschiede. Manchmal erscheint der äufsere Kreis zuerst entwick$lt, dann der innere, in anderen Fällen ist es umgekehrt. Was die Ausbildung der Staubblätter betrifft, so wird bei Tinantia eine Differenz in derselben erst auf einem spätern Stadium der Entwicklung bemerkbar. Bei Commelina beginnt die ungleich- artige Ausbildung zu Staubblatt und Staminodien schon auf weit früherem Stadium und führt zu weit auffälligeren Resultaten. Die _ Differenz beruht nicht allein in der Ausbildung von drei Staminodien und drei Staubblättern, sondern es sind auch die Staubblätter selbst ungleichartig ausgebildet. Das mittlere, dem unpaaren Kronblatt vor- gelagerte, dem inneren Kreise angehörige Staubblatt ist gewöhnlich 502 äufserlich schon durch auffallende Gröfse ausgezeichnet und ist offen- bar abnormal gebildet. Diese Unterschiede sind schon auf sehr jungen Entwicklungsstadien von Commelina zu bemerken. Jene Glieder des Androeceums, welche zu Staminodien sich ausbilden, bleiben sehr frühzeitig im Wachstum zurück. Von den drei anderen sehen wir [ef = CTSZ N ® ,_® STZ_27 Va _ Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig.13, 14 u. 15. Commelina graminiflera. Entwicklungsstadien eines Staminodiums’ Fig. 16. Commelina graminiflora. Staubblatt. Fig. 17. Commelina coelestis. Fig. 18. Comme- Fig. 19. Commelina obliqua. Staminodium, - lina sellowiana, Mittleres abnormales Staubblatt Staminodium. mit eingerollten Pollensäcken. fast zu gleicher Zeit das mittlere im Wachstum gefördert. Wenn in den Staubblättern bereits die Pollensäcke ausgebildet sind, finden sich in den Staminodien nur ganz schwache Andeutungen derselben und selbst diese fehlen häufig, Die Reste der Pollensäcke machen mit dem verhältnismälsig breiten Konnektiv in den jungen Stadien den gröfsten Teil der staminodialen Anlage aus. Kurz darauf jedoch sehen wir am Konnektiv bald zwei, bald vier Auswüchse auftreten (wie Fig. 13, 14, 15 und 16 zeigen). Diese vergröfsern sich allmählich, aber bedeutend, während das Wachstum der Pollensäcke frühzeitig 508 eingestellt wird und diese daher nur als unscheinbare Anhänge am fertigen Staminodium zu sehen sind. Die flügelartigen Auswüchse bilden später mit diesen Resten einen etwa H-förmigen Schauapparat. (Fig. 17 und 18.) Die in den rudimentären Pollensäcken befindlichen Pollenkörner sind sehr klein und scheinen nicht keimungsfähig. Die flügelförmigen Bildungen sind lediglich Auswüchse des Konnektivs, nicht, wie ich an- fänglich vermutete, umgewandelte Pollensäcke, wovon ich mich durch viele Schnitte überzeugen konnte. Es mufs nun noch einiges über das abnormale Staubblatt der Commelinablüten gesagt werden, welches, wie schon früher erwähnt, auf ganz jungen Stadien im Wachstum als das am meisten geförderte erscheint. In manchen Fällen ist auch an den reifen Stadien der Unterschied sehr auffällig gegenüber den beiden andern fertilen Staub- blättern. Der Unterschied liegt oft weniger in der stärkeren Aus- bildung des Konnektiv und Filament als in der ungewöhnlich starken Entwicklung der Pollensäcke. Besonders schön ist diese Tatsache bei Commelina obliqua (Fig. 19) zu bemerken, welche mir Dr. Prain in Kalkutta in liebens- ‘ würdiger Weise beschaffte. Die Auswüchse des Konnektivs, welche hier zu beobachten sind, sind den Auswüchsen der Staminodien homo- log zu setzen. Die eigentümliche Einrollung der Pollensäcke- ist in noch vollkommener Ausbildung bei dem gleich zu besprechenden Cochliostema zu beobachten. Es läfst sich in Worten schwer ein Bild von der eigenartigen Blüte von Cochliostema entwerfen. Wer aber den Aufbau der Blüte von Commelina sich einmal eingeprägt hat, für den ist es nicht so schwer im Blütenplane von Cochliostema sich zurecht zu finden. Kelch- und Kronblätter zeigen nur wenig Bemerkenswertes. Ohne Kenntnis der Entwicklungsgeschichte aber ist es schwer, die Formen, welche uns im Androeceum begegnen, zu deuten, und man versteht es leicht, wie es möglich war, dafs den Systematikern. die Unter- bringung der Pflanze im System so grofse Schwierigkeiten bereitet hat. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs die Bestimmung Lemaires und Masters sehr richtig gewesen ist. Auch die anatomischen Be- funde, wie Gestalt der Haare, die charakteristischen Stomata, ferner die Entwicklung des Samens lassen die Zugehörigkeit zu den Commelinaceen als ganz feststehend erscheinen. Schon in sehr - frühen Stadien der Entwicklung läfst sich an den Gliedern des An- droeceums eine deutliche Differenzierung erkennen. Jene Glieder, 504 welche den Staubblättern von Commelina homolog sind, sind bedeu- tend kleiner wie die übrigen, welche den Staminodien entsprechen (Fig. 20). Auch unter ihnen ist das mittlere kleiner wie die beiden seitlichen. Aber nicht nur bezüglich der Stellung besteht zwischen den Staminodien von Commelina und Cochliostema ein Unterschied, auch die Ausbildung selbst ist verschieden. Pollensäcke werden über- haupt nicht mehr angelegt, das Konnektiv fehlt, und infolgedessen fehlen auch die flügelartigen Auswüchse. Nur das Filament ist vor- handen und mit einzelreihigen Haaren, wie sie auch von Tradescantia bekannt sind, dicht besetzt. Aus gleich zu erwähnenden Gründen ist das mittlere Stamino- dium schon in jungen Stadien ganz rudimentär ausgebildet und auf Fig. 20. Cochliostema. Blütenent- . Fig. 21. Cochliostema. Ältere Blüte, Staub- wicklung, "Staubblätter und Sta- blätter, Wachstum gegenüber dem Stami- minodienanlage. nodium gefördert. späteren gar nicht mehr zu bemerken. Die drei Staubblätter, von deren eigentümlichen Gestalt der Gattungsname herzuleiten ist, zeigen eine Ausbildung, wie sie das mittlere Staubblatt von Commelina be- sitzt, nur sind die Eigentümlichkeiten desselben noch viel schärfer ausgeprägt. (Fig. 21). Die Pollensäcke haben hier solche grofse Dimensionen erreicht, dafs sie’ gewissermalsen gezwungen sind, Kork- zieherartig sich einzurollen. Wir finden an jedem Staubblatt je eine von ‘rechts nach links und eine von links nach rechts eingerollte Anthere. Die mächtige Ausbildung der Staubblätter hat eine Verschiebung des Fruchtknotens in der Richtung gegen das mittlere Staminodium zur Folge. Letzteres wird sehr frühzeitig an der Weiterentwicklung gehemmt und vollständig unterdrückt. Aber die Eigentümlichkeiten 505 der Staubblattbildung sind damit noch nicht erschöpft. In der ge- öffneten Blüte sieht man von dem beschriebenen Verhältnis zunächst nichts, da die eingerollten Pollensäcke von einer eigentümlichen Hülle maskiert werden. Diese Hülle, welche die drei Staubblätter umgibt, ist geeignet — dadurch, dafs sie in zwei Fortsätze nach oben ausgezogen erscheint —, das Bild eines Fruchtknotens mit zwei Griffeln vorzutäuschen. Beifolgende Abbildung wird wohl am besten die Verhältnisse klarlegen; aus derselben ist ersichtlich, dafs die Achse der Windungen, welche die Pollensäcke beschreiben, beim mittleren Staubblatt wagrecht ist, -also zur Filamentachse senkrecht Fig. 22. Cochliosteme. Staubblätter. « Staubblatt; Seitenansicht, welche dem mitt- leren Staubblatt zugekehrt ist. b Mittleres und seitliches Staubblatt, von vorn gesehen. steht, während sie bei den seitlichen Staubblättern fast senkrecht ist, also beinahe parallel verläuft zur Achse des Filaments. Zur Erreichung dieser Stellung müssen natürlich die Filamente der seitlichen Staubblätter nach dem mittleren hin sich einkrümmen. An den Biegungsstellen der beiden Filamente (Fig. 22) entstehen haarartige Zellreihen, welche bald an der Basis miteinander verwachsen und so zu einer hautigen Scheide werden, welche später auch nach dem Grunde des Staub- blattes zu sich ausbreitet, nach oben zu aber in röhrenartige Fort- sätze sich verengert (Fig.23 und 24). An der Basis des mittleren Staub- blattes entsteht ein Büschel langer, gelb gefärbter Haare, welche in ihrer Gesamtheit leicht für ein weiteres Staminodium gelten können !). 1) Weiteres über die Blüten von Cochliostema siehe Masters „Journal of Linn. Society XIII* (5) und „Gardeners’ Chroniele 1868* (6). 506 Es erscheint verlockend, für diese eigentümlichen Gestaltungs- verhältnisse eine teleologische Erklärung zu versuchen. Da ich jedoch die Pflanze an ihrem natürlichen Standort. nicht beobachten konnte, ist es wohl besser davon Abstand zu nehmen, zumal gewisse Kor- relationen in der Gröfse der Pollensäcke der verschiedenen Glieder des Androeceums mir zeigten, dafs auch eine andere, mehr mecha- nische Erklärung zulässig ist. Unter den Commelinablüten sieht man, dafs, sobald die Pollensäcke in den Staminodien rückgebildet werden, immer damit eine Vergröfserung der Pollensäcke in den Staubblättern Hand in Hand geht. Diese. Tatsache läfst sich beobachten bei den Tradescantieen und den Tinantieen, sie tritt noch deutlicher hervor bei Commelineen und kommt am schärfsten zum Ausdruck bei Cochliostema. Zur Zeit, in welcher die Pollen- säcke angelegt werden, mulfs die Junge Blüte eine Verschiebung an der Inflorescenzachse erleiden, um Platz für die noch jüngeren Blüten zu schaffen. Diese Verschiebung wird erreicht auf verschiedene durch Gröfßse der Blüte und den vorhandenen Raum bedingte Weise. Fig. 23, Cochliosteme, Androeceum einer fast ganz ausgewachsenen Blüte. Vorn drei Staminodien, wovon das mittlere sehr rudimentär ist, zu sehen. Rück- Fig. 24. Q.-S. einer etwas älteren Blüte, wärts die drei Antheren, die beiden welcher die exzentrische Lage des seitlichen von einer Hülle umgeben. Fruchtknotens zeigt. Of. Fig. 26. - Selbstbestäubung ist bei den Commelinaceen häufig. Manche Formen bringen im Gewächshaus ohne künstliche Befruchtung Samen hervor, und es ist daher wohl anzunehmen, dafs die natürliche Zucht- 507 wahl bei den Commelinaceen nicht die Rolle spielte wie bei vielen anderen Pflanzen. Weiter bringen viele Commelinaceen im Gewächshaus nur wenige Blüten hervor, und es spricht nichts dafür, dafs unter natür- lichen Verhältnissen die Anzahl der Blüten eine gröfsere sei. Da- gegen können diese Pflanzen leicht durch Stecklinge vermehrt werden, Be Alte Pflanze mit langem“dorsiventralem Seitensprosse, Campelia zanonia. (Aufgenommen von Herrn Garteninspektor Bernhard Othmer, München.) Fig. 25. zumal sie eine grolse Menge von Seitensprossen bilden. Um z. B. einen Pflanzenteppich aus Commelinaceen im Gewächshaus herzu- stellen genügt es, einige nur wenige Internodien lange Zweige von Callisea repens oder Tradescantia fluminensis auf den Boden des Gewächshauses auszustreuen. Möglicherweise findet das seltene Auf- 508 ‚treten von Blüten seine Erklärung eben dadurch, dafs während langen Zeitraums die Pflanze nur auf vegetativem Wege. vermehrt wurde, ‚doch steht dieser Erwägung die Tatsache ‚entgegen, dafs Callisia repens, welche fast nie zur Blüte kommt, nicht so sehr lange in Kultur sich befindet. Es ist eine eigentümliche Erscheinung, dafs viele Commelinaceen Seitenzweige ‚treiben, deren rasches Wachstum und Üppigkeit über- rascht, besonders auffällig in der Gattung Campelia. “Die Abbildung (Fig. 25) zeigt eine alte Pflanze von Campelia, welche über meterlange ausläuferartige Seitensprosse mit 60 cm hohem Fig. 26. Cochliostema. - Fig. 27. Commelina Fig. 28. Rhoeo discolor. Teilinflorescenz und robusta. Inflorescenz Inflorescenz und Q.-8. einer Q.-S. einer Blüte, und Q.-8, einer Blüte. Blüte. radiärem Trieb gebildet hat, und das in der ganz kurzen Zeit von zwei Monaten (Anfang Dezember bis Anfang Februar). Diese Eigentümlichkeit ist jedoch nicht auf die Gattung Campelia beschränkt, sie findet sich z. B. auch bei Tradescantia navicularis, Aulser der auffälligen Lebensfähigkeit, welche diese Pflanze. zeigt, und auf, welche Ortgies.in Regels Gartenflora. (7) aufmerksam 609 machte, überrascht die Pflanze auch durch die ungeheure Schnellig- keit, mit welcher sie im Frühjahr aus nur kleinen Stücken lange und .reich verzweigte Sprosse hervorbringt. Diese aufserordentliche Förderung der vegetativen Vermehrung steht vielleicht in Zusammen- hang mit der in einigen Fällen fast gänzlichen Unterdrückung der geschlechtlichen Fortpflanzung. Es ist hier nicht der Ort näher einzugehen auf den Einfluls, welchen die Stellungsverhältnisse von Pflanzenorganen auf die Zufuhr des Nährstoffstromes ausüben, doch werden die. beigefügten Skizzen von Commelinaceen-Inflorescenzen Licht auf diese Verhältnisse werfen (Fig. 26, 27 und 28). Man sieht daraus, dafs die Blüten von Cochliostema und von Commelina mit der Inflorescenzachse einen spitzen Winkel bilden. Während aber die Öffnung dieses Winkels bei Cochliostema und damit auch die Blüte vom Vegetationspunkt abgekehrt sind, sind sie bei Commelina demselben zugewendet. Bei Rhoeo discolor dagegen bildet die Blütenachse mit der Inflorescenzachse stets einen rechten Winkel. Betrachten wir nun die zugleich vorgeführten Blütenquerschnitt- zeichnungen, so sehen wir, dafs die verschiedenartige Ausbildung der Blüten in merkwürdigem Zusammenhang steht mit der Rich- tung resp. Biegung des Blütenstiels. Ist der Blütenstiel gerade, so ist die Blüte allseitig gleich ausgebildet, d. h. radiär, z. B. Rhoeo discolor. Wenn aber der Blütenstiel gebogen wird, so wird eine Seite im Wachstum gefördert und zwar immer jene, welche auf der konvexen Seite der Biegung liegt. Ähnliche Bezeichnungen konnte ich bei allen mir zur Verfügung stehenden Commelinaceen-Inflorescenzen beobachten. Nachdem wir bereits radiäre Blüten mit Entwicklung sämtlicher Organkreise.kennen gelernt haben und zwei Formen von dorsiven- tralen Blüten, erübrigt es noch daran zu erinnern, dafs es unter den Commelinaceen auclı radiäre Blüten mit nur einem völlig entwickelten Staubblattkreis, nämlich dem äufsern gibt. Die epipetalen Glieder des Androeceum sind meist zu Staminodien reduziert. Bei diesem Typus, den wir Aneilematypus bezeichnen können, kommt die Stami- nodienbildung nur durch Reduktion der Pollensäcke zustande. Eine Bildung flügelartiger Auswüchse, wie wir sie bei Commelina fanden, unterbleibt, wie das die Abbildung deutlich zeigt (Fig. 29 und 30), Bei Polyspatha kommt eine der Entstehung nach ähnliche Staminodien- 510 bildung vor, nur sind hier die bei Aneilema der Basis gewendeten Reste mit den event. vorhandenen Konnektiven und Pollensäcken nach oben gewendet, wodurch das Staminodium gabelförmig wird, wie die Abbildung in ©.B.Clarkes Monographie zeigt. Bei der sicher gleichfalls hierher zu stellenden Callisia werden keine Staminodien gebildet, sondern es wird der innere Staubblattkreis ganz unterdrückt. Eine genaue Kenntnis dieser Verhältnisse liefert uns Anhalts- punkte, um die phylogenetische Entwicklung der Commelinaceengat- tungen zu beleuchten. Es zeigt sich dabei eine deutliche Tendenz zu einer Reduktion im Androeceum. Letztere ist wohl zum Teil aufzufassen als eine Anpassung zur Ermöglichung der Kreuzbefruchtung. In an- deren Fällen kommt sie durch Nahrungsmangel zustande, was am Fig. 29. Aneilema lineolatum. Staub- Fig, 80. Aneilema lineolatum. Stami- blatt mit Staminodium, nodium stärker vergröfsert. besten durch Palisota illustriert wird, bei welcher am Grunde der reichen Inflorescenz Blüten mit sechs Staubgefäfsen gefunden werden, während diejenigen an der Spitze deren oft nur drei besitzen. Die kleistogamen Blüten von Commelina bengalensis. In Engler-Prantls natürlichen Pflanzenfamilien findet sich eine Abbildung nach einem Original von Wight, welche kleistogame ‘ Blüten zeigt, die offenbar auf Wurzeln entspringen. Auf Veranlas- sung Prof. Goebels beschlofs ich die Entwicklungsgeschichte dieser Blüten genauer zu verfolgen. Mr. Ridley aus Singapore hatte die Freundlichkeit, mir Material zu dieser Untersuchung zu besorgen. Als dasselbe jedoch in meine Hände kam, war ich der festen Über- zeugung, dafs dasselbe nicht das gewünschte sei, da das Aussehen durchaus nicht mit der Abbildung Wights übereinstimmte. Später 511 erhielt ich von Herrn Dr. Küster in Halle weiteres Material. Aber auch dieses zeigte keine Ähnlichkeit mit der zitierten Abbildung. Die Blüten sahen aus wie die normalen, nur kleiner und schienen etioliert. Als ich endlich im Münchener Gewächshaus selbst solche Blüten fand, wurde es mir zur Gewifsheit, dafs die Abbildung Wights nicht richtig sei. Es entsprangen die Blüten immer an ganz kurzen Seiten- zweigen der unterirdischen Sprofsachsen. In einigen Fällen traten diese Seitensprosse über die Erde, wuchsen dann zu 12 oder 16cm langen chlorophyliführenden Trieben heran, und die entspringenden Blüten erreichten die normale Gröfse und auch die normale Färbung. Selbstbefruchtung, die auch bei normalen Blüten, der Commelinaceen häufig ist, ist hier die Regel, und. vollzieht sich auf ganz gleiche Weise. Möglich ist es, dafs diese falsche Abbildung Wights da- durch erklärlich wird, dafs derselbe, wie er selbst schreibt, auf kon- serviertes Material angewiesen war. Vergleiche auch meine Abb. 8. Öffnen und Schliefsen der Blüten. Während der Blütezeit kann man selten früh genug kommen, um das Aufblühen zu beobachten. Es findet gewöhnlich schon in frühester Morgenstunde statt. Kerner erwähnt, das Tradescantia virginica zwischen 5 und 6 Uhr des Morgens sich öffnet und sich gegen 4 Uhr nachmittags wieder schliefst. Q,_cristata öffnet im Mo- nat Januar ihre Blüten zwischen 5 und 6 Uhr morgens, also wenigstens zwei Stunden vor der Dämmerung. Wenn auch die Zeit des Aufblühens keine konstante ist, so mufs uns doch die Regel- mäfsigkeit wundern, mit welcher dieses auch in den auf stets gleicher Temperatur gehaltenen Räumen des Gewächshauses sich vollzieht. Die Dauer der Blüten beträgt bei den meisten Commelinaceen nur einen Tag. Beobachten wir eine solche Blüte, welche viele Haare an den Filamenten besitzt, so nehmen wir wahr, dafs die Blütenblätter gegen 4 Uhr nachmittags sich leise zu falten beginnen und die Staub- und Fruchtblätter umschliefsen. Gegen Abend sehen wir die Kronblätter etwas mehr geschrumpft und sie liegen noch fester an. Versucht man ein solches Kronblatt wegzuziehen, so leistet es einen ziemlichen Widerstand, so dafs man dabei häufig das Kronblatt zerreifst. Am nächsten Morgen ist abermals eine Ände- rung zu verzeichnen. Die Blüten haben sich nicht mehr geöffnet, Staub- und Kronblätter sind sehr häufig abgefallen oder brechen doch bei der leisesten Berührung ab. Was aber besonders auffällt, ist die Flora 1904, 34 512 Tatsache, dafs die Blumenblätter mit Flüssigkeit gefüllt sind, von der am Abend vorher keine Spur vorhanden war. Diese Erscheinung ist vielleicht geeignet, ein Licht auf die Art und Weise zu werfen, durch welche das Abfallen der Blütenblätter zustande kommt. Meinen Studien über Commelinaceen liefsen sich noch manche andere Tatsachen anreihen, wenn es der Raum erlaubte, wie z. B. die Einrichtungen zur Kreuzbefruchtung, die Samenanlagenentwicklung, die Asymmetrie der Blätter u. a. Es mögen jedoch an dieser Stelle nur noch einige Beobachtungen Erörterung finden, welche sich auf die Samenanlagen und Samen beziehen und welche mir von systemati- scher Bedeutung zu sein scheinen. Man findet in allen Büchern die Fig.31. Tinantia fugax. Fruchtknoten, Querschnitt, Angabe, dafs die Samenanlage der Commelinaceen ganz allgemein atrop sei. Wider Erwarten aber fand ich, dafs diese Angabe nur für das Genus Tradescantia allgemeine Giltigkeit besitzt. In allen übrigen Commelinaceengenera dagegen ist der atrope Zustand ledig- lich ein Ausnahmefall. Die beigefügte Skizze von Tinantia fugax (Fig. 31) zeigt bereits Samenanlagen, die jedenfalls die Bezeichnung atrop nicht verdienen. Bei ähnlichen Schnitten von Cochliostema oder Pollia, bei denen in einem Fruchtknotenfache zwei Samenanlagen ‚ vorhanden sind, besteht über die anotrope Struktur kein Zweifel. Weiter fiel mir eine andere eigentümliche Struktur der Comme- linaceensamenanlagen auf, die mit grofser Regelmässigkeit überall vorkam. Schon auf jungen Stadien ist, wie auch aus obiger Fig. 31 513 zu ersehen, eine Einschnürung der Samenanlage zu beobachten, die den kleineren Teil des Nucellus, welcher den Embryosack enthält, von den unteren grölseren abteilt. Die Einschnürung wird hervor- gerufen durch einen nach dem Nucellus gekehrten Auswuchs des äufseren Integuments. Diese Erscheinung ist an fertigem Commelina- ceensamen bereits von Solms-Laubach (9) und Gravis (10) ‚früher beschrieben worden. Doch verdient eben die Regelmälsigkeit, mit welcher diese Erscheinung in der ganzen Familie auftritt, beson- dere Erwähnung. Neben dieser stets wiederkehrenden Erscheinung finden wir aber bezüglich der übrigen Eigenschaften des Samens eine grofse Mannigfaltigkeit der Ausbildung. Die dünnwandige loculieide Kapsel ist für die Mehrzahl der Commelinaceen ein Charakteristikum. Sie fehlt bei den Pollieae, welche dafür eine fleischige Beere mit vielen Samen besitzen. Wie wir es an anderer Stelle bereits ausgesprochen haben, sind die Pollieae wohl als die 'primitiveren Stammformen anzusehen, Sie besitzen Beerenfrüchte, und für solche sind sehr häufig hartschalige Samen charakteristisch. Sie werden ja im allgemeinen durch Vögel verbreitet und müssen deshalb durch harte Schalen gegen die Ein- flüsse der Sekrete von Magen und Darm geschützt sein. Dafs nun die kapselfrüchtigen Commelinaceen gleichfalls mit durch Verkieselung hartschaligen Samen versehen sind, läfst sich durch ihre Abstammung von den beerenfrüchtigen Pollieae erklären, und so führt uns diese Betrachtung über den Samen demnach zu dem gleichen Schlusse, zu dem wir auch bei der Besprechung der vegetativen Organe gelangt sind. Literatur. . Goebel, Organographie der Pflanzen I, pag. 79. Jena 1899. . — — Über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche Wiederhervor- rufung. Sitz.-Ber. d. Kgl. Akad. d. Wiss., 1896. . Steinheil, Annales des Sciences Naturelles, 1835. Schumann, Neue Untersuchungen über den Blütenanschlufs. Leipzig 1890. . Masters, Journal of Linn, Soc, XII. 1872. On the Development of the ’ Androeceum in Cochliostema. 6. Masters, Gardeners Chronicle, 1868, pag. 264 und 323. 7. Ortgies, Regels Gartenflora pag. 164. 8. Wight, Icones Plant. Ind. VI. Tab. 2065. 9 0 1 De Du . Solms Laubach, Botanische Zeitung 1878. Über monocotyle Embryonen mit scheitelbürtigem Vegetationspunkt pag. 65, 81. . Gravis, Sur le Tradescantia Virginica, Bruxelles 1898. . Breitenbach, Über einige Eigentümlichkeiten der Blüten von Commelina. ' Kosmos 1885. 12. Hermann Müller, Arbeitsteilung bei Staubgefäfsen von Pollenblumen. Kos- mos 1883, pag. 250. 34* Zur Kenntnis des Zellinhaltes von 'Derbesia. Von A, Ernst. Hierzu Tafel XXII Bei Gelegenheit physiologischer und entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen an Derbesia tenuissima, über welche an an- derer Stelle berichtet werden soll, habe ich im Schlauchinhalte dieser Siphonee auffallend grolse und regelmälfsig gestaltete Kristalle aus Calciumoxalat gefunden. Bei höheren Pflanzen tritt Caleiumoxalat in den verschiedensten Formen fast durchweg als Stoffwechselprodukt auf; das Vorkommen geformten Oxalates bei niederen Pflanzen, im besonderen bei Algen, ist dagegen erst für wenige Beispiele nach- gewiesen. Es sei daher gestattet, an dieser Stelle über den für Derbesia neuen Inhaltskörper einige Angaben zu machen und den- selben einige vorläufige Mitteilungen über Chloroplasten und Stärke- bildung, sowie über die geformten Proteinsubstanzen im Schlauchinhalte der im Mittelmeere vorkommenden Derbesiaarten [Derbesia La- mourouxü (J. Ag.) Sol., D. tenuissima (De Not.) Crouan und D. neglecta Berthold] vorausgehen zu lassen. I. Zur Morphologie und Physiologie der Chloroplasten der Derbesiaarten. Zur Charakterisierung einzelner Formen, wie auch zur Um- schreibung weiterer und engerer Verwandtschaftskreise niederer Thallophyten bieten Morphologie und Entwickelungsgeschichte, auf „welche sich die phylogenetische Systematik der höher differenzierten Pflanzen vorwiegend stützt, oft nur ungenügende Anhaltspunkte. Es ist daher in neuerer Zeit schon oft auf die Bedeutung des Zellinhaltes für die Umschreibung der systematischen Einheiten aufmerksam ge- macht worden und einzelne der durch das Studium des Zellinhaltes neugewonnenen systematischen Merkmale, wie Form, Grölse, Lagerung der Zellkerne und Chromatophoren, die Chromatophorenfarbstoffe, Assimilations- und Stoffwechselprodukte, sind mit Erfolg zur Be- stimmung von Verwandtschaftsverhältnissen und zur Charakterisierung von Formenkreisen verwendet worden.') Von besonders grofser Be- 1) 8.2. B.: G. Lagerheim, Studien ü. d. Gattungen Conferva u. Mikro- spora, Flora od. allg. bot. Zeitung 1889 pag. 179—210. — G. Klebs, Flagellaten- studien. Zeitschr. f. wiss, Zoologie Bd. 55, 1892. — K..Bohlin, Zur Morphologie 515 deutung für die Gattungsdiagnose haben sich dabei Gestaltung und Anordnung der Chromatophoren, ihre Form, Gröfse, Färbung, das Vorkommen oder Fehlen von Pyrenoiden, Beschaffenheit und Bildungs- ort des ersten sichtbaren Assimilationsproduktes erwiesen. Auf Grund von Verschiedenheiten in diesen Merkmalen sind vermeintliche Ent- wicklungsstadien einer Art als selbständige Arten oder selbst als Vertreter verschiedener Gattungen ') erkannt worden. Aus einzelnen artenreichen, aber ungenau umschriebenen Gattungen?) wurden hete- rogene Gruppen ausgeschieden und die genauere Untersuchung der auf Grund cytologischer Merkmale getrennten Formen hat dann ge- wöhnlich auch weitere Unterschiede derselben im Entwicklungsgange und in der äufseren Gestaltung ergeben. Zu diesen bekannten Tatsachen steht meine Wahrnehmung in einem gewissen Gegensatze, dals bei zweien der drei untersuchten Derbesiaarten, bei D. Lamourouxii und D. tenuissima eine aulserordentliche Veränderlichkeit -der Chloroplasten zu beobachten ist, und namentlich dafs diejenigen beiden Arten (D. tenuissima und D. neglecta), welche auf Grund aller übrigen Merkmale als ganz nahe verwandt bezeichnet werden müssen, auffallende Unterschiede in der Beschaffenheit der Chloroplasten und in der Art der Stärkebildung zeigen. Die Chloroplasten von Derbesia Lamourouxii stimmen in ihrer Gestaltung mit den seit den Untersuchungen von Schmitz?) und Schimper*) oft beschriebenen und abgebildeten Chloroplasten der Gattung Bryopsis überein. Die Innenfläche der bis 2mm dicken und Biologie einzelliger Algen. Ofvers. K. Sv. Vet.-Akad. Förh. 1897. — K. Bohlin, Utkast till de gröna Algernas och Arkegoniaternas Fylogeni. Upsala 1901, — A. Luther, Über Chlorosaceus nebst einigen Bemerkungen zur Syste- matik verwandter Algen. Bihang till Sv. Vet.-Akad. Handlingar Bd. 24 Nr, 13, 1899. — F. Blackmann und A. @. Tansley, A. Revision of the classification of the green algae. London 1903. 1) 6. Klebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen (Protosiphon-Botrydium). Jena 1896. 2) G. Lagerheim, l.c, und Über das Phycoporphyrin, einen Conjugaten- farbatoff. Videnakabs-Selskabets Skrifter. I. Math.-naturv. Ki, 1895. Sep.-Abdr. pag. 10. — A, Ernst, Siphoneenstudien I. (Dichotomosiphon-Vaucheria) Beih. z. bot. Zentralbl. Bd, XIII Heft 1, 1902. 3) Fr. Schmitz, Die Chromatophoren der Algen. Verh. d. naturh. Vereines d. pr. Rheinlande 40. Jahrg., 1883, Sep.-Abdr. pag. 100. 4)A.F.W.Schimper, Untersuchungen über die Chlorophylikörper. Jahrb. £. wiss, Bot. Bd. XVI, 1885, pag. 78. 516 und etwa 10cm langen Schläuche kräftiger, an lichtreichen Stand- orten gewachsenen Pflanzen ist vollständig mit einer Schicht dicht gedrängter Chloroplasten bedeckt. Diese sind fast immer in der Längsrichtung des Schlauches gestreckt, spindelförmig oder un- regelmäfsig gekrümmt, oft an den Enden scharf zugespitzt und in der Mitte am breitesten (Fig. 1 Taf. XXII). Ihre Länge kann 17—35p, ihre gröfste Breite 5—7,54 betragen. In dem gleich- mälsig gelblichgrünen Stroma dieser grofsen Chloroplasten von Licht- pflanzen finden sich ausnahmslos als Einschlüsse die durch hellere Färbung scharf hervortretenden Pyrenoide. In kürzeren Chloro- plasten findet sich gewöhnlich ein einziges im mittleren Teile, in den langgestreckten dagegen sind 2—3 Pyrenoide nicht selten. Reaktionen und Färbungen an fixiertem Material ergeben die vollständige Überein- stimmung der Pyrenoide mit denjenigen von Bryopsis. Der kristal- loidähnliche Pyrenoidkörper ist aus Proteinsubstanzen aufgebaut und wenigstens in den Chloroplasten älterer Schlauchteile von einer gröfseren Zahl von Stärkekörnern oder sogar von einer dichten Schale kleiner, verklebter Stärkekörnchen umgeben. Andere Stärkekörner sind ge- wöhnlich im ganzen mittleren Teile der Chloroplasten, seltener auch in gröfserer Entfernung von den Byrenoiden nachzuweisen. In der beschriebenen Gestalt und Differenzierung gelangen die Chloroplasten nur unter den günstigsten Vegetationsverhältnissen zur ° Ausbildung. Man findet nicht selten vegetativ gut ausgebildete Pflanzen mit fast lückenloser Chlorophylischicht, deren Körner aber auffallend kleiner sind und wie die in Figur 2 Taf. XXII darge- stellten, sogar nur 2—5 1 Länge und 1—2j Breite haben. In diesen kleinen scheibenförmigen Chloroplasten sind weder am lebenden Objekte noch durch Reaktion und Färbungen am fixierten Material unzweifelhaft Pyrenoide nachzuweisen. In denselben findet ebenfalls Stärkeproduktion statt. Die entstehenden Stärkekörner sind entweder in der Mitte des Chloroplasten in gröfserer Zähl an- gehäuft oder ungleichmäfsig im ganzen Stroma des Chloroplasten zerstreut. Die verschiedene Gestaltung der Chloroplasten wird namentlich durch die Intensität des Lichtes bestimmt. Lichtpflanzen zeigen gut ausgebildete Chloroplasten, Pflanzen von beschatteten Standorten oder aus gröfserer Tiefe dagegen weniger gut ent- wickelte. Für experimentelle Untersuchungen ist D. Lamourouxii wenig geeignet. In der Kultur hält sie sieh wohl längere Zeit, "ist aber nur selten in normaler Weise zur Weiterentwicklung zu bringen. Die beiden andern, zarter gebauten und im Habitus an 517 Vaucheria erinnernden Arten, die in den grofsen Aquarien der zoologischen Station zu Neapel als ständige Gäste zu finden sind und sich sehr leicht kultivieren lassen, bieten hiefür geeigneteres Unter- suchungsmaterial. Bei Derbesia tenuissima sind unter günstigen Kultur- bedingungen die Chloroplasten denjenigen von Derbesia Lamou- rouxii ähnlich. Bei bester Ausbildung in den rasch wachsenden, meistens 30-60 ı. breiten Schläuchen beträgt ihre Länge 12—26 y, die Breite 1—5p. Am lebenden Objekte sind in dem Stroma der Chloroplasten die Pyrenoide als hellere, stark lichtbrechende Kugeln (Fig. 3 Taf. XXII) wahrzunehmen. Sie bestehen wiederum aus dem eigentlichen eiweilshaltigen Pyrenoid und einer bei dieser Art gewöhnlich so dichten Schale aus Stärkekörnern, dafs nach Ein- wirkung von Jodlösungen das Pyrenoid meistens gleichmäfsig blau- violett gefärbt erscheint. Dafs die Jodreaktion nur durch die Stärke- hülle bedingt wird, kann am lebenden Material leicht gezeigt werden. Läfst man zu einem Präparate während der mikroskopischen Be- obachtung destilliertes, Wasser oder Leitungswasser hinzutreten, so nimmt man fast augenblicklich in allen Schläuchen als Folge rascher Endosmose neben anderen Vorgängen‘), auf die hier nicht eingetreten werden kann, eine starke Quellung der Chloroplasten wahr. Als besonders quellungsfähig erweisen sich hiebei die Pyrenoidenkerne. Bei stärkerer Vergröfserung ist das Quellen derselben leicht zu ver- folgen; die Stärkehülle wird bald in eine kleinere oder gröfsere Anzahl von Teilstücken zersprengt, die sich in dem inzwischen zu einer Kugel zusammengeflossenen Stroma verteilen, während der eiweilsartige Kern des Pyrenoids zum Teil vollständig in Lösung geht. Läfst man zu einem solchen Präparate mit starkgequollenen und desorganisierten Chloroplasten nunmehr Jodlösung treten, so färben sich innerhalb des homogenen Stromas die Teilstücke der früheren Pyrenoiden-Stärke- hülle blau, die Reste des Pyrenoidenkerns gelb bis gelbbraun. Wird eine am Fenster gewachsene Kultur von Derbesia tenuissima mit typisch gestalteten, langgestreckten und pyrenoiden- haltigen Chloroplasten in einiger Entfernung vom Fenster aufgestellt, so ändert sich die Gestalt der Chloroplasten je nach dem Grade der Lichtabnahme nach längerer oder kürzerer Zeit. Unter gleichzeitiger Verkürzung schwellen sie in der Mitte kugelig an, so dafs sie zunächst (Fig. 4 Taf. XXII) gedrungen spindelförmig, in einem späteren Stadium 1) 8. z. B, @. Berthold, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Meeresalgen. Jahrb, f, wiss. Bot. Bd. XIII, 1882, pag. 703. 518 (Fig. 5 Taf. XXII) scheibenförmig oder ellipsoidisch werden. Mit der Veränderung der Gestalt gehen auch Änderungen der inneren Struktur einher. Schon nach einigen Tagen sind deutliche Pyrenoide nur noch in wenigen Chloroplasten vorhanden. An deren Stelle im mitt- leren Teile der Chloroplasten ist etwa noch ein Häufchen Stärke- körner wahrzunehmen, in späteren Stadien (Fig. 5 Taf. XXI) ist auch durch Reaktionen und Färbungen von den Pyrenoiden nichts mehr nachweisbar. Vereinzelte Stärkekörner finden sich dagegen un- regelmäfsig im ganzen Stroma verteilt, Wird die Kultur hierauf wieder hell beleuchtet, so nehmen die Chloroplasten in den jüngeren Schläuchen nach und nach die frühere langgestreckte Form an und es werden in denselben wiederum Pyre- noide mit Stärkehüllen erzeugt. Es bilden also offenbar die Pyre- noide bei Derbesia Lamourouxii und tenuissima nicht konstant vorhandene Organe der Chloroplasten. Die beiden Derbesia- arten zeigen vielmehr im Verhalten der Pyrenoide eine gewisse Übereinstimmung mit Botrydium, für welche Siphonee Klebs') gezeigt hat, dafs die in den Chloroplasten der jungen Pflanzen vor- handenen grofsen Pyrenoide im normalen Entwicklungsgang_ fort- während an Gröfse abnehmen, in ausgewachsenen Pflanzen voll- ständig verschwunden sind und nicht wieder erzeugt werden. Bei den beiden besprochenen Derbesien dagegen ist das Vorkommen oder Fehlen von Pyrenoiden nicht vom Alter der Pflanze, sondern von der Intensität des Lichtes abhängig. Bei ungenügender Beleuchtung bleiben die Chloroplasten klein, deutliche Pyrenoide sind nicht vor- handen und die Stärke ist im ganzen Stroma zerstreut; im Licht- optimum sind die Chloroplasten langgestreckt,. mit 1—-3 Pyrenoiden („Stärkeherden“) versehen, die von Stärkekörnern in grofser Zahl umgeben sind. Abnahme der Lichtintensität bewirkt Verkürzung der Chloroplasten, Auflösung der Pyrenoide; Steigerung der Licht- intensität bis zum Optimum dagegen Streckung und Oberflächen- vergrölserung sowie Neubildung der Pyrenoide. Bei Derbesia neglecta ist die bei den zwei anderen Arten unter dem Einflusse des Lichtmangels entstehende Form der Chloro- plasten die typische. Unter allen Vegetationsbedingungen, welche ihr Gedeihen überhaupt erlauben, ändern sich Gestalt und Struktur ihrer Chloroplasten nur wenig. Sie zeigen stets die Form kreis- 1) &. Klebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen (Jena 1896) pag, 224, 519 förmiger oder ovaler Scheiben (Fig. 6—8 Taf. XXII) mit einem Längs- durchmesser yon 1,5—3,5p und einem Querdurchmesser von 0,5— 2,51. Wie schon von Berthold!) und Sehmitz?) beobachtet worden ist, fehlen Pyrenoide stets. Jodreaktionen ergeben, dafs die Stärkebildung im Innern der Chloroplasten von Derbesia neglecta abweichend von den beiden anderen Arten stattfindet. Während bei D. Lamourouxii und tenuissima auch in den pyrenoidenlosen Chloroplasten stets scharf umschriebene Stärkekörner im Stroma gebildet werden und bei gleich- zeitiger Einwirkung von Chloralhydrat und Jodlösung die gequollenen Stärkekörner sich blau färben, das ebenfalls gequollene Stroma gelb bis gelbbraun gefärbt wird, zeigen die Chloroplasten von D. neglecta stets einheitliche Reaktion. Ein Teil der Chloroplasten (die grolse Mehrzahl in jungen Schlauchteilen) wird durch Jod gleichmälsig gelb bis braun gefärbt; sie sind stärkeleer. Stärkehaltige Chloro- plasten dagegen zeigen je nach dem Grade des Stärkegehaltes verschiedene Reaktion; ein geringer Stärkegehalt bedingt eine grau- braune, ein gröfserer Gehalt eine bläuliche bis blauschwarze Färbung. Namentlich in älteren Schlauchteilen finden sich’aufser den grünen, mehr oder weniger stärkehaltigen Körnern ähnlich gestaltete, farblose (Fig. 6—8 Taf. XXI), welche sich bei Zusatz sehr verdünnter Jodlösung blau färben, bevor irgend welche Farbenänderung der grünen Chloröplasten erfolgt. Sie scheinen aus reiner Stärke zu bestehen und sind dem- nach nicht mehr als stärkehaltige Chloroplasten, sondern als Stärke- körner zu bezeichnen.®) In den chlorophyliosen, als Rhizoiden funktionierenden Teilen sind stets gröfsere Mengen dieser Stärke- körner, dagegen keine oder ‚nur wenige Chloroplasten im Plasma vorhanden. 1) G. Berthold, Zur Kenntnis der Siphoneen und Bangiaceen. 1. Einiges über d. Verhalten der Kerne bei marinen Siphoneen. Mitteilungen a. d. zoolog, Station zuNeapel Bd. 2, 1881, pag. 7T. — Über d. Verteilung der Algen im Golfe von Neapel nebst einem Verzeichnis d, bisher beobachteten Arten. Mitteilg. d. zoolog. Station z. Neapel Bd, 3, 1832, pag. 500, 2) Fr. Schmitz, Die Chromatophoren der Algen. Sep.-Abdr. pag. 41. 3) Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs Solier bei seiner Untersuchung zum Teil nicht D. tenuissima, sondern D. neglecta vorgelegen hat, indem seine Zeichnungen Pl. IX, 12, 24 u. 25 für D. tenuissima unverständlich sind, wie ein Vergleich mit meinen Fig. 6—8 ergibt, dagegen wohl die Chloroplasten und Stärkekörner von Derbesia neglecta darstellen können, (A. J. Solier, M&moire sur deux algues zoospordes [Derbösia], Ann. d: Sc. nat, III s6rie Bot. Tome VII, 1847, pag. 157-166 PL.IX.) 520 Aus dem Vorstehenden ergibt sich also, dafs Derbesia ne- glecta, die in Morphologie und Entwickelungsgeschichte mit den anderen Derbesiaarten übereinstimmt und von Derbesiatenuissima nur durch genaue Messungen der Fadenbreite sowie der Dimensionen der Sporangien unterschieden werden kann, von denselben durch die Gestaltder Chloroplasten, das vollständige Fehlen der Pyrenoide und eine ganz andere Art der Stärkebildung wesentlich abweicht. Sie nähert sich mit den letzteren Merkmalen anderen Siphoneen, wie den Codiaceen, Caulerpaceen und Valoniaceen, für welche ähnliche Formen der Chloroplasten und dieselbe Art der Stärkebildung beschrieben worden sind.!) 2 2. Die geformten Proteinsubstanzen im Schlauchinhalte von Derbesia Lamourouxii. Beim Studium von Regenerationsvorgängen an Derbesia Lamourouxii fand Klemm?°), dafs nach Verwundung, besonders aber nach Durchschneidung eines Derbesiaschlauches aus der Wunde Inhaltsbestandteile „explosionsartig* ausgeschleudert werden. Unter den ausgestofsenen Massen traten Gebilde zweierlei Art hervor: „Die einen sind unregelmäfsig faserige Gebilde, sie werden einzeln oder in Gruppen ausgestofsen und haben dann häufig unregelmäfsig stern- artige Form. Die anderen sind kugelige Gebilde von deutlich radial- faseriger Struktur und aufserdem häufig concentrischer Schichtung“. Diese letzteren, von denen Klemm nur angibt, dafs sie mit Jod sich gelb färben, sind von Küster®)eingehend untersucht und auf Grund ihres optischen und chemischen Verhaltens als Sphärokristalle aus eiweilsartiger Substanz bestimmt worden. In bezug auf die Ent- stehung derselben war Küster wie Klemm der Ansicht, dals diese Sphärite nicht als Inhaltskörper der lebenden Zelle, sondern als Gebilde aufzufassen seien, die erst bei der Verwundung der Zelle, 1) Literaturangaben: A. Ernst, Siphoneenstudien I, Beih. z. bot. Zentralbl, 1902 Bd. XIII Heft 1 pag. 128, und Siphoneenstudien II, Beih. z. bot, Zentralbl. 1904 Bd. XVI Heft 2 pag. 201. 2) P. Klemm, Über die Regenerationsvorgänge bei den Siphonaceen. Flora od. allg. Bot. Zeitung. Bd. 78 Jahrg. 1894 pag. 24; siehe auch: E. Bruns, Über die Inhaltskörper der Meeresalgen. Flora Bd. 79, Ergänzungsbd. z. Jahrg. 1894 pag. 170. 3) E. Küster, Über Derbesia und Bryopsis. Ber. d.d. bot. Ges. Bd. XVII pag. 78. 521 häufig sogar erst aulserhalb der letzteren entstehen. Er nahm an, dafs sie durch einen Desorganisationsprozefs aus dem Plasma selbst hervorgehen beim Ausschleudern desselben aus der Wunde, also gleichsam durch eine in sehr kurzer Zeit erfolgende Umlagerung der plasmatischen Substanz und Kristallisation der entstehenden Eiweils- körper zu geschichteten Sphärokristallen gebildet würden. Diesen Angaben gegenüber wurde von Noll!) festgestellt, dafs sowohl Sphärite als auch die faserigen Gebilde schon vor der Verletzung im Zellsafte von Derbesia und Bryopsis vorkommen, die wasser- hellen, in ihrem Lichtbrechungsvermögen von ihrer Umgebung sich nur wenig unterscheidenden Kugeln zudem noch durch das Plasma mit seinen derben Einschlüssen verdeckt sind und daher der Be- obachtung leicht entzogen werden. „Ihre Anwesenheit im Zellsafte der unverletzten Pflanze verrät sich aber sofort, wenn letztere einem wechselnden gelinden Drucke unterworfen wird, wodurch der Zell- saft und die darin schwimmenden Kugeln in hin- und hergehende Bewegung versetzt werden. Sind hierbei die Kugeln dem Auge erst einmal bemerkbar geworden, so entgehen sie dem Blick aber auch in der Ruhe bei richtiger Einstellung nicht mehr so leicht. Unverletzte und gefärbte Schläuche der Derbesien lassen ebenfalls unzweifelhaft erkennen, dafs die sich unschwer tingierenden Kugeln in wechselnder Zahl im Innern verteilt sind.* Die faserartigen Gebilde?) kommen mit den Sphäriten ebenfalls im Zellsafte vor und bestehen wie diese aus Eiweifssubstanzen. Sie bedingen, wenn sie in grölserer Menge vorkommen, die starke Fluoreseenz der Derbesiaschläuche ’) und behalten ihre besondern optischen Eigenschaften auch während einiger Zeit aufserhalb der lebenden Pflanze bei. Im durchgehenden Lichte erscheinen sie gelblich oder schwach ziegelrot, im auffallenden Lichte dagegen fluorescieren sie schön blaugrün. Proteinsphärite und Fasergebilde habe ich nicht nur bei Derbesia Lamourouxii, sondern auch bei D. neglecta und tenuissima häufig beobachten können. Bei Derbesia te- nuissima sind sie in älteren, gut beleuchteten Kulturen am zahl- 1) F. Noll, Die geformten Proteine im Zellsafte von Derbesia. Ber. d. d. bot. Ges. Bd. XVII, 1899, pag. 304. 2) F. Noll, Experimentelle Untersuchungen über das Wachstum der Zell- ‚membran. Abhandl, der Senkenberg. naturf, Ges. Bd, XV, 1887, pag. 147/148, 83) M. Golenkin, Algologische Notizen. 4. Die fluorescierenden Körper von Derbesia Lamourouxii. Bulletin d. I, Soci6t& Imp. d. Naturalistes de Moscou, T. VIII, 1895, pag. 269. 622 reichsten und die angehäuften Fasergebilde bedingen ebenfalls eine starke Fluorescenz. Unter weniger günstigen Kulturbedingungen nehmen Sphärite und Fasergebilde rasch an Zahl ab und verschwinden schliefslich vollständig. Sie sind also jedenfalls, wie Noll angibt, als im Überschufs produzierte und als Reservestoffe auskristallisierte Eiweifssubstanzen zu bezeichnen, die unter ungünstigeren Verhältnissen wieder aufgelöst und in den Stoffwechsel einbezogen werden können. Bei Derbesia Lamourouxii können diese Reserveprotein- substanzen noch in einer weiteren Form als Proteinkristal- loide zur Speicherung gelangen. Das Vorkommen von Proteinkristalloiden, die in den Zellen der höheren Pflanzen sowohl in den verschiedenen Teilen des Protoplasmas, im Zellkern, in den Chromatophoren, im Cytoplasma, als auch im Zellsaft so häufig enthalten sind, ist auch schon längst für niedere Pflanzen, Algen und Pilze bestätigt worden. Bei Rot- ‚algen wurden sie zuerst von Cramer!) bei marinen Grünalgen von Klein?) nachgewiesen. In seiner zusammenfassenden Arbeit bespricht Klein die Proteinkristalloide von 12 Gattungen mariner Algen (7 Gattungen von Rotalgen mit 15 Arten und 5 Gattungen von Grünalgen mit je 1 Art). Von den untersuchten marinen Grünalgen zeigten Proteinkristalloide Acetabularia mediterranea La- mour, Codium Bursa Ag., Dasycladus clavaeformis Ag,, Cladophora prolifera (Roth) Ag. und (Bryopsis Balbi- siana Lamour.) Derbesia Lamourouxii (J. Ag.) Solier. Von Derbesia standen Klein nur zwei getrocknete Exemplare zur Verfügung, von denen das eine in reichem Mafse Kristalloide auf- wies, während sie dem anderen vollständig fehlten. Seither ist das Vorkommen von Proteinkristalloiden bei Derbesia Lamourouxii von Berthold?) und Wakker‘) auf Grund von Untersuchungen am lebenden Material bestätigt worden. 1) 0. Cramer, Das Rhodospermin, ein kristallinischer, quellbarer Körper im Zellinhalt verschiedener Florideen, Vierteljahresschrift d. naturf. Ges. i. Zürich VII. Jahrg., 1862, pag. 350—365. . 2) J. Klein, Algologische Mitteilungen. 1. Über die bei Meeresalgen be- obachteten Kristalloide, Flora 60. Jahrg., 1877, pag. 290/291. — Neuere Daten über die Kristelloide der Meeresalgen. Flora 1880, 63. Jahrg., pag. 65—71. — Die Kristalloide der Meeresalgen. Jahrb. f, wiss. Bot. 1882, Bd, XIII. pag. 23—59.x 3)G. Berthold, Studien über Protoplasmamechanik. Leipzig 1886 pag. 57. . 4) J. H. Wakker, Studien über die Inhaltskörper der Pflanzenzelle, Jahrb. f. wissensch. Bot. Bd. XIX, 1888, pag. 469. 523 ‘Auf Grund eingehender Untersuchung kann ich dieselben fol- gendermafsen charakterisieren. Wie die Eiweilssphärite und die faserigen Gebilde sind auch diese Eiweilskristalloide von Derbesia Lamourouxii im Zellsafte der Schläuche enthalten und an lebenden Pflanzen der dichten Chlorophylischicht wegen gewöhnlich nicht wahrnehmbar; aus verwundeten oder durchschnittenen Schläuchen werden sie in gröfserer Zahl mit dem Zellsaft und Plasmateilen aus- geschleudert. Sie sind unlöslich in Meerwasser, destilliertem Wasser, Alkohol und Glyzerin. In verdünnten Mineralsäuren und in Essigsäure quellen sie rasch und stark auf, wobei die äufseren Schichten sich häufig als weniger quellungsfähig erweisen und infolge der stärkeren Quellung der inneren Schichten zerrissen und gespalten werden. In Kalilauge und in konzentrierten. Säuren werden sie rasch vollständig gelöst, In Jodlösungen färben sie sich gelb bis gelbbraun; sie zeichnen sich ferner durch leichte Färbbarkeit mit Eosin, Säurefuchsin, Safranin, Methylenblau, Methylviolett etc. aus. Werden kristalloidhaltige Schläuche in einer wässerigen Tanninlösung gebeizt und nach sorg- fältigem Auswaschen in destilliertem Wasser in I proz. Osmiumsäure übertragen, so erfolgt eine Braunfärbung der Kristalloide; Beizung mit 25proz. Tanninlösung und Behandlung der ausgewaschenen Prä- parate mit Eisensulfatlösung bewirkt eine tiefblaue bis schwarze Färbung derselben. Auch mit dem Millon’schen Reagens, durch Xanthoprotein- und Biuretreaktion ist die Zugehörigkeit der Kristalloide zu den Proteinsubstanzen leicht nachzuweisen. Nach ihrer Gestalt scheinen die Proteinkristalloide dem regulären Kristallsysteme anzugehören. Im polarisierten Lichte bleiben sie bei gekreuzten Nicols bei einer vollen Umdrehung immer dunkel. Sie erscheinen also optisch isotrop; da ihr Lichtbrechungsvermögen aber nur gering ist, ermöglicht ihr optisches Verhalten allein nicht, sichere Schlüsse zu ziehen. Sie kommen ausnahmslos in derselben Gestalt als Octaeder mit regelmäfsigen Flächen und scharfen Kanten vor und erscheinen demgemäfs im optischen Schnitte zum Teil als Qua- drate, zum Teil als Rhomben (Fig. 9—12 Taf. XXI). Ebenso regel- mälsige Octaeder wie bei D. Lamourouxii finden sich bei Codium Bursa, adhaerens und elongatum, während bei Acetabu- laria mediterranea und Dasycladus elavaeformis aus- schliefslich würfelförmige Kristalloide vorkommen. Es gehören also die Eiweifskristalloide aller dieser marinen Schlauchalgen mit ihren einfachen Holoederformen des regulären Systems dem vierten (Rieinus) 524 Typus, der von Schimper') unterschiodenen Typen der Protein- kristalloide an. Die Gröfse der Kristalloide von Derbesia Lamouroukii ist sehr verschieden. Die gröfsten zeigen eine Kantenlänge von 15—20%, die Mehrzahl der Kriställchen zeigt 2—7,5j. Kantenlänge. Daneben finden sich aber häufig noch winzigkleine Formen von kaum lu Länge. Nicht selten sind gröfsere und kleinere Kristalloide mit einander verklebt oder verwachsen (Fig. 12 Taf. XXII) und bleiben auch aufserhalb der Schläuche vereinigt. In den wenig verzweigten, chlorophyllreichen Schläuchen von Derbesia Lamourouxii können bedeutend mehr Eiweilskörper gebildet werden als zur Bildung neuer Organe Verwendung finden. Ein Teil dieser Substanzen wird in den Chloroplasten selbst in Form von Pyrenoiden gespeichert, der gröfsere Teil aber von den Chloro- plasten und von dem Cytoplasma dem Zellsafte zugeleitet. In demselben können sie in drei kristallinischen Formen zur Ausscheidung gelangen: als faserartige Gebilde, die in ihrer Entstehung nach Noll auf kleine verquellende Kristallnadeln zurück- zuführen sind, als kugelige SphärokristalleundalsKristalloide des regulären Systems. Von diesen drei Ausscheidungsformen der Proteinreservestoffe kommen Sphärite und Fasergebilde, die auch bei Derbesia tenu- issima und neglecta nachgewiesen werden konnten, in den Schläuchen von Derbesia Lamourouxii unter günstigen Vege- tationsbedingungen gleichzeitig und in grofser Menge vor. Dagegen scheint ihre Ausbildung das gleichzeitige Auftreten von Kristalloiden auszuschliefsen und umgekehrt sind Pflanzen, deren Schläuche sich durch Reichtum an Octaedern auszeichnen, arm oder ganz ohne Sphärite und Fasergebilde. Von den zahlreichen, in den Monaten März und April 1902 und 1903 in Neapel lebend untersuchten oder fixierten und konservierten Pflanzen enthielten merkwürdigerweise die meisten Sphärite und Fasergebilde, nur wenige Kristalloide. Wurden aber in einem Schlauche eines Rasens Eiweilskristalloide gefunden, so zeigten auch alle anderen Schläuche desselben die Eiweilssub- stanzen . in derselben Form ausgeschieden; nicht selten sind in einem Schlauche grofse und kleine Kristalloide einzeln oder teil- weise zusammengekittet zu vielen Tausenden vorhanden. Es mufs 1) A. F. W. Schimper, Über die Kristallisation der eiweifsartigen Sub- stanzen. Zeitschr. f, Kristallographie u, Mineralogie V. Bd., 1881, pag. 141. ' 525 weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, für dieses Vermögen von Derbesia Lamourouxii Eiweilssubstanzen in drei kristal- linischen Formen auszuscheiden, vielleicht auf experimentellem Wege die richtige Erklärung zu finden. Da sich diese Schlauchalge nur schwierig kultivieren läfst, dürfte die Lösung dieser Aufgabe nur während eines längeren Aufenthaltes an einer Meeresstation möglich sein. Es würde sich bei diesen Versuchen offenbar zunächst darum handeln, festzustellen, ob Kristalloide führende Pflanzen immer nur Kristalloide und Pflanzen mit Sphäriten und Fasergebilden nur solche zu bilden imstande sind, mit anderen Worten, ob etwa in bezug auf Eiweifsbildung zwei physiologisch sich verschieden verhaltende Varietäten zu unterscheiden wären. Da wir gesehen haben, wie sehr Derbesia neglecta in bezug auf Chloroplasten und Stärkebildung von den beiden anderen Arten abweicht, wäre das Vorkommen physiologisch unterscheidbarer Varietäten an sich ja wohl denkbar. Für den Fall aber, dafs alle Individuen sowohl zur Kristallvid- wie auch zur Sphärit- und Faserkörperbildung befähigt sich ausweisen sollten, also je nach den Aufsenbedingungen bald Kristalloide, bald Sphärite und Fasergebilde oder vielleicht auch alle drei Formen ‚gleichzeitig erzeugen, wäre noch die Frage zu entscheiden, ob die verschiedenen Kristallisationsformen auf stoffliche Verschieden- heiten hinweisen oder ob dieselben, etwa vergleichbar der Kristal- lisation des Caleciumoxalates, !) nach dem tetragonalen oder monoklinen System und in Sphäritform, nur Erscheinungsformen einer und der- selben Proteinsubstanz unter verschiedenen Kristallisationsbeding- ungen 'sind. 3. Die Calciumoxalatkristalle von Derbesia tenuissima (De Not.) - Crouan. Während in den Zellen der Phanerogamen Calciumoxalat sehr häufig und in mannigfaltiger Gestalt (Einzelkristalle des tetra- gonalen und monoklinen Systems, Kristallsand, Kristalldrusen, Sphärite und Raphiden) zur Ausscheidung gelangt, scheint es den Moosen und Gefäfskryptogamen?) vollständig zu fehlen und ist auch bei den Thallophyten nur wenig verbreitet. Im Pilzreich ist nach Kohl die Auf- und Zwischenlagerung von oxalsaurem Kalk eine all- 1) L. Kny, Über Kristallbildung beim Kalkoxalat. Ber. d. d. bot. Ges. Bd. V, 1887, pag. 387—395. : 2) F.G. Kohl, Anatomisch-physiologische Untersuchung der Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze. Marburg 1889, pag. 22f. 526 gemein verbreitete Erscheinung, während er als Bestandteil des Zell- inhaltes nur in wenigen Fällen nachgewiesen worden ist. Bei den Algen fand Klein!) tetragonale Pyramiden und kleine Sphärite in zwei Spiridien; oxalathaltig sind nach den Unter- suchungen von Klein?), Woronind), Benecke‘®) auch einzelne Vaucheriaarten; Vaucheria De Baryana z. B. zeigt nach Woronin aulser Sphäriten, tetragonale Pyramiden und einfache und kreuzartig verwachsene Prismen. In Spirogyraarten®) wurden nadelförmige Prismen und kreuzartig verwachsene Prismen und bei der marinen Halimeda Tuna von Kohl wiederum langgestreckte Prismen und tetragonale Pyramiden gefunden. In den Schläuchen von Derbesia tenuissima sind Caleium- oxalatkristalle nicht gerade häufig, zeichnen sich dagegen stets durch relative Gröfse und schöne Ausbildung aus. An lebenden Pflanzen sind sie wie die Sphärite und Eiweifskristalloide von Derbesia Lamourouxii der dichten Chlorophyllschicht wegen gewöhnlich nicht wahrnehmbar; erst nach längerem Suchen gelingt es etwa, in weniger chlorophyllreichen Partien zufällig vorhandene grofse Kristalle aufzufinden (Fig. 15 Taf. XXID. Sie können dagegen sowohl in lebendem wie in fixiertem und konserviertem Material durch Anwen- dung einfacher Untersuchungsmethoden leicht gefunden werden. Läfst man zu angeschnittenen Schläuchen eines. Objektträgerpräparates destilliertes Wasser hinzutreten, so bewirkt die starke endosmotische . Wasseraufnahme neben der pag. 517 beschriebenen Quellung der Chloro- plasten auch ähnliche Quellungserscheinungen im Protoplasma, wie sie von Berthold®) für Bryopsis beschrieben worden sind. : Nach kurzer Zeit beginnen die gequollenen, mit dem Zellsafte vermischten Inhaltsmassen in allen angeschnittenen Schläuchen sich in Bewegung zu setzen und strömen langsam durch die Schnittflächen in das um- gebende Wasser aus. Die Calciumoxalatkristalle werden bei diesen Inhaltswanderungen mitgerissen und sind infolge ihrer starken Licht- 1) F.G. Kohl, I. c. pag. 65. 2) J. Klein, Algologische Mitteilungen. 4. Über oxalsauren Kalk bei Algen, Flora 1877 pag. 315—819, 3) M. Woronin, Vaucheria De Baryana, Bot, Zeitg. Jahrg. 38, 1880, pag. 427. 4) W. Benecke, Über Oxalsäurebildung in grünen Pflanzen Bot. Zeitg. Jahrg. 61, 1903, pag. 86. 5) F.G. Kohl, 1. co. pag. 64. — W. Benecke,l. e. pag. 89, 6) G. Berthold, Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Meeres- algen, Jahrb. f, wiss. Bot. Bd, XIII, 1882, pag. 703. 627 brechung nunmehr schon bei schwächerer Vergröfserung leicht zu entdecken. Gröfsere Kristalle werden am Ausströmen durch einge- engte Schlauchstellen (Fig. 14 Taf. XXII), Knickungen etc. häufig verhindert, verursachen bisweilen Stauungen oder wenn der ge- quollenen Masse noch ein Teil des Weges frei gelassen wird, die Ansammlung der nachfolgenden Kristalle. In den halb entleerten Schläuchen, wie auch im ausgetretenen Inhalte sind nun die Kristalle der eingehenden Untersuchung leicht zugänglich. Auch im konser- vierten Material werden die Kristalle durch Quellung und Zerstörung des übrigen Inhaltes sichtbar gemacht. Taucht man z. B. ein kleines Büschel Fäden aus der Konservierungsflüssigkeit einige Minuten in eine Jodlösung und überträgt sie hernach in eine concentrierte Chloralhydratlösung, so verquellen die Chloroplasten mit dem Plasma zu einer schwach bläulich gefärbten Masse, innerhalb welcher die farblos bleibenden und lichtbrechenden Kristalle scharf hervortreten. Die Kaikoxalatkristalle von Derbesia tenuissima zeigen zwei Formen. Die einen sind Prismen mit quadratischer Grundfläche (Fig. 14, 16 u. 17 Taf. XXII), aber verschiedener Höhe. Sehr häufig ist sie ungefähr gleich der Seite der Grundfläche, so dafs würfel- ähnliche Prismen entstehen, in wenigen Fällen ist sie bedeutend kleiner, am häufigsten 1!/,—3mal so lang als die Seite der Grund-. fläche. Die zweite Form ist eine Kombination von Prisma und Pyramide. Über den quadratischen Grundflächen von meistens lang- gestreckten Kristallen erheben sich stumpfe Pyramiden, deren Höhe nur einen kleinen Bruchteil der Gesamthöhe beträgt (Fig. 15, 17 u. 18 Taf. XXID. Die Dimensionen dieser Kristalle sind im Vergleich zu.der häufig nur 80—40;. betragenden Schlauchweite relativ grofs. Die Seite der Grundfläche mifst gewöhnlich 5—12p; die Höhe des Prismas 5—36%, die Höhe der stumpfen Pyramide 2—3p. Der gröfste der beobachteten Kristalle (Fig. 15 Taf. a hatte folgende Dimensionen: Seite der Grundfläche . 14,85 Höhe: des Prismas. . . 43,2 u . Höhe der Pyramiden. . 2,7 u Gesamthöhe 48,6 Die frei im Wasser oder in Chloralhydrat liegenden Kristalle zeichnen sich durch ein starkes Lichtbrechungsvermögen aus. Im polarisierten Lichte verhalten sie sich je nach ihrer Lage verschieden. Fällt das polarisierte Licht parallel der Längsachse auf die Grund- fläche von Prismen oder auf die Pyramidenflächen, so bleiben die Kristalle bei gekreuzten Nicols während einer vollen Umdrehung Flora 1904, 35 528 dunkel; sie verhalten sich also in der Richtung der Längsachse wie eine isotrope Kristallplatte. Liegen die Kristalle dagegen, was bei den gröfseren fast immer der Fall ist, so, dafs die Prismenflächen vom Lichte getroffen werden, so erfolgt bei gekreuzten Nicols während einer Umdrehung um 360° viermalige Auslöschung. In den Zwischen- lagen dagegen leuchten die Kristalle hell auf; sie sind also doppel- brechend. Ihre optischen Eigenschaften (optisch anisotrop, einachsig) ergeben demnach, dafs sie, wie ja schon die Betrachtung der ein- fachen und scharf ausgebildeten Formen vermuten läfst, als Holoeder des tetragonalen Kristallsystems, Prismen I. oder II. Art und Kombi- nationen solcher Prismen mit stumpfen Pyramiden derselben Art zu bezeichnen sind. Die verhältnismäfsig starke Doppelbrechung ermög- licht es auch, im polarisierten Lichte die Kristalle in lebenden Pflanzen und im fixierten Materiale ohne vorherige Desorganisation des In- haltes aufzufinden und sich so über ihre Verteilung zu unterrichten. Es zeigt sich dabei, dafs die grolse Mehrzahl der Kristalle isoliert auftreten, daneben aber doch etwa Kristallgruppen (Fig. 16 u. 17 Taf. XXI) zu treffen sind. Die Untersuchung im polarisierten Lichte ergibt ferner, dafs die Kristalle nicht in allen Kulturen und nicht in allen Schlauchteilen derselben Pflanze gleich häufig sind. Ähnlich wie in den Blättern der höhern Pflanzen der Oxalatgehalt zuerst klein ist und mit dem Alter beständig zunimmt, sind die jüngsten Schlauchteile von Derbesia tenuissima arm, die älteren reicher an Caleiumoxalatkristallen. Ungünstige Vegetationsbedin- gungen befördern die Oxalatbildung, indessen sind auch an älteren Pflanzen kristallreiche Schlauchstücke, wie das in Fig. 13 Taf. XXI dargestellte, Seltenheiten. Gegenüber Reagentien zeigen die Kristalle von Derbesia tenuissima die bekannten Eigenschaften des Kalkoxalates. Sie sind unlöslich in Wasser, verdünnter und concentrierter Essigsäure, löslich dagegen in verdünnter und concentrierter Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure. Die Kristalle sind von einer dünnen Plasmahülle um- geben, welche in schwachem Mafse Eiweifsreaktion zeigt, mit Jod- lösung gelblich, unter Einwirkung des Millon’schen Reagens schwach rötlich gefärbt wird. Bei Einwirkung der verdünnten Mineralsäuren erfolgt zunächst eine leichte Quellung dieser Plasmahülle und hierauf eine langsame,.an der ganzen Oberfläche gleichmälsig fortschreitende Abschmelzung der Kristalle. In concentrierter Salzsäure oder Schwefel- säure geht die Lösung fast momentan vor sich. Von Interesse ist das Verhalten der Kristalle bei Einwirkung von Kalilauge. Nach 529 Sanio!) und Zimmermann?) bleiben Kalkoxalatkristalle bei Be- handlung mit Kalilauge zunächst unverändert. Nach einiger Zeit, meistens erst nach einigen Stunden sollen sie plötzlich gelöst, in der umgebenden Flüssigkeit dagegen gleichzeitig neue Kristalle in Gestalt sechseckiger Tafeln, vermutlich aus einem Kalium-Caleium-Doppel- salz, gebildet werden. Die Lösung der Kalkoxalatkristalle von Derbesia tenuis- sima geht nicht nur in konzentrierter, sondern auch in verdünnter z. B. noch in Öproz. Lauge vor sich. Zu Beginn der Einwirkung z. B. einer 10proz. Lauge wird an dem in Lösung begriffenen Kristall (Fig. 18 und 18a Taf. XXII) ein rötlich schimmernder Saum — offen- bar die quellende Plasmahülle — sichtbar. Die Lösung geht zunächst an der ganzen Oberfläche ziemlich gleichmäfsig vor sich, wobei Kanten und Flächen allerdings bald undeutlich werden, der abschmelzende Kristall sich abrundet. In der Richtung der Längsachse erfolgt später die Lösung stets etwas weniger rasch, so dafs noch während längerer Zeit fast die ursprüngliche Länge beibehalten wird. Nach einiger Zeit, häufig schon nach 10 Minuten bilden sich in der abgerundeten Oberfläche infolge ungleicher Abschmelzung Furchen, die immer tiefer in den Kristall einschneiden und denselben in Stücke zerlegen, die während der weiterschreitenden Lösung (Fig. 18c—g Taf. XXII) häufig die Form sechseckiger Tafeln erhalten (Fig. 18/ Taf. XXID. Diese bleiben bis zum Verschwinden im Zusammenhang oder werden getrennt und dann einzeln vollständig gelöst. Die Lösung des in Fig. 18 Taf. XX11 dargestellten Kristalls erfolgte in der 10proz. Lauge in einer Stunde. Fig. 18a und 5 Taf. XXI zeigen das Aussehen desselben nach 5 und 10 Minuten, Fig. 18c-g Taf. XXII nach je weiteren 10 Minuten. In konzentrierteren Laugen geht die, Lösung entsprechend rascher vor sich; in einer 20proz. Lauge wurde z. B. ein prismatischer Kristall mit 12} Quadratseite und 18, Höhe in 10 Minuten vollständig gelöst. Bei Derbesia Lamourouxii und neglecta habe ich bis jetzt keine Kalkoxalatkristalle nachweisen können. Vor kurzem ist gezeigt worden), dals es möglich ist, einzelne 1) ©. Sanio, Über die in der Rinde dicot. Holzgewächse vorkommenden kristallinischen Niederschläge und deren anatomische Verbreitung. Monatsber. d. Berl. Akad. d. Wiss, 1857, pag. 252, 2) A, Zimmermann, Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle, Breslau 1887, pag. 99. — Botanische Mikrotechnik. Tübingen 1892, pag. 58. 3) W. Beneckel.c. & M. Amar, Sur le röle de l’oxalate de calcium dans la nutrition des v6gstaux. Compt. rend. d. s. de l’Acad. d. sc. de Paris 6 avril 1903, pag. 901-903; 28 d&o. 1903, pag. 1301-1308. 35* 530 Phanerogamen mit oder ohne Kalkoxalat zu züchten; bei den von Benecke gleichzeitig untersuchten Algen Vaucheria fluitans, Spirogyra bellis und setiformis dagegen gelang eine ähn- liche Beeinflussung des Oxalatgehaltes nicht. Vielleicht eignen sich zu ähnlichen Versuchen die marinen Derbesien besser und ist an denselben der Nachweis zu erbringen, ob das Vorhandensein oder Fehlen von Caleiumoxalatkristallen als spezifisches Merkmal der Arten (D. tenuissima — D. Lamourouxii und neglecta) aufzufassen ist oder durch Änderungen der Aufsenbedingungen hervorgerufen werden kann. Ich hoffe hierüber in Verbindung ‘mit der Besprechung anderer ex- perimenteller Untersuchungen mit Derbesia berichten zu können. Zürich, den 25. Mai 1904. NS Literaturverzeichnis. Amar, M., Sur le röle de l’oxalate de Caleium dans la nutrition des vögätaux, Compt. rend.d.s. del’Acad.d. sc. de Paris T. 136, 6 avril 1903, pag. 901—903; T. 137, 28 dsc. 1903, pag. 1301-1808. Benecke, W., Über Oxalsäurebildung in grünen Pflanzen. Bot, Ztg. 61. Jahrg., 1903, pag. 79—110. Berthold, G., Zur Kenntnis der Siphoneen und Bangiaceen. Mitteilungen a. d. zoolog. Station Neapel Bd, 2, 1881, pag. 72—82. — — Über die Verteilung der Algen im Golf v. Neapel. 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Fig. 12 stellt eine gröfsere Gruppe verwachsener oder zusammengeklebter Kristalloide dar. Vergr. 980/1, Derbesia neglecta: Fig. 6—8. 6—8. Oval-scheibenförmige Chloroplasten (leicht schraffiert) und gleich- 13. 14, 15. 16 18 gestaltete Stärkekörner. Fig. 6 Gruppe von Chloroplasten und wenigen Stärkekörnern aus einem jüngeren Schlauche, Fig. 7 u. 8 Gruppen aus älteren Schläuchen mit ungefähr gleicher Zahl von Stärkekörnern und Chloroplasten. Vergr. 720/I. Derbesia tenuissima: Fig. 8-5; 13— 180g. . Typisch geformte Chloroplasten mit beschalten Pyrenoiden aus einem rasch wachsenden, etwas chlorophyllarmen Schlauche einer gut beleuchteten Kultur. Vergr. 720/1. . Umwandlung der gestreckten Chloroplasten zu kurz spindelförmigen, in der Mitte kugelig angeschwollenen Körpern unter dem Einflusse geringerer Lichtintensität. Die Resorption der Pyrenoide ist bereits in einigen der Chloroplasten erfolgt. Vergr, 720/1. . Scheibenförmige und ovale Chloroplasten ohne Pyrenoide aus einem Schlauche einer während 10 Tagen unter ungünstigen Lichtverhält- nissen gehaltenen Kultur, Vergr. 720/1. Schlauchstück mit drei Einzelkristallen und zwei Gruppen zu zwei und fünf Oxalatkristallen. Die Verzweigung von Derbesia tenuissima ist, wie aus der Figur hervorgeht, mehr oder weniger gabelig. Von zwei gleich- wertigen durch Gabelung des Scheitels entstehenden Ästen entwickelt sich häufig nur der eine weiter, während der andere (i. d. Figur z. B. der die Kristallgruppe enthaltende) in der Entwicklung zurückbleibt. Aufser der gabeligen Endverzweigung kommt den Schläuchen auch das Vermögen zur Bildung von Seitenzweigen an älteren Schlauchteilen zu. Vergr. 85/1. Einzelkristall in der Form des tetragonalen Prismas, Vergr. 920/1. Einzelkristall: Kombination des tetragonalen Prismas mit stumpfer Pyramide gleicher Art. Infolge des geringen Chlorophyligehaltes war der in dieser Figur dargestellte grofse Kristall schon in der lebenden Pflanze gut sicht- bar, Vergr. 920/i. u. 17. Im polarisierten Lichte in lebenden Pflanzen aufgefundene Kristall- gruppen mit Prismen und Kombinationen von Prisma und Pyremide. Vergr. 920/1. u, 180—g. Lösungsstadien eines Kristalls bei Einwirkung einer 10proz. Kalilauge. Fig. 18 Intakter Kristall, Fig. 18« Auflösungsstadium nach 5 Minuten. Die feine Plasmahülle des Kristalle quillt zu einem rötlich schimmernden Saume auf. Die Lösung geht zunächst ungefähr gleich- mäfsig an der ganzen Oberfläche unter Abrundung der Kanten und Flä- chen vor sich. Fig. 185 Auflösungsstadium nach weiteren 5 Minuten. Fig. 18c—g nach je weiteren 10 Minuten, Infolge ungleichmäfsiger Lösung entstehen Furchen, die den Kristall in einige Stücke zerlegen, welche während der fortschreitenden Auflösung häufig die Gestalt sechsseitiger Tafeln annehmen, entweder bis zur vollständigen Lösung verbunden bleiben oder auseinanderfallen und getrennt völlig gelöst werden, Vergr,. 920/l. Die Zusammensetzung des „Passatstaubes‘‘ auf dem südlichen atlantischen Ozean. Von P, F, Reinsch. (Mit drei Textfiguren.) Zur Zeit der Passatwinde zeigt sich auf dem atlantischen Ozean zwischen der brasilianischen Küste und der Westküste von Afrika den Seefahrern, welche diese Gewässer zu dieser Zeit passieren, ein lange bekanntes Phänomen, welches unter dem Namen des „Passat- staubes“ bekannt ist. Es zeigt sich auf der Ozeanfläche eine von der gewöhnlichen Ozeanfarbe gänzlich verschiedene Färbung. Bei ruhigem Wetter erscheint die Oberfläche des Wassers weithin oder auch nur streifenweise von einer eigentümlichen gelblichen bis gelblichgrünen Färbung. Diese Farbenveränderung von der gewöhnlichen blaugrünen Ozeanfärbung bei ruhigem Wetter ist auch dem Laien schon auffällig und deshalb den Seefahrern schon längst bekannt. Dafs diese nur selten und periodisch auftretende Ozeanfärbung von irgend einem auf der Wasserfläche schwimmenden färbenden Stoffe herrühren müsse, nahm man schon lange an, schon deshalb, weil bei der leisesten Windbewegung die fremdartige Färbung alsbald verschwindet und mithin die letztere keine Eigenschaft des Wassers selbst sein kann. Hieraus erklärt sich auch die nicht immer gleichförmig über den Horizont der Ozeanfläche verbreitete fremdartige Wasserfärbung. An denjenigen Stellen der Horizontfläche, wo leichte lokale Luftströmungen stattfinden, mufs demgemäfs auch die Ozeanfläche streifig gefärbt er- scheinen. Damit in Übereinstimmung stehen auch die Mitteilungen der Beobachter des Phänomens. Wenn nämlich der Dampfer eine intensiv gelbgrün gefärbte Ozeanfläche durchschneidet, so geschieht es, dafs vom Bug des Schiffes aus die bewegte Wasserfläche entfärbt, d. h. die gewöhnliche Wasserfarbe sich zeigt. Die vom Dampfer durchschnittene Meeresfläche zeigt die charakteristischen, vom Bug des Schiffes aus weithin sich erstreckenden, scharf markierten divergierenden Linien auf der Wasserfläche, wie diese während des Phänomens des Meeresleuchtens beim Durchlaufen des Dampfers wahrgenommen werden. Im vorliegenden Falle als entfärbte Streifen auf der Wasser- fläche, beim Meeresleuchten als leuchtende Lichtlinien. — Allgemein 584 nahm man zur Erklärung des Phänomens: seither an, dafs die Passat- winde zur Zeit der Sichtbarwerdung des Phänomens bei dem Be- streichen der brasilianischen Küste über die ausgedehnten Kontinental- waldungen hinweg sich mit Pollen beladen (hauptsächlich die Abietineen). Wenn die Pollen entführende Luftströmung über den Ozean hin sich bewegt, so fallen die mitgeführten Pollenmassen auf die ‚Wasserfläche herab. Wie bei dem terrestren „Pollenregen“ würde dann die Wasserfläche ihre fremdartige Färbung erhalten durch die auf dem Wasser schwimmenden Pollenkörnchen. Durch diese gegen- wärtige Untersuchung der färbenden Materie des Meerwassers wird jedoch eine andere Ursache bewiesen und das Phänomen im Atlantic mit dem schon im Jahre 1830 von Ehrenberg beobachteten Phänomen der Meeresfärbung im Golf Sinai des roten Meeres identifiziert. Fig. 2. Fig.1. Ein ganzes vollständiges Thallom (Triehomkolonie) des Trichodesm. Hil- debrandtii Forma Atlantica. Vergr, 20/1. Fig 2. Teil eines Trichoms (stärker vergr.) der Chromatophor ? im Centrum der Zelle, bei einzelnen Zellen geteilt aa. Vergr. 500/1. Fig. 3. Spitze eines Triehoms mit der kleinen asymmetrischen Endzelle. Vergr. 500/1. Herr Dr. Friedrich Reinsch, Schiffsarzt des Bremer Lloyd, welcher auf meine Veranlassung hin auf seinen Seereisen verschiedene Beobachtungen und Materialien gelegentlich sammelte, beobachtete auch das in. Rede stehende Phänomen, Von einer seiner Reisen 535 nach Südamerika zurückgekehrt, übersandte derselbe mir unter anderem auch eine Beobachtung des Phänomens mit einer Probe des ge- sammelten Meereswassers, Der Gegenstand war bezeichnet: „Nr. V ist Scewasser, welches den rätselhaften ‚Passatstaub« enthält. Derselbe bildet im Meere lange, wiesenförmige Streifen von schwefelgelber Farbe, die man schon in der Ferne vom übrigen Wasser unterscheiden kann. Durch die Schiffswellen werden diese ‚Wiesen‘ jedoch so zerrissen, dafs ich nur wenig Staub auffangen konnte. Es sind die weifs glänzenden Fädchen, die sich zu Boden setzen. Ich fand diesen Staub auf Aus- und Rückreise von der süd- amerikanischen (brasilianischen) Küste, nicht an der westafrikanischen, wo er sonst und zwar von roter Farbe beobachtet worden sein soll.“ Das Fläschchen (100 g) enthielt ganz farbloses helles Meerwasser mit einem äufserst schwachen farblosen Sediment. Es war geschöpft bei 19.34° Lat. Südl. 38.58 Long. West. unmittelbar aus Wasser, welches das Phänomen zeigte und .war zur Konservierung etwa vorhandener mikroskopischer Organismen mit etwas Salicylsäure versetzt worden. Das farblose Sediment in dem Fläschchen erwies sich bei 300 facher Vergröfserung aus ausgeschiedenen Salicylkriställchen und Bündelchen einer den Oscillariaceae angehörigen Fadenalge zusammengesetzt. Die Algenbündelchen (Fig.1) erweisen sich nicht als Fragmente grölserer zusammenhängender Algenanhäufungen. In Gröfse, Zusammensetzung und Struktur der einzelnen Elemente erweisen sich die sämtlichen zu Gesicht gekommenen Bündelchen als übereinstimmend. Im ganzen waren in dem Sediment etwa 20 komplette Bündelchen vorhanden, mit zahlreichen isolierten Trichomen und Fragmenten von solchen untermischt.!) Die Länge der Trichome beträgt 1,8 bis 2,5 mm. Die. Breite 16. bis 21. Die Trichome gegen die Spitze zu unmerklich und plötzlich wenig zugespitzt. Die Endzelle fast halb- rund stumpf, deren Durchmesser und Höhe die Hälfte der Dimen- sionen der unten folgenden Zellen. Die Zellen an den Verbindungen nicht eingeschnürt. ' Die Länge der Zellen 2—3mal kürzer als der Durchmesser. Der Zellinhalt kaum granulös. Im Centrum findet sich ein einzelner granulöser, schwach tingierter Körper von einem Drittel des Zellvolums (Fig. 2 u. 3). In einzelnen undeutlich geteilten Zellen 1) Diese gestatteten die Herstellung einiger guter Dauerpräparate, Über den Gegenstand wurde schon in der Naturhist. Gesellsch. zu Nürnberg in der Oktobersitzung letzten Jahres berichtet und die Präparate vorgezeigt. 586 erscheint dieser Körper in zwei Hälften geteilt (Fig. 8 aa). Ob dieser Körper der lebenden Zelle zuteil ist, kann nicht entschieden werden; möglicherweise ist derselbe das Produkt der Einwirkung der Salicyl- säure auf den Zellinhalt. Die Pflanze reiht sich im System in das von Ehrenberg auf- gestellte Genus Trichodesmium !), Die drei bis jetzt von den Autoren unterschiedenen Spezies (Tr. Erythraeum Ehrenb., Hildebrantii Gomont, Thiebautii Gomond?) finden sich auf der Oberfläche ver- schiedener Ozeane schwimmend und verursachen in unendlicher Menge gehäuft das unter dem Namen der „Seeblüte“ bekannte Phänomen, eine in verschiedenen Farben (purpurrot, bräunlichgelb und gelblich- grün) auftretende, weithin gedehnte Färbung der ruhigen oder nur schwach bewegten Wasserfläche. Der Färbung gemäfs und der Be- schaffenheit der Trichome schliefst sich die Pflanze an Tr. Hilde- brantii Gom. an. Bei der von Gomont gegebenen Abbildung (Taf. 6 Fig. 1) ist die Spitzenzelle flacher und um die Hälfte niedriger als bei dieser atlantischen Form. Ich ziehe deshalb diese Form als Forma Atlantica, cellula terminali rotundato truncata, longitudinis dimidio breviori zu Tr. Hildebrantii Gom. Hab. südlicher atlantischer Ozean, brasilianische Küste. 1) Annalen der Phys. und Chemie XVII, pag. 506, 1830. 2) Maurice Gomont, Monographie des Oscillarides, Nostocacedes Homocyst6es. Annales des Sciences Natur. Botanique. Tom. XV, XVI. Hierin findet sich auch die gesamte Literatur über Trichodesmium angeführt. Literatur. Untersuchungen zur Physiologie der pflanzlichen Organisation. Von Dr. G. Berthold. Zweiter Teil, erste Hälfte. Leipzig, W. Engel- manns Verlag. 1904. Bereits in dem ersten Teil des oben angekündigten Werkes!) hatte Berthold den prinzipiellen Standpunkt umgrenzt, von dem aus er die Probleme der pflanz- lichen Organisation in Angriff genommen hat. Er beginnt auch den vorliegenden zweiten Teil mit einer allgemeinen Einleitung, deren Inhalt als eine aus der De- tailarbeit erwachsene Fortentwicklung der allgemeinen Ideen des Autors angesehen werden kann. Zugleich gibt diese Einleitung ihm Gelegenheit sich mit den ihm gemachten Einwürfen abzufinden und seinen Standpunkt gegenüber demjenigen anderer Forscher, die das Gebiet der pflanzlichen Organisation bearbeiten, zu prä- zisieren. Ich glaube der Aufgabe, die Leser dieser Zeitschrift auf die Eigenart des Werkes hinzuweisen, am besten dadurch gerecht werden zu können, dafs ich kurz die allgemeinen Sätze skizziere, von denen Berthold bei seiner Fragestel- lung ausgegangen ist. Eine eingehende Würdigung der im speziellen Teil des Werkes enthaltenen Verarbeitung der speziellen Beobachtungstatsachen, die, soweit sie nicht der Literatur entnommen oder durch die Dissertationen der Schüler Bertholds bekannt geworden, zum Teil bereits im ersten Bande des Werkes in Form von Untersuchungsprotokollen mitgeteilt worden waren, würde über den Ramen eines Referates ohnehin sehr wesentlich hinausgehen müssen. Während die physiologische Pflanzenanatomie der Schwendener’schen Schule, wie sie speziell in Haberlandts Werk ihren Ausdruck-gefunden hat, in erster Linie die Beziehungen zwischen der Funktion und dem morphologischen Aufbau der Pflanzenorgane klarzulegen sucht, während die experimentelle Mor- phologie aus der Beeinflussung des Werdeganges der Organisation durch die in- neren und äufseren Faktoren zu allgemeinen Schlüssen zu gelangen sucht, sieht Berthold es als seine Aufgabe an, den Organisationsprozefs im Pflanzenkörper in seinen einzelnen Entwicklungsschritten zu analysieren und daraus sichere Vor- stellungen über den den Organisationsvorgängen zugrunde liegenden Mechanismus zu gewinnen und zur Erkenntnis der bewirkenden Ursachen ‚zu gelangen, Die Faktoren, welche den Entwioklungsgang und das erreichte Endresultat beherr- schen, sind einmal die in der ererbten Konstitution des plasmatischen Bubstrates gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten, ferner die Korrelation zwischen den Dif- ferenzierungen verschiedener Ordnung und endlich der Einflufs der äufseren Be- dingungen, Um aber der Deutung der Entwicklungsvorgänge eine mechanische Grundlage geben zu können, sieht sich der Verf. genötigt, zunächst die rein tat- sächlichen morphologischen Verhältnisse im Organismus im fertigen Zustande wie in dem Entwicklungsgange zu konstatieren, zu ermitteln, „welche Differenzierungen in Wirklichkeit vorhanden sind, wie weit diese Differenzierungen definitiv sind oder ob und wie sie ineinander übergehen können, wann sie auftreten und in welcher Reihenfolge und wieweit ihnen auch in quantitativer Hinsicht ein ganz bestimmter 1) Vergl, Flora 1899 pag. 233. 538 Entwicklungsverlauf von vorneherein vorgezeichnet ist oder nicht,“ Er charakte- risiert die Gewebe nach der Ausgestaltung der Zellen und unterscheidet dabei nach physiologischen Gesichtspunkten einfache Gewebe, einfache und zusammen- gesetzte Gewebesysteme, die wiederum im einzelnen Gewebe nach topographischen Regionen unter sich verschieden sein können. Bei dem Versuch, auch auf che- mischem Wege einen Einblick in den Verlauf des Organisationsprozesses und der Gewebedifferenzierung zu gewinnen, wird teils aus praktischen Gründen besonders auf das Verhalten von Stärkezucker und Gerbstoff Rücksicht genommen, Man sieht, dafs der Autor, auch wenn er sich vorerst auf das typische Ver- halten der Vegetationsorgane beschränkt, ein weites Arbeitsfeld zum Anbau und Ausbau gewählt hat, und es kann nicht wundernehmen, dafs ihm der Stoff unter den Händen wuchs, Trotz der langen Zwischenzeit seit Erscheinen des ersten Bandes umfafst das vorliegende umfangreiche Heft erst nur einen Teil des Mate- rials, welches in den Jahren seit Inangriffnahme des Problems gewonnen wurde, Die Ausführungen des. speziellen Teiles beziehen sich ausschliefslich auf die Mor- phologie der Achse. Nach einer zusammenfassenden Darstellung der physiologi- schen Morphologie des typischen Sprosses werden in gesonderten Kapiteln das Mark, die primäre Rinde, der Verlauf der Entwicklung in Mark und Rinde be- handelt. Das sehr umfangreiche fünfte Kapitel bringt eine zusammenfassende Übersicht über die Entwicklung und Rhythmik des Sprosses, welche das vorliegende Heft beschliefst. Für das zweite Heft bleibt die Behandlung von Blatt und Wurzel vorbehalten. Giesenhagen. Schulz, Otto Eugen, Monographie der Gattung Cardamine. Englers botan. Jahrbücher 32. Bd. 4. Heft. 1903. Der durch seine frühere ausgezeichnete Monographie der Gattung Melilotus bekannte .Systematiker unternahm auf Anregung der beiden Berliner Professoren Engler und Urban kürzlich eine ausführliche, 343 Seiten starke Monographie der Cruciferengattung Cardamine, die in morphologisch-systematischer, besonders aber in pflanzengeographischer Beziehung günstige Resultate zu erzielen versprach. Früher schon einmal hatte Aug. Pyr. DeCandoile einen Versuch einer Mono- graphie der Gattung Cardamine gemacht. Er konnte aber keine bessere Ein- teilung als die alte Linn&’sche bringen und war selbst mit seiner Bearbeitung nicht zufrieden. — Dem Verf. standen zahlreiche gröfsere Herbarien (Berlin, Herb, Barbey-Boissier und Delessert in Genf, Cambridge, Washington, Petersburg, Wien, Breslau, Zürich, Herb, Spegazzini in La Plata usw.) zur Verfügung, die ein eingehendes Studium ermöglichten. Sehr lesenswert sind die Beiträge zur Mor- phologie und Ökologie der Gattung. Bekannt ist durch die Ausbildung unter- irdischer Blüten und Früchte die in Südamerika verbreitete C. chenopodiifolia. Die physiologische Bedeutung dieses Dimorphismus ist nach der Ansicht des Verf. weniger in den rauhen klimatischen Verhältnissen, wie z. B, Griesebach an- nahm, zu suchen, sondern die Ausbildung amphicarper Früchte, welche an die vegetative Vermehrung ausdauernder Arten erinnert, gewährt der Pflanze einen wirksamen Schutz gegen die Vernichtung durch gefrässige Tiere und ist somit für die Erhaltung der Art von Bedeutung. Bei der systematischen Umgrenzung der Gattung kommen Nasturtium und Dentaria in Betracht. Erstere läfst sich vor allem durch den Bau der Früchte jederzeit leicht von Cardamine trennen. Die Cardaminefrucht ist stets eine Schote, während die Frucht in der Gattung Nastur- 539 tium bald kugelig, bald eiförmig oder bald lang-linealisch ist. Andrerseits gibt es zwischen Cardamine und Dentaria keine durchgreifenden haltbare Unterschiede, so dafs der Verf. die frühere Gattung Dentaria kassieren und nur als Sektion der Gattung Cardamine aufstellen will. Wichtig scheint z. B. für Dentaria das Vor- handensein von Schuppen- oder Niederblättern und der in der Regei einfache Stengel. Aber innerhalb des Genus Cardamine (inkl. Dentaria) läfst sich am Rhi- zom ein ununterbrochener Übergang von fast ganz unterdrückten bis zu den spe- zifischen Schuppen der „Zahnwurz“ nachweisen. Die in den bayerischen Voralpen ziemlich verbreitete Cardamine trifolia mit immergrünen Blättern ist z. B. mit einigen rudimentären Wurzelblättern versehen und steht auch sonst der früheren Gattung Dentaria sehr nahe, worauf bereits schon Celakofsky aufmerksam machte. Die Gattung Cardamine ist über den ganzen Erdball verbreitet und bewohnt fast ausschliefslich gemäfsigte und kalte Gegenden; in wärmeren Gegenden suchen die Arten höhere Regionen auf. Sie sind auf feuchte Standorte angewiesen und lieben eine mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre. In den Tropen finden wir sie des- halb nur auf den höchsten Berggipfeln, wo sie Gelegenheit haben, oft von Nebeln benetzt zu werden. Schulz unterscheidet im ganzen 116 Arten, worunter sich eine gröfsere Zahl von neu aufgestellten Spezies und Varietäten befindet. Keller, Robert, Vegetationsskizzen aus den Grajischen Alpen. Wissen- schaftliche Beilage zum Programm des Gymnasiums und der In- dustrieschule Winterthur. 1904. In dieser 142 Seiten starken, sehr anregenden Arbeit gibt uns der Verf. nach den neueren Problemen der Ökologie und Biologie interessante Bilder über die Vegetation der Grajischen Alpen, speziell aus der Umgebung von Bardoneechia an der östlichen Eingangspforte des Mont Cenis-Tunnels, Das Ziel dieser Aoristi- schen Studie ist — was in neuerer Zeit immer mehr in den Vordergrund tritt — weniger darauf gerichtet, einen möglichst vollständigen Pflanzenkatalog mit einer Unmenge Angaben von Standorten, Varietäten und Formen zu liefern, sondern die Arbeit will vielmehr die die Physiognomie der Landschaft bestimmenden Pflanzen- vereine beschreiben, wobei auch die biologischen Eigenschaften eingehend berück- sichtigt werden. Allerdings liegt es auf der Hand, dafs den ökologischen Unter- suchungen über eine Lokalflora die floristischen stets vorangehen müssen. Von neu aufgestellten Formen erwähne ich eine var. laxa von Gypsophila repens sowie eine var, Jaffevauense von Bupleurum carieifolium. Im. zweiten allgemeinen Teile werden nacheinander eingehend die Hydrophyten-, Xerophyten- und Mesophyten- vereine mit ihren verschiedenen Facies sowie die Ruderalpflanzen und Acker- unkräuter besprochen. — Die Arbeit zeigt recht hübsch, wie floristische Studien erweitert und interessant gemacht werden können. Hegi. Prantis Lehrbuch der Botanik, herausgegeben und neu bearbeitet von F. Pax. Zwölfte verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 439 Figuren im Text. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann. Preis gebunden 6 Mk. Auf Veranlassung von Sachs hat Prantl seinerzeit eine Art Auszug aus dem Sachs’schen Lehrbuch bearbeitet, Dieses kleine Lehrbuch hat zahlreiche Auflagen erlebt, die zahlreichsten wohl, die bis jetzt einem botanischen Lehrbuch beschieden waren. Vergleicht man die 12. Auflage mit den früheren, so zeigt 540 sich, dafs sie mit Recht als eine verbesserte und vermehrte bezeichnet wird, 'na- mentlich auch die Ausstattung mit Abbildungen ist eine viel reichere und bessere geworden. Dafs das Buch einem Bedürfnis in zweckmäfsiger Weise entspricht, zeigt schon sein Erfolg. Iın übrigen haben ja alle neueren botanischen Lehrbücher geringeren Umfangs in Deutschland eine grofse Ähnlichkeit miteinander, sie unter- scheiden sich wesentlich nur in der Anordnung des Stoffes und in der gröfseren oder geringeren Ausführlichkeit, in welcher die einzelnen Abschnitte behandelt sind. In dem Prantl-Pax’schen Lehrbuche z. B. ist die Physiologie relativ kurz, die Systematik relativ ausführlich behandelt, wie dies z. B. dem Bedürfnis studierender Pharmazeuten entspricht. Für diese ist eine praktische Beigabe ein Anhang, welcher eine Übersicht der pflanzlichen Drogen gibt. The Classification of flowering plants. By A. B. Rendle. Vol. I. Gymnosperms and Monocotyledons. Cambridge at the University Press. 1904. Eine fleifsige Compilation, welche aber weder eingehendes Literaturstudium (der Verf, hat offenbar meist nur die schon vorhandenen zusammenfassenden Darstel- lungen benutzt), noch selbständiges Urteil erkennen läfst. Nützlich sind die zahl- reichen, aber oft ziemlieh dürftig ausgeführten Abbildungen. " Dr. Richard R. v. Wettstein, Vegetationsbilder aus Südbrasilien. Mit 58 Tafeln in Lichtdruck, 4 farbigen Tafeln und 6 Textbildern. Leipzig und Wien, Verlag von Franz Deuticke. Im Jahre 1901 unternahm der Verf. eine Forschungsreise nach Südbrasilien, über deren Verlauf er bis jetzt nur kurz berichtet hat. Die vorliegende schöne Publikation bringt die erste gröfsere Veröffentlichung. Wie der Titel besagt, handelt es sich um Vegetationsbilder, die teils als Aquarelle (von F, v. Kerner), teils nach Photographien (gröfstenteils von v. Wettstein ausgeführt) wiederge- geben sind. Es ist so ein sehr reiches und instruktives Material für jeden, der sich für die Pflanzenwelt fremder Länder, speziell natürlich für den, der sich mit biologischen und pflanzengeographischen Studien beschäftigt, geboten. Der Wert der Bilder wird erhöht durch den begleitenden Text, in welchem zahlreiche inter- essante Beobachtungen kurz mitgeteilt werden. Physiologische Pflanzenanatomie. Von G. Haberlandt. Dritte, neu- bearbeitete und vermehrte Auflage. Mit 264 Abbildungen im Text. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann. Von allen botanischen Handbüchern hat Haberlandts Physiologische Pflanzenanatomie wohl den gröfsten äufseren Erfolg gehabt, denn es hat im Ver- lauf von 20 Jahren drei Auflagen erlebt, was sonst nur Lehrbüchern beschieden ist, die naturgemäfs einen gröfseren Leser- und Abnehmerkreis erwarten können als Handbücher. Das Haberlandt’sche Buch verdankt diesen Erfolg in erster Linie wohl der klaren und anregenden Darstellung und der Tatsache, dafs die frühere Behandlung der Anatomie eine rein morphologische war im Gegensatz gegen die durch die Schwendener’sche Schule angebahnte biologische oder ökologische Richtung. Die neue Auflage hat zahlreiche Änderungen und Zusätze erfahren,. nament- lich treten auch an Stelle des Abschnittes „Apparate und Gewebe für besondere Leistungen“ drei neue Abschnitte (Das Bewegungssystem, Die Sinnesorgane und 541 Einrichtungen für Reizleitung). Der Umfang des Buches und die Zahl der Ab- bildungen sind dadurch vermehrt worden; der Verf. hat dabei fast ausschliefslich eigene Originalzeichnungen wiedergegeben. In den Anmerkungen zu den einzelnen Abschnitten nimmt er vielfach Stellung zu strittigen Fragen. Kritische Nachträge zur Flora der nordwestdeutschen Tiefebene. Bearbeitet von F. Buchenau. Leipzig, Verlag von Wilhelm Engel- mann. Preis 1,20 Mk. Der Verf, der bekannten vortrefflichen Flora der nordwestdeutschen Tief- ebene verwertet in den Nachträgen ein ziemlich umfangreiches ihm seit der Ver- öffentlichung seines Werkes zugegangenes Material, welches zahlreiche Nachträge und ‚Verbesserungen bringt. Praktikum für morphologische und systematische Botanik. Hilfsbuch bei praktischen Übungen und Anleitung zu selbständigen Studien “in der Morphologie und Systematik der Pflanzenwelt. Von Prof. Dr. K. Schumann. Mit 154 Figuren im Text. Verlag von Gust. Fischer in Jena. 1904. Preis 13 Mk., geb. 14 Mk, Der Verf. dieses Buches, der eine rastlose wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiete der Systematik und Morphologie entfaltet hatte, hat die Veröffent- lichung seines Werkes leider nicht mehr erlebt; er ist im März dieses Jahres all- zufrüh seinem Wirkungskreise durch den Tod entrissen worden. Prof. Gürke hat die Fertigstellung des Druckes überwacht und einzelnes ergänzt. Der Stoff ist in 80 „Lektionen“ gegliedert, in denen eine Anzahl von Pflanzen ausführlich besprochen werden, und zwar ist mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse des Systematikers namentlich auch die lateinische Terminologie aus- führlich angeführt. Vielfach gibt der Verf. dabei auch eigene Untersuchungs- resultate und Anschauungen wieder, denen der Ref. freilich nicht immer beipflichten kann. So wird z. B. für Chelidonium der Besitz von Kommissuralnarben in Ab- rede gestellt. Richtig ist, dafs die mittlere Partie jedes der beiden Fruchtblätter lappenförmig vorspringt, Aber diese Vorsprünge bilden nicht allein die Narben, an der Narbenbildung sind vielmehr die über den Placenten liegenden tieferen Teile hervorragend beteiligt, und nichts hindert uns, die hufeisenförmigen, in der Mitte zusammenstofsenden Kommissuralnarben von Chelidonium mit den Narben- strahlen von Papaver in Homologie zu setzen. — Auch die Staubblatibildung von Vaceinium ist nicht dem wirklichen Sachverhalt entsprechend geschildert; die „Ausgüsse“ kommen nur durch eine Drehung nach oben; eigentlich liegt die Öf- nungsstelle, wie bei allen Ericaceen-Antheren, ursprünglich nach unten. — Capsella Hegeri, welche neuere Autoren nach Lindau (statt Landau) versetzt haben, wächst nach Schumann in Rastatt. Kleine Mängel liefsen sich noch mehr aufzählen, aber sie sind in einem umfangreichen, zahlreiche Einzelheiten bietenden Werke kaum zu vermeiden. Die ausführlichen Darlegungen des Verf, sind ohne Zweifel sehr lehrreich, und für das morphologische Studium von Anfängern hervorragend nützlich, Nur ist das Buch eigentlich mehr eine Sammlung von Vorlesungen als ein Praktikum, Nicht nur ist z. B. der über die Instrumente handelnde Teil und das Register sehr dürftig (es fehlen 2. B. die neueren ausgezeichneten binokularen Präpariermikro- ekope und auch eingehendere Ratschläge für entwicklungsgeschichtliche Unter- 542 suchungen), sondern namentlich sind auch keine Literaturhinweise gegeben; solche finden sich nur für Systematik, Floristik und Pflanzengeographie. Mir scheint also, dafs das Buch hauptsächlich für Lehrer, welche Pflanzen zu besprechen haben, durch die Reichhaltigkeit seiner Erörterungen von Vorteil sein wird; ein morpho- logisches Praktikum denke ich mir kürzer und „praktischer“ und nicht allein oder vorzugsweise für die Bedürfnisse angehender Systematiker berechnet. Die Abbil- dungen sind gut, aber ein grofser Teil hätte — weil bekannte, leicht sichtbare und in jedem Lehrbuch dargestellte Dinge behandelnd — unbeschadet wegbleiben können. Unter den Herbarien ist das Münchener (unter Radlkofers Leitung stehende) nicht aufgeführt. Möge das vorliegende Werk, dem der Verf. offenbar viel Mühe und Sorgfalt gewidmet hat, mit dazu beitragen, sein Andenken in der Botanik lebendig zu erhalten. Die Keimpflanzen der Gesneriaceen mit besonderer Berücksichtigung von Streptocarpus nebst vergleichenden Studien über die Morpho- logie dieser Familie. Von Dr. K. Fritsch, o.ö. Prof. der Botanik in Graz. Mit 38 Abbildungen im Text. Jena, Verlag von Gust. Fischer. Preis 4,50 Mk. 1904. Die Gesneriaceen sind eine Familie von hervorragendem morphologischem und biologischem Interesse. Jedermann kennt die merkwürdige Gestaltung einiger Streptocarpus-Arten, die Anisophyllie und Dorsiventralität anderer Formen. Eine vergleichende Untersuchung lag bis jetzt nicht vor, nur Bruchstücke der Entwick- lungsgeschichte, wie sie z. B. die Hielscher’sche Arbeit über Streptocarpus bietet. Eine wirkliche Einsicht in den Aufbau dieser Pflanzen war damit nicht erreicht. Der Verf. hat nun eine grofse Anzahl von Gesneriaceen von der Kei- mung ausgehend untersucht und bietet so eine reichhaltige und interessante Dar- stellung des morphologischen Aufbaus der Gesneriaceen. Von den zahlreichen interessanten Einzelheiten sei hier nur das über die unifoliaten Streptocarpns-Arten Mitgeteilte kurz angeführt. Fritsch kommt zu dem Schlusse, dafs die beiden Kotyledonen durch ein Internodium der Hauptachse voneinander getrennt seien, dafs die Hauptachse selbst aber sonst ganz unterdrückt und die Inflorescenz axil- laren Ursprungs sei. Dieser Auffassung pflichte ich vollständig bei; es ist viel- leicht gestattet anzuführen, dafs ich zu ihr schon vor dem Erscheinen der Fritsch- schen Arbeit durch eine im hiesigen Institut ausgeführte, in derselben Richtung sich bewegende Untersuchung gelangt war. Beiläufig bemerkt sei, dafs die Blätter der unifoliaten Streptocarpus-Arten, z. B. Str, Wendlandi, vortreffliche Demon- strationsobjekte für die Wasseraufnahme durch die Blattfläche darbieten; welke, mit der Fläche in Wasser getauchte Blätter wurden ziemlich rasch wieder turgescent. Aufser den morphologischen Angaben finden sich in dem Fritsch’schen Buche auch anatomische. Die Literatur ist sorgfältig berücksichtigt, Manche morphologische Fragen sind bei den Gesneriaceen noch zu lösen, so z. B. die über die Inflorescenzbildung. Aber jedenfalls hat das Fritsch’sche Buch die Kenntnis dieser Familie sehr erheblich gefördert und aufs neue gezeigt, wie manche interessanten Gestaltungsverhältnisse noch durch vergleichend morpho- logische Untersuchungen aufgeklärt werden können. KR. 6. Flora 1904,93.Bd. r Taf.V. ZJ Thomas, Lit. Inst,Erär 333. Flora 1904, 93. Band. TAFEL VI. N ya MT % DI NW x DD a SaBog.o.: h OT Rd EX Be Kt 08 Ropr.: Art, Institut Orell Füssli, Zürich. C. A. FENNER del. (Ausgef, ım Bot. Museum d, Universität Zürich.) TAFEL VII Flora 1904, 93. Band. BIORTERARERN ERS .30 23% @ =. A HN Zürich, Repr.: Art. Institut Orell Füssli, C. A. FENNER del, {Ausgel, ım Bot. Museum d, Universität Zürich.) | Flora 1904, 93. Band. TAFEL VIII. Br a Samt RR il Seas, EEE EERETTRRTTT| M \ Repr.: Art. Institut Oreli Füssli, Zürich, C. A. FENNER del. (Ausgef, im Bot, Museum d, Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Band, TAFEL IX. in 3 rt Ben, Art, Institut Orgil Eds Zürich, F, C. A. FENNER dei. (Ausgef, im Bot, Museum d, Universität Zürich. ) r . TAFELX 93. Band. Flora 1904, a Zi m % B Fell FERTERE LIT I /7 Fig.19 Repr.: Art. Institut Orell_Füssll, Zürich, C. A. FENNER del. (Ausgel, im Bot, Museum d. Universität Zürich, ) Flora 1904, 93. Band. erg ey. - Fr EUREN . 2 ORALKTN FICK KINN ago > N Ei 20 © EEE bio 3.28 3: nl Repr.: Art. Institut Orell Füssli, Zürich 6, A. FENNER del. (Ausgef. im Bot. Museum d. Universität Zürich. ) Flora 1904, 93. Band, u " TAFEL XII Fig.2 ad vs Repr.: Art. Institut Oreli Füssii, Zürich. C. A. FENNER del, (Ausgef. im Bot. Museum d, Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Band, TAFEL XIII Fig.18 Repr.: Art. Institut Orell Fässli, Zürich. Flora 1904, 93. Band. TAFEL XIV. Fig.1 Fig.3 Repr.: Art, Institut Orell Füssli, Zürich. C, A. FENNER del, (Ausgef. im Bot, Museum d. Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Band. u " TAFEL XV. Fig.2 Fig14 Fig15 12... Fig18 Fig19 (eleN AZ Qol Repr.: Art, Institut Oreli Füssll, Zürigh. C. A, FENNER del, (Ausgef. im Bot, Museum d, Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Band. TAFEL XV1. Repr.: Art. Institut Orell Füssll, Zürich. C. A. FENNER del. (Ausgel, im Bot. Museum d, Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Wand. e8) 2 b} ER >} ALT ToJalolel er DEN P7®] Tele} seces STE. IRRE] - RE ZT R ee 5 TAFEL XVII. 6. A, FENNER del, (Ausgef« im Bot, Museum d. Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Band. TAFEL XVIIT. | Repr.: Art. Institut Oreli Füssli, Zürich Flora 1904, 93. Band. TAFEL XIX. Fig1 Fig.2 HDD di N nt ent I A AAYLANARSEAANN AUAY ke Ka RUN a uL 6. A. FENNER dei. (Ausgef, im Bot, Mussum d, Universität Zürich.) Flora 1904, 93. Band. - TAFEL XX. rıg.ı2 MIg.1C rıg.+ ser, 7 ns lrce Arc Be en ” ERRN AN Mi Ss RE. ode Bepr.: Art. Institut Orell Füssti, Zürich | 6. A. FENNER del, (Ausgef, im Bot, Museum d. Universität Zürich.) maElora_1903, 93. Band, | TAFEL XXI. N h INN: Sy 3% Sn a sem er ee. enn ‘\ a N RN ne N Y I En \ a N U wwn = ME Ne 2 Fig. 2 ya mr ITS! Bepr.; Art. Institut Orelt Füssti, Zürich, 0. A. FENNER, Photographie v. Dr. Anton Pestalozzi. Taf XXI. klora 1904, 93.Bd‘ ; II Bemas, LihFnstberäin 35. Afirnst Bed. pP Verlag von Gustav Fischer in Jena. L Soeben erschien: LeuchtendePflanzen. Eine physiologische Studie von Prof. Dr. Hans Molisch Direktor des pflanzenphysiolog. Instituts der k. k. Universität Prag. Mit 2 Tafeln und 14 Textfiguren. reis: k. “ P eis: 6M | J Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: . Die Keimpflanzen der (resneriaceen mit besonderer Berücksichtigung von Streptocarpus, nebst vergleichenden Studien über die Morphologie dieser Familie. Von Dr. Karl Fritsch, 0.6. Professor der Botanik an der k. k. Universität in Graz. Mit 38 Abbildungen im Text. Preis: 4.50 Mk. | handlungen, Referate und kritische Besprechungen wichtiger mycologischer Zum Abonnement empfehlen wir: ANNALES MYCOLOGICI EDITI IN NOTITIAM SCIENTIE MYCOLOGICA UNIVERSALIS. Organ für die Gesamtinteressen der Mycologie, enthaltend Original-Ab- Publikationen, sowie eine Übersicht über die neu erschienene Literatur. Jährlich 6 Hefte im "Umfange von wenigstens 36 Bogen mit zahlreichen Tafeln und Abbildungen. Preis des Jahrgangs 25 Mark. ’ Abonnements nimmt entgegen der Herausgeber H. SYDOW, Berlin W., Goltzstralse 6, und die Buchhandlung R. FRIEDLENDER & SOHN in Berlin N. W., Karlstrafse 11. . Druck von Val. Höfling, München, Lämmerstr. 1. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: Vegetationsbilder Dr. G. Karsten Dr. H. Schenck Professor an der Universität Professoran der Techn. Hochschule Bonn. Darmstadt. II. Reihe, Heft ı, Inhalt: E. Ule, Epiphyten des Amazonasgebietes. Tafel 1. Nidulariam eleutheropetalum und Hilia Ulei auf Japarandiba Spruceana bei Yurimaguas (Peru). 2. Clusia auf einer Myrtacee bei Mandos. 3, Platycerium andinum und polypodium Ulei bei Tarapoto (Peru). 4. Platycerium andinum rings einen Baumstamm umgebend, im Walde bei Tarapoto (Peru). 5. Cereus megalanthus auf einer grofsen Ficus bei Tarapoto (Peru). 6. Streptocalyx angustifolius, Anthurium seolopendrium und Codonanthe sp. bei Mandos, Preis des Heftes für Abnehmer der zweiten Reihe 2.50 Mk. Einzelne Hefte &.— Mk. | oh BE} WER und vermebrter Auflage ist erschienen: In zweiter, neubearbeiteter Das Deutsche Volkstum. Unter Mitarbeit von Dr. Hans Helmolt, Prof. Dr. Alfred Kirchhoff, Prof. Dr. 5. 9. Köftlin, ©berlandesgerichtsrat Dr. Adolf Lobe, Prof. Dr. Eugen Mogf, Prof. Dr. Karl Self, Prof. Dr. Henry Thode, Prof. Dr. Oskar Weije, Prof. Dr. JZatob Wychgram, Dr. Hans Zimmer herausgegeben von Professor Dr. Hans Meyer. Mit I Karte und 43 Tafeln in Bolzschnitt, Kupferätzung und Tarbendruck. 2 £einenbände zu je 9,50 Warf oder I Balblederband zu 18 Mark, Erfte Lieferung zur Anfidht — Profpeft Foftenfrei, Verlag des Bibliographischen Tnstituts in Leipzig und Wien. In U N. G. Eiwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg (Hessen). Soeben erschien :- Systematische Übersicht über die in den botanischenVorlesungen behandelten Pflanzen " zum Gebrauch für seine Zuhörer entworfen. ygemı @N Dritte erweiterte Auflage. M. 1.50.