FLORA ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. Ei FRÜHER HER SGECT HN VON DER . v . KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCH.FT IN REGENSBURG. 92. BAND. JAHRGANG 1903. HERAUSGEBER: Dr.K.v. EL Professor der Botanik in Mün-" Mit 13 Tafeln und 171 Textfigur n. MARBURG. N. & ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1903. Mo. Bot. Crraer. { 1905 "Inhaltsverzeichnis. I. Abhandlungen. F. W.C. ESCHOUG, Berichtigung ALBERT ARTOPOEUS, Über den Bau und die Öffnungsweise der Antheren und die Entwicklung der Samen der Erikaceen . Buitenzorg-Stipendium . CONST., von DECKENBACH, Coenomyces Consuens nor. "gen. nov. spec. Ein Beitrag zur Phylogenie der Pilze . CARL DETTO, Über die Bedeutung der ätherischen Öle bei Xerophyten Dr. M. DUDE, Über den Einflufs des Sauerstoffentzuges auf pflanz- liche Organismen . Dr. ANTON 3. M. GARJEANNE, Die "Ölkörper der Jungermanniales “ K. GOEBEL, Morphologische und biologische Bemerkungen. 14. Wei- tere Studien über Regeneration F. HRVT, ICH, Rudicularia, ein neues Genus der Valoniaceon Ss. IKm, Die Sporenbildung von Taphrina-Arten . n.0, sunL, Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Samenanlage von Casuarina . W. ROTHERT, Die Sporenentwicklung bei Aphanomyces . ERNST KÜSTER, Cecidiologische Notizen. 2. Über zwei einheimische Milbengallen: Eriophyes diversipunctatus und E. fraxinicola OSKAR LOEW, Unter welchen Bedingungen wirken n Magnesiumsalze schädlich auf Pflanzen? . . WILBH. LORCH, Bryologische Fragmente . . ER e3 LOTSY, Parthenogenesis bei Gnetum Ula Brogn. C. MERESCHKOWSKY, Über farblose Pyrenoido und gefärbte Elaeo- lasten der Diatomeen F. W. NEGER, Über Blätter mit ‘der Funktion von Stützorganen . MORTENP. PORSILD. Zur Entwicklungsgeschichte der Gattung Riella 8. 9. ROSTOWZEW, Beiträge zur Kenntnis der Peronosporeen W. ROTHERT, Die Sporenentwicklung bei Aphanomyces . J. SCHOU!TE, Die Stammesbildung der Monokotylen . ©. STEINBRINCK, Versuche über die Luftdurchlässigkeit der "Zeil- wände von Farn- u. Selaginella-Sporangien, sowie von Moosblättern OCTAVE TREBOUX, Einige stoffliche Einflüsse auf die Kohlensäure- assimilation bei submersen Pflanzen . . F. VAUPEL, Beiträge zur Kenntnis einiger Bryophyten . . «PAUL VOGLER, Die Variabilität von Paris uadrifolie L. in der umgebung von St. Gallen . . I. Abbildungen. A. Tafeln, Tafel I-IU zu Ikeno, Taphrina-Arten. Ta?-! IV zu Schoute, Stammesbildung der Nonokotylen. Seite 8302 309-345 395 253 —283 147—199 205— 252 457—482 132 —146 97—101' 1—31 284—293 293—301 380— 395 489 —494 84— 97 397 —404 17-83 371—379 431—456 405— 430 293—301 32—48 102-131 49— 76 346—370 483 — 489 T. LV zu Steinbrinck, Luftdurchlässigkeit der Zellwände von Farn- und Selaginella-Sporangien, sowie von Moosblättern. “st VI und VU zu Deekenbach, Coenomyces consuens nov. gen. nov. Bpec, Tafel VIII zu Juel, Casuarina. Ti el IX und X zu Lotsy, Gnetum Ula Brogn. Tafel XI—-XII zu Rostowzew, Peronosporeen. B.T tfiguren. Seite 809 ff. Fig. 1—84 zu Arto”“ us, Ericaceen. Seite 147 ff. Fig, 1-7 zu Detto Kerophyten. Seite 205 ff. Fig. 1—2 zuDude, Einflufsd Sauerstoffentzuges auf pflanzl. Organismen. Seite 457 . Fig. 1—18 zu Garjeanne, Jungermanniales. Seite 132 ff. Fig. 1-6 zu Goebel, Über Regeneration. Seite 97 ff. Fig. 1-4 zu Heydrich, Rudicularia. Seite 1ff. Fig. 1-2 zu Ikeno, Taphrina - Arten, IV Seite Seite Seite Seite Seite 284ff. 1 Fig. zu Juel, Casuarina. 880 ff. Fig. I—4 zu Küster, Milbengallen, 84 ff. Fig. 1-d0 zu Lorch, Bıyolog, Fragmente, 897 ff. Fig. 1--3 zu Lotsy, Gnetum Ula Brogn. tft. Fig. 1-4 zu Mereschkowsky, farblose Pyrenoide und gefärbte Elaeoplasten der Diatomeen. Seite Seite 37i ff. Fig. 1-2 zu Neger, Blätter mit der Funktion von Stützorganen, 431 ff. Fig. 1—8 zu Porsild, Riella, Seite 405 ff. 1 Fig. zu Rostowzew, Peronosporeen. Seite Seite 293 ff. Fig. 1-7 zu Rothert, Aphanomyces. 346 ff. Fig. 1-8 zu Vaupel, Bryophyten. II. Literatur. Seite Dr. GÜNTHER Ritter BECK von MANNAGETTA, Hilfsbuch fur Pflanzen- sammler . 202 JAGADIS CHUNDER BOSE, Response i in the Living and Non- Living «806 Prof. Dr, K. BRANDT, Nordisches Plankton . 496 Dr. HUGO BRETZL, Botanische Forschungen des Alexanderzuges . 396- J. M. COULTER and CH. J. CHAMBERLAIN, Morphology of Ängiosperma 500 Dr. W. DETMER, Das kleine pflanzenphysiologische Praktikum . 395 AD. ENGLER, Syllabus der Pflanzenfamilien . . . ... 8304 Forschungsberichte aus der biologischen Station zu Plön . . . 497 Dr. AUGUST GARCKE, Illustrierte Flora von Deutschland . 202 VAL. HAECKER, Über das Schicksal der elterlichen und grofseterlichen Kernanteile 306 E. de HALACSY, Conspectus Florae Graecae . . . . . . 199 Dr. ANTON HEIMERL, Schulflora von Österreich . . . 896. Dr. CARL F. JIKELI, Die Unvollkommenheit des Stoffwechsels . . 200 Dr. &. KARSTEN, Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs für Hoch- . schulen u, zum Selbstunterricht mit Rücksicht a.d. deutsche Arzneibuch 308 G. KARSTEN und H, SCHENCK, Vegetationsbilder . . . 495 GEORG KLEBS, Willkürliche Entvicklungsänderungen bei Pflanzen . 497 F. G. KOHL, Pflanzenphysiologie . . 8396 Dr. ERNST KÜSTER, Pathologische Pflanzenanstomie . 303 Prof. Dr. GUSTAV LINDAU, Hilfsbuch für das Sammeln der Ascomyceten 496. B. E. LIVINGSTON, The röle of diffusion and osmotic pressure in plants 497 Prof, Dr. W, MIGULA, Morphologie, Anatomie und Physiologie der Pflanzen 202 Prof. Dr. M. MOEBIUS, Botanisch-mikroskopisches Praktikum für Anfänger 304 I. J. Rousseaus Briefe über die Anfangsgründe der Botanik, übersetzt von M. MOEBIUS . 896 F. MÜHLBERG, Zweck u. Umfang des Unterrichtes in der Naturgeschichte an höheren Mittelschulen mit besonderer Berücksichtigung der Gymnasien 500 GEORG ROTH, Die europäischen Laubmoose . 496. M. RÜKLI, Botanische Reisestudien auf einer Frühlingsfahrt durch Korsika 202 ETHFL SARGANT, A theory of the origin of Monocotyledons . . 305 CAMILLO KARL SCHNEIDER, Dendrologische Winterstudien . . 396. Dr. J. C. SCHOUTE, Die Stelär-Theorie . 495 Dr. AUGUST SCHULZ, Studien über die Phanerogame Flora und Pfanzen- decko des Saalebezirkes . 203 Dr. ANTON SCHWAIGHOFER, Tabellen zur Bestimmung einheimischer Samenpflanzen und Gefäfssporenpflanzen . 396 EDUARD STRASBURGER, Das botanische Praktikum . 201 Dr.K. W. von DALLA TORRE und LUDWIG Graf von SARNTHEIM, Die Flechten (Lichenes) von Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein . . 201 Prof. Dr. 0. WARBURG, Kumene-Sambesi- -Expedition, H. Baum 1903 495 Dr. RICHARD von WETTSTEIN, Der Neolamarckismus und seine Bezieh- ungen zum Darwinismus . . ...19 „JUL. WIESNFR, Die Rohstoffe des Pflanzenreichg . . . . ...802 Das 1, Heft erschien am 17. Januar 1908, das 2. Heft am 25. Mai 1908, das 3. Heft am 22. Juli 1908, das 4, Heft am 6. Oktober 1908, FLO ODER | ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. ' FRÜHER HERAUSGEGEBEN | VON DER | N KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. } . 92. BAND. — JAHRGANG 1908. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL | Professor der Botanik in München vw | Heft I mit 5 Tafeln und 23 Textfiguren. Erschienen am 17, Januar 1903. Dr.K. W. von Dalla Torre und Ludwig Graf von Sarntheim, Die Flechten (Lichenes) von Tirol, Voralberg und Liechtenstein. — Eduard Strasburger, Inhalt: S JKENO, Die Sporenbildung von Taphrina-Arten . . . . . . Seite 1-31 J. C, SCHOUTE, Die Stammesbildung der Monokotylen » 32—48 OCTAYVE TREBOUX. Einige stoffliche Einflüsse auf die Kohlensäureassimi- | lation bei submersen Pflanzen n 49—76 C. MERESCHKOWSKY, Ueber farblose Pyrenoide und gefärbte Elaeoplasten | der Diatomeen . . . . . " 77—97 . F. HEYDRICH, Rudicularia, ein neucs Genus der Valoniaceen . „ 97-101 | C. STEINBRINCK, Versuche über die Luftdurchlässigkeit der Zeilwände von Farn- und Selaginella-Sporangien, sowie von Moosblättern . „ 102-131 | K. GOEBEL, Morphologische und biologische Bemerkungen, 14. Weitere Studien über Regeneration - „ 132-146 e’ CARL DETTO, Ueber die Bedeutung der ätherischen Oele bei Xerophyten „147-199 f | LITTERATUR: Halacsy, E.de, Conspectus Florae Graecae. — Dr.Richard von Wettstein, Der Neolamarckismus und seine Beziehungen zum Darwinis- mus. — Dr. Carl F. Jikeli, Die Unvollkommenheit des Stoffwechsels. — h ! Das botanische Praktikum. — Prof, Dr. W. Migula, Morphologie, Ana- } tomie und Physiologie der Pflanzen. — Dr. Günther Ritter Beck von Mannagetta, Hilfsbuch für Pflanzensammler. — Rükli, Botanische Reise- | studien auf einer Frühlingsfahrt durch Korsika. — Dr. August Garcke, | lilustrirte Flora von Deutschland. — Dr. August Schulz, Studien über | die phanerogame Flora und Pflanzendecke des Saalebezirkes . . . 199204 ” SI ie MARBURG. N. & ELWERT’SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1903. _ Sep Hierzu Beilagen von Wilhelm Engelmann, Verlagsbuchhandlung in Leipzig, und von Oswald Weigel, Antiquariat in Leipzig. Auf dieselben sei besonders aufmerksam gemacht, Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Litteraturbesprechungen 80 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine grössere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —,30 E) 20 ” ” » n 2.50 r ” » ” » —.60 ” 30 » ” L) » 3.80 r ” r E} ” 90 » 40 » ” n „ 5.— » ” ” » ” 1.20 v 50 ” » ” R) 6.50 ” E) » ” ” 1.50 ” 60 ” ” ” » 8.— » r r » ” 2.— „ 70 ” Le ” ” 9.20 ” ” n ” „ 2.50 » 80 ” nn ” » 10.50 ” ” n ” n 3.— .„.%9 Fr » » „ 1150 „ ” » » „8.50 „ 100 „ 1350 „ n 4.— ” ” ” ” ” ” Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- rirt; für.solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honorirt; die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der: Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- rechnet werden, so muss dieselbe Baarzehlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat der Verfasser die Kosten der Uebersetzung zu tragen. Correcturentschädigungen, die von der Druckerei für nicht verschuldete Correeturen in Anrechnung gebracht werden, fallen dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschluss eines Bandes, Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen und zahlreichen Tafeln. Nach Bedürfniss schliessen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, welche be- sonders berechnet werden. \ Manuskripte und Litteratur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Luisenstrasse 27/1, zu senden, Correc- turen an die Druckerei von Val, Höfling, München, Lämmerstrassel. Alle geschäftlichen Anfragen etc, sind an die unterzeichnete Verlagshandlung zu richten. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). en ee 2 Botanischer Verzeichnis hervorragender aus dem Verlage - von Wilhelm Engelmann in Leipzig x Herbst 1902 Werke = = JS Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wichtigeren Arten insbesondere den Nutzpflanzen, unter Mitwirkung zahlreicher hervorragender Fachgelehrten begründet von u A. Engler na K. Prantl, fortgesetzt von . A. Engler ord. Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens in Berlin. Lex. 8. »Die Natürlichen Pflanzenfamilien« sind für alle diejenigen, welche einen Überblick über da gesamte Pflanzenreich gewinnen wollen und häufiger in die Lage kommen, über die Merkmale, die systematische Stellung, die Verbreitung und die Verwertung einer Pflanzen- gattung Auskunft zu suchen, ein unentbehrliches Nachschlagebuch geworden, da in keinem neuern botanischen Werk eine so vollständige Zusammenstellung der Pflanzengattungen auf wissenschaftlicher Grundlage zu finden ist, wie in diesem. Es hat daher, trotzdem es deutsch geschrieben ist, bei allen Nationen Verbreitung gefunden, und in sehr vielen Museen sind die botanischen Sammlungen danach geordnet. Aber auch für weniger gelehrte Pflanzen- freunde ist es wegen der vielen tausend guten, teils nach der Natur gezeichneter, teils aus schwer zugänglichen Werken entnommenen Abbildungen von hohem Wert und ein bequemes Hilfsmittel zum Studium; ganz besonders ist es auch zur Anschaffung für Schulbiblio- theken und Bibliotheken naturwissenschaftlicher Vereine zu empfehlen; denn es ersetzt in der That eine ganze botanische Bibliothek. Einteilung. I. Siphonogamen (abgeschlossen) - bilden Teil II—IV und Teil V, der die Nachträge und das Generalregister der Siphonogamen enthält. Preis bei Gesamtbezug geheftet in 26 Abteilungen 4 98.—; gebunden in ff Halbfranzbänden «4 266.60. Bei Einzelbezug stellen sich die Preise der einzelnen Teile bez. deren Abteilungen wie nachstehend: angegeben: IH. Teil. (Gymnospermen und monokotyledone Angiospermen.) Abteilung 1—6. Mit 3537 Einzelbildern in 803 Figuren, 3 Vollbildern, sowie Abteilungs- registern. 1887—89. In 6 Abteilungen geheftet 4 66.—; in 1 Band gebunden .# 69.50. 1. Abteilung: Mit 1149 Einzelbildern in 191 Figuren, sowie 1 Holzschnitttafel und Abteilungsregister. 1889. (262 S.) AM 1T.—. 2. » Mit 426 Einzelbildern in 120 Figuren und 1 Holzschnitttafel, sowie Ab- teilungsregister. 1887. (130 S.) MI. 8. » Mit 562 Einzelbildern in 109 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1889. (1675.) » 11—. 4. » Mit 262 Einzelbildern in 41 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1888. (785) » 5.—. 5. » Mit 352 Einzelbildern in 105 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1888. (1625.) » 10.—. 6. > Mit 794 Einzelbildern in 237 Figuren und 1 Vollbild, sowie Abteilungs- register. 1889. (224 S.) » 14. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wichtigeren. Arten insbesondere den Nutzpflanzen. III. Teil. (Dikotyledone Angiospermen.) Abteilung 1, 1a und 1b. Mit 1901 Einzelbildern in 297 Figuren, 1 Vollbild, 2 Heliogravüren, sowie Abteilungsregistern. 1889—93. In 3 Abteilungen geh. # 32.— ; in 1 Band geb. .# 35.50. 1. Abteilung: Mit 1038 Einzelbildern in 190 Figuren, 1 Vollbild und 2 Heliogravüren, sowie Abteilungsregister. 1889. (289 S.) AM 18.—. 1. .. a: Mit 670 Einzelbildern in 74 Figuren (darunter 1 Holzschnitttafel), sowie Abteilungsregister. 1893. (180 S.) » 8—. 1. » b: Mit 193 Einzelbildern in 33 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1889. (96 5) » 6.—. Abteilung 2, 2a und 3. Mit 2028 Einzelbildern in 379 Figuren, 4 Vollbildern, sowie Abteilungsregistern. 1891—94. In 3 Abteilungen geh. #4 52.— ; in 1 Band geb. .# 55.50. 2. Abteilung: Mit 738 Einzelbildern in 168 Figuren und 1 Vollbild, sowie Abteilungs- register. 1891. (281 5.) » 18.—. 2. » a: Mit 484 Einzeibildern in 75 Figuren und 1 Vollbild, sowie Abteilungs- register. 1891. (142 5.) >» 9-. 8. » Mit 811 Einzelbildern in 186 Figuren (darunter 2 Vollbildern), sowie Abteilungsregister. 1894. (396 S.) » 25.—. Abteilung 4 und 5. Mit 3122 Einzelbildern in 413 Figuren, I Vollbild, 2 Heliogravüren, sowie Abteilungsregistern. 1896. In 2 Abteilungen geheftet 4 51.—; in 1 Band gebunden 4 57.50. 4. Abteilung: Mit 1725 Einzelbildern in 189 Figuren und 1 Vollbild, sowie Abteilungs- register. 1896. (862 5.) A 2a.—. 5. > Mit 1397 Einzelbildern in 224 Figuren und 2 Vollbildern, sowie Abteilungs- register. 1896. (468 S.) » 30.—. Abteilung 6 und 6a. Mit 1716 Einzelbildern in 243 Figuren, sowie Abteilungsregistern. 1895. In 2 Abteilungen geheftet 4 37.—; in 1 Band gebunden .# 40.50. 6. Abteilung: Mit 1124 Einzelbildern in 156 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1895. (3405.) # 21—. 6. » a: Mit 592 Einzelbildern in 87 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1894. (2545.) » 16.—. Abteilung 7 und 8. Mit 1472 Einzelbildern in 194 Figuren, sowie Abteilungsregistern. 1898. In 2 Abteilungen geheftet £# 33.—; in 1 Band gebunden # 36.50. 7. Abteilung: Mit 1011 Einzelbildern in 108 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1893. (2415.) 4 15.—. 8 > Mit 461 Einzelbildern in 86 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1898. (2745.) » 18.—. IV. Teil. (Dikotyledone Angiospermen.) Abteilung 1 und 2. Mit 1673 Einzelbildern in 186 Figuren, sowie Abteilungsregistern, 1895. In 2 Abteilungen geheftet #4 33.—; in 1 Band gebunden .# 36.50, 1. Abteilung: Mit 777 Einzelbildern in 94 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1891. (1835.) 4 12.—. 2. » Mit 896 Einzelbildern in 92 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1895. (3108.) » 21.—. Abteilung 3a und 3b. Mit 1976 Einzelbildern in 257 Figuren, sowie Abteilungsregistern. 1897. In 2 Abteilungen geheftet „4 50.—; in 1 Band gebunden # 53.50. 3. Abteilung a: Mit 800 Einzeibildern in 107 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1897. (384 3.) 4 26.—. 3. > b: Mit 1176 Einzelbildern in 150 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1895. (378S.) » 24.—. Abteilung 4 und 5. Mit 1841 Einzelbildern in 229 Figuren, 1 Vollbild, 1 Heliogravüre sowie Abteilungsregistern. 1894. In 2 Abteilungen geheftet „# 37.—; in 1 Abteilung gebunden .# 40.50. 4 Abteilung: Mit 672 Einzelbildern in 68 Figuren und 1 Heliogravüre, sowie Abteilungs- register. 1891. (1945.) AM 12.—. 5. » Mit 1170 Einzelbildern in 162 Figuren (darunter 1 Volibild), sowie Ab- teilungsregister. 1894. (402 5.) » B3.—. V. Teil. a) Nachträge zum IL—IV. Teil. Mit 19 Einzelbildern in 12 Figuren. 1897. (380 8.) Geheftet 4 24.—; gebunden 4 27.50. b) Gesamtregister zum IL.—IV. Teil. 1899. (VIII u. 462 8.) Geheftet „4 18.—; gebunden .% 21.50. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die natürlichen Pflanzenfamilien nebst ihren Gattungen und wichtigeren Arten insbesondere den Nutzpflanzen. II. Kryptogamen (im Erscheinen), enthalten in Teil 1. Preis bei Gesamtbezug .# 1.50 für die Lieferung von 3 Bogen. Vollständig liegen bis jotzt vor: 1. Abteilung: Mit 1844 Einzelbildern in 298 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1897. (513 5.) Geheftet 4 32.—, gebunden .4 35.50. 1. » *%*: Mit 1693 Einzelbildern in 263 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1900. (570 S.) Geheftet 4 36.—, gebunden » 39.50. 1. » a: Mit 615 Einzelbildern in 140 Figuren, einem Specialregister für die Schizo- myceten, sowie Abteilungsregister. 1900. (192 5.) Geheftet » 12. 1. » b: Mit 696 Einzelbildern in 282 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1896. (153 S.) Geheftet >» 9. 2. » Mit 1258 Einzelbildern in 288 Figuren, sowie Abteilungsregister. 1897. @&TI u. 580. 5.) Geheftet 4 36.—, gebunden » 39.50. 4 > Mit 1722 Einzelbildern in 288 Figuren, sowie Abteilungsregister. Geheftet. . 4A 51.—, gebunden » 54.50. Die beigefügten Preise vorstehen sich bei Einzelbezug; bei Gesamtbezug des Werkes betragen sie die Hälfte. Im Erscheinen begriffen sind: 1. Abteilung *: (bisher Lfg. 180). 8. > (bisher Lfg. 91, 92, 112, 169, 28, 207, 208, 212, 214). Die Einbände sind in Halbleder. , Bezugshbedingungen. Der Bezug der „Natürlichen Pfianzenfamilien“ kann jetzt noch in Lieferungen zum Subskriptionspreise von je „4 1.50 und zwar in der Weise erfolgen, dass Partien von 5—10 Lieferungen auf einmal entnommen werden. Ebenso können auch die Band- und die Abteilungsausgabe nach und nach zum Subskriptionspreis (also zu 50 % für den Bogen) bezogen werden. Diese Erleichterung im Bezuge kann den Abnehmern jedoch nur dann gewährt werden, wenn sie sich verpflichten, entweder die „Natürlichen Pflanzen- familien“ in ihrer Gesamtheit oder wenigstens die „Siphonogamen“ vollständig zu entnehmen. Einzelne Lieferungen kosten #4 3.—. Um das Werk auf dem Laufenden zu erhalten, werden in Zwischenräumen von 2—3 Jahren Ergänzungshefte ausgegeben. Das erste dieser Yirgänzungshefte, enthaltend die Nachträge zu den Teilen II—-IV für die Jahre 1897/8, ist erschienen und kostet #4 3.— bei Gesamtbezug des Werkes, 4 6.— bei Einzelbezug- nn Probehefte und ausführliche Verzeichnisse mit Inhaltsangabe sowohl der einzelnen Lieferungen, als auch der vollständig vorliegenden Abteilungen sind durch alle Sortimentsbuchhandlungen sowie von der Verlagsbuchhandlung umsonst zu beziehen. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. GENERA SIPHONOGAMARUM SYSTEMA ENGLERIANUM CONSCRIPTA . AB AUTORIBUS Dr. C.G. DEDALLA TORRE v:ı Dr.H. HARMS OENIPONTANO BEROLINENSI Vollständig in etwa 10 Lieferungen (folio) von 10 Bogen zum Subskriptionspreis von je „#4 4.—. Nach Vollendung des Werkes wird der Preis auf „2 6.— für die Lieferung erhöht. Bis zum Sommer 1902 erschienen vier Lieferungen. Nachdem die die Siphonogamen behandelnden Teile der »Natürlichen Pflanzenfamilien« zum Abschluss gelangt waren, stellte sich vielfach das Bedürfnis nach einem Werk heraus, das in knapper Fassung, mit Ausschluss der Be- schreibungen, eine Übersicht über die Ordnungen und Familien der Siphonogamen, deren Unterabteilungen bis zu den Gattungen und Sectionen giebt. Der Nutzen eines derartigen Handbuches für die systematische Botanik, insbesondere zum Ordnen der Herbarien, dürfte nach den Erfahrungen, die man mit Eund- licher’s Encheiridion und Durand’s Index gemacht hat, allgemein bekannt sein. Wie für Durand’s Index Generum Phanerogamorum die Genera plantarum von Bentham-Hooker die Grundlage abgegeben haben, so fusst das Werk der beiden Verfasser auf Engler und Prantl’s »Natürlichen Pflanzenfamilien« und deren Nachträgen. Die fossilen Gattungen werden in der systematischen Auf- zählung nicht aufgeführt, sondern nur die ausgestorbenen Familien; es soll aber ein Anhang mit den alphabetisch geordneten Gattungsnamen fossiler Siphonogamen hinzugefügt werden. In der allgemeinen Anlage des Werkes folgen die Verfasser dem Index Durand’s: Ein erster Teil bringt die Aufzählung der Ordnungen, Familien, Gattungen und Sectionen in systematischer Reihenfolge, ein zweiter bildet das alphabetische Nachschlage-Register. Im systematischen Teil werden nicht nur die nach den von den Beamten des botanischen Museums in Berlin vereinbarten Regeln angenommenen Gattungs- namen, sondern auch deren Synonyme mit den vollständigen Literatureitaten versehen; gerade dadurch bildet das Werk für systematische Studien eine not- wendige, oder wenigstens eine sehr willkommene Ergänzung zu den »Natürlichen Pflanzenfamilien«, in denen diese Citate bekanntlich fehlen. Im zweiten Teile, dem alphabetischen Register, wird für jedes Synonym und jede Section die Gattung, sowie die Familie und für jede giltige Gattung die Familie. angegeben, zu der sie gehören. Ausserdem wird zu jedem Gattungs- und Sectionsnamen die Nummer der Gattung citiert, unter der er im systematischen Teile zu finden ist. Mehrere der Herren Mitarbeiter an den »Natürlichen Pflanzenfamilien«, die am Berliner Botanischen Museum thätig sind, haben sich bereit erklärt, die von ihnen bearbeiteten Familien für die »Genera Siphonogamarum« zu xevidieren, so dass auf diese Weise die Studien, die sie in neuester Zeit über verschiedene der von ihnen für die »Natürlichen Pflanzenfamilien« bearbeiteten Familien gemacht haben, in dem vorliegendem Werke zum Ausdruck kommen. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Im Herbst 1900 begann zu erscheinen: Das Pflanzenreich. Regni vegetabilis conspectus. Im Auftrage der Königl. preussischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von A. ENGLER. Lex. 8. Nachdem im vergangener Jahrhundert Hunderte von Forschungsreisenden in allen Teilen der Erde grosse Pflanzensammiungen zusammengebracht haben und auch in zahlreichen anssereuropäischen Staaten botanische Gärten und Institute entstanden sind, die sich die Erforschung ihrer Landesflora zur Aufgabe machen, ist die Zahl der nunmehr bekannt gewordenen Pflanzenarten ganz ausserordent- lich angewachsen, und die Litteratur ist so umfangreich geworden, dass selbst gut dotierte botanische Universitätsinstitute nicht mehr in der Lage sind, auch nur annähernde Vollständigkeit für ihre Bibliothek zu erreichen. Es giebt jetzt nur eine Möglichkeit dafür, das in den verschiedenen Museen aufgespeicherte Pflanzenmaterial für die Allgemeinheit nutzbarer zu machen, und diese besteht darin, dass Monographen einzelne Familien gründlich durcharbeiten und hierbei nicht bloss die gesamte einschlägige Litteratur, sondern auch die in den grössern Museen aufgespeicherten Materialien benutzen. In der ersten Hälfte des ver- gangenen Jahrhunderts hatte de Candolle im Verein mit andern Botanikern sich eine ähnliche Aufgabe gestellt, und der von ilım herausgegebene »Prodromus» hat lange Zeit gute Dienste gethan. In diesem Jahrhundert geht ein ähnliches aber viel umfassenderes Unternehmen von der Königl. preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus, die Prof. A. Engler, den Direktor des Königl. bo- tanischen Gartens und Museums zu Berlin mit der Herausgabe eines Regni vege- tabilis eonspeetus unter dem Titel »Das Pflanzenreich« betraut hat. Obwohl von der grössten deutschen Akademie herausgegeben, ist das Werk ein inter- nationales, da sich auch Botaniker anderer Nationen als Mitarbeiter beteiligen und der systematische Teil in lateinischer Sprache geschrieben ist, während bci allgemeinen Abschnitten die deutsche oder in einzelnen Fällen auch die eng- lische Sprache zur Anwendung kommt. An Fülle der Illustrationen übertift dieses Werk noch bedeutend die »Natürlichen Pflanzenfamilien«; auch hat cs den Vorzug, dassjede Familie ein in sich abgeschlossenes Ganzes mit eigenem Register und selbstständiger Paginierung bildet. Familien von mehr als 2 Bogen Umfang bilden ein Heft für sich; kleinere werden in Heften von 2—4 Bogen ver- einigt. Für botanische Gärten und botanische Institute aller Nationen wird dieses Werk dieselbe Bedeutung erlangen, wie früher de Uandolle’s »Pro- dromus«, vor diesem Werk aber wegen der vielen Abbildungen den Vorzug leichterer Benutzung haben. Da in einem Jahre nicht über 50 Bogen erscheinen, so haben die Subseribenten innerhalb eines Jahres höch- stens 40 Mark auf die Beschaffung des »Pflanzenreichese zuverwenden. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Vom Pflanzenreich sind bis zum Herbst 1902 folgende Hefte erschienen: Heft 1 (IV. 45.) Musaceae mit 62 Einzelbildern in 10 Figuren von K. Schumann. AM 2.80. Heft2 (IV. 8.u. 10.) Typhaceae u. Sparganiaceae mit 51 Einzelbildern in 9 Figuren von P. Graebner. # 2.—. Heft3 (IV. 9.) Pandanaceae mit 193 Einzelbildern in 22 Figuren, darunter 4Vollbilder, vonO.Warburg. .45.60. Heft4 (IV. 101.) Monimiaceae mit 309 Einzelbildern in 28 Figuren von Janet Perkins und E. Gilg. 4 6.—. Heft5 (IV. 75.u.76.) Rafflesiaceae mit 26 Einzelbildern in 13 Figuren und Hydnoraceae mit 9 Einzelbildern in 5 Figuren von H. Graf zu Solms-Laubach. 4 1.40. Heft 6 (IV. 242.) Symplocaceae mit 65 Einzelbildern in 9 Figuren von A. Brand. AM 3.—. Heft 7 (IV. 12.) Naiadaceae mit 71 Einzelbildern in 5 Figuren von A. B. Rendle. M 1.20. Heft 8 (IV. 163.) Aceraceae mit49 Einzelbildern in 14 Figuren und 2 Verbreitungskarten von F. Pax. MM 3.—. Heft9 (IV.236.) Myrsinacese mit 470 Einzelbildern in 61 Figuren von G. Mez. A 23.—. Heft 10 (IV. 131.) Tropaeolaceae mit 91 Einzelbildern in 14 Figuren von Fr. Buchenau. AM 1.80. Heft 11 (IV. 48.) Marantaceae mit 137 Einzelbildern in 23 Figuren von K. Schumann. Ab 9.20. Im Druck befinden sich: Heft 12 (TV. 50.) Orchidaceae-Pleonandrae vonE. Pfitzner. Heft13 (IV. 30.) Eriocaulaceae von W. Ruhland. Heft 14 (IV. 193.) Cistaceae von W. Grosser. Der Ausführliche Ankündigungen, die über Einrichtung, Gliederung und Erscheinungsweise des Unternehmens Auskunft geben, sind durch alle Buchhandlungen oder unmittelbarvon derVerlagsbuchhandlungerhältlich. Die beiden ersten Hefte legen die Buchhandlungen zur Ansicht vor. # Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die Vegetation der Erde. Sammlung pflanzengeographischer Monographien herausgegeben von A. Engler und O. Drude ord. Professor der Botanik und Direktor ord. Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Berlin des hotan. Gartens in Dresden. Die »Vegetation der Erde« stellt sieh als grosses litterarisches Unternehmen verbindend zwischen den reichen Schatz von Florenwerken und landeskundlichen Monographien, indem sie die allgemeinen Grundsätze der Pflanzengeographie im gesammten Umkreis der Erde auf die Floren grosser und kleinerer Ländergebiete durchzuführen strebt. Als einer der ersten Grundsätze müsste es erscheinen, dass zur Erreichung “ des grossen Zieles die Arbeit auf viele hervorragende Kenner der Flora zu ver- theilen war, die sich selbst durch langjährige eigene Erfahrungen in den noth- wendigen Besitz der floristischen wie geographischen Kenntnisse einzelner Länder- gebiete gesetzt haben, um die Beziehungen der Pflanzenwelt zur Landesnatur und eologischen Landesgeschichte gestützt auf eigenes Wissen darzustellen und über en zumeist festgehaltenen einseitig floristischen Standpunkt hinwegzuhelfen. Auf botanischem Gebiete ist besonders die neuere Biologie dazu berufen, die Floristik durch Hinweis auf physiologische Anatomie und Experimentalunter- suchung neu zu beleben und dahin mitzuwirken, dass die früher getrennt gehal- tenen systematischen und physiologischen Arbeitsgebiete sich durchdringen und zu gemeinsamen Zielen vereinigen. Es ist daher für solche Themata eine be- sondere biologische Abtheilung der Vegetation der Erde vorgeschen, die sich neben die »Grundzüge der Pflanzenverbreitung« stellt und einzelne Formationen behandelt. Im Rahmen dieser Abtheilung hat Dr. Gräbner den 5. Band über die norddeutsche Heide bearbeitet; es versteht sich, dass diese Themata zugleich die Interessen der Forst- und Landwirthschaft in ihren Grundlagen berühren. Der Umfang der obengenannten Gebiete muss entsprechend dem jedes- maligen Standpunkte der Durchforschung und dem Maasse des Interesses, das das betreffende Land der heutigen Wissenschaft bietet — zumal unter Berücksich- tigung deutscher Bedürfnisse — gewählt werden. Von diesem Ansichtspunkt aus genügen für die gleichförmigen Gebiete Russlands wenige Bände, die Kau- kasus-Länder behandelt ein besonderer Band von Dr. Radde, die Karpathen deren zwei von Professor Pax, für Deutschland nördlich der Alpen sind acht Einzel- arbeiten vorgesehen, die floristisch reiche Balkanhalbinsel von Dalmatien bis zum Peloponnes Deansprucht vier Monographen, von denen Professor Beck von Mannagetta seine Aufgabe schon in vorzüglicher Weise gelöst hat, während Spanien von Dr. Willkomm im ersten Band einheitlich bearbeitet vorliegt. Für die Tropenländer sind Arbeiten im Entstehen, die weit grössere Länder- complexe umfassen und dabei um so mehr einem wissenschaftlichen Bedürfnisse entsprechen werden, wenn sie durch Erklärung der dort herrschenden Pflanzen- formen zugleich demjenigen näher treten, der nicht mit dem ganzen Umfang der systematischen Floristik vertraut sein kann, was für die Mehrzahl der Botaniker genau. so wie für die Geographen zutrifft. Wenn auch das Werk in der Hauptsache deutschsprachig sein soll, so kann doch die im wissenschaftlichen Verkehr gleichwerthige englische und franzö- sische Sprache für solche Länder nicht umgangen werden, für welche die ganze zugehörige wissenschaftliche Litteratur fast nur in diesen fremden Sprachen ver- öffentlicht, ist wie das z. B. von der originellen nordamerikanischen Floristik und den Resultaten dortiger Surveys gilt. Diese Bände werden aber einen deutschen Inhaltsauszug vor dem fremdsprachlichen Haupttext enthalten. So ist nicht zu viel damit gesagt, dass dies grosse und auf lange Jahre be- rechnete Unternehmen quellenmässig durchgearbeitete Bände geschaffen hatund weiter schaffen wird, deren bedeutender Einfluss auf die Botanik wie Geographie unbe- stritten dasteht und auch diejenigen Disciplinen mit heranziehen muss, welche, wie Forst- und Landwirthschaft, deren Anwendung im Kulturkreis der Erde benöthigen. I II. Il. IV. VI. 9 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Von der Vegetation der Erde sind bisher folgende Bände erschienen: Willkomm Moritz, Grundzüge der Pflanzenverbreitung auf der ! iberischen Halbinsel. Mit 21 Textfiguren, 2 Heliogravüren und 2 Karten. Lex.-8. 1896. .# 12.—; in Ganzleinen geb. “#4 13.50. Subseriptionspreis: .Z 10.—; in Ganzleinen geb. # 11.50. Pax, F\, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Karpathen. I. Band. Mit 9 Textfiguren, 3 Heliogravüren und 1 Karte. Lex.-8. 1898. “#4 11.—; in Ganzleinen geb. # 12,50. Subscriptionspreis: # 9.—; in Ganzleinen geb. %# 10.50. I undzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasus- Radde, Gustav, ländern von der unteren Wolga über den Manytsch- Scheider bis zur Scheitelfläche Hocharmeniens. Mit 13 Textfiguren, -7 Helio- gravüren und 3 Karten. Lex.-8. 1899. 4 23.—; in Ganzleinen geb. „u 24.50 Subscriptionspreis: 4 19.—; in Ganzleinen geb. .# 20.50. Beck von Mannagetta, Günther Ritter, Pie Vegetationsver- hältnisse der illyri- schen Länder begreifend Südkroatien, die Quarnero-Inseln, Dalmatien, Bosnien und die Hercegovina, Montenegro, Nordalbanien, den Sandzak Novipazar und Serbien. Mit 6 Vollbildern, 18 Textfiguren und 2 Karten. Lex.-8. 1901. .4# 30.—; in Ganzleinen geb. .# 31.50. Subscriptionspreis: # 20.—; in Ganzleinen geb. .# 21.50. (@raebner pP, Die Heide Norddeutschlands und die sich anschliessenden } Formationen in biologischer Betrachtung. Eine Schil- derung ihrer Vegetationsverhältnisse, ihrer Existenzbedingungen und ihrer Beziehungen zu den übrigen Pflanzenformationen, besonders zu Wald und Moor. (Formationen Mitteleuropas No. 1.) Mit einer Karte. Lex.-8. 1901. A 20.—; in Ganzleinen geb. #4 21.50. ‚Subseriptionspreis: 4 16.—; in Ganzleinen geb. #4 17.50. Drude, Oscar, Der Hereynische Florenbezirk. Grundzüge der Pflanzen- verbreitung im mitteldeutschen Berg- und Hügellande vom Harz bis zur Rhön, Lausitz und dem Böhmer Walde. (Pflanzenverbreitung in. Mitteleuropa nördl. d. Alpen No. 1.} Mit 5 Vollbildern, 61 Textfiguren und 1 Karte. Lex.-8. 1902. #4 30.—; in Ganzleinen geb. .# 31.50. Subscriptionspreis: # 20.—; in Ganzleinen geb. „4 21.50. == Der Subseriptionspreis tritt ein bei Abnahme der ganzen Sammlung. — 10 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Monographieen afrikanischer Pflanzen-Familien und -Gattungen herausgegeben von A. Engler. Veröffentlicht mit Unterstützung der Kgl. Preuss. Akademie der Wissenschaften, vom sechsten Bande ab mit Unterstützung der Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes. Bisher sind erschienen! ]. A. Engler, Moraceae (excl. Ficus). Mit 18 Tafeln und 4 Figuren im Text. gr. 4. 188. 4 12—. II. E. @ilg, Melastomataceae. Mit 10 Tafeln. gr. 4. 189. 4 10.—. ]I. A. Engler und L. Diels, Combretaceae — Combretum. Mit 30 Tafeln und 1 Figur im Text. gr. 4 1899. 4 28.—. IV. A. Engler und L. Diels, Combretaceae excl. Combretum. Mit 15 Tafeln und 5 Figuren im Text. gr. 4. 1900. # 12.—. V. K. Schumann, Sterculiaceae. Mit 16 Tafeln und 4 Figuren im Text. gr. & 1900. 4 0.—. v1 A. Engler und L. Diels, Anonaceae. Mit 30 Tafeln und 1 Figur im Text. gr. 4 1901. #4 2—. In Vorbereitung: VII. A, Engler, Sapotaceae. Die Monographieen afrikanischer Pflanzen-Familien und Gattungen sind be- stimmt, das in den letzten Jahren so gewaltig angeschwollene Material der aus dem tropischen Afrika bekannt gewordenen Pflanzen wissenschaftlich zu bearbeiten, jedoch mit Auswahl. Es sollen nur solche Familien und Gattungen behandelt werden, die in der Flora von Afrika eine hervorragende Rolle spielen und einer eingehenderen wissenschaftlichen Darstellung bedürfen, deren Studium ferner durch zahlreiche Abbildungen erleichtert werden muss. Diese Monographieen haben aber auch den Zweck, die pflanzengeographische Gliederung Afrikas enauer festzustellen; denn erfahrungsgemäss ist diese durch das eingehende Studium einzelner für das Gebiet besonders charakteristischer Gattungen am kräftigsten zu fördern, namentlich dann, wenn die geographische Verbreitung der Arten eines Weltteiles im Zusammenhang mit der Verbreitung der Arten anderer Weltteile und deren Systematik behandelt wird, was Engler bei den von ihm bearbeiteten Familien gethan hat. In jeder der bis jetzt erschienenen Mono- graphieen ist die Zahl der zum ersten Mal beschriebenen und abgebildeten Arten eine ausserordentlich grosse. Es sind daher die Monographieen ein unentbehrliches Hilfsmittel für das Studium der afrikanischen Flora. Aus den Besprechungen: »Der erste Eindruck, den dieses Werk hervorruft, ist kein sachlicher, sondern ein persönlicher. Man staunt die kolossale Arbeitsfähigkeit des Herausgebers an, der noch vor Vollendung, des Riesenwerkes der »Natürl. Pflanzenfamilien«, mitten in der Vorbereitung für das »Pflanzenreich«, neben der Herausgabe der »Beiträge zur Flora von Afrika«, der »Vegetation derErde« u. a. mit der Publikation eines neuen, gross angelegten Werkes beginnt. Ausserordentlich schön sind die lithographirten Tafeln; es thut dem Leser geradezu wohl, in einem modernen Werke nicht blos unscharfe Autotypien, sondern auch noch rein und scharf durchgeführte Zeichnungen zu finden.« (Oesterr. botan. Zeitschrift. 1899. Heft 1.) »...Dass die Tafeln, von den Autoren selbst gezeichnet und von Meisenbach, Riffarth & Co., in Berlin wiedergegeben, in einem Engelmann’schen Verlagswerk neben dem Druck und der Ausstattung vorzüglich ausgefallen sind, ist wohl selbstverständlich. Auf die mit Unterstützun der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaft veröffentlichte, Publikation muss wiederholt und nachdrücklich hingewiesen werden. (Literar. Centralblatt 1899) Nr. 46.) »...Es genügen diese Mitteilungen wohl, um zuYzeigen, dass jene Arbeiten nicht nur für den Botaniker, sondern auch für den Geographen wertvolle Ergebnisse enthalten; diesem eine Vorstellung von den besprochenen Pflanzen zu geben, erleichtern die vorzüglich ausgeführten beigegebenen Tafeln.« F, Höck (Luckenwalde), (Petermann’s Mitteilungen. 17.[XT. 1899.) 11 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Vegetationsansichten aus Deutschostafrika insbesondere aus der Khutusteppe, dem Ulugurugebirge, Uhehe, dem Kingagebirge, vom Rungwe, dem Kondeland und der Rukwasteppe nach 64 von Walther Goetze auf der Nyassa-See- und Kinga-Gebirgs-Expedition der Hermann und Elise geb. Heckmann Wentzel-Stiftung hergestellten photo- graphischen Aufnahmen zur Erläuterung der ostafrikanischen Vegetationsformationen zusammengestellt und besprochen von A. Engler Direktor des König!. botanischen Gartens und Museums zu Berlin. Herausgegeben mit Unterstützung der Stiftung. 64 Lichtdruckbilder mit Text im Leinwandmappe. gr. 4 1902. # 25.—. In den Jahren 1898 und 1899 wurde auf Kosten der Wentzel-Stiftung eine Expedition nach dem Nyassa-See zur Erforschung der Flora und Fauna des nörd- lichen Nyassalandes, insbesondere auch des Kinga-Gebirges ins Werk gesetzt und mit den botanischen Aufgaben Walther Goetze betraut, der am K. botan. Garten und Musenm für diesen Zweck gründlich vorbereitet worden war, leider aber am 9. Dez. 1899 dem Schwarzwasserfieber zum Opfer fiel. Goetze reiste von Dar-es-Saläm durch Usagara nach Kisaki, besuchte von dort das herrliche Uluguru- gebirge und gelangte durch Uhehe zum Nyassa-See nach Langenburg, von wo aus er zweimal in das obere Kondeland, sowie in das Kinga-Gebirge grössere Expeditionen unternahm, die wichtige botanische Ergebnisse zur Folge hatten. Während der ganzen Expedition hat Goetze mit grosser Sorgfalt photogräphische Aufnahmen gemacht und dabei namentlich die Vegetationsformationen berücksichtigt. Da sein Marsch durch mannigfaltige Steppengebiete bis zu fast 3000 m hohen Gebirgen führte, so hat er Gelegenheit gehabt, von den wichtigsten Vegetations- formationen Deutschostafrikas photographische Aufnahmen herzustellen. Bezüglich der Bezeichnung der Vegetationsformationen Afrikas herrscht vielfach noch grosse Unklarheit; durch diese Sammlung von Vegetationsansichten wird aber Botanikern und Geographen, sowie den in Afrika reisenden oder im Kolonialdienst thätigen Personen reiche Gelegenheit gegeben], sich über das Aussehen der wichtigsten Formationen und über deren Zusammensetzung zu unterriehten. Die Sammlung bildet auch ein treffliches Hilfsmittel für den botanischen und geographischen Unterricht. Aus den Besprechungen: »...Der Einblick, den die Bilder in die Flora Deutschostafrikas gewähren, ist ein äusserst lehrreicher, denn man erkennt auf den ersten Blick, dass sie mit pflanzengeographisch geschultem Auge hergestellt wurden. Wenn man bedenkt, mit welchen Schwierigkeiten photographische Aufnahmen in jenen Gegenden verknüpft sind, so muss man sich wundern, wie vortrefflich die meisten der 64 in Lichtdruck wiedergegebenen Ansichten ausgefallen sind.« (Globus Nr. 15. 1902.) »... In der 64 Tafeln starken, prächtig ausgeführten Sammlung lernen wir nacheinander, vom Küstengebiet bis ins Berg- und Hochland hinauf, die verschiedenen Vegetationsformen von Ostafrika kennen. Neben Abbildungen von nur allgemeinem Vegetationscharakter sind auch verschiedene charakteristische Bäume der einzelnen Vegetationsformen, wie z. B. Hyphaene coriacea, Euphorbia, Stuhlmanni etc. in der Sammlung vertreten. Jede der einzelnen Abbildungen wird in einer von A. Engler beigegebenen kleinen Arbeit nach allen Richtungen hin bis in alle Einzelheiten erklärt und besprochen, so dass dieses prächtige Werk sowohl dem Pflanzen- geographen und Botaniker wie auch dem sich für die afrikanische Pflanzenwelt interessierenden Laien bestens empfohlen werden darf.« Hegi. (Der Tropenpflanzer Nr. 5, 1902.) »Die von Engler herausgegebenen schönen und instruktiven Phötographieen rühren von W. Goetze her, der zu naturwissenschaftlichen, speziell botanischen Studien in das im Norden des Nyassasees gelegene Gebirgsland entsandt, leider dem afrikanischen Klima zum Opfer fiel. Es ist’ erfreulich, dass es gelang, auf Grund der Resultate seiner Sammlungen in der vorliegenden Veröffentlichung einem grösseren Kreise in Wort und Bild die pflanzengeographischen Verhält- nisse eines Teiles von Ostafrika zu schildern.« (Allgem. botan. Zeitung 1902. II. Heft.) 12 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Synopsis der mitteleuropäischen Flora von Paul Ascherson, Dr. med. et phil. . Professor der Botanik an der Universität zu Berlin und Paul Graebner, Dr. phil. . "gr. 8 Das Werk erscheint in etwa 40 Lieferungen im Umfange von je 5 Bogen zum Preise von # 2.—, die zu Bänden verschiedenen Umfangs zusammengefasst werden. Einzelne Bände und Lieferungen werden nicht abgegeben. " Bis zum Herbst 1902 erschienen 23 Lieferungen. Vollständig liegen vor: Erster Band. Embryophyta zoidiogama. Embryophyta siphonogama (Gymnospermae. Angiospermae. [Monocotyledones (Pandanales. Helobiae.)) 1898. # 10.—; in Halbfranz geb. # 12.50. Zweiter Band. (Erste Abtheilung). Embryophyta Siphonogama (Augiospermae [Monocotyledones (Glumiflorae 1. Gramina)]). 1%2. „4 20.—; in Halbfranz geb. .Z 22.50. Aus den Besprechungen: »Die vorliegende Lieferung rechtfertigt vollauf die Erwartungen, die an das Werk gesetzt wurden; man kann den Gesammteindruck, den es hervorruft, nicht anders kennzeichnen, als durch die Behauptung, es ist noch niemals ein Florenwerk von solcher Genauigkeit und Verläss- lichkeit in jeder Hinsicht, von solcher Vollständigkeit geschrieben worden.... Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass das Werk für die systematische Forschung eine wesentliche Förderung und Anregung bedeutet, dass es auf lange Zeit hinaus das grundlegende Werk für die mittel- europäische Flora sein wird, so dass im Interesse der Wissenschaft nur der eine Wunsch aus- gesprochen werden kann, dass es dem Verfasser gegönnt sein möge, die grosse von ihm über- nommene Aufgabe zu Ende zu führen.« ' (R. v. Wettstein in der Oesterreich. Botanischen Zeitschrift 1896. H. 7.) »Zichen wir noch einmal die Summe aus dem ersten Hefte dieses vortrefflichen Werkes, so können wir nur sagen, dass es alle bisherigen Floren weit hinter sich lässt. Die Vollständig- keit der Bearbeitung, der weite und universelle Gesichtspunkt, von dem aus der Verfasser seine Aufgabe erfasst hat, erheben es zu einer Schöpfung ersten Ranges. Wir wollen nur wünschen dass es ihm vergönnt ist, in rüstiger Schaffensfreudigkeit das begonnene Werk zu fördern, un dass wir das Schlussheft mit dem gleichen Willkommen in wenigen Jahren begrüssen können wie das Anfangsheft.« (K. Schumann in der Naturwissenschaftlichen Rundschau 1892. VII, 166.) »Von ganzem Herzen wünschen wir, dass es dem Verfasser vergönnt sein möge, sein grosses Werk zu Ende zu führen; dann wird Mitlel-Europa eine Schilderung seiner Pflanzenwelt besitzen, wie kein anderer Theil der Erdoberfläche sich einer ähnlichen rühmen kann.« (Fr. Buchenau in der Botanischen Zeitung 1896. Nr. 16.) »Für jeden Botaniker, der sich ernsthaft mit der mitteleuropäischen Flora beschäftigt, ist die von Ascherson und Gräbner herausgegebene Synopsis geradezu unentbehrlich.« (A. K. Allgem. Botan. Zeitschrift 1899 No. 3.) 13 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Ostwald’s Klassiker der exakten Wissenschaften. z. Z. herausgegeben von Prof. Dr. Arthur von Oettingen. 8. Gebunden. Erschienen sind bis jetzt aus dem Gebiete der Botanik: Nr. 15. Theod. de Saussure, Chem. Untersuch. üb. d. Vegetation. (1804.) 1. Hälfte, Mit 1 Taf. Übers. v. A. Wieler. .# 1.80. » 16. --— —— 2. Hälfte. Übers. v. A. Wieler. .# 1.80. » 39. L. Pasteur, Die in der Atmosphäre vorhandenen ‚organisirten Körperchen. Prüfung der Lehre von der Urzeugung. (1862.) Übersetzt v. A. Wieler. Mit 2 Taf. # 1.80. ; » 41. D. Joseph Gottlieb Kölreuter’s vorläufige Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffenden Versuchen und Beobachtungen nebst Fortsetzungen 1, 2 und 3. (1761—1766.) Herausg. v. W. Pfeffer. 4 4.—. » 48. Chr. Konr. Sprengel, Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. {1793.) Herausgegeben von Paul Knuth. In vier Bändchen. 1 Bändchen #2.—. 49. — 2. Bändchen. # 2.—. -» 50. — —— 3. Bändchen. #4 2.—. » 51. — —— 4. Bändchen. (25 Tafen) #4 2.—. >» 62. Thomas Andrew Knight, Sechs pflanzenphysiologische Abhandlungen. :1803—1812.) Übersetzt u. herausg. von H. Ambronn. # 1—. » 95. Ernst von Brücke, Pflanzenphysiologische Abhandlungen. I. Bluten des Rebstocks. — II. Bewegungen der Mimosa pudica. — Ill. Elementar- organismen. — IV. Brennhaare von Urtica. (1844-——1862.) Herausgegeben von A. Fischer. Mit 9 Textfiguren. .# 1.40. »105. R. J. Camerarius, Über das Geschlecht der Pflanzen. (De sexu plan- tarum epistola.) (1694.) Übersetzt und herausgegeben von M. Möbins. Mit dem Bildniss von R. J. Camerarius. .# 1.50. »120. Marcellus Malpighi, Die Anatomie der Pflanzen. I. und II. Theil. (1675 und 1679.) Bearbeitet von M. Möbius. Mit 50 Abbildungen. # 3.—. »121. Gregor Mendel, Versuche über Pfanzenhybriden. Zwei Abhandlungen. (1865 und 1869.) Herausgegeben von Erich Tschermak. #1—. Beim Bezug der ganzen Sammlung oder aller Bändchen der einzelnen Wissensgebiete tritt in Zukunft folgende Vergünstigung ein. Es wird gewährt bei Abnahme der ganzen Sammlung ein Nachlass von 20%, bei Abnahme aller Bändchen der einzelnen Wissensgebiete ein Nachlass von 10%. Nach Abzug dieses Nachlasses würden kosten die bis zum Herbst 1902 erschienen 133 Bändchen .z 178.75 . die sämtlichen vorstehend verzeichneten Bände aus dem Gebiete der Botanik .Z 22.80 Einzeine Bändchen sowohl, wie auch diese Serien zu ermässigtem Preise können durch alle Buchhandlungen bezogen werden. Voll- ständige Verzeichnisse der „Klassiker“ sind durch alle Buchhand- lungen und vom Verleger umsonst zu erhalten. 14 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Nach Abschluss der Lieferungsausgabe liegt Ende 1902 vollständig vor: Die Rohstoffe des Pilanzenreiches. Versuch einer technischen Rohstofflehre des Pilanzenreiches. Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Max Bamberger in Wien; Dr. Wilh. Figdor in Wien; Prof. Dr. F. R. v. Höhnel in Wien; Prof. Dr. T. F. Hanausek in Wien; Prof. Dr. F. Krasser in Wien; Prof. Dr. Lafar in Wien; Dr. Karl Linsbaur in Wien; Prof. Dr. K. Mikosch in Brünn; Prof. Dr. H.Molisch in Prag; Prof. Dr. A.E.v. Vogl in Wien; Prof. Dr. K. Wilhelm in Wien und Prof. Dr. $S. Zeisel in Wien von Dr. Julius Wiesner 0. 6. Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen an der Wiener Universität. Zweite, gänzlich umgearbeitete und erweiterte Auflage, Erster Band: Zweiter Band: r.8. 1900. Mit 153 Textfiguren. gr.8. 1902. Mit vielen Textfiguren. A 25.—; in Halbfranz geb. #4 28.—. | Etwa.#35.—; in Hlbfrz. geb. etwa.#38.—. Aus den Besprechungen: »Mit vollem Rechte kann man Wiesner’s im Jahre 1873 erschienenes Werk über die Roh- stoffe des Pflanzenreiches als die Grundlage der wissenschaftlichen technischen Rohstofflehre betrachten, und in gleichem Masse hat es sich dem Botaniker sowie dem Techniker als wich- tigstes Nachschlagewerk unentbehrlich gemacht. Bei dem schnellen Vorwärtsschreiten in der Verwertung pflanzlicher Stoffe für technische und industrielle Zwecke machte sich das Bedürf- nis nach einer Neubearbeitung immer dringender geltend, und es ist daher mit Freuden zu be- grüssen, dass der Verfasser sich zu einer neuen Auflage entschlossen hat. Da mit der Zunahme des zu behandelnden Stoffes zugleich auch die Methodik der Bearbeitung durch ein tieferes Ein- dringen in wichtige Details ausserordentlich zugenommen hat, so wird die neue Auflage wohl den doppelten Umfang der ersten erreichen. Bei der Verschiedenartigkeit des Materials hat sich der Verfasser veranlasst gefühlt, nur einen Teil desselben, nämlich ausser der Einleitung noch die Kapitel über Gummi, Harze, Stärke und Fasern selbst zu bearbeiten und für die übrigen Ab- schnitte eine Reihe von Fachmännern zu gewinnen, die zum grössten Teil sich bereits als her- vorragende Kenner der einzelnen Gebiete der technischen Warenkunde und Rohstofflehre be- thätigt haben. Die Namen Bamberger, Figdor, v. Höhnel, Hanausek, Krasser, Lafar, Mikosch, Molisch, v. Vogl, Wilhelm und Zeisel dürften Gewähr leisten für die Brauch- barkeit und wissenschaftliche Gründlichkeit dieser neuen Auflage; zugleich legen sie auch Zeug- nis dafür ab, dass es dem Verfasser gelungen ist, durch seine eigenen grundlegenden Studien und durch die von ihm angeregten Arbeiten sciner Schüler Wien zum Mittelpunkte derjenigen Bestrebungen zu machen, welche die Resultate der anatomischen und zugleich chemischen Unter- suchung der Rohstoffe für die Technik und Industrie zu verwerten suchen.« (Gürke in den Botanischen Jahrbüchern XXIX. Bd.) »Wiesner hat das Verdienst, die technische Rohstoffllehre, welche seit Anfang des 19. Jahr- hunderts vollständig _darniederlag, durch die erste Auflage dieses Buches wieder belebt und mit wissenschaftlichem Geiste erfüllt zu haben.... Das Gehotene ist sorgfältig bearbeitet, mit_ge- nügenden neuen Litteraturnachweisen versehen und wird nicht nur für den Praktiker, sondern auch für den reinen Pflanzenphysiologen von Interesse sein. Man muss es Wiesner Dank wissen, dass er sich zur Herausgabe der neuen Auflage entschlossen und die neue Bearbeitung in so gute Bahnen geleitet hat.« (Arthur Meyer in der Botanischen Zeitung 58. Jhrg. H. 13.) L FE Durch das Zusammenwirken zahlreicher Sachverständiger unter einheitlicher Lei- tung und nach einheitlichem Plane ist in vorliegenden Werke ein ausserordentlich wertvolles Hilfsmittel zum Studium der Rohstoffe geschaffen worden. Nur selten wird man die gesuchte Belehrung über diesen oder jenen Punkt der technischen Warenkunde in dem Buche nicht finden. Was bisher auf dem Gebiete sicher gestellt wurde, ist übersichtlich zusammengestellt und kritisch geordnet, das Wesentliche von dem Unwesentlichen geschieden und so eine breite Basis ge- schaffen, auf der weiter gebaut werden kann...... Indem Wiesner und seine Mitarbeiter das bisher Exrmittelte klar geordnet zusammenstellten, haben sie das weitere Studium wirksam vor- bereitet.« (Tschirch in der Flora oder Allgem. botanische Zeitung 1900, 87. Bd. 4. H.) Bruns Nous ne pensons pas qul soit utile d’attirer plus longuement Pattention sur cet ouvrage, qui est de toute premiere utilit6 & tous ceux qui ont & faire une recherche quelconque dans ce domaine.« (Revue des cultures coloniales 1902. 5. II.) Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Handbuch der Blütenbiologie unter Zugrundelegung von Hermann Müller’s Werk: „Die Befruchtung der Blumen durch Insekten“ bearbeitet von Dr. Paul Knuth weiland Professor an der Ober-Realschule zu Kiel und korrespondierendem Mitgliede der botanischen Gesellschaft Dodonaea zu Gent. I. Band: Einleitung und Litteratur. Mit 81 Abbildungen im Text und 1 Porträttafel. gr. 8. 1898. # 10.—; in Halbfranz geb. .# 12.40. I. Band: Die bisher in Europa und im arktischen Gebiet gemachten blütenbiologischen Beobachtungen. 1. Teil: 2. Teil: Ranuneulaceae bis Compositae. Lobellaceae bis Gnetacene. . . sen‘ . Mit 210 Abbildungen im Text, einem Mit 210 Abbildungen im Text und dem systematisch-alphabetischen Verzeichnis Porträt Hermann Müller’s. der blumenbesuchenden Tierarten und gr. 8. 1898. # 18.—; dem Register des II. Bandes, in Halbfranz geb. # 21.—. | gr. 8. 1899. .# 18.—; in Halbfranz geb. 4 21.—. Mit einem dritten Bande, der’ die iin aussereuropäischen Ländern gemachten Beobachtungen behandelt und u. a. auch das vom verstorbenen Professor Knuth auf dessen Weltreise gesammelte Material verarbeitet, ist Professor E. Loew in Berlin zur Zeit beschäftigt. Aus den Besprechungen: »Das Werk stellt nach Vollendung eine wahrhaft monumentale Erscheinung der biolo- gischen Literatur dar; cs wird ein unentbehrliches Nachschlagewerk des Blütenbiologen von Fach dauernd sein, ein unersetzlicher Ratgeber für den naturwissenschaftlichen Lehrer.« (Dr. Smalian in der Zeitschrift f. Naturwissenschaften Bd. 71. 1899.) »Trotz der erwähnten Ausstellungen, die ja bei einem so umfangreichen Werke nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, halte ich das Handbuch für ein schr verdienstliches Werk, welches Jedem, der sich mit blütenbiologischen Arbeiten befasst, seine Tätigkeit nicht nur ungemein erleichtert, sondern ihm geradezu unentbehrlich sein wird.« (Kienitz-Gerloff in der Botanischen Zeitung 1898. No. 18.) »Ref. wünscht dem verdienstlichen Buch baldige Fertigstellung und weite Verbreitung.« (K. Goebel in der Flora 1898. Heft 3.) »Ein Werk, weiches in seiner Art einzig dasteht und recht eigentlich als den Standpunkt der Blütenbiologie am Schlusse des gegenwärtigen Jahrhunderts bezeichnend betrachtet werden kann.« (Gaea 1898. 10. Heft.) »Es war ein glücklicher Gedanke des Verfassers, die zahllosen, in der Literatur zer- streuten und zum Teil schwer zugänglichen Beobachtungen über Blütenbiologie in ein Handbuch zusammenzufassen. Es war auch ohne Zweifel sehr zweckmässig, dieses Handbuch im An- schluss an das grundiegende Werk von H. Müller abzufassen. Das vorliegende Werk Knuth’s wird in Zukunft Jedem, der sich mit blütenbiologischen Beobachtungen und deren Verwertung beschäftigt, unentbehrlich sein.« (Fritsch in den Mitteilungen d. Zoolog.-Botan. Gesellschaft Wiens.) »Dr. Knuth ist to be congrafulated on carrying out an excellent idea in a masterly manner.« (Francis Darwin in der Nature Vol. 58. No. 1506 v. 8. Sept. 1898.) »Verf. hat sich der dankenswerten Aufgabe unterzogen, auf Grund des Hermann Müller’schen Buches selbst ein neues Handbuch der Blütenbiologie zu verfassen, in dem die ungeheuere Fülle der bisherigen Beobachtungen nach modernen Gesichtspunkten zusammengestellt und verarbeitet wird — ein schwieriges Unternehmen, das aber nach den beiden vorliegenden Teilen zu urteilen, in vorzüglicher Weise gelungen ist.« (Ludwig (Greiz) im Botanischen Centralblatt. Bd. 75. 1898.) 16 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Grundriss einer Geschichte der Naturwissenschaften zugleich eine Einführung in das Studium der grundlegenden naturwissenschaftlichen Litteratur von Dr. Friedrich Dannemann. I. Band. Erläuterte Abschnitte aus den Werken hervorragender Naturforscher aller Völker und Zeiten. Zweite Auflage. * Mit 44 Abbildungen zum grössten Teil in Wiedergabe nach den Originalwerken und einer Spektraltafel. gr. 8. 1902. .# 8.—; in Leinen gebunden .# 9.—. Il. Band. Die Entwicklung der Naturwissenschaften. Mit 76 Abbildungen zum grössten Teil in Wiedergabe nach den Originalwerken und einer Spektraltafel. gr. 8. 1898. .# 9.—; in Leinen gebunden „# 10.50. == Die Bünde sind einzeln käuflich, — Aus den Urtheilen über Band I: »Das\Work enthält von Aristoteles bis auf Humboldt eine Reihe kürzerer und längerer Aus- züge, in entsprechender Bearbeitung, welche dem Leser rine unmittelbare Anschauung von dem Werden der naturwissenschaftlichen Erkenntnis geben. Der Inhalt verteilt sich möglichst gleich- mässig über das ganze Gebiet der beobachtenden Wissenschaften, von der Astronomie his zur Zoologie und Botanik, und der Auswahl kann man das Zeugnis nicht versagen, dass sie sach- gemäss und mit guter Ueberlegung getroffen ist. Nach dem Gesagten braucht nicht erst kervor- gehoben zu werden, «dass der Ref. das Studium dieses Buches allen dringend empfiehlt. Nicht nur dem Schüler, sondern zunächst wohl noch mehr dem Lehrer wird es eine Fülle von An- regung bringen.« (Wilhelm Ostwald.) (Zeitschrift für physikal. Chemie 1896. XX. 3.) »The choice of material is excellent and too much has been offered in no case, the collec- tion is as admirable for what it omits as for what-it includes. The chronological arrangement adopted is cminently sensible, and where translation has heen necessary it has been clearly and smoothly done. Information of the kind presented shouli be a part of every one’s education in this age of the world, and he who gains it gains an absorbing interest in sceing how the present generation has come by its heritage of the might, majesty, dominion and power of scientific knowledge.« (J. E. Trevor.) (Journal of Physical Chemistry No. 3, 1896.) Aus den Urtheilen über Band II: »In klarer, allgemein verständlicher Sprache wird die Geschichte der gesamten Naturwissen- schaften von Aristoteles bis auf unsere Tage dem Leser vorgeführt. Die übersichtliche Form, die leichtfassliche, anregende Darstellung machen das Werk besonders für die höheren Klassen unserer Schulen geeignet; doch wird jeder, der sich für Naturwissenschaften interessiert, aus dem Buche viel Anregung und Belehrung schöpfen. Erhöht wird der Wert des Buches durch die ge- treue Wiedergabe zahlreicher Abbildungen aus den Originalwerken.« (P. R.) (Naturwiss. Rundschau, XIV. Jhrg. No. 31. (1899).) »Der Verfasser zeigt sich auch in diesem Bande als Meister in der Klarlegung und geschickten Aneinanderreihung der für die lntwicklung der Naturwissenschaften bedeufungsvollsten Prob- leme. Seine Ausführungen stützen sich schr häufig auf die betreffende Originalarbeit und werden durch der letzteren entnommenc, charakteristische Figuren in überaus wirksamer Weise belebt. Die Fassung des Textes ist ungemein klar und bewährt sich besonders, wenn es gilt, das Ver- ständnis schwierigerer Kapitel zu ermöglichen.« (Glöser.) . . (Zeitschrift f. Realschulwesen. 24. Jahre. Heft 4.) 17 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Andersson, Gunnar, Die Geschichte der Vegetation Schwedens. Kurz dargestellt. Mit 2 Tafeln und 13 Figuren im Text. (Separat-Abdruck aus Engler’s Botan. Jahrb. XXII. Bd. 3. Heft.) gr. 8. 1896. A 4.— Bary, N de, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Myeetozoen und Bacterien. Mit 198 Holzschnitten. gr. 8. 1881. 4 13.—; in Halbfranz geb. # 15.—. —— Vorlesungen über Bakterien. Dritte Auflage, durchgesehen und theil- weise neu bearbeitet von W. Migula. Mit 41 Figuren im Text. gr. 8. 1900. A 3.60; in Leinen geb. .# 4.60. Beck von Mannagetta, Günther Ritter, Hilfsbuch für Pflanzen. ! sammler. Mit 20 Text- figuren. 8. 1902. Kartonirt #4 1.40. Berthold G,, Untersuchungen zur Physiologie der pflanzlichen Organi- 77 77 sation. Erster Theil. Mit einer lithographischen Tafel. gr. 8. 1898. AM 6—. Buchenau Franz, Monographin Juncacearum. Mit 3 Tafeln und 9 Holz- } } schnitten. (Separat-Abdruck aus Engler’s Botanischen Jahrbüchern. Band XIL) gr. 8. 1890. A 12.—. —— Flora der nordwestdeutschen Tiefebene. 8. 1894. “4 7.—; in Leinen geb. # 7.15 —— Hora der ostfriesischen Inseln (einschliesslich der Insel Wangeroog). Vierte Auflage 8. 1901. .2 4.—; in Leinen geb. 4 4.60. Conwentz, H, Monographie der baltischen Bernsteinbäume. Vergleichende ! Untersuchungen über die Vegetationsorgane und Blüthen, sowie über das Harz und die Krankheiten der baltischen Berusteinbäume. Mit 18 lithograph. Tafeln in Farbendruck. Mit Unterstützung des Westpreussischen Provinzial-Landtages herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig. gr. 4. 1890. A 50.—. ffner Franz Die Voralpenpfianzen. Bäume, Sträucher, Kräuter, Da 1 } Arzneipflanzen, Pilze, Kulturpflanzen, ihre Beschreibung, Verwerthung und Sagen. 8. 1893. A 8.—; in Leinen geb. # 9.— Y flanzen- ) f, Versuch einer Entwicklungsgeschichte der P Engler, Ad l welt, insbesondere der Florengebiete seit der Tertiärperiode. I. Theil: Die extratropischen Gebiete der nördlichen Hemispbäre. Mit 1. chromolith. Karte. gr. 8. 1879. AMN— —— —— II. Theil: Die extratropischen Florengebiete der südlichen Hemisphäre und die .tropischen Gebiete. Mit einer pflanzengeographischen Erdkarte. gr. 8. 1882. A 1 18 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die Pflanzen-Formation und die pflanzengeographische Engler, Adalt, Gliederung der Alpenkette, erläutert an der Alpenanlage des neuen Königlichen botanischen Gartens zu Dahlem-Steglitz bei Berlin. Mit 2 Orientierungskarten. gr.8. 1901. (Appendix VII des Notizblattes des Königl. botanischen Gartens und Museums zu Berlin.) A 2.40. -—— Die pflanzengeographische Gliederung Nordamerikas, erläutert an der nordamerikanischen Anlage des neuen Königlichen botanischen Gartens zu Dahlem-Steglitz bei Berlin. Mit einer Verbreitungskarte und einem Orientierungs- plan. gr. 8. 1902. (Appendix IX des Notizblattes des Königl. botanischen Gartens und Museums zu Berlin.) A 2.40. Frank AB Lehrbuch der Botanik. Nach dem gegenwärtigen Stand der } "} Wissenschaft bearbeitet. ZweiBände. Mit 664 Abbildungen in Holzschnitt. gr. 8. 1892/93. 4 26.—; in Halbfranz geb. # 30.—. Garten Der botanische, „’sLands Plantentuin“ zu Buitenzorg auf Java. \ Festschrift zur Feier seines 7öjährigen Bestehens. (1817—1892.) Mit 12 Liehtdruckbildern und 4 Plänen. gr. 8. 189. H 14.—. Goebel, K,, Grundzüge der Systematik und speeiellen Pflanzenmorpho- logie, nach der 4. Auflage des Lehrbuchs der Botanik von J. Sachs neu bearbeitet. Mit 407 Holzschnitten. gr. 8. 1882. A 12.—; in Halbfranz geb. # 13.75. 1 Gesammelte Abhandlungen und kleinere Schriften zur Grisebach, A., Pflanzengeographie. Mit dem Porträt des verewigten Ver- fassers, radirt von W. Unger, biographischen Nachrichten und einer Biblio- graphie seiner Werke. gr. 8. 1880. AM 20.—. —— Die Vegetation der Erde nach ihrer klimatischen Anordnung. Ein Abriss der vergleichenden Geographie der Pflanzen. Zweite, vermehrte und berichtigte Auflage. 2 Bände mit Register und 1 Karte. gr. 8. 1884. A 20.— ; in Halbfranz geb. # 24.50. Entwicklungsgeschichte des mechanischen Gewebe- Haberlandt, G systems der Pflanzen. Mit 9 lithographirten Tafeln. 4. 1879. A 10.—. —— Das reizleitende Gewebesystem der Sinnpflanze. Eine anatomisch-phy- siologische Untersuchung. Mit 3 lithographirten Tafeln. gr.8. 1890. #4 4.—. —— Eine botanische Tropenreise. Indo-malayische Vegetationsbilder und Reise- skizzen. Mit 51 Abbildungen. gr.8. 1893. #4 8.—; in Leinen geb. .# 9.25. —— Physiologische Pflanzenanatomie. Zweite, neubearbeitete und ver- mehrte Auflage. Mit 235 Abbildungen. gr. 8. 1896. ‚4 36.—; in Halbfranz geb. .# 18.—. —— Sinnesorgane im Pflanzenreich zur Perception mechanischer Reize. Mit 6 lithographischen Tafeln und 1 Figur im Text. gr.8. 1900. #9—. Haläscy, F. de, Conspecetus Florae Graecae. 8. Volumen \ won. — —— Volumen IL 1902. A 34. 19 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Hildebrand, Friedrich, Über Ähnlichkeiten im Pflanzenreiche. Eine morphologisch-biologische Betrachtung. 8. 1902. A 1.60. Klin raeff H. Y, Die Leber- u. Laubmoose West« und Ostpreussens. 58 \ } Herausgegeben mit Unterstützung des Westpreussi- scher Provinzial-Landtages vom Westpreussischen Botanisch -Zoologischen Verein. 8. 1893. Al 5.—, in Leinen geb. .# 5.75. K 1 Der Tabak. Studien über seine Kultur und Biologie. n . > onınS, 6 d Mit 15 Abbildungen im Text. 4. 1900. AM —. Studien über die Verbreitungsmittel der Pflanzen. Kronfeld, N ' 1. Theil: Windfrüchtler. Mit 5 Textfiguren. 8. 1900. #1.—. : Handbuch für botanische Bestimmungsübungen. zZ 8 Niedenzu, Fran ! Mit 15 Figuren im Text. 8. 1895. “A 4.—; in Leinen geb. # 4.75. Noll F. Über heterogene Induktion. Versuch eines Beitrags zur Kennt- _—_ 1-7 niss der Reizerscheinungen der Pflanzen. Mit 8 Figuren in Holz- schnitt. gr.8. 189. AM 3.— Pax Ferd. Monographische Übersicht über die Arten der Gattung ! ! Primula. (Separat-Abdruck aus Engler’s Botanischen Jahr- büchern. X. Bd.) gr. 8. 1888. M 3.—. Pfeffer W, Pflanzenphysiologie. Ein Handbuch der Lehre vom Stoff- ! ! wechsel und Kraftwechsel in der Pflanze. Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. Erster Band: Stoffwechsel. Mit 70 Holz- schnitten. gr. 8. 1897. A D.—. in Halbfranz geb. 4 23.—. Zweiter Band: Kraftwechsel. 1. Hälfte (Bogen 1—22). Mit 31 Ab- bildungen in Holzschnitt. gr. 8. 1901. A 11.—. Die 2. Hälfte des 2. Bandes wird im Jahre 1903 erscheinen und das Werk abschliessen. 20 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Prantl’s Lehrbuelı der Botanik, Herausgegeben und neu bearbeitet: von Ferdinand Pax. Elfte, verbesserte und vermehrte Auf- lage. Mit 414 Figuren in Holzschnitt. gr. 8. 1900. A 4.60; in Leinen geb. # 6.10. Richter, K, Plantae Europaeae. lEnumeratio systematica et synonymica plantarum phanerogamicarum in Europa sponte crescentium vel mere inquilinarum. 8. „Jomus 1. 1890. # 10.—; in Leinen geb. #4 11. —— —— TomusIl. Emendavit ediditque M. Gürke. Fasc. I. 1897. 45.—. — — —— Fase. IL 189. a. Hu Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Zweite, neu- Bachs, Ju 5 bearbeitete Auflage. Mit 891 Holzschnitten. gr. 8. 1887. “A 18.—; in Halbfranz geb. # 20.—. —— Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie. Zwei Bände. Mit 10 lithographirten Tafeln und 126 Textbildern. gr. 8. 1892,98. 4A 29.—; in Halbfranz geb. „#4 33.—. lass. h mann ] Neue Untersuchungen über den Blütenausch 8° u } Kar ’ Mit 10 lithographirten Tafeln. gr.8. 1890. „2 20.—. —— Morphologische Stndien. 1. Heft. Mit 6 lithograph. Tafeln. gr. 8. 189. A 10.—. —— —— 2. Heft. Mit 6 Figuren im Text. gr. 8. 1899. MNT—. Schwendener 8, Das mechanische Prineip im anatomischen Ban der \ Monocotylen, mit vergleichenden Ausblicken auf die übrigen Pflanzenklassen. Mit 12 Holzschnitten und 14 lithographischen Tafeln in Farbendruck. Lex. 8. 1874. At 12.—. —— Mechanische Theorie der Blattstellungen. Mit 17 lithographischen Tafeln. 4. 1878. „A 10.—. Warburg, 0, Monsunia. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation des süd- und ostasiatischen Monsungebietes. Band I. Mit 11 Tafeln. fol. 1900. M 30.—. Der Umfang des ganzen Werkes ist auf 3—4 Bünde berechnet. —— Die Muskatnuss, ihre Geschichte, Botanik, Kultur, Handel und Verw erthung, sowie ihre Verfälschungen und Surrogate. Zugleich ein Beitrag zur Kultur- geschichte der Banda-Inseln. Mit 3 Heliogravrüren, 4 lithographischen Tafeln, 1 Karte und 12 Abbildungen im Text. gr. 8. 1897. A 20.—; in Leinen geb. 4 21.50. Wettstein, R. Vv, Monographie der Gattung Euphrasia. (Arbeiten des botanischen Instituts der k. k. deutschen Universität in Prag. Nr. IX.) Mit einem De Candolleschen Preise ausgezeichnete Arbeit. Herausgegeben mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen. Mit 14 Tafeln, 4 Karten und 7 Textillustrationen. 4. 1896. AM 30.— Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Die Sporenbildung von. Taphrina-Arten. Von $. Jkeno. Mit Tafel I-III und 2 Textfiguren. Bisher liegen nur wenige Beobachtungen über das eytologische Verhalten bei der Sporenbildung der Exoasceen vor. Schmitz stu- dirte Taphrina (Exoascus) Pruni in dieser Beziehung und gab die Re- sultate in seiner bekannten inhaltsreichen Abhandlung.!) 'Sadebeck, welcher durch seine grundlegenden Untersuchungen über die Biologie und Systematik dieser Ascomyceten bekannt ist, studirte einige Arten auch in dieser Hinsicht), während Fisch eine ziemlich ausführliche Beschreibung der Sporenbildung bei einer Exoascee, Ascomyces endo- genus, geliefert hat?) Auch hat Dangeard die Verschmelzung von zwei Kernen in der ascogenen Zelle von Taphrina (Exoascus) defor- mans beobachtet.®) Die Resultate der Studien Sadebeck’s und Fisch’s führten dahin, dass bei der Sporenbildung der Exoasceen eine echte Karyo- kinese vorliegt, und dass der einzige Zellkern der ascogenen Zelle durch wiederholte karyokinetische Theilung eine Anzahl von Asco- sporenkernen liefert, wie es bei den anderen Ascomyceten der Fall ist. Im Beginn des vorigen Jahres habe ich in dieser Zeitschrift eine kurze Mittheilung über die Sporenbildung von Taphrina Johansoni veröffentlicht5), wobei ich gezeigt habe, dass hier von echter Karyo- kinese keine Rede ist, da bald nach der Verschmelzung von zwei Kernen in der ascogenen Zelle der resultirende Kern unter Verlust der Kernhaut, Grundsubstanz ete. zu einem einzigen massiven 'Chro- matinkörper reducirt wird und dass der letztere durch Sprossung eine Anzahl von kleinen Chromatinkörpern für die Ascosporenbildung liefert. 1) Untersuchungen über die Zellkerne der Thallophyten. 8.-A.a.d. Sitzgsber. d. niederrhein. Gesellsch, f. Natur- und Heilkunde zu Bonn, 1879. 2) Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus. Aus d. Jahrb. d. wiss, Anstalten zu Hamburg f. 1883), 1884. — Ueber. die im Ascus der Exoasceen statt- findende Entwickelung der Inhaltsmassen. Bot. Centralbl, 25, 1886, p. 123. — Die parasitischen Exoasceen. Eine Monographie. 1892. 3) Ueber die Pilzgattung Ascomyces. Bot. Ztg. XLIIL Jahrg., 1885, pag. 83. 4) La reproduction sexuelle des Ascomyedtes, Le Botaniste, Sörie IV, 1894, 5) Studien über die Sporenbildung von Taphrina Johansoni. Flora 88. Bd., 1901. Flora 1903, j 1 Nun war es von höchstem Interesse zu untersuchen, ob meine Befunde an T. Johansoni gegenüber den von Sadebeck und Fisch studirten Fällen eine Ausnahme bilden oder ob der Modus der Sporen- bildung wie bei T. Johansoni unter den Exoasceen allgemein ver- breitet ist. Im Frühjahr des letzten Jahres sammelte ich deshalb eine An- zahl von Exoasceen, T. Kusanoi sp. nov.!), deformans?), deformans var. armeniaca (?), Cerasi, Pruni, und fixirte sie nach den üblichen Methoden. Die Resultate der vergleichenden Studien dieser Taphrina- Arten waren theilweise’ eine Bestätigung und theilweise eine Erwei- terung meiner früheren Angaben. Methoden. — Die Fixirung geschah hauptsächlich durch Flem- ming’s starkes Gemisch, welches mit gleichen Volumtheilen Wasser verdünnt wurde. Die Mikrotomschnitte wurden nach dem bekannten Flemming’s Safranin-Gentianaviolett-Orange- oder Heidenhain’s Eisenhämatoxylin-Verfahren gefärbt. Einzelbeobachtungen. 1. Taphrina Kusanoi spec. nov. Ehe wir indes auf die Sporenbildung dieser neuen Taphrina-Art eingehen, möchte ich zunächst die systematischen Merkmale derselben näher darlegen. Diagnose. Verursacht auf Pasania cuspidata an den Blättern blasige Auftreibungen. Die Ascen brechen an der Unterseite der Blätter hervor, sind ohne Stielzelle, eylindrisch, oben abgerundet und werden nach unten allmählich schwächer bis auf den basalen Theil, welcher sich etwas erweitert und sitzen auf den durch Hypertrophie stark verlängerten Epidermiszellen des Blattes des Wirthes; zwischen diese Zellen dringen sie niemals ein. Die Ascen sind 102—117y. lang -und an ihrem oberen breitesten Theil 13—19y breit. Im völlig gereiften Zustand sind sie mit einer grossen Anzahl von kleinen, länglichen Sprossconidien erfüllt. Mai— Juni. (Textfig. 1.) Diese Taphrina-Art wurde zuerst Mai 1900 von meinem Oollegen Herrn Dr. Kusano in der Stadt Tsukuba in der Provinz Hitatsi und im letzten Jahre in meinem Garten zu Aoyama aufgefunden. Dem Entdecker zu Ehren wurde diese Taphrina-Art mit dem specifischen 1) Für die Beschreibung dieser neuen Species 8. weiter unten, 2) Nach Giesenhagen (Die Entwickelungsreihe der parasitischen Exoasceen, Flora, 81. Bd., 1895; Taphrina, Exoascus und Magnusiella, Bot. Ztg. 59. Jahrg. 1901) wird hier keine Unterscheidung beider Gattungen Taphrina und Exoascus gemacht. 8 Namen ‚„Kusanoi“ belegt. Sie ist durch ihre eigenthünlichen schlanken Ascen ausgezeichnet und gehört zu der Untergattung Eutaphrina Giesenhagen’s.!) Die Ascen der von diesem letzteren Forscher enumerirten sechs Taphrina-Arten dieser Untergattung, welche auf den Cupuliferen schmarotzen, sind stets weit niedriger und meist dünner, nur sind dieselben bei zwei Arten, 7. Kruchi (15—20y. breit) und T. coerulescens (18—24. breit), etwas breiter.?) X) T > = = I 2 SS IN ==> SS eexe as = IIIS II ae 2 No ZN I SI IE SENT ZEN WE ES S =>: IR SDSIT ENZS NEE Tg SIE EI> u , I S: = EL : Er > SS EEE 35 Fig, 1. Fig. 2. ask Ascen, ep Epidermis des Wirthes. Dieser Pilz scheint an dem Wirth keinen allzu grossen Schaden verursachen zu können, da die an einzelnen Stellen inficirten Blätter ganz gesund bleiben, sogar im zweiten Jahre ihres Lebens.?) Die von dem Pilze an den Blättern verursachten anatomischen Veränderungen möchte ich hier an der Hand der Fig. 2 A und B demonstriren. Beide stellen die Schnitte von einem und demselben Blatt unter dergleichen Ver- grösserung dar, wobei Aden normalen und Bden durch den Pilz infieirten Theil darstellt. Die Verschiedenheit zwischen beiden wird hauptsäch- lich sowohl durch die starke Verlängerung der unteren Epidermiszellen‘) 1) 1. e. (1901). 2) Giesenhagen, 1, o. (1895). 3) Pasania cuspidata ist wintergrün. 4) Die verlängerten Epidermiszellen werden oft tangential getheilt (vgl. Fig. D). . ı* 4 als auch durch die Vermehrung der Schwammparenchymzellen verur- sacht. Die Chlorophylikörner sind grösstentheils verschwunden. Nach dieser kleinen Abweichung kehren wir wieder zu unserem eigentlichen Thema zurück. Die Bildung eines Zellkernes der ascogenen Zelle aus der Ver- schmelzung zweier solcher wurde beobachtet (Fig. 1 Taf.I). Jener Kern besitzt im Anfang einen sehr diehten und gewöhnlich vacuolisirten nucleolusartigen Körper, welcher durch Gentianaviolett oder Eisen- hämatoxylin sehr intensiv blau gefärbt wird und welcher dem in meiner oben eitirten Arbeit (l. c.) durch den Namen „Chromatin- körper“ bezeichneten entspricht. Die Kernhöhle ist scharf gegen das umgebende Cytoplasma abgegrenzt, wenn auch die Kernmembran nicht deutlich nachzuweisen ist. In der Kernhöhle beobachtet man ausser einem Ohromatinkörper noch eine kleine Menge der besonders an der Peripherie angesammelten schön roth gefärbten feingranulären Grundsubstanz. Nachdem der oben erwähnte secundäre Zellkern gebildet ist, be- ginnt er einer eigenthümlichen Veränderung zu unterliegen. Er quillt nämlich bedeutend auf und zu dieser Zeit nimmt man in der Kern- höhle statt eines einzigen Chromatinkörpers wie bisher, eine unbe- stimmte Anzahl von kleinen unregelmässigen Körperchen von ver- schiedener Grösse wahr, welche ohne Zweifel durch Zerklüftung des einzigen Chromatinkörpers hervorgegangen sind (Fig. 3). Es folgt dann die allmähliche Desorganisation der Kerncontouren (Fig. 4), wo- bei einige der oben erwähnten Chromatinstücke nach dem umgeben- den Cytoplasma zerstreut werden (Fig. 5, 7). In einigen Fällen scheint der oben erwähnte Zerklüftungsvorgang des Chromatinkörpers sich längere Zeit fortzusetzen: wir sehen z. B. sogar in dem durch Fig. 6 dargestellten Stadium noch einige durch Sprossung in Zer- klüftung begriffene Stücke. Zu dieser Zeit sieht man stets ausser diesen Chromatinstücken noch einige schmutzig färbbare Substanzmassen, welche zuerst an der Peripherie der Zellkernhöhle angesammelt sind (Fig. 4), aber nachher nach aussen fliessen (Fig. 5, 7). Wir haben oben gesehen, dass in der Kernhöhle ausser dem Chromatinkörper noch eine feingranuläre Substanz enthalten ist; es ist wahrscheinlich, dass jene schmutzig färbbaren Substanzmassen aus dieser durch Desorganisation hervor- gegangen und an der Peripherie angesammelt sind, da diese Stoffe, welche im lebenden Zustande halbflüssig sein dürften, zu dieser Zeit nach aussen fliessen und an der Kernperipherie an dem weiteren 5 Fliessen verhindert werden, bis zur Zeit der Desorganisation der Zell- kerneontouren. Ebenfalls wäre es nicht unwahrscheinlich, dass diese Substanzmassen wenigstens theilweise aus der desorganisirten Kern- membran herrührt!). Sowohl diese Substanzmasse als alle Chromatin- stücke — ein einziges ausgenommen — verschwinden schliesslich im Cytoplasma der ascogenen Zelle, um zweifellos dort als Nahrung zu dienen (Fig. 8, 9). Der Vorgang der Chromatinzerklüftung und der Kerndesorganisation, wie oben beschrieben, kann der typische genannt werden, da er in den meisten von mir beobachteten Fällen wie oben angegeben verläuft. Nun gibt es davon einige Variationen, von denen zwei Beispiele unten folgen, 1. Die schmutzig färbbaren Substanzmassen sind bei den typischen Fällen erst nach der Bildung des secundären Zellkernes der ascogenen Zelle nachzuweisen; aber nicht selten beobachtete ich, dass sie schon “ zu sehen sind, während die zwei Kerne noch in Verschmelzung be- griffen sind (Fig. 2). 2. Diese Substanzmasse bleibt im Cytoplasma meist längere Zeit, unverändert, so dass wir sie in ziemlich fortgeschrittenem Stadium der Ascusentwickelung nachweisen können (Fig. 12), aber manchmal kann sie sich dort sehr früh gänzlich auflösen, z. B. wie bei Fig. 6. Als das Endresultat der oben erwähnten Vorgänge, welche ent- weder typisch oder atypisch verlaufen können, wird eine ascogene Zelle mit einem einzigen ziemlich grossen Chromatinkörper erzeugt welchen wir, zum Unterschied von demselben wie in Fig. 1 etc, weiter unten den secundären nennen wollen. Nun beginnt die zweite Periode des Ascenwachsthums. Bislang lag die ascogene Zelle unter der Cuticula der Epidermiszellen; die letztere wird jetzt durchbrochen und dann fängt jene über die Ober- fläche des Wirthes sich hoch emporzuheben an (Fig. 9 u. folg.). Zu- gleich wandert der secundäre Chromatinkörper zumeist nach dem oberen Ende der Zelle aus (Fig. 9) und wird dort in zwei getheilt (Fig. 10). Wie diese Theilung geschieht, konnte ich hier nicht be- obachten, allein wir haben wiederholt solche Bilder angetroffen, wie die in Fig. 11—12 dargestellten. Die letzteren stellen offenbar kleine Variationen des soeben beschriebenen typischen Falles dar, wobei der secundäre Chromatinkörper sich schon zu theilen beginnt zur Zeit, 1) Die Kernmembran ist, wie oben hervorgehoben, nicht als solche deutlich nachweisbar, allein die Kernhöhle ist sehr scharf gegen die Umgebung abgegrenzt, weshalb die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass die Membran zwar vor- handen ist, aber ungefärbt bleibt, 6 wo’ noch einige Ueberreste der Chromatinstücke etc. bei der ersten Periode im Cytoplasma ungelöst blieben. Solche Bilder sprechen dafür, dass die Theilung des secundären Chromatinkörpers direct ist; daher kann nicht mehr daran gezweifelt werden, dass auch in typischen Fällen, wie bei Fig. 9—10, die Theilung gleicherweise vor sich geht. Dann folgt eine wiederholte Sprossung dieser tertiären, quater- nären ete. Chromatinkörper, so dass sie allmählich kleiner werden (Fig. 18, 14, 15). Dazu ist zu bemerken, dass alle diese Körperchen niemals sich gleichzeitig theilen: während einige in Sprossung be- griffen sind, bleiben andere ganz intact, so dass wir in einer ascogenen Zelle die Chromatinkörper von recht verschiedener Grösse wahrnehmen können. So z. B. sehen wir bei diesen Figuren ausser einigen win- zigen noch eine Anzahl von weit grösseren. Nun beginnt der Vorgang der Sporenbildung. "Man kann beob- achten, dass eine kleine Menge des Cytoplasmas um jeden dieser winzigen Chromatinkörper als Mittelpunkt sich zusammenzieht (Fig. 16), worauf bald nachher die Zellmembranen um diese Cytoplasmamassen ausgeschieden und die Ascosporen gebildet werden (Fig. 1.7). Es fragt sich nun, was ist das Schicksal der grösseren Chromatinstücke? Sie sind offenbar bestimmt, in der ascogenen Zelle allmählich resorbirt zu werden, da sie im Verlaufe der Ascosporenbildung gänzlich ver- schwinden. Zur Zeit der Cytoplasmaansammlung um die kleinsten Chromatinkörper sind gewöhnlich noch einige grössere zu sehen (Fig. 16), manchmal sogar nach der Sporenbildung (Fig. 17). Schliesslich werden aber alle im Ascuscytoplasma resorbirt, wie oben hervorgehoben. Bald nach der Bildung der Sporen beginnt, wie bekannt, die Hefesprossung der letzteren. Wir sehen nämlich in der in Fig. 17 repräsentirten Zelle sowohl zwei Conidien als eine Ascospore a, wo der Chromatinkörper in Zweitheilung begriffen ist, um die Conidien- bildung vorzubereiten. Zur Zeit, wo wie bei Fig. 17 schon eine Anzahl Ascosporen er- zeugt sind, nimmt man noch im Ascus eine reichliche Menge des unverbrauchten Cytoplasmas wahr, welches dem sog. Epiplasma der anderen Ascomyceten entspricht. Es wird allmählich resorbirt wäh- rend der Conidienbildung. 2. Taphrina Johansoni. Vergleichen wir die Vorgänge bei der Sporenbildung von T. Kusanoi mit denen von 7. Johansoni!), wird man nicht verfehlen können, DN 1) Jkeno, lc. * 7 zwischen den beiden eine so grosse Uebereinstimmung zu erkennen, dass es überflüssig wäre, darauf hier ausführlich einzugehen. Nur möchte ich hier als Ergänzung zu meiner letzten Publication über T. Johansoni eine Thatsache bezüglich der Sporenbildung hervor- heben, welche dort unberührt gelassen wurde. In der Fig. 9 meiner Arbeit über 7. Johansoni nämlich sieht man in der ascogenen Zelle vier Chromatinkörper. Da bei dieser Art in einem Ascus gewöhnlich vier Ascosporen gebildet werden, so könnte man zu der Annahme geleitet werden, dass jeder jener vier Chromatinkörper direct für die Ascosporenbildung verbraucht würde, Dass dies dennoch that- sächlich nicht der Fall sein kann, kann man leicht z. B. aus der Fig. 11 (l. c.) erkennen, wo man vier je mit einem winzigen Chro- matinkörper versehene Ascosporen sieht: wenn der Chromatinkörper, wie in der Fig. 9 (l. c.) dargestellt, direct verbraucht würde, so wäre er viel grösser gewesen als es thatsächlich der Fall ist (vgl. Fig. 9 und 11,1. c.). Diese Erwägungen machten es aus Analogie mit T. Kusanoi von vornherein wahrscheinlich, dass die Sporenbildung bei jener Art in der gleichen Weise wie bei dieser verläuft, d. h. dass der Chromatinkörper durch wiederholte Sprossungen Stücke von verschie- dener Grösse produecirt, von denen nur einige winzige in die Sporenbildung eingehen, während die grösseren im Ascuscytoplasma resorbirt werden. In der That hat das erneuerte Studium meiner älteren Präparate von T. Johansoni mir einige instructive Bilder gegeben, wie z. B. ein in der Fig. 18 repräsentirtes, Dort sielt man ausser vier grösseren Chromatinkörpern noch einige winzige, welche zweifellos aus dieser grösseren hervorgesprosst sind. Die Thatsache, dass bei der Asco- sporenbildung diese winzigen Körperchen als Mittelpunkt für die Oyto- plasmaansammlung dienen, während die grösseren allmählich im Ascus- cytoplasma resorbirt werden, ganz in Uebereinstimmung mit T. Kusanoi, ist aus der Fig. 11, 12, 15, 16, 17 (l. c.) zu sehen, wo man diese überzählige Chromatinstücke im Ascuseytoplasma in Verschwinden be- griffen beobachtet. Dass schliesslich diese Körperchen ganz ver- schwinden, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden. Die Ascosporenbildung von T. Johansoni und T. Kusanoi stimmt daher fast durchaus überein und steht im starken Gegensatz zu der- jenigen der nun zu besprechenden T. Cerasi. 8. Taphrina Üerasi. Die Verschmelzung von zwei Kernen zu einem einzigen in der jungen ascogenen Zelle wurde ebenfalls hier beobachtet, wie bei den 8 anderen Fällen (Fig. 19). Die nachherige Entwickelung der ascoge- nen Zelle zerfällt, wie bei den bisher beschriebenen Arten, in zwei Perioden. Beginnen wir zuerst mit der ersten, wobei der Entwickelungs- vorgang fast völlig mit demselben bei den anderen Arten überein- stimmt. . In den Zellkernen wie bei Fig. 19 ist die Kernmembran als solche nicht deutlich nachzuweisen, auch die Kernhöhle enthält ausser einem intensiv färbbaren Chromatinkörper keine wahrnehmbaren Sub- stanzen, aber selten einige granuläre oder fädig-kerngerüstartige Ge- bilde. Die Kernvacuole ist in ihrer Gestalt und Grösse nicht ganz con- stant: sie ist variabel in ihrer Grösse, sie ist im Allgemeinen rund- lich, aber nicht selten etwas länglich oder unregelmässig gestaltet, was uns zu der wahrscheinlichen Annahme führt, dass sie im leben- den Zustande plastisch und der stetigen Veränderung der Grösse und Gestalt unterworfen ist). Im Anfang der ersten Periode, wo die ascogene Zelle noch nicht durch die Cuticula hervorgebrochen ist, begegnen wir Bilder, wie in Fig. 20. Dort sieht man eine unbestimmte Anzahl von groben Körn- chen von verschiedener Grösse im Cytoplasma unregelmässig zerstreut. Es fragt sich nun, wo diese Körnchen herrühren und welche physio- logische Bedeutung ihnen zukommt? Nun, auf Grund der Vergleichung mit der Ascusentwickelung von T. Johansoni, T. Kusanoi und der unten zu besprechenden T. deformans liegt die Vermuthung nahe, dass sie dem Chromatinkörper ihre Entstehung verdanken und als Nahrungs- mittel für das Wachsthum der ascogenen Zelle zu betrachten sind. Bei T. Johansoni und Kusanoi haben wir nämlich gesehen, dass der Chromatinkörper früher oder später eine Zerklüftung erleidet und dass die dadurch gebildeten Chromatinstücke im Cytoplasma zerstreut sind und dort verschwinden; es ist mehr als wahrscheinlich, dass die groben Körnchen bei T. Cerasi, analog diesem Chromatinstücke, aus dem Chromatinkörper entstehen. Jene Körper entstehen deshalb zu- erst innerhalb der Kernvacuole und wandern dann nach dem umgeben- den COytoplasma aus.?) Die Auswanderung jener Körnchen von der Kernvacuole nach aussen ist nicht schwer zu begreifen, indem es Pfeffer gelang, die Ausgabe ‘der ungelösten Körper, wie Körnchen 1) Vgl. noch das unten über T. deformans Gesagte. 2) Vgl. auch das über T\. deformans Gesagte, 9 von gerbsaurem Methylenblau ete. von der Zeilsaftvacuole nach dem Cytoplasma und in umgekehrter Richtung durch die mechanische Druckwirkung, z. B. die Strömung des Körnerplasmas zu demon- striren!), Bei dem in Frage stehenden Falle von T. Cerasi erinnert das ganze Aussehen der ascogenen Zelle an die Betheiligung einer Druckwirkung bei dem Zerstreuen der Chromatinstücke aus der Kern- vacuole nach dem umgebenden Cytoplasma. Dabei liegt von vorn- herein die Ansicht sehr nahe, dass hier die Strömung des Cytoplasmas thätig ist und in der That wurde eine derartige Strömung von Fisch an lebenden Ascen von einer Tiaphrina, Ascomyces endogenus, beob- achtet, „. . . bald jedoch wird es (d.h. das Cytoplasma des jungen Ascus) wieder gleichmässig feinkörnig und zeigt dann starke Strömungen, die nach der Spitze des Ascus hin gerichtet sind“ ?). Bezüglich der Chromatinstücke bei T. Johansoni machte ich auf Grund von Hiras@’s, Arnoldi’s und meinen Untersuchungen über die Archegonien der Gymnospermen es wahrscheinlich, dass sie als Nahrungsmittel der wachsenden Ascen zu betrachten sind®). Dass die groben Körnchen in den ascogenen Zellen von T. Oerasi eben- falls als solche zu betrachten sind, wird vielleicht keiner besonderen Erläuterung bedürfen, wenn man ihre völlige Uebereinstimmung mit den Chromatinstückchen bei 7. Johansoni in verschiedenen Beziehungen in Betracht zieht. Dittrich fand auch in den ascogenen Zellen von Helvella Infula eine Anzahl von nucleolusartigen Gebilden von nicht ganz gleicher Grösse). „Nicht selten sind diese Gebilde von einem Hof umgeben, der jedoch niemals scharf wie eine Kernhöhle gegen das umgebende Plasma abgegrenzt ist... . Ueberdies verlieren sie sich in den älteren mehrkernigen Ascis oder finden sich hier doch nie in der Nähe der Kerne, höchstens im oberen Theile des Ascus“5). Dass diese nucleolusartigen Gebilde Dittrich’s mit den groben Körnchen in den Ascen von T. Cerasi identisch sein dürften, ist sowohl aus 1) Pfeffer, Ueber Aufnahme von Anilinfarben in lebende Zellen (Unter- suchungen aus dem botan, Inst, zu Tübingen, Il. Bd. 2, Heft, 1886) pag. 297. — Ueber Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper. (Abhandl, d. math.-phys. Classe .der kgl. sächs. Ges, d. Wiss,, Bd, XVI, Nr. II, 1890), pag. 149. 2) 1. c. pag. 39. 83) Jkeno, l. c, pag. 234, 4) Dittrich, Zur Entwickelungsgeschichte bei Helvellinsen (Beitr. z. Biol. d. Pflanzen. VIII. Bd., 1. Heft, 1898), 5) 1, c. pag. 45. 10 dieser soeben citirten Beschreibung als auch der Figur des Ver- fassers !) ganz klar. Nun bricht die ascogene Zelle durch die Cuticula hervor und wächst bedeutend. Zugleich wird eine sog. „Stielzelle“ gebildet. Zwar konnte ich dabei Näheres über diesen Vorgang leider nicht er- mitteln, aber bei der Vergleichung mit der unten zu beschreibenden T. deformans ist es kaum zweifelhaft, dass die Bildung dieser Zelle * gleicherweise wie bei der letzteren Art verlaufen dürfte. In Fig. 21—22 sehen wir, dass in der Stielzelle noch das Cytoplasma anscheinend unverändert bleibt, mit einem Chromatinkörper und einigen Körnchen. Dann werden die letzteren resorbirt, und Hand in Hand damit nimmt das Cytoplasma allmählich ab, um schliesslich gänzlich zu verschwin- den, worauf die Stielzelle zu einem leeren Zellskelett redueirt wird.2) Die Zeit der Stielzellbildung oder richtiger gesagt der Scheidewand- bildung zwischen dem Aseus und Stiel [wie Giesenhagen hervor- gehoben hat°)] scheint bei 7. Cerasi ganz constant zu sein, während, wie unten hervorgehoben, bei T. deformans sie sehr variabel ist. Während der soeben erwähnte Process im Gang ist, nimmt man gewöhnlich in der ascogenen Zelle einen Chromatinkörper und um den letzteren eine Anzahl von kleinen, gleichgefärbten Körnchen wahr, welche vielleicht von jenem Körper ausgeschieden und dann nach dem umgebenden Cytoplasma zerstreut werden (Fig. 22—23). Dann beginnt die zweite Periode der Ascusentwickelung, wobei wir indes zuerst in der ascogenen Zelle lediglich einen einzigen grossen Chromatinkörper wahrnehmen. Der Entwickelungsgang der zweiten Periode weicht bedeutend von demjenigen von den bisher erwähnten Taphrina-Arten ab; er ist sehr regelmässig und verläuft einigermaassen wie bei den anderen Ascomyceten. Zuerst theilt sich nämlich der einzige Chromatinkörper in zwei (Fig. 25), von welchen jeder sich wieder theilt und vier kleinere erzeugt (Fig. 28); schliesslich erleidet jeder dieser letzteren eine nochmalige Zweitheilung, um acht kleine Chromatinkörper entstehen zu lassen (Fig. 31). Eine interessante Er- scheinung ist dabei, dass diese Theilung karyokinetisch verläuft. ' Da wir es hier nicht mit einem typischen Zellkern, sondern lediglich mit einem homogenen und structurlose Chromatinkörper — wenigstens soweit wir mit Hilfe unserer heutigen besten optischen Instrumente 1) 1. o. Taf. V Fig. 12. 2) Bei der Stielzelle in Fig. 18 nimmt man noch eine kleine Menge des Cytoplasmas wahr. . 8) Flora Bd..81, 1895, pag. 301. 1 und Methoden nachweisen können — zu thun haben, so haben wir dementsprechend eine sehr einfache Karyokinese vor uns. Wenn nämlich der Chromatinkörper in Theilung eingeht, sieht man ein durch Flemming’s Färbungsmethode schwach roth gefärbtes spindel- förmiges Gebilde, und zwar mit einem einzigen granulären Körper in seinem äquatorialen Theile (Fig. 24, 26, 27, 29, 30). Bei jenem Gebilde können wir keinen fibrillären Bau nachweisen, vielleicht wegen seiner extremen Winzigkeit, allein sein Verhalten während der Chromatintheilung lässt daran nicht zweifeln, dass es den Spindel- fasern bei der gewöhnlichen Karyokinese homologisirt werden kann. Der granuläre Körper ist daher als ein Chromosom zu denken, so dass wir in Fig. 26 ein sehr einfaches Kernplattenstadium vor uns haben. Nach der Spaltung dieses einzigen Körpers rückt jedes der zwei Tochterchromosonien entlang der Spindel nach zwei entgegen- gesetzten Polen (Fig. 29), und wenn schliesslich dort angelangt (Fig. 24, 27, 30) (Diaster oder Dispirem!) verschwindet die Spindel. Bei dieser Theilung wird deshalb aus einem Chromatinkörper ein einziges Chromosom gebildet, wir haben also wohl einen sehr ein- fachen Process der Chromosombildung vor uns. Mustert man nun die Fig. 24—381 durch, so wird man vielleicht nicht verfehlen zu erkennen, dass jeder Chromatinkörper nach der Umwandlung zu einem Chromosom sich bedeutend verkleinert (vgl. z. B. Fig. 25 mit Fig. 26), während bei dem umgekehrten Process gerade eine Vergrösserung eintritt (vgl. z. B. Fig. 27 mit Fig. 28, Fig. 80 mit Fig. 31). Diese auffällige Erscheinung möchte ich durch eine sehr einfache Annahme erklären, die, dass jeder Chromatin- körper ausser der chromosombildenden noch eine bestimmte Menge der für die Spindelbildung brauchbaren Substanz enthält; so wenn ein Chromatinkörper in Theilung eingeht, dann wird nicht nur das Ma- terial für das Chromosom, sondern auch dasselbe für die Spindel davon geliefert; wenn dagegen die Theilung vollendet ist, dann nimmt das Chromosom die Substanz der Spindel in sich auf und wird in soleher Weise wieder in einen Chromatinkörper verwandelt, so dass man in jenem Falle eine Verkleinerung und in diesem eine Ver- grösserung des Chromatinkörpers wahrnehmen muss. Kurz ausge- drückt, haben wir Chromosom —+- Spindel in Fig. 26 — Chromatinkörper in Fig. 25, so auch Chromosom + Spindel in Fig. 29 = Chromatin- körper in Fig. 28 etc. . Nachdem durch diese dreimalige Theilung acht Chromatinkörper gebildet werden, sammelt sich, wie gewöhnlich, um jeden derselben 12 eine kleine Menge des Oytoplasmas, um acht Ascosporen den Ür- sprung zu geben (Fig. 32), das Epiplasma wird dabei gänzlich verzehrt, Nach den vorliegenden Angaben der Autoren treten bisweilen auch bei T. Cerasi weniger als acht Sporen im Ascus auf'), doch in allen mir zur Beobachtung gekommenen Ascen fand ich merkwürdiger- weise stets und ganz constant acht Sporen von gleicher Grösse, was selbstverständlich gerade durch die soeben hervorgehobene Regelmässig- keit der Chromatinkörpertheilung bedingt werden mag. Wo man in einem Ascus weniger als acht. Sporen findet, zweifle ich nicht daran, dass dabei die Entwickelung verläuft wie es oft auch bei T. Pruni der Fall ist (vgl. unten das über diese letztere Art Gesagte). 4. Taphrina Pruni. Zur Untersuchung dieser Art benutzte ich im Anfang das als Demonstrationsobject im hiesigen Institute conservirte Spiritusmaterial. Später erhielt ich aber das frische Object und durch Flemming’s Lösung fixirtes; die daraus hergestellten Präparate dienten als Control- objecte für die an dem Spiritusmaterial gemachten Beobachtungen. Die Verschmelzung von zwei Kernen zu einem einzigen in der jungen ascogenen Zelle geschieht wie gewöhnlich. Bei dieser Art konnte ich weder die Zerklüftung des Chromatinkörpers (wie bei T. Johansoni), noch das Zerstreuen von groben Körnchen nach dem um- gebenden Cytoplasma (wie bei T. Cerasi) beobachten. Fig. 33 stellt einen Ascus dar, nachdem er sich über die Ober- fläche des Wirthes hoch emporgehoben hat?). Dort sieht man im Cytoplasma eingebettet einen ganz typischen Zellkern mit einem Nucleolus und Kerngerüst; das kernmembranartige Gebilde ist auch deutlich nachzuweisen. Dieser Zellkern verliert bald seinen Contour, so dass wir dann neben dem Chromatinkörper die dabei entstandenen schmutzig färbbaren Desorganisationsprodukte wahrnehmen (Fig. 34), welche bald im Oytoplasma resorbirt werden. Der Chromatinkörper theilt sich dann successive in zwei, vier (Fig. 35) und acht, was der typische Modus der Sporenbildung zu sein scheint, da die in Rede stehende Art meistens achtsporig ist. 1) In der Figur Giesenhagen’s (Flora 81. Bd,, 1895) sieht man z. B. einige Ascen mit weniger als acht Ascosporen, und zwar theilweise mit Conidien- bildung (pag. 352, Fig. 56). 2) Das cytologische Verhältniss des Ascus ist ganz gleichartig, wenn er unter der Oberfläche des Wirthes liegt, 13 Auch habe ich bisweilen sechs- oder siebensporige Ascen gefun- den, deren Entstehung auf Grund des unten Angeführten leicht ver- ständlich sein dürfte. Ich habe nämlich solche Bilder, wie in Fig. 36 bis 37 angetroffen!) ; in Fig. 386 sieht man in einer ascogenen Zelle gleich- zeitig je einen ruhenden und einen sich theilenden Chromatinkörper, sodann haben wir in Fig. 37 eine ascogene Zelle mit drei Chromatin- körpern, welcher offenbar aus solchem wie in Fig. 36 sich entwickelt hat. Die Entstehung der sechssporigen Ascen ist dadurch leicht er- klärbar, auch die der siebensporigen ' wird durch einen solchen eigenthümlichen Vorgang begreiflicher gemacht werden. Die Ent- stehung der Ascen bei T. Cerasi und deformans (vgl. unten), welche weniger als acht Sporen enthält, wird wenigstens theilweise auf Grund dieses Processes erklärt werden. Dass bei T. Pruni die Theilung des Chromatinkörpers karyo- kinetisch vor sich geht, ist aus der Fig. 36 zu schen. Wir haben nämlich auch hier ein spindelartiges Gebilde wie bei T. Cerasi; wäh- rend aber bei dieser Art nur ein Chromosom in der Kernplatte vor- handen ist, sind es bei T. Pruni so weit ich an dem in Spiritus con- servirten und daher nicht ganz einwandsfrei fixirten Material untersuchen . konnte — viele, wenn auch ich sie nicht zählen konnte. Ueber die Stielzellbildung konnte ich nichts Näheres ermitteln. 5. Taphrina deformans. Von dieser Taphrina-Art habe ich, ausser der auf Prunus persica schmarotzenden typischen, noch eine auf Prunus armeniaca unter- sucht. Die letztere ist wesentlich durch die Thatsache ausgezeichnet, dass die Ascen stets zugleich auf beiden Seiten des Blattes hervor- brechen. Die von unserem Pilze an dem Wirth verursachte Defor- mation ist in beiden Fällen gleichartig: die Blätter kräuseln sich und die jungen Sprosse sind deformirt. Auch die verursachten anatomi- schen Veränderungen des Wirthsblattes stimmen mit einander fast völlig überein, wenn auch zwischen beiden kleine Unterschiede vor- handen sind. Die Ascen sind bei beiden von fast gleicher Grösse; das eytologische Verhalten bei der Sporenbildung stimmt ebenfalls mit einander fast überein, wie unten geschildert. So wäre es nicht unmöglich, dass diese beiden Formen ganz identisch sind?), allein wegen der kleinen Unterschiede zwischen beiden betrachtet man hier 1) Solche Bilder konnte ich nur an dem aus Spiritusmaterial hergestellten Präparat beobachten, 2) Natürlich können nur die reciproken Infectionsversuche diese Frage ent- gültig entscheiden, 14 ” r pur vorläufig die Form auf Prunus armeniaca als eine Varietät von T. deformans (var. armeniaca!). Da bezüglich des cytologischen Verhaltens bei der Ascosporen- bildung beide Formen fast durchaus übereinstimmen, so will ich unten beide zugleich besprechen. Zunächst beginnen wir mit der ersten Periode der Ascen- entwickelung. Die Verschmelzung von zwei Kernen zu einem einzigen in der jungen ascogenen Zelle wurde auch hier beobachtet.!) In dieser Zeit scheint die Kernvacuole, abgesehen von einem Chromatinkörper, bald fast leer zu sein, bald einige kerngerüstartige Gebilde zu ent- halten. Nun tritt, wie bei 7. Cerasi, die Bildung der groben Körn- chen aus dem Chromatinkörper und ihre Auswanderung nach aussen ein. Bei T. Cerasi haben wir gesehen, dass die Kernvacuole unbe- ständig und stetigen Gestaltsveränderungen unterworfen zu werden scheint. Diese auffällige Thatsache tritt bei der in Rede stehenden Art in diesem Entwickelungsstadium auf das Deutlichste hervor. Wenn nämlich ein kleines Chromatinstück sich vom Hauptkörper trennt, verlängert sich dementsprechend die Kernvacuole etwas (Fig. 42 Taf. III u. 38 Taf. II) und zwar um so mehr als sich das Chromatin- stück aus dem Körper entfernt (Fig. 43 u. 39), und wenn dieses Stück aus der Vacuole wandert, so geht die letztere bald zu der ursprüng- lichen Gestalt zurück (Fig. 44 u. 40—41). In solcher Weise wandert eine Anzahl von Chromatinstücken aus der Vacuole nach dem um- gebenden Cytoplasma aus. In dieser Zeit erhält die Kernvacuole eine ziemlich reichliche Menge von färbbaren Substanzen in Gestalt von Körnchen oder Strängen (Fig. 44 und 40—41). Die Stielzellbildung der ascogenen Zellen bei Taphrina-Arten wurde bisher von einigen Autoren verfolgt, wobei die Resultate keineswegs stets übereinstimmten. Sadebeck’s Angabe?) über die Stielzellbildung von Taphrina (Exoascus) Tosquinetii®) lautet wörtlich wie folgt‘): „Wenn die... ascogene Zelle ihre definitive Grösse erreicht hat, wird, etwa in ihrem unteren Viertel, eine Querwand gebildet, welche den sich nun zum 1) In Hinsicht auf 7. deformans beobachtete Dangeard diese Verschmel- zung schon im Jahre 1899 und gab dabei die Figuren an (l. o. pag. 84 Fig. 4). 2) Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus. 8) Zu dieser Zeit durch Sadebeck als Exoascus alnitorquus bezeichnet (le. p. 56). 4) l. oc. pag. 100. 15 Ascus ausbildenden oberen Theil von den, denselben tragenden un- teren der Stielzelle abtrennt. “Hierbei treten die plasmatischen Inhalts- massen fast gänzlich in den Ascus über, so dass die Stielzellen in der Regel inhaltsleer erscheinen.“!) ‘Was er andererseits über denselben Vorgang bei derselben Art (und T. favus) beschreibt, lautet etwas anders?): „Erst nachdem in der ascogenen Zelle durch die Theilung des ursprünglichen Zellkerns zwei Zellkerne zur Entwickelung gelangt sind, erfolgt zwischen beiden Zellkernen die Bildung der Membran, durch welche sich die Differenzirung des ganzen Organs in den Ascus... und die Stielzelle vollzieht. ....“°) Aus den obigen Citaten scheint es mir, dass Sadebeck bei der Stielzellbildung ver- schiedener Taphrina- Arten zwei verschiedene Modi beobachtet hat, ja sogar bei T. Tosquinetii scheint dieser Vorgang in verschiedenen Fällen nach einem oder dem anderen Modus verlaufen zu können. Pierce’s Beobachtung über T. deformans, welche allerdings auf das frische Material gegründet ist, lautet wie folgt®): „The con- tents of the forming asceus are finely granular, and as the ascus elon- gates, these contents crowd into the upper portion and a septum is formed between the basal part in such a manner as to cut off the now emptied ascogenous cell as a stalk cell for the ascus.* Pierce’s eben eitirte Angabe stimmt somit mit dem überein, was Sadebeck bei T. Ulmi und theilweise bei T. Tosquinetii beobachtet hat. Die Angabe Giesenhagen’s über denselben Process bei T. deformans stimmt bezüglich des Auftretens der Scheidewand mit Pierces zeitlich nicht überein. „So tritt*, sagte Giesenhagen, „2. B. bei T. deformans Tul. die Scheidewand erst auf, wenn schon die Anlage der Ascosporen im oberen Theil des Schlauches beendet ist“5), während dagegen nach Pierce, wie man sowohl aus dem an- geführten Citate wie aus seiner Fig. 15, Taf. II ersehen kann, diese Scheidewand in einem viel jüngeren Stadium auftreten muss®). Gehen wir nun zu unserer eigenen Beobachtung über. Unter den von mir bezüglich der Stielzellbildung studirten Taphrina-Arten 1) Er hat den gleichen Vorgang auch bei T. Ulmi beobachtet (l.c. pag. 104) 2) Bot. Centralbl. Bd. 25, pag. 123. 3) Er hebt das Stattfinden des gleichen Vorganges auch bei E. turgidus und Crataegi hervor. 4) Pierce, Peach leaf Curl: its Nature and Tratment. U. 8. Department of Agriculture. Bull. Nr. 20, pag. 38. 5) Giesenhagen, ]. c. pag. 312. 6) Pierce,1, co. 16 wurde dieser Vorgang nur in vereinzelten Fällen aufgefunden, so dass meine diesbezügliche Angabe nothwendig etwas dürftig sein muss. Bei T. deformans konnte ich solche Bilder, wie die in Fig. 45—46 dargestellten, beobachten. Dabei sieht man in einer jungen ascogenen Zelle eine dieselbe quer durchschneidende Zellplatte. Beide über und unter der letzteren befindlichen Zellportionen sind mit Cytoplasma versehen und besitzen je einen oder zwei Chromatinkörper. Um die Zellplatte angesammelt sicht man eine kleine Anzahl von intensiv färbbaren winzigen Körnchen, welche vielleicht entweder als die Reste der für die Zellplattenbildung gebrauchten Materialien oder als Nahrungs- mittel für die bald zu bildende Cellulosemembran aufzufassen sind. Bald nachdem die letztere gebildet ist, erfährt der Inhalt der Stielzelle eine allmähliche Desorganisation (Fig. 47), um schliesslich gänzlich zu verschwinden (Fig. 48). Bei T. deformans var. armeniaca beobachtete ich das in Fig. 49 repräsentirte Bild. Um die Zellplatte sieht man auch hier eine An- zahl von winzigen Körnchen. In der oberen Zellportion sieht man nur einen Ohromatinkörper, aber in der unteren einige derselben. Weder bei T. deformans noch bei var. armeniaca habe ich einmal die Spuren der Kernspindeln etc. sehen können. Bei Fig. 45 z. B. beiderseits der Zellplatte liegt je ein Chromatinkörper, aber zwischen beiden ist keine Kernspindel oder dergleichen zu sehen. Ueber die Stielzellbildung sind meine Beobachtungen aber noch sehr mangel- haft, so dass ich darüber nichts Sicheres sagen kann. Allein nach den wenigen Fällen, welche ich studiren konnte, dürfte die Scheide- wandbildung zwischen der Stiel- und Ascuszelle ohne die Thätigkeit der Zellkerne geschehen. Ist es denn nicht wahrscheinlich, dass hier die Zellplattbildung wesentlich wie bei demselben Vorgang bei Dictyota erfolgt, d. h. dass die Alveolenwände des Aseuscytoplasmas, welcher am Orte der bald zu bildenden Zellplatte angesammelt ist, sich mit- einander zu einer fortlaufenden Linie anordnen, um dann sich zu einer Plasmoderma zu entwickeln?!) Die endgiltige Entscheidung dieser interessanten Frage muss aber für eine spätere Untersuchung vor- behalten werden. Bei den oben beschriebenen Fällen erfolgt deshalb .die Stielzell- bildung in der jungen ascogenen Zelle. Nun geschieht es sehr häufig, sowohl bei 7. deformans als bei var. armeniaca, dass die letzteren 1) Mottier, Nuclear and Cell Division in Dictyota dichotoma. Ann, of Bot. Vol, 14, 1900, pag. 165. 17 bedeutend auswachsen, ohne die Stielzelle noch gebildet zu haben; so z. B. sehen wir manchmal die schon einige Ascosporen enthaltenden Ascen noch ohne Stielzelle, was demnach mit Giesenhagen’s oben citirter Angabe übereinstimmt, dass bei 7. deformans die Scheide- wand erst auftritt, wenn schon die Anlage der Ascosporen im oberen Theil des Schlauches beendet ist. Wir können daher schliessen, dass die Stielzellbildung oder, nach Giesenhagen richtiger, die Scheide- wandbildung zwischen der Ascus- und Stielzelle zu verschiedenen Zeiten erfolgen kann. „Freilich“, sagt Giesenhagen!), „lassen sich Erscheinungen wahrnehmen, welche darauf schliessen lassen, dass auch hier bei einzelnen Arten die Scheidewand zwischen Stiel und Ascus keine wichtige Rolle mehr spielt, dass sie gewissermassen nur als ein Ueberbleibsel, als eine ‚Reminiscenz‘ einer früher mehr hervortreten- den morphologischen Gliederung zur Ausbildung kommt. .... Zeit- liche?) und räumliche Verschiebung der Anlage sind ja auch sonst im Pflanzenreiche ein Merkmal functionslos gewordener und deshalb in der Rückbildung begriffener Organe.“ Meine soeben hervorge- hobenen Beobachtungen bilden demnach ein schönes Beispiel dieser zeitlichen Verschiebung. Bei meinen Untersuchungen habe ich den Process, wie durch Sadebeck bei T. Ulmi und theilweise bei T. Tosguinetii und dann durch Pierce bei T. deformans beschrieben (vgl. oben), nicht be- obachten können, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass zuweilen solch ein Process stattfinden kann. Jedenfalls scheint es somit, dass der in Rede stehende Vorgang bezüglich der Zeit sowie der Modus sehr variabel sein kann. Nun gehen wir zu der Ascusentwickelung bei der zweiten Periode über. Dabei ist im Voraus zu erwähnen, dass die genaue Verfolgung der Entwickelung mit grossen Schwierigkeiten verbunden ist: zunächst haben wir in einem und demselben Schnitt gleichzeitig verschiedene Stadien neben einander vor uns liegend, dann erfolgt ein und dasselbe Endziel der Entwickelung, anscheinend in verschiedenen Wegen, so dass das Verständniss der ganzen Entwickelungsgeschichte sehr er- schwert wird; dazu mögen noch abnormale Bilder sich gesellen, welche die Deutung der beobachteten Dinge weit schwieriger machen. Meine folgende Angabe muss deshalb noch in vielen Beziehungen sehr mangelhaft und zum Theil etwas hypothetisch bleiben, 1) 1. o. pag. 812. 2) Der gesperrte Druck rührt von mir her, Flora 1903. 2 18 Reife Ascen von T. deformans var. armeniaca enthalten ebenso oft acht wie sechs, selten vier oder zwei Sporen, während nach Pierce bei T. deformans dieselben drei bis acht betragen 1), Solche ascogene Zellen, wie in Fig. 50, 51 und 52 wurden oft gesehen, wo man resp. zwei, vier und acht Chromatinkörper von gleicher Grösse frei im Cytoplasma eingebettet sieht?); alle diese sind offenbar die Resultate der drei suecessiven Theilungen, wie wir bei T. Cerasi und Pruni gesehen haben. Wir haben auch oft sechssporige Ascen ge- sehen; wie sechs Chromatinkörper in einer Zelle zur Entwickelung gelangen, wurde nicht direct beobachtet, aber es ist höchst wahr- scheinlich, dass dies auf dem Wege erfolgen kann, wie wir oben bei T. Pruni gesehen haben. Auch wäre es nicht ausgeschlossen, dass die durch successive Theilungen erzeugten Chromatinkörper sich nur theilweise an der Ascosporenbildung betheiligen und einige andere einfach im Cytoplasma resorbirt werden, wie wir oben bei T. Kusanoi gesehen haben; z. B. sprechen die Ascen in Fig. 53 und 54 besonders für die letztere Möglichkeit, wo man in den Ascen zwei resp. vier fast völlig gereifte Sporen und noch einige anscheinend im Verschwin- den begriffene Chromatinkörper im COytoplasma zerstreut sieht. Auch die Frage, ob diese Chromatinkörpertheilungen karyo- kinetisch (wie bei T. Cerasi, Pruni) oder direct, d. h. durch Sprossung (wie bei T. Kusanoi) vor sich gehen, bleibt noch unentschieden. Nur ist es zu erwähnen, dass ich nicht einmal das spindelartige Gebilde zur Beobachtung bringen konnte, wenn ich auch wirklich viele Hun- dert Ascen gesehen habe. Die Sporenbildung um den Chromatinkörper findet in ganz gleicher Weise statt wie bei anderen Arten. Hier ist es zu erwähnen, dass ich nicht selten solche Bilder, wie in Fig. 55—56 (T. deformans) und Fig. 57 (var. armeniaca) beob- achtet habe, wo man den höchst wahrscheinlich in Desorganisation begriffenen Kern (oder Chromatinkörper) sieht. Ob diese normal sind oder nicht, ob diese die normalen Ascen erzeugen können oder nicht, bleibt noch unentschieden, wenn ich auch diese Frage mehr im negativen Sinne zu beantworten geneigt bin. Ich habe sehr oft in meinen Präparaten von T. deformans die Ascosporen gesehen, welche über das Blatt des Wirthes ausgekeimt sind, von denen eine in Fig. 58 dargestellt ist. Man sieht dort drei 1) Pierce, 1. 0. pag. 38. 2) Dangeard hat auch eine ascogene Zelle gezeichnet, wo man einige Chromatinkörper findet (l. c. pag. 34, Fig. 4). Be Zr 19 Chromatinkörper in der Spore und einen in dem Keimschlauch ; dass all diese Körperchen aus dem einzigen in der ungekeimten Ascospore durch Theilung hervorgegangen sind, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden!). Der in solcher Weise produeirte Keimschlauch wächst zu einer vielzelligen verzweigten Hyphe aus und kriecht auf der Cuticula des Blattes des Wirthes hin, was mit dem übereinstimmt, was Sadebeck bei T. alnitorguus im Laufe der Sporeninfection be- obachtet hatte?). Jede Zelle solcher Hyphen enthält einen Chromatin- körper; solche mit zwei Körperchen ist wahrscheinlich in Theilung begriffen (Fig. 59 a—b). \ Die Zelle der vegetativen Hyphen (nach Pierc’e’s Nomenelatur)®) im Blattparenchym enthalten viele Chromatinkörper (Fig. 60); so sind auch dieselben der jungen fructifieirenden Hyphen (auch nach Pierce’s Nomenclatur) (Fig. 61). Jede der letzteren theilt sich durch Quer- wände in eine Anzahl von kürzeren Zellen, von denen sich jede schliesslich zu einer ascogenen entwickelt) und dann, wie schon ge- sagt, finden wir um den Chromatinkörper die Kernvacuole entwickelt. Mikrochemische Reactionen. In Hinsicht auf die mikrochemischen Reactionen wurde besonders T. Cerasi untersucht, und zwar hauptsächlich nach den bekannten von Zacharias, der ersten Autorität in diesem Forschungsgebiete, herrührenden Methoden®); das Verhalten gegen Magensaft wurde auch an T. deformans studirt. Zur Untersuchung benutzte ich stets das in absolutem Alkohol fixirte und dort während 24 Stunden ge- lassene Material. Zuerst wurden die Schnitte freihändig gemacht, aber ich habe dabei keine guten Resultate bekommen. Eines der zwei folgenden Verfahren wurde deshalb adoptirt. Entweder wurden kleine Stücke des Alkoholmaterials im Ganzen in künstlichen Magen- saft oder andere zu untersuchende Reagentien ’gebracht und dort 1) Man sieht verschiedene gute Habitusbilder der Ascosporenkeimung in Pierce,l.c. Taf. IV. 2) Sadebeck, l. ec. pag. 102. 8) Pierce,]. eo. 4) Für die Entwickelung dieser Hyphen etc. vgl. die sehr ausführliche An- gabe von Pierce, 1. e. 5) Von zahlreichen diesbezüglichen Schriften dieses Verfassers vgl. besonders: „Ueber den Zellkern“ (Bot. Zeitg., 1882) und „Die chemische Beschaffenheit von Cytoplasma und Zellkern“ (Ber. d. Deutschen bot. Ges,, 1898). Auch vgl. Heine, Die Mikrochemie der Mitose, zugleich eine Kritik mikrochemischer Methoden. Zeitschr. £. physiol. Chemie, Bd, 21, 1896, PR 20 während einer bestimmten Zeit gelassen, dann nach dem bekannten Recept in Paraffin eingebettet und geschnitten, oder es wurde zu- nächst das Alkoholmaterial in Paraffin eingebettet und geschnitten, worauf erst die mikrochemischen Untersuchungen an den auf dem Object- träger aufgeklebten Schnitten ausgeführt wurden. Zur Färbung kam zuerst die Säurefuchsin-Methylenblau-Mischung nach Zacharias!) in Anwendung, aber die Bilder waren dabei nicht so klar, wie es er- wünscht gewesen wäre, Ich habe dagegen in der Eisenhämatoxylin- Methode Heidenhain’s ein für meine Zwecke ziemlich geeignetes Verfahren gefunden, da es den Chromatinkörper sehr deutlich hervor- treten lässt, so dass diese Methode stets verwandt wurde, auch war oft die kurze Nachfärbung der Eisenhämatoxylinpräparate mit einer Lösung von Erythrosin im Anilinwasser für die Beobachtung vor- theilhaft. Für die Controle wurden die Schnitte aus dem Alkoholmaterial ohne Weiteres durch Eisenhämatoxylin gefärbt und in Canadabalsam eingeschlossen. Sowohl die Chromatinkörper in den Ascen als die Nucleolen der Blattparenchymzellen des Wirthes in einem und dem- selben Schnitte wurden dabei intensiv blau gefärbt, und zwar beide in gleichen Nuancen. Die folgenden Reactionen wurden studirt: 1. Lag das Material in künstlichem Magensaft [1 Theil Pepsin- Glycerin 2) auf 8 Theile 0,2proc. Salzsäure] während 48 Stunden bei - Zimmertemperatur (ca, 20°), so wurden die Nucleolen der Wirthzellkerne kaum sichtbar, welche, wie oben gesagt, bei den Controlepräparaten durch Hämatoxylin sehr intensiv blau gefärbt und deshalb sehr scharf hervortreten; sie waren nun durch die sorgfältige Beobachtung unter einer starken Vergrösserung als blasse, substanzarme Gebilde zu er- kennen. Diese Thatsache stimmt daher völlig mit Zacharias’ An- gabe über den Nucleolus überein ®), wonach der letztere.aus Eiweiss und Plastin besteht; bei meiner Untersuchung nämlich wurde das Eiweiss verdaut und das Plastin blieb zurück. Etwas anders verhielt es sich mit dem Chromatinkörper in den Ascen. Sogar nach 48stün- diger Wirkung des Magensaftes blieben viele Chromatinkörper ganz unverändert zurück, sowohl in Grösse als auch in Färbungscapaeität; einige waren aber gequollen und einige ganz verschwunden. Diese Beobachtungen lehren uns daher, dass der Chromatinkörper gegen 1) Zacharias, Ueber Chromatophilie. Ber. d. Deutschen bot. Ges. 1898. 2) Bezogen von G. Grübler in Leipzig. 3) Zacharias, Ueber den Nucleolus. Bot. Zeitg. 1885, 21 Magensaft im Allgemeinen etwas widerstandsfähiger ist als der ge- wöhnliche Nucleolus. 2. In conce. Salzsäure (4 Theile HCl -+- 3 Theile H,O) (48 Stunden) blieb von dem Nucleolus der Wirthszellkerne nur ein blasser Rest ‚ zurück. ‘Bezüglich des Chromatinkörpers konnte man verschiedene Stadien der Auflösung wahrnehmen: bei einigen Zellen sah man ihn gequollen, bei anderen das blasse, gerüstartige Gebilde mit der dazu angeschmiegten, intensiv blau gefärbten, tropfenartigen SubStanzmasse von verschiedener Grösse in verschiedener Anzahl (das in Lösung be- griffene Nuclein?), bei noch anderen nur die gerüstartigen Gebilde, während bei vielen die letzteren nicht zu sehen waren. 3. In 1Oproe. Kochsalzlösung (ca. 3 Stunden) quoll der Chromatin- körper bedeutend, während der Nucleolus unverändert blieb. 4. In verdünnter Kalilauge (0,4 °,) (24 Stunden) sah man den Chromatinkörper gequollen oder ganz verschwunden, während der Nu- cleolus des Wirthszellkernes unverändert blieb oder etwas blasser wurde. 5. In 0,4proc. Natronlauge (24 Stunden) traten dagegen beide, der Chromatinkörper und der Nucleolus, sehr scharf hervor, und zwar sehr intensiv blau gefärbt.!) 6. In Iproc. Sodalösung (24 Stunden) löste der Chromatinkörper sich auf, während das Verhalten der Nucleolen des Wirthszellkernes nicht deutlich zu erkennen war. Berücksichtigt man alle oben hervorgehobenen mikrochemischen Reactionen, so erkennt man, dass unser sog. „Chromatinkörper“ mit dem Nuclein (im Sinne Zacharias’) viele Reactionen gemeinsam hat, aber bezüglich des Verhaltens gegen Magensaft verschieden davon ist. Wegen dieser Verschiedenheit in dem Verhalten gegen Magensaft ist es mir nicht ganz sicher, .ob wir es hier mit Nuclein zu thun haben oder nicht. Allein Nuclein ist, wie ich glaube, ein Gattungsbegriff; es gibt viel- leicht verschiedene Nucleine von mehr oder minder abweichendem Charakter. Nach Heine’s Untersuchungen z. B. haben wir in den Spermatozoenköpfen und Chromosomen des Salamanders solches in Magensaft leicht lösliches Nuclein.2) Wenn auch die Nucleinnatur unseres Chromatinkörpers nicht sicher erwiesen ist, so ist doch jeden- 1} Nach Heine I. c. waren die Spermatozoenköpfe des Salamanders in 0,4proc. Natronlauge wie ausgelaugt und in dem ruhenden Kerne blieben darin nur die Platinhüllen zurück. 2) Heine l. c. — Nach Golenkin (Bull. de la Soc. imp. des Naturelistes de Moscou, 1900, pag. 343) bestehen die Nucleolen von Sphaeroplea annulina aus der in Magensaft löslichen Modification des Nucleins. 22 falls so viel sicher, dass er chemisch von dem gewöhnlichen Nucleolus abweicht, Resultate. 1. Die Verschmelzung von zwei Kernen im jüngsten Stadium der ascogenen Zellen vollzieht sich bei allen von mir studirten Ta- phrina-Arten und ist zweifelsohne als eine dieser Pilzgattung gemein- same Erscheinung zu deuten. Wenn Sadebeck auf Grund seiner Untersuchungen über T. Orataegi, Fosquinetii, Johansoni und epiphyllus Dangeard’s diesbezügliche Angabe T. deformans in Zweifel ge- zogen hat!), so ist doch dies vielleicht darauf zurückzuführen, dass ihm das in Frage stehende Stadium entgangen ist. Ich konnte Dan- geard’s Angabe völlig bestätigen, sowohl bei T. deformans, Johan- soni und anderen Arten. 2. Die Zerklüftung des Chromatinkörpers findet gewöhnlich inner- halb der Kernvacuole statt; nur bei T. Johansoni ist sie in der Kern- vacuole unvollständig und wird beendet nach Verschwinden der Kern- vacuole. Diesen Vorgang vermissen wir ganz bei T. Pruni. Die dadurch gebildeten Körnchen werden alsbald nach aussen ausgestossen und grösstentheils allmählich im Cytoplasma resorbirt, um offenbar zu dessen Ernährung beizutragen. 3. Die Kernvacuole erfährt im Laufe der Ascusentwickelung eine Desorganisation und dabei sind oft die Reste als schmutzig färbbare Substanzmassen für einige Zeit nachweisbar (T. Johansoni, Kusanoi, Pruni). Der Chromatinkörper ähnelt im äusseren Aussehen einem Nucleolus, aber er weicht beträchtlich davon ab, sowohl in morpho- logischer und physiologischer als in chemischer Beziehung. Er enthält wahrscheinlich Nuclein von etwas abweichendem Charakter und ver- hält sich wie ein Zellkern. 4. Die Stielzellbildung vollzieht sich, soweit meine allerdings noch "unvollständigen Untersuchungen reichen, ohne Vermittelung des Kern- apparats. Bei 7. deformans kann die Bildung dieser Zeile zeitlich variabel sein. 5. Nach Verschwinden der Kernvacuole liegt der Ohromatinkörper frei im Cytoplasma und er kann als ein Zellkern von einfacher Art betrachtet werden. Er beginnt dann durch Theilung sich zu vermehren. 6. Bei der Ascosporenbildung der von mir studirten Taphrina- Arten kann man zwei Typen unterscheiden, welche ich hier Johansoni- resp. Cerasi-Typus nennen möchte. 1) Sadebeok, Einige neue Beobachtungen und kritische Bemerkungen über ' die Exoasceen (Ber. d. deutsch. bot. Ges. Bd. 13, 1895, pag. 275), 28 a) Beim Johansoni-Typus vollzieht sich die Theilung des Chro- matinkörpers sehr unregelmässig. Zuerst theilt sich das einzige Körperchen in zwei, dann wiederholt die Theilung sich mehrmals, so dass im Ascuscytoplasma eine Anzahl von Chromatinkörpern von ver- schiedener Grösse entsteht. Die Theilung geschieht durch Sprossung. Von den in solcher Weise erzeugten Chromatinkörpern wird nur eine Anzahl von winzigen bei der Sporenbildung verbraucht, während die anderen, gewöhnlich gröberen im Ascuscytoplasma zu Grund gehen (T. Johansoni, Kusanoi). ß) Beim Cerasi-Typus erfährt in typischen Fällen der einzige Chromatinkörper drei successive Theilungen, so dass acht Chromatin- körper und dementsprechend acht Sporen gebildet werden. Bisweilen beobachtet man Unregelmässigkeiten bei der Theilung des Chromatin- körpers ete., so dass wir nicht selten Ascen finden, welche, weniger als acht Sporen enthalten. Bei 7. Cerasi und Pruni vollzieht sich die Theilung des Chromatinkörpers nach einer Karyokinese von ein- facher Art, während bei T. deformans und var. armeniaca die Frage noch unentschieden bleibt. 7. Die Sporenbildung erfolgt dadurch, dass ein Theil.des Cytoplas- mas um jeden durch Theilung produeirten Chromatinkörper als Mittel- punkt sich zusammenzieht und dann um diese Plasmamasse die Zeil- membranen ausgeschieden werden. Bei diesem Vorgang bleibt 'ein Theil des Cytoplasmas unverbraucht — Epiplasma oder Zwischensubstanz der Autoren. Die Sporenbildung gleicht deshalb eher derjenigen bei den Ascen der typischen Ascomyceten, als jenen bei den Sporan- gien der Phycomyceten, bei welchen nach Harper die Sporenbildung durch den Vorgang der Spaltung („Cleavage*) erfolgt.) „Allgemeine Betrachtungen. I Wir haben bei jungen ascogenen Zellen einiger vorhin beschrie- benen Arten (T. Cerasi, deformans, var. armeniaca) gesehen, dass eine Anzahl von groben Körnchen aus dem Kernapparat nach dem umgebenden Cytoplasma ausgestossen wird, bevor die Kernvacuole zu Grunde geht. Bei T. Kusanoi erfolgt die Ausstossung der Körnchen erst nach der Desorganisation der Vacuole. Bei T. Johansoni kann man direct die Zerklüftung des Chromatinkörpers und das Abirennen der Körnchen aus demselben verfolgen. Bei T. Kusanoi, Cerasi etc. 1) Harper, Cell-Division in sporangia and asci. Ann, of Bot. Vol, 13, 1899, 24 kann man diesen Vorgang nicht direct beobachten, aber auf Grund der beobachteten Thatsachen ist es höchst wahrscheinlich, dass auch hier bei diesen Taphrina-Arten jene Körnchen dem Chromatinkörper ihren Ursprung verdanken. Diese Körnchen werden schliesslich grösstentheils im Oytoplasma resorbirt, woraus der Schluss gerecht- fertigt ist, dass sie zu der Ernährung desselben in Beziehung stehen, und im Lichte der Ausführungen Schmitz’s, Strasburger’s, Hirase’s, Arnoldi’s, Sokolawa’s und des Verfassers etc. über das Vermögen der Eiweissverarbeitung der Zellkerne') ist es mehr als wahrscheinlich, dass diese Körnchen die plastischen Substanzen darstellen, welche der Chromatinkörper — welcher nichts anderes ist als der Zelikern von einfacher Art — aus den aufgenommenen Rohmaterialien verarbeitet haben. Es wohnt demnach dem Chromatin- körper das Vermögen der Eiweissverarbeitung inne. In der That drückte ich schon in meiner letzten Publication über T. Johansoni solche Vermuthung aus. „In unserem Falle ist es nicht unmöglich“, sagte ich?), „dass der Chromatinkörper, welcher physiologisch einem Zellkern gleichartig ist und demgemäss das Vermögen der Verarbeitung des Rohmaterials besitzt, zum Wachsthum des Ascuscytoplasmas) bei- tragen kann. Und dann ist die Chromatinzerklüftung als der Vor- gang des Ausfliessens des von dem Kerne verarbeiteten Wachsthums- materiales nach dem Ascuscytoplasma zu betrachten.“ LI. Eine aus den vorliegenden Studien sich ergebende wichtige That- sache ist das Vorkommen der den Zellkern ersetzenden sog. Chromatin- körper während einer bestimmten Zeit in der Entwickelung der asco- genen Zellen. Wenn der Kernapparat der Taphrina- Arten den Bau des typischen Zellkerns besitzt, ist er der Hauptsache nach äus zwei Theilen zu- sammengesetzt, dem nucleolusartigen Chromatinkörper und der den letzteren einschliessenden Kernvacuole. Unter dem Namen „Nucleolus“ versteht man heute verschiedene Gebilde. Wir haben z. B. ausser dem gewöhnlichen Nucleolus (im Sinne Zacharias’) noch den „nucl&ole noyau* Carnoy’s®), den 1) Jkeno, I. c. pag. 284. — Sokolowa, Ueber das Wachsthum der Wurzel- hasre und Rhizoiden, Bull. de la Soc. imp. d. Naturalistes de Moscou, 1897, No. 2 pag. 270. “ 2) Jkeno, I. c, pag. 284. . 3) Im Original „Eicytoplasma“ durch den Fehler, 4) Carnoy, Biologie cellulaire, Lierre, 1884. 25 „Centrosom -Nucleolus* Keuten’s.!) Man kann daher unseren Chromatinkörper auch als Nueleolus bezeichnen, und zwar nicht als einen gewöhnlichen, sondern als den „nucl&ole noyau* in Carnoy’s Sinne. Wir haben oben erwähnt, dass im Laufe der Entwickelung dieser Nucleolus sich von der umgebenden Vacuole befreit und sich ganz wie ein Zellkern verhält; auch sein chemisches Verhalten spricht höchst wahrscheinlich für seinen Nucleingehalt, wenigstens ist er von dem gewöhnlichen Nucleolus chemisch verschieden. Somit ist unser „Chromatinkörper“ sowohl in morphologischer als in chemischer Hinsicht von dem gewöhnlichen Nucleolus verschieden ; man könnte deshalb wohl richtiger den Namen „Nucleolus“ durch „Chromatinkörper“ ersetzen. Dangeard hat neuerdings bei der Kerntheilung von Amoeba hyalina beobachtet, dass während der Prophase ein Nucleolus sich zu einer Anzahl von granulären Chromosomen fragmentirt.”) Auch hat Golenkin das gleichartige Verhalten des Nucleolus bei Sphaeroplea annulina entdeckt.°) Um auf unseren Fall zurückzukommen, haben wir gesehen, dass bei 7. Cerasi ein Chromatinkörper sich direct zu einem Chromosom und bei T. Pruni zu einer Anzahl derselben verwandelt, was, wie ich glaube, mit dem oben beschriebenen Verhalten der Nu- eleolen bei Amoeba und Sphaeroplea in Parallele gesetzt werden kann. Auch nach Wager’s Untersuchungen *) besteht der Kernapparat der Hefezellen aus einem Nucleolus („nuclear body“) und einer neben- liegenden Kernvacuole („nuclear vacuole*); diese letztere verschwindet schliesslich, während der Nucleolus verbleibt und bei der Sporenbil- dung sich direct zu einer Anzahl von Chromosomen verwandelt. Wenn diese Angabe Wager’s bestätigt würde, so stimmte dieses eigenthüm- liche Verhalten völlig mit dem überein, was wir bei den Taphrina-Arten sehen, nämlich das Verschwinden der Kernvacuole, das Verbleiben und die directe Umwandlung des Nucleolus zu einem oder vielen Chro- mosomen. Ob aber der Nucleolus innerhalb der Kernvacuole, wie bei unserem Falle, oder ausserhalb derselben, wie bei den Hefezellen, liegt, das ist, wie ich glaube, für das Wesen der Erscheinung ganz irrelevant.?) 1) Keuten, Die Kerntheilung von Euglena viridis Ehr. (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 60, 1895). 2) Etude de la Karyokindse chez !’Amoeba hyalina sp. nov. Le Botaniste, VII, Serie, 1900, pag. 49. 3) Golenkin |. o, . 4) Wager, The Nucleus of the Yeast-Plant. Ann, of Bot. Vol. 12, 1898. 5) Für Weiteres über die chromatischen Nuoleolen vgl. Dangeard |, co. pag. 65 u. folg. “ 26 Was besonders unsere sog. „Kernvacuole“ auszeichnet, ist ihre temporäre Existenz, da sie stets im Laufe der Ascusentwickelung zu Grunde geht. Bezüglich der Frage, welche Bedeutung ihr zukommt, führen die beobachteten Thatsachen uns noch nicht zu einem ganz befriedigenden Schlusse. Da die Kernvacuole mit ihrem Inhalt in einem mehr oder minder fortgeschrittenen Stadium der Ascusentwicke- lung verschwindet, so ist es ohne Weiteres klar, dass die in ihr in der Gestalt von Körnchen, Strängen etc. enthaltenen Stoffe frei im Cytoplasma zu liegen kommen, ja bei einigen Arten sind sie für einige Zeit als stark färbbare Substanzmasse gut sichtbar, weshalb die Ver- muthung nicht fern liegt, dass die Kernvacuole vielleicht in erster Linie als der Reservestoffbehälter der plastischen Substanzen figurirt, zumal als man nach den Angaben einiger Autoren das gleichartige Verhältniss auch bei den Saccharomyces- Arten beobachtet. Nach Wager') nämlich, wie schon oben erläutert, ist der Kernapparat aus einem Nucleolus oder Chromatinkörper und einer Kernvacuole zu- sammengesetzt; die letztere geht zu einer bestimmten Zeit zu Grunde, worauf die in ihr enthaltenen Substanzen frei im Cytoplasma liegen und von dem Chromatinkörper aufgenommen werden; Wager kommt daraus zu dem Schlusse, dass diese Vacuole einen Reservestoffbehälter des Chromatins darstellt. Hoffmeister?) und Guilliermond?) fassen den Kern und die Vacuole als selbständige Gebilde auf. Der letztere Forscher fand jedoch bei der Sporenbildung von Saccharo- myces Ludwigii die Vacuolen mit rothen Körnern Bütschli’s darin auf und in Contact mit dem Chromatinkörper; er schliesst, dass diese Körner zu der Ernährung der Zelle beitragen. Wird die Function der Kernvacuole bei den Taphrina - Arten nicht mit der von Wager bei den Hefezellen hervorgehobenen in Parallele gesetzt werden können? Wird nicht die Kernvacuole als der temporäre Behälter der chromatischen Substanzen aufgefasst werden können? Werden nicht die nach dem Verschwinden der Kern- vacuole im Cytoplasma frei liegenden Substanzen durch den zurück- bleibenden Cromatinkörper allmählich aufgenommen werden? Werden nicht die bald zu erfolgenden successiven Chromatinkörpertheilungen durch diesen Vorgang der Aufnahme erst ermöglicht werden? Die ı) lo 2) Zum Nachweis des Zellkernes bei Saccharomyces. Sitzgsber. d. Deutsch. naturw.-med. Vereins f. Böhmen „Lotos“ Bd. 20, Nr. 5, 1900. 8) Recherches histologiques sur la sporulation des levures. Comptes-rendus de l’Aoad. des Scienoes de Paris, Tome CXXXII, 1901, pag. 1194. 27 endgiltige Entscheidung aller dieser interessanten Fragen muss für eine spätere Untersuchung:.vorbehalten werden. ul Wie schon in der Einleitung erörtert, wurde die Sporenbildung einiger Tophrina-Arten durch Sadebeck und Fisch studirt, welche dabei das Vorkommen einer typischen Karyokinese erwähnen. Zuerst beobachtete Sadebeck!) die Stadien der Spindelfaserbildung bei Taphrina (Exoascus) Crataegi?) und turgidus. Im nächsten Jahre beschrieb Fisch?) an der Hand vieler Figuren eine Karyokinese bei der Sporenbildung einer problematischen Taphrina, Ascomyces endogenus, welche Sadebeck mit Taphrina Sadebeckii identifieirt.) Wenn man den Vorgang der Sporenbildung bei den von mir be- schriebenen verschiedenen Taphrina-Arten in Betracht zieht, so wird man nicht verfehlen anzuerkennen, dass hier von gewöhnlicher Ka- ryokinese nicht die Rede sein kann. Bei allen Arten besitzt der Kernapparat den Bau des typischen Zellkernes nur während der jungen Stadien der ascogenen Zellen, aber alsbald erfährt die Kern- vacuole eine Desorganisation, worauf der Zellkern zu einem einzigen homogenen Chromatinkörper reducirt wird, welcher dann erst sich zu theilen beginnt. - Es fragt sich nun, wie denn Sadebeck’s und Fisch’s Angaben zu deuten sind? Sadebeck’s Angaben sind zu unvollständig, um irgend welche Schlüsse zu ermöglichen, so z. B. stellen die von ihm angegebenen Figuren nur einige Spindelformen dar.5) Was dagegen Fisch über die Kerntheilung von Ascomyces endogenus beschreibt, ist ziemlich ausführlich, der Vorgang scheint darnach von den von mir beobachteten Fällen abzuweichen. Sollten dann die oben be- schriebenen Vorgänge der Desorganisation der Kernvacuole und des Freiliegens des Chromatinkörpers bei der von Fisch studirten Art nicht stattfinden? Freilich ist die Zahl der von mir in Untersuchung gezogenen Arten gegenüber den überhaupt von den Autoren erkannten [etwa 49 nach Giesenhagen®)] verschwindend klein. Wenn es auch deshalb nicht unmöglich wäre, dass bei dem sog. Ascomyces endogenus 1) Untersuchungen über die Pilzgattung Exoascus. 1884. 2) Dann von ihm durch den Namen T', bullata bezeichnet. 8) Fisch, |. c. 4) Die parasitischen Exoasceen pag. 11. 5) Untersuch. über die Pilzgattung Exoascus Fig. 17 und 20, 6) Taphrina, Exoascus und Magnusiella. Bot. Ztg. 1901. 28 die in Frage stehenden Vorgänge nicht zu sehen sind, so dürfte es doch von vornherein höchst unwahrscheinlich sein, dass die bei allen von mir studirten Arten in einer so merkwürdigen Weise sich voll- ziehenden Vorgänge bei anderen ganz vermisst würden. Es wäre in der That, wie man durch das nähere Studium der Angaben Fisch’s sich überzeugen kann, die Möglichkeit nicht völlig ausgeschlossen, dass sogar bei seiner Art die Vorgänge sich vollzogen. Es lautet nämlich seine Beschreibung wörtlich): „Der Beginn der Kerntheilung kennzeichnet sich durch das Auftreten von grösseren und kleineren Körnchen im Zellkern (Fig. 12). Diesem Stadium folgt, ohne dass ich den Uebergang genau verfolgen konnte, das. Spindelstadium (Fig. 13)... .“ Nun wird vielleicht niemand, welcher die Fig. 12 von Fisch mit meiner Fig. 3 (T. Kusanoi) vergleicht, verfehlen anzuerkennen, dass beide Bilder mit einander ziemlich gut überein- stimmen. Das Stadium in Fig. 12 (l.c.), wo man innerhalb des Ker- nes eine Anzahl von Körnchen sieht, betrachtet Fisch als den Be- ginn der Karyokinese (vgl. die oben angeführten Citate), aber aus Analogie mit dem Verhalten bei 7. Kusanoi scheint es mir nicht ganz unwahrscheinlich, dass wir es nicht mit einer solchen, sondern mit dem Stadium der Zerklüftung des Chromatinkörpers innerhalb der noch nicht zu Grunde gehenden Kernvacuole zu thun haben. Wenn diese letztere Vermuthung thatsächlich zutrifft, so ist natürlich anzu- nehmen, dass diese groben Körnchen nach aussen ausgestossen und allmählich im Cytoplasma resorbirt werden, worauf erst die Spindel- bildung eintritt (z. B. wie bei 7. Cerasi). Wenn Fisch das Aus- stossen der Körnchen nicht beschreibt, ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass dieses Stadium ihm einfach entgangen ist, da, wie er selbst angibt (vgl. die oben angeführten Citate), er den Ueber- gang nicht untersuchen konnte, welcher zwischen dem Stadium in Fig. 12 und dem der Spindelbildung (Il. e. Fig. 13) liegt. Wenn daher nach der obigen Auseinandersetzung die Möglichkeit nicht ausge- schlossen wäre, dass die Ascosporenbildung von Ascomyces endogenus Fisch in :gleicher Weise wie bei den von mir studirten Taphrina-Arten vor sich geht, so ist doch dies nach allem eine blosse Vermuthung und es wäre ‚recht wünschenswerth, dass die Sporenbildung von T. Crataegi, turgidus, flavus, alnitorguus und besonders Sadebeckii?) einer genauen Untersuchung unterzogen würde, da nur dadurch die Frage zur endgiltigen Entscheidung gebracht werden dürfte. 1) Fisch, 1. c. pag. 50. Vgl. auch seine Fig. 12 und 13. 2) Alle diese Arten sind hier nicht vorhanden. 29 IV. Hier möchte ich eine Bemerkung über eine Erscheinung machen, welche bisweilen zu einer sehr grossen Verwirrung führen dürfte. Fast stets nimmt man nämlich um jeden im Oytoplasma der Taphrina- Arten befindlichen kleinen und groben Körnchen aus dem Chromatin- körper einen schmalen hellen Hof wahr), welcher leicht irrthümlicher- weise mit einer Kernvacuole verwechselt werden könnte, umsomehr, als an dem Zellkerne der Taphrina-Arten oft die Kernmembran als solche nicht deutlich nachzuweisen ist. In extremen Fällen sind beide leicht von einander zu unterscheiden. Die Kernvacuole ist nämlich gegen das umgebende Cytoplasma scharf abgegrenzt und ent- hält gewöhnlich ein kerngerüstartiges Gebilde, ausserdem ist der Raum zwischen dem centralen Körperchen und der äusseren Contour ziem- lich breit. Der Hof dagegen ist gegen die Umgebung zumeist weniger scharf abgegrenzt, enthält natürlich kein Kerngerüst und ist nur schmal. In nicht seltenen Fällen ist aber die Unterscheidung zwischen beiden nicht eben allzu leicht auszuführen, in den schwierig- sten Fällen ist dies nur auf Grund vergleichender Studien möglich. In der That machen solche Höfe wegen der Schwierigkeit dieser Unterscheidung bei den vorliegenden Untersuchungen die Deutung vieler Dinge äusserst schwierig und in einigen Fällen bin ich noch im Zweifel, ob ich es mit der Kernvacuole oder dem Hofe zu thun habe. Nun tritt natürlich die Frage über die Natur dieses hellen Hofes auf. Wer sich mit cytologischen Untersuchungen beschäftigt hat, wird vielleicht häufig solche Höfe angetroffen haben. Bei den nach der Praxis fixirten und gefärbten Präparaten ist ein solcher Hof fast regelmässig um die Nucleolen oder andere Gebilde zu sehen (so z. B. Fig. 62, wo eine Zelle aus dem Carpelle von Populus tremula var. villosa gezeichnet wird, an welchem 7’. Johansoni parasitisch ist; siehe den Hof um den Nucleolus). Es ist nicht zu bezweifeln, dass solche Höfe in der Hauptsache die durch die Präparation entstandenen Artefacte sind. Die Fixirung und Härtung veranlasst nothwendiger- weise eine mehr oder minder grosse Schrumpfung sowohl der Nucleolen und anderer massiver Körper, als auch des umgebenden Cytoplasmas, worauf beide sich von einander trennen und so zwischen sich eine mehr oder minder grosse Lücke produciren, welche nichts anderes 1) Diese Höfe sind z. B. in Fig. 8, 52 ete. zu sehen, aber zumeist nicht ge- zeichnet, um Verwirrung zu vermeiden. 30 ist als der sog. Hof. Um festzustellen, ob man es in bestimmten Fällen mit einer Kernvacuole oder lediglich mit einem künstlich er- zeugten Hof zu thun hat, ist die Vergleichung der fixirten mit den lebenden Objecten sehr wünschenswerth, allein bei unseren Fällen gab diese Methode keine guten Resultate. Zum Schluss ist es mir eine sehr angenehme Pflicht, hier Herrn Dr. Camill Hoffmeister in Trautenau für seine seltenste Güte höflichst zu danken, da er mir auf meinen Wunsch eine Copie seiner Abhandlung über die Zellkerne von Saccharomyces einsandte. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren sind unter Benutzung des Zeiss’schen Apochromats 2mm gezeichnet worden, und zwar Fig. 59« und 62 mit Hilfe des Oc, 6 und alle anderen mit Hilfe des Oe, 12. TafelI und U Fig. 1-17, Taphrina Kusanoi. Fig. 1. Zwei junge ascogene Zellen. Copulation der Zellkerne. „ 2. Junge ascogene Zelle. Copulation der Zellkerne mit schmutzig-färb- barer Substanzmasse. 8. Eine ascogene Zelle. Chromatinkörper in grobe Körnchen verwandelt. 4. Ebend. Chromatinkörper und schmutzig-färbbare Substanzmasse, „» 5. Ebend. Zerstreuen der Körnchen. 6. Ebend. Zerstreuen der Körnchen und Sprossung derselben. 7. Eine ältere ascogene Zelle. Körnchen und schmutzig-fürbbare Substanz- masse, » 8. Eine ascogene Zelle mit einem einzigen Chromatiukörper. „ 9. Oberer Theil einer ascogenen Zelle mit einem Chromatinkörper. „ 10. Ebend. Mit zwei Chromatinkörpern. - » 11—12. Eine ascogene Zelle. Chromatinkörper in Sprossung begriffen. „ 18, 14, 15. Ein Theil der ascogenen Zelle. Chromatinkörnchen von ver- schiedener Grösse, theilweise in Sprossung begriffen. » 16. Ebend, Sporenbildung. » 17. Ascus mit fertigen Sporen; Conidien; a mit einem in Sprossung begrif- fenen Chromatinkörper. Fig. 18. T. Johansoni, Fig. 18. Ein Theil der ascogenen Zelle. Chromatinkörper von verschiedener Grösse. Fig. 83 Fig. 19-82. T. Cerasi. . 19. Zwei ascogene Zellen. Copulation der Zellkerne. 20. Eine ascogene Zelle. Zerstreuen der Chromatinkörnchen. 21—23, Stielzellen. 24—31. Successive Stadien der Theilung des Chromatinkörpers. 32. Sporenbildung. " Fig. 33—37. T. Pruni. . 88, Oberer Theil einer ascogenen Zelle mit einem Zellkerne. 34. Ebend. Desorganisation des Kernes,. 835—37. Theilung des Chromatinkörpers, Fig. 38—40. T. deformans var. armeniaca, . 88-40. Ascogene Zellen. Zerklüftung des Chromatinkörpers und Zerstreuen der groben Körnchen. Tafel IIL Fig. 41. T. deformans var. armeniaca. ‚41. Ascogene Zelle. Zerstreuen der groben Körnchen. Fig. 42—48. T. deformans. . 42—44. Bildung und Zerstreuen der Chromatinkörnchen, 45—46. Stielzellbildung. 47—48, Desorganisation des Stielzellinhaltes, Fig. 49—54. T. deformans var. armeniaca. . 49. Ascogene Zelle. Stielzellbildung. 50—52. Ebend. Successive Stadien der Theilung des Chromatinkörpers. 58—54. Ebend. Sporenbildung. Fig. 55—56. T. deformans. ‚55-56. Ebend. Kern (od. Chromatinkörper) in Desorganisation begriffen. Fig. 57. T. deformans var. armeniaca. . 57. Wie bei Fig. 55—56. Fig. 58—61. T. deformans, . 58. Keimende Ascospore. 59, Auf der Oberfläche des Wirthes kriechendes Myeel. a schwach ver- grössert; m Mycel; ask Ascen; w Wirthszellen; 5 ein Theil solchen Mycels stärker vergrössert. 60. Eine Zelle aus dem vegetativen Mycel im Blattparenchym. 61. Eine Zelle aus dem fructifieirenden Mycel, Fig. 62. Populus tremula var. villosa. 62. Eine Zelle aus dem Carpelle-Hof um den Nucleolus, durch Fixirung eto, entstanden. Die Stammesbildung der Monokotylen. Von J. C. Schoute, Assistent am botanischen Institut der Reichsuniversität zu Groningen, Hierzu Tafel IV, Unter den Monokotyledonen gibt es bekanntlich nur wenige baumartige Formen; nur unter den Palmen, den Pandaneen und den Lilüfloren werden solche gefunden. Im Folgenden soll hauptsächlich von den letzteren die Rede sein, während die anderen, welche allerdings viel besser bekannt sind, nur zur Vergleichung herangezogen werden sollen. Unter den Liliifloren gibt es in verschiedenen Familien solche baumartige Formen, welche gelegentlich beträchtliche Dimensionen erreichen können. Den berühmten Drachenblutbaum von Orotava darf ich hier übergehen, weil sich in jedem Lehrbuch nähere An- gaben darüber finden; es gibt aber noch mehr solcher Riesen in dieser Ordnung, 2. B. Aloe dichotoma L. und A. Bainesii Dyer, welche in Südafrika vorkommen und dort unter dem Namen „Kokerboomen* bekannt sind; wenn sie auch nicht so gross sind wie D. Draco, so erreichen diese reich verästelten Bäume doch eine Höhe von 10—20 m!); Dracaena reflexa Lam.?) wird etwa 10m hoch, und die mexikanische nicht verzweigte Fourcroya longaeva®) bis 20 m. Alle diese Bäume bilden, wie bekannt, ihre dicken Stämme mit Hilfe secundären Zuwachses und stehen in dieser Hinsicht unter den Monokotyledonen vereinzelt da Zwar wird von OÖ. Warburg in seiner Arbeit über die Pandaneen?) auch für diese monokotylen Bäume ein secundäres Wachsthum angegeben; wahrscheinlich liegt hier aber ein Irrthum vor. Wenn nämlich ein so starkes secundäres Wachsthum bei dem Pandanusstamme auftrat, so hätte sich auch die radiale Anordnung 1) W.T.Thiselton Dyer, The tree Aloes of South Africa, mit Abbildungen, in der „Gardeners Chroniele* vom 2. Mai 1874. " 2) H. Wright, Observations on Dracaena refiexa Lam. Annals of the Royal Botanic Gardens, Peradeniya Vol. I pt. 2, pag. 165. 3) Abgebildet in Engler und Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien, IL, 5, pag. 115. 4) O0. Warburg, Pandanaceae, in: Das Pflanzenreich, herausg. von A. Engler, IV, 9, 1900, pag. 8—10. 38 “ der Elemente zeigen müssen, welche aber nach den Zeichnungen Warburg’s gänzlich fehlt. Auch sind die Gründe, auf die War- burg seine Annahme stützt, durchaus nicht‘ zwingend. Obwohl bereits vieles über die Anatomie des „Holzes“ der Lilien- bäume und über seine Bildungsweise im Cambium bekannt ist, so hat man meines Wissens noch nie die Stammesbildung im Grossen und Ganzen eingehend untersucht, wie es wohl bei den anderen oben genannten Baumtypen geschehen ist. Und doch ist diese Untersuchung nicht ohne Interesse, weil die baumartigen Liliifloren auch in ihrer Stammesbildung ihren mono- kotylen Charakter nicht verleugnen. Das darf uns nicht Wunder nehmen, weil das secundäre Wachsthum bei den Dikotylen und Mono- kotylen ja nur eine parallele Adaptation sein kann, keine wirkliche verwandtschaftliche Uebereinstimmung. Was ist aber dieser monokotyle Charakter, dem die Lilüfloren treu bleiben? Betrachten wir, um uns das klar zu machen, die be- kannten Verhältnisse der Palmen. Wir wissen durch Karsten!), wie diese Pflanzen trotz ihres vollständigen Mangels an secundärem Zuwachs ihren Stamm bilden; der ganze Stamm entsteht hier aus dem oft enormen Vegetations- kegel. Die junge Pflanze zeigt längere Zeit äusserlich keinen Stamm, dagegen „dauert die Bildung neuer Blätter ohne Ausdehnung der Zwischenknoten sehr lange fort, die Stammbildung ist natürlich auch hier eingeleitet, doch durch die Kürze der Zwischenknoten derselbe von so unbedeutender Länge, dass er sich nieht über die Erdober- fläche erhebt. Es nimmt indessen mit jedem neuen Blatte sein Durch- messer zu, wodurch er bei diesen Pflanzen anfangs die Form eines umgekehrten Kegels annimmt, die erst dann in die Cylinderform über- geht, wenn er den dem Stamme eigenthümlichen Durchmesser er- halten hat*.2) Erst dann fängt das Längenwachsthum an. Die Ver- grösserung der Krone findet hier nur in der ersten Periode statt, und zwar bloss durch primäres Dickenwachsthum der einzigen Knospe. Das Ergebniss ist also ein cylindrischer Stamm, während bei den Dikotylen und Coniferen der Stamm schwach conisch ist. Gibt man den Dikotylenstamm nach dem Vorgange Stras- burger’s°) schematisch in Fig. 1 Taf. 1 wieder, so kann man den 1) Karsten, Die Vegetationsorgane der Palmen. Abhandl, der k. Akademie der Wiss. zu Berlin, 1847, pag. 74. 2) 1. c. pag. 81. 8) Strasburger gibt in seinen „Leitungsbahnen* (Histologische Beiträge III, Jena 1891, pag. 490) ein ähnliches Schema, das thatsächlich aber schon von Flora 1903, 3 34 Fall der Palmen auf ähnliche Weise in einem Schema zum Ausdruck bringen; man bekommt dann etwa die Fig. 2. Der untere kegel- förmige Theil gibt den Stammabschnitt wieder, welcher während der ersten Lebensperiode gebildet worden ist, mit sehr kurzen Interno- dien, welche schnell an Dicke zunehmen; der cylindrische Theil ist der später gebildete mit langen Internodien. Das Eigenthümliche des Palmenstammes liegt also grossentheils in den eine Zeit lang stets wachsenden, grosse Dimensionen erreichen- den Vegetationskegeln. Betrachten wir diese Wachsthumsart etwas näher. Fertigt man Längsschnitte eines solchen Vegetationskegels an, so stellt sich heraus, dass weitaus der grösste Theil des Stammes ge- bildet wird von einem an der Aussenseite des Centraleylinders ge- lagerten Cambium, das durch Theilungen parallel zur Oberfläche nach innen Parenchym und Gefässbündel bildet. Nur durch dieses Cam- bium erreicht der Vegetationskegel die grossen Dimensionen.!) Zu- gleich aber wird durch dieses cambiale Wachsthum eine andere Eigen- schaft des Stammes bedingt, nämlich die monokotyle Anordnung der Gefässbündel. “ Diese Anordnung ist seit von Mohl’s Untersuchungen über den Palmenstamm allbekannt; fast in jedem Lehrbuch findet man heute das Schema des Palmenstammes. Um so mehr muss es befremden, dass von Mohl’s Erklärung dieses Verlaufs, eine ganz einfache, mechanische Erklärung, wenig bekannt zu sein scheint, obwohl sie in keinem Lehrbuch fehlen sollte, und dessen Auseinandersetzung in der Botanischen Zeitung?) doch wahrlich nicht an einer schwer zugäng- lichen Stelle veröffentlicht worden ist. Nichtsdestoweniger ist mir Duhamel du Monceau herrührt (Physique des Arbres, Paris 1758, Livre 4, Pl. 18 Fig. 71). Dieses Schema war in früheren Lehrbüchern allgemein verbreitet, ist aber später weggelassen worden. In unserer Figur haben wir, wie in der ursprünglichen Duhamel’schen Form, Rinde und Phloem nicht berücksichtigt, nur das Xylem wurde angegeben und die Verästelung mit aufgenommen. 1) Näheres über dieses primäre Dickenwachsthum bei P. Falkenberg, Ver- gleichende Untersuchungen über den Bau der Vegetationsorgane der Monocotyledonen (Stuttgart 1876) pag: 10, wo auch die ältere Litteratur; 0.G. Petersen, Bemaerk- ninger om den monokotyledone Staengels Tykkelsevaext og anatomiske Regioner (Botanisk Tidskrift 18. Bind 8. Haefte 1893), avec un resumd en frangais; A. Guillaud, L’anatomie comparee et le d&veloppement des tissus de la tige dans les Monocotylödones (Annales des Sciences naturelles, Botanique, 6ime Serie T.5 1878); I. Baranetzky, Döveloppement des points v6getatifs des tiges chez les Monocotyl&dones (Ibid. 8ieme Serie T. 3 1897). 2) Bot. Zeitung 1858 pag. 188, in: Ueber die Cambiumschicht des Stammes der Phanerogamen und ihr Verhältniss zum Dickenwachsthum desselben, 35 selbst keine Erwähnung dieser Erklärung in der botanischen Litteratur bekannt. Wohl ist, unabhängig von von Mohl, derselbe Gedanke ausgesprochen, aber nicht in so ausführlicher und klarer Weise, von Meneghini'), also schon vor von Mohl, und später von Wossidlo.2) Ich werde die erwähnte Stelle in der Schrift von Mohl’s hier folgen lassen. Man beachte dazu die beiden schematischen Figuren 8 und 4. In Fig. 3 ist angegeben, in welcher Weise der Vegetations- kegel dieser Pflanzen wächst. Die Rinde bildet sich ganz wie bei den Dikotylen ohne Cambium; nur wird sie durch das übermässig starke primäre Dickenwachsthum des Centraleylinders an den Rän- dern des Vegetationskegels stark emporgehoben. Von der regel- mässigen radialen Anordnung am Centraleylinderrande sind in Fig. 3 einzelne Linien eingetragen worden. Bei vielen Monokotylen wird der Vegetationskegel durch dieses cambiale Wachsthum sogar in der Mitte vertieft, wie z. B. bei Dasylirion:acrotrichum, welche Pflanze dem Schema zu Grunde gelegt worden ist. Die Fig. 4 gibt dann vier successive Stadien der Entwickelung eines der stärksten Gefässbündel an; die Erklärung der Figur kann man ganz aus den Worten von Mohl’s lesen. Er schreibt: „Bei den Monokotylen verhält sich die Sache wesentlich anders“ (als bei den Dikotylen). „Der gerade aus der Umwandlung eines Theiles der Cambiumschicht hervorgehende Gefässbündel liegt wie der dikotyle Gefässbündel seiner ganzen Länge nach im Cambium- eylinder, oder vielmehr, da die Knospe immer gegen das Punetum vegetationis zugespitzt ist, in einem die Fortsetzung des Cambium- cylinders bildenden Kegelmantel. Zugleich mit ihm, und zwar nicht nur neben ihm, sondern auch auf seiner gegen die Peripherie des Stammes gewendeten Seite- wird aus dem Cambium auch parenchy- matoses Markgewebe gebildet und durch dieses der stets sich er- neuernde Cambiummantel vom Gefässbündel weg gegen die Peripherie hinausgeschoben. Diese Zellgewebproduction ausserhalb des Gefäss- bündels ist in der Stammgegend, in welcher das untere Ende des- selben liegt, beinahe oder völlig erloschen, nimmt dagegen nach oben mehr und mehr zu, weshalb man bei Untersuchung des erwachsenen Stammes das untere Ende der einzelnen Gefässbündel an der äusser- 1) Meneghini, Ricerche sulla struttura del caule nelle piante monocotile- doni (Padova 1836) pag. 12. 2) Wossidlo, Ueber Wachsthum und Structur der Drachenbäume. Jahres- bericht der Realschule am Zwinger zu Breslau (Breslau 1868) pag. 15, 16. g* 36 sten Grenze des Markparenchyms, und meistens nur von einer oder ein paar Zellenschichten, welche dem letzteren Gewebe angehören, bedeckt findet, während der obere Theil desselben, der bei seiner Entstehung nur durch eine geringe, sich nieht mehr vermehrende Zahl von Zellen von der Mittellinie des Stammes geschieden war, und später von dicken Zellschiehten auf seiner äusseren Seite be- deckt wurde, tief im Innern des Stammes gefunden wird. Das oberste Ende endlich, welches schon in der Knospe mit einem Blatte in Ver- bindung stand, musste in demselben Verhältnisse wie das Blatt bei der weiteren Entwickelung der Knospe aus dem Centrum derselben auf die eylindrische Peripherie des Stammes hinausgeschoben wurde, dem Blatte folgen und, in demselben Verhältnisse, wie das Zellgewebe sich im Umfange des Stammes vermehrte, zwischen dem Centrum des Stammes und der Blattbasis ein intercalares Wachsthum erleiden, und einen mehr oder weniger horizontalen Verlauf nach aussen annehmen. Da sich nun der gleiche Process in dem gegen die Peripherie weiter vorgeschobenen Cambiumkegel wiederholt, so müssen die jüngeren Gefässbündel, welche aus dem erweiterten Cambiumkegel entstehen, getrennt von den älteren und weiter nach aussen im Stamme ver- laufen. Treten, wie dies bei den Palmen häufig der Fall ist, in, das .gleiche Blatt sowohl früher als später gebildete Gefässbündel ein, so werden die jüngeren Bündel im erwachsenen Stamme an ihrer Umbiegungsstelle ins Blatt nicht so tief im Stamme versenkt gefun- den werden, wie die älteren, weil zur Zeit ihrer ersten Entwickelung die Blattbasis und der Cambiummantel durch die Produktion von Markzellen bereits weiter vom Centrum des Stammes entfernt waren, als bei der Bildung der älteren, in dasselbe Blatt verlaufenden Ge- fässbündel; ein Verhältniss, welches zuerst von Meneghini ermittelt und richtig erklärt wurde.* Obwohl nach dieser Auseinandersetzung die Sache keiner weiteren Belege bedarf, so füge ich hier doch noch Fig. 5 nach einem Präpa- rate vom Stammscheitel eines Dasylirion acrotrichum Zuce.!) hinzu. 1) Nr. 878 des Catalogs unseres Gartens; über diese Buchführung sehe J. W. Moll, „De boekhouding der planten van een botanischen tuin“ (Verh. k. Akad. v. Wetensch. te Amsterdam, 2de Sectie, Deel 5 Nr.8), Das untersuchte Exemplar “war dasselbe, von dem ich in meiner Abhandlung: „Über Zellteilungsvorgänge im Cambium“ (Verhand, k. Akad. v. Wetensch, te Amsterdam, 2de Sectie, Deel 9 Nr.4) auf pag. 42 die Zelltheilungen beschrieben habe. Ebenso sind von allen untersuchten Pflanzen, die ich hier weiter anführe, mit Ausnahme der Yuccae sp. und der Dracaena-Keimpflanze die Zelltheilungsvorgänge derselben Exemplare dort beschrieben. 37 Durch ihren auf den Tangentialschnitt schiefen Lauf sind in einem Längsschnitt die Gefässbündel meist alle schief geschnitten, so dass in der Figur nur kurze Strecken angegeben werden konnten. In der Figur kann man an verschiedenen Stellen Gefässbündel sehen, welche der schematischen Fig. 4 sehr gut entsprechen. Ausserdem finden sich dort auch einige andere (bei a), welche eine geringe Complication zeigen; dies waren wahrscheinlich solche Bündel, welche bei ihrer Bildung im äusseren Centralcylinderrand vom Blatte aus nicht sofort abwärts in den Stengelkörper verliefen, sondern erst mehr oder we- niger „aufwärts“, d. h. gegen den Vegetationspunkt hin; erst an der entgegengesetzten Seite des Stammes verlaufen solche Bündel normal. Der Verlauf dieser Bündel wird in ganz ähnlicher Weise von dem primären Diekenwachsthum des Stammes beeinflusst; diesen Vorgang stellt Fig. 6 schematisch dar. Das Resultat ist dort ersichtlich; thatsächlich waren solche Bündel im etwas älteren Stamme auch zu beobachten. Aus dem häufigen Vorkommen dieser monokotylen Gefässbündel- vertheilung im’ Stamme!) lässt sich umgekehrt schliessen, dass das primäre Dickenwachsthum mittelst eines solchen Cambiums in der Spitze eine sehr allgemein verbreitete Eigenschaft ist, was auch durch die anatomische Untersuchung bestätigt wird. Bei den Dikotylen dagegen vermisst man ein solches cambiales primäres Diekenwachsthum. Auch diejenigen Dikotylen, welche ver- hältnismässig starke primäre Aeste erzeugen, zeigen dennoch kein so geartetes Dickenwachsthum, während verhältnissmässig dünne Mono- kotylenäste, wie z. B. Ruscus hypoglossum, doch ein solches zeigen, wie aus ihrer Gefässbündelanordnung hervorgeht. Aus dem Folgenden wird sich nun ergeben, dass ebenso wie bei den betrachteten Palmen, bei allen andern stammesbildenden Monokotylen der eigenthümliche Charakter bedingt wird durch dieses primäre cambiale Dickenwachsthum, das die grossen primären Gewebsmassen ermöglicht. Dennoch zeigen die einzelnen Typen der stammesbildenden Mono- kotylen nicht unerhebliche Verschiedenheiten, welche sich jedoch alle auf ein und dieselbe Sache beziehen. Die junge monokotyle Pflanze besitzt natürlich nur einen ganz dünnen Stamm. Der grosse Vegetationskegel kann deshalb nur all- mählich ausgebildet werden; daher muss der untere Stammabschnitt kegelförmig werden. 1) cf. P. Falkenberg, Vergleichende Untersuchungen über den Bau der Vegetationsorgane der Monocotyledonen (Stuttgart 1876) pag. 176, 38 bei den verschiedenen Typen wird nun der untere Theil des Stammes auf verschiedene Weise in seinen Leistungen unterstützt, Bei den Palmen sahen wir schon, dass der kegelförmige Theil sehr kurz bleibt, so dass der dicke Theil des Stammes sofort auf dem Boden steht. Bei den Palmen finden sich aber bei einigen Ge- schlechtern schon andere Verhältnisse, z. B. bei einigen Arten der Jriarteae, welche von Karsten!) schon beschrieben worden sind. Er gibt an, dass „jeder Zwischenknoten einen fast cylindrischen sehr langen umgekehrten Kegel bildet, wodurch schon die jungen Pflänz- chen einen Stamm erhalten, der natürlich auch hier mit jedem spätern Knoten an Dicke zunimmt. Dieser Zunahme des Durchmessers des jungen Stammes der Iriartea entspricht eine aus den Knoten statt- findende Wurzelbildung. .... beider Iriartea ... . nehmen schon die ersten aus dem Stamme entstehenden Wurzeln in einiger Höhe ober- halb der Erde ihren Anfang und wachsen in schräger Richtung in den Boden, wodurch die von den verschiedenen Seiten gebildeten, wie die Stützen des senkrechten Stammes erscheinen. Bei den ver- schiedenen Arten der Jriartea ist in der Stammhöhe eine Grenze, oberhalb welcher nur ausnahmsweise noch Wurzeln gebildet werden; aus dieser Gegend entstehen dann in der Regel alle nach den ver- schiedenen Seiten gerichteten Wurzeln des erwachsenen Stammes. Bei der Iriartea praemorsa Kl., deren Stamm einen Durchmesser von drei Zollen besitzt, befindet sich diese Ursprungsstelle der 0,5 bis 1”,0 dieken Wurzeln gegen 3 Fuss von dem Boden; bei der Iriartea excelsa dagegen, die ich auf den Bergen, die das Thal von -Valenzia von der Küste trennen, fand, deren Stamm bei einer Höhe von 80° fast einen Fuss im Durchmesser besitzt: nehmen die 2”—3“ dicken Wurzeln in einer Höhe von 6—10 Fuss von dem Boden ihren Anfang und tragen so auf ihrer Spitze, den die übrigen Bäume des Gebirgskammes oft weit überragenden, der Gewalt der stärksten Winde trozenden Stamm.“ Der Fall dieser Iriartea wird, schematisirt, durch die Fig.7 dargestellt. Bei einigen Arten der Gattung Pandanus finden wir ebenfalls derartige Stelzwurzeln?); ob diese Pflanzen sich aber ganz wie Iri- artea verhalten, finde ich nirgends erwähnt. Es unterliegt nach den Abbildungen aber fast keinem Zweifel, dass dem so ist; und bei einem Pandanus utilis Bory. unseres Gartens®) findet sich auch inmitten der Stelzwurzeln ein regelmässig conischer Stamm mit über seine ganze 1) 1. c. pag. 81, 82, 2) Vgl. Abbildungen u. m, bei Warburg, l. c., Fig. 1. 8) Nr. 419 des Catalogs. 39 Länge gleich langen Internodien; 20cm über den Boden, sowie 35cm höher mass ich zehn Internodien, deren Gesammtlänge in beiden Fällen 5cm betrug. Die grossen kletternden Aroideen (Monstera, Philodendron) schliessen sich hier ebenfalls an. Für diese Pflanzen gilt dasselbe Schema wie für Iriartea (Fig. 7), wenn man sich nur die Stelzwurzeln wegdenkt; die Wurzeln dieser Aroideen findet man überall am Stamme zerstreut, sie sind dünn und biegsam. Auch hier wird der Vegetations- kegel anfangs stets dieker bis zu einem gewissen Maximum, während dabei ein normales Längenwachsthum stattfindet; weil aber diese Pflanzen sich mit Hilfe ihrer langen Adventivwurzeln ernähren können und als Kletterpflanzen sich an andere Bäume anlehnen, so brauchen sie gar keine besonderen Vorrichtungen für ihre Ernährung oder ihre Festigkeit. Gehen wir nun endlich zu den baumartigen Lilüfloren über. Bei ihnen findet gerade wie bei Iriartea sofort ein Längenwachsthum der jungen Pflanze statt, wie auch ein primäres Dickenwachsthum des Vegetationskegels. Während aber Iriartea den so entstehenden um- gekehrt conischen Stamm mit Luftwurzeln „stützt, wird bei diesen Bäumen der Stanım durch das seeundäre Wachsthum zu einem Cylinder angefüllt oder gar zu einem nach oben schwach verjüngten Körper. Der secundäre Holzkörper des Stammes ist also ein Cylinder, aus welchem ein umgekehrter Kegel ausgeschnitten ist. In Fig. 8 findet man diese Verhältnisse zum Ausdruck gebracht. Das primäre Dicken- wachsthum des Vegetationskegels findet am stärksten in der ersten Jugend der Pflanze statt; später geht es langsamer; daher ist in der Figur der untere Theil mehr conisch gestaltet. Bei vielen der hier besprochenen Pflanzen bleibt es dabei. Die meisten aber zeigen später durch die Verästelung noch eine weitere Complication, welche die oft enorme Grösse veranlasst. Ganz wie bei vielen ihrer krautigen Verwandten entwickeln auch diese Bäume meistens einen terminalen Blüthenschaft, welcher sehr gross sein kann (z. B. bei Fourcroya longaeva 10—15m hoch, mit vielen Hunderttausend Blumen). Durch die Blüthe geht die Endknospe des Stammes zu Grunde Während nun bei einigen [z. B. Fourcroya'), vielen Agaven?)] dieses das Vorzeichen des langsamen Absterbens ist, so ist es bei anderen (Dracaena, Yucca, Aloe spp.) vielfach sogar die Be- dingung zum weiteren Wachsthum. Denn in der Achsel der höchsten Blätter des Stammes bilden sich dann eine oder mehrere, meistens 1) Nach Engler und Prantl,1.e, 2) Nach Vilmorin’s Blumengörtnerei, 3. Aufl, Bd. I pag. 1038, 40 zwei neue Knospen, und so ist die Blüte die Veranlassung zur Ver- ästelung. Eine nothwendige Bedingung dazu ist sie allerdings nicht, wenigstens beschreibt Wright!) eine Verästelung bei einigen mehrere Monate alten Keimpflanzen von Dracaena reflexa. Auch die von diesen Knospen gebildeten Aeste werden durch das secundäre Wachsthum ange- füllt. Wie der Hauptstamm, so verästeln auch seine Aeste sich wieder nach vorhergegangener Blüthe, so dass schliesslich eine reich verästelte Krone entsteht. Stets aber sind auch die letzten Aeste ganz dicke Körper, es kommt nie zur Bildung von Zweiglein wie bei den gewöhnlichen Bäumen; jeder Ast trägt auch einen vollständigen Blätterschopf. Der Stamm und die älteren Aeste des Lilienbaumes wachsen immer weiter in die Dicke; die später gebildeten Holzschichten sind denen der Dikotylen weit ähnlicher; es gilt nun nicht mehr einen verkehrten Kegel auszufüllen, sondern einen Cylinder gleichmässig zu überziehen. Als Belege für das Mitgetheilte lasse ich hier einige Beobach- tungen mit den gemessenen Zahlen folgen. 1. Dracaena Draco L.?) Ein achtjähriger Stamm, 79cm hoch; die Pflanze war im hiesigen botanischen Garten aus Samen gezogen. Höho über dem Boden | Durchmesser des Stammes Durchmesser des primären Centraleylinders 2cm ö,2cm 1,5cm 57 6 5 Hier zeigt sich also sehr deutlich, wie der primäre Centraleylinder nach oben dicker wird, wie also die Endknospe der Pflanze mit dem fortschreitenden Wachsthum stets mächtiger geworden ist, und wie da- gegen die secundäre Holzschicht unten sehr mächtig, oben sehr dünn ist oder gänzlich fehlt. 2. Dracaena marginata (Lam?) gracilis®). Länge des Stammes 195 cm. Höhe über dem Boden | Durchmesser des Stammes Durchmesser des primären Centraloylinders 4,5om 2,7X 2,9 cm 0,9cm 58 1,9 11 102,5 2,0 1,25 152 2,1 1,8 1) l. eo. pag. 165. 2) Nr. 6069 des Catalogs. 3) Nr. 202 des Catalogs. 41 Von dieser Pflanze war wie bei den meisten folgenden nichts bekannt über ihren früheren Lebenslauf, weil sie schon vor Einführung der Buchhaltung unseres Gartens vorhanden war. Es ist also leicht möglich, dass der Stamm schon früher "eingekürzt worden war; viel- leicht war also der primäre Centraleylinder noch dünner gewesen. Jedenfalls aber war er oben zweimal so dick als unten, und die Holz- schicht oben sehr wenig, unten stark entwickelt. Auch die beiden folgenden Pflanzen sind ganz ähnlich. 3. Cordyline rubra Hüg.!) Länge des Stammes 107 cm. Höhe über dem Boden | Durchmesser des Stammes Durchmesser des primären . Centraleylinders Icm 2,5xX2,7cm 0,4 cm 34 j 1,65 0,65 67 1,45 "0,85 X 1,0 100 1,1 0,9 4. Yucca gloriosa L. superba.?) Länge 1m. PERue" Durchmesser des primären Höhe über dem Boden | Durchmesser des Stammes . Centraleylinders Ocm 7,5cm 2 cm 50 55 4,5 5. Yucca filamentosa L.?) Länge etwa 1m. In der Mitte des Stammes war ein Seitenast entwickelt, der als Fortsetzung auf dem unteren Theil stand; dieser untere Theil hatte — wahrscheinlich durch Blüthenbildung — sein Wachsthum eingestellt. Der so zusammengesetzte Stamm war äusser-: lich an 'allen Stellen fast gleich dick; der primäre Oentralcylinder des Seitenastes war: An der Basis des Seitenastes 1,5cm 5cm höher 5,3cm 1) Nr. 868 des Catalogs. 2) Nr. 1291 des Catalogs. 8) Nr. 1282 des Catalogs. 6. Dasylirion acrotrichum Zucc. a) Ein sehr altes Exemplar, das nach vorhergegangener Blüthe ein- gegangen war. Der Stamm war ohne den Blüthenstand 38cm hoch; der Blüthenstand an sich aber. war etwa 3m hoch. !) Höhe über dem Boden |! Durchmesser des Stammes Dicke der Holzschicht Ocm 9 cm 4,5 om 4 7 2" Stamm 97 4 0,2 , 30 4 _ Blüthenschaft 50 8,5 _ Die hier angegebenen Messungen fanden statt, nachdem das Exemplar schon mehr als ein ganzes Jahr trocken aufbewahrt worden war; während dieser Zeit war das primäre Gewebe stark geschrumpft, so dass die in der zweiten Spalte angegebenen Zahlen zu klein sind. Der Schaft des Blüthenstandes, der ganz aus holzigem primären Ge- webe bestand, war ebenso wie das Holz fast unverändert geblieben. b) Ein junges lebendiges Exemplar?), dessen Stamm 5,5 cm lang war. Höhe über dem Boden Durchmesser des Stammes Dicke der Holzschicht 0m i 2 2,5 5,5 cm 3,3 2,7 2,5 2 cm 0,4—0,6 0,2—0,1 Die Untersuchung dieser zwei Exemplare ergab also, dass auch Dasylirion sich ganz wie die anderen Lilienbäume verhält. 7. Dracaena nutans hort.®). Ein grosses Exemplar, etwa 5m hoch mit fünf Aesten; diesen Baum habe ich etwas eingehender untersucht. Mit Hilfe eines Pressler’schen Zuwachsbohrers*) war es ziemlich leicht, wenigstens in den höheren T'heilen des Baumes, die Dicken der verschiedenen Theile zu messen. An den herausgenommenen Spänen waren Rinde, Holz und primärer Centraleylinder leicht zu erkennen und zu messen. 1) Nicht aus unserem Garten. 2)-Nr. 878 des Catalogs. 3) Nr. 1541 des Catalogs. Vgl. über den Namen dieser Pflanze: „Über Zellteilungsvorgänge im Cambium*, 1. c. pag. 49. 4) Vgl. „Der Pressler-Neumeister’sche Zuwachsbohrer“, 4, Aufl. Wien 1898. Gebrauchsanweisung nebst dem Instrument von Moritz Perles, Wien, durch den Buchhandel zu beziehen. 48 Höhe |Dicke der Holz-| Dicke d. prim. | Um- |Durch-| Con- über d. schicht Centraleylinders| fang | messer | trole- |Bemerkungen Boden Gemessen) Mittel |Gemessen) Mittel des Stammes zahlen 0 57 |18X19 10 45 |14 80 41 13 ss | 45 1,6 _ 39 | s0oPr ı 16 | 23% | 375 1115 10,3 _ 2,3 +140 Insertionsstelle nu [des 1. Astes 161 8,5 2,0 al | m 2,1 | — 4,2 40? | 25 2,5 33,5 | 10,5 10,5 2a — | 10 1,6 er | —.| 44 “| = 4 2,5 3 3,4 31 195%9,3] 8,4 _ 2,7 ’ 3,8 ’ , Y , so3 | 21 4,1 _ 19 | 201238 | 41 2 | 85 8,1 — | 183? 4,1 scı | 15 3,9 _ 1,6 16 | 38 | 38 | 35 mexzsl 70 1186 8,7 +368 Gabelungsstelie 11 | 12 1,8 ; 0,85 1,8 4 3,5 3) - 0,5 .} 101 | 0,7 2,7 ie 0,65 2,7 15 4,5 4 — 106 ER 30 | 1,86 2,4 —_ 1,2 14 3,0 2,7 19 |5,5%X5,7) 5,5 a| -— ı 4 3,0 sl — | w 386 | 0,8 3,2 0,9 3,15 | ıs | 55 5,0 _ 1,0 3,1 370 | 10 3,3 a) — 1,0 2,4 < i 11 ’ 2,85 | 205| 61 5,0 . 0,8 ’ ı en — ’ _ 1,4 44 Erklärung der vorstohenden Tabelle, 1. Alle Angaben sind in Oentimeter gemacht worden. 2, Die Aeste. Der erste Ast war ein kleiner, etwa im langer Adventivast, wahrscheinlich nach localer Verletzung aus dem Hauptstamme hervorgesprosst; oberhalb dieses Astes war wenigstens im Ilauptstamme eine unregelmässige Stelle. Der zweite und dritte Ast waren die normalen Aeste, welche nebeneinander auf dem Gipfel des Hauptstammes standen. 3. Die Dicken der Holzschicht. Die Bohrungen goschahen an möglichst vielen Seiten des Baumes, Wenn die Zahlen stark variirten, so war den kleinsten am besten zu vertrauen, weil eine mediane Bohrung kleinere Zahlen‘ ergibt als eine schiefe. Nach diesen und anderen Erwägungen habe ich mit möglichster Sorgfalt die mittleren Zahlen aufgestellt. 4, Die Dicken des Centraleylinders, Hier waren die grössten Zahlen die meist wahrscheinlichen, weil hier die mediane Bohrung die grössten Zahlen ergibt. 5. Die Controlezahlen. In dieser Spalte habe ich die Summe niedergeschrieben von zweimal die Dicke der Holzschicht und einmal die Dicke des Centraleylinders. Wenn alle Beobachtungen richtig sind, muss diese Summe etwa 0,6—1,0cm kleiner sein als der Durchmesser des Stammes. (Zweimal die Dicke von Kork und Rinde.) ’ Nur in den unteren Theilen des Baumes war der Bohrer etwas zu kurz (die Länge der Späne war 6,5—7,5cm, höchstens 8,4cm, der Stamm aber war unten etwa 18cm dick.) Dazu ist es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, durch eine dicke Holzschicht hindurch den schmalen Centraleylinder dennoch median zu treffen, so dass oben die Beobachtungen erst genau werden. Ich gebe dieselben hier tabellarisch geordnet wieder. Weil Kork und Rinde überall die gleiche Dicke zeigten (0,3 bis 0,5cm) habe ich diese nicht erwähnt. Aus dieser Tabelle sehen wir sofort, dass sowohl in den Aesten als im Hauptstamme selbst der Centraleylinder von unten nach oben an Dicke zunimmt, so dass im Hauptstamme der untere Theil sogar beträchtlich dicker ist als der obere. Die Controlezahlen zeigen, dass im Allgemeinen die an den Spänen abgelesenen Zahlen ein wenig zu gross waren, dass aber keine bedeutenden Beobachtungsfehler vor- handen sind. Die beiden normalen Gabeläste hatten sich nach vor- hergegangener Blüthenbildung auch wieder gegabelt. Dass diese Aeste schon früh sehr dick sind, geht auch aus der Tabelle hervor, weil 370em über dem Boden, d. h. nur einige Centimeter über der Ver- ästelungsstelle, die primären Centraleylinder schon 2,7 und 2,85cm diek waren. Berechnet man die Querschnittoberflächen der primären Centraleylinder, so findet man, dass diese in den zwei neuen Aesten zusammen eine grössere Dicke erreicht hatten, als im Hauptstamm eben unter der Verästelungsstelle: (2,9) + (2,85)? = 7,29 + 8,12 cm? — 15,41 cm?: (3.8)? — 14,44 cm?., ; 45 Nach den für den zweiten Ast gemachten Angaben nehmen auch diese Aeste an Dicke langsam zu, während die Holzbildung sie wieder zu Cylinder anfüllt. 8. Dracaena Draco L. Oben haben wir schon ein achtjähriges Individuum dieser Art be- trachtet, jetzt werde ich einige Keimpflanzen derselben Art beschreiben, Samen aus Erfurt von Haage & Schmidt wurden am 25. Januar 1902 in einem Warmhause ausgesät.!) Im Embryo war der Stengel schon recht deutlich zu erkennen, er war ungefähr 900 dick; an der Spitze waren auch schon einige Blätter zu beobachten. Die beiden ersten Beobachtungen brauche ich hier nicht anzuführen, ich will nur die am 29. Juli 1902 geernteten, also ein halbes Jahr alten Pflänzchen beschreiben. Diese Pflänzchen waren 15—20cm hoch und hatten etwa zehn kräftige Blätter. Der Stengel zeigte schon äusserlich eine conische Gestalt. Auf dem Längsschnitt eines der stärksten Exemplare konnte ich Folgendes beobachten. Länge des Stämmchens.. . . . 2,38 cm Dicke des Stämmchens an der dicksten. Stelle . 10 „ unten (bis 0,9cm höher) 0,25 „ Dicke des Centraleylinders 1,2cm höher . . 0,45 „ . 1,5 » » . ’ 0,7 ” Wir sehen also, dass der später so mächtige primäre Central- cylinder anfangs nur 0,25cem dick ist, dass er dagegen nach oben sehr schnell zunimmt. Aber auch die Anfüllung des umgekehrten Kegels hatte schon angefangen; an der Strecke von 0,7—1,4em von unten abgerechnet war eine schmale, doch unverkennbar seceundäre Zone gebildet. Auf dem Querschnitt zeigte sich, dass bereits 1—2 secun- däre Gefässbündelkreise gebildet waren. Diese Keimpflanzen ergänzen also vollständig unsere Belege für die oben entwickelten Ansichten. _ Schliesslich muss ich noch hinweisen auf zwei eigenthümliche Abänderungen dieser Stammesbildung. Die erste finden wir bei 9. Agave mexicana Lam. Bei dieser Agave findet sich nämlich ein kurzes aufrechtes Stamm- stück, das man vielleicht am besten als Stengelfuss bezeichnen kann; dieser Stengelfuss ist in seinem Wachsthum ganz und gar dem Liliaceen- stamme ähnlich, der Vegetationskegel nimmt stets an Dicke zu und 1) Nr. 8043 des Catalogs. 46 der untere dünnere Theil wird ebenfalls vom secundären Wachsthum ausgefüllt; dennoch entsteht niemals ein Stamm, weil das untere Ende, auch mit dem Holze, abstirbt und verfault. Die Verhältnisse dieser Wachsthumsart habe ich in Fig. 9 schematisiert. An einem alten Exemplare !) konnte ich folgende Messungen vornehmen: Länge des lebendigen Stengelfusses . . . 13 cm Dicke deslebendigen Stengelfusses (sehr gleichmässig) 10 cm Dicke des secundären Holzes a) an der Basis des lebendigen Theiles . 1 cm b) 6em höher . . . . . 0,2cm . Die zweite Modificatien des Dracaenatypus, die ich hier erwähne, findet sich bei 10. Nolina recurvata Hemsl. (= Pincenectitia tubercülata Hort.) Diese, wie mehrere Pflanzen derselben Abtheilung, ein mexi- kanischer ‚Succulent, hat eine stark knollig verdickte Stammbasis. Auch diese Pflanze schliesst sich den vorigen ganz naturgemäss an, wie ein Blick auf die schematische Figur 10 sofort lehrt. Eine 22jährige, aus Samen in unserem Garten gezogene Pflanze ?) wurde der Untersuchung geopfert. Der obere Stammtheil zeigte sich ganz normal, d. h. ganz dracaenenartig. Nur ist zu bemerken, dass das „Holz“ auch hier schon eine Neigung zeigt, parenchymatisch zu werden; das zuerst gebildete Holz war ziemlich hart, das später ge- bildete an verschiedenen Stellen sehr weich und arm an Gefässbündeln. Die Knolle dagegen war ganz aus secundärem Gewebe gebildet. Bei genauer Betrachtung zeigte sich, dass dieses secundäre Gewebe ganz dem „Holze* des Stammes entsprach; nur waren die Gefäss- bündel hier sehr spärlich vertreten. Das Eigenthümliche war nur die massige Entwickelung des secun- dären Gewebes, welche sich auch darin zeigte, dass das Cambium sich nach unten zusammenschloss. Die am unteren Ende des Stammes befindlichen Wurzeln bilden dabei kein Hinderniss, weil sie ebenso wie die später gebildeten Wurzeln alle umwachsen waren. Die harten Centraleylinder dieser Wurzeln, welche allein der Verwesung Wider- stand leisten, stecken dann in grosser Zahl in radialer Richtung in dem secundären Gewebe, während ihre Insertionsstelle allmählich tiefer zu liegen kommt (Fig. 10 W). Die alte Pflanze hatte nur einige wenige lebendige Adventivwurzeln (ich habe sie nicht sofort 1) Nr. 913 des Catalogs. 2) Nr. 319 des Catalogs. Samen von Haage & Schmidt, Erfurt, Nr, 12703 aus ihrem Catalog von 1880, 47 gezählt, schätze sie nachher aber auf etwa fünf) welche etwa 4mm dick waren und sich ausserhalb der Pflanze spärlich verästelten. Wo die Wurzeln entstehen, habe ich nicht beobachtet, die späteren jedenfalls’ aber an der Aussenseite im secundären Gewebe, wahrscheinlich gerade unter dem Cambium. Durch dieses Dickenwachsthum nach unten gerieth natürlich das untere Ende des primären Centraleylinders in die Mitte der Knolle (Fig. 10). Dass wirklich das Wachsthum auf diese Art vor sich geht, erfolgt auch aus den der Oberfläche der Knolle parallel laufenden Zuwachsstreifen, welche sich im secundären Gewebe zeigten. Diese Streifen waren bei der mikroskopischen Beobachtung als gefässbündel- reichere Zonen zu erkennen. Ich lasse hier wiederum einige der gemessenen Zahlen folgen. Länge des ganzen Stammorganes 88 cm. Unterhalb des | Durchmesser Umfang Primärer . Vegetationskegels des HAIR Centraleylinder „Hola“-Schicht 718,5 27x31 94 fehlt fast 27 X 81 76,41) fast ebenso grossifast ebenso gross n. n „ 75,8 n n ” » » n 0,5 ” ” 74,8 rn ” 7 ” ” n 0,8 ” ” 14 24,5 Don 1,0 vn 63 1,5 23 18X 17 2,8 X 2,2 4 _ 13 2,0 0,6 19 3,4 10,5 2,3 0,35 8 2,7 _ 2,8 fehlt Vergleichen wir nun diese Knollenbildung mit derjenigen, welche wir bei Tamus, Dioscorea und Testudinaria finden, so ergibt sich hier die grösste Analogie. Wir finden bei diesen Pflanzen nach de Bary?®) ebenfalls ein secundäres Dickenwachsthum; also ganz denselben Vor- gang wie bei der Knollenbildung Nolinas; nur ist die normale dracaenen- artige Stammesbildung, welche dort in den oberen Theilen der Pflanze noch vorkommt, hier ganz unterdrückt. Resultate. Alle monokotylen stammesbildenden Pflanzen haben den Dikotylen- und Coniferenstäimmen gegenüber ein Wachsthum mit dicken Vege- tationskegeln gemeinsam. , 1) Natürlich kann man nicht auf Millimeter genau den Abstand vom Vege- tationskegel messen; ich gebe diese Zahlen nur in Millimetern, weil ich nur so die richtigen Unterschiede der Messungen untereinander angeben kann. 2) Vergl. Anatomie (Leipzig 1877) pag. 640. 48 Weil das primäre Dickenwachsthum des Vegetationskegels nur langsam vor sich geht, sind die zuerst gebildeten Stammabschnitte nur dünn. Diese dünnen Abschnitte sind zu schwach, um einen grossen Stamm zu tragen; bei den verschiedenen stammbildenden Monokotylen finden wir daher verschiedene Anpassungen, welche die Stammbildung dennoch ermöglichen. Die Palmen und die unter ihnen abweichende Jriartea sind schon früher in dieser Hinsicht von Karsten beschrieben worden. Die Pandaneen schliessen sich wahrscheinlich ganz an Iriartea an. Die grossen kletternden Aroideen brauchen als Kletterpflanzen keine besonderen Anpassungen, sie zeigen daher auch einen conischen unteren Stammtheil. Die Lilüfloren zeigen eine ganz andere Anpassung: der conische Stamm wird durch secundäre Gewebildung zu einem Oylinder ange- füllt. Bei den Aesten, welche hauptsächlich nach vorhergegangenem Verbrauch der Endknospe zum Behufe der Blüthenbildung auftreten, wiederholt sich ganz derselbe Vorgang wie beim Hauptstamm. Bei einigen Liliifloren ist dieser Vorgang noch weiter modificirt und anderen Bedürfnissen angepasst: Agava mexicana (Stengelfuss- bildung mit vermoderndem unteren Theile); Nolina recurvata (oberer Theil normal, unterer Theil Knollenbildung); Tamus, Testudinaria, Dioscorea (Knollenbildung). Figurenerklärung Tafel IV. In allen Figuren bezeichnet R Rinde, P primäres Gewebe, S secundäres Gewebe. Fig. 1. Schema der Stammesbildung der Dikotylen und Coniferen, „2% „ meisten Palmen, „3. Schema für die Wachsthumsart der monokotylen dieken Vegetationskegeln, Diesem Schema liegen keine direeten Beobachtungen zu Grunde, es ist nur aus der Form des Vegetationskegels, aus der Zellanordnung und dem Gefässbündelverlauf abstrahirt worden. „ 4. Vier successive Entwickelungsstadien eines monokotylen Gefässbündels. Schematisch. „ 5. Dasylirion acrotrichum. Ungeführ medianer Längsschnitt durch den Vege- tationskegel der jungen Pflanze. Das Millimetermaass bezieht sich auf diese Figur. » 6. Vier successive Entwiokelungsstadien der in Fig. 5 mit a, @ bezeichneten Gefässbündel. Schematisch. . Schema der Stammesbildung von Iriartee. W Stelzwurzeln. . Schema der Stammesbildung von Dracaena vor der Verästelung. . Agave mexicana. Schema des Stengelfusses. Die punktirten Theile sind die abgestorbenen. „ 10. Nolina (Pincenectitia) recurvata. Schema der Stammesbildung. W Wurzeln. = Kelle +0 | Einige stoffliche Einflüsse auf die Kohlensäureassimilation \ bei submersen Pflanzen. Von Octave Treboux. Einleitung. Gleich allen anderen Functionen der Pflanze ist auch die Assi- milationsthätigkeit von mannigfachen äusseren Bedingungen abhängig und in ihrem Ausmaaase mit diesen in weiten Grenzen veränderlich. Schon in Anbetracht der grossen Bedeutung, die dieser physiologische Process für das gesammte Pflanzenleben hat, ist es von Interesse, diese Beziehungen eingehender kennen zu lernen. Wie dann aber bei so manchen anderen Lebensvorgängen das Studium der Beein- flussung durch äussere Verhältnisse dazu geführt hat, diese selbst ihrem eigentlichen Wesen nach zu verstehen, so dürfte ein solches Studium auch für den Assimilationsprocess der Kohlensäure einer der uns gebotenen Wege sein, dem Verständnisse desselben näher zu kommen, Sehr zahlreich sind demgemäss die in dieser Richtung vielfach schon von älteren Forschern ausgeführten Untersuchungen. Das gilt aber nur für die Beziehungen der Assimilation zu den physikalischen Aussenbedingungen; spärlich dagegen sind die Angaben über ihr Verhalten gegenüber stofflichen Einflüssen. Einen Beitrag in letzterer Hinsicht mögen ..die Versuche liefern, die im Folgenden ihre Erörterung finden. Dabei soll die bezug- nehmende Litteratur bei den einzelnen Fragen berücksichtigt werden. Zuerst muss jedoch einiges über die gebrauchte Methode voraus- geschickt werden. Methodisches. Als Versuchsobject wurden nur Wasserpflanzen verwandt und zwar ausschliesslich Sprosse von Elodea canadensis, wobei die Inten- sität der Assimilation nach der bekannten Methode des Gasblasen- zählens bemessen wurde. Dies Verfahren ist aus verschiedenen Gründen das für unsere Zwecke geeignetste. Die Verwendung von Wasserpflanzen mit ihren dünnen Blättern (bei Elodea bekanntlich nur zwei Zelllagen bildend) und leicht durch- lässigen Zellwänden ermöglicht es, dass der Stoff, dessen Einwirkung Flora 1903, 4 Mo. Bot. Gorden 1905 50 auf die Assimilation beobachtet werden soll, schnell und gleichzeitig auf fast alle Zellen der Pflanze einwirkt; die beobachtete Assimi- lationsintensität ist in diesem Falle der richtige Ausdruck der Wirkung des Stoffes und nicht das Resultat der Assimilation von intacten und etwa schon geschädigten Zellen. Von Bedeutung ist es auch, dass hier eine indirecte Beeinflussung der Assimilation durch den Verschluss von Spaltöffnungen, welcher bekanntlich durch die verschiedensten Agentien hervorgerufen werden kann, wegen Mangels derselben ganz wegfällt. Die Methode des Gasblasenzählens gewährt ausser ihrer Einfach- heit den Vortheil, dass sie für jede Minute die Assimilationsintensität zu bestimmen und dadurch den Verlauf der Einwirkung genau zu verfolgen erlaubt, während bei Anwendung gasometrischer Bestim- mungsmethoden, die für jede Beobachtung einen längeren Zeitraum erfordern, vorübergehende Erscheinungen entgehen müssen. Zwar muss man bei Anwendung der Gasblasenmethode von einer Bestim- mung der absoluten Mengen des entwickelten Sauerstofis absehen, weil man die Sauerstoffmengen nicht kennt, die ins Wasser diffun- diren; man erhält aber brauchbare relative Werthe für die Wirkung . verschiedener Concentrationen oder verschiedener Agentien, wenn man die beobachteten Zahlen erst nach Abzug der ohnedies entweichenden Blasen mit einander vergleicht. Dies thun z.B. Versuche dar, in denen die mit anderen Untersuchungsmethoden gefundene Proportionalität zwischen Licht- und Assimilationsintensität auf diese Weise ebenfalls constatirt wurde, nicht minder aber auch Versuche über den Einfluss der Kohlensäuremenge und der Säuren überhaupt. Als eine für die Versuche genügend starke und constante Licht- quelle bewährten sich ein oder zwei Auerbrenner im Dunkelzimmer ; war ein Flackern des Lichtes durch Reguliren des in die Lampe ein- tretenden Luftstromes vermieden, so war die Beleuchtung eine der- massen gleichmässige, dass bei auch sonst gleichbleibenden Bedingungen ein Schwanken der Gasblasenzahl unterblieb. Vor Erwärmung des Wassers, in dem sich die Versuchspflanze befand, durch die Gasflamme schützte eine grössere, zwischen diese und Objeet eingeschobene parallelwandige Glascuvette, in der die Temperatur des Wassers durch ununterbrochenes Zu- und Abfliessen von Leitungswasser so weit als nöthig abgekühlt wurde. Da ausserdem das für die Versuche zur Verwendung kommende Wasser im Dunkel- zimmer aufbewahrt wurde, es also die Temperatur des Raumes hatte, 51 so waren auch die etwaigen Temperaturschwankungen zu gering, um einen Einfluss auf die Gasblasenzahl auszuüben. Die Versuchspflanzen kamen in einer Entfernung von 15—30 cm vom Brenner zu stehen; dieselben, Elodeasprosse von 10—15 cm Länge, waren in einem cylindrischen Gefässe mit eirca 150—200cem Wasser untergetaucht. Zwecks unverrückbarer Lage der Pflanzen zur Licht- quelle wurden sie, wie üblich, mit weissen Fädchen an dünne Glasstäbe gebunden, welche letztere durch den Korkstöpsel festgehalten wurden. In diesem steckte noch das Thermometer. Verschiedene Vorsichtsmass- regeln sind bei der Auswahl der Objeete zu beobachten, auf die hier nicht eingegangen werden soll. Bemerkt sei nur, dass, um eine Aende- rung der Blasengrösse während des Experimentirens zu vermeiden, es rathsam ist, nur solche Sprosse zu verwenden, bei denen der Schnitt Tags vorher gemacht worden, die Schnittfläche infolge dessen von abgestorbenen Zellen begrenzt ist. Bei solchen wird selbst durch plasmolysirende Lösungen die Grösse der austretenden Blasen nicht verändert. Empfehlenswerth ist es auch, die Sprosse vorerst auf die Veränderlichkeit der Blasengrösse dadurch zu prüfen, dass man die Blasen in stark beschleunigtem Tempo austreten lässt, indem man die . Pflanzen für einige Augenblicke in direetes Sonnenlicht bringt oder die Beleuchtung durch einige Glühlampen verstärkt. Durch Beschatten des Objectes wurde in allen Versuchen controlirt, ob ein Austritt‘ von Blasen nicht durch etwaige von der Kohlensäurezersetzung un- abhängige Gasströme verursacht sein konnte. Ich fand eine Blasen- ausscheidung im Dunkeln nur dann, wenn kaltes Wasser, das durch Stehenlassen in der Sonne (sowohl wenn mit Pflanzen beschieckt, als auch ohne solche) oder durch Erhitzen erwärmt worden war, benutzt wurde, das Wasser also mit Gasen übersättigt war.') Die Versuchsanstellung war folgende: Sollte das Verhalten der Pflanze der Einwirkung eines Stoffes gegenüber im Laufe einer be- "stimmten Zeit untersucht werden, so wurde sie zuerst für den gleichen Zeitraum auf die Constanz der in einer Minute ausgeschiedenen Gas- blasenzahl geprüft, darauf das Wasser durch die Lösung des Stoffes ersetzt. Dies geschah durch Abfliessenlassen des Wassers und darauf folgendes Zufliessenlassen der Lösung bis zur früheren Standhöhe der Flüssigkeit durch ein Ansatzrohr am Boden des Cylinders — eine Manipulation, die nicht mehr als 20 Secunden beanspruchte. Vor Zugabe der Lösung jedoch wurde in allen Versuchen controlirt, ob 1) Vergl. Devaux, Ann.d. scienc. nat. s6r. VII, Bd. 9, 1889, pag. 113, 114. 4# 52 nicht eine Veränderung der Gasblasenzahl schon durch den Wasser- wechsel allein enstehe. Nach stattgefundener Beobachtung wurde dann umgekehrt ein Austausch der Lösung gegen reines Wasser vor- genommen, wodurch constatirt werden sollte, ob es sich um eine vorübergehende oder andauernde Aenderung der Assimilationsthätig- keit handelte. Nach jedem Wechsel der Flüssigkeit wurde meist einige Minuten gewartet, bevor mit der Zählung der Blasen begonnen wurde; nach fünf Minuten stellte sich beim blossen Wasserwechsel schon stets die frühere Blasenzahl constant bleibend ein, wenn das Object überhaupt brauchbar war. Da sich das Leitungswasser des Institutes als für Blodea giftig erwies (s. unten), so wurde fast ausschliesslich doppelt destillirtes Wasser benutzt, das in einem unter Vermeidung jeglicher Kupfertheile construirten Destillirapparate zubereitet worden war. Dieses Wasser hatte weder auf Elodea noch auf sehr empfindliche Spirogyraarten den geringsten schädlichen Einfluss. Uebrigens war auch aus anderen Gründen meist nur destillirtes Wasser zulässig; so in den Fällen, in denen derartig geringe Säuremengen dem Wasser zugegeben wurden, dass die in Naturwässern vorkommenden Carbonate genügt hätten, alle Angaben über den Säuregehalt der Lösungen illusorisch zu machen. Durch längeres Stehenlassen des destillirten Wassers in flachen Schalen konnte dasselbe sich mit Luft sättigen; um jedoch bei der benutzten schwachen Lichtquelle eine etwas grössere Gas- blasenzahl zu erhalten, wurde dem Wasser in den meisten Fällen 0,1—0,3%, (vol.) Kohlensäure zugegeben (durch entsprechenden Zu- satz von mit Kohlensäure gesättigtem Wasser). Blieb infolge dessen, durch Entweichen der Kohlensäure des Wassers in die Luft, die Gas- blasenzahl nur eine viel kürzere. Zeit constant, so war letztere für die meisten Versuche doch genügend; handelte es sich darum, die Pflanze längere Zeit in ein und demselben Medium zu beobachten, so wurde die Lösung nach einer gewissen Zeit durch eine neue ersetzt. Die zur Verwendung kommenden Lösungen wurden kurz vor Gebrauch durch Zufügen einiger Cubikcentimeter concentrirterer Lösungen zum Wasser bereitet'!), bei Herstellung derselben wurde möglichst grosse Genauigkeit angestrebt. Lassen sich auch noch andere die Assimilationsthätigkeit beein- flussende Momente als Fehlerquellen geltend machen, so ergibt sich 1) Die Concentrationen geben die in 100com Wasser enthaltene, in Grammen ausgedrückte Menge des gelösten Stoffes an. 68 doch aus der Constanz der Blasenzahl, dass sie zusammengenommen nicht im Stande sind, die Versuchsergebnisse zu beeinflussen. Osmotische Wirkung der Stoffe. Bevor an die Untersuchung über den chemischen Einfluss ver- schiedener Stoffe geschritten werden konnte, musste zuerst die Frage beantwortet werden, ob und inwieweit bei Elodea schon allein durch die osmotische Wirkung der Stoffe eine Beeinflussung der Assimilation stattfindet. Eine directe Beeinträchtigung der Assimilationsthätigkeit durch Senkung des Turgors ist mit Sicherheit bis jetzt nur bei Moosen und Flechten ?!) constatirt worden, denen die schliessbaren Spaltöffnungen abgehen, denn in den mit anderen Pflanzen angestellten Versuchen ?) bleibt es unentschieden, ob die Herabsetzung der Assimilation nicht ausschliesslich durch den bei Abnahme der Turgescenz eintretenden Schluss der Spaltöffnungen hervorgerufen wurde, d. h. nur durch die stark verminderte Zufuhr der Kohlensäure. Noch weniger ist aus Versuchen zu ersehen, in denen die Assimilation ausserdem nicht direet bestimmt wurde, sondern aus der Menge resp. dem Fehlen der Stärke in den Chloroplasten auf die Intensität der Assimilation ge- schlossen wurde.) . Dafür wird nach Versuchen von Jacobi?) bei Elodea durch eine Lösung von 0,5°/, KNO; und ihr isotonische von KCl und NaCl die Zahl der ausgeschiedenen Gasblasen herabgesetzt. Jacobi hält als Ursache für die Verminderung der assimilatorischen Thätigkeit eine osmotische Wirkung der geprüften Salze für nicht ausgeschlossen, wofür der Umstand spricht, dass nach Ersatz der Salzlösung durch Wasser die Blasenzahl auf die frühere Höhe zurückkehrt — anderer- seits aber auch eine durch chemische Einwirkung auf das Protoplasma bedingte Herabsetzung für möglich. Die Angaben Jacobi’s über den Einfluss der erwähnten Salze kann ich bestätigen (s. Vers. I). Eine Stütze für die Auffassung einer rein osmotischen Wirkung der Salze liess sich dadurch erbringen, dass die Versuche mit gleichem Erfolge auf eine grössere Anzahl von 1) Jumelle, Revue g6n. de Bot. 1892, Bd. 4 pag. 167. 2) Kreusler, Landwirtsch, Jahrb. 1885, Bd. 14 pag. 951. 3) Vgl. hierzu Pfeffer, Pfianzenphysiologie, Bd. I, 1897, 2. Aufl, pag. 305, 806 und 322 und die dort eitirte Litteratur, 4) Jacobi, Ueber den Einfluss verschiedener Substanzen auf die Athmung und Assimilation submerser Pflanzen. Flora 1899, Bd. 86 pag. 326, 54 Salzen (s. Vers. II) und auf andere neutrale Stoffe, wie Zucker und Glycerin (s. Vers. IH und IV) ausgedehnt wurden, vor allem aber dadurch, dass die verschiedenen Stoffe in isotonischen Lösungen ein Versuch L!) KCl 0,37%, Versuch II. NaNO; 0,42), (isot. 0,5%, KNOs) und KCI 0,74°, (isot. 0,5%), KNOs); Bassinwasser, (isot. 1°), KNOs); Bassinwasser, Temp. 19,2—19,6 °; 0 Temp. 18,6 19,2". Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen sh 47 35 4h 53° 31 12h 24 52 1h 10° 49 3h 52° 36 5h %) 38 12h 29| 51 1h 20° 48 4h 7 36 5h 40° | 30 12h 80°! Wasser- | ıh 24 48 4h 10° | Wasser- | 5h 44° | Neue wechsel | ih 25’ | KC1 0,740), wechsel Lösung 12h 33| 52 ih 35° 38 4h 20‘ 36 5h 49° | 30 12h 35° 52 ih 40° 38 4h 30° 36 5h 54 30 12h 40° 52 ih 45° 38 4h 35° 36 5h 58° | Wasser 12n 50| 51 1h 47’| Wasser 4h 37 | NaNO, | 6h #| 35 12h 55° 52 1lh 52% 53 4h 38° 32 6h 9 835 ih 51 1h 57 52 4h 4% | 31 ih t° |KC10,37%,,| Versuch III. Rohrzucker 2,5%, Versuch IV. Glycerin 0,69%, (isot. 0,5 %/, KNO;); Bassinwasser, (isot. 0,5°), KNO;); Bassinwasser, Temp. 22,0°, Temp. 20,3—20,8°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 53h 26° 43 4h 5‘ | Zucker 5h 32° 59 6h 26° 47 sh 31° 43 4h 10° 36 5h 37° 59 6h 380° | 48 3h 36 43 4h 15° 36 5h 41’ | Wasser- | 6h 35° 48 3h 41‘ 43 4h 20° 36 wechsel | 6h 40° 48 53h 43° | Wasser- | 4h 22° | Wasser 5h 46’ 58 6h 41’ | Wasser wechsel | 4h 27 45 5h 51° 59 6h 48 56 3h 48 44 4h 82° 44 6h 7 59 6h 51‘ 57 3h 53° 43 4h 37° 44 6h 16° 58 6h 58 57 83h 58° 44 4h 42° 43 6h 25’ | Glycerin 4h % 44 und denselben Effect hatten (s. Vers. V). Dann konnte gezeigt werden, dass eine merkliche Wirkung der Salzlösung bei der ein- gehaltenen Blasenzahl erst bei ca. 0,1%, KNO; beginnt; auch eine 1) Das Nähere über die Versuchsanstellung ist in dem Abschnitt „Methodi- sches“ nachzulesen. Den Salzlösungen ist in Klammern der isotonische Werth für KNO, angegeben. Zu Anfang aller Versuche befinden sich die Pflanzen in reinem Wasser. 55 Zugabe von 0,1°/, Nährsalze (bei Ausschluss saurer Salze) zu destil- lirtem Wasser übte gar keinen Einfluss auf die Assimilation aus. Handelte es sich um eine chemische Wirkung der Salze, so hätte eine solche sich auch noch bei einer O,lproc. Lösung derselben geltend machen müssen. !) Da nun im Laufe der Untersuchung nur Lösungen angewandt wurden, deren osmotischer Werth unvergleichlich schwächer als der einer O,lproc. Kalisalpeterlösung war, so brauchte der physikalische Einfluss der Lösung überhaupt nicht berücksichtigt zu werden. Versuch V. KNO; 0,5%), und Versuch VI. KNO; 3,5%; 0,42%, NaNO;; Bassinwasser, Bassinwasser, Temp. 19,9—20,8°. 30 _— Temp. 20,3°. Zeit Blasen | Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 3h 5 57 4h 95° 35 ons 4 Sn | 8 sna| 57 |enso| 3 ah 55° | Wasser-| sh 3% | Nano, + 19°| Wasser- [eh 50 | 85 wechsel | 3h 35° 38 , wechsel | 4h 50 35 sh 47 3h 40° | 38 3h 18 58 [5b | 8 snı®| 47 |sn4#s | 88 sh2s| 58 [5h10| 55 sn 15 | 46 | 8n 50) Waner 33) 57 [Dh 15 [ENO: #% 35h 20° | KNo, | sn 55 | #6 has) 57 [5620 9 4h 8 57 5h 30° | Wasser 4h 10° |KNO,3,50),| 5h 35° 3 ah1s| 40 |5h 40 0 4120| 97 Die Herabsetzung der Blasenzahl nimmt, wie 'zu erwarten, war, mit der Concentration der Lösung zu. Die Assimilation wird jedoch auch nach Eintritt der Plasmolyse fortgesetzt und zwar während Stunden mit fast gleichbleibender Energie, wenn die Lösung nur ganz schwach plasmolysirend wirkte; bei starker Plasmolyse dagegen hörte die Blasenausscheidung schon nach kurzer Zeit auf. In fast allen Versuchen, in denen die Concentration die für den Eintritt der Plasmolyse erforderliche Grösse (bei dem benutzten Material 2,5%, KNOs) noch nicht erreichte, war die Herabsetzung der Assimi- 1) Damit soll natürlich nicht gesagt sein, dass den Nährsalzen bei der Assi- milation überhaupt keine Rolle zukommt. Die in diesem Falle entgegengesetzte begünstigende Wirkung des unentbehrlichen Stoffes würde. aber ‚erst eintreten, wenn die Pflanze Mangel daran leidet, was bei Wasserpflanzen, die reichlich Salze speichern, erst nach längerer Cultur in salzfreiem Wasser stattfinden würde. 56 latiou Jureli Austausch der Lösung gegen Wasser wieder rückgängig zu machen. Wurde dieselbe überschritten und war nachweislich Plas- molyse eingetreten, so war dies nicht mehr möglich (s, Vers. VI). Die Blasenausscheidung hörte vielmehr häufig vollständig auf, selbst dann, wenn der ÜUebergang zum Wasser hin kein allzu plötzlicher war, sondern durch eine Reihe absteigender Coneentrationen vermittelt wurde. In Wasser versetzt gingen die Sprosse in den folgenden Tagen häufig zu Grunde. Dies alles steht in Einklang mit den von ver- schiedenen Autoren!) gemachten Erfahrungen über die Empfindlichkeit contrahirter Protoplasmakörper. Gifte. In diesem Abschnitte möge die Beeinflussung der Assimilation durch eine Anzahl sehr verschiedenartiger Stoffe besprochen werden, deren zusammenhängende Betrachtung nur durch eine allen 'gemein- same physiologische Eigenschaft gerechtfertigt wird. Versuch VII. CuSO, N/1000000 Versuch VII. CuSO, — 0,0000159 9), ; aq. dest. +0,3%, N/10000000 = 0,00000159 9,3; (05, Temp. 21,8—21,5°. aq. dest. -H 0,3%), COs, Temp. 15,9°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen lh & 20 1h 58° 20 5h 27' 58 6h 15° 57 ih 13° 20 2h 8 20 5h 32° 58 6h 25° 57 ih 18 20 2h 13° CuSO, 5h 37 57 6h 27 CuSO, 1h 28° 20 2h 18 15- 5h 47 57 6h 28 57 ih 28 20 2h 23° 16 5h 52° | Wasser-| 6h 32° 57 1h 38 20 2h 28° 16 wechsel | 65h 42° 57 ih 483 19 2h 32° | Wasser 5h 57 58 6h 47° 57 ih 48 | Wasser-I 2h 37 18 ° 6h 2 58 6h 49° | Wasser wechsel | 2h 47° 18 6h 7 58 6h 54° 58 1h 58° 20 6h 10° | Wasser- wechsel Als Gifte kommt ihnen nämlich die Eigenthümlichkeit zu, selbst in geringen Mengen eine nachtheilige Wirkung auf die Zelle auszu- üben, in ganz minimalen Dosen aber das Wachsthum im Gegentheil zu fördern (wie dies wenigstens für viele.von ihnen nachgewiesen worden ist). War es auch schon seit längerer Zeit?) bekannt, dass 1) Reinhardt in Festschrift für Schwendener 1899, pag, 425. — Rys- selberghe, Memoires de l’Acad, r. de Belgique, 1899. 2) Raulin, Annales d. sc. nat. 1869, sör. V Bd. 11 pag. 252. 57 einige giftige Metallsalze in kleiner Dosis der Nährlösung zugegeben das Erntegewicht von Schimmelpilzen erheblich steigern, so wurde doch erst von Pfeffer!) diese Wirkung als eine den Giften ganz allgemein zukommende gedeutet. Darnach handelt es sich hier nicht etwa um die Zufuhr eines unentbehrlichen Nährstoffes, sondern um „eine der mannigfachen Reactionen, die darauf abzielen, durch inten- sivere Thätigkeit einem benachtheiligten Einfluss thunlichst entgegen- Versuch IX. ZnS0, N/1000000 Versuch X. ZnS$O, 0,00008 9, — 0,000016 9), ; aq. dest. + 0,2%, und 0,0008 %),; ag. dest. + 0,3%, CO, Temp. 18,6—19,8°. CO;, Temp. 19,8—20,6°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 3h 33° 44 4h 31’ 45 3h 5 26 4h 14° 27 3h 38 44 4h 36° 44 3h 15° 26 4h 19 26 53h 43° 44 4h 41° 45 3h 17° | Wasser- | 4h 24° 26 3h 46‘ | Wasser- | 4h 46’ 44 wechsel, | ‚], 95° { Zn80, wechsel | 4h 51° | 44 sh2r | 2 0,0008 9), sh 51° 45 4h 56° 43 3h 26° 27 4h 30° 27 3h 56° 44 4h 57° | Wasser 3h 31° 27 4h 35° 26 4h I‘ 45 4h 58° 44 3h 36° 25 |4n 40 25 4h 6. 44 5h 3 45 3h 41° 27 4h 45° 23 4h 16° 44 5h 8 45 3h 46‘ 26 14h 50‘ 22 4h 21’ | ZuSO, 5h 13° 45 3h 51° 26 4h 55° 22 4h 26° 44 3h 56‘ 26 5h Wasser 3h 59° { Zn80, |5h 10 | 20 0,000080,,| 5h 20° | 17 4h 4 26 5h 25° 17 4h 9 27 zuarbeiten oder Schädigungen auszugleichen“.?) Bestätigt wird diese Auffassung namentlich durch die Versuche Richards’®), in denen eine geringe Zugabe von Zink-, Kobalt-, Eisen- und anderen Salzen, aber auch von Cocain, Morphium ete. zur Pilzeultur eine mehrfache Zunahme des Trockengewichtes der Decke im Vergleich zur Decke giftfreier Nährlösungen zur Folge hatte. Zu erwarten war, dass dieselben Substanzen ähnliche Wirkungen auch auf jeden anderen pflanzlichen Organismus ausüben würden. . Dass dies in der That für verschiedene Algen .zutrifft, geht aus den 1) Pfeffer, Jahrb. f. wiss. Bot. 1895, Bd. 28 pag. 238. 2) Pfeffer, Pfianzenphysiologie, pag. 374. 8) Richards, Jahrb, f. wiss. Bot, 1897, Bd. 30 pag. 665. N . Lu une 58 neuerdings von Ouo!) gemachten Versuchen hervor; wenn daher bis jetzt Beobachtungen für höhere Pflanzen nicht vorliegen,?) so ist das wohl nur durch den Umstand bedingt, dass man in den zahlreichen Untersuchungen über die Giftigkeit verschiedener Stoffe für die Pflanze nur Erscheinungen des Absterbens berücksichtigte und sich mit der Bestimmung des Grenzwerthes für die Giftigkeit begnügte, Nun ist für eine Reihe von Giften zugleich erwiesen, dass sie die Athmung und Gährungsthätigkeit steigern und es fragte sich, ob durch dieselben nicht alle Functionen der Zelle, speciell auch die Assimi- lation, zu intensiverer Thätigkeit angeregt werden. Versuch XI. Co80, N/100000 Versuch XII. Chinin salzsaures = 0,000155 9, ; aq. dest. + 0,39, Bassinwasser, CO;, Temp. 18,1—18,3°. Temp. 20,5—20,7°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen ı1n22| 5 12h 6'| CoSO, 3h 10 51 3h 53° | 0,50), 1lh 27° 52 12h 7 52 3h 15 51 3h 58° 34 11h 32° 52 12h 12% 52 3h 20° 51 4h 8 33 11h 34° | Wasser- | 12h 17 50 3h 24 { Chinin | 4h 8 30 wechsel | 12h 22‘ 46 0,0050/,| 4h 11’ | 0,150 11h 39 52 12h 27° 44 3h 29 50 4h 13° 2 11h 44 52 12h 80°| Wasser 3h 34 50 4h 16° 0 11h 49 52 12h 40° 40 3h 39° 51 4h 18° | Wasser 11h 54 52 12h 50° 41 3h 40° | Wasser | 4h 28° 15 11h 5%) 92 12h 55 42 3h 45° 51 12h #| 81 ih 5| 4 3h 50° | z51 Zur Beantwortung der Frage war es gerathen, in erster Linie mit Concentrationen zu experimentiren, die der Pflanze auf die Dauer nicht mehr schädlich sind oder sich nicht weit von solchen entfernen. Dazu mahnen die Erfahrungen, die über die relativ grosse Empfind- lichkeit der Assimilation gegenüber äusseren Agentien gemacht worden sind und die sich namentlich aus den Versuchen Ewart’s ergibt.?) In Hinblick auf dieselben ist es sehr wohl möglich, dass bei einer gewissen Concentration eines schädlichen Stoffes die Assimilation 1) Ono, Ueber Wachsthumsbeschleunigung einiger Algen und Pilze durch chemische Reize, Abdr. aus d. Journ. Coll. Sci. Imp. Univ. Tokyo Vol. XiI Part. I, 1900. 2) Vebrigens fand Tschirch (Schweiz. Wochenbl. f. Chem. u. Pharm. 1895, No. 13, eit. nach Just’s Jahrb.), dass Phaseolus in Kupferoxydul enthaltenden “ Nährlösungen besser wuchs als in kupferfreien, 3) Ewart, Journ, of Linnean Soc. 1896, Bd. 31 pag. 364. 59 herabgedrückt wird, während die Athmung befördert wird, wodurch aber noch nicht ausgeschlossen ist, dass derselbe Stoff in schwächerer Lösung auch die Assimilation begünstigen würde. In diesem Sinne sind auch die Concentrationen in Versuchen Jacobi’s zu stark), in denen die vergleichende Untersuchung über den Einfluss 0,5 proec. “Chinin- und Antipyrinlösungen auf Athmung und Assimilation zu obigem Resultate führte. Es sei hier gleich bemerkt, dass es mir trotz zahlreicher Ver- suche nie gelungen ist, eine andere als herabsetzende Wirkung ver- schiedener Gifte auf die Assimilation zu constatieren; auch in der Litteratur liegt meines Wissens eine Angabe über eine beschleunigende Wirkung nicht vor. Versuch XIII. Morphium salz- Versuch XIV. Aether 0,019), ; saures; Bassinwasser, Temp. 21,6 Bassinwasser, Temp. 20,0—20,1°. bis 22,2°. _—— - Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen / 12h 10° 61 12h 47 60 anı® | 38 | #h5r| 019, 12m a1 | {Dekor ahas | 38 |an5e| se 12h 15 | 61 0,01% 4h 98° 38 5h 1‘ 32 12h 17 Wasser- | 12h 56° 40 4h 80° | Wasser-| 5h 6 32 wechsel | Ih 1 41 wechsel] 5h 8° | Wasser 12h 18° 61 Ih 6 a 4h 35° 38 5 hı3 36 12h 23° 60 1h 10°| Wasser Mor- 5h ig 36 12h 28 60 ih 15 54 phium | 5h 2# 36 12h 33° 60 1h 20° 58 4h 39° | 0,010, 12h 38° 60 ih 25 54 Ah 44° 37 12h 43° 60 4h 49 37 \ Geprüft wurden hauptsächlich folgende Stoffe: Metallgifte (ZnSO,, CuSO,, Co80,, FeSO,, HgÜlz), Alkaloide (Chinin, Morphium, Cocain), Anaesthetica (Aether, Chloroform, Alkohole) und Methylenblau (s. Vers. VII-XVoO. Stärkere Concentrationen hoben die Assimilation sofort auf; beim Herabgehen auf schwächere nahm dann die schädigend& Wirkung all- mählich ab und unterblieb schliesslich ganz, wenn die Concentration den Grenzwerth der Giftigkeit erreichte, ging ‚aber nie in eine be- schleunigende über. Die Stärke der Wirkung entsprach bei vergleich- baren Stoffen im Allgemeinen der Schädlichkeit für die Pflanzenzelle; so setzten von den Metallgiften HgClz und CuSO, die Assimilation am 1) Jacobi, l. c. pag. 325. 60 stärksten herab, Chinin stärker als das bekanntlich weniger giftige Morphium, Chloroform stärker als der weniger energisch wirkende Aether. Die Ursache der herabsetzenden Wirkung ist daher wohl in _ der allgemeinen Schädigung der Zelle zu suchen. Besonders zu bemerken ist, dass Eisensalze (FeSO, und FeCls) in nicht zu schwacher Concentration die Assimilation befördern. Diese Thatsache spricht aber keineswegs für die nach Constatirung des Eisenmangels im Chlorophyll übrigens nur wenig gestützte Annahme, dass gerade dem Eisen die Reductionswirkung bei der Assimilation zukommt. Ihre Erklärung findet sie in der in Folge der Hydrolyse des Salzes eintretenden saueren Reaction der Lösung (s. unten). Bei Versuch XV. Chloroform; Versuch XVI. Methylalkohol Bassinwasser. Temp. 19,2—20,2°. 0,5%; aqu. dest. +0,80, COs, Temp. 17,2°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 3h 39 61 4h 55° 54 3h 44° 61 4h 58‘ | 0,010% 3h 55° 36 4h 33° 85 3h 49 60 5h % 55 4h 36 in 34 { Alkohol 3h 54 61 5h 8 52 4h 5 36 0,5% 3h 57° | Wasser-| 5h 18° 52 4h 7 | Wasser-| 4h 35° 36 wechsel 5h 15 error wechsel] Ah 40° 36 4h 19° 61 0,050), 4h 8 36 4h 45‘ 86 4h 17° 61 5h 20° 51 4h 13' 36 4h 48° | Wasser 4h 23° | Wasser-]| 5h 25° 50 4h 18 36 4h 49 35 wechsel | 5h 30° 47 4h 23° 36 4h 54° 36 4h 28° 61 5h 32° | Wasser 4h 33° 60 5h 37° 52 4h 38° 60 5h 42° 52 4h 40° me 5h 45‘ [entorot 0,0050], 0,10) 4h 45° 58 5h 50° 0 4h 50° 54 CuSO, und den anderen Salzen macht sich dieser Factor meist nicht bemerkbar, da seine Wirkung bei denselben Concentrationen durch die starke Giftwirkung aufgehoben wird. Die Wirkung der Eisen- salze entspricht der infolge.der Hydrolyse entstehenden Menge der H-ionen; sie ist bei FeCl; eine grössere als bei FeSO, und bei FeCl; für eine frisch bereitete Lösung geringer als für eine ältere. Bei dieser Gelegenheit musste die Giftigkeit einiger Metallsalze für Elodea näher bestimmt werden. Bei den hier in Betracht kom- menden schwachen Concentrationen spielt erwiesenermaasse nnicht nur on j . 61 diese, sondern auch die nach der Flüssigkeitsmenge verschiedene ab- solute Quantität des Stoffes eine Rolle. Kam auf einen eirca 10cm langen Spross 100cem der Lösung, so litt die Pflanze gar nicht oder nur wenig in Lösungen von 0,000015°%, Cu80,, 0,00016°), ZnS04 und 0,00015 %, Co804; wurden dagegen grössere Mengen (500 en) der Lösung verwandt, so gingen die Sprosse in einigen Tagen auch in Lösungen von 0,0000015 °/, CuSO,, 0,000016 %, ZnSO, und 0,000001 9, HgCl; zu Grunde. Das destillirte Wasser und die die Salzlösung ent- haltenden Gefässe waren natürlich vorher auf ihre Unschädlichkeit . Versuch XVII. Methylenblau Versuch XVII. Kohlensäure; 0,0002 9%, ; aqu. dest. 0,3%, COs; aqu. dest., Temp. 15,6—16,0°. Temp. 16,5—16,6°. i i Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen = _4h 15° |00, 0,10] 5h 38° |CO, 1,60), ch =! so hense| 38 420! 4 |snse| 6h 14° 50 6h ar 32 4h 25° 5 5h 48° 78 6h 24! 50 6h 47° Wasser 4h 34° 4 5h 50° 00, 3,20), 6h 25° | Wasser- | 6h 52° | 50 4h 3% 4 5h 55 | 95 wechsel | 6h 57° 50 4h 41° |00, 0,20) 6h 5° 96 sh 30° | 50 4h 46° 9 6h 10 | 96 ' ' 6h 13° |CO, 6,4 Gh gt. { CO, 4h 56 9 , ‚005 6, lo 0,00020;,| 4h 59° |00, 0,40/,| 6h 18 96 5h 4 19 6h 28° 96 5h 9 19 6h 28° 96 5h 12° |C0,0,80/,| 6h 33° \00,12,80/, 5h 17 39 6h 38° 96 5h 22° 39 6h 48' 97 5h 27 39 6h 58° 96 geprüft worden. Wie aus den Versuchen hervorgeht, nähert sich Elodea der wegen ihrer Empfindlichkeit gegenüber Metallgiften oft erwähnten Spirogyra, von der ein einzelner Faden nach Nägeli in einer Kupfersalzlösung von 1/ıooo Million noch abstirbt. Die schädliche Wirkung der Metallgifte macht sich alsbald durch Verfärbung der _ Blätter kenntlich, indem das glänzende Grün in ein mattes Blaugrün verwandelt wird.!) Wasser, das einige Zeit in Berührung mit Kupfer- hydroxyd gestanden, wirkte ebenfalls tödtlich. 1) Ganz dasselbe Aussehen zeigten Sprosse, die im: Leitungswasser (500 com auf einen 10cm langen Spross) nach einigen Tagen zu Grunde gingen. Das Wasser wurde der Leitung entnommen erst nachdem grössere Mengen abgeflossen waren. Dies deutet darauf hin, dass die Giftigkeit des Wassers, ähnlich der des 62 An dieser Stelle möge noch die Möglichkeit einer transitorischen Sistirung der Assimilation beiElodea auch durch Chloroform erwähnt werden. Bekanntlich lässt sich durch eine geeignete Dosis Chloroform oder Aether eine Aufhebung der Assimilationsthätigkeit bewirken und zwar ohne dadurch den Tod der Pflanze herbeizuführen, wenn für nicht zu lange andauernde Einwirkung Sorge getragen wird. Vielmehr wird die Assimilation nach Wiederherstellung der normalen Aussen- bedingungen, je nach der Stärke und Dauer der stattgefundenen Narkose nach kürzerer oder längerer Zeit wieder aufgenommen. Diese zuerst von Olaude Bernard!) an Wasserpflanzen con- statirte Wirkung der’ Anaesthetica steht jetzt Dank der Arbeiten späterer Forscher?) für höhere Pflanzen und Moose wohl ausser allem Zweifel. Was aber die von Claude Bernard für Wasserpflanzen gemachten Angaben selbst anbetrifft, so.glaubte sie Fr. Schwarz?) als nicht dem wahren Sachverhalt entsprechende bezeichnen zu müssen, da ihm die Bestätigung derselben mit Ceratophylium und Elodea nicht gelang. Hörte in seinen Versuchen die Blasenentwickelung einmal auf, so hatten die Pflanzen soweit gelitten, dass sie in reines Wasser zurückversetzt nicht wieder assimilirten, sondern alsbald zu Grunde gingen. Trotz der augenscheinlich grösseren Empfindlichkeit der Wasser- pflanzen liess sich bei Elodea in den mit Chloroform angestellten Versuchen eine Hemmung der Blasenausscheidung erreichen, die in reinem Wasser am Lichte, wenn auch geschwächt, wieder aufgenommen wurde. Es bedurfte dazu nur der Anwendung in Bezug auf die Oon- centration mehr abgestufter Lösungen, um die geeignete Concentration zu finden. Bei den gebrauchten Objecten war eine Chloroformlösung von 0,2—0,3°], erforderlich. Ungeachtet der günstigen Bedingungen für die Assimilation (directes Sonnenlicht und Kohlensäurezusatz zum Wasser) hörte das Austreten von Blasen schon in 1—2 Minuten auf. Dauerte die Sistirung der Assimilation nur kurze Zeit (etwa 10 Min.), so war, nachdem die Sprosse abgespült und in reines Wasser versetzt worden waren, in einer halben Stunde meist wieder eine flotte Blasen- ausscheidung eingetreten. destillirten Wassers, durch Metallgifte, in diesem Falle wohl aus der Leitung herstammend, verursacht wird, Die Versuche wurden mehrere Male im Laufe der Arbeit wiederholt. 1) Legons sur les phönomdnes de la vie 1878, pag. 278. 2) Bonnier und Mangin, Annales d, sc. nat. 1886, VII. sör. Bd. 8. — Ewart,1, c. pag. 408. 3) Unters. a. d. bot. Institut zu Tübingen 1881, Bd, 1 pag. 102, 68 Einfluss der Kohlensäuremenge. Unsere Kenntnisse über die Beziehungen zwischen Intensität der Assimilation und dem Kohlensäuregehalte des Medium fussen fast ausschliesslich auf Versuchen mit Landpflanzen.') Diese ergaben eine Steigerung der Assimilationsthätigkeit bei Vermehrung des Kohlen- säuregehaltes der Luft bis zu einem Optimum, nach dessen Ueber- schreitung die Assimilation allmählich abnimmt, da sich der schädliche Einfluss der Kohlensäure auf die Pflanze geltend macht. Nach Ver- suchen von Kreusler (l. c.) steigt, wenn von dem normalen Kohlen- säuregehalt der Luft ausgegangen wird, gerade anfangs, bei noch Versuch XIX. Kohlensäure; Versuch XX. Die Abstände aqu. dest; Temp. 15,3—15,9° zwischen Lampe und Object be- Beleuchtung zweimal schwächer tragen 22,6 und 16cm, die Inten- als im vorhergehenden Versuch. sitäten verhalten sich also wie 1:2; aqu. dest, Temp. 18,0 bis Zeit Blasen Zeit Blasen » 24 i 0 p ’ 18,2°. 4h 52° /C0,0,1%/,| 5h 43° |C0, 0,4%, Kohlen- | Abstand Zeit R 4 ‘ 4h 57 6 5h 48 27 säure cm ei asen 5h 2% 6 5h 53° 27 5h 5‘ |C0,0,1%,| 5 h 56° | CO, 0,80), 290.6 { 3h 32% 10 5h 10° 6 6h 1‘ 53 10 ’ 3h 37° 10 5h 15° 6 6h 10° 58 Io 16 { 3h 40° 19 5h 20° 6 6h 12° | CO, 1,60), $h 45° 19 5h 25° 6 6hi4ı 58 29.6 [ 3h 5% 10 5h 27° |C0,0,20),| 6h 24° 54 20] ’ 3h 57 11 Sh3r| 18 6h 3r | 20), u 16 | 4h 5 38 5h 38° 13 6h 36° 58 4h 10° 38 5h 4% 13 6h 4’ 58 22,6 4h 16° 11 30%, 16 1 4h 20° 39 4h 25° 39 geringerer Kohlensäurezunahme, die Assimilation verhältnissmässig am ansehnlichsten, bei höherem Gehalte nur noch um ein Geringes. Selbst beim Optimum der Kohlensäure betrug die Menge der zersetzten Kohlensäure nur das 2!/szfache der in der Luft zersetzten. Ist es uns darum zu thun, uns eine Vorstellung zu machen von der Art und Weise, in der der Chlorophylikörper auf verschiedene Kohlensäuremengen reagirt, so haben wir dafür zu sorgen, dass letztere in der That als solche auf denselben einwirken. In dieser Hinsicht 1) Kreusler, Landwirthsch. Jahrb. 1885, Bd. 14 pag. 951. 64 dürften submerse Pflanzen den Vorzug verdienen. Die leichte Durch- lässigkeit ihrer Membranen für gelöste Gase, die nach den’ Unter- suchungen Devaux’s!) der einer Wasserlamelle gleichkommt, und dazu die Zartheit der Blätter (Elodea) ermöglichen die ungestörte Zufuhr der Kohlensäure zum Chlorophyllapparat. Bei Landpflanzen dagegen ist es möglich, dass bei intensiver Assimilation der Kohlen- säuregehalt in den assimilirenden Zellen weit hinter demjenigen zurück- bleibt, welcher dem Koblensäuregehalt der Luft entspricht. Besonders ist dies bei eintretendem Schlusse der Spaltöffnungen der Fall, der eine fast gänzliche Sistirung der Kohlensäureassimilation zur Folge haben kann.?) Ein Schluss der Stomata tritt aber nach Fr. Darwin in kohlensäurereicher Luft langsam ein. Findet ein solcher statt, so wird auch in diesem Falle der Kohlensäuregehalt der Zellen nicht proportional der Steigerung des Kohlensäuregehaltes der Luft zu- nehmen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass aus diesen Gründen in Versuchen Kreusler’s bei Steigerung des Kohlensäuregehaltes der Luft eine im Vergleich dazu nur langsame Steigerung der Assimi- lation erfolgte. . Die mit Elodea über die Abhängigkeit der Assimilation von der Kohlensäuremenge angestellten Versuche ergaben dementsprechend ein etwas anderes Bild der Assimilationscurve. Die Zunahme der Gasblasenzahl war stets direct proportional der Menge der zugegebenen Kohlensäure (s. Vers. XVII und XIX); so steigt in Vers. XVII für je 0,1), Kohlensäure die Zahl der ausgeschiedenen Blasen um 5, bei der 15fachen Menge also um 75 Blasen. Hervorgehoben sei, dass auf Herstellung möglichst genauer Oon- centrationen (in Volumprocenten) geachtet wurde; so wurde, um nicht kleine Quantitäten des mit Kohlensäure gesättigten Wassers messen zu müssen, zur Bereitung der schwächeren Lösungen immer eine grössere Wassermenge genommen. Das zur Herstellung des Kohlen- säurewassers dienende Gas wurde sorgfältig mit Hilfe einer Reihe von Vorlagen gewaschen. Nach Entweichenlassen des Gasüberschusses an der Luft hatte das Kohlensäurewasser keinen Einfluss auf die Assimilation, noch auf die Dauer eine schädliche Wirkung auf Elodea- sprosse; es war also physiologisch rein, vor Allem säurefrei, was sich unten als von Bedeutung erweisen wird. 1) Devaux, Annales d. sc. nat. 1889, VII. ser. Bd.9, pag. 178 u. 179. 2) Darwin Fr, Philos. Transact. Ser. B 190, 1898, pag. 531, eit. nach Just’s Jahresb. 66 Wird noch die Frage gestellt, welcher Kohlensäuregehalt das Optimum für die Assimilation ist, so muss sie unbeantwortet bleiben, weil Versuche in directem Sonnenlicht nicht ausgeführt worden sind. In den Versuchen mit dem schwachen Lampenlicht aber verschob sich das Optimum proportional der Lichtintensität; so wurde dasselbe in Vers. XX bei einer gewissen Lichtintensität schon bei eirca 1°), Kohlen- säure erreicht, bei der zweifachen Stärke des Lichtes erst bei eirca 2 %,. Versuch XXI. Die Lichtintensitäten verhalten sich wie ®/ıa:*ıa: Sa: Jıa, ent- sprechend den. Abständen 32, 27,7, 22,6 und 16cm. Ag. dest. Temp. 17,1—17,3°, Kohlensäuregehalt des Wassers 4 %,. Intensität Blasen Zunahme Zunahme des Lichtes der Intensität der Blasen 31a 30 Aa 43 Ya B3=1X13 6a 9. ip 39 3%X13 12], 146 Yo 116 9X13 Noch sei hier Vers. XXI angeführt, der, wie auch der vorher- gehende, zeigen möge, dass die von verschiedenen Forschern mit anderen Methoden gefundene Proportionalität zwischen Kohlensäure- zersetzung und Intensität des Lichtes sich auch bei der hier ange- wandten Methode bestätigt fand. Dieser Umstand kann unter anderem als ein Kriterium für die Brauchbarkeit der Methode selbst betrachtet werden. Einfluss von Säuren auf die Assimilation. In allen der Litteratur zu entnehmenden Angaben über den Ein- fluss anorganischer Säuren auf die Assimilation ist immer nur von einer herabsetzenden, nie von einer beschleunigenden Wirkung die Rede,!) Da es sich in den meisten Fällen um das Studium der bei. Einwirkung saurer Gase auf die Vegetation zu beobachtenden Schädigung handelt, so findet ein solches Resultat seine Erklärung in der An- wendung zu concentrirten Säurelösungen und zu lange fortgesetzter Einwirkung derselben. Dagegen ist in der neuerdings erschienenen 1) Vgl. die Litteratur über die Schädigung der Vegetation durch Rauch etc, — Migula, Ueber den Einfluss stark verdünnter Säurelösungen auf Algenzellen. Breslau, Diss. 1888 pag. 29, Flora 1903, 5 66 Arbeit von Wieler und Hartleb!) die Steigerung der Assimilation direct übersehen worden, obgleich in den Versuchen mit Elodea mit hinreichend verdünnten Salzsäurelösungen experimentirt wurde; denn eine solche wurde in meinen Versuchen mit Elodea°) in Säurelösungen von derselben Concentration stets beobachtet, so lange nur die Objeete sich in säurehaltigem Wasser bofanden. Die Zunahme der Gasblasenzahl wurde dabei nicht durch Verkleinerung der Grösse derselben verursacht, wenn, wie gesagt. frisch ange- schnittene Sprosse vermieden wurden, bei denen die Intercellularen durch Aufquellen des Protoplasmas der verwundeten Zellen verengert resp. verstopft werden können, Versuch XXI. HCl N/10000 Versuch XXIHl. HNO; N/10000 = 0,00036 /,; ag. dest. 0,3%, = 0,00063 9), ; aq. dest. +0,3%, C0;, Temp. 19°. CO., Temp. 18,8—19,0°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 4h 18 36 4h 50° HC1 2h 15 25 2h 35° HNO, 4h 23' 36 4h 53° 55 2h 20° 25 2h 40° 53 4h 28 36 4h 58° 56 2h 25° 24 2h 45° 52 4h 35° 35 5h 18° 56 2h 26° | Wasser-] 2h 47’ | Wasser “ 4h 84 | Wasser- | 5h 18° 55 wechsel | 2h 50° 24 wechsel | 5h 20° | Wasser 2h 27° 25 2h 55° 24 4h 36° 36 5h 25° 39 2h 32° 25 4h 41° 86 5h 35° 36 4h 46‘ 36 Für die weitere Untersuchung war es naheliegend, nur Säure- concentrationen zu gebrauchen, die der Pflanze nicht mehr schädlich sind, um soweit als möglich auszuschliessen, dass die Assimilation durch Störungen anderer, sie beeinflussender Functionen geschädigt werde. Hat doch Ewart?) gerade für Elodea gezeigt, dass bei längerem Verweilen in einer Phosphorsäurelösung (die Concentration ist nicht genau angegeben, übersteigt aber 0,01 %,) vollständige In- activirung der Chloroplasten eintritt, wie dieselbe überhaupt durch die verschiedensten, für die Pflanze schädlichen Eingriffe erzielt werden kann. 1) Wieler und Hartleb, Ueber Einwirkung der Salzsäure auf die Assi- milation der Pflanze. Ber. d. d. bot. Ges. 1900, Bd. 18 pag. 348. 2) Ebeuso in Versuchen mit Myriophyllum und Potamogeton (Versuch XXIX und XXX), 3) Ewart, 1. c. pag. 411. 67 Die aus diesem Grunde über die Schädlichkeit verschiedener Säuren angestellten Versuche ergaben, dass sowohl anorganische als auch organische Säuren in !/ıooo Normallösung die Elodeasprosse noch schädigen, indem sie besonders an jüngeren Blättern das Chlorophyli VersuchXXIV. H380, N/10000 Versuch XXV. CrO; N/10000 = 0,00098 9%, ; aq. dest. + 0,3%, C0;, Temp. 19,8—20,3°, = 0,001 9%, ; ag.dest. +4 0,3 9), COs, Temp. 18,6—19,0°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 3h 36° 34 4h 35° 65 ilh 55‘ 40 12h 40’ 39 3h 41° 34 4h 30° 65 11h 56’ | Wasser- | 12h 43°| CrO, 3h 46° 38 4h 35° 65 wechsel | 12h 45‘ 78 3h 49 33 4h 36‘ | Wasser 12h 40 12h 50°| 79 3h 54° | Wasser- | 4h 41’ 34 12h 5° 40 12h 55°| 77 wechsel | 4h 46° 35 12h 10° | 40 Ih 16 3h 59 34 4h 51° 33 12h 15 39 ih 2| CrO; 4h #| 34 4h 58‘ | Wasser 12h 20°) 39 in Ti 7 4h 7 | H,80, | 5h & 35 12h 22° | Wasser- | Ih 10°, Wasser 4h 10° 64 wechsel | 1h 15° 37 12h 25° 40 1h 20° 36 Versuch XXVL Versuch XXVIl. Bernstein- H;PO, N/10000 = 0,00098 9, ; säure N/10000 = 0,00118%), ; aqu. aqu. dest. + 0,3%), CO:, Temp. dest. + 0,3%, COs, Temp. 20,9°. 5—19,9°. 19, l Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 1520| 40 |tınar| 64 4 ‘ ı2n40 | 12 | ınar| 38 1 20. w “© bo a9: Wan ı2h45°| 12 | ınar | 34 en ih se vr mus | 12 ımae | > unse a tin 38: Mr 12h 55‘ 12 1h 40‘ 33 11h 36° 40 12h vr 40: 12h 56° | H,PO, | 2n 4° | 29 ol p ih i 32 2h 51° | Wasser 11h 39 ern- ın6| 5 I|ıar| m steins. 1h 1/7’ 35 3h 21‘ 12 1h 16‘ 35 3h 31° 12 ganz oder nur fleckenweise zerstören. Bei N/10000 trat eine irgend- ‚ wie merkliche Schädigung auch bei längere Zeit fortgesetzter Cultur nicht ein. Berücksichtigt man, dass die Versuchsdauer im Vergleich dazu nur eine sehr kurze ist, so leuchtet es ein, dass eine indirecte 5* 68 Beeinflussung ‘so gut wie ganz vermieden ist; dies geht am besten daraus hervor, dass in allen mit einer Säureconcentration von N/10 000 angestellten Versuchen die frühere Assimilationsintensität sich in säure- ‚freiem Wasser sofort wieder einstellte. Trotz der schwachen Lösung der Säure ist die erzeugte Beschleunigung noch eine erhebliche. Die Säurelösungen wurden durch Verdünnen sorgfältig titrirter N/10- Lösungen hergestellt. Versuch XXVII. Citronäure Versuch XXIX. Object: Myrio- N/10000 = 0,0019 %,; aq. dest. phylium, HNO; N/10000; aqu. 0,3%, COs, Temp. 19,8°. dest. + 0,3°), CO;, Temp. 19,3 bis 19,5. Zeit Blasen Zeit Blasen . ? Zeit Blasen Zeit Blasen 5h 31° 17 6h 7 17 5h 36° 17 6h 9° | Citrons, 3h 39 33 Ah HNO, 5h 38° | Wasser- I 6h 10° 37 3h 39 33 4h 6 51 wechsel | 6h 15 37 3h 40° | Wasser- | 4h 11‘ 50 5h 43° 17 6h 20° | Wasser wechsel |4h 16 50 5h 48 17 6h 25‘ 18 3h 43° | 34 4h 20° | Wasser 6h 3 17 sh 5% | 34 |4n 30 34 3h 58° 34 Versuch XXX. Object: Pota- Versuch XXXlI. mogeton, Citronsäure N/10000; KsS0, N/1000 = 0,0174 9), ; aqu. aqu. dest. +0,3°, CO,, Temp. dest. + 0,2°/, CO:. 19,2°, j i Du ———— nn — Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 4h 59‘ 40 5h 25° | K,SO, 3h 8 3h 30° | Citrons. 5h 4 40 5h 30° 40 3h 5 8 3h 34 18 5h 6‘ | Wasser- | 5h 35° 40 3h 8° |Wasser-| 3h 39 | 18 wechsel | 5h 40° | 40 wechsel | 2h 44‘ 18 5h 8 41 5h 42° | Wasser sh 9 8 3h 50° | Wasser 5h1s#| 40 |5har| 40 $h 14 8 3h 55° 9 5h 18° 40 5h 52° 40 3h 19 8 4h 15° 8 5h 23° 40 3h 24' 8 Eine Steigerung der Assimilation trat bei allen den verschiedenen Säuren ein, die überhaupt auf ihre Wirkung geprüft wurden; genannt seien Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, Chromsäure, Phosphor- säure, Essigsäure, Bernsteinsäure, Oxalsäure, Weinsäure und Citron- säure (s. Versuch XXII—XXVII). Aus dieser allen Säuren gemein- 69 samen Wirkung geht ohne Weiteres hervor, dass dieselbe nur durch eine ihnen allen zukommende Eigenschaft, ihre Acidität bedingt sein kann. Das lässt sich auch experimentell erweisen. Bei einer so grossen Verdünnung, wie sie eine Salzsäure- oder Schwefelsäurelösung von N/10000 darstellt, sind so gut wie alle Moleküle der Säure in ihre Jonen zerfallen. In demselben Grade ist eine verdünnte Lösung Ver su ch XXXLU. KHSO, Versuch XXXII KHzPO, 2N[10000 und Hs80, N/10000; 0,0136°/,; aq. dest. + 0,1 % C0;, aq.dest. + 0,3%, COs, Temp. 20,0°. Temp. 16,7°, Zeit. Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 4h 29% 37 5h 64 sh T 12 3h 39° KHPO, 4h 34° 37 5h 5 63 3h 1% 12 3h 44' 87 4h 89.| 87 5h iv | KHSO, 83h 14° | Wasser-| 3h 49 | 36 4h 40° | Wasser- | 5h 12° 64. wechsel | 3h 54° 36 wechsel | 5h 17° 64 3h 19 13 3h 58° | Wasser 4h 42° 37 5h 19° | Wasser 53h 24° 13 4h 3° 12 4h 52° 37 5h 24° 40 3h 29% 12 4h 8 12 4h 54' B,S0, 5h 29‘ 37 3h 34° 12 4h 55° 64 Versuch XXXIV. FeCl circa Versuch XXXV. Jod 0,0008 °%|,; 0,001 %,; ag. dest. + 0,3%, COs. aq.dest. + 0,3%, COz, Temp. 16,3°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen | Zeit Blasen 12h 28° 9 12h 58° 21 6h 18° 13 6h 36° 13 12h 30'| Wasser- | Ih 5 22 6h 23° 13 6h 46’ 13 wechsel | ih 10° 21 6h 28° 13 6h 50° | Wasser 12h 35° 8 ih 15° 21 6h 30’ Jod 6h 55‘ 12 12h 40° 9 ih 18° | Wasser 6h 31° 13 Th 12 12h 45’ 9 1h 23° 10 12h 50° 9 ih 28 9 12h 53°) FeCl, von Kaliumchlorid oder Kaliumsulfat dissocürt, die jedoch ohne den geringsten Einfluss auf die Assimilation ist (s. Versuch XXXI). Da nun die Salzlösung gleich der Säure wohl Cl- oder SOs-Jonen, da- gegen aber keine H-Jonen enthält, so kann nur durch letztere der Effect der Säure auf die Assimilation bedingt sein. Wohl aber wirkt auch ein Salz beschleunigend, sobald dasselbe kein neutrales, sondern ein saures ist, d. h. H-Jonen enthält, wie z. B. KHSO, oder KH;PO, (s. Vers. XXXII und XXXIII), Ausserdem war schon bei Versuchen 70 mit Fe8O, und FeC]; (Vers. XXXIV) zu sehen, dass auch die infolge von Hydrolyse eintretende saure Reaction in gleichem Sinne wirk- sam ist. Wird die Steigerung der Assimilationsthätigkeit durch die H-Jonen der Lösung verursacht, so ist zu erwarten, dass die Grösse derselben in gewisser Beziehung zur H-Jonenconcentration stehe. In der That konnte in vielen Fällen eine Proportionalität zwischen Zunahme der Blasenzahl und H-Jonenconcentration nachgewiesen werden. Die Salzsäure erreicht schon bei der Verdünnung von N/1000 den Maximal- werth der Dissociation, d. h. der Bruchtheil der in Jonenform vor- handenen Säure (0,99) bleibt bei weiterer Verdünnung derselbe. Die Versuch XXXVI. HCI N/10000, Versuch XXXVIL. HCI und 2N/10000, 3N/10000u.4N/10000; HNO; N/10000; aq. dest. +0,3%), aq. dest. + 0,3%, CO;, Temp. 20,9°. CO,, Temp. 20,9°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 4h 6 26 4h 55° 66 3h 20° 26 4h 5 56 4h 21° 26 4h 58° |3N/10000 3h 25° 26 4h 7 HNO, 4h 23° | Wasser- | 5h 87 3h 30° 26 4h 8 56 wechsel | 5h 5 86 3h 33° | Wasser- | 4h 13° 57 4h 25° 27 5h 7° |4N/10000 wechsel | 4h 18 56 4h 30° 26 5h 10° 107 3h 35’ 26 4h 22° HC 4h 35° 26 5h 15° 106 3h 40’ 26 4h 27° 56 4h 38° | N/10000| 5h 19 | Wasser 3h 45° 26 4h 32° 56 4h 40’ 47 5h 24° 28 83h 50° 25 4h 34' | Wasser 4h 45’ 46 5h 29' 26 3h 539 HC1 4h 39' 27 4h 47° |2N/10000| 5h 34° 26 3h 55° 56 4h 54° 26 4h 50° 66 4h 56 Concentration der H-Jonen nimmt daher in Lösungen von N/10 000 — N/1000 proportional einer solchen der Säure zu. Wie nun Ver- such XXXVI darthut, steigt die Assimilation proportional der Säure- menge und zwar für jedes N/10000 der zugegebenen Salzsäure um 20 Blasen. Die Wirkung der H-Joneneoncentration kann auch beim Ver- gleiche der stärkeren Säuren mit einander, deren Dissociationsgrad bei N/10000 ungefähr der gleiche ist, als dig Ursache der verschieden grossen Steigerung aufgefasst werden. Letztere müsste in diesem Falle in äquimolekularer Lösung bei den einbasischen die gleiche, bei zwei- und dreibasischen Säuren zweimal resp. dreimal stärker sein; ebenso müsste der Effect von 2N/10000 KHSO, dem von N/10000 H:80, gleichkommen. 71 Dass dies zutrifft, geht aus den Versuchen XXXVIL XXXVllLund XXXII hervor. Eigenthümlicherweise fanden sich diese Verhältnisse aber auch in Versuchen mit Säuren, bei denen der Wasserstoff nur zum Theil in Jonenform vorhanden ist, wie z.B. Versuch XXXVIIL HCl und H,80, N/10000; aqu. dest. 0,2%], CO, Temp. 19,5°. Versuch XXXIX. HOl, HsPO, und Citronsäure N/10000; aqu. dest. + 0,3%, COz, Temp. 18,0°. Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen Zeit Blasen 3h 36° 35 4ıh 7 "63 10h 31° 12 11h 4 33 3h 41° 35 4h 12° 63 10 h 36 2 |1ın % 33 3h 43° | Wasser-| 4h 13° | H,SO, 10h 41‘ 12 [11h 1@ 32 , wechsel | 4h 14° 99 10h 42° | Wasser- | 11h 18° | 0,H,0, 3h 45’ 85 4h 19 9 wechsel | 11h 20° 83 3h 50° 35 Ah 24° 9 10h 47° 12 ilh 25‘ 33 3h 55° 34 4h 26° | Wasser 10h 52° 12 11h 26° | Wasser 4h I‘ Ha th 36° 34 10h 54° HCi ilh 28 12 4h 2% 63 4h 41‘ 34 10 h 55° 19 ilh 33‘ 12 1lh 19 11h 38° 12 11h 2% | H,PO, Versuch XL. HC], Essigsäure und Bernsteinsäure N/10000; aqu. dest. + 0,3%, CO2, Temp. 18,3 bis 18,5°. Zeit Blasen Zeit Blasen 1lh 13° 48 ih 46‘ 58 ih 18% 48 1h 51° 59 1h 28° 48 1h 56° 59 ih 24° | Wasser-| 1h 57‘ | C,H;O, wechsel | 1h 59 68 ih 25 48 2h 2 69 1h 30° 48 2h 7 69 1h 32° | C,H,0, | 2h 8° | Wasser 1h 37 59 2h 9 48 Ih 42' 59 2h 14° 48 1h 45 Aci Versuch XLI. HCl, Oxalsäure und Citronsäure N/10000; ag. dest. + 0,3 9/,, Temp. 20,0—20,2°. Zeit Blasen Zeit Blasen 3h 57 27 4h 33° 48 4h 2° 27 4h 38° 48 4h 5‘ |Wasser- | Ah 43 48 wechsel | 4h 45’ | C;H30, 4h 6 28 4h 46° 58 4h 16° 27 4h 51’ 58 4h 20° ncCi 4h 56° 58 4h 21° 37 4h 57' | Wasser 4h 26° 37 5h 2 29 4h 31° . 37 5h 7 28 4h 32° | 0,H,0, in Versuchen mit Phosphorsäure, Essigsäure, Bernsteinsäure, Oxal säure, Citronsäure und Kohlensäure (s. Vers. XXXIX—XLIM), wenn sie in ihren Wirkungen mit der Salzsäure verglichen wurden. Ein besonderes Interesse gewinnt die Erscheinung der Säure- wirkung, wenn wir die Kohlensäure in ihrer Beziehung zur Assimi- 12 lation als Säure betrachten. Wir sehen da, dass die Art und Weise ihrer Wirkung auf die Assimilation sich in keiner Beziehung von der der übrigen Säuren unterscheidet. Der einzige Unterschied ist der, dass die Kohlensäure zugleich das zu verarbeitende Material für den Assimilationsprocess liefert. Ist dasselbe aber in genügender Menge der Pflanze zugängig, so wirkt die darüber hinausgehende Menge Kohlensäure nur in ihrer Eigenschaft als Säure. Denn dass eine durch Kohlensäurezufuhr erzielte Steigerung der Assimilation nicht immer durch die Befriedigung des Kohlensäuremangels bedingt zu sein braucht, beweist schon der Umstand, dass die Steigerung auch möglich ist, wenn bei gleichbleibendem Kohlensäuregehalte durch Verstärkung des Lichtes oder Zugabe von Säure Bedingungen für intensivere Kohlensäurezersetzung geschaffen werden. Hat dagegen weitere CO;- Versuch XLU. #80, und CO; Versuch XLII. H,S0, und N/10 000; ag. dest., Temp. 18,1%. CO, N/10000; aqu. dest., Temp. Zeit "Blasen. Zeit Blasen , Zeit Blasen Zeit Blasen 4h 20° 12 5h 7 28 4h 25° 12 5h 6 27 4h 16° 52 4h 45°. 00, 4h 30° 12 5h 10° CO, 4h 21’ 52 4h 47‘ 105 4h 32° | Wasser-| 5h 12° 28 4h 23° | Wasser-| 4h 52° 104 wechsel | 5h 17° 28 wechsel| 4h 54° | H,SO, 4h 34° 13 5h 21’ | Wasser 4h 26° 53 4h 58° 105 4h 44° 12 5h 23° 13 4h 31’ 58 5h 4 105 4h 55° 12 5h 33° 12 4.h 36‘ 52 4h 59 | H,SO, Zugabe keinen Effect mehr (beim CO,-Optimum), so wird auch durch keine andere Säure eine weitere Steigerung der Assimilation hervorgerufen. Der Vergleich anorganischer und organischer Säuren (Oxalsäure, Citronsäure) zeigt keine stärkere Wirkung der letzteren auf die Blasen. ausscheidung. Dies ist begreiflich, wenn wir berücksichtigen, dass die durch Zersetzung organischer Säuren unterhaltene Sauerstoffaus- scheidung die bei normaler Assimilation stattfindende bei weitem nicht erreicht und erst bei starker Beleuchtung und höherer Concentration der Säure !), vielleicht auch erst bei Kohlensäuremangel zur Geltung kommt. 1) Mangin, Comptes rendus, 1889, pag. 716. 73 Was die bisher gemachten Untersuchungen anbetrifft, in denen nach Zugabe organischer Säuren eine stärkere Assimilation eintrat, so ist in denselben die Säurewirkung nicht berücksichtigt worden. Sie lassen daher einen Schluss auf die Zersetzung der organischen “ Säure unter Sauerstoffausscheidung nur in den Fällen zu, in welchen für vollkommenen Ausschluss der Kohlensäure gesorgt wurde, da selbst bei sehr geringem Kohlensäuregehalte des Wassers nach Zu- satz einer anorganischen Säure andauernde Blasenausscheidung bei Elodea stattfindet. Einen sicheren Schluss gestatten nur Versuche, welche zeigen, dass bei Einführung organischer Säuren in die Pflanze die Sauerstoffausscheidung am Lichte von keinem entsprechenden Kohlensäureverbrauch begleitet wird. Ob in Versuchen Purjewiez’, in denen der Zusatz geringer Mengen von Malaten, Oxalaten und Tartraten zum Wasser die Assimilationsthätigkeit submerser Pflanzen begünstigte, nicht vielleicht saure Salze verwandt wurden, ist aus dem Referate !) über dieselben nicht zu ersehen. Einige ähnliche Versuche mit neutralem weinsaurem Kalium in 0,2proc. Lösung zeigten keine Steigerung der Assimilation. Formaldehyd. Mit Rücksicht auf die Rolle, die dem Formaldehyd im Assimi- lationsprocesse nach der Baeyer’schen Theorie zukommt, erschien es von einigem Interesse, seine Giftigkeit und seine Wirkung auf die Assimilation bei Elodea etwas näher kennen zu lernen. Der als Antisepticaum gebrauchte Stoff ist als heftiges Gift für die Pflanzenzelle bekannt; in Versuchen Bokorny’s?) gingen Spy- rogyren schon in einer Formaldehydlösung von 1:20000 zu Grunde. Aehnlich wirkte auch auf Elodea eine 0,01proc. Lösung (durch Ver- dünnen des ca. 40proc. Handelsproduktes hergestellt) nach 24 Stunden tödtlich und brachte, was ihren Einfluss auf die Assimilation anbe- trifft, diese in kurzer Zeit zum Stillstande. Bei Concentrationen von 0,0005 — 0,001), aber konnte eine Verminderung der ausgeschiedenen Blasen nicht beobachtet werden, und die Pflanze hielt sich in solchen Lösungen tagelang bei gesundem Aussehen und fortgesetzter Assi- milation. . Es wurde wiederholt ausgesprochen, die‘ Baeyer’sche Theorie könne leider, wegen der grossen Giftigkeit des Formaldehydes, nicht 1) Ref. in Bot. Centralbl. 1894, Bd, 58, 2) Ber. d. d. bot. Ges. 1888, pag. 119, 74 experimentell bewiesen werden, da es sich ja vor allem nicht prüfen lässt, ob überhaupt Formaldehyd zur Stärkebildung verwerthet werden kann. Nun scheint es mir, dass dem bei Elodea bei Anwendung ei einer 0,001proc. Lösung nichts im Wege stehen kann. Das Experimentiren mit einer so schwachen Lösung rechtfertigt sich durch die Theorie selbst. Nach derselben findet eine Ansamm- lung freien Formaldehyds nicht oder nur in sehr geringer Menge') statt, da es alsbald nach seiner Entstehung vom Protoplasma in Be- schlag genommen wird und der Polymerisation zu Kohlehydraten unterliegt. Somit braucht für die Bildung von Kohlehydraten aus Formaldehyd nicht, wie etwa bei der Stärkebildung aus Zucker, erst eine gewisse Concentration desselben in der Zelle erreicht zu werden. Falls ferner das Formaldehyd in den Chloroplasten als erstes Assimi- lationsprodukt direct aus Kohlensäure und Wasser entsteht, ohne dass es bei diesem Processe zur Bildung irgendwelcher in der Zelle ver- bleibender Nebenprodukte kommt, so ist nicht einzusehen, warum die Pflanze nicht ebenso gut das im Experimente fertig dargebotene Formaldehyd verarbeiten sollte. Natürlich muss, damit der Pflanze die genügende Menge Form- aldehyd zur Verfügung stehe, im Verhältniss zur Grösse des Sprosses eine entprechende Quantität der Lösung genommen werden. Das Ein- dringen des Formaldehyds in die Zelle wird durch die Giftigkeit einer z. B. 0,005proc. Lösung bewiesen. Die genügende Haltbarkeit bis zu einem solchen Grade verdünnter Formaldehydlösungen wird da- durch erwiesen, dass eine nur um ein Geringes stärkere von 0,005 %, ihre schädliche Wirkung auf Spirogyra noch ausübte, nachdem sie vorher mehrere Tage am Lichte und in offenen Gefässen gestanden hatte. Zu den Versuchen wurden völlig entstärkte Sprossspitzen von Elodea verwandt; das Entstärken geht schnell und vollständig bei einer Temperatur von ca. 30° und Zusatz von etwas Salpeter vor sich. Die Prüfung auf-Stärke mit Jod wurde stets unterm Mikroskop vor- genommen. Auf einen Pflanzentheil_von 0,02g Gewicht kamen drei Liter einer 0,0005—0,001proc. Lösung. Dazu wurde die Lösung mehrere Male durch neue ersetzt oder weitere 0,0005 %), zugegeben. Da die Möglichkeit vorhanden, dass das Licht nicht nur die Betriebs- 1) Dass sie nur eine geringe sein kann, geht hervor aus Untersuchungen von Curtius und Reinke. Ber. d.d. bot. Ges. 1897, Bd. 15 pag. 201, — Pollaeci, Ref. i. Bot. Zeit. 1900, pag. 154. 75 energie bei der Abspaltung des Sauerstoffs liefert, sondern auch in spätere Phasen des Assimilationsprocesses eingreift, so wurden Ver- suche sowohl im Dunkeln als auch am Lichte angestellt. Die Ver- suche am Lichte wurden unter thunlichstem Ausschluss der Kohlen- säure ausgeführt; da alle Resultate negativ ausfielen, so braucht darauf und auf andere Punkte, die beim positiven hätten berücksichtigt werden müssen, nicht näher eingegangen. zu werden. Sowohl in den im Dunkeln als auch in directem Sonnenlicht ausgeführten Versuchen waren selbst nach fünf Tagen keine’ Spuren von Stärke aufgetreten. Es bleibt nur noch zu bemerken, dass dies nicht daran lag, dass die Versuchsobjecte die Fähigkeit, zu assimiliren oder Stärke zu bilden, verloren hatten. Denn wurden die Objecte in der Formaldehydlösung belassen und in directes Sonnenlicht ge- bracht (in den am Licht ausgeführten Versuchen nach Kohlensäure- zugabe), so trat sofort durch Assimilation hervorgerufene Blasenaus- scheidung auf und die Untersuchung nach 1—2 Stunden ergab reichlichen Stärkeansatz in allen Chlorophylikörpern und Blättern. Obgleich nun Loew!) in Bezug auf den Process der Kohlen- säureassimilation bemerkt, „dass hierbei das erste Assimilationsprodukt Formaldehyd ist, wie Bayer zuerst vermuthete, ist für die meisten Chemiker wohl kaum zu bezweifeln, wenn auch manche Pflanzen- physiologen sich noch ablehnend verhalten mögen“, so muss dem gegenüber eben hervorgehoben werden, dass zur Zeit nicht einmal einwandsfrei erwiesen ist, dass die Chloroplasten aus freiem Formal- dehyd Stärke bilden können und dass auch in einem solchen Falle daraus nicht gefolgert werden kann, dass dies in der Pflanze ebenfalls . normalerweise geschieht.?) " Zusammenfassung der Resultate. Die sich aus vorliegender Arbeit ergebenden wichtigsten Resultate lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen. Die Assimilation wird durch Lösungen neutraler Salze herab- gesetzt. Ausser anderen Factoren spielt hier die rein osmotische Wirkung der Lösungen auf die Zelle eine Rolle, indem die Ver- minderung des normalen Wassergehaltes wie die meisten Lebens- processe, so auch die Assimilation beeinträchtigt. "Die Abnahme ist aber vor Eintritt der Plasmolyse nur eine mässige; ‚sie macht sich 1) Loew, Die chemische Energie der lebenden Zellen, 1899, pag. 43, Anm, 2) Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie Bd. I pag. 340. 76 auf die Blasenentwickelung bei Elodea erst bei ca. 0,1°, KNO; be- merkbar. Plasmolyse ruft eine andauerndere Schädigung der Proto- plasten hervor. Verschiedene Stoffe, wie Salze von Schwermetallen, Alkaloide und Anaesthetica, die in geringen Concentrationen das Wachsthum und die Athmung steigern, wirken auf die Assimilation nicht im gleichen Sinne ein. : Auch bei Wasserpflanzen lässt sich durch eine geeignete Dosis Chloroform die Assimilation vorübergehend sistiren. Die Assimilationsthätigkeit des Chlorophyllaparates wird propor- tional der auf ihn einwirkenden Kohlensäuremenge gesteigert. Wie die Kohlensäure wirken auch die verschiedensten anorganischen und organischen Säuren. Abgesehen davon, dass die Kohlensäure das zu verarbeitende Material für den Assimilationsprocess liefert, ist der Charakter der Säure- und Kohlensäurewirkung auf denselben der gleiche. Das Auftreten geringer Mengen freien Formaldehyds in der Zelle kann von derselben ungefährdet und ohne Beeinträchtigung der Assi- milation vertragen werden. Aber weder im Dunkeln noch im Lichte wird aus dargebotenem Formaldehyd Stärke gebildet, Damit ist natürlich nicht angezeigt, dass im Assimilationsprocesse Formaldehyd überhaupt nicht gebildet wird, wohl aber spricht der Versuch gegen die Anschauung, die im Assimilationsprocesse einfach nur die Bildung von Formaldehyd aus CO; und H;O und die Condensation desselben zu Kohlehydraten sieht. * Die Versuche, welche der vorstehenden Arbeit zu Grunde liegen, wurden im botanischen Institut der Universität Leipzig ausgeführt. Es gereicht mir zur besonderen Freude, hier aussprechen zu können, dass ich mich meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. W. Pfeffer, zu tiefem Dank verpflichtet fühle. Leipzig 1901. Ueber farblose Pyrenoide und gefärbte Elaeoplasten der Diatomeen. Von 6. Mereschkowsky. Hierzu 4 Abbildungen im Text. Der allgemein herrschenden Ansicht nach sind die Pyrenoide der Diatomeen als Gebilde aufzufassen, die im Innern der Endochrommasse eingelagert und von ihr nach allen Seiten umgeben sind. Dieser An- sicht gemäss sollten die Pyrenoide, wenn sie auch an und für sich aus einer farblosen Substanz bestehen, immer als mehr oder weniger ins Gelb gefärbte Körper erscheinen, gleichviel ob man sie von der Fläche der Chromatophoren oder im Profil derselben beobachtet. Und so erscheinen sie auch thatsächlich in weitaus den meisten Fällen: in der Flächenansicht haben sie das Ansehen von hellen, runden oder länglichen Flecken, gewöhnlich durch einen dunkleren Hof umgeben, im Profil erscheinen sie als Ausstülpungen der inneren Fläche der Chromatophoren, welche mehr oder weniger ins Innere ‚der Zelle hineinragen und gelb oder gelbbraun gefärbt sind. Hat man also ein Gebilde vor sich, über dessen Natur man im Zweifel ist, so hätte man nur davon sich zu überzeugen, ob es gefärbt ist oder nicht; im ersteren Falle wäre es als ein Pyrenoid, im letzteren als ein Oel- tropfen oder ein Elaeoplast aufzufassen. Dieser Ansicht nach wären also farblose Pyrenoide ebenso wie gefärbte Elaeoplasten eine Un- möglichkeit. Nun steht aber die Sache in Wirklichkeit nicht so einfach. - Es ist mir gelungen, Thatsachen zu beobachten, die darauf hinweisen, dass einerseits Pyrenoide theilweise oder vollständig aus der Endo- chrommasse heraustreten und eventuell als freie, farblose, der Innen- fläche der Chromatophoren anliegende Körper erscheinen können. Andererseits können Elaeoplasten im Innern der Endochromsubstanz entstehen und dann sich allmählich aus derselben hervorschieben und als Ausstülpungen äusserlich noch von der Endochrommasse umgeben und als gelb gefärbt erscheinen. Fasst man diese zwei Thatsachen zusammen, so scheinen die Pyrenoide und Elaeoplasten ziemlich nahe an einander zu kommen, und es erscheint nicht allzu unmöglich, ‘dass weitere Untersuchungen einen’ genetischen Zusammenhang zwischen diesen beiden Gebilden, in gewissen Fällen wenigstens, zeigen werden. 18 I. Farblose Pyrenoide. Ich beginne mit solchen Pyrenoiden, die theilweise aus dem sie umhüllenden Endochromstoffe hervortreten und deswegen auch theil- weise farblos sind. Fürs erste will ich einen Fall erwähnen, den ich in Californien beobachtet habe. In einer Sammlung, die reichlich das wenig bekannte Achnanthidium (Oymbosira) Agardhii (Kütz.) ent- hielt, fand ich hier ein sehr kleines Exemplar (0,018mm) eines mir unbekannten Achnanthidiums, das durch seine von der Gürtelseite (theilweise auch Schaalenseite). her angesehene keilförmige Gestalt bemerkenswerth war (vielleicht ein verkümmertes A. Agardhü). Wie in allen Arten der Gattung Achnanthidium s. s.?) finden wir hier zwei Paare von Platten, die durch zwei gefärbte Pyrenoide verbunden sind (Fig. 1pr.); es zeigen aber dieselben an ihrem inneren Rande einen Schlitz, aus dem der farblose Pyrenoid theilweise als eine stark glänzende, voll- ständig farblose Masse her- vortritt (Fig. 1f.) Ein zweiter Fail stellt uns die in meinen Etudes sur l’Endochrome des Diato- mödes unter Nr. 11 (I. Th. pag. 7 Taf. I Fig. 26—29) Fig. 1. Achnanthidium sp. pr gefärbter Py- beschriebene Diatomee vor, renoid, f farbloser Theil desselben. die als Olevia tuscula (Ehr.) Mer. zu benennen ist.?) Hier treten die beiden gemeinsamen, das obere und das untere Paar der Platten verbindenden Pyrenoide zuweilen etwas aus der sie umhül- lenden Chromatophorenmasse heraus und erscheinen als farblose, den äusseren und inneren Rand der Chromatophoren etwas überragende Küppelchen, wie dies aus der Fig. 27 (l. c.) ersichtlich ist. 1) Die Süsswasserformen dieser Gattung haben eine gänzlich verschiedene Structur (eine einzige Platte) und müssen deshalb als eine besondere Gattung aufgefasst werden, die am besten den Namen Mieroneis Cl. beibehalten kann, da Cleve diesen Namen den meisten Arten schon in seiner Synopsis of the Navi- culoid Diatoms vorgeschlagen hat. Hierher gehört auch A. lanceolata var. Alle diese Formen sind in meine Gruppe Monoplacatae einzureihen. 2) Als ich diese Form beschrieb, hatte ich noch kein Präparat aus dem Materiale, in welchem ich sie beobachtet hatte, und glaubte wegen der Aehnlichkeit in den Umrissen der Schaale und der inneren Structur mit Mostogloia Smithü in ihr auch eine Mostogloia zu erkennen, Wie ich jetzt aus einem Präparate, das 79 Wenden wir uns nun zu den vollständig farblosen Pyrenoiden, so finden wir sie in ganz ausgeprägter Weise im Genus Okedenia s. em.!) Auf der Taf. VI der Etudes sur l’Endochrome des Diatomedes sind sie bei zwei Arten: O. inflexa (Breb.) Eul. (Fig. 8&—10) und O. pontica Mer. (Fig. 7) abgebildet. Dass diese farblosen Oeltropfen den Pyre- noiden homologe Gebilde sind, kann kaum einem Zweifel unterliegen; es geht dies ebensowohl aus der Constanz ihres Vorkommens als auch aus ihrer Stellung aufs Deutlichste hervor. Hier wie bei den meisten Tetraplacaten ?), von denen ja die Okedenieae nur einen End- zweig bilden, verbinden diese Gebilde je zwei gegenüberliegende Chromatophoren; auch erscheinen sie in der Gürtelansicht (l. c. Fig. 6) als helle runde Flecke in keiner Weise von den Flecken der Achnan- thidium- Arten oder der Scoliotropis latestriata und dergleichen ver- schieden. Diese Beobachtungen über Okedenia inflera und O. pontica stammen freilich von früherer Zeit, als ich noch nicht die innere Structur der Diatomeen zum Hauptgegenstand meiner Studien ge- wählt hatte, dennoch glaube ich mich so ziemlich sicher zu erinnern, dass diese Gebilde wirklich farblos gewesen waren. Leider habe ich keine Gelegenheit gehabt, sie aufs neue zu untersuchen. Ein anderes Beispiel von farblosen Pyrenoiden bietet uns Ach- nanthidium subsessilis Ehr. (nach Cleve A. brevipes var. intermedia Kütz. und A. subsessilis var. parvula Kütz.) dar. Diese letzten zwei Formen sind gleichfalls in meinem Werke: Etudes sur l’Endochrome des Diatomedes abgebildet (Taf.. VI, Fig. 19-22). In diesem Falle hatte ich aber glücklicherweise die Gelegenheit, neulich wieder in Le Havre die A. subsessilis anzutreffen und sie ganz genau hinsicht- lich ihrer Pyrenoide zu untersuchen. Es ist dies allerdings keine ich Herrn E. Thum aus Leipzig verdanke, ersehe, ist es die Navicula tuscula (Ehr.) Grun. Nach ihrer inneren Structur ist es aber keinesfalls eine Navicula, sondern gehört wahrscheinlich zu meinem neuen Genus Clevia, das durch zwei, gelegentlich vier, den Schaalen anliegende Platten charakterisirt ist. Zu Clevia rechne ich alle Naviculae Punctatae und Lyratae, und hierher gehört auch ausser Navicula tuscula noch Navicula abrupta, wie es aus der inneren Structur dieser Art, dieG.Karsten beschrieben hat (Die Diatomeen der Kieler Bucht pag. 67), hervorgeht. 1) C. Mereschkowsky, On Okedenia. Annals and Magazin of Natural History, 1901, ser. 7 vol. VIII pag. 415. 2) Unter Tetraplacaten verstehe ich die meisten mit vier Platten versehenen Raphidieen, nämlich die folgenden Geschlechter: Achnanthes, Achnanthidium, Scoliotropis, Gomphoneis, Mastogloia, Neidium sowie einige Amphora-Arten, die ich in ein neues Genus Tetramphora vereinige (A, ostrearia, A. lineolata, A. acuta, A. decussata). 80 leichte Sache, denn die Frusteln, welche lange Fäden bilden, lassen sich äusserst schwer von einander loslösen und so findet man nur selten eine Gelegenheit, sie in der Schaalenansicht zu beobachten. Ich konnte deshalb nur acht Exemplare genau untersuchen. Das Vor- handensein oder Fehlen einer Färbung des Pyrenoids ist hier auch nicht leicht zu constatiren, denn einerseits ist sie überhaupt sehr hell und andererseits werden die Pyrenoide — bei der leichtesten Neigung der Frusteln seitwärts — durch den Rand der Chromatophoren be- deckt und erscheinen dann jedenfalls gelb gefärbt. Um sicher vor- zugehen, muss die F'rustel absolut symmetrisch mit der Schaalenfläche dem Beobachter zugewandt stehen; wenn dann der ganze Zwischen- raum ap a (Fig. 2) zwischen den beiden Platten c, c vollständig farblos erscheint, kann man mit Sicherheit behaupten, dass das Pyrenoid farblos ist; wenn aber der Theil p auch noch so leicht gefärbt ist, wird diese Färbung durch den Contrast mit den farblosen Stellen a a ce c sofort zu constatiren sein. In dieser Weise ist es mir nun gelungen, in einem Falle mit voller Sicherheit die vollständige Abwesenheit irgend welcher Färbung des Pyrenoids zu constatiren; in sechs Fällen war der Pyrenoid sehr leicht gelb- lich gefärbt und in einem Falle blieb die Sache zweifelhaft. Also kann jedenfalls der Pyrenoid in dieser Art wenigstens in gewissen Fällen von dem Endochrom nicht bedeckt sein. Bei A. brevipes und A. (Cymbosira) Agardhii sind die Pyrenoide stets gefärbt. Diese Beobachtungen sind noch aus dem Grunde von Interesse, weil sie die allgemein herrschende Vermuthung, die Substanz der Pyrenoide sei farb- los, zum ersten Male thätsächlich bestätigen, denn bisher hatte noch keiner diese Substanz im freien Zustande, d. h. von dem Endochrom nicht umhüllt, beobachtet. Ich will hier noch gelegentlich bemerken, dass, obgleich im All- gemeinen die Pyrenoide, wo dieselben vorkommen, für jede Art ein constantes Merkmal bilden, sie dennoch in manchen Arten bald an- wesend sein, bald fehlen können. So habe ich z. B. bei Pinnularia stauroptera Grun. (P) zuweilen längliche centrale Pyrenoide gefunden, die nach ein paar Tagen Cultur verschwunden waren. In ganz frischem Materiale kommt bei Pinnularia mesolepta (Ehr.) constant ein deut- licher Pyrenoid vor, der unter etwas abnormen Verhältnissen ver- Fig. 2. ZweiPlatten (e,e) von Achnanthi- dium in Profilansicht. » Pyrenoid. 8 kümmern und theilweise auch ganz verschwinden kann. Es scheint, dass unter nicht ganz normalen Verhältnissen wie z. B. bei der Cultur in einem sehr kleinen Aquarium, die Pyrenoide an Grösse abnehmen, event. auch ganz verloren gehen können, während umgekehrt die Elaeoplasten unter solchen Umständen ganz bedeutend an Grösse zu- nehmen. Es wäre also eine Wechselwirkung zwischen diesen beiden Gebilden vorhanden, die, wenn durch systematische Versuche bestätigt, einen wichtigen Aufschluss über die noch immer dunkle physiologische Rolle, welche sie im Leben der Zelle spielen, uns darzubieten im Stande sein wird. - 2. Gefärbte Elaeoplasten. Die Elaeoplasten sind von ebenso grosser, wenn nicht sogar grösserer Bedeutung für die Kenntniss der Diatomeen wie die Pyrenoide. Es wäre aber ein grosser Irrthum, sie alle für gleiche Gebilde zu halten, da es sehr verschiedene Arten von Elaeoplasten gibt, denen wahrscheinlich ganz verschiedene physiologische Rollen zuzuschreiben sind. Ich theile die Elaeoplasten in folgender Weise ein: Sparsioplasten veränderlich in Zahl und Lage. Placoplasten Elaeoplasten den Chromatophoren Stabiloplasten anliegend. bestimmt in Zahl und Lage. Libroplasten frei längs der Mittel- linie der Zelle. Gefärbte Elaeoplasten habe ich nun zweierlei Art beobachtet: 1. In einer Navicula aus Californien, die zur Gruppe Fusiformes gehört (vielleicht eine neue Art) sind es Sparsioplasten, die in grosser Anzahl der Innenfläche der beiden Chromatophoren anliegen. Ein Theil derselben ist farblos, die anderen aber erscheinen als kleine Hervorragungen von gelbbrauner Farbe, die zuweilen kopfartig auf dünnen, gleichfalls gefärbten Stielchen ins Innere der Zelle hinein- ragen. Im Uebrigen sind aber die gefärbten Elaeoplasten durchaus nicht von den farblosen zu unterscheiden. Beide entstehen im Inneren der Endochrommasse, während aber die farblosen sich bald vom Endochrom loslösen (Fig. 3), bleiben die gefärbten noch für längere Zeit vom Endochrom umhüllt (Fig. 4). Flora 1903. 6 82 2. Ein zweites Beispiel liegt uns bei Oymbella (Encyonema) ven- tricosa (Kütz.) vor; hier sind es aber Libroplasten, also freiliegende Elaeoplasten, die gefärbt erscheinen. Diese Art ist noch dadurch interessant, dass ihre einzige Chromatophorenplatte nicht auf der Rückenseite der Frustel liegt, wie das allgemein in diesem Genus der Fall ist, sondern auf der Bauchseite, also dieselbe Lage hat wie im Genus Clevamphora!) und mit diesen hat Cymbella ventricosa die zwei längs der Mittellinie der Frustel liegende Libroplasten, die für alle Clevamphora-Arten ein ganz constantes Merkmal bilden gemein.?) Fig. 3. Farblose Elaeoplasten Fig. 4. Gefärbte Elaeoplasten einer Navicula. derselben. el Elaeoplasten, end Endochrom, pl Plasma, ks Kieselschaale. Während aber die Libroplasten dieser letzteren immer farblos sind, erscheinen sie bei Cymbella ventricosa orangegelb oder röthlich ge- 1) Unter diesen Namen verstehe ich alle Arten, die Cleve als Amphora sensu stricto bezeichnet. A. decipiens Cl. scheint auch hierher zu gehören. 2) Diese Eigenthümlichkeiten der inneren Structur von ©, ventricosa bilden wie mir scheint, einen sicheren Beweis, dass Clevamphora von der Gattung Cym- bella abstammt und also zu meiner Gruppe Pyrenophoreae zu rechnen ist, (Zu dieser Gruppe gehören ausserdem folgende Geschlechter: Cymbella, Gomphonema Rhoicosphenia, Anomoconeis, Brebissonia und ein noch nicht beschriebenes neues Genus Placoneis) Keine von den mir bekannten Arten der Gattung Halam- phora besitzt Libroplasten und ich glaube sowohl aus diesem wie auch noch aus anderen Gründen, dass dieses Genus, das mir ein bonum genus zu sein scheint, in keiner näheren Verwandtschaft zu Clevamphora steht. 83 färbt; sie bestehen aus einer Anzahl von Körnern, die, wie es scheint, von einer gemeinsamen Plasmamasse in einem Häufchen zusammen- gehalten werden. Diese gefärbten Libroplasten sind nun keineswegs ein vereinzelter Fall, da schon A. Schmidt bei Oymbella (Encyonema) gracilis Rabenh. röthlich gefärbte Elaeoplasten beschrieben hat!), und zu denselben werden wohl auch die „rothen Körnchen* von Lauterborn, dessen Arbeit mir leider nicht zugänglich ist, zu rechnen sein. Ueberhaupt möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Elaeoplasten ein wesentlicher Theil der inneren Organisation der Diatomeen sind; man sollte sie deshalb bei der Beschreibung der inneren Structur nicht _ ausser Acht lassen und nicht über sie alle als einfache Oeltropfen hinwegkommen, sondern die Sparsioplasten von den Placoplasten resp. Libroplasten 2) unterscheiden. Letztere kommen nur bei den Raphi- deen vor und charakterisiren nicht allein Arten, sondern öfters ganze Genera. So z. B. haben alle Tropidoneis zwei grosse Libroplasten, alle Chevamphora-Arten, wie wir schon oben erwähnt haben, gleich- falls zwei, alle Pleurosigma vier Libroplasten; andererseits aber kommen bei Pinnularia, Epithemia, Mastogloia, Scoliotropis, Achnan- thidium u. a. m. niemals Libroplasten vor. 28. Juli 1909. 11. August 1) A. Schmidt, Atlas der Diatomeenkunde, Taf. 72. Es könnte doch wohl sein, dass Encyonema ein von Cymbella verschiedenes Genus vorstellt, charakte- risirt durch die ventrale Lage der Chromatophörenplatte und die zwei Libroplasten. 2) Dass die Libroplasten keine einfachen Oeltropfen sind, sondern organi- sirte Gebilde, echte Organe, darstellen, geht schon daraus hervor, dass ich in denselben ganz deutliche amoeboide Bewegungen beobachten konnte, was dahin weist, dass diesen Gebilden Protoplasma zu Grunde liegt. Näheres darüber wird der Leser in einer grösseren Arbeit über die innere Organisation der Diatomeen, die ich vorbereite, finden. 6* Bryologische Fragmente. Von Dr. Wilhelm Lorch. Hierzu 10 Abbildungen im Text. l. Vergleichende Entwickelungsgeschichte der Stämmchen- und Ast- blätter von Sphagnum. In den systematischen Werken, besonders in solchen, welche praktischen Zwecken, vor allem dem der Bestimmung dienen, finden mit einer gewissen Berechtigung vorzugsweise die anatomischen und sonstigen Differenzen der Stämmehen- und Astblätter diagnostische Verwendung. Beide Blattarten sind die grössten, welche die Sphagna ausbilden, und deshalb leicht der Untersuchung zu unterwerfen. Die von den Systematikern als isophyll bezeichneten Species sind es, wie ich durch ausgedehnte Beobachtungen, auch an exotischem Material, feststellen konnte, nur scheinbar; wirklicher Isophyllie im anatomi- schen Aufbau der Stämmchen und Astblätter begegnen wir bei keiner Form. Immerhin kann diese von den Sphagnologen eingeführte Bezeichnung bestehen bleiben. Dass die Entwickelung der Stämmchen- und Astblätter sich in einigen Zügen unterscheiden muss, ergibt sich ohne Weiteres aus ihrem meist verschiedenen anatomischen Aufbau. Ich will aber schon jetzt bemerken, dass die Grundzüge der Entwickelung bei beiden die- selben sind.!) Die Angaben der beiden in der Fussnote aufgeführten Werke über diesen Punkt weichen in mehreren Fällen von einander ab; ich komme später hierauf zurück. Im erstgenannten Werke, der „Histoire“ gibt Schimper die Entwickelungsgeschichte so, wie er sie selbst gefunden hatte, im zweiten „Versuch“ dagegen lässt er Hofmeisterreden, dessen Angaben mehrfach mit denen Schimper’s im Widerspruch stehen. Am geeignetsten zur Untersuchung erschienen mir solehe Arten von Sphagnum, in deren Stämmchenblättern „Verbände“ von hyalinen Zellen vorkommen. Um solche handelt es sich nämlich, wenn nicht, wie immer bei den Astblättern, nur eine Wasserzelle von Chlorophyli- 1) Histoire naturelle des Sphaignes par W. Ph. Schimper, pag. 34—37. Paris 1858. — Versuch einer Eintwiekelungsgeschichte der Torfmoose von W. Ph. Schimper, pag. 89—41. Stuttgart 1858. 85 zellen, sondern mehrere von letzteren eingeschlossen werden. Der- artigen „Verbänden“ begegnet man häufig in den Stämmchenblättern von Sphagnum squarrosum Pers., dem fragwürdigen 9. papillosum Lindbg., fimbriatum Wils., Girgensohnii Russ., rubellum Wils., fuscum v. Klinggr. und vielen anderen Arten. Limpricht!) nennt diese Verbände „getheilte“ oder „septirte* Hyalinzellen. Zur entwickelungsge- schichtlichen Untersuch- ung wählte ich jugendliche " TheilederStämmchen-und Astenden von Sphagnum fimbriatum Wils. Fig. 1 und 2 führen in der Ent- wickelung begriffene Par- tieen der Stämmchen- und Astblätter genannter Art vor. Ein vergleichender Blick auf beide Figuren lässt erkennen, "dass von der Regelmässigkeit in der Anordnung der Membra- nen und in der Vertheilung der Chlorophyll- und Was- serzellen, wie sie aus Fig. 1 spricht, bei Fig. 2 keine Rede sein kann. In Fig. 1 habe ich die späteren hya- linen Zellen durch ein liegendes, kleines Kreuz kenntlich gemacht. Die Chlorophylizellen ver- laufen hier in Schrägzeilen von rechts unten nach links oben und von links unten nach rechts oben. Fig. 1. Jugendliches Gewebe des Astblattes von Sphagnum fimbriatum. Die mit einem X be- zeichneten Zellen sind die späteren capillaren Wasserbehälter. Aus den übrigen Elementen ent- stehen die langgestreckten Chlorophylizellen. Mem- branen, die eine Theilung der hyalinen Zellen in zwei oder mehr Theilzellen bewirken, sind nicht angelegt. Bei den Astblättern treten nur unge- theilte Wasserzellen auf. Aus der Segmentation der Scheitelzelle gehen also nur die Membranen für einfache Wasserzellen und die Wände für die diese einschliessenden Chlorophylizellen hervor. Bei Fig. 2 lässt sich diese Anordnung der Chloro- phylizellen an einigen Stellen recht gut verfolgen, besonders gilt dies von dem mit einem kleinen, stehenden Kreuz versehenen assimilatori- 1) In Dr. L.Rabenhorst’s Kryptogamenflora von Deutschland, Oesterreich und der Schweiz. Band IV, Abth, I, pag. 97—1835 und Abth. III, pag. 601-6831. 86 schen Elementen. Keine von den beiden oder mehreren benachbarten Zellen, welche ich mit einem Fragezeichen versehen habe, lässt jedoch irgendwelchen Zusammenhang mit den in Betracht kommenden Schräg- zeilen der Chlorophylizellen erkennen. Die Entwickelung der Stämm- chenblätter muss also in einem Punkte von der der Astblätter ab- - weichen, andernfalls müssten Fig. 1 und 2, was Vertheilung der Chlorophyli- und Wasserzellen. anlangt, vollkommen übereinstimmen. An der Hand von Fig. 2 will ich nun zeigen, wie die hyalinen Zell- verbände zustande kommen. Die Zellen a, 5 c und / gehören zwei von links unten nach rechts oben, die Zellen g, d und e zwei von 87 rechts unten nach links oben sich erstreckende Chlorophylizellenzügen an. Die bedeutende Länge und geringe Breite derselben beweist, dass sie Chlorophylizellen sind und bleiben; auch ihre Vertheilung in dem übrigen jugendlichen Gewebe lässt darüber keinen Zweifel auf- kommen. Aus Fig. 2 ergibt sich, dass die Zellen g, 5, c, d und zwei mit Fragezeichen versehene Zellen umgürten, die durch eine quer durchstrichene Membran von einander geschieden sind. Wir haben einen Verband von zwei Wasserzellen vor uns. Einem solchen begegnen wir auch bei den zwei weiter rechts oben gelegenen Zellen, welehe von den Chlorophylizellen A, i, k, c und d umschlossen werden. Solcher zweizelligen Verbände könnten noch mehrere nachgewiesen werden, doch hat es keinen Zweck, dabei länger zu verweilen. Fassen wir die beiden langgestreckten Zellflächen, welche von je zwei Linien derselben Art (Fig. 2« u. ß) eingeschlossen sind, ins Auge, so erlangen wir auch Klarheit darüber, ob eine der beiden Wasserzellen, die zu cinem Verband gehört, ursprünglich als Chlorophylizelle im Bauplan des Blattes zu gelten hat, oder ob ein ursprünglich zur Wasserzelle bestimmtes Element durch Theilung in zwei Wasserzellen zerfiel. Es steht ausser Frage, dass der letzte Fall vorliegt. In der von links unten nach rechts oben sich erstreckenden Zellfläche, welche durch die aus einfachen Strichen gebildeten Linien ß von dem übrigen Ge- webe geschieden wird, befinden sich die Zellen n (a), p (b), t (ce), x (k), y (), u (d) und q (g) in der Entwickelung zu Chlorophylizellen. Als hyaline Zellen sind die mit den Buchstaben 2, o,r und s, v und w bezeichneten anzusehen. Den Chlorophylizellen n und m, p und g, t und «, x und y entsprechen die Wasserzellen !, o,r und s, » und w. Es geht daraus hervor, dass den jungen Wasserzellen } und o die hyalinen Verbände rs und vw entsprechen. Die Zellen rs und vw sind also aus der Theilung einer ursprünglichen hyalinen Zelle hervor- gegangen. Zu demselben Ergebniss führt die Betrachtung der durch zwei strichpunktirte Linien umgebenen, von rechts unten nach links oben verlaufenden Zellfläche. Die Beziehungen der Chlorophylizellen p und nı, f und e, £ und w, vı und wı zu den hyalinen Zellen mı, 01, r und s, rı und sı treten klar hervor. In den beiden soeben ausführlich dargelegten Fällen handelte es sich um den entwickelungsgeschichtlichen Nachweis, dass schon vor der Streekung der Zellen hyaline zweizellige Verbände im Stengel- blatt von Sphagnum fimbriatum Wils. existiren. Es ist bereits her- vorgehoben worden, dass ein Verband aber auch mehr als zwei Wasser- zellen umfassen kann. Allerdings kommen die zweizelligen Verbände 88 am häufigsten vor, doch stösst man hin und wieder auf drei-, vier-, sogar fünf- und sechszellige Verbände. In dem Abschnitte „Gendse et structure anatomique des feuilles“!) beschäftigt sich Schimper mit der Entwickelung der Wasserzellen und sagt darüber Folgendes: . une division pareille s’opere aussi quelquefois dans les grandes cellules aöriennes, et il n’est pas rare, de les trouver divisdes en deux, trois ou quatre compartiments. Schimper ist zweifelsohne der An- sicht, die Verbände gingen aus einer und derselben Wasserzelle durch Aufführung neuer Wände hervor. Diese Beobachtung ist, wie ich zeigen werde, nur zum Theil richtig. In dem „Versuch einer Ent- wickelungsgeschichte der Torfmoose“, die im Grunde genommen nur eine deutsche Uebersetzung der „Histoire“ ist, beschreibt Schimper jedoch die Entwickelung des Sphagnumblattes, indem er sich die Worte Hofmeister’s zu eigen macht, welcher sich folgendermaassen über die Entstehung der Verbände äussert: Häufig geht, namentlich bei 8. squarrosum, ihrem Auftreten (der Wasserzellen nämlich) eine Längstheilung (und schiefe Quertheilung) vieler der Zellen mit wasser- hellem Inhalt vorher, so dass je zwei Faserzellen neben einander liegen. Hofmeister hat also nur die Entstehung der zweizelligen Verbände studirt. In Folgendem soll nun nachgewiesen werden, dass bei der Entstehung namentlich von fünf- und mehrzelligen Verbänden in der Regel die Chlorophylizeilen betheiligt sind. Da Schimper nur von drei- oder vierzelligen Verbänden spricht, so kann gegen die Richtigkeit der Behauptung, sie gingen aus einer und ‘derselben Wasserzelle hervor, nichts eingewendet werden. Jedenfalls war es Sehimper, der sich sehr eingehend mit dem Studium von Sphagnum beschäftigt hat, nicht entgangen, dass es noch grössere Verbände von Wasserzellen bei den Sphagna gibt. Es liegt kein Grund zur An- nahme vor, dass er hinsichtlich der Entstehung dieser einer anderen Ansicht als der soeben dargelegten gewesen ist. In den oberen seitlichen, dem Rande genäherten oder diesen selbst bildenden Theilen der Stämmchenblätter vieler Sphagnum-Arten begegnet man häufig Reihen von hyalinen Zellen in nicht unbeträcht- licher Anzahl. Sie setzen in der Regel ein Band von Wasserzellen zusammen, das meist dadurch zu stande kommt, dass hin und wieder die Chlorophylizellen ihren Inhalt verlieren und in hyaline Zellen sich umwandeln. Zur Erläuterung wähle ich wieder die Stengelblätter von Sphagnum fimbriatum. Der Saum der Stengelblätter dieser Art 1) Histoire naturelle des Sphaignes pag. 36. 89 ist von der Spitze bis ungefähr zur Mitte mit Fransen versehen, Diese entstehen dadurch, dass ein Theil der Randzellenwände zu Grunde geht, so dass schliesslich die widerstandsfähigeren schmalen Innenwände wie Fransen am Rande hervorstehen. Von ganz gering- fügigen Ausnahmen abgesehen, sind hier alle Chlorophylizellen in den Verband der Wasserzellen mit einbezogen worden, was auch entwickelungsgeschichtlich, wie wir sehen werden, nachzuweisen ist. In Fig. 3 besteht der mit einer punktirten Linie umzogene Verband aus nicht weniger als 11 Wasserzellen; als noch umfangreicher er- weist sich der von einer gestrichelten Linie umgebene Verband hya- liner Zellen; wir haben nämlich hier noch eine ganze Reihe nicht \ gezeichneter (nach oben hin) und zu Grunde gegangener Zellen hin- zuzurechnen. Der aus 11 Zellen zusammengesetzte Verband ist folgender- maassen entstanden. Bei ihm haben sich drei Chloropbylizellen in hyaline Zellen verwandelt, während die ursprünglichen hyalinen Zellen durch Aufführung von je einer Wand, ;, k, ! und m, in zwei Wasser- zellen zerfielen.- Den Chlorophylizellen a, b und c (die kurzen Mem- branen habe ich nicht gezeichnet) entsprechen die Wasserzellen 9, 6 und 3. Aus der Figur ergibt sich ferner, dass die ChlorophylI- zellen, wenn sie in den Wasserzellenverband eingezogen werden, eine 90 sehr bedeutende Vergrösserung erfahren, Wer möchte ohne Weiteres in Zelle 9 die Fortsetzung des Chlorophylizellenzuges a erblicken ? Die Zellen 1 und 2, 4 und 5, 7 und 8, 10 und 11 sind aus der Theilung von je einer ursprünglichen Wasserzelle hervorgegangen. Werfen wir einen Blick auf den Verband im rechts gelegenen Theil der Figur, welcher die Zahlen 1—16 trägt, so wird es nicht schwer, auch hier Klarheit zu erlangen. Die Zellen 2, 5, 4, 6, 8, 9, 17, 10, 12, 13 und 15 sind ihrer Anlage nach Chlorophylizellen, im Laufe der Entwickelung jedoch sind mit den hyalinen Zellen 1, 3, 7, 11, 14 und 16 in den Wasserzellenverband 1—16 hineingezogen worden. Den Chlorophylizellen 2, 6, 9, 12 und 15, die ihrer späteren Function entsprechend, ihr Volumen vergrösserten, entsprechen die Chlorophylizellen d, e, f, g und A. In den inneren Stämmchenblatt- partien betheiligen sich ebenfalls, wenn auch in beschränkterem Maasse, die Chlorophylizellen an der Bildung grösserer Wasserzellenverbände. In Fig. 4 (Sphagnum fimbriatum Wils.) setzt sich das Blattgewebe aus Chlorophylizellen und einer grösseren Anzahl zwei-, drei- und vierzelliger „Verbände“ von Weasserzellen zusammen. Der Nachweis, dass hier auch nur in einem einzigen Falle Chlorophylizellen zu capillaren Wasserbehältern geworden sind, ist nicht zu erbringen. Fünf- und mehrzel- lige Verbände gehören zu den Seltenheiten. An Hand der Fig. 5 (8. fimbriatum Wils.) ist leicht darzulegen, dass in dem einen Verband eine Zelle, und zwar die mit c bezeichnete, ihren assimilatorischen Charakter aufgegeben hat und zur Wasserzelle geworden ist. Sie bildet die Fortsetzung der ganz unvermittelt in den Verband vor- springenden Chlorophylizelle d. In der anderen sechszelligen Ver- einigung haben zwei COhlorophylizellen, 5 und a, ihren Inhalt verloren und sich in Wasserzellen umgewandelt. Die Zellen a, db, ce und d gehören in einen und denselben Chlorophylizellenzug. Vollständig den Charakter der Chlorophylizellen haben also verloren die Zellen a und 5, ihre Membranen sind wie die übrigen Wände der hyalinen Zeilen in eigenthümlicher Weise gebogen und zu einem rein mecha- nisch wirkenden Theil des Verbandes geworden. Fig. 6 stellt eine Partie jugendlichen Gewebes aus dem linken oberen Blattheil (Stämmchenblatt) von S. fimbriatum dar. (Diese Figur ist bei sehr starker Vergrösserung vermittelst des A bb e’schen Zeichen- 9 apparates hergestellt, zum Zwecke der Veröffentlichung in dieser Zeit- schrift aber entsprechend verkleinert worden.) Eine Streekung hatte noch nirgends im Blatte stattgefunden, seiner Anlage nach jedoch war das Blatt als fertig anzusehen. Die Randzellen und die angren- zenden Partien gehen später in der schon geschilderten Weise zu Grunde, es entstehen dadurch die Fransen. Wir können genau ver- folgen, welche Zellen als Chlorophyll- und welche als Wasserzellen entwickelungsgeschichtlich zu gelten haben. Ich habe die ersteren mit c, die- letzteren mit h bezeichnet. Im fertigen Blatt ist von dieser noch ziemlich grossen Regelmässigkeit in der Vertheilung des Assi- milations- und Wassersystems nichts mehr zu bemerken, da ein grosser Theil der Chlorophyilzellen eine Um- wandlung in Wasserzellen erfahren hat, Sehr instructiv ist Fig. 7. Sie gibt entwickelungsge- schichtlich Aufschluss über die Entstehung solcher Ver- bände, in denen eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Chlorophyll- und Wasser- zellen sich zu einem band- förmigen Verein capillarer Räume zusammenfügen. (8. auch Fig. 3: 1—12 und 1—17.) Es ist natürlich un- möglich, auf Grund der Lage Fig. 6. ° und Vertheilung der Zellen dieser Figur die künftigen Verbände zu construiren, denn wir ver- mögen nicht mit Bestimmtheit anzugeben, welchen Gang die Ent- wiekelung in jedem einzelnen Falle nimmt. Im oberen Theile der Figur sehen wir zwei Verbände von je zwei Wasserzellen; es ist hier keine Chlorophylizelle zur Bildung eines Verbandes herangezogen worden, wie aus der Lagerung der Chlorophylizellen klar ersichtlich ist. Im mittleren und unteren Theile des. Gewebecompiexes, der im 92 fertigen Blatte ungefähr die mittlere Seitenfläche einnehmen würde, also diejenige Partie des Blattes, in der die in Fig. 3 gezeichneten hyalinen Zellverbände vorkommen, finden wir uns nicht so leicht zu- recht, weil an mehreren Stellen durch Aufführung besonderer Wände Complicationen enstanden sind. Durch das Blatt ziehen sich von oben nach unten vier (1, 2, 3, 4) deutlich zu verfolgende (die äusserste Reihe links ist nicht vollständig gezeichnet) Chlorophylizellreihen. Zwischen den Reihen 2 und 4 sind durch Aufführung von Membranen mehrwärts zweizellige Hyalinverbände entstanden. Aus der Figur geht weiter hervor, dass die Chlorophylizellen ebenfalls einer Theilung fähig sind (Zug 3cc) sowohl durch an- tikline (b), als auch durch perikline (a) Wände. Im fertigen Blatte liegen nun niemals zwei Chlorophyli- zellen wie im jugendlichen Gewebe neben einander, wir finden stets nur eine Chloro- phylizelle als theilweise Ab- grenzung eines Verbandes oder einer einzigen Wasser- zelle.e Es muss also eine der beiden Zellen, die durch eine antikline oder perikline Wand von einander geschie- den sind, zur Wasserzelle werden. Wenn wir uns vor- Fig. 7. stellen, der zwischen Reihe 2 und 3 liegende, aus Chloro- phyll- (c) und Wasserzellen (R) bestehende Gewebecomplex bilde schon einen Theil des fertigen Blattes, so erhalten wir ein Bild etwa von dem Aussehen des hyalinen Verbandes 1—11 in Fig. 3, mit dem einzigen, aber unwesentlichen Unterschiede, dass wir es bei letzt- genannter Figur mit der rechten Blattseite, bei Fig. 7 dagegen mit der linken Flanke des Blattes zu thun haben. Wir sehen olıne Weiteres ein, dass ohne Einziehung von Chlorophylizellen und deren Umwandlung in capillare Wasserbehälter ein so umfangreicher Ver- band nicht entstehen kann, 95 Wir können noch auf einem anderen Wege nachweisen, dass Chlorophylizellen oft in den Verband der Wasserzellen übertreten. Färbt man junge, in der Streckung begriffene Stämmchenblätter von S. fimbriatum, so gibt uns der Grad der Färbung genau an, welche Chlorophylizellen aus dem Assimilationssystem ausscheiden. Die Wasser- zellen, welche schon eine ziemlich bedeutende Erweiterung erfahren haben, nehmen nur geringe Farbstoffmengen auf, sie erscheinen als blasse Felder zwischen den dunkleren Zügen der Chlorophylizellen. Aber auch zwischen diesen besteht ein Unterschied in der Tinction. Die in den Verband übertretenden Chlorophylizellen geben ihren In- halt ab und erscheinen deshalb weniger intensiv tingirt als die per- sistirenden Chlorophylizellen. il. Entstehung der Perforationen bei den Stämmchenblättern einiger $phagna. Die Resorptionen, welche man an den Aussenwänden der Wasser- zellen bei den Blättern der Sphagna beobachtet, kann man in zwei ziemlich scharf von einander geschiedenen Kategorieen unterbringen. Die eine umfasst diejenigen Membranlücken, welche die Gestalt, die sie bei Vollendung ihrer Entwickelung besassen, dauernd beibehalten, in die andere Kategorie dagegen gehören alle diejenigen Fälle, bei denen die fertigen Perforationen in nichts mehr an den ursprünglichen Zustand erinnern. Die Astblätter besitzen ausschliesslich Löcher der ersten Art; es entsteht an den Aussenwänden der Wasserzellen vor Beseitigung des eingeschlossenen Wandstückes eine Schwiele, die auch weiterhin keiner Gestaltänderung unterliegt. Anders verhält es sich mit den grossen Poren, wie sie ungemein häufig an den Aussenwänden der Stämmchenblattwasserzellen zu beobachten sind. Oft finden wir bei letzteren eine vollständige Resorption der Aussenwände, bei an- deren ist oft nur ein schmaler Randsaum vorhanden, wieder andere zeigen eine Vielgestaltigkeit der Perforationen, wie sie grösser nicht gedacht werden kann. In der Litteratur, die mir zur Verfügung stand, habe ich nirgends eine bildliche Darstellung der gestaltenreichen Membranlücken gefunden, wie wir sie beispielsweise nach einer Tinetion mit Methylenblau oder Methylviolett an den Aussenmem- branen der Wasserzellen der Stämmchenblätter von Sphagnum com- pactum und eymbifolium prachtvoll unter dem Mikroskop hervortreten sehen. Die beiden Figuren 8 und 9 mögen eine Vorstellung von der Formenmannigfaltigkeit der Membranlücken geben. In den Abbil- dungen fehlen die kurzen Wände der Chlorophylizellen, ich habe sie 94 absichtlich weggelassen, damit die Gestalt der Perforationen um so schärfer hervortritt. Wenn man die Perforationen an den Ast- und Wasserzellen der Blätter von Sphagnum squarrosum oder cymbifolium vergleicht, so kann, sobald man das entwickelungsgeschichtliche Moment in Betracht zieht, leicht der Verdacht rege werden, es möchten die vollständigen Resorptionen z. B. an den Aussenmembranen der Stämmchenblatt- wasserzellen von Sphagnum squarrosum (im oberen Blatttheil sind solche leicht nach einer Tinction festzustellen) nicht den ursprüng- lichen, durch die Entwiekelung gegebenen Zustand darstellen. Von Fig. 8. Sphagnum eymbifolium, Partie \\ aus dem oberen Theil eines Stämmchen- Fig. 9. Sphagnum compactum, Obere blattes. Partie eines Stengelblattes, der Annahme, dass es so sei, ausgehend, untersuchte ich jugendliche Blätter des Stämmchens der beiden genannten Arten und fand, dass in der That die Form der fertigen Pore in nichts mehr an die Gestalt der ursprünglichen Perforation erinnert. Es sei ausserdem bemerkt, dass die Gestalt der primären Perforationen an den jugendlichen Wasserzellen beider Arten durchaus eigenartig ist; ich erinnere mich nicht, jemals bei irgend einer Sphagnumart derartige Durchbohrungen der Membranen gesehen zu haben. Ein nicht geringes Interesse be- ansprucht ferner die Thatsache, dass die ursprüngliche Perforation 95 ihrem Umriss nach in engster Beziehung zur Gestalt der Aussenwand der hyalinen Zellen steht (Fig. 10). So fand ich, dass in Zellen, deren Aussenwände bedeutend länger als breit sind, die ursprünglichen Per- forationen eine dementsprechende Gestalt besitzen. Ausserdem ent- spricht die Lage der grösseren Achse der primären Membranlücke bei später mehr länger als breiten Aussenwänden stets der Längsrichtung dieser letzteren (Fig. 10). Dass diese Poren als die wirklich ursprüng- lichen angesehen werden müssen, beweist der Umstand, dass sie von einer sehr gut ausgebildeten Schwiele umgeben sind (Fig. 10). Perforationen von der Gestalt der in Fig. 10 dargestellten kommen in den fertigen Stämmchenblättern von 8. eymbifolium niemals vor. In den oberen, mehr rhombischen Wasserzellen dieser Art hatten die ursprünglichen Löcher die Gestalt eines Kreises bezw. einer Ellipse. Schreiten die Wasserzellen in ihrer Entwickelung fort, so verwischen sich die ursprünglichen Verhältnisse, es kommen weitere Wandtheile in Fortfall, so dass das tingirte Blatt schliesslich von der Aussenfläche betrachtet das Bild der Fig. 8 liefert. Die Entwiekelungsgeschichte der Stämmchenblätter verschaffte auch Klarheit darüber, auf welcher Seite derselben zunächst die Poren entstehen. Es ist die Unterseite, in der Knospenlage der Blätter die äussere und convexe. Aufder con- caven Oberseite findet. man erst Fig. 10. 8. cymbifolium. Hyaline Zellen und umgebende Chlorophylizellen aus einem jungen Stämmchenblatt. Entsteh- ung der Perforationen. Die Gestalt der- selben richtet sich nach der Gestalt der hyalinen Zelle und nach der Richtung der Lüngsaxe derselben. Diese Perforationen sind stets mit gut ausgebildeter Schwiele versehen. Später vergrössert sich die Perforation bedeutend, indem eine wei- tere Resorption der Membran eintritt, Die spätere Schwielenumgrenzung ist in den oberen mehr vierseitigen (rhomboi- dischen) hyalinen Zellen deutlich zu sehen. später solche. In meinen „Beiträgen zur Anatomie und Biologie der Laubmoose“ !) bemerkte ich, dass ich niemals den Austritt protoplas- matischer Massen aus den Poren sich entwickelnder Wasserzellen be- 1) Flora oder allgemeine bot. Zeitung 1901. Ergänzungsband pag. 451. 86 obachten konnte. Ich bin jetzt der. Ansicht, dass doch durch die ur- sprüngliche Pore ein Theil des Zellinhaltes austritt. Erstens ist es mir unverständlich, warum die Perforationen nicht sofort in ihrer späteren Gestalt entstehen — ich nehme an, dass durch die primäre Pore der überflüssige Zellinhalt entweicht —, und. zweitens vermag ich mir nicht die Herkunft von Anhäufungen an der Aussenseite der Blätter zu erklären, welche in ihrer Zusammensetzung und ihrem Aussehen nach vollkommen mit den Restbeständen des noch eingeschlossenen Zellinhaltes der hyalinen Elemente übereinstimmen. Die einseitige Entstehung der Poren im jungen Stämmchenblatt muss wohl als der ursprüngliche Zustand angesehen werden. Biolo- gisch ist diese Einrichtung, wie ich darlegen werde, auch ganz gut verständlich, ebenso wie die Hervorbringung der primären, mit einer - vorzüglichen Schwiele ausgestatteten Perforationen. Die mechanische Festigkeit des Stämmchenblattes ist wie die der Astblätter im jugendlichen Zustande noch eine äusserst geringe. Stellen wir uns vor, es entständen auf beiden Seiten des Blattes an allen Wänden der Wasserzellen grössefe Membranlücken oder es träte gar vollständige Wandresorption ein, so wäre der Zusammenfall des Blattes unvermeidlich. Unmöglich gemacht wird letzterer jedoch dadurch, dass nur einseitig kleinere und wohl ausgestattete Perforationen geschaffen ‘werden, so dass die andere Blattfläche ganz intakt bleibt. Die hyalinen Zellen lassen in Vereinigung mit den Chlorophylizellen einen Vergleich mit den Zellen der Bienenwabe zu, die alle einer gemeinsamen Wand angefügt sind. Allerdings würden die Zellen der Bienenwabe auch beim Fehlen der gemeinsamen Wand nicht zusammenfallen, da sie durch die starren Wände der sechsseitigen Säulen hinreichend gefestigt sind. Nimmt man aber an, sie. seien wie die jugendlichen schmalen Seitenwände der Wasserzellen (zugleich Innenmembranen der Chloro- phylizellen) dünn und biegsam, so müsste das Gebäude 'zusammen- fallen. Dies wird bei den jugendlichen Stengelblättern der Sphagna durch die Wand der Oberseite verhindert. Es sei noch bemerkt, dass es mir an fertigen Stengelblättern vieler Sphagna nicht gelingen wollte, an der Oberseite eine Perforation _ nachzuweisen, z. B. bei unserem häufigen 9. cymbifolium, bei dem tropischen $. Itatiaiae, S. oxyphyllum u. a. Bei Vornahme von Tinc- tionen machte ich ausserdem die Beobachtung, dass die Fähigkeit der "Aussenmembranen der Wasserzellen, Farbstoffe zu speichern, sehr verschieden ist. Bei $. cymbifolium z. B. färbten sich die oberen Membranen bei Zuführung von Methylenblau fast gar nicht, sehr stark 97 dagegen nahmen die Membranen der Blattunterseite den genannten Farbstoff auf. Sehr schön tritt dies auch bei Tinction mit Methyl- violett hervor. Für diese Erscheinung können zwei Erklärungen ge- geben werden: Entweder sind die oberen Wände dünner, als die unteren, speichern demzufolge weniger Farbstoff, oder aber es besteht zwischen den Membranen eine stoffliche Verschiedenheit. Wenn man bedenkt, dass im jugendlichen Blatt die Entwickelung der Poren zu- nächst an der Unterseite sich vollzieht, so hat die letzte Erklärung einen grösseren Grad von Wahrscheinlichkeit für sich. An jungen Blättern, die z. B. im oberen Theil halb fertig waren, machten sich solche Färbungsunterschiede an beiden Blattseiten nicht bemerkbar. Rudicularia, ein neues Genus der Valoniaceen. Von . F. Heydrich, Hiezu 4 Figuren im Text. Rudicularia gen. nov. Diagnose des Genus. Der schwach inerustirte Thallus besteht aus einer fadenförmigen, an bestimmten Einschnürungsstellen verzweigten Zelle, an deren cen- traler Hauptaxe in regelmässigen Zwischenräumen quirlständige Aest- chen sich befinden. Hauptaxe und Aestehen verschieden. Die Rhizoiden sind nicht durch Querwände vom Hauptstamm abgegrenzt. Fortpflanzung durch Aplanosporen und durch vegetative Theilung. Rudicularia penicillata spec. nov. - Habitus. Der Thallus besteht aus einer einfachen oder in den oberen Theilen 1—2mal verzweigten, 3—5em hohen Mittelaxe von ®/ımm Dicke. An jeder sechsten oder siebenten Einschnürung trägt die Axe einen dichten, pinselförmigen Wirtel von vier bis fünf regel- mässigen, dicho- bis polychotom verzweigten Aestchen. Diese Wirtel- ästchen, welche 6—10mal sehr regelmässig dichotom verzweigt sind, setzen sich aus kurzen Zelleinschnürungen zusammen, welche an der Flora 1903. 7 98 ’ Basis gleich dem Durchmesser sind, oberhalb aber das Fünffache desselben betragen; in den Spitzen verdünnen sie sich bis zu 100p. Fig. 1—4. Rudicularia penicillata sp. nov. Fig. 1. Einzeln herauspräparirter Thallus in natürlicher Grösse. Der ganze Thallus- complex besteht aus 6—10 solcher Exemplare, welche mit ihren Wurzeln dicht in einander sich verfilzen. » 2. Junge Pflanze, etwa 10fache Lupenvergrösserung. . „ 3. Stück eines unteren Theiles eines Quirlästehens. Die beiden mittleren Zeil- einschnürungen haben die protoplasmatische Verbindung verloren, sie bilden daher neue Wurzeln oder neue Individuen. Zeiss Oc. 2, Obj. D. = 29/,. „ 4. Aplanosporen-Bildung? Auf der Oberfläche der Zellhaut hat sich eine kugelförmige Blase gebildet, aus welcher eine soeben keimende Spore entspringt. Zeiss Oc. 2, Obj. D, — %0},. Sechs bis acht Individuen verbinden sich durch ihre Rhizoiden zu einem Ganzen (siehe Fig. 1). Die Rhizoiden (siehe Fig. 2), welche in den Hauptverzweigungen so dick wie die Centralaxe sind, befinden sich an Stelle oder dicht unterhalb eines Wirtels; sie sind bis zu 4cm lang, reich verzweigt und bis auf 40 in den Spitzen verdünnt, 99 Die Zelle, Die ganze Pflanze besteht, wie schon die Diagnose des Genus besagt, aus einer einzigen Zelle, welche mannigfache Einschnürungen erleidet, aber nur an ganz bestimmten Stellen Querwände bildet. Die Einschnürungen der Haupt- und Nebenaxen sind nicht so tief wie diejenigen der Aestchen; denn während die der Axe den Chlorophyll- körnern in grosser Masse einen bequemen Durchgang gestatten, ziehen sich die Membranen der Aestchen so eng zusammen, dass kaum ein Chlorophylikörnchen hindurch kann. An manchen Stellen konnte kaum eine Verbindung nachgewiesen werden; indessen mit Hilfe von geeigneten Tinctionsmitteln war immer ein kleiner Kanal zu erkennen, Einer eigenthümlichen Einschnürung müssen wir gedenken, wie sie bei den Valoniaceen nicht selten vorkommt. An manchen Einschnü- rungen der kleinen wirtelförmigen Aestchen bildet sich eine ring- förmige Verdickung, durch welche häufig eine vollkommene Trennung herbeigeführt wird. Im Allgemeinen ist der Kanal in den fast kugeligen Zellen der Basis der Quirlästchen am engsten, in der Hauptaxe am weitesten. Die Rhizoiden treten später, wenn auch nicht an allen Wirtel- ästchen, so doch an den meisten auf und wachsen in grosser An- zahl zwischen den pinselartigen dichten Aestehen der darunter liegenden Wirtel hindurch, so dass sie in gewissem Sinne zur Be- festigung der ganzen Anlage beitragen. Sie erinnern unwillkürlich in ihrer Folge an die Rhizoiden von Anadyomene, wie sie von Agardh?) und mir?) früher abgebildet sind. Während in der Haupt- und Nebenaxe sowie in den Aestchen die Einschnürungen mit grosser Regelmässigkeit auftreten, unterbleiben sie oft in den Rhizoiden, weshalb bei diesen lange Strecken ohne Ein- schnürungen vorkommen, Die Entstehung dieser Rhizoiden ist überhaupt eine ziemlich merkwürdige und ihr Wachsthumsmodus ist eng verknüpft mit der vegetativen Vermehrung der Pflanze. Die Rhizoiden und die vegetative Vermehrung. Wird ein Wirtelästehen zerlegt, so erkennt man an den kugel- förmigen untersten Einschnürungen (siehe Fig. 3), da wo sie der Haupt- r 1) J. Agardh, Till Alg. Syst. pag. 128 Taf. I Fig. 8. . 2) F.Heydrich, Beitr. zur Kenntniss der Algenflora von Kaiser-Wilhelms- Land, Ber. d. d, bot. Ges. 1892, pag. 468, 464 Taf. 24, Fig. 1 und 5. " \ T7* 100 axe am nächsten stehen, häufig Wandbildung und eine vollständige Unterbrechung des Protoplasmas. Die darüberliegenden Zelltheile werden naturgemäss hierdurch nur sehr kümmerlich ernährt; würde nun dieser Zustand längere Zeit dauern, so wäre wohl ein Absterben unvermeidlich. Dies wird aber dadurch verhindert, dass die dar- überliegende Einschnürung Rhizoiden bildet, wodurch die Ernährung wieder einsetzen kann und ein selbständiges Exemplar geschaffen wird. (Vgl. Fig. 3 und 2.) Aus den übrigen isolirten Zellen wachsen nach unten gleichfalls 3—4 dicke Rhizoiden, und nach oben ebenso viele subdichotome Aestchen, die nach und nach eine centrale Axe bilden und so.ein neues Individuum schaffen. (Vgl. Fig. 2, 3.) Hierbei müssen wir noch einer anderen Rhizoidenbildung ge- denken, und zwar derjenigen, die an den äussersten Spitzen der Wirtelästchen eintritt. Hier entstehen die Rhizoiden aus einer uhr- glasföormigen Wölbung der äussersten Membranschicht, welche bald aufplatzt, wonach aus den tieferen Theilen dieser Schicht die zarten Rhizoiden hervorsprossen. Akineten? Nachdem wir der vegetativen Vermehrung gedacht haben, muss noch eine andere Bildung erwähnt werden, die ungemeine Aehnlich- keit mit Akineten resp. Aplanosporen besitzt. An den unteren Quirl- ästchen, da, wo die Rhizoiden sich bilden, findet man bisweilen proto- plasmatische Zusammenziehungen, die von dicht zusammengedrängten Chlorophylikörnern umgeben sind. Gleichzeitig trifft man in dieser Gegend, der Zellmembran aussen aufsitzend, an rundliche Zellkörper von der Grösse einer jungen Rhizoidenausstülpung, welche aufplatzen und je eine Aplanospore hervorbringen, die sofort zum Keimprozess schreitet, wie dies Fig. 4 zu veranschaulichen sucht. Diese Beobach- tung, so geringe Sicherheit sie bietet, wird doch für die Erkenntniss der Vermehrung dieser Gruppe nicht ganz von der Hand zu weisen sein, da auch sonst vielfach derartige Bildungen beobachtet werden. Ich erinnere nur an das bekannte Bild von Kützing!), welches sowohl Hauck?) wie Wille?) reproduciren. Eine ähnliche Erschei- 1) Kützing, Tab. Phyo., Bd. 7 Taf. 19. 2) Hauck, Meeresalgen, Fig. 211. 3) Wille, in Engler u. Prantl, Die natürl. Pflanzenfamilien, I, II, pag. 143, Fig. 94B, 101 nung konnte ich bei Anadyomene Wrightii!) sowie Spongocladia ?) beobachten. Vergleiche mit Apjohnia Harvey und andern Genera. Für die Beurtheilung der Frage, ob hier eine Apjohnia vorliegt, ist die Diagnose Harvey’s maassgebend. Nach dieser soll der Thallus dicho-polytomisch verzweigt sein, einzellig, aber mit starken Einschnürungen an den Verzweigungsstellen; die Aeste in verschie- dener Ordnung ähneln dem Hauptstamme und haben gleich diesem am unteren Theil dichte, ringförmige Einschnürungen. Nun ist aber zunächst bei der japanischen Alge der Thallus nicht dicho-polytomisch verzweigt, sondern die Hauptaxe verzweigt sich häufig gar nieht oder höchstens ein- bis zweimal unregelmässig in den oberen Theilen. Weiter sollen aber sowohl die Einschnürungen der Hauptaxe als auch die Verzweigungen der Aestchen der Haupt- axe gleichen. Beides trifft auch wieder nicht zu, da die Einschnü- rungen der Hauptaxe bei der vorliegenden Species gleich weit von einander entfernt sind und die Aestchen einen ganz anderen Ver- zweigungsmodus als der Hauptstamm aufweisen. Aber ein noch wich- tigerer Unterschied kommt hinzu: dies sind die Rhizoiden. Die Haft- organe von Apjohnia gleichen in der Hauptsache mehr solchen von Valonia oder Struvea, diejenigen der Pflanze von Loochoo aber denen von Caulerpa, in der Wiederholung aber denen von Anadyomene. Die Rhizoiden bilden sich aber nicht nur an der Oentralaxe dicht unter der wirtelständigen Verzweigung der Aestchen, sondern auch an den Spitzen der dichten Aestchen, was bei Apjohnia nie vorkommt. Ausserdem treten an den Protoplasma-Unterbrechungen Rhizoiden auf, wodurch ein vollständiges Individuum geschaffen wird, was bei Apjohnia gleichfalls unterbleibt. Nach all diesen. Ausführungen erscheint eine Einreihung unter Apjohnia unstatthaft, Vorkommen: Loc. Kerama, Loochoo Island, Japan. (Kuroiwa, Mus. bot. Berol. Nr. 30.) 1) Heydrich, Beitr. zur Kenntniss der Algen von Kaiser-Wilhelms-Land, Ber. d. d. bot. Ges. 1892, pag. 461 Taf. 24 Fig. 1—5. 2) Heydrich, Algen von Ostasien. Hedwigia 1894, pag.267 Taf. 14 Fig.9—11- ” Versuche über die Luftdurchlässigkeit der Zellwände von Farn- und Selaginella-Sporangien, sowie von Moosblättern. Von 6. Steinbrinck. Hierzu Tafel V, I. Einleitung. Im Verlaufe fortgesetzter Untersuchungen über das „Schrumpfeln*® von Pflanzenzellen habe ich bereits früher Gelegenheit gehabt, in Kürze über einige Versuche zu berichten, die sich auf die Luftdurch- lässigkeit der Zelliembranen von Hollunder und Sonnenrosenmark, sowie von dem „fibrösen“ Gewebe der Antherenfächer bezogen. ') Die Ergebnisse derselben standen mit Beobachtungsresultaten, die im Jahre 1889 von Wiesner und Molisch veröffentlicht sind,?) nicht im Einklang. Denn während die Cellulosehäute nach diesen beiden Forschern die Luft weder im lebenden noch im todten Zu- stande der Zellen, und weder trocken noch durchfeuchtet, filtriren oder diffundiren lassen sollen, gelangte ich zu dem Schlusse, dass solche Membranen in mehreren der erwähnten Fälle im Gegentheil in hohem Masse luftdurchlässig sein müssten. Ich stützte mich dabei vornehmlich auf Erfahrungen, die ich mit Hilfe der Luftpumpe ge- wonnen hatte. Auf Grund einer anderen Methode war Schrodt hinsichtlich der Annuluszellen von Farnsporangien schon früher zu einem entsprechen- den Resultate gekommen.?) Diesen Zellen sind nämlich ebenfalls luftundurchlässige Membranen zugesprochen worden, weil sich, wenn sie im ausgetrockneten Zustande mit Wasser in Berührung kommen, ihre Lumina auffällig rasch wieder mit Wasser füllen. Liegt ja doch zur Erklärung dieser Erscheinung nichts näher als die Annahme, dass dieselbe durch einen Ueberdruck der atmosphärischen Luft bewirkt werde und dass demgemäss die Blasen, die in Wasser innerhalb der Zelllumina sichtbar sind, in Wirklichkeit nichts anderes als leere oder doch sehr luftverdünnte Räume darstellen. Um diese Auffassung zu 1) Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1900, XVIIL, 275—285. 2) Unters. über d. Gasbewegung in der Pflanze. Ber. d. Wiener Acad. d, Wiss. 1889, Bd. 98, Abt. I pag. 670 ff. 3) Ber. d. deutsch, bot. Ges. 1898, XVI, pag. 322—330, / 103 prüfen, hat Sehrodt auf die Farnannuli, während er sie unter dem Mikroskop vor Augen hatte, concentrirte Schwefelsäure einwirken lassen. Seine Entscheidung machte er nun davon abhängig, ob jene Blasen, wenn die umhüllende Membran von der starken Säure durch- brochen wird, sehr rasch schwinden oder längere Zeit ausdauern und event. aus den Lumina ausgestossen werden. Seine Beobachtungen ergaben das Letztere und sprachen somit gegen die Annahme luft- leerer Zellräume. Es ist aber nicht zu verwundern, dass diese Schlussfolgerung z. Th. mit Misstrauen aufgenommen worden ist. Im Hinblick auf die beschränkte Löslichkeit der Luft in Wasser darf man ja mit Recht Aufklärung darüber wünschen, durch welche Umstände denn in diesem Falle die auffallend rasche Absorption der Binnenluft der Zellen be- werkstelligt werden sollte. Ueberdies lassen sich ferner die Bedenken geltend machen, ob die persistenten Blasen des Schro dt’schen Ver- suches nicht vielleicht bei der Zerstörung der Zellwandungen aus ihrem Inneren auf physikalischem Wege entbunden!) oder ob sie nicht, statt aus Luft, aus einem gasförmigen chemischen Zersetzungsprodukt der organischen Substanz mit der Schwefel- säure gebildet sein könnten. Diesen Erwägungen habe ich besondere Beachtung gewidmet, als ich auf Veranlassung des Herausgebers dieser Zeitschrift zunächst auch die Klappen der Selaginella-Sporangien auf den Luftgebalt ihrer Zellen zu prüfen unternahm. Diese erwecken nämlich in ausgetrocknetem Zustande durch die rasche Wasserfüllung ihrer Lumina ebenfalls den Verdacht der Luftleere. Trotzdem konnte ich bei aller Sorgfalt der Kritik bei ihnen auf Grund der Schwefelsäureprobe zu keinem anderen Resultate gelangen als einem solchen, das Schrodt’s Ergebnissen an Farnannuli entsprach. Als ich diesen Schluss jedoch mit Hilfe von Luftpumpenversuchen zu bekräftigen suchte, führten dieselben nicht zu einem unzweideutigen Ergebniss. Immerhin schienen diese Versuche anderseits geeignet, die Auffassung in Zweifel zu stellen, dass die rasche Blasenverdrängung 1) Verkorkte Membranen nehmen in ihrer Substanz nach Böhm (vgl. Wies- ner und Molisch 1. e. pag. 695), verholzte nach Claussen (vgl. Flora 1901 Bd. 88 Heft III pag. 20, 21 u. a, des Sonderdruckes) beträchtliche Quanta von Luft oder Gasen auf. Auch bei Gallerten hält Quincke die Absorption von erheblichen Lufimengen durch ihre festen oder flüssigen Schaumwände für wahr- scheinlich. Diese Luft soll schon bei Wasserzusatz in Blasen austreten können. (Sitzgsber. d. Berliner Akad. d. Wiss. 1901 Bd. 38 pag. 865.) 104 bei den Farnannuli und Selaginella-Sporangien auf dem Ueberdruck der äusseren Luft beruhe. Sie deuteten ausserdem darauf hin, dass unsere Kenntnisse über diese nikrophysikalischen Verhältnisse noch nicht hinreichend geklärt sind, und dass uns vielleicht auf diesem Gebiete noch ähnliche Ueberraschungen bevorstehen, wie sie uns von Brown und Escombe!') hinsichtlich der Diffusion von Gasen durch poröse Scheidewände zu Theil geworden sind. Ein geeignetes Object zum weiteren Studium dieser Fragen schie- nen mir nun die Zellen von Moosblättern zu bieten. Denn zunächst sind sie als Objecte bekannt, bei denen die Wasserfüllung der Lumina oft noch ungemein viel rascher vor sich geht als in den vorher er- wähnten Fällen; ausserdem empfehlen sich die Blätter einiger Moose infolge ihrer bedeutenden Grösse weit mehr als die genannten Spo- rangien zur Controle der oben angeführten Prüfungsmethoden durch das ältere von Wiesner und Molisch eingeschlagene Verfahren ; endlich liegt bezüglich der Blätter eines Laubmooses, nämlich von Mnium punetatum, bereits eine scharf präeisirte Beobachtung über ihre Luftdurchlässigkeit seitens der beiden Wiener Forscher vor. Der Weg, den Wiesner und Molisch eingeschlagen haben war folgender. Auf ein beiderseits offenes, gerades Glasrohr von einer Länge bis zu Im wurde an einem Ende das zu untersuchende Ge- webe (beispielsweise ein Moosblatt) luftdicht aufgekittet. Darauf wurde das Rohr ganz oder theilweise mit Quecksilber gefüllt, nach Analogie des Torricelli’schen Versuches mit dem offenen Ende nach unten in ein grösseres mit Quecksilber gefülltes Gefäss getaucht und darin aufrecht aufgestellt. Es kam nun lediglich darauf an, festzustellen, ob das Quecksilber im Rohre seinen anfänglich eingenommenen Stand lange Zeit behauptete (natürlich abgesehen von Barometer- oder Temperaturschwankungen), oder ob es bald herabsank. Die Wiener Forscher haben nun berichtet, dass das Quecksilber in einem Rohre, das mit einem Blatte von Mnium punctatum ver- schlossen war, 30 Tage lang seinen Anfangsstand von 25cm über dem äusseren Quecksilberspiegel behauptet habe. Diese Erfahrung ' hat ihnen genügt, um daraus die Luftundurchlässigkeit der Membranen des Mnium-Blattes abzuleiten. Nachdem ich den Versuchsbericht von Wiesner und Molisch zunächst innerhalb der angegebenen Grenze bestätigt gefunden hatte, gab ich mich anfangs der Hoffnung hin, dass sich die Mnium-Blätter bei höheren Druckdifferenzen als permeabel 1) Proceed, of the Royal Society. 1900, Vol. 57 pag. 124ff. Vgl. das Referat in der Naturw. Rundschau 1901, XVI, pag. 81. 105 erweisen würden. Denn auch von den pflanzlichen Gefässwänden gibt von Höhnel an, dass durch sie erst bei einem Ueberdruck von 60-70 cm Quecksilber ein nennenswerther Durchgang von Luft statt- finde.!) Ich steigerte daher die Druckdifferenz bei Mnium - Blättern bis zu 2—8 Atmosphären, musste jedoch constatiren, dass die Blätter auch bei dieser Druckhöhe sowohl im trocknen als im imbibirten Zu- stand für Luft impermeabel sind. Anderseits deutete jedoch die Prü- fung derselben mit Schwefelsäure oder mit Wasser bestimmt auf Durchlässigkeit ihrer Membran hin. Diese sich anscheinend widersprechenden Erfahrungen haben mich bewogen, die berührten Fragen während mehrerer Monate durch oft wiederholte und mannigfach variirte Versuche aufs eifrigste zu ver- folgen. Wenn möglich, habe ich mich dabei aller dreier erwähnten Methoden, die kurz als die Luftpumpen-, Schwefelsäure- und Torri- celli-Probe charakterisirt werden mögen, neben einander bedient. Da ich aber zur Fortsetzung der Versuche zur Zeit nicht in der Lage bin, so soll über ihr bisheriges Ergebniss im Folgenden Bericht er- stattet werden, Eine allgemeine Bemerkung möchte ich jedoch vorausschicken, die sich auf die Beurtheilung des Werthes der verschiedenen Versuchs- methoden bezieht. Manche Leser dürften nämlich geneigt sein, nach ‘ dem zweifelfreien Ausfall der oben erwähnten Torricelli-Probe an Mnium-Blättern wenigstens für diese Organe eine weitere Prüfung auf anderem Wege für überflüssig zu halten. Denn wenn die eine ein- zige Zelllage dieser Blätter selbst bei monatelangem Ueberdruck von der Höhe einer Atmosphäre oder gar bei einer Druckdifferenz von mehreren Atmosphären keine Spur von Luft in die Torricelli’sche Leere eindringen lässt, scheint doch die Undurchdringlichkeit ihrer Membranen über allem Zweifel erbaben. Dem gegenüber möchte ich betonen, dass diese Folgerung trotzdem, vom rein logischen Stand- punkt betrachtet, einen Trugschluss birgt und durchaus zu weitgehend ist. Nachgewiesen ist nur, dass jene Mnium-Blätter als Ganzes einen luftdichten Abschluss gewähren; damit ist aber nicht ausge- schlossen, dass sich nicht einzelne Bezirke jeder Zelihaut ab- .weichend verhalten. Man erkennt dies leicht, wenn man sich die Möglichkeit vorstellt, dass etwa nur die morphologische Unterseite, also die eine Flucht der tangentialen Aussenwände des Blattes, im- permeabel, die Oberseite dagegen, d. h. die andere Tangentialwand 1) Pringsh. Jahrb, 1879—1881, XII, pag. 47—131. - 106 x " = jeder Blattzelle, für Luft leicht durchlässig sei. Die Torricelli-Probe wird bei solcher Einrichtung nicht anders ausfallen können als vorher angegeben ist. Nichtsdestoweniger wird die Zeillmembran, wenn das Lumen wasserleer geworden ist, das Eindringen von Luft in dasselbe nicht zu verhindern vermögen. Ueber den wirklichen Luftgehalt der trockenen Zellen gibt somit die Torricelli-Probe allein gar keine Auskunft. Hierzu ist die Untersuchung mit Schwefelsäure oder mit der Luftpumpe in ganz anderem Maasse geeignet, während diese Mittel hinwiederum über die Durchlässigkeit des Gesammt- complexes nichts Bestimmtes aussagen. Somit müssen die ver- schiedenen Methoden, sich gegenseitig ergänzend, neben einander zur Anwendung kommen. . Einzelheiten über die verschiedenen Untersuchungsmethoden. 1. Veber die Stichhaltigkeit der Schwefelsäureprobe. In der Einleitung (pag. 103) ist gegen die Beurtheilung des Luft- gehaltes von Zellräumen mittelst Schwefelsäure das Bedenken geltend gemacht worden, ob nicht die durch dieselbe innerhalb der Zelllumina nachweisbaren ausdauernden Blasen, deren Grösse einen Maassstab für den ursprünglichen Luftgehalt der trockenen Zellen abgeben soll, Kunstprodukte seien, die sich erst nachträglich durch die Ein- wirkung der Säure in ihren Lumina angesammelt haben. Ich habe diesen Einwand theils an unverletzten Zellen, theils an solchen, die durch Schnitte geöffnet waren, geprüft. a)Untersuchungvon Schnitten. Hat man trockene Schnitte mit theils geöffneten, theils geschlossenen Zellen neben einander, so müssen, wenn die Schwefelsäureprobe stichhaltig ist, nur in den letz- teren ausdauernde Blasen zum Vorscheine kommen; in den offenen dürfen sich dagegen auch bei längerer Säurewirkung keine solchen entwickeln. Die Unterscheidung der geschlossenen und geöffneten Zellen ist an genügend dünnen Schnitten sehr leicht, da die letzteren sich bei dem Zutritt von Wasser, Alkohol oder der Säure selbst sofort mit der Flüssigkeit gefüllt zeigen. Ich habe nun Schnitte von An- theren (Tulipa, Digitalis, Magnolia, Liriodendron), von Mnium-Blättern, sowie von Polypodium-, Scolopendrium- und beiderlei Selaginella- Sporangien in dieser Weise oft geprüft, ohne eine Blasenentwickelung in den geöffneten Zellen wahrzunehmen. So lag mir z.B. einmal ein Scolopendrium-Annulus vor, der durch das Messer zum grössten Theil in drei Längsstreifen zerlegt war, die aber an einem Ende zusammen- 107 hingen, da die Schnitte dort einige Annuluszellen nicht verletzt hatten. Aus jeder dieser letzteren trat bei der Einwirkung der Schwefelsäure eine Blase heraus; dahingegen war in den angeschnittenen Zellen dieses Annulus keine Spur von Bläschen zu beobachten, ebenso wenig wie an anderen Annulusstücken, deren Zellen sämmtlich beider- seits geöffnet waren. Waren dagegen die Annuli durch einen Längs- schnitt nur am äussersten Rande geöffnet, so musste die Luft aus ihren engen Lumina natürlich erst ausschlüpfen. Dies geschah aber sehr rasch nach dem Säurezusatz; ein weiteres Aus- oder Auftreten von Blasen fand nicht statt. b) Prüfung unversehrter Gewebe. Zu demselben nega- tiven Ergebniss hinsichtlich der Blasenentwickelung gelangte ich auch, wenn dafür Sorge getragen wurde, dass die Zelllumina nach ihrer Entleerung von Flüssigkeit, bis sie zur Untersuchung kamen, vor Luft- zutritt möglichst geschützt waren. Das erreichte ich auf mehrfachem Wege. a) Erstlich wurden die Sporangien und Moosblätter in völlig flüssigkeits- (wasser- oder alkohol-) gefülltem Zustande ihrer Lumina an die Luftleere angeschlossen, darin ausgetrocknet und nun sofort nach dem Uebertragen aus dem Vacuum in die freie Luft mit Schwefel- säure geprüft. ß) Die Annuluszellen der Farne und die grösseren Zellen in den Klappen der Makro- und Mikrosporangien von Selaginella werden beim Wasserverlust durch den Üohäsionszug des schwindenden Zell- saftes oder Füllwassers stark deformirt. Durch Einwärtsfalten der dünnen Aussenhaut wird dabei ihr Lumen stark eingeengt. Vor dem gänzlichen Verdunsten des Flüssigkeitsrestes springen aber die Zell- wandungen elastisch zurück, so dass sich der Zellraum momentan fast bis zur ursprünglichen Grösse wieder erweitert. Wartet man nun an Sporangien, die unter dem Mikroskop austrocknen, diesen Moment ab, so hat man allen Grund zu der Voraussetzung, dass die Lumina, falls die Wandungen nicht sehr luftdurchlässig sind, zu dieser Zeit nur geringe Luftquanta enthalten können, und dass daher bei sofor- tigem Schwefelsäurezusatz in diesem Falle wie in Fall a) nur kleine Bläschen in den Zellräumen zum Vorscheine kommen bezw. bestehen bleiben werden. Diese Erwartung fand ich in beiden Fällen durchaus bestätigt. Sehr überzeugend war namentlich der Oontrast im Verhalten der frisch entleerten und der seit längerer Zeit ausgetrockneten Zellen, wenn beiderlei Objeete unter demselben Deckglase zu gleicher Zeit 108 mit Schwefelsäure geprüft wurden. Bei dem ersten Zutritt der Säure war das Aussehen beider Probestücke allerdings dasselbe: bei beiden enthielten ihre Zellen Blasen, die anfänglich den ganzen Hohlraum erfüllten. In den frisch entleerten Lumina zogen sich aber .diese Blasen bald zu sehr kleinen Kugeln zusammen oder schwanden rasch gänzlich, während in dem Gegenstück in jeder Zelle eine grössere Kugelblase verblieb, wenn diese nicht, wie das oft geschah, aus- schlüpfte. — Man vergleiche die Figg. 9 und 11 Taf. V von frisch ge- schnellten Scolopendrium-Annuli mit den Figg. 10 und 12, die sich auf längst ausgetrocknete Annuli von Scolopendrium beziehen. Die ersteren waren einige Minuten nach dem Säurezusatz ganz blasenfrei und blieben auch so; bei den letzteren sind 10 Minuten nach dem Zutritt der Säure und noch lange nachher die Blasen theils innerhalb der Zellen, theils neben ihnen noch in ziemlicher Grösse vorhanden. Einen ähnlichen, wenn auch minder scharfen Gegensatz zeigen die Figg. 15 und 16, die Gewebsstücke aus Mikrosporangien von Selagi- nella 15 Minuten nach dem Säurezusatz darstellen.!) {) Bei Moosblättern ist ein besonderes Verfahren, um sie mög- lichst luftleer zu erhalten, gewöhnlich gar nicht nöthig, da ihre Zellen nach der Deformation durch den Cohäsionszug der schwindenden Flüssigkeit nicht zurückschnellen, sondern unter gewöhnlichen Um- ständen im trockenen Zustande stark zerknittert bleiben. (Siehe Fig. 7.) Dabei sind die Mittelpartien der Tangential- (Aussen-) wände oft eng aneinander gepresst und auch die Radialwände manchmal derart ver- bogen, dass selbst an ihren Rändern nur beschränkte Räume frei bleiben, die sich von aussen mit Luft füllen könnten.?) Bei Mnium cuspidatum durchtränken sich die Lumina solcher Zellen, wenn sie auch jahrelang trocken gelegen haben, bei der Ueberfluthung mit Wasser entweder augenblicklich oder doch binnen wenigen Secunden mit Wasser. Bei den grösseren Zellen von Mnium punctatum er- scheint in der Flächenansicht des Blattes bei der Ueberfluthung der grösste Theil des Lumens sofort ganz klar, nur die Conturen der Radialwände zeigen sich verwischt und trübe. Bei näherer Beobach- tung bemerkt man an ihnen dunkle Ränder, die sich infolge der ela- stischen Ausdehnung der Zellwände vergrössern und bald zu bohnen- oder wurstförmigen Blasen umformen, die den Ecken der Zellen 1) Näheres s. pag. 119 ff. 2) Diese Formveränderungen sind unabhängig davon, ob der Protoplast bei der Deformation der Zellwand angeschmiegt oder ob er bei Wasserzusatz, hantel- oder wurstförmig contrahirt, inmitten des Zelllumens zurückbleibt. 109 angelagert bleiben (siehe Fig. 8), bis sie je nach ihrer Ausdehnung in längerer oder kürzerer Zeit schwinden.') Auch gegenüber dem Alkohol und der Schwefelsäure verhalten sich die trockenen Blätter von Mnium punetatum ähnlich; jedoch lösen sich die unregelmässigen Blasen in der Säure bald von der Wand ab und vereinigen sich entweder zu einer Kugelblase oder sie bleiben als mehrere kleine Kugelbläschen bestehen (s. Fig. 13). Hat man diese Verhältnisse nicht genügend studirt, so übersieht man bei Beginn der Säureeinwirkung oft die dunklen Ränder der Zelllumina, Man unterliegt daher leicht der Täuschung, als ob die Zellräume nach dem Säurezutritt zunächst ganz klar seien und die erwähnten Bläschen erst nachträglich im zerfliessenden Schleim der Membran entständen und daraus emporschössen. Erst häufig wiederholte Beobachtungen weisen hier den richtigen Weg. Dass es auch bei den Moosblättern an lehrreichen Contrasten nicht fehlt, wird durch den Vergleich der eben eitirten Fig. 13 mit Fig. 14 dargethan, die nichtcontrahirte luft- erfüllte Zellen nach der Behandlung mit Schwefelsäure zur An- schauung bringt. Von der Präparationsweise solcher Gewebe wird später die Rede sein (vgl. pag. 121ff.). Hier genüge die Bemerkung, dass der grössere Kreis in jeder Zelle eine grosse persistente Kugelblase darstellt, die nach Ausweis der Fig. 13 kein Kunstprodukt sein kann. d) Die Luftleere der Zelllumina in Sporangien und Moosblättern kann in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schwefelsäureprobe auch durch die Einwirkung der Säure allein erreicht werden, wenn die Zellen vorher ganz wassererfüllt sind. Da die Membranen na- mentlich bei den Farn- und Selaginella-Sporangien offenbar das Wasser weit leichter durchlassen als die starke Säure, so entzieht die letztere den Zellräumen jener Sporangien durchweg, denen der Mnium-Blätter wenigstens häufig, sehr rasch ihr Füllwasser. Hat man solche wasser- durchtränkte Gewebe unter dem Mikroskop liegen und setzt die Säure zu, so sieht man, wie sie sich contrahiren und ihre Zellen ebenso schrumpfeln, wie wenn ihnen das Wasser durch Verdunstung entzogen würde. So faltet sich bei den Farnannuli die Aussenwand der Zelle ein unter Auswärtskrämmung des ganzen Ringes; die Klappen der Selaginella strecken sich flach, in der Flächenansicht sind ihre Radial- wände stellenweise stark verbogen; das Gewebe der Moosblätter ver- kürzt sich ebenfalls. Nach sehr kurzer Zeit wird aber die Contraction zum Theil wieder aufgehoben, da die Flüssigkeit der Zellräume in ähnlicher 1) Vgl. &. Schröder, Ueber die Austrocknungsfähigkeit der Pflanzen. Inaug.-Diss,, Leipzig 1886, pag. 48 und 44. - 110 Weise wie beim Austrocknen an der Luft zerreisst, sich aus dem Lumen zurückzieht und in demselben einen dunkelumrandeten Blasen- raum hinterlässt. Kamerling hat schon früher solche Erschei- nungen, die vielfach auch durch Alkohol, Glycerin und andere wasser- entziehende Mittel hervorgerufen werden können, richtig erklärt und namentlich darauf hingewiesen, dass die so entstehenden Blasenräume annähernd luftfrei sein müssten.!) Solche Blasenräume verschwinden nun in der Schwefelsäure bei fortgesetzter Einwirkung derselben bald nach ihrem Entstehen ent- weder spurlos oder bis auf ein winziges Restbläschen, dessen Exi- stenz sich vermuthlich dadurch erklärt, dass die im Wasser der Zell- lumina gelöst gewesene und bei dem Riss desselben frei gewordene Luft nicht so schnell durch die eingedrungene Säure wieder absorbirt wird. Von einer nachträglichen Entstehung von Blasen auf dem Wege chemischer Zersetzung oder physikalischer Entbindung aus der Mem- bran ist also auch bei diesem Verfahren niemals etwas zu bemerken. Dagegen lässt sich der scharfe Gegensatz im Verhalten der luft- leeren und lufterfüllten Lumina auch nach dieser Methode recht anschaulich demonstriren. Hat man Mnium-Blätter zur Verfügung, die durch besondere Umstände wenig geschrumpfelt sind und bei denen die Blasenverdrängung aus den Zellen auffallend lange Zeit (z. B. Stunden) in Anspruch nimmt, so bemerkt man an ihnen, wenn sie in Wasser längere Zeit gelegen haben, oft grössere Zellgruppen, die sich schon wieder ganz mit Wasser gefüllt haben, unmittelbar neben solchen, die noch grosse Blasen enthalten. Bringt man der- artige Objecte so unter das Mikroskop, dass die Grenzlinie der bei- derlei Gruppen das Gesichtsfeld ungefähr halbirt, und lässt nach mög- lichster Entfernung des benetzenden Wassers starke Schwefelsäure herantreten, so kann man oft wahrnehmen, wie die wassererfüllten Zellen in der geschilderten Weise reissen und nun zunächst das ganze Gesichtsfeld von gleichmässig dunkel umrandeten Zellen eingenommen ist. Gar bald tritt der Contrast aber wieder hervor, indem die Zellen der einen Hälfte des Gesichtsfelds rasch klar und durchsichtig werden, während sich in der anderen Hälfte die Blasen zu grossen, ausdauern- den, dunkeln Kugeln runden, die bei Druck auseinander weichen, ohne sich zu verkleinern. c}) Bemerkung über die Einwirkung von Schwefel- säure aufalkoholgefüllte Gewebe. Vielleicht ist eine Beob- achtung noch besonders geeignet, die oben unter «) bis %) angeführten 1) Vgl. Bot. Centralbl, 1897, LXXII, pag. 53. 111 Proben zu gunsten der Stichhaltigkeit des Schwefelsäureverfahrens von einer anderen Seite zu beleuchten. Ich erwähnte vorher, dass Schwefelsäure nicht immer im Stande ist, in wassergefüllten Zellen der Moosblätter den Riss des Füllwassers und damit das Auftreten von dunklen Räumen in der Lumina hervorzurufen, Sicherer gelingt dies, wenn man zuerst absoluten Alkohol und dann Schwefelsäure an- wendet. Wie schon gesagt, bewirkt der Alkohol für sich allein manch- mal schon z. Th. Reissen der Zellflüssigkeit; folgt ihm nun noch die Säure, so erscheint meist das ganze Gewebe bald vollständig schwarz von Blasenräumen. Da diese Objekte von der Säure völlig umhüllt werden, so kann auch diesmal in jene Räume schwerlich Luft von aussen eindringen. Trotzdem schwinden die Blasen unter solchen Umständen durchaus nicht, sie bleiben nämlich ebenfalls wie luft- erfüllte Räume als grosse Kugeln bestehen, die zum Theil durch den Druck der gequollenen Membran ausgestossen werden, z. Th. in den Lumina liegen bleiben, aber durch Druck auf das Deckglas heraus- getrieben werden können. Aller Wahrscheinlichkeit nach entstehen diese Blasen erst durch die Einwirkung der Schwefelsäure auf den Alkohol, vielleicht unter Contactwirkung der Membran. Vermuthlich ist ihr Inhalt gasförmiges Aethylen. Jedenfalls hat man, um einwand- freie Resultate mit der Schwefelsäureprobe zu erhalten, das Vorhan- densein von. Alkohol zu vermeiden. 2. Ueber die Versuchsanordnung bei der Torricelii-Probe. Zur Ergänzung der Versuche von Wiesner und Molisch be- nutzte ich einen Meter lange, gerade Glasröhren von 3—6 mm lichter Weite und von der Wandstärke, wie sie zur Herstellung von Baro- metern oder zum Torricelli’schen Experiment im Schulunterricht gebraucht werden. Oder ich bediente mich, wenn es sich um die Prüfung kleiner Objecte handelte, der Büretten mit dünner Ausfluss- spitze und eingeschliffenem Glashahn, wie sie der Chemiker beim Titriren anwendet. Um auch so winzige Gewebe, wie die Klappen der Selaginella-Sporangien erproben zu können, versuchte ich sie einige Male als Abschluss feinstkalibriger Thermometerröhren zu benutzen. Da jedoch die Diehtigkeit ihres Lackverschlusses nicht genügend controlirt werden konnte, so habe ich diese Versuche vorläufig auf- gegeben und mich lediglich auf die Prüfung der Blätter von Mnium cuspidatum und punctatum und auf die Verwendung weiterer Röhren beschränkt. Jedes Rohr wurde zunächst an dem einen Ende mit einen Gipspfropf versehen, der dem Blatt als Widerlage dienen sollte, 112 um es vor dem Zerreissen zu schützen. Zur Befestigung des Blattes diente nicht geschmolzener, sondern in Spiritus gelöster Siegellack. Dieser wurde zuerst als dünner Ring auf die Wand des Rohres und die äussere Partie des Gipspfropfes aufgetragen. Um aber zu ver- hindern, dass der Lack zwischen Gips und Pflanzengewebe eindrang, wurde das Blatt oder Blattstück auf diesen Ring erst aufgedrückt, nachdem der Lack desselben einigermassen consistent geworden war. Die weitere Dichtung geschah nach einiger Zeit durch wiederholtes Auftragen von Lack, bis sich der Verschluss beim Einsenken des offenen Rohrendes in ein tiefes Gefäss mit Quecksilber als dicht er- wies. In derselben Weise war bei jedem Rohre vor dem Anbringen des Lackverschlusses die leichte Durchlässigkeit des Gipspfropfes er- probt worden. Anderseits wurde nach Beendigung jedes Versuches durch Abtragen des Lackverschlusses mit dem Messer und durch Abheben des Blattes von dem Rohr festgestellt, dass der dichte Ab- schluss nicht etwa von Lack herrührte, der die Oberfläche des Gips- pfropfes oder die Unterseite des Blattes überzogen hätte. — Der Gips- pfropf haftete fest genug an der Glaswand, um nicht allein das . Eingiessen des Quecksilbers in das ungefähr vertical gehaltene Rohr, sondern auch, wenn Luftblasen im Lumen des Rohres haften blieben, ein wiederholtes Schütteln und Stossen des Quecksilbers zu gestatten, und damit die Blasen nach dem offenen Ende zu treiben. Die An- wesenheit von Luft in den Poren des Gipses verhinderte es aber natürlich, dass sich die Quecksilbersäule beim Einbringen des offenen Rohrendes in Quecksilber auf den vollen Barometerstand einstellte. Die höchste Höhe, die ich bei mehreren Versuchen erreichte, betrug etwa 72cm. Dieses Niveau wurde aber etwa sechs Wochen lang behauptet.) Um die Moosblätter hiernach noch stärkeren Druck- differenzen auszusetzen, wurde bei sonst unveränderter Versuchsan- ordnung das obere Ende des Glasrohres durch einen Druckschlauch mit einer Sauerstoffbombe oder unter Einschaltung einer Wulf’schen Flasche mit einer Wasserleitung von drei Atmosphären Druck luft- dieht verbunden. Selbst als so der Druck, der von oben auf das Moosblatt wirkte, auf etwa drei Atmosphären gesteigert war, wich das Quecksilberniveau im Versuchsrohr während einer Versuchsdauer von über einer Stunde nicht vom Flecke. Um ferner dem Einwand zu begegnen, der durch die Moosblätter bewirkte luftdichte Abschluss rühre nicht von der Membran, sondern 1) Der Stand des Quecksilbers wäre ohne Zweifel für eine erheblich längere Zeit unverändert geblieben, wenn ich den Versuch nicht abgebrochen hätte, x 113 von dem lebenden Protoplasten her, wurden zu den Versuchen nicht frische Blätter, sondern nur solche verwandt, die vor 3-5 Jahren gesammelt und zum Teil tage- oder wochenlang in Alkohol absolutus eingelegt gewesen waren. Bei mehreren Versuchen wurden ausser- dem besonders ausgesuchte Blätter von Mnium punetatum und cu- spidatum verwerthet, die mir bei Gelegenheit anderer Beobachtungen durch die ausserordentliche Langsamkeit aufgefallen waren, mit der sich ihre Zelllumina mit Wasser füllten. Hieraus und aus der un- “ gemeinen .Grösse der Blasen, die an Probestückchen von ihnen in ihren Zellen bei der Schwefelsäureprobe auftraten, musste ich schliessen, dass ihre Lumina grosse Mengen von Luft enthielten, die durch die Membran eingedrungen waren. Es war also besonders interessant, zu erfahren, ‚ob diese Blätter bei der Torricelli- Probe trotzdem luft- dicht schlössen. Das eine dieser Blätter gehörte sogar zu denen, die auf einen Ueberdruck von mehreren Atmosphären geprüft wurden und demselben, wie gesagt, erfolgreich widerstanden. Bisher ist nun bei der Besprechung dieses Versuchsmodus immer nur an das Verhalten der trockenen Membranen gedacht worden. Mit einer kleinen Abänderung der Einrichtung gelingt es aber leicht, auch die Durchlässigkeit der imbibirten Membranen zu erproben. Benetzt man nämlich ein Moosblatt, das sich während langer Zeit als luftundurchdringlich erwiesen hat, während der Torricelli- Probe mit einem Wassertropfen, so kann man wahrnehmen, dass nach einiger Zeit die Quecksilbersäule im Rohre gefallen ist, nach der Ver- dunstung dieses Wassers aber (abgesehen von den Schwankungen des Luftdruckes und der Temperatur) ihren Stand wieder vollkommen be- hauptet. Dieser Versuch lässt sich mehrmals hintereinander mit dem- selben Resultate wiederholen. Das besagte Ergebniss gestattet a priori zwei verschiedene Auslegungen. Entweder ist durch die imbibirte Membran Luft eingedrungen oder die Substanz, die das Quecksilber- niveau herabgedrückt hat, war Wasserdampf, der durch den porösen Gipspfropf eingetreten ist, nachdem das Wasser in flüssiger oder dampf- förmiger Gestalt durch das Blatt hindurch an ihn gelangt ist. Eine Entscheidung hierüber ist bequem zu erlangen. Die Versuchsrohre wurden zu diesem Zweck von Neuem mit Quecksilber gefüllt und wie vorher aufgestellt, nachdem jedoch unter dem Gipspfropf in das Innere ‚des Rohres Stückchen trockenen Chlorcaleiums oder Bäusch- chen von Filtrirpapier mit weissem Pulver von Phosphorpentoxyd eingebracht waren. Da diese Substanzen den Wasserdampf absorbiren, so musste, falls dieser die Ursache des Sinkens der Quecksilbersäule Flora 1903. 8 114 gewesen war, dieses Fallen unterbleiben, wenn auch dieselben Blätter von neuem wiederholt mit Wasser benetzt wurden. In der That be- hauptete die Quecksilbersäule nunmehr ihren Stand. Zuletzt sah man über dem Quecksilber in den Chlorcaleiumröhren eine klare Flüssig- keitsschicht mit concavem Meniscus. Somit gewä hren auch die imbibirt&n Mniumblätter (selbst in todtem Zustande) einen luftdichten Abschluss.) 3. Die Apparate für die Luftpumpenprobe. Der Apparat für die Luftpumpenversuche ist z. Th. ‘bereits in einem Referat: „Ueber Auftreten und Wirkungen negativer Flüssig- keitsdrucke in Pflanzenzellen“ (Physikalische Zeitschr. 1901, pag. 493 bis 496) skizzirt worden. Er hat mir schon vom Jahre 1899 an zu der Mehrzahl der Experimente gedient, die meinen Mittheilungen in den Ber. der deutsch. bot. Ges. zu Grunde gelegen haben und sich auf das Verhalten von Geweben bei verringertem Luftdruck bezogen. Da er in einer botanischen Zeitschrift noch nicht beschrieben ist, so sei er hier ausführlicher besprochen. Fig. 1 Taf. V stellt ein Paar durch Druckschlauch verbundener gläserner Doppelkugeln dar, die durch eine Quecksilberluftpumpe möglichst evacuirt wurden und beim Experimentiren stets in offener Verbindung mit dem Trockengefäss und der. festen Pumpenkugel blieben. Dieser gesamte evacuirte Raum fasste 5,2 Liter. a) Wir betrachten zuerst den Fall, wo ein Gewebe, das völlig flüssigkeitserfüllt war, im Vacuum °) ausgetroeknet werden sollte. Es wurde zu diesem Zwecke entweder in das flache Gefässchen ge- bracht, das sammt einem Theil seines Anschlussrohres in Fig. 2 von oben und in Fig. 3 von der schmalen Seite abgebildet ist, oder in das knieförmig gebogene Rohr, das mit dem ganzen eingeschliffenen Anschlussrohr in Fig. 4 dargestellt und ausserdem in verkleinertem Maassstabe in Fig. 1 rechts in Verbindung mit dem Kugelapparat zu sehen ist. Einschliesslich der Bohrung des eingeschliffenen Rohres bis zum Anschlusshahn fasste das erste Gefässchen O,lcem, das zweite 1,7cem. Da sich diese geringen Luftmengen beim Anschluss der Gefässchen an den Kugelapparat in dem grossen, bis auf Imm oder 1) Nach diesen Ergebnissen gewinnt wohl auch die Ansicht Nawaschin’s über die Ursache der Sporenausschleuderung bei den Torfmoosen (8. Flora 1897 Bd. 88 pag. 151 ff.) an Wahrscheinlichkeit. 2) Der Ausdruck „Vacuum“ 'möge der Kürze halber im Folgenden gestattet sein, obwohl der evacuirte Raum natürlich nie eine wirkliche Luftleere dar- stellt, sondern nur sehr luftverdünnt ist. 115 Bruchtheile desselben verdünnten Raum von 5200cem vertheilten, so konnte der Luftdruck, der auf den Probeobjeeten innerhalb jener Gefässchen während der Austrocknung lastete, unbedenklich vernach- lässigt werden. Nöthigenfalls wurde während des Austrocknens nach- gepumpt. Bisweilen wurde auch das Gefässchen Fig. 2 und 3 ohne das eingeschliffene Rohr oder der ganze kleine Apparat der Fig. 4 durch einen kurzen Druckschlauch direct mit einer Wasserluftpumpe verbunden, die bei einem Wasserleitungsdruck von 3 Atmosphären den Druck in den bezeichneten, die Objecte enthaltenden Rezipienten binnen einigen Secunden auf wenige Millimeter herabdrückte. Um sicher zu gehen, dass die Austrocknung der Objecte in diesem Falle erst nach Erreichung des Luftdruckminimums einsetzte, waren die Pflanzen- gewebe in den Rezipienten mit einem reichlichen Quantum Flüssigkeit zusammen eingebracht worden, welche sie anfangs. ganz einhüllte. Die Austrocknung konnte somit erst beginnen, nachdem diese Flüssig- keit (Wasser oder absoluter Alkohol) völlig verdampft war. b) Kam es darauf an, die im „Vacuum“ ausgetrockneten Gewebe von neuem mit Wasser zu behandeln, ehe sie mit der freien Atmo- sphäre in Berührung gekommen waren, ehe also ihre luftleeren Zell- räume Luft aus derselben aufnehmen konnten, so standen hierzu vier verschiedene Wege offen. a) Waren die Rezipienten an die Wasserluftpumpe angeschlossen gewesen, so wurde nach völliger Austrocknung der Probestücke ein- fach der Wasserleitungshahn geschlossen, während das Abflussrohr der Pumpe in Wasser tauchte. Selbstverständlich trieb nun der atmo- sphärische Luftdruck das Wasser augenblicklich durch den Hobhlkörper der Wasserluftpumpe in den Rezipienten hinein, und da die Pflanzen- objeete mit Stanniol beschwert am Grunde desselben verblieben, so wurden sie sofort von Wasser umhüllt. ß) Waren dieselben Rezipienten dagegen an das Vacuum des Kugelapparates angeschlossen gewesen, so wurden sie nach dem Zu- drehen ihres Anschlusshahnes (u-Fig. 4) in ein Gefäss mit Wasser getaucht und unter Wasser von dem Kugelapparat abgezogen. - 1») Bei einer ferneren Versuchsreihe wurde das Gefässchen benutzt, das in Fig. 5 dargestellt ist. Die Abbildung zeigt links wieder ein flaches Kämmerchen K. An dieses ist aber ein rechtwinklig gebogenes Glasröhrehen angeschmolzen, das sich durch einen eingeschliffenen Hahn x schliessen lässt und oben trichterförmig erweitert ist. In diese Erweiterung passt luftdicht ein Glasstöpsel. Diese Erweiterung war sammt dem benachbarten Rohrstück bis zum Hahn x beim Ver- . g* 116 suche mit Wasser gefüllt, jedoch so, dass unter dem Glasstöpsel noch ein kleiner Luftraum 2 frei blieb. Die Probeobjecte waren wasser- gefüllt in das trockene Kämmerchen gebracht und mit diesem an das Vacuum des Kugelapparates angeschlossen worden. Wurde nun nach ihrer Austrocknung der Anschlusshahn u zum Kugelapparat geschlossen, dagegen der Hahn x des Triehterrohres aufgedreht, so trieb der Druck des Luftraumes 2 unter dem Stöpsel das Wasser des Trichterrohres in das Kämmerchen zu den Objecten hinüber. Die treibende Kraft konnte durch Abmessung des Luftraumes z regulirt werden. Damit nun beim Oeffnen des Hahnes x nicht etwa aus seiner Bohrung Luft nach den Probeobjecten getrieben wurde, ehe das Wasser an sie gelangte, musste dafür gesorgt sein, dass auch diese Bohrung vor Beginn des Versuches mit Wasser gefüllt war. Dies wurde auf fol- gende einfache Weise erreicht. Ehe die Pflanzengewebe in das Kämmerchen K eingeführt waren, wurde durch den oberen Trichter des kleinen Apparates Wasser eingegossen, bis es durch das Mün- dungsrohr des Kämmerchens ablief, und dann der Hahn x geschlossen, während der Apparat bis oben mit Wasser gefüllt war. Durch An- schluss des Kämmerchens K an die Wasserluftipumpe konnte darauf das Wasser aus dem Kämmerchen und seinem bis zum Hahn x reichen- den Ansatzröhrchen rasch herausgesogen werden. Hierauf wurden die Objecte in den Raum K eingebracht und innerhalb desselben an den Kugelapparat angeschlossen. Somit konnte der Versuch beginnen. d) Bei der letzten Versuchsanordnung gelangten die Pflanzen- objecte innerhalb des Knierohrs (Fig. 4) in Wasser, das sich von vorn- herein im Pusse (f Fig. 4) desselben befand. Hierbei waren sie anfäng- lich im Grübchen g (Fig. 4) zum Austrocknen untergebracht und wurden nach Beendigung desselben durch einen Stoss- in. das Wasser im „Fusse“ des Rezipienten befördert, wo sie sofort untersanken, da sie durch Stanniol beschwert worden waren. Die Stanniolstücke waren bei Moosblättern oder -ästchen oder bei Farnsori um ein Ende der- selben mehrfach fest umgelegt. Kleine Objecte wie einzelne Farn- annuli oder Selaginella-Klappen wurden dagegen in feinmaschige Tüll- säckchen eingehüllt, die zum Theil von Stanniol umfasst waren. Bei den Versuchen dieser Art kam mir der Umstand zu statten, dass luftfreies Wasser selbst bei minimalem Luftdruck nicht zum Kochen kommt, sondern nur an der freien Oberfläche verdampft. Infolge dessen hatten z. B, Sori von Polypodium und Sporangien von Selaginella genügend Zeit, um im Grübchen g den ganzen Abschleu- derungsprocess der Sporen zu vollziehen und ihr Wasser völlig ab- 117 zugeben, ohne dass dieser Vorgang durch Aufwallen des Wassers im „Fusse“ beeinträchtigt worden wäre. Ebenso gelang bei diesem Ver- fahren auch das völlige Austrocknen von Moosblättern im Grübchen, wenigstens wenn sie mit Alkohol durchtränkt waren. Obwohl bei diesen Versuchen der Anschlusshahn u zum Kugelapparat meist ganz offen gehalten wurde, so blieb doch noch Wasser genug im Fusse des Knierohres übrig, um die trockenen Objecte, nachdem sie durch einen Stoss in den Fuss des Gefässchens befördert worden waren, ganz einzuhüllen. Bisweilen musste jener Hahn allerdings vorüber- gehend geschlossen werden, wenn nämlich das Wasser im Knierohr an seiner Oberfläche zu gefrieren begann. Denn diese Eisdecke, welche Dampfbläschen einschloss, veranlasste oft ein starkes Stossen des Wassers, indem sie infolge von Dampfbildung unter ihr plötzlich aufwärts getrieben wurde. Beim Schmelzen derselben kam es dann nicht selten vor, dass die Objecete im Grübchen vorzeitig benetzt wurden. Daher wurde, sobald die Eisbildung begann, bei geschlosse- nem Hahn möglichst für Erwärmung des Wassers (bezw. des Knie- gefässchens) Sorge getragen und erst nach einiger Zeit der Anschluss an das Vacuum wieder hergestellt. Die geschilderte Einrichtung konnte nun sowohl benutzt werden, wenn die erneute Imbibition unter atmosphärischem Druck stattfinden, als wenn sie sich hauptsächlich in der „Luftleere* vollziehen sollte. Im ersteren. Fall wurde das Knierohr abgezogen, sobald die ausge- trockneten Gewebe in seinem Fussende von Wasser umhüllt waren. In letzterem Falle blieb das Kniegefäss, nach dem Einwerfen der Objecte in das Wasser an seinem Grunde, an den Kugelapparat angeschlossen, wie vorher, und zwar so lange, als die Imbibition innerhalb der „Luft- leere“ dauern sollte. Dabei war je nach der Menge des noch vor- handenen flüssigen Wassers der Hahn « (Fig. 4), der zum Kugel- apparat führt, ganz oder halb offen oder geschlossen. Es hat übrigens gar kein Bedenken, dieser Hahn ganz abzustellen, auch wenn man wünscht, dass die Imbibition unter möglichst geringem äusserem Druck vor sich.gehe. Allerdings lastet ja auf dem Wasser im Kniegefäss, wenn es mit dem Trockengefäss der Luftpumpe nicht in Verbindung steht, der volle der jeweiligen Temperatur entsprechende Dampfdruck. Ganz derselbe Druck kommt aber auch im Innern der Zellräume zur Wirkung, auf deren Wasserfüllung es bei der Imbibition ja vornehm- lich ankommt. Von einem äusseren Ueberdruck des Wasserdampfes kann also auch bei geschlossenem Hahn « nicht die Rede sein. c) Der Apparat Fig. 4 konnte in Verbindung mit der Quecksilber- 118 oder der Wasserluftpumpe auch in anderer Weise benutzt werden, um direct die Juftdurchlässigkeit imbibirter Membranen zu prüfen. Hierzu wurden die natürlichen trockenen Objecte von Anfang an mit : Wasser in den Fuss f des Knierohrs anstatt ins Grübchen 9 gebracht. War ihre Membran in feuchtem Zustande durchlässig, so hatte nach dem Oeffnen des Hahnes « die in den Zellräumen eingeschlossene Luft Gelegenheit, ins Vaeuum zu entweichen. Allerdings musste hierbei dieser Hahn anfangs nur wenig aüfgedreht werden, da sonst das Wasser durch die Luft- und Dampfblasenentwickelung sehr rasch in den Kugelapparat hinübergerissen worden wäre. Nach einiger Zeit konnte der Hahn aber mehr und mehr und endlich ganz offen ge-" stellt werden. Wenn sich nun nach dem Abziehen des Kniegefässes in freier Luft die Objecte auffällig rasch mit Wasser durchtränkten, derart, dass sich ihre Zelllumina in erheblich kürzerer Zeit als ge- wöhnlich völlig mit Flüssigkeit füllten, so war man wohl berechtigt, auf beträchtliche Luftdurchlässigkeit ihrer feuchten Zellhäute zu schliessen. Als Belege für die Brauchbarkeit der „Luftpumpeumethode“ und zum Vergleich mit später mitzutheilenden Resultaten seien hier einige Beispiele nochmals angeführt, über die ich früher gelegentlich kurz berichtet habe.!) Beispiel für das Verfahren bß (pag. 115), Nachweis der Luftdurchlässigkeit der trockenen Membranen von Holunder- und Sonnenrosenmark. — Aus diesjährigem und älterem Mark von Helianthus annuus sowie aus dem Mark eines ein- jährigen, im Jahre 1900 geschnittenen Zweiges von Sambucus nigra wurden Würfel von 5mm Kantenlänge hergerichtet und trocken im Grunde des Knierohrs für eine bis mehrere Stunden an den Kugel- apparat der Fig. 1 angeschlossen. Darauf wurde das Gefässchen unter Wasser abgezogen. Die vorher schneeweissen Markprismen waren nun ganz kurze Zeit nachher grösstentheils durchscheinend geworden. Dass Luft aus den Zellen entwichen war, gab sich bei Helianthus auch dadurch zu erkennen, dass die Prismen namentlich an den Flächen stark eingedrückt waren. Nach elastischer .Ausdeh- nung der Wandungen waren die Zellen aber auch schon mit Wasser erfüllt. Bei den Holundermarkstücken dauerte die volle Wasserfül- lung der innersten Lumina etwas länger, doch war sie bereits nach 2—8 Stunden erreicht, während sie sonst einen Zeitraum von Tagen beansprucht. Beispiel für das Verfahren e) (pag. 117). Nachweis der Luftdurchlässigkeit imbibirter Membranen des 1) Ber. d. deutschen bot. Ges, 1900 Bd. XVII pag. 279—284. 119 fibrösen Gewebes von Amaryllis- und Fritillaria-An- theren. Reife Antheren waren in geschlossenem Zustande aus offe- nen Blüthen entnommen und, um ihr Aufspringen und Schrumpfeln zu hindern, in absoluten Alkohol eingelegt worden. Sie sprangen auch später kaum auf und contrahirten sich wenig, als sie aus Alkohol in die Luftleere übertragen und dort ausgetrocknet wurden. Wenn man die troekenen Objecte nunmehr in freier Luft in Wasser tauchte, so bedurfte es eines bis mehrerer Tage, um ihre Lumina zu füllen. Wurden sie statt dessen aber, im Wasser des Knierohres liegend, etwa 3—5 Minuten lang dem „Vacuum“ und darauf wieder dem vollen Luftdrucke ausgesetzt, so waren ihre sämmtlichen Zellräume bereits nach einigen (höchstens 30) Minuten ganz und gar flüssig- keitsgefüllt. Zudem gab sich auch bier wie im vorigen Beispiel bei Helianthus an einer starken Formänderung der Antheren zu erkennen, dass die Luft aus ihren Zellräumen grösstentheils entwichen war. Denn die bis dahin geschlossen gebliebenen Antherenfächer öffneten sich, sobald der Luftdruck auf sie einwirkte, plötzlich sehr weit, in- dem ihre Klappen stark nach aussen gedrückt wurden. Offenbar waren ihre fibrösen Elemente durch den Luftdruck in derselben Weise zusammengepresst und deformirt worden, wie dies sonst durch die Cohäsion des Zellsaftes geschieht, Sobald hierauf mehr Wasser in diese Zellen eindringen konnte, ging die Bewegung der Klappen zu- rück, so dass die Fächer nach einer oder mehreren Minuten wieder geschlossen und die fibrösen Zellen luftfrei waren. Il. Ergebnisse der Versuche über die Durchlässigkeit der Membranen. 1. Nachweis der Durchlässigkeit von trockenen Zellhäuten aus Sporangien und Moosblättern durch die Schwefelsäureprobe. Unter II 1b a—y pag. 115 ist über Beobachtungen berichtet worden, die sich auf die Zuverlässigkeit der „Schwefelsäureprobe* beziehen und ergeben haben, dass die durch die Säure umhüllten Biasen in den Zellräumen stets sehr klein ausfielen, wenn die in Rede stehenden Gewebe sofort nach der Wasserentleerung und völligen Austrocknung der Zellen geprüft wurden. Hieran knüpften sich wei- * tere Vergleichsversuche, wobei die Säure erst nach einer Pause von 5, 10, 20—60 Minuten oder von mehreren Stunden einwirkte. Bei den Annuli von Polypodium und Seolopendrium, sowie bei den grösseren ı 1) Gemeint sind hiermit die beim Schleuderprocess activ betheiligten dick- weandigeren Elemente, deren Wände nach dem Schrumpfeln während des Schnel- 120 Zellen der Klappen von Mikro- und Makrosporangien der Selaginclia ergab sich ausnahmslos dasselbe Resultat. Je längere Zeit, innerhalb gewisser Grenzen, seit der Wasserentleerung der Lumina verflossen war, um so voluminöser zeigten sich die Restblasen nach Einwirkung der Säure. Dabei war es gleichgiltig, ob die Sporangien zum ersten Male aufgesprungen, oder ob sie nach monate-, jahre- oder jahrzehnte- langem Liegen in aufgesprungenem Zustande nach neuer Wasserfül- lung wiederum ausgetrocknet waren. Auch verschlug es nichts, ob ‚Stunden oder Tage nach der Wasserentleerung vergangen waren, wenn die Sporangien diese Zeit nur im „luftleeren“ Raume zuge- bracht hatten. Hatte nach der Herstellung der leeren Zellräume der Aufenthalt in freier Luft eine Reihe von Stunden gedauert, so waren die Spo- rangien in ihrem Verhalten zur Schwefelsäure von solchen, die jahre- lang aufbewahrt worden waren, nicht mehr zu unterscheiden. Die Blasen waren nicht allein gross, sondern schlüpften vielfach, von der quellenden Membran getrieben, „von selbst“ aus (vgl. Fig. 10 und 12). Betrug die Wartepause nur etwa 25 Minuten, so hatten die Blasen zwar bereits ein grösseres Volum als bei sofortiger Prüfung, sie blieben aber in den Zellräumen liegen und wichen erst bei einem Druck auf das Deckglas auseinander, wobei sie sich in der gequolle- nen Masse vertheilten. Auch bei Blättern von Mnium punctatum und cuspidatum, die aus flüssigkeitsgefülltem Zustande im Vacuum ausgetrocknet waren, ohne zu schrumpfeln, hatte ich wiederholt Gelegenheit zu ent- sprechenden Wahrnehmungen. Von diesen sei nur ein Beispiel an- geführt. An einem Blatte von M. punctatum, das nach seinem Aus- troeknen im Vacuum zwei Stunden in demselben’ verweilt hatte, fand ich zwei Minuten nach seiner Uebertragung in die freie Luft in einem Probestück Blasen von 6—12 Mikromillimeter Durchmesser. An an- deren Probestücken desselben Blattes!) maassen die Durchmesser der Gaskugeln nach 10 Minuten durchschnittlich etwa 15 Mikro- millimeter, nach 20 Minuten waren sie auf 20—25, nach 30 Minuten bereits auf 25—80j. angewachsen, d. h. ihr Volum betrug jetzt schon mehr als das 20fache der erstgemessenen. An vier Probe- lens der Gewebe elastisch zurückspringen, und nicht die Randzellen, deren Aussen- haut eingefaltet bleibt. In den letzteren sind die Lumina zu sehr verengt, um grössere Luftmengen aufzunehmen, daher fallen bei ihnen die Unterschiede in der Blasengrösse nicht so deutlich auf. 1) Alle waren aus dem Mittelfelde mit grossen Zellen entnommen. 121 stücken aus einem anderen Blatte fand ich nach zwei Minuten „kleine Bläschen“, nach 40 Minuten Kugelblasen von 30, nach einer Stunde solche von 35—40, nach sechs Stunden Kugeln bis zu 50 Mikromilli- meter Durchmesser. Nach diesen Ergebnissen ist doch schwer abzustreiten, dass die betreffenden Zellen nach der Wasserentziehung im luftleeren Raum anfangs nur Spuren von Luft beherbergt haben, dass aber durch ihre trockene Membran hindurch allmählich Luft eingedrungen ist. Dabei lasse ich es dahingestellt, ob dieses Gas genau die procentische Zu- sammensetzung der Atmosphäre hat oder einen grösseren Gehalt an Sauerstoff oder Stickstoff aufweist. Vorläufig mag die Bezeichnung „Luft“ für das Gas gestattet sein, selbst wenn es etwa nur aus OÖ oder N bestehen sollte. Dass es vorwiegend Kohlensäure enthält, erscheint ausgeschlossen, denn sonst würde wohl seine Verdrängung durch alkalihaltiges Wasser erheblich rascher vor sich gehen,!) Es ist übrigens oben bereits angedeutet worden, dass die trocke- nen Moosblätter nur unter besonderen Umständen die besprochenen Resultate ergeben. Denn wie im Abschnitt II 1 auseinander gesetzt ist, werden ihre Zellen beim Schrumpfeln meist derart zerknittert (vgl. Fig. 7), dass sie auch bei langem Verweilen in der Luft nur wenig Gas aus ihr aufzunehmen vermögen. Die in Schwefelsäure auftretenden Blasen sind daher in diesen Fällen nieht nur gleich nach der Wasserentleerung der Zellräume sehr klein, sondern sie weisen auch später nur geringe Grössen auf, wenn die Wandungen nicht vorher angefeuchtet worden sind (vgl. Fig. 13). 2. Versuche über die Luftdurchlässigkeit feuchter Membranen in Moos- blättern. Mehr Schwierigkeit als die trockenen Membranen bereiteten mir in unserer Frage die imbibirten Zellhäute. Zwar läuft bei den Mnium- Blättern, um zuerst von diesen zu sprechen, das Ergebniss der „Schwefel- säureprobe* mit dem der einfachen „Wasserprobe* stets parallel. Das heisst: wies die Schwefelsäure in einem Blatte oder Blattstück das Vorhandensein grosser Gasquanta in den Zellen desselben: nach, so bedurfte es auch entsprechend langer Zeit, um an einem zweiten Probeabschnitt desselben Gewebes die Blasen durch Wasser aus den Zellen zu verdrängen; waren die Gaskugeln in der Säure dagegen sehr klein, so wurden die entsprechenden. Zellen auch rasch mit 1) Vgl. Prantl, Mechanik des Rings am Farnsporangium. Ber. d, deutsch. bot. Ges. IV, 1886, pag. 45. 122 Wasser gefüllt — und umgekehrt. Sehr auffällig war das Verhalten der Moosblattzellen jedoch bei manchen Versuchen mit der Luftpumpe. Hauptsächlich um diese eigenartigen Ergebnisse in das rechte Licht zu setzen, habe ich auf pag. 118 zwei frühere Experimente an Mark- und Antherengeweben in diesen Bericht aufgenommen. Nach dem Ausfall derselben erwartete ich, dass auch die Moosblattzellen sich sehr rasch mit Wasser füllen würden, wenn sie, im „Vacuum“ ihres Saftes entleert, mit der Flüssigkeit wieder in Berührung kämen, ehe sie aus der Atmosphäre Luft aufnehmen konnten. Ich war daher nicht wenig überrascht, als sich oft gerade das Gegentheil herausstellte. Natürlich vermuthete ich zunächst verborgene Fehlerquellen und habe mich die Mühe nicht verdriessen lassen, diese Versuche immer wieder aufs Neue nach den verschiedenen Methoden zu wiederholen. Jedoch blieb das Resultat dasselbe. Zunächst sei von jeder Versuchsreihe ein Beispiel 0 oder ein Paar sich ergänzender aufgeführt. a) Versuch nach dem Verfahren U, 3ba pag.115. Ein Aestchen von Mnium cuspidatum, das einem lebenden schwellenden Rasen entnommen, darnach aber zwei Tage lang in absoluten Alkohol eingelegt gewesen war, wurde, an einem Ende mit Stanniol beschwert, im Fusse des Kniegefässes Fig. 4, von Alkohol eingehüllt, an die Wasserluftpumpe angeschlossen und hiermit 1!/4 Stunde lang evacuirt. Nach einigen Minuten war der beigegebene Alkohol völlig verdampft, und bald waren auch die Blätter trocken und ebenso stark verkrümmt und zerknittert, als wenn sie in freier Luft getrocknet wären. Als nach Ablauf der angegebenen Zeit der Hahn der Wasserleitung ab- geschlossen wurde, war das Gefässchen durch den äusseren Luftdruck sofort bis auf einige kleine Blasen (oberhalb des Grübchens g) mit Wasser gefüllt. Da das Moosästchen aber infolge seiner Stanniol- beschwerung am Grunde des Knierohres liegen blieb, so kam es mit jenen Bläschen garnicht in Berührung. Um auch sonstigen Luft- zutritt möglichst zu vermeiden, wurde das Kniegefäss zum Ueberfluss unter Wasser von dem eingeschliffenen Rohre abgezogen und das Aestchen zwei Minuten lang in diesem Wasser belassen, ehe es zur Untersuchung herausgenommen wurde. Trotzdem war ein nach einer weiteren Minute unter dem Mikroskop geprüftes (übrigens stets be- netzt gebliebenes) Blatt ganz und gar voller Blasen, die die Zelllumina ausfüllten. Nach ferneren zwei Minuten wurde ein anderes Blatt nach oberflächlichem Abtupfen des umgebenden Wassers mit Schwefel- säure behandelt. Hs enthielt durchweg grosse Blasen von etwa 20% 123 Durchmesser, die beständig waren und bei künstlichem Druck aus- traten. 15 Minuten später erwies sich ein drittes Blatt noch etwa zur Hälfte mit Blasen gefüllt. Nach einer Stunde war an einem vierten Blatt noch etwa !/s der Zellen mit grossen Blasen ' besetzt. (Man beachte, dass sich die natürlichen troekenen Blätter oft mo- mentan mit Wasser gänzlich füllen.) b) Versuch nach dem Verfahren ß (pag. 115). Ein acht Tage vorher gepflücktes Aestchen von Mnium cuspidatum war im Zimmer eingetrocknet, jedoch darnach zwei Tage lang in Wasser ge- legt worden und wurde nun mit Wasser — nicht wie im vorigen Beispiel mit Alkohol — völlig erfüllt, nach Beschwerung mit Stanniol am Grunde des Kniegefässes Fig. 4 an den möglichst eva- euirten Kugelapparat Fig. 1 angeschlossen. Darauf wurde sofort weiter gepumpt, bis das Quecksilber wieder klirrend anschlug und durch das Auslassventil kein Bläschen mehr entwich. Das Aestchen blieb nun eine Stunde in Verbindung mit dem „Vacuum“. Hierauf wurde das Knierohr unter Wasser abgezogen und darin umgekehrt, so dass der Mooszweig auf den Grund des grösseren Gefässes zu liegen kam. Nach sechs Minuten waren die vorher ausserordentlich zerknittert gewesenen Moosblätichen zum Theil flach gestreckt, wenn auch noch an den Rändern verbogen. Zwei Minuten später wurde unter Wasser eins derselben abgezupft und 'sofort auf dem Objeetträger mit dem Mikroskop geprüft. Es war zum grössten Theil voll grosser Blasen. Auch an einem anderen Blatte kamen bei der Schwefelsäureprobe Kugelblasen von erheblichem Volum zum Vorschein, die bei künst- lichem Druck aus den Zellen ins Freie traten, ohne ihre Grösse zu verringern. Eine Viertelstunde später wurden drei neue Blätter in Wasser untersucht. Bei ihnen waren bezw. etwa !ja, '!/s und 3/s ihrer Zellen noch blasenhaltig. Nach 2!/; Stunden fand ich von neun Blättern noch drei zum grösseren Theil mit Blasen besetzt. (Siehe die Schluss- bemerkung zu a, diese Seite oben.) c) Versuche nach der Methode y (pag. 115). a) Ein Blatt von Mnium punctatum, das einem im Jahre 1899 gesammelten Rasen entstammte, der seitdem ohne Pressung trocken aufbewahrt worden war, wurde in Wasser eingelegt und darauf, nachdem es unter dem Mikroskop durchaus flüssigkeitsgefüllt befunden war, im Kämmerchen %k des Apparates Fig. 5 an die möglichste Luft- leere des Kugelapparates Fig. 1 angeschlossen. Dies geschah für die Dauer von sechs Stunden. Zu Anfang dieser Zeit war sofort nach dem Anschluss des Kämmerchens nachgepumpt worden, bis keine 124 Bläschen mehr durch das Pumpenvcntil entwichen. Ebenso wurde auch kurz vor dem Ablauf dieses Zeitraums constatirt, dass das Queck- silber nach einigen Pumpenzügen wieder klirrend anschlug. Nachdem dem Blatte nun in der früher geschilderten Weise Wasser aus dem Triehterrohr zugeleitet war, verblieb es, von diesem Wasser umhüllt, noch 12 Minuten lang im Kämmerchen k. Darauf wurde dieses unter Wasser abgezogen und das Blatt nach dem Abnehmen des Stöpsels vom Trichterrohr, von diesem aus, ebenfalls unter Wasser hinausge- blasen. Trotz all dieser Vorsichtsmaassregeln zeigte es sich bei der Besichtigung mit dem Mikroskop von oben bis unten, Zelle für Zelle, mit grossen Blasen gespickt. Selbst nach 20stündigem Verweilen in Wasser war cs von diesen erst etwa zur Hälfte befreit. ß) Ein anderer Versuch wurde mit Perichaetialblättern von Mnium cuspidatum angestellt, die 1897 gesammelt, vor kurzem in Wasser eingeweicht und dann 2—3 Tage in absoluten Alkohol eingelegt ge- wesen waren. Sie kamen also im Kämmerchen k des Apparates Fig. 5 in -alkoholgefüllten Zustande zur Verwendung. Hierin verblieben sie zwei Stunden und wurden dann in ähnlicher Weise behandelt, wie beim vorigen Versuche angegeben ist, nur war das Zeitmaass ein kürzeres. Eins der Blätter wurde vier Minuten nach dem Wasser- zutritt mikroskopisch geprüft: es war bis auf einige Zellen an der Rippe und einige Zellgruppen ini basalen Theil blasenfrei. Ein zweites Blatt erwies sich dagegen nach fünf Minuten noch zu !ls, nach 18 Minuten noch zu !/; seines Gewebes blasenhaltig und war nach 40 Minuten noch nicht frei. Ein drittes Blatt enthielt nach 20 Minuten (vom Wasserzutritt an gerechnet) noch etwa in !/ıo der Zellen Blasen. Zur Controle wurden dieselben drei Blätter am nächsten Tage, nachdem sich ihre Zelllumina wieder gänzlich mit Wasser gefüllt hatten, an freier Luft von Neuem ausgetrocknet und dann nochmals mit Wasser behandelt. Diesmal war das erste Blatt nach zwei Minuten nahezu ganz blasenfrei, auch das zweite Blatt nach ungefähr drei Minuten. Im dritten Blatt war allerdings nach 40 Minuten noch !/s der Zellen blasenhaltig. d) Versuche nach dem Verfahren ® (pag. 116). a) Ein Blatt von Mnium punctatum aus dem Jahre 1899, das erst einen Tag lang in Wasser völlig durchtränkt und dann wochenlang in absolutem Alkohol aufbewahrt worden ist, wird, in Stanniol gefasst und stark mit Alkohol benetzt, ins Grübcehen g des Knierohres ge- bracht, während dasselbe in seinem Fusse f luftfreies Wasser enthält. Der Apparat ist also geradeso beschickt, wie es die Fig. 4 darstellt. 125 Nachdem derselbe an das Vacuum der Doppelkugeln angelegt ist, wird das Pumpen wieder aufgenommen und, soweit nöthig, fortgesetzt, bis keine Bläschen -mehr durch das Quecksilberventil ins Freie be- fördert werden können. Der Anschlusshahn « blieb zunächst neun Minuten lang ganz offen, bis das Wasser im Knierohr an der Ober- fläche gefror. Es gelang, das Eis durch Erwärmen des Gefässchens mit den Fingern aufzuthauen, ohne dass das Blatt im Grübchen be- netzt wurde. Nun wurde der Hahn « von neuem geöffnet und nach weiteren vier Minuten das Blatt in das Wasser am Grunde des Ge- fässchen gestürzt. Es sank darin völlig unter. Nach kurzer Zeit wurde dann das Blatt aus dem abgezogenen Behälter durch einen kräftigen Stoss in ein Uhrglas mit Wasser befördert. Hierin zeigte es sich dem blossen Auge sofort ganz undurchsichtig. Unter dem Mikroskop bieten sämmtliche Zellen bis auf ganz vereinzelte klare Gruppen Blasen, die an den Rand der Lumina heranreichen. Die Schwefelsäure ergibt an einem Probestück Kugelblasen, die ähnlich wie in Fig. 14 etwa die halbe Tangentialwandung bedecken. Der übrige Theil des Blattes ist nach 5'/e Stunden noch zu !js bis 1a blasengefüllt. . ß) Dasselbe Blatt (von dem nur ein Streifehen zur Schwefelsäure- probe abgenommen worden war) wurde in wassererfülltem Zu- stande nochmals zu demselben Versuche benutzt. Es war ja vorher nur deshalb aus Alkohol ausgetrocknet worden, um sicher zu gehen, dass es gänzlich flüssigkeitsleer war, wenn es in das Wasser des Kniegefässes gelangte. Da der Innenraum dieses Recipienten aber nicht allein aus dem Blatte, sondern auch aus dem Wasser an seinem Grunde Wasserdampf empfing, so konnte ich bei der angegebenen Anordnung nur auf eine beschränkte Austrocknung des Blattgewebes rechnen. Bei dem Versuche kam diesmal obendrein noch der Uebel- stand hinzu, dass das Wasser bereits vier Minuten nach dem Anschluss an das „Vacuum“ der Doppelkugeln gefror, die Eisdecke durch Dampf- blasen nach oben getrieben wurde und das Blatt im Grübchen beim Schmelzen benetzte. So musste die Austrocknung schon nach vier Minuten beendigt und das Blatt in das Wasser im Fusse des Knie- rohres befördert werden. Dort liess sich schon mit der Lupe erkennen, dass der grössere Theil des Gewebes völlig klar geblieben, dagegen die am meisten exponirt gewesene Randpartie undurchsichtig-milchig geworden war. Nach dem Abziehen des Gefässchens wurde ein Stück- chen aus diesem trüben Gewebe sofort mit Schwefelsäure untersucht. Diese ergab ein ähnliches Bild wie Fig. 14, also dasselbe Resultat 126 wie beim vorher erwähnten Versuche. Der übrige grössere Theil des Blattes wurde in Wasser belassen; er war nach drei Stunden noch nicht ganz frei von Blasen. — — Was nun die Deutung dieser Versuchsergebnisse anbetrifft, so könnte man die Frage aufwerfen, ob nicht die lange Dauer der Wasser- füllung vielleicht dem Umstand zugeschrieben werden dürfe, dass die Membranen bei jenem Verfahren in überaus hohem Grade ausge- trocknet und daher schwer benetzbar geworden wären. Dem wider- spricht aber die Thatsache, dass sich die Moosblätter bei allen diesen Versuchen in kurzer Zeit wieder ausbreiten und zur ursprünglichen Form zurückkehren, wenn sie nach dem Austrocknen in Wasser kommen. Die schnelle Imbibition ihrer Wandungen ist daher kaum fraglich. Berücksichtigt man auch den Ausfall der Schwefelsäureprobe, so lässt sich nieht wohl anzweifeln, dass die bei den erwähnten Ver- suchen beobachteten Blasen gaserfüllte und nicht leere Räume dar- stellen, Woher stammen aber nun diese Gasmengen? Wollte man sich, wenn auch ungern, der Ansicht zuneigen, sie müssten innerhalb des „Vacuums* in den Lumina der trockenen Zellen schon vorhanden sein, vielleicht entbunden aus der Membran oder aus der Zellflüssigkeit, so steht dieser Auffassung die Thatsache im Wege, dass sich solche Gasquanta, wie früher auseinandergesetzt, durchaus nicht finden lassen, wenn man die Gewebe im trockenen Zustande aus dem „Vacuum“ in die Atmosphäre bringt und untersucht. (Vgl. pag. 119 f.) Es ist schwierig, der Folgerung auszuweichen, dass die grossen Gasmengen in die anfangs fast leeren Zellräume erst nachträglich eingeströmt sind, und, da nach der eben erwähnten Erfahrung die trockenen Membranen nicht im Stande sind, momentan grosse Luft- mengen durchtreten zu lassen, dass die imbibirten Membranen der Moosblätter zum Theil ungemein luftdurchlässig sind, ja die Luft viel leichter als Wasser ins Lumen eindringen lassen. Ich gestehe gern, dass diese Auffassung wenig Befriedigendes hat, namentlich da noch die Frage beantwortet werden soll, woher denn diese Luft stamme. Die Zellräume müssten dieselbe durch die feuchte Membran innerhalb des sogenannten Vacuums aufnehmen! Darf man vielleicht annehmen, dass die Moosblätter auch im „Vacuum“ noch ein beträchtliches Luft- quantum durch Absorption an ihrer Oberfläche festhalten und dass dieses in die Zelllumina eindringt, sobald die Wandung Wasser auf- nimmt? Ich wage nicht, diese‘ Fragen bestimmt zu entscheiden, möchte aber noch eine Beobachtung erwähnen, die für die eben skiz- 125 Nachdem derselbe an das Vacuum der Doppelkugeln angelegt ist, wird das Pumpen wieder aufgenommen und, soweit nöthig, fortgesetzt, bis keine Bläschen mehr durch das Quecksilberventil ins Freie be- fördert werden können. Der Anschlusshahn « blieb zunächst neun Minuten lang ganz offen, bis das Wasser im Knierohr an der Ober- fläche gefror. Es gelang, das Eis durch Erwärmen des Gefässchens mit den Fingern aufzuthauen, ohne dass das Blatt im Grübchen be- netzt wurde. Nun wurde der Hahn « von neuem geöffnet und nach weiteren vier Minuten das Blatt in das Wasser am Grunde des Ge- fässchen gestürzt. Es sank darin völlig unter. Nach kurzer Zeit wurde dann das Blatt aus dem abgezogenen Behälter durch einen kräftigen Stoss in ein Uhrglas mit Wasser befördert. Hierin zeigte es sich dem blossen Auge sofort ganz undurchsichtig. Unter dem Mikroskop bieten sämmtliche Zellen bis auf ganz vereinzelte klare Gruppen Blasen, die an den Rand der Lumina heranreichen. Die Schwefelsäure ergibt an einem Probestück Kugelblasen, die ähnlich wie in Fig. 14 etwa die halbe Tangentialwandung bedecken. Der übrige Theil des Blattes ist nach 5!Js Stunden noch zu !js bis !« blasengefüllt. . ß) Dasselbe Blatt (von dem nur ein Streifchen zur Schwefelsäure- probe abgenommen worden war) wurde in wassererfülltem Zu- stande nochmals zu demselben Versuche benutzt. Es war ja vorher nur deshalb aus Alkohol] ausgetrocknet worden, um sicher zu gehen, dass es gänzlich flüssigkeitsleer war, wenn es in das Wasser des Kniegefässes gelangte. Da der Innenraum dieses Recipienten aber nicht allein aus dem Blatte, sondern auch aus dem Wasser an seinem Grunde Wasserdampf empfing, so konnte ich bei der angegebenen Anordnung nur auf eine beschränkte Austrocknung des Blattgewebes rechnen. Bei dem Versuche kam diesmal obendrein noch der Uebel- stand hinzu, dass das Wasser bereits vier Minuten nach dem Anschluss an das „Vacuum“ der Doppelkugeln gefror, die Eisdecke durch Dampf- blasen nach oben getrieben wurde und das Blatt im Grübchen beim Schmelzen benetzte. So musste die Austrocknung schon nach vier Minuten beendigt und das Blatt in das Wasser im Fusse des Knie- rohres befördert werden. Dort liess sich schon mit der Lupe erkennen, dass der grössere Theil des Gewebes völlig klar geblieben, dagegen die am meisten exponirt gewesene Randpartie undurchsichtig-milchig geworden war. Nach dem Abziehen des Gefässchens wurde ein Stück- chen aus diesem trüben Gewebe sofort mit Schwefelsäure untersucht. Diese ergab ein ähnliches Bild wie Fig. 14, also dasselbe Resultat 126 wie beim vorher erwähnten Versuche. Der übrige grössere Theil des Blattes wurde in Wasser belassen; er war nach drei Stunden noch nicht ganz frei von Blasen. — — Was nun die Deutung dieser Versuchsergebnisse anbetrifft, so könnte man die Frage aufwerfen, ob nicht die lange Dauer der Wasser- füllung vielleicht dem Umstand zugeschrieben werden dürfe, dass die Membranen bei jenem Verfahren in überaus hohem Grade ausge- trocknet und daher schwer benetzbar geworden wären. Dem wider- spricht aber die Thatsache, dass sich die Moosblätter bei allen diesen Versuchen in kurzer Zeit wieder ausbreiten und zur ursprünglichen Form zurückkehren, wenn sie nach dem Austrocknen in Wasser kommen. Die schnelle Imbibition ihrer Wandungen ist daher kaum fraglich. Berücksichtigt man auch den Ausfall der Schwefelsäureprobe, so lässt sich nicht wohl anzweifeln, dass die bei den erwähnten Ver- suchen beobachteten Blasen gaserfüllte und nicht leere Räume dar- stellen. Woher stammen aber nun diese Gasmengen? Wollte man sich, wenn auch ungern, der Ansicht zuneigen, sie müssten innerhalb des „ Vacuums“ in den Lumina der trockenen Zellen schon vorhanden sein, vielleicht entbunden aus der Membran oder aus der Zellflüssigkeit, so steht dieser Auffassung die Thatsache im Wege, dass sich solche Gasquanta, wie früher auseinandergesetzt, durchaus nicht finden lassen, wenn man die Gewebe im trockenen Zustande aus dem „Vacuum“ in die Atmosphäre bringt und untersucht. (Vgl. pag. 119 f.) Es ist schwierig, der Folgerung auszuweichen, dass die grossen Gasmengen in die anfangs fast leeren Zellräume erst nachträglich eingeströmt sind, und, da nach der eben erwähnten Erfahrung die trockenen Membranen nicht im Stande sind, momentan grosse Luft- mengen durchtreten zu lassen, dass die imbibirten Membranen der Moosblätter zum Theil ungemein luftdurchlässig sind, ja die Luft viel leichter als Wasser ins Lumen eindringen lassen. Ich gestehe gern, dass diese Auffassung wenig Befriedigendes hat, namentlich da noch die Frage beantwortet werden soll, woher denn diese Luft stamme. Die Zellräume müssten dieselbe durch die feuchte Membran innerhalb des sogenannten Vacuums aufnehmen! Darf man vielleicht annehmen, dass die Moosblätter auch im „Vacuum“ noch ein beträchtliches Luft- quantum durch Absorption an ihrer Oberfläche festhalten und dass dieses in die Zelllumina eindringt, sobald die Wandung Wasser auf- nimmt? Ich wage nicht, diese Fragen bestimmt zu entscheiden, möchte aber noch eine Beobachtung erwähnen, die für die eben skiz- 127 zirte Auffassung spricht. Auch in freier Luft gelingt es nämlich oft, Zellen von Moosblättern, die nach Ausweis der Schwefelsäureprobe sehr gasarm sind, in kürzester Zeit in solche mit grossen Blasen um- zuwandeln. Ich habe wiederholt Stücke von Blättern des Mnium punctatum, die wassererfüllt ins „Vacuum“ eingebracht, dort ihrer Flüssigkeit vollständig beraubt und aus dem „Vacuum“ dann in die freie Luft übertragen waren, Zelle für Zelle sofort mit grossen Blasen besetzt gefunden, wenn sie vorübergehend, etwa auf die Dauer von 20—30 Secunden, mit Wasser in Berührung gebracht waren. Nach dieser Benetzung brachte ich nämlich die Probestücke zur Entfernung des Wassers auf einige Secunden zwischen Löschkarton oder liess sie auf der Nadelspitze abtrocknen. Wenn ich sie unmittelbar hiernach mit Schwefelsäure prüfte und sie in Bezug auf die Grösse ihrer Bla- sen mit Stücken desselben Blattes verglich, die trocken geblieben waren, so war stets ein erheblicher Unterschied wahrzunehmen. Ja, es kam vor, dass Abschnitte eines Blattes nach der vorübergehenden Benetzung Blasen von der in Fig. 14 dargestellten Grösse aufwiesen; während die trockengebliebenen kaum zahlreichere und grössere Bläs- chen erkennen liessen als die Fig. 13. Offenbar hängen diese Diffe- renzen auch mit dem Maasse der Zerknitterung zusammen, die im trockenen Blatt vorhanden ist, aber bei der Benetzung schwindet. Kann man diese Erscheinung. wohl ungezwungener erklären, als da- durch, dass die Membran nach der Wasserzufuhr in die vorher luft- armen Zellräume sehr schnell hat Luft einströmen lassen ? 3. Versuche über den Einfluss äusseren Ueberdruckes auf die Wasser- füllung von Zellräumen in Farn- und Selaginella-Sporangien. Im Anschluss an die Beschreibung der Apparate zur Luftpumpen- probe sind früher (pag. 118) einige Beispiele angeführt worden, bei denen eine sehr beträchtliche Beschleunigung der Wasserdurchträn- kung von Geweben eintrat, wenn diese künstlich luftarm gemacht waren. Im vorigen Abschnitt ist davon die Rede gewesen, dass und warum dieses Verfahren bei Moosblättern nicht gelungen ist. In den nachfolgenden Zeilen habe ich nun zu berichten, dass ich auch bei den Sporangien von Farnen und von Selaginella bisher. nicht im Stande gewesen bin, einen erheblichen oder augenfälligen Unterschied in der Zeitdauer der Wasserfüllung der „activen“ Zellen gleichartiger Ob- jecte zu finden, ob diese nun in.möglichst luftleerem oder in natür- lichem Zustande geprüft wurden. Dieses Ergebniss könnte als ein 128 sehr willkommener Beleg für die Ansicht gelten, dass jene Zellen auch im natürlichen Zustande schon annähernd luftleer sind, wenn dem die Schwefelsäureprobe nicht im Wege stände. Nach dem Aus- fall derselben (vgl. pag. 119 f.) müssen wir uns aber wohl damit abfin- den, dass die erwähnten Zellen im trockenen Zustande erhebliche Luftmengen enthalten. Vielleicht lässt sich aber die Schlussfolgerung umkehren. Sollte das gleichmässige Verhalten der Probeobjecete in den beiden oben bezeichneten Fällen vielleicht im Gegentheil darauf beruhen, dass sie beide Male lufterfüllt gewesen sind? Dann müsste also (ähnlich wie nach dem Berichte des vorigen Abschnittes bei den Moosblättern) trotz aller Vorsichtsmaassregeln bei der Benetzung der Membranen Luft in das Zellinnere eingedrungen sein. Bei den Mnium-Blättern konnte ich Versuche anführen, die für eine sehr hohe Durchlässigkeit eines Theiles ihrer imbibirten Membranen sprechen (pag. 121 ff.). Ent- sprechende Beobachtungen an den Annuli von Polypodium und Seolo- pendrium, sowie den Klappen von Makro- und Mikrosporangien der Selaginella gaben jedoch keinen Anlass zu einem solchen ‘Schlusse. Denn wenn ich Objecte dieser Art, die nach Ausweis der Schwefel- säureprobe sehr luftarm waren, eine Weile feucht hielt und dann erst der Säurewirkung unterwarf, so waren die Gasmengen in ihren Lü- mina nicht sonderlich von denen verschieden, die sich in trocken ge- bliebenen Zellen nachweisen liessen, welche ebenso lange wie jene (seit der Herstellung der Luftleere in ihnen) an .der freien Luft ge- legen hatten. Somit gehören auch die Versuchsergebnisse dieses Ab- schnittes zu denen, die noch weiterer Aufklärung bedürfen. Bei dem Berichte über dieselben beschränke ich mich auf die Wiedergabe einiger Experimente an Selaginella, mit der Bemerkung, dass die Parallelversuche mit Polypodium und Scolopendrium keine wesentlich anderen Resultate ergeben haben. Ich sehe ferner von den Beobachtungen ab, bei denen die Luftarmuth der Zellen dadurch ge- sichert war, dass diese sofort nach ihrem Zurückschnellen oder nach der Entziehung ihres Füllwassers durch absoluten Alkohol zur Unter- suchung kamen. Nur einige Versuche mit der Luftpumpe sollen , nähere Erwähnung finden. Die erste Gruppe derselben bezieht sich auf den Fall, dass die Imbibition unter atmosphärischem Drucke statt- fand; bei der zweiten musste sich die Wasserfüllung der Lumina zu- meist innerhalb der Luftleere vollstrecken. Diesem Spezialberichte muss ich aber eine Bemerkung über die Zeitdauer der Wasserfüllung der Zellräume unter den gewöhnlichen Umständen vorausschicken. 129 Diese varlirt sowohl bei den Farnannuli, wie bei den Selaginella- Sporangien innerhalb gewisser Grenzen. Bei einer grösseren Zahl gleichzeitig geprüfter Objeete sind ohne erkennbare Ursache einige erheblich früher blasenfrei als andere, ebenso wie an demselben Ob- jecte einige Zellen den anderen in der Wasserfüllung vorauseilen und einzelne andere viel länger als die Mehrzahl blasenhaltig bleiben können. Man darf also bei jedem Organ nur von einer durchschnitt- lichen Dauer der Blasenverdrängung sprechen. Nach meinen Beob- achtungen waren nun die Makrosporangienklappen von Selaginella im Ganzen nach etwa 15 Minuten, die Klappen der Mikrosporangien dagegen erst nach etwa 30—35 Minuten blasenfrei, während die An- nuli von Polypodium und Scolopendrium hierzu nur etwa 8—10 Mi- nuten bedurften. — Gehen wir nun zu den Versuchen über. Versuch a. Sechs reife Makrosporangien, die vor dem Auf- springen in absoluten Alkohol eingelegt und darin geschlossen ge- blieben waren, wurden erst einige Stunden mit Wasser durchtränkt und dann in dem Knierohr Fig. 4 dem „Vacuum“ des Kugelapparates Fig. 1 ausgesetzt. Sie begannen schon nach fünf Minuten aufzu- springen und ihre Sporen abzuschnellen. Nach weiteren acht Minuten wurde das Kniegefässchen abgezogen und sofort mit Wassser gefüllt. Nach weiteren 12 Minuten‘ war noch ein Theil der basalen „Kahn- zellen“ blasenhaltig; erst 15 Minuten nach der Benetzung waren die Blasen alle verschwunden. Bei einem ähnlichen Versuche, wobei schon früher aufgesprungene, aber mit Wasser wieder ganz durchtränkte Sporangien benutzt wurden, beanspruchten die Klappen der Makrosporangien wiederum etwa 15, diejenigen der Mikrosporangien etwa 30 Minuten. Versuch b. Um den Zutritt der atmosphärischen Luft zu ver- meiden, wurde das Verfahren 5 (pag. 116) eingeschlagen. Es wurden nämlich drei Makro- und drei Mikrosporangien, die wasserdurchtränkt, aber noch nicht aufgesprungen waren, im Tüllsäckchen eingeschlossen, in das Grübchen 9 des Knierohres Fig. 4 gebracht, während der Fuss f desselben luftfreies Wasser enthielt. Dieses wurde nun mit dem Kugelapparat in Verbindung gesetzt, nachdem das Trockengefäss der Luftpumpe frisch mit Phosphorpentoxyd beschiekt und alles möglichst sorgfältig evacuirt worden war. Schon nach drei Minuten begann das Abschleudern der Makrosporen, nach vier Minuten die Eisbildung an der Oberfläche des Wassers. Es gelang aber nach dem Aufthauen der Eisdecke, trotz wiederholter Erneuerung derselben, die Sporangien 20 Minuten lang im Grübchen trocken zu erhalten. Natürlich wurde Flora 1903. 9 130 während dieser Zeit das Vacuum durch Nachpumpen möglichst auf-' recht erhalten, derart, dass nur Bläschen von Stecknadelkopfgrösse das Auslassventil passirten. Nachdem das stanniolbeschwerte Säckchen mit den Sporangien auf den Grund des Wassers ‚im Knierohr beför- dert war, wurde dieses abgezogen, mit Wasser aufgefüllt und in einem grösseren Wassergefäss umgekehrt, so dass das Säckchen auf den Boden desselben zu liegen kam. Die Blasenverdrängung nahm nun bei den Makrosporangien wieder 15, bei den Mikrosporangien etwä 35 Minuten in Anspruch. Versuche e. Am bemerkenswerthesten war die Feststellung der Imbibitionsdauer bei verringertem Luftdruck nach dem pag. 117 besprochenen Verfahren. Einmal wurden acht bereits aufgesprungene, aber mit Wasser von Neuem ganz durchtränkte Makrosporangien in derselben Weise wie bei Versuch b 20 Minuten lang im Grübchen getrocknet. Sie verweilten aber darauf 14 Minuten lang innerhalb des Wassers im Knierohr, ehe der atmosphärische Luftdruck zugelassen wurde. Innerhalb der nächsten 2—3 Minuten wurden von den 16 Klappen 12 untersucht. Von diesen waren 10 ganz blasen- frei, zwei hatten noch 5 bezw. ca. 20 Blasen im „Kahn“. — Um dem Einwand zu entgehen, die Klappen dieses Versuches wären trotz des Ergebnisses b nicht ausgetrocknet gewesen, wurden eih anderes Mal wieder Sporangien verwendet, die vor dem Aufspringen in absoluten Alkohol gelegt und einige Stunden vor dem Versuche aus diesem in Wasser gebracht worden waren. Es waren 10 einzelne Mikrosporangien. Sie schnellten im Grübchen während 20 Minuten Austrocknens ihre Sporen ab und verweilten dann 18 Minuten in der „Luftleere“ des Knierohres im Wasser; die fernere Zeit verbliebeh sie unter dem Druck der Atmosphäre im Wasser. 25 Minuten nach Beginn der Benetzung wurde bereits die Hälfte aller Klappen blasen- frei gefunden. Nach weiteren fünf Minuten waren nur noch in drei Klappen Gruppen blasenhaltiger Zellen zu finden. In keinem der erwähnten Versuche a, b und c war also eine wesentliche Aenderung der gewöhnlichen Imbibitionsdauer zu con- statiren, IV. Schlussergebniss. 4 a) Die Membran von Zellen der Farnannuli, Selaginellasporangien und Mniumblätter vermag das Eindringen von Luft (oder Bestand- theilen der Luft) in die Lumina im trockenen Zustande nicht zu verhindern und z. Th. wahrscheinlich noch weniger nach Befeuchtung. 131 b) Dass die trockenen Moosblattzellen trotzdem meist nur wenig Luft enthalten, selbst wenn ihr Protoplast abgestorben ist, beruht auf der starken Zerknitterung, die ihre Wände beim Wasserverlust erfahren. c) Warum aber auch bei den Farn- nnd Selaginella-Sporangien die Blasenverdrängung und die Wasserfüllung ihrer „activen“ Zellen so rasch vor sich geht, trotzdem ihre Membranen nicht zerknittert bleiben, ist noch nicht ganz aufgeklärt. d) Bei den Mnium-Blättern ist übrigens nur ein Theil der Mem- bran jeder Zeile luftdurchlässig; der andere Theil widersteht sogar einem Ueberdruck von mehreren Atmosphären. Wahrscheinlich sind es die obere und die untere Tangentialwand der Blattzellen, die sich in dieser Beziehung verschieden verhalten. Ob sich bei den bespro- chenen Sporangien dieselbe Differenz findet, ist noch nicht constatirt. Figurenerklärung zu Tafel V. Figg. 1—5. Apparate zur Luftpumpenprobe, Fig. 1 stark verkleinert, Figg, 2—5 nahezu in natürlicher Grösse. Erklärung siehe im Text pag. 114—118, Figg. 6 und 7 (150:1). Querschnitte durch ein trockenes Blattstück von Mnium punctatum; Fig. 7in Kanadabalsam zerknittert geblieben; Fig. 6 in Wasser wieder entfaltet. Fig. 8 (100:1). Trookenes Blattstück von Mnium punctatum in Flächen- ansicht, nach Wasserzusatz. Die bohnen- oder U-förmigen Blasen in den Ecken sind Lufträume, Figg. 9—12 (130: 1). Annuluszellen von Scolopendrium offieinarum; in Figg. 9 und 10 von aussen, in Figg. 11 und 12 von der Seite gesehen; Ergebnisse der „Schwefelsäureprobe‘; in Figg. 9 und 11 an frisch geschnellten, in Figg. 10 und 12 an längst geschnellten Sporangien. Bei den letzteren sind die Blasen zum Theil ausgetreten, Figg. 13 und 14 (100:1). Blattstücke von Mnium punctatum in Flächen- ansicht nach der Schwefelsäureprobe. Fig. 13 Stück eines trockenen, im „Vacuum“ wasserentleerten Blattes mit einer oder mehreren kleinen Blasen in jeder Zelle. Fig. 14 ein luftreiches Blattstück mit je einer grossen Blase pro Zelle (die grösseren Kreise geben den Umfang der Blasen, die inneren den lichten Kern derselben an, wo keine totale Reflexion stattfindet). — Erklärung s. pag. 109 u. 121 ff. Figg. 15 und 16 (130:1). Selaginella, Mikrosporangium, Zellen in Flächen- ansicht nach der Schwefelsäureprobe, Bei Fig. 15 war die Säure 80 Secunden nach dem Schnellen zugesetzt; sie gibt das Aussehen des Gewebes nach 15 Mi- nuten wieder. Nur in einem Theil der Zellen sind noch kleine Blasen; auch die Umgebung des Objectes ist davon frei. Fig. 16 bezieht sich auf ein längst ge- schnelltes Spörangium, 25 Minuten nach dem Säurezusatz. Fast jede Zelle enthält noch eine Blase. (Auch die Umgebung wies übrigens viele Blasen auf, die aus- geschlüpft waren.): Morphologische und biologische Bemerkungen. Von K. Goebel. 14. Weitere Studien über Regeneration. Hierzu 6 Figuren im Text, Verschiedene Veröffentlichungen aus jüngster Zeit zeigen, dass dem Studium der Regenerationserscheinungen grösseres Interesse zu- gewendet wird, als früher. Es mag deshalb gestattet sein, meinen vor einiger Zeit gegebenen Ausführungen?!) einige Ergänzungen folgen zu lassen. Bedarf es doch noch zahlreicher Untersuchungen, ehe wir auch nur zu einer eingehenderen Fragestellung gelangen können. Zunächst möge an die Beobachtungen über die Entwickelung der blattbürtigen Sprosse von Bryophyllum crenatum angeknüpft werden. Es zeigte sich, dass das Austreiben der Sprossanlagen, welche an den Blatträndern der embryonalen Blattanlage gebildet werden, herbeige- führt werden kann einerseits durch Unterbrechung der Leitbündel, andererseits durch Entfernung sämmtlicher Sprossvegetationspunkte.2) Daraus wurde geschlossen, dass das Unterbleiben des Austreibens der blattbürtigen Vegetationspunkte an der unverletzten Pflanze — wenn man will, deren Entwickelungshemmung — bedingt werde durch die Sprossvegetationspunkte, und dass diese Hemmung dadurch vermittelt werde, dass die Leitungsbahnen von den Sprossvegetationspunkten in erster Linie in Anspruch genommen werden. Ob es sich dabei handelt um eine längs der Leitungsbahnen stattfindende Reizleitung odet darum, dass die in den Leitungsbahnen strömenden Baustoffe von den Sprossvegetationspunkten stärker als von den blattbürtigen angezogen werden, blieb unentschieden. Die letztgenannte Annahme wurde als ‚anschauliches Bild zunächst benützt. Es wird auch durch unten an- zuführende Thatsachen nahe gelegt. 1. Wundreiz und Regeneration. Eine von Wiesner aufgestellte Hypothese mag hier zunächst kurz besprochen werden, Sie geht aus von der Annahme, dass 1) Ueber Regeneration im Pflanzenreich. Biolog. Centralblatt Bd. XXI Nr. 13-17 (1902). 2) Betreffs der Entwickelungsanregung durch Unterdrückung der Wurzel: bildung vgl, a. a. O. ” 183 zwischen dem Absterben bestimmter Theile (wie es bei Verletzungen stattfindet) und der Neubildung von Geweben bezw. Organen ein ur- sächlicher Zusammenhang bestehe in der Weise, dass die aus den verletzten Zellen hervorgehenden, in die benachbarten Gewebe über- tretenden Stoffe die Umwandlung der Dauerzellen in Folgemeristem- zellen bewirke. Diese Annahme erscheint plausibel, wo es sich um Neubildungen (Gewebewucherungen wie Callus, Kork u. s. w.) handelt, die in unmittelbarer Nähe der Wundfläche auftreten; für die Regene- rationserscheinungen, welche erst weit von der Wundfläche auftreten (z. B. an abgeschnittenen Begoniablättern), scheint sie mir nicht an- wendbar, weil hier wie in der oben genannten Arbeit nachzuweisen versucht wurde, .nicht die Verwundung als solche, sondern die Unterbrechung des Zusammenhangs mit anderen Organen, speziell die Unterbrechung der Leitungsbahnen ausschlaggebend ist. Das schla- gendste Beispiel dafür bietet die früher beschriebene Thatsache, dass Längswunden in Bryophyllumblättern das Austreiben der blattbürtigen Knospen nicht bewirken, wohl aber Querwunden, bei denen die Unterbrechung der Leitungsbahnen eine viel stärkere ist. Nun han- delt es sich bei Bryophyllum allerdings nicht um „Umwandlung der Dauerzellen in Folgemeristemzellen“, sondern um die Activirung schon vorhandener, aber normal ruhender Vegetationspunkte. Es soll indes unten nachgewiesen werden, dass die schon früher aufgestellte Be- hauptung, es lasse sich zwischen diesem Falle und dem der Acti- virung von Dauerzellen keine scharfe Grenze ziehen, sich experimentell weiter begründen lässt. . Dass es sich bei den an abgetrennten Pflanzentheilen stattfinden- den Veränderungen — mögen sie nun als „Neubildungen“ oder sonstwie sich zeigen — hauptsächlich handelt um Folgen der Abtrennung, nicht der Verwundung, scheint mir auch aus dem Verhalten bewur- zelter Bryophyllumblätter hervorzugehen. Wie a. a. O. dargelegt wurde, bewurzeln sich abgetrennte Bryophyllumblätter nicht!); die Be- wurzelung ist vielmehr beschränkt auf die blattbürtigen Sprosse. Es gelang aber, an einigen Bryophyllumblättern eine Bewurzelung durch Entfernung aller Blattknospen herbeizuführen. Diese Blätter wuchsen — soweit sie nieht an der Basis Adventivsprosse erzeugten — im Verlaufe eines Jahres zu etwa der dreifachen Dicke der Blattfläche 1) Gegentheilige, selbst noch neuerdings in der Litteratur gemachte Angaben beruhen auf einem Irrthum, ebenso die, dass bei Begonia Rex „ein Einschneiden der Gefässbündel zur adventiven Knospenbildung erforderlich“ sei. Dies wird nur angewandt, um zahlreichere Adventivsprosse aus einem Blatt zu erhalten. 134 heran, was, wie der Vergleich zeigte, hauptsächlich auf einem unge- mein starken Wachsthum des Mesophylis beruhte. Ob auch Theilungen der Mesophylizellen eintraten, bleibe dahingestellt, Im Blattstiel war das Cambium des Hauptleitbündels in Thätigkeit getreten und hatte namentlich den Holztheil bedeutend verstärkt. Dass diese Wachs- thumserscheinungen am festsitzenden Blatte oder am abgetrennten, aber mit Knospen versehenen, unterbleiben, beruht offenbar auf dem Zusammenhang mit den übrigen Theilen, welcher bedingt, dass die Zellen nicht die Grösse (resp. Vermehrungsfähigkeit) erreichen, zu der sie bei genügender Nahrungszufuhr an und für sich gelangen könnten. Einen analogen Fall hat Van Tieghem früher für die abge- trennten Kotyledonen von Phaseolus multiflorus beschrieben.) Wir haben also beim „Wundreiz“ zweierlei auseinander zu halten: die Folgen der Continuitätstrennung und die Folgen der Verletzung. Der letztere Factor — den wir als Wundreiz im engeren Sinne bezeichnen können — lässt sich, wenigstens in manchen Fällen, auch ausscheiden. 30 — wie im Folgenden gezeigt werden soll — bei Bryophyllum. ‚Das Austreiben der blattbürtigen Knospen lässt sich hier auch ohne Verletzung herbeiführen. 2) Bryophyllum und Begonia. Es wurden Bryophyllumpflanzen benützt, bei denen mehrere Sprosse in einem Topfe standen, um Controlexemplare zu haben, da, wie a. a. Ö. erwähnt, ein Austreiben der Blattknospen gelegentlich auch spontan eintritt, offenbar infolge von Störungen in den Leitungs- bahnen oder in den Sprossvegetationspunkten. Es wurden an zwei Pflanzen sämmtliche Sprossvegetationspunkte eingegipst. Nach vier Wochen machte sich an einigen der untersten Blätter dieser Pflanzen das Austreiben der blattbürtigen Knospen be- merkbar, während es bei den Controlpflanzen unterblieb. Um fest- zustellen, ob die Endknospe etwa durch das Eingipsen gelitten hatte, wurde sie an der einen der beiden eingegipsten Pflanzen möglichst schonend von der Gipshülle befreit — sie wuchs weiter, die Blätter blieben aber an Grösse weit hinter den normalen zurück. Es hatte also eine Hemmung der Sprossvegetationspunkte genügt, um die blattbürtigen zur Entwickelung anzureizen; eine Verwundung fand 1) Ann. des sc, nat. 5. s6rie, XII, 1873; hier gibt auch Wiesner (Biologie der Pflanzen, 2, Aufl, pag. 40) die Correlation mit anderen Teilen der Pflanze zu, 135 nicht statt.) Man kann freilich annehmen, das Eingipsen habe die Sprossvegetationspunkte in einen krankhaften Zustand versetzt und die dabei gebildeten Stoffwechselprodukte haben das Austreiben der blattbürtigen Knospen angeregt. Diese Annahme lässt sich zunächst weder beweisen noch widerlegen, aber auch wenn man sie gelten lässt, würde sie nur die Vebermittlung des von den Spross-Vege- tationspunkten auf die blattbürtigen ausgeübten Reizes betreffen, während die Wiesner’sche Annahme die Correlation zwischen den Vegetationspunkten ausser Betracht lässt. Eine solche Correlation findet aber auch, wie weitere Versuche zeigten, bei Begonia statt. Erinnern wir uns zunächst der Verschiedenheit in der Anlegung der „Adventivknospen“ von Bryophyllum und von Begonia. Bei ersterer Pflanze sind die blattbürtigen Knospen schon von Anfang an vorhan- den; sie gehen direct aus dem embryonalen Gewebe des Vegetations- punktes hervor. An den Begoniablättern sind keine Sprossvege- tationspunkte angelegt, aber bestimmte Gewebestellen über den Blattnerven zu Neubildungen „disponirt“.2) Diese Neubildungen, namentlich in Gestalt neuer Sprosse, treten bei manchen Begonia- Arten auf, wenn die Blätter abgeschnitten und feucht gehalten werden, ein Vorgang, welcher bekanntlich bei den als Blattpflanzen so viel gezogenen verschiedenen Formen von Begonia Rex ausgiebig zur Vermehrung derselben benutzt wird. Es gibt aber, wiea.a. O. pag. 427 näher ausgeführt ist, einige Begonia-Arten, bei welchen auf der Basis der Blätter an der unverletzten Pflanze Sprossbildung angegeben wird. Die Frage lag deshalb nahe, ob es nicht auch bei Begonia Rex möglich sei, das Auftreten von „Adventivsprossen“ an den Blättern, so lange sie noch an der Sprossachse festsitzen, hervorzurufen. Wenn dies der Fall wäre, so wäre damit einerseits die Ueber- einstimmung mit dem scheinbar so verschiedenen Verhalten von Bryo- phyllum noch klarer nachgewiesen, andererseits musste es von Interesse sein, bei einer Begonia-Art ein Gestaltungsverhältniss künstlich her- vorzurufen, welches bei anderen Arten „normal“ hervortritt. 1) Dass am basalen Theil der Pflanzen Seitensprossen entfernt wurden, ist, wie der Vergleich mit nicht eingegipsten Pflanzen zeigt, ohne Einfluss auf das Austreiben der Blattknospen. 2) Worin die Disposition besteht, ist nicht bekannt. Man kann annehmen, dass die betreffenden Zellen mehr „Keimplasma“ besitzen oder sich in günstigeren Ernährungsbedingungen befinden oder dass sonstige Strukturverhältnisse, z. B. die Beschaffenheit der Zellmembranen, sie zum Auswachsen geeigneter machen, 136 Bei Bryophyllum erfolgt das Austreiben der blattbürtigen Spross- anlagen, wie a. a. O. des Näheren ausgeführt ist, wenn entweder die Hauptleitungsbahnen unterbrochen (oder doch gestört) werden oder die Sprossvegetationspunkte entfernt oder die Wurzelbildung unter- drückt wurde. Bei Begonia ist die Unterbrechung der Leitungsbahnen ohne rasch eintretende Schädigung des Blattes nicht so leicht auszuführen, wie bei Bryophyllum. Letztere Pflanze hat verhältnissmässig kleine, fleischige Blätter, Begonia solche mit grosser, viel dünnerer Blatt- spreite. Die Blattnerven halten diese ausgespannt; wenn man die stärkeren durchschneidet, bricht die Spreite leicht ab. Es wird zwar höchst wahrscheinlich leicht möglich sein, bei geeigneter Versuchs- anstellung auch diese Schwierigkeit zu beseitigen, aber ein Blatt, an welchem die meisten Nerven durchschnitten sind, ist schliesslich von einem abgeschnittenen nicht sehr verschieden. Es wurde deshalb zu- nächst der zweite Weg versucht: Entfernung der Sprossvegetations- punkte. Geschieht dies, so werden zunächst die mit blossem Auge . nicht sichtbaren ruhenden Knospen in Thätigkeit versetzt; entfernt man auch diese sobald sie austreiben, so treten vielfach „spross- bürtige „Adventivknospen“ auf. Auch diese wurden abgeschnitten und so gelang es, die Pflanze nach längerem Sträuben zur Bildung von Sprossen auf den Blättern zu bringen.!) Es erfolgte dies bei der einen Versuchspflanze 1!/; Monate nach der Entknospung, bei der zweiten einen Monat später, die dritte war am widerspenstigsten, Erst nach mehr als drei Monaten zeigte sie Kuospenbildung und zwar nicht an der Blattbasis, sondern an der Stelle, wo einer der stärkeren Nerven verwundet worden war. Wahrscheinlich verhalten sich die verschiedenen Formen von Begonia Rex darin etwas verschieden, auch mögen individuelle Eigen- thümlichkeiten der einzelnen Pflanze in Betracht kommen, d. h. die Neigung, blattbürtige Sprosse zu bilden, mehr oder minder stark sein. Der Ort, an dem die Sprosse auftreten, war der, abgesehen von dem zuletzt erwähnten Falle, erwartete, d. h. derselbe, an welchem sie auch bei den abgeschnittenen Blättern sich finden. Wie die Ab- bildung (Fig. 1) zeigt, war die Sprossbildung bei allen Blättern der Versuchspflanze aufgetreten. An einem Blatt war ein Hauptnerv durchschnitten; oberhalb der Schnittstelle traten gleichfalls Knospen 1) Eine Wurzelbildung fand an diesen Adventivsprossen nicht statt, doch würde sie durch Feuchtigkeit etc. wohl leicht hervorzurufen sein. Die Sprossachse gestaltete sich schliesslich zu einem knollenförmigen Gebilde. 137 auf, ganz wie beim abgeschnittenen Blatt, eine Thatsache, welche zugleich zeigt, dass durch Unterbrechung der Leitungsbahnen Spross- bildung auch an festsitzenden Begoniablättern hervorgerufen werden kann, vorausgesetzt, dass die durch die Sprossvegetationspunkte aus- geübte Hemmung wegfällt. Höchst wahrscheinlich kann man übrigens, ebenso wie bei Bryophyllum, die Adventivsprossbildung auf den Blättern auch ohne Entfernung der Sprossyegetationspunkte (durch Eingipsen) hervorrufen. Die oben aufgeworfene Frage war also zu bejahen. Damit ist zugleich ein Anhaltspunkt gewonnen für die Be- Fig. 1. Begonia Rex (stark verkleinert). Pflanze, ‚bei welcher sämmtliche Spross- vegetationspunkte entfernt wurden. Auf der Basis der Laubblätter sind Adventiv- sprosse aufgetreten, auf dem unten rechts befindlichen hat der kräftiger entwickelte Adventivspross ein Laubblatt entwickelt, auf dem oben rechts sind die Adventiv- knospen sichtbar, aber noch blattlos; auf dem Blatte links sind sie nicht sichtbar. urtheilung der Factoren, welche bedingen, dass einerseits gelegent- lich an alten Blättern unverletzter Begonia Rex-Pflanzen die Knospen- bildung beobachtet wurde, andererseits für das Verhalten der Arten, resp. Formen, welche die Sprossbildung auf den Blättern als „normale“ Erscheinung zeigen. Wir werden auf Grund des oben mitgetheilten Versuchsergebnisses annehmen dürfen, dass in beiden Fällen die Ver- bindung der Blätter mit den Vegetationspunkten der Sprossachse eine von der gewöhnlichen abweichende war, sei es, dass die Spross- 138 vegetationspunkte so beschaffen waren, dass sie nicht mehr als stärkste Anziehungscentren für die Baumaterialien der Pflanze thätig waren, sei es, dass die Leitungsbahnen, die zu jenen führen, nicht normal functionirten. Der Fall liegt ganz ähnlich wie bei manchen Farn- prothallien '): so lange diese jung sind, ist Theilungsgewebe nur am Vegetationspunkt vorhanden; dieses beherrscht sozusagen den übrigen Vegetationskörper. Werden sie älter und grösser, so tritt zunächst an der Basis der Einfluss des Vegetationspunktes nicht mehr hervor, es wachsen einzelne Zellen oder Zellgruppen zu neuen („ad- ventiven“) Prothallien aus, ohne dass vorher Zellen abzusterben brauchen, wie dies nach der Wiesner’schen Hypothese anzunehmen wäre, 8. Streptocarpus. In der früheren Abhandlung wurden (pag. 485) auch einige-Ver- suche mit Streptocarpus Wendlandi erwähnt, welche hier zusammen mit anderen später ausgeführten etwas eingehender besprochen sein mögen. Fig. 2. Streptocarpus”Wendlandi (auf !/, verkleinert). Pflanze mit drei Adventiv- sprossen, welche infolge der Entfernung des Laubblattes entstanden sind. Streptocarpus Wendlandi gehört bekanntlich zu den Arten von Streptocarpus, bei welchen die Entwickelung des vegetativen Sprosses sehr zurücktritt, indem ausser dem einen als mächtiges Laubblatt ent- wickelten Cotyledon keine weiteren Laubblätter auftreten. Die Keim- 1) Goebel, Organographie der Pflanzen I, pag. 41, 42. 139 sprossachse geht nach der Bildung der Cotyledonen, von denen einer früh zurückbleibt, sofort zur Inflorescenzbildung über, an welcher nur Hochblätter (manchmal mit Annäherung an die Laubblattform) sich ausbilden. Die Versuche wurden mit Pflanzen ausgeführt, welche ausser dem mächtig entwickelten Cotyledon auch schon eine Inflores- cenz besassen. Das Verhalten war ein verschiedenes, je nachdem das Laubblatt (der Cotyledon) oder ein Theil der Inflorescenz entfernt wurde. Bei der in Fig. 2 abgebildeten Pflanze war die Inflorescenz ganz beseitigt worden, ausserdem auch das Laubblatt, mit Ausnahme seines untersten Randes. Dieser wuchs zunächst zu zwei Zipfeln aus, die aber später vertrockneten. Vorher hatten sich schon drei Adventiv- sprosse gebildet, welche in Fig. 2 fünf Monate nach der Operation dargestellt sind. Es ist nun ohne Weiteres ersichtlich, dass diese Adventivsprosse die Gestaltung der Keimpflanze von Streptocarpus Wendlandi der Hauptsache nach wiederholen. Wie dieses haben sie nur ein grosses (dem einen Cotyledon entsprechendes) Blatt.“ Dieses sass einem dicken „Stiel“ auf, aus dessen Basis Adventivwurzeln ent- sprangen. Ein zweites, dem verkümmerten Cotyledon entsprechendes Blatt war allerdings nicht mit Sicherheit nachzuweisen, da versäumt wurde, rechtzeitig junge Entwickelungsstadien zu untersuchen. Ueber- einstimmung mit der Keimpflanze ist namentlich darin ausgesprochen, dass keine weiteren Laubblätter erzeugt wurden; auch die kurze Sprossachse der Adventivsprosse glich ganz dem Hypocotyl. Anders verhielten sich die Pflanzen, denen nicht das Blatt, sondern die jungen Inflorescenzen genommen wurden, die sich an der Basis der ersten Inflorescenz gegen die Blattfläche hin entwickeln. Diese Pflanzen machten eine Menge Adventivsprosse; die Basis der Inflorescenzen war dicht mit ihnen bedeckt. Es bieten die dicht gedrängten, theil- weise mit einander verwachsenen Sprosse einen eigenthümlichen An- blick. Charakteristisch für sie ist, dass sie rasch zur Blüthe gelangen, im Gegensatz zu dem oben beschriebenen Verhalten der Pflanze, welcher nicht nur die Inflorescenz, sondern auch das Blatt genommen worden war. Im Uebrigen aber sind die Sprosse im Wesentlichen ebenso ausgestattet, wie die der erstgenannten Pflanze, nur dass das Laubblatt viel kleiner bleibt. Auch an von der Pflanze getrennten Blättern liess sich, freilich erst nach längerer Zeit, die Bildung von Adventivsprossen erzielen; einige der ausgelegten Blätter gingen auch, ohne sich zu bewurzeln, zu Grunde. An dem in Fig. 3 abge- bildeten Blatte liess sich mit besonderer Deutlichkeit wahrnehmen, 140 wie die Anordnung der Neubildungen durch den Verlauf der Leitungs- bahnen bedingt ist. An der Blattbasis war ein grösseres Stück theils herausgeschnitten, theils durch Fäulniss zu Grunde gegangen. Die Sprosse hatten sich an den unteren Einden der dickeren Blattnerven gebildet, ein Verhalten, welches mutatis mutandis dem der abgeschnit- tenen Begoniablätter entspricht, hier aber besonders auffallend her- vortritt. Neuerdings erschien eine Arbeit von F.Pischinger!), in welcher . die Regenerationserscheinungen an Keimpflanzen von Streptocarpus- Arten und Monophyllaea besprochen werden. Da die Untersuchungen Pischinger’s die oben mitgetheilten in erwünschter Weise ergänzen, so seien sie hier kurz besprochen. Pischinger weist darauf hin, dass an der Basis des Cotyledons von Streptocarpus ein Meristem sich befinde, welches den beträchtlichen Zuwachs des Cotyledons vermittelt. Fig.3. Unterer Theil eines Blattes von StreptocarpusWendlandi (en. Gr.) An der Basis ein Stück herausgeschnitten (deshalb hier die Erde des Topfes sichtbar). Am un- teren Theile der stärkeren Nerven sind eine Anzahl Adventivsprosse aufgetreten. Wenn man den oberen Theil des letzteren entfernt, so wächst das Meristem weiter. Es ist das keine eigentliche Regeneration resp. Restitution, sondern ein Verhalten ähnlich dem, wie ich es früher (Biol. Centralblatt a. a.O. pag. 434) für die „Regeneration“ von Vor- läuferspitzen angeführt habe, d. h. die Wachsthumsprocesse, die ohne Verletzung vor sich gegangen ‚wären, spielen sich auch nach derselben, nur entsprechend verlangsamt, ab. Man kann auch an älteren Cotyle- 1) Ueber Bau und Regeneration des Assimilationsapparates von Strepto- carpus und Monophyllaea. Sitz.-Ber. d. kaiserl, Akademie d, Wissensch, in Wien, mathem,-naturw. Classe Bd. CXI, April 1902 (versendet November 1902), 141 donen die ganze vorhandene Blattspreite längs der Rippe entfernen und findet dann, dass das Blatt an der Basis nachwächst. Häufig wurde in Pischinger’s Versuchen (entsprechend den Angaben von Hering) durch die Entfernung des grösseren Cotyledons ein stärkeres Wachsthum des kleineren angeregt. Dass dies bei Monophyllaea nicht gelang, dürfte wohl in der ‚verhältnissmässig geringen Zahl der ver- wendeten Keimpflanzen begründet sein, denn in den hier cultivierten Monophyllaea -Pflanzen variirt die Grösse des „kleinen“ Cotyledon bedeutend. Es finden sich Exemplare, wo er eine Länge von 12cm, eine grösste Breite von 10cm erreicht,!) während er bei anderen mit blossem Auge kaum wahrnehmbar war. Es schwankt also die Entwickelungsdisposition des kleinen Cotyledon. Würde man solche Exemplare zu Regenerationsversuchen verwenden, bei welchen sie eine grosse ist, so zweifle ich nicht daran, dass der kleine Cotyledon bei Wegnahme des grösseren zur vollen Grösse, die der letztere sonst erreicht, heranwachsen würde. Ausserdem fand aber Pischinger, dass der grosse Cotyledon, wenn er ganz weggeschnitten wird, auch neu gebildet werden kann. Dieser Vorgang würde dem früher von mir für Cyclamenkeimlinge beschriebenen entsprechen, bei denen am Hypocotyl (dessen Vegetations- punkt sammt allen Blättern entfernt war) neue Blätter auftraten. Indes geht aus Pischinger’s Angaben nicht mit Sicherheit hervor, wie eigentlich die Regeneration erfolgte; er stellt als wahrscheinlich hin, dass sie aus einem Wundcallus hervorging. Die normal mit mehr als zwei Blättern versehenen Streptocarpus- Arten zeigten nach Entfernung des grösseren Cotyledon keine Re- generation desselben. Der Verf. meint, es entspreche das ganz der Anschauung, dass die Regeneration unterbleibe, weil die Pflanze sie nicht nöthig habe. Ich glaube aber, man kann von der Zweckmässig-- keit hier ganz absehen. Wenn ein Vegetationspunkt vorhanden ist, so reagirt dieser, gemäss dem früher geltend gemachten Verhalten eben leichter auf die Entfernung eines Blattes, als andere Theile. Erst wenn bei einer „caulescenten“ Streptocarpus-Art der Vegetations- punkt der Keimpflanze entfernt worden wäre, könnte man das Ver- halten wirklich mit dem der Keimpflanzen von Str. Wendlandi ver- gleichen, bei denen der Vegetationspunkt einer vegetativen Entwickelung nur in Ausnahmefällen — solche hat Pinzinger beobachtet — noch fähig ist. Wenn der kleine Cotyledon durch Entfernung des grossen 1) Die entsprechenden Maasse des grösseren Cotvledon waren 28 und 30cm. 142 zum Weiterwachsen angeregt wird, liegt eine ganz ähnliche Erscheinung vor, wie sie durch Hildebrand, Winkler und mich für die Primärblätter von Cyelamen (nach meiner Auffassung) nachgewiesen wurde, d. h. es wird eine normal vorhandene Wachsthumshemmung aufgehoben. Die oben mitgetheilten Versuche mit älteren Streptocarpuspflanzen aber zeigen, wie tiefgreifend gegenüber den „caulescenten* Arten hier die ganze Organisation schon geändert ist. Denn auch die Adventiv- sprosse traten nicht als „caulescente* Sprosse auf, sondern wieder- holten nur die Gestaltung der Keimpflanze. Dass, wenn der Assi- milationsapparat entfernt ist, zunächst dieser ergänzt wird, erscheint: als „»weckmässig“‘, dürfte aber darin begründet sein, dass ebenso wie bei der’ Keimpflanze selbst die ganze Organisation so eingerichtet ist, dass erst beim Vorhandensein bestimmter Baustoffe die Blüthenbildung möglich wird. Ist ausser der Inflorescenz auch das Laubblatt entfernt, so müssen diese Baustoffe erst durch Assimilation neu gebildet wer- den; ist das Laubblatt vorhanden, so kann rasch wieder zur Blüthen- bildung geschritten werden. Hervorzuheben ist noch, dass die Adventivsprosse weder aus der Wundfläche noch aus einem Callus entspringen. Aechnlich wie bei den Begoniablättern sind offenbar bestimmte Stellen — namentlich die Basis der Inflorescenzachse — zur Adventivsprossbildung besonders disponirt. Auch bei Cyclamen gelang es übrigens an decapitirten älteren Knollen theils aus der Wundfläche (nahe den Gefässbündeln), theils aus der Aussenfläche (unterhalb der Korkschicht) Adventivsprossbildung hervorzurufen, was hier kurz erwähnt sein mag, da früher die Frage, ob auch ältere Cyclamenknollen Adventivsprosse bilden, offen ge- lassen wurde. 4. Stereum hirsutum. Dass manche Pilze günstige Objecte für das Studium der Regenerationserscheinungen darstellen, geht aus Van Tieghem’s!) und Brefeld’s bekannten Untersuchungen hervor. Es gelang Brefeld?) z. B. bei Coprinus stercorarius durch Abschneiden des Hutes die Bildung neuer Fruchtkörper am Stiele zu erzielen, ebenso an verletzten Theilen des Fruchtkörpers selbst. Auch ohne Ver- 1) Van Tieghem, Nouvelles observations sur la developement du fruit etc. Bulletin de la socidt6 botanique de France, t. XXIIH, 1876, pag. 101. 2) Brefeld, Botanische Untersuchungen über Schimmelpilze. III. Heft (1877), pag.67ff. Vgl. auch Biffen, On the biology of Agaricus volufipes Curt. (Linn. 8oc. journal of botany Vol. XXXIV.) 143 letzung lassen sich secundäre Fruchtkörper erzielen; solche entstehen, wenn Sklerotien im Finstern austreiben. Die durch den Lichtmangel gehemmte Ausbildung des primären Fruchtkörpers führt hier offenbar zur Entwickelung zahlreicher secundärer Fruchtkörperanlagen, wie ja auch oben für Bryophyllum nachgewiesen wurde, dass die Hemmung der Sprossanlagen genügt, um die Entwickelung der blattbürtigen Sprosse zu veranlassen. SEES Mit einander verwachsene Fruchtkörper von Fig. 5. Fruchtkörper von Stereum hirsutum mit Regenerationserscheinungen. (Nat. Gr.) Die zur Zeit der Verletzung vorhandenen Theile punktirt. Meine eigenen Versuche wurden mit Stereum hirsutum angestellt, einem Hymenomyceten, der bekanntlich ausgezeichnet ist durch eine sehr einfache Gestaltung der Fruchtkörper, welche dem Substrat meist einseitig aufsitzen und eine Zonenbildung zeigen, wie dies z. B. auch auf dem Habitusbild (Fig. 4), welches einige mit einander verwachsene Fruchtkörper von unten darstellt, hervortritt. Von solchen Fruchtkörpern wurden kleinere oder grössere Theile entfernt. Die Fig. 5 zeigt die Veränderungen, welche nach etwas mehr als einem halben Jahre an den Fruchtkörpern (die sich auf einem in 144 einem fe/.hten Walde liegenden todten Erlenstamme befanden) auf- getreten waren. Der alte Theil des Fruchtkörpers, wie er nach der Verletzung vorlag, ist durch Punktirung von dem neuen Zuwachs, der bei den einzelnen Fruchtkörpern ein verschieden starker war, unterschieden. Wenn man diese Neubildungen oberflächlich betrachtet, könnte man’ zu der Annahme gelangen, es liege hier ein wirklicher Fall von „Restitution“ vor, d. h. der Fruchtkörper ergänze seine ver- loren gegangenen Theile. Bei dem in Fig. 51V dargestellten Stücke z. B. war rechts und links ein Stück abgeschnitten worden, so dass der Fruchtkörper nach vorne dreieckig wurde. Es hat an den Ver- letzungsstellen eine Neubildung stattgefunden, welche, was die äussere Gestaltung anbelangt, thatsächlich (wie andere, ähnlich behandelte, aber in der Regeneration weiter fortgeschrittene Fruchtkörper zeigten) nach einiger Zeit zu einer Ergänzung bis auf annähernd den früheren Umriss führt. Eine genauere Vergleichung verschiedener regenerirter Fruchtkörper ergibt indes, dass von einem wirklichen Ersatz gerade des Vorlornen nicht gesprochen werden kann. Wäre ein solcher ein- getreten, so müsste in den neugebildeten Fruchtkörpertheilen die Zonenbildung sich derjenigen des alten Fruchtkörpers anschliessen. Dies ist aber, wie die Vergleichung der Figuren zeigt, nicht der Fall. Durch die ‘Verletzung wurde an der Schnittfläche eine Hyphen- wucherung veranlasst, welche sofort zur Fruchtkörperbildung über-- geht und demgemäss.eine Zonenbildung aufweist; die Zonenbildung richtet sich aber nach der Richtung, in welcher das Wachsthum der Neubildungen vor sich geht, nicht nach der Gestaltung des alten Fruchtkörpers. Man könnte z. B. sagen, dass in Fig. 5II unten rechts eigentlich ein neuer F'ruchtkörper entstanden ist, der sich von der gewöhnlichen Form der Fruchtkörper nur dadurch unterscheidet, dass er eine verhältnissmässig sehr breite Ansatzfläche besitzt. Und wie auch unverletzte, einander benachbart wachsende Fruchtkörper von Stereum hirsutum leicht mit einander verwachsen (eine Verwachsung tritt auch bei künstlich gespaltenen Fruchtkörpern leicht ein), so auch die Neubildungen. Die Zonenbildung derselben schliesst sich, wie Fig. 5I, I und III zeigen, der des unverletzten fortwachsenden Randes an, ebenso wie verwachsene unverletzte Fruchtkörper von dem gemeinschaftlich fortwachsenden Rande gemeinsame Zonen bilden und so ein Bild liefern, das dem eines optischen Durchschnittes durch ein halbzusammengesetztes Stärkekorn gleicht. Dass eine „Restitution“ am meisten vorhanden zu sein scheint bei Fruchtkörpern, welche wie der in Fig. 5IV abgebildete behandelt wurden, erklärt sich aus der 145 Art der Verletzung: ein fortwachsender Rand des Fruchtkörpers war hier nicht mehr vorhanden, das Wachsthum erfolgte von den Wund- rändern und musste schliesslich zu einer annähernden Wiederher- stellung der ursprünglichen Gestalt führen. Wenn man berücksichtigt, dass die Fruchtkörper von St. hirsutum viel einfacher gebaut, sozusagen viel weniger individualisirt sind als die der Agaricinen, so wird man zu dem Schlusse gelangen, dass Fig. 6. Melocactus sp. (verkleinert). Exemplar, dessen „Schopf* zerstört war (die Reste sind auf dem Scheitel noch zu sehen). Während sonst die Melocactus- Pflanzen unverzweigt sind, haben sich hier infolge der Verletzung zwei neue Pflanzen gebildet, welche beide schon zur Schopfbildung übergegangen sind; bei dem Exemplar links ist diese weiter vorgeschritten als bei dem rechts. (Nach einer 1890 vom Verl, auf Curacao aufgenommenen Photographie.) die soeben kurz beschriebenen Regenerationserscheinungen von den von Brefeld nachgewiesenen nicht wesentlich verschieden sind. In beiden Fällen’ruft die Verstüimmelung eines Fruchtkörpers nicht den directen Ersatz des entfernten Theiles, sondern die Neubildung eines oder mehrerer neuer Fruchtkörper hervor, nur sind diese bei Stereum so wenig individualisirt, dass sie als Ersatztheile des alten Fruchtkörpers erscheinen. Dass aber bei den Neubildungen am Frucht- körper nicht (oder doch nur am Anfang) vegetative Aussprossung eintritt, steht im Zusammenhang mit der a. a. O. pag. 387, 501 ff. hervor- Flora 1903. 10 146 gehobenen allgemeinen Erscheinung, dass die Qualität der bei der Re- generation auftretenden Neubildungen abhängt von dem Stadium, in welchem die Pflanze sich befindet. Eine Verletzung des Mycels von Stereum vor der Bildung der Fruchtkörper würde allenfalls die Bil- dung neuer Myceläste, nicht aber die eines Fruchtkörpers, hervorrufen. Diese Erscheinung wird .bei den Pilzen nur dadurch zum Theile mo- difieirt, dass das Auftreten der Fruchtkörper an bestimmte äussere Bedingungen gebunden ist. Man wird sich deshalb nicht wundern können, wenn z.B. bei Entfernung eines jungen Mucorsporangiums die Fruchthyphe vegetativ weiter wächst, falls sie in Flüssigkeit unter- getaucht wird, während in der Luft ein oder mehrere neue Frucht- träger aus ihr hervorsprossen. Ein Fall, der dem Verhalten der Pilzfruchtkörper entspricht, sei schliesslich für eine Phanerogame erwähnt. Die Cacteengattung Melo- catus ist bekanntlich dadurch ausgezeichnet, dass die Pflanze, nach- dem sie genügend herangewachsen ist, an ihrem Ende einen lange Zeit weiter wachsenden, von dem Vegetationskörper auffallend ver- schiedenen „Schopf“ bildet, der nur Blüthen hervorbringt, während das vegetative Wachsthum abgeschlossen ist (abgesehen etwa von einer Verdickung des Vegetationskörpers). In Fig. 6 ist ein Exemplar einer Melocactusart abgebildet, welches ich 1890 auf der Insel Ouragao photographirte. Hierhat eine Beschädigung des „Schopfes“ stattgefunden; er ist theilweise zerstört worden und Regeneration ist eingetreten, aber nicht indem neue Schopftheile gebildet wurden, sondern indem zwei Melo- cactuspflanzen auftraten, von denen jede rasch zur Bildung eines neuen Schopfes überging. Denken wir uns, der Schopf entspreche dem „Hut#, der Cacteenkörper selbst dem Stiel eines Agaricus oder Coprinus, so leuchtet die Uebereinstimmung der Regenerationsvorgänge ein. Auch für Streptocarpus war ja oben ganz Analoges zu berichten. Man könnte — wenn man von den durch die „polare* Differenzirung des Pflanzen- körpers veranlassten Erscheinungen zunächst absieht — sagen, dass Pflanzenzellen meist verhältnissmässig leicht veranlasst werden können, den ganzen Organismus oder doch bestimmte Organcomplexe (wie z. B. einen Spross) zu reproduziren, schwieriger dazu, unmittelbar das Ver- lorene zu ersetzen. Und man kann dies weiter darauf zurückführen, dass die gegenseitige Beeinflussung der Zellen eine weniger stark ausgeprägte als bei Thieren ist. Dass aber auch bei Pflanzen alle Regenerationserscheinungen auf Correlation beruhen, wurde schon früher betont, und die vorliegende Mittheilung hatte den Zweck, wei- ‚tere Belege für die Berechtigung dieser Auffassung zu liefern. Ueber die Bedeutung der ätherischen Oele bei Xerophyten. Von Carl Detto. Mit 7 Textfiguren. I. Die Bedeutung der ätherischen Oele im Allgemeinen. Die Bedeutung der ätherischen Oele und der in naher chemischer Beziehung zu ihnen stehenden Balsame und Harze im Haushalte der Pflanze ist schon lange ein Problem der Pflanzenbiologie. Die weite Verbreitung dieser leicht kenntlichen und mit prägnanten Eigenschaften ausgestatteten Stoffe, die Regelmässigkeit ihres Auftretens in einer grossen Reihe natürlicher Gruppen des Systems, welche es ermöglicht, das Vorkommen dieser Produkte, den Ort und den Bau der sie secernirenden Organe in grossem Umfange systematisch zu verwenden, machen es verständlich, dass auch die Physiologie ihnen früh ihre Aufmerksamkeit zuwandte und fast jeder Morphologe, der sich mit den Organen ihrer Bildung beschäftigte, bemüht war, sich auch von dem ökologischen Werthe dieser Excrete ein Bild zu machen. Bereits Treviranus!) sprach die Vermuthung aus, dass gewisse Excrete die Blätter wie mit einem Firniss überzögen, „um die zu starke Ausdünstung wässeriger Flüssigkeit zurückzuhalten“. Im All- gemeinen aber scheint betrefis der ätherischen Oele und anderer „Nebenprodukte des Stoffwechsels“ vor Darwin die Deutung als „nothwendiger Stoffwechselprodukte“ die herrschende gewesen zu sein. Alle Excerete, die man mit dem Ernährungsstoffwechsel nicht in Zusammenhang zu bringen, denen man eine physiologische Rolle nicht zuzuschreiben wusste, wurden für zwecklos gehalten, oder aber man zwang ihnen irgend eine ernährungsphysiologische Bedeutung auf. In seiner Abhandlung „Ueber einige Nebenprodukte des pflanzlichen Stoffwechsels“®2) hat H. de Vries eine historische Uebersicht der älteren Anschauungen von diesem Gegenstande gegeben. : Gerade die Deutungsversuche in einer einseitig physiologischen Richtung beweisen die Berechtigung und den grossen heuristischen Werth einer kritischen teleo-ökologischen Methode; und nichts ist - geeigneter, die Fruchtbarkeit dieser Betrachtungsweise klar zu legen, 1) Bot. Zeitg. 1857 pag. 17. 2) Thiel’s Landw. Jahrb. X, 1881. - 10* 148 als ein Vergleich ihrer Resultate bezüglich der Bedeutung der Nektar- absonderung mit den Vorstellungen, welche z. B. Meyen!) und Kurr entwickelt haben. Während letzterer meint, „dass die Nektar- absonderung der Ausdruck einer vikariirenden Thätigkeit sei, die bestimmt ist, sich später in dem Ovarium zu concentriren, kommt Meyen zu dem Schlusse, dass dieselbe „die Absonderung der ätherisch- öligen und harzigen Stoffe, welche in der Blume so häufig vorkommen, gleichsam compensirt, da’ die Produkte der Nektarabsonderung grösstentheils in Wasser und in stark hydrotisirten Stoffen, als dem Traubenzucker ete., bestehen.“ (l. c. pag. 481.) In neuerer Zeit ist die Frage nach der Bedeutung der ätherischen Oele ganz in den Bereich der Oekologie verschoben worden,?) nach- dem man sie vorher bereits als zweifellos atrophische Nebenprodukte des Stoffwechsels erkannt hatte.) Diese Anschauung wird wesentlich unterstützt durch die Be- obachtungen von Zacharias®), welcher feststellte, dass in abgefallenen Cotyledonen von Pharbitis hispida u. a. Convolvulaceen, in Blättern von Magnolia Yulan, in alten entleerten Knollen von Curcuma zeodaria, abgefaulten Rhizomtheilen des Acorus calamus die Oelbehälter unver- ändert erhalten bleiben, aber keine Resorption stattfindet; desgleichen konnte er eine Aenderung während der Entwickelung der Pflanzen- theile nicht beobachten.) Von besonderem Interesse aber ist die von Zacharias®) zuerst aufgefundene und von Tschirch?) im weiteren Umfange bestätigte Erscheinung der Verkorkung der Secretzellenwände, welche aus- drücklich auf die atrophische Natur dieser Secrete hinweist und! zugleich auf die ökologische Bewerthung derselben, in dem nach! Pfeffer’s®) Ausdruck eine Verarbeitung solcher Stoffe, die als Schutzmittel in Betracht kommen sollen, vermieden sein muss. Selten finden sich ätherische Oele ohne besondere Behälter im Gewebe ver- 1) Meyen, Pflanzenphysiologie 1837—389, II, pag. 481. 2) Vgl. Stahl, Pfanzen und Schnecken. Jena 1888. 8) Pfeffer, Pflanzenphysiologie 1897, I, pag.,501. 4) Zacharias, Ueber Socretbehälter mit verkorkten Membranen. Bot. Zeitg. 1879, pag. 617, 5) Vgl, auch Sachs, Lehrbuch 1873, pag. 614. 6) Zacharias, l.c. 7) Tschirch, Angew. Pflanzenanatomie 1889, pag. 472 f. 8) Pilanzenphysiologie I, pag. 493, 149 theilt, z. B. im Rhizoma Iridis und Crocus, in den Foliis Gaultheriae, ausserdem in Blüthenblättern anderer Pflanzen. ') * * * . Die verschiedenen Ansichten, welche über die Bedeutung der leicht verdampfbaren Exerete der Hautdrüsen, wie sie z. B. bei den Labiaten anzutreffen sind, ausgesprochen wurden, machen es nothwendig, bei der vorliegenden Fragestellung zu unterscheiden zwischen den Familien mit inneren Drüsen und denen mit Hautdrüsen, weil ein Zweifel in der Deutung der Bestimmung ihrer Abscheidung wohl nur für die Hautdrüsen zu erwarten ist und thatsächlich besteht. In den ätherischen Oelen, die in inneren ein- oder mehrzelligen Behältern oder in Secretlücken und -Gängen gebildet werden, wird man wohl kaum etwas anderes als Schutzmittel gegen Thierfrass erblieken können, falls nicht, wie z. B. bei den Coniferen?) noch andere Momente (Wundverschluss) ?) nachgewiesen sind. Was solche Fälle, wie der von Tschirch beschriebene bei Copaifera, *) wo ungeheure Massen von Balsam (40 Liter und mehr) ‘durch Metamorphose des Holzes gebildet werden, zu bedeuten haben, darüber wage ich kein Urtheil auszusprechen. Für alle übrigen Fälle innerer, Oel secernirender Drüsenorgane zahlreicher Pflanzenfamilien (Simarubaceen, Canellaceen, Piperaceen, Lauraceen etc. mit Secretzellen; Hypericaceen, Rutaceen, Myrtaceen etc. mit Secretlücken; Umbelliferen, Araliaceen, Anacardiaceen, Bursera- ceen etc. mit Gängen) dürfte die Annahme, welche in diesen Ab- sonderungen ein Mittel gegen Feinde aus dem Thierreiche sieht, durch die Untersuchungen von Herrn Prof. Stahl) hinreichend begründet sein. Die Beobachtungen von Haberlandt°) über den Entleerungs- apparat der Rutaceendrüsen, welcher einen Austritt des Excretes bei Krümmungen oder Zerrungen der Blätter bewirkt, unterstützen diese Ansicht in jeder Beziehung. Wo in den obengenannten Familien, von denen nur die wichtigsten aufgezählt wurden, Exeretionsorganue mit ätherischem Oele, Balsam oder Harz vorkommen, fehlen sie auch fast nie in den Blättern und 1) Vgl. Tschirch, 1. o. pag. 134. 2) Delpino nimmt Thierschutz an (Bot. Jahresb. 1890 pag. 470). 8) Vgl. de Vrie's,l. c. 4) 1, e. pag. 514 und Bot. Centralbl. 1887, IV, pag. 94. 5) Stahl, 1. c. 6) Haberlandt, Ueber den Entleerungsapparat der inneren Drüsen einiger Rutaceen, Sitzgsber. d. k, A. d. Wiss, Bd. CVII, Abth, I, Dez. 1898. 150 jungen Zweigen der betreffenden Pflanzen.!) Dieser Umstand und die schon erwähnte weite Verbreitung der verkorkten Membranen dieser Organe (vgl. auch Solereder ]l. c.) sowie die von Zacharias (l. c.) nachgewiesene annähernde Undurchlässigkeit der Korkmembranen für ätherische Oele, sprechen sämmtlich für die angegebene Bedeutung. In dem auffallenden Harzreichthume der Espeletien, den Charakter- pflanzen der venezolanischen Paramovegetation, deren Excret bereits auf einen Insektenstich hin ausfliessen soll, vermuthet Goebel?) ein Schutzmittel gegen Thierfrass. Nach dieser Analogie ist vielleicht auch die Larrea mexikana, Fabiana squamata und das Sarcocaulon rigidum zu beurtheilen, obwohl Volkens?) hier einen Transpirationsschutz für wahrscheinlich hält. Es sei noch ein Citat aus E. Kuntze’s Schrift über die „Schutz- mittel der Pflanzen“ ) anzuführen gestattet: „Die terpentinölhaltigen' Blätter der Coniferen werden von weidendem Vieh in der Regel nicht berührt, wohl aber sah ich auf meiner Reise in der Sierra Nevada Californiens, dass meine Pferde in Ermangelung anderen Futters viel Nadelholzblätter frassen, aber nur solche, die abgefallen,: vergilbt und geruchlos waren. Von vielen aromatischen Weidekräutern, ist es bekannt, dass sie nur trocken vom Vieh gefressen werden.“ In einem Widerspruche dazu stehen allerdings die Beobachtungen Darwin’s über die von weidendem Vieh stark geschädigten Kiefern- pflanzen. 5) Abgesehen von gewissen Verhältnissen, wie sie von Volkens z. B. für die lackirten Blätter angegeben wurden, sprechen jedoch; alle bisherigen Beobachtungen für die defensorische Natur der inneren Excretionsorgane mitätherisch-öligem oder chemisch verwandtem Inhalte. : Ich möchte mit diesen kurzen und willkürlich herausgegriffenen Andeutungen dieses Gebiet verlassen. Es scheint mir jedoch wenigstens! das aus ihnen hervorzugehen, wie naheliegend in den verschiedensten Fällen des Vorhandenseins innerer Oeldrüsen die Annahme der Thier- schutzeinrichtungen ist. Meine eigentliche Absicht ist es, zu der Frage nach der Be- deutung der z.B. bei Labiaten, Verbenaceen, Geraniaceen, Cistaceen 1) Vgl. Solereder, System, Anatomie der Dikotyledonen 1899, 2) Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen II, pag. 20. 3) Volkens, Ueber Pflanzen mit lackirten Blättern. Ber. d. d. bot, Ges, VIII, 1890, pag. 120. 4) Beilage zur Bot. Zeitg. 1877. 5) Darwin, Entstehung der Arten Cap. 3. 151 so verbreiteten, in Aussendrüsen gebildeten ätherischen Oele, deren Deutung bisher immer noch zweifelhaft zu sein scheint, einen Beitrag zu liefern. " Ich verdanke die Anregung zu dieser Untersuchung Herrn Prof, Dr. Stahl, und seinem Rathe und seiner Unterstützung eine grosse Förderung für das Verständniss biologischer Fragen. Il. Die Bedeutung der exogenen ätherischen Oele. Es kommen hier jene ätherischen Oele in Betracht, welche in leicht verdampfbarer Form exogen, d. h. in den Aussendrüsen der Organe, besonders der Blätter, gebildet werden, und zwar möchte ich zu entscheiden suchen, in weleher Richtung die Bedeutung dieser auffälligen Abscheidungen am wahrscheinlichsten zu suchen ist, Bekanntlich sind die Meinungen über die Bedeutung dieser ätherischen Oele getheilt, und zwar stehen sich zwei Ansichten ent- gegen, indem die einen die genannten Stoffe als Schutzmittel gegen thierische Feinde in Anspruch nelımen, während die anderen in dieser Einrichtung einen typischen Charakter xerophiler Formationen, d. h. einen Transpirationsschutz erblicken. ') Ich will zunächst die letztere Deutung besprechen. 1. Aetherische Oele als Transpirationsschutz. ‘Die Anschauung, dass den Oelen die Aufgabe zufalle, den Tran- spirationsverlust einzuschränken, gründet sich im Wesentlichen auf die physikalischen Eigenschaften ihrer Dämpfe, indem einerseits die von Tyndall2) festgestellte starke Absorptionsfähigkeit dieser Dämpfe für Wärme, andererseits die Dampfbildung selbst als wärmeent- ziehender und ausserdem die Verdampfungsgeschwindigkeit des Wassers herabsetzender Process zu Grunde gelegt wird. Man begegnet in der ökologischen Litteratur dieser Auffassung sehr oft und ich möchte deshalb die wichtigsten Stellen hier anführen. Aus Anlass der Tyndall’schen Absorptionsversuche sind Haberlandt°) 1) Die Ansicht W. O. Focke’s (Kosmos X), dass durch ätherische Oele ein Schutz gegen parasitäre Pilze geboten werde, wird weiter unten berücksichtigt werden. j 2) In den mir zugänglichen Schriften Tyndall’s habe ich eine biologische Anwendung seiner Versuchsergebnisse nicht aufgefunden und vermochte nicht fest- zustellen, wer diese Anwendung zuerst gemacht hat. 3) Haberlandt, Physiol, Anatomie 1896 pag. 436 (u. 1. Aufi.). 152 und besonders Volkens!) dieser Meinung beigetreten. Auch Warming?) äussert sich entsprechend, ebenso Drude?°) und So- lereder;‘) auch Altenkirch?) weist auf diese Bedeutung des Oeles bei Thymus serpyllum hin. Zum Theil werden sogar innere Drüsen mit in Anspruch genommen. j Bei weitem älter, und wie es scheint original, ist die Auslegung Grisebach’s,6) der die Verdunstungsgeschwindigkeit des Wassers in den Blättern durch die gleichzeitige Verdampfung des Oeles in einem nutzbringendem Maasse herabgedrückt glaubt, und ausserdem die Verdunstungskälte der Dämpfe mit heranzieht, eine Vermuthung, die später ebenfalls Altenkirch (l. c.) aussprach und ebenso Focke.’) Auf eine Verzögerung in der Verdunstungsgeschwindigkeit des Transpirationswassers scheint auch Henri Dixon) den ökologischen Werth der Oele zurückzuführen; die Ansicht Grisebach’s be- rührend, betont O. Kuntze (l. c.) die leichte Verharzung der Oele für das Zustandekommen einer vorübergehend wirksamen Harzschicht. Bei Gradmann, Kerner und Schimper habe ich diesbe- zügliche Bemerkungen nicht aufgefunden; ich glaube, mit Obigem die richtigsten Angaben gemacht zu haben. Die Resultate, zu denen Volkens betreffs der „lackirten Blätter“ gekommen ist, will ich hier nicht besprechen, da es mir an Erfahrung über diesen Gegenstand fehlt. Bis auf einige Fälle, die oben angedeutet wurden, wird man seinen Ausführungen beistimmen müssen. Was wesentlich dazu beigetragen hat, die Oelabscheidungen des in Rede stehenden Typus im Sinne einer xerophytischen Anpassung zu deuten, das wird zunächst die auffallende Menge der produeirten Dämpfe sein, von der z. B. Volkens°) betreffs Artemisia judaica eine anschauliche Schilderung gibt. Sodann legen es die enormen, Zahlen, welche Tyndall für die Wärmeabsorption dieser Substanzen 1) Volkens, Flora der ägyptisch-arabischen Wüste 1887 pag. 46. 2) Warming, Oekologische Pflanzengeographie 1896 pag. 195. 3) Drude, Handbuch der Pflanzengeographie 1890 pag. 67. 4) Solereder, System. Anatomie pag. 9. . 5) Altenkirch, Studien über die Verdunstungsschutzeinrichtungen in der trockenen Geröllfiora Sachsens. Engl. Jahrb. XVIII, 1894, pag. 383. 6) Grisebach, Vegetation der Erde 1872; I, pag. 443. 2) W. 0. Focke, Schutzmittel der Pflanzen gegen niedere Pilze. Kosmos X,: 1881—82, pag. 414, 8) Vgl. Bot. Centralbl. 1898, Bd. LXXVI, pag. 137, 9) Volkens, Flora ]. o. pag. 46. 158 im dampfförmigen Zustande gefunden hat, allerdings sehr nahe, an einen dadurch bewirkten Insolationsschutz zu denken, während die Grisebach’sche Betrachtung wenig Anklang gefunden zu haben scheint. _ j Directe Beweise aber und biologische Experimente sind mir nicht bekannt geworden, abgesehen von der Bemerkung Dixon’s (l. c.), dass der Transpirationsverlust von Syringa- und Cytisus-Zweigen durch Beeinflussung seitens der Dämpfe von Artemisia absinthium verringert worden sei. Als eine wichtige Bestätigung der Trockenschutzbedeutung der Oeldämpfe gilt endlich vielfach ihre vornehmliche Bildung in xero- phytischen Formationen. Inwiefern die genannten physikalischen Eigenschaften und Wir- kungen der Oeldämpfe zureichend sind für die eben besprochene An- nahme, will ich weiter unten zu erörtern suchen. Jetzt möchte ich viel- mehr einer anderen Frage näher treten, ob nämlich die Verbreitung der Oelpflanzen mit exdgener Exeretion einen unzweifelhaften Beweis für die Auffassung derselben als einer xerophilen Anpassung bietet und ferner, ob diese Exeretionsorgane eine vikariirende Stellung innerhalb der übrigen Trockenschutzeinrichtungen behaupten, in dem Sinne, dass etwa dem Vorhandensein der Drüsen ein Zurücktreten der Behaarung oder der Dicke der Cuticula entspräche. Geographisches, Die grosse Anzahl der in trockenen Gebieten auftretenden aromatischen Pflanzen unseres Typus ist eine oft von Pflanzengeo- graphen hervorgehobene Erscheinung. Es sollen deshalb nur einige besonders charakteristische Beispiele beigebracht werden, wobei auf solche Angaben, die sich auf Pflanzen mit endogenen Exereten be- ziehen, soweit möglich, keine Rücksicht genommen ist. Grisebach sagt von Arabien (l. c. II, pag. 98), dass es sich durch aromatische und harzreiche Pflanzen auszeichne, die vielfach auch den orientalischen Steppen angehören; desgleichen Ceylon. Vom Präriengebiet: „Alle Hilfsmittel der Organisation wiederholen sich hier, die bestimmt sind, der Dürre eine Zeit lang Widerstand zu jeisten:.... . in der Salzwüste die Absonderung ätherischen Oels bei dem wolligen Pfeilholz (Tessaria borealis) und in wärmeren Gegenden des Südens die Bildung eines übelduftenden Harzes bei dem Creosot- strauch (Larrea mexikana) einer Zygophyllee, die hier unter den ge- selligen Gewächsen eines der häufigsten ist.“ (l. c. I, pag. 288.) 154 Chilenisches Uebergangsgebiet: „Bei vielen Stauden und manchen Holzgewächsen findet man die Absonderung flüchtiger Oele und Harze wieder, die in dürren Klimaten so gewöhnlich ist.“ (l. c. II, pag. 474.) — „Aetherische Oele,“ sagt Warming (l. c. pag. 195), „kommen besonders bei Xerophyten vor, die Garrigues und die Macchie der Mittelmeerländer, die Campos Brasiliens und andere Vegetationen duften von Cistus, Labiaten, Verbenaceen, Compositen, Myrtaceen (!) u.a., wie unsere Sandfelder von Thymian oder die Steppen Asiens von Artemisien.* — „Der in den westlich von den Rocky Mountains ge- legenen Steppen so sehr verbreitete Sage-shrub (Salbeistrauch) gehört zu Artemisia-Arten; dort sind es sehr niedrige Sträucher, welche viel salbeiartig riechendes Oel entwickeln,“ schreibt Kuntze (l. c. pag. 46). Die Steppen Asiens zeichnen sich nach Warming (l. c. pag. 259) durch Bestände von graugrünen, behaarten, aromatischen Achillea- und Artemisia-Arten aus („Wermutsteppen“). Von der mediterranen Macchie heisst es bei demselben (pag. 275): „Gemein sind Cistus-Arten, die in Spanien stellenweise ganze Quadratmeilen bedecken (C. ladaniferus). Sie gehören zu den aromatischen Pflanzen, die in den trockenen. Gegenden der westlichen Mittelmeerländer überall eine ausserordeht- liche Rolle spielen und ‚auf ihren Haiden die Hauptmasse bilden‘ (Kerner) und von denen noch andere zu nennen sind, namentlich Halb- sträucher, z. B. Labiaten (Thymus vulgaris), Arten der Gattungen Lavandula, Calamintha, Rosmarinus, Stachys, Teucrium ete.“ Man könnte aus solchen Angaben fast entnehmen, dass gewisse Pflanzengruppen, wie etwa die Labiaten, in den verschiedensten Floren- gebieten überall nur als Glieder xerophytischer Formationen erschienen, eine Schlussfolgerung, die gewiss nicht zutreffend ist, wie ein Blick in die floristischen Werke ergibt. Man darf vielleicht auch die Frage aufwerfen, ob das oft angegebene Ueberwiegen aromatischer Arten in Xerophytengebieten nicht zum Theile einem mehr physiognomischen als einem zahlenmässigen Hervortreten der Arten zuzuschreiben sei. Es wird ja auch für unsere heimischen Triften ein Vorwalten der genannten Arten angenommen, was in Anbetracht der Verbreitung und Häufigkeit von Thymus serpyllum in ganz Deutschland und der Vormacht der Teucrium montanum und chamaedrys in den Kalk- gebieten Mitteldeutschlands nicht auffallen kann. Ein Beispiel gibt die von Drudet) für die Formation der Fels- und Geröllfiuren aufgestellte Artenliste, nach der etwa 9%, der dort 1) Drude, Der hereynische Florenbezirk in: Engler-Drude, Vegetation der Erde Bd, VI, 1902, pag. 184, und Deutschlands Pflanzengeographie 1896, I. — 155 wachsenden Xerophyten auf die Labiaten entfallen, wobei die seltenen Formen eingerechnet sind. Ich muss mich auf diesen sehr kurzen Hinweis bezüglich der Standorte der aromatischen Pflanzen beschränken, da es mir nicht möglich war, in den grösseren Florenwerken hinreichend genaue Standortsangaben aufzufinden. Eine Statistik der Flora von Deutsch- land (Garcke), der nordwestdeutschen Tiefebene (Buchenau), des nordostdeutschen Flachlandes (Ascherson-Graebner), der schwäbischen Alb (Gradmann), der Flora von Stuttgart (Kirchner) und der von Jena (Bogenhard) führte überall zu dem Ergebnisse, dass ein Ueberwiegen aromatischer Pflanzen (mit äusseren Excretions- organen) in den Xerophytenformationen unserer Flora nicht stattfindet, ?) Anatomisches. ' Kann man auf Grund eines Vergleiches der Standorte aromatischer Pflanzen wenigstens für unsere Flora einen Schluss im Sinne der „Tyndall’schen Hypothese“, wie man kurz sagen könnte, kaum ziehen, so bleibt doch die Frage offen, ob nicht etwa dem Vorhanden- sein Oel secernirender Aussendrüsen ein Zurücktreten anderer als Trockenschutzeinrichtungen bekannter Merkmale entspräche, so dass ein Vikariiren dieser Mittel stattfände.e Denn wenn man mit dem Besitze der Drüsen einen Vortheil gegenüber der Insolation verbunden sieht, so müsste man bei jenen Pflanzen, denen ein solcher Vorzug mangelt, die aber nichtsdestoweniger denselben Standortsbedingungen unterliegen, irgend einen gleichwerthigen Ersatz in irgend einer Hinsicht erwarten, während man umgekehrt aus dem Zusammenfallen solcher Eigenschaften mit der Produktion ätherischer Oele in Anbetracht der in der Biologie anerkannten Oekonomie des Stoff- und Energiever- brauches im Organismus eine grössere Wahrscheinlichkeit für eine andere ökologische Bedeutung entnehmen dürfte. Volkens macht in seinem Werke über die „Flora der ägyptisch- arabischen Wüste“ mehrere Angaben, die sich für den beabsichtigen Ver- gleich sehr gut verwenden lassen. Er nennt dort Lavandula coronopifolia „so gut wie blattlos“ (pag. 42), ihre Stomata sind eingesenkt (pag. 136), Altenkirch (l. c.) gibt für sein Gebiet nur Thymus serpyllum an. Vgl. auch Fr. Schleichert, Beiträge zur Biologie einiger Xerophyten der Muschelkalk- hänge bei Jena (Berlin 1901), und Gradmann, Flora der schwäbischen Alb, 2. Aufl. 1900, 1) Vgl. über Geranium: R. Knuth, Ueber die geogr. Verbreitung und die Anpassungserscheinungen der Gattung Geranium im Verhältniss zu ihrer system. Gliederung. Engler’s Bot, Jahrb. XXXL, 1902, Heft I pag. 190. 156 die Epidermisaussenwand ist „ausserordentlich stark eutieularisirt*; die Pflanze ist strauchartig (pag. 43). Stachys aegyptiaca zeigt starke Be- haarung (pag. 45 und 136), fast anliegende Blätter, zwischen den Deck- haaren „kleine Drüsenköpfchen, die grosse Tropfen eines gelben Balsams secerniren* (pag. 137), ferner „im Querschnitt ziekzackartig gebogene Blätter“ (pag. 43). Salvia aegyptiaca: „Nicht allzu zahlreiche und kleine Blättchen‘“, die „wellig gebogen“ sind, „ihre Epidermis ist mässig ver- dickt, das Assimilationsgewebe setzt sich nur aus Palissaden zusammen‘, die Hauptnerven sind von Wassergewebe umgeben; strauchartig (pag. 136) — Achillea fragrantissima besitzt „verhältnissmässig wenige und kleine Blätter“ (pag. 42), ebenso Artemisia herba alba (pag. 42). A. judaica ist ein Strauch mit ausdauernden Sprossen und starker Behaarung der Blätter (pag. 45 und 128), A. monosperma: Epidermis „mit ausnehmend dicker und stark eutieularisirter Aussenwand*, Stom- mata in Einsenkungen (pag. 128). — Von den ephemeren Compositen- kräutern, die also als hygrophil zu betrachten sind, haben Gymnar- rhena micrantha, Calendula aegyptiaca und Amberboa Lippii ätherisches Oel absondernde Drüsenhaare, ebensolche mit Safthaaren gemischt Anthemis melampodina, Ifioga spicata und Filago spatulata. Von den ein- bis mehrjährigen nicht ephemeren Compositen (Centaurea palles- cens, Asteriscus graveolens, Brocchia einerea) ist die Epidermisaussen- wand „ziemlich stark verdickt“ (pag. 127). Die Spaltöffnungen sind bei fast allen eingesenkt, alle genannten mit Drüsenhaaren und Deck- haaren versehen, Brocchia stark behaart. Anthemis melampodina trägt „wasserspeichernd&“ Haare (pag. 55) — Helianthemum cahiricum hat persistirende, „schmal elliptische, und fast in ihrer ganzen Breite nach unten umgerollte*, dicht filzige Blätter mit etwas eingesenkten Sto- mata, ihre Epidermisaussenwand ist mässig verdickt. Mesophyli nur aus Palissaden gebildet; Wassergewebe umgibt die Gefässbündel (pag. 61), Korkentwickelung schon bei einjährigen Zweigen von einer ganz „beträchtlichen Dicke“; ein „sparrig ästiger Strauch“ (pag. 101). — Altenkirch (l. c.) gibt für Thymus serpyllum und Helichrysum arenarium als Dicke der oberen Epidermis 21 und 15, der äusseren Wand derselben 5,5 und 3,5, der unteren Epidermis 17 und 20, ihrer Aussenwand 7 und 3,5, der Cutieula 0,7 und 1,5 pn an. Dasselbe Ergebniss liefern Messungen, äie an den folgenden Pflanzen vorgenommen wurden; es wurden meist lebende Exemplare untersucht, und die Schnitte nur in Wasser gemessen.!). 1) Wo der Fundort angegeben ist, lag nur Herbarmaterial vor. . 157 Teucrium montanum: Epidermis!) der Oberseite 26, deren Aussenwand 4—6, Cutieula 4—6 ı. Blätter filzig. Palissaden in 2—3 Schichten. Teucrium chamaedrys: Epidermis der Oberseite 18—24, Wand 3—4, Cuticula 2 x. Palissaden in 2 Schichten. Stengel und Blätter (unterseits) filzig, letztere oberseits stark glänzend. Teucrium fruticosum (aus Algier, eult.): Obere Epidermis 20—30, Wand 6—8, Stengel und Blätter (unterseits) sehr dicht filzig. Thymus vulgaris: Obere Epidermis 12, Wand 4, Cuticula 2. Sehr viele Epidermiszellen mit kegelförmigen Haarbildungen, die von der Cuticula überzogen werden und vielleicht einen Reflex der Sonnen- strahlung bewirken.?) Lavandula vera: Obere Epidermis 20—30, Wand 8—10, Cuti- cula 2—4. Lavandula stoechas (Corsika): Obere Epidermis 20—24, Wand 6-8, Cutieula 1. Starke Behaarung. Salvia mattogrossensis Pilger (Mattogrosso): Obere Epi- dermis 24—830, Wand 8-10 (unterseits 6—8). Satureja montana: Obere Epidermis 20—30 (untere ebenso), Wand 6-10 (bis 20), unterseits 6—12. Mesophyli fast nur aus Palissaden gebildet. Satureja mutica: Obere Epidermis 10—20 (unten desgleichen), Wand 4—6, unterseits desgleichen; fast nur Palissaden. Labiatenspecies (aus Biskra): Obere Epidermis 14, Wand 4—6, untere Epidermis 12, Wand 8. Stengel und die kleinen Blätter ausserordentlich dicht weissfilzig. — Eine andere etwas grossblättrigere Art mit fast ebenso starkem Filze und gleichfalls von Biskra zeigt folgende Maasse: Obere Epidermis 14—20, Wand 4—6, unten wenig schwächer. — Eine dritte Species von Ajaccio: Obere Epidermis 20, Wand 4, unten etwa ebenso. Helianthemum sessiliflorum (Biskra): Obere Epidermis 30—40, Wand 8—10 (am Blatirande Epidermis ca. 34, Wand 14), unten Epidermis 16—20, Wand 4—6. Von Sternhaaren des bekannten Cistaceen-Typus dicht besetzt, Blätter stark eingerollt; vermuthlich mit Schleimepidermis, da die Schnitte stark klebrig sind. 1) Die Dicke der Epidermisinnenwand ist hierbei nicht eingerechnet. Wo die Angabe der Cuticuladicke fehlt, ist sie mit in die der Aussenwand eingerechnet. 2) Nach der Deutung von Vesgue (eit. bei Diels, Vegetationsbiologie von Neuseeland. Engler’s Bot. Jahrb. 1897, XXI). 158 Helianthemum variabile: Obere Epidermis 20—30, Wand 4—6 (am Blattrande bis 8). Mehrere Palissadenschichten. Helianthemum chamaecistus: Obere Epidermis 10—20, Wand 4 (am Rande bis 8). Helianthemum-Species von Biskra: Epidermiswand 4-6 (am Rande bis 8). Umgerolite beiderseits stark filzige Blätter. — Species von El Cantara: Obere Epidermiswand 4—6. Blätter beider- seits dicht filzig, aber nicht eingerollt. Cistus hirsutus: Obere Epidermis 20—22, Wand 4—6, untere Epidermis 12—16, Wand 2. 2 Schichten von Palissaden. Cistus ladaniferus: Obere Epidermis 24—830, Wand 2-4. Obere Epidermis mit dem in Alkohol löslichen, bitteren Excret der Blattdrüsen bedeckt. Artemisia dracunculus: Obere Epidermis 20 (am Rande bis 24), Wand 6 (am Rande bis 10), untere Epidermis 12, Wand 2-4y. Diese Zahlen, welche mittlere Werthe angeben, sind offenbar recht beträchtlich, Die Minima der Epidermisdicke auf der Oberseite der Blätter schwanken bei den genannten Pflanzen zwischen 10 und 80, die Maxima zwischen 10 und 40, die Minima der Aussenwandstärke zwischen 2 und 8, die Maxima zwischen 4 und 10. Die Dicke der Cuticula, welche dort, wo sie nicht besonders angegeben wurde, durch- schnittlich etwa 1 j beträgt, schwankt zwischen 1 und 6 x. Zum Vergleiche seien die entsprechenden Maasse zweier nicht xerophiler Labiaten angegeben. Bei Ajuga reptans: Epidermis der Oberseite 20—22, Wand 2 u; und Glechoma hederacea: Obere Epi- dermis 16, Wand 2 x. : Unter den aufgezählten Arten gehören mehrere zu den xeto- philsten Formen, die bekannt sind, und gleichzeitig zu denen, ‚welche durch ein starkes Aroma von ätherischem Oele und durch Drüsen- reichthum ausgezeichnet sind. Von der Artemisia judaica sagt Volkens (l. ec. pag. 46): „Wer einmal in der Wüste zur Mittagszeit sich etwa einem Busch von A. judaica genähert, der wird an einer Dunsthülle, die sich um die ganze Pflanze lagert, nicht mehr zweifeln, sie kündigt sich ihm durch den Geruch schon auf mehrere Schritte Entfernung an.“ Nichtsdestoweniger findet man bei dieser Pflanze eine beträcht- liche Filzbildung (Volkens l.c. pag. 45), bei A. monosperma eine „ausnehmend dicke und starke cuticularisirte Aussenwand“, sammt : eingesenkten Spaltöffnungen (jedoch keine Behaarung). Die bekannte Wüstenpflanze Arizonas, Artemisia tridentata, zeichnet sich nach 159 Messungen an im hiesigen botanischen Garten cultivirten Exemplaren nieht durch solche Eigenthümlichkeiten aus, jedoch besitzt sie eine kräftige Behaarung. A. absinthium, vulgaris und campestris verhalten sich ebenso, weisen aber ein"mächtig entwickeltes Wurzelsystem auf, und dasselbe wird von A. triuentata gelten. Die Blätter von A. cam- pestris welken ziemlich leicht, trotzdem gehört diese Pflanze mit zu den Charakterarten der Muschelkalktrift bei Jena und der Sandtriften Nordostdeutschlands; es ist eben wie bei der Coloquinte die aus- giebige Wasserversorgung die Ursache dafür, und die Auflösung der Spreite in schmale Laeinien kommt noch begünstigend hinzu. Die Lavandula-Arten sind besonders reich an stark duftenden ätherischen Oelen, und doch finden wir gerade bei ihnen eine Häufung morphologischer Trockenschutzeinrichtungen: schmale, kleine, ein- gerollte Blätter, frühzeitige Korkbildung an der Achse, starke Behaarung, bei L. coronopifolia nach Volkens’ Reduction der Blatt- fläche, eingesenkte Stomata, eine äusserst mächtige Epidermisaussen- wand und Cuticula, wie auch die Abbildung des genannten Autors anschaulich macht (l. ec. Taf. IV, 6). Für L. vera und stoechas, aus welchen beiden Oel gewonnen wird, sind die grossen Werthe für die Epidermisdicke oben angegeben. Bei Teucrium chamaedrys wirken eine glänzende, reflectirende Blattoberseite, perennirende Achse, kräftiges Wurzelsystem, Behaarung des Stengels und der Blattunterseite, starke Epidermis, Cuticula und ‘Wand der Epidermiszellen zusammen die Wasserausgabe zu beschränken, und dabei ist diese Pflanze eine der drüsenreichsten von den ein- heimischen Labiaten. Zu den letzteren gehört auch T. montanum mit schmalen, eingerollten Blättern, einer Epidermis von 26 Höhe, einer Epidermisaussenwand von durchschnittlich 5, einer Cutieula von eben- falls 5. Dicke, eine Pflanze, die ausserdem nach F. Schleichert (l. c.) eine „sehr tief gehende Wurzel“ treibt. Auch unser ölreicher Thymian hat nach demselben Autor eine sehr tief in den Boden ein- dringende Wurzel. Ebenfalls sehr reich an einem scharfen, ätherischen Oele sind die beiden oben erwähnten. Satureja-Arten, mutica und montana, Während man unter der Annahme der Tyndall’schen Hypo- these hätten erwarten sollen, dass wenigstens bei den ölreichsten Pflanzen ein Zurücktreten der übrigen Trockenschutzmittel eintrete, ein Vikariiren, wie es zwischen der Dichte der Behaarung und der Stärke der Epidermisaussenwand nicht selten ist (Volkens, Flora d. äg.-arab. W. pag. 46), findet eigentlich gerade das Gegentheil 160 statt: Eine Vermehrung der Oelproduetion und Drüsen geht parallel mit einer Häufung von Trockenschutzeinrichtungen, sei es betreffs der Beschränkung der Verdunstung oder der Vergrösserung der Wasser- zufuhr. Unter diesen Umständen erscheint es berechtigt, an der Richtig- keit der unter der Bezeichnung der Tyndall’schen Hypothese zu- sammengefassten Anschauungen Zweifel zu hegen, umsomehr als die Herbeiziehung der pflanzengeographischen Facta keineswegs ein nur in dem Sinne dieser Theorie verwerthbares Resultat ergeben hat. Denn wenn man das Hervortreten der aromatischen Pflanzen in Steppen und Wüsten mit dem Wassermangel dieser Gebiete in Zusammenhang bringen will, so ist die Thatsache der Häufigkeit grosser Weidethiere daselbst a priori ein ebenso guter Grund für jene Annahme, welche in diesen aromatischen Stoffen ein chemisches Schutzmittel gegen Thierfrass erblickt, da bekanntlich auf unseren Rinder- und Schaf- weiden alle ölreichen Pflanzen nicht weniger gemieden werden, als Stachel- und Dornpflanzen. — Es. kommen hierzu aber noch einige andere Thatsachen, welche dazu beitragen, die genannte Theorie als unwahrscheinlich erscheinen zu lassen, und die ich in Folgendem be- sprechen möchte. Physikalisch-Klimatologisches. W.Köppen macht in seinem „Versuche einer Classification der Klimate ‘vorzugsweise nach ihren Beziehungen zur Pflanzenwelt“) folgende Bemerkung: „Wiesner (pag. 84 [der Biologie von 1889]) vertritt die Ansicht, durch die reichliche Ausscheidung ätherischer Oele würden die betreffenden Wüstenpflanzen von einer Dunsthülle umgeben, die als Schirm die starke Sonnenstrahlung und dadurch auch die "Verdunstung vermindert. Diese Erklärung ist, wenn über- haupt, wohl nur bei Windstille physikalisch zulässig; nun weht aber in Wüsten und Steppen um die Mittagszeit bei starker Sonnenstrahlung fast immer starker Wind; ‚wur in der Nacht und in der kalten Jahres- zeit sind Windstillen dort häufig. Die Dunsthülle könnte also höchstens gegen Ausstrahlung, ‚nicht gegen Sonnenstrahlung wirksam sein“ (pag. 676). : Diese Angabe wird illustrirt auch durch eine Angabe Volkens über den „Chamsin* der ägyptisch-arabischen Wüste: „Man versteht darunter einen periodischen, jährlich in der Zeit von Mitte März bis 1) Geographische Zeitschrift 1900, IV, pag. 593. 161 Mitte Mai!) wiederkehrenden Wind, der im Gegensätz zu den sonst vorwiegenden Nordwinden aus Süd und Südost, seltener aus Südwest kommt.“ — „Der Chamsin ist selten eine Luftbewegung von grösserer Intensität und Dauer. Sein stärkster Anfall ist bald vorüber, aber viele Stunden vor und nach ihm ist [die Atmosphäre in einem uns abnorm vorkommenden Zustande, — es herrscht eine Schwüle, er- stickende Hitze, die das Thermometer auf 40° (C.) steigen lässt, die relative Feuchtigkeit sinkt auf 15 und 10°%,. — Die austrocknenden Wirkungen des Chamsin auf die Vegetation in der Wüste sind be- deutende und ertödtende, zumal wenn er mehrere Tage hintereinander weht. Einjährige Pflanzen, die bis dahin der Hitze widerstanden haben, verdorren, mehrjährige büssen die frischen Triebe ein, welche die vorhergegangene Regenzeit emporschiessen liess.“ (pag. 15 und 16.) Diese letztere Bemerkung über die eingreifenden Wirkungen des Chamsin auf die Vegetation könnte man gegen Köppen als Ein- wurf erheben, indem man sagte, dass Aphyllie, Kleinblättrigkeit u. s. w ebensowenig Nutzen gegen Insolation besässen wie die ätherischen Oele, weil sie ja in ihrer Gesammtheit nicht einmal die Pflanze vor dem Tode zu bewahren vermöchten, wenn man aber das nicht zugäbe, auch den ätherischen Oelen eine Trockenschutzwirkung nicht 'abzu sprechen sei, da ihre grosse Athermansie feststehe. Darauf lässt sich jedoch erwidern, dass gegenüber einer Luft- bewegung die Qualität des Schutzmittels von ausschlaggebender Be- deutung ist. Starke Cuticula- und Wandbildungen, Aphyllie und Behaarungen u. s. w. sind gegen Insolation wirksam bei ruhiger und bewegter Luft; eine Dampfhülle aber, welche das leisten soll, was ökologisch in diesem Falle von ihr zu erwarten wäre, setzt völlige Windstille voraus. Wenn nun aber gerade an jenen Orten und zu der Zeit, wo diese Hülle ein Vortheil sein könnte, Bedingungen ein- treten, die ihre Existenz überhaupt problematisch machen, so ist von biologischem Standpunkte die Meinung gerechtfertigt, dass unter solchen Umständen die Entwickelung einer derartigen Einrichtung mit der angenommenen Bedeutung gar nicht hätte stattfinden können, sondern dass der Sinn dieser auffällig ausgebildeten Function in einer anderen Richtung zu suchen sei. Tyndall?) stellte seine Versuche in der Weise an, dass er die Wärmestrahlen eines mit kochendem Wasser gefüllten Leslie’schen - 1) Die Hauptvegetationszeit währt in jenen Gegenden von Ende Januar bis in den Mai (l. c. pag.'19). 2) Tyndall, Die Wärme (1867) p. 419. Flora 1903. 11 162 Würfels durch ein vier Fuss langes, beiderseits mit Steinsalzplatten abgeschlossenes Messingrohr gehen und die austretenden Strahlen auf ein mit einem Galvanometer verbundenes Thermoelement fallen liess. Wurde die Röhre mit irgend einem Gase gefüllt, so konnte man die Absorption nach dem Ausschlage der Magnetnadel berechnen. Um ätherische Oele zu prüfen, wurde das Rohr evacuirt und der beim Beginne des Versuches eingeführte Luftstrom durch ein Glasröhrchen geleitet, dessen Wand ein mit dem betreffenden Oele getränktes Stück Filtrirpapier auskleidete (l. c. pag. 455). Bei dieser Versuchsanord- nung gelangte Tyndall zu folgenden theilweise sehr hohen Ab- sorptionswerthen (l. c. pag. 456): Luft = 1, bei 1 Atmosphäre Patchouli . . . . 80 Orangenöl . . . . 67 Sandelholz . . . .„ 82 (Wasserdampf . . . 72) Geranium . . ... 833 Thymian. . x»... 74 (68?) Nelkenöl. . . . .. 33,5 Rosmarin . ...14 Knoblauchöl . . . 34 Lorbeeröl . . . . 80 Rosenöl . . . . . 86,5(37)1) Camillen (Blüthen)'). 87 Wermutt. . ... 49) Cassisöl. . . . . 109 Bergamott . . . . 44 Spike. . 2... ..855 Neri . 2.2.0.4 Nardenöl . . . ..355%) Lavandel . . . ..60 Anis . 2. 2. ..837% Citronenöl . . ..65 Von diesen Oelen kommen einige für uns nicht in Betracht, nämlich Citronen-, Bergamot-, Orangen- und Anisöl von Pflanzen mit inneren Drüsenorganen, ebenso Lorbeeröl aus den inneren Drüsen von Blättern, ferner Nelken-, Camillen-, Rosen- und Neroliöl (letzteres von Citrus-Arten) aus Blüthen, Sandelholzöl aus dem Holze von Santalum- Arten, Cassiaöl (Zimmtöl) aus der Rinde von Cinnamomum-Arten und endlich Knoblauch- und Nardenöl, letzteres in dem Rhizom der nordindischen Valerianacee Nardostachys Jatamansi DC.?) Die übrigen in dem Verzeichnisse genannten Oele sind ausser Wermut und dem aus Pelargonium-Arten gewonnenen Geraniumöl, Labiatenöle. Wenn thatsächlich die Absorptionsfähigkeit dieser Dämpfe in einer. Beziehung zu der Wasserökonomie der Pflanze stünden, so dürfte man, erwarten, dass dieses Verhältniss auch in der Vertheilung der Ab-. sorptionsgrösse einen gewissen Augdruck fände, in der Weise, dass 1) Diese Angaben aus Tyndall, Fragmente a. d, Naturwissenschaften. 1874.. 2) Hier wurde statt des ölgetränkten Papieres das Kraut selbst benutzt. 3) Vgl. Flückiger, Pharmakognosie (1883) pag. 432, \ 163 den morphologisch am wenigsten xerophytisch ausgebildeten Arten die annähernd leistungsfähigsten Oele zukämen. Dass dieser Fall keineswegs eintrifft, lehrt ein Blick auf die Tabelle: Lavandula spica, ein Halbstrauch trockener Gegenden des Mittelmeergebietes, besitzt beiderseits mit Sternhaaren versehene, schmale Blätter, die am Rande etwas umgerollt sind, deren Epidermi€ oberseits eine Höhe von 20 —24y. hat mit einer Aussenwand von 5—-6p, wovon 1—2x. auf die Cuticula und ebensoviel auf die cutinisirte Zone fallen.!) Die Absorptionsfähigkeit des Oeldampfes dieser Pflanze ist 355 Mal so gross als die der Luft. — Thymus vulgaris, ein Halbstrauch desselben Ge- bietes, producirt ein Oel, dessen Dampf beinahe nur !/s der Absorption des Spikeöles erreicht, nämlich 74, während die Höhe der Epidermis nur 12, die Dicke ihrer Wand 4 und die der Cuticula etwa 2 y beträgt. — Das Rosmarinöl hat dieselbe Absorptionsgrösse, wie das vom Thymian, die Standorte beider Arten sind übereinstimmend, aber die morphologischen Schutzmittel der Blätter sind äusserst verschieden. Bei Rosmarinus ist die ganze 4—6y starke Aussenwand der Ober- epidermis cutinisirt, die eigentliche Epidermis hat eine Höhe von 14—16,, wird aber — ein vereinzelter Fall unter den Labiaten, vgl. Solereder l.c. pag. 718 — durch ein mindestens ebenso hohes Hypoderm verstärkt und erreicht dadurch eine Dicke von 80—40 y. Bezüglich dieses Vergleiches darf man sodann fragen, welche Bedeutung den hohen Absorptionszahlen bei Oelen zukomme, die nach dieser Richtung hin niemals zur Wirkung gelangen können, weil sie von der Atmosphäre durch Einsenkung in das Gewebe der Pflanze und häufig noch durch Korkmembranen abgeschlossen sind, so dass nur eine Verletzung ihre Befreiung ermöglicht. Was nützt dem Rhizom der Nardostachys die Absorption von 355, den Früchten des Anis die von 372 und der Zimmitrinde eine von 109? — Ich glaube, dass diese Eigenschaft der ätherischen Oele ebenso wenig Bedeutung für das Leben der Pflanze hat, wie etwa die Farbe dieser Stoffe, ihr Verhalten zum polarisirten Lichte oder ihr specifisches Gewicht. 1) Diese Messungen nach einer mit L. vera DC. (= spica «a L.) nicht iden- tischen „Spica® (=L. spica DC.) des hiesigen botanischen Gartens. Nach Flückiger (l. c.) wird aus der letzteren, der Vera sehr nahestehenden Form in Frankreich ein besonderes, von dem gewöhnlichen Lavendelöl verschiedenes Ocl gewonnen, Andererseits liefert auch L. vera verschiedene Oelsorten (E. Schmidt, 1. c. II, pag. 1195). Es lässt sich also nicht mit Sicherheit entscheiden, was Tyndall unter Spikeöl verstauden hat; es wurde oben angenommen, dass das Produkt der L, spica DC. (Prodromus) von ihm untersucht worden ist. 11* 164 In dieser Ansicht bestärkt mich besonders der Einwurf, den Köppen bezüglich der Luftbewegung in den Steppen und Wüsten- gebieten gegen die Tyndall’sche Hypothese gemacht hat. Ausser- dem möchte ich Folgendes in Erwägung ziehen. Setzt man voraus, dass eine der genannten Pflanzen sich in einem völlig windstillen Raume befände, so wären die physikalischen Bedingungen doch immer- hin andere als die, welche in den Versuchen von Tyndall zur Geltung kamen. Denn erstens stehen der intakten Pflanze nicht solche Dampfmassen zur Verfügung, wie man sie erhält, wenn man in der von Tyndall eingeschlagenen Weise experimentirt. Das geht schon deutlich genug aus einer anderen Versuchsreihe hervor, die derselbe Forscher mit getrockneten Pflanzen an Stelle des mit’ Oel getränkten Papiers ausführte, und wo nach seiner Meinung nicht einmal die Wirkung des Wasserdampfes sicher ausgeschlossen war. Bei dieser Versuchsanstellung ergab nämlich Lavendelöl eine Absorption von 32 (gegenüber 60), Zimmtöl 53 (gegenüber 109). Und selbst die so erreichte Concentration der Dämpfe entspricht nicht der, welche im Umkreise einer intakten lebenden Pflanze 'herrscht, wie man sich durch den Geruch, der hier schliesslich der einzige Maassstab ist, leicht überzeugen kann. Nach Schmidt!) ergibt eine blühende Pflanze von Thymus vulgaris an Oel 1,5%, des Trockengewichtes, und da sich dieses zum Frischgewicht wie 1:3 verhält,®) würde eine 600g ölprodueirende Theile besitzende, also ziemlich kräftige Pflanze, 3g Oel ergeben. Diese Oelmenge verdampft aber ziemlich langsam, und zudem in einem grossen, Juftbewegten Raume, während ein mit Oel getränktes Stück Fliesspapier das Oel sehr schnell völlig ver- dunsten lässt. Dünnes Fliesspapier von 2 Zoll (5 cm) Länge und: 1 Zoll Breite, von der Grösse, wie Tyndall es benutzte, nimmt etwa’ 80 mg Thymianöl auf, und diese ganze Masse würde in einem‘ Tyndall’schen Versuche in kurzer Zeit in einem engen, ab- geschlossenen Rohre zur Verdampfung gebracht werden. Wenn nun ferner von Volkens angegeben wird, der Geruch von Artemisia judaica mache sich bereits auf mehrere Schritte Ent-, fernung bemerkbar, so muss, falls man von etwaigen Luftströmungen. absehen will, darauf hingewiesen werden, ein wie ausserordentlich feiner Indicator das Geruchsorgan ist. Es kommt ausserdem noch hinzu, dass die Concentration der Dämpfe mit der Entfernung von der Pflanze ziemlich schnell ab- 1) Ernst Schmidt, Pharmazeutische Chemie 1901 II pag. 1218, 2) Pharmaz. Kalender 1902 pag. 76, j 165 nehmen wird, so dass eigentlich kein Mantel einer gleichmässig ab- "sorbirenden Materie die Pflanze umgibt, und die Absorptionsvorgänge doch wesentlich andere sein müssen, als wenn die Wärmestrahlen wie in dem Tyndall’schen Apparate einen gleichartig mit der betreffenden Substanz erfüllten Raum passiren und dann erst die Pflanze resp. das Galvanometer treffen. Es scheint sogar, als wenn ein ätherische Dämpfe ausströmender Pflanzenstock in unbewegter Luft unter diesen Verhältnissen, wenn man noch die Wärmeleitung in Betracht zieht, stärker erwärmt würde oder wenigstens kräftiger transpiriren müsste als ein anderer, der diesen Wärmespeicher nicht um sich her erzeugte. Ich habe versucht, den thermometrischen Unterschied festzustellen, der sich ev. ergeben könnte, wenn man hinter zwei flachen prisma- tischen Glasgefässen, von denen eins mit den Dämpfen irgend eines Oeles erfüllt war, die Insolationswärme abläse, oder wenn man je zwei Thermometer luftdicht in weite Glascylinder und den einen in eine beträchtlich weitere, Oeldämpfe enthaltende Glasglocke, den anderen dagegen unter;eine ebensolche ohne Oel stellte. Jedoch konnten diese Versuche wegen ungünstigen Wetters nicht zu Ende geführt werden, und ich glaube allerdings auch, dass sie nur mit be- deutend feineren Apparaten ‚brauchbare Resultate geliefert hätten.!) Leider habe ich in Tyndall’s Schriften über diesen Gegenstand keine Temperaturangaben finden können; bedenkt man aber, dass viele Pflanzen eine Temperatur von einigen 50°C. zu ertragen vermögen, ohne abzusterben, und dass von Altenkirch (l. c. pag. 357 £.) auf den Geröllhängen ider „Bosel“ Lufttemperaturen bis zu 46°, Boden- temperaturen bis zu 48,9% Temperaturen im Rasen bis zu 49° (am 30. Juli bei mässigem Winde) und am 19. August bei Wind lem über dem Boden bis zu 55°C, beobachtet wurden, und dass Volkens (l. e. pag. 14) im besonnten Wüstensande 52 und 55° gemessen hat, so wird man an der Trockenschutzleistung der ätherischen Oele wohl noch mehr zweifeln müssen. Denn da es in der Wüste auch sehr viele perennirende Pflanzen gibt, die keine solchen Oele secerniren, und in der von Altenkirch untersuchten Geröllflora Sachsens nur Thymus serpyllum als solche auftritt, so darf wohl daraus geschlossen werden, dass die bekannten xerophilen Merkmale genügen, um der Insolation erfolgreich zu begegnen, oder dass sich der bei der Mehr- 1) Man vergleiche den von Tyndall l c. beschriebenen und abgebildeten, sehr complieirten Apparaf. N 166 zahl der Xerophyten wenig massige und eine äusserst geringe Ober- fläche darbietende, an ausstrahlenden Kanten und Spitzen aber reiche Körper überhaupt nicht oder nur in Ausnahmefällen auf eine tödtliche Temperatur erwärmt. Sicherlich kann man auch annehmen, dass die Differenz der absoluten Temperaturen, die man unter den in der Natur gegebenen meteorologischen Bedingungen an zwei Körpern erhielte, wenn man den einen mit einer Dampfhülle umgäbe, den anderen dagegen nicht, eine so minimale ist, dass sie von gar keinem biologischen Wertlie sein würde, selbst dann nicht, wenn es sich um völlige Windstille handelte. Denn wenn ein Nutzen geboten werden sollte, müsste man wohl Temperaturunterschiede von wenigstens mehreren Graden erwarten dürfen. Auf Grund dieser Ueberlegungen scheint mir auch die Bemerkung, welche Altenkirch betreffs einer ev. Bedeutung der Verdunstungs- kälte der Oele des Thymian (]. c. pag. 383) macht, problematisch zu bleiben, eine Vermuthung, welche vorher schon von Grisebach und Focke ausgesprochen worden war (vgl. oben). Wenn es sich so verhielte, könnten die xerophytischen Formationen überhaupt nur, aus Oelpflanzen zusammengesetzt sein; es gibt aber sehr viele Xero- phyten, die ihnen in Structur und Wasserversorgung durchaus gleichen und, obwohl sie keine ätherischen Dämpfe hervorbringen, dieselben. Standorte ınit ihnen theilen.!) Ich bin mir bewusst, eine direete physikalische Widerlegung der: Tyndall’schen Theorie mit diesen Ueberlegungen nicht erbracht: zu haben; vielmehr bin ich der Meinung, dass eine solche erst; mit der Feststellung der absoluten Temperaturunterschiede bei Ein-, und Ausschaltung der Oelatmosphäre gegeben wäre, Differenzen, deren Kenntniss eine stricte physikalische Entscheidung herbei- führen würde. Solche Versuche anzustellen war ich nicht in der Lage.?) 1) Vgl. hierzu Pfeffer l.c. I pag.501 Anm.: „Als Schutzmittel gegen zu starke Erwärmung dürfte die ansehnliche Absorption der dunklen Strahlen in den Dämpfen der ätherischen Oele kaum von hoher Bedeutung sein“. Ferner pag. 220 Anm.: „Durch die Beimengung des Dampfes von ätherischen Oelen wird die Sonnenwirkung wohl nicht sehr erheblich vermindert.“ — Was den Schutz vor nächtlicher Abkühlung betrifft, so gilt die gleiche Ueberlegung. 2) Auch die von Grisebach angedeutete Wirkung der Verdunstungskälte und Transpirationsverzögerung kann ich aus diesem Grunde nicht erörtern, halte ihre biologische Bedeutung aber für äusserst unwahrscheinlich, da es sich nur um! ganz minimale Differenzen handeln kann. 167 Physiologisches. Nach einem Referate im Botanischen Centralblatte (1898 Bd. 76 pag. 137 u. 138) ist H. Henri Dixon der Meinung, „dass die ätheri- schen Oeldämpfe ähnlich wie CO; etc. durch Eindringen in die Inter- cellularen eine Verminderung der Transpiration resp. Verdampfung herbeiführen. Nach einigen vorläufigen Experimenten konnte dies sicher festgestellt werden, indem durch die von Artemisia absinthium ausströmenden Dämpfe eine Herabsetzung des Transpirationsverlustes von Syringa und Cytisus-Zweigen bewirkt wurde.“ Ich will die Richtigkeit der Ergebnisse Dixon’s nicht bestreiten aber ich glaube, dass man sie keineswegs verallgemeinern darf, da meine Versuche einen anderen Schluss näher legen. Zunächst be- nutzte ich als Indicator für die Verdunstungsdifferenz die bekannte Probe mit Cobaltpapier, indem die zu prüfenden Blätter zwischen je zwei Stücke dieses Papieres und ausserdem zwischen zwei Glasplatten gelegt wurden. Verwendet wurden kräftige Sprosse der unten ge- nannten Pflanzen, denen die Blätter bis auf zwei gegen- resp. nahe- stehende abgeschnitten wurden. Der in Wasser stehende 'Trieb wurde so aufgestellt, dass jedes Blatt in eine Krystallisirschale hineinragte, in welche es durch eine runde Glasplatte so eingeschlossen wurde, dass der Stiel durch einen schmalen Spalt unbehindert die Wasser- zufuhr vermitteln konnte. In die eine dieser Schalen wurde ein kleines Gefäss mit dem zu benutzenden Oele unterhalb des Blattes aufgestellt, weil die Benutzung von lebenden Kräutern zur Produktion der Oel- dämpfe wegen der Eigentranspiration derselben nicht anging. Gebraucht wurden für diese Versuche Sprosse von Syringa vul- garis und Impatiens glanduligera. Bei Verwendung eines etwa linsen- grossen Tropfens von Thymianöl (25—50 mg) im Schatten und in der Nähe eines Ostfensters (mittags) wurde nach vorherigem Vergleiche selbst nach mehrstündiger Exposition sowohl bei Syringa wie bei Impatiens kein Unterschied in der Transpiration wahrgenommen, obwohl die geringe Masse des Oeles in dem kleinen Raume eine stark duftende Dampfatmosphäre erzeugte. Auch wenn unter sonst gleichbleibenden Bedingungen statt des kleinen Tröpfehens 2 cem desselben Oeles eingeführt wurden, änderten sich die Ergebnisse bei zwei- bis dreistündiger Exposition nicht. Auch ein Unterschied in der Oeffnungsweite der Stomata war bei mikroskopischer Prüfung nicht festzustellen, einen Fall (Impatiens) ausgenommen, wo die Oelpflanze bedeutend engere Spalten aufwies als die Controlpflanze. 168 Es war anzunehmen, dass bei einer ökologisch wirksamen Herab- setzung der Transpiration durch Oeldämpfe ein mindestens unzweifel- hafter Unterschied bei diesen Proben sich hätte herausstellen müssen, da in dem Cobaltpapier ein sehr empfindlicher Gradmesser für relative Feuchtigkeitsdifferenzen gegeben ist. Das Ausbleiben derselben gab daher Veranlassung zu einer ge- naueren Nachprüfung der Dixon’schen Annahme und Experimente durch einige Wägungsversuche an Blättern und ganzen Pflanzen. Bei diesen Versuchen fanden annähernd gleich grosse und unter möglichst gleichen Bedingungen an demselben Sprosse gewachsene Syringen-Blätter Verwendung (Syringa vulgaris). Sie wurden in kleine, mit Leitungswasser gefüllte und mit Olivenöl abgeschlossene Gläschen und sodann jedes für sich auf einen Teller unter eine Glasglocke oder ein grosses Becherglas gestellt. Dabei wurde Sorge getragen, dass je zwei zusammengehörige Blätter betreffs der Glocke, der Licht: und Temperaturverhältnisse ete. sich unter möglichst ähnlichen Be- dingungen befanden. Um die Wirkungen des Oeles festzustellen, wurde zeitweise ein Uhrschälchen mit dem Oele (Menthaöl, 25—50 mg) unter die betreffende Glocke gesetzt. Zur Controle der Blattversuche wurde ein Vergleichsversuch an jungen Bohnenpflanzen (Phaseolus) mit völlig entwickelten primären Laubblättern ausgeführt. Die Pflanzen waren aus Samen in kleinen Töpfen erzogen worden und hatten sich in den Grössenmaassen fast gleich entwickelt. Die Töpfe erhielten bei Beginn des Versuches einen: allseitigen Stanniolbelag. ' Als Resultat der vorgenommenen Wägungen ergab sich, dass die, Oeldämpfe eine merkliche Herabsetzung der Transpiration nur mit gleichzeitiger Schädigung der Blätter bewirken, wenigstens bei längerer‘ Einwirkung. Die folgenden Tabellen beziehen sich auf drei Versuchsreihen und. geben die absoluten Gewichtsverluste (inmg) von Wägung zu Wägung an.') A. (Syringa-Blätter): Zeit: +-s | s-6 10-1] 11-12 12: 1-2 | 2:3 | 3-4 I} 8354| 416j1070| 880| 1060| 730| 475) 0 IL | 468384|*896 534 1410*180|100| 0 1) Die Sternchen in den Tabellen bezeichnen die Zeitpunkte, wo deutliche Schädigung der Pflanzen festzustellen war, Die fettgedruckten Zahlen bedeuten die Zeit der Oeleinwirkung. 169 B. (Syringa-Blätter): Zeit: ] 3-4 | 4-5 | 5-6 | 6-7 9-10 | 10-11 u.12 | 12-3 3-4 | 4-5 | 5-7 ijco|s0|835| 0155 |75 | 75| 250| 10 | 45 | 50 I | 55 |65 | 30 | 5} 80 | 90 |1100/280| 10 45 45 C. (Bohnenpflanzen) : Zeit:| 10-12 12-2 2-4 | 4-6 10-12] 12-2 2-4 4-6 | 8-10 10-12 | 12-2 2-4 4-6 8-10 | 10-12 I | 420| 260180120| 310| 190 | 140 | 130]2350| 1280 370) 180| 120| 450! 820 IT | 490| 3201701120] 4401230 150| 170[2545 1170 380 *350) 170)*380 540 ‚In jedem Falle wurde das stärker transpirirende Exemplar für die Einwirkung des Oeles bestimmt (II), das andere diente zur Con- trole (1). In den Fällen A und C tritt die von Dixon angegebene De- pression der Verdunstung nach Einwirkung der Oeldämpfe deutlich ein. Im Versuche A verlor II im Laufe der ersten Versuchsstunde 114mg Wasser mehr als I. Nachdem dann das Oel eingeführt war, verlor in der nun folgenden Stunde (5—6 nachmittags) II 84 mg weniger, I aber 62 mehr als in der ersten Stunde. Darauf wurde das Oel entfernt und die Glocke sorgfältig gereinigt. Am nächsten Morgen zeigte sich Blatt II erschlafft, während I straff und frisch erschien. Die Schädigung zeigte sich auch darin, dass Il am zweiten Tage mit einem 174 mg geringeren Verluste einsetzte als I. In den folgenden Stunden (11—4) wurde II wieder in die Oelatmosphäre gebracht. In der ersten dieser Stunden (11—12) verlor II 362 mg weniger als von 10—11 ohne Oel, I in der gleichen Zeit nur 190 weniger. Dann steigt bei I die Verdunstung zwischen 12 und 1 stark, um dann dauernd zu fallen, während sie bei II von 11 Uhr ab stetig und schnell zu sinken beginnt. Um 1 Uhr zeigten sich bei II abgestorbene und gebräunte Stellen. In dem anderen Versuche mit Fliederblättern (B) wurde die Oel- atmosphäre erst am zweiten Tage eingeführt und bis zum Ende des Versuches beibehalten. In diesem Falle war II von 9—10 Uhr stärker gefallen, von 10—11 langsamer gestiegen als I. Nach Einführung des Oeles um 11 Uhr nahm II jedoch langsam zu, während I gleich blieb (bis 12 Uhr). In den folgenden drei Stunden verliert II eben- falls ein wenig mehr, um bis 4 eine geringe Herabsetzung. zu er- leiden und von da ab mit I übereinzustimmen. Ein bestimmter Zeit- punkt von Schädigung wurde hier nicht notirt. Versuch C wurde mit ganzen Bohnenpflanzen ausgeführt. Das Oel wurde am zweiten Tage nach der zweiten Wägung eingesetzt 170 und wirkte vier Stunden (von 12--4 Uhr). Es zeigte sich eine so- fortige Herabdrückung des Transpirationsverlustes bei I], indem diese Pflanze 210, die Controlpflanze in den ersten beiden Stunden (12—2) nur 120 mg weniger verlor als in den vorhergehenden. Auch in den folgenden zwei Stunden sinkt II schneller, aber um 4 Uhr, als das Oel entfernt wird, steigt es plötzlich, während I langsam weiter ab- fällt. Am dritten Tage setzte Il wieder, wie im Anfang, mit höherer Transpiration ein. Um 10 Uhr wurde das Oel wieder eingestellt. Nun fielen beide in den folgenden Stunden schnell ab, II etwas rascher, und erreichten um 2 Uhr etwa dasselbe Niveau (10 mg Unterschied). Bei fernerem Verbleiben des Oeles in Il (von 2—4 Uhr) fiel I nun aber schneller, nach Entfernung des Oeles (um 4 Uhr) aber wieder II be- trächtlich schneller. Am nächsten Morgen zeigte II deutliche Er- “ krankung (Vergilbung und Kräuselung der Spreiten), während I völlig gesund blieb. An diesem Tage setzte II auch mit einer bedeutend tieferen Transpiration ein (70 mg weniger). Die Schädigung von II war aber bereits am zweiten Tage erkennbar, indem die Pflanze die nyktitropischen Bewegungen einstellte, während I bereits um 2 Uhr schlief. Versuch A wurde im Freien bei Insolution, B und C wurden im Laboratorium am Fenster ausgeführt. Aus diesen Erscheinungen, im Zusammenhange mit den folgenden Versuchen, glaube ich den Schluss ziehen zu dürfen, dass eine Herab- setzung der Transpiration durch Einwirkung ätherischer Oeldämpfe bis zu einem ökologisch wirksamen Niveau nur mit gleich- zeitiger Schädigung der transpirirenden Organe stattfinden kann, welche, wie aus dem Folgenden hervorgeht, höchst wahrscheinlich in einer Vergiftung der Gewebe ihre Erklärung findet. Die toxische Wirkung der ätherischen Oele auf Menschen . und Thiere ist bekannt.') Ich habe auch einige Versuche über die giftige Wirkung der Dämpfe auf Schnecken und Insekten gemacht, welche dasselbe ergeben haben. Fliegen, Bienen und Hummeln wurden in einer Atmosphäre von Menthaöl in einer bis mehreren Stunden betäubt und getödtet. Schnecken, die auf ein mit Gaze bedecktes, ölhaltiges (Mentha) Gefäss gesetzt worden waren, wurden äusserst unruhig, sonderten sehr viel Schleim ab und starben nach kurzer Zeit ab (Limax agrestis). Die Giftwirkung dieser Dämpfe auf verschiedene Pflanzen wurde in folgender Weise ermittelt: Bei jedem Versuche wurden je zwei 1) Vgl. Husemann eto,, Pflanzenstoffe (1882) I pag. 88. 171 möglichst ‚gleiche, kräftige und mit gesunden Blättern versehene Sprosse verwendet, von. denen jeder, in einem mit weissem Papier umwickelten Glase mit Wasser stehend, sich auf einem gleichfalls Wasser enthaltenden Teller befand, der mit einer ausreichend grossen Glasglocke oder mit einem Becherglase überdeckt wurde. Unter einer Glocke jedes Paares befand sich ausserdem ein Cylindergläschen mit irgend einem ätherischen Oele (etwa 1—2 ccm). Die Pflanze der mit Oel beschickten Glocke soll kurz die Oelpflanze, die andere die Controlpflanze genannt werden. Da ganz gleiche Triebe nicht zu er- halten sind, wurde der scheinbar kräftigere immer als Oelpflanze, und im Falle einer Ungleichheit der Glocken stets die grössere für dieses Exemplar benutzt.!) Es ergab sich Folgendes: I. Versuche bei regnerischem Wetter oder schwacher Insolation. 1. Sinapis alba mit Pfefferminzöl, 26.5. bis 3.6. Am 19.5. sind die jungen Blätter der Oelpflanze abgestorben, am 3.6. ist sie völlig todt, während das COontrolexemplar noch bis zur Entwickelung von Blüthenknospen (bis zum 20. 6.) aufbewahrt wurde. Es wurde dann gleichfalls mit demselben Oele behandelt und starb in einigen Tagen ab. 2. Syringa vulgaris mit Origanumöl, 12.6. bis 17.6. Am 17. 6. ist die Oelpflanze völlig todt (alle Blätter braun), die Control- pflanze noch vollständig gesund. (An einem Tage mittelstarke In- solation.) 3. Salvia offieinalis mit Pfefferminzöl. Zwei Drittel der Blätter am Oelexemplar nach einigen Tagen ganz oder zum Theil getödtet, am anderen sämmtlich frisch. 4. Origanum vulgare mit Origanumöl,. Nach 8 Tagen etwa (17.6) sind an der Oelpflanze wenige kleine Stellen gebräunt, am 21.6. mehrere Blätter todt, am 26. 6. fast sämmtliche. Die Luft- pflanze ist am 29. 6. noch völlig grün. 5. Dietamnus alba mit Origanumöl, 17.6. bis 20.6. Zwei grosse Fiederblätter, das Oelblatt am 19. 6. bereits braun, am 20. vollständig abgestorben. Dagegen war das Controlblatt am 23. 6. noch ganz gesund und wurde noch einige Tage lang frisch erhalten und dann beseitigt. 6. Menthaviridis mit Pfefferminzöl, 17. 6. bis 21.6. Am 21.6. sämmtliche Blätter der Oelpflanze getödtet; am 26. 6. die andere noch 1) Die ev. Aufnahme von Oeldämpfen durch das Culturwasser hat keinen Einfluss auf das Gedeihen, wie ein vergleichender Versuch mit Lavandula vera in einer starken Emulsion erwies, . 172 ganz gesund bis auf die Spitzen einiger unterer Blätter; nach mehr- maliger stärkerer Besonnung ist sie auch noch am 28.6. zu zwei Drittel frisch geblieben. II. Versuche bei starker Besonnung. 7. Lavandula vera mit Lavendelöl, 81.5. bis 4.6. Am 4.6. sind mehrere Blätter unter der Oelglocke abgetödtet, am 2. 6. waren bereits mehrere gewelkt. Die Luftpflanze frisch geblieben.!) 8. Syringa chinensis mit Origanumöl, 31.5. bis 2.6. Nach !/astündiger Insolation ist die Oelpflanze gewelkt, die Controlpflanze ganz turgescent; am 2. 6. an der ersteren mehrere Blätter getödtet. Im Laufe einiger Tage starb der ganze Zweig auch nach Entfernung der Glocke ab, während der andere unter denselben Bedingungen grün blieb. 9. Origanum vulgare mit Origanumöl, 31.5. bis 3.6. Am 2. 6. zeigen sich an fast allen Blättern kleinere und grössere schwarzbraune, ‘ abgestorbene Partien, und am 3. 6. ist die Mehrzahl der Blätter todt. Die Controlpflanze ist noch mehrere Tage später frisch grün. 10. Salvia officinalis mit Origanumöl, 3. 6. bis 4.6. Nach !/estündiger Insolation ist das Oelexemplar deutlich gewelkt (Blätter schlaff und gekräuselt, Triebe überhängend), die Luftpflanze dagegen vollständig turgescent. Nach 2!/, Stunden die erstere völlig gewelkt, die zweite ein wenig angewelkt. In der Nacht zum 4. 6. hatte sich die Oelpflanze wieder erholt und war bis auf einige abgestorbene Hochblätter fast wieder ebenso straff geworden wie die andere. 11. Cladophora. Sehr einfach und deutlich ist die Giftwirkung der ätherischen Oele nachzuweisen, wenn man ein kleines Gefäss mit Cladophora-Fäden zusammen mit einem Uhrschälchen, das ein wenig ätherisches Oel enthält, unter eine Glasglocke stellt, Nach wenigen Stunden nimmt das Wasser so viel von den Oeldämpfen auf, dass es intensiv danach schmeckt, und nach 1—2 Tagen ist die Cladophora stark plasmolysirt und abgestorben, während das Controlglas frische, grüne Fäden enthält. Mit schwärmenden Algen, z. B. Gonium, ist das Experiment noch anschaulicher auszuführen, weil hier an der Bewegung ein Maassstab der Einwirkung gegeben ist. Wie aus den angeführten Versuchen hervorgeht, lassen sich die ersten Anzeichen einer schädlichen Wirkung der Oeldämpfe gewöhn- lich als Welkung erkennen, dann folgt ein durch Bräunung oder 1) Es hat den Anschein, als ob diese Pflanze gegen die Dämpfe des eigenen Oeles resistenter sei ala gegen die anderer Arten. Vielleicht sind auch die stark aromatischen Arten überhaupt resistenter gegen diese Gifte (vgl. Versuch 10), was biologisch sehr wohl zu verstehen wäre, 173 Schwärzung bemerkbares Absterben discreter Stellen, die sich allmählich vergrössern und sich bis zu den stärkeren Blattnerven ausdehnen und endlich zusammenfliessend das ganze Blatt ergreifen. Bei durchsich- tigen Blättern (Syringa, Impatiens, Menyanthes z. B.) war ausserdem eine deutliche Infiltration des Intercellularsystems zu erkennen. Aus diesen Absterbeerscheinungen lässt sich schliessen, dass die Dämpfe durch die Spaltöffnungen in das Blatt eindringen und dann von den feuchten Zellmembranen wie durch Wasser absorbirt werden, so dass sie unmittelbar auf das Protoplasma einzuwirken vermögen.!) Ferner deuten die Plasmolyse bei Cladophora und. die Infiltration der Blätter darauf hin, dass die Oele eine reichliche und schnelle Wasserauspressung veranlassen, was eine Anfüllung der Intercellularen mit Wasser zur Folge hat. Unter diesen Umständen wird die Ver- dunstungsfläche naturgemäss beträchtlich herabgesetzt, da das flüssige Wasser nur in der Nähe einer Spaltöffnung verdunsten kann, während unter normalen Bedingungen in den Wandungen des gesammten Inter- cellularsystems eine bedeutend grössere Fläche zur Verfügung steht. Auf eine derartige Verstopfung der Intercellularen möchte ich die infolge der Oeldampfeinwirkung eintretende Depression der Ver- dunstung zurückführen. Bei dieser Annahme wäre auch ein anderes Verhalten (wie in den Versuchen B und C) verständlich, da der In- filtrationsprocess ganz ungleichmässig von statten gehen kann.?) Im Vergleiche zu der bekannten transpirationssteigernden Wirkung der Anästhetica®) böten danach die ätherischen Oele ein ganz anderes Verhalten, indem sie zwar auch eine stärkere Wasserausscheidung veranlassen, aber in flüssiger Form und infolgedessen scheinbar hem- mend auf die Wasserabgabe einwirken. 2. Bedeutung der exogenen ätherischen Oele als Thiersehutzmittel. Obwohlschon von mehreren Forschern [vgl.2.B.Darwin, Kerner, Stahl*)] die Bedeutung der Schutzmittel für die Artenstatistik der Viehweiden nachgewiesen wurde, so scheinen: doch noch bei vielen 1) Ueber. Aufnahme äther, Oele durch Membranen vgl. Hofmeister, Pflanzenzelle pag. 226, . 2) Vgl. auch die bei Salvia off, angegebene Erscheinung. 8) Vgl. Woods in Burgerstein, Materialien etc, der Transpiration der Pflanzen III, pag. 30, und Bot. Jahresber. XXI (1893) I pag. 15. 4) Darwin, Entstehung der Arten, Cap. 83. — Kerner, Pflanzenleben II. pag. 419, und Schutzmittel der Blüthen gegen unberufene Gäste pag. 201, 204, 205. — Stahl, 1. ce. — Ueber Schnecken vgl. auch Ludwig, Beziehungen zw. Pflanzen u, Schnecken. Sammelref. Bot. 0.-Bl. Beih. 1891 pag. 37. 174 Zweifel zu bestehen in Hinsicht wenigstens auf die sogenannten chemischen Schutzmittel, welche die auf den Weiden beobachteten Wirkungen hervorrufen sollen. Eine bloss theoretische Erwägung dieser Verhältnisse und vieler ähnlicher Schutzfragen führt allerdings oft zu einer Skepsis, die gegenüber den vorliegenden Beobachtungs- ergebnissen unberechtigt erscheint. Es ist jedoch nicht meine Auf- gabe, mich mit dieser umfangreichen und schwierigen Frage im All- gemeinen zu befassen. Ich beschränke mich auf einen kleinen Antheil, indem ich zu erörtern suche, ob in der Annahme des Schutzes gegen Thiere ein befriedigenderes Verständniss der Bedeutung der exogenen Oele zu finden ist als in der Tyndall’schen Hypothese. z. Wenn man absieht von der Möglichkeit, dass die ätherischen Oele ein Schutzmittel gegen parasitäre Pilze!) oder gegen Fäulniss 2) seien, so kommt ausser der Lösung, welche die Tyndall’sche Auf- fassung dieser Frage gab, nur noch die Meinung in Betracht, dass in ihnen ein Schutzstoff gegen pflanzenfressende Thiere zu ver- muthen sei. Nachdem im Vorhergehenden einige Thatsachen angeführt worden sind, welche die Bedeutung der ätherischen Oele als xerophiles Hilfs- mittel unwahrscheinlich machen, sollen jetzt die wichtigsten Er- scheinungen besprochen werden, die man als eine. Bestätigung der Thierschutztheorie ansehen darf. Schutz der Reproductionsorgane. Dieser Gegenstand ist von Kerner in seiner Abhandlung über „Die Schutzmittel der Blüthen gegen unberufene.Gäste“ sehr eingehend behandelt und in den Hauptzügen erledigt worden. Wenn man die Tyndall’sche Hypothese als zu Recht bestehend annimmt, so wird man auf-die Vertheilung der Drüsen an der Pflanze 1) Gegen diese Annahme (Focke’s) spricht die relativ sporadische Anord- nung der Drüsen und die Isolirung des Inhaltes gegen die umgebenden Gewebe, Es bleibt überall genügend Spielraum für das Eindringen und die Entfaltung der kleinen Parasiten. 2) Eine solche Annahme hätte einen Sirin wohl nur 'bei Wasserpflanzen oder unterirdischen Organen. Bei letzteren sind die Oele aber verhältnissmässig selten (Labiaten ete.) und bei Acorus und anderen Pflanzen mit endogenen Behältern sind die Membranen häufig verkorkt und bleiben auch bei Fäulniss intact (s. oben Zacharias). — Nach dreieinhalbmonatlichem Faulen in Teichwasser fand ich auch die Drüsen an Blättern von Rosmarinus, Salvia officinalis, Mentha’viridis und die Excretzellen in Blattstielstücken ünd -Querschnitten von Peperomia- der Mehr- zahl nach unverändert, obwohl die Theile fast bis auf die Cuticular- und Holz- substanz zerstört waren. ° j “ 175 kein Gewicht zu legen brauchen, da die schützende Dampfhülle sich bilden würde, mögen die Exeretionsorgane am Stengel, an den Blättern oder Blüthen sich befinden. Hält man aber die Annahme einer Thier- schutzwirkung für näher liegend, so wird man in vielen Fällen aus der Vertheilung der Schutzdrüsen eine Bekräftigung dieser Meinung entnehmen können. Zwischen bestimmten Gruppen thierischer Pflanzenfeinde zu unter- scheiden ist von grosser Wichtigkeit für das Verständniss der Schutz- mittel. Es bestelıt ein wesentlicher Unterschied zwischen der Art wie Weidethiere (die Hufthiere aller Zonen) die Existenz der Pflanze bedrohen und den Schädigungen, die von Seiten der Insekten und Schnecken ausgehen. Die Verschiedenheit liegt einmal in dem der Grösse und Lebensweise angemessenen Nahrungsbedarfe der Consu- menten, andererseits in der Beschaffenheit der Mittel, mit deren Hülfe die Nahrung gewonnen wird. Wenn Hunderte von Blattläusen im Laufe mehrerer Monate nicht im Stande sind, ein einziges Pflanzen- individuum zu vernichten, so vermag eine Wegschnecke') vielleicht deren viele zu zerfressen, und ganz unvergleichlich grösser sind im Verhältnisse dazu wiederum die Ansprüche, die ein grosses Weide- thier an die Pflanzenwelt stellt. Dass die in inneren Drüsenorganen gebildeten Oele in erster Linie als Schutzmittel fungiren, kann nach den vorliegenden Unter- suchungen?) und besonders nach der Entdeckung der Entleerungs- apparate der Rutaceendrüsen durch Haberlandt kaum noch in Zweifel gezogen werden. Dieser Forscher hat für mehrere Rutaceenarten (z. B. Ruta graveolens, Dietamnus alba) nachgewiesen,®) dass der Deckel der in den Blättern befindlichen Drüsen einen Bau besitzt, der es bewirkt, dass selbst bei geringen Krümmungen (wie man sich bei Ruta besonders leicht überzeugen kann), ja selbst beim blossen Schütteln der Pflanze das Exeret ausgestossen wird und in einem Tropfen sich auf der Oberfläche des Blattes ablagert. Hier liegt es wohl sehr viel näher, an ein Schutzmittel gegen Thiere zu denken, als an die physikalische Wirkung einer Verdampfungsschicht oder an ein Lackiren der Blätter im Sinne von Volkens. 1) Ein Exemplar des Arion empiricorum zerstörte in etwa 14 Tagen fast voll- ständig ein kräftiges mehrstengeliges Lamium album (das in einigen Wochen übrigens sich wieder völlig regenerirt hatte). 2) Vgl. die oben eitirte Litteratur. Kritische und vergleichende Experimente finden sich nur bei Stahl, 1. e. 3) Haberlandt, 1. c. Vgl. auch Stahl, 1..o, pag. 47 Anm, 176 Die Bedeutung der Oele der Blüthen braucht nicht eingehender erörtert zu werden; es ist aber von Interesse, zu erwähnen, dass hier eines der zahlreichen Beispiele vorliegt, wo gewisse Stoffe auf verschiedene Organismen ganz heterogene Reize ausüben und dem- gemäss eine doppelte Function zu erfüllen im Stande sind. Denn während man die Bedeutung der Biumenduftstoffe, die meistens den ätherischen Oelen zugehören in allererster Linie in der Beziehung der Insekten zu den Pflanzen suchen muss, so ist doch von Kerner‘) gezeigt worden, dass sie einen nicht unwesentlichen Schutz für diese Theile bedingen. Bei fast allen unseren Geranium-Arten findet sich in der Blüthenregion an Blüthenstielen, Kelchen und Fruchtklappen eine reichliche Drüsenbehaarung, die besonders bei Geranium pratense stark entwickelt ist, dessen Drüsen einen sehr klebrigen und eigen- thümlich schmeckenden Stoff absondern. Kleine Insekten haften daran fest (z. B. Aphiden). Wo die Drüsen, wie am Blüthenstiele von G. palustre fehlen oder schwach entwickelt sind, wie bei G. sangui- neum, stellt sich eine Bekleidung von abwärtsgerichteten oder abstehenden Deckhaaren oder langen Borsten ein, deren Bedeutung bezüglich der Schnecken bekannt ist. Die borstigen Blüthenstiele ‘werden selbst von der Weinbergs- und Ackerschnecke- nicht gefressen. Wie energisch die Wirkung des Oelexeretes von G. Robertia- num auf Schnecken ist, dürfte bekannt sein.?) Man kann sich jeder- zeit leicht von dieser Wirkung überzeugen. In einem Fütterungs- versuche mit der in den Gebüschen der Muschelkalkhänge bei Jena sehr häufigen Helix arbustorum waren die Blüthen und Knospen eines Sprosses von G. Robertianum zwar stark beschleimt — ein Zeichen, dass die Thiere die vorgelegten Stücke gefunden und bekrochen hatten —, aber Fressspuren waren nicht-vorhanden, obwohl die Thiere ausgehungert waren. Diese Schnecke ist überhaupt ebenso empfindlich gegen chemische Sehutzmittel wie Helix hortensis, die fast nur abgestorbene oder kranke Pflanzenstoffe geniesst. Von hungernden Exemplaren der Helix pomatia dagegen wurden die Blüthen dieser Pflanze gefressen; sie enthalten also offenbar keinen dieser Art unangenehmen Stoff (wie z. B. die von Primula officinalis, die selbst von diesen überaus gefrässigen Thieren nur in Spuren bei grossem Hunger angegangen wurden), würden ihnen also ohne Weiteres zum Opfer fallen, wenn die Vegetationsorgane mit ihrem 1) Kerner, Schutzmittel der Blüthen pag. 204, 205. 2) Vgl. Stahl, Pflanzen und Schnecken pag. 46. x 177 giftbewehrten Drüsenkleide sie nicht zurückbielten, die Pflanze zu besteigen. Ich habe auf G. Robertianum bisher keine Schnecke gesehen (vgl. die Versuche bei Stahl, 1. c. pag. 46). Helix ar- bustorum hatte in dem obigen Versuche nach vier Tagen zwar die Fruchtkelche abgenagt, aber sie unberührt liegen lassen. In einem anderen Falle wurde einigen Exemplaren von H. pomatia eine Stengelspitze des Geranium pyrenaicum mit Blättern und Blüthenknospen vörgesetzt. Am dritten Tage darauf war alles noch unberührt, obwohl die Thiere sicherlich sehr hungrig waren, wie daraus hervorging, dass sie an diesem letzteren Tage Blätter von Achilles millefolium sofort angingen und stark befrassen, während das Geranium noch zwei Tage später kaum berührt war. Man muss dabei berücksichtigen, dass die Schnecken die „Gewohnheit“ haben, bei ihrer abendlichen und nächtlichen Nahrungssuche über vielerlei Gegenstände zu kriechen und überall, die Raspel stets in Bereitschaft, herumnagen und zunächst alles auffressen, was nicht sofort einen negativen Reiz auf ihre Fühler ausübt, wie etwa ein mit ätherischem Oele bestrichenes Möhrenstückchen oder die Drüsen von Robertianum. Ausserdem muss man bedenken, dass diese Thiere fast stets — wenigstens die Gehäuseschnecken — im Hungerzustande sind, wie ein Fütterungs- versuch gleich nach dem Einfangen oft genug beweist. Dieser Um- stand ist verständlich; denn bei starker Hitze und Trockenheit sind die Thiere bei der sehr hygrophilen Beschaffenheit ihres Körpers, dessen Schale offenbar zum guten Theile einen Trockenschutzapparat ') darstellt, oft Tage lang gezwungen, sich einzukapseln. Ihre Lang- samkeit trägt das ihre dazu bei, so dass nur ein permanenter Hunger- ‚reiz und die Fähigkeit, sehr lange ohne Nahrung verharren zu können, den Thieren das Leben ermöglicht. Diese Eigenschaften erklären es, warum man oft genug im Freien Schnecken an Pflanzentheilen fressen sieht, die der Theorie nach vor ihnen geschützt sein sollten. Eine momentane Beobachtung ist aber in allen diesen Fällen unzureichend. Verfolgt man irgend ein Indi- viduum längere Zeit, so wird man dasselbe finden, wie die Versuche es ergeben: unter gleichzeitiger Darbietung zusagender und geschützter Pflanzennahrung wird letztere wohl berührt und hier und da wenigstens 1) Die Nacktschnecken sondern, wie Limax agrestis, entweder viel grössere Mengen oder aber einen zähen, gallertartigen Schleim ab: Limax maximus, Arion empiricorum. Flora 1903. j 12 178 von den grösseren Arten angefressen, einer völligen Vernichtung unter- liegen aber nur die ersteren. !) Da wohl die meisten Schnecken sehr leistungsfähige Speichel- drüsen besitzen, so gelingt es ihnen nicht selten, selbst solche Dinge durch reichliche Bespeichelung „schmackhaft“ zu machen, die sie in einem weniger hungrigen Zustande, oder wenn grössere Auswahl vorhanden wäre, nicht angreifen würden. Die. massige Entwickelung dieser Drüsen könnte als eine Gegenanpassung angesehen werden, wie die Fähigkeit, lange ohne Nahrung verbleiben zu können. Das Resultat fast aller Versuche ist, dass es auf die Auswahl des Futters ankommt, und das alles ungeschützte eher und „lieber“ gefressen wird, während das Gegentheil eine Ausnahme bleibt, die sich aus der Lebensweise und den Anpassungen der Thiere erklärt. Die Reproductionsorgane der Geranien sind vor Schnecken und ankriechenden Insekten in den meisten Fällen schon durch die Drüsen- behaarung der Stengel und Blätter geschützt, so dass die Excrete der Blüthenregion, die in besonders zahlreichen und langen Drüsenhaareh erzeugt werden, auch als Wehr gegen anfliegende Insekten und vor Allem gegen weidende Thiere in Betracht kommen.?) Denn die Ge- raniumarten, besonders der Wiesen, fruchten zu einer Zeit, wo die Gräser nicht mehr den Grad von Schmackhaftigkeit besitzen werden wie im Frühling und Vorsommer. Dementsprechend .ist das grosse und auffallende G. pratense besonders gut an den Kelchen und den grünen, saftigen Fruchtschnäbeln mit diesen Schutzmitteln versehen, welche auch von Helix pomatia und Limax agrestis nicht gefressen werden. Bei denLabiaten sind ganz ähnliche Einrichtungen betreffs der Verwendung der Drüsen zu bemerken. Im Folgenden sollen die grossen kugeligen für Labiaten charakteristischen, mehrzelligen Drüsen- bildungen, die von de Bary°) für Thymus eingehender beschrieben wurden, als Serpyllum-Drüsen bezeichnet werden. Diese Art von Drüsen findet sich bei einer sehr grossen Anzahl von Labiaten an Stengel, Blättern, Blüthenstielen, Kelch und Krone, oder einem dieser Theile, Bei anderen Arten treten die Köpfchenhaare oft in grosser Anzahl 2) Vgl. Stahl, Bunte Laubbläkter. Ann. d. Jardin Bot. de Buitenzorg XII, 2. 1896 pag. 146: „Der Hungergrad der Thiere ist ein bei der Wahl der Nahrung wichtiger und bei der Deutung der Versuche in hohem Grade berücksichtigungs-+ werther Faktor.“ '2) Vgl. über Geranium: Kerner, Schutzmittel pag. 201, 211, 215, 8) De Bary, Vergl. Anatomie pag. 100, 101. 179 und Länge mehr hervor, oft finden sich beide Formen gemischt (z. B. Salvia- Arten, Teucrium botrys), wobei nicht selten die Köpfchen- haare die Blüthe besetzen. Bei manchen starren Krone, Kelch und Bracteen (meist aussenseits) von solchen klebenden Haaren, z. B. bei Eremostachys laciniata, verschiedenen Scutellarien, Lophantus scrophula- riaefolius (hier mit scharfem Geschmacke). Salvia argentea gleicht einem Fliegenstocke, so klebrig ist sie von den Grundblättern bis zu den Spitzen der Blüthenstände und so viele Insekten der verschiedensten Ordnungen, (Käfer, Fliegen und Mücken, Aphiden ete.) fangen sich daran. Solche Drüsenhaare finden sich bei mehreren Salvia-Arten. Die Oberfläche der Unterlippe der Blüthen ist immer frei von Drüsen, so dass den bestäubenden Insekten die Möglichkeit des Anfluges nicht genommen ist; denn alle Insekten, die in Betracht kommen, sind sehr empfindlich gegen Beschmutzung mit Klebstoffen, besonders die Bienenarten. Die Serpyllumdrüsen finden in der Blüthenregion, hauptsächlich am Grunde der Scheinguirle und an den Kelchen ihren Platz, manch- mal auch an den Blüthen selbst. Nicht selten stehen sie auch auf der Innenseite der Kelchröhren, ein deutlicher Wink für ihre Be- werthung. Bei den einheimischen Lamium-Arten findet eine Häufung der überall auf der Pflanze vertheilten Drüsen an den Knoten unter- halb der Scheinquirle statt und zwar in einer Höhlung, welche jeder- seits zwischen den Blättern liegt und deren Epidermis reichlich mit rothem Farbstoffe und zahlreichen Spaltöffnungen versehen ist;') ebenso reichlich sind die Drüsen an den Kelchen bis an die Spitzen der Zähne, Ob die Ansammlung der Drüsen an den Knoten als ein Hinder- niss für ankriechende Insekten und Schnecken zu deuten sei, wage ich nicht zu entscheiden, da man beide oben auf den Pflanzen an- treffen kann. Ameisen (gewöhnlich Lasius niger) findet man sehr häufig in den jungen Fruchtkelchen von Lamium maculatum und album, wo sie die Nektarreste sehr eifrig betasten und belecken. Zu dem Nektarvorrathe der Blüthen können sie wegen der bekannten Reussenbildungen trotz ihrer Kleinheit nicht gelangen. Einen Schaden richten diese Thierchen nicht an, eher würde aus ihrem Vorhandensein das Fernbleiben schlimmerer Feinde, vor Allem der Schnecken, resultiren. An einem sehr gut entwickelten Exemplare von Lamium purpureum hielt sich Tage lang eine von den gefrässigen, kleinen Ackernackt- 1) Ob hier Nektarien vorliegen, ist mir unbekannt, 12* 186 schnecken (Limax agrestis) auf, tagsüber in der Erde versteckt und abends oben an den Blättern weidend; es fand sich keine Ameise auf dieser Pflanze und der Schneckenbesuch kostete sie mehrere grössere Blattwunden. Dagegen lehren Fütterungsversuche mit Helix hortensis noch etwas anderes. Während nämlich durch Alkohol von dem ätherischen Oele befreite Pflanzen nach sorgfältiger Reinigung mit Wasser ohne Scheu gefressen werden, wurden frische Triebe nicht berührt. In anderen Versuchen blieben jedoch nur die stärker mit Drüsen besetzten Kelche mit den Knotenstücken übrig. Ein Stück des Blüthenstandes von Salvia pratensis wurde von der Achse aus zerfressen, die Kelche abgetrennt, aber kaum berührt; ebenso verhielt sich Helix arbustorum, während Helix pomatia alles vertilgte. Ajuga reptans hat grosse Drüsen vom Serpyllum-Typus an den Knoten des Stengels und der Ausläufer, ebensolche an der Kronröhre und auf der Unterseite der Lippe und einige am Kelche. Das Exeret ist bitter und hat einen scharfen Nachgeschmack. Der Blüthenstand wurde selbst von der Weinbergsschnecke kaum berührt. Bei Lamium galeobdolon ist wie bei Salvia pratensis der Kelch auch innen, besonders am Rande, mit Drüsen versehen; desgleichen bei L. orvala. Thymus vulgaris hat Drüsen an den Blüthen, die ein scharfes Oel enthalten. Salvia sclarea und silvestris haben einen Besatz von Serpyliumdrüsen an Kelchen und Hochblättern. Salvia verticillata und Phlomis tuberosa, mit nur wenigen kleinen Drüsen am Kelche, haben daselbst, und erstere auch am Blüfhenstiele, lange, starre Borsten. Von 80 Labiaten-Arten, welche C. Schmidt!) bezüglich ihrer Behaarung untersucht hat, weisen 73 eine Drüsenbekleidung an der Blüthe auf (ohne Unterscheidung von Haar- und Serpyllumdrüsen gezählt), davon 36 an Kelch und Krone (unter diesen 6 auch mit Drüsen an der inneren Kronenröhren- oder Kelchseite), 29 nur am Kelche 8 nur an der Krone. An den Filamenten sind 18, am Griffel 2 Arten mit Drüsen versehen. us dieser eigenartigen Vertheilung der Drüsen an den Blüthen- theilen, wobei die Innenseite der Unterlippe stets freibleibt, darf man gewiss den Schluss ziehen, dass wir es mit Schutzeinrichtungen gegen Thiere zu thun haben, welche es letzteren einerseits unmöglich machen, 1) C. Schmidt, Vergl, Untersuchungen über die Behaarung der Labiaten und Boragineen. I-D. Freiburg i. B, 1888. 181 die erwünschte Nahrung an diesen Pflanzen zu finden (Insekten und Schnecken) oder aber sie durch ihre unangenehmen Eigenschaften, oft schon durch ihren Geruch, abschrecken (Weidethiere), Schutz der Blätter. Es ist eine oft hervorgehobene Thatsache und bedarf deshalb keiner näheren Erörterung, dass die mit ätherischen Oelen versehenen Pflanzen (z. B. Thymus, Teucrium, Mentha, Calamintha, Origanum, Ballota, Lamium, Salvia, Geranium) zu jenen Arten gehören, die auf den vom Vieh begangenen Weiden, Wiesen und Triften regelmässig fast ungeschädigt zur Bildung von Blüthe ‘und Frucht zu schreiten vermögen, während Gramineen, Leguminosen und andere oft wie ge- schoren daneben stehen. Den Weidethieren gegenüber sind also die exogenen Oeldrüsen gewiss von Bedeutung. !) Von den Schnecken gilt dasselbe. An den Muschelkalkhängen des Saalethales bei Jena gehören die Schnecken (Helix pomatia und arbustorum) zu den gefährlichsten Feinden der. Vegetation, die in grosser Individuenzahl diese Triften bewohnen (vgl. über ihre Häufig- keit Stahl, Pflanzen und Schnecken pag. 20). Man darf bestimmt behaupten, dass eine grosse Menge von Arten auf’s äusserste ge- schädigt würde, wenn es diesen Thieren ermöglicht wäre, sie ohne Weiteres zu fressen. Merkwürdigerweise ist aber gerade die Helix arbustorum, welche für die genannten Gegenden charakteristisch ist, auffallend empfindlich gegen ölhaltige Pflanzen. Während eines zwei- tägigen Versuches wurden z. B. Triebe von Teucrium botrys zwar stark beschleimt, aber nicht benagt; H. pomati& und hortensis ver- hielten sich ebenso. Im Allgemeinen ergaben die Versuche, dass Blätter mit ätherischen Oelen (Labiaten, Geranium, Helianthemum) bei weitem besser gegen Schnecken geschützt waren als andere, denen sie fehlen. Nach Aus- waschung des Oeles mit Alkohol wurden z. B. Blätter von Lamium purpureum von Helix hortensis sofort vertilgt; an Teuerium chamaedrys habe ich nur einmal eine Helix arbustorum fressen sehen, Manche der in den Serpyllumdrüsen der Blätter enthaltenen Oele besitzen einen äusserst starken Geruch und überaus scharfen und oft pfefferartig brennenden Geschmack; es sei erinnert an Thymus, Teuerium montanum, chamaedrys und botrys, an Salvia offieinalis, Satureja hortensis, montana und mutica, Glechoma hederacea, Ajuga 1) Vgl. Errera, Gradmann, Kerner, Kuntze, Ludwig, Stahl, 182 reptans, Dracocephalum Ruyschiana, Pulegium cervinum, Micromeria rupestris. Die Entleerungsapparate der Rutaceenblattdrüsen sind von Haberlandt als Hilfsmittel gegen Thiere gedeutet worden, und ich glaube, dass die Leichtigkeit, mit der die bei frischen Labiatendrüsen in starker Spannung befindliche Cuticula zerplatzt, in derselben Rich- tung zur Geltung kommt. In einigen Fällen gelingt es auch (Thymus vulgaris, Satureja mutica, montana) durch starke Biegung des Blattes ein Platzen zu veranlassen, doch tritt das sicherlich ganz zurück gegenüber der anderen Eigenschaft der Drüsen sich entweder beim Ueberstreichen über das Blatt mit dem Finger oder der Zunge losı zulösen (z. B. Teucrium chamaedrys) oder bei Blättern mit einge: senkten Drüsen bei demselben Versuche die Cutiecula der letzteren zerreissen zu lassen. Bei jenen Labiaten, welche Serpyllumdrüsen nur unterseits an den Blättern tragen, scheint die Einsenkung derselben selten zu sein, und bei denen, welche wie Lamium überhaupt ver- hältnissmässig wenige entwickeln, stehen sie häufig auf den Nerven der Unterseite. An den Stengeln ist die Prominenz der Drüsen wohl die Regel; manchmal findet eine Häufung an den Kanten statt. Beide Vorkommnisse zielen vermuthlich darauf hin, dass schon die erste Berührung eines Thieres einen Stoss auf die Drüsen veranlasst und so der Geruch abschreckend auf den Feind wirkt, ohne dass eine bedeutendere Schädigung vorhergegangen wäre. In diesem Sinne sind wahrscheinlich Pflanzen mit äusseren Drüsen gegenüber denen mit inneren im Vortheil. Dass die Stengeldrüsen vorwiegend oder immer prominent sind, auch wenn die der Blätter eingesenkt erscheinen, könnte gegenüber den Schnecken wohl in Betracht kommen. Dietamnus bildet einen ähnlichen Fall, der weiterhin besprochen! wird. Pulegium cervinum z. B. gehört hierher, dessen Stengeldrüsen nicht eingesenkt und leicht abzuwischen sind, Bei Satureja hortensis, montana und mutica fehlen diese Stengeldrüsen fast ganz; es treten dafür zahlreiche kleine abwärts gerichtete Borsten auf, die bei Pu- legium sehr zurücktreten, Labiaten, deren Blätter beiderseits reichlich mit Drüsen besetzt sind, tragen sie hier gewöhnlich in Einsenkungen. Diese Erscheinung, welche Hand in Hand geht mit einer weniger leichten Ablösbarkeit des Drüsenkörpers, könnte seine Erklärung vielleicht finden, entweder: darin, dass auf diese Weise der unnütze Verbrauch des Oeles durch: das Oeffnen der Drüsen beim Zusammenschlagen der windbewegten 183 Blätter und beim Ueberkriechen von Insekten vermieden wird, oder dass der Erguss des Oeles auf die Blattfläche selbst bei solchen Zu- fällen unterbleibt, indem es in der Drüsengrube haften bleibt, die ja oft mit einer diekeren Cuticula oder Epidermiswand belegt ist als die übrige Fläche. In letzteren Fällen könnte eine eventuelle Selbst- vergiftung des Blattgewebes durch sein Oel, das selbst in sehr ver- dünnten Emulsionen (z. B. 1:200) eine starke Cuticula (Ilex, Ma- honia) zu durchdringen vermag, nicht stattfinden. Bei prominenten Drüsen ist diese Gefahr geringer, da sie leicht als Ganzes ab- springen. Es wurde oben bereits gesagt, dass die bekannte thiergeographische Thatsache !) der Häufung pflanzenfressender Säugethiere in klimatischen Trockengebieten von vornherein einen ebenso einfachen Erklärungs- grund für die ebenfalls dort stattfindende Zunahme aromatischer Pflanzen böte als die von Tyndall constatirten Absorptionsgrössen der ihr Aroma bedingenden Oele. Da nun ein Vikariiren von morpho- logischen Trockenschutzeinrichtungen mit dem Vorhandensein von ätherischen Oelen nicht festgestellt werden konnte, dagegen die Ver- theilung und der Bau der Aussendrüsen und zugleich die chemische Beschaffenheit der in ihnen erzeugten Oele als Schutzwehr gegen Thiere leicht zu verstehen sind, so liegt es offenbar viel näher in diesen als in den physikalischen Eigenschaften dieser Stoffe, ihre ökologische Bedeutung zu suchen. Vergisst man ferner die Ergeb- nisse der Weidestatistik nicht, also die thatsächliche Wirkung der Oele auf Thiere, und bedenkt, wie tiefgreifende Umgestaltungen viele thiergeographische Gebiete der Erde durch den Menschen erfahren haben (Mediterrangebiet, nordamerikanische Prairien), während ihr Vegetationscharakter bestehen blieb, so wird man gewiss in den or- ganischen Existenzbedingungen der xerophilen Pflanzen einen aus- reichend mächtigen Zuchtwahlfaetor für die Ausbildung der in Rede stehenden Organe zu erkennen geneigt sein, mindestens aber die Nothwendigkeit eines Schutzes zugeben müssen. Wenn trotzdem auch wohl geschützte Pflanzen von manchen jener Thiere angegriffen werden [Distel- und Dorngewächse von Esel 1) Vgl. Wallace, Geogr, Verbreitung der Thiere, Uebers. von A.B. Meyer, 1876. — Brehm’s Thierleben 3. Aufl. III, pag. 335. — Cornelius, Zug- und Wanderthiere aller Thierklassen (Berlin 1865) pag. 31. — A. Kirchhoff, Pflanzen- und Thierverbreitung 1899 pag. 261, — Darwin, Reisetagebuch (Uebers. von A. Kirchhoff) pag. 89. 184 und Kameel, scharfe aromatische Kräuter von Ziegen!)], so ist das selbstverständlich kein Widerspruch, denn wie eine Pflanze sich durch Anpassung des Thieres, so vermag letzteres sich durch sogenannte Gegenanpassung der Nahrungsnoth zu erwehren. Dieser Frage soll weiter unten Erwähnung gethan werden. Im Zusammenhange mit dem Vorhergehenden möchte ich noch den Diptam als interessantes Beispiel einer durch ätherische Oele geschützten Pflanze besprechen. Dietamnus alba. Diese schöne, grosse Rutacee ist sowohl durch die Verschiedenheit der Drüsenbildungen als durch auffallenden Reichthum an solchen Organen ausgezeichnet. Auf der Ober- und Unterseite der Blätter : liegen die Deckel zahlreicher innerer Drüsen mit Haberlandt’schen Entleerungsapparaten. Vom Grunde bis in die obere Blattregion ist der Stengel nur von Deckhaaren besetzt, welche bis zu den Blüthen als feine abstehende Borstenhaare sich finden. Oberhalb der Blatt: region aber beginnt eine wesentlich andere Form von Drüsen auf. zutreten, zuerst spärlich, auch zerstreut zwischen den oberen Blättern; innerhalb der langen lichten Inflorescens aber immer gedrängter auf- tretend, bis sie an den Blüthenstielen sich fast berühren. In derselben Menge bekleiden sie die Aussenseite des Kelches und den Frucht- knoten, wo sie theilweise auf Emergenzen angebracht sind. Auf der Unterseite der Blüthenblätter kommen sie nur zerstreut vor, innen fehlen sie daselbst ganz. . Sodann aber häufen sie sich noch einmal an den Spitzen der Staubblätter dicht unter der Anthere in einer Zone von‘ 5—10mm und in einer Zahl von mindestens 50. Nach dem Grunde des Staubblattes zu lassen sie grössere Räume zwischen sich und erreichen nicht seine Mitte, oben sind sie so eng gestellt, dass sie sich berühren. Diese Drüsen sind die von Rauter abgebildeten, seine Figur ist aus der vergleichenden Anatomie von de Bary und Sachs’ Lehrbuch bekannt; es sind auf winzigen Stielchen sitzende, bei der rothblühen- den Form meist roth gefärbte, etwa birnenförmige oder fast kugelige Körper, auf deren freiem stumpfem Ende ein haarartiges Spitzchen von halber Länge der Drüse steht. Auf den Staubfäden sind ausser-: dem noch kleine Köpfchendrüsen zu bemerken, deren Bedeutung mir: unbekannt geblieben ist. 1) Vgl. Lagerheim, Zur Frage der Sohutzmittel der Pflanzen gegen | Raupenfrass. Entomologisk Tidskrift 1900 pag. 215. 185 Die vorhergenannten kugeligen Drüsen aber, die man auf Grund ihrer Function als Spritzdrüsen bezeichnen könnte, scheinen ausschliess- lich im Dienste des Thierschutzes zu stehen. Setzt man eine von den obengenannten Ackerschnecken auf die Innenseite eines Blüthen- blattes, wo keine Drüsen stehen, so verhält sie sich nicht anders als auf einer Glasplatte oder auf der Erde. Beginnt sie sich aber fort- zubewegen und gelangt dabei an die Unterseite, an ein Kelchblatt, den Fruchtknoten oder die Enden der Staubfäden, so zieht sie augen- blicklich die Fühler ein, und. wenn sie mit einer grösseren Fläche ihres Körpers die Drüsen berührte, scheidet die Haut sofort eine Menge von weissem Schleime aus, ein Zeichen, dass ein starker Reiz stattfindet. Vermag das Thier die freie Fläche des Blüthenblattes nicht wieder zu gewinnen, oder ersetzt man es etwa auf den Blüthen- stiel oder Kelch, so lässt es sich sofort an einem langen Schleimfaden, ähnlich einer Raupe, herab. An einer im Freien wachsenden Pflanze würde eine Schnecke aber niemals bis in die Blüthenregion gelangen können, da die ganze obere Hälfte des Stengels mit solchen Drüsen besetzt ist, deren Excret zwar für den Menschen einen angenehmen, citronenartigen Geruch besitzt, gleichzeitig aber einen äusserst scharfen Geschmack. Man kann sich durch einen einfachen Versuch davon überzeugen, dass die Schnecken, wenn sie überhaupt an der Pflanze emporklettern, über die Blattregion nicht weit hinauskommen. Man braucht zu diesem Zwecke nur einen entblätterten Stengel durch die Bodenöffnung eines umgekehrt in einer mit Wasser gefüllten Schale stehenden Blumen- topfes zu stecken und auf den Topf einige Schnecken zu setzen. Ich benutzte dazu Helix pomatia, arbustorum ung hortensis ; keine über- schritt die angegebene Grenze, während es sonst ihre Gewohnheit ist, an allen senkrechten Gegenständen, draussen und in der Gefangen- schaft, emporzukriechen, eine Eigenschaft, die sie vor manchen Angriffen ihrer eigenen Feinde schützen wird. In Fütterungsversuchen mit Blüthen blieben die Stiele, Kelche und Fruchtknoten und zumeist die Enden der Staubfäden unberührt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass die Haut des Schneckenleibes bedeutend empfindlicher ist als die ihrer Lippen. Eine Schnecke frisst wohl in der Noth selbst die gelbe Schale einer Apfelsine, wenn man sie aber damit bespritzt!), zieht sie sich sofort 1) Wenn man Limax agrestis mit dem Oele einer Apfelsinenschale stark be- spritzt, stirbt er in kurzer Zeit ab. 186 zusammen; im ersteren Falle kommt ihr die Einschleimung der Nahrungsstoffe zu Hülfe. Nun könnte man einwerfen, dass immerhin die Blätter des Diptam den Schnecken erreichbar seien. Man kann das allerdings nicht be- streiten; aus meinen Versuchen muss ich aber den Schluss ziehen, dass es sicher nur dann geschieht, wenn keine besser zugängliche Nahrung zur Verfügung ist. Ameisen sah ich öfter auf der Pflanze herumlaufen, aber immer nur auf den Blättern, obwohl zahlreiche Individuen des Insektes auf dem Boden vorhanden waren und in den Blüthen des Diptam der Nektar für Ameisen leicht zu erreichen wäre; jedoch die Thiere ver- mögen an dem drüsigen Stengel nicht emporzuklettern, da sie sofort verklebt werden, wenn auch nicht so wie bei der Salvia argenteh, so doch dermassen, dass sie schnell die Flucht ergreifen. Mit künst- lich auf die Blüthen gebrachten Thieren kann man das allerdings schwer zeigen, weil sie sich bei dieser Behandlung in der Regel fallen lassen. Es wurde deshalb ein Blüthenstand auf ein grosses, blüthenreiches Exemplar von Centaurea montana gelegt, das von Hunderten einer kleinen Ameise (Lasius niger) besucht wurde. Nach einiger Zeit fanden sich einige Ameisen, welche die Diptamblüthen erkletterten, andere gingen unmittelbar auf den Stengel. Es dauerte aber nicht lange, dann zogen sie sich eiligst zurück oder liessen sich fallen, ein Beweis, dass ihnen irgend etwas nicht zusagte. Es war denn auch nicht schwer zu finden, dass es die Klebrig- keit des Excretes war, welche sie zur Flucht veranlasste; denn alle herabgefallenen oder davonlaufenden Thiere, die ich beobachten konnte, fingen an, sich mit ihren Beinen zu streichen und zu putzen. Die soeben’ beschriebene Wirkung der Drüsen kommt nun fo) - gendermassen zu stande. Die Drüsen sind im intakten Zustande kugelig-birnförmig (Fig. i) und glänzend glatt. Die Länge beträgt durchschnittlich (mit Aus- schluss der Haarspitze 0,2—0,3, der grösste Querdurchmesser etwa 0,2 mm, die Länge des Schnabels oder der Haarspitze etwa 90 ji. Auf dem optischen Längsschnitt zeigt die Drüse einen glattrandigen Umriss, welcher von der Cuticula der gross- und flachzelligen Epi- dermis gebildet wird. Im Innern liegt ein grosser runder, etwa 0,1 mm Durchmesser haltender Oeltropfen. Der Zwischenraum zwischen ihm und der Epidermis wird von den secernirenden Zellen erfüllt, die im radialen Durchmesser fachgedrückt und in mehreren Schichten vorhanden sind. Der Schnabel bildet einen aus etwa fünf oylindrischeh Zellen gebildeten haar- artigen Fortsatz mit sehr dünnen Zellwänden (Fig. 1, 8, 5 und 6). Seine Aussenwandungen lassen in Chlorzinkjod fast nur die Outinreaetion erken- nen. In Chrom- und Schwe- felsäure bleibt die Cuti- cula des Schnabels wie der ganzen Drüse in deut- lichen Umrissen erhalten. Das soeben beschrie- bene Aussehen zeigt je- doch nur die intakte Drüse. Untersucht man die Drü- Fig. 1 (Vergr. 43). Staubfadens mit drei intakten Drüsen; links und rechts der Umriss des durchschimmernden Oel- Ende eines antherenlosen tropfens angedeutet. sen eines Staubfadens, den man vorher unvorsichtig behandelt hat so bietet sich ein ganz anderes Bild dar. Der Schnabel pflegt alsdann ganz oder theilweise zu fehlen, die ganze Drüse ist zusammen- geschrumpft und zeigt eine run- zelige Oberfläche, das Oel ist ver- schwunden. Unter dem Mikroskop oder bei stärkerer Lupenvergrösserung kann man sich leicht die Erklärung für diese Veränderung verschaffen, Berührt man nämlich die Drüse mit einer Nadel, ohne sie anzu- stechen, so wird sie unverändert bleiben, so lange man nur den kugeligen Körper anstösst. Hier kann man verhältnissmässig kräf- tige Stösse anwenden, ohne die Cutieula zu verwunden. Sobald man jedoch den Schnabel trifft, so genügt die leiseste Streifung, besonders an der Spitze, um ein sofortiges Abbrechen zu veran- lassen, worauf ein plötzlicher Er- guss des Oeles erfolgt, das alsdann Dieselben Drüsen Fig. 2 (Vergr. 48), wie in Fig..1, aber durch Berühren des Schnabels mit einer Nadel zum Aus- spritzen des Oeles veranlasst. Links hat sich der Oeltropfen an der Drüse heruntergezogen, in .der Mitte u. rechts ist er an der Spitze hängen geblieben; rechts sieht man noch die abgebrochene Schnabelspitze. 188 in einigen grossen Tropfen an dem Schnabelstumpfe hängen bleibt oder die Nadel und die Drüse benetzt. Gelegentlich erfolgt auch ein Fortspritzen des Excretes in kleinen Tröpfchen; gewöhnlich aber kann man die Nadel nicht schnell genug entfernen. Nach der Schnelligkeit des Ausflusses zu schliessen, muss in der Drüse ein verhältnissmässig hoher Druck bestehen, dessen Ursache in der Turgescenz des Drüsenparenchyms und der Gegenspannung von Epidermis und Cuticula zu suchen ist. Nach dem Ausstossen des Excretes nämlich zeigen die Parenchym- zellen eine Verlängerung ihres radialen Durchmessers und füllen die Lücke aus, welche der Oeltropfen hinterlässt. Gleichzeitig verändern auch die Epidermiszellen ihre Gestalt, indem sie ihre Aussenwand hervorwölben und ihren Flächendurchmesser verringern. Auf diede Weise entsteht bei der entleerten Drüse die gerunzelte Oberfläche. | Von dem Verhalten der Epi- dermiszellen bekommt man eine gute Anschauung, wenn man mit Hilfe eines Zeichenapparates die etwa gleichzeitig einstellbaren Zel- len in ihren Umrissen nachzeich- net (Fig. 3 a). Bringt man darauf die Drüse zur Entleerung und zeichnet dieselben Zellenumrisse noch einmal (Fig. 3b), so hat man einen unmittelbaren Vergleich Fig. 3 (Vergr. 43). «a zeigt die Um- risse der Epidermiszellen einer intakten Drüse, b die derselben, aber entleerten Drüse. Die entsprechenden Zellen sind mit gleichen Ziffern versehen. Der Um- riss der Drüsen ist bei tieferer Ein- stellung gezeichnet. für die genannte Flächenverringe- rung. Durch Messung von Länge und Breite der Drüsen erhält man “gleichfalls ein deutliches Bild der vorgegangenen Veränderung. Es folgen einige solehe Angaben, die an vier verschiedenen Drüsen vor und nach der Entleerung gemacht wurden: I . | vorher 7 Länge | nachher 6 . vorher 6 Breite | nachher 5 u u Ww 6 T08 BB 6 7 | 5 56 45 45 51) 1) In Theilen des Ocularmikrometers angegeben (1 = 0,0375 mm), ı 189 In dem Schnabel der Drüsen haben wir gleichzeitig einen Oeffnungs- hebel und eine Spritzeinrichtung vor uns. Die Länge des Schnabels und seine Sprödigkeit, welche durch das fast vollständige Zurücktreten der Cellulose verursacht wird, geben die Möglichkeit, dass selbst kleine und leichte Thierchen, etwa Ameisen, ein Abbrechen veranlassen, und die enge Oeffnung, welche so entsteht, bedingt eine grosse Ausflussgeschwindigkeit des unter starkem Drucke stehenden Oeles, so dass ein schnell vorbeilaufendes Insekt mit ihm bespritzt wer- den kann. oo. Bei Behandlung mit plasmolysirenden Mitteln oder beim Ver- trocknen der Drüsen tritt eine Oeffnung nicht ein, die Drüse verliert ihren Turgor und das Oel bleibt an seiner Stelle. Aus diesem Grunde - N u 4 Fig. 4—7 (Vergr. 166). Vier Drüsenschnäbel, die durch Berührung mit einer Nadel zum Abbrechen veranlasst wurden. 4 u. 7 mit völlig abgesprungener Spitze, 5 u. 6 nur angebrochen, Excret aber trotzdem entleert. Bei 5, 6, 7 Excretreste. ist es auch nicht nöthig, das beliebte Experiment, mit Hilfe eines brennenden Streichholzes den Blüthenstand der Pflanze in Brand zu setzen, nur bei Sonnenschein oder absoluter Windstille auszuführen. Es gelingt immer dann, wenn eine genügende Anzahl intakter und turgescenter Drüsen vorhanden ist; dabei verbrennen die Schnäbel und das ausspritzende Oel entzündet sich.. Die Bedeutung der beschriebenen Einrichtung möchte ich darin sehen, dass Schnecken und andere ankriechende Thiere, besonders nektarsuchende Ameisen (für die der Nektar sonst leicht erreichbar wäre), abgehalten werden, die Pflanze zu schädigen. An den Frucht- knoten und Früchten erhalten sich die Drüsen sehr lange. Ueber- haupt ist der Drüsenreichthum schon deshalb verständlich, weil der Diptam eine recht trägwüchsige Pflanze ist. 190 In besonderer Weise werden die Drüsen der Filämente wirken. Durch die unter der Anthere stattfindende Häufung der Drüsen ist ein weit vorragender Schutzapparat geschaffen, dessen Nutzen ich in der Abwehr pollenraubender Insekten erblicken möchte. Wenigstens beobachtete ich, dass eine pollenfressende Schwebfliege lange vor den Antheren stand, sich ihnen schwebend näherte und wieder zurückwich, An einer kleinen Bienenform !) habe ich dasselbe sehen können. Die auf allen Blüthen der verschiedensten Familien sonst so häufigen kleinen Käfer waren auf Diptam nie zu finden. Die eigentlichen Bestäuber, als welche H. Müller?) Hummeln, Knuth?) ausserdem die Honigbiene und einige andere Apiden angibt, werden durch den Drüsenbesatz der Staubfäden kaum bebindert werden. Wenn die Thiere nämlich normal anfliegen, d. h. so, dass Fremdbestäubung erfolgen kann, dann müssen sie, wie die genannten Autoren angeben, über die Antheren fortstreifend, zum Nektar gehen. Nun ist die Blüthe aber protandrisch, so dass sich verschiedene Ver- hältnisse ergeben. | Im sogenannten männlichen Zustande der Blüthe biegen sich die Staubfäden am oberen Ende derartig empor, dass die stäubende Anthere über ihnen steht. Unter diesen Umständen würde das sammelnde Insekt nur .die letzteren beim Anfluge berühren, um sich am drüsenfreien unteren Theile der Staubfäden niederzulassen, wo es vor einer Berührung mit den gefährlichen Drüsen sicher ist, da die Filamente den drüsenbesetzten Fruchtknoten bedecken und erst im Grunde der Blüthe, dort, wo die Nektarabsonderung stattfindet, auseinanderweichen und zwischen sich den Nektar offen hervortreten lassen. - Im zweiten (weiblichen) Stadium der Blüthe haben sich die Staubfäden gerade gestreckt und der anfangs gerade Griffel hat sich emporgebogen. Jetzt kann das Insekt, ohne die Antheren zu be- rühren, unmittelbar in die Blüthe hineinfliegen, wobei die Narbe ge- streift wird. Ausserdem ist, wie gesagt, die Innenseite der Blüthen- blätter frei von Drüsen. Andere ähnliche Gebilde. z An dieser Stelle sei kurz auf einige Einrichtungen an anderen Pflanzen hingewiesen, die vermuthlich in dieselbe oder eine ähnliche 1) Ein kleiner Halietus, nach gütiger Angabe von Herrn Entomologen H. Friese in Jena. 2) H. Müller, Befruchtung der Blumen durch Insecten, pag. 159. 8) Knuth, Handbuch der Blüthenbiologie II, 1 pag. 250. 191 Kategorie von Oekologismen gehören wie die Haberlandt’schen Entleerungsapparate und die oben beschriebenen Diptamdrüsen. Die Bedeutung der sogenannten Milchsafthaare ist bereits fest- gestellt. ') Ferner finden sich nach Solereder bei einigen Crotoneen „beeher- und birnförmige“, über die Epidermis hervorragende Excret- zellen und solche, die in einem Grübchen der Epidermis endigen (l. c. Fig. 180 A—C). Den ersteren könnte eine ähnliche Function zu- kommen wie den Milchsafthaaren, letztere ergiessen vielleicht bei Biegungen des Blattes ihr Excret. Ausserdem besitzen andere Arten derselben Gruppe sternförmige Büschelhaare, an deren Grund sich grosse Excretzellen befinden (l. c. Fig. 180 F). Bei Aristolochia sericea wurden Haare mit basaler Excret- zelle ebenfalls beobachtet (l. ec. Fig. 166 A). Für diese Fälle wäre es nicht unwahrscheinlich, dass beim Umlegen der Haare durch Stoss oder Druck die Excretzellen geöffnet würden. Als Entleerungsmechanismen, welche bei Biegungen der Blätter in Thätigkeit treten, dürften vielleicht auch die verdünnten Stellen nachgewiesen werden können, welche nach Solereder (l. c. pag. 771 und 793) bei Aristolochia-Arten (Fig. 166 Bund C) und der Lauraceen- Gattung Umbellularia an der Aussenwand der Excretzellen vorkommen. Eine andere merkwürdige morphologische Erscheinung wird von Volkens?) beschrieben. Sie findet sich bei der Rutacee Haplophyllum tuberculatum. Die stark mit Wachs bedeckten Blätter dieser Pflanze zeigen beiderseits zahlreiche Höcker, denen je eine mit einem scharfen ätherischen Oele erfüllte Drüse entspricht, welche einen „Deckel“ wie andere Rutaceen besitzen. Auffallend aber ist der Umstand, dass die Basis dieser Drüsen von einem „Tracheidenmaschwerke“ umsponnen wird, welches im Zusammenhang mit den Gefässen des Blattes steht. — Dass dieser anatomische Befund mit den Stoffwechselprocessen der Drüse in Beziehung stünde, ist wohl kaum anzunehmen. Dagegen läge die Vermuthung nahe, dass es sich um die Herstellung eines möglichst grossen Druckes in der Drüse handele, wie er nach Haber- landt verschiedentlich vorkommt, um ein kräftiges Ausstossen des Excretes zu veranlassen. 1) Vgl, Stahl, l.c. pag. 121. — Kerner, Schutzmittel.-— Kny, Ueber die Milchsafthaare der Cichoraceen. Sitzgsber. d. Ges. naturf, Freunde, Berlin 1893. 2) Volkens, Flora der äg.-arab. Wüste pag. 115 u. Taf. XIV, ‚Fi: 2, — Vgl. auch Solereder, l. e. pag. 202, 192 Angebliche Mimicry bei Lamium album. Es dürfte hier vielleicht am Platze sein, der von manchen For- schern angenommenen Mimicry bei Blattorganen eine Bemerkung zu widmen, für die ein mehrfach in der ökologischen Litteratur genanntes Beispiel die Aehnlichkeit zwischen den Blättern von Urtica dioica und Lamium album ist, und wo in Lamium der nachahmende Theil ge- sehen wird.!) Um diese Deutung berechtigt erscheinen zu lassen, müsste sich nachweisen lassen, dass die von der Taubnessel erworbene Achnlichkeit durch solche Eigenschaften zu stande kommt, welche eine Täuschung der in Betracht kommenden Feinde ermöglichen. Die Urtica besitzt ein ausgezeichnetes Schutzmittel gegen pflanzeh- fressende Säuger in ihren Brennhaaren, und es ist ein im Thierreiche häufiger Fall, dass ausgezeichnet gut bewaffnete Arten Nachahmer finden, die auf Kosten des Instinktes der Verfolger verschont bleiben. Dass bei letzteren ein solcher „warnender“ Instinkt besteht, ist offen- bar die Voraussetzung für die Züchtung der eigentlichen Mimiery. So läge es auch bei Urtica nahe, nach Imitatoren zu suchen. Die Nachahmer jedoch hätten sich bestimmten Bedingungen zu unter- werfen, denn eine Schutzwirkung entsteht nieht aus irgend einer be- liebigen, sondern nur aus einer solchen Aehnlichkeit, die durch Mittel hervorgerufen wird, welche der Natur des Feindes entsprechen und infolge dessen durch einen ähnlichen Reiz eine identische Wirkung erzielen. Es muss also eine ganz bestimmte Aehnlicheit zwischen den beiden Componenten des Mimieryverhältnisses vorhanden sein, durch welche eine Täuschung des Nachstellers herbeigeführt wird. Kennt man die Natur des Feindes, so lässt sich vorausbestimmen, welcher Art die Aehnlichkeit sein muss, und gleichzeitig lässt sich entscheiden, ob in irgend einem angenommenen Falle thatsächlich oder nur schein- bare Mimiery vorliege. Nun weiss jedermann, dass bei allen unseren grösseren Pflanzenfressern (Pferd, Rind, Ziege, Kaninchen etc!) der Hauptwegweiser für die Wahl der Nahrung nicht das Auge, sondern die Nase ist; die optische Aehnlichkeit müsste wenigstens eine ganz besonders ausgeprägte sein, um zur Wirkung zu kommen. ?) 1) Vgl. Ludwig, Lehrb. d. Biologie, pag.314: „Wie Lamium album, Cam- panula trachelium und andere nesselblätterige Pflanzen thatsächlich von Menschen und Thieren wegen ihrer Aehnlichkeit mit Brennesseln vermieden werden, so wir Linaria vulgaris vielleicht deshalb gemieden, weil sie der Euphorbia eyparissias gleicht“, und neuerdings wieder Hansgirg, Phyllobiologie (Leipzig 1903) pag. 4. 2) Vgl. Stahl, Bunte Laubblätter pag. 141. 193 Letzteres setzte voraus, dass die pars imitanda eine solche besässe, Da nun aber der Brennessel hervorstehend ausgebildete Farben etc. fehlen, sie im Gegentheil rein optisch mit sehr vielen Pflanzen einige Aehnlichkeit besitzt, so müsste demzufolge das tertium compa- rationis einem anderen Empfindungsgebiete der Pflanzenfresser ent- sprechen, und da bei letzteren die Nase besondere Wichtigkeit hat, wäre es auf dem der Geruchsreize zu suchen, und zwar nur hier, weil der Geschmack selbsverständlich nicht in Betracht kommen kann. Die Brennesseln haben nun allerdings einen ganz spezifischen Geruch, der sich für eine feine menschliche Nase schon an der unverletzten Pilanze bemerklich macht, um so mehr für die der Thiere, und es ist sehr wahrscheinlich, dass auf diese Weise mindestens alle die Indi- viduen von der Berührung mit dem gefährlichen Gewächse abgehalten werden, die bereits seine Waffe gefühlt haben; denn im Erinnerungs- vermögen haben die höheren Thiere ihre wirksamste Gegenanpassung erworben. ’ Man steht also vor der Frage, ob Lamium für die Nase der ge- nannten Thiere einen der Urtica ähnlichen Geruch besitze. Eine Beantwortung ist zunächst natürlich nur auf dem Wege der Analogie möglich, und wenn man, weil nichts anderes übrig bleibt, die Entscheidung der menschlichen Nase anheimstellt, so dürfte das Ergebniss negativ ausfallen, da Lamium album einen ganz eigen- thümlichen, durch seine ätherischen Oele bedingten Geruch aufweist, der mit dem von Urtica dioica gar nicht zu verwechseln ist. Eine Bestätigung dieses Geruchsunterschiedes gab ein einfacher Fütterungsversuch mit Kaninchen. Einem Thiere, das einen Tag lang keine Nahrung erhalten hatte, wurde eine Mischung von Urtica- und Lamiumpflanzen vorgelegt. Sofort ging das Thier daran zu fressen, biss aber in einen Urticaspross hinein und verbrannte sich tüchtig, wie die bekannten Bewegungen mit den Vorderfüssen bewiesen. Nichtsdestoweniger kam es dann wieder näher, um nach einigem vor- sichtigen Schnüffeln unverzüglich die Taubnesseln aus dem Haufen herauszufressen. Andere, gesättigte Kaninchen benahmen sich ebenso. In einem Falle wurden einer grösseren Zahl freilaufender Kaninchen drei Haufen Futter vorgelegt, einer davon aus Lamium, der andere aus Urtica, der dritte aus einer Mischung beider bestehend. Der Erfolg war, dass Urtica unberührt oder fast unberührt blieb, während der reine Lamiumhaufen ganz gefressen und das Lamium aus der Mischung * herausgesucht worden war. Flora 1903, 13 194 Dieses Verhalten der Thiere beweist einerseits die oben be- hauptete ausschlaggebende Bedeutung des Geruchsorganes, !) anderer- seits die völlige Bedeutungslosigkeit der morphologischen Achnlichkeit bei den Pflanzen.?) Die reine Speeulation leistet eben auch im Ge- biete der Oekologie nichts, weil sie allzu oft und leicht zur Vernach- lässigung wichtiger Factoren führt.®) | ll, Die Relativität der Thierschutzmitte!. \ ” Alle eingehenderen Untersuchungen und Beobachtungen, die seit Darwin über die Existenzbedingungen der Organismen angestellt worden sind, lassen es überflüssig erscheinen, immer wieder die That- sache besonders zu betonen, dass jede Art einer unabsehbaren Reihe von Beeinflussungen seitens der mitlebenden Organismen unterlegen haben muss, von deren Wirkung, Verwicekelung und Geschichte man eine zureichende Vorstellung sich zwar nicht zu bilden im Stande ist, deren Nothwendigkeit und tiefgehende Bedeutung man aber aner- kennen muss, wenn man allein die 'Thatsache bedenkt, dass im Grunde alles höhere Leben die Voraussetzung seiner Existenz in der Thätig- keit der assimilirenden Pflanze findet. Verfolgt man unter diesem Gesichtspunkte ausserdem die verschiedenartigen Eigenschaften und Bildungen, welche den Thieren ihren Nahrungserwerb erleichtern oder ermöglichen, so wird man unwillkürlich auf die Frage gelenkt werden, wie es bei einer so ausserordentlich langen und ereignissreichen Ge- schichte der organischen Entwickelungen der Pflanze möglich blieb, sich in einer so grossen Mannigfaltigkeit und Fülle zu erhalten. Beschränkt man sich bei solchen Untersuchungen auf die Fest. stellung jener Eigenschaften, welche eine Vernichtung der Pflanzen durch thierische Angriffe verhinderten, dann ergeben sich nach den bisherigen Erfahrungen zwei Hauptgruppen solcher Schutzmittel. Von i) Vgl. Stahl, Bunte Laubblätter pag. 144. 2) Ueber die Verschiedenheiten der Blätter beider vgl. Anheisser, Ueber: die aruncoide Blattapreite. Ein Beitrag zur Blattbiologie. Flora 1900 (87. Bd.). (Sep.-Abdr. pag. 13.) f 3) Vgl. auch Hildebrand, Ueber Aehnlichkeiten im Pflanzenreich. (Leipz. 1902) pag.2, 21. — Wie fein Kaninchen sehr ähnliche Pflanzen am Geruche | unterscheiden, zeigen auch die Versuche von C. E, J. Lohmann (Ueber die Gif- tigkeit gew. Equisetumarten. Joural für Landwirthschaft von B, T ollens,. 1902, pag. 898). 195 diesen bildet die eine jene Fälle, wo eine ausserordentliche Repro- ductions- und Regenerationsfähigkeit die Erhaltung der Arten trotz grosser Schädigungen bewirkt, während die andere Abtheilung durch alle Einrichtungen vertreten wird, welche einen directen oder posi- tiven Schutz leisten (mechanische und ehemische Schutzmittel; adverse Anpassungen). Schon die einfache Thatsache der Abhängigkeit des thierischen Lebens von den Leistungen der Pflanze lässt eine unbedingte oder absolute Wirkung irgend eines Schutzmittels von vornherein als un- wahrscheinlich erkennen, und es wird immer eine Unter- oder Ueber- schätzung in dieser Hinsicht stattfinden, wenn man den Zusammenhang der beiden grossen Lebenssphären nicht genügend würdigt und ver- gisst, dass zu den Existenzbedingungen der Pflanzen auch die Lebens- bedürfnisse der Thiere gehören. Die Regel ist die Relativität aller Schutzmittel.!) Es handelt sich für die Pflanzenschutzfrage nicht um den Nachweis, dass irgend ein Individuum einer mit Schutzmitteln versehenen Art in irgend einem Falle geschädigt wird oder nicht, sondern das Hauptmoment ist, zu ermitteln, ob-es solche Einricht- ungen überhaupt gibt, ob sie ausreichen, eine Pflanzenart als Ganzes — zeitlich und räumlich — zu schützen, und ob sie als mitwirkende Ursache "für die gegenwärtige Existenz der Art bezeichnet werden dürfen, mit anderen Worten, ob die Existenzbedingungen einen der- artigen Schutz erforderten oder heute noch nöthig machen. Wegen häufiger Missverständnisse bezüglich der Thierschutzfrage möchte ich einige Punkte noch besonders hervorheben. Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass in der Mehrzahl der Fälle ganz bestimmte ‘Bedingungen der Localität und Lebens- sphäre in der Weise ineinander greifen, dass man im Allgemeinen nichts über die Wirksamkeit des Schutzmittels ausmachen darf. So wäre es z. B. ganz falsch, von irgend einem Falle bestimmt nachge- wiesener Blattmimiery ausgehend, in allen derartigen Aehnlichkeiten ebenfalls Mimiery erblicken zu wollen, oder umgekehrt mit der Wider- legung eines oder einiger solcher Fälle eine auf Blattisomorphismus beruhende Schutzwirkung überhaupt von der Hand zu weisen. Die Natur des Feindes zu kennen ist das erste Erforderniss für die Entscheidung. Man wird es z. B. nicht für einen Beweis der Nutzlosigkeit der 1) Vgl. auch Weismann, Vorträge über Descendenztheorie. Jena 1902, I, pag. 72, 92. 18* 196 Brennhaare halten, wenn unsere Nesseln von etwa 70 Insektenarten !) heimgesucht werden, von denen einige sogar ausschliesslich von ihnen zehren. Dass die Brennhaare vielmehr ein specifisches Schutzorgan gegen Säugethiere sind, bedarf keiner Bestätigung. Wie man sich leicht überzeugen kann, werden die Nesseln von Kaninchen unter Umständen ganz wohl gefressen, nämlich dann, wenn die Blätter gealtert sind oder sonstwie ihre Turgescenz verloren haben. Experi- mentirt man etwa im Herbste, wo viele der ausgewachsenen Blätter in der distalen Hälfte bereits etwas eingetrocknet sind, so wird dieser Theil auch von wohlgefütterten Thieren gefressen, während die proxi- malen Abschnitte und besonders die noch kleinen Blätter der Neben- achsen stehen bleiben. Ein solcher Versuch zeigt, dass diese Pflanzen ohne ihre giftigen Haare sicherlich gefressen würden, da sie sonst ab- schreckende Stoffe nicht zu enthalten scheinen. Somit wird der Kreis der Feinde durch den Besitz der Brennhaare beträchtlich eingeschränkt und gerade die gefährlichsten, die grossen Pflanzenfresser, werden ausgeschaltet. Die Insekten sind im Verhältnisse dazu weit weniger zu fürchten. Einmal ist ihr Vorkommen von der Localität viel ab- hängiger, und andererseits verfällt nicht jedes Pflanzenindividuum sämmtlichen Insektenarten, die auf der Art überhaupt angetroffen werden. „Nicht überall, wo Sedum album wächst, kommt der Apollo (Parnassius apollo) vor, sondern nur da, wo seine sonstigen Existenz- bedingungen — sonnige Kalkberge — geboten sind.“ ?) Es scheint mir deshalb auch nicht berechtigt, wenn Haber- landt?) die Schutzwirkung der ätherischen Oele in folgender Weise in Frage stellt. Er sagt: „Ob diese Bedeutung eine so hervorragende ist, wie Stahl (Pflanzen und Schnecken) annimmt, dürfte zu bezweifeln sein. Werden doch auch sehr secretreiche Pflanzen von zahlreichen Thieren gefressen; so nähren sich z. B. von den Blättern von Thymus serpyllum nach Kaltenbach (Pflanzenfeinde) 2 Käferarten, die Raupen von 27 Schmetterlingsarten und die Larven einer Fliegen- spezies (Trypeta serpylli); dazu kommt noch ein Schnabelkerf (Aphis- serpylli) nnd eine Milbe (Calycophthora serpylli).“ Ferner in der Anmerkung zu dieser Stelle: „Stahl lässt das von mir angeführte Beispiel von Thymus serpyllum nicht gelten, indem er behauptet, dass 1) Vgl. Kaltenbach, Pflanzenfeinde. 2) E.Hofmann, Die Raupen der Grossschmetterlinge Europas (Stuttg. 1878) pag. XXI. 3) Haberlandt, Phys, Pflanzenanatomie 2. Aufl. pag. 436. 197 durch das Secret jedenfalls viele omnivore Thiere von dieser Pflanze abgehalten werden. Er meint, dass es für eine Pflanze von grösster Bedeutung sein kann, einen Feind mehr oder weniger zu haben, und führt als Beispiel die Reblaus an. Es ist ganz richtig, dass ein specifischer Feind, der nur einer einzigen Pflanzenart angepasst ist, dieser verderblich werden kann, allein gerade der Thymian lehrt, dass manche Pflanze trotz solcher specifischen Feinde ganz gut weiter gedeiht: Ein omnivores Thier hat aber wohl noch niemals die Existenz einer bestimmten Pflanzenart gefährdet.“ (Anm. 12.zu pag. 486.) Zunächst muss auf diese Einwände entgegnet werden, dass die genannten Feinde weder gleichwerthig noch specifisch sind. Von den Insekten, die Kaltenbach für Thymus angibt, scheinen nur sechs auf die Pflanze angewiesen zu sein, nämlich die beiden Käfer (Apion atomarium und Üryptocephalus pygmaeus), ein Kleinschmetterling (Botys sanguinalis) und ausserdem die oben angeführte Fliege, Aphide und Milbe. Von den 25 (nicht 27) von Kaltenbach aufgezählten Schmetterlingen ist also nur einer Specialist für Thymus, dagegen sind 16 polyphag und 6 wenigstens nicht auf Thymus beschränkt. (Zwei Schmetterlinge sind mir zweifelhaft geblieben; von Botys por- phyralis sagt Kaltenbach, dass sie auch an Thymus „vermuthet“ werde (pag. 480) und von Acidalia scutulata heisst es bei Hof- mann, dass die Raupe an „feuchten Orten, Bachufern und in Gärten“ gefunden werde, woraus man wohl kaum entnehmen wird, dass sie ausschliesslich auf Thymus lebe.) Danach gewinnt man .ein ganz anderes Bild von den Feinden des Thymus serpyllum, als man nach Haberlandt’s Auffassung an- nehmen müsste. Sechs specifische Feinde zu haben — und so ver- hältnissmässig ungefährliche — ist für eine so überaus lebenskräftige Pflanze wie Thymus serpyllum keine bedenkliche Gefahr. Es kommt ausserdem hinzu, dass die Verbreitung- der nicht häufigen Käferarten eine weit engere ist, als die der Pflanze.!) Die Botys sanguinalis frisst nach Kaltenbach „vorzüglich“ an den (nicht von Drüsen be- setzten) Blüthen und bewohnt gleichfalls nicht das ganze Areal der Pflanze.?) — Ueber die Schädlichkeit, Häufigkeit und Verbreitung der übrigen drei Specialisten habe ich Genaueres nicht ermitteln können. Die von ihnen herrührenden Verbildungen der Sprossspitzen 1) Calwer-Stierlin, Naturgeschichte der Käfer Europas. Stuttg. 1898, 2) Vgl. Staudinger und Wocke, Katalog der Lepidopteren des euro- päischen Faunengebietes. Dresden 1871. 198 sind zwar nicht selten, aber man hat nicht den Eindruck, dass sie den ausdauernden Halbstrauch merklich bedrohen könnten. Bezüglich der Bemerkung, welche Haberlandt über die Be- deutug der Omnivoren macht, sei erwähnt, dass Versuche mit Schnecken und die Beobachtung der Lebensweise dieser Thiere zu anderen Ergebnissen führen. | Allem Anscheine nach würden gerade die omnivoren Thiere die grössten Schädigungen verursachen, wenn die Pflanzen ihnen schutz- los gegenüberstünden; so aber werden die Thiere gezwungen, entweder Specialisten zu werden — denn diese sind unzweifelhaft das Secun- däre und eine Gegenanpassung —, wie die Pilzschnecken oder die Gartenschnecke (Helix hortensis, die man in diesem Sinne als einen Specialisten für faulende oder abgestorbene Pflanzentheile bezeichnen könnte), oder aber die Thiere müssen omnivor bleiben und sein, um existiren zu können. Das letztere jedoch bedeutet nicht eine Ueberlegenheit des Thieres, sondern ein Aushilfsmittel, welches darin besteht, dass nicht eine Pflanze gänzlich, sondern gezwungener Maassen von vielen etwas ge- fressen wird, nach der Gewohnheit etwa von Helix pomatia und Limax agrestis. Das rastlose Wandern der Schnecken dürfte gleic .- falls in Zusammenhang damit stehen. So kommt es allerdings zu dem Ergebnisse, dass die Omnivoren die Existenz einer Pflanzenart in den seltensten Fällen gefährden; nicht freilich deshalb, weil sie in ihrer Gewohnheit, von Allem etwas zu fressen, unschädlich wären, sondern weil die Schutzmittel der Pflanzen ihnen eine solche Lebensweise aufgezwungen haben, so dass sie that- sächlich von einer Pflanze nicht mehr nehmen können als dem Be- stehen der Art ihrer Gesammtheit nach zuträglich ist und war. In den eigentlichen Specialisten hat man das Resultat einer Gegenanpassung (gegen die Schutzmittel der Pflanzen) zu erkennen, wie besonders der Nachweis ergibt, dass gerade jene Eigenschaften, welche andere Feinde abstossen, die „conditio sine qua non“ bilden für die Angriffe des Specialisten.') Damit ist die Heterogenität aller derartigen Fälle dargelegt und gleichzeitig die Unzulässigkeit der Anführung von Specialisten für die Unwirksamkeit von Schutzmitteln. Hier kann in jedem einzelnen Falle nur das Experiment ent- scheiden. 1) Stahl, Pflanzen und Schnecken pag. 14 (Pilzsohnecken, Wolfsmilch- schwärmer), i 199 Vermeidet man, sich an Einzelheiten zu halten, sondern legt sich die rein historische, auf die betreffende Pflanzenart als Ganzes gerich- tete Frage vor: Aus welchen Ursachen sie trotz der unausgesetzten Angriffe und des gewaltigen Bedarfes der Thiere ihre Existenz be- wahren konnte, so wird man bei dem Gesammtbilde der gegenwärtig bestehenden Beziehungen zwischen Pflanzen- und Thierleben sowohl die Wirksamkeit von Schutzmitteln als die Nothwendigkeit ihres Vor- handenseins anerkennen müssen. “Gleichzeitig wird man aber auch erkennen, dass ein unbedingter Schutz von keiner Einrichtung zu erwarten und auch nicht erforder- 'lich ist. Denn jedes Mittel ist bedingt und wirkt nur im Rahmen dieser Relation. In diesem Sinne glaube ich die exogenen ätherischen Oele zu werthvollen und wirksamen Schutzmitteln der Pflanzen rechnen zu dürfen, besonders gegen Schnecken und Weidethiere xerophiler For- mationen. Bezüglich der letztgenannten Thiere ist es aber auch von Wichtigkeit, die historischen Wandlungen nicht zu vergessen, denen viele der heutigen thiergeographischen Bezirke unterlegen haben, vor Allem infolge menschlicher Eingriffe. Litteratur. Halacsy, E. de, Conspectus Florae Graecae. Vol.II. Leipzig, Wil- helm Engelmann, 1902, Der erste Band dieses wichtigen Werkes, welches einen sehr werthvollen Beitrag zur Kenntniss der Mittelmeerfora bildet, wurde Bd. 90 pag. 346 besprochen. Mittlerweile sind zwei weitere Hefte, welche den zweiten Band bilden, erschienen. Derselbe enthält die Compositen und den Rest der Calycifloren sowie die gesammten Corolliloren. Der Stoff wird in derselben Weise behandelt wie im ersten Bande. In Bezug auf die Einzelheiten muss auf das Original verwiesen werden. Ein aus- führliches Verzeichniss bildet den Schluss des Bandes. H, Ross. Der Neolamarckismus und seine Beziehungen zum Darwinismus. Von Dr. Richard von Wettstein, Prof. an der Universität Wien. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Preis 1 Mk. Die kleine Schrift gibt mit Anmerkungen und Zusätzen vermehrt den Vor- trag wieder, den Wettstein in der allgemeinen Sitzung der Naturforscherver- sammlung in Karlsbad gehalten hat. In gewandter und anregender Darstellung 200 v tritt W. für die Berechtigung des Lamarckismus neben dem Darwinismus ein, ein Standpunkt, welcher wohl von den meisten Botanikern getheilt wird, obwohl es ja an gewichtigen Vertretern des reinen Darwinismus nicht fehlt und auch der reine Lamarckismus neuerdings hervorragende Verfechter gefunden hat. Natürlich lassen sich in einem kurzen Vortrage nicht alle die verwickelten Probleme ein- gehend behandeln, So ist dem Ref. nicht recht klar geworden, wie Wettsteinn sich zu der Frage der „Organisations“- und der „Anpassungs“-Merkmale stellt. Auf pag. 10 werden beide (im Lamarck-Nüägeli’schen Sinne) unterschieden, auf pag. 25 wird angenommen, „dass durch unermessliche Zeiträume fortwirkende directe Anpassung die allmählich steigende Organisationshöhe bewirkte“. Darnach wäre also ein Gegensatz zwischen „Organisations“- und „Anpassungs® -Merkmalen nicht vorhanden (wie das auch, nur mit anderer Begründung, der Darwinismus postulirt); darin könnte ich dem’ Verf. nicht folgen. Freilich sind ja unsere Kennt- nisse sehr unvollkommen; manches Merkmal, das zunächst als „Organisations#- Merkmal erschien, wird sich bei genauerer Untersuchung als Anpassung heraug- stellen, und es gibt namentlich ein Zusammenstimmen der ganzen Organisatio! mit der Umgebung (wir könnten es als Acclimatisation im weitesten Sinne be- zeichnen), welches vielfach unserer Analyse noch recht unvollkommen zugänglich ist und hauptsächlich durch die sozialen Beziehungen der Pflanzenformen zu Tage tritt. Aber so lange in keinem einzigen Falle nachgewiesen ist, dass die speci- fischen Merkmale, welche die „kleinen“ Arten von einander trennen, Anpassungs- merkmale sind, bin ich wie früher!) der Meinung, dass beides zu trennen ist, es sei denn, man dehne den Begriff Anpassung so weit aus, dass darunter alle Be- ziehungen zur Aussenwelt zu verstehen sind. Denn dass auch das “Auftreten voh Mutationen von der Aussenwelt bedingt wird, ist bekannt; es braucht nur auf de Vries’ wichtige Untersuchungen verwiesen zu werden. Eine solche Ausdeh- nung des Anpassungsbegriffes würde ihn aber seiner ursprünglichen Bedeutung entfremden, Eine Uebereinstimmung in schwierigen Fragen allgemeiner Natui wird sich nicht so bald erzielen lassen; es ist aber erfreulich, dass das Interesse ah denselben in neuerer Zeit wieder steigt. Dazu tragen Erörterungen, wie sie in der vorliegenden Schrift und anderwärts von Wettstein gegeben worden sind, sehr erheblich bei. Die Einzelarbeit, so nothwendig sie ist, kann doch niemals Selbstzweck sein! Die Unvollkommenheit des Stoffwechsels als Veranlassung für Ver- mehrung , Wachsthum, Differenzirung, Rückbildung und Tod der Lebewesen im Kampf ums Dasein. Von Dr. Carl F. Jikeli. Mit 41 Abbildungen. Commissionsverlag von R. Friedländer und Sohn, Berlin 1902. Preis 10 Mk. Eine zufällige Beobachtung hatte den Verf, dazu geführt, „in der normalen Vermehrung der Bionten durch Theilung, im normalen Wachsthum, und in der Vermehrung von Zellen unter Verhältnissen, die wir als pathologische zu bezeich- nen pflegen, eine Reaction gegen ungünstige Einflüsse zu erkennen, und somit aus einer einzigen, allen Bionten gemeinsamen Eigenschaft zu erklären.“ Diese Eigenschaft sichere die Erhaltung des Lebens im Kampf ums Dasein, sie sei ein Specialfall eines allgemeinen grossen Grundprinzips, der Unvollkommenheit des 1) Ueber Studium und Auffassung der Anpassungserscheinungen pag. 24. “. 201 Stoffwechsels. Diese erweise sich als die Veranlassung für Vermehrung, Wachs- thum, Differenzirung, Rückbildung und Tod der Lebewesen im Kampf ums Dasein und somit als Grundprineip der ganzen organischen Entwickelung. Diesen Grundgedanken führt der Verf. unter Herbeiziehung eines grossen Thatsachenmaterials in 19 Kapiteln näher aus, Auch die Botanik kommt dabei vielfach zum Wort. Freilich ist das der botanischen Litteratur entnommene Material weder vollständig, noch überall einwurfsfrei verwendet!) Es ist in einer kuzen Anzeige eines umfangreichen Werkes nicht möglich, auf kritische Bedenken — namentlich auch auf das allgemeine, dass unsere Einsicht in das Zellenleben eine so unvollkommene ist, dass vom Verf. vielfach mit allgemeinen und unsicheren Vorstellungen operirt werden muss — näher einzugehen, Das Buch bringt aber ausser einem grossen, nach des Verf. Gesichtspunkten geordneten Ma- terial®so viele — wenn auch sehr bestreitbare -— Ideen und Anregungen, dass sein Studium jedem Botaniker, der sich mit allgemein biologischen Fragen beschäftigt, empfohlen werden kann. Die Fiechten (Lichenes) von Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein. Mit dem Bildnisse Fr. Arnold’s und einer Karte. Bearbeitet von Prof. Br. K. W. v. Dalla Torre und Ludwig Grafen v. Sarntheim in Innsbruck. Verlag der Wagner’schen Universitätsbuchhandlung, Innsbruck 1902. Preis 20 Mk. Der in dieser Zeitschrift (90. Bd. pag. 345) angezeigten Bearbeitung der Algen _ haben die ungemein thätigen Verfasser der „Flora der gefürsteten Grafschaft Tirol* etc. in kurzer Zeit den die Flechten behandelnden umfangreichen IV. Band folgen lassen, Sie geben zunächst eine Geschichte der lichenologischen Erfor- schung des Gebietes und dann eine Registration der bisherigen lichenologischen Forschungsthätigkeit mit eingehenden Standortsangaben. Es soll damit die Grund- lage für eine spätere allgemeine Darstellung geboten werden. Dass dabei Ar- nold’s langjährige Forschungsthätigkeit in Tirol besonders in den Vordergrund tritt, liegt in der Natur der Sache, Seinem Andenken ist auch der Band gewidmet, Das Bild des hervorragenden Lichenologen (der seine umfangreichen Sammlungen dem Münchener Herbar vermacht hat, wo sie aber aus Mangel an Raum noch nicht zweckentsprechend aufgestellt werden konnten) möchte ich nicht als ein sehr gelungenes bezeichnen. Das botanische Praktikum. Anleitung zum Selbststudium der mikro- skopischen Botanik für Anfänger und Geübtere, zugleich ein Hand- buch der mikroskopischen Technik. Von Eduard Strasburger. Dritte umgearbeitete Auflage. Mit 230 Holzschnitten. Jena, Ver- lag von Gustav Fischer. 1902. Preis broschirt 20 Mk., gebunden 22 Mk. 50 Pfg. Alle Botaniker werden dem Verf. dankbar dafür sein, dass er die grosse Mühe nicht gescheut hat, eine neue Auflage seines „grossen“ Praktikums zu be- arbeiten, dessen äusserer Erfolg ja ein in der botanischen Litteratur fast beispiel- 1) Es sei hier nur hervorgehoben die mehrfach sich vorfindende Verwöchs + lung von „Theilung“ mit anderen Wachsthumsprocessen (z. B. Sporenbildung bei Bacterien). 202 loser ist. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, dass auch die neue Auflage wieder eine vollständige Durcharbeitung des mikroskopisch - technischen Gebietes bringt und das Werk wieder ganz „up to date“ bringt. Das ist um so erwünschter, als gerade auf diesem Gebiete — welches ja auch die Errungen- schaften der Zoologen und Bacteriologen zu berücksichtigen hat — die Litteratur immer mehr anschwillt und in zahllossen Einzelpublikationen zersplittert ist. wer liegen ihre Ergebnisse nicht nur gesammelt, sondern sorgfältig geprüft und ver- arbeitet vor. | Morphologie, Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Von Prof. Dr. W. Migula (Sammlung Göschen). G. J. Göschen’s Verlag in Leipzig. Preis geb. 80 Pfg. Das Büchlein ist in der üblichen Lehrbuchart abgefasst und kann z. B. von Studirenden als kurzes Repetitorium benutzt werden; für das Selbststudium dürfte es weniger geeignet sein, da die Darstellung nicht gerade eine sehr lebensvolle ist, Die Physiologie ist den anderen Kapiteln gegenüber zu kurz weggekommen, die Erklärung des Turgors auf pag. 113 ist ungenügend. Hilfsbuch für Pflanzensammier. Von Dr. Günther Ritter Beck von Mannagetta. Mit 12 Abbildungen im Text. Leipzig 1902. Verla von Wilh. Engelmann. Preis: gebunden Mk. 1,40. | In Gestalt eines sehr handlichen Taschenbuches, welches auf Reisen und Excursionen leicht mitgeführt werden kann, gibt der Verf, die wichtigsten Ratl schläge für Sammler, sachgemässe Zubereitung und Versendung von Pflanzen u. dgl. Ref. vermisst dabei die Erwähnung der von Rostowzew in dieser Zeitschrift (88. Bd. pag. 473) angegebenen sehr zweckmässigen Methoden. Sonst ist dag Büchlein aber sehr reichhaltig und empfehlenswerth. Botanische Reisestudien auf einer Frühlingsfahrt durch Korsika, Von M. Rükli. Mit 29 Landschafts-- und Vegetationsbildern| Zürich 1903. Verlag von Fäsi und Beer. Preis Mk. 4,50. In fesselnder Form schildert der Verf. nach einer den topographischen Auf- bau, die landschaftliche Gestaltung und die Geologie Korsikas behandelnden Ein leitung die reiche und interessante Pflanzenwelt der schönen Insel. Nicht nu das botanische, sondern auch ein grösseres Publikum wird in dem Buche eine interessante Lektüre finden. Die grösstentheils nach photographischen Aufnahmen von G. Senn hergestellten Landschafts- und Vegetationsbilder sind sehr gelungen und gereichen dem Buche wirklich zum Schmuck. Ilustrirte- Flora von Deutschland. Zum Gebrauche auf Excursionen, in Schulen und zum Selbstunterrichte. Von Dr. August Garcke. Neunzehnte, neu bearbeitete Auflage. Mit 170 Originalabbildungen. . Berlin, Verlagsbuchhandlung Paul Parey. Preis 5 Mk. Wie das Vorwort dieser rühmlich bekannten Flora mittheilt, ist sie seit: mehr als 50 Jahren in mehr als 60000 Exemplaren verbreitet, eine Thatsache,, die ohne Weiteres zeigt, dass das Buch einem Bedürfniss in trefflicher Weise ent-! gegenkam, Das Bestimmen der Pflanzen wird seit der 18. Auflage erleichtert‘ durch Beigabe einer grossen Anzahl von Abbildungen, ohne dass der Preis des. Buches dadurch erhöht worden wäre. Es ist begreiflich, dass der Verf. eines so! 203 verbreiteten Werkes sich zu Aenderungen nicht entschliessen konnte. Wenn er das De Candolle’sche System, das ursprünglich gewählt wurde, beibehalten hat, so ist dagegen schliesslich nicht so sehr viel einzuwenden, denn es handelt sich doch wenigstens um einen der Versuche, ein „natürliches“ System aufzustellen, Aber ‘dass bei den Bestimmungstabellen immer noch das Linn&’sche System bei- behalten wird, ist im Interesse der Schulen, für welclie das Buch ja auch bestimmt ist, zu bedauern. Das Linn&’sche System hat doch längst nur noch ein histo- risches Interesse, ähnlich wie das Ptolomäische in der Astronomie, und war Ja auch von seinem Urheber lediglich als ein präktischen Erwägungen entsprüngenes “Provisorium gedacht, Es ist also eine unnütze Belastung des Schülers, wenn er sich eingehender mit dem Linn&’schen System beschäftigen muss, Von anderen Aenderungen, die wünschenswerth wären, seien genannt: Die Beseitigung der Be- zeichnung „Deckblättchen“ für die Schuppen an ‚den’Taxusblüthensprösschen, der Bezeichnung „Scheinbeere“ für die Juniperusfrüchte (was ist „Scheinbares® an den- selben ?), sowie der, dass die Makrosporangien von Selaginella „meist vierklappig“ : aufspringen. Diese kleinen Ausstellungen können die Werthschätzung des ver- dienstvollen Buches natürlich nicht vermindern; möge es noch in zahlreichen weiteren Auflagen das Studium der einheimischen Pflanzenwelt fördern: helfen; K.G. Studien über die phanerogame Flora und. Pflanzendecke des Saale- bezirkes. Von Dr. August Schulz. Mit einer Karte. ‚Halle a. 8. Verlag von Tausch und Grosse. 1902. - Preis 2 Mk. In dieser neuen interessanten Studie über die phanerogame Pflanzenwelt des Saalebezirkes bespricht der Verf. in ausführlicher Weise die Wanderungen der Phanerogamen seit dem Ausgange der letzten kalten Periode der Quartärzeit. Nach seiner Auffassung hat der Grosstheil der gegenwärtig spontan vorkommenden Pflanzenarten im Saalegebiet sich erst nach dieser kalten Periode fest angesiedelt. Allerdings konnten sich ältere, schon während der kalten Periode in den Bezirk «ingewanderte Species zum Theil erhalten und weiterhin bestehen. Diese letzteren jedoch verloren nach Ausgang der kalten Periode einen merklichen' Theil von Individuengruppen und mussten sich neuen klimatischen Bedingungen (höhere Sommerwärme) anzupassen suchen, worauf sie sich dann im Vereine mit den erst nach der kalten Periode eingetroffenen Bürgern neuerdings mehr oder weniger weit ausbreiten konnten. Nur recht wenige Ueberbleiber aus der kalten Periode machten keine Neuanpassung durch oder führten späterhin keine grösseren Wande- rungen mehr aus. Vielfach lassen sich noch jetzt ältere und jüngere Ansiedier unterscheiden. Aber auch die erst nach dem Ausgange der kalten Jahreszeit “ eingetroffenen Ansiedler lebten zum grössten Theil seit dem Zeitpunkt ihrer An- kunft nicht ununterbrochen an ihren heutigen Standorten fort, sondern erschienen oder verschwanden für kürzere oder längere Zeit, je nachdem ihnen das mehrfach wechselnde Klima zusagte oder als ungünstig erschien, Denn bereits früher suchte der Verf. in seinen bekannten Arbeiten über die: Pfianzengeographie von Mittel- europa nachzuweisen, dass das Klima seit dem Ausgange der letzten kalten Periode recht erhebliche Veränderungen durchmachte, womit natürlicherweise auch ein Wechsel in der Thier- und Pflanzenwelt sowie in der Pflanzendecke einhergehen musste, In dem Zeitabschnitte nach dieser kalten Periode unterscheidet der Verf. vor Allem zwei heisse und zwei kühle Perioden, die abwechslungsweise auf . 204 einander folgten, . Die kühlen Perioden zeichnen sich durch ein extrem insulares Klima aus, das.dem gegenwärtigen Klima des Saalebezirkes recht nahe steht. Die heissen Perioden zergliedert er jeweils wiederum in zwei weitere Abschnitts; auf einen warmen Abschnitt mit mediterranem Charakter folgt ein extrem trocke- ner mit continentalem Anstrich, wie er gegenwärtig dem mittleren Ungarn und dem südlichen. Russland eigen ist. Die Einwanderung der Pflanzenwelt nach der kalten Periode fand.nun, aber in der darauffolgenden Zeit nicht gleichmässig statt, sondern sie fällt fast ganz auf die beiden, jedenfalls sehr langen Zeitabschnitte der ersten heissen Periode mit fast constantem Klima. Andere, besonders an ein, insulares Klima angepasste Arten, welche gegenwärtig noch im Saalebezirk vor- kommen und jedenfalls nicht Relikte aus früheren Perioden darstellen, sind da- gegen wahrscheinlich erst während der zweiten kühlen Periode ungekommei Nach dieser Darstollungsweise sind also die Einwanderer nach der kalten Periode zu verschiedenen Zeiten und auch .unter Mithilfe von verschiedenen Klimata ein- getroffen. In den übrigen Abschnitten der ersten heissen, sowie in der zweiten Periode war die Einwanderung jedenfalls recht klein. Auch war die erste heisse Periode. jedenfalls bedeutend länger als die zweite. — In ausführlicher Weise folgen nun die Besprechungen der Wanderungen; wir lernen die Wege und Rich- tungen, sowie auch die genaue Ankunft der verschiedenen Species kennen. Verf. unterscheidet: 1. die Wanderungen der an ein warmes Klima angepassten Phang- rogamen, 2. die Wanderungen der an ein warmes, trockenes Sommerklima und an ein kaltes, trockenes Winterklima angepassten Phanerogamen, und 8. die Wande- rungen der an ein insulares Klima. angepassten Arten. Die Vertreter der erste Gruppe stammen zum grössten Theil aus dem südlichen Theile des Rhonegebietes und aus der Balkanhalbinsel, und kamen hauptsächlich in dem ersten warmen Ab- sohnitte der ersten heissen Periode mit völlig mediterranem Charakter in Mittel- europa an. Hieher gehören z. B. Epipactis microphylla (Ehrh.) Sw., Hypericum pulchrum L., Teuerium Scorodonia L., Seilla bifolia L., Lithospermum coeri- leum L., Epilobium lanceolatum Seb. et Maur., Cornus mas L., Ophrys fuciflora Rchb,, aranifera Huds., apifera Huds., Himanotoglossum bircinum Spr. u. 8. w. Die zweite Gruppe von Einwanderer hatte ihre Heimath in Ungarn und in dem südlichen Russland, zum kleinen Theil auch in dem nördlichen Russland und in dem östlichen Mitteleuropa, und wanderte auf verschiedenen (2—3) Wegen in dem trockensten Absohnitte der ersten heissen Periode in den Saalebezirk ein. Hs zählen hiezu vor Allem: Andropogon ischaemum L., Stupa capillata L., Carex supina Wahlnbg., Muscari tenuifolium Tausch, Ranunculus illyrieus L., Lavatera thuringiaca L., Verbascum phoeniceum L., Scorzonera purpurea L.etc. Zur dritten Gruppe endlich, die Anpassungen an ein insulares Klima zeigen und in den kühlen Perioden (zum grössten Theil in der zweiten kühlen Periode) angekommen sind; rechnet der Verf. verschiedene Cyperaceen und Juncaceen, Empetrum nigrum L,, Andromeda polifolia L., Scheuchzeria palustris L., Trichophorum caespitosum (L,) Hartm. etc. -— Dieser weitere interessante Beitrag zur Pfianzengeographie von Mitteleuropa darf den Pflanzengeographen bestens empfohlen weru.en. Hegi.,, F lora 92. Band.1903. Taf.Lul. VRR Jr, nr Ke Fr LJThomas, Lithulnst, Berlin 5.53. Flora 92.Band. 1903. LJThoras.Lih.Fist, Berl 8.53 Flora 92. Bd. 1903. Taf. IV Fig. 7 Fig.9 Flora 92. Bd. 19083. gez.0.Steinbrinck. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Beihefte zum Botanischen Centralblatt. Originalarbeiten. Herausgegeben unter Mitwirkung zabl- reicher Gelehrten von Dr. Oscar Uhlworm in Berlin und Dr. F. G. Kohl in Marburg Bd. Xil, Heft I. (Mit 2 Tafeln und 3 Textabbildungen.) Heft 2. (Mit 4 Tafeln und 1 Text- abbildung.) Has. (Mit 5 Tafeln und 5 Abbildungen im Text. en Band: Mk. 16.—. visher erschienenen Hefteist folgender: "geographische Verbreitung und Gliederung der böhmischen Ar" Stäger, Chemischer Nachweis von Nektarien bei Pollen- bl: ’smöphilen. Hö ck, Ankömmlinge in der Pflanzenwelt Mittel- eutvr nd des letzten halben Jahrhunderts. 8 chrize, Beiträge zur Blatt- anauı r Rutaceen, Tompa, Beiträge zur p-ari:hen Blektrieität. Sukat- ‚ff, Bemerkungen über die Einwirkung des A1l@hnls auf das F ii- men einiger Samen. Joesting, Beiträge zur Anatomie der Sp arguleen, P _- carpeen, Paronychieen, Sclerantheen und Pterantheen. Denke, Sporenentwick- lung. Brand, Zur näheren Kenntnis der Algengattung Trentepholia. Mart, Fischer, Veber Stärke und Inulin. Newcombe, Sachs’ angebliche thigmo- tropische Kurven an Wurzeln waren traumatisch.h Hansgirg, Neue Beiträge zur Pflanzenbiologie nebst Nachträgen zu meinen „Phytodynamischen Unter- suchungen“. Solereder, Ueber die anatomischen Charaktere des Blattes bei den Podalyrieen und Genisteen. Grevillius, Keimapparat zur Erhaltung konstanter Feuchtigkeit im Keimbette während einer beliebig langen Zeit. Kosaroff, Untersuchungen über Wasseraufnahme der Pflanzen. Fabricius, Beiträge zur Laubblatt-Anatomie einiger Pflanzen der Seychellen mit Berück- sichtigung des Klimas und des Standortes. Kohl, Beiträge zur Kenntnis der Plasmaverbindungen in den Pflanzen Gemoll, Anatomisch - systematische Untersuchung des Blattes der Rhamneen aus den Trieben: Rhamneen, Colletieen und Gonanieen. Schmidt, Untersuchungen über die Blatt- und Samenstruktur bei den Loteen. Streicher, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Vicieen. Verlag von Arthur Felix in Leipzig. Atlas der officinellen Pflanzen. Darstellung nad Beschreibung der im Arzneibuch für das Deutsche Reich erwähnten Gewächse. Zweite verbesserte Auflage von ’ Darstellung und Beschreibung sämmtlicher in der Pharmacopoea borussica aufgeführten offfeinellen Gewächse von . Dr. ©. C. Berg und C. F. Schmidt herausgegeben durch Dr. Arthur Meyer, Dr. K. Schumann, Professor an der Universität in Marburg. Professor u. Custos am Kg]. bot. Museum in Berlin, 28 Lieferungen. In gr. 4%. Mit 162 Tafeln. Preis pro Lieferung 6 Mk. 50 Pf, Band. I. Die Sympetalen. Mit Tafel I-XLIV, VII und 129 Seiten Text, ge- bunden Preis Mk. 56.—. Band I. Die Chori stopetalen. (I. Hälfte.) Mit Tafel XLV—XCIV, 14 und 131 Seiten Text, ‚gebunden Preis Mk 64.— Band II. Die Chori stopetalen. (II, Hälfte.) Mit Tafel XCV—CXXXI, 102 Seiten Text, gebunden Preis Mk. 48.—. Band IV. Die Monocotyledonen, Gymnospermen und Kryptogamen. Mit Tafel OXXKII-CLRII, III und 72 Seiten Text, gebunden Preis Mk, 42.—. Druck von Val. Höfling, München, Lämmerstr. 1. PP > \ ZEITUNG. ALLGEMEINE BOTANISC FRÜHER HERAUSGRGRBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 92. BAND. JAHRGANG 1908. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München, Heft II mit 3 Tafeln und 10 Textfiguren. Erschienen am 25. Mai 1903. Inhalt: DR. M. DUDE, Über den Einflufs des Sauerstoffentzuges auf pflanzliche Organismen . . Seite 205—252 “ CONST. VON DECKENBACH, "Coenomyces "Consuens nov. gen. nov. spec. Ein Beitrag zur Phylogenie der Pilze . . n 253283 H. O. JUEL, Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte, der Samenanlage von Casuarina . en 284—293 W. ROTHERT, Die Sporenentwicklung bei Aphanomyces . . . oo. » 293—301 F. W. C. ARESCHOUG, Berichtigung . „302 LITERATUR: Jul. Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreichs, _ Dr. Ernst Küster, Pathologische Pflanzenanatomie. — Engler, Ad. Syllabus der Pflanzenfamilien, — Prof. Dr. M. Moebius, Botanisch-mikroskopisches Praktikum für Anfänger. — Ethel Sargant, A theory of the origin of Monocotyledons. — Val. Haecker, Über das Schicksal der elterlichen und grofselterlichen Kernanteile. — Jagadis Chunder Bose, Response in the Living and Non-Living. — Dr. G. Karsten, Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreichs für Hochschulen und zum Selbstunterricht mit Rück- sicht auf das deutsche Arzneibuch . vn . oo. oo. » 303—308 Nachtrag zum Inhalt des Heft I dieses Bandes: DR. WILHELM LORCH, Bryologische Fragmente . . . ‘ . Seite 84-97 : MARBURG. N. G. ELWERT SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. “1908. Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Literaturbesprechungen 830 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.30 n 20 » ” » r 2.50 » n ” ” n —.60 ” 30 » ” ” ” 3.80 ® ? » E) „90 ® 40 ” ” ” n 5.— ” ” ” nn» 1.20 „50 „ n » „ 650 „ ri n „ „ 150 ” 60 » » ” ” 8.— » ” r r » 2,— ” 70 ” ” ” „ 9.20 » ” ’ n L) 2.50 ” 80 » ” r r 10.50 ’ n ” ” ” 8.— „9% n „ n „ 1150 „ ” n n „3.50 ” 100 » 13.50 ” n ” » 4.— ” n ” ” Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- riert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert; die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- rechnet werden, so mufs dieselbe Barzahlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat der Verfasser die Kosten der Übersetzung zu tragen. ‚Korrekturentschädigungen, die von der Druckerei für nicht verschuldete Korrekturen in Anrechnung gebracht werden, fallen dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes. Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen und zahlreichen Tafeln in 3 bis 5 Heften. Nach Bedürfnis schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Literatur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Luisonstrafse 27/tr, zu senden, Korrek- turen an die Druckerei von Val. Höfling, München, Lämmerstrafsei. Alle geschäftlichen Anfragen etc. sind an die unterzeichnete Verlagsbandlung zu richten, N. 6. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). Über den Einflufs des Sauerstoffentzuges auf pflanzliche Organismen. Von Dr. Max Dude. I. Einleitung. Jede: Unzulänglichkeit der Betriebs- und Lebensbedingungen führt bei lebenden pflanzlichen Organismen gewöhnlich zunächst zum Stillstande von einzelnen auffallenden Funktionen und erst bei der Fortdauer der ungünstigen Verhältnisse endlich zum Tode des nach Tätigkeit strebenden Organismus. Ein solcher Erfolg wird bei den Aeroben durch den völligen Abschlufs des Sauerstoffes, der durch ein indifferentes Gas, z. B. Wasserstoff, verdrängt worden ist, herbeigeführt, Nach Ausschluls des Sauerstoffes ist der anaerobe Stoffwechsel, die intramolekulare Atmung, ein fortdauerndes Symptom der lebenden Tätigkeit, und so lange als diese bleiben alle diejenigen Aktionen und Eigenschaften erhalten, die mit der Lebenstätigkeit untrennbar verknüpft sind. Diese volle Lebensenergie wird freilich nur beschränkte Zeit bewahrt, weil die intramolekulare Atmung zur Erhaltung aller zum Leben notwendigen Funktionen nicht ausreicht und deshalb bei verlängerter Sauerstoffentziehung endlich gänzliches Absterben erfolgt. Die intramolekulare Atmung äufsert sich nun bei verschiedenen Pflan- zen und je nach den gegebenen Verhältnissen nicht mit gleicher Stärke; bei einigen ist die Menge der auf diese Weise entstehenden Kohlen- säure ungemein grols, und ihre Bildung setzt sich lange Zeit fort; bei anderen ist sie sehr gering und hört binnen kurzem auf, indem die Pflanzen bei Ermangelung des Sauerstoffes bald zugrunde gehen; je nach längerer oder kürzerer Dauer des Sauerstoffentzuges finden sich dann alle möglichen Abstufungen, die aus dem Bestreben des Organismus resultieren, das Zugrundegehen möglichst lange hinaus- zuschieben. Schon Börard (Annales de chimie et de physique, 1821, Bd. XVI pag. 174), der hauptsächlich mit Früchten, die er entweder in das Vakuum oder in eine Wasserstoff- resp. Sauerstoffatmosphäre einführte, experimentierte, kam zu dem Resultate, dafs diese Früchte in diesem Medium nur eine gewisse Menge Kohlensäure aushauchen, die am ersten Tage am gröfsten ist, mit jedem folgenden Tage kleiner wird und schliefslich nach drei oder vier Tagen gänzlich verschwindet. Diesen Versuchen schlielsen sich diejenigen von Lechartier und-Bellamy an (Compt. rendus, 1872, Bd. II pag. 1203: „Sur la Flora 1903. . 14 206 fermentation des fruits“; ferner Compt. rendus, 1874, Bd. II pag. 949 bis 952 und 1006-1009: „De la fermentation des pommes et des’ poires“). (Auch Pasteur hat im Anschlusse an diese Mitteilungen die Tatsachen bestätigt. Compt. rendus 1872.) Diese Autoren, die übrigens schon auf die Temperatur bei all ihren Versuchen Rücksicht nahmen, fanden, dafs frische Früchte, Samen und Blätter in abge- schlossenen Räumen zunächst den vorhandenen freien Sauerstoff ver- | zehren, dann Kohlensäure in beträchlicher Menge entwickeln und gleichzeitig Alkohol erzeugen, dafs die Pflanzen hierbei Veränderungen erfahren, welche die Zeichen des Todes der Zelle tragen, mit welchem dann die Vorgänge stillstehen. Ebenso variabel stellte sich die Dauer des Vorganges bis zum Absterben der Pflanzenteile heraus; sie schwankte von 1/»--6 Monaten. ' Versuche mit Samen ergaben, dals letztere mit dem im Inneren stattfindenden Vorgange an Lebenskraft verlieren; die in verschiedenen Stadien untersuchte Keimfähigkeit diente hierfür in sinnreicher Weise als geeigneter Mafsstab. Allerdings ist nicht auf. alle Versuche von Lechartier und Bellamy Gewicht zu legen, da nicht genügend Sorgfalt auf den Ausschlufs von freiem Sauerstoffe| oder von Mikroorganismen verwandt war. Auch die Angaben Bre- felds, die, soweit die Tatsachen reichen, mit den Versuchen der vorhin genannten Forscher durchaus übereinstimmen, brauchten, wie Pfeffer (Pflanzenphysiologie 2. Aufl. Bd. I pag. 544) schon andeutet, teilweise eine Nachprüfung, die durch die vom Verfasser angestellten Versuche vorgenommen wurde, und die sich als nötig erwies. Bre- felds Versuche (Landwirtschaftliche Jahrbücher 1876 pag. 687—741) mit den verschiedensten frischen Pflanzenteilen bei Abschlufs von Luft, resp. freiem Sauerstoffe, stimmen darin überein, dafs die betreffenden Pflanzenteile ihre Lebenstätigkeit ohne freien Sauerstoff in durchaus veränderter Folge eine sehr beschränkte Zeit fortsetzen und damit sogleich absterben. „Die Zersetzung, anfangs energisch, nimmt lang- sam ab; mit dem Stillstande sind die Pflanzenteile tot, haben kontra-+ hiertes Protoplasma und stärk gequollene Membran, die untrüglichsten Zeichen des Todes.“ So setzten Weinbeeren, die er mit einer Lösung von schwefelsaurem Kupfer sterilisiert hatte, eine lebhafte Gasentwick- lung 12—14 Tage ungeschwächt fort, zeigten dann langsame Abnahme in der Ausscheidung des Gases, und nach 6—8 Wochen stand dient vollkommen still, die Beeren verloren an Klarheit und Durchsichtig- keit, sonst sahen sie am Ende der Versuche wie früher aus. Es fiel jedoch auf, dafs sie an der Luft sehr schnell eine braune Farbe an- nahmen; anfangs war es nur die Haut, dann setzte sich die Bräunung 207 von da ins Innere fort. Die Früchte sahen in diesem Zustande genau aus, als wenn sie verfault wären. Mit dem Mikroskope untersucht, zeigte sich der Protoplasmasack kontrahiert, in der Mitte der Zelle befindlich;: Die Membranen waren gequollen, jedoch nicht durchlässig für den aus dem Protoplasma ausgeschiedenen Zellsaft geworden; Befunde, die charakteristisch für tote Zellen waren. Bei den Massen- versuchen mit Birnen, Stachelbeeren, Johannisbeeren und Kirschen stand die Gasentwicklung nach vier Wochen still. Von nicht zucker- reichen, trockenen Früchten und Samen wählte er Weizen, Gerste und Erbsen aus. Diese wurden in den ersten Stadien der Keimung für die Versuche verwendet. Bei Weizen und Gerste dauerte die Gasentwicklung sechs Wochen, bei den Erbsensamen ging sie drei Monate fort. Die Samen und Früchte hatten am Ende der Versuche die Keimfähigkeit verloren, sie waren im Ansehen glasig und welk. Zu Brefelds Methode sei erwähnt, dafs er zumeist die Objekte unter Quecksilber abschlofs, so dafs es erst eine geraume Zeit dauerte, bis der Sauerstoff der Umgebung aufgebraucht war. In derselben Weise, d. h. durch einfaches luftdichtes Abschliefsen, behandelte Brefeld (pag. 322) einige im Stadium der höchsten Ent- wieklung befindliche Kulturen von Penicillium und stellte fest, dafs nach einem Monate die Mycelien noch teilweise lebten, während die Mycelien solcher Kulturen, die zwei Monate lang von Luft abge- schlossen waren, tot sind, gequollene Membrane und geringen körnigen Inhalt zeigten. Er will dabei beobachtet haben, dafs sogleich mit Luftabschlufs alle Kohlensäureausscheidung aufhörte. Gelegentlich einer Arbeit, welche Wieler in den „Unter- suchungen des Botanischen Instituts zu Tübingen“ (Band I pag. 200) veröffentlicht hat, macht er einige Angaben über den Einflufs des Sauerstoffentzuges auf entwickelte Pflanzen bei Anwesenheit von Wasserstoff, die, dem exaktesten Arbeiten entsprossen, besondere Be- achtung verdienen. Er sagt (pag. 200), dafs der Aufenthalt im sauer- stoffreien Medium schliefslich immer einen merklichen Nachteil für die Pflanzen herbeiführen mufs. Helianthus zwar konnte sich 24 Stunden in dieser Lage’ befinden, ohne Schaden zu nehmen, wuchs im Gegen- teil nach dieser Zeit, an die atmospärische Luft gebracht, lebhaft. Vicia faba hingegen hatte nach 22 Stunden so gelitten, dafs die Pflanzen sich beim folgenden Aufenthalte in der atmosphärischen Luft schwärzten. Die Kürbispfanzen verhielten sich eigentümlich; den ersten Tag ihres Aufenthaltes an der Luft waren sie scheinbar ge- sund, anı zweiten Tage waren sie verdorben. Keimpflanzen von 14* 208 Ricinus, die 89 Stunden im sauerstoffreien Raume zugebracht hatten, nahmen schon hier eine fahle Färbung an. Aus dem Apparate heraus- genommen, gingen die Pflanzen langsam zugrunde. Er weist dabei ‚nach, dafs von einem Einflusse des Auspumpens in Gestalt einer Nachwirkung keine Rede sein kann. Geradezu grundlegend für die Anordnung meiner Untersuchungen waren die Ausführungen von Pfeffer, die dieser unter Berücksich- tigung der von W. P. Wilson ausgeführten Versuche in einer Arl beit über die intramolekulare Atmung niedergelegt hat. (Untersuchun-+ gen aus dem Botanischen ‚Institute zu Tübingen Bd. I pag. 636.) Er schreibt: „Es gewinnt einige Wahrscheinlichkeit die Annahme, dals die intramolekulare Atmung allgemein für Erhaltung des Lebens im sauerstoffreien Raume von Bedeutung ist. Diese Hypothese be- darf freilich noch näherer Prüfung, und ich vermag nicht sicher zu sagen, ob z. B. die Lebensdauer phanerogamer Pflanzen mit der relativen Ausgiebigkeit der intramolekularen Atmung in Beziehung steht*. Abgesehen von der Berechtigung dieser Behauptung, die ich in einem Teile meiner durch das Experiment belegten Resultate bewiesen habe, war mir die oben genannte Arbeit besonders wertvoll durch die Kenntnisnahme der die Intensität der intramolekularen Atmung beein- flussenden Faktoren, wie sie sich in den verschiedenen Entwicklungs- stadien, in der Höhe der Temperatur oder teilweise in dem zur Ver- fügung stehenden Nähr- oder Reservematerial zeigen. Wilsons Untersuchungen sind später von Amm (Pringsheims Jahrbücher Bd. 25) erweitert worden. Auch einige äufsere Einflüsse des Verweilens im sauerstoffreien _ Wasserstoffraume stellt er fest, indem er die Tatsache hervorhebt (pag. 9), dafs nach 5—7stündigem Sauerstoffentzuge bei nicht zu hoher Versuchstemperatur sich die Keimpflanzen normal entwickelten und schon einige Stunden nachher das Auftreten von geotropischen Krüm- mungen zu konstatieren war. Solche Objekte, die durch zu langen Sauerstoffentzug getötet waren, zeigten ein glasiges oder braunes Aus- sehen; der Turgor war hier verschwunden. Was von Pfeffer (Untersuchungen aus dem Botanischen In- - stitute zu. Tübingen) als wahrscheinlich hingestellt wurde, ist von Stich, Flora 1891 pag. 9, zum Teil experimentell begründet worden. Er stellte Versuche an, welche bezweckten, die bei der intramolekularen und normalen Atmung produzierte Kohlensäuremenge verschieden alter Individuen derselben Spezies festzustellen. Die gewonnenen Resul- 209 tate zeigen deutlich, wie das Verhältnis der normal und intramole- kular gebildeten Kohlensäuremenge für verschiedene Entwicklungs- stadien derselben Objekte eine Anderung erfahren kann. Über den Einflufs, den das Verweilen im sauerstoffreien Wasser- 'stoffraume auf Schimmelpilze ausübt, hat Diakonow (Berichte der Botanischen Gesellschaft 1886 pag. 2—6, 1887 pag. 115-117) zuerst exakte Versuche ausgeführt. Er erkennt ganz richtig, dafs man zur Lösung der Frage, inwieweit das Nährmaterial verschiedener Zusammen- setzungen von Einfluls auf die Intensität der intramolekularen Atmung ist, sich am besten der Schimmelpilze bedient, weil sie sich leicht auf verschiedenen Nährböden kultivieren lassen, und man so den Er- folg der Ernährungsbedingungen nach der genannten Seite hin am besten studieren kann. Aus den ausgedehnten Versuchen, welche der genannte Forscher ausführte, sei hervorgehoben, dafs mit Entziehung des Sauerstoffes eine mit Chinasäure und Pepton oder mit Weinsäure ernährte und bei Luftzutritt sehr intensiv atmende Kultur von Aspergillus nach der Sauerstoffentziehung während kurzer Zeit sehr geringe Mengen von Kohlensäure bildet. Ist dagegen Glykose als Nahrung geboten, so wird Aspergillus in viel geringeren Mengen Kohlensäure bilden. Dauert die Entziehung nicht zu lange, so kann mit erneuertem Luft- zutritt die frühere Intensität annähernd hergestellt werden. Bei etwas längerer Sauerstoffentziehung ist dies aber nicht der Fall, da Asper- gillus auch in den Zuckerkulturen verhältnismälsig schnell bei Sauer- stoffentziehung abstirbt. Mit Chinasäure ernährt, erfolgt das Absterben bei Entziehung des Sauerstoffes noch weit schneller, und infolgedessen reicht eine einstündige Sauerstoffentziehung hin, um bei Wiederzufuhr von Sauerstoff eine im Verhältnis zur früheren normalen Atmung ge- ringe Kohlensäureproduktion zu liefern oder ihn zu töten. Während des Aufenthaltes im Wasserstoff findet nur eine verschwindende intra- molekulare Atmungstätigkeit statt; mit dem Mangel dieser dürfte aber auch das schnelle Absterben von Aspergillus im sauerstoffreien Raume zusammenhängen; denn mit der geringen Kohlensäureproduktion, welche bei Zucker als Nahrung sich einstellt, ist auch die Resistenz von As- pergillus bei Mangel von Sauerstoff erheblich gesteigert. Über den inneren Zusammenhang endlich der Wechselwirkung der intramole- kularen Atmung und der Zusammensetzung der Nährlösung, sowie der Eigentümlickheit des Organismus schreibt er: „Die Art und Weise, in der die Wechselwirkungen zwischen den chemischen Kräften, welche das Lebenssubstrat der Zelle beherrschen, und der disponiblen Nähr- 210 substanz sich zu gestalten pflegen, fällt verschieden aus, je nachdem der freie Sauerstoff von aufsen eingreift oder nicht“ (pag. 116—117). Die organische Nährsubstanz erscheint unter dem chemischen Einflufs von aufsen zutretenden Sauerstoffs im Stoffwechsel der Zelle einfach als Körper gewisser prozentischer Zusammensetzung, und kommt unter diesen Umständen beim physiologischen Akte der Er- nährung eine Art von Stellvertretung zwischen dem gebundenen Sauer- stoffe der Nährlösung und dem freien atmosphärischen Sauerstoff zu- stande. Ganz anders verhält sich die Sache beim Ausschlufs des Sauerstoffes, d. h. wenn die Kohlensäureproduktion, resp. der Stoff- wechsel lediglich auf Kosten des Sauerstoffes der organischen Substanz vor sich gehen soll. Es ist die prozentische Zusammensetzung der betreffenden Substanz ohne irgendwelche Bedeutung mehr, und spielt also unter diesen Umständen der grölsere oder kleinere Sauerstoff- gehalt derselben absolut keine Rolle. Vielmehr sind sowohl die chemische Struktur dieser Substanz als die individuellen Eigentümlich- keiten des betreffenden Organismus dafür mafsgebend, dafs auch nach Abschlufs des Sauerstoffes Kohlensäure produziert wird und mit ihr der Lebensprozefs fortdauern kann. Anschliefsend sei noch erwähnt, dals Puriewitsch den Ein- flufs der Konzentration der Nährlösung auf die intramolekulare Atmung konstatierte; er fand (Puriewitsch, Physiologische Untersuchungen über Pflanzenatmung, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik, Bd. 35 2 Nr. 4, Jahrg. 1900), dass das Verhältnis = bei der Atmung von j 2 Aspergillus niger im hohen Grade von der Konzentration der Nähr- lösung beeinflulst wird; bei der Konzentration von 2°), Dextrose 5 — 0,90, bei der Konzentration von-10%, steigerte es sich auf 1,18, bei einer noch höheren Konzentration war sie wieder kleiner; Es ist also charakteristisch, dafs eben für den Fall, dafs Zucker als Nährmaterial verwendet wurde, die Schwankungen dieses Verhält- nisses je nach der Konzentration besonders stark waren. Über den Einflufs der Temperatur auf die intramolekulare At- mung hat Chudiakow exakte Versuche ausgeführt. (Chudiakow, Beiträge zur Kenntnis der intramolekularen Atmung. Landwirtschaft- liche Jahrbücher, XXIH. Bd., 1894, pag. 333-389). Es geht daraus hervor, dafs die Wirkung der Temperaturerhöhung auf die intra+ _ molekulare Atmung im allgemeinen in der Steigerung der Intensität derselben besteht und dafs diese Steigerung nicht proportional der- 211 jenigen der Temperatur, sondern im stärkeren Verhältnis eintritt, was seinen Ausdruck darin findet, dafs die bei graphischer Darstellung gewonnenen Kurven nach der Abeisse der Temperatur konvex er- scheinen. Verwendet wurden gequollene Samen und Keimlinge von 2—3 Tagen und die Intensität festgestellt durch gasometrische Be- stimmung der intramolekular ausgehauchten Kohlensäure. Bezüglich des Temperatureinflusses auf die Lebensdauer der Pflanze bei Abwesenheit von Sauerstoff stellt Chudiakow fest, dals Zea Mays beispielsweise bei 18°C. selbst nach 48 Stunden, obgleich stark beschädigt, noch lebte, während bei 30°C. schon nach 24 Stun- den der Tod bei allen Exemplaren eintrat. Auch über die Abhängig- keit der Keimfähigkeit von der Temperatur nach verschieden langem Verweilen im sauerstoffreien Wasserstoffraume hat der genannte Ver- fasser Versuche angestellt (pag. 261). Dauerte der Versuch nicht zu lange (je nach der Pflanzenart und Temperatur), so äufserte sich die Entziehung von Sauerstoff nur darin, dafs der Keimungsprozels, nach- dem die Samen unter normale Bedingungen gebracht wurden, viel langsamer vor sich ging als im Kontrollversuche. Hätte der Versuch etwas länger gedauert, so war schon die Wirkung von Entziehung des Sanerstoffes nicht nur an der Verlangsamung des Keimungspro- zesses sondern auch in dem Abnehmen der Prozente der gekeimten Samen zu bemerken, und endlich bei noch längerer Entziehung von Sauerstoff waren gewöhnlich alle Samen abgestorben. Die Wirkung der Temperatur spielt hierbei dieselbe Rolle, wie in den vorhergehen- den Versuchen. Wenn z. B. bei niederer Temperatur in einer be- stimmten Zeit nur das erste Stadium der Folgen von Entziehung des Sauerstoffs, d. h. nur Verlangsamung des Keimungsprozesses ohne Verminderung der Keimungsprozente eingetreten war, so war bei den höheren Temperaturen in derselben Zeit bereits das zweite oder sogar das dritte Stadium eingetreten, d. h. die Samen waren zum Teil oder vollständig abgestorben. Als Gesamtergebnis seiner Untersuchun- gen stellt der Verfasser die Tatsache fest (pag. 263), dals bei höherer Temperatur trotz der vermehrten Kohlensäurebildung und folglich auch trotz der Vermehrung der durch die Atmung gewonnenen Be- triebskräfte die Pflanzen schneller als bei niederen Temperaturen zu- grunde gehen. Für die Ursachen hat er zwei Erklärungen. Entweder tritt der Tod bei höheren Temperaturen dadurch schneller ein, dafs die Beschleunigung in den Zerspaltungsprozessen, auf welche unter allen Umständen die Kohlensäureproduktion zurückgeführt werden muls, bei begrenzter Quantität der dieser Spaltung anheimfallenden 21% Stoffe zu ihrem schnellen Verbrauche führt, oder das Absterben steht. im Zusammenhang mit der Anhäufung anderer, aufser der Kohlen- säure bei der intramolekularen Atmung entstehenden Produkte, und. die Temperatur spielt dabei insofern eine Rolle, als die Bildung dieser Produkte je nach der Temperatur quantitativ verschieden ausfällt; oder endlich, beide Faktoren vereinigt, bedingen das Absterben des Organismus, Auch die Beeinflussung der intramolekularen Atmung durch das Licht ist in Betracht gezogen worden. Nach den Untersuchungen von Wilson (Flora 1882 pag. 96) scheint das Licht häufig nur eine geringe Veränderung der Atmungstätigkeit zu verursachen. Eine ver-, längerte Lichtentziehung kann aber naturgemäls die Atmungstätigkeit! . : « 0: einer solchen Pflanze nicht unberührt lassen, die im Dunkeln abnorm wächst und arbeitet. (Palladine, Revue generale de Botanique, 1893 Bd. 5 pag. 369.) | Die schon früher erwähnten Versuche Diakonows, welche die Abhängigkeit der intramolekularen Atmung vom Nährmaterial bei. verschiedenen Schimmelpilzen behandelten, und die deutlich zeigten, dafs die Beschaffenheit des Nährmaterials tatsächlich die damit in den Körper eingeführte Spannkraft und die von dieser abhängige leben- dige Kraft, wie sie in der Atmung zutage tritt, beeinflufst, sind zu denselben Resultaten führend ‘von Palladine und Godlewsky auch auf höhere Organismen ausgedehnt worden. Palladine (Revue generale de Botanique tome VI, 1894, pag. 209), der mit Blättern arbeitete, schreibt: „La quantite d’accide carbonique &mise par les feuilles &tioldes dans l’atmosphere privee, d’oxygene, depend de leur richesse en hydrates de carbone. Les feuilles &tiol&es de Föve et de Lupin, qui ne contienuent pas trace’ d’hydrate de carbone, degagent dans l’atmosphöre privee d’oxygene,: une quantit& insignifiante d’aceide carbonique et meurent bientöt. L’introduction artificielle de sucre dans leurs tissus augmente consi- derablement la quantit& de l’accide carbonique &mis, ainsi que la longueur de leur vie dans ces conditions.“ Godlewsky (Über die intramolekulare Atmung von in Wasser gebrachten Samen und über die dabei stattfindende Alkoholbildung, Krakau 1901) verwendete Erbsensamen. Die Versuche, in welchen die Samen in Dextrose oder Rohrzuckerlösung sich befanden, waren darauf gerichtet zu beantworten, ob die Erbsensamen den ihnen von, aufsen zugeführten Zucker vergären können. Die Antwort auf diese: Frage ist bejahend ausgefallen; schon der Gang der Kohlensäure- 213 bildung wies darauf hin, dafs die Dextrose, wie auch der Rohrzucker der Lösung, in welcher die Samen während des Versuches weilten, keineswegs gleichgiltig für die intramolekulare Atmung waren. Nun zeigen die Zahlen, dafs namentlich während der ersten Woche des Versuches die Samen in der Dextroselösung mehr Kohlensäure ent- wickeln als die in destilliertem Wasser. Aufserdem dauert die Kohlen- säureentwicklung bei den Samen in Dextrose wie in Rohrzuckerlösung etwas länger als bei denen in Wasser, die Begünstigung der intra- molekularen Atmung der Erbsensamen durch die Rohrzuckerlösung äulsert sich etwas anders als die durch Dextroselösung hervorgerufene. Nicht in der ersten, sondern in der dritten Woche des Versuches äufsert sich dieser günstige Einflufs am deutlichsten. Die Ursache dieser Verschiedenheit der Wirkung des Rohrzuckers und der Dex- trose ist nicht schwer zu begreifen; sie liegt einfach darin, dafs ebenso wie durch den Hefepilz auch durch die Erbsensamen die Dextrose direkt und die Rohrzuckerlösung erst nach der. Inversion vergoren wird. Dafs der Rohrzucker durch die in seiner Lösung liegenden Erbsensamen invertiert wurde, davon überzeugte man sich durch di- rekte Analyse dieser Lösung nach dem Versuche. Eine weitere Beeinflussung der Intensität der intramolekularen Atmung zeigt Godlewsky, wenn er erwähnt, dafs sich dieselbe in den verschiedenen Samen mit sehr ungleicher Energie abspielt; von den vier vom Verfasser benützten Pflanzensamen zeichnen sich die Erbsensamen durch die allerstärkste intramolekulare Atmung aus. Die Fähigkeit der Erbsensamen zur intramolekularen Atmung ist so grofs, dafs sie unter Luftabschlufs wochenlang ebensoviel Kohlensäure produzieren, wie bei ungehindertem Luftzutritt. Nur wenig schwächer als bei den Erbsensamen ist sie bei den Samen der Pferdebohnen, viel schwächer ist sie bei den Gerstesamen und ganz schwach bei den Rizinussamen. . Man könnte nun erwarten, meint der Verfasser, dafs Samen, welche sich durch höhere Befähigung zur intramolekularen Atmung auszeichnen, in gequollenem Zustande bei Sauerstoffabschluls länger ihre Keimfähigkeit behalten werden als solche, welche nur wenig zur intramolekularen Atmung befähigt sind, und doch bestätigt sich diese Erwartung durchaus nicht. . Die Erbsensamen atmeten im luftleeren Raume viel stärker als die Gerstensamen, und doch fanden schon Lechartier und Bellamy, dafs ein Teil der Gerstensamen, welcher vier Monate lang in teilweise gequollenem Zustande bei Luftabschlufs verweilte, noch keimfähig war. Godlewsky fand, dafs Erbsen- 214 samen, welche drei Wochen im Wasser im Apparate lagen, noch keimten; doch entwickelten sich bei ihnen nur die Stengelchen normal, die Würzelchen waren abgestorben. Durch diese Beobach- tungen wird erwiesen, dafs die Samen, welche aufserordentlich schwach zur intramolekularen Atmung befähigt sind, ebenso lange, wenn nicht länger im sauerstoffreien Medium im gequollenen Zustande ihre Keim- fähigkeit behalten, gleichwie diejenigen, welche sich durch eine be- sonders starke Befähigung zur intramolekularen Atmung auszeichnen: Die Erklärung dieser letztgenannten Tatsachen findet Godlewsky, indem er die Möglichkeit der Beeinflussung der Lebensdauer pflanz- licher Organismen im sauerstoffreien Raume durch die mehr oder weniger, je nach den gegebenen Umständen stark auftretende Al- koholgärung nicht ausschlielst. Es ist höchst wahrscheinlich, so führt er aus, dafs der Tod der Pflanzenorgane durch Erstickung auf der Vergiftung des Protoplasınas ihrer Zellen durch manche Produkte beruht. Unter diesen Voraus- setzungen ist es leicht verständlich, dafs, je lebhafter die Atmung der Pflanzenorgane zur Zeit der Entziehung des Sauerstoffs war, desto energischer sich nach dieser Entziehung diejenigen chemischen Prozesse abspielen, welche durch Vergiftung des Protoplasmas dessen Tod bewirken. Bei einem solchen Sachverhalte wäre es vielleicht nicht gewagt, anzunehmen, dafs die intramolekulare Atmung im Sinne der alkoholischen Gärung bei Sauerstoffmangel der Pflanze dadurch nützlich wird, dafs sie auf eine allerdings unbekannte Weise den- jenigen chemischen Prozessen, die die Vergiftung des Protoplasmäs verursachen, entgegenwirkt. Bei einer solchen Voraussetzung wird es erklärlich, dafs die An- oder Abwesenheit eines für die alkoholische Gärung geeigneten Materiales, d. i. Glykose oder zur Glykose hydro- lysierbare Kohlehydrate, von grofsem Einflusse auf die Lebensdauer einer Pflanze im sauerstoffreien Medium sein kann. War die Atmung des diesbezüglichen Pflanzenobjektes im Momente der Sauerstoffent- ziehung nur schwach, so werden nach derselben auch die für das Protoplasma gefährlichen Prozesse schwach sein, und die schützende Wirkung der alkoholischen Gärung wird dann entbehrlich sein. Für diesen Fall ist es gleichgiltig, ob viel oder wenig gärungsfähiges Ma- terial denselben zugebote steht. Die Pflanzenorgane werden dann ebenso lange bei einer sehr schwachen, wie bei einer sehr starken intramolekularen Atmung am Leben erhalten. Dadurch wird erklärt, dals, obgleich die in sauerstoffreies Wasser gebrachten Rizinussamen aufserordentlich schwach intramolekular atmeten, sie dennoch unter 215 Wasser wenigstens ebenso lange keimfüähig blieben, wie die Erbsen- samen, die unter diesen Bedingungen eine aufserordentlich starke intramolekulare Atmung äufserten, Die vorstehenden Angaben über die Nachwirkungen, welche der zeitweilige Aufenthalt im sauerstoffreien Wasserstoffraume auf pflanz- liche Organisnfen ausübt, und über diejenigen Faktoren, welche von Einflufs auf diese Nachwirkungen sind, erweisen sich zum Teil als widersprechend, zum Teil als lückenhaft. Zum ersten Punkte sagt Pfeffer (Pflanzenphysiologie 2. Aufl. Bd. 1 pag. 544): Die Angaben Brefelds, nach denen sich Keimpflanzen wochen- und monatelang am Leben erhalten, bedürfen der Nachprüfung. Dasselbe würde auch auf einen Teil der sonst in jeder Weise exakt ausgeführten Versuche von Chudiakow Anwendung finden, da der Genannte einesteils auf den Ausschlufs von Mikroorganismen nicht genügend Wert gelegt hat, andernteils aber seine Versuche auf zu kurze Zeit beschränkt. Zum zweiten Punkte sei bemerkt, dafs das in Pfeffers Physiologie z. B. über die Lebensdauer der Mycelien von Schimmelpilzen bei Sauerstoff- entzug Angegebene sich auf die Mitteilung beschränken mufs, dafs bei Ernährung mit Chinasäure nach einstündiger Entziehung eine Schädigung oder der Tod eintritt, dafs aber das Leben etwas länger gefristet wird, wenn Zucker zur Verfügung steht. Ganz abgesehen von Fehler- und Lückenhaftem sind Studien über den Einfluls des zeitweiligen Sauerstoffentzuges auf Pilzsporen oder z. B. auf die Weiterentwicklung der durch längeren Sauerstoff- entzug gelittenen Samen meines Wissens nach überhaupt noch nicht gemacht worden. Es schien aus den genannten Gründen deshalb geboten, eine erneuerte Untersuchung des Einflusses, weichen der zeitweilige Auf- enthalt im sauerstoffreien Wasserstoffraume auf pflanzliche Organis- men ausübt, vorzunehmen, und ich habe, um die unmittelbaren und mittelbaren Einflüsse kennen zu lernen, folgende Fragen zu lösen versucht: 1. Wie wirkt der zeitweilige Sauerstoffentzug bei Schimmelpilzen a) auf die Keimung der Sporen und b) auf das Wachstum der Hyphen; 2. bei höheren Pflanzen a) auf die Samen, und zwar unmittelbar auf die Keimfähigkeit und mittelbar auf die Weiterentwicklung derselben, b) auf entwickelte Pflanzen in verschiedenen Lebensstadien ? 216 Bei den zur Beantwortung der zweiten Frage angestellten Ver- suchen wurde die Abhängigkeit von der umgebenden Temperatur als besonders einflufsreich erkannt und deswegen mit in Betracht gezogen, li. Beschreibung des Apparates. Um die Einflüsse des Sauerstoffentzuges bei Anwesenheit von Wasserstoff zu verfolgen, bediente ich mich eines Apparates, der i grofsen und ganzen darauf hinauslief, den Sauerstoff ‚mittels einer Luftpumpe dem Rezipienten zu entziehen und durch einen Strom von reinem Wasserstoff zu ersetzen. Der Apparat, der seinen Zweck in jeder Hinsicht erfüllte, bestand aus einem Quecksilberbarometer A, hinter welchem eine Millimeterskala auf Papier angebracht war. Der untere Teil des Manometerrohres tauchte in ein Gefäfs mit Queck- silber, das mit einer Wasserschicht bedeckt war, so dafs bei der Evakuation über der Quecksilbersäule eine Wassersäule von einigen Millimetern sich befand, die verhinderte, dafs Quecksilberdämpfe mit den Objekten in Berührung kamen. Mit dem Manometer war durch einen dicken Gummischlauch eine T-Röhre verbunden, deren einer Schenkel einen Glashahn B trug und zu der Wasserstrahlluftpumpe führte, und deren anderer Schenkel ein zweites T-Rohr mit dem Drei- weghahn C aufnahm. Der eine Arm dieses Rohres führte zum Re- zipienten D, der andere zum Wasserstoffapparate E. Durch Drehung dieses Dreiweghahnes konnte man bewerkstelligen, dafs entweder die Luftpumpe abgeschlossen war, oder dafs dieselbe nur mit dem Rezi- pienten D kommunizierte oder endlich, dafs sie mit dem Rezipienten und dem Weasserstoffapparate E zugleich in Verbindung stand. Der Wasserstoff wurde in einem nach dem Döbereiner’schen Prinzipe konstruierten Apparate E aus chemisch reinem Zink und verdünnter Schwefelsäure dargestellt und hatte zunächst die mit Kaliumperman- ganat F und die mit Kalilauge G@ getränkten, in U-Röhren befind- lichen Bimssteinstückchen zu passieren. Dadurch, dafs auf dem Boden der U-Röhre eine kleine Menge der betreffenden Flüssigkeit sich an- gesammelt hatte, diente dieselbe nicht nur zum Waschen des Gases, sondern verband auch den Nebenzweck, an der Folge der durch- schlagenden Gasblasen, die Schnelligkeit des Gasstromes zu erkennen. Auf kleine Verunreinigungen des Woasserstoffes mit Kohlenwasser- stoffen oder Kohlenoxyd brauchte keine Rücksicht genommen zü werden, da sie in selbst erheblichen Mengen den Pflanzen nicht schaden; vielleicht vorhandener Arsenwasserstoff wurde durch Kalium- permanganat zerstört. Zur Vervollständigung des Apparates endlich 217 hing an einem Stativ ein Thermometer, das die Temperaturablesung noch für !Jo Grade gestattete. Hl. Methode der Benutzung des Apparates. Die Handhabung des Apparates war nun höchst einfach. Die Flasche D oder allgemeiner das Gefäls, welches beschickt werden sollte, wurde mittels Gummischlauches an dem T-Rohrschenkel des Dreiweghahnes C angeschlossen. Nachdem dieser in die Stellung ge- bracht war, dafs die Luftpumpe mit dem Rezipienten kommunizierte, setzte man die Luftpumpe in Bewegung und liels sie so lange wirken, bis möglichst aller Sauerstoff evakuiert war. Bei Feststellung dieses Punktes mufsten verschiedene Faktoren beachtet werden, nämlich der Barometerstand, die Temperatur, die Wasserdampftension, da die Ex- perimente stets in Gegenwart von Wasser ausgeführt wurden, der Druck der Wassersäule auf das Quecksilber im Manometerrohr und die Kapillarität des letzteren. Die Korrektion des Barometerstandes würde sein: Der Barometerstand bei einer bestimmten Temperatur minus der Summe aller anderen genannten Faktoren bei derselben Temperatur. | De PLAHET A ll £ pi E Ba Fig. 1. Mit der Wasserluftpumpe vermochte man, wenn alle Verbindungen luftdicht schlossen, bis auf wenige Millimeter auszupumpen. Nach der Evakuation wurde durch Schliefsen des Hahnes B die Luftpumpe aufser Funktion gesetzt und der Hahn C so gedreht, dafs das Mano- meterrohr mit dem Rezipienten und dem Woasserstoffapparate, der nun seinerseits langsam in Gang gesetzt wurde, kommunizierte. Das allmähliche Fallen der Quecksilbersäule zeigte zugleich an, wie weit der Rezipient mit Wasserstoff gefüllt war. Das Gefäfs blieb dann 218 einige Minuten in diesem Zustande, damit durch Diffussion die letzteh Reste des etwa im Kulturmedium (Sägespäne, Fliefspapier) gebliebenen Sauerstoffes sich mit dem Wasserstoff vermengten. Nach Wieler (Untersuchungen aus dem Botanischen Institut zu Tübingen, Bd. I pag. 223) fanden sich dann im ganzen Apparate je nach zwei- bis fünfmaliger Evakuation noch ungefähr 0,00464 bis 0,000 000 000301 cem aus der Luft stammender Sauerstoff, der sich in den meisten Fällen auf ein Volumen von 1400-—1700ccm verteilte, eine Menge, die, nachdem sie durch Beigabe von Pyrogallol in Kalilauge noch mehr reduziert worden war, ohne Fehler gleich Null gesetzt werden konnte. In den meisten Fällen wurde ein drei- bis viermaliges Auspumpen für vollständig genügend erachtet, nur bei entwickelten Pflanzen von Helianthus annuus lielsen es die Erfahrungen, die Wieler mit der Empfindlichkeit gerade dieser Pflanze selbst gegen ganz geringe Mengen von Sauerstoff (Untersuchungen aus dem Botanischen Institut Tübingen Bd. I pag. 223) machte, geboten erscheinen, ein fünftes Mal zu eva- kuieren und Wasserstoff einzuleiten, ein Prozels, der dann ungefähr 2!/; Stunden in Anspruch nahm. IV. Pilze. a) Einflufs des Sauerstoffentzuges auf Pilzsporen und ihre Entwicklung in Flaschenkulturen, | Die Experimente über den Einflufs des Sauerstoffentzuges auf die Sporen der Schimmelpilze wurden folgendermafsen angestellt: Starkwandige Flaschen von 200cem Inhalt wurden mit 20 ccm Nährlösung gefüllt und mit einem doppelt durchbohrten, gut sitzenden Gummistopfen geschlossen. Die eine Öffnung desselben diente zur Aufnahme einer Glasröhre, die bis in die Mitte der Flasche reichte, in die andere wurde eine rechtwinklig gebogene und vor dem Ende etwas ausgezogene Röhre gegeben und mit einem Stück starken Gummischlauch versehen, mit dessen Hilfe dann die Flasche an den Apparat angeschlossen werden konnte (s. Fig. 2). Die in dem Gefäfse befindliche Nährlösung hatte folgende Zu- sammensetzung: KNO; 0,1%, NELNOG 0,5% KH;PO, 0,1 Zucker 3,00 MgSO0; 0,1 FeSO, Spur. Dazu wurde noch 0,002 9), ZußO, zugesetzt, da wie Ri chards (Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik Bd. 30,:1897, pag. 665) ! | | 219 gezeigt hat, der Zusatz von etwas Zinksulfat das Wachstum der Pilze sehr günstig beeinflufst. Die so vorbereiteten Kulturgefälse kamen jetzt in den Dampfsterilisator und wurden eine halbe Stunde lang bei 100° C. sterilisiert, um dann im Dampfkasten langsam auszukühlen. Das in einem Gummischlauch auslaufende Ende wurde sofort nach der Entnahme aus dem Sterilisator durch einen Quetschhahn geschlossen, die Öffnung des anderen Rohres aber mit einem Watte- bausch versehen und die Kultur so vor Infektion geschützt. Dieser Watteverschluls wurde nach der Abkühlung der Nährlösung entfernt, die Kultur mittels einer langen Platinnadel mit den Aspergillussporen geimpft und die Röhre rasch zugeschmolzen. Jetzt wurde die mit dem Gummischlauche versehene Röhre an den Apparat angeschlossen und die Kultur dabei in ein Wasserbad von 31° C, gebracht, eine Temperatur, die genügte, die Nährlösung zum Sieden zu bringen, wenn die Luftpumpe das Vakuunı hergestellt hatte. Es war so die Garantie gegeben, dafs selbst aus der Kulturflüssigkeit auch die letzten Reste von Sauerstoff entfernt waren, während die Temperatur den Aspergillussporen keinesfalls schadet, im Gegenteil für ihr Wachstum gerade das Optimum bedeutete. Um eine weitere Gewähr für den vollständigen Sauerstoffaus- schlufs zu haben, hätte man ja können aerobe Bakterien der Nährlösung beigeben (ein Verfahren, das schon Pasteur empfahl), weil deren energische Atmung die letzten Reste des Sauerstoffes entfernte, doch der Einwand, dafs Nebeneinflüsse eben auch Einflüsse sind, würde dann schwer zurückgewiesen werden können. Das genannte Kultur- gefäfs wurde im ganzen fünf- bis sechsmal vollständig evakuiert, mit Wasserstoff gefüllt und die Röhre, die vorerst ja ausgezogen worden war, an dieser Stelle abgeschmolzen, wodurch der endgiltige Abschlufs des Kulturinhaltes nach aufsen bewerkstelligt wurde. Um jede Garantie zu haben und gleichzeitig die Temperatur konstant zu halten, wurden die so luftdicht geschlossenen Flaschen mit einem Ringe von Bleirohr beschwert und im Wärmezimmer unter Wasser gesetzt. Von Zeit zu Zeit wurde nun eine Flasche geöffnet und damit der Wasserstoff wieder durch Luft ersetzt. Zu diesem Zwecke verband man, nach- “dem durch Abbrechen der Rohrenden die Kultur geöffnet war, mit sterilisierten Gummischlauchstücken die eine Röhre des Kulturgefäfses mit einer mit Baumwolle gefüllten und vorher sterilisierten U-Röhre, während das andere Rohr an die Luftpumpe angeschlossen wurde; durch langsames Saugen ging damit ein sterilisierter Luftstrom durch die Kultur, der, nachdem sie von der Luftpumpe entfernt worden war, Pr 220 dadurch steril erhalten wurde, dafs man die beiden Enden der Ein- gangsstellen durch Wattepfropfen schlofs. Die Flaschen stellte ich dann wiederum ins Wärmezimmer, um die Entwicklung der Sporen zu beobachten und von Tag zu Tag zu registrieren. Neben jede Kultur wurden zu gleicher Zeit, zu der sie geöffnet worden war, zwei Kon- trollkulturen angesetzt, von denen die eine einfach mit einem Watte- bausch, die andere in der oben erwähnten Weise geschlossen war. Experimentiert wurde mit Aspergillus niger bei 31° C., der Optimal- temperatur für diesen Pilz (cf. Pfeffer, Pflanzenphysiologie 2. Bd. 1. Hälfte pag. 87.) Die Untersuchungen der Beziehung der Pilzsporen, zum Sauer- stoffentzuge hatten die Aufgabe festzustellen: 1. die Wirkung auf die Keimung der Sporen und das Wachs- tum der Mycelien nach der Keimung; 2. die Wirkung auf die Produktion der Sporen bezüglich der Zeit ihrer Entwicklung und der Menge derselben. | Die Kontrollkulturen zeigten keine Unterschiede, einerlei ob die Flaschen mit der freien Luft kommunizierten oder auf dieselbe Weise wie in den Experimenten verschlossen waren. Was die erste Frage betrifft, so zeigte sich zunächst betreff der Zeit, nach welcher die Sporen keimten, eine deutliche Nach- wirkung. Während in den Kontrollkulturen eine sichtbare Entwick- lung entweder in der Nährflüssigkeit schwimmend oder als kleine makroskopische Inseln auftretend in ®,—1 Tag zu erkennen war, vermochte der Erscheinung bei den Kulturen, deren Sporen auf einige Zeit der Sauerstoff entzogen worden war, erst in 1!/—2 Ta- gen aufzutreten. Es war dabei gleich, ob der Sauerstoffentzug 6 Stunden oder 25 Tage gedauert hatte. Ich will aber hier nicht unerwähnt lassen, dafs diese Keimung vielleicht noch später eintritt, wenn der Sauerstoff länger als von mir angenommen wirken kann, wenigstens habe ich aus der Zeit meiher Vorversuche eine Beobachtung, nach welcher bei 36tägigem Sauer- stoffentzuge erst nach 6 Tagen eine sichtbare Entwicklung eintrat. Ob aber diese Verzögerung nicht etwa auf Kosten welcher Neben- einflüsse (das Durchsaugen der Luft war hier unterlassen worden) zu setzen ist, oder ob sie vielleicht eine Ausnahmeerscheinung bildet, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe ihn deshalb auch nicht in die Reihe meiner in Tabelle 1 angegebenen exakten Versuche aufgenommen. Auch bezüglich der Entwicklung der Mycelien zeigte sich eine Nachwirkung bei kürzerem oder längerem Sauerstoffentzuge. Während 221. die Kontroilkultur in 3—3!/, Tagen vollendet war, d. h. die Nährlösung sich mit einer vollständigen Decke überzogen hatte, die an allen Stellen fruktifizierte, dauerte diese Deckenbildung bei den Versuchs- kulturen desto länger, je länger der Sauerstoff abwesend gewesen war, was wohl darauf zurückzuführen ist, dafs die Lebenskraft!) der Sporen und die der aus diesen entwickelten Mycelien mit individuellen Unter- schieden immer mehr abnimmt, so dafs, während in der Kontrollkultur alle Sporen auf einmal. sich entwickelten und so rasch die ganze Nährlösung überzogen, bei den Versuchskulturen nur ein Teil, der mit längerem Entzuge prozentualiter abnahm, bei der Bildung der Decke in Frage kam. War nun der Sauerstoff nicht zu lange abwesend, so wurde das Fehlende bald nachgeholt, während bei längerem Mangel eine dauernde Schädigung zu konstatieren war. Diese Behauptung findet ihren Beweis in der Tatsache, dafs die Decke, während sie sich, wenn der Sauerstoffentzug '/a, 1 oder auch 2 Tage dauerte, so stark entwickelte, dafs sie sich wellenförmig kräuselte, bei längerem Sauerstoffentzug immer schwächer und schwächer wurde und zuletzt gar nicht mehr fähig war, die ganze Fläche der Nährlösung zu bedecken. (Siehe Tabelle I Colonne 1, 2 und 4.) Tabelle I. Aspergillus niger. — Temperatur = 31°C. Im zerstreuten Tageslichte. > . M Zeit Zeit, Zeit, . Bildung Normal ent- . |nach welcher die |der Myceldecke . - des Sauerstoff- |nach welcher die BRPEN . wickelte Kul- . Sporen 'gebildet |und Produktion entzuges |Sporen keimten turen nach wurden ‚ der Sporen 0 Tage 3,—1 Tage 2 Tage 3 Tage 1 13 .g1 6 kn kon bon Die Decke wird ” in 2» on immer dünner 6. 3 ıl ai 6 5 ” u ” Fi; ” und die Zahl der 6 ” ” 2 n 2 ” » n Toy 2, 8, gebildeten SPO- Ion hier ab fruk- 9, Um 6 „ ren Immer 8°- | ifziert nur ein 3 „ 2, 10, ringer Teil der gebilde- 18 „ 2, 13 ,„ ten Myceldecke. 3 „ 2, 16 „ 1) (Wenn ich hier kurz von Lebenskraft rede, so verstehe ich darunter alle jene ursprünglichen Eigenschaften, die in der Entwicklungsfähigkeit, in der Fähig- keit des Wachstums und in der der Fortpflanzung bestehen.) Flora 1903. " 15 222 Was die zweite Frage anlangt, welchen Einflufs der Sauerstoff- entzug auf die Produktion der Sporen bezüglich der Zeit ihrer Ent- wicklung und die Menge derselben hat, so war wieder eine deutliche Nachwirkung derselben zu erkennen. Während in der Kontrollkultur sich am 2. Tage nach der Infektion Sporen zeigten, begann die Fruktifikation in allen anderen Versuchskulturen später. Diese Verzögerung wuchs mit dem längeren Sauerstoffentzuge. Bei 6stündiger vorangegangener Abwesenheit von Sauerstoff dauerte sie 81/, Tage; bei 1—Ttägiger Sauerstoffreiheit schwankte sie zwischen 2!/; und 3 Tagen. Schon bei dem letzt- genannten Versuche, also bei Ttägigem Sauerstoffentzuge, beob- achtete ich, dafs die Mycelien meist ganz kurze Konodienträger bil- deten, so dafs die Sporen gleichsami sitzend angebracht waren. Diese morphologische Veränderung bildete das Übergangsstadium zum näch- sten Versuche. Wenn es der Versuchskultur nämlich 9 Tage an Sauerstoff gefehlt hatte, bildeten sich am 3. und 4. Tage Kono- dienträger, die zunächst keine Sporen trugen und diesen Mangel erst am 6. Tage ausglichen. Von da ab hatte nun die Lebens- kraft der Sporen durch den Sauerstoffentzug zusehends gelitten. So dauerte es nach 13tägigem Abschluls 10 Tage, bei 18tägigem 13 Tage und bei 2ötägigem gar 16 Tage, ehe Sporen gebildet wurden. Be- merkenswert ist ‘vielleicht noch die Tatsache, dafs nach Gstündigen) Sauerstoffentzuge die Verzögerung der Sporenbildung grölser war alı bei 2—7 Tagen, ein Umstand, der vielleicht damit zu erklären ist, dals die nach Tätigkeit strebende Lebenskraft zunächst beträchtlich gehemmt ist, dafs sie aber später sich den unerwartet eingetretenen Verhältnissen anzupassen versucht. Die schon zur Beantwortung der ersten Frage gemachten Beob- achtungen, nämlich dafs die Lebenskraft. der Sporen nach der Ab- wesenheit von Sauerstoff eine Zeit zwar unverändert bleibt, dann aber rapid abnimmt, zeigen, dafs in der Wirkung auf die gebildeten My- celien die Lebenskraft schon nach 2 Tagen geschwächt ist, bezüg- lich der Bildung neuer Sporen hält sie sich etwas länger; sie äufsert sich erst nach Ttägigem Sauerstoffentzuge. Anschliefsend an die zweite Frage: „Wann treten die neuen Sporen auf?* war zugleich darauf hingewiesen, dafs auch die Menge der produzierten Sporen von dem mehr oder weniger langen Sauer- stoffmangel abhängig ist. Schon nach 6stündigem Entzuge zeigte sich eine Abnahme in der Sporenbildung und zwar um so auffälliger je länger vorher die Kultur ungünstig beeinfulst war. Die Sporen t 223 lagen immer verstreuter auf den Myceldecken, sie waren immer weiter von einander gerückt und der kräftig fruktifizierenden Kontrollkultur immer unähnlicher, jedoch so, dafs bei 6stündigem und ltägigem Entzuge dieser Mangel sofort nachgeholt wurde, indem die Kultur sich ziemlich schnell vervollkommnete, während dies bei den übrigen Kulturen in sehr langsamen Schritten vorwärts ging. Auf diese Weise kam eine vollständige und in allen Teilen fruktifizierende Decke, die allerdings den Charakter einer Kultur erhielt, die sich mit ungünstigen Lebensbedingungen hat begnügen müssen, zustande, wenn auch nicht in 3 Tagen, wie bei der Kontrollkultur, so doch wenigstens in sechs Tagen, allerdings auch nur dann, wenn der Sauerstoffentzug nicht länger als 7 Tage gedauert hatte. Von da ab kam es nie mehr zur vollendeten Kultur im obengenannten Sinne, ja selbst. nach Wochen, wenn der gröfste Teil der Kultur fruktifizierte, zeigten sich noch grofse weifse Flecke, ein Beweis, dafs, wenn der Sauerstoff- entzug zu lange dauerte, nicht alle Mycelien fähig waren, neue Sporen zu bilden. So äufsert sich der Sauerstoffentzug auf Pilzsporen unmittelbar, indem er die Keimung verzögert und die Sporenbildung hinausschiebt, und mittelbar, indem durch die geschwächte Lebenskraft dieser Sporen die Mycelbildung sich abschwächt und verlangsamt und nicht mehr in allen Fällen fähig ist, kräftig oder überhaupt zu fruktifizieren ; mit anderen Worten: Es ist ein Einflufs auf den ganzen Organismus zu verzeichnen, der einesteils zeitlich wirkte und andernteils formativ. b) Einflufs des Sauerstoffentzuges auf Mycelfäden in der feuchten Kammer. Das Prinzip, nach welchem die Versuche angestellt wurden, be- ruhte darauf, dafs durch einen kontinuierlichen Strom von reinem Wasserstoff, der durch eine Gaskammer geleitet wurde, aller Sauer- stoff und etwa durch intramolekulare Atmung entstandene Kohlensäure beseitigt wurden. Die zur Verwendung gelangenden Pilzfäden waren im hängenden Tropfen angebracht. . Um die Sporen auf die Deckgläschen zu befestigen, machte ich von einer Methode Gebrauch, die im hiesigen botanischen Institute schon mehrfach erprobt worden ist: Auf grofse Deckgläser wurden mittels Schellack durch Auskochen sterilisierte Zwirnfäden derart be- festigt, dafs nur ihre Enden mit dem Deckgläschen fest verbunden waren. Würde nun die Aussaat der Sporen direkt in der Nährlösung 15* 224 x erfolgt sein, so würden sie bei jeder Störung ihren Ruhezustand än- dern und für die Beobachtungen Schwierigkeiten bieten. Um diesem Übelstande abzuhelfen, war es nötig, die ausgesäten Sporen in ihrer Lage zu fixieren. Zu diesem Zwecke erfolgte die Aussaat der Sporen in eine dünne Schicht verflüssigter Nährgelatine, mit der die Deck- gläser überzogen wurden und die selbstverständlich steril gehalten wurde. - Beim Erstarren dieser Schicht erhielt so jede Spore eine ganz be- stimmte Lage am Faden, die sich nur selten im Laufe der Beobachtungen _ etwas änderte. ‘Das Sporenmaterial wurde nicht aus der Reinkultur direkt in diese Gelatinschicht übertragen, sondern erst in ein gewisses Quantum von Nährlösung. In derselben wurde durch Schütteln eine Verteilung der Sporen bewirkt, und dann erst erfolgte die Aussaat in das zur Beobachtung bestimmte Präparat. Ein solches enthielt durchschnittlich 5—6 Sporen. Derart vorbereitete Deckgläschen wur- den auf sterilisierte Papptäfelchen als Kultur im hängenden Tropfen in der feuchten Kammer aufbewahrt und kamen nach 15—20 Stunden zur Verwendung. Dies geschah, indem zunächst die Gaskammer mit !/aproz. Lö- sung von Formaldehyd sterilisiert und nachher mit sterilisiertem Wasser sorgfältig ausgewaschen war. Auch machte es sich nötig, in die Kani- mer feuchte Stückchen von Fliefspapier zu geben, um ein Austrock- nen des Tropfens durch den Gasstrom oder eine Veränderung in der Konzentration der Nährlösung, die ja von Einflufs auf die Objekte gewesen sein würde, zu verhüten. (Puriewitsch, Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik Bd. 35 Nr. IV.) Das Deckglas wurde nun, nachdem eine Zeichnung des mikroskopischen Bildes mit Angabe der betreffenden Mafse entworfen war, mittels Vaseline auf die Öffnung der Gaskammer aufgepalst und der Wasserstoffstrom, der wie in Fig. 1 gewaschen war, durchgeleitet und unter Quecksilber wieder abgeleitet. Nachdem ich so den Gasstrom die bestimmte Zeit hatte passieren lassen, wurde das Deckglas vorsichtig abgehoben, auf das sterilisierte Papptäfelchen gebracht und in die feuchte Kammer gegeben, von wo es nun zur Beobachtung jederzeit herausgenommen werden konnte. Die Messungen der Mycelfäden wurden in der Weise vorge- nommen, dafs zunächst das normale Wachstum aller halben Stunden gemessen wurde (während des Durchleitens von Wasserstoff war nie ein Zuwachs zu beobachten), und dafs dann der Wiedereintritt des Wachstums nach Einbringung in Sauerstoff beobachtet und wieder alle halben Stunden registriert wurde. Als Messungsmarken diente für die Objekte in der Regel das Ende des Pilzfadens einerseits und 225 die Sporen andrerseits. War das Objekt gröfser, so traten an Stelle der Sporen Knickungen, Ansatzstellen von Seitenästen, den Objekten zufällig anhaftende Staubpartikelchen als Marken. Um die Messungen vermitteln zu können, wurde ein Mikroskop und ein drehbares Okular- mikrometer von C. Zeiss, Jena, zu Hilfe genommen. Bei einge- schobenem Tubus waren 186 Teilstriche des Mikrometers = 1 mm. Das durchschnittliche normale Wachstum in 1 Minute war 8,9, ein Wert, der ungefähr dem von Büchner (Zuwachsgröfsen und Wachstumsgeschwindigkeiten bei Pflanzen, Leipzig 1901, pag. 19) ge- fundenen entspricht. Die schon in der Einleitung erwähnten Beobachtungen Diako- nows (Berichte der Botanischen Gesellschaft 1887 pag. 115, 1886 pag. 1—5), aus denen hervorgeht, dafs die Lebensdauer niederer Pilze (ohne Glykose 1!/; Stunden, mit Glykose längere Zeit) durch den Gehalt des dargebotenen Nährmateriales beeinflufst wird, veranlalsten mich, auf diese Erscheinungen bei meinen Versuchen besonderen Wert zu legen. Ich tat dies, indem ich den zur Verwendung kommenden Pilz auf folgende Nährlösungen, deren Zusammensetzungen den von Diakonow benutzten teilweise entsprechen, brachte: 1. Tproz. Rohrzucker, 2. Tproz. Traubenzucker, 3. 6proz. Glycerin, 4. 5proz. freie Weinsäure. Um dem Pilze die nötigen Mineralnährstoffe zu bieten, wurden die soeben aufgezählten organischen Nährstoffe stets in folgender Lösung aufgelöst: _ . Destilliertes Wasser 1000 g, Phosphorsaures Kali 1,58, Salpetersaures Ammon 1,08, Schwefelsaures Magnesium 0,5g, Chlorcaleium 0,18. In methodischer Beziehung bemerke ich noch, dafs die Nähr- stofflösungen, welche nicht die organische Säure enthielten, stets-mit . etwas Phosphorsäure angesäuert wurden. Die Temperatur endlich, bei der alle Versuche sowohl in ihren vorbereitenden. wie nachfolgen- den Beobachtungen angestellt wurden, war im Wärmezimmer stets konstant und betrug 26°C. — Da über die Lebensdauer der vege- tativen Zustände von Schimmelpilzen bei Abschlufs von Sauerstoff nichts weiter bekannt war, als dafs die Lebensdauer derselben mit der dargebotenen Nahrung im engsten Zusammenhange steht, so 226 mulsten zunächst eine Reihe von Versuchen vorgenommen werden, die über diese Lebensdauer bei den verschiedenen Nährstoffen Auf- schlufs gaben. In welchem Sinne z.B. die in Pfeffers Physiologie 2. Aufl. Bd. I pag. 543 über diesen Punkt gemachten Angaben: „Sie fristen, wenn ihnen Zucker zur. Verfügung steht, ihr Leben etwas länger als eine Stunde“, zu deuten sind. Es war dabei interessant zu erfahren, ob die Wahl der Zuckerart von grolsem Einflusse ist. Weiter konnte es möglich sein, dafs die viel sauerstoffreichere Wein- säure oder Glycerin als Nahrung einen bestimmten günstigen Einflufs ausübten und so imstande waren, die Zeit des Todes hinauszuschieben. Die Berechtigung dieser Annahme wurde in dem einen Falle von der Zusammensetzung der Weinsäure hergeleitet, die relativ mehr Sauerstoff enthält als Zucker und in dem zweiten Falle von der be- kannten Tatsache, dafs Glycerin in alle Protoplasten sehr schnell eindringt. (Über den isoton. Koöffizienten des Glycerins. De Yries, Botanische Zeitung 1888 Nr. 15.) Endlich war bei den angestellten Versuchen auf allerlei Absterbel erscheinungen und auf die verschiedenen Wirkungen des Sauerstoff- entzuges zu achten. So war es von vornherein anzunehmen, dafs jüngere in der Bildung begriffene Teile vom Sauerstoffmangel mehr beeinflulst sein würden als solche Zellen, die in einen Dauerzustand übergegangen waren. Dagegen war es fraglich, ob die eben erst gekeimten Sporen, vollständig ausgebildeten und vielfach verzweigten Mycelien gegenüber sich in Bezug auf die Lebensdauer anders ver- halten würden. Zur Entscheidung dieser Fragen mulsten in del Kulturen zur Verwendung kommen, die Vegetativzustände in de verschiedensten Entwicklungsstadien zeigten, Demgemäfs drängten sich so zur Beantwortung folgende Fragen auf: Ist das Nährsubstrat von Einflufs auf die Lebensdauer? Und zwar: 1. Wie lange leben die Mycelien von Aspergillus niger, wenn ihnen Zucker zur Verfügung steht? 2. Ist ein Unterschied vorhanden, ob die Ernährung von Rohr- oder Traubenzucker besorgt wird ? 3. Wird die Lebensdauer der Mycelien durch die sauerstoffreiche Weinsäure oder durch Glycerin günstig beeinflufst ? 4. Wann wird für den Fall, dafs die Mycelien nicht tot sind, das Wachstum wieder aufgenommen ? 5. Ist es bei den verschieden gebotenen Nährstoffen bezüglich der Lebensdauer gleich, in welchem Entwicklungsstadium sich das Mycel befindet? f ! R 227 6. Sind gewisse Teile der Vegetativzustände besonders empfindlich gegen den Sauerstoffentzug, und welche Absterbeerscheinungen sind überhaupt zu beobachten ? Zur Beantwortung gebe ich am besten die zu diesem Zwecke angestellten Versuche in der Reihenfolge an, wie ich sie ausgeführt habe; die Erledigung der gestellten Fragen geht dann klar daraus hervor. Tabelle Il. Wachstum der Mycelfäden von Aspergillus niger nach Entzug von Sauerstoff bei Ernährung durch Rohrzucker. (Temperatur 26°C.) + = ja. — — nein (auch in den folgenden Tabellen) Dauer | . Pl Fr 7 a2 EN a ca [e>] u des Sauerstoffentzuges |cı |I' en EN + En Eben gekeimte Sporen... |+| — Mycelium, !/ymm lang.. |+!-+ + + + _ Die End- Seitliche Verzweig- | Kontraktion zellen ungen; an den End- | des Plasmas teilen zellen Kontraktion | am ganzen sich des Plasmas Faden Mycelum, über imm lang |+ + + + + — Abschnürung der Endzellen Tabelle MI. Wachstum der Mycelfäden von Aspergillus niger nach Entzug von Sauerstoff bei Ernährung durch Traubenzucker. (Temperatur 26° C.) Dauer Ei & ä des Sauerstoffentzuges « 2 1 Mycelium, !/;mm lang. . + + —_ ‘| Die Endzellen sind tot; ! Die Endzellen schnüren es bilden sich seitliche | sich ab und zeigen Kon- Verzweigungen traktion des Plasmas Mycelium, über Imm lang + + _ In einem Falle war das Mycel tot 228 Tabelle IV. Wachstum der Mycelfäden von Aspergillus niger nach Entzug von Sauerstoff bei Ernährung durch Glycerin. (Temperatur 26° 6), Dau E E & T3 nn = = 3 3 = des Sauerstoffentzuges | 5 PN © on |o& n x co [a — Mycelium, !/mm lang... + + ir Verzweigung! Die Endzellen sind tot; es ; an den End-| bilden sich seitliche Ver- | zellen zweigungen Mycelium, über imm lang | + + - + Tabelle V. Wachstum der Mycelfäden von Aspergillus niger nach Entzug von Sauerstoff bei Ernährung durch Weinsäure.!) (Temperatur 26° C.) Dauer Eu: a E ‚E des Sauerstoffentzuges a 2 z = z Eben gekeimte Sporen... |— | — _ _ 7 Mycelium, über Imm lang |+\+ + — Die Endzellen) Nach zwei Stunden bilden sich sind tot seitliche Verzweigungen Tabelle VI. Wachstum der Mycelfäden von Aspergillus niger und Lebensdauer derselben bei verschieden gebotenem Nährmaterial nach Entzug von Sauerstoff. (Temperatur 26° C.) Zeit l2\)5|3)23lö|=- | |» löls ||: des Sauerstoffentzuges = zZ 2 = a en n = jr = 2 ES jr“ Leni Ir} „ = so = all Kr x N Rohrzucker; ! eben gekeimte Sporen ++ +!+!+[/+ +|- Rohrzucker; Mycelfäden Imm lang | +! + | -+- + +/+1+!+!+[+|+|- Traubenzucker ++/+/+!+!/+ +1 +|1+!+-I1+1+ 1 Glycerin + ++ | ++! Weinsäure; i Mycelfäden, Imm lang | + +1 +1 — Weinsäure; . “ eben gekeimte Sporen | — 1) Diakonow fand für Weinsäure 1—11/, Stunde bezüglich der Lebens- dauer, gibt jedoch keine Temperatur an. (Berichte der Botanischen Gesellschaft 1886 pag. 4.) t 229 Die erste und zweite Frage, die den Einflufs des Sauerstoff- entzuges auf die Lebensdauer der Mycelien von Aspergillus niger bei Ernährung mit Zucker zeigen, ist nach den vorliegenden Tabellen leicht zu beantworten. Bei Traubenzuckerlösung tritt der Tod nach 4!/, Stunde ein, ist aber Rohrzucker da, schon nach 4 Stunden; doch wurde in einem Falle die Zeitangabe für Traubenzucker auch mit 4 Stunden präzisiert, so dals, da man einen Unterschied von !/; Stunde schliefslich noch in das Bereich des Einflusses der Indi- vidualität weisen kann, die gefundenen Werte, Zucker überhaupt, mit ungefähr 4 Stunden anzugeben sind. Dafs ein Unterschied in der Wirkung stattfinden mufste durch Anwendung der ver- schiedenen Zuckerarten, war vielleicht darauf zurückzuführen, dafs in dem einen Falle die Zuckerlösung sofort zur Verarbeitung kommen und zur Erhaltung des Lebens ohne Sauerstoff beitragen konnte, während der Rohrzucker erst nach einiger Zeit, nämlich nachdem er invertiert war, an seine organismuserhaltende Aufgabe herantrat. Über die dritte Frage, ob die sehr sauerstoffreiche Weinsäure oder Glycerin die Lebensdauer des Pilzes bei Abwesenheit von Sauer- stoff sehr günstig beeinflufsten, geben Tabelle IV und V Aufschlufs. Nach früheren Erfahrungen (Diakonow gibt die Lebensdauer bei Weinsäure mit 1—1!/, St. an) (Bestimmung der ausgeschiedenen Kohlensäure mit der Ernährung durch ‘Weinsäure oder Glycerin) konnte man die Lebensdauer zwischen der mit Chinasäure und Zucker, also zwischen 1 und 4 Stunden stellen. Das Resultat war aber ganz anders. Beide sind noch weniger geeignet wie Chinasäure, die intramolekulare Atmung zu unterhalten, da mit Glycerin, das bei aerobiatischen Leben eine ziemlich gute Nahrung abgibt, der Pilz nur 1 Stunde ohne Sauerstoff lebt und bei Ernährung mit der sehr sauerstoffreichen Weinsäure der Organismus selbst in älteren Teilen zugrunde geht, wenn ihm nur 40 Minuten der Sauerstoff mangelt. Nährmaterial, welches bei Anwesenheit von Sauerstoff eine gute Nahrung bedeutet oder durch seinen Sauerstoffreichtum günstig beein- flussen könnte, spielt hier keine Rolle. Die Pilze vermögen nicht auf Kosten derselben ihr Leben zu verlängern. Was die Zeit anbetrifft, innerhalb welcher, falls die Zellen nicht tot sind, das Wachstum wieder aufgenommen wird, so beträgt dieselbe im Durchschnitt 2 Stunden. Bei Ernährung mit Weinsäure zeigte sich in einem Falle schon nach 1 Stunde Zuwachs; dasselbe wurde auch bei einer Rohrzuckerlösung beobachtet, während andererseits eine solche mit Glycerinlösung in ‘einem Falle 3 Stunden auf Zu- 230 wachs warten liefs. Es scheint demnach die Zusammensetzung der Nährlösung nicht von Einfluls auf die Dauer des unterbrochenen Wachstums zu sein; vielmehr ist der mehr oder weniger lange Sauer- stoffentzug an der verschiedenen Länge dieser Zeit schuld. Wenn nämlich der Sauerstoff nicht zu lange gefehlt hatte (bei Zucker 1—1?/s Stunden), so trat in der 2. Stunde nach Einbringung in Luft zwar nicht normales Wachstum ein, es wurde aber wenigstens die Hälfte derselben erreicht, und nach 2 Stunden wuchs der Pilz dann wie vor der Unterbrechung, gleichviel ob die Endzellen, oder wenn diese abgestorben, neu gebildete Seitenzweige das Weiterwachs- tum übernahmen. Hatte man mit dem Sauerstoffentzuge aber bald die Greuze erreicht, die den Organismus zum Leben nicht mehr zurückkehren läfst, so trat vor 2 Stunden nie Zuwachs ein, soh- dern erst nach 2!/4 oder 2!/, Stunden. Dafs die Dauer der Wachs- tumsunterbrechung durch längeren Sauerstoffmangel immer gröfser werden muls, ist leicht verständlich, wenn man die Ursache der ganzen Erscheinung in dem pathologischen Zustande sucht, in welchen der Organismus übergegangen ist und der es mit sich bringt, Fr der früher normale Zustand desto später eintritt, je weiter die Zer- setzung vor sich gegangen ist und je. mehr sich die Zersetzungs- produkte gehäuft haben. Es ist also die Dauer des Sauerstoffentzuges von Einflufs auf die Zeit des Wiedereintritts des Wachstums, Es sei des Vergleichs wegen hier ein Versuch Diakonows erwähnt, der dieselben Einflüsse, also die des Sauerstoffentzuges auf die Kohlensäureproduktion zeigt. (Diakonow, Berichte der Bota- nischen Gesellschaft 1886 pag. 3 und 4.) Penieillium mit Zucker und Pepton ernährt. Luftperiode, 1 Stunde, 24,8mg Kohlensäure Wasserstoffperiode, 1 n 6,4 „ n Luftperiode, 1 » 16,2 „ „ Luftperiode, 1 » 23,2 „ n Nachdem der Kultur 1 Stunde, also verhältnismäfsig kurze Zeit, der Sauerstoff gefehlt hat, steigt die Atmungskurve nicht sofot t wieder auf die alte Höhe, sondern erreicht dieselbe erst in der zweiten Stunde annähernd. Es scheint demnach einige Wahrscheinlichkeit die Annahme zu gewinnen, dafs die Wachstums- und Atmungskurven nach Einbringung in Luft und vorhergegangenem Sauerstoffabschluls gleich verliefen, dafs also die Energie der Atmung in engster Be- ziehung zur Wachstumsenergie steht. Versuche, bei denen der Sauer- 231 stoff längere Zeit entzogen war, liegen von Diakonow leider nicht vor, so dafs ein weiterer Vergleich nicht vorgenommen werden konnte. Zur fünften Frage sei auf die ersten Kolonnen der Tabellen II—V hingewiesen. Dieselben geben als Länge der Mycelfäden an, eben gekeimte Sporen, !ımm und über Imm. Ein Unterschied zwi- schen den letzten beiden wurde in der Lebensdauer oder in sonstigen Folgen des Sauerstoffentzuges nie beobachtetet. Dagegen war es von Interesse, die Frage entschieden zu sehen, wie sich eben gekeimte Sporen verhielten. Die noch nicht entwickelten Sporen hielten den Sauerstoffmangel mehrere Wochen aus, ja es ist anzunehmen, dals sie den Sauerstoff zur Erhaltung ihrer Lebenskraft überhaupt nicht gebrauchen. Demnach mülsten, um in der Reihe fortzufahren, eben gekeimte Sporen unter denselben Bedingungen weniger lange leben, aber doch länger als !mm und Imm lange Mycelfäden. So würde die Konsequenz auch sein, wenn man an höhere Pflanzen in den entsprechenden Stadien denken würde, also an gequollene Samen, an eben gekeimte und an eben entwickelte Pflanzen. Die Versuche zu Tabelle II und V fallen aber ganz anders aus, In ersteren, also bei Ernährung mit Rohrzucker, leben die eben gekeimten Sporen nur 2 Stunden, die Hälfte der Zeit gegenüber von entwickeltem My- celium, die 4 Stunden den Sauerstoff missen können. Bei Wein- säure (Tabelle V) ist der Unterschied insofern noch augenfälliger, als ein Zuwachs überhaupt nicht beobachtet wurde, selbst wenn die Zeit des Sauerstoffentzuges auf 10 Minuten reduziert wurde. Es zeigt sich also, was man oft auch bei der Verfolgung von anderen Vorgängen beobachten kann, dafs, je lebenskräftiger die Zellen sind, je grölser ihre Anzahl und Masse ist, desto intensiver sich die Einflüsse äufsern müssen, dafs ganz junge Vegetativzustände weit empfindlicher sind gegen Sauerstoffentzug als ältere und in den meisten Teilen wohl- ausgebildete, die in einen gewissen Dauerzustand übergegangen sind, Hinsichtlich der letzten Frage, ob gewisse Teile von Mycelien besonders empfindlich und welche Absterbeerscheinungen dann zu beobachten sind, ist die erste Hälfte mit ja zu beantworten, wie schon zum Teil aus der Erledigung des vorigen Punktes hervorgeht. Abge- sehen von der Zeit, welche zu kurz ist, um irgend eine äufsere Ver- änderung des Mycelfadens hervorzurufen, tritt bei etwas längerem Entzuge (z. B. Rohrzucker 3 Stunden) eine Gabelung an den Enden auf, die das Aussehen hat, als habe sich die jüngste Zelle geteilt und wachse nun in zwei Enden weiter. Wird der Sauerstoff aber noch länger entzogen, so stirbt ein ganzer Zellenkomplex ab, und 232 zwar die jüngsten Zellen zuerst. Ein Beweis dafür, dafs sie tot sind, ist die auftretende Kontraktion des Plasmas in denselben und die Beobachtung, dafs sie nicht weiter wachsen, eine Notwendigkeit, die sich schon aus dem allgemeinen physiologischen Gesetze ergibt, dafs nur turgescente Zellen wachstumsfähig sind. Der Grund, weshalb die jüngsten Teile schneller zugrunde gehen, . ist möglicherweise nur darin zu suchen, dafs einesteils die Atmudg bei gleichen Aufsenbedingungen am ausgiebigsten in energisch tätigen Pflanzenteilen ist, dafs embryonale Zellen reicher an Protoplasma sind wie ältere, zum Wachstum mehr Sauerstoff gebrauchen und so den Sauerstoffmangel stärker empfinden. An Stelle der abgestorbenen Zellen, die sich oft ganz vom übrigen Faden abschnürten, wurden nun nach 2 Stunden an den älteren Teilen nach einer, meist aber nach verschiedenen Richtungen, seitliche Verzweigungen getrieben (es wurden in dem einen Falle an einem 0,2mm langen Stücke 6 Ausstülpungen beobachtet), die dann sofort das normale Wachstum aufnahmen. | Erreichte der Sauerstoffentzug diejenige Grenze, welche zum Absterben des Myceliums notwendig war, so wurde die Kontraktion des Plasmas an allen Teilen desselben wahrgenommen, meist aber erst nach Verlauf einiger Stunden. Dabei zeigte sich in einigen Fällen, in denen der Sauerstoff 7 und 8 Stunden gefehlt hatte, dafs die Mycelien ganz merkwürdige Involutionsformen bildeten, die an Hefe- zellen erinnerten, eine Beobachtung, die übrigens schon Diako- now gemacht hatte. (Berichte der Botanischen Gesellschaft 1886 Bd. 4 pag. 4.) Zusammenfassung. Die zeitweilige Abwesenheit von Sauerstoff beeinflufst: | a) indem die Keimfähigkeit der Sporen sich lange Zeit unverändert erhält, die Lebensfähigkeit der Sporen von Aspergillus niger so, dafs je nach längerem oder kürzerem Sauerstoffentzuge i 1. die Auskeimung derselben verzögert, . 2. die Mycelbildung entweder anfänglich verlangsamt oder dauernd abgeschwächt wird, 3. die Sporenbildung hinausgeschoben und die Produktion der- selben eingeschränkt wird; b) Vegetativzustände in Abhängigkeit von dem gegebenen Nährmate- riale so, dafs | 1. die Lebensdauer bei Traubenzucker 4!/; Stunden, bei Rohr- zucker 4 Stunden beträgt, Ze i | 233 2. Sauerstoffreichtum des Nährmaterials keine Rolle bei der Ver- längerung des Lebens spielt, da Glycerin 60 Minuten und Wein- säure 40 Minuten das Leben nur zu erhalten vermögen, 3. das unterbrochene Wachstum, falls das Mycel nicht abgestorben ist, nicht sogleich wieder aufgenommen wird, sondern je nach der Länge des Sauerstoffentzuges nach ungefähr 1—2!/, Stunden, 4. eben gekeimte Sporen weniger lange den Sauerstoffmangel ver- tragen als ältere Mycelien, 5. die jüngsten Zellen zuerst absterben, indem sie kontrahiertes Protoplasma zeigen und das Weiterwachstum von seitlichen Verzweigungen aufgenommen wird. V. Höhere Pflanzen. Für die Versuche mit höheren Pflanzen gelangte folgender Ap- parat zur Anwendung. Eine tubulierte Glasglocke von ungefähr 21 Rauminhalt wurde mittels eines luftdicht eingeschliffenen Glasstopfens geschlossen, der sich in eine rechtwinklig gebogene, einen einfachen Glashahn tragende Röhre fortsetzte. Die Glocke konnte dann mittels einer Mischung, die aus 5 Teilen Colophon und 5 Teilen Vaseline bestand, luftdicht auf eine matt geschliffene Glasplatte aufgesetzt und diese auf eine flache Porzellanschale gestellt werden. Wurde dieselbe dann mit Wasser gefüllt, so war ein vollkommen dichter Abschlufs erreicht. (Vgl. Fig. 66 in Pfeffers Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. Bd. I pag. 542.) Das Evakuieren geschah nun, wie im Abschnitt III angegeben, verschiedene Male, nur dafs zwischen den sich wiederholenden Ope- rationen der Wasserstoff längere Zeit im Rezipienten belassen wurde, damit den letzten Sauerstoffresten durch Diffusion die Möglichkeit ge- boten war, sich mit dem Wasserstoff in innigen Kontakt zu begeben und bei der nächsten Evakuation mit entfernt zu werden. Wenn auf diese Weise durch 3—5maliges Auspumpen der Sauerstofigehalt des Wasserstoffraumes, wenn man noch die Gröfse der Gefäfse in Betracht zieht, ohne Schaden gleich Null gesetzt werden kann, so machten sich doch bei den Experimenten, namentlich mit schon kräftig ent- wickelten Pflanzen, besondere Einrichtungen nötig, die mit dem Um- stande rechneten, dafs die Objekte durch Atmung und Assimilation, die nicht ganz zu unterdrücken waren, eine Änderung der Luft- zusammensetzung im Kulturgefäfse bewirken können. Es wurde aus besagtem Grunde unter die Glocke noch ein Kristallisiergläschen gebracht, das eine 1Oproz. KOH-Lösung enthielt 234 und das, am Boden stehend, die etwa ausgehauchte und sich dort ansammelnde Kohlensäure absorbieren sollte. In der Schale standen . aufserdem noch zwei kleinere Röhrchen, die mit ihrem unteren Ende in die Kalilauge eintauchten und mit Pyrogallol gefüllt waren, das sich auf diese Weise allmählich löste und so seine sauerstoffabsor- bierende Tätigkeit erst begann, wenn die Evakuation schon erfolgt war. So war die Pyrogallol-Kalilauge einesteils Absorptionsmittel, andernteils zeigte sie aber durch ihre unveränderte Farbe auch an, dafs der Wasserstoffraum frei von Sauerstoff trotz der Länge mancher Versuche geblieben war; sie war also zugleich der Indikator. Bei der Verwendung chlorophylihaltiger Pflanzen wurde die Glocke überdies mit einem schwarzen Tuche eingehüllt, so dafs die Assimilation vollständig unterdrückt war. Sollte trotz aller dieser Vorsichtsmafsregeln noch Kohlensäure (die Atmung konnte natürlich nicht vermieden werden) oder Sauer- stoff sich im Kulturraume entwickeln, so brauchte man bei der Gröfse der Gefäfse (2000 ccm) und bei der beschränkten Zahl von Pflanzen, die zur Verwendung kamen, mit diesen beiden unabwendbaren Ein- flüssen ihrer Geringfügigkeit wegen nicht zu rechnen. | Weit schwieriger gestaltete sich die Lösung einer zweiten Frage, der Ausschlufs von Mikroorganismen. Bezüglich der Anwesenheit der- selben braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden und ist von früheren Forschern (vgl. Godlewsky) zu sehr aufseracht gelassen worden, dafs „bei Anwesenheit von Mikroorganismen alle Schlüsse nur mit einer gewissen Vorsicht zu ziehen sind, und dafs das endliche Resultat durch die unerwünschte Einwirkung des genannten Faktors so modifiziert wird, dafs der wahre Sachverhalt in jedem Falle ver- dunkelt werden mufs“. Als Beispiel, wie grols der Einflufs ist, $ei zunächst die Mitteilung gemacht, dafs gut sterilisierte Samen im ste- rilen Raume den Sauerstoffentzug mehrere Wochen aushalten (16,5 ° d), während andere, bei denen man diese Vorsicht unterliels, in 6—7 Tagen zugrunde gingen. Es ist darum selbstverständlich, dafs bei derartigen Experimenten ein vollständiges Sterilbleiben des Versuchsmateriales während der ganzen Versuchszeit von grölster Bedeutung für die Zuverlässigkeit der Resultate ist. Zur Sterilisation der Samen stellte ich Versuche mit 1. Kupfer- sulfat, 2. Formaldehydlösung und 3. Quecksilberchlorid an. Um die praktische Verwendbarkeit dieser Körper festzustellen, war zunächst die Frage zu beantworten, ob ein vollständiges Sterilisieren erreicht wurde, und weiter, ob die Konzentration der angewendeten Lösut g 235 die Keimkraft der Objekte nicht beeinträchtigte. Kupfersulfat erwies sich dabei in allen Fällen als zu schwach zur Sterilisation. Form- aldehydlösung, in der Praxis zum Abtöten der Brandpilze auf Saat- getreide mit Erfolg angewandt (Kinzel, Justs Botan. Jahrbücher, Leipzig 1900, 25. Jhrg., I. Abtlg. pag. 125) wurde höchstens in höheren Konzentrationen (3—5proz. Lösungen) als geeignet für meine Zwecke befunden, hatte dann aber wieder die Nebenwirkung, dafs es nicht ohne Einfluls auf die Keimfähigkeit war. So blieb als allen Anforderungen entsprechend: Sublimatlösung 1:1000. Das Sterili- sieren, und ich folge hier einer Anregung von Godlewsky, geschah folgendermafsen: . Die trockenen und zum Versuche besonders auserlesenen Samen wurden mittels einer Zahnbürste mit Sublimatlösung 1:1000 sorg- fältig abgerieben und dann in der Lösung ungefähr !/, Stunde liegen gelassen. Inzwischen waren im Dampfkasten eine Reihe halb mit Wasser gefüllter, gut sterilisierter Erlenmayer’scher Kölbchen auf- gestellt worden. Durch 3—4maliges Umschütten von einem in das andere dieser Gefäfse wurden die Objekte von Sublimat befreit und konnten so im letzten Gefäfse, in dem dann nur wenig Wasser den Boden bedeckte, zum Quellen gebracht werden. Ob die Versuchs- objekte wirklich steril geblieben waren, liefs sich nach dem Klar- bleiben oder Trübwerden des Wassers, in welchem die Samen sich befanden, beurteilen. Alle sonst zum Apparat gehörigen Gefäfse, die ja durchgehends aus Glas bestanden, zu sterilisieren, war dann nicht schwer; es geschah ebenfalls mit Sublimatlösung 1:1000, während die für die Aufnahme der Objekte bestimmten, mit Fliefspapier aus- gelegten Petrischalen, resp. Blumentöpfe, die Sägemehl als Kultur- medium enthielten, im Dampfsterilisator sterilisiert wurden. Auf diese Weise gelang es bei einiger Übung ohne grofse Schwierigkeiten, gleichviel bei welcher Temperatur und für welche Zeit alle Nebeneinflüsse, wie sie sich entweder in der Veränderung der Luft durch Kohlensäure oder Sauerstoff oder in der schädlichen Wirkung von Mikroorganismen’ zeigen konnten, auszuschlie/sen. a) Einflufs des Sauerstoffentzuges auf die Keimfähig- keit der Samen und die Weiterentwieklung derselben. Zur Verwendung kamen Samen von: 1. Pisum sativum, 2. He- lianthus annuus, 3. Vicia sativa, 4. Secale cereale, 5. Sinapis alba. Es wurden absichtlich recht verschiedene Pflanzenarten ausge- . wählt, da einesteils stärke- und ölbaltige Samen in Bezug auf den 286 Verbrauch von Sauerstoff sich verschieden verhalten, andernteils aber erwiesen ist, dafs die Intensität der intramolekularen Atmung übet- haupt bei den verschiedenen Pflanzenarten sehr verschieden ist. Von Pisum und Helianthus brauchte ich zu jedem Versuche 50 Exemplare, von allen übrigen Arten je 100 Stück. Es wurden dabei nur auserlesen gute Samen verwendet, so dafs ein vorheriges Prüfen auf die Keimfähigkeit in dem Sinne ein beffiedigendes Re- sultat ergab, als 98—100°], auskeimten. Nach dem Sterilisieren und nach 24stündigem (Pisum, Helianthus) oder 12stündigem (Vieia, Secale, Sinapis) Quellen wurden die Samen in die mit Fliefspapier ausgelegten Petrischalen gebracht. Hinsichtlich der Feuchtigkeit des Keimbettes war noch zu berücksichtigen, dafs ein Übermafs nicht nur entbehr- lich sondern sogar schädlich gewesen wäre. Waren die Samen so zum Versuche fertig, so wurden sie unter die Glocke gegeben, 4—5mal evakuiert und der ganze Apparat bei der beabsichtigten konstanten Temperatur aufbewahrt. Von Zeit zu Zeit wurde nun eine Glocke geöffnet und die Petrischalen in Luft gebracht, doch so, dafs sie sich unter einer tubulierten Glasglocke, die, mit einem Wattebausch verschlossen, nur einen möglichst sterilen Luftdurchzug gestattete, befanden. Nun wurden die ausgekeimten Samen gezählt, die Resultate zu Tabelle VII vereinigt und so die Prozentzahl der gekeimten Samen nach dem verschieden langen Sauerstoffentzuge bei 16,5°C. in Form einer fortlaufenden .Reihe ge- wonnen. \ Es sei hier gestattet, noch einiges über den Zustand der aus der Glocke entnommenen Samen zu berichten. In den meisten Fällen sah man es den Samen, wenigstens den heller gefärbten, sofort an, ob sie tot oder lebendig waren. ° Die abgestorbenen hatten in ihrem Ansehen verloren. So waren die Erbsensamen heller geworden, die Sonnenrosensamen nahmen eine dunkelbraune Farbe an. Bei den Ge- treidesamen zeigte sich oft, dafs die Schale gesprengt war und der Inhalt zum Teil heraustrat, Es ist nicht ausgeschlossen, dafs hier vielleicht eine heftige Gasentwicklung die Ursache war. Sehr oft jedoch wurde man über die Zahl der lebensfähigen Samen zunächst getäuscht; denn aus dem Apparate herausgenommen, zeigten sie keine Veränderung, und erst jetzt an der Luft nahmen sie. eine andere Färbung an, die sich von aulsen nach innen fortsetzte, zuletzt sahen sie aus, als wenn sie verfault wären, Es traten also zwei Fälle ein, entweder änderte sich das Aus- sehen bereits unter Abschlufs von Sauerstoff, dann war hier jedenfalls | 237 der Tod schon eingetreten, oder die Änderung fand statt bei Ein- bringung in die atmosphärische Luft. Dann wurden die letzten Reste des Lebens, wie sie sich in der Exhalation von Kohlensäure noch zeigen, vielleicht durch den Wechsel der Umgebung vernichtet, und es fand so ein allmähliches Zugrundegehen statt. (Godlewsky findet in der Tat für die Dauer der Kohlensäureausscheidung eine, wenn auch nur wenig längere Zeit, als ich für die Erhaltung der Keimfähigkeit beobachtete.) Eine andere Erklärung für die Farbenänderung der Samen wäre auch dadurch gegeben, dafs man an autoxydable Stoffe dächte, die bei Zutritt von Sauerstoff ihre Farbe erst wechseln, nachdem schon vorher der Tod der Samen eingetreten ist. a) Widerstandsfähigkeit der Samen gegen Sauerstoffentzug. Zunächst fand ich durch meine Versuche die Angaben Chu- diakows bestätigt, dafs sich die Entziehung von Sauerstoff einesteils darin zeigt, dafs der Keimungsprozefs, nachdem die Samen in normale Bedingungen gebracht wurden, viel langsamer vor sich ging, als in einer Kontrollkultur, dafs andernteils aber bei längerem Fehlen von Sauerstoff die Wirkung auch in der Abnahme der Prozente der ge- keimten Samen zu beobachten war und endlich nach noch längerer Entziehung von Sauerstoff gewöhnlich bei allen Samen der Tod ein- getreten ist. Für mich war es nun interessant, für die verschiedenen Samen- arten zu beobachten: 1. In welcher Abstufung die Verminderung der Keimungsprozente vor sich geht; 2. welche Zeit nötig ist, um die Keimkraft aller Samen zu ver- nichten;; 3. welches die Reihenfolge der Widerstandsfähigkeit gegen Sauer- stoffabwesenheit ist. Zur Erledigung der Fragen sei auf Tabelle VII verwiesen. Bei Verfolgung jeder einzelnen Querreihe, die die Keimungsprozente der Samenarten für verschieden lange Abwesenheit von Sauerstoff angibt, beobachtet man, dafs sich im grofsen und ganzen eine Übereinstim- mung zunächst darin zeigt, dafs im Anfange eine gröfsere Abnahme sich bemerkbar macht, die in der Mitte dann etwas gleichmälsiger verläuft und zum Schlufs erst wieder stärker wird. Doch ist genau betrachtet die Abstufung der Keimungsprozente bei gleichen Zeitintervallen recht verschieden. Bei manchen Samen- Flora 1903. 16 238 arten, so bei Pisum oder Secale, zeigt sich eine ganz allmählich und durchaus regelmäfsig bis zum Schlufs verlaufende Abnahme, bei an- deren hingegen, z. B. Vicia, ist bei 20tägigem Sauerstoffentzuge fast alles tot; es sind nur noch ungefähr 13%, aller Samen keimungs- fähig. Hier ist also verhältnismälsig ein sehr grofser Abfall gegen- über den anderen Arten zu verzeichnen. Die wenigen noch erhaltenen Exemplare sind aber dann durch irgend welche individuellen Eigen- schaften besonders befähigt, den Sauerstoff zu entbehren und behalten ungefähr noch das Doppelte der vorangegangenen Zeit ihrer Keim- fähigkeit. | Tabelle VI. Prozente der gekeimten Samen nach verschieden langer Abwesenheit von Sauerstoff. (Temperatur 16,5°C.) j Zeit des Sauerstoffentzuges i 4 T >} © © o © © © © © © © © © © >} Biss = \2elsielr 22295 Elsı$ & BlEIBSIARIAIBJEIA|S IE aın|® 1 So !sio|nle!r Jo In |ns || © - - azaln In Ian In I elle 9a | %o | lo % 90 | %o | la | Flo | lo | %o | 0 | Yo | %lo | %lo | Yo Pisum sativum . 192 |81|67|. 51 33 |37!32|27122|17113| 0 Helianthus an- nuus . . .|86|73|66 55 60|38)20122/18!12| 0 Vicia sativa. .ı961871|59 32 138/115|11|5 1 0 Secale cereale . |95| 73163 51 47133|88/134|81|17|12114|6 120 12Tg.\15Tg. Sinapis alba .|74|56 25140, 10% | Noch auffälliger wird die Erscheinung, dafs bei verschiedenen Samenarten die Abnahme der Keimungsprozente verschieden verläuft, durch Vergleich der Längsreihen, also derjenigen Zahlen, die bei gleich langer Sauerstoffabwesenheit die Zahl der noch keimungs- fähigen Exemplare nennen. So zeigt sich bei 20tägigem Sauerstoff- entzuge folgendes Bild: 1. Helianthus 60°), keimfähige Samen 2. Secale 47%, » y 3. Pisum 33 9, » » 4, Vieia 13% „ „ L Diese Reihe wird fortdauernd verändert, so dafs sie sich z. B. am. 88.:Tage folgendermafsen ordnet: 239 1. Secale 34%, keimfähige Samen 2. Pisum 279, D) » 3. Helianthus 22%, » n 4, Vicia 5%, ” ” So geht als Resultat hervor, dafs bei immer längerem Sauer- stoffentzuge im allgemeinen die Abnahme der Keimungsprozente am Anfang und am Ende der Reihe am stärksten ist, dafs sie aber in der Mitte gleichmälsiger verläuft. Bezüglich der einzelnen Samen- arten ist jede derselben verschieden; bald geht die Abnahme stetiger, bald mehr sprungweise vor sich. Zur Beantwortung der zweiten Frage, welche Zeit nötig ist, um bei den verschiedenen Pflanzenarten die Keimkraft aller Samen zu vernichten, sind vorstehende Zahlen ebenfalls der Tabelle VII ent- nommen. Temperatur 16,5°C. 1. Secale cereale 50 Tage 2. Pisum sativum 43 „ 3. Helianthus annuus 40 „ 4. Vicia sativa 5 „ 5. Sinapis alba 5 „ Das Resultat fällt also, wie das der vorigen Frage, wieder recht verschieden aus. Es ist auffällig und kein besonderer Grund ersicht- lich, weshalb gerade Secale die erste Stelle einnimmt, also vom Sauer- stoffmangel am wenigsten betroffen wird, während dagegen Sinapis im gleichen Alter auffällig stark den Sauerstoff benötigt; Pisum, Helianthus und Vieia nehmen dabei eine mittlere Stelle ein und zeigen sich, ausgenommen Vicia, das schon etwas zurückbleibt, der Zeit nach ungefähr gleich widerstandsfähig. Die Aufstellung der dritten Frage: Welches ist für die an- gewandten Samenarten die Reihenfolge der Widerstandsfähigkeit gegen Sauerstoffabwesenheit, machte sich nötig durch die Eigentümlichkeit der Arten, bei gleich langer Abwesenheit von Sauerstoff mehr oder weniger lebensfähige Exemplare aufzuweisen. Es kam bei dieser Betrachtung also darauf an, einmal nicht nur die Zeit in Betracht zu ziehen, die durch die Abwesenheit von Sauerstoff imstande ist, alle Keimfähigkeit zu vernichten und die oft durch wenige, aber besonders kräftige Individuen auf ungewöhnlich lange Zeit hinausgeschoben wird (Vicia, Tabelle VII), sondern eben auch mit dem Faktor zu rechnen, dafs eine Pflanzenart bei gleich langem Sauerstoffmangel mehr lebens- kräftige Exemplare aufweist, als. eine andere. Nach dem ersten Ge- 16* 240 sichtspunkte würde die Reihenfolge sein, wie sie das Ergebnis der zweiten Frage sich dort verzeichnet findet, also: Secale, Pisum, Helianthus, Vicia, Sinapis. Nach dem zweiten Gesichtspunkte würde, wenn man nach den ersten 35 Tagen der Tabelle VII die Zahl der noch lebensfähigen Samen für die verschiedenen Zeiten des Sauerstoffentzuges in Betracht zieht und diejenige Art, die am öftesten die meisten Exemplare auf- weist, als am günstigsten an die Spitze stellt, die Reihe sich folgen- dermafsen ordnen: Secale, Helianthus, Pisum, Vieia, Sinapis. - In jedem Falle bleibt also Secale an erster Stelle, während Pisum und Helianthus, zwei Samen mit ganz verschiedenen Reserve- stoffen, ihren Platz in der Reihe vertauschen können, je nachdem, ob man die Widerstandsfähigkeit an der möglichst langen Dauer der- selben oder an der Menge der noch keimfähigen Exemplare beurteilen will. Vieia und Sinapis bleiben wieder in beiden Fällen an der- selben Stelle. Worauf die bei der Beantwortung aller drei Fragen gefundene Verschiedenheit der angewandten Samenarten gegenüber dem Sauer- stoffentzuge ‚beruht, ist schwer zu sagen. Man könnte an die Inten- sität der intramolekularen Atmung denken, Sie kann aber kaum von Einfuls sein, sonst würde der Abfall der Keimungsprozente am An- fange nicht gröfser, sondern mülste im’ Gegenteil am kleinsten sein, da die Kohlensäureausscheidung während der ersten 5 Tage im Steigen begriffen, also schwächer als zu der Zeit ist, in der die Keimungsprozente eine geringere Abnahme zeigen. Weiter mülsten, da die Befähigung zur intramolekularen Atmung bei den Leguminosen am stärksten, schwächer bei den Getreidesamen und am schwächsten bei den ölhaltigen Samen ist, die Reihenfolge der Widerstandsfähigkeit vom günstigsten an gerechnet sein: Helianthus, Secale, Pisum, aber nicht Secale, Pisum, Helianthus. Man könnte weiter an einen Einfufs der Reservestoffe denken. Doch schon der Umstand, dafs zwei ölführende Samen wie Helianthus 241 und Sinapis in ihrer Widerstandsfähigkeit sich sehr abweichend ver- halten, läfst der Vermutung, an die Reservestoffe allein zu denken, nicht recht Raum. So bleibt zum Sehlufs noch ein Hinweis auf zwei Forscher, die die Vernichtung des Organismus durch Abschlufs von Sauerstoff zu erklären versucht haben und dabei zu gleichen Resultaten gekommen sind, auf Chudiakow und Godlewsky (l. c. Chudiakow, pag. 268 #.; Godlewsky, pag. 241). So meint der erstere, dafs der Tod in der Beschleunigung der Spaltungsprozesse oder in der schädigen- den Anhäufung anderer aufser der Kohlensäure bei der intramolekularen Atmung entstehenden Produkte "besteht oder endlich, dafs beide Faktoren vereint den Tod herbeiführen können. In demselben Sinne hält auch Godlewsky es für wahrscheinlich, dafs der Tod der Organismen auf Vergiftung des Protoplasma durch Anhäufung von Zersetzungsprodukten beruht und damit findet er gleich einen Grund für das verschiedene Verhalten der einzelnen Samenarten gegenüber der Sauerstoffabwesenheit, nämlich dafs die Alkoholgärung bei Sauer- stoffmangel der Pflanze dadurch nützlich wird, dafs sie auf allerdings unbekannte Weise denjenigen Prozessen, die die Vergiftung des Plasma verursachen, entgegen wirkt. Welche von den Vermutungen nun die rechte ist und ob bei ihrem engen kausalen Zusammenhange nicht vielleicht alle genannten Faktoren bei der Widerstandsfähigkeit gegen Sauerstoffabwesenheit in Betracht kommen, läfst sich nach dem heutigen Stand der Frage nicht endgiltig entscheiden. ß) Weiterentwicklung der Samen. Weiter hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, die mittelbare Wirkung des Sauerstoffentzuges auf keimende Samen zu beobachten, also zu erforschen, inwiefern der vorangegangene verschieden lange Sauerstoffentzug imstande war, die Weiterentwicklung derjenigen Samen, deren Lebenskraft noch erhalten war, zu beeinflussen. Ich benutzte zu diesem Zwecke einen Teil der Samen, die schon zur Beobachtung der Keimfähigkeit gedient hatten. Nach dem Voran- gegangenen konnte man bei Öffnung des Apparates immer zweierlei Samen unterscheiden, solche, die ihre Keimkraft bereits eingebüfst hatten und solche, die imstande waren, in atmosphärischer Luft sich weiter zu entwickeln. Diese letzteren werden sich nun je nach In- dividualität auch wieder nieht gleich verhalten, was schon daraus her- vorgeht, dafs ihr Auskeimen zu recht verschiedenen Zeiten erfolgt. 242 Ich rechnete mit diesem Faktor in der Weise, dafs ich, wenn die Auskeimung aller Samen beispielsweise 5 Tage lang, vom 7. bis zum 11. Tage dauerte, 4 Exemplare von denen nahm, die am 7. Tage ausgekeimt waren, 4 vom 9. Tage und 4 vom 18. Tage zu meinen Mes- sungen. Dann pflanzte ich dieselben, nachdem sie einige Tage im nicht zu feuchten Keimbett gelassen worden waren, in Sägemehl, das zuvor mit seinen Behältern sorgfältig im Dampfsterilisator sterilisiert worden war, hielt die Kulturen unter gleichmäfsiger Temperatur und mafs nun den Zuwachs täglich, bis das Wachstum erloschen war. Die in Tabelle VIII zusammengestellten Zahlen geben in Centimeter die jeweilige Gröfse und zwar als Durchschnittszahl aller Exemplare an. Aufser anderen Forschern hat besonders Chudiakow nach- gewiesen, dals die Auskeimung der Samen je nach kürzerer oder längerer Dauer des Sauerstoffentzuges immer mehr verzögert wirt: Das gleiche Resultat geht aus meinen Versuchen hervor. Doch galt es, diese Verzögerung in der Keimung nun einmal weiter zu verfolgen und zu beobachten, ob in jedem Falle das Versäumte bei der späteren Entwicklung nachgeholt wird oder ob sich vielleicht hier ein gleiches Verhalten wie bei den Pilzsporen erkennen läfst, d. h. ob bei längerem Sauerstoffentzuge die Samen so geschädigt sind, dafs es zur Entwick- lung eines normalen Organismus nicht mehr kommt. Was die Erledigung der Frage anbetrifft, sei auf Tabelle VIII verwiesen. Das hypocotyle Glied von Helianthus zeigt da nach zwei- tägigem Sauerstoffentzuge am 9. Tage der Entwicklung eine Gröfse von !/acm gegenüber 3!/,cm bei der Kontrollpflanze; hatte der Sauer- stoff 4 Tage gefehlt, so war dieselbe Länge !/ecm schon am 7. Tage erreicht, bei 5- und Ttägiger Sauerstoffabwesenheit nach 8 Tagen, während dann bis zum 17. Tage eine noch längere Verzögerung im Auskeimen nicht mehr stattfand. Dieselben Verhältnisse, nämlich dafs die Verzögerung in br Auskeimung in den ersten Tagen am grölsten ist, dafs sie sich am 4. und 5. Tage weniger beträchtlich ‚zeigt und dann eine lange Reihe von Tagen immer regelmäfsig verläuft, finden wir mehr oder weniger, am stärksten bei Vicia, am schwächsten bei Secale und Pisum, bei allen angewandten Samenarten ausgeprägt, sie scheint also eine Eigen- tümlichkeit aller pflanzlichen Organismen im gleichen Stadium und unter gleichen Bedingungen zu sein. (Auf dasselbe eigentümliche Verhalten konnte ich übrigens schon bei den Pilzsporen hinweisen, ef. pag. 222). Mit der Verlangsamung am 2. Tage geht natürlich auch ein langsamerer Zuwachs für den Anfang Hand in Hand, so dafs Tabelle VIIE. Zeit der Keimung und Wachstum der Keimlinge in Centimetern. (Temperatur 16,5° C.) Helianthus annuus Sinapis alba Secale cereale > Pisum sativum Vicia sativa Zahl der Tage Zeit des Sauerstoffentzuges Zeit en oh Zeit des Sauerstoffentzuges rei Dre Zeit des Sauerstoffentzuges nach Ein- | „ 8 a 8 na E on 8 o» 8 bringung in = 3 © 3 2 oe z 2 © ® S 2 | ol 2 € Luft ee esse: eis|e 5 $i8|:sielesiehelieieie s|siss zE HI kIRI ER | Fieerlzseiäls äls zEIRIR IE |H zBEIE IE [ls zEIES|lE|S|S|F|$S a|wı2|» Sm allein |-/|3|5 all» |- !&2|5 I“ l|oi=-|$|5 alla |» [e|eo 3Tg Ye 4. Tag 4Tg.1 1, 1, 5. Tag Us 2 Ye ta 1 1 6. Tag 1 a A,| Yaı [1 Bl Ha 12, 115 7. Tag 1, Ua 1 aa) 2,12 | my) Ye 2 el 2%, Ya 8. Tag 3 el Ya Ye 1 Ya 10 el 2 |ı 3 Ye] Ya 1 4 Mal Yal Yal Yel Ye 9. Tag | ey i 2 2 |Y 121), Sl) 6 |5 |5 | 21,1 2 A| Ya 3yjı 1 | Yeı Al Bl Mal | 8 30. Tag | 2, at | la 141/, | Wei To) Tg) 61, B1jo| 4 6 I 12 yo) lg Noll) 8 273 32 | 1yolity.lı 11. Tag 7 el All 2 | Stjolit/oj2 al: 2,4 1] 9% 16, | 91,19 [9 |7 |5 |6 8 17a 1,8 | 8) Ya | 10 2 32 |2 2 |1), 12.Tag | 9 [ac |, 5,o 2 I a, say le I1n, 8 [11 jap |8 |erlsıylıo |2 [2 lan Ta je |1ı Ian 5a | an,lar,a 13. Tag [10, | 8 er laylan,| 51, 5 leıy,is le 1827, 181/g11127911217,1 9/5 8 Jun Fasıyz | ar, a laryglınlurger,| ı2ı/, | au, my.) 6 Is Is le 14. Tag [12 | zlo,|s | syganyla | 61, Ierymıy,layger, 19 15 esygiı | yaliatl 15 | 84a large 2 lau, 1897, | 61) 9.1 8 | auyular.ler, 15. Tag |1sı, 12 Jıs [sg 0 Mrplayl 7, mus je ar, 1927, 16 114 jiarygraysıı Marl ıs 1a Sorge Is Jerl Frau, | muy | 91] sıyla la, 16. Tag | 1417, Iıs |14 [tr | o2,lasyla | 8, Isty,Jo mys 20 imyısıy,iıs [1s1,,110,, 17, |6 | 7 |erj.lsr,|s 16 | 1y,l1317,l1o1/,) a lat, 17. Tag 151/, [141/g1141/,18 101,8 4 919219 [8 |61/, 18,17 117 1alalıı8), 19 8 | 8,7 [5%/,]81/, 1617, [114/115t/,111 | 517,15 18. Tag (16 is Jası,lisıy.liı Is 9 al Veyylr 19/18 18 |16 lı2 21 | | rar, aygaryglun,] 7 Ist), 19, Tag | 10, Jıs is Jia fı2 Is1, 91,71), 201, 19, 18t,,listj,jiz 121, 221/, tut 8 |72%, i7 Jieygıg 12 | 81, 20. Tag | 17 lierzlier,liay,lıs lay, 81, 20 lıs Jı9 j1my,lı8 241/, |131/,1121/,181,,]8 17, 171,20 listj,l10 21. Tag | 17, jir {17 J152,l1817,Jar/, 9 201), |20 120 lıs1,[1st/,181), 261, 116 |141/, 181/, |182/,12017,1141,,1111,, 22. Tag (my, jıs Iıs 16 l1a le, 20120120 | 28 |171/,1161), 19 J1917,j201/,1151/,1121), 28. Tag | 181/, |181/,181,,116 51%, 21 1 jeı leu, 291,, |19 Jı81,, 20 \eoy,eı |171), 24. Tag | ıs1, |19 Jıs fi, |6 301/, |2ı !20 201/, |2ı lery,lısı), 25. Tag | 191, |19 20 lı7 64, 21 21 je sı es 221), 2ı 22 le2 191, 26. Tag m (Bl, 311), [25 125 22 leaıy,ie2 |eı 27. Tag 18 s2 27 las, 221/, 1221,,1221/,2117, 28. Tag | 32 97 "| Ta2y, es le21/,|221), 29. Tag 23 las jaesj,la4 243 Helianthus beispielsweise nach 4tägigem Sauerstoffentzuge am 9. Tage eine Länge von 1!/scm erreicht hat, während unter günstigen Ver-. hältnissen, nämlich, wenn der Sauerstoff nur 2 Tage gefehlt hatte, die Durchschnittszahl des Wachstums nur !/;cm betrug. Später findet dann natürlich mehr oder weniger schnell ein Ausgleich dieser Wachs- tumsdifferenz statt. Dafür, dals der 2tägige Sauerstoffentzug ungünstiger wirkt als der 4tägige, könnte man zwei Erklärungen annehmen; entweder trifft das zu, was ich schon für die Pilzsporen als Grund angab, nämlich dafs der Organismus am Anfange am meisten von der un- günstigen Veränderung seiner Lebensbedingungen betroffen wird, dafs aber später mehr oder weniger ein Anbequemen stattfindet und die schützende Wirkung der intramolekularen Atmung mehr und mehr zur Geltung kommt. Bei der zweiten Erklärung würde das Umgekehrte insofern eintreten, als die ungünstigen Verhältnisse des 2tägigen Sauerstoff- entzuges als normal gelten und die günstigeren der 4tägigen Sauer- stoffabwesenheit die Ausnahme bilden. Ich denke dabei an eine Beobachtung Pfeffers: „Bei Konstanz der allgemeinen normalen Be- dingungen scheint es, dafs als Reaktion auf mechanische oder che- mische Eingriffe, die nicht bis zur bleibenden Schädigung getrieben werden, nicht selten eine transitorische oder permanente Steigerung der Atmung zuweilen im Verbande mit einer Beschleunigung der Wachstumsfähigkeit hervorgerufen wird.* Verfolgen wir nun die Entwicklung der durch den Sauerstoff- entzug mehr oder weniger in ihrer Lebenskraft beeinträchtigten Samen bis zum Ende (Tabelle VIII), so finden wir, dafs, wenn der Sauer- stoff nicht länger als 5 Tage abwesend war (die einzige Ausnahme bildet Pisum, bei dem die Grenze schon am 4. Tage erreicht ist), in jedem Falle und bei allen Samenarten eine Schädigung nicht wahr- zunehmen ist. Es war also bezüglich der Weiterentwicklung der Samen von einer Schwächung der Lebenskraft innerhalb der bezeich- neten 5 Tage keine Rede, vorausgesetzt, dafs man das etwas spä- tere Auskeimen nicht herücksichtigt. Der Organismus gebraucht bis er die Gröfse der erwachsenen Pflanze erreicht einige Tage länger, was ja schon in Anbetracht dessen, dafs er seine Entwicklung später beginnt, ganz erklärlich ist. Zugleich aber wird uns der Beweis ge- liefert, dafs durch das Fehlen des Sauerstoffes nicht etwa Schädigungen in dem Sinne stattgefunden haben, dafs ein Teil der Reservestoffe zur Erhaltung des Lebens im sauerstoffreien Raume aufgebraucht 244 worden ist. Auf Rechnung dieses Grundes glaube ich aber nun die- jenigen Erscheinungen setzen zu müssen, auf die ich jetzt hinweisen will. Mit Ausnahme von Sinapis, dessen Samen auch einen sieben- tägigen Sauerstoffentzug vertragen, waren in ihrer Weiterentwicklung Nachwirkungen ungünstiger Art bei allen anderen Samen zu bemerken, die sich darin äufserten, dals das Wachstum schon früher eingestellt wird, so, angenommen bei Ttägigem Sauerstoffentzuge, bei He- Hanthns am 22, statt am 25. Tage der Entwicklung, oder bei 17tägiger Sauerstoffabwesenheit gar schon ‚am 17. statt am 25. Tage, wie bei der Kontrollpflanze. Dabei ist es erklärlich, dafs die Gröfse dieser Kontrollpflanze in dieser kürzeren Zeit natürlich auch nicht erreicht wird. Schon deshalb eben, weil einesteils ein Teil der Reservestoffe durch die intramolekulare Atmung eine Umwandlung erfahren hat, so dafs er zum Aufbau der Pflanze nicht mehr Verwendung finden kann, andernteils aber auch, und diese Erklärung ist wohl im Gegenteil zur ersten von gröfserer Bedeutung, weil durch Schwächung der Lebenskraft zum Teil die Möglichkeit genommen ist, etwa vorhandene Stoffe zu verarbeiten. Diese Behauptungen finden ihre Bestätigung in der Tatsache, dafs nach längerem Sauerstoffentzuge die Entwick- lung der Pflanze immer mehr zurückbleibt. Erreichte Gröfge bei Sauerstoffabwesenheit von Art der Samen 7 Tagen - | 12 Tagen 17 Tagen i Helienthus . . . 14 cm 61/, cm 40m Pium. .... 8cm 31/, cm 2l/, cm Secale. . . . . 181/, om 131/, cm 181/, cm Am auffälligsten verhalten sich dabei die Samen von Secale einesteils dadurch, dafs ihre Entwicklung trotz einer nicht in Abrede zu stellenden Schädigung durch den Sauerstoffentzug sich sehr weit der Kontrollpflanze in ihrer Entwicklung nähern, dann aber auch da- durch, dafs kein Unterschied zu erkennen ist bei 12- oder 1Ttägiger Sauerstoffabwesenheit, Die Lebenskraft scheint also sehr wenig rasch abzunehmen. Es ist also auch dadurch wieder bewiesen, dals Secale zu den widerstandsfähigsten Samen gegenüber dem Sauerstoffmangel gehört. Im allgemeinen werden wir also sagen, die längere oder kürzere Abwesenheit des Sauerstoffes äufsert ihren Einflufs auf keimende Samen a) unmittelbar, indem mit längerem Sauerstoffentzuge die Keimungs- prozente in dem Sinne vermindert werden, dafs 245 1. im Anfange eine gröfsere Abnahme sich bemerkbar macht, die in der Mitte dann etwas gleichmäfsiger verläuft und zum Schlufs erst wieder stärker wird, dals 2. folgende Zeit nötig ist, um die Keimkraft aller Samen zu ver- “ nichten: Secale 50 Tage, Pisum 43 Tage, Helianthus 40 Tage, Vicia 35 Tage und Sinapis 15 Tage, dafs 3. wenn man die Widerstandsfähigkeit der Samenarten an der Zeit und an der Zahl der erhaltenen Exemplare beurteilt, die eben genannte Reihe bestehen bleibt und nur Pisum und Helianthus ihren Platz vertauschen, sich also gleich widerstandsfähig er- weisen; b) mittelbar, indem die Weiterentwicklung derjenigen Samen, deren Lebenskraft noch erhalten war, gestört wird, sodals 1. mit der verzögerten Auskeimung ein Zurückbleiben in der Ent- wicklung für den Anfang eintritt, das am 2. Tage grölser ist als am 4, und 5. Tage, das aber später in all diesen Fällen nachgeholt wird, und es so zur Entwicklung der normalen Pflanze kommt; 2. diese Entwicklung im Sinne der Kontrollpflanze nicht mehr statt- findet, wenn der Sauerstoff ungefähr 7 Tage abwesend war und dafs der Organismus immer mehr im Wachstum zurückbleibt und dasselbe immer zeitiger einstellt, je länger der Sauerstoff- entzug gedauert hatte. Der Grund ist dabei vielleicht in einem Mangel an Reservestoffen, die zum Teil zur intramolekularen Atmung Verwendung gefunden haben, mehr aber noch in der geschwächten Lebenskraft, die die Stoffe zu verarbeiten nicht mehr die vollständige Fähigkeit besals, zu suchen. b) Der Einflufs des Sauerstoffentzuges auf entwickelte Pflanzen in verschiedenen Lebensstadien. Zu den Experimenten fanden Keimlinge im Alter von 3 und 5 Tagen Verwendung. Zur Gewinnung derselben wurden die ste- rilen Samen wieder 24 Stunden in destilliertes Wasser eingebracht und darauf in ebenfalls zuvor sterilisierte, feuchte, lockere Sägespäne gebettet. Die Entwicklung ging dann bei der in Aussicht genommenen Temperatur (16,5° C. und 26° C.) unter einer Glasglocke zum mög- lichsten Schutze gegen Infektionen im zerstreuten Tageslichte vor sich. Hatten die Pflänzchen die gewünschte Länge erreicht, so wurden fünf möglichst gleich lange Exemplare ausgewählt, deren Länge ge- messen, die Kultur dann unter den Rezipienten gegeben und der 246 Sauerstoff durch Wasserstoff ersetzt. Da die Pflanzen angefeuchtet in das Gefäfs kamen, so befanden sie sich fortwährend im dampf- gesättigten Raume. Diese Feuchtigkeit genügte vollauf, während andererseits eine Injektion der Spaltöffnungen durch zu viel Wasser einen hemmenden Einflufs ausüben konnte oder irgend welchen Fäul- nisprozessen Vorschub geleistet worden wäre. Zum Schlufs wurden die Versuchsobjekte durch Umwickeln des Apparates mit einem schwarzen Tuche -verdunkelt, um bei chlorophyliführenden Pflanzen- teilen die Assimilation auszuschalten. Nach der gewünschten Zeit wurden dann die Pflanzen aus dem Apparate herausgenommen und nun beobachtet, ob der Tod erfolgt war oder ob nur gewisse Teile ab- gestorben waren, und wie nun die Weiterentwicklung der geschädigten Pflanze erfolgte. D In Anbetracht dessen, dafs die Erfahrung mit Samen schon zeigt, dafs sich die verschiedenen Pflanzenarten in Bezug auf die Frage der Sauerstoffentziehung verschieden verhalten, veranlafste mich, auch hier wieder zu verschiedenen Arten zu greifen. Ich stellte meine Ver- suche mit Pisum sativum, Vieia sativa und Secale cereale an. Es war ganz natürlich und ist von Chudiakow näher gezeigt worden, dals ein Unterschied in Bezug auf das Vertragen des Sauer- stoffmangels zwischen den gequollenen oder bereits entwickelten Samen besteht, der darin seinen Grund hat, dafs im Momente der , Entziehung des Sauerstoffes die ersteren nur sehr schwach, die letzteren energisch tätig waren. Dieser Unterschied veranlafste mich, bei der Wahl der Versuchsobjekte auf die Entwicklungsstadien mit Rücksicht zu nehmen, So waren unter Berücksichtigung der Temperatur und des Entwicklungsstadiums die Fragen zu erledigen: | Welche Absterbeerscheinungen sind zu beobachten? und Wann treten dieselben ein? Wenn die Objekte, nachdem ihnen die beabsichtigte Zeit. der Sauerstoff gefehlt hatte, aus dem Apparate herausgenommen wurden, so verbielten sie sich fast immer gleich, d. h. sie nahmen entweder 1. nach einigen Stunden das Weiterwachstum wieder auf, hatten also keinen Schaden gelitten, oder es waren 2. ein Teil des Sprosses oder selbst der ganze Sprofs abge- storben, dann wurden die vernichteten Teile ergänzt, wozu es aller- dings mehrere Tage an Zeit gebrauchte, oder endlich 3. der Organismus war tot, was gewöhnlich daran erkannt wurde, dafs eine Entwicklung nicht mehr stattfand. | 247 Zur näheren Erklärung der drei verschiedenen Stadien sei auf Tabelle IX—XI verwiesen. Die erste Stufe, dafs die Pflanzen im Kontakt mit Wasserstoff, also auch während der intramolekularen Atmung, ihre volle Lebensenergie bewahrten, fällt bei allen Arten in die Zeit von 6—8 Stunden bei 26° C. und 10—12 Stunden bei 16,5°C,. Eine Ausnahme bildet Pisum bei 16°C., das innerhalb der Tabelle IX. — Pisum sativum. Gröfse d. Exem- . . plare und Ver- Nach Abwesenheit von Sauerstoff während: suchstemperatur | 1Tag| 2 Tagen 3 Tagen 4 Tagen | 5 Tagen |5l/, Tagen Die Spitze | DerSprofsist| Der ganze des Spros-| bis zur Mitte }Sprofs ist tot.| Yytyle- 2—2l/,cm _ |ses ist tot.| abgestorben, | Cotyledonar- Aonar- _ 16,500, Es bilden |Es bilden sich! sprosse. Die sprosse. sich Ach- Achsel- Nebenwur- selsprosse.| sprosse. |zeln sind tot. Der Spross 2/. des$ 1,.des$ ist bis zur Is en SPros- Ih 24 PPrOS- DerSprofs|Der Sprofs 8-10 cm Mitte ab- | 98 sind tot. | ses ist noch | . _ Achsel und | erhalten. |1st tot. Co-jist tot. Co- gestorben. tyledonar-|tyledonar- 16,500. Cotyledonar- | Cotyledonar- |" econar- tyledo Achsel- sprosse. | SPrOBse, sprosse, sprosse. SPFOBBE. Der Sprofs 2—21/,cm ist tot, Co- 23800. — | tyledonar- u u — — gprosse, DerSprofs| Der Sprofs 8— 10 cm ist tot. Co-| ist tot. Co- 2600, — |tyledonar-| tyledonar- — — = Sprosse. sprosse. gegebenen Temperatur die Sauerstoffabwesenheit von 24 Stunden ver- trug. Bei Zutritt von Sauerstoff wurde von allen Pflanzen das Weiter- wachstum schon nach einigen Stunden, nachdem sie nämlich den Zu- stand der Starre überwunden hatten, wieder aufgenommen und die reizbaren Organe in den Stand gesetzt, ihre Krümmungen wieder auszuführen. Hatte der Versuch nun länger gedauert, so bestand der Einflufs nicht nur in einer kurzen Unterbrechung des Wachstums, sondern es machten sich Schädigungen am Organismus selbst bemerkbar. So fand bei den Dieotylen Pisum und Vicia das Absterben des Sprosses in 248 der Folge statt, dafs die jüngsten Spitzen, die Träger der Weiterent- wieklung nach 1—2tägigem Nauerstoffentzuge tot waren, hatte der Sauerstoff länger gefehlt, so war der halbe Sprofs abgestorben; es handelte sich dabei also schon um ältere im Ruhezustande befindliche Gewebe, bis endlich nach 4—5tägigem Sauerstoffentzuge der ganze Sprofs vernichtet war. Tabelle X. — Secale cereale, Gröfse d. Exem- plare und Ver- , suchstemperatur 1 Tag 11), Tagen 2 Tagen 8 Tagen Nach Abwesenheit von Sauerstoff während: Die Pflanzen sind Das älteste Blatt scheinbar tot, auch Die Pflanzen 2 irbt ab; i i om stirbt ab; es schiebt die Wurzeln sind | gehen allmählich | — ii 16,50, sich das nächste | „m Teile abge- zugrunde, nach. storben, Das älteste Blatt ist an der Wachstumszone geschädigt und stirbt ab, das nächste Blatt schiebt sich nach. 8—10 cm Cotyledonarsprosse 16,50, ‘ Die Wurzeln sind | Ein kleiner Teil | — geschädigt. der Hauptwurzel ist noch erhalten, Das älteste Blatt 2cm stirbt ab, 2600. das nächste schiebt zu sich nach. Das älteste Blatt 8—10 cm | stirbt ab, Alle Exemplare 2600. das nächste schiebt| Chen allmählich sich nach. zugrunde. Das Chlorophyll der abgestorbenen Teile war dann zersetzt, der Turgor geschwunden und das Aussehen glasig und welk. Die Färbung spielte ins Gelbliche und ins Bräunliche, bis der Fäulnisprozefs be- endet war. cf. Einleitung, Angaben von Brefeld. Die Ergänzung der abgestorbenen Teile fand nun in der Weise statt, dals, wenn ein Teil des Sprosses noch vorhanden war, sich an den Blattwinkeln Achselsprosse .entwickelten, die bald das normale Wachstum aufnahmen und geeignet waren, den. fehlenden Sprofsteil zu ersetzen. War dagegen der ganze Sprols tot, so bildeten sich sowohl bei Pisum als auch bei Vicia Cotyledonarsprosse, die sich von der Basis der Cotyledonen aus, wo noch meristematische Teile ge- bildet werden konnten, entwickelten. 249 Dauerte dann der Sauerstoff- entzug nur wenige Zeit länger, so war auch die letztgenannte Er- gänzung des fehlenden Sprosses ausgeschlossen und es fand eine Entwicklung nicht mehr statt. Bezüglich des Eintrittes aller Absterbe- und Ergänzungserscheinungen sei auf die Tabellen IX—XI verwiesen, Tabelle XI — Vieia sativa. Gröfse d. Exem- . . plare und Ver- Nach Abwesenheit von Sauerstoff während: suchstemperatur 1 Tag 2 Tagen 3 Tagen 4 Tagen |5 Tagen Der Sprofs, | Die jüngsten Scheitelvege-| Scheitelvege-|scheinbar ge-| Teile scheinen 1/,—1cm tationspunkt | tationspunkt | sund, stirbt |nur tot, trotz- 16,50 C. tot. Bildung | tot. Bildung allmählich ab.| dem gehen die _ von Achsel- | von Achsel- [Nach12Tagen| Pflanzen all- sprossen, sprossen. |Cotyledonar- | mählich zu- 8prosse. grunde, Die oberste |. . . Hälfte des Die obereBälfte Scheitelvege- Scheitelvege- Sprosses ist des Sprosses ist Die tationspunkt tationspunkt tot. Bildung tot. Bildung Pflanzen 3cm tot. Bildung tot. Bildung von Achsel- |" Cotyledo- gehen 18,50 0. ‚| von Achsel- | von Achsel- sprossen. narsprossen. | N äh. sprossen. eprossen, Wurzelspitze An Stelle der lich zu- oft 2, tot. Bildu Hauptwurzel | 0 8 | Hilden sich | B”Unde. von Neben- Nebenwurzeln. wurzeln. Die oberste Hälfte des |Der Sprofs ist)- 1/,—1em Sprosses ist |tot. Bildung |Die Pflanzen _ _ 2600, tot. Es bilden/von Cotyledo-| sind tot. sich Achsel- | narsprossen. " sprosse, Die oberste Die Spitze ist| Hälfte des Der Sprofs 3cm tot. Es bilden! Sprosses ist |_. ist tot. Die Pflanzen 2600 sich Achsel-| tot, Achsel- Bildung von sind tot. — sprosse. jund Cotyledo- Cotyledoner- NATSPTOSBeE,. Sprossen. die zugleich zeigen, dafs ebenso die niedere Temperatur das Absterben des Sprosses verlangsamt und das Zugrundegehen des Organismus länger hinausschiebt, wie auch das Entwicklungsstadium, in dem sich der Organismus zur Zeit des Sauerstoffentzuges befand, von Einfluls auf die Feststellung dieser. Zeiten ist. 250 Bei Monocotylen- (Secale) Pflanzen starb sehr bald, schon nach ltägiger Abwesenheit von Sauerstoff dasjenige Blatt ab, das am weitesten vorgeschoben war. Die Blattspreite war anfangs noch voll- ständig gesund, verlor jedoch, da die Wachstumszone zerstört war, bald seinen Halt und ging zugrunde. Nun schob sich das zweite Blatt nach, so dafs eine direkte Schädigung des Organismus nicht weiter zu verzeichnen war. Hatte dagegen der Sauerstoffentzug länger ge- dauert, so war auch hier der ganze Sprofs tot und die Ergänzung geschah in der Weise, dafs aus den Achseln der Bestockungsknoten wieder Cotyledonarfortsätze das Weiterwachstum übernahmen, indem sie einen oder meist mehrere Sprosse bildeten. Auch hier zeigt Tabelle X wieder, dafs die Temperatur und das Entwicklungsstadium von Einflufs sind auf die Zeit des Eintrittes der Absterbeerscheinungeh, wie des Todes der Organismen überhaupt. Indessen war mit dem Absterben des Sprosses das Zugrunde- gehen der Wurzel Hand in Hand gegangen und zwar so, wie aus den Tabellen IX—XI ersichtlich ist, dafs das Absterben der Wurzel- spitzen nur wenig später beginnt, als das Absterben des Sprosses. Bei Pisum z. B. sind nach Stägigem Sauerstoffentzuge die Wurzel- spitzen tot und es setzen sich Nebenwurzeln an. Später, wenn der ganze Sprofs schon abgestorben ist, wird zunächst die Wurzel er- gänzt, indem der Wurzelstumpf eine Menge von Nebenwurzeln treibt; dann erst kommen die Cotyledonarsprossungen zum Vor- scheine, Den Mitteilungen Brefelds (l. c. pag. 740), nach dessen An- gaben Keimpflanzen den Sauerstoffentzug wochenlang vertragen, ent- gegentretend, sei schliefslich hier noch darauf hingewiesen, dafs bei allen Exemplaren der Tod infolge des Sauerstoffentzuges je nach Temperatur und Entwicklungsstadium in 3—5 Tagen eintrat. Wir können also zusammenfassend sagen, dafs durch den Sauer- stoffentzug am meisten die in der Entwicklung befindlichen Teile ge- schädigt werden; bei Pflanzen, die sich acropetal entwickeln, ist es die Spitze, die zuerst abstirbt, entwickeln sie sich jedoch basopetal, wie die Blätter der Monocotylen, so ist es der basale Teil, der zuerst geschädigt wird. Je länger der Sauerstoffentzug dauert, desto ältere Teile werden unter der Sauerstoffabwesenheit leiden, bis zuletzt nach wenigen Tagen der ganze Organismus abgestorben ist, ein Zustand, dessen früheres oder späteres Eintreten ebenso wie das der Absterbe- erscheinungen abhängig ist von der jeweiligen Temperatur und vom Entwicklungsstadium, in dem sich die Pflanze befand. 5 251 Die Ergänzung der abgestorbenen Teile ist genau dieselbe wie in anderen Fällen, wo ein Verlust stattgefunden hat, d. h. es bilden sich bei den Dicotylen entweder in den Blattwinkeln Achselsprosse, wenn der Sprofs tot ist, oder Cotyledonarfortsätze und bei den Mono- cotylen Ergänzungen des Sprosses, die von den Bestockungsknoten ausgehen. VI. Zusammenfassung der Resultate. 1. Die Ruhezustände pflanzlicher Organismen, sowohl Pilzsporen als Samen höherer Pflanzen, vertragen die Abwesenheit des Sauer- stoffes lange Zeit, ohne Schaden zu nehmen, jedoch so, dafs mit längerem Sauerstoffentzuge immer mehr Exemplare zugrunde gehen. 2. Die Abnahme findet bei den Samen in dem Sinne statt, dafs sie am Anfange des Aufenthaltes im sauerstoffreien Raume am gröfsten ist, darauf eine Zeit lang allmählich und am Ende erst wieder stärker abnimmt. 3. Um ein Bild von der Widerstandsfähigkeit zu geben, seien folgende Zeiten genannt, die nötig waren, um die Keimkraft aller Samen zu vernichten: Secale cereale 50 Tage, Pisum sativum 43 Tage, Helianthus annuus 40 Tage, Vicia sativa 35 Tage und Sinapis alba 15 Tage (16,5° O.). 4. Die Auskeimung sowohl der Sporen wie der Samen wird je nach längerem oder kürzerem Sauerstoffentzuge verzögert. Dauert die Sauerstoffabwesenheit nicht länger als 4—5 Tage, so wird das Versäumte bald nachgeholt, dauert sie länger, so äufsert sie sich darin, dafs es bei den höheren Pflanzen nicht mehr zur Entwicklung eines vollständigen Organismus kommt, bei den Sporen der Schimmel- pilze aber so, dafs die Bildung der nächsten Generationen mit länge- rem Sauerstoffentzuge immer weiter hinausgeschoben und die Pro- duktion der neuen Sporen immer mehr eingeschränkt wird. 5. Durch den Sauerstoffentzug werden irreparable Nachwirkungen hervorgerufen, die den Organismus aufserstand setzen, die gebotenen Nährstoffe zu verarbeiten. 6. Die Vegetativzustände der Schimmelpilze werden durch den Sauerstoffentzug mehr oder weniger beeinflufst, wobei eine bestimmte Abhängigkeit von den Nährmaterialien zu beobachten ist. 7. So beträgt z. B. bei Ernährung mit Zucker die Zeit bis zum Erlöschen des Lebens ungefähr 4 Stunden. 8. Eine unmittelbare Abhängigkeit von dem prozentischen Sauer- stoff des Nährmateriales ist nicht zu erkennen, da Glycerin 60 Mi: 252 nuten und Weinsäure 40 Minuten das Leben nur zu erhalten ver- mögen. 9. Die meisten Gewebe im Vegetativzustande befindlicher höherer Pflanzen vertragen die Sauerstoffabwesenheit, ohne geschädigt zu werden, nur einige Stunden; es bleibt jedoch, wenn Gewebe vor- handen sind, die zu einer Wiederaufnahme meristematischer Tätigkeit befähigt sind, in diesen die Lebensfähigkeit selbst 3—5 Tage erhalteh, was je nach Temperatur, Entwicklungsstadium und Pflanzenart ver- schieden ist. 10. Auch dann, wenn der Organismus nicht dauernd geschädigt ist, wird sowohl bei höheren als bei niederen Pflanzen das Wachstum nach einer oder mehreren Stunden wieder aufgenommen, um so später, je länger der Sauerstoffentzug gedauert hatte. 11. Jüngere Lebensstadien vertragen die Sauerstoffabwesenheit weniger lange als ältere. | 12. Der Sauerstoffmangel macht sich am | fühlbarsten an jungen, in der Entwicklung befindlichen Teilen, sodals das Absterben bei Sauerstoffabwesenheit dort zuerst beginnt und je nach der Länge des Sauerstoffentzuges immer ältere Teile vernichtet. 13. Sind die vorhandenen Vegetationspunkte abgestorben, so kommt es dann zu Ergänzungen aus älteren Teilen. Die Ergänzung geschieht in derselben Weise, in der sonst Verluste ergänzt werden, nämlich bei Schimmelpilzen durch seitliche Verzweigungen, bei höhe- ren Pflanzen durch Achsel- oder auch Cotyledonarsprosse. 14. Das Absterben der Wurzel beginnt wenig später als das des Sprosses, und es erfolgt die Ergänzung der abgestorbenen Tei e auch durch Bildung von Adventivauszweigungen. 15. Auf alle Erscheinungen, die durch den Sauerstoffentzug her- vorgerufen werden, wirkt die höhere Temperatur beschleunigend ein. | Coenomyces GonSUEens NOV. gen. NOV. spec. Ein Beitrag zur Phylogenie der Pilze. Von Const. von Deckenbach, Privatdozent an der Kaiser], Universität, St, Petersburg. Hierzu Tafel VI und VII, Die vorliegende Arbeit stellt einen Teil der Beobachtungen über Meerespilze dar, die ich während meines Aufenthaltes am Strande des Schwarzen Meeres im Jahre 1899 vorgenommen habe. Die erste Hälfte derselben enthält eine Beschreibung des Baues, die Entwieklungsgeschichte und die Biologie einer der interessante- sten von mir aufgefundenen Formen, Coenomyces consuens n.g.n.sp., die auf einigen blaugrünen Algen resp. Cyanophyceen parasitiert und von mir im Jahre 1900 ausführlicher untersucht wurde. Die andere Hälfte ist der Erörterung der Frage gewidmet über die systematische Stellung dieses Organismus und einigen Betrach- tungen über die Gründe, welche mich bewogen, eine neue Abteilung der Pilze — Coenomycetes mihi — zu bilden, die den Phy- comyceten und Eumyceten parallel zu sein scheint, wodurch eine an- dere Auffassung des natürlichen Systems der Pilze, als die bisher angenommene, angedeutet ist. Bei der Einfahrt in die Bucht von Balaclawa, wo die volle Brandung die Felsen umbraust, wo die weifse Gischt hoch aufsprit- zend die steile Küste näfst, da hängt in der Höhe der brandenden Wogen in fransenartigen Strähnen eine Rotalge, Nemalion lubrieum, vom Gestein herab, während andere Algen, Ralfsia verrucosa, Isactis plana und verschiedene blaugrüne Algen das Ufer mit einem schlüpf- rigen, glänzenden Überzug umgürten. Hin und wieder sitzen auf dem Nemalion dunkelrote Büschel von Ceramium strietum, untermischt mit den rötlichen Quasten von Ectocarpus und Myriothrichia. Die Oberfläche der Rotalge, die frei von diesen Epiphyten ist, zeigt eine rotbraune Färbung mit scharf hervortretenden, hier und da zerstreuten Flecken von der Farbe der antiken Bronze. Bei der Untersuchung der Querschnitte zeigt sich, dals aulser dem bekannten mikrosko- pischen Bilde der Nemalionstruktur jene dunkelgrünen Stellen dicht besetzt sind mit blaugrünen Algen, von denen am häufigsten Bra- chythrichia und Oalothrix auftreten. Flora 1903. 17 254 Als ich Ende August 1899 auf der Suche nach einigen Oyano- phyceen des Schwarzen Meeres war, stellte ich auch Präparate von Nemalion her und gerade von jenen dunkelgrünen Stellen, auf denen die Cyawophyceen safsen. Neben den Fäden von Calothrix parasitica, die in grolser Zahl auf den Schnittflächen auftreten, konnte ich hin und wieder orange- gelbe Kügelchen erkennen, die ich aber anfangs bereit war für Ge- bilde tierischen Ursprungs anzusehen; bei genauerer, mikroskopischer Untersuchung erwies es sich jedoch, dafs von diesen orangegelben Kugeln sich nach allen Richtungen hin äulsert feine, farblose Hyphen zogen, die an die Calothrixfäden angeheftet waren. Hier und da zeigten diese orangefarbenen Bildungen lange, röhrenförmige Entleerungskanäle, und es gelang mir sogar zu beob- achten, wie der Inhalt dieser Kugeln in Form von beweglichen 200- sporen heraustrat. Somit erwies es sich, dafs diese orangegelben Körper gröfsere Zoosporangien waren. Leider gelang es mir damals nicht genauer es zu erkennen, noch irgend welche andere Fakta festzustellen, da ich eilen mulste, die ursprünglich ins Auge gefafste Arbeit zu beenden. Zudem konnte ich nicht länger an der Meeresküste verweilen und war auch nicht imstande mit meinem alten Hartnack’schen Mikro- skop alle die Fragen zu lösen,- die angesichts meines interessanten Fundes entstanden. $o entschlofs ich mich, die weiteren Unter- suchungen bis auf einen gelegeneren Zeitpunkt zu verschieben, zumal ich nur über wenige Daten verfügte. Hierbei mufs noch bemerkt werden, dafs die Beobachtungen sehr erschwert wurden durch die Anhäufung von Caleiumcarbonatkristallen gerade in den Teilen der Calothrix, wo sich der Pilz vorfand. Im Herbste des folgenden Jahres, anfangs September, glückte es mir dank den bedeutend günstigeren Umständen jene Beobachtungen zu ergänzen. Es gelang mir das Material von Calothrix parasitica ohne jene Kalkausscheidungen auf- zufinden. Nach einigem Suchen gelang es mir aufserdem ein noch besser zur Untersuchung geeignetes Material zu finden, auf welchem der Pilz gleichfalls parasitierte. Es war dies Calothrix confervicola, eine etwas gröfsere Form als Calothrix parasitica, bei der sich ebenfalls die Caleiumcarbonatkristalle, die die Beobachtungen so sehr störend beein- trächtigten, nicht vorfanden. . ' Calothrix confervicola wächst nicht in so kompakten Büscheln wie Cal. parasitica und haftet nur an der Oberfläche der Rotalge Laurencia, | 255 während Cal. parasitica ziemlich tief in die äufsere Schicht des Ne- malionfadens eindringt, was wiederum die Beobachtungen erschwert. Somit war Cal. confervicola in allen Beziehungen ein bedeutend geeigneteres Objekt als Cal. parasitic.. Av " hatte ich jetzt ein gutes Zeils’sches Mikroskop mitgenommen, wodurch es mir leicht wurde festzustellen, dafs ich wirklich einen eigentümlichen parasiti- schen Pilz vor mir hatte, der sich durch sein gut entwickel- tes, verzweigtes septiertes Mycel auszeichnet und sich durch Zoosporen fortpflanzt. Der Pilz hat ein durchaus gut entwickeltes septiertes Mycel. Dasselbe besteht aus den typischen, aber sehr dünnen röhrenförmigen Hyphen, die von 1,50—2yx dick sind, sich aber stellenweise erwei- tern, hier und da verschiedenartige varicose Anschwellungen bildend, um dann wieder ‘in gewöhnliche Hyphen überzugehen. Diese An- schwellungen bilden sich immer intercalar, während diejenigen, auf welchen sich die Zoosporangien entwickeln, immer auf den Ast- enden sitzen. Die Hyphen enthalten ein opalescierendes Protoplasma mit zahl- reichen gröfseren und kleineren Vacuolen und sehr winzigen, sich mit Safranin gut färbenden Zellkernen, die denen der Mucorineen sehr ähnlich sind. Jede einzelne Zelle enthält mehrere Kerne. Hiermit sind die allgemeinen Eigenschaften des Myceliums er- schöpft; was jedoch die Verästelung und die Anwesenheit der Scheide- wände anbetrifft, so unterscheidet sich das Mycelium in dieser Hin- sicht je nachdem, ob es sich im Innern des Calothrixfadens oder aulserhalb desselben befindet. Deswegen muls man das intramatri- cale Mycelium (das innerliche) vom extramatricalen (dem äulser- lichen) unterscheiden. i Das intramatricale Mycelium, welches im Innern des Calothrix- fadens nistet, schlängelt sich unter der Scheide der Alge, indem es sich zwischen der Scheide und den äulseren Zellwänden eine Bahn bricht. Indem das Mycel einerseits somit die Innenfläche der Algen- scheide, anderseits die Aufsenfläche der Calothrixzellen berührt (Fig. 7, 8, 10 Taf. VI), bildet es stellenweise entweder Anschwellungen, welche die Zellen zusammendrücken, oder dünne Ästchen, die ins Innere des Fadens eindringen. Soweit ich es beobachten konnte, dringen diese Äste fast immer senkrecht zu der Wand der Algen- scheide zwischen die Zellen ein, die dadurch auseinander gerückt werden. Somit steht fest, dafs das Mycel streng intercellular ist. 17° 256 Mit der fortschreitenden Entwicklung des intramatricalen Mycels und, seiner Zweige werden die einen Zellen der Alge so stark zü- sammengedrückt, die anderen so weit auseinander gerückt, dafs der Faden des Calothrix deformiert wird, sich verschiedenartig windet und die ganze Zellenreihe innerhalb der Scheide sich spiralförmig zu- sammenkrümmt. Bei weiterem Wachstum des Parasiten verlieren die Algenzellen allmählich ihr Pigment und sterben ab. Die Stelle zwischen der Heterocyste der Alge und der ihr fol- genden Zelle scheint ein Lieblingsort zu sein, wo das Pilzmycel durch die Scheide ins Innere des Algenfadens hineindringt [Fig. 7, 8 Taf. VI und Fig. 13 (an 5) Taf. VII]. Dies kann aller Wahrscheinlichkeit nach nur dadurch erklärt werden, dafs die Algenscheide hier nicht eine solche Dicke erreicht als an anderen Stellen des Fadens und darum eine Stelle der minderen Resistenz — locum minoris resiste }- tiae — darstellt. | Ein oder mehrere Fortsätze des intramatricalen Mycels durch- bohren dann gröfstenteils irgendwo die Wand der Algenscheide und wachsen hinaus (Fig. 7 und 13e), indem sie ein stark verästeltes Iy- stem bilden, dessen Endzweige dann neue Calothrixfäden infizieren können (Fig. 8). Das extramatricale, aufserhalb des Calothrixfadens befind- liche Mycel erreicht zuweilen eine bedeutende Gröfse und Länge (Fig. 8, 9, 11, 16); es ist stark verzweigt (Fig. 9, 11) und mit den recht deutlich sichtbaren Scheidewänden versehen. Die Verzweigungen sind oft sehr unregelmäfsig (Fig. 9); die Hyphen bilden hie und da Anschwellungen, welche dann wieder in ein nach allen Richtungen gekrümmtes, verästeltes Mycel übergehen (Fig. 9). Das äufsere Mycel unterscheidet sich in dieser Hinsicht bedeu- tend vom inneren resp. intramatricalen; es ist stärker verzweigt und enthält nur wenig Knoten, indem es mit relativ seltenen Ausnahmen die oben erwähnten Anschwellungen nur da bildet, wo das Mycel den Calothrixfaden berührt. Eine andere Besonderheit des extramatricalen Mycels besteht darin, dafs sich nur auf ihm die Reproduktionsorgane, die Zoospö- rangien, bilden können. f Die Zoosporangien bilden sich anfangs in Form kleiner Aus- stülpungen an beliebigen Stellen der Hyphen oder als Anschwellungen der Hyphenspitzen des extramatricalen Mycels, vergröfsern sich all- 257 mählich und nehmen eine birnenförmige Gestalt an. Vor allem bilden sich die Zoosporangien niemals interkalar sondern stets terminal, wo- bei sich der Zoosporangienträger mehr oder weniger verlängert, so dafs die Zoosporangien immer auf den Enden der Hyphen sitzen, die jedoch sehr kurz sein können (Fig. 10). Die Anschwellungen sind ursprünglich mit farblosem, vacuolenreichem Protoplasma angefüllt. Mit fortschreitender Entwicklung verschwinden allmählich die Vacuolen und der Inhalt des zukünftigen Sporangiums wird gelb, weil sehr winzige orangegelbe Tröpfehen und Körnchen im Protoplasma auftreten. Die Zahl dieser Tröpfehen vermehrt sich bedeutend mit der Vergröfserung des Zoosporangiums. Zugleich entsteht eine Scheide- wand, welche das Zoosporangium von der es tragenden Mycelhyphe ab- grenzt (Fig. 7, Ta). Die Zoosporangien sind in diesem Entwicklungszustande dank ihrer orangegelben Färbung und ihrer enormen Gröfse im Vergleich mit den sie tragenden Mycelhyphen sehr leicht zu bemerken. Mit Osmiumsäuredämpfen fixiert und mit Safranin gefärbt zeigen sie eine grolse Menge kleiner Zellkerne. Der untere, mehr oder minder verjüngte Teil des Zoosporan- giums, welcher die Fortsetzung der Mycelhyphe darstellt und in seiner Basis fast. von demselben Durchmesser wie jene ist, erweitert sich dann plötzlich oder allmählich, indem er auf diese Weise einen Zoo- sporangiumträger bildet, der sich gegen die Hyphe abgrenzt, so dafs das Zoosporangium auf demselben wie auf einem Stiele sitzt. Verhältnismälsig spät, wenn der Zoosporangiumkörper schon eine bedeutende Gröfse erreicht hat, die den Durchmesser der ihn tragenden Mycelhyphe um das Zwölffache übertrifft, entsteht erst eine farblose Papille, welche allmählich wächst und den Hals oder den Entleerungskanal des Zoosporangiums bildet. Der Zoosporangiumhals befindet sich nur in seltenen Fällen ge- rade gegenüber der Zoosporangiumbasis, sodals deren Längsaxen zusammenfallen. Meistens aber steht der Hals etwas seitwärts und bildet mit der Längsaxe des Trägers einen Winkel von 30—90°. Im reifen Zustand erinnert solch ein Zoosporangium sehr an einen Vogel-. kopf mit einem sehr langen Schnabel, z. B. an einen Waldschnepfkopf (Fig.14). Der Hals, welcher in unserer Vergleichung die Rolle des Schnabels spielt, erreicht eine Länge, welche fünf- oder siebenmal den Durchmesser des Zoosporangiums übertrifft (Fig. 14,15), indem er 110—150, lang wird, während die Mycelhyphen nicht dicker als 1,5— 2x zu sein pflegen. 268 Die Entleerungshälse unseres Pilzes sind immer der Richtung der Calothrixfäden parallel, sodafs die Enden der Entleerungskanäle aus dem Nemalionskörper hervorragen. Dieselben sind selten gerad- linig, vielmehr pflegen sie etwa wellenartig umgebogen zu sein, indem sie an Haare und Borsten einiger Chaetophoraceae erinnern.!) Als ich im Sommer 1899 mit dem Hartnack’schen Mikroskope arbeitete, konnte ich, wie schon oben erwähnt, weder die Gestalt noch die Bewegungsart der Zoosporen genauer erkennen, da diese allzu winzig und beweglich sind. Nur dank einem glücklichen Zufall gelang es die Form und Bewegung der lebenden Zoosporen im Herbste 1900 eingehender zu beobachten. Nachdem nämlich einige Zöoosporen aus dem Zoosporangium ausgetreten waren, hatte sich der Entleerungshals an seinem Ende umgebogen, sodafs der Austritt den übrigen Zoosporen vollständig verhindert war. Auf diese Weise waren sie im Zoosporangium ?) eingeschlossen und fingen an, unruhig sich hin und her zu bewegen. | Bei diesen ausnahmsweise günstigen Verhältnissen, welche sich darboten, um lebende Zoosporen zu beobachten, konnte ich die stärksten. Vergröfserungen benutzen, ohne das Verschwinden der Zoo- sporen aus dem Gesichtsfelde zu befürchten. So gelang es mir dann mit Hilfe des Zeils’schen Apochromaten 2mm Ok. 8 die Zoosporen deutlich zu sehen und ihre Gestalt, Farbe und Bewegungsart festzu- stellen. Sie sind birnförmig, das stumpfe Ende ist nach vorn gerichtet, das Hinterende ist mehr oder weniger zugespitzt und verlängert sich zu einer langen Oilie (Fig. 1, 2). Diese Cilien oder Wimpern sind. bei diesen Schwärmsporen fast immer geradlinig, selten nur biegen sie sich bogenartig, um dann sogleich wieder die frühere Richtung einzunehmen. Bei der Bewegung ist das stumpfe Ende immer nach vorn gerichtet, wodurch die Zoosporen überhaupt nach der Bewe- gungsweise sehr an die Spermatozoen erinnern. . Ich habe schon darauf hingewiesen, dafs der Zoosporangium- inhalt orangegelb oder goldgelb ist, weil die Schwärmsporen in ihrer Gesamtmenge auch so gefärbt erscheinen. In der Tat aber ist das Protoplasma derselben farblos und enthält mehr oder minder zahl- 1) Huber, J., Contributions & la connaissance des Chaetophordes Spiphytos et endophytes (Annales des sc. nat. 7°me s6rie, Botanique t. XVI 1892 pag. 264), nämlich „les soies ondul&eas“, wie sie Huber z. B. bei Phaeophila Fid- ridesrum nennt, 2) So wie es die aus freier Hand entworfene Skizze (Fig. 5) darstellt. 259 reiche Einschlüsse,; die als orangefarbige oder goldgelbe Tröpfehen und Körnchen erscheinen und in der vorderen verdickten Hälfte der Schwärmspore angehäuft sind, während der übrige Körperteil sowie die Cilie vollkommen farblos sind. . i Eine unmittelbare Infizierung der Calothrixfäden durch die Schwärmsporen habe ich niemals beobachtet, sondern nachdem die Zoosporen das Zoosporangium verlassen und sich eine Zeit lang be- wegt haben, dringen sie in die Gallerte des Nemalions ein, beruhigen sich hier und verlieren ihre Cilie. Hierauf sondern sie eine Membran ab, nehmen an Gröfse zu und verlieren allmählich ihr goldgelbes Pigment. Im Protoplasma treten zuerst eine oder zwei, dann mehrere Va- cuolen auf; die bereits entfärbte Pilzzelle nimmt eine ellipsoidale Form an und bildet an einem oder an beiden Polen Ausstülpungen, die sich in Hyphen verwandeln; diese verzweigen sich zu einem Mycel, und ein oder mehrere seiner Äste gelangen durch die Nemaliongallerte zu den Oalothrixfäden; das Mycelzweiglein schmiegt sich nun an den Faden, kriecht an ihm entlang, stellenweise Anschwellungen bildend. Erreicht nun eine Mycelhyphe die Heterocyste der Alge, so schmiegt sie sich sogleich an diese und bildet eine Anschwellung zwischen der Heterocyste und der ersten Zelle des Calothrixfadens. Von dieser Anschwellung dringt eine Mycelhyphe ins Innere des Algenfadens ein und auf diese Weise entsteht das oben erwähnte intramatricale Mycel. Hieraus folgt ohne Zweifel, dafs die Schwärm- sporen zu ihrer Keimung der Anwesenheit des Calo- thrix nicht bedürfen. Aus der sich häutenden Schwärmspore entsteht sozusagen eine Spore; welche dann ein Mycel bildet, und nur letzteres infiziert die Calothrixfäden. Auf diese Weise werden hier und da einzelne Calothrixfäden infiziert; diese Infektion kann als eine primäre bezeichnet werden. Aus den infizierten Fäden treten dann Mycelhyphen heraus, ge- langen bis zu den benachbarten noch unberührten Calothrixfäden, dringen in dieselben ein und infizieren auf diese Weise eine andere Serie von Calothrixfäden. Diese infizieren wieder neue Fäden u. s. w., so dafs die Infektion mehr und mehr verbreitet wird. Im Vergleich zu der vermittelst der Zoosporen stattfindenden Infektion erscheint die letztere als eine sekundäre. Infolge solcher succedanen Infektionsart werden einzelne Fäden des Calothrixbündels — Calothrix parasitica pflegt immer 260 gruppenweise oder in Büscheln gruppiert auf Nemalion zu sitzen — dicht miteinander oder mit Mycelhyphen zusammengenäht, welche von einem Faden zum anderen, von diesem zu einem dritten u. s. w. gehen (Fig. 8). Auf diese Weise werden alle in demselben Bündel befindlichen Calothrixfäden nacheinander infiziert (Fig. 8 stellt sechs solcher Fäden dar), Aufserdem gehen die Mycelhyphen von einem Bündel zu einem anderen über, sodafs nicht nur die Calothrixfäden jedes einzelnen Bündels sondern sogar mehrere Bündel dicht mit den Mycelhyphen umsponnen und wie „zusammengenäht“ erscheinen. Merkwürdig ist die folgende biologische Eigenschaft unseres Pilzes. Er sucht immer sorgfältig die Nemalionzellen zu vermeiden, was ihn aber nicht hindert, sich in allen Richtungen in der die Ne- malionzellen umgebenden Gallerte zu verzweigen. Nur ein einziges Mal beobachtete ich das Bild, welches Fig. 6 darstellt, wo das Mycel in die Nemalionzelle eindringt und sich hier verbreitet. Doch erwies sich diese wie auch die umliegenden Nemalionzellen als bereits ab- gestorben. Es ist aber natürlich schwer zu sagen, ob der Pilz dabei in die lebende Zelle oder in eine schon abgestorbene eingedrungen war. Im letzteren Falle wäre die abgestorbene-Zelle nur eine Er- weiterung jener Gallertmasse, wo er sich eine Bahn bricht, und dann ist ein solches rein zufälliges Eindringen der Mycelhyphe in die Ne- malionzelle leicht begreiflich. Somit kann man sagen, dafs der die blaugrünen Algen der Calothrixspezies angreifende Pilz für die Rot- alge Nemalion vollkommen harmlos ist oder sich vielmehr als ein verhältnismäfsig unschuldiger Raumparasit erweist, ähnlich den ver- schiedenen Streblonemeae, Ectocarpeae und schliefslich der Calo- thrix selbst. Unser Pilz kommt, wie schon oben erwähnt, aufser an Calothrix parasitica noch auf einer anderen Spezies — CO. confervicola — vor. Auch hier offenbart er dieselbe Empfindlichkeit gegen die Nährpflanze, indem er die Zellen der Rotalge Laurencia, welcher die von ihm umsponnenen Calothrixbündel anhaften, sorgfältig vermeidet. Das Verhältnis der Hyphen unseres Pilzes zu den Calothrix- fäden ähnelt in vieler Hinsicht der Lage der Hyphen bei den Go- nidien der Flechten insofern, als unser Pilz durch die Scheide der Calothrix eindringt und sich in unmittelbarer Berührung mit den Zellen der Alge verzweigt, ganz ebenso wie dies bei vielen Flechten der Fall ist, wo die Hyphen durch die Scheide der blaugrünen Algeh treten und in eine ebenso innige Berührung mit den Zellen kommen. 261 In der Tat liegen die Hyphen unseres Pilzes, wie wir schon bemerkt haben, unter der Scheide der Alge, ohne jedoch allem An- schein nach in das Innere der Zellen einzudringen.) Nur zuweilen liegen die Fortsätze der Hyphen hier und da zwischen den sich be- rührenden Wänden der Zellen, aus denen sich der Calothrix-Faden zusammensetzt. Genau ebenso verhält sich der Pilz zu der Alge bei jenen Flechten, in deren Bestand sich die mit einer Scheide versehenen blaugrünen Algen aus den Gattungen Scytonema und Stigonema finden. Bei einigen dieser Formen umklammern die Hyphen die Scheide, über deren Oberfläche sie sich verbreiten ?), bei den anderen Formen — und hierher gehört die weitaus gröfsere Zahl solcher Flechten — dringen die Hyphen ebenso durch die Scheide ohne ins Innere der Zelle einzudringen. Nach Bornet?) ist dieses der Fall bei Physma Chalazanum, Dictyonema sericeum, Lichenosphaeria Le- normandi und bei einigen Pannaria und Arnoldia-Arten. Bei Micarea denigrata durchbohren, wie Hedlund nachgewiesen hat, die Hyphenenden des Pilzes, die hier die Rolle der Haustorien spielen, die Zellenhaut der Alge, dringen jedoch nicht in das Proto- plasma, welches sich an der Stelle, wo die Hyphen durch die Mem- bran in die Zelle dringen, einstülpt und eine trichterförmige Vertiefung bildet.) Somit erweist es sich, dafs bei den Flechten die Fälle sehr selten sind, wo die Hyphen einen Fortsatz bilden, der in das Zell- innere eindringt°), sondern dals sie sich in der grofsen Mehrzahl der Fälle unter der Scheide an die Zellenoberfläche schmiegen. Die Ähnlichkeit der mit den Hyphen unseres Pilzes umspon- nenen Oalothrixbüscheln, wie es auf Taf. VI Fig. 8 abgebildet ist, mit den Flechten geht nicht über das gleiche Verhältnis der Hyphen zu der Alge hinaus. Tatsächlich kann hier in keiner Weise die Rede 1) Jedenfalls habe ich niemals ein solches Eindringen der Hyphen in die Zellen beobachtet, . 2) E.Bornet, Recherches sur les gonidies des lichens (Annales des sciences naturelles, 5° sörie Botan. 1873 pag. 77 pl. 11 fig. 3), welche den Querschnitt durch Stereocaulon ramulosum mit Scytonemagonidien darstellt; siehe gleichfalls J. Reinke, Lehrbuch der Botanik Taf. I Fig. 2, wo die Hyphen die Scheide von aufsen umschlingen. 8) E. Bornet, ]. c. pag. 81, 4) Hedlund, Om balbildning genom pyenoconidier hos Catillaria denigrata (Fr.) och C. prasina (Fr.). Botaniska Notiser 1891 pag. 207. 5) Zwei solche Fälle sind bei Bornet für Physma (Il, c. pl. 12 fig. 1) und Arnoldia (l. c. pl. 15 fig. 5) abgebildet. 262 von einer solehen Kombination von Pilz und Alge sein, die eine mor- phologisch bestimmte Form annimmt, sich der Assimilation anpalst, und auf die der von J. Reinke ausgearbeitete Begriff von einer Flechte als einem Konsortium anwendbar wäre.!) Von selbst drängt sich einem hier sozusagen der Vergleich mit Lichina eonfinis auf. Dieses ist eine Form, die auf Felsen im Meere wächst — also unter ähnlichen Bedingungen wie unser Pilz — und zu deren Bestand aufserdem eine unserer Calothrix nahestehende Form, ©. scopulorum oder C. pulvinata (nach Bornet), gehört; dessen- ungeachtet stellt sie ein typisches Consortium im Sinne Rein- kes dar.?) Übrigens gibt es auch, freilich ziemlich selten, Fälle, bei denen der Consortiumbegriff fast gar nicht anwendbar ist, wenn nämlich die Form der Flechte durch die Form der Alge, die zu ihrem Bestande gehört, bestimmt wird, z. B. Sirosiphon resp. Stigonema in Ephebe pubescens, Trentepohlia in der südamerikanischen Coenogonium Linkii®), Nostoc in Collemaceae. Der Pilz verändert in diesen Fällen gar nicht oder fast gar nicht den Habitus der Alge, sodafs es z.B. schwer ist nach der äufseren Form Collemaceae von Nostoc zu unter- scheiden. Ein noch schärferes Beispiel bieten die brasilianischen Calothricopsis insignis und Thermutis velutina, von denen ersterer sowohl nach dem ganzen Habitus als auch nach der äufseren Form einer Kolonie der Rivularia, der zweite einer Kolonie von Scytonema vollkommen ähneln, nur mit dem Unterschiede, dafs bei genannten Flechten die gallertartige Scheide der Algen von den Hyphen des Pilzes durchzogen ist.*) Von der erstgenannten Flechte sagt J. Reinke: „Durch die Einfachheit des morphologischen Aufbaues mufs uns Calothrieopbis als eine jener Flechtenformen erscheinen, die unmittelbar aus dem Zusammentritt eines Pilzes mit einer Alge entstanden sind, oder die einem solchen Urtypus wenigstens phylogenetisch noch sehr nahe stehen“, und von der T’hermutis folgendes: „Bei dieser Flechte liegen die Verhältnisse so, dafs man wohl vom Parasitismus eines Pilzes auf einer Alge sprechen könnte, 1) J. Reinke, Abhandlungen über Flechten (Pringsheims Jahrbücher für wiss. Botan. 1895 Bd. 28 pag. 507) sowie sein Lehrbuch der Botanik 1880 pag. 154, 158 ($ 41 Parasitismus und Consortium). 2) 1. c. pag. 417—418. 3) Reinke, 1. oc. pag: 99—100. 4) 1. c. pag. 416 und 419, 268 Ich finde aber auch kein Bedenken, den für die ungeheure Mehrheit der Flechten notwendigen Begriff des Konsortiums auf diese Form auszudehnen“; etwas weiter fügt er hinzu: „die Gestalt des Thalus von Thermutis wird völlig durch die zugehö- rige Alge, ein Scytonema, bedingt“ Eigentlich stellen die eben angeführten Formen vielleicht mit Ausnahme von Coenogonium kaum eine Flechte im vollen Sinne des Wortes dar, und da sie dem Begriff einer Flechte als einem Kon- sortium nicht entsprechen, bilden sie eher einen allmählichen Über- gang von so einem Konsortium zu den Fällen des Parasitismus eines Pilzes auf einer Alge. In den sozusagen neutralen Fällen haben wir ein Beispiel des sogenannten Raumparasitismus, wo sich der Pilz in der gallertartigen Scheide der Alge einnistet, ohne von ihrer Seite irgend welche Reaktion hervorzurufen und ohne ihr auch selbst zu schaden, sodafs die Zellen der Alge vollkommen unverändert bleiben.') Bei den Flechten hingegen, die ein richtiges Konsortium bilden, sind: die Zellen der als Gonidien dienenden Algen, im Vergleich zu den normalen Algen, immer etwas hypertrophiert, wie dieses mit den Zellen und Zellkernen in den Fällen der mutualistischen Symbiose im Sinne de Barys bei den höheren Pflanzen, z. B. bei den Myco- domatien, geschieht.?) Währenddessen finden wir bei der Kombination unseres Pilzes mit der Calothrix weder jenen unveränderten Zustand. der Algenzellen, der dem Raumparasitismus entspricht, noch eine Hypertrophie, die das Konsortium der Mehrzahl der Flechten charakterisiert, sondern wir haben ein allmähliches Absterben der Zellen der Alge, wir haben hier einen Fall der echten Nekrobiose.?) Zur Zeit der Reife der Zoosporangien tritt die zerstörende Tä- tigkeit unseres Pilzes auf der Alge besonders hervor. Die Zellen der Calothrix verunstalten sich, werden bleich und zuletzt ganz farblos. ‘Man findet ganze Calothrixgruppen, bei denen die Fäden vollständig 1) Ein solches Beispiel stellt die Flechte Thermutis dar: „Bemerkenswert ist noch, dafs das Scytonema dureh den Pilz keinerlei Deformation zu erleiden scheint“ sagt Reinkel. c. pag. 419. 2) Siehe Werner Magnus, Studien an der endotrophen Mycorrhiza von Neottia Nidus Avis. Jahrbücher für wiss. Bot. 1900 Bd. XXXV Heft 2. 3) Zurzeit fafst man nach dem Vorgang von Virchow und Klebs — neben dem Begriff der Nekrose, bei welcher ein verhältnismäfsig plötzlicher Tod der Zelle eintritt — als Nekrobiose jene langsameren Absterbevorgänge zusammen, während deren sich noch gewisse, zum Teil als Lebensvorgänge auf- zufassende Veränderungen resp. degenerative Zustände einstellen, 204 zusammengekrümmt und durch ‘und durch von den Hyphen des Pilzes durchzogen sind, während die Zellen der Calothrixkolonie zusammen- gedrückt und zur Seite geschoben werden und gänzlich oder teilweise ihr Pigment verlieren. Diese Veränderungen der Calothrix fallen meist mit der vollen Reife und dem Entleerungsprozess der Zoospo- rangien zusammen, sodals man auf solchen entfärbten und verun- stalteten Algenfäden immer eine Menge entleerter Zoosporangien fin- den kann. Nachdem der Pilz die ganze Nahrung erschöpft hat, verwendet er sie gänzlich zur Bildung der Fortpflanzungsorgane. Ein solches Verhältnis des Pilzes zu der Alge gibt uns hin- reichende Veranlassung darauf zu schliefsen, ‚dafs wir es hier mit einem Fall der antagonistischen Symbiose im Sinne de Barys, also mit einem Falle des wirklichen Parasitismus zu tun haben, ——— | Es sind nur sehr wenige Pilze bekannt, die auf blaugrünen Algen parasitieren; sie gehören zu den Gattungen: Rhizophidium, Rhizophlyctis und Resticularia, also zu jenen Chytridineen, welche die allereinfachste Organisation besitzen. Im Vergleich mit diesen anderen Pilzparasiten der blaugrünen Algen zeichnet sich die von uns beschriebene Form durch den komplizierten Bau ihres vegeta- tiven Körpers aus, der eine solche Vollkommenheit .des Baues erreicht, wie sie nur die höheren Pilze von den Phycomyceten unterscheidet. Das Vorhandensein eines septierten, d. h. mit deutlichen Scheide- wänden versehenen, und gut entwickelten Mycels nähert den beschrie- benen Organismus den höheren Pilzen (Eumycetes Fischers oder Mycomycetes und Mesomycetes Brefelds)!), während das Vorhanden- sein von Zoosporangien, die Zoosporen mit einer hinteren Cilie, ihre Entwieklung, die Art und Weise der sekundären Infektion, die An+ wesenheit von zuweilen mehreren Entleerungskanälen — während alles dieses in seiner Gesamtheit einige verwandte Züge mit einigen Vertretern der Gruppe der Chytridineen zeigt; doch kann man diese Ähnlichkeit wohl kaum auf den Parallelismus der Formen allein er- klären, eher scheint es mir, dafs die obenerwähnten Merkmale auf eine Verwandtschaft mit den Chytridineen, nämlich den Monociliaten, hinweisen. Jedoch läfst die Abwesenheit eines septierten Mycels bei den _Chytridineen, ihre strenge Einzelligkeit, sogar die vollkommene Re- ! 1) Tavel, Vergleichende Morphologie der Pilze, 1892, pag. 196; auch Schröter in Engler und Prantl, Die natürl, Pflanzenfamilien L T. 1. Abt! - Fungi (Schröter) pag. 60--61. 265 duktion ihres Mycels in den meisten Fällen, nicht zu, diesen Pilz den Chytridineen zuzuzählen, und veranlassen mich, ihn in eine ge- sonderte Abteilung auszuscheiden, welche sich so von den Phyco- myceten wie von den Eumyceten unterscheidet: Coenomycetes !) mihi. Fungi filamentis mycelicis septatis; fructificatione zoospo- rifera, Gen. Coenomyces Deck.?) Zoosporangiis piriformibus, protoplasmate luteo-aurantiaco farctis, basi apiculatis 15—22, diam., apice filamentorum myceliorum sitis, in collum cylindraceum usque ad 120—150 x» longum attenuatis extramatricalibus. Zoo- sporis ellipsoideis vel piriformibus, postice eilio unico recto praeditis, 1,5p luteo-aureis; fillamentis mycelicis septatis alteris extramatricalibus inmuco Nemalionis immersis ramosissimis, alteris intramatricalibus inter cellulas et vaginam Calothrichum repentibus irregularibus 1,5—2y crassis. Coenomyces consuens n. sp. Deck. Species characteribus generis praedita. Habitat: ad filamenta Cyanophycearum viventium (Calo- thrix parasitica et C. confervicola) parasitans; ad littus Ponti Euxini prope Balaclavam, mense augusto. Aufser Coenomyces wird man dieser Gruppe noch Aphanistis, die einzige bekannte Gattung der Chytridinae mit septiertem Mycel, zuzählen und sie aus der Familie der Chytridiaceen ausscheiden müssen, wenn sich in Bezug auf dieselbe die Zweifel besiegen lassen, die von verschiedenen Autoren erhoben worden sind. Diese von N, W. Storokin beschriebene Gattung hat nach unserer Meinung ihren Merkmalen nach ebensowenig mit den Chy- tridineen gemein wie auch Coenomyces; sie wird von A. Fischer in der Bearbeitung der Phycomyceten bei den Chytridineen, aber unter der Rubrik „zweifelhafte Gattungen“, angeführt.) 1) Am nächsten zu dieser Gruppe stehen die Protomycetaceae, die sich durch unbewegliche Fortpflanzungselemente unterscheiden. 2) Von den Wörtern xowös nnd kurng, was in lateinischer Transkription Coenomyces gibt. 8) A.Fischer, Phycomycetes pag. 146 (Dr. Rabenhorsts Kryptogamen- flora von Deutschland, Bd,I Pilze, IV. Abt. 266 Die Abhandlung mit der Beschreibung von Aphanistis findet sich in einer ziemlich seltenen und deshalb wenig zugänglichen Aus- gabe, so dals ich es für nicht überflüssig halte, hier die Stelle anzu- führen, die die Beschreibung der Gattung Aphanistis und die Cha- rakteristik von Aph. Oedogoniarum als der ausführlicher erforschten Art enthält.') „Le genre Aphanistis est caracterise par des sporanges sphe- riques, sans col, ou dont le col n’est represente que par une tr&s petite &ininence, exceptionnellement par deux. Ses spores mobiles ont une töte spherique et un cil posterieur; elles ne different en rien des spores mobiles des Chytridiacees; elles se meuvent par saccades. Son mycelium consiste en un filament large cloisonne transversalement, qui parcourt toutes les cellules de l’Oedogonium nourrice et ne se renfle en sporange que dans les organes. Un filament mycelien -peut tre simple ou rameux, il ne forme qu’un seul sporange. Le pa- rasite detruit complötement les spores de la plante nourrice. Aphanistis Oedogoniarium Sorok. (Planche IV, fig. 79—83, 85) A Tachkend. Le jeune sporange d’Aphanistis Oedogoniarum est ovoide, pointu & l’une de ses extr&mites et plein de gouttes d’huile; plus tard, il prend une forme spherique, plus pointue vers Yembouchure de l’oogone, s’ouvre et laisse sortir ses corps reproducteurs.* Ich führe hier zum Vergleich auch die Diagnose aus dem Werke Saccardos an.?) Aus dieser Beschreibung geht hervor, dafs sich sowohl das Mycel als auch die Zoosporangien von Aphanistis inner- halb der Oedogoniumzellen entwickeln; es bildet sich ein Zoosporan- gium und zudem terminal innerhalb des Oogoniums der Alge. Apha- nistis unterscheidet sich von Coenomyces durch seine endophytische Lebensweise seine monocarpische Fruktifikation und durch die Ab- wesenheit von Entleerungskanälen bei den Zoosporangien, während sonst die für die Gruppe Coenomycetes aufgestellten Merkmale die gleichen bleiben. Unabhängig von der Frage über die systematische Stellung von Aphanistis, deren Lösung der Zukunft gehört, und über die Berech- 1) Revue mycologique XI, 1889, pag. 137 Tab. LXXIX fig, 79—83 et 85. Der Liebenswürdigkeit des Akademikers M. 8. Woronin verdanke ich die Mög- lichkeit, diese Zeitschrift zu benutzen, 2) Saccardo (Sylloge fungorum v. IX pag. 812) sagt vom Genus Apha- nistis folgendes: „Zoosporangia sphaeroidea, collo destituta, v. collo vix papilliformi, raro duplici instructa; zoosporae üniciliatae, sphaeroideae. Mycelium e filamento simplici vel ramoso, crasso, septato, cellulas omnes Oedogoniorum percurrente et tantum in oogoniis in zoosporangia inflato, efformatum,* 267 tigung auf Selbständigkeit dieser Gattung, die von einigen Autoren bestritten wird, ist es unerläfslich zu untersuchen, in welchem Ver- hältnis die Gruppe Coenomycetes einerseits zu den Phycomyceten und anderseits zu den höheren Pilzen steht. Erweist sich vielleicht nicht, dafs die Gruppe Coenomycetes, die in sich die Merkmale jener beiden Unterteilungen vereint, ein Bindeglied oder eine Übergangsform von den Phycomyceten — nämlich den Chytridineen — zu den Eumy- ceten ist? Ich bin jedoch geneigt zu glauben, dafs die Anwort auf die Frage nur eine negative sein kann und dafs diese Abteilung eine ganz andere, gesonderte Stellung im System einnimmt, wie im fol- genden Schema angedeutet ist: Phycomycetes Fungi—Coenomycetes (Coenomyces, Aphanistis) Eumycetes“ un = di Fig. 50: Querschnitt durch die Öffnungsstellen einer Anthere von Andromeda polifolia. . ragung der Innenwand jeder Antherenhälfte, die der bei Erica und Rhododendron so stark entwickelten Fächerscheidewand entspricht, er- folgt dadurch, dafs das Schrumpfungsgewebe, das im oberen Teile die Öffnung entstehen lälst, in seinem weiteren Verlaufe gewissermafsen an den Grund der Rinne verlagert wird unter die hier durch zwei oder drei Zellreihen zusammenhängenden Ränder jedes Faches, die auch nach der Ablösung verbunden bleiben. Gleicht sich auch nach der Verschrumpfung die Einfaltung etwas aus, so bleibt doch in der ge- öffneten Anthere die Grenze der Pollensäcke immer noch sehr tief eingeschnitten und sehr deutlich erkennbar. " “Während die bei Andromeda polifolia nur wenig in die Basis der Granne hineingezogene Öffnung der Anthere bei Gaultheria hirtiflora auf die Vorderseite eines die Basis zweier Grannen bildenden sterilen Teiles verlegt ist (Fig. 52, 53), ist bei der zweiten von mir untersuchten Andromedaart zur Entleerung der Anthere zwischen Pollensäcke und Öffnung noch eine kurze Röhre eingeschaltet. Im ungeöffneten Zu- stand zeigt jede Röhre unterhalb der sattelförmigen Ansatzstelle der zwei Grannen eine leichte Vertiefung, in der die Zellen klein und stark färbbar sind (Fig. 54, 55). Hier beginnt die Aushöhlung der Ausgufsröhre. Das kleinzellige Gewebe setzt sich durch die ganze zunächst mit Gewebe erfüllte Röhre bis zu den Pollensäcken als schmaler Streifen fort und verläuft weiter durch die hier wieder ähn- lich wie bei Rhododenäron entwickelte Fächerscheidewand. Besonders merkwürdig ‚aber verhalten sich die Ausgüsse von Andromeda -.speeiosa auf ihrer Rückseite. Sie sind nämlich schräg Flora 1903. 223 326° abwärts abgestutzt und zeigen hier ein merkwürdig verändertes, schmaler werdend bis zum Filamentansatz verlaufendes Gewebe, dessen äufsere Fig. 52, Fig. 58. INN LS Fig. 54, Fig. 55, Fig. 51: Andromeda speciosa, Anthere von hinten, das aufgelöste Gewebe punktiert, Fig. 52 und 58: Anthere von Gaultheria hirtiflora von der Seite und von vorn. Die Öffnung schraffiert, das aufgelöste Gewebe punktiert,. Fig. 54 und 55: Querschnitt durch die Öffnungsstelle und das aufgelöste Gowebe auf dem Rücken der Ausschütteröhren von Andromeda speciosa; zwei verschiedene Stadien. | Fig. 56: Querschnitt einer Ausschütteröhre von Lyonia calyculata, \ Teile zu einer (an Alkoholmaterial weilslichen); durch Zellwandreste fädig zusammengehaltenen Masse aufgelöst sind. Die dieser Masse | 327 als Basis dienenden Zellen der Röhrenwand werden stark verdickt (Fig. 54, 55). Über die Bedeutung und Ursache dieser eigentümlichen Erscheinung, die ich bei Gaultheria hirtiflora wiederfand, vermag ich mangels hinreichender Beobachtung keinen Aufschlufs zu geben (Fig. 51). Die am meisten den Antheren von Vaceinium ähnlichen Antheren von Lyonia calyeulata Rehb. zeigen bei der Aushöhlung ihrer kurzen, schief abgestutzten Röhren auch keine Resorptionserscheinungen, son- dern lediglich ein Einschrumpfen der diese ursprünglich erfüllenden Zellen (Fig. 56). Die Antheren von Vaceinium unterscheiden sich von denen von Lyonia calyculata im wesentlichen nur durch die Länge der Röhren, die ungefähr ebenso lang sind wie die Pollensäcke. Von den zwei Ausschüttevorrichtungen bei Vaceinium ist dann nur noch ein Schritt zur Vereinigung der beiden Röhren zu einem gemeinsamen Ausgangs- rohr für. beide Antherenhälften, wie wir es in der zweiten Untergruppe der Vaceinoideae, bei den Thibaudieae in der Mehrzahl der Gattungen finden. Von der Gattung Vaceinium habe ich Vaceinium Myrtillus, Vitis - Idaea, oxycoccos, macrocarpum und corymbosum untersucht; für die Antherenform mit einem Ausgufsrohr lag mir Macleania punctata Hook. Fig. 57. Fig. 57: Längsschnitt einer Antherenhälfte von Vaccinium Myrtillus. L = Ver- lauf des kleinzelligen, zuerst verschwindenden Gewebes, Fig. 58: Vaccinium Myrtillus, Querschnitt durch die Ausschütteröhren unterhalb er Öffnungsstelle. als Beispiel vor. Die Kamine werden als solide Neubildungen am Scheitel der Anthere angelegt, gleich mit einer in der Umgrenzung der späteren freien Aufsenöffnung entsprechenden Vertiefung, in der die Zellen verhältnismäfsig klein und stark färbbar sind. Von ihr 22* 328 aus verläuft zwischen dem übrigen aus langgestreckten Zellen be- stehenden Gewebe nahe dem Vorderrand ein Streifen kürzerer, nament- lich auf dem Querschnitt durch ihre Kleinheit stark hervortretender Zellen, die auf jungen Stadien sehr plasmareich und stark färbbar sind (Fig. 57, 58). Während der Bildung der Öffnung und allmählichen Aushöhlun: der Ausschütteröhre sieht man die Zeilen inhaltsarm, die Zellwände schwächer werden; zugleich tritt von oben von der Vertiefung her eine im Längsschnitt nach unten spaltförmig verlaufende Aushöhlunk auf. Die Zellen und Zellwände verschwinden, ohne dafs Resorptions- erscheinungen wie bei Erica oder so ausgesprochene Verschrumpfung der Zellen wie bei Rhododendron zu beobachten wäre. Die äufserste Zellschicht bleibt bei Vaceinium und Macleania unverdickt, die darunter liegende, die der fibrösen Schicht anderer normal sich öffnen. den Antheren entspricht, wird namentlich bei Macleania stark verdickt. Nach der Lage und Gestaltung der Öffnungen schliefsen sich ah Vaceinium und Macleania die Arten von Pirola an, von denen ie Pirola minor, secundä, rotundifolia, uniflora untersucht habe. Bei det beiden erstgenannten Arten sind die Theken in kurze, schief abge- schnittene sterile Stücke in ganzer Breite verlängert; bei Pirola rotun- difolia und uniflora dagegen sind den Antheren je zwei kurze Röhrchen aufgesetzt, deren abgeschrägte Enden bei Pirola uniflora einander eih wenig zugekehrt, bei Pirola rotundifolia dagegen von einander abge- wendet sind. Die Eröffnung dieser Ausgüsse erfolgt hier für alle Formen in derselben Weise mit allen Zeichen deutlicher Resorption wie bei Erica, indem deren Wirkung noch durch Kollabieren der an- grenzenden Zellen vervollständigt wird. Man sieht auch hier die ih der Zerstörung befindlichen Zellen in der bei Erica aggregata ge- schilderten Weise verändert und in weiter fortgeschrittenen Stadien die Ränder der Öffnung mit der weifslichen Masse dicht bedeckt, die schon bei schwacher Vergröfserung an Alkoholmaterial deutlich er- kennbar ist. Die Auflösung beginnt in den Zellen, die die am Ende jedes Ausgusses befindliche ursprüngliche Vertiefung bilden und setzt sich dann bis zu den Pollenfächern in einem Gewebestreifen fort, der nicht bei allen untersuchten Pirolaarten gleich deutlich herwortritt. Indem die ihn umgebenden Zellen dann kollabieren und allmählich verschwinden, entsteht der volle Umfang des die Aufsenöffnung mit dem Innern der Pollensäcke verbindenden Kanals. In den Fächer, scheidewänden konnte ich lediglich allmähliches Verschrumpfen der Zellen wahrnehmen, aber keine Resorptionserscheinungen. 329 In den fertigen Antheren zeigen die erste und zweite Wandzell- schicht verschiedene Ausbildung bei den einzelnen Arten: bei Pirola Fig. 59 und 60: Längs- und Querschnitt durch die Ausschütteröhre einer Hälfte einer noch geschlossenen Anthere von Pirola rotundifolia. secunda zeigen beide Schiehten netzförmige Verdickung auf allen Wänden, bei Pirola minor ist nur die zweite Zellenlage verdickt, ebenso ist es bei Pirola rotundifolia, nur ist hier in den Ausgüssen die Verdickung auch auf tieferliegende Schichten ausgedehnt; bei Pirola uniflora endlich ist ein derartiges Aussteifungsgewebe überhaupt nur in der Wand der Röhren ausgebildet (Fig. 59—62). Fig. 61. Fig. 62. Fig. 61: Querschnitt durch die Ausschütteröhren einer sich eben öffnenden Anthere von Pirola rotundifolia. Fig. 62: Querschnitt durch den die freie Aufsenöffnung bildenden Teil einer Aus- schütteröhre einer Antherenhälfte von Pirola rotundifolia. Haben wir bisher lediglich Formen betrachtet, deren Öffnungen von vornherein in bestimmter Weite angelegt, stets dieselbe Aus- 330 dehnung aufweisen, so müssen nun noch die Fälle angeführt werden, in denen die Öffnung nach ihrer Bildung noch vergröfsert oder die eigentliche Dehiscenz erst herbeigeführt wird durch eine auf Aus- trocknung beruhende Bewegung der Epidermis. Verhältnismälsig am geringsten erscheint die Mitwirkung der Epidermis bei der Dehiscenz bei Kalmia, denn hier tritt in der auf- fallend breiten Furche, die die an die fast nicht ausgebildete Fächer- scheidewand ansetzenden Fächerwände zwischen sich lassen, auf mehr als ein Drittel der Antherenlänge das Resorptionsgewebe zuü- tage (Fig. 63). In seinem weiteren Verlaufe nach abwärts wird es nur von einer einzigen Zell- schicht, die die Fächerwände auch im geöffneten Zustand noch verbindet, überdeckt; is besteht hier aus mehreren La- gen von Zellen, deren eigen- tümliche Beschaffenheit sie scharf umgrenzt gegenüber den Fig. 63: Schematisierter Querschnitt einer übrigen Zellen hervortreten läfst. Anthererihälfte von Kalmia latifolia; das Nach den Pollenfächern hin Resorptionsgewebe punktiert. F grenzen später verschrumpfende Zellen das Resorptionsgewebe in seinem ganzen Verlaufe ab. Die Er- scheinungen der Resorption sind dieselben wie bei Erica und Pirold. Die Epidermis besteht in der Umgebung der Öffnung aus hohen Zellen, deren Innen- und Seitenwände stärker verdickt sind als die leicht ge- wölbte Aufsenwand. In dem übrigen Teile der Anthere sind die Epidermiszellen weniger hoch als breit und lang, doch besteht aud hier ein Gegensatz in der Verdiekung ihrer Wände. Unter den hohen Epidermiszellen erleidet nun die darunterliegende Zellschicht in der Umgebung der Öffnungsstellen eine Verdiekung, die auf der nach aufsen gekehrten Wand dieser Zellen (auf der Innenwand der Epidermiszellen) geringer ist als auf den übrigen Wänden. Diese verdickte Zellschicht dient zur Verstärkung der Innenwand der Epidermiszellen bei der Austrocknung. Wenn die Anthere sich öffnet, so entsteht zunächst durch die Gewebeauflösung ein schmaler Spalt; die daran grenzenden Zellen der Epidermis, die von vornherein anders gebaut sind als die übrigen und nur schwache Wände besitzen, verschrumpfen. Indem nun in allen übrigen Epidermiszellen beim Austrocknen die dünnen Aufsenwände sich einfalten, wird eine Auswärtsbewegung der Öffnungs- ränder bewirkt, durch die der lange Spalt zu einer breiten und weite 331 Öffnung wird; zugleich wird auch im unteren Teile der Anthere der Hohlraum erweitert. Gegenüber den Antheren von Kalmia erscheinen die überein- stimmend gebauten Antheren von Rhodothamnus Chamaeeistus und Phyllodoce, von welcher Gattung ich die Arten Phyllodoce taxifolia Salisb. und Phyllodoce empetriformis Don. untersucht habe, voll- kommener gebaut, wenn auch ihre Öffnungen sehr viel kleiner sind. . Bei ihnen ist jede Antherenhälfte in eine kurze, sterile und nach hinten umgebogene Spitze ausgezogen, auf die sich die zwischen den vorgewölbten Pollensäcken jeder Antherenhälfte verlaufende Ein- senkung als tiefe Furche fortsetzt. Am Grunde dieser Furche stolsen die Ränder der beiden Fächer dicht aneinander und lassen das Resorp- tionsgewebe nicht an die Oberfläche treten (Fig. 64); dessen Zellen sind fast archesporähnlich. Die Epidermiszellen sind hoch, pa- lissadenförmig, führen lange einen gefärbten Zellsaft und einen Wandbelag, der stark lichtbrechend, aber nicht quell- bar ist und sich mit Fuchsin und Hämatoxylin nicht, wohl aber mit Anilinblau färbt. Löst man ihn mit Eau de Javelle beraus, so sieht man, dafs die Verdickung der Seitenwände Fig. 64: Querschnitt durch die Öffnungs- der Epidermiszellen nach aufsen stelle einer Antherenhälfte von Phyllo- allmählich abnimmt; die Innen- doce Iatifolin, wand ist ebenfalls etwas verdickt. Unter dieser Epidermis liegen aber Zellen (Fig. 65, 66), die auf ihren Seiten- und Innenwänden stark verdickt sind und zwar in einer der Verdickung in Endothecien ähnlichen Weise, indem die im übrigen gleichmäfsige Verdiekung von langen, schmalen Tüpfeln unterbrochen ist. Bei der Dehiscenz wird nun durch die Auflösung des dafür vorgebildeten Gewebes und Ver- schrumpfen der daranstofsenden zarten Epidermiszellen jede Antheren- hälfte durch einen über ihren Scheitel herlaufenden Spalt eröffnet; dieser wird dann ähnlich wie bei Kalmia durch die Austrocknungs- bewegung, die die erste und zweite Zellage ausführen, zu einer runden Öffnung umgestaltet; bewirkt wird dies namentlich durch die Anord- nung der endotheciumähnlich verdickten Zellen, die in und unterhalb der umgebogenen Spitze jeder Antherenhälfte auf der Rückseite der- 332 selben ausgebildet sind. Der ganze Mechanismus arbeitet rascher als bei Kalmia, wohl infolge der schon in ihrem Bau ausgedrückten stärkeren Mitwirkung der zweiten Zellschicht.. Auch vermag bei ‘Kalmia Benetzung einen vollständigen Verschlufs nicht herbeizuführen, während dies bei Rhodothamnus und Phyllodoce der Fall ist, da die . Fig. 65: Querschnitt durch den Rand der Antherenöffnung von Rhodothamnus Chamaeeistus, fi Fig. 66: Schematisierter Querschnitt durch die umgebogene Spitze einer Hälfte einer sich eben öffnenden Anthere von Rhodothamnus Chamaecistus. | verschrumpften Epidermiszellen auf dem eingebogenen Rand der Fächerwände sitzen und das Resorptionsgewebe nicht an die Ober- fläche tritt. Dieses setzt sich in gleichmäfsiger Ausbildung durch die ganze Fächerscheidewand nach unten fort; durch seine Auflösung wird, wenn die Anthere im Begriffe ist sich zu öffnen, ein langge- streckter Hohlraum gebildet in der Scheidewand; erst die Verschrump- fung und Zerreissung der rechts und links diesen Hohlraum begrenzen- den Zellen, die ihn von den Pollenfächern trennen, führt deren Vereinigung herbei. Die nahe verwandten Gattungen Arbutus, Arctous und Arcto- staphylos, ausgezeichnet durch aufserordentliche Ähnlichkeit im Bau ‘der Antheren, bilden deren längliche Öffnungen wie die Pirolaarten im untersten Teile der Antherenhälften auf der nach aulsen gekehrten Seite aus, und zwar nicht in einer dem Verlaufe der Fächerscheidewan entsprechenden, sondern dazu senkrechten Linie, die ein wenig gebogen ‘über das untere Ende der beiden Fächer und. der sie trennenden Scheidewand herläuft. Diese Linie wird mar- kiert durch die niederen Epidermiszellen, die die Ränder der zukünftigen Öffnung bezeichnen. Die daneben befind- lichen Epidermiszellen, ursprünglich von glei- cher Gröfse wie jene, nehmen rasch an Grölse :zu und bilden das die Öffnung bewirkende Exothecium. Die na- mentlich in dem unter- sten Teile der Anthere aus ziemlich viel Zellen- lagen bestehende An- therenwand — man könnte geradezu auch hier von einer sterilen Spitze, der Anthere reden, in der teilweise die Öffnung gebildet wird — wird unter der Öffnungslinie von einem Streifen kleiner Zellen durchsetzt, die sichauch auf die Fächerscheide- . wand fortsetzen und die typischen Erschei- nungen der Resorp- . tion zeigen. Indem dann die übrigen hypo- dermalen Zellen ver- schrumpfen, besteht schliefslich die Anthe- renwand. in der Um- gebung der Öffnungs- stelle nur mehr aus -333 SS S = Fig. 68. Fig. 69. Fig. 67, 68, 69: Querschnitte durch die Öffnungsstelle der Anthere von Arbutus Unedo auf verschiedenen Stadien (Fig. 69 stärker vergröfsert). 334 dem Exotheeium, dessen starke Schrumpfung unter Einfaltung der äufseren Zellwände die Dehiscenz herbeiführt. Ein Verschlufs der geöffneten Antheren bei Benetzung tritt nicht immer ein (Fig. 67—69). Ist das Exothecium der bisher geschilderten Formen nur lokal ausgebildet in der Umgebung der späteren Öffnung, so ist bei Loise- leuria procumbens Desv. die Epidermis der Antherenwand in ihrer ganzen Ausdehnung für die Funktion als Exothecium verwendet. Die Zellen der Epidermis sind ohne Inhalt, grofs und nicht papillös vor- gewölbt; die Innen- und Aufsenwand jeder Zelle ist sehr dünn, die Seitenwände sind ganz wenig verdickt und zeigen grolse Tüpfel. Bei der Öffnung verschrumpft die Scheidewand der Fächer; dabei lösen sich die Fächerwände ab. Resorptionserscheinungen konnten nicht beobachtet werden. Vermutlich durch Schwinden des Füllwassers beim Austrocknen werden die Aufsenwände der Zellen eingefaltet und so die Antheren und zwar durch einen Spalt in ihrer ganzen Länge weit geöffnet. Bei Benetzung schlielsen sie sich wieder. In Anthereh, die schon einige Zeit geöffnet sind, erscheinen durch die starke Aus- stroeknung auch die Innenwände der Epidermiszellen eingefaltet; auch sind dann mit Ausnahme des Filaments alle übrigen Zellen an der Anthere verschrumpft und vertrocknet. Unter der Epidermis bleibt keine Zellschicht erhalten (Fig. 70). oo Völlig abweichend vom Habitus und Aufbau aller übrigen Antheren der Pirolaceen und Erika- ceen sind die Antheren von Monotropa hypopitys L. (Fig. 71). Auf dem stabförmigen Filament sitzt eine nierenförmige Anthere, die auf ihrer Aufsenseite eine hufeisen- förmige Rinne aufweist. Sie besteht aus zwei hori- zontal übereinander lie- genden Pollensäcken, die durch eine schräg von hinten unten nach vorn oben verlaufende Scheidewand getrennt sind (Fig. 72). Der An- satz der Scheidewand auf der stärker gewölbten Vorderseite markiert sich durch eine ganz schwache, namentlich auf Längsschnitten her- vortretende Vertiefung. Die Öffnung dieser merkwürdig geformten Fig 70: Querschnitt durch eine ungeöffnete An- there von Loiseleuria procumbens. 835 Anthere erfolgt im Verlaufe jener hufeisenförmigen Linie, in der zwischen niederen, kleinen Zellen die Aufrifsstelle vorgebildet ist. Bewirkt wird die Dehiscenz durch die als Exothecium ausgebildeten hohen Epidermiszellen (Fig. 73); dieses Verhalten entspricht also dem Fig. 71. Fig. 72, Fig. 73. Fig. 71: Habitusbild einer Anthere von Monotropa hypopitys. Fig. 72: Längsschnitt (schematisiert) durch eine Anthere von Monotropa. Fig. 73: Längsschnitt durch die Öffnungsstelle der Anthere von Monotropa. für Loiseleuria und Arbutus angegebenen. Resorptionserscheinungen konnten keine beobachtet werden; die unter der Epidermis gelegenen Zellschichten verschrumpfen. Durch die Öffnungsbewegung werden beide Fächer, deren Scheidewand vorher schon verschrumpft ist, gleichzeitig aufgetan und durch die starke Schrumpfung der Epidermiszellen er- scheint die geöffnete Anthere wie eine kleine, auf dem Filament be- wegliche Platte, von dem einfachen Pollen dicht bedeckt. Leider war das Material, das ich bekommen konnte, nicht vollständig genug, um die Entwickelungsgeschichte dieses so stark abweichenden Ge- bildes zu untersuchen. Auch bei den von mir untersuchten Epakridaceen Epacris im- pressa Labill., Styphelia Richei Labill. und Styphelia lanceolata Sm. ist die äufserste Zellschicht der Antherenwand diejenige, welche die Öffnung der Antheren bewirkt. Die sie bildenden Zellen sind anfangs nur papillös vorgewölbt, später aber runden sich die Vorwölbungen kuppelförmig in ganzer Breite der Zellen ab. Die Zeilwände werden bei Epacris impressa in der Antherenepidermis nur wenig verdickt. Bei der Öffnung der Antheren werden die vorgewölbten Teile der Epidermiszellen namentlich von den Seiten her eingefaltet infolge der Austrocknung. Die Epidermiszellen zeigen sehr lange Inhalt, die an die Fächerscheidewand grenzenden sind leer und verschrumpfen völlig bei der Öffnung; oft zeigen sie Abgliederung von Papillen (Fig. 74, 75). 336 Bei Styphelia werden die Zellwände der Epidermis mit Ausnahme der Innenwände sehr stark verdickt in der Weise, dafs das Lumen der Zelle gewissermafsen als Hohlpapille zwischen die Verdickungen der Seitenwände hineinragt. Die länglichen Tüpfel, die die Verdickung Fig. 74, Fig. 75. Fig, 74 und 75: Querschnitt durch eine ungeöffnete und den Rand einer geöffneteh Anthere von Epacris impressa. unterbrechen, verlaufen hauptsächlich in der Querrichtung zur Längs- achse der Anthere und zu der Linie der Öffnung. In geöffneten An- theren erscheinen auch hier die Zellen von beiden Seiten her zu- sammengefaltet parallel zur Richtung des Spaltes (Fig. 76). | Geöffnete Antheren von Epacris und Styphelia sind durch Be- netzen allein nicht mehr zu der Schliefsungsbewegung zu veranlassen; erwärmt man dagegen das Wasser, in das sie gelegt wurden, stark, 80 tritt langsam Verschlufs ein. Rasch läfst sich die Schliefsbewegung mit Kalilauge verursachen, Bei Epacris, Styphelia, Monotropa, Loiseleuria und Arbutus ist es also die äufserste Zellschicht allein, die eine Bewegung zum Zweck der Offnung der Anthere ausführt und in der man deshalb auch die Ursache der Bewegung suchen muls, während bei Kalmia und nament- lich bei Phyliodoce und Rhodothamnus die Form der Verdickung der Zellwände der zweiten Zellschicht es wahrscheinlich macht, dafs ih Anteil an der Verursachung der Auswärtskrimmung des Öffnungs- = 337 randes ein sehr wesentlicher ist; immerhin aber dürfte man ihrer un- gleichen Kontraktion infolge der Austrocknung allein die Bewegung nicht zuschreiben, da einerseits die Ausbildung dieser Zellschicht in der angegebenen Weise auch in der Umgebung der Öffnung nur in verhältnismäfsig beschränk- tem Malse eintritt, anderer- seits auch die äufserste Zell- schicht einen Bau zeigt, der mit dem in den Fällen vor- handenen im wesentlichen übereinstimmt, wo die Epi- dermis schlielslich allein noch vorhanden ist und die Krüm- mungsbewegung ausführt, wie bei Arbutus. In keinem Falle zeigt aber die äufserste Zell- schicht eine Form der Ver- dickung, wie wir sie z. B. im Annulus der Farnsporan- gien finden; man wird sie indessen doch als Exotheeium bezeichnen dürfen, da ja ihre Funktion dieselbe ist, wie sie den typischen Exothecien der Sporangien der Pteridophyten und der Mikrosporangien der Gymnospermen zu- kommt. Und namentlich deshalb ist die Heranziehung der Epidermis in Mikrosporangien angiospermer Pflanzen zur Bewirkung der Debhis- cenz von Interesse, weil die Regel, dafs den Sporangien der Pterido- phyten und Mikrosporangien der Gymnospermen ein Exothecium, den Mikrosporangien der Angiospermen aber ein Endotheeium zukomme, eine Regel, die durch das Endothecium der Pollensäcke von Gingko biloba vonseiten der Gymnospermen her einmal durchbrochen erscheint, nun auch für die Angiospermen nicht mehr ausnahmslos gilt (siehe Goebel, Flora 1902 Ergänzungsband pag. 254). Im Gegensatz zu sämtlichen untersuchten Erikaceen, Pirolaceen und Epakridaceen steht die Gattung Clethra durch den Besitz eines typischen Endotheeium in ihren Antherenwänden. Alle Zellen der unter der Epidermis gelegenen Schicht zeigen die fast halbringförmig auf Innen- und Seitenwänden ausgebildeten Verdickungsfasern, die namentlich in der Querrichtung zur Längsachse der ganzen Anthere verlaufen. Somit bestätigt auch die Untersuchung der Anthere von Fig. 76: Querschnitt durch eine der geöffneten Antheren von Styphelia lanceolata. 338 Clethra auf ihre Dehiscenz, dafs diese Gattung mit vollem Recht als anor- males Genus von den Erikaceen getrennt und „als Typus einer eigenen kleinen Familie aufgestellt“ wird, wie dies schon von Klotzsch geschah. Trotz der Dehiscenz vermittelst eines Endotheeium zeigen aber die Antheren von Clethra doch insofern Ähnlichkeit mit den Antheren der Erikaceen, als ihre Öffnungen nur kurze Spalten sind, obwohl das Endo- theeium überall in der Antherenwand und selbst in der langen, sterilen Spitze, in dieKonnek- tiv und Antheren- hälften zusammen ausgezogen sind, zur Ausbildung kommt. Dieses Verhalten- ist auch bei anderen Antheren, bei denen trotz spaltförmiger Öffnung das Endo- thecium über ihre Fig. 78. . ganze Länge zur Fig. 77: Querschnitt durch die Öffnungsstelle einer eben Anlegung kommt, geöffneten Anthere von Clethra arborea. von Leclere du Fig. 78: Querschnitt durch die sterile Spitze einer An- Sablon beobachtet there von Clethra arborea, worden, so bei Ri chardia africana und Dianella divaricata., Als Ursache gibt Leclerc du Sablon an, es sei in dem Teile der Anthere, der sich nicht öffnet, die fibröse Verdickung auch in den an und in der Scheide- wand liegenden Zellen der subepidermalen Schicht ausgebildet, wälı- rend die’eigentlichen Öffnungsränder nur unverdickte Zellen aufweisen, die ebenso wie die Zellen der Scheidewand bei der Dehiscenz ver- schrumpfend und vertrocknend leicht durchrissen/werden können. Die- selben Umstände bedingen auch bei Clethra die Beschränkung der Dehiscenz auf einen kurzen Spalt. Der Entstehungsort der Öffnunge ist ja derselbe wie bei Pirola und Arbutus, nämlich das untere, nie aulsen gekehrte Ende der Antherenhälften. ' N 339 Die sterile Spitze, in die die Anthere nach oben verlängert ist, zeigt an ihrem Ende eine anscheinend der Wasserausscheidung dienende Spaltöffnung; wenigstens liegen unterhalb derselben nur wenig von ihr entfernt 2—3 isolierte Tracheiden, die schon sehr früh ausgebildet sind, ehe noch das Gefäfsbündel des Filaments und Konnektivs (in dem es in halber Höhe endigt) deutlich ist. Der ganze Fortsatz der Anthere zeigt drüsigen Charakter. Die Gruppen von Gattungen, die jeweils in gleicher Weise die Öffnungen ihrer Antheren entstehen lassen, sind im vorstehenden an- geordnet nach den die Dehiscenz herbeiführenden Prozessen, also ob lediglich Gewebezerstörung oder diese und ein lokales Exothecium oder ein über die ganze Anthere ausgedehntes Exothecium ohne vor- bereitende Resorption oder endlich ein Endotheeium die Dehiscenz bewirkt. Man könnte aber diese Gruppen von Gattungen mit einem bestimmten Modus der Dehiscenz auch anders anordnen, indem man versucht, sie in der Reihenfolge ihrer phylogenetischen Entstehung hintereinander zu stellen. Dann tritt, verwandten Formen am nächsten stehend, deren Antheren sich vermittelst eines Endotheeium in Längs- spalten öffnen, an den Anfang der Reihe phylogenetischer Entwicke- lungsstufen der Erikaceenantheren Olethra, deren Antheren sich trotz des in ganzer Länge der Anthere ausgebildeten Endothecium nur durch eine kurze Spalte öffnen. Reste des Endothecium haben sich erhalten in ganz prägnanter Form bei Rhodothamnus und Phyllodoce, undeutlicher bei Kalmia, während die an der Dehiscenz beteiligte Ge- webeauflösung bei Kalmia gegenüber Rhodothamnus und Phyllodoce im Zunehmen begriffen ist. Bei Erica und Rhododendron ist dann das Endotheeium völlig verschwunden und die Gewebezerstörung zur alleinigen Ursache der Dehiscenz geworden. Eine abermalige Weiter- bildung dieser Formen sind vielleicht die mit Ausschütteröhren ver- sehenen Antheren von Vaccinium, die der Pollenentleerung durch Poren durch Schütteln der Antheren wohl am meisten angepafst sind, denen vielleicht die Pirolaarten anzuschliefsen wären. Nun sind aber einige Formen wieder zurückgekehrt zur Bildung von Längsspalten durch ungleiche Kontraktion einer aktiven Zellschicht beim Aus- trocknen; diese haben dann statt des verlorenen Endothecium ein Exotbecium neu erworben, nur lokal wie Arbutus, in ganzer Länge der Anthere wie Loiseleuria und die Epakridaceen. Je- denfalls spricht die Mannigfaltigkeit der Formen und der Art und Weise der Entstehung der Öffnungen der Antheren für eine grolse Plastizität und Entwickelungsfähigkeit der auch sonst so hoch differen- 340 zierten Familie der Erikaceen in Bezug auf den Bau der Mikro- sporangien. | Unter den zahlreichen Arbeiten der letzten Jahre, durch die die Vorgänge in den Samenanlagen vor und. nach der Befruchtung für so viele Familien festgestellt worden sind, ist keine, die die Erika- ceen in dieser Hinsicht berücksichtigt hätte. Von älteren Arbeiten sind die von Hofmeister und Vesque zu nennen, in denen unter anderen auch die Samenanlagen dieser Familie behandelt werden. Und doch liefsen sich gerade in Bezug auf die Samenentwickelung * interessante Verliältnisse bei den Erikaceen im Hinblick auf die bei anderen Familien’ der Sympetalen gewonnenen Resultate erwarten, wenn anders die Erikaceen echte Sympetalen waren. Ich habe des- halb versucht, die Entwickelung der Samenanlagen der Erikaceen zur Befruchtungsreife und zu Samen in grofsen Zügen festzustellen. Die Samenanlagen der Erikaceen zeigen auf den Stadien ihrer Ausbildung bis zur Befruchtung ein Verhalten, wie es für die Ent- wiekelung dieser Organe bei den Sympetalen typisch ist: ein dünn bleibender Nucellus wird allmählich von einem einzigen, sich stark entwickelnden Integument umhüllt. Die Archesporzelle teilt sich in vier potentielle Embryosäcke, von denen der hinterste heranwachsend die drei andern zerdrückt. Gleichzeitig wird das wenige Nucellar- gewebe um den Embryosack von diesem aufgezehrt und er grenzt nun an die als Epithel ausgebildete innerste Integumentschicht. Als- dann finden die normalen Kernteilungen statt. Der Embryosack bleibt entweder bis zur völligen Ausbildung aller Kerne von dem Epithel in seiner ganzen Länge eingefafst und verlängert sich erst nachher sich erweiternd nach der Mikropyle zu; oder aber er hat schon während der letzten Kernteilungen begonnen, nach vorn unter Zerdrückung der angrenzenden Zellen auszuwachsen und so schon vor der Befruchtung ein kleines Haustorium zu bilden. Man findet nämlich, namentlich in den sehr kräftigen Samenanlagen, wie sie u. 8. Arbutus, Vaceinium, Macleania besitzen, in der Chalaza und in der Mikropylarregion Gewebepartien, die sich durch ihren In- haltsreichtum, ihre starke Färbbarkeit infolge eigentümlicher Be- schaffenheit der Zellwände, sowie dadurch als Nährgewebe charak- terisieren, dafs sie von dem Embryosack, der in sie hineinwächst, während der Ausbildung des Embryo und der Anfüllung der Eindo- spermzellen mit Reservestoffen aufgezehrt werden. In diesen sehr kräftigen Samenanlagen werden also nach der 341 Befruchtung zwei grolse Haustorien gebildet, das eine nach der Mikro- pyle zu durch Erweiterung und Vergröfserung der vor der Befruchtung gebildeten Ausbauchung des Embryosackes, ein ebenso grolses nach der Chalaza hin. Beide sind, wenn ich auch ihre Entstehung nicht auf allen Stadien verfolgt habe, doch als mehrkernige Endosperm- haustorien zu betrachten, da die Synergiden zugrunde gehen und die Antipoden schon sehr früh nur mehr als bräun- liche Stücke mit undeutlichen Kernen auffindbar sind. In reifen Samen (Fig. 80) sind beide Haustorien leer, aber in ihrer ganzen Ausdehnung mit dicken, gebräunten Wänden er- halten. Vom Epithel bleiben an beiden Enden die äulsersten Zellen erhalten; diese bilden zwei Einschnürungen, die den eigentlichen, mit Endosperm er- füllten Embryosack von den Fig. 79: Längsschnitt einer Samenanlage von beiden Haustorien trennen. Die Abutus Unedo. engen Öffnungen zum Durchtritt der Haustorien werden schliefslich durch bräunliche, aus Endospermzellen entstehende Pfropfen ver- schlossen. on Bei Calluna, die ich am eingehendsten untersucht habe, sind die Samenanlagen schwächer als bei Arbutus und Vaceinium. Der Em- bryosack beginnt bei Cal- 7 luna schon, wenn er erst vier Kerne enthält, nach der Mikropyle zu auszu- wachsen und sich unter Verdrängung der angren- zenden Zellen bauchig zu erweitern. Sind dann Ei, Fig. 80: Längsschnitt (schematisiert) eines Samens von Arbutus Unedo. Synergiden und dieübrigen Kerne fertig ausgebildet, so beginnt auch nach der Chalaza zu eine Ausbauchung des Embryosacks sich zu bilden, in die der hinterste Antipodenkern einwandert. Zur Zeit der Befruchtungsreife finden wir den Eiapparat im vordersten Teil der Mikropylarerweiterung, die beiden Flora 1903. : 23 342, Polkerne vor der Einschnürung des Embryosacks durch das Epithel liegend und die Antipoden merkwürdig verändert. Sie liegen als un- deutliche Kerne in zwei dunklen, stark färbbaren Massen, die durch deutliche Wände vom übrigen Embryosack abgegrenzt sind. Das hintere, die Ausbauchung zur Hälfte erfüllende Stück enthält einen Kern, das vordere reicht, mit zwei Kernen, sich anschliefsend bis in die Nähe der Polkerne (Fig. 81). \ u >= Fig. 81. Fig. 82. | Fig. 81: Längsschnitt einer Samenanlage von Calluna vulgaris, Fig. 82: Längsschnitt durch das Haustorium eines fast reifen Samens von ‚Calluna vulgaris, Nach der Befruchtung findet man die ganze Samenanlage stark herangewachsen; die vordere Ausbauchung beginnt sich zu vergröfserh gewissermafsen unter der Leitung zweier Endospermkerne, die nacl vorn gewandert sind. Die Synergiden werden desorganisiert und sind lange noch als gelbliche Masse sichtbar, in der nur mit Mühe zwei Teile zu erkennen sind. Diesen Synergidenresten sitzt der lange Embryoträger auf, der das Haustorium in seiner ganzen Ausdehnung durchsetzend den Embryo durch die Einschnürung des Embryosacks durch das Epithel hindurch in das Endosperm hineinschiebt. Di Integumentzellen sind herangewachsen, die Antipoden sind mit ihrem Haustorium nach hinten verschoben worden; die äufsersten angrenzen- den Endospermzellen sind in das zweikernige Stück deutlich vorge- 343 wölbt. In der Umgebung der Antipoden sind Integumentzellen in der Auflösung begriffen. Auf noch älteren Stadien, wenn schon der Embryo als viel- zelliger Körper im Endosperm sichtbar ist, ist dann auch das Mikro- pylarhaustorium aufserordentlich herangewachsen. Es hat alle Zellen des Integuments und des Funikulus bis auf die äufsersten aufgezehrt und dringt nun, indem die Mikropyle weit geöffnet erscheint, mit dicker, beinahe schleimig erscheinender Membran in die dem Ansatz des Funi- kulus benachbarten Zellen der Placenta ein. In ihm liegen die beiden Endospermkerne nahe beieinander und durch keine Zellwand getrennt inmitten gröfserer Ansammlungen von Protoplasma, von denen ein zier- liches Gerüst von feinen Fäden nach allen Seiten ausstrahlt (Fig. 82). Im reifen Samen (Fig. 83) ist das Antipodenhaustorium nur noch als bräunliche Emporwölbung über den Endospermkörper, von dem es deutlich abgegrenzt ist, wahrnehmbar. Das Mikropylarhaustorium bleibt, leicht zusammengeschrumpft, zwischen den eine weite Öffnung umschliefsenden und neben dem Haustorium vorspringenden Inte- gument- und Funiku- luszellen erhalten; in seinem Innern enthält es ein dem früheren pro- toplasmatischen Netz entsprechendes Cellu- losegerüst. Diezwischen den den Embryosack vom Mikropylenhausto- rum abschnürenden persistierenden Epithel- zellwänden zum Durch- yig. 83: Längsschnitt (schematisiert) durch einen tritt des Haustoriums Samen von Calluna vulgaris. verbliebene Öffnung ” wird auch bei Calluna durch einen gelblichen Pfropfen verschlossen, der aus Endospermzellen entsteht. Vielleicht hat an seiner Bildung auch der Embryoträger Anteil. In der Nähe beider Haustorien zeigen die Endospermzellen etwas abweichendes Aussehen, indem sie sich stärker färben lassen und undeutliche Kerne besitzen. Bei der Keimung scheint das Mikropylarhaustorium keine Rolle zu spielen. In vielen Fällen ist es am reifen Samen nicht mehr vor- handen. Der Embryo zeigt ganz kurze Kotyledonen, die bei der Keimung an die Oberfläche gebracht werden und ergrünen. 23* 344 Ein ähnliches Verhalten bei der Samenentwickelung läfst sich wohl auch von den Embryosäcken von Erica und Bruckenthalia er- warten. Wenigstens sind die Antipoden. bei Erica carnea u. a. Erica- arten, sowie bei Bruckenthalia spieuliflora (Fig. 84) denen von Calluna ähnlich, indem sie stark färbbar, grofs und deutlich abgegrenzt sind; ihre Kerne sind ebenfalls von ihrer Umgebung nur wenig unter- j schieden ; die Antipode nehmen aber keinen s grofsen Raum im Embryo- \\ sack ein wie bei Calluna. es IN Das Mikropylarhaustoriumn I) entwickelt sich indesse 1, nieht zu solcher Mächtig- keit wie bei Calluna, den im reifen Samen ist es i Fig. 84: Längsschnitt einer Samenanlage von erner dem Mikropylarhau- Bruckenthalia spiculiflora. storium von Arbutus ent - sprechenden Gröfse aus- ‘gebildet. Dagegen ist das am Antipodenende des Embryosacks gebildete Haustorium in ähnlicher Weise wie bei Calluna entwickelt im Samen erhalten. Die Samenanlagen in dem aus drei F'ruchtblättern aufgebauten Fruchtknoten von Clethra haben einen den Samenanlagen der Erika- ceen entsprechenden Bau. Die Samen zeigen die Reste zweier Hau- storien und sind während ihrer Entwickelung der Placenta eingebettet. Vor der Öffnung der loculieiden Kapsel .vertrocknet die Placenta. Auch die Samenanlagen von Epacris, sehr zahlreich in eine Fruchtknoten, zeigen grofse Ähnlichkeit in ihrem Bau mit deuen de Erikaceen. Der Embryosack wird von einem deutlichen Epithel ein- . gefafst; er erweitert sich nach vorn zu einem Haustorium, das nach der Befruchtung jedenfalls noch vergröfsert wird, da in der Mikro- pylarregion ebenso wie in der Chalaza ein stark färbbares Nährgewebe ausgebildet ist. Bei Styphelia befindet sich in jedem Fruchtknotenfach — di Zahl der Fächer wechselt zwischen zwei und fünf — eine hängen anatrop epitrope Samenanlage. Diese zeigt ein Epithel um den Em- bryosack, sowie ein deutliches Nährgewebe in der Chalaza, desse Ausnutzung schon vor der Befruchtung beginnt. Nach der Bikopyi und dem Funikulus zu wird auch ein namentlich nach der Befruchtung zu einer an vielen Stellen stark ausgebuchteten Blase heranwachsen)- 345 des Haustorium gebildet, das von einem protoplasmatischen Netz er- füllt ist. Reife Samen standen mir leider nicht zur Verfügung, so dafs ich die schliefslichen Schicksale der Haustorien nicht feststellen konnte. Die Samenanlagen der Pirolaarten endlich zeigen wie die von Monotropa eine reduzierte Gestalt. ‘Ihr normal gebauter Embryosack ist von einem zweischichtigen Integument bedeckt. Bei der Ähnlich- keit der Samenanlagen liegt die’ Vermutung nahe, dafs die Samen- entwickelung von Pirola ebenso verläuft wie bei Monotropa hypo- pitys, für welche ja die: schönen Untersuchungen Kochs über diesen , Gegenstand vorliegen. Eine Andeutung von Haustorienbildung könnte man vielleicht in den reduzierten Samenanlagen von Monotropa finden in den steril, d. h. von Endosperm frei bleibenden Teilen des Embryo- sacks nach der Mikropyle und der Chalaza hin, wenn auch in diesen schmächtigen Samenanlagen von der Anhäufung von Nährmaterial in besonderen Geweben nicht die Rede sein kann. Was die Samenentwiekelung der Erikaceen im allgemeinen an- belangt, so sind namentlich für die Tetracyelicae hauptsächlich durch die Arbeiten von Balicka-Iwanowska (Flora 86. Bd.), Billings (Flora 88. Bd.) und Goldflufs (Journal de Botanique 12. Bd.) sehr mannigfaltige Verhältnisse in Bezug auf Haustorienbildung bei der Samenentwickelung nachgewiesen worden. Dabei hat sich aber für die Primulaceen durch Billings’ Untersuchungen herausgestellt, dafs bei ihnen die Bildung des Embryos und des Endosperms ohne die Mitwirkung von Haustorien verläuft. Für dieses Verhalten der Primu- laceen ist eine Erklärung zunächst nicht möglich. Im Gegensatz zu ihnen haben aber die Erikaceen trotz der durch das Vorhandensein zweier vollständiger Staubblattkreise und die Isomerie des Frucht- knotens dokumentierten primitiven ‘Verhältnisse im Blütenbau durch das in den ausgeführten Untersuchungen zutage getretene Verhalten in Bezug auf Samenentwickelung als echte Sympetalen erwiesen. Beiträge zur Kenntnis einiger Bryophyten. Von F. Vaupel. Hierzu 8 Figuren im Text. Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis von Untersuchungen, durch welche einige noch unentschiedene Fragen betreffs der Mor- phologie der Laub- und Lebermoöse beantwortet werden sollten. Und zwar handelt es sich dabei um die Frage, ob Polytrichum nach der Hofmeister-Leitgeb’schen Anschaung (6. pag. 465, 1. pag. 323, 12. pag. 467, 2. pag. 30) wirklich eine verzweigte Blüte besitzt, un ferner darum, wie wir die Blüte von Mnium (3. pag 370) aufzufassen haben. Bei den Lebermoosen wurde der Öffnungsmechanismus der Antheridien verschiedener Gruppen (4., 5.) und der Aufbau der Bhj- zoidenbündel der Polytrichaceen (8.) studiert. I. Zur Vorgeschichte der Untersuchungen. Durch die Untersuchungen Leitgebs, welcher durch eine Reihe von Arbeiten unsere Kenntnis der Moose gefördert hat, ist der ent- wickelungsgeschichtliche Beweis erbracht worden, dafs bei der Ent- stehung der Antheridienstände von Laubmoosen der Sprofsscheitel aufgebraucht wird, d. h. dafs aus der Scheitelzelle, mit welcher die Moose wachsen, das erste Antheridium hervorgeht, während die übrigen Antheridien teils durch Auswachsen der jüngsten Segmente entstehen, teils aus Oberhautzellen. (Entwickelung der Antheridien bei Fontinalis antipyretica. Sitzungsber. der Wiener Akademie 1868.) | Als Leitgeb diese Erkenntnis später auf alle Laubmoose aus- zudehnen suchte, stiefs er auf Schwierigkeiten, indem eine Anzahl von Laubmoosen — wenigstens auf den ersten Blick — sich diesem Schema nicht fügten. Hiervon sind bis jetzt drei untersucht worden: Sphagnum, Polytrichum und Phascum nebst Archidium, und zwar ist Sphagnum von Leitgeb selbst untersucht, Polytrichum von Hof- meister und Phascum cuspidatum nebst Archidium von Satter. ‘Bei Sphagnum steht entlang der Sprofsachse je ein Antheridium am anodischen Rande einer Blattinsertion; für diese Antheridien fand Leitgeb, dafs ihre Mutterzelle, was ihre Entstehung aus den Seg- menten betrifft, mit derjenigen der Äste vollkommen gleichwertig ist; und daraus zog er dann den Schlufs, dafs die Antheridien auf Seiteh- sprosse zurückzuführen sind, welche auf ihre Urmutterzelle reduzieht 347 erscheinen. Diese Erklärung hat in der Literatur keine Bedenken hervorgerufen, und deshalb ist Sphagnum in die folgenden Unhter- suchungen nicht aufgenommen worden. Ebenso die Arbeit von Satter, welche in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft 1884 Bd. 11 Heft 1 erschienen ist. Der Versuch dagegen, welchen Hof- meister machte, das Verhalten von Polytrichum auch nach dem Leitgeb’schen Prinzip zu erklären, ist, nieht ohne Widerspruch ge- blieben, und die dadurch aufgerollte Frage harrte noch bis jetzt der entgiltigen Entscheidung. Polytrichum zeigt bekanntlich die Eigentümlichkeit, dafs bei Beginn der Vegetationsperiode der ganze Antheridienstand durch- wachsen wird, indem die Scheitelzelle Segmente abgliedert, welche zunächst zur Stamm- und Blattbildung verwandt werden. Durch diese Durchwachsung kommt die oft beträchtliche Länge des Stämm- chens zustande, an welchem man noch lange Zeit die Jahresgrenze erkennen kann. Da nun zweifels- ohne die Sprofsscheitelzelle bei Polytrichum erhalten bleibt, so besteht darin schon ein Unterschied gegenüber Fontinalis, und wenn Polytrichum wie die anderen Laub- moose akrandrisch sein soll, so können demnach die Antheridien nur aus Zweigscheitelzellen her- Fig.1. Querschnitt durch eine männ- vorgehen, und die ganze „Blüte“ liche Blüte yon Polytrichum, Die Kreise . . bedeuten die Antheridien, Die Para- stellt ein Auszweigungssystem dar. _n ind nicht gezeichnet: ebenso physen sind nicht gezeichnet; ebe Die Untersuchungen, durch sind die äufsersten Antheridiengruppen welche Hofmeister die Gattung und Blätter weggelassen. Polytriehum unter die Leit- geb’sche Regel zu bringen suchte, sind in der Botanischen Zeitung Jahrg. 1870 veröffentlicht. Es sei darüber kurz folgendes mitgeteilt: Wenn man einen Querschnitt durch eine männliche „Blüte“ von Polytrichum betrachtet, so sieht man, dafs dieselbe von einer grofsen Anzahl von Antheridien gebildet wird, welche in einzelne durch Blätter von einander- getrennte Gruppen gesondert sind (vgl. Fig. 1). . Diese Blätter besitzen eine sehr lange, einzellige Lamina, mit welcher sie die Blüte mit mehr als deren halbem Umfang umhüllen und so durch ihr gegenseitiges Übereinandergreifen die Antheridien in wirksamer 348 Weise gegen Vertrocknung schützen. Bei Blüten, deren Antheridien- bildung noch nicht vollkommen abgeschlossen ist, können wir in den einzelnen Antheridiengruppen insofern eine Übereinstimmung finden, als in dem Alter der Antheridien und damit ihrer Entstehungsfolge eine bestimmte Gesetzmälsigkeit herrscht. Aus der Stellung der An- theridiengruppen zu den zu ihnen gehörigen Blättern zog Hofmeister den Schluls: „dafs jede Antheridiengruppe einen kaum irgend in di Länge entwickelten Seitenzweig darstellt, dessen Scheitel zur erste Antheridie sich ausbildet, während laterale Sprossungen, Nebenachsen höherer consecutiver Grade zu den später nur nach den Seiten und nach unten hin sich entwickelnden Antheridien werden.. Die einzelne Antheridiengruppe ist dem (terminalen) Antheridienstande von Funaria analog gestaltet; der Blütenstand der Polytrichineen ein zusammen- gesetztes Auszweigungssystem, gebildet von einer Mehrzahl seitlicher Zweige der Hauptachse, deren jeder sein Ende zur zeitigst ent- wickelten Antheridie einer der zahlreichen Antheridiengruppen aus- bildet.“ Diese Ansicht, wonach wir es mit einer zusammengesetzten Blüte bei Polytrichum zu tun haben, ist von Goebel als unerwiesen bezeichnet worden in Flora 1882 und Bot. Ztg. 1888, denn einen Beweis für seine Behauptung hatte Hofmeister nicht erbracht; er hatte nicht nach- gewiesen, dafs an Stelle des ersten Antheridiums jeder Antheridien- gruppe wirklich eine Zweigscheitelzelle gestanden hat. Das Resultat, zu welchem Goebel damals kam, war, dafs entgegen den Befunden bei Fontinalis, bei welchem, wie oben erwähnt, die Antheridien an einen bestimmten Entstehungsort nicht gebunden sind, „bei Polytri- chum der Entstehungsort für sämtliche Antheridien der nämliche sei, indem sie unterhalb der Blätter aus Aufsenzellen des Stammgewebel entstehen, welche demselben Segment wie das betreffende Blatt an gehören.“ Daraus geht also hervor, dafs Goebel die Blüte von Polytrichum nicht für ein Auszweigungssystem hielt. | In demselben Jahrgang derselben Zeitschrift ‚(Flora 1882) finden wir dann einen Aufsatz Leitgebs, worin dieser die Hofmeister’sche Anschauung Goebel gegenüber aufrecht erhält und sie in folgendem Satz präzisiert: „Die scheinbar verschiedene Stellung der Antheridien bei Fontinalis, Polytrichum und Sphagnum hat also ihren Grund in der verschieden weit vorgeschrittenen Verkümmerung des Tragspröfs- chens, das bei Fontinalis noch einige Blätter bildet, bei Polytrichum auf die Antheridiengruppe, bei Sphagnum auf ein Antheridium re+ ‚duziert erscheint,“ on | 349 Ein Beweis war damit aber immer noch nicht erbracht, denn wenn auch die Bildung der Antheridien aus Zweigscheitelzellen noch so schnell vor sich gehen sollte, so mulste doch das Stadium gefunden werden, in welchem die Scheitelzellen noch vorhanden sind. Diese Lücke ist bis heutigen Tages noch bestehen geblieben, und selbst wenn sich ergeben sollte, dafs die Leitgeb’sche Ansicht auf Poly- trichum wirklich Anwendung findet, ‘so ist. damit doch noch keines- wegs gesagt, dafs alle Laubmoose akrandrisch sind, d. h. dafs die Entstehung der Antheridien ebenso erfolgt wie die der Archegonien, .bei deren Bildung in allen Fällen — soweit bekannt — die Scheitel- zelle aufgebraucht wird. Denn es sind noch lange nicht alle Laub- moose von diesem Gesichtspunkt aus untersucht, namentlich fehlte bis jetzt noch die Kenntnis der Entwickelungsgeschichte der Blüte von Mnium., dessen Scheitel eine grofse Anzahl von Antheridien enthält und deshalb die Vermutung nahe legt, dals es sich bei ihm um eine zusammengesetzte Blüte handeln könnte. Im folgenden sollen nun zunächst nach einigen Bemerkungen allgemeinerer Natur die Ergebnisse mitgeteilt werden, zu welchen die Untersuchung dieser beiden Fragen geführt hat. li. Beschaffung des Materials. . Wie bei vielen höheren Pflanzen die Blüten schon im Herbst .des der Blütezeit vorausgehenden Jahres angelegt werden, so erfolgt auch bei Polytriehum und Mnium die Anlage und teilweise die Aus- bildung der Antheridien um dieselbe Zeit. Für Polytrichum piliferum und P. juniperinum gibt Hofmeister an, dals die Anlegung der Antheridienstände Anfang September beginnt und bei letzterem einige Nachzügler bis in den Dezember zu finden sind, Was diese beiden . Spezies betrifft, so kann ich diese Beobachtungen insofern bestätigen, als ich bei P. juniperinum Ende ‘Oktober schon die gröfsere Anzahl der Antheridien angelegt fand. Aus diesem Grund, d. h. wegen der zu weit vorgeschrittenen Entwickelung, wurde diese Art nicht näher untersucht, viemehr wurde P. commune dazu ver- wandt, weil seine Antheridienentwickelung einige Wochen später er- folgt — vielleicht durch den Einflufs des Standortes — und weil es aufserdem infolge seines massenhaften Auftretens in den Wäldern der näheren Umgebung Münchens ein leicht zu beschaffendes Material darstellt. Als Untersuchungsmaterial für Mnium diente Mn. cuspidatum, welches ebenfalls in den hiesigen Wäldern an nicht zu feuchten Stellen in grofsen Rasen vorkommt. Ill. Die Untersuchungsmethode. Was die Herstellung der erforderlichen Präparate anbelangt, ee sei hier kurz folgendes erwähnt, weil die dabei angewandte Method von der allgemein üblichen in manchen Punkten abweicht: Das frische Material wurde zunächst kurze Zeit unter die Glasglocke gesetzt, damit alle infolge des beim Transport eingetretenen Wasserverlustes etwa geschrumpften Gewebeteile ihren vollen Turgor wieder anneh- men konnten; dann wurde durch Einlegen in absoluten Alkohol fixiert, eine Methode, welche bei Pflanzen mit so dünnen Gewebepartieen, wie es die Moose sind, der allmählichen Härtung entschieden vorzh- ziehen ist. Die ersten Untersuchungen wurden an Handschnitten ausgeführt, welche nach Einklemmen des Objektes in Hollundermark hergestellt wurden. Ein Erfolg liefs sich jedoch hiermit nicht erzielen, da die Antheridien in ihrer Lage nicht erhalten werden konnten und auch eine Serie wohlgelungener Schnitte nicht zu erlangen war. Es wurden deshalb Mikrotomschnitte hergestellt, nachdem das Material in der üblichen Weise eingebettet war. Die ersten Präparate wurden mit Klebeiweils aufgeklebt, nach Entfernung des Paraffins mit Häma- toxylin gefärbt und in Kanadabalsam eingeschlossen. Mit dieser Be- handlungsweise war jedoch auch nichts anzufangen, da gerade die- jenigen Gewebeteile, auf welche es bei der Untersuchung besonders ankam, mit Protoplasma dicht gefüllt sind, welches den Farbstoff bo intensiv aufnimmt, dafs von den äufserst dünnen jungen Zellteilungs- wänden nichts mehr zu sehen war. Es mulste also diesem Übelstand auf irgend eine Weise abge- holfen werden. Zu dem Zweck wurden die Schnitte zunächst nicht mehr mit Klebeiweils befestigt, sondern sie wurden auf Wasser schwim- mend so lange über der Flamme vorsichtig erwärmt, bis sie voll- kommen glatt ausgebreitet waren, und dann wurden sie auf dem Paraffinofen durch Verdunsten des Wassers lufttrocken auf dem Ob- jektträger befestigt. Die Benutzung des Eiweilses wurde wegen der späteren Anwendung von Kalilauge und Bau de Javelle vermieden, welche dasselbe aufgelöst und dadurch die Präparate zum Weg- schwimmen gebracht haben würden. Nachdem dann vorsichtig das Paraffin mit Toluol entfernt ‘und dieses mit Alkohol ausgewaschen war, wurde zunächst Kalilauge zugegeben, um das Protoplasma zum Quellen zu bringen, und mit einem Deckgläschen bedeckt; um den Durchtritt der weiteren zur Verwendung kommenden Aufhellungs- und Färbungsflüssigkeiten zu erleichtern, wurde das Deckgläschen durch dünne Hollundermarkplättchen an den Seiten gestützt. Nach 851 kurzer Einwirkung wurde die Kalilauge durch Hindurchsaugen von Wasser wieder entfernt und Eau de Javelle verdünnt zugegeben, welche das Protoplasma vollkommen entfernte, so dafs nur noch die Zellwände übrig blieben. Nachdem dann sorgfältig mit Wasser aus- gewaschen war, wurde das Präparat mit wässeriger Lösung von Kongorot gefärbt. Diese Methode der Herstellung von Präparaten ist zwar um- ständlich und zeitraubend, sichert aber gute Erfolge, namentlich wenn sie mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt wird. Will man die Präparate längere Zeit aufheben, so gibt man am besten Glycerin zu, welches mit einer geringen Menge von Essigsäure gemischt ist, und befestigt das Deckglas nur an einer Seite mit einem Tropfen Kanadabalsam, um, wenn nötig, später noch einmal nachfärben zu können, was bei einem vollständigen Verschlufs natürlich nicht mehr möglich ist, IV. Die Ergebnisse der Untersuchungen. A. Mnium. Das zur Untersuchung verwandte Mnium cuspidatum zeigt ebenso wie u. a. Mn. undulatum die Eigentümlichkeit, dafs es fertile und sterile Triebe bildet, von denen die ersteren an ihrem rosettenartigen Blatt- schopf leicht zu erkennen sind. Im Gegensatz zu Polytrichum wird die Blüte nicht durchwachsen, vielmehr erfolgt die Antheridienbildung an Zweigen, welche zu Beginn jedes Winters am Grunde des Rasens neu gebildet werden. Wenn man im November einen solchen Rasen, welcher aus alten fertilen Sprossen gebildet wird, genau untersucht, so sieht man zwischen diesen junge Zweiglein, welche chlorophyllarm sind und bei denen die Blätter erst als kleine Schuppen ausgebildet sind. Der Schutz, welchen sie durch die alten Zweige genielsen, ist ein ausgezeichneter, denn deren in der Scheitelregion rosettenartig gestellten Blätter verhindern ein Vertrocknen der äufserst zarten jungen Spröfschen. Untersucht man dieselben mikroskopisch nach der oben angegebenen Methode der Behandlung der Mikrotomschnitte mit Kalilauge und Eau de Javelle, so ergibt sich folgender Befund: Der Querschnitt enthält in seiner Mitte die dreischneidige Scheitelzelle des Hauptsprosses, welche in durchaus normaler Weise ihre Segmente abgliedert. Sie ist relativ grofs, ebenso wie alle anderen Zellen, wodurch die Untefsuchung ganz wesentlich erleichtert wird. Die meisten Stämmehen sind Ende November schon zur Antheridien- bildung geschritten, indem in den äufsersten Segmenten 1—2 Anthe- 352 ridien nachzuweisen sind. (Fig. 2 zeigt diesen Zusand nicht. Obgleich die Figur nicht dem untersuchten Mn. cuspidatum, sondern dem Mn, un- dulatum angehört, wurde sie doch beigegeben, weil sie die Zweig- scheitelzellenbildung in besonders übersichtlicher Weise darstellt.) Die inneren Segmente dagegen sind noch weniger weit entwickelt, so dals man in günstigen Fällen alle Stadien auf einem einzigen Schnitt vereinigt finden kann, Die der Hauptscheitelzelle zunächst gelegenen Segmente werden zunächst durch eine Wand in einen vegetativen und einen antheridienbildenden Teil getrennt, von denen der erstere nach innen liegt (er ist in Fig. 2 punktiert),. Im weiteren Verlauf wird in der Mitte des fertilen Segmentteiles durch zwei Teilungswände eine typische Scheitelzelle ausgeschnitten, wie aus der Figur ersicht- 1 Fig. 2. Querschnitt durch die Scheitelregion von Mnium undulatum unmittelbar vor dem Auftreten der ersten Antheridien. Die vegetativen Segmentteile sind dunkel gehalten. Die Zeichnung ist aus zwei Schnitten kombiniert. | lich ist. In den beiden rechts und links von der. Scheitelzelle übrig bleibenden Segmentteilen tritt eine Reihe weiterer Teilungswände auf, welche anscheinend auf einander senkrecht stehen und die Mutter- zellen einer Anzahl von Antheridien abgrenzen. Damit ist also schon festgestellt, dafs wir es bei der Blüte vo Mnium mit einem Verzweigungssystem zu tun haben, nur handelt es sich noch darum festzustellen, wie die Scheitelzelle im weiteren Verlauf sich verhält, d. h. ob aus ihr das erste Antheridium hervorgeht oder nicht. Da schon der Vergleich der aufeinanderfolgenden Schnitte von 353 10x Dicke mit aller Wahrscheinlichkeit darauf schliefsen liefs, dafs das erste Antheridium aus der Scheitelzelle hervorgeht, wurden, um ganz sicher zu gehen, Schnitte von 151. Dicke hergestellt, auf welchen unter günstigen. Umständen der Fuls des Antheridiums noch der Scheitelzelle aufsafs, so dafs bei hoher Einstellung der erstere, bei tiefer Einstellung die Scheitelzelle zu sehen sein mufste. Der Befund hat denn auch die Voraussetzung vollkommen bestätigt: das erste Antheridium jeder Gruppe geht aus der Scheitelzelle hervor. Somit haben wir bei Mnium eine zusammengesetzte Blüte, auf welche der von Hofmeister für Polytrichum angenommene Typus genau pafst, indem jede Antheridiengruppe einem dem Antheridien- stand von Funaria analogen Zweig entspricht, bei welchem das erste Antheridium aus der Schei- telzelle hervorgegangen ist, während der Ent- stehungsort der übrigen Antheridien ein verschie- dener ist, Um den. weiteren Verlauf der Entwickelung zu verfolgen, wurde zu- nächst die Kultur des Ra- sens unter der Glasglocke versucht, um so in kurzen Zwischenräumen von nur wenigen Tagen weiter untersuchen zu können. Fig. 3. Querschnitt durch die Blüte von Mnium Das Verfahren war jedoch cuspidatum in etwas vorgerückterem Stadium, In von keinem Erfolg beglei- den äufseren Segmenten sind schon eine Anzahl tet, indem weitere Anthe- Antheridien entwickelt, während an den inneren Segmenten das Aufhören der Blattbildung zu er- ridien nicht angelegt wur- . kennen ist, den, vielmehr die kleinen Sprosse sich in kurzer Zeit stark streckten, so dafs sie weit über die ursprüngliche Höhe des Rasens hinausragten: sie waren infolge der geringeren Intensität des Lichtes und der höheren Temperatur etioliert. Es mufste deshalb von Zeit zu Zeit neues Material aus dem Walde geholt werden, ein Verfahren,. welches man, wenn irgendwie möglich, immer anwenden sollte, da die in der Natur herrschenden Lebens- bedingungen bei Kulturen nie vollkommen nachgeahmt werden können und dadurch leicht Veränderungen an dem später zur Untersuchung 854 kommenden Material hervorgerufen werden können, welche wohl in vielen Fällen belanglos sind, bisweilen jedoch einen so starken Ausschlag zu geben vermögen, dafs wir nur noch ein Zerrbild der ursprünglichen Organisation vor uns haben. Ein in der Entwickelung etwas weiter vorgeschrittenes Stämmchen zeigt zunächst in allen Segmenten das erste Antheridium, welches etwas seitlich der Mediane des tieferen Blattes steht (vgl. Fig. 3), aulserdem 2—3 weitere Antheridien, welche aus den schon oben er- wähnten, neben den Scheitelzellen übrig gebliebenen Segmentteilen ent- standen sind. Die Scheitelzelle des Hauptsprosses ist vorläufig noch erhalten geblieben und gliedert einige weitere Segmente ab. Da auf dem Querschnitt durch die fertige Blüte (vgl. Fig. 4) eine grolse Anzahl — zwölf und mehr — Antheridien zu sehen sind, so ist anzuneh- men, dals sie ähnlich wie bei Fontinalis verschiedenen Ur- sprung haben, indem die letzten aus Oberhautzellen entstehen; denn es scheint nicht, dafs alle durch Aus- wachsen der iin den Segment- teilen abgetrennten Zellen entstehen, da deren Zahl, soweit beobachtet werden konnte, zu gering war. Fig. 4. Querschnitt durch einen ausgebildeten Der Querschnitt durch Antheridienstand von Mnium euspidatum. Die . . . . , grofsen Kreise bedeuten Antheridien, die klei- eıne fertige Blüte zeigt ferner: nen Paraphysen, In der Mitte ist die Blatt- 1. dafs die Blattlamina bildung unterdrückt. nicht so grofs ist wie bei Polytrichum und die Laminae der einzelnen Blätter entweder gar nicht oder nur in weit geringerem Grade mit ihren Enden übereinandergreifen, was wohl damit zusammen- hängen mag, dafs der Schutz, dessen die jungen Zweige und Anthe- ridien bedürfen, von den grofsen vorigjährigen Zweigen geleistet wird und weil Mnium an feuchteren Standorten wächst als Polytrichum , 2. dafs in der Mitte der Blüten eine grofse Anzahl von Anthe- ridien zusammensteht, ohne durch Blätter in Gruppen von einander getrennt zu. sein. Zur Erklärung dieser Tatsache waren zwei Mög- 355 lichkeiten gegeben: Entweder konnten die in den Segmenten durch eine Längswand abgetrennten Blatteile ebenfalls zur Antheridienbil- dung verwandt werden, oder die Trennung durch die Längswand konnte vollkommen unterbleiben und die ganzen Segmente nach einer Anzahl von Teilungen zu Antheridien auswachsen. Die Entscheidung dieser Frage ist nach Fig. 3 leicht und sicher zu treffen. Sie zeigt uns, dafs die Scheitelzelle noch weitere Segmente abgegliedert hat, und dafs in diesen Segmenten die Abtrennung des blattbildenden Teiles vollkommen unterblieben ist; sie haben sich in eine Anzahl von Zellen geteilt, welche zur Antheridienbildung bestimmt sind. Es ist vorläufig noch unsicher, ob in diesen Segmenten eine Scheitelzelle gebildet wird, ob also den daraus hervorgehenden Antheridiengruppen wirklich der morphologische Wert eines reduzierten Zweiges zukommt, wie wir das für die äufseren von Blättern getrennten Gruppen ge- funden hatten. Die zuletzt angelegten Blätter weichen in ihrer Gröfse von den älteren zwar bedeutend ab, erreichen aber, wie auf einem Längs- schnitt leicht festzustellen ist, doch die Höhe der Antheridien, denen sie somit noch als Schutzorgane dienen können. B. Polytrichum. Nachdem nun so für Mnium nachgewiesen war, dafs es sich vollkommen der Hofmeister-Leitgeb’schen Regel, wie sie Hof- meister für Polytrichum aufgestellt hatte, fügt, galt es auch die bei dieser Gattung noch offene Lücke auszufüllen, d.h. die Zweigscheitel- zellen aufzusuchen, aus denen die ersten Antheridien der einzelnen Antheridiengruppen hervorgehen mufsten, wenn die Hofmeister- sche Anschauung richtig sein solltee Wenn man nach der oben an- gegebenen Methode angefertigte Querschnitte von im Herbst gesam- melten Spitzen männlicher Zweige untersucht, so sieht man, dafs ebenso wie bei Mnium die Segmente durch eine Längswand in zwei meist ungleiche Teile zerlegt sind, von denen der nach innen zu gelegene zum Blatt auswächst, während der äufsere zur Bildung der Antheri- dien bestimmt ist. Lägen nun die Verhältnisse hier ebenso wie bei Mnium, so mülste man erwarten, dals in dem fertilen Segmentteil zunächst durch zwei Teilungswände eine Scheitelzelle ausgeschnitten würde, um zum ersten Antheridium auszuwachsen. Das ist jedoch, wie Fig. 5 uns zeigt, anscheinend nicht der Fall; es wird vielmehr zunächst durch eine mit xy bezeichnete Wand eine Zelle a abge- trennt, während in dem übrig gebliebenen Teile eine weitere, zur 356 ersteren annähernd senkrecht stehende Wand eine Zelle S abgliedert. Diese Zelle S, welche sich durch ihre besondere Gröfse den anderen Zellen gegenüber auszeichnet und in allen Segmenten deutlich nach- weisbar ist, grenzt mit ihrer gröfseren und etwas gebogenen Seite, und zwar deren ganzen Länge nach, an das darunter liegende Blatt. Auf ihr weiteres eigentümliches Verhalten werden wir später zu sprechen kommen. Daraus schien nun zunächst hervorzugehen, dafs die Hof- meister-Leitgeb’sche Ansicht nicht richtig war, da, soweit die Erfahrungen bis dahin reichten, eine Scheitelzelle, wie man sie hätte erwarten sollen, in den Segmenten nicht vorhanden war. Dazu kam aufserdem noch die Beobachtung, dafs die zuerst von dem Segment abgetrennte Zelle a zum ersten: Antheridium aub- wächst. Es sprachen aldo, zwei Gründe gegen die Leitgeb’sche Regel: Erstens schien eine Schei- telzelle nicht vorhanden zu sein, und selbst wenn - man die grofse Zelle als solche aufgefalst hätte, so wäre damit immer noch nicht das erste Antheri- dium aus derselben her- . ı - . un vorgegangen; und anneh- Fig.5. Teil eines Querschnittes durch die Spitze . . . . men zu wollen, die Zelleia eines g'-Zweiges von Polytrichum commune. Es . , sind zwei fertile Segmentteile getroffen, in denen el eine Scheitelzelle, dazu sich die ersten Zellteilungen vollzogen haben. lag nicht die geringste Be- rechtigung vor. Oder aber, der letzte Ausweg wäre der gewesen, dafs man das ganze Segment als Scheitelzelle aufgefafst hätte, welche durch die Teilungswand «.y den rechts von der Zelle a gelegenen Teil als erstes Segment abge- gliedert hätte; dann wäre zwar das erste Antheridium aus der Scheitel- zelle hervorgegangen, aber alle übrigen Antheridien müfsten dann aus dem einen Segment hervorgehen, in welchem ein besonderes Teilungsmeristem die Zellteilungsfolge leitete. | Damit trat nun die Aufgabe heran, das weitere Verhalten der grofsen Zelle S, welche zunächst als Teilungsmeristem aufgefafst wurde, noch eingehend zu untersuchen. Denn vielleicht konnte sie doch als 857 Zweigscheitelzelle gedeutet werden, wenn sie auch als solche zunächst nicht zu erkennen war. Das Auffallende war, dals die Lage des ganzen Segmentes mit der eines Zweigsegmentes vollkommen überein- stimmt. Es würde damit die Hofmeister’sche Ansicht immerhin in. gewisser Hinsicht noch für Polytrichum zu retten sein, indem wir es dann mit einem Verzweigungssystem zu tun hätten, bei welchem je- doch die Scheitelzelle nicht sofort aufgebraucht wird, sondern durch Segmentierung die Zellen liefert, welche zu den anderen Antheridien auswachsen. Diese Annahme wurde durch die bei Mnium gemachten Beobachtungen nahegelegt, denn nachdem nun einmal bei diesem eine zusammengesetzte Blüte nachgewiesen war, lag kein Grund vor, das- selbe bei Polytrichum zu bezweifeln, bei welchem allerdings viel kompliziertere Verhältnisse der Aufklärung harrten. Verfolgt man weiterhin das Verhalten des fertilen Segmentteiles, so sieht man, dafs aufser dem aus der Zelle a hervorgegangenen An- theridium noch zwei weitere Antheridien entstanden sind, welche ebenfalls an dem Rande des zugehörigen Blat- tes stehen, und zwar ist das dem ersten Antheridium zu- nächst stehende das ältere der beiden. Diesen Zustand zeigt uns Fig. 6. Auf ihr sehen wir aufserdem, dafs die Zelle S nach Art einer zweischneidigen Scheitelzelle begonnen hat, Segmente ab- zugliedern, und dafs bereits aus einem solchen Segment ein viertes Antheridium hervorgegangen ist. Diese Abgliederung von Segmenten setzt sich bis zur vollen Entwickelung des ganzen Antheridienstandes fort, und wenn man einen älteren Stand auf dem Querschnitt ansieht, so bemerkt man, dafs in: der Nähe der Teilungszelle S die jüngsten Antheridien stehen. Die Bildung und Reifung der Antheridien er- folgt in ganz regelmälsiger Aufeinanderfolge, entsprechend der Ab- gliederung der Segmente aus dem Teilungsmeristem. Es ist also auch hierin ein Unterschied gegenüber Fontinalis zu konstatieren, indem nicht wie bei diesem der Entstehungsort der Antheridien ein ver- schiedener ist — wenigstens insofern als dieselben nicht aus Ober- hautzellen entstehen —, sondern die Verschiedenheit des Entstehungs- „ Flora 1903. 24 Fig. 6. Querschnitt durch ein junges fertiles Segment von Polytrichum commune, in welchem man die Reihenfolge der Anlagen der ersten Anteridien erkennt. 358 ortes liegt nur darin, dafs die ersten drei Antheridien aus den Sog: mentzellen hervorgehen, welche bei dem Ausschneiden der Zelle $ übrig geblieben sind. | Was die Teilungszelle anbelangt, so sehen wir, dafs sie im Laufe der weiteren Segmentierung bedeutend an Gröfse abgenommen hat und von den übrigen Zellen fast nur noch durch ihre dreieckige Gestalt zu unterscheiden ist. Ihre Lage am Rande des unteren Blatteb hat sie vollkommen gewahrt, indem kein Antheridium sich dazwischer eingeschoben hat. Über das schliefsliche Schicksal der Teilungszelle, d. h. ob dieselbe in ihrem Rest erhalten bleibt oder ob sie zur Bil- dung eines (wahrscheinlich des letzten) Antheridiums verwandt wird, ist etwas Bestimmtes nicht festzustellen gewesen. Es ist das aucl für die Entscheidung der Frage nach dem Wert der Polytrichumblüte nebensächlich. | Die stufenweise Reifung der Antheridien mufs für die Fort- pflanzung der Art natürlich von Vorteil sein, denn die Aussicht auf Befruchtung ist um so grölser, je länger Spermatozoiden zur Ver- fügung stehen. Bei Fontinalis u. a. wird das dadurch erreicht, dals die einzelnen Zweige zu verschiedenen Zeiten während des Sommers zur Antheridienbildung schreiten, ein Vorgang, welcher, wie oben er- wähnt wurde, bei Polytrichum auf den Herbst beschränkt ist, indem alle Blüten zu gleicher Zeit angelegt werden. Aber der hierdurch bedingte Nachteil wird dadurch wieder ausgeglichen, dafs die Bildung der Antheridien in den einzelnen Segmenten auf einen Zeitraum von mehreren Monaten ausgedehnt ist. Die Entwickelungsdauer, welche das einzelne Antheridium zur Reife braucht, erstreckt sich ebenfalls auf mehrere Monate, denn die ältesten, also im Oktober angelegte. Antheridien sind im April noch nicht entleert gewesen. Und da nun die Antheridienbildung bis in den März dauert, so geht daraus hervok, dafs Polytrichum ebenso wie Fontinalis u.a, fast den ganzen Bommer Spermatozoiden zur Befruchtung zur Verfügung haben. Kehren wir jetzt zur Teilungszelle zurück. Da, wie gesagt, an Gedanke nahe lag, dafs diese doch eine echte dreischneidige Scheitel- zelle sei, so lag sie möglicherweise in schiefer Stellung im Gewebe, so dals sie auf dem wagrechten Querschnitt und dem zur Längsachse parallelen Längsschnitt in ihrer typischen Gestalt nicht zu erkennen war. Es wurden deshalb schiefe Längsschnitte angefertigt, wobei es natürlich dem Zufall überlassen werden mu/ste, dafs die betr. Zelle genau in der richtigen Weise getroffen würde; denn im günstigsten Falle war bei einem Stämmchen nur einmal darauf zu rechnen, dafs | | 359 der Schnitt genau die Mediane der vermuteten Scheitelzelle traf. Der Erfolg der Untersuchungen war denn auch schliefslich der, dafs die Zelle S als Scheitelzelle identifiziert werden konnte. Ein solcher Befund ist in Fig. 7 dargestellt. Fig. 7A zeigt ein Segment in der Querrichtung getroffen; wir sehen zunächst die Blätter b und in dem Gewebe eine grofse Zelle, welche mit der unteren Wand an das Stammgewebe grenzt, mit der zweiten nach dem Blatt zu gerichtet ist und mit der dritten, welche gewölbt ist, nach der Oberfläche sieht. Was aber das Charakteristische ist, liegt in ihrem Teilungsmodus, indem sie teils nach unten Segmente abgliedert, welche sich weiter teilen und zu Stammgewebe werden, teils Segmente in der Richtung des’ dazu gehörigen Blattes, aus welchen Antheridien hervorgehen. Fig. 7 A zeigt zwei Antheridien getroffen, ein grölseres, von dem jedoeh nur der obere Teil sichtbar ist, und- ein kleineres, welches gerade aus dem jüngsten Segment der Scheitelzelle hervorgeht. In Fig. 7. B ist die Scheitelzelle selbst nicht in derselben Gröfse sichtbar, dafür treten aber die anderen Ver- hältnisse deutlicher hervor, nament- lich die ursprüngliche Grenze des Segmentes gegen das Stammge- webe. Aufserdem sehen wir hier aus der Basis des tieferen Blattes eine Paraphyse entspringen. Wenn man diesen Befund mit den Tatsachen vergleicht, welche sich betreffs der Zellteilung auf dem Querschnitt ergeben haben, so fällt es nicht schwer, sich ein deutliches Bild von dem Oharakter der Scheitelzelle zu machen. Dieselbe weicht von dem gewöhnlichen Typus einer dreischneidigen Scheitelzelle nicht ab. Das Bemerkens- werte daran ist jedoch das, dafs sie mit der einen Seite nach unten . Segmente abgliedert, welche Stammgewebe liefern, und nur mit den beiden anderen Seiten antheridienbildende Segmente. Damit hängt ihre ungewöhnliche Lage zusammen, d. h. die Neigung ihrer Spitze — wenn wir die bei der Pyramide übliche Bezeichnung bei- behalten — in einem Winkel von annähernd 45° gegen die Achse des Stämmchens, Fig. 7. Zwei schiefe Längsschnitte durch Polytrichum commune mit Zweigscheitel- zellen. 24* 360 Ä Aus den eben geschilderten Tatsachen geht also hervor, dafs die Blüte von Polytrichum eine zusammengesetzte ist, dafs aber die Zweigscheitelzellen nicht zur Bildung der ersten Antheridien der ein- zelnen Gruppen verwandt werden, sondern bis zur Anlage der letzten Antheridien erhalten bleiben, und dafs somit beide, Hofmeister und Goebel, recht haben, Für die damaligen Zeiten, in denen die betreffenden Untersuchungen gemacht wurden, war es allerdings schwer, ein Resultat zu erzielen, während uns heutzutage durch die Einfüh rung des Mikrotoms nicht nur die Möglichkeit gegeben ist, ganze Schnittserien in tadelloser Verfassung mit einander vergleichen zu können, sondern dafs auch die einzelnen Teile in ihrer natürlichen Lage zu einander erhalten bleiben. | C. Catharinea (syn. Atrichum) Hausknechktii. Im Anschlufs an Polytrichum sei die Catharinea Hausknechtii noch kurz erwähnt, weil sie mit jenem gewisse Übereinstimmung zeigt, (Anm, Das Vorkommen der Cath. Hausknechtii in den hiesigen Bergen ist geographisch von hohem Inter- esse, indem dieselbe aufser ihrem spärlichen Auftreten in den bayet rischen Voralpen und im Algäu im Kaukasus und Nordungarn beobachtet worden ist.) Die Pflanz ist paröeisch, männliche und weib liche Fortpflanzungsorgane sind auf einem Stämmchen vereinigt, und zwar so, dafs in den mitt; "Fig. 8, Querschnitt durch die Blüte von Cath. Hausknechtii mit Archegonständen (alten). Antheridien und junge Arche- gonien sind noch nicht entwickelt. st. Stämmohen, sp. Sporogon, a. Arche- leren Segmenten Antheridien und in den äufseren Archegonien gebildet werden. Die Entwicke* lungsgeschichte der Blüte konnte vorläufig nicht verfolgt werden; weil die ersten Antheridien bei dem vorliegenden Material noch nicht angelegt waren; immerhin konnten die alten Archegonienstände beobachtet werden. Die Fig. 8 zeigt uns, dals diese Archegonienstände ebenso zu dem dazugehörigen Blatt stehen, wie bei Polytrichum die Antheridiengruppen. | Aufserdem ‚stimmt die Cath. Hausknechtii mit Polytrichum darin überein, dals die Scheitelzelle des Hauptsprosses erhalten bleibt und | gonien. 361 dieser dann in der nächsten Vegetationsperiode ebenso durchwachsen wird. Andererseits weicht die Cath. Hausknechtii in dieser Hinsicht von der allgemein in feuchten Wäldern verbreiteten Cath. undulata ab, indem bei dieser eine Durchwachsung nicht stattfindet, und zwar deshalb, weil bei ihr die weibliche Blüte aus der männlichen sprofst und somit die Sprofsscheitelzelle zur Archegonbildung verwandt wird. (Anm. Ein anderer äufserlich sichtbarer Unterschied besteht darin, dafs Cath, Hausknechtii 4—6 Sporogone trägt, während Cath. undulata nur ein solches zu entwickeln pflegt.) Mit dem relativ seltenen Vorkommen scheint es zusammenzu- hängen, dals die Cath. Hausknechtii mit Cath. undulata verwechselt wird, wie aus einer Arbeit von Hy hervorgeht. (Recherches sur l’arche- gone et le developpement du fruit des muscinees in den Annales des sciences naturelles 1884.) Hier heifst es nämlich von Cath. (Atrichum) undulata: „Au lieu d’occuper la partie centrale — — les archegones laissent cette place aux antheridies et se retrouvent r&partis en petit nombre sur le pourtour & l’aiselle des feuilles de l’involucre.* Hy nennt diesen Befund „anormal“, aus seiner Beschreibung geht jedoch deutlich hervor, dafs er die Cath. Hausknechtii vor sich gehabt hat. (Anm, In derselben Arbeit wird behauptet, dafs die Archegonien umgebildete Zweige seien: „de tous ces faits on peut conclure — — que l’archögone des muscinees n’est pas une simple production Epi- dermique, mais bien un rameau aussi remarquable par son origine que par les fonctions qu’il est destine & remplir.“ Und schliefslich versteigt sich Hy sogar dazu, die Paraphysen für umgebildete Blätter zu erklären. Der kurze Hinweis auf diese beiden falschen Behaup- tungen wird wohl genügen.) D. Einlagerung von Substanzen in bestimmten Zellen. der Paraphysen und Antheridien von Mnium und Po- lytrichum. Eine besondere Eigentümlichkeit läfst sich an den Paraphysen von Mnium cuspidatum und Polytrichum juniperinum sowie den An- theridien des letzteren beobachten, nämlich die Einlagerung einer braunen Substanz in bestimmten Zellen. Besonders regelmälsig tritt diese Erscheinung in den Paraphysen von Mnium cuspidatum auf. Die Paraphysen stehen hier in grofser Anzahl zwischen den Anthe- ridien (der Übersicht halber sind sie in der Fig. 4 nicht alle wieder- gegeben) und dienen teils zum Aufsaugen und Festhalten von Wasser, teils als Widerlager bei der Entleerung der Antheridien, Sie sind 362 fadenförmig und bestehen aus einer Anzahl von Zellen, von denen die untersten kürzer sind als die übrigen. In diesen kürzeren Zellen findet man regelmäfsig die betreffende Substanz. Ihr Vorkommen in den Antheridien von P. juniperinum ist auf die Fulsregion derselben beschränkt. In dessen Paraphysen sind sie nicht so allgemein nach- zuweisen gewesen wie bei Mn. cuspidatum. Charakteristisch für diese Substanz ist ihre Unempfindlichkeit gegen Säuren, indem sie sogar in H,S0, nicht gelöst wird. Es fragt sich, welchen Zweck — teleologisch ausgedrückt — diese Substanz- einlagerung hat. Dafs es sich dabei nicht um ein einfaches Aus- scheidungsprodukt handeln kann, geht daraus hervor, dafs sie immer nur an ganz bestimmten Stellen auftritt. Vielmehr läfst sich ji ihrem chemischen Verhalten wohl mit Sicherheit schliefsen, dafs si ein Eindringen des von aufsen auf die Blüte gelangten Wassers in das Stämmchen zu verhindern hat, damit es den Antheridien voll und ganz zugute kommt. Denn es ist klar, dafs ohne diese Einrichtung den Antheridien, namentlich nach längerer Trockenheit, von dem Stämmchen zu viel Wasser entzogen würde. E. Über den Öffnungsmechanismus einiger Lebermoos- antheridien. Betreffs des Öffnungsmechanismus der Antheridien einer Anzahl von Lebermoosen bestanden lange Zeit hindurch Unklarheiten, auf welche von Goebel hingewiesen worden ist, welcher nachgewieseh hat, dafs die Antheridienwand beim Öffnen aktiv beteiligt ist, während andere Fragen noch ihrer Lösung harren. Diese Fragen bieten viel des Interessanten und lohnen eine eingehende Untersuchung. So z.B. ‘wäre die Frage noch zu entscheiden, wodurch das Ausspritzen des Inhaltes bei den Antheridien von Frullania zustande kommt, welches Goebel erwähnt hat; ferner ist die Funktion des eigentümlichen Baues der Madothecaantheridien noch nicht aufgeklärt, bei welchen die Stielpartie der Wand aus mehreren Zellagen besteht, während der obere Teil einschichtig ist. Was bedeutet ferner der merkwürdige Schnabel bei den Antheridien der südlichen Corsinia? Und aulserdem ist der Zusammenhang zwischen Bau und Funktion der Antheridien- stände der Marchantiaceen noch genau zu untersuchen. Alles das war ursprünglich als ein besonderes, gröfseres Kapitel der vorliegen- den Arbeit gedacht, konnte jedoch teils aus Mangel an Material, teils aus anderen Gründen nicht zur entgiltigen Erledigung gebracht | 868 werden. Immerhin mögen die Ergebnisse hier als vorläufige Mit- teilung angeführt sein. a) Madotheca. Die Antheridien von Madotheca sitzen an be- sonderen 2—-3mm langen Zweiglein in den Achseln von Blättern. Diese kleinen Zweige sind leicht kenntlich an der helleren Farbe ihrer Unterseite. Die Antheridien sind dadurch charakterisiert, dafs ihre Wand, welche im oberen Teil einschichtig ist, in der dem Stiele zugekehrten Region mehrere Reihen von Zellen zeigt, welchen bei der Öffnung offenbar eine besondere Bedeutug zukommt. Wenn man aus einem Zweig eine Anzahl Antheridien freipräpariert und die an ihrer helleren Farbe kenntlichen reifen unter dem Mikroskop beobachtet, so sieht man, dafs nach einiger Zeit in dem einschichtigen Wandteil eine Zerreilsung eintritt und ein Teil des Inhaltes langsam ausgeprelst wird. (Die Pflanzen dürfen vorher nicht zu feucht gehalten worden ‘sein.) Nach einigen weiteren Minuten zeigt das Antheridium eine starke Bewegung,. es wird wie ein Handschuhfinger umgestülpt und der Rest der darin noch enthalten gewesenen Spermatozoiden wird frei, während die Cuticula zurückbleibt. Die Frage ist nun die, wie man diesen Vorgang mit dem Bau ‚ des Antheridiums in Verbindung bringen kann. Goebel hat in der Organographie pag. 238 mitgeteilt, dafs die Wandzellen namentlich im oberen Teil des Antheridiums auf ihrer nach aufsen gekehrten Wand Schleim ablagern; ihre Quellung spannt die Cuticula, die schliefslich reifst. Das ist auch entschieden im ersten Teil des Entleerungs- prozesses der Madothecaantheridien der Fall; es tritt jedoch insofern eine Komplikation ein, als im Stielteil des Antheridiums sich, wie er- wähnt, mehrere Zellagen befinden, welche man sich etwa so wirkend denken mufs, wie zwei mit einander verbundene Metallstäbe von ver- schiedenem Ausdehnungscoöfficienten. Und zwar ist die innere Lage stärker dehnbar als die äufsere, weil sie mehr Schleim enthält, so dafs dadurch der Vorgang des Umstülpens hervorgerufen wird. Durch diese Einrichtung wird unzweifelhaft eine schnellere und vollkommenere Entleerung der Antheridien herbeigeführt, womit selbstverständlich ein grofser Vorteil für die Pfanze verbunden ist, welche infolge ihres Lebens an Baumstämmen u. dgl. immer nur zeitweise von Wasser durchtränkt ist» Die Frage, ob der Inhalt des Antheridiums bei der Öffnung und Entleerung eine Rolle spielt, ist bei Marchantia polymorpha stu- diert worden und soll bei dieser geschildert werden. b) Frullania. Bei Frullania sind die Verhältnisse wesentlich einfacher; hier besteht die Antheridienwandung nur aus einer Reihe 364 von Zellen, es felılt also die Verdickung der unteren Partie. Bei der Entleerung hat Goebel beobachtet, dafs der Inhalt plötzlich ausge- spritzt wird, und er hat diesen Vorgang zu erklären versucht durch die plötzliche Zusammenziehung der vorher gespannt gewesenen An- theridienwand. Die schnelle Entleerung der Spermatozoiden ist fü die Pflanze natürlich ebenso von Vorteil wie für Madotheca, mit der sie vielfach denselben Ort bewohnt. | c) Die Marchantieen. Die Marchantieen stimmen betreffs ihrer männlichen Fortpflanzungsorgane insofern überein, als diese in grölserer Anzahl zu Ständen vereinigt sind, in deren Gewebe sie mehr oder minder tief eingesenkt liegen; ein Kanal führt dabei nach aufsen. Die Form der Stände ist bei den einzelnen Gattungen verschieden, indem sie z. B. bei Marchantia teilerförmig und gestielt sind, so dafs sie weit über den Thallus hinausragen, während sie bei Fegatellä mehr rundliche Gestalt haben und am Rande des Thallus ohne Stiel festsitzen. Worauf beruht nun diese Verschiedenheit in dem Bau der Antheridienstände innerhalb der Marchantieengruppe? Den gestielten Typus der Marchantiaantheridienstäinde hat Goebel mit der Ver- breitung der Spermatozoiden durch Regentropfen in Verbindung ge- bracht. Man braucht nur die grofsen Marchantiarasen anzusehen während des Höhepunktes der Entwickelung ihrer Geschlechtsorgane, welche oft in solcher Menge auftreten, dafs sie ein förmliches Dach über dem vegetativen Teil bilden, um sich von der grolsen Wahr- scheinlichkeit dieser Verbreitungsart zu überzeugen. Und es kanh auch wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dafs wir bei dieser Gat- tung die höchst entwickelte Antheridienstandform vor uns haben. | Wenn nun aber die Antheridienstände der übrigen Marchantieer nicht gestielt sind, so mufs das offenbar seinen Grund darin haben, dafs das Verbreitungsmittel der Spermatozoiden ein anderes ist. Wäh- rend Marchantia gerne an Mauern wächst, gedeihen die übrigen Mar- chantieen mehr im Schatten des Waldes, in welchem sie dem Regen weniger ausgesetzt sind, und es dürfte deshalb die Annahme nicht ungerechtfertigt erscheinen, dafs die Verbreitung der Spermatozoiden mehr durch kleine Tiere, Käfer u. ‚dgl. erfolgt. Daraus würde sich ‘denn auch von selbst die Stiellosigkeit der Stände erklären, denn die Spermatozoiden können so viel leichter an die betreffenden Tier kommen als wenn sie auf einem hohen Stiele sälsen, welcher dem Besuch durch Tiere jedenfalls weniger ausgetzt wäre als es die auf dem Boden aufliegenden Thalluslappen sind. Das ist jedoch nur eine Vermutung, welche noch der Bestätigung durch Beobachtungen in der Natur bedarf, | 865 Zum Schlufs dieses Abschnittes sei noch die schon erwähnte Frage erörtert, ob bei der Entleerung der Antheridien deren Inhalt beteiligt ist. An den Antheridien der Lebermoose, ebenso wie bei denen der Laubmoose, lassen sich folgende Teile unterscheiden: 1. die Masse der Spermatozoiden, 2. die Antheridienwandzellen und 3. der mehr oder weniger ausgebildete Stiel, welcher jedoch für unsere Frage nicht in Betracht kommt, Im allgemeinen hat man angenommen, dafs die Entleerung der Antheridien dadurch zustande komme, dafs die Spermatozoidenmasse durch Wasseraufnahme zum Quellen gebracht werde und durch Zer- reifsung der Wandzellen zum Austritt komme. Dafs dem jedoch nicht so ist, hat Goebel schon betont, welcher den Vorgang auf eine starke Quellung der Antheridienwandzellen zurückgeführt hat, so dafs also der Inhalt der Antheridien, der Spermatozoidenbrei, eine völlig passive Rolle dabei spielen würde. Dafs es sich dabei wirklich um die Tätigkeit der Antheridienwandzellen handelt, davon kann man sich durch Vergleich verschieden alter Stadien leicht überzeugen. Während. sie nämlich bei jüngeren Antheridien noch klein sind, zeigen sie bei reifen Antheridien eine starke Verlängerung in der Längsrichtung, welche eine starke Verengerung des Antheridienlumens. bedingt. Die Frage war noch die, wodurch diese Vergröfserung der Wandzellen erreicht wird. Mit Hilfe der Cellulosereaktion ist es denn auch schliefs- lich gelungen, Schleim in ihnen nachzuweisen (vgl. Strasburger, Bot. Prakt.), welcher aus Stärke entstanden ist. Dieser Schleim also dehnt vor der Entleerung durch Quellung die Antheridienwandzellen aus, so dafs der Spermatozoidenbrei zusammengedrückt wird und ein Überdruck entsteht, welcher durch die Aufnahme von Wasser ausge- löst wird. Und zwar tritt, wie uns ein einfaches, schon lange be- kanntes Experiment zeigt, diese Auslösung momentan ein. Wenn man nämlich auf einen nicht zu jungen Antheridienstand von Mar- chantia polymorpha einen Wassertropfen bringt, so nimmt dieser sofort milchige Färbung an infolge des Austrittes des Spermatozoidenbreies aus meistens mehreren Antheridien. Bei Fegatella konnte der Vorgang nicht studiert werden, weil das vorliegende Material noch zu jung war; es ist jedoch anzunehmen, dafs er im wesentlichen in der gleichen Weise verläuf. In den Anals’ of botany 1903 pag. 271 ist eine Notiz von Cavers enthalten, welcher das Öffnen der Antheridien von Fegatella an warmen, son- 866 nigen Tagen namentlich in direktem Sonnenlicht beobachtete, während es im Schatten nicht erfolgte. Es ist schliefslich ganz gut denkbar, dals der Schleim, um hinreichend stark zu quellen, einer höheren Temperatur bedarf. F. Die Rhizoidenbündel der Polytrichaceen. Das Rhizoidensystem der Polytrichaceen ist bekanntlich dadurch ausgezeichnet, dals die einzelnen Rhizoiden, natürlich nicht alle, zu Bündeln vereinigt sind, welche Koch mit einem schlecht gedrehten Strick verglichen hat. Als ein solcher sind sie auch bis jetzt abge- bildet worden. In Wirklichkeit verhält es sich aber anders: denn wie wir uns an gut aufgehellten Bündeln, namentlich an deren Enden und an Querschnitten, überzeugen können, handelt es sich dabei nicht um eine Anzahl seilförmig gedrehter Rhizoiden gleicher Art, sondern in der Mitte des Bündels befindet sich ein besonders starkes oil um welches die anderen, dünneren, gedreht sind. Wir würden sie also anstatt mit einem Strick eher mit einem Kabel nach Entfernung der Asphalthülle vergleichen können, wobei wir das in der Mitte des Bündels befindliche diekere Rhizoid mit der Gesamtheit der Leitungs- drähte, die dünneren Rhizoiden dagegen mit der Schutzhülle gleich- stellen. Auf das Vorkommen derartig verschiedener Rhizoiden macht schon Schimper aufmerksam (Icones morph. pag. 11), welcher „braun- gefärbte, festwandige, verhältnismäfsig ziemlich dicke, sehr verzweigt e und häufig knollentragende Hauptwurzeln unterscheidet von äufserkt feinen, bleichen Zaserwürzelchen. ... Diese feinen Würzelchen gleichen den Endzasern der Hauptwurzeln und können überhaupt als unentwickelte Wurzeln angesehen werden.“ Woher rührt nun dieses Sichzusammendrehen der Rhizoiden zu einem Kabel? Die Ursache kann zweifacher Natur sein: entweder ist es ein Berührungsreiz, welcher die feinen Rhizoiden veranlafst, sich um ein stärkeres herumzuwinden, oder es ist ein Chemotropismus, indem Stoffe gebildet werden, welche die Aneinanderlagerung bedingen. Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es noch mehrfacher, lang- wieriger Kulturen, so dals eine Entscheidung vorläufig nicht mö lich ist. Fr Wir kommen dann weiter zu der Frage, welche Bedeutung diese Stränge haben. Zwei Möglichkeiten sind hierbei gegeben: entweder dienen sie zur Befestigung der Pflanzen im Substrat oder aber zur -Wasserleitung — resp. zu beiden Funktionen zu gleicher Zeit. Es ibt 867 zwar wieder in letzter Zeit von Paul ihre Funktion als Haftorgane betont worden; einige Versuche und vergleichende Beobachtungen führen jedoch zu der Überzeugung, dafs es sich dabei hauptsächlich um die zweite Funktion, die der Wasserleitung, handelt. Wenn man nämlich ein freipräpariertes Bündel in eine Farbstofflösung taucht, so sieht man, wie diese kapillar in die Höhe gezogen wird. Es ist das dieselbe Erscheinung, welche auch der Stengelfilz der Sumpfmoose zeigt. Ein anderer experimenteller Beweis ist auch dadurch erbracht, dafs ein Rasen von Catharinea undulata, welchen man nicht zu tief vom Substrat abhebt und an derselben Stelle, also unter denselben äufseren Bedingungen, liegen läfst, nach kurzer Zeit eintrocknet — eben infolge davon, dafs von den Rhizoidenbündeln kein Wasser mehr nach der Unterbrechung der Verbindung der Pflanze zugeführt werden kann. Damit hängt auch die oft bis 10cm betragende Länge der Rhizoidenbündel zusammen, welche tief in den Boden eindringen, um aus den tieferen, feuchteren Schichten das Wasser in die Pflanze emporzuleiten. Dafs die Bündel wirklich der Wasserleitung dienen, geht auch aus einer anderen Beobachtung hervor, welche man an den Sumpfmoosen machen kann. Bei den im Sumpf lebenden Moosen, namentlich den Polytrichaceen, bekleiden nämlich die in ungeheurer Zahl auftretenden Rhizoiden den Stengel weit hinauf als ein dichter Filz und unterhalten durch ihre Fähigkeit, das Wasser kapillar festzuhalten, einen ständigen Strom von zirkulierendem Wasser derart, dafs ein Rasen, bei wel- chem die Stämmchen ziemlich dicht bei einander stehen (wie das bei Sumpfmoosen überhaupt allgemein der Fall ist), wie ein Schwamm mit Wasser vollgesogen ist. Es bedarf weiter keiner eingehenden Erörterung, dafs diese starke Entwickelung des Filzes eine Schutz- einrichtung gegen das Vertrocknen darstellt, denn die in den Sümpfen lebenden Moose sind an den meisten Standorten dem Sonnenbrand den ganzen Tag über ausgesetzt und wären infolge der starken Verdun- stung unfehlbar dem Untergang geweiht, wenn ihnen nicht durch den Filz ununterbrochen neue Feuchtigkeit von unten zugeführt würde. Auf einen anderen hierbei in Betracht kommenden Umstand hat Goebel in der Organopraphie pag. 279 aufmerksam gemacht: Da nämlich die Torfmoose der Hauptsache nach von Regenwasser leben, so erhalten sie demzufolge Aschenbestandteile aus dem Substrat nur in sehr geringer Menge und müssen infolge dessen eine grolse Menge von Wasser verdunsten. Untersucht man nun derartige Sumpfmoose auf das Vorhandensein von Rhizoidensträngen, so findet man, dals sie, 368 abgesehen von einigen kleinen Anfängen, vollständig fehlen: die _ Pflanze bedarf ihrer nicht mehr, weil ihr in dem Filz ein weit besl seres Mittel zum Wassertransport zur Verfügung steht. Ein in dieser Hinsicht sehr gutes Vergleichsobjekt bietet das Polytrichum juniperi- num, welches sowohl an sumpfigen als auch an trockenen Standorten vorkommt. An ihm können wir ohne Schwierigkeit beobachten, wie die Ausbildung von Pflanzenorganen — in unserem Falle Rhizoiden- filz und -bündel — von äufseren Umständen abhängig ist. Wenn man nämlich von trockenen Standorten stammende Pflanzen unter- sucht, so sieht man, dafs bei diesen der Stengelfilz fehlt, während die Rhizoidenstränge in grofser Anzahl vorhanden sind; die im Sumpf gewachsenen Pflanzen dagegen zeigen reichen Stengelfilz und ent- behren der Stränge. Wenn damit hinreichend bewiesen ist, dafs es sich bei den Rhizoidensträngen in erster Linie um den Wassertransport handelt, so soll damit keineswegs gesagt sein, dals sie da, wo sie auftreten, nicht auch als vorzügliche Haftorgane dienen könnten. Man braucht nur die einzelnen Rhizoiden mit einem einzelnen Hanffaden, die Bündel dagegen mit einem Bindfaden zu vergleichen, um sich von ihrer Stärke eine richtige Vorstellung zu machen. Eine Eigentümlichkeit der Rhizoidenstränge von Catharinea un- dulata sei hier noch angeführt. Bei ihnen kann man nämlich oft beobachten, dafs aus ihnen Knospen hervorsprossen, welche aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem inneren starken Rhizoid stammen. In ihren Anfangsstadien werden diese Knospen als Hervorwölbungen sichtbar, welche von den feineren Rhizoiden wie von einer Kapp umhüllt sind. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung wird diech Kappe von der Knospe durchbrochen, welche schliefslich zu einem Stämmchen auswächst. Diese Erscheinnng ist zwar schon lange be- kannt, aber falsch aufgefafst worden;.Schimper hat nämlich deshalb die Rhizoidenbündel der C, undulata für Rhizome gehalten, welche aber bei dieser Art gar nicht vorkommen. Übrigens ist die Entstehung von Knospen. aus Rhizoidenbündeln ‘keine sehr überraschende und abnorme Erscheinung, da doch die Rhizoiden sich prinzipiell von dem Protonema nicht unterscheiden. | Zusammenfassung der Ergebnisse, 1. Die männliche Blüte von Mnium ist eine zusammengesetzte, auf welche der von Hofmeister für Polytrichum angenommene Typus genau palst, indem jede Antheridiengruppe einem dem Antheridienstand voh 369 Funaria analogen Zweig entspricht, bei welchem das erste Antheri- dium aus der Scheitelzelle hervorgegangen ist, während der Ent- stehungsort der übrigen Antheridien ein verschiedener ist. In der Mitte der Blüte ist die Blattbildung vollkommen unterdrückt, indem die jüngsten Segmente nicht mehr in einen fertilen und einen sterilen Abschnitt geteilt, sondern ganz zur Antheridienbildung verwandt werden. Auch die Stammscheitelzelle wächst zu einem Antheridium aus, so dafs ein Durchwachsen des Scheitels unterbleibt. 2. Die Blüte von Polytrichum ist eine zusammengesetzte; sie weicht jedoch insoferne von dem Hofmeister-Leitgeb’schen Schema ab, als die Zweigscheitelzellen nicht zur Bildung der ersten Antheridien der einzelnen Antheridiengruppen verwandt werden, son- dern bis zur Anlage der letzten Antheridien erhalten bleiben. Infolge ihrer schiefen Lage im Gewebe sind die Zweigscheitelzellen als solche schwer zu erkennen. 3. Bei Catharinea Hausknechtii konnte die Entwickelung der Blüte nicht verfolgt werden, weil das vorhandene Material noch nicht weit genug entwickelt war. Immerhin liefs sich die interessante Anordnung der Antheridien- und Archegonienstände beobachten und zeigen, dafs hier die Archegonien dieselbe Anordnung zeigen wie bei Polytrichum die Antheridien. Sie ist von Hy offenbar mit Catharinea undulata verwechselt worden. 4. In bestimmten Zellen der Paraphysen von Mnium cuspidatum und Polytrichum juniperinum sowie der Antheridien des letzteren ist eine braune, gegen Säuren unempfindliche Substanz eingelagert, welche offenbar ein Eindringen des von aufsen auf die Blüte ge- langten Wassers in das Stämmchen zu verhindern hat, damit es den Antheridien voll und ganz zugute kommt, 5. Nachdem Goebel darauf hingewiesen hatte, dafs bei der Entleerung von Lebermoosantheridien die Antheridienwand aktiv be- teiligt ist, konnte festgestellt werden, dafs dieser Vorgang auch bei Marchantia ‘auf der Quellung von in den Antheridienwandzellen ab- gelagertem Schleim beruht. 6. Die Rhizoidenbündel der Polytrichaceen sind bis jetzt falsch abgebildet worden, indem sie nicht einem Strick, sondern einem Kabel zu vergleichen sind, dä die schwächeren Rhizoiden um ein stärkeres herumgedreht sind. Verschiedene Versuche und Beobachtungen er- gaben, dafs sie in erster Linie der Wasserleitung dienen, wobei eine gleichzeitige Funktion als Haftorgane nicht abgewiesen werden soll. Aus dem Auftreten von Knospen an den Rhizoidenbündeln von Ca- 370 tharinea undulata hat Schimper geschlossen, dafs es sich dabei um Rhizome handele, solche gibt es aber bei Catharinea undulata überhaupt nicht; die Knospen entstehen vielmehr aus den Rhizoiden. Zum Schlusse spreche ich Herrn Professor Dr. Goebel meinen aufrichtigsten Dank aus, welcher durch sein grofses Interesse und seine bereitwillige Hilfe wesentlich zum Gelingen der Arbeit beige- tragen hat. l Literatur. . Goebel, Über die Antheridienstände von Polytrichum, Flora 1882. — Referat über: „Die Antheridienstände der Laubmoose“ von Leitgeb, Bot, Ztg. 1883, 3, — Organographie der Pflanzen, II, 1, Jena 1899. 4. — Museineen in Schenks Handbuch, IH, 1, Breslau 1888. | 5. — Über den Öffnungsmechanismus der Moosantheridien, Supplöment aux Aunales du jardin botanique de Buitenzorg 1898. 6. Hofmeister, Über die Zellenfolge im Achsenscheitel der Laubmoose, Bot, Ztg. 1870, | . Hy, Recherches sur l’archögone et le developpement du fruit des muscindes, Annales des sciences naturelles 1884, 8. H. Koch, Bryologische Beiträge. Linnaea 1842 pag. 69 ff, 9. Leitgeb, Wachstum des Stämmchens von Fontinalis. Bd. LVII d. Sitzungk- berichte d. Kgl. Akad. d. Wissensch. I. Abt. 1868, ve -ı 10. — Entwickelung der Antheridien bei Fontinalis antipyretiea. Ebendort im LVIII, Bd. 1868, i 11. — Wachstum des Stämmchens und Entwickelung der Antheridien bei Bphag- num, Bbendort Bd. LIX 1869. 12. — Die.Antheridienstände der Laubmoose. Flora 1882. 13. Limpricht, Die Laubmoose, in Rabenhorsts Kryptogamenflora, 14, Satter, Zur Kenntnis der Antheridienstände einiger Laubmoose. Berichte der Deutschen bot. Gesellschaft 1884 Bd. II Heft 1. 15. Strasburger, Botanisches Praktikum, Über Blätter mit der Funktion von Stützorganen. Von F. W. Neger (Eisenach). Hierzu 2 Abbildungen im Text. An den senkrechten Felswänden der das Eisenacher Rotliegende durehziehenden Waldschluchten beobachtete ich folgende auffallende Erscheinung: Das hier häufige Geranium robertianum läfst eine deutliche Arbeitsteilung der grundständigen Blätter erkennen. Nur. wenige sind nach oben gerichtet, wobei die Blattstiele schräg ab- stehen; weitaus die meisten sind senkrecht nach unten gewendet und ihre Blattstiele sind dem Substrat fest angeprefst. Zieht man sie von der Unterlage vorsichtig weg und läfst sie los, so kehren sie energisch in die ursprüngliche Lage zurück, d.h. sie federn, und ihre Biegungs- festigkeit ist in der Regel recht bedeutend. Die nach unten gewen- deten Grundblätter, welche hier unzweifelhaft die Bedeutung von Stützorganen haben und welche wir dementsprechend kurzweg als Stützblätter bezeichnen wollen, haben ihre Funktion als Assimi- lationsorgane noch nicht vollkommen aufgegeben; der vordere (der Blattfläche zugewandte) Teil des langen Blättstiels ist bogenförmig gekrümmt und dadurch imstande, die Blattspreite in natürlicher, für die Assimilationsarbeit zweckmäfsiger Lage dem Lichte darzubieten. Freilich unterliegen zahlreiche Spreiten der Stützblätter einer früh- zeitigen Zerstörung durch Schimmelpilze, deren Tätigkeit begünstigt ist durch die gleichmäfsige Feuchtigkeit der Unterlage. 80 beobachtete ich häufig Stützblätter, deren Spreiten mit Rasen von Botrytis ei- nerea bedeckt waren. Viel länger behalten ihre Funktion die Blatt- stiele bei. Dieselben haben oft noch lange nach dem Verfaulen oder Verwelken der Spreite ihre charakteristische rote Farbe und zeigen auch sonst ein ganz gesundes Aussehen. Diese merkwürdigen Verhältnisse, welche ich, wie gesagt, zuerst an senkrechten Felswänden feuchter Waldschluchten beobachtet habe, veranlafsten mich, die Erscheinung etwas näher zu studieren, nachdem meines Wissens über diesen Fall von Arbeitsteilung noch nichts be- kannt ist. — Die Fragen, die sich aufdrängten, waren: 1. Besteht ein Unterschied im anatomischen Bau der Stützblätter und gewöhnlichen Blätter? 2. Von welchen Ursachen hängt die Biegung der Grundblätter nach unten ab oder durch welche Reize wird sie ausgelöst? x 372 I. Anatomische Untersuchung. ı Die Stützblätter unterscheiden sich von den gewöhnlichen (nae aufwärts gerichteten) Blättern in anatomischer Hinsicht folgender- malsen: | a) Das mechanische Gewebe der Stützblattstiele ist mächtiger entwickelt. Dies gilt von dem an der Peripherie des Blattstiels be- findlichen collenchymatischen Gewebering sowie besonders von den an die Gefäfsbündel nach aufsen hin anschliefsenden Sklerenchym- faserbündeln, welche bei allen Blattstielen verholzt, bei den Stütz- ‚blättern aber viel mächtiger entwickelt sind als bei den übrigen Grund- und Stengelblättern.!) b) Der Gehalt an Gerbstoff ist im Blattstiel der Stützblätter viel bedeutender als in dem der anderen Blätter. Es kann wohl als sicher angenommen werden, dafs dieser hohe Gerbstoffgehalt damit zusammen- hängt, dafs die Stiele der Stützblätter in höherem Grad der Gefahr des Angriffes von Tieren und Pilzen ausgesetzt sind als die frei in die Luft ragenden. c) Weniger leicht ist zu verstehen, warum die Blattstiele ädr Stützblätter so aulserordentlich reich sind an Stärke. Dieselben ent- halten etwa 4—5 Mal so viel Stärke als die aufwärts gerichteten Blattstiele; nicht selten übertreffen die in den Stützblattstielen aufge- speicherten Stärkekörner diejenigen der anderen Blätter sogar an Gröfse nicht unbeträchtlich; auf ihre verschiedenartige Lagerung in den Zellen komme ich später zurück. | 2. Ursache und Vorgang der Abwärtskrümmung. Ehe ich über die von mir angestellten experimentellen Versuche berichte,. welche den Zweck hatten, die Veranlassung der Abwärts- krümmung zu ermitteln, möchte ich noch einige in der freien Natur gemachte Beobachtungen vorausschicken. Zunächst sei erwähnt, dafs schon die Keimblätter unter Um- ständen die Neigung zeigen, mit ihren langen Blattstielen sich dem Substrat anzulegen und so der jungen Pflanze als Stützorgan zu dienen. Der Vorgang der Keimung ist folgender: Nach der Ent- faltung des Keimes erfolgt eine mehr oder weniger starke Streckung 1) Um die kräftigere Entwickelung des mechanischen Gewebes an den Blatistielen der Stützblätter zu konstatieren, ist eine anatomische Untersuchung eigentlich nicht nötig. Man .überzeugt sich davon leicht, wenn man vergleicht, welche Kraft nötig ist, um den Blattstiel eines Stützblattes oder eines gewöhn- lichen Blattes zu zerbrechen. 373 des hypokotylen Gliedes, wodurch die Keimblätter auch aus tiefen Moosrasen oder Felsspalten an das Tageslicht gehoben werden können. Sind dieselben trotzdem dem Substrat noch (bis zur Berührung P) nahe, so erfolgt Krümmung der Blattstielbasis und zu gleicher Zeit der Blattstielspitze. Durch erstere legt sich der Blattstiel dem Sub- strat federnd an, durch letztere wird das Keimblatt in eine der Assi- BR A [ N E | ng 5 \ZZ W {N . N y Roh || 1 y N n 5 > stv Fig. 1. Geranium robertianum. An einer senkrechten Felswand gewachsen; nach der Natur gezeichnet. A Axe; ng Grundblätter schräg aufwärts gewendet (nur die Blattstiele sind angedeutet); st Blattstiele der Stützblätter (die Blattspreiten sind schon verwelkt, die Stiele noch frisch); stv ein solches Blatt mit eben ver- welkender Spreite; st« ein solches Blatt mit noch assimilierender Spreite; w die aus einem Felsspalt herausgezogene Wurzel mit daran haftenden Erdteilchen. milationsarbeit günstige Lage gebracht. Sind dagegen die Keimblätter soweit gehoben, dafs sie vollkommen frei in die Luft ragen, so erfolgt keine Krümmung des Keimblattstiels. Nicht nur die Keimblätter und die Mehrzahl der Grundblätter zeigen das Bestreben, sich nach abwärts zu krümmen, auch einzelne Flora 1903. . 25 374 Blätter des nächst oberen Knotens legen sich zuweilen dem Boden federnd an, freilich nur dann, wenn die Hauptachse annähernd hori- zontel gewachsen oder durch fremde Eingriffe horizontal gelegt worden ist. | Aus all dem geht hervor, dafs die Neigung die Rolle eines Stützorganes zu spielen allen Blättern innewohnt und nur durch eineh äufseren oder inneren Reiz ausgelöst zu werden braucht. Zu welch merkwürdigen Verhältnissen dies speziell bei den Grundblättern, een Reaktionsfähigkeit offenbar am gröfsten ist, führt, sei noch kurz er- wähnt. Selbst auf vollkommen ebenem und festem Boden legen sich die Grundblätter zum Teil dem Substrat an, ohne dafs.die Erscheinung hier einen sichtbaren Nutzen für die Pfanze hat, Anders ist es, wenn Geranium robertianum in Felsspalten oder auf Felsvorsprüngen zum Keimen kommt, was bei der weiten Verbreitung, welcher die Samen unterliegen, und bei der Anspruchslosigkeit der Pflanze oft der Fall ist. Dann gewährt eine erwachsene Pflanze folgendes Bild: alle oder nahezu alle grundständigen Blätter sind senkrecht abwärts ge- richtet, ihre Blattspreiten gröfstenteils vertroeknet, nur die he haben sich zum grofsen ‚Teil frisch erhalten und die ‚ganze Pflanze steht jetzt auf einem aus Blattstielen gebildeten Stelzengerüst, welches noch den weiteren Vorteil bietet, dafs sich in ihm Geröll, Detritus, Staub u. dgl. ansammelt, genügend Material, um der anspruchslosen Pflanze als Nährboden zu dienen; für die solide Befestigung der Pflanze mag neben der gewissermalsen „abstemmenden“ Wirkung ddr Stützblattstiele noch die bekannte Verkürzung der Wurzel in Betracht kommen (s. Fig. 1). | Es erübrigt nun noch zu ermitteln, was die Veranlassung für die Rückwärtskrümmung der Blattstiele ist. | ‘Wie schon erwähnt, erfolgt dieselbe an den grundständigen Pflan- zen auch da, wo ein Bedürfnis dazu kaum vorzuliegen scheint, d. h. auch dann, wenn die Pflanze in vollkommen ebenem und tiefgründigem Boden wurzelt. Nicht so bei den Keimblättern oder bei den Blättern der oberen Knoten. Dieselben legen sich nur unter gewissen Be- dingungen dem Substrat an — unter gleichzeitiger S-förmiger Krüm- mung des Blattstiels. Zunächst könnte an einen Berührungsreiz ge- dacht werden, welcher etwa diese Krümmung auslösen würde. Die Perception dieses Reizes könnte entweder in der Blattfläche oder im Blattstiel selbst stattfinden. Um diese Frage zu entscheiden, stellte ich folgende Vet suche an: ! | 375 1. In der Nähe einer in kräftigem Wachstum befindlichen Pflanze von G. robertianum war ein pendelnder Körper, welcher durch den geringsten Luftzug in Bewegung gesetzt wurde, so befestigt, dafs ein Blatt des ersten Knotens, welches sich in natürlicher Lage befand, fortwährend sanfte Stöfse erhielt und-zwar nur die Blattspreite, wäh- rend der Blattstiel selbst niemals berührt wurde. 2. Eine ähnliche Einrichtung wurde so getroffen, dals stets nur der Blattstiel, nie aber die Blattspreite mit dem Fremdkörper in Kontakt kam.- NB. Wenn überhaupt. Berührungsreiz die Ursache der Krüm- mung der Blattstiele sein sollte, so war anzunehmen, dafs nur inter- mittierende Reize, welche wohl auch in der Natur in Betracht kämen, diese Wirkung haben könnten. Vgl. die Versuche Hartigs!) über Rotholzbildung, welche gleichfalls nur durch intermittierende Druck- wirkung zustande kommt. Der Erfolg meiner Versuche war ein negativer. In keinem der beiden Fälle reagierte das gereizte Blatt auf den Kontakt. Demnach scheint Berührungsreiz nicht die Ursache der Krümmung der Blatt- stiele zu sein. Noch an einen anderen Reiz als Veranlassung zur Abwärts- drehung der Blattstiele kann gedacht werden, nämlich den Schwer- kraftreiz. Besonders weist darauf die Erscheinung hin, dafs an Keim- pflanzen, deren hypokotyles Glied nicht senkrecht steht, das eine Keimblatt als Stützblatt funktioniert. Es wäre demnach denkbar, dafs der Schwerkraftreiz im hypo- kotylen Glied perzipiert, der Reiz nach der Basis des einen Keim- blattes fortgeleitet und dieses dadurch veranlafst würde, die bewufste Bewegung auszuführen. Was die Keimblätter anlangt, so trifft dies nicht zu, wie aus folgendem Versuch hervorgeht. Keimpflanzen, deren hypokotyles Glied bisher die Richtung des Erdradius hatte und deren Keimblätter frei in die Luft ragten, wurden so gestellt, dafs das hypokotyle Glied mit der Lotlinie einen Winkel von etwa 45° bildete. Keines der Keimblätter veränderte seine “ Richtung, nur die Spitze des Keimblattstieles wurde schwach ge- krümmt, um das Blatt in eine für die Belichtung günstige Lage zu bringen. 1) Hartig R., Holzuntersuchungen. Altes und Neues. 1901. 25* 876 Ein abweichendes Resultat lieferte der folgende Versuch: Wurden an einer in kräftiger Entwickelung befindlichen Pflanze die Stützblätter weggenommen, so dafs die Achse sich senkte und mit’ der stark geneigten Unterlage einen Winkel von etwa 90° bildete, also annähernd horizontal in die Luft ragte, so zeigte sich nach 2— Tagen folgende Erscheinung. Die Krümmung der Achse, welche den Zweck hat, wieder in die Richtung der Lotlinie zu gelangen, hatte am nächsten Knoten (am ersten von unten gerechnet) stattgefunden, so dafs der untere Teil der Axe mit dem oberen einen Winkel von ca. 90° einschlofs. Zugleich hatte eines (zuweilen auch 2—3) dei bisher schräg aufwärts gerichteten Blätter dieses Knotens und zwar das (oder die) am meisten nach aufsen gelegene(n) eine senkrecht abwärts gerichtete Lage angenommen und sich ziemlich genau in die untere Verlängerung der jetzt wieder vertikal stehenden oberen Hälft der Achse gestellt. Gleichzeitig hatte eine halbkreisförmige eonmunı der Blattstielspitze des betreffenden Blattes stattgefunden, welche die Spreite in die fixe Lichtlage. brachte. Die meisten anderen Blätter hatten mit der Spitze ihrer Blatt- stiele nur unbedeutende Krümmungen zur Regelung der Lage der Spreite gegenüber dem diffusen Licht ausgeführt, sonst aber ihre Richtung im Raum nicht verändert. Das eben beschriebene Experiment gelingt stets vorzüglich. Das (von der Pflanze offenbar angestrebte) Resultat dieses Vor- ganges ist, dals das nach abwärts gewendete Blatt in der Regel Fühlung gewinnt mit der Unterlage oder anderen Pflanzen und auf diese Weis als Stützorgan der sonst fast freischwebenden Achse dienen kann. j Für die Blätter der oberen Knoten — d. h. für die nicht grund- ständigen Blätter — scheint demnach der Mechanismus der Abwärts. drehung ziemlich klar,zu liegen. Derselbe ist wohl als Korrelationsvorgang, abhängig von einer Kniekung der Achse, aufzufassen, d. h. ändert die Achse unter A Einflufs der Gravitation ihre Richtung — was stets an einem Knoten (selten im Internodium) stattfindet, so tritt zu gleicher Zeit an der äufseren (konvexen) Seite der geknickten Achse durch ungleiches Wachstum der Blattstielbasis Abwärtskrämmung eines oder mehrerer Blätter des betreffenden Knotens ein. | Dafs gerade die nach aufsen gewendeten Blätter — also die- jenigen, welche überhaupt nur in Betracht kommen um als Stütz- organe zu dienen — diese Krümmung ausführen, scheint mir eih schönes Beispiel zu sein für das Empfindungsvermögen der Pflanzi 377 für Form und Lage ihrer Organe, eine Eigenschaft, für welche Noll!) die Bezeichnung „Morphaestesie“ eingeführt hat, und kann wohl mit der bekannten Erscheinung der Entstehung von Seitenwurzeln an der Konvexseite gekrümmter Hauptwurzeln verglichen werden. Was nun schliefslich die grundständigen Blätter anlangt, so scheinen für diese z. T. andere Gesetze zu gelten als für die stengel- ständigen. Dieselben führen unter gewissen Umständen die beschrie- bene Krümmung ohne jede äufsere Veranlassung aus. Das Wachs- tum des Rupprechtkrautes vom Keimstadium an nimmt folgenden Verlauf: Die ersten auf die Keimblätter folgenden Laubblätter sind schräg aufwärts gerichtet und behalten diese Lage ziemlich lange bei. Mit der zunehmenden Entwickelung der Hauptachse beginnen die un- tersten Grundblätter sich nach unten zu krümmen und setzen diese Bewegung fort, bis sie die Bodenunterlage erreicht haben, was an senkrechten Felswänden unter Umständen erst eintritt, wenn die Blätter einen Bogen von nahezu 180° beschrieben haben. Schneidet man die dem Boden angeprefsten Blätter ab und sorgt dafür, dals die jetzt unsicher balancierende Pflanze nicht umfällt (etwa durch Befestigung der Achse an einem Stäbchen), so treten in der Regel die anderen Grundblätter an die Stelle der eben beseitigten, bis die Pflanze wieder sozusagen „auf festen Fülsen steht“. Auch in der Natur kommt es vor, dafs bisher aufrechte Grund- blätter die Krümmung nach unten nachträglich ausführen. Dies ist der Fall, wenn die ersten Stützblätter verwelkt sind oder wenn das Achsensystem eine solch üppige Entfaltung erfahren hat, dafs die Her- stellung einer möglichst breiten Basis für die Pflanze notwendig wird. Und so kommt es vor, dafs nicht selten sämtliche grundständige Blätter als Stützblätter fungieren. Dafs übrigens alle Grundblätter — auch diejenigen, welche von Anfang an nicht dazu prädestiniert erscheinen — Stützblätter werden können, geht noch aus folgendem Versuch hervor: Ich entfernte an einer auf geneigtem Boden wachsenden Pflanze die Stützblätter samt Blattstielen, drehte dann die Pflanze um 180° um ihre eigene Achse, so dafs die Aufgabe als Stützorgan zu funktionieren zunächst denjenigen Blättern zufallen mufste, welche ohne die Drehung der Pflanze der Böschung zugekehrt, also sicher aufrecht geblieben wären. 1)-Noll, F., Über die Körperform als Ursache von formativen und Orien- tierungsreizen. Sitzungsberichte der niederrhein. Gesellschaft für Natur- und Heil- kunde zu Bonn. 1900, 878 . Und richtig: Nach acht Tagen waren zwei der ebengenannten Blätter nach unten gekrümmt und lagen dem Boden fest an. Es hatte dadurch eine gewaltige Umwälzung der Orientierung der Pflanze im Raume stattgefünden; wieder ein schönes Beispiel für die „Morph- aesthesie* der Pflanze. Ich habe oben erwähnt, dafs die Blattstiele der Grundblätter von Ger. robertianum im Grundgewebe auffallend grofse Anhäufungen von ansehnlichen Stärkekörnern aufweisen (der Stärkegehalt der Stütz blätter übertrifft aufserdem denjenigen der Assimilationsblätter). Diese Stärkekörner müssen ein im Verhältnis zum übrigen Zell- inhalt hohes spezifisches Gewicht besitzen; wenigstens liegen sie stets der räumlich unteren Zellwand in dieken Haufen an. Die Vermutung liegt nahe, dafs diese Stärkekörner von Bedeutung sind für die Per- ception des Schwerkraftreizes, einen für die Nutationsbewegung der Blätter sicher wichtigen Vorgang. Wenn auch bisher, meines Wissens, der eben beschrie- benen Erscheinung keine an- dere an die Seite gestellt wer- den kann, bei welcher in so unzweideutiger Weise ein Teil der Blätter als Stützorgan funk- tioniert, so ist doch anderer- seits kaum anzunehmen, dafs dies der einzige derartige Fall in unserer einheimischen Flora sein sollte. Zunächst sei er- wähnt, dafs sich genau ebenso wie Geranium robertia- num —- wenigstens bezüg- lich der Grundblätter — das an den Felsen der Wartburg häufige G. Jucidum verhält, \ Ferner beobachtete ich noch Fig. 2, Stellaria nemorum, st Stützblatt, bei einigen Caryophyllaceen un- ij, nat. Gr. zweifelhafte Stützblätter, am deutlichsten bei Stellaria nemorum, besonders dann, wenn diese Pflanze an stark geneigten Felswänden, z. B. in der Drachenschlucht (bei Eisenach), wächst. 379 Die Stützblattbildung kommt hier auf folgende Weise zustande (ich betrachte einen besonders prägnanten Fall, welchen ich auch in Fig. 2 dargestellt habe): Die zuerst annähernd horizontal wachsende Achse richtet sich an einem der unteren Knoten auf; von den an diesem Knoten stehenden Blättern, welche mit dem horizontalen Teil der Achse einen Winkel von 90° einschlie/sen, bleibt nur eines — das obere — seiner ursprünglichen Aufgabe treu und sucht demnach in die zum diffusen Licht günstigste Lage zu kommen, das andere verzichtet hierauf vollständig, sondern stellt sich in die untere Verlängerung des senkrechten Teiles der Achse, d. h. es wird Stützblatt. Es ist offenbar, dafs dieses Blatt für die Assimilation nichts oder fast nichts leisten kann, da es von dem von oben einfallenden Licht nicht getroffen wird. Aufserdem taucht es häufig tief in Moosrasen ein und ist dann von dauernder Dämmerung umgeben. Der Umstand, dafs die Pflanze gar keine Anstrengung macht, jene nach unten ragen- den Blätter in eine günstigere Lage zum diffusen Licht zu bringen, beweist, dafs sie darauf verzichtet, mittelst dieser Blätter zu assi- milieren. Dieselben müssen demnach eine andere Aufgabe haben. Dafs ihre Funktion jetzt eine mechanische ist, geht aus ihrer auf- fallenden Starrheit (besonders auch der Blattstiele) hervor. Zuweilen dienen auch noch einige weiter oben befindliche Blätter teilweise als Stützorgane, indem sie mit der Spitze mehr oder weniger nach unten geneigt sind. In ähnlicher Weise machen sich die untersten Blätter von Stellaria holostea zur Befestigung der Pflanze im umgeben- den Diekicht nützlich. Cecidiologische Notizen. | Von Ernst Küster. Mit 4 Textabbildungen, 2. Über zwei einheimische Milbengallen: Eriophyes diversipunctatus und E. fraxinicola. !) | Die beiden Gallen, die im nachfolgenden beschrieben werden sollen, sind zwei Phytoptocecidien: sie werden von Gallenmilben, von Eriophyes diversipunctatus und E. fraxinicola an Pappeln und Eschen erzeugt und gehören zu den selteneren Gallenprodukten der eiu- heimischen Flora. Obwohl sie den Cecidiologen schon lange bekanit und bereits wiederholt beschrieben worden sind, wird, wie ie hoffe, die nähere Untersuchung ihrer Struktur uns noch mit einigen neuen, beachtenswerten Details bekannt machen, welchen die frühere! Autoren ihre Aufmerksamkeit nicht geschenkt haben. Es wird sich zeigen, dafs die Gallen der beiden Milben hinsichtlich ihrer Entwicke- lungsgeschichte und ihrer histologischen Struktur manche überein- stimmende Züge besitzen, so dals ihre gemeinsame Besprechung ge- rechtfertigt:sein mag. Der Schilderung der beiden Gallen sollen einige Bemerkungen allgemeinen Inhalts sich anschliefsen. Eriophyes diversipunctatus. Die Milbe Eriophyes diversipunctatus gehört zu den zahlreiche Gallenerzeugern, die auf Populus tremula heimisch sind. Biologisches Interesse gewinnt die Milbe dadurch, dafs lediglich die am Grund der Blattspreite gelegenen Drüsen von ihr aufgesucht und zur Produktion von Gallengewebe angeregt werden. Diese Beziehungen der Milbe, deren Gallen Kirchner?) zuerst beschrieb, sind erst von Thomas?) richtig erkannt worden, auf dessen Schilderungen später noch zurück- zukommen sein wird. Bevor wir die Gallen näher schildern, wollen wir mit einigen Worten auf die Drüsen selbst eingehen. 1) Ceeidiologische Notizen 1. Flora. 1902, Bd. XC pag. 67, 2) Beitrag zur Naturökonomie der Milben, Lotos, Zeitschr, für Naturwiss. 1863, Bd. XIII pag. 41, 3) Beschreibung neuer oder minder gekannter Acarocecidien (Phytoptus- gallen). Nova Aota Acad. Leop.-Carol, 1876, Bd. XXXVIII pag. 255. — Her Prof. Thomas hatte die grofse Freundlichkeit, mich durch Mitteilung einige Literaturangaben und durch Zusendung’ von Herbarmaterial zu unterstützen, wofür ich auch an dieser Stelle ihm meinen herzlichen Dank aussprechen möchte, 381 Thomas hat bereits hervorgehoben, dafs die an der Blattbasis stehenden, napf- oder scheibenförmigen Drüsen mit den Drüsen der Blattzähne gleichwertig sind. Besonders anschaulich wird die Ver- wandtschaft der verschiedenen Blattdrüsen durch die an Wurzel- trieben und Stockausschlägen häufigen Drüsenformen. Die Blätter von Stockausschlägen bei Populus tremula, die nicht selten zu wahren Riesenexemplaren heranwachsen, lassen zuweilen die napfförmigen Drüsen am Spreitengrund ganz vermissen und zeigen statt ihrer an der Basis der Blattspreite zwei besonders grofse und selbständige Blattzähne; an ihrer Spitze finden wir dieselben Drüsen wie an den übrigen Blattzähnen. In anderen Fällen sind die beiden bevorzugten Blattzähne aus der Ebene des Blattes heraus und nach oben gebogen und vermitteln so den Übergang zu den gestielten Drüsen, die wir an der Basis weiterer Blätter als schlanke, 1—1!/Jamm lange Zylinder einzeln oder paarweise vorfinden. Bei den breiteren Exemplaren der gestielten Drüsen ist der Kopf napfförmig vertieft und gleicht den sitzenden, scheibenförmigen Drüsen, die wir bei den Blättern der ge- wöhnlichen Triebe ausschliefslich finden. Entsprechend der Gleich- wertigkeit zwischen den Blattgrund- und den Blattzahndrüsen kann auch an den letzteren, wie Thomas!) gezeigt hat, die uns interes- sierende Eriophyesgalle auftreten. Die Verteilung der Drüsen an den verschiedenen Blättern eines Aspenzweiges hat Thomas (1876, a. a. O.) bereits geschildert; seine Angaben, weiche über das häufige Fehlen der Blattgrunddrüsen an manchen Zweigen, ihre Häufigkeit an den Sommertrieben etc. berichten, kann ich nur bestätigen. An den von mir untersuchten gallentragenden Bäumen?) kamen bei den Kurz- trieben auf ein drüsentragendes Blatt durchschnittlich drei drüsenfreie. Die Langtriebe sind drüsenreicher als die Kurztriebe. Meistens treten die Drüsen paarweise auf; bei ca. 4°/, aller untersuchten Blätter war nur eine Drüse an der Spreitenbasis zu finden — die einzelnen Drüsen stehen stets seitlich neben dem Mittelnerv.?) Bei der mikro- 1) Beiträge zur Kenntnis der in den Alpen vorkommenden Phytoptocecidien. Bot. Ver. f, Gesamtthüringen pag. 60—61 (separat paginierter Anhang zu den Mit- teil. d. geogr. Ges. [f, Thüringen] zu Jena 1886, Bd. IV). 2) Das von mir lebend untersuchte Material der Galle entstammt der Um- gegend von Kösen, wo ich die Galle seit mehreren Jahren beobachte, 8) Von den Populusarten, die ich neben P. tremula auf ihre Blattdrüsen untersuchte, scheint P. monilifera mit P. tremula hinsichtlich der Ausbildung der Drüsen am meisten übereinzustimmen: auch bei P. monilifera findet sich der auf- fallende Drüsenmangel an den Blättern der Kurztriebe, die wechselnde Zahl der Drüsen an einer Blaitbasis u. s. f. Bei P. candicans sind die Drüsen sehr viel 382 skopischen Untersuchung der Drüsen fällt die starke Beteiligung de Epidermis am Aufbau des Gewebepolsters auf: in.Fig. 1A ist be Ep. der obere Gewebestreifen des Drüsennapfes dargestellt, der ausschliefslich von der Epidermis gebildet wird; die einzelnen Zelle an der Peripherie der secernierenden Fläche sind lange, schlanke Palissaden; in der Mitte liegen mehrere Zellen über einander. Auch in völlig ausgebildeten Drüsen sind die der Epidermis zugehörigeh Schichten von dem Grundgewebe scharf abgesetzt. Die ersten Stadien der Galle, die sich aus den geschilderten Drüsen entwickelt, machen sich im Frühjahr bald nach Entfaltung der Knospen schon bei makroskopischer Untersuchung bemerkbar. Auf dem grünen Gewebepolster sitzen die Milben, die als rotbraune Pünkt- chen wahrnehmbar sind: unter ihrem Einflufs wird das Drüsengewebe derart zum Wachstum angeregt, dafs nach und nach die Tiere vom Gewebe umwallt werden und ins Innere der wuchernden Drüsenmasse hineingeraten. Fig. 1B zeigt eine sehr jugendliche Galle: der Rand der Drüse ist gewachsen und umwallt eines der Gallentiere, das auf der Abbildung im Querschnitt sichtbar ist. In der Nachbarschaft der Gallenerzeuger entstehen auf diese Weise zahlreiche fleischige Ge- webeleisten und -zapfen. Diese Neubildungen, die sich aus der Drüsenfläche erheben, und die eingeschlagenen Ränder der Drüsen wachsen rasch heran und liefern die knorpelig harte, gelb oder rot gefärbte Galle, auf deren höckerig rauher Oberfläche wir nichts mehr von den Gallentieren wahrnehmen. Fig. 1C stellt den Querschnitt durch eine Galle dar, die aus zwei, einander opponierten Blattdrüsen hervorgegangen ist: die Anteile, die entwiekelungsgeschichtlich sich von den beiden Drüsen herleiten, sind noch deutlich erkennbar. In der Figur ist ein verhältnismäfsig einfacher Fall zur Darstellung ge: bracht:“die Zahl der Gewebelappen und ihrer Windungen ist in aus- gewachsenen Gallen oft noch gröfser als bei der hier abgebildeten. Dafs hinsichtlich der Form der einzelnen Leisten und Zapfen grofse Man- nigfaltigkeit herrscht, läfst das vorliegende Beispiel schon vermuten; in De zahlreicher als bei P. tremula, ihre Form ebenso wechselnd wie bei den Blättern der Wurzelschosse von dieser: bald handelt es sich um selbständig geformte Blattzipfel mit drüsigen Spitzen, bald um gestielte Drüsen, die senkrecht in die Höhe stehen oder kreuzweise sich über den Mittelnerv legen, oder es entstehen did üblichen napfförmigen sitzenden Drüsen zu zwei, drei oder vier. Bei P, alba und P. nigra sind die Drüsen an der Blattbasis wenig oder gar nicht verschieden von den andern Blattzahndrüsen. Nach Darboux und Houard (Catalogue systei matique des zooc6öcidies ete., Paris 1901, pag. 262 ff) kommt die uns beschäftigend Galle aufser auf P. tremula. nur noch auf P, alba vor. 383 der Tat weichen alle Gallenindividuen von einander mehr oder minder ab. In ausgewachsenen Gallen sind die einzelnen Auswüchse aulser- ordentlich dieht an einander geprefst: unten lassen die Zapfen und Fig. 1. Normale und zur Galle umgestaltete Blattdrüsen von Populus tremula, A normale Drüse, St der Blattstiel, Ep Epidermis der Drüse. — B jugendliche Galle des Eriophyes diversipunctatus; die Ränder der Drüse sind bereits stark gewuchert, rechts ist eine von der Gewebewucherung eingeschlossene Milbe ange- deutet. — C Ausgebildete Galle; Querschnitt durch das Drüsenpaar, St Blattstiel, V eine Stelle, an welcher zwei Gewebelappen der Galle mit einander verwachsen sind. Leisten kleine Hohlräume, die von den Gallmilben bewohnt werden, zwischen einander frei, oben schliefsen sie dicht an einander; ihre 384 “ Form ist dabei ganz den gegebenen Raumverhältnissen angepafst, sie greifen mit allerhand Vorwölbungen in einander ein und verzahnen sich auf diese Weise sehr fest mit einander. Schon hierdurch kommt ein fester Verschlufs der Gallenhöhlen zustande; von grofsem Inter- esse ist, dafs aber hie und da die Gewebelappen sogar mit einander verwachsen. Dafs allseits geschlossene Kammern durch diesen Verwach- sungsprozels zustande kommen, will ich nicht behaupten; bei den komplizierten Faltungen der Wucherungen ist die Struktur der Kammer- wände nach allen Seiten hin schwer zu kontrolieren, überdies habe ich Anzeichen unzweifelhafter Verwachsung auch nicht in jeder Galle finden und immer nur an engbegrenzten Flächen nachweisen können. In Fig. 1C ist bei V eine Verwachsungsstelle angedeutet. Die Gewebedifferenzierung unserer Galle zeigt manches Beach- tenswerte. Die Epidermis, welche die Galle umschliefst, besteht aus dickwandigen Zellen soweit sie freiliegt; sie ist zartwandig dort, wo sie die Gallenhöhlungen auskleidet („Nährepidermis“). Vielfach be- gegnet man bei ihr den palissadenartig gestreckten Zellen, die vom Aufbau der normalen Drüse her bekannt sind. Die Parenchym- schichten, welche die Gallenhöhlung umkleiden, sind aufserordentlich eiweifsreich; die äufseren Schichten der Galle enthalten auch Stärke, aber nur in geringen Mengen; von einer besonderen stoffspeichernden „Stärkeschicht“* läfst sich kaum reden. Die äufseren Teile der Galle sind oft durch Anthocyangehalt lebhaft gerötet. Auffallend sind die diekwandigen, stark verholzten Zellen, die hie und da in das dünn- wandige Parenchym eingestreut erscheinen.!) i 1) Kirchner, der a.a.O. die Galle des Eriophyes diversipunctatus zuerkt beschrieben hat, fand sie reichlich besetzt von einem Pilz, der nach seiner Vermt- tung irgendwelche biologische Beziehungen zu den Gallenerzeugern unterhielt. „Im Anfange der sich bildenden Deformation“, schreibt Kirchner (a.a.O.pag. 45), „s0 lange die Larven sich noch in den Eiern befinden, zeigt sich im ganzen Um- kreis der gallenartigen Wucherung ein Kryptogam aus der Familie der Mucori- neen, nämlich das Cladosporium Fumago Lk., welches, ehe es zur Sporenbildung kommt, von den aus den Gällchen ausschlüpfenden Zwischenformen bewohnt wird und sich nach 3—4 Wochen gänzlich verliert. Dafs hier das Cladosporium in einer Wechselverbindung mit den Milben steht, ist unstreitig, aber das Wie? wär mir bisher noch nicht möglich zu eruieren. So viel ist gewifs, dafs die Milben unter den schwarzen Rauchflocken sich heimisch herumtummeln und dort Schutz suchen.“ Ich habe weder in noch an den Gallen jemals Pilze gefunden, nur ein- mal auf einer normalen Drüse einen Rufstaupilz in spärlichem Wuchs. Auch bei anderen Autoren finde ich keine weiteren Angaben hierüber, ebenso wenig in der Zusammenfassung Trotters: I micromioeti delle galle (Atti Reale Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti, 1899—1900, Vol. LIX, 2, pag. 715). 385 Eriophyes fraxinicola. Die Gallen des Eriophyes fraxinicola beobachte ich seit einer Reihe von Jahren in der Umgegend von Halle (Peifsnitz). Sie ver- unstalten oft in grofser Anzahl die Blätter der Eschen, auf deren Spreitenteilen ‚sie unregelmäfsig gestaltete grüne Höcker erzeugen; seltener finden sich die gleichen Gallen auf der Spindel der Blätter. Ausführliche Angaben über die Galle finden sich bei Thomas!) und Loew?), deren Angaben über die Morphologie des Ceecidiums ich bestätigen kann, A B Fig.2. Zwei Gallen von Eriophyes fraxinicola.. Bei A ist der obere Beutelteil kräftig entwickelt, bei B ist der untere Umwallungsteil stark ausgebildet, bei A ist der Ausgangsporus in seiner ganzen Länge erkennbar, bei B nur stellenweise sichtbar. Das Kammerwerk ist in der Galle A sehr reichlich entwickelt; um die Gewebesepten von den umschlossenen Hohlräumen in der Figur deutlich zu unter- scheiden, sind die ersteren (die übrigens nicht alle in einer Ebene liegen) schraffiert. Ihre morphologischen Verhältnisse kennzeichnen die Galle des Eriophyes fraxinicola als eine Beutelgalle: an der infizierten Stelle wird die Blattspreite mehr oder minder aufgetrieben und liefert eine halbkugelförmige oder helmähnliche Vorstülpung. Mit der Beutel- bildung, die vorzugsweise durch Wachstum in der Richtung der Blatt-. fläche zustande kommt, kombiniert sich auf der Blattunterseite der bekannte „Umwallungs“-Prozels: Es entsteht eine Beutelgalle mit 1) Beschreibung neuer oder minder gekannter Acarocecidien (Phytoptus- gallen) a. a. O. pag. 269. 2) Nachträge zu meinen Arbeiten über Milbengallen. Abhandl. Zool,-Bot. Ges. Wien 1876 Bd. XXV pag. 621. 386 „Mündungswall“. Schon Frank hat darauf hingewiesen), dafs der Mündungswall bei manchen Gallenformen den ansehnlichsten Teil der ganzen Gewebewucherung ausmachen kann; auch bei dem Produkt unseres Eriophyes liegt dieser Fall vor, Fig. 2 soll die geschilderten Verhältnisse erläutern. | Beachtung verdienen die Symmetrieverhältnisse der Galle. Ab- gesehen von den vielen Unebenheiten, welche in regelloser Verteiluig auf der Gallenoberfläche sich finden, ist der obere kuppel- oder helm- förmige Beutelteil der Galle annähernd polysymmetrisch gebaut; der untere Teil, der umfängliche Mündungswall, dagegen erscheint stets seitlich umgeschlagen, so dafs der von ihm umschlossene Ausgangs- porus nicht vertikal, sondern horizontal oder gar schief nach oben orientiert ist. Durch Gallenexemplare von der geschilderten Art läfst sich somit nur eine $Symmetrieebene legen; es handelt sich bei ihnen um monosymmetrische Gebilde. Bei Durchsicht einer gröfseren An- zahl von Gallen wird man auch solche finden, bei welchen der obere Teil der Galle nicht radiär, sondern ebenso schief zipfelförmig gebaut erscheint, wie es für den unteren Regel ist. Wenn nicht zufällig die Symmetrieebene, die sich durch den oberen Teil legen läfst, mit dem des unteren Gallenteils zusammenfällt, werden die Gallen gänzlich asymmetrisch. — Ausführlich auf die Symmetrieverhältnisse der Gallen, über die sich manches Interessante sagen lielse, einzugehen, mag für eine spätere Notiz vorbehalten bleiben; an dieser Stelle möchte ich nur auf zwei weitere Beispiele für monosymmetrischen Aufbau kurz hinweisen. Ich erinnere zunächst an die bekannte helmförmige Buchenblattgalle von Hormomyia fagi, die, wie ich früher?) gezeigt habe, in ihrem Wachstum stets auf der dem Blattgrund bezw. dem Mittelnerv zugewandten Seite gefördert wird, derart, dafs die dem Mittelnerv aufsitzenden Exemplare sich der Blattspitze zuneigen, die auf Seitennerven entstandenen mit ihrer Spitze auf den Blattrand hin- weisen. Die nahe liegende Annahme, dafs die Zufuhr von Nährma- terialien die einseitige Wachstumsförderung bedingt, wird, wie mir scheint, noch dadurch gestützt, dafs die oberhalb der Gallen liegenden Teile der Blattspreite ebenso verblassen, wie an Blättern mit durch- schnittenen Leitungsbahnen — ein Beweis dafür, dals,die Gallen die von den Leitbündeln zugeführten Stoffe aufsaugen und verbrauchen. 1) Krankheiten der Pflanzen 2. Aufl. Bd. III pag. 55. 2) Beiträge zur Anatomie der Gallen. Flora 1900 Bd. 87 pag. 168. Bei Schilderung der Symmetrieverhältnisse ist mir daselbst, wie ich nachträglich be- merke, ein Versehen untergelaufen („bilateral“ !), das hiermit korrigiert sein mat . 387 Ich mache weiterhin auf die Gallen von Pemphigus bursarius auf- merksam. Vor einigen Jahren traten in der Saale- und Unstrutgegend die pappelbewohnenden Pemphigusarten (P. marsupialis, bursarius, spirothece) in überreichen Mengen an Populus pyramidalis auf. Bei der Durchsicht zahlreicher Gallen von Pemphigus bursarius stellte sich heraus, dafs die auf den Blattstielen ansitzenden Exemplare an- nähernd radiär gebaut waren, während die — in der Minderzahl vorhandenen — stengelbürtigen Exemplare fast durchweg monosym- metrischen Bau zeigten; der offene Porus lag nicht am Scheitel der Galle, sondern war stets nach unten ver- schoben; der obere Teil der Galle hatte sich üppiger entwickelt als der untere und dadurch die exzentrische Lage des Ein- gangsporus bedingt. Man vergleiche hierzu Fig. 3, die einige monosymmetrische Gallen von Pemphigus bursarius darstellt. Obwohl gelegentlich auch auf den Blattstielen sich monosymmetrische Formen fanden, blieb doch die auffallende Epinastie der Stengel- gallen unübertroffen. Da wir nun wissen, dafs an Stengeln etc. die apikale Seite bei Bildung abnormer Gewebe sich verschie- dentlich als die bevorzugte erweist — wohl infolge der reicheren Nährstoffzufuhr, die der „absteigende Saftstrom® bringt —, * möchte ich vermuten, dafs bei den mono- Fig.3. Gallen von Pemphigus symmetrischen Populusgallen ebenso wie Dursarius (auf Populus pyra- bei den monosymmetrischen Buchengallen a: ans " A nosymeln gelgallen und eine Ernährungsverhältnisse die Symmetriever- jadiär gebaute Blattstielgalle; hältnisse beeinflussen. oberhalb der letzteren ist Stiel Hiernach liegt die Frage nahe, obauch undßpreitezugrunde gegangen. bei den Gallen von Eriophyes fraxinicola ähnliche Verhältnisse für die äulsere Gestaltung mafsgebend sind. Bei der Musterung gallenreicher Blätter erkennt man leicht, dafs die Gallen mit ihren schiefen unteren Spitzen keine bestimmte Orientierung erkennen lassen. Gesetzmälsig wiederkehrende Beziehungen zwischen ihrer Stellung auf dem Blatt und dem Verlauf der gröfseren Leitungsbahnen in diesem liefsen sich ebenso wenig nachweisen. Dafs nur eine — die stark entwickelte — Seite der Galle mit Leitbündeln versorgt sei, liefs sich ebenfalls nicht erweisen; entfärbt man die Blätter mit Alkohol, hellt sie mit Chloralhydrat ener- 888 gisch auf und färbt dann den Xylemanteil der Leitbündel mit Phloro- glueinsalzsäure, so kann man an der unverletzten Galle und in ihrer Nachbarschaft den Verlauf der Gefäfsbündel leicht studieren: die zarten roten Adern sieht man auf allen Seiten der Galle von unteh nach der Spitze hin verlaufen; eine Bevorzugung der einen (kon- vexen) Gallenseite war in den von mir geprüften Fällen nicht er- kennbar. Ich halte es daher vorläufig nicht für zulässig, das ungleich starke Wachstum, dem die Galle ihre Entstehung verdankt, auf un- gleichen Nährstoffzuflufs zurückzuführen. ' Vielleicht ist die Verteilung der Gallentiere in jugendlichen Gewebewucherungen von Bedeutung für die endgiltige Form der Gallen.!) Die innere Struktur der Galle zeigt im wesentlichen stets die nämlichen charakteristischen Züge: Von der Wand der Galle er- heben sich fleischige, parenchymatische Wucherungen in Form von Zapfen oder Leisten, die in das Innere der Galle vorspringen, sich berühren oder fest an einander drängen und sogar mit einander ver- wachsen. Wie Fig. 2 zeigt, entsteht auf diese Weise wenigstens in den grölseren Gallenexemplaren ein Kammerwerk, dessen Höhlungen die Gallenmilben bewohnen. Die Verwachsung der Gewebezapfen erfolgt sehr viel reichlicher als ich es für die Gallen von Eriophyes diversipunctatus habe nachweisen können; ob eine vollkommene Septierung der Gallenhöhle erreicht wird und separate Kammern zu- stande kommen, mufs dahingestellt bleiben, scheint aber nicht ausge- schlossen. Selbst der Ausgangsporus der Gallen bleibt nicht immer gangbar. Thomas (a. a. O. pag. 270) schreibt: „Auf das Vorhanden- sein eines kanalartigen Ausgangs in der Schnabelspitze schliefse ich nach Analogie mit anderen ähnlich gebauten Acarocecidien; doch konnte ich ihn an meinem Material nicht mit Sicherheit nachweisen.‘ Ich habe bei verschiedenen Exemplaren der Galle mit Bestimmtheit den Ausgangsporus auf Längsschnitten finden können, bei vielen an: deren nur streckenweise ihn nachweisen oder überhaupt nicht mit Sicherheit erkennen können. Manche Beobachtungen sprechen meines Erachtens dafür, dafs auch am Ausgangsporus oft eine Verwachsung stattfindet. Die Gallentiere finden gleichwohl den Ausgang aus dem Gehäuse. Wie Thomas (a. a. O.) hervorhebt, wird die Galle „später rissig, indem sie gewöhnlich nahe der Schnabelspitze bräunliche Sprünge bekommt, und durch diese gehen dann, wie ich beobachten 5 1) Auf diejenigen Gallen, die an der Blattspindel entstehen, komme ich später noch einmal kurz zurück, | ‚ 389 konnte, die Gallmilben aus und ein.“‘) — Ungewöhnliche warzen- förmige Wucherungen zeigen sich regelmäfsig an der Spitze des un- teren Gallenteil, — Rudimentäre Gallen sind wie bei sehr vielen Beutelgallen auch bei der von Eriophyes fraxinicola sehr häufig, Neben den wohl entwickelten finden sich vielfach kleine, unvollkom- mene, die oberseits als kleine Pusteln, unten als spitze Kegel (Um- wallungskegel) vorspringen, aber keine Höhlung einschliefsen und daher auch die erwähnten Septen und Gewebezapfen vermissen lassen. Der histologische Aufbau der Gallen zeigt nichts Beson- deres. Auffallend ist die regelmäfsige Reihenanordnung der Zellen parallel zur Oberfläche. Die inneren Gewebszapfen erinnern stellen- weise in der Anordnung ihrer Zellen sehr an meristematische Hügel am Vegetationspunkt ir- f gendwelcher Sprosse. Von der Verteilung der Gefäls- bündel war schon oben die Rede; in den Gewebssep- ten etc. habe ich niemals Leitbündel finden können. Die innersten Gewebs- schichten der Galle sind sehr eiweilsreich, eine Stärkeschicht fehlt. Fig.4. Querschnitt durch eine spindelbürtige Galle Die bisherigen An- von Eriophyes fraxinicola, Sp Leitbündel der Spin- del, L normale Gewebeleisten auf ihrer Oberseite. gaben beziehen sich vor- wiegend auf diejenigen Gallen, die der Blattspreite aufsitzen. Gallen auf der Blattspindel konnte ich trotz eifrigen Suchens nur in geringer Zahl auftreiben. Fig. 4 zeigt eine solche Spindelgalle. Gallen, die auf Blättern als Beutelgallen erscheinen, pflegen auf Stengelorganen dem Typus der Umwallungsgallen zu folgen — ich verweise, um ein bekanntes Bei- spiel zu nennen, auf die blatt- und stengelbürtigen Phytoptengallen auf Prunus Padus: dasselbe gilt auch für die Gallen von Eriophyes fraxinicola. Die in der Figur bei ZL dargestellten Gewebshöcker ge- hören der normalen Blattspindel an; auf der Oberseite der Spindel verlaufen bei Fraxinus zwei schmale Gewebeleisten. Während Diplosis botularia, die ebenfalls ihre Gallen sowohl auf den Spreiten als auch den Spindeln der Eschenblätter erzeugt, zwischen diesen beiden Gewebe- leisten sich heimisch macht und sie zu abnormalem Wachstum anregt?), 1) Ähnlich äufsert sich auch Loew a. a, O. 2) Vgl, Küster, Pathologische Pflanzenanatomie pag. 228. Flora 1903. 26 390 sind die Gallen des Eriophyes fraxinicola , wie die Figur zeigt, von diesen unabhängig.') : Schlufsbemerkungen. Wenn wir die beiden geschilderten Gallen mit einander, mit den Produkten anderer Cecidozoön und mit pathologischen Geweben anderer Art vergleichen, so erkennen wir bei beiden gewisse gemeinsame Züge und manche auffällige Eigenschaften, die sie in Gegensatz zu anderen pathologischen Gewebsbildungen bringen. Beachtung verdient die histologische Zusammensetzung der Gallen. Es war oben davon die Rede, dafs in den Gallen von Eriophyes di- versipunctatus diekwandige, getüpfelte, stark verholzte Parenchym- zellen sich finden, die in Gruppen bei einander liegen oder einzeln ins dünnwandige Gewebe eingestreut sind. Ein vollständig geschlos- sener Steinzellenmantel, der etwa die von den Gallentieren bewohnten Höhlen umhüllte, kommt zwar nicht zustande; gleichwohl ist für ein Phytoptoceeidium die Bildung solcher derbwandiger Elemente etwas ungewöhnliches; während in den Gallen der Hemipteren und beso 1- ders der Dipteren und Hymenopteren die Produktion der starkwandigen Zellen eine hervorragende Rolle spielt, handelt es sich bei den Milben- gallen vorzugsweise um eine Anhäufung von zartwandigem Parenchym. Zweitens ist zu beachten, dafs bei den von uns beschriebenen Gallen jegliche Haarbildung fehlt. Unter den Gallen der Hemipteren, Dipteren und Hymenopteren sind kahle Formen oder solche, bei welchen wenigstens keine pathologische Haarbildung erfolgt, sehr häufig; bei den Produkten der Milbe gehört aber die Haarbildung zu ihren wesentlichsten histogenetischen Kennzeichen — bei vielen Milben- gallen sind sogar die Haare die einzigen abnormalen Produkte (viele Erineumgallen). Bei Milbengallen, die durch hyperplastische Gewebs- veränderungen zustande kommen, treten Nährhaare und Deckhaare verschiedener Art fast immer auf. Es ist daher beachtenswert, dals bei den oben geschilderten Eriophyesgallen nirgends irgendwelche Haarbildung erfolgt. Schon Thomas (a. a. 0.) hat für die Pappel- galle auf dieses negative Merkmal aufmerksam gemacht. Die Haar- bildung wird bei den beiden Milbengallen ersetzt durch die Produktion 1) Über die Symmetrieverhältnisse der spindelbürtigen Gallen zuverlässige Schlüsse zu ziehen, gestattet mein spärliches Material nicht. Dafs mir wiederholt die Gellen Epinastie zeigten wie die geschilderten Stengelgallen von Pemphigus bursarius, mit ihrer Spitze also nach unten gewandt waren, ist vielleicht nur Zu- fall, vielleicht auf ähnliche Verhältnisse begründet, wie sie bei Schilderung der Pemphigusgalle zur Sprache gekommen sind, ! 391 zellenreicher Emergenzen, wie sie auch von anderen Phytoptocecidien her — dem Erineum populinum, dem Juglanserineum, der Knospen- deformation an Corylus Avellana (Eriophyes Avellanae) u. a. — be- kannt sind. Drittens ist auf die geschilderten Verwachsungsvorgänge zurück- zukommen: Die Umwallungswülste in der Galle von Eriophyes di- versipunctatus verwachsen mit einander, desgleichen die Emergenzen in der Eschengalle, die wohl ebenfalls als Umwallungsgewebe aufzu- fassen sein werden. Verwachsungsvorgänge sind im Entwickelungs- gang der Gallen nichts Seltenes; sowohl die Umwallungsgewebe schliefsen sich oben oft völlig als auch die den Stichkanal ausklei- denden Gewebe verschmelzen mit einander — die Gallen der Dipteren und Hymenopteren liefern zahlreiche Beispiele hierfür, bei den Milben- gallen dürften sich minder zahlreiche Fälle ähnlicher Art finden. Die Tatsache, dafs meristematische Gewebe, die sich berühren oder gar fest an einander geprefst sind, mit einander verwachsen, ist nicht über- raschend; bei Untersuchung reichlich wuchernder Callusgewebe (z. B. von Populusstecklingen), die so viele Analogien mit den Gallengeweben erkennen lässen, finden wir unter der höckerigen Oberfläche vielfach die Anzeichen dafür, dafs die vorwuchernden Gewebehügel mit ein- ander verschmolzen sind, oft werden dabei ansehnliche Hohlräume im Callusgewebe völlig eingeschlossen. Dafs selbst die Gegenwart ‚von Korkgewebe den Verwachsungsprozefs nicht ausschliefst, da das Kork- gewebe gelöst und resorbiert werden kann, hat Mäule!) gezeigt. Die Übereinstimmung der Gallen- und der Callusgewebe hinsichtlich ihrer Fähigkeit zu verwachsen macht uns darauf aufmerksam , dafs wir das Verschmelzen der einzelnen Gewebsstücke in den Eriophyes- gallen nicht als eine spezifische Wirkung der Parasiten und des von ihnen ausgeschiedenen Gallengiftes betrachten dürfen, sondern als eine Folge der Berührung und des mechanischen Druckes, den die — unter dem Einflufs des Gallengiftes — entstandenen Gewebe- zapfen auf einander ausüben. Als eine spezifische Wirkung der Gallengifte wird es vielmehr anzusehen sein, dafs in so vielen Fällen die Verwachsung ausbleibt, obwohl der Druck der Gewebswucherungen auf einander recht beträchtlich ist. Wie mir scheint, wird eine Ver- hinderung des Verwachsungsprozesses vornehmlich durch zwei Mittel erreicht: einmal durch frühzeitige Sklerose der betreffenden Gewebs- schichten, ferner durch Haarbildung. Die Sklerose — Verdiekung und Verholzung der Membranen — betrifft in vielen Fällen (bei Mark- 1) Der’ Faserverlauf im Wundholz. Bibl. Bot. 1895, Heft 33 pag. 29. 26* 392 gallen) den Stichkanal, der ins Galleninnere führt, in anderen Fällen (Umwallungsgallen) verholzen am Umwallungswulst vielfach die sich berührenden Gewebeflächen. Die Haarbildung, die bei Beutelgallen eine hervorragende Rolle spielt (Milben, Hemipteren), wirkt insofern, als durch sie die berührende Fläche vermindert wird; die in Frage kommenden Gewebemassen liegen nicht mehr mit ihrer ganzen Fläche an einander, sondern sind durch den zwischenliegenden Haarfilz von einander getrennt. Vielleicht machen spätere Untersuchungen noch mit Ausnahmefällen bekannt, in welchen trotz der Haarbildung Ver- wachsung erfolgt; ‚wissen wir doch von den Erineumgallen her, dafs auch Haare mit einander verwachsen können.!) Mir sind von Beutel- gallen etc. her keine Beispiele bis jetzt bekannt geworden. Auf jeden Fall werden bei künftigen Untersuchungen die Wirkungen der Haar- bildung zu beachten sein; auffallend bleibt es, dafs die beiden Phy- toptocecidien, bei welchen wir Verwachsungsvorgänge konstatierten, haarlose Gallen sind. Es war soeben davon die Rede, dafs die Verwachsungsvorgänge, welche den beiden Eriophyesgallen ihren Charakter geben helfen, nicht als spezifische Wirkung der Gallentiere und des Gallengiftes zu betrachten sind. Letztere lassen zwar das Material entstehen, an dem die Verwachsungsvorgänge sich abspielen, aber’diese selbst fassen wir — ebenso wie bei den Callusgeweben — als Folge des mechanischen Druckes auf. Die histogenetischen Vorgänge, deren Gesamtheit die Entwickelung einer Galle darstellt, derart ‘zu analysieren, dals wir die- 'jenigen Prozesse, die als spezifische Wirkungen des Gallengiftes auf- zufassen sind, zu trennen suchen von denjenigen, die mit der Gegen: wart und den Giftwirkungen der Parasiten direkt nichts zu tun haben, rechne ich zu den wichtigsten Aufgaben, deren Lösung die ver- gleichende Betrachtung pathologischer Gewebe und pathologischer Bildungsvorgänge ermöglicht. Mechanischen Druck haben wir bei den geschilderten Vor- gängen der Gewebsverwachsung als Veranlassung zu bezeichnen ge: habt. Die Wirkungsweisen anderer Faktoren sollen nachfolgend an ‘ einigen Beispielen geschildert werden — ausführliche Mitteilungen über dieses Thema sollen in einer späteren Notiz gegeben werden, Mechanischer Zug führt zur Bildung langgestreckter, sehr charakteristisch geformter Zellen („Retortenzellen“), die an dem einen Ende dick und flaschenbauchförmig sind, am anderen dünn und faden- förmig ausgezogen erscheinen. Zellen dieser Art treten an Objekten " D Frank, Krankheiten der Pflanzen, 2, Aufl., Bd. III pag. 46. 893 verschiedenster Art unter der Einwirkung mechanischen Zuges regel- mäfsig auf — teils als normale Gewebsanteile, teils als pathologische Formen. Beim „Erineum clandestinum“ auf Crataegus oxyacantha, das unter den abwärts gerollten Blatträndern sich verbirgt, wächst die oberseitige Epidermis des Blattes so energisch in der Richtung der Blattfläche, dafs sie sich samt den ihr anhaftenden Mesophylizellen stellenweise von den tiefer liegenden Gewebeschichten loslöst und dabei zahlreiche Mesophylizellen unter so starke Zugwirkungen bringt, dafs diese zu „passivem Wachstum“ angeregt werden und zu Re- tortenzellen auswachsen. Traumatische Reize kommen unter gleichen Verhältnissen zustande, wenn — wie bei vielen Blattrollgallen — durch die inten- sive Wachstumsbetätigung der äufsersten Gewebelagen eine Zerreilsung des gallentragenden Blattes erfolgt. Wie bei Crataegus entstehen auch bei Salix u. a. auf diese Weise grofse Hohlräume unter der sich abhebenden Epidermis. In diese Räume wuchert das Mesophyl! mit denselben fädigen Zellenformen hinein, die auch nach trauma- tischen Eingriffen anderer Art sich bilden’), und die wuchernden Zell- schläuche zeigen nicht selten dieselben „Schleimranken“, die für das in feuchter Luft erzogene Callusgewebe charakteristisch sind), und die Noack?) bereits in einigen Gallen vorgefunden hat. Mit dem spezifischen Gallengiftreiz hat ihre Entstehung natürlich nichts zu tun. Trophische Reize liegen bei den oben geschilderten Dipteren- und Hemipterengallen vor, auf deren Symmetrieverhältnisse ich oben absichtlich etwas ausführlicher eingegangen bin. Die Entstehung des typischen Gallengewebes führen wir selbstverständlich auf die Wirkung des Gallengiftes zurück, das überwiegende Wachstum der einen Seite auf die Ernährungsverhältnisse. Hemmung der Transpiration führt bei normalen Geweben stets zu hypoplastischer Gewebsausbildung. Die Gallenhöhlen stellen feuchte Kammern dar, welche den Geweben ihrer Wände gewils nur bescheidene Transpiration möglich machen, besonders wenn es sich um allseits geschlossene Räume handelt. Bei den Drüsengallen des Eriophyes diversipunctatus sind die nach aufsen gewandten Strecken 1) Vgl. z. B. Sorauer, Über Frostblasen an Blättern. Zeitschrift für Pfianzenkrankheiten 1902 Bd. XII pag. 44. 2) Küster, ‚Fathologische Pflanzenanatomie pag. 166, daselbst weitere Lite- raturangaben. 3) Über Schleimranken in den Wurzelintercellularen einiger Orchideen. Ber. d. D. Bot. Ges. 1892 Bd. X pag. 645. 394 der Epidermis mit starker Outicula ausgestattet, die den Gallenhöhlen zugewandten Teile sind zartwandig, Wir werden diese Hypoplasie und ähnliche Unterschiede in der Gewebsausbildung bei vielen an: deren Gallen mit der Hypoplasie aller zu schwach transpirierender Pflanzenteile vergleichen dürfen, wollen aber ihre Entstehung nicht ausschliefslich mit derWirkung der herabgesetzte Transpiration erklären, Überschufs an Wasser führt an Organen verschiedenster Art zur Bildung hyperhydrischer Gewebe.‘) Von Populus tremula sammelte ich kürzlich eine gröfsere Anzahl von Blattrollungen, in deren Innern auf der Blattunterseite sich zahlreiche Pusteln fanden. Obwohl sich diese lokalen Gewebswucherungen bei normalen, nicht gerollten Blättern niemals fanden, wäre es durchaus unberechtigt, den (mir nicht näher bekannten) Erzeuger der Blattrollen als Gallenerzeuger anzusprechen, vielmehr liefsen sich die Pusteln ohne weiteres als be- sonders grofse und zahlreiche Intumescenzen erkennen, die sich unter der Blattrolle gebildet hatten; vielleicht haben Tröpfehen von Kon! densationswasser zu ihrer Bildung Veranlassung gegeben. Die mi! kroskopische Untersuchung zeigte, dafs die untersten Gewebslagen des Mesophylis ausgewachsen waren zu den üblichen langen, farblosen Intumescenzenschläuchen, die sich mehrfach septiert hatten. Die Epi- dermis war wie gewöhnlich untätig geblieben, war gesprengt und ver- trocknet. Die Intumescenzen aus den genannten Blattrollen sind die zellenreichsten, die ich aus eigener Anschauung kenne. Sie halten sich nur wenige Tage und gehen dann zugrunde, inden sie ein- trocknen.?) — Ich habe diese Gebilde hier erwähnt, obwohl es sich bei den Blattrollen um keine Gallen handelt; die Gegenwart von Tieren könnte”vielleicht den Irrtum nahe legen, die geschilderten Gewebs- neubildungen als Gallen zu deuten.) Übrigens glaube ich, dafs auch in echten Gallen sich noch analoge Bildungen finden werden, die ihre Entstehung nicht dem Gallenreiz, sondern nur der Einwirkung lokalen Wasserüberschusses verdanken. Die Frage nach den verschiedenartigen Reizen, die beim Zu- standekommen einer Galle und deren verschiedenen Gewebeformen "beteiligt sein können, haben wir hier nur flüchtig streifen wollen. 1) Küster a. a. O. pag. 74, 83 ff, 2) Herr Bessey aus Washington) macht mich darauf aufmerksam, dafs ähnliche Wucherungen sich auch in den Blattrollen von Vitis (die ich selbst zu untersuchen keine Gelegenheit hatte) finden. 3) Übrigens fehlen bei ihnen auch die biologischen (ernährungsphysiologi-: schen) Beziehungen zwischen der Gewebsneubildung und dem fremden Organismus, die ich in meiner Definition für die „Galle“ fordere. 395 Bei einer künftigen ausführlichen Behandlung, die noch viele histo- logische und experimentelle Untersuchungen voraussetzt, wird noch ein wichtiger Punkt, den wir bisher unerwähnt gelassen haben, in Rücksicht zu ziehen sein: wir werden bei jedem einzelnen Falle uns gegenwärtig halten müssen, dafs die unter dem Einflufs des Gallen- giftes entstandenen und stehenden Gewebe auf irgendwelche fremden Reize anders reagieren können als entsprechend normale Pflanzenteile. Das altbekannte Beispiel der wurzelschlagenden Nematusgallen be- weist das für die Organbildung; dafs ähnliche Unterschiede auch hin- sichtlich der Gewebsbildung sich erkennen lassen, wird in einer der nächsten Notizen näher zu besprechen sein, in der ich über die Er- gebnisse einiger experimenteller Studien zu berichten gedenke. Halle a. 8., Botan. Institut der Universität, Juni 1903. Buitenzorg-Stipendium. Gesuche um Verleihung des Buitenzorg-Stipendiums (6000 Mk.) sind bis 15. Oktober bei der Kolonialabteilung des auswärtigen Amtes in Berlin einzureichen. Es wird gewünscht, dals die Bewerber aufser zur Verfolgung rein wissenschaftlicher Ziele auch zur Beschäftigung mit praktischen Aufgaben, insbesondere solchen auf dem Gebiete der Kolonialbotanik und der Biologie, sich bereit erklären. Literatur. Das kleine pflanzenphysiologische Praktikum. Anleitung zu pflanzen- physiologischen Experimenten für Studierende und Lehrer der Natur- wissenschaften von Dr. W. Detmer, Professor an der Universität Jena. Mit 163 Abbildungen. Jena, Verlag von Gustav Fischer. 1903. Detmers „pflanzenphysiologisches Praktikum“, welches in zwei Auflagen erschienen ist, ist ein allgemein bekanntes und geschätztes Buch. Der Verf. hat in dem vorliegenden Werke eine unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Stu- dierenden gekürzte und vielfach durch neue Erfahrungen bereicherte Bearbeitung gegeben. Mit Recht hebt er im Vorwort die Wichtigkeit physiologischer Übungen hervor, namentlich auch für die Lehrer, welche den botanischen Unterricht in Schulen zu erteilen haben. Dieser Unterricht ist von einem rein deskriptiven immer mehr zu einem „biologischen“ geworden. Die Behandlung der Biologie aber erfordert aufser der Berücksichtigung der morphologischen und anatomischen Verhältnisse namentlich auch eine experimentelle Demonstration der Pflanzen- physiologie. Zweifellos wird das auf sorgfältiger Durcharbeitung des Gebietes be- ruhende vorliegende Buch. sehr dazu beitragen, der experimentellen Pflanzen- physiologie den Platz zu erobern, der ihr gebührt, K.@. 396 J. J. Rousseaus Briefe über die Anfangsgründe der Botanik, übersetzt von M. Moebius. Mit 6 Abbildungen. Leipzig, Verlag von J. 4. Barth. Preis 2 Mk. 40 Pfg., geb. 3 Mk. 20 Pfg. Der Übersetzer war der Ansicht, dafs Rousseaus vor mehr als 120 Jahren erschienene Briefe über die Anfangsgründe der Botanik auch jetzt noch zu den- besten Einführungen in die Pflanzenkunde gehören. Darüber werden die An- sichten wohl ebenso geteilt sein, wie die über Rousseaus Bedeutung überhaupt. Die beigegebenen Abbildungen und Anmerkungen tragen zum Verständnis bei, und wenn das alte Buch der Botanik neue Freunde erwirbt, so ist seine Wieder- belebung verdienstlich gewesen. ‚ Dr. Hugo Bretzl, Botanische Forschungen des Alexanderzuges. Mit 11 Abbildungen und 4 Kartenskizzen. Verlag von B. G. Teubner. Leipzig 1903. Der Verf. hat es verstanden, eine historische Darstellung der botanischen Forschungstätigkeit einer weit entlegenen Zeit in eine Form zu kleiden, welche sie auch dem modernen Botaniker anziehend und fesselnd erscheinen lassen mufs, so wenig stark sonst auch im allgemeinen das historische Interesse in der heutigen Naturwissenschaft sein mag. Es ist überraschend zu sehen, welche Wirkung auf die Erweiterung desnaturgeschichtlichen Gesichtskreises der Griechen der Alexander- zug hatte. Sind uns leider auch nur Bruchstücke der Berichte erhalten, so treten sie doch in Bretz1s Behandlung sehr plastisch hervor, und manche haben sogar noch. — um mit dem üblichen Zeitungsdeutsch zu reden — ein „aktuelles Inter- esse‘. Denn für das Vorkommen der Mangrovevegetation im persischen Golf ist, wie der Verf. hervorhebt, der Bericht Nearchs immer noch die einzige Quelle. Dendrologische Winterstudien. Grundlegende Vorarbeiten für eine ein- gehende Beschreibung der Unterscheidungsmerkmale der in Mittel- europa heimischen und angepflanzten sommergrünen Gehölze im blattlosen Zustande. Von Camillo Karl Schneider. Mit 224 Text- abbildungen. Verlag v. Gust. Fischer, Jena 1903. Preis 7 Mk. 50 Pf. Das Ziel des Buches geht aus dem Titel hervor. Der Verf. bringt ein sehr reichhaltiges, gut illustriertes Material, welches die Bestimmung von Gehölzen im winterlichen Zustand gestattet. Der Botaniker wird bedauern, dafs in dem Buche der Aufbau der Knospen nicht eingehender berücksichtigt ist. Dafür gibt es zwar eine ganze Anzahl Einzeldarstellungen, aber keine von vergleichend-morphologi- schen und biologischen Gesichtspunkten ausgehende Gesamtübersicht, K. 6. Pflanzenphysiologie. Von F. G. Kohl (Kursus wissenschaft]. Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen zu Marburg). 84 S. Marburg, N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung. 1903. Preis 1 Mk. Schulflora von Österreich. Von Dr. Anton Heimerl. Wien, Verlag von A. Pichlers Witwe und Sohn. Preis 5 Kr. Tabellen zur Bestimmung einheimischer Samenpflanzen und Gefäls- sporenpflanzen (für Anfänger). Von Dr. Anton Schwaighofer. Wien, Verlag von A. Pichlers Witwe und Sohn. i { N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg (Hessen). Pflanzenphysiologie. Dr. F.G. Kohl, Professor der Botanik in Marburg. Vorträge, gehalten im Kursus wissenschaftlicher Vorlesungen für Lehrer und Lehrerinnen zu Marburg. Preis Mk. 1.60. N. G. Eiwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg. In unserem Verlage erschien: Pflanzenbiologische Schilderungen. Von K. Goebel. 2 Teile. Mit 31 Tafeln und zahlreichen Holzschnitten. Im Preise von Mk. 38.— auf Mk. 15.— ermässigt.- Physiologische Notizen. Von Julius Sachs. Als Sonderabdruck aus der Zeitschrift „Flora* 1892—1896 herausgegeben und bevorwortet von K. Goebel. Mit Bild von Julius Sachs. Preis Mk. 4.50. Druck von Val. Höfing, München, Lämmerstr. 1. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN “ j VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. HERAUSGEBER: Dr. K. GOEBEL Professor der Botanik in München, 92. BAND. JAHRGANG 1908. Heft IV (Schlufs des Bandes) mit 5 Tafeln und 30 Textfiguren. " Erschienen am 6, Oktober 1903, Inhalt: J. P. LOTSY, Parthenogenesis bei Gnetum Ula Brogn. . “0.0. Seite 397-404 , S. J. ROSTOWZEW, Beiträge zur Kenntnis der Peronosporcen . . „405430 p MORTEN P. PORSILD, Zur Entwicklungsgeschichte der Gattung Riella . n». 431-456 Dr. ANTON J. M. GARJEANNE, Die Ölkörper der Jungermanniales oo... n 457-482 Bu PAUL VOGLER, Die Variabilität von Paris quadrifolia L. in der Umgebung von St. Gallen . . „483489 5 OSKAR LOEW, Unter welchen. Bedingungen wirken Magnesiumsalze schäd- . “ lich auf Pflanzen? . „ 439-494 : LITERATUR: G. Karsten und H. Schenck, Vegetationsbilder. _ Dr. 3. c. Schoute, Die Stelär-Theorie. — Prof. Dr. O. Warburg, Kumene-Sambesi- Expedition, H. Baum 1903. — Georg Roth, Die europäischen Laubmoose. — Prof. Dr. Gustav Lindau, Hilfsbuch für das Sammeln der Ascomyceten, — Prof. Dr. K, Brandt, Nordisches Plankton. — Forschungsberichte aus der biologischen Station zu Plön. — B. E. Livingston, The röle of diffusion’and osmotic pressure in plants. — Georg Klebs, Willkürliche Entwicklungs- änderungen bei Pflanzen. — J. M.Coulter and Ch. J. Chamberlain, Morpho- logy of Angiosperms. — F, Mühlberg, Zweck und Umfang des Unterrichtes in der Naturgeschichte an höheren Mittelschulen mit besonderer Berück- sichtigung der Gymnasien 0. . . oo. oo. oo. » 495-500 MARBURG N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1903. SuB- Diesem Heft liegt bei: 1. ein Katalog von Felix L. Dames in Berlin, „Bibliotheca Botanica“, 2. eine Einladung zur Subskription auf die Annales Myco- logiei nebst Bestellkarte von Friedländer & Sohn in Berlin. Bemerkung. Das Honorar beträgt 20 Mk. pro Druckbogen, für die Literaturbesprechungen 80 Mk. Die Mitarbeiter erhalten 30 Sonderabdrücke kostenfrei. Wird eine gröfsere Anzahl gewünscht, so werden für Druck und. Papier berechnet: Für 10 Exemplare pro Druckbogen Mk. 1.20; pro einfarb. einfache Tafel Mk. —.80. ” 20 » » » ” 2.50 ” ” " ” ” —.60 ” 30 ” n ” h) 3.80 ” ' ” n ” n —.90 n 40 n ” ” L) 5.— ” „ » n ” 1.20 n 50 ” 5 n » n 6.50 ” n ” ” ” 1.50 ” 60 L) ” ? ” 8.— ” ” » ” ” 2.— ” 70 ” ” b n ” 9.20 » » ” n ” 2.50 ” 80 ” n r ” 10.50 r n n ” ” 3.— „.% n n » „ 1150 „ „ » ” „8.50 100 » „ 13.50 „ n n » „4 n ” Dissertationen und Abhandlungen systematischen Inhalts werden nicht hono- riert; für solche, die umfangreicher als 4 Bogen sind, werden nur 4 Bogen honoriert, die Kosten für Abbildungen und Tafeln hat bei Dissertationen der Verfasser zu tragen. Da bei diesen von der Verlagshandlung nur die Herstellungskosten be- rechnet werden, so mufs dieselbe Barzahlung nach Empfang zur Voraussetzung machen. Bei fremdsprachlichen Manuskripten hat der Verfasser die Kosten der Übersetzung zu tragen. Korrekturentschädigungen, die von der Druckerei für. nieht verschuldete Korrekturen in Anrechnung gebracht werden, fallen dem Ver- fasser zur Last. Die Zahlung der Honorare erfolgt nach Abschlufs eines Bandes, Der Bezugspreis eines Bandes beträgt 20 Mark. Jedes Jahr erscheint ein Band im Umfang von mindestens 30 Druckbogen und zahlreichen Tafeln in 3 bis 5 Heften. Nach Bedürfnis schliefsen sich an die Jahrgänge Ergänzungsbände an, welche besonders berechnet werden. Manuskripte und Literatur für die „Flora“ sind an den Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Goebel in München, Luisenstrafse 27/ir, zu senden, Korrek- turen an die Druckerei von Val. Höfling, München, Lämmerstrafsel. Alle geschäftlichen Anfragen ete, sind an die unterzeichnete Verlagshandlung zu richten. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung Marburg (Hessen-Nassau). Parthenogenesis bei Gnetum Ula Brogn. L Von). P. Lotsy. B Mit Tafel IX und X und 3 Figuren im Text. Bereits i. J. 1898 stellte ich in meinen '„Oontributions to the life-history of the genus Gnetum“!) nähere Mitteilungen über diese Spezies in Aussicht. Ich teilte damals mit, dafs die angefangene Ar"eit nicht fort- gesetzt werden konnte, weil in jenem Jahre alle Nucelli von einer Krankheit befallen und dadurch zerstört wurden. In den Jahren 1899 und 1900 wurde sowohl von Herrn Dr. Valeton wie von mir eifrig weiter gesammelt, jedoch mit geringem Resultat. Das einzige, im Buitenzorger Garten vorhandene Exemplar blühte erstens sehr dürftig und die unangenehme Nucellarkrankheit herrschte, obwohl in ge- ringerem Mafse, aufserdem weiter. Trotz dieser ungünstigen Um- stände ist es mir gelungen, eine interessante, wenn auch leider noch lückenhafte Serie von der Entwicklung dieser Pflanze zu erhalten. Ich glaube denn auch — da Aussicht auf das Erhalten besseren Materials in nächster Zukunft ausgeschlossen ist — die gewonnenen Resultate nicht länger zurückhalten zu dürfen, um so weniger, als die. noch fehlenden Stadien durch Vergleich mit Gnetum &nemon, mit grofser Wahrscheinlichkeit konstruiert werden können. Die jüngsten Stadien, welche ich zu Gesicht bekam, zeigen (Fig. 15 Taf. IX) einen oder auch wohl zwei Embryosäcke in der Mitte des Nucellus. In diesem Stadium befindet sich im Embryo- sack (Fig. 13, 14: Taf. IX, Fig. 7 Taf. X), ein protoplasmatischer Wandbelag, welcher eine grofse Anzahl freier Kerne enthält. Es läfst sich dieses Stadium also vollkommen mit dem auf Taf. IV Fig. 27 der oben zitierten Arbeit abgebildeten Stadium von Gnetum Gnemon vergleichen. Das nächst ältere Stadium (Fig. 4 Taf. IX) zeigt den Embryosack mit einer Zellenmasse erfüllt, welche im unteren Teil aus dicht aneinander schliefsenden Zellen, im oberen aus einem ganz lockeren Gewebe besteht. Überdies sind die oberen Zellen um vieles gröfser als die unteren. Der Unterschied zwischen diesen beiden Zellenarten wird bald bedeutend gröfser (Fig. 2 Taf. IX, Fig. 1 Taf. X), 1) Ann, d. Jardin Bot. de Buitenzorg 2. Ser. Vol. 1. 1er partie 1899 pag. 47. Flora 1903. . 27 398 auch zeigt sich bald (Fig. 2 Taf. IX) am unteren Ende des Embryo- sacks ein Fortsatz, welcher wohl als ein Haustorium anzusehen ist, Wie sich der protoplasmatische Wandbelag der Fig. 13 Taf. IX in die Zellenmasse der Fig. 4 Taf. IX umbildet, ist mir durch direkte An- schauung nicht bekannt geworden, so dafs die Frage ohne Kenntnis der Vorgänge bei Gnetum Gnemon wohl nicht zu lösen wäre. Unter Beihilfe dieser Art aber scheint mir der Vorgang leicht zu verstehen. Bei Gnetum Wi) l- -2 z-- EN 4 + I = } ® j | mi J Ir ITIH Hi ] T HH muuaunmeınf u / 1 I yi {t 179 N Le Textfig. 1. Textfig. 2. Gnemon (vgl. Textfig. 1) bildet sich aus dem protoplasmatischen Wand- belag ebenfalls eine Zellenmasse, welche jedoch vorläufig auf dem un- tern Teile des Embryosacks beschränkt bleibt, während im oberen Teile der ursprüngliche Wandbelag mit den darin enthaltenen freien Kernen bestehen bleibt. Ich nehme an, dafs ein gleiches Stadium bei Gnetum Ula ebenfalls der Bildung der Zellenmasse entweder in der Tat oder 399 in theoretischer Weise vorangeht. Im ersteren Falle wäre mir dieses Stadium entgangen, was bei dem lückenhaften Material sehr gut mög- lich ist; im letzteren Falle fände eine verkürzte Entwicklung statt, wobei dieses Stadium übersprungen würde und die Bildung der beiden Zellenmassen gleichzeitig stattfände, Dafs dies sehr gut: möglich wäre, geht aus dem Folgenden hervor. Denn was geschieht weiter bei Gnetum Gnemon? Es dringen dort jetzt in den Embryosack ein oder mehrere Pollenschläuche ein (P.-$. vgl. Textfig. 2), von welchen jeder seine beiden generativen Kerne in den Embryosack übertreten läfst. Ein jeder dieser generativen Kerne vereinigt sich mit einem der freien - Kerne des protoplasmatischen Wandbelags zu einer Zygote (Z vgl. Textfig. 2), welche bald fadenförmig auswächst, sich dem Prothallus zuwendet, darin eindringt und einen Embryo bildet. In dieser Weise entsteht im Embryosack von Gnetum Gnemon eine Zahl Zygoten, doppelt so grofs als die Zahl der eingedrungenen Pollenschläuche. Um die unbefruchtet gebliebenen freien Kerne bilden sich alsbald (vgl. Textfig. 3).Zellen, welche in gar keinen oder in äufserst lockeren Verband mit einander treten. Es sind diese Zellen (a der Textfig. 3) also ganz mit den lockeren Zellen der Fig. 4 Taf. IX zu vergleichen, um so mehr, als sich im nächsten Stadium (Fig. 2 Taf. IX) nahe der . Spitze ein paar schlauchförmige Zellen erblicken lassen, welche sich sehr gut als Kopulationsprodukte, als Zygoten, deuten liefsen. Es konnte also das Stadium der Fig. 4 Taf. IX als ein Stadium gedeutet werden, auf welchem die Zygoten sich nicht von den unbefruchtet gebliebenen Zellen unterscheiden liefsen, während dieser Unterschied, in dem Stadium durch Fig. 2 Taf. IX repräsentiert, bereits sehr aus- geprägt wäre. Dagegen sprechen aber zwei Umstände, erstens dies, dafs ich nie einen Pollenschlauch bei dieser Spezies gesehen habe. Diesem Umstande wäre aber, der Dürftigkeit des Materials wegen, kein ent- scheidender Wert beizulegen. Der zweite Umstand ist weit wichtiger. Es wird dieser vom nächsten Stadium geliefert, welches auf Fig. 1 Taf. X abgebildet ist. Dieses Stadium ist das häufigste und läfst immer die hier abgebildeten Verhältnisse in klarster Weise erkennen. Es zeigt sich dort, dafs sämtliche Zellen des oberen lockeren Gewebes zu schlauchförmigen Zellen auswachsen. Dieser Prozess geht mit Kernteilung gepaart, welche anscheinend erst auf karyokinetische Weise geschieht (Figg. 8, 9, 10, 11, 12 Taf. IX), später aber direkt erfolgt (Figg. 2, 3, 4, 5, 6 Taf. X). Wären diese Zellen durch Befruchtung entstandene Zy- . 27* 400 goten, so müfste die Zahl der eingedrungenen Pollenschläuche die Hälfte der Zahl dieser schlauchförmigen Zellen betragen, also eine sehr hohe sein. Unter solchen Umständen könnten die Reste dieser Pollenschläuche einem wohl kaum entgangen sein. _ Es ist also eine andere Erklärung zu suchen und ich glaube, dafs uns nichts übrig bleibt, als anzunehmen, dafs hier parthenogenetische Entwicklung vorliegt. Der Vorgang scheint mir in folgender Weise zu verlaufen: Bei Gnetum Ula bildet sich alsbald im Embryosack ein proto- plasmatischer Wandbelag mit schr vielen Kernen aus. Diese Kerne sind mehr oder weniger regelmäfsig im Wandbelag verteilt und zeigen keine sichtbare Differenzierung in Geschlechts- und vegetativen Kernen. Es entwickelt sich jedoch im untern Teile alsbald eine feste Zellen- masse, während sich im oberen Teile entweder noch freie Kerne be- finden oder diese gleichzeitig mit der Prothalliumbildung im untern Teile sich parthenogenetisch weiter entwickeln. Von der Unmenge parthenogenetisch entstandener Embryonen entwickelt.sich später wohl nur eines weiter. Ob dieses ein für Gnetum Ula immer stattfindende Entwicklung oder nur ein. durch die auftretende Nucellarkrankheit notwendiger Notbedarf ist, wage ich nicht zu entscheiden. Wie dem auch sei, im Embryosack von Gnetum Ula finden wir eine scharfe Trennung in einen oberen, rein fertilen, und einen untern, rein sterilen Teil. Von diesem Ergebnis ausgehend, drängt sich die Frage uns auf, ob dieses Verhalten vielleicht Licht werfen kann auf die’ Vor- günge im Embryosack der Angiospermen. Ich möchte, bevor ich darauf eingehe, ganz besonders betonen, dafs folgende Auseinander- setzungen rein spekulativer Natur sind. Es liefsen sich aber die Vor- gänge, welche zur Bildung von Gymnospermen, Angiospermen und Gneta- ceen führten, vielleicht in folgender Weise etwas verständlicher machen. Ausgehend von heterosporen Filicineen, läfst sich ganz gut be- greifen, wie aus Formen mit noch teilweise autotrophem Prothallium (wie z. B. Salvinia), Formen mit gänzlich parasitischem Endosperm, wie z. B. die Cycadeen, entstanden sind. Scott und Oliver haben kürzlich durch ihre schönen Untersuchungen an Lagenostoma Lomaxi ') 1) Oliver etScott, On Lagenostoma Lomaxi, the seed of Lyginodendron, read before the Royal soc. on May 7 1903, reprinted from the Proceedings in An- nals of Botany 1903 pag. 625—629 und Scott, The origin of seed-bearing plants. Royal Institution of Great Britain. Weekly Evening Meeting. Friday May 15. 1903. 80, 14pp. 401 diesen Stammbaum in seinen grofsen Zügen klargelegt und folgendes Resultat erhalten: Heterospore Filices, Cycadofilices (Lyginodendron Oldhamium, deren Samen Lagenostoma Lomaxi genannt wird), Oyca- deae, Cordaitaceae, Gymnospermae. Von diesen Gymnospermen lälst sich Welwitschia durch Reduktion der Archegonien in ungezwungener Weise ableiten. Bei allen diesen Formen ist es ja ganz klar, dafs das Endosperm als Prothallium aufzufassen ist; eine Differenzierung in einen sterilen und einen fertilen Teil im Embryosack tritt nicht ein. Anders ist es bei Gnetum Gnemon und Ula einerseits und den Angiospermen andrerseits. Bei beiden tritt‘ eine Differenzierung in einen sterilen und einen fertilen Teil des Embryosacks ein. Bei Gnetum Ula ist das ja ganz klar, bei Gnetum Gnemon bleiben die sterilen Zellen im oberen Teile des Embryosacks, welche ich früher als retardiertes Endosperm beschrieben habe, übrig. Im Lichte der an Gnetum Ula gewonnenen Resultate möchte ich diese aber nicht mehr als sterile Zellen, sondern vielmehr als in der Entwicklung stehen gebliebene Sexualzellen betrachten, Sexualzellen also, welche sich dort parthenogenetisch bis zu dieser Stufe, aber nicht weiter zu entwickeln vermögen. Akzeptiert man diese Anschauung, dann sind ja Gnetum Ula und Gnetum Gnemon vollkommen gleichwertige Formen, nur hat erstere die Fähigkeit erworben, seine sämtlichen Sexualzellen zu parthenogenetischen Embryonen (von denen schliefs- lich wohl nur einer überlebt) zu entwickeln. Wie verhalten sich nun in dieser Hinsicht die Angiospermen ? Auch dort tritt meiner Ansicht nach eine Differenzierung in einen sterilen und einen fertilen Teil des Embryosacks ein und zwar bei der ersten Teilung des Embryosacknucleus. _ Beide dadurch ent- stehende Kerne geben ganz verschiedenen Produkten das Dasein. Die aus dem obern (der Mikropyle zunächst liegenden) entstehenden Produkte: vier Kerne, sind alle sexueller Natur. Zwei von diesen, Eikern und Polkern, beweisen diese Natur durch die Kopulation mit je einem vom Pollenschlauch eingeführten Spermakern. Der Auf- fassung, dafs die beiden Synergidenkerne Sexualkerne sind, steht wohl nichts entgegen. Eine rezente Beobachtung Guignards über eine wahrscheinliche Fusion einer der Synergidenkerne mit einem Sperma- kern unterstützt sogar diese Meinung. Die Teilungsprodukte des untern (der Chalazza zunächst liegen- den) Kernes möchte ich jetzt, im Gegensatz zu einer früher von mir vertretenen Ansicht, sämtlich als vegetativ auffassen und in sie das Homologon des sterilen Teiles, des Prothalliums von Gnetum Ula 402 sehen. Für die drei Antipodenkerne macht das wohl keine Schwierig- keit; die einzige Schwierigkeit liegt in der bekannten Verschmelzung: des untern Polkernes mit dem oberen Polkerne und dem Spermakern. Eine Erklärung hierzu fehlt uns; sicher scheint es aber, dafs diese Verschmelzung dazu führt, dafs sich aus dem Kopulationsprodukt des oberen Polkerns mit dem Spermakern kein normaler Embryo bildet, sondern ein Embryo (denn mit Nawaschin möchte ich das Endo- sperm der Angiospermen als „nutritives Embryo“ auffassen) von voll- ständig thallöser Natur. Während also das Endosperm von Gnetum Gnemon und Ula ungeschlechtlicher Natur ist, ist dasjenige der Angiospermen geschlecht- licher Natur. Beide dienen dazu, dem Embryo die nötige Nahrung zuzuführen; bei Gnetum Gnemon und Ula geschieht dies in alther- gebrachter Weise durch das Prothallium; bei den Angiospermen ist das Prothallium auf die Antipoden reduziert und meistens (mit Aus: nalıme der Antipodenhaustorien) funktionslos geworden; die Ernährung des Embryos wird durch ein umgebildetes Schwesterembryo übert+ nommen. ' Wir sahen oben, dafs Gnetum Ula im Vergleich zu Gnetum Gnemon wahrscheinlich einen verkürzten Entwicklungsgang durch- macht. Die Karsten’schen Gnetumarten?!) scheinen nir ihren Entwicklungsgang bedeutend mehr abgekürzt zu haben. Zweifels- ohne ist die verspätete Prothalliumbildung im untern Teile eine wirk- liche Prothalliumbildung, während im obern Teile wohl ebenso wie bei Gnetum Gnemon und Ula teilweise parthenogenetische Entwick- lung von Sexualzellen vorliegt. Es würde, falls dies richtig wäre, der Embryo der Karsten’schen Gnetumarten sowohl von Prothal- liumzellen wie von Schwesterzellen des Embryos ernährt werden. Sie befänden sich in dieser Hinsicht in ähnlicher Lage wie die Angio- spermen mit Antipodialhaustorien, wo also auch Prothallium und Endosperm zusammen den Embryo ernähren. Ich glaube, dals der oben gegebenen Auffassung des Endosperms als umgebildetes Embryo keine zwingenden Gründe entgegenstehen [auch Strasburger?) war dieser Auffassung, wie mir scheint, nicht ganz abgeneigt, spricht sich aber später (Bot. Ztg. 1900 pag. 814) da- gegen aus], aufser dasVerhalten des Embryosackinhaltes bei Balanophora. 1) Karsten, Zur Entwicklungsgeschichte der Gattung Gnetum. Taf. vH bis XI. — Cohn, Beitr. z. Biol, der Pflanzen. Breslau. VI, H. 4. 1898. 2) Besprechung der Nawaschin’schen Arbeit. Bot, Ztg. 1, Juli 1899. 403 Die zuerst von Treub bei Balanophora elongata, später von mir bei B. globosa beschriebenen Vorgänge wurden von uns beiden als Apogamie aufgefafst, da die Zelle, welche den Embryo liefert, von einer Endospermzelle abgeschnitten wird. Betrachtet man das Endo- sperm als Prothallium, so ist diese Anschauung zweifellos richtig. Sie läfst sich aber, wenn man das Endosperm als einen rückgebildeten Embryo auffalst, als eine Art vegetative Knospenbildung erklären. Selbstverständlich wird durch obenstehende Auseinandersetzungen keineswegs besagt, dals die Angiospermen von Gnetaceen abstammen, wie es Karsten in seiner Juglansarbeit will‘). Vielmehr bin ich jetzt, wie früher, der Ansicht, dafs die Gnetaceen keine Vorfahren der Angiospermen sind; es sind beide vielmehr als seit längerer Zeit parallel verlaufende Reihen anzusehen, welche sehr weit zurück im System ihren gemeinsamen Ursprung haben. Da, wie wir sahen, die Ausbildung sowohl von Gnetaceen wie von Angiospermen auf eine Differenzierung in einem sterilen und einem fertilen Teile des Embryosacks zurückgeführt werden könnte, liegt es auf der Hand als ihre gemeinsamen Stammeltern eine Form anzusehen, wo, wie bei Selaginella, eine zwar noch unvollständige Differenzierung in dieser Hinsicht eintritt, denn die erste Teilung des Macrospor-Nucleus führt zu einem untern vollständig sterilen Teile, in welchem später das „Selaginellacndosperm* gebildet wird, und zu einem obern Teile, der die Geschlechtszellen — allerdings auch noch sterile Zellen — bildet. Es sollen obenstehende Auseinandersetzungen keineswegs den Eindruck hervorrufen, als wäre es meine Meinung, dafs die Gneta- ceen und Angiospermen in dieser Weise entstanden sind, höchstens können sie in dieser Weise entstanden sein. Zu etwas weiterem können meiner Ansicht nach dergleichen Vergleiche nie führen, Be- gründete Aufschlüsse über Phylogenie kann nur die Paläontologie geben. Von einem genauen Studium fossiler Samen läfst sich in dieser Hinsicht — die schöne Lagenostoma-Arbeit von Oliver und Scottt zeigt es zur Genüge — noch sehr viel erwarten. Leiden, September 1903. 1) Über die Entwicklung der weiblichen Blüten bei einigen Juglandaceen. Flora Bd. 90, 1902, Heft 2 pag. 316—3833, 404 Tafelerklärung. Tafel IX, Fig. 1. Längsschnitt der Blüte, zeigt die Integumente, das Perianth und den Embryosack im Nucellargewebe. X 17. » 2. Der Embryosack der Fig. 1X 100. Es zeigt sich ein deutlicher Unter- schied zwischen dem untern und dem obern Teil des Inhalts. Der untere Teil ist das Prothallium, dem Prothallium des Gnetum-Gnemon vergleich- bar. Der obere Teil ist ausgefüllt mit einer grofsen Menge junger, sich parthenogenetisch entwickelnder Embryonen; die, welche nahe der Spitze des Embryosackes liegen, sind am weitesten fortgeschritten, » 3. Der Embryosack im ersten Stadium der Parthenogenese, in der Jungen Frucht. X 17. . » 4. Ein Embryosack, etwas jünger als jener von Fig. 2, X 100. Nur die “ Konturen sind gezeichnet; es ist dies der Embryosack von Fig. 3, „ 5. Ein Embryosack, in welchem anscheinend keine Parthogenese stattge- fanden hat und welcher deswegen vom Prothallium gänzlich ausgefüllt ist. X 17. f » 6. Die Blüte, die weit hervorragende, stigmaähnliche Verbreitung des inneren Integumentes zeigend. X 17. » 7. Die Embryonen des oberen Teiles der Fig. 4, stärker vergröfsert X 250. Die parthenogenetisch entstandenen Embryonen enthalten 1--4 Kerne, Färbung Fuchsinpikrinsäurealkohol, Material morgens 9 Uhr 30 Min. in Dee. in Buitenzorg von Dr. Valeton gesammelt und auf der Stelle in Alkohol konserviert, » 8-12. Embryonen mit verschiedener Kernzahl. Fig. 8. Obj. 8. Winkler Oe. 1, übrige Obj. 8, Hom. Oc. 8, Färbung: Gentianaviolett, Jodkalium. „ 13. Zwei Embryosäcke mit freien Kernen, Obj. 3 Oc. 1. „ 14. Unterer Teil eines solchen Embryosackes. Obj. 5, Oe. 1. Tafel X, Fig. 1. Embryosack mit Prothallium und parthenogenetischen Embryonen, sämt- lich zu langen Schläuchen ausgewachsen. In der rechten unteren Ecke bohrt sich ein Embryo (wie bei Gnetum Gnemon) im Prothallium ein. Ein Vergleich mit Fig. 4 Taf. IX zeigt, wie sehr das Prothallium sich entwickelt hat. » 2-6. Die in den parihenogenetischen Embryonen stattfindende direkte Kernteilung. Fig. 2 Obj. 8, Oc. 1, die übrigen Obj. 8, Hom. Oec, 3, Fig. 3 die Kerne aus Fig. 2. » 7. Ein Embryosack im Stadium der freien Kernbildung. Obj. 3, Hom. Oc. 3. “« Beiträge zur Kenntnis der Peronosporeen. Von $, J. Rostowzew. (Mit einer Photographie und Tafel XI-XIIL) e Im Oktober des vorigen Jahres (1902) stellte ein Gemüsegärtner, Kudrjaschew, aus dem Gouvernement Twer, dem Botanischen Kabinett des Moskauer Landwirtschaftlichen Instituts kranke Blätter der gewöhnlichen Gurke (Cucumis sativus) zu. Im Begleitschreiben bat Hr. Kudrjaschew, ihm die Ursache . dieser Krankheit zu erklären und ein Schutzmittel gegen dieselbe mitzuteilen. Nach den Worten von Hrn. Kudrjasche w hatten seine langjährigen Versuche, Treibgurken zu bekommen (womit sich auch die benachbarten Bauern beschäftigen), nicht den erwünschten Erfolg. Trotz der verschiedenen Kulturversuche (Temperaturveränderung, ver- schiedene Art des Begiefsens, Einführung von verschiedenem Dünger) wuchsen die Gurken immer schlecht, ihre Blätter bedeckten sich mit Flecken und faulten; „Fruchtknoten gab es wenig, meistens hatten die Gurken taube Blüten“,!) so dafs das Treiben von Frühgurken, das für die Umgegend von Moskau besonders vorteilhaft ist, Hrn. Kudrjaschew nur Schaden brachte. Ganz decouragiert durch den beständigen Mifserfolg beschlofs Hr. Kudrjaschew diese Kultur vollständig aufzugeben. In der Tat, auf meine Bitte hin mir noch einmal befallene Blätter zu schieken, antwortete mir Hr. Kudrja- schew: „Am 10. November habe ich alles fortgeworfen, da es allzu- schlecht ging.* Bei der Untersuchung der befallenen Blätter erwies sich, dafs dieselben beiderseits mit gelbbraunen Flecken von violett-rauchfarbi- gem Schimmel bedeckt waren. Die Flecken waren von verschiedener Gröfse und Form. Die Oberfläche der Flecken, besonders auf der unteren Seite des Blattes, war schimmelig in Form eines Spinngewebes, zuweilen sogar sammetartig (vergl. Photogr. Fig. 1, 3). Die Flecken finden sich auf der ganzen Oberfläche des Blattes zerstreut, an den Rändern sowie in der Mitte sich jedoch mehr an den Blattnerven gruppierend (vgl. Photogr. Fig. 1). Die kleineren Flecken sind sehr scharf durch die Nerven von dem gesunden (dem Äufseren nach) Blatt- gewebe abgegrenzt (vgl. Photogr. Fig. 3). Die gröfseren Flecken jedoch und die älteren von ihnen, die sich gröfsenteils am Rande des 1) Aus dem .Brief von Hrn. Kudrjaschew. 406 Blattes befinden und in einen allgemeinen Fleck verfliefsen (vgl. Photogr. Fig. 1), sind nicht so scharf und deutlich von den gesunden Blatteilen abgegrenzt. Die Grenze ist hier mehr diffus., Das Blatt- gewebe an den Stellen, wo die Flecken sich befinden, ist mehr oder minder tot, an den Stellen, wo sich die gröfseren Flecken befinden, ist es nicht allein tot, sondern sogar welk und stellenweise sogar faulig. Das Faulen und das Absterben des Blattes, welches von solchen Flecken befallen ist, beginnt gewöhnlich an den Rändern und geht allmählich zur Mitte und zum Blattstiel über. Eine Photographie von kranken Blättern der Gurke (Cucumis sati- vus), — Fig. 1. Ein älteres Blatt von der unteren Seite. — Fig.2. Ein jüngeres Blatt von der oberen Seite. — Fig.3, Ein ausgewachsenes Blatt von der unteren Seite. In dem Mafse wie das Blattgewebe abstirbt, verändert sich die Farbe der Flecken, indem sie immer dunkler, fast schwarzgrau wird. Das abgestorbene und faule Blatt bewächst stark mit Schimmel von verschiedenen saprophytischen Pilzen. Das Absterben der Blätter wirkt nachteilig auf die ganze Pflanze; zuerst hört sie auf, Früchte zu tragen, wird dann immer schwächer und geht zuletzt ganz zugrunde, so dafs diese Krankheit sehr verheerend auf die Gurken wirkt und den Ge- 407 müsegärtnern jedenfalls grofsen Schaden bereitet , wie es die Klugen Kudrjaschews beweisen. . Schon bei sorgfältigem äufserlichem Beobachten der kranken Blätter, ohne Beihilfe des Mikroskops, konnte man voraussetzen, dafs diese Gurkenkrankheit falscher Mehltau (Meldew) ist. Bei den mikroskopischen Untersuchungen bestätigte sich diese Voraussetzung vollständig. Der schimmelartige, sogar sammetartige Überzug der Flecken besteht aus zahlreichen Konidienträgern, die durch die Blatt- epidermis hervortreten (Taf. XI Fig. 1, 3). Die charakteristischen Eigen- tümlichkeiten der Konidienträger (ihre Verzweigung usw.), die Eigen- tümlichkeiten der Konidien weisen direkt darauf hin, dafs man hier einen Peronosporceenpilz hat, der die Flecken auf den Gurken- blättern verursacht hatte. Die Blätterkrankheit der Gurken ist also der falsche Mehltau (Meldew). Da auf den jüngeren Flecken ausschliefslich Konidienträger eines Peronosporeenpilzes sich befinden (Taf. XI Fig. 1, 3) und da das Ge- webe in den jüngeren Flecken nur von dem Mycelium gerade dieses Pilzes durchzogen ist, so läfst sich mit Bestimmtheit der Schlufs ziehen, dafs gerade dieser Pilz die Blattkrankheit der Gurkenblätter verursacht, die so verheerend auf die Blätter und auf die ganze Pflanze wirkt. Die Konidienträger anderer Pilze (Aspergillus, Peni- eillium, Cylindrosporium u. a.) befinden sich nur auf den älteren Flecken, welehe schon der Fäulnis unterworfen sind; an solchen Stellen des Blattes entwickelt sich aufser dem Mycelium der Peronosporeen auch noch das Mycelium der oben genannten Pilze. Die Tatsache, dafs die Gurken von falschen Mehltaupilzen (Peronosporeen) befallen-werden, ist von hohem Interesse, da, soviel mir aus der Literatur bekannt, diese Krankheit nicht nur in Rufsland, sondern auch im westlichen Europa und sogar in der ganzen Alten Welt nicht beobachtet worden ist. Sie ist nur in Nord- amerika konstatiert worden, wo sie zeitweilig stark verbreitet ist und mehr oder weniger grofse Verheerungen anrichtet. Diese Krankheit ist noch nicht genügend erforscht, und die weni- gen Kenntnisse über dieselbe haben wir ausschliefslich amerikanischen Forschern !) zu verdanken. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika werden die Gurken von einem Pilze befallen, welcher demjenigen 1) Vgl. Humphrey, J. E., The Cucumber Meldow-Plasmopara Cubensis (in „Eight Annual Report of the Massachusettes Agrieultural Experiment Station. Puplie Document.“ Nr, 33 Jan. 1891 pag. 210). — Stone, G.E, Cucumbers under Glass. Massachusetts Agrieult, College Bull. Nr. 87 1903, 408 Pilze identisch ist, der im Jahre 1868 von Berkeley und Curtis‘) auf der Insel Cuba auf einigen Cucurbitaceae gefunden worden und von ihnen Peronospora Cubensis genannt worden ist. Dieser Parasit scheint in Nordamerika nicht selten vorzukommen.?) Aufser der Gurke befällt er auch andere kultivierte (Kürbis, Melone, Wassermelone) und wildwachsende Cucurbitaceen. Selby?) fand denselben an folgenden Pflanzenarten: Cucumis sativus, Cucu- mis Melo, Cucumis odoratissimus, Oucumis erinaceus, CucurbitaPepo, CucurbitaMelanopepo, Cucurbita ver- rucosa, Citrullus vulgaris, Lagenaria vulgaris, Coccinea indica, Bryonopsis laciniosa, Bryonopsis erythrocarpa, Muxia serabella, Momordica balsamea, Momordica cha- rantia, Melothria scabra, Trichosantes colubrina, Si- cyos angulatus, Micrambeles lobata. Wie schon früher bemerkt, ist dieser Pilz noch nirgends als in Amerika gefunden worden. Nur Farlow‘) erhielt ihn aus Japan, aber nicht auf der Gurke. Deshalb wäre es sehr interessant, für diesen Pilz einen neuen Fundort zu konstatieren. Ehe wir einen Vergleich zwischen unserem Pilz und dem amerikanischen anstellen, wollen wir uns zu den Angaben der Lite- ratur wenden und sehen, was für Peronosporeen überhaupt auf den Cucurbitaceen vorkommen. Wir müssen so verfahren, weil der amerikanische Pilz, P. Cubensis, wie wir ferner sehen werden, nicht genügend erforscht ist und. man daher möglichst vorsichtig beim Bestimmen unseres Pilzes sein mufs. Aus den Literaturangaben geht hervor, dafs auf den Cucur- bitaceae, aufser derP.Cubensis, aus den Peronosporeen nur noch eine Art und zwar Plasmopara australis Speg. parasitiert, welche zuerst in Argentinien auf der C yelanthera Hystrix®) gefunden wurde. Von Interesse ist auch der Hinweis auf die Tat- sache, dafs in letzterer Zeit dieser Pilz auch in der alten Welt, in 1) Cuban Fungi n, 616, 2) Vgl. Farlow, W. G., Notes on Fungi (Bot. Gaz. X 1885); Galloway, B. T, New localities for Poronospora Cubensis Berk. et Curt. (Journal of Mycol. Vol.5 1889 pag. 216), Holsted, B.D., Notes upon Peronosporeae for 1890 (Bot. Gaz. XV 1890); Notes upon Peronosporeae for 1891 (Bot. Gaz. XVI 1891). 3) Selby, A.D., Additional Host Plants of Blasmopara Cubensis. Bot. Gai. 1899 pag. 67—68, 4) Notes on Fungi I, ‘Bot. Gaz. XIV 1899. 5) Vgl. Saocardo, Sylloge Fungorum VIL — Sydow, Index univer- salis etc. 409 Mangurien, auf der Schizopepo bryoniaefolius!) von W.L. Komarow gefunden wurde Obwohl man früher noch die. dritte Peronosporeenart auf den Cucurbitaceen nannte, namentlich Peronosporasieyocola Trelease auf den Blättern von Siceyos angulatus, wies jedoch schon Farlow?) auf die Identität dieser Art mit der P. australis hin. Heutzutage sind also nur zwei Arten aus der ganzen Perono- sporeenfamilie auf den Cuceurbitaceen bekannt und zwar P. Cu- bensis und P. australis. Es mufs noch hinzugefügt werden, dafs diese beiden Parasite noch nicht lückenlos erforscht sind, so dafs die Forscher darüber noch nicht einig sind, ob man diese Parasiten als Arten von einer und derselben Gattung, entweder Peronospora oder Plasmopara, oder von zwei verschiedenen Gattungen be- trachten soll. Farlow und Jatschewsky z. B. zählen den Parasit, dessen Artname australis ist, zur Gattung der Plasmopara, und den anderen, dessen Artname Cubensis ist, zur Gattung der Pe- ronospora®). Andere Forscher, wie z. B. Humphrey, Ellis®), zählen beide Arten zur Gattung der Plasmopara. Es gibt noch einige Gelehrte°), die beide Arten in eine und dieselbe Gattung der Peronospora. hinstellen. Wer von diesen Autoren das Richtige getroffen, ist nach den vorhandenen Literaturangaben schwer zu ent- scheiden, und der Grund, weshalb es nicht so leicht ist, unseren Pilz genau zu bestimmen, liegt darin. Wenn man sich auf Humphreys Arbeit) stützt, mufs man jedenfalls zugeben, dafs die genannten Parasiten nicht zu einer, sondern zu zwei verschiedenen Gattungen gehören und dafs der eine Parasit, dessen Artname australis ist, unstreitig zu der Gaitung der Plas- mopara gehört. Dies läfst sich schon aus der Abbildung der Konidienträger, die Humphrey gegeben hat und die wir hier (Taf. XI Fig. 6) wiederholen, schliefsen. Nach der Verzweigungsart 1) Vgl. Jaczewski, A. de, Note sur la Peronospora Cubensis B. et C, (Revue mycologique. 22 annee, Nr. 86 1900). — Jaczewski, A, von, Russische Arbeit: Mykologische Flora des europ. und asiat, Russlands. .Bd. I 1901, pag. 117. In dieser Arbeit ist die Wirtpflanze Schizopeponia bryoniaefolia und in der französischen Schizopepo bryoniaefolius genannt. 2) Journ. of Mycol. 1885 pag. 5%. 3) 8. zitierte Arbeiten, 4) Ellis. North Americ. Fungi, 5) Vgl. Fischer, Rabenhorsts Kryptogamenflora IV. Abt. pag. 184. — Saccardo, Sylloge Fungorum. — Sydow, Index universalis. Öle, 410 der Konidienträger und dem Vorhandensein einer charakteristischen Papille am Scheitel der Konidien (Taf. XI Fig. 6») haben wir vor uns unstreitig eine Plasmopara; endlich nach der Keimungsart der Konidien (indem sie Zoosporen bilden) zu urteilen, gehört dieser Pilz unzweifelhaft der genannten Gattung an. A. A. Jatschewsky)), der von neuem diesen Pilz untersuchte, hält ihn ebenfalls für eine Plasmopara, obwohl die Abbildungen, welche er seiner Arbeit beilegt, weniger befriedigend sind als die von Humphrey, wobei die Konidien sogar nicht ganz richtig dargestellt sind. Hierbei sei übrigens bemerkt, dafs A. A. Jatschewsky weder in seiner russi- schen, noch in seiner französischen Arbeit Humphrey zitiert.?) Nicht so leicht läfst sich die Frage über den anderen Parasit der Cucurbitaceen, P. Cubensis, entscheiden. Zuerst muls bemerkt werden, dafs es sogar keine ausführliche Diagnose dieser Art gibt. Bei Saccardo?) z. B. finden wir nur eine sehr kurze Charakteristik derselben, welche lange nicht zur fehlerfreien Bestim- mung des Pilzes genügt. Dieselbe lautet wörtlich: Caespitulis candidis, hyphis coni diophoris sursum furcatis; ramuü- lis ultimis reetis nec uncinatis; conidiis metulaeformi- busveloblongis, obtusis, 25n.longis.“ A. A. Jatschewsky?) deutet auf die Abwesenheit einer genügenden Diagnose dieser Art hin und bemüht sich in der französischen Arbeit eine detailliertere Charakteristik („plus detaill&e“) desselben zu geben. Er schreibt: „Maculis amphigenis, magnitudine variis, primo angu- losis et nerviis limatis, dein effusis et totum folium oceupantibus, luteolopallescentibus Conidiophoris eylindraceis, singulis vel2, astomatibusemergentibus, basi bulbiformi, superne dichotomis, ramis oblique erecotis, ultimisleviter arcuatis reetangulariter paten- tibus, inaequalibus rigidis. Conidia ellipsoidea vel ovoidea,hyalina12—25/184. Oogoniis etoosporisignotig.“ Wenn wir uns jetzt Humphreys Arbeit zuwenden, so sehen wir, dafs die eben angeführte Diagnose von Herrn Jatschewsk y nicht ganz mit den Angaben des amerikanischen Forschers überein- 1) Revue mycologique Nr. 26 Tab. CCII Fig. 10. Mykologische Flora pag. 117 Fig. 16. ‘ 2) Freilich ist die Humphrey’sche Arbeit in einer ziemlich speziellen Zeitschrift abgedruckt, aber ein detailliertes Referat darüber finden wir in Justs Botanischem Jahresbericht 19. Jahrg., 1891, Bd. 2 pag. 248 unter Nr. 142. 3) 1. e. pag. 261. " 4) ]. c. pag. 46. . 411 stimmt. Vor allem sind nach Humphrey die Konidien nicht hyali- nisch, sondern „of the violet tint“!), zweitens befinden sich die Konidien mit einer Papille am Scheitel: „the conidia have the apical papilla“ (vgl. Taf. XII Fig. 11). A. A. Jatschewsky erwähnt nicht nur die Gegenwart einer Papille, sondern zeichnet so- gar die Konidien ohne eine solche; drittens sind die Konidienträger etwas anders geformt, als das Herr Jatschewsky behauptet. Der Zweifel über die Genauigkeit der Diagnose des Herrn Jatschewsky wächst noch dadurch, dafs wir in seiner russischen Arbeit eine etwas andere Charakteristik dieses Pilzes finden; hier erfahren wir, dafs die Konidien nicht farblos, sondern „violettgrau“ ?2) sind und andere Dimensionen haben: in der französischen Arbeit waren sie 22— 25/18 x und in der russischen 25—30/204. Auf Grund seiner Forschungen zieht Herr Jatschewsky. den kategorischen Schlufs, dals die Art „Cubensis in der Tat zu der Gattung der Peronospora, und nicht zu der Gattung der Plasmopara gehört“.?) Herr Jatschewsky ignoriert auf diese Weise vollständig die Angaben von Humphrey, ohne sie irgendwie zu widerlegen. Humphrey beschreibt und zeichnet nicht allein die Konidien mit der Papille am Scheitel, wie das der Plasmopara eigen ist, sondern behauptet sogar, dafs die Konidien auch nach dem Typus der Plas- moparakonidien keimen, d. h. dafs sie bei der Keimung Zoosporen bilden: „The conidia have the apical papilla and produce zoospores on germination.“*) Diese Eigentümlichkeit der Konidien von P. Cu- bensis fesselt die besondere Aufmerksamkeit von Humphrey und er äufsert sogar die Voraussetzung, dafs die P. Cubensis, da sie die Eigenschaften der Peronospora und der Plasmopara in sich vereinigt, darauf hinweist, dafs das Teilen der früheren Gattung der Peronospora in zwei selbständige Gattungen unbegründet sei: „Lhis species has for to break down the distinetions held by some writers to exist between the two groups which constitute the genera Plasmopora and Perono- sporaofrecentwriters, though all formerlyincluded in Peronospora.“5) 1) 1. o. pag. 212. — Just pag. 249. 2) l. c. pag. 118, 8) 1, c. pag. 118. 4) 1. ec. pag. 212, 5) 1. c. pag. 212. — Vgl. ebenfalls Just 1. ec. pag. 279: „Damit macht diese Art die Einteilung in die Genera Plasmopara und Peronospora hinfällig.“ 412 In Anbetracht solcher widersprechender Angaben und der Wider- sprüche, welche wir in den fast gleichzeitig erschienenen zwei Ar- beiten von einem und demselben Forscher vorfinden,!) blieb uns nichts anderes übrig, als eine selbständige Untersuchung zu unternehmen, um den wahren Bestand aufzuklären. Da die Untersuchungen von Humphrey jeden Zweifel dar- über, dafs einer der Parasiten, welche die Cucurbitaceae be- fallen, zu der Gattung der Plasmopara und zwar P]. australis gehört, auschliefst, so blieb nur übrig, die Natur des anderen Parasits, dessen Artname Cubensis ist, aufzuklären. Dank der Liebenswürdig- keit von Mr. M.G. Stone, dem ich hier meinen verbindlichsten Dank ausspreche, erhielt ich aus Amerika, und zwar gerade aus der Gegend, wo Humphrey gearbeitet hat, aus der Amgerst, einige Exemplare von Pflanzen, welche von dem falschen Mehltau befallen waren: drei Exemplare von Gurken und zwei von Melonen, Nach genauer Untersuchung dieser Exemplare überzeugte ich mich, dafs der Pilz, von dem sie befallen waren, in der Tat zwischen den Gattungen Peronospora und Plasmopara zu stehen kommt. . Seine Konidienträger treten gröfstenteils durch die Spaltöffnungen der unteren Seite des Blattes hervor; die Konidienträger sind einzeln oder paarig; sie bilden jedoch in keinem Falle einen dichten Überzug. Sie verzweigen sich gabelförmig (Taf. XI Fig. 2,.,5), ebenso wie die Ko- nidienträger der typischen Arten der Peronospora; die Zweige steigen schief unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel auf und enden mit dünneren, geraden oder leicht gebogenen Ästchen, welche etwas schief nach oben ragen oder fast wagerecht sind (Taf. XI Fig. 21,8). An dünneren Ästchen sitzen die Konidien. Nach der Verzweigungsart der Konidienträger mufs man also diesen Pilz zu der Gattung der Peronospora stellen. Seine Konidien sind aber ganz andere, nicht solche, wie sie der Peronospora eigen sind. ‘Die Konidien haben die Form eines Ellipsoids; sie sind violettgrau gefärbt und haben eine farblose Papille am Scheitel (Taf. XI Fig. 2, 2,7). An der Basis der Konidie befindet sich ein kleines, fast farbloses Fülschen (Taf. XI Fig. 2,:,/f); dasselbe haben weder Humphrey noch Jatschewsky erwähnt. Folglich sind die Konidien unseres Pilzes solche, wie bei der typischen Art der Plasmopara. Nach 1) Im Anfang seiner französischen Arbeit schreibt A. A. Jatschewsky: „Ayant entrepris la publication en langue russe d’une Monographie des P£rono- spordes“ etc, pag. 45. Am Ende befindet sich die Anmerkung: „le 14 mars 1900,* — ‚Die russische Arbeit (Mykolog, Flora) erschien im Jahre 1901. 418 den Angaben von Humphrey, denen zu mifstrauen wir keine Ur- sache haben, keimen die Konidien nach dem Typus der Konidien der Plasmopara, d. h. sie verwandeln sich in Zoosporangien und bil- den Zoosporen. Was die Grölse der Konidien anbetrifft, so bezeichnet sie Humphrey leider nicht, dagegen sind die Angaben von Jat- schewsky, wie wir schon gesehen haben, widersprechend. Nach meinen Messungen schwankt die Grölse der Konidien zwischen 21,6 bis 32,4) in der Länge und zwischen 10,8—18 in der Breite. Auf Grund des Angeführten müssen wir annehmen, dafs der amerikanische Parasit der Gurke zwischen den beiden Gattungen Peronospora und Plasmopara steht und man ihn keineswegs, wie Jatschewsky kategorisch behauptet,!) zur Peronospora zählen darf. Mit der Frage über die Stellung dieses Pilzes im Sy- stem werde ich mich später befassen, jetzt gehe ich zur Beschreibung des mir aus dem Twer’schen Gouvernement übersandten Pilzes über. Nach der äulseren Betrachtung der kranken Blätter konnte man voraussetzen, dafs wir es jedenfalls nicht mit der Peronospora australis zu tun haben, da dieser Parasit auf den Blättern weifse Flecken von geringer Gröfse verursacht. Unsere Blätter hatten grau-braune Flecken mit einem violetten Schimmel- überzug. Die Flecken waren von verschiedener Gröfse, zuweilen so grols, dafs sie fast das ganze Blatt bedeckten (vgl. Photogr. Fig. 1,3). Bei der mikroskopischen Untersuchung konnte man sich vollständig überzeugen, dafs hier ein anderer Pilz und nicht Plasmopara australis vorliegt, da die Konidienträger hier eine andere Form haben als dort (vgl. Taf. XI Figg.5 u.6). Nach der Verästelungsart der Konidienträger nähert sich unser Pilz sehr dem amerikanischen Cubensis (vgl. Taf. XI Fig. 5 u. 2). Die Konidienträger verzweigen sich ebenfalls gabelig 2--5mal, wie bei. dem amerikanischen Pilze. Sie sind mehr oder weniger zylindrisch, nur bei der Basis, an der Blattepidermis, sind sie zu einem kaum bemerkbaren Zwiebelchen angeschwollen (Taf. XI Figg. 1, 3, 4, 5). Die Konidienträger sind farb- los; sie sind mit dem feinkörnigen Protoplasma gefüllt und mit einer dünnen Zellulosewand versehen, welche sich leicht mit COZnJ oder mit Jod und Schwefelfäure blau färbt. Die Gröfse der Konidien- träger ist verschieden. Einige derselben sind ziemlich kürz (Taf. XI Fig. 5,1,5,7), die anderen sehr lang (Taf. XI Fig. 5,2,4,10,18); einige sind ziemlich dick, die anderen sehr dünn (Taf. XI Fig. 5,4, 12). Ihre Länge schwankt zwischen 90x und 5401; am häufigsten beträgt sie 1) Mykolog. Flora pag. 118. Flora 1903. 28 x 414 144, 180 und 2164. Ihre Dicke ist jedoch nicht solchen Schwan- kungen unterworfen; sie ist beständiger; meistens beträgt sie 7,21. Es kommt aber vor, dals sie geringer ist: ca. 3,6j, oder grölser, bis 9x. Das Zwiebelchen des Trägers ist etwas dicker als der Träger selbst; gewöhnlich (wenn die Dicke des Trägers 7,24 gleich ist) hat das Zwiebelchen an seiner dieksten Stelle 10,8% im Durchmesser. Mitunter ist es aber noch schmäler, so dafs es kaum zu unterschei- den ist. Die primären Zweige des Konidienträgers ragen schräg hervor, unter einem spitzen Winkel zur Hauptachse; die sekundären werden immer dünner, je nach dem Verzweigen, und halten mehr oder weniger ihre schiefe Richtung nach oben ein (Taf. XI Fig. 5); nur die letzten allerfeinsten Ästchen haben eine andere Richtung und stehen in Bezug zu ihren Hauptzweigen fast unter einem rechten Winkel (Taf. XI Fig. 5, Taf. XII Figg. 1, 2). Die letzten Ästchen sind gewöhnlich gerade, nur selten erscheinen sie schwach gebogen (Taf. xu Figg. 1,2). Wenn man die Konidienträger bei schwacher, 150—300- facher Vergröfserung beobachtet, so erscheinen ihre letzten Ästchen am Ende zugespitzt (Taf. XI Figg. 1, 3,5). Bei stärkerer Vergröfse- rung erscheinen sie jedoch ziemlich stumpf ‚ sogar wie unter einem rechten Winkel "abgeschnitten (Taf. XII Fig. 2,a,d). Diese Eigentüm- lichkeit ist, wie meine Beobachtungen gezeigt haben, nicht ausschliefs- lich diesem Pilz eigen; man stöfst auf dieselbe auch bei anderen Vertretern der Peronosporeen (vgl. Taf. XIII Fig.2, Plasmopara nivea, Fig.3,4 Bremia Lactucae, Fig.6 Plasmopara viti- cola, Fig. 8 Peronospora parasitica), so dafs man die übliche Bezeichnung: „die Ästchen, welche die Konidien tragen, sind zugespitzt“, nur bedingungsweise im Sinne: „beischwa- cher Vergröfserung erscheinen sie als solches, ver- stehen mufa. Die Konidienträger treten gewöhnlich an der unteren Blattseite auf, indem sie hier einen haarigen, spinnengewebeartigen, sogar sammetartigen Überzug bilden, welchen man schon mit blofsem Auge sehen kann (vgl. Photogr.). Diese Eigentümlichkeit bildet einen Unter- schied zwischen unserem Pilz und dem ihm nahestehenden amerika- nischen Cubensis, bei welchem die Konidienträger zerstreut stehen und keinen dichten Überzug bilden. Die Konidienträger treten gröfstenteils aus den Spaltöffnungen hervor (Taf. XI Figg. 1, 3, 4) und nur in seltenen Fällen dringen sie direkt durch die Blattepidermis (Taf. XI Fig. 3a). Aus den Spalt- öffnungen kommen die Konidienträger selten einzeln hervor, gewöhn- 415 lich zu zwei, drei und sogar büschelig in grölserer Zahl zu fünf bis sieben (Taf. XI Fig. 3). Diese Sonderheit bildet noch einen neuen Unter- schied zwischen unserem Pilz und dem amerikanischen Cubensis, bei welchem die Konidienträger nur zu einem oder zu zweien hervor- treten. Durch die Epidermis dringen die Konidienträger nur einzeln (Taf. XI Fig. 3«) und nie in gröfserer Zahl. In seltenen Fällen erscheinen die Konidienträger auf der oberen Seite des Blattes (Taf. XI Fig. 4) und bilden hier verhältnismäfsig kleine Flecken (vgl. Photogr. Fig. 2). Aus dem oben Gesagten sieht man, dafs unser Pilz nach der Verzweigungsart der Konidienträger eine grolse Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Cubensis hat; er unterscheidet sich jedoch von ihm dadurch, dafs er zahlreichere Konidienträger entwickelt, die in grölserer Anzahl an den Spaltöffnungen hervortreten, so dafs sie einen haarigen, spinnengewebeartigen, sogar sammetartigen Überzug bilden, was bei dem amerikanischen Pilz niemals der Fall ist. Der Farbe, den Um- rissen und der Grölse nach sind die Flecken, welche unser Pilz ver- ursacht, gleich denen, die der amerikanische Cubensis bildet. Eine gröfsere Ähnlichkeit besteht zwischen unserem und dem amerikanischen Pilz in der Form der Konidien und in der Art ihrer Keimung. Die Konidien erscheinen einzeln auf den letzten Ästchen der Konidienträger. Diese Ästchen stehen, wie oben erwähnt, meist schräg nach oben und nur selten fast wagerecht (Taf. XII Figg. 1, 2); sie sind dünn, gerade und nur selten schwach gekrümmt (Taf. XII Fig. 1, 2). Ihre Endungen sind nicht zugespitzt, sondern abgestumpft. Ihre Wand ist wie die des ganzen Konidienträgers von der reinen Zellulose gebildet. Die Konidien sitzen nicht unmittelbar auf den stumpfen Endungen des Ästchens, sondern sie befestigen sich mittels eines sehr feinen und zarten Stielchens (Sterigma) (Taf. XII Figg. 1,2). Dieses Stielchen befindet sich entweder in der Mitte der stumpfen Endung oder näher zum einen oder anderen Rande derselben (Fig. 24). Dieses Stielchen spielt eine wichtige Rolle bei dem Abfallen der Ko- nidien; es löst sich leicht und rasch im Wasser, da es aus einem im Wasser löslichen Stoffe (wahrscheinlich der Kallose) besteht. Mit Jod und Schwefelsäure, mit ClZnJ färbt sich das Stielchen nieht blau, sondern bleibt farblos. In den meisten Fällen gelingt es nicht, im Inneren des feinen Stielehens eine Höhlung zu unterscheiden; ge- wöhnlich ist es kompakt und nur in einzelnen Fällen ist es durch einen sehr engen Kanal durchzogen. Das Stielchen zerfliefst nicht 28* 416 nur in Wasser, sondern auch in Alkalien. Im Wasser zerfliefst es entweder vollständig oder mit Ausnahme eines geringen oberen Teils, welcher sich unmittelbar an die Konidie anschliefst; dieser Teil bleibt auch bei der abgefallenen Konidie erhalten (Taf XII Figg. 2c, 8, 4f); zuweilen aber ist er in derselben in etwas hellerer Farbe gefärbt. Dieser Teil des Stielchens bekommt offenbar keine chemische Ver- änderung, bleibt aber zelluloseartig. Nachdem ich die Existenz eines besonderen Stielchens an den Konidienträgern unseres Pilzes konstatiert hatte, wünschte ich natür- lich zu erfahren, ob die anderen Peronosporcen nicht auch im Besitze einer solchen Bildung sind. Die Nachforschungen in der Literatur führten mich jedoch zu keinem bestimmten Resultate. Die Verfasser, welche sich mit der Absonderungsart der Konidien beider Peronosporeen beschäftigt haben, wie DeBary!), Zalewski?) und Mangin?), erwähnen nicht des Vorkommens dieses besonderen Stielchens. Aus den Angaben der Literatur läfst sich nur erraten, dafs man etwas derartiges bei Cystopus (sogenanntes Zwischenstück) und möglicherweise bei Phytophthora beobachten kann. Nach den Untersuchungen der genannten Forscher kommt die Absonderung der Konidien dadurch zustande, dafs sich zwischen dem Scheitel der Ästchen des Konidienträgers und der Konidie selbst eine mehr oder weniger dicke Schicht von einem besonderen Stoffe bildet, welcher sich im Wasser löst. Mangin hält dieselbe für ‚reine Kallose* auf Grund ihrer Färbung mit Anilinblau. Die Bildung dieses Stoffes geht am Scheitel des Ästehens unter der erschienenen Konidie, d.h. unter dem angeschwollenen Ende des Ästchens, vor sich. Die Bil- dung beginnt an den Wänden. Nachdem dieser Stoff sich in Form eines Ringes abgelagert hat, wächst er zentropetal nach innen und trennt schliefslich die Konidie vom Konidienträger. Beim Anwachsen der Kallose platzt die Wand des Konidienträgers an der Stelle, wo die Kallose sich befindet, so dafs endlich nur die Kallose wie ein Zwischenstück die. Konidie von dem Innenraum des -Konidienträgers abgrenzt, Aufserdem bildet sich bei einigen Pilzen (bei Cystopus) 1) DeBary, Recherchos sur le d&veloppement de quelques champignons parasites. Ann. des sc, nat. 48 ser. t. XX pag. 16 1863. — Vergleichende Mor- phologie und Biologie der Pilze. 1884, 2) Zalewski, Über Sporenabschnürung und Sporenabfallen bei den Pilzen. Flora 1883 pag. 251. 3) Mangin, Sur la desartieulation des conidies chez les P£ronospordes, Bulletin de la soc. bot. de France t, 88 1891 pag. 176. 417 an der oberen und unteren Fläche des Zwischenstücks eine feine Zelluloseschicht, welche die Wand der Konidie und die des Scheitels des Konidienträgers vervollständigt, so dafs die Wand der ersteren und die des letzteren zu einem kontinuierlichen Ganzen wird. Bei an- deren Pilzen (wie Plasmopara, Breisnia,) bildet sich die Zellulose- schicht nur an der oberen Fläche des Zwischenstücks, wodurch das Ende des Konidienträgers nicht ganz abgeschlossen wird und nach dem Abfallen der Konidie offen bleibt. In allen Fällen zerflielst das Zwischenstück zuletzt im Wasser, und auf diese Weise fallen die Konidien ab. Dafs dieses Zwischenstück ein selbständiges Stielchen bildet, läfst sich weder aus dem Text, noch aus den Abbildungen, die zum Text von oben erwähnten Forschern beigelegt sind, schliefsen. Auf Grund ihrer Untersuchungen läfst sich sogar voraussetzen, wie dies auch gewöhnlich geschieht, dafs die Konidien bei der Mehrzahl der Peronosporeen (es sei denn mit Ausnahme der Gattungen Cy- stopus und Phytophthora) unmittelbar an den Endungen der Zweige der Träger sitzen. In Wirklichkeit ist es nicht ganz so, Wenigstens haben meine Untersuchungen gezeigt, dals die Konidien sich gewöhnlich mittels eines besonderen Stielchens (Sterigma) am Konidienträger befestigen. Das Stielchen ist mehr oder weniger scharf vom Konidienträger unterscheidbar und deutlich zu sehen (vgl. Taf. XIII Fig. 1f), besonders nach der Behandlung der Präparate mit OlZnJ oder mit Jod und Schwefelsäure; nach dieser Behandlung färben sich sämtliche Teile des Konidienträgers und die Konidie intensiv blau, das Stielchen jedoch bleibt ungefärbt. Ich habe mehrere Vertreter jeder der Gattungen: Peronospora (Taf. XII Fig.8), Plasmopara (Taf. XIII Fig. 2, 6), Bremia (Taf. XIII Fig. 3, 4), Phytophthora (Taf. XI Fig. 5, 7), Cystopus (Taf. XIII Fig. 1) untersucht und überall gefunden, dafs die reife Konidie an einem mehr oder minder feinen und mehr oder minder langen Stielchen sitzt (s. alle Figuren Taf. XTII/). In den meisten Fällen ist es dünner als die stumpfe Endung des Konidienträgers, von welcher man es immer gut unterscheiden kann. Im Wasser und in Alkalien zerfliefst das Stielchen leicht und rasch, meistens vollständig, zuweilen aber mit Ausnahme eines geringeren Teils, der unmittelbar an die Konidie stöfst und nachher das soge- nannte Füfschen derselben bildet (vgl. Taf. XIII Figg. 22f, 5ıf, 6ıf, Taf, 8 sf) . Es ist nicht ohne Interesse, die Entwicklung des Stielchens zu verfolgen. Meine Untersuchungen sind übrigens noch nicht geschlossen. Die Konidien beginnen schon ziemlich frühzeitig sich zu bilden. An 418 den verästelten Konidienträgern fängt ihr Entstehen dann an, wenn der Konidienträger sich kaum an der Oberfläche des befallenen Or: gans zeigt und nur eben sich zu verzweigen begonnen hat, Dann bilden sich an den Endungen seiner sehr kurzen Zweige Konidien in Form von kugelartigen Anschwellungen (Taf. XIII Fig. 91). Darauf folgt gleichzeitig das Wachsen der Konidien und das der Konidienträger; die Konidien werden noch gröfser und gröfser, indem sie allmählich ihre endliche Form und Gröfse annehmen. Der Konidienträger ver- zweigt sich, seine Zweige und er selbst ziehen sich in die Länge und verdicken sich ein wenig. Die Bildung des Stielehen beginnt eben- falls frühzeitig. Wenn das Ende der Zweige des Trägers zur Bildung einer zukünftigen Konidie angeschwollen ist, dann beginnt die Wand des Trägers dicht bei der Anschwellung in eine kurze Strecke sich zu verdicken (Taf. XIII Fig. 91,2); darauf streckt sich die Verdickung gleichzeitig mit dem Konidienwachstum mehr oder weniger der Länge nach (Fig. 93,.). Der auf diese Weise verdickte Teil der Wand unterliegt keiner Dehnung durch den allgemeinen Turgor des Koni- dienträgers, weshalb dieser Teil allmählich immer enger und enger wird (Fig. 92,5,«), so dafs er sich schliefslich durch seine geringere Dicke stark von dem übrigen Teil des Trägers unterscheidet und zu- letzt das Stielchen der Konidie bildet (Figg. 94, 8»). In der Ausdeh- nung zurückbleibend, verdickt sich dieser schmale Teil des Konidien- trägers immer mehr nach innen, so dafs zuletzt die Konidie mit dem Träger nur noch durch einen engen Kanal verbunden ist (Taf. XIII Fig. 87). Schliefslich wird ‚auch dieser enge Kanal durch die fort- schreitende Verdickung verschlossen, so dafs die Konidie von dem Träger vollständig abgesondert ist. Die Streckung dieser Verdickung resp. die Länge des Stielchens ist verschieden, nicht nur bei den ver- schiedenen Peronosporeen, sondern auch bei einer und derselben Art und sogar auf einem und demselben Konidienträger. Gleichzeitig mit der Verdickung der Wand geht auch eine chemische Verände- rung derselben vor sich, so dafs sie sich in einen Stoff (Kallose) ver- wandelt, der leicht in Wasser lösbar ist. Bei den unverzweigten Konidienträgern (Cystopus) geschieht die Abgliederung der Koni- dien resp. die Stielehenbildung ebenso wie bei den verzweigten Trägern (Taf. XII Fig. 1); es bildet sich an der Wand eine Ringwulst, welche nach innen hin sich verdickt und zuletzt die Konidie abschnürt (Taf. XIII Fig. 1); die Ringwulst dehnt sich nicht aus und stellt das Stielchen („Zwischenstück*) dar. 419 Jetzt wollen wir uns wieder dem zu erforschenden Pilze zu- wenden. Nach der Art der Verweigung seiner Konidienträger hat er gewils vieles mit dem amerikanischen Cubensis gemein, und nach seinen Konidienträgern müfste man ihn zu der Peronospora zählen, Ich untersuchte genau die Verzweigungsart der Konidienträger unseres Pilzes und beobachtete stets die Verzweigung nach dem Typus der Peronospora: eine gabelige mit mehr oder weniger langen, schief nach oben abstehenden feinen Zweigen (Taf. IX Fig. 5). Etwas ähn- liches mit der Verzweigungsart der Plasmopara habe ich niemals gefunden und dennoch darf man in Frage stehenden Pilz sowie den amerikanischen Cubensis keineswegs zu der Gattung Perono- spora zählen, da dessen Konidien sich durch andere Eigentümlich- keiten als die Konidien der Peronospora auszeichnen und auch anders keimen. Die Konidien unseres Pilzes sind ellipsoidal oder fast eiförmig (Taf. XI Figg. 1, 3, 5, Taf. X Figg. 1-6). Im Durchschnitt sind sie ziemlich grofs; ihre Gröfse schwankt zwischen 21,6x, 28,8, und bis 36x in der Länge und von 14,41 bis 18}, sogar bis 21,67%, in der Breite, am häufigsten betragen sie 21,6/14,4j. oder 25,2/17,4p. Die Konidien unseres Pilzes sind also gröfser als die des amerikanischen Cubensis. Im Durchschnitt ist die Gröfse der Konidien der P. Cubensis 27/14,41, die unseres Pilzes 28,8/18p. Bei unserem Pilze sind die Konidien nicht farblos, sondern grau- oder rauchfarbig-violett, ebenso wie bei P. Qubensis. Die Färbung ist an der ganzen Oberfläche der Konidie gleichmäfsig verteilt, nur die Papille am Scheitel und das Stielchen sind farblos; manchmal ist der obere Teil des Stielchens dicht bei der Konidie blafsgrau-violett gefärbt. Die farblose Papille der Konidie ist sogar bei verhältnis- mäfsig geringer Vergröfserung (150— 200) sichtbar, jedoch bei stär- kerer Vergröfserung (300—900) besteht über deren Existenz kein Zweifel (vgl. Taf. XII Figg. 2—6p); ihre Gröfse ist von 1,5p bis 3. Die Papille besteht, wie auch das Stielchen, nicht aus reiner Zellulose und auch nicht ’aus der Kallose, die leicht in Wasser lösbar ist. Mit ClZnJ oder mit Jod und Schwefelsäure färbt sich die Papille gar nicht, sondern bleibt farblos; ebensowenig färbt sie sich mit Anilinblau. Im Wasser löst sich die Papille nicht so leicht wie das Stielchen. Gewöhnlich bleibt die Papille unverändert bis zur Keimung der Konidie. Bei andauernder Einwirkung von C}ZnJ oder von Schwefelsäure zer- fliefst die Papille gänzlich; ebenfalls zerflielst sie in Ätzkali. Die Sub- stanz der Papille steht jedenfalls nahe dem Kallosenstoffe des Stielchens. 420 Es ist üblich, die Papille als den verdickten Scheitel der Ko- nidienwand zu betrachten; dies ist aber, soviel meine Beobachtungen zeigen, nicht ganz richtig. Die Papille bildet nur eine halbsphärische, farblose Anschwellung des Scheitels der Konidienwand (vgl. Taf. XII Fig. 3, 4p, Taf: XII Figg. 519, 6:9). Die Konidienwand hat auch an dieser Stelle dieselbe Dicke wie an den anderen Teilen. Auch bei den übrigen Peronosporeen stellt die Papille keine Verdickung der Konidienwand dar (Taf. XIII Figg.5, 67); nur selten (bei der Phy- tophthora infestans) hat die Papille in der Mitte eine schwache Verdickung der Wand (Taf. XIII Fig. 5:, sp). Das Vorhandensein einer Papille am Konidienscheitel ist ein entschiedenes Merkmal für die Gattung Plasmopara. Wir müfsten also, nach Konidien zu urteilen, unseren Pilz zur Gattung Plasmo- para zählen, während wir ihn nach der Verzweigungsart der Koni- dienträger zwischen die typischen Vertreter der Peronospora zu stellen hätten. Der vorliegende Pilz nimmt also eine Mittelstellung zwischen den beiden Gattungen Plasmopara und Peronospora ein, da er ebenso wie der ihm verwandte amerikanische Pilz Cu- bensis die Eigentümlichkeiten der beiden Gattungen in sich ver- einig. Die Mittelstellung unseres Pilzes gibt sich auch in der Kei- mungsart der Konidien kund. Die Peronosporakonidien treiben, wie bekannt, bei der Keimung einen Schlauch; die Plasmoparakonidien verwandeln sich dagegen bei der Keimung in Zoosporangien, d. h. sie bilden Zoosporen. Die Art der Konidienkeimung gibt sogar den Grund zur Einteilung der Familie der Peronosporeen in zwei Unterfamilien: Siphoblastae (die Konidien treiben einen Keimschlauch) und Planoblastae (die Ko- nidien bilden Zoosporen). Bei dem von mir untersuchten Pilze kom- men die beiden Keimungsarten der Konidien vor; der Pilz vereinigt also in sich die Merkmale beider Unterfamilien. Bei dem amerika- nischen Pilze Cubensis beobachtete Humphrey nur eine Kei- mungsart der Konidien nach dem Typus der Planoblastae. | Einige von den Konidien unseres Pilzes treiben bei der Keimung einen schmalen Schlauch, entweder nach dem Typus der Perisblastae — d.h. an irgend einer Stelle der seitlichen Fläche (Taf. XII Figg. 4, 55, 57% 8, 611,12, 13) oder näher zur Papille (Tat. XL Fig. 615) oder - näher zum Stielchen (Taf. XII Figg. 4, 56,7, 612) — oder nach dem Typus der Acroblastae, d. h. sie treiben den Schlauch aus dem Scheitel, wo die Papille sitzt (Taf. XII Fig. 10). Die Entwicklung des Schlauches geschieht folgenderweise: An irgend einer Stelle schwillt 421 die Konidienwand zu einem dünnwandigen farblosen Bläschen auf (Taf. XII Figg. 4T, 55T, 612, 137), welches sich nach und nach in einen farblosen, dünnwandigen, zarten Schlauch auszicht. Der Schlauch ent- hält ein dichtes, feinkörniges Protoplasma und beginnt sich bald zu verästeln (Taf. XII Figg. 5s, 610). Andere Konidien keimen ganz anders. Zuerst schwellen sie ein wenig an, wobei sich die Papille nach und nach auflöst, und dann tritt durch eine entstandene Öffnung der Konidieninhalt hervor und zerfällt in Zoosporen (Taf. XII Fig. 5ı, 2). Leider gelang es mir nicht, die Bedingungen der Konidien- keimung gründlich zu verfolgen resp. die Abhängigkeit der Keimung von äufseren Bedingungen aufzuklären. Ich kann nur sagen, dafs man auf den kranken Gurkenblättern die nach der einen oder anderen Art gekeimten Konidien gleichzeitig finden kann. Man kann ziemlich oft leere Konidien auftreten sehen mit einer Öffnung an ihrem Scheitel, wo die Papille sein sollte (Taf. XII Fig. 5 4 5). . Die Keimungsart der Konidien gibt also keine entscheidende Angaben für die Aufklärung der Stelle unseres Pilzes im System. Augenscheinlich nähert sich unser Pilz stark der Gattung Plasmo- para und ist auch nicht fern von der Gattung Peronospora; es ist jedoch unmöglich, ihn der einen oder der anderen Gattung zuzu- zählen. In derselben Lage befindet sich auch die amerikanische Art Cubensis. Welchen Ausgang könnten wir wohl zur Lösung dieser schwierigen Frage finden ? Die Gattung Plasmopara ist längst von Schroeter‘) aufgestellt und heutzutage ist sie von allen Botanikern anerkannt, s0 dafs es vielleicht keinen Grund gibt an der Richtigkeit der Einteilung der früheren Gattung Peronospora in zwei selbständige Gattungen, Peronospora und Plasmopara, zu zweifeln. 80 viel mir be- kannt, gibt es einstweilen keine anderen Tatsachen, die dieser Ein- teilung widersprechen, als diejenigen, welche in diesem Aufsatz er- wähnt worden sind. Wenn sich aber mit der Zeit herausstellen sollte, dafs aufser der amerikanischen Art Cubensis und dem in Rulsland gefundenen Pilze noch einige Pilze gefunden werden, von denen keiner den genannten Gattungen eingereiht werden kann, sondern eine Mittelstellung zwischen denselben einnehmen, so müfste man auch dann die Schroeter’sche Einteilung beibehalten und alle Zwischenarten zu einer besonderen Gattung vereinigen. Und nur 1) Kryptogamenflora von Schlesien, III, I, pag. 236. 422 ‚dann, wenn eine Menge von Tatsachen angesammelt sein wird, die gegen Schroeters Ansichten sprechen, wenn dieselben darlegen, dafs die von Schroeter angegebenen Merkmale von den beiden Gattungen nicht entscheidend sind, kann man sich von seiner Ein- teilung lossagen und nur eine Gattung gelten lassen: die der Pero- nospora. .. Aus dem oben Gesagten sieht man, dafs der von mir unter- suchte Pilz der amerikanischen Art Cubensis sehr nahe steht und sich von ihm nur durch wenige Bigentümlichkeiten unterscheidet und zwar durch Dichtigkeit der Konidienträger und durch gröfsere Konidien; deshalb haben wir vielleicht recht, den russischen Pilz nur für eine Varietät von der amerikanischen Art zu halten.) Nach dem Ort ihres Vorkommens würde ich vorschlagen, diese Varietät Tweriensis zu nennen. Unsere Varietät und die amerikanische Art müfste man zu einer neuen Gattung vereinigen und ihr den Namen Pseudo- peronospora beilegen, und zwar deswegen nicht Pseudoplasmopara, da der Gattungsname Peronospora älter ist als der Name Plasmopara. Als Artname mufs natürlich derjenige beibehalten werden, welcher von Berkeley und Curtis angegeben wurde, und zwar Cubensis,. Somit muls der von mir untersuchte Pilz Pseudoperonospora Cubensis (B. et C.) var. Tweriensis genannt werden. Uns bleibt nur noch übrig, die Beschreibung dieses Pilzes zu - vollenden. Als echter Schmarotzer lebt er im Inneren der Pflanze und entwickelt sein ausgedehntes Mycelium zwischen den Zellen der befallenen Organe. Das Mycelium ist einzellig und besteht aus farb- losen verzweigten Hyphen, die 5,4—7,24 im Durchmesser haben. Die Hyphen erhalten ein dickes feinkörniges Protoplasma; die Hyphen- wand ist glatt und verhältnismäfsig dick (Taf. XII Fig. 73 mh); sie be- steht aus reiner Zellulose, daher sie sich mit Jod und Schwefelsäure oder mit ClZnJ intensiv blau färbt und dabei viel rascher, als die benachbarten Zellen des Blattgewebes. Dank dieser Eigentümlichkeit ist es leicht, das Mycelium an den Schnitten des Blattes zu verfolgen. Das Mycelium durchzieht das ganze Blattgewebe, sich nach allen Richtungen verbreitend; es geht zwischen den Zellen (Taf. XI Figg. 1,.4h, Taf. XII Fig. 7) und umfalst sie mit seinen Windungen zu- weilen vollständig. Hauptsächlich verbreitet es sich im Schwamm- 1) Durch die französische Arbeit von Herrn Jatschewsky irre geführt und nicht imstande, seine russische Arbeit zu erhalten, betrachtete ich zuerst unseren Pilz als selbständige Art und machte darüber im Dezember des vorigen Jahres (1902) in der Petersburger botanischen Gesellschaft eine Mitteilung. 423 gewebe, dringt aber auch in das Palissadengewebe ein, nähert sich den Gefäfsbündeln und dehnt sich bis zur Epidermis aus (Taf. XII Figg. 1, 4). Auf den Hyphen sieht man kleine Wärzchen bei schwacher Vergröfserung, besonders an den Stellen, wo die Hyphen fast die Blattzellen berühren. Von ClZnJ oder von Jod und Schwefelsäure werden die Wärzchen nicht blau, sondern bleiben farblos, nur ihr In- halt bräunt sich von Jod. Die Wärzchen sind nichts anderes als Haustorien. An dünneren Schnitten bei starker Vergröfserung kann man bemerken, wie die Haustorien die Zellenwandung durchbohrend in die Zelle eindringen (Taf. XII Fig. Tha). Es ist bemerkenswert, dafs die Mittelstellung, welche unser Pilz im System zwischen zwei Gattungen einnimmt, sich auch teilweise in der Form der Haustorien kundgibt. Das Haustorium besteht aus einer dünnen Wand!) (Taf. XII Fig. 7sha), weshalb es auch nicht immer so deutlich ist. Aufserdem ist es auch deswegen nicht scharf zu erkennen, da der Zelleninhalt dasselbe eng umgibt und von allen Seiten bedeckt (Taf. xu Fig. 7aha). An gut gelungenen Präparaten ist das Haustorium gut zu ersehen. Es ist zweierlei Art: teils erscheint es fast birnenförmig, bald kleiner, bald gröfser, an einem sehr feinen Stielchen sitzend (Taf. XI Fig. Tı,2ha), teils als traubenförmige Bildung (Taf. XII Fig. 73 ha). An diesen Schnitten kann man sehen, wie die Hyphenwand beim Übergang ins Haustorium immer dünner wird (Taf. XII Fig. 7sha) und ihre Zellulosereaktion verliert. Der dicke, feinkörnige Protoplasma- inhalt der Hyphen (Taf. XII Fig. 7pn) geht auch in das Haustorium über. Es’ sei hierbei erwähnt, dafs Humphrey?) bei der P. Cu- bensis Haustorien von nur einer Form, und zwar in Form von Wärzchen beschreibt. Nachdem sich das Mycelium im Blattgewebe entwickelt hat, er- zeugt es zuerst die Konidienträger und zuletzt an den am meisten lädierten Teilen des Blattes Oosporen, welche in dem abgestorbenen Blatte zur Erde abfallen, wo sie überwintern. Bis heute gelang es noch nicht, Oosporen bei der P. Cubensis zu beobachten und auch mir gelang es, ebenfalls nur halbreife Oosporen aufzufinden. Nach den Worten desjenigen, der mir die kranken Blätter der Gurke zustellte, konnte man vermuten, dafs die Ansteckung im Boden sitzt und dafs folglich der Pilz mittels Oosporen überwintert. In der Tat schreibt mir Herr Kudrjaschew, dafs die Gurkenkrankheit 1) Zelluloseverdiekungen habe ich nicht bemerkt. 2) 1. c. pag. 211. Vgl. pl. II fig. 14. 424 sich im Verlauf von vielen Jahren erneuerte, trotz aller Vorsichts- mafsregeln. Wie es immer mit unwissenden Leuten zu gehen pflegt, hat auch Herr Kudrjaschew aufs Geradewohl gegen diese für ihn so äufserst schadenbringende Krankheit gekämpft und deshalb auch nicht das gewünschte Resultat erzielt. Wenn Herr Kudrjaschew vorher gesehen hätte, dafs die Ursache der Krankheit von dem Boden beeinflufst ist, so hätte er sie vielleicht schon längst bekämpft; bei seinen Mafsregeln aber tat Herr Kudrjaschew gerade das, was nicht sein sollte; für seine Kulturen gebrauchte er immer die alte, schon im Gebrauch gewesene Erde. Es scheint, dafs die Oosporen ihre vollständige Entwicklung ziemlich spät und zwar erst in ganz abgestorbenen und abgefallenen Blättern erreichen. Wenigstens konnte ich in dem mir zugestellten Material keine reifen Oosporen auffinden; ich besafs aber auch keine vollständig abgestorbene Blätter. Es waren nur stark beschädigte und halb abgestorbene Blätter. In diesen Blättern gelang es mir, halbreife Oosporen aufzufinden. Junge Oosporen sowie auch Oogonien und Antheridien kommen oft vor, aber immer an den am meisten beschädigten Stellen des Blattes. Die jungen Oosporen sind kugelförmig; ihre Gröfse schwankt zwischen 30% und 43 ‚2} im Durchmesser. Der Inhalt der Oospore ist fein- körnig (mit Öltröpfchen); die Wand ist gelblich und stumpfhöckerig (Taf. XII Figg. 8, 9). Vielleicht gelingt es mir in diesem Sommer, diesen Pilz lebend zu beobachten !), und ich hoffe die Lücken der vorliegenden Untersuchung auszufüllen. Es ist wohl möglich, dafs unser Pilz nicht nur die Gurke, son- dern auch andere Cucurbitaceen, Melonen, Wassermelonen, Kür- bisse u. dgl. befällt. Zum Schlusse fasse ich die Hauptresultate meiner Untersuchung zusammen. i I. Der falsche Mehltaupilz, der auf der Gurke (Melone, Kürbis, Wassermelone u. a. Cucurbitaceae) parasitiert, stellt eine besondere Gattung, Pseudoperonospora, dar, die die mittlere Stellung im System zwischen den Gattungen Peronospora und Plasmopara findet. ‘Die Konidienträger sind bei ihr ebenso gebildet wie die der Peronospora, aber die Konidien sind nach dem Typus der Plas- moparakonidien geformt. 1) Hr. Kudrjaschew schreibt mir, dafs die &urkenkrankheit bei ihm im Frühling dieses Jahres wieder erschienen ist, 425 2. Einstweilen ist nur eine Art dieser Gattung bekannt, und zwar Pseudoperonospora Cubensis (Berk. et Curt.) aus Ame- rika und eine Varietät derselben, Tweriensis mihi aus Rufsland (Gouvernement Twer, unweit von Moskau), Das Vorkommen eines falschen Mehltaupilzes auf der Gurke ist eine Neuheit nicht nur für Rufsland, sondern für die ganze Alte Welt. 3. Bei allen Peronosporeen befestigen sich die Konidien an den Trägern mittels eines besonderen Stielchens (Sterigma), welches eine grofse Rolle bei der Absonderung der Konidien spielt, da es aus einem Stoffe (Kallose) besteht, der leicht in Wasser löslich ist. 4. Die Scheitelpapille der Konidien stellt keine Verdickung der Konidienwand vor, sondern bildet nur ihre Anschwellung. 5. Die Endung der letzten Ästchen des Konidienträgers ist nicht zugespitzt, sondern stumpf. Nachträge. Im vorigen Winter habe ich Erde von H. Kudrjaschew er- halten. Damit ich mich davon überzeugen konnte, dafs die An- steckungsursache in der Erde zu suchen ist, indem die Oosporen in der Erde überwintern, machte ich mit dieser Erde im Frühjahr d.J. im botanischen Garten des Instituts den Versuch, die mit Gurken besetzten Beete mit der infizierten Erde zu bestreuen. In der ersten Zeit war die Entwicklung der Gurken normal, sie gaben einige Blätter und fingen an zu blühen. Später (Ende Mai) zeigten sich gelbliche Flecken, im Anfange auf den unteren Blättern, welche sich näher der Erde in mehr feuchter Atmosphäre befanden, später auch auf den oberen Blättern. Die Flecken enthielten die Konidien der Pseudo- peronospora. Auf diese Art wurde meine Vermutung, dafs die Krank- heit durch Erhaltung der Oosporen in der lürde verbreitet wird, be- stätigt. Sobald sich die Krankheit zeigte, verbreitete sie sich dermafsen schnell, dafs die Gurken schon anfangs Juni sehr stark zu leiden an- fingen; obgleich sie blühten, brachten sie keine Früchte und schliels- lich starben die Pflanzen Mitte Juni vollständig ab. Auf dem nicht infizierten Boden entwickelten sich währenddem die Gurken gut und zeigten sich in ihrer vollen Kraft; sie blühten stark und fingen an, Früchte anzusetzen. — In derselben Zeit meines Versuches im freien Grunde machte ich einen Versuch in den Mistbeeten. Nachdem ich in diesem Frühjahr von Hrn. Kudrjaschew befallene Gurkenblätter erhalten hatte, impfte ich die Gurken im Mistbeete. Es war ein Mist- 426 beet gewählt worden, worin sich die Gurken vollständig normal ent- wickelten. Die Blätter waren gesund und vollständig rein, ohne jeg- liche Flecken; die Pflanzen blühten sehr schön und gaben vorzügliche Früchte. Die Impfung machte ich in folgender Art: Die Blätter wurden in einem Gefälse mit destilliertem Wasser fein zerhackt und die Stücke gründlich vermischt, wodurch eine trübe Flüssigkeit ent- stand. Die Probe zeigte, dafs diese Flüssigkeit eine unzählige Masse Konidien von Pseudoperonospora enthielt. Mit Hilfe des Pulverisators spritzte ich die Flüssigkeit auf die im Mistbeet stehenden Gurken. Nach 3—4 Tagen konnte man schon auf den bespritzten Blättern die Erscheinung der gelblichen Flecken bemerken. Im Anfange waren sie einzeln und klein, später vollzähliger und gröfser. Zuerst er- krankten die Blätter, welche sich der: feuchten Erde näher befanden, und etwas später war die Krankheit auf alle Blätter übergegangen; sie wurden gelblich und fingen an abzusterben. In zwei Wochen war die ganze Kultur zerstört, und Früchte waren auch nicht vorhanden, Dieser Versuch zeigte, wie schädlich diese Krankheit ist und wie schnell sie sich verbreiten kann, wenn die geeigneten Bedingungen, genügende Wärme und Feuchtigkeit, vorhanden sind. — Wie schnell diese Krankheit bei den erwähnten Bedingungen sich verbreitet, konnte ich mich bei einem dritten Versuch triftiger überzeugen, indem ich einige kranke Blätter aus dem Mistbeete nahm, fein zerrieb und “in destilliertes Wasser tauchte. Mit dieser Flüssigkeit bespritzte ich mittels einer gewöhnlichen Giefskanne die Gurken, welche sich im Freien auf den Beeten befanden. Dieser Versuch wurde Mitte Juni gemacht. Die Witterung war sehr warm. Die Gurken wurden jeden Tag begossen, so dafs sie bis zum Versuch sehr gut gediehen und stark blühten. Bald nach der Begielsung mit oben erwähnter Flüssig- keit fingen die Gurken an zu erkranken. Auf den Blättern zeigten sich Flecken, deren Zahl sich sehr schnell vergröfserte, so dafs das Beet einen traurigen Eindruck machte und in 2—3 Wochen (12 Tage) alle Gurken abstarben und keine Früchte gaben. Während der Zeit des Versuches war das Wetter sehr warm und wurden die Beete täglich begossen. Indem. ich die Entwicklung der Krankheit im Freien sowie in den Mistbeeten beobachtete, bemerkte ich einige Besonderheiten, welche ich in meinen früheren Abhandlungen nicht erwähnen konnte, da ich im vorigen Winter nur isolierte kranke Gurkenblätter zu meiner Ver- fügung hatte. Meine Beobachtungen zeigten, dafs die erkrankten Pflanzen ein verschiedenes Aussehen besitzen, je nachdem sio im Freien 427 oder in Mistbeeten gewachsen sind, d. h. bei mehr feuchter Atmos- phäre und mehr gleicher Temperatur, jedenfalls bei solchen Beding- ungen, die nicht verschiedenen Schwankungen unterworfen sind. In beiden Fällen zeigte sich die Krankheit im Anfang gleich, d. h. auf den Blättern entstehen Flecken, die charakteristisch für diese Krank- heit sind (siehe pag. 405); aber später entsteht die Verschiedenheit, und zwar werden die Flecken auf den Pflanzen im Mistbeet gröfser und fliefsen in ein Ganzes zusammen, dessen Umrifs immer diffus erscheint (siche pag. 406). Solche stark beschädigten Blätter fangen vom Rande an zu verfaulen (siehe pag. 406). Auf andere Art aber zeigt sich die Entwicklung im Freien, d.h. in mehr trockener At- mosphäre, und wo die Temperatur sowie die Feuchtigkeit grolsen Schwankungen unterworfen ist: des Nachts kalt und feucht, am Tage trocken und heifs. Im freien Lande faulen die stark beschädigten Blätter nicht, sondern trocknen ein; Jie vertrockneten Blätter Zer- bröckeln und fallen ab. Das Vertrocknen und Abfallen der Blätter fängt vom Rande an, so dafs schliefslich vom Blatte nur der Stiel und ein kleiner Teil der Blattspreite verbleibt, und schliefslich trocknet auch der letzte Rest des Blattes ein. Auf solche Art verliert die Pflanze allmählich ihre Blätter. Die auf den Blättern der Pflanzen im freien Grunde sich einstellenden Flecken vergröfsern sieh nicht, aber dafür vergröfsert sich die Zahl derselben und der Umrifs der einzelnen Flecken sticht schärfer ab, so dafs das Blatt zuletzt voll- ständig mit Flecken besprenkelt erscheint, ein gelbliches Aussehen annimmt und beim allmählichen Eintrocknen ins Graue übergeht, weil seine abgestorbenen Gewebe beim Eintrocknen eine graue Farbe an- nehmen. Solche verschiedene Wirkung des Pilzes auf das äufsere Aussehen der angesteckten Blätter beschränkt sich selbstverständ- lich auf den verschiedenen Grad der Feuchtigkeit der die Pflanzen umgebenden Atmosphäre. In feuchter Atmosphäre faulen die Blätter und die Flecken sind grofs und fliefsen auseinander. In trockener Atmosphäre vertrocknen die Blätter und die Flecken sind klein und zahlreich. Tatsächlich genügte es, nur den Rahmen vom Mistbeet ab- zunehmen, damit die Pflanzen Tag und Nacht im Freien standen, und die Blätter bekamen das Aussehen wie das der erkrankten Blätter auf den Beeten im Freien; dagegen fingen die Blätter in stets feuchter Atmosphäre gleich an zu faulen und die Flecken auf ihnen verflossen ineinander. Was die Entwicklung der Oosporen anbetrifft, so stellen sie sich, wie ich früher beobachtet habe (siehe pag. 424), auch auf den abge- 428 storbenen, verfaulten Blättern ein, und mit ihnen zusammen werden sie der Erde übertragen. Indem ich darüber nachdachte, auf welche Art wohl die bis jetzt nur in Amerika bekannte Krankheit in das Gouvernement Twer ge- langt sein konnte, fing ich an den Gurkenkulturen mehr Beachtung zu schenken, wobei ich auf einen sehr interessanten und unerwarteten’ Fall gestofsen bin. Es stellte sich heraus, dafs bei uns in Rufsland die von mir benannte Krankheit sehr häufig ist, so häufig, dafs man ihr früher keine besondere Beachtung schenkte. Hier mufs ich be- merken, dafs das Eintrocknen und Absterben der Gurkenpflanzen bei uns zu einer gewöhnlichen, beinahe normalen Erscheinung gezählt wird, und tatsächlich fangen die Gurken früher oder später gegen den Herbst hin an einzutroeknen. Indem ich in diesem Sommer meine Aufmerksamkeit auf diese Tatsache richtete, bemerkte ich, dafs der Pıözefs des Absterbens der Blätter ebenso vor sich geht, wie es meine Versuche zeigten. Die Blätter bedeckten sich mit Flecken, wurden gelb und trockneten ein, und indem sie eintrockneten, brachten die Pflanzen immer weniger Früchte und zum Schlufs kränkelten sie immer mehr und starben ab. Auf diese Weise wurden ganze Gurken- felder zerstört. Die mikroskopischen Untersuchungen solcher gelben Gurkenblätter, genommen von verschiedenen Orten, welche weit von- einander liegen (wie die Moskauer und Orlower Gouvernements), haben gezeigt, dafs das Gelbwerden und Eintrocknen von der oben beschrie- benen Krankheit herrührt. Dieser Fall war mir unerwartet und über- raschend. Bis zur jetzigen Zeit hielt man das Gelbwerden und Ab- sterben der Gurken für normal, weil diese Erscheinung jährlich im Anfange des Herbstes eintritt, wo die Kultur mit Beginn der Fröste von selbst aufhört. Dagegen sind die Gurken in manchen Jahren, wie z. B. in diescm Jahre, vor Eintritt des Frostes abgestorben. Schon im Anfang August fingen die Gurken an gelb zu werden und einzu- "troeknen, und zum Schlufs stellten die Gurkenfelder ein trauriges totes Bild vor, weil alle Pflanzen zerstört waren. Dabei war das Wetter warm und zum Gedeihen der Gurken alle nötigen Verhält- nisse ausreichend, so dafs, wenn der Parasit nicht vorhanden gewesen wäre, die Gurken noch jetzt wachsen würden. Dies beweisen die wenigen Felder, welche aus irgendwelchen Gründen vom Pilze nicht befallen waren. — Obgleich die Krankheit gewöhnlich gegen den Herbst eintritt, ist immerhin der von ihr verursachte Schaden be- deutend. Dieser von mir untersuchte Pilz gehört also zu unserer russischen Flora. 429 Dem Wunsche- folgend, die Widerstandsfähigkeit des Pilzes Pseudoperonospora gegenüber den Vertretern der Familie Cucurbi- taceae auszuprobieren, impfte ich mehrere Sorten Kürbisse, aber eine Ansteckung trat nicht ein. Im botanischeu Garten des Instituts sind die Kürbisse Bryonia, Luffa, Ecballium Elaterium, welche nicht weit von dem Beete mit kranken Gurkenpflanzen sich befanden, gesund ge- blieben. Auf den Rieselfeldern bei Moskau sind alle Gurkenfelder durch Pseudoperonospora zerstört, wogegen die in Mistbeeten kulti- vierten Melonen nicht befallen sind. Was die Sorte anbetrifft, so ist Murowsky, welche ausschliefslich in der Umgegend von Moskau kul- tiviert wird,') von dieser Krankheit befallen. Figurenerklärung. Tafel XI Fig.1. Ein Querschnitt des kranken Blattes der Gurke, oe obere Epi- dermis, pg Palissadengewebe, kh Hyphe, ne untere Epidermis, Crt Konidien- träger aus den Spaltöffnungen (ca. 450). „ 2. Pseudoperonospora Cubensis (von den Gurkenblättern aus Amerika), 2 ein oberer Teil des Konidienträgers (ca. 900), 2 zwei Konidien, » Papille, f Stielchen (ca. 1000), 3 ein oberer Teil der Konidienträger (ca, 900), 4-5 zwei Konidienträger (ca. 450). »„ 3. Ein Stück der Epidermis von der unteren Seite des kranken Gurkenblattes (aus Rufsland). Die meisten Konidienträger gehen durch die Spaltöffnungen und nur einer (a) durch die Epidermis hervor (ca. 400). „ 4. Ein Querschnitt des kranken Gurkenblattes. Vgl. Fig. 1. „ 5. Konidienträger von Pseudoperonospora Cubensis var. Twe- riensis (ca. 400). „ 6. Plasmopara australis. Ein Konidienträger und zwei Konidien. (Nach Humphrey.) Tafel XI. Fig. 1. Pseudoperonospora Cubensis var, Tweriensis. Zwei obere Teile des Konidienträgers. Co Konidien, f Stielchen, » Papille (ca. 800). „ 2. aa Konidien von oben gesehen, cc abgefallene Konidien, dd Konidien auf den Konidienträgern, p Papille (ca. 800). „ 3. Eine Konidie im optischen Längsschnitte. p Papille, f Stielchen (ca. 1000). 1) Murowski’sche, Wjasnikowski’sche, Aksselski’sche, Turkestanische, Er- furter grüne Schlangen, dieke weifse Bon, ‚Flora 1903. . 29 -» 3 >33 9, Eine ausgekeimte Konidie im optischen Längsschnitte. p Pa- pille, f Stielchen, # Anfang des Keimschlauches (ca. 1000). . Ausgekeimte Konidien. 1,2 nach dem Typus der Plasmoparakonidien, 3,6,7,8 nach dem Typus der Peronosporakonidien, 4 eine leere Konidie, 5 dieselbe im optischen Längsschnitte. Pr Protopiasma, f Stielchen, » Pa- pille, 7 Keimschlauch (ca. 800). . Ausgekeimte Konidien; vgl, Fig. 5 (ca. 800). . Flächenschnitt der kranken Gurkenblätter. Zu,2 Hyphen (h) und Blattzellen (e); ka birnenförmige Haustorien, ha Haustorien von dem Zellinhalt umgeben (ca. 600); 3 ein Stück der Hyphe mit dem trauben- förmigen Haustorium (ha), mh Hyphenwand, cm Zellenwand (ca. 1200). Eine Oospore (ca, 750). . Eine Oospore im optischen Längsschnitte (ea. 750), Tafel XIO. Cystopus candidus, Die Entwicklung der Konidien, Co Konidien, f Stielchen (Zwischenstück) (ca. 450). - . Plasmopara nivea. 1-3 die oberen Teile des Konidienträgers, 2 eine Konidie, f Stielchen (ea. 600). Bremia Lactucae. Eine Endung des Konidienträgers mit einer Koni- die (Co), f Stielchen (ca. 900), . Bremia Lactucae. 2 ein Teil des Konidienträgers mit Konidien (Co), 2 eine Konidie, f Stielchen (ca, 450). . Phytophthora infestans. Z eine Konidie im optischen Längssohnitte. » Papille, f Stielchen, 2,3 Scheitel der Konidie im optischen Längsschnitte (ca. 1000). . Plasmopara viticola. 1 eine Konidie im optischen Längsschnitte (ca. 1000), 2 eine Konidie auf der Spitze des Konidienträgers (ca. 450), f Stiel- chen, » Papille, . Phytophthora infestans. 1 ein Teil des Konidienträgers (ca. 450), 2 eine Konidie, 3,4 die Entwicklung der Konidie (ca. 900), Co Konidie, » Papille, f Stielchen, . Peronospora parasitica. $ die Spitze des Konidienträgers mit Koni- dien (ca. 450), 5 eine Konidie (ca. 450), 6u.8 ein Teil des-Konidienträgers (ea. 500), 7 eine halbreife Konidie (ea. 1000), Co Konidie, f Stielchen. Peronospora parasitica, Die Entwicklung der Konidien (ca. 1200). Zur Entwicklungsgeschichte der Gattung Riella. Von. Morten 'P. Porsild, Kopenhagen. Wr; Hierzu 8 Figuren im Text. Der Botaniker der dänischen Pamirexpedition, Herr Mag. Se. Ove Paulsen, sammelte während seiner Reise verschiedene Schlamm- proben, um daraus nach seiner Heimkehr lebendige Krustazeen zu erhalten. Eine dieser Proben, 1898 bei Bokhara am Ufer eines Brack- wassertümpels gesammelt, wurde 1901 in Wasser gelegt; es kamen verschiedene Krustazeen daraus hervor und gleichzeitig eine üppige Kultur einer Riella, mit Oedogonien und anderen Algen untermischt. Diese Riella wurde mir von seiten des Finders zur Bearbeitung über- lassen, und ich habe sie im Frühjahr 1902 unter dem Namen R. (Trabutiella) Paulsenii n. sp. beschrieben und abgebildet (Bot. Tidsskr. - B. 24 pag. 323). Jeder Fund eines Repräsentanten dieser seltenen und eigentüm- lichen Gattung war an und für sich interessant, besonders war es aber dieser, weil die Fundorte der damals bekannten sieben Arten sich alle um das Mittelmeergebiet gruppierten. Es waren nämlich vier Arten in Algier, eine in Südfrankreich, eine am Genfersee, eine auf Sardinien und in Griechenland gefunden, und von diesen war der Fundort der. Schweizer Art, R. Reuteri, durch Anbauten zerstört und mehrere der übrigen Arten waren nur einmal beobachtet worden. ‘Aus dem Funde einer Art in Zentralasien, die mit einer Art aus Algier in engster Verwandtschaft stand, glaubte ich vermuten zu dürfen, dafs diese Gattung bisher vielfach übersehen war, und dafs sie sich noch an anderen Stellen würde finden können. Diese Ver- mutung wurde früher als ich erwartet hatte bestäfigt: im selben Jahre berichtete Corbitre über das Wiederauffinden der französischen Form, die als verschollen angesehen war, und zwar sowohl von der klassischen als auch von einer neuen Lokalität. Und neulich erschien eine Arbeit von Howe und Underwood, in welcher eine neue Art von drei Fundorten Nordamerikas sowie eine andere neue von den kanarischen Inseln beschrieben wurden. Alle bisher bekannten Fundorte der Gattung liegen innerhalb warmtemperierter Gebiete, die nordamerikanische Art geht doch soweit nordwärts als Süd-Dakota. Alle Arten sind Wasserpflanzen, 29* 432 die an seichten Ufern in Süfs- oder Brackwasserseen leben. Die meisten wachsen submers aufrecht, im Schlamme wurzelnd, seltener kommen kriechende oder flutende Formen vor, z. B. resp. R. gallica und R. Parisii. Bei allen scheint eine periodische Austrocknung des Stand- ortes ohne Schaden stattfinden zu können. Infolge ihrer eigentümlichen Organisation war Riella zu wieder- holten Malen Gegenstand morphologischer und entwicklungsgeschicht- licher Untersuchungen. Hofmeister untersuchte 1854 die Ent- wicklung von R. Reuteri an lebenden Exemplaren, Leitgeb studierte 1879 Herbarexemplare von R. helicophylla, R. Parisiü, R. Notarisii und R. Reuteri; seine Darstellung ist bei weitem die ausführlichste, wegen seines schlecht konservierten Materials bedürfen aber seine Ergebnisse an einigen Punkten der Ergänzungen und Verbesserungen, Kruch beschrieb 1890 die Entwicklung der Geschlechtsorgane und die Befruchtungsvorgänge von R. Parisü, Goebel 1893 einige Sta- dien der Entwicklung des Thallus von derselben Art und von R. Bat- tandieri. Howe und Underwood beschrieben 1903 einige Stadien an R. americana und R. affinis, zum Teil nach lebendem Materiall und neulich hat Graf Solms-Laubach in einem Referat über diese letzte Abhandlung einige Beobachtungen an lebendem Material von R. Parisii mitgeteilt‘) In den meisten Beziehungen stimmen die Ergebnisse dieser Untersuchungen überein, wegen des seltenen und oft dürftigen Materials wurden aber die Verfasser über einige ent- scheidende Punkte noch nicht einig. Als ich im Winter 1901/02 die Riella Paulsenii untersuchte, studierte ich auch die Entwicklungsgeschichte .des Gametophyten. Unter anderem bemerkte ich hierbei, dafs diese Art, aufser der früher von Hofmeister, Leitgeb und Goebel beschriebenen vegeta- tiven Vermehrung durch Adventivsprofse, auch eine solche durch be- stimmt geformte Brutkörper besafs. Solche waren bei der Gattung früher nicht bemerkt, sie spielen bei dieser Art eine ergiebige und interessante Rolle, und ich möchte daher ihre Entwicklung gleich- zeitig studieren. Meine Arbeit wurde aber damals durch eine For- schungsreise nach Grönland unterbrochen. Nach meiner Heimkehr habe ich die Untersuchungen über diesen Gegenstand wieder aufgenommen, die Stammkultur der R. Paulsenii ist aber inzwischen eingegangen, von Algen überwuchert. Reife Sporen sind aber eingeerntet und ge- säet, so dafs hoffentlich eine neue Kultur wieder zustande kommt. 1) Bibliographie, siehe den Schlufs dieser Abhandlung. 433 Da aber die erwähnten Brutkörper sich nur an kräftig ernährten erwachsenen Pflanzen finden, so steht mir jetzt: zum Studium des- selben aufser meinen früheren Präparaten und Zeichnungen nur etwas Alkoholmaterial zu Gebote. Inzwischen sind ganz ähnliche Brutkörper von Howe und Underwood bei R. americana beschrieben worden. Diese Autoren schildern auch die Entwicklungsvorgänge derselben und da die von mir gesehenen Stadien mit diesen übereinstimmen, ziehe ich es vor, meine Beobachtungen über diesen und andere Punkte jetzt zu veröffentlichen, statt eine neue Kultur abzuwarten. Der Freundlichkeit des ausgezeichneten Riella-Kenners, Herrn Prof. Trabut in Algier verdanke ich Alkoholmaterial von R. Cosso- niana, der mit der asiatischen am nächsten verwandten Art. Ja, nach meiner Abreise nach Grönland sandte mir noch Herr Trabut un- aufgefordert lebendes Material derselben Art; zu meinem Bedauern gelang es aber meinen Freunden hier nicht, eine Kultur daraus zu erhalten. Wo im folgenden nichts anderes erwähnt ist, beziehen sich meine Untersuchungen auf lebendes Material von R. Paulsenii, von der ich im Laufe der Zeit junge Stadien zu Hunderten unter dem Mikroskop hatte. In der Regel habe ich daher die unten geschilderten Verhältnisse und Vorgänge sehr oft gesehen. Die Sporen aller bekannten Riella-Arten sind sowohl relativ als auch absolut grols, was folgende Angaben zeigen werden: 1. R. Notarisii Mont. (nach Trabut III) 20x; (nach Stephani) 60n. R. Reuteri Mont. (nach Trabut III) 40,1; (nach Stephani) 601. R. Parisii Gottsche (= R. Clausonis Letourn.) (nach Trabut II) 60. R. Battandieri Trab. (nach Trabut III) 601. R. Battandieri var. gallica (Balansa) (nach Trabut IH) 80p. R. affinis Howe et Underwood 85—120 1. R. americana Howe et Underwood 100—130 1. R. Cossoniana Trab. 80—90j. (nach eigenen Messungen). R. Paulsenii Porsild SO—90y. (nach eigenen Messungen). 10. R. helicophylla (Bory et Mont.) Mont. 80—90 y. (n. eigenen Messungen). Bei allen Arten ist das dieke Exosporium mit recht langen Stacheln besetzt. Diese sind bei Nr. 6, 8 und 9 gewöhnlich stumpf oder gestutzt, bei Nr. 7 und 10 sogar an der Spitze etwas verbreitert, bei allen übrigen sind sie konisch, spitz und ihre Basalteile sind durch netzförmig verlaufende Leisten miteinander verbunden. SON IIPRDMN 434 Dieses Aussehen der Sporenoberfläche kommt bekanntlich bei zahlreichen im Wasser lebenden grofssporigen Kryptogamen vor, z. B. bei zahlreichen Algen, wie Desmidiazeen, Zygnemazeen, Oedogonia- zeen usw., ferner bei einer Anzahl von mehr oder weniger aqua- tischen Lebermoosen, z. B. Arten von Riccia, Anthoceros, Sphaero- carpus, Dilaena und besonders bei Fossombronia (siehe z. B. die Zeichnung von Corbi&re in M&m. Soc. nat. Sc. nat. et math. de Cherbourg t. 26 tabula), ferner bei Isoötes-Arten, und ist unzweifelhaft auf irgendwelche Weise mit dem Wasserleben in Verbindung zu setzen, wahrscheinlich so, dafs die Stacheln hier auf irgend eine Weise die Sporenverbreitung erleichtern. Es liegt nun nahe, diese Strukturverhältnisse der grolsen Sporen mit dem Bau der Plankton- diatomeen zu vergleichen, wo die Oberfläche der Zelle durch Stagheln und Dornauswüchse vergröfsert und das spezifische Gewicht also ver- mindert wird. Trockene Riellasporen fluten sehr lange auf Wasser, wenigstens acht Tage, es wird hier Luft zwischen den Stacheln fest- gehalten. Frische oder gewaltsam aufgeweichte Sporen sinken lang- sam zu Boden. Hier werden die Sporen durch Fäulnis der Kapsel- wand und des Involukrums allmählich frei und ein geringes spezifisches Gewicht der Sporen wird auf einem seichten Ufer, wo ja die Wellenbewegung bis zum Boden reicht, für deren Verbreitung vorteilhaft sein. Auch ist natürlich an direkte oder indirekte Ver- schleppung durch Wassertiere zu denken. Riellasporen verankern sehr leicht zwischen Algenfäden, besonders die Sporen der R. helico- phylla mit ihren an den Spitzen verbreiteten Stacheln, lassen sich gern mit einem zufällig ins Präparat geratenen Algenfaden herausziehen. In einem Einzelfalle habe ich die Sporen von R. Paulsenii im Sporan- gium keimen gesehen, ich vermute aber, dafs dies auch in der Natur zuweilen geschieht; man vergleiche unten die Bemerkungen über R. helicophylla pag. 442. Die Widerstandsfähigkeit der Sporen gegen Austrocknung ist grofs. Wie oben erwähnt, keimten die Sporen von R. Paulsenii etwa drei Jahre nach ihrer Einsammlung und Howe und Underwood erhielten eine Kultur von R. affinis, trotzdem die Sporen 5!/, Jahre im Herbar gelegen hatten. Ja, eine Austrocknung scheint die Keim- fähigkeit zu beschleunigen; so keimten frisch geerntete Sporen von R. Paulsenii erst nach 3—4 Monaten, während erst getrocknete Sporen schon nach zwei Monaten keimten und die 5!/, Jahre ge- trockneten R. affinis-Sporen keimten nach wenigen Tagen. 435 Kelmversuche. Substrate. In meinen Kulturen, die stets bei gewöhnlicher Zimmertemperatur sich befanden, keimten Riellasporen nur bei guter Beleuchtung. Als Kulturboden habe ich verschiedenes versucht; die üppigste Kultur von R. Paulseni ging aus dem Schlamm vom Fundort hervor; sehr fein- pulverige, hellgraue Löfsproben aus Asien waren aber auch gut. Jetzt benutze ich mehrmals gekochten Schlamm vom Ufer einiger Pfützen auf einer hiesigen Strandwiese und die ersten eben aufgeschossenen Keimlinge sehen kräftig aus, ihre Farbe ist fast dunkelgrün, während die. Farbe der durch Algen und vielleicht durch starken Kalkgehalt des hiesigen Leitungswassers getöteten Stammkultur zuletzt eine helle gelblichgrüne war. Zum Studium der allerersten Keimungsstadien benutzte ich Streifen von Fliefspapier, die der Einfachheit halber in Reagensgläschen mit wenig Wasser eingeschlossen und an den Fenstersprossen auf- gehängt wurden. Die Keimschläuche wuchsen bier parallel aufwärts, die Rhizoiden abwärts; das Papier sah dann aus, als wenn es mit kurzen parallelen, grünen Strichen versehen wäre, die in die Längs- richtung desselben verlaufen. Die Keimpflanzen werden jedoch hier ziemlich schnell abnorm, wohl hauptsächlich wegen Mangel an Nahrung; sie zeigen dann mehrere Vegetationspunkte, Lappenbildung u. dgl. und grofse Pflanzen habe ich hier ebensowenig wie Howe und Underwood, die Fliefspapier in Petrischalen anwendeten, er- halten. Zum Studium der ersten Stadien habe ich dagegen mit grofsem Vorteil feingeschlemmten Kaolin benutzt. Nach einigen Tagen bildet der Kaolin einen schönen, reinweilsen Bodensatz, dessen Oberfläche recht fest ist, so dafs das Wasser nach leichteren Bewegungen nicht getrübt wird. Sobald die jungen Keimpflanzen ergrünen, heben sie sich deutlich von der weifsen Kaolinfläche ab. Hier habe ich Keim- pflänzchen von über Zentimeterlänge erhalten; dieselben zeigten einen breiten Flügel, Stengel mit Blättern und jungen Anlagen von Ge- schlechtsorganen. Erwähnen will ich noch, dafs die Oberfläche des Kaolins sich die ganze Zeit unversehrt hält, während die Oberfläche von Löfs oder Schlamm durch Luftblasen vom Boden des Kultur- gefälses in lästiger Weise zerrissen wird, ein Übel, das sich wohl immerhin durch vollständige Sterilisierung beseitigen liefse. In einer Kultur, die längere Zeit ungestört am Fenster ge- standen hatte, waren die meisten der jungen Pflänzchen so orientiert, dafs die Ebene durch ihre Flügel parallel dem einfallenden Licht 436 waren; ich habe dieses aber bis jetzt nicht an so zahlreichen Fällen gesehen, dafs ich es als eine Regel aufstellen kann. Die ersten Keimungsstadien. Bei der Keimung der Sporen wird das Exosporium gesprengt und es bildet sich zunächst ein einfacher Keimschlauch. Die Länge fol -- C Fig.1. A Keimpflänzchen von R. Paulsenii von einer Kultur auf Fliefspapier. Die unteren grofsen Zellen des Keimschlauches waren mit Stärke gefüllt, von der un- tersten Querwand entspringt eine Rhizoide. In dem oberen Ende des Primordial- lobus treten zahlreiche Quer- und Lüngsteilungen auf. Hier ist das Gewebe chlo- rophylihaltig. (320/1.)— B Dito. Abnorme Entwicklung infolge von Nahrungsmangel. Die Zellen des oberen Teiles, d, leer und abgestorben. Bei Ib ist ein chlorophylI- haltiger Adventivaprofs gebildet; ri eine Rhizoideninitialzelle, (55/1) — C R. Paul- senii. Hungerpflanze vom Innern einer durch Algen stark beschädigten Kultur. Die ganze Pflanze ist einschichtig, ein Stengel fehlt also völlig. fol verküm- merte Blattanlage; 5 ein normales Antheridium in seinem Sinus; tr eine Beschä- digung, unterhalb welcher ein Adventivsprofs angelegt wurde, Nur bei X ist das Gewebe chlorophyllhaltig. (18/1.) und Breite desselben ist im höchsten Grade von den Beleuchtungs- verhältnissen abhängig. In voll beleuchteten Kulturen auf Fliefspapier war er kurz und breit (Fig. 1A),,auf der Kaolinoberfläche ähnlich 437 (Fig. 20) und je tiefer die Spore in den Kaolin hineingesät war, desto länger und schmäler war er (Fig. 2A und B). Der Keim- schlauch wird sofort durch Querwände geteilt, in voll beleuchteten Kulturen entstehen bald Längswände, in Kaolinkulturen erst an oder nahe der Oberfläche des Kaolins. Durch fortgesetzte Längs- und Querteilungen entsteht bald ein flacher einschichtiger Zellkörper, dessen Umrifs je nach den Beleuchtungsverhältnissen etwas variiert, gewöhn- lich ist er elliptisch-lanzettförmig, bei schwächerem Licht bandartig Fig. 2. A Der Gipfel der Pflanze ©. Eine Scheitelzelle fehlt. fol Blätter; die mit X bezeichneten Zellen enthalten Ölkörper. (190/1) — B Gipfel einer ähnlichen Pflanze, Zellinhalt angedeutet. Um die mit X bezeichneten Punkte ist das Gewebe teilungsfähig, und hier können Vegetationspunkte oder wohl eher Adventivsprosse entstehen. (130/1.) verlängert. Eine Scheitelzelle habe ich nie an solchen Zellkörpern beobachtet. Anfangs ist die ganze Fläche meriste- matisch, zu einem gewissen Zeitpunkte vorwiegend die Spitze (Fig. 1A). Bald aber sind im ganzen oberen Teil ‘des Zellkörpers alle Zellen ausgewachsen, und das Wachstum hört dann hier auf. Vollzieht sich die Entwicklung normal, so wird der Zellkörper bald unterhalb der Mitte breiter, indem hier, wie unten ausführlicher dargetan werden wird, der Vegetationspunkt der jungen Pflanze entsteht. Vor der Entstehung dieses Vegetationspunktes ist nur ein 12—20 Zellen breiter \T 11 s ar MD I Zansisı 1 Ute HELL ec 19 A SH / Fig.8. R. Paulsenii. Keimpflänzchen von Kaolinkulturen unter einer Wasserschicht yon 2cm. (86/1.) A Die Spore keimte nahe unter der Oberfläche des Kaolins, Vom Gewebe im Niveau mit der Oberfläche entspringen die meisten Rhizoiden. Der obere Teil des Primordiallobus ausgewachsen, der untere meristematisch ; el Elaiosphären. — B Chlorophyligehalt angedeutet. Die Spore keimte in tiefer Lage. mer sehr kleinzelliges meristematisches Gewebe; el Elaiosphären. An der Rhizoide links sind die anhaftenden Kaolinpartikeln angedeutet. Von den Rhizoiden sieht man hier nur 1/,, ihrer vollen Länge. — C Die Spore keimte an der Ober- fläche, der Keimschlauch wurde aber kurz darauf zufällig niedergelegt. Von der ersten Teilungswand hier keine Rhizoide; mer keimzelliges Meristem, die schwarzen ‚Punkte bezeichnen Ölkörper. 439 Streifen unten zwischen den Ansatzstellen der Rhizoiden und dem übrigen Zellkörper meristematisch und in lebhafter Teilung begriffen (Fig. 3A, B, CO). Die erste Rhizoide entspringt in der Regel von der untersten, zuerst gebildeten Querwand des Keimschlauches. Die späteren ent- stehen am Basalteil des Zellkörpers, unterhalb der zuletzt erwähnten meristematischen Zone; oberhalb derselben entspringen keine. In Kaolinkulturen lag dieser Teil des Zellkörpers immer an der Ober- fläche des Substrats (Fig. 3). Die Rhizoiden sind glatt, sehr lang, 5-—-10mal so lang als der Zellkörper. In den Kaolinkulturen war ihre Oberfläche mit einer dünnen, nicht abwaschbaren Schicht von Kaolinpartikeln besetzt. Ähnliche junge Stadien von Sporenkeimpflänzchen wurden von Hofmeister bei R. Reuteri gesehen (Taf. IV Fig. 1 und 2); an seinen Figuren fehlen jedoch Rhizoiden. Von R. americana und affinis wurden sie von Howe und Underwood abgebildet (Fig. 29, 30, 31, 33, 36) und Solms sah sie bei R. Parisüö (Fig. 1). Die Beschreibung der Form und des Verlaufs der Zellteilung ist im wesentlichen dieselbe bei allen Verfassern. Über die Form des Zell- körpers sprechen Howe und Underwood die Vermutung aus, dals sie von den Beleuchtungsverhältnissen abhängig ist. In Kaolin- und Löfskulturen standen diese Zell- körper, die Primordialloben, wie sie im folgenden genannt werden sollen, stets senkrecht aufwärts.') Über die weiteren Entwicklungsvorgänge gehen die Meinungen auseinander. Bevor ich über die Darstellung der verschiedenen Ver- fasser, sowie über die eigenen Beobachtungen berichte, werde ich die vegetative Vermehrung der Riellen und die hierbei hervorgegangenen jungen Pflanzen kurz beschreiben, da von einem gewissen Zeitpunkt an die Entwicklung der Pflänzchen bei allen Formen vollständig ähn- lich verläuft. Die vegetative Vermehrung. Schon Hofmeister erwähnt „Adventivsprossungen“ bei R. Reuteri und zeichnet eine solche auf seiner Tafel Fig. 4 Goebel beschreibt und zeichnet einen adventiven Lappen bei R. Parisii (I pag. 105); er bemerkt, dafs derselbe an einem verletzten Keimling 1) Solms nennt diesen Zellkörper das Protonems, Da aber, wie im folgenden gezeigt werden soll, ein der Form und Funktion nach vollständig ähn- liches Gebilde bei den vegetativ entstandenen Keimpflänzchen sich findet, ziehe ich den Ausdruck Primordiallobus vor, 440 “ entstanden war. In den Fig. 34 und 35 von Howe und Under- wood sehe ich die ersten Anlagen solcher sekundärer Loben; die betreffenden Keimpflänzchen sind etwas abnorm entwickelt. Solms sagt pag. 194, dafs an den Keimlingen von BR. Parisii normal zwei laterale Ohrenfortsätze entstehen, von denen der cine später zur neuen Pflanze wird. Nach seiner Fig. 2 scheinen mir diese Gebilde eher Anlagen von Adventivsprossen zu sein, da aber kein Zellinhalt ge- zeichnet ist, kann ich dies nicht mit Sicherheit behaupten. Nach meinen eigenen Beobachtungen finden sich Adventivsprosse nie bei üppig vegetierenden Individuen von R. Paulsenii ‚ auch fand ich keine an den Originalexemplaren von R. helicophylla oder an den üppig gewachsenen, rein vegetativen Originalexemplaren von R. Parisii. Dagegen waren sie sehr häufig in dem mir von Herrn Prof. Trabut: gesandten Material von R. Cossoniana und als ich die durch Algen und Nahrungsmangel fast ausgestorbene Stammkultur von R. Paulsenü aus dem Kulturgefäfs nahm, waren sje auch hier reichlich vorhanden. Gewöhnlich waren es oval-elliptische Lappen, ungefähr wie die von Goebel 1. c. abgebildeten; mitunter, besonders in den tieferen Schichten des Schlammes, waren sie länger, spatel- oder bandförmig. Nachdem ich auf die Bemerkung Goebels aufmerksam geworden ‚war, habe ich in zahlreichen Fällen Beschädigungen oberhalb dieser Adventivsprosse gefunden, so dafs es aussah, als wenn eine Unter- brechung des leitenden Gewebes des Stengels die Entwicklung der Adventivsprosse hervorrief. Direkte Versuche hierüber habe ich aber nicht. Gewöhnlich entspringen sie dem Stengel oder der Stengelkante der Pflänzchen, aber eine Regel ist, das nicht. So zeigt das in Fig. 1C abgebildete, überall einschichtige Hungerpflänzchen eine Sprofsanlage unter einer Beschädigung an der Flügelkante. An schlecht ernährten und abnorm entwickelten Keimpflänzchen, z. B. aus Kulturen auf Fliefspapier, treten sie ebenfalls häufig auf. Fig. 1B stellt einen solchen Fall dar. Der Primordiallobus ist abgestorben und seine Zellen entleert, statt der normalen Entwicklung eines Vegetations- "punktes hat sich zunächst ein Adventivsprofs gebildet. Überhaupt sind verkümmerte und schlecht ernährte Pflanzen sehr geneigt, sekun- däre Auswüchse zu bilden. Z. B. verweise ich auf die Fig. 2B, wo wenigstens vier randständige Sprofsanlagen zu sehen sind; das Ge- webe zwischen denselben war vollständig abgestorben und inhaltsleer. Auch deute ich als solche Adventivsprolsanlagen die Figuren folgen- der Verfasser: Hofmeister Taf. IV Fig. 4, hier hat ein Adventiv- sprols zwei neue adventive Sprofsanlagen gebildet, die möglicherweise 441 zusammen zu einem Zwillingspflänzchen werden würden. Ferner die- ERSTER Fig. 4. R.Paulsenü. Brutkörper. A Junger Brutkörper von der Nähe des Vege- tationspunktes einer kräftigen Pflanze. (135/1.) — B Gipfel einer solchen Pflanze, einige Blätter wurden entfernt, wodurch die Brutkörperanlagen 9 zum Vorschein kamen. (40/1.) — C Voll entwickelter flutender Brutkörper mit teilweise hineinge- zeichnetem Zellinhalt. In seinem Basalende (nach Howe und Underwood ur- sprünglich dem Gipfel) sind die Zellen ausgewachsen, im oberen Teil sind sie noch teilungsfähig und besonders in der Nähe des Isthmus, wo der Vegetations- punkt X entstehen wird, meristematisch. f grofse, fetthaltige Zelle, el Ölkörper, ri Rhizoideninitiale. (135/1.) wood und, wie schon erwähnt, die „Ohrenfortsätze“ an der Fig. 2 von Solms. 442 Brutkörper finden sich, wie oben gesagt wurde, an üppig vegetierenden ausgewachsenen Exemplaren von R. Paulsenü. Nie sitzen zahlreich am Stengel zwischen den Blättern, von denen sie sich dadurch leicht unterscheiden, dafs sie während ihrer ganzen Ent- wicklung durch eine einzige Zelle am Stengel befestigt sind. Bei voll entwickelten Brutkörpern sitzt diese Trennungszelle nicht rand- ständig, sondern flächenständig, was auch bei den von Howe und Underwood beschriebenen Brutkörpern von R. americana der Fall ist. Die Entwicklung der Brutkörper schildern diese Verfasser pag. 219 ff. ungefähr folgendermafsen: Die Brutkörper entstehen an den Stengeln als Keulenhaare; die basalen Zellen bilden bald eine kleinzellige, meristematische, regelmäfsig kreisförmige Zellfläche, die durch eine einzige flächenständige Zelle am Stengel befestigt ist. Allmählich wird das Gebilde in der Mitte eingeschnürt, spatel- oder geigenförmig, der distale Teil wird später teilweise mehrschichtig, ist grofszellig, zeigt bald Rhizoideninitiale und wird zuletzt zur Basis der jungen Pflanze, während der ursprünglich proximale Teil ein- schichtig verbleibt und später aufwärts wächst. Der Isthmus kann durch nachträgliches Wachstum verlängert werden. Mit dieser Darstellung stimmen die Verhältnisse bei R. Paulsenü soweit ich sie gesehen habe (siehe Fig. 3) überein, bis auf einen Punkt: hier werden die fertigen Brutkörper stets einschichtig überall oder nur an der Übergangsstelle zwischen dem Isthmus und der grols- zelligen Partie mitunter zweischichtig. Nach angefangener Keimung traten jedoch hier hin und wieder mehrere Zellschichten auf. Da mir die Stadien zwischen Fig. 3A und 3C fehlen und ich jetzt kein brauchbares Material besitze, kann ich die interessante „Umkehrung“ zur Zeit nicht bestätigen, andrerseits habe ich aber auch keine Be- obachtungen, die dagegen sprechen. Von dem Aussehen eines fertigen Brutkörpers der R. Paulsenii erhält man bei der Betrachtung der Fig. 80 eine Vorstellung; hier ist der Zellinhalt zum Teil angedeutet. Er sieht ungefähr wie der von R. americana aus, nur ist der Isthmus hier etwas länger, vielleicht war aber der in der Fig. 16 bei Howe und Underwood abgebil- dete Brutkörper nicht ganz erwachsen. Wie alle jungen Gewebe jener Riellaart waren auch die Brutkörper mit sehr zahlreichen Elaiosphären versehen, besonders am Rande des meristematischen obersten Teils; aufserdem finden sich aber hier, und zwar in beiden Hälften, einige grolse, mit Fett gefüllte Zellen (f in der Figur). Rhizoiden sind 443 nicht vorhanden, wohl aber zahlreiche Rhizoideninitiale im unteren Teile. Sehr eigentümlich und für das Verständnis der biologischen Be- deutung der Brutkörper von R. Paulsenii höchst instruktiv ist der Umstand, dafs sie nach der Lostrennung zur Oberfläche des Wassers steigen und dort fluten, während sonst losge- Fig. 5. Junge Pflänzchen; nach ihrer Form konnten sie sowohl aus Sporen als aus Brutkörpern oder Adventivsprossen entstanden sein. — A KR. Cossoniana. Brutkörper? Ein bandförmiges hyalines Gewebe wächst durch die Tonschicht auf- wärts und wird an deren Oberfläche chlorophylihaltig. (9/1) — B Dito. Ein späteres Stadium. Im oberen Teil des Primordiallobus hat das Wachstum aufge- hört, in der unteren Partie ist das Gewebe meristematisch. Bei X ist ein Vege- tationspunkt gebildet und die ersten Blattanlagen treten hervor, (Fig. 7B zeigt den Vegetationspunkt dieser Pflanze stärker vergröfsert.) (12/1.) — C R. Paulsenüi. Männliches Doppelpflänzchen. Etwas späteres Stadium. Beide Vegetationspunkte haben Blatt- und Antheridienanlagen gebildet. (14/1.)—D Dito. Noch älteres Stadium. Nur ein Vegetationspunkt entstand; derselbe hat den Primordiallobus, dessen Zellen jetzt abgestorben sind, zur Seite gedrängt. Die Stengelbildung hat ange- fangen, ebenfalls das Wachstum des Dorsalflügels, der chlorophyllreich ist. (Fig. 7A. zeigt den Vegetationspunkt dieser Pflanze stärker vergröfsert.) (9/1.) — In allen Figuren bezeichnet pr den Gipfel des Primordiallobus. trennte Teile von Riellen zu Boden sinken. Wie lange sie sich hier flutend halten können, vermag ich nicht zu sagen, wahrscheinlich aber dauert es bis der Fettgehalt der grofsen Zellen unter dem nachträg- lichen Wachstum verbraucht ist, denn bei keimenden Brutkörpern fand ich diese Zellen gewöhnlich völlig entleert. ‘Werden die Brut- körper zufällig oder willkürlich in tiefere Schlamm- oder Kaolin- 444 schichten gebracht, so verlängert sich der Isthmus bandartig, bis der obere Teil, der Primordiallobus, an die Oberfläche gelangt ist (vgl. Fig. 5, besonders A, B, D und E). Wahrscheinlich kommen Brutkörper ähnlicher Beschaffenheit auch bei anderen Arten vor. Meine Fig. 5A zeigt, wie ich glaube, einen Brutkörper von R. Cossoniana. Die Figuren 1 und 2 auf der Tafel von Trabut II stellen unzweifelhaft solche Brutkörper dar, worauf schon Howe und Underwood hingedeutet haben.!) Dieselben Verfasser vermuten, dafs die Fig. 1 auf Goebels Taf. II einen Brut- körper von R. Battandieri darstellt.) Auf seiner Tafel zeichnet Hofmeister in der Fig. 3 einen Adventivsprofs, der aus einem „abgefallenen Blatte* sich entwickelt hatte; vielleicht ist hier auch von einem Brutkörper die Rede, derselbe würde dann bei R. Reuteri etwas anders aussehen. Die weiteren Entwicklungsvorgänge. Bevor ich meine eigenen Beobachtungen über den weiteren Ver- lauf der Entwicklung mitteile, möchte ich hier die Darstellungen früherer Autoren kurz wiedergeben. Hofmeister sagt pag. 92: „Schon zeitig eilen die Zellen der einen Seite des Vorderrandes in Vermehrung und Ausdehnung denen der anderen beträchtlich voraus, so dafs der Vegetationspunkt der jungen Riella seitlich abgelenkt wird.“ Goebel schreibt pag. 105: „Der Vegetationspunkt liegt hier nämlich interkalar. Schon in dem jungen Adven- tivsprofs, der in Fig. 21 abgebildet ist, ist eine Gliederung in zwei Teile angedeutet. Der obere breitere Teil der Fläche stellt die An- lage des Flügels dar, der untere gibt später der oder den Rippen den Ursprung; zwischen beiden liegt der Vegetationspunkt resp. die Vege- tationspunkte. Wir haben uns hier den Vorgang offenbar so vorzu- stellen, dafs ursprünglich die ganze Zellfläche meristematisch ist, dann aber nur der unterhalb der Verbreiterung liegende Teil embryonalen, d. h. Vegetationspunktcharakter behält und zwar nur auf der einen oder auf beiden Seiten,“ Und weiter pag. 107: „Riella weicht also von den übrigen Lebermoosen noch mehr ab, als nach Leitgebs Ansicht der Fall wäre, vor allem durch den Besitz eines interkalaren Vegetationspunktes, von dem man wird allerdings annehmen dürfen, 1) Trabut bezeichnet Rev. Bryol. 1887 pag. 12 die betreffenden Gebilde als „Protonema et debut de la fronde“, 2) Goebel sagt pag. 105, dafs das betreffende Pflänzchen einem „Zell- körper® entsprang. 445 dafs er seine Lage einer durch die „Flügelbildung“ eintretenden früh- zeitigen Verschiebung verdankt. Die Hauptdifferenz gegenüber den anderen Lebermoosen aber besteht darin, dafs die Entwicklung des Thallus hier von vorneherein nicht in der Horizontal-, sondern in der Vertikalebene erfolgt* et. Howe und Underwood haben keine eigenen Beobachtungen „but have grounds for believing that the subsequent history is essentially as described by Goebel“ (pag. 223), Demgegenüber protestiert Solms, welcher die Goebel’sche An- schauung als irrig ansieht und. ihre Weiterverbreitung verhüten will. Er teilt seine Beobachtungen mit, welche zeigen sollen, „dafs Leit- geb an allen Punkten im Recht ist“. Pag. 195 schreibt Solms: „Bei Biella Parisii bleibt. freilich . . . einer dieser Öhrenfortsätze regelmäfsig in der Entwicklung zurück und hört bald zu wachsen auf, so dafs nur ein Pflänzchen einseitig aus der Keimscheibe [Primordial- lobus bei mir], diese zur Seite drängend, hervorsprofst (vgl. Fig. 3). Diese Keimscheibe entspricht dem Protonema unseres Lebermooses. Ihre aufrechte Stellung ist eine grofse Ausnahme in der Klasse. Da nun an ihr der Sprofs seitlich entsteht, so kommt er in ursprünglich horizontale, nieht wie Goebel meint, in vertikale Lage und wendet eine Kante gegen oben, die andere gegen unten. Seine spätere Auf- richtung ist eine sekundäre Erscheinung. Aus der, Oberkante geht später der rein dorsale Flügel (vgl. Fig. 3f), aus der Unterkante der blättertragende Stamm (die Rippe) hervor. Eine Scheitelzelle fehlt zunächst, und zwar auch dann noch, wenn die ersten rudimentären Blattpapillen an der Unterkante hervortreten.“ „[An der organischen Spitze des Gebildes] wird denn auch bald in randständiger Lage die Scheitelzelle herausgeschnitten, die, von Keilgestalt, zwei Segmentreihen, eine untere ... und eine obere, den Flügel weiter bauende, produziert.“ — „Von einem interkalaren Vegetationspunkt kann demnach zu keiner Zeit die Rede sein.“ Nach meinen Beobachtungen vollzieht sich die spätere Entwick- lung vollständig auf dieselbe Weise, gleichgiltig ob wir mit jungen Pflanzen aus Sporen, Adventivsprossen oder Brutkörpern zu tun haben. In allen Fällen entsteht zuerst ein Primordiallobus, dessen Form in allen drei Fällen ungefähr die gleiche ist. Überall hört das Wachs- tum in dem oberen Teil des Primordiallobus bald auf, während in dem unteren Teil, gerade über das schmälere Basalende, eine meri- stematische Zone sich entwickelt. Unten am einen Rande oder an beiden Rändern dieser Zone entstehen ein bis zwei Vegetationspunkte. Durch die Wirksamkeit des Vege- Flora 1903. j 30 446 tationspunktes wird erstens der ganze Primordiallobus zur Seite geschoben, zweitens entwickelt sich, und zwar als Neubildung, einerseits derStengel mit den Blättern, andrerseits der Dorsalflügel mit den Geschlechtsorga- nen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dafs der Dorsalflügel immer gegen den Primordiallobus gekehrt ist und zunächst mit ihm in Ver- Fig. 6. RR. Paulsenii. Normaler Sporenkeimling aus einer Kaolinkultur. Das Gewebe mit den Hauptzügen der Teilungswände schematisiert. Die Spore keimte in tiefer Lage, ein band- artiger Zellkörper wuchs durch die Kaolin- schicht hinauf und bildete einen ziemlich langen Primordiellobus. An dessen Basis entstand ein Vegetationspunkt. Derselbe hat einen Stengel st mit Blättern fol und eine Flügelanlage dw gebildet und den Primordiallobus zur Seite gedrängt. Die Zellen des Primordiallobus sind hyalin und völlig entleert, die des Flügels chlorophylireich. (24/1.) bindung steht, so dafs Pri- mordiallobus undDor- salflügel in derselben Ebene liegen. Dadurch erklärt sich, dafs Goebel, welcher weitere Stadien nicht zur Verfügung hatte, den Primordiallobus fälschlich für eine Flügelanlage ansehen konnte. Die Richtigkeit dieser Darstellung geht schon zur Genüge aus meinen Figuren hervor; man braucht nur die Figuren folgender Serie zu vergleichen: Figg. 3A und 40,Figg.5 (besonders A, B,D) und 6. In dem durch die Fig. 5B illustrierten Fall ist der Vegetationspunkt schon fertig (eine stärkere Ver- gröfserung desselben zeigt Fig. TB). In Fig. 5D ist der Primordiallobus ganz zur Seite gedrängt, ein mehr- schichtiger Stengel ist an- gelegt und der neugebildete ‚Flügel reicht vom Vegeta- tionspunkt bis zur gezeich- neten Falte, wo er in das Gewebe des Primordiallobus übergeht. Den Vegetationspunkt dieses Pflänzchens stellt die Fig. 7A dar. Ein etwas späteres Stadium zeigt die Fig. 6. Die ersten Blätter sind ‚erschienen, der Stengel hat eine beträchtliche Länge erreicht und ‚entsendet Rhizoiden. Das Zellgewebe wurde schematisiert, im Pri- 447 mordiallobus sind die Zellen schon gänzlich abgestorben und ihres Inhaltes entleert. Die Grenze dieses Gewebes gegen das noch junge, Fig.7. A R. Paulsenü. Vegetationspunkt der jungen Pflanze in Fig.5D, Scheitel- zelle fehlt, Blattanlagen sind vorhanden. Am Rande des Dorsalflügels zahlreiche Tangentialteilungen. (210/1.) — B R. Cossoniana, Vegetationspunkt der jungen Pflanze Fig. 5B. Wie vorige, hier aufserdem drei junge Archegonienanlagen. (2) (210/1.) — C Vegetationspunkt einer ausgewachsenen Pflanze von R. Paulsenii, x Scheitelzelle. Blatt- und Brutkörperenlagen sind vorhanden, (275/1.)— D Dito. Die Flügelsegmente deutlich; Tangentialteilungen treten zahlreich auf. Aufser dem erst gebildeten waren keine Stengelsegmente zu erkennen, Der Deutlichkeit wegen wurden die Zellwände des überliegenden Teiles des jungen Blattes punktiert, die anderen stärker aufgezogen. (180/1.) — E Querschnitt von Stengel und Innen- rand des Dorsalllügels von R, Paulsenii. (80/1.) 30* 448 neulich teilungsfähige und chlorophyllreiche Gewebe des Dorsalflügels wird dadurch recht scharf. Für diese Darstellung ‘sprechen ferner die Figuren Trabuts von Riella Battandieri I tab. 1 fig. 2 und 3. Trabut bezeichnet in seiner Figurenerklärung die junge Flügelanlage als „premier lobe“, den Primordiallobus als „&peron“ und er findet diesen Sporn für diese Art so charakteristisch, dafs sie in der Diagnose („ala basi calcarata*) aufgenommen wurde. Auch die Fig. 32 von Howe und Under- wood zeigt unzweifelhaft ein frühes Stadium dieses Vorganges. Und das von Solms in der Fig. 3 gegebene Stadium ist, so viel man aus demselben sehen kann, mit dem meinigen (Fig. 5) vollkommen iden- tisch. Die Behauptung Solms, dafs die junge Pflanze ursprünglich horizontal orientiert ist, so dafs die eine Kante (wohl die Flügelkante) aufwärts, die andere abwärts kehrt, stimmt dagegen keineswegs mit meinen Beobachtungen überein, ist übrigens auch gar nicht aus der Figur Solms ersichtlich. Bei den von mir untersuchten Arten waren die jungen Pflanzen von Anfang an horizontal, wie es Goebel‘ schon für R. Baitandieri festgestellt hatte; möglicherweise liegt aber die Sache bei R. Parisii anders, da diese Art, wie es scheint, in dorsiventraler Lage fluten kann (vgl. auch den Schlufs dieser Ar- beit). !) In weit selteneren Fällen bildet sich ein Vegetationspunkt auf jeder Seite des Primordiallobus. Es entsteht dann ein Doppelpflänz- chen; Fig. 5C stellt einen solchen Fall dar. Anfangs liegt auch hier die Ebene des Primordiallobus in der Verlängerung der Flügel- ebenen der jungen Pflanzen, verbindet also dieselben; zuletzt: aber wird er von beiden Seiten verschoben und liegt natürlich nun mit seiner Fläche dem Boden an. Ähnliche Doppelpflanzen sind auch von anderen Verfassern gesehen worden. Hofmeisters Pflanze Fig. 4 konnte möglicherweise dazu werden. Dagegen hat die von Hofmeister und von Leitgeb pag. 87 studierte gabelige Verzweigung gewisser Arten mit dieser Sache nichts zu tun. Goebel bildet ein typisches Doppelpflänzchen von R. Battan- 1) Wenn in der Stammkultur von R. Paulsenti beim Aufnehmen von Unter- suchungsmaterial zufällig losgerissene Pflanzen liegen blieben, so richtete sich der Flügel bald aufwärts; der neue Zuwachs entwickelte sich dagegen wieder in vertikaler Richtung und bildete somit mit dem liegenden älteren Sprofsteil einen Winkel von 90%. Hatte das alte Sprofsstück nur eine schräge Stellung er- halten, wurde der Winkel natürlich entsprechend gröfser. 449 dieri (2) auf Tab. IL Fig. 3 ab. Der Primordiallobus ist bier zwischen den beiden Dorsalflügeln deutlich sichtbar. Goebel, der ja, wie gesagt, den Primordiallobus als die erste Flügelanlage auffafste, be- trachtet ihn in Einklang damit hier als die verbindende Flügel- kante. Das Hauptergebnis dieser Beobachtungen ist also, dals bei der Entwicklung aller bis jetzt auf diesen Punkt unter- suchten Riellen der Vegetationspunkt ausnahmslos rand- ständig zwischen der Spitze und Basis des Primordial- lobus entsteht, also interkalar, wie es Goebel schon früher gezeigt hatte, und die von Solms mitgeteilte Figur und deren Erläuterung scheint mir eher für diese als für seine Auffassung zu sprechen. Der Primordiallobus stellt dabei sein Wachstum frühzeitig ein und wird zur Seite verdrängt, Stengel und Flügel entstehen beide als Neubildungen durchdie Wirksamkeitdes Vegetationspunktes. Wenig- stens bei den aufrecht wachsenden Arten sind Stengel und Dorsalflügel von Anfang an vertikal gestellt. Die Organisation des Vegetationspunktes ist ebenso umstritten, namentlich inwiefern sich hier eine Scheitelzelle findet oder nicht. Hofmeister erwähnt keine, Leitgeb dagegen, der indes nur Herbar- und Alkoholmaterial von ausgewachsenen Pflanzen zur Verfügung hatte, beschreibt (pag. 78) und zeichnet eine zweiseitige keilförmige Scheitelzelle, die sich am Rande des Helm- kammes, oberhalb der Berührungsstelle zwischen dem Flügel und dem Stengel finden soll. Aus den oberen Segmenten der Scheitelzelle entstehen nach diesem Verfasser der Flügel und wahrscheinlich auch die Geschlechtsorgane, sowie „trichomartige Gebilde“, während die untere den Zuwachs des Stengels mit den Blättern besorgt. Leit- geb wirft — wie wir später sehen werden, mit Unrecht— Hofmeister vor, dafs seine Figuren eigentlich nichts sagen, weil an ihnen eine Scheitelzelle nicht sichtbar ist. Er will nur die Fig. 10 von Hof- meister anerkennen. Zellen, wie die hier abgebildeten, die einiger- malsen an eine zweiseitige Scheitelzelle erinnern, kommen aber sehr häufig in jungen meristematischen Zellflächen vor, vgl. z. B. Fig. 1D und E, sowie Fig. 23 bei Goebel, wo drei Stück sichtbar sind. Goebels Fig. 23 und 24 zeigen keine Scheitelzellen. Dagegen sagt Solms, nachdem er zugestanden hat, dafs die Primordialloben nach 450 seinen wie nach allen früheren Beobachtungen ohne Scheitelzellen sich entwickelten, dafs eine keilförmige Scheitelzelle an den jungen Riellapflanzen anfangs fehlt, später aber. ausgeschnitten wird. Seine Fig. 4 zeigt eine solche; sie liegt zwar nicht dort, wo Leitgeb sie beschrieben hatte, sondern genau am Übergang zwischen Flügel und Stengel. In allen von mir untersuchten Fällen — und ich habe junge Pflänzchen, von Sporen, Brutkörpern oder Adventivsprossen entstanden, zu Dutzenden auf diesen Punkt untersucht — vollzieht sich das erste Wachstum bis zur Bildung eines deutlichen, mehrschichtigen Stengels mit grofsen Blättern und Flügeln sowie Geschlechtsorganen, ohne dafs dabei eine Scheitelzelle beteiligt ist. Selbst so weit fortgeschrittene Stadien wie Fig. 5D und 6 entbehren völlig einer Scheitelzelle, was auch die Figuren 7A und B, die mit dem betreffen- den von Goebel völlig übereinstimmen, deutlich beweisen. Die Stengelspitze ist hier noch nicht so stark durch Blatt, Brutkörper und Geschlechtsorgananlagen verdeckt, dafs sie nicht durch eine verhält- nismäfsig einfache Präparation frei würde. Anders verhält sich die Sache bei den ausgewachsenen, üppig vegetierenden Pflanzen. Hier wird diese Untersuchung durch die ungemein gedrängt stehenden jungen Blatt- und Trichomanlagen, bis auf der Gröfse einer Zelle herab, ungemein erschwert, Dafs eine Scheitelzelle sich nicht oberhalb der Verbindungsstelle zwischen Stengel und Flügel findet, wie Leitgeb es haben wollte, ist leicht zu konstatieren. Immerhin erschien mir ihre Gegenwart a priori an dieser Stelle wahrscheinlich, indem an jüngsten Gewebeschichten ‚des Flügels die Ursegmente einer Scheitelzelle sich in dem radial verlaufenden Hauptteilungswänden erblicken liefsen. Indes darf hier nicht verschwiegen werden, dafs auch in den allerjüngsten Stadien der Pflänzchen die Teilungswände ebenso deutlich radial verlaufen, und ferner, dafs die Segmente in den ersten Stengelanlagen nie deut- lich sind, und dies ist auch in der Fig. 4 von Solms der Fall. Als ich im Winter 1901/02 diese Verhältnisse studierte, unter- suchte ich mehrere ausgewachsene Pflanzen von R. Paulsenii und R. Cossoniana, ohne Scheitelzellen zu finden. Nur in zwei Fällen er- hielt ich Präparate, wo man nötigenfalls eine Scheitelzelle sehen konnte; den besten derselben zeigt die Fig. 6E. Nachdem die er- neuerte Angabe durch Solms erschienen war, habe ich wieder die Sache an Alkoholmaterial untersucht und neben vielen vergeblichen einen positiven Fall, siehe Fig. 6D, gefunden. In der letzten Figur 451 wurde das Stengelgewebg durch die Präparation (Aufhellung in Chloralhydrat, Färbung mit Chlorzinkjod, Entfernung der jüngsten Blattanlagen mittels sehr fein ausgezogenen, biegsamen Glasstäbchen, die unter dem Deckglase bei relativ starken Vergrölserungen sich noch anwenden liefsen) so lädiert, dafs es nicht wohl objektiv gezeichnet werden konnte, eine deutliche Orientierung der Segmente, aufser den gezeichneten ersten, war aber ebensowenig hier zu sehen, als in der Figur von Solms. Interessant in dieser Beziehung ist das Verhalten der etiolierten Sprosse und der Hungerpflanzen, wie sie sich in der Stammkultur von R. Paulsenii zuletzt sehr zahlreich fanden. Als einen besonders ex- tremen Fall habe ich in der Fig. 1C eine Pflanze abgebildet, die in ihrer ganzen Länge einschichtig war. Der Stengel war nur durch etwas mehr gestreckte Zellen angedeutet; Blätter waren zwar zu sehen, sie waren aber verkümmert, gewöhnlich stellten sie Fäden von wenigen Zellen dar. Im Dorsalflügel, der oben den charakteri- stischen Helmkamm noch zeigte, safs ein normales Antheridium. Die Spitze dieser Pflanze zeigt Fig. 2A stärker vergröfsert. Hier war jede Präparation überflüssig, alle Zellen lagen unmittelbar der Be- obachtung zugänglich, aber eine Scheitelzelle fehlte völlig. Dies war auch der Fall, wo die übrigens alten und z. B. reife Sporangien tragenden Hungerpflanzen lange nicht go reduziert aussahen. BeidenRiellen fehlt also eine Scheitelzellenormal biszurechtfortgeschrittenen Entwicklungsstadien, sie fehlt auch bei etiolierten oder anderweitig etwas ver- kümmertenIndividuen, selbst wenn diese Geschlechts- organe tragen. Beikräftig vegetierendenerwachsenen Arten läfst sich zuweilen, am häufigsten wohl an den grölseren Arten, an der Übergangsstelle zwischen Stengel und Flügel und nur dort eine keilförmige Scheitelzelle nachweisen, die Segmente aufwärts zum Flügel, ab- wärts zum Stengel abgibt; nur die ersterensind längere Zeit deutlich zu erkennen. Der Umstand, dafs eine Scheitelzelle während der ganzen Ent- wicklung eines fortpflanzungsfähigen Lebermooses fehlen kann, scheint mir in phylogenetischer Beziehung als ein Merkmal des primitiven Charakters dieser Gattung aufgefafst werden zu können. 452 Der Steugel der von mir untersuchten, Riellen besteht aus ziem- lich langgestreckten Zellen, deren Querwände senkrecht zur Längs- richtung stehen. Sie sind gewöhnlich chlorophyllarm oder hyalin, mit Stärke vollgepfropft, und der Stengel scheint hauptsächlich als Leitungs- und Speicherungsorgan zu dienen. Einen Stengelquerschnitt zeigt Fig. 7E. Rhizoiden entspringen dem Stengel fast bis zum Vege- tationspunkt. Eine Torsion nebst Wendeltreppenanordnung des Flügels war hier gar nicht vorhanden; bei kräftig vegetierenden Individuen A B C Fig.8. R. Paulsenü, A Junges Antheridium am Rande des Dorsalflügels, nahe dem Vegetationspunkt, (135/1.) — B Älteres Stadium, wenige Zellreihen von dem früheren entfernt. Das Antheridium ist schon tief hineingesenkt in einen mehr- schichtigen Sinus si, der ihn von allen Seiten umgibt und hier im optischen Querschnitt gezeichnet ist. (185/1.) — C Junges Archegonium mit Anlage des Involukrums an der Basis, Gewebe des Flügels schematisiert, das des Stengels schraffiert. Aus dem Platze des Archegoniums geht hervor, dafs derselbe den Flügelsegmenten entstammt. Nahe dem Vegetationspunkt wahrscheinlich noch eine Archegonienanlage, ihr Gewebe ist nicht gezeichnet (es wurde durch die Präpa- ration teilweise zerstört: vgl, Fig. 6B). (125/1.) ist der Flügel unregelmäfsig wellig, und zwar um so stärker, je schneller das Wachstum geschieht. (Siehe die Habitusfiguren und das Bild der Stammkultur von R. Paulsenii in Botanisk Tidsskrift 24.) Bei Hunger- pflanzen kommt sie überhaupt nicht vor. Durch nachträgliche Strek- kung des älteren Stengelgewebes verliert sich die Undulation gewöhn- lich unten; dies ist auch bei anderen Arten der Fall (siehe die Figuren von Trabut in II und III). . 453 Dafs der Flügel eine Dorsalwucherung ist und nicht der Hälfte eines Marchantiathallus entspreche, wie Hofmeister meinte, ist durch die Untersuchungen Leitgebs endgiltig festgestellt und auch nicht später widersprochen worden. Solms hat freilich neuerdings Goebel dafür beschuldigt, dafs dieser die Hofmeister’sche An- schauung gegen Leitgeb hätte verteidigen wollen. Dabei hat Solms aber merkwürdigerweise übersehen, dafs Goebel (I pag. 106) sich ausdrücklich für die Leitgeb’sche Deutung erklärt und noch oben- drein einen neuen Beweis für ihre Richtigkeit hervorbringt. Und zum Überflufs hat Goebel in einer späteren Arbeit (II pag. 246) die morphologischen Unterschiede des Marchantiaceen- und Riellathallus in einer Figur schematisch erläutert! Wie bei anderen Lebermoosen treten auch bei den Riellaarten zahlreiche Elaiosphären besonders am Rande junger Zellflächen auf. Bei einigen Arten sagen Trabut (III pag. 454) und Corbiere (pag. 114), dafs sie den Pflanzen einen intensiven Geruch nach Ko- riander verleihen. Bei R. Paulsenii werden die Öltropfen durch kalten Alkohol gelöst, sind also ätherisch; einen besonderen Geruch habe ich aber nicht wahrnehmen können. Trabut sieht in den Elaiosphären ein Schutzmittel gegen Tierfrafs. Detailuntersuchungen über die Entwicklung der Geschlechts- organe habe ich nicht angestellt; sie wurden von Hofmeister und Leitgeb gegeben, die cytologischen Verhältnisse von Kruch studiert. Ein Paar junge Antheridienstudien (Fig. 8A,B) zeigen, dafs die Ver- hältnisse bei R. Paulsenii wie bei den anderen Arten liegen. Über die Archegonien möchte ich bemerken, dafs sie, wie schon Leitgeb, Schiffner (I pag. 241) und Trabut (III pag. 451) im Gegensatz zu Hofmeisters Angaben gesagt haben, nicht blattwinkelständig sind, sondern dafs sie auf der jungen Flügelanlage nahe dem Vege- tationspunkte flächenständig angelegt werden, unter dem späteren Wachstum aber auf den Stengel zu stehen kommen. Daraus geht hervor, dafs sie, was schon Leitgeb vermutete, den oberen Seg- menten entstammen, aber auch, dafs diese Segmente nicht allein den Flügel weiterbauen, sondern dafs auch einige Partien des aus ihnen hervorgegangenen Gewebes in das Stengel- gewebe mit hineingehen. In der Fig.8C ist eine, möglicher- weise zwei, junge Archegonienanlagen zu sehen. Am Grunde der gröfseren sieht man das Involukrum wulstförmig um den Archegonien- bauch emporwuchern. s 454 Die wichtige Beobachtung Hofmeisters, dafs nicht alle Zellen des Sporogoninnern zu Sporenmutterzellen werden, sondern dafs eine Anzahl derselben mit Stärke gefüllt verbleiben und als Ernährungs- zellen (rudimentäre Elateren) fungieren, wurde später von Leitgeb (pag. 85) und Trabut (III 451) bestätigt, und ich habe diese Zellen auch in den jungen Sporogonien von R. Paulsenii und R. helicophylla gesehen, Nachschrift. (R. helicophylla und Parisii.) Nachdem dieses geschrieben war, habe ich in dem botanischen Museum von Kopenhagen Herbarienexemplare!) von R. helicophylla „legit Durien de Maisonneure, Oran au fond du lae saumätre de Se- nia juin 1842*, also die Originalexemplare, gesehen. Bekanntlich erregte diese Art grofses Aufsehen, weil ihr Stengel gedreht und von dem Flügel wendeltreppenförmig umwunden war. Später hat u. a. Trabut diese Art oftmals gesammelt und kultiviert, aber diese fremdartige Erscheinung wurde nie wieder beobachtet, so dafs man die Vermutung ausgesprochen hat, die bekannte Figur in Expl. de la El. d’Algerie pag. 34 sei übertrieben. Das ist aber gar nicht der Fall. Auf derselben Tafel werden einige Stengel abgebildet, die unten knollig angeschwollen waren. Leitgeb hat es auch an sei- nem Material bemerkt. An den von mir gesehenen Exemplaren war. das auch häufig der Fall, gleichzeitig sah ich von dem Knöllchen einen recht dicken, langen Pinsel von Rhizoiden ausgehen, der weder in der Originalfigur noch bei Leitgeb abgebildet wurde. Bei der neueren Figur von Trabut fehlt die Knolle, und die Pflänzchen verjüngen sich abwärts wie alle anderen (III tab. 18). So- weit ich sehen konnte — das getrocknete Material war sehr mürbe und bis zum Scheitel mit einem feinen rötlichen Ton verunreinigt — war das Knöllchen nichts anderes als ein halb zersetztes, von Rhi- zoiden durchflochtenes Sporogonium. Dafür spricht auch der Um- stand, dafs sowohl in der Originalfigur als unter diesen Exemplaren sich viele fanden, wo 3—4 gleich grofse Individuen mit ihrer Basis vom gemeinsamen Knöllchen entsprangen. Diese Pflanzen entstam- 1) ex herb. Joh. Lange. 455 men also Sporen, die durch irgend einen Zufall nicht aus ihren Spo- rangien gelangten. Junge Stadien fehlten völlig. Die Exemplare sind wie in der Originalfigur mit Geschlechts- organen sehr reich versehen. Der Flügel ist sehr breit und der Vegetationspunkt bei der Beschaffenheit des Materials nicht zugäng- lich. Zur Erklärung der Torsion hat Goebel die Idee ausgesprochen (I pag. 107), dafs sie möglicherweise in tieferen Wasserschichten als ı eine Anpassung an das geschwächte Licht zustande komme. Dieser Gedanke scheint etwas für sich zu haben, und wenn ich wieder eine brauchbare Kultur von R. Paulsenü erhalte, werde ich die Sache ex- perimentell untersuchen. . Ebenfalls habe ich im Kopenhagner Museum das Original von R. Parisii‘), nämlich die Nr. 375 von Gottsche und Rabenhorst: „Hepaticae Europaeae exsiccatae® gesehen. Bekanntlich entfernt sich | diese Art vom gewöhnlichen Riellatypus am meisten. Der Flügel kann an längeren Strecken fehlen, die Blätter sind sehr grols, gröfser als der Flügel, wenn dieser vorhanden ist. So waren auch die Ver- hältnisse hier. Auffallend schien mir, dafs an den langen Sprofsen Rhizoiden vollständig fehlen, und solche wurden auch weder von Gottsche in der dem Exemplar beigegebenen Zeichnung, noch von Husnot: Hepaticologia gallica tab. 12 oder Goebel II pag. 246 gezeichnet. Dies erklärt sich offenbar dadurch, dafs diese Art, wie Trabut angibt (III pag. 454): „forme de gros paquets flottants dans des eaux fraiches et limpides.“ Vielleicht ist die Pflanze nicht ; immer flutend, interessant wäre es aber zu erfahren, ob sie etwa in dieser Stellung dorsiventral läge. Wo der Flügel fehlt, sehen die ı ‚Sprosse oft einer Fossombronia täuschend ähnlich aus. Die Exemplare waren völlig steril und mehrmals gabelig verzweigt, eine Erscheinung, die vermutlich durch das Fluten begünstigt wird und unzweifelhaft . bei der Vermehrung eine Rolle spielt (vgl. Riccia fluitans, Lemna- ceen U. &). Die Vegetationspunkte waren durch rosettartig zu- sammengedrängte grofse Blatt- und Flügelanlagen vollständig ver- borgen. 1) ex herb. Th. Jensen, 456 Literatur. Bory & Durieu de Maisonnoure, Exploration Beiontifique de l’Algerie, Bo- tanique tab. 84. Paris 184649, Corbiöre, Le Riella de l’Herault. Revue Bryologique 29 pag. 109. Goebel I, Zur Kenntnis der Entwicklung von Riella. Flora 77. 1898, — II, Organographie der Pflanzen, 2, Teil. Jena 1898. Gottsche, Schedula zu G. & Rabenhorst, Hep. Europ, exsiec, No. 375. 1867. Hofmeister, Zur Morphologie der Moose IL, Ber, Verh. Sächs. Ges. Wiss, Math.-phys. Cl. 1854, Leipzig. Howe & Underwood, The genus Riella, with-descriptions of new species from North America and the Canary Islands. Bull, Torr. Bot. Cl. 30. April 1908. Husnot, Hepaticologia Gallica, Cahan 1875—81, Kruch, Appunti sullo sviluppo degli organi sessuali o sulla fecondazione delle Riella Clausonis, Malpighia 4. 1890—91. (Nicht gesehen; Referat in Just, Bot. Jahresber.) Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose 4. H, Graz 1879, Porsild, Sur une nouvelle esp&ce de Riella (subgen. nov.: Trabutiella) de l’Asie centrale. Botanisk Tidsskrift 24. Schiffner, I. Riella Battandieri Trabut n. sp. Botanisches Centralblatt 27. 1886, — I Hepaticae in Engler u, Prantl: Die natürlichen Pflanzenfamilien. Leip- zig 1898, Solms, Eine Besprechung der Arbeit von Howe und Underwood, Bot. Zeitung. II. Abteilung 61, Nr. 18, Stephani, Species Hepaticarun, Bull, Herb. Boiss, 7. 1899. -Trabut, I. Riella Battandieri sp. nov. Revue Bryologique 13. 1886, — II Mousses et Hepatiques nouvelles d’Algerie. R. Br. 14. 1887. NB. Die hierzu gehörige Tafel erschien schon in R. Br. 1886 und aufser- dem in „Atlas de la Flore d’Alger*. — II. Revision des esp&ces de Riella. Rev. Gen. de Bot. 3, 1891. Übrige, meist ältere Literatur siehe Zusammenstellung bei Howe und Un- derwood, Die Olkörper der Jungermanniales. Von Dr. Anton J. M. Garjeanne in Hilversum. Hierzu 18 Figuren im Text. Die Ölkörper gehören zu den charakteristischen Zellinhaltskörpern der meisten Lebermoose. Schon bei oberflächlicher Beobachtung durch das Mikroskop fallen sie durch ihre Form und Gröfse auf und es ist daher merkwürdig, dafs diese Zelleinschlüsse relativ nur wenig in der Literatur Erwähnung finden, Dies gilt hauptsächlich für die Ölkörper der Jungermannien, denn diejenigen der Marchantien sind häufig genug abgebildet und besprochen. Die Untersuchungen, welche über die Ölkörper der Lebermoose publiziert worden sind, haben nicht zu übereinstimmenden Ergebnissen geführt. Nach deren Entdeckung von Gottsche!) wurden die Ölkörper ausführlicher beschrieben von von Holle.?) Aufser den schon von Gottsche angegebenen Eigenschaften (Lösung des Inhalts bei Behand- lung mit Alkohol oder alkoholischer Jodlösung) beschreibt er die Desorganisation der Ölkörper durch wässerige Jodlösung. Sowohl Gottsche wie von Holle sehen in den Ölkörpern bläschenartige Ge- bilde und kommen zu dieser Meinung durch die Beobachtung, dafs eine membranartige Hülle zurückbleibt, wenn der Inhalt der Ölkörper auf irgendwelche Weise gelöst wird. Beide Forscher sind auch über die chemische Natur des Inhalts ziemlich einig, dieselbe soll nament- lich aus Harz bestehen, mit ätherischem Öl oder Wachs gemischt, Die gleiche Meinung haben andere Schriftsteller, welche die Ölkörper er- wähnen, z. B. Hofmeister. Die erste, wirklich gründliche und umfassende Untersuchung der Ölkörper rührt von Pfeffer?) her. Er führte den Namen „Ölkörper“ ein, der jedenfalls bezeichnender ist als die von Gottsche resp. von Holle gebrauchten Namen Zellenkörper und Zellenbläschen, weil er feststellen konnte, dafs die betreffenden Gebilde hauptsächlich aus fettem Öl bestehen.*) Aufser durch mikrochemische Reaktionen wurde bei 1) Gottsche, Anat.-physiol, Untersuchungen über Haplomitrium Hookeri. Verh. der Leop, Carol. Akad. 1843 Bd. 12 I pag. 286. Vor Gottsche waren die Ölkörper der Marchantien schon gesehen und z. B. von Mirbel in seiner berühmten Untersuchung von Marchantia polymorpha erwähnt, 2) von Holle, Über die Zellenbläschen der Lebermoose. Heidelb. 1857. 3) Pfeffer, Die Ölkörper der Lebermoose. Flora 1874 pag. 2 ff. 4) Pfeffer, 1, o. pag. 5 f. und pag. 17 ff. 458 Mastigobryum trilobatum das Vorkommen von fettem Öl auch makroche- misch festgestellt. Pfeffer untersuchte und beschrieb die Ölkörper von zahlreichen Lebermoosen, überall. war der Inhalt hauptsächlich fettes Öl. Die Entstehung und Entwicklung der Ölkörper beschreibt Pfeffer für Alicularia, Radula, Plagiochila und Mastigobryum. Seiner Ansicht nach werden die Ölkörper gebildet durch Zusammenballung von zahl- reichen, winzigen Öltröpfehen, welche schon in den sehr jungen Zellen zu sehen sind. Wie die Hülle, welche sich nach Einwirkung von Alkohol ete. zeigt, entsteht, wird von Pfeffer nicht näher angegeben. Während dieser Autor meint, dafs die Ölkörper im Zellsaft ent- stehen, gibt Wakker!) an, dafs sich dieselben immer im Protoplasma eingeschlossen befinden, wie er z. B. durch abnormale Plasmolyse deutlich zeigen konnte. Die Ölkörper der Lebermoose werden hier besprochen nach Behandlung der von Wakker entdeckten ölbildenden Organe mehrerer Phanerogamen. Diese Ölbildner oder Elaioplasten sind meistens in der Umgebung des Zellkerns zu finden und stimmen in ihren jugendlichen Zuständen mit Leukoplasten in mehreren Hin- sichten überein. Auch für die Ölkörper der Lebermoose nimmt Wakker an, dals sie von solchen Elaioplasten gebildet werden, ob- wohl er selbst zugibt, dafs er die Entstehung der Ölkörper nicht habe gründlich untersuchen können. Nach der Wakker’schen Auffassung sind die Ölkörper der Leebermoose in ihren jungen Zuständen analog mit Stärkebildnern und Chlorophylikörnern, sie vermehren sich durch Teilung und werden daher bei jeder Zellteilung auf die beiden Töchterzellen verteilt. Eine andere Meinung über die Natur und die Entstehung der ‚Ölkörper hat von Küster). Er betrachtet die Ölkörper als aus einem proteinartigen Stroma gebildet, worin das Öl eingelagert ist. Weil er niemals Teilungen beobachtete und auch in ganz jungen Zellen die Stromata nicht nachweisen konnte, meint er, dafs die Öl- körper in jeder Zelle neu gebildet werden. Soweit ich ersehe, sind die Ölkörper nach von Küster nicht mehr untersucht worden. Die Frage nach ihrer Entstehung und über- haupt nach der Natur dieser Gebilde ist als noch nicht endgiltig be- antwortet zu betrachten. Da ich über eine ziemlich grolse Artenzahl von Lebermoosen verfügen konnte, habe ich die Untersuchung der 1) Wakker, Studien über die Inhaltskörper der” Pflanzenzelle, Pringsh. Jahrb. 1888 Bd. 19 pag. 428, speziell pag, 473 ff. 2) von Küster, Die Ölkörper der Lebermoose und ihr Verhältnis zu den Elaioplasten. Basel 1894. 459 Ölkörper noch einmal unternommen, zunächst mit dem Zweck, näheres auch über die Entstehung dieser Körper zu erforschen. Von meinen Untersuchungen habe ich die Marchantien und Riceien ausgeschlossen, weil ich keine genügende Menge lebendiger Pflänzchen von ver- schiedenen Arten bekommen konnte. Da unter den von mir unter- suchten Jungermannien Arten sind, welche auf ihre Ölkörper noch nieht untersucht worden sind, erschien es mir nicht unerwünscht, alles, was bis jetzt über die Ölkörper der Jungermanniales bekannt geworden ist, noch einmal kurz zusammenzustellen, um ein möglichst vollständiges Bild von unseren Kenntnissen dieser Organe zu geben. Die Gestalt der Jungermannienölkörper variiert zwischen Kugel- und Spindelform. Doch ist, wie auch von Küster!) bemerkte, etwas Allgemeines über die Form nicht zu sagen, hauptsächlich auch wohl deswegen nicht, weil häufig die anscheinend ellipsoidischen oder rund- lichen Ölkörper in Wirklichkeit ganz unregelmälsig geformt sind. Bo kann man bei Radula complanata oft beobachten, dafs die anscheinend. ellipsoidischen Ölkörper an einer Seite ausgehöhlt sind, wodurch sie konkav-konvexe Form erhalten. Das Gleiche gilt auch für einige Scapania-Arten, obwohl hier unregelmäfsige Formen bei älteren Öl- körpern ziemlich selten sind. Während bei Radula in den meisten Fällen nur ein einziger Ölkörper von ellipsoidischer Gestalt vorhanden ist, findet man doch fast in jedem Blatte einige Zellen, welche deren zwei oder drei enthalten. Meistens sind dann die Ölkörper ungleich grols’und die kleineren haben häufig Kugelform. Übrigens variiert auch die Form bei Ölkörpern aus verschiedenen Teilen der Pflanze. Diejenige der Ölkörper im Stengel ist meistens von denen in den Blättern etwas verschieden; bei Jungermannia al- bicans sind die Ölkörper aus den gestreckten Zellen des Mittelnervs von denen der normalen Zellen häufig verschieden. Wie die Form, so ist auch die Gröfse der Ölkörper innerhalb ziemlich weiten Grenzen variabel. Die gröfsten Ölkörper?) besitzt Radula complanata, wo sie eine Länge von 251, eine Breite von 151 erreichen können. Sehr kleine Ölkörper besitzen z. B. Madotheca platyphylla, Pellia epiphylla und Pellia calycina, Ptilidium ciliare usw., wo sie häufig nur eine Länge von 2 erreichen und 1—1!/zy 1) von Küster, l. ce. pag. 34. 2) Hier wie in allen weiteren Fällen, wo nicht das Gegenteil ausdrücklich angegeben ist, werden nur die Ölkörper der Jungermanniales gemeint. 460 breit sind. Nirgends aber ist ie Gröfse der Ölkörper konstant und es ist ein leichtes, in einer Pflanze zwei Ölkörper zu finden, wovon der eine zweimal gröfser ist wie der andere. Bei aller Ähnlichkeit in der Form ist doch das Äufsere der Öl- körper häufig verschieden. Einerseits findet man solche, welche homogen oder aus wenigen homogenen Teilstücken aufgebaut er- scheinen, andrerseits findet man Ölkörper, welche anscheinend aus zahlreichen Öltröpfehen zusammengesetzt sind, während in seltenen Fällen der Inhalt aus gröfseren und kleineren Tröpfchen zu bestehen scheint. Der zweite Fall ist der weitaus häufigere. Als Beispiele von homogenen oder anscheinend zusammengesetzten Ölkörpern sind zu nennen: Alicularia scalaris, Calypogeia trichomanis, Madotheca platyphylla, Piilidium ciliare, Lepidozia reptans, Lejeunia serpyllifolia, Lejeunia calcarea, Mastigobryum trilobatum, Plagiochila asplenioides, Jungermannia trichophylia. Die Ölkörper von Radula complanata sind emulsionsartig, diejenigen der meisten übrigen Junger- manniales gehören. zu den aus zahlreichen, gleich grofsen Tröpfchen zusammengesetzten. Die Zahl der Ölkörper schwankt nicht unerheblich um eine Mittelzahl, welche für die verschiedenen Arten eine andere ist. Am zahlreichsten in einer Zelle sind die sehr kleinen, nur etwa 24 langen Ölkörper von Lejeunia serpyllifolia; in einer Blattzelle konnte ich ein- mal deren 63 zählen. Dagegen hat Radula complanata, wie schon gesagt, meistens nur einen einzigen Ölkörper. In den meisten Fällen sind weniger als 10 vorhanden; Zahlen bis 30 kommen nur selten vor. In den Zellen des Stengels sind sie fast immer zahlreicher als in den Blättern; bei Jungermannia albicans besitzen die Zellen des Mittelnervs zahlreichere Ölkörper als die gewöhnlichen Blattzellen. Am Schlusse dieser Arbeit werden wir hierauf noch näher zurückkommen. Für eine genauere Kenntnis der Ölkörper war es notwendig, ihre chemische Zusammensetzung zu prüfen. Schon wurde erwähnt, dafs Gottsche und von Holle sie als aus Harz, vielleicht auch Wachs und gemischt mit ätherischem Öl bestehend, auffassen. Bei- läufig nenne ich noch die Meinung Schachts, welcher Inulin als ihren Hauptbestandteil angibt. Pfeffer hat nachgewiesen, dafs fettes Öl der wesentlichste Bestandteil der Ölkörper ist. Er fand, dafs der Inhalt der Ölkörper löslich ist in verdünntem und starkem Alkohol, Benzol, Äther und Schwefelkohlenstoff. Es gibt noch andere Lösungsmittel, z. B. Chloroform, Aceton und Nelkenöl.!) 1) von Küster, l. c. pag. 13. 461 In Eisessig lösen sie sich leicht, nicht in anderen Säuren. Kalilauge, sowohl konzentriert wie verdünnt, löst das Öl nicht. Kochen mit 2—5proz. oder auch ziemlich starker Kalilauge führt kaum oder wenigstens schwierig zur Verseifung. Es ist nicht leicht, aus diesen Daten auf die chemische Natur der Ölkörper zu schliefsen. Die Lös- lichkeit in den genannten Lösungsmitteln spricht für das Vorhanden- sein von ätherischem Öl, doch sind die Ölkörper nicht flüchtig, wo- durch die Möglichkeit, dafs wirklich ätherisches Öl den Hauptbestandteil formt, wegfällt. Von den fetten Ölen ist Rizinusöl ebenfalls in Alko- hol löslich, auch in Eisessig. Da nun weiter, wie Pfeffer zeigte, der Inhalt der Ölkörper bei 5—7° flüssig ist, können sie nicht haupt- sächlich aus Wachs bestehen. Die schwierige Verseifung kommt bei den fetten Ölen auch bei Olivenöl unter Umständen vor. Es ist somit wahrscheinlich, dafs die Ölkörper hauptsächlich aus einem fetten Öl bestehen, welches mit Rizinusöl grofse Ähnlichkeit hat. Es sind noch andere Reaktionen, welche auf fettes Öl als Hauptbestandteil weisen. So färbt 1%, Osmiumsäure den Inhalt der Ölkörper schwarz oder wenigstens braun, Alkannatinktur löst den Inhalt und färbt denselben mehr oder weniger vollständig rot, alkoholische Cyaninlösung färbt die ausgetretenen Tröpfchen schön blau, Dafs aber neben dem Öl noch andere Substanzen in den Ölkörpern vorkommen, hat schon Pfeffer gesehen. Löst man namentlich den Inhalt der Ölkörper mit einem der genannten Lösungsmittel, so bleibt immer ein Rückstand übrig, dessen Natur noch nicht festgestellt werden konnte, hauptsächlich wohl seiner geringen Dimensionen wegen.) Die Schrumpfungen, welche bei Einwirkung von wasserentziehen- den Stoffen sichtbar werden, zeigen, dafs die Ölkörper gewifs auch nicht unerhebliche Mengen Wasser enthalten und auch in diesem Wasser können verschiedene Stoffe gelöst vorhanden sein, freilich in solchen kleinen Quantitäten, dafs sie mikrochemisch nicht zu unter- scheiden sind. Eine der meist charakteristischen Eigenschaften der Ölkörper ist die Hüllenbildung. Nach Einwirkung von verschiedenen Lösungs- mitteln, bisweilen auch nach Druck, bleibt die Hülle als zartes, ge- spanntes Häutchen zurück, das der ursprünglichen Form des Ölkörpers der Hauptsache nach entspricht. Pfeffer fand, dafs diese Hüllen durch Jodlösungen und Cochenille gefärbt wurden, und dafs sie in ver- 1) Pfeffer, 1 c. pag. 20, 21. Flora 1903. 81 462 dünnten Säuren und Alkalien unlöslich sind. Hieraus schliefst er auf eine proteinartige Substanz, welche die Hülle bilden soll. Nach von Küster?) sind diese Hüllen nur Kunstprodukte, welche durch Einwirkung der verschiedenen Reagentien entstehen. Zuerst bemerkt er, dafs von den Hüllen in den lebendigen Zellen auch bei sehr starker Vergröfserung nichts zu sehen ist, während solche doch nach Anwendung verschiedener Reagentien auftreten. Wurden die Ölkörper fixiert, was für die meisten Arten am besten mit 1 proz. Osmiumsäure, für Radula mit I1proz. Chromsäure gelingt, so konnte eine geeignete Färbung mit in Wasser löslichen Farbstoffen nicht er- reicht werden. Die in Osmiumsäure fixierten Präparate vertragen aber die Einwirkung von Alkohol ziemlich gut, die Bildung von Hüllen unterbleibt. . Werden nun solche fixierte Ölkörper gefärbt mit einer alkoholischen Lösung von Gentianaviolett (und zwar ein Tropfen ge- sättigter alkoholischer Gentianaviolettlösung in 15—20cem 50 proz. Alkohol), so zeigen sich die von der Osmiumsäure gebräunten Öl- tröpfehen in einer violetten Grundmasse eingelagert, während auch jetzt von einer Hülle nichts zu sehen ist. Hierdurch kommt von Küster zu seiner Meinung, dafs die Ölkörper aus einem Stroma be- stehen, worin das Öl eingelagert ist. Das Stroma gibt keine Proteinreaktion oder doch nur äufserst schwach. Die Hüllen geben verschiedene Proteinreaktionen zwar auch nicht deutlich, aber doch in viel stärkerem Mafse. von Küster meint nun, dafs die Hülle als Niederschlagsmembran (durch Wechsel- wirkung der Stoffe vom Plasma und vom Stroma) oder als Gerinnungs- membran aus den Stoffen des Stromas, in beiden Fällen unter. den geeigneten Umständen entstehen. Als Beweis, dafs die Hüllen wirk- lich Kunstprodukte sind, führt er noch an, dafs man, wenn durch 50proz. Alkohol um die Ölkörper von Radula und Mastigobryum Hüllen gebildet sind, durch absoluten Alkohol um den innerhalb dieser Hüllen liegenden Öltröpfehen noch eine zweite Hülle gebildet wird. Wie schon gesagt, hat Wakker durch Anwendung der ab- normalen Plasmolyse gezeigt, dafs die Ölkörper immer im Plasma liegen. Die Möglichkeit ist nach Pfeffer?) nicht ausgeschlossen, dafs sie zwar im Protoplasma entstehen, später aber in die Vakuolen zu liegen kommen, wogegen von Küster?) anführt, dafs es sich nach 1) von Küster, 1. c. pag. 18, 19. 2) Pfeffer, Über Aufnahme und Ausgabe ungelöster Körper. Abt. d. math.- phys. Klasse d. Kgl. Sächs, Gesellsch. d. Wissensch. 1890 Bd. 16 pag. 180. 3) von Küster, 1. c. pag. 15—17. 463 Behandlung mit verschiedenen Farbstoffen und Fixierungsmitteln, da- runter z. B. Pikrinsäure, immer zeigt, dafs die Ölkörper im Proto- plasma liegen oder an Protoplasmafäden aufgehängt sind. Wir werden hierauf weiter unten noch zurückkommen, Welche Bedeutung die Ölkörper für die Pflanze haben, ist noch völlig unbekannt. Pfeffer erkannte, dals sie keine Assimilations- produkte sind. Denn wenn Pflänzchen von Mastigobryum trilobatum, Plagiochila asplenioides und Jungermannia albicans während drei Monate im Dunkeln kultiviert wurden, fanden sich Ölkörper in den neugebildeten Blättern, zugleich aber waren diejenigen in den älteren Blättern unverändert geblieben. Hieraus ging hervor, dafs das Öl auch nicht als Bildungsmaterial für die Pflanze verbraucht wird.') Pfeffer kommt zu dem Schlufs, dafs das Öl ein Exkret der Leber- moose ist, in den Ölkörpern aufgespeichert wird und weiter für die Pflanze keine Bedeutung mehr hat. Auch von Küster?) erblickt in den Ölkörpern Organe, welche einmal gebildet, sich bis zum Tode der Zelle nicht mehr ändern. In toten Zeilen fand er mehrmals noch gut erhaltene Ölkörper. Der- selbe Autor zeigt weiter noch, dafs die Entstehung der Ölkörper von der Assimilation unabhängig ist, er kultivirte von den Jungermanniales Arten von Pellia, Lophocolea, Radula und Plagiochila fünf Monate lang in 0,2%, Knop’scher Nährlösung, untergetaucht und bei gänz- lichem Lichtabschlufs. Wie Pfeffer fand er Ölkörper in den neu- gebildeten Teilen und konnte er keine Veränderungen an den Öl- körpern der älteren Teile erblicken, und Kulturen von denselben Arten im Halbdunkel und ebenfalls in Knop’scher Nährlösung (0,2 °,) zeigten nach vier Monaten normalen Ölkörper. Das Gleiche gilt für Fossombronia angulosa, welche aus Sporen im Halbdunkel gezogen war. Stahl?) sieht in den Ölkörpern der Lebermoose Schutzorgane gegen Schneckenfrafs. Zum Schlusse will ich hier noch auf eine Eigenschaft der Öl- körper aufmerksam machen, welche aber erst bemerkbar wird, wenn bestimmte Änderungen in der Zelle stattfinden, nämlich die Molekular- bewegung der Öltröpfehen. Dieselbe zeigt sich nach Einwirkung von verschiedenen Reagentien, z. B. von verdünntem Alkohol, von Kali- lauge, Natriumkarbonat usw., und ist dann immer ein Zeichen be- 1) Pfeffer, Ölkörper, 1. c. pag. 42. 2) von Küster, l. c. pag. 28. 3) Stahl, Pflanzen und Schnecken. Jena 1888, 3ı* 464 . ginnender Desorgahisation. Aber auch durch andere Einflüsse tritt die Molekularbewegung ein. Wir werden hierauf noch zurückkommen. Hiermit ist das Hauptsächlichste unserer jetzigen Kenntnis der Ölkörper kurz zusammengestellt. Im folgenden werde ich meine Beobachtungen mitteilen und hoffentlich einiges daranfügen können. Entwicklungsgeschichte der Ölkörper. Wie schon einleitend erwähnt, gibt es über die Entstehung der Ölkörper drei Auffassungen: entweder entstehen sie durch Zusammen- fügung von zahlreichen, in der Zelle entstehenden Öltröpfchen (Pfeffer) oder das öl wird gebildet in Elaioplasten, welche sich durch Teilung vermehren und für metamorphosierte Chlorophylikörner gehalten werden [Wakker]!) oder auch das Öl entsteht in einem proteinartigen Stroma, das aber in jeder Zelle neugebildet wird, nicht fixiert werden kann und unfähig ist, sich zu teilen (von Küster). Hier mufs auch berücksichtigt werden eine beiläufige Bemerkung von Hieronymus?), wonach die Ölkörper von Calypogeia trichomanis in einer protoplasmatischen Hülle am Zellkern entstehen. ‚Augenscheinlich mufste es nicht schwierig sein, die Entwicklung der Ölkörper genau zu verfolgen. Wenn man namentlich junge Blätter aus der Nähe des Vegetationspunktes irgend welcher Art bei mittlerer Vergröfserung beobachtet, so zeigt sich immer ein Bild, das von Wakker schon beschrieben wurde. Er sagt®): „Bei Scapania und Radula gelingt es leicht, in der Nähe der Stengelspitze Blätter aufzufinden, an deren Spitze die Ölkörper schon völlig ausgebildet sind, während die Basalzellen noch keine Spur davon zeigen. An der Grenze zwischen diesen beiden Teilen finden sich die Entwicklungs- zustände. Bei Scapania treten sie ziemlich plötzlich als schlauch- förmige, scharfumgrenzte Organe auf, in welchen noch kein Öl zu sehen ist. Das nämliche geschieht an gleichem Orte bei Radula complanata. Hier ist alles wegen der Gröfse der betreffenden Teile viel besser zu beobachten. Die jüngsten Zustände zeigen sich hier als scharfumgrenzte, dunkelkonturierte Stellen, in denen sich kleine Tröpfchen, in lebhafter Molekularbewegung begriffen, zeigen. Mehr nach der Spitze des Blattes hin werden die Tröpfchen immer zahl- reicher, bis sie sich zuletzt als stellenweise zu grofsen Tropfen zu- sammengeflossen zeigen. Die Wand ‚hat sich einstweilen bis zum 1) Wakker, 1, c. pag. 487. 2) Hieronymus, Beiträge z. Morphologie und Biologie d. Algen. Cohns Beiträge Bd, 5 pag. 468. 3) Wakker, I, c. pag. 486. 465 doppelten Volumen gedehnt und ist weiter mit kleinen Tröpfehen dieht erfüllt. Die Kontur, welche bei den jüngsten Zuständen ziemlich unregelmäfsig ist, bekommt ihre gewöhnliche, öfters sehr regelmäfsige elliptische Gestalt und weitere Veränderungen treten nicht mehr ein.“ Einen fast vollkommen mit dieser Beschreibung übereinstimmenden Eindruck bekommt jeder, welcher frische, lebendige Präparate unter- sucht. Es ist mir aber bei meiner Untersuchung von 29 Arten deut- lich geworden, dafs lebendige Zellen in keinem Falle ein Bild liefern, das zu sicheren Resultaten führen kann. Das Protoplasma der Leber- mooszelle ist meistens wasserhell, so dafs nur in wenigen, günstigen Fällen der Zellinhalt genau sichtbar wird. Es gibt freilich Ausnahmen: so ist z. B. Jungermannia crenulata ziemlich geeignet für Unter- suchung in lebendigem Zustande, weil das Protoplasma hier zahlreiche, deutlich sichtbare Mikrosomen in sich einschliefst. Doch werden auch hier die am lebendigen Material gewonnenen Resultate wesentlich durch Beobachtung von fixiertem Material ergänzt. Zwar ist Pikrinsäure zur Fixierung der erwachsenen ölreichen Ölkörper ungeeignet und werden dieselben nach kürzerer oder längerer Zeit desorganisiert; für entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen ist jedoch eine konzentrierte "wässerige Pikrinsäurelösung sehr geeignet. Sie ist zu empfehlen vor allen anderen in der Literatur über die Öl- körper und Elaioplasten erwähnten Fixierungsmitteln. Die von mir hauptsächlich benützten Arten: Scapania nemorosa, Calypogeia trichomanis und Radula complanata verhalten sich der Hauptsache nach gleich, wie verschieden das Äufsere der Ölkörper dieser Pflanzen auch sein möge. Doch ziehe ich es vor, die Arten gesondert zu besprechen. Schneiden wir die Stengelspitze einer Pflanze von Scapania nemorosa ab und bringen wir dieselbe in Wasser oder in 10 proz. Zucker- lösung, so kann.dureh Andrücken und Verschieben des Deckglases ein Präparat hergestellt werden, worin alle Entwicklungszustände der Lebermooszelle zu finden sind. Die jüngeren Zellen sind sehr dünn- wandig und häufig noch in Teilung begriffen. Die jüngsten Zellen. eines noch sehr jungen Blattes zeigen deutlich die Anlagen der Chlorophylikörner, welche häufig die grüne Farbe schon zeigen. Übrigens bemerkt man zahlreiche kleine Tröpfehen, welche bisweilen zitternde Bewegungen ausführen. Bei Anwendung eines Immersions- objektives und bei günstiger Beleuchtung sieht man sehr schwach auch das Protoplasma. In ganz jungen Blättern zeigen alle Zellen den angegebenen Bau, etwas ältere Blätter zeigen an ihrer Spitze + 466 und an den Rändern die Anlagen der Ölkörper. Schon an diesem unfixier- ten und ungefärbten Präparate ist deutlich zu sehen, dafs die jungen ÖI- körper keine schlauchförmigen Gebilde sind, vielmehr sind es etwas unregelmälsig verbogene, wellige Gegenstände, welche meistens eine kon- vexe und eine konkave Seite besitzen. Sie zeigen eine dunkle, scharfe Kontur. In etwas älteren Zellen sind die Ölkörper getrübt, ihre Gestalt ist etwas weniger verbogen und unregelmäfsig, während noch ältere Zellen die vollständigen, von zahlreichen, gleich grofsen Öltröpfchen gefüllten Ölkörper von anscheinend ovaler oder ellipsoidischer Gestalt einschliefsen. Setzt man zu einem solchen Präparate konzentrierte Schwefel- säure hinzu, so findet eine allgemeine Quellung aller Teile statt, welche alsbald zur Desorganisation führt.) In den älteren Ölkörpern flielst das vorhandene Öl zu einem grofsen Tropfen zusammen, welcher weiter keiner Veränderung unterliegt. Die zahlreichen kleinen Tröpfchen, welche schon in den jüngsten Zellen zu sehen sind, quellen erst stark auf, um sich danach zu lösen. Sie bestehen also nicht aus Öl, und aus ihnen können gewifs die Ölkörper nicht aufgebaut werden. 2) Auch in den Ölkörper besitzenden Zellen finden sich diese Tröpfchen noch, wenn auch nicht immer in gleich grofser Zahl oder gleich deutlich. Bei Anwendung von 1proz. Ösmiumsäure zeigt sich der zunehmende Ölgehalt der Ölkörper durch den verschiedenen Grad der Bräunung. Die jüngsten Zustände bleiben ganz farblos, ebenso die soeben er- wähnten Tröpfchen. Bringt man ein Präparat.von sehr jungen Scapaniablättern in konzentrierte, wässerige Pikrinsäurelösung, so färbt sich alsbald der. Zellinhalt gelb und zugleich treten alle Einzelheiten deutlich hervor. Man darf die Pikrinsäure nicht länger als etwa eine Minute einwirken lassen, da sonst eine Desorganisation des Zellinhaltes eintritt, die zwar nicht sofort aber doch bald die Beobachtung stört. Im Pikrinsäurepräparat tritt der Zellkern, welcher im frischen Präparate kaum oder nicht bemerkbar war; deutlich hervor, er füllt fast die Hälfte der Zelle aus. In ganz jungen Zellen, hart am Vege- tationspunkte, ist das Übrige der Zelle meistens so dicht vom Proto- plasma gefüllt, dafs in den meisten Fällen eine Unterscheidung von etwaigen Einzelheiten auch bei stärkster Vergröfserung unmöglich ist. In etwas älteren Zellen ist der Zellkern meistens an. einer Seite der Zelle gelegen und macht sich eine grofse Vakuole bemerkbar, deren farbloser Inhalt sich deutlich vom gelben Plasma abhebt. 1) Wakker, l. c. pag. 483, . 2) von Küster, I, c. pag. 25. 467 In dem den Zellkern umgebenden Protoplasma zeigen sich nun, und zwar in vielen Zellen ganz deutlich, in anderen nur durch die ungünstige Lage unsichtbar, noch einige kleine, adventive Vakuolen. Ihre Zahl be- trägt in jungen Zellen etwa 83—5. In gefärbten Präparaten sind diese kleinen, adventiven Vakuolen meistens nicht leicht bemerkbar, nur in einigen mit Chromsäure fixierten und mit Gentianaviolett gefärbten Präpa- ratenkonnteich sie deutlicher alsin den Pikrinsäurepräparaten beobachten. Diese adventiven Vakuolen sind die jüngsten Zu- stände der Ölkörper. Sie werden aber erst deutlich bemerkbar, auch in frischen Präparaten, wenn die Vakuolenwand schon diejenigen Änderungen erlitten hat; welche die Vakuole in einem jungen Ölkörper verwandelt. Das Öl (oder wenigstens die Stoffe, welche in Öl über- geführt werden, worüber ich nicht näher berichten kann) wird von der Vakuolenwand ausgeschieden, während die Vakuolenwand es natürlich wiederum dem umgebenden Protoplasma entnehmen kann. Fig. 1. Randzelle eines Blattes von Scapania ne- j mOrOSQ. Erklärung im Fig.2. Zelle aus dem Blatte von Scapania nemorosa. Texte, Die weifsen Blasen sind die späteren Ölkörper. Fig. 1') stellt einen jungen Randzahn eines Scapaniablattes dar, gezeichnet nach einem Pikrinsäurepräparat. Hierin ist Y die normale Vakuole, welche in älteren Zellen den gröfsten Raum einnimmt. Die Chlorophylikörner C sind dunkelschraffiert (auch in den meisten übrigen _ Figuren), das Protoplasma ist punktiert, während die adventiven Vakuolen O, die späteren Ölkörper, weils gelassen sind. In der Mitte befindet sich der Zellkern K. Eine noch etwas ältere Zelle ist in ‘ Fig. 2 abgebildet. Hier war auch die Lage des Zellinhaltes eine andere. Die normale Vakuole ist hier nicht zu sehen, weil sie sich tiefer nach unten befindet; wir sehen vier adventive Vakuolen, wovon 1) Diese und die folgenden Figuren sind mit Hilfe der homog. Imm, 1/ıs von Leitz und !/,, von Reichert gezeichnet. 468 eine, die links untere, schon die Form annimmt, welche die ersten Zustände der Ölkörper kennzeichnet. Wie in den Pikrinsäurepräparaten deutlich zu beobachten ist, befinden sich die jungen Ölkörper immer in der Nähe des Zellkerns (Fig. 3); die konkav-konvexe Form, welche die jungen Ölkörper häufig zeigen, wird durch die Nähe des Zellkerns versursacht.: Bevor wir weiter auf die Vakuolennatur der Ölkörper eingehen, werden wir erst die Entstehung derselben bei Radula complanata beschreiben. Die erwachsenen Zellen der Blätter dieser Pflanze zeigen meistens einen einzigen (selten mehrere) grofsen Ölkörper, mitten in der Zelle gelegen. Im wandständigen Protoplasma befinden sich die Chloro- phylikörner, während der Ölkörper durch mehrere zarte Protoplasma- fäden aufgehängt ist. Die jüngsten Zellen zeigen ein Bild, das mit Fig. 3. Aus der Mitte eines jungen Scapania- Fig 4. Junge Zelle von Radula blattes. V Vakuole, O die sehr jungen Ölkörper, complanata. Erklärung im Text. C die Chlorophylikörner, K der Kern. dem der Scapaniazellen fast gänzlich übereinstimmt. Auch hier findet man nur einige winzige Tröpfchen, welche nicht aus Öl bestehen, während die Chlorophylikörmer schon deutlich bemerkbar sind. Läfst man Pikrinsäurelösung zu dem Präparate zutreten, so tritt Gelbfärbung ein und der grofse Zellkern tritt scharf hervor. In älteren Zellen bemerkt man die Vakuolen und zwar eine gröfsere und einige kleinere. Während nun bei Scapania die kleinen adventiven Vacuolen zu Öl- körpern werden, wandelt sich bei Radula die grolse Vakuole in einen. Ölkörper um, die kleineren Vakuolen wachsen aus und bilden die in. der erwachsenen Zelle vorhandenen Vakuolen, Die Vakuolennatur des jungen Ölkörpers bei Radula läfst sich durch abnormale Plasmolyse mit 25 proz. Eosinkalisalpeter!) deutlich 1) Wie schon von Wakker beobachtet, hat der Zellsaft der Lebermoose einen sehr hohen isotonischen Koeffizienten. 10 proz. Salpeter plasmolysiert gar nicht, abnormale Plasmolyse wird erst durch 25—30proz. Kalisalpeter verursacht. 469 machen. Werden ganz junge Blättchen in diese Lösung eingelegt, so zeigen einzelne Zellen deutlich abnormale Plasmolyse. Die meisten Zellen sind wahrscheinlich auch wohl abnormal plasmolysiert, aber es ist nicht möglich, die Vakuolen deutlich zu sehen. Dort, wo dies gelingt, sieht man die farblose, gespannte Vakuole und in einzelnen Fällen kann man dies auch bei den kleinen Vakuolen beobachten. Läfst man Pflänzchen von Scapania oder Radula in sehr verdünnter Methylenblaulösung, so färben sich die Zellwände schön blau, während in einzelnen Zellen auch der Inhalt der Vakuolen (auch des späteren Ölkörpers) sich schwach blau färbt. Das Protoplasma, der Zellkern und die Chlorophylikörner bleiben (wie auch in den meisten Zellen die Vakuolen!) ungefärbt. Beiläufig sei hier schon bemerkt, dals in einzelnen Zellen die Olkörper sich blau färben (zwar nicht das Öl in denselben). In Fig. 4 ist eine junge Radulablattzelle nach Pikrinsäurebehand- lung gezeichnet. K ist der Zellkern, C sind die Chlorophyllkörner, Y sind die jungen Vakuolen, welche später zu den normalen Vakuolen auswachsen, schliefslich bezeichnet O die Vakuole, welche sich im Ölkörper umwandeln wird. Fig. 5. Etwas älteres Stadium wie Fig.6. Ein noch älteres Stadium, Das Fig. 4. Öl fängt an sich zu bilden. Ein etwas späteres Stadium ist in den Figg. 5 und 6 abgebildet. In beiden Zellen sind die gewöhnlichen Vakuolen nur noch wenig gewachsen. Die junge Ölvakuole beginnt sich etwas unregelmäfsig zu gestalten, sie liegt dicht neben dem Zellkern. In noch älteren Zellen werden die Umrisse des jungen Ölkörpers dunkler und schärfer, zugleich wird die Oberfläche runzlig. Das Öl beginnt sich jetzt deutlich zu bilden; Osmiumsäure bräunt den Inhalt. Wie bei Scapania wachsen die Ölkörper nach diesem Stadium schnell aus zum kompletten Zustande. Schliefslich werden wir die Entstehung der Ölkörper von Caly- pogeia trichomanis besprechen. Die Ölkörper dieser Art sehen aus 470 wie komponierte Stärkekörner oder wie perlschnurartige Reihen von hellen Öltropfen. Pfeffer meint 1), dals bei Alicularia, dessen Öl- körper zwar nur aus wenigen „Teilstücken“ bestehen, die Ab- scheidungen zwischen den Teilen membranartig sind und von gleicher Beschaffenheit wie die nach Alkoholbehandlung zurückbleibende Hülle. Ich mache hier diese Bemerkung, weil die Meinung, dafs die Zwischen- streifen membranartig sind, wahrscheinlich bei Alicularia oder Caly- pogeia entstanden ist, Das Bild einer mit Pikrinsäurelösung behandelten Zelle stimmt wiederum mit dem einer Scapaniazelle überein. Wir sehen eine grofse Vakuole und den meistens an einer Seite gelegenen Zellkern. Einige kleine Vakuolen in der Nähe des Zellkerns verwandeln sich später in Ölkörper. Wahrscheinlich hat Hieron ymus dies auch beobachtet und hat seine Anmerkung in seiner zitierten Arbeit hierauf Beziehung, Fig.7. Junge Zelle von Calypogeia Fig. 8, Älteres Stadium einer Zelle von trichomanis. V Vakuole, C Chloro- Calypogeia., O die jungen Ölkörper in phylikörner, O die jungen Ölkörper, drei verschiedenen Entwicklungsstadien, Fig. 7 zeigt uns eine solche junge Zelle von Calypogeia. In Fig. 8 ist ein älteres Stadium gezeichnet. In der Bildebene befanden sich drei Ölkörper in verschiedenen Entwieklungszuständen. Das Öl tritt in den jungen Ölkörpern sofort in grofsen Tropfen auf, wodurch sie direkt das Aussehen komponierter Stärkekörner erhalten, freilich sind die jüngsten Ölkörper.häufig viel mehr „zusammengesetzt“ als die älteren. Diese bestehen meistens aus ziemlich wenigen Teilstücken. Dafs die Ölkörper der Jungermanniales Vakuolen sind, kann uns eigentlich nicht wundernehmen. Es ist schon längst bekannt, dals unter dem Begriffe „Vakuole“ sehr verschiedene Gebilde zu verstehen sind, welche aber darin übereinstimmen, dafs sie von einer lebendigen, autonomen Wand, dem Tonoplasten, umgeben sind und 1) Pfeffer, 1. c. pag. 21, * 471 - dafs die Eigenschaft des Tonoplasten bestimmend auf den Inhalt der Vakuole wirkt. So kennt man Eiweils-, Gerbstofl-, Farbstoff-, Gas- | und Kristallvakuolen, während jede Vakuole, welche in dieser Richtung nicht einseitig ausgebildet ist, doch Stoffe verschiedenster Art auf- speichern kann. Dafs auch nicht alle Vakuolen in einer Zelle in . dieser Hinsicht gleich sind, ist schon ohne chemische Mittel bisweilen deutlich bemerkbar, z. B. durch verschiedene Färbung des Zellsaftes. !) Bei einigen Pflanzen findet man gerbstofführende und gerbstoffreie : Vakuolen nebeneinander in einer Zelle. Dafs also auch von den in einer Zelle enthaltenen Vakuolen einige ölhaltig werden und andere : nicht, ist nicht etwas ganz Besonderes. Bis jetzt wurde angenommen, dafs die Bildung von fettem Öl im Protoplasma stattfinde und zwar, wie in den Samen an beliebigen Stellen oder wie in den anderen Fällen in protoplasmatischem Stro- mata, den Elaioplasten. ?) Ich will hier die Elaioplasten, wie sie aus zahlreichen Pflanzen bekannt geworden sind, nicht weiter besprechen, weise nur darauf hin, dafs Raciborski°) Elaioplasten und Tonoplasten als homologe ' Organe auffafst (von denen er zwar meint, dafs sie sich nur durch Neubildung vermehren können). Während Wakker die Ölkörper zu den Elaioplasten rechnet, gibt von Küster‘) in seiner Arbeit eine Vergleichung zwischen diesen Gebilden und kommt dann zu dem Schlufs, dafs zahlreiche Differenzpunkte bestehen. Das hauptsächlichste ist wohl, dafs bei den Elaioplasten ein protoplasmatisches Stroma mit deutlicher Protein- , reaktion fixiert und isoliert werden kann, während ein solches Stroma von von Küster zwar angenommen, aber nicht fixiert und auch nicht isoliert werden kann. Er stützt sich dabei auf die Färbung mit Gentianaviolett von mit Osmiumsäure fixierten Ölkörpern; die braunen oder schwarzen Öltropfen liegen dann in einer violetten Masse ein- gebettet. Etwas ähnliches kann man, wie schon erwähnt, u. a. bei Scapania erzielen durch Eintragen von Blättern oder ganzen Pflanzen in Methylenblaulösung. Der Raum zwischen dem Öltröpfehen ist dann blau gefärbt, alles übrige in der Zelle ist ganz oder fast ganz farblos. 1) Vgl. z. B. Went, Die Vermehrung der Vakuolen durch Teilung. Pringsh. Jahrb. Bd. 19 pag. 295 ff. und insbesondere pag. 347, 348. 2) Wakker, l. c. pag. 492, 3) Raciborski, Über d. Entwicklungsgesch. d. Elaioplasten d. Liliaceen, Anzeiger d. Akad, d, Wissensch. in Krakau 1893. 57. pag. 259 d. Separatabdrucks. 4) von Küster, I, c. pag. 29 ff, 472 Nelımen wir weiter an, dafs das Stroma von Küsters nicht fixierbar und isolierbar ist, dafs nach Lösung des Öls nur eine Hülle übrig bleibt und von einer Struktur innerhalb dieser Hülle nichts zu sehen ist!), dafs weiter die Zwischensubstanz nur sehr undeutliche Proteinreaktion gibt, so scheint mir die Annahme eines festen Stromas nicht gerechtfertigt. Vielmehr komme ich auf Grund der von Pfef- fer, Wakker und von Küster angegebenen Reaktionen zu dem Schlufs, dafs die Zwischensubstanz der Ölkörper eine zähe Flüssig- keit ist, welche auch Eiweilsstoffe enthält. . - Wenn aber die Ölkörper Vakuolen sind, so müssen sie von einer eigenen Wandung umgeben sein. Wir besprechen dies zugleich mit der Lage der Ölkörper in der Zelle. ü Die Lage der Ölkörper in der Zelle und ihre Wandung. Wer die Ölkörper in lebendigen Zellen beobachtet, kommt leicht zu der Meinung, dafs sie im Zellsaft liegen. Wakker?) konnte durch abnormale Plasmolyse mit 20proz. Eosinsalpeter zeigen, dafs sie immer Fig. 9. Zelle von’ Lepidozia reptans. Fig. 10. Alicularia scalaris. Eine Zelle Nach Jodjodkaliumbehandlung, mit Alkoholjodlösung behandelt. im Protoplasma gelegen sind. Auch von Küster teilt diese Meinung und verteidigt sie gegenüber den von Pfeffer gemachten und schon früher erwähnten Bedenken. Die Entstehung der Ölkörper im Proto- plasma steht jedenfalls fest. Nehmen wir aber an, dals die Ölkörper Vakuolen sind, so müfsten sie im jüngsten Zustande vom Tonoplasten umgeben sein, und diese Wandung mufs sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch später erhalten. - 1) Pfeffer, 1. c. pag. 6 beobachtete einmal ein Erhaltenbleiben der Zwischensubstanz nach Alkoholbehandlung bei Alicularia scalaris. 2) Wakker, l. c, pag. 482, 483. 473 Von allen 29 von mir kultivierten Spezies habe ich Blätter mit Bezug auf die Lage der Ölkörper untersucht, und zwar sowohl frisch wie nach Behandlung mit Alkohol, alkoholischer Jodlösung, Jodjod- kalium und alkoholischer Cyaninlösung. Es zeigen sich dann die Öl- körper deutlich an Protoplasmafäden aufgehängt. In allen Fällen zeigen sich diese Protoplasmafäden nach Einwirkung von Reagentien, in einigen Fällen wie z.B. bei Jungermannia crenulata auch im frischen Zustande, weil die Protoplasmafäden hier zahlreiche, in zitternder Be- Fig. 11, Zelle von Ptilidium ciliare. Die - Fig. 12, Etwas jüngere Zelle alsFig. 11 dunklen Körper sind Chlorophylikörner. mit komponierten Ölkörpern. wegung begriffene Mikrosomen einschliefsen. Läfst man auf das Prä- parat Reagentien einwirken, wodurch das Öl gelöst wird, so bekommt man netzartige Bilder, worin es bisweilen nicht einmal leicht ist, die Hüllen der Ölkörper von den protoplasmatischen Anhängefäden zu unter- scheiden. Benützt man starken Alkohol’ oder eine starke alkoholische Jodlösung, so kann es mitunter stattfinden, dafs einige oder mehrere Anhängefäden wahrscheinlich durch die schnelle Wasserentziehung reifsen. Man bekommt dann Bilder wie z.B. in Fig. 9 für Lepidozia reptans, in Fig. 10 für ein älteres Blatt von Alicularia scalaris ange- geben ist. Wird das Öl nicht so schnell entfernt, so bekommt man ‚Bilder wie in Figg. 11 und 12 für Plidium ciliare, in Fig. 13 für ein ganz junges Blatt von Alicularia, in Fig. 14 für Jungermannia 474 wa erenulata, in Fig. 15 für Frullania dilatata und in Fig. 16 für ein älteres Alicularia-Blatt gezeichnet worden ist. Die Ölkörper sind in allen von mir untersuchten Fällen an verschiedenen Seiten mit dem wandständigen Protoplasma verbunden und in den meisten Fällen be- kommt man den Eindruck, dafs sie nicht allseitig frei von der Vakuole umgeben, sondern an einer Seite dem wandständigen Protoplasma genähert sind. Fig.13. Junge Zelle von Alicularia Fig. 14. Zelle von Jungermannia cere- nach Behandlung mit alk. Jodlösung, nulata nach Alkoholbehandlung. Fig. 15. Zelle von Frullania dilatata Fig. 16. Zelle von Alicularia scalaris nach Jodjodkaliumbehandlung. mit Jodjodkalium behandelt. Ich vermag nicht anzugeben, wann und wie das protoplasma- tische Netz, das die Ölkörper aufnimmt, gebildet wird. Das Material eignet sich niemals zu entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen dieser Art. In weitaus den meisten Fällen aber schwindet das Netz, wenn man genau auf den optischen Querschnitt einstellt, um, wenn auch undeutlicher, bei tieferer Einstellung wieder hervorzutreten. Meiner Ansicht nach liegen denn auch die Ölkörper nicht etwa mitten 475 in der Vakuole, sondern, vielleicht mit Ausnahme von Radula com- planata, ziemlich oberflächlich. Wenn die Ölkörper eigentlich nur metamorphosierte Vakuolen sind, so müssen sie wie jede andere Vakuole auch eine eigene Wand haben. Die Frage nach dieser Wand wäre als gelöst zu betrachten, wenn man die nach Einwirkung von Alkohol usw. überbleibende Hülle ‚ mit Pfeffer als solche erblicken wollte. von Küster jedoch hält diese Hülle, wie schon einleitend gesagt, für ein Kunstprodukt und , stützt diese Meinung auf die Tatsache, dafs er die Hülle in leben- | digem Zustande nicht beobachten konnte und sie nur nach Einwir- kung von Reagentien oder nach physikalischen Eingriffen entstehen sah. Weiter beobachtete er wie Pfeffer bei einigen Arten doppelte Hüllen, wenn er den Rückstand einer Lösung des Öls in schwachem Alkohol in starkem Alkohol löste. t Diese letzte Beobachtung führt gewifs zu der Annahme, dafs auch die erste äufsere Hülle nur als Niederschlagsmembran oder Gerinnungsmembran aufzufassen sei; die Tatsache aber, dafs eine Membran der Ölkörper nicht beobachtet werden konnte, beweist noch nicht, dafs sie nicht bestehe. Es ist nicht schwierig, das Auftreten der Hülle durch Druck (auch durch Erhitzen) z. B. bei Radula zu beobachten. Werden er- wachsene Blätter auf einem Objektglase in Wasser gelegt und das Deckglas fest aufgedrückt, so tritt Hüllenbildung ein. Zwar sind “die gebildeten Hüllen äufserst zart, doch sind sie deutlich zu beob- ‚ achten. Die Tatsache des Auftretens von Hüllen durch Druck be- weist, dafs die Hülle jedenfalls nicht als Gerinnungsmembran, sondern als Niederschlagsmembran aufzufassen ist. Der Niederschlag entsteht ‘ durch Austreten von Stoffen aus dem Ölkörper in den Zellsaft, welcher bei allen Arten mehr oder weniger gerbstoffreich ist; und da die Flüssigkeit zwischen den Öltropfen im Ölkörper jedenfalls Eiweifs- stoffe enthält, würde die gebildete Hülle aus gerbsaurem Eiweils be- stehen können, was durch die Reaktionen nicht widersprochen wird. Auch wenn die Hülle durch Alkohol usw. gebildet wird, ist sie meiner Meinung nach eine Niederschlagsmembran, entstanden durch Wechsel- wirkung von Stoffen aus dem Ölkörper und dem Zellsaft. Die Hüllen entstehen, wie gesagt, immer nur durch gewisse physikalische oder chemische Eingriffe, welche schädigend oder tötend auf die lebendige Substanz einwirken. In ganz unbeschädigten Zellen entstehen die Hüllen nicht, Das kann nur daher .rühren, dafs eine lebendige Abscheidung zwischen Ölkörper und Vakuole da ist, welche 476 die Wechselwirkung der Stoffe zwischen ‚beiden Organen verhindert. Nur wenn diese Abscheidung getötet ist, oder auch wenn durch Ge- walt ein Übertreten der Stoffe aus dem Ölkörper in die Vakuole erzeugt wird, treten die Hüllen auf. Diese lebendige Abscheidung zwischen Ölkörper und Vakuole ist einerseits der Tonoplast der normalen Vakuole, andrerseits eine Wandung, welche sich aus der Vakuolenwand des jungen Ölkörpers entwickelt hat. Vielleicht wird man meinen, dafs diese „doppelte“ Wand denn doch etwas sichtbar zu machen sein müfste. Man kann aber auch die Vakuolenwand nicht sichtbar machen (nur indirekt durch abnor- male Piasmolyse), auch ist z. B. die Kernwand meistens nur unter sehr günstigen Bedingungen zu sehen. Vielleicht auch wird die Wandung der Ölkörper durch die verschiedenen Reagentien s0 an- gegriffen, dafs sie nach Lösung des Öls nicht mehr zurückbleibt, sondern von den austretenden Öltropfen und das Lösungsmittel. mitgerissen wird. Pfeffer!) beobachtete, dafs wasserentziehende Mittel die Öl- körper verkleinerten, und da/s damit häufig auch Formänderungen verknüpft waren. Auch ich habe das bei mehreren Arten mit grolsen Ölkörpern beobachten können. Die Ölkörper lassen sich also gleich- sam plasmolysieren. Konnte auch hier eine abnormale Plasmolyse hervorgerufen werden, so wäre damit die Frage nach der eigenen Wand zu erledigen. Da aber der ganze Zellinhalt bei der Plasmolyse zusammenschrumpft, ist die wahre Sachlage nicht deutlich und sicher zu ermitteln, Bemerkenswert ist jedenfalls die auch von von Küster?) beobachtete Tatsache, dafs bei abnormaler Plasmolyse mit Eosinsal- peter zwar das Protoplasma rot gefärbt wird, nicht aber die Zwischen- substanz der Ölkörper. Dies beweist, dafs die lebendige Wand der Ölkörper gleichwie die Vakuolenwand nicht beschädigt wurde. Im allgemeinen glaube ich, dafs die Beobachtungen das Vorhanden- sein einer Wand wahrscheinlich machen; das Einzige, freilich Wichtige, was dagegen spricht, ist, dafs man dieselbe bis jetzt nicht mit Sicher- heit zu sehen bekommen kann. Die Bewegungserscheinungen in den Ölkörpern. Völlig normale und intakte Ölkörper zeigen keine oder doch. nur äufserst geringe Änderungen an ihrem Äufsern.®) Ihre Lage in 1) Pfeffer, 1. c..pag. 19, 20. 2) von Küster, 1. c. pag. 17. 3) Wakker hat z. B. in seiner Beschreibung der jungen Ölkörper (l. c. pag. 486, zitiert in dieser Arbeit) solche beobachtet, welche durch die Präparation 477 der Zelle bleibt stundenlang ungeändert, auch in ihrem Innern sind keine Veränderungen zu sehen. Doch gibt es Umstände, welche vielleicht in der Natur nur selten oder fast niemals vorkommen, aber welche vom Experimentator gegeben werden können, wodurch Änderungen wenigstens bei einigen Arten auftreten. Wir werden hierauf noch zurückkommen (pag. 468). Innerhalb des Ölkörpers führen die Öltröpfehen nach chemischen oder physi- kalischen Eingriffen Bewegungen aus, am häufigsten die Molekular- bewegung. Die Molekularbewegung der Öltröpfchen, welche bei allen Arten zu beobachten ist (bei einigen mit anscheinend homogenen Öl- körpern, wie Alicularia u. a. nach vorhergehendem Zerfall der Ölmasse in zahlreichen Tröpfehen) ist meistens die erste Andeutung angefangener Desorganisation. In älteren Blättern findet man neben abgestorbenen Zellen solche, welche im Absterben begriffen sind und darin bisweilen (nicht immer) Ölkörper mit Molekularbewegung der Öltröpfchen. Die Erscheinung tritt immer ein, wenn der Ölkörper viel Wasser auf- nimmt, also wenn man es in reinem Wasser und im allgemeinen in eine Lösung bringt, die, ohne zu töten, in ihren isotonischen Koef- fizienten stark vom Zellsaft abweicht. Freie Ölkörper, welche aus einer Zelle ausgefallen und ins Wasser geraten sind, zeigen daher immer nach kurzer Zeit die Molekularbewegung in ihrem Innern. Die Einwirkung vieler Chemikalien in verdünnter Lösung hat ebenfalls diese Erscheinung zur Folge, dann aber meistens nach vorher- 'gehender Spaltung oder Zusammenfliefsung der vorhandenen Öl- tröpfehen; geht die Einwirkung des Reagens so weit, dafs der ÖL- körper desorganisiert wird, dann setzt sich die Molekularbewegung der Öltröpfehen im Zellsaft fort. Die Bewegung der Tröpfchen stellt sich, wie auch von Küster beobachtete, nach Druck ein bei Radıula complanata. Dasselbe gilt für andere Arten; die Ölkörper sind bei diesen aber so viel kleiner, dafs die Erscheinung schwieriger auszulösen ist. Die Möglichkeit der Molekularbewegung innerhalb des Ölkörpers beweist meiner Meinung nach, dafs, wenn sie auch nur nach Aufnahme von Wasser eintritt, die Zwischensubstanz der Ölkörper . nicht fest ist. Ich will hier nicht unerwähnt lassen, .dals die Mole- kularbewegung schon bei äufserst geringer Erwärmung schneller wird. Es gibt noch eine andere Erscheinung, welche für die flüssige oder halbflüssige Natur der Zwischensubstanz spricht; dieselbe ist aber nur bei Arten mit gröfseren Ölkörpern, etwa Radula oder Al- gelitten hatten. In jungen, intakten Ölkörpern findet niemals Molekularbewegung statt, wie auch von Küster erkannte. - Flora 1903. . j 32 478 cularia zu beobachten. Sucht man in einem Radulablatte eine Zelle aus mit einem Ölkörper, das eine oder mehr gröfsere Öltropfen ent- hält, so kann man durch einseitigen Druck auf die Zelle, z. B. mit einer Präpariernadel von geeigneter Form, bewirken, dafs die gröfseren Öltropfen nach der anderen Seite des Ölkörpers gedrängt werden. Dies geschah ohne grofse Formänderung des Tropfens. Die Beob- . achtung muls bei mittlerer Vergröfserung gemacht werden und ist daher immer schwierig, weil eine richtige Handhabe der Präparier- nadel nicht leicht gelingt. Ich habe auch versucht, Deckglassplitter u. a. mit unter das Deckglas zu legen; es gibt dann wohl immer einige Zellen, welche zur Hälfte von diesen Splittern bedeckt sind. Doch machen die Lichtbrechungserscheinungen an den Rändern der Splitter die Beobachtung so gut wie unmöglich. Mit Hilfe einer Präpariernadel ist es mir aber einige Male gelungen, ein libellen- artiges Hin- und Herspielen eines gröfseren Öltropfens innerhalb eines Ölkörpers zu beobachten. Die Vermehrung der Ölkörper. Die Ölkörper teilen sich nicht, ebensowenig wie z. B. die Aleu- ronkörner. Doch sind darum die Aleuronkörner noch nicht als Neu- bildungen in der Zelle zu betrachten; sie haben sich als Vakuolen von Zelle zu Zelle vermehrt. Ebenso die Ölkörper. In normalen Fällen teilen sich die Zellen, welche schon gut ausgebildete Ölkörper enthalten, nicht mehr. In den ganz jungen Zellen, welche sich noch energisch teilen, sind aber die Ölkörper nur noch als Vakuolen enthalten und es ist seit den Untersuchungen Wents genügend bekannt, dafs die Vakuolen der beiden Töchter- zellen durch Teilung derjenigen der Mutterzelle entstehen. Überdies können sich die Vakuolen in jeder Zelle noch teilen; die beiden Töchterzellen brauchen daher später nicht gleich viele Ölkörper zu enthalten. Ich habe die Zellteilung beobachtet bei Alicularia scalaris, einer auch zur Untersuchung der Entwicklungsgeschichte der Ölkörper sehr. geeigneten Art. Die Zellteilung findet hier, wie bei den meisten Leber- ‚moosen, hauptsächlich abends und über Nacht statt. Stellt man die Pflanzen kalt (in einem von Eis umgebenen Glasgefäls), so kann man aber die Zellteilung am folgenden Tage beobachten. In ‘zwei Fällen habe ich die Teilung der kleinen Vakuolen direkt beobachten können; in allen anderen Fällen war jedoch (nach Behandlung mit gesättigter wässeriger Pikrinsäurelösung) eine Vermehrung der Vakuolen zu sehen. 479 Es ist möglich, dafs in einer Zelle, welche ursprünglich eine bestimmte Zahl Ölkörper einschliefst, später mehrere auftreten. In den meisten Fällen erhält man den Eindruck, dafs die beigekommenen Ölkörper die Stelle des alten Ölkörpers vertreten müssen, denn dieses zeigt meistens mehr oder weniger weitgehende Änderungen, welche auf Desorganisation hinweisen. Bei Radula beobachtet man dies am leichtesten, ich sah es übrigens auch bei Alicularia. Die meisten Radulablattzellen enthalten nur einen Ölkörper, an den Rändern der Blätter findet man aber sehr häufig Zellen, welche deren 2—3 ein- schliefsen. Bisweilen sind .nur die beiden oder die drei ‚Ölkörper einander gleich; meistens ist eines oder sind zwei merklich kleiner und mehr kugelförmig, während der gröfste Ölkörper häufig runzelig, unregelmälsig geformt oder gar halb oder ganz desorganisiert ist. Fig. 17. Ein Ölkörper von Radula Fig. 18. Zwei „verwachsene“ Ölkörper complanata mit seitlichem Auswuchs. von Alicularia minor, Ich bin nicht imstande anzugeben, unter welchen Umständen die „adventiven* Ölkörper entstehen, jedenfalls geschieht dies schon früh, wenn die Ölkörper des Blattfulses noch in ihrer Entwicklung begriffen sind. Zellen mit mehreren Ölkörpern findet man bei Radula meistens in Reihen oder Gruppen. In einem Falle sah ich die in Fig. 17 abgebildete Knospung; etwas ähnliches für Alicularia minor (aus einem Blatte aus der Nähe des Calyx) zeigt Fig. 18. Hier sind gleichsam zwei Ölkörper verwachsen, sie sind schon zu Ölkörpern ausgewachsen bevor die Trennung der Töchterhälften einer Mutter- vakuole sich ganz vollzogen hatte. Zum Schlufs wollen wir kurz erwähnen, dafs dort, wo sekundäre Meristeme sich bilden, die Zahl der Ölkörper immer eine gröfsere als die gewöhnliche ist. von Küster sah dies schon bei der Ent- wicklung der Brutknospen von Radula; ich konnte es bei derselben Pflanze und überdies bei Alicularia und Scapania beobachten, wenn durch irgendwelche Ursache nachträgliche Teilungen in einer Blatt- fläche auftraten. Willkürlich, wenn auch nicht immer sicher, konnten diese sekundären Teilungen hervorgerufen werden durch Einschneiden 32* 480 des Blattrandes und Auflegen der verwundeten Blätter auf feuchte Rindenstückchen. Häufig tritt dann in der Nähe der Wunden Zell- teilung ein, später bilden sich häufig Brutknospen, bisweilen Rhizoiden, welche bei Radula an den Blättern vorkommen. Bei diesen Teilungen entstehen Zellen mit 4—7 kleinen Ölkörpern. Die Untersuchung von Pikrinsäurepräparaten zeigte, dafs in diesen Fällen immer auch ur- sprünglich mehrere Vakuolen da waren. Die Bedeutung der Ölkörper. Mit einigen Worten will ich dieses Thema berühren, leider kann ich dem einleitend Gesagten kaum etwas zufügen. Ich kultivirte 29 Arten und habe viele davon unter den verschiedensten Bedingungen gezogen. Weder reichliche noch schwache Düngung des Bodens, weder Über- flufs noch Armut oder Mangel an Stickstoff- oder Kaliumverbindungen üben auf den Ölkörper Einflufs aus. Licht oder Finsternis, Dürre oder Feuchtigkeit, Wärme oder Kälte, alles ist einerlei. Die Pflanzen ändern ihr Äufseres unter diesen verschiedenen Bedingungen, sie zeigen sich sogar sehr plastisch, aber die Ölkörper bleiben unverändert, die neu entstandenen sehen aus wie die, welche unter ganz anderen Be- dingungen sich entwickelt hatten. Auch Pfeffer und von Küster haben dies bemerkt und es ist daher wahrscheinlich, dafs Pfeffer recht hatte, als er das Öl in diesem Falle als Exkret betrachtete, welches vielleicht nur die von Stahl angegebene biologische Bedeutung hat. Über die Stoffwechselprozesse, welche die Bildung des Öls in den Ölvakuolen verursachen, wissen wir bis jetzt noch nichts. . Eine vereinzelte Beobachtung will ich noch mitteilen. Ich habe Alicularia scalaris absolut feucht und dunkel kultivirt; die Ölkörper dieser Pflänzchen waren granuliert, das Öl war in kleinen und grofsen Tropfen verteilt, etwa wie bei Radula. Dies ist auch der einzige Fall, dafs ich eine deutliche Abweichung vom Typus habe konstatieren können. Werden Alicularia-Pflanzen von Pilzen befallen, so werden die Ölkörper desorganisiert. Sie teilen sich dabei in zahlreiche kleinere, statt 2—5 findet man häufig 10—18 Ölkörper. In allen Fällen runden sie sich ab und sehen öfter gewöhnlichen Vakuolen ähnlich. Das Vorkommen der Ölkörper bei den verschiedenen Arten. Wie Pfeffer und von Küster nachwiesen, kommen die Öl- körper bei einer Art, welche überhaupt solche besitzt, in allen Teilen vor, nur normalerweise nicht, wie Pfeffer für Lophocolea angibt und 481 ich auch bei Calypogeia und Jungermannia albicans sah, in den Rhizoiden. Ich war bisher nicht in der Lage, Sporen in gröfserer Zahl zu unter- suchen, glaube aber, dafs ihnen die Ölkörper fehlen. In den Brut- körnern von Aneura, Jungermannia exsecta und ventricosa, Lophocolea heterophylla, Calypogeia trichomanis, Sarcoscyphus Funcki kommen sie aber vor, ebenso in den Brutknospen von Radula complanata, hier aber, wie wir gesehen haben, in gröfserer Zahl. Bei allen von mir untersuchten Arten waren die Ölkörper im Stengel pro Zelle zahlreicher, meist auch kleiner als in den Blättern, bei Radula z. B. führt jede Stengelzelle bis acht, in einzelnen Fällen sogar bis zwölf Ölkörper. Stellen wir die Arten der Jungermanniales zusammen, für welche Gottsche, Pfeffer, von Küster oder ich das Vorkommen oder Fehlen von Ölkörpern konstatiert haben, so bekommen wir folgende - Übersicht: a) mit Olkörpern !): *Sarcoseyphus Funcki. *Lophocolea heterophylla. * » Ehrharti. * „ minor. *Alicularia scalaris. Chiloseyphus polyanthus var. rivu- * oz minor. laris. Plagiochila asplenioides. *Oalypogeia trichomanis. *Scapania irrigua. *Lepidozia reptans. =, nemorosa, Mastigobryum trilobatum. *Jungermannia albicans. Trichocolea tomentella. * » exsecta. *Ptilidium eiliare. * v crenulata. Lejeunia serpyllifolia. * n hyalina. y calcarea. * » inflata. *Madotheca platyphylla. * " ventricosa. *Prullania dilatata. n ineisa. “oo, tamarisci. n sphaerocarpa. Fossombronia angulosa. » Müilleri. *Pellia epiphylla. * » attenuata, * „ calycina. » quinquedentata. *Aneura multifida. * trichophylla. „ Palmata. *Lophocolea bidentata. 1) Die mit * versehenen Arten habe ich in Kultur und untersucht. 482 b) ohnu Ölkörper: Jungermannia Michauxii. Jungermannia setacea, * » divaricata. *Moctzgeria furcata. * „ bicuspidata. „ pubescens. * n connivens, In systematischen Arbeiten findet man die Ölkörper entweder gar nicht oder nur beiläufig erwähnt.!) ‘Wenn auch von geringerem diagnostischen Wert, können die Ölkörper doch hin und wieder Dienste leisten. So kommen z. B. von Sarcoscyphus Funckii äulserst zarte Formen vor, welche von Jungermannia divaricata fast nicht zu unterscheiden sind; erstere hat aber immer Ölkörper, letztere nicht, Auch einige verwandte oder ähnliche Arten können auch durch ihre Olkörper unterschieden werden. So hat Jungermannia trichophylia ‘ Olkörper, Jungermannia setacea nicht, Alicularia scalaris hat homogene Olkörper, Alicularia minor solche, welche emulsioniert scheinen, wie diejenigen von Radula. Eigentümlich ist noch, dafs die grofsen Rand- zellen der Blätter von Jungermannia crenulata keine Ölkörper ein- schliefsen. Ebenso fehlen sie den „Oberhautzellen“ von Aneura. Im allgemeinen kann eine Beschreibung eines Lebermooses leicht durch die Beschreibung der Ölkörper komplettiert werden, da eine genaue Bestimmung doch mikroskopische Untersuchung fordert. Zusammenfassung. 1. Die Ölkörper der Jungermanniales entstehen aus Vakuolen. 2. Die Öltröpfehen liegen wahrscheinlich in einer halbflüssigen Zwischen- substanz. 3. Die Ölkörper besitzen eine eigene Wandung, den ursprünglichen Tonoplasten. 4. Die Ölkörper vermehren sich in jungem Zustande durch Teilung; sind sie einmal ausgebildet, so bleiben sie unverändert. 5. Die Hülle der Ölkörper ist ein Kunstprodukt und besteht wahr- scheinlich aus gerbsaurem Eiweifs, 6. Die Möglichkeit einer Bewegung der Öltröpfehen innerhalb des Olkörpers ist ein Beweis für die Halbflüssigkeit des Inhalts. 7. In sekundären Meristemen entstehen immer mehrere Ölkörper. 1) Die grofse Lebermoosflora von Grofsbrittennien und Irland von Pearson habe ich nicht einsehen können. Die Variabilität von Paris quadrifolia L. in der Umgebung von St. Gallen. Von Paul Vogler (St. Gallen). Die Wälder in der Umgebung der Stadt St. Gallen sind aufser- ordentlich reich an Paris quadrifolia. Jedem Spaziergänger fällt aber auf, dafs hier die Einbeere so häufig 5 oder gar 6 Blätter besitzt. Bei gröfserer Aufmerksamkeit wird er auch finden, dafs die nor- male Vierzahl der Blütenteile ebenfalls oft gestört ist. Solche Be- obachtungen weckten in mir die Vermutung, es könnte hier neben der normalen Art eine 5zählige Rasse oder Halbrasse vorhanden sein. Um zu einer Entscheidung zu gelangen, liefs ich durch einige Schüler melmere grofse Sträufse von Paris sammeln und zählte die- selben, da Schülerzählungen nie ganz zuverlässig sind, selbst aus und zwar: Blätter, Kelch, Krone, Staubgefäfse und Griffel (resp. Carpelle) insgesamt an 1200 Exemplaren. Die Resultate meiner Zählungen be- stätigten zwar meine erste Vermutung nicht, zeigten aber doch einige andere Gesetzmäfsigkeiten, die nicht ohne Interesse sein dürften. Ich stelle sie im folgenden kurz zusammen als kleinen Beitrag zur Lehre von der Variation der Pflanzenorgane. 1. Die Variation der einzelnen Kreise. Wenn wir zunächst keine Rücksicht nehmen auf eventuelle ge- genseitige Abhängigkeit der einzelnen Organkreise, so ergeben sich folgende Zahlen: 3 4 5b 6 Blätter: _ 919 255 26 Kelchbl.: 3 1119 75 3 Kronbl.: 3 1140 57 _ Griffel: 3 1143 54 _ 6 7 8 9 101 1 12 Staubgef.: 2 ı 126 13 56 1 1 Berücksichtigen wir nur die normalerweise 4zähligen Kreise: Blätter, Kelchbl., Kronbl., Griffel, so tritt deutlich eine Abnahme der Variation hervor. Während bei den Blättern noch 281 Exemplare von der Norm abweichen, sinkt die Zahl der Abnormalen bei den Kelchbl. auf 81, den Kronbl. auf 60 und den Griffeln auf 56. Bei 484. den Blättern fehlen die Varianten mit 3, bei Kronblättern und Griffeln dagegen diejenigen mit 6. Schon daraus ergibt sich, dafs eine durch- gehende Korrelation ‘der verschiedenen Kreise nicht vorhanden ist, Der Staubgefäfskreis fällt mit seinen 74 abnormalen scheinbar aus der Reihe heraus; die Zahl sollte zwischen 56 und 60 liegen. Dabei ist aber zu bedenken, dafs von vornherein bei einem 8zähligen Kreis die Wahrscheinlichkeit der Variabilität gröfser ist, als bei einem nur 4zähligen. Das Verhalten dieses Kreises steht also nicht in direktem Widerspruch zu dem aus diesen Zahlen zu ziehenden Schlufs: die Variation nimmt gegen die Spitze ab. Unter den 1200 Exemplaren fand ich eines mit 5 Blättern, von denen eines an der Spitze eingeschnitten war, also eine Übergangs- bildung zu 6 Blättern; ebenso beobachtete ich einmal den Anfang einer Spaltung eines Staubgefäfses, bei einer Blüte mit 7 Staubgefäfsen. 2. Die Beziehungen zwischen der Zahl der Blätter und der Ausbildung der Blütenkreise. Zunächst stelle ich die Frage nach der Zahl der regelmäfsigen (d. h. sämtliche Blütenkreise nach der gleichen Zahl gebaut) resp. unregelmäfsigen Blüten bei 4-, 5- und 6blättrigen Pflanzen. Folgende Tabelle gibt darüber Auskunft: Regelmäfsige Blüten Unregelm, Blüten 3zählig 4zählig 5zählig Total 4blättrig 2 913 — 915 4 5blättriig — 182 43 225 30 6blättrig — . 15 5 20 6 Total 2 1110 48 1160 40 Von 1200 Blüten waren also 1160 regelmäfsig gebaut, davon wieder 1110 4zählig, 48 5zählig und nur 2 3zählig; durchgehend 6zählige Blüten fehlten vollständig. 913 Pflanzen waren ‚vollständig normal. Wichtig sind ferner folgende Punkte: Bei den 4blättrigen Pflanzen kommen keine 5zähligen Blüten vor, dagegen 2 mit 3zäh- ligen. Die 4 mit unregelm. Blüten besitzen folgende Blütenformeln : K,0,A,G:3,3,8,3; 4,4,9,4; 4,4,9,4; 4,4,7,4. Bei der letzten zeigte das 7. Staubgefäfs den Anfang einer Spaltung. Die beiden ganz ver- einzelten Fälle mit 9 Staubgefäfsen können die Giltigkeit des folgen- den Schlusses nicht beeinträchtigen: Bei Pflanzen mit 4 Blättern findet keine Vermehrung der Zahl der Organe in den einzelnen Blütenkreisen statt, . 485 Von den total 255 5blättrigen Pflanzen besitzen volle 30, also 11,4 °%,, unregelmäfsige Blüten, während sie bei den 4blättrigen nicht einmal ganz !/,°%, erreichen. Wenn somit einmal ein Abweichen von der Norm statfindet bei den Blättern, so ist die Variation der übrigen Kreise viel unregel- mäfsiger. Noch deutlicher tritt das zutage bei den 6blättrigen Pflanzen. Von 26 Exemplaren besitzen 6 oder 23,1°/, unregel- mälsige Blüten. j Von den 5blättrigen Pflanzen besitzen 182 4zählige, 42 5zählige Blüten, 30 unregelmäfsige mit folgenden Formeln: 4 mit 5, 5,10, 4; 3 mit 5, 5, 8,4; 9 mit 5,4,8,4; 1 mit 5,4,10,5; 2 mit 5,4, 10, 4; 8 mit 5,4, 9,4; 2 mit 5,4, 9,5; 1 mit 4, 4, 8, 5. Von den 6blätt- rigen Pflanzen besitzen 15 4zählige, 5 5zählige Blüten, 6 unregel- mäfsige mit folgenden Formeln: 6, 4, 12, 5; 6, 5, 11, 5; 6,5, 10,5; 5, 5, 10, 4; 5, 4, 8, 4; 5,4,9,4. Regelmäfsig 6zählige Blüten fand ich nicht. Diese Zahlen stimmen weitgehend überein mit den für die 4blättrigen Pflanzen gefundenen. Eine Vermehrung der Zahl der Organe in den Blütenkreisen über die Zahl der Blätter hinaus findet nicht statt, wohl aber sehr häufig eine Verminderung. Dieser Satz wird noch besser beleuchtet durch eine kurze Zu- sammenstellung der Variation der einzelnen Blütenkreise der 4-, 5- und 6blättrigen Pflanzen: a) 4blättrige Pflanzen (919) b) 5blättrige Pflanzen (255) 8 4 5 6 3 4 5 6 Kelchbl. 3 916 — — — 19768 — Krondl. 3 916 — — — 205 50° — Griffel 3 916 — — — 109 46 — . 6789 6 789% Staubgef, 2 1 914 2 — — 19% 11 48 e) 6blättrige Pflanzen (26) 345 6 Kelchbl. — 16 753 Kroonbl. — 9 7 — Gifll — 97T — 8 91 0 1 2 Staubgef. 1716 1 1 Aufserdem zeigt auch diese Zusamenstellung wieder deutlich die Abnahme der Variation gegen die Spitze der Achse. 486 3. Beziehungen zwischen den einzelnen Blütenkreisen, Nachdem die Abhängigkeit der Blütenkreise vom Blattwirtel festgestellt, frägt es sich, ob ähnliche Beziehungen auch zwischen den einzelnen Blütenkreisen selbst bestehen. Einen Einblick in diese Verhältnisse geben uns folgende Zusammenstellungen:: a) Variation der übrigen Blütenkreise in den Blü- - ten mit 4 und 5 Kelchblättern. 4 Kelchblätter (1118) . 5 Kelchblätter (56) 3 4 5 6 3 45 6 Krondl. — 118 — — —_— 0256 — Gifll — 116 2 — — 2848 — 6 7 8 : 0 6 7 8 9 0 Staubge. — 1 11114 2 — — 13 9 54 Auf 1118 Blüten mit 4 Kelchbl. kommen also keine vor mit mehr Kronblättern; bei den Griffeln-wird die Normalzahl 8 in 2 Fällen und bei den Staubgefässen in 6 Fällen überschritten. Auf 56 Blüten mit 5 Kelchblättern findet keine Überschreitung der Zahl 5 resp. 10 statt. b) Variation der übrigen Blütenkreise in den Blü- ten mit 4 und 5 Kronblättern. 4 Kronblätter (1139) 5 Kronblätter (57) 3 4 5 6 3456 Kelchbl. — 1118 20 1 _— 55 2 Griffel — 115 4° — — 849 — 6 7 8 :ı wu 2 6789 011% Staubgef. — 1 1121 3 3 — 1 -——-3- 531-— Auf 1189 Blüten mit 4 Kronblättern wird die Normalzahl in den nachfolgenden Kreisen nur übertritten: in 4 Fällen von den Griffeln, in 17 Fällen von den Staubgefässen; von dem voran- gehenden Kreis der Kölchblätter dagegen in 21 Fällen. Auf 57 Blüten mit 5 Kronblättern kommt keine mit 4 Kelchblättern. In einem Falle wird bei den Staubgefäfsen die Zahl 10 überschritten. e) Variation der übrigen Blütenkreise in den Blü- ten mit 8, 10 und 9 Staubgefässen. 8 Staubgef. (1126) 10 Staubgef. (56) 9 Staubgef. (18) 3 4 5 6 3 45 6 3 456 Kelehbl. 1 1111 14 6 — 2 54 — —- 598 — Krodbl. 1 12 3 — —353 — — 131 — — Griffel 11353.— — — 149 — — 2 11 — ! 487 Auf 1126 Blüten mit 8 Staubgef, bleiben Kelchbl. und Kronbl. nur je einmal hinter der Normalzahl zurück; die Griffel überschreiten dieselbe nie; auf 56 Bl. mit 10 Staubgef. bleiben die Kelchbl. 2-, die Kronbl. 3mal hinter der 5zahl zurück. Die Blüten mit 9 Staubgef. besitzen in allen Fällen 4 Kronbl.; das weist darauf hin, dafs die 9zahl durch Spaltung eines Staubgefälses aus der 8zahl entstanden zu denken ist, d) Variation der übrigen Blütenkreise in den Blü- ten mit 4 und 5 Griffeln (Carpellen). 4 Griffel (1148) 5 Griffel (54) 3 4 5 6 3 5 6 - Kelehbl. — 1116 27 — — 2 43 Krontl. — 115 8 — — 4 50 — 6 7 8 91SC(o 1 2 6 789 1 1 12 Staubgef. — I 123 127 — — — 1150 11 Auf 1143 Blüten mit 4 Griffeln bleibt nur die Zahl der Staub- gefäfse einmal hinter der Normalzahl zurück; auf 54 mit 5 Griffeln wird die 5zahl nicht erreicht: zweimal von den Kelchblättern, vier- mal von den Kronblättern und zweimal von den Staubgefälsen. Alle diese Zusammenstellungen über die Beziehungen der Blüten- kreise zueinander sprechen im wesentlichen in demselben Sinne, wie die Beziehungen zwischen Blätterzahl und Blütenbau. Mit verschwin- - denden Ausnahmen gilt der Satz: Eine eventuelle Vermehrung der Zahl der Organe schreitet akropetal vorwärts. Mit : anderen Worten: in der Regel nimmt die Zahl eines Organes nach innen nicht zu, sondern bleibt entweder konstant oder nimmt ab. 4. Theoretisches. Irgend eine weitergehende Verallgemeinerung der vorstehenden Ergebnisse ist natürlich nicht gestattet; es müfste auch anderes Material - von anderen Pflanzen vorliegen. Jedoch halte ich dafür, dafs weitere Zählungen an Einbeeren wenigstens für diese Art das Resultat kaum ändern werden. So sollten wir also für diesen Fall eine theoretische Erklärung versuchen. In erster Linie wäre die Frage zu beantworten, welche Faktoren überhaupt eine Vermehrung in der Anzahl cines Organes bewirken. Ich glaube, durch die zahlreich vorliegenden variationsstatistischen Arbeiten ist zur Genüge bewiesen, dals hierbei im allgemeinen die äufseren Faktoren, speziell bessere oder schlech- _ tere Ernährung, die Hauptrolle spielen. Nehmen wir diesen Satz als 488 bewiesen an, so liefse sich folgender Erklärungsversuch aufstellen: durch anfänglich gute Ernährung wird eine Vermehrung der zuerst angelegten Organe (also der Blätter) bewirkt; damit ist die weitere Entwicklung vorgezeichnet. Bleibt die gute Ernährung konstant, so ist auch die weitere Entwicklung konstant; tritt schlechtere Ernährung ein, so hört die Vermehrung auf, die Anzahl der Organe sinkt auf die Normale zurück, kann in seltenen Fällen sogar darunter gehen. Dafs auf einen 4- oder 5zähligen Kreis nur in seltenen Ausnahme- fällen höherzählige Kreise folgen, widerspricht nicht der Annahme, ' dafs gute Ernährungsverhältnisse plötzlich durch schlechte abgelöst werden können; denn schon aus reinen Raumverhältnissen ergibt sich, dals auf höherzählige Kreise durch Auslassung eines Zwischenraumes zwischen zwei Anlagen relativ leicht niedrigerzählende folgen können, dafs aber das Umgekehrte nur sehr schwer eintreten kann. Gegen dieses Zurückführen des Wechsels in der Anzahl der verschiedenen Kreise. läfst sich aber ein triftiger Einwand erheben, nämlich, dafs die Anlage der Organe noch in aufserordentlich jugendlichen Zustand, wohl in nicht grofsen Zeiträumen erfolgt, so dafs die Annahme einer Ver. schlechterung der Lebensbedingungen so rasch und in einem so grofsen Prozentsatz der Fälle auf Schwierigkeiten stöfst. Es wird Sache des Experimentes sein, hier zu entscheiden. Der zweite Satz, dafs eine bestimmte Anzahl des untersten Kreises einmal gegeben, nach oben aus rein mechanischen : Gründen keine (oder nur sehr schwer) Vermehrung, aber viel leichter eine Vermin- derung stattfinden kann, dürfte dagegen ziemlich einwandsfrei bleiben. Wenn er richtig ist im Falle der Einbeere, mufs er auch für andere Arten Giltigkeit haben. Er läfst sich also auf variationsstatistischem Wege weiter stützen oder widerlegen. Diese paar Sätze mögen genügen. Ich beanspruche nicht, das Problem gelöst zu haben; es sollen nur Andeutungen sein, in welcher Richtung vorstehende kleine Untersuchung zu weitern ähnlichen ver- anlassen könnte. 6. Resume, Die Resultate meiner Untersuchung lassen sich kurz in folgende Sätze zusammenfassen: a) Die Variabilität der Organe von Paris quadri- folia nimmt akropetal ab. b) Die Anzahl der Organe jedes folgenden Kreises ist entweder gleich oder kleiner (nur in Ausnahmefällen grölser), als die des vorhergehenden. 489 Der zweite Satz gibt direkt die Begründung zum ersten. Eben- so folgt aus den beiden Sätzen, dafs bei einer Vergleichung der ein- zelnen Kreise eine ziemlich weitgehende Korrelation im Sinne einer Parallelvariation gefunden werden muls. ec) Individuen, dieim äulsersten Kreis von der Nor- malzahlabweichen, zeigen auch in denandern eine viel geringere Konstanz, als solche mit der Normalzahl. Unter welchen Bedingungen wirken Magnesiumsalze schädlich auf Pflanzen ? Von Oskar Loew. Vor kurzem erschien eine interessante Abhandlung von Wilhelm . Benecke!) über Oxalsäurebildung in grünen Pflanzen, in welcher‘ sich einige Sätze finden, die sich auf die unter bestimmten Bedin- gungen sich äufsernde Giftwirkung von Magnesiumsalzen beziehen und mich zu einigen Bemerkungen veranlassen. Raumer hatte schon i. J. 1883 beobachtet, dafs Pflanzen in Nährlösungen ohne Kalk und ohne Magnesia nicht so rasch ge- “ schädigt werden als ohne Kalk, aber mit Magnesia?); es lag daher ‚ nahe, die vielfach beobachtete Giftwirkung von Magnesiumsalzen da- mit in Beziehung zu bringen. Benecke erhielt mit andern Objekten abweichende Resultate, während ich Raumers Beobachtungen an Phaseolus bestätigen konnte und analoge Resultate mit Spiro- gyra erhielt. Bei den Versuchen Beneckes an Algen, welche übrigens anders ausgeführt wurden als die meinigen°), mögen ungün- stige Umstände mitgewirkt haben, was mir daraus hervorzugehen scheint, dafs die Algen bei gleichzeitigem Mangel an Kalk und Mag- nesia auffallend rasch — Vaucheria schon in 20 Stunden — zu- grunde gingen. Ich habe Spirogyra-Arten bei 5—10° C. in reinstem 1) Botan. Ztg. 1893 Heft 5. 2) Obwohl ich Raumers Beobachtung früher zitiert habe (Bulletin Nr. 18, Div, of Veg. Physiol. and Pathol., Washington 1899 pag. 43) wurde in einem vor zwei Jahren erschienenen Artikel mir die Urheberschaft jener Beobachtung zuge- schrieben. j 3) Flora 1892 pag. 381. . 490 destilliertem Wasser, welches aus Glasgefäfsen destilliert worden war, sechs volle Wochen am Leben erhalten können.!) In einer 0,1proz. Lösung von Magnesiumnitrat starben sie innerhalb vier Tagen. Wenn aber gleichzeitig noch 0,3 %, Caleiumnitrat vorhanden war, blieben sie wochenlang lebend, wenn auch jede Weiterentwicklung wegen Ab- wesenheit von Kali und Phosphorsäure sistiert war. Ähnliche Beobachtungen wie Raumer haben auch Lieben- berg und Boehm gemacht, aber keine genügende Erklärung dafür gegeben. Ich habe mir erlaubt, eine Erklärung abzuleiten aus der auffallenden Art der Giftwirkung neutraler Oxalate und gefolgert, dafs wichtige Caleiumproteidverbindungen im Kern und Chlorophylikörper vorhanden sind. Wenn dieses Calcium durch Magnesium ersetzt wird, ändert sich voraussichtlich die Imbibitionskapazität der Gebilde, eine zum Tode führende Strukturstörung ist die Folge. Ist aber neben Magnesia genug Kalk in Lösung, so wird die schädliche Wirkung der Magnesia durch den gelösten Kalk nach dem Gesetz der Massenwirkung verhindert und die Magnesia kann nun ihre er- “nährungsphysiologische Rolle ausführen, welche darin besteht, dafs sie als Phosphat die Assimilation Her Phosphorsäure bei der Bildung von Nueleoproteiden und Leeithin ermöglicht. 2) Eine Hypothese wird dann zu einer Theorie, wenn sie zu Schlufs- folgerungen führt, welche durch das Experiment bewahrheitet werden. Solche Folgerungen sind in unserem Falle: 1. Neutrale Oxalate sowohl als auch Magnesiumsalze äufsern keine Spur von Giftwirkung auf niedere Algen und Pilze.®) Diese Organismen bedürfen aber auch des Kalkes nicht, besitzen also nach meiner Auffassung keine Organe mit Caleiumproteinverbindungen. ®) Es dürfte schwer halten, jene Tatsache, welche mit dem Verhalten der höher entwickelten Pflanzen scharf kontrastiert, auf eine andere Weise genügend zu erklären, 2. Aus meiner Theorie der Funktionen der Caleium- und Mag- nesinmverbindungen folgt mit Notwendigkeit, dafs es ein ganz be- 1) Natürlich unterbleibt hiebei die Zellvermehrung. Die Flaschen, welche "nur wenige Füden enthielten, standen im zerstreuten Tageslicht und waren mit Glasstöpsel verschlossen. Parasitenfreie Kulturen sind selbstverständlich zu allen solehen Kulturversuchen unerläfslich, Chytridien und Pseudospora können in kurzer Zeit die Kulturen vernichten, 2) Flora 1892 pag. 885—387. 3) Die höchststehenden Pilze sind in dieser Richtung noch immer nicht untersucht. 4) Vgl. pag. 45 des oben zitierten Bulletins Nr. 18, 491 stimmtes Verhältnis zwischen Kalk und Magnesia gibt, welches der Pflanzenentwicklung am günstigsten ist. Auch diese Folgerung hat sich bestätigt, wie ich im Verein mit mehreren Mitarbeitern — Mag, Faruta und Aso — gezeigt habe. !) 3. Es mufste aus meiner Ansicht abgeleitet werden, dafs der Kalkgehalt eines Organs mit der Zunahme der Chlorophylikörper und der Zellkerngröfse steigt. Ersteres ist eine bei Blättern gemachte schon ältere Erfahrung, letzteres wurde in neuester Zeit für tierische Organe festgestellt. Die an Zellkernmasse reichen Drüsen sind auch kalkreicher als die an Zellkernsubstanz relativ armen Muskeln. Es darf ferner wohl als ein günstiges Zeichen für eine Theorie angesehen werden, wenn andere, ohne Kenntnis von derselben zu haben, zu der gleichen Anschauung gedrängt werden. So schreibt JaquesLoeb®): „The salt or eleetrolytic molecules do not enterinto the combination (with proteids) as a whole but through their ions. The great importance of these ion- proteid-compounds lies in the fact that by the substi- tution of one ion for another the physical properties of the proteid compounds change.“ Ersetzen wir hier das Wort ion durch das Wort Metallatom, wodurch jener Satz an : Richtigkeit gewinnt, so hat man meine acht Jahre früher aufgestellte ; Theorie von der Giftwirkung der Magnesiumsalze. Die Giftwirkung der Magnesiumsalze steht natürlich an Intensität weit hinter der von Sublimat oder Chloroform, sie äufsert sich nur langsam und schwach. Selbst eine einproz. Lösung von Magnesium- sulfat führt bei Spirogyren den Tod erst in 6—12 Stunden herbei; bei 0,2 pro mille dauert dieses 5—7 Tage.?) Zusatz von Monokalium- ' phosphat beschleunigt, Zusatz von Dikaliumphosphat verzögert die Wirkung, so dafs im letzten Falle der Tod erst nach 15—18 Tagen eintritt. Es ist, also das sekundäre Magnesiumphosphat von weit schwächerer Wirkung als das primäre; ebenso wirkt Magnesium- bikarbonat weit schwächer als das Sulfat. Es kommt eben ganz darauf an, ob das vorhandene Magnesiumsalz sich leicht oder schwer ; mit dem Caleiumproteid des Zellkerns umsetzt. Diese Wirkung wird ferner durch die Menge von in den Zellen gelösten oder in den Mem- 1) Vgl. u. a. Landw. Jahrbücher 1902 pag. 561, wo die einschlägigen Ar- beiten zitiert sind. 2) American Journal of Physiology 3, 327 (1900). 8) Bei-solchen Versuchen sind stets nur wenige Fäden auf 100—200 ccm Lösung zu nehmen. 492 branen vorhandenen Kalksalzen bedeutend modifiziert‘), wie ich ja schon früher hervorgehoben habe.?) Unter anderm beobachtete ich- auch, dafs Wurzeln von Vieiakeimlingen in einer 0,5proz. Lösung von Magnesiumnitrat nach 2—3 Tagen zugrunde gehen, während die Sa- men selbst nicht geschädigt wurden als sie zwei Tage in einer 0,2proz. Lösung dieses Salzes verweilten. Jene Würzelchen enthielten sicher relativ weit weniger Kalk gespeichert als die Samen. Dafs manche nicht genügend beachten, unter welchen Einflüssen die schädliche Wirkung von Maßnesiumsalzen modifiziert werden kann, erhellt aus einer neueren Mitteilung von Th. H. Kearney.?) Dieser Forscher beobachtete, dafs bei den Wurzeln der Maiskeimlinge die Giftwirkung der Magnesiumsalze weit schwächer auftritt als bei den Wurzeln von Lupinus- und Medicago-Keimlingen und schliefst: „The protoplasm of remotely related plants differs wi- delyinits reaction to pure solutions of various mine- ral salts.“ Jener Unterschied braucht aber nicht auf der Verschie- denheit des Protoplasmas zu beruhen; es genügt, dafs in den Zellen der Maiskeimlinge etwas mehr Kalkverbindungen gelöst vorhanden waren als in denen der Lupinenkeimlinge, um den Unterschied zu erklären. Auch wäre es möglich, dafs das Vordringen des Magnesium- sulfats bis zum Zellkern aus irgend einem Grunde beim Maiskeimling langsamer stattfindet als beim Lupinenkeimling. Ferner wäre noch auf die relative Acidität des Zellsaftes und die Menge des gelösten Monokaliumphosphats in den Keimlingen zu achten, weil grolse Unter- schiede hiedurch bedingt werden können. In einer vor zwei Jahren erschienenen Arbeit wurde bezweifelt, dafs Magnesiumsalze giftig sein können, da sie unentbehrliche Nähr- stoffe sind. Allein es sei hier an einen andern derartigen Fall erinnert. Kaliumsalze, welche doch für jede Zelle unentbehrlich sind, sind schon in mäfsigen Dosen giftig für Tiere. Schon 2,3g Kali in Form von Monokaliumphosphat können ein Kaninchen töten (Bunge), ebenso ‘ 1) Flora 1892 pag. 884 (vgl. dazu ibid. pag. 373). 2) Ibid. pag. 882, Anm. 3) Science Bd. XVII pag. 386 (1908). Kearney beobachtete, dafs auch hier Caleiumsalze diese Giftwirkung aufheben. Er hebt in einer andern, zusammen mit F. K. Cameron publizierten Abhandlung (Report Nr, 71 U.8, Dept. of Agri- eulture, 1902) hervor, dafs Caleiumsalze auch die Giftwirkung von kohlensaurem Natron aufheben. Hier liegt aber ein ganz anderer Fall vor; es wird die schäd- liche alkalische Beschaffenheit der Lösung aufgehoben. Die Herbeiziehung der Jonentheorie ist unnötig, um diese Verhältnisse zu erklären. 493 10—25g Fleischextrakt, lediglich infolge der darin enthaltenen Ka- liumsalze, Was die Giftwirkung von Magnesiumsalzen auf Pflanzen betrifft, so hat schon vor nahe 40 Jahren Wolf!) die des Magnesiumsulfats beobachtet; Nobbe?) und andere erwähnten die Giftwirkung des Magnesiumchlorids, Boehm die der gefällten kohlensauren Magnesia, Atterberg und Ulbricht?) die der gebrannten Magnesia. Letztere beiden Autoren konstatierten ungefähr um dieselbe Zeit wie der Schreiber dieser Zeilen die Gegenwirkung der Caleiumsalze, die schon vorher Boehm erwähnt hatte. Benecke schreibt: „Dafs unter Umständen Pflanzen ohne Kalk bei gleichzeitiger Zufuhr von Magnesia schneller absterben als ohne dieselbe, wofür Boehm (1882), Raumer (1883), Liebenberg (1881) einige Beispiele bringen, dürfte sich einfach so erklären, dafs bei Magnesiazufuhr das Wachstum ein schnelleres ist als ohne dieselbe‘ und deshalb die Symptome des Kalkmangels früher in die Erschei- nung treten.“ Diese Ansicht wird in den Fällen zutreffen, in denen gelöste Kalksalze in den Pflanzen vorhanden sind, welche einerseits der Giftwirkung der Magnesia entgegenwirken und andrerseits ein ferneres Wachstum bis zu ihrem Verbrauch ermöglichen. Wenn ferner in seinen Versuchen Pflanzen ohne Kalk und ohne Magnesia ebenso rasch absterben als ohne Kalk, aber mit Magnesia, so ist das noch keine Widerlegung meiner Ansicht, sondern beweist nur, dafs die Magnesiumsalzmenge der Nährlösung entweder zu gering war, um die ja gar nicht abzuleugnende Giftwirkung dieser Salze ausüben zu können, oder dafs die Bedingungen in den Objekten derartig waren, dafs diese Giftwirkung nicht deutlich zum Vorschein kommen konnte. Es könnte z. B. sein, dafs der Zellsaft des Objekts nahezu neutral reagiert und dafs er sekundäres Kaliumphosphat oder sekundäres Kaliumsuceinat enthält. Es wird dann die schwefelsaure Magnesia 1) Landw. Versuchsstat. 6, 218. 2) Die organische Leistung des Kaliums in der Pflanze pag. 80: „Über die nachteilige Wirkung des Magnesiumchlorids auf das Pflanzenleben stimmen Vege- tations- und Düngungsversuche vollkommen überein,“ — Bei den hohen (0,1 pro mille) Verdünnungen von Chlormagnesium, mit denen Gerneck (1902) bei Versuchen mit Weizenkeimlingen operierte, war eine schädliche Wirkung des Chlormagne- siums nicht mehr zu erwarten. Da aus dem Samen noch Kalk in die Wurzel einströmen konnte, war im Gegenteil noch eine Zeitlang Weiterentwicklung ermög- licht. Es lag also derselbe Fall vor wie ein von mir 1892 bei Tradescantia- Stecklingen beschriebener. 3) Landw. Versuchsstat, 1892. Siehe auch ibid. 1902 pag. 104. Flora 1903. 83 494 resp. das saure primäre Magnesiumphosphat der Nährlösung in den Zellen in sekundäres Magnesiumphosphat resp. bernsteinsaure Magnesia verwandelt, welche Salze ihrem ganzen Wesen nach nur äufserst lang- sam auf die Caleiumproteidverbindungen des Zellkerns wirken werden, so dafs die direkte Schädigung durch Kalkmangel auch ohne die gleichzeitige Giftwirkung der Magnesiasalze eintreten wird. . In diesem Falle wird man kaum eine Beschleunigung des Absterbens durch die Giftwirkung der Magnesiumsalze beobachten können. Es ist ferner zu beachten, dafs manche Objekte, wie z.B. Tra- descantia-Stecklinge, gleichzeitig Caleium- und Magnesiumsalze gespeichert enthalten.!) Sind die gespeicherten Caleiumsalze solcher in kalkfreie Nährlösung gesetzter Stecklinge verbraucht, d. h. dem Zellsaft durch Bildung von Zellkernsubstanz entzogen, so können die gespeichert gewesenen Magnesiumsalze ebenso ihre Giftwirkung entfalten als die Magnesiumsalze der kalk- freien, aber sonst vollständigen Nährlösungen. In diesem Falle werden Pflanzen in Lösungen ohne Kalk und ohne Magnesia — infolge der Giftwirkung von gespeicherten Magnesiasalzen — ebenso rasch ab- sterben können als in Lösungen ohne Kalk mit Magnesia, Es würde in diesem Falle Beneckes Äufserung sehr gut zutreffen (l. c. pag. 105), dafs der Tod durch Kalkmangel ein förmliches „in den Tod Hinein- wachsen“ ist. \ Dafs unter Umständen das Absterben bei Kalkmangel auch ohne den gleichzeitigen Einflufs der Giftwirkung der Magnesia stattfinden kann, darf wohl auch aus meiner Theorie der Kalkfunktion gefolgert werden. Wenn der Zellkern aus Mangel an Kalk sich nicht mehr normal ausbilden kann, müssen eben die wichtigsten Funktionen der Zellen leiden. Ich habe nirgends behauptet, dafs das Absterben bei Kalkmangel stets und aüusschliefslich auf der Giftwirkung von Magnesiumsalzen beruhe, sondern nur aus Versuchen an Algen und dem von mir wiederholten Versuch Raumers gefolgert, dafs Mag- nesiumsalze den Tod bei Kalkmangel beschleunigen, vorausgesetzt, dafs das Volum der Nährlösung und der Gehalt an Magnesiumsalzen nicht zu gering sind. Universität Tokyo, Juli 1903. 1) Siehe Flora 1892 pag. 373. Literatur. Vegetationsbilder. Herausgegeben von G. Karsten und H. Schenck. Heft 1: H.Schenck, Südbrasilien; Heft 2: @. Karsten, Malayi- scher Archipel; Heft 8: @. Karsten, Mexikanischer Wald der Tropen und Subtropen. Jena, Verlag von G. Fischer. Subskrip- tionspreis der Lieferung 2,50 Mk., im Einzelverkauf 4,50 Mk. In Form von Heften zu je 6 Tafeln, welche in Lichtdruck wiedergegebene Photographien darstellen, beabsichtigen die Herausgeber verschiedenartige Pflanzen- formationen und Pflanzengenossenschaften möglichst aller Teile der Erdoberfläche darzustellen. Die Bilder sind von kurzen Erläuterungen begleitet. Das ist ein schr dankenswertes Unternehmen, zumal die Ausführung der Tafeln eine vor- treffliche ist, Ein reiches Anschauungsmaterial wird so weiten Kreisen zugänglich gemacht und in den Erläuterungen finden sich manche interessante, zu weiteren Forschungen anregende Bemerkungen. Die Stelär-Theorie. Von Dr. J. C. Schoute. Verlag von G. Fischer, Jena, P. Nordhooff, Groningen. Preis 3 Mk. In der Einleitung gibt der Verf. zunächst eine kurze Darstellung der von Van Tieghem und seiner Schule aufgestellten Gewebegliederung. Er unter- sucht sodann, in welcher Beziehung die Hanstein’sche Meristemlehre zu der Stelärtheorie steht und findet dabei zweierlei: 1. dafs bei den Wurzeln, welche eine deutliche Differenzierung von Periblem und Plerom zeigten, die Grenze zwi- schen diesen die nämliche war, wie die spätere zwischen Rinde und Centraleylinder, 2. dafs bei den Sprofsachsen eine solche Übereinstimmung nicht stattfand. Daraus wird geschlossen, dafs der Hanstein’schen Einteilung ein besonderes Gewicht nicht zukomme, ein Resultat, das sich ja auch anderweit ergeben hat. In einem zweiten vergleichend-anatomischen Kapitel findet sich im Gegensatz zu anderen Angaben, dafs das Vorkommen einer besonders ausgebildeten Endodermis (welche Rinde und Centraleylinder voneinander trennt) in den Sprofsachsen ebenso allge- mein sei wie in den Wurzeln. In Stengeln und Wurzeln der Gefäfspflanzen finde sich nur ein einziger Stelärtypus, die Monostelie. Es wäre zu wünschen, dafs solche kritisch-zusammenfassende Darstellungen einzelner Gebiete der Botanik öfters erscheinen würden, so z.B. eine vergleichende Darstellung der Pteridophytenanatomie , über welche in dem letzten Jahrzehnt namentlich in England und Amerika eine umfangreiche Literatur sich angesam- melt hat, Kumene-Sambesi-Expedition, H. Baum 1903. Im Auftrag des Kolo- nialwirtschaftlichen Komitees herausgegeben von Prof. Dr. 0. War- burg. Mit 1 Buntdruck, 12 Tafeln, 1 Karte und 108 Abbildungen im Text. Berlin 1908, Verlag des Kolonialwirtschafil. Komitees, Preis 20 Mk. Das kolonialwirtschaftliche Komitee hat im Jahre 1899 eine Expedition „zwecks Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der südlichen Gebiete Angolas*® 337 496 '. entsandt. Diese Expedition hat ein wertvolles Resultat ergeben, nicht nur in Hin- sicht auf ihre eigentliche Aufgabe (es wird z, B. die Gewinnung des Wurzel- kautschuks eingehend dargestellt), sondern namentlich auch durch Aufklärung der eigenartigen Flora der östlichen Gebiete des Hochlandes von Mossamedes, Das schön ausgestattete vorliegende Werk bringt zunächst den Reisebericht von H. Baum (pag. 1—153), dann die von zahlreichen (namentlich Berliner) Botanikern bearbeiteten botanischen Ergebnisse (pag. 155 - 516), welchen sich die zoologischen anschliefsen. So ist ein Werk zustande gekommen, durch welches sich das ko- lonialwirtschaftliche Komitee ein grofses Verdienst um die Erforschung Afrikas er- worben hat, Die europäischen Laubmoose, beschrieben und gezeichnet von Georg Roth. 1. Lieferung Bogen 1—8 mit 10 Tafeln. Leipzig, Verlag von Wilh. Engelmann. Preis 4 Mk. Das Werk, von welchem hier die erste Lieferung vorliegt, soll in zwei Bän- den von etwa 80 Bogen Text und mit 106 Tafeln die europäischen Laubmoose (mit Ausnahme der Sphagna) behandeln und beabsichtigt das Bestimmen der Moose durch sorgfältige Abbildungen tunlichst zu erleichtern. Die erste Lieferung gibt zunächst eine Einleitung und behandelt dann die Ephemeraceen, Physcomi- trellaceen und Phascaceen. Die Abbildungen lassen sich, was Ausführung und Wiedergabe von Einzelheiten anbelangt, mit denen der Bryologia europaea oder des Limpricht’schen Werkes nicht vergleichen, dürften aber den Zweck, das Bestimmen zu erleichtern, immerhin erfüllen. Hilfsbuch für das Sammeln der Ascomyceten mit Berücksichtigung der Nährpflanzen Deutschlands, Österreich - Ungarns, Belgiens, der Schweiz und der Niederlande. Von Prof. Dr. Gustav Lindau. Berlin, 1903. Verlag von Gebr. Borntraeger. Preis 2,50 Mk. Der Verf. hat früher schon ein „Hilfsbuch für das Sammeln parasitischer Pilze“ herausgegeben, als dessen Fortsetzung und Ergänzung das eben genannte handliche Bändchen betrachtet werden kann, Es gibt eine Aufzählung der Ascomy- ceten, welche auf pflanzlichen und tierischen Substraten, auf Erde und anorgani- schen Substraten wachsen, und erleichtert so zweifellos das Bestimmen der viel- gestaltigen Ascomyceten in erwünschter Weise, " Nordisches Plankton. Herausgegeben (unter Mitwirkung zahlreicher Mitarbeiter) von Prof. Dr. K. Brandt. Kiel und Leipzig, Verlag von Lipsius und Tischer. Zweite Lieferung. Preis 83,60 Mk. Das Brandt’sche Planktonwerk will die sehr zerstreute und umfangreiche Planktonliteratur (soweit sie sich auf das marine Plankton nördlich von 500 NB, bezieht) möglichst vollständig und kritisch bearbeiten. Für jede Art wird im Text eine Abbildung gegeben. Für den Botaniker sind natürlich die pflanzlichen Planktonorganismen in erster Linie von Interesse. Die zweite Lieferung ist gröfstenteils botanischen Inhalts: sie bringt die Schizophyceen (bearbeitet von Wille), die Flagellaten, Chlorophyceae, Coccosphaerales und Silicoflagellatae (mit einem Nachtrage) von BE. Lemmermann. Dafs beide Autoren ihre Aufgabe in trefflichster Weise gelöst haben, braucht kaum betont zu werden; besonders solche Botaniker, welche die Planktonliteratur nicht im einzelnen verfolgen konnten, werden für die hier auf grund der neuesten Forschungen gegebene Darstellung 497 der teilweise sehr merkwürdigen Pflanzenformen des Planktons (so z. B. die For- men von Trochiscia, die Coccolithophorales, die Silicoflagellatae) dankbar sein. Forschungsberichte aus der biologischen Station zu Plön. Teil X. Mit 2 Tafeln und 37 Abbildungen im Text. Stuttgart, Verlag von Erwin Nägele. Preis 24 Mk. An Stelle eines Vorworts gibt Dr. Zacharias, der rührige Begründer und Leiter der biologischen Station in Plön, zunächst einen Bericht über die Ent- stehung und Tätigkeit der Station, sowie über die Gründung ähnlicher Stationen in anderen Ländern. Die wissenschaftliche Tätigkeit der Plöner Station wird namentlich auch durch das Inhaltsverzeichnis der bisher erschienenen 10 Hefte der Plöner Forschungsberichte erläutert. In dem 10. Hefte bieten folgende Ab- handlungen botanisches Interesse: W. Ostwald, Über eine neue theoretische Be- obachtungsweise in der Planktologie, insbesondere über die Bedeutueg des Begriffs der „inneren Reibung des Wassers“ für dieselbe; O. Bail, Ergebnisse einer vor- läufigen bakteriologischen Untersuchung der Nordosthälfte des Gr, Plöner Sees; M. Marsson, Die Fauna und Flora des verschmutzten’Wassers und ihre Be- ziehung zur biologischen Wasseranalyse; O.Amberg, Biologische Notiz über den Lago di Mezzano; E. Lemmermann, Beiträge zur Kenntnis der Planktonalgen XV. Das Phytoplankton einiger Plöner Seen; H. Reichelt, Zur Diatomeenflora des Schöhsces bei Plön; O. Zacharias, Biolog. Charakteristik des Klinkertinsee zu Plön, id.: Zur Kenntnis der niederen Flora und Fauna holsteinischer Meersümpfe; Drei neue Panzerflagellaten des Süfswassers; Über Grün-, Gelb- und Rotfärbung der Gewässer durch Anwesenheit mikroskopischer Organismen; Ein Wurfnetz zum Auffischen pflanzlicher und tierischer Schwebwesen; Über die Verbreitung von - Tabellaria fenestrata var. asterionelloides Grem, The röle of diffusion and osmotic pressure in plants by B. E. Livingston. The decennial publications of the University of Chicago II series vol. VIII Chicago. The university of Chicago Press 1903. Das Buch behandelt die Probleme der Diffusion und des osmotischen Druckes vom Standpunkt der Pflanzenphysiologie. Es gibt zunächst eine physikalisch-che- mische Einleitung und dann als zweiten Teil eine kritische Darstellung der phy- siologischen Resultate. Die Darstellung ist knapp (an manchen Stellen vielleicht etwas zu knapp) und klar, so dafs das Buch seinem Zwecke in erwünschter Weise ge- recht wird. Es bewegt sich zum Teil auf demselben Gebiete wie das (viel aus- führlichere) Buch Höbers, „Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe“, welches aber auf speziell pflanzenphysiologische Probleme nicht eingeht, Willkürliche Entwicklungsänderungen bei Pflanzen. Ein Beitrag zur Physiologie der Entwicklung. Von Georg Klebs. Mit 28 Abbild. im Text. Verlag von Gust. Fischer in Jena. 1903. Preis 4 Mk. Der Verf., welchem wir bekanntlich u. a. eine Reihe wichtiger Unter- suchungen über die Entwicklungsphysiologie niederer Pflanzen verdanken, wendet sich in dem vorliegenden sehr interessanten Buche den höheren Pflanzen zu. Der Stoff gliedert sich in neun Abschnitte. In der Einleitung präzisiert der Verf. nach einem kurzen historischen Exkurs!) seinen Standpunkt.. Dieser ist der kausale. 1) Wenn in diesem (pag. 3) gesagt wird, durch Darwin sei der seit langer Zeit auf der Morphologie lastende Bann einseitiger Teleologie gebrochen worden, 498 Es soll der Nachweis geführt werden, dafs gewisse Entwicklungsvorgänge in einer kausalen Abhängigkeit von bekannten äufseren Bedingungen stehen. Jeder solcher Vorgänge besteht aus einer Menge einzelner Prozesse, er ist von einem ganzen Komplex verschiedenartiger und verschiedenwertiger Bedingungen abhängig, und es kommt zunächst darauf an, die überhaupt wirksamen Faktoren soweit zu er- kennen, dafs der betreffende Vorgang im Experiment hervorgerufen werden kann. „Die Forschung mufs sich das Ziel setzen, jede Formbildung durch die Kenntnis ihrer Bedingungen beherrschen zu können.* Der zweite Abschnitt behandelt Wachstum und Fortpflanzung. Nach einigen theoretisch -kritischen Ausführungen zeigt der Verf, dafs es auch bei Phanerogamen (z. B. Glechoma hederacea) gelingt, unter geeigneten Bedingungen das vegetative Wachstum unbegrenzt („ohne Ziel und Ende“) fortdauern zu lassen, wie er dies früher für Pilze und Myxomyceten nachgewiesen hatte; die Blüten- bildung war hier vollständig ausgeschaltet. Der dritte Abschnitt handelt „Über Umänderungen des Entwick- lungsganges.“ Der Verf. erinnert zunächst an die Resultate seiner Unter- suchungen über die Abhängigkeit der verschiedenen Entwicklungsformen von Sa- prolegnia und Vaucheria von äufseren Bedingungen und teilt dann das Resultat von Versuchen mit, durch welche bei Blütenpflanzen ähnliche Verschiebungen des Entwicklungsganges erzielt wurden, wie bei den genannten Thallophyten. Betreffs der Einzelfälle mufs auf das Original verwiesen werden; betont wird, dafs bei den Phanerogamen die experimentelle Behandlung schwieriger sei, Die Einflüsse der Veränderungen, welche von der Pflanze selbst ausgehen, lassen sich nicht scharf von den direkten Einflüssen der Aufsenwelt unterscheiden, aber die willkürliche Regelung des Entwicklungsganges gelingt auch hier. Daran schlieist sich als Vierter Abschnitt: „Über Metamorphosen von Pflanzenorganen.* Nach kritischen Ausführungen über den Begriff Metamorphose werden Versuche über die Umwandlung deutlich angelegter Infloreszenzen in vegetative Triebe mit- geteilt, Solche sind z.B, für Naegelia (Tydaea) hybrida bekannt.!) Klebs hat nament- lich Veronica Chamaedrys untersucht, Es gelang, die Infloreszenzen in Laubtriebe umzubilden, wobei — von der Blütenbildung ganz abgesehen — auch Blattform und Blattstellung sich ändern, woraus geschlossen wird, dafs für jedes Merkmal, wie Blattstellung, Zweigbildung, Behaarung, besondere innere Bedingungen mafs- gebend sind. Das fünfte Kapitel „Über Regeneration“ ist der Hauptsache nach theoreti- scher resp. kritischer Natur und wird voraussichtlich viel Widerspruch erfahren. Die Versuche wurden mit Weiden ausgeführt und ergaben (entsprechend früheren, namentlich auch gärtnerischen Erfahrungen), dafs eine genügende Durchtränkung der Rinde mit Wasser an jedem beliebigen Ort des Weidensprosses Wurzelbildung veranlafst. Wie Kleba selbst hervorhebt, ist damit die Polarität bei der Regene- so trifft dies meiner Ansicht nach für die Pflanzenmorphologie nicht zu, denn die zur Zeit Darwins herrschende idealistische Pflanzenmorphologie war nichts weniger als teleologisch, sie abstrahierte absichtlich von der Funktion, und auch in der Pflanzenphysiologie der betreffenden Zeit ist von Teleologie nichts zu finden. 1)-Biol, Zentralblatt 1902 pag. 502. Übrigens ist das Vegetativwerden von Infloreszenzen meiner Ansicht nach nur ein Spezialfall der „Rückkehr zur Jugend- form“, welche verschiedentlich schon künstlich herbeigeführt wurde. 499 ration nicht „erklärt“, und die Tragweite der kurz angeführten Beobachtung scheint mir vom Verf, überschätzt zu sein, zumal die Behandlung einer Pflanze zur Ziehung allgemeiner Schlüsse nicht genügen dürfte. Wenn Kl. sagt, „die Ursache der Wurzelbildung liegt vielmehr darin, dafs in den Versuchen etwas hinzukommt, wss vorher nicht genügend vorhanden war, und dafs damit alle Bedingungen für den Prozefs erfüllt siad“, so wird man diesem sehr allgemein gehaltenen Satz wohl zustimmen können. Aber ich möchte ihm hinzufügen, dafs es sich in vielen Fällen offenbar um die Auslösung einer Hemmung handelt, welche eine nach den son- stigen Verhältnissen durchaus mögliche Organbildang verhindert, und dafs das „Hinzukommen“ bei der Regeneration normal durch die Trennung von anderen Organen bedingt wird. Die Wasserzufuhr genügt zur Hervorrufung der Wurzeln in manchen Fällen, aber die Wurzelbildung unterbleibt auch häufig da, wo die äufseren Bedingungen dafür gegeben wären. Es sei nur an das Verhalten bei der Pfropfung erinnert, z. B. bei Kakteen. Wenn „Edelreis* und „Unterlage“ gut _ verwachsen (letztere ersteres leicht „annimmt®), bildet das Edelreis keine Wurzeln, hier funktionieren die der Unterlage für das Edelreis. Wohl aber findet Wurzel- bildung am Edelreis statt bei schlechter Verwachsung beider, und ebenso kann man auch bei gut (und ohne Wurzelbildung am Edelreis) erfolgter Verwachsung eine solche herbeiführen durch tiefgreifende Verletzung der Leitungsbahnen der Unterlage!), wahrscheinlich auch durch Verhinderung der Wurzelbildung an dieser. Analoges hat Ref. früher für Bryophyllum erenatum angeführt. In diesen Fällen handelt es sich offenbar um „Korrelationen“, die Wurzelbildung am Edelreis wird unterdrückt, wenn es Anschlufs an die Leitungsbahnen der mit Wurzeln versehenen Unterlage hat. Andere Beispiele liefsen sich anführen; auch sind die verschie- denen biologischen Bedingungen, unter denen die betr, Pflanzen leben, zu berück- sichtigen. Der sechste Abschnitt bespricht die Lebensdauer. Es wird die Frage untersucht, ob für Pflanzen unseres Klimas ein periodischer Wechsel von Ruhe und Bewegung notwendig ist. Ein ununterbrochenes Wachsen und Blühen liefs sich bei Parietaria offieinalis feststellen, bei zahlreichen Stauden erfolgte im Winter (bei geeigneter Temperatur etc.) zwar Weiterwachsen, aber die Blütenbildung unterblieb wegen ungenügender Lichtintensität, Auch die Vegetationspunkte der ein- und zweijährigen Pflanzen haben — unter geeigneten Bedingungen — die Fähigkeit zu einem unbegrenzten Wachstum und Leben. Bei einer Anzahl peren- nierender Pflanzen gelang es, die Ruheperiode auszuschalten, Der letzte (siebente) Abschnitt bespricht Variation und Mutation. Er geht aus von De Vries’ bekanntem Werk über die Mutationstheorie. Klebs wendet sich gegen die Definition der „fluktuierenden Variation“ und die Über- schützung der statistischen Methode. Das Schwanken der Variationen um einen Mittelwert erklärt sich nach ihm daraus, dafs die variabeln auf die Pflanze ein- wirkenden Bedingungen selbst um einen Mittelwert schwanken. Die Vererbung erworbener Eigenschaften erkennt er — im Gegensatz zum Lamarckismus — nür als einen vorübergehenden Zustand an. Die oben gegebenen Andeutungen über den Inhalt des Klebs’schen Buches sollten nur kurz darauf hinweisen, dafs in ihm nicht nur eine Reihe interessanter 1) z. B, von Peireskiastämmchen, auf welche Epiphyllum gepfropft ist, worüber an anderer Stelle Näheres mitgeteilt werden soll, 500 Versuchsergebnisse, sondern vor allem klar durchdachte theoretische Ausführungen und Fragestellungen gegeben sind. Dafs diese nicht durchgehends Zustimmung finden werden, liegt in der Natur der verwickelten Probleme begründet, um die es sich handelt und die vielfach zunächst nur ein „Tasten“ erlaubt, Möge das Buch, welches eine frische jugendliche Zuversicht für die Erfolge der „Entwicklungs- physiologie“ ' oder experimentellen Morphologie durchzieht, für diese werbend wirken, denn ihr, nicht der im Verblühen begriffenen spekulativen Morphologie, gehört die Zukunft. Morphology of Angiosperms (morphology of Spermatophytes, Pars II) by J. M. Coulter and Ch. J. Chamberlain. Illustrated. New York, D. Appleton & Co. 1903. Im Jahre 1901 haben die Verf. als ersten Teil eines Werkes „Morphology of Spermatophytes“ eine Bearbeitung der Gymnospermen veröffentlicht. Da sie aber betonen wollen, dafs sie Gymnospermen und Angiospermen als phylogenetisch getrennte Gruppen betrachten, ist das vorliegende Werk besonders als Morpho- logy of Angiosperms betitelt. Es gibt hauptsächlich eine Zusammenfassung der in den letzten Jahren aufserordentlich angewachsenen und namentlich in Amerika sehr gepflegten Literatur über Entwicklungsgeschichte der Mikro- und Makrosporan- gien und des Embryos, beschränkt sich also der Hauptsache nach auf ein wichtiges, aber ziemlich eng begrenztes Gebiet der Morphologie, Die Darstellung ist sehr reich illustriert (auch mit Originalfiguren) und stellt so für Jeden, der sich auf diesem Gebiete orientieren oder auf ihm weiter arbeiten will, ein schr willkommenes Hilfsmittel dar, zumal auch die neuere Literatur sehr vollständig angeführt ist. Die Kapitel über „Classification“ füllen für die deutsche Literatur keine Lücke aus, und die dort geäufserten Anschauungen über das, was „primitiv“ und was „reduziert“ sei, stehen auf ganz uusicherem Grunde; auch ist die neuere Literatur z. B. über Cyclantheen und Gramineen nicht berücksichtigt. In zwei Schlufs- kapiteln gibt Prof. Jeffrey eine interessante Übersicht über die vergleichende Anatomie der Pteridophyten, Gymnospermen und Angiospermen mit besonderer Berücksichtigung phylogenetischer Gesichtspunkte. Zweck und Umfang des Unterrichtes in der Naturgeschichte an höheren Mittelschulen mit besonderer Berücksichtigung der Gym- nasien. Von F..Mühlberg in Aarau. Leipzig und Berlin, Verlag von B. G. Teubner. 1903. Eine warme Verteidigung des Wertes des (in Deutschland auf den Mittel- schulen ja meist ganz in den Hintergrund tretenden) naturgeschichtlichen Unter- richts, auch für die formale und allgemeine Bildung; eine Verteidigung, die wohl mit einer gewissen Überschätzung der Bedeutung des Unterrichts überhaupt ver- bunden ist. Bei der jetzigen unhaltbaren Lage des naturgeschichtlichen Unter- riehts kann aber auch etwas Übereifer nichts schaden, zumal der Verf. sich auf eine langjährige Erfahrung berufen kann. Das Schriftehen bildet das erste Heft einer Sammlung naturwissenschaftlich-pädagogischer Abhandlungen, herausgegeben von O. Schmeil und W. B. Schmidt, "K.6. Flora 92.Band, 1903 . AN he fr. \ . Perianth . in x d Fig. , “ Arusuerer Intogumet, " \ Jnneres Intoyumen! N /ntegument. N Geschrogllere Spät; > Dom ansserch Malt a Ger = R Bi. LJThomas Lich Inst, Berin. 583. ne wurtsstzy ad ast del, Flora 92. Band, 1903. ze! LJ Thomas, Sith. Inst, Berlin 5.33. Flora 92. Band, 1903. Taf. IL Ad natumım del... Rostowzew. . £ Meder, Lüh. Inst, Marbunga.t,. Flora 92. Band, 1903. Fig l. ld n.ıluram del. 5. Rostowzen. E Meder, Luk. tnst, Yarbsaga.l. Flora‘ 92. Band, 1903. - E Meder /üh. Inst Marburga.!. Ad natınam «Wi 5. Postonzen! Verlag von ı Gustav Fischer in Jena. Beihefte zum bot nischen Gentralblatt. Originalarbeiten. Her»usgegeben von . Prof. Dr. Oscar Uhlwurm una Prof. Dr. F. G. Kohl in Berlin. in Marburg. Fertig liegt vor: Band XIV. Mit 22 Tafeln und 23 Abbildungen im Text, Preis des Bandes: 16 Mk. Juhalt: Beiträge 7 zur Entwicklungsgaschichte und Biologie einiger Meeresafgen. Mit Tafel 1. (Von Tobler.) La reconstitution du noyau et la formation des chromosomes dans les cindses somatiques. (Von Gregoire’et Wygaerts.) Anatomischo und biologische Untersuchungen der Podalyriesnsamen. Mit Tafel 1a. (Von Lin- w ingr. . über e> °_Fäfsbündelverlauf in den Blättern der Amaryllidacsen. Mit 10 Abbildungen im Text. (Von Fraenkel.) Vergleichende Untersuchungen über Flechten in zezug. auf ihre Stoffwochselprodukte. Mit 1 Ab- bildung im Text und Tafel 2—5. (Von Zopf.) Einige Bemerkungen zur Morphologie der Gymnospermen. (Von Velenovsky.) Contribution to tha Fertilisation and Embryogeny of Ables balsamsa. Mit Tafel 6—8. (Von Miyake.) Die Rassen der Nicandra physaloides. (1. Mitteilg) Mit Taf. 9-14. (Von Bitter.) Monographie der Gattung Chironia L. Mit Tafel 15 u, 16. (Von Schoch)) Über Rhododermis Crouan. Mit Tafel 17. (Von Heydrich.) Über don Umfang, die Gliederung und die Verwandtschaft der Familie der Hamamelidaoeen. (Von allier.) On Specialisation of Parasitism In the Erysiphaceae. Mit Tafel 18 und 6 Abbildungen im Text. (Von Salmon.) Beobachtungen über Regenerationserscheinungen an Pflanzen. Mit 6 Abbildungen im Text. (Von Küster.) Beiträge zur Anatomie und Biologie der Früchte und Samen einiger einheimischer Wasser- und Sumpfpflanzen. Mit Tafel 19-21. (Von Fauth Vorschlag zu einer praktischen Erweiterung der. botanischen Nomenklatur. (Von Noll.) Verlag von Gustav Fischer | in Jena. Soeben erschienen: Über Erblichkeit in Populationen und in reinen Linien. Ein Beitrag zur Beleuchtung schwebender Selektionsfragen. Von W. Johannsen, Professor der Pflanzenphysiologie an der Kgl. dünischen landw. Hochschule in Kopenhagen. Preis Mk. 1.50. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung, Marburg (Hessen). In unserem Verlage erschien: Pflanzenbiologische Schilderungen. Von K. Goebel. 3 Teile. Mit 31 Tafeln und zahlreichen Holzschnitten. In Preise von Mk. 38.—. auf Mk. 15.— ermälsigt. Druck von Val. Höfling, München, Lämmerstr. 1. u nA