Inhaltsverzeichnis. Seite GOEBEL, K., Archegoniatenstudien. Mit 144 Textfiguren . » . . - 1—202 BRUCHMANN, H., Über das Prothallium und die Sporenpflanze von Bo- trychium Lunaria Sw. Mit 2 Tafeln. . . - ee 20 SVEDELIUS, NILS, Über das postflorale Wachstum der Kelchblätter einiger RE Mit 31 Textfiguren . . . . . . .231-259 PEKLO, JAROSLAV, Zur Lebensgeschichte von Neottia Nidus avis L. Mit 2 Textfiguren . . 2a 2 SCHOENE, KURT, Beiträge zur Kekainit = en ee Laubmoos- sporen und zur Biologie der Laubmoosrhizoiden. Mit 12 Text- Aguren > een RENNER, OTTO, Über Wirrzopfe an Salix. Mit 9 Textfiguren . . . 322—329 Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. )— — = insbesondere der Arc oniaten und Sa- Organographie der Pflanzen eipflemon. ern K. Goebel, Prof. an der Universität München. Erster Teil: Allgemeine Organographie. Mit 130 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 6 Mark. Zweiter Teil: Spezielle Organographie. 1. Heft: Bryophyten. Mit 128 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 3 Mark 80 Pf. 2. Heft: Pteridophyten und Samenpflanzen. Erster Teil. Mit 173 Abbil- dungen im Text. 1900. Preis: 7 Mark. Zweiter Teil (Schluß. des e- Ganzen). Mit 107 Textabbildungen. kai Preis: 5 Mark. Naturwiss. Wochenschrift 1902, Nr. Das Goebelsche Werk ist eine F et gut disponierten zuverlässigen bota- fee Materials, das insbesondere denjenigen Forschern zugute kommen wird, die sich Jein Bild von der Entstehung und allmählıchen Herausbildung des Pflanzenkörpers zu | machen ee se und zwar in Anknüpfung der an ee er an ur des gebotenen ‚Stoffes mögen nur einige besonders hoben werden, in denen der Verfasser entweder neue, bislang nic Beispiele en oder ihm ne Erklärungsversuche FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 96. BAND. JAHRGANG 1906. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 5 TAFELN UND 258 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1906. Wo art atudnı 1E07 ALLE RECHTE VORBEHALTEN. D nen nn nn | Inhaltsverzeichnis. ARESCHOUG, F. W. C., Über die Bedeutung des Falldennarenehyms für die Transpiration der Blätter BRUCHMANN, H., Über das Prothallium und die Sporenpflanze von Bo- trychium Lunaria Sw. Mit 2 Tafeln . GOEBEL, K., Archegoniatenstudien. Mit 144 Textfiguren . IKENO, S., Zar Frage nach der Homologie der Blepharoplasten.. KOERNICKE, MAX, Zentrosomen bei Angiospermen. Mit einer Tafel . KUPPER, WALTER, Über Knospenbildung an Farnblättern. Mit 47 Text- figuren KÜSTER, ERNST, Histologische und experimentelle Untersuchungen über Intumescenzen . . . LIESEGANG, RAPHAEL ED, Über das Erfrieren der Pflanzen LORCH, WILHELM, Ein Apparat zur schnellen Reinigung beliebig großer Mengen von Sand und Kies. Mit 2 Textfiguren 2 NEMEC, B., Die Wachstumsrichtungen einiger Lebermoose. Mit 9 Text- figuren EEE PEKLO, JAROSLAV, Zur Hebensgeschiehte: von Neottia Nidus avis L. Mit 2 Textfiguren RENNER, OTTO, Über Wirrzöpfe an Salix. "yit 9 Textfiguren SCHELLENBERG, H. G., Untersuchungen über den Einfluß der Salze auf die Wachstunsrichtung der Wurzeln, zunächst an der Erbsenwurzel. Mit 2 Textfiguren . SCHOENE, KURT, Beiträge zur Kenntnis der Keimung der Laubmoos- sporen und zur Biologie der Laubmoosrhizoiden. Mit 12 Text- figuren SPERLICH, ADOLF, Ergänzungen zur ? Morphologie und. Anatomie der Ausläufer von Nephrolepis. Mit 2 Tafeln . SVEDELIUS, NILS, Über das postflorale Wachstum der Kelchblätter einiger Convolvulaceen. Mit 31 Textfiguren Heft I, pag. 1-—-328 erschien am 24. März. 5 5. Juli. Seite 329—336 . 203—230 . 1—-202 . 538542 501-522 . 337 —408 . 527—--537 . 523524 525526 409—450 . 260-275 . 322-328 . 474 500 276-321 . 451-473 . 231-259 FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 96. BAND. JAHRGANG 1906. ERSTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 2 TAFELN UND 198 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1906. Ankündigung. Mit dem vorliegenden 96. Bande geht die „Flora oder allgemeine botanische Zeitung“ in den Verlag der mitunterzeichneten Verlagsbuch- handlung über. Wie bisher soll die Flora der „allgemeinen Botanik im weitesten Umfang (jedoch mit Ausschluß der deskriptiven Anatomie) gewidmet sein. Um für die stets steigende wissenschaftliche Produktion auf diesem Gebiete mehr Raum zu gewinnen, werden künftig die Litera- turbesprechungen wegbleiben, ferner ist der Umfang der Zeitschrift auf mindestens 35 Bogen pro Band vergrößert worden, ohne daß damit eine Preiserhöhung verbunden wäre. Ergänzungshände sollen dagegen künftig nicht mehr ausgegeben werden. Das Mitarbeiterhonorar beträgt 30 Mark pro Bogen. Der Umfang der Arbeiten soll 4 Bogen für ge- wöhnlich nicht überschreiten, im übrigen bitten wir die Mitteilungen der Verlagsbuchhandlung auf dem Umschlag zu beachten und bitten Manuskripte an den Herausgeber einzusenden. Der Herausgeber: Die Verlagsbuchhandlung: K. Goebel, Gustav Fischer, München, Luisenstr. 27. ‚Jena. Archegoniatenstudien. Von K. Goebel. X. Beiträge zur Kenntnis australischer und neuseeländischer Bryophyten. “ Bei einem leider nur kurzen Besuche, welchen ich im Winter 1898/99 dem australisch-neuseeländischen Florengebiet abstattete, war mein Augen- merk namentlich auch auf die Laub- und Lebermoose gerichtet. Wenn ich dabei auch merkwürdige reue Formen, wie Lej. Metzgeriopsis, Treubia. Ephemeropsis oder das lange verschollen gewesene Calobryum!), welche ein freundliches Geschiek vor 20 Jahren mir in Java in den Weg ge- führt hatte, nicht auffand, so gedenke ich doch in dankbarer Erinnerung der Freude, welche der Anblick der mächtigen Dawsonien, der pracht- vollen Gottscheaarten, der Lebermoose mit großen „Marsupien“, der im Vergleich mit anderen thallosen Lebermoosen riesigen Monoclea (von der ich eine andere Art vor Jahren in der Küstenkordillere von Venezuela angetroffen hatte) und anderer Formen mir bereitete. Daß ich trotz kurzer Zeit doch verhältnismäßig viel von der interessanten Flora Neuseelands kennen lernte, verdanke ich namentlich der liebenswürdigen Führung meines verchrten Freundes Dr. L. Cockayne. Ihm möchte ich auch an dieser Stelle danken, ebenso den Herrn F. Stephani und A. Geheeb für die freundliche Bestimmung des getrockneten Teiles meines Materials. Die folgende Abhandlung enthält einige kleine Beiträge zur Mor- phologie und Biologie einer Anzahl der untersuchten Formen. Wo es sich dabei um entwieklungsgeschichtliche Untersuchungen handelte, machte sich mehrfach der Umstand störend geltend, daß nicht alle gewünschten Entwicklungsstadien vorhanden waren. Mögen diese Lücken von anderer Seite bald ergänzt werden! Die hier mitgeteilten Untersuchungen sind größtenteils schon vor mehreren Jahren niedergeschrieben, aber anderer Arbeiten wegen bis jetzt nicht veröffentlicht worden. Eine Übersicht der hauptsächlichen Ergebnisse’ findet sich am Schlusse der Abhandlung. 2) Vgl. Goebel, Morphologische und biologische Studien. Annales du jardin botanique de Buitenzorg, Vol. VII (1837) und IX (1890). Flora 1906. 1 l. Laubmoose. A. Radiäre Formen. I. Dawsonia und Verwandte. Die Gattung Dawsonia ist aus zwei Gründen von besonderem Interesse, einmal wegen der für ein Laubmoos riesigen Dimensionen, welche einige Arten erreichen — womit auch «der hochentwickelte anato- A N 4 FT. EL I. Fig... Dawsonia superba. T. Verzweigtes Exemplar mit zwei jungen, noch unreifen und deshalb auf- rechten Sporogonen. IT. Junges, noch aufreehtes Sporogen von der flachen Seite. I. Entwickeltes Sporogen. U. und TIL 3U,mal vergr. mische Bau der Sproß- achse zusammenhängt — und dann wegen der merk- würdigen Gestalt der Kap- sel und ihres Peristoms. Als ich vor einigen Jahren über den Bau des letzteren ins klare zu kommen suchte !), zeigte sich, daß nur schwie- rig Material für eine solche Untersuehung zu beschaffen war, um so erfreuter war ich, in den Blackspurbergen Viktorias Dawsoniasuperba und D. longiseta in Menge anzutreffen — man kann an den Rändern der Land- straße, welche nach der „Hermitage“ führt, mühe- los diese Moose sammeln, Ihre größte Entwicklung aber erreichen sie in feuch- ten Schluchten, namentlich in den „fern-gullies“ der Kolonie Viktoria und in Neuseeland, wo ich Exem- plare von D. superba von fast Y/, m (46,5 cm) Höhe maß. D. longiseta?) da- gegen bleibt in ihren Dimensionen xegenüber den meisten europäischen I toebel, Uber die Sporenverbreiting bei den Laubimoosen. Flora 1895, Bd. LANN, par. 483. 2) Ob die Bestimmung dieser Art riehtie zu sagen, da mir kein Vergleichsmaterial vorlae. ist, vermag ich nicht mit Sicherheit k ’ N F DE ren a 3 Polytrichumarten bedeutend zurück, «die Stämmehen erreichen meist eine Länge von noch nicht 1 em. Ebenso wie die Polytrichum-Stänme werden die von Dawsonia als durchaus einfach beschrieben. Indes traf ich bei D. superba mehr- fach solche an, die in ihrer oberen Region wie gegabelt erschienen (vgl. Fig. 1), wobei jeder der Gabelzweige ein Sporogon tragen kann. Die anatomische Untersuchung (vgl. Fig. 2) zeigte, daß in «dem Sproß- teil vor der Verzweigung eine Verbreiterung des Zentralstranges, dann eine Trennung in zwei Hälften eintritt, die in die zwei Zweige eintreten. Es ist wahrscheinlich, «daß einer von ihnen als Hauptachse, der andere als Seitenachse zu betrachten ist, welche aber sich ebenso stark als die I 1. Fig. 2. Dawsonia superba. Qnerschnitte durch eine verzweigte Sproßachse (III. unter- halb der Verzweigungsstelle, hier auch die Blattspuren eingezeichnet, IL und I. weiter oben. Hauptachse entwickelt. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, daß (diese Verzweigung ebenso wie «lie an sonst unverzweigten Baumfarnen (z.B. Dicksonia antaretica) gelegentlich auftretende auf eine Beschädigung der Sproßspitze zurückzuführen ist. Sie ist insofern von Interesse, als sie zeigt, daß im oberirdischen Teile Sproßanlagen vorhanden sind, die normal sich nie entwickeln. während andere Polytrichaceen z. B. der schöne, auch in Neuseeland gesammelte Polytrichadelphus «dendroides bäumchenförmig verzweigte Sprosse besitzen. Auftreten von Seiten- sprossen im unteren Teil der Sproßachse von unbeschädigten Stämmchen von Polytrichum commune beobachtete ich bei solchen Pflanzen, welche in Nährlösung bei Liehtzutritt kultiviert wurden: bei Pogonatumarten ist eine Verzweigung bekanntlich nicht selten, so daß sich bei den Poly- trichaceen alle Abstufungen von normaler Entwicklung (er Seitensprosse 1 * 4 (wenigstens eines Teiles derselben) bis zur habituellen Hemmung vor- finden, die aber auch keine ausnahmslose ist. Bei Polytrichum sind die Astanlagen sogar ziemlich entwickelt !), obwohl sie bei den meisten Arten normal nicht austreiben. Welcher Art die Hemmung ist. die dies ver- hindert, ist nicht bekannt. Wie lange eine Pflanze von Dawsonia superba braucht, bis sie ein Sporogon hervorbringt (und dann abstirbt), läßt sich natürlich nur dureh direkte Beobachtung ermitteln. Doch scheint das Längenwachs- tum, wenigstens das älterer Exemplare, ein ziemlich langsames zu sein. Um wenigstens einen Anhaltspunkt zu haben, maß ich die Länge der Sproßstücke zwischen je zwei männlichen „Blüten“. Diese letzteren durchwachsen bei Dawsonia ebenso wie bei Polytrichum. Die Länge der Sproßachse zwischen zwei männlichen Blüten schwankte zwischen 1,2 und 2,5 cm, sie betrug bei 7 gemessenen Stücken (an 5 verschiedenen Pflanzen) im Mittel 1,7 em. Nun ist es sehr wahr- scheinlich, daß jüngere, noch nicht zur Bildung von Sexualorganen be- fähigte Pflanzen rascher wachsen als ältere, welche schon Antheridien hervorgebracht haben, ebenso sind wie bei anderen diözischen Moosen die weiblichen Exemplare auch bier die kräftigeren, so daß also ein Jahreszuwachs von etwa 2 cm für die weiblichen Pflanzen zu niedrig gegriffen sein würde. Immerhin aber scheint es mir nicht unwahrschein- lich, wenn wir die Lebensdauer einer Pflanze von D. superba auf eine längere Reihe von Jahren — in manchen Fällen wohl auf über 20 — schätzen. Denn zu dem oberirdischen Teil kommt ein namentlich bei D. superba stark entwickelter unterirdischer Teil, das „Rhizem“. Dieses hat eine bedeutende Länge (eines der größten gemessenen war 15cm lang), es steckt tief im Boden (oft ca. 6 cm) und (liese Tatsachen eı- klären uns auch die Möglichkeit der mächtigen Entwicklung des ober- irdischen Teiles, die natürlich nicht nur eine stärkere Bewurzelung im Boden, sondern auch eine stärkere Wasserzufuhr als bei einem kleinen Moose erfordert; es läßt sich auch leicht feststellen, daß die Rhizoiden resp. Rhizoidenstränge mit den Bodenteilchen in enge Verbindung treten und durch eine reiche Gliederung sich auszeichnen. Die Rhizome traf ich stets unverzweigt; sie sind dreikantig und besitzen Niederblätter. welche im oberen Teil rötliche Spitzen bekommen, wenn sie ans Lieht treten und weiter oben dann in die Laubblätter übergehen. Wie die Rhizome so tief in den Boden gelangen, kann ich nieht sagen. Es kann dies aktiv (dureh Eindringen in den Boden) oder passiv (durch Eredanhäufung infolge «der Tätigkeit von Tieren etc.) I) Vel. Correns, Brutorgane der Laubmoose, p. 389, 1890. N» geschehen, auch könnte man daran denken, (daß an den in die Erde eingedrungenen Rhizoiden und Rhizoidensträngen des Protonemas neue Pflänzchen entstehen (was mir am wahrscheinlichsten erscheint), die dadurch ılann von vornherein tiefer in der Erde stecken. Doch habe ich (diesen bei Catharinea leicht zu beobachtenden Vorgang!) bei Dawsonia nicht gesehen, ebensowenig die Entstehung von Seitensprossen an den Rhizomen. Jedenfalls erklärt das stark entwickelte Rhizom von D. superba (die Möglichkeit der bedeutenden Entwicklung («der oberirdischen Sprosse, Daß die Rhizoidenbildung bei D. superba eine reichere sein werde, als bei D. longiseta, war von vornherein anzunehmen. Tatsächlich sind bei D. superba auch dieke Rhizoidenstränge und außerordentlich reich verzweigte, schließlich schr dünn werdende freie Rhizoiden vorhanden, während D. polytrichoides an den untersuchten Exemplaren nur wenige und dünne Rhizoidenstränge neben den freien Rhizoiden aufwies. Die schon von R. Brown hervorgehobene Übereinstimmung der Vegetationsorgane von Dawsonia mit denen der übrigen Polytrichaceen geht aus den obigen kurzen Angaben ohne weiteres hervor. Sie prägt sich auch im anatomischen Bau aus. Dieser ist gerade bei den Poly- trichaceen in letzter Zeit sehr eingehend untersucht worden. Auf Einzel- heiten braucht deshalb hier nicht näher eingegangen zu werden, doch kann der anatomische Bau von Dawsonia schon deshalb hier nicht über- gangen werden, weil er auch für die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Dawsonia und Polytricbum mit in Betracht komnit. Geschichtlich ist Dawsonia dadurch von Interesse, daß bei ihr zuerst von Unger?) das Vorhandensein von Blattspuren bei «len Moosen nachgewiesen wurde. Über ihre Anordnung habe ich in der Literatur nichts finden können. Sie ist dadurch von Interesse, daß sie im Stämmehen von unten nach oben sich änllert. Im unteren Teil des Rhizoms sind Blattspuren noch nicht nach- weisbar. Bei ihrem ersten Auftreten sind «ie Blattspuren noch in (drei geraden Reihen angeordnet (Fig. %, ID). Geht man weiter nach oben, so sieht man (Fig. 3. ID, «aß diese Reihen schief werden, es ist, als ob das ganze Stämmchen eine Torsion erfahren hätte. Und weiter oben ist diese Drehung eine sehr starke (Fig. 3, ILL), es sind die drei Reihen aber immer noch erkennbar. Selbstverständlich hanıdelt es sich 1) Die Rhizoidstränge dieses Mooses sind mit den Rhizomen verwechselt worden, so auch noch jüngst von Brotherus (Natürl. Pflanzenfamilien v. Engler-Prantl, 1, 3, pag. 671. 2), Unger, Beiträge zur Physiologie der Pflanzen. VI. Über den anatomischen Bau des Moosstammes (Sitz.-Ber.d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, Bd. XLII, 1861). 6 nicht um eine nachträgliche Torsion durch Wachstum älterer Teile der Sproßachse, sondern um die durch das eigentümliche Wachstum der Segmente am Scheitel bedingte, welche Correns') als Scheitel- torsion bezeichnet hat. Es wird dadurch bei reichbeblätterten Moosstämmchen eine zweckmäßigere Ausnützung des Lich- tes erreicht. als wenn die Blätter in drei Reihen angeordnet wären. Von Dawsonia longiseta stellt Fig. 4 einen Stammquer- schnitt dar, man sieht auch hier die drei schrägen Reihen der Blattspuren und bei Polytrichum läßt sich dasselbe beobachten, Fig. 3. D. superba. I. und II. Querschnitte durch den D. superba aber ist, unteren Teil der Sproßachse, III. durch den oberen, die wieerwähnt, eben da- Blattspuren sind hier schraffiert und die zusanmengehörigen : nt ch v nteresse Reihen durch punktierte Linien verbunden. durch N on 1 ° ‚ daß hier im Verlauf der Einzelentwicklung der Übergang von der !/, Anordnung der Blätter in höhere Divergenzen zu beobachten ist?) Für den Vergleich mit dem feineren Stammbau der übrigen Poly- trichaceen kommt namentlich die Gattung Polytrichum selbst in Betracht, welche zuletzt von Tansley und Chick®) sehr eingehend untersucht worden ist. 1} Correns, Über Scheitelwachstum, Blattstellung und Astanlagen des Laub- moosstänmehens (Festschrift f. Schwendener, Berlin 1899, pag. 393). 2) Bei Polytrichum sind die Niederblätter am Rhizom frühe schon in drei schräg verlaufende Reiben angeordnet, wahrscheinlieh sind diese aber ursprünglich auch hier gerade. 3) Tansley and Chick notes on the condueting tissue-system in Bryophytes (Annals of botany, Vol. XV, 190%. Von älterer Literatur sei außer den Arbeiten von Unger und Lorentz angeführt: Goebel, Die Museineen in Schenks Handbuch, pag. 369 (1881 — nicht wie Coesfeld, Bot. Ztg. 1892, pag. 154 zitiert, 1887) und namentlich Haberlandt, Beiträge zur Anatomie u. Physiologie der Laubmoose (Jahrb. f. wiss, Bot., Bd. XVI, 1886). In diesen Arbeiten ist auch weitere Literatur angeführt. [i Die Verfasser unterscheiden einen zentralen „Ilydrom-Zylinder“, der durch dicke braune Seitenwände ausgezeichnet ist. Er besteht aus „Hydroiden“, welche dünne, stets schief gestellte Querwände haben und keinen lebenden Inhalt oder doch nur Reste eines solchen. Er ist um- geben von einen dünnwandigen „Ilydrom-Mantel“, dem eine Stärke- scheide angrenzt. Diese ist umgeben von einer Lage von Zellen, (lie einigermaßen an Siebröhren erinnern (den Leptoiden) und keine Stärke führen, sie bilden den „Leptom-Mantel“. Eine innere Rindenschicht wird noch be- sonders als „rudimentärer Pericykel“ be- zeichnet. Mir scheint, daß man in dem Be- streben, die einzelnen Gewebsformen bei den Moose voneinander zu trennen, neuerdings etwas zu weit gegangen ist und daß die für einzelne Gewebsformen als charakte- ristisch betrachteten Merkmale, z. B. die auf den Zellinhalt bezüglichen, nicht immer Fig. 4. D. longiseta. Stamm- konstant sind. Die „Leptoiden“ können auch Dealeelinder bunktiert oben Stärke führen, sind also von den stärke- rechts eine Lücke dadurch ge- haltigen Parenchynmzellen kaum scharf zu eildet, daß das Biatt Shrolinehse trennen und auch sonst ist der Zellinkalt zusanımenhängt, in der Mitte keineswegs ein solcher, daß sich «darauf eine aber frei ist (vergn). scharfe Trennung der Gewebeformen gründen ließe, das zeigt sich meiner Ansicht nach auch bei Dawsonia. Was den Stamm anbetrifft, so ist der Bau «des Rhizoms von dem des laubblattragenden Teiles wie bei anderen Polytrichaceen unterschieden. Es sei zunächst D. superba erwähnt und vom oberen Sproßteil aus- gegangen. Auf einem Querschnitt können wir hier drei Regionen unter- scheiden: 1. eine äußere Rindenschicht, ausgezeichnet (urch die starke sklerenchymatische Verdiekung ihrer englumigen Zellen, deren Wände dunkeleefärbt sind. Diese äußere geht über in die 2. innere Rinden- schicht, weiche aus Zellen mit weiteren Lumen, weniger stark vertickten und mehr gelblich gefärbten Wänden aufgebaut ist, sie führen meist reich- lich Stärke, besonders im innersten Teile. 3. Als dritte Gewebeform ist der umfangreiche Zentralzylinder zu betrachten. In diesem unterschied schon Unger weite dünnwandige*) und enge diekwandige Zellen. Erstere vergleicht er den „Spiroiden“?) (Gefäßen resp. Tracheiden), letztere den 1) A. a. O. pag. 506 siehe durch einen Druckfehler weite diekwandige. 2) Diese sind in Fig. 3, IIT — indes nicht vollständig — in den Zentral- zylinder eingezeichnet. N Holzfasern. Haberlandt in seiner bekannten Ahhandlung „Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Laubmoose“ übernimmt Ungers Vergleich und bezeichnet die Zellen mit verdickten Wänden als „mecha- nisches Füllgewebe“. „dessen Stereiden wir mit Unger zweifellos (en Holzfasern (Tibeiformfasern) vergleichen dürfen.” Haberlandt scheint vorauszusetzen, daß «diese Zellen keinen lebenıen Inhalt führen. er gibt auch als Grund (dafür, daß der Zentralzylinder nicht als ein „Hadrom- strang” angesehen werden könne, an, daß ihn nicht bloß stoffleitende Zellen aufbauen. Tatsächlich aber führten die als .„Stereiden” be- zeichneten Zellen bei allen von mir untersuchten Exemplaren lebenden Inhalt. Sie sind auch reich an Stärket). Es kann nicht bezweifelt werden, daß sie wesentlich auch «(er Stoffleitung (und wohl auch der Stoffspeielierung) dienen. Damit steht im Zusammenhang. daß die Quer- wände (welche meist schief. oft aber auch quer gestellt sind) dünnwandig smd. Es ist so eine Stoffwanderung namentlich in der Längsrichtung ıder Stämmchen erleichtert; auf diese aber kommt es natürlich vorzugs- weise an, da ja das ganze vegetative Leben schließlich in «den Dienst der Sporenhildung gestellt wird. Auch auf den Längswänden finden sich gelegentlich. aber nicht häufig dünnere Stellen, die man als seichte Tüpfel bezeichnen kann. Daß diese Zellen auch eine mechanische Be- deutung haben, speziell die des Schutzes der Wasserleitungsröhren, soll natürlich nicht bestritten werden, aber die Arbeitsteilung ist nicht so weit vorgeschritten, wie es nach Ungers und Haberlandts Ansicht?) der Fall wäre, will man diese Zellen mit denen höherer Pflanzen ver- gleichen, so könnte man sie eher dem „Leitparenchym* an die Seite stellen, welches auch bei Catharinea sich im Zentralstrang vorfindet (s. unten). Die wasserleitenden Zellen oder Hydroiden sind viel weiter als die stärkeführenden und dünnwandig, namentlich sind sie aber auch sehr viel länger als diese, das muß hervorgehoben werden, weil es nach einer Abbildung Ungers scheinen könnte, als ob sie etwa dieselbe tröße hätten (Taf. III Fig. 32. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daB Unger nur Stücke der Hydroiden bei der Isolation bekommen hat. 1) Selbstverständlich wird die Stärkemenge vom Entwicklungszustand der Pflanzen abhängen. 2) Vgl. auch Haberlandt, P’hysiolog. Pflanzenanatomie, 2. Anfl., pag. 303 — „im oberirdischen Stämmehen der neuseeländischen Polytrichacee Dawsonia superba sind zwischen den wasserleitenden Elementen des Leitbündels diekwandige mecha- nische Zellen eingeschaltet. die man unzweifelhaft mit Libriformfasern ver- „leichen darf“. 9 Messungen der Länge «der letzteren sind schwierige auszuführen, weil die sehr schief gestellten und sehr dünnen Endwände nicht leicht er- kennbar sind, eine Isolierung ganzer Hydroiden aber gelang mir nicht. Diese Wände sind vielleicht zum Teile mit Öffnungen versehen, was eine Annäherung an «die Gefäbbildung höherer Pflanzen (arstellen würde, indes war ich nicht imstande, Durchbrechungen mit Sicherheit nachzu- weisen, es ist bei so dünnen Zellwänden schwierig zu ermitteln, ob ein Stück resorbiert ist oder nicht; wo das erstere auf Querschnitten der Fall zu sein scheint, könnte es sich auch um eine Zerreißung der dünnen Wandstelle durch das Messer handeln. Daß es sich bei den jetzt'als „Hydroiden“ bezeichneten Zellen der Polytrichaceen um Wasserleitungs- balınen handle, habe ich 1881 (a. a. O.) als wahrscheinlich bezeichnet !) und Haberlandt hat diese Vermutung später experimentell bestätigt. Bei Dawsonia läßt sich die Funktion der weiten Hydroiden besonders leicht demonstrieren. Ich schnitt ein lebendes Exemplar in Australien so «dureh, wie man das zur Demonstration des negativen Luftdrucks in den Gefäßbahnen höherer Pflanzen zu tun pflegt. d. h. so, daß (die un- verletzte Sproßachse in eine gefärbte Flüssigkeit herabgebogen und dann an der Biegungsstelle durchschnitten wurde Da ich keine andere Farbstofflösung zur Verfügung hatte, benutzte ich Tinte. Die blaue Flüssigkeit drang beiderseits in 35 Sekunden in die weiten Hydroiden und nur in diese etwa l cm weit ein. In Sprossen, welche zwei Stunden lang in Tinte eingetaucht standen, war diese (im Maximum) 3 cm hoch gestiegen; der Zentralstrang, welcher sonst weiß erscheint, sieht dann wie eine dunkle Linie aus. Daß bei längeren Einwirkungen auch Membranfärbung eintreten kann, ist klar. Aber «as rasche Ein- dringen beim Durchschneiden beruht jedenfalls auf einem Aufsteigen ler Flüssigkeit im Zellumen, eine Flüssigkeit, welche die Zeilwänile leichter durchdringt, als das bei der Tinte der Fall ist, würde natürlich hedeutendere Steighöhen ergeben haben ?). Der Bau der Blattspuren ist auf verschiedener Höhe derselben ein ziemlich verschiedener (Fig. 5. I—II). Gehen wir zunächst aus von den „Jüngsten“ Blattspuren, den mit dem Zentralzylinder verschmelzenden (Fig. 5, IID, so bestehen diese nur aus Hydroiden (mit X bezeichnet), welche sich an die Hydroiden des Zentralzylinders iz) anschließen. Dabei entstehen meist größere Hydroidengruppen. und diese zeigen die interessante Tatsache, daß ihre Wände zum Teil (namentlich an den Ecken) stärker verdickt und gebräunt sind, oder mit anderen Worten. 1) Die Museineen. Schenks Handbuch, Bd. I, p. 370. 1881. 2) Vgl. die Zahlen Haberlandts a. a. O. pag. 416. 10 es tritt hier eine Annäherung an das Verhalten von Polytrichum ein. wo der Zentralzylinder (resp. dessen wasserleitender Teil) nur aus Hy- 0 Fig. 5. Dawsonia superba. I-—III Querschnitte durch Blatt- spuren stark vergr. Die Hydroiden teils mit 2, teils durch Kreuze bezeichnet, TV. Längsschnitt durch den oberen Teil einer Blattspur, 2 „Leptoid“, 4 „Hydroid“, beide mit Protoplasma und Zeilkernen versehen. droiden mit verdickten ge- bräunten Wän- den besteht. Wir sehen also. daß auch bei dieser schein- bar so abwei- chend gebauten Polytrichacee die charakteri- stische Gestal- tung der Hy- droiden auftritt resp. angedeu- tet wird, sobald diese in größe- rer Anzahl zu- sammenliegen. Vergleichen wir damit eine Blattspur ganz an der Periphe- rie (Fig.5. D, so gewährt sie ein wesentlich anderes Bild. Sie erscheint als eine banıd- förmige Zell- gruppe, in wel- cher die Hy- droiden sehr wenig hervor- treten. Amauf- fallendsten ist eine Reihe von etwa zehn großen Zellen. die den „Leptoiden* ihrer Stellung und (Gestalt nach entsprechen (Fig. 5, IZ), reich an Inhalt 11 sind, aber auch Stärke führen, wenigstens im Stamm, im Blatte selbst sind sie oft stärkefrei. Sie haben helle Wände und ein annähernil quadratisches Lumen, parallel mit ihnen verlaufen andere vom Stamim- gewebe weniger scharf abgegrenzte, gleichfalls stärkeführende Zellen (in Figur mit dd bezeichnet). Die Hydroiden treten als kleine, zwischen die stärkeführenden Zellen eingestreute, übrigens plasmaführende und mit einem Zellkern versehene (vgl. Fig. 5, IV) Zellen (Fig. 5,1 7) schein- bar auf beiden Seiten der mit Z bezeichneten Zellen auf, indes habe ich nur bei den nach innen liegenden einen Übergang in zweifellose Hydroiden nachweisen können. Die äußeren Hydroiden treten durch ihre dicken, braunen Wände weniger scharf hervor, indes möchte ich doch auch sie für Hydroiden halten. Jedenfalls ist die Zahl der Hydroiden in der Blattspur eine größere als bei irgend einer anderen mir bekannten Polytrichacee, bei einigen Formen sinkt die Zahl der Hydroiden in der Blattspur auf drei herab. An weiter nach innen liegenden Blattspuren treten die stärkeführenden Zellen weniger hervor, sie bekommen dickere, braune Wände und ein kleines, mehr abgerundetes Lumen, nähern sich also in ihrer Beschaffenheit den Zellen der Stammrinde. Die Hydroiden dagegen vergrößern sich und treten durch ihre dünnen Wände und ihre Inhaltslosigkeit hervor. Namentlich an den beiden Enden des Blattspur- durehschnitts sieht man dann Hydroidengruppen, die in der Mitte noch durch einige stoffleitende Zellen getrennt sind (Fig. 5, ID). Je näher die Blattspur dem Zentralzylinder kommt, desto mehr verschwinden die letzteren, und schließlich legt sich die nur noch aus Hydroiden bestehende Blattspur an Hyudroiden des Zentralzylinders an. Es ist hier also be- sonders deutlich, daß die physiologisch gleichwertigen Zellen in Blatt- spur und Sproßachse miteinander in Verbindung treten. Überblickt man die Wasserökonomie von Dawsonia, soweit sie sich nach dem anatomischen Bilde beurteilen läßt, so ist zunächst daran zu erinnern, daß, wie bei anderen Polytrichaceen, die Blattspuren sehr lange im Stengel verlaufen, ehe sie sich an «den Zentralzylinder ansetzen. Ihre Hyelroiden werden also, wenn sie gefüllt sind, verhältnismäßig an- selinliche Mengen Wassers enthalten, «dieses kann sowohl nach «dem Zentralzylinder, als nach dem Blatt hin abgegeben werden. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß auch vom Blatte her Wasser in den Stamm eintreten kann, und die Blätter haben ja einerseits in ihren Lamellen, andererseits in ihren langen, der Sproßachse anliegenden Scheidden Hohlräume. mittelst deren sie Wasser festhalten und auf- nehmen können. Darin ist vielleicht der Unterschied (des Baues (er Blattspuren der Polytrichaceen gegenüber «len Samenpflanzen begründlet. 12 Bei diesen nehmen die Hydroiden (besonders deutlich bei den Mono- kotylen) im unteren Teil der Blattspur ab, bei Dawsonia nehmen sie zu. Vergleicht man den Bau von Dawsonia mit den von Polytrichum !), so tritt als Hauptunterschied der hervor. daß im Zentralzylinder von Dawsonia außer den „Hydroiden” noch andere Zellen vorhanden sinı. Dem entspricht auch. (daß die Hydroiden der Blattspuren hier nieht zu einen Ringe verschmelzen wie bei Polytrichum, sondern sich einzeln einzelnen Hyidroidgruppen «les Zentralzylinders ansetzen. Denkt man sich die Hydroidgruppen der innersten Blattspuren einander sehr ge- nähert und betrachtet man (das stärkereiche Gewebe in der Peripherie des Zentralzylinders als dem „Stärkering* von Polytrichum entsprechend, so erhält man schon eine bedeutende Annäherung an den Bau (des letzteren. Die Frage, ob «die Dawsoniastruktur von der Polytrichumstruktur abzuleiten sei, beantwortet Haberlandt bejahend. Er sagt (a. a. O. pag. 401): „Wenn sich, was zweifellos ist, die Gattung Dawsonia von einer schwächeren, polytrichumähnlichen Form herleitet. so fragt es sich nun, in welcher Weise die Umwandlung des Zylinders vor sich ge- gangen ist"; er meint ferner, daß bei Dawsonia die zugfeste Konstruktion der unterirdischen Teile „lokalmechanischer Zwecke“ halber auch in den oberirdischen biegungsfesten Stammteilen beibehalten worden sei. D. longiseta hat trotz ihrer geringen Größenverhältnisse im unteren Teil des Stämmchens denselben Bau wie D. superba, nur mit weniger massiger Ausbildung der einzelnen Gewebeformen. Im oberen Teile ıles Stänmchens, welches sehr bald zur Bildung von Archegonien schreitet, bietet der Querschnitt ein Bild dar, das mehr an das bei Polytrichum bekannte erinnert, zumal um den Zentralzylinder herum sich ein (nicht vollständiger) Ring von Zellen mit gebräunten Wänden findet. Indes besteht auch hier der Zentralzylinder nicht ausschließlich aus Hydroiden und es ist bekannt, daß auch sonst Änderungen in seinem Bau eintreten, wenn ein Sporogon sich entwickelt, so daß man meiner Ansicht nach D. longiseta nicht als Stütze für die oben an- geführte Haberlandtsche Hypothese (die ihr Autor als zweifellos be- trachtet) benutzen kann. Stellt man sich, wie Haberlandt, zunächst auf den teleologischen Standpunkt, so wird man die Struktur des Zen- 1) In der neuesten Besprechung der Polytrichaceen-Anatomie (v. Wettstein, Handbuch der systematischen Botanik, IL, 1, pag. 22) sind die Gewebe irrtümlich bezeichnet. Der zentrale Hydroidenzylinder wird dort als „die mechanischen Ele- mente des Zentralstranges“ betrachtet, in den Blättern die „Leptoiden“ als „xylem- artige Elemente“ aufgeführt, während die kleinen Hydroiden ganz übersehen sind. 13 tralzylinders von Dawsonia nicht in erster Linie auf „lokahnechanische Zwecke“ zurückführen können. Denn wir sahen, daß die „mechanischen“ Zellen lebende, an der Stoffleitung beteiligte sind und fassen daher (lie Vergrößerung «der Leitungsbahnen, welche durch das Vorhandensein dieser Zellen im Zentralzylinder gegeben ist, als das Primäre auf, «die mechanische Bedeutung als das Sekundäre, Die bedeutende Gröhe, welche D. superba erreicht, ist meiner Ansieht nach «dureh die Aus- bildung einer großen Zahl baustoffleitender und -speichernder Zellen ermöglicht worden. Diese Auffassung wird gefestigt dureh «das Ver- halten anderer Polytrichaceen. Wie Haberlandt gezeigt hat, treten im Zentralzyiimder von Catharinea undulata die Hyedroiden in unregelmäßigen Reihen auf, zwischen welchen englumige Leitparenchymzellen stehen, welche Haber- landt als dem Holzparenchym analog betrachtet. Dieses Leitparenchym findet sich aber in der Regel nur in den weiblichen Pflanzen, bei (enen die Beziehung zur Ernährung des Sporogons ja auf der Hanıl liegt, nicht in den männlichen. Diesem Leitparenchym entsprechen offenbar, wie schon oben bemerkt, auch die sog. „Stereiden* im Zeutralzylinder von Dawsonia, die nebenbei auch noch eine mechanische Funktion haben. Die mechanische Funktion der Zellen mit verdiekten Wänden scheint mir bei den Moosen allzusehr in den Vordergrund gestellt worden zu sein. Käme sie wirklich ausschließlich in Betracht, so wären viele Moose geradezu verschwenderisch «damit ausgestattet, jedenfalls nieht nach dem Prinzipe, daß mit «dem geringsten Materialaufwand die größte notwendige Festigkeit erzielt werden sollte. Abgesehen von der Be- deutung der Membranverdickungen als Schutz gegen Transpiration, Tier- fraß etc. kommen gewiß noch andere Faktoren in Betracht!) «die uns derzeit unbekannt sind, da unsere Kenntnis der Stoffwechselerscheinungen und des inneren Aufbaus der Moose noch eine mangelhafte ist. Was den Bau des Rhizoms von Dawsonia anbelangt. so stimmt er im wesentlichen mit dem anderer Polypodiaceen überein. \on (diesen hat Haberlandt gezeigt, und Tansley und Chick haben das noch weiter betont, daß der anatomische Bau eine gewisse Ähnlichkeit mit den der Wurzeln höherer Pflanzen aufweist, speziell was die Verteilung 1) Vgl. z. B. die Bemerkung in Organographie, pag. 362 über Andreaea. Auch bei den Niederblättern von Pterobryella longifrons (a. a. O0. Fig. 242, 3) tritt besonders deutlich hervor, daß die sklerotische Beschaffenheit der Blattzellen nicht mechanisch in Betracht kommen kann. Wie hier die Zeilhantverdiekung eine schützende Funktion hat, so auch im Stämmehen, wo dazu noch die mechanische kommt. 14 der „mechanischen“ Zellen betrifft!). Es fehlen demgemäß im Dawsonia- rhizom (Fig. 6) die im Stämmchen so auffallenden Einrichtungen zur Herstellung der Biegungsfestigkeit. Das Rindengewebe ist viel weniger entwickelt als im Stamm. Der Zentralzylinder ist dreilappig, die Ein- buchtungen entsprechen den drei Kanten des Rhizoms, an denen die Niederblätter inseriert sind. Die Dreilappigkeit des Zentralzylinders steht (was, wie mir scheint, nicht genügend hervorgehoben worden ist), mit der ursprünglich dreireihigen Blatt- stellung in Beziehung. Die Furchen des Zentralzylinders entsprechen den drei Blattreihen, hier verlaufen die Leitungsbahnen, welche den Rhi- zoiden Eiweißstoffe usw. zuführen, sie setzen sich nach oben an die Blattspuren an. Die „Endodermis“, welche die drei Lappen des Zentralzylinders außen bedeckt, ist auch bei Dawsonia \ j j sehr deutlich, ihre Zellen sind ge- Fe De une Rinde „Khizom legentlich auch durch perikline hältnis zum Zentralzylinder sehr wenig Wände geteilt und an den Stellen, nen; am denen die Endodermis in den die Hydroiden angedeutet, Furehen unterbrochen ist?), sieht es aus, als ob durch Fächerung der Endodermiszellen eine Vermehrung des sonst spärlich ausgebildeten Rindengewebes eingetreten wäre (Fig. 7). Daß die Reduktion des Rindengewebes in kausaler Beziehung steht zu der Reduktion der 1) Vgl. die Anmerkung auf pag. 13. Es ist klar, daß im Rhizom der Schutz gegen Wasserverdunstung wegfallen kann, der im Stämmcechen durch die stark ver- diekten äußeren Zellen ähnlich wie bei Holzpflanzen durch den Peridermmantel ausgeübt wird. — Wenn Tansley und Chick dünnwandige lebende Zellen, welche den „central strand“ umgeben, als „Perieykel“ bezeichnen, so ist das, wie mir scheint, eine rein topographische Nomenklatur; der Perieykel ist in den Wurzeln höherer Pflanzen doch nicht nur durch seine Lage, sondern auch durch die Fähigkeit zu Neubildungen ausgezeichnet, welche dem als „Pericykel“ bezeichneten Gewebe des Polytrichumrhizoms durchaus fehlt. Es fehlt ferner an einer Über- einstimmung zwischen der Lage der „Hydroiden“ und der der Gefäße resp. Trache- iden in einer triarchen Wurzeln und in Ähnlichkeit ist, wie im Text angeführt, vor allem auch die dreireihige Blattstellung bedingt. 2) Man findet hier meist eine nach außen konkave Reihe braunwandiger Zeilen, welche wohl als mit den Blatispuren in Verbindung stehende Hydroiden zu betrachten sind (2 Fig. 6). 15 Blattbildung, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Damit aber ist auch eine Reduktion der sonst in der Rinde verlaufenden Leitungs- bahnen gegeben. Die Tatsache, daß die „mechanischen“ Bestandteile im Rhizom im Zentralzylinder auftreten, führen Haberlandt und seine Nachfolger darauf zurück, daß die Rhizome nicht auf Biegungs-, Fig. 7. Dawsonia superba. Querschnitt durch einen Teil des Rhizoms weiter oben geführt, als der in Fig. 6 abgebildete und stärker vergrößert. sondern auf Zugfestigkeit in Anspruch genommen seien. Das letztere ist gewiß richtig. Aber primär ist die Funktion der „mechanischen“ Zellen auch hier eine stoffleitende Der Zentralzylinder führt dem wachsenden Ende des Rhizoms, so lange dieses noch keine Laub- bältter entwickelt hat, wenigstens einen Teil der nötigen Baustoffe zu!), ebenso wie dies bei Dawsonia auch in den Laubsprossen der Fall ist. Später ist die Funktion dieser Zellen dann auch eine mechanische. 1) Ich fand lebenden Inhalt mit Stärkekörnern in den Zellen des Zentral- zylinders von Polytriehum (mit Ausnahme der Hydroiden), welche dem Anschein nach schon ihre definitive Wandverdiekung besaßen. Am meisten Stärke findet sich in dem innern Teile der Einbuchtungen des Zylinders. 16 Wir gewinnen so, wie mir scheint, eine einheitlichere Auffassung des in vielen Beziehungen so merkwürdigen Baues des Polytrichaceenstämm- chens, als wenn wir, wie bisher, einseitig die mechanischen Leistungen in den Vordergrund stellen. Will man phylogenetische Hypothesen auf- stellen, so kann man annehmen, daß ursprünglich alle Polytrichaceen einen aus Hydroiden und Leitparenchym (mit später verdickten Wänden) zusammengesetzten Zentralzylinder besessen haben, wie er jetzt noch im Stämmchen von Dawsonia superba und (teilweise) von Catharinea, sowie im Rhizom von Polytrichum auftritt. Auch wo wie bei Pygonatum aloides der im Boden steckende Teil sehr kurz bleibt, hat er dieselbe Struktur, später findet im basalen Teil des Stämmchens hier eine un- gemein starke Verdickung auch der Hydroidenzellwände statt (Fig. 8), so daß auch hier deutlich hervortritt, daß ein und dieselbe Zellform verschiedenen Funktionen angepaßt sein kann. Bei den meisten Poly- trichaceen wäre dann eine Sonderung der Leitungsbahnen eingetreten, viel- leicht in Verbindung damit, daß dureh die Lamellenbildung auf den Blättern die Assimilationstätigkeit und die Ent- wicklung des Rindengewebes (das jetzt die Baustoffleitung übernimmt) sich vergrößerte. Dawsonia superba aber hätte den ursprünglichen Bautypus bei- behalten und dadurch (da auch im Zentralzylinder außer den Hydroiden noch baustoffleitende Gewebe sich ein- finden) die Möglichkeit erhalten, so be- deutende Dimensionen zu erreichen. Fig.8. Pogonatum aloides. Querschnitt Derartige phylogenetische Speku- durch den unteren TeildesStämmehens, lationen sind natürlich unsichere Ver- Hydroiden des, Aentralzylinders mit mutungen, aber sie scheinen mir immer- hin noch besser begründet, als Haber- landts Ableitung der Dawsonia- von einer Polytrichumstruktur. Aber auch die teleologische „Erklärung“ der Verschiedenheit des Baues des Rhizoms und der oberen Sproßachse bei Polytrichum ist, wie oben hervorgehoben, keine befriedigende, namentlich nicht die Hervorhebung der Tatsache, daß diese darauf zurückzuführen sei, daß das Rhizom zugfest, die Sproßachse biegungsfest gebaut sein muß. Wäre diese Beziehung ausschlaggebend, so sollte man erwarten, daß auch andere mit einem Rlizom versehene Moose ähnliche Differenzen aufweisen würden. 17 Hypopterygium filiculaeforme besitzt, wie der Artname besagt, einem feinzerteilten Farnblatt ähnliche oberirdische Sproßsysteme, die aus einem kriechenden Rhizom entspringen. Die Sproßachse, welche einem Blattstiel gleicht, hat unterhalb der 2—3 äußersten Rinden- schichten, welche ziemlich dünnwandig sind, einen mehrschiehtigen Ring aus Zellen mit stark verdickten, braungefärbten Zellen, den wir als „Steifungsring‘‘ betrachten können. Im Rhizom — das wohl ebenso auf Zug in Anspruch genommen werden wird, wie das von Polytrichum — ist aber nicht etwa zentral gelagertes „mechanisches“ Gewebe vor- handen. Dieses hat vielmehr dieselbe Lagerung wie im oberen Teil der Sproßachse, nur ist es weniger ausgebildet, was auch für die anderen Gewebe zutrifft. Ähnlich wie hier ist auch im Polytrichaceenrhizom der hier vertretenen Ansicht nach die Gewebegliederung auf einer primi- tiveren Stufe stehen geblieben und Dawsonia superba hat diesen weniger differenzierten, primitiveren Charakter auch in den oberirdischen Sproß- achsen beibehalten. Wir werden sehen, daß dasselbe auch für einen andern wichtigen Charakter dieser Gattung gilt, für das Peristom. Für den anatomischen Bau aber besteht der primitivere Typus in Folgendem. 1. Die Sonderung der Gewebe- formen ist eine weniger scharfe als bei Polytrichum, speziell der Unter- schied zwischen Leptoiden und stärke- führenden Parenchymzellen. 2. Die Verteilung resp. Sonderung der Gewebe ist nicht so weit fortge- schritten wie dort, es sind Hydroiden und andere Zellen im Zentralzyinder vereinigt, und in dessen Umgebung vehniti durch die Lanllen der Bla ist die Sonderung, welche bei Poly- fläche. IT. Querschnitt durch den ba- trichum eintritt, höchstens andeutungs- Bee Teil des ae ehhzie Zelle auf weise erkennbar. duziert. II. Querschnitt durch die Über die Blattanatomie sei hier Lamellen, weleher Kr dichte Stellung nur weniges bemerkt. Seit lange ist bekannt, daß die Dawsoniablätter ganz ähnliche Lamellen haben, wie fast alle anderen Polytrichaceen, dagegen scheint die Beziehung des Baues der Lamellen zu den Lebensbedingungen nicht näher untersucht worden zu sein. Die beiden untersuchten Arten stimmen im Bau der Lamellen zwar der Hauptsache nach überein. Aber es scheint mir von Interesse, hervorzuheben, daß D. longiseta (Fig. 9), welche trockenere Flora 1906. 2 18 Standorte bewohnt als D. superba, von dieser im Bau der Lamellen doch etwas abweicht. Einmal nämlich sind die Lamellen dichter gestellt, sie werden also das einmal kapillar aufgenommene Wasser auch gegen Verdunstung länger schützen, und dann ist bei ihnen eine Erscheinung schärfer ausgeprägt als bei D. superba, welche sich auch bei den Lamellen einiger anderer Polytrichaceen findet. Die Tatsache nämlich, daß die äußersten Zellen der Lamellen in Bau und Gestalt von den anderen abweichen und eine Art Epidermis bilden, wobei ein seitlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Längsreihen aber selbstverstänil- lich nieht besteht. Die äußersten Zellen sind nicht nur größer als die übrigen, sie haben auch eine andere Wand und einen anderen Inhalt. Die Zellwand ist, namentlich an der freien Außenseite, stark verdickt (Fig. 9, ID), und die Chlorophylikörper sind kleiner und blasser erün als in den untenliegenden Zellen, eine Annäherung an die Beschaffenheit der Epidermis höherer Pllanzen, die ohne weiteres eimleuchtend ist und ihr Gegenstück bei manchen Marchantiaceen und Riceiaceen findet. Ebenso ist klar, daß die verdickten Außenzellen der Lamellen. welche namentlich bei Wasserverlust des Blattes sich dicht zusammenschließen, ein schützendes Dach bilden, welches die Verdunstung des von den Lamellen festgehaltenen Wassers und die Transpiration verzögert. Bei D. superba sind (diese Eigenschaften der Endzellen weniger hervortretend, namentlich was den Inhalt der Endzellen anbelangt, ent- sprechend den meist feuchteren Standorten, welche diese Art be- wohnt. Gegen das untere Ende des Blattes hin nimmt die Höhe der Lamellen sehr ab. Die Endzellen verändern ihre Gestalt und verlieren ihren Chlorophyligehalt. Hier dienen dieLamellen offenbar nur noch zum Festhalten von Wasser (Fig. 9, II). Eine. andere erwähnenswerte Fig. 10, Dawsonia superba. Querschnitt Eigentümlichkeit der Blätter von durch einen Archegonienstand. D. superba ist, daß sie schleim- absondernde Zellreihen, wie sie bei anderen Moosen nur in den Blattachseln sich finden, auch auf der Basis (der Blattfläche besitzen. Die Schleimabsonderung, welche für diese „Haare“ bei anderen Moosen nicht überall mit Sicherheit nachge- wiesen ist, ist gerade bei D. superba besonders deutlich. Auf ihre Be- 19 deutung wird bei einem «der weiterhin zu besprechenden Lebermoose kurz einzugehen sein. Der Bau der männlichen und weiblichen Blüten stimmt, soweit er untersucht werden konnte, mit dem der übrigen Polytrichaceen über- ein (vgl. z. B. den Querschnitt durch eine weibliche Blüte, Fig. 10). Erwähnenswert ist die Gestaltung der „Paraphysen“, Bei Polytrichum sind die Paraphysen bekanntlich da- durch ausgezeichnet, daß sie nicht wie sonst Zell- reihen, sondern Zellflächen (darstellen, welche nicht selten eine zweischneidige Scheitelzelle besitzen. Die Paraphysen von Dawsonia sind entweder einfache Zell- reihen, oder sie zeigen einige Längsteilungen in ihren Zellen (Fig. 1i), nehmen also eine Mittelstellung zwischen (denen von Polytrichum und denen anderer Moose ein, auch war an den Paraphysen der weiblichen Blüte deut- lich Schleimabsonderung zu bemerken, wie sie, wie oben bemerkt, bei den blattachselständigen „Haaren“ anderer Laubmoose nachgewiesen ist, mit den Para- physen sind diese „Haare“ zweifelsohne homolog. An der Kapsel ist auffallend die äußere (Gestalt und die Beschaffenheit des Peristonis. \ . Dawsonia gehört bekanntlich zu den wenig zahl- che, Parschne reichen Moosen, deren Kapsel ausgesprochen dorsi- einer männlichen ventral ist. Ursprünglich ist (die Kapsel aufrecht Blüte, (Fig. 1) und annähernd radiär gebaut (Fig. 12, 1), später Hacht sie sich auf einer Seite ab und biegt sich schließlich annähernd rechtwinklig zur Seta um, wobei (die flache, später konkav werdende Seite nach oben gekehrt ist (vel. Fig. 1, III. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die flache Seite, wenn Wassertropfen auf sie fallen, ebenso als Blasebalg wirkt, wie ich dies früher für Buxhaumia- ceen beschrieben habe'). Überhaupt veranlaßt jede Erschütterung der Kapsel ein Herausfliegen eines Teiles der sehr kleinen unıd zahlreichen Sporen, und es ist klar. daß «diese Erschütterung durch die Horizontal- stellung «der Kapsel begünstigt wird. Ganz analoge Kapselform findet sich bei Lyellia, aber auch an- dere Polytrichaceen zeigen Annäherung an die dorsiventrale Aus- bildung, so z. B. Polytr. australe, welches ich in Tasmanien sammelte, weniger ausgesprochen auch einige europäische Formen mit horizontaler 1) Goebel, Über Sporenausstrenung durch Regentropfen. Flora 1896, Bd. LXXXIL pag. 481. I% . 20 Kapsel. Die Habitusähnlichkeit der Dawsoniakapsel mit der der Bux- baumiaceen ist öfters hervorgehoben worden, ein Querschnitt durch eine Dawsoniakapsel mittlerer Entwicklung (Fig. 12, 4) zeigt aber sofort die für die meisten Polytrichaceen charakteristische starke Faltung des Sporensackes, welche erlaubt eine noch viel größere Menge von Sporen hervorzubringen, als dies ohnehin schon durch die Kapselgröße er- mösglicht ist. Ebenso ist die Beschaffenheit der Calyptra im wesentlichen mit der bei Polytrichum übereinstimmend, hier wie dort findet sich ein Haarfilz, dessen Bau bei Dawsonia ein eigentümlicher ist. Er wurde von R. Brown ursprünglich als „äußere Calyptra“ be- trachtet und folgendermaßen beschrieben: „Calyptra duplex: exterior constans pilis intertextis dimidio inferiore tenui flexuoso pallido ramuloso Fig. 12. Dawsonia superba. Kapselquerschnitte verschiedenen Alters, die Columella ist punktiert, 4 ist schwächer vergrößert als 1-3 und zeigt die starke Faltung des Sporensacks. edentulo, superiore ferrugineo strieto denticulato“ (Mise. Works I, p. 349). In der Abhandlung über Lyellia, Leptostomum und Buxbaumia (Mise. Works IL, pag. 337) bezeichnet er die äußere oder unechte Calyptra als „formed of densely matted hairs originating from the vaginula and the apex of the inner cueullate calyptra“. Später scheint die Calyptra von Dawsonia nicht mehr anatomisch untersucht worden zu sein. Über die von Polytrichum juniperinum liegen Angaben von Firtsch!) vor, die hier zum Vergleich herangezogen werden mögen. Die „Haare“ der Calyptra sind nach ihm verzweigte Zellreihen, welche eine Länge von &—10 mm erreichen. Sie haben stark verdickte 1) Firtsch, Über einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau von Polytrichun juniperinum. Ber. der D, botan. Gesellsch. 1883, Bd. I, p. 95. 2i Längswände, und häufig schiefgestellte, unverdickt bleibende Querwände. Die oberen bilden ein nach aufwärts gerichtetes, «ie Spitze der Calyptra schützendes Zeltdach; die nach unten hängenden sind durch Verschlingung ihrer Seitenzweige zu einem Filzwerk verbunden (Fig. 13), wie schon von R. Brown angedeutet worden war. Bei anderer Gelegenheit!) habe ich zweierlei hervorgehoben. Ein- mal, daß «die Bezeichnung der aus der Calyptra vieler Polytrichaceen und Orthotrichaceen entspringenden (rebilde als „Haare“ oder „Trichome* (Firtsch) einer rein äußerlichen Habitusähnlichkeit mit den Haar- gebilden höherer Pflanzen entsprungen sei — ähnlich wie man im gewöhnlichen Leben unter- irdische Sprosse als Wurzeln betrachtet — und sodann, daß (diese von mir als Protonema- f ij H i = RUHE bildungen betrachteten Or RN 7 Bi \ gane nicht nur im fertigen | N Zustand als Schutz gegen Aus- trocknung usw. in Betracht { kommen, sondern auch im {f Jugendzustand dem befruch- \S teten Archegonium als wasser- absorbierende Organe dienen, eine Funktion, die um so mehr in Betracht kommt, als (lie meisten Polytrichaceen an zeit- weilig trockenen Standorten Fig. 13. Dawsonia superba. Stück des Calyptra- SU ET = u N \ leben, die hygrophilen Formen, filzes in Flächenansicht, vergr. wie Catharinea, haben bekannt- lich den Haarfilz äußerst reduziert, wenn er auch nicht — wie der Gattungsname Atrichum erwarten ließe — ganz fehlt. Auch die Dawsonia-Calyptra zeigt einen kürzeren oberen, als auf- wärts gerichteter Schopf ausgebildeten, und einen längeren unteren Teil. An diesem lassen sich zweierlei Bestandteile deutlich unterscheiden, braune dicke Stränge, die das Rahmenwerk des Haarfilzes bilden (Pig. 13), und hellere Fäden, welche locker dazwischen verlaufen, vielfach ein- gerollt, teilweise auch um andere Fäden herumgeschlungen sind. Firtsch hat bei Polytrichum diesen Auszweigungen „Rankennatur“ zugeschrieben, indes wissen wir nicht, ob sie wirklich wie Ranken für Kontaktreize 1) Organographie, p. 372. 22 empfindlich sind. Sollte dies der Fall sein, so könnte man auch die — von Firtsch für Polytrichum nicht erwähnte — Einrollung der freien Enden mit der Einrollung von Ranken, welche eine Stütze nicht gefaßt haben, vergleichen. Indes möchte ich die Funktion dieser Calyptra- bestandteile nicht wie Firtsch allein in der Herstellung der Festigkeit (des Zusammenhaltens) des Filzes, sondern auch in der Ausfüllung der Zwischenräume zwischen den Rahmenstäben suchen. Diese sind bei Dawsonia im Gegensatz gegen Polytrichum Zellkörper nicht Zellfäden, es mag dadurch der Schutz, den der Haarfilz gegen Austrocknung ge- nießt, verstärkt werden. Die auffailendste Eigentümlichkeit von Dawsonia bildet der Bau des Peristoms. Es ist lehrreich, die Geschichte unserer Kenntnis dieses Organes zu verfolgen, weil sie zeigt, wie zähe oft ein Irrtum eines be- deutenden Forschers von seinen Nachfolgern festgehalten wird. Eigentümlich ist bekanntlich, daß das Peristom hier aus einer großen Anzahl pinselförmig zusammenstehender, weißer Fasern besteht, welche bei Befeuchtung zusammenkleben, wenn sie trocken sind, die kleinen Sporen allmählich herausfallen lassen. Es fragt sich nun, wo dies eigentümliche Peristom entspringt und wie es gebaut ist. Die erste Beschreibung ist die von dem Autor der Gattung, von R. Brown?!) gegebene. Sie lautet: „peristomium penicillatum, eiliis nume- rosissimis capillaribus reetis aequalibus e capsulae parietibus columella- que (!) ortis“. Er hebt ferner hervor, daß die Gattung mit Poly- trichum nahe verwandt sei, in der Kapselgestaltung an Buxbaumia er- innere, aber durch das Peristom „longe ab omnibus diversissimus“ sei, und erläutert dies dahin, daß von den zahlreiehen Cilien, welche das Peristom bilden, und welche ungegliedert seien, die meisten aus der Kapselwand ihren Ursprung nehmen, „centralibus (eireiter 50) columellam terminantibus“. Darin würde allerdings eine tiefgreifende Verschiedenheit von allen anderen Moosen liegen, und R. Brown betont ferner, daß zwischen der Struktur des Polytrichumperistoms und der des Dawsonia- peristoms sehr wenig Ähnlichkeit vorhanden zu sein scheine. Die Abbildung R. Browns. welche den Ursprung des zentralen Peristomteiles aus der Columella erläutern soll (a. a. O. Bd. XI, 9 gebe ich in Fig. 14, Il wieder. Sie zeigt eine aus der Kapsel heraus- präparierte Columella „eilüs suis terminata“. Wie dies Bild zustande gekommen ist, wird unten zu erörtern sein. Die Angabe des be- I) R. Brown, Some observations on the part of fructification in Mosses. Transaetions of the Linnean Society, Vol. V, pag. 312-324, 1811 (The miscella- neons works, I, pag. 348). 23 rühmten Forschers ist dann von fast allen folgenden Bryologen über- nommen worden, obwohl sie, wie unten gezeigt werden soll, irrtümlich ist. So gibt Hooker!) eine Abbildung, welche ich gleichfalls wieder- gegeben habe (Fig. 14. D). Sie stellt eine (er Länge nach aufgeschlitzte Kapsel von D. polytrichoides dar, welche zeigen soll. daß das „peri- stomium penieillatum, densum. album, e margine capsulae apiceque columellae ortum“ sei; auch Hooker kennt kein Moos, dessen Peristom er mit dem von Dawsonia vergleichen könnte. Mehr Beachtung als sie — abgesehen von Bridel — fanden, hätten (die Angaben von Schwaegrichen ?) verdient, (lie um so höher zu schätzen sind, als ihm nur eine einzige Kapsel zur Zergliederung zur Verfügung stand. Er sagt, daß das Peristom einer ringförmigen Protuberanz (der inneren Kapselwand aufsitze — dieser Ring bestehe „e dupliei membrana ad basin cohaerente... deinde dividitur in pa- rietem exteriorem et interiorem ab invicem seceientes“. Er hat freilich die Folgerung, daß keine Columellacilien vorhanden seien, nicht Fig.14. D. polytrichoides. ausdrücklich gezogen — diesgeschahspäterdurch I Aufgeschlitzte Kapsel Bridel — hat aber zwischen der Columella "ach Hooker; I Golu- . , mella mit Cilien nach R. und der Spitze «den Deckel einer „processus Brown, filiformis“ gesehen, den er als Analogon des Epiphragmas betrachtet. Auch erörtert er die Frage, wie das Dawsonia- peristom mit dem Polytrichumperistom zusammenhänge. Er nimmt letzteres als Ausgangspunkt und sagt: Polytriehi typus ita commutatur: dentes peristomii qui e cellularum angustarum seriebus pluribus constant, abeunt. in lacinias lmeares angustissimas et longissimas in Dawsonia. Der einzige, der später es wagte, der Autorität R. Browns zu widersprechen, war Bridel®. Er gründete seine Auffassung von Dawsonia nicht auf eigene Untersuchungen, sondern auf (die angeführten Beobachtungen Schwaegrichens. Er sagt: „Ut ut paradoxa in hac stirpe peristomi indolis in columella sese modo singulari exserens videatur, nihil tamen prorsus insoliti habet, si reputamus, ut es optimis Schwaegrichenii observationibus elucet, eilia quae vulgo e columella 1) Musei exotiei, 1820, Tab. CLXI. 2) In Hedwig, Species muscorum fondosorum, Suppl. 2, II, 1824, pag. 176. 3) 8. E. a Bridel-Brideri, Bryologia universa 1827, TI, pag. 159. 24 orta dieuntur, nullatenus ei, sed annulo adnata esse intra eujus lumen columellae ipsius fastigium paululum assurgit, qui annulus primordio cum protuberantia annulari parietis interni connatus videtur, serius autem ab eo solvitur, vestigiis forte status pristini adhue residuis. unde cilia, partim in thecae pariete interiore, partim in annulo columellam coöreente cernunfur. Haec tamen potius auguramur quam pro vero certoque habere possimus, cum nobis structuram illam mirabilem in- vestigandi nondum copia faeta fuerit.“ Er meint also, daß vielleicht. die scheinbar der Columella entspringenden Cilien nur an einem ringförmigen Vorsprung der Sporogonwand befestigt seien, der mit der Insertionszone der äußeren Cilien anfangs zusammenhänge, später aber sich (zusammen mit ler Columella) ablöse, dlamit wäre die „structura mirabilis“ des Peristons der Hauptsache nach auf den gewöhnlichen Moostypus zurückgeführt. Aber Bridels scharfsinnige und im wesentlichen richtige Hypothese konnte gegenR. Browns Autorität nicht aufkommen, zumal R. Browns Bridels Zweifel kurz mit dem Satze abwies!) „The correetnes of this account of Dawsonia, especially as to the origin of the peristomium and the nature of the supposed columella has been questionedl by some of those authors, who have sine adopted the genus. From a careful re-examıi- nation, however, I find no reason to alter in any respect the generic character formerly given.“ Und so sehen wir auch die Autoren, welehe sich später über (das Dawsoniaperistom ausgesprochen haben, ganz R. Browns Angaben folgen; die Seltenheit (des Materials hat wohl dazu beigetragen, daß «die wenigsten eigene Untersuchungen vornahmen, die aber, welche dies taten, waren durch (die Autorität R. Browns vor- eingenommen. Schimper?) weist, diesem folgend, Dawsonia eine Sonderstellung an. Er sagt (a. a. O. pag. 75): „Dans le Dawsonia seul (Pl. IX, fig. 16) le sae intörieur se prolonge aussi en cils, de möme que la columelle, de sorte que cette mousse peut ötre considerde comme munie (un peristome quadruple et par cela m&me comme la mousse la plus par- faite sous le rapport du peristome, comme elle l’est en effet d&jä sans le rapport de ses autres organes.“ Keiner dieser Sätze des hochver- dienten Bryologen kann aber als begründet bezeichnet werden; bezüg- lich (des anatomischen Baues wurde oben zu zeigen versucht, daß er im Grunde einfacher ist als der der Polytrichumarten und die Anschauung, dab ein vierfaches Peristom vorhanden sei, ist gleichfalls nicht haltbar. I) Characters and description of Lyellia, works II, pag. 331. 2) Recherches sur les mousses, Straßburg 1848. a nn re 25 Philibert hat in seinen „Etudes sur le peristomet)“ auch die Dawsonieen behandelt. Er sagt von «en Peristomzähnen „is parais- sent simples et continus dans toute leur &tendue, sans aucune trace de eloisons?“. Mit Polytrichum verglichen, scheinen ihm die Ver- schiedenheiten größer zu sein als die Übereinstimmung, man könne sich zwar das Dawsoniaperistom vorstellen als aus dem Polytrichum- peristom hervorgegangen, dadurch, daß die Zellen, welche die Zähne ddes Polytriehumperistoms bilden, sich von einander trennen und riesig heranwachsen 5), aber wahrscheinlicher sei es, daß Dawsonia einen primi- tiveren Typus darstelle als Polytrichum. Im Auschluß an R. Brown bebt er dann hervor: „que les filaments capillaires des Dawsonia ne partent pas seulement de la couronne, il y en a aussi qui naissent de la columelle. C’est une analogie de plus entre cette structure et celle des Tetraphis“ .... Diese Analogie läßt sich aber nicht aufrecht er- halten. Bei Tetraphis ist, wie früher?) hervorgehoben, die zur Bildung der verdickten Teile der Peristomzähne verwendete Zellschicht die innerste des Amphitheeiums, welehe auch sonst das Peristom liefert. Die Columella ist an der Bildung der Peristomzähne nur insofern be- teiligt, als sie an diesen hängen bleibt und sich in vier Teile spaltet. Auch der verdienstvolle®) Bryologe C. Müller steht in seinem post- hur erschienenen Buche „Genera muscorum frondosorum noch ganz auf R. Browns Standpunkt, indem er fa. a. O. pag. 162) sagt: „Mund- besatz einfach, pinselförmig über den Fruchtmund herausragend, hell, aus zahlreichen haarartigen und aufrechten, ungegliederten, am Grunde flachen, nach der Spitze zu in einen Zylinder geroilten, pallisadenartigen Zähnchen gebildet, von denen die einen aus der inneren Wand, (lie anderen aus dem Säulchen entspringen“ In meiner Abhandlung „Über die Sporenausstreuung bei den Laubmoosen ®)* wurde auch (pag. 483) auf Dawsonia eingegangen und nachgewiesen, daß «die Dawsoniaperistomzähne nicht, wie die früheren Autoren angenommen hatten, einzellig sind. Die Angabe, daß ein Teil des Peristoms aus der Columella entspringe, wurde schon auf Grund der damals an spärlichem getrocknetem Material angestellten Untersuchungen, 1) Revue bryologique, 16° anne, 1889, pag. 8. 2) Sperrung von mir. G. 3) Was eine Wiederholung der Schwaegrichenschen Ansicht ist. 4} Organographie, p. 383. 5) Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Bearbeiter des allgemeinen Teiles der Moose in den Nat. Pflanzenfamilien. 6) Flora 1895, Bd. LXXX, pag. 459 ff. 26 bezweifelt und das Peristom auch hier dem Amphithecium zugeschrieben In der „Organographie* wurde auf Grund der Untersuchung frischen Materials kurz auf die Entwicklung des Peristoms hingewiesen, sowie auf den Zusammenhang zwischen Gestalt der Kapsel und Sporenaus- streuung. Das dort kurz Mitgeteilte soll hier ausführlicher «dargestellt werden. Betrachten wir zunächst die einzelnen Peristomzähne, so ist. leicht nachzuweisen, daß sie nicht, wie alle die oben angeführten Autoren an- “ nehmen, einfach, sondern gegliedert sind. Die Querwände sind bald mehr, bald min- der schief gestelit (Fig. 15), die Außen- wände dick und meist fein gekörnelt. Die Peristomzähne sind teils einzelne Zell- reihen, teils Bündel von solchen, was durch die Entwicklungsgeschichte näher erläutert wird. Sie sind nicht gerade, sondern gedreht. eine Erscheinung, welche an das analoge Verhalten der Barbula- peristomzähne erinnert. In einem Falle bestand ein Peristomzahn aus 9 überein- andergestellten Zellen. die oberen waren schmäler als die untersten, die Endzelle war sehr lang und zugespitzt. Das Peri- stom sitzt einem Ringe von Zellen mit gebräunten, verdickten Zellwänden auf, auf dessen Struktur unten zurückzu- kommen sein wird, aber kein Teil des Peristoms entspringt als Endigung der Columella, die Sonderstellung, Fig. 15. Dawsonia superba. I. und welche man Dawsonia in dieser Be- Il. Stücke von Peristomzähnen stark ziehung angewiesen hat, existiert nicht. vergr. III. Längsschrtt durch einen Teil eines jungen Peristoms; « Peri- Betrachten wir einen Längsschnitt durch stonzahn ; M uuellen, deren, (uer- eine ungeöffnete Kapsel (Fig. 16 A), so sieht: man (as Peristom (7°) in Gestalt eines schlanken Kegels ausgebildet, welcher den Teil der Columella (De) um- schließt, der als Deckeleolumella zu bezeichnen ist. Dieser steht oben mit Jem Deckel () in Verbindung, unten geht die Deckelcolumella über in die Kapselcolumella (A’c), deren oberer Teil(Zc) etwas verbreitert ist. An der in der Figur punktierten Linie Z, welche die Grenze zwischen der Deckelcolumella und der Kapseleolumella bezeichnet, findet eine mehr m 27 oder minder scharfe Abgrenzung statt, zugleich bezeichnet diese Linie die Stelle, an welcher die Deckelcolumella sich später von der Kapsel- columella ablöst. Die Grenze zwischen Deckelcolumella und Kapsel- columella ist bald mehr, bald minder scharf, sie tritt namentlich dadurch hervor, daß die Zellen im unteren Teil der Deckelcolumella viel länger und auch breiter sind, als die der Kapselcolumella (Fig. 17, 18) und auch durch ihren hellen (vielleicht schleimfüh- renden) Inhalt sich von den protoplasmareicheren hellen der Kapselcolumella unter- scheiden. Letztere führen in unreifen Kapseln auch Stärke ete.. die Zellen des unteren Teiles der Deckelcolumella dürften hauptsächlich als Was- serspeicher in Betracht kom- men. Im oberen Teil der Deckelcolumella werden die Zeilen viel enger, sie sind in der Längsrichtung des Deckels gestreckt, und gehen in die axilen Zellenreihen desselben über. Die Ablösung des Deckels wurde an getrockneten in Wasser gebrachten Kapseln beobachtet, speziell bei D.Ion- giseta, deren Kapseln sehr mit Fig. 16. D. superba. A. Längssehnitt durch den obern Teil einer Kapsel mittlerer Eint- denen von D. polytrichoides äußerlich übereinstinmen, auf welche sich die Angaben R. Browns beziehen. Es zeigte sich, daß dabei der Annulus in Stücke zerfiel, der Deckel löste sich ab und zwar in wicklung. D Deckel, 7? Peristom (sehraffiert), De Deekelcolumella, 2 Annulas, P5 Verbindungs- gewebe, Ar Kapseleolumella, deren oberer Teil Ec etwas erweitert ist, ‚52 Sporensack, z zart- wandige Zellen, die später verschwinden. B Längsschnitt durch den algelösten Deckel einer Kapsel von D. longiseta, die Deekeleolumella mit X bezeichnet. CG Wuerschnitt durch den oberen Deckelteil einer Kapsel, Periston punktiert. den beiden beobachteten Fällen mit der Deekelcolumella, wie dies aus dem in Fig. 17, 3 abgebildeten Längsschnitt hervorgeht. Es kommt aber auch vor, wie bei D. superba sich zeigte, daß die Deckel- 28 columella sich oben vom Deckel ablöst und, da sie auch unten von der Kapselcolumella sich getrennt hat, wie ein Propf in ddem Peristom steckt. Durch die Bewegung der Peristomzähne beim Austrocknen und bei Erschütterungen (er horizontal stehenden Kapsel wird der Propf leicht herausfallen können. Das gewöhnliche Verhalten aber dürfte sein, daß die Deckelcolumella mit dem Deckel abfällt. Die Untersuchung ge- öffneter Kapseln. in welchen die Columella frei präpariert wurde (Fig. 19), zeigt infolgedessen, daß sie mit einem annähernd zylindrischen Teile (entsprechend dem in Fig. 16A mit Ze bezeichneten) abschlieht, an welchen von Peristomteilen nichts zu sehen ist. Für die Erklärung (der entgegenstehenden Angaben von R. Brown und Hooker bieten A 2 Do S 2 S 7 | msS BR m RAN, Fig. 17. D. superba. Etwas schematisierter Längssehnitt durch eine Kapsel mittlerer Entwicklung, Bedeutung der Buchstaben wie in den vorhergehenden Abbildungen. (€ Deckelcolumella.) sich zwei Möglichkeiten. In Hookers Abbildung könnte der die Kapsel- columella abschließende Teil — der nach ihm Peristomzähne tragen soll — die Deckelcolumella sein, auf welcher sich die Peristomzähne sozu- sagen abgeirückt haben, tatsächlich sieht man auf der Deckelcolumella auch denselben schiefen Verlauf der Zellreihen, wie er für das Peristom charakteristisch ist, oder es lag derselbe Vorgang zugrunde, der zu R. Browns Abbildung geführt hat. Dieser dürfte, wie schon Bridel vermutete, «dadurch zustande gekommen sein, daß der das Peristom tragende Zellring (72, Fig. 16) bei «der Präparation zerriß und sein innerer Teil an der Kapseleolumella hängen blieb. Die Unhaltbarkeit der R. Brownschen Auffassung über Ent- stehung des Peristoms ergibt sich nicht nur aus dem fertigen Zustand, 24 sondern auch aus der Entwicklungsgeschichte. Zwar konnte ich außer geöffneten nur Sporogonien mittlerer Entwicklung sammeln, aber sie genügten, um die Haupttatsachen zu ermitteln. Ein Querschnitt durch den Deekelteil von Dawsonia läßt drei Re- gionen unterscheiden: Die Wand aus mehreren Zellschiehten bestehend, (WFig.20), der Peristomring D und die Columella. Zwischen Peristom- ring und Wand liegen Zellen mit farblosen Wänden / welche die san LH Fig. 18. Dawsonia superba. Längs- Fig. 19. Dawsonia superha. Frei prä- schnitt durch die Stelle, wo die Deckel- parierte Columella von der Breitseite. columella in die Kapselcolumella über- Es hängen keine Peristomzähne an der geht, Golumellasitze Zr. Trennung des Peristoms vom Deckel erleichtern. Ob sie aufgelöst werden oder die Trennung auf mechanischem Wege erfolgt, wurde nieht untersucht. Der Peristomring selbst zeigt zweierlei Zellen: weite, dünnwandige und engere diekwandige. Letztere liegen entweder einzeln oder in wenigzähligen Gruppen zusammen. Wie jüngere Stadien (Fig. 21) zeigen, sind solehe Gruppen aus der Teilung je einer Mutterzelle hervor- gegangen, diese Mutterzeilen sind zwischen die dünnwandigen Zellen in regelmäßiger Wechsellagerung eingestreut, betrachtet man eine der weiten dünnwandigen Zellen, so bilden die engeren Zellen die Arme eines Kreuzes, welehe durch die weiteren Zellen verbunden sind. Es 30 braucht kaum bemerkt zu werden, daß «die engeren und, in späteren Stadien, diekwandigen Zellen die Peristomzähne aufbauen. Ein Längs- schnitt «durch das Peristom auf einem mittleren Entwicklungszustand erinnert einigermaßen an den einer Blattspur. Die dünnwandigen Zellen würden den „Leptoiden“ entsprechen, die Zellreihen, aus denen die Zähne hervorgehen, den „Hydroiden“. Es ist auch sehr wahr- scheinlich, laß die dünnwandigen Zellen das Material herbeischaffen, welches die Peristomzähne zu ihrer starken Wandverdiekung brauchen. Die starke Drehung i MODOFFS- ddes Kapselendes er- | DO 005 > schwert übrigens die LIST IT, \ N > Anfertigung instruk- ( SS y K ) tiver Längssehnitte. 05 ‘ine scharfe Ab- I grenzung des Peri- > stomrings von der 8 & & Be SID OS 208 om! 94 rore 6) ss Deckelcolumella fin- «det nicht überall statt, und man kann, olıne Kenntnis der frühe- ren Entwicklungssta- dien natürlich nicht mit Sicherheit be- haupten, daß nicht äußere Zellschichten der Columella sich an der Peristombildung = Yr beteiligen. Allein die . für die Beteiligung Fig. 20. Querschnitt durch den äußeren Teil einer Kapsel mittlerer Entwicklung. W# Deckelwandung, z Zone, in der Oolumella an der der sich das Peristom vom Deckel ablöst, D Peristom, Peristombildung und © Golumella. Beobachtung des fer- tigen Zustands angeführten Gründe entsprangen, wie wir sahen, einem Irr- tum und es liegt kein Grund vor eine solche anzunehmen, zumal wir die Deckelcolumella ja später noch deutlich wahrnehmen können (Fig. 16) und leicht verständlich ist, daß bei den hier lange fortgesetzten Teilungs- vorgängen im Deckel der Kapseln die Abgrenzung des Amphitheeiums und Endotheciums weniger scharf erscheinen wird, als bei den Moosen, die rasch zur Ausbildung des Peristoms schreiten. Die Wände der weiteren Zellen werden später aufgelöst und so (die Peristomzähne 31 vereinzelt; daß sie Zellreihen resp. Bündel von solchen darstellen, wurde oben schon betont. Von besonderem Interesse ist die Tatsache, daß je zwei Peristomzähne an ihrer Basis miteinander zusammen- hängen. Das tritt namentlich auf Tangentialschnitten deutlich hervor. Fig. 22, | zeigt zwei unten U-förmig miteinander verbundene durch eine weitere Trennungszelle miteinander verbundene Peristomzähne. Diese Tatsache scheint mir von Interesse für die Erörterung der Frage, in wieweit das Dawsoniaperistom mit dem der übrigen Polytrichaceen übereinstimmt. Nament- lich aber gelang es auch an mit Kalilauge erwärm- ten Peristomen einzelne Peristomzähne frei zu präparieren, welche un- ten U-förmig zusammen- hingen (Fig. 220). In der angeführten Abbil- dung ist die Gliederung der Peristomzähne nicht eingezeichnet, um ihre Übereinstimmung mit len Zellen, welche die Peristomzähne der üb- rigen Polytriehaceen zusammensetzen, noch mehr hervorzuheben. Frühere Autoren sind, wie eben angeführt wur- fie. 21. Dawsonia superba. (uersehnitt durch die dle, zu dem Resultat ge- Peripherie des Deckelteilk, Jüngeres Stadinn als Fig. 20. Pe Peristom, Co Columella. kommen, daß das Peri- stom von Dawsonia mit dem der übrigen Polytrichaceen mehr Differenzen als Übereinstimmung aufweise. Eine solche Verschiedenheit wäre um so auffallender, als in allen übrigen Strukturverhältnissen eine große Übereinstimmung besteht, denn die Verschiedenheiten zwischen Poly- trichum und Dawsonia, welche im Bau des Calypirafilzes der Paraphysen usw. hervortreten, sind doch nur „Strukturvariationen* eines und des- selben „Typus“. Die Vergleichung der Entwicklungsgeschichte führt nun — im (segensatz zu den oben zitierten Anschauungen — zu dem Ergebnis, daß auch im Peristombau Dawsonia nicht vom Typus der übrigen N A 32 Polytrichaceen abweicht, so sehr dies rein äußerlich betrachtet der Fall zu sein scheint. Die peristomlose Gattung Lyellia wird unten zu besprechen sein, : eristatus, die Rhizoiden schraffiert. unterliegen, daß diese Rhizoiden dem Trausport von Nährmaterialien in die Seta dienen, und diese teils den Zellen des Fußes, teils denen der Vaginula entnehmen. Dieser Trans- port kann hier offenbar infolge der Krümmung des unteren Setateiles und seines kleinbleibenden Durchmessers, vielleicht auch infolge der Beschaffenheit seiner Zellwände weniger leicht vor sich gehen, als bei 5* 68 anderen Moosen. Es ist, als ob man künstlich eine Einschnürung an dieser Stelle angebracht hätte. Diese „Einschnürung“ dürfte einerseits die Anschwellung des mittleren Setateiles veranlaßt haben, indem auch der Bewegung von außen (von der Calyptra her) kommender Assimilate nach unten hin ein Widerstand entgegengesetzt wird. Das ist natürlich nur ein Bild, welches über das Zustandekommen der Krümmung nichts aussagt. Man könnte sich dieses dadurch zustande gekommen denken, daß man annimmt, der Embryo verlängere sich rascher als das Epigon, er biege sich deshalb an der Stelle, wo das Epigon ihn am wenigsten fest umhüllt, und diese Biegung bedinge dann die weiteren Erschei- nungen. Zunächst also scheint es sich um eine interne Anpassung, Fig. 46. Fig. 45 und 46. Eriopus eristatus. Ähnliche Stadien wie Fig. 44. Fig. 45 stellt einen nicht medianen Längsschnitt dar. Die Rhizoiden sind schraffiert, der „Fuß“ in Fig. 45 punktiert. Fig. 45. gewissermaßen eine Verbesserung eines an sich unzweckmäßigen Ge- staltungsverhältnisses zu handeln. An einen äußeren Vorteil könnte man insofern denken, als durch die Verstärkung der Leitungsbahnen zwischen Fuß und Seta vielleicht eine raschere Entwicklung des Sporogons beim Eintreten günstiger Außenbedingungen ermöglicht wird. Jeden- falls aber ist die Tatsache von erheblichem Interesse, daß an der Seta eines Moosembryos ohne irgendwelche äußere Eingriffe oder Ver- letzungen Rhizoiden von nicht unbeträchtlicher Länge auftreten können, 69 welche in ihrem Baue denen der geschlechtlichen Generation gleichen. Das einzige Vergleichsobjekt, das hier zu nennen wäre, findet sich am „Fuß“ des Sporogons der Buxbaumiaceen. Wie früher von mir gezeigt wurde, hat der „Fuß“ von Diphyscium Haustorien, die gleichfalls den Rhizoiden gleichen. Eriopus zeigt, daß unter bestimmten Umständen auch die Zellen der Seta zu Rhizoiden auswachsen können, und es ist dies eine Erscheinung, welche offenbar nicht auf die zwei bis jetzt daraufhin untersuchten Eriopusarten (E. remotifolius und E. cristatus) be- schränkt ist, sondern höchst wahrscheinlichallen Arten der Gattung zukommt. In beiden Fällen haben wir es meiner Meinung nach mit einem Anpassungscharakter zu tun, der nicht geeignet ist, phylogenetischen Spekulationen als Grundlage zu dienen. Zu solchen könnte der Wunsch veranlassen, bei den Moossporogonien ähnliche Einrichtungen zur An- bahnung einer selbständigen Lebensweise zu finden, wie wir sie bei den Embryonen resp. Keimpflanzen der Pteridophyten kennen. Auch bei diesen könnte man ja daran denken, die Wurzeln als weiter entwickelte Haustorien zu betrachten, sie also als mit dem „Fuß“ der Farnembryonen homolog zu betrachten. Aber zunächst dürfte damit nicht viel ge- wonnen sein. Allerdings ließe sich die Entstehung einer Wurzelhaube schließlich in ähnlicher Weise verständlich machen, wie die der Haube an der in den Boden eindringenden Beuteln von Acrobolbus, welche unten geschildert werden sollen, aber es fehlt doch an wirklichen Grund- lagen für die Durchführung eines solchen Vergleiches. Bei den Lauh- moosen aber ist von Interesse, daß, wo eine „Wurzel“bildung am Sporo- phyten sich einstellt, diese in derselben Weise erfolgt, wie am Gametophyten. Die Gestaltung der letzteren stimmt im wesentlichen überein mit der früher von mir für Eriopus remotifolius kurz geschilderten ), Wie bei diesem sind die auf der Ober- und die auf der Unterseite stehenden Blätter kleiner als die seitlichen. Es spricht sich darin eine Förderung der Flanken des Stämmehens aus, welche auch darin zutage tritt, daß die Seitensprosse, wo solche überhaupt auftreten, gleichfalls Nanken- ständig sind; die beblätterten Stämmehen sind stark abgellacht, wie dies auch bei Pterygophyllum, mit welchem Eriopus sehr nahe verwandt ist, der Fall ist. Auch hier ist die Blattsymmetrie von Interesse, Die auf der Mittellinie des Stämmchens stehenden Blätter sind annähernd symmetrisch, die seitlichen asymmetrisch.h Von oben betrachtet kehren die oberen Blätter ihre Oberseite, die untern ihre Unterseite nach oben. Bei den 1) Organographie, pag. 357. 70 ersteren ist die nach oben gekehrte, bei letzteren die nach unten ge- kehrte Hälfte die größere, erstere sind in der Abbildung Fig. 42 mit - letztere mit — bezeichnet. An einen Zusammenhang der Blatt- asymmetrie mit der Blattspirale ist nicht zu denken. Vielmehr sind die geförderten Seiten immer dem Medianschnitt des Sprosses zugekekrt. ganz wie bei den größeren Blättern von Oyathophorum. Dort soll das Zustandekommen der Asymmetrie näher erläutert werden. 5. Pterygophyllum. Pterygophyllum-(Hookeria-)Arten sind in den schattigen Wäldern Neuseelands häufig. Zwei derselben kultiviere ich seit Jahren auch : lebend, sie haben sich als ein sehr geeignetes Material für experimen- tal-morphologischen Untersuch- ungen erwiesen, bezüglich deren ich auf eine in Aussicht stehende Veröffentlichung von Fräulein W es- terdyck verweise. Die Bestim- mung im sterilen Zustand ist nicht leicht, zumal mir nur wenig Ver- gleichsmaterial zur Verfügung stand, die Artbezeichnung im Folgenden ist deshalb eine unsichere. Die Beblätterung der unter- suchten Arten, speziell von Pier. quadrifarium stimmt, im wesent- lichen mit der von Eriopus oben erwähnten überein (Fig. 47) Macht man einen Querschnitt durch die etwas nach unten gebogene stark abgeflachte Stammknospe, so liegen in den obersten Schnitten die Blätter in zwei annähernd parallelen Grup- Fig. 47. Pterygophyllum (Hookeria) qua- pen, von denen eine der Ober-, eine ärifarium. Habitusbild, 5fach vergr. . 2 der Unterseite angehört. Fig. 43 gibt einen (absichtlich ziemlich diek gemachten) Schnitt, welcher die Scheitelregion enthält. Man sieht, daß sehr frühzeitig schon der Vorgang beginnt, durch welehen die radiär (mit einer Divergenz von etwa 3/,) gestellten Blätter annähernd in eine Ebene verschoben 1 werden, die Verschiebungsriehtung ist durch Pfeile angedeutet. Die auf der Ober- und Unterseite des Stämmchens in der Mittellinie stehenden Blätter werden entweder gar nicht oder doch nur wenig verschoben, so daß sie dann schief zur Längsachse des Stämmchens gestellt sind, während die auf den Flanken stehenden Blätter so ver- schoben werden, daß der größere Teil ihrer Blattflächen parallel der Längsachse des Stämmchens gestellt wird. Manche Hookerien sind so flach, daß ich mich im Walde nur bei genauerer Betrachtung davon überzeugen konnte, daß ich nicht, wie ich anfangs geglaubt hatte, ein thalloses Lebermoos vor mir hatte. Daß biologisch diese flachen Laubmoosstämmehen (die auch nur in der Abflachungsebene verzweigt sind) einem thal- losen Lebermoos mit mehr- schiehtigem chlorophylhal- m tigen Thallus entsprechen, ist ja ohmedies klar, bei den dorsicentralen Leber- moosen, welche ihre Seiten- blätter horizontal {oder an- Fig. 45. Querschnitt durch den Stanımscheitel von nähernd horizontal} stellen, Pt. quadriforium. ist ein Form (Cephalozia resp. Pteropsiella frondiformis!) ja auch äußerlich in den vegetativen Organen als thalloses Lebermoos ausgebildet. Die Frage, inwieweit die Verschiebung der Blätter bei den Moosen direkt auf der Einwirkung äußerer Faktoren beruht, wurde früher?) dahin beantwortet, daß die untersuchten Arten sieh verschieden verhalten. Bei Plagiochila asplenioides und Schistostega osmundacea zeigte sich, daß an Sprossen, welche in sehr geminderter Lichtintensität kul- tiviert wurden, die Verschiebung der Blätter ganz oder größtenteils unterblieb. Derartige Sprosse, welche positiv heliotropisch wuchsen, hatten also die im Vegetationspunkt vorhandene Blattstellung beibehalten. Für Pterygophyllum lucens hat Correns?) später ähnliche Angaben gemacht. Pt. quadifarium ist gegen die Einwirkung schwachen Lichtes wenig empfindlich. Erst nach längerer Kultur gelang es, einzelne isophylie kleinblätterige, aber tief dunkelgrüne Sprosse zu erziehen, ein Resultat, welches mit dem früher für Schistostega erhaltenen im wesentlichen 1) Goebel, Rudimentäre Lebermoose. Flora 1893, Bd. LXXVIL par. S4tt, 2) Organographie, pag. 201. 3) Untersuchungen ete, pag. 309. i2 übereinstimmt. Leichter ‘gelang es bei andern „complanaten“ Laub- moosen Sprosse gewöhnlicher Beblätterung hervorzurufen. Darüber soll bei anderer Gelegenheit berichtet werden. Die Bildung von Brutknospen war bisher — von einer unten anzuführenden gelegentlichen Beobachtung für Pt. lucens abgesehen — bei Pterygophyllum nicht bekannt. Bei den beiden hier kultivierten neuseeländischen Arten trat sie sehr zahlreich ein, und zwar auf den Blättern. Fig. 49. Pterygophylium quadrifarium. I. Blattstück nahe dem Rand von der Fläche. Die meisten Initialen haben ihre Brutknospen schon verloren (die Ansatzstelle ist mit Z bezeichnet), zwei sitzen noch an. Il. Etwas ältere Brutknospe. III. Initiale, welche, nachdem sie eine Brutknospe gebildet hatte (bei Z), eine zweite produziert hat. IV. Aus einer Initiale entstandener Protonemafaden, welcher Brutknospen bildet, T Trennzelle der Brutknospe. V. Gekeimte Brutknospe. (Schwächer vergr.) Die Brutknospen entstehen hier aus Initialen, welche meist gruppen- weise nahe dem Blattrande liegen. Der typische Fall ist der, daß diese Initialen zu kurzen mit Reservestoffen gefüllten Zellreihen auswachsen (Fig. 49, D), die meist!) schon an dem Blatte sich verzweigen, indem aus der Basalzelle der Brutknospe zwei Äste auswachsen, welche dem Ganzen ein ankerähnliches Aussehen verleihen. Dies erinnert an 1) Nicht selten fallen die Brutknospen auch als einfache, unverzweigte Zellen- reihen ab. Man kann wohl die Ankerbildung als den Beginn der Keimung be- trachten, der schon an der festsitzenden Brutknospe aufireten kann. 13 die früher) von mir beschriebenen Brutknospen von Ephemeropsis tjiobodensis, nur sitzt hier der zweiarmige Anker dem Brutknospen- körper nicht unmittelbar auf, sondern einem aus der Brutknospenbasis entwickelten kurzen Aste (vgl. die Abbildungen a. a. O., PL IX, Fig. 95—97). Darauf sei hier kurz hingewiesen, weil Fleischer, welcher später Ephemeropsis mit Sporogonien auffanı?), dieses merk- würdige Moos betrachtet als Vertreter einer eigenen, neuen Familie, „die mit den Hookeriaceen Fühlung hat in bezug auf das Sporogon inkl. Peristom“. In der Brutknospenbildung tritt nun ein anderer Hookeriaceencharakter hervor; auch von Eriopus remotifolius, einer un- zweifelhaften Hookeriacee, habe ich früher eine analoge Ankerbildung beschrieben 3), während mir sonst von keinem anderen Laubmoos eine derartige Bildung bekannt ist. Wahrscheinlich wird sich herausstellen, daß man Ephemeropsis den Hookeriaceen in ähnlicher Weise anreihen kann, wie dies für Metzgeriopsis gegenüber der Lejeuniaceen der Fall ist: Ephemeropsis wie Metzgeriopsis sind Formen, welche das Jugendstadium lange Zeit beibehalten, aber wenn sie zur Bildung der Sexualorgane schreiten, die Gestaltung annehmen, welche bei verwandten Formen viel früher hervortritt. Daß bei Ephemeropsis die Brutknospen auf dem Protonema, bei Pterygophyllum dagegen auf den Blättern hervortreten, ist kein Grund gegen den oben gemachten Vergleich. Denn die Pterygo- phyllumbrutknospen sind auch nichts anderes, als blattbürtiges Protonema, gelegentlich (namentlich bei Feuchtkultur; aber vielfach trifft man solche Bilduugen auch an denselben Blätten, welche sonst das „normale“ Ver- halten zeigen) treten auch verzweigte Protonemafäden auf, an denen einzelne Stücke sich durch kurze Trennzellen ablösen (Fig. 49, IV), während bei der „typischen“ Entwicklung die Trennzelle unmittelbar der Initiale aufsitzt. Letztere kann mehrmals Brutknospen aus sieh hervor- sprossen lassen (Fig. 49, IV). Durchwachsungen, wie sie für Eriopus früher (a. a. O.) beschrieben wurden, habe ich hier aber nicht beobachtet. Auf die biologische Bedeutung der Ankerbildung der Ephkemeropsis- brutknospen wurde früher hingewiesen. Es zeigt sich jetzt, daß dabei nur eine Steigerung eines auch bei nicht epiphytisch lebenden Hookeriaceen sich findenden Verhaltens vorliegt. Die Keimung der Brutknospen geht gewöhnlich in der Weise vor sich, daß die Enden zu Protonemafäden auswachsen (Fig. 49, V). Doch 1) Annales du jardin botanique de Buitenzerg, Vol. VII, pag. 67. 2) Fleischer, Diagnose von Ephemeropsis fjibodensis. Ann. du jardin bota- nique de Buitenzorg, 2. serie, Vol. II, pag. 68—72. 3) Organographie, pag. 858. 74 sind, wenn dies verhindert wird, auch die anderen Zellen der Brut- knospe dazu imstande. Da die Brutknospe reich ist an Reservestoffen, so ist damit eine rasche Protonemaentwicklung ermöglicht. Unter welchen Bedingungen die Brutknospenbildung eintritt, wurde nicht näher untersucht), nach Analogie mit anderen Fällen ist wahr- scheinlich, daß dies unter Umständen geschieht, unter denen zwar die Assimilation gut von statten geht (oder vorher gut von statten ging), das vegetative Wachstum aber kein sehr intensives ist, außerdem ist jeden- falls hinreichende Feuchtigkeit eine äußere Bedingung. Dies tritt namentlich hervor durch eine merkwürdige Erfahrung mit Pterygophylium Iucens, der einzigen einheimischen Art der Gattung. Correns?) fand im Blatte von Pterygophyllum lucens Initialen und sah aus ihnen Rhizoiden hervorgehen, welche schon früheren Forschern aufgefallen waren®). Brutknospen an den Blättern sah er nicht. Bei der Kultur ent- ästeter Stengelstücke auf feuchtem Sande beobachtete er einmal am stengelbürtigen Protonema Brutkörper. Wenn man bedenkt, daß Ptery- goph. lucens eine außerhalb des Hauptverbreitungsgebietes der Gattung wachsende Art: ist, die sich besonderen Verhältnissen anzupassen hatte, so ist es keine allzukühne Hypothese, wenn man annimmt, daß auch bei dieser Art die Initialen ursprünglich zur Brutknospenbildung ge- eignet waren, daß aber die Brutknospenbildung hier latent wurde. Um diese zunächst rein theoretisch abgeleitete Annahme zu prüfen, kultivierte ich Pt. Iucens im Hymenophyllaceenhause des Münchener botanischen Gartens. Es zeigte sich, daß die soeben ausgesprochene Vermutung begründet war: aus den Initialen der Blätter entwickelten sich zwar nicht direkt Brutknospen, wohl aber grüne Protoneurafäden, welche Brut- knospen bildeten, die ebenso wie die der neuseeländischen Arten Zell- reihen darstellten, welche durch kurze Trennzellen abgegliedert wurden (Fig. 50). Da man nun, wie oben erwähnt, auch bei den neuseeländischen Arten statt der Brutknospen Protonemaäste, welche Brutknospen bilden, finden oder aus den Initialen erhalten kann (sogar neues vegetatives Protonema hervorrufen kann, wenn man sie in Wasser kultiviert, vgl. Joh. Westerdycks Abhandlung) oder unter bestimmten, in der Natur 1) Die Untersuchung der KRegenerationserscheinungen wurde Frin. Joh. Westerdyck übergeben. 2) Correns, Untersuchung über die Vermehrung der Laubmoose durch Laub- organe und Stecklinge, Jena 1899, pag. 307. 8) Vgl. z. B. Bridel, Bryologia universa, Lipsiae 1827, II, p. 344 „folia... inferiora minora saepe ’rhizophora“, auch Hedwig kannte schon die Erscheinung. 75 aber meist nicht eintretenden Bedingungen Rhizoiden, so darf der oben erwähnte Satz, daß die Initialen der Blätter von Pterygoph. Iucens ge- wöhnlich latent bleibende Brutknospeninitialen sind, wohl als erwiesen gelten, vermutlich werden Brutknospen auch im Freien gelegentlich auf- treten. Jedenfalls liest ein interessantes Beispiel dafür vor, daß die eigentliche Bedeutung einer Struktur nur durch den Vergleich mit ver- wandten Formen sich erkennen ließ. Denn in Wirklichkeit ist die Fähig- keit der Initialen, Brutknospen zu bilden, ja nur deshalb eine latente, weil Hookeria lucens gewöhnlich nicht unter den Be- dingungen lebt, welche zur Hervorrufung der Brutknospen notwendig sind. Es sei dabei bemerkt, daß der Vorgang bei Pflanzen von verschiedener Herkunft be- obachtet wurde: die einen stammten aus dem botanischen Garten in Hamburg, die andern hatte Herr Prof. Glück aus Heidelberg mir zu senden die Freund- lichkeit; in der Umgebung Münchens fehlt Hookeria lucens zwar nicht, ist aber doch nicht häufige. Die Heidelberger Pflanzen zeigten fünf Wochen, nachdem Fig. 50. Pterygoph. Iucens. Blatt- stück, an welchem sich aus einer sie in das Hymenophyllum-Haus des Initiale brutknospenbildendes Pro- Münchener botanischen Gartens gepflanzt fonema entwickelt hat. (7’Trennzelle.) waren, Brutknospen, nicht alle, aber an einzelnen Exemplaren zu Hunderten. Die Ankerbildung, welche oben für Pt. quadriforium beschrieben wurde, habe ich bei P. Iucens bis jetzt nicht beobachtet. Bekanntlich weicht diese Art ja auch in sonstigen Eigentümlichkeiten von den außer- europäischen ab, so daß man sie teilweise in eine andere Gattung (Pterygophyllum s. str. gegenüber Hookeria) gestellt hat. Die sonstigen Bauverhältnisse der Brutknospen aber sind ganz übereinstimmend, auch wurde oben erwähnt, daß die Ankerbildung an den Brutknospen der neuseeländischen Art keine allgemeine Erscheinung ist. Von andern Eigentümlichkeiten seien nur zwei erwähnt: die Blatt- bildung an den Sexualästen und das Verhalten der Vaginula. Die Blätter der antheridientragenden Äste enthalten nur sehr wenig Chlorophyll und haben einen „Saum“, d. h. Randzellen mit verdickter Außenwand, welcher den Blättern der sterilen Äste abgeht, an der 76 Blattspitze ist er nicht ausgebildet. Da nun einige Pterygophyllum- Arten als mit „foliis marginatis“ versehen beschrieben werden, so wäre es möglich, daß die Blätter der Sexualäste nicht nur die radiäre An- ordnung, welche offenbar allen Pterygophyllen früher eigentümlich war, beibehalten haben, sondern auch die Struktur des Randes, obwohl eine besondere biologische Bedeutung der Verstärkung der Randzellen nicht einzusehen ist, denn da (die Blätter klein, die männlichen Knospen ziem- lich versteckt sind, so ist eine besondere mechanische Bedeu- tung dieser Randzel- len (gegen Einreißen etc) kaum anzu- nehmen. Das Verhalten der Vaginula wurde un- tersucht, umzu sehen, ob hier etwa ähnliche Erscheinungen wie beiEriopus auftreten. Dies war insofern IL nicht der Fall, als . eine Rhizoidbildung an der Seta nicht vor- handen ist. Wohlaber entwickelt die Vagi- Fie. 51. P h nula Rhizoiden, wel- ig. 51. Pterygophyllum quadvifarium. Rhizoidbildun . . aus der Vaginula; II. Längsschnitt schwach vergrößert, ER che an der Basis der Rhizoiden; I. stärker vergrößerter Teil eines solchen Seta hinaufwachsen. Längsschnittes, Rhizoiden punktiert.. Ob diese Rhizoiden für die Wasserversorgung des Sporogons wesentlich in Betracht kommen (das durch sie aufgenommene Wasser könnte durch den „Fuß“ der Seta, zugeführt werden), erscheint zweifelhaft; sie hängt wohl mit dem das Auswachsen der Rhizoiden begünstigenden feuchten Standort zusammen. 6. Cyathophorum bulbosum (-pennatum). Dieses prachtvolle Laubmoos!) ist in den Farnschluchten Australiens (speziell der Kolonie Viktoria) sehr häufig, ebenso in Neuseeland. Es 1) Vgl. die Abbildung in Organographie I, page. 86 Fig. 54. A TR m. Ahnen. mass 1 ist gegen trockene Luft sehr empfindlich und zeigt in dieser bald Ver- schrumpfung der Blätter. Mit Vorliebe wächst es an der Basis der Baumfarnstämme, wobei die „Rhizome* des Mooses zwischen (en „Luft- wurzeln“ der Farnstämme kriechen, die dorsiventralen beblätterten Sprosse annähernd rechtwinklig von dem Farnstamme abstehen. Be- kanntlich sind drei Reihen von Blättern vorhanden, drei seitliche Reihen großer, asymmetrischer Blätter, und eine untere, aus kleinen, symmetrischen Blättern bestehende. Auch die Sporogonien sind nach der Schattenseite zu gewendet. Auch in Erde wächst Cyathophorun übrigens gut, im Münchener botanischen Garten sind zahlreiche lebende Exemplare vor- handen, teils in Erde, teils auf Stämmen von Dieksonia antaretiea, teils auf Steinen. Die Cyathophorumstämmchen halten trotz ihrer flachen Beblätter- ung ziemliche Mengen Wasser fest. Es kommt dies daher, das die größeren Blätter nicht flach, sondern ungleichmäßig gewölbt sind; es bilden sich so auf den Stämmcehen Stellen, an denen Wasser festhaftet. Nur die Sproßspitze ist nach dem Bespritzen meist trocken. Sie ist nach abwärts gekrümmt und läßt so das Wasser leicht ablaufen; auch sind hier die Blätter‘ viel flacher als im späteren Zustande, vielleicht auch die Blattflächen weniger benetzbar. Jedenfalis also sind (die jugend- lichen Teile vor dauernder Benetzung geschützt. Kultiviert man Cyatho- phorum in Nährlösung untergetaucht, so gehen die alten Sprosse meist bald zugrunde oder es entwickeln sich dann neue, welche dem Leben im Wasser angepaßt sind. Ehe ich auf einige Eigentümlichkeiten (dieses Mooses eingehe, möchte ich noch eine sehr ausführliche, ihm gewidmete Abhandlung be- sprechen, die von Ugo Brizit), In dieser werden außer einer Anzahl histo- logischer Einzelheiten, die wohl kein allgemeines Interesse beanspruchen können, von Cyathophorum drei Dinge angegeben, welche —- wenn sie richtig wären —, den Lebenswandel dieses Mooses als einen sehr eigentümlichen erscheinen lassen würden. Erstens soll Cyath. bulbosum, wie sehr viele andere Moose, gewöhnlich ein Sapropbyt, aber zuweilen auch („eventualmente“) ein Parasit sein. Zweitens finden sich an der Sproßachse helle Flecken (macule), welche der Verfasser als Hydathoden betrachtet; drittens beschreibt er auf den Antheridien eine Kappe sklerifizierter Zellen — abweichend von allem sonst für Antheridien 1) U. Brizi, contributo allo studio morfologieo biologieo e systematieo delle Museinee. Estratto dell’ Annuario del R. Istituto botanieo di Roma, Yol. VI fase. 3, Roma 1897. 78 Bekannten. Leider lösen sich, wie gezeigt werden soll, bei genauerer Untersuchung diese drei Merkwürdigkeiten in nichts auf. Den Saprophytismus resp. Parasitismus des Mooses erschließt Brizi daraus, daß die Rhizoiden in tote, zuweilen auch in lebende Pflanzenteile eindringen, er meint (S. 15 l.c.) es sei evident, daß Cyathophorum und einige andere Moose „tendono & devenir parassiti“. Nun ist aber klar, daß man aus dem Eindringen von Rhizoiden in lebendes Gewebe nur dann auf Parasitismus schließen könnte, wenn eine Aufnahme von Baustoffen seitens der Rhizoiden nachgewiesen wäre. Dies ist nicht geschehen, die angegebene Tatsache zeigt nichts weiter als die andere schon lange bekannte, daß die Ausläufer von Agropyrum repens oft lebende Gewebe durchbohren, nämlich, daß sie zu bedeutenden mechanischen Leistungen befähigt sind. Ebensowenig kann man von einem Eindringen in tote Pflanzenteile oder einem Um- spinnen derselben mit irgendwelcher Sicherheit auf Saprophytismus schließen, selbstverständlich ist auch beiMoosen Sapro- M phytismus möglich, aber nachgewiesen ist er, wie es früher hervorgehoben, bei keinem einzigen, nicht einmal bei Buxbaumia, wo die Wahrscheinlich- keit einer saprophytischen Lebensweise schon nach den Standortsverhältnissen am größten ist; daß es Moose gibt, welche organische Substanzen bei ihrer Ernährung verwenden, ist möglich; aber den Nach- N —M weis können, wie früher hervorgehoben }), nicht mor- phologische, sondern nur experimentelle Beobach- \ tungen liefern. Da nun Brizi nur auf morpho- logische Beobachtungen seine Schlüsse gründet, so müssen diese als gänzlich unbewiesen bezeichnet werden. Fig. 52. Seitenansicht 2. Hydathoden. Am Rhizom und Stämm- mit Stämmehen von chen von Cyathophorum beobachtete Brizi weiße Cyathophorum bulbo- . sum mit zwei Blattan- Flecke, welche er als „macule“ bezeichnet. Sie sätzen Fr heben sich namentlich am Stamme auffallend von der schwarzen Farbe des Rindengewebes ab, da die Wände der in den „macule“ gelegenen Zellen farblos und unverdickt bleiben. Sie sind mit bloßem Auge aber noch sichtbar und stehen in zwei Reihen, die denen der großen Blätter entsprechen (Fig. 52). Brizi vermutet, daß es sich um „speciali apparechi aquiferi“ handle, man könne annehmen, 1) Organographie, pag. 350. u 0 19 daß das Blatt eine Art Kanal bildet, welcher das Wasser auf die „macula“ leite, von welcher es absorbiert werde. Ich habe schon früher, als ich nur die vorläufige Mitteilung Brizis kannte, darauf hingewiesen !), daß es sich bei der „macule* offenbar um Zellengruppen handle (wie man sie auch bei andern Moosen findet), welche die Stelle bezeichnen, wo Protonemafäden oder Seiten- zweige ihren Ursprung nehmen. Tatsächlich handelt es sich, wie kurz darauf Correns bestätigt hat, um ruhende Astanlagen. Brizi ist die in einer seichten Vertiefung liegende Scheitelzelle (Fig. 53) entgangen, welche ohne weiteres zeigt, daß hier ganz ähnliche Verhältnisse vor- liegen, wie sie Correns bei seinem „Bryumtypus“ beschrieben hat. Die Astscheitelzelle hat eine Anzahl Segmente gebildet, welche aber keine Blätter entwickeln. Wohl aber können diese ruhenden Sproßanlagen nach Entfernung des Vegetationspunktes — zuweilen auch ohne das dies der Fall ist — des Hauptsprosses austreiben. Dazu sind die ruhenden Anlagen auch deshalb besonders be- fähigt, weil sie Reservestoffe in ihren Zellen erhalten. Wasser können sie wohl direkt von außen aufnehmen, aber sie als „Hydathoden“ für die Pflanze selbst zu betrachten, dafür liegt nicht der mindeste Grund vor. Übrigens ist es auch leicht, die Entwicklung einer Ast- anlage aus der Mitte einer „macula* direkt zu verfolgen. Ob die Astanlagen später aber ihre #18 53, Cratu ea Entwicklungsfähigkeit (und ihre Baustoffe) ver- stärker vergr. In der Mitte lieren, habe ich nicht untersucht. Selbstver- die Zellen ma ie herum ständlich fehlen die „maeule“ da, wo Seiten- sind nichtalleeingezeichnet. zweige vorhanden sind; die kurzen entweder Antheridien oder Archegonien tragenden Seitenäste stehen genau an Stelle „macule*, was Brizi schon auf die Bedeutung dieser „Organe“ hätte aufmerksam machen können. Diese von den Unterblättern schief nach außen gerichteten Äste stehen natürlich nur scheinbar in der „ascella delle folie laterali“, in Wirklichkeit wie andere Moosäste an der Basis eines Blattsegmentes. Dadurch, daß sie schief seitwärts gerichtet und somit von dem benachbarten Unterblatt nicht bedeckt sind, haben die kurzen Sexualäste der männlichen Pflanzen bessere Gelegenheit, ihre 1) Organographie, pag. 368. 80 Spermatozoiden nach außen zu entleeren, die der weiblichen aber bessere, die Spermatozoiden aufzufangen. Auch daß die „macule* Stellen darstellen, an welchen „Proto- nemafäden ihren Ursprung nehmen (Organographie a. a. O.), hat sich bestätigt, und zwar sind es speziell die Brutorgane bildenden Protonema- fäden, welche ihren Ursprung am Rande der „macule“ nehmen. Schon mit bloßem Auge sieht man an den Cyathophorumpflanzen oft Büschel brauner Fäden, welche ringsum Astursprungsstellen stehen. Es sind dies reich verzweigte, eine große Menge von „Brutknospen“ bildende Protonemafäden, zwischen denen man, bei geeigneter Präpara- tion, die ruhende Astanlage („maeula“) sehen kann. Die „Brutknospen“ sind mit Chlorophyll und Stärke versehene, meist aus mehreren Zellen bestehende Fadenstücke, gelegentlich bestehen sie auch aus einer ein- zigen Zelle. Sie trennen sich, soweit ich das verfolgt habe, durch kurze Trennzellen ab und stellen ein reichliches, von Brizi nicht erwähntes Vermehrungsmittel der Pflanze dar; manche Pflanzen sind mit Brut- knospen so reichlich versehen, daß sie auf der Oberseite zwischen den Blättern grünliche Massen zeigen, welche aus einer Menge von Proto- nemafäden und Brutknospen bestehen. 3. Über den Bau der Antheridien hat Brizi Angaben gemacht (a. a. O. pag. 56 u. 57), welche, wenn sie richtig wären, allerdings eine „Struttura ..... non mai deseritta“ darstellen würden. Er schildert nämlich auf dem Scheitel des Antheridiums „una specie di cappuceio formato da cellule colle parete selerifieate“). Diese sklerotischen Zellen sollen jeden Inhalts entbehren. Beim Öffnen (das der Verfasser in 10°/,iger Zuckerlösung verfolgt hat!) dehnen sich die Wände der unverdickten Zellen des „cappuccio scleroso“ stark aus, die Zellen des „cappueio scleroso“ können dieser Ausdehnung nicht folgen, die Kapuze löst sich teilweise wie ein Deckel ab und so kann der Spermatozoidenbrei heraustreten. Diese ganze Darstellung beruht durchaus auf falschen Be- obachtungen und irrtümlichen Schlüssen. In Wirklichkeit geht alles zu, wie bei anderen Laubmoosen. Wie diese besitzt auch Cyathophorum an seinen Antheridien eine „Öffnungskappe*?), aber diese besteht nicht aus Zellen mit selerifizierten Wänden, was Brizi dafür gehalten hat, ist eine Schleimablagerung, die aber nur in den am Antheridienscheitel gelegenen Zellen vorkommt, (vgl. Fig. 54), nicht wie Brizis Figur an- gibt (Tav. XXIX, Fig. 23) sich weit hinab am Antheridium er- 1) Sperrung von mir, 6. 2) Goebel, Über den Öffnungsmechanismus der Moosantheridien. Suppl. aux Annales du jardin botanique de Buitenzorg 1898 und Organographie, pag. 269. 81 streckt. Diese Zellen sind auch keineswegs inhaltsleer, wenngleich natür- lich ein Teil der Inhalts zur Schleimablagerung benutzt worden ist"). Bringt man ein:reifes Antheridium in Wasser, so quillt der Schleim der Zellen der Öffnungskappe und sprengt die Cuticula, wobei die Zellen der Öffnungskappe entweder sich ablösen oder auch — wenigstens die unteren — stehen bleiben und so den Kanal begrenzen, durch welchen der Spermatozoidbrei dann austritt. Das entleerte Antheridium sieht oben wie quer (mehr oder minder geradlinig) abgestutzt aus und trägt am Rande der Öffnung noch den Rest der Cuticula der Öff- nungskappe. Das Hauptinteresse, welches Cyathophorum in organographischer Beziehung bietet, liegt in seiner Beblätterung, weiche erinnert an die bei den dorsiventralen beblätterten Lebermoosen bekannten Verhält- nisse. Ich habe früher darzulegen versucht, daß es sich dabei handle um eine Anpassungserscheinung an die Ausnützung schwachen Lichtes Fig. 54. Cyathopkor. bulbosum. 1. Längs- . schnitt durch den oberen Teil der Wand und fand diese Anschauung an den sines Antheridiums. Die Zellen der Öff- natürlichen Standortsverhältnissen nungskappe treten durch ihre Größe und . den auf der Wand abgelagerten Schleim derartiger Laubmoose durchaus be- hervor (Inhalt punktiert). B. Außenan- stätigt. Ein Querschnitt durch die sieht der Öffnungskappe. IIL. Längs- . 4: . schnitt durch ein entleertes Antheridium Knospe zeigt, daß die drei Blatt- (die stehen gebliebenen Wandreste der reihen ganz wie bei anderen Laub- Öffoungskappe sind zu derb gezeichnet). . IV. Offnungskappe eines entleerten An- moosen und auch bei den Leber- theridiums von außen. moosen angelegt werden. Die Schei- telzelle kehrt eine Kante nach oben, eine Seite nach unten (Fig. 55). Würden nun die Seitenblätter ihre Stellung beibehalten, so würden sie nur 1) Der Schleim färbt sich, wenn er einige Mächtigkeit erreicht hat, mit Chlor- zinkjod deutlich blau. Brizi gibt an, daß die Zellen sich mit Chlorzinkjod lebhaft gelb färben, dies ist aber nur mit der Cuticula der Fall. Auf Brizis Angaben über die „Öffnung“ der Antberidien in 1Oproz. Zuckerlösung einzugehen ist wohl nicht erforderlich. Flora 1908. 6 82 in ihrer oberen Hälfte das Licht voll ausnützen können, es handelt sich darum, die Blattfläche so zu stellen, daß sie annähernd rechtwinklig zu dem (von oben einfallenden) Lichte steht. Dies kann erfolgen entweder durch eine Torsion des Blattgrundes oder durch eine Verschiebung der Blattinsertion oder durch eine Internodiendrehung. Cyathophorum wendet die beiden ersten Mittel an. Eine Oberansicht des Stämmchens zeigt, daß die Blätter schief inseriert sind, die Anheftungsstelle ist gegen den Vegetationspunkt hin verschoben, sie steigt weiter nach oben, als nach unten. Außerdem zeigt das Blatt in der kleineren (unteren) Hälfte nahe der Basis eine Drehung, welche früh schon hervortritt und dazu bei- trägt, die Blattfläche in annähernd horizontale Stellung zu bringen. Fig. 55. Gyathophorum bulbosum. I. Sproßachse mit männlicher Blüte im Längs- schnitt. II. und III. Querschnitt durch eine Sproßspitze, II. hoch, IH. tiefer. Ähnlich ist es bei Hypopterygium. Die Blätter der kurzen Sexualsprosse dagegen sind — soweit ich sie untersucht habe — nicht von ungleicher Größe und symmetrisch. Die Sporogonien sind nach der Schattenseite hin gewandt. Was die Ursachen der Asymmetrie und Anisophyllie an- belangt, so hoffte ich wenigstens feststellen zu können, ob sie direkt vom Lichte abhängt oder nicht. Indeß zeigte sich, daß Cyathophorum- sprosse im Dunkeln überhaupt nicht wuchsen (soweit dies ohne Mes- sungen sich sagen läßt) und also auch nicht etiolierten. Auch bei an- deren Pflanzen tritt ja dasselbe ein, es ist mir z. B. nie gelungen, Iris zum Etiolieren zu bringen. Die Anisophyllie und die Asymmetrie der Seitenblätter tritt in der Knospe so frühzeitig ein, daß eine direkte Abhängigkeit dieser Verhältnisse vom Licht wenig wahrscheinlich er- scheint. Die Asymmetrie der Seitenblätter könnte in zweierlei Weise zu- ee le 83 stande kommen. Entweder sie wird am Blatte selbst induziert oder sie hängt mit der Dorsiventralität des ganzen Sprosses zusammen. Das erstere könnte z. B. dadurch bedingt werden, daß der Teil des Blattes, welcher die Torsion erfährt, im Wachstum zurückbleibt, das zweite dadurch, daß infolge der frühzeitig eintretenden Verschiebung der Insertion die Ernährung des Blattes von seiten der Sproßachse eine zu beiden Seiten der Blattmediane verschiedene wird. Der obere Teil der Blattinsertion steht auf der Rückenseite des Sprosses, welche die kräftiger entwickelte ist und wird dadurch auch besser ernährt, also größer, Tatsächlich kann man auch den vor der Verschiebung gebildeten oberen Teil des Blattes als symmetrisch ansehen, erst allmählich äußert sich die Differenz von Rücken- und Bauchseite der Sproßachse, welche auch die Ver- schiebung des Blattes bedingt. Darauf wird bei Besprechung anderer dorsiventraler resp. bilateraler Laubmoose zurückzukommen sein. Auch bei diesen (vgl. Balantiopsis) ließ sich nachweisen, daß die verschiedene Größenentwicklung der beiden Blatthälften bedingt ist durch die verschieden große Insertionszone auf der Sproßachse, und diese ihrerseits -durch verschieden starke Entwicklung der betreffenden Zone der Sproßachse (Fig. 56). Bei Cyathophorum tritt deutlich hervor, daß die größere Blatthälfte auch eine breitere Insertion hat, und daß, wie erwähnt, die Insertionszone sich im Verlaufe der Entwicklung ändert. Bei den Unterblättern ist dies nicht der Fall, diese bleiben demzufolge auch symmetrisch. Die Knickung an der Blattbasis erscheint demzufolge nicht als eine Ursache der Asymmetrie der Seitenblätter, sondern als Folge der Wachstums-Differenzen der verschiedenen Zonen der Sproßachse, welche die Asymnietrie bedingen. Die Inserfion der oberen Blätter wird an der oberen Blatthälfte nach oben (gegen die Sproßspitze hin) verschoben und breiter als die unteren. Die ausgesäten Brutknospen von Gyathophorum entwickelten ein Protonema, an welchem gleichfalls Brutkuospen entstanden. Auch Pfilänzchen entstanden in größerer Zahl. Diese zeigten die ersten Seiten- blätter noch ganz symmetrisch und annähernd quer zur Längsachse des Stämmcehens eingefügt, erst. später werden sie schief gestellt und asym- metrisch; die Größendifferenz zwischen den seitlichen und den auf der Unterseite stehenden Blättern tritt schon früher hervor. Wir sehen also, daß die Dorsiventralität des Sprosses erst allmählich sich herausbildet sowohl bei der ersten Entstehung der Pflanze, als am Vegetationspunkte, Es wurde oben bei Besprechung von Eriopus und Pterygophylium darauf hingewiesen, daß auch sie teilweise asymmetrische Blätter besitzen. Das Zustandekommen der Asymmetrie ist bei diesen Formen ein ganz 6* 84 ähnliches wie bei Cyathophorum. Die Verschiebung der Blattinsertionen, welche aus einer radiären Anordnung ein „fach“ beblättertes Stämmehen zustande bringen, erfolgt in der Riehtung der Längsachse des Sprosses. Aber nicht gleichmäßig in der ganzen Blattinsertion. Vielmehr wird die eine Seite bei der Verschiebung größer als die andere, es ist die in der Stämmehen-Längsrichtung gehobene. Der Teil des Blattes, welcher dieser Insertion entspricht, wächst auch stärker und wird der größere. Fig. 56. Fig. 57. Fig. 56. Cyatkophorum bulbosum. Stück einer Oberansicht der Sproßachse. Fig. 57. Längsschnitt durch den oberen Kapselteil von Cyathophorum bulbosum. D gehört zum Deckel, 25 Zahu des äußeren Peristoms, /5 inneres Peristom. Schließlich mag eine anatomische Eigentümlichkeit der Kapsel hier noch Erwähnung finden. Die Wandzellen der Kapsel unterhalb des Ringes (der aus 1—3 Zellen im Längsschnitt aufgebaut ist) sind durch ihre Größe und dadurch ausgezeichnet, daß ihre Wände durch Ver- diekungsleisten ausgesteift sind, nach der unteren Region der Kapsel hin verlieren sich diese. Die Zähne des äußeren Peristoms bleiben an ihrer Basis miteinander vereinigt. Die Zellen zeigen hier starke Verdiekungen (Fig. 57). So ist an der Kapselmündung innen und außen ein steifer Ring vorhanden, beide Ringe sind durch dünnwandiges Ge- webe verbunden‘). Es ist dies eine der bisher kaum beachteten Ver- . 1) Diesem schreibt Brizi eine Bedeutung für die Peristombewegung zu, ich habe die Frage nieht untersucht. 85 richtungen, wodurch der Rand der geöffneten Kapsel ausgesteift wird, eine Einrichtung, deren Bedeutung obne weiteres einleuchten wird, wenn man sich erinnert, daß die Sporenaussaat bei den Laubmooskapseln oft recht lange Zeit in Anspruch nimmt und ungestört nur dann vor sich gehen kann, wenn der Kapselrand nicht zusammenfallen resp. zusammen- gedrückt werden kann. Einer Aussteifung des Randes eines urnen- förmigen Gebildes begegnen wir ja auch bei den Kannen von Nepenthes und Cephalotus, wo sie schon olıne anatomische Untersuchung deutlich hervortritt. 7. Mittenia. Diese Gattung ist von Interesse, weil ihr Habitus eine Parallel- bildung zu dem von Schistostega darstellt. Für letztere charakteristisch ist bekanntlich, daß die Stämmchen von ihrer Basis einen blattlosen resp. mit reduzierten Blättern versehenen, stielartigen Teil haben und daß die Blätter zwar im Vegetationspunkt radiär angelegt sind, aber an den steril bleibenden Pflanzen bald alle annähernd in eine Ebene verschoben werden. Bei Mittenia findet dasselbe statt, nur mit weniger großer Regel- mäßigkeit als bei Schistostega. Ich sammelte in den Blackspurmountains bei Melbourne eine kleine Art, welehe mit M. rotundifolia C. M. über- einstimmen dürfte, obwohl sie ebensowenig wie die Abbildung in den „Natürl. Pflanzenfamilien* (Fig. 394 /.—P.) die von K. Müller als „fast kreisförmig“ beschriebene Umrißform der Blätfer zeigt, außerdem stand mir in Tasmanien gesammeltes Material von M. Plumula zur Verfügung. Die Pflänzchen wachsen gesellig, was dadurch bedingt wird, daß an der Basis der Stämmchen Seitensprosse (öfters je nur einer) auf- treten. Obwohl diese mit schmaler Basis aufsitzen, konnte ich doch nicht beobachten, daß sie, wie dies bei Schistostega der Fall ist!), aus kurzbleibenden Protonemafäden, die an der Basis der alten Sprosse ent- stehen, entspringen, vielmehr werden sie offenbar in der gewöhnlichen Weise angelegt?). Eine Arbeitsteilung zwischen sterilen und fertilen Pflanzen, wie sie bei Schistostega vorhanden ist, scheint bei Mittenia nieht durch- geführt zu sein, wenigstens gingen die Pflänzchen von M. rotundifolia fast ausnahmslos an der Spitze zur Bildung von Antheridien- oder Archegonienständen über. In dieser apiealen Region behalten die Blätter — welche bier ihre größte Ausdehnung erfahren — auch annähernd die quere Insertion bei, während sie weiter unten oft annähernd in die 1) Organographie, pag. 352. 2) Sonst tritt keine Verzweigung ein, abgesehen von Sprossungen aus dem Antheridienstand, welche bei Mittenia Plunmla mehrfach ‚beobachtet wurden. Es handelt sich offenbar um schmächtige Seitensprosse. 86 Längslinie der Sproßachse verschoben sind, obwohl eine streng zwei- zeilige Anordnung wie bei Schistostega kaum je beobachtet wurde (vgl. Fig. 58,1). In der Achsel der Blätter befinden sich einige schleimabson- dernde „Haare“, die als Paraphysen auch im Antheridienstand auftreten. Auffallend ist die Asymmetrie der Blätter. Im Gegensatz zu dem unten für Rhizogonium Anzuführenden ist hier aber nicht die der Sproßspitze zugekehrte, sondern die ihr abgekehrte Hälfte die größere, und es tritt deutlich ° hervor, daß die kleinere Blatthälfte auch die kleinere Insertionszone am Stengel aufweist. Zuweilen sind die Blätter mit der Spitze nach einer Seite hingebogen, was vielleicht an solchen Stämmchen eintritt, welehe einer stär- keren Beleuchtung ausgesetzt sind. An der Basis der Pflänzchen fanden sich außer gewöhnlichen Rhi- zoiden solche, welche sehr breit, relativ diekwandig und mit Stärke (wahr- scheinlich auch anderen Reservestoffen) vollgepropft waren. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die in den Rhi- zoiden gespeicherten Reservestoffe von den sich entwickelnden basalen Seiten- trieben ausgenutzt werden, etwa wie bei einer Dahlia variabilis, nur daß Mittenia wohl kaum eine ausge- sprochene Ruheperiode besitzt, wie die als Beispiel angeführte Dikotyle. Fig. 58. I. Mittenia rotundifolia (?) (gesammelt bei Hermitage, Victoria), 8. Rhizogonium. Sproßspitze l4mal vergr. IL M. Plu- 7 . - mula von Tasmanien, 17fach vergr. Wenn man die Schilderung der Vegetationsorgane der Gattung Rhizogonium in den systematischen Werken lest, so erhält man den Eindruck, daß bei ihr die einzelnen Arten sich außerordentlich ver- schieden verhalten, mehr als dies bei irgend einer anderen Moosgattung 87 der Fall ist. Nach Brotherus!) sind z. B. die Sprosse bald allseitig, bald „federartig“ beblättert, einfach oder verzweigt, die „Blüten® bald „grundständig im Wurzelfilz“, bald lateral an den niederen oder mitt- leren Stengeiregionen. Ich sammelte Rhizogoniumarten sowohl in Australien, als in Neuseeland und suchte darüber Aufschluß zu erhalten, ob tatsächlich so bedeutende Unterschiede im Aufbau vorhanden sind, wie die Systematiker sie annahmen, und wenn dies der Fall sein sollte, wie diese Abweichungen zustande gekommen sind, Zn NS» Fig. 59. Rhizogonium novae Hollandiae. Basis einer Sproßgruppe, 25fach vergr. Man sieht zwei fertile, knospenförmige radiäre Sprosse scheinbar aus dem Rhizoiden- filz entspringen und die unteren Teile von 7 sterilen Sprossen. Beginnen wir mit der extremsten Form, der, welche in der Sektion Eurhizogonium vorliegt (Fig. 59, 60). Das Charakteristische dieser Gruppe besteht bekanntlich darin, daß die sehr kleinen archegonien- resp. antheridientragenden Sprosse an der Basis der sterilen, zweizeilig beblätterten stehen. 1) Engler-Prantl, Nat. Pflanzenfamilien I, 3, pag. 6106. 88 Die Fragen, welche ich zu entscheiden suchte, waren folgende: 1. In welchem Verhältnis stehen sterile und fertile Sprosse zu Fig. 60. Rhizogonium aristatum. Habi- tusbild: links ein steriler, rechts ein fer- tler Sproß mit Sporogonium. einander, entspringen beide unab- hängig von einander aus dem Proto- nemat) oder ist der eine ein Seiten- sproß des andern’? 2. Wie kommt die Zweizeilig- keit der Blätter der sterilen Sprosse und die Asymmetrie ihrer Blätter zustande? Rhiz. novae Hollandiae wächst in Neuseeland häufigauftoten Baum- stämmen, die sehr kleinen fertilen Sprosse haben radiär angeordnete Blätter, im Gegensatz gegen die zwei- zeilige Blattstellung der sterilen. Die Blätter der fertilen Sprosse kommen als Assimilationsorgane offenbar kaum mehr in Betracht, sie steeken in dem Rhizoidenfilz und können, wenn sie überhaupt Chlorophyll enthalten, was an meinen getrocknetem Material nicht mehr zu entscheiden war, doch jedenfalls nicht das zum Aufbau der Sporo- gone nötige Baumaterial liefern. Bei wenig eingehender Beobach- tung sieht es so aus, als ob die fertilen Sprosse aus dem Rhizoiden filz hervorgingen. Dies ist aber nicht der Fall. Schnitte zeigen, daß sie an der Basis der sterilen ent- springen ?), sie Können sich übrigens auch selbst verzweigen und leben 1) Wie das der Begründer der Gattung angenommen hat. Bridel hat für Rhizogonium eine besondere „Classis: Rhizokarpi“ aufgestellt und sagt (Bryol. universa Il, pag. 603) „Nomen graecae compositionis a oıla radix et ywonaı, fructus originem ab ipsa radice in hoc genere solemnem indieans“. Weiterhin sagt er, daß sterile und fertile Sprosse („ut videtur“) unabhängig von einander seien „et tantum tomento radieuloso irretiti atque conjuncti®. 2) Nur ganz ausnalımsweise fand ich sie etwa 1 cm hoch über der Basis, was wegen des Vergleichs mit den unten zu besprechenden Arten von Interesse ist, 89 wie Parasiten an den über das Substrat hervortretenden vegetativen Sprossen. Durch diese basale Verzweigung erklärt sich auch der ge- sellige, rasenartige Wuchs der sterilen und fertilen Sprosse, denn selbst- verständlich entstehen auch die sterilen als basale Seitensprosse an an- deren sterilen. Die zweizeilige Blattstellung der letzteren ist nicht durch Verschiebung entstanden, sondern im Scheitel angelegt, gelegent- lich aber trifft man an der Basis der sterilen Stämmehen noch eine mehrreihige Blattstellung, die nicht durch Torsionen (die zuweilen auf- treten) vorgetäuscht wird. Fig. 61. Rhizogonium distichum. Habitusbild des Endes eines sterilen Sprosses von zwei Seiten. Bei Rhiz. novae Hollandiae sind die zweizeilig gestellten Blätter meist nicht oder doch nur wenig gedreht, bei anderen Arten, z. B. dem in Fig. 61 abgebildeten Rhiz. distichum, dagegen fast in die Längs- linie des Stämmchens verschoben. Dabei tritt die Ungleichhälftigkeit der Blätter deutlich hervor: im Gegensatz zu dem für Mittenia Ange- führten ist hier die nach der Sproßspitze gekehrte Hälfte (die größere, alle Blätter kehren die größere Hälfte derselben Sproßseite zu, das ganze Stämmchen ist offenbar etwas dorsiventral gebaut, wir können uns denken, bei einem Cyathophorum oder einem Hypopterygium ver- schwinde die dritte, kleinere ventrale Blattreihe ganz, dann würden wir eine Form wie Rhiz. distiehum u. a. erhalten; die Asymmetrie der Blätter beruht offenbar auf denselben Verhältnissen, wie ich sie oben für Cyathophorum darzulegen versucht habe. Bei Rhiz. novae Hollandiae 90 wurde angeführt, daß die oben zweizeilig beblätterten Sprosse unten zuweilen radiär beblättert seien. Dies ist nun in ausgedehnterem Maße der Fall bei anderen Rhizogoniumarten. Von besonderem Interesse war mir das gleichfalls in Neuseeland gesammelte Rhizog. bifarium, welches bedeutendere Größe erreicht als die eben erwähnten Arten. Zunächst ist der Ursprung der fertilen Knospen aus den sterilen Sprossen hier sehr deutlich, da er nicht an der Basis, sondern weiter oben erfolgt, wie denn auch sterile Äste an der Haupt- achse entspringen. Sodann ist hier der sterile Hauptsproß an seiner Basis auf eine ziemlich lange Strecke radiär beblättert, nach oben hin aber geht die Verzweigung in die zweizeilige über, auch die Seiten- sprosse sind zweizeilig beblättert. Da ihre Spitzen an den gesammelten Exemplaren meist nicht mehr vorhanden (vermutlich vertrocknet und abgefallen) waren, so könnte man im Zweifel darüber sein, ob nicht die zweizeilige Stellung hier eine nur sekundäre, durch Verschiebung er- langte ist. Indes fand ich einen noch unverzweigten Hauptsproß, an welchem an der durchsichtig gemachten Knospe deutlich zu sehen war, daß schon jedenfalls bis ganz nahe an den Vegetationspunkt die Blätter zwei Reiben bildeten, und dasselbe darf wohl für die Seiten- sprosse angenommen werden. Sollte eine Verschiebung eintreten, so müßte sie also außerordentlich frühzeitig erfolgen. Die Angabe von Brotherus!), wonach die Hauptachse bei Rhizog. bifarium mehrreihig beblättert sein soll, aber läßt außer acht, daß auch die Hauptachse in ihrem oberen Teile zur zweizeiligen Blattstellung übergeht. Wir sehen also, daß diese Form des Vegetationskörpers nur graduell von der für Rh. novae Hollandiae und R. distichum oben geschilderten verschieden ist, insofern als die Änderung der Blattanordnung bei den letztgenannten Formen eben nur früher eintritt als bei Rh. bifarium. Es liegt kein Grund vor, die nur radiär beblätterten Rhizogonien hier zu besprechen. Wohl aber sehen wir, daß wir folgende Reihe aufstellen können: 1. Arten mit nur radiär beblätterten Sprossen (bei manchen ist die Verzweigung in ähnlicher Weise, wie das für Rh. novae Hollandiae oben beschrieben wurde, auf die Basis beschränkt). 2. Arten mit radiären Sprossen, die nach oben hin zweizeilig be- blättert werden und zweizeilig beblätterte Seitenäste hervorbringen. 3. Arten, bei denen der radiär beblätterte Sproßteil sehr redu- ziert wird oder ganz ausfällt. 1) Engler-Prantl, Nat. Pflanzenfamilien I, 3, pag. 617. 91 Daß im Verlaufe der Entwicklung ein Übergang von der radiären in die zweizeilige Blattstellung eintritt, ist unter den Moosen nicht ohne Analogie. Hofmeister. hat schon vor langer Zeit gezeigt, daß bei Fissidens bryoides die untersten, noch unterirdischen Sprosse mit drei- zeiliger Scheitelzelle wachsen und dementsprechend die ersten Blätter dreizeilig stehen, während später die Scheitelzelle zweischneidig wird und zwei Blattreihen sich ausbilden. Leitgeb wies dann nach, daß bei einigen Fissidensarten auch die oberirdisch angelegten Seitensprosse mit dreizähliger Blattstellung beginnen, und daß bei F. taxifolius die Verzweigung auf die Basis beschränkt ist. Rhizogonium zeigt uns alle diese Vorgänge, die bei Fissidens nur bei eingehendster Untersuchung zu erkennen sind, in ganz besonders deutlicher Weise, weil hier, z. B. bei Rh. bifarium, die radiäre Anordung nicht auf einige wenige Blätter beschränkt ist; wir sehen also die angegebenen, scheinbar ganz ver- schieden gestalteten Formen in eine fast lückenlose Reihe angeor(dnet. Bei Fissidens ließ sich eine Einwirkung des Lichtes auf den Über- gang aus der radiären in die bilaterale Anordung nicht nachweisen d). Bei Rhizogonium konnte diese Frage nicht untersucht werden; es ist aber auch hier wahrscheinlich, daß es sich ebenso wie Fissidens ver- hält. Wenngleich also eine direkte Abhängickeit der Blattstellung vom Lichte nieht nachgewiesen ist, so ist doch zweifellos, daß die zweireihige Blattstellung speziell dann, wenn die Blätter, wie z. B. bei Rhiz. dis- tiehum, alle in eine Ebene verschoben werden, für Bewohner licht- schwacher Standorte eine gute Lichtausnutzung ermöglicht. Daß die zweizeilig beblätterten Sprosse von Rhizogoniumarten wirklich am Scheitel schon zweizeilige Blattstellung haben, ist besonders hervor- zuheben. Denn Correns?) gibt an, „die Neckera- und Rhizogonium- arten sind nicht zweizeilig, sondern glattgedrückt beblättert, komplanat, nicht distich“, was für die hier besprochenen Rhizogoniumarten sicher irrig ist. Vielmehr zeigt ein Blick auf Fig. 62, daß hier ebenso echte Distichie vorliegt wie bei Fissidens, Phyllogonium speciosum ), Ortlo- rhynchium und Distichium. Eine freilich nur oberflächliche Ähnlichkeit mit Fissidens hat Bridel veranlaßt, das Rhizogonium novae Hollandiae zuerst als Fissidens zu beschreiben (Muscologia rec. II, Bd. I, pag. 143). Für Fissidens hat, wie erwähnt, Leitgeb, für Phyllogonium Lorch, für Distichium Correns (a. a. O.) eine zweischneidige Scheitelzelle 1) Goebel, Organographie, pag. 203. 2) Correns, Über Scheitelwachstum, Blattstellung und Astanlagen des Laub- moosstämmehens. Festschrift für Sehwendener, pag. 385. 3) W. Lorch, Flora 1894, pag. 457. 92 nachgewiesen; es schien von Interesse, zu untersuchen, ob bei Rhizo- gonium dasselbe Verhalten vorliegt. Die Entscheidung darüber ist nicht ganz leicht, wenn man nicht sehr viel Material zur Verfügung hat, namentlich auch deshalb, weil die beblätterten Sprosse begrenztes Wachstum haben und man infolgedessen vielfach verkümmerte Endknospen antrifft, außer- dem sind die älteren Blätter recht spröde und die Schnitte reißen leicht auseinander. Es war deshalb die Anfertigung zahlreicher Mikrotom- schnitte notwendig‘). Ein sehr gelungenes Präparat von Rh. novae Hollandiae stellt Fig. 62 dar. Es ergab sich das merkwürdige Resultat, daß die Scheitelzelle dreiseitig ist, aber nur zwei Seiten blattbildende Segmente liefern. Die dritte Segmentreihe (mit x bezeichnet) bleibt ganz steril und entwickelt sich von Anfang an viel schwächer als die blattbildenden Segmente. Fig. 62. Rlizogonium novae Hollandiae. Querschnitt durch den Scheitel eines sterilen Sprosses. Die nicht zur Blattbildung verwendeten Segmente sind mit + bezeichnet. Wir haben hier offenbar einen interessanten Übergang von dem gewöhnlichen Verhalten (bei welchem eine dreiseitige Scheitelzelle drei Reihen blattbildender Segmente liefert) zu der Bildung einer zwei- schneidigen Scheitelzelle vor uns. Denn es ist von dem Verhalten der Rhizogoniumscheitelzelle aus nur noch ein kleiner Schritt bis zum Versehwinden der hier schon im Verkümmern begriffenen Segmentreihe, 1) Für deren Ausführung ich Herrn Dr. Zoernig zu Dank verpflichtet bin. m. 93 ein Schritt, welcher durch eine entsprechende Gestaltveränderung der Scheitelzelle geschehen kann. Zugleich haben wir in diesem Verhalten eine weitere Analogie mit den foliosen Lebermoosen. Auch bei diesen läßt sich ja beob- achten, wie die dritte (die dem Substrate zugekehrte) Segmentreihe bei manchen Formen immer weniger blattbildend wird, bei einigen Formen sind ja die Amphigastrien so gut wie verschwunden. Auch bei den Lebermoosen ist die Umbildung dann — so weit wir bis jetzt wissen allerdings nur bei der Gattung Physiotium!) — so weit gegangen, daß eine zweischneidige Scheitelzelle auftrat, ob die Keimpflanzen etwa noch eine dreiseitige besitzen, ist, da die Keimung von Physio- tium nicht beobachtet wurde, unbekannt. = = Der Bau des Scheitels IR von Rhizogonium novae Hol- ol6 landiae macht es auch leicht verständlich, weshalb die oben zweizeilig beblätterten Stämm- I chen an der Basis zuweilen mehrreihige ' Blattanordnung zeigen. Hier sind offenbar die später (was die Blattbil- dung anbelangt) außer Funk- tion tretenden Segmente noch blattbildend, die Änderung erfolgt im Verlauf der Ent- wieklung, etwa wie bei einem Seitensproß von Vaceinium Fig. 63. Rlizogonium aristatum. Querschnitt . 0 durch eine Sproßspitze 1. Hoher, II. tiefer Myrtillus2); daß, wie die Ab- (mit Seheitelzelle). bildung zeigt, weder die beiden Blattreihen noch die sterilen Segmente gradlinig übereinander fallen, be- ruht offenbar darin, daß die Segmente (wenigstens die blattbildenden) nicht parallel den Seitenwänden abgeschnitten werden, wie dies ja bei vielen anderen Moosen auch der Fall ist. Daran aber, daß tatsächlich die Blattstellung von Anfang an eine zweireihige ist, kann, wie schon oben bemerkt, im Gegensatze zu Correns’ Angabe kein Zweifel bestehen. 1) Goebel, Flora 1898, pag. 445. 1) Goebel, Organographie, I, pag. 80, 94 Die Annahme, daß die dreiseitige, aber nur zwei Reihen blatt- bildender Segmente liefernde Scheitelzelle von Rhizog. Novae Hollandiae ein Übergang zur zweischneidigen sei, wird nun ferner gestützt durch die Befunde bei Rhiz. aristatum. Fig. 631 zeigt zunächst, daß die beiden Blattreihen auch hier keine geraden, sondern schiefe Zeilen bilden. Der Scheitel selbst ist in Fig..63 II abgebildet. Die Scheitelzelle ist zweifellos zweischneidig, und man sieht besonders deutlich, daß das jüngste Segment am „anodischen“ Rande vorgreift, d. h. dort breiter ist. Diese Tatsache bedingt wie bei Rhiz. novae Hollandiae die schiefe Stellung der Blatt- zeilen. Es ist sehr wohl möglich, daß diese Scheitelzelle hier auf eine solche gefolgt ist, welche der von Rhiz. novae Hollandiae entsprach, und daß auch bei letzterem die Gestalt der Scheitelzelle keine während des ganzen’Verlaufes der Entwicklung gleichbleibende ist. Von einer typischen zweischneidigen Scheitelzelle weicht auch die von Rhiz. aristatum dadurch ab, daß die ein neues Blattsegment abschneidende Teilungswand sich nicht an beiden, sondern nur an einem Ende an die letzte Segment- wand ansetzt, das andere Ende trifft die entgegengesetzte freie Außen- wand der Scheitelzelle ganz ähnlich wie bei Rhiz. novae Hollandiae. Indes. konnte bei Rhiz. aristatum die Bildung einer dritten sterilen Segmentreihe nicht beobachtet werden. Vieleicht, daß solche gelegentlich auftreten, möglicherweise ist hier die Segmentierungsart der Scheitelzelle noch nicht so streng gleichmäßig wie in anderen Fällen. Jedenfalls geben uns die angeführten Tatsachen Auskunft darüber, wie der Über- gang von mehrreihiger zu zweireihiger Blattstellung bei Rhizogonium erfolgt ist und erweisen die Unrichtigkeit der gegenteiligen Angabe von Correns, welcher offenbar keine eingehende Untersuchung zugrunde lag, wie denn auch die Anschauung Bridels — des einzigen Autors, welcher sich meines Wissens über das Verhältnis der sterilen. zu den fertilen Sprossen klar ausgesprochen hat — sieh nicht als haltbar zeigte. 9. Orthorhynchium. Den Moosen, welche zur streng zweizeiligen Blattstellung über- gegangen sind, ist auch die Gattung Orthorhynchium zuzuzählen, die ich in Ceylon und Australien sammelte. Die Blätter sind hier ähnlich wie bei Phyliogonium, zu welcher Gattung früher Orthorhynchium ge- stellt wurde kahnförmig ausgebildet und liegen mit den Rändern dicht aufeinander, (wo dies in der Fig. 64 nicht der Fall ist, z. B. oben links liegt eine mechanische Störung vor). Es kommt so ein ausge- zeichnetes System kapillarer Wasserbehälter zustande, welches an analoge Verhältnisse bei manchen Phyllogoniumarten erinnert. Es unterliegt 9 keinem Zweifel, daß die Blattstellung hier von Anfang an eine zwei- zeilige ist, doch habe ich die Scheitelzellbildung nicht untersucht, sie dürfte mit der vom Phyllogonium über- einstimmen. Selbst die kurzen Sexual- sprosse scheinen zweizeilig beblät- tert zu sein, so daß hier nur eine tiefer greifende Umbil- dung als Rhizogo- nium vorliegt. ll. Lebermoose. I. Gotischea (Schisto- chila). Bei Gelegenheit der Besprechung der Wassersäcke fo- lioser Lebermoose habe ich vor Jahren auch kurz die Blatt- bildung von Gott- schea besprochen). Es wurde dabei ein Blatt von Gottschea Blumei abgebildet a. a. O0, PL V, Fig.53 und entspre- chend der unten zu erwähnenden An- sicht Hookers) angenommen, daß hier auf der Oberseite des Blattes sich eine große Lamelle bilde, die nun zusammen mit dem übrigen Blatte eine 1) Goebel, Morphologische und biologische Studien. Ann. du jardin bota- nique de Buitenzorg VII (1887), pag. 31. Fig. 64. Orthorhynchium elegans, Habitusbild. 96 Tasche bilde, welche geeignet ist, Wasser festzuhalten. Die Entwick- lungsgeschichte wurde nicht untersucht, und so kam es, daß die nach dem fertigen Zustande gegebene morphologische „Deutung“ des Blattes der Wirklichkeit nicht entsprach. Salmon!) erwähnt in einer Abhandlung über die Blattbildung von Fissidens auch die von Gottschea und sagt „It seems to me more probahle, however, that we have here a keeled leaf bearing a laminar appendage and that consequently a dose approach is made to the struc- ture of a Fissidens leaf.“ Die schönen großen Gottscheaarten, welche ich in Neuseeland sammelte — sie stellen wohl die prächtigsten aller foliosen Lebermoose dar —, ließen es mir erwünscht erscheinen, die Blatt- Fig. 65. Gottschea appendiculata. Sproßstück von der Oberseite, 4mal vergrößert. 50 Oberlappen, dx Unterlappen des Blattes, 7 Flügel, Z Lamellen, welche auf dem Blattunterlappen hinter dessen Einbuchtungen entspringen. entwicklung zu verfolgen. Gottschea appendiculata?) (Fig. 65) ist auch dadureh von Interesse, daß hier der größere Teil des Blattes eine Randbildung zeigt, die einigermaßen an ein fiederschnittiges Blatt erinnert (Fig. 65), eine Erscheinung, welche bei einigen anderen Arten derselben Gat- tung wiederkehrt, sonst aber unter den Bryophyten ziemlich vereinzelt dasteht. Ein Blick auf den in Fig. 66 dargestellten Querschnitt durch eine Sproßspitze zeigt ohne weiteres, daß Salmons Vermutung der Haupt- 1) E. St. Salmon, On the Genus Fissidens. Annals of botany, Vol. XIH, 1899. Schon früher hatten Jack und Stephani (Hepaticae in insulis Vitiensibus et Samoanis a Dr. Ed, Graeffe anno 1864 lectae, Bot. Centralbl. 1894, Bd. LX, No. 43) sich dahin geäußert, daß der Flügel aus dem Kiel zwischen „Blatt und Lobulus“ entspringe. Wenn aber dort gesagt wird, „daß lediglich ein. langandauerndes interkalares Wachstum einzelner Teile, nachdem die Ausbildung abgeschlossen ist, diese flügelartigen Anhänge zur Folge hat“, so ist das, wie die hier mitgeteilte Ent- wicklungsgeschichte zeigt, nicht richtig. Es wird vielmehr gezeigt werden, daß der Flügel außerordentlich früh, solange die Blattanlage noch ganz embryonal ist, ange- legt wird, nicht nachdem die Ausbildung abgeschlossen ist. 2) Die neueste Abbildung dieser Pflanze (nm D. C. Campbell mosses and ferns, II. ed, pag. 119, Fig. 63) würde ohne die Figurenerklärung unmöglich zu erkennen sein, namentlich ist die charakteristische Blattform ganz unkenntlich. 97 sache nach richtig ist. Man sieht in der Mitte die Scheitelzelle mit ihren Segmenten, deren erste Teilungen das bekannte Verhalten zeigen, daß schon durch die erste Längswand die Anlage des Ober- und des Unterlappens bei den Seitenblättern von einander getrennt werden. Der Unterlappen wird aber bald größer, als der Oberlappen. Schon bei dem dritten Blatt ist dies deutlich, die Umrisse der Blattlappen sind hier punktiert eingezeichnet und auch der Querschnitt des Segments zeigt, daß der die Unterlappen bildende Teil drei, der den Oberlappen bildende zwei Zellen aufweist. Ebenso ist klar, daß die Vergrößerung des Blattunterlappens beruht auf einem stärkeren Wachstum der unteren Hälften der Stengelflanken, also begründet ist in den Eigenschaften der Sproßachse, die dann sekundär auch an den Blättern zum Ausdruck gelangen. An der Stelle, wo der Unterlappen dem Oberlappen an- grenzt, bildet sich nun ein dorsaler Auswuchs, der hier, wie bei Blatt 4, als Hervorragung (77%) kenntlich ist, bei Blatt 5 schon eine Querteilung erfahren hat, die bei Blatt 6 schon weiter gegangen ist und zur Bildung eines Flügels Fig. 66. Gottschea appendieulata. Sproßspitze von F geführt hat. Es oben. Die seitlichen Blätter (ohne Rücksicht auf die Amphigastrien) ihrer Reihenfolge nach beziffert. entsteht dieser also an einem ganz bestimmten Ort. Er gehört eigentlich dem Unterlappen an, und man könnte, bildlich gesprochen, sagen, der Flügel entsteht dadurch. daß der mit dem Oberlappen vereinigte obere Rand des Unter- lappens sich über die Fläche des letzteren hervorschiebt. Es entsteht so allerdings eine gewisse Ähnlichkeit mit der Blattbildung von Fissi- dens, aber sie ist, dem Unterschiede zwischen der Blatibildung bei Leber- und bei Laubmoosen entsprechend, doch keine so große, wie man zunächst wohl annehmen könnte. — Da der Flügel sehr früh an- gelegt wird, und das Blatt ein ausgesprochen basipetales Wachstum zeigt, so ist nicht zu verwundern, daß der Flügel bis zur Basis des Blattes reicht, und sich an den freien Oberrand des Blattunterlappens anschließt. Der Unterlappen wächst nun in seinem freien Teile (Fig. 65) noch bedeutend heran und zeigt an seinem Rande die oben erwähnten Flora 1906. Ä 98 fiederartigen Auswüchse, die sich auch auf dem Flügel und den Amphi- gastrien (Fig. 67 2) vorfinden. Diese Auswüchse werden in gesetzmäßiger Weise angelegt, der Unterlappen wächst mit einer Scheitelzelle, von welcher durch Antiklinen Segmente abgeschnitten werden (Fig. 67). Jedes Segment bildet rechts und links einen Auswuchs, der zu einer Zellfläche wird und an seinem Rande weitere Auswüchse bilden kann. Übrigens sind diese Fiederlappen natürlich nur graduell von den Rand- auswüchsen anderer Lebermoosblätter unterschieden. Die Flügelbildung im Verein mit der Vergrößerung des Unterlappens. bedingt, daß die assimilierende Fläche des Sprosses ohne erhebliche Verschiebung der Blattinsertion in einer Ebene ausgebreitet wird. Auch kleinere La- mellen treten an den Buchten des Unterlappens auf (Fig. 65), gleich- falls als nach unten gerichtete Vorsprünge, welche bei anderen Gottschea- arten mehr entwickelt sind. Wir sehen also, daß sämtliche Lamellen auf der Blattunterseite ent- springen und sich je an einen freien Blattrand an- setzen. Da hier der Öber- lappen des Blattes so sehr viel weniger entwickelt ist, als der sich in den Flügel fortsetzende Unterlappen, so ist leicht verständlich, daß Hooker‘)zu folgender Darstellung gelangen a “ appendiculata. A. Unterlappen eines konnte: „But here the attes im Jugendzustand. B. Spitze eines älteren Amphigastriumlappens mit terminaler Schleimpapille. leaves have the lesser lobe, not a continuation or expansion of the margin of the larger one, .. . but it actually grows out (if / may use the expression) of its superior surface“, eine An- schauung, welcher ich mich, wie oben erwähnt, früher — aber mit Un- recht — angeschlossen habe. Dasselbe soll wohl auch die Bezeichnung „Dorsilobae“ der „Synopsis hepaticarum“ ausdrücken, welcher die Be- arbeitung der Lebermoose in den „Nat. Pflanzenfamilien“ folgt, wenn sie sagt, „der Oberlappen sei auf der Fläche des Unterlappens inseriert“, eine Auffassung, die zwar das Verhalten des fertigen Zustandes wieder- gibt, aber keinen Einblick in das Zustandekommen der eigenartigen Blattform gibt. Bei anderen Gottscheaarten, z. B. G. Thouarsii, ist die 1) Musei exotici, Tab. XV. 9 Differenz beider Blattlappen eine weniger große, dafür aber der Flügel mehr entwickelt, dann hat das Blatt noch mehr Habitusähnlichkeit mit (lem von Fissidens. Die Blätter von G. appendiculata sind an ihrer Basis mehrschichtig, wie bei manchen anderen Gottscheaarten, namentlich Gottschea splachno- pbylla, welche ähnlich wie die antarktische G. pachyphylla die Sukku- lentenform unter den foliosen Lebermoosen darstellt. Die Blätter können hier 8—10 Zellschichten diek werden, sie haben nur einen kurzen Flügel (Fig. 68). Ich traf G. splachnophylla auf dem Ben Nevis in Neuseeland. Die Pflanzen bieten namentlich dann, wenn ihre Blätter nicht flach ausge- breitet, sondern die Oberlappen aufwärts gerichtet sind, einen eigentüm- lichen, mehr an ein thalloses Lebermoos erinnernden Habitus, es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Wasserspeicherung hier wie sonst die Pflanze befähigt, auch in trockeneren Perioden ihr Dasein zu fristen. ng 1. I. Fig. 68. Gottschea splachnophylia. I. Querschnitt durch eine Stammknospe so hoch geführt, daß die Amphigastrien nicht getroffen sind; IL zwei junge Blätter im Querschnitt, Die Blattbildung einer anderen neuseeländischen Gottschea, welche ich als G. ciliata bestimmte, verdient hier gleichfalls eine Besprechung. Die Blätter sind am Rand mit Zellreihen besetzt, welche auf der Unter- seite des Stämmehens so zahlreich sind, daß sie, wie Mitten?) mit Recht bemerkt, „give the ventral side of the stems a woolly appearance“. Daß dies eine Schwammwirkung für Wasserfesthalten bedingt, braucht kaum bemerkt zu werden, ich kann in dieser Beziehung auf früher Gesagtes verweisen ?). Ein Querschnitt durch die Sproßspitze (Fig. 69, I) zeigt zunächst, daß die Flügelbildung ähnlich vor sich geht, wie sie oben für G. appendi- 1) In Hooker, Flora Novae-Zelandiae 1855, part II, pag. 151. 2) Goebel, Die Blattbildung bei den Lebermoosen. Flora 189, Bd. ZVH, pag. 30, y* 100 eulata beschrieben wurde, daß also der Unterlappen sozusagen über die Fläche des Oberlappens herauswächst. Neu ist nur, daß der Oberlappen nach einiger Zeit dasselbe tut. Es bilden sich so zwei Flügel, die ur- sprünglich einander annähernd parallel, später divergieren und die Schwammwirkung bedeutend erhöhen. Vielfach ist zwischen sie ein Ver- bindungsstück eingeschaltet, dessen Entstehung aus der Abbildung wohl ohne weiteres ersichtlich ist. Wir sehen z. B. bei dem Blatte oben rechts, Fig. 69. Gottschea ciliata. I. Querschnitt der Stammknospe, Fo oberer, /z unterer Flügel, 77 Verbindungsstück, Z haarartige Auswüchse des Blattrandes. IL Altes Blatt im Querschnitt, Bo Blattober-, 2 Blattunterlappen. II. Querschnitt durch eine Sproßachse, in welche sich ein Embryo (s) eingebohrt hat; um ihn herum schraffiert ein Ring ausgesogener Zellen. IV. Querschnitt durch das Perigon. daß von der sich über die Unterseite des Blattes hervorwölbenden Fläche 70 eine Zelle 77 abgeschnitten worden ist, die sich an der Flügel- bildung nicht beteiligt, sondern ein Verbindungsstück zwischen den beiden Flügeln darstellt, das nun noch wachsen und sich teilen kann. So kommt der eigentümliche /7-förmige Blattquerschnitt zustande, welcher in Fig. 69, II abgebildet ist. Schiffner führt in seiner Bearbeitung der Lebermoose in Engler- Prantls „Nat. Pflanzenfamilien“ noch eine „Seetio II complicatae* für 101 Gottschea an. Er ist darin der Gottsche’schen Synopsis hepati- earum gefolgt, hat aber übersehen, daß in diesem Buche selbst pag. 624 steht „deleatur subdivisio II complicatae, quia et hae species lobo revera dorsali gaudent“. Zu dieser Pseudosektion würde eine andere neusee- ländische Gottschea, die G. pinnatifida gehören. Die unrichtige Auf- fassung, welche über deren Blattbildung ursprünglich in der Synopsis gegeben wurde, ist vielleicht veranlaßt durch die Abbildung dieser Pflanze von Hooker in den „Musei exotic“ Tab. 114. Hier ist nämlich von einem Flügel am Blatte nichts zu sehen. Er ist aber nur übersehen und zwar deshalb, weil er bei G. pinnatifida, nicht wie bei andern Gottschea-Arten, annähernd in die Ebene des Blattunter- lappens fällt, sondern nach diesem herübergebogen mit ihm eine Art Röhre bildete (Fig. 70, D. Diese Röhre erscheint geeignet, der Blatt- Fig. 70. Gottschea pinnatifida. I. Blattquerschnitt schwach vergr. IL, II, IV. junge Blattunterlappen verschiedenen Alters. V. Unterseite eines Stämmchens, A,, 4, zwei Amphigastrien. fläche von den kapillaren Hohlräumen an der Blattbasis aus Wasser zuzuleiten. Wegen dieser eigenartigen Gestalt ist der Flügel hier leicht zu übersehen. Breitet man aber ein Blatt aus und betrachtet es von der Unterseite, so sieht man sofort den mit Zähnen besetzten Flügel. Die Amphigastrien sollen bei dieser Art fehlen. Sie sind indes vorhanden, aber allerdings in sehr reduziertem Zustande. Sie tragen nieht, wie die z. B. von G. appendieulata, zwei Schleimpapillen, sondern nur je eine, abwechselnd rechts und abwechselnd links (Fig. 70, VA, A,). Die Fläche der Amphigastrien erhebt sich nur ganz wenig über 102 die Sproßachse. Das Verkümmern der bei andern Gottschea-Arten so stattlich entwickelten Amphigastrien bei G. pinnatifida darf wohl mit der dichten Stellung der seitlichen Blätter in Beziehung gebracht werden, welche auch die Stammknospe dicht umhüllen. Gottschea ist nicht die einzige Lebermoosgattung, welche Flügel zeigt. Wir finden dies als Parallelbildung auch bei der südamerika- nischen Gattung Mieropterygium!). Die Blätter haben einen «der Mittel- linie entspringenden Flügel, der aber bei den meisten Arten nicht bis zur Basis des Blattes hinabreicht (am weitesten bei den untersuchten Arten bei M. parvistipulum). Der Flügel entspringt hier, wie ich auch ohne Untersuchung der Entwicklungsgeschichte annehmen zu dürfen glaube, dem Oberlappen, denn Mieropterygium gehört zu den epitrophen, nicht, wie Gottschea, zu den hypotrophen Lebermoosen. Eine in systematischer und biologischer Hinsicht nicht uninteressante Eigentümlichkeit mancher Gottschea-Arten ist ihre reichliche Schleim- bildung, sie erfolgt in einer Weise, welche bisher nur von Seapania be- kannt war, wo Gottsche und Leitgeb das Vorkommen von blattachsel- ständigen Schleimpapillen nachgewiesen haben. Leitgeb sagt?): „Hier finden sich, was sonst selten vorkommt, an vegetativen Sprossen in den Achseln der rückenständigen Hälften der Blätter eine Reihe von mehr- zelligen Haaren“; bei Scap. nemorosa werden diese schließlich auf blätt- chenförmigen Schuppen emporgehoben. Nimmt man dazu, .daß die Sco- paniablätter am Grunde teilweise zweischichtig werden (also eine An- näherung an die am Grunde mehrschiehtigen Gottschea-Blätter zeigen), so tritt eine Übereinstimmung mit Gottschea deutlich hervor. Denn hier kommen blattachselständige Schleimpapillen bei einigen Arten in besonders großer Zahl vor. So namentlich bei G. appendiculata, wo sie dicht gedrängt in den Achseln der Seitenblätter sich finden (Fig. 66 links). Es mag dies mit der massigeren Entwicklung der Knospen anderen Formen gegenüber in Zusammenhang stehen, welche einen ausgiebigeren Schutz erfordert, und wohl auch mit dem feuchten Standort, an dem Arten wie z. B. G. appendieulata wachsen. Denn die von mir früher geäußerte Auffassung, daß der Schleim als Schutz gegen Wasser in Betracht kommt, halte ich nach wie vor aufrecht. Haberlandts®) Einwände kann ich nicht als stichhaltig betrachten. Er meint, der Schutz 1) Die Lebermoossystematik drückt dies, das entwieklungsgeschichtliche Ver- halten geradezu umkehrend dahin aus, „Oberlappen viel größer durch eine weit intramarginale Naht mit dem Unterlappen verwachsen.“ 2) A. a. O, Bd. ILL, pag. 19. 3) Physiolog. Pflanzenanatomie, pag. 453. 108 gegen Auslaugung komme nicht in Betracht, denn darüber entscheide in erster Linie die Beschaffenheit der Plasmahäute. Eine Plasmahaut, welche direkt dem Wasser angrenzt, verhält sich aber eben anders als eine, die mit einer mit Schleim überzogenen Zellmembran bedeckt ist, zumal wenn es sich um eine jugendliche Zeile handelt und nur diese haben bei höheren Pflanzen Schleimüberzüge; übrigens wird auch die Plasmahaut ihre Eigenschaften wahrscheinlich erst allmählich gewinnen, in der jugendlichen Zelle also sich anders verhalten, als in der ausge- wachsenen. Bei diesen kommt auch Haberlandts weiterer Einwand nicht in Betracht, daß der osmotische Eintritt von in Wasser gelösten Stoffen nach meiner Auffassung auch verlangsamt würde, „das wäre aber natürlich ein großer Nachteil“. Die jugendlichen Zellen aber be- ziehen ihre gelösten Stoffe offenbar nicht von außen, sondern von be- nachbarten Zellen.: Den weiteren Satz von Haberlandt „übrigens setzt ein so wasserreicher Schleimüberzug, wie er die Wasserpflanzen bedeckt, dem osmotischen Durchtritt gelöster Substanzen so gut wie gar keinen Widerstand entgegen“, werde ich für richtig halten, wenn er experimentell bewiesen ist. Einstweilen wissen wir über die physikalischen Eigen- schaften des Schleimes sehr wenig. Aber schon „Graham hat nach- gewiesen, daß für gewisse Stoffe die Diffusion in Gallerte unmöglich oder doch sehr erschwert ist“ D); Klebs hat gezeigt, daß Zygnemen in Wasser das giftige anorganische Stoffe gelöst enthielt, diese zwar in die Schleimhülle eingelagert werden, aber die Alge nicht schädigten, wenn sig zur rechten Zeit in reines Wasser gebracht wurde. Es sei ferner erinnert daran, daß die Eizellen von Fucus, von Moosen, Farnen etc. alle gegen den Zutritt von Wasser durch Schleim geschützt sind, obwohl hier doch z. B. kein „Gleitmechanismus“ in Betracht kommen kann, welcher von Hunger z. B. als Funktion des Schleimes betrachtet wird. Gewiß muß die Frage weiter experimentell verfolgt werden, aber die Beoh- achtungen an Pflanzen, welche im Wasser oder an feuchten Standorten leben, legen meine Auffassung nahe, und ich kann nicht finden, daß sie bis jetzt als eine unhaltbare erwiesen worden wäre. Endlich mag noch eine andere Beobachtung betrefis der Vegetations- organe von Gottschea hier Platz finden. Es galt bisher als ein allgemein gültiger Satz der, daß die Leber- moose einzellige, die Laubmoose aus Zellreihen bestehende Rhizoiden haben. An der Keimpflanze einer — nicht bestimmbaren — Gottschea, wahrscheinlich G. eiliata, beobachtete ich zuerst, daß auch die Leber- 1) Vgl. Schröder, Über den Schleim und seine biologische Bedeutung. Biol. Oentralblatt 1903, Bd. XXII, pag. 457H. 104 moosrhizoiden die Fähigkeit haben, sich in Zellreihen zu verwandeln. Fs fanden sich an der Basis der Pflanze eine ganze Anzahl von durch Quer- und Längswände geteilten Rhizoiden. Dadurch aufmerksam gemacht, untersuchte ich auch die Rhizoiden- struktur älterer Pflanzen von G. ciliata. Sie sind sehr lang und violett gefärbt. Die Mehrzahl zeigen innerhalb der dickeren äußeren Wände zarte Teilungswände, teils Längs-, teils Querwände (Fig. 7 D- Diese Teilungen fanden sich am Ende der Rhizoiden, teils solcher, welche das Substrat nieht erreicht, teils solcher, die gelappte Haftorgane Fig. 71. Mehrzellige Rhizoidenden von Fig.72. Rhizoidenden. Lu.Il, Gottschea Gottschea eiliata. Blumei. II. G. splachnophylla. gebildet hatten (Fig. 71, IV); es waren dadurch Zellkörper entstanden von sehr eigentümlichem Aussehen. Es fragt sich nun zunächst, sind diese — an allen von mir unter- suchten Exemplaren gefundenen — Rhizoidenteilungen normale oder pathologische Bildungen? Daß sie etwa von den in den Gottschea- Rhizoiden (wie in denen vieler anderer folioser Lebermoose) vorkommen- den Pilzinfektionen herrühren sollten, scheint mir sehr unwahrscheinlich, wenigstens reagieren, soweit wir wissen, keine andern Lebermoosrhizoiden, welche diese Pilzinfektion zeigen, in dieser Weise. Auch habe ich Pilz- hyphen in den mehrzelligen Teilen der Rhizoiden nicht immer nachweisen können. Eher könnte man an chytridienartige Organismen denken. 105 Kugelige Körper, welche im Innern der Zellen sowohl des Endteils der Rhizoiden als auch in dem röhrenförmigen lagen, wurden mehrfach gesehen, ob sie aber zu einem chytridienähnlichen Organismus gehören, konnte nicht festgestellt werden. Es blieb zur Entscheidung darüber, ob ein normaler oder ein pathologischer Vorgang vorliege, namentlich auch der Vergleich anderer Formen übrig. Dieser ergab, daß sowohl G. appendiculata und G. splachnophylla als die in Java gesammelte G. Blumei, die in Süd-Georgien wachsende G. pachyphylla und die aus Chile stammende G. Berteroana gleichfalls mehrzellige Rhizoiden zeigen, wenngleich nicht alle Rhizoiden einer Pflanze die Teilungen aufweisen. Es konnte auch bei G. splachnophylla in jeder Zelle der mehrzelligen Körper am Ende der Rhizoiden ein Zellkern nachgewiesen werden. Während die Teilungen meist am Ende der Rhizoiden auftreten, gehen sie bei G. Blumei oft verhältnismäßig weit nach oben; es zeigen dann die Rhizoiden Reihen ziemlich langer Zellen; in den gelappten Enden der Rhizoiden sind die letzteren viel kürzer. Es liegt nun die Frage nahe, wie’ diese eigenartigen Rhizoidenbildungen biologisch und morpho- logisch aufzufassen seien, nachdem die Untersuchung ergeben hat, daß hier offenbar ein normaler bei vielen, vielleicht bei allen Gottschea-Arten nachzuweisender Vorgang vorliegt ?). Daß die Teilungen nur am Ende des Rhizoids auftreten, ist iu- sofern verständlich, als dort das Protoplasma in größerer Menge als - weiter oben vorhanden ist, und auch der Zellkern offenbar gewöhnlich in der Endregion des Rhizoids liegt. An eine Aussteifung der Rhizoide durch die Wände, welche im Innern auftreten, wird man kaum denken können, da die Außenwände sehr derb, die Innenwände sehr zart sind. Eher kann man wohl die Teilungen mit der sehr beträchtlichen Länge der Rhizoiden in Ver- bindung bringen. Dienen diese, wie wohl anzunehmen ist, obwohl die Sproßachsen von Gottschea keinerlei besonderes Leitungsgewebe zeigen, nicht nur als Haftorgane, sondern auch zur Aufnahme von Aschen- bestandteilen, so dürfte die Regulierung der Stoffaufnahme erleichtert sein, wenn der Plasmakörper in eine größere Anzahl getrennter 08- motischer Systeme zerlegt ist, in denen auch jeweils verschiedene stofi- ‚liche Veränderungen vor sich gehen können, während der Stofftransport durch die sehr zarten Wände wohl rasch vor sich gehen kann. Diese werden hier um so wichtiger sein, als ein nennenswerter „Transpirations- 1) Zur Untersuchung empfiehlt es sich, die Rhizoiden in Eau de Javelle zu legen, die Teilungen sind dann meist leicht nachweisbar. E) 106 strom“ bei diesen Pflanzen nicht in Betracht kommt. Bei den Marchan- tieen, welche gleichfalls lange Rhizoiden haben, sind ganz andere Ver- hältnisse vorhanden, zumal die Rhizoiden hier nach Kamerling auch als tote Röhren funktionieren, während es sich bei denen von Gottschea um lebende Zellen, resp. Zeilkomplexe handelt. Diese biologische Deutung ist natürlich nur eine hypothetische Zurechtlegung, wenn jemand eine bessere weiß, will ich sie gerne auf- geben, und vermag auch die vielleicht auftretende Meinung nicht zu widerlegen, daß die Mehrzelligkeit der Rhizoiden funktionell überhaupt nicht von Bedeutung sei, aber vorerst ziehe ich eine funktionelle Deu- tung vor. Was nun die morphologische Frage anbelangt, so wird man natür- lich zunächst daran’ denken, daß durch den Nachweis mehrzelliger Rhizoiden bei Gottschea eine Annäherung an die mehrzelligen Rhizoiden bei den Laubmoosen gegeben sei. Indes sind die Unterschiede wohl beträchtlicher als die Übereinstimmungen. Die Schiefstellung der Quer- wände, wie sie für die Laubmoosrhizoiden charakteristisch ist, findet sich bei Gottschea nicht, von gelegentlichen unwesentlichen Fällen abge- sehen. Andererseits bildet kein mir bekanntes Laubmoosrhizoid Zell- körper, wie sie am Ende der Gottschea-Rhizoiden nicht selten vor- kommen. Phylogenetische Spekulationen ließen sich natürlich trotzdem daran knüpfen, aber ohne daß dabei derzeit etwas herauskäme. Gewiß ist es von Interesse, daß, wie die obige Beschreibung zeigt, auch Leber- moosrhizoiden (die Fähiskeit der Zellteilung haben, welche bei den Laubmoosen stets in die Wirklichkeit tritt, aber mir scheint für die Lebermoose die Mehrzelligkeit der Rhizoiden ebenso von der Einzellig- keit abzuleiten zu sein, wie dies für die mehrzelligen Rhizoiden der Prothallien von Danaea angenommen wurde!). Brebner, welchem wir die Entdeckung mehrzelliger Rhizoiden kei Danaea simplicifolia verdanken, meint dagegen2): „It is possible this may be found to 'have phylogenetic importance, and strengthen the view that the Eusporangiate Ferns and the Mosses had a not very remote common ancestor.“ Nach Brebners Abbildung (a. a. O. pag. IX, Fig. 6) scheinen die Rhizoiden von Danaea simplicifolia denen anderer Farnprothallien gegenüber sich durch ihre Länge auszuzeichnen. Sollte sich dies durch Messungen bestätigen, so könnte hier für die Frage nach der Bedeutung der Mehr- zelligkeit der Rhizoiden derselbe Gesichtspunkt geltend gemacht werden, wie er oben angedeutet wurde, ein Marattiaceenprothallium lebt zudem 1) Organograpbie, pag. 402. 2) Annals of botany, Vol. X, pag. 120. 107 wohl ziemlich unter denselben äußeren Bedingungen wie die hygrophilen Gottscheen. Die Auffindung derartiger Beziehungen scheint mir aus- sichtsvoller, als die von Brebner angedeutete phylogenetische Verwer- tung seiner Beobachtung. Auch die Sporogonbildung bei Gottschea ist von Interesse, die darüber gemachten Angaben enthalten manches Irrtümliche. So sagt Schiffner!): „Ein echtes Perianthium ist ohne Zweifel vorhanden, da aber die Calyptra, die an ihrer Spitze die unbefruchteten Archegonien trägt, fast ihrer ganze Länge nach mit demselben verwachsen ist, so ist die so entstandene Umhüllung des jungen Sporogons an der Basis sehr fleischig und wurde früher für die ausgehöhlte Stengelspitze gehalten“ Wir werden sehen, daß die hier gegebene Deutung der Erscheinungen un- richtig, die für unrichtig erklärte frühere Auffassung richtig ist. Mitten?) hatte sich schon früher gegen die Annahme eines „perforated stem“ gewandt, er meint, „it is not until after fertilization that the sterile?) ones are carried up by the combined growth of the leaves and calyptra: this explanation appears as natural as that which makes the pedicel descend into the axis of the stem to produce an involucrum“ Auch diese Mittensche Auffassung ist aber mit dem Tatbestand nicht im Einklang. Die Untersuchung ergab zunächst bei Gottschea ciliata, von welcher ich zig. 73. Gottschea eiliata. Längs- Pflanzen mi, Embryonen une folgendes. Calyptra. Die Archegonien stehen wie gewöhnlich auf dem Gipfel der Sprob- achse, umgeben von einem Perianth, welches auf seiner Außenseite kleine, lamellenförmige Auswüchse zeigt (Fig. 69, IV). Nach der Be- fruchtung wächst aber nicht, wie das sonst der Fall ist, das Perianth stark heran, es bleibt vielmehr verhältnismäßig klein, dasselbe ist der Fall mit dem Archegonienbauchteil. Dieser wird zwar mehrschiehtig und vergrößert, sich, aber doch verhältnismäßig nur wenig. Der Embryo aber bohrt sich so tief in das Stengelgewebe ein, daß er vollständig 2) A. a O, pag. 111. 2) A. a. O,, pag. 150. 3) (archegonia), 108 in diesem verborgen liegt (Fig. 73 u. 74), während die sterilen Arche- gonien selbstverständlich ebensowenig eine Lagenveränderung erfahren, als das befruch- tete. Ohne Zweifel wächst das Stengelgewebe unterhalb des befruchteten Archegoniums nach der Befruchtung noch in die Länge, aber Mittens Vorstellung, welche oben angeführt ist, ist keine haltbare. Während hier ein Perianth nachweisbar war, war dies bei anderen untersuchten Arten nicht der Fall. Weder bei Gottschea appen- dieulata, von welcher Mitten ein „perfect in- voluerum.... formed bythe union of the upper- most leaves and stipule when present“ beschreibt, und Schiffner ein Perianth angibt und ab- bildet, noch bei G. splachnophylla und der (java- nischen) G. Blumei habe ich mich von dem Fig. 74. Gottschea Blumei. I. Spitze einer Pflanze (von der Oberseite), es schimmert ein Sporogon hindurch, dessen Kapsel zwar schon ihre volle Ausbildung erreicht hat, dessen Sporogonstiel aber noch sehr kurz ist. II. Pflanze, deren Sporogen durch Streckung des Stieles herausgehoben ist, L und II. 3fach vergr. 109 Vorhandensein eines vollständig geschlossenen Perianths überzeugen können, Bei G. Blumei (Fig. 77) sind die unterhalb der Archegoniengruppe stehenden Blätter zwar abweichend von den übrigen gestaltet (nament- lich der Blattoberlappen stark vergrößert), aber die drei obersten Blätter sind nicht verwachsen, ein Perianth ist also nicht vorhanden. Da der Embryo bei allen untersuchten Gottschea-Arten sich tief in das Stengel- gewebe einbohrt, so ist die Bezeichnung „coelocaules“ in der Synopsis hepaticarum eine durchaus zutreffende.. Man kann deutlich verfolgen, wie beim Einbohren des Sporogons die Zel- len der Sproßachse sich voneinander los- lösen, ausgesogen und desorganisiert wer- den. Es ist auch am untern Ende des Embryo ein besonderes Bohrorgan vor- handen, ausgezeichnet durch verdickte, wie gequollen erscheinende Zellwände. Dieses Bohrorgan ist aber offenbar der Hauptsache nach nicht mechanisch tätig, sondern scheidet Stoffe aus, welche auf das Sproßgewebe eine auflösende Wirkung ausüben. Man sieht es umgeben von ausgesogenen und aus dem Zusammenhang gelösten Zellen (Fig. 69, IID. Bei Gottschea Blumei fand ich das untere Ende des Sporogons unter etwa 4 Blätter auf jeder Seite hinabgedrungen J und das durch den Embryos ausgehöhlte "y\\ Stengelgewebe (C Fig. 74, II) auf die Strecke von etwa 1 em etwas angeschwollen. Bei G. appendieulata erreicht das hohle Stengel- H T stück sogar die doppelte Länge, nur tritt es äußerlich wegen der beträchtlicheren Größe der Blätter nicht so deutlich hervor. Fig. 75. Gottschea Blumei. Es ist klar, daß von ernährungsphysiologi- Längsschnitt dureh die Spitze schen Vorgängen abgesehen der Embryo a Abeobildete, u in dem Stengel, in den er sozusagen hin- Blätter, 2 Haustorium, / Hau- abschlüpft, einen vortrefflichen Schutz findet. sterialkragen (Involucellum), Dies spricht sich bei @. Blumei auch dadurch aus, daß die peri- pherischen Zellen der Sproßachse ihre Wände in der mittleren Region verdieken und so eine feste Scheide bilden. An einzelnen Stellen ist diese Verdickung eine ungemein starke (Fig. 76), wodurch offenbar 110 eine weitere Aussteifung der hohlen Stengelröhre zustande kommt. Bei G. appendiculata fand ich so starke Verdickungen nicht. Einen Längsschnitt durch ein Stämmchen, in dessen Innern sich ein junges Sporogon befindet, zeigt Fig. 75; auch hier ist der „Fuß“ des Sporosons etwa vier Blattinsertionen tief vorgedrungen. Er ist stark entwickelt und zeigt nach oben einen «dünnen, kragenförmigen Aus- wuchs. Dieser ist nichts anderes als das, was die Systematiker bei den Geokalyceen als „Involucellum“ bezeichnet haben, ein ebenso unpassen- ler als überflüssiger Name; es handelt sich um nichts anderes als eine Oberflächenvergrößerung des Haustoriums, einen Haustorialkragen: es ist aber von besonderem Interesse, daß diese hier in ganz ähnlicher Weise sich vorfindet wie bei den „geokalyceen“ Jungermanniaceen, bei welchen das Sporogon gleichfalls in einer Röhre sich ausbildet. — Bemerkenswert ist auch die Anordnung der im reifen Zustande verhältnis- mäßig sehr breiten Ela- teren, welche in schief zur Oberfläche gerichteten Reihen von innen nach außen gerichtet sind (in der Fig. 75 durch Schraffie- rung angedeutet), sie sind Fig. 76. Gottschea Blumei. Verdickte Zellwände der : . nt Stengelealyptra im Quer- (II) und Längsschnitt (1. Aber nicht, wie z. B. bei Cephalozia, an der Sporo- gonwand befestigt. — Die Betrachtung eines solchen Stämmchens läßt, wie oben erwähnt, die Bezeichnung „coelocaules“ als eine sehr treffende erscheinen. Die von Mitten und Schiffner dieser Auffassung gegen- über versuchte Berichtigung ist um so unverständlicher, als ein tiefes. Eindringen des Sporogons in das Sproßgewebe auch sonst bei foliosen Lebermoosen sich findet. So z.B. bei Jungermannia (Cephalozia bicuspi- datat). Nur wächst hier auch das Perianth nach der Befruchtung viel 1) Vel. z.B. Fig. 215 in Goebel, Örganographie, pag. 323. Schon Hof- meister (Vergl. Untersuchungen, pag. 41) hat erkannt, daß die Calyptra bald allein aus dem Archegonium hervorgeht (Frullania dilatata), bald (in ihrem untern Teile) durch „das aufwärts wuchernde Stengelgewebe“ gebildet wird. Bei Gottschea liegt also nur eine Steigerung eines auch sonst verbreiteten Verhaltens vor. Die Ent- wicklung. welche der Archegonienbauchteil erreicht, ist bei den einzelnen Gottschea- Arten verschieden. Relativ beträchtlich ist sie bei G. tuloides, auch bei G. Blumei: stärker als bei G. ciliata. 111 stärker heran als bei Gottschea; es ist inkonsequent, daß Schiffner hier nicht auch eine Verwachsung der Calyptra mit dem Perianth an- nimmt. Bei G. Blumei zeigte sich, daß das Sporogon sich nicht einfach in die unverändert bleibende Sproßachse hineinbohrt. Man sieht auf Längsschnitten durch Stämmchen, welche befruchtete Archegonien tragen (meist sind es deren zwei, aber nur ein Embryo entwickelt sich weiter), daß weit unterhalb des Embryo das Gewebe, welches er verdrängen Fig. 77. Gottschea Blumei. I. Längsschnitt durch eine Sproßspitze mit befruchtetem Archegonium. Der Embryo (Z) ist in das Verdrängungsgewebe hinabgedrungen, das er später ganz verdrängen wird (bis zu den punktierten Linien). II. Querschnitt und Blüte mit zwei befruchteten Archegonien. III. Tieferer Schnitt einer anderen Blüte, IV.—V. Paraphyllien mit Schleimzellen (in den Blattachseln befindlich). wird, vorgebildet ist. Es ist sehr zartwandig und von dem peri- pherischen, welches dann den Embryo als schützende Hülle umgibt, deutlich verschieden. In dem letzteren treten jetzt schon an Stellen, welche noch weit vom Embryo entfernt sind, die Anfänge der oben erwähnten charakteristischen Wandverdickungen auf. Offenbar ist: also der Vorgang der, daß infolge der Befruchtung hier (wie dies auch sonst bei Lebermoosen vorkommt) auf das embryonale Gewebe unterhalb des befruchteten Archegoniums ein Reiz ausgeübt wird, der es zu den er- 112 wähnten Differenzierungserscheinungen veranlaßt. Das Sporogon findet also seinen Weg in der Sproßachse schon vorgezeichnet. Zugleich ist dadurch verständlich gemacht, wie im Zusammenhang damit die sonst nach der Befruchtung eintretende Vergrößerung des Perianths — beieiner Anzahl von Arten selbst dessen Bildung — unterbleiben konnte. Nimmt man den Besitz eines Perianths als für die foliosen Lebermoose ursprünglich allgemein an, so würde man an eine im Laufe der phylo- genetischen Entwicklung eingetretene korrelative Hemmung der Perianth- entwicklung denken können. Indes sind die Entwicklungsreihen inner- halb der foliosen Lebermoose noch viel zu wenig bekannt, als daß wir darüber irgend etwas einigermaßen Sicheres aussagen könnten; die An- ordnung, wie sie z. B. in den „Natürl. Pflanzenfamilien* gegeben ist, dürfte wohl kaum durchgehends eine bleibende sein. Eine sehr unerwartete - Er- scheinung war mir die, daß die Kapseln von 6. splachnophylla einen Elaterenträger besitzen, Dieses merkwürdige Organ ist bis jetzt nur bekannt von den Kapseln einiger thalloser Lebermoose: Aneurat) und Metzgeria besitzen einen apikalen, Pellia hat einen basalen WElaterenträger. Der Fig. 78. Gottschea splachnophylla. Quer- letztgenannten Gattung schließt schnitt eines Stämmchens, in welches ein . . ; Embryo (Z) eingedrungen ist. sich G. splachnophylla insofern an?), als auch bei ihr der Blaterenträger aus der Basis der Kapsel entspringt. Er stellt einen schlanken Zell- körper dar, welcher in den untersuchten Kapseln nicht ganz die Hälfte der Kapsellänge erreicht (Fig. 79). Er besteht aus Zellen, welche kürzer und weiter sind, als die Elateren, und zwar stellenweise verdickte Membranen (Fig. 80, II), aber nicht die Schraubenbandverdickung der Elateren auf- weisen. Am Rande des Elaterenträgers finden sich Zellen, welche den Übergang zu den Elateren bilden. Sie sind langgestreckt, aber kürzer und: weiter als die Elateren und nähern sich diesen in der Art ihrer Wandverdickung, vielfach ragen sie auch vom Elaterenträger ausstrahlend in den Kapselraum hinein und sind dann also nur mit ihrem unteren I) 8. die Angaben u, Abbildungen in Goebel, Organographie, Bd. II, pag. 334 und die dort angeführte Literatur. 2) Selbstverständlich handelt es sich dabei nur um eine Analogie nicht um eine Homologie. 113 Ende mit dem Elaterenträger in Verbindung, zwischen diesen Hervor- ragungen (des Elaterenträgers und namentlich an seinem oberen Ende Sitzen freie, dem Elaterenträger nicht angewachsene Elateren. Was die Funktion des Elaterenträgers anbetrifft, so habe ich leider nicht die Öffnung reifer Kapseln beobachten können. Doch ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß der Elaterenträger — wie ich für die andern untersuch- ten Fälle nach- zuweisen versucht habe — einerseits an der Nährstoff- zufuhr in die Junge Kapsel, an- dererseits an der Sporenausbrei- tung beteiligt ist. Für Pellia habe ich nachgewiesen (a. a. 0. p. 324), [...: daß der Elateren- träger eine all- mähliche Aus- streuung der Sporen sichert, ob resp. in welcher Weise dies auch für 6. splachno- Fig. 79 u.80. I. Längsschnitt durch eine Kapsel von Gottschea phylla zutrifft, splachnophylla. C Elaterenträger. II (stärker vergr. als I.) kann nur durch Quersehnitt durch den Elaterenträger. die Beobachtung reifer Kapseln ermittelt werden. Die Frage, ob es noch andere mit Elaterenträgern versehene Gottschea-Arten gibt (z. B. die mit G. splachnophylla offenbar nahe ver- wandte G. pachyphylla) und ob diese etwa als besondere Gattung ab- zutrennen seien, muß ich den Hepatikologen zur Entscheidung über- lassen, es ist ja schließlich gleichgültig, ob man die mit Elaterenträgern versehenen Arten als eine Sektion der Gattung Gottschea, mit der sie sonst übereinstimmen, oder als eine besondere Gattung betrachtet. 2, Üher Lebermoose mit Paraphyliien. In der Organographie (pag. 283) habe ich Paraphyllien, d. h. chlorophylihaltige, zuweilen blattähnlich ausgebildete, zwischen den 8 Flora 1906, 114 Blättern aus der Stammoberfläche hervorgehende Sprossungen nur für zwei foliose Lebermioosgattungen, Trichocolea und Stephaniella, angeführt; betreffs ihrer Funktion möchte ich auf das dort Gesagte verweisen. Es war mir dabei entgangen, daß Gottsche (Synopsis Hepaticarum pag. 19) von Gottschea Blumii anführt „caulis foliolis exiguis setaceo-palmatifidis pinnatifidisve inter folia et amphigastria conspersus*. Gottsches Angabe fand ich, wie nicht anders zu erwarten war, bestätigt, die Paraphyllien finden sich teils als Zellreihen, teils als kleine Zellflächen, teils auf den Flanken der Stämmchen (namentlich auch in der Achsel der Seiten- blätter), teils auf der Unterseite. Sie sind zwar nicht dicht gedrängt, so daß von einer Schwammwirkung meist nicht die Rede sein kann, aber die lang ausgezogene Gestalt der Pa- raphyllien wird sie geeignet machen, Wassertropfen festzuhalten, ihre Assimilationstätigkeit dürfte gegen- über der der Blätter nicht sehr in das Gewicht fallen. In besonders auffallender Weise sind Paraphyllien vorhanden bei einem Lebermoose, das mit Mittens Gymnanthe setulosa identisch ist (Mitten a. a. O. pag. 144, Tab. XCIX, Fig. 5) und neuerdings als Marsupidium setulosum be- zeichnet wird. Ich sammelte die Fig. 81. Marsupidium setulosum. I. Stück eines Querschnitts der Sproßoberseite mit Paraphyllien. I. Paraphyllium der Sproß- unterseite. III. Stück eines Blattquer- schnittes. Pflanze in Neuseeland, leider nur steril, die Fruktifikation scheint über- haupt nicht bekannt zu sein. Die Blätter zeigen eine Eigentümlichkeit, welche bei den Laubmoosen weit verbreitet, bei den Lebermoosen dagegen offenbar sehr vereinzelt ist. Die Zellwände sind nämlich sowohl auf der Ober- als der Unterseite mit zentrifugalen Wandverdiekungen versehen, welche geeignet sind, Wasser festzuhalten (Fig.81, IID. Es kommt dies hier um so mehr in Betracht, als die Blätter irgendwelche Einrichtungen nach der Art von Wassersäcken, wie sie sonst in so mannigfaltiger Ge- staltung auftreten, nicht besitzen. Auch die Stämmchen sind nun in vorzüglicher Weise dazu eingerichtet, Wasser anzusaugen. Die Ober- fläche ist nämlich dicht bedeckt mit Paraphyllien, welche auf der Unter- seite länger sind, als auf der Oberseite, auf ersterer sind die Para- phyllien teils einfache Zellschläuche, teils Zellreihen (Fig. 81, D, auf 115 letzterer sind sie länger und verzweigt (Fig. 81, II). Die Standorte des Lebermooses (trockene Felsen) stimmen mit dem kurz geschilderten Bau überein. Ein derartiger Bau läßt uns verständlich erscheinen, wie ein so sonderbares Gestaltungsverhältnis zustandekommen kann, wie es sich bei Stephaniella paraphyllina findet, bei welcher die Blätter nur noch als schützende Hüllen um die chlorophylihaltigen Paraphyliien, nicht mehr als Assimilationsorgane in Betracht kommen. Sind einmal Para- phyllien vorhanden, so läßt sich leicht verstehen, daß eine Verminderung und schließlich das Verschwinden des Chlorophyligehaltes in den Blättern (wie wir sie auch in den Blattspitzen mancher „xerophiler“ Laubmoose, z. B. Bryum argenteum vorfinden) eine Vermehrung des Chlorophyli- gehaltes der Paraphyllien bedingt, die dann allein als Assimilations- organe übrig bleiben. Da sie durch ihre Schwammwirkung eine vielgünstigere Wasserversorgung als die Blätter haben, so ist die ganze Einrichtung eine für ein zeitweilig trockene Standorte ' bewohnendes Lebermoos unge- mein vorteilhafte. Sehr zahlreiche und große Paraphyllien besitzt auch Chan- donanthus squarrosus, welche ich an „Arthurs Pass“ sammelte. Die Paraphyllien sind hier teils lange Zellreihen, teils Zeillächen. Daß die Pflanze zeitweilig Austrocknung zu er- tragen vermag, zeigt auch ihr Fig. 82. Chandonanthus squarrosus. Längs- anatomischer Bau (z. B. die schnitt durch die Spitze eines Sprossen, im i i i n befruchteten Archegonium ein großer Eim- Dickwandigkeit der Blattzellen bryo. Pi Perianth, 2 Paraphyllien. und der Sporenhülle). Erwäh- j nenswert ist, daß Paraphyllien auch an der Außenseite des Perianths entspringen (Fig. 82) und zwar an dessen Basis. Die Abbildung zeigt, daß sich hier nur der „Fuß“ des Embryos in das Stengelgewebe einbohrt. Daß auch hygrophile Lebermoose wie Trichocolea mit Paraphyl- lien ausgerüstet sind, ist kein Widerspruch gegen die oben vorgetragene Auffassung, wonach die Bedeutung der Paraphyllien einerseits in einer Vergrößerung der assimilierenden Oberfläche, namentlich aber auch in 8* 116 ihrer Schwammwirkung bestehe, denn nicht nur sind hygrophile Formen meist viel empfindlicher gegen Austrocknung, sondern es kommt auch, wie früher ausgeführt, in Betracht, daß sie vielfach nur auf nährstoff- armes Wasser angewiesen sind. Für Trichocolea habe ich früher‘) darauf hingewiesen, daß die Behauptung), die Calyptra sei „an der Basis oder selbst bis zur Spitze mit den sterilen Archegonien und mit den fein zerteilten Involueral- blättern besetzt“, auf einem Mißverständnis beruht, es handelt sich der Hauptsache nach nicht um Involucralblätter, sondern um Paraphyllien, welche auf der Sproßachse stehen, in welche sich das Sporogon einbohrt, ganz ähnlich, wie wir dies bei Gottschea gesehen haben. Ebenso liegen nun die Verhältnisse offenbar aueh bei anderen Gattungen, speziell bei Polyotus und Lepicolea®). Zu den merkwürdigsten foliosen Lebermoosen gehört die Gattung Polyotus (neuerdings als Lepidolaena be- zeichnet), weil sie Wassersäcke nicht nur an den Seitenblättern, sondern auch an den Amphigastrien trägt. Daß die vege- Fig.83. Lepicoleaattenuata. I. Stück tativen Sprosse demgemäß keine Para- ae roßoberfläche, das Peri- phyliien besitzen, ist leicht verständlich ; Achsel schuppenförmige Paraphyl- die Unterseite des P. claviger mit ihren lien. I. Paraphyliium stärker vergr. oft, dunkelgefärbten Wassersäcken bietet einen höchst eigentümlichen Anblick dar. Die Gestaltung der Sporogonhüllen schildert Hooker*) folgender- maßen: „Perichaetialia (— folia —) calyeem omnino obtegentia, parva oblonga integerrima.“ Auch Gottsche vertritt in der Synopsis Hepa- ticarum (pag. 244) dieselbe Auffassung, fügt, aber einige wichtige Be- obachtungen hinzu. Er sagt: „In flore conus solidus foliis multis minu- tisque, illis postea involucro insidentibus omnino similibus, cireumdatus 12—13 pistilla fert“ und fährt später fort „caulis enim eum illis foliis perichaetialibus rudimentarüs ereseit, dum apicem, torum genitalem feren- tem, sursum tollit foliorumque internodia extenduntur, pistillum foecun- datum autem in caulis gremium descendit, torumque genitalem pene- 1) Organographie, pag. 1313. 2) Schiffner, a. a. O, pag. 111. 3) Schon Mitten hat (a. a. O., pag. 151) auf die Übereinstimmung zwischen dem „inroluerum“ von Gottschea mit dem von Polyotus, Sendtnera und Triehocolea hingewiesen. 4) Musei exotici, Bd. I, Tab. LXX, 117 frat, quod dissectionibus facile probatur.“ .... „Inde involuerum concere- tione calyptrae et partis caulis cum foliolis ex eo nascentibus formatur et in ejus apice, aeque ac in Trichocolea, pistilla abortiva, quae inter folia summa, perianthii os, aeque ac in Gottscheis, simulantia, observari licet.* Diese Auffassung war zu der Zeit, als Hooker und Gottsche ihre wertvollen Arbeiten veröffentlichten, gewiß berechtigt. Aber be- fremden muß es, wenn wir sie auch, nachdem die Entwicklungsgeschiechte der Lebermoose durch Leitgeb eine so gründliche Bearbeitung erfahren hatte, in neuerer Zeit wieder vorgetragen finden. In len „Natürl. Pflanzenfamilien“ heißt es bei Lepidolaena, pag. 109 (Polyotus): „2 Blütenstand aufkurzem Seitenast, Involuerum vielblättrig, Perianthium O. Ca- Iyptra bis fast zu der mit den sterilen Archegonien gekrönten Spitze mit den Basen der Invo- lueralblätter verwachsen“. Sieht man aber die Verhältnisse ge- nauer an, so wird eine solche Deutung als im Widerspruch mit allem, was wir sonst über (lie Blattbildung bei den Leber- moosen wissen, stehend erschei- nen. Wo Perichaetial- resp. In- volueralblätter vorkommen, wei- chen diese nur durch ihre Gestalt und Größe von den übrigen Blättern ab, nicht aber — so- weit wir bis jetzt wissen — Fig. 84. Polyotus elaviger. Sproßealyptra durch ihre Stellung, welche bei von außen. allen Lebermoosen eine streng . . . gesetzmäßige, durch die Segmentierung der Scheitelzelle beuingte ist. Betrachten wir aber die Oberfläche der „Calyptra“ von Polyotus claviger (Fig. 84), so sehen wir sie bedeckt mit zahlreichen Blättchen und teilweise Zellreihen (manche nur aus drei Zeilen bestehend), welche keinerlei gesetzmäßige Anordnung zeigen, und in viel größerer 118 Zahl auftreten, als die Blätter. An dem von mir gesammelten Material waren nur unbefruchtete „Blüten“ und alte Hüllen, aus denen die Sporogonien ausgetreten waren, vorhanden. Trotzdem glaube ich, daß sich die Entstehung des Ganzen mit einiger Sicherheit überblicken läßt. Die Archegonien bilden eine Gruppe an der Sproßspitze, und zwar kommt der archegonientragende Sproßteil meinen Wahrnehmungen zufolge nur durch Übergipfelung in scheinbar seitliche Stellung, er ist also nicht ein kurzer Seitenast, wie Schiffner annimmt, sondern Poly- otus stimmt mit den verwandten Gattungen, z. B. Trichocolea, darin überein, daß die Blüten die Hauptachsen abschließen, worauf übrigens auch die von Schiffner wiedergegebene Hookersche Abbildung von P. magellanicus hin- deutet. Unterhalb der “ Archegoniengruppe be- finden sich einige Peri- chätialblätter und ober- halb dieser die Anlagen von Paraphyllien. Denn als Paraphyllien be- trachte ich die Mehr- zahl der Auswüchse auf der „Hülle“. Man könnte zwar annehmen, Y. es trete eine Vermeh- Fig. 85. Polyotus daviger. 1. Goketate Spore, oOber- rung der Blätter ein, appen, # Unterlappen der Priniärblätter, 2 Papille. ; : I.--IV. Entwieklungsstadien der Wassersäcke., Vv. indem aus einer Seg- Längsschnitt durch einen mit Rhizoidinitialen bedeekten mentoberfläche nichtein, Vorsprung der Sproßachse, sondern mehrere Blätter entstünden. Einen analogen Vorgang habe ich für die Blätter in den Blütenständen von Typha früher beschrieben. Ein ähnliches Verhalten ist bei Polyotus um so wahrscheinlicher, als man auf der Calyptra nicht selten tief gespaltene Blätter, in Querreihen angeordnet, findet, die in Fig. 84 nahe der Basis stehende entspricht z. B. offenbar einem Amphi- gastrium. Aber selbst wenn die Entwicklungsgeschichte bei Polyotus — welche ich nicht verfolgen konnte — einen solchen Vorgang nach- weisen sollte, müßten außerdem der Stellung nach auch aus der sonst nicht zur Blattbildung verwendeten Außenfläche der Segmente Spross- ungen hervorgehen, also Paraphyllien. Diese lassen sich auch leicht nachweisen. 119 Zur Blütezeit waren sie zum Teil noch sehr klein. Nach der Befruchtung muß das embryonale Sproßstück unterhalb der Archegonien heranwachsen, auch die Paraphyllien vergrößern sich, und der Embryo bohrt sich in die Sproßachse ein, nur nicht so tief, wie bei Gottschea. Dagegen irrt Gottsche, wenn er annimmt, daß die Calyptra in den Sproß hinabsteige. Nur der Embryo tut dies, es war jene Annahme ein verhängnisvoller Irrtum der älteren Hepatikologen, welcher sich auch bei den „geokalyceen“ Lebermoosen wiederholt und deren richtiges Verständnis verzögert hat. Es ist also die „Hülle“ meiner Auffassung nach eine mit Paraphyllien und wahrscheinlich auch mit Spaltstücken von Blättern besetzte Sproß-ÜOalyptra; ein Perianth ist überhaupt nicht vorhanden. Der Fall ist deshalb wohl bisher nicht so betrachtet worden, weil an den sterilen Sprossen von Polyotus keine Paraphyllien vorkommen. Indes spurenweise sind sie doch zu finden. Unterhalb der Amphigastrien von P. claviger sind bräunliche Ansehwellungen vorhanden. Dies sind die Stellen, an denen Rhizoiden sich bilden sollten. Man sieht auf einer höckerförmigen Hervorwölbung (Fig. 85 V) dicht gedrängt die Rhizoid- Initialen stehen. Meist aber unterbleibt deren Weiterentwicklung (ge- legentlich sind’ sie entwickelt), eine Tatsache, die vielleicht mit der durch die zahllosen Wassersäcke bedingten reichen Wasserdurchtränkung der Pflanze zusammenhängt, sehen wir doch auch bei manchen Wasser- formen von Lebermoosen die Rhizoidbildung ganz oder teilweise unter- bleiben (so bei der Wasserform von Pellia calyeina und Riceia Auitans). Es darf daran erinnert werden, daß auch Sphagnum (nach dem Keim- lingsstadium) keine Rhizoiden mehr bildet, und daß Physiotium cochlea- riforme ebenfalls rhizoidlos ist‘), so daß also auch bei Landformen, die für gewöhnlich reichlich mit Wasser durchtränkt sind, Rhizoid- bildung unterbleiben kann, ein Vorgang, der also nicht teleologisch, sondern causal weiter zu verfolgen ist. In der Nähe der braunen Stellen fand ich nun einmal ein dreizelliges Paraphyllium an der Sproß- achse. Man könnte annehmen, die sterilen Sprosse hätten ursprünglich Paraphyliien besessen und diese seien infolge der Wassersackbildung verkümmert, da diese Wasser ja ohnedies festhalten, die beobachteten Stamm-Paraphyllien seien also gewissermaßen die letzten Reste einer früher reicher vorhandenen Paraphyllienbildung. Eine solche Annahme 1) Organographie, pag. 291. Auch Triehocolea wird als rhizoidlos angegeben. Daß dies nicht allgemein zutrifft, habe ich a. a. 0. hervorgehoben. Selhstverständlich wird nicht nur das Wasser als solches, sondern aueh sein Gehalt an gelösten Sub- stanzen in Betracht kommen. 120 bleibt aber nur eine, wenngleich nicht unwahrscheinliche Vermutung, wenn sich nicht wenigstens eine Polyotusart oder eine Polyotus nahe- stehende Form findet, welche, wie Trichocolea, auch an den sterilen Sprossen Paraphyllien besitzt. Eine derartige Form ist aber bis jetzt nicht bekannt, und die Paraphyllien auf den Sproßcalyptren treten nicht einmal bei allen Polyotusarten auf. Von den übrigen untersuchten neuseeländischen Arten haben eine der von P. claviger entsprechende Paraphyllien tragende Sproßcalyptra P. palpebriformis und P. Taylori. Bei einem kurzen Aufenthalt in Tasmanien sammelte ich bei Hobarttown Polyotus magellanieus. Was die Vege- \ tationsorgane anbelangt, so sei nur N kurz bemerkt, daß auch diese Art nur Ts sehr spärlich Rhizoiden zeigt, diese aber nicht auf dem bei P. claviger beschriebenen eigentümlichen Gewebe- zapfen stehen. Die Calyptra (vgl. den Längsschnitt Fig. 86) ist hier lediglich mit den Perichätialblättern besetzt. Paraphyllien I sind also keine vorhanden. Die Ver- " hältnisse liegen hier ganz ebenso, wie sie oben für Gottschea beschrieben wurden, nur daß bei Gottschea auf der Sproßealyptra nur gewöhnliche Stengelblätter (mit Ausnahme der ober- UN sten) stehen, während bei P. magellani- cus eine Anzahl Perichätialblätter die Fig. 86. Polyotus magellanieus. L Calyptra bedecken, welche in ihrer Ge- Längsschnitt durch einen Sproß, in stalt von den Stengelblättern abweichen, wecken. ae „uparogons namentlich auch reicher mit randstän- junge Blüte. digen Auswüchsen (in Form von Zeil- reihen) besetzt sind als diese. Ur- sprünglich, d. h. zur Zeit der „Blüte“, stehen diese Perichätialblätter dicht zusammen, da. das sie tragende Sproßstücke sehr kurz ist (Fig. 86, II). Später, nach der Befruchtung, wächst dies Sproßstück beträchtlich heran, die Periehätialblätter, welche ihrerseits offenbar auch noch sich ver- größern, rücken auseinander. Der Embryo bohrt sich in das heran- wachsende Sproßstück ein, und dieses bildet so die erwähnte Sproßcalyptra. Schließlich noch eine Bemerkung über die Vegetationsorgane von Polyotus. Bekanntlich sind es bei den meisten Lebermoosen die Amphi- 121 gastrien, welche die Schleimpapillen tragen. Bei Polyotus fand ich hier keine, wohl aber an den Seitenbläftern, und zwar eine am basalen Teil des Oberlappens, zwei an der Basis des Unterlappens, wenigstens war dies das häufigste Vorkommen, die Abweichungen davon haben wohl kein weiteres Interesse, Auch sei noch auf die Abbildungen (Fig. 85, II-—-V) hingewiesen, welche die Entwicklung einer „Auricula“ erläutern, sie zeigen, daß die Spitze des Blattlappens durch bestimmt lokalisiertes Flächenwachstum helmförmig wird und eine starke Verschiebung nach unten erfährt, wie ich dies schon früher angegeben habe). In der Nähe der leeren Calyptren fand ich auch gekeimte Sporen von P. claviger. Es mag, da wir nur bei verhältnismäßig wenigen Lebermoosen die Keimung kennen, gestattet sein, sie kurz zu schildern (Fig. 85, D. Die mit einem braunen, feinwarzigen Exospor (resp. Epi- spor) versehenen Spore wird bei der Keimung zu einem Zellkörper, welcher sich vollständig inzerhalb der Sporenhülle entwickelt. Diesem Zellkörper setzt sich das beblätterte Stämmehen unmittelbar an, offenbar wird eine peripherische Zelle des Zelikörpers zur Sproßscheitelzelle, wie ich dies früher für Frullania und Madotheca beschrieben habe 2). Betreffs der sonstigen Gestaltung der Keimpflanze sei auf Fig. 85, I ver- wiesen. Amphigastrien hat die Keimpflanze noch nicht entwickelt, wohl aber Seitenblätter, welche zunächst natürlich kleiner und einfacher ge- staltet sind, als die später auftretenden. Sie zeigen aber schon die Gliederung in Ober- und Unterlappen. Der letztere ist etwas kleiner als der erstere und trägt nahe seiner Spitze eine kleine, rasch hinfällige Schleimpapille, die Größendifferenz der beiden Lappen hängt auch hier offenbar mit der Verschiedenheit ihrer Insertionsfläche zusammen. Ein Rhizoid bildet sich unmittelbar an der Basis des Stämmchens. während der in der Sporenhaut steckende „Vorkeim* ohne Rhizoiden ist. Da er in anderen Fällen (betr. Madotheca vgl. a. a. O. Taf. 1, Fig. 21, 22) Rhizoiden bildet, so ist der Mangel derselben bei Polyotus wohl zurück- zuführen auf eine äußere Hemmung, welche hier durch das Umsehlossen- bleiben durch die derbe Sporenmembran gegeben sein dürfte. Während bei Polyotus keine Art bekannt ist, welehe an den vege- tativen Sproßachsen Paraphyllien besitzt — von der oben angeführten ver- einzelten Beobachtung abgesehen — ist, dies bei Lepicolea der Fall, Die neuseeländischen Arten zeigen zwar keine, wohl aber in großer Zahl die 1) Annales du jardin botanique de Buitenzorg 1887, Tome YIL pag, 30. 2) Über die Jugendzustände der Pflanzen. Flora 1889, pag. 18 u. 19. 122 südamerikanische L. priunosa, bei welcher sie schon Spruce beschrieben hat‘). Sie kommen hier hauptsächlich auf den Hauptsprossen vor, in Gestalt lang ausgezogener Schüppehen. Außerdem aber finden sie sich auch an der Basis der Blätter, was Spruce nicht erwähnt, es kann dabei keinem Zweifel unterliegen, daß wirklich aus der Außenseite der Blattfläche Paraphyllien entspringen, was ich anführe, da man meinen könnte, sie gingen nur nahe der Blattbasis aus der Sproßachse hervor. Einen analogen Fall hatten wir oben für das Perigon von Chando- nanthus anzuführen. Die Umhüllung der Embryonen schildert Schiffner folgender- maßen: „2 Blütenstand auf verkürztem, einfachem Aste. Involucralblätter klein, die inneren fast der ganzen Länge nach an das glockenförmige Perianth angewachsen.“ Hooker?), dessen Abbildung wiedergegeben ist, spricht vom „ealyces . ... foliis parvis, caulinorum similibus, obsiti“. Ich sammelte Lepic. attenuata in Neuseeland mit alten Frucht- ästen, deren Sporogonen meist schon vergangen waren?), und jungen, in denen Embryonen angelegt: waren. Die Untersuchung ergab, daß die Verhältnisse ganz ähnlich liegen wie bei Polyotus. Auch hei Lepi- eolea ist es das Ende einer Sproßachse, das fertil wird und später in eine seitliche Stellung rücken kann. Die Sproßachse ist angefüllt mit Reservestoffen, namentlich Fett. Auf ihrem Gipfel steht eine Arche- goniengruppe. Ein Perianth ist nicht vorhanden, der Embryo bohrt sich in die Sproßachse ein, was Schiffner als „Perianth“ bezeichnet, ist also vielmehr eine Sproßcalyptra. Auch an ihr treten Paraphyllien auf, zunächst in der Achsel der untersten Perichätialblätter (Fig. 83). Ob die zahlreichen Schuppen, welche unterhalb der Archegonien stehen, zum Teil etwa zerteilten Perichätialblättern entsprechen oder den Para- 1) Hepatieae amazonicae et andinae, pag. 3415. Da die Pflanze nur steril be- kannt ist, ist ihre Zugehörigkeit zu Lepicolea nicht absolut sicher. 2) Musei exotiei, Bd, J, Tab. XL. 3) Nur eines war erhalten, an welchem mir die Kürze des Stiels auffiel. Dieser ragte nur wenig (eiwa 1 mm) über die Spitze des Fruchtastes hervor. Es ist unbekannt, von welchen Faktoren die Länge des Sporogonstiels (die bei den Lebermoosen wohl nicht viel weniger Verschiedenheiten zeigt, als die „Seta“ der Laubmoose) abhängig ist. Es scheint, als ob bei Lebermoosen, welche zeitweilig trockene Standorte bewohnen, der Sporogonstiel im allgemeinen weniger entwickelt sei, als bei anderen. Doch kommen auch „spezifische“ Differenzen in Betracht. Einen Anhaltspunkt zur Beurteilung der oben aufgeworfenen Frage könnte man gewinnen, wenn nachgewiesen werden könnte, ob es Formen gibt, bei denen die Länge des Stiels direkt von äußeren Faktoren, z. B. der Luftfeuchtigkeit, resp. der Wasserzufuhr, abhängt. 123 phyllien zuzurechnen sind, könnte auch hier nur eine Untersuchung junger „Blüten“ ergeben, welche mir nicht zu Gebote standen; indes halte ich die obersten Schuppen für Paraphyllien und betrachte also die Sproßealyptra als besetzt mit Perichätialblättern und Paraphyllien, während das Vorhandensein‘ der letzteren bis jetzt ganz übersehen wurde. Wie sich die Perianthbildung von Chaetocolea (einem südamerika- nischen Lebermoos, das in dieselbe Gruppe wie Lepicolea, Polyotus, Trichoeolea ete. gestellt wird) verhält vermag ich nicht zu sagen. Selbst wenn Spruces!) Auffassung „perianthiio... e bracteis internis aulnatis ramentaceo“ zutreffend sein sollte, würde eine ganz andere Struktur als bei Polyotus vorliegen. Denn diese Gattung hat, wie wir sehen, über- haupt keinen Perianth. Bei Chaetocolea ist ein solches vorhanden, es wäre «denkbar, daß Perianth und Perichätialblätter durch interkalares Wachstum einer. peripherischen Sproßzone auf gemeinsamer Basis empor- gehoben werden, ähnlich wie dies z. B. bei der „Verwachsung“ von Blütenkreisen mancher Samenpflanzen geschieht. Ist dies aber der Fall, so ist der Vorgang eben ein anderer, als in den oben geschilderten Fällen, und ich sehe zunächst keinen Grund, Chaetocolea in die Nähe von Lepicolea, Polyotus ete. zu stellen, Gattungen, von welchen Chaeto- colea auch durch ventrale Zweigbildung abweicht. Leider waren an dem von mir untersuchten sehr spärlichem Material (welches ich der Schonung halber nicht alles aufweichen wollte) nur einige männliche, keine weib- lichen Pflanzen vorhanden, so daß ich aus eigener Anschauung nicht über die Perianthbildung berichten kann. Es ergibt sich aus den oben mitgeteilten Beobachtungen, (daß Paraphyllien bei Lebermoosen ziemlich weit verbreitet sind. Sie finden Sich auf den Sproßachsen bei Stephaniella, Trichocolea, Chandonanthus, Lepi- colea pruinosa, Gottschea Blumei, Marsupidium setulosum, bei Lepicolea pruinosa können sie auch an der Basis der Blattfläche entspringen: ferner werden Paraphyllien unten auch von Anomoclada anzuführen sein. An den Hüllen der Sporogonien treten sie auf bei Arten von Tricho- colea, Polyotus, Lepicolea, Chandonanthus. Offenbar handelt es sich um Bildungen, welche unabhängig voneinander mehrmals in verschiedenen Verwandtschaftskreisen aufgetreten sind. Die Lebermoose sind ja das Paradebeispiel für Parallelbildungen mannigfacher Art. Man könnte daraus auch den Schluß ziehen, daß auch in den Fällen, wo nur die Sproßealyptra, nicht aber die vegetative Sproßachse Paraphyllien trägt. 1) Hepaticae andinae, pag. 346. 124 diese auf letzteren auch als Neubildungen aufgetreten, also nicht als „Reste“ zu betrachten seien. Jedenfalls sehen wir auch sonst Ein- richtungen zum Festhalten von Wasser an den Hüllen des Lebermoos- sporogon. So am Perianth dureh Faltenbildungen oder Auswüchse, wo- für Frullania Beispiele bietet, außerdem- auch, wie wir oben sahen, Chandonanthus. Daß gerade an den Sexualästen (und teilweise an Perianthien) Paraphyllien auftreten, könnte man kausal damit in Zusammen- hang bringen, daß an diesen Stellen offenbar ein Zuströmen organischer Baustoffe eintritt, welche später zur Ernährung des Embryos Ver- wendung finden. Daß eine solche Annahme nicht ganz in der Luft steht, zeigt ja auch die Tatsache, daß die Paraphyllienbildung am vege- tativen Sproß vielfach auf die kräftigeren, d. h. doch wohl die besser ernährten Achsen beschränkt ist (Lepieolea pruinosa, manche Laub- moose), bildlich gesprochen könnten wir sagen, diese Gebilde, welche in ihrer Struktur mit der der Blätter übereinstimmen (von dem einfacheren Aufbau abgesehen), treten dann auf, wenn ein Überschuß „blattbilden- der Substanz“ vorhanden ist, der dann zur Bildung der Paraphyllien auf der sonst nicht zur Blattentwieklung benützten freien Sproßober- fläche oder auch auf der Blattbasis benützt wird. Ihre Funktion ist einmal die einer Verstärkung des Assimilationsapparates, namentlich aber auch die des Festhaltens von Wasser. 4. Marsupifere Jungermanniaceen, Allgemeine Bemerkungen. Die marsupiferen Jungermanniaceen wurden früher auch als „geokolycee“ bezeichnet. Weshalb dieser Namen unhaltbar ist, wird sich aus der folgenden Darstellung ergeben. Zu- nächst sei daran erinnert, daß man früher die geokalyceen Jungermannieen wegen des auffallenden Verhaltens!) ihrer fertilen Sprosse in eine be- sondere systematische Gruppe vereinigte, jetzt aber allgemein die An- sicht von Spruce anerkennt, welcher 18822) sagte: „For it is pro- bable, that there is not in Nature any separate tribe of pouch fruited Jungermanniaceae (= Marsupiocarpeae — Geocalyceae = Saccogyneae) bus that almost: every tribe may have a genus (or genera) of marsu- pial species, and that, where none such is known to exist, it is either because it has hitherfo eluded our search, or has suceumbed to other plants in the struggle for place or has not yet been evolved. The tran- 1) Wie wenig Beachtung ihnen trotzdem in den Handbüchern vielfach ge- schenkt wird, zeigt z. B. die Tatsache, daß die „Geokalyceen“ in D. Campbells ausführlichem Buche („Mosses and ferns“) nicht einmal erwähnt sind. 2) Spruce, On Cephalozia, Malton 1882, 125 sitional stage, between supraterraneous!) and subterraneous perianths, is to be found in those genera whose floral whorls are more or less adnate to each other into a fleshy cup, which is apt to become turgid and gibbous at the rooting base. A further extension downwards re- sults in a pouch, which buries itself in the matrix.“ Diese Ansicht über das Zustandekommen des Beutels ist aber entwicklungsgeschichtlich nicht haltbar. Sie führt die Entstehung des letzteren überall auf einen Vorgang zurück und zwar auf eine Ver- wachsung von Blättern. Dies ist nun schon für Formen wie Calypogeia u. a. unrichtig und noch mehr für solche wie Tylimanthus. Für diese Gattung habe ich schon früher dargelegt?), daß der Beutel im Gegensatz zu dem Verhalten von Calypogera, Acrobolbus und Letho- colea nicht von Anfang an hohl ist, sondern als solider Körper ange- legt wird, den erst das in ihn hineinwachsende Sporogonium aushöhlt. Ent- wicklungsgeschichtlich lassen sich auf Grund meiner Untersuchungen folgende Typen unterscheiden: 1. Der Beutel entsteht als solider Gewebekörper, welcher Reserve- stoffe für Sporogonentwicklung enthält: Tylimanthus, Marsurpidium. Diese Gruppe schließt sich eigentlich (was das Verhalten des Embryos anbetrifft) den oben erwähnten „Coelocaules“ an. Nur dringt der Em- bryo nicht in der Längslinie der Sproßachse in diese ein, sondern rechtwinklig zur Längsachse, entsprechend der dorsiventralen Gestaltung der Blüten und dem ventralen Auftreten der Sproßachsenwucherung. ‘2. Er bildet sich durch ringförmige Erhebung der Sproßachse, ist also von Anfang an hohl und zwar bleibt der Beutel entweder oberirdisch (z. B. Isotachis) oder dringt in den Boden ein, die Verschiedenheit hängt damit zusammen, daß die Blüten von Isotachis — welche Gattung bisher nicht zu den marsupiferen Jungermanniaceen gerechnet wurde, — radiär, die der anderen dorsiventral sind. Entsprechend diesen Dar- legungen, welche im folgenden näher ausgeführt werden sollen, sind die einzelnen Jungermanniaceenformen hier angeordnet, eine Anordnung, welche selbstverständlich mit der Frage nach der systematischen Stel- lung der behandelten Formen nichts zu tun hat. Tylimanthus saccatus (Tayl.) Mitten, Dieses von Taylor als Gymnanthe saccata beschriebene Lebermoos ist von verschiedenen Autoren besprochen worden, gehören doch die 1) Daß die Marsupien von Tylimanthus und Balantiopsis oberirdisch sind, war Spruce offenbar nicht bekannt. 2) Organographie, pag. 316. 126 „Säcke“, die es bildet, zu den auffallendsten Gebilden unter den Leber- moosen (vgl. Fig. 87). Die größten, die ich in Neuseeland antraf, er- reichten eine Länge von 15, einen Durchmesser von 2,5 mm. Die Pflanzen wachsen an feuchten schattigen Stellen schief aufsteigend, sie sind mit ausgiebig entwickelten Rhizomen versehen, an denen ich stets rudimentäre Blätter antraf. Die unterirdischen Seitenzweige kriechen Fig. 88. T. saccatus. Längsschnitt durch eine Sproßspitze rechtwinklig auf die Amphigastrien Kg: 87. „ Tylimanthus saccatus. geführt. Man sieht 4 Amphigastrien verschiedenen abitusbild eines marsupiferen Alters der Länge nach durchschnitten mit dorsalen Sprosses, 2fach vergr. Schleimpapillen. j zunächst im Boden und wachsen dann aufwärts und bilden größere Blätter aus, die Sproßknospe ist dabei schief nach abwärts ge- krümmt. Die oberirdischen Triebe sind begrenzten Wachstums, ge- legentlich treten an ihnen gleichfalls oberirdisch bleibende Seitensprosse auf, namentlich auch als (kurz bleibende) Innovationszweige unter dem terminalen Archegonienstand, wenn dieser unbetruchtet geblieben ist. Taylor hatte der Pflanze Amphigastrien abgesprochen und spätere 127 Autoren sind ihm darin gefolgt, so z. B. Mitten!) und Schiffner?). Sie sind aber, wie genauere Untersuchung zeigt, vorhanden und zwar in recht eigentümlicher Gestalt, wie sie — von Anomoclada abgesehen — mir sonst bei keinem anderen foliosen Lebermoose bekannt ist. Die Amphigastrien sind hier der Hauptsache nach nur Träger der Schleimpapillen, welche den Scheitel des Sprosses teilweise bedecken und in sehr großer Zahl vorhanden sind. Es steht dies in Verbindung damit, daß Tylimanthus saccatus sehr feuchte Standorte bewohnt. Die Schleimpapillen entspringen nun nicht nur dem Rande der Amphigastrien, sondern auch deren Außenfläche (Fig, 88, 89, 90), welche sie so dicht bedecken, daß eine freie Außenfläche überhaupt nicht mehr zutage tritt, sondern in der Ober- flächenansicht nur ein Schleimpapillen- polster sichtbar ist. Die einzelligen Schleimpapillen ent- springen aus kurzen Zellreihen, an denen seitlich neue Schleim- - papillen auftreten. In einiger Entfernung vom Sproßscheitel werden die Schleim- papillen braun, die Fig. 89. T. saccatus. Stück eines Amphigastriums von der Amphigastrien ster- Unterseite, ben ab und konnten so bisher leicht der Beobachtung entgehen. Daß sie im übrigen ganz normal angelegt werden, zeigt die Scheitel- ansicht (Fig. 90). Übrigens sind sie an der Basis zweischichtig (Fig. 89), was der Tatsache entspricht, daß auch die Seitenblätter an der Basis Zellteilungen parallel der Oberfläche erfahren, wie sie in viel höherem Maße bei manchen Gottschea-Arten auftreten. Als einziges Lebermoos, dessen Amphigastrien vielleicht mit den eben beschriebenen verglichen werden könnten, ist Anomoclada mucosa anzuführen, welche Spruce in den Urwäldern von Rio negro usw. 2) In Hooker, New Zealand-flora, pag. 751 („stipules 0%). _ . 2) In Engler-Prantl, Nat. Pflanzenfamilien, Lebermoose, pag. 87, „Anphi- gastrien 0%. 128 sammelte. Er gibt an!), daß die unteren (älteren) Amphigastrien („foliola“) meist ganz in Schleim aufgelöst werden „superiora vix unquam perfeeta sed e margine apiceque plus minus dissolutis nunc irregulariter bifida, nune quadrifida v. digitatim multifida, saepius tamen eroso-lacera videnda“. Diese Schilderung könnte darauf hindeuten, daß auch bei Anomoclada die Ampbigastrien mit zahlreichen Schleimpapillen besetzt sind, und nicht, wie man nach Spruces Angaben annehmen müßte, eine Verschleimung der Amphigastriumzellen selbst eintritt — ein Vor- gang, der ohne Analogon bei den Lebermoosen wäre. In seiner ersten Beschreibung von Anomoclada?) gibt Spruce auch ausdrücklich an: „the mucus, which was poured out in such quantity as literally to flood the entire plant was derived directly from the stipu- les, whose marginaland apical cells were continually swelling and discharging their protoplasm, adhering for a while as empty bleached bladders ... then falling away.... Die Untersuchung Sprucescher Originalexemplare er- gab dagegen, daß wirklich hier ähn- liche Verhältnisse wie bei Tylimanthus vorliegen. Die Schleimabsonderung er- Fig. 90. T. saccatus. Sproßscheitel folgttatsächlich auch hier dureh Schleim- A Amphigastrien. ’ papillen, welche das Amphigastrium dicht bedecken, sie entspringen teils em Rande, teils den Flächen des Amphigastriums, namentlich auch dessen Oberseite (Fig. 91, 92, D. Und zwar treten auch hier verzweigte Zellreihen auf, welche die Schleimpapillen tragen. Diese sind übrigens nicht auf die Amphigastrien beschränkt, sondern finden sich auch an der Basis der Seitenblätter und auf der Stammoberfläche (Fig. II, II, eine Tatsache, welche die ungemein reiche Schleimabsonderung noch 1) Hepatieae amazonicae et andinae, pag. 408. (Die Ausführungen im Text sind 1902 niedergeschrieben. Seither hat auch Evans, Odontoschisma Macounii and its North American Allies, Botanieal gazette 36, 1903, Anomoclada besprochen, das Vorhandensein von Schleimpapillen nachgewiesen (die nach ihm nur am Rande und auf der Unterseite vorkommen) und auf ein ähnliches Verhalten bei Odonto- schisma-Arten hingewiesen. Die Paraphyllien scheint Evans nicht beobachtet zu haben. 2) Spruce, On Anomoclada, Journal of botany N. 8... Vol. V (May 1876), pag. 130. 129 mehr verständlich macht. Daß nicht, wie Spruce annahm, ein Platzen der ‘ganzen Zeilwand, sondern nur der Cuticula, unterhalb ‘welcher der Schleim abgesondert wird, eintritt, braucht kaum bemerkt zu werden. Die schleimabsondernden Zellen und die ganzen Ampbigastrien gehen später zugrunde. Die nach Spruce gemachte Angabe), „Amphi- gastrien klein, sich in Schleim auflösend“, trifft also, was die Schleim- bildung betrifft, nicht zu, und ferner ist Anomoclada zu denjenigen Lebermoosen zu stellen, welche Paraphyllien (hier Schleimparaphyllien) Fig. 91. Anomoclada mueosa. Amphigastrium von der Fläche. besitzen, wofür ja oben andere Beispiele angeführt worden sind. Für Anomoclada ist bemerkenswert, daß diese Schleimpapillen (resp. die Zellreihen, an welchen sie stehen) auf dem Stämmchen und auf den Blättern entspringen können, am zahlreichsten sind sie — wie ja schon aus der Beschreibung der Amphigastrien hervorgeht — auf der Unter- seite. — Über die Verzweigung von Anomoclada sei hier noch eine Bemerkung gestattet. 1) Sehiffner in Engler-Prantl, a. a, 0, par. 10. Flora 1906. 130 Spruce hat als besonders eigentümlich für Anomoelada bezeichnet, daß hier (abgesehen von den Flagellen auf der Unterseite) die Zweige auf der Oberseite des Sprosses entspringen, während sie (von den ventralen abgesehen) sonst auf den Flanken stehen. Indes ist die Ver- schiedenheit von der gewöhnlichen Verzweigung eine weniger beträcht- liche, als es scheinen könnte. Zwar hatte ich nur spärliches Material, aber es genügte, um zu zeigen, daß auch hier die Zweige unterhalb eines der Seitenblätter entstehen, wie dies bei der Verzweigungsart der Fall ist, welche Leitgeb als die „Verzweigung aus dem basiskopen Basilarteile“ bezeichnet hat. Nur stehen hier die Zweige nicht dem Blattunterlappen, sondern dem Blatt- oberlappen genähert (vergl. das Schema Fig. 93, D, was vielleicht damit zusammen- L hängt, daß die Blattinsertion stark schief un, WA gerichtet ist. Eigentlich stehen also die > 5 Zweige auch auf den Flanken, aber auf =_n_? on dem oberen Teile derselben, das ist, wie N mir scheint, die einzige Differenz von dem gewöhnlichen Verzweigungsmodus. Aus 1. dem Schema der Oberansicht eines Stämm- chens (Fig. 93, I) geht auch hervor, daß man auf Querschnitten die Seitensprosse in ihrem Verhältnis zu den Blättern ver- j schieden treffen kann. Fig. 93, III z. B. " stellt einen Querschnitt dar, der den Seitensproß flankenständig zwischen dem ML Blatt, mit dem er gemeinsam aus einem ie 0 A \ Segment entspringt, und dem weiter hinten 8. ir nomocl MUCOSA. . 1. Ampligasteium im Länes, stehenden (dessen tiefer stehender Rand schnitt, 5 Stammquerschnitt getroffen ist) Fig. 93, II zeigt einen (nicht ; Tängssch nittos, el median getroffenen) Seitensproß, der ober- halb zweier Blattinsertionen steht, von dem Blatt, zu dem er eigentlich gehört, ist nur ein Stück des Randes ge- troffen: die Verschiedenheit erklärt sich leicht, wenn man die ge- strichelten, die Schnittrichtung bezeichnenden Linien des Schemas (Fig. 93, D) vergleicht. Kehren wir nach dieser Abschweifung zu Tylimanthus zurück. 131 Die Geschlechtsorgane von Tylimanthus sind diöeisch verteilt. Die Antheridienstände gleichen denen von Plagiochila (mit welcher Gattung Tylimanthus nahe verwandt ist), in der Gestalt der Deckblätter der Antheridien (ein Teil des Oberlappens ist bauchig aufgetrieben und um- hüllt die Antheridiengruppe) und darin, daß die Antheridienstände vegetativ weiterwachsen. In jeder Blattachsel des Antheridienstandes findet sich eine größere Anzahl (meist über ein Dutzend) Antheridien. Ein Querschnitt (Fig. 95, II) zeigt die Dorsiventralität des Antheridien- standes besonders deutlich, die Antheridien entspringen nur in der dorsalen Hälfte der Blattachsel, die Antheridien stehen also alle auf der Oberseite des Stämmchens. Es dürfte dies, in mehr oder minder scharfer Ausprägung, auch für andere foliose Lebermoose gelten !), tritt Fig. 93. Anomocl. mucosa. I. Oberansicht eines Stämmchens (schematisch), die Insertion der Seitensprosse ist durch Kreise angedeutet. II. Querschnitt eines Stämmchens, welcher einen archegonientragenden Seitensproß getroffen hat. « Ober- rand des Blattes, unterhalb dessen der Seitensproß steht. III. Querschnitt eines Stämmehens mit der Basis eines Seitensprosses 5; ö, & Blattquerschnitte. aber hier besonders deutlich hervor. Einen besonderen Nutzen dieser Anordnung vermag ich derzeit nicht einzusehen, sie dürfte vielmehr mit der scharf ausgeprägten Dorsiventralität der ganzen Pflanze zu- sammenhängen, die sich auch bei der Bildung der weiblichen „Blüten“ geltend macht. Zunächst sei indes auf die eigentümliche Beutelbildung ein- gegangen. In seiner bekannten Abhandlung, über die Fruktifikation der Jungermanniae geocalyceae?) bespricht Gottsche auch einige „Gymnanthe“-Arten, und gibt einige durchaus zutrefiende Abbildungen, wenn er aber (a. a. O. pag. 461) den Vorgang in die Worte zusammen- faßt: „pistillum foecundatum cum abortivis nullo perigynio circum- 1) Vgl. Leitgeb, Unters. über die Lebermoose, Bd. II, pag. 41. 2) Nova acta Acad. Leop, Carol, Vol. XXI pag. gr 132 datum, in sacecum camosum fructigerum defossum commutatum“, so kann ich dem nicht beistimmen. Seine Auffassung der Marsupien von Gymnanthe, welche bis jetzt herrschend geblieben ist, hat Gottsche sodann besonders deutlich in seiner Abhandlung „De mexikanske Levermosser Efter Prof. Fr. Liebmanns samling" (Vidensk. Selsk. Skr. 5. Raekke, Bd. VI) ausgesprochen. Er sagt hier (p. 216): „Si e. gr. sacculum fructiferum Gymnanthes tenellae, 2 Iimeas longum, secundum longitudinem novaeula diseideris, antrum semilineare fruetu immaturo (e capsula et pedicello cum involueello pro- prio constante) repletum videas, calyptram autem non invenias, quia ' ..-D \ { v| Fig. 94. Tylimanthus saceatus. I. Längsschnitt durch den Gipfel eines archegonien- tragenden Sprosses, 4 Archegonien, 2 längsdurchschnittene Blätter. IL. (stärker ver- größert als I.) Querschnitt durch den Gipfel eines männl. Sprosses 4z Antheridien. tota cum sacculo confusa est‘), unde patet, illnd antrum calyptrae cavitatem sistere. ... .. “ Es ist merkwürdig, daß diese Auffassung, die nicht etwa auf Beobachtung beruht, sondern lediglich daher rührt, daß man zuerst den Calypogeratypus des Marsupiuns kennen gelernt hatte, von allen folgenden Autoren einfach nachgeschrieben wurde, genau so, wie wir es bei R. Browns Auffassung des Dawsoniaperistoms sahen. So sagt Stephani?). . 1) Sperrung von mir. 6. 2) Hedwigia 1888, pag. 276. 133 „Hier verwächst alsbald die Haube mit der Beutelwand, und mit der fortschreitenden Verlängerung des Fruchtsackes wächst die Haube zu einem langen Rohr aus, in dessen Grund die Frucht sitzt.“ Auch in den „Natürl. Pflanzenfamilien“ wird angegeben (a. a. O. p. 87): „Calyptra fast bis zur Spitze mit dem Fruchtsacke verwachsen“. Diese Vor- stellungen gehen, wie ich in der Organographiet) hervorhob, von der Anschauung aus, daß bei den sog. geocalyceen Jungermannieen überall zuerst ein hohler Beutel vorhanden sein müsse, wie ihn Calypogeia und andere Formen tatsächlich auch zeigen. Die weiblichen Blüten von T. sac- catus sind schon mit bloßem Auge er- kennbar. Es bildet sich an der Spitze der Stämnmchen eine auf der Unterseite als weißlicher Höcker hervortretende An- schwellung, auf deren Oberseite zahlreiche Archegonien stehen va (Fig. 94, I; Fig. 95). Die weibliche Blüte 7) ist also gleich- /} IN falls dorsiventral, | 4 die Archegonien stehen auf der Dor- Fig. 95. T. saccatus. Längsschnitt einer weiblichen Blüte, salseite des Stämm- A längs getroffene Amphigastrien, ‘chens, während sie . on sonst bei den foliosen Lebermoosen radiär verteilt sind. Allerdings ist auf die Frage nach der Symmetrie der „Blüten“ — welche bei den Phane- rogamen so viele Diskussionen veranlaßt hat — bei den foliosen Leher- moosen bisher wenig geachtet worden, obwohl sie nicht nur in biologischer, sondern auch in phylogenetischer Beziehung von erheblichem Interesse ist. Bei den meisten marsupiferen Jungermannieen ist die weibliche Blüte jedenfalls, wie aus dem unten Mitzuteilenden hervorgehen wird, dorsiventral. OD) pae. 316, Dort sind die Resultste der hier ausführlicher mitgeteüten Untersuchungen schon in Kürze angeführt. 134 Die Archegonien von Tylim. saceatus treten in großer Zahl (30 und mehr) auf (Fig. 95). Das Gewebepolster, dem sie aufsitzen, zeigt keine festen Reservestoffe, offenbar sind diese, namentlich die Kohlen- hydrate, wie bei andern Marsupiferen in gelöster Form vorhanden (Inulin u. a). Auf der Unterseite des Gewebepolsters bilden sich früh schon Rhizoiden, die aber dickwandiger und kürzer sind, als die gewöhnlichen. Sie dringen auch nicht in den Boden ein, ich fand die Beutel nie im Boden steckend, sondern nur zwischen anderen Moosen verborgen. Der alte Namen „geokalycee“ Jungermannien paßt also auf Tylimanthus überhaupt nicht und dies ist einer der Gründe, welche mich veranlaßt haben, derartige mit einem Beutel (Marsupium) ausgerüstete Formen als marsupifere Jungermannien zu bezeich- nen. Als Wasserreservoir kann der Beutel nieht viel in Betracht kommen, da die Pflanze nur sehr feuchte, schattige Stand- orte bewohnt, vielmehr dient er, wie früher schon hervorgehoben, hier vor allem der Ablagerung von Reservestoffen, welche der Embryo dann später verbraucht. Die Ar- chegoniengruppe kommt in eine seichte Vertiefung zu liegen (vgl. Organographie, Fig. 210, HT, IID und wenn eins der Ar- chegonien befruchtet ist, wächst das Gewebe- polster zu dem — zunächst ganz soliden, nieht hohlen — „Beutel“ heran. Unterhalb a, en arsuntane, unbefruchtet gebliebener Archegonienstände E Spindelfürmiger Embryo, Ca sieht man nicht selten zwei dünne Seiten- rohen a on bana zweige auftreten. Die Aushöhung des bestehend), X kragenförmiger Beutels erfolgt lediglich durch den Embryo, Wulst auf en ‚Spitze des Mar- welcher in das Gewebe unterhalb des Arche- \ goniums hinabdringt. Sein dicker, spindel- förmiger Fuß macht ihn dazu besonders geeignet. — Zwischenstufen zwischen dem spindelförmigen Embryo und dem reifen Sporogonien lagen in meinem Materiale nicht vor. Es sei deshalb auf das fertige Stadium kurz übergegangen. In diesem ist wirklich ein hohler Beutel oder Sack vor- handen, da der Embryo den mittleren Teil der ursprünglich soliden Gewebemasse aufgelöst hat. Sein Fuß ist am Grunde des Beutels an- gelangt (Fig. 97, HI) und von ihm geht ein eigentümliches Gebilde aus, das „Involucellum“ der Hepatikologen. Dieses ist eine kragen- 135 förmige, vom Fuß des Sporogoniums ausgehende Wucherung, die ziemlich weit (etwa ®/, der Länge) im Beutel hinaufragt, doch sah ich es in den untersuchten Fällen nie die Mündung erreichen. Macht man einen Querschnitt durch den Sack, so findet man im obersten Viertel in der Mitte nur den Sporogonstiel (in Fig. 97, II verschrumpft), weiter unten sieht man das „Involucellum“ (welches bei dem in Fig. 97, II abge- bildeten Schnitt etwa 6 Zellschichten dick war) als ringförmige Ge- webezone der Innenfläche des Sackes anliegen, von dieser hebt sich das Involucellum dadurch scharf ab, daß die ihm angrenzenden Zell- lagen des Sackes leer und zu- sammengefallen sind. Sie sind vom Involucellum ausgesogen. Dies ist nämlich, wie ich schon früher hervor- hob), biologisch nichts anderes als ein Haustorium, morphologisch ein Auswuchs der angeschwollenen Ba- sis des Sporogons (des, „Fußes“). Es ist lehrreich zu sehen, wie das L Haustorium hier in Verbindung mit der Gestalt der Umgebung des Sporogons sich gestaltet hat: es wird durch diesen kragenförmigen £ Auswuchs die Ausnützung der Re- servestoffe in dem durch die Bohr- I 7 M tätigkeit des Embryos sich bilden- " den Beutel ermöglicht, ähnlich wie Ein nen Emberos. en der Kotyledo einer Kokosnuß den schnitt durch den basalen Teil eines Raumverhältnissen im Embryosack a len Yare ee entsprechend sich zu einem faust- kragen (Involucellum). II. Längsschnitt großen Gebilde gestaltet. Der Name a onstiel I u Involucelum ist also überflüssig und zudem von einer unhaltbaren Vorstellung aus gebildet: es handelt sich nicht um eine Hülle, sondern um ein Saugorgan, die Bezeichnung Haustorialkragen ist deshalb zweckmäßiger. 1) Organographie, pag. 317. Selbstverständlich kann im „Involucellum® vor- übergehend Anhäufung von Baumaterialien eintreten. 136 Tylimanthus tenellus, Von dieser Art standen mir Herbarexemplare zur Verfügung, sie ist aus Neuseeland von verschiedenen Standorten bekannt. Amphigastrien sind — im Gegensatz zu den bisherigen Angaben — auch hier vor- handen, sie gehen hinter der Sproßspitze ofienbar bald zugrunde. Ihren Bau habe ich nicht näher untersucht. Die Archegoniengruppe ist ganz ebenso wie bei Tyl. sac- catus auf die Sproßoberseite ver- schoben. Geschützt ist sie im Jugendstadium durch die großen Seitenblätter, deren Insertion gleichfalls großenteils auf die Sproßoberseite gerückt ist. Ich vermute, daß die Befruchtung vor sich geht, solange noch die Archegoniengruppe von den oberen Seitenblättern einge- schlossen ist. Diese sind näm- lich so eingerollt, daß sie eine nach vorne offene Röhre bilden, durch welche die Spermato- zoiden hereingelangen können. Die Archegoniengruppe sitzt in einer seicht muldenförmigen Ver- tiefung der Oberseite, die Sproß- Fig. 98. Tylimanthus tenellus. Gipfel einer unterseiteistetwasangeschwollen a ak und trägt Rhizoiden; findet die das Sproßende, welche auf ihrer Oberseite Befruchtung statt, so bildet sich Si Ahern a, u Ar UN | ein dicht mit langen abstehen- sprosse. den Rhizoiden bedeckter „Beutel“, dessen Entwicklung mit der oben für T. saccatus geschilderten überein- stimmt. Findet die Befruchtung nicht statt, so tritt eine vegetative Weiter- entwicklung am archegonientragenden Sproßstück ein (Fig. 98). Man könnte glauben, dieses wachse an der Spitze vegetativ weiter, man findet nämlich später scheinbar die Archegoniengruppe auf der Oberseite eines vegetativ ausgewachsenen Sprosses (Fig. 99); die Stelle, an der man die Gruppe zu suchen hat, ist ja leicht kenntlich durch die rhizoiden- bildende Anschwellung auf der Sproßunterseite. Ein solches Weiter- 137 wachsen, wie Gottsche es früher für Calyp. ericetorum auch an- nahm, stände aber im Widerspruch mit der Akrogynie der foliosen Lebermoose. Tatsächlich ließ sich auch, trotzdem nur wenig Material zur Verfügung stand, zeigen, daß die vegetative Sprossung nicht dureh Weiterwachsen der archegonientragenden Sproßachse erfolgt, sondern da- durch, daß an dem Vorderende der Anschwellung, welcher oben die Arche- goniengruppe aufsitzt, ein vegetativer Sproß endogen angelegt (Fig.99, TA) wird, er zerdrückt und durchbricht die ihn ursprünglich bedeckenden Zellschichten und auch an älteren Stadien kann man sehen, daß die oberste Zellschicht des fertilen Sproßendes sich nicht in die des Inno- vationssprosses fortsetzt. Häufig entstehen zwei Sprosse, die in ihrem BB ’ Fig. 99. Längsschnitt durch einen weiblichen Sprof; ı = von Tylimanthus tenellus I. Jung mit endogenem Tz Adventivsproß, II älter, 4 Innovationssproß, der — N Zw scheinbar die Verlängerung von S hildet, ? das / ärchegonientragende Polster, 2 Blätter. basalen Teile auch vereint wachsen können. Es mag dahin gestellt bleiben, ob wirklich zwei getrennte Sprosse angelegt werden oder etwa an der Basis des erstgebildeten frühzeitig ein Seitensproß auftritt. Beides ist ja möglich, die Entscheidung dieser Frage, die nur ein unter- geordnetes Interesse hat, aber ist nur an einem reichen Material möglich. Gottsche!) sagt, „bei G. tenella habe ich einmal gefunden, daß in der Höhlung des saftigen Fruchtsackes, welche natürlich durch die Haube ausgekleidet?) wird und deren Wahrzeichen, der Haisteil des Archegoniums noch auf dieser Höhlung stand, zwei solche ebengeschil- derte Früchte sich fanden. Man müßte hier annehmen, daß das Innere eines Archegoniums (denn seine äußere Zeilwand bildet ja eben später die Haube), die Fruchtzelle, sich geteilt habe.“ Der Grund zu einer solehen Annahme fällt nunmehr weg, nachdem nachgewiesen ist, daß 1) Neue Untersuchungen über die Jungermanniae Leoealyeeae, p. MR. 2) Was, wie wir oben sahen, nicht der Fall ist. 158 die Anschauung, daß das befruchtete Archegonium in den Frucht- sack hineinwachse, irrig ist. Wie oben gezeigt, wächst nur der Embryo in das nach der Befruchtung bedeutend heranwachsende Sproßgewebe hinein. In dem von Gottsche beobachteten Falle handelte es sich also wahrscheinlich darum, daß zwei Archegonien befruchtet worden waren, also zwei Embryonen in das Sproßgewebe hineinwuchsen, welches nicht „durch die Haube ausgekleidet* ist. Die oben beschriebenen Tylimanthusarten zeigen, daß bei den Lebermoosen nicht nur die männlichen, sondern auch die weiblichen Blüten dorsiventral ausgebildet sein können, da die radiäre Ausbildung, weiche ja bei der großen Mehrzahl der Formen vorherrscht und bei den männlichen und weiblichen Blüten der Laubmoose soweit wir wissen, ausnahmslos vorhanden ist, zweifellos die ursprüngliche ist (vgl. das bei Besprechung der dorsiventralen Laubmoose Angeführte), so haben wir hier die bedeutendste Abänderung der Symmetrieverhältnisse vor uns, die bei den Bryophycen vorkommt: die Dorsiventralität erstreckt sich auch auf die Blütenbildung. Fragen wir uns, welche andern Lebermoosgattungen, speziell solche des australisch-neuseeländischen Florengebietes, denselben „Blüten“typus wie Tylimanthus aufweisen, so sind hier Marsupellopsis und Marsupi- dium zu nennen. Marsupellopsis einerascens‘) (Gymnanthe cinerascens) ist vegetativ durch die Bildung ähnlicher, warzenförmiger Zellwand- verdiekungen ausgezeichnet, wie sie oben für Marsupidium setulosum beschrieben wurden. Wenn Berggren sagt: „The female plant re- peatedly produeing flowers at the swollen decurved apex of the procum- bent stem, which apparently continues its growth beyond the flower“, so ist dies wohl zweifellos ebenso aufzufassen, wie der analoge Vor- gang, der oben für Tyl. tenellus dargelegt wurde, d.h. es sind die Blüten auch hier. wie bei allen akrogynen Lebermoosen, terminal, und es stellt sich ein Innovationssproß in die Verlängerung des Hauptsprosses, wenn die Blüte steril geblieben ist. Daß die Pflanze mit Tylimanthus nahe verwandt ist, ist zweifellos. Denken wir uns die weibliche Blüte von Tylimanthus statt am Ende des Hauptsprosses auf einen kurzen Seitensproß verlegt, so er- halten wir ein Verhältnis, wie es sich bei der Gattung Marsupidium findet, welche mit verschiedenen Arten in der neuseeländischen Flora vertreten ist. Die Marsupien entstehen hier teils an der Basis der be- 1) Vgl. Berggren, On New Zealand Hepaticae, Lund 1898, pag. 37. Die Pflanze ist auf der Südinsel am Bealey-Fluß gefunden. 139 blätterten Sprosse (Fig. 100, D, teils an den rhizomartigen, kriechenden Teilen der Pflanze, die zerschlitzten Involucralblätter, welche die auf dem Ende der fertilen Kurztriebe stehende Archegoniengruppe umgeben, sichern die Befruchtung, indem sie, wie häufig, Wasser kapillar fest- halten. Auch hier entsteht als Anschwellung auf der Unterseite die Deischige, später den Beutel bildende, ursprünglich aber solide Gewebe- masse. Zwar habe ich die Entwicklungsgeschichte des Marsupiums nicht lückenlos verfolgen können, wohl aber junge, in das solide Gewebe des Beutels eingedrungene Embryonen beobachtet, was ganz mit dem von Tylimanthus Angege- benen übereinstimmt; der Vorgang verhält sich also nicht, wie Berg- gren — in Übereinstim- mung mit der bisherigen Auffassung — ihn schil- dert, wenn er von dem fertilen Kurzzweig sagt „It is extremely short with the tap-like enlarge- ment at the apex sunk in the ground and bea- ring on its plane der- _- sal surface the female + flower with archegonia. Of these one it fertili- zed and sinks during the growing of tbe young marsupium down in the . ya Un. x feshysubstanceofinist“ ie 100, Mamenien ER, ge durch Auch hier ist es der ein Marsupium (welches noch ‚einen soliden Gewebe“ Embryo, nicht das Ar- körper darstellt). Das befruchte g nicht getroffen. chegonium, welcher sich . in die (durch den infolge der Befruchtung ausgeübten Reiz) heran- wachsende ventrale Verdickung des fertilen Kurztriebes einbohrt'). Das denen von Marsupidium ähnlichen „Beutel von ach dem Typus von 1) Dagegen sind die habituell : ı Geoealyx graveolens, wie ich mich überzeugte, im wesentlichen n Calypogeia gebaut, das befruchtete Archegonium also am Grunde des Beckers, der 138 die Anschauung, daß das befruchtete Archegonium in den Frucht- sack hineinwachse, irrig ist. Wie oben gezeigt, wächst nur der Embryo in das nach der Befruchtung bedeutend heranwachsende Sproßgewebe hinein. In dem von Gottsche beobachteten Falle handelte es sich also wahrscheinlich darum, daß zwei Archegonien befruchtet worden waren, also zwei Embryonen in das Sproßgewebe hineinwuchsen, welches nicht „durch die Haube ausgekleidet“ ist. Die oben beschriebenen Tylimanthusarten zeigen, daß bei den Lebermoosen nicht nur die männlichen, sondern auch die weiblichen Blüten dorsiventral ausgebildet sein können, da die radiäre Ausbildung, welche ja bei der großen Mehrzahl der Formen vorherrscht und bei den männlichen und weiblichen Blüten der Laubmoose soweit wir wissen, ausnahmslos vorhanden ist, zweifellos die ursprüngliche ist (vgl. das bei Besprechung der dorsiventralen Laubmoose Angeführte), so haben wir hier die bedeutendste Abänderung der Symmetrieverhältnisse vor uns, die bei den Bryophycen vorkommt: die Dorsiventralität erstreckt sich auch auf die Blütenbildung. Fragen wir uns, welche andern Lebermoosgattungen, speziell solche des australisch-neuseeländischen Florengebietes, denselben „Blüten“typus wie Tylimanthus aufweisen, so sind hier Marsupellopsis und Marsupi- dium zu nennen. Marsupellopsis einerascens!) (Gymnanthe cinerascens) ist vegetativ durch die Bildung ähnlicher, warzenförmiger Zellwand- verdickungen ausgezeichnet, wie sie oben für Marsupidium setulosum beschrieben wurden. Wenn Berggren sagt: „The female plant re- peatedly producing flowers at the swollen decurved apex of the procum- bent stem, which apparently continues its growth beyond the flower“, so ist dies wohl zweifellos ebenso aufzufassen, wie der analoge Vor- gang, der oben für Tyl. tenellus dargelegt wurde, d.h. es sind die Blüten auch hier, wie bei allen akrogynen Lebermoosen, terminal, und es stellt sich ein Innovationssproß in die Verlängerung des Hauptsprosses, wenn die Blüte steril geblieben ist. Daß die Pflanze mit Tylimanthus nahe verwandt ist, ist zweifellos. Denken wir uns die weibliche Blüte von Tylimanthus statt am Ende des Hauptsprosses auf einen kurzen Seitensproß verlegt, so er- halten wir ein Verhältnis, wie es sich bei der Gattung Marsupidium findet, welche mit verschiedenen Arten in der neuseeländischen Flora vertreten ist. Die Marsupien entstehen hier teils an der Basis der be- 1) Vgl. Berggren, On New Zealand Hepaticae, Lund 1898, pag. 37. Die Pflanze ist auf der Südinsel am Bealey-Fluß gefunden. 139 blätterten Sprosse (Fig. 100, I), teils an den rhizomartigen, kriechenden Teilen der Pflanze, die zerschlitzten Involueralblätter, welche die auf dem Ende der fertilen Kurztriebe stehende Archegoniengruppe umgeben, sichern die Befruchtung, indem sie, wie häufig, Wasser kapillar fest- halten. Auch hier entsteht als Anschwellung auf der Unterseite die fleischige, später den Beutel bildende, ursprünglich aber solide Gewebe- masse. Zwar habe ich die Entwicklungsgeschichte des Marsupiums nicht lückenlos verfolgen können, wohl aber junge, in das solide Gewebe des Beutels eingedrungene Embryonen beobachtet, was ganz mit dem von Tylimanthus Angege- benen übereinstimmt; der Vorgang verhält sich also nicht, wie Berg- gren — in Übereinstim- mung mit der bisherigen Auffassung — ihn schil- dert, wenn er von dem fertilen Kurzzweig sagt „it is extremely short with thetap-like enlarge- ment at the apex sunk in the ground and bea- ring on its plane dor- — sal surface the female 8” flower with archegonia. Of these one it fertili- zed and sinks during the growing of the young marsupium down in the u lm lan. O8 fleshy substancoofthist“ ie 100. Mamuniaan sit du Auch bier ist es der ein Marsupium (weiches noch ‚einen soliden Gewebe Embryo, nicht das Ar- \örper darstellt). Das beirueneis ® nieht getroffen. chegonium, welcher sich \ . in die (durch den infolge der Befruchtung ausgeübten Reiz) heran- wachsende ventrale Verdickung des fertilen Kurztriebes einbohrt'). Das 1) Dagegen sind die habituell denen von Marsupidium ähnlichen „Beutel“ von Geocalyx graveolens, wie ich mich überzeugte, im wesentlichen nach dem Typus von Calypogeia gebaut, das befruchtete Archegonium also am Grunde des Bechers, der 140 Eindringen des Embryos wird offenbar dadurch erleichtert, daß das Zen- trum der später zum Marsupium werdenden Gewebemasse aus kleinen, plasmareichen Zellen besteht. Der Embryo verdrängt und verzehrt später die Zellen zum aller- ‘größten Teile. Er besitzt einen Haustorialkragen (Fig. 101), der in den (wenigen) untersuchten Fällen bis zur Mündung des Marsupiums reicht und die charakteristischen geschlängelten Zellen in seinem oberen Teile aufweist, welche an diesem Organe so oft auftreten (Fig. 101, ID). Es ist klar, daß durch die Verlegung der Archegoniengruppe auf einen im Substrat steckenden Kurztrieb diese von Anfang an in be- sonders geschützter Lage sich befindet. Wir finden diese Erscheinung denn auch, soweit ich sehen kann, bei Lebermoosen, die unter stark wechselnden klimatischen Beding- ungen wachsen. So bei dem antark- tisch-neuseeländischen Marsupidium und Calypogeia Trichomanes, wäh- rend bei dem an ständig feuchten Standorten lebenden Tylimanthus die Archegoniengruppen auf den Enden der über das Substrat her- vortretenden Sprosse sich finden. Noch sei ein Wort über die Vegetationsorgane von Marsupi- dium hinzugefügt. Berggren gibt Fig. 101. Marsupidium Knightii. Längs- an, daß von den Rhizomzweigen die schnitt durch ein Marsupium (Ar), aus einen horizontal wachsen, die an- welchen oben das Sporogon hervorzutreten dern „go down into the ground“. Nur beginnt (der Sporogonstiel streckt sich . : “ später noch bedeutend). / Haustorial- (die ersteren sollen „minute leaves“ kragen. II. Tylimanthus saccatus, Rand haben, die letzteren dagegen nicht, eines Haustorialkragensmitgeschlängelten, 5 ERBEN B stark verlängerten Zellen. was sie wurzelähnlich erscheinen lasse, Die von mir untersuchten Pflanzen hatten an allen ihren unterirdischen Sprossen Niederblätter, wenn diese oft auch stark reduziert sind. Nie habe ich die von Berg- gren beschriebenen blattlosen Sprosse finden können, und ich glaube deshalb annehmen zu dürfen, daß er die reduzierten Blätter an den hier dicke, fleischige Wände hat. Der Innenraum des auf das befruchtete Arche- gonium zuführenden Kanals ist mit großen keulenförmigen Papillen ausgekleidet. Auch hier legt der Neubildun&sherd der Zellen unterhalb der Archegoniengruppe. Die. Rhizeidbildung an der Außenseite des Marsupiums ist eine weniger ausgiebige als bei Calypogeia. \ 141 wurzelähnlichen Sprossen übersehen hat. Bis jetzt sind wirklich blatt- lose Rhizomsprosse nur bei den Calobryaceen (Calobryum und Haplo- mitrium) nachgewiesen. — Ob zu diesem ersten Typus von Marsupiferen noch weitere Formen (außer Tylimanthus und Marsupidium) gehören, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls aber kann er sich mit dem zweiten kombinieren, wie das bei einigen Alicularia-Arten (A. Breidleri, A. haematostica und bei Saecogyna) der Fall ist, worauf unten zurück- zukommen sein wird. Die zweite Gruppe, welche ein nicht durch den Embryo aus- gehöhltes, sondern hohl angelegtes Marsupium aufweist, zeigt zwei Typen: im einen Falle handeit es sich um radiäre Blüten, welche durch einen rings um sie emporwachsenden Ringwall von Sproßgewebe von einem Marsupium umschlossen werden (Isotachis), im anderen Fall um dorsiventrale, welche in ein Marsupium versenkt werden, das zwar auch vom Gewebe der Sproßachse gebildet wird, aber dieses ist durch einen etwas abweichenden Vorgang zustande gekommen. Isotachis. Wenn ich die zweite Reihe der beuteltragenden Lebermoose mit einer Form eröffne, die man bisher nieht hierher gezogen hat, so bedarf das natürlich der Begründung. Diese soll weiter unten gegeben werden, hier sei nur erwähnt, daß die Beutelbildung von Isotachis wohl haupt- sächlich deshalb verkannt wurde, weil man von den wenigen europä- schen mit Marsupien versehenen Lebermoosen her gewöhnt war, die Beutel als röhrenförmige Organe rechtwinklig zur Längsachse der krieehenden Stämme in den Boden eindringen zu sehen. Dies ist bei Isotachis nicht der Fall, die Beutel sind hier oberirdisch und ihre Längsachse fällt mit der der beblätterten Sprosse zusammen. Bei „Arthurs pass“ in Neuseeland sammelte ich J. montana Col. mit Perianthien, aus denen die Stiele der Sporogonen noch heraus- hingen. Die Struktur des „Perianths* ist von den Hepatikologen selır verschieden gedeutet worden. Mitten), welcher die Gattung begründet hat, hebt als besonders charakteristisch hervor: „the structure of its perianth, which unlike any other Jungmannia is composed of several layer of cells; this thiekening of its wall is not owing to the adhesion of the calyptra within, nor to leaves on the external surface“ Gottsche?) hat der Periantbildung in seiner Bearbeitung ‚er Lebermoose von Neu-Granada eine ausführlichere Besprechung gewidmet. 1) In Hooker, Autarctie voyage TI, 2, pag. 149. 2) Ann. d. science. nat. V. serie 1., 1864, pag. 120. 142 Er sagt (a. a. O. p. 122): „In omnibus hisce plantis apex peri- anthii statu normali foliolis accessorüs vel involucralibus minoribus purpurascentibus obvelatus est nee videri potest, nisi margo apieis (perianthii longitudinaliter diseissi) ab interna facie perlustratur ... In flore multae squamulae involuerales torum pistillorum adhue nudum circumstant, quae post perianthii formatio- nem et inerementum eodem in calycem at- tolunter modo ae pistillia sterilia in calyp- tram. Quarum extimae sistunt illa „3 folia et ampigastrium involueralia interna minu- tissima“ Mittenii, quae facile praeterviden- tur et perianthio tantummodo apressa di- euntur, quamquam revera ei accreta sunt; squamulae intimae altius in perianthium attoluntur et ex parte apicem perianthü obvelant, quia eum superant; in perian- thiis juvenilibus hae squamae accretae pur- purascentes sunt, postea magis decolores finnt.* Stephani!) gelangt zu folgender Dar- stellung: „If thin longitudinal sections of a weil-developed perianth of Isotachis are made, we find them to consist of several layers of cells; the innermost layer, which is shorter, can be traced down to the base, and runs out into a variable number of free laciniae. The outer layer formes what we heretofore have been used to call the perianth; it is longer than the internal Fig. 102. Isotachis armata. hi ; 1 Längsschnitt durch ein Marsu- layer, the apex of which is perfeetly hid- pium (2) mit eingeschlossenem, den and cannot be seen from above; tle befindlichem Snorogon, Fin apex of the socalled perianth is split into storialkragen, 5 Blatt außen am similar irregular laeiniae, the outside smooth Marsupium. .....* Er erwähnt Nardia und Sarcoseyphus und folgert aus dieser Vergleichung, daß die innerste Zellschicht des „Perianths“ von Isotachis das eigentliche Perianth darstelle, die äußern Lagen „bracts“, die länger und mit dem Perianth verwachsen seien, wie dieser Verwachsungsprozeß vor sich gehen soll, wird nicht gesagt. 1) Colenso’s New Zeeland Hepaticae, Linnean society’s jouen, botany 1892, Vol. XIX, pag. 279. 143 Zunächst sei der anatomische Bau besprochen, weil er ja das augen- fälligste Unterscheidungsmerkmal gegenüber den sonst aus einer Zell- schicht bestehenden Lebermoosperianthien !) darstellt, während die „Hülle* von Isotachis, wie sie mit einer neutralen Bezeichnung zunächst heißen mag, mehrschichtig ist. Die Zahl der Zellschichten ist im unteren Teil der langzylindrischen nach oben etwas verschmälerten Hülle größer als im oberen, während sie im letzteren nur 3 beträgt, steigt sie unten auf 5—6 (Fig. 109). Charakteristisch ist nun vor allem, daß die mittleren Zellen der Hülle stark verdickte Zellwände haben, während die äußere und innere Zellschicht dünnwandig bleiben, im oberen Teile, wo nur wenig Zellschiehten vorhanden sind, sind auch die Wände der innersten Lage mehr verdickt. Die verdickten Zellwände pflegen auch gelblich gefärbt zu sein und der ganze Bau er- innert auffallend an den der „Beutel“ ver- schiedener geokaly- ceer Jungerman- nieen ?2). Tatsächlich ist auch die Hülle, wie sich aus dem folgen- den ergeben wird, nichts anderes als ein nicht in den Boden eindrin- gender Beutel. Daß die Verdickung der Zellwände und j ichtig- Fig. 103. I. Isotachis montana, das jüngste der bei dieser di & Mehrschichtig Ani aufgefundenen Marsupien (47), ca. 3öfach vergr. keit der Hülle dem I. (Schwächer vergr. als I) Isotachis armata mit einem innerhalb der Hülle Blatte (2) auf der Außenseite. heranreifenden Sporogon Schutz (gegen Austrocknung usw.) in höherem Grade gewährt, als ein einschichtiges Perianth, bedarf keiner weiteren Betonung, das Sporogon reift ja innerhalb einer doppelten Um- hüllung vollständig heran und gelangt erst durch die Streckung des 7 E7 5 1) An der Basis sind sie nicht selten 2—3 Zellagen dick, bei einigen Gepha- lozia-Arten auch weiter oben. Es ist nicht bekannt, wie diese Struktur zustande kommt. Ebenso wie die einschichtig angelegten Blätter mancher Lebermoose durch perikline Teilungen an der Basis mehrschichtig werden, kann dies natürlich auch bei dem Perigon eintreten. j Ben di 2) Bei Isot. armata zeigt die zweite Zellschicht des Beutels von außen die verdiekten Zellmembranen oft dunkel gefärbt. 144 Stieles nach außen. An der Basis befindet sich ein „Involueellum“ (7 Fig. 102), d. h. eine kragenförmige Wucherung des Sporogonfußes, wie sie bei Marsupiferen so häufig ist. Ehe auf die Deutung der Hülle näher eingegangen wird, ist zu- nächst noch ihre (Gestaltung zu besprechen. Sie umschließt zunächst innen eine lange, ziemlich zarte Calyptra, welche oben einschichtig), unten mehrschichtig ist und, wie Gottsche hervorhob, abortierte Arche- gonien in ihrem unteren Teile trägt, ein Beweis dafür, daß der untere Teil der Calyptra eine Stengelcalyptra darstellt. An ihrer Basis ist die Hülle außen umgeben von einigen ihr anliegenden Blättern (Fig. 103), sie sind aber nicht (oder doch nur ausnahmsweise) mit der Hülle verwachsen, wie Gottsche annahm. Es kommen aber zarte Blättchen auch auf der Außenseite des Perianths vor. Bei Isotachis montana sah ich solehe allerdings nicht, wohl aber bei I. armata (Fig. 102 2, 105 II 2) (gesammelt am Pangerango in Java). Hier findet sich, meist im oberen Drittel der Hülle, auf der Außenseite ein sehr zartes, dünnes Blättehen in variabler Höhe, bei manchen Pe- rianthien steht es so hoch. oben, daß es nicht als der Außenfläche des Perianths angehörig hervortritt. Um den Verdacht, daß es sich nur um ein abgerissenes, der Hülle anliegendes Blättchen handle, zu be- seitigen, untersuchte ich seine Insertion genau und stellte zweifellos fest, daß es auf der Außenseite der Hülle entspringt. Für die Deutung der Hülle ist diese Tatsache von Wichtigkeit. Ganz ähnlich findet man ein Blatt auch gelegentlich auf der Außenseite des „Sackes“ von Calypogeia Trichomanes inseriert (vgl. die bekannte Hofmeistersche Abbildung, Tafel V, Fig. 6 und 8 in Ber. der Kgl. sächs. Gesellsch. der Wissensch 1854). Besonders eigentümlich ist die Spitze der Hülle. Hier finden sich einige zarte, nach Gottsche ursprünglich purpurn gefärbte Blättehen, welche bei den von mir untersuchten Perianthien alle schon entfärbt waren. Sie überdecken den Eingang der Hülle und zwar stehen sie einerseits auf der Außenseite, andererseits auch auf der Innenfläche der Hülle, wie auch aus dem Fig. 104 II abgebildeten Querschnitt durch die Spitze einer Hülle hervorgeht. Man sieht dies besonders deutlich auf der Länge nach aufgeschlitzten, von innen be- trachteten Hüllen, wie schon Gottsche hervorhebt. Es zeigt sich dann, daß kleine Zellllächen auf der Innenseite der Hülle entspringen, teil- weise als annähernd vertikal verlaufende Lamellen, welche sich auch (Fig. 105) auf den Beginn des mehrschichtigen Teiles der Hülle er- 1) Offenbar hat hier das heranreifende Sporogon eine Anzahl Zellen zu- sammengedrückt. Bei I. armata war die Calyptra in ihrem unteren Teil 7 Zell- schichten dick, 145 strecken, Außerdem entspringen der Innenseite der Hülle, wie nament- lich bei I. armata (aber auch hei anderen Arten) festgestellt wurde, Schleimpapillen, die auf einem ein- oder mehrzelligen Stiele sitzen (Fig. 106). Auch der zur Stengelcalyptra werdende Gewebeteil trägt solche. Im obern Teil der Hülle sieht man nach abwärts gerichtete, an ihrer Spitze mit einer Schleimpapille versehene Zellreihen. Das sind offenbar Übergänge zu den an der Innenseite des obern Teils der Hülle entspringenden Lamellen, die wir als weiterentwickelte Schleimpapillen betrachten können. Auch diese Schleimpapillen finden sich im „Beutel“ der meisten marsupialen Lebermoose, dort aber meist in größerer Anzahl, „Blüten“ traf ich bei I. montana nicht an, wohl aber bei I. inflata (Herbar- material). Ein Querschnitt durch den basalen Teil einer Blüte zeigt, daß die Archegoniengruppe umgeben ist von einer geschlossenen Hülle, die wir wohl als Perianth bezeichnen können. Sie weicht allerdings von der sonst üblichen Form der Perianthien da- durch ab, daß sie im obern Teil drei freie Flächen zeigt, der Band der dem Perianth angren- zenden Perichätialblätter steht teilweise mit der Basis des ersten in 1. H. Verbindung (Fig. 104, D. Fig. 104. I. Isotachis_inflata, Querschnitt durch Innerhalb dieser Hülle eine weibliche Blüte. II Isotachis armata, Quer- befinden sich eine An- schnitt durch den oberen Teil eines Marsupiuns, zahl kleinerer Zellflächen, die wenigstens zum Teil als weiterentwickelte Schleimpapillen zu betrachten sind. Ein Längsschnitt zeigt, daß die Archegoniengruppe auf einer terminalen Erhebung sich befindet (Fig. 107, I), welche später zur Sproßealyptra wird. Die Enden der Arche- gonien sind umgeben von den haarförmigen Fortsätzen der Hüllblätter, welche eine Schwammwirkung auf Wassertropfen ausüben, auch die freien - Teile des Perianths nehmen an dieser Funktion teil. Zwischenstadien zwischen der „Blüte“ und den oben beschriebenen Stadien lagen nur bei I. armata vor. Es sind eigentlich nur zwei Möglichkeiten vorhanden. Entweder es wächst das Perianth wie gewöhnlich nach der Befruchtung interkalar heran und wird durch perikline Teilungen mehrsehichtig, oder es wird das Perianth mitsamt den es zunächst umgebenden Blättern und den an seiner Basis stehenden Schuppen durch eine wallförmige Wucherung der Sproßachse emporgehoben. Erstere Möglichkeit erscheint ii) Flora 1906. 146 schon durch das Vorkommen von Blättern auf der Außenseite der „Hülle“ ausgeschlossen, wenn wir die zweite annehmen, ist dieses Vor- kommen dagegen leicht verständlich. In Fig. 107 ist die dieser An- nahme nach auswachsende Zone der Sproßachse punktiert. Einige Prä- Fig. 105. Isotachis montana. Oberer Teil eines aufgeschlitzten Marsupiums von innen. parate von I. armata zeigten denn auch, daß tatsächlich der Vorgang in der angegebenen Weise sich abspielt (vgl. Fig. 107, ID. Daraus ergibt sich ferner, daß Stephanis Ansicht, das Perigon kleide den Beutel innen aus nicht haltbar ist, es wird ja das Perigon selbst auf einem Ringwall em- porgehoben, der interkalar wachsend all- mählich seine definitive Größe erreicht. Auch läßt sich nicht nachweisen, daß die innerste Zellschicht der Hülle eine be- L I sondere Endigung hat, die sie als ein dem " Perianth entsprechendes Gebilde erkennen ließe. Wie sollte ferner die „Verwachsung“ dieses Perianths mit den Schuppen vor sich gehen? Die ganze Konstruktion geht aus von dem Wünsche, eine Übereinstimmung Fig. 106. Schleimpapilien aut mit der Perigonbildung anderer folioser and x Aanenfläche des Lebermoose herbeizuführen. Isotachis aber mata; bei II noch drei Zellen hat nur anfangs ein Perigon, später wird dies der InnenflächeimLängssehnitt. yertreten durch einen Beutel, d. h. nach der Befruchtung erhebt sich ein aus mehreren Zellschichten bestehender Ringwall des Sproßachsengewebes unterhalb der Archegoniengruppe und bildet durch interkalares Wachstum die Hülle. Diese hebt dabei die die 147 Archegonien umstehenden zarten Schuppen mit empor, einige werden auf die Innenseite des Ringwalls gleich anfangs verschoben, es ist klar, daß auch auf der Außenseite dabei gelegentlich ein Blättchen stehen kann, wenn auch seine Insertion in die Hebungszone einbezogen wird; je nachdem eine Streckung des Teils der Hülle zwischen diesem Blättchen und den an der Spitze stehenden erfolgt oder nicht, treffen wir es dann auf der Außenseite oder weiter oben an. Von einer „Verwachsung“ ist also keine Rede, es ist vielmehr, wie schon erwähnt, derselbe Vorgang wie bei der Beutelbildung. Auch der Teil der Sproßachse, welcher unter- halb des befruchteten Archegoniums und innerhalb der oben erwähnten 1. n. n url Fr » > a a ” * 7, £ Sproß- Fig. 107. Längsschnitt durch eine Blüte von Isotachis armata. Die Zone des Spro! gewebes, welche ringförmig auswachsen wird, ist punktiert. II. Ältere Blüte im Längsschnitt, das Marsupium ist schon angelegt. Ringzone liegt, wächst nach der Befruchtung heran (Fig. 109), aber viel weniger beträchtlich als der peripherische, die Hülle bildende, Der Embryo bohrt sich in das herangewachsene Stengelgewebe ein und letzteres bildet so die Stengelcalyptra, die aber nicht so lang ist, wie die aus dem Archegoniumbauche hervorgegangene. on Der Vorgang ist von der Perigonbildung nicht prinzipiell unter- schieden. Auch bei letzterer werden ja die Blätter auf gemeinsam wachsender Zone emporgehoben. Aber hier handelt es sich, ebenso wie bei der Entstehung der sympetalen Korolle, deutlich um eine Aus- dehnung der Blattbildung auf eine die Sproßachse umfassende Zone, . . Far. wie ja auch bei manchen vegetativen Lebermoossprossen eine „Ver i 148 wachsung“ von je drei Blättern eines, Blatteyklus stattfindet. Bei der Beutelbildung aber greift die Sproßachse in viel weiter gehendem Maße ein, wir können diesen Vorgang vergleichen mit dem der Bildung des unterständigen Fruchtknotens, oder für Isotachis richtiger gesagt mit dem der Bildung perigyner Blüten. Auch bei diesen hat ja die frühere Morphologie eine „Verwachsung“ von Blumenblättern und Staubblättern mit den Kelchblättern angenommen, eine Annahme, die über den Wachs- tumsvorgang, der dabei stattfindet, ein unzutreffendes Bild gab. So unerwartet auch die Einreihung von Isotachis in die Marsupi- feren sein mag, so unzweifelhaft ist doch die Notwendigkeit dazu. j Fig. 108. Isotachis montana. Längsschnitt durch ein Marsupium. TI. Isotachis armata. Längsschnitt dureh den unteren Teil eines Marsupiums, stärker vergr. In Isotachis lernten wir einen Fall von Marsupienbildung kennen, der dadurch ausgezeichnet ist, daß die das befruchtete Archegonium um- schließende Röhre die Fortsetzung der Sproßachse bildet, weshalb sie eben bisher für ein Perianth gehalten wurde. Bei der Mehrzahl der marsupiferen Jungermanniaceen, von denen im Folgenden einige be- sprochen werden sollen, ist dies, wie schon erwähnt, nicht der Fall: der Beutel bildet mit der Längsachse des Stämmechens einen Winkel 149 von etwa 90° und dringt in den Boden ein, ein Umstand, der zu der Bezeichnung „Geokalyceen“ Veranlassung gegeben hat. Hier möchte ich vor allem betonen (was bisher, auch in der „Organographie“, nicht geschehen ist), daß die erste Voraussetzung für diese Bildung die ist, daß die Archegoniengruppe auf die Oberseite der Sproßachse verschoben, mithin die Blüte, ebenso wie bei Gymnanthe dorsiventral wird‘). Damit ist die Möglichkeit der von der Sproß- achse abweichenden Entwicklungsriehtung des Marsupiums gegeben. Die Archegoniengruppe wird von dem Gewebe der Sproßachse umwallt, das so angelegte Marsupium hat einen längere Zeit funktionierenden Zellbildungsherd an seiner Basis und senkt sich wahrscheinlich infolge O7 Uox von positivem Geoftropismus in den 0e O2 Ö Boden. Daß je nach der Lage der HZ O Ws) N Zone der Sproßachse, welche die oO) NOO Umwallung ausführt, auf der Außen- J seite des Marsupiums Blätter vor- handen sein können oder nicht, daß @) aber das Marsupium selbst keinen 1 BB) blattbildenden Vegetationspunkt be- I. setzt, wie Schiffner angenommen Fig. 109. Querschnitte durch den obe- hatte, wurde früher (Organographie 191) und a unter (ID I] les Mr Pag. 315) ausgeführt, und eine neuer- Innenseite nach rechts, bei II nach links dings erschienene Abhandlung von gekehrt. Douin?), welcher die früheren Arbeiten über den Gegenstand (von Gottsche und Hoffmeister) wohl kaum verglichen hat, bestätigt diese Auffassung, während der Verf. (a. a. O., pag. 105) behauptet „Les botanistes qui lont 6tudi66 jusquiei (Gottsche, Hoffmeister®) ne me paraissent pas avoir bien observ6 le phenomene, et les auteurs actuels ont copi6 leurs erreurs“. Daß letzteres nicht richtig ist — der Irrtum, auf den sich Douin stützt, rührt nicht von Gottsche und Hof- meister, sondern von Schiffner her -— zeigt das Zitat aus der Organo- graphie, welche Douin unbekannt geblieben ist. Ich habe die Ent- wicklungsgeschichte von Calypogeia trichomanis nicht untersucht, aber 1) Vgl. betr. der Übereinstimmung beider die Bemerkung am Schlusse der Schilderung von Balantiopsis (pag. 152). 2) Donin, Cineinnulus trichomanis, Revue bruyologique 1904, pag. 105, 3) Sie! Daß einzelne Figuren Gottsches nicht ganz der Wirkliehkeit ent- sprechen, ist zweifellos, aber auch nicht zu verwundern, da seine Untersuchungen schon sehr weit zurückliegen. 150 schon aus den bisherigen Untersuchungen geht hervor, daß die Ent- wicklung der Marsupien dieser Art so verlaufen wird, wie es in Fig. 110 schematisch dargestellt wird. Die Archegonien stehen auf einem kurzen ventralen Seitenzweig der Hauptächse. Nach der Befruchtung tritt ein starkes, aber ungleichseitiges Wachstum dieses Seitenzweiges ein. Die Blätter 1, 2,3 bleiben an ihrer Stelle, rücken aber durch Streckung des zwischen ihnen und den Archegonien befindlichen Gewebes der Oberseite der Sproßachse von diesen bedeutend ab, die Archegonien werden nach oben verschoben und kommen auf den Grund eines zunächst ungleich- seitigen Bechers zu liegen, an dessen Grunde ein Herd lebhafter Zell- teilung ist, wie ich früher (Organographie a. a. O.) schon hervorhob; ob Fig. 110. Schema für die Entwicklung des Beutels von Calypogeia trichomanis. ZA Hauptsproß, an welchem der weib- liche Kurztrieb sitzt (in mehr ven- traler Stellung, als dies in der Figur " gezeichnet ist). von den Blättern a dc alle auf die Mündung des Marsupiums kommen oder, wie im Schema angenommen, nur @ und d, während c irgendwo auf der Becherwand inseriert ist, hängt von der Verteilung der Streckungs- zone, wie bei Isotachis, ab. Wenn Douin behauptet, daß, wenn kein Archegonium befruchtet werde, „le rameau lateral se continue en rameau ordinaire“, so ist das wohl nur auf seine Unkenntnis der entwicklungsgeschichtlichen Literatur zurückzuführen. Es ist von vornherein anzunehmen, daß auch hier, wie bei 'Tylimanthus, Calypogeia ericetorum‘) u. a, die Fortsetzung des fertilen Sprosses durch einen Seitensproß erfolgt. Die Entwicklungsgeschichte der Marsupien, welche am Ende eines Hauptsprosses entstehen, ist noch nicht untersucht, auch in meinem Materiale fanden sich keine dazu geeigneten Stadien. Indes ist an- zunehmen, daß sie sich in keinem wesentlichen Punkte von der für die ventralen Seitensprosse von Calypogeia trichomanis oben skizzierten unterscheidet. Die eine Hälfte der Innenseite des Beutels bildet also die Verlängerung der Stammoberfläche, die andere gehört einem ventral am Stammscheitel entstandenen Halbringwall an, auf welchem ein Teil der Blätter, welche die Archegoniengruppe umstanden, emporgehoben worden ist. 1) Vgl. Leitgeb, Die Stellung der Fruchtsäcke bei den geokalyceen Junger- mannien. Sitzungsber. der k.k. Akad. der Wissensch. in Wien 1881, Bd. LXXXIM, 1. Abteil, 151 Balantiopsis diplophylla (und verwandte Arten). In derselben feuchten Schlucht in Neuseeland (bei Brunner), in welcher ich Tylimanthus saccatus sammelte, wuchs auch Balantiopsis diplophylla in größerer Menge, ein Lebermoos, welches sehr auffällt durch die Purpurfarbe seiner mit langen, aber freiabstehenden Rhizoiden besetzten Beutel. Hier sind diese von Anfang an hohl. Es wurden in dem Beutelgewebe und auch in dem Beutel selbst an dem Alkohol- material oft Sphärite beobachtet, die den bekannten Inulin- Sphäriten gleichen und wie diese in warmem Wasser löslich sind. Es handelt sich wohl um ein im Zellsaft gelöstes Kohlehydrat, welches den heran- wachsenden Em- bryonen zur Nah- rung dient; es ist bei neusee- ländischen Jun- germanniaceen sehr weit ver- breitet und tritt auch bei Letho- ‘colea und Acro- bolbus in den Beutelu resp. im Sporogonfuß in großer Menge auf, DerEingang in den Beutel ist durch eigenar- tige Blattbildun- gen geschützt. Berggren un Fig. 111. Balantiopsis diplophylla. Marsupium ca. 19 mal vergr. terscheidet. folia An der Aussenseite des Marsupiums entspringt ein Adventivsproß. subinvolueralia Rechts ein Stück des Stämmehens (Blätter fast ganz entfernt), dessen Endigung der Beutel darstellt. — d.h. die dem Beutel nächststehenden Stengelblätter, welche größer sind als die übrigen, und eine weniger ausgesprochene Größenverschiedenheit zwischen Ober- und Unterlappen zeigen, sie legen sich Nach über den Beutel her — und folia involucralia. Diese stehen am Eingang des Beutels steil aufgerichtet und kegelförmig zusammenneigend (Fig. 111), sie verhindern offenbar ein Eindringen von Wasser in den Beutel, während sie ursprünglich, vor der Beutelbildung, durch ihre Zerteilung 152 in feine Zipfel geeignet sind, spermatozoidhaltige Wassertropfen fest- zuhalten und den zwischen ihnen stehenden Archegonien zuzuführen. Diese können damit um so leichter in Berührung kommen, als sie sehr lange Hälse haben. Es scheint die Befruchtung auch regelmäßig statt- zufinden, da zahlreiche Beutel, aber keine sterilgebliebenen Archegonien- stände angetroffen wurden. Daß man gelegentlich Blätter an der Außen- seite (Fig. 111 rechts) und auch im oberen Teil der Innenseite des Beutels antrifft, kann nach dem, was oben über die Entwieklungsgeschichte auch an Isotachis ausgeführt wurde, nicht befremden; in einem Falle hatte sich auch ein schmächtiger Seitensproß resp. Adventivsproß auf der Außenseite eines Beutels entwickelt (Fig. 111). Die Zellen mit purpur- rot gefärbten Wänden (auch die Spitze des den Beutel abschließenden Blattschopfes zeigt diese Färbung) haben eine eigentümliche, netzartige Verdiekung speziell der Außenwand. Immerhin aber ist diese Ver- diekung ganz unbedeutend gegenüber der in den Marsupien von Acro- bolbus und Lethocolea unten zu schildernden, was mit dem ständig feuchten Standort zusammenhängen dürfte. An älteren Beuteln lösen sieh die äußeren Zellen wie die von Tylimanthus teilweise ab. Wenn Berggren.a.a. O. sagt: „the marsupium is quite smooth inside without any protuberances as in some of the other Geocalyceae“, so trifft dies nicht ganz zu‘). Denn gelegentlich, wenngleich seiten, trifft man Protuberanzen, welche Schleimpapillen tragen — eine Tatsache, die des Vergleichs mit andern Marsupiferen halber nicht ohne Interesse ist. Die Archegonien stehen auf dem Grunde des Beutels. Es wird nur eines gewöhnlich befruchtet, nur einmal traf ich ein zweites, dessen Embryo aber offenbar stehen geblieben war. Wie die Figuren 112 und 113 zeigen, bohrt sich der Embryo in den unteren, dickeren Teil des Beutels ein und werden die sterilen Archegonien auf die „Calyptra® emporgehoben. Die Entwicklung des kragenförmigen Auswuchses aus der Sporogonbasis ließ sich hier deut- lich verfolgen; es reicht aber dieser (am Rande gezackte) Auswuchs viel weniger weit hinauf als bei Tylimanthus, nämlich nur etwa bis zu der Stelle, wo die „Calyptra* an die Beutelwand ansetzt (Fig. 113, rechts). Wenn wir bedenken, daß einerseits auch bei Tylimanthus die Archegonien in einer Vertiefung der Oberseite stehen, welche durch eine ringförmige Erhebung der Sproßachse zustande kommt (vgl. die Ab- 1) Ebensowenig freilich die Angabe Schiffners (a. a. O., pag. 111) „Frukü- fikation . . . einen herabhängenden Sack darstellend, wie bei Tylimanihus, der am Rande von zweispaltigen Schuppenblättern gekrönt und im Innern von solchen ausgekleidet ist (Sperrung von mir. G) 153 bildung Fig. 210, III in Organographie II, pag. 316), andererseits bei Balantiopsis der Fuß des Embryos sich in den unteren verdiekten Teil!) des Beutels einbohrt, so sehen wir, daß zwischen den beiden Arten von Marsupien, welche wir nach der Entwieklungsgeschichte unterschieden haben, doch keine prinzipiellen Differenzen bestehen. Durch verhältnis- mäßig nicht sehr bedeutende Verschiebungen in der Wachstumsintensifät bestimmter Zonen kann man eine Form in die andere überführen. In beiden Fällen dient der Beutel einerseits als Verstärkung des Schutzes für den heranwachsenden Embryo, andererseits zur vorläufigen Auf- speicherung von Reservestoffen für diesen. Fig. 112. Fig. 118. ee I Fig. 112. Balantiopsis diplophylla Längsschnitt durch den unteren Teil eines Beutels mit befruchtetem Archegonium. tig. 113. Balantiopsis diplophylla. Marsupienlängsschnitte, links durch Beutel mit Embryo, welcher etwas älter ist, als der in Fig. 112 abgebildete, rechts Längsschnitt durch einen Beutel, aus welchem das Sporogon schon herausgetreten ist, nur die Stiel- basis und der Fuß stecken noch im Beutel, in welchem auch die seitlich durch- brochene Calypira deutlich erkennbar ist. Eine Besprechung verdient noch die Blattbildung. Bekanntlich gehört Balantiopsis zu denjenigen Lebermoosen, bei welchen der Blatt- oberlappen bedeutend kleiner ist, als der Unterlappen. Die Insertion des letzteren am Stämmchen ist eine eigentümliche, sie ist nicht gerade, sondern bildet, wie die Seitenansicht in Fig. 114, I, links zeigt, einen nach hinten offenen Bogen. Die Insertion des Oberlappens ist seiner Größe ent- sprechend eine viel kleinere, als die des Unterlappens. Auch hier hängt (lie IT 1) Umfangreicher als bei Balantiopsis ist dieser bei Saccogyna. 154 Größendifterenz des Blattes mit der Gesamtsymmetrie des ganzen Sprosses zusammen. Zwar ist die Oberseite als Ganzes gegen die Unterseite gefördert, aber in der Oberseite selbst sind es die unteren Teile der Flanken, welche stärker entwickelt sind, als die oberen. Der hier inserierte Teil des Blattes ist denn auch der größere, weil besser er- nährte, auch die Zellen werden hier größer. Es tritt dies auch auf - dem Querschnitt durch eine Stammspitze (Fig. 113) hervor. Ursprüng- lich sind die beiden Biattlappen gleich groß und gleich inseriert. Die Lagenveränderung, welche der Oberlappen erfährt, ist eine verhältnis- mäßig unbedeutende, es wird sein unterer Rand | . gehoben, so daß seine \ Fläche annähernd hori- zontal steht. Auch der r Unterlappen wird so verschoben, daß seine Fläche, welche ursprüng- lich annähernd vertikal / N | }tand, bogenförmig ge- krümmt erscheint, die beiden Teile des Bogens u N stehen schließlich zwar nicht ganz horizontal, aber bilden mit der Ver- tikalen doch nur einen Winkel von etwa 30°. N Dies geschieht durch A SID N stärkeres Wachstum der unteren Hälfte der Seg- mentoberfläche. Die Fig. 114, Balantiopsis (aequiloba?). Blattinsertion Asymmetrie des Blattes der Seitenblätter auf einer abgerollt gedachten Stamm- ist auch hier bedingt oberfläche rechts und m neifenansicht des Stämm- durch das Verhalten der Sproßachse, welche die Blätter trägt. Die foliosen Lebermoose lösen das Problem, die Blattfläche ihrer Seitenblätter möglichst rechtwinklig zum Lichteinfall zu stellen, auf verschiedene Weise entweder dadurch, daß das ganze Blatt in eine mehr oder minder horizontale Lage verschoben wird, oder dadurch, daß die beiden Blatthälften an ihrer Verbindungs- stelle sozusagen zusammengefaltet werden (z. B. Radula u. a.), oder 155 dadurch, daß die beiden Blattlappen wie bei Balantiopsis frühzeitig der Hauptsache nach gesondert sich verhalten und der Unterlappen gebogen und durch entsprechendes Wachstum der Stammoberfläche an- nähernd in die Längsachse des Sprosses verschoben wird. Eine_ge- nauere Verfolgung des Vorganges würde hier zu weit führen. Aeroboibus. Im „Nationalpark“ bei Sydney fand ich ein Lebermoos, das Mittens Gymnanthe unguieulata nahe steht und wohl mit ihr identisch ist. Diese Form ist neuerdings als Acrobolbus abgetrennt worden. Mitten!) be- schreibt seine Art folgendermaßen: „caule repente adscendente ereberrime radieuloso, foliis imbricatis suborbicalutis, quadratisve inaequaliter sinuato- bilobis lobo dorsali minore bi-tri-spinoso ventrali subquadridendato, TulD ZUR 1 SI — © Fig. 113. Balantiopsis diplophylla. Querschnitt durch die Stammspitze. amphigastriis minutis palmatis bifidisve spinoso dentatis.* Eine ein- gehendere Beschreibung verdanken wir Berggren (a. a.0.p. 27), der hervorhebt: „this very rare species has hitherto not been found in any other country than in New-Zealand and only in a few localities there.” Es dürfte also der Standort auf dem australischen Festland ?) auch pflanzen- geographisch von einigem Interesse sein. Berggren hat offenbarschmächtige Pflanzen vor sich gehabt, da er den Beutel nur als 1 em lang beschreibt. Was die Amphigastrien anbelangt, so sagt Berggren: „I have not been able to find amphigastria in this species, and believe there H In Hooker, Flora of New Zealand, Bd. II, p. 144. 2) Auch in Westaustralien bei Perth sammelte ich ein mit dem hier bespro- chenen nahe verwandtes oder übereinstimmendes Lebermoos. 156 are none of them, but sometimes apparently stipule-formed emergences proceed from the fixing point of the ventral margin of the leaf, where bundles of rootlets originate“ Dazu sei folgendes bemerkt: Amphi- .gastrien waren bei den untersuchten Exemplaren stets vorhanden. Aller- dings sind sie sehr klein und können der Beobachtung um so leichter entgehen, als sie in den älteren Stammteilen rechtwinklig von der Sproß- achse abstehen. Ihre Ausbildung variiert. In Fig. 114, II ist ein zwei- \ lappiges abgebildet, das an den Spitzen (der nur durch je eine Zelle gebildeten Lappen) je eine Schleimpapille trägt, in Fig. 114, I die Spitze eines anderen, das in drei mit Schleimpapillen endigende 1. ausgeht, bei andern ist die Zahl der ] Schleimpapillen eine größere. Die sehr ' langen und engen Rhizoiden (welche an der Spitze wie die vieler andern foliosen Lebermoose öfters durch Pilzinfektion kugelig angeschwollen sind) entspringen größtenteils auf der Außenseite des auf die Stämmchenunterseite hinabgreifenden Teiles der Seitenblätter, außerdem an der Basis der Amphigastrien und gelegent- lich auch aus Zellen der Stammober- tläche zwischen den Blattinsertionen. Die II. W Länge und Enge der Rhizoiden steht eben- Fig. Lid. Acrobolbus unguieula- so wie die Länge der Beutel und die tus. I u. IL Amphigastrien, Im. Gestalt und Anwendung der Blätter u. IV. Schleimtragende Zellreihen (welche bedingt, daß sie schwammartig aus der Innenfläche des Marsu- . . Ende Diums entspringend. Wasser festhalten) mit dem nicht ständig feuchten Standort zusammen. Die Pflanze gehört zu den merkwürdigsten Geokalyceen. Schon die Dimensionen der Beutel sind im Vergleich riesige, ich maß solche von 2'/, em Länge! Sie sind ursprünglich zylindrisch und dringen, wie schon aus der Lage der Stämmchen hervorgeht, in den Boden ein (Fig. 115), der an manchen Stellen dicht von den Beuteln durchwachsen war. Später schwellen sie an der Spitze keulenförmig an, was durch das Wachstum des Embryos bedingt ist (Fig. 115, III). Die Säcke tragen lange Rhizoiden, sie sind von Anfang an hohl, tragen also die Archegoniengruppe an ihrer tiefsten Stelle. Wie bei Calypogeia sind die Archegonien auf einem Stiel inseriert, der sich später an der Bildung 157 der Calyptra beteiligt. Mit, Calypogeia (vgl. Organographie, Fig. 209) stimmt auch überein, daß die Innenwand der Beutel besetzt ist mit keulenförmigen schleimabsondernden Papillen. Diese stehen auf Zellen oder Zellreihen, welche aus der Innenseite entspringen. Im untern Teile des Beutels sind die Zellreihen nach abwärts gekehrt (Fig. 114, IH und IV) und verlaufen etwa parallel der Innenwand, im oberen Teil sind sie schief nach oben gerichtet, Fig. 115. Acrobolbus unguiculatus. Habitusbild einer Pflanze mit jungem noch Aicht ausgewachsenem Marsupium, 4fach vergr. II. Ausgewachsener Beutel einer anderen Pflanze in derselben Vergrößerung. III. Längsschnitt durch den ange- schwollenen Teil eines derartigen Beutels. Kapselraum des Embryos ‚schraffiert, 3 Bohrspitze, 7 Haustorium, dessen Kragen bis zur Hälfte der Kapsel hinaufreicht. Sie setzen so dem Vordringen des Sporogons durch den ziemlich engen Kanal der Säcke am wenigsten Widerstand entgegen und der abgesonderte Schleim wird einmal das Aufwärtswachsen des Sporogons in der engen Röhre erleichtern, andererseits das Eindringen von Wasser ‚von außen verhindern und eine gewisse Wassermenge im Beutel fest- halten. Das Sporogon hat an seinem oberen Ende eine besondere Bohrspitze (115, III B). Während die Wand anderer Lebermoossporo- gonien oben flachgewölbt ist, läuft die der Acrobolbus-Sporogonien in eine, aus mehreren Zellschichten gebildete kegelförmige Spitze aus; ob die Zellwände hier etwa besonders verdickt sind, konnte ich, da mir keine reifen Sporogonien vorlagen, nicht entscheiden, aber daß die schlanke 158 Gestalt und die Bohrspitze der Kapseln mit dem engen Kanal in Be- ziehung steht, durch den sie (durch Streckung des Sporogonstiels) nach oben geschoben werden, erscheint mir zweifellos (vgl. Fig. 115, III. Übrigens finden sich schleimabsondernde Papillen auch an der Basis der Archegoniengruppe. Der Haustorialkragen des Embryos ist hier ungemein stark entwickelt!), er reicht bei Sporogonien von dem in Fig. 115, III abgebildeten Entwicklungszustand fast bis zur Hälfte der Kapsel hinauf und die Bezeichnung „Involucellum“ wird hier begreiflich. Es ist ein unten mehrschichtiger, oben zweischichtiger Zellkörper, welcher im Gegensatz zu den jetzt offenbar größtenteils entleerten Zellen des Beutels reich ist an Baustoffen, freilich nicht so reich wie die damit vollge- pfropften Zellen des Sporogonstieles, durch welche die vom Haustorium aufgenommenen Materialien auch dem Kapselteil zugeführt werden. Die Außenzellen des Haustoriums heben sich gegen die Beutelzellen un- gemein scharf ab durch eine scheinbar sehr dicke, gelblich gefärbte Wand. Bei genauerer Betrachtung stellt sich diese aber heraus als der Hauptsache nach gebildet aus den Membranen ausgesogener und zusammengedrückter Beutelzellen, deren Höhlungen man gelegentlich als schmale Spalten noch wahrnimmt. Das Anschwellen des Haustoriums bedingt namentlich die keulenförmige Erweiterung der Beutelbasis. Daß ein mit einem so umfangreichen, bis zur Reife erhalten bleibenden Basalstück versehenes Sporogonium damit auch eine festere Verankerung im Boden hat, ist selbstverständlich, aber der Hauptsache nach ist das „Involucellum“ doch, wie oben hervorgehoben, ein Haustorium. Der Verlauf der Entwicklung ist offenbar der, daß nach der Befruchtung zunächst der Archegonienstiel zu einem weiteren Wachstum angeregt wird, und ebenso das Beutelgewebe unterhalb desselben. In dieses Nährgewebe wächst der Embryo hinein und verzehrt es zum großen Teil mittelst des Haustoriums. Daß die Entwicklung des Beutels auch hier von der Befruchtung abhängig ist, ergibt sich daraus, daß Beutel mit unbefruchteten Archegonien überhaupt nicht angetroffen wurden. Von Interesse sind namentlich die Einriehtungen, welche einen Schutz des Beutels bei seinem Vordringen im Boden bedingen. Die Beutel besitzen nämlich ursprünglich an ihrer Spitze ein beson- deres Bohrorgan, das eine überraschende Ähnlichkeit mit einer Wurzelhaube aufweist. Wir sehen an der Spitze des Beutels die meristematische. Region überlagert von einer Kappe von Zellen, die sich nicht mehr teilen (vgl. die schematische Figur 116). 1) Merkwürdigerweise ist er in der Abbildung Berggrens Fig. 207 ganz übersehen. 159 Diese Kappe, deren Ähnlichkeit mit einer Wurzelhaube noch dadurch gesteigert wird, daß einzelne Zellen der äußersten Schicht sich ablösen, überdeckt das Teilungsgewebe, welches neues Zellmaterial für das Wachstum des Marsupiums Hefert. Die Ähnlichkeit mit einer Wurzel- haube ist oft noch viel größer als in der schematisierten Abbildung (Fig. 116). Der Fall ist von Interesse, weil er — etwa von den Embryonen von Cephalotaxus und Araucaria abgesehen — bis jetzt das einzige Analogon zur Wurzelhaubenbildung darstellt, und die Marsupien ja auch in ihren Lebensverhältnissen und ihrer Gestalt sehr Wurzeln gleichen. Es liegt nahe, bei beiden Organen das Auftreten einer Wurzel- haube damit in Verbindung zu setzen, daß beim Vordringen in den Fig. 116 Fig. 117. us Fig. 116. Längsschnitt durch die Spitze - eines ausgewachsenen Marsupiums von Acrobolbus unguieulatus. Auf dem Grunde der Beutelhöhle ein befruchtetes und mehrere unbefruchtete Archegonien. Das Zellnetz ist nur schematisch eingezeichnet. Fig. 117. Schnitt durch einen Teil der Wand eines älteren Acrobolbus-Beutels stark vergr. Boden die an der Spitze befindlichen Zellen ihren embryonalen Charakter durch die Verhältnisse, denen sie ausgesetzt waren, verloren und so die Region des embryonalen Wachstums in das Innere der Spitze verlegt wurde. Ältere Marsupien zeigen die „Haube“ nicht mehr. In ihnen tritt eine Differenzierung des Beutelgewebes auf in einem äußeren Teil, dessen Zellwände sich verdicken und bräunlich gefärbt sind, und einem innern, bei dessen Zellen die Wandverdickung unterbleibt. Im äußeren Teil 160 sind die Wände namentlich nach innen hin stärker ausgebildet (Fig. 117) und zuweilen mit eigentümlichen zapfenförmigen Vorsprüngen versehen. Es ist klar, daß durch diese Wandverdickung (welche in noch viel auf- fallenderer Weise bei Lethocolea auftritt) der äußere Teil des Beutels zu einer festen Scheide wird, welche nicht nur den im unteren Beutel- teil geborgenen Embryo schützt, sondern auch das spätere Empor- steigen der Kapsel innerhalb des Marsupiums sichert. In Fig. 118 ist ein Beutel abgebildet, an dem zwei beblätterte Adventivsprosse entspringen. Man könnte annehmen, dies werde viel- leicht durch eine Verkümmerung des Kril Sporogons veranlaßt, da dadurch Nah- rungsmaterialien frei würden. Aber es befand. sich innerhalb des Beutels ein anscheinend vollständig normales Sporogon mit zahlreichen in Tetraden- teilung begriffenen Sporenmutterzellen. Trotzdem ist es möglich und wahr- scheinlich, daß ein Überschuß an Bau- stoffen das Auftreten der Sprosse be- dingt, von denen ich, obwohl ich keine jungen Stadien fand, annehmen möchte, daß sie endogen entstandene Adven- tivsprosse darstellen. Lethocoiea. Taylor beschrieb 18461) ein am . Swan River gesammeltes, sonderbares Den an Adsentiprosen. _10Permoos Podanthe squamata, das er 5fach verer. ursprünglich für eine Rieeia gehalten hatte; offenbar lag eine künstliche Kom- bination eines thallosen mit einem foliosen Lebermoos vor. In der Synopsis hepatiearum 2) wird aufmerksam gemacht auf die Übereinstimmung mit Gymnanthe („e parte squamulosa extrema oritur prolongatio e costa meclia, radicans, structura et positione analoga receptaculo descendenti in genere Gymnanthe“). Mit Gymnanthe hat Mitten die Pflanze unter dem Namen Gymnanthe Drummondii vereinigt), sie aber später als Lethocolea wieder abgetrennt. Die Arten dieser Gattung werden von 1} ‚Feurnal of hotany, London 1846, 2) par. 780, 3) Flora of New Zealand, Bd. U, pag. 144. 161 Schiffner teils zu Calypogeia gestellt (so die vorliegende), teils zu Symphyomitra. Indes liegen, wie unten zu zeigen sein wird, hin- reichend Gründe für die Selbständigkeit der Gattung Lethocolea (was die australischen Arten anbelangt) vor; in der Struktur des Marsu- piums und der Gestaltung des Embryos schließen sie sich nahe an Acrobolbus an. Lethocolea Drummondi müßte eigentlich wohl L. squa- mata heißen, indes mögen das die Systematiker ausmachen, die an Um- taufungen Gefallen finden. Die Pflanze fand ich am Swan River in der Umgebung von Perth recht häufig. Zunächst sei ihr vegetatives Ver- halten kurz geschildert. Die Stämmchen kriechen meist in ziemlich Fig. 119. Lethocolea Drummondi. I. Habitusbild eines Pflänzchens, 11fach vergr. Links alter, rechts neuer Jahrestrieb, welcher in ein Marsupium endigt. K Knollen- förmig verdicktes (früheres) Ende des ersten ‚Tahrestriebs. II. Pflanze mit älterem Marsupium, schwächer vergr. dichten Rasen auf humos-mooriger Erde, in der sie durch zahlreiche lange Rhizoiden befestigt sind. Die Stämmehen zeigen (Fig. 119) meist nicht einen geraden, sondern einen bogigen Verlauf, d. bh. erheben sich aus dem Boden, um dann an der Oberfläche weiter zu kriechen und “an der Spitze ein wieder in den Boden eindringendes langes, dünnes Marsupium zu bilden, falls sie es zur Bildung von Archegonien gebracht haben und eines von diesen befruchtet worden ist, Ist das Stämmehen steril geblieben, so zeigt sein nächster Trieb eine aufsteigende Richtung. Flora 1906. u 162 Dies hängt damit zusammen, daß sich die Stämmehen zeitweise — offenbar in der trockenen Jahreszeit — sozusagen in den Boden ver- kriechen. Man sieht unterhalb der Endknospe eine Ablagerung von Reservestoffen eintreten, womit das vegetative Wachstum still steht. Zugleich tritt hier auch eine reichliche Rkizoidbildung ein. Dieser für eine Ruheperiode eingerichtete Endteil des Sprosses hebt sich bald mehr, bald minder deutlich von den übrigen ab (X’Fig. 119). Die hinteren Teile des Sprosses verwittern später und gehen zugrunde. (In Fig.119,1 ist dieser Teil noch erhalten) Die Endknospe aber, die unterdessen (sei es durch Überwachsenwerden von seiten anderer Pflanzen, sei es durch andere Vorgänge — vielleicht durch eine Verkürzung der Rhizoi- den —) tiefer in den Boden gelangt ist, treibt einen neuen, aufsteigen- den Sproß, dessen Achse zuweilen in ihrem unteren Teile stark gestreckt ist. Sie beginnt zunächst mit Blättern, welche kleiner sind als die, welche an der früheren Endknospe standen; allmählich tritt dann wieder eine Steigerung der Blattgröße ein. An ihrer Basis läßt sich der alte Sproß, speziell sein zuweilen knollig verdickter Endteil noch eine Zeitlang nachweisen (Fig. 119, %. So hat also die Pflanze eine periodische Entwicklung, ihr Verhalten stimmt überein mit der Knöllchenbildung, welche bei einer Anzahl anakrogyner Lebermoose nachgewiesen ist; damit stimmt auch das unten zu besprechende Verhalten bei der Keimung sowie die merkwürdige Knollenbildung, die zuweilen an den Marsupien eintritt, überein ; alles Einrichtungen, welche dem zartgebauten Pllänzehen die Überstehung von Trockenzeiten ermöglichen; es ist charakteristisch, daß ganz Ähnliches bei andern an denselben Standorten wachsenden Lebermoosen (Anthoceros, Fossombronia-Arten !) wieder- kehrt. Meist sind die Lethocoleapflanzen unverzweigt, doch fand ich ge- legentlich Exemplare, die unten auf der Flanke Seitensprosse trugen. So eine Pflanze mit kleinem, offenbar verkümmerndem Marsupium, diese hatte kurz hinter der Spitze zwei Seitensprosse. Die Stämmchen zeigen einen ausgeprägt dorsiventralen Bau da- durch, daß sie stark abgeflacht sind (Fig. 120) und die an der Ober- seite gelegenen Zellen bedeutend größer sind als die anderen; vielleicht dienen sie der Wasserspeicherung. Die Blätter variieren in ihrer Ausbildung, meist aber sind sie zungenförmig (Fig. 119), gelegentlich oben ausgerandet, sie sind schief 1) Von diesen sammelte ich bei Perth mehrere knöllchenbildende Arten. Da sie aber steril waren und nichts besonders Nenes in ihrer Organbildung zeigen, mögen sie unbesprochen bleiben. 168 ® inseriert und aufgerichtet, sie schließen in der Endknospe muschelschalen- förmig zusammen. Ihr Zellnetz zeichnet sich durch den Mangel an Wandverdiekung und die meist rechteckigen Randzellen aus (Fig. 120). Nach Berggren sollen sich an der Mündung des Marsupiums Involueral- blätter finden („Mouth of marsupium surrounded with involueral leaves“, p.25 a.a.0.). Indes fand sich höchstens ein kleines, eine Hemmungsbildung darstellendes Blättchen innerhalb der großen Blätter am Ende des Stämmehens. Von Involueralblättern kann man hier meiner Ansicht nach nicht sprechen. Die Marsupien erreichen eine Länge von etwa l em, bei einer Dicke von etwa 0,3—0,5 mm. Sie sind mit zahlreichen Rhizoiden besetzt und am Ende, wenn sie einen älteren Embryo ein- Fig. 120. Lethocolea Drummondii. Links Stammquerschnitt, rechts Zellnetz des Blattendes, stark vergr. schließen, etwas keulenförmig angeschwollen, wie bei Acrobolbus. Jüngere Stadien zeigen ein ähnliches Verhalten, wie ich es für Calypogeia ericetorum früher beschrieben habe‘), d. h. es liegt unterhalb der Archegoniengruppe im Beutel ein kleinzelliges, plasmareiches Meristem, welches den Zellzuwachs besorgt (Fig. 121). Auch hier aber ist das eigent- liche Teilungsgewebe von Dauerzellen überlagert, so daß, wenngleich nicht so ausgeprägt, wie bei Acrobolbus, auch hier ein wurzelspitzen- ähnlicher Bau vorliegt. Die Streckungszone ist offenbar eine sehr kurze. Die Archegonstiele waren in den beobachteten Fällen weniger entwickelt, als bei Calypogeia, der Kanal in jugendlichen Stadien fast verschlossen durch die papillenförmig auswachsenden Innenzellen, welche teilweise Schleimpapillen tragen. Besonders eigentümlich ist hier die 1) Organograpbie, pag. 315. 117 164 Ausbildung der Wand in späteren Stadien. Sie besteht ursprünglich aus etwa 8 Zellschichten). Die älteren Marsupien fallen auf durch ihre dunkle Färbung. Diese beruht darauf, daß in bestimmten Zell- schichten sehr starke Wandverdickungen auftreten, welche braun gefärbt sind. Die Zellschicht, welche diese Wandverdickungen zeigt, ist meist die zweite oder dritte von außen (Fig. 122, I). Verdickt werden die Seitenwände (also die Zellwände mit Ausnahme der Tangentialwände). Diese bilden in Oberflächenansicht betrachtet (Fig. 122, II) ein zier- liches, aber sehr festes braunes Gitterwerk, dessen Bildung im obern Teil des Beutels beginnt, während der untere noch im Wachstum be- griffen ist. Es handelt sich hier um eine merkwürdige Anpassung. Klar ist, daß durch das Gitterwerk eine feste Hohl- röhre gebildet wird. Ein Schutz beim Vordringen im Boden, wie wir ihn bei Acro- bolbus kennen gelernt haben, wird dadurch nicht erreicht, da ja die Bildung der festen Röhre erst später erfolgt. Vielmehr handelt es sich offenbar darum, eine Aus- steifung der zarten, dünnen Röhre zu bilden, durch welche das Sporogonium später ungehindert nach oben dringen kann, während die zartwandigen Zellen der Beutelwand, namentlich die äußeren, später zusammen- Fig. 121. Lethocolea Drummendi. Längsschnitt fallen. Solch sklerotische durch die Spitze eines noch im Wachstum be- Wandverdiekungen sind mir griffenen Beutels, von keinem anderen foliosen Lebermoose bekannt, und diese charakteristische Beutelstruktur (von der Berggren nichts erwähnt) ist auch bei Calypogeia nicht vorhanden. Diese Eigentümliehkeit spricht 1) ‚Ber ggren gibt nur 4 an (a. a. OÖ. pag. 25), in Fig. 122, I sind 5 Zellschichten vorhanden. Es bleibe dahingestellt, ob die Zahl der Zellen bei einer und derselben Art wechselt oder bei verschiedenen, einander nahestehenden Arten verschieden ist. 165 ebenso wie die Gestaltung des Embryo und die unten zu erwähnende keimung für die Abtrennung von Calypogeia. Es wird durch die anatomische Beschaffenheit; des Marsupiums, wenn der Boden eintrocknet, der in der Röhre eingeschlossene Embryo, welcher offenbar auch ein Ruhestadium durchmacht, vor dem Drucke des Bodens geschützt, auch tierische Feinde werden wohl durch die harte, feste Röhre, welche den Embryo umgibt, abgehalten. Der Embryo zeichnet sich ganz ähnlich wie der von Acrobolbus durch einen sehr stark entwickelten Haustorialkragen aus (Fig. 123), auch er hat eine ganz ähnliche Bohrspitze wie der von Acrobolbus. Daß das „Involucellum“: auch hier nichts anderes ist, als der stark ent- wickelte Fuß des Em- bryos braucht wohl kaum hervorgehoben zu wer- den, es ist ferner klar, = daß seine mächtige Ent- N . . . N wicklung nicht nur eine x gute Ausnützung der < dureh den Beutel zuge- N führten Baustoffe, son- SR dern auch eine vorüber- II gehende Aufspeicherung 1. der letzteren ermöglicht. Fig. 122. Lethocolea Drummondi. I. Stück eines j " } fertieen Beutel im Längsschnitte, stark vergr. Die stark Keimpflanzen fanden verdickten, dunkel gefärbten Teile der Zellmembranen Sich in großer Menge. jchraffiert. IT. Stück der Oberflächenansicht eines i i ü Bentels, welche zeigt, daß die verdickten Wandstellen Wenigstens muß ich für Maschen bilden, zwischen welchen die (hier nicht ge- Keimpflanzen halten die zeichneten) Zeilen mit unverdickten Wänden sich be- Pflänzchen, welche Iin- finden. senförmigen Zellkörpern aufsitzend sich vielfach vorfanden (Fig. 124). Man könnte geneigt sein, diese linsenförmigen Zellkörper für Brutknospen zu halten, zumal Reste eines Exospors nicht nachweisbar waren. Allein ich konnte Brutknospen nirgends der Pflanze ansitzen sehen, und muß deshalb annehmen, daß die linsenförmigen Zellkörper der Sporenkeimung entstammen, obwohl ich Jüngere Stadien der Keimung nicht fand. Die Keimptlanzen entspringen meist in Einzahl dem Zellkörper, dem Bande desselben etwas genähert, 166 nur selten sah ich ein zweites Pflänzchen der mittleren Erhebung ent- springen. Die Zellkörper bringen auch Rhizoiden hervor; die beblätterten Pflanzen scheinen endogen an ihnen zu entstehen, wenigstens findet man an der Basis der Stämmchen Zellen, welche darauf hindeuten, daß eine Durchbrechung der äußersten Zellschicht stattgefunden hat. Die linsenförmigen Keimkörper werden offenbar leicht nach unten geschwemmt, so daß die Keimpflanzen nach oben wachsen müssen, was zusammen mit dem oben erwähnten Verhalten den bogigen Verlauf der Sproßachse Fig. 123, Fig. 124, Fig. 123. Lethocolea Drummondi. Längsschnitt eines Beutelendes mit eingeschlos- senem Embryo. 2 Bohrspitze. St Stiel des Embryos, der sich später stark streckt. Fig. ‚124. I. Keimpflanze von Lethocolea Drummondi. A rudimentäre Amphi- gasirien. II. ? Zelikörper, an welchem die Keimpflanze entsteht. III. Längsschnitt durch die Basis einer Keimpflanze, ? Sproßachse. verständlich erscheinen läßt. An den Keimpflanzen sind auch Andeu- tungen der Amphigastrien wahrnehmbar: Schleimpapillen, die auf einer Trägerzelle stehen (selten ist, statt dieser eine kleine Zellfläche entwickelt). Wenn, wie kaum zu bezweifeln ist, «die linsenförmigen Zellkörper aus der Sporenkeimung hervorgehen, so liegt ein neuer Typus derselben vor. Denn bei den foliosen Lebermoosen, bei denen aus der keimenden Spore ein Zellkörper hervorgeht (z. B. Madotheca, Frullania !), Radula). ist er wesentlich anders gestaltet. Es liegt nahe anzunehmen, daß die kKeimung in Gestalt eines Zellkörpers der Keimling besser gegen zeit- 1) Vgl. Goebel, Über die Jugendzustände der Pflanzen. Flora 1889, pag. 16 ff. 167 weilige Austrocknung schützt, als dies bei einem protonemaartigen Ge- bilde der Fall war. Nicht alle Beutel bringen es zur Bildung von Embryonen. Manche fallen dadurch auf, daß ihr Ende mehr kugelig gestaltet ist und bei ge- nauerer Betrach- tung keinen Em- bryo erkennen läßt. Diese Beu- tel haben ihr Ende zu einem Knöll- chen umgestaltet (Fig.125),von dem anzunehmen ist, dab es einer oder mehreren neuen Pflanzen den Ursprung gibt). Dieses Knöllchen ist mit Reserve- stoffen,namentlich Fett angefüllt, ähnlich wie der Fuß des Embryos. Ich vermutete auch eine Zeitlang, die Knöllchen gin- gen aus dem an- geschwollenen Fuße eines Em- bryos hervor, des- sen oberer Teil verkümmert sei. Z N . ‘ u = ears sen . SE n= I, ee, 8 h 7 en cs en * (el ei ei GE Devartiges ist tat- Fie. 125. Längsschnitt durch ein Marsapialknöllchen von sächlich bei Far- ” Lethoeolea. 4 Archegonium. 120fach vergr. 1) Dies ist um so wahrscheinlicher, als sowohl bei Acrobolbus als bei Balan- tiopsis selbst aus gewöhnlichen „Beuteln“ Adventivsprosse entstehen können. 168 nen beobachtet worden!). Allein bei Lethocolea liegt die Sache doch anders. Man findet im Grund des Beutels, dessen Spitze sich zum Knöllchen gestaltet, noch Archegonienreste (Fig. 125), aber die Knöllchen- zellen sind vom Beutelgewebe nicht getrennt, wie dies der Fall sein müßte, wenn dies Knöllchen aus einem Sporogonfuß hervorginge, sondern gehen in diese über. Die Sache liegt offenbar. also so, daß dann, wenn die Embryonen fehlschlagen, aus dem Gewebe unterhalb der Archegonien das Knöllchen hervorgeht, das nun ähnlich wie die Knöllchen anderer Lebermoose einen Ruhezustand durchmacht. Leider habe ich keimende Knöllchen nicht beobachten können, es ist aber klar, daß, wenn an ihnen eine oder mehrere Pflänzehen entstehen, diese auch zunächst nach oben wachsen werden, und so gleichfalls den „bogigen“ Verlauf der Stämmchen verständlich erscheinen lassen. Die äußeren Zelllagen der Knöllchen sind offenbar als Schutzschiehten ausgebildet, sie sind scheinbar fast leer. Inulin-Sphärite wurden in jungen Beuteln auch bei dieser Art in reich- licher Menge beobachtet. Von Neuseeland führt Berggren außer L. Drummondii noch L. coneinna und L. grandifolia auf. Auf die Frags der Artabgrenzung möchte ich nicht eingehen, namentlich auch nicht darauf, ob in West- australien eine in Blattform, Blattgröße und Marsupiengestaltung variable Art 'oder (was das wahrscheinlichere ist) mehrere Arten vor- kommen. Die obigen Angaben und die Abbildungen dürften genügen, um die Formen, um welche es sich handelt, kenntlich zu machen. 4. Radula uvifera (Fig. 126 und 127). In der „Flora of New-Zealand“ ist von verschiedenen Standorten eine Radula uvifera Hook. et Taylor angeführt und von ihr angegeben, „it is a remarkably neat plant, and it agrees in its numerous male spikes with R. formosa, Nees.“ — Ich fand auf der Südinsel zwischen den Rasen von Dienemon semieryptum zusammen mit Metzgeria saccata, Frullaniaarten und anderen Lebermoosen eine schöne Radula, die wohl zu R. uvifera gehört, leider war sie steril. Aber sie zeigte die an- geblichen „slender male spikes*. Ich habe nun schon früher gezeigt?), daß die von einem neueren Hepatikologen für R. pyenolejeunioides (einer auf Ambon von Prof. Karsten gesammelten Art) beschriebenen „amenta maseula“ nicht Anthe- ridien einschließen, sondern tierische Inquilinen, und daß hier ein sehr 1) Goebel, Entwicklungsgeschichte des Prothalliums von Gymnogramme lepto- phylla. Bot. Zig. 1877, pag. 697. 2) Goebel, Die Blattbildung bei den Lebermoosen. Flora 1893, Bd. LAXXIL, pag. 432 £f. En 16% merkwürdiger Fall von Heterophyllie vorliegt. Es ist vielleicht nicht überflüssig darauf hinzuweisen, daß dies auch bei der neuseeländischen Radula der Fallist. Diese ist mit R. pyenolejeunioides sicher nahe verwandt, aber auf den ersten Blick auch als von ihr verschieden erkennbar, sowohl die Blattform als auch das Zellnetz sind anders. Namentlich hat die auf Ambon von Karsten entdeckte Art viel stärker verdickte Zellwände in ihren Blättern, namentliel gegen den Blattrand hin, während ‘bei R. uvifera die Zellen gegen den Rand hin dünnwandiger sind als weiter rückwärts im gewölbten Teil des Blattes, wo collenchymähnliche Verdiekungen hervortreten, aber auch nicht so stark, wie bei R. pyeno- Fig. 126. Fig. 127. Fig. 126. Radula uvifera. 17fach vergr. von oben. Fig. 127. Radula uvifera. Sproßstück "stärker vergr. von unten. lejeunioides. Freilich ist die Zellwandverdickung keine ganz konstante, aber immerhin tritt der Unterschied doch deutlich hervor, auch sind die Zellen des Blattes, namentlich der mikrophyllen Seitensprosse, hier nie papillös über die Außenfläche hervorgewölbt. Die Blattform ist aus der Zeichnung (Fig. 126) ersichtlich. Der Wassersack ist ungemein groß, sein freier Rand ist nach unten zurück- 170 gebogen. Rhizoiden traf ich auf dem Wassersack (auf dem sie sonst bei andern Radula-Arten zu entspringen pflegen) nur ausnahmsweise an, vielleicht ist dies durch das Wachstum in dem Laubmoosrasen bedingt. Bei der Ambonart traf ich in den Wassersäcken der großen Blätter keine tierischen Inquilmen an. Bei R. uvifera sind sie nicht selten vorhanden, und von beträchtlicher Größe. In verschiedenen Fällen hatten sie Löcher in die Wand des Wassersackes gebissen — ‚offenbar war ihnen die Benutzung des engen vorhandenen Eingangs zu unbequem. Die „slender male spikes“ mit ihren kleinen Blättern erreichten bei R. uvifera nicht die Länge wie die mikrophyllen Sprosse bei R. pyeno- lejeunioides, bei welcher ich gelegentlich an diesen Zweigen über 40 Blätter zählte. Sie sind auch in geringerer Anzahl als dort vor- handen, stimmen aber sonst der Hauptsache nach mit ihnen überein, namentlich auch in ihrer Leistung, denn Wasser wird sich in den engen Wassersäcken der mikrophylien Seitensprosse leicht halten. Tierische Inquilinen, welehe Mitten Antlıeridien vorgetäuscht haben, sind übrigens nicht in allen Blättern der mikrophylien Triebe vorhanden. Diese können an der SpitZe in makrophylle ausnahmsweise übergehen, ebenso Seiten- sprosse, welehe makrophyll begannen (die ersten Blätter sind bei ihnen zunächst übrigens klein und gleichen denen der mikrophylien Triebe) in mikrophylle. Die wirklich Antheridien einschließenden Blätter sind anders geformt, sie gleichen den früher für R. pyenolejeunioides be- schriebenen. Thallose Lebermoose. Hymenophytum. Die Gattung Hymenophytum gehört zu den thallosen Leber- moosen, bei denen sich am Thallus eine Arbeitsteilung vollzieht in einen in dem Substrat nicht festgewurzelten, assimilierenden Teil, und einen im Substrat durch Rhizoiden befestigten. Beide sind ihrer verschiedenen Funktion entsprechend verschieden gestaltet, der assimilierende Teil breit geflügelt, der wurzelähnliche fast der Zylinderform sich nähernd. Bei H. flabellatum (— Umbraeulum, Abbildung: Organographie, pag. 251, Fig. 149) wird der wiederholt gabelig geteilte Assimilationsthallus, der einem Farnblatt im kleinen gleicht, noch auf einem Stiel über das Substrat emporgehoben, bei H. Phyllanthus (Abbildung: Organographie, pag. 248, Fig. 149) ist der Assimilationsthallus nur gelegentlich an der Spitze gabelig geteilt, der Stiel sehr kurz. Die Assimilationssprosse Br 171 bei H. flabellatum haben keine Rhizoiden, diese finden sich nur an dem annähernd zylindrischen Teil, es ist also eine auffallende Arbeits- teilung eingetreten. Daß die Gliederung betrachtet werden kann als hervorgegangen aus einer solchen, bei welcher am Thallus noch keine Arbeitsteilung vorhanden ist, wurde früher betont‘). Läßt sich doch bei der Gattung Aneura noch deutlich verfolgen, wie die einen Arten (alle europäischen z. B.) einen Thallus besitzen, dessen sämtliche vege- tative Äste assimilieren und mit Rhizoiden am Substrat befestigt sind, während andere Arten bestimmte Thallusäste zu Haftorganen umgebildet haben ?), und dementsprechend andere Äste nicht mehr mit dem Sub- strat in Beziehung stehen. Es schien von Interesse zu ermitteln, wie weit bei einer so hoch- entwiekelten Form wie Hymenophytum flabellatum die Arbeitsteilung zu einer dauernd verschiedenen Ausbildung geführt hat oder nicht. Es zeigte sich zunächst, daß auch die blattähnlichen Assimilations- sprosse Rhizoiden bilden können. Es wurde dies auf zweierlei Weise erzielt. Assimilationssprosse, welche dicht von Sphagnum umgeben wuchsen, bildeten auf ihrer Mittelrippe (auf der Unterseite) Büschel von langen Rhizoiden. Abgeschnittene, auf Torf kultivierte Assimila- tionssprosse (resp. einzelne Zweige von solchen) bildeten Rhizoiden auch aus den Randzellen und wuchsen an der Spitze aus, vorausgesetzt, daß (diese nicht schon in den Dauerzustand übergegangen war. Es ist also (ie Arbeitsteilung der Sprosse noch keine sehr scharfe, so ver- schieden sie auch äußerlich aussehen, vielmehr sind auch die Assimilations- sprosse imstande, Rhizoiden zu bilden, nur unterbleibt: dies für gewöhnlich, weil sie, über das Substrat emporgehoben, nicht den für die Rhizoiden- bildung notwendigen äußeren Bedingungen ausgesetzt sind. Es zeigte sich ferner, daß die Vegetationspunkte des blattähn- lichen Teiles des Thallus zu Ausläufern auswachsen können (Fig. 128), wenn sie bei geminderter Beleuchtung und in sehr feuchter Luft kulti- viert werden, es geschah dies in meinen Kulturen z. B. an Exemplaren, welche von Laubmoosen stark überwuchert wurden. Geschieht das letztere, ehe der blattartige Teil des Thallus angelegt ist, so bleiben die Sprosse schmal und ausläufer- resp. rhizomartig. Die auflallende Abweichung der Thallusbildung von H. flabellatum gegenüber der anderer Jungermanniaceen legt die Frage nach dem Zustandekommen dieser Abweichung nahe. Ich suchte andere, thallose Lebermoose künstlich zu einer der des H. flabellatum entsprechenden (Gestaltung zu ver- 1) Organographie, pag. 250. 2) Vgl. Organographie, pag. 252. 172 anlassen. Dies gelang auch, z. B. bei Fegatella conica. Läßt man den Thallus im Finstern sich entwickeln, so bildet er sich bekanntlich nicht als dem Boden angeschmiegter, breiter, flacher Körper aus, sondern bleibt schmal und erhebt sich vom Substrat, ähnlich wie der „Stiel“ (des Hymenophytum-Thallus. Setzt man nun einen solchen etiolierten Thallus dem Lichte aus, so verbreitert sich der neugebildete Teil und verzweigt sich gabelig, er entspricht dann dem blattähnlichen Teil des Hymeno- phytum-Thallus. Nun kann es keinem Zweifel unterliegen. daß (die Hiederung des letzteren in stiel- und blattspreiteartigen Teil nicht un- mittelbar durch äußere Faktoren bedingt wird, obwohl wir sahen, daß Fig. 128. Hymenophytum flabellatum. Links Umbildung von Assimilationssprossen in „Ausläufer“ (4fach vergr.). Rechts abgeschnittener Assimilationssproß mit Adven- tivsprossen (welche auch am Rande entstehen können). man die blattartigen Teile in stielartige überführen kann. Aber der Stiel erhebt sich ja beträchtlich über das Substrat, behält also seine Gestalt eine Zeitlang bei, obwohl er dem Lichte ausgesetzt ist. Er ist für die Einwirkung des letzteren offenbar eine Zeitlang unempfindlich. Setzen wir also voraus, daß Hymenophyium flabellatum ebenso einen aus ausschließlich flachen Ästen aufgebauten Thallus besaß, wie andere thallose Jungermanniaceen, so können wir daraus die jetzige Gestalt ab- leiten, wenn wir annehmen, daß die Pflanze periodisch ein „autonomes Etiolement“ zeigt, d. h. ihre Gestaltung der Einwirkung des Lichtes zeitweilig entzieht, so wächst, als ob Licht fehlte, auch wenn es vorhanden ist. Sobald diese Unempfindlichkeit gegen die gestaltbeein- 178 flussende Lichtwirkung wieder aufgehoben ist, breiten sich die Thallus- äste wieder flach aus, erhalten aber, da sie über das Substrat empor- gehoben und dem Lichte ausgesetzt sind, ein begrenztes Wachstum und bilden keine Rhizoiden. Wir sahen, daß sie indes nicht dauernd determiniert sind, sondern in „Stiele“ übergeführt werden können. Ähnliches kommt übrigens auch sonst vor. So bei den Marchantiaceen. Der „Stiel“ eines Hutes von Marchantia erinnert auffallen an einen etiolierten Trieb!) und ist wahrscheinlich durch „autonomes Etiolement“ entstanden. Die Annahme, daß bestimmte Pflanzenteile durch innere Ein- wirkungen der gestaltbeeinflussenden Einwirkung des Lichtes zeitweilig entzogen werden und sich verhalten, als ob sie im Dunkeln wären, läßt sich auch durch Analogiegründe stützen. Denn wenn die Knospe eines Baumes in den winterlichen Ruhezustand übergeht, so heißt das auch nichts anderes, als daß sie vermöge einer „autonomen“ Hemmung un- empfindlich wird gegen die sonst das Wachstum befördernden Einflüsse der Außenwelt, namentlich der Wärme. Und die bekannte Tatsache, daß die Sprosse mancher Schlingpflanzen im Dunkeln sich, was das Verhalten der Interondien anbelangt, nieht wesentlich ändern, können wir auch dahin ausdrücken, daß sie sich schon normal im Zustand des „autonomen Etiolements“ befinden 2). Die äußere Gestaltung des Thallus von H. flabellatum erinnert sehr an die Blätter einiger Hymenophyllaceen. Es liegt die Frage nahe, ob dieser äußeren Ähnlichkeit auch eine solehe des anatomischen Baues entspricht. Diese Frage ist zu verneinen, die Gewebegliederung ist keine höhere, als bei Blyttia- und Symphyogyna-Arten mit legendem Thallus. Bekanntlich besitzen diese in der Mitte einen Strang enger langgestreckter Zellen mit ziemlich dieken verholzten Zellwänden. Leitgeb3) hat schon festgestellt, daß die Stränge der ventralen Seiten- sprosse dieser Pflanzen mit denen der Mutterpflanze nicht in Ver- bindung stehen. Eine Vermutung Haberlandts‘), der diesen Strängen sowohl eine mechanische als eine wasserleitende Funktion zuschreibt, ist von Tansley und Chiek weiter verfolgt worden. Sie kommen zu dem Ergebnis, „that water certainly will rise in the strand more quickly than in the surrounding tissues“, und zwar auf Grund der Erfahrung, daß wässerige Eosinlösung (im besten Fall) in einem abgeschnittenen 1) Er unterscheidet sich aber von einem solchen dadurch, daß an ihm die Ränder nach unten eingeschlagen, bei den etiolierten Trieben nach oben gekrümmt sind. 2) Vgl. Sachs, Ges. Abhandlungen, I, pag. 203. 3) Untersuchungen über die Lebermoose, III, pag. 92, 4) A. a. O. pag. 378 Anm. 174 Thallusstück von Blyttia Lyellii in 20 Minuten 1 em hoch im Strange stieg. Ein derartiger Versuch kann aber nichts darüber aussagen, ob in der Pflanze selbst eine Wasserbewegung in dem Strange irgendwie in Betracht kommt. Wenn man die ständig feuchten Standorte der Pflanzen, ihre Fähigkeit, Wasser von außen direkt aufzunehmen und die unbedeutende Entwicklung des Stranges bedenkt, so scheint es mir un- wahrscheinlich, daß der Strang für die Wasserbewegung innerhalb der Pflanze von irgend erheblicher Bedeutung ist. Der verschiedenen Höhe, welche die Ausbildung der Vegetations- organe bei beiden Arten erreicht hat, entspricht auch eine solche der- jenigen Sprosse, welche die Sexualorgane tragen. Über ihren Bau herrschen Anschauungen, die mir unzulänglich erscheinen. Einig sind alle Autoren darin, daß die nur als ganz kleine An- hängsel des Thallus erscheinenden Sexualsprosse als auf der Thallus- unterseite (rechts und links von der Mittelrippe) ent- springende Seitensprosse zu botrachten sind. Auch über die Auffassung der männ- lichen Äste sind keine tief- greifenden Meinungsverschie- denheiten vorhanden. Die von H. Phyllanthus zeigen sich als die primitiver gebauten, im Gegensatz zu Stephanis An- gabe‘): („rami masculi bre- vissimi, basi haud pedicellati disciformes“), welche nur für \ H.flabellatum zutrifft, sind sie Her Sfr Ton ehe Die Anerienhähfen Noulenförmig, und zeigen viel schimmern durch. fach einen wenn auch kurzen, so doch deutlichen Stiel. Na- mentlich ist dies bei den am ungeflügelten Teil des Thallus ent- springenden Ästen der Fall (Fig. 129). Bei den weiter oben stehenden ist der Stiel kürzer oder ganz verschwunden. Ein Längsschnitt (Fig. 130) zeigt, daß die Antheridien in schief nach oben gerichteten Höhlungen sitzen?), 1) Species Hepaticaum. Genf u. Basel 1900. 1) Sie verhalten sich also ebenso wie die von H. flabellatum. Die Angabe Schiffners in Engler-Prantl, Nat. Pflauzenfamilien, Bd. I, 3, pag. 54, wonach bei H. Phyllanthus im Gegensatz zu H. flabellatum die Antheridien „ohne beson- dere Hülle“ sein sollen, ist irrig. 175 der Querschnitt zeigt deshalb die Antheridienhöhlen meist schief ge- troffen. Er läßt ebenso wie die in Fig. 129 wiedergegebene Ansicht von unten erkennen, daß der männliche Ast am Rande geflügelt ist, worauf wegen des Vergleichs mit den weiblichen Ästen hinzuweisen ist.. An den männlichen Sexualästen von H. flabellatum dagegen ist eine Gliederung, die an die der vegetativen Äste erinnert, nicht mehr nachweisbar. Sie stellen Scheiben dar, welche dem Thallus aufsitzen. und die Antheridien auf ihrer Außenseite tragen. Nur aus vergleichenden Gründen ist hier anzunehmen, daß die Antheridien auf der Oberseite dieser ganz reduzierten Äste sitzen. Wie man sich die Reduktion denken kann, habe ich in Fig. 130 punktiert eingezeichnet: die Unter- seite dieser Äste ist gar nicht mehr zur freien Entwicklung ge- langt, sie bleibt mit dem Thallus, an welchem der Sexualast ent- springt, im Zusammenhang. Bei keinem anderen Lebermoos ist mir eine so weitgehende Re- duktion bekannt. Es fragt sich, ob sie sich hier mit der Gesamtgestaltung der Pflanze in Zusammenhang bringen läßt. Meiner Ansicht nach ist das der Fall. Hymenophytum ist diöeisch, es handelt sich also Fig. 130. Hymenophytum Phyllanthus. darum, daß die Spermatozoiden Längsschnitt eines männlichen Zweiges (der AH Ä Thallus, an welchem er sitzt, ist quer ge- zu den weiblichen Asten ge- troffen). Die Gestaltung der männlichen langen, was teils durch Wasser- Sprosse von H. flabellatum ist punktiert tropfen, teils durch kleine auf eingezeichnet, dem Thallus herumkriechende Tiere geschehen wird. Hymenoph. Phyllanthus besitzt, wie erwähnt, einen Thallus, der sich nur wenig über das Substrat erhebt; es ist hier genügend für Wasser gesorgt, in welches die Spermatozoiden austreten können. Anders bei H. flabella- tum. Hier würden die mit Spermatozoiden beladenen Wassertropfen leicht zwischen Thallus und Sexualast haften bleiben, wenn der letztere so gestaltet wäre wie bei H. Phyllanthus. Dadurch, daß er ganz kurz scheibenförmig ist und die Antheridien auf der Außenseite trägt, ist ein Abspülen der Spermatozoiden oder das Anhaften eines spermato- zoidhaltigen Wassertropfens an ein Tier ermöglicht, 176 Die weiblichen Sexualäste beschreibt Stephani (a. a. O. in der Gattungsdiagnose) als versehen mit einem „Involuerum compresso-bil- abiatum, labiis inaequalibus, postico minore, antico laeinulis accretis carnoso“; während für H. flabellatum angegeben wird „Involuerum de- presso labiatum, labiis inaequalibus, postico majore .. .“ Der Widerspruch, daß die untere Lippe des Involucrums (Peri- chätiums) bald als die kleinere, bald als die größere bezeichnet wird, beruht vielleicht auf einem lapsus calami, aber tatsächlich bestehen auch zwischen den beiden Arten \erschiedenheiten, die zu wenig beachtet worden sind. Fig. 131. H. Phyllanthus. Längsschnitt durch einen weiblichen Sproß, auf dessen Unterseite Rhizoiden, ?7 Perianth. Den einfachsten Bau zeigt H. flabellatum (vgl. Fig. 133, /). Hier stecken die Archegonien tatsächlich in einer zweilappigen Hülle, deren unterer Lappen bedeutend größer ist als der obere; außer den Arche- gonien befinden sich in der Hülle nur schleimabsondernde (meist zwei- zellige) Keulenhaare im Innenraum; namentlich findet sich hier im Gegensatz zu H. Phyllianthus innerhalb des Perichätiums nech keine Andeutung des nach der Befruchtung entstehenden Perianths. Wie ist nun die Hülle aufzufassen? Daß die obere Schuppe einen Dorsalaus- wuchs des Sexualastes darstellt, ist klar. Der untere Lappen (welcher gelegentlich Andeutungen lamellenförmiger Auswüchse auf seiner Außen- seite zeigt) soll nach Stephani!) auch auf der Dorsalseite des Frucht- astes entspringen. Diese Ansicht kann ich nicht teilen. Stephani ist zu ihr gelangt dadurch, daß der Fruchtast mit seiner Unterseite stark hervorgewölbt ist; er meint, unter der Unterlippe rage der freie Spitzen- teil des Fruchtastes hervor. Eine solche freie Spitze, die sich aus der ‚charakteristischen Zellenanordnung, der Stellung der Anfangsorgane etc. erkennen ließe, ist aber nirgends nachweisbar. Vielmehr ist die „Unter- 1) Hedwigia 1889, pag. 162. 177 lippe“ offenbar entstanden durch Auswachsen des Randes (und der Spitze) des Fruchtastes; ein solches Auswachsen der Spitze kommt auch an den vegetativen Ästen des Thallus, wie Leitgeb gezeigt hat, regel- mäßig vor. Auch das einzige jüngere Stadium, welches ich finden konnte, stimmt mit dieser Ansicht durchaus überein; sie erklärt zu- gleich, warum die untere „Lippe“ meist in der Mitte ausgerandet ist, die Bucht entspricht der Stelle, wo vor dem Auswachsen der Vege- tationspunkt lag. Namentlich aber spricht dafür auch der Bau der Fruchtäste von H. Phyllanthus. Hier ist besonders deutlich zu sehen, daß der Frucht- astebenso wie der Antheridienast geflügelt ist; der Flügel (R Fig. 132) läuft hier weiter hinab als bei H. flabellatum, das Ende desselben erscheint als Fig. 132. H. Phyllanthus. Weiblicher Sexualsproß von unten, 2 ausgewachsener Rand des Thallus. eine einschichtige Schuppe, welche unterhalb des Perichätiums sitzt. Dieses ist hier becherförmig und mit zahlreichen, fein zerteilten Aus- wüchsen versehen. Es erinnert am meisten an das becherförmige In- voluerum von Blyttia (vgl. z. B. die Abbildung Fig. 220 in meiner Organographie). Hier wie dort bilden nach meiner Ansicht die fein zerteilten Auswüchse des Perichätiams einen Apparat, der Wasser- tropfen kapillar festhält und so die Befruchtung begünstigt. Wir sehen also, daß dieses becherförmige, mit Auswüchsen besetzte Involuerum der oberen Schuppe bei H. Phyllanthus entspricht. Die wutore Sehuppe Flora 1906. = 178 ist hier viel kleiner, offenbar im Zusammenhang damit, daß das Peri- chätium hier viel mehr entwickelt ist als dort. Mit Biyttia teilt H. Phyllanthus auch die Eigentümlichkeit, daß das Perianth schon vor der Befruchtung angelegt ist. Man findet nämlich außerhalb der Archegonien einige oben zerschlitzte, schuppenförmige Gebilde, das sind dieselben, welche später auf der Spitze des Perianths sitzen. Sie werden durch interkalares Wachstum ihrer Insertionszone weit emporgehoben. Bei H. flabellatum sind diese zerteilten Lappen an der Spize des Perianths nicht vorhanden, dieses ist ja zur „Blüte- zeit“ nicht wahrnehmbar‘), es geht aus einer meristematischen Zone außerhalb der Archegonien hervor. 1. Fig. 133. H. flabellatum. I. mit weiblichen Sexualsprossen auf der Unterseite der assimilierenden; II. Thallusstück mit weiblichem Sexualsproß im Längsschnitt (stärker vergr. als L). Daß die Fruchtäste von H. Phyllanthus einen primitiveren Cha- rakter haben als die von H. flabellatum, spricht sich auch darin aus, daß sie an ihrer Unterseite Rhizoiden entwickeln und daß an ihrer Basis nicht selten gestreckte Zellen im Gewebe auftreten, welche den zentralen Zellstrang der vegetativen Sprosse andeuten, Das hat schon Leitgeb gesehen, wenn Stephani (Speeies Hepat. pag. 306) sagt: „Die fertilen Äste aller Arten enthalten keinen solchen Strang; wenigstens habe ich ihn hier, entgegen den Angaben Leitgebs, nie gesehen“, so I) Leitgeb (Lebermoose, Bd. III, pag. 25) läßt diese Frage für „Umbraculum“ (H. flabellatum) unentschieden, vermutet aber, daß auch hier die innere Hülle schon vor der Befruchtung angelegt werde. Diese Vermutung hat sich nicht bestätigt. 179 ist dazu zu bemerken, daß Leitgeb (a. a. O. pag. 104) nur von „Anfängen feiner Bündel langgestreckter und verdickter Zellen“ spricht und diese sind auch nicht selten, wenngleieh nicht immer nachweisbar. Wir können auch die weiblichen Äste von H. flabellatum uns aus einer Reduktion derer von H. Phyllanthus entstanden denken, wie oben bemerkt, dadurch, daß 1. das Perichätium auf eime Schuppe reduziert, 2. der Thallusflügel vergrößert, 3. die Anlegung des Perianths auf eine spätere Entwicklungsstufe verlegt wurde. Die Übereinstimmung von H. Phyllanthus mit Biyttia aber weist darauf hin, daß es nieht dem Sachverhalt entspricht, wenn Schiffner!) die beiden Gattungen in getrennte Abteilungen stellt, zweifellos ist Hymenophytum mit Blyttia Fig. 134. Hymenophyt. Phyllanthus. Links weiblicher Sexualsproß (mit befruchtetem Ärchegonium) im Längsschnitt (?« Perichätium, 27 (und 7) Perianth), rechts im Querschnitt. Das punktierte Gewebe ist embryonal. näher verwandt als mit Metzgeria. Das ergibt sich ferner aus dem Bau der Kapseln, welcher zugleich zeigt, daß die beiden Arten auch in dieser Beziehung konstante Unterschiede aufweisen, welche ihre Ver- einigung in eine Gattung als zweifelhaft erscheinen lassen. Denn es finden sich auch hier Unterschiede, wenn auch in den Grundzügen Übereinstimmung herrscht). 1) Engler und Prantl, Die natürl. Pflanzenfamilien, I, 3. Blyttia (Pallavi- einia) und Symphyogyna werden dort zu der „Leptotheceae“, Hymenophyten zu den Metzgerioideae gestellt. \ . 2) Vgl. J. Andreas, Über den Bau der Wand und ie Öffnungsweise des Lebermoosporogons, Flora 1899, pag. 193 #f. Stephani’s Angabe „eellularum parietes brunneae valde inerassatae“ ist darnach nicht zutreffend, 2 1 * 180 Es besteht die Kapselwand, von der Spitze abgesehen, aus zwei Zellschichten, einer (zuweilen auch zwei) zartwandigen inneren und einer äußeren, welche die Bewegungen beim Öffnen der Kapsel bedingt. Bei H. flabellatum sind die Radialwände der Zellen ungleichmäßig, bei H. Phyllanthus gleichmäßig verdickt, man kann daran die Kapseln beider Arten leicht erkennen; zugleich ist bemerkenswert, daß H. Phyllanthus auch in dieser Beziehung mit Blyttia übereinstimmt. An den Aufriß- stellen sind bei H. flabellatum nur die der Rißstelle abgekehrten Längs- wände verdickt, und hier zeigen die Verdiekungen Annäherung an die Halbrinegform. Da die Querwände nicht oder doch nicht vollständig verdickt zu sein pflegen, ist ein Schrumpfen der Kapseln in der Quer- richtung erleichtert. Die aufgesprungenen Kapseln von H. flabellatum, welche ich fand, zeigten die normale Teilung der Kapselwand in vier Klappen. Zwei Kapseln von H. Phyllanthus, welche in Alkohol gelegen hatten, öffneten sich beim Austrocknen in zwei Längsrissen, oben blieb die Kapselwand ganz. Die rahmenförmig stehenbleibenden Hälften der Kapselwand schrumpften stark und die Elateren schleuderten aus den breit gewordenen Längsöffnungen die Sporen heraus. Ob dies regel- mäßig geschieht, vermag ich nicht zu sagen; es scheint aber, daß diese Art des Aufspringens in dem ganzen Verwandtschaftskreis Symphyogyna- Biyttia-Hymenophytum vorkommt; Leitgeb gibt von Biyttia Lyellü (Lebermoose III, p. 85) an, daß es normal eine Capsula quadrivalvis haben dürfte, er aber mehrere Kapseln zweiklappig aufgesprungen ge- funden habe, daß aber die Mehrzahl mehr als 4 an dem Scheitel zu- sammenhängende Klappen gezeigt habe. Damit stimmt auch meine eigene Beobachtung überein. Das Aufspringen der Kapseln beobachtete ich bei Blyttia Lyellii, und zwar — wegen Materialmangel — nur an wenigen Exemplaren. Bei dem einen traten die Risse in der Kapsel an der Basis zuerst auf und verlängerten sich von hier nach der Spitze zu. Sobald ein Riß offen war, begann das Schleudern der Elateren )). Es bildeten sich zwei Hauptrisse, die aber auch nicht ganz durchgingen, d. h. die Kapselwand blieb an der Spitze im Zusammenhang. Zwischen diesen Hauptrissen entstand auf der einen Wandhälfte ein weiterer, aber nicht ganz von der Basis nach oben reichender und neben diesem noch ein kleinerer. Das zweite Exemplar (Fig. 135) hatte die Kapsel schon geöffnet. Es waren vier Längsrisse gebildet, aus denen eine lockere Elaterenmasse hervorsah. Die vier Teile der Kapselwand blieben oben miteinander vereinigt, und hier waren die Elaterenbüschel am wenigsten leicht weg- 1) Vgl. Goebel, Über Funktion und Anlesung der Lebermoos-Elatoren Flora 1895. 181 zublasen, was sich aus den Raumverhältnissen ja leicht erklärt. Fest- sitzende Elateren waren nicht vorhanden. In dem zweiten Falle tritt eine Annäherung an die sonst bei den Jungermanniceen übliche Vierteilung der Kapselwand besonders deutlich hervor, wenn sie auch nicht konstant auftritt. . Es läßt sich nicht verkennen, daß die größte Übereinstimmung zwischen Blyttia und Hymenophytum Phyllanthus herrscht, sowohl was den Bau, als was (das Aufspringen der Kapseln anbetrifft. Besonderes Interesse beansprucht der „Blaterenkörper“, Bekanntlich ragt bei Aneura ein verhältnismäßig massiger, bei Metzgeria ein weniger entwickelter Zellkörper in das Innere der Kapsel herein, dessen Funktionen ich früher beschrieben habe!). Bei Hymeno- phytum ist der Elaterenträger noch weniger entwickelt, und bei H. Phyllanthus kann man eigentlich von einem solchen nicht sprechen. Er erscheint nur als eine Verdickung des oberen Teiles der Kapselwand, die Zellen sind dünnwandig und nur an den Ecken verdickt. Bei H. flabellatum sind dagegen die Zellwände ungleichmäßig braun verdiekt und der Ela- terenträger ist an den 4 Klappen der auige- sprungenen Kapsel als eine Verdickung an jeder Klappenspitze sichtbar. Andreas, welchem nur aufgesprungene Kapseln zur Verfügung standen, hatte vermutet (a. a. O. p. 39), daß sich im jungen Sporogon ein zentraler, steriler Gewebekörper, eine „Columella“ wie bei Aneura und Metzgeria ausbilde. Indes ist dies nach Fig.135. Blyttia Lyelli. Auf- der Untersuchung unaufgesprungener reifer en 30fach Kapseln nicht der Fall, diese zeigen nämlich den „Elaterenträger“ ähnlich ausgebildet wie bei H. Phyllanthus, als eine flache Verdiekung des oberen Teiles der Kapselwand. Wir sehen also, daß beide „Arten“ doch bedeutende Unterschiede im Bau ihrer Sporogone zeigen. H. Phyllanthus schließt sich in dieser Hinsicht ebenso wie im Bau der Sexualäste an Blyttia an. Es ist 1) Goebel, ..2.0. 182 möglich, H. flabellatum davon durch Weiterentwicklung nach verschiedenen Richtungen hin abzuleiten, es wäre aber aueh möglich, daß H. flabel- latum sich von einer symphyogyneartigen Stammform aus entwickelt hat, indem hier am Archegonienstand nach der Befruchtung ein Periantlı als Neubildung entstand. Wer der ersteren Ansicht huldigt, wird die beiden Arten in einer Gattung zusammenlassen, wer die zweite für wahrscheinlicher hält, für H. flabellatum den Gattungsnamen Umbraeulum beibehalten. Eine sichere Entscheidung darüber zu treffen ist derzeit wohl kaum möglich, aber es ist auch kein Grund einzusehen, weshalb nicht die Bildung eines Perianths mehrmals bei den thallosen Formen eingetreten sein sollte. Was das Aufspringen der Kapseln anbelangt, so dürfte dies Ver- einigtbleiben der Kapselwand an der Spitze wohl mit der Gestalt der Kapseln insofern zusammenhängen, als sich diese Erscheinung, soweit ich sehen kann, nur bei langen schlanken Kapseln findet. Hier können die Sporen, auch wenn die Kapselwand als ein Rahmen stehen bleibt, durch die Elateren leicht hinausgeschleudert werden, bei einer dickeren, mehr kugeligen Kapsel dagegen würde eine vollständige Entleerung der Sporen, wenn die Kapselwand oben geschlossen bleibt, wohl schwieriger vor sich gehen. Es darf darauf hingewiesen werden, daß ein ähnliches Verhalten sich bei den gleichfalls langzylindrischen Kapseln: von Calobryum und Monoclea findet. Wenn wir das Verhalten der großen Mehrzahl der Jungermanniceen, d. h. die Öffnung der Kapsel mit vier Klappen als das ursprüngliche annehmen, würde in der Gruppe der Metzgeroideen, zu denen Metzgeria, Aneura, Blyttia, Symphyogyna und Hymenophytum gehören, eine Abweichung des Kapselbaues noch in der Weise einge: treten sein, daß in allen Gattungen sich im obern Kapselteil ein mehr oder minder stark entwickelter, nicht zur Sporenbildung verwendeter Zellkörper findet. Dieser erscheint bei Biyttia, Symphyogyna und Hymenophytum Phyllanthus wesentlich nur als Verdiekung der Kapsel- wand (wie sie auch bei Marchantiaceen sich findet), welcher offenbar in Beziehung dazu steht, daß diese Kapseln oben geschlossen bleiben. Beiden übrigen Formen ist ein Elaterenträger vorhanden, der sich bei der Reife normal in vier Teile teilt, von denen je einer einer Kapselklappe angehört. Dieser Elaterenträger ist sehr rudimentär bei H. flabellatum, etwas mehr ausgebildet bei Metzgeria und erreicht seine höchste Vollendung bei Aneura, wo er die früher !) beschriebenen merkwürdigen Bewegungen ausführt. 1) Goebel, Über Funktion u. Anlegung d. Lebermoos-Blateren, Flora 1895, p. 28. 183 Blyttia xiphioides. Der allmähliche Übergang zwischen thallosen und foliosen Formen bei den Lebermoosen beansprucht ein besonderes Interesse. In dieser Beziehung habe ich früher auf zwei Vorkommnisse besonders hinge- wiesen. Einmal auf die merkwürdige von Spruce entdeckte, aber nicht richtig erkannte Pteropsiella (Cephalozia) frondiformist). Hier liegt ein folioses Lebermoos vor, das aber in seinen vegetativen Sprossen zur Thallusbildung übergegangen ist. Es wurde gezeigt, daß der Thallus zustande kommt dadurch, daß die seitlichen Blätter horizontal gestellt sind und „eongenital“ miteinander verwachsen, während die Amphi- gastrien der Hauptsache nach auf Schleimpapillen reduziert sind. Es kommt so ein aus eimer Mittelrippe und einem ein- schichtigen Flügel bestehender Thallus zustande, der dem einer Metzgeria ähnlich sieht. Die Sexualäste dagegen behalten die normale Beblätterung bei. Haben wir hier einen Übergang von einer foliosen zu einer thallosen Form so finden sich andererseits auch mehrfach Mittelformen zwischen thallosen und foliosen Formen, speziell in der Gattung Symphyogyna und ihren Verwandten. Es wurde früher z. B. die von H. Karsten als Amphibiophytum dioicum bezeichnete Symphyogyna Brognartü (Flora 1893 p. 98 ff.), ferner Fig. 136. Blyttia Biyttia longispina erwähnt und abgebildet. Bei dieser ziphioides Ha ist der Thallusrand besetzt mit Zellreihen, die wir als vergr. rudimentäre Blätter betrachten können. Unter den in Neuseeland gesammelten Blyttiaarten ist Bl. xiphioides erwähnenswert. Zunächst wegen der Schwankungen in der Ausbildung der Blätter. Im untern Teil des Thallus bestehen sie zuweilen nur aus einer von drei Zellen gebildeten Zellreihe. Weiter oben sind die Blätter Zellflächen, welche in eine Zellreihe endigen, gelegentlich sind auch die Endzellen durch eine Längswand geteilt, was dann eine besondere Annäherung an die Blattbildung anderer Jungermanniaceen darstellt. Daß die Funktion dieser Blätter — die neben dem sie an Fläche ungemein übertreffenden Thallus als Assimilationsorgane nur in ganz untergeordneter Weise in Betracht kommen können — die des Schutzes 1) K. Goebel, Über rudimentäre Lebermoose, Flora 1893, Bd. LXXVII, pag. Bi. Die dort gemachten Angaben sind bestätigt worden von F. Cavers (On asexual re- produetion and regeneration in Hepatics, The new phytologist, Vol. II, 1903, pag. 13). Cavers teilt die interessante Beobachtung mit, daß Antheridienäste an der Spitze vegetativ auswachsen, also in die thallose. Form übergehen können. 184 des Vegetationspunkts ist, wurde a. a. O. betont, und auch Stephani hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Bei Blyttia xiphioides kann man besonders deutlich sehen, wie die Blattanlagen (welche ursprünglich nicht durch einen Teil des Thallusrandes von einander getrennt sind) sich über den Vegetationspunkt herlegen (Fig. 137), (einzelne greifen auch auf die Ober- oder Unterseite über) und so einen Abschluß nach außen bieten. Da zudem auf der Thallusunterseite zweizellige Schleim- papillen in größerer Zahl vorhanden sind, ist der Vegetationspunkt aus- giebig geschützt). Bei einer in Neuseeland gesammelten Symphyogyna fand ich statt der Blätter dreizellige Zellreihen, höchstens war die Basalzelle einmal durch eine Längswand ge- teilt. Bei Hymenophytum stehen am Thallusrande zweizellige Schleimpapillen, welche vielleicht als mit den Blättern von Blyttia homolog betrachtet werden können. Jedenfalls sehen wir, in wie variabler Aus- bildung die rudimentären Fig. 137. Blythia xiphioides. Vegetationspunkt mit Blätter bei dieser Gruppe Blättern, stark verer. j auftreten. Was den neuerdings?) gemachten Versuch, die foliosen Leber- moose als die primitiveren, die thallosen als die von ihnen abgeleiteten zu betrachten, anbetrifft, so habe ich früher schon hervorgehoben, daß er auf einer sehr schmalen Basis von Beobachtungstatsachen aufgebaut ist, wesentlich nur darauf, daß bei der Keimung von Preissia am jugend- lichen Thallus zunächst seitliche Lappen auftreten, die als „reduzierte Blätter“ betrachtet werden und darauf, daß im Thallus der Marchan- tiaceen eine oft weitgehende anatomische Gliederung vorkommt. In wieweit die letzterwähnte Tatsache für eine Abstammung der thallosen Formen von foliosen sprechen soll, ist mir nicht klar geworden. Die 1) Der in Flora 1893, pag. 99, Fig. 16 abgebildete Flächenschnitt durch den Vegetationspunkt von Symphyogyna Brognartii stimmt mit dem von Blyttia xiphoides (Fig. 137) sehr überein. Aber bei ersterer Pflanze wachsen die Blätter noch ziemlich stark weiter (vgl. die dort gegebenen Abbildungen), bei Blyttia bleiben sie stehen, während der Thallus sich stärker verbreitert. Es ergibt sich so ein ver- schiedener Habitus im fertigen Zustande, 2) v. Wettstein, Handbuch der systemat. Botanik, Bd. IT, 1, pag. 42. PEREERFHEE: 185 erste könnte man höchstens verwenden, um wahrscheinlich zu machen, daß Preissia eine ähnliche Gliederung besessen habe, wie wir sie bei manchen Blyttien und Symphyogynen kennen, nicht aber für eine Ab- leitung dieser Formen von vollständig foliosen. Ich glaube nicht, daß es gelingen wird, die Mannigfaltigkeit der Gestaltbildung der Leber- moose auf ein Schema zurückzuführen. Daß foliose Formen thallos werden können, habe ich, wie oben erwähnt, früher für Pteropsiella gezeigt, und für die früher von mir vertretene Auflasstıng, daß ursprüng- lich nur die Träger (der Sexualorgane eine höhere morphologische Glie- derung zeigten, und diese Sexualsprosse dann immer mehr vegetativ wurden, würde es eine Stütze sein, wenn es gelänge, zu zeigen, daß die an- akrogynen Formen allgemein von akrogynen sich ableiten lassen. Ein solcher Nachweis aber scheint mir derzeit nur möglich in Gestalt eines umfangreichen Gebäudes von Hypothesen, dessen Aufführung ich andern überlassen möchte. Metzgeria saccata. Unter den sonst so einförmig gestalteten Metzgeria-Arten nimmt M. saccata insofern eine besondere Stellung ein, als sie allein an ihrem Thallus Einrichtungen aufweist, welche den „Wassersäcken“ vieler folioser Formen analog sind. Ich habe diese interessante Metzgeria-Art, welche epiphytisch zwischen anderen auf Baumrinden wachsenden Moosen, z. B. Dienemon, wächst, bei Arthurs Pass in Neuseeland gesammelt, und möchte hier um so mehr auf sie zurückkommen, als über ihre Morphologie zwei Auffassungen bestehen, In der Abhandlung „Die Blattbildung der Lebermoose und ihre biologische Bedeutung“!) habe ich die blasenförmigen Anhängsel am Rande des Thallus als den Wassersäcken folioser Formen analog aufgefaßt und über ihre Entstehung gesagt: „Angelegt werden die Säcke schon nahe am Scheitel durch nach unten konkave Einwölbung einzelner Randpartien des Thallus, «diese werden dann bei weiterem Wachstum zu kapuzenförmigen (ebilden“, d. h. also der Thallus rollt sich nach unten konkav ein, einzelne Stücke erfahren ein gesteigertes Flächen- wachstum und werden so zu blasenförmigen nach unten offenen Anhängseln. Ganz anders ist die Auffassung Stephanis?, Er schildert (die Pflanze als versehen mit „alae decurvae, profunde ineiso — lobulatae, lobulis a latere exteriore convolutis, sub fronde ocenltis, inflato — cla- vatis.... d.h. also nach seiner Meinung ist der Thallus versehen 1) Flora 1893, pag. 4231. 2) Species Hepatiearum 1899, pag. 298. 186 mit besonderen Anhangsorganen, welche als Randlappen erscheinen und zusammengerollt und aufgeblasen keulenförmig sind. Erneute Untersuchung hat mir aber gezeigt, daß meine früher geäußerte Auffassung richtig, die Stephanis demzufolge unrichtig ist. Es ist an dem Thallus von M. saceata ebensowenig eine Lappen- bildung vorhanden als bei irgend einer andern bis jetzt bekannten Metz- geriaart, während eine solche bei Symphyogyne- und Blyttia-Arten, wie auch oben erwähnt wurde, vorkommt. Vielmehr haben wir aus- zugehen von der Tatsache, daß der Thallusrand nach unten eingerollt ist: Diese Gestalt be- hält er zuweilen auch ziemlich lange bei. So entspringt z. B. in Fig. 138 aus der Mittelrippe eines mit Wassersäcken versehenen Thallus ein Thallusast, dessen Rand nach unten einge- schlagen ist. Denken wir uns diesen an einzelnen Stellen nach oben ausgestülpt, so er- halten wir die Wasser-, säcke, es sind keine „lo- buli“ vorhanden und des- halb können sie auch RN niehtvom äußeren Rande Fig.138. Metzgeria saccata. Habitusbild 22fach vergr.) her eingerollt sein. Man von unten. findet auch alle Über- gangsstufen von deut- lich blasenförmig gestalteten Wassersäcken, zwischen denen Randpartien, welche nur schwach nach unten eingekrümmt und wenig gewachsen sind, sich befinden, und dem in Fig. 138 abgebildeten Seitensproß. Denkt man sich den Thallus flach ausgebreitet, so würden natürlich die stärker gewachsenen, zur Wassersackbildung verwandten Teile über die anderen vorspringen, aber von einer Lappenbildung in Stephanis Sinne kann keine Rede sein. Andere aus der Mittelrippe entspringende Sprosse beginnen übrigens sofort mit der Wassersackbildung und ent- wickeln auf der Unterseite der Wassersäcke, welche der morphologischen Thallusoberseite entspricht, zahlreiche Rhizoiden. — In dem früher 187 untersuchten Exemplare waren in den Wassersäcken keine Tiere vor- handen, es wurde damals schon die Vermutung ausgesprochen, daß das Fehlen der in den Wassersäcken der Lebermoose sonst so häufig vorkommenden Tiere kein konstantes sein werde. Bei dem jetzt unter- suchten Material fanden sich Tiere sowohl wie organischer Detritus häufig in den Blattohren. Die beobachteten weiblichen Sexualäste waren nicht muschelförmig, sondern nach oben hin ein- gefaltet, und am Rande mit einer oder zwei divergierenden Reihen von Borstenhaaren be- setzt, die vereinzelt auch auf der Unterseite auf- treten können. Schiffners!) Meinung, daß bei . Metzgeria der weibliche Sproß auf seiner Ober- seite zu einer herzförmigen, halbkugelig hohlen, behaarten Hülle auswachse, ist meiner Ansicht nach durchaus irrig; schon die nicht gerade sel- tenen Fälle, in denen ein als Sexualast angelegter ventraler Thalluszweig vegetativ weiter wächst, zeigen, Jaß die „Hülle“ tatsächlich der Sexual- sproß ist. Das Fehlen einer Mittelrippe, welches Schiffner besonders betont, fällt um so weniger in das Gewicht, als auch schmächtige vegetative Adventivsprosse einer solchen entbehren. Treubia. Das sporadische Auftreten dieser Gattung . in Java?) ließ vermuten, daß sie dort außerhalb ER Rev ae HER erH des Zentrums ihres Verbreitungsbezirkes wächst. parallel der Thallusunter- Diese Vermutung wurde mir zur Gewißheit, als a een ich in Neuseeland in einer ganzen Anzahl von Standorten Treubia antraf?). Da eine Art von Samoa angegeben wird, so ist nicht zu bezweifeln, daß wir in Java nur einen der westlichsten Standorte einer eigentlich dem paeifisch-neuseeländischen Gebiete an- gehörigen Gattung vor uns haben. 1) Nat. Pflanzenfamilien, a. a. O., pag. 53. 2) Meines Wissens ist der Standort, an welehem ich die Pflanze 1880 auf- fand, his jetzt der einzige geblieben, vgl. Goebel, Morpholog. und biolog. Studien, Ann. du jardin bot. de Buitenzorg, Vol. IX. 3} So auf der Südinsel bei Dunedin, Jacksons, Otira Gorge, auf der Nord- insel bei Wellington (Kaitoki. Es ist merkwürdig, daß dies große sehöne Leber- moos nicht längst aus Neuseeland bekannt geworden ist. 188 Ob die in Neuseeland gefundenen Treubien identisch sind mit Tr. insignis und ob vielleicht in Neuseeland verschiedene „kleine Arten“ vorkommen, wage ich nicht zu entscheiden und überlasse diese Frage dlen Lebermoos-Systematikern. Erwähnt sei nur, daß im Habitus gegen- über der javanischen Art die neuseeländischen Treubien kleine Ab- weichungen zeigen. So bedeutende Größe wie die erstere habe ich die letzteren nicht erreichen sehen. Vielfach sind die Blätter statt flach ausgebreitet zu sein nach oben gewölbt; auch fiel mir die besonders reichliche Schleimabsonderung auf der Unterseite und die dunkler grüne Farbe auf. Von der javanischen Art habe ich früher mehrzellige (drei- bis vierzellige) Brutkörper beschrieben. Solehe Brutkörper finden sich auch bei den neuseeländischen Treubien oft in sehr großer Menge. Indes bestehen sie aus vielzahlreicheren Zellen, als die für diejavanische Form früher bildlich dargestellten sie zeigen (Fig.140, A,B). Ob dies wirklich ein konstanter Unterschied ist, oder die bei der javanischen Form unter- suchten Brutknospen vielleicht noch nicht ganz fertig waren, vermag ich derzeit nicht zu sagen, da ich keine brutknospentragenden java- nischen Treubien zur Hand habe. Im übrigen aber ist der morphologische und anatomische Aufbau der neuseeländischen Treubien ein mit dem früher Beschriebenen über- einstimmender. Hier sei nur bemerkt, daß Stephanis Bezeichnung der Blätter als „Einschnitte des Flügels des Thallus* eine 'unzweck- mäßige ist. Wie ich früher hervorgehoben habe, können wir von Blättern bei den thallosen und foliosen Lebermoosen dann sprechen, wenn am Vegetationspunkte in gesetzmäßiger Reihenfolge und Stellung Auswüchse augelegt werden, die je nach der Größe, welche sie, und nach der Ausbildung, welche die tragenden Achsen erreichen, ver- schieden stark von der letzteren abgegliedert sein können. Bei Treubia wird nun in jedem Segment ein Blatt angelegt. Und zwar liegen, wie meine früheren Angaben und Abbildungen zeigen und Fig. 140, I, II bestätigt, die Blätter nicht, wie Stephani meint, „völlig in einer Ebene“. Vielmehr stehen sie (wie früher angegeben) nur an- nähernd horizontal. Schon sehr früh, wenn das Blatt noch ein- schichtig ist, zeigt es eine Schiefstellung, die Blattflächen stehen an- nähernd den Dorsalschuppen (s. Fig. 140) der gegenüberliegenden Blatt- reihe parallel; es ist kein Grund vorhanden, die Blattdeckung nicht als unterschlächtige zu bezeichnen. Daß die Dorsalschuppen auch als Schutz des Vegetationspunktes in hervorragender Weise in Betracht kommen, geht aus der Abbildung 189 Fig. 140, 7 deutlich hervor; dies ist zu betonen, weil Stephani!) meinte, „daß die Dorsalschuppe wohl lediglich eine Hülle für die Sexual- organe ist“ und rudimentär werde, sobald „diese, welche der Anlage nach jedenfalls stets vorhanden sind, nicht entwickelt werden“. Viel- mehr sehen wir, daß die Dorsalschuppen, auch wo keine Sexualorgane Fig. 140. Treubia. Gner- schnitte dureh die Knospe, T. tiefer, IL. höher, 5 Schuppen, FE Flügel. A und B Brut- knospen. A. B. angelegt sind, kräftig entwickelt sind und zusammen mit den nach unten übergreifenden Blattlappen die Stammknospe um so mehr schützen, als die Zwischenräume mit Schleim ausgefüllt sind. Bei Fossombronia und den foliosen Formen wird dasselbe erreicht durch die annähernd in vertikaler Richtung erfolgende Entwicklung der Seitenblätter, wozu 1) Hedwigia 1891, pag. 192. 120 noch vielfach die Amphigastrien treten, welche bei Treubia durch die flügelförmige Verbreiterung des Blattes nach unten (Fig. 140, 7) über- flüssig werden. Treubia stellt sozusagen einen der mancherlei Versuche dar, den die Lebermoose gemacht haben, um vom thallosen in den foliosen Zustand überzugehen, wobei, wie früher betont, der Schutz des Vegetationspunktes in hervorragender Weise in Betracht kommt; Blatt-Dorsal- schuppe von Treubia entspricht dem Blatte von Fossombronia in dieser Be- ziehung. ; ; Moerkia Cockaynii. =. A In der Flora of New Zealand gibt Mitten; als in Neuseeland wachsend Steetzia Lyellii Nees an, worunter in der Synopsis hepaticarım verschiedene For- men, namentlich Blyttia Lyelli und Moerkia hibernica zusammengefaßt waren. Auf der Südinsel fand ich an verschie- denen Standorten eine unserer M. Blyttii. nahestehende von ihr aber auf den ersten Blick leicht unterscheidbare Form, die ich als M. Ooekaynii bezeichnen möchte, zu Ehren meines um die Erforschung der Flora Neuseelands hochverdienten Freun- „® des, Herrn Dr. L. Cockayne. . L % Die Pflanze, welche ich eine Zeit- ld io erkin Oockaynii. „abi- lang auch lebend im Münchener botani- oben (hinten der Seitenrand nach Schen Garten kultivierte, fallt schon oben eingeschlagen), 7, abgeschnitte- durch ihre Größenverhältnisse und ihre ner Seitensproß. "1: fleischige Beschaffenheit auf. Während Stephani (a.a.0., pag.360) von M. Blyttii angibt „frons ad 25 mm longa ex angusta basi ad 15 mm lata“, überschreitet, die Durchschnittsbreite und Länge des Thallus von M. Cockaynii diese für M. Blyttii als Maximum geltenden Maße. Die Thallusränder sind meist nach oben eingekrümmt und gewellt, und namentlich auch die Thallusspitze selbst ist stark nach oben eingekrümmt, so daß der Vegetationspunkt um 180° gewendet annähernd wieder horizontal liegt. (Fig. 142). Die Rhizoidbildung be- 2) pag. 165. 191 ginnt im Zusammenhang mit dieser Aufrichtung der Scheitelregion erst ziemlich weit hinter ihr auf der breit nach unten vorgewölbten Mittel- rippe, welche gegen 40 Zellen diek ist. Sie ist später dicht besetzt mit sehr langen rotbraun gefärbten Rhizoiden, die auf der Thallus unterseite stehenden Schleimhaare sind mit bloßem Auge schon auf der Unterseite des Thallus als helle Striche zu erkennen, sie stellen Zell- reihen dar (vgl. Fig. 142, ID). Die Archegonienstände sind von einem aus an der Basis ringförmig verwachsenen Schuppen gebildeten Perichä- tium umgeben (Fig. 141), sie folgen teilweise (wie der Längsschnitt Fig. 142) zeigt dicht aufeinander. N fl AFTER. N Fig. 142, Moerkia Cockaynüi. I. Längsschnitt durch eine weibliche Pflauze, 4 Arche- gonien. II. Ein „Amphigastrium“ der Unterseite. Eine Diagnose der neuen Art (wie die einiger anderer neuer Formen meiner Sammlung) wird Herr F. Stephani veröffentlichen. Marchanta foliacea. Von den in Neuseeland gesammelten Marchantiaceen soll hier nur M. foliacea besprochen sein, weil sich an die Beschreibung des ana- tomischen Baues dieser Pflanze einige allgemeine Erörterungen knüpfen lassen. M. foliacea zeigt in ihrem ganzen Thallusbau, daß sie (wenigstens zeitweilig) größerer, Trockenheit angepaßt ist, als z. B. March. poly- morpha. Dies spricht sich aus: 192 1. Im Bau der Epidermis; 2. in dem der Atemöffnungen; 3. in “er Beschaffenheit des assimilierenden Gewebes; 4. in dem Verhältnis des assimilierenden zum Speichergewebe. Die Epidermis ist chlorophylios, ziemlich diekwandig und stellen- weise zweischichtig (Fig. 143). Die Atemöffnungen sind ausgezeichnet dadurch, daß sie sehr weit in die Luftkammern hineinragen. Sie be- stehen aus 4—6 Stockwerken von Zellen; das unterste bildet die Ver- schlußzellen, welche die Öffnung wenn vielleicht auch nicht ganz, so doch auf eine oder mehrere enge Spalten verschließen können. Auch wenn die Spalten ge- öffnet sind, wird die Transpiration keine sehr ergiebige sein, schon das tiefe Hineinragen der Atemöfinung in die Luftkammern wird ein - langsameres Entweichen des Wasserdampfs be- dingen, und in der Atemöffnung selbst liegt ein windstiller, obeu von einem Hautfortsatz etwas verengerter Raum vor, welcher den Wasser- dampf gleichfalls nur allmählich entweichen läßt. Es tritt bei diesen Atemöffnungen beson- ders deutlich hervor, daß Mi. 143. Marc ; sie eigentlich aus zwei ig. 143. Marchantia foliacea. Oben Thallusquer- ; - schnitt, unten Stück eines Thalluslängsschnittes mit Teilen bestehen. Den einer Sklerenchymzelle. ken wir uns nämlich den Teil der Atemöfinung unterhalb der Linie # Fig. 143 weg, so erhalten wir den Typus der Atemöffnungen, welcher bei den Vegetationsorganen der Marchantiacen der verbreitetste ist: den einer einfachen Öffnung, welche etwas über «ie Thallusoberfläche vorspringt, wodurch das Eindringen von Wasser- tropfen in die Öffnung erschwert wird. Von hier aus sehen wir (von kleinen anatomischen Differenzen abgesehen) nach zwei Richtungen hin Veränderungen vor sich gehen: entweder es wird der vorspringende 193 Teil als schlotförmige Erhebung emporgerückt — Exormotheca-Typus — oder es kommt noch ein nach unten wachsender Kragen dazu (Marchantia- typus, der bekanntlich auch am Fruchtkopf mancher Arten sich findet, deren Thallus eine einfache Atemöffnung hat). Die Atemöffnungen des Marchantiatypus stellen nach dem Obigen eine spätere Entwicklung aus dem ursprünglich einfachen Vorgang der Überwölbung der Thallusgruben dar. Wir sehen bei den Keimpflanzen mancher Marchantiaceen, daß ursprünglich eine Oberflächenvergrößerung der assimilierenden Fläche durch Grubenbildung eintritt und an diese sich später die anderen merkwürdigen Vorgänge anschließen, die ihre höchste Ausbildung bei den verschließbaren Atemöffnungen erreichen. Wenn Stephani!) Marchantia polymorpha einen „porus quadratus“ zu- schreibt, den er von dem „porus erueiatus“ von Preissia u. a. unter- scheidet, so ist dazu zu bemerken, daß eine solche starke Verschieden- heit sich nicht findet, auch M. polymorpha hat einen „porus cruciatus*, nur weniger stark ausgeprägt, als Preissia; mit anderen Worten, es gibt nur einen Typus der tonnenförmigen Atemöffnungen, dieser aber ist bei hygrophilen Formen etwas anders ausgebildet als bei mehr xero- philen, wo, wie ich schon vor Jahren hervorhob und später Kamerling bestätigte, die Möglichkeit eines Verschlusses, bezw. einer starken Ver- engerung der unteren Öffnung besteht. Leider hatte ich keine Gelegenheit, M. macropora zu untersuchen, deren Atemöffnungen Stephani als vierten Typus von ganz abweichender Form betrachtet. Mir scheint die Abweichung eigentlich nur darin zu bestehen, daß die Zahl der die Atemöffnung umgebenden Zellreihen hier eine viel größere ist als sonst, nach Stephanis Abbildung 15. Auch hier wachsen wie bei M. foliacea u. a. die untersten Zellen der Atemöffnung gegen die Mitte dieser hin vor. Da die Öffnung sehr weit ist, erreichen auch die Auswüchse, wenigstens bei einigen eine ver- hältnismäßig beträchtliche Größe. Es mag dabei erinnert werden an die Tatsache, daß, wenn Marchantia polymorpha im Wasser untergetaucht wächst, ein Abschluß der Luftkammern ?) nach außen durch Auswachsen der untersten Zellen zu Papillen, die sich übereinanderlegen, eintritt. Wir sehen daraus, daß die Atemöffnungen „plastisch“ sind, d h. in ihrer Ausbildung durch die Einwirkung äußerer Faktoren abgeändert werden können. M. maeropora wächst nach Mitten an „wet banks“, I) A. a. 0. pag. 157. 2) Soweit diese sich überhaupt ausbilden, vgl. Ruge, Beitr. zur Kenntnis der Vegetationsorgane der Lebermoose, Flora 1893. Flora 1906. 13 194 es wäre möglich, daß damit (dem oben erwähnten Verhalten von Marchantia entsprechend) das starke Auswachsen der basalen Zellen in Verbin- dung steht. M. foliacea ist auch dadurch von Interesse, daß im Thallus in großer Zahl die eigentümlichen Sklerenchymzellen mit braunen Wänden sich vorfinden, welche ich für Preissia vor Jahren beschrieben habe‘). Die Lebermoossystematik hat davon keine Notiz genommen. Stephani erwähnt die Sklerenchymzellen bei Preissia überhaupt nicht, bei Marchantia erwähnt er „Sklerenchymstränge“, die er als mäßig lange geschlossene Gänge mit buchtigen Erweiterungen bezeichnet. Unter einem „Gang“ versteht man aber in der Pflanzenanatomie ganz allgemein einen Inter- cellularraum 2). Auch handelt es sich nicht um „Stränge“, von solchen könnte man doch nur reden, wenn Bündel von Sklerenchymzellen vor- handen wären. Dies ist aber nicht der Fall, die in der Richtung des Thallus längsgestreckten Zellen verlaufen meist einzeln, gelegentlich legen sich zwei mit den Enden aneinander. Ihre Länge ist bei M. foliacea eine ziemlich variable, sie enthalten übrigens trotz der starken Wandverdickung nieht selten Stärke, ihre Hauptfunktion ist aber offenbar, wie schon früher hervorgehoben, eine mechanische. Auf weitere anatomische Einzelheiten möchte ich hier nicht ein- gehen, es kam mir nur darauf an, hervorzuheben, daß es bei den Mar- chantiaceen eigentlich nur zwei Typen von Atemöffnungen gibt, die aber den Standortsverhältnissen entsprechend verschiedene Ausbildung zeigen können, und daß der anatomische Bau dieser Pflanzen für die systematische Charakteristik bis jetzt nicht in ausreichender Weise ver- wendet wurde. Allerdings wird auch das Auftreten der Sklerenchym- zellen im Thallus von äußeren Faktoren beeinflußt werden können. Es ist wahrscheinlich, daß mit diesen Sklerenchymzellen versehene Formen diese, wenn sie an besonders feuchten Standorten wachsen, in geringerem Grade entwickeln, als an trockeneren Standorten. Tat- sächlich treten sie, soweit mir bekannt ist, bei speziell hygrophilen Marchantiaceen (z. B. Fegatella) überhaupt nicht auf. Anthoceroteen. Eine größere Anzahl von Anthoceroteen wurden sowohl in Australien, als in Neuseeland gesammelt. In Westaustralien fanden sich namentlich . 1) Goebel, Zur vergl. Anatomie der Marchantiaceen. Arb. des botan. In- stituts zu Würzburg, II, (1880), pag. 529. 2) Deshalb ist es auch nicht richtig, wenn St. weiter von „Schleimgängen,, spricht. Wie ich a. a. O. nachwies, handelt es sich um Schleimzellen. Bei Marchantia habe ich diese stets nur einzeln angetroffen, während sie bei Fegatella in Reihen angeordnet sind. 195 einige Knöllchen bildende Formen. Indes möchte ich nur über zwei der gesammelten Arten einige Bemerkungen hier anfügen. Anthoceras giganteus Lehm. et Lindenb, In den „Natürl. Pflanzenfamilien“!) werden die drei Gattungen der Anthoceroteen Notothylas, Anthoceros und Dendroceros dadurch von einander unterschieden, daß die ersteren einen 'Thallus haben sollen, der auch am Rande mehrzellschichtig sei, ohne scharf gesonderte Mittelrippe, während Dendroceros ein Thallus zugeschrieben wird mit „scharf gegen die einzellschichtigen, krausen Ränder abgesonderter Mittelrippe“. Nach dieser Diagnose würde man die in der Überschrift genannte Anthocerosart, welche ich in Neuseeland bei „Arthurs Paß“ und „Jacksons“ sammelte, zu Dendroceros stellen können, an welche L. Fig, 143. Anthocenos giganteus. I. Thallusende von unten. II. Thallusquersehnitt. Gattung auch der Habitus erinnert. Die Pflanze ist nämlich langgestreckt und schmal (z. B. 4 cm lang, 2 mm breit) und besitzt einschichtige, kraus gewellte Thallusränder, von denen der mehrschichtige mittlere Teil des Thallus nicht scharf abgesetzt ist. Letzterer hat keine Schleim- räume und zeigt überhaupt eine sehr einfache anatomische Gliederung. Die Zellen der Ober- und der Unterseite sind niedriger als die übrigen. Sie enthalten 2—4 oft noch miteinander zusammenhängende ‚Chloro- phylikörper. Die (später von Nostockolonien bewohnten) Schleimspalten finden sich vorzugsweise an den Seitenteilen der Mittelrippe. Sehr charakteristisch ist, daß der Vegetationspunkt nach unten eingekrümmt ist (Fig. 143, I), eine Erscheinung, welche bei dorsiventralen Sprossen höherer Pflanzen häufig, bei Lebermoosen aber wie es scheint selten ist. Die Verzweigung ist eine (scheinbar) fiederige, doch traf ich selten größere zusammenhängende Sproßsysteme an. Was die Randbeschaffenheit anbelangt, so ist es klar, daß hier eine der zahlreichen Einrichtungen vorliegt, durch welehe Lebermoose in den 1) A. a. OÖ, pag. 139. 13* 196 Stand gesetzt werden, Wasser festzuhalten. In noch viel höherem Grade als bei dem früher beschriebenen®) Anthoceros fimbriatus ist dies bei Anth. giganteus der Fall, der vielfach gefaltete, teilweise die Unterseite des Thallus bedeckende Rand ist mit, zahlreichen kapuzenförmigen Hohl- räumen versehen, welche Wasser festhalten. Es wird dies dadurch er- möglicht, daß an einzelnen Stellen des Randes ein gesteigertes Wachs- tum eintritt, ähnlich wie dies bei Dendroceros foliatus geschieht (vgl. a. a. O.), nur daß bei diesem diese Wucherungen noch schärfer abge- setzt sind. Es ist also die Entstehung dieser Gebilde eine andere, als bei Anthoceros fimbriatus, wo die Randkrause aus den zahlreichen, bei der Verzweigung des 'Thallus entstehenden „Mittellappen“ hervorgeht, Charakteristisch ist, daß dieses Anthoceros in Gesellschaft einer ihm habituell sehr ähnlichen Aneura wuchs, die auch auf der Thallusunter- seite ein krauses schwammiges Aussehen hatte, was aber durch dünne, nach unten gebogene Thalluszweige zustande kommt. Anthoceros arachnoideus?’). (Fig. 144.) Auf Baumrinden, aber auch auf dem Boden fand ich in Neusee- land nicht selten einen Anthoceros, der im vorderen Teile seines Thallus durch einen weißlichen Überzug auffällt. Es ist offenbar der A. arach- noideus. Die früher geäußerte Vermutung®), daß es sich auch hier um eine Einriehtung zum Wasserfesthalten handle, hat sich durchaus bestätigt, man kann sich leicht davon überzeugen, daß die mit Aus- wüchsen besetzte Thallusoberseite Wasser festhält. Daß dies namentlich im vorderen Teile des Thallus erfolgt, dürfte damit zusammenhängen, daß dieser betrefis der Wasserversorgung im allgemeinen weniger günstig daran ist, als die älteren Thallusteile, die mit langen und zahlreichen Rhizoiden an der Unterlage befestigt sind. Die Auswüchse treten in verschiedener Gestalt auf, teils als La- mellen, teils als schmächtigere, nur aus Zellreihen aufgebaute Gebilde. Gemeinsam ist allen, daß sie an den Enden und teilweise an den Seiten hyaline Zellen tragen, die jedenfalls hauptsächlich zur Wasserabsorption bestimmt sind, wie dies auch bei andern Lebermoosen, z. B. Aneura- arten der Fall ist. Das hyaline Aussehen (welches dem Überzug im unbenetzten Zustand eine charakteristische weißliche Färbung gibt), rührt 1) Örganographie, pag. 281. 2) Bemerkt sei, daß es sich um eine Art handelt, die keine Spaltöffnungen an der Kapsel und breite Verdickungsstreifen in den Blateren hat. Der Thallus besitzt keine Schleimräume. 3) Organographie, pag. 281. 197 von dem Zurücktreten der Chloroplasten her, sie werden nicht nur relativ, d. h. im Verhältnis zur Zellgröße, sondern absolut kleiner als in den übrigen Zellen, und sind in manchen Zellen gar nicht mehr erkennbar. Dies tritt in Fig. 144 rechts deutlich hervor. Während in den unteren Zellen des Auswuchses ein verhältnismäßig großer Chlorophylikörper sich findet, sind in den weiter oben liegenden nicht selten zwei, viel kleinere vorhanden. Es ist hier also die assimilierende Funktion der Zellen zurückgetreten gegenüber der wasseraufnehmenden. Zu dieser sind die Zellen besonders geeignet durch ihre bedeutende Größe und dadurch, daß sie vermöge ihrer Anordnung leicht Wasser festhalten können, denn der ganze Auswuchs besitzt, wie auch die Ab- bildung erkennen läßt, ein schwammiges Gefüge. Auch die Mittellappen, die bei der Thallusverzweigung entstehen, dienen dazu, Wasser festzu- halten, indem sie in einzelne, am Rande mit „hellen“ Zellen besetzte Lappen zerteilt sind. Fig, 144. Anthoceros arachnoideus. Links Thalluslängssehnitt schwach vergrößert, rechts eine der Lamellen stärker vergrößert, die Chlorophylikörper schraffiert. Das Vorkommen dorsaler Auswüchse ist ein bei Anthoceros nicht vereinzelt stehendes. Bei Anthoceros adscendens gibt die Synopsis hepaticarum an „wons ..... media epidermide fissa in lacinias exsurgens undulato — crispis variae formae“. Spruce (a. a. O. p. 576) hat einen Anthoeeros squamuligerus beschrieben, der sich offenbar ganz ähnlich verhält — alles Beispiele dafür, in wie mannigfacher Weise bei den Lebermoosen — bildlich ausgedrückt — ein und dasselbe Ziel angestrebt wird. Freilich wird im allgemeinen nur Beobachtung an den natürlichen Standorten ein Urteil darüber gestatten, wie die Organbillung mit den äußeren Faktoren in Beziehung steht. Lepidozia spinosissima z. D. ist ein sparrig verzweigtes, kleinblätteriges Lebermoos, welches man nach Herbar- 198 exemplaren wohl für eine mehr xerophile Form halten würde. Ich fand dies Lebermoos aber an einer feuchten Wand in einer Schlucht (der- selben, in welcher Gymnanthe saccata und Balantiopsis wuchsen) in dichten Polstern,. die, durch die sparrige Verzweigung der einzelnen Pflanzen gebildet, leicht sich mit Wasser vollsaugen. Zusammenfassung. I. Laubmoose. A. Radiäre. 1. Dawsonia. Dawsonia kann als primitive Form der Poly- trichaceenreihe betrachtet werden. Dies spricht sich aus einerseits im Bau der Gamophyten, andererseits in dem der Sporophyten, speziell dem des Peristoms. Der Gamophyt zeigt trotz seiner hohen Ent- wicklung eine weniger scharfe Arbeitsteilung und Sonderung der Ge- webe, als dies bei anderen Polytrichaceen der Fall ist, deren Sproßachse aber wohl überall mit einer der von Dawsonia analogen Struktur be- ginnt. Die Blattspuren von D. sind anfangs in drei Reihen gestellt, später zeigen sie sich stark „gedreht“. Die Eiydroiden zeigen da, wo sie in größerer Zahl zusammenliegen, in ihrem Bau Anklänge an den der übrigen Polytrichaceen. Der Sporophyt ist betreffs des Peristoms seit R. Brown unrichtig beschrieben worden. Das Peristom hat offenbar denselben Ursprung wie bei den übrigen Moosen, es besteht aus ge- gliederten Zellreihen, je zwei derselben hängen unten U-förmig zu- sammen, was die Übereinstimmung mit dem Polytrichumperistom her- stellt. Die Einteilung der Moose in Nematodonten und Arthrodonten würde die Gruppe der Polytrichaceen in zwei Abteilungen trennen, sie ist daher aufzugeben. Die Kapsel ist dorsiventral und steht im reifen Zustand horizontal. Lyellia schließt sich im Kapselbau (auch was die „Haare“ der CGalyptra betrifft) an Dawsonia an, die Peristombildung ist hier unter- drückt, der ganze Deckel löst sich ab, bei der Sporenaussaat spielt das Ende der Kapselcolumella eine Rolle. Die Beziehungen des Peristoms der Buxbaumiaceen und Tetraphideen zu denen der Polytrichaceen werden erörtert. 2. Dienemon und Mesotus. Die Dienemonaceen bilden eine natürliche Gruppe ausgezeichnet durch Vielzelligkeit ihrer Sporen und eigentümlichen anatomischen Bau der Blätter. Diese zeigen entweder Protonemafäden charakteristischer Struktur auf den Blättern oder „Schleim- zellen“. In beiden Fällen handelt es sich offenbar um Organe der u —y. 199 Wasseraufnahme, analog den Zellen, welche rechts und links am Blatt- grunde sich befinden. Diese Formen sind für abwechselnd nasse und trockene Perioden eingerichtet. Dies zeigt sich auch im Bau des Sporogons, speziell in der Vielzelligkeit der Sporen. Deren Keimung wird beschrieben. Da dabei auch Zwergmännchen beobachtet wurden, so wird deren Auftreten bei anderen Moosen kurz erörtert. 3. Leptostomum. Die Peristomhaut dieser Gattung entspricht einem rudimentären resp. rückgebildeten Mniaceenperistom. B. Bilaterale und dorsiventrale Formen. 4. Eriopus. Die hier normal eintretende Sporogonbewurzelung wird geschildert und die Blattbildung erörtert. 5. Pterygoplhyllum (Hookeria). Die Asymmetrie der Blätter hängt hier, wie bei anderen Bryophyten, ab vom Wachstum der Sproß- ' achse. Brutknospenbildung tritt bei neuseeländischen Formen auf den Blättern oft in großer Menge auf. Sie konnte auch hervorgerufen werden bei Pt. lucens, wo sie bisher noch nicht beobachtet war, und die „Initialen“ der Blätter für Rhizoideninitialen gehalten wurden. Pt. quadriforium zeigt Rhizoidenbildung an der Vaginula, aber nicht bei allen Arten tritt diese auf. 6. Cyathophorum. Auch hier ist die Blattasymmetrie eine sekundäre Erscheinung. Die Angaben Brizis über Saprohytismus, Parasitismus, Antheridienbildung und Bedeutung der „macule* sind irr- tümlich. 7. Mittenia. Die Blätter gelangen durch Verschiebung, ähnlich wie bei Schistostega, annähernd in eine Ebene, die Sprosse verzweigen sich gewöhnlich nur an der Basis. . 8. Rhizogonium. Hier gibt es Übergänge von radiären zu zweizeilig beblätterten Formen. Die Verzweigung erfolgt bei Eurhizogonium an der Basis der Stämmchen, die fertilen Sprosse entstehen also nieht, wie angenommen wurde, aus dem „Rhizoidenfilz“. Die zweizeilige Stellung ist nicht auf eine Verschiebung zurückzuführen, sondern von Anfang an vorhanden. Rh. Novae Hollandiae hat eine dreischneidige Scheitelzelle, die nur zwei Reihen blattbildender Segmente liefert. Rh. aristatum hat (wenigstens in den beobachteten Fällen) nur zwei Segmentreihen. 9. Orthorrhynchium. Hier liegt wie bei Phyllogonium, Fissidens und einigen anderen Laubmoosen wirklich zweizeilige Beblätterung vor, wobei jedes Blatt als ein kahnförmiger Wasserbehälter ausgebildet ist. 200 il. Lehermeose. 1. Gottschea. Es wird an einer Anzahl Gottscheaarten die Ent- wicklung der Blätter, speziell die Flügelbildung geschildert, welche an die von Fissidens erinnert. Manche Gottscheaarten besitzen eigen- tümliche vielzellige Rhizoiden. Das Perigon fehlt manchen Gottschea- arten. Dafür bohrt sich der Embryo tief in das Stengelgewebe ein („eoelocaules“), welches zuweilen sich auch anatomisch in eigentümlicher Weise verändert. G. splachnophylla besitzt im Sporogon einen basalen Elateren- träger. 3. Lebermoose mit Paraphyllien. Einer Anzahl von Leber- imoosen kommen Paraphyllien zu, welche, namentlich wenn sie auf den fertilen Sproßteilen auftreten, teilweise mißverstanden worden sind. Sie be- teiligen sich teils an der Assimilation, teils dienen sie zum Festhalten von Wasser. Besprochen werden: Gottschea Blumei, Marsupidium setu- losum, Chandonanthus squarrosus, Polyotus, wo die Paraphyllien nament- lich auch auf der Außenseite der hohlen Sprosse, welche Eimbryonen bergen, auftreten (bei P. magellanicus fehlen sie), sodann Lepicolea. 3. Marsupifere Jungermanniaceen. Diese Bezeichnung hat aus verschiedenen Gründen an die Stelie der bisherigen „geokalycee .J." zu treten. Es sind die Marsupien vielfach gar nicht in der Erde. Sie entstehen stets nach der Befruchtung, infolge eines durch die Befruch- tung {oder den Embryo) ausgeübten Reizes. Von den Marsupien sind drei Formen zu unterscheiden: a) Tylimanthus-Typus: der Beutel ist ursprünglich ein solider Ge- webekörper, der durch den Embryo ausgehöhlt wird, die ent- gegenstehende Ansicht der Hepatikologen ist unrichtig. Hierher gehören Tylimanthus, Marsupellopsis und Marsupidium. Besprochen werden auch deren Vegetationsorgane, namentlich die eigentüm- lichen (seither übersehenen) Amphigastrien von T. saccatus, im An- schluß daran auch die Organbildung der südamerikanischen Anomoclada. b) Isotachis-Typus: Die „Blüte“ wird nach der Befruchtung von einem aus dem Gewebe der Sproßachse entstandenen Ringwall umwachsen, welcher auch Blätter mit emporhebt. ce) Bei den übrigen Formen sind die Blüten wie bei Tylimanthus dorsiventral, es entsteht nach der Befruchtung ein von Anfang an hohles Marsupium. Es fehlt nicht an Mittelbildungen zwischen Typus 1. und 3. Für 3 werden besprochen: Balantiopsis (auch die Blattbildung), Acrobolbus, Lethocolea. Acrobolbus und Letho- 201 colea sind dadurch merkwürdig, daß die jungen Beutel eine „Wurzelhaube“ haben, die alten (namentlich bei Lethocolea) eigentümliche Wandverdiekungen aufweisen. Bemerkenswert ist auch die Keimung von Letlocolea und die Knöllehenbildung. Inulin tritt als Reservestoff vieler derartigen Formen auf. Die Embryonen sind oft ausgezeichnet durch einen (auch bei Tyli- manthus vorhandenen) Haustorialkragen, von den Systematikern überflüssigerweise als „Involucellum“ beschrieben. 4. Radula uvifera, merkwürdig durch ihre ganz mit den für R. pyenolejennioides früher vom Verf. beschriebenen übereinstimmenden Heterophyllie. 5. Hymenophytum, die Verschiedenheit zwischen dem Thallusteil, der als „Stiel“ und dem, welcher als Assimilationsorgan entwickelt ist, ist keine stabile, sondern eine labile. Junge Assimilationssprosse können zur Bildung von Rhizoiden und zum Weiterwachsen als „Stiele“ resp. Rhizome veranlaßt werden. Abgeschnittene Assimilationssprosse erzeugen leicht neue Pflanzen, teils durch Weiterentwicklung ruhender ventraler Anlagen, teils durch Neubildungen (welche auch am Rande auftreten können). Ganz ähnliche Thallusformen lassen sich erzielen, wenn man eine Pellia, Preissia, Fegatella usw. erst etiolieren läßt, dann beleuchtet. Der Stiel entsteht bei Hymenophytum nach Ansicht des Verf. durch „autonomes Etiolement.“ Die Bildung der Sexualsprosse ist bei H. flabellatum (Umbraeulum) und H. Phyllanthus eine verschiedene, auch im Bau des Sporogons finden sich Verschiedenheiten. 6. Blythia xiphioides, eine Form mit rudimentären Blättern am Thallus zeigt wie andere derartige Formen, daß die „Blätter“ nicht funktionslos sind, sondern als Schutzorgane für den Scheitel dienen. 7. Metzgeria saccata. Die merkwürdigen Wassersäcke sind nicht konstant vorhanden und kommen nicht durch eine Lappung des Thallus zustande, sondern durch eine Einrollung der Thallusränder nach unten und lokal gesteigertes Wachstum einzelner Teile. 8. Treubia ist in Neuseeland nicht selten, es wird speziell die Blatt- bildung erörtert. 9. Moerkia Cockaynii als neue Art dieser Gattung. 10. Marchantia foliacea zeigt relativ xerophile Struktur und Sklerenchymfasern im Thallus wie Preissia. j 11. Anthoceroteen. Erörtert werden die zum Festhalten von Wasser dienenden Auswüchse bei A. arachnoideus und die Gestaltung von A. giganteus, welche einen Übergang zu Dendroceros bildet. 202 12. Die Lebermoose bieten eines der lehrreichsten Beispiele für das Auftreten von Parallelbildungen dar. Als solche sind zu be- trachten: a) Die Blattbildung in verschiedenen Reihen der „thallosen“ und foliosen Jungermanniacen. b) Auftreten von Wassersäcken bei Dendroceros foliatus!), Metz- geria saccata und vielen foliosen Jungermanniaceen. c) Wasserfesthaltende Thallusauswüchse bei Aneura fuegiensis?) und Anthoceros arachnoideus. d) Geschlossene Wassersäcke mit Klappventil (Colura, Physiotium). e) Paraphyllien (Trichocolea, Gottschea Blumei, Stephaniella, Mar- supidium setulosum und andere oben angeführte Formen. I) Coelocaulie (Gottschea, Trichocolea, Polyotus u. a.). g) Marsupienbildung (Tylimanthus, Balantiopsis, Calypogeia, Acro- bolbus. h) Schleimpapillen auf der Fläche der Amphigastrien (Tylimanthus; Anomoelada nu. 2.). i) Bildung großer Haustorialkragen (Involucellen) (Gottschea, Tyli- manthus, Acrobolbus, Lethocolea n. a.). k) Elaterenträger in der Kapselbasis (Pellia, Gottschea splachno- phylia). 1} Keimung der Sporen innerhalb des Sporogons (Fegatella, Pellia, Dendroceros. Eine Reihe anderer Beispiele ließen sich noch anführen, so wurde früher auf die Bildung gestielter blattähnlicher Assimilationssproßsysteme bei Hymenophytum, Biyttia- und Symphyogyna-Arten aufmerksam gemacht. In anderen Verwandtschaftsreihen liegen die Parallelbildungen nicht so klar vor Augen wie bei den Lebermoosen. Manche kühne phylo- genetische Spekulationen rücken aus dem Gebiete der Wissenschaft in das der Poesie, wenn man sich der Häufigkeit der Parallelbildungen bewußt bleibt. München, im Januar 1906. 1) Vgl. Goebel, Organographie, pag. 282. 2) A. a. O., Fig. 179. Über das Prothallium und die Sporenpflanze von Botrychium Lunaria Sw. Von H. Bruchmann. Hierzu Tafel I und II. Während von den einheimischen Ophioglossazeen Ophioglossum vulgatum eine reiche ungeschlechtliche Vermehrung durch Adventiv- sprosse an den Wurzeln besitzt und der Hauptsache nach sich durch diese fortpflanzt, fellt solche Botrychium Lunaria ganz. Für die Ent- stehung jedes Sporophyten dieser Art ist somit stets ein Gamophyt vorauszusetzen. An dem Standort jeder sporentragenden Pflanze dieser Art und zwar in der Bodentiefe ihres Rhizoms keimte einmal eine Botrychiumspore und entwickelte das Prothallium, welches dann die uns entgegentretende Pflanze hervorbrachte. Jede Sporenpflanze lehrt somit, daß an ihrem Standorte ihre Sporen im Boden, in welchen sie durch den Regen geführt werden können, auch keimen, und man wird daher an den Standorten der Botrychiumpflanze auch deren Prothallien zu erwarten haben. Leider sind diese Gebilde sehr klein und nur mit der Lupe deutlich erkennbar. Auch sind ihre Keimpflänzchen kein Wegweiser zu ihrem Fundort, denn diese wachsen zuerst mehrere Jahre nur unterirdisch, und wenn sie dann ihr erstes grünes Blättchen an die Erdoberfläche führen, werden sie nicht mehr im Zusammenhange mit dem Prothallium angetroffen. Irmisch entdeckte 1854 bei Sondershausen in Thürmgen zuerst die eigenartigen Keimpflanzen von Botrychium Lunaria und machte Hofmeister auf dieselben aufmerksam, worauf dann beide im Oktober desselben Jahres auch die Prothallien fanden. Doch dürfte, wie aus der sehr unvollkommenen und zum Teil unrichtigen Darstellung (dieser Gebilde durch Hofmeister!) hervorgeht, das Material wohl nur mangel- haft und nicht ausreichend gewesen sein, und von einer Wiederholung soleher Funde ist bis dahin nichts bekannt geworden. Im Juli 1898 war Campbell’) „so glücklich“, in Grosse De Michigan von B. virginianum eine Anzahl alter Prothallien zu finden, t) Hofmeister, Abh. d, k. sächs. Ges. d. Wiss. 1857, Bd. V, pag. 657-662. 2) Campbell, Moses and Ferns, London 1895, pag. 224-228, 204 die sämtlich in Verbindung mit der jungen Sporenpflanze angetroffen wurden. Sie waren aber für das Studium dieses Gamophyten ungeeignet. Jeffrey!) dagegen fand in den Jahren 1895—97 an verschiedenen Orten Canadas (in Nordamerika) denselben Gamophyten in großer An- zahl und in allen Stufen der Entwicklung. Die Anwesenheit dieser Gebilde verrieten die grünlichgelben Keimblätter der Sporenpflanze dieser Art, und da diese großen Prothallien auch in reicher Menge bei einander zu finden waren, so konnten durch bloßes Durchsieben des Bodens reiche Ernten erzielt werden. Neuerdings macht noch Lyon?) bekannt, daß er im Frühjahr 1903 Prothallien von B. obliquum Muhl.; Willd. in beträchtlicher Zahl in der Nähe d. Echo in Minnesota ge- sammelt habe. Auch die von B. virginianum sind von ihm aufs neue an zwei Stellen gefunden worden. Die ausführliche Publikation hierüber steht bevor. Meine Prothallienfunde von B. Lunaria machte ich an verschiede- nen Stellen Deutschlands und der Schweiz. Von Sondershausen, wo Hofmeister im Verein mit Irmisch diese Körper zuerst fand, er- hielt ich auf meine Anfrage nach dem Vorkommen dieser Sporenpflanze die Nachricht, daß sie dort in den letzten zehn Jahren nicht mehr ge- funden sei. In der Schweiz auf den Wiesen von St. Moritz und Arosa ermittelte ich trotz fleißigen Suchens in den Sommern 1903—05 nur einzelne Prothallien und Keimpflanzen und zwar auffallend tief, 8—10 cm unter der Erdoberfläche. Die beste Ausbeute brachte mir eine Wald- wiese bei Ohrdruf in Thüringen und ein gleicher Ort am Bocksberg bei Gotha, wo ich eine neue, sehr reiche Ansiedlung dieser Sporen- pflanze fand. Die Prothallien von B. Lunaria fanden sich in dem sandigen Boden der Thüringer Waldwiesen in nur geringer Tiefe, etwa 1 bis 3 em unter der Erdoberfläche, in dem Wurzelgeflecht der Wiesenpflanzen vor. Sie traten mir nicht selten zu mehreren, einmal zu zehn bei einander ent- gegen und können in diesem im Sommer meist trockenen Erdreich einer anhaltenden Dürre, wie sie z. B. die Sommer 1903 und 04 uns brachten, erfolgreich widerstehen, denn nach den ersten Regentagen solcher Pe- rioden fand ich sie unbeschädigt vor. In dem nassen, durch die Feuch- tigkeit: dunkel erscheinenden Erdreich treten die Prothallien wie auch die kleinen Keimpflanzen deutlicher hervor und können weniger leicht übersehen werden. 1) Jeffrey, The Gametophyte of Botrychium virginianum 1898. 2) Lyon, The Pteridophytes of Minnesota XX. 1903, p. 249. 205 l. Der Gamophyt. Hofmeister bringt nur wenig Angaben über das Prothallium. Er stellt es als eine eiförmige Masse festen Zellgewebes von etwa un Linie größtem Durchmesser dar. Außen sei es lichtbraun, innen gelblich- weiß von Farbe und mit spärlichen, mäßig langen Wurzelhaaren all- seitig besetzt. Seine Zellen, deren Größe vom Mittelpunkte nach der Peripherie hin abnehme, seien mit größeren und kleineren Klumpen eines halbdurchsichtigen Stoffes vollgestopft. Das Prothallium trage auf der nach oben gekehrten Seite Antheridien, die Höhlungen in seiner Masse darstellen, und auf der entgegengesetzten Seite Archegonien, welche Organe dem Prothallium vollständig eingesenkt seien. Künstlich ausgesäte Sporen keimten nicht. Nach meinen Prothalliumfunden erscheinen mir unsere Gamophyten auch als kleine eiförmige, aber auch als herzförmige, meist etwas zusammen- gedrückte (also im Querschnitt elliptische) Zellkörper, weißlich oder schwach hellbraun von Farbe, von etwa 1 bis 2 mm Länge und 1/, bis 1 mm Breite, die herzförmigen mit noch größeren Ausdehnungen, alle mit langen Rhizoiden allseitig mäßig besetzt. Ich habe versucht, auch diese sechste Art meiner Prothallien- funde, wie die fünf vorher bekanntgegebenen, zuerst in natürlicher Größe erkennbar darzustellen, dieses gelang hier nur, indem ich diese kleinen Gebilde mit ihrer Fundstelle zugleich zeichnete (Fig. 1). Auch ihre Darstellungen in dreifacher Vergrößerung (Fig. 2—6) lassen ihre äußere Gestaltung nicht erkennen, jedoch für die kleinen braunen Keimpflanzen (Fig. 7—16) dürfte sie schon genügen. Während das Pro- thallium von B. virginianum zu den größten aller bis jetzt bekannten Gamophyten gehört und bis 20 mm Länge und 15 mm Breite erreicht, ist es bei B. Lunaria auffallend klein, es gleicht jenem aber in der Form, und wahrscheinlich werden alle Arten dieser Gattung die gleiche Gestaltung besitzen, die zu erkennen uns für unsere Art erst durch eine 16fache Vergrößerung möglich wird (Fig. 17—25). Die kleineren Gamophyten sind meist kugelig oder eiförmig (Fig. 17, 19 u. 20), die größeren herzförmigen (Fig. 18, 24 u. 25) erreichen in solcher Form die (doppelte Ausdehnung der einfachen. Ihre langen, oft den Durchmesser über- treffenden Wurzelhaare sind am Grunde stets braun gefärbt und geben dem Gamophyten seinen lichtbraunen Anflug, der im Herbste mehr als im Frühjahre dem Beschauer entgegentritt. Außer den langen, an älteren Körperteilen meist abgestorbenen Rhizoiden finden sich auf dem Rücken auch einzelne kleine einzellige oder mehrzellige derartige (e- bilde, die Paraphysen, vor. Die Prothallien sind stets monözisch. Auf 206 ihrer der Erdoberfläche zugekehrten Seite tragen sie sowohl Antheri- dien als auch Archegonien, entgegen den Angaben Hofmeisters!), der letztere Gebilde auf der Unterseite gefunden haben will. Auf dem hinteren Körperteile fehlen die Geschlechtsorgane ganz. Die Anthe- ridien treten auf der mittleren Partie des Rückens in einer unregel- mäßig angeordneten Reihe meist zu mehreren bei einander auf und führen mit ihren jüngeren Formen auf die vordere noch wachsende Prothalliumregion (Fig. 27s). Ihre ältesten Formen am hinteren Teil _ des Gamophyten sind entleert und flach; sie können bei größeren For- men zu einem Kamme hervortreiben, in welchem sie zu zweien und auch zu dreien nebeneinander ausgebildet werden. Zu beiden Seiten des antheridialen Rückens treten die Archegonien meist im lockeren unregelmäßig gestellten Zweizuge auf (Fig. 27ar). Ihre Achsen sind nach den Seiten schief aufwärts gerichtet, und schon nahe am fortwachsenden Prothalliumteile blühen sie und finden Be- fruchtung, während die Antheridien erst weiter zurück reifen und ent- leerte Höhlungen aufweisen. Fast jeder Gamophyt unserer Art bringt einen, zuweilen auch zwei Sporophyten zur Entwicklung, die anfangs als geringe Hervorwöl- bungen nahe dem fortwachsenden Prothalliumteile erkennbar werden (Fig. 19, 20 u. 27 em), darauf aber mit der ersten Wurzel aus dem Inneren hervorbrechen (Fig. 21—-25) und seitwärts fortwachsen, ohne daß die Ausbildung eines Stammscheitels nebst Kotyledon bemerkbar wird, Auch Keimpflanzen mit zwei Wurzeln traf ich seltener noch mit dem Mutterprothallium im Zusammenhange an. Vielfach findet man schon einwurzelige, dann aber mehrwurzelige Keimpflanzen frei im Boden vor (Fig. 6-16), und wenn deren erstes grünes Blatt über die Erdoberfläche tritt, besitzen auch sie, wie die Keimpflanze von Ophio- glossum vulgatum, eine größere Anzahl (bis zehn) Wurzeln und dürften dann fast soviel Jahre als Wurzeln zählen. Auch bei unserem Gamophyten kann man beobachten, wie ich es für den von O. vulgatum zeigte, daß aus dem Erdreich seiner Um- gebung einzelne dunkelbraune verzweigte Pilzfäden an ihn herantreten, an seiner Oberfläche fortkriechen und Zweige in sein Inneres abgeben, aber auch durch die Rhizoide ihren Eingang nehmen (Fig. 27 A). So zeigt sich schon die äußere Gestalt unseres Prothalliums im Vergleiche mit dem von B. virginianum nur als eine kleine Form des- selben, des Typus Botrychium, als ein dorsiventrales, elliptisches, auch 1) 8. 658. 207 herzförmiges Knöllchen, die Geschlechtsorgane auf der Oberseite tragend, welches den stielrunden Formen des Ophioglossum- und Helminthostachys- Typus mit radiärem Aufbau ihres Körpers gegenüber steht. Den Bau unseres Gamophyten sollen uns zunächst die Figuren . 28—31 darlegen, welche zeigen, daß sein ei- oder herzförmiger Körper von seinem ältesten hinteren Teile, dem Sporenpol, bis zu seiner meristematischen Region, dem Scheitelpol, aus lückenlos aneinander- grenzenden. parenchymatischen Zellen besteht. Von dem Prothallium-Anfang des B. virginianum gibt uns Jeffrey keine Auskunft. Die Entwicklungsgeschichte des Gamophyten wird uns darüber am besten unterrichten. Diese aber zu liefern will nicht gelingen. Ich erzielte zwar die ersten Entwicklungsstadien der Sporen- keimung unserer Art, welche zunächst Campbells Angaben!) von B. virginianum bestätigen. Da ich noch weitere Entwicklungszustände erhoffe, so will ich die Bekanntgebung hierüber zunächst noch hinaus- schieben. Wir haben bei der Ausbildung der Farnprothallien sowie bei den Moosen nach Lampa und Jakowatz?) zwei Entwicklungsstadien zu unterscheiden, nämlich das fadenförmige Anfangs- oder Protonema- stadium mit begrenztem Wachstum, an welchem dann als seitliche An- lage das eigentliche Prothallium entsteht. Wir haben also zunächst nach dem Protonemastadium zu fragen. Ein vollständiger Gamophyt unserer Art zeigt an seinem Sporenpol nur eine einzelne Zelle, an der wie an einem Stielchenrudiment das Prothallium haftet (Fig. 27 u. 28a). Dieser in einer Zelle zugespitzte hintere Abschluß des Prothalliums findet sich selten in dessen Median vor, sondern ist meist seitlich ver- schoben, aber fast immer erhalten. Diese in Fig. 27 u. 28 mit @ be- zeichnete älteste Zelle vertritt das Protonemastadium, das hier in so rudimentärer Form vorkommt, daß sogar in dieser Zelle selbst die Anlage des ersten Rhizoids fehlt, dessen rudimentäre Form in Gestalt einer kleinen linsenförmigen Zelle uns Belajeff®) an der Basis der männlichen Prothallien der Wasserfarne kennen lehrte. Der an die erste Zelle des Prothalliums zunächst anschließende Körperteil besitzt keine Gesehleehtsorgane. Sein Inneres besteht aus 1) Campbell, pag. 224. 2) Lampa, Über die Entw. einiger Farrprothallien u. Jakowatz, Verglei- chende Unters. über Farnproth. (Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss, Wien 1901, pag. 95 u. 479.) 3) Belajeff, Über die männlichen Prothallien der Wasserfarne, Bot. Zeit, I. Abt, 1898, 208 . - polyedrischen Zellen, die nach der Peripherie hin flacher erscheinen und mit einer Verdiekung der äußeren Zellwände abschließen. Seine Zellen sind von einem Pilze bewohnt, der anfangs auch die äußeren Zellen befallen hat, dann, weiter vom hinteren Ende entfernt, diese frei- läßt. Somit erscheint der erste Körperteil des Prothalliums radiär ge- baut und erhält erst von da ab ein dorsiventrales Gepräge, wo auf seiner Oberfläche die Geschlechtsorgane auftreten. In diesem Teile finden sich die großen polygonalen, mit Pilz- klumpen voligestopften Zellen in der Mitte und der Bauchpartie des Prothalliums vor, während die den Geschleehtsorganen benachbarten und sie umgebenden Zellen kleiner, auch gestreckter und arm an Inhalt sind (Fig. 28, 29 u. 30). Die äußeren Zellen haben auch hier abge- flachte Form, sie erschemen inhaltsarm, pilzfrei und schließen nach außen mit verdickten Zellwänden ab. Diese sind aber farblos und nicht lichtbraun, wie Hofmeister angibt. Braun gefärbt sind hier lediglich die basalen Wandteile der Wurzelhaare, mit welchen unser Gamophyt allseitig, wenn auch nicht reich besetzt ist (Fig. 27). Diese Rhizoide entstehen an der wachsenden Region, an der einzelne Zellen der Oberfläche sich über diese ausstülpen und diese Hervortreibung perikin durch eine Wand abteilen (Fig. 28 u. 29), worauf das ein- zellige Haar durch gutes Spitzenwachstum für seine Aufgabe ergiebig verlängert wird. Seine nach dem Prothalliumkörper abgrenzende Wand sowie sein basaler zylindrischer Wandteil färben sich frühzeitig braun, und letzterer verdickt sich so stark wie die äußeren Zellwände. Nach hinten zu findet man sie abgestorben vor, und der Endophyt nimmt durch sie gern Eintritt in das Prothallium (Fig. 28%). Neben diesen langen einzelligen Rhizoiden entstehen auf der Oberseite während der Entwicklung der Geschlechtsorgane noch vereinzelt kurze einzellige, auch durch quere Wände in mehrere Zellen geteilte Paraphysen (Fig. 28, 29 u. 502). Sie sind enger und dünnwandiger wie die langen ein- zelligen Rhizoide, aber auch an ihrer Basis braun. Der mediane Längsschnitt der Figur 28 durch eine jüngere Pro- thalliumform führt von der äußersten Zelle des Sporenpols ausgehend die mediane Rückenlinie aufsteigend über den radiär gebauten hinteren Teil des Gamophyten an das älteste Antheridium und von da ab auf seinen dorsiventralen Teil, nämlich über eine in verschiedenen Ent- wicklungsstufen anzutreffende Antheridienreihe und über das jüngste Antheridium abwärts auf die vordere wachsende Region, den Scheitel- pol (Fig. 27 u. 285). Dieses Scheitelmeristem, welches das Wachstum des Gamophyten einleitet, ist von geringer Ausdehnung und findet sich 209 bei jungen Individuen nach vorn gerichtet und vertieft gelegt vor. Bei dem Vordringen des Prothalliums in das Erdreich wird es geschützt einmal durch die vorwachsenden jüngsten Antheridien der Rückenseite und ferner durch die sich vorschiebenden nächsten Zellelemente der Seiten- und Bauchpartie (Fig. 285). Bei alten Prothallienformen er- scheint das Meristem vorn mehr nach oben gerichtet (Fig. 29). Durch ein energisches Wachsen der jüngsten, namentlich nach der Bauchseite hin abgeteilten Zellelemente, welche keilföürmig gegen das Erdreich vorschieben, werden hier die empfindlichen Meristemelemente vor Druck des Erdreichs bewahrt. Das Meristem zeigt im Schnitte zartwandige engere prismatische Zellen, die mit ihrer längsten Ausdehnung senkrecht zur äußeren Fläche gerichtet und durch besondere Ausrüstung mit Baustoffen kenntlich sind (Fig. 28s u. 29%). Ihre geringe Zahl ist leicht zu übersehen und zu durchmustern. Keine dieser Zellen aber läßt sich als eine nach dem. Inneren hin zugespitzte Scheitelzelle erkennen. Auch die Scheitelansicht des Prothalliums von oben aufgenommen (Fig. 31 =) zeigt keine durch Form und Teilungsweise gekennzeichnete Scheitelzelle. Wir haben hier also ein Wachstum mit prismatischen Initialen, von welchen eine oder auch mehrere, die gerade das Wachstumszentrum einnehmen, durch anti- und perikline Teilungen die Bauelemente für das Äußere und Innere des Gamophyten erzeugen. Diese Teilungen dürften am Anfang der Vegetationsperiode etwas rege, sonst nur langsam er- folgen. Die Scheitelaufnahme der Fig. 31 läßt wenig, kaum mehr als sechs Zellen des embryonalen Gewebes mit dichterem Inhalt als zum Meristeme gehörig erkennen. Bei Botrychium virginianum hält Jeffrey das Wachstum des Pro- thalliums zwar durch eine Scheitelzelle für wahrscheinlich und bildet auch eine solche ab, doch war er nicht imstande, ihre horizontale Ge- staltung zu finden und zu beschreiben; mithin dürfte bei dem Prothallium von B. virginianum die Wachstumsweise noch nieht endgültig richtig erkannt sein. Die Wurzelhaare entstehen am fortwachsenden Ende des Prothalliums aus einzelnen peripherischen Zellen immer aufs neue in akropetaler Folge (Fig. 317%r). Aus einer solchen Zelle, die ein Wurzelhaar er- zeugt, stülpt sich die Mitte der Außenwand hervor, und diese Aus- stülpung trennt sich meist durch eine, seltener durch zwei Querwände von der Mutterzelle ab, nimmt durch ein fortdauerndes Spitzenwachstum immer größere Länge und schlauchförmige Gestalt an. Die das Rlizoid von der Epidermiszelle abgrenzende Wand wird frühzeitig braun gefärht, Flora 1906, 14 210 auch die Basis der zylindrischen Wand erhält diese Farbe, dazu ver- diekte Membran. Nur an dem jugendlichen Teile des Prothalliums sind die Rhizoide funktionsfähig und für das trockene Substrat sehr wichtig. Sicher vermögen sie nicht nur für das Wasserbedürfnis, sondern auch für die vollständige Ernährung zu sorgen. Jedenfalls vermögen diese Rhizoide die Humusbestandteile des Bodeus aufzulösen, aufzusaugen und so die Ernährung zu vermitteln. Der braune Farbstoff macht sicher den basalen Teil des Rhizoids korkartig, so daß zwar die Imbi- bitionsfähigkeit vermindert, dafür aber die Diffusion des einmal auf- genommenen Wassers in der heißen Zeit erschwert wird. Auch die äußeren Wände zerstörter Zellen werden, wie auch beim Prothallium von Ophioglossum vulgatum, zum Schutze verkorkt. Weiter zurück auf dem mittleren und hinteren Teile unseres Gamophyten scheinen die Wurzelhaare funktionslos zu sein, der von ihnen bedeckte Körperteil ist fertig gebildet, und in seinen Zeilen sind Reservestoffe aufgespeichert. Nur die meristematischen Zellen und die ihnen angrenzenden inneren Zellen, sowie die den Geschlechtsorganen angrenzenden Zellen besitzen neben den plasmatischen Stoffen auch Stärke. Dem großen Teile des Prothalliums aber, in welchem der endophytische Pilz Her- berge gefunden hat, fehlt sie. Dafür ist derselbe reich an Öl, welches in großen Mengen in den Ausstülpungen des Mycels des endophytischen Pilzes eingeschlossen wird und sich durch Osmiumsäure schwarz färbt. Aber auch Eiweißstoffe fehlen nicht. Die größeren und kleineren Klumpen eines halbdurehsichtigen Körpers, mit denen die Zellen unseres Gamophyten vollgestopft er- scheinen und die durch Jod nicht gebläut werden, hat Hofmeister‘) nicht übersehen, nur wußte er sie nicht als die Gebilde eines endophy- tischen Pilzes zu deuten. Dieser Endophyt ist in jedem Prothallium gegenwärtig. Er be- wohnt das ganze Innere des radiär gebauten älteren Teiles und nimmt hier auch am hinteren Ende anfangs von den peripherischen Zellen Besitz, bleibt dann aber im weiteren den Oberflächenschichten fern (Fig. 280%). In dem dorsiventralen Teile befällt er nicht das Rücken- zellgewebe, also nicht die Zellen der Geschlechtsorgane und deren Um- gebung (Fig. 28 u.30). Er beschränkt sich hier auf die mittleren und unteren Zellpartien und dringt von hier bis nahe an das Meristem vor (Fig. 28 u. 29). Ihren Eintritt nehmen die braunen Hyphen des Endophyten vornehmlich durch ältere Wurzelhaare, doch vermögen sie 1) Hofmeister pag. 658 211 auch durch die kutikularisierte Oberflächenschicht des Gamophyten direkten Eingang zu finden (Fig. 28%). Die braune Hyphe entartet nach ihrem Eintritte in das Prothallium und füllt die Zellen mit ihren Knäueln und größeren oder kleineren sackartigen Hyphenerweiterungen an, ohne den Zellkern zu töten (Fig. 32). Die Stärke schwindet aus dem Inhalte der befallenen Zellen, aber in den darin befindlichen Pilz- hyphen werden namentlich Öl und auch Eiweiß als gute Reservestoffe für eine Entwicklung des Embryos aufgespeichert. So zeigt der endo- phytische Pilz unseres Gamophyten nach Verteilung und Struktur die gleichen Eigenschaften wie der Endophyt von B. virginianum. Mit dem gleichen Pilz dürften aber auch die Prothallien von Ophioglossum vul- gatum und die der übrigen Ophioglossazeen in Symbiose leben. Der physiologische Nutzen des Zusammenlebens von Prothallium und Pilz scheint mir auch hier nicht darin zu bestehen, daß die wenigen und unscheinbaren Pilzfäden, welche aus dem Substrat des Gamophyten in ihn einmünden, belanglose Humusstoffe ihm zuführen, sondern nur darin, daß die von den funktionsfähigen Rhizoiden der wachsenden Scheitelpartie aufgelösten und herbeigeführten Baustoffe mittelst des Stoffwechsels des Endophyten in haltbare Reservestoffe umgewandelt und aufgespeichert werden, von denen namentlich die auffallend große Ölmenge dem Prothallium die Fähigkeit verleiht, in dem sandigen Boden auch während der Sommerkhitze und der Winterkälte vor Austrocknung bewahrt zu bleiben. Die Sexualorgane unseres Prothalliums sind von Hofmeister selbst in ihrer Stellung nicht genügend erkannt. Auch bleibt er jede nähere Angabe über ihren Bau schuldig und hat ihre Entwicklungs- geschichte nicht festgestellt. Durch Jeffrey aber haben wir diese Or- gane von B. virginianum in Wort und Bild zuerst ausführlich kennen gelernt, und man kann schon im voraus erwarten, daß dieselben auch mit denen unseres Gamophyten übereinstimmen werden. Auch hier entstehen sie in akropetaler Folge am Scheitelmeristem auf der Oberseite des Prothalliums (Fig. 27 u. 31). Die Antheridien, welche die Mitte der Rückenseite einnehmen, beginnen ihre Entwicklung am Meristem schon unmittelbar hinter den Scheitelinitialen in der für alle Ophioglossazeen‘) festgestellten Weise aus einer Oberflächenzelle (Fig. 29@), die sich dureh ein 'größeres 1) Jeffrey, pag. 18, ferner: Lang, On the Prothalli of Ophioglossum pen- dulum and Helminthostachys zeylaniea. Annals of botany 1902, Bd. x, No, 61, und Bruchmann, Über das Prothallium und die Keimpflanze von Ophioglossum vulgatum L. Bot. Zeit. 1904. 14* 212 Volumen, dichteres Plasma und größeren Zellkern von dem benach- barten Zellen unterscheidet und zuerst durch eine quere Wand teilt. Aus der inneren Zelle entwickelt sich durch wiederholte Teilungen die große Anzahl von Spermatozoidenmutterzellen. Mit dem Alter nehmen . die Antheridien an Größe zu und treiben meist den Rücken des Pro- thalliums auf (Fig. 28 u. 30an). Die Deckzelle, welehe durch die starke Vermehrung der unter ihr liegenden Zellen veranlaßt wird sich zu dehnen und zu teilen, gibt der Deckschicht den Ursprung. Sie läßt, von oben gesehen, ihre Teilungen mit senkrecht zu einander gerichteten Wänden ausführen (Fig. 31er), und solche Teilungen bringen nicht immer eine, sondern, was hier be- sonders hervorzuheben, zwei, auch drei Öffnungszellen (Fig. 28 u. 83). Die Deckschicht des Antheridiums wird bis auf die Öffnungszelle zu einem doppelschichtigen Zellager ausgebaut. Bei den Öffnungszellen, als den bei der Ausweitung jüngsten Teilungszellen, dürfte eine Quer- teilung vielleicht in allen Fällen ausbleiben. Die Antheridien, die meist zu zweien, seltener zu dreien dicht bei einander entstehen können, reifen nur langsam und entleeren sich erst in größerer Entfernung vom Scheitel des Prothalliums (Fig. 28), so daß zu vermuten ist, die in einer Vegetationsperiode entstandenen Organe dieser Art gelangen erst in der nächsten oder übernächsten zur Reife, wenn also die gleich- alterigen Archegonien längst verblüht sind oder schon einen Embryo einschließen. So zeigt Fig. 30 einen Querschnitt durch gleichalterige Prothalliumteile, die neben noch unreifen Antheridien schon verblühte Archegonien und einen mehrzelligen Embryo aufweisen. Die reifen Antheridien leeren sich in derselben Weise, wie ich es für Opbioglossum vulgatum feststellte‘). Die Wandzellen sind auch hier durch ihre Quellbarkeit beteiligt, und die entleerten Antheridien zeigen auch hier hervorgewölbte gebräunte Innenwände (Fig. 28), was leider Jeffrey für das Prothallium von B. virginianum nicht hervorhebt. Die Spermatozoiden haben die bei den Farnen gewöhnliche Gestalt. Sie sind aber hier um etwa die Hälfte kleiner als die von Ophioglossum vulgatum (Fig. 34. Die Archegonien entstehen in akropetaler Folge am Scheitel des Prothalliums zu beiden Seiten des Antheridienrückens (Fig. 31er). Sie entwickeln sich schnell, erlangen noch in derselben Vegetations- periode Geschlechtsreife und verblühen, bevor noch die gleichalterigen Antheridien vollständig entwickelt sind. Ihre Entwicklung stimmt mit ®* I) Bruchmann, Bot, Zeit. 1904. ee 213 denen der anderen Ophioglossumarten überein. Sie unterscheidet sich nicht von meiner Darlegung des Archegoniums von O. vulgatum. Auch hier finde ich nicht, daß eine Bauchkanalzelle abgegliedert wird, die aber Jeffrey bei B. virginianum deutlich gebildet vorfand. Daß die “ Archegonien dem Prothallium nicht vollständig eingesenkt erscheinen, wie Hofmeister angibt, soll uns die Abbildung eines ausgebildeten Archegoniums kurz vor seiner Öffnung zeigen, welches mit seiner oberen Halspartie über die Prothalliumoberfläche hervorragt: die abgestorbenen Archegonien verengen ihren Kanal und verkorken in ihm die äußeren Zellwände. j So erscheint denn unser Gamophyt sowohl nach seiner äußeren wie auch nach seiner inneren Gestalt als ein guter Repräsentant des Botrychium-Typus, der keineswegs mit dem Prothallium von B. vir- ginianum in Gegensatz gestellt werden kann. Wir haben also einen dieken Strich durch Hofmeisters Darstellung desselben auf Tafel XII zu machen, so durch die in viele Lehrbücher aufgenommene Fig. 1, den medianen Längsschnitt, der neben Antheridien auch ein Arche- gonium auf der Oberseite zeigt, dann ferner auch durch den von Fig. 65, welche ein Prothallium mit Antheridien auf der Oberseite und Archegonien auf der Bauchseite darstellt u. a. m. Bedauerlich ist nur, daß solche Nachprüfung der Hofmeisterschen Darstellung nicht schon längst geschehen und daß auch ferner die Entwicklungsgeschichte dieses Prothalliums noch nicht erforscht werden konnte. 2. Der Sporophyt. a) Von der älteren Pflanze. Die Keimpflanze zeigt hier, wie auch bei Ophioglossum vulgatum, anfangs ein mehrjähriges, nur unterirdisches Wachstum, bei welchem sie zwar kräftige Wurzeln erzeugt, aber in der Entwicklung ihres Sproß- teiles auffallend zurückhält und nur eine Reihe unvollkommener Blätter, nach Hofmeister „niederblattartige Wedel“ hervorbringt. Einen klaren Einblick in diese ersten Entwicklungen können uns nur die Studien der: Sproßteile der älteren Pflanze bringen. Die Gipfelknospe der Ophioglossazeen mit den eigenartigen Blatt- organen, die ihresgleichen nicht weiter in der Farnwelt haben, wird immer aufs neue ein anziehendes Objekt des Studiums abgeben. Um ihre Klarlegung haben sich schon eine Reihe Forscher bemüht, so z. B. Al. Braun, Roeper, Hofmeister und namentlich Holle'), Uns soll » Holle, Über Bau und Entwicklung der Vegetationsorgane der Öphio- glossazeen. Bot. Zeit. 1875, pag. 241 u. f, wo auch die Literatur einzusehen. 214 bier nur die Gipfelknospe von B. Lunaria wegen unseres Interesses für ihre Keimpflanze beschäftigen. Eine am Ende ihrer Vegetationsperiode (im Juli) ausgegrabene ältere Pflanze unseres Zwergfarns mit ihrem kurzen, aufrechten Rhizom und den von diesem wagrecht ausstrahlenden starken braunen, auch öfter verzweigten Wurzeln mißt mit ihrem einzigen oberirdischen Doppel- blatt kaum ein Spanne, und doch hatte das Blatt zu seiner Ausbildung, wie bekannt, 5 Jahre nötig, wovon es 4 Jahre unter dem Boden zu- brachte. Dieses ausgebildete Blatt gliedert sich in die beiden gefiederten Teile der einander zugekehrten fertilen und sterilen Lamina, dem Stiele und der Scheide, von welcher die übrigen Teile der Gipfelknospe völlig eingeschlossen sind. Entfernt man das ausgewachsene Blatt, so tritt uns aus dessen Scheide das für das nächste Jahr zur oberirdischen Entfaltung bestimmte Blatt mit seinen fast fertig angelegten Teilen in schwach grünlicher Farbe entgegen (Fig. 51). Trennt man nun die ganze Gipfelknospe von dem Rhizom der Pflanze über der jüngsten Wurzel ab und verkürzt dieselbe von unten her durclı Querschnitte, bis sich die Scheiden der ineinander geschachtelten Blattanlagen erkennen lassen, so können diese leicht freigelegt werden (Fig. 51—54). Von dem innersien Blatte aber dürfte nur seine abgeschnittene stumpf- konische Kuppe gewonnen sein; der basale Teil findet sich dann noch auf unserem letzten Stammquerschnitt vor, wo er dessen Scheitel deckt. Befreit man den Scheitel von solcher Decke, so gelangt man zur Er- kenntnis des allerjüngsten letztjährigen Blatthöckers und der Aus- dehnung der flachen freien Scheitelläche.. Somit haben wir in der Gipfelknospe fünf Blattformen im Alter von 1—5 Jahren zu unter- scheiden, bei denen jedes jüngere Blatt in dem nächst älteren völlig eingeschlossen erscheint und die in einer Schraubenstellung, bei einigen Pflanzen in Zeiger-, bei anderen in Gegenzeigerrichtung aufgebaut werden. Diese ganz schnell vorzunehmende Orientierung über die Zahl, das Alter und die Stellung der Blätter der Gipfelknospe hat uns aber die Einsicht auf die Blattbasen, die durch die Querschnitte abgetrennt wurden, entzogen. Entfernt man von der von dem Rhizom abgetrennten Gipfelknospe das fünf- und das vierjährige Blatt, so daß das dreijährige frei den Scheitel glockenartig umschließend gewonnen wird (Fig. 52 2, Fig. 53), so erkennt man an seinem Grunde unterhalb seines fertilen Teiles einen Querspalt, der im späteren Alter verwächst, am zweijährigen aber, wie auch am dreijährigen nicht zu übersehen ist. Schon Röper entdeckte diese Blattspalte, die Hofmeister zuerst richtig deutete und 215 auch Holle ausführlich behandelt‘). Sie ist ein mundartiger Verschluß, dessen Oberlippe und Mundwinkel von dem vorderen Rande des den Scheitel umwachsenden und auf den Stammgrund deckelartig aufgelegten Blattes gebildet werden. Wir übersehen nun noch einmal diese interessanten Gebilde der Gipfelknospe an der schematischen Darstellung ihres Längsschnittes, der die in verschiedenen Ebenen liegenden Blattmedianen der besseren Übersichtlichkeit wegen in gleicher Ebene einander gegenüberstellt (Fig. 59). Wir finden den engen Scheitel (s) und die geringe Erhöhung des einjährigen (2,) Blattes, das zweijährige (2,) in Form eines stumpf konischen Deckels. Es hat seine Verschlußspalte wie die älteren Blätter an der seiner Insertionsstelle entgegengesetzten Seite und steckt ganz in der Blattscheide des nächsten um ein Jahr älteren Blattes (2,). Letz- teres zeigt an seinem Gipfel die in Entwicklung begriffenen, einander gegenübergestellten beiden Blattlamina, die im vierten Jahre gestielt und völlig ausgebildet erscheinen. Während die Hohlräume der Scheiden den umschließenden Blättern nicht größeren Raum geben, als deren Gestalt benötigt, hat das vierjährige Blatt (2,) in der gestreckten Scheide des sich über der Erdoberfläche entfaltenden fünfjährigen freieren Spielraum und durchbricht endlich das dann schon abgestorbene Gewebe derselben im nächsten Jahre. Es entfaltet sich im Frühjahre seines fünften Ent- wieklungsjahres im Lichte, assimiliert, bringt die Sporen zur Reife und stirbt schon vor Beginn des Hochsommers ab. Somit gewinnt es also nach so langer vorbereitender Entwicklungszeit nur eine kurze Ar- beitszeit. Die freie Scheiteloberfläche des Rhizoms ist meist flach, auch ver- tieft und von geringer Ausdehnung (Fig. 55). Sie zeigt, wie bekannt, ein Wachstum mit einer dreiseitigen pyramidenförmigen Scheitelzelle, die oft sehr zusammengedrückt erscheint und dann im Längssehnitt tiefe und enge Segmente aufweist (Fig. 57a). Ihre regelmäßigen Teilungen dürften, entsprechend der langsamen Erhebung der Spitze des Rhizoms, nur langsam aufeinanderfolgen, und wenn jedes Segment einem Blatte den Ursprung gäbe, würde auch jährlich ein Segment voll- ständig ausreichend sein und nach einem Umlauf der Segmentierung der Scheitelzelle erst im vierten Jahre an derselben Seite die Wieder- holung der Teilung eintreten. Die erste quere Teilungswand der Seg- mente im Längsschnitte gesehen legt auch hier die von Campbell?) ausgesprochene Vermutung nahe, daß sie die Scheidewand zwischen 1) Holle, Bot. Zeit. 1875, pag. 272, 2) Campbell, pag. 244. 216 Plerom und Rinde sei. Allein bei solchem so wenig hervortretenden Scheitelwachstum des Rhizoms sind weder diese noch die weiteren Teilungen in Rinde und Epidermis klar zu erkennen. Das junge Botrychium - Blatt soll sich nach Holle!) als eine ordnungslose Zellgruppe am Scheitel des Stammes erheben und sein Wachstum soll weder eine einzelne Zelle, noch ein Zeilenkomplex beherrschen. Er belegt diese Ansicht durch Abbildungen meist von B. rutaefolium „mit möglichst genauer Wiedergabe der einzelnen Zellen“ und zeigt, daß an eine Scheitelzelie hier nicht zu denken ist. Dagegen gibt Campbell?) von B. virginianum an, daß das junge Blatt anfänglich eine Scheitelzelle besitze, die in ihrem Wachstum mit der des Stammes übereinzustimmen scheine. Die den Text begleitende Ab- bildung eines jungen Blattes veranschaulicht sie aber nicht (siehe Fig. 124). Somit macht sich bei solchen Widersprüchen eine eingehende Untersuchung der Blattanlage und ihres Wachstums bei unserer Art nötig. Recht junge Höcker einer Blattanlage am Scheitel der Rhizome zeigen uns die Pflanzen im Frühjahre, beim Beginne ihrer Vegetations- periode. Solch eine sich eben erhebende Zellgruppe der jungen Blatt- anlage (Fig. 55,) ist nicht ordnungslos, sondern sie besitzt zwei Merk- male, die dagegen zeugen. Einmal erhebt sie sich stets in einer ge- raden Frontlinie an der der freien Scheitelfläche zugekehrten Seite über dieselbe. Die in Fig. 55 dickere, in gerader Richtung gezeichnete Linie zeigt die verdickten Zellwände der sich eben über die Scheitelniveau- grenze erhebenden Protuberanz. Den höchsten Punkt derselben nimmt eine nicht zu verkennende dreiseitig-pyramidale Scheitelzelle ein (Fig.55 2), deren angrenzende Segmente die bekannte gesetzmäßige Abgliederung bekunden. Die Scheitelzelle und ihre nächsten Segmente, die erstere oft an Größe übertreffen, besitzen größere Zellkerne und dichteren plasma- tischen Inhalt als die diesen angrenzenden Zellen, und es sind diese fünf Zellen der Blatthöckermitte, von denen die mit 5, bezeichnete Zelle die Scheitelzelle darstellt, unstreitig aus einer einzigen Zeilinitiale, die in der Mitte einer älteren Segmentreihe der Rhizomscheitelzelle lag, ent- standen. Die ihnen seitlich und im Rücken angrenzenden Zellen be- teiligen sich auch an der Erhebung. Dadurch nun, daß der junge Blatt- höcker in gerader Frontlinie über den Scheitel emporsteigt, dürfte er bekunden, daß er wahrscheinlich einem einzelnen Segment der Stamm- scheitelzelle zugehört, und zwar nicht dem letzten, sondern dem, das im letzten Turnus der Segmentreihe nach solcher Stammseite abge- 1) Holle, Bot. Zeit, pag. 272. 2) Campbell, pag. 244. Pa 217 schieden war. Wenn der junge Blatthöcker eine nicht mehr zu ver- kennende Form angenommen hat, findet. sich in der noch flachen Scheitel- partie in der Mitte einer Segmentreihe eine größere, auch mit diehterem Inhalt ausgestattete Zelle, die auch eine schiefe Teilung eingeht (Fig. 56 2,). Diese Zelle dürfte als die Initiale des im nächsten Jahre zu bildenden Blatthöckers anzusprechen und ihre einleitende Teilung als allererster erkennbarer Anfang einer Blattbildung anzusehen sein. Auch im medianen Längsschnitt wird die Scheitelzelle der jungen Blattanlage nebst ihrer Teilungsweise nicht übersehen werden können (Fig. 572,). Sie liegt stets auf dem gewölbten oberen Teile, nicht am Vorderrande, an dem die Blattzellen in einem scharfen Winkel über den flachen Stammscheitel sich erheben. Gleich nach dem Hervortreten der jungen Blattanlage macht sich ein doppeltes Wachstum derselben bemerkbar. Einmal tritt an der Front der Blattinsertion ein von dieser abstrebendes energisches Randwachstum auf, weiches die Anlage stark nach vorn ausdehnt und sie keilig über den Rhizomscheitel unter dem nächst- ältesten Blatte vorschiebt (Fig. 56). Dann zeigt sich das aufstrebende Scheitelwachstum, vermittelt durch die dem gewölbten Blattrücken auf- sitzende Scheitelzelle. Diese ist nicht von besonders hervortretender Größe. Ihre Teilungen scheinen nur langsam aufeinander zu folgen. Doch wachsen und teilen sich ihre Segmente lebhaft, und zwar die der Rückenseite stärker, so daß auch durch das Scheitelwachstum die Ausbreitung der jungen Blattanlage über den Stammscheitel unterstützt wird. Im ersten Jahre bringt es die Blattanlage nur zu einem geringen, sich über den Stammscheitel vorschiebenden Zellkörper; erst in der zweiten Wachstumsperiode wird das Überwachsen des Stammscheitels vollendet und die Ausbildung einer eigenartigen stumpfkonischen Deckel- form erzielt, die überall dicht, ohne Hohlräume zu bilden, anschließt und sich hinter dem Rücken der einjährigen Blattanlage auf die Stamm- oberfläche anlegt, auch hier die obenerwähnte Querfurche bildet (Fig. 57). Dieser eigenartige Blattkörper von Botrychium ist gleichsam eine vom Grunde auf gebildete Verwachsung von Scheide und Blatt, die ja bei Ophioglossum dem Rhizomscheitel getrennt entspringen. Im Längsschnitt sehen wir das junge Blatt über dem Prokambium des Rhizoms entstehen und dieses bei dem zweijährigen Blatt direkt aus dem Stamme als Prokambiumstrang nach dem Gipfel des Blattmeristems geführt (Fig. 57 5,). Bis dahin ist innerhalb zweier Jahre wenig mehr als der Teil entwickelt, der den basalen, den Scheidenteil des ausge- bildeten Blattes ausmacht, 218 Noch Ende des zweiten oder Anfang des dritten Jahres wird in der Blattentwicklung zur Anlage der eigenartigen einander gegenüber- gestellten sterilen und fertilen Blattlamina geschritten. Ähnlich wie bei einer Knospung treten auf dem konischen Scheitel durch seine Teilung die beiden in der Mediane des Blattes stehenden Höcker her- vor, von denen jeder seine dreiseitige Scheitelzelle am Vorderrande des Blattgipfels trägt (Fig. 576, und Fig. 58). Die Untersuchung über ihre erste Anlage konnte ich nicht ganz zum Abschluß bringen. Ich fand bei der Anlage dieser Gipfelteilung die beiden Scheitelzellen nahe beieinander und vermute, daß, während die ursprüngliche Gipfelzelle für die sterile Lamina beibehalten wird, aus einem nach abwärts an- grenzenden Segmente die der fertilen Lamina ausgebildet wird (Fig. 57 B,). Bemerken aber will ich noch, daß vielleicht auch, da doch zwei ganz neue dorsiventrale Blattgebilde angelegt werden, die Auflösung der alten Scheitel- zelle und dafür eine Hervorbildung zweier neuer nicht unmöglich ist. Das sterile Blatt, welches die direkte Fortsetzung der ursprüng- lichen Wachstumsrichtung wird, ist anfangs das kräftigere und vorge- schrittenere, hinter dem das fertile zurückbleibt (Fig. 58). Bei jungen Pflanzen kann sich letzteres auch nur auf die. Anlage beschränken. Solche Fälle beobachtete Hofmeister und kam dadurch zu der An- sicht, daß erst die fertile Lamina angelegt werde, wenn die sterile ihre Fiedern zu entwickeln beginne. Im dritten Entwieklungsjahre der Blätter sind ihre Scheitelzellen noch immer in Tätigkeit (Fig. 585), auch wenn schon in akropetaler Folge durch das Randwachstum am unteren Teile die Blattfiedern entstehen. Erst wenn dieses Randwachstum auch die Gipfel der beiden Lamina erfaßt, erlischt endlich das Scheitelwachstum mit der dreiseitigen Scheitel- zelle, was bei fortgeschritteneren Blättern bereits am Ende des dritten, bei anderen aber erst im vierten Jahre stattfindet. Mit dieser Studie über die Blattknospe von B. Lunaria begnügen wir uns zunächst. Über die Ausbildung der Fiedern beider Blattarten, über die Sporenentwicklung, sowie über den Gefäßbündelverlauf, welcher namentlich durch seine radiale Anordnung in den Stielen der Blätter be- merkenswert erscheint, geben unten genannte Autoren nähere Auskunft‘). 1) Goebei, Beiträge zur vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Sporan- gien. Bot. Zeit. 1880 u. 1881. Organographie der Pflanzen, p. 758. Holzmann, On the apical growth of the stem and the development of the sporangium of Botrychium. Bot. Gazette 1892. Bower, Studies in the Morphology of spore-produeing members. IL. Ophio- glossaceae. London 1891. Campbell, Mosses u. Ferns, 1895, pag. 250. 219 Wir sind nun genügend vorbereitet, um über die Verhältnisse, welche uns die Keimpflanze in der verzögerten Entwicklung ihrer Stammknospe darbietet, ein richtiges Urteil zu gewinnen. b) Von der Keimpflanze. Das Prothallium von Ophioglossum vulgatum gab zu erkennen, daß eine Befruchtung der Archegonien sehr selten eintrete, ich fand nur wenige Embryonen und Keimpflanzen vor. Bei den Prothaltien von B. Lunaria dagegen besitzt fast jedes größere Exemplar einen Embryo (Fig. 19—21 em), einige sogar deren mehrere (Fig. 24 u. 25) und selbst, wenn eine größere Keimpflanze aus dem Prothallium hervorgewachsen war, konnten die Archegonien seines weiterwachsenden Teiles noch Be- fruchtung finden. Aber mehr als zwei Keimpflanzen dürften von dem verhältnismäßig kleinen Gamophyten nicht zur vollständigen Ausbildung gebracht werden können. Ich traf kein Prothallium mit drei entwickelten Sporophyten an. Dabei wachsen die Keimpflanzen über Erwarten schnell hervor. So z. B. gewann ich von einem Prothallium in meiner Kultur mit einem Embryo von der Größe der Figur 19 (e2) nach vier Wochen eine Keimpflanze von der Größe der Figur 22. Aber, wie Hofmeister, fand auch ich eine Anzahl junger Keimpflanzen, die durch ein Absterben ihres Mutterprothalliums frühzeitig selbständig geworden sind. Es waren dies kleine, braune, länglich-eitörmige Gebilde von einer Entwicklungs- form, wie sie durch die Figuren 7, 8 und 26 gekennzeichnet sind. Von der Entwicklung der Keimpflanze soll nun folgendes berichtet werden. Das befruchtete Archegonium schließt seinen Halskanal dureh Zusammenziehen der Halszellen (Fig. 36), und die Eizelle vergrößert sich etwas, bevor sie ihre erste Teilung eingeht. Sie teilt sich zuerst quer zur Achse des Archegoniums in zwei gleiche Teile (Fig. 37), dann rechtwinklig zu dieser Wand in vier (Fig. 38) und weiter durch eine senkrecht auf die ersten beiden Wände gerichtete Wand in acht gleiche Zellen, wie diese Teilungsweise in Oktanten in derselben Weise für alle Farne und auch für B. virginianum durch Jeffrey nachgewiesen worden ist. In dem nun folgenden Entwicklungsgang des Embryos nehmen die Teilungen einen unregelmäßigen Verlauf und erzielen zunächst die Ausbildung eines kugeligen oder ellipsoiden Zellkörpers ohne jede er- kennbare Gliederung. Wenn auch. anfangs in einzelnen Fällen die Basalwand noch als Grenze zwischen der epihasalen und hypobasalen Keimhälfte bemerkbar bleibt (Fig. 39), so geht sie doch im weiteren Wachstum verloren (Fig. 40). Das (Gewebe des Mutterarehegoniums 220 und der angrenzenden Zellen wird bauchig aufgetrieben und umscheidet den sich vergrößernden Keimling, wie die Prothallien der Figuren 19, 20 und 27 solches darstellen und an Fig. 41, im Schnitte gezeichnet, veranschaulicht ist. Bei den echten Farnen werden ja die einzelnen Organe der Keim- pflanze schon früh voneinander gesondert, und es wird ihre Zurück- führung auf die einzelnen Oktanten des Embryos ohne Schwierigkeiten möglich, doch für die Ophioglossazeen bleibt dies ausgeschlossen. Jeffrey glaubt zwar noch für die Keimpflanze von B. virginianum, trotz der späten Differenzierung ihrer Organe, im allgemeinen Sinne sagen zu können, daß aus dem hypobasalen Teile der Fuß und aus dem epi- basalen die übrigen Organe differenziert werden. Aber die Keimesent- wicklung von B. Lunaria kann eine Stütze für diese Ansicht infolge eines auffallend späten Hervortretens der Organe nicht abgeben. Auch wenn der eiförmige Keimling das Prothallium durchbricht, findet sich zunächst in seinem vorgeschobenen Teile noch nicht die Wurzel angelegt. Solange der Embryo vom Prothallium umschlossen wird, sind seine Zellen mit dichten plasmatischen Stoffen gleichmäßig erfüllt (Fig. 36—41). Wenn er darauf aber als ovaler Keimling das Prothal- lium durchbricht, werden in seinen Zellen reiche Mengen Stärkekörner sichtbar, die äußeren Zellwände seiner freigewordenen Partien verdicken und bräunen sich und die Zellen seines achsilen Teiles erscheinen etwas gestreckt (Fig. 42). Nach dieser Entwicklungsform tritt dann bei unse- rem Keime endlich die Anlage seiner Organe hervor (Fig. 43). In dem meist wagerecht von dem Prothallium vorgeschobenen und dem Erdreich zugeführten Teile der jungen Keimpflanze entsteht die dreiseitige Wurzelscheitelzelle und übernimmt die Sorge für die Zellbildung zum Spitzenwachstum der Keimwurzel (Fig. 43s). Der von dem Prothallium noch eingeschlossene Teil, welcher der Wurzel gegenüber liegt, wird als das Saugorgan, der Fuß, erkennbar, der in diesem Entwicklungsstadium und schon vorher ein kräftiges . Wachstum durch fleißige perikline und antikline Teilungen aufweist und tiefer in das Prothallium eindringt (Fig. 43/). An diesem der Haupt- sache nach aus Wurzel und Fuß bestehenden oviden Zellkörper ent- steht seitlich beim Fuße, der Mündung des Archegoniums zugekehrt, die Scheitelzelle des Stammscheitels (Fig. 43s). Man kann immer von großem Glücke sagen, wenn es gelingt, junge Keimpflanzen von solcher Entwieklungsgröße so gut median zu schneiden, daß auch der eben differenzierte Rhizomscheitel zur Anschauung gelangt. Stehen dieselben noch mit dem Prothallium im Zusammenhange, so ist durch dieses eine 221 Orientierung gegeben. Bei freien Keimpflanzen aber fehlt solche, da die Scheitelstelle von außen zunächst nicht erkannt werden kann. Als erste Differenzierung des Stammscheitels tritt hier eine größere peripherische, mit dichten plasmatischen Stoffen ausgestattete Zelle auf, die alsbald von den benachbarten Zellen überwallt und eingeschlossen wird und schon an ihren ersten Teilungen als die erwartete dreiseitige Rhizomscheitelzelle erkannt wird (Fig. 43s, 445). Die schützende Überwachsung der jungen Scheitelanlage, nament- lich aber die von einer Seite mehr hervorgeschobenen Zellen dürften hier wohl als das sehr rudimentäre Keimblatt gedeutet werden (Fig. 44.). Diese fest verwachsende Umscheidung gibt der Ausweitung der Scheitel- stelle durch Ausdehnung seiner Zellen etwas nach, wird ‘aber in der weiteren Entwicklung der Keimpflanze von dem sich bildenden ersten Blatte gesprengt, und letzteres deckt darauf als flache Blattschuppe schützend den Rhizomscheitel. Wir sehen, daß diese jugendliche Keimpflanze ein ganz anderes Gepräge hat, wie die von B. virginianum, mit ihrer besser hervor- tretenden Ausbildung der Rhizomknospe. Ähnlich, wie die junge Keim- pflanze von Ophioglossum vulgatum, ist auch die unsere der Haupt- sache nach ein Wurzelkörper, von dessen Scheitelspitze langgestrecktes prokambiales Gewebe auf die Stammscheitelstelle führt, und die hier nur aus wenigen Zellen, nämlich aus der Scheitelzelle und deren Um- schließungszellen besteht (Fig. 43). Bemerkenswert ist noch der Fuß, welcher anfangs wenig hervortritt, dann aber, namentlich wenn die Keimpflanze mit dem Prothallium verbunden bleibt, zu einem auffallend starken halbkugelförmigen Höcker hervortreibt (Fig. 45/.). Dieser Fuß schließt am hinteren Ende der ersten Wurzel neben dem versteckten Scheitel die Keimpflanze stumpf keulenförmig ab und ist selbst bei älteren Pflanzen als ein Ansatz an deren erster Wurzel immer deutlich zu erkennen. Sein Inneres besteht aus größeren paren- chymatischen Zellen, die an der Peripherie flach sind. Ein rudimentäres Gefäßbündel aber, das Hofmeister vorgefunden haben will, fehlt. Die ungewöhnliche Dicke, zu der hier dies Organ entwickelt und aus dem Prothallium hervorgetrieben wird (Fig. 22—-25), läßt erkennen, daß es hier mehr als ein Saugorgan vorstellt. Es dient augenscheinlich gleichzeitig zur Speicherung der dem Prothallium entnommenen Nähr- stoffe, mit denen die Keimpflanze längere Zeit zweckmäßige Unter- stützung findet, und man sieht an älteren Pflanzen, daß die Zellen des Fußes ihren Inhalt verlieren, also an die wachsende Pflanze abgehen, sich bräunen und absterben. 222 In solcher Entwicklungsform der Keimpflanze, wie sie durch Fig. 45 dargestellt ist, hat sich schon ihre Verbindung mit dem endo- phytischen Pilze vollzogen, der aber nicht vom Prothallium aus, sondern von dem Erdreich her an verschiedenen Stellen der Epidermis des Fußes und der Wurzel der Keimpflanze seinen Eintritt genommen hat. Seine Hyphen füllen die Zellen des Fußes und der äußeren Rinde an. Die Epidermis, die Wurzelspitze und ihr Zentralbündel nebst innerster Rinde, sowie die Scheitelknospe und das Rhizomgewebe bleiben pilzfrei. Wie bekannt, verlieren die verpilzten Zellen ihre Stärke, und als Pro- dukte der Umwandlung sind Öl und Eiweiß vorhanden. Die Mykorrhiza von B. Lunaria und einer Anzahl anderer Arten dieser Gattung ist von Grevilius!) und neuerdings von Marcuse?) behandelt worden. Letzterer nimmt mit Stahl an, daß den Kommuni- kationshyphen solcher Saprophyten eine der physiologischen Funktion der Wurzelhaare ähnliche Aufgabe zu erfüllen zukomme. Zu der Zeit aber, da die Keimpflanze zuerst von dem Pilze befallen wird, ist sie so stark mit Nährstoffen angefüllt, daß sie eine Beihilfe nicht nötig haben dürfte, und dann erzeugt sie eine große Anzahl langgestreckter, auch sich endogen auszweigender Wurzeln, die gewiß auch selbständig den Humus des Bodens auszubeuten imstande sind. Jeffrey findet, daß sich der Endophyt der Sporenpflanze von B. virginianum von dem des Prothalliums unterscheide, eine Ansicht, die ich für unsere Art nicht annehme. Wenn auch der Endophyt in der Sporenpflanze in einigen anderen Eigenschaften entgegentritt als in dem Gamophyten, so können diese auch durch den Charakter des Wirtes bedingt werden. Wenn kaum durch wenige Teilungen der Stammscheitelzelle das Rhizom begründet ist und eben erst ein kleiner Blatthöcker des ersten Blattes sichtbar wird, schreitet die Keimpflanze schon zur Anlage einer zweiten Wurzel. Die Anlagestelle derselben ist keine bestimmte, sie kann zur Achse der Keimwurzel sehr verschiedene Richtung nehmen, in einem Winkel zu ihr tritt ihre Anlage am häufigsten auf (z. B. Fig. 9, 10, 11 u. 25), aber auch in derselben oder in entgegengesetzter Richtung wächst sie hervor. Zur übersichtlichen Darstellung derselben wurden letztere Fälle gezeichnet (Fig. 45 u. 462). Holle bemerkt, daß er bei seinen Untersuchungen an älteren Pflanzen die erste Anlage einer Wurzel nicht gesehen habe. Bei dem Studium der Keimpflanze 1) Grevilius, Über Mykorrhizen bei der Gattung Botrychium, Flora, Bd. LXXX. 2) Marcuse, Anatomisch - biologischer Beitrag zur Mykorrhizenfrage. In- augnral-Dissertation, Jena 1902. 223 hat man öfter Gelegenheit, solche anzutreffen. Sie wird ganz so an- gelegt wie bei den echten Farnen, indem eine endogene junge Rinden- zelle des Stammes sich zur Wurzelscheitelzelle ausbildet (Fig. 63). Nach ihrer Anlage entsteht eine starke Zellvermehrung der jungen Wurzel in der bekannten Weise, ein Aufquellen der ganzen Scheitel- stelle (Fig. 26) und Hervordrängen der Wurzelhaubenschichten, bis endlich die junge Wurzelknospe hervorgewachsen ist und in meist hori- zontaler Richtung in das Erdreich eindringt. Rückwärts an ihrer An- satzstelle umfaßt sie schützend die junge Stammknospe und umwächst sie so, daß das Rindengewebe des Stammes vollständig mit dem der Wurzel verwächst, jedoch bleibt die Verwachsungsstelle immer erkennbar (Fig. 46 u. 47). Das junge Rhizom wird gleichsam in einem Wurzel- gehäuse eingeschlossen und ragt nicht über das Niveau der letzten Wurzelansatzstelle hervor (Fig. 46). Das Gefäßbündel der zweiten Wurzel wird an das der ersten angesetzt, wie es Fig. 46 veranschau- licht. In gleicher Weise kann nun eine dritte, ja vierte Wurzel am Rhizome entstehen, ohne daß sein Scheitel merklich über seine Wurzel- ansatzstellen hervortritt. So zeigt Figur 48 eine Keimpflanze mit vier älteren und einer jungen Wurzel, und ihre Stammknospe ist dennoch wenig über die Ansatzstelle der fünften Wurzel emporgestiegen. Hat es dagegen eine Keimpflanze auf sechs bis acht Wurzeln gebracht, so er- scheint bei jeder derselben die Rhizomknospe immer merklich hervorge- trieben (Fig. 14—16). Der schematische Durchsehnitt einer solchen Keim- pflanze, den Fig. 49 darstellt, zeigt den Stammscheitel schon wesent- lich aus der Umklammerung der Wüurzelansatzstellen hervorgearbeitet. Daß alle Wurzeln der Keimpflanze von demselben Endophyten bewohnt werden, soll hier noch vorübergehend hervorgehoben werden. Es ist auffallend, daß unsere Keimpflanze, die von Anfang an in ununterbrochener Folge sich beeilt, eine Reihe kräftiger Wurzeln zu erzeugen, dennoch in der Ausbildung ihrer Stammknospe so zurückhält. Während bei B. virginianum schon gleich das handförmig ausgebildete Keimblatt über die Erdoberfläche treibt, ergrünt und assimiliert, so kommt bei unserer Keimpflanze in gleicher Aufgabe kaum erst das achte bis zehnte Blatt über die Erde hervor. Wie wir schon gesehen, ist das Keimblatt hier ganz rudimentär und auf wenige Zellen zurückgeführt (Fig. 44c). Der dureh eine drei- seitige Scheitelzelle gegründete Stammscheitel wächst langsam und hat in einer Keimpflanze von der Entwicklung der Figuren 26 und 45 noch wenig Bedeutung erlangt, schreitet aber zur Anlage des ersten Blattes. Dieses sowohl wie auch alle übrigen Blattanlagen entstehen 224 in der Weise, wie wir sie oben an der älteren Pflanze kennen lernten (Fig. 56). Sie wachsen mit einer dreiseitigen Scheitelzelle auf ihrem Gipfel und durch ein ergiebiges Randwachstum als eine flache Blatt- schuppe über, den Stammscheitel aus, unter deren Schutze sich dann eine neue Blattanlage erheben kann. Durch eine interkalare Auswei- tung und Streckung der jungen Stammknospe wird die primitive Kotyle- donarscheide durch die erste Blattanlage frühzeitig gesprengt, und das erste Blatt gelangt mit seiner erhabenen Seite als eine unvollständig ausgebildete Blattform au die Oberfläche. Es stellt nunmehr sein Scheitelwachstum ein, bleibt also auf einer primitiven Stufe der Aus- bildung stehen, seine äußeren Zellen bräunen sich und sein Rand ver- wächst schützend mit dem Stammteile und deckt die unter ihm weiter wachsende Stammknospe, bis es dann auch von dem nächsten Blatte zersprengt und in seiner schutzbringenden Aufgabe abgelöst wird. So zeigt die junge Rhizomknospe der Figur 47 das nicht median gezeich- nete erste Blatt (2,) als äußere Decke, die bald von dem nächsten (2,) gesprengt werden kann und so fort. Schon die ersten Blätter der Keimpflanze treten in derselben Spiralstellung auf, wie die der älteren Pflanze, und haben auch gleiche Anlage und Entwicklung wie jene. Sie werden hier aber anfangs zu früh schon ihres deckenden Schutzes be- raubt, an die Oberfläche geführt und dadurch in ihrem Scheitelwachs- tum, also in ihrer Ausbildung unterbrochen. Wir untersuchen die Scheitelknospe einer Keimpflanze, z. B. einer solchen in der Entwicklung der Figur 48 näher. Die von außen in ihrer braunen Schattierung gesehenen Ringe sind die Ansatzstellen der ersten verbrauchten Blattschuppen, und soeben wird die letztere (etwa die dritte) von der darunter liegenden Schuppe gesprengt. Auch das letztere Blattorgan, das man am besten durch eine Präparation mit der Nadel freilegt, hatte nur eine sehr unvollkommene, etwa zweijährige Entwicklungsstufe erreicht und die Form eines siumpfkegelförmigen Deckels gewonnen, es deckte aber noch ein zweites etwa einjähriges Blatt, und ein drittes befand sich in der Anlage. In anderen Fällen kann eine gleichalterige Keimpflanze es schon auf ein kegelförmig hervortretendes äußeres Blatt, also auf eine höhere Entwicklungsform als die der flachen Schuppe gebracht haben. ' Wir wissen von dem Studium der älteren Pflanze her, daß sie jährlich nur ein Blatt anlegt, welches zur vollständigen Entwicklung fünf Jahre nötig hat, von welcher Zeit es vier Jahre unterirdisch in der Scheide des nächstälteren Blattes wie in einem Futterale sich ausbildet. 225 Von unserer Keimpflanze aber vermutet Hofmeister!), daß sie bereits in ihrer ersten Vegetationsperiode die ersten drei Wedel erzeuge, welche sich dann schon im-zweiten Jahre ihres Daseins zu den ersten grünen und sporentragenden Wedeln entfalteten. Dagegen ist aber hervorzu- heben, daß doch das geringe Bildungsvermögen des Rhizomscheitels der Keimpflanze ganz augenscheinlich wird. An „sproßbildender Substanz“ dürfte die jüngere Pflanze größeren Mangel haben als die ältere. Es kann daher unsere Keimpflanze auch nur jährlich ein Blatt erzeugen und noch dazu in bescheidenerer Form, als es die ältere Pflanze vermag, welches auch innerhalb einer Vegetationsperiode keine vollkommenere Entwieklungsstufe erreicht als bei der älteren Pflanze. Zur vollständi- gen Ausbildung eines sporentragenden Blattes auch in der bescheidenen Form «der Figur 1 sind die gleichen fünf Jahre nötig. Die ersten „uiederblattartigen Wedel“ sind noch in unvollkommener Ausbildung, wenn sie ihr primitives Gehäuse, welches das nächstältere Blatt abgikt, sprengen. Sie übernehmen dann die äußere Deckung der Rhizomknospe und verlieren, wie schon hervorgehoben, außer der interkalaren Aus- dehnung die weitere Entwieklungsfähigkeit. Man findet daher die erste- ren Blätter, welche nur ein bis zwei Jahre eingeschlossen sich ausbilden konnten, als flache braune Schuppen den Scheitel deckend. Treffen wir sie äußerlich als lichtbraune oder weißliche spitzkonische Blattform an (Fig. 4952 und Fig. 14 u. 15), so konnten sie sich zwei bis drei Jahre ungestört entwickeln. Nach soleher Zeit bringen sie es wohl zu einem grünenden Spitzchen und weiter bis auf die ersten Anlagen der gefie- derten Spreite (Fig. 500—.c). Nach der interkalaren Streckung finden sich die weißlichen Partien der Blätter mit braunen Zellen getüpfelt, welche wohl die Mutterzellen von unausgebildeten Spaltöffnungen dar- stellen mögen. Ein einfaches Bündel führt in jedes Erstlingsblatt. Unvollständige Rhizomknospen der Keimpflanze enthalten zwei, auch drei Blattformen. Erst aber, wenn die Blattscheide des äußeren Blattes vier Jahrgänge von Blattformen einschließt, ist sie vollständig und im- stande, sporentragende sich an der Erdoberfläche entfaltende grüne Doppelblätter zu entwickeln. Es ist auffallend, wie lange unsere Keimpflanze auf dureh Chloro- phyli gewonnene Assimilate verzichtet. (Geboren wurde sie dureh einen Gamophyten, dem die Assimilationsfähigkeit fehlte. und darauf kann sie ein acht- bis zehnjähriges unterirdisches Dasein verbringen, ehe eins 1) Hofmeister, pag. 661. Fiora 1906. 15 226 ihrer Blätter über die Erdoberfläche tritt. Und wenn dies auch ge- schieht, ist die Assimilierung des einzigen Blattes mit seiner geringen Oberfläche, der mattgrünen Farbe und der kurzen, nur für das Früh- jahr ausreichenden Lebensdauer sehr gering. Botrychium Lunaria ist fast ein Ganz-Saprophyt. So lehrte uns denn diese Untersuchung ein eigenartiges Stamm- organ kennen. Es wurde als ein unscheinbarer seitlicher Anhang an das ansehnliche Fußwurzelorgan des Keimlings angesetzt und gibt als- dann kräftigen Wurzeln, aber unscheinbaren Blattgebilden den Ursprung. Von den Ansatzstellen seiner Wurzein anfangs umklammert, erhebt es sich erst allmählich über diese empor und kann dann zuweilen Inter- nodien von fast ein Zentimeter Länge zwischen den Ansatzstellen ein- zelner Blätter bilden. Einen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Wur- zel- und Blattentwicklung, den Holle angibt, fand ich nicht bestätigt. Zuweilen wurden zwei Wurzeln auf einmal angelegt, was ich bei den Blättern nicht fand. Die Eigenschaften der Gefäßbündel an Wurzeln, Stamm und Blatt sind genügend bekannt, und es ist daher eine nähere Betrachtung der- selben hier überflüssig, Bemerken will ich nur, daß der hohle Gefäß- zylinder des Stammes der Keimpflanze nach unten hin geschlossen erscheint und konisch der Ansatzstelle der beiden ersten Wurzeln der Keimpflanze aufgestellt ist (Fig. 47 u. 57). e) Von der Verzweigung. Das Rhizom von B. Lunaria ist meistens unverzweigt, und 68 kommt eine Verzweigung desselben äußerst selten vor. Röper!) beob- achtete eine solche zuerst und stellte einige Fälle durch Zeichnungen dar, ohne sie aber näher zu untersuchen. Holle?) ist nur ein einziges verzweigtes Exemplar vorgekommen. Er nimmt eine endogene Ent- stehung derselben an und glaubt aus seiner Untersuchung schließen zu müssen, daß der Seitensproß in einer Blattachsel des Hauptsprosses inseriert sei. Auch der Seitensproß hatte von Anfang an reichlich Blätter und Wurzeln gebildet. Ich habe etwa ein Dutzend einfach und mehrfach verzweigter Pflanzen unserer Art beobachtet und auch in Schnitten die Anlage einer Verzweigung angetroffen. Es scheinen namentlich jüngere Pflanzen eher geneigt zu sein, solehe einzugehen als ältere. 2) Röper, Bot. Zeit. 1859. 2) Holle, Bot. Zeit. 1875, pag. 318. 227 Derartige Verzweigungen gehen aus einer einzigen Oberflächen- zelle des Rhizoms hervor. Bei jugendlichen Pflanzen streckt sich oft der Stamm und wächst mit seinen jüngsten Blattanlagen über die vorher- gehenden empor, so daß in solchen Fällen ein entblößter Stammteil und somit freie Stammepidermis gewonnen wird. Fig. 57 zeigt links nur eine kurze .Stufe des sich frei erhebenden Stammscheitels, aber es kommen auch solche von über einen Zentimeter Höhe vor. An solcher freien Stammoberfläche traf ich eine peripherische Zellgruppe, im Längsschnitt gesehen, an, wie sie die Zeichnung der Fig. 61 darstellt, die aus einer einzigen Oberflächenzelle entstanden und bei welcher die seitlichen Zellen (5) die mittleren (s) eben um- scheiden. Die letzteren mit auffallend dichtem Plasma und großen Zellkernen haben den Scheitel der Adventivknospe auszubilden, von welchen die obere Zelle schließlich die Form einer dreiseitigen Scheitel- zelle annehmen wird. Fig. 62 zeigt eine gleiche Anlage in wenig wei- terer Entwicklung. Die Umscheidung (5) hat größere Fortschritte ge- macht und die Zahl der den jungen Scheitel der Adventivknospe bilden- den Zellen (s) hat zugenommen. Auch die Zellen der Umgebung dieser Anlage gehen Teilungen ein, die namentlich auf einen frühzeitigen An- schluß der jungen Knospe an den Zentralzylinder des Rhizoms führen. Solchen Anschluß bildeten die in der Zeichnung angeführten Gefäss- zellen, welche nach oben auf die Scheide weisen. Es erinnert diese Art der Knospung an die embryonale Anlage des Rhizomscheitels und seine erste Umscheidung bei der Keimpflanze. Fig. 60 zeigt eine größere Keimpflanze mit 12 Wurzeln, die im Frühjahre aus dem Boden isoliert wurde, welche die erste Wurzel (zz) und den Fuß an ihr (/) deutlich zu erkennen gibt, bei welcher aber aus der gemeinsamen Scheide neben dem Blatte der Hauptknospe noch das einer Nebenknospe her- vortritt. Diese Seitenknospe zeigte sich in der Entwicklung der Blätter sehr vorgeschritten und begann auch durch Anlage von Wurzeln sich selbständig zu machen. Diese hier so seltene Erscheinung der Ver- zweigung gleicht der Entwicklung der Seitenknospen bei Farnen, wie sie durch Mettenius und Prantl an einer Reihe Farne nachgewiesen worden ist. 15* ww I [e#) Figuren - Erklärung. Tafel I, Fig. 1—42. Fig. 1. Einige -Prothallien und Keimpflanzen nebst ihrer Fundstelle in natürlicher Größe. 3 die weißlichen Prothallien, 2 Keimpflanzen, %, u. #, ältere Formen der letzteren. Fig. 2—16. Prothallien und Keimpflanzen in dreifacher Größe. Fig. 2 u. 3. Proth. in verschiedenem Alter. Fig. 4—6. Proth. im Zusammenhange mit Keimpflanzen. Fig. 7 u. 8. Junge freie Keimpflanzen mit einer Wurzel. - Fig. 9—13. Keimpflanzen mit zwei, drei und vier Wurzeln und mit mehr oder weniger deutlicher Scheitelstelle s, =, Keim- oder erste Wurzel, die am hinteren Ende, dem Fuße, stets stumpfkeulig angeschwollen er- scheint. Fig. 16. Junge achtwurzelige Keimpflanze mit einem für die folgende Vegetationsperiode über die Erdoberfläche zu führenden ersten Sporen- blatte. Fig. 17—26. Prothallien und Keimpflanzen 16-fach vergrößert. Die Prothallien sind von der Oberseite gesehen gezeichnet. An ihren Seiten sollen die Kreise mit Quadranten die Archegonien, die auf der Rücken - Mitte punktierten Kreise, die Antheridien darstellen. Fig. 17. Junges Prothallium. Fig. 18. Herzförmiges Prothalliun. Fig. 19 u. 20. Eiförmige Prothallien. = sich entwickelnde Embryonen. Fig. 21—25. Prothallien im Zusammenhange mit Keimpflanzen. Fig. 24 u. 25. Prothballien mit je zwei Keimpflanzen. Fig. 26. Junge freie Keimpflanze. Sie stellt ein keuliges Wurzelgebilde dar. Am verborgenen Stammscheitel ist =, die Anlage der zweiten Wurzel. f Fuß, w, erste Wurzel. Fig. 27. Ein vollständiges von oben gesehenes Prothallium, 60-fach vergrößert. a der Anfang des Prothalliunıs (der Sporenpol desselben). s die wachsende Region (der Scheitelpol). Die Antheridien a«z befinden sich auf der Rücken- linie. Zu beiden Seiten derselben die Archegonien ar. em ein Höcker mit einem Archegonium-Rudiment auf dem Gipfel, in dessen Innerem ein Embryo entwickelt wird. % dunkelbraune Hyphen eines Pilzes, dessen Zweige in das Innere des Prothalliums eintreten. Fig. 28. Medianer Längsschnitt durch ein junges Prothallium, «der Anfang (Sporen- pol), s die wachsende Region (Scheitelpol), 5 Bauch-, » Rückenseite. ar Anthe- ridien, von denen das älteste entleert ist. »% Rhizoide. 2 Paraphysen. hr Hyphen eines eintretenden Pilzes. Das ganze Prothallium mit Ausnahme der Scheitel- und Rückenregion wird von einem endophytischen Pilze (er) bewohnt. Vrer. 70. Fig. 29. Medianer Längsschnitt durch die wachsende Region eines älteren Prothal- liums. >z Scheitelmeristem. az erste Anlage eines Antheridiums, an und an, ältere Entwicklungszustände desselben, 5 Paraphyse, en endophytischer Pilz. Vrgr. 150. Fig. 30. Quersehnitt durch ein Prothallium mit hervorgetriebenen Antheridien (er) auf der Rückenmitie. ar altes verblühtes Archegonium, em junger Embryo, en endophytischer Pilz. Vrer. 90. Fig. Fig. Fig, Pig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Pig. Fig. Fig. 229 31. Scheitelregion des Prothalliums von oben gesehen. »= Scheitelmeristem, an ein sich bildendes junges Antheridium, «r junge Archegonien, 7% Rhizoide, die an der Scheitelregion entwickelt werden. Vrgr. 150, 32. Einige von dem Endophyten bewohnte Zellen des Prothalliums. # Iyphen des Pilzes, v Pilzklumpen, % Fetikörper. Vier. 340. 33. Zwei entleerte Antheridien von oben gesehen, das erste mit einer und das zweite mit drei Öffnungen. Die punktierten Kreise geben den Umfang der bei tieferer Einstellung gesehenen Antheridien-Höhlung an. > Paraphysen. Vrer. 150. 34. Eine Spermatozoiden-Mutterzelle und zwei Spermatozoiden. YVrer. 550. 35. Reifes Archegonium kurz vor seiner Öffnung. Vrer. 225. 36. Befruchtetes Archegonium mit Eizelle kurz vor der Teilmg. Yrar. 225. 37. Eizelle mit erster Teilung im Archegonium. YVrgr. 225. 38. Vierzelliger Embryo. Vıgr. 225. j 39—41. Embryonen in der Richtung der Archegonium-Achse geschnitten. Vrer. 225. 42. Ein das Prothallium durchbrechender Embryo. Vrer. 150. Tafel II. Fig. 43—068. 43. Junge Keimpflanze im Zusammenhange mit dem Prothallium, dessen Zellen dicht mit Nährstoffen, namentlich Stärke, angefüllt sind. / Fuß, ws Wurzel- scheitel, s Rhizomscheitel, a entleertes Antheridium, 3 Paraphysen. Vrgr. 70. 44. Die Sproßpartie der in Fig. 43 dargestellten Keimpflanze stärker ver- größert. s Scheitelzelle mit den ersten Teilungen, von den angrenzenden Randzellen überwachsen, c als rudimentäres Kotyledon zu deuten. Vrgr. 225. 45. Ältere freie Keimpflanze mit stark ausgebildetem Fuße /. z, Wurzel- scheitel der ersten Wurzel, s Scheitel des Rhizoms mit der Anlage der zweiten Wurzel w,. In den Zellen der Endophyt en. Vrgr. 52. 46. Junge Keimpflanze im Längsschnitt. =, erste, w, zweite Wurzel, / Fuß, > Rhizom. Vrgr. 30. 47. Das junge Rhizom der Keimpflanze von Fig. 46 in stärkerer Vergrößerung. a Scheitelzelle des Vegefationspunktes desselben, 6, erste, ö, zweite Blatt- anlage, 2, nicht medianes drittes Blatt. Vrgr. 150. 48, Junge Keimpflanze mit fünf Wurzeln (w,—w,). s die wenig entwickelte Blattknospe. Vrer. 16. 49. Schematischer Durchschnitt einer Keimpflanze mit eiwa sechs bis acht Wurzeln, von denen drei in derselben Ebene gezeichnet sind. / Fuß, = erste Wurzel, » Wurzeln, s Rhizomscheitel, 5,—2, Blattentwieklungsfornen. Vıgr. 6. 50, Entwieklungsformen unvollkonmen ausgebildeter Blätter von Keimpflanzen. Schwache Vrgr. 51-54. Fig. 51 vierjährige, Fig. 52a u. 5 dreijährige, Fig. 53 zweijährige Blattformen älterer Pflanzen, Fig. 54 tJuerschnitt durch die Blattknospe. welcher die schraubenlinige Blattstellung anzeigt. Vrer. 6. 55. Scheitel des Rhizonis von oben gesehen. = die dreiseitige Seheitelzelle desselben, 5, Scheitelzelle mit junger Blattanlage. Yrgr. 340. 56. Junges Blatt von oben gesehen. 2, Scheitelzelle desselben, 7 Blattinitiale des nächstjährigen Blattes. Vrgr. 225. 230 Fig. Fig. Fig. 57. Längsschnitt durch eine Blattknospe. « Scheitelzelle des Rhizoms, d, des sich erhebenden erstjährigen Blatthöckers, ö, Scheitelzellen des zweijährigen Blattes, welehes eben in Auszweigung begriffen ist. Anm.: Die in verschiedenen Ebenen auftretenden Blätter sind in derselben Fläche gezeichnet, Yrgr. 225. . 58. Längsschnitt durch die verzweigten Blatteile eines dreijährigen Blattes in der Entwicklung von Fig. 525, in welchem die Scheitelzellen (5) deutlich erkennbar sind. Vrgr. 225. . 59. Schematischer Längsschnitt durch eine ältere Pflanze. =» Wurzeln, s Rhi- zomscheitel, 3, —, die Blätter in dem Jahresalter der beigegebenen Zahlen. Vrer. 6. . 60. Ältere Keimpflanze mit etwa 12 Wurzeln, eine verzweigte Form dar- stellend. / Fuß, =», erste Wurzel. Die beiden durchbrechenden Blätter deuten zwei Scheitelknospen an. YVrgr. 10. 61 u. 62. Die ersten Entwicklungsstadien einer jungen Auszweigung. s Scheitel derselben, 5 Umscheidung der jungen Knospe. Vrer. 225 u. 150. 63. Junge Wurzelanlage im Rindengewebe des Rhizoms. w Wurzelscheitel- zelle Vrer. 225. Über das postflorale Wachstum der Kelchblätter einiger Convolvulaceen. Von Nils Svedelius, Upsala. (Mit 81 Figuren in dem Text.) Nachdem die sogen. Wasserkelche oder Wasserknospen von Treub bei Spathodea campanulata zum erstenmal beschrieben worden, haben sich mehrere botanische Verfasser mit diesem Thema beschäftigt. So liegen in der Literatur Beobachtungen über Wasserkelche vor, von Lagerheim, Raeciborski, Kraus, Shibata u. a, und eine ein- gehende monographische Behandlung über dieses Kapitel haben wir in Koorders Arbeit: „Über die Blütenknospenhydatoden einiger tropischen Pflanzen“ in Annales du Jardin Botanique de Buitenzorg, V. 14, pag. 355. Es ist ja sehr wahrscheinlich, daß, je mehr die tropische Vege- tation biologisch durchforscht wird, die Anzahl bekannter Pflanzen mit solchen Wasserkeichen auch sich bedeutend mehren wird. Wenn ich nun aber eine Beschreibung einiger solcher Pflanzen geben will, so ge- schieht es weniger, weil diese nur Beispiele für neue Arten oder gar Repräsentanten einer neuen Familie sind, bei denen ein derartiges Phänomen nachgewiesen werden kann, sondern speziell, weil diese Wasser- kelche in ihrer ausgeprägtesten Form einen neuen und bisher weniger berücksichtigten Typus unter den sogen. Wasserkelchen darstellen. Dieser ist dadurch charakterisiert, daß der Wasserkelch als solcher nur während des Fruchtstadiums funktioniert, was auch mit einem — mehr oder weniger — ausggprägten postfloralen Zuwachs der Kelchblätter zu- sammenhängt. Wehn man die bisher beschriebenen Fälle von Wasser- kelch durchmustert, so wird man finden, daß bei diesen im allgemeinen die Wasserabsonderung ihren Höhepunkt vor der vollen Entwicklung der Geschleehtsorgane erreicht, um nach oder sogar während der An- these ganz und gar aufzuhören. Bei anderen aber dauert sie länger, nieht nur während der Anthese, sondern auch nachher während des früheren Fruchtstadiums, wie z. B. bei Clerodendron Minahassı und Juanulloa parasitica (er. Koorders I. c„ pag. 446), Bei der Pflanze, welche ich nun zuerst beschreiben will, kommt dagegen keine Wasserabsonderung während des Knospenstadiums vor, 232 diese fängt vielmehr erst nach der Anthese an. Die Pflanze, an welcher ich einen solchen Fall beobachtet habe, ist Stietocardia tiliefolia (Choisy) H. Hallier, eine Convolvulacee, welche ich auf ‘eylon wildwachsend beobachtete und welche seit langem durch den charakteristischen, sehr großen postfloralen Zuwachs der Kelchblätter be- kannt ist‘). Meine Beobachtungen über den Wasserkelch bei Stietocardia gaben mir natürlich auch Anlaß dazu, des näheren zu untersuchen, ob etwa mehr analoge Fälle aufgefunden werden könnten. Es zeigte sich, daß dieses auch teilweise bei einigen anderen Convolvulaceen der Fall war, obwohl hier bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei Stietocardia tiliefolia. In diesem Zusammenhange will ich auch über die Kelch- blätter einiger anderen von mir beobachteten Convolvulaceen berichten, . welche für die Beurteilung der Entstehung der Wasserkelche ein gewisses Interesse darzubieten scheinen. Das Vergleichsmaterial zu diesen Untersuchungen habe ich in den botanischen Gärten zu Peradeniya auf Ceylon und Bnitenzorg auf Java beobachtet und gesammelt. Die anatomischen Untersuchungen sind alle an Spiritusmaterial nach der Rückkehr in Upsala ausgeführt worden. Für das wohlwollende Entgegenkommen, welches mir während meines Aufenthaltes in diesen wissenschaftlichen Tropengärten erwiesen wurde, ist es mir eine angenehme Pflicht, den Direktoren der genannten Gärten, den Herren J. C. Willis und Dr. M. Treub, hier meinen besten Dank auszusprechen. Der postflorale Wasserkelch von Stictocardia tilisefolia (Choisy) H. Hallier. Während einer Exkursion in die Umgebungen der Stadt Galle an der Südküste von Ceylon fand ich diese schöne Schlingpflanze in reichen Festons hängend in den Baumzweigen neben der Straße bei einem kleinen singalesischen Dorf. Blüten waren spärlicher vorhanden, aber um So mehr fielen ins Auge die großen grünen Früchte von der Größe eines kleinen Apfels. Bei einer näheren Prüfung stellte sich jedoch sofort heraus, daß man es hier eigentlich nicht mit einer Frucht zu tun hat, sondern daß es die nach dem Blühen großartig heranwachsenden Kelchblätter rings um die Frucht sind, welche diese Bildung verursachen. Diese ist daher wohl besser als eine Scheinfrucht zu charakterisieren. Was aber meine Aufmerksamkeit besonders erregte, war, daß diese » Die Bestimmung dieser Pflanze verdanke ich Herrn Dr. H. Hallier in Hamburg. ganze Bildung sehr saftig und die Höhlung selbst zwischen der Frucht und den Kelchblättern von einer wasserhellen Flüssigkeit ganz ausge- füllt war, welche auelı manchmal ein bißchen schleimig war. Der Wasser- gehalt war nicht gerade unbedeutend, und bei Druck auf die Kelchblätter wurde er in klaren Tröpfehen abgegeben. Da zu dieser Zeit (Ende Dez.) im südwestlichen Ceylon der Niederschlag schon anfängt spärlicher zu werden und außerdem seit mehreren Tagen überhaupt kein Regen gefallen war, so war die Möglichkeit ganz ausgeschlossen, daß man es Fig. 1. Stietoeardia tilizfolia. @ Knospen; 5 Blüte; e nach der Anthese, Krone weg- gefallen; Z junge Frucht mit heranwachsenden Kelchblättern (1-1). hier mit etwa von außen auf irgend eine Weise aufgefangenem Regen- wasser zu tun hatte. Schon eine oberflächliche anatomische Unter- suchung zeigte auch, daß besonders (die Innenseite der Kelehblätter mit Gruppen von großen schüsselförmigen Haaren — wahrscheinlich Hyda- toden — dicht besetzt war, so daß es sich hier unzweifelhaft um von ler Pflanze selbst ausgeschiedenes Wasser handelte. Der Wassergehalt schien jedoch gewissen Schwankungen unterworfen zu sein. 80 z. B. 234 waren die im Buitenzorger Garten kultivierten Exemplare von Stieto- cardia tiliefolia nicht so wasserhaltig wie die ceylanischen wild- wachsenden Pflanzen. Dagegen waren sie sehr schleimig. In Buitenzorg befanden sich aber die Exemplare auf einem viel mehr fortgeschrittenen Fruchtstadium, so daß wahrscheinlich die Verschiedenheit hierauf beruht, Die Blütenknospen dagegen waren nicht wasserhaltig, weder vor noch während der Anthese. Da diese Pflanze hier- durch von allen bisher beschriebenen Fällen von Wasserkelch abweicht, habe ich geglaubt, daß eine eingehen- dere Beschreibung von Interesse sein dürfte. An Fig. 1 und 2 kann die Entwicklung des Blütenkeiches in ihren Hauptzügen studiert werden. Der eymöse Blütenstand ist sehr wenigblütig, und die kleinen Hochblätter fallen frühzeitig ab, spielen \ also keine hervor- I ragende Rolle im Leben der Pflanze. Durch die hervor- wachsende Blumen- krone werden die jungen Kelchblätter Kie.2. Stiet dia tilief voneinander ge- ig. 2. Stietocardia tilissfolia. «Frucht mit ausgewachsenen FR R . Kelchblättern von oben gesehen; & do. von der Seite; drängt, und in voller « do. durchschnitten, die Höhlung rings um die Frucht Anihese zeigt sich mit wässriger Flüssigkeit ausgefüllt (1><1). die Blüte wie: auf Fig. 10. Die Blumenröhre ist trichterförmig und hat eine deutliche Hervorwölbung dicht oberhalb der Kelchblätter. Nach der Anthese fällt (lie Krone ab (Fig. 1, c), und die Kelchblätter fangen an, sich wieder zusammenzuschließen (Fig. 1, £). Nun beginnen diese gleichzeitig zu wachsen, und wenn die Frucht ihre volle Größe erreicht hat, haben sie ein Aussehen wie auf Fig. 2. Die äußersten ähneln einem Paar in- EURER ENEERENEREDDNE VER 235 einandergefügter Muschelschalen. Besondere Vorrichtungen zum Ver- schluß der Kelchblätter miteinander entweder durch Haarbildungen older durch Sekretabsonde- rung, wie das oft der Fall ist bei anderen Wasserkelchen, kommen hier nicht vor. Dagegen sind manchmal die Ränder ein wenig zu- rückgerollt (Fig. 1, ce), was ja dazu beiträgt zu verhindern, daß das Wasser abfließt. Auf diesem Stadium bleiben nun die Kelchblätter, bis die Frucht ihre volle Reife erreicht hat. Dann beginnen die Kelchblätter zu schrum- pien und zusammenzu- trocknen, wobei sie sich auch schließlich öffnen, so daß die Frucht selbst sichtbar wird. Untersucht man nun des näheren den Bau der Kelchblätter, so {in- det man sehr zahlreiche schildförmige Köpfchen- haare sowohl auf der Außenseite (der morpho- logischen Unterseite) wie auf der Innenseite (der morphologischen Oberseite). In bezug auf ihre Lage und Ver- teilung besteht eine be- deutende Verschieden- heit zwischen Außen- seite und Innenseite. Während die Haare auf der Außenseite (Fig. Fig. 3. Stietoeardia tilieefolia. Köpfehenhaare an der Außenseite der Kelehblätter (360><1). Fig. 4. Stietocardia tilisfolia. Gruppe von Hyda- toden an der Innenseite der Kelchblätter, Knospen- stadium (360><1). « 3) ziem- 236 lich gleichförmig über die ganze Blattfläche verteilt sind, sind sie auf der Innenseite (Fig. 4), jedenfalls im Knospenstadium, in sehr deutlichen, schon dem bloßen Auge sichtbaren Gruppen angesammelt. Dieser Ver- schiedenheit der Anordnung entspricht auch eine Ungleichzeitigkeit der Entwicklung. Untersucht man ein Kelehblatt (z. B. mit dem jüngsten anfangend) bei einer Knospe eben vor der Entfaltung der Blumen- blätter, also ein wenig jünger als das Stadium in Fig. 1, @, so zeigt sich die Außenseite (Fig. 3) mit zahlreichen Spaltöffnungen, aber auch mit vielen sehr kleinen Köpfehenhaaren versehen. Ihre Köpfchenzellen sind klein. Sie scheinen schon das Maximum ihrer Entwicklung er- reicht zu haben, und mehrere sind nun schon schwarzbraun, haben ihr Plasma verloren und sind im Absterben. Die Innenseite dagegen zeigt folgendes Aussehen (Fig. 4): Spaltöffnungen fehlen, wie das gewöhnlich der Fall ist bei Wasserkelchen mit reichlicher Wasserabsonderung während des Knospenstadiums, wie bei Spathodea campanulata und Clerodendron Minahass& (Koorders, p. 450). Dieses kann jedoch nicht als ausnahmslose Regel aufgefaßt werden. So erwähnt Koorders, daß bei anderen Wasserkelchen die Spaltöffnungen auf der Innenseite der Kelchblätter. nur hinsichtlich der Anzahl reduziert oder in ihrer Entwicklung verspätet sind. Die Trichome der Innenseite, welche, wie unten gezeigt wird, als Hydatoden funktionieren, sind in scharf begrenzten Gruppen vereinigt, welche in das übrige Gewebe ein wenig eingesenkt sind (Fig. 4, 7). Die Zellen rings um jede Gruppe liegen sogar in konzentrischen Reihen. Die Hydatoden selbst sind kaum aus- gewachsen; sie stehen so dicht, daß sie gegeneinander gepreßt werden. Ihre Zellen haben reichlichen hyalinen, plasmatischen Inhalt, die Wände aber sind dünn und sehr schwach verdickt. Alle Kelchblätter scheinen auf demselben Entwicklungsstadium zu stehen, die inneren vielleicht ausgenommen, welche von den äußeren bedeckt sind und nicht so zahl- reiche Köpfchentrichome auf ihren Außenseiten haben, welche Trichome außerdem in ihrer Entwicklung noch nicht so weit, vorgeschritten scheinen. Jedenfalls sind sie nicht im Absterben begriffen wie diejenigen, welche direkt der Außenwelt exponiert worden sind. Die Hydatoden auf der Innenseite der inneren Kelchblätter scheinen sich betreffs ihrer Ent- wicklung von denen der äußersten Kelchblätter wenig zu unterscheiden. Nur an den allerinnersten sind jüngere Entwicklungsstadien über- wiegend. Je nachdem die Kelchblätter nach der Anthese zu wachsen an- fangen, beginnen auch die Hydatodengruppen Veränderungen zu er- fahren. Schon frühzeitig kann man beobachten (Fig. 5), wie durch inter- aaT kalare Teilungen in der Oberhaut die Zwischenräume sowohl zwischen Jen Hydatodengruppen wie den einzelnen Hydatoden bedeutend ver- größert werden. Auf vollentwickeltem Fruchtstadium (Fig. 6) sind die Hydatoden vollständig isoliert voneinander. Gleichzeitig haben sie auch bezüglich der Größe sehr bedeutend zugenommen und besonders be- züglich der Anzahl der Köpfchenzellen, wie aus einem Vergleich zwischen Fig. 4, 5 und 6 hervorgeht, welche alle mit derselben Ver- größerung gezeichnet sind. Es ergibt sich hieraus — was ja auch zu erwarten war — daß die Entwicklung der Hydatoden im engsten Zu- sanımenhange mit der Wasserabsonderung steht; wie nämlich auf dem Knospenstadium und während der Anthese im Kelche keine Wasser- absonderung stattfindet, diese vielmehr erst auf dem Fruchtstadium be- ginnt, so erreichen auch die Hydatoden selbst auf der Innenseite der Kelch- blätter ihre volle Entwick- lung erst während eben dieses Stadiums. Die auf der Außenseite des Kelches befindlichen Trichome, welche wahrscheinlich nicht als Hydatoden funk- tionieren, haben dagegen schon während des Knos- Fig. 5. Stietocardia tilisefolia. Interkalare Zell- yenstadi i teilungen zwischen den Hydatoden an der Innen- penstadiums ihre volle seite der anwachsenden Kelchblätter (360><1). ‚Größe erreichtund scheinen . nach der Anthese eher im Regreß und Absterben zu sein. Ähnliche Beobachtungen über ungleichzeitige Entwicklung bei Trichomen von gleichartigem Bau der Außen- und Innenseite hat Koorders an Clerodendron Minahass&® gemacht. Auch Crescentia Oujete, Parmentiera cerifera, Stereospermum hypostietum und Kigelia pinnata haben solche Trichome, welche auf der Außenseite als Schuppen funktionieren und als solche frühzeitig ihr Plasma und ihren Kern verlieren, während sie auf der Innenseite Hydatoden sind und als solche ganz lebenskräftig bedeutend länger funktionieren. Diese als Hydatoden funktionierenden Haarbildungen haben folgen- den Bau (Fig. T). Der über der Blattebene hervorragende Teil, das Köpfchen, besteht aus einer je nach dem Alter der Hydatoden schwan- 238 kenden Anzahl von Zellen, welche ein schildförmiges Organ bilden. Diese Zellen sitzen alle auf einer sehr stark kutikularisierten Stielzelle, diese aber steht in unmittelbarer Verbindung mit den Fußzellen, welche in gleicher Höhe mit der Epidermis liegen. Diese letztgenannten Zellen weichen von den andern naheliegenden Zellen (des Blattgewebes durch ihre äußerst dünnen Wände und ihren reichen, plasmatischen Inhalt ab. Sie sind gewöhnlich durch Teilung aus einer entstanden. Manch- mal hat die Hydatode die ganze Zeit nur eine Fußzelle.e Man kann leicht auf Fig. 7, c ‚beobachten, wie ihre Form es ermöglicht, daß so viele von den subepidermalen Zellen wie nur möglich mit den Fuß- zellen in Verbindung treten, wodurch die Wasserabgabe befördert wird. Fig. 6. Stietocardia tilizefolia. Ausgewachsene Hydatoden an der Innenseite der Keleb- blätter während des Fruchtstadiums (360><1). Die Verbindung zwischen den Fußzellen und den Köpfchenzellen findet durch die Stielzelle statt, welche durch ihre dicken, sehr stark kuti- kularisierten Seitenwände ausgezeichnet ist. Diese Stielzelle bildet gleichsam einen festen Zylinder, welcher den schildförmigen Teil der Hydatode trägt. Die Köpfchenzellen sind von wechselnder Anzahl und Größe je nach dem Alter der Hydatode. Gleich wie die übrigen Zellen haben sie reichlichen plasmatischen Inhalt und große Zellkerne. Be- merkenswert ist, daß diese Zellen hier wie bei so vielen anderen Wasserdrüsen sehr stark kutikularisiert sind. Dies scheint in Wider- spruch mit ihrer Funktion als Wasserabsonderungsorgane zu stehen, da ja die Kutikula allgemein als mehr oder weniger undurchlässig für 239 Wasser angesehen wird. Koorders hat sich in seiner Arbeit aus- führlich mit diesem Kapitel beschäftigt. Er hat ja auch manchmal zahl- reiche Beispiele für eben diesen Hydatodentypus beobachtet, von dem er auch sehr instruktive Abbildungen geliefert hat. Nach eigenen Be- obachtungen und Angaben und solchen anderer Verfasser (Pfeffer, Stadler, Haberlandt, Schimper, Schniewind-Thies u. a) über die Permeabilität der Kutikula für Wasser und Lösungen kommt Koorders zu dem Resultate, daß bei den Hydatoden die Absonde- rung direkt durch die Iomogene Kutikula, in welcher überhaupt keine Porenbildungen beobachtet werden können, stattfindet. Da eingehende und endgültige Unter- suchungen bisher über die chemische Natur kutikula- risierter Membranen nicht vorliegen, könnte man sich natürlich die Möglichkeit denken, daß diese hinsicht- lieh der Durchlässigkeit sehr bedeutende Verschie- denheiten aufweisen könn- ten. Dieses wird ja auch bestätigt durch die Beob- achtungen Haberlandts über gewisse chemische Abweichungen, welche die kutikularisierte Hydatoden- wand von der Kutikula der Min Mhefolia. Hydatod 1 idermi DB; ; Fig. 7. Stietoeardia tilieefolia. Fydaioden an der Epidermis bei Bignonia Innenseite der Kelehblätter, = und 5 während des brasiliensis zeigt. Die- Knospenstadiums teilweise, noch in Entvicklung; : im Fruchtstadium, mit Eau de Javelle behande sem zufolge wird auch und die poröse Kutikula zeigend. (e und 2: 360x1; Haberlandt zu der An- ce: 6801.) nahme geführt, daß die Kutikula der Hydatode von Bignonia brasiliensis einen andern chemischen Charakter hat, was den Erklärungsgrund für ihre Perme- abilität abgeben dürfte. Betreffs der kutikularisierten Wände der Schüsselnektarien bei Parmentiera cerifera und Ürescentia Cujete konnte aber Koorders feststellen, daß „sie mit tüpfelartigen, verdünnten, aber nicht perforierten Stellen“ versehen (l. c. pag. 462) waren. Diese Poren kommen nur an solehen Stellen vor, wo Sekre- tion stattfindet, wie in der oberen Kutikula. Aber schon 1894 hatte 240 Haberlandt eine Hydatode mit. siebartig durchlöcherter Kutikula bei Anamirta Cocculus beschrieben und abgebildet. Bei dieser Pflanze kann nämlich die Hydatodenspitze entweder der Kutikula ganz ent- behren oder auch eine solche, aber eine perforierte, haben. In seiner Arbeit über „Sinnesorgane im Pflanzenreich“ hat Haberlandt (1901) seitdem weitere wichtige Beobachtungen über perforierte Kutikula bei den Drüsen von Drosophyllum lusitanicum mitgeteilt. Nach Be- handlung mit Eau de Javelle konnten bei stärkster Vergrößerung sehr feine Poren wahrgenommen werden, und Haberlandt liefert auch von solchen eine Abbildung in Fig. 12, Taf. IV. Bei Drosera rotundi- folia ist auch nach Haberlandt eine solche Porosität sehr wahr- scheinlich, wenn auch noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Seitdem hat auch Fenner in einer Abhandlung über einige Insektivoren fest- gestellt, daß Poren in den Kutikularschiehten der Drüsen der Blätter von Pinguicula vulgaris vorkommen, wie er auch die Beobach- tungen Haberlandts betrefis Drosophyllum bestätigt. Diese Angaben veranlaßten mich, des näheren nachzuforschen, ob Poren vielleicht in den Hydatoden bei Stietocardia tiliefolia nach- gewiesen werden könnten. Mikrotomsehnitte wurden einer mehrstün- ‚digen Einwirkung von Eau de Javelle ausgesetzt. Nach vorsichtiger Abspülung und Behandlung mit Chlorzinkjod gelang es mir auch, porenähnliche Spaltungen in der Kutikula zu beobachten (Fig. 7, e). Hierfür sind aber speziell günstige Schnitte und starke Vergrößerung erforderlich. Sie erscheinen als schwach dunklere Spalten in den Außenwänden der Köpfchenzellen. Ob wirkliche Mündungen durch die Wand vorkommen, mag jedoch dahingestellt bleiben. Anderseits aber kann man manchmal auf Flächenschnitten feine Punkte auf der Kutikula wahrnehmen, welche wohl wahrscheinlich die Mündungen dieser Poren sind. Da die Präparate nach der Behandlung mit Eau de Javelle sehr zerbrechlich und schwer hantierlich werden, ist der Nachweis der Poren etwas mühsam. Jedenfalls geht aus meinen Beobachtungen hervor, daß in diesem Falle die Wasserabsonderung der Hydatoden durch eine mehr oder weniger dicke Kutikula in Zusammenhang mit porenähnlichen Bil- dungen in der Kutikula steht, wie dies auch der Fall ist mit anderen Drüsen, z. B. bei Drosophyllum und Drosera. Die Lücke in der Beweisführung, welche darin liegen würde, daß ich nicht an lebendigem Material dieser Pflanze direkt auf experimentelle Weise die Wasser- absonderung studiert habe, ‘spielt wohl keine Rolle, da man bei einer vergleichenden Untersuchung dieser Bildungen und anderer Hydatoden 241 nicht gut bezweifeln kann, daß die reichliche Sekretion eben durch die- selben vor sich geht. Die Entwicklungsgeschichte der Hydatoden ist aus Fig. 7 er- sichtlich, welche verschiedene Stadien von Hydatoden junger Kelch- hlätter zeigt. Fig. 7a, 5 zeigt, wie eine Epidermiszelle schon früh- zeitig, durch ihre wohlentwickelte Kutikula ausgezeichnet, sich hervor- wölbt. Diese Zelle teilt sich dann durch tangentiale Wände, wodurch die Stielzelle von der Fußzelle unten und von der Anlage der Köpfchen- zellen oben abgegrenzt wird. Bisweilen können sich mehrere solche tan- gentiale Wände bilden (Fig. 76), wo dann die Stielzelle der Hydatode mehrzellig wird. Daun teilt sich auch die Spitzenzelle, so daß sie vielzellig wird, welche Vielzelligkeit weiter noch durch tangentiale Tei- Fig. 8, Stietocardia tiliefolia. Drüsenhaare an der Unterseite des Laubblattes, « Jugendstadium, 5 vollentwickeltes Stadium, die verschleimten Seiten- und Außen- wände schraffiert (360xJ). lungen vermehrt wird, so daß die ausgewachsenen Hydatoden eine so große Köpfchenpartie wie in Fig. 6 haben. So groß werden niemals die im übrigen betreffs Bau und Entwickelung mit den Hydatoden gleichartigen, aber als Schuppen funktionierenden Trichome auf der Außenseite der Kelchblätter. Zum Vergleich mögen hier auch die Triehombildungen des Blattes erwähnt werden. Stietocardia ist seit langem bekannt durch ihre un- gewöhnlich großen, schon mit bloßem Auge erkennbaren Drüsenhaare (Fig. 8). Diese kommen nur auf der Unterseite des Blattes vor. Auf der Oberseite finden sich ebenfalls Trichombildungen, aber weit spär- licher, und sie erreichen niemals die Größe und Form wie diejenigen der Unterseite. Sie haben dagegen mehr ein Aussehen gleich dem der . Flora 1906. 18 242 Schuppen auf dem Kelchaußenrand. Ob sie außerdem auch als Hyda- toden funktionieren können, mag dahingestellt bleiben. Aber das tun mit Sicherheit nicht die großen Drüsen auf der Unterseite der Blätter. Diese schließlich tief eingesenkten Bildungen (Fig. Sb) werden wie die anderen Haare angelegt, denen sie im Anfang auch ähneln (Fig. Sa); sie sind dann mehr oder wenig schildförmig. Bald aber tritt eine starke Verdickung nebst Verschleimung in den Seiten- und Außen- wänden innerhalb der Kutikula ein (Fig. 8b), wie das ja gewöhnlich der Fall bei Colleteren is. Im Zusammenhange hiermit ändert sich auch die Form des Haares mehr und mehr zur Kugelform. Das schleimige Sekret wird von Chlorzinkjod gelb- braun gefärbt und hebt sich daher auch scharf gegen die blauen Oellu- losewände ab. Wie der CS) Schleim austritt, kann E a: . AH= ich nicht nit Sicherheit er entscheiden, manchmal ge aber sind die Gruben de in dem Blattgewebe = rings um die Drüse mit u. solchem Sekret ange- füllt. Wahrscheinlich birst die Kutikula, wie das der Fall ist bei an- deren Colleteren. Jeden- falls kann man bei diesen Fig. 9. Stietocardia ‚tilizefolia. Längsschnitt durch Üolleteren nach längerer Kelchblatt, Innenseite, Knospenstadium (360><1). Behandlung mit Eau . de Javelle nicht mehr etwaige Poren oder Spalten in der sehr dünnen Kutikula beobachten. Hierin besteht also ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen als Colleteren funktionierenden Haaren auf der Unterseite des Blattes und jenen als Hydatoden dienenden auf der Innenseite der Keichblätter. Der ersten Entwicklung nach morphologisch gleichartig, sind also alle Trichome bei Stietocardia aus demselben Typus abzuleiten. Sie sind ein neues Beispiel für den engen genetischen Zusammenhang, wie ihn Koorders als charakteristisch für so viele Schuppen, Hydatoden, Nec- tarien und Colleteren hervorgehoben hat. 243 Es seien nun auch die sekundären anatomischen Veränderungen in den Kelchblättern nebst ihrem Dickenzuwachs erwähnt. Auf dem Knospenstadium sind alle Kelchblätter untereinander ungefähr gleich- förmig in bezug auf die Dieke. Der Querschnitt beträgt ungefähr 1—1,5 mm. Das Kelchblatt ist in seiner Mitte von einem Gefäßbtindel durchzogen, und das Gewebe außen ist ein ziemlich kleinzelliges, parenchymatisches Assimilationsgewebe mit isolierten einzelnen Trichomen. Innerhalb des Gefäßbündels dagegen kommt ein ziemlich großzelliges Gewebe von mehr meristematischer Natur vor (Fig. 9). Chromatophoren fehlen, und die Zellen haben hyalinen Inhalt. Sie liegen in deutlichen Längsreihen mit langen Interzellularräumen hier und da zwischeneinander. Die Mächtigkeit dieses Gewebes ist bedeutend geringer als die des Gewebes Fig. 10. Stietocardia tilissfolia. Längsschnitt durch Kelchblatt, Innenseite, aörenchy- matisch schwammartig ausgewachsen, Fruchtstadium wro>!). außerhalb des Gefäßbündels und verhält sich zu dieser wie 1:3. Wenn nun die Kelchblätter wachsen, so ist die Dickenzunahme ausschließlich dem innerhalb des Gefäßbündels gelegenen Teile zuzuschreiben, während das Gewebe außen hinsichtlich der Dicke ganz unverändert bleibt. Während das Kelchblatt auf dem Fruchtstadium ungefähr 3—4 mm dick ist, also 3—4mal dicker als auf dem Knospenstadium, so ist der Teil außerhalb des Gefäßbündels von ungefähr genau derselben Größe, sowohl auf dem Knospen- wie auf dem Fruchtstadium. Der Zu- wachs kommt also ganz und gar dem Gewebe innerhalb des Gefäß- bündels zu, welches Gewebe bis zu 1Omal dicker als während des Knospenstadiums wird. Dieser starke Zuwachs ist nun nahezu aus- schließlich einer Streckung der Zellen zuzuschreiben. Ein Sehnitt durch das Gewebe auf diesem Stadium (Fig. 10) zeigt ein lakunöses Gewebe 244 mit oft armähnlich ausgedehnten Zellen mit großen Interzellularräumen. Die Zellen erinnern bezüglich der Form an die, welche im Markparenchym vieler Gräser und Halbgräser gefunden werden. Das Ganze bildet ein sehr schwammiges, an Ärenchym erinnerndes Gewebe. Eigentümlich und bemerkenswert ist, daß auch ein soleher-Fall — eine aörenchyma- tische Ausbildung von solchen Gewebepartien, welche in Berührung mit der Wasserschicht kommen — seine Analogie in einem von Koorders (l. ec. pag. 394) untersuchten Wasserkelch, nämlich bei Parmentiera cerifera, hat. Da ist es aber die Blumenkrone, welehe große Lakunen in ihrem Gewebe hat, und zwar eben dort, wo dasselbe dem Wasser- bad ausgesetzt ist. Koorders sieht hierin eine Bildung, welche die Aufgabe hat, dem von Flüssigkeit umgebenen Teile eine innere Atmosphäre für die Atmung zu geben, in gleicher Weise wie bei den Wasserpflanzen. Die Hydatoden entbehren sowohl auf dem Knospen- wie auf dem Fruchtstadium eines direkten An- schlusses an das Leitungssystem. In diesem Zusammenhange mag auch er- wähnt werden, daß in den Woasserkelchen bei Stietoeardia Bakterienanhäufungen und Pilz- hyphen sehr allgemein sind, wie das bei allen anderen beobachteten ähnlichen Bildungen auch der Fall ist. Schleimige Bakterienanhäufungen kann man beobachten rings um die Hydatoden schon Fig. 11. Stictocardia tilie- im Knospenstadium. Die Pilzhyphen dagegen folla. mensch Gurch habe ich nur während des Fruchtstadiums gesehen. Fruchtwand. Die Frucht Da die Kelchblätter, wenn das Fruchtstadium ein- a ik (Oboe tritt, schon einige Zeit lang getrennt gewesen sind, so ist es ja sehr leicht für Pilzsporen hineinzukommen, die dann nachher einen sehr günstigen Platz für weitere Entwicklung in der Feuchtigkeit zwischen den Kelchblättern haben. Schließlich mag in diesem Zusammenhange auch mit einigen Worten der Bau der Fruchtwand erwähnt werden. Die Frucht ist eine Schließ- frucht mit 4 Samen. Die Fruchtwand ist sehr dünn, bei der Reife pergamentartig hart. Die Hartheit beruht auf einer Steinzellschicht, welche in einer Mächtigkeit von 6-8 Zellreihen auf der Innenseite der Fruchtwand sich entwickelt. Bemerkenswert ist, daß die Verholzung dieser Steinzellen verhältnismäßig sehr spät eintritt. Noch lange nach- dem die Fruchtwand schon ihre definitive Größe erreicht hat, läßt sich keine Verholzung konstatieren, nur eine schwach zunehmende Verdickung. 245 Auf sehr frühzeitigem Stadium hat die Fruchtwand ein Aussehen wie in Fig. 11. Am nächsten innerhalb der Epidermis der Innenseite kann man ein paar Reihen rektangulärer Zellen mit einer schwachen Andeutung von ein wenig verdiekten Wänden wahrnehmen. Nach innen davon liegt eine Schicht, in der die Zellen ganz mit großen Calciumoxalatkristallen ausgefüllt sind. Solche kommen bei dieser Pflanze auf einem späteren Stadium, besonders in den Kelchblättern, sehr häufig vor, sie sind aber dann zu Kristalldrüsen angehäuft. Hier sind die Kristalle einzeln und so groß, daß sie manchmal einzeln die ganze Zelle ausfüllen. Werten sie mit Salzsäure gelöst, so kann man leicht beobachten, daß (liese Zellen auch an Stärke und Ei- weißstoffen sehr reich sind. Nun bleibt so diese Zellenschicht ziem- lich lange Zeit, und erst un- mittelbar vor der Reife der Frucht tritt die Verholzung der Steinzellschicht ein (Fig. 12). Gleichzeitig scheinen dann auch einzelne sehr große Steinzellen an der Innenseite neugebildet zu werden. Das reichlich angehäufte Baumaterial ist nun verbraucht, und nur spärliche Caleiumoxalat- kristalle können, wie zwischen den Steinzellen eingesprengt, beobachtet werden. Es herrscht also hier eine offenbare Korrelation zwischen der Ausbildung der Fruchtwand und dem Zuwachs der Kelch- Fig. 12. Stictocardia tiliwfolia. (uerschnitt blätter. Diese besteht darin, daß durch ganz reife Fruchtwand (3601). die Fruchtwand sehr dünn ist und sehr lange während (er Entwicklung aller mechanischen Elemente entbehrt. Statt dessen wird da die Frucht- anlage durch die Kelchblätter und die daraus ausgeschiedene Wasser- schicht geschützt. Erst kurz vor der Reife, wenn (ie Wasserabsonde- rung aufgehört hat und die Kelchblätter zu schrumpfen anfangen, tritt ilie Verholzung in der Steinzellschicht ein. Wie die Früchte verbreitet werden, ist mir nieht bekannt. Wahr- scheinlich fallen sie ab und werden durch Vermolerung eöffnet. wobei die großen gelbhaarigen Samen herauskommen. 246 Operculina Turpethum (L.) Peter - Zu den Convolvulaceen mit ausgeprägtem postfloralem Wachstum der Kelchblätter gehört auch Opereulina Turpethum, eine Pflanze, welche ich Gelegenheit hatte in Buitenzorg zu beobachten. Fig. 18, 14 zeigen Knospen-, Blüten- und Fruchtstadium. Nach meinen Anzeichnungen Fig, 13. Operculina Turpetlum. «a Knospen, 5 Blüte (1><1). Fig. 14. Operculina Turpethum. « Frucht mit umhüllenden Kelchblättern; 3 die- selbe durchgeschnitten; c reife Frucht mit wieder geöffneten Kelchblättern (1x2) aus Buitenzorg sind die anwachsenden Kelchblätter meistens feucht von einer klebrigen Flüssigkeit, und dieses gilt besonders von den drei inneren Kelchblättern. Bei Opereulina Turpethum kommt nämlich wie bei so vielen anderen Convolvulaceen eine Differenzierung in dem Kelche vor, welche sich darin zeigt, daß die zwei äußeren Kelchblätter 247 durch ihre reichliche Behaarung wesentlich von den drei inneren ab- weichen. Es sind nun diese drei inneren Kelchblätter, welche feucht- klebrig sind, und hier kommen auch Gruppen von Drüsen- haaren vor von — der Haupt- sache nach — demselben Bau wie bei Stietocardia. Eine vergleichende Unter- suchung der Kelchblätter im Knospen- und im Fruchtsta- dium ergibt folgendes Resultat. Die drei inneren Kelchblätter tragen im Knospenstadium kleine isolierte Gruppen von Triehomenanlagen in verschie- denen Entwicklungsstadien von einem Aussehen wie in Fig. 15 und 16. Im allge- meinen befinden sich die Jüngeren Stadien an den Rän- dern des Blattes. Die drei inneren Kelchblätter sind ganz gleichförmig in bezug auf Bau und Entwicklung. Die zwei äußeren dagegen, welche unter- einander gleichförmig sind, weichen von den inneren ab. Sie unterscheiden sich von ihnen schon im Äußeren da- durch, daß sie auf der Außen- seite reichlich behaart sind. Die Haare sind sehr lange Deckhaare von einem bei den Convolrulaceen nach Hallier sehr gewöhnlichen Typus, wie er von Solereder (pag. 641, Fig. 120, A) abgebildet ist. Solche Haare kommen auf den anderen Kelchblättern über- haupt nicht oder nur einzeln Fig. 15. Operculina Turpethum. Gruppe von Drüsenhaaranlagen an der Innenseite der inneren Kelehblätter, Knospenstadium B60xI). Fig. 16. Opereulina Turpethum. ruppe von Drüsenhasren an der Innenseite der inneren Kelehblätter (360><1). 248 auf der Außenseite vor. Nun kommen auch auf den äußeren Kelch- blättern auf der Innenseite schildförmige Haare von derselben Art wie auf den inneren Kelchblättern vor, aber sie sind alle einzeln und äußerst spärlich. Der Verschiedenheit, welche zwischen den zwei äußeren und den drei inneren Kelchblättern schon betreffs der Haarbedeckung besteht, entspricht auch eine verschiedene Ausbildung der Drüsenhaare, indem solche hauptsächlich auf den drei inneren Kelchblättern vorkommen. Gleich wie bei Stietocardia erreichen sie auch ihre volle Größe erst nach der Anthese im Fruchtstadium. Im Zusammenhang hiermit steht natürlich auch, daß nur während des Fruchtstadiums, aber gar nicht während des Knospenstadiums Absonderung von Flüssigkeit stattfindet. Sie funktionieren also mit größter Wahrscheinlichkeit als Hydatoden, aber die Sehleimigkeit der Kelchblätter deutet auch daraufhin, daß sie nicht nur Fig. 17. Operculina Turpethum. Quer- Fig.18. Operculina Turpethum. Drüsen- schnitt durch eine Gruppe von Drüsen- haar an der Blattunterseite mit perfo- haaren (3601). rierter Kutikula (950>x<1. Wasser, sondern auch Schleim absondern. Dieses ist übrigens kein un- gewöhnlicher Fall. So hat Haberlandt bei verschiedenen Pflanzen, wie Peperomia exigua, Piper nigrum und! Artocarpus integri- folia, drüsige Köpfehenhaare beobachtet, welche sowohl als schleim- absondernde Organe wie auch als Hydatoden funktionieren (. e. pag. 522). Betreffs ihres Baues stimmen diese Drüsenhaare in allem mit denen bei Stietocardia überein, nur sind sie bedeutend kleiner. Voll- entwickelt sind sie im Querschnitt kaum halb so stark wie die bei Stictocardia (vergl. Fig. 16 und Fig. 6). Gleich wie bei Stietocardia sind die Gruppen eingesenkt (vergl. Fig. 17), und die Drüsenhaare sind kutikularisiert, jedoch nicht in so hohem Grade wie bei Stietocardia. (leichwie bei Stietocardia kommen auch bei Opereulina auf dien Blättern Haarbildungen von gleichartigem Aussehen wie die Drüsen- haare der Kelchblätter vor. Bei Stietocardia hat indessen die über- wiegende Anzahl derselben einen ganz anderen Charakter und sind 249 deutliche Colleteren. Bei Operculina sind diese Haarbildungen ver- hältnismäßig spärlich und kommen nur vereinzelt auf den Unterseiten der Blätter vor. Was ihre Funktion betrifft, so kann ich darüber kein endgültiges Urteil abgeben, aber ihr Bau stimmt vollständig mit den Hydatoden von Stietocardia überein. Besonders ist hier die Perfo- rierung der Kutikula nach Behandlung mit Eau de Javelle sehr deut- lich. Die Poren kommen nur in der Außenwand vor, dagegen habe ich keine in den Seitenwänden gesehen (Fig. 18). Die Veränderung, welche die Kelchblätter nach der Anthese er- fahren, besteht in einer allgemeinen Größenzunahme. Diese ist im ganzen gleichförmig, so daß die verschiedenen Kelchblätter im Frucht- stadium untereinander ungefähr dasselbe Größenverhältnis haben wie im Knospenstadium. Vielleicht sind die zwei äußeren Blätter verhält- nismäßig ein bißchen größer während des Fruchtstadiums. Bei allen Blättern tritt jedenfalls im Fruchtstadium eine Verdiekung ein, aber diese ist nicht so ausgeprägt, indem die Blätter, welche vor der Anthese etwa 0,5 mm dick waren, im Fruchtstadium nur etwa 1 mm dick werden. Eine Ausbildung neuer Elemente kommt nicht vor, sondern nur Streckung schon vorhandener Elemente. Aber es besteht ein wesentlicher Unterschied hier im Vergleich mit Stietocardia, wo die Dicke der Kelchblätter etwa das Zehnfache erreicht, was in Zusammen- hang mit der Ausbildung eines weiträumigen Intercellularsystems steht. Eine Ausbildung von Intereellularräumen kommt bei Opereulina gar nicht vor. Hier sind aber große Sekretgänge vorhanden, was jedoch wohl in keinem Zusammenhange mit der Sekretion steht. Betreffs des Vorkommens von Spaltöffnungen mag hervorgehoben werden, daß ebensowenig wie bei Stietocardia solche hier bei Operculina auf der Innenseite der Kelchblätter vorkommen, Dagegen kommen solche auf der Außenseite und besonders zahlreich auf den beiden äußeren Kelchblättern vor. Wie bei Stietocardia ist die Fruchtwand äußerst dünn und bleibt sehr lange unverholzt. Unmittelbar vor der Reife tritt Ver- holzung in den drei bis vier inneren Schiehten der Fruchtwand ein, indem gleichzeitig die außerhalb gelegenen Zellen einschrumpfen und wie welke Reste an der pergamentartigen, von den inneren Steinzellen gebildeten Schicht liegen. Zur Zeit der Reife der Frucht trocknen die Kelchblätter zusammen. Gleichzeitig wird hierdurch der Kelch geöffnet, die papierdünne Frucht- wand zerbricht und die Samen werden frei. Ipomoea alata R. Br. Diese Pflanze (Fig. 19), von der ich Material in Peradeniya er- hielt, gehört zu demselben Typus wie Operculina Turpethum. Die Fig. 19. Ipomoea alata. « Knospe; 5 Blüte; c, d verschiedene Fruchtstadien (1x1). Kelehblätter entbehren doch hier auf der Außenseite der Deckhaare, und im Gegensatz zu Operculina sind sie untereinander gleichförmig. Nach der Anthese schließen sie sich rings um die Frucht zusammen, / ganz wie bei Operculina (Fig. 19 cd). ! Untersucht man junge Kelche, 2. B. von der Größe wie auf Fig. 19 «, N gleich vor dem Blühen, so sind sie ein (\ wenig schleimig. Dies dauert auch wäh- rend der Anthese fort. Nach derselben . schließen sich die Kelchblätter wieder V zusammen, und bei Untersuchung wird man nun finden, daß die Schleimigkeit ) in nicht unbedeutendem Grade zugenom- men hat, indem zwischen den Kelch- blättern eine schleimig-wässrige Flüssig- keit abgesondert wird. / Untersucht man die Kelchblätter, Fir. 20 . wird man auf der Außenseite neben a anzeines zahlreichen Spaltöffnungen einzelne Kelehblattes (360><1). Drüsenhaare (Fig. 20) finden von dem- selben Aussehen wie bei Stietocardia und Opereulina, welche 2hl im Fruchtstadium ganz schwarzbraun und sogar im Absterben sind. Die Innenseite dagegen verhält sich ein wenig verschieden bei den verschiedenen Kelchblät- tern. Die äußeren haben nur in spärlicher Anzahl kleine Gruppen von Drüsen- haaren, auf den inneren Kelchblättern dagegen sind sie zahlreicher und auch größer (Fig.21). Wie aus den Figuren hervorgeht, haben sie ein ganz anderes Aussehen als die Drüsen- haare bei Stietocardia und ÖOpereulina und auch als diejenigen auf der Außenseite bei Ipo- moea alata. Sie sind langgestreckt, was auf einer einseitigen Entwicklung der Köpfchenzelle beruht. Sie sind außerdem über die BlattHäche ausgebreitet. Ihre Entwieklung geht aus Fig. 22 und 23 hervor. Ihre Anlage ist im Anfang dieselbe wie bei Stieto- cardia (Fig. 23 c rechts und 23 0). Danach be- ginnt eine vermehrte Zell- teilung in einseitiger, mit- einander paralleler Rich- tung, so daß die ganze Haarbildung ein Aussehen bekommt wie auf Fig.23 c und Fig. 21. Es sind ja natürlich diese Drüsen- Pie. 21. Ipomoea alata. Gruppe von Drüsenbaaren an der Innenseite der Kelchblätter (360><1). je. 22. Iponoea alata. Drüsenhaaranlage ander Innenseite der Kelehblätter 860><1}. haare, welche das schleimige Sekret absondern. Bei diesen Drüsenhaaren konnte auch nach Behandlung mit Eau de Javelle Porosität in der Waud nachgewiesen werden. Bei Ipomoea alata tritt keine nennens- 252 werte Verdickung der Kelchblätter nach der Anthese ein. Dagegen entwickeln sich hier in den Kelchblättern ein paar Reihen stark ver- holzter Zellen (Fig. 24) in den Innenseiten, und zwar schon vor der Anthese. Diese verholzten Schichten sind am schwächsten auf den inneren Kelchblättern entwickelt. Ein ganz reifes Fruchtstadium habe ich bei dieser Pflanze nicht beobachtet. Ipomoea tuberosa L. Diese Pflanze gehört zu demselben Typus wie Operculina und Ipomoea alata, mit welch letzterer sie am nächsten übereinstimmt. Die Kelchblätter sind sehr groß und erreichen beinahe schon im ig. 23. ‚Ipomoea alata. Drüsenhaare Fig. 24. Ipomoea alata. Kelchblatt in verschiedenen Entwieklungsstadien im Querschnitt (200><1). (360x<]). kundäre Verdickung, welche auf einer Zellenstreckung und Bildung von Lakunen beruht. Einige Zellenreihen sind auch kollenchymatisch verdickt. Ouamoeclit vulgaris Choisy Kleine Kelchblätter ohne nennenswerte Zunahme nach der Anthese mit einzelnen Drüsenhaargruppen ohne sichtbare Sekretion. Argyreia mollis Choisy Bei dieser Pflanze (Fig. 27) nehmen die Kelchblätter in keinem höheren Grade nach der Anthese zu außer in der Dicke (Fig. 27, 2). Sie umschließen aber jedenfalls die Frucht auf allen Seiten (Fig. 27, e). Sowohl Kelch- wie Kronenblätter dieser Pflanze sind anf «der Außen- seite mit langen Deckhaaren versehen. Auch die Innenseite trägt 254 äußerst zahlreiche und dichtgestellte Drüsenhaargruppen. Im Knospen- stadium sind diese Drüsen noch ziemlich unentwickelt, aber auch im Fruchtstadium erreichen sie keine bedeutendere Größe, sondern sind wie im Wachstum stehen geblieben infolge des Mangels an Raum und Fig. 27. Argyreia mollis. « Knospen, 5 Blüte, c Früchte, & Querschnitt durch Frucht und Kelehblätter (1><1). der dadurch verursachten gegenseitigen Pressung. Sie werden also nie wie bei Stietocardia schließlich ganz voneinander isoliert. Die Kelch- blätter nehmen, wie oben angeführt wurde, ein wenig an Dicke zu und haben im Fruchtstadium mehrere Schichten von verholzten Zellen, welche jedoch voneinander mehr oder weniger geschiedene Gruppen bilden. Fig. 28. Merremia umbellata v. oceidentalis. a, > Knospen; c Blüte; d, e Frucht- stadien (1><1). Die Kelchblätter sind ziemlich feucht und sehr reich an Milchsaft so- wohl während der Anthese wie im Fruchtstadium, nieht dagegen im Knospenstadium. Sekretion von den sehr zahlreichen Drüsenhaaren auf der Innenseite konnte dagegen nicht wahrgenommen werden. 255 Merremia umhellata (L.) v. oceidentalis H. Hallier Die Kelchblätter nehmen nicht während des Fruchtstadiums zu, auch nicht an Dicke. Sie sind in diesem Stadium häutig mit starken Steinzellen und haben nur vereinzelte schildförmige Haare. Diese Ver- holzung der Steinzellen tritt schon im Knospenstadium vor der Anthese ein. Zahlreiche Milchsafträume kommen in den Kelchblättern vor, Sekretion aber nicht. Bonamia semidigyna H. Hallier Die Kelchblätter nehmen nicht zu. Auf der Außenseite sind sie dicht mit gelben braunen Filzhaaren : bedeckt, die Innenseite dagegen ist glatt und trägt nur hier und da einige Drüsenhaare von einem Typus Fig. 29. Merremia umbellata v. oceiden- Fig. 30. Bonamis semidigyna. Drüsen- talis. Kelehblatt im Fruchtstadium mit haar an der Innenseite des Kelchblattes Drüsenhaar (3601). 860x<1). (Fig. 30), ähnlich demjenigen bei Ipomoea alata. Auch ‚hier werden einige Schichten verholzter Zellen imFruchtstadium ausgebildet. Keine sichtbare Sekretion. Eine vergleichende Darstellung von den verschiedenen Haupttypen der Ausbildung des Kelches bei den Convolvulaceen hat H. Hallier in seiner systematischen Untersuchung dieser Familie geliefert. Der Zweck dieser kleinen Untersuchung ist nun der, an zugänglichem Material einen kleinen Vergleich rücksichtlich der versehiedenen Grade der Aus- bildung der Kelchblätter zu einem Wasserkelch zu liefern. Bei den Convolvulaceen kommen ja sehr zahlreiche Haarbildungen von verschiedenem Typus vor, was ja auch von großem Wert für die Systematik dieser Familie ist (vgl. H. Hallier l. e. und Solerederle). In diesem Zusammenhange interessieren uns weniger (die Deckhaare, als 256 vielmehr die bei fast allen Convolvulaceengattungen anwesenden Drüsen- haare. Diese sind nach Solereder der Hauptsache nach von zwei Typen, der eine dadurch ausgezeichnet, daß das Köpfchen hauptsächlich durch vertikale Wände geteilt ist, wodurch die Form des Köpfchens mehr oder weniger flach oder schüsselförmig wird; der andere durch überwiegende Horizontalwände charakterisiert, wodurch birnförmige oder ellipsoidische Drüsenköpfchen gebildet werden. Jener Typus ist bei den untersuchten Arten der überwiegende, indem er bei sämtlichen, mit Ausnahme von Ipomoea alata und Bonamia semidigyna vor- kommt, bei welchen die Drüsenhaare dem letztgenannten Typus ange- hören. Was die Sekretion betrifft, so ist sie im allgemeinen bei den untersuchten Formen schwach und unbedeutend, und dies ist der Fall nicht nur bei solchen Arten, wo die Anzahl von Drüsenhaaren sehr gering ist wie bei Bonamia semidigyna, sondern auch bei solchen, wo die Drüsenhaare besonders zahlreich sind wie bei Argyreia mollis. Bei anderen dagegen ist die Sekretion ziemlich reichlich, so daß die Kelchblätter im Fruchtstadium — und hauptsächlich hier findet die Sekretion statt — schleimig und feucht werden. Dieses geht beinahe immer Hand in Hand mit einer mehr oder wenig starken postfloralen Zunahme der Kelchblätter (Stietocardia, Operculina), wenn sie nicht schon während der Anthese ihre definitive Größe erreicht haben sollten (Ipomoea alata, tuberosa). Was die Sekretion betrifft — wie auch den Grad von postfloraler Zunahme — so erreicht sie bei keinem Typus eine solche Höhe wie bei Stietocardia, wo die Frucht in einem Wasserbade reift, von den mächtig anwachsenden, eine Scheinfrucht bildenden Kelchblättern umgeben. Hier hat wahrscheinlich die Wasser- sekretion über die Schleimabsonderung die Oberhand, wenn auch solche vorkommen kann. Bei Operculina, Ipomoea alata und tuberosa dagegen tritt die Schleimabsonderung mehr hervor. Diese Pflanzen bilden also sozusagen den Übergang zu der mit Wasserkeleh ausge- rüsteten Stietocardia. Im Gegensatz zu allen vorher beschriebenen Typen von Wasser- keich funktioniert er hier als solcher nur während des Fruchtstadiums. Und eben deswegen habe ich den Wasserkelch bei Stietocardia als postfloralen Wasserkelch bezeichnet. Bei einigen der Typen von Koorders (Clerodendron Minahass® und Juanulloa parasitica) kommt jedoch eine Andeutung zu einem Wasserkelch auch während des Fruchtstadiums vor, da ist es aber nur, sozusagen, die Fortsetzung des Wasserkelches, welcherschon während des Knospenstadiums funktioniert hat. G, 357 Was die biologische Bedeutung dieses postfloralen Wasserkelches oder der Wassersekretion während des Fruchtstadiums betrifft, so ist sie wohl offenbar dieselbe, wie sie für die Knospen angenommen wird, nämlich die einer Schutzeinriehtung gegen Austrocknung infolge Inso- lation. Tatsächlich sind auch diese lianenartigen Convolvulaceen, be- sonders Stietocardia, welche hoch in den Baumzweigen hängt, einer sehr starken direkten Insolation ausgesetzt. In diesem Zusammenhange sei auch auf die Korrelation hin- gewiesen, welche zwischen der Ausbildung der Kelchblätter und der der Fruchtwand besteht, Bei solchen mit stark zunehmenden Kelch- blättern ist die Fruchtwand sehr schwach entwickelt und die Verholzung tritt sehr spät, unmittelbar vor der Samenreife, ein. Dies ist ein sehr allgemeiner Fall bei Pflanzen mit stark aus- geprägter postfioraler Zunahme der Kelchblätter, und als ein sehr schönes Beispiel hierfür können z. B. die in den Tropen nicht seltenen Dillenia-Arten angeführt werden. So wachsen bei Dillenia indica L. die Kelchblätter so sehr an, daß sie eine Scheinfrucht von der Größe eines Kinderkopfes bilden, aber die Fruchtblätter sind auch kurz vor der Reife ganz weich und lose. Ganz dasselbe ist der Fall bei der Fig. 31. Dillenia retusa. Thunbg. « Scheinfrucht mit ausgewachsenen Kelehblättern & dieselbe durchschnitten (1> oO [337 eonsw_& ponapsppwe Chloronema Rhizoid Chloronema Rhizoid Juni Juli I] Id Polytriehum: Oyoo83°/os ausgesät am 29. Juni: Mit N a a Bu Ba Ba Ba Ba BE BE 9 Orgor 4 Hemmungsbildung Yo Ohne N Hemmungshildung ont 293 294 Die Kulturen mit vollständiger Nährlösung. ergeben, wie die Tabellen zeigen, nur Chloronemabildung. Die stickstoffreien Kulturen zeigten chlorophyllose Gebilde, die weder ausgesprochenen Chloronema- noch Rhizoidencharakter hatten. Bei fast. gleicher Breite wie das Chloro- nema und, wie dieses, mit nur senkrecht orientierten Querwänden glichen sie mehr dem Chloronema, während sie mit den fädigen Rhizoiden von Funaria oder Bryum keinerlei Analogien zeigten. Da sie infolge ihres nur äußerst spärlichen Chlorophyligehaltes dem eigentlichen Chloro- nema nicht unterzuordnen sind, erscheint es am zweckmäßigsten, sie als Hemmungsbildungen zu bezeichnen. (Fig. 6 Hemmungsbildung von Bryum.) Die Bryumaussaaten zeigten bisweilen bei Stick- stoffmangel, wie Funaria, eine beschleunigte Kei- mung; diese Erscheinung war indessen nicht eine allgemeine. Niemals war sie bei Bartramia oder Polytrichum zu beobachten. Am ungünstigsten wurden die Polytrichumsporen in der Keimung bei fehlendem Stickstoff beeinflußt, zwar zeigten alle nach Verlauf mehrerer Tage schwache Vorwölbung, die größte beobachtete Längenausdehnung erreichten aber nur sehr wenige. Fig. 4. Die Sporen von Sphagnum acutifolium und Sphagnum squarrosum konnte ich bei Stickstoffmangel in keinem Falle zur Bildung von flächenförmigen Protonemen bringen. Der sehr chlorophyli- arme Keimling (Fig. 4, daneben Fig. 3, ein normal ernährter gleich- altriger Keimling, beide 5 Wochen alt) bestand nur aus einem kurzen, farblosen, schlauchförmigen Gebilde mit senkrechten Querwänden und gestreckten Zellen von rechteckigem Umriß, während die Zellen des Chloronemas der normalen Form gewöhnlich gewölbte Außenwände zeigen. Das fast gänzliche Fehlen des Chlorophylis gab diesen Gebilden 295 ein rhizoidenähnliches Aussehen, sie stellen aber ähnlich wie bei Bryum und Bartramia Hemmungsbildungen dar. Die stickstoffreien Kulturen aller Arten von Moossporen zeigten von Beginn der Keimung an schon ‚makroskopisch einen auffälligen Unterschied gegenüber vollkommen ernährten hinsichtlich der Färbung. Der letzteren eigene grüne, durch die Gegenwart des Chlorophylifarb- stoffes bedingte Farbenton fehlte jenen gänzlich. Die Ausbildung der Chlorophylikörner war nicht unterdrückt, ihre Färbung war jedoch so blaß, daß sie erst bei starker Vergrößerung in Erscheinung trat und bei Besichtigung mit unbewaffnetem Auge die braunen Exinen der Sporen «as Aussehen bestimmten. Die Stärkebildung bei Stickstoffhunger war bei weitem nicht so reichlich als auf den vollständig ernährten Kulturen, hingegen fand sich Öl in sehr großen Mengen in Gestalt kleiner Tröpfelien. Besonders großtröpfiges Öl und sehr geringe Stärkemengen führten die Bryum- keimlinge. Die normal ernährten Kulturen speicherten fast ausschließ- lich Stärke und nur sehr selten Öl. Die Sporen von Bryum keimten auch bei Stickstoffmangel meist mehrseifig aus; die von Funaria schritten verhältnismäßig selten und dann erst, nachdem das zuerst ge- bildete Rhizoid eine beträchtliche Länge erreicht hatte, zur Bildung eines neuen Rhizoid. - Alle bei Stickstoffhunger gezüchteten Protonemen konnten bei Übertragung auf normal zusammengesetzte Nährlösung leicht zu Chloro- phyll- und Chloronemabildung veranlaßt werden. Sporen von Funaria mit 60 Teilstrichen langen Rhizoiden, auf stickstoffreier Lösung ge- züchtet, zeigten auf diese Weise bereits am nächsten Tag sehon makroskopisch lebhafte Grünfärbung und an der Spore ausgekeimt Chloronema von zwei Teilstriehen Länge. Das Rhizoidenwachstum geriet, dabei ins Stocken. Hemmungsbildungen von Bryum, auf Knopsche Nährlösung gebracht, wiesen nach drei Tagen intensive CGhlorophyll- bildung und nur noch ganz minimale Ölmengen auf. B. Keimung bei Phosphatmangel. kamen Nährlösungen folgender Zusammensetzung: 1, g ENO, 0, 8 GaSO, 0, 8 MgS0, + 71,0 Os g FeS0, + 7H,0 Zur Anwendung 1, 8 KN0, 0, 8 Ca,P,0, 0, 8 Mg80, + 73,0 0,58 FeßO, + 7H,0 in je 100 cem aq. dest. gelöst. 296 Versuche mit Funaria- und Bryumsporen führten zur Auf- stellung folgender Tabellen: Funaria: O,o082 Lo, N, 088 9 ausgesät am 6. Juli: Mit EP. Ohne P. Chloronema Rhizoid Chloronema Rhizoid 7. Juli — 5 _ _ 8 _ 10 —_ 5 9. „ 10 2 —_ 30 10. „ 25 25 _ 49 11. „ 30 25 _ 50 12. ,„ 35 30 _ 60 13. „ 40 35 _ 65 14. „ 42 35 —_ 68 15. „ 50 40 _ 70 19. ,„ 50 40 —_ 75 Funaria: O,gras lo» O2 Yo ausgesät am 6. Juli: Mit P. Ohne P. Chloronema Rhizoid Chloronema Rhizoid 7. Juli — 6 — —_ 8, — 10 _ A 9. u 10 30 _ 35 10. „ 30 35 -— 45 11. „ 35 40 _ 50 12, „ 40 45 _ 0 13. „ 45 45 _ 60 14. „ 50 50 — 65 15. „ 55 50 _ 70 19. „ 7 50 — 75 Bryum: 0,0082 gs O,o082 los ausgesät am 6. Juli: Mit P. Ohne P. Chloronema Rhizoid Chloronema Rhizoid 7. Juli _ — BR _ 8, _— _ _ —_ 9, 5 6 Bun _ _ 10. „ 18 _ _ _ 11. „ 25 _- 5 _ 12. „ 50° —_ 5 — 13. „ 60 — 6 _ 14. „ 60 _ 10 _ 15. ” & = 15 _ 18. „ 100 — 18 _ 1. August 2 mm 40 — Bryum: Ospras Ya Opgıes los ausgesät am 6. Juli: Mit P. Ohne P. Chloronema Rhizoid Chloronema Rhizoid 7. Juli _ — — En & „u 2 — — en g , 10 _ _ u 10. 20 _ 3 . 1l. „ 25 _— 8 E- 12, „ 40 — 8 _ 13. „ 45 _ 10 —_ ld. „ 50 — 12 — 15. 66 _ 20 — 18. „ 90 _ 30 _ 1. August 1Y/, mm 40 _ Funaria keimt bei Phosphormangel nicht gleichzeitig mit der Normalkultur aus. Auf beiden Kulturen, phosphorfreien wie phosphor- haltigen, ergrünen die Sporen zu gleicher Zeit; das Auskeimen bei Phosphorhunger erfolgt jedoch einen Tag später. Diese Verzögerung in der Entwicklung hält indessen nicht an, denn bereits am dritten Tag haben die Rhizoiden der phosphorfreien Kultur die der Vergleichskultur an Länge übertroffen. Diese nachträglich aufgetretene Beschleunigung der Rhizoiden dauert fort und nach zehn Tagen erreichen die Rhizoiden fast die doppelte Länge der auf normalen Kulturen gewachsenen, ohne aber die Länge der bei Stickstoffmangel beobachteten zu erlangen. In zahlreichen Fällen erfolgte bei Funaria das Auskeimen in ziemlich breiten chloronemaartigen Gebilden mit viel Chlorophyll. Im weiteren Entwicklungsverlauf trat jedoch der Rhizoidencharakter des Fadens deutlich hervor. Chlorophyllarn, wie gewöhnlich auf vollständiger Nährlösung, blieben indessen die Rhizoiden bei Phosphorhunger nur selten. namentlich alte Rhizoiden reicherten sich mit dunkelgrünen Chloro- phylikörnern an, Auffällig war bei Funaria auf allen Kulturen olıne Phosphor die intensiv grüne Färbung der Chlorophylikörner gegenüber ılenen der Normalkulturen }). Das Auskeimen der Funariasporen erfolgte bisweilen nicht nur an einer Stelle; nach etwa neun Tagen, als die Rhizoiden eine größere Länge erreicht hatten, trat bei einigen an dem dem Rhizoid enfgegen- gesetzten Pol kurze Chloronemabildung ein, gekennzeichnet durch den 1) Dieser Fall von tiefgrüner Färbung des Chlorophylis bei Phosphormangel. scheint nicht vereinzelt zu sein; auch Berthold beobachtete bei phosphorfrei ge- zogenen Exemplaren der grünen Zimmertradescantia eine „schön dunkelgrüne“ Fär- bung der Blätter. (G. Berthold, „Untersuchungen zur Physiologie der pflanzlichen Organisation“, 2, Teil, 1. Hälfte. Leipzig 1904, pag. 196.) 298 großen Chlorophyllreichtum und die größere Breite gegenüber den Rhizoiden. In seltenen Fällen war ein direktes Auskeimen zu Chloro- nema bei solchen Sporen zu beobachten, die im Vergleich zu anderen sehr spät austrieben. Bei Bryum wurde der Zeitpunkt des Auskeimens noch weiter als bei Funaria hinausgeschoben. Das Auskeimen trat erst am vierten oder fünften Tage nach der Aussaat ein. Die Sporen verharrten bis dahin in ergrüntem Zustand; die Chlorophylifarbe war nur bisweilen die intensiv grüne, bei Funaria beobachtete. Die ausgekeimten Bryum- sporen zeigten anfangs deutlich Chloronemacharakter. Etwa vom zehnten Tag an trat er jedoch zurück und das Chloronema bräunte sich am- Vegetationspunkt. Nach einigen weiteren Tagen hatte sich die Bräunung auf alle Teile des Protonemas ausgedehnt; von Inhaltsbestandteilen traten dann nur noch großtröpfiges, grünschimmerndes Öl und. geringe Stärke- mengen hervor. Nach dem Aussäen auf phosphorfreie Nährlösung verschwinden bei Sporen aller Arten die großen Ölquantitäten im Innern der Spore und es kommt zur Bildung von stäbchenförmigen, oft kräftig gefärbten Chlorophylikörnern. Der Sporeninhalt besteht dann meist aus geringen Mengen Öl und großen grünen Klümpchen von stärkebeladenen, Chloro- phylikörnern. Im weiteren Entwicklungsverlauf treten bei Funaria die Ölmengen immer mehr zurück, um so kräftiger entwickeln sich die Stärkemengen. Am 1. August hatte diese Stärkebildung bei Funaria derart zugenommen, daß der ganze Sporeninhalt mit großen, dicken Ballen dicht angefüllt war, ohne daß die Öltropfen gänzlich verschwunden waren. Die Ergebnisse der angestellten Versuche sind die folgenden: Wie bei der Keimung auf normalen Nährlösungen, so zeigt Funaria auch bei Mangel an unentbehrlichen Nährstoffen, wie Stickstoff und Phosphor, gegenüber den Sporen anderer Moose erhebliche Unterschiede. Bei Stickstoffmangel machen alle Funariasporen von ihrer Fähigkeit, Rhizoiden zu bilden, Gebrauch, und zwar kommt es zu einer abnorm langen Rhizoidenbildung infolge Stickstoffhungers, und schon im Keimungs- beginn macht sich vollständig ernährten Kulturen gegenüber ein Unter- schied in der Länge der ausgekeimten Fäden bemerkbar. Den anderen Moossporen kommt, soweit sie von mir untersucht worden sind, dieses Vermögen, so energisch wie Funaria zu reagieren, nicht zu; sie schreiten nur zu Hemmungsbildungen, doch löst auch bisweilen bei ihnen Stickstoffmangel einen Wachstumsreiz aus, indem die stickstoff- freien Kulturen ein anfänglich kräftigeres Austreiben beobachten lassen. 29 Darin, daß die Sporen von Bryum, Bartramia und Poly- triehum im Gegensatz zu denen von Funaria mit einer Rhizoidüber- verlängerung nicht zu reagieren vermögen, liegt ein Beweis dafür, daß die bei Funaria beobachtete kräftige Rhizoidentfaltung mit gesteigerten Ansprüchen auf Nährsalze, besonders stiekstoffhaltige, in Zusammenhang zu bringen ist. Bei Sporen aller Moose unterbleibt infolge Nitratmangels eine Chloronemabildung gänzlich, da der fehlende Stickstoff einen entschei- denden Einfluß auf die Bildung des Chlorophyllfarbstoffs gewinnt. Die blaßgrüne Färbung der Leucoplasten, wie sie sich bei starken Ver- größerungen beobachten läßt, ist jedenfalls auf geringe Mengen Chloro- phylHarbstoff zurückzuführen, die sich mit Hilfe von Stickstoff, der in geringen Mengen im Innern der Spore in geeigneter Form aufgespeichert war, bilden konnten. Weniger tiefeingreifende Veränderungen bei der Sporenkeimung bedingt Phosphormangel. Die Wirkung ist bei Funaria eine ähnliche, wie sie Benecke bei Lunularia erueiata beobachtet hat. Funaria schreitet mit wenig Ausnahmen zur Bildung von Rhizoiden; ihre Ent- wicklung gegenüber solchen der Vergleichskulturen ist zunächst eine verzögerte, dann eine beschlemigte. Bryum bildet keine Rhizoiden aus, sondern Chloronema, das bald den Charakter von Intermediär- bildungen annimmt. Das Chloronema wird bei Phosphormangel nicht wie bei fehlendem Stickstoff vollständig unterdrückt, aber zweifellos an seiner normalen Entfaltung gehindert, obwohl Phosphormangel die Ent- stehung des Chlorophylifarbstoffs nicht beeinträchtigt, ja bisweilen sogar zu fördern scheint. Das Verhalten der Keimungsrhizoiden von Funaria bei Stick- stoff- und Phosphormangel charakterisiert dieses Pflänzchen deutlich als Nitrat- oder Ruderalmoos. Man kann sich im Freien leieht von seiner Nährsalzgier überzeugen, wenn man die Standorte dieser Pflänzchen untersucht. Sie gedeihen nur dort, wo ihnen reichliche Nährsalzquellen gewährleistet sind. Im höchsten Grade auffällig ist ihre Vorliebe für verlassene aschenreiche Feuerstätten mit verkolilten Holzresten in Wäldern. Diese kahlen Stellen werden zuerst von ihnen besiedelt und erscheinen dann zur Zeit der Sporogonreifung als gelbe bis dunkelrote Inseln in- mitten der übrigen Vegetation so dicht von den Pflänzehen bewohnt, daß sie Konkurrenten im Fortkommen zu hindern scheinen. Ebensogern als auf Aschenresten siedelt sich Funaria, wie kaum ein anderes Moos, auf Blumentöpfen und Beeten an, die der mensch- lichen Pflege unterstehen. 300 Noch der Untersuchung bedarf es, wie sich andere Nitratmoose, 7. B. Splachnumarten, bei der Keimung verhalten und ob ihre Rhizoiden bei Stickstoffmangel die gleiche intensive Überverlängerung zeigen. Sporen solcher Moose waren mir leider nicht zugänglich. Formen der Rhizoiden. Bei Untersuchung der Entwicklung des Rhizoidensystems der Laub- moose von der keimenden Spore an zeigt sich, daß die an seinem Auf- bau beteiligten Elemente gewisse Verschiedenheiten in der Membran- beschaffenheit und der Stellung der Querwände aufweisen. Diejenigen Rhizoiden, die hinsichtlich der letzteren Eigenschaft sich am engsten an das mit senkrecht orientierten Querwänden ver- sehene Ohloronema anschließen, sind die bei der Keimung der zu konfervenartigen Protonemen austreibenden Sporen von Funaria und Bryum auftretenden Formen (Fig. 1). In der Mehrzahl der von mir beobachteten Fälle standen die Querwände dieser Rhizoiden senkrecht zu den Längswänden. Müller- Thurgau’) berichtet, daß nur die zuerst angelegten Querwände eine zur Außenwand normale Stellung einnehmen, die jüngeren dagegen geneigt sind; ich konnte mich, besonders an sehr langen, bei Stickstoff- hunger gezüchteten Rhizoiden davon überzeugen, daß die Mehrzahl von ihnen durch senkrecht stehende Querwände gegliedert sind. Daneben "kommen solche Formen vor, deren Querwände anfangs senkrecht stehen, später um 25° geneist sind. Als Hauptkennzeichen der in Rede stehenden Rhizoiden muß hervorgehoben werden, daß sie farblose, fädige, unverzweigte und sehr chlorophyllarme Gebilde darstellen, die dem Chloronema an Breite beträchtlich nachstehen. Als zweites Merk- mal kommt hinzu, daß ihre Querwände entweder durchgehend oder nur teilweise senkrecht orientiert sind. Hinsichtlich der Neigung der Querwände bestehen demnach zwischen Chloronema und Rhizoid nur insofern Unterschiede, als bei letzterem eine schwache Neigung der Querwand mehr oder weniger häufig auftritt. Das Chloronema zeichnet sich gegenüber diesen Rhizoiden, die sich von der Ansatzstelle an nach ihrem Ende hin verjüngen, durch konstanten Durchmesser aus; es führt zahlreiche meist rundliehe Chlorophylikörner und kontrastiert dadurch mit den chlorophyllarmen, spindelförmige, oft kettenförmig aneinander- gereihte Chlorophyllkörner führenden Rhizoiden. !) Müller-Thurgau, 1. ec, pag. 480. DT BE 301 Die hyalinen Rhizoiden, die bei der Keimung der Sphagnum- sporen auftreten, sind mit den eben beschriebenen Rhizoiden von Funaria und Bryum nicht in allen Stücken in Analogie zu bringen. Abgesehen von geringfügigen Breitenunterschieden dieser beiden Formen sind ihre Anlagen verschieden. Nach Sprengung des Exosporiums nimmt bei Sphagnum die Sporenzelle in der Keimungsrichtung stark an Volumen zu und treibt an dem vom Exosporium freien Pol, falls es zu einer von Rhizoidenbildung begleiteten Keimung kommt, zwei Schläuche aus, deren einer zum eigentlichen Chloronema, der andere zum Rhizoid wird. Es findet demnach hier die Anlage von Rhizoid und Chloronema nebeneinander statt, eine Erscheinung, die bei der Keimung von Funaria oder Bryum nicht zu beobachten ist; bei letzteren entspringen Rhizoid und Chloronema im häufigsten Falle an zwei annähernd einander entgegengesetzien Polen und nur selten werden sie zueinander senkrecht, nie aber nebeneinander wie bei Sphagnum ausgebildet. Außer dem eben beschriebenen kommt bei Torfmoosen ein anderer ebenso häufiger Keimungsmodus vor: Das Rhizoid wird nicht aus der Sporenzelle selbst gebildet, sondern geht erst aus der darauf folgenden Chloronemazelle hervor. Dieser Fall, daß das bei der Keimung auftretende Rhizoid der der Sporenzelle be- nachbarten Zelle entspringen kann, findet sich niemals bei Funaria oder Bryum. Die Stellung der Querwände der Sphagnumrhizoiden war in ihren zuerst angelegten, bisweilen durch reichlicheren Chloro- phyligehalt schwach Chloronemacharakter zeigendeun Teilen meist senk- recht, wurde aber nach den Enden hin allmählich schiefer, bis schließ- lieh Neigungswinkel von 45° auftraten. Rhizoiden mit ausschließlich senkrecht orientierten Scheidewänden habe ich nicht beobachten können, Eine feinfädige, fast farblose Form von Rlhizoiden mit nur senk- recht orientierten Querwänden fand ich in seltenen Fällen bei Poly- trichum und Bryum als seitliche Auszweigungen des Ghloronema. Sie stellen einen besonderen Rhizoidentypus dar, der auch auf Wasser- kulturen nicht fehlt. Ihrem Bau nach entsprechen diese Rhizoiden den Formen wie sie Heald!) bei Bryum capillare und Goebel?) hei Physcomitrium pyriforme beobachtete, Ähnlichkeiten dieser Rhizoiden mit den Keimungsrhizoiden von Funaria und Bryum bestehen, aber bei beiden sind Zeit und Ort der Entstehung verschieden. Die Keimungs- rhizeiden nehmen ihren Ursprung aus der Sporenzelle, noch ehe andere 1) Heald, 1. c. pag. 40. | 2) Goebel, „Über die Jugendzustände der Pflanzen“, Flora 1889, pag. 8. 302 Rhizoiden angelegt sind: die in Rede stehenden Rhizoiden entstehen erst sekundär vom entwickelten Chloronema aus. \ Hat das Chloronema eine gewisse Mächtigkeit erlangt, so schreitet es in der Mehrzahl der Fälle zur Ausbildung von kräftigeren, meist braun gefärbten Rhizoiden mit durchgehend um 45° geneigten Quer- wänden, Diese Rhizoiden, die eine direkte Fortsetzung oder eine seit- liche Auszweigung des Chloronemas darstellen, kann man als die eigent- lichen Rhizoiden des Protonemas bezeichnen. Sie sind charakterisiert durch den gleichmäßigen, nur am Vegetationspunkt verengerten Durch- messer, durch ihren sehr geringen Chlorophyligehalt und durch ihre stark, gewöhnlich um 45° geneigten Querwände. Nicht zu leugnen ist allerdings, daß die gegebene Charakteristik in einem Falle versagt, denn sie läßt sich auf die feinen Auszweigungen der Wurzelfilzrhizoiden nicht anwenden, weil hier häufig senkrecht gestellte Querwände vorkommen. Belanglos erscheint es, daß die letzte Querwand der feinen unterirdisch wachsenden Rhizoidenäste oft senkrecht gestellt ist. Die für diese Rhizoiden aufgestellte Charakteristik kann nicht als erschöpfend gelten, sie betont nur die diesen Rhizoiden gemeinsam zu- kommenden Merkmale. Zu ihnen treten noch bei einzelnen Gruppen verschiedene Kennzeichen hinzu, die eine Aufstellung folgender Unter- typen gestatten: 1. Glatte, meist braun gefärbte Rhizoiden. 2. Papillöse Rhizoiden. 3. Farblose Rhizoiden mit Verwachsungen. \ 4. Kabelrhizoiden. Der Gruppe der glatten, meist braun gefärbten Rhizoiden gehören die Mehrzahl der Laubmoosrhizoiden an, z. B. Cinelidotus riparius Host, Orthotrichum eupulatum Hoffm, Grimmia pulvinata Sm. Barbula muralis Timm., Schistotega osmundacea W. et M., Leucodon sciuroides Schwaegr., Andreaea petrophila Ehrh, Fu- naria hygrometrica Sibth., Dieranum seoparium Hedw., Thuidium delicatulum Br. et Sch, Hypnum molluscum Hedw., Hylocomium splendens Br. et Sch, Ceratodon purpureus Brid, Dieranum undulatum Hedw. Die Längsmembranen dieser Rhizoiden sind voll- ständig eben und mit braunem bis violettem Farbstoff imprägniert. Seine chemische Zusammensetzung ist noch unbekannt und eine Analyse wird voraussichtlich dadurch auf große Schwierigkeiten stoßen, daß er in reichlicher Menge schwer zugänglich ist. Mir scheint die Vermutung berechtigt, daß er zu den Phlobaphenen gehört, jenen im Pflanzenreich 303 weit verbreiteten Farbstoffen, welche z. B. Walter!) in den sklerotischen Elementen der Farne analytisch nachgewiesen hat. Die gefärbten Membranen besitzen eine außerordentliche Wider- standsfähigkeit gegen chemische Agentien, besonders gegen Säuren und Alkalien. Starke Kalilauge verändert, von Quellung abgesehen, die imprägnierte Membran der Rhizoiden selbst bei längerem Einwirken nicht, nur Eau de Javelle und Schultzes Macerationsgemisch üben eine tiefeingreifende Veränderung auf den Farbstoff aus. Schon nach fünf Minuten langem Einwirken hat ersteres Reagens den Farbstoff größten- teils vernichtet. Charakteristisch ist das von Correns?) und Paul?) beobachtete Verhalten aller gefärbten Rhizoiden gegen konzentrierte Schwefelsäure. Sobald diese Säure in Berührung mit den Membranen kommt, tritt augenblicklich eine kräftige Purpurfärbung auf, die um so kräftiger ist, je reicher der Farbstoffgehalt des Untersuchungsobjektes. Nach Pauls Angaben reagieren von den untersuchten Arten nur die gelbbraunen Rhizoiden von Ceratodon purpureus Brid. und Georgia pellueida Rabenh. nicht in der angegebenen Weise. Es scheint dem- nach, daß der die Rhizoiden imprägnierende Farbstoff keine einheitliche Zusammensetzung hat. Die physiologische Bedeutung des Farbstofis liegt jedenfalls in einer Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Membranen; hierfür sprechen besonders die Beobachtungen Pauls. Er ließ Rhizoiden mehrere Tage in konz. H,SO, liegen und fand, daß die hyalinen un- gefärbten Teile sehr bald aufgelöst wurden, während die mit Farbstoff imprägnierten Partien allein übrig blieben. Außerdem scheint in der Tat, wie Paul hervorhebt, die‘ Menge des vorhandenen Farbstoffs proportional der Inanspruchnahme der Rhizoiden auf Zug zu sein. Gewöhnlich sind nicht alle Teile des Rhizoids gleich stark imprägniert; nach dem Vegetationspunkt hin zeigt sich eine Abstufung im Farben- ton. Das Ende ist bei den meisten hyalin. Oft geschieht der Über- gang zum hyalinen Teil plötzlich, indem der Farbstoff mit einer Quer- wand aufhört, seltener, z. B. bei Mniumarten, ist die Abstufung in der Farbe eine vollständigere, indem die Längswände der letzten Zelle nach dem apikalen Ende hin allmählich farblos werden. Kräftiger gefärbt sind bei vielen Rhizoiden diejenigen Partien der Längswand, von denen Querwände ihren Ursprung nehmen. Bei Behandlung mit Eau de i) Walter, „Über die braunwandigen sklerotischen Gewebeelemente der Farne usw.“ Bibl. Bot., Heft 18, 1800. 2) Correns, 1. c, pag. 128. 3 Paul, l. c. pag. 237--88. 304 Javelle verschwindet an diesen Stellen der Farbstoff stets zuletzt. Auch beim teilweisen Übergang eines Rhizoids in Chloronema, wo es zur Auf- lösung des Farbstoffs kommt, sind es die Querwandpartien der Längs- membran, die bis zuletzt ihren Farbstoff bewahren. Die Auflösung geht von den mittleren Teilen der Längswände einer einzelnen Rhizoiden- zelle aus; umgekehrt war an Chloronema und hyalinen Rhizoidenenden von Encalypta streptocarpa zu beobachten, daß die Bräunung bei den Querwandpartien beginnt und von hier aus allmählich die Längs- membran ergreift. - Allgemein scheinen die mit Farbstoff imprägnierten Teile nicht mehr wachstumsfähig zu sein; der Vegetationspunkt bleibt immer hyalin und nur bei breiten, ausgewachsenen Rhizoiden tritt er gefärbt auf. Bei Bildung von Seitenästen an alten braunen Rhizoidenteilen durch Austreiben von früh angelegten, ebenfalls gefärbten schlummernden Knospenanlagen wird deren Farbstoff resorbiert. Die dritte Gruppe von Rhizoiden unterscheidet sich von der eben beschriebenen dadurch, daß die Oberfläche des ganzen Rhizoids, auch die der feinsten Auszweigungen dieht mit zahliosen Papillen besetzt ist. Die Rhizoiden dieser Gruppe sind ebenfalls mit Farbstoff imprägniert und auch die Papillen sind schwach gefärbt. Diese Papillen, von denen Schimper!) annahm, daß sie ein von den Wurzelzelien ausgeschiedenes klebriges Sekret darstellen, sind Wucherungen der Rhizoidenlängswände und sind gegen chemische Agentien ebenso widerstandsfähig als diese. Ihre Gestalt ist unregelmäßig und ihre Größe schwankend, die Basis oft schmäler als die Spitze. In mechanischer Hinsicht dürften sie die Rhizoiden wesentlich unterstützen, indem sie durch Bildung einer rauhen Fläche eine sichere Verankerung im Erdreich gewährleisten. Fraglich scheint es, ob sie in ernährungsphysiologischer Hinsicht der Moospflanze irgend welchen Nutzen bieten. Nicht unberechtigt wäre jedoch die An- nahme, daß sie eine Bedeutung als Kapillarapparat für Wasser haben. Von diesem Gesichtspunkt aus ließen sie sich den Papillen und Mamillen an Blättern und Stengelteilen vieler Moose vergleichen, deren Bedeutung als solche angenommen ist?). Für diese Funktion spräche auch der ‘Umstand, daß ich die zwischen den Papillen befindlichen Hohlräume niemals mit Erdpartikelchen ausgefüllt fand, was eine solche Bedeutung ausschließen würde. Die zentrifugale Papillierung der Laubmoosrhizoiden findet ihr Gegenstück in der Innenpapillierung der Zäpfchenrhizoiden der Leber- 1) Schimper, W. Ph., „Icones morphologieae ete.“ Stuttgartiae 1860, pag- 11. 2) Goebel, Organographie, pag. 364—65. 5308 moose, Allerdings kann man in letzterem Falle streng genommen von Papillen nicht sprechen, da hier die Auswüchse mehr leistenförmige sind. Beide Gebilde sind indessen homolog, da sie ihre Entstehung der gleichen Unterlage verdanken: Beziehungen in ihren Funktionen lassen sich nicht auffinden. Durch besonders kräftige und große Papillierung ist die Gattung Bartramia ausgezeichnet: Bartramia pomiformis Hedw., Bar- tramia Halleriana Hedw.. Bartramia Oederi Gunner, Bartramin ithyphylla Brid., Bartramia strieta Brid. Kleinere Papillen zeigen die Rhizoiden von: Mnium affine Bland,. Mnium hornum Hedw., Anacalypta lanceolata Röhl., Bryum roseum Schreb., Mnium undulatum Hedw. und viele andere. Die dritte Gruppe umfaßt nur die Gattungen Buxbaumia und Diphyscium. Ihre Rhizoiden sind vollkommen farblos, aber insofern interessant, als häufig Verschmelzungen von einzelnen Rhizoiden vor- kommen, so daß H-förmige Bildungen auftreten. Eingehend ist diese Gruppe von Haberlandt?) und Paul?) beschrieben worden. Ebenfalls farblos sind die Rhizoiden bei der großen Familie der Poiytrichaceen. Sie nehmen eine Ausnahmestellung dadurch ein, dab die einzelnen Rhizoiden sich zu einem Kabel verflechten, derart, daß um ein besonders starkes zentrales Rhizoid schwächere Rhizoiden sich winden. Der Vorteil der kabelartigen Rhizoidengeflechte liegt in einer Erhöhung der Zugfestigkeit und der Möglichkeit einer kapillaren Wasserleitung zwischen den einzelnen Gebilden des Kabels >). Eine besondere Stellung nehmen die Rhizoiden von Encalyypta streptocarpa Hedw. und Barbula ruralis Hedw. ein; es sind ge- wöhnliche glatte braungefärbte Rhizoiden, deren plasmatischer Inhalt eine zähe Schleimschicht von wechselnder Dicke ausgeschieden hat. Bei Barbula ruralis Hedw. ist diese Schleimschicht zart und farblos und infolgedessen schwer zu beobachten, oft aber durch dem Schleim anhängende Fremdkörper in ihrem Verlauf gekennzeichnet, Bei En- calypta streptocarpa Hedw. ist die dicke, bräunlich gefärbte Schleim- schicht an älteren Rlizoiden erhärtet und zeigt auf Quersehnitten bis- weilen konzentrische Schichtung, was wahrscheinlich macht, daß nicht nur einmalige Schleimabsonderung stattgefunden hat. Besonders kräftige Schleimanhäufung findet sich bei Encalypta streptocarpa bisweilen 1) Haberlandt, 1. c, pag. 223. 2) Paul, 1. e, pag. 248. 3) Pau], lc, pag. 238; Vaupel, „Beiträge zur Kenntnis einiger Bryophyten“, Flora 1903, pag. 26668. Flora 1906. 20 306 an den hyalinen Teilen des Rhizoids; und am Vegetationspunkt kann es zur Bildung einer wurzelhaubenartigen Hülle kommen. Encalypta streptocarpa ist ein kalkbevorzugendes Moos und mit Vorliebe ein Bewohner der Spalten des Kalkgebirges; der Schleim wird den Rhizoiden als Gleitmittel das Eindringen in die Gesteinsmassen erleichtern und den zarten Vegetationspunkt vor dem Gestein schützen. Außerdem ver- mag der Schleim Wasser festzuhalten und so die Rhizoiden vor Aus- trocknung zu bewahren. Die Bedeutung eines charakteristischen Merkmals für die Rhizoiden der Encalyptaceen kommt dieser Schleimhülle nicht zu, wenigstens habe ich sie bei Encealypta vulgaris nie beobachten können. Bei Barbula ruralis dürfte die bei den Rhizoiden dieses Mooses beobachtete Fähigkeit, Sandkörnchen, die mit ihnen in Berührung kommen, zusammenzukleben 1), auf diese Schleimabsonderung zurückzu- führen sein. Häufig ließ sich bei Rhizoiden von Encalypta streptocarpa, seltener bei solchen anderer Arten, beobachten, daß in den einzelnen Zellen in Richtung der Längswand, von den Ansatzstellen der Quer- wand ihren Anfang nehmend, Bogenlinien auftraten, die offenbar von Membranfaltungen herzurühren schienen. Auf Querschnitten und durch Macerieren des Materials konnte ich mich von der Richtigkeit dieser Vermutung überzeugen. Wahrscheinlich lösen sich beim Eintrocknen innere Membranlamellen leicht ab. Bedeutung und Funktion der Rhizoiden. Die Wurzeln und wurzelartigen Gebilde dienen allgemein einem doppelten Berlürfnis der pflanzlichen Organismen, dem der sicheren Fixierung am Standort und dem der Aufnahme des zum Lebensbetrieb notwendigen, im Substrat verteilten Wassers mit den in ihm gelösten Nährstoffen. Diese beiden Funktionen der Wurzeln stehen einander in der Regel an Wichtigkeit nicht nach. Eine Verschiebung im Verhältnis der Bedeutung beider Aufgaben tritt jedoch dann ein, wenn die Pflanze an oberirdischen Teilen Organe zur Ausbildung bringt, die — Zu Leistungen analog denen der Wurzeln befähigt — eine Entlastung der Wurzeln herbeiführen müssen. Hierbei kommt ausschließlich eine Ent- lastung in ernährungsphysiologischem Sinne in Frage: sie kann so weit gehen, daß die Wurzeln, wie wir als extremes Beispiel bei den Epi- 1) Goebel, „Die Museineen“, Handb. d. Bot. v. Schenk, Bd, II, pag. 374. 307 Es fragt sich nun, wie liegen die Verhältnisse bei den Laub- moosen, deren Pflänzchen mangels einer Outicula als Ganzes zur Wasser- aufnahme befähigt sind. Sind die Rhizoiden der Laubmoose in der Tat, wie Paul von rein biologischen Gesichtspunkten ausgehend an- nimmt, in erster Linie Haftorgane, und tritt ihre Bedeutung als nahrungs- aufnehmende Organe ganz zurück? Es ist unmöglich, diese Frage auf rein experimentellem Wege zu lösen, da zur Größenbestimmung der außerdem allzu heterogenen Funk- tionen keine Methoden vorliegen. Eine .derartige Untersuchung kann sich nur darauf beschränken, Versuche anzustellen, die einen Einblick in die Funktion der Rhizoiden gestatten. Für den Nachweis, daß ein Organ der Nahrungsaufnahme dient, erschien mir eine geeignete Methode die folgende: Man läßt Pflanzen- teile, die zur Bildung des zu untersuchenden Organes befähigt sind, teils auf stickstoffreier, teils auf normaler isotonischer Nährlösung wachsen und vergleicht ihren Wachstumsverlauf. Tritt dann im Ver- gleich zur Normalkultur bei der stickstoffreien Kultur Überverlängerung oder überhaupt reichlichere Rhizoidenbildung infolge von Stickstoff- hunger ein, so muß das fragliche Organ in Beziehung zur Aufnahme des Stickstoffs stehen; es wäre sonst nicht verständlich, warum der Stickstoffmangel eine Verlängerung resp. Vermehrung dieser Organe bedingt. In diesem Sinne habe ich die schon früher beschriebenen- Ver- suche bei der Keimung der Funariasporen angestellt und gefunden, daß die Rhizoiden der stiekstoffreien Kulturen energisch auf das Fehlen dieses Stoffes reagierten, indem sie ohne Ausnahme mit der Bildung überverlängerter Rhizoiden antworteten. Liegt hierin schon ein deut- licher Hinweis auf die hohe ernährungsphysiologische Bedeutung dieser Rhizoiden, so kommen noch andere Beobachtungen hinzu, die mich zu der Annahme veranlassen, daß die der Spore entkeimenden Wurzelfäden neben Haftorganen auch unentbehrliche Ernährungsorgane darstellen. Die Rhizoiden treten, wie früher erwähnt, auf Nährlösungen aller Konzentrationen auf; auf denen höchster Konzentration bleiben sie im Gegensatz zu denen niederer kurz, stellen also bald ihr Wachstum ein. In dieser Erscheinung der Abhängigkeit der Rhizoidenbildung von der Konzentration liegt ein Beweis dafür, daß die Rhizoidenentfaltung in enger Beziehung zur Nahrungsaufnahme steht. Die Bevorzugung der Funariasporen gegenüber denen der früher untersuchten Arten in der Ausbildungsfähigkeit von Rhizoiden erscheint unverständlich, wenn wir diese Rhizoiden nur als Haftorgane betrachten, ar 308 da die Standorte dieser Moose die gleich günstigen sind und deshalb an die Keimungsrhizoiden all dieser Moose die gleiehen Anforderungen in mechanischer Hinsicht gestellt werden. Die Ursache der stärkeren Rhizoidenbildung der Funariasporen kann nur in dem gesteigerten Nähr- salz — spec. Nitratbedürfnis dieser Sporen liegen. Als Reservestoff enthalten sie nur geringe Mengen von stickstofthaltigen Stoffen; um ihren großen Bedarf an Stickstoff bei der schnell erfolgenden Chloro- nemabildung zu decken, bedarf es der Oberflächenvergrößerung der Rhizoiden. Auch den bei der Keimung anderer Moossporen bisweilen auf- tretenden Rhizoiden wird man einen höheren ernährungsphysiologischen Wert nicht absprechen können; nur erscheint ihre Aufgabe im Ver- gleich zu denen von Funaria weit geringer infolge der meist be- scheideneren Ansprüche ihrer Chloronemata an Stickstoff. Daraus dürfte sich das Verhalten der Bryumsporen bei Stiekstoffmangel erklären. Paul nimmt auch für diese Sporenkeimungsrhizoiden vorwiegend mechanische Bedeutung in Anspruch und als Beweis hierfür führt er das Ergebnis eines von ihm nachgeprüften Experiments von Meyen an. Paul!) sagt: „Läßt man Moossporen — ich nahm wieder solche von Funaria — das eine Mal auf feuchtem Sand, das andere Mal auf reinem Wasser auskeimen, so entwickeln sich aus den ersteren ent- weder vorwiegend oder mit dem grünen Protonema gleichen Schritt haltend Rhizoiden; im zweiten Falle dagegen unterbleibt die Entwick- lung derselben und es schwimmt nur grünes Fadengewirre auf dem Wasser.“ Paul sieht in der Unterdrückung der Rhizoiden auf der Wasserkultur ein Ausbleiben der Entwicklung von Haftorganen und einen Beweis für die mechanische Funktion der Rhizoiden. Ich habe wiederholt Funaria-, Bryum- und Sphagnumsporen ausgesät, um mich von der Richtigkeit dieses Experiments zu überzeugen, aber niemals gelang es mir, ausschließlich ein grünes Fadengewirre von Chloronema zu beobachten. Auf Regenwasser waren weder die Bryum- noch die Funariasporen zu normalem Auskeimen zu bringen. Beide zeigten chlorophyllose Hemmungsbildungen mit vorwiegend braunem Aussehen. Die Funariasporen waren nach 5 Wochen nur stark aufgequollen, die Bryumsporen waren teilweise ganz kurz zu gebräunten Gebilden mit grünschimmerndem Öl und sehr blassen Chlorophylikörnern ausgekeimt. Kräftigere Entwicklung wiesen nur die Sporen von Sphagnum squar- rosum auf; sie zeigten teilweise ziemlich lange, schmale Hemmungs- bildungen, wie ich sie früher schon bei Stickstoffmangel beobachtet hatte, 1) Paul, l. e., pag. 262. 309 nur waren im vorliegenden Falle die Chlorophylikörner zahlreicher und nicht ganz so blaß. Auch das Aussehen dieser Kulturen war infolge des vorherrschenden Farbentones der Exinen braun. Noch ungünstiger gestalteten sich die Versuche auf destilliertem Wasser, wo es fast nur zu Auftreibungen und Mißbildungen kam. Einen Erfolg im normalen Auskeimen hatte ich erst bei Anwendung von Brunnenwasser. Es gelang festzustellen, daß Funaria auf Brunnen- wasser ohne Ausnahme zunächst zur Bildung langer Rhizoiden und erst sekundär zur Entfaltung spärlichen Chloronemas schritt. Damit, daß (lie Funariasporen imstande sind, auf Wasserkulturen Rhizoiden zu bilden, fällt der Beweisversuch Pauls, daß diese Rhizoiden in erster Linie Haftorgane sind. Die eingangs erwähnte Methode zur Prüfung der Funktion der Rhizoiden suchte ich auch auf die Rhizoiden der eigentlichen Laubmoos- pflanze anzuwenden. Zur Benutzung kamen Konzentrationen von Ogoı”/o TESP. Osgos "or Oroos lo TESP. Oo Und Os: %o FESP. Opın "Yo der früher angegebenen Nährlösungen und 1/,—2 cm lange, sorgfältig in Regenwasser und aqua destillata gereinigte rhizoidenlose Zweigstücke folgender Moose: Mnium hornum Hedw., Mnium affine Bland, Mnium undulatum Hedw., Encalypta streptocarpa Hedw, Hyp- num crista eratensis L, Hypnum purum L, Hylocomium splen- dens Br. et Sch, Hypnum triquetrum L, Thuidium delicatulum Br. et Sch, Cinelidotus riparius Br. et Sch. und Fontinalis anti- pyretica L. Das Verhalten der Moosteile auf nitratfreien Kulturen war jedoch nicht immer ein von den Normalkulturen abweichendes. In beiden ging bei Verwendung der Konzentrationen von Oo ?/o YESP. Oro; , und O,008 %o TESP. Oyyor %%, die Ausbildung der Rhizoiden genau parallel. Weder in den ersten Tagen noch nach 1—3 Wochen zeigten (lie nitrat- freien Kulturen eine Überverlängerung oder Vermehrung der Rhizoiden. Dagegen zeichneten sich auf beiderlei Nährkulturen die einzelnen Moose untereinander durch verschieden reiche Rhizoidenentwicklung aus. Durch gleich kräftiges Austreiben der Rhizoiden waren die Mniumarten und Encalypta charakterisiert; ihre Rhizoiden erreichten bis zu 1!/, em Länge, Winzige und äußerst spärliche Rhizoiden bildeten die pleuroearpen Moose: Thuidium delicatulum und die Hypnumarten an den Abtremnungs- stellen ihrer Zweige und an einzelnen Seitenästehen. Fontinalis bildete nur in einem Falle auf einer nitratfreien Kultur am Stengel einige ver- einzelte 1'/, mm lange Rhizoidenbündel, Cinelidotus hingegen gar keine, Es findet also eine Abnahme in der Fähigkeit ıler Rhizoiden- 310 bildung von den Acrocarpen oder zentralstrangführenden Moosen über die Pleurocarpen nach den Wassermoosen hin statt. Ebensowenig wie Hellkulturen zeigten nitratfreie und nitratführende Dunkelkulturen dieser Konzentrationen eine Differenz in der Entwick- lung der Rhizoiden. Letztere hatten aber bedeutendere Länge, als die der gleichzeitig aufgestellten Hellkulturen erreicht. Ein teilweise verändertes Bild boten die Kulturen der Konzen- tration Os Yo FESP. Oyıs ’/, für die Zweigstücke von Mnium undu- latum Hedw., Mnium hornum Hedw. Hypnum crista cratensis L. und Fontinalis antipyretica L. zur Benutzung kamen, indem hier eine Förderung des Rhizoidenwachstums und eine Vermehrung der Rhizoiden auf den nitratfreien Lösungen deutlich in Erscheinung trat. Am frühesten, etwa nach 10 Tagen, machten sich die Unterschiede bei jungen Zweigstückchen von Mnium undulatum Hedw. geltend. Auf den kompletten Lösungen entwickelten sich nur wenige und kurze Rhi- zoiden, auf den, nitratfreien bedeutend zahlreichere und.längere an allen Teilen des Moosstückes. Die größte Länge der Rhizoiden auf nitrat- freien Kulturen erzielte ich an jungen Teilen von Mnium hornum; nach 3 Wochen zeigten die stiekstoffhungrigen Moosstücke die auffällig- sten Unterschiede gegenüber solchen der Normalkulturen hinsichtlich der Entfaltung der Rhizoiden; sie waren nicht nur länger und zabl- reicher, sondern auch reicher verästelt. Gegenüber diesen zentralstrang- führenden Moosen zeigten Hypnum erista eratensis L. und Fonti- nalis das schon früher bei den anderen Konzentrationen geschilderte Verhalten. Wenn auch die in der angegebenen Weise vorgenommenen Unter- suchungen zu keinem einheitlichen Endergebnis führten, so sind sie immerhin geeignet, auf die Funktion der Rhizoiden einiges Lieht zu werfen. Im Verhalten der Rhizeiden der zentralstrangführenden Moose auf den nitratfreien Lösungen macht sich das Bestreben geltend, aus einem der Ernährung des Sproßsystems hinderlichen Medium in ein ihre normale Funktion gestattendes zu gelangen und die nährsalzauf- nehmende Oberfläche durch Vermehrung ihrer Zahl zu vergrößern. Diese Verlängerung und Vermehrung der Rhizoiden repräsentiert eine typische Regulation, die allerdings in unserem Falle durch den gänz- lichen Mangel von Stickstoff ihr Ziel verfehlt!). Daß die Rhizoiden diese Regulation übernehmen, kann nur für ihre ernährungsphysiologische Funktion sprechen, wie anderseits das Ausbleiben derartiger Regu- 1) Vgl. hierzu die interessanten Ausführungen Beneckes. Benecke, l. 6, pag. 40—42, ll lationen bei Hypnum und Fontinalis auf eine untergeordnete Be- deutung ihrer Rhizoiden als Organe der Nahrungszufuhr hinweisen muß. Benecke!) unterzog rhizoidenfreie Stücke von Riceiapflänzchen derselben Versuchsanstellung, wie ich sie bei Fontinalis und Cincli- dotus angewandt habe und konnte beobachten, daß die stickstoffreie Kultur mit besonders reichlicher Rhizoidenentwicklung reagierte. Das Verhalten der wasserbewohnenden Laubmoose bei Stickstoffmangel ist demnach ein gänzlich verschiedenes gegenüber den von Benecke unter- suchten amphibisch lebenden Riccien. Einen weiteren Hinweis auf die Leistungen der Rhizoiden der Laubmoospflanze geben die Untersuchungen, die Rostock?) über die Aufnahme und Leitung des Wassers in den Moospflänzchen ange- stellt hat. Rostock unterscheidet entsprechend der Ausbildung des Zentral- stranges im Moosstämmcehen drei Gruppen von Laubmoosen: Moose mit Zentralstrang, Moose mit rudimentärem Zentralstrang und Moose ohne Zentralstrang. Alle drei Gruppen weisen interessante Verschiedenheiten auf. Die Moose der I. Gruppe mit Zentralstrang kommen an feuchten Orten vor, wo zur Aufnahme für die stets zahlreichen Rhizoiden reich- lich Wassermengen zu Gebote stehen. Die Pflänzchen zeigen aufrechten Wuchs, freie unbehinderte Entfaltung der Blätter und eine gewisse Un- abhängigkeit voneinander. Die Transpiration ist kräftig und als Assi- milationsprodukt findet sich in den meist isodiametrischen Zellen Stärke. Gruppe II und III dagegen führt mit Ausnahme der Barbulaarten nur wenige Rhizoiden und bewohnt trockne, für die Wasseraufnahme schwer- lich in Frage kommende Standorte oder Gewässer; die Transpiration fällt, da die Pflänzchen als Assimilationsprodukt in langgestreckten Zellen Zucker führen, gering aus. Von den Wassermoosen abgesehen, kriechen die Stämmchen, dicht mit eng anliegenden Blättchen besetzt, am Boden hin und neigen zu engem Zusammenschluß. Gruppe I bewirkt die Nährsalzaufnahme durch die Rhizoiden und den inneren Transpirations- strom, die Formen der Gruppe II und III besitzen in dem eng an- liegenden Blattwerk ein zur Leitung und Festhaltung des Wassers wirk- sames Kapillarsystem, das es den am Boden hinkriechenden Pflänzchen ermöglicht, mit ihrer ganzen Oberfläche Nährsalze aufzunehmen. Die Wasserspeicher der ungesträngten Formen sind die großen Kapillar- räume der dieht anliegenden Blätter; ihre Füllung geschieht ohne Ver- 1) Benecke, I. c, pag. 35. 2) Rostock, „Über Anfnahme nnd Leitung des Wassers in der Laubmoos- pflanze. Inaug.-Diss. Jena. Erfurt 1902. 312 mittlung der Rhizoiden durch Kapillarwirkung. Der Wasserspeicher der iruppe I ist der Zentralstrang, seine Versorgung mit Wasser über- nehmen fast ausschließlieh die Rhizoiden, da nach Rostocks Experi- menten die Blätter aufgesogenes Wasser nur in ihrem eigenen Interesse verwenden. Entsprechend dem von Rostock geschilderten verschiedenen Ver- halten der Moose bei der Wasseraufnahme und Speicherung je nach dem Fehlen oder Vorlandensein des Zentralstrangs, muß die Funktion der Rhizoiden eine sehr ungleiche sein. Den Rhizoiden der zentral- strangführenden Moose kommt infolge ihrer Bedeutung als zentral- strangfüllende Organe eine hohe ernährungsphysiologische Aufgabe zu, von deren Wichtigkeit folgende von Rostock angeführte Beobachtung überzeugt: Pflänzchen von Mnium punetatum, in feuchtem Substrat wurzelnd, wurden bei ausgeschlossener äußerer Wasserleitung der Stamn- spitzen beraubt und in feuchte Atmosphäre gebracht. Nach 1 Stunde traten aus der Schnittfläche Flüssigkeitstropfen aus. Der Wassertransport nach oben dureh Rhizoiden und Zentralstraug war also ein äußerst reger. Mit dem Wegfall des Zentralstranges und dem Auftreten geringerer Transpiration und einer äußeren kapillaren Leitung und Speicherung durch dicht anliegende Blättchen oder Paraphyllien findet eine Ent- lastung der Rhizoiden in ernährungsphysiologischem Sinne statt. Die Bedeutung der Rhizoiden als Organe der Nahrungszufuhr schwindet und ihre Funktion als Haftorgane tritt in den Vordergrund. In (dem Maße, als sie mehr mechanischen Zwecken dienen, muß bei der Mehr- heit dieser Moose ihre Zahl eine Verringerung erfahren und sie werden nur noch dort zahlreicher auftreten, wo sich die Notwendigkeit der Fixierung des Pflänzchens am Standort geltend macht. Reichliche Rhi- zoidenentfaltung müssen deshalb infolge erhöhter Ansprüche an das mechanische Haftsystem zentralstranglose Epiphyten und Gesteinsmoose aufweisen. Auch Vertreter der zentralstrangführenden Moose, die sich an exponierten Stellen angesiedelt haben, werden natürlich ein kräftigeres Rhizoidensystem als gewöhnlich zeigen. Am weitesten ist die Reduktion der Rbizoiden als Ernährungs- organe bei den Wassermoosen gegangen; hier bedarf es keines Beweises, ıdaß sie ausschließlich Haftorgane darstellen. Wir finden also bei den Laubmoosen eine Abstufung im ernährungs- physiologischen Verhalten der Rhizoiden, derart, daß die ernährungs- physiologische Bedeutung, bei den Formen mit Zentralstrang beginnend, nach den zentralstranglosen Moosen hin abnimmt, bis sie bei den Wasser- moosen vielleicht gänzlich schwindet. 313 Zur Beurteilung der Aufgaben der Protonemarhizoiden liegen bis auf die Sporenkeimungsrhizoiden, deren Bedeutung ich klargelegt habe, keine Anhaltspunkte vor. Meines Erachtens scheint jedoch die Annahme gerechtfertigt, daß sie wesentlich als Haftorgane zu würdigen sind, «da auch dem Chloronema, infolge der engen Berührung mit dem Boden, eine direkte Aufnahme der Nährsalze möglich ist. Die gewonnenen Resultate stimmen nur zum Teil mit denen Pauls überein, nur insofern, als die Rhizoiden der Laubmoose ohne order mit rudimentärem Zentralstrang in Frage kommen. Die abweichenden Auf- fassungen erklären sich aus der Verschiedenheit der Wege, die wir ein- geschlagen haben, um zum Ziel zu gelangen. Paul kommt unter Ver- nachlässigung der zentralstrangführenden Moose zu der Ansicht, daß die Rhizoiden kaum andere als mechanische Bedeutung haben könnten. Seinen Darlegungen kann man nicht den Vorwurf der Einseitigkeit er- sparen, denn bei Prüfung seiner Beweise findet man, daß sie gegen- teilige Ansichten nicht ausschließen. Als Argument für seine Anschauung betrachtet er unter anderem den Umstand, daß die Rhizoiden dort, wo sie am stärksten in Anspruch genommen werden, am kräftigsten ent- wickelt sind, so je nach der Beschaffenheit des Bodens, auf Sandboden aın längsten, auf Tonboden am kürzesten. Aus dieser von Paul nach- gewiesenen Tatsache, daß die Rhizoiden auf dem lockeren Sandboden am längsten sind, 1äßt sich nicht folgern, daß diese Verlängerung aus- schließlich im Zusammenhange mit der Haftfunktion der Rhizoiden steht. Es mußte berücksichtigt werden, daß mit der Änderung der Borlen- beschaftenheit neben den mechanischen Bedingungen auch (die Boden- qualität und damit Luftgehalt, Nährgehalt und Wasserkapazität des Bodens andere werden und als wichtige Faktoren die Gestaltung der Rhizoiden beeinflussen. Für höhere Pflanzen ist auf die Längenunter- schiede in der Entwicklung des Wurzelsystems auf magerem Sandboiden und anderen fetteren Substraten mehrfach hingewiesen worden!), und solche Beobachtungen mußten bei Beurteilung der Funktion wurzel- ähnlicher Organe, bei denen mit der Möglichkeit ernährungsphysiologischer Bedeutung zu rechnen war, Beachtung finden. Ebensowenig liegt in der Tatsache, daß die Rhizeiden bei schwim- menden Moosen fehlen, eine Stütze von Pauls Anschauung. Die Rhizoiden können wie die Wurzeln vieler phanerogamer Hydrophyten im Wasser auch (deshalb überflüssig sein, weil die Nährstoffaufnahme auch ohne ihre Beihilfe in ausreichendem Maße erfolgen kann. Übrigens 1) Vol. z. B. Benecke, le, par. 37, 314 konnte ich mich davon überzeugen, daß die Ausbildung der Rbizoiden auf Wasser nicht immer unterdrückt wird. Funarispflänzchen, mit wenigen kurzen Rhizoiden auf Tonscherben festgeheftet, waren in ein Glasbecken mit sehr reinem Regenwasser gebracht worden. Nach einiger Zeit lösten sich die Pflänzchen los und schwammen nun teil- weise untergetaucht auf der Oberfläche. Nach sechs Wochen hatten die 1/, cm großen Pflänzchen 3!/, cm lange braune Rhizoiden gebildet, die keine Neigung verrieten, in Chloronema überzugehen. Ich vermute, daß diese Rhizoidenbildung dem Nahrungsbedürfnis der Pflänzchen in dem nährstoffarmen Regenwasser entsprang, und daß es sich hier um eine Bestätigung der Anschauung Klemms!) handelt, wonach Rhizoiden- bildung ein Zeichen für Bedürfois der Pflanzen an Nährsalzen ist. Die Schiefstellung der Querwände in den Laubmoosrhizoiden. Die junge Zellwand in sich teilenden Zellen nimmt in der großen Mehrzahl der Fälle eine solche Stellung ein, daß sie eine relativ kleinste Fläche, eine sogenannte Minimalfläche, darstellt; sie setzt sich einer älteren in derselben Weise an, wie es eine gewichtslose Flüssig- keitslamelle tun würde. Diese merkwürdige Ähnlichkeit im Verhalten von Zellwand und Flüssigkeitslamelle gab Veranlassung, die Erscheinung der Zellwandbildung auf die für Flüssigkeitslamellen geltenden, von Plateau und seinen Schülern eingehend erforschten Gesetze zurückzu- führen. Ein Beispiel auffälliger Querwandstellung, das dem bei Flüssig- keitslamellen studierten Verhalten nicht entspricht, bieten die Rhizoiden der Laubmoose. Die das Rhizoid gliedernden Trennungswände stellen in der Mehrzahl der Fälle nicht Flächen minimae areae dar, sondern nehmen eine zu den Längswänden geneigte Stellung ein. Das abnorme Verhalten der Rhizoidenquerwände legt die Ver- mutung nahe, daß diese Abweichung von einer sonst fast allgemeinen Gesetzmäßigkeit keine zufällige sein kann, sondern eine für den Orga- nismus vorteilhafte Einrichtung darstelle. Offenbar von einem solchen Gesichtspunkt aus gab Haberlandt, nachdem die Unhaltbarkeit der Müller-Thurgauschen Theorie bewiesen war, seine Erklärung für das sonderbare Verhalten der Querwände, wonach ihre Schiefstellung eine „Forderung des Prinzipes der Oberflächenvergrößerung“ sei und den osmotischen Stoffverkehr der einzelnen Zellen erleichtere. Seine An- sicht hat meines Wissens ohne Kritik allgemein Anerkennung gefunden !) Klemm, „Über Caulerpa prolifera“, Flora 1893, pag. 484. 315 und es dürfte kaum gelingen, Einwände schwerwiegender Natur ihr gegenüber geltend zu machen. Ein Moment, das zu ihren Ungunsten spricht, sei hier angeführt: Die Rhizoiden der Wassermoose, z. B. der Fontinalis- und Cinclidotusarten, haben, wie Haberlandt!) selbst er- wähnt, die rein mechanische Aufgabe, diese Pflanzen an der Unterlage zu befestigen und doch zeigen sie eine Neigung der Querwände, oft stärker als von 45°. Eine Erklärung für diese Erscheinung vermag die Haberlandtsche Theorie nicht zu geben, weil hier jede wenigstens kräftigere Stoffleitung ausgeschlossen ist; man könnte höchstens ein- wenden, daß es sich bei den Wassermoosrhizoiden um eine erbliche Fixierung handelt. Läßt dieser Einwand ein gewisses Bedenken für Haberlandts Theorie zu, so darf nicht verkannt werden, daß dort, wo den Rhizoiden eine kräftige Stoffleitung zufällt, besonders bei den zentralstrangführenden Moosen, eine schiefe Stellung der Querwände dem osmotischen Stoff- verkehr förderlich sein muß; ob sie aber wirklich in seinem Dienst steht und aus dem Bedürfnis beschleunigten Stoffaustausches von Zelle zu Zelle entstanden ist, kann nicht als feststehende Tatsache betrachtet werden. Auch grüne Protonemateile dienen, wenn sie sich unmittelbar an Rhizoiden anschließen, dem Weitertransport der Nährsalze, ohne daß damit eine Schiefstellung der Querwände verbunden wäre, Da auch die früher angeführte Giesenhagensche Erklärung für die Schiefstellung infolge ihres teilweise hypothetischen Charakters keine absolute Klärung der in Rede stehenden Yerhältnisse zu geben vermag, erscheint es notwendig, auch von einem anderen (Gesichtspunkt aus eine Lösung der Frage über die Bedeutung der schiefgestellten Querwände zu versuchen. Man könnte annehmen, daß es mechanische Bauprinzipien sind, die diese Ausnahme von der Regel erforderlich machen, und daß es sich bei den Rhizoiden um besonders zugfeste Konstruktionen handelt, die dem speziellen Zweck angepaßt sind, mechanischen Eingriffen, denen die Rhizoiden als ausdauernde Gebilde etwa bei wechselndem Wasser- gehalt des Substrats, Gefrieren und Wiederauftauen usw. ausgesetzt sind, energisch Widerstand entgegenzusetzen. Weiterhin wäre zu er- wägen, ob die Schiefstellung bei der Inanspruchnalme dieser Organe auf Biegungsfestigkeit Vorteile zu bieten vermag. Ehe eine Erörterung der angedeuteten Fragen vorgenommen werden kann, bedarf es einer möglichst genauen Feststellung des anatomischen Baus der Rhizoiden, speziell der Verkittung der Quermembranen mit den Längsmembranen. ii Haberlandt, 1 «, pag. 205. 316 Besonders geeignete Objekte für dieses, Studium boten wegen ihrer beträchtlichen Breite und Größe die Rhizoiden von Encalypta streptocarpa Hedw. und Barbula ruralis Hedw. Es wurde zunächst versucht, mittelst Mierotom Quer- und Längsschnitte von ihnen herzu- stellen, doch scheiterten alle Versuche in dieser Richtung an der Sprödig- keit des Materials. Mit Hilfe stärkster Vergrößerungen und bei Anwendung von- Öl- immersion, besonders leicht nach Vorbehandlung mit Eau de Javelle, gelang es mir festzustellen, daß sich die Rhizoidenlängswand aus zwei ungleichwertigen Teilen zusammensetzt, einer äußeren kontinuierlichen, wahrscheinlich homogenen, nieht lamellierten Schicht, die in ihrer Aus- dehnung der ganzen Rhizoidenoberfläche gleichkommt und aus inneren, nicht kontinuierlichen Verdickungsschichten, die in ihrer (resamtheit von gleichem oder größerem Durchmesser als die äußere Schicht sind). Diese Verdiekungsschichten greifen auf den peripheren Teil der schiefen Querwand über und diese selbst sieht man als dunkleren Streifen die Verdickungsschichten benachbarter Zellen trennen, um sich vielleicht an eine zwischen den beiden Schichten befindliche kontinuierliche Lamelle anzusetzen. Ein durch die Achse des Rhizoids gelegter Längsschnitt würde dann schematisiert ein Bild, wie es Fig. 8 zeigt, geben. Würde die Querwand nicht schief, sondern normal zur Außenwand orientiert sein, so ergäbe sich das in Fig. 7 dargestellte Schema. Fig T. Fir ®. Ag 3 Ag 10. \ aan 4 ! Lau) Denkt man sich nun ein solches Rhizoid mit senkrecht orientierten Querwänden wie in Fig. 7 einer Zugkraft ausgesetzt, so werden die zwischen den Querwänden gelegenen Teile der äußeren und inneren Schicht gedehnt. Zugleich werden aber auch die Querwandpartien in Anspruch genommen und es wird Gefahr vorhanden sein, daß sich die auf die Querwände übergreifenden sekundären Verdickungsschichten in 1) Haberlandt (l. e,, pag. 203) erwähnt, daß sich die Außenwandung der Rhizoiden im Alter deutlich in zwei Schichten differenziert. 317 -] und 3 von ihren Ansatzstellen trennen, wodurch ein Zerreißen der kontinuierlichen. Schicht leicht eintreten könnte. Die Verankerung der Verdickungsschichten würde nun eine um so sicherere sein, je weiter sie auf die Querwand übergreifen, damit wäre aber der Nachteil einer be- trächtlichen Verminderung des dünnen, den Stoffaustausch ermöglichenden Teils der Querwand verbunden. Fassen wir demgegenüber den in den Rhizoiden verwirklichten schiefen Verlauf der Querwand ins Auge, so stellt diese eine viel größere, weil elliptische Fläche dar. Mit dieser Vergrößerung sind aber mehr Ansatz- stellen für die Verdickungsschichten als früher bei kreisförmigem Durch- messer gegeben, ihre Verankerung muß demnach weit sicherer sein und dem Rhizoid größeren Schutz gegen Zerreißen verleihen. Zu- gleich können sich die Verdickungsschichten auf der Querwand aus- breiten, ohne daß deshalb der unter Umständen für den Stofaus- tausch in Frage kommende Teil eine so weitgehende Beschränkung erführe. Die Vorteile einer Schiefstellung der Querwände in mechanischer Hinsicht sind demnach nicht zu verkennen. Die gefährdeten Punkte A werden nicht auf einen Kreis, sondern auf eine Ellipse verteilt, so daß die Haftflächen der sekundären Verdickungsschichten wesentlich ver- größert werden. Von der Vergrößerung, die die Ansatzstellen der Verdiekungs- schichten bei der Schiefstellung der Querwand erfahren, kann man sich leicht ein zahlenmäßiges Bild schaffen. Nehmen wir an, in einem Rhizoid von kreisföormigem Querschnitt sei eine Querwand um 45° geneigt, gegenüber einer der Längswand senkrecht aufsitzenden Membran. (Fig. 9) Dann stellt die letztere eine Kreisfläche dar, die geneigte Wand eine Ellipse: die Kreisfläche selbst ist die Projektion der Ellipse und daher ist: Ellipse mal cos 45° = Kreis, Ellipse x - = Kreis Ellipse = 1,4 >< Kreis oder . g .. Ellipse = Kreis + ö Kreis. Die Differenz in der Flächengröße einer un 45° geneigten Quer- wand und einer den Längswänden senkrecht aufsitzenden Fläche ist demnach 0,4. Die Flächenausdehnung einer normal orientierten Quer- wand wächst um 0,4 ihrer früheren Größe, wenn sie in eine zur Längs- wand um 45° geneigte Lage übergeführt wird. Eine Größenzunahme x 313 um 0,4 bei einer Drehung der Normalwand um 45° erfahren alle ihre Flächenteilehen, folglich auch die Flächenstücke der (Querwand, an denen die sekundären Verdickungsschichten angeheftet sind, und wir können sagen, daß zwischen den Größen der Verwachsungsflächen der Ver- diekungsschichten einer normal orientierten und einer um 45° geneigten Querwand folgende Gleichung besteht: Verwachsungsfläche einer um 45° geneigten Querwand = Ver- wachsungsfläche der normal orientierten Querwand + 0,£ der Verwach- sungsfläche der normal orientierten Querwand. . Die bei dieser Berechnung. gemachte Annahme, daß die Quer- wände eine Neigung von 45° zeigen, entspricht der Querwandneigung der Mehrzahl aller Rhizoiden. Nicht selten sind jedoch die Fälle, in denen die Querwand eine gewellte Fläche darstellt, so daß nicht alle Teile der Querwand die gleiche Lagenorientierung gegenüber der Längs- wand zeigen. Denkt man sich durch die beiden Endpunkte des größten Durchmessers einer solchen gewellten Querwand eine Ebene gelegt, die das Rhizoid in der gleichen Richtung des Raumes teilt, so erhält man in der Mehrzahl der Fälle eine Fläche, die einen Winkel von 45° mit der Längswand einschließt (Fig. 10). Vergleicht man die gewellte Fläche mit der einfachen um 45° geneigten hinsichtlich der Vorteile, die einem Ansatz von Verdiekungsschichten geboten werden, so liegt es klar, daß die gewellte Querwand infolge ihrer vergrößerten Ober- fläche den Verdickungsschichten einen noch vorteilhafteren kräftigeren Schutz gegen Losreißen von der Querwand gewähren muß, als die ebene um 45° geneigte Membran. Man kann die Wellung der Querwand ebenso wie ihre Schief- stellung als eine mechanisch vorteilhafte Einrichtung bezeichnen, die dem Rhizoid ermöglicht, auftretenden Zugkräften energisch Widerstand entgegenzusetzen. Das Prinzip, welches im Bau der Rhizoiden zur Anwendung kommt, ist jenes bekannte, die meisten mechanischen Gewebe und Zellenzüge beherrschende Prinzip der Oberflächenvergrößerung zum Zwecke innigerer Verkittung der einzelnen Elemente. Die feste Ver- bindung einzelner Zellen wird ihmzufolge durch eine möglichste Ver- größerung der Berührungsflächen zu erreichen gesucht; diejenige Zellen- gestalt, die diesen Anforderungen des Prinzips der Oberflächenvergröße- rung voll entspricht, ist die prosenehymatisch zugespitzte, sie findet deshalb in Fällen, wo es sich um kräftige mechanische Beanspruchung handelt, fast ausschließlich Verwendung. 319 Auch im Bau der Rhizoiden kann man, wenn man ihre inneren Verdickungsschichten in Betracht zieht, von einer Annäherung an die prosenchymatisch zugespitzte Gestalt sprechen, nur sind die Ver- dickungsschichten nicht in sich geschlossen, um den Stoffaustausch zu ermöglichen. Nicht minder zu unterschätzen sind die Vorteile, (die einem mit schiefgestellten Querwänden ausgestatteten Rhizoid bei auftretenden Biegungskräften geboten sind. Fig. 11a stelle ein Rhizoid mit normal orientierten Querwänden dar, Fig. 115 das gleiche Rhizoid einer Biegung ausgesetzt. In dem Augenblick, wo diese auf das Rhizoid einwirkt, treten die in ihrer Richtung durch Pfeile angedeuteten Kräfte auf; die eine Kraft, an der Angriffsstelle der biegenden Ursache wirkend, sucht die Fasern des Rhizoids zu kürzen, die andere an der Gegenseite auftretend, dehnt die Fasern. Diese beiden antagonistisch wirkenden Kräfte verschieben die Querwände aus ihrer ursprünglichen Lage und stellen sie schief zur Längswand, und zwar suchen bei senkrechtem Ansatz der Quer- AH. Ag 2 PRSIREER, nn a — a | » [3 > III wände die gesamten Biegungskräfte die Wände schief zu stellen. Stehen dagegen die Wände von vornherein schief, wie in der großen Mehrzahl der Rhizoiden (Fig. 12« u. 5), so suchen nur die senkrecht zu den Querwänden auftretenden Komponenten derselben deren Stellung zw verändern, während die übrigen Komponenten parallel zu den Quer- wänden außer Frage kommen. Bei senkrecht zum Längszylinder orientierten Wänden kann man nach jeder Seite biegen, die Deformation — gleich kräftige Biegungs- ursache vorausgesetzt — wird immer dieselbe sein. Bei schief ge- stellten Querwänden ist die Richtung der Biegung nicht gleichgültig, Erfolgt die Biegung nach der Seite der Fig. 125, so ist die Deformation am geringsten. Bei Biegung nach vorn oder hinten wird die Defor- mation eine andere, aber sie ist immer geringer als bei senkrecht orien- tierten Querwänden. 320 Es wird also die Zelle, falls die Querwände geneigt stehen, bei auftretenden Biegungskräften nur wenig deformiert, da sich die Stellung der Querwände nur unwesentlich ändert. Die Schiefstellung verhindert eine allzu starke Deformation des Zellinhaltes und verringert die Span- nung, die bei einer Biegung des Rhizoids zwischen sekundären Ver- diekungsschichten und Querwand auftreten muß. Zusammenfassung. Die Sporen der untersuchten Laubmoosarten zeigen bei der Keimung hinsichtlich der Ausbildung des Rhizoids wesentliche Unterschiede. Zur regelmäßigen Anlage gelangt dasselbe nur bei Funaria, während die Sporen der übrigen Moose nur selten oder keine Rhizoiden ausbilden). Entsprechend verschieden ist das Verhalten der keimenden Sporen bei Nitrat- und Phosphatmangel. Bei Stickstoffhunger schreitet Funaria zu einer mächtigen Überverlängerung des Rhizoidensystems unter voll- ständiger Unterdrückung des Chloronemas, die übrigen Moossporen ent- wickeln sich zu chlorophyllosen Hemmungsbildungen. Phosphormangel verzögert zunächst die Keimung, doch kommt es bei Funaria bald zu einer Überverlängerung der Rhizoiden, die indessen nicht die bei Nitrat- mangel beobachtete erreicht. Das Chloronema wird bei Funaria nicht unterdrückt, erfährt aber nur eine sehr geringe Ausbildung. - Bryum bildet bei Phosphorhunger Chloronema, das sich kräftiger als das von Funaria entfaltet, aber sich bald bräunt und den Charakter von Inter- mediärbildungen annimmt. Das abweichende Verhalten der Funaria- sporen gegenüber den Sporen der anderen Moose, das in der regel- mäßigen Entfaltung der Rhizoiden bei der Keimung und in der Über- verlängerung bei Nitrat- und Phosphatmangel seinen Ausdruck findet, charakterisiert Funaria hygrometrieca deutlich als Ruderalpflanze. 1) Nach Abschluß vorliegender Arbeit bot sich Gelegenheit, die Keimungs- vorgänge bei Physcomitrium pyriforme Brid., einem mit Funaria häufig ver- gesellschaftet vorkommenden Moose zu beobachten. Es zeigte sich, daß seine Sporen nach dem Typus von Funaria auskeimen, d. h. regelmäßig ein Rhizoid ausbilden; Physeomitrium dürfte deshalb ebenfalls zu den Ruderalmoosen zu zählen sein. Unterschiede der Protonemata beider Moose zeigen sich darin, daß am Chloronema von Physcomitrium die schon von Goebel („Über die Jugendzustände der Pflanzen“, Ylora 1889, pag. 8) beschriebenen fädigen Rhizoiden mit normal gestellten Querwänden als Auszweigungen oder Fortsetzungen des Chloronema zahlreich auftreten; ferner darin, daß die Sporen von Physeomitrium häufig an mehreren Stellen zu Chloro- nema austreiben, 321 Die Rhizoiden der 'Laubmoose zeigen eine Abstufung in ihrem ernährungsphysiologischen Verhalten, derart, daß ihre Bedeutung als Organe der Nahrungszufuhr, bei den Formen mit Zentralstrang be- ginnend, nach den zentralstranglosen Moosen hin abnimmt, bis sie bei den Wassermoosen vielleicht gänzlich schwindet, während die mecha- nische Bedeutung in gleichem Sinne wächst, Die Schiefstellung der Rhizoidenquerwände stellt eine mechanisch vorteilhafte Einrichtung dar, die den Rhizoiden ermöglicht, auftretenden Zugkräften energisch Widerstand zu leisten. Durch die Schiefstellung findet eine wesentliche Vergrößerung der Ansatzflächen der Verdickungs- schichten statt, wodurch die Gefahr einer Loslösung abgeschwächt wird. Außerdem verhindert die Schiefstellung bei eintretender Biegung des Rhizoids eine allzu starke Deformation der plasmatischen Zellinhalte. Die vorliegende Arbeit wurde im botanischen Institut zu Jena unter Leitung des Herrn Professor Dr. Stahl ausgeführt, Für seine mir in liebenswürdigster Weise stets zuteil gewordene Unterstützung gestatte ich mir, meinem hochverehrten Lehrer meinen wärmsten Dank auch an dieser Stelle auszusprechen. Flora 1906. 21 Über Wirrzöpfe an Salix. ‘Von Otio Renner, München. Tubeuf erwähnt in einer Mitteilung über die „Wirrzöpfe und Holzkröpfe der Weiden“), daß die Wirrzöpfe „teils durch Wucherungen der Blattknospen, teils durch Wucherungen und Vergrünungen weib- licher Blüten“ entstehen. Küster?) weist ausdrücklich darauf hin, daß aus männlichen Kätzchen hervorgegangene Weidenwirrzöpfe nicht be- kannt seien, während er über einen Fall von Prolepsis männlicher Infloreszenzen ohne Verbildung berichtet. Unter anderen Schlagwörtern werden sich aber in der Literatur jedenfalls genug Vorkommnisse finden, die hierher zu zählen sind. Zwischen den typischen Wirrzöpfen und kaum vergrünten Kätzchen findet sich eine kontinuierliche Reihe von intermediären Umbildungsstadien, und solange die Ätiologie für keinen Fall sicher aufgeklärt ist, liegt kein Grund vor, den extremen Fällen einen besonderen Platz zu reservieren. Es soll hier jedoch nur eine Arbeit neueren Datums von Velenovsky°) berücksichtigt werden, der seinerseits die ältere Literatur verglichen hat. Aber es fehlt auch nicht ganz an solchen Beobachtungen über Vergrünung männlicher Kätzchen, die ausdrücklich zu den Wirrzöpfen in Beziehung gebracht werden. Ungefähr zur selben Zeit mit Küsters Publikation machte A. Toepffer‘*) eine kurze Mitteilung über Wirrzöpfe an Weiden, wobei er, unter Bezug- nahme auf die Angabe von Tubeuf, auch zwei Fälle erwähnt, in denen die krankhaften Bildungen aus männlichen Kätzchen hervorgegangen waren. Der Verfasser fand nun im Oktober Verlaubung männlicher Blüten bei proleptisch entfalteten Kätzchen von Salix alba f. pendula an einem Baum, der augenscheinlich Jahr für Jahr im Sommer zahlreiche Wirr- zöpfe produziert. Die Kätzchen, welche zuletzt ausgetrieben und sich kaum gestreckt hatten, wichen im Aussehen von normalen wenig ab. Die Staubblätter waren großenteils in weißes Filament und gelbe Anthere gegliedert, doch auch oft mehr oder weniger vergrünt, wobei die rudi- mentären Pollensäcke immer noch irgendwo auf der Fläche oder am Rand der ziemlich breiten, lanzettlichen, behaarten Spreiten zu finden waren. Die Diskusdrüsen waren manchmal beide noch fleischig und 1) Naturwissensch. Zeitschrift f. Land- und Forstwirtschaft, 2. Jahrg., Heft 8. 2) Notiz über die Wirrzöpfe an Weiden. Naturwissensch. Zeitschrift, 3. Jahrg., Heft 3. : 3) Vergleichende Studien über die Salix-Blüte. Beihefte zum Bot. Zentralbl. 1904, Bd. XVII, pag. 124. 4) Teratologisches und Ceeidiologisches von den Weiden. Allgem. Bot, Zeitschr. für Systematik ete., Nr. 5, Jahrg. 1905. 323 kahl, doch fehlten immer die Wasserspalten an der Spitze, die wohl der Ausscheidung des Nektars dienen, und dabei war fast allgemein eine Spaltung in pfriemliche Stücke zu beobachten. Die Zahl der Teilungsstücke war bei dem hinteren, der Kätzchenspindel zugewendeten Nektarium regelmäßig zwei (Fig. 1), bei dem vorderen, an die Braktee anstoßenden bewegte sie sich zwischen zwei und fünf, wenn die Spal- tung nicht überhaupt unterblieben war (Fig. 6). Die beiden aus der adossierten Drüse hervorgegangenen Teile waren aber auch sehr häufig als völlig getrennte, Iinealische, grüne, behaarte Blättchen entwickelt (Fig. 5), und endlich nahm die Stelle des hinteren Nektariums dann und wann ein kleiner Sproß mit wenigen Laubblättchen ein (Fig. 2, 3, 4). Die vordere Drüse war nie so stark verbildet. In anderen Kätzchen, die sich nach der Sprengung der Knospen- hülle bedeutend gestreckt hatten, war die Umbildung soweit vorgeschritten, daß eine Zurückführung der hier auftretenden Gebilde auf die Organe Fig. 4. der männlichen Blüte nicht mehr möglich erschien. In den Achseln der mehr oder weniger laubblattartigen, manchmal mit kleinen Neben- blättern versehenen Deckschuppen hatte sich in einem Kätzchen überall ein kleiner unverzweigter Laubsproß mit einer ganzen Anzahl von schmalen Blättehen entwickelt. In einem anderen Fall waren die Deck- schuppen an ihren verlängerten Achselsprossen hinaufgewachsen, die Verlängerung der Sproßachsen über die Anwachsstelle hinaus war aber nicht mit Sicherheit zu erkennen; vielmehr trugen die vergrößerten, in Form eines einseitig aufgeschlitzten Bechers entwickelten Brakteen “in ihrem Grund eine größere Anzahl von Laubsprossen, die kaum sämt- lich dureh Verzweigung des Achselsprosses erster Ordnung, sondern eher teilweise als Neubildungen entstanden sein dürften. Die An- ordnung dieser Sprosse war sehr wechselnd. Verhältnismäßig häufig standen der Kätzehenspindel zugewendet zwei Söprosse mit wenigen, relativ großen Blättern, an das Deckblatt anstoßend ein ähnlicher Sproß, und der Mittelgrund war bedeckt von mehreren knospenförmigen Spröß- chen mit sehr kleinen zahlreichen Blättern. 21* 324 Durch das Entgegenkommen des Herrn Toepffer hatte der Ver- fasser auch Gelegenheit männliche Wirrzöpfe von Salix incana zu unter- suchen, die von demselben Baum stammen wie die von Toepffer a. a. Ort kurz beschriebenen. Am 15. April 1905 gesammelte männ- liche Zweige tragen je mehrere normale Kätzchen und wenige veränderte, die durch plumpere Form und vergrößerte Brakteen auffallen. In der Achsel jedes Deckblattes sind einmal die beiden normalerweise auf- tretenden Staubblätter mit gelben Antheren und kurz gebliebenen Fila- menten zu finden; dann gegen die Kätzehenachse hin 8—12 akzes- sorische Stamina mit kurzem Filament und grüner, dieker, aus 4—6 Längswülsten gebildeter Anthere; endlich um den ganzen Komplex von Staubblättern herum zahlreiche Laubblättchen, am schwächsten zwischen ad Mae, Fig. 6. der Braktee und den Stamina, am stärksten auf den Seiten entwickelt. Vom Diskus — Salix incana besitzt nur den hinteren Zahn — ist kein unzweideutiger Überrest zu finden. In anderer Weise umgebildet sind die Blüten an Zweigen, die am 24. Juni 1904 eingelegt wurden. Auch hier sind die normalen Staubblätter als solche überall erhalten. Auffallend ist nur die durchgehends beobachtete Gliederung der Fila- mente, die in gesunden Blüten fehlt. Die Staubfäden besitzen nämlich. ein kurzes dickes Fußstück, dem der etwa fünfmal längere, bei Be- rührung sich leicht ablösende fadenförmige Teil aufgesetzt ist. Die Lebensdauer der Staubblätter war also über das gewöhnliche Maß hin- aus verlängert, aber eine Zurücksetzung in der Ernährung gegenüber den zu weiterem Wachstum befähigten Teilen ist durch die Abgliederung, die allem Anschein nach schon ein Vertrocknen der Filamente einge- leitet hatte, doch angedeutet. Überzählige Staubblätter sind nicht zur Entwicklung gekommen, dafür sind zahlreiche kleine Laubsprosse mit rn. an alla 325 gezähnten Blättchen vorhanden, so daß die Blüten wie bei Toepffer die „Form kleiner gefüllter Röschen“ zeigen. Gewöhnlich ist zwischen die ganz versteckten Stamina und die Braktee ein sehr kleines Spröß- chen eingeschoben, mehrere Sprosse stehen seitlich, und die größte Zahl ist gegen die Spindel hin entwickelt. Von der Drüse fehlt wieder jede sichere Spur. Ob die akzessorischen Blätter und Sprosse sämtlich als selbständige Neubildungen aufgetreten sind oder teilweise der Diskus- anlage ihre Entstehung verdankten, läßt sich nicht entscheiden. Die dritte Möglichkeit, daß sie alle auf den Diskus zurückgehen, ist aber jedenfalls abzuweisen, weil die fraglichen Bildungen über die Seiten der Blüte bis nach vorn übergreifen, also über einen viel größeren Raum sich ausbreiten als der ist, den das Nektarium sonst einnimmt, Noch einen Schritt weiter geht die Verbildung an einem Kätzchen, das nach der Versicherung des Herrn Toepffer von einem im Münchener botanischen Garten kultivierten männlichen Exemplar der Salix pentandra stammt. In der Achsel der laubigen Deckblätter stehen zahlreiche Laub- sprosse von der verschiedensten Größe, die Staubblätter fehlen. Von dem oben bei Salix alba an letzter Stelle beschriebenen Fall unterscheidet sich dieses Vorkommen nur durch die größere Zahl und stärkere Aus- bildung der Sprosse, in die die einzelne Blüte aufgelöst erscheint. Die Zeichnungen Küsters a. a. Ort gaben Veranlassung, auch an verbildeten weiblichen Blüten zu untersuchen, ob die serialen Bei- sprosse des in der Fruchtknotenhöhle zur Entwicklung gelangenden Sprosses auf den Diskus sich zurückführen lassen. Das dem Münchener Garten entnommene Material, ein weibliches Kätzchen von Salix rubra, verdankt der Verfasser der Freundlichkeit des Herrn Dr. Roß. Im unteren Teil der Infloreszenz findet sich hier eine Anzahl von fast normalen Blüten mit kaum verändertem Fruchtknoten und wohl ent- wickeltem hinterem Nektarium; das vordere fehlt bei Salix rubra regel- mäßig. An der Stelle des hinteren Diskuszahns, also wohl aus dessen Anlage hervorgegangen, sind in den oberen vergrünten Blüten vor dem stark vergrößerten Fruchtknoten, in dessen Innerem die Blütenachse durchgewachsen ist und zahlreiche Blätter produziert ‚hat, wenige ziem- lich große Blätter zu sehen, meistens zwei in Transversalstellung, doch auch oft drei oder nur eines, und gewöhnlich um deren Basis herum noch ein geschlossener Kranz von winzigen krümeligen Sproßanlagen (Fig. 7, 8, 9). Wie Längsschnitte zeigen, gehören diese Blätter einem Sproß mit sehr kurzer Achse an, dessen unregelmäßig verzweigte Spitze zahlreiche winzige Blättchen trägt und zwischen den ersten großen, seitlich eingerollten Blättern versteckt ist. Dieselbe Eigentüm- liehkeit des Wachstums zeigt übrigens auch der im Innern des Frucht- 326 knotens entstandene Sproß, bei dem schon Appel!) etwas Ähnliches wahrgenommen hat. Zwischen Fruchtknoten und Deekschuppe fehlt jede Neubildung. An diesen Fall scheint die Beobachtung von Küster sich anzuschließen, der vor und hinter dem Pistill je einen Sproß mit zwei bis vier großen Blättern gefunden hat, wobei der hintere dem vorderen gegenüber immer merklich gefördert war. Vielleicht: gehört die hybride Form, die er vor sich hatte, zu denen, die auch in der weiblichen Blüte zwei Drüsen besitzen, und dann dürfte der Sproß zwischen Fruchtknoten und Braktee dem vorderen Nektarium ent- sprechen. Aber natürlich kann auch eine Neubildung vorliegen. Mit einer von den beschriebenen Variationen deckt sich das von Velenovsky mitgeteilte Vorkommen. Er fand regelmäßig die adossierte Fig. 8. Drüse gespalten oder durch zwei in die Transversalstellung rückende Blättchen ersetzt, die vordere Drüse, wenn vorhanden, einfach. Ein ziemlich belangloser Unterschied gegenüber dem oben geschilderten Fall bei Salix alba besteht nur darin, daß das Auftreten dieser vorderen Drüse bei Salix aurita, die ihm vorlag, als Neubildung — oder wenn man anders will als Rückschlagserscheinung — zu betrachten ist, weil bei dieser Art normaliter nur die hintere Drüse zur Entwicklung kommt. Die ganze Umbildung faßt Velenovsky als Anamorphose auf, die ihm die Mittel zu einer Rekonstruktion der ursprünglichen Blütenverhältnisse an die Hand gibt: die adossierte Drüse weist sich durch ihre Neigung zur Spaltung als dem Vorblattpaar entsprechend aus, das vordere Nektarium ist der Rest eines hypothetischen Perigons. Die Beobachtungen des Verfassers zeigen nun, daß bei Vergrünung aus dem hinteren Diskuszahn ein Blattpaar wohl werden kann, aber nicht werden muß, und daß die vordere Drüse sich nicht wesentlich anders verhält. Daß das vordere Nektarium nie so weit auswächst wie das hintere derselben Blüte, findet sein Analogon in der bei Salix alba 1) Über Phyto- und Zoomorphosen. Inaug.-Diss. Würzburg, Königsberg 1899. re 827 mehrfach beobachteten Art der Entwicklung der ganzen Kätzchen — die an die Knospenschuppe anstoßenden Blüten waren meist viel weniger vergrünt als die dem tragenden Zweig zugewendeten —, und hat seinen Grund wahrscheinlich in den Raumverhältnissen. Wenn aus den Vergrünungserscheinungen mit einiger Wahrscheinlich- keit ein Schluß auf den primitiveren Blütentypus sich’ ziehen ließe, aus dem die wohl bedeutend reduzierte Blüte der Salicaceen hervorgegangen ist, so wäre damit ein sehr erwünschter Anhaltspunkt für die bis jetzt ganz unsichere Stellung der Salicaceen im System gegeben. Aber die Annahme des Rekonstruktionsversuchs von Velenovsky wäre bei der Variabilität der abnormen Bildungen reine Willkür. Eher könnte sogar die von Velenovsky beobachtete Erscheinung als Spezialfall desjenigen Umbildungsmodus betrachtet werden, bei dem aus den Nektarien Sprosse hervorgehen. Der Vegetationspunkt dieser Sprosse wäre dann zur Bildung der beiden von Velenovsky als Vorblattpaar gedeuteten Blätter aufgebraucht worden, wie der Vegetationspunkt der männlichen Blüte von Salix zwischen den Staubblättern nicht zu finden ist. Aber diese Deutung erscheint dem Verfasser um nichts weniger gekünstelt als die von Velenovsky. Die unbefangene Betrachtung der Tatsachen, ohne schematisierende Konstruktionen im Sinne der formalen Morpho- logie, läßt nur das eine erkennen, daß an den Stellen, wo in der gesunden Blüte Nektar absondernde Drüsen erscheinen, die infolge eines abnormen Reizes ‚ungewöhnlich reichlich zusammenströmenden Bau- stoffe in wechselnder Weise Verwendung finden. Im einfachsten Fall wird die Drüse nur vergrößert, aber gewöhnlich nicht als ungegliederter Körper, sondern unregelmäßig zerschlitzt (Fig. 1, 6); bei den in Fig. 6 unten dargestellten Fällen läßt sich die Vermutung kaum abweisen, daß die Art der Entwicklung unmittelbar durch die Raumverhältnisse be- dingt ist; eine Ausdehnung in medianer Richtung ist zwischen der Braktee und den enganliegenden Staubblättern ohne bedeutende Arbeits- leistung nicht möglich, während der seitlichen Verbreiterung kaum ein Widerstand entgegensteht. Wo noeh größere Mengen von Baumaterial verfügbar sind, können die Teilstücke der Drüse blattartig auswachsen, oder es bildet sich gar ein Vegetationspunkt, der mehrere Blätter an einer kurzen Achse produziert. In extremen Fällen treten außerdem noch Neu- bildungen von derselben Inkonstanz der morphologischen Dignität auch an Stellen auf, wo in der normalen Blüte Organanlagen ganz fehlen. Die Differenzen in der Art der Verbildung sind wohl hauptsäch- lich darauf zurückzuführen, daß zur Zeit der Infektion bezw. der Reiz- übermittlung die betroffenen Infloreszenzen in verschiedenen Entwick- lungsphasen sich befanden. Wenn die Reizung in einem Stadium erfolgt, 328 in dem die Organe der einzelnen Blüte noch nicht angelegt sind, so dürfte der Blütenvegetationspunkt zu einem Laubsproß mit zerstreuter Blattstellung auswachsen. Bei höherer Intensität des Anstoßes kann das ganze Feld in der Achsel der Braktee meristematisch werden und Beisprosse des Hauptachselsprosses ohne Regelmäßigkeit produzieren. Es mag auch sein, daß manchmal Gruppen von Sprossen, die als un- abhängige Neubildungen erscheinen, in Wirklichkeit Verzweigungssysteme darstellen. Sind die Blütenorgane am Vegetationspunkt schon aus- gegliedert, wenn der Reiz die Blüte trifft, dann kann eine vollständige Auslöschung des Blütencharakters nicht mehr eintreten. Die Sporo- phylle vergrünen höchstens, an Stelle der Nektarien entstehen Blätter oder Sprosse, und im freien Blütengrund treten gelegentlich, wahrschein- lich wenn der Reiz sehr stark ist, noch überzählige Sporophylle oder Laubblätter oder auch Sproßanlagen auf. Von einem Durchwachsen der Blütenachse kann man mit Sicherheit nur bei der weiblichen Blüte reden, weil hier der Ort des Vegetationspunktes im Inneren der Frucht- kuotenhöhle wohl bestimmt ist. Bei der männlichen Blüte stellt von den zahlreichen Sprossen, wie sie von Salix incana beschrieben worden sind, vielleicht kein einziger die Fortsetzung der Blütenachse dar, weil nach der Angabe von Hegelmaier der Vegetationspunkt in der Bil- dung der beiden (terminalen) Staubblätter ganz aufgeht. Die Wahr- nehmung, daß die Drüsen oft viel stärker verändert sind als die Sporo- phylle derselben Blüte, verträgt sich gut mit der Entwicklungsgeschichte, der zufolge die Anlegung der Nektarien zeitlich ziemlich weit hinter die Entstehung der Staubhlätter bezw. der Karpelle fällt. Erklärung der Figuren. 1—6 Salix alba, männlich; 1, 2, 3, 5 I2mal, 4 16mal, 6 36mal- vergrößert. 1. Blüte von hinten, Nektarium gespalten. 2. Blüte von hinten, an Stelle des Nek- tariums ein Sproß mit zwei großen und einigen viel kleineren Blättern. 3. Ebenso, nur der aus dem hinteren Nektarium hervorgegangene Sproß stärker entwickelt. 4, Querschnitt durch die in Fig. 3 dargestellte Blüte; das vordere Nektarium, zwischen der Braktee und den Staubblättern, in drei Teile gespalten. 5. Blüte von hinten, die Staubblätter verlaubt, an Stelle des Nektariums zwei grüne Blättchen. 6. Verschiedene Formen des vorderen Nektariums, sämtlich in medianer Richtung sehr flach. 7-9 Salix rubra, weiblich, 1!/,mal vergrößert. 7. Blüte von der Seite, Frucht- knoten stark vergrößert, an Stelle des Nektariums ein Sproß. $, Eine ähnliche Blüte von hinten. 9. Blüte von hinten; Fruchtknoten spathaförmig aufgeschlitzt, von dem in seinem Grund entstandenen Sproß ein Blatt sichtbar; das erste Blatt des aus dem Nektarium hervorgegangenen Sprosses sehr groß, laubig. Druck von Ant. Kämpfe in Jena. 1) 2) 3) 4) wn 9) 6) 8) 9) 10) Bei der Redaktion sind eingegangen: H. Graf zu Solms-Laubach, Die leitenden Gesichtspunkte der allgemeinen Pflanzengeographie in kurzer Darstel- lung. Leipzig, Verlag von Arthur Felix, 1905. H. Glück, Biologische und morphologische Untersuchungen über Wasser- und Sumpfgewächse. 1. Teil: Die Lebens- geschichte der europäischen Alismaceen. Mit 25 Textfiguren und 7 lithographierten Doppeltafen. Verlag von Gustav Fischer in Jena, 1905. Preis: 20 Mark. A. Koch, Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den Gärungsorganismen. 14. Jahrgang (1903). Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1906. Preis: 20 Mark. Jacques Loeb, Vorlesungen über die Dynamik der Lebens- erscheinungen. Mit 61 Abbildungen. Leipzig, Verlag von ‚Joh. Ambr. Barth, 1906. Preis: 10 Mark, geb. 11 Mark. J- B. Lotsy, Vorlesungen über Deszendenztheorien mit besonderer Berücksichtigung der botanischen Seite der Frage 1. Teil. Mit 2 Tafeln und 124 Textfiguren. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Preis: 8 Mark, geb. 9 Mark. Festschrift zum ıioojährigen Geburtstag E. A. Roßmäßlers, bearbeitet im Auftrage des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde von O0. Hartung, Br. Mämmel, O0. Merker, R. Mißbach. Stuttgart, Verlag von K. G. Lutz. E. Dennert, Die Pflanze, ihr Sein und ihr Leben. Mit 114 Abbildungen. 3. Auflage. (Sammlung Göschen) (G. J. Göschens Verlag. Preis: 80 Pf. J. Sturm’s Flora von Deutschland, in Ahbildungen nach der Natur. A. Band: Orchideae, Helobiae, Amentaceae, Urtieitlorae, Santalinae, Aristolochiales, Polygonaceae von E. H. L. Krause, 13. Band: Aggregaten, 1. Hälfte von E. H. L. Krause, Stuttgart. Verlag von K. G. Lutz, 1905. F. Vierhapper, Monographie der alpinen Erigera-Arten Europas und Vorderasiens (8. A.a. Beihefte z. botan. Gentralbl.). E. Warming, Dansk plantevaekst. I. Strandvegetation. Med. 154 Billeder. Gyldendalske boghandel, Nordisk Verlag, Kopen- hagen und Kristiana 1906. Flora, 1906, Band 96. ai re ee % a Sm Pig. 142. LJ.Thomas Lith Inst, Berlin 5.53. Autor del. Verlag von GustayFischer in Jena. j . Flora, Be Band 96. En u. be = N Bro Be ES Sue] > Kant ei IH AGGGEEBE: er ee SER # a o NORA Se wı IM IKAM nr D > Bruchmann._Botrycuum _ dir Sn 219.43 -63. Autor del. Verlag von’ Gustav Fischer in Jena. i LJ-Thomas Lith hust, Berlin 5.53. Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Vorlesungen über Pfilanzenphysiologie. Yo" Dr. Ludwig Jost, a. o. Prof. an der Universität Straßburg. Mit 172 Abbildungen. Preis: brosch. 13 Mark, geb. 15 Mark. Flora 1904, Bd. XCIIH, H. 2: ... Die Darstellung ist klar, kritisch und reichhaltig und oft durch historische Rück- blicke belebt. Die Jostschen Vorlesungen werden deshalb als eine treffliche Einführung in das Studium der Pflanzenphysiologie begrüßt werden. Auch für Berufsbotaniker ist das Buch wertvoll durch die eingehende Berücksichtigung und Diskussionen, welche die neuere pflanzenphysiologische Literatur in ihm gefunden hat. Solche orientierende Darstellungen sind ja um so notwendiger, je mehr die Entwicklung der Botanik es unmöglich macht, in allen ihren Gebieten die Literatur zu verfolgen, besonders aber in der Physiologie, welche die Grundlage für alle anderen Teile der Botanik darseellt. i i In ihren Grundzügen dargestellt. Von Pathologische Pilanzenanatomie. Dr. Ernst Kar Ds für Botanik an der Univ. zu Hallea.S. Mit 121 Abbildungen im Text. 1903. Preis: 8 Mark. Botanische Zeitung Nr. 17 vom 1. September 1903: Das vorliegende Buch wird jedermann zur Orientierung in dem behandelten Ge- biet erwünscht und angenehm sein, weil es eine Reihe von Dingen im Zusammenhang bespricht, über die man sonst nur sehr zerstreute Einzeluntersuchungen findet und weil es eine ausgedehnte und sorgfältige Verarbeitung der einschlägigen Literatur enthält. In- sofern füllt es eine Lücke aus, und kann es als ein unentbehrliches Handbuch bezeichnet werden. Biologische und morphologische Untersuchungen über Wasser- Br Erster Teil: Die Lebensgeschichte der europäischen und Sumpfgewächse. Alismaceen. Von Prof. Dr. Hugo Glück in Heidel- berg. Mit 25 Textfiguren und 7 lithographischen Doppeltafeln. Preis: 20 Mark. i ; j Von Dr. Friedrich Oltmanns, Prof. Morphologie und Biologie der Algen. Yor Dr-Friedrich Ditmanns, Krof. burg i. Br. Erster Band: Spezieller Teil. Mit 3 farbigen und 473 ’schwarzen Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark. Zweiter Band: Allgemeiner Teil. Mit 3 Tafeln und 150 Textabbildungen. Preis: 12 Mark. Ein Blick in die Geschichte der botanischen Morphologie und die i a is Von Dr. H. Potonie, Kgl. preuß. Landesgeologe und Pericaulom Cheorie. Professor, bezw. aan der Paläobotanik an der Kgl. Bergakademie und der Universität zu Berlin. (Erweiterter Abdruck aus der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift. Neue Folge II. Band, der ganzen Reihe X VIII. Band.) Mit 9 Abbildungen. 1903. Preis: 1 Mark. Botan. Zeitung 1903, Nr. 10: In ihrem ersten Teil enthält die Abhandlung eine übersichtliche historische Dar- legung der verschiedenen Phasen, die die Phytontheorie im Laufe der Zeiten durchlaufen hat. Sie zeichnet sich dadurch aus, daß sie geschmackvoll und in sehr lesbarer Form geschrieben ist. H. Solms. Botanische Werke aus den wissenschaftlihen Ergebnissen der Deutschen Tieisee-Expedition auf dem Dampfer „Valdivia“ 1898 bis 1899. Im Auftrage des Reichsamtes des Innern herausg. von Carl Chun, Prof. der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition: G. Karsten, Das Phytoplankton des Antarktishen Meeres nach dem Material. der Deutschen Tieisee-Expedition 18981899. Ni) \ Tafeln Text Preis für Abnehmer des ganzen Werkes (Text und Atlas): 39 Mark 50 Pf., Preis im Einzelverkauf (Text und Atlas): 50 Mark. H. Schenck, I. Vergleichende Darstellung der Pflanzengeographie der sub- antarktischen Inseln, insbesondere über Flora und Vegetation von Kerguelen. Mit 11 Tafeln und 33 Abbildungen im Text. ll. Ueber Flora und Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam. Mit 5 Tafeln und 14 Abbildungen. Preis für Abnehmer desganzen Werkes (Text und Atlas): 40 Mark, Preis im Einzelverkauf (Text und Atlas): 50 Mark. = Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Herausgegeben von Dr. A. Botanische Mitteilungen aus den Tropen. a en Professor der Botanik an der Universität Bonn. 9 Hefte. 1888— 1901. Lex.-Format. — Preis: 109 Mark. Durch anastatischen Neudruck ist die ganze Serie wieder vollständig geworden, ER woran insbesondere Bibliotheksverwaltungen ihr Augenmerk richten wollen. Heft I: Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen u. Ameisen im tropischen Amerika. Von A. F.W.Schimper. 1888. Mit 3 Tafeln. Preis: 4 Mark 50 Pf. Heft Il: Die epiphytische Vegetation Amerikas. Von A. F. W. Schimper. Mit 6 Tafeln. 1888, Preis: < Mark 50 Pf. Heft III: Die indo-malayische Strandflora. Von A. F. W. Schmimper. Mit 7 Textfiguren, 1 Karte und 7 Tafeln. 1891. Preis: 10 Mark. Heft IV: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, im Besonderen der in Brasilien einheimischen Arten. Von Dr. H. Schenck, Privatdozent an der Universität Bonn. I. Teil: Beiträge zur Biologie der Lianen. Mit 7 Tafeln. 1892. Preis: 15 Mark. Heft V: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, im Besonderen der in Brasilien einheimischen Arten. Von Dr. H. Schenck. II. Teil: Bei- träge zur Anatomie der Lianen. Mit 12 Tafeln und 2 Text-Zinkographien. 1893. Preis: 20 Mark. Heft VI: Die Pilzgärten einiger amerikanischer Ameisen. Von Alfred, Möller. Mit 7 Tafeln und 4 Holzschnitten. 1893. Preis: 7 Mark. Heft VII: Brasilische Pilzblumen. Von Alfred Möller. Mit8 Tafeln. 1895. Preis: 11 Mark. Heft VIII: Protobasidiomyceten. Untersuchungen aus Brasilien. Von Alfred Möller. Mit 6 Tafeln. 1895. Preis: 10 Mark. Heft: 9: Phycomyceten und Ascomyceten. Unsersuchungen aus Brasilien. Von Alfred Möller. Mit 11 Tafeln und 2 Textabbildungen. 1901. Preis: 24 Mark mn Soeben erschien: Kabenhorst, Kryptogamenflora Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Band VI, Lief. ı. Lebermoose (Musci hepatici). Unter Berücksichtigung der übrigen Länder Europas bearbeitet von DR K, MÜLLER in. Freiburg i. Br. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Abbildungen. Vollständig in 12—ı3 Lieferungen. Preis a Lief. M. 2,40. Verlag von Eduard Kummer in Leipzig. Druck von Ant. Kämpfe in Jena. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 96. BAND. JAHRGANG 1906. ZWEITES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 3 TAFELN UND 60 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1906. ERSCHIENEN AM 25. JULI 1906. Inhaltsverzeiehnis. Seite ARESCHOUG, F. W. C., Über die Bedeutung des Palisadenparenchyms für die Transpiration der Blätter : . 329—336 KUPPER, WALTER, Über mn an Farnhlätiern. Mit a7 Text- figuren . 337—408 NEMEC, B., Die Wachstumsrichtungen. einiger Tehätmbise. Mit g Text- figuren S . 409—450 SPERLICH, ADOLF, Einkiugen: zur Mersholoie a Anden) der Ausläufer von Nephrolepis. Mit 2 Tafeln . . 451—473 SCHELLENBERG, H. C., Untersuchungen über den Einfluß der Baia auf die Brhimneichimig der Wurzeln, zunächst an der Erbsenwurzel. Mit 2 Textfiguren . ee KOERNICKE, MAX, Zentrosomen bei Anrälseen Mit einer Tafel . 501—522 LIESEGANG, RAPHAEL ED,, Über das Erfrieren der Pflanzen . 523—524 LORCH, WILHELM, Ein Appasät zur schnellen Reinigung beliebig großer Mengen von Sand und Kies. Mit 2 Textfiguren . 525—526 KÜSTER, ERNST, Histologische und experimentelle Untersuchungen über Intumesceenzen . . 527—-537 IKENO, S., Zur Frage nach der a — Bi ronlanie. . 538—542 Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Mit 130 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 6 Mark. Mit 128 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 3 Mark 80 Pf. Ganzen). Mit 107 Textabbildungen. 1901. Preis: 5 Mark. Naturwiss. Wochenschrift 1902, Nr. 24: ; insbesondere der Archegoniaten und Sa- Organographie der Pflanzen menpflanzen. Von Dr. K. Goebel, Prof. an der Universität München. Erster Teil: Allgemeine Organographie. Zweiter Teil: Spezielle Organographie. 1. Heft: Bryophyten. 2. Heft: Pteridophyten und Samenpflanzen. Erster Teil, Mit 173 Abbil- dungen im Text. 1900. Preis: 7 Mark. Zweiter Teil (Schluß des Das Goebelsche Werk ist eine Fundgrube gut disponierten zuverlässigen bota- nischen Materials, das insbesondere denjenigen Forschern zugute kommen wird, die sich ein Bild von der Entstehung und allmählichen Herausbildung des Pflangenkörpers zu machen bestrebt sind und zwar in Anknüpfung der komplizierten Verhältnisse an die einfacheren. ... Botanische Zeitung 1900, Nr. 23: Ein weiteres Heft des interessanten und gedankenreichen Werkes liegt vor... . Aus der Fülle des gebotenen Stoffes mögen nur einige besonders interessante Partien hervorgehoben werden, in denen der Verfasser entweder neue, bislang nicht oder wenig bekannte Beispiele heranzieht, oder ihm eigentümliche Erklärungsversuche für die Organ- gestaltung gibt. Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Die Cranspiration der Pflanzen Eine physiologische Mo- Burgerstein, a. ord. Universitätsprofessor in Wien. Preis: 5o Pfg, * nographie von Dr. Alfred 7 Mark Biochemie der Pflanzen. Von Dr. phil. et med. Friedrich Czapek, 0. ö. Prof. der Botanik in Prag. Erster Band. ı905. Preis: ı4 Mark, geb. ı5 Mark. Zweiter Band. Preis: 25 Mark, geb. 26 Mark 50 Pig. Über die Bedeutung des Palisadenparenchyms für die Transpiration der Blätter. Von F. W. C. Areschoug. Bei den Versuchen, die Einwirkung eines bestimmten äußeren Momentes auf die Organisation eines Zellgewebes zu erforschen und den Einfluß, den die veränderte Organisation auf die Leistungsfähigkeit. des betreffenden Gewebes in einer bestimmten Hinsicht ausübt, festzu- stellen, hat man sich gewöhnlich der vergleichend-anatomischen Methode bedient. Man verglich also die innere Organisation solcher Pflanzen, die sich unter der Einwirkung eines äußeren, stark vorherrschenden Momentes entwickelt hatten, mit der entsprechenden Organisation bei Pflanzen, die unter solchen Verhältnissen gelebt hatten, daß das näm- liche Moment sich nur in geringem Grade geltend machen komnte. \enn es sich herausstellte, daß die Veränderung im Bau eines Zell- gewebes, die dabei konstatiert wurde, von solcher Beschaffenheit war, daß sie voraussichtlich eine Funktion des betreffenden Zellgewebes oder eines anderen in demselben Pflanzenteile vorhandenen Gewebes verstärken oder schwächen würde, und wenn diese Vermutung auch in festgestellten physiologischen Tatsachen ihre Stütze findet, so darf auch mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß die vor- handene Verschiedenheit in der Organisation infolge einer Reaktion der Pflanze entstanden ist, wodurch sie sich gegen die Unzuträglichkeiten, welche das betreffende äußere Moment je nach seiner größeren orler geringeren Intensität hat verursachen können, zu schützen sucht. Vergleicht man z. B. Pflanzen, welche auf trockenen und dem Sonnenlichte stark exponierten Stellen wachsen, (die sogenannten Xero- phyten, mit solehen Pflanzen, welche auf schattigen, feuchten Lokalitäten wachsen, so wird mian finden, daß die Blätter der ersteren sich durch ein besonders mächtiges Palisadenparenchym auszeichnen, «deren Zellen sehr dieht vereinigt und meistens. in mehreren Reihen angeordnet sind. In gewissen Fällen ist das Mesophyll ganz und gar in ein Palisaden- parenchym verwandelt worden. In den Blättern der letzteren ist dagegen dies Gewebe niedriger und seine Zellen sind mehr oder weniger von Flora 1906. 22 350 Interzellularen getrennt, ja bei typischen Schattenpflanzen, wie z. B. bei manchen Farnen, kann das ganze Mesophyl! aus Schwammparenchym bestehen. Wenn das Palisadengewebe sehr stark entwickelt ist, fehlen in der Regel Spaltöffnungen an der Oberseite, sind aber dort an solchen Blättern vorhanden, deren Palisadenparenchym lockerer und weniger mächtig ist. Es ist heute eine wohlbekannte Tatsache, daß eine starke Insola- tion eine kräftigere Ausbildung des betreffenden Gewebes veranlaßt. Trotzdem habe ich geglaubt, zu der Annahme berechtigt zu sein, daß die mächtige Ausbildung des Palisadenparenchyms nicht so sehr eine lebhaftere Assimilation bezweckt, sondern viel mehr darauf abzielt, die stomatäre Transpiration herabzusetzen, eine Ansicht, die von mir schon vor 27 Jahren ausgesprochen wurde!). Die Verhältnisse, unter welchen die mit solchen Blättern ausgerüsteten Pflanzen leben, sind nämlich der- artig, daß Sparsamkeit beim Wasserkonsum zu einer notwendigen Lebens- - bedingung wird. Denn einerseits ist die disponible Wasserquantität sehr begrenzt, während andererseits die stärkere Insolation eine lebhafte Wasserverdunstung bewirken würde, wenn nicht organische Anordnungen vorhanden wären, welche diesen Prozeß herabsetzen könnten. Und von solchen Anordnungen ist ein mächtiges und aus dicht zusammenstehenden Zellen gebildetes Palisadenparenchym wahrscheinlich eine von den am meisten effektiven, und zwar nicht nur aus dem Grunde, daß ein solches Palisadengewebe an sich durchaus untauglich als Organ für die Transpiration ist, sondern auch deshalb, weil es das von der oberen Seite des Blattes zu dem transpirierenden Gewebe oder dem Schwamm- parenchym eindringende Licht abschwächt. Das Palisadenparenchym bildet in dieser Weise, wenn ich so sagen darf, einen grünen Schirm, (len das Licht auf seinem Wege nach dem Schwammparenchym passieren muß, wobei es erheblich geschwächt wird. Eine ähnliche Überlegung hat auch Haberlandt geleitet?), wenn er, allerdings in einem anderen Zusammenhange und zwar mit Rücksicht auf die Frage nach der Fähig- keit der Blätter, das Licht auszunutzen, von der Auffassung ausgeht, daß die Lichtstrahlen, besonders wenn sie assimilatorische Gewebe passieren, durch Reflexion, Brechung und Absorption in hohem Grade ihre Kraft einbüßen. Es ist einleuchtend, daß die Fähigkeit der Licht- . 1 Jämförande Unders. öfver Bladets Anatomi, kgl. Fysiografiska Sällskapets Minnesskrift, pag, 215, Lund 1878, 2} Die Perzeption des Lichtreizes durch das Lauhblatt, Ber. der Deutsch. Botan. Gesellsch. 1904, pag. 112, 331 strahlen, die Transpiration des Schwammparenchyms zu beschleunigen, gleichzeitig vermindert werden muß. Dies Vermögen des Palisadenparenchyms, die Transpiration herab- zusetzen, macht sich um so mehr geltend, je nachdem die äußeren Verhältnisse eine derartige Beschränkung wünschenswert machen. Es leuchtet ein, daß in der Natur eine unzählige Menge von Übergängen vorhanden ist zwischen diesen Fällen und solchen, wo organische An- ordnungen zum Zweck der Beschleunigung der Transpiration zur Ver- wendung gelangen, wie auch, daß es zahlreiche Übergänge gibt zwischen Blättern, deren Mesophyll ganz und gar in ein Palisadenparenchym ver- wandelt ist, oder wo dies Gewebe sehr stark entwickelt ist, und solchen Blättern, deren Mesophyll mehr oder weniger vollständig aus Schwamm- parenchym besteht. Zur selben Zeit, wo das Palisadenparenchym lakunöser wird, in welchem Falle Spaltöffnungen in der Regel auch auf der oberen Blattfläche auftreten, wird es auch diesem Gewebe ermöglicht, sich direkt an der Wasserabdunstung zu beteiligen, und die von der oberen Blatt- fläche auffallenden Lichtstrahlen können auch mit einigermaßen unge- schwächter Energie durch die Lufträume eindringen und Transpiration bewirken. Ja, es gibt sogar Fälle, wo die Wasserverdunstung aus- schließlich vom Palisadengewebe besorgt wird, wie z. B. in den soge- nannten dorsalen Blättern?) und in den Schwimmblättern der Nymphaea- ceen, deren Schwammparenchym ausschließlich als Schwimmgewebe funktioniert: (s. 8. 33). Mit dem, was soeben angeführt wurde, habe ich keineswegs be- haupten wollen, daß das Palisadenparenchym das einzige Mittel sei, wodurch die Pflanze die Transpiration regulieren kann. Für diesen Zweck stehen der Pflanze manche andere Einrichtungen zur Verfügung, die entweder jede für sich oder mit anderen zusammen imstande sind, die Wasserabdunstung zu regulieren, wie ich schon sowohl in meiner oben angeführten Arbeit wie in verschiedenen Abhandlungen und Auf- sätzen jüngeren Datums nachzuweisen gesucht habe. Es ist sogar, wie ich daselbst hervorgehoben haben, keineswegs selten, in den Blättern einer und derselben Pflanze Einrichtungen zu finden, die einen gerade entgegengesetzten Einfluß auf die Transpiration ausüben. Ich habe geglaubt, diese, wenn ich so sagen darf, Inkonsequenz in der Konstruk- tion des Blattes auf die Weise erklären zu können, daß, wenn eine Pflanze unter äußere Bedingungen versetzt wird, die von denjenigen, welcher 3) Undersökningar öfver de tropiska växternas bladbygenad, s. 7, i Kungl. Svenska Vetenskapsakademicus Handlingar, Bl. XXXIX, No. 2. 332 sie bis jetzt angepaßt war, abweichen, so sucht sie sich den neuen Ver- hältnissen zu akkommodieren, und zwar durch solche Auswege, die mit ihren Bildungsanlagen am meisten übereinstimmen und dabei mit möglichst geringem Aufwand von Energie und Baustoff realisiert werden können. Auf der anderen Seite muß es zugegeben werden, daß die ver- gleichend-anatomische Untersuchungsmethode nicht zu einem vom Stand- punkte des Naturforschers völlig sicheren Resultate führen kann, auch . wenn dies noch so wahrscheinlich dünken mag. Versuche, auf experimental- physiologischem Wege eine Antwort auf die nämliche Frage zu bekommen, sind auch angestellt worden und scheinen, wenigstens teilweise, in be- zug auf die in oben angeführten Fällen angenommene transpirations- hemmende Einwirkung des Palisadenparenchyms zu entgegengesetzten Resultaten geführt zu haben. Es scheint mir aber, als wären auf diesem Wege in noch geringerem Grade völlig zuverlässige Resultate zu erreichen. Allerdings läßt es sich durch Benutzung dieser Methode mit ziemlich großer Genauigkeit bestimmen, inwiefern unter den näm- lichen äußeren Verhältnissen diese Pflanze mehr resp. weniger transpiriert als jene, allein es dürfte kaum zu entscheiden sein, ob dieser oder jener Faktor den wirksameren Einfluß auf die Wasserverdunstung ausgeübt hat. Es ist nämlich nicht möglich, sämtliche verschiedene Faktoren, die diesen Prozeß beeinflussen, auseinander zu halten, auch wenn man mit isolierten Blättern experimentiert, wobei dieselben Schwierigkeiten, wenn auch in geringerem Grade, vorhanden sind, wozu kommt, daß solche Blätter unter wesentlich anderen Verhältnissen arbeiten als diejenigen, welche sich in organischer Verbindung mit der Pflanze befinden. Um derartige Fragen zu erforschen, hat in jüngster Zeit Hessel- man‘) in einer sehr verdienstvollen Arbeit einen bis dahin so gut wie völlig ungebahnten Weg eingeschlagen, indem er sozusagen das Laboratorium ins Freie versetzt und seine Untersuchungen an ganzen Pflanzen und nicht an abgeschnittenen Pflanzenteilen angestellt hat und zwar unter denselben äußeren Verhältnissen, welche die Pflanzen vorher ge- wöhnt waren. Dabei hat der Verfasser auch seine Aufmerksamkeit auf die Transpiration gerichtet und aus seinen Untersuchungen den Schluß ziehen zu können geglaubt, daß das Palisadenparenchym keinen hemmenden Einfluß auf diesen Prozeß ausübt. Beim Ausführen der betreffenden Versuche hat der Verfasser, wie es scheint, alle nötigen Vorsichts- maßregeln eingehalten und, so weit möglich, alle Fehlerquellen zu ver- 4) Zur Kenntnis des Pflanzenlebens schwedischer Laubwiesen, in Beihefte zum Botanischen Zentralblatt, Jahrg. 1904. 333 meiden gesucht. Der Verfasser hat konform seiner gestellen Aufgabe ausschließlich mit auf Laubwiesen vorkommenden Pflanzen experimentiert, also mit sogenannten Mesophyten, welche genügende Wasserzufuhr haben und darum auch bei einer intensiven Transpiration es nicht nötig haben, durch eine herabgesetzte Transpiration den Wasserkonsum zu vermindern. Unter den zahlreichen, vom Verfasser angeführen Tran- spirationsserien dürfte besonders die erste (S. 429) Aufmerksamkeit ver- dienen. Als Versuchspflanzen wurden in dieser Serie fünf Arten benutzt, und von diesen waren zwei, und zwar Spiraea Ulmaria und Veronica Chamaedrys, mit einem wohlausgebildeten Palisadenparenehym ver- sehen, allein bei den dreiührigen, Actaea spicata, Trientalis europaea und Majanthemum bifolium, war das ganze Mesophyll mehr oder weniger schwammähnlich. Es wurde sowohl mit Sonnen- wie mit Schattenformen von sämtlichen Arten experimentiert, mit Ausnahme von Actaea spicata, von welcher nur die Sonnenform geprüft wurde, Während der Versuche waren die Sonnenpflanzen an einer insolierten, die Schatten- formen an einer beschatteten Stelle plaziert (8. 414). Durch Wägung der Versuchspflanzen zusammen mit den Töpfen, in denen sie kultiviert wurden, wurde für jeden Tag, wo die Versuche vonstatten gingen, die Gewichtsabnahme jedes Topfes festgestellt, und die dabei beobachtete Gewichtsverminderung auf Rechnung des durch die Transpiration ver- ursachten Wasserverlustes geschrieben. Es stellte sich heraus, daß der Wasserverlust, auf 10 gem der Blattfläche berechnet, bei den Sonnen- formen sämtlicher Versuchspflanzen erheblich reichlicher war und zwar am größten bei denjenigen Pflanzen, deren Blätter ein scharf differen- ziertes Palisadenparenchym besaßen. Aus diesem Befunde zieht nun der Verfasser den Schluß, daß das Palisadengewebe keinen modifizierenden Einfluß auf die Transpiration der Blätter ausübt. Obgleich der Verfasser nicht die Tatsache berücksichtigt hat, daß in der Pflanze gleichzeitig mit der Transpiration sich auch andere Prozesse abspielen, welche zur Vermehrung resp. Verminderung des Gewichts der Pflanze beitragen, so wollen wir doch gern annehmen, daß diese ° Ausschläge der Versuchsserien in der Hauptsache richtig sind, und daß die Gewichtsabnahme wesentlich auf der Transpiration beruht. Allein die größere oder geringere Ausgiebigkeit der Transpiration beruht nicht ausschließlich auf dem Vorhandensein resp. Fehlen des Palisadengewebes oder auf der größeren oder geringeren Mächtigkeit dieses Gewebes im Blatte, sondern wird auch und zu gleicher Zeit sowohl von äußeren Faktoren wie von manchen anderen ÖOrganisationsverkältnissen in der Pflanze selbst reguliert. So kann, um einige Beispiele heranzuziehen. 334 die Wasserverdunstung auch in krautartigen Stengeln stattfinden, wozu kommt, daß die größere oder geringere Ausgiebigkeit der Transpiration ganz wesentlich von der kräftigeren resp. schwächeren Entwicklung des wasserabsorbierenden und des wasserleitenden Systems bedingt wird. Außerdem wird diese Funktion noch von Anzahl, Lage und Bau der Spaltöffnungen wie auch durch den Bau des Schwammparenchyms be- einflußt. Mit Rücksicht auf das letztere oder das im engeren Sinne transpirierende Gewebe wird augenscheinlich die Transpiration im hohen Grade erleichtert, wenn dies Gewebe reich an großen Interzellularen ist, wodurch ein größerer Teil der Fläche jeder Zelle in Kontakt mit der atmosphärischen Luft kommt, wie auch die Zellen dieses Gewebes ihre größte Ausdehnung in einer zu den beiden Blattflächen parallelen Richtung besitzen, wodurch ein größerer Teil des Inhaltes jeder Zelle der Einwirkung des einfallenden Lichtes ausgesetzt wird. Dieser Bau des Schwammparenchyms tritt indessen ganz deutlich nur an Flächen- schnitten hervor. Allerdings hat der Verfasser diese Verhältnisse nicht ganz übersehen, allein er hat doch, wenn es sich um das Fazit der betreffenden Versuche handelt, ausschließlich das Vorhandensein oder das Fehlen des Palisadenparenchyms berücksichtigt. Die Versuchspflanzen, bei denen die Transpiration am schwächsten gefunden wurde, waren solche, die auf Grund der Organisation der Blätter als Schattenpflanzen aufgefaßt werden müssen, wenn sie auch das Sonnenlicht ertragen können, ohne daß die Blätter irgend welcher merkbaren organischen Veränderung untergehen. Das Fehlen eines gut ausgebildeten Palisadenparenchyms beruht auf dem schwachen diffusen Lichte, das gerade infolge des Fehlens eines solchen Gewebes in das Schwammparenchym einzudringen und dort eine, wenn auch schwache, Transpiration einzuleiten vermag. Die Schattenpflanzen haben aber zur selben Zeit und wahrscheinlich infolge der durch die schwache Be- leuchtung herabgesetzten Transpiration ein schwach ausgebildetes Wurzel- system und absorbieren infolgedessen eine geringere Quantität Wasser. Und es dürfte wohl für mehr als wahrscheinlich gehalten werden können, daß eine geringere Wasserzufuhr eine verminderte Transpira- tion veranlaßt, worin die Ursache der auch bei Insolation schwachen Transpiration der Schattenpflanzen wahrscheinlich zu suchen ist. Es ist außerdem nicht unwahrscheinlich, daß Spaltöffnungen an Schattenpflanzen, welche dem direkten Sonnenlichte ausgesetzt werden, unter diesen Um- ständen mehr oder weniger geschlossen bleiben, wodurch selbstverständ- lich die Transpiration weniger lebhaft wird. Sollten die von Brown 335 und Escombe5) gemachten Untersuchungen bestätigt werden, daß näm- lich im diffusen Lichte mehr Energie für die Assimilation als für die Transpiration verwendet wird, während im direkten Lichte weit mehr Energie für diesen als für jenen Prozeß verbraucht wird, was auch allem Anscheine nach von Arno Müller®) bestätigt worden ist, indem er gefunden, daß die Schattenblätter im diffusen Lichte mehr als das Doppelte wie die Sonnenblätter und im direkten Lichte nur um ein geringes weniger wie die letzteren assimilieren, so hätten wir hierin noch einen Grund, warum die Schattenblätter, obschon sie ein Palisaden- parenchym entbehren, doch weit weniger effektive Transpirationsorgane sind als die mit einem solchen Gewebe versehenen Sonnenblätter. In erster Linie dürfte indessen das schwache Licht die Ursache der relativ schwachen Transpiration sein und damit diese doch genügend werde, muß das Licht möglichst unbehindert in das transpiratorisehe Gewebe eindringen können, was wiederum dadurch ermöglicht wird, daß das Licht nicht genügend intensiv ist, um die Entwicklung eines Palisaden-' parenchyms zu veranlassen. Hier wie in so vielen anderen Fällen sehen wir also, wie ein auf die vitale Tätigkeit der Pflanze schädlich wirken- des Moment irgend eine Veränderung in der Organisation der Pflanze veranlaßt, welche den aus diesem Momente sonst entstehenden Unzu- träglichkeiten entgegenwirkt. . Wenn es dagegen nachgewiesen werden könnte, daß bei sonst gleicher Organisation und unter gleichen äußeren Verhältnissen die Schattenblätter, falls ihre oberste Mesophylischicht durch ein Palisaden- parenchym ersetzt wäre, ebensoviel wie die typischen Schattenblätter derselben Pflanze transpirierten, dann könnte man mit guten Gründen behaupten, daß das Palisadenparenchym nicht imstande ist, eine Er- niedrigung des betreffenden Prozesses zu bewirken. Aus denselben Transpirationsversuchen hat es sich des weiteren her- ausgestellt, daß Blätter, die mit einem gut differenzierten Palisadenparen- chyın erheblich mehr transpirieren als solche Blätter, bei denen dies Gewebe fehlt. Vor allem hat sich dies in bezug auf Spiraea Ulmaria gezeigt. Hierbei ist doch zu berücksichtigen, daß die Transpiration bei dieser Pflanze, obgleich das Palisadenparenchym sehr mächtig ist, besonders 5) Brown and Escombe, Address to ihe chemical section of the British Association for the Advancement of seience. Dover 1899; mir nur bekannt durch einen Vortrag von Wiesner (Die Entwieklung der Pflanzenphysiologie in Österreich. Bot. Zeitschr, 1905, No. 4) und das Ref. von Jost in Bot. Zeitschr. 1904, No. 5. 6) Arno Müller, Die Assimilationsgröße bei Zucker- und Stärkeblättern, Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XL, p. 448. 356 . lebbaft sein muß, weil diese Pflanze infolge -ihres hohen Wuchses kaum mit irgend einer anderen krautartigen Pflanze um das Licht zu konkurrieren braucht und durch ihr kräftiges Wurzelsystem viel Wasser zu absorbieren imstande sein muß. Außerdem ist die Möglichkeit keineswegs ausgeschlosen, daß diese Pflanze durch allerlei andere Organisationsveränderungen befähigt wird, eine lebhafte Transpiration zu erzeugen. Gewiß würde die Transpiration noch lebhafter sein, wenn das ganze Mesophyll ein Schwammparenchym gewesen wäre, die sonstige Organisation wie die äußeren Verhältnitse dabei aber unverändert. Die von diesem Verfasser angestellten Transpirationsversuche liefern also an und für sich keine Widerlegung der, soviel ich weiß, erst von mir dargelegten und von vielen Verfassern als richtig ange- nommenen Auffassung, daß das Palisadenparenchym je nachdem dies Gewebe stark entwickelt ist und aus dicht vereinigten Zellen besteht, wie es besonders bei den XKerophyten der Fall ist, die Transpiration mebr oder weniger herabzusetzen vermag. Über Knospenbildung an Farnblättern. Von Walter Kupper. (Mit 47 Figuren.) | Die Knospenbildung an Farnen ist ein seit Jahrzehnten vielfach behandeltes Gebiet. Die älteren Autoren (Kunze, Braun, Hofmeister, beschäftigten sich zunächst hauptsächlich mit den Ausläufern einiger Nephrolepis-Arten und von Struthiopteris germaniea, die aus Knospen an oder neben den Blattbasen entstehen, und dann mit den Seiten- knospen der Farne überhaupt (Hofmeister, Karsten, Stenzel, Mettenius). Als solche wurden die an Sprossen und Blattbasen auf- tretenden Knospen bezeichnet im Gegensatz zu den durch Gabelung zustande gekommenen Verzweigungen. Hofmeister rechnete allerdings die auf den Biattbasen stehenden Knospen nicht zu den Seitenknospen, sondern faßte sie als Adventivknospen auf; aber Karsten, Stenzel “ und Mettenius wiesen nach, daß dieselben als Gabeläste oder als Seitenknospen am Grunde der Blattstiele vom Stamm ihren Ursprung nehmen und nur mit jenen eine kürzere oder längere Strecke empor- wachsen, so daß sie nachher wie Adventivknospen am Blattstiel aus- sehen. Während Stenzel diejenigen von Aspidium filx mas und Aspidium aculeatum var. vulgare Döl. noch als wirklich blattstielstän- dige Knospen gelten ließ, machte Mettenius keinen Unterschied zwischen diesen und den andern Fällen und deutete nur noch die- jenigen Knospen als adventive, welche ebenso unabhängig von den Blattbasen wie die durch Dichotomie entstandenen Sprosse, als Neu- bildung unter dem Vegetationspunkt der Hauptachse entstehen. Durch Heinrichers Untersuchungen wurde dann die Entwick- lungsgeschichte der Knospen auf der Blattspreite von Asplenium bulbi- ferum Forst. und einigen andern Farnen bekannt. Lachmann beobachtete die Umwandlung von Wurzeln in Sprosse bei Asplenium esculentum Kr. Rostowzew führte den genaueren Nachweis dieser Umwandlung für den genannten Farn und für einige Platycerium-Arten (Platycerium Willinkü, alicorne Desv., Stemmaria Desv., Hilli Moore), und ergründete auch die Art der Entstehung der seit- lichen Knospen an den Wurzeln von Ophioglossum vulgatum L. 338 Die Knospen von Cystopteris bulbifera, die in biologischer Hin- sicht von Interesse sind und schon von Matouschek beschrieben waren, wurden ebenfalls von Rostowzew von den jüngsten Stadien ihrer Entwicklung an verfolgt, und Sadebeck schilderte endlich die auf- fallend geformten, rhizomartigen Knospen an den Wedeln von Phegopteris sparsiflora EIk. So hatte sich im Lauf der Jahre eine ansehnliche Literatur über die Knospenbildung an Farnen angesammelt, und es waren eine Anzahl sehr interessanter Verhältnisse bekannt geworden. Besonders die Fälle mit ausgesprochenen Anpassungen an besondere Lebensbedingungen fesselten die Aufmerksamkeit. Sonderbarerweise waren aber einige der merkwürdigsten Formen der Knospenbildung an Farnblättern bis vor kurzem ganz unbeachtet geblieben, nämlich die Entstehung von Knospen an der Spitze von Farnblättern unter gleichzeitiger Verlängerung der Rhachis über die Fiedern hinaus und das Vorkommen von fiederlosen knospenden Ausläuferblättern. Goebel‘) zeigte an Adiantum Edgeworthi Hk., daß die Stamm- scheitelzelle der Knospen dieses Farnes direkt aus der Scheitelzelle des Mutterblattes hervorgeht, so daß man hier von der Umwandlung eines Blattes in einen Sproß sprechen könnte. Auch die Ausläuferblätter wurden von Goebel“) zuerst als solche erkannt und für Asplenium obtusilobum Hk. und Asplenium Manni Hk. nachgewiesen. Zweck der vorliegenden Arbeit war es, die Entwicklung der Spitzen- knospen an Adiantum Edgeworthi weiter zu verfolgen, einige andere Fälle der Knospenbildung an Blattspitzen zu untersuchen und hauptsächlich auch klarzulegen, wie die Anlage der Knospen an den Blattausläufern vor sich geht, Im Anschluß an diese Untersuchungen suchte ich dann an Hand des im Münchner Kryptogamenherbar vorhandenen Materials und der Literatur einen Überblick über die Verbreitung der Knospenbildung an Farnblättern überhaupt zu gewinnen, und das meiner Arbeit beigegebene Verzeichnis der aufgefundenen Fälle ist vielleicht geeignet, eine vor- läufige Orientierung zu ermöglichen, bis wir durch weitere Bearbeitung eines umfassenderen Materials ein klares Bild gewinnen können. Die Anregung zu diesen Untersuchungen empfing ich von meinem hochverehrten Lehrer Herrn Professor Goebel, unter dessen Leitung die Arbeit im pflanzenphysiologischen Institut zu München von Februar 1904 bis Februar 1906 ausgeführt wurde. 339 Für das reiche Material, das mir Herr Professor Goebel aus den Gewächshäusern des Gartens, sowie aus dem Herbar zur Verfügung stellte, und ganz besonders für das nie ermüdende Interesse, das er meinen Bestrebungen entgegenbrachte, und die immer aufs neue an- regenden Ratschläge sage ich ihm meinen aufrichtigen, herzlichen Dank. Adiantum Edgeworthii Hook. Die Knospen dieses zierlichen asiatischen Farns, der als Epiphyt an beschatteten Baumstämmen wächst, entstehen am Ende einer peitschen- förmigen, fiederlosen Verlängerung der Blattrhachis, die weit überhängt und die Adventivknospe auf der Unterlage absetzt. Diese merkwürdige Erscheinung, die bei einer ganzen Anzahl von Adiantumarten in gleicher Weise auftritt, konnte natürlich der Aufmerksamkeit der Botaniker nicht entgehen. Schon Hooker?) nannte alle mir bekannt gewordenen. Fälle bis auf Adiantum capillus junonis Rupr. und das erst später gefundene Ad. Schweinfurthii Kuhn. und faßte sie zu einer besonderen Gruppe zusammen. Auch in der Synopsis filieum von Hooker und Baker finden wir diese „radicantes-group“ unter der Überschrift: „the rhachis often elongated and taking root at the apex“. Die Bildung der Wurzeln ist also hier besonders hervorgehoben, während das Wichtigere, die Anlage von Knospen, nicht erwähnt wird und wohl oft übersehen wurde. Allerdings fallen ja an jungen Stadien die Wurzeln besonders auf, da sie von der jungen Pflanze zuerst’ gebraucht werden und darum den andern Organen in der Entwicklung vorauseilen. Aber es bleibt trotzdem bezeiehnend und beweist den Mangel an biologischem Interesse bei den älteren Systematikern, daß die leicht erkennbaren Tatsachen in dieser Weise ungenau zum Ausdruck gebracht wurden. Die Entstehung der Knospen wurde erst durch Goebel*’) unter- sucht. Er suchte festzustellen, ob sie wirklich an der Spitze des Blattes sich bilden oder nur in deren unmittelbarer Nähe, und gelangte zu dem Resultate, daß der Sproßscheitel der Knospe direkt aus der Scheitelzelle des Blattes entsteht, so daß hier die Knospe als terminale Neubildung auftritt. Ich hatte also für diesen Fall nur die Aufgabe, eine Nachunter- suchung vorzunehmen und wenn möglich die Entwicklung weiter zu verfolgen. Es kann gleich hier schon angeführt werden, daß meine Resultate mit denen Goebels in allen Punkten übereinstimmen. Das Blatt von Ad. Edgeworthii wächst mit einer zweischneidigen Scheitelzelle, die von zwei gewölbten Seitenflächen gegen die letzten 340 Segmente abgegrenzt ist und eine ebenfalls gewölbte zweispitzige Außenfläche besitzt, der wir im folgenden hauptsächlich unser Augen- merk zuwenden müssen, da sich die Teilungsvorgänge in der Scheitel- zelle an ihr besonders leicht erkennen lassen. Die Scheitelzelle ist, wie bei andern Farnen, so orientiert, daß die Medianebene des Blattes die Längsachse der Außenfläche in sich aufnimmt. Aus den Segmenten, die zwei regelmäßige Längsreihen bilden und deren Mittelstücke zu Randzellen werden, sprossen die Fiedern hervor. Bei einzelnen Blättern, wahrscheinlich bei den ersten jeder Vegetationsperiode, geht die Scheitel- Fig. 1. Adiantum Edgeworthii: Entstehung einer Knospe an der Spitze eines Blattes. 7 Erste Teilung in der Blattscheitelzelle. S Sproßscheitelzelle der Knospe. 77 Blatt- scheitelzelle mit zwei Querwänden. 2, Stelle, an der das erste Blatt entsteht. ZT Längsschnitt durch eine Blattspitze mit Knospenanlage. 5 Sproßscheitelzelle. 2, erstes Blatt der Knospe. zelle unmittelbar nach der Anlage der letzten Seitenfieder in Rand- wachstum über und es entsteht eine Endfieder. Bei allen andern Blättern aber erfährt sie noch einige wenige regelmäßige Teilungen Dann stellt sie ihre Tätigkeit als Blattscheitelzelle ein und es tritt in ihr eine antikline Querwand auf, die die Seitenwände und die Außen- wand rechtwinklig trifft. (Fig. 17 und Goebel#”), Fig. 302.) Damit ist bereits der erste äußerlich sichtbare Schritt zur Knospen- bildung getan, Diese Teilung erfolgt außerordentlich früh, zu einer Zeit, wo das ganze Blatt samt der eingerollten Spitze nur einige Mill- . meter wmißt, trotzdem ‘schon alle seine Teile angelegt sind und nur noch ausgestaltet werden müssen. 341 Die Blattscheitelzelle ist durch die entstandene Wand in zwei an- nähernd gleich große Hälften zerlegt worden, die beide dreiseitig- pyramidale Gestalt haben. Eine von ihnen ist von nun ab Sproß- scheitelzelle der Knospe und zwar ist es nach meinen Beobachtungen immer die obere, der Konkavseite der Rhachis zugekehrte. Der Blattscheitel ist also direkt zum Sproßscheitel geworden. Es wurden auch verschiedene Blattscheitelzellen gefunden, in denen zwei Fig. 2. Blattspitzenbürtige Knospenanlagen, zum Teil mit Anlage des ersten Blattes. 7 Adiantum Edgeworthii. Z7 Ad. caudatum. 177 Ad. capillus junonis. ZIP Ad. lunulatum. 7 Seitenansicht von Z/ im Umriß (schwach vergrößert), S Sproß- scheitelzelle in der aus der Scheitelzelle des Mutterblattes entstandenen Zellgruppe (diese mit stärkeren Umrissen). 2 erste Blattanlage, unabhängig vom Stammscheitel entstanden. Querwände vorhanden waren. Vielleicht geht hier die Sproßscheitel- zelle aus dem Mittelstück hervor; wahrscheinlicher erscheint mir aber, daß auch in diesen Fällen die dreiseitige Zelle auf der Konkavseite Sproß- scheitelzelle wird und die zweite Querwand nur als erste Teilung im anderen etwas größer ausgefallenen Stück der Blattscheitelzelle aufzufassen ist. Die Spitze der Rhachis fängt nun an, sich beträchlich zu verdieken, wobei besonders die Unterseite ein gesteigertes Wachstum zeigt, so daß der junge Knospenscheitel mehr und mehr auf die Oberseite der Blattspitze 342 verlagert wird. Auf der Konvexseite wölbt sich in der Nähe der früheren Blattscheitelzelle, deren Gestalt noch lange erkennbar bleibt, eine Gruppe von Zellen auffallend vor. Dieser kleine Zellhöcker (Fig. 1/7), der vom Sproßscheitel durch eine sich fortwährend vertiefende Einbuchtung getrennt ist, zeigt auf seiner höchsten Stelle bald eine ungewöhnlich große Zelle, die rasch aufeinander folgende Teilungen erfährt, durch die sie zu einer zweischneidigen Blattscheitelzelle umgestaltet wird. Dies ist die Anlage des ersteren Blattes der Knospe (Fig. 2). Dieses ent- steht somit nicht etwa aus einem Segmente der neugebildeten Sproß- scheitelzelle, sondern außerhalb der früheren Blattscheitelzelle aus dem meristematischen Gewebe der Spitze des Mutterblattes (G@oebel', p. 449. Die Entfernung der Blattanlage vom Knospenscheitel schwankt etwas. In Fig, 2 / können wir noch deutlich zwei Segmente am Scheitel des Mutterblattes erkennen und das junge Blatt scheint im dritten oder vierten Segment zu entspringen, während es in anderen Fällen (Fig. 1/7) sich näher am Vegetationspunkt der Knospe bilde. Bei Adiantum Edgeworthü baut sich also nicht die ganze Adventivknospe aus den Segmenten der Sproßscheitelzelle auf, wie es z. B. nach Heinricher?®) bei Asplenium bulbiferum Forst. der Fall ist, sondern die ganze Spitze des Mutterblattes besteht aus embryonalen Gewebe, und der Sproß- scheitel und das erste Blatt werden an ihr getrennt nebeneinander und fast gleichzeitig gebildet, ganz analog wie die ersten Organe der Keim- pflanze am Embryo entstehen. Das junge Blatt stellt sich von Anfang an in die Verlängerung des Mutterblattes, und es sieht deshalb später ganz so aus, als ob dieses ununterbrochen weiter gewachsen wäre und die Knospe sich auf seiner Oberseite gebildet hätte (Fig. 3 und Goebel?”). Die erste Wurzel entsteht endogen auf der Unterseite des Mutter- blattes, dem Vegetationspunkte der Knospe gerade gegenüber. Die Wurzelanlage scheint gewöhnlich in der dritten Zelllage sich zu bilden und bleibt noch einige Zeit von den beiden äußersten Zelllagen bedeckt (Fig. 3). Diese Vorgänge haben sich alle bereits abgespielt, wenn das Mutterblatt erst etwa 2 em lang geworden ist und seine ersten Fiedern zu entfalten beginnt. Die junge Knospe liegt also immer noch im Mittelpunkt der schneckenförmigen Einrollung der Blattspindel. Sie ist hier vorzüglich gegen alle schädigenden äußeren Finflüsse ge- schützt, denn sie ist nicht nur von mehreren Windungen der Rhachis umschlossen, sondern zu beiden Seiten von sämtlichen Fiedern bedeckt, 343 die der eingerollten Blattspindel dicht anliegen und so angeordnet sind, daß jede von ihnen alle jüngeren schützt. Da sich nun die Fiedern & ne junge Knospe von Adiantum Edgeworthü (aus drei Mikrotomschnitten kombiniert). S Sproßscheitelzelle, 2 erstes Blatt der Knospe, das. i ortsetzung des Mutterblattes bildet, 77 erste Wurzelanlage, endogen in der dritten Zelllage entstanden. Fig. 3. Längsschnitt dureh ei I & D 4 + or 344 - auszubreiten anfangen und das Blatt sich abrollt, erhält die junge Knospe ein neues Schutzmittel in Gestalt von zahlreichen Haaren, die nament- lich im Umkreis des Vegetationspunktes und des jungen Blattes auf- treten und von allen Seiten her dieselben überdecken. Sie erschweren die Untersuchung der älteren Stadien ungemein; die Entwicklung der Knospe konnte aber trotzdem noch einen Schritt weiter verfolgt werden. Während das erste Blatt sich lebhaft entwickelt, macht der Sproß- scheitel nur geringe Fortschritte. In der Sproßscheitelzelle tritt end- lich die erste Teilung ein, indem eine Wand parallel zu einer der Seiten- wände entsteht (Fig. 2—-5). Dadurch wird das erste Segment abge- schnitten. Eine weitere Segmentierung wurde aber an keiner der frei- präparierten Knospen beobachtet. Die Teilungen der Knospenscheitelzelle erfolgen also äußerst langsam. Die andere Hälfte der ursprünglichen Blattscheitelzelle hat sich inzwischen mehrmals geteilt. Da die neuen Wände fast immer annähernd parallel zu einer Seitenwand oder zur Querwand verlaufen, so bleibt auch hier gewöhnlich eine Zeitlang eine dreiseitige Zelle erhalten. Sie ist aber stets kleiner als die Sproß- scheitelzelle und wird wohl zuletzt verschwinden. Der Scheitel der Knospe, auf dem immer noch die Umrisse der früheren Scheitelzelle des Mutterblattes leicht erkennbar sind, verbreitert sich jetzt bedeutend nach den beiden Seiten hin. Bald sehen wir links und rechts eine Gewebepartie sich zu ungefähr gleicher Höhe mit dem Vegetationspunkt emporwölben. Die Scheitelzellgruppe beteiligt sich aber an dieser Veränderung nicht, sondern das Wachstum findet hauptsächlich in den beiden Segment- reihen des Mutterblattes statt. Die Mittelstücke, die sonst die Rand- zellen liefern, werden hier durch Längs- und Querwände geteilt, die senkrecht aufeinander stehen, und es gehen aus ihnen unter sich gleiche, annähernd isodiametrische Zellen hervor. Auf den beiden Zellhöckern werden zwei neue Blätter angelegt, und bald sehen wir erst an dem einen und dann am andern eine Blatt- scheitelzelle auftreten. Auch diese beiden Blätter entspringen nicht aus Segmenten der Sproßscheitelzelle, sondern, genau wie das erste Blatt, in einiger Entfernung vom Sproßscheitel aus dem embryonalen Gewebe. Die Zelle, aus der die Blattscheitelzelle hervorgeht, ist schon früh mit Sicherheit zu erkennen, denn sie nimmt genau den höchsten Punkt eines Höckers ein, wird größer als die angrenzenden Zellen und ist in der Wachstumsrichtung des entstehenden Blattes stark gestreckt. Die beigegebenen Figuren 4 und 5 geben verschiedene Entwick- lungsstadien der Knospe mit den Anlagen des zweiten und dritten 345 Blattes. In Fig. 4 ist die Scheitelzelle des zweiten Blattes eben aus einer oberflächlichen Zelle ausgeschnitten worden. Sie ist nicht aus den aufgeteilten Randzellen hervorgegangen, sondern steht mehr auf der geförderten Konvexseite des Mutterblattes. Fig. 5 stellt einen etwas älteren Zustand dar. Das erste Knospenblatt, das die Fortsetzung des Mutterblattes bildet, ist hier weggelassen. Die Scheitelzelle des dritten Blattes ist auch hier noch nicht gebildet, aber die Blattmutterzelle ist bereits zu erkennen. Besonders scharf tritt sie im opt. Querschnitt (Fig. 577) der Knospe hervor, der nach dem gleichen Objekt gezeichnet ist. Hier haben wir in ..der Mitte die Sproßscheitelzelle, rechts die Scheitelzelle des zweiten Blattes (2,), die viel größer erscheint, da der Fig. 4. Adiantum Edgeworthü. Spitzenknospe mit zwei Blattanlagen (3, und 3,) schräg von oben gesehen. .S Sproßscheitelzelle. Schnitt durch die Längsachse ihrer Außenfläche geht, und links die Initiale des dritten Blattes. Die aus der Scheitelzelle des Mutterblattes hervorgegangene Zellgruppe ist noch wenig verändert und auch die zuletzt abgegebenen Segmente sind noch zu erkennen, obschon sie auf der Konvexseite durch das hier gesteigerte Wachstum verzerrt sind. Das zweite und dritte Blatt sind höher inseriert als das erste, da die ganze Scheitelpartie der Knospe inzwischen durch das rasche Wachstum der darunter liegenden Gewebe emporgehoben wurde. Da jetzt in dieser Zone ein Stillstand einzutreten scheint, die Blätter am Vegetationspunkt aber sich rasch entwickeln und auch das erste Blatt bedeutend an Umfang zunimmt, so entsteht unter den Basen des zweiten und dritten Blattes eine halsartige Einschnürung, durch die der obere Teil der Knospe gegen ihr erstes Blatt abgesetzt ist. Es macht darum Flora 1906. 23 346 den Eindruck, als ob ‘dieses Blatt gar nicht zur Knospe gehöre, und es erscheint jetzt mehr als je als die weitergewachsene Spitze des Mutterblattes, um so mehr, als das Leitbündel dieses letzteren sich direkt in das neue Blatt hinein fortsetzt. Die Entwicklungsgeschichte allein kann uns also in diesem Falle den wahren Sachverhalt enthüllen, und wenn man nur die fertigen Zustände untersuchen und sich dabei auf OU NZZN IT Fig. 5. Adiantum Edgeworthii. Ältere Knospe. 7 Scheitelansicht. 77 optischer (Querschnitt derselben Knospe. .S Sproßscheitelzelle in der aus der Scheitelzelle des Mutterblattes entstandenen Zellgruppe. 2, zweites Blatt (das erste ist nicht mit- gezeichnet). 2, Mutterzelle des dritten Blattes. Beide Blätter unabhängig vom Stamnischeitel entstehend. den Verlauf der Leitbündel stützen würde, so käme man zu ganz ver- kehrten Resultaten. Die Leitbündel stellen eben hier, wie in zahlreichen andern Fällen, in den in der Entwicklung befindlichen Organen die kürzeste und bequemste Verbindung mit den Nahrung und Wasser zu- führenden Teilen der Pflanze her, ohne sich nach morphologischen Begriffen zu richten. Auch das zweite und dritte Blatt werden durch 347 seitliche Auszweigungen des Leitbündels des Mutterblattes direkt mit diesem verbunden, und erst nachher bildet sich ein besonderes Knospen- leitbündel, indem zuerst einige Tracheiden angelegt werden, welche den jungen Sproß mit seiner ersten Wurzel verbinden und sich nicht an das Leitbündel des Mutterblattes anlegen (Fig. 6). Der Anschluß an dieses wird erst nachher durch andere Tracheiden hergestellt. Neben der ersten Wurzel auf der Unterseite des Mutterblattes sind inzwischen noch einige weitere entstanden und bald treten auch am Sproß der Knospe die ersten Wurzelanlagen auf. . Die Knospe ist nun in ihrer Entwicklung so weit vorgeschritten, daß sie selbständig werden kann. Das Mutterblatt hat unterdessen seine Fiedern zum größten Teil entfaltet und sich, be- sonders in den basalen Par- tien, bedeutend gestreckt. Die Streckung schreitet mit der Entfaltung der Fiedern und der Abrollung scheitel- wärts fort und erfolgt zu- letzt an der fiederlosen Verlängerung der Rhachis. AnBlättern, deren Knospen bereits die ersten drei Blatt- anlagen besaßen, war diese Fig. 6. Adiantum Tdgeworthii. Ältere Knospe; Verlängerung erst etwa das erste Blatt (2,) scheinbar die Verlängerung des 5- mm ährend sie Mutterblattes (37) bildend, dessen Leitbündel sich lang, währe © direkt in das Knospenblatt fortsetzt. #7 Wurzeln. ausgewachsen 10 cm und mehr messen kann. Auch der fiedertragende Teil der knospenden Blätter erscheint oft gegenüber den gewöhnlichen Wedeln stark verlängert und die obersten Fiedern sind meist weiter auseinander gerückt und viel kleiner, als die unteren. Gut entwickelte Blätter können mit dem fiederlosen Ende eine Länge von 6070 cm erreichen. Die verlängerte Rhachis berührt das Substrat bereits, ehe sie völlig abgerolit ist, und die Knospen können sich darum sofort bewurzeln und zu neuen Pflanzen heranwachsen. Auch in den Gewächshäusern, wo dieser Farn teilweise in hängenden Töpfen gezogen wird, machen die Knospen keine Ruhezeit durch, sondern wachsen ununterbrochen weiter, obschon sie frei in der Luft hängen. Die Wurzeln treiben dabei nicht oder nur wenig aus und verfrocknen meist. An jeder Knospe 23* 348 wächst das erste Blatt besonders schnell und bildet, wie dann auch die nachfolgenden, ebenfalls eine Knospe an der peitschenförmig ausgezogenen Rhachis, die sich in gleicher Weise weiter entwickelt. So entsteht eine sonderbare Verkettung von zahlreichen jungen Pflänzchen, die in dichtem Gewirr weit herunter hängen. In der Natur besorgen natürlich die Knospen die Vermehrung und Ausbreitung des Farnes, und wo sie einen günstigen Boden finden, überzieht bald ein so dichtes Geflecht von Blättern den verfügbaren Raum, daß man die einzelnen Pflanzen kaum herauslösen kann. Die Weiterentwicklung der jungen Pflänzchen erfolgt in normaler Weise, indem die dreischneidige Scheitelzelle in langsamem Tempo Segmente abgibt, in denen die später auftretenden Blätter entstehen. Ob mehr als drei Blätter unabhängig vom Stammscheitel auftreten können, wurde nicht untersucht und ist ja auch nicht von großem Interesse. Im Münchner bot, Garten werden außer Adiantum Edgeworthi noch drei andere Formen dieser Gattung kultiviert, die ebenfalls Adventiv- knospen an der Spitze der ausgezogenen Rhachis bilden und sich in ihrem Wachstum genau so verhalten, wie der eben geschilderte Farn. Es sind dies Ad. caudatum L., Ad. lunulatum Burm. und Ad. capillus junonis Rupr. Die Entwicklung ihrer Knospen wurde ebenfalls ein- gehend untersucht. Diese stimmt aber in allen Stadien so vollkommen mit der von Ad. Edgeworthii überein, daß ich auf ihre Beschreibung verzichten kann. Doch habe ich einige Figuren denen von Ad. Edgeworthii zum Vergleich gegenübergestellt (Fig. 2/7—- 7). Auch andere, den genannten Farnen nahe verwandte Adiantumarten bilden Peitschen mit Spitzen- knospen. Es sind mir im ganzen 12 Fälle bekannt, die ich | in der später folgenden Liste zusammengestellt habe. Asplenium prolongatum Hk. Auch unter den Asplenien finden sich zahlreiche Formen, die an der Spitze der verlängerten Rhachis ihrer Blätter je eine Knospe bilden. Von Asplenium prolongatum stand mir frisches Material zur Verfügung und ich unterzog darum auch die Knospen dieses Farnes einer genaueren Untersuchung, da die makroskopische Betrachtung es nicht unwahr- scheinlich machte, daß die Entwicklung eine etwas andere sei als bei den Adiantumarten. Der Farn ist von derb-lederiger Textur und jeden- falls ganz anderen Vegetationsbedingungen angepaßt als Adiantum Edge- worthi und seine Verwandten, die alle an sehr feuchten, schattigen Standorten wachsen, 349 Bei Asplenium prolongatum sind an den Exemplaren des Münchener botanischen Gartens Blätter mit einer Endfieder ziemlich selten; fast alle endigen in einer fiederlosen Verlängerung der Rhachis, die sich energisch nach unten krümmt. Die Blätter wachsen zuerst mit einer zweischneidigen Scheitelzelle, die wie bei Adiantum Edgeworthii die Segmente für den Aufbau des ganzen Blattes liefer. Dann wird sie in ähnlicher Weise geteilt, wie bei den eben besprochenen Farnen. Auch bei Asplenium prolongatum geht die Sproßscheitelzelle direkt aus der Blattscheitelzelle hervor. Die erste Teilung geschieht ebenfalls zunächst durch eine antikline Quer- wand, die aber die Seitenwände der Scheitelzelle nicht rechtwinklig trifft, sondern fast immer schief gestellt ist. Fig. 7 zeigt uns eine auf diese Weise geteilte Blattscheitelzelle. Die Längsachse der Außenwand liegt Fig. 7. Asplenium prolongatum. Erste Querteilung (aa) in der Blattscheitelzelle. ‚S Scheitelzelle der sich bildenden Spitzenknospe; / von der Konkavseite (Oberseite), ZZ von der Konvexseite gesehen. in diesem Falle nicht genau in der Medianebene des Blattes, was be- sonders aus der Ansicht der Konvexseite zu erkennen ist. Diese un- gewöhnliche Orientierung ist dadurch zustande gekommen, daß schon die zuletzt aufgetretene Segmentwand nicht mehr ihren normalen Ver- lauf parallel zu den älteren Segmentgrenzen nahm, sondern eine der- artige Ablenkung erfuhr, daß das letzte Segment auf der Unterseite ungefähr doppelt so breit wurde, als in der gegen die Konkavseite des Blattes gerichteten Hälfte. Die strenge Gesetzmäßigkeit der Teilungen anı Blattscheitel hört, also auf, sobald die Knospe sich zu bilden anfängt und es sich darum handelt, die Sproßscheitelzelle zu gestalten. Daß trotzdem, wie aus den folgenden Figuren hervorgeht, fast immer eine gewisse Regelmäßigkeit innegehalten wird, kommt wohl nur daher, daß das zu erreichende Ziel auf dem kürzesten Wege angestrebt 350 wird, der bei gleichen Voraussetzungen natürlich immer der gleiche sein muß. Die der Blattoberseite zugekehrte Hälfte der Blattscheitelzelle wird zur Sproßscheitelzelle. Sie beginnt sogleich mit der regelmäßigen Segmentierung, da sie ja bereits die dreiseitig-pyramidale Gestalt hat, wenn auch die Seitenwände anfänglich noch etwas ungleich sind. Die erste Segmentwand der neuen Scheitelzelle läuft gewöhnlich einer der früheren Seitenwände der Blattscheitelzelle parallel. Die zweite kann mit der anderen Seitenwand (Fig. 9) oder mit der Querwand gleich- laufend sein. Auch hier erfolgen die Teilungen der Scheitelzelle in langsamem Tempo, während die andere Hältte der ehemaligen Blattscheitelzelle verhältnismäßig rasch in kleinere Zelien zerlegt wird. Dabei entstehen gewöhnlich auch Zellen mit dreiseitiger Außenfläche, die man allenfalls mit der Sproßscheitel- zelle verwechseln könnte. Diese ist aber immer zu erkennen an ihrer Größe in der Flächenansicht, ihrer Lage auf dem höchsten Punkte und hauptsächlich an ihrer bedeutenderen Ausdehnung in der Wachstumsrichtung des jungen Sprosses. Auch neigen sich die Haare, die ringsum in großer Zahl entstehen, und nachher auch die breiten Paleen alle dieser Zelle zu, Fig. 8. Asplenium prolongatum. Und die längeren von ihnen kreuzen sich Ba anosponscheitel, Die gerade über ihr. Später bilden die Seg- Wand 55 ein erstes Segment a)- Mente das einfachste und untrüglichste Se een, Mittel zu ihrem Nachweis, Zellgruppe ist stärker umgrenzt. Die Bildung der Sproßscheitelzelle er- folgt nicht ausnahmslos genau in der ge- schilderten Weise, sondern es sind natürlich allerlei kleine Modifikationen möglich. So wurden z. B. vereinzelte Fälle beobachtet, wo die erste Querwand die Seitenwände der Blattscheitelzelle rechtwinklig traf. Auch andere Abweichungen kommen vor, die wohl meist dädurch verursacht werden, daß die Konvexseite der Blattspitze viel stärker wächst als die Konkavseite, wodurch nicht selten unregelmäßige Teilungen ver- anlaßt werden. Diese Steigerung des Wachstums scheint mitunter schon einzu- setzen, ehe die Querteilung der Scheitelzelle erfolgt. Sie ist so energisch, 351 daß die ganze Scheitelzellgruppe vollständig auf die Blattoberseite ge- rückt wird, so daß die Gewebe der Unterseite das äußerste Ende der Blattspitze ein- nehmen, Zugleich verdickt sich der ganze Gewebe- komplex, und zwar wiederum beson- ders auf der Un- terseite. Dadurch wird hier Raum geschaffen zur An- lage der Wur- zeln, von denen die erste in der - Mitte desvorderen Randes auftritt, worauf sich ihr andere seitlich an- reihen, so daß an "Fig. 9. Asplenium prolongatum. Knospenscheitel. Die ältern Stadien die Scheitelzelle hat durch die Wand cc ein zweites Segment abgegeben. Sonst wie Fig. 8. Knospe auf der Vorderseite von einem Kranze junger Wurzeln umsäunt ist. Die Wurzelanlagen treten hier oft in der ersten Zelllage unter der Epidermis auf (Fig. 11). Die jüngsten Entwicklungs- stadien der Blätter sind bei den Knospen von Asplenium pro- longatum äußerst schwer aufzu- finden und zu erkennen, da die Paleen, die rings um den Scheitel hervorsprossen, bei ihrer Ent- stehung oft ganz ähnliche Bilder yug. 10. Asplenium prolongatum. Knospen- bieten. Doch konnte mit Sieher- scheitelzelle durch ungewöhnliche Teilung - heit festgestellt, werden, daß das entstanden. Bezeichnung wie Fig. 8. erste Blatt auch hier nicht aus einem Segment der Sproßscheitelzelle entspringt, sondern ziemlich weit außerhalb der charakteristischen Zell- gruppe auftritt, die aus der früheren Blattscheitelzelle hervorgegangen 352 ist. Die erste Blattanlage befindet sich immer auf der Vorderseite der Knospe, meist nicht genau in der Mediane des Mutterblattes. Wenn die Knospe austreibt, was nur selten geschieht, ohne daß sie mit dem Boden in Berührung kommt, so stellt sich dieses erste Blatt in die Verlängerung des Mutterblattes (Fig. 12), während das zweite und dritte immer rechts und links aufzutreten scheinen. Für gewöhnlich erfolgt an den in Töpfen kultivierten Exemplaren das Austreiben der Knospen, da sie das Substrat nicht erreichen können, überhaupt nicht. Sie neh- men wohl manchmal einen Anlauf dazu, aber die Wurzeln vertrocknen bald und bisweilen stirbt dann die ganze Knospe ab. Fig. 11. Asplenium prolongatum. In den meisten Fällen bleibt Wurzelanlage endogen in der zweiten sie aber früh stehen, ohne deshalb Zelllage. . re die Entwicklungsfähigkeit zu ver- M lieren. Darauf werde ich in einer später folgenden Arbeit über Regeneration zurückkommen. Das Blatt von Asplenium prolongatum führt ein Leit- bündel, das aus zwei vereinigten Blattspursträngen zusammenge- setzt ist, die immer am unteren Drittel der seitlichen Ränder einer Blattlücke sich an den Zentralzylinder des Sprosses an- setzen. Das Leitbündel des Kg. 12. Asplenium prolongatum. Ältere Blattes ist rinnenförmig gebogen snospe. 47 Mutterblatt. 2, erstes Knospen- . j blatt, als Fortsetzung des Mutterblattes er- und kehrt die Konkavseite nach scheinend. 2, und 2, zweites und drittes oben. Diese Rinne erweitert Knaospenblatt zu beiden Seiten des von B . r , Paleen bedeckten Knospenscheitels S stehend. Ib; Wo die Knospe gebildet WW Wurzeln. wird und löst sich gleichsam in die Leitbündel der Wurzeln auf. Das Gefäßbündel des ersten Blattes heginnt wieder mit zwei Strängen, die sich am Ende des Mutterblatt- bündels seinen oberen Rändern ansetzen, dann nach vorne umbiegen und bald sich vereinigen (Fig. 13). 353 Auch das Leitbündel des Jungen Sprosses steigt von den Rändern des Mutterblattbündels auf und schließt sich sogleich zum Zentralzylinder, Fig. 13. Asple- nium _ prolonga- tum. Längsschnitt durch eine Knospe, den An- satz der WLeit- bündel des ersten Blattes, des Sprosses und der Wurzeln der Knospe an das eitbündel des I | mn „A am Kreise sind die Ansatzstellen der beiden Blattspur- stränge eines Blattes und eines Wurzelbündels an den Rändern einer Blattlücke. Bezeichnung wie Fig. 12. nur die BlattJücken offen lassend. Alle Wurzeln entspringen von nun an am Sproß und zwar je eine unfer jedem Blatte. Das Wurzel- bündel setzt sich getrennt von den Blattspursträngen, genau im unteren Winkel der Blattlücke, an den Zen- tralzylinder an. Während bei Adiantum Edge- worthii und seinen Verwandten die knospenden Blätter ebenso viele Fiedern tragen wie die nicht knos- penden und oft, ihrer größeren Länge entsprechend, sogar mehr, treffen wir bei Asplenium prolon- gatum sehr häufig Blätter mit stark reduzierter Fiederzahl. Häufiger und ausgeprägter als an der Mutter- flanz. int die Reduktion an Fig. 14. Asplenium prolongatum. Blatt R n Mi scheint ibender K mit Knospe, die zwei Blätter mit redu- den Blättern austreibender Knospen zierter Fiederzahl gebildet hat. vorzukommen (Fig. 14). 354 In noch weiter gehendem Maße fand ich diesen Dimorphismus der Blätter bei aus Japan stammenden Herbarexemplaren ausgebildet. Die einen Blätter trugen zahlreiche Fiedern und am Ende eine wenig entwickelte, kleine Knospe, die andern hingegen hatten bedeutend weniger Fiedern, dafür aber eine kräftige Knospe, und diese hatte merkwürdigerweise an allen Blättern mit reduzierter Assimilationsfläche den Boden berührt und ausgetrieben. An jeder Knospe war vorerst nur ein Blatt entstanden mit noch geringerer Fiederzahl und wiederum einer Endknospe, die an einigen auch schon ein ähnliches Blatt hervor- gebracht hatte. Warum nun gerade die Knospen der Blätter mit der verminderten Fiederzahl die Erde erreicht und ausgetrieben hatten, läßt sich nach dem Herbarmaterial nicht entscheiden. Sie sind im allge- meinen nicht länger als die normalen und können also nicht durch ihr Gewicht zu Boden gedrückt worden sein. Das wäre nur möglich, wenn die Knospen in der Luft ausgetrieben und sich erst bewurzelt hätten, wenn sie, durch die Schwere des Knospenblattes niedergebougt, die Erde berührten. Es wäre aber auch denkbar, daß die Blätter mit weitgehender Reduktion der Assimilationsfläche aus „inneren Gründen“ eine andere Lage einnehmen als die gewöhnlichen Laubblätter; denn wie wir schon hörten, ist die fiederlose Verlängerung der Blätter an nicht dimorphen Formen dieser Pflanze auffallend nach unten gekrümmt, während der gefiederte Teil ziemlich steil aufsteigt. Das ist möglicherweise bedingt durch ein verschiedenes Reaktionsvermögen der beiden Partien eines Blattes gegenüber äußeren Einflüssen, z. B. dem Licht. Dann müßte natürlich dieser Unterschied in noch höherem Grade sich geltend machen zwischen so reich gefiederten Blättern mit unbedeutender Verlängerung der Rhachis und den fast fiederlosen, wie sie die japanischen Exemplare zeigen. Sollte sich durch Experimente an lebendem Material feststellen lassen, daß die Blätter dieses Farns in gleichem Maße, wie sie ihre Fiedern einbüßen, negativ heliotropisch werden, so hätten wir hier ein äußerst instruktives Beispiel für das Zustandekommen einer Arbeits- teilung. Denken wir uns, daß die aufrechten, reich gefiederten Blätter, deren Knospen wohl relativ selten zur Entwicklung kommen, im Laufe der Zeit die Knospenbildung ganz aufgeben, während die sich zur Erde neigenden, die infolge ihrer Lage und der Verminderung der Blatt- fläche für die Assimilation untauglich geworden sind, die vegetative Vermehrung allein besorgen und schließlich gar keine Fiedern mehr bilden, so erhalten wir einen Farn mit aufrechten gefiederten Laub- blättern, die keine Knospen hervorbringen, und niederliegenden, fieder- 355 losen, knospenden Blättern, die wir als Ausläufer bezeichnen können. Da bei den Knospen zunächst immer nur das erste Blatt sich ent- wickelt und zwar in gleicher Weise wie das Mutterblatt, so erhalten wir zusammengesetzte Ausläufer, die aus fiederlosen Blättern verschie- dener Individuen bestehen und also Blattsympodien sind. Diese hier theoretisch entwickelte Form von Asplenium prolon- gatum existiert nun tatsächlich. Die im Berliner Herbar befindlichen Exemplare dieser Stufe stammen von den Viti-Inseln (Asplenium stans. Kze.). Sie haben reich gefiederte Laubblätter ohne Knospen, die ziem- lich stark von denen des asiatischen Asplenium prolongatum verschieden sind, und daneben gänzlich fiederlose Ausläufer, die ganz in der eben beschriebenen Weise Sympodien bilden. Die Art Asplenium prolongatum scheint also aus einer ganzen Anzahl von kleinen Arten zu bestehen, von denen alle die Fähigkeit besitzen, Spitzenknospen zu bilden, wobei aber bei einzelnen in ver- schiedenem Grade eine Arbeitsteilung eingetreten ist. Bei Asplenium stans. Kze. ist hierin das Extrem erreicht. Eine ebenso weit gehende Arbeitsteilung kommt in noch schärfer ausgeprägter Form bei anderen Aspleniumarten vor, worauf wir nachher zu sprechen kommen werden. Zu den nächsten Verwandten von Asplenium prolongatum gehört Asplenium rutaefolium Hk. Baker?) vereinigt sogar die beiden Farne in der Synopsis filicum, obschon sie von Hooker?) mit gutem Grunde voneinander getrennt worden waren. Die beiden Pflanzen sind in ihrem ganzen Aussehen so auffallend -voneinander verschieden, daß mir diese Vereinigung schon zum voraus unzweckmäßig erschien, und ich unterzog das vorhandene Herbarmaterial von München und Berlin einer genaueren Durchsicht. Dabei stellte sich heraus, daß bei Asple- nium rufaefolium Hk. das in seiner Verbreitung auf Südafrika be- schränkt ist, niemals Spitzenknospen auftreten. Aspleniun prolongatum Hk. kommt nur in Ostasien und auf den Inseln des Stillen Ozeans vor. Es hat seine besondere und ganz charakteristische Art der vegetativen Vermehrung ohne Zweifel erst hier erworben und ist bereits auf dem Wege, im Zusammenhang damit einen ausgesprochenen Dimorphismus der Blätter zu erlangen. Es hat sich aber auch sonst in seinem ganzen Habitus gegenüber Aspl. rutaefolium, mit dem es wohl eine gemeinsame Stanımform besitzt, derart verändert, daß es unmöglich mit diesem zusammengezählt werden kann. Schon Hooker?) hatte außer der Knospenbildung eine ganze Reihe von Merkmalen namhaft gemacht, „which are all distinguishing marks not found in any form of Asple- nium rutaefolium“, 356 Aneimia rotundifolia Schrad. Bevor wir zu den Farnen mit typischen Ausläufern übergehen, wollen wir uns noch emige Fälle mit Peitschenbildung aus ganz anderen Formenkreisen, und zwar zunächst aus der Familie der Schizaeaceen, betrachten. Drei Arten der Gattung Aneimia, A. rotundifolia Schrad., A. radieans Raddi und A. Warmingii Prantl bilden ebenfalls Spitzen- knospen an der mitunter sehr lang ausgezogenen Rhachis. Im hiesigen Garten wird A. rotundifolia gehalten, und an dieser machte ich meine Untersuchungen. Die Primärblätter der Pflanze bilden eine Endfieder. Sobald aber normale Blätter entstehen, beginnt die Knospenbildung; auch die fertilen Blätter, bei denen bekanntlich nur die beiden untersten Fiedern Sporangien bilden, tragen immer am Ende ihres sterilen Teiles eine Peitsche mit einer Knospe. Fig. 15. Aneimia rotundifolia. Spitze eines jungen Blattes mit Scheitelzelle, die Entstehung der Fiedern zeigend. Alle Blätter wachsen anfänglich mit einer Scheitelzeile (Fig. 15), die aber schr früh aufgegeben wird, indem die Blattspitze zum Rand- wachstum übergeht. Die Randzellen sind anfänglich, von der Fläche gesehen, sehr schmal und langgestreckt. Nach und nach werden sie aber durch Querteilungen immer mehr verkürzt und zuletzt in fast iso- diametrische Zellen mit annähernd quadratischer Außenfläche zerlegt. Gleichzeitig wird das Ende der Rhachis verdickt und ist bald ungefähr ebenso ick wie die weiter zurückliegenden Partien. Die Rhachis ver- Jüngt sich also nicht nach vorne, sondern erscheint abgestutzt und von 357 einer schwach gewölbten Fläche begrenzt, der nur in der Mitte ein kleiner Konus aufgesetzt ist. Dieser Zellhöcker tritt anfänglich stärker hervor als später und kommt offenbar dadureh zustande, daß die Zone, in der die Verdickung stattfindet, ein wenig hinter der äußersten Spitze liegt. Über den Scheitel des Zellkegels läuft noch eine Zeitlang die Reihe der Randzellen hinweg, die man auch dann noch deutlich er- kennen kann, wenn sie durch Querteilungen aufgeteilt sind. Ganz be- sonders tritt die Gruppe auf der Spitze des Konus hervor, deren Zellen sich immer durch ihre Größe auszeichnen und in der schließlich die Sproßscheitelzelle entsteht (Fig. 16). Fig. 16. Aneimia roötundifolia. T junger Knospen- scheitel vor dem Auftreten der Sproßscheitel- zelle; II die gleiche Knospen- anlage in Seiten- ansicht (Umriß) in geringer Ver- größerung, Der Zellhöcker verflacht sich in gleichem Maße, wie die Verdickung des Rhachisendes zunimmt, und wenn dieses zu einem fleischigen Knötchen angeschwollen ist, läßt sich die Erhöhung in der Mitte der Endfläche nur noch als eine schwache Wölbung wahrnehmen. Die ganze Fläche ist jetzt zu einem fast flachen Boden geworden, aus dem bald die ersten Blattanlagen hervorsprossen. Diese treten, soweit meine Beobachtungen reichen, immer lange vor der Sproßscheitelzelle auf und zwar in ziemlicher Entfernung von der Scheitelgruppe, aber stets in normaler Orientierung. In Fig. 17 ist eine junge Knospe gezeichnet, bei der am ersten Blatt (2,) schon mehrere Segmente vorhanden sind, während die Scheitelzelle der zweiten Blattanlage (2,), die sich als vor- gewölbte Zellgruppe aus auffallend großen Zellen schon ganz sicher erkennen läßt, noch nieht gebildet ist. Auf der flachen Wölbung des 358 Sproßscheitels sehen wir noch nichts als die großen, aus den Mittel- stücken der Randzellen hervorgegangenen Zellen mit quadratischer oder rechteckiger Außenfläche. Eines der jüngsten Knospenstadien, an dem eine Sproßscheitel- zelle mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte, besaß bereits vier Blattanlagen. Eine derselben ist in Fig. 18 mit dem Sproßscheitel zu- sammen dargestellt, während die drei älteren zu weit von ihm entfernt waren, als daß sie gleichzeitig hätten sichtbar gemacht werden können. Fig. 17, Aneimia rotundifolia. Knospe mit zwei Blattanlagen 2, und 2,. S höchste Stelle des Knospenscheitels. Scheitelzelle noch nicht gebildet. Die Sproßscheitelzelle scheint hier eben entstanden zu sein durch die zuletzt aufgetretene Wand za, durch die sie aus einer primatischen Zelle mit fast quadratischer Außenfläche ausgeschnitten wurde, die einer größeren, in der Oberfläche rechteckigen Gruppe angehört. Die ganze Zellgruppe ist offenbar aus einer solchen Zelle hervorgegangen, wie wir sie an dem jüngeren Stadium (Fig. 17) auf dem Scheitel fanden. Ein ganz ähnliches Bild gewährt der Scheitel einer Knospe, die bereits sechs Blattanlagen besaß und in Fig. 19 abgebildet ist. Es ist kaum zu bezweifeln, daß hier alle sechs Blätter außerhalb der Seg- mente der Scheitelzelle entstanden sind, denn aus der Anordnung der ' Zellen geht mit ziemlicher Sicherheit hervor, daß die Scheitelzelle erst durch die Wand @« ihre dreiseitig-pyramidale Gestalt erhielt und seit- 359 her nur ein Segment durch die Wand 56 abgab. Dieser Sproßscheitel ist also nur wenig älter als der von Fig. 18 und es sind während der Bildung eines Segmentes zwei neue Blattanlagen aufgetreten, was bei dem außerordentlich langsamen Tempo der Segmentierung am Sproß- Fig. 18. Aneimia rotundifolia. Scheitel einer Knospe mit vier Blattanlagen (nur die jüngste 3, gezeichnet). Scheitelzelle S eben durch die Wand «a ausgeschnitten. scheitel und dem starken Wachstum seiner Umgebung nicht auffallend ist. Wir haben also bei Aneimia rotundifolia die gleiche Erscheinung wie bei Adiantum Edgeworthü und den übrigen Farnen mit Spitzenknospen: die ersten Blätter der Knospe entstehen frei aus dem embryonalen Gewebe des Endes der Rhachis, ganz wie das erste Blatt am Embryo neben dem Sproßscheitell u sich bildet. Die Anschwellung der Rhachis Schoiteigrnope einer Knanıs ist aber bei diesem Farn bedeutender als mit sechs Blattanlagen. Schei- bei allen anderen, und es treten dement- telzelle 5 mit einem Segment. sprechend auch mehr Blätter in dieser Weise auf. Es ist dabei von Interesse, daß dieselben, wie die später aus den Segmenten der Scheitel- zelle entspringenden, von Anfang an eine gesetzmäßige Anordnung innehalten. Sie divergieren ungefähr um zwei Fünftel, so daß das vierte zwischen das erste und zweite, das fünfte zwischen das zweite und 360 dritte zu stehen kommt, während das sechste vor dem ersten auftritt, aber bedeutend weiter nach innen. Von einer Beeinflussung der Lage durch gegenseitigen Druck kann hier keine Rede sein, denn sie stehen alle so weit voneinander entiernt, daß sie durch weite Zwischenräume getrennt sind. Sie scheinen einem inneren Gesetze zu gehorchen und man könnte höchstens noch an die Abhängigkeit des Entstehungsortes von der Stoffzufuhr denken, indem z. B. die neue Blattanlage immer an der von den bereits bestehenden Verbrauchszentren am wenigsten beeinflußten Stelle auftreten dürfte, also möglichst weit von jeder. der bereits vorhandenen Blattanlagen und vom Scheitel entfernt, aber doch infolge der akropetalen Anlage diesem näher als die zuletzt entstandene Blattanlage. Die unabhängig vom Stamm entstehenden Blätter von Aneimia rotundifolia und aller anderen untersuchten Farne haben auch die normale Orientierung zur Sproßachse, denn ihre Scheitelzelle liegt von Anfang an immer so, daß die Längsachse ihrer Außenfläche genau in die Ebene fällt, die wir durch die Sproßachse und das Blatt legen können, wie bei den aus den Segmenten der Scheitelzelle hervorge- gangenen Blättern, Ob die Sproßscheitelzelle in allen Fällen so spät auftritt wie in den beschriebenen, ist nicht sicher, und es wurden tatsächlich jüngere Stadien gefunden, die auf dem Scheitel eine dreiseitige Zelle besaßen, die man wohl für eine Scheitelzelle halten könnte, Doch kommen auf dem gewölbten Scheitel nicht selten auch sonst unregelmäßige Teilungen vor, die zur Bildung von dreiseitigen Zellen führen. Diese sehen oft einer Scheitelzelle täuschend ähnlich, werden aber alsbald wieder auf- geteilt, was sich an mehreren Objekten feststellen ließ. Es ist also nicht immer leicht, die Scheitelzelle zu erkennen, bevor sie Segmente abge- geben hat. Aber die abgebildeten Stadien beweisen auf alle Fälle, daß die Sproßscheitelzelle dieser Knospen so spät auftreten kann und daß die ersten Blätter nicht aus ihren Segmenten entstehen. Die Wurzeln brechen ringsum am Rande der Knospenoberfläche aus den Seiten der Verdickung hervor, so daß sie nach allen Richtungen ausstrahlen. Zuerst und am raschesten entstehen sie auch hier in der Mitte der Vorderseite. Wenn die Knospen an der verlängerten Rhachis den Boden erreichen, so daß ihre Wurzeln sich weiter entwickeln können, so treiben sie sogleich aus; sonst aber stellen sie ihr Wachstum ein, ohne die angelegten Blätter zu entfalten, bleiben mitunter lange Zeit entwicklungsfälig und wachsen dann weiter, sobald sie Gelegenheit finden, sich zu bewurzeln. Gewöhnlich vertrocknen sie aber früher oder später und sind im allgemeinen viel weniger widerstandsfähig als die von Asplenium prolongatum. 361 Scolopendrium rhizophyllum (L.) Hk. und Fadyenia prolifera Hk. An Aneimia rotundifolia möchte ich noch diese beiden Farne an- schließen, die unter sich große Übereinstimmung in der Art der Knospen- bildung aufweisen und auch bis zu einem gewissen Grade an die Vor- gänge bei Aneimia rotundifolia erinnern. Seolopendrium rhizophyllum ist von den Amerikanern als „walking fern“ be- zeichnet worden und Campbell”)sagtvon ihm: „A single bud is formed at the tip of the slender leaf, which bendsover until it takes root. From this terminal bud, Fig. 20. Scolopendrium rhizophyllum. Junges Knospen. another leaf grows stadium mit een S höchster Punkt and rootsin the same way”. Die knospenden Blätter sind außer- ordentlich schlank. IhreungeteilteSpreite verschmälert sich aus breiterem Grunde zu einem unbedeuten- den Saum, der an der lang ausgezoge- nenMittelrippebiszur Spitze des Blattes hin- 5 K ä ie j Fig. 21. Scolopendrium rhizophyllum. Junge Knospe mit ausläuft. Die Jungen "8 Scheitelzelle S und einer Blattanlage 2,. Blätter verlieren sehr früh die Scheitelzelle und wachsen darauf mit Randzellen weiter. Die seit- lichen Randzellreihen bilden die Spreite, die aber an der Spitze selber nicht zur Ausbildung kommt, sondern dicht dabei plötzlich aufhört. Die Spitze beginnt dagegen, sich zu verdicken und schwillt bald zu einem kleinen, kugeligen Köpfchen an, Diese Gestaltveränderung kommt auch hier, wie in allen betrachteten Fällen in der Hauptsache durch ein ge- Flora 1906. 24 362 steigertes Wachstum der Konvexseite zustande, weshalb die Reihe der Randzellen höher und höher gerückt wird, bis sie zuletzt vollständig über die Oberseite des Köpfchens hinweg läuft. Die Randzellen sind unterdessen aufgeteilt worden, aber ihre Umrisse lassen sich noch lange aus der Gruppierung der Zellen ablesen (Fig. 20). In der am höchsten gelegenen Zellgruppe entsteht hierauf die Sproßscheitelzelle, indem eine Zelle sich vergrößert und zwei Teilungen erfährt (Fig. 21aa, 55), die ihr die gewöhnliche charakteristische Gestalt geben. Es scheint, als ob sie nicht genau aus dem Mittelstück einer Randzelle hervorgehe, sondern eher aus einem der Konkavseite des Blattes zugekehrten Abschnitt. Seitlich vor der Scheitelgruppe sehen wir schon die erste Blattanlage. Ihre Scheitelzelle ist noch nicht ge- bildet, wohl aber ist die Mutterzelle, aus der sie hervorgehen wird, leicht und sicher zu erkennen dig. 212.) Ein ähnliches Stadium haben wir in Fig. 22. Die Scheitel- zelle scheint eher etwas jünger zu sein als in Fig. 21, denn ihre Schwesterzelle ist noch nicht so weit herangewachsen und ge- teilt, wie dort. Dagegen ist hier die erste Blattanlage vielstärker entwickelt. Sie ist möglicherweise angelegt worden, ehe die Sproßscheitel- vie. 22, Seolopendrium rhizophyllum. Knospe zelle gebildet war, was uns ja mit zwei Blattanlagen (2, und 2,), beide : in a Wi unabhängig vom Sproßscheitel de nicht befremden würde, da wir S Stammscheitelzelle. einen ähnlichen Fall in Aneimia rotundifolia bereitskennen. Auch die zweite Blattanlage ist erkennbar als kleiner Zellhöcker mit zwei auffallend großen Zellen, von denen die eine wohl zur Scheitelzelle wird. Wir sehen also, daß auch bei Scolopendrium rhizophyllum die ersten Blätter nicht aus Segmenten der Sproßscheitelzelle, sondern aus dem meristematischen Gewebe in der Nähe des sich bildenden Sproßscheitels entspringen. An der zuletzt geschilderten Knospe sind es zwei. Ein drittes müßte hier wohl aus einem Segment der Scheitelzelle hervorgehen, da das zweite Blatt schon so geringen Abstand von ihr hat. Es sind aber sicher auch Variationen möglich je nach der Stärke der Knospen. Die ersten Wurzeln entstehen endogen auf der Vorder- und Unterseite des Köpfchens. 363 Da die Knospen von Scolopendrium rhizophyllum von den Blättern gleich bei deren Abrollung auf den Boden getragen werden, entwickeln sie sich sogleich weiter. Sie treiben aber nicht sofort wieder ein knospendes Blatt, wie man aus der Darstellung von Campbell schließen müßte, sondern an all den jungen Pflänzchen, die ich aus Knospen hervorgehen sah, wurde zuerst eine ganze Anzahl von Primärblättern [\ SO) — HH DII2 NARETE RS \ N Fig. 23. Fadyenia prolifera. / Beginn der Knospenanlage. Randzellreihe noch nicht völlig aufgeteilt. 77 etwas älteres Stadium. Der flache Knospenhöcker deutlich vor- gewölbt. Scheitelzelle noch nicht gebildet. S höchster Punkt des Höckers, gebildet, die sukzessive größer wurden, an denen aber keine Verlängerung der Rhachis und keine Knospung eintrat. Erst wenn .die Pflänzchen etwas erstarkt waren, gingen sie zur vegetativen Vermehrung über, ein Verhalten, dem wir bei anderen Farnen noch mehrmals begegnen werden. Die knospenden Blätter sind sehr häufig auch fertil. Bei Fadyenia prolifera hingegen stehen die Sporophylle voll- kommen aufrecht und bilden keine Knospen, was ja auch nutzlos wäre, da dieselben den Boden nicht erreichen könnten und darum zugrunde gehen müßten. Die sterilen Blätter aber entwickeln am Ende der Mittelrippe eine Knospe. Sie sind jedoch‘ nicht schlank und biegsam 24* 364 wie die von Scolopendrium rhizophylium, sondern von der Basis bis zur Spitze ziemlich breit und von derb krautiger Textur. Dennoch erreichen die Knospen das Substrat ebenso sicher, wie die von Scolopendrium rhizo- phyllum, da die Blätter sich dem Boden dicht anschmiegen. Die beiden Aufgaben der Sporenbildung und der Adventivknospenbildung sind also hier auf Blätter von verschiedener Art und Stellung verteilt. Die Sporo- phylle haben entweder nie Knospen gebildet oder diese Funktion auf- gegeben, da sie sich nieht mit ihrer Hauptaufgabe vertrug. Für die Verbreitung der Sporen ist gewiß ihre aufrechte Stellung von Vorteil, während sie für Knospen am ungünstigsten ist. Die Blätter zeigen auch bei Fadyenia prolifera schon an ganz Jungen Stadien Randwachstum an ihrer Spitze. Der Scheitel ist hier bedeutend breiter als bei Scolopendrium rhizophylium und nimmt des- halb bei der Knospenbildung nieht I” die Gestalt eines Köpfchens an, sondern verdickt sich besonders in der Mitte. Die Randzellreihe, die an jungen Knospenstadien ebenfalls auf die Oberseite verlagert ist, läßt sich, wie Fig. 237 zeigt, deutlich verfolgen, wird dann in ihrer Mitte, wo sich eine flache Erhöhung bildet (Fig. 23/7), zuerst aufgeteilt und ie r bald wird aus der am höchsten ig. u adyenia prolifera. Scheitel- liegenden Zellgruppe die Sproß- gruppe einer jungen Knospe mit Scheitel- scheitelzelle in bekannter Weise aus- geschnitten (Fig. 24). Die Entstehung der ersten Blätter und Wurzeln wurde nicht beobachtet, doch besteht kein Grund anzunehmen, daß sie in wesentlich anderer Weise erfolge, als bei den genauer untersuchten Farnen. Da die knospenden Blätter bei dieser Pflanze nicht in gewöhnlicher Weise verlängert sind, wird auch die Spreite nicht durch die Knospenanlage in ihrer Ausbildung beein- flußt. Ihre beiden Hälften entwickeln sich bis in die unmittelbare Nähe der Knospe sehr kräftig, so daß diese oft zuletzt sogar in einer tiefen Bucht zwischen den beiden Flügeln sitzt. Triehomanes pinnatum Hedw. In ganz anderer Weise erfolgt die Anlage der Adventivknospen bei Triehomanes pinnatum Hedw. Die Spindel der einfach gefiederten Blätter setzt sich hier oft bis zu außerordentlicher Läuge über die 365 Fiedern hinaus fort und erzeugt Knospen in großer Zahl (Fig. 46). Prantl!5) sagt von ihnen: „Sie nehmen hier (am oberen Teile der Blattspindel) dieselbe Stellung ein, wie an den unteren Teilen Jie Seiten- fiedern, die ihrerseits dem oberen Teile fehlen. Auch der Anschluß des Stranges der Adventivknospen an den der Spindel findet ebenso statt, wie von den Seitenfiedern.“ Diese Angabe entspricht vollkommen den Tatsachen, und es kommt nicht selten vor, daß nach erfolgter An- lage einer oder mehrerer Knospen, die genau wie die Fiedern zu beiden Seiten der Rhachis stehen und regelmäßig alternieren, die nächste Knospe durch eine Fieder ersetzt ist, worauf wieder Knospen gebildet werden. Die Entwicklungsgeschichte der Knospen konnte an dem im Münchner Kryptogamenherbar vor- handenen Material nur zum Teil verfolgt werden, da sich die älteren Stadien nicht: unbeschädigt aus den verhüllenden Haaren herauspräpa- rieren ließen. Die Spitze der fortwachsenden Rhachis zeigt immer eine zwei- schneidige Scheitelzelle. Die jüng- sten Knospenstadien sehen jungen Fiederanlagen zum Verwechseln ähnlich. Die Knospen entstehen aus den Randzellreihen, die an Fig. 25. Trichomanes pinnatum. Be- beiden Flanken der Rhachisspitze Zulreihe. A Knomenhöcker. 2 Scheitel. herunterlaufen. Eine kleine Gruppe zelle des Mutterblattes. von Randzellen erfährt ein gesteigertes Wachstum und wölbt sich bald deutlich vor (Fig. 25). Die Blattspitze wird jedenfalls durch die Knospenbildung in ihrem Wachstum beeinflußt. Die Scheitelzelle segmentiert sich zwar lebhaft weiter, aber die Segmente vergrößern sich zunächst nur wenig, so daß die Blattspitze nur als ein dünner Kegel die rasch an Größe zunehmende Knospenanlage überragt und sich erst später verdiekt und streckt (Fig. 26). Die Randzellreihe teilt sich vorerst nur durch ganz regelmäßige antikline Längs- und Querwände, wobei die Mittelstücke ihre Gestalt nieht verändern. Erst wenn der Knospenhöcker nahezu seine definitive Größe erreicht hat, kommt es zur Bildung einer dreischneidigen Sproß- scheitelzelle. 366 Die den Scheitel des Höckers einnehmende Randzelle vergrößert sich und es tritt in ihr eine antikline, schief verlaufende Querwand auf (Fig. 27a a), der sich bald in der größeren der beiden entstandenen Zellen eine entgegengesetzt schiefe ansetzt. Fig. 26. Trichomanes pinnatum. X junge Knospenanlage. Randzellreihe immer noch unverändert über den Höcker weglaufend. 2 fortwachsende Spitze des Mutter- blattes. Durch diese neue Wand (55) wird die Scheitelzelle herausge- schnitten. In der Abbildung ist schon eine weitere Teilung zu sehen Fig. 27. Trichomanes pin- natum. Knospenscheitel. Durch die Wände za und 63 ist die Scheitelzelle S aus einer Randzelle aus- geschnitten. cc erste Seg- mentwand. Fig. 28. Trichomanes pinnatum. Nächstältere Knospe vom gleichen Blatte wie Fig. 27. Die Scheitelzelle hat noch kein Segment abgegeben. Bezeichnung wie 27. (ce ec), durch die ein erstes Segment entstanden ist. Fig. 28 stellt die nächst ältere Knospe des gleichen Blattes dar; doch sehen wir an dieser erst die Scheitelzelle gebildet und noch kein Segment abgegeben. 367 Die Knospen scheinen ungefähr in diesem Zustand in ein Ruhe- stadium einzutreten, wenn sie nieht mit dem Substrat in Berührung kommen. Da aber die langen Peitschen an den biegsamen Wedeln meist auf die Erde niederhängen und an deren Oberfläche hinkriechen, können viele Knöspen gleich austreiben und entwickeln sich rasch zu jungen Pflänzehen. Zwischenstadien sind darum nur selten zu finden und aus diesem Grunde konnte nicht festgestellt werden, wo das erste Blatt auftritt. Die Zahl der an einer Rhachis entstehenden Knospen ist verschieden, beträgt aber an größeren Blättern oft 12—15. Die Pflanze besitzt also in ihren Knospen ein wirksames Mittel zur vegetativen Vermehrung, wenn auch meist nicht alle der angelegten Knospen zur Weiterentwicklung gelangen. Fig. 29. Asplenium obtusilobum. Ausläufer mit sieben Knospen, von der Mutter- pflanze abgetrennt. Die ältesten Knospen haben schen mehrere Laubblätter aber noch keine Ausläuferblätter getrieben. Asplenium obtusilobum Hk. Eine der interessantesten und auflallendsten Formen der vegetativen Vermehrung finden wir bei Asplenium obtusilobum Hk. einem kleinen zierlichen Farne der Darea-Gruppe, der zuerst auf den Inseln Tanna und Aneityum (Neu-Hebriden) gesammelt wurde und in den Gewächs- häusern des hiesigen bot. Gartens kultiviert wird. Hier werden nämlich eigenartige, grüne Ausläufer gebildet, die nacheinander in regelmäßigen Abständen von einigen Zentimetern mehrere Knospen hervorbringen können, während sie an der Spitze weiterwachsen (Fig. 29). Schon Hooker:) bildete diese seltsame Asplenium-Art ab und betrachtete die Ausläufer als Wurzeln („radice fibrosa stolonifera“). 368 Sonst scheint das kleine Pflänzchen der Aufmerksamkeit der Botaniker ganz entgangen zu sein, bis Goebel*?) anf dasselbe hinwies und zeigte, daß wir es hier nicht mit Wurzel- oder Sproß-Ausläufern, sondern mit Blättern zu tun haben, die ihre Spreite nicht ausbilden und zu Ausläufern geworden sind. Die Arbeitsteilung, welche wir schon bei Asplenium prolongatum Hk. in verschiedenen Abstufungen eintreten sahen, hat also hier ıhr höchstes Maß erreicht. Die gewöhn- lichen Blätter sind normale gefiederte Laubblätter mit einer Endfieder und ohne Adventiv- knospen; sie besorgen die Assimilation und die Sporenbildung und stehen aufrecht. Die Ausläuferblätter hm- » gegen tragen keine Fiedern, sondern es wird bei ihnen nur die Spindel ausgebildet, ohne jede Andeutung einer Spreite. Sie kön- AU nen also für die Assi- milation kaum mehr N wesentlich in Betracht kommen und an der Sporenbildung _vüiber- haupt nicht. teilnehmen. Ihre einzige Aufgabe ist die vegetative Vermeh- vie. 30. „Agplenium obtusilohum. Ausläuferblätte, rung der Pflanze durch te zuerst eine Anzahl Fiedern gebildet haben und anti i dann fiederlos weiter gewachsen sind. Adventivknospen, die sie in ausgiebiger Weise vollziehen, indem jeder Ausläufer 3--6 oder mehr Knospen produ- zieren kann. Die Ausläufer neigen sich, sobald sie eine gewisse Länge erreicht haben, zur Erde, auf der sie weithin kriechen. Die Knospen kommen so mit dem Boden in Berührung und wachsen sofort zu selbständigen Pflänzchen heran. Die beiden Blattformen werden von der Pflanze in periodischem Wechsel hervorgebracht und zwar in einer Vegetationsperiode immer zuerst eine Anzahl Laubblätter und darauf sogleich einige Ausläufer- 369 blätter. Deren erstes trägt nicht selten noch einige Fiedern und stellt also eine Übergangsform dar. Eine solche wurde bereits von H ooker) abgebildet, nämlich ein Ausläufer mit einer einzigen Fieder und einer Knospe, über der dann das fortwachsende Stück abgebrochen war. Goebel“°) fand ein Blatt, das an seiner Basis zwei Fiedern trug und an der Spitze zum Ausläufer geworden war. Auch ich fand solche Formen und zwar in großer Zahl und in allen Abstufungen (Fig. 30). Sie scheinen an den Fxemplaren, von denen ich mein Unter- suchungsmaterial nahm, infolge der störenden Eingriffe häufiger auf- getreten zu sein. Rückkehr eines Ausläufers zur Laubblattform wurde dagegen nicht beobachtet. Schon diese Übergangsformen allein beweisen die Blattnatur der Ausläufer. Dazu kommt die Übereinstimmung ihres anatomischen Baues mit dem des Blattstiels (Goebel“%). Auch ist ihre Stellung an der Sproßachse genau die gleiche, wie die der Laubblätter; sie wachsen wie diese mit einer zweisehneidigen Scheitelzelle und sind an der Spitze in gleicher Weise eingerollt. Die beiden Blattformen sind überhaupt nicht voneinander zu unterscheiden, bis die Laubblätter ihre Fiedern zu entfalten beginnen. Zu all dem kann ich als weiteren Beweis hinzufügen, daß es mir gelungen ist, eine Blattanlage die sonst zu einem Laubblatt geworden wäre, direkt in einen Ausläufer umzuwandeln, worauf ich unten zurück- kommen werde. Es fragt sich nun, wie die Knospen an diesen Ausläufern gebildet werden, ob sie aus der Blattscheitelzelle hervorgehen, wie bei Ad. Edge- worthii, oder ob sie in der Nähe der Spitze auftreten. Im ersten Falle müßte die Fortsetzung eines Ausläufers jeweilen durch das erste Blatt der angelegten Knospe gebildet werden. Jeder Ausläufer wäre dann durch eine Verkettung von Ausläuferblättern entstanden, wie die bei Asplenium prolongatum beschriebenen, und würde also ein Blattsym- podium darstellen. Im zweiten Falle könnte der Ausläufer an seiner Spitze ungestört weiter wachsen und wäre ein Monopodium. Mir schien das erste zunächst wahrscheinlicher und auch Goebel*°) hatte die Aus- läufer so aufgefaßt, ohne jedoch die Frage bestimmt zu entscheiden, da er die feineren Entwieklungsvorgänge nicht untersucht hatte. Ich begann darum nach den ersten Teilungsstadien in der Blatt- scheitelzelle zu suchen, aber umsonst. An über 80 untersuchten Spitzen von Ausläuferblättern fand ich keinen einzigen Scheitel, der ein ähn- liches Bild gegeben hätte, wie die ersten Stadien der Knospen von 370 Adiantum Edgeworthiü. Es war vielmehr fast ausnahmslos eine unge- störte zweischneidige Blattscheitelzelle vorhanden. *) Ich habe daraus die Überzeugung gewonnen, daß hier nicht der Blattscheitel zum Sproßscheitel wird, sondern daß vielmehr das Aus- läuferblatt unausgesetzt weiter wächst, während die Knospen unmittelbar hinter seiner Spitze auf der Oberseite in regelmäßigen Abständen ge- bildet werden. Man findet die jungen Knospenanlagen am sichersten, wenn man eine freipräparierte Ausläuferspitze von der Seite betrachtet. Die Stelle, an der sich eine Knospe zu bilden anfängt, wölbt sich nämlich ein wenig über die Umgebung vor. Dadurch wird die sonst durchaus regelmäßige Linie, welche die schneckenförmig eingerollte Blattspitze auf der Oberseite (Konkavseite) be- grenzt, unterbrochen. Da die Blattoberseite und die Ober- fläche der jungen Knospen- anlage in entgegengesetztem Sinne gewölbt sind und sich auch die geringste Störung im Verlauf dieser Schnecken- linie sofort bemerkbar macht, fällt es nicht schwer, die ersten Anfänge der Knospen- Eig. 3. splenium obtusilobum. Beginn der bildung aufzufinden. Fig. 31 nospenbildung. Die sich vorwölbende Zeil- 0m _ gruppe stärker eingofaßt. Z Scheitelzelle des telt die jüngste Knospen Mutterblattes. anlage dar, die ich mit Bestimmtheit als solche erkennen konnte. Die Hervorwölbung der in Frage kommenden Zellgruppe ist hier aber noch sehr gering, so daß schon einige Übung dazu gehört, den Unterschied gegenüber einer unveränderten Blattspitze zu erkennen; aber das ganze Ende des Ausläuferblattes erscheint etwas verdickt, da auch auf der konvexen Unterseite des Ausläufers, genau dem Orte der Knospenbildung gegenüber, eine Stelle sich schwach. vorzuwölben be- ginnt und die Anlage der ersten Wurzel verrät, Die vorgewölbte Zellgruppe der Blattoberseite erscheint in der Flächenansicht ziemlich scharf umschrieben und gehört, wie aus der . *} Auf die wenigen beobachteten unwesentlichen Unregelmäßigkeiten kommen wir nachher zu sprechen, 371 Figur zu erkennen ist, dem viertletzten der von der Blattscheitelzelle abgegebenen Segmente an. Die einzelnen Segmente, von denen jedes zur doppelten Größe des nächst jüngeren herangewachsen ist, sind leicht zu ‚erkennen und vollkommen normal, woraus sich ergibt, daß die Scheitelzelle nie aufgehört hat, sich regelmäßig zu segmentieren, die fragliche Zellgruppe also nicht direkt aus ihr hervorgegangen sein kann, etwa durch vorübergehende Aufteilung, sondern einem Segmente ent- stammt. Eine Knospenscheitelzelle ist noch nicht gebildet; die Zellen der jungen Anlage sind vielmehr ganz unregelmäßig gestaltet, wie es sich eben durch Teilung des Segmentabschnittes ergab. Allerdings ist darunter auch eine dreiseitige Zelle vorhanden, die man bei oberfläch- licher Betrachtung wohl für eine Sproßscheitelzelle halten könnte; aber sie hat nur zufällig diese Form erhalten und ist, wie sich aus der Seitenansicht ergab, nicht dreiseitig-pyramidal, sondern prismatisch. Wenn die Sproßscheitel- zelle wirklich so früh schon auftreten würde, EI so müßte sie sich auf allen älteren Stadien wieder finden lassen. Meine Untersuchungen haben aber ergeben, daß selbst an beträcht- lich weiter entwickelten . - _ K 1 : Fig. 32. Asplenium obtusilobum. Erste Wurzel- nospenanlagen eine anlage des in Fig. 31 dargestellten Knospenstadiums. Sproßscheitelzelle noch 7’Scheitelzelle der Wurzel. / erstes Haubensegment. nicht gebildet ist. Es ist also an dieser Knospenanlage noch keinerlei Gliederung vorhanden und man könnte darum überhaupt bezweifeln, ob dieser kaum erkennbare Gewebehöcker den Anfang einer Knospe bilde, wenn ich nicht von diesem Zustand an bis zur fertigen Knospe eine voll- ständig lückenlose Reihe aller Zwischenstufen gefunden hätte. Außer- dem hat hier bereits die Anlage der ersten Wurzel begonnen. Wie schon angeführt, sehen wir dem Gewebehöcker gegenüber auf der Konvex- seite des Ausläufers ebenfalls eine schwache Wölbung, die hier noch schwerer zu erkennen ist, da sie mit der Krümmung der Unterseite des Blattes gleichsinnig verläuft. Unter ihrem höchsten Punkte liegt im Innern des Gewebes eine dreiseitig-pyramidale Zelle, die eben erst gebildet wurde, nach außen aber bereits ein flaches Segment abgegeben hat. Es ist kaum zu be- 312 zweifeln, daß diese Zelle die Scheitelzelle der ersten Wurzel ist, die immer an dieser Stelle entsteht, und daß die nach außen abgegebene Zelle das erste Haubensegment darstellt. Die Zellgruppe (Fig. 32) wurde im optischen Längsschnitt mit dem Prisma gezeichnet und zwar von beiden Seiten und es ergab sich beide Male genau dasselbe Bild, so daß eine Täuschung ausgeschlossen ist. Die junge Wurzelanlage ist nach außen noch von zwei Zelllagen überdeckt; sie ist also in der dritten Zelllage entstanden. An den Flanken des Ausläufers stehen schon bei diesem Knospen- stadium einige Papillen. Sie bilden sich zuerst zu beiden Seiten des Fig. 33. Asple- nium obfusilo- bum. Junge Knospe mit eben erst gebildeter Scheitelzelle 'S. Die Kreise sind die Ansatzstellen der jüngsten Haare am Knospenscheitel. Gewebehöckers der Oberseite, krümmen sich von Anfang an seinem höchsten Punkte zu und werden nachher zu mehrzelligen Haaren mit keulenförmiger Endzelle. Die nächst älteren Knospenstadien zeigen nicht viel Neues. Die Blatischeitelzelle hat inzwischen neue Segmente abgegeben, und die Knospenanlage ist darum weiter von ihr entfernt. Der Gewebehöcker ist etwas größer geworden und seine Umrisse haben sich verwischt. Es läßt sich darum nicht mit voller Sicherheit feststellen, ob die An- lage einem einzigen Segment entstammt oder auch auf benachbarte über- greift. Dies scheint aber das Wahrscheinlichere zu sein. Die jungen 373 Haare zu beiden Seiten der Knospenanlage haben sich vergrößert und es treten nun auch auf der Oberseite des Ausläufers unmittelbar vor und hinter dem Höcker welche auf, so daß dieser bald von einem Kranze von kleineren und größeren Papillen umgeben ist, die alle nach dem zukünftigen Sproßscheitel hinweisen. Eine Sproßscheitelzelle und Blattanlagen sind noch nicht vorhanden, doch erscheinen die Zellen, die den höchsten Punkt der Wölbung einnehmen, in der Richtung der Wachstumsachse der Wucherung gestreckt. Die Anschwellung auf der Konvexseite des Ausläufers, welche die Wurzelanlage enthält, ist viel stärker geworden: sie wächst bedeutend rascher als der Sproßhöcker. Die beiden die Anlage bedeckenden Zell- schiehten wachsen ziemlich lange mit und werden ‘von der jungen Wurzel verhältnismäßig spät durchbrochen. Diese wird also von ihnen schützend umhüllt, bis sie soweit erstarkt ist, daß durch die Wurzel- haube ihre jüngsten Partien genügend gegen Schädigungen gesichert sind. Die Epidermis trägt auch über der Wurzelanlage zahlreiche Haare. Erst wenn der fortwachsende Ausläufer sich bald wieder anschickt, eine neue Knospe anzulegen, kommt es endlich am Gewebehöcker auf der Oberseite des Ausläuferblattes zur Bildung einer Sproßscheitel- zelle. Eines der jüngsten Stadien mit deutlicher dreiseitig-pyramidaler Scheitelzelle ist in Fig. 33 abgebildet. Auf dem Gewebehöcker sitzt hier eine Zellgruppe, (die sofort auf- fällt: aus einer in der Flächenansicht polygonalen Zelle ist durch die drei Wände aa, dB und cc eine Zelle mit dreieckiger Außenfläche herausgeschnitten worden, die noch keine weiteren Teilungen erfahren hat. Diese Zelle nimmt genau den höchsten Punkt der Wölbung ein, Die jüngsten Haare, von denen in der Figur nur die Ansatzstellen angegeben sind, sprossen alle in ungefähr gleicher Entfernung von ihr aus dem Zellhöcker hervor. Die älteren Haare, die nicht - gezeichnet sind, da sie zum größten Teil wegpräpariert werden mußten, um das Zellnetz sichtbar zu machen, kreuzten sich alle über dieser Zellgruppe, sofern sie nicht in ihrer natürlichen Lagerung gestört waren, Die drei- eckige Zeile zeichnet sich durch ihre Größe vor allen anderen aus und hat die charakteristische dreiseitig-pyramidale Gestalt, die nur den Sproß- scheitelzellen zukommt. Es ist also ganz zweifellos, daß dies die Sproß- scheitelzelle der jungen Knospe ist, die durch die drei bezeichneten Teilungswände soeben aus einer gewöhnlichen Zeile auf dem Scheitel des Höckers herausgeschnitten wurde und noch kein Segment abgegeben hat, seit sie ihre typische Form annahm. 374 Eine ungefähr gleich weit entwickelte Knospe stellt Fig. 34 dar. Die Zeichnung ist nach einem Präparat gemacht, an welchem sich die Stelle, an der sich die Scheitelzelle befinden mußte, aus der Anordnung und Lagerung der Haare mit mathematischer Genauigkeit bestimmen ließ. Wirklich fand sich an dem fraglichen Punkte eine dreischneidige Zelle, die durch ihre Größe, sowie durch die Größe des Zellkerns sofort auffel. Sie und die ganze Gruppe, der sie angehört und die den Scheitel des Knospenhöckers einnimint, waren durch einen viel diehteren Inhalt ausgezeichnet, der sich mit den Aufhellungsmitteln nur unvoll- kommen entfernen ließ. Auch hier ist die Scheitelzelle aus einer von der Fläche betrachtet polygonalen Zelle herausgeschnitten worden und zwar durch die Wände aa und 5. Die beiden Stücke, die dabei übrig blieben, haben bereits eine weitere Teilung erfahren, während die Scheitelzelle selber auch in diesem Falle noch kein Segment abgegeben hat. In geringer Entfernung von der Sproßscheitelzelle sehen wir bereits die erste Blattanlage (ZB), die bei der Präparation zum Teil beschädigt wurde und darum nicht vollständig gezeich- net werden konnte, Sie kann u . . i ‚ nach dem Vorangegangenen un- at möglich ans einem Segment der Sproßscheitelzelle S und der ersten Blattan- Sproßscheitelzelle hervorgegan- lage 2,. gen sein, sondern ist einfach in der Nähe der Stelle, wo diese sich bildete, aus dem meristematischen Komplex hervorgesproßt. Man könnte nun einwenden, es seien vielleicht doch bereits Seg- mente vorhanden, aber durch die in ihnen eingetretenen Teilungen so verzerrt, daß man sie nicht mehr nachweisen kann. Dem müßte ich aber entgegenhalten, daß ich bei der Knospe von Asplenium obtusilobum überall, wo eine Scheitelzelle schon längere Zeit in Tätigkeit war, mindestens drei, meist aber vier Segmente mit voller Bestimmtheit er- kennen konnte. Hier aber sind die Zellen auf dem Scheitel und in seiner unmittelbaren Umgebung noch sehr deutlich zu kleinen Gruppen geordnet, indem die älteren Wände etwas stärker hervortreten als die 375 zuletzt entstandenen, so daß man ihre Entstehungsfolge leicht erkennen kann. Daraus ergibt sich, daß von einer starken Verzerrung keine Rede sein kann, sondern daß die Scheitelzelle tatsächlich erst durch die beiden letzten Teilungen gebildet wurde. Das erste Blatt der Knospe entsteht also auch hier, wie bei Adiantum Edgeworthi, nicht an der Sproßachse, sondern an dem meristematischen Gewebehöcker, der den Anfang der Knospenbildung darstellt, und zwar zu einer Zeit, wo erst die Scheitelzelle des Sprosses gebildet wird. Die Bildung des Blattes wird eingeleitet durch ein stärkeres Wachstum einer Zeilgruppe, in der alsbald aus einer besonders groß ge- wordenen Zelle eine zweischneidige Scheitelzelle ausge- schnitten wird. Die Blattscheitelzelle segmentiert sich in viel rascherem Tempo als die Knos- penscheitelzelle, so daß der Blatthöcker bald die schwache Hervorwölbung des Sproßscheitels an Größe bedeutend Fig. 35. Asplenium obtusilobum. Knospe mit jüngster Blatt- übertrifft. anlage B,. S höchster Punkt des Sproßhöckers. Die Scheitelzellen des Sprosses und des ersten Blattes scheinen ungefähr gleichzeitig angelegt zu werden. Wenn man eine größere Anzahl von Knospen dieser Entwicklungsstufe untersucht, findet man nämlich sowohl Fälle, bei denen zwar eine Sproßscheitelzelle, aber noch keine Blattanlage vorhanden ist, als auch umgekehrt solche, die eine Blattscheitelzelle zeigen, ohne daß sich eine Sproßscheitelzelle nach- weisen ließe. Das jüngste Stadium einer Blattanlage, das ich bei Asplenium obtusilobum fand, ist in Fig. 35 abgebildet, 376 Die zweischneidige Scheitelzelle ist vorhanden, hat aber noch keine Segmente abgegeben. Auf dem Höcker, der zur Sproßachse wird, ist bei dieser Knospenanlage eine Zelle zu sehen, die man allenfalls für die Sproßscheitelzelle nehmen könnte. Sie kann aber ebensogut nur zufällig ungefähr dreiseitige Gestalt haben; dann wäre hier noch keine dreischneidige Scheitelzelle vorhanden, und ihre Ausbildung würde erst durch die nächsten Zellteilungen erfolgen. Ob bei Asplenium obtusilobum ein zweites Blatt in dieser Weise angelegt werden kann, möchte ich nicht entscheiden; doch scheint es mir nach dem, was ich beobachten konnte, in der Regel nicht der Fall zusein. Fig.36 zeigt einen Knospen- scheitel mit der Anlage des zweiten Blattes, die hier im vierten Segment (von der Scheitelzelle aus gezählt) aufgetreten ist. Die Segmente 7/7 und /V sind nur in Umrissen gezeichnet. Das erste Blatt der Knospe hatte be- reits eine solche Größe erreicht, daß es nicht mehr in die Zeichnung aufgenommen werden konnte. Wie viele Segmente die Sproßscheitel- zelle im ganzen schon abgegeben „ hatte, war nicht mehr zu erkennen. „” Überhaupt ist die Untersuchung Fig. 36. Asplenium obtn. obun K um so schwieriger, je älter die scheitel mit zwei Blattanlagen, äe Zweite Knospen werden, denn die rasch 2, im Segment /P. Vom ersten Blatt (3)) wachsenden Blattanlagen vergrößern ist nur die innere Grenze angedeutet. die junge Knospe so sehr, daß das ' Zellnetz sich mit stärkeren Vergrößerungen nicht mehr überblicken läßt. Auch ist die Knospe in diesem Alter von einem Schopf von schützenden Paleen und Haaren mit schleimführenden keuligen Endzellen so dicht umhüllt, daß es nur selten gelingt, den Scheitel und die Blattanlagen dem Auge sichtbar zu machen, ohne sie zu verletzen. Diese Paleen und Haare haben jedenfalls hauptsächlich die Aufgabe, die zarten Ge- webe des Knospenscheitels vor dem Vertrocknen zu bewahren, denn das fortwachsende Ausläuferblatt hat sich jetzt soweit abgerollt, daß die Knospe vollkommen frei liegt und also jedes anderen Schutzes ent- behrt. Die dichte Bedeckung der Knospe ist um so auffallender, als sonst der ganze Ausläufer fast vollständig kahl ist. und nur ganz vereinzelte 377 schwache Paleen trägt. Nur auf seinen beiden Seitenkanten bilden sie zwei regelmäßige Längsreihen und vermögen hier, solange der Ausläufer noch eingerollt ist, den jüngsten Teilen desselben auf den Flanken, die sonst freiliegen würden, einen nicht unbeträchtlichen Schutz zu gewähren. Während auf der Oberseite des Ausläuferblattes die junge Knospe sich in der eben geschilderten Weise weiter entwickelt, wächst auch die erste Wurzel auf der gegenüberliegenden Seite heran. Auch die Zellen des Blattparenchyms neben und hinter der Wurzelscheitelzelle, die natürlich sich alle noch im embryonalen Zustande befinden, nehmen an dem Wachstum der Wurzel teil, indem sie sich in der Wachstums- richtung der Wurzel beträchtlich strecken und mehrfach teilen. Da- durch wird die ganze Wurzelanlage gleichsam aus dem Körper des Ausläufers hinausgerückt und sitzt nun auf einem kurzen Gewebefort- satz, den man als Rhizophor be- M zeichnen könnte. Dabei ist die Wüurzelanlage immer noch von den Q, Zellsehiehten bedeckt, von denen u — sie wegen ihrer endogenen Ent- stehung von Anfang an überlagert war, und die mit ihr im Wachs- A tum Schritt hielten. Diese Zell- lagen werden nun von der Wurzel Z w durchbrochen und schrumpfen zu 1, : 7 _ Fig. 37. Asplenium obtusilebum. Längs- einem Kragen zusammen, aus wel schnitt durch eine ältere Kinospe. wobei chem sich die kegelförmige Wurzel- eine Wurzel getroffen ist, A Ehizophor. ; . ; Z ahgehobene und durchbrochene Zell- spitze erhebt (Fig. 37). schichten, die die Wurzelanlage über- Dieser Kragen bezeichnet un- deckten. SKnospenscheitel. 27 Mutterblatt. gefähr die Grenze zwischen dem halsförmigen Rhizophor und der eigentlichen Wurzel, die sich nun mit braunen Wurzelhaaren bedeckt, soweit sich die abgehobenen Zellschichten von ihr getrennt haben. Zu der ersten Wurzel haben sich inzwischen weitere gesellt. Sie reihen sich ihr zu beiden Seiten an und zu der Zeit, wo das erste Blatt der Knospe erst 1/, mm lang ist, sehen wir auf der Unterseite schon 5—6 in einem nach rückwärts offenen Halbkreis angeordnete Wurzeln, von denen jede 1—2 mm lang und mit bräunlichen Wurzel- haaren, die sie an Länge übertreffen, dicht besetzt ist. Alle später auftretenden Wurzeln der Knospe entstehen in normaler Weise an ihrer Sproßachse. Flora 1906, 25 Wenn diese Wurzeln nun mit dem Boden in Berührung kommen, so wachsen sie ungestört weiter und die Knospe treibt sogleich aus. Sonst aber vertroceknen die Wurzeln nicht selten und werden dann durch neue ersetzt, sobald die Knospe mit einem geeigneten Substrat in Berührung kommt. Auch wenn die Knospe nicht den Boden erreicht, treibt sie oft einige Blätter, besonders nach Entfernung der Ausläuferspitze. Die Ernährung erfolgt dann also hauptsächlich von der Mutterpflanze aus. Das Leitbündel des Ausläufers verläuft von der Basis bis zur Spitze fast ungestört und erfährt an den Stellen, wo eine Knospe sich bildet, nur eine leichte Verbiegung. Hier setzen sich zunächst einzelne kurze Tracheiden, fast rechtwinklig nach den ersten Wurzeln hin aus- biegend, an dasselbe an (Fig. 38). Sie werden fortwährend vermehrt und zu den Leitbündeln der Wurzeln ergänzt. In ähnlicher Weise, aber etwas später und bedeutend langsamer entsteht das Bündel der Sproßachse der Knospe. Es setzt sich zuerst ebenfalls an das Leitbündel des Ausläufers an, wird aber nachher durch einzelne langgestreckte Tracheiden auch direckt mit den ersten ie. 38. 1 ‚Asplenium obtusilobum. Wurzeln verbunden. Das junge Pflänz- einer jungen Knospe. Krklärung chen kann darum seine Baustoffe eben- im Text. 5 Nurzel, S Knospen- soleicht von der Mutterpflanze als aus ’ des Muttorblattes 0 dem Boden beziehen und wird je nach den äußeren Umständen bald die eine, bald die andere Bezugsquelle vorwiegend oder ausschließlich benützen. Es kommt darum relativ selten vor, daß eine Knospe durch die Ungunst der Verhältnisse gänzlich am Austreiben verhindert wird. Wenn auch oft nach erfolgter Anlage der ersten Blätter und Wurzeln ein Stillstand in der Entwicklung eintritt, z. B. wegen Wassermangel, so stirbt deswegen die Knospe nicht ab, sondern wächst nach Wochen oder Monate langer Ruhe wieder weiter, sobald die äußeren Be- dingungen sich bessern. Asplenium obtusilobum besitzt darum in seinen Ausläuferblättern, von denen jedes Pflänzehen mehrere bildet und deren.jedes unter nor- malen Umständen wohl mindestens ein halbes Dutzend Knospen ab- setzt, eine sehr ausgiebige und sicher funktionierende Einrichtung zur vegetativen Vermehrung. Die Ausläufer eines Pflänzchens strahlen nach 379 allen Richtungen aus und da jede Knospe, nachdem sie eine Anzahl Laubblätter hervorgebracht hat, auch zur Ausläuferbildung übergeht, so kann der kleine Farn mit seinen Abkömmlingen in kurzer Frist eine Fläche vollkommen bedecken. Durch diese Art der Vermehrung ist in so vorzüglicher Weise für die Erhaltung der Art gesorgt, daß dieser Farn durchaus nicht auf die Vermehrung durch Sporen angewiesen ist. Ob eine solche den- noch in erheblichem Maße stattfindet, konnte nicht geprüft werden. An den im Gewächshaus kultivierten Exemplaren werden nur sehr wenig Sporen gebildet. Die Sori sind so kümmerlich entwickelt, daß man sie oft mit bloßem Auge kaum sehen kann; die Sporen sehen nicht normal aus und sind nicht keimfähig. Es wäre also möglich, daß hier infolge von ausschließlich vegetativer Vermehrung während langer Zeiträume eine Reduktion der Sporenbildung stattgefunden hat und daß auch die noch entwickelten Sporen ihre Keimkraft eingebüßt haben. Vielleicht EN g / 1 1 Fig. 39. Asplenium obtusilobum. 7 Unregelmäßige Teilung in der Scheitelzelle eines Blattausläufers. /7 Ausläuferspitze mit zwei zweischneidigen Scheitelzellen SS. Beginn einer Gabelung. sind aber die beobachteten Tatsachen nur eine Folge der unnatürlichen Kulturbedingungen (Nepentheshaus). Um ein sicheres Urteil fällen zu können, müßte man unbedingt Material von natürlichen Standorten haben. Es fragt sich nun noch, wie lange so ein Ausläuferblatt weiter wächst und wie es schließlich aufhört. Da die Scheitelzelle, wie wir gesehen haben, durch die Knospenbildung nicht berührt wird, so müßte es eigentlich unbegrenzt fortwachsen können. Im Gewächshaus bringen es aber die Ausläufer selten zu mehr als vier Knospen und stellen dann ihr Wachstum ein. Die einzelnen Pflänzchen stehen eben in den Töpfen so dicht, daß die Ausläufer sich nieht zu Boden senken und die Knospen sich also nicht bewurzeln können. Der Ausläufer muß darum Wasser und Nährstoffe ausschließlich von der Mutterpflanze beziehen, und seine Versorgung wird deshalb um so 25* 380 schwieriger, je länger er wird. Das muß mit Notwendigkeit zum Still- stand der Entwicklung führen. Wir sehen darum die Ausläufer oft nach der dritten oder vierten Knospe noch eine Zeitlang weiter wachsen, um dann ganz unvermittelt in eine kurze Spitze zu endigen; oder sie werden nach der Anlage einer Knospe plötzlich auffallend dünn, während sie bis dahin immer die gleiche Stärke besaßen. Sie bilden noch eine ganz kümmerliche Knospe, die dann meist vertrocknet, und hören damit zu wachsen auf. Was in diesen Fällen mit der Scheitelzelle geschieht, wurde nicht untersucht. Es wäre denkbar, daß die letzte Knospe terminal entsteht und die Blattscheitelzelle dabei aufgebraucht wird; ebensogut ist es aber möglich, daß sie einfach infolge der Hemmung, die sie durch die in ihrer unmittelbaren Nähe erfolgende Anlage der letzten Knospe erfährt, ihre Segmentierung einstellt und dann vielleicht aufgeteilt wird. Einige Unregelmäßigkeiten an Scheitelzellen, die mir bei meinen Untersuchungen auffielen, könnten in diesem Sinne ausgelegt werden, doch mögen sie vielleicht auch nur vorübergehende Störungen in der regelmäßigen Segmentierung sein. Die Spitze des Ausläufers scheint nämlich immer während der Anlage einer neuen Knospe für kurze Zeit eine Hemmung zu erleiden, wahrscheinlich infolge der teilweisen Absorption der Bildungsstoffe durch das neue Verbrauchszentrum. Dabei können wohl auch vereinzelte unregelmäßige Teilungen der Scheitelzelle vorkommen. Ich fand eine Blattscheitelzelle, die durch eine Querteilung im zwei ungleich große dreiseitige Zellen zerlegt worden war. In zwei anderen Fällen hatte eine Segmentwand, statt parallel zu der einen Seitenwand zu verlaufen, an beide Seitenwände ansetzend, die Scheitel- zelle längs halbiert und in jeder Hälfte war eine Querwand aufgetreten, wie Fig. 39 / zeigt. Ob in diesen drei Fällen die Scheitelzelle bei den nächsten Teilungen wieder ihre normale Gestalt angenommen hätte oder ob die Abweichungen Anzeichen des Stillstandes sind, läßt sich nicht entscheiden. An einer vierten Blattspitze waren zwei Scheitelzellen vorhanden, beide in normaler Orientierung, aber durch einige Zellen voneinander getrennt (Fig. 39 17). Hier hatte die Unregelmäßigkeit wahrscheinlich eine andere Ur- sache, und ich fasse diesen Zustand als den Beginn einer Gabelung auf. Allerdings beobachtete ich an den Gewächshausexemplaren von Asplenium obtusilobum keine gegabelten Ausläufer, aber, wie wir nach- her sehen werden, kommen sie bei dem nahe verwandten Asplenium 381 Mannii vor, und auch bei Aneimia rotundifolia und Asplenium prolon- gatum wurden mehrere Blätter gefunden, bei denen sich die fiederlose Verlängerung der Rhachis gegabelt hatte, worauf an jeder Hälfte eine Volta normale Knospe entstanden war. Um festzustellen, wie lang ein Ausläufer unter günstigen Be- dingungen werden kann, welche Faktoren es sind, die sein Wachstum zum Stillstand bringen und wieweit diese sich ausschalten lassen, wurden einige Versuche angestellt. Zu diesem Zwecke wurde eine Anzahl von Exemplaren einzeln kultiviert, um ihnen eine ungestörte Entwicklung zu sichern. Vier der sich bildenden Ausläufer wurden aufrecht an Stäbe gebunden, um die Bewurzelung der Knospen zu verhindern; alle anderen wurden nieder- gelegt, um möglichst günstige Bedingungen für ihr Wachstum zu schaffen. Leider mußten die am längsten gewordenen im Verlauf der . Versuche verpflanzt werden, was vielleicht nicht ohne ungünstige Be- einflussung der Ergebnisse abgegangen ist. Von den vier aufrecht wachsenden Ausläufern bildete der eine drei normale Knospen, wurde dann plöfzlich dünner und legte noch eine vierte, kümmerliche Knospe an. Von den drei anderen entwickelte Jeder vier normale Knospen und eine verkümmerte, Von den niedergelegten Ausläufern, deren Knospen den Boden berührten und sich darum alsbald kräftig bewurzelten, ließ ich zwei ohne jeden Eingriff sieh entwickeln. Der eine erzeugte sechs Knospen und verlor dann durch einen Unfall die Spitze, der andere bildete so- gar sieben und hörte dann zu wachsen auf. Sie entwickelten sich also zu bedeutenderer Länge, als die nicht wurzelnden, und es ist wohl hauptsächlich die vermehrte Wasserzufuhr durch die Wurzeln, die ihnen ein besseres Wachstum ermöglichte. An einem weiteren Ausläufer wurden sämtliche an ihm angelegten Knospen entgipfelt, ehe sie austreiben konnten, um nieht mehrere Ver- brauchsstellen für die Assimilate zu haben. Auf diese Weise mußten sämtliche vom Mutterpflänzchen her kommenden Baustoffe der Aus- läuferspitze zugute kommen. Die Wurzeln der Knospen wurden stehen gelassen, um eine reichliche Wasserzufuhr zu ermöglichen. Dieser Ausläufer legte sieben Knospen an, und ich zweifle nieht daran, daß er noch weiter gewachsen wäre, da er noch keine Anzeichen beginnender Verkümmerung zeigte: aber leider verlor er seine Spitze, wahrschein- lich durch Schädlinge im Gewächshaus. Ein anderes Ausläuferhlatt suchte ich zu länger dauerndem Wachs- tum zu zwingen, indem ich die Mutterpflanze entgipfelte, um dem Aus- 382 läufer sämtliche Assimilate zuzutreiben. Es bildeten sich sieben Knospen, wovon die letzte sich nieht mehr ganz normal entwickelte. Endlich wurde ein Ausläufer von seiner Mutterpflanze getrennt, so- bald seine erste Knospe einige Blätter gebildet und sich bewurzelt hatte, um festzustellen, ob er sich dann wicht wie ein Ausläufer der ersten Knospe verhalte und auf diese Weise sich fortwährend verjüngen und zu unbegrenztem Wachstum antreiben lasse. Er entwickelte sich gut und wurde nachher von der ersten und dann von der zweiten Knospe getrennt usf. Bis jetzt wurden 13 Knospen erzielt und der Ausläufer wächst inımer noch weiter, scheint aber jetzt plötzlich schwächer zu werden. Es konnte also in keinem Falle ein unbegrenztes Wachstum eines Ausläuferblattes erzielt werden, wenn auch die Ergebnisse der Experi- :» mente es wahrscheinlich machen, daß sich die Wachstumsdauer durch geeignete Maßnahmen verlängern läßt. Mit Ausnahme des letzten Ver- suches ergab ja allerdings keiner der operativen Eingriffe einen wesent- lichen Unterschied gegenüber den anderen wurzelnden Ausläufern; aber es ist nicht ausgeschlossen, daß eine Wiederholung der Versuche in größerem Umfang und unter günstigen Bedingungen zu besseren Resultaten führt. Bis jetzt konnte eine solche nicht vorgenommen werden, da diese Experimente immer einige Monate dauern. An einigen Ausläufern, deren Spitze abgebrochen war, wurde im Laufe der Untersuchungen die interessante Beobachtung gemacht, daß die zuletzt angelegte Knospe durch ihre Entfernung beeinflußt wird. Während nämlich sonst jede Knospe zuerst mehrere normale Laub- blätter mit zahlreichen Fiedern bildet, sich also gewissermaßen selbst- ständig macht, ehe sie zur Bildung von Ausläuferblättern übergeht, wird hier die erste Blattanlage zu einem Ausläuferblatt, während die folgenden zu Laubblättern werden. Um jeden Zweifel an der Richtigkeit der Beobachtung zu beseitigen, wurde sie durch Experimente erhärtet. An Ausläufern von verschiedenem Alter wurde die fortwachsende Spitze weggeschnitten und ausnahmslos mit dem gleichen Erfolg: das erste Blatt der zuletzt angelegten Knospe wurde zu einem Ausläufer ohne Fiedern oder zu einer Übergangsform. Das erste Blatt der Knospe, das zur Zeit der Entfernung der Aus- läuferspitze, wie durch Vergleich festgestellt wurde, schon als Anlage vorhanden war, und das ohne den Eingriff unter allen Umständen zu einem Laubblatt geworden wäre, hat also in allen Fällen die Funktion des verloren gegangenen Ausläuferblattes übernommen und dement- sprechend eine Entwicklungsänderung erfahren. Das Laubblatt ist in 383 ein Ausläuferblatt umgewandelt worden. Empfängt die Laubblattanlage den Anstoß zur Entwicklungsänderung sehr früh, zu einer Zeit, wo sie noch keine Fiedern angelegt hat, so ist die Umwandlung eine voll- ständige, und man kann dem fertigen Ausläufer nicht ansehen, daß er aus einer Laubblattanlage hervorgegangen ist. Anders jedoch, wenn die Entfernung der Ausläuferspitze erst später vorgenommen wird. Dann hat die junge Blattanlage schon einen größeren Teil ihres Ent- wieklungsganges, der zur Bildung eines Assimilationsblattes führen würde, hinter sich und bereits einige Fiedern angelegt. Es kann darum nur der noch hinzuwachsende Teil des Blattes von der Umwandlung betroffen werden, während die schon angelegten Fiedern sich normal weiter entwickeln. Wir erhalten also eine Übergangsform. An den Segmenten, die von der Blattscheitelzelle abgegeben werden, nachdem das Blatt aus der eingeschlagenen Entwicklungsrichtung abgelenkt wurde, unterbleibt die Fiederbildung wahrscheinlich gänzlich; dafür tritt Knospenbildung ein und die Scheitelzelle wächst wochen- und monatelang weiter, während ein Laubblatt sofort nach Anlage der Seitenfiedern die Scheitelzelle verliert, au der Spitze zum Randwachs- tum übergeht und eine Endfieder bildet. Wir haben hier meines Wissens den ersten Fall, wo wir es in der Hand haben, aus einer Laubblattanlage durch ein einfaches Experiment ein metamorphosiertes Laubblatt hervorgehen zu lassen, während ja das Umgekehrte, die Rückverwandiung eines metamorphosierten Laubblattes in ein normales, schon mehrfach gelungen ist, Ich erinnere nur an die Umwandlung der Sporophyllie von Onoclea Struthiopteris und von Knospenschuppen höherer Pflanzen in Laubblätter durch Goebel*). Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch in unserem Falle die Rück- verwandlung einer Ausläuferanlage in ein Laubblatt sich erzielen läßt, z. B. durch Entlaubung der Pflanze, doch wurden Versuche in dieser Riehtung nicht unternommen. Welches die feineren inneren Vorgänge sind, die eine Umwand- lung bewirken, entzieht sich leider vorläufig unserer Kenntnis. Am ehesten können wir uns eine Vorstellung bilden, wenn wir im Sinne der Sachsschen Theorie von „Stoff und Form“**) annehmen, daß die Baustoffe, die der Ausläufer empfängt, andere sind, als die den Laub- *) Goebel, Über künstliche Vergrünung von Farnsporophylien. Berichte der deutschen hot. Ges, Bd. V (1887), pag. 69, und Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Bot. Zeitung 1880. *) Sachs, Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie, II, pag. 1109 ff, 384 blättern zugeführten. Diese Stoffe würden dann durch Entfernung der Ausläuferspitze, ihrer Verbrauchsstelle, frei verwendbar und könnten nun dem nächsten Orte stärksten Wachstums zugeführt werden, und das ist ohne Zweifel die erste Blattanlage der nächstliegenden Knospe. Die Beobachtung, daß in einem Falle auch die zweite Blattanlage der Knospe beeinflußt wurde und eine Übergangsform lieferte, spricht meines Erachtens zugunsten einer solchen Auffassung. Asplenium Manni Hook. Asplenium Mannii Hk. ein epiphytischer Farn, der kleinste der Dareagruppe, zeigt eine ganz ähnliche Art der vegetativen Vermehrung wie Asplenium obtusilobum. Dieses kleine, mit wurzelnden Ausläufern an Baumstämmen kletternde Pflänzchen wurde von Gustav Mann auf dem Kamerungebirge gefunden und ist bereits in Hookers Second cen- tury of ferns (Tab. LX!%) abgebildet und beschrieben. Hooker be- trachtete die weithin kriechenden Ausläufer, die ebenfalls in regelmäßigen Abständen Knospen bilden, als Sprosse. Auch Christ“‘ spricht von schwachen, kriechenden Rhizomen, die Internodien bilden, während doch die Pflänzchen radiär gebaut sind und äußerst kurze Sproßachsen haben. Er kann also damit nur die Ausläufer gemeint haben. Nun hat aber Goebel“) auch in diesem Falle festgestellt, daß die Ausläufer nichts anderes sind als umgewandelte Blätter. Er untersuchte jedoch die Ent- stehung und Entwicklung der Knospen nicht. Es stand mir zu meinen Untersuchungen nur Herbarmaterial zur Verfügung, und es wurde ver- sucht, an demselben die Entwicklung der Ausläufer und ihrer Knospen zu verfolgen. Auch hier scheinen die Laubblätter und die Ausläufer in regel- mäßigem Wechsel gebildet zu werden, und zwar treten in einer Vegetationsperiode wohl immer zuerst eine größere Anzahl von Laub- blättern auf. Ein Pflänzchen geht offenbar erst zur vegetativen Ver- mehrung über, wenn es eine gewisse Stärke erreicht hat und größere Mengen von Baustoffen zu erzeugen imstande ist. Die Ausläufer von Asplenium Manni wachsen mit einer zwei- schneidigen Scheitelzelle und bilden, ganz wie die von Asplenium ob- tusilobum, keine Spreite; sie sind wie diese auf die Spindel reduziert. Um die Anlage der Knospen an diesen Ausläuferblättern besser zu verstehen, wollen wir uns noch einmal vergegenwärtigen, wie die Spitze eines jungen Farnblattes aussieht. Die Scheitelzelle liegt immer so, daß die Medianebene des Blattes durch die beiden Spitzen ihrer Außen- fläche geht. Die Segmente, die von ihr abgegeben werden, fallen dar- 385 um links und rechts. In den Segmenten treten abwechselnd antikline Längs- und Querwände auf. Die Querteilungen erfolgen aber immer so, daß das Mittelstück der Segmente in seiner ursprünglichen Größe erhalten bleibt; dieses erfährt nur Längsteilungen. Wir sehen darum von der Scheitelzelle aus links und rechts je eine Reihe von anscheinend unveränderten Segmentzellen von auffallender Regelmäßigkeit an den Rändern des Blattes herablaufen. Das sind die keilförmigen Randzellen, durch deren Wachstum bei Laubblättern die Spreite gebildet wird. Bei den gefiederten Laubblättern von Asplenium Mannii zeigen nur einzelne Gruppen dieser Randzellen ein lebhaftes Wachstum, so daß sie sich schon unmittelbar hinter dem Scheitel über die benachbarten Partien vorzu- wölben beginnen. Diese Ausbuchtungen nehmen mit der Entfernung vom Blatt- scheitel an Größe zu und werden zu den einzelnen Fiedern. Bei den Ausläufern haben die Randzellen nur die Rhachis aufzubauen. Die Anlage einer Knospe erfolgt K nun, indemin der Nähe der fortwachsen- den Spitze eine Gruppe von Randzellen lebhaft zu wachsen beginnt und eine Hervorwölbung erzeugt, genau wie wenn eine Fieder gebildet wird (Fig. 40). Fir. 40. Aspleniom Mannti. Beginn Über diesen Höcker läuft die Reihe der ger Knospenbildung. & Knosen- Randzellen noch in ungestörter Folge höcker, Z Sclieitelzelle des fort- hinwe &, während schon in der Nähe wachsenden Ausläuferblattes. der sich bildenden Protuberanz auf der Unterseite des Ausläuferhlattes Haare entstehen, die, wie bei allen andern untersuchten Farnen, die entstehende Knospe umhüllen. Die fortwachsende Spitze des Ausläufers erfährt durch die Knospenbildung eine vorübergehende Hemmung und wird darum dünner, als sie sonst normalerweise ist, Sie wächst aber nachher wieder mit ungeminderter Energie weiter und erreicht dabei ihre frühere Stärke, Bald werden nun die Randzellen auf dem Zell- höcker, die durch stärkeres Wachstum der Unterseite mehr auf die Oberseite verschoben worden sind, durch Querteilungen in annähernd isodiametrische Zellen zerlegt, wobei diejenigen auf dem Scheitel sich durch Größe und durch besonders dichten Inhalt vor den andern aus- zeichnen. Eine Sproßscheitelzelle ist aber noch nicht vorhanden und scheint auch hier verhältnismäßig spät gebildet zu werden. Sie wurde 386 nur an Knospen gefunden, die bereits eine ziemlich weit entwickelte Blattanlage besaßen. Es ist höchst wahrscheinlich, daß auch hier das erste Blatt ungefähr gleichzeitig mit der Scheitelzelle auftritt, wenn nicht gar vorher. Jeden- falls geht es auch hier nicht aus einem Segmente der Sproßscheitelzelle her- vor, sondern entspringt am meristematischen Zell- höcker. Soweit meine Be- obachtungen reichen, steht es immer auf der Außen- seite und überwölbt bald den jungen Sproßscheitel, der infolgedessen eine schr geschützte Lage zwischen dem sich rasch entwickeln- den ersten Knospenblatt und dem fortwachsenden ER ano plonium Manni. Knospenscheitel mit Ausläuferblatt einnimmt. ersten Blattes der Knospe: Bpitze des An dem Sproßscheitel, der in Fig. 41 abgebildet ist, sehen wir bereits eine dreiseitig-pyramidale Scheitelzelle in Tätigkeit. Die Anordnung der Zellen macht es in hohem Grade wahrscheinlich, daß sie erst ein einziges Segment (7) abgegeben hat und vorher mit den beiden B B 5 v7 By Fig. 42. | Asplenium Mannii. Junge Knospe. W I von der Seite, I schräg von oben gesehen. S Knospenscheitel, FW erste Wurzel, B Spitze des fort- YA wachsenden Aus- läuferblattes. stärker konturierten Gruppen zusammen eine vierseitige Zelle bildete, aus welcher sie durch die Wände az und 52 ausgeschnitten wurde. Die Knospe hatte nahezu die Größe der in Fig. 43 abgebildeten, und 387 das erste Blatt war fast ebensoweit entwickelt wie dort. Weitere Blattanlagen ließen sich nicht nachweisen. Möglicherweise entsteht die zweite bedeutend später als die erste und würde dann jedenfalls aus einem Segment der Scheitelzelle hervorgehen. Die erste Wurzel (Fig. 42) wird noch früher angelegt als das erste Blatt und wächst auch viel rascher als dieses (Fig. 43 7). Sie entsteht endogen auf der Unterseite des Gewebehöckers, mit dem die Anlage der Knospe beginnt. Die bedeckenden Zelllagen wachsen auch hier lange mit und die Wurzel nimmt bald eine keulenförmige Gestalt an, ähnlich wie die von Asplenium obtusilobum. Die zweite Wurzel steht immer fast genau unter dem ersten Blatt (Fig. 43). Die Zahl der Knospen, die ein Blattausläufer von Asplenium Manni bildet, ist sehr verschieden. Am Herbarmaterial sind die Aus- läufer meist unvollständig erhalten, doch zählte ich aneinem 13 Knospen, trotzdem Anfang und Ende fehlten. Fig. 43. Asplenium Mannii. Etwas ältere : F - Knospe. 7 von oben, 7 (schwäch. vergr.) Dieser Ausläufer hatte sich aber yon der Seite gesehen. .S Knospen- ungefähr in der Mitte gegabelt und Free MR jr N die enston Wepzeit beide Teile waren in der Knospen- der Knospe, 3 weiterwachsendes Aus- bildung gleichmäßig weiter gefahren. läuferblait (in 7 weggeschnitten). An ungegabelten wird also die Zahl meist etwas geringer sein. Die Ausläufer werden beim Weiter- wachsen allmählich immer dünner und sind zuletzt haarfein, Knospen aber trotzdem noch. Schließlich führt diese Dickenabnahme aber natür- lich zum Stillstand des Wachstums. Sie sind zarter als die von As- plenium obtusilobum. Sonst zeigen die Ausläufer beider Farne große Übereinstimmung in ihrem Wachstum und Aussehen. In beiden Fällen sind es Blattmonopodien, wenn sie auch bei makroskopischer Betrachtung aus einer Reihe von Gliedern aufgebaut erscheinen, denn die Scheitel- zelle wird von ihrer Entstehung an bis zum Abschluß der Entwieklung des Ausläufers nie in ihrer Segmentierung gestört. Die Anlage der Knospen erfolgt aber bei den beiden Pflanzen, trotzdem sie ganz nahe Verwandte sind, wie wir gesehen haben in ver- 388 schiedener Weise, indem sie bei Asplenium obtusilobum auf der Ober- seite, bei Asplenium Manni dagegen seitlich aus den Randzellen sich bilden. Fig. 44. Asplenium Lauterbachii. Pflänzchen mit vier Laubblättern, einer Über- gangsform A (bei der Knospe abgebrochen) und einem Ausläuferblatt 2 mit drei Knospen (die dritte noch in der Einrollung am Ende). Auch bei Asplenium Manni sind Übergangsformen zwischen Aus- läufern und Laubblättern nicht selten. Bei dem untersuchten Herbar- material fanden sich vier solche. Das eine hatte zuerst eine Fieder gebildet, dann eine Knospe, dann abermals eine schwache Seitenfieder und eine Endfieder. An einem anderen fanden sich. zunächst zwei Knospen, dann einige fertile Fiedern und eine sterile Endfieder. Bei 389 einem dritten folgten auf zwei sterile Fiedern eine Knospe und einige fertile Fiedern, und das vierte endlich hatte zuerst vier teils sterile, teils fertile Fiedern entfaltet, dann eine Knospe angelegt und war von da an als Ausläufer weiter gewachsen, an dem nur noch ein Fieder- rudiment zur Ausbildung gelangt war. Hier kommt also sowohl der Übergang eines Laubblattes in einen Ausläufer, als auch die Rück- kehr eines Ausläufers zur Laubblattform vor, und oft macht es den Eindruck, als ob an Stelle einer Fieder eine Knospe auftreten könnte, ähnlich wie bei Trichomanes pinnatum. Ob an einem normalen Aus- läufer die Knospen auch, wie dort, regelmäßig alternieren, ließ sich an dem Herbarmaterial nicht immer mit Sicherheit feststellen, und aus einzelnen Fällen einen Schluß zu ziehen, geht nicht an. Asplenium Lauterhachii Christ. Ein dritter Farn mit fiederlosen Ausläuferblättern, Asplenium Lauterbachii Christ (Fig. 44), wächst auf Neu-Guinea an Baumstämmen, ist also ebenfalls ein Epiphyt. Er ist etwas größer als die beiden andern, stimmt aber in der Art seines Wachstums vollkommen mit ihnen überein. Die von den kriechenden Ausläufern abgesetzten Knospen treiben auch hier alsbald aus, bilden ein Büschel von Laubblättern und dann ebenfalls Ausläufer, Gelegentlich treten auch Übergangsformen auf (Fig. 44), die zuerst einige Fiedern bilden und dann als fiederlose Ausläufer weiterwachsen. Wie bei diesem Farn die Knospen angelegt werden, wurde nicht unter- sucht, da das vorhandene Material keine geeigneten Stadien aufwies; doch sind die Ausläufer in ihrem ganzen Aussehen denen der unter- suchten Pflanzen so ähnlich, daß die Knospen wohl auch hier nicht direkt aus der Scheitelzelle hervorgehen, sondern nur in ihrer unmittel- baren Nähe entstehen. Asplenium Kraussii Moore. Hier wäre ferner Asplenium Kraussii Moore, ein südafrikanischer Farn, anzuschließen, der bei Sims) (Tafel LX) abgebildet ist. Die Figur zeigt eine Pflanze mit mehreren Laubblättern, einem knospenden hiederlosen Blatt und einem jungen, das auch keine Fiedern zu besitzen scheint, also wohl auch ein junger Ausläufer ist. Sim sagt über diesen Farn: „Besides the ordinary fronds which are not proliferous, this species produces leafless fronds, which bend over and produce young plants at the apex.“ „It grows among moss on stones and trees in deep shape anıl often a whole mass of it is eonnected by these runners.“ 390 Ob die fiederlosen Blätter nach der Anlage der ersten Knospe weiterwachsen, kann man weder aus der Figur noch aus der Beschrei- bung mit Bestimmtheit entnehmen, denn in der Abbildung könnte das weiterwachsende Stück das erste Blatt der Knospe sein und die ge- schilderte Verkettung könnte auch zustande kommen, wenn jeder Aus- läufer nur eine Knospe absetzen und diese rasch wieder zur Ausläufer- bildung schreiten würde. Dann hätten wir bei Asplenium Kraussü ein ähnliches Verhältnis, wie bei den extremsten Formen von Asplenium prolongatum. Wenn aber das in der Abbildung über die Knospe binaus gewachsene Stück wirklich die Fortsetzung des knospenden Blattes ist, so ist auch Asplenium Kraussii en Farn mit typischen Ausläuferblättern, die ein theoretisch unbegrenztes Spitzenwachstum be- sitzen. Dann wäre die Angabe Sims, daß die Knospen an der Spitze entstehen, nicht wörtlich zu nehmen. Der Abstand zwischen der Mutter- pflanze und der ersten Knospe ist hier mindestens doppelt so groß (ca. 12 em) als bei den kleinen Farnen der Darea-Gruppe. Das ent- spricht der bedeutenderen Größe der Pflanze und ist natürlich von Vorteil, da dadurch die einzelnen Individuen weiter auseinander gerückt werden und sich deshalb nicht in der Entwicklung beeinträchtigen. Asplenium Kraussii Moore wird von Baker?) in die Nähe von Asplenium viride gestellt, „of which it may be a form“, Die Bildung von Ausläuferblättern wäre also nicht auf die Darea-Gruppe beschränkt, sondern die Arbeitsteilung hätte in zwei verschiedenen Formenkreisen in gleichem Grade stattgefunden und an beiden Orten zu den gleichen Gestaltveränderungen geführt. Nun möchte ich noch zwei weitere Farne mit Ausläuferbildung erwähnen, die von Hooker . abgebildet, aber unrichtig gedeutet wurden. Es sind dies Asplenium quitense Hk.!%) und Asplenium delicatulum Pr.5). Vom ersten schreibt H ooker in seiner Diagnose: „caudice filiformi repente hie illie inferne radieu- loso, stipitibus subfasciculatis 3—4 ex eodem puncto*... Die Blatt- büsehel sind aber, wie aus der Figur ersichtlich ist, einzelne Pflänzchen mit radiärer Sproßachse und der „fadenförmige, kriechende Sproß* ist ein Ausläufer, an dem sie aus Knospen entstanden sind. Die Natur des Ausläufers läßt sich natürlich aus der Zeichnung nicht erkennen. Er könnte ebensowohl ein Sproß oder eine Wurzel als ein Blattaus- läufer sein. Wäre das letztere der Fall, so hätten wir in diesem Farn, der auf Bäumen in den Anden von Ecuador gefunden wurde, einen zweiten Vertreter mit Blattausläufern aus der Gruppe von Asplenium viride, zu der er von Hooker und Baker gestellt wird; doch weicht er nach der Abbildung im Habitus beträchtlich von Asplenium Kraussü ab 391 Die Sproßachse von A. delicatulum Pr. beschreibt Hooker als „singularly long, slender, and creeping“. Die Abbildung stellt dagegen vier Einzelpflänzehen von radiärem Bau mit gestauchter Sproßachse dar, die einem Ausläufer aufsitzen. Von diesem Farn sind einige Exemplare im hiesigen Herbar vorhanden, aber da an allen Ausläufern die Spitze fehlt und keiner mit der Mutterpflanze in Verbindung ist, war über ihre Natur kein unanfechtbares Urteil zu gewinnen. Sie sind zum Teil sehr lang; an einem derselben zählte ich 10 Knospen, trotzdem Anfang und Ende abgebrochen waren. Gegen die Spitze hin werden sie außer- ordentlich dünn. Sie bewurzeln sich nicht nur an den Punkten, wo Knospen angelegt sind, sondern auch dazwischen. Sie machen ganz den Eindruck von Wurzeln und ihr Querschnitt stimmt, soweit sich slies am getrockneten Material noch erkennen ließ, mit dem Wurzel- querschnitt überein. Es ist darum nicht unwahrscheinlich, daß sie wirkliche Wurzeln sind, doch genügte, wie schon angeführt, das zu Gebote stehende Material nicht zur sicheren Entscheidung der Frage. Eine genauere Untersuchung dieses interessanten Falles wäre sehr er- wünscht. Würde sich dabei meine Vermutung bestätigen, so hätten wir hier die gleiche Form vegetativer Vermehrung, wie sie durch Goebel‘#) bei Hecistopteris gefunden wurde. Die Art der Entstehung und die genauere Entwicklung der Sprosse an diesen Wurzelausläufern ist noch unbekannt und es fragt sich, ob die Anlage in ähnlicher Weise vor sich geht wie bei Ophioglossum vulgatum, wo durch Rostowzew3) nachgewiesen wurde, daß die Knospen aus einem Segment der Scheitel- zelle hervorgehen, ohne daß diese je ihre Gestalt ändert, oder ob hier ein besonderer Typus der Adventivknospenbildung vorliegt. Allgemeines über Knospenbildung an Farnblättern. Es erübrigt uns noch, die einzeln beschriebenen Fälle im Zu- sammenhang mit den andern bis jetzt bekannten und zum Teil unter- suchten Formen der Knospenbildung an Farnblättern zu betrachten, unter Hinzufügung einiger weiterer Beobachtungen. Wie schon aus den behandelten Beispielen hervorgeht und wie wir im Laufe der weiteren Besprechung noch deutlicher sehen werden, ist die Art, in der sich die vegetative Vermehrung der Farne vollzieht, eine außerordent- lich mannigfaltige, auch wenn wir uns auf die Knospenbildung an den Blättern beschränken und von dem Auftrefen von Knospen an Wurzeln und Sprossen ganz absehen. Schon in bezug auf den Ort der Entstehung finden wir große und auffallende Unterschiede. An Blattstielen auftretende Knospen sind nur bei sehr wenigen Farnen bekannt. 392 Sim®s) bildet zwar eine solche Knospe von Asplenium monan- themum L. ab; aber ich konnte am Herbarmaterial, wo allerdings nur zwei knospende Blätter vorhanden waren, feststellen, daß die Knospe jedesmal bei der Ansatzstelle der untersten Fieder saß, die jedoch in beiden Fällen, wie auch mehrere darüber stehende, abgefallen war. Sie bildet sich also nicht am freien Stiel, und da die Knospen an einer Art immer mit großer Regelmäßigkeit in gleicher Weise auftreten, so vermute ich, die Abbildung Sims sei nach einem Exemplar mit ab- gefallenen Fiedern gezeichnet. Das gleiche Verhältnis scheint mir Asplenium fragile Prsl. zu zeigen. Es ist von Hookerö) ebenfalls abgebildet, und wir sehen in der Figur drei Knospen, von denen eine bei einer Fieder steht, während die andern am freien Stiel zu sitzen scheinen; aber auch hier sind wohl nur die untersten Fiedern abgebrochen. Andere Fälle mit so hoch am Stiel inserierten Knospen fand ich weder in der Literatur noch beim Herbarmaterial. Hingegen treten an Farnblättern mit ungeteilter oder wenig ge- gliederter Spreite oft an der Spreitenbasis Knospen auf (Pteris pedataL., Asplenium Virchowii Kuhn und Hemionitis cordata Roxby.) und zwar fast immer zwei. Sie sitzen dann zu beiden Seiten der Rhachis auf der Fläche der Spreite, an ihrem unteren Rande oder ausnahmsweise unmittelbar unter ihr am Stiel. Diese Ausnahmestellung, wie wir sie bei Asplenium plantagineum Sw. ab und zu treffen, kommt vielleicht dadurch zustande, daß die Randzellen, die sonst die Spreite bilden, an der Stelle, wo die Knospe entsteht, zu ihrem Aufbau verwandt werden, so daß hier die Ausbildung der Blattfläche auf eine kurze Stre@ke unterbleibt; doch ist das nicht näher geprüft worden. Hier wären auch Asplenium monanthemum L. und Asplenium fragile Prsl. anzuschließen, die nach meiner Auffassung Knospen in den Achseln der untersten Fiedern bilden und die uns zu den folgenden Formen überleiten. Weit- aus am häufigsten entstehen nämlich die Knospen an‘ der Basis der Fiedern erster Ordnung, wie bei der bekannten Cystopteris bulbifera Bernh., bei Phegopteris sparsiflora Hook., Asplenium celtidifolium Kze. und vielen andern. Sie sitzen entweder der Fiederbasis auf und stehen dann unmittelbar neben dem Hauptnerv der Fieder, oder sie bilden sich an der Rhachis des Blattes selber. Bei vielen Farnen treten sie außerdem in den Achseln der Fiedern zweiter Ordnung oder, wenn die Gliederung der Fiedern keine so tiefgehende ist, auf der Fläche der Fiedern an den Auszweigungsstellen der Seitennerven zweiter oder höherer Ordnung auf. Bei Asplenium caudatum Forst. stehen sie z. P. in den Achseln der Fiedern erster und zweiter Ordnung und auf der 393 Spreite. Bei Asplenium dimorphum Kze., viviparum Presl, lineatum Sw. und Asplenium bulbiferum Forst, die man in den Gewächshäusern so häufig trifft, treten sie nur noch auf der Spreite auf, aber überall, wie in allen bisher genannten Fällen in engster Beziehung zu den Leitungs- bahnen. Es ist leicht zu verstehen, daß die stärksten Bahnen die be- vorzugtesten sind, da sienatürlich den sich bildenden Knospen günstigere Bedingungen zu bieten vermögen, als die dünneren Auszweigungen. Offenbar tritt aber ein anderer Faktor mit dem genannten in Kon- kurrenz: die Knospen müssen nicht nur gebildet und bis zu einer ge- wissen Entwieklungsstufe gebracht werden, sondern wenn sie zur vegetativen Vermehrung der Pflanze dienen sollen, so müssen sie den Boden erreichen können, um sich hier zu selbständigen Pflanzen zu gestalten. In dieser Hinsicht ist die Stellung an der Rhachis entschieden ungünstig und die Knospe hat keine Aussicht, eher zur Erde zu kommen, als bis das ganze Blatt und auch sein widerstandsfähigster Teil, die Rhachis, abgestorben ist und niedersinkt. Die an der Haupt- rippe des Blattes in den Fiederachseln entstehenden Knospen sind darum wohl zum größten Teil darauf angewiesen, eine Ruhezeit durch- zumachen, sei es, daß sie bald nach.ihrer Anlage in der Entwicklung stehen bleiben oder erst einige Primärblätter entfalten und dann ihr Wachstum, wahrscheinlich durch die äußeren Umstände gezwungen, außerordentlich verlangsamen, bis sie zu normaler Entfaltung schreiten können, oder daß sie zuerst ein widerstandsfähiges Dauerstadium bilden, das erst zu einer Pflanze von normaler Gestalt sich entwickelt, wenn es eine von den äußeren Bedingungen abhängende oder erblich fixierte Ruheperiode überstanden hat. Bei einzelnen Farnen haben sich inter- essante Anpassungen herausgebildet, die den Knospen das Überstehen ungünstiger Verhältnisse ermöglichen oder die Vermehrung der Pflanze durch die Knospen erleichtern und bis zu einem gewissen Grade sichern. Hier wäre schon die Bedeekung der jungen Adventivknospen durch Paleen und Schleimhaare zu nennen, die eine allgemein verbreitete Erscheinung ist und mitunter ein auffallendes Maß erreicht. Ferner finden wir in vielen Fällen die junge Knospe mit Reservestoffen voll- gepfropft, die sie befähigen, nach dem Aufhören der Stoffzufuhr durch die Mutterpflanze die fernere Entwicklung einzuleiten, ohne von den äußeren Bedingungen zu sehr abhängig zu sein. Diese Reservestoffe sind besonders reichlich vorhanden bei Knospen, die vom lebenden Mutterblatt sich leicht ablösen lassen oder abfallen. Bei Asplenium decussatum Sw. und Asplenium ceeltidifolium Kze. wachsen die Knospen am Mutterblatt zu kleinen Pflänzehen heran, die dem Blatt nur mit Flora 1906, 20 394 einer ganz dünnen Basis aufsitzen, so daß sie leicht abgestreift werden können. Ihre ersten Blätter entfalten selten ihre Spreite, söndern es entwickeln sich hauptsächlich nur die Stiele, deren Basis anschwillt. Die Knospe wird dadurch sehr voluminös, und ich fand den jungen Sproß und die fleischigen Blattbasen immer mit großen Mengen von Stärke erfüllt. Werden die Knospen von der Mutterpflanze abgelöst, so können sie unter ungünstigen Bedingungen Monate lang am Leben bleiben, ohne sich wesentlich zu verändern. Es schrumpfen höchstens die jungen Blattstiele und sterben im oberen Teile ab, während der knollige Sproß gesund bleibt und sofort neue Blätter treibt, sobald die äußeren Umstände eine Weiterentwieklung erlauben. Noch auffallendere Anpassungen sind bereits beschrieben von Cystopteris bulbifera Bernh.?”), wo die ersten beiden Blattanlagen zu Niederblättern sich entwickeln, die der Speicherung von Reservestoffen dienen, und von Phegopteris sparsiflora Hook.*®), dessen Knospen an der Mutterpflanze zu länglichen, mit Paleen bedeckten Rhizomen heranwachsen und reichlich Stärke enthalten. Bei beiden Farnen lösen sich die Knospen durch Vertrocknen der dünnen Verbindungsstelle vom Blatt ab und haben die Reserve- stoffe besonders nötig, da ihre Vegetationsorgane sich immer erst nach der Ablösung entfalten oder neu gebildet werden. Bei sehr vielen Farnen, deren Knospen sich nicht ablösen, ent- stehen sie vorzugsweise in den Fiederwinkeln der oberen Hälfte des Blattes. Diese Stellung ist besonders günstig, da der überhängende obere Teil schlanker Farnwedel wohl immer früher den Boden erreicht, als die steife untere Hälfte der Rhachis, so daß eine Knospe um s0 mehr Aussicht hat, zu selbständiger Weiterentwicklung zu gelangen, je höher an der Rhachis sie inseriert ist. Ebenso sind sicher die- jenigen Knospen im Vorteil, die an den "piegsamen Seitenfiedern entstehen; da aber die Knospenbildung, wie wir gesehen haben, im allgemeinen an die wichtigeren Leitbahnen gebunden ist, so ist in vielen Fällen ein Kompromiß zustande gekommen. Die Knospen ent- stehen nur noch teilweise oder überhaupt nicht mehr an der Rhachis, dafür aber in großer Zahl an den Fiedern, aber hier besonders in der Nähe der stärksten Nerven, gewöhnlich an den Stellen, wo Auszweigungen von ihnen abgehen. Bei Asplenium viviparum tritt uns "wiederum die bemerkenswerte Tatsache entgegen, daß die Enden der Fiedern, be- sonders der obersten, in auffallender Weise bevorzugte Entstehungsorte der Knospen sind. Bei diesem Farn, sowie bei einer Anzahl in ähnlicher Weise knospender, treiben die jungen Pflänzehen meist schon auf dem Mutter- 395 blatte einige Primärblätter, so daß sie selbständig assimilieren können. Das ist vielleicht für diese Knospen deshalb wichtig, da sie sich bei ihrem großen Abstande von der Rhachis nicht in den günstigsten Er- nährungsbedingungen befinden. Damit soll nicht gesagt sein, daß das Austreiben .an der Mutterpflanze nur in solchen Fällen erfolge. Diese Form der Knospenbildung ist jedenfalls nur bei Farnen möglich, die an feuchten Standorten wachsen, denn sonst würde der Wasserverbrauch für das Mutterblatt durch die vielen kleinen Pflänzchen auf seiner Spreite wohl zu sehr gesteigert und die Knospen müßten vertrocknen. Auch eignen sich diese austreibenden Knospen sicher nicht zum Überdauern von sehr ungünstigen klimatischen Verhältnissen, und ihr Vorkommen wird darum auf Gebiete mit ziemlich gleichmäßig feucht-warmem Klima beschränkt sein. Fast bei allen Farnen, deren Knospen erst beim Absterben (es Mutterblattes isoliert werden und zu Boden gelangen oder sich früher ablösen und dann vielleicht gar eine Ruheperiode überdauern müssen, also kurz, ‘bei allen, bei denen die Weiterentwicklung der Knospen trotz mancher äußerst günstigen biologischen Anpassungen in hohem Maße vom Zufall abhängig ist, wird die Unvollkommenheit der Form, in der sich die vegetative Vermehrung vollzieht, kompensiert durch die große Zahl der produzierten Knospen, die an üppigen Exemplaren von Asplenium lineatum und besonders Asplenium viviparum nach Hunderten zählen können. Uingekehrt sehen wir da, wo durch die Entstehung der Knospen an besonders günstigen Orten dafür gesorgt ist, daß sie sicher und mög- lichst früh, in vielen Fällen sofort nach Beendigung der Entwicklung des Mutterblattes, das Substrat erreichen, eine Reduktion der Knospen- zahl eintreten. Das ist also namentlich dort der Fall, wo die Knospen am obersten Teil sehr langgestreekter, biegsamer Wedel oder an den Enden langer, schlanker Fiedern angelegt werden. Bei Asplenium finlaysonianum Hk. wird eine Knospe auf dem Mittelnery der Endfieder und je eine in der Nähe der Spitze der ungeteilten Seitenfiedern ge- bildet. (Diese letzteren stehen nicht, wie in ähnlichen Fällen, auf der Mittelrippe der Fiedern, sondern an einer Auszweigung derselben am Rand). Asplenium emarginatum Beauy.!9, ebenfalls ein Farn mit einfach gefiederten Blättern. bildet an jeder Seitenfieder und an der Endfieder je eine einzige Knospe, die in einer Einbuchtung der Spreite am Ende der Hauptrippe der Fieder sitzt. Bei Asplenium Poolii Hk, das sich sonst ganz gleich verhält, sind die Fiedern alle lang ausgezogen, wo- 26* 396 durch natürlich die Knospen eher auf die Erde gelangen. Ähnliches finden wir bei Asplenium longicauda, von dem Hooker!®) sagt: „It often happens that the pinnae are proliferous, then the lateral ones are narrowly caudate at the apex and a scaly bud forms“... . „If the terminal pinna is proliferous it is remarkably and gradually attenuated (to the length of 1 or 1!/, foot) and the apex copiously proliferous.“ Dabei ist besonders hervorzuheben, daß die Verschmälerung nicht auf Kosten der Spreite geschieht, sondern die Endfieder verlängert sich gegenüber einer nicht knospenden erheblich. Nach Hooker!®) lösen sich die Knospen an den Seitenfiedern dieses Farns nicht selten mit dem aus- gezogenen Ende der Fieder ah. Bei sehr vielen Farnen, die in den Achseln der Fiedern erster Ordnung Knospen erzeugen, treten diese nur in ganz geringer Zahl bei den obersten Fiedern auf und bei zahlreichen Formen wird nur noch eine einzige an der Basis der Endfieder gebildet. Diese erhält dann oft eine von den übrigen Fiedern auffallend abweichende Gestalt (Asplenium Barteri Hk.) und wird nicht selten durch die Knospe aus ihrer natürlichen Lage abgelenkt, so daß sie manchmal eher wie ein erstes Blatt der Knospe aussieht. In anderen Fällen wird ebenfalls eine einzige Knospe gebildet, die mitten auf der Endfieder an deren Hauptnerv (Asplenium Zenkeria- num Kze.) oder unmittelbar hinter ihrer Spitze sitzt. Endlich gibt es eine Reihe von Farnen, deren Knospen direkt an der Spitze der Blätter entstehen, wobei natürlich am Herbarmaterial und oft auch an lebenden Pflanzen sich nicht ohne entwicklungs- geschichtliche Untersuchung feststellen läßt, ob sie wirklich aus dem Scheitel hervorgegangen sind oder nurin dessen nächster Nähe sich gebildet haben. Solche Knospen kommen auch an Blättern mit ungeteilter Spreite vor (Aspidium plantagineum Grieseh.). sind aber besonders bei Farnen mit gefiederten Blättern häufig, wo sie fast immer die Stelle der End- fieder einnehmen, wenn sie wirklich aus der Spitze des Blattes hervor- gehen. Daß diese Stellung für die Knospen die günstigste ist, läßt sich leicht erkennen, und sie ist namentlich deswegen von besonderer Bedeutung, weil bei zahlreichen Farnarten in Verbindung mit der Knospenbildung eine oft sehr erhebliche Verlängerung der obersten Blattpartie eintritt, die meistens so stark ist, daß die Blattspitze bis auf den Boden reicht, so daß die Blätter also nicht nur die Knospen hervorbringen, sondern sie auch in das Erdreich ihrer nächsten Um- gebung auspflanzen, gewiß eine höchst interessante und merkwürdige Erscheinung. 397 Die Streckung des obersten Teiles der Blätter tritt bei ver- schiedenen Farnen in ganz verschiedenem Grade auf und die Extreme sind durch Zwischenstufen mit den normalen Formen verbunden. Zwei hierher gehörige Fälle haben wir bereits genannt, bei denen aber nicht nur das Blattende, sondern auch die Fiedern verlängert waren; es sind dies Asplenium Poolii Bk., wo die Verlängerung keine sehr bedeutende ist und Asplenium longicauda Hk., bei dem die Endfieder zu ganz ungewöhnlicher Länge ausgezogen sein kann. Diesen können wir Scolopendrium rhizophyllum anreihen, dessen ungeteilte Blattspreiten ebenfalls stark verlängert sind und sieh gegen die Spitze hin nach und nach verschmälern. Ganz ähnlich verhalten sich Aspidium Krugü Kuhn (Fig. 45) und Aspidium rhizophyllum Prl., deren Blätter im unteren Teil gefiedert sind, während sich die Gliederung nach oben verliert, worauf die Spreite sich zu einem schmalen Saum an der stark verlängerten Rhachis zusammenzieht. Hier ist also die Blattfläche, wenn auch an Breite beständig abnehmend, noch bis zur Spitzenknospe hin entwickelt. Fig. 45. Aspidium Krugii Kuhn. Knospendes Blatt mit langausgezogener geflügelter Rhachis. Von den gefiederten Blättern sind diesen diejenigen an die Seite zu stellen, bei denen die Streckung in dem mit Fiedern besetzten oberen Teil eintritt, so daß die einzelnen Blättchen, die dann meistens gegen die Spitze hin immer kleiner werden, auseinander gerückt sind (Asplenium Halli Hk). Bei anderen hört aber die Fiederung in nor- maler Weise auf und es streckt sich nur oder hauptsächlich der über die Fiedern hinaus ragende Teil der Rhachis. (Polystichum lepidocaulon Hk., Asplenium rutaceum Mett., die Adiantum-Arten der Radicantes- Gruppe, Aneimia rotundifolia Schrad. und viele andere.) Die Rhachis- verlängerung mißt bei den einen nur wenige Zentimeter, während sie bei anderen (z. B. Adiantum caudatum L.) 3 dın lang werden kann. Bei Asplenium prolongatum Hk. endlich, bei dem die Verlängerung keine sehr bedeutende ist, tritt dafür bei einzelnen Formen eine Re- duktion der Fiederzahl ein, die schließlich zur Bildung von sympodialen, fiederlosen Ausläufern führen kann. 398 Neben dieser Formenreihe, bei der die Knospen an der Spitze der Blätter entstehen, die der Aufgabe der vegetativen Vermehrung in verschiedenem Grade angepaßt sind, läuft eine andere parallel, die ebenso vorteilhafte, wenn nicht noch vollkommenere Anpassungen auf- weist. Nicht überall hat nämlich eine so weitgehende Reduktion der Knospenzahl stattgefunden, und es ist trotzdem in ebenso vorzüglicher Weise die Weiterentwicklung gesichert. Dies ist z. B. der Fall bei Fig. 46. Polypodium reptaus Sw. Pflanze mit einem an langausgezogener, ab- nehmend gefiederter Rhachis knospenden Blatt. Polypodium proliferum Prsl.. dessen Wedel so außerordentlich lang (über 1 m) und schlank sind, daß sie oft schon von ihrer Mitte an dem Boden aufliegen, auf dem der obere Teil wie ein Ausläufer hinkriecht, indem er in Abständen von 12--15 cm Knospen erzeugt, die sich natürlich sogleich bewurzeln und zu jungen Pflanzen entwickeln können. Das ganze Blatt trägt Fiedern, die allerdings von der Mitte an aufwärts rasch an Größe abnehmen und immer spärlicher werden. 399 Ebenso verhält sich Polypodium reptans Sw. (Fig. 46). Bei beiden scheinen die Knospen in den Fiederwinkeln zu stehen und es entwickeln sich gewöhnlich vier oder fünf an einem Blatte. Bei Trichomanes pinnatum Hedw. (Fig, 47) unterbleibt die Fiede- rung am oberen Teil des Blattes, der in gleicher Weise verlängert ist und am Boden hinkriecht, ganz, da die Knospen, wie wir sahen, an Stelle der Fiedern entstehen. Die Zahl der Knospen, die hier an einem Blatt sich bilden, ist noch bedeutend größer als bei den vorigen. Fig. 47. Trichomanes pinnatum Hedw. Pflanze mit knospenden Blättern. Ver- längerung der Rhachis fiederlos, am Boden kriechend. (Nach einer Photographie des Her Garteninspektor Otlmer.) Als äußerstes Extrem wären hier die Farne mit monopodialen Blattausläufern anzuschließen, die gar keine Fiedern mehr tragen und sich durch plagiotropen Wuchs auszeichnen. Sie stellen entschieden das höchste Maß der Anpassung an die Aufgabe der vegetativen Ver- mehrung dar, deren ein Farnblatt fähig ist, was jedoch nicht ausschließt, daß andere, nicht in so weitgehendem Maße angepaßte Formen ihr Ziel ebenso sicher erreichen, denn es dient nicht für alle Verhältnisse dasselbe, und jeder Typus kann nur im Zusammenhang mit den äußeren Bedingungen richtig gewürdigt werden. Aber das dürfen wir wohl annehmen, daß bei den kleinen Epiphyten der Darea-Gruppe, bei 400 denen die monopodialen Ausläufer hauptsächlich vorkommen, kein anderer Modus der vegetativen Vermehrung die Erhaltung der Art in gleichem Grade sichern würde. Während wir bei allen bis dahin genannten Farnen eine deutliche Abhängigkeit der Stellung der Knospen vom Verlauf der Leitungsbahnen und von der zu erfüllenden Aufgabe nachweisen konnten, will das in zwei Fällen, die ich deshalb gesondert anführe, nicht gelingen. Bei Ceratopteris thalietroides Brongn. und Hemionitis palmata L. entstehen nämlich die Knospen in den Buchten der Blätter und auch in den Kerben der einzelnen Lappen. Die Hauptabschnitte der Blätter von Hemionitis palmata sind von stärkeren Nerven durchzogen, die in ihre Spitze hinauslaufen; die dazwischen liegenden Partien der Blattspreite werden durch ein Netz von unter sich gleich starken, anastomosierenden Leitungsbahnen durchzogen, ohne daß eine Begünstigung der Buchten zu erkennen wäre. Die jungen Blätter zeigen frühzeitig Randwachstum. Die Randzellen teilen sich durch abwechselnd tangentiale und radiale Wände, die gleichwertige oder ungleichwertige Schwesterrandzellen liefern. Von den letzteren teilt sich die eine normal weiter, während in der anderen nur noch tangentiale Wände auftreten. Diese Zelle streckt sich in radialer Richtung weniger als die daneben liegenden, aus ihren Nachbarzellen hervorgehenden Partien und führt dadurch zur Bildung einer Bucht. Während die übrigen Randzellen bald zu Haaren aus- wachsen und in Dauerzustand übergehen, bleibt diese Zelle embryonal, und aus ihr scheint nachher die Knospenanlage hervorzugehen. Die Buchten an den Blättern von Ceratopteris thalietroides scheinen nach dem von Kny!*) gezeichneten Zellnetz in ähnlicher Weise zu entstehen, und wahrscheinlich werden auch die Knospen in gleicher Weise an- gelegt. Die Knospenanlagen von Hemionitis palmata bleiben auf sehr verschiedenen Entwicklungsstadien stehen. Während die in den tiefsten Buchten sitzenden leicht von bloßem Auge wahrgenommen werden können, lassen sich andere nur mit dem Mikroskop als kleine Zell- höckerchen erkennen und noch andere sind vielleicht bloß in Gestalt der embryonal gebliebenen Zelle am Grunde einer kleineren Bucht vorgebildet. Jedenfalls treiben immer viel mehr Knospen aus, als vor- her nachgewiesen werden können, sobald man die Blätter auf feuchte Erde legt. Ich erzielte an einzelnen Blättern bis zu 27, während man makroskopisch immer nur etwa 4—5 Anlagen sieht. Wenn Sadebeck!?) sagt, „bei Ceratopteris entstehen die Adven- tivknospen selbst dann, sehr leicht, wenn das Blatt von der Pflanze losgelöst in einem feuchten Raume sich selbst überlassen wird“, 50 401 handelt es sich dabei wohl ebenfalls nur um eine Weiterentwieklung vorhandener Anlagen und nicht etwa um Regeneration, wie bei den an Begoniablättern auftretenden Knospen. Für diese beiden Farne können wir also erkennen, daß die An- lage der Adventivknospen in den Buchten mit der Art des Blattwachs- tums zusammenhängt, indem die Knospen da auftreten, wo das Gewebe am längsten embryonal bleibt. Die Anlage der Knospen erfolgt überhaupt in allen bis jetzt ent- wicklungsgeschichtlich untersuchten Fällen nur aus embryonalem Ge- webe. Die Knospenbildung wird, so weit wir sie kennen, immer schon eingeleitet, wenn das Farnblatt erst wenige Millimeter lang ist*) und vollzieht sich an Wedeln, die zahlreiche Knospen hervorbringen, in akro- petaler Folge. » Die Knospen stehen an den Farnblättern, soweit sie nicht an den Flanken der Rhachis oder an der Spitze des Blattes oder einer Fieder inseriert sind, fast ausnahmslos auf der Oberseite. Die Angabe Velenovskys5%),' daß diejenigen von Asplenium bulbiferum auf der Unterseite sitzen, ist unrichtig und seine eigene Abbildung (nach Hein- richer) zeigt eine Fieder dieses Farnes mit zwei Knospen auf der Oberseite**). Es gibt allerdings einige Farne, die ihre Knospen wirk- lich auf der Unterseite der Blätter tragen, wie z. B. Asplenium Be- langeri Kze. und Aspidium Cameroonianum Wall. (z. T,). Auch sind bei einigen Farnvarietäten beblätterte Knospen neben den Sporangien in einem Sorus sitzend beobachtet worden, so bei Nephrodium erythror- sum Eat. var. monstrosum und bei Athyrium filix femina L. var. plu- mosum subvar, elegans, Sadebeck“) hat dieselben als Übergänge von der Soralaposporie zu der Adventivknospenbildung aufgefaßt. Sie haben aber zur Aposporie offenbar keinerlei Beziehung; dies wäre nur der Fall, wenn eine Verkettung von Aposporie und Apogamie vor- handen wäre, worauf aber nichts hindeutet. Das Auftreten von Adventiv- knospen an diesen ungewöhnlichen Orten erklärt sich auf einfache Weise dadurch, daß hier noch embryonales Gewebe vorhanden ist, wenn die übrigen Teile des Blattes schon in Dauerzustand übergegangen sind. Velenovsky will beobachtet haben, daß die Adventivknospen an Farnblättern gewöhnlich mit der Sterilität des Farnes zusammenhängen. *) Nur Rostowzew macht eine abweichende Angabe. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. 1894. **) Die falsche Angabe ist jedenfalls der Zusammenfassung Sadebecks in Engler-Prantl entnommen, wo sie sich ebenfalls findet. 402 Er stützt sich dabei auf Wahrnehmungen an Asplenium bulbiferum und Asplenium viviparum. Ich muß demgegenüber nochmals betonen, daß man eine solche Frage durchaus nicht nach Befunden an Gewächshaus- pflanzen erledigen kann, sondern nur an Material von natürlichen Stand- orten. Aber auch wenn diese Bedingung erfüllt wäre, würden zwei vereinzelte Beobachtungen noch keineswegs zu einem so allgemeinen Schluß berechtigen. Die wenigen Angaben, die über diesen Punkt in der bot. Literatur zu finden sind, beziehen sich wohl ausschließlich auf Treibhauspflanzen und zum Teil sogar auf Gartenformen, die schon gar nicht maßgebend sein können. Ich kann diesen zweifelhaften Daten entgegen halten, daß ich an einer sehr großen Zahl von knospenden Farnen keinerlei Beeinträchtigung der Sporenbildung durch die Knospen- bildung wahrnehmen konnte. Die knospenden Blätter trugen ebenso reichlich Sporen, wie nicht knospende, und die Zahl der Knospen war an sterilen Blättern nicht größer als an fertilen. Allerdings kann eine Arbeitsteilung eintreten, wie wir bei Fadyenia prolifera sahen, doch ist es sehr wohl möglich, daß diese zwischen Sporenbildung und Assimi- lation eingetreten ist (wie bei Struthiopteris germanica) und daß sie be- dingt hat, daß in diesem vereinzelten Falle die Knospen nur an sterilen Blättern auftreten, weil sie an den anderen nutzlos wären. Jedenfalls ist ja auch dieser Farn durchaus nicht steril. Allerdings halte auch ich, wie an anderer Stelle bereits angedeutet, es durchaus nicht für unmöglich, daß eine ausschließlich vegetative Ver- mehrung zuletzt zur Reduktion der Sporenbildung und zum Verlust der Keimfähigkeit der Sporen führen kann. Aber bis jetzt kennen wir noch keinen einzigen Fall dieser Art, der einer eingehenden Kritik standzuhalten vermöchte. Auch die Behauptung Velenovskys, daß die Adventivknospen an Blättern bereits bei fast allen Farnen konstatiert worden seien, ist viel zu allgemein. Wenn auch das Auftreten der Adventivknospen an Blättern eine viel verbreitetere Erscheinung ist, als man gewöhnlich annimmt, was wohl am besten aus der nachfolgenden Zusammenstellung hervorgeht, so gibt es doch nicht nur Arten und ganze Gattungen, sondern sogar Familien, von denen wir bis jetzt keinen einzigen Ver- treter mit solchen Knospen kennen. In der Regel treten die Knospen an den Farnblättern erst auf, wenn die Pflanze eine gewisse Stärke erreicht hat, doch beobachtete Druery auch welche an Keimpflänzchen einer Varietät von Atlıyrium filix femina, 403 Das Auftreten der Knospen ist jedenfalls in vielen Fällen in hohem Grade von äußeren Umständen abhängig, und es fiel mir beim Durchgehen des Herbarmaterials mehrfach auf, daß die Exemplare einer Art zum Teil regelmäßig Knospen trugen, während von gewissen Standorten nur nichtknospende Exemplare vorhanden waren. Meist waren aber die Standortsangaben zu unzulänglich, als daß man daraus Schlüsse auf die bestimmenden Faktoren hätte ziehen können. Ge- wöhnlich scheint jedoch die Knospenbildung an das Vorhandensein eines gewissen Maßes von Feuchtigkeit gebunden zu sein und an trockenen Standorten ganz zu unterbleiben. Ein solcher Fall ist auch bereits von Goebel:®) angeführt worden, und Jenman?”) hat die Ansicht ausgesprochen, daß es in einzelnen Arten zur Ausbildung knospender und nichtknospender Rassen gekommen sei, von denen die letzteren trockenere Standorte bewohnen. Die knospenden, feuchtigkeitsliebenden Formen sollen ihre Neigung zur Knospenbildung beibehalten, wenn man sie als Trockenpflanzen kultiviert. Die reichlich knospenden Farne sind fast ausschließlich Bewohner feuchter, schattiger Wälder und bevorzugen hauptsächlich die Ufer der Wasserläufe. Auf den Blättern der xerophilen Farne scheinen dagegen . im allgemeinen gar keine Knospen gebildet zu werden. Zusammenfassung der wichtigsten entwicklungsgeschichtlichen Ergebnisse. 1. Spitzenknospen sind nachgewiesen für Adiantum Edgeworthii, Adiantum caudatum, Adiantum lunulatum, Adiantum eapillus junonis, Asplenium prolongatum, Aneimia rotundifolia, Scolopendrium rhizo- phyllum, Fadyenia prolifera. 2. Bei den untersuchten Adiantumarten und bei Asplenium pro- longatum geht die Sproßscheitelzelle der Knospe direkt aus der Blatt- scheitelzelle hervor. Bei den Adiantumarten entspringen die ersten drei Blätter jeder Knospe aus dem verdickten Ende des Mutterblattes außer- halb des neuen Vegetationspunktes; für Asplenium prolongatum ist dies nur für das erste Blatt nachgewiesen. Die ersten Wurzeln entstehen endogen auf der Konvexseite der Spitze des Mutterblattes, die späteren am Stamm der Knospe. 3. Bei den übrigen drei Farnen geht die Blatispitze frühzeitig zum Randwachstum über; die Randzellen werden nachher zu isodia- metrischen Zellen aufgeteilt und die Blattspitze wird dabei beträchtlich verdickt. Auf der höchsten Stelle des Scheitels bildet sich die Sproß- scheitelzelle der Knospe. 404 Bei Aneimia rotundifolia können Blattanlagen auftreten, ehe die Sproßscheitelzelle vorhanden ist; auch hier entstehen die ersten Blätter (bis zu sechs!) unabhängig vom Sproßscheitel, aber doch in normaler Orientierung zu diesem und in gesetzmäßiger Anordnung. Bei Scolopen- drium rhizophyllum wurden zwei vom Knospenscheitel unabhängig auf- tretende Blätter nachgewiesen. 4, Alle diese Farne, mit Ausnahme von Fadyenia prolifera, ver- längern die Rhachis der knospenden Blätter in auffallender Weise, so daß die Knospe an der Spitze derselben den Boden berühren muß, wo sie sich zu einer selbständigen Pflanze entwickelt. Bei Fadyenia proli- fera wird dieses Ziel erreicht, indem die knospenden Blätter sich dem Boden anschmiegen. 5. Bei den untersuchten Adiantumarten und bei Asplenium prolon- gatum eilt das erste Knospenblatt den andern im Wachstum bedeutend voraus und bringt, wie auch die folgenden Blätter, gleichfalls eine Knospe hervor. Bei Asplenium prolongatum tritt bei einzelnen Formen eine Arbeitsteilung ein, die zu weitgehender Reduktion der Fiederzahl an den knospenden Blättern, ja sogar zum gänzlichen Verlust der Fiede- rung und zur Bildung von syınpodialen Ausläufern führen kann. Aneimia rotundifolia, Seolopendrium rhizophyllum und Fadyenia prolifera bilden an ihren Knospen zuerst eine Anzahl von Primär- blättern und dann erst knospende Blätter. 6. Bei Trichomanes pinnatum entstehen die Knospen zu beiden Seiten der verlängerten Rhachis an Stelle der Fiedern und gehen, wie diese, aus den Randzellen hervor. 7. Asplenium obtusilobum und Asplenium Mannii bilden nicht- knospende Laubblätter und knospende, fiederlose Blattausläufer in perio- dischem Wechsel. 8. Die Scheitelzelle der Blattausläufer wird nicht zur Bildung der Knospen aufgebraucht, sondern diese werden nur in deren Nähe an- gelegt. Sie gehen bei Asplenium Manni (wie bei Trichomanes pinna- tum) aus den Randzellen hervor, während sie bei Asplenium obtusilobum auf der Oberseite entstehen. Die Ausläufer sind also bei beiden Farnen Monopodien mit theoretisch unbegrenztem Wachstum. 9. Das erste Knospenblatt entsteht bei beiden Farnen unabhängig vom Knospenscheitel. 10. Durch Entfernen der Spitze eines Ausläufers von Asplenium obtu- silobum läßt sich an seiner jüngsten Knospe die erste Blattanlage, die sonst ausnahmslos zu einem Laubblatt wird, in einen Blattausläufer umwandeln. 405 Verzeichnis von Farnen mit Knospenbildung an den Blättern, nach der Stellung der Knospen geordnet.) Knospen nur an der Basis der Spreite. Asplenium integrifolium Prl. Hemionitis cordata Roxby. » plantagineum Sw. Pteris pedata L. » Virchowii Kuhn Knospen an der Rhachis in den Fiederwinkein (oder an der Basis der Fiedern). Acrostichum sorbifolium L. *) Aspidium cadueum Wall. Cameroonianum Wall. (auch auf den Rippen der Fiedern }. Ordnung und zwar oft auf ihrer Unterseite) » fraxinifolium Schrad. » subinerme Kze. Asplenium Belangeri Kze. ” » caudatum Forst. (auch auf der Spreite) 92 celtidifolium Kze. (oft auch auf der Unterseite der Endfieder) » deeussatum Sw. » hirtum Kaulf. (auch etwa auf den Fiedern) FR monanthemum L. 3 multijugum Wall. 2 projeetum Kze.?) » protensum Sw. r tenerum Forst. Cystopteris bulbifera Bernh. Phegopteris sparsiflora Bernh. *°) Trichomz iff Bl. \ \chomanes diffusum } Kn. einzeln auf der Rhachis, Etagen bildend ®), » proliferum Bl. Knospen auf der Spreite. Asplenium bifidum Presl. Asplenium enatum Brack.*) r bulbiferum Forst, Pr lineatum Sw. » dimorphum Kze. 2 viviparum Presl. Ceratopteris thalietroides Brongn. Hemionitis palmata L. Knospen in geringer Zahl nur am oberen Teil der Rhachis, meist nur eine einzige an der Basis der Endfieder oder in der Nähe der Spitze. Aspleniun emarginatum Beauv. '% \ am Rande in Buchten. » Finlaysonianum Hk. P longicauda Hk. auch am Ende jeder Seitenfieder je eine > Poolii Bk., Knospe Pteris radicang Christ *) Acrostichum virens Wall. *) Die Gruppierung wurde nach den Befunden am Herbarmaterial des pflanzen- physiologischen Instituts München vorgenommen; die Bearbeitung eines größeren Materials dürfte zu manchen Verschiebungen führen. Wo die eigene Anschauung fehlte, ist auf die Autoren verwiesen, auf die sich die betr. Angabe stützt, Die Farne, an denen nur in ganz vereinzelten Fällen Knospen beobachtet wurden, sind nicht in diese Liste aufgenommen, da die Knospenbildung dort nicht als normal gelten kann, 406 Acrostichum Gaboonense Hk. ®) r Hamiltonianum Wall. » Linnaeanum Hk.'% F punctulatum 8w. 2 semicordatum BK. Aspidium aculeatum Sw. FR auriculatum Sw. » effusum Sw. » plantagineum Grieseb. » platyphyllum Prl, FR proliferum R. Br. Asplenium amboinense Willd. 3 anisophyllum Kze.?) » bantamense BI, 3 Clarkei Atk. » commutatum Mett. » eompressum Sw. » Drögeanum Kze. Asplenium erectum Bory. ” Feei Kze.?) Gautieri Hk. ?) gemmiferum Schrad. lunulatum Sw. macrophyllum Sw.?) normale Don. paradoxum BL persicifolium J. 8m. ?) regulare Sw. resectum Br. Thunbergii Kze. °*) vittaeforme Car.) vulcanieum Bi. Zenkerianum Kze. Nephrodium deflexum J. Sm. Polybotrya appendieulata Bedd. *°). Knospen seitlich an der verlängerten Rhachis. Trichomanes botryoides Kaulf. *°) Acrostichum flagelliferum Wall. (auch auf der Spreite) Asplenium longissimum BL. Polypodium proliferum Prsl. 3 reptans Sw. dimorphum *9) elegans Rich.) pinnatum Hedw. Eine Knospe an der Spitze der verlängerten Rhachis. Asplenium Hallii Hk.1%) Adiantum calcareum Gardn. ”) FR eapillus junonis Rupr. Pr caudatum L. Pr defleetens Mart. ®5) » delicatulum Mart. °°) Pr Edgeworthii Hk. » lunulatum Burm. » pumilum Sw.?®) F rhizophorum Sw. ?) 2 rhizophytum Schrad. >) FR Schweinfurthii Kuhn. ®) » soboliferum Wall. ®) Aneimia radieans Raddi » rotundifolia Schrad. » Warmingii Prantl, 2) Aspidium Krugii Kuhn. » rbizophyllum Prl, Asplenium alatum H.B. Ri depauperatum Fee.) 3» flabellifolium Car. » flabellulatum Kze., » galipanense Hieron, 2) » Gibertianum Hk. 10) Karstenianum Klotzsch °?) laeiniatum Don. ?) paleaceum R, Br. ?) prolongatum Hk. radicans Sw. rhachirhizon Raddi rhizophorum L. rhizophylium Kze.?) rutaceum Mett.‘%) Sandersoni Hk. setosum Pr. ?) Yadyenia prolifera Hk. Polystichum eraspedosorum Max. ” ” ” ” lepidocaulon Hk. Maximowiezii Bk. **) Plaschnikianum Kze.”) trapezoides Sw. triangulum Sw. Seolopendrium rhizophyllum Hk. ” ”» sibirieum Fik.'9 pinnatum J. Sm. **). SU = 13, 20, 21. 22. . 1846. . 1849. . 1851, . 1854, . 1857. . 1861. . 1861. . 1862. . 1864. . 1864. . 1874, 1874, . 1875, . 1875, 3. 1878, . 1880. . 1881. . 1881. 1881. 407 Knospen an fiederlosen Blattausläufern. Asplenium Kraussii Moore ?®) Lanterbachii Christ. Fr Manni Hk, » obtusilobum Hk. quitense Hk. (?) Literatur. . 1840-47. Kunze, G, Die Farnkräuter in kolorierten Abbildungen. (Supple- ment zu Schkuhrs Farnkr.) Hooker, Spezies filicum. Kunze, G., Knollenbildungen an den Ausläufern der Nephrolepis- Arten. Bot. Ztg. 1849, pag. 881. Braun, A. Die unterirdischen Stolonen von Struthiopteris germanica. Betrachtungen über d. Erscheinung d. Verjüngung in d. Natur, pag. 115, Hooker, A century of ferns. Hofmeister, W., Beiträge zur Kenntnis der Gefäßkrypt. II. Abhdlg. d. math.-phys. Klasse d. k. sächs. Ges. d. Wissensch., Leipzig 1857. Stenzel, K. G., Untersuchungen über Bau und Wachstum der Farne, U. Über Verjüngungserscheinungen bei den Farnen, pag. 40/41. 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Es gibt sehr wenige höhere, grüne Pflanzen, bei welchen weder die Schwerkraft, noch das Licht orientierend wirkt; es scheint, daß Viseum album, nachdem es das Keimungsstadium überschritten hat, das Beispiel einer solchen Pflanze ‚vorstellt. Meist haben sie das Vermögen, wenigstens auf einen von den genannten Reizen zu reagieren, die Achsen sind meist sowohl geotropisch, als auch heliotropisch. Und wenn auch öfters am Licht der Geotropismus in Hintergrund tritt, so äußert er sich doch sehr deutlich im Dunkeln, besonders wenn da ein negativer Geotropismus auftritt. Aber auch plagiotrope resp. homalotrope Achsen, die sonst am Licht wachsen, reagieren im Dunkeln, wo sie ihren Plagio- tropismus behalten können, sehr gut, wie wir das in meinem Institute an den Ausläufern von Ranunculus repen$ gesehen haben (Spisar 1905, pag. 13, 14). Es sind Pflanzen bekannt, deren grüne Teile sich am Licht so verhalten, wie wenn dieselben gar nicht geotropisch wären, und doch zeigt ihr Verhalten im Dunkeln, daß sie einer geotropischen Reaktion wohl fähig sind. Das gilt besonders für die plagiotropen Pflanzenteile; es sei in dieser Beziehung auf die verschiedenen Blätter der (Gefäß- pflanzen hingewiesen. Man kann allerdings nicht ohne weiteres wissen, ob wirklich alle plagio-heliotropen Pflanzenteile geotropisch sind, es könnte denn sein, daß sie im Dunkeln desorientiert erscheinen würden. Ich weiß nicht, ob bei den Moosen und den Gefäßpflanzen Stämmchen und Äste bekannt sind, welche bloß heliotropisch wären und im Dunkeln ohne irgendwelche Orientation wachsen würden. Wenn oberirdische Achsen von Gefäßpflanzen und Stämmchen, Äste, sowie Thalli von Moosen im Dunkeln überhaupt wachsen, so haben sie sich in den bis- her genauer untersuchten Fällen als geotropisch erwiesen, wobei sie Flora 1906. 27 410 meist orthotrop sind, oder wenn sie plagiotrop bleiben, sehr steil schräg aufwärts wachsen, d. h. einen ganz kleinen Winkel mit der Lotlinie schließen. Das gilt bei Gefäßpflanzen häufig auch für Blätter resp. die Blattstiele, besonders wenn die zugehörige Achse selbst keiner inten- siven Verlängerung fähig ist, wie das z. B bei den Farnen, Cycadeen‘) und anderen Gefäßpflanzen der Fall ist. Ich verweise in dieser Be- ziehung auf die neue große Arbeit von Mac Dougal (1903), wo man für das eben Gesagte verschiedene Beispiele finden wird. Pflanzen, welche im Dunkeln wachsen würden, ohne einer geotro- pischen Reaktion fähig zu sein, könnten in mehreren Richtungen wichtige Aufschlüsse geben. Erstens in bezug auf die Frage nach der Art der Perzeption des geotropischen Reizes. Zweitens in der Frage nach der biologischen Bedeutung der Etiolierungserscheinungen. Sie könnten weiter gut die spontanen Nutationen der Pflanzen zum Ausdruck bringen, welche sonst unter dem Eindrucke von Richtungsreizen verdeckt werden. Solche Pflanzen habe ich unter den Lebermoosen entdeckt und will hier einen kurzen Bericht über meine diesbezüglichen Erfahrungen erstatten. Seit längerer Zeit beschäftige ich mich mit dem Studium der Symmetrieverhältnisse sowie der Wachstumsrichtungen der Moose. Zahl- reiche Arten wurden in bezug auf ihr Verhalten beim Lichtabschluß untersucht. Es lassen sich die untersuchten Moose in zwei große Gruppen einteilen. Finige Arten wachsen im Dunkeln fast gar nicht. Von diesen sei z. B. Hypnum cupressiforme, molluscum, Anomodon attenuatus, Pellia epiphylla, Metzgeria conjugata genannt. In die zweite Gruppe gehören Arten, welche auch unter Liehtabschluß wachsen können. Man kann auch hier zwei Gruppen unterscheiden. Einige Arten wachsen nur in den ersten Tagen nachdem sie ins Dunkel übertragen wurden, zeigen nur einen geringen und beschränkten Zuwachs, z. B. Plagiochila asplenioides, Fissidens adiantoides. Der Zuwachs beträgt bei der letzteren Art meistens etwa 1 mm, auch wenn die Pflanze mehrere Monate unter Lichtabschluß gehalten wird. Von Etiolierungserscheinungen zeigte diese Art keine Spur. In zahlreichen Versuchen verhielt sich auch die sehr verwandte Art Fissidens deeipiens ganz ähnlich. Aber als ich einmal aus der Natur gebrachte Individuen im Herbst 1904 ins Dunkel über- trug, zeigten einige Pflanzen ein länger andauerndes Wachstum; sie 1) Ich habe von Farnen mehrere Versuche mit Blechnum brasiliense ange“ stellt. Auch die im Dunkeln erwachsenen Blätter erscheinen plagiotrop, obzwar sie einen sehr kleinen Winkel mit der Lotlinie schließen. Ähnlich verhalten sieh die Blätter von Cycas revoluta. Sie bleiben chlorophyllos, ihre Blättchen bleiben dauernd eingerollt. 411 wuchsen nämlich etwa einen Monat lang orthotrop aufwärts und er- schienen blaß gelblichgrün, ihre Blätter waren ganz klein, die Inter- nodien ein wenig gestreckt. Diese Pflanzen etiolierten also. Die zweite Abteilung bilden Arten, welche unter Lichtabschluß stark und ziemlich lange, zuweilen monatelang wachsen und etiolieren. Als Beispiel seien nachfolgende Arten angeführt: verschiedene Arten von Mnium, Dieranum scoparium (wird orthotrop und radiär), Hypnum crista castrensis, Hylo- comium splendens, Bryum argenteum, Trichoeolea tomentella, Lejeunia serpyllifolia, Lophocolea bidentata, Pellia calyeina, Aneura pinguis, Marchantia polymorpha, Lunularia eruciata, Preissia commutata, Fega- tella conica, Corsinia marchantioides. Daß sich sehr nahe verwandte Arten ganz verschieden verhalten können, beweist der Fall mit Pellia ealycina und epiphylla. Die erste Art wächst unter Lichtabschluß sehr schnell und lange, während’ Pellia epiphylla im Dunkeln überhaupt nicht wächst. Ich habe den Versuch im Sommer, Herbst und auch im Winter angestellt, mehrere Monate die Pflanzen im Dunkeln ge- lassen, sie zeigten kein Wachstum). Von den Moosen, welche im Dunkeln wachsen, erwiesen sich die meisten als geotropisch. Über die Art der Reaktion werde ich an einer andern Stelle referieren, hier sei nur erwähnt, daß jene Pflanzen, welche im Dunkeln ein ganz geringes Wachstum zeigen, wie z. B. Fissidens adiantoides, auch nur eine unvollständige geotropische Reaktion auszu- führen imstande sind. Desto wichtiger ist der Umstand, daß es auch Moose gibt, welche im Dunkeln lange und ziemlich intensiv wachsen, ohne geotropisch zu reagieren. Es sind dies die Jungermanniazeen Lophocolea bidentata und Lejeunia serpyllifolia. Die letztere Art habe ich aueh fruchtend untersuchen können. Auch die Kapsel von Aneura pinguis ist nieht geotropisch, was besonders darum interessant ist, weil der vegetative Thallus selbst stark geotropisch reagiert. Schon Schimper (1883, pag. 160) hat Versuche über das Etiole- ment von einigen Moosen angestellt. Er sagt, das Anthoceros laevis und verschiedene Laubmoose (Mnium affıne, Hypnum-Arten) bei gänz- lichem Liehtabschluß üppig weiter wachsen und lange, nur von ganz winzigen Blättern besetzte Zweige erzeugten, welche alle schön grüne Farbe besaßen. 1) Ich muß jedoch bemerken, daß ich die Pflanzen nieht mikroskopisch ge- messen habe; es ist möglich, daß sie während der ersten Tage ein ganz geringes Wachstum aufweisen, das mit Hilfe von mikroskopischen Messungen festzustellen wäre. Jedenfalls kann der Gesamtzuwachs unter Lichtabschluß nicht 0,5 mm über- schreiten. 27* 412 Auch Goebel (1898, pag. 201) hat ein Wachstum von Junger- manniazeen unter Lichtabschluß beobachtet. Er bemerkt, daß bei einigen Jungermanniazeen mit stark longitudinal inserierten Blättern die Ver- schiebung dieser Insertion selbst bei etiolierten Sprossen nicht eintritt. K. Bittner (1905, Sep. pag. 2ff.) hat von Lebermoosen nur frondose Formen auf ihr Verhalten im Finstern untersucht. Von Laub- moosen hat sie hauptsächlich Mnium rostratum untersucht; sie gibt auch an, daß Sphagnum cymbifolium und Fontinalis antipyretica im Finstern nicht wachsen. Ich finde jedoch keine Angabe, wie sieh die Jungermanniazen im Dunkeln gegen die Schwerkraft verhalten. Nur Frank (1870) gibt an, daß sich Lophocolea bidentata im Dunkeln aufrichtet, wobei es sich sicher bloß um eine hyponastische Krümmung gehandelt hat. Er hat auch mit Marchantia Etiolierungsversuche angestellt. Als ich systematisch das Verhalten der Moose im Dunkeln unter- suchte, schien es mir zunächst, daß eben jene Moose ausgiebig und eine längere Zeit im Dunkeln zu wachsen vermögen, welehe in ihrem Körper eine größere Menge von Stärke ablagern. Aber dies hat keine all- gemeine Geltung, denn es stellte sich heraus, daß auch Lophocolea bidentata und Lejeunia serpyllifolia ausgiebig im Dunkeln wachsen, obzwar sie keine deutlich nachweisbare Stärke in ihrem Körper ab- lagern. Außerdem besitzt Pellia epiphylla mindestens ebenso viel Stärke in ihrem Thallus wie Pellia calyeina, und sie wächst doch nicht im Dunkeln. I. Ich will zunächst das Verhalten der Pflanzen im Dunkeln und am Licht besprechen, wobei nur einige Versuche in extenso, die meisten nur summarisch angeführt werden sollen. Zunächst soll Lophocolea bidentata besprochen werden. : In einem Versuche wurden am 27. März 1904 aus der Natur gebrachte Pflanzen von Lophocolea bidentata, die schräg aufwärts in einem lockeren Rasen wuchsen, ins Dunkle übertragen). Am 5. April zeigen die Pfllanzen deutliche Zuwächse. Sie sind meist hyponastisch gekrümmt, d. h. ihre Spitze ist hakenförmig oder sogar spiralig ein- gekrümmt, wobei die Unterblätter (Amphigastrien) an der konvexen Seite der Krümmung liegen. Zahlreiche Stämmehen wurden horizontal 1) Die Pflanzen wurden in bedeckten Glasdosen, deren Boden mit feuchten Kieselsand bedeckt war, kultiviert. Die Dosen kamen in verschlossene Zinkgefäße und diese wurden in einen hölzernen, innen mit Zinkblech beschlagenen Dunkel- kasten gebracht. 413 gelegt, andere mit ihrer Spitze abwärts orientiert. Am 8, April unter- sucht, zeigen sie gar keine geotropische Reaktion, auch die Hyponastie ist nicht mehr zu beobachten, die Pflanzen wachsen verschiedenartig gekrümmt in allen möglichen Richtungen. Diese Unregelmäßigkeit ist am 27. April noch größer. Die Pflanzen wurden bis zum 15. Juli 1904 im Dunkeln gelassen. Die Länge des etiolierten, in den verschiedensten Richtungen wachsenden Teiles betrug bis 16 mm, Zu bemerken ist, daß auch kein Hydrotropismus bei diesen Pflanzen festzustellen war. Zu denselben Resultaten führten Versuche, welche ich im letzten Winter (1905/6) angestellt habe. Es wurden am 19. Dezember 1905 Pflanzen von Lophocolea bidentata ins Dunkle übertragen. Schon am 22. Januar 1906 zeigen sie ein deutliches Wachstum, der Zuwachs be- trägt etwa, 1—2 mm. Der neu zugewachsene Teil ist unregelmäßig gekrümmt, ich konnte keine Hyponastie erkennen. Am 7. Februar be- trägt der Zuwachs schon 3—4 mm, die Endteile der Pflanzen sind nach allen Seiten gekrümmt. So ist eine Pflanze hakenförmig direkt nach unten gekrümmt, das Stämmchen wächst also nach unten. Andere wachsen ungefähr horizontal, jedoch zeigen sie in der horizontalen Ebene eine unregelmäßig spiralige Einkrümmung. Seltener wachsen die Pflanzen aufwärts. Am 17. Februar betragen die Zuwächse etwa 5—7 mm, an den Pflanzen läßt sich keine gesetzmäßige Orientation feststellen. In derselben Kultur befanden sich auch einige Mnium- Pflanzen. Dieselben wuchsen ganz streng negativ geotropisch aufwärts, in der von Sehimper und Bittner angegebenen Form. Die Pflanzen wurden in allen Versuchen in verschlossenen Glas- dosen oder unter kleinen (10 em hohen) Glasglocken kultiviert, so daß auf dieselben wohl eine gleichmäßige relative Luftfeuchtigkeit eingewirkt hat. Bei typischen, am Licht wachsenden Pflanzen sind die Blätter in zwei Reihen angeordnet‘), fast in einer Ebene ausgebreitet, stark schräg inseriert und herablaufend. Die Unterblätter sind immer vorhanden, sie sind ziemlich groß und tief gespalten, obzwar sie in den Einzel- heiten ihrer Form recht variieren. Die Blätter sind ziemlich weit von- einander entfernt, so daß sie sich zuweilen mit ihren Rändern nicht einmal decken. Die Stämmchen sind lang, unter dem Scheitel verästelt. Entweder kriechen sie am Substrat oder wachsen (bei Vorderbeleuchtung) schräg aufwärts im lockeren Rasen. Im Dunkeln werden bei etiolierten Pflanzen ihre Blätter bedeutend kleiner, wie das der Vergleich von Fig. 1 und 2 zeigt. Dabei nimmt 1) Vergleiche Velenovskf, Die Lebermoose Böhmens, II, pag. 3, 4, 1902. 414 die Größe der Blätter entweder allmählich ab (Fig. 3), oder es können plötzlich beim Anfang des Etiolements sehr kleine Blätter erscheinen, denen dann wieder ein wenig größere folgen, welche natürlich immer noch beträchtlich kleiner sind als jene, die sich an normal beleuchteten Pflanzen entwickeln. Dasletztere geschieht bei Pflanzen, welche beim Übertragen ins Dunkle zunächst auf eine längere Zeit ihr Wachstum einstellen, worauf sie dann plötzlich zu wachsen beginnen. Dabei ge- schieht es auch, daß Fig. 1. Fig. 1a. die normale End- knospe überhaupt nicht weiter wächst, sondern durch adventive, nahe am Ende entstehende Zweige ersetzt wird. Wenn hingegen die Pflanzen nach dem Übertragen ins Dunkle keine längere Unter- brechung ihres Wachstums er- leiden, dann werden auch all- mählich kleinere Blätter erzeugt (Fig. 3), die dann häufig ein bestimmtes minimales Maß er- reichen. So stammen die in Fig. 2 mit bezeichneten Blätter von einer Pflanze, deren etio- Fig. 2. Völlig etiolierter, gonabelt lierter Teil 16 mm lang war; von Lophoeolea bidentata, er Bproß die Blätter selbst waren etwa Fig. 3. Lophocolen bidentata. Übergang 5 mm unter der Spitze inseriert. vom normalen zum etiolierten Teil. Sie dürften die kleinsten aus- gewachsenen Blätter sein, welche ich an meinen etiolierten Pflanzen beob- achtet habe. Die Unterblätter werden im Dunkeln ebenfalls kleiner als am Licht, aber anfangs verkleinern sie sich relativ nicht so sehr wie die Blätter selbst. Das erhellt gut aus dem Vergleiche der Figuren 1a und 3. Später werden aber auch die Unterblätter stark reduziert. An der be deutend schrägen, fast longitudinalen Insertion der Blätter verändert das Etiolement nichts. Darin stimmen meine Beobachtungen mit jenen voR Goebel (l. «.) überein. Die etiolierten Blätter stehen fast Hügelförmig Fig. 1. Lophocolea bidentata von oben; la von unten. Fig. 3. 415 von den Stämmchen ab, sie führen im Dunkeln keine auffallenderen Nutationen aus. Bei zahlreichen Pflanzen, so besonders bei vielen Dikotyledonen, aber auch bei einigen Monokotyletonen (vergl. Mae Dougal 1903, Massart 1903) verlängern sich im Dunkeln sehr stark die Internodien, so daß die Abstände der Blätter oder der einzelnen Wirtel voneinander be- deutend größer sind als bei Pflanzen, die am Licht erwachsen sind. Ich habe auf diesen Punkt hin, dem auch eine ökologische Bedeutung zukommen kann, besonders geachtet und bei mehreren Pflanzen die Internodien gemessen, was am bequemsten dadurch geschieht, daß man die Entfernungen der Insertion einzelner Unterblätter voneinander bestimmt, Ich gelangte jedoch zu keinem bestimmten Resultate. Bei einigen Exemplaren waren die Abstände zwischen einzelnen Unter- blättern am etiolierten Teile größer als am Licht, bei anderen war es umgekehrt; schließlich waren auch bei einigen gar keine durchschnitt- lichen Unterschiede vorhanden. In der nachfolgenden Tabelle sind die Abstände zwischen den Unterblättern einiger gemessener Pflanzen zusammengestellt (in Milli- metern), wobei die fett gedruckten Zahlen auf am Licht erwachsene, die übrigen auf etiolierte Teile sich beziehen. Bei den ersten drei Pflanzen war der Übergang von dem am Licht erwachsenen zum etiolierten Teile plötzlich erfolgt, bei den drei übrigen ist er allmählich gewesen. I I IH | mv Yv vı 103 | 1,20 1,20 1,15 01 09 1,00: 0,91 0,82 1,22 1058 | 3,00 0,98 0,93 0,72 02 | 110 4,10 1,00 1,03 0,58 1068 18.096 1,03 0,89 1,08 0,83 1,03 | 0,99 0,48 0,82 122 0,77 1,17 H 0,96 115 0,48 | 0,48 1,20 02: 308 °.100 1,44 0,67 | 0,58 1,18 0,60 0,72 0,79 1.42 1,22 | 0,60 117 0,60 0,69 0,48 1,22 1,08 11,22 1,25 0,55 0,72 0,43 1,20 1,10 | 1,05 1,13 0,50 0,60 0,81 1,00 1,10 | 0,96 1,22 0,80 0,36 9,60 1,18 0,98 | 0,72 0,7 0,74 0,58 9,68 1.20 1,00 ! 0,60 0,34 0,72 0,87 0,80 1,06 0,72 0,98 0,89 0,68 1,08 0,26 0,89 0,89 0,60 0,57 0,83 0,67 048 0,34 0,60 0,69 0:1 0,43 0,53 0,57 0,45 1048 02 ' 0,55 j 0,62 416 Die zweite Pflanze (IT) hat sich nach dem Übertragen ins Dunkle dichotomisch verzweigt. Die letzten zwei Internodien der etiolierten Pflanzen waren meist wohl noch nicht ganz ausgewachsen, daher ihre Kürze. Bei zahlreichen Pflanzen gewahrt man, daß sie sich nach dem Übertragen ins Dunkel diehotomisch verzweigen, wobei jedoch ein Zweig meist kürzer bleibt und bald sein Wachstum einstellt oder viel schwächer wächst als der andere: Sowohl bei diesen im Dunkeln kultivierten Pflanzen, als auch bei den beleuchteten, in Glasdosen am Fenster wachsenden Pflanzen handelt es sich bei der Verzweigung um eine Endverzweigung (Leitgeb 1875, pag. 22). Die jungen Seitensprosse sind von Anfang an schwächer als der Hauptsproß, ihre Auszweigung findet unter einem spitzen, gegen den Scheitel des Hauptsprosses offenen Winkel statt. An ihrer Basis ist keine Scheide zu sehen, die auf ihren endogenen Ur- spruug schließen ließe, ihr Gewebe geht ganz gleichmäßig in das Gewebe des Tragsprosses über. Leitgeb (1875, pag. 24) betont, daß derartige Seitenzweige bei Lophocolea bidentata selten vorkommen, was wohl für die Verhält- nisse, unter denen Lophocolea in der Natur Fig. 4. Endverzweigung wächst, gelten wird. Die Aste, welche in a en mens meinen Kulturen entstanden, waren nicht an U, = erstes Unterblättchen der Ventralseite inseriert, sondern an dem des „Seitenzweiges“, Seitenrande des Tragsprosses. Ihr erstes Unterblättchen erschien ebenfalls deutlich zur Seite verschoben (Fig. 2: woraus zu folgern ist, daß die Dorsiventralitätsebene des Seitenzweiges eine andere ist als jene des Tragstämmehens. Um eine wirkliche Dicho- tomie handelt es sich hier .also nicht. Bei Pflanzen, welche an ein- seitigem Licht wachsen, orientiert der Seitenzweig seine Dorsiventralitäts- ebene natürlich nach den eben herrschenden Beleuchtungsverhältnissen, meist also ebenso, wie der Hauptsproß. . Lejeunia serpyllifolia, mit zahlreichen Sporogonanlagen, wurde am 27. März ins Dunkel gegeben. Am 5, April läßt sich ein schwacher Zuwachs beobachten. Die Pflanzen sind hyponastisch gekrümmt. Am 27. April sind die Pflanzen ganz unregelmäßig gekrümmt, von einer regelmäßigen Hyponastie ist jedoch nichts zu sehen, obzwar natürlich hyponastisch gekrimmte Stämmchen unter den verschiedenartig ge krümmten Individuen auch jetzt vorkommen. Unterdessen haben sich 417 auch die Kapseln samt ihren Stielen entwickelt, die Kapseln öffnen sich auch im Dunkeln. Auch sie zeigen keine geotropische Orientation, sie wachsen im Gegenteil in allen möglichen Richtungen, obzwar sie meist gerade sind. Sowohl die Stämmehen als auch das Sporogon sind frei von Stärke. In den Rhizoiden, die ebenfalls nicht geotropisch reagieren, sind im Endteile zahlreiche Rläoplasten vorhanden. Bei Lophocolea enthalten die ebenfalls ageotropischen Rhizoiden in ihrem Einde meist 2—3 Eläoplasten (seltener 1—4). Die ganze Pflanze enthält auch sonst keine leicht beweglichen, spezifisch schwereren Körperchen. Weitere Versuche wurden mit Aneura pinguis angestellt. Die üppigen bandförmigen Thalli dieser im März 1904 bei Neu-Paka (Nord- ostböhmen) gesammelten’ Art waren mit ziemlich vielen, jedoch noch im Kelch verborgenen Sporogonanlagen versehen. Zahlreiche Thalli wurden am 27. März 1904 ins Dunkel an feuchten Sand horizoutal gelegt (Temperatur 12—16°C.). Schon nach 48 Stunden sind ihre etwa 1 mm langen Endteile scharf orthotrop aufwärts gerichtet, wobei noch kein Anzeichen einer Verschmälerung des Thallus festzustellen ist. Hierauf wächst der Thallus, sich schnell verschmälernd, steil schräg auf- wärts (nach weiteren 4 Tagen beträgt der Zuwachs schon durchschnitt- lich 1,5 mm). Der ursprünglich 5—7 mm breite Thallus ist am 7. April ungefähr nur 1,5—2 mm breit, doch noch immer deutlich abgeflacht. Am 13. April beträgt der schmal bandförmige Zuwachs 11—20 mm, er ist hellgrün, enthält ziemlich viele Chlorophylikörner und im Grundgewebe der jüngeren Teile zahlreiche und im unteren Teile der Zeilen angehäufte Stärkekörner. Doch ist der etiolierte Thallus keineswegs gerade, viel- mehr schwach wellenförmig gekrümmt. Es scheint, daß sich der Thallus zuweilen epinastisch krümmt, hierauf jedoch geotropisch aufgerichtet wird. Jedenfalls wächst er nie orthotrop aufwärts, sondern steil plagio- trop: Die sehr kurz bleibenden Rhizoide (sie erreichen in feuchter Luft kaum die Länge von 2 mm) sind wohl ageotropisch, sie wachse in allen Richtungen vom Mutterkörper ab. j Die Pflanzen besassen, wie schon erwähnt wurde, im Kelch ver- borgene Sporogone, welche jedoch, nachdem die Pflanzen ins Institut . gebracht wurden, wo sie einer Temperatur von 12—16° 0, ausgesetzt wurden, bald zu wachsen begannen. Es wurden nun am 27. März 9 Uhr vormittags zwei Sporogone an einen um die vertikale Achse rotierenden Klinostaten (Umlaufszeit 10 Minuten) horizontal gelegt?) 1) In allen Versuchen (auch in denen mit Pellia) wurden die Sporogone samt einem mindestens 1 em langen Stück des Tragsprosses abgeschnitten older mit dem ganzen Tragsproß in Verbindung gelassen. 418 und der Apparat dicht ans Fenster gestellt. In der nachfolgenden Tabelle ist ihre Länge”), sowie das Datum der Messung (vm. == vor- mittags, nm. — nachmittags, m.—= mittags) angegeben. I U. BR Sporogon | Sporogon Krümmung 27, März 9 Uhr m| 1 10 horizontal gelegt 29. „ 9 u 9 12 10,5 deutlich aufwärts (um 20— 25°) gekrümmt I. 5» I u 12,5 11 Die Krümmung bei I 45°, bei II 30° P 5 PP | Be 13 ıl PR » „ 150%, „ II 43° 1.Aprl6 „ nm. 15 12,5 » F „ 185% „ II 70° 2. ” 6 ” ” 35 14 ” ” ” II 75° 5 a 55 39 4. ” 6 ” EL mu 66 Beim ersten Sporogon war am. 2. April nur an der Basis des Kapselstieles, und zwar in dem im Kelche enthaltenen Teile, die ur- sprüngliche Krümmung erhalten. Sonst befand sich der Stiel im ganzen in horizontaler Lage; er war allerdings schraubig gewunden, wobei die basale Windung am größten war, die übrigen viel kleiner (Fig. 5a). Dieses Sporogon wurde mikroskopisch untersucht, es enthielt keine Stärke. Das zweite Sporogon war am 2. März stark aufwärts gekrümmt; diese Krümmung ist in der Nacht vom 2. auf den 3. April fast völlig verloren gegangen. Der Kapselstiel ist schraubenförmig gekrümmt, im ganzen jedoch horizontal (Fig. 5c). Von oben betrachtet zeigt er eine starke Krümmung nach rechts (Fig. 5b). Die Kapselstiele waren immer rechtswindend. Sie zeigen außerdem eine starke, am Verlaufe der Zell- reihen erkennbare Torsion. Gleichzeitig (27. März) mit diesen zwei Sporogonen wurden zwei andere horizontal auf feuchten Sand gelegt und ins Dunkel gegeben. Sie zeigen zunächst eine langsame Streckung, der dann ebenso wie bei den vorigen Exemplaren eine sehr rasche definitive Verlängerung folgt, wie das aus der nachfolgenden Tabelle zu ersehen ist. L Sporogon | II. Sporogon Krümmung 27. März 9 Uhr vm. ursprüng- liche Länge 12 mm 10 mn horizontal gelegt 3,6, m.., 19 „ 11 „ keine Aufwärtskrümmung 3 » s 2» WM... > 33 115, 9 » on. ’ oo. 5 12,5 ’ 2. April 8) Uhr vm. \ . _ 5,5, „ » 2. „ 12 » m... -— 16 „ „ » 2 m 6 „ am... _ 17. „ » 3. u 8 m... _ 32 „ » ” 1) In Millimetern, von der Basis des Kelches bis zum Scheitel der Kapsel. 419 Vor der raschen definitiven Streckung waren beide Sporogone gerade, sie verblieben in der ursprünglichen horizontalen Lage olıne eine Aufwärtskrümmung aufzuweisen. Sie behielten im ganzen diese Lage auch nach der Streckung, obzwar sie wieder schraubig gewunden erschienen. Die Sporogone erweisen sich als stark positiv heliotropisch und führen schon kurz bevor die Kapseln aus dem Kelch herauskommen bei dauernd einseitiger Beleuchtung die entsprechenden Krümmungen prompt aus. Geht die rasche de- finitive Streckung am Tage vor sich, II so erscheinen einige Stiele fast ge- a rade, andere zeigen ganz schwache Windungen. Diese fallen viel stär- ker aus, wenn die Streckung in der Nacht erfolgt, wobei die Stiele auch unregelmäßige Krümmungen auf- 14 weisen können (Fig. dd). Die von mir mikroskopisch untersuchten Sporogone von Aneura besassen keine Stärke. Nur in den allerjüngsten, noch im Kelch ganz verborgenen Anlagen fand ich im — Tre Stiel eine sehr spärliche Stärke- c menge. Dagegen besitzen die Pa FL Thalli dieser Pflanze reichliche Stärke, welche in den jüngeren Teilen sehr gut unter dem Einfluß der Schwerkraft beweglich ist. d Zum Vergleiche mit Aneura Pinguis wurde das Verhalten der Fig. 5. Sporogone von Aneura pinguis. Sporogone von Pellia ealyeina unter- L= Richtung des stärksten Lichtes. sucht. Die in der kalten Abteilung Näheres Im Text, meines Gewächshauses kultivierten Pflanzen entwickelten im Februar 1905 äußerst reichliche Sporogone, so daß ich zu zahlreichen Versuchen mit vorzüglichem Material versehen war. Ich werde zunächst einige Versuche chronologisch anführen. Am 20. Februar wurden 9 Uhr vormittags Sporogone mit 4—7 mm langen Stielen ins Dunkle horizontal gelegt. Am 21. Februar 9 Uhr vormittags sind alle schwach (etwa um 15—25°) nach oben gekrümmt. Ihre Zu- wächse betragen 1—2,5 mm. Am 22, Februar sind einige noch stärker 420 aufwärts gekrümmt, andere liegen ganz horizontal. Alle sind sehr schwach gewunden, von oben sieht man, daß der Endteil meist seitwärts gekrümmt ist. In Fig. 6a und 6b ist die Richtung und Form der Sporogone dargestellt. Ihre Länge betrug 1—2,6 mm. Am 23. Februar 9 Uhr vormittags erscheinen sie um 10—20 mm länger, ihre Aufwärts- krümmung hat nicht zugenommen, wohl jedoch die schraubige Windung und Torsion. ; | Fig. 6. Sporogone von Pellia calyeina. Näheres im Text. Es wurden dann, da bei den Sporogonen auf einen schwachen Geotropismus geschlossen werden konnte, die Kapselstiele mikroskopisch auf den Stärkegehalt untersucht. 4—-7 mm lange Stiele enthalten in ihrer ganzen Länge und in allen Zellen reichliche Stärke, die jedoch in der Zelle meist diffus verteilt ist. Längere Stiele enthalten bloß in ihrem oberen, der Kapsel näher gelegenen Teile diffus verteilte Stärke. Einzelne Entwicklungsstadien enthalten bloß in der oberen Hälfte oder im oberen Drittel, Viertel, Fünftel Stärke, ausgewachsene Stiele enthalten keine Stärke mehr. Obzwar, wie gesagt, die Stärke 421 meist diffus in den Zellen verteilt war, ließ sich doch in einigen Zellen, besonders in den äußersten Rindenzellen (in der ersten unter der Epidermis gelegenen Zellschicht), eine Anhäufung der Stärkekörner im physikalisch unteren Teile der Zellen beobachten. Die Verhältnisse waren etwa die, wie sie L. Gius (1905) in der Stärkescheide s. str. der Blumenblätter von Clivia nobilis festgestellt hatte. In den älteren Sporogonen sterben die zentral gelegenen Zellen I Fig. 7. Sporogone von Pellia calyeina. L == Richtung des stärksten Lichtes. Näheres im Text. ab, werden desorganisiert und bei der Torsion, wo die Sporogone band- artig abgeflacht werden, zusammengedrückt. Dieser Versuch wurde wiederholt. Am 26. Februar wurden 10 Uhr vormittags 15—25 mm lange Sporogone ins Dunkel horizontal gelegt. Schon am 27. Februar 41/, Uhr nachmittags sind alle aufwärts gekrümmt; am 28. Februar 9 Uhr vormittags erscheinen die meisten definitiv aus- gewachsen, nur ein Sporogon ist ganz vertikal aufgerichtet, die übrigen sind sehräg orientiert (Fig. 6 c). Gleichzeitig (27. Februar 9 Uhr vor- 422 mittags) wurden ähnliche Sporogone am Fenster einer dauernd ein- seitigen Lichtwirkung ausgesetzt. Um 4'/, Uhr nachmittags sind die meisten Sporogone streng positiv heliotropisch orientiert, zweie, die ur- sprünglich horizontal mit von der Lichtquelle abgewendeter Kapsel lagen, sind stark aufwärts gekrümmt (Fig. 7a). Am 28. Februar 9 Uhr vormittags sind alle Sporogone streng positiv heliotropisch orientiert. Am 2. März sind sie schraubenförmig gewunden und, soweit sie aus- gewachsen sind, unregelmäßig orientiert, so daß ihre ursprüngliche helio- tropische Reaktion meist völlig verloren gegangen ist (Fig. 7 b), was besonders bei der Betrachtung von oben zu sehen ist (Fig. 70). Auch hier sind die Stiele rechts gewunden. Von den am 26. Februar ins Dunkel horizontal gelegten Sporogonen ist nur ein Exemplar völlig aufgerichtet, andere sind schräg aufwärts gekrümmt, andere horizontal oder sogar schwach abwärts gekrümmt; ein ausgewachsenes Exemplar ist schraubig gekrümmt und die Achse der Krümmung ist horizontal (Fig. 6.d). Ich wollte mieh weiter überzeugen, ob die Krümmungen, welche von den Sporogonen im Dunkeln ausgeführt werden, nicht vielleicht hydrotropisch sind. Es wurde auf den Boden einer Glasdose eine mit Wasser durchfeuchtete Torfplatte befestigt, auf diese dann Sporogone in horizontaler Lage angeheftet. Die Glasdose wurde dann umgekehrt auf eine Glasplatte im Dunkeln gelegt, so daß sich die Sporogone unter der Torfplatte befanden. Wenn es sich in den vorigen Versuchen um einen Hydrotropismus gehandelt hätte, so müßten die Sporogone jetzt abwärts gekrümmt sein. Der Versuch wurde am 28. Februar 10 Uhr vormittags angestellt. Am 28. Februar 4 Uhr nachmittags sind die meisten Sporogone gerade, einige schwach aufwärts (zur Torfplatte) ge- krümmt. Am 1. März 9 Uhr vormittags sind einige Sporogone schwach aufwärts, andere schwach abwärts gekrümmt, einige aber ganz gerade. Um 4 Uhr nachmittags sind die meisten abwärts gekrümmt, einer gerade. Von oben betrachtet zeigen sie auch seitliche Krümmungen (Fig. 8a, b). Am 2. März 9 Uhr vormittags sind alle aufwärts gekrümmt, soweit es ihnen natürlich die Torfplatte erlaubt hat. Doch sind sie auch seitwärts gekrümmt, die ausgewachseneh sind schraubig gewunden. Dieser Versuch wurde noch einmal wiederholt, wobei a) wie im vorigen Versuche die Sporogone in horizontaler Lage unter einer Torf- platte horizontal angeheftet wurden, b) auf eine am Boden der Glasdose befindliche Torfplatte gelegt wurden, c) vertikal neben einer vertikal gestellten Torfplatte (1/, em von dieser entfernt), mit der Kapsel nach oben orientiert, gestellt wurden. Die Sporogone selbst waren vel- 423 schieden lang, der Versuch wurde im Dunkeln am 2. März 10 Uhr vormittags angestellt. Der Versuch a ergab ähnliche Resultate, wie der im vorigen Absatz beschriebene. Doch wurde eine Abwärts- krümmung nicht beobachtet. Im Versuche b wuchsen die Sporogone anfangs im ganzen vertikal aufwärts, am 3. März 9 Uhr vormittags waren unregelmäßige Krümmungen in verschiedenen Richtungen beobachtet, besonders ließ sich keine Orientierung zur feuchten Torf- platte feststellen (Fig. 8e). Dasselbe war am 4. März 9 Uhr vormittags zu beobachten. Am 5. März 9 Uhr vormittags sind die Kapselstiele Nr if ey //lr Fig. 8. Sporogone von Pellia calyeina, Näheres im Text, schraubig gekrümmt, ihr Endteil ist meist von der Torfplatte weg ge- krümmt (Fig. 8d). Im Versuche e war schon am 2. März 3 Uhr nachmittags eine schwache Aufwärtskrümmung, jedoch in Kombination mit Seitenkrümmungen zu beobachten. Am 3. März 9 Uhr vormittags waren alle Sporogone etwa um 45° nach oben gekrümmt; während der nachfolgenden 24 Stunden hat ihre Krümmung zugenommen, doch sind dann auch ganz unregelmäßig gekrümmte Sporogone zu sehen, was am 5. März 9 Uhr vormittags noch auffallender ist. 424 Auch heuer (1906) bildeten die im kalten Gewächshause meines Institutes kultivierten Pflanzen von Pellia ealyeina Sporogone, so daß ich einige Versuche nochmals anstellen konnte. Die Sporogone erwiesen sich wiederum als sehr gut heliotropisch reizbar. Sie führen sehr leicht Überkrümmungen aus. Und zwar reagierten noch Pflanzen, die schon 60—70°/, ihrer definitiven Länge erreicht haben und welche im Dunkeln keine geotropische Reaktion mehr ausführen. Die definitiv ausgewachsenen Kapselstiele waren bis 76 mm lang. j Ich habe einige Versuche angestellt, um zu erfahren, ob die Kapseln selbst für die heliotropische Reaktion irgend eine Bedeutung haben. Es hat sich gezeigt, daß dies nicht der Fall ist. Ein Topf mit einer Kultur von Pellia calyeina, welche zahlreiche 5—48 mm lange Sporogone besaß, wurde am 27. Fehruar 3 Uhr nachmittags aus dem kalten Gewächshause in eine Temperatur von 14—16° C. gebracht und ans Fenster gestellt. Am 28. Februar 9 Uhr vormittags sind alle Sporogone, außer den gänzlich ausgewachsenen, positiv heliotropisch gekrümmt. Der Mittelpunkt der Krümmung ist immer wenigstens einige Millimeter von der Kapselbasis entfernt. Es wurde nun zahlreichen Sporogonen entweder nur die Kapsel oder diese und ein 1—5 mm langes Stück der Seta entfernt. Den 7 mm langen Sporogonen wurde nur Imm, den längeren mehr von der Seta genommen. Es wurden nur 7—30 mm lange Sporogone operiert, um Gewißheit zu haben, daß die Pflanzen noch wachstums- und reaktionsfähig sind. Um 9:/, Uhr wurde der Topf um 180° um seine Längsachse gedreht, so daß die früher positiv heliotropisch gekrümmten Sporogone jetzt von der Lichtquelle abgewendet erscheinen. Um 11!/, Uhr sind die intakten ebenso wie die meisten operierten Sporogone genau positiv heliotropisch gekrümmt, von den operierten 9—12 mm langen Sporogonen, denen 2—3 mm von der Seta abgeschnitten wurden, sind einige positiv helio- tropisch gekrümmt, andere wenigstens vertikal aufgerichtet. Es ließ sich feststellen, daß im ganzen die Krümmung bei den dekapitierten Sporogonen kaum merklich langsamer erfolgt als bei den intakten. Die ursprüngliche Krümmung ist ganz verschwunden. Am selben Tage um 2%/, Uhr nachmittags sind alle Sporogone entweder genau positiv heliotropisch gekrümmt oder die jüngeren zeigen eine Überkrümmung, so daß ihre Endteile sogar in horizontaler. Lage sich befinden. Es wurden nun intakten und dekapitierten Sporogonen 3-6 mm lange Stanniolkäppchen aufgesetzt, der Topf (23/, Uhr nachmittags) wieder um 180° gedreht, so daß die Pflanzen von neuem heliotropisch gereizt wurden, Um 31/, Uhr nachmittags sind alle noch wachsenden Sporo- 425 gone (es wurden 8—26 mm lange Sporogone zu dem Versuche ver- wendet) genau positiv heliotropisch gekrümmt. Einige 10—20 mm lange Sporogone wurden isoliert, mit 5--8 mm langen Stanniolkäppchen versehen und vertikal aufgerichtet. Es hat sich gezeigt, daß sich die Kapselstiele noch krümmen können, wenn ungefähr zwei Drittel der reagierenden Zone dem Lichteinfluß entzogen sind, allerdings wird da die Reaktion schon erheblich verlangsamt. Eine Verdunkelung der Kapsel sowie von 1—3 mm des oberen Teiles der Seta (bei 8--26 mm langen Kapselstielen) hatten keinen nennenswerten Einfluß auf die heliotropische Reaktion. Ebenso die Entfernung der Kapsel sowie des obersten Teiles der Seta, welcher für gewöhnlich au der Reaktion selbst nicht teilnimmt. Wenn hier durch die Dekapitation ein Wundshock erzeugt wird, so wird er wohl von sehr kurzer Dauer und sehr geringer Intensität sein. Überbliekt man die Resultate der mit Pellia calyeina ausgeführten Versuche so muß man die Sporogone zunächst für stark positiv helio- tropisch erklären. Sie vermögen ja schon in 7'/, Stunden die helio- tropische Gleichgewichtslage vollkommen einzunehmen. Aber sie ver- lieren offenbar die heliotropische Orientierungsfähigkeit in der zweiten Hälfte ihrer definitiven Streekung, so daß stark gestreckte Sporogone ihre ursprünglich erreichte strenge Orientierung meist wieder ganz ein- büßen. Im Dunkeln zeigen die Sporogone meist eine Krümmung nach oben, doch ist zu betonen, daß nicht einmal ganz junge horizontal ge- legte Sporogone die Vertikale erreichen, d. h. die Reaktion bleibt immer recht unvolikommen. Wie der Heliotropismus, geht auch die Fähigkeit zur Aufwärtskrümmung während der definitiven Streckung den Sporo- gonen verloren. Dabei führen die Sporogone autonome Nutations- krümmungen aus, welche schließlich mit einer schraubigen Windung verbunden sind. Jene Nutationen sind zunächst ganz unregelmäßig, so daß eine Aufwärtskrümmung durch eine Abwärtskrümmung abgelöst werden kann. Erst während der schnellen definitiven Streekung wird sie regel- mäßiger und führt zu einer schraubigen Krümmung, welche jedoch auch nicht ganz regelmäßig ausgeführt wird. Die Versuche, ob es sich bei der Aufwärtskrümmung um eine hydrotropische Reaktion handelt, haben ergeben, daß bei der Orientierung der Sporogone einer ungleichen Verteilung der Wasserdämpfe in der Atmosphäre keine nennenswerte Bedeutung zukommt. Wenn sich Sporogone von der feuchten Torfplatte wegkrümmen, so kann es sich um zufällig eben in dieser Richtung orientierte spontane Nutationen % Flora 1906, 28 426 handeln. Wenn die Sporogone in allen Richtungen nutieren können, so wäre es doch merkwürdig, wenn sie sich einmal auch von einem feuchten Gegenstande nicht wegkrümmen würden. Wir kommen also zum Resultate, daß die Sporogone von Pellia calyeina vor der definitiven Streckung stark positiv heliotropisch und nur schwach geotropisch sind. Jedoch nicht in dem Sinne, daß sie die heliotropische Krümmung schnell, die geotropische langsam ausführen würden. Das Merkwürdige ist, daß ihre geotropische Orientierung nie vollkommen ausgeführt wird, daß sie immer unvollständig und ungenau bleibt, auch wenn zum heliotropischen und geotropischen Versuche un- gefähr gleich schnell wachsende Sporogone verwendet werden. Es ist weiter wohl einzusehen, daß es sich auch nicht um plagiotrope Organe handeln kann. Denn die Sporogone besitzen keine gesetzmäßige Ruhe- lage (in bezug auf die Lotrichtung). Sie sind physiologisch radiär, die ausgewachsene Seta erscheint jedoch von zwei Seiten abgeflacht. Man könnte den Sachverhalt so ausdrücken, daß der Geotropismus der Sporo- gone von Pellia calyeina rudimentär ausgebildet ist. Der Thallus von Pellia calyeina wächst im Dunkeln sehr gut. Die schwachen, jedoch nie radiären etiolierten Thalli wachsen steil schräg aufwärts, wobei sie ebenso wie die etiolierten Thalli von Aneura pinguis wellenförmig verbogen erscheinen. Jedenfalls sind die Thalli stark geotropisch und führen sehr prompt die entsprechenden Krüm- mungen aus. Sie enthalten im Grundgewebe unter dem Scheitel reich- liche leicht bewegliche Stärke, In diesem Winter habe ich Gelegenheit gehabt, auch die Sporogone von Pellia epiphylla auf ihre Wachstumsrichtungen zu untersuchen. Die Pflanzen, welche im Oktober 1905 aus dem Freien ins kalte Gewächshaus gebracht wurden, zeigten im Winter reichliche Sporogon- anlagen. Am 14. Februar 1906 waren noch alle im Kelch (der hier kürzer als bei Pellia ealyeina und Aneura pinguis ist) verborgen. Sie wurden in eine Temperatur von 12—15° 0. überbracht, wo sie bald ein Wachstum zeigten. Da mir reichliches Material zur Verfügung stand, so konnte ich verschiedene Versuche mehrmals anstellen. Hier will ich nur einige in extenso anführen, um die Wachstumsperiode zu demonstrieren; die übrigen sollen nur summarisch besprochen werden. Zunächst wurden Sporogone (samt einem 1 em langen Thallus- stück) horizontal 1. auf den Klinostaten, 2. ins Dunkle, 3. in einseitig auffallendes Licht gelegt. Soweit die Sporogone ein deutliches Wachstum aufwiesen, zeigten sie am Klinostaten eine rasche Aufwärtskrüämmung, 427 die etwa in 29 Stunden vollbracht erschien; im Dunkeln ging’ die Auf- wärtskrümmung langsamer vor sich, es dauerte meist zwei bis drei Tage, bevor die Sporogone die Vertikale erreichten. Mit der größten Geschwindigkeit geht die Aufwärtskrümmung etwa im ersten Viertel der definitiven Streckung des Kapselstieles vor sich. Im Vergleiche mit den Sporogonen von Pellia calycina erreichen jene von P. epiphylla meist sehr regelmäßig die Vertikale, und wenn sie früh horizontal gelegt wurden, so können sie in dieser Lage sogar mehrere Tage verbleiben. Sobald das schnelle Wachstum der Streekungsperiode eintritt, geht jedoch diese Stellung sowohl am Klinostaten (mit vertikaler Achse und einseitiger Beleuchtung) als auch im Dunkeln verloren; es tritt meist zunächst eine ganz unregelmäßige Krümmung auf, die sogar zur Ab- wärtskrümmung der Seta führen kann, schließlich jedoch in eine schraubige (rechts gewundene), mit einer starken Torsion verbundene Krümmung übergeht. Die Sporogone sind also bloß in der ersten Hälfte ihrer Streckungs- periode geotropisch und heliotropisch. Als heliotropisch erweisen sie sich jedoch noch zu einer Zeit, wo sie nicht mehr geotropisch reagierten. Es wurden Sporogone, die 7 Tage im Dunkeln kultiviert wurden, an einseitiges Licht (ans Fenster) gebracht. Dieselben waren 10, 12, 14, 18, 20, 24 mm lang. Die zwei ersten Sporogone waren vertikal auf- gerichtet, die übrigen waren unregelmäßig gekrümmt. Während der Zeit von 9 Uhr vormittags bis 41/, Uhr nachmittags führten alle Sporogone deutliche heliotropische Krümmungen aus. Man kann also sicher daraus folgern, daß die heliotropische Reaktionsfähigkeit in den Sporogonen von Pellia epiphylla die geotropische überdauert. Schließlich wird aber auch die heliotropische Krümmung dureh unregelmäßige Nutationen ersetzt, doch bleibt die ursprüngliche Orien- tation nicht selten auch an ganz ausgewachsenen Sporogonen erhalten. In den nachfolgenden Tabellen sind Resultate von Wachstums- messungen an je zwei Sporogonen mit der Angabe ihrer Krümmungen (d. h. ihrer Ablenkungen von der Horizontalen) zusammengestellt. A. Am Klinostaten mit vertikaler Achse, '/, m vom lenster ent- fernt. Die Sporogone wurden am 15. Februar 1906 horizontal gelegt. In der zweiten und vierten Kolonne ist ihre Länge im Millimetern, in der dritten ihre Ablenkung von der Horizontalen angegeben. 28* 428 1. Sporogon 2. Sporogon Datum Länge | Krümmung | Länge Krümmung 15. Febr. 11 Uhr vorm. 6 horizontal 4 horizontal gelegt 16. 5, Wu 11,5 80° 6 15° 16. „ 4 „ nachm. . 12,4 95° 6,5 45° 7. u 9%, vom . 22 95° 7 50° 17. 1/,„ nachm. . 23 unregelmäßig 1,5 65° 18. „ 9,,„ vorm. 29 „ 8 ‘2° 19, ” %% ” » 31 ” 8,5 85° 20. 10°), „ ” 3 ” 13 95° 1. 5 Mn — _ 21 unregelmäßig 22. ” fa » ” = = 22 » 23. ” 2» » — — 22 B. Im Dunkeln, sonst wie in A. 2 1. Sporogon 2. Sporogon Datum Länge ! Krümmung | Länge Krümmung 15. Febr. 11 Uhr vorm. 6 —_ 6 — 16 „0 un 0. ? 30° 6,5 15° 16, „ 4/,„ nachm. . 75 45° 7 20° WM. 5, 9,5, vom. . 8 50° 7 25° 1. „3, nachm. . 85 50° 7 25° 18. „ 9, vorm, 9 75° 7,5 30° ee ey 10 100° 9 60° 20. „ hy 15 unregelmäßig| 12 90° Fe a | 18 » 15 unregelmäßig 21. „ 54,» nachm . 25 „ 22 » 22. „ U, vorm. 25 » 22 3 C. Am einseitigen Licht. Die Pflanzen befanden sich am Fenster in bedeekten Glasdosen. Die Sporogone wurden horizontal senkrecht zum Fenster, mit der Kapsel der Lichtquelle zugekehrt gelegt. Das stärkste diffuse Licht fiel auf dieselben etwa unter einem Winkel von 45°. 1. Sporogon 2. Sporogon Datum Länge | Krümmung | Länge Krümmung 18. Febr. 9'/, Uhr vorm. 8 — 7 — 19. ” 9: 29 „ 9 20° 8 25° 20. 5 10 50 10 45° 9,5 35° 1 5 nn 28 45° 27 45° 22. » en D 32 unregelmäßig| 30 unregelmäßig 24, » %, ” ” 39 ” 35 ” 25. 20. 5, , 39 ’ 35 » Auch junge Sporogone, denen die Kapsel abgeschnitten wurde, können nachher eine ganz bedeutende Streckung erfahren. In meinen Versuchen erreichten dieselben die definitive Länge von 23-27 mm. 429 Auch können Kapselstiele, denen die Kapseln abgeschnitten wurden, gut heliotropisch reagieren, obzwar bei ihnen häufiger als sonst starke unregelmäßige Nutationen auftreten. Es schien mir weiter, daß die Sporogone am Licht eine größere definitive Länge erreichen als im Dunkeln. Am Licht beträgt dieselbe nämlich bei den meisten Sporogonen mehr als 30 mm (bis 49 mm); im Dunkeln beträgt die Länge der Sporogone meist weniger als 30 mm, ja bei zahlreichen Individuen sogar weniger als 20 mm. Ich habe einige Sporogone mit schon aufgesprungenen Kapseln beobachtet, deren Stiele nur 15—16 mm lang waren. Junge (bis etwa 7 mm lange) Kapselstiele besitzen reichliche Stärke in ihren Zellen, welche sich in der zweiten, dritten und vierten Zellschicht (von außen gezählt) als Statolithenstärke präsentiert, denn sie häuft sich zum größten Teile in den physikalisch unteren Partien der Zellen an. Doch sammeln sich in den meisten Zellen nicht alle Stärkekörner unter dem Einfluß der Schwerkraftwirkung zu einem Haufen an, die kleineren können diffus in der Zelle verteilt bleiben. Später nimmt die Stärkemenge in den unteren Teilen der Seta ab, in den oberen bleibt sie zunächst unver- ändert. 10—12 mm lange Stiele sind im unteren Drittel hohl; die zentralen Zellen werden nämlich desorganisiert, es entsteht, eine von wässeriger Flüssigkeit und Gasblasen eingenommene zentrale Höhlung. Es bleiben nur die äußersten vier Zellschichten (sehr selten noch hie und da die fünfte) intakt. Die zweite und dritte Zeilschicht enthält reichliche, sehr schön bewegliche Stärke, von diffusen Stärkekörnern ist sehr wenig vorhanden, Die oberen zwei Drittel der Seta sind noch solid, enthalten in ihrer zweiten, dritten und vierten Zellschicht beweg- liche, aber auch diffus verteilte Stärkekörner. 15—18 mm lange Stiele sind etwa in den unteren zwei Dritteln hohl. Dieser Teil enthält auch fast keine Statolithenstärke mehr, im oberen Drittel ist die Stärke meist diffus verteilt. Die Stärkekörner sind meist kleiner als in jüngeren Sporogonen. Sie werden wohl während der Streckung der Seta auf- gelöst, was jedoch recht unregelmäßig vor sieh geht. Zwischen fast stärkefreien Zellen können stark mit Stärke beladene verteilt erscheinen. 20—25 mm lange Stiele waren schon ganz hohl, enthielten entweder keine oder nur kleinkörnige, diffus verteilte Stärke. Dennoch können auch da vereinzelte Zellen mit ziemlich reichlicher Stärke vorhanden sein, ihre Stärkekörner sind jedoch unregelmäßig im Zelllumen verteilt. Ausgewachsene Sporogone enthalten keine Stärke melır. Die Auflösung der Stärkekörner geht während der Streckung vor sich, welcher Vor- gang, wie wir gesehen haben, schnell verläuft. 430 Das Wachstum der Sporogone von Pellia epiphylla hat schon Askenasy (1874) untersucht. Leider ist das Resultat seiner Unter- suchungen, soweit mir bekannt, nicht in extenso publiziert worden. Er hat richtig beobachtet, daß das Wachstum der Sporogone in zwei Perioden zerfällt; während der ersten finden die Zellteilungen sowie die inneren Differenzierungen (samt der Sporen- und Elaterenbildung) statt. Der Kapselstiel erreicht in dieser Zeit nur die Länge von 1—2 mm. Hierauf folgt die Streckungsperiode, innerhalb deren der Fruchtstiel binnen 3—4 Tagen eine Länge bis zu 80 mm erreicht. „Gleichzeitig folgt durch stärkeres tangentiales Wachstum der äußeren Zellen die Bildung einer zentralen Lücke, später eine (wie bei allen Jungermannien) konstant rechts gerichtete Torsion des Stiels.“ Askenasy hat auch die Auflösung und das Verschwinden der Stärke während der Streckung beobachtet. Auch wurde das Vorhanden- sein einer großen Wachstumsperiode festgestellt. „Lichtabwesenheit steigert die Länge der Fruchtstiele, welche für das Licht überaus emp- findlich sind, so daß schon nach einer halben Stunde bei einseitiger Beleuchtung positive Krümmungen zu beobachten sind.“ In meinen Versuchen erreichten die Kapselstiele maximal die Länge von 49 mm. Ihre heliotropische Reaktionsfähigkeit war wahr- scheinlich nicht so groß, wie bei jenen Pflanzen, mit welchen Askenasy gearbeitet hat. In speziellen Versuchen wurde bei 10—12 mm langen Sporogonen, die vertikal gestellt und einseitig beleuchtet wurden, nach einer halben Stunde erst der Anfang einer positiven Krümmung beob- achtet. Diese Versuche wurden bei einer Temperatur von 12—15° C. angestellt. Es scheint, daß die relativ niedrige Temperatur an der schwächeren Reaktionsfähigkeit meiner Pflanzen schuld ist. Die Ver- suche wurden im Institut ausgeführt, wo jedenfalls die Luft verunreinigt war. Es wurden daher analoge Versuche wie im Institut auch im Gewächshause ausgeführt. Die Krümmungen gingen hier ungefähr in derselben Weise wie im Institute vor sich, doch waren sie schneller. Die Temperatur betrug bei diesen Versuchen 21—23° C. An den kürzeren, 8-13 mm langen Sporogonen, welche heliotropisch gekrümmt waren, beobachtete ich da häufig, daß der Endteil des Kapselstieles (in der Länge von 2—4 mm) geotropisch aufwärts gerichtet war. Es er- weisen sich also die Sporogone als ziemlich stark geotropisch. Askenasy führt die Entstehung der zentralen, in sich streckenden Stielen auftretenden Lücke auf ein stärkeres tangentiales Wachstum der äußeren Zellen zurück, so daß dieselbe schizogen entstanden wäre. 431 Ich habe jedoch ganz sicher eine Desorganisation der zentralen Zellen beobachtet, so daß die Lücke unzweifelhaft lysigen entsteht. Wenn in meinen Versuchen die Sporogone im Dunkeln nicht länger wurden als am Licht, sondern im Gegenteil kürzer, so kann das auf einem Zufall beruhen. Doch ist es auch möglich, daß Askenasy mit einer anderen Rasse gearbeitet hat als ich, Mit diesem Umstande wird man heutzutage wohl zu rechnen haben. Wie schon hervorgehoben wurde, wachsen die Thalli von Pellia epipbylia im Dunkein nicht. Dies Resultat wurde schon im Jahre 1904 erhalten, wo aus dem Freien gebrachte Thalli Ende Juni ins Dunkel auf feuchten Sand in Glasdosen gelegt wurden, die mit 35 cm hoher Glasglocke bedeckt waren. Da dieselbe nicht hermetisch die innere Atmosphäre verschloß, so ist anzunehmen, daß sich die Pflanzen in einer nicht ganz mit Wasserdampf gesättigten Atmosphäre befanden. Die Pflanzen zeigten keine Zuwächse und auch keine geotropische Reaktion. Sie verblieben im Dunkeln bis Ende Oktober 1904, also im ganzen vier Monate. Sie erschienen da noch immer grün und turgeszent, nur ihr ältester Teil war 'bräunlich und abgestorben. Diese Pflanzen wurden nicht auf ihr weiteres Verhalten am Licht untersucht. Andere, bei Adler-Kosteletz in Böhmen Ende Juli 1905 gesammelte Pflanzen wurden am 16. Sept. 1905 auf feuchten Sand in bedeckte Glasschalen gelegt und ins Dunkel gestellt. Sie zeigten kein Wachstum und aueh keine geotropische Reaktion. Am 2. Jan. 1906, also nach 3?/, Monaten, waren einige Pflanzen in ihrem größten Teile gebräunt und ahgestorben, die meisten erschienen jedoch ganz gesund, grün und turgeszent. Diese wurden ans Licht gegeben. Sie begannen nach etwa 10 Tagen zu wachsen und beliotropisch zu reagieren. Es muß daher das Licht eine Zeitlang auf die Sprosse wirken, ehe das Wachstum wieder ausgelöst wird. Am 27. Febr. betrugen die Zuwächse 6-7 mm. Die auffallende Erscheinung, daß der vegetative Thallus von Pellia epiphylla im Dunkeln nicht wächst, steht nicht vereinzelt da. Denn es wirkt keineswegs die Abwesenheit des Lichtes allgemein als wachstums- fördernder Faktor. Und in dem von Wiesner (1897) entdeckten Fall der assimilierenden dorsiventralen Wurzeln von Taeniophyllum Zollingeri haben wir ein Analogon mit dem Thallus von Pellia epiphylla Denn die erwähnten Wurzeln wachsen im Dunkeln überhaupt nicht. Wem die Sporogone von P. epiphylla im Dunkeln wachsen, so ist das ein Beweis, daß derselbe Faktor in verschiedenen Organen einer Pflanze einen ganz verschiedenen Erfolg haben kann. Wo das Licht in den Lebensvorgängen der vegetativen Sprosse von P. epiphylla eingreift, wenn 432 es das Wachstum auslöst, wissen wir nicht. Die Untersuchung dieser Frage wird ein dankbares Objekt für weitere Forschungen sein. Ebenso die Frage, ob sich das Licht durch andere Faktoren ersetzen ließe. Weder in der Natur noch in meinen Versuchen wirkte das Licht auf die Pflanzen kontinuierlich, vielmehr wurde die Beleuchtung durch die Nacht (wenn auch nicht gänzlich) unterbrochen. Es ist daraus zu ersehen, daß auch eine intermittierende Lichtwirkung das Wachstum der Sprosse von P. epiphylla im Gang erhalten kann. Es wäre sehr wichtig, festzustellen, welche minimale Länge die Beleuchtungsintervalle haben können, wenn noch das Wachtum vor sich gehen soll. Auch der Einfluß der Lichtstrahlen von verschiedener Brechbarkeit wäre zu untersuchen. II. Wir haben im vorstehenden Lebermoose kennen gelernt, welche sich im Dunkeln als absolut ageotropisch erwiesen haben. Ebenso ver- hält sich auch das Sporogon von Aneura pinguis. Es fragt sich, ob sich diese Pflanzen resp. Pflanzenteile wirklich immer, also auch am Licht, oder wenn sie der Einwirkung einer stärkeren Beschleunigungs- kraft ausgesetzt wären, als absolut ageotropisch zeigen würden. Ich habe eingehender das Verhalten von Lophocolea bidentata am Licht untersucht. Soweit die Pflanzen einem genügend starken ein- seitigen Licht ausgesetzt sind, erscheinen die Stämmchen transversal heliotropisch. Sie verhalten sich so, wie wenn sie gar nicht geotropisch wären. Das darf uns aber nicht bestechen. Auch Fegatella conica reagiert bei genügend starker einseitiger Beleuchtung sehr prompt transversal heliotropisch, und doch zeigt ein einfacher Versuch, daß sie im Dunkeln ausgezeichnet geotropisch zu reagieren vermag. Ebenso wie bei Fegatella am Licht der Geotropismus scheinbar in Hintergrund tritt, könnte es auch umgekehrt sein und bei gewissen Pflanzen der Geotropismus sich nur am Licht zeigen, im Finstern könnte er unter- drückt sein. Wir haben jedoch für Lophocolea bidentata und Lejeunia serpyllifolia alsolut keinen Grund zu einer solchen Annahme. Wenn die Pflanzen weder am Lieht noch im Dunkeln irgend eine geotropische Reaktion auszuführen imstande sind, so kann man dieselben getrost als ageotropisch bezeichnen. Den Einfluß von größeren Beschleunigungs- kräften habe ich nicht untersucht. Dagegen habe ich es versueht, in- direkt durch Versuche am Licht zu erfahren, ob die Pflauzen geotropisch sind oder nicht, Dies scheint mir so möglich zu sein, daß man einige Pflanzen schräg von oben, andere ungefähr gleich gestaltete von unten be- 453 leuchtet. Man vergleicht dann die Geschwindigkeit der Reaktion bei beiderlei Pflanzen und untersucht, ob sie nicht schneller vor sich geht, wenn sich die Pflanze aufwärts krümmen muß, als wenn (dies abwärts geschehen soll. Ähnliche Versuche hat mit Marchantia schon Sachs (1882) ausgeführt. Die Versuchsanstellung erhellt aus den Figuren 9a und 95. Die von oben beleuchteten Pflanzen (Fig. 92) müssen sich, um die diahelio- tropische Gleichgewichtslage zu erreichen, nach oben krümmen. Die von unten beleuchteten (Fig. 92) müssen sich abwärts krümmen. Von Pflanzen, welche in Glasdosen seit September 1905 in einem unge- heizten Zimmer am Fenster kultiviert wurden und üppig wuchsen, wo- bei sie sich transversal heliotropisch verhielten, wurden etwa lem lange Stücke abgeschnitten und an Torfplatten, mit der Dorsalseite zum Substrat FT MILES SSALLLPLLLCLL SL CHR I f Fig. 9a u.b. Schema der Versuchsanwendung um die Reaktionen bei der Beleuchtung von oben (a) und unten (b) vergleichen zu können, T == Torfplatten, S == Spiegel, L == Richtung der stärksten Lichtstrahlen, P = Versuchspflanzen. gekehrt, gelegt. Sie wurde einerseits normal von oben beleuchtet, andererseits wurde die Torfplatte umgekehrt und von unten beleuchtet. Beiderlei Sprosse waren mit der Spitze vom Licht abgekehrt. Die Reaktion verlief in beiden Fällen mit gleich großer Geschwindigkeit. Die von unten beleuchteten Pflanzen mußten sich abwärts krümmen (Fig. 92), um in die diaheliotropische Ruhelage zu gelangen, die von oben beleuchteten dagegen nach oben. Es könnte nun sein, daß die von unten beleuchteten Pflanzen, wenn Lophocolea plagiogeotropisch wäre, die Abwärtskrämmung langsamer ausführen würden als die von oben beleuchteten. Das habe ich nieht beobachtet. Allerdings ist ein negatives Resultat nicht entscheidend, viel wichtiger wäre ein positives. Das negative Resultat könnte nur besagen, daß am Licht die geotro- pische Reaktionsfähigkeit tatsächlich vollständig in Hintergrund tritt, 434 obzwar die Perzeptionsfähigkeit vorhanden ist. Wenn dem so wäre, so wäre zu erwarten, daß sie sich wenigstens im Dunkeln, wo doch die Pflanzen wachsen, äußern wird, was ebenfalls nicht der Fall ist. Man kann einfach sagen: unter keinen Umständen (auch im schwachen Licht nicht) erweisen sich die Pflanzen als geotropisch reaktionsfähig, wobei wir natürlich nur die Krümmungsreaktion im Auge haben; daß sie perzeptionsfähig sind, haben wir keinen konkreten Grund anzunehmen, und es ist dies auch höchst unwahrscheinlich, Wir haben hier eine Pflanze, deren Stämmechen im Finstern völlig desorientiert ist. Sie wächst nicht ganz gerade, sondern verschiedenartig und unregelmäßig gekrümmt. Ein Autotropismus äußert sich nur an- fangs in der für manche Fälle festgestellten Hyponastie, später ver- schwindet er wohl in der Streckungszone vollständig, da die etiolierten Pflanzen unregelmäßig gekrümmt erscheinen. Anders verhält es sich mit Aneura pinguis. Der Thallus dieser Jungermanniazee erscheint im Dunkeln stark geotropisch, er verhält sich jedoch in genügend starkem Licht transversal heliotropisch. Daß er auch am Licht geotropisch ist, d. h. den Schwerkraftreiz perzipiert, er- hellt daraus, daß er mit bedeutend veränderter Geschwindigkeit reagiert, wenn er von unten oder von oben beleuchtet wird, wo dieselbe Reak- tion einmal im Sinne des positiven Geotropismus, das andere Mal im entgegengesetzten Sinne ausgeführt werden soll. Das Sporogon reagiert im Dunkeln gar nicht geotropisch, nicht einmal so schwach, wie das für Pellia calycina bewiesen wurde. Wurden jedoch Sporogone am Klinostaten mit vertikaler Drehungsachse hori- zontal gelegt, so richteten sich dieselben auf. Da die Sporogone einer Beleuchtung von fortwährend sich verändernder Richtung ausge- setzt wurden, so scheint es, daß es sich bei der Aufrichtung der Sporo- gone von Aneura am Klinostaten um eine heliotropische Reaktion nicht handeln kann. Aber man muß in Erwägung ziehen, daß bei der ge. wöhnlichen Versuchsanstellung mit einem Klinostaten mit vertikaler Drehungsachse, wo der Apparat in der Nähe eines Fensters aufgestellt ist, die Richtung des stärksten diffusen Lichtes schräg zur vertikalen Achse des Klinostaten orientiert ist. Und wenn dann ein orthotropes Organ mit der Drehungsachse nicht parallel ist, so kann sehr gut eine heliotropische Orientierungskrümmung ausgelöst werden. Ich habe mich mit dieser Frage im Jahre 1903 und 1904 eingehend beschäftigt und habe unter Heranziehung von analogen geotropischen Versuchen in meiner vorläufigen Mitteilung über die Induktion der Dorsiventralität 435 bei den Moosen die Resultate meiner Untersuchungen in nachfolgenden Worten!) zusammengefaßt: „Die Versuche, welche ich mit Moosen am Klinostaten ausgeführt habe, sind auch in mancher Hinsicht für die Frage nach der Bedeutung des Klinostaten interessant, sowie nach der intermittierenden Reizung. Es handelt sich zunächst darum, unter welchen Bedingungen am Klino- staten die Möglichkeit einer Orientierungsreaktion ausgeschlossen ist und ob auf demselben eine intermittierende Reizung möglich ist. Es möge zunächst die Klinostatenachse vertikal sein, und es falle auf dieselbe ein einseitiges Licht unter dem Winkel von 45°. Die orthotropen, auf den Klinostaten horizontal gelegten Organe werden sich aufrichten und erreichen die Ruhelage erst, wenn sie vertikal auf- wärts wachsen werden. Ist diese Reaktion bloß heliotropisch, oder bloß geotropisch, oder beides zusammen? Ein negativ geotropisches Organ könnte sich unter diesen Bedingungen aufrichten, auch wenn das Licht überhaupt nicht wirken würde; ein positiv heliotropisches Organ wird zu einer Aufwärtskrümmung um 45° gereizt, wenn sein Gipfel zur Lichtquelle gerichtet ist, zu einer Krümmung um 135% wenn dieser von der Lichtquelle abgewendet ist. In den mittleren Lagen wird er ebenfalls zu einer schrägen Aufwärtskrümmung gereizt, und zwar ein- mal um 45° nach rechts, das andere Mal um 45° nach links. Die Resultante aller dieser Krümmungen kann bloß eine vertikale Aufwärts- krümmung sein. Tatsächlich krümmen sich in dieser Weise auch Organe, die geotropisch überhaupt nicht reagieren, so z. B. die Kapselstiele von Aneura pinguis, soweit sie im Kelch verborgen sind. Diese Organe sind stark positiv heliotropischh Im Dunkeln wachsen sie in allen Richtungen, die wir ihnen geben, ohne geotropische Reaktion. Am Klinostaten mit vertikaler Achse (und natürlich bei einseitiger Beleuch- tung) erreichen sie aus allen Lagen jene, wo sie dann vertikal aufwärts wachsen. Ähnlich verhalten sich am Klinostaten Pflanzen, welche aus den ungeschlechtlichen Brutkörperchen von Bryum argenteum erwachsen sind. Die Reaktion erscheint hier als Resultante aus in verschiedenen Richtungen wirkenden Reizen, analog einer Kräfteresultante. Daß eine solche resultierende Reaktion am Klinostaten möglich ist, beweisen Versuche mit positivgeotropischen Wurzeln. Die erwähnten jungen Sporogone von Aneura, bei denen es keine geotropische Reizbarkeit gibt, rotierten an einem Klinostaten, dessen Achse mit der Richtung 1) Ich habe diese Arbeit leider nur in einem kurzen deutschen Auszug vor- öffentlicht (N&mee, 1904) und gebe hier daher eine wörtliche Übersetzung des be- treffenden Absatzes aus meiner diesbezüglichen böhmisch verfaßten Abhandlung, 436 des Lichtes einen Winkel von 45° schloß. Analog ist der geotropische Versuch mit Wurzeln, welche wir im Dunkeln an einem Klinostaten kultivieren, dessen Achse mit der Lotrichtung einen Winkel von 45° schließt. Wurzeln, welche am Klinostaten senkrecht zu seiner Achse befestigt werden, zeigen unter diesen Bedingungen eine deutliche geo- tropische Reaktion; sie erreichen die Ruhelage erst dann, wenn ihre Spitzen parallel mit der Klinostatenachse wachsen. Bei diesen Reak- tionen zeigen die Wurzeln, nachdem sie mit der Klinostatenachse ur- sprünglich beliebige Winkel geschlossen haben, keine Seitenschwankungen, sie werden zu keiner rhythmischen Reaktion gereizt, sondern reagieren genau nach der Resultante der Reizung. Orthotrope Organe werden am Klinostaten nur dann zu keiner Örientierungsreaktion gereizt, wenn die Klinostatenachse mit der orien- tierenden Kraft einen rechten Winkel (90°) schließt. Wenn das Organ am: Klinostaten parallel zu seiner Achse angebracht ist oder senkrecht zu derselben, so wird kein Anlaß zu irgend einer Reaktion gegeben; anders nur dann, wenn kein Unterschied zwischen der Reizung besteht, wo einerseits das Organ mit der Orientierungskraft den Winkel x und jener, wo dieser Winkel 180°—x beträgt; besteht ein solcher Unter- schied, und Czapek, Fr. Darwin und Pertz') nehmen einen solchen an und beweisen sein Vorhandensein für den Geotropismus der Wurzeln sowie für den Heliotropismus der Graskeimlinge, so kann auch eine Orien- tierungsreaktion am Klinostaten veranlaßt werden, wenn seine Achse mit der Orientierungskraft einen rechten Winkel schließt, wo jedoch das Organ schräg zu dieser Achse orientiert ist. Meine Versuche mit den Wurzeln der Erbse (Pisum sativum) und Bohne (Vicia faba) haben in dieser Beziehung zu einem negativen Resultat geführt. Vielleicht ist der Unterschied zwischen der Reizung in der Lage x und 180°-x zu klein, um am Klinostaten mit horizontaler Achse eine resultierende Krümmung der Wurzeln auslösen zu können. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei dorsiventralen Organen. Es ist klar, daß solche Organe bei diffuser Reizung reagieren können, ja zuweilen müssen, denn die Rückenseite wird anders gereizt als die Bauchseite®. Und am Klinostaten stehen die Bedingungen einer dif- fusen Reizung sehr nahe, Die Bauch- und Rückenseite wird zwar nicht gleichzeitig durch denselben Faktor gereizt, aber sie können da in regel- mäßig aufeinander folgenden Intervallen gereizt werden. Dadurch ist 1} Vergl. Brzobohaty, K., in den Abhandlungen der böhm. Akademie, 1902. 2) Pfeffer, W., Pflanzenphysiologie, 2. Aufl, Bd. II, pag. 350. 457 eine intermittierende Reizung herbeigeführt, und wenn der Unterschied zwischen der Reizung einerseits der Rückenseite, andererseits der Bauch- seite gross genug ist, so kann eine Orientierungsreaktion erscheinen (N&mee, 1904, pag. 21, 22)“ Im weiteren habe ich meine Versuche mit dorsiventralen Laub- und Lebermoosen am Klinostaten summarisch angeführt, was uns hier nicht direkt interessiert. Am wichtigsten ist für unsere Betrachtungen das Ergebnis (welches ich später auch für nichtgeotropische, jedoch heliotröpische Pilze fest- stellen konnte), daß heliotropische Organe am Klinostaten mit vertikaler Achse und bei einseitiger schräger Beleuchtung) sehr gut reagieren können, die zu einer Aufrichtung eines orthotropen heliotropischen, nicht geotropischen Organes führt. Denn erst in dieser Lage wird bei der Rotation das betreffende Organ allseitig gleichmäßig gereizt. Daher es keineswegs nötig ist, die Aufrichtung eines radiären Organes am Klino- sfaten unter den oben präzisierten Bedingungen für eine geotropische Reaktion zu erklären. Ein positiv heliotropisches und ageotropisches Organ wird eine solche Reaktion ebensogut ausführen können wie ein negativ geotropischer und nicht heliotropischer Pflanzenteil?). Wenn wir diese Resultate auf das Verhalten der Sporogone von Aneura pinguis am Klinostaten applizieren, so müssen wir sagen, daß wir gar keinen Grund zur Annahme einer geotropischen Reaktions-- fähigkeit bei diesen Organen haben. Die Sporogone wachsen im Dunkeln, ohne geotropisch zu reagieren, und am Klinostaten mit vertikaler Achse führen sie eine Reaktion aus, welche man mit guten Gründen als eine heliotropische auffassen kann, da sie sich bei dauernd einseitiger Be- leuchtung als sehr stark heliotropisch erwiesen haben. Stellt man die Achse des Klinostaten schräg aufwärts parallel zu der Richtung des 1) Die Klinostaten werden meist an ein Fenster gestellt. Wenn man an den nicht beleuchteten Seiten den Klinostaten mit vertikal aufgestellten Spiegeln umgibt, so kann man sich einer diffusen Beleuchtung ein wenig nähern. Man wird wohl in der Zukunft auf Grund der Erkenntnis, daß am Klinostaten schon für orthotrope Organe eine Reizung, die zu orientierenden heliotropischen Reaktionen führen könnte, schwer zu eliminieren ist, nicht so häufig bestimmte Krümmungen als auto- nome Krümmungen oder als Nastien auffassen. In einem noch höheren Grad gilt dies für dorsiventrale Organe, für welehe schon Noll, wie mir scheint sehr sachgemäß, die Möglichkeit einer Orientierungsreaktion am Klinostaten diskutiert hat. 2) In zahlreichen Versuchen wurde bisher auf diesen Punkt keine Rücksicht genommen. Man wird auch begreifen, daß auch plagioheliotrope und ageotropische Organe am Klinostaten sehr gut heliotropische Reaktionen ausführen können. Uber die Reaktionen der dorsiventralen Laub- und Lebermoose am Klinostaten und am Zentrifugalapparat werde ich bald ausführlich referieren. 438 stärksten diffusen Lichtes und orientiert die Sporogone senkrecht zu dieser Achse, so krümmen sie sich so lange, bis sie gegen das Licht parallel mit der Klinostatenachse orientiert sind. Auch bei dieser Krüm- mung wird es sich lediglieh um eine heliotropische Reaktion handeln. Wir kommen schließlich zu den Sporogonen von Pellia. Es wurde durch unsere Versuche bewiesen, daß dieselben stark positiv heliotropisch sind, daß sie auch schwach geotropisch sind, außerdem jedoch sowohl im Dunkeln als auch im Licht autonome Krümmungen (welche schließlich zu einer schraubigen Windung, Torsion, führen) aus- führen, durch welche besonders während der schnell erfolgenden Streckung die vorher erreichte Ruhelage wieder verlassen werden kaun. In speziell mit Pellia calycina angestellten Versuchen konnte ein Hydrotropismus bei den Sporogonen nicht nachgewiesen werden. Die geotropische Reak- tionsfähigkeit ist bei den Sporogonen von Pellia calyeina geringer ausgebildet als bei P. epiphylla, obzwar sie auch bei dieser Art un- vollkommen ist. Dagegen ist bei der ersteren Art der Heliotropismus stärker als bei der zweiten. Im Dunkeln erreichen horizontal gelegte Sporogone von Pellia calyeina fast niemals die Vertikale. Wenn sie dies am Klinostaten mit vertikaler Achse bei schräg einseitig auffallendem Lichte tun, so ist es höchst wahrscheinlich, daß dabei der Heliotropismus mitwirkt. Denn ein Fall, wo das Licht den Geotropismus eines heliotropischen Pflanzenteiles verstärken würde, ist nicht sicher bekannt; wir haben auch keinen Grund, dies für Pellia ealycina anzunehmen. Horizontal ge- legte Sporogone von Pellia epiphylla erreichen auch im Dunkeln die Vertikale, aber sie verlassen dieselbe später leicht infolge autonomer Nutation. Jedenfalls ist ihre geotropische Reaktionsfähigkeit vollkom- mener als jene von Pellia calycina. Bei dauernd einseitiger Beleuchtung erreichen die Sporogone von Pellia epiphylla später und auch nicht so vollkommen die heliotro- pische Ruhelage wie P. ecalyeina. Auch wird dieselbe von ihnen viel leichter wieder verlassen, und zwar schon zu Ende der ersten Hälfte der definitiven Streckung der Seta. Die vegetativen Sprosse von Aneura pinguis und Pelliacalyeina reagieren ausgezeichnet heliotropisch, und zwar erweisen sie sich bei genügend starker Beleuchtung, bei genügend trockener Luft und bei genügend niedriger Temperatur als transversal (dia-)heliotropisch. Da- neben sind sie auch stark geotropisch, was sich besonders an im Dunkeln kultivierten Pflanzen erweist, aber auch am Licht beweisen läßt. Be- leuchtet man die Sprosse von unten, so führen sie bedeutend langsamer 439 alle Reaktionen aus, wo sie sich in geozentrischer Richtung bewegen müssen, als wo sie sich aufwärts krümmen können. Die etiolierten Sprosse wachsen auch im Dunkeln nicht völlig orthothrop aufwärts, man wird daher auch für die am Licht wachsenden Thalli kaum annehmen können, daß sie orthotrop negativ geotropisch sind. Ihre geotropische Ruhelage würde wohl auch da plagiotrop sein, und zwar wäre es wahr- scheinlich eine schräg aufwärts gerichtete Richtung. Tatsächlich wachsen die Sprosse von Pellia calyeina und Aneura pinguis am Klino- staten mit vertikaler Achse schräg aufwärts. Ob in dieser Richtung eine rein geotropische Ruhelage zu erblicken ist, erscheint nach dem oben über die Reaktionen am Kiinostaten Gesagten recht fraglich. Der Thallus von Pellia epiphylla verhält sich am Licht im ganzen ähnlich, wie für P. calycina und Aneura eben gesagt wurde. Er erscheint bei genügend starker Beleuchtung diaheliothropisch. Aus allen Richtungen kehrt er in die auf die Richtung der stärksten diffusen Beleuchtung senkrechte zurück, wobei auch die Torsion mithelfen kann. Ob er im Dunkeln geotropisch ist, läßt sich nicht entscheiden, weil er da nicht wächst und daher auch nicht reagieren kann. Es bleibt nichts anderes übrig, als auch hier aus seinem Verhalten am Licht indirekt auf seine geotropische Reaktionsfähigkeit zu schließen. Es wurden am 22. Februar 1906 Pflanzen, welche in einem un- geheizten Zimmer in Glasdosen am Sand seit dem Herbst (16, Sept.) 1905 kultiviert wurden, horizontal einerseits an Torfplatten befestigt und nun « in normaler Lage (mit der Dorsalseite nach oben), 5 von unten (mit der Dorsalseite nach unten) beleuehtet. Der Versuch be- gann um 11 Uhr vormittags. Am 23. Februar, 10 Uhr vorm. sind in & die Pflanzen schwach aufwärts, in 5 ebenso schwach abwärts ge- krümmt. Am 24. Februar, 9%), vorm. sind in a die Pflanzen in ihren jüngsten Teilen schräg aufwärts gekrümmt, so daß dieselben nun senk- recht zum stärksten diffusen Licht orientiert waren, Gleich stark waren in 5 die Pflanzen abwärts gekrümmt. Am 29. Februar, 9‘), vorm. waren in @ die jüngsten Pflanzenteile ebenso wie vor 24 Stunden ge- krümmt, in 5 hat die Abwärtskrümmung ein wenig zugenommen, einige Pflanzen sind da sogar vertikal abwärts gekrümmt. Das ist leicht er- klärlich. Sie werden nämlich schwächer beleuchtet als die Pflanzen in a, denn nur ein Teil des auf den Spiegel (s. Fig. 95) auffallenden Lichtes trifft sie. Der Winkel, den schwach beleuchtete Pflanzen mit der Rich- tung des Lichtes schließen, ist kleiner als 90% daher sich auch in unserem Versuche die Pflanzen in 5 mehr heliotropisch krümmen als diejenigen in a. 440 Aus dem Versuche ist zu ersehen, daß die Sprosse von Pellia epiphylla sich ebenso leicht heliotropisch aufwärts wie abwärts krümmen können. Es ist keine Erscheinung zu beobachten, welche vielleicht darauf schließen ließe, daß der Geotropismus die heliotropische Reaktion der Sprosse, wenn sie in einer bestimmten Richtung vor sich gehen soll, beschleunigen oder hemmen würde. Ich habe noch einen Versuch angestellt, welcher die Frage be- antworten sollte, ob sich vielleicht die heliotropische Reaktion schneller bei schwächer beleuchteten Pflanzen abspielen würde als bei stärker beleuchteten, wobei allerdings dieselbe in gleichem Sinne in bezug auf die Schwerkraftrichtung vor sich gehen würde. Es wurden a) Pflanzen 0,5 m vom Fenster entfernt in Glasdosen auf feuchten Sand horizontal mit der Dorsalseite nach oben, mit dem Scheitel vom Fenster abgekehtt, gelegt, b) andere in dieselbe Lage, jedoch 3,5 m vom Fenster entfernt. Die heliotropische Reaktion erfolgt im schwachen Licht eher später als bei stärkerer Beleuchtung. Man kann daher keineswegs die gleich schnell erfolgende Reaktion bei Pflanzen, die von unten, andererseits bei solchen, die von oben beleuchtet sind, so erklären, daß vielleicht die schwächere Beleuchtung der ersteren Pflanzen eine schnellere Reaktion hervorruft, welche jedoch durch den Geotropismus so gehemmt wird, daß sie etwa gleich schnell erfolgt wie bei den Pflanzen, welche von oben be- leuchtet werden. Außerdem ist zu betonen, daß in analogen Versuchen mit Sprossen von Aneura pinguis, Pellia calycina, Fegatella conica, Mar- chantia polymorpha usw., welche sich bei ihrem Wachsen im Dunkeln als stark geotropisch erweisen, bei einer Beleuchtung von unten eine merkliche Hemmung der heliotropischen Reaktionen erscheint, bei welchen sich die Sprosse nach unten krümmen müssen. Aus diesen Beobach- tungen folgt, daß sich an vegetativen Sprossen von Pellia epiphylla unter keinen Umständen eine geotropische Reaktionsfähigkeit äußert. Zu bemerken ist, daß der Thallus von Pellia epiphylla reichliche Stärke schon in ganz jungen Teilen enthält, dieselbe ist jedoch diffus in den Zellen verteilt; ich konnte keine Ansammlung der Stärkekörner in der Schwerkraftrichtung bemerken. Hingegen besitzt, wie wir ge sehen haben, das junge Sporogon dieser Pflanze reichliche Stärke, welche auch in zahlreichen Zellen unter dem Einfluß der Schwerkraft leicht beweglich ist. Dies kann uns zum Ausgangspunkt dienen, wenn wir die Resul- tate unserer Versuche vom Standpunkt der Statolithentheorie besprechen wollen. Es wäre wohl überflüssig, wenn ich hier das Wesen dieser Theorie klar legen wollte. Das habe ich schon mehrmals an anderen 4m Orten getan. Nur eines will ich hervorheben. Es wurde mehrmals (Jost, Fitting) hervorgehoben, daß die Statolithentheorie ihren ursprüng- lichen Standpunkt verlassen hat, wenn sie zugestanden hat, daß auch im Zelllumen nicht gänzlich überfallende, ja in verschiedenen Lagen fast an derselben Stelle verbleibende Stärkekörner den geotropischen Reiz durch ihren Druck auslösen können. Wenn neuerdings Fitting (1905, pag. 728) von „Wandlungen“ spricht, „welche die Statolithen- hypothese schon in kurzer Zeit erfahren hat“, so hat er wohl diesen Umstand im Sinne gehabt. Dagegen muß ich hervorheben, daß die Stato- lithentheorie in dieser Beziehung überhaupt keine Änderung erfahren hat. Überhaupt konnten manche Kontroversen vermieden werden, wenn man die Äußerungen der Begründer der Theorie aufmerksam beachtet hätte. Ich habe nämlich in meiner, die Grundlagen meiner Auffassung der Statolithentheorie darbietenden Arbeit (1901, Sep, p. 98) nach- folgendes gesagt: „Was die Entdeckung und Untersuehung der perzep- torischen Organe (d. h. der Statocyten) bei den höheren Pflanzen er- leichtert, ist die große Beweglichkeit der spezifisch schwereren und leichteren Körperchen in den Zellen je nach der Richtung der Schwer- kraftwirkung zur Organachse. Doch ist eine solche Beweglichkeit nicht absolut für diese Vorriehtungen nötig, und es läßt sich eine Vorriehtung für die Perzeption des Schwerkraftreizes denken, bei welcher die spezi- fisch schwereren Körperchen gar nicht beweglich sind. sondern in einer festen Substanz eingebettet sind. Auch so können Druckunterschiede unter bestimmten Umständen in der Substanz entstehen* usw. Ich habe im weiteren auf die apoplasmatischen Körperehen im Endteile der geotropischen einzelligen Organe hingewiesen, welche vielleicht Stato- lithen vorstellen könnten, sowie hervorgehoben, daß intermittierender Druck, z. B. bei mechanischen Erschütterungen (l. e. Sep. pag. 100), perzipiert werden könnte. Die Stärke der Statolithentheorie legt darin, daß alle bis dahin eingehender untersuchten geotropischen Organe Körperchen enthielten, welche man als Statolithen deuten kann. Der überaus größte Teil «dieser Organe enthält zudem leicht bewegliche Statolithen. Relativ unbeweg- liche Stärkekörner habe ich in den negativ, resp. positiv geotropischen Hauptrhizoiden (N ämee, 1904, 17, pag. 59) einiger Moose festgestellt. Nach den vorläufigen Mitteilungen von Haberlandt weist Caulerpa prolifera ähnliche Verhältnisse auf. Jedenfalls stellt eine solche Vorrichtung eine niedere Differenzierungsstufe der perzeptorischen Struktur auf. Die Vorteile der leicht beweglichen Statolithen habe ich an anderer Stelle (N&mee, 1904, 16, pag. 10, 11) hervorgehoben, neuestens wurden sie von { Flora 1906. % 442 Haberlandt (1905) präzisiert. Da diese leichte Beweglichkeit sowohl für die Größe des Druckes der spezifisch schwereren Körperchen resp. für die Größe der Deformation des perzeptorischen Protoplasmas eine nicht unwesentliche Bedeutung hat, da sie weiter sicher auf eine spezi- fische Differenzierung hinweist, so ist es nicht ganz zwecklos. wenn man in Hand- und Lehrbüchern eben dieser Beweglichkeit Ausdruck gibt. Ob zur Ausführung des Druckes an das sensible Plasma die Statolithenkörperchen eine längere oder eine minimale Bahn durchlaufen müssen, ist doch ganz gleichgültig, denn in der Statolithentheorie handelt es sich um den Druck auf das sensible Plasma und nicht um die Be- wegung der Statolithen an sich, die sie eventuell vorher ausführen müssen. Lophocolea bidentata weist keine geotropische Reaktionsfähigkeit auf, was besonders deutlich bei ihrem Wachstum im Dunkeln zum Vorschein kommt. Sie enthält auch keine Statolithenvorrichtung. Weder der Kern noch die Plastiden oder die Eläoplasten erweisen sich unter dem Einfluß der Schwerkraft als leicht beweglich, noch sind sie so ge- lagert, daß sie direkt ohne Umlagerung auf die äußere Plasmahaut „dieses lebendigen und reizbaren Organes des Protoplasten“ (Pfeffer, 1901, pag. 221) einen Druck ausüben könnten. Dasselbe gilt von den Sporogonen von Aneura pinguis. Dagegen besitzt der Thallus von Aneura pinguis ebenso wie jener von Pellia calyeina reichliche, leicht bewegliche Stärke; diese Pflanzen reagieren tatsächlich sehr gut im Dunkeln geotropisch, und es läßt sich nachweisen, daß dieselben auch am Licht den Schwerkraftreiz zu per- zipieren vermögen. Wir haben jedoch gesehen, daß der Thallus von Pellia epiphylla. weder am Licht noch im Dunkeln Reaktionen ausführt, welche auf eine Perzeption des geotropischen Reizes bei ihm schließen ließen. Die von mir untersuchten Pflanzen enthielten auch nur diffus verteilte Stärke, welche absolut keine Ansammlung im Sinne der Schwerkraftrichtung aufwies. Die Sporogone von Pellia epiphylla enthalten etwa bis zur Hälfte der definitiven Streekungsperiode reichliche Statolithenstärke, sie rea- gieren auch bis zu dieser Zeit ziemlich gut geotropisch. Nachdem die Statolithenstärke verschwunden ist, sind sie trotz ihres weiteren Wachs- tums keiner geotropischen Orientation mehr fähig. Ihre heliotropische Reaktionsfähigkeit dauert länger als ihr Geotropismus. Die Sporogone von Pellia ealyeina unterscheiden sich von jenen der Pellia epiphylla dadurch, daß sie in ihrem Stiel bloß diffus verteilte 443 Stärke enthalten. Sie erweist sich, soweit man nach ihren Anhäufungen schließen kann, als ziemlich wenig beweglich. Ein gewisser Grad von Beweglichkeit kann den Stärkekörnern dennoch nicht abgesprochen werden, denn in den subepidermalen Zellen sind in den meisten Zellen an den physikalisch unteren Wänden mehr Körner vorhanden, als in den übrigen Zellteilen. Doch muß hervorgehoben werden, daß dies nicht in allen Zellen geschieht. Nachdem die Stärke aus den Kapsel- stielen verschwunden ist, verliert dieselbe die geotropische, aber auch die heliotropische Reaktionsfähigkeit. Die Sporogone von Pellia calyeina sind stark heliotropiseh, dagegen ist ihr Geotropismus recht unvollkommen. Das stimmt wohl mit dem Umstande zusammen, daß ihre Statolithenvorrichtung nicht vollkommen ist, denn wir haben gesehen, daß die Stärkekörner eine geringe Be- weglichkeit zeigen. Jedenfalls ist der Geotropismus der Kapselstiele so schwach, daß er durch spontane Nutationen leicht überwunden wer- den kann. Es muß noch etwas über die geringe Beweglichkeit der Stärke- körner in gewissen Zellen bemerkt werden, welche dennoch als Stato- eyten fungieren können. Die Zellen, welche in den Kapselstielen von Pellia ealyeina Stärke enthalten, besitzen eine große Zentralvakuole, der periphere plasmatische Wandbelag ist sehr dünn. Es ist nun leicht einzusehen, daß eben der enge Raum zwischen der Zellwand und der Vakuolenhaut die Beweglichkeit der Stärkekörner sehr beeinträchtigen kann, trotzdem das Plasma selbst dünnflüssig ist. Je mehr Stärke- körner die Zelle enthält, desto schwieriger und langsamer wäre wohl ihre einseitige Ansammlung. Dennoch können auch hier, wie nicht eingehender begründet zu werden braucht, durch einseitige Schwerkraft- wirkung Unterschiede in der Größe des Druckes entstehen, den die Stärkekörner auf die äußere Plasmaschicht, mit der sie ja dauernd in Berührung sein können, ausüben. Unsere Beobachtungen stimmen also mit der Statolithentheorie gut überein, obzwar sie keinen neuen Beweis für ihre Gültigkeit er- bringen. Aber der Wert einer Theorie steigt, je mehr Tatsachen sie umfassen und von einem einheitlichen Standpunkte erklären kann, Somit hat auch die Feststellung von neuen Tatsachen, die in der Statolithen- theorie ihre Erklärung finden, mögen es auch bloße anatomische Fakta sein, ihren unverkennbaren Wert; es sei in dieser Hinsicht z. B. auf die schöne Arbeit von Tischler (1905) hingewiesen. 29% 444 IH. Die merkwürdigen Veränderungen, welche die meisten, besonders grünen Pflanzen im Dunkeln aufweisen, haben schon zahlreiche Forscher gefesselt, und es wurden nicht nur Versuche gemacht, dieselben kausal zu erklären, sondern auch vom teleologischen Standpunkte aus zu fassen. Am scharfsinnigsten und ausführlichsten ist dies von Godlewski (1889, pag. 484 ff.) geschehen. „Wir sehen also im ganzen,“ sagt er, „daß es für das Pflanzenleben überhaupt unrationell, ja sogar direkt schädlich wäre, wenn die Sprosse in der Entwicklungsperiode, welche sie unter der Erde, also in Dunkelheit durchzumachen haben, sich in gleicher Weise entwickeln als später, wenn sie bereits ans Licht gekommen sind.“ Sowohl das Kleinbleiben der Blätter als auch die Streekung der Internodien im Dunkeln, weiter die relativ kleinere Menge der zum Aufbau der Dunkelblätter verwendeten plastischen Substanz, sind sehr rationelle Erscheinungen. „Ebensogut wie bei den dikotylen Pilanzen ist auch die Entwicklung der Monokotylen in der Dunkelheit dem nämlichen Zwecke, möglichst bald das Licht zu erreichen, ange- paßt.“ Mit Recht sagt Godlewski (1889, pag. 487), daß diese Aul- fassung der Etiolierungserscheinungen naturgemäß und selbstverständlich ist und mit allem, was man über die etiolierten Pflanzen weiß, überein- stimmt. Unter demselben Standpunkte werden wir auch die Stimmungs- änderung der plagiogeotropen grünen Organe, welche im Dunkeln 50 häufig erfolgt, ebenso den strengen negativen Geotropismus, der die Organe meist orientiert, als sehr zweckmäßig erklären müssen. Denn dadurch wird den etiolierten Pflanzen die Möglichkeit gegeben, nicht aufs Geratewohl zu wachsen, sondern in einer Richtung sich zu be- wegen, in weicher sie die größte Wahrscheinlichkeit haben, ans Licht zu gelangen. Pfeffer (1901, pag. 99) nimmt einen ähnlichen Standpunkt wie Godlewski ein. Er sagt in dieser Beziehung: „Die Überverlängerung gewisser Blätter ist übrigens durchaus zweckentsprechend, um z. B. die Hervortreibung aus verdunkelnden Blattscheiden oder aus dem Boden dann zu beschleunigen und zu sichern, wenn die Zwiebel. der Same etc. von einer höheren Bodenschicht bedeckt sind. Für diesen Zweck ist auch die Überverlängerung der Internodien dann wichtig, wenn durch die Streckung dieser die Blätter an Luft und Licht zu bringen sind. Ferner ist es vorteilhaft, wenn im Dunkeln eine weitgehende Ausbildung der Blätter unterbleibt, die nur im Licht ihre funktionelle Aufgabe er- füllen können.“ . 445 Schließlich soll noch Massart (1903, p. 67) angeführt werden, welcher unter dem teleologischen Gesichtspunkte die Art und Weise untersuchte, wie die Pflanzen aus der Erde — in der Natur z. B. im Frühjahr — ans Licht gelangen. Auch er findet in den verschiedenen Etiolierungserscheinungen zweckmäßige Reaktionen. Es wird wohl interessant sein, das Verhalten der von mir unter- suchten Lebermoose vom telelogischen Standpunkte zu betrachten. Das Verhalten von Lophocolea bidentata und Lejeunia ser- pyllifolia im Dunkeln ist unzweckmäßie. Denn die Pflanze wächst ganz desorientiert und krümmt sich ganz unregelmäßig, so daß einige Pflanzen direkt abwärts wachsen, andere horizontal, wobei sie sich spi- ralig einrollen können usw. Wenn wir es bei anderen Moosen, welche gemeinsam mit Lophocolea wachsen, als zweckmäßig bezeichnen, daß sie negativ geotropisch nach oben wachsen, und zwar entweder ihre Stämmehen oder wenigstens die Rhizoiden, so wird man doch nicht die völlige Desorientation der unter denselben Bedingungen wachsenden Lophocolea ebenfalls für zweekmässig erklären. Die Annahme, bei Lophocolea sei dadurch, daß ihre Sprosse in allen möglichen Richtungen im Dunkeln wachsen, die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß einige unter diesen verschiedenen Richtungen ans Licht führen werden, kann kaum befriedigen, denn das Wachstum der Stämmchen ist so unregelmäßig, daß die meisten Exemplare die einmal verlassene Wachstumsriehtung wieder einschlagen und sich so gewissermaßen in einem Cireulus vitiosus aufhalten. Anders wäre es, wenn die Sprosse in allen möglichen Rich- tungen, aber geradlinig wachsen würden. Dann wäre tatsächlich die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß, soweit das überhaupt durch Wachstum möglich ist, einige Pflanzen das Licht erreichen werden. Weiter fällt bei Lophocolea bidentata noch der Umstand ins Gewicht, daß sie relativ sehr langsam wächst. In einer Kultur, welche am 19. Dezember 1905 ins Dunkel gestellt (bei 18-21° C) wurde und welche neben Lopho- colea noch ein Mnium enthielt, waren am 27. Februar 1906 die etio- lierten Teile von Mnium durchschnittlich 45 mm (einige sogar 53 mm), diejenigen von Lophocolea jedoch bloß 7, höchstens 3,4 mm lang. Dabei ist auch die Erscheinung nicht zweekmässig, daß die Inter- nodien von Lophocolea nicht regelmäßig länger im Dunkeln als am Licht ausfallen. Denn wie wir gesehen haben, verhält sich auch hierin die Pflanze recht unregelmäßig, und wenn sie gleich lange Internodien im Dunkeln bildet, wobei die gleiche Anzahl der hier unnützen Blätter auf irgend einer Strecke des etiolierten Stämmehens gebildet werden muß, wie am Licht, so ist darin wohl eine Materialverschwendung zu 446 sehen, obzwar dieselbe dadurch vermindert wird, daß im Dunkeln er- heblich kleinere Blätter gebildet werden als am Licht. Trotz alledem ist das Verhalten von Lophocolea im Dunkeln dennoch zweckmäßiger als dasjenige von Pellia epiphylla. Denn die Sprosse dieser Pflanze wachsen im Dunkeln überhaupt nicht, sie sterben dann von hinten allmählich ab: in meinen Versuchen waren allerdings noch nach einem viermonatlichen Aufenthalt im Finstern die meisten Sprosse nicht abgestorben. Diese Pflanzen wären aber sicher im späteren Ver- laufe des Aufenthaltes im Dunkeln abgestorben. Ihr passives Verhalten im Dunkeln, wo sie nicht einmal aufwärts wachsende und sich nicht ver- zweigende, daher gewissermaßen etiolierte Rhizoide bilden, wie das z. B. Fissidens adiantoides und deeipiens tun, ist höchst unzweckmäßig, denn es führt, wo durch äußere, rein zufällige Faktoren die Pflanze nicht ans Licht gebracht wurde, zu ihrem Tode. Auch bei den Sporogonen von Aneura pinguis wäre es zweck- mäßiger, wenn sie die Fähigkeit hätten, geotropisch zu reagieren, wie das diejenigen von Pellia calyeina und epiphylla tun. Denn da sie im Dunkeln ganz desorientiert wachsen, so ist ihnen kaum die Wahrschein- lichkeit gegeben, in genügend zahlreichen Fällen ans Licht wieder zu gelangen. Dagegen ist ihr Heliotropismus ebenso wie derjenige der Sporogone bei Aneura, sowie der bei den untersuchten Pellia-Arten wohl zweckmäßig. Obzwar neuerdings Treboux (1905) die älteren Angaben von Borodin (1868), Leitgeb (1876), W. Schulz (1902) über die Not- wendigkeit des Lichtes für die Keimung der Moossporen bestreitet (unter den geprüften Arten führt er auch Pellia epiphylla an), so ist es doch sicher, daß das Licht die Keimung sehr fördert und beschleunigt. Treboux bemerkt selbst (l. ec. pag. 400): „Vor allem fällt der begün- stigende Einfluß auf, den das hell diffuse Licht bei fast allen Arten . auf die Keimung der Moossporen ausübt.“ Und weiter: „Natürlich ist hier und im folgenden nur eine Beschleunigung im Beginn der Keimung und in der Entwicklung der ersten Keimungsstadien gemeint.“ Es ist sicher, daß auch bei diesem Sachverhalte.es für das Moos vorteilhaft ist, wenn es die Sporen auf einen möglichst gut beleuchteten Ort aus- säen kann, wozu der starke Heliotropismus der Kapselstiele wohl bei- tragen kann. Im schwachen Licht kann ja, wie Klebs (1893, pag. 648) sagt, die Bildung von Moosknospen am Protonema gänzlich ausbleiben. was für die betreffende Art jedenfalls mit einem großen Nachteil ver- bunden ist.) 1) Ich habe nachträglich mit den Sporen von Pellia epiphylla und calyeina die Trebouxschen Versuche wiederholt und konnte seine Angaben bestätigen. m nn ent De nme 447 Denn je stärker die Sporen beleuchtet werden, desto besser und früher entwickeln sich die jungen Pflanzen. Das Licht hat ja für die Keimung selbst eine gewisse Bedeutung, weiter hängt die Bildung von normalen Pflanzen an dem Protonema von einer genügend starken Be- leuchtung ab, wie das Leitgeb (1876), Klebs (1893), Schostakowitsch (1894) nachgewiesen haben. Es ist daher mit großem Vorteil verbunden, wenn sich das Sporogon zur Lichtquelle krümmt und die Sporen auf beleuchtete Orte aussäet. Man kann die Resultate unserer Betrachtungen kurz so resumieren, daß sich zwar zahlreiche Pflanzen, für welche das Erlangen des Lichtes von irgendwelcher Bedeutung ist, im Dunkeln zweckmäßig verhalten, und zwar sowohl was ihre formative Tätigkeit als auch ihre Reaktions- fähigkeit betrifft, daß dies jedoch in anderen (wohl seltenen) Fällen nicht der Fall ist. Denn wir haben Pflanzen kennen gelernt, die sich im Dunkeln entweder ganz passiv, oder ohne irgend eine zweckmäßige Reaktion auf den Lichtmangel aufzuweisen, verhalten. Auch hier kann man von einer primären und allgemeinen Zweckmäßigkeit des Verhaltens der Pflanzen im Dunkeln nicht sprechen. Man könnte allerdings das nicht zweckmäßige Verhalten von Lophocolea, Lejeunia, Pellia epiphylla, Plagiochila asplenioides usw. so erklären, daß sie in der Natur äußerst selten Gelegenheit haben, ins Dunkle zu kommen. Sie besitzen keine tief unterirdischen Teile, ‚welche unterirdischen Zwiebeln, Knollen und Rhizomen höherer Pflanzen analog wären. Die Ausläufer, welche z. B. Plagiochila besitzt, sind doch nicht ganz unterirdisch, vielmehr wachsen sie häufig in schwacher Beleuchtung Es wäre bei ihnen also «lie Fähigkeit, zweckmäßig im Dunkeln sich zu verhalten, ziemlich unnütz. Doch spricht gegen diese Erklärung der Umstand, daß z. B. Pellia calyeina, Fegatella, Marchantia usw. im Dunkeln etiolieren und in jeder Beziehung sich zweckmäßig verhalten‘). Die wichtigsten Resultate. Die verschiedenen Leber- und Laubmoose verhalten sich im Dunkeln sehr verschiedenartig. Einige zeigen kein merkliches, andere ein sehr kurzes und ohne Etiolierungserscheinungen andauerndes Wachstum, andere schließlich wachsen im Dunkeln sehr stark und andauernd, wobei sie verschiedene Etiolierungserscheinungen ausweisen. Von diesen sind (die 1) Triehocolea tomentella wächst mehrere Monate im Dunkeln, wobei sie orthotrop ist, obzwar sie am Lieht stark plagiotrop und dorsiventral erscheint, Sie bleibt im Dunkeln fast unverzweigt, das Stämmchen wird Immer dünnen Die Endknospe ist nieht eingekrümmt, 448 meisten geotropisch, sie wachsen im Dunkeln orthotrop oder sehr steil schräg (plagiotrop) aufwärts. Von ageotropischen, im Dunkeln stark wachsenden Lebermoosen wurden Lophoeolea bidentata und Lejeunia serpylifolia untersucht. Sie erscheinen im Dunkeln völlig desorientiert. In ihrem Stämmchen gibt es keine Stärke und auch keine andere Statolithen. Anfangs wachsen sie stark hyponastisch, später nutieren sie ganz unregelmäßig. Die Sporogone von Aneura pinguis entbehren ebenfalls jeglicher Statolithenstärke, im Streckungsstadium enthalten sie überhaupt keine Stärke, im Dunkeln zeigen sie sich ebenfalls desorientiert. Dagegen sind die vegetativen Sprosse stark geotropisch und enthalten reichliche Stato- lithenstärke. Die Sporogone von Pellia calyeina können ebenfalls im Dunkeln ‚wachsen, sie sind jedoch nur schwach geotropisch. Eine völlige Auf- richtung aus der horizontalen Lage führen im Dunkeln nur sehr spär- liche Individuen aus. Während der definitiven Streckung verlieren sie ihren Geotropismus. Sie enthalten im Kapselstiele reichliche, aber meist nur diffus in der Zelle, zwischen der Zellwand und der Vakuolenwand, befindliche Stärke, die eine sehr geringe Beweglichkeit aufweist. Die Sporogone von Pellia epiphylla sind dagegen stark geotropisch und führen die Reaktion prompt aus. Sie enthalten in den Kapsel- stielen reichliche, leicht bewegliche Statolithenstärke. Die Sporogone der drei letzten Lebermoose sind stark positiv heliotropisch, am stärksten jene von Aneura pinguis und Pellia calyeina, schwächer diejenigen von Pellia epiphylla. Die Perzeptions- und Reaktionsfähigkeit (ebenso wie die definitive Streckung der Kapsel- stiele) ist keineswegs an das Vorhandensein der Kapsel gebunden. Auch kann der oberste Teil des Stieles selbst abgeschnitten werden, ohne daß die heliotropische Reaktion dadurch gehemmt wäre. Der Wundshock ist hier, wenn er überhaupt vorhanden ist, nur kurz andauernd und schwach. Am Klinostaten mit vertikaler Achse und einseitiger Beleuchtung ist eine heliotropische Reaktion gut möglich. Es handelt sich da nicht um eine Reaktion auf eine intermittierende Reizung, sondern um eine resultierende Reaktion auf eine kontinuierliche Reizung. Wenn sich horizontal auf einen solchen Klinostaten gelegte Sporogone von Aneura pinguis aufrichten, so kann es sich dabei um eine rein heliotropische Reaktion handeln. Positiv heliotropische orthotrope Organe befinden sich am Klinostaten mit vertikaler Achse und schräg von oben seitlich auffallendem Licht in einer stabilen Ruhelage, wenn sie aufwärts, parallel 44) mit der Klinostatenachse wachsen. Die zu dieser inverse Lage ist eine labile Ruhelage. Die vegetativen Sprosse von Pellia calyeina wachsen im Dunkeln sehr gut, und zwar steil schräg aufwärts. Sie reagieren ausgezeichnet geotropisch und besitzen reichliche Statolithenstärke. Pellia epiphylia wuchs im Dunkeln überhaupt nicht. Sie enthält bloß diffuse, unbe- wegliche Stärkekörner. Daß weder diese Pflanze noch Lophoeolea biden- tata am Licht geotropisch sind, wird dadurch wahrscheinlich gemacht, daß sie gleich schnell die analogen heliotropischen Reaktionen ausführen, mögen dieselben in der Richtung aufwärts oder abwärts vor sich gehen, was aus dem Vergleiche der Reaktionsgeschwindigkeiten bei Pflanzen her- vorgeht. die einerseits von oben, anderseits von unten beleuchtet wurden. Das Verhalten der vegetativen Sprosse von Pellia epiphylla, Lopho- colea bidentata und Lejeunia serpyllifolia, sowie dasjenige der Sporo- gone von Anenra pinguis im Dunkeln muß als unzweckmäßig betrachtet werden. Nachtr. Anmerkung. Ich habe nachträglich die Etiolierungsversuche mit Lophocolea und Pellia epiphylla im Gewächshaus und auch im Freien ausgeführt, jedoch mit demselben Resultate wie im Laboratorium selbst. Literaturverzeichnis. 1, Askenasy (1874). Über das Wachstum der Fruchtstiele von Pellia epiphylla. Bot. Ztg. 1874, Bd. XXXIL 2. Bittner, K, Über Chlorophyllhildung im Finstern bei Kryptogamen. Österr, bot. Zeitschr, 1905, No. 4 3. Borodin, J. (1868), Über die Wirkung des Lichtes auf einige höhere Krypto- gamen. Bull. de l’Acad. de sc. de St. Petersburg 1868, T. XII 4. Fitting, H. (1905), Die Reizleitungsvorgänge bei den Pflanzen. Ergelmisse der Physiologie 1905, IV. 4a. Frank, A.B. (1870), Die natürliche wagerechte Richtung von P’flanzenteilen ete, Leipzig 1870. . Gius, L. 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Die Franzosen Brogniart und Tr&eul halten diese Organe für echte Wurzeln, die Deutschen Kunze und Hofmeister ganz im Gegensatze für echte Sprosse, de Bary und Russow erweisen sich als Vermittler, insofern die Ausläufer von Nephrolepis von den Letztgenannten als Sprosse mit Wurzelcharakteren angesprochen werden. Überschaut man die Merkmale der genannten Organe, so wird die Teilung der Meinungen sofort verständlich, denn in der Tat finden sich hier Charaktere der Wurzel mit Merkmalen der Achse vereinigt, und es hing, wie in solchen Fällen meistens, die Ansicht des Forschers vom persönlichen Empfinden der größeren Bedeutung dieser oder jener Merkmale ab. Die eingehende wmorphologische und anatomische Untersuchung, welche Lachmann?) den in Frage kommenden Ausläufern von Nephrolepis angedeihen ließ, kräftigte die Ansicht. daß diese Organe als Sprosse zu deuten sind, und tatsächlich kann diese Auffassung heute als die fast allgemein gültige bezeichnet werden ?). In dem im Jahre 1905 erschienenen I. Teile der „Vergleichenden Morphologie der Pflanzen* von J. Velenovskyf?) nimmt man indes neuerlich Bedenken gegen die echte Sproßnatur der Ausläufer wahr, 1) Lachmann, Recherches sur la morphologie et Vanatonie des Fougüres. Compt. rend. des seane. de l’Acad. des scienees, Paris 1985, Tome CI, 8. 003 if. Lachmann, Contributions A Fhistoire naturelle de la racine des Fougeres. Lyon 1889, Verlag der Assoe, typograph. Y. Plan, S. 146ff. In der an zweiter Stelle genannten Arbeit findet man auf Seite 146-148 eine ausführliche Behandlung der Kontroverse mit Angabe der einschlägigen Literatur. 2} &oebel schreibt in den „Pflauzenbiologischen Schilderungen I“. (Mar- burg 1889): „An der Sproßnatur der teilweise als „Wurzeln“ bezeichneten Ausläufer kann kein Zweifel sein.“ 8. 203, Fußnote. 3) Prag, Verlag Rivnag, 1905. 452 wiewohl auch Velenovsky in einer früheren Publikation!) sich für die Achsennatur der genannten Organe ausgesprochen hat. Nach der jetzigen Auffassung Velenovskys wäre den Ausläufern von Nephro- lepis dieselbe Bedeutung zuzuschreiben wie den Wurzelträgern von Selaginella; sie seien wie diese, schreibt Velenovsky, Meristemaus- wüchse der Achse, aus welcher sie hervorkommen, und noch zu eben dieser Achse gehörig?). Für den neuen morphologischen Begriff führt nun der genannte Autor bei Nephrolepis den Namen „Achsenträger* ein in Überein- stimmung mit „Wurzelträger“ bei den Selaginellen. Was Velenovsky veranlaßt, die Ausläufer von Nephrolepis Achsenträger zu benennen, ist die Tatsache, daß die Ausläuferspitze mit einem Male Blätter zu bilden beginnt, mithin der blattlose Ausläufer zu einer regelrechten beblätterten Achse wird und als solche weiterwächst. Bei der Betrachtung der Abbildungen von Nephrolepis tuberosa, die Velenovsky?°) gibt, fällt sofort auf, daß nur ein Teil der Aus- läufer berücksichtigt wird: die bald mehr bald weniger horizontal knapp ober oder unter dem Boden dahinkriechenden Stolonen. Für diese mag auch, die Richtigkeit der Velenovskyschen Auffassung voraus- gesetzt, der Name „Achsenträger“ entsprechend sein. Es haben jedoch schon die älteren Autoren neben diesen eben erwähnten Ausläufern, die von Lachmann „stolons aöriennes“, Luftstolonen, genannt werden, eine zweite Art von Ausläufern unterschieden, welche meist in den Boden hineinwachsen, reichlich Wurzeln erzeugen und sich mitunter durch eine kräftigere Verzweigung von den Luftstolonen unterscheiden. Lachmann nennt diese Art Ausläufer „stolons souterraines* und be- merkt, daß auch sie mitunter durch entsprechende Wachstumskrüm- mungen zu Luftstolonen werden können. Gerade die Untersuchung der Bodenstolonen war es übrigens, die Tr&cul, welcher den Wurzel- charakter der Nephrolepisausläufer seinerzeit gegen Lachmanns Auf- fassung zu behaupten versuchte®), zu dem Ausspruche veranlaßt hat! 1) Velenovsky, Poznamky iu morfologii rhizomü kapradin, Bemerkungen zur Morphologie der Farnrhizome. Sitzungsber. der künigl. Akad. der Wissensch-, Prag 1890, 8. 171, 172. 2) Vergleichende Morphologie, 8. 233. 3) Bemerkungen zur Morphol. der Farnrhizome, Taf. V, Fig. 7; Vergleichende Morphologie, 8. 232, 4) Treeul, Nature radienlaire des stolons des Nephrolepis. Compt. rend. des seane. de V’Acad. des sciences, Paris 1885, Tom. CI, 8. 915 ff. 453 Sind die Ausläufer keine Wurzeln, so hat die Mutterachse von Nephro- lepis überhaupt keine Wurzeln. Für diese Bodenstolonen aber, die sich, wie später gezeigt werden wird, weder anatomisch noch entwicklungsgeschichtlich von den Luft- stolonen unterscheiden, paßt der Name „Achsenträger“ in den meisten Fällen ganz und gar nicht, und es würde, da Luft- und Bodenstolo tatsächlich morphologisch dasselbe sind, dieser Name einem nicht alle möglichen Fälle in sich fassenden und daher nicht ganz richtigen Be- griffe entsprechen. Von allen in den Gewächshäusern des Botanischen Gartens zu Innsbruck kultivierten Nephrolepispflanzen gedeiht eine aus dem Bota- nischen Garten in Hamburg bezogene N. tuberosa Presl.!) am besten. An diesem reichlich Ausläufer und Tochterpflanzen bildenden Exemplare verfolgte ich durch mehrere Monate die Bildung und die weitere Ent- wicklung der Stolonen und möchte nun meine diesbezüglichen Beobach- tungen mitteilen und die mitgeteilten Tatsachen durch Bilder ver- anschaulichen. Gerade die Wiedergabe der letzteren scheint mir des- wegen wertvoll, weil sich in der Literafur, soweit sie mir bekannt, bis heute keine vollkommen entsprechende Darstellung der unterirdischen Organe von Nephrolepis vorfindet. Es ergaben sich bei mikroskopischer Untersuchung überdies einzelne Ergänzungen zur Anatomie und Ent- wieklungsgeschichte der Ausläufer, die gleichzeitig mitgeteilt werden. Gleich an dieser Stelle sei bemerkt, daß sich alle Beobachtungen auf eine Bodenpflanze beziehen, denn es darf nicht außeracht ge- lassen werden, daß sich Nephrolepis als Epiphyt, den veränderten Lebens- bedingungen entsprechend, in manchem wesentlich anders verhalten wird. Will die Ausläuferspitze mit der Blattbildung beginnen, so verrät sie diese Tendenz in den meisten Fällen schon vorher durch eine }) Diese als Nephrolepis tuberosa Presl, von Hamburg eingesandte Pflanze hat bis heute an keinem Ausläufer die bekannten blattlosen Knollen, die ebenfalls vou Lachmann eingehend untersucht und a. a. O. beschrieben wurden, gebildet. Da für Nephrolepis tuberosa die Knollenbildung allgemein angegeben wird, lag die Vermutung nahe, daß es sich im vorliegenden Falle um eine unrichtige oder ver- wechselte Etikette handeln könnte. Herr Oberlandesgerichtsrat Dr. H. Christ in Basel, dem ein mit reifen Sori versehener Wedel dieser Pflanze vom Institutsvor- staude, Prof, Heinricher, zur Bestimmung gesandt wurde, fand indes an dem ein- gesandten Wedel alle Merkmale der Nephrolepis eordifolia (L} Presl. = Nephrolepis tuberosa (Bory Willd) Presl. und teilte mit, daß er die Pflanze mit keiner anderen Nephrolepisart identifizieren könne. Immerhin kann, wie ich glaube, falls es sich nicht einmal herausstellt, daß das Individuum unter anderen Bedingungen zur kKnollenbildung schreitet, die Pflanze zum mindesten als eine besondere Form der Nephrolepis tuberosn angesehen werden. * dd4 reichere Anlage von Seitenzweigen. Diese Seitenzweige, in Vier-, Fünf- oder Sechszahl dieht nebeneinander angelegt, zeigen zunächst ein un- gemein träges Wachstum; selbst von den erst nach ihnen angelegten ersten Blättern werden sie im Längenwachstum überflügelt, so daß ihre Anwesenheit gewöhnlich erst bemerkbar wird, wenn die Spreuschuppen, welche die Vegetationsspitze des Ausläufers oder von jetzt ab eigentlich die Vegetationsspitze der jungen Pflanze dieht umhillen, durch Prä- paration entfernt sind. Auf Tafel III zeigt Figur 2 die von den paleae. bedeekte junge Pflanze, welche an der Spitze eines kurzen Seitenstolo mit ihrer Entwicklung begonnen hat. Nur zwei aus dem Spreuschuppen- pelze herauslugende Seitenhöcker sind bemerkbar. Deutlicher zeigt die daneben befindliche Figur 3, welche eine junge Pflanze nach Abtragung der paleae darstellt, die vor der Blattbildung angelegten Seitenzweige. Es lassen sich unschwer an der Figur sechs dicht nebeneinander liegende Seitenhöcker (s/,—sZ;) wahrnehmen, der weiter entfernt gelegene, zuerst angelegte Seitenzweig (s/,) nicht mitgerechnet. Diese vor dem ersten Wedel am Vegetationspunkte angelegten Seitenhöcker setzen gewöhnlich erst dann mit einem intensiveren Wachstume ein, wenn das erste Blatt so weit vorgeschritten, daß die ältesten Fiederblättchen vollständig ent- faltet sind. Die Stolonen sind nun offenbar positiv geotropisch, denn sie wachsen alle, wenn nicht Hindernisse in den Weg treten, senkrecht nach abwärts, wie dies auf Tafel III in Figur 4 schön er- sichtlich ist. Erst der Stolo s/,, der nach den zwei ersten Blättern am Vegetationspunkte angelegt worden ist, zeigt eine andere Beein- flussung von seiten der Schwerkraft; er nimmt den Anlauf, horizontal weiterzuwachsen und wird im späteren Verlaufe zu einem langen, am Boden hinkriechenden Ausläufer. Wie sich die zuerst angelegten, positiv geotropischen Stolonen weiter entwickeln, zeigt Figur 5. Es sind an ihrer ganzen Peripherie zahlreiche Wurzeln hervorgewachsen, die auf dem Bilde nicht alle erscheinen, da beim Ausstechen der Pflanze Be- schädigungen des Wurzelwerkes schwer vermieden werden können. Überdies nimmt man an ihnen da und dort einen Seitenhöcker wahr (in der Figur s%), der nach meinen Beobachtungen selten weiterwächst. Bei knollenbildenden Nephrolepispflanzen entwickeln sich derartige Seiten- höcker zu den bekannten, bis zur Größe eines Taubeneies heran- wachsenden Knollen, die übrigens auch an Luftstolonen angelegt werden können), 1) Über die Bedeutung dieser Knollen finden sich in der Literatur zwei An- sichten. Goebel (Pflanzenbiologische Schilderungen I), schreibt auf Grund seiner Experimente mit Nephrolepispflanzen und seiner Untersuchung des Wassergehaltes L; 455 Das Spitzenwachstum der senkrecht nach abwärts strebenden Stolonen wird, wenn die Ausläufer die aus Figur 5 ersichtliche Länge erreicht haben, neuerlich ein träges, ja es kann mitunter kaum mehr ein Wachstum fest- gestellt werden. Von dieser Tatsache kann man sich leicht überzeugen, wenn man die Vegetationsspitze eines Bodenstolo im angegebenen Enntwicklungs- stadium mit der Vegetationsspitze eines sich am Boden dahinschlängelnden Ausläufers vergleicht. Diese ist schlank, meist nach der einen oder anderen Seite gekrümmt, ihre Scheitelzelle weist stets eben gebildete Segmente auf, die angelegten Wurzeln zeigen noch in einer Entfernung von 1, em und darüber keine vollständige Differenzierung in den Geweben; jene hingegen hat ein breites Ende, ihre Scheitelzelle erhebt sich oft kaum merklich über das Niveau der sie umgebenden Zellen, die Gewebe- differenzierung ist schon in den jüngsten Segmenten sehr weit vorge- schritten, und in einer Entfernung von nicht ganz 1 mm vom Scheitel kann man Wurzeln von 1,5—2 em Länge mit vollendeter Gewebe- differenzierung antreffen. Zur Veranschaulichung des Gesagten mögen die Figuren 9, 10 und 6 auf Tafel III und Figur 5 auf Tafel IV dienen. Figur 9, Tafel II stellt die schlanke, schwach nach aufwärts gekrümmte der Knollen, 8. 204: „Die Knollen werden also der Hauptsache nach als Wasser- speicher zu betrachten sein und stellen eine eigentümliche Form derselben dar, wo- mit die Fähigkeit des Farnes, auch an trockenen Standorten zu wachsen, zusammen- hängt.“ Bei Velenovsky (Vergleichende Morphologie der Pflanzen 1.) treffen wir eine andere Ansicht an, denn er sagt 8. 233: „Insbesondere die Knollen von Nephro- lepis tuberosa enthalten reichliche Reservestoffe und dienen wie die Knollen der Phanerogamen zur vegetativen Vermehrung. Wenn sie in ein geeignetes Substrat geraten, so sprossen sie aus der Scheitelknospe in einen neuen beblätterten Stamm.“ Was die Reservestoffe anbelangt, so kann hervorgehoben werden, daß die Zellen der jungen Knolle (Längsdurchmesser derselben bis zu 7 mm) mit Stärkekörnern dicht gefüllt sind. Die ausgewachsenen Knollen enthalten zwar, wie schen Lach- mann (Contrib. A P’hist. nat. de Ja racine des Fougdres, 8. 156) bemerkt hat, nur kleine Stärkekörner in spärlicher Anzahl, doch ist der Zuckergehalt dieser Knollen jedenfalls ein bedeutender. Ich konnte sowohl im Schnitte auf dem Objekt- träger als auch im wässrigen Auszuge gepreßter Knollen reichlich kupferreduzierende Substanzen feststellen. Es ist wohl anzunehmen, daß die Knollen je nach den Ver- hältnissen des Standortes und den übrigen Lebensbedingungen der Pflanze bald mehr als Wasserspeicher, bald mehr der vegetativen Vermehrung dienen werden. Daß der Gehalt an Zucker für die Anziehung und das Festhalten von Wasser im. vorliegenden Falle von großer Bedeutung ist, darf als in hohem Maße wahrschein- lich angenommen werden. Vergl. in dieser Beziehung A. Wagner: Über einen Fall besonderer Lebensenergie bei Foureroya gigantea Vent. Berichte des naturw.- medizin. Vereins in Innsbruck 1902—03, 5. 6 u. 17 des Separatabdr. Über Regenerationsversuche mit Nephrolepisknollen wird Prof, Heinricher demnächst eine Mitteilung publizieren. 454 reichere Anlage von Seitenzweigen. Diese Seitenzweige, in Vier-, Fünf- oder Sechszahl dieht nebeneinander angelegt, zeigen zunächst ein un- gemein träges Wachstum; selbst von den erst nach ihnen angelegten ersten Blättern werden sie im Längenwachstum überflügelt, so daß ihre Anwesenheit gewöhnlich erst bemerkbar wird, wenn die Spreuschuppen, welche die Vegetationsspitze des Ausläufers oder von jetzt ab eigentlich die Vegetationsspitze der jungen Pflanze dicht umhüllen, durch Prä- paration entfernt sind. Auf Tafel III zeigt Figur 2 die von den paleae bedeckte junge Pflanze, welche an der Spitze eines kurzen Seitenstolo mit ihrer Entwicklung begonnen hat. Nur zwei aus dem Spreuschuppen- pelze herauslugende Seitenhöcker sind bemerkbar. Deutlicher zeigt die daneben befindliche Figur 3, welche eine junge Pflanze nach Abtragung der paleae darstellt, die vor der Blattbildung angelegten Seitenzweige. Es lassen sich unschwer an der Figur sechs dicht nebeneinander liegende Seitenhöcker (s/,—sZ,) wahrnehmen, der weiter entfernt gelegene, zuerst angelegte Seitenzweig (s/,) nicht mitgerechnet. Diese vor dem ersten Wedel am Vegetationspunkte angelegten Seitenhöcker setzen gewöhnlich erst dann mit einem intensiveren Wachstume ein, wenn das erste Blatt so weit vorgeschritten, daß die ältesten Fiederblättehen vollständig ent- faltet sind. Die Stolonen sind nun offenbar positiv geotropisch, denn sie wachsen alle, wenn nicht Hindernisse in den Weg treten, senkrecht nach abwärts, wie dies auf Tafel III in Figur 4 schön er- sichtlich ist. Erst der Stolo sZ,, der nach den zwei ersten Blättern am Vegetationspunkte angelegt worden ist, zeigt eine andere Beein- flussung von seiten der Schwerkraft; er nimmt den Anlauf, horizontal weiterzuwachsen und wird im späteren Verlaufe zu einem langen, am Boden hinkriechenden Ausläufer. Wie sich die zuerst angelegten, positiv geotropischen Stolonen weiter entwickeln, zeigt Figur 5. Es sind an ihrer ganzen Peripherie zahlreiche Wurzeln hervorgewachsen, die auf dem Bilde nicht alle erscheinen, da beim Ausstechen der Pflanze Be- schädigungen des Wurzelwerkes schwer vermieden werden können. Überdies nimmt man an ihnen da und dort einen Seitenhöcker wahr (in der Figur s%), der nach meinen Beobachtungen selten weiterwächst. Bei knollenbildenden Nephrolepispflanzen entwickeln sich derartige Seiten- höcker zu den bekannten, bis zur Größe eines Taubeneies heran- wachsenden Knollen, die übrigens auch an Luftstolonen angelegt werden können), 1) Über die Bedeutung dieser Knollen finden sich in der Literatur zwei An- sichten. Goebel (Pflanzenbiologische Schilderungen I), schreibt auf Grund seiner Experimente mit Nephrolepispflanzen und seiner Untersuchung des Wassergehaltes ” 455 Das Spitzenwachstum der senkrecht nach abwärts strebenden Stolonen wird, wenn die Ausläufer die aus Figur 5 ersichtliche Länge erreicht haben, neuerlich ein träges, ja es kann mitunter kaum mehr ein Wachstum fest- gestellt werden. Von dieser Tatsache kann man sich leicht überzeugen, wenn man die Vegetationsspitze eines Bodenstolo im angegebenen Entwicklungs- stadium mit der Vegetationsspitze eines sich am Boden dahinschlängelnden Ausläufers vergleicht. Diese ist schlank, meist nach der einen oder anderen Seite gekrümmt, ihre Scheitelzelle weist stets eben gebildete Segmente auf, die angelegten Wurzeln zeigen noch in einer Entfernung von Y/, em und darüber keine vollständige Differenzierung in den Geweben; jene hingegen hat ein breites Ende, ihre Scheitelzelle erhebt sich oft kaum merklich über das Niveau der sie umgebenden Zellen, die Gewebe- differenzierung ist schon in den jüngsten Segmenten sehr weit vorge- sehritten, und in einer Entfernung von nicht ganz 1 mm vom Scheitel kann man Wurzeln von 1,5—2 em Länge mit vollendeter Gewebe- differenzierung antreffen. Zur Veranschaulichung des Gesagten mögen die Figuren 9, 10 und 6 auf Tafel III und Figur 5 auf Tafel IV dienen. Figur 9, Tafel II stellt die schlanke, schwach nach aufwärts gekrümmte der Knollen, 8. 204: „Die Knollen werden also der Hauptsache nach als Wasser- speicher zu betrachten sein und stellen eine eigentümliche Form derselben dar, wo- mit die Fähigkeit des Farnes, aueh an trockenen Standorten zu wachsen, zusammen- hängt.“ Bei Velenovsky (Vergleichende Morphologie der Pflanzen I.) treffen wir eine andere Ansicht an, denn er sagt $. 233: „Insbesondere die Knollen von Nephro- lepis tuberosa enthalten reichliche Reservestoffe und dienen wie die Knollen der Phanerogamen zur vegetativen Vermehrung. Wenn sie in ein geeignetes Substrat geraten, so sprossen sie aus der Scheitelknospe in einen neuen beblätterten Stamm.’ Was die Reservestoffe anbelangt, so kann hervorgehoben werden, daß die Zellen der jungen Knolle (Längsdurehmesser derselben bis zu 7 mm) mit Stärkekörnern dicht gefüllt sind. Die ausgewachsenen Knollen enthalten zwar, wie schon Lach- mann (Contrib. A Phist. nat. de Ia racine des Fougeres, 8. 156) bemerkt hat, nur kleine Stärkekörner in spärlicher Anzahl, doch ist der Zuckergehalt dieser Knollen jedenfalls ein bedeutender. Ich konnte sowohl im Schnitte auf dem Objekt- träger als auch im wässrigen Auszuge gepreßter Knollen reichlich kupferreduzierende Substanzen feststellen. Es ist wohl anzunehmen, daß die Knollen je nach den Ver- hältnissen des Standortes und den übrigen Lebensbedingungen der Pflanze bald mehr als Wasserspeicher, bald mehr der vegefativen Vermehrung dienen werden. Daß der Gehalt an Zucker für die Anziehung und das Festhalten von Wasser im vorliegenden Falle von großer Bedeutung ist, darf als in hohem Maße wahrschein- lich angenommen werden. Vergl. in dieser Beziehung A. Wagner: Über einen Fall besonderer Lebensenergie bei Foureroya gigantea Vent. Berichte des naturw.- medizin. Vereins in Innsbruck 1902—03, 8. 6 u. 17 des Separatabdr. Über Regenerationsversuche mit Nephrolepisknollen wird Prof. Heinricher demnächst eine Mitteilung publizieren. 456 Spitze eines Luftstolo, Figur 10 die breite Spitze eines Bodenstolo dar, in Figur 6 erblickt man ganz nahe am Vegetationspunkte (2) des Boden- stolo kräftig entwickelte, die Stolospitze weit überragende Wurzeln, und Figur 5 auf Tafel IV soll den Zustand des Vegetationspunktes eines am Ende des kräftigen Wachstunis angelangten Bodenstolo stärker ver- größert illustrieren. Unter Umständen hört aber das beschleunigtere Wachstum der Bodenstolonen nach Erreichung der in Figur 5, Tafel III abgebildeten Länge nicht auf; es wächst vielmehr das Organ weiter, von jetzt ab jedoch nicht mehr streng in der Richtung der Schwerkraft. Scheinbar ohne Gesetz krümmt es sich dahin und dorthin, ja bisweilen schräg nach aufwärts und gelangt mitunter bei fortgesetztem Wachstum neuer- dings 'an die Erdoberfläche, um sich dann als Luftstolo mehr minder wagrecht weiterzuschlängeln und Tochterpflanzen zu erzeugen, wie schon Lachmann hervorgehoben hat. Es ist wohl schwer festzustellen, unter welchen Umständen im einzelnen Falle eine derartige Umstimmung des ursprünglich positiv geotropischen Organs erfolgt, es gelang mir indes, durch ein Experiment leicht diese Umstimmung hervorzurufen. Ein kräftig entwickelter, weit ausgreifender Ausläufer, dessen Seiten- zweige sich vielfach zu Tochterpflanzen entwickelt hatten, wurde knapp neben der Abzweigung eines Seitenstolo, der zu einer beblätterten Achse umgewandelt war, dekapitiert. Es währte nicht lange, und die ursprünglich positiv geotropischen, vor den ersten Blättern angelegten Stolonen der neben der Dekapitationsstelle befindlichen Tochterpflanze verließen ihre eingeschlagene, der Schwerkraftsrichtung parallele Richtung, um sich immer mehr und mehr der Horizontallage zu nähern und endlich in dieser weiterzuwachsen. Gleichzeitig wurden die nach den ersten Wedeln angelegten Ausläufer dieser Pflanze zu intensivem Wachstume angeregt, während dieselben unter gewöhnlichen Umständen erst dann mit größerer Beschleunigung zu wachsen beginnen, wenn die Pflanze genügend gekräftigt ist, drei bis vier Wedel entfaltet hat, und das Wurzelwerk für reichlichere Wasserzufuhr und Nahrung aus dem Boden sorgt. Figur 1 auf Tafel III stellt einen der zu dem beschriebenen Experimente verwendeten Ausläufer dar. d ist die Dekapitationsstelle. Die Stolonen der Tochterpflanze 5/, konnten leider nicht in ihrer natür- lichen Lage photographiert werden‘); sie erscheinen im Bilde teilweise j l) Zu diesem Zwecke wäre eine größere Anzahl von Klemmen nötig gewesen, was die Klarheit und Gefälligkeit des Bildes stark beeinträchtigt hätte. 457 vertikal nach abwärts gerichtet, was nicht zutrifit. Sehr gut hingegen sind einige geotropische Krümmungen des ältesten Wedels (w) be- merkbar, der durch die Wachstumsbewegungen der Stolonen immer wieder aus seiner Ruhelage gebracht wurde, da der lockere Boden, in welehem die Kultur erfolgte, die ausgewachsenen Teile der Pflanze nicht festhalten konnte. In Figur 7, Tafel III ist diese.Pflanze in natür- licher Größe wiedergegeben (d die Dekapitationsstelle). Man beobachtet deutlich die nunmehr weit ausgreifenden, ursprünglich jedoch positiv geotropischen Stolonen (s4—.s4) und überdies das kräftige Hervor- wachsen der nach den ersten Blättern angelegten Ausläufer (s,—s4). Durch dieses Experiment ist jedenfalls ein Umstand, der die Änderung in der Wachstumsrichtung der Bodenstolonen mit sich bringt, festgestellt. Wir sehen, daß die Pflanze, wenn einer ihrer kräftigen Ausläufer der Vegetationsspitze beraubt wird — ein Fall, der auch in der Natur sehr häufig eintreten kann —, für ihre weitere vegetative Vermehrung und Ausbreitung dadurch Sorge trägt, daß ursprünglich der Befestigung und Nahrungsaufnahme dienende Organe einer Tochter- pflanze, die Bodenstolonen derselben, gleichsam von dieser Funktion enthoben und in den Dienst der Mutterpflanze gestellt werden. Durch ein zweites Experiment trachtete ich, die an der Grenze des kräftigen Wachstums angelangten Bodenstolonen zu erneuter Be- schleunigung anzuregen. Ein starker, mehrere Tochterpflanzen mit positiv geotropischen Bodenstolonen tragender Ausläufer wurde, nachdem die einzelnen Tochterpflanzen mit größtmöglicher Vorsicht aus dem Boden gehoben und hiebei genau darauf gesehen worden war, daß alle Vege- tationsspitzen der Stolonen und eine Anzahl von Wurzeln unverletzt blieben, um 90° um seine Längsachse gedreht, und hiedurch die Boden- stolonen und die weiter entwickelten Wedel einiger Tochterpfanzen in eine horizontale Lage gebracht. Die Stolonen und Wurzeln wurden hierauf mit lockerem Mulme reichlich bedeckt. Daß diese Torsion dem horizontalen Ausläufer der Mutterpflanze in Anbetracht seiner großen Länge nicht schaden konnte, 'war vorauszusehen, und in der Tat arbeitete die Spitze desselben wie vor der Drehung munter fort. Die Wedel der Tochterpflanzen reagierten sehr bald; sie hatten sich fast alle schon während der nächsten Tage aufwärts gekrümmt, an den Stolonen hin- gegen war selbst nach einer Woche keinerlei Wachstum hemerkbar. Nach zwei Wochen zeigten die Stolonen ein bedenkliches Aussehen, und nach Verlauf einer weiteren Woche konnte die fertige Desorganisation der Organe konstatiert werden. Während der ganzen Versuchsdauer wuchsen die Wedel der Tochterpflanzen und die nach den ersten Blättern Flora 1906. 30 458 angelegten Stolonen (diese meist senkrecht nach abwärts) unbeein- trächtigt weiter. Im späteren Verlaufe wurden freilich die Tochter- pflanzen, die für ihre weitere Entwicklung zum größten Teile auf die Zufuhr von Wasser und Nährstoffen aus der Mutterpflanze angewiesen waren, von gleichalterigen und jüngeren Pflanzen mit unversehrten Bodenstolonen überholt. Das Resultat dieses Experimentes war also ein negatives. Aber gerade als solches ist es von Wert, denn wir sehen, daß die Bodenstolonen nach Ausbildung eines kräftigen Wurzelwerkes. sich nicht allgemein wenigstens zu weiterem Wachstume zwingen lassen, daß demnach für die ursprünglich positiv geotropischen Bodenstolonen die Herstellung einer reichen Bewurzelung Hauptaufgabe ist, eine Auf- gabe, welche nach Erreichung einer bestimmten Länge des Organs als vollkommen gelöst. betrachtet werden kann. Daß Bodenstolonen nach Vollendung dieser Aufgabe unter Umständen sich zu weiterer Arbeit anschicken, ist schon oben des Näheren erörtert worden. Aus dem bisher Mitgeteilten ergibt sich, daß bei der auf dem Erdboden zur Entwicklung gelangenden Tochterpflanze von Nephrolepis ‘ die Bildung von 4—6 dicht nebeneinander angelegten Stolonen der Blattbildung vorangeht, und daß diese Stolonen (mitunter auch einzelne nach dem ersten Wedel angelegte Ausläufer) im weiteren Verlaufe der Entwicklung zunächst streng positiv geotropisch in den Erdboden wachsen, um hier zahlreiche Wurzeln zu erzeugen. Erst nachdem die Tochter- pflanze durch die Tätigkeit der Bodenstolonen genügend im Erdreiche verankert, und dieses zur Nahrungsquelle für die Pflanze gemacht, damit aber auch die völlige Unabhängigkeit der Tochter- von der Mutterpflanze hergestellt wurde, beginnen jüngere zwischen den Wedeln der Pflanze angelegte Stolonen mit einem beschleunigteren Wachstume und zwar meist in horizontaler Richtung (Luftstolonen). Leider war es mir bis heute nicht möglich, die Bildung und das Wachstum der Stolonen an einer aus dem Prothallium sich entwickelnden Pflanze zu verfolgen, doch scheint es mir nach allem sehr wahrscheinlich, daß auch die Keimpflanze von Nephrolepis, sofern sie auf dem Erdboden zur Entwicklung gelangt, zunächst neben den Blättern und Wurzeln positiv geotropische Bodenstolonen erzeugt, um erst durch diese genügend erstarkt mit den bekannten mehr oder weniger horizontal wachsenden Ausläufern auf Eroberung eines größeren Verbreitungsbezirkes auszu- gehen‘). Ich habe zurzeit eine große Zahl schöner Prothallien aus j 1) Über die Bildung von Stolonen an der aus dem Prothallium sich ent- wickelnden Keimpflanze finde ich nur bei Velenovsky eine Bemerkung. Der genannte Forscher schreibt (Vergleichende Morphologie der Pflanzen, I, pag. 234): 459 den Sporen der Versuchspflanze gezogen und hoffe, daß mir diese Kultur die weitere Verfolgung der in Frage kommenden Verhältnisse gestatten wird. Das bisher Beobachtete zeigt jedoch schon zur Genüge, daß vege- tative Vermehrung oder das „Tragen von Achsen“ nicht die alleinige Aufgabe der blattlosen Ausläufer von Nephrolepis ist, daß dieselben vielmehr bei Bodenpflanzen zunächst für die Bewurzelung und Verankerung des jugendlichen Individuums zu sorgen haben. Wollte man mit Velenovsky die Ansicht teilen, daß die blattlosen Ausläufer von Nephrolepis als Organe sui generis zu betrachten sind, dann wäre . für diese, die Bewurzelung besorgenden Stolonen’ jedenfalls statt des nicht zutreffenden Namens „Achsenträger“ die Bezeichnung „Wurzel- träger“ einzuführen. Zum Schlusse dieses Abschnittes möchte ich noch zwei Tatsachen kurz erwähnen: 1. Auch die Seitenzweige eines horizontal wachsenden Luftstolo der Mutterachse können direkt in den Erdboden hineinwachsen und reichlich Wurzeln erzeugen; dadurch wird wahrscheinlich der Pflanze die Möglichkeit geboten, eine an Nährstoffen oder Wasser reichere Stelle des Bodens im Interesse des ganzen Stockes gründlich auszu- nützen, ohne erst an dieser Stelle eine Tochterpflanze zu entwickeln, was ja immer zunächst einen größeren Materialverbrauch für die Mutter- pflanze bedeuten würde. Derartige direkt vom Ausläufer der Mutter- pflanze aus in den Boden gewachsene Stolonen sind sZ und sy in Figur 1, Tafel III. 2. Der Umstand, daß die Hauptbewurzelung der Pflanze durch die wurzelbildende Tätigkeit der Bodenstolonen erfolgt, hindert die blattbildende Achse nicht, überdies auch noch selbst Wurzeln zu treiben, wie das Figur 5 auf Tafel III (w«) deutlich zeigt. Wurzelbildung und Verzweigung der Ausläufer. Da die Farnwurzeln zumeist in allernächster Nähe des Achsen- vegetationspunktes angelegt werden, und infolgedessen sehr häufig ein Durchwachsen schon gebildeter Gewebe von seiten der jungen Wurzel, „Die junge Keimpflanze von N. tuberosa besitzt ein normales, ziemlich dicht mit Blättern bedecktes Rhizom, aus welchem erst im -fortgeschrittenen Alter die dünnen blattlosen Ausläufer sprossen.“ Ich halte es nun sehr für möglich, daß dem Hervorsprossen der genannten dünnen blattlosen Ausläufer auch bei der Keimpflanze die Bildung von Boden- stolonen vorausgeht, die vielleicht bisher übersehen worden sind. 304 460 wie solches bei den Phanerogamen gewöhnlich ist, nicht notwendig wird, war bei oberflächlicher Betrachtung die Meinung möglich, daß die Wurzeln bei den Farnen in vielen Fällen exogene Bildungen seien). Es ist das Verdienst Lachmanns?), auf Grund der Untersuchung von Achsenspitzen verschiedener Farne nachgewiesen zu haben, daß die Wurzelmutterzelle am Vegetationspunkte in jener Meristemschichte zur Ausbildung gelangt, aus welcher sich in der Folge der Perizykl und die Endodermis differenzieren, daß mithin die Wurzel bei den unter- suchten Farnen den gleichen Ursprung nimmt wie bei den Samen- pflanzen. Unter den von Lachmann untersuchten Objekten finden wir auch die Spitzen der Stolonen von Nephrolepis. In der Tat können wir besonders an der Spitze der im früheren Absehnitte näher be- sprochenen Bodenstolonen während der Zeit des intensivsten Wachstums derselben stets eine große Zahl von Wurzelanlagen nah beisammen in den verschiedensten Stadien der Entwicklung antreffen. Auch die Luftstolonen treiben Wurzeln, doch ihrer Aufgabe gemäß nur in ge- ringer Zahl. Naeh Lachmann werden die von der Scheitelzelle der Nephro- lepisstolonen abgeschnittenen Segmente durch tangentale Teilungswände in drei Arten von Initialen zerlegt. Aus den zu äußerst gelegenen Initialen entstehen in der Folge Fipidermis und Rinde, aus den in der Mitte gelegenen Initialen Perizykl und Endodermis, aus den innersten die verschiedenen Gewebselemente des zentralen Gefäßbündels. Die Wurzelmutterzelle bildet sich sehr bald aus einer der mittleren Initial- zellen und ist als solche durch die erste Haubenkalotte leicht erkenntlich. Während sich nun an Stellen, wo keine Wurzel angelegt ist, die äußersten Initialzellen durch weitere tangentale Teilungen allmählich zu Epidermis und Rinde differenzieren, bleiben diese äußersten Initialen in der Nähe der Wurzelanlage einschichtig und bedecken in der Folge eine Zeit lang die hervorwachsende junge Wurzel vollständig. Ich habe die von Lachmann beschriebenen Verhältnisse nachuntersucht und bis auf die Bildung der Wurzelhaube bestätigt gefunden. Die Vegetationsspitze der Nephrolepisausläufer erinnert infolge der in den Segmenten vor den Periklinen erscheinenden Antiklinen 1) Wirklich exogenen Ursprungs sind nach Kay (Die Entwieklung der Par- keriaceen, dargestellt an Ceratopteris thalietroides; Nova acta Acad. Leop., Bd. XXXVID die Wurzeln von Ceratopteris; vergl. diesbezüglich auch Velenovsky, Vergleichende Morphologie der Pflanzen, I, pag. 181. 2) Lachmann, Sur Vorigine des racines lat6rales dans les Fougäres (Compt. rend, des söanc. de Vacad. d. sciene,, Paris 1887, Tome CV, pag. 135 ff.). 461 sehr an die Vegetationsspitze der Equisetumachse. Verfolgen wir nun die unter dem Vegetationspunkte auftretenden tangentalen Teilungen an der Hand der Figur 3 auf Tafel IV. Die Periklinen 5, und 2,, wovon die letztere zeitlich nach der ersten entsteht, teilen die durch Antiklinen gebildeten Segmentteile zunächst in zwei Arten von Initialen: nach innen Initialen für die Gewebe des zentralen Gefäßbündels (2), nach außen Zellen (e-H?), welche durch die später auftretende Perikline Z, neuerdings in zwei Arten von Initialen zerlegt werden. Aus den nach innen gelegenen Produkten dieser neuerlichen Zerlegung (e) entstehen in der Folge die Bündelscheide und die Endodermis, aus den nach außen gelegenen Teilungsprodukten (7) die Rinde und Epidermis. Die in einzelnen gelungenen Präparaten nicht unschwer verfolgbaren, aus der Initiale e stammenden Zellen sind in der Figur der größeren Deutlichkeit wegen durch Schattierung hervorgehoben. In der Tat liegt die Wurzelmutter- zelle (w) stets im Bereiche dieser Zellen. Während aber Lachmann, wie oben erwähnt, angibt, daß sich die Rindeninitialen in der Nähe der Wurzelanlage nicht tangental weiter teilen, sondern einschichtig bleiben, geht aus der Figur deutlich hervor, daß auch > durch eine weitere Perikline (2,) geteilt wurde, und daß die ersten Kalotten der Wurzelhaube (X) durch Zellwände, die m Rindeninitialen auftreten, gebildet sind. Damit ist aber eine weitere Übereinstimmung der Farn- wurzelanlage mit den Verhältnissen, die wir bei den Phanerogamen antreffen, gefunden; denn auch bei diesen entstehen die ersten Kalotten der Wurzelhaube zumeist durch Teilungen in den zu innerst gelegenen Sehichten des Rindengewebes. Zwei weitere Stadien der Wurzelentwicklung finden sich in Fig. 4 der Tafel IV dargestellt. Die durch die Tätigkeit der Wurzelscheitel- zelle entstehenden Zellen sind äußerst schwer von den in steter Teilung begriffenen Rindenzellen des wurzelbildenden Ausläufers abzugrenzen, im weiteren Verlaufe der Entwicklung wird eine Abgrenzung ganz un- möglich, und schon in einer Entfernung von 1—2 mm von der Spitze ist die Anwesenheit einer Seitenwurzel innerhalb (des Rindengewebes des Stolo eigentlich nur an dem Gefäßbündel erkenntlich (vergl. die Figuren 9 und 10 auf Tafel III). Infolge ungleicher Streekung der zentralen und peripheren Gewebe des Ausläufers nimmt das Wurzel- gefäßbündel durch die Rinde des Stolo hindurch späterhin einen mehr oder weniger schiefen Verlauf (Figur 9, Tafel III); mitunter konnte ich in älteren Partien der Ausläufer den Wurzelstrang in einer Länge 462 von beiläufig '/, cm nach Art eines Blattspurstranges nahezu parallel mit dem Zentralzylinder der Achse verlaufend beobachten. Über die Verzweigung der blattlosen Ausläufer lesen wir bei Velenovskyt): „Die Rhizome®) von Nephrolepis verzweigen sich reichlich, aber in dieser Verzweigung kann man kein System entdecken, weder was den Ort, noch auch was die Zeit anbelangt. Die Seiten- zweige entstehen exogen, wo und wann immer, häufig nebeneinander, manchmal wieder ganz neue und junge Zweige an dem alten Rhizom- teil unter alten, schon entwickelten Zweigen. Es hat.den Anschein, daß jedes Bruchstück die Fähigkeit besitzt, zu einem Seitenzweige auf- zuwachsen, welcher sich eventuell in eine beblätterte Achse zu ver- wandeln vermag, und daß auf diese vegetative Weise die Vermehrung am Standorte hauptsächlich erfolgt“. Diese Angabe könnte, obwohl sie den Tatsachen in vielen Punkten entspricht, dennoch leicht eine falsche Vorstellung über die Anlage der Seitenzweige bei Nephrolepis wecken. Wenn Velenovsky schreibt, die Beitenzweige entstünden wo und wann immer, junge, ganz neue Seiten- zweige sproßten unter alten, schon entwickelten Zweigen hervor, jedes Bruchstück des Ausläufers oder der Achse besäße die Fähigkeit zur Seitenverzweigung, so wird man wohl sofort auf den Gedanken gelenkt, daß diese Seitenorgane adventive Bildungen der Achse sein müssen. Dem ist aber nicht so. Alle Seitenzweige entstehen wie die Wurzeln am Vegetationspunkte und zwar in der von Lachmann?) angegebenen Weise: Eine Zelle der äußersten Initialschichte (7 in Fig. 3, Taf. IV) wird zunächst größer als die umgebenden Zellen und erhält durch stär- keres Flächenwachstum und Hervorwölbung der Außenmembran die Gestalt eines mit der kleineren Basis nach innen schauenden Pyramiden- stutzes. Durch entsprechend schiefe Zellwände bildet sich sehr bald aus dieser Zelle die dreiseitige Scheitelzelle des Seitenzweiges. Diese Scheitelzelle setzt aber nur in den seltensten Fällen gleich nach ihrer Bildung mit einer lebhaften Tätigkeit ein. Geschieht dies, dann kann man sehr bald an der Spitze des Ausläufers eine kleine Gabel beobachten, wie Figur 1 auf Tafel IV zeigt. Die beiden Vegetationspunkte können von jetzt ab gleichmäßig fortarbeiten. und die Folge davon ist die dicho- tome Verzweigung der Nephrolepisausläufer, die schon Lachmann‘) 1) Vergleichende Morphologie der Pflanzen, I, pag. 233. 2) Diesen Ausdruck benützt Velenovsky oft auch für die blattlosen Ausläufer. 3) Conteibution A P’hist. natur. de la racine des Fougdres, pag. 155. 4) A. a. O. pag. 150. 463 erwähnt, und die auf beiden Zeichnungen Velenovskys!) zu beobachten ist. Die meisten am Vegetationspunkte seitlich auftretenden Scheitel- zellen teilen jedoch das eben erwähnte Schicksal nicht. Ihre Tätigkeit beschränkt sich zunächst bloß auf die Herstellung von einigen wenigen Segmenten, um die Scheitelzelle im Niveau der Ausläuferperipherie zu erhalten. Die innere Ausgestaltung der gebildeten Segmente hält indes mit der Gewebedifferenzierung in der Hauptachse gleichen Schritt. Das kurze Gefäßbündel des Seitenorgans ist stets ebensoweit differenziert wie der Zentralzylinder der Mutterachse an der Stelle der betreffenden Abzweigung. Erst in der Folge richtet sich dann die Entwicklung der angelegten Seitenzweige nach dem jeweiligen Bedürfnisse der Pflanze. Einzelne wachsen, wie wir im vorhergehenden Abschnitte gesehen, in den Boden, um Wurzeln zu bilden, andere sistieren ihr Längenwachstum sehr bald, so daß sie wie kleine Höcker oder Organstummel an der Peripherie der Ausläufer bemerkbar werden, wieder andere können zu den bekannten Knollen werden, andere endlich beginnen bald früher bald später mit der Blattbildung und werden demnach zu Tochter- pflanzen. Doch selbst in ganz alten Stücken von Stolonen findet man noch vollkommen ruhende Seitenknospen. Bei Untersuchung derartiger Stücke mit freiem Auge oder besser mit einer Lupe gewahrt man kleine mit Spreuschuppen dichter bewachsene Punkte, Ein Schnitt, in der Region eines solchen Punktes der Längsachse nach durch das Objekt geführt, zeigt bei mikroskopischer Betrachtung das in Figur 2, Tafel IV skizzierte Bild. Wir sehen im Grunde eines von Spreuschuppen dicht umgebenen und geschützten Grübchens die ruhende Seitenknospe (sv). Das Gewebe in der Umgebung des Knospenstranges ist mit Stärke- körnern dicht gefüllt, so daß bei Beginn der Wachstumstätigkeit einer solchen Knospe genügend Baumaterial für die erste Entwicklung vor- handen ist. In der Tat hat demnach so manches alte Stück eines Stolo die Fähigkeit, Seitenzweige zu bilden, aber nur dann, wenn sich an diesem Stücke schlafende Knospen befinden, die schon am Vegetations- punkte seinerzeit angelegt worden waren ?). Ebenso finden sich, nachdem die Ausläuferspitze begonnen hat, Blätter zu erzeugen, der Ausläufer mithin zu der normalen Hauptachse 1) Poznämky ku morfologli rhizomti kapradin, T. V, Fig. 7; Vergleichende Morphologie, pag. 232. . 2) Das Vorhandensein derartiger Knospen an der Achse von Farnpflanzen ist bekannt. Schon L. Klein (Vergleichende Untersuchungen über Organbildung nd Wachstum am Vegetationspunkt dorsiventraler Farne. Botan. Ztg. 1884, 42, Jahrg, pag. 583) stellt „mikroskopische Seitensprosse“ am Rhizome von Polypodiumarten fest. 464 eines neuen Individuums geworden ist, am Rhizome zwischen den Blättern derartige schon am Vegetationspunkte angelegte ruhende Knos- pen. Diese treiben erst dann aus, wenn die neu angelegte Tochterpflanze genügend erstarkt ist. Auf welche Weise ein beschleunigteres Hervor- sprossen dieser Seitenanlagen angeregt werden kann, wurde im früheren Abschnitte auf Pag. 456 mitgeteilt. Figur 8 auf Tafel III ist ein Längs- schnitt durch eine junge, an der Spitze eines Ausläufers angelegte Toehter- pflanze. Wir sehen, wie der nahezu gleichzeitig mit dem ersten Wedel (zı,)*) angelegte, diesem Wedel gerade gegenüberliegende Seitenstolo (sZ) noch nicht über das Niveau der Mutterachse hervorragt, also äußerlich kaum bemerkbar sein kann. Die anatomischen Verhältnisse der Ausläufer von Nephrolepis sind ebenfalls schon von Lachmann?) besprochen worden; nur einige Ergänzungen hiezu mögen folgen. Nach Lachmann unterscheiden sich die Luftstolonen von den in den Boden eindringenden Ausläufern durch die Ausbildung des zentral gelegenen, 3-8 Protoxylemgruppen aufweisenden, gewöhnlich von einer zwej- bis dreischichtigen Parenchymscheide und einer äußerst schmal- zelligen Endodermis umgebenen Gefäßbündels. In dem Gefäßbündel der Luftstolonen sei, sagt Lachmann), weder Leptom noch Hadrom so reich entwickelt wie im Bündel der Bodenstolonen; insbesondere fehlen im Xylem der Luftstolonen die großlumigen zentralen Tracheiden, das „Metaxylem“. Der Autor erklärt die reichere Ausbildung der leitenden Elemente in den Bodenstolonen durch die kräftigere Inanspruchnahme derselben für die Stoffleitung. Auf Grund meiner Untersuchungen kann ich jedoch mitteilen, daß dieser Unterschied in der Ausbildung des Ge- fäßbündels der Luft- und Bodenstolonen nicht besteht. Die Abbildung, welche Lachmann) von dem Bündelguerschnitte eines Luftstolo gibt, entspricht nicht dem Zustande der vollendeten Differenzierung; hätte Lachmann den Querschnitt durch ein älteres Ausläuferstück geführt, so hätte er daselbst die weitlumigen, zentral gelegenen Tracheiden des Metaxylems geradeso entwickelt gefunden wie im Querschnitte durch den Bodenstolo. Die Gewebedifferenzierung erreicht eben bei den oft außerordentlich rasch weiterwachsenden horizontalen Ausläufern viel später ihre Vollendung als bei den stets viel langsamer wachsenden 1) Zur leichteren Schnittführung wurde der Wedel zuvor abgetragen. 2) Contrib. & P’hist. natur. de la raeine des Fougeres, pag. 152 ff. 3) A. a. O. pag. 154 u. 155. 4) A.a. 0. pag. 154, Fig. 21. 465 Bodenstolonen, so daß in gleicher Entfernung vom Vegetationspunkte niemals bei diesen und jenen ein gleiches Stadium im Prozesse der inneren Ausgestaltung angetroffen werden kann. Das zentrale Gefäßbündel wird von einer aus bis zu 18 Zell- schichten bestehenden Rinde, deren Bau Lachmann?) nur unvollständig bespricht, und einer einschichtigen Epidermis umgeben. Die Zellen der Rinde und Epidermis enthalten in den jungen Partien des Organs reich- lich Chlorophylikörner, zwischen den langgestreckten Zellen führen luft- erfüllte Interzellularräume. In älteren Partien werden die Membranen der Rindenzellen dicker und braun, und in der Folge sterben die Zellen ab. Der grüne Teil eines an der Erdoberfläche wachsenden Ausläufers kann eine Länge von einigen Dezimetern erreichen, der Spitzenteil mit ungebräunter Rinde eines ausgewachsenen Bodenstolo erreicht mitunter kaum 1 cm Länge. Sowohl in der Epidermis des Luftstolo als auch des Bodenstolo werden sehr nah am Vegetationspunkte in großer Zahl Spaltöffnungen ausgebildet. Am Luftstolo bleiben dieselben im Bereiche des ganzen grünen Teiles desselben funktionstüchtig, am Bodenstolo sterben die Schließzellen wie die ganze Rinde bald ab. Die abgestor- benen Spreuschuppen werden von dem durch das Erdreich wachsenden Stolo abgestreift, so daß er sich äußerlich nur durch seinen größeren Querdurchmesser von einer Wurzel unterscheidet. Die eigentümliche, metalldrahtartige Konsistenz, die geißelartige Elastizität?) erhalten die Stolonen durch die Ausbildung eines geschlos- senen subepidermalen Hohlzylinders, welcher aus 6—7 Zellschichten mit verholzten Membranen besteht. In Figur 11 auf Tafel II ist dieser peri- phere Holzring (%) daran erkenntlich, daß in seinem Bereiche nur wenige kleine Zelllumina sichtbar sind, Die Verdiekung und Verholzung der peri- pheren Rindenzellen erfolgt sehr bald. Der Nachweis der Verholzung, die sich auf die Zellwände der Epidermis nicht erstreckt, ist an grünen Aus- läuferteilen leicht auszuführen, obwohl die Membranen hier noch nicht jenen Grad der Verholzung erreicht haben wie in den älteren, braunen Aus- länferteilen. In letzteren können ohne Vorbehandlung der Schnitte in- folge der intensiven Braunfärbung sämtlicher Rindenmembranen die usuellen Holzreaktionen unmöglich ausgeführt werden. Behandelt man Jedoch Schnitte durch gebräunte Organteile einige wenige Minuten mit Javellescher Lauge, bis die braune Farbe vollkommen verschwunden ist, so sind die Holzreaktionen mit Phlorogluein-Salzsäure und mit schwefel- 1) A. a. 0. pag. 132. 2) Organe flagelliforme bei Lachmann {Recherehes sur la morphol. et Vanatom. des Fougdres). 466 saurem Anilin nach gründlicher Waschung der Schnitte im fließenden Wasser leicht zu erhalten‘). Die verschiedene Beschaffenheit der Mem- branen im peripheren Ringe und der Zellwände der zentral gelegenen Rindenzellen, die bei Beobachtung eines frischen Schnittes infolge gleich- mäßiger Braunfärbung nicht bemerkbar wird, tritt überdies auch bei Behandlung frischer Schnitte mit konzentrierter Schwefelsäure klar zu- tage. Nach Walter?) ist der braune in gewissen Farnmembranen ab- gelagerte Stoff?) die Ursache der großen Resistenz dieser gebräunten Membranen gegen Reagentien. Tatsächlich bleibt die braune Stolorinde, in konzentrierter Schwefelsäure unter Deckglas eingeschlossen, beliebig lange vollkommen intakt. Während aber die Wände der zentral gelegenen Rindenzellen auch in Schwefelsäure zunächst braun bleiben, nimmt man in den Membranen des peripheren Ringes genau so wie in den Wan- dungen der Tracheiden sehr bald Anzeichen der Verkohlung wahr; es hebt sich zu diesem Zeitpunkte von den übrigen braunen Rindenzellen der geschwärzte Holzring sehr schön ab. Von der Verholzung und in älteren Teilen eine Zeit lang auch von der Bräunung bleiben die Wände der die Schließzellen und die mitunter ziemlich große Atemhöhle umgebenden Zellen verschont. Es sind demnach diese Stellen kleine Lücken in dem sonst vollkommen geschlossenen Hohlzylinder, durch welche der Gasaustausch unbeein- trächtigt erfolgen kann. Figur 7, Tafel IV stellt einen Teil des in der Region einer Spaltöffnung geführten Querschnittes dar; die eben ge- schilderten Verhältnisse sind leicht erkenntlich. Schon bei Beobachtung mit freiem Auge werden an alten, gebräunten Ausläuferpartien helle, linsenförmige Punkte etwa so wie Lentizellen auf der Rinde unserer Holz- gewächse bemerkbar. Es sind dies die eben besprochenen Stellen, wovon Figur 6 auf Tafel IV eine vergrößerte Darstellung in Aufsicht wiedergibt. Die Entfärbung gebräunter Schnitte durch Behandlung mit Javelle- scher Lauge gestattet überdies noch festzustellen, welche Membranen der Rinde der Verkorkung anheimgefallen sind. Die große Resistenz der gesamten Rinde gegen konzentrierte Schwefelsäure, die, wie wir 1) Nachdem ich die Reaktionen selbständig ausgeführt hatte, fand ich die- selben in einer Arbeit Poiraults (Recherches anatomiques sur les eryptegames vasculaires, Ann. d. sciene. nat. Botanique 1889, VIL ser, T. XVII), auf pag. 127 bereits angegeben. Zur Vorsicht wurden stets Parallelreaktionen mit weichen Holz- schnitzeln, auf welche die Lauge ebensolange eingewirkt hatte, ausgeführt. 2) Über die braunwandigen sklerotischen Gewebeelemente der Farne (Bibl. botanica, Bd. XVII, Kassel 1890). 3) Nach Walter handelt es sich um Phlobaphene, Gerbsäurederivate. jetzt wissen, allerdings durch den braunen Farbstoff verursacht ist, konnte indes in Verbindung mit der Tatsache, daß «die Rindenzellen in der Folge absterben, leicht die Vermutung wecken, daß die gesamte Rinde mit Ausschluß des peripheren Holzkörpers verkorkt. Ich machte daher mit durch Eau de Javelle entfärbten Stolosehnitten und mit Schnitten durch gewöhnlichen Flaschenkork, die ebensolange der Ein- wirkung der Lauge ausgesetzt waren, zwei Parallelreaktionen. Chlor- zinkjod färbte die Membranen des Flaschenkorkes gelb, die Membranen der Stolorinde zeigten hingegen bis auf den Holzring, welcher sich gelb färbte, und auf die außerordentlich verdickten Membranen der zwei innersten Zellschichten, die sich ebenfalls gelb färbten, die bekannte gewöhnliche Zellulosereaktion. In konzentrierter Chrom- säure!) blieben die Flaschenkorkschnitte nach 24stündiger Behandlung vollkommen unversehrt, von den Stoloschnitten war in dieser Zeit alles, bis auf die zwei innersten Zellschichten der Rinde zerstört oder doch wenigstens angegriffen. Demnach scheint es wohl sehr wahr- scheinlich, daß nur die stark verdiekten Membranen der zwei innersten Schichten des Rindengewebes verkorken. Dieser das zentrale Gefäß- bündel umgebende Korkring (%) ist ebenfalls auf Figur 11, Tafel III erkenntlich. Überschauen wir den anatomischen Bau des Ausläufers in seiner Gesamtheit, so können wir seinen grünen Teilen mit ihrer chlorophyli- führenden, aus bis zu 18 konzentrischen Zelischichten aufgebauten Rinde, die von ziemlich weiten, lufterfüllten, mit den Atemhöllen der ver- hältnismäßig zahlreichen Spaltöffnungen kommunizierenden Interzellular- räumen durchzogen ist, eine für das Leben des gesamten Stockes jeden- falls in Rechnung zu ziehende assimilatorische Tätigkeit nieht absprechen. Gleichzeitig wird das Organ durch die Ausbildung des peripheren. ge- schlossenen, aus Zellen mit verholzten Membranen aufgebauten Hohl- zylinders befähigt, jedem lateral wirkenden Drucke standzuhalten, was besonders jenen Ausläufern zugute kommt, die zunächst positiv geotropisch in das Erdreich versenkt werden, um sich dann mitunter nach den verschiedensten Richtungen durch den Boden hindurchzubohren und aufs neue ans Tageslicht zu gelangen. Die dureh Konzentrierung der leitenden Elemente in die Mitte des Organs hergestellte Zugfestigkeit befähigt die Bodenstolonen zu genügend fester Verankerung der Pflanzen 2) Konzentrierte Chromsäure löst nach Zimmermann (Die botan. Mikre- technik, pag. 148) die verkorkten Membranen entweder gar nicht oder erst nach tagelanger Einwirkung, während, abgesehen von der Pilzzellulose, alle anderen Z ellulosemodifikationen von dieser Säure schon nach kurzer Zeit aufgelöst werden. 468 im Erdreiche. Infolge ihrer peitschenartigen Elastizität können die an der Luft wachsenden Organe, durch Verbiegung aus ihrer Lage gebracht, leicht in dieselbe zurückkehren. In den älteren Partien stellt endlich die Gesamtheit der Luft- und Bodenstolonen eines Stockes ein durch den Holzmantel gegen Quetschungen und durch den Korkmantel gegen allzustarken Feuchtigkeitsverlust wohl geschütztes Kanalsystem zur Leitung von Wasser und Baustoffen dar. Wir finden demnach im anatomischen Baue Einrichtungen, die den verschiedenen Anforderungen, welche die Pflanze an diese Organe stellt, in bester Weise entsprechen. Daß bei derartiger Ausgestaltung der Gewebe von adventiven Bildungen an den Ausläufern von Nephrolepis nicht leicht die Rede sein kann, ist einleuchtend, und es wird die rege, organbildende Tätigkeit der Vege- tationsspitze umso verständlicher. Durch den Vergleich der Figuren 11 und 12 auf Tafel III, welche beide den Querschnitt durch ältere, gebräunte Stücke von Ausläufern (Fig. 11 meiner Versuchspflanze, Fig. 12 einer aus Messina bezogenen N. cordifolia entstammend) bei derselben Vergrößernng darstellen, soll ersichtlich gemacht werden, daß der Querdurchmesser dieser Organe ein verschiedener sein kann, was jedoch nicht auf Verschiedenheit in der Anzahl der einzelnen Zellen, sondern auf Verschiedenheit in der Größe der Gewebselemente zurückzuführen ist. Endlich soll nicht un- erwähnt bleiben, daß der Querdurchmesser der älteren Ausläuferstücke mit abgestorbener Rinde stets etwas kleiner ist, als der Durchmesser der jungen grünen Teile mit safterfüllter Rinde. Zusammenfassung. 1. Schiekt sich ein Ausläufer einer auf dem Erdboden wachsenden Pflanze von Nephrolepis an, Blätter zu bilden, mithin zu der normalen Achse einer Tochterpflanze zu werden, so erzeugt der Vegetationspunkt des Ausläufers vor der Anlage des ersten Wedels rasch nacheinander vier bis sechs Seitenstolonen. 2. Die vor dem ersten Wedel angelegten Seitenstolonen wachsen positiv geotropisch in das Erdreich, erzeugen reichlich Wurzeln und sorgen auf diese Weise für die Befestigung der jungen Pflanze und für die Ausnützung der in der Umgebung des neuen Individuums sich aus- breitenden Erdscholle. 3. Erst nachdem die junge Pflanze durch die Tätigkeit der Boden- stolonen genügend gekräftigt ist, wachsen die zwischen den Wedeln an- gelegten Seitenstolonen hervor, um zumeist in horizontaler Richtung als Luftstolonen am Boden fortzukriechen und für die vegetative Vermeh- rung zu sorgen. 469 4. Die Bodenstolonen sistieren nach Erreichung einer bestimmten Länge ihr Wachstum. Unter Umständen erfolgt diese Sistierung nicht, und es kann eine Umstimmung der ursprünglich positiv geotropischen Organe eintreten; scheinbar regellos krümmen sie sich dahin und dort- hin und können endlich ans Tageslicht zurückgelangen, um als hori- zontale Ausläufer weiterzuwachsen. 5. Es gelingt, diese Umstimmung hervorzurufen, wenn der hori- zontale, die Tochterpflanzen tragende Ausläufer dekapitiert wird. Die Bodenstolonen der in der Nähe der Dekapitationsstelle befindlichen Tochterpflanze verlassen in diesem Falle ihre eingeschlagene Richtung und gelangen durch Wachstumskrümmungen immer mehr in eine hori- zontale Lage, in welcher sie als Luftstolonen weiterwachsen. Es werden demnach die zur Befestigung und Ernährung der Tochterpflanze dienen- den Organe in den Dienst des Gesamtstockes gestellt. 6. Will man mit Velenovsky die blattlosen Stolonen von Nephro- lepis als Organe sui generis auffassen, so entspricht für die zuerst an- gelegten, die Bewurzelung der jungen Pflanzen besorgenden, in das Erdreich eindringenden Ausläufer der vom genannten Autor für die Nephrolepisstolonen eingeführte Name „Achsenträger“ nicht; es wären vielmehr unter der angeführten Voraussetzung die Bodenstolonen als „Wurzelträger“ zu bezeichnen. 7. Die Anlage sämtlicher Stolonen, mögen dieselben von der be- blätterten Achse oder vom blattlosen Ausläufer erzeugt werden, erfolgt am Vegetationspunkte. Die wenigsten derselben setzen sofort mit einem intensiven Wachstume ein, es richtet sich vielmehr ihre weitere Entwicklung nach dem jeweiligen Bedürfnisse der Pflanze. Oft wachsen die am Vegetationspunkte angelegten Seitenzweige erst aus ganz alten Teilen der Achse oder eines Ausläufers hervor. 8. Auch die Wurzeln werden sämtlich am Vegetationspunkte an- gelest und entwickeln sich, wie Lachmann gefunden, aus einer Zelle jener Initialschicht, aus welcher sich in der Folge Parenehymscheide und Endodermis des zentralen Gefäßbündels differenzieren. Die ersten Kalotten für die Wurzelhaube werden jedoch nicht, wie Lachmann mitteilt, von der Wurzelmutterzelle, sondern von Initialzellen des Rinden- gewebes und der Epidermis abgeschnitten. 9. Das Rindengewebe ist bei Luftstolonen oft noch in einer Ent- fernung von einigen Dezimetern von der Spitze lebend, bei ausgewach- senen Bodenstolonen erreicht der Teil mit lebender Rinde mitunter nur die Länge von 1 cm. Im übrigen ist der anatomische Bau der Luft- und Bodenstolonen vollkommen gleich. Da die lebende Rinde (der Luft- 470 stolonen reichlich Chlorophyll führt und von Interzellularräumen, die mit den gut entwickelten Atemhöhlen der zahlreichen Spaltöffnungen kommu- nizieren, durchzogen ist, kommt die assimilatorische Leistung derselben für das Leben des Organismus jedenfalls in Betracht. 10. Die peitschenartige Elastizität und die drahtartige Beschaffen- heit der Ausläufer wird durch die Ausbildung eines subepidermalen, geschlossenen, aus 6—7 Zellschichten mit verholzten Membranen be- stehenden Hohlzylinders, in welchem unter den Spaltöffnungen für einen leichteren Gasaustausch Lücken freigelassen sind, hergestellt. 11. Die Gesamtheit der ausgewachsenen Boden- und Luftstolonen ist ein durch den peripheren Holzmantel gegen jede Quetschung und durch die zwei innersten verkorkten Zellschichten der Rinde gegen Feuchtigkeitsverlust geschütztes, die einzelnen Individuen miteinander und den ganzen Stock mit dem nahrungspendenden Boden verbindendes Kanalsystem. Es wäre zum Schlusse noch die Frage aufzuwerfen, ob wirklich eine Notwendigkeit vorliegt, den blattlosen Ausläufern von Nephrolepis mit Velenovsky in morphologischer Beziehung dieselbe Bedeutung zuzusprechen wie den Wurzelträgern der Selaginellen. Nach Bruchmann!) sind die Wurzelträger der Selaginellen nicht den Sprossen ihrer Pflanzen gleich, „sie sind aber umgestaltete metamor- phosierte Sprosse, die nach Maßgabe ihrer Aufgabe modifiziert erscheinen“. Goebels?) Auffassung der Wurzelträger schließt sich an die Bruch- manns an; es hat jedoch diese Auffassung nicht den Sinn, als würden die Wurzelträger phylogenetisch als blattlos gewordene Sprosse angesehen, Sie besagt vielmehr, daß die Wurzelträger Organe sind, die zwischen Wurzel und Sproß stehen, in ihrer inneren Beschaffenheit jedoch den Sprossen näher liegen als den Wurzeln. Es ist nun, wie ich glaube, nach dem bisherigen Tatsachenmaterial kein ausreichender Grund vorhanden, auch die Ausläufer von Nephrolepis in diese Organgruppe einzureihen. Sproßartige Anlage verbunden mit Blattlosigkeit ist in der Tat sowohl den Wurzelträgern als auch den Ausläufern gemeinsam, ja es sind die in das Erdreich wachsenden Sto- lonen von Nephrolepis, wie ich gezeigt habe, ihrer Funktion nach . 1} Vergl. Bruchmanns vorletzte Publikation: Von den Wurzelträgern der ‚Selaginella Kraussiana A. Br. (Flora, Bd. XCV, Ergänzungsband zu 1905, pag- 165). 2) Goebel, Die Knollen der Dioscoreen und die Wurzelträger der Selagi- nellen, Organe, welche zwischen Wurzeln und Sprossen stehen (Flora, Bd. XCV, Ergäuzungsband zu 1905, pag. 209). al sogar tatsächlich „Wurzelträger“. Während aber die Selaginellen, obwohl denselben nachgewiesenermaßen die Fähigkeit zukommt, ihre Wurzel- träger in beblätterte Achsen umzuwandeln, diese Umwandlung nur in seltenen Fällen, unter ganz besonderen Umständen und niemals regel- mäßig an jeder Pflanze vollziehen, treffen wir an jedem Nephrolepis- individuum der untersuchten Typen Ausläufer, deren Spitzen zur Blatt- bildung geschritten sind. Es ist also diese Erscheinung bei Nephrolepis eine allgemeine und regelmäßig auftretende. Mich dünkt, so ganz dieselbe Bedeutung für die morphologische Taxierung kann man der Beblätterung des Ausläufers und der Blattbildung des Wurzelträgers nicht beimessen. Wenn aber Velenovsky das blattfreie Stück des Ausläufers anders morphologisch deutet als das beblätterte, das blattfreie Stück als den Träger des beblätterten Abschnittes, der Achse, bezeichnet, so scheint. mir etwas auseinandergerissen, was doch eigentlich eine Einheit darstellt. Die Tatsache, daß an jedem Individuum regelmäßig Ausläufer- spitzen mit der Btattbildung einsetzen, und daß auch umgekehrt ein Blattsegmente bildender Scheitel diese Tätigkeit unter Umständen wieder sistiert und in der Folge, wie Lachmann!) hervorgehoben hat, eine Strecke weit als Scheitel eines blattlosen Stolo wächst, um dann neuer- dings an günstigerer Stelle eine beblätterte Achse zu inaugurieren, läßt es mir unter Mitberücksichtigung der entwicklungsgeschichtlichen Momente und der Verzweigung geraten erscheinen, bei der alten Auffassung zu bleiben, nach welcher die Stolonen von Nephrolepis als Sprosse anzu- sehen sind, die sich im Laufe der Entwicklung den verschiedenen Funktionen (vegetative Verbreitung der Art, Befestigung der jungen Individuen im Boden, Wurzelbildung, Wasser- und Zuckerspeicherung) entsprechend modifiziert haben. Innsbruck, botanisches Institut der Universität, in den Östertagen 1906. 1) Recherches sur la morph. et l’anatom. des Fongeres, Tome CI des Compt. rend., pag. 603 ff. und Contribution A l’hist. natur. de la raeine des Fougdres, pag. 149— 150, 412 Tafel-Erklärung. Tafel II. 1, Stück eines horizontalen Ausläufers von Nephrolepis cordifolia (L.) Presl.'), welches die Tochterpflanzen 27, bis 2/, und die in den Boden wachsenden Stolonen sz, und sz, trägt. Bei d wurde der Ausläufer, als er noch in Verbindung mit der Mutterpflanze gestanden, dekapitiert. Über den Zweck dieses Experimentes ist der Text zu vergleichen. (*/, der nat. Größe.) 2. Junge Tochterpflanze, von Spreuschuppen dicht bedeckt. %s? horizontaler Ausläufer der Mutterpflanze; s/ Seitenstolo, der zur beblätterten Achse wird; sZ,, sz, Stoloanlagen von sz. (Etwas über natürl. Größe.) 3. Tochterpflanze auf gleicher Stufe der Entwicklung wie in Fig. 2, die Spreu- schuppen entfernt. w, erstes Blatt; die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 2. (Etwas über natürl. Größe.) 4. Weiter entwickelte Tochterpflanze mit positiv geotropischen Bodenstolonen st, bis si;; s/, wächst horizontal; w, zweites Blatt; die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 2. (Natürl. Größe.) 5. Tochterpflanze mit Bodenstolonen (sZ, bis sZ,), die am Ende des intensivsten Wachstums angelangt sind. wz aus der Hauptachse der Tochterpflanze gewachsene Wurzel; s% Seitenhöcker des Stolo sz,; die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 2. (Natürl. Größe.) 6. Spitze eines am Ende des Wachstums angelangten Bodenstolo (z) mit Wurzeln (wz}. (Natürl. Größe.) 7. Die der Dekapitationsstelle (2) des horizontalen Ausläufers (As?) zunächst gelegene Tochterpflanze mit ihren Stolonen; sz, bis sz, vor dem ersten Blatte (=), st, bis si, nach diesem Blatte angelegte Stolonen. (Natürl. Größe.) 8. Längsschnitt durch die Spitze eines mit der Blattbildung beginnenden Seitenstole. Vegetationspunkt; w, erstes Blatt; s’ nahezu gleichzeitig mit w, an- ‚gelegter Seitenstolo, dessen Scheitel sich noch nicht über die Oberfläche der Mutter- achse erhoben hat. (10mal vergr.) j 9. Längsschnitt durch die Spitze eines Luftstolo. » Scheitel; wz= Wurzel; wg deren Gefäßbündel. (84mal vergr.) 10. Längsschnitt durch die Spitze eines Bodenstolo. Bezeichnungen wie in Fig. 9. (10mal vergr.) 11. und 12, Querschnitte durch alte Ausläuferpartien von zwei verschiedenen Pflanzen der N. cordifolia®). % subepidermaler Holzmantel; # zweischiehtiger Kork- mantel. {Beide Figuren 10mal vergr.) 1) Das Exemplar hat an keinem Ausläufer die bekannten Knollen ausgebildet und dürfte eine besondere Form der N. cordifolia sein; vergl. die Fußnote auf pag. 453. 2) Fig. 11 stammt von meiner Versuchspflanze, Fig. 12 von einer aus Messina bezogenen, knollenbildenden Nephrolepis cordifolia. Flora 1906, Band 96. Taf. III Sperlich. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Reproduktion von J. B. Obernetter, München. Flora, 1906, Band 96. N SD, > [I U M (NO R N s 7 N Nor UM K )» m OR “@s Se = x ER “ R ER S Ex RX TT wa (? ge ZT [} [ SI x N Ss: ® a fi > Ä} IE: = NS we Er ea = —— Sperlich del. Verlag von Gustav Fischer, Jena. P.Weise, Lith. ‚Jena, ie 3 +73 Tafel IV. . 1. Schematischer Längsschnitt durch das gegabelte Ende eines Luftstolo. x Scheitel des Luftstolo; sv Scheitel der Seitenanlage; & Gefäßbündel; se Scheide und Endodermis. (12mal vergr.). 2. Schematischer Längsschnitt durch ein altes Ausläuferstüäck mit ruhender Knospe sv; die übrigen Bezeichnungen wie in Fig, 1. (12mal vergr.). 3. Vegetationsspitze mit Wurzelanlage eines Luftstolo. s Scheitelzelle; 2, bis 2, nach einander auftretende perikline Teilungswände; e Initialen für Bündelelemente; e+r Initialen für Scheide, Endodermis und Rinde; e Initialen für Scheide und Endo- dermis; » Initialen für Rinde und Epidermis; = Wurzelinitiale; # Anlage der Wurzelhaube; 52 Spreuschuppen. (187mal vergr.). 4. Längsschnitt durch ein unter der Spitze gelegenes Stück des Ausläufers mit vorgeschrittenen Wurzelbildungen (w, und =w,). (93 mal vergr.). 5. Längsschnitt durch die Spitze eines am Ende des intensivsten Wachstums angelangten Bodenstolo. (93 mal vergr.). . 6. Vergrößerte Darstellung der an älteren Stolopartien erscheinenden hellen Punkte von lentizellenartiger Gestalt in Aufsieht. Im Bereiche der hellen Fläche sind die subepidermalen Zeilen unverholzt. (93 mal vergr.). 7. Querschnitt durch den Stolo im Bereiche einer Spaltöffnung, e Epidermis; A subepidermaler Holzring; « Atemhöhle; die darunterliegenden Zellen dünnwandig und unverholzt. (187 mal vergr.). Flora 1905. Untersuchungen über den Einfluß der Salze auf die Wachstumsrichtung der Wurzeln, zunächst an der Erbsenwurzel. Von H. C. Schellenberg, Zürich. (Mit zwei Textfiguren). Die Orientierungsbewegungen der Pflanzen werden durch ver- schiedene äußere Lebensbedingungen hervorgerufen. Licht, Schwerkraft, stoffliche Verschiedenheiten des Mediums, mechanische Einflüsse ver- mögen am Pflanzenkörper Wachstums- und Bewegungserscheinungen auszulösen, die für das Pflanzenleben zweckdienlich erscheinen. Wir bezeichnen diese Einflüsse als Reize und Aufgabe der Physiologie ist es, den kausalen Zusammenhang zwischen dem Reiz und der Orien- tierungsbewegung in dem komplizierten Lebensgetriebe nachzuweisen. Wenn auch in den letzten Jahrzehnten die Reizphysiologie von den Botanikern intensiv gepflegt wurde und sehr schöne Resultate zutage förderte, so stehen wir leider über den ursächlichen Zusammenhang von Reiz und Bewegung überall noch auf dem Gebiet der Hypothesen, von denen wir sagen können, daß sie mehr oder weniger den Tatsachen entsprechen werden. Jeder Beitrag, der neue Tatsachen liefert, ist ein wertvoller Baustein für den weiteren Ausbau der Reizphysiologie; aber auch jede Hypothese, die sich auf die Tatsachen stützt, ist beachtens- wert, indem sie zu neuer Forschung Anregung gibt. So soll auch diese Arbeit in erster Linie Bausteine für die Erkenntnis des Reizvor- ganges, den die Salze ausüben, liefern und wenn ich mir erlaube, eine Hypothese über den Vorgang auszusprechen, so geschieht das nur in der Absicht, zu weiteren Untersuchungen anzuregen. Ausgangspunkt für meine Untersuchungen waren die Erscheinungen des Galvanotropismus, der an der Phanerogamenwurzel zuerst von Elfving entdeckt wurde. Wenn eine wachsende Wurzel im Wasser zwischen zwei Elektroden gebracht wurde, so fand Elfving, daß die Wurzel in dem weiteren Wachstum nach dem positiven Pole abgelenkt wurde. Bei einigen Pflanzen, so bei Brassica, beobachtete aber EIf- ving Krümmung nach dem negativen Pole. 475 Müller-Hettlingen hat die Frage weiter untersucht und konnte die Elfvingschen Angaben bestätigen. Zugleich zeigte er aber, daß wenn der Versuch mit Brassica in anderer Weise angeordnet wird, dann auch diese Wurzel sich dem positiven Pole zuwendet. Ebenso gelang es Müller-Hettlingen bei einer Anzahl von Pflanzen, die sich nach dem positiven Pole wendeten, auch die Krümmung nach dem negativen Pole zu erzielen. Brunchorst!;?) hat dann besonders die Einwirkung verschiedener Stromstärken auf den Galvanotropismus genauer untersucht. Als Resultat findet er, daß die Krümmung der Wurzeln abhängig von der Strom- stärke ist, indem bei schwächeren Strömen die Krümmung nach der negativen Elektrode. bei stärkeren Strömen nach der positiven Elektrode stattfindet. Die Grenze zwischen negativen und positiven Krim- mungen liegt bei verschiedenen Pflanzen bei verschiedener Strom- stärke. Brunchorst untersucht dann weiter die Frage nach der Funktion der Wurzelspitze in der galvanotropischen Ablenkung der Wurzel. Er findet, daß die Spitze allein die empfindliche Region bei der negativen Krümmung ist. Die positive Krümmung werde dagegen durch Schädigungen, die auf der ganzen Länge der Wurzel stattfinden, herbeigeführt. Sie stellt nach Brunchorsts Ansicht eine ganz andere Kategorie von Erscheinungen dar als die negative Krümmung und muß als eine durch die chemische Wirkung des Stromes verursachte Krankheits- und Absterbeerscheinung aufgefaßt werden. In einer späteren Arbeit wendet sich Brunchorst gegen eine Auf- fassung von Rischavi, der im Stoffaustausch die Ursachen der galvano- tropischen Krümmungen sucht und präzisiert seinen Standpunkt genauer. Diese Versuche stellen ziemlich alles dar was auf dem (rebiete des Galvanotropismus der Wurzelspitzen geleistet worden ist. Die neueren Anschauungen über Dissoziation und die Leitung des elektrischen Stromes konnten noch nicht berücksichtigt werden. Zweifelsohne hätte die Dissoziationstheorie Anlaß zu anderer Fragestellung geben müssen. Wenn nun der Galvanotropismus nicht weiter verfolgt wurde, so zeigen ‘doch die Untersuchungen über den Chemotropismus mancherlei An- gaben, die mit der elektrolytischen Dissoziation in Zusammenhang ZU bringen sind. Die ersten Beobachtungen nach dieser Riehtung stammen von Pfeffer. Er fand bei seinen Untersuchungen über den Chemo- tropismus der Farnspermatozoiden, daß Äpfelsäure in intensiver Weise den Reiz ausübt und ebenso die Salze der Äpfelsäure, ‚während die Ester diese Wirkung nicht ausüben. Diese Tatsache weist wohl un- zweideutig darauf hin, daß der Chemotropismus in irgend einer Be- 31% 476 ziehung zur Dissoziation dieser Körper und damit zu den elektrischen Eigenschaften der Lösungen steht. In einer weiteren Arbeit hat Buller, ein Schüler Pfeffers, auf dessen Anregung diesen Gegenstand weiter verfolgt. Er fand, daß die Objekte, welche einen ausgeprägten Chemotropismus für bestimmte Substanzen aufweisen, daneben in schwächerem Maße sich durch andere Salze verschiedener Stoffe auch chemotropisch reizen lassen. Dieser Befund weist wiederum darauf hin, daß die chemotropische Reizung in einer Eigenschaft zu suchen ist, die allgemein den Salzen zukommt und weniger von der Natur der Substanz abhängig ist. Auch in den Arbeiten von W. Rothert findet sich manche Angabe, die auf solche Verhältnisse hinweist. Diese Beobachtungen veranlaßten mich, Reizversuche mit Salzen wieder aufzunehmen, nachdem durch Newcombe und Rhodes und Lilien- feld in einer vorläufigen Mitteilung darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die Phanerogamenwurzel allgemein durch Salze gereizt werden kann. Seit dem Beginn meiner Arbeit ist die ausführliche Arbeit von Lilien- feld erschienen; ferner die ausgezeichnete Arbeit von Shibata über den Chemotropismus der Isoitesspermatozoiden, weiterhin eine Arbeit von R. Sammet über Chemotropismen an Wurzeln, Sprossen und Pilz- fäden und von B. Lidfors über Chemotropismus der Marchantiaspermato- zoiden. Sie alle haben neues Material gebracht und gezeigt, daß die Wirkungen der Salze nicht von den osmotischen Leistungen abhängig sind, sondern auf den Erscheinungen der Dissoziation beruhen und als Leistungen der Ionen aufgefasst werden können. Da Brunchorst den starken Strömen eine wachstumshemmende Wirkung zuschreibt, wollte ich diese Erscheinungen außer Betracht lassen und nur die Effekte der schwachen Ströme studieren, denn diese können ja allein bei der Erklärung chemotroper Erscheinungen in Frage kommen. Ich habe denn auch mit dem gleichen Erfolg wie dieser Autor seine Versuche wiederholt. Erbsen- und Bohnenkeimlinge, deren Wurzeln völlig gerade gewachsen waren und eine Länge von 5—8 em erreicht hatten, wurden in einem kleinen Bassin, das mit Brunnenwasser gefüllt wurde, in lot- rechter Richtung aufgehängt. Auf zwei gegenüberliegenden Seiten wurden Elektroden mit der Flüssigkeit in Verbindung gebracht und von einer Akkumulatorenbatterie der Strom durchgeleitet. Die Strom- stärke der Batterie war 6 Volt, der durch das System hindurchtretende Strom 0,0001 Ampere. Bereits nach 12 Stunden waren die sämtlichen 417 Wurzelspitzen nach der Anode abgelenkt, die sich in den folgenden 12 Stunden noch weiter verstärkt hatte. Parallelversuche in Brunnen- wasser, aber ohne Durchleitung eines Stromes zeigten, daß diese regel- mäßige Ablenkung der Wurzeln unterblieb. Mit Erbsen und Bohnen war der gleiche Erfolg des Versuches zu verzeichnen. In welcher Weise ist nun das Ergebnis dieses Versuches weiter zu verwerten? Nach den Untersuchungen von van’t Hoff wissen wir, daß chemisch reines Wasser zu den Nichtleitern für Elektrizität gehört. Das Wasser wird nur zum Leiter, wenn in demselben Salze oder Säuren gelöst sind. In unserem Falle müssen wir, weil Strom durch das Brunnenwasser durchgegangen ist, dieses Wasser als eine stark verdünnte Lösung von verschiedenen Salzen ansehen. Die Dissoziationstheorie von Arrhenius- van’t Hoff sagt nun weiter, daßi n wässerigen Lösungen die Salze in ihre Ionen getrennt sind, und zwar wächst die Trennung in die Ionen mit dem Grade der Verdünnung. Wenn ein elektrischer Strom «durch eine Lösung hindurch geleitet: wird, so sind diese Ionen die Überträger der Elektrizität. Die Leitfähigkeit einer Lösung für den elektrischen Strom kaun als die Summe der Leitfähigkeit der Ionen angesehen werden. Da aber diese Ionen selbst elektrisch geladene Teilchen sind, so wandern sie in den Lösungen, sobald ein Strom hindurchgeht, und zwar die positiv geladenen Teilchen an den negativen Pol und umge- kehrt die negativ geladenen Teilchen an den positiven Pol. Für die weitere Untersuchung gestaltet sich darum die Frage so: wie verhalten sich diese Wurzeln, wenn man an Stelle der unbestimmten Lösung des Brunnenwassers Lösungen von Salzen verwendet? Da mit Brunnenwasser, das eine sehr stark verdünnte Lösung darstellt, positive Erfolge erzielt wurden, so verwendete ich für die weiteren Versuche ebenfalls stark verdünnte Salzlösungen, Konzen- trationen, wie sie sich im Bodenwasser wohl finden dürften und von denen anzunehmen ist, daß sie keine schädigende Wirkung auf die Wurzeln ausüben. Giftige Stoffe waren von vornherein auszuschließen, indem solche Wirkungen nur die anderen Ergebnisse getrübt hätten. Als Versuchspilanze wählte ich die Erbse (Viktoria-Erbsen) und führte mit dieser Versuchspflanze die weitaus meisten Versuche aus, Die Samen wurden in feuchten Sägespänen zur Keimung gebracht und zu den Versuchen verwendet. nachdem die Wurzel 3—4 em Länge erreicht hatte. Die Versuchsanordnung ist aus der nachstehenden Figur ersichtlich (Fig. 1). Die Versuchspflanzen wurden. in lotrechter Richtung aufgehängt, so daß die Wurzel einige Zentimeter in die Lösung 478 tauchte, die Kotyledonen aber oberhalb der Flüssigkeit sich befanden. In der Lösung selbst durfte durch den elektrischen Strom keine Zersetzung eintreten. Ich wählte deshalb folgende Elektrode. In einem kleinen Gefäß wurde der Draht in eine Lösung des gleichen Salzes gebracht, wenn auch in etwas stärkerer Konzentration. Mittelst Fließpapierbrücken, die mit der zu untersuchenden Lösung getränkt wurden, stellte ich die Verbindung her; dabei stellte ich das Niveau aller drei Gefäße auf die gleiche Höhe ein, damit ein Überfließen der Flüssigkeiten nicht eintrat. Die Zersetzung der Salze trat nun in den Nebengefäßen ein, während im Hauptgefäße diese während der Versuchsdauer völlig unterblieb und diese Lösung ihre Zusammensetzung nicht änderte. In dem Fließpapier- bogen trat eine Bewegung von Salzteilchen so langsam ein, daß der Übertritt der Salze nach 12 Stunden nicht erfolgt war. (Mit farbigen Salzlösungen ist diese Tatsache leicht festzustellen.) !?7 2 ef Zu Sie Lo - u u | Fig. 1. Die Versuchsdauer von 12 Stunden war völlig genügend, um recht deutliche Ausschläge in der Wachstumsrichtung der Wurzel zu erhalten. Der ganze Versuch wurde dunkel gehalten, um den Licht- einfluß abzuhalten. Nachdem meine Vorversuche dargetan hatten, daß bereits geringe Elektrizitätsmengen genügten, um die Ablenkung der Wurzeln herbeizuführen, verwendete ich für die meisten Versuche Akku- mulatorenbatterien von 2 Volt, 4 Volt und 6 Volt. Der hindurch- getretene Strom war wegen der sehr großen Widerstände sehr gering und war in den meisten Fällen 0,0001--0,000001 Ampere). Die Lö- sungen wurden in gleichmolekularer Konzentration gewählt unter der 1) Ein Stundenampere scheidet 1,184 g CuO ab. Meine Stromstärken sind deshalb etwa 100mal schwächer, als die von Brunchorst in seinen Versuchen an- gewendeten schwachen Ströme. Der schwächste von Brunchorst gemessene Strom ist 0,14 mg Cu pro Stunde, was 0,00011 Amp. entspricht, Ban nn nr 479 Annahme, daß bei dieser V. erdünnung die Dissoziation des Salzes voll- ständig ist, was auch der Wirklichkeit nach den Tabellen über elek- trische Leitfähigkeit von Kohlrauseh nahe kommen soll. Ich wählte als Vergleich eine Konzentration von Kochsalz, bei welcher auf 100 ecm Wasser 0,02 g Kochsalz kommen. Die Vorversuche hatten ergeben, daß bei dieser Konzentration die Wurzeln regelmäßig gegen die Anode, den Ort, wo sich das positive Metallteilchen abscheidet, hinwendet. Das Ergebnis dieser Versuchsreihe findet sich in folgender Tabelle zusammengestellt: Konzentration. 1 Erfolg i$ ular- Auf 10 Vasser sin FOR Be Salz Molekular Salz °ath alten Die Wurzeln wachsen zur ” Gramm Gramm-Molekul. Anode Kathode indiff. KCl 74,4 0,025 0,00034 10 _ _ KJ 173,8 0,056 0,00033 8 _ 2 KNO, 101 0,034 0,00033 8 m 2 R,SO, 173,8 0,039 0,00022 g _ 1 K,HPO, 152,2 0,035 0,00022 8 1 1 NaCl 58,5 0,020 0,00034 8 1 ) Na,SO, 1742 0,039 0,00022 10 _ _ NaNO, 85 0,029 0,00034 9 _ 1 Na,PO, 164 0,028 0,00017 10 — — NH,C 53,3 0,019 0,00034 2 ö 2 NH,NO, 80 0,027 0,00033 6 2 2 (NH,),SO, 132 0,029 0,00022 7 1 2 (NH,),HPO, 132 0,029 0,00022 8 1 1 MeCl, 95 0,021 0,00022 9 _ ! Mgs6, 120 0,041 0,00033 8 _ 2 Mg(NO,), 148 0,082 0,00022 Ki) — _ Set, 152,6 0,035 0,00022 9 _ 1 Sr(NO,), 211,5 0,048 0,00022 9 _ 1 Ca(NO,), 164 0,037 0,00022 10 2 — Wenn man die Ammoniumsalze einstweilen außer der Betrachtung läßt, so zeigt sich, daß die Wurzel in allen andern Fällen auf die Seite der Metallabscheidung abgelenkt wird. Daraus könnte man, wie Müller- Hettlingen es aus seinen Versuchen getan hat, schließen, daß die Richtung des elektrischen Stromes maßgebend für die Ablenkung der Wachstumsriehtung der Wurzel gewesen ist. Es würde dann die W urzel in der Stromrichtung abgelenkt. Allein die Tatsache, daß bei den Ammoniumsalzen eine Ablenkung in der entgegengesetzten Richtung eintritt, beweist, daß hier noch andere Verhältnisse im Spiel sein anüssen. Aus den Beobachtungen über chemotropische Bewegungen ergibt sich ferner, daß nicht allein Bewegungen in der Richtung des Konzentrations- gefälles, sondern auch solche entgegen dieser Richtung vorkommen. Die chemotropische Bewegung ist unter Umstäuden in der Richtung umkehrbar. In unseren Versuchen müßte also die Wachstumsrichtung der Wurzel unter gewissen Bedingungen umkehrbar sein. 480 Die Versuche wurden nun bei gleicher Konzentration der Lösungen so angestellt, daß die Richtung des elektrischen Stromes gewechselt wurde. Alle diese Versuche zeigten, daß mit dem Wechsel der Strom- richtung auch die Wachstumsrichtung der Wurzel wechselte und zwar in dem Sinne, daß die Wurzel immer nach der Anode sich wendete. Auch bei den Ammoniumsalzen wurde mit dem Wechsel der Strom- richtung auch die Wachstumsrichtung der Wurzel geändert, so daß die Ablenkung der Wachstumsrichtung immer in gleicher Richtung zum Strom erfolgte. Also auch diese Versuche hätten nur ergeben, daß die Wachstumsrichtung der Wurzel abhängig von der Stromrichtung ist. Da aber die chemotropischen Versuche ergeben hatten, daß die Konzentration der Lösungen maßgebend für die Richtung der chemo- tropischen Bewegung war, so war es selbstverständlich geboten, Ver- suche mit Lösungen verschiedener Konzentrationen auszuführen. Schon die erste Versuchsserie zeigte, daß bei gleicher Strom- richtung und Stromintensität die Wachstumsrichtung der Wurzel abhängig von der Konzentration der Lösung ist. Erbsen in Chlorkaliumlösungen. Konzentration Zahl der . in 100 H,O _ Versuchspflanzen Bemerkungen 0,025 & 10 Alle Wurzeln nach der Anode gewendet. 0,035 g 10 do. do. 0,074 8 10 do. do. 0,123 g 10 6 Exemplare nach der Anode, 1 in der Nähe der Anode gelegenes Exemplar nach der _ Kathode gewendet, 2 gerade weiter gewachsen. 0,185 8 10 5 Fxemplare nach der Anode, 3 nach der Ka- . thode, 2 indifferent. 0,243 g 10 5 Exemplare nach der Anode, 3 gerade ge- _ wachsen, 2 nach der Kathode. 0,352 g 10 7 Exemplare nach der Kathode, 1 nach der . Anode gewendet, 2 gerade geblieben. 1008 10 Alle Exemplare wendeten ihre Wurzeln nach der Kathode. Mit der Steigerung der Konzentration fand eine Umwendung der Wachstumsrichtung statt und zwar zwischen 0,2 und 0,4°%/, KCl. Es ist leicht einzusehen, daß individuelle Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Exemplaren es nicht möglich machten, eine scharfe Grenze zu bestimmen. Für das gleiche Exemplar dürfte die Umstimmung innerhalb eines geringeren Intervalles erfolgen. Nachdem einmal an einem Salz gezeigt worden war, daß bei gleicher Stromrichtung eine Änderung in der Wachstumsrichtung der Wurzel herbeigeführt werden konnte, war es unmöglich, den elektrischen Strom verantwortlich für die Veränderung zu machen, sondern ich mußte 481 annehmen, daß es Beziehungen zwischen der Konzentration der Außen- lösung und den Verhältnissen der lebenden Zellen der Wurzeln sind,' in welchen dieser Reiz einwirkt, die von maßgebender Bedeutung für diese Umstimmung sind. Es war mir deswegen wichtig, durch Versuche diese Konzentration der Umstimmung für eine Reihe von Salzen an demselben Objekt zu bestimmen. In folgenden Tabellen lasse ich die Resultate meiner Versuche folgen. Sie sind alle unter gleichen Bedingungen angestellt worden bei Zimmertemperatur 6 Volt. Batterie und Stromdurchgang 0,0001—0,000 0001 Ampere. Ich will noch be- sonders hervorheben, daß in keinem einzigen Versuche die durch- geflossene Strommenge mehr als 0,0002 Ampöre betrug, sondern meistens schwankte die Strommenge von 0,000 01—-0,000 001. Wenn also hier eine Umstimmung in der Wurzel zustande kam, so kann sie nicht als ein Erfolg der größeren durchgeflossenen Strommenge aufgefaßt werden, weil mit der Konzentrationserhöhung die Leitfähigkeit der Lösung besser wurde. Wie man sieht, sind meine Strommengen viel schwächer, als die von Brunchorst verwendeten Größen, von denen er selbst sagt, daß sie keine Schädigung der Wurzeln herbeiführen. Die Stromstärke für die Umstimmung, d. h. für das Auftreten der positiven Krümmung lag bei den Versuchen Brunchorsts zwischen 4 und 16 mg Cu pro Stunde = 0,005—0,013 Ampere, also bei Stromstärken, die im Mittel 1000mal größer sind als die in meinen Versuchen im Durchsehnitt zur Verwendung gelangten Ströme. Il. KJ. Molekulargewicht 166. K i 6 Ablenkung der Wurzeln nach on Molekule Anode Kathode indifferent 0,056 0,00034 8 _ 2 0,132 (,000795 5 4 N 0,189 0,00114 1 3 ri 0,315 0,00196 1 9 I. KNO,. Molekulargewicht 101. 0,034 0,00033 8 _ E 0,10 0,00099 8 — = 0,143 0,00141 6 1 ı 0,333 0,00329 5 3 2 0,500 0,00495 2 ‘ 3 0,600 0,00594 3 III. K,SO,. Molekulargewicht 173,8. 0,02 0,00011 4 _ 1 0,039 0,00022 9 2 , 02 0,00068 4 6 5 0,34 0,0019 2 : ; 0,68 0,0039 5 H > 092, 0,0052 Ä 1 : 1,36 0,0072 482 Iv. K,HPO.. Konzentration Gramm % Moleküle Anode 0,035 0,00022 8 0,081 0,00053 9 0,60 0,00393 8 0,68 0,00446 Ss 0,78 0,00518 1 V. NaCl. Molekulargewicht 58,5. 0,020 0,00034 s 0,023 0,00039 N) 0,039 0,00066 6 0,047 0,00080 8 0,055 0,00094 7 0,097 0,00165 2 0,105 0,00179 1 0,163 0,00278 _ VL NaNO,. Molekulargewicht 85. 0,029 0,00034 y 0,080 0,00094 5 0,121 0,00142 9 0,210 0,00247 6 0,425 0,00500 2 0,460 0,00541 1 VIL N3S0,. Molekulargewicht 1742. 0,039 0,00022 10 0,052 0,000298 8 0,090 0,000516 8 0,174 0,00100 1 0,205 0,0017 1 VII. NH,C. Molekulargewicht 53,3. 0,007 0,00013 5 013 0,00024 4 0,019 0,00034 m 0,025 0,00047 1 0,030 0,00056 1 0,035 0,00065 . 1 0,132 0,00248 3 0,215 0,00403 3 0,530 0,00994 — IX. NH,NO,. Molekulargewicht 80. 0,012 0,00015 8 0,027 0,00031 6 0,030 0,00037 _ 0,035 0,00043 2 0,050 0,0062 0,072 0,00090 _ 0,113 0,0011 2 0,189 0,00236 —_ 0,330 0,00412 2 0,530 0,00662 _ Molekulargewicht 15 22 ui: Ablenkung der Wurzein nach Kathode Honlwwri = eowre | | ALS HROUGSTGNWwe = | NISOT-IS = Dee indifferent Dvor- nuS+HNomHER wonu|l oo rs | Sem NWDHDIOM ewotw| vo io | X. (NH,),SO,. Molekulargewicht 132. 483 Konzentration Gramm Ablenkung der Wurzeln nach io Moleküle Anode Kathode indifferent 0,020 0,00015 Ö _ 2 0,029 0,00022 7 N 2 0,034 0,00025 6 2 2 0,053 0,00040 3 5 — 0,074 0,00056 1 10 - 0,330 0,00250 — 3 2 0,330 0,00250 2 6 _ 0,528 0,00400 1 7 rn 0,655 0,0496 1 3 4 XL (NH,,HPO,. Molekulargewicht 132. 0,029 0,00022 8 I 1 0,030 0,00022 6 l B) 0,052 0,00039 7 _ 2 0,080 0,00060 1 6 2 0,120 0,00909 1 7 3 XI. MesCl,. Molekulargewicht 95. 0,021 0,00022 9 _ i 0,040 0,00042 10 _ _ 0,174 0,00138 10 1 1 0,850 0,00894 1 6 2 1,42 0,0149 1 7 3 XII. -MgSO,. Molekulargewicht 120. 0,041 0,00033 8 —_ 2 0,112 0,00093 12 _ — 0,180 0,00150 5 1 1 0,150 0,00375 8 3 ) 0,600 0,00500 6 3 l 0,900 0,00750 3 4 1 1,80 0,01500 1 8 3 XIV. Mg(NO,). Molekulargewicht 148. 0,032 0,00022 9 u. I 0,315 0, 00213 8 2 1 0,737 0.004198 4 5 1 1,105 0,0745 2 B 2 2,210 0,01493 = 6 2 XV. CaCl,. Molekulargewicht 111. E) 1 — 0,236 Bei höheren Konzentrationen zeigen die XVIL Ca(NO,),. Molekulargewicht 164. 0,037 0,245 0,359 1,220 XVIL SrC}. 0,035 0,044 0,147 0211 0,336 0,00212 0,0022 0,00149 0,002189 0,00743 10 10 6 3 Molekulargewicht 152,0. 0,00022 0,000282 0,000968 0,00138 0,002208 9 7 4 1 1 Wurzeln kein zum | Wachstum mehr. | Vo | PA EE Se SU nz 484 XVIIL Sr(X0,). Molekulargewicht 211,2. Konzentration Gramm Ablenkung der Wurzeln nach ®, Moleküle Anode Kathode indifferent 0,048 0,00022 9 0 1 0,208 (,000964 5 2 42 0,313 0,00148 10 — — 0,413 0,00195 3 6 1 Aus diesen Zahlen geht zunächst hervor, daß die sämtlichen unter- suchten Salze die Erscheinung der Umstimmung aufweisen mit der Änderung der Konzentration der Lösung. Bei einigen Stoffen trat mit der Erhöhung der Konzentration eine Herabsetzung des Wachstums ein. Andere Salze, wie Baryumsalze, wirken direkt giftig, indem die Wurzeln darin rasch auch bei niedrigen Konzentrationen absterben. Solche Stoffe können für die Untersuchung nieht in Betracht fallen, sondern ich be- schränkte mich auf diejenigen Wirkungen, bei welchen noch ein gutes Wachstum zu sehen war, denn sonst könnte der Einwand erhoben werden, daß es sich lediglich um Wachstumsstörungen durch den Strom handeln würde. Wir sehen, daß die Konzentrationsgrenze für die Umstimmung nicht bei allen Stoffen gleich ist, sondern erhebliche Abweichungen auf- weist. Auch wenn man nur die Anzahl der Moleküle betrachtet, die durch die Gramm-Moleküle einen Ausdruck finden, so zeigen sich die Unter- schiede nur noch deutlicher. In stark verdünnten Lösungen sind die Moleküle in ihre elektrisch geladenen Teile gespalten. Die Ionenzahl wäre deshalb der einzige Vergleichsmaßstab, der zulässig wäre. Ich habe. deshalb in nachfolgender Tabelle nach diesen Verhältnissen die Konzentrationen der Umstimmung zusammengestellt unter der Annahme, daß die Moleküle völlig in die Ionen gespalten seien. Die Umstimmung findet statt: Gramm Gramm Ionenzahl Molekül in Moleküle 100 ccm "onen KJ 2 0,0008 0,0004 Kal 2 0,003 —0,005 0,002 KNO, 2 0,003 —0,005 0,002 K,s0, 3 0,0007 —0,002 0,0004 K,HPO, 3 0,004 —-0,005 0,0015 Nacl 2 0,0009—0,0016 0,0012 NaNO, 2 0,002 —0,005 0,002 Na,S0, 3 0,0005—0,001 0,00025 NH,Cl 2 0,0005 0,00025 NH, ‚00, 2 0,00035 0,0002 INH,),SO, 3 0,00056 0,00018 (NH, ),HPO, 3 0,0004— 0,0006 0,0002 MgtCl, 8 0,001 —0,008 0,0015 Me(NO, » 3 ,005 0,0015 MeSO, 2 0,005 —0,007 0,003 CaN 0,), 3 0,007 0,002 SrC], 3 0,0009-—-0,001 0,0003 Sr( (N0,), 3 0,0014——0,0019 0,0017 485 Aus der Tabelle ergibt sich nun, daß die Umstimmung keineswegs hur proportional der Ionenzahl geht. Die Abweichungen sind größer, als allfällige Versuchsfehler das Resultat beeinflußt haben könnten, wenn ich unumwunden auch zugebe, daß in den Experimenten kleinere Ab- weichungen durch Stehenlassen der Lösungen, ungenügendes Abtrocknen der Keimlinge, kleine Verdunstung während der Versuchsdauer ete. wohl in geringem Maße zustande gekommen sein können. Es ist also nicht die Zahl der Ionen allein für das Zustande- kommen der Umstimmung maßgebend, sondern der Stoff, aus dem die Ionen bestehen. Damit ist wohl genügend die Ansicht von Brun- chorst widerlegt, daß die positive Krümmung allein durch die Aus- scheidung des Stoffes an der Kathode zustande kommen soll. Immerhin, so unregelmäßig, wie es auf den ersten Blick scheint, sind diese Zellen doch nicht. Bei jedem Metall steigt die Konzentration der Ionen für die Umstimmung I 'ı Kl 5 ‚so NH,)SO N2,80, K,80, | Po, Nur, (Na,)HPO, (B,)HPO, Be NH,C Nacl KG NO, NELNO, NaNO, KNO, Was sagt uns nun diese Tabelle? Sicherlich doch nichts anıleres, als daß für die Umstimmung der Erbsenwurzel die Ionen in der N eise maßgebend sind, als daß wir darin die Summe der spezifischen Kationen- wirkung plus Summe der spezifischen Anionenwirkungen vor uns haben. Weder das Kation für sich allein, noch das Anion für sich allein be- wirkt in einem Salze die Reizung und die Umstimmung: beide Teile wirken zusammen. 486 Aus solchen Zusammenstellungen ist leicht auch die Wirkung eines Salzes, das nicht näher geprüpft worden ist, vorauszusagen, sofern ein anderes Salz bereits in seiner Wirkung bestimmt ist. Ähnlich gesetzmäßiges Verhalten der verschiedenen Salze ist zum Teil auch aus den Versuchen von Shibata (pag. 590) an Isoötes- spermatozoiden herauszulesen. Für Isoötes steigen die Konzentrationen für die Umstimmung in der Reihe von PO, ” ' 6 „ EL Zu ? Bus} Euns » » „ Inn nm R 6 33 »n® » ” » 5 » 6 r »un » „ Dieser Versuch stimmt mit den Angaben von Brunchorst über- ein. Die Entfernung eines mehr oder weniger großen Stückes von der Wurzelspitze hat diese Krümmung nicht gehindert. Daraus folgere ich wie Brunchorst. daß der Reiz in der wachstumsfähigen Zone eben- falls empfunden wird, und zwar ebensogut wie in der Spitze. Ich halte die Ursache dieser Erscheinung für eine Schädigung, .die längs der ganzen Wurzel eintritt. .Es zeigen solche Wurzeln ein sehr geringes Wachstum, ebenso treten bald unter den am meisten gebogenen Exem- plaren abgestorbene Individuen auf. Die Versuchsanordnung von Brun- chorst (II, p. 195) beweist ferner, daß diese Schädigung auf der Seite des -1-Poles intensiver auftritt. Die Ursache der Schädigung sieht Brunchorst im Kation, das allein wirke, weil es zur Ausscheidung gelangt. Gegenwärtig dürfte man diese Erscheinungen aus der elek- irischen Polarisation am besten erklären. Verschieden von dieser bezeichnet Brunchorst I die Krümmung nach dem negativen Pole, die durch schwache Ströme hervorgerufen wird. „Diese hat viel mehr Ähnlichkeit mit den Richtungsbewegungen 480 wie andere. Es findet dabei kein Absterben der Wurzeln statt; sie wachsen ruhig weiter, ob auch nicht so gut wie nicht im Strome be- findliche, und machen, wenn der Strom nicht mehr auf sie einwirkt, normale geotropische Krümmungen. Es liegt deshalb bis jetzt nichts vor, was eine andere Auffassung wie die, sie als eine den Richtungs- bewegungen ganz analoge Krümmung zu betrachten, notwendig macht.“ Aus seinen Dekapitierungsversuchen der Wurzelspitzen schließt Brunchorst weiter, „daß bei der negativen Krümmung die Spitze allein die empfindliche Region ist, von welcher aus der Reiz auf die obere Region ühertragen wird“. Ebenso schließt Müller-Hettlingen aus seinen Versuchen, daß vorzugsweise die Wurzelspitze den Reiz empfindet, wenn die Wurzel nach dem negativen Pol sich wendet. Daraus geht nun aber noch nicht hervor, ob die Wendung der Spitze zum positiven Pole, wie sie durch Erhöhung der Salzkonzentration auch bei Anwendung sehr schwacher Ströme eintritt, auch in der ganzen Länge der Wurzelspitze oder nur besonders in der Spitze empfunden wird, Ich habe deshalb die Dekapitierungsversuche wiederholt, und zwar mit dem gleichen Salz bei niedriger Konzentration, die eine Wendung der Wurzel zur Anode und bei höherer Konzentration der Lösung zur Kathode herbeiführte. NaCl 0,01%, Normale Wurzeln 3 mm abgeschnitten 3 ” ” NaCl 0,035 %/, Normale Wurzeln 3 mm abgeschnitten 3 > ” (NH,),S0, 0,02%, Normale Wurzeln 1 mm abgeschnitten ” ” 2 3 9 2 (NH,),SO, 0,0749, Normale Wurzeln 1 mm abgeschnitten ”» ” 3 ” ” 6 nach Anode, 2 indifferent. 4 Exemplare schwach nach der Anode, 2 indifferent. Alle 6 Exemplare gerade, bei 3 Spuren von Krümmung zur Anode. Alle Exemplare gerade. 6 nach der Kathode indifferent. 5 schwach nach Kathode, 3 gerade. . Alle Exemplare gerade, 2 schwach nach der Kathode. Alle Exemplare gerade. 6 Exemplare nach der Anode. 5 Exemplare schwaeh nach der Anode, 3 gerade. 6 Exemplare gerade, 2 schwach nach der Ansıde, 8 Exemplare gerade. 6 Exemplare nach der Kathode. j 4 Exemplare schwach nach der Kathode. 4 Exemplare ge- rade. _ 6 Exemplare gerade, 2 schwach nach der Katlıode. 7 Exemplare gerade, 1 schwach nach der Kathode. Diese beiden Versuchsserien für Natrium und Ammoniumsalze be- stätigen das Ergebnis Brunchorsts, daß vor allem die Wurzelspitze das empfindliche Organ für die Krümmung nach dem — Pol ist. Ander- Flora 1906. 32 490 seits zeigen sie aber, daß entgegen der Annahme Brunchorsts die positive Krümmung bei schwachem Strom durch die Wurzelspitze em- pfunden wird, genau so wie die negative Krümmung. Es existiert zwischen der Verteilung der Empfindlichkeit für die negative Krümmung und die positive Krümmung keine nennenswerte Differenz bei beiden geprüften Salzen. Daraus folgere ich, daß bei Verwendung von schwachen Strömen eine Schädigung längs der ganzen Wurzel nicht in erheblichem Maße eintritt und daß unter diesen Bedingungen positive wie negative Krümmung an den gleichen Orten empfunden wird. Weiter muß aber aus diesen Versuchen geschlossen werden, wie das Brunchorst getan hat, daß diese Krümmungen bei schwachen Strömen verschieden sind von der positiven Krümmung, die bei starken Strömen auftreten und nicht miteinander in die gleiche Kate- gorie von Erscheinungen gestellt werden. Das betrifft auch die positive Krümmung, die bei schwachen Strömen infolge der Erhöhung der Konzentration der Lösung eintritt. Zur Theorie chemotropischer Erscheinungen. Von sämtlichen Forschern wird die Ablenkung der Phanerogamen- wurzel in ihrer Wachstumsrichtung durch Konzentrationsgefälle von Salzlösungen als eine chemotropische Erscheinung angesprochen. Als verschieden davon hat man die Ablenkung der Wurzeln durch den galvanischen Strom angesehen und ihn als Galvanotropismus bezeichnet. Beide Erscheinungen zeigen so viel äußerliche Ähnlichkeiten, daß man wohl die Frage diskutieren darf, ob der Chemotropismus der Salze und der Galvanotropismus nicht auf die gleichen Ursachen zurückzuführen sind. Besonders die neueren Anschauungen über die Dissoziation und die Leitfähigkeit der Salzlösungen weisen den Weg, wie man sich den Zusammenhang dieser Erscheinungen etwa zu denken hat und geben auch Anhaltspunkte zur Prüfung der Erscheinungen. Brunchorst, der sich mit dem Galvanotropismus der Wurzeln befaßt hat, erklärt (die eine Ablenkung der Wachstumsrichtung der Wurzeln aus der elektrischen Polarisation. Sie tritt nach seiner Auf- fassung bei den entgegengesetzten Flanken ungleich ein; dadurch werde eine ungleiche Hemmung des Wachstums auf den entgegengesetzten Seiten der Wurzel herbeigeführt und somit komme die Abbiegung der Wurzel zustande. Dieser Auffassung kann ich mich anschließen, nur soweit es die Wirkungen starker elektrischer Ströme betrifft. Immerhin dürfte auch aus der Elektrizitätsiehre eine neue Basis zum näheren Verständnis der Erscheinung gegeben werden. 491 Die folgenden Untersuchungen beziehen sich nur auf die Effekte schwacher Ströme, von denen Brunchorst bereits bemerkt, daß sie den Richtungsbewegungen, die durch Schwerkraft und Licht hervor- gerufen werden, analoge Erscheinungen sind. Der Eifekt, den der elektrische Strom in einer Lösung erzeugt, ist die Ionenwanderung. Weder das Wasser noch der gelöste Elektrolyt, 2. B. die Schwefelsäure leitet im absolut reinen Zustand den elektrischen Strom; die Leitfähigkeit erscheint erst mit der Lösung des einen Körpers in dem andern. Mit der Lösung tritt gleichzeitig die Spaltung des Salzes in die beiden elektrisch geladenen Teile, die Ionen auf. Diese Trennung in die Ionen vergrößert sich mit dem Grade der Verdünnung und ist bei starker Verdünnung vollständig. Die Leitfähigkeit einer Lösung für den elektrischen Strom ist abhängig von der Zahl der Ionen und ist gleich Leitfähigkeit der Kationen plus Leitfähigkeit der Anionen. Wichtig für unsere Betrachtung ist dann ferner das Ergebnis, daß der Strom nicht die Ionisierung eines Salzes in der Lösung erhöht oder erniedrigt, sofern die Ionen nicht abgeschieden werden, sondern nur die bereits bestehenden Ionen zur Wanderung bringt. An den Polen findet die Abscheidung der Elektrolyten nach Maßgabe der durehge- gangenen Strommenge statt. . Man könnte nun für das Zustandekommen der galvanotropischen Krümmung die Ionenwanderung in der Lösung verantwortlich machen. Diese Größe ist schon verschiedentlich bestimmt worden. Sie beträgt 2. B. für eine 8°/, CuSO,-Lösung mit 1 Volt prr m —1,6.10-®° m pro Sekunde — 0,00016 mm. Oder pro Stunde 0,576 mm und für 12 Stdn. 6,912 mm. Bei den sehr schwachen zur Verwendung gekommenen Strömen ist diese Größe für die Beobachtungszeit von 12 Stunden so gering, daß man sie füglich vernachlässigen darf, ohne einen Fehler zu be- gehen. Meine Versuche zeigen dann deutlich, daß die Umstimmung bei den verschiedenen Stoffen nieht von der Ionenzahl, sondern von der stofflichen Zusammensetzung der Ionen abhängt. Jede Theorie, (lie sich auf die Verhältnisse der Ionenwanderung in der Lösung allein stützt, muß darum verlassen werden. Von andern Möglichkeiten zur Erklärung des Galvanotropismus sind zwei wie mir scheint zu berücksichtigen. Einmal ist es sicher, daß die Ionenwanderung nicht nur in der Lösung eintritt, sondern sie wird sich auch in jeder Zelle im Zeilsaft zeigen, wenn die Wurzel in einen Stromkreis eingeführt wird, wie es ‘ in meinen Versuchen geschehen ist. Die Zellen der Wurzeln enthalten 492 in ihrem Zellsaft immer eine ganze Reihe von Salzen gelöst, die gewiß zum Teil in die Ionen gespalten sind. Es werden bei der Ionen- wanderung die einzelnen Ionen auf die Plasmahaut einen Druck aus- üben, sofern diese den Austritt der Ionen verhindert. Soviel wir aber aus den osmotischen Verhältnissen wissen, ist das für die weitaus meisten Ionen der Fall. Stellt man sich eine Zelle vor, deren Längsachse senkrecht zur Stromrichtung orientiert ist (Fig. 2), so wird dieser Druck, der durch die Ionenwanderung herbeigeführt wird, auf den beiden Flanken, die den Polen zugewendet sind, gleich sein, denn die Zahl der + und — Ionen wird gleich sein. Einen einseitig stärkeren Druck auf einer Flanke, wie es etwa die Statholitentheorie für den Geotropismus annimmt, tritt nicht ein. Dieses Gleichgewicht würde nur dann verschoben, wenn durch Eintritt oder Austritt von Ionen auf den verschiedenen Flanken ungleiche Ionenmengen wirken würden. In diesem Falle würde die 000 Fig. 2. ganze Argumentation, die der Statolithentheorie des Geotropismus zu- grunde liegt, für die Empfindung des elektrischen Reizes passen, nur “ mit dem Unterschiede, daß der Druck in unserem Falle durch ungleiche Verteilung der Ionen anstatt durch die Stärkekörner zustande kommt. A. Coehn und W. Barrat haben von solchen Überlegungen ausgehend für die galvanotropischen Bewegungen von Paramaecium eine Erklärung zu geben versucht. Die Konzentration der Umstimmung der Lösung wäre somit von gleicher Ionenzahl, wie die Konzentration des Zellsaftes der empfindlichen Zelle. Nimmt man nun an, daß die Durchtrittsgeschwindigkeit von Kationen und Anionen durch den Plasına- schlauch eine ungleiche ist, so bekommt man eine ungleiche Ionenzahl und eine ungleiche elektrische Ladung auf den entsprechenden Flanken. Das Verhältnis wird sich ändern, wenn die Zahl der Ionen außen größer als innen ist in der einen Richtung und umgekehrt, wenn das Ver- hältnis innen größer als außen ist nach der anderen Richtung. Man kann sich die Umstimmung darnach erklären, doch befriedigt sie mich nicht. Es spricht dieser Auffassung vor allem die Tatsache entgegen, y Hal) w4tttt+rrrr DOT TI IN SIr+r- aaddaıad +4t++r+ | 493 daß die Umstimmung bei den verschiedenen Salzen nicht bei gleichen Konzentrationen der Ionen liegt, was in diesem Falle eintreten müßte, wenn die Theorie richtig wäre. Dann müssen wir aber annehmen, daß die Plasmahaut durchaus gegen Elektrolyten kein indifferentes Gebille ist, sondern durch diese verändert wird. Welche Grundlagen für eine allfällige Erklärung des Galvano- tropismus ergeben sich aus den Versuchen mit der Erbse® Wir müssen hier vor allem festhalten, daß die Umstimmung der Wurzeln nicht durch die Stromstärke, sondern durch die Kon- zentration der Lösung bedingt wird, sofern wenigstens so schwache Ströme zur Verwendung gelangen, daß die Pflanze nicht geschädigt wird. Weiter zeigen die Versuche, daß die Umstimmung nieht propor- tional der Zahl der Moleküle oder Ionen bei den verschiedenen Salzen erfolgt. Die Reihenfolgen entsprechen aber ebenfalls nicht den Wan- derungsgesehwindigkeiten der Ionen in wässerigen Lösungen. Für eine Erklärung bleibt nur übrig anzunehmen, daß die Stoffe im Protoplasma Veränderungen hervorrufen. Nur dann bekommen wir eine Erklärung für das gesetzmäßige Verhalten der verschiedenen Stoffe. Dieses beweist eine additive Eigenschaft. Man kann daraus folgern, daß Wirkung eines Salzes gleich ist der Wirkung der Kationen plus Wirkung der Anionen. Wenn nun die Ionenwanderung die Ursache der Veränderungen ist, dann müssen wir annehmen, daß dadurch ein Eintritt von Ionen in die Zelle erfolgen und auf dem Wege des Durchtrittes durch die Plasmahaut eine Störung durch Ausflockungen oder Auflockerungen in diesem System kolloidaler Körper des Protoplasmas eintritt. Sofern Unterschiede in den beiden entgegengesetzten Flanken eintreten, wird eine Ungleichheit geschaffen, die zur Erzeugung eines Reizes völlig aus- reichen würde. . , Diese Ungleichheit kann ja eintreten durch die ungleiche W ande- rungsgeschwindigkeit der Ionen beim Eintritt in die Plasmahaut; sie kann aber auch eintreten durch die ungleiche Ausfällung und Auf- lockerung der einzelnen Ionen im Plasma. Die Reihenfolgen der Wir- kungen der Kationen und Anionen weisen mit aller Deutlichkeit darauf bin, daß solche Erscheinungen vertreten sind. Nun wird aber der Eintritt der Kationen und Anionen auf beiden Flanken ungleich erfolgen, denn infolge der Wanderung der Ionen in der Außenlösung werden auf der einen Seite z. B. die Kationen der Wurzeln zu wandern, dann auf der entgegengesetzten Flanke von der Wurzel weg wandern und die Anionen genau in umgekehrter Richtung, 494 Fig. 2. Dadurch wird jedenfalls eine weitere Ungleichheit geschaffen, die in der Wirkung einem ungleichen Eintritt der Ionen auf den ent- gegengesetzten Flanken der Wurzel gleich kommt. Diese Verhältnisse werden auf das Zustandekommen der Krüm- mung gegenseitig sich beeinflussen und die Resultante dieser verschiedenen Wirkungen wird als Gesamtes den Reiz für die Wurzelkrümmung geben. Charakteristisch für diese galvanotrope Wurzelkrümmung ist nun die Umstimmung der Wurzel, die wenigstens bei den schwachen Strömen unabhängig von der Stromintensität zu sein scheint. Diese Umstimmung führt uns zur Betrachtung einer andern Seite des Pro- blems. Wie bereits erwähnt, erklären Coehn und W. Barrat diese Erscheinung bei den Paramäcien einfach dadurch, daß sie annehmen, daß im einen Falle die Ionenkonzentration außen größer als in der Zelle, im andern Falle umgekehrt ist. Die Gründe, die gegen eine solche Auffassung sprechen, habe ich bereits angeführt. Immerhin müssen wir aus allen bekannten Verhältnissen des Stoffaustausches schließen, daß, wenn ein Eintritt von Salzteilchen in die Zelle erfolgt, umgekehrt auch ein Austritt von Ionen aus dem Zellsaft in die Außen- flüssigkeit eintritt. Diese durch die Plasmamembran durchtretenden Ionen werden in derselben die gleichen Veränderungen hervorrufen, wie die eintretenden Ionen und der labile Gleichgewichtszustand, in welchem die Plasmahaut sich befindet, kann nur das Resultat beider Wirkungen sein. Wenn man nach den Auffassungen des Stoffumsatzes annimmt, daß bei Eintritt von Ionen die gleiche Anzahl Ionen mit gleicher elektrischer Ladung austritt, wo der Gleichgewichtszustand her- gestellt ist, so wird in der Plasmahaut eine Differenz sich nur ergeben aus den ungleichen Wirkungen elektrisch gleichgeladener Ionen auf das Plasma, indem auf den entgegengesetzten Seiten der Ionen Ein- und Austritt in verschiedener Weise erfolgen muß. Um die Umstimmung zu erklären, braucht man nur anzunehmen, daß die Unterschiedsschwelle infolge der Steigerung der Konzentration verschoben wird. Das eine Mal wird auf der einen Seite die Ausflockung kräftiger werden, das andere Mal auf der entgegengesetzten Seite. Dadurch wird die Reizung erklärt und die Umstimmung. Ich sehe deshalb im Zustand der Umstimmung einen Gleichge- wiehtszustand, der auf beiden Flanken gleich ist. Sobald auf der einen Seite gegenüber der andern dieser Gleichgewichtszustand sieh ver- schiebt, wird die Reizung eintreten. Es ist also die Empfindung einer Differenz, die sich zeigt und womit auch alle Erfahrungen mit der chemotropen Reizung übereinstimmen. 405 Mit diesen Auseinandersetzungen befinde ich mich auf einem ähn- lichen Boden wie J. Loeb in- seiner Theorie des Galvanotropismus. Auch er nimmt die Wirkung der Ionen sowohl in der Außenlösung, als im Innern der Zellen an (innere und äußere Elektrolyse) und die Wir- kung ist verschieden je nachdem die eine Wirkung oder die andere Form der Elektrolyse vertreten ist. Bei der Erbsenwurzel kommen, wie es mir scheint, beide Wirkungen miteinander zur Geltung, die mit dem Durchtritt der Ionen durch die Plasmahaut verbunden sind. Weder das Schema des Muskels (innere Elektrolyse), noch dasjenige der Hautdrüsen- zellen von Ambiystoma und der Protozoen (äußere Elektrolyse) paßt für die Erbsenwurzel. Die Umstimmung findet bei allen Salzen mit Änderung der Konzentration statt, sie hat nach meiner Auffassung eine größere Bedeutung, als Loeb pag. 532 und 533 annimmt. Nur durch die Wechselwirkung der Verhältnisse der inneren und äußeren Elektrolyse gelingt es, in befriedigender Weise für die Verhält- nisse, wie sie bei der Erbsenwurzel vorliegen, eine Erklärung zu geben. Daß Stoffe ein- und austreten in diesem Falle, dürfte nach allem, was wir über den Stoffaustausch der Wurzeln kennen, keinem Zweifel unter- liegen. Wenn man will ist deshalb die Anschauung, die ich für die Verhältnisse der Erbsenwurzel habe, nur eine besondere Anwendung der Loebschen Theorie des Galvanotropismus. Wenn wir uns fragen, ob die beobachteten chemotropischen Reize, die verschiedene Salze auf die Wurzeln der Phanerogamen und auch auf die der Erbse ausüben, identisch sind mit den Reizerscheinungen des elektrischen Stromes, so können nur die Effekte der schwachen Ströme in Betracht kommen. Von diesen habe ieh nachgewiesen, daß sie je nach der Konzentration der Lösung Krümmungen gegen die Kathode oder Anode auslösen. Chemotrope Erscheinungen treten nur in einem Konzentrationsgefälle auf und zwar wachsen die Wurzeln bei schwachen Konzentrationsdifferenzen gegen die stärkere Konzentration der Lösung, wie die Versuche von Neweombe und Rhodes, Lilien- thal und Sammet zeigen. . \ In jedem Konzentrationsgefälle von Salzen treten elektrische Ströme infolge der ungleichen Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen auf, die Konzentrationsströme. Diese verlaufen so, daß der Strom, der von der niedrigen Konzentration zur höheren geht, die positive Ladung bekonmt, und der Strom, der von der höheren Konzentration Zur niedrigen geht, die negative Ladung erhält. Wenn deshalb die Wurzelspitze in einem schwachen Konzentrationsgefälle sich zum Orte stärkerer Konzen- 496 tration wendet, so ist das gleich bedeutend mit der Wendung zur Anode. Dieses tritt nur aber ebenfalls in der andern Anordnung des Experi- mentes im Galvanotropismus ein. Auch die in den Konzentrations- gefällen sich bildenden Ströme sind durchaus analog den ganz schwachen, an meinen Versuchen zur Anwendung gelangten Strömen. Nernst (pag. 708) berechnet die elektromotorische Kraft für das Konzentrations- gefälle KC1 0,1—0,01 Mol zu 0,0542 Volt und die beobachtete Größe war 0,0532 Volt. Je nach dem Widerstand wird die zwischen zwei Punkten fließende Strommenge verschieden sein. Man kann aber leicht sehen, daß, wenn diese beiden Punkte, die eine Differenz von 0,1—0,01 Mol aufweisen, in einen Konzentrafionsgefälle nahe aneinanderrücken, der Widerstand immer kleiner und die durchfließende Strommenge größer wird. Größen von 0,00001—0,000001 Amp. treten bei Entfernung dieser Punkte leicht auf. Daraus kann man wohl mit Recht schließen, daß bei den Versuchen über chemotropische Reizung der durch das Konzentrationsgefälle erzeugte Strom, wie ihn unter den Bedingungen die Lilienfeld, Shibata, Sammet eingehalten haben, in der Größe analog demjenigen ist, den ich zu meinen Versuchen wählte. Die Betrachtungen über die Konzentrationsströme und die chemo- trope Reizung der Wurzeln in Konzentrationsgefällen führen mich aber notwendig zur Frage über die Ursache des Reizes, der die Wurzel zur Ablenkung der Wachstumsrichtung verursacht. In einer homogenen Salz- lösung tritt eine Ablenkung der Wurzeln in ihrer Wachstumsrichtung nicht ein, sie folgt dem Geotropismus. Sobald ein Strom durchgeht, beginnt die Ablenkung. Es ist somit nur die Wanderung der Ionen eingetreten; nur diese kann die Ablenkung verursacht haben. Zum gleichen Resultate gelangt man aber für die Verhältnisse bei chemotroper Reizung im Konzentrationsgefälle. Gegenüber der homogenen Lösung zeigt das Konzentrationsgefälle nur die Wanderung der Ionen und das damit verbundene Auftreten der Konzentrationsströme. Daraus schließe ich, daß Chemotropismus der Salze und (salvanotropismus bei den Wurzeln identische Erscheinungen sind. Beide werden hervorgerufen dureh die Ionenwanderung und die damit verbundenen Veränderungen in der Phanero- gamenwurzel; in dem einen Falle wird aber die Ionenwande- rung durch ein Konzentrationsgefälle, im andern Falle durch den elektrischen Strom herbeigeführt. Wenn diese Sätze richtig sind, dann’ist aber zugleich die Prüfung der Wurzeln in einem Stromkreis unter den bis jetzt bekannten das beste Mittel, um die Konzentration der Umstimmung genau festzu- 47 stellen. Bei Phanerogamenwurzeln ist außer meinen Versuchen nur noch von Sammet der Versuch gemacht worden, diese Konzentration zu ermitteln. Indes geben seine Versuche leider keine exakten An- haltspunkte, um diese Differenz zu bestimmen. Soviel ich aus seinen Versuchsresultaten ersehe, muß das Ergebnis annähernd für NaCl, KNO, dasselbe sein, wie ich es erhalten habe. Die Versuche mit (elatine- blöcken, wie sie Lilienfeld angewendet hat, sind leider gar nicht ge- eignet, für diese Fragen verwendet zu werden, indem die Kolloide wie Gelatine und andere sehr stark hemmend auf die Ionenwanderung und damit auf die Ströme wirken. Auch in den Resultaten mit seinen Ver- suchen finden sich je nach den Umständen der Versuchsanstellung un- gleiche Resultate. Das beste Beispiel, um zu zeigen, wie verschieden die Resultate ausfallen je nach der verwendeten Methode, sind die Zucker- arten. Nach Sammet geben Glykose und Rohrzucker eine chemotrope Reizung, nach Lilienfeld geben sie keine Reizung auf Wurzeln! Mit Nichtelektrolyten habe ich nur einige wenige Versuche gemacht. Ein Zusatz von Rohrzucker, Glyzerin zu einer schwachen Salzlösung zeigt keine Einwirkung der Nichtelektrolyten. Die Wurzeln krümmen sich nur, wie wenn das Salz allein wirken würde. Indes gebe ich gerne zu, daß meine Versuchsanstellung nicht geeignet ist, diese Frage zu lösen. Wenn Nichtelektrolyte einen Chemotropismus auslösen — und daran ist, wie mir scheint, kein Zweifel möglich, — so ist die Wirkung des Nichtelektrolyten in den Veränderungen der Permeabilitätsverhältnisse der Plasmamembran zu suchen. Wird durch eine Einwirkung von un- gleichen Mengen Nichtelektrolyten auf den entgegengesetzten Seiten (der Wurzel die Plasmahaut nur etwas geändert in ihren Permeabilitätsver- hältnissen gegenüber den im Innern der Zelle enthaltenen Salzen, die sicher zum Teil dissoziert sind, so werden wir auf den entgegengesetzten Seiten ungleiche ausfällende und auflockernde Wirkungen auf die Kolloide des Plasmas haben und dementsprechend die Reizung. Daraus ist aber auch die Umstimmung leicht zu verstehen und zu erklären. Es ‚kann nieht in meiner Aufgabe liegen, hier diese Verhältnisse der Nicht- elektrolyte näher zu erörtern, bemerken will ich nur, daß sie mit meiner Auffassung des Zustandekommens der Reizung bei den Elektrolyten in Einklang stehen. , Es bleibt mir nur ührig, einen Blick auf die nachgewiesene, be- sonders ausgebildete Empfindlichkeit der Wurzelspitze zu werien. Die Untersuchungen über den statischen Apparat der Wurzelspitze haben ergeben, daß die besonders differenzierten Sinneszellen mit einem einzigen 498 großen Zellenraum ausgestattet sind, der mit dünnflüssigem Zellsaft erfüllt ist. In einer solchen Zelle muß die Wanderung der Ionen im Zellsaft leichter vor sich gehen, als wenn der Raum in viele kleine Vacuolen abgeteilt ist. Die Wirkung der Ionenwanderung wird deshalb in der Region der -Wurzelspitze besonders gut sich zeigen. Damit steht im Einklang die besondere Empfindlichkeit der Wurzelspitze. Die rückwärts liegenden Partien der Wurzel sind zwar ebenfalls befähigt, den Reiz aufzunehmen, wenn auch in viel schwächerem Maße. Das zeigt aber nur, daß in allen Zellen Reiz empfunden wird, infolge be- sonders günstiger Verhältnisse in der Wurzelspitze jedoch stärker als in den rückwärts liegenden Partien der Wurzel. Mit anästhesierenden Mitteln habe ich nur wenig Versuche gemacht. Es zeigt sich, daß es gelingt, die Empfindlichkeit für den galvano- tropischen Reiz aufzuheben. Bei einem Zusatz von 20°/, Chloroform- wasser zeigten die Wurzeln noch Wachstum, hingegen trat die Ablenkung der Wachstumsrichtung der Wurzel nicht mehr ein bei 0,1°/, KCl und 0,05°/, KCl Der Versuch zeigt uns, daß es gelingt, die Reizempfind- liehkeit der Wurzel aufzuheben, ohne daß ihr Wachstum sistiert wird. Meine Untersuchungen beziehen sich auf die Erbsenwurzel. Ich hielt es für richtiger, einen Lebensvorgang an einem Objekte möglichst intensiv zu studieren, als gleichzeitig mit zahlreichen Pflanzen zu ope- rieren. Ich war um so mehr gezwungen, diesen Weg einzuhalten, als Raum und Hilfsmittel, die mir zur Verfügung standen, recht be- schränkte waren. Dennoch habe ich nicht versäumt, mich zu über- zeugen, daß die Ablenkung der Wurzeln durch schwache elektrische Ströme eine ganz allgemein verbreitete Erscheinung ist. Ich habe sie bei folgenden Pflanzen beobachtet: Lemna trisulca, Allium cepa, Hyacinthus orientalis, Zea Mays, Triticum vulgare, Secale cereale, Avena sativa, Hordeum vulgare, Lepidium sativum, Bassica rapa und oleracea, Pisum sativum, Phaseolus vulgaris, Lupinus hirsutus, albus, Riecinus communis, Cueurbita Pepo, Lactuca scariola, Cichorium Intybus. Sie kommt auch bei den Kryptogamen vor. So konnte ich sie sehen bei Bacillus fluorescens, bei Pandorina morum. Ich zweitle nicht, daß die Spermatozoiden der Moose und Farne auch auf diese Weise gelenkt werden können. Die Zahlen für die Konzentrationen der Umstimmung werden für die einzelnen Objekte gewiß verschieden ausfallen, und es wird Auf- gabe weiterer Untersuchungen, diese besonders noch festzustellen. 499 Der spezifische Reizstoff wird bei den betreffenden Objekten je- weils eine besonders niedrige Konzentration der Wirkung und Um- stimmung aufweisen. Zusammenfassung der Resultate. Bei den Wurzeln sind die Wirkungen starker und schwacher elektrischer Ströme zu unterscheiden. Die einen rufen Abtötungs- erscheinungen oder Wachstumsstörungen hervor und bewirken auf diese Weise eine Ablenkung der Wachstumsrichtung der Wurzeln. Die andern erzeugen Ablenkungen der Wachstumsriehtung der Wurzeln ohne wesent- liche Störung des Wachstums. Die Umstimmung der Wachstumsriehtung der Wurzeln ist ab- hängig von der Konzentration der verwendeten Lösung, wenn man nur die Wirkungen der schwachen Ströme betrachtet. Diese Umstimmung tritt bei allen geprüften Salzen ein; die Konzentration der Umstimmung aber ist von Salz zu Salz verschieden. Es ergibt sich immerhin eine Regelmäßigkeit, so daß die Wirkung der Salze auf die Wachstums- richtung als eine additive Eigenschaft aufgefaßt werden muß, die gleich ist der Summe der Wirkung der Kationen plus Wirkung der Anionen. Galvanotropismus und ‚Chemotropismus der Salze sind auf gleiche Ursachen (elektrische Ströme und die damit verbundene Ionenwande- rung) zurückzuführen. Beide Erscheinungen treten in ganz allgemeiner Verbreitung bei den Phanerogamenwurzeln auf. Es sei mir gestattet, Herrn Prof. Dr. P, Weiß, sowie seinem Assistenten Herrn Dr. J. Kunz für die zahlreichen Ratschläge, sowie für die Benutzung der Apparate des physikalischen Institutes des eil- genössischen Polytechnikums an dieser Stelle bestens zu danken, Literaturverzeichnis. 1. J. Brunchorst, Über die Funktion der Spitze bei den Richtungsbewegungen der Wurzeln. II. Galvanotropismus. Ber, der deutschen bot. Gesellsch. 1884, Bd. II. . , 2. Ders., Zur Frage über den sogenannten Galvanotropismus. Bot. Zentralblatt 1885, Bd. XXIII. L 3. Ders., Notizen über den Galvanotropismus, Bergens Museums Aarsheretining 190, 4. R. Buller, Contributions to our knowledge of the physiology of the sperms- tozoa of ferns. Annals of Botany 1990, Bd. XIV. 500 a 6. 1 17. 18. Alfred Coehn und Wakelin Baratt, Über Galvanotaxis vom Standpunkt der physikalischen Chemie. Zeitschr. f. allg. Physiologie 1905, H. 1. Elfving, Über eine Wirkung des galvanischen Stromes auf wachsende Wurzeln. Bot. Zeitung 1882. . Lilienfeld, Über den Chemotropismus der Wurzeln, Beih. z. bot. Zentralbl. 1905, Bd. XIX! . Ders., Über den Chemotropismas der Wurzeln. Vorläufige Mitteilung. Ber. d. dentschen bot. Gesellsch. 1905. . B. Lidfors, Über den Chemotropismus der Marchantiaspermatozoiden. Jahrb. f. wissensch. Bot. 1905. . J. Loeb, Zur Theorie des Galvanotropismus. Pflügers Archiv 1897, Bd. LXV; IV. Über die Ausscheidung elektropositiver Ionen an der äußeren Anoden- fläche protoplasmatischer Gebilde als Ursache der Abweichungen vom Pflügerschen Erregungsgesetz von J. Loeb und 8. P. Bundgett. . J. Müller-Hettlingen, Über galvanische Erscheinungen an keimenden Samen. Pflügers Archiv f. Physiologie 1883, Bd. XXXL . Nernst, Theoretische Chemie 1905, III. Aufl. . Newcombe und Rhodes, Chemotropism of roots. Botanical Gazette 1904, Vol. XAXVIL . W. Pfeffer, Lokomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Reize. Unters. a. d. bot. Institut Tübingen 1884, Bd. 1. . Ders., Über chemotaktische Bewegungen von Bakterien, Flagellaten und Vol- voeineen, Unters. a. d. bot. Institut Tübingen 1888, Bd. IL . W. Rothert, Beobachtungen und Betrachtungen über taktische Reizerscheinungen. Flora 1901, Bd. LXXXVIL R. Sammet, Untersuchungen über Chemotropismus und verwandte Erscheinungen bei Wurzeln, Sprossen und Pilzfäden. Jahrb. f. wissensch. Botanik 1905. K. Shibata, Studien über die Chemotaxis der Isoötesspermatozoiden. Jahrb. £. Botanik 1905. Zentrosomen bei Angiospermen? Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der generativen Elemente im Pollen- schlauch. Von Max Koernicke. Hierzu Tafel V. Im April- und Maiheft des vorjährigen Journal de Botanique veröffentlichte Ch. Bernard, der schon im Jahre 1900 mit Angaben über Zentrosomen bei Lilium candidum, Helosis guyanensis und Lilium Martagon in der gleichen Zeitschrift hervorgetreten ward), weitere Mit- teilungen über Zentrosomen bei höheren Pflanzen?). Veranlassung zu diesen Mitteilungen gaben ihm die kritischen Bemerkungen, die ich, gestützt auf eigene Beobachtungen, gelegentlich eines Referates über seine erste Arbeit in der Botanischen Zeitung gemacht hatte?®), ferner die in meinem in den Berichten der Deutschen botanischen Gesellschaft 1903 erschienenen Zellberichtt) niedergelegten, die Zentrosomen im Pflanzenreiche betreffenden Untersuchungsergebnisse. Zu der Zeit, wo die erste Bernardsche Arbeit erschien, hatte sich als herrschende Ansicht die durchgerungen, daß individualisierte Zentrosomen den höheren Pflanzen abgehen. So war es nicht zu ver- wundern, daß man sich den Bernardschen Angaben gegenüber skep- tisch verhielt, zumal diese nicht nur zu denen Farmers?) und Mottiers®), welche die Existenz von Zentrosomen bei höheren Pflanzen in Ahrede stellten, sondern auch zu denen Guignards’), des Führers im Kampfe 1) Ch. Bernard, Recherches sur les sphöres attraetives chez Lilium eandidmm, Helosis guyanensis etc. Journal de Botanique 1900, Tome XIV, Pag. 11Sft 2 Tafeln. 2) Ders., Quelgues remarques A propos des centres kinetiques, Journal de Botanique 1905, Tome XIX, pag. 80-88, 9--Yr. 1 Tafel. 3) Botan. Zig. 1901, LIX. Jahrg, II. Abt, Sp- 181-180. 4) Der heutige Stand der pflanzlichen Zellforschung, pag. (66) —(1341, insbeson- dere pag. (82)—(95). 5) J. B. Farmer, Über Kernteilung in Lilium-Antheren, besonders in bezug auf die Zentrosomenfrage. Flora 1895, Bd. LXXX, pag. 58. 6) D. M. Mottier, Beiträge zur Kenntnis der Kernteilung in den Vollen- mutterzellen einiger Dieotylen und Monoeotylen. Jahrb. f. wiss. Bot, 1897, Bd. AAN, pag. 169 und Ders., Über das Verhalten der Kerne bei der Entwicklung des Em- bryosackes und die Vorgänge bei der Befruchtung. Ebenda, Bd. AXXXT, pag. 125. 7) L. Guignard, Nouvelles &tudes sur ia f@eondation, Ann. des seiene, unt, Botanique 1891, Tome XIV, pag. 168. 502 für die Zentrosomen, im Gegensatz standen. Die Gebilde, welche Bernard beobachten konnte, erschienen keineswegs so wohlausgebildet, wie Guignard sie angab. In manchen Fällen waren sie gar nicht zu beobachten, ferner war die Zahl der Zentrosphären am Kern und die der eigentlichen Zentrosomen in der Sphäre, schließlich ihre Form und Größe verschieden‘). Meinen Bedenken den Bernardschen Angaben gegenüber habe ich denn auch in der Botanischen Zeitung gelegentlich einer Besprechung der Arbeit des Verf. Ausdruck gegeben und ferner nach eingehendstem Studium der verschiedensten Objekte, bei welchen früher Zentrosomen angegeben worden waren, in den Berichten der Deutschen hotanischen Gesellschaft die Berechtigung des Standpunktes der meisten botanischen Zytologen verfochten, daß Zentrosomen bei den höheren Pflanzen nicht existieren. Bernard geht in seiner zweiten Arbeit auf meine Bedenken ein und hält, ohne jedoch auch jetzt einwandfrei beweiskräftiges Material vorzubringen, an seiner Behauptung fest, daß Zentrosomen bei den Angiospermen existieren. Neben manchen Punkten, die Bernard mir vorhält, und die ich weiterhin berücksichtigen werde, gab mir besonders der, daß ich meinen Angaben keine orientierenden Abbildungen beigegeben hatte, Veran- lassung, die vorliegende Mitteilung der Öffentlichkeit zu übergeben. Ich durchmusterte wieder eingehend meine alten Präparate, färbte sie zum Teil, obgleich sie vollkommen farbenfrisch erschienen, nochmals um, durch die Angabe Bernards dazu veranlaßt, daß bei seinen in Kanadabalsam eingeschlossenen Präparaten nach einiger Zeit die Zentro- somen und das Kinoplasma die Färbung verloren hatten und im übrigen Plasma nicht mehr zu erkennen waren?) Außerdem zog ich zur Untersuchung noch neues, mit dem von Sprecher empfohlenen und von Bernard in seiner letzten Arbeit?) angegebenen Gemisch von Eisessig (1 T.) und S0prozentigem Alkohol (2 T.) fixiertes Material heran. Dieses Fixierungsmittel war bei der Herstellung von Lilium- y Des leichteren Verständnisses wegen und um Verwirrung zu vermeiden, die bei Heranziehung der mit der älteren Nomenklatur versehenen früheren Zitate unvermeidlich sich einstellen würde, halte ich es für zweckmäßig, die älteren Be- zeichnungen beizubehalten, zumal sie eine klarere Vorstellung von den in ihnen enthaltenen Begriffen geben. Ich folge damit dem Vorschlage von Wilson und 0. Hertwig (efr. O. Hertwig, Allgemeine Biologie 1906, pag. 46, 47) und unter- scheide im Zentralkörperkomplex Zentrosomen (= Zentralkörperchen), ferner Zentro- sphären und Zentrenstrahlung = Aster == Astrosphäre. 2) A. a. O. 1905, pag. 89. 3) A, a. 0, 1905, pas. 9. 503 präparaten durch Sprecher und Fredericksz im Chodatschen Institut zur Anwendung gekommen, Präparaten, die Bernard vorlagen und nach seiner Angabe die fraglichen Gebilde so klar wie möglich (aussi clairement que possible) zeigten. Die Tinktion geschah entweder mit Safranin allein oder mit Safranin-Gentianaviolett-Orange; ferner wurde die von Meves ausprobierte Modifikation des Eisenhämatoxylin-Färbe- verfahrens, das bei der Sichtbarmachung von Zentrosomen in tierischen Zellen sich außerordentlich bewährt hatte, und Jodgrün-Fuchsin zur Färbung verwandt. Als Untersuchungsmaterial dienten naturgemäß in erster Linie die Embryosäcke von Lilium candidum, an welchen Bernard seine Be- obachtungen gemacht hatte. Bernard fand gerade die Lilium-Embryo- säcke wegen ihres homogenen, dichten‘ Zytoplasmas besonders geeignet zu seinen auf den Nachweis von Zentrosomen gerichteten Studien. Diese Gleichmäßigkeit des Plasmas ist meinen Präparaten zufolge jedoch nur in jungen Embryosackzellen, deren Kerne noch im Ruhezustand ver- harren, zu finden. Sobald die erste Kernteilung eingeleitet wurde, war das Auftreten mehr oder weniger zahlreicher Einschlüsse (anscheinend meist extranuklearer Nukleolen), die wohl den morphologischen Ausdruck des regen Stoffumsatzes im Plasma darstellten, zu beobachten‘), Ein- schlüsse, welche mir die Wahl gerade dieses Objektes für die in Frage stehenden Untersuchungen als nicht besonders glücklich erscheinen ließen?). Relativ günstigere Verhältnisse hätte Bernard in der Pollen- mutterzelle vorgefunden und ist es zu verwundern, daß Bernard, wenn er seinen Zentrosomen-Angaben in der neuen Arbeit besonderes Ge- wicht geben wollte, nicht wenigstens diese noch in den Kreis der Unter- suchungen hineingezogen hat, ein Objekt, welches auch schon durch die geringere Menge des auf Zentrosomen zu durchforschenden Plasmas sich zur Untersuchung empfiehlt, dessen Nachuntersuchung zudem durch die nach den früheren Angaben von Guignard®) unterdes von Yamanouchit) gemachten neueren besonderes Interesse gehabt hätte. D Ich verweise zur Orientierung hierüber auf die nach Photograpbien herge- stellten Abbildungen (Fig. 35, 36), welehe Coulter und Chamberlain in ihrer „Morphology of Angiosperms“, New York 1903, geben. 2) Vergl, auch die Angaben und Abbildungen von M. und P. Bouin, welche die verschiedensten Bildungen in den Embryosackmutterzellen der Liliaceen schil- dern. Sur ia prösence de filaments particuliers dans le protoplasme de la cellule- möre du sac embryonnaire des Liliacees. Bibliographie anatomique 1898. 3) L. Guignard, a. a. O. 1891, pag. 173 ff. 4) 8. Yamanouehi, Einige Beobachtungen über die Zentrosomen in den Pollenmutierzellen von Lilium longiflorum. Vorläufige Mitteilung. Beih. z. Botan, Zentralbl. 1901, Bd. X, pag. 301, 504 Was meine nach Erscheinen der zweiten Bernardschen Arbeit zunächst an den Embryosäcken von Lilium candidum von neuem auf- genommenen Untersuchungen angeht, so war es mir, um das Resultat gleich vorneweg zu nehmen, auch dieses Mal in keinem Fall möglich, indivi- dualisierte Zentrosomen zu entdecken, trotz Häufung des Materials, trotz- dem ich ferner einem anderen Standort als damals die Blütenschäfte entnahm und beim Einlegen Variationen eintreten ließ, indem ich bald bei trübem, bald bei sonnigem, bald morgens, bald mittags und abends die Fruchtknoten fixierte. Die neu gewonnenen Untersuchungsergebnisse deckten sich mit den von mir in den Berichten der Deutschen botanischen Geselischaft!) vor drei Jahren niedergelegten vollkommen. Wie damals erschienen die Embryosackmutterzellen verhältnismäßig lang, Auch in meinen neu angefertigten Präparaten ließ sich die Beobachtung machen, daß in weitaus den meisten Fällen die Spindelfiguren des ersten Teilungsschritts sich schräg zur Längsachse der Zellen (Tafel V, Fig. 1, 2, 3), manchmal fast senkrecht zu ihr gestellt hatten und so mit ihren Polen bald die seitlichen Hautschiehten erreichten. Die Fixierung der Spindelffgur im Zellplasma, die nach Bernard durch Zentrosomen bewirkt wird, war somit meinen Beobachtungen zufolge durch Inserieren der Spindelpole in der Hautschicht der Embryosackmutterzelle bewirkt. Wie verbreitet dieser Modus der Verankerung der Spindel in langgestreckten Embryosaekmutterzellen, also der durch Schrägstellung der Spindelfigur an ihnen ermöglichte Anschluß der Spindelpole an die Hautschicht, bei den Angiospermen ist, lehrten mich neben den Präparaten, die ich daraufhin revidierte, auch die von den verschiedensten Autoren gegebenen Abbildungen. In meinen Präparaten fand sich das er- wähnte Verhalten der Spindel noch in den Embryosackmutterzellen bezw. deren direkten Nachkommen von Yueca filamentosa, Iris germanica und Podophyllum peltatum. Nach den Abbildungen von Schniewind-Thies?) zeigt sich das gleiche bei Galtonia candicans, nach Lloyd®) bei Diodia teres, nach Coulter und Chamberlain *) bei Trillium recurvatum, 1) 1. ce. 1903, pag. (87) Ef. 2) J. Schniewind-Thies, Die Reduktion der Chromosomenzahl und die ihr folgenden Kernteilungen in den Embryosackmutterzellen der Angiospermen. Jena 1901, Taf. I, Fig. 14, 21. 8) Fr. E. Lloyd, The comparative Embryology of the Rubiaceae. Mem. of the Torrey botan. Club., Vol. VIEL No. 1, Pt, 2, 1902, Taf. XI, Fig. 17. 4) J. M. Coulter und Ch. !. Chamberlain, Morphology of Angiosperms, New York 1903, pag. 72, Fig. 28 B. C. 505 nach Wylie!) bei Elodea canadensis, um nur einige mir gerade in Erinnerung kommende Fälle zu nennen. Ich schrieb damals: „Nach Fällen, wo die Längsachse der Spindel annähernd mit der der Zellen zusammenfiel, solchen Fällen also, die Bernard abbildet, mußte lange gesucht werden)“. Hierauf möchte ich nur kurz hinweisen, da Bernard mir eine Angabe zuschreibt®), wonach ich niemals Spindeln gesehen hätte, die parallel zur Längs- achse des Empbryosacks situiert gewesen wären®). Ich war auf der- artige sich in meinen Präparaten nur selten mir darbietende Fälle weiter eingegangen) und hatte angegeben, daß die Spindelendi- gungen dort anders wie in den Bernardschen Figuren erschienen, indem die Pole sich scharf zugespitzt zeigten. Ich hegte die Vermutung, daß noch feine Fäden von ihnen aus weiter bis zur Haufschicht ver- liefen, um dort zu inserieren, eine Vermutung, die um so berechtigter erschien, als die Spindelpole nach der Seite, wo die nächst erreichbare Hautschicht lag, sich gekrümmt zeigten. Es handelte sich dabei immer um Spindelfiguren im Metaphasenstadium der Kernteilung. Bei der Wiederaufnahme des Studiums der zahlreichen alten und neuen Prä- parate, bei der ich auf die Lagerung der Spindel besonders mein Augenmerk richten mußte, weil Bernard, umgekehrt wie ich, nur mit seltenen Ausnahmen die erste Spindelfigur im Embryosack von Lilium parallel zur Längsachse der Zelle orientiert fand, ließ sich zudem noch konstatieren, daß in der Mehrzahl der seltenen Bilder, wo die Längs- achse der Spindel mit der der Embryosackzelle zusammenzufallen schien, Fälle vorlagen, in denen die C- oder Sförmig gekrümmte Spindel nicht in Profilstellung, sondern in Flächenansicht sich präsentierte. Die Spindel- endigungen wandten sich dabei entweder beide vom Beschauer ab (Tafel V, Fig. 4)%, oder beide ihm zu, oder das eine Ende war nach 1) R. B. Wylie, The Morphology of Elodea canadensis. Botan. Gaz. 1904, Vol. XXXVIL, Taf. II, Fig. 27. 2) 1. c. 1903, pag. (91). 3) 1. e. 1905, pag. 92. 4) pag. 83, gelegentlich der Inhaltsangabe meiner Arbeit berichtet Bernard jedoch richtig: „Il affirme y avoir rarement vu les fuseaux“ ... etc. ete. 5) Le. 1908, pag. (9). 6) Ein derartiger Fall liegt aller Wahrscheinlichkeit in den in Fig. 36 E des Werkes von Coulter und Chamberlain „Morphology of Angiosperms“ und in Fig. 76 von Chamberlain, „Methods in Plant Histology“, 2. Auflage, Chicago 1905, pag. 219, dargestellten Embryosäcken von Lilium philadelphicum vor, worauf ich besonders hinweisen möchte, da die Bilder nach Photographien repro- duziert wurden. Flora. 1906. 33 506 oben, das andere nach unten zu gekehrt, um wohl an den entsprechenden Hautschichten seine Ansatzstelle zu finden. Mittlere Lamellen aus Embryosackzellen mit derartig gelagerten Spindeln konnten so leicht das Bild einer parallel zur Längsachse der Zelle gerichteten Spindel vortäuschen (Tafel V, Fig. 4), zumal die in den benachbarten Schnitten vorliegenden Spindelenden oft nur bei eingehendster Beobachtung und bei exzellent gefärbten Präparaten deutlich sich präsentierten; hatte doch das Messer sie in den meisten Fällen, namentlich dann, wenn sie be- sonders scharf nach oben oder unten abbogen, fast quer getroffen. Vielleicht lassen sich auf die Beobachtung derartiger Mittellamellen aus gebogenen Spindeln die relativ stumpfen Pole erklären, welche die von Bernard abgebildeten Spindeln besitzen, vielleicht sogar auch die Zentrosomenbilder, mit welchen diese Pole geschmückt sind. Haben wir doch hier einen ähnlichen Fall der gekrümmten Spindelform vor uns, wie ihn Guignard seinerzeit bei Nymphaea in den Pollenmutter- zellen fand und abbildete). Guignard wollte damals den kleinen Körperchen, die er an den Spindelpolen dort antraf, bezw. Körnchen, aus welchen die Spindelenden bestanden, Zentrosomennatur zugesprochen wissen, wogegen sieh Strasburger?), gestützt auf eigene Beobachtungen, wandte. Gelegentlich der Schilderung der in sich teilenden Pollen- ' mutterzellen von Nymphaea vorliegenden Verhältnisse berücksichtigte Strasburger auch die Fälle, wo ein dem Beobachter zugekehrtes Ende einer gekrümmten Spindel durchgeschnitten worden war; da konnte diese Stelle als ein stärker lichtbrechendes Korn erscheinen 3). Sollte Bernard nicht auch bei manchen seiner „Centres kindtiques“ mit derartigen Fällen zu tun gehabt haben und so einer Täuschung zum Opfer gefallen sein, die bei der geringen Größe der fraglichen Gebilde so leicht möglich ist? Bernards Abbildungen lassen allerdings in diesem Punkte keine Entscheidung zu. Dagegen, daß extranukleare Nukleolen ihm Zentrosomen vorgetäuscht haben, verwahrt sich Bernard ausdrücklich. Immerhin erscheint es auffallend, daß die meisten von ihm gegebenen Abbildungen Anaphasen, bezw. Telophasen der Kernteilung darstellen, Zustände, mit denen be- kannterweise gerade bei Liliazeen ein besonders starkes Auftreten extra- 1) L. Guignard, Les centres eindtiques chez les veg6taux. Ann. des sc. natur,, Botanique 1898, VIIL Ser., T. VI, pag. 184, Taf. 9. 2) E. Strasburger, Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Zentrosomen und Cilienbildner im Pflanzenreich, Jena 1900, pag. 158 ff. 3) E. Btrasburger, ]. c. 1900, pag. 161. 507 nuklearer Nukleolen, die irreleiten konnten, verknüpft ist. Von Nukleolen sollen sich nach Bernard die Zentrosomen durch ein bestimmtes Licht- brechungsvermögen unterscheiden, ferner durch die Eigenschaft, bald ihre Färbung zu verlieren, während die Nukleolen, wie die Revision 6 Jahre alter Präparate ergab, auch dann noch lebhaft gefärbt hervor- traten. Neben den Zentrosomen sollen auch Spindelfasern, Strahlungs- fasern und das Kinoplasma (les filaments du fuseau, les rayons de Y’aster, le kinoplasma)!) sehr schnell ihre Färbung verlieren und nicht mehr zu unterscheiden sein. Diese Angabe war mir insofern auffällig, ‘ als in den vor nunmehr über 10 Jahren im Bonner Botanischen Institut mit Safranin-Gentianaviolett-Orange gefärbten Präparaten die kinoplasma- tischen Bestandteile noch jetzt in unverminderter Klarheit sich beobachten lassen, eine Tatsache, die doch für die Güte der im hiesigen Institut geübten Färbetechnik spricht. Diese Färbetechnik ist derartig an den verschiedensten Objekten von den verschiedensten Forschern im Institut durchprobiert und vervollkommnet worden, daß man bei den verschiedenen Variationen auch bei Angiospermen doch einmal von ihr das Hervor- bringen selbst so kleiner Körper, wie Zentrosomen, erwarten mußte, falls diese vorhanden waren. Und in der Tat zeigten sich ja die im Verhältnis zu den Körpern, welche Bernard als „Centres kinetiques“ deutet, viel kleineren Zentrosomen oder zentrosomartigen Gebilde bei niederen Pflanzen deutlich nach Anwendung unserer Färbemethoden — ebenfalls die Blepharoplasten bei Oycadeen — und haben zudem bis auf den heutigen Tag in unseren Präparaten ihre Färbung bei- behalten, - Neben extranuklearen Nukleolen finden sich namentlich in älteren Embryosäcken von Lilium oft auch Körper vor, deren Bildung wohl auf den regen Umsatz der zum Embryosack geleiteten Nährstoffe sich zurückführen läßt. Ich habe diese Körper gelegentlich meiner früheren, die Bernardschen Angaben diskutierenden Mitteilungen?) schon be- schrieben, muß jedoch jetzt, nach Erscheinen der zweiten Bernardschen Arbeit, nochmals darauf eingehen. „Neben den Polkernen bezw. dem sekundären Embryosackkern befanden sich ein oder mehrere Körper, ‘von welchen jeder mit einer filzigen Plasmaschieht umhüllt war (Taf. V, 1) ef. pag. 89 des 2. Bernardschen Anfsatzes. Es sei bemerkt, daß die Fasergebilde der Spindel und Polstrahlungen kinoplasmatische Bestandteile dar- stellen, weshalb die Zufügung des „Kinoplasma“ verwunderlich erscheint, 2) Botan. Zig. 1901, a. a. O, Sp. 185 und Ber, der Deutschen Bot. Gesell- schaft 1903, a. a. O., pag. (92). 33* 508 Fig. 6). Dieselben Körper fanden sich auch frei im Plasma vor (Taf. V, Fig. 7). Sie waren, wie sich aus der Färbung und dem Verhalten gegen Reagentien entnehmen ließ, keine Nukleolen, sondern irgendwelche andere überschüssige Stoffe, die sich vielleicht in kleinen Vakuolen resp. Alveolen gesammelt hatten und dureh eine dichte Plasmaschicht gegen die Umgebung abgegrenzt worden waren. Höchstwahrscheinlich waren es fett- oder ölhaltige Substanzen, da sie durch die Osmiumsäure ent- haltenden Fixierungsmittel geschwärzt waren.“ Mit Wasserstoffsuper- oxyd konnte die Schwärzung des Inhalts beseitigt werden (Taf. V, Fig. 8). Dies geschah z. B. in einem der hier und da zu beobachtenden Fälle, wo zwei dieser Körper von einer gemeinsamen Hülle umgeben waren und so Bilder boten, die Teilungsfiguren von Zentrosomen vortäuschen konnten (Taf. V, Fig. 9). An einen dieser eben geschilderten Körper erinnerte in etwas der Kern in Fig. 4, Taf. IV des ersten Bernard- schen Aufsatzes, worauf ich denn auch hinwies!), erinnern auch bis auf die Strahlungen, die ich nie bei den von mir beobachteten Körpern konstatieren konnte, in gewissem Grade manche Bilder auf Taf. IH der neuen Bernardschen Arbeit. Bernard bedauert gerade bei diesem Punkte das Fehlen von begleitenden Illustrationen in meinen bisherigen Mitteilungen, weshalb ich in den Figuren 6, 7, 8, 9 die frag- lichen Körper vorführen möchte. In den Bildern, die Bernard seiner letzten Arbeit beifüst, sind die Zentrosomen einmal mit, das andere Mal ohne Strahlung abgebildet. Bei einigen Figuren (13, 15, Taf. III} werden von dem ganzen Kern- wandkreis ausstrahlende Fasern wiedergegeben bis auf die Stelle, wo die Zentrosomen in einer Jichteren Plasmaansammlung liegen. In den meisten Fällen geht aber gerade von den Zentrosomen bezw. von der sie umgebenden dichten Plasmaansammlung ein stark ausgebildetes Faser- strahlungssystem aus. Auf das sich daraus ergebende verschiedene Ver- halten geht Bernard jedoch nicht ein. Ich selbst habe in den Embryo- säcken von Lilium candidum schön ausgebildete, in gleichmäßiger Ver- teilung vom ganzen Kernumkreis ausgehende Strahlungen, deren Fasern zum Teil die seitlichen Hautschiehten erreichen und so zur Fixierung der Teilungsfigur im Zellplasma beitragen konnten, immer vom Beginn der Tochterkernhildung an (Taf. V, Fig. 5) bis zur Fertigstellung des ruhenden Zustandes des Tochterkerns beobachten können. Sie traten weiterhin zu Beginn der nächsten Spindelbildung besonders deutlich wieder hervor und fanden bei dem Aufbau des Spindelkörpers Verwendung. 1) Botan. Ztg. 1901, a. a. O, Sp. 185 und Ber. d. deutsch. Gesellsch. 1903, a. a. Ö, pag. (92). 509 Dabei war nie zu bemerken, daß an einer Stelle der Kernwand der Strahlen- kreis unterbrochen gewesen wäre, wodurch sich ein Anhaltspunkt dafür hätte gewinnen lassen, daß an dieser Stelle doch ein durch die Färbung nicht zur Sichtbarkeit gebrachtes Zentrosom gelegen hätte, Ebenfalls fand ich nie die Strahlungsfasern auf eine Stelle der Kernwand hin gerichtet, den Ort verratend, wo ein Zentrosom sich hätte verborgen halten können. So ließen sich auch in den nächstfolgenden Phasen der Kernteilung keine Zentrosomen entdecken; die Spindelbildung und -ent- wicklung ging in der seit den Mottier’schen Untersuchungen !) für die Lilien bekannten Weise von statten. Daß Bernard sich nicht die Mühe nahm, uns mit dem Verhalten der Zentrosomen vom Beginn der Karyokinese durch alle Teilungs- stadien hindurch bis zum Beginn der nächsten im Zusammenhang be- kannt zu machen, halfe ich im Interesse der Klärung der Frage für sehr bedauerlich. Vor allem vermißt man Angaben über den Beginn der Kernteilung, wo sich den übrigen Angaben darüber zufolge die Centrosomen, falls vorhanden, besonders deutlich hätten zeigen müssen, und über das Verhalten des Zentrosoms bei der damit verknüpften Spindelbildung. Durch eine die aufeinanderfolgenden Zustände lücken- los in sich fassende Untersuchung hätte Bernard doch, wenn sie posi- tiven Erfolg gehabt hätte, am ehesten eine Stütze für die Zentrosomen- natur der von ihm beschriebenen Körper gewonnen. Das war der Grund, weshalb ich auch früher bedauerte, daß Bernard seine Uhter- suchungen nicht nach der genannten Richtung ausgedehnt hatte, Ich glaube nicht, daß die Begründung, welche er mir entgegenhält, und deren Inhalt der ist, daß er sich eben bloß auf die Feststellung des Vorhanden- seins bezw. Nichtvorhandenseins dieser Körper habe beschränken wollen, stichhaltig ist und diese Unterlassung rechtfertigt. Heute wie damals, als seine erste Arbeit erschien, ist die Sachlage die, daß fast die Ge- samtheit der botanischen Zytologen ein Nichtvorhandensein von indi- vidualisierten Zentrosomen bei den Angiospermen annimmt. Dem mußte Rechnung getragen werden, indem möglichst intensiv nach allen Seiten hin der Gegenstand durchgearbeitet wurde, wenn die Angaben hätten überzeugend wirken sollen; und wenn Bernard vorbringt, daß u. a. die geringe Größe der Körper einer Untersuchung nach der von mir gewünschten Richtung hinderlich im Wege stehen würde, so weise ich nur auf die seinen beiden Abhandlungen beigefügten Figuren hin, in welchen beträchtlich größere Körper wiedergegeben sind, als sie z. DB. 1) 1 c, 1897, 1898, 510 in den Abhandlungen von Strasburger‘), Swingle?) und Mottier), die bei verschiedenen Algen das Verhalten der Zentrosomen bei der Teilung der Kerne in intensivster Weise verfolgen konnten, zu finden sind. Von besonderem Wert wäre es, wie schon eingangs betont, unter den vorliegenden Umständen auch gewesen, wenn Bernard seine Unter- suchungen auch auf die Pollenmutterzellen ausgedehnt hätte. Dort sind die Verhältnisse schon aus dem Grunde leichter zu kontrollieren, daß der nach Zentrosomen zu durchforschende Plasmaleib hier geringere Di- mensionen aufweist als in den Embryosäcken, welche gerade bei den Liliazeen eine auffallend große Plasmamenge einschließen. Besondere Veranlassung zur Ausdehnung seiner Untersuchung auf diese Zellen hätten neben meinen Angaben‘) auch die von Yamanouchi ein Jahr nach der ersten Bernardschen Arbeit veröffentlichten Mitteilungen über Zentrosomen in den Pollenmutterzellen von Lilium longiflorum gegeben °). Yamanouchi konnte bei diesem Objekt nicht in allen Stadien der Kernteilung Zentrosomen beobachten. Die Gebilde traten ferner, nach den Abbildungen zu urteilen, welche Yamanouchi beigibt, nicht in bestimmter Form auf. Ich hatte damals, schon bevor die Angaben von Yamanouchi veröffentlicht waren, Veranlassung genommen, die Pollenmutterzellen von Lilium Martagon auf das Vorhandensein von Zentrosomen hin zu prüfen. Auf dem im Mai 1901 in Bonn tagenden Anatomenkongreß war mir Gelegenheit geboten, Einblick in die nach einer besonderen Modi- fikation des Eisen-Hämatoxylin-Färbeverfahrens tingierten Präparate von F. Meves zu tun, der diese Färbemethode®) ausgebildet hatte. Die Präparate enthielten spermatogene Zellen einer Süßwasserschnecke (Palu- dina vivipara), in welchen die winzigen Zentrosomen mit überraschender Deutlichkeit durch die genannte Färbung hervorgebracht waren. Meves hatte die ‚große Liebenswürdigkeit, mich bald darauf im Kieler ana- 1) E. Strasburger, Kernteilung und Befruchtung bei Fucus. Jahrbücher f. wissenschaft. Bot. 1897, Bd. XXX, pag. 351 ff. 2) W. Swingle, Zur Kenntnis der Kern- und Zellteilung bei den Spha- celariazeen. Ebenda, pag. 297 ff. . 3) D. M. Mottier, Nuclear and Cell division in Dietyota dichotema. Ann. of Botany. Vol. XIV, pag. 163 ff. 4) Ber. d. Deutschen bot. Gesellsch. 1903, pag. (88). 5) 8. Yamanouchi, Einige Beohachtungen über die Zentrosomen in den Pollenmutterzellen von Lilium longiflorum. Beih. z. bot. Zentralbl. 1901, Bd. X, pag. SOLE. 6) Genaueres über diese Färbemethode findet sich in der IV. Auflage des großen Botanischen Praktikums von E. Strasburger, 1902, pag. 70. 5il tomischen Institut mit seiner Färbetechnik vertraut zu machen, die ich zunächst bei den Pollenmutterzellen von Lilium Martagon in Anwendung brachte. Die Untersuchung fiel negativ aus. Zentrosomen waren auf keinem Stadium der Kernteilung sichtbar zu machen. Als die Arbeit Yamanouchis erschien, zog ich dann auch Lilium longiflorum in den Kreis der Untersuchung, mit demselben negativen Ergebnis. Die Bilder, welche sich bei der erneuten Revision meiner früheren und auch der neu hergestellten Präparate, bei deren Herstellung auch Lilium candidum berücksichtigt wurde, präsentierten, erschienen mir ebenso wie damals (vergl. Tafel V, Fig. 10—15). „Es war an ruhenden, wie an den sich teilenden Kernen nichts von Zentrosomen zu entdecken. Der ganze den Kern umgebende Zytoplast wurde systematisch nach den Körperchen durchforscht — mit negativem Erfolg. Ganz besondere Aufmerksamkeit wurde dem Stadium der Spindelanlage bei der ersten Teilung geschenkt. Man findet hier jene oft beschriebenen und abgebildeten multipolaren Spindeln vor, aus deren Mehrpoligkeit verschiedentlich der Schluß auf das Nichtvorhandensein von Zentrosomen gezogen wurde. Die von Meves!) über die Entwicklung der sogenannten wurmförmigen Samen- fäden von Paludina vivipara gemachten Beobachtungen räumten diesen Einwand hinweg. Es traten Meves in den Spermatiden dieser Süß- wasserschnecke mehrpolige Spindelanlagen entgegen, von denen jeder Pol mit einem Zentrosom versehen war. Die einzelnen Zentrosomen traten später bei Bildung der zweipoligen Spindel an zwei entgegen- gesetzten Punkten der Zellperipherie zusammen. Trotz eifrigsten Suchens konnte ich auch in den mit Eisenhämatoxylin tingierten Präparaten kein einziges zentrosomähnliches Gebilde an den Polen antreffen. Auch an der fertigen zweipoligen Spindel war nichts davon zu finden. Die Spindelpole endigten immer in der Hautschicht?). Sie waren öfters in mehrere Spitzen gespalten, die sich hier und da kreuzen 1) In den Mitteilungen für den Verein Schleswig-Holstein. Ärzte, Jahrg. X, No. 1, 1901, ferner in den Verbandlungen der anatom. Gesellsch., 15. Versamml. in Bonn 1901 und im Archiv für mikroskop. Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Bd. LXT, 1902. 2) Das gleiche läßt sich auch aus einem Teil der Figuren ersehen, die Mottier 1. ce. 1897 besonders auf Tafel IV gibt; ferner, um nur Lilium zu berücksichtigen aus Ch. E, Allen, Nuclear Division in the Pollen-Mothercells of Lilium canadense, Ann. of Bot., Vol. XIX 1905, Taf. VIII, Fig. 56. — Über die verschiedenen Modi der Fixierung des Spindelkörpers im Zellplasma der verschiedensten Pflanzen macht E. Strasburger in seinem Buch über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Zentro- somen und Cilienbildner im Pflanzenreich, Jena 1900, pag. 144ff. eingehende Mit- teilungen. Vergl. diese und die zugehörigen Figuren. 512 konnten (Fig. 12, 13, 14); oft bogen sich die Spindelenden und liefen der Hautschicht entlang, ohne jedoch nach einem Zentrosom hin gerichtet zu sein. Eine Endigung der Spindelpole, zumal in solcher Entfernung von der Hautschicht, wie sie Guignard für Lilium Martagon, Yama- nouchi für Lilium longiflorum abbildete, war niemals zu beobachten, Zentrosomen infolgedessen auch an diesen Stellen nicht nachzuweisen. In den Anaphasen der ersten Teilung konnten wohl hier und da einige der gewöhnlich in diesem Stadium auftretenden, extranuklearen Nukleolen in der Nähe der Pole liegen, doch waren sie immer sofort als solche zu erkennen. An den Kernteilungsfiguren der zweiten Teilung lagen die Kerne der Regel nach so dicht der Hautschicht angeschmiegt, daß ein Zentrosom höchstens in einer Vertiefung der Kernoberfläche hätte Platz finden können“. Bei der diesen letzten Punkt ebenfalls eingehend berücksichtigenden erneuten Untersuchung ließen sich aber aus dem Studium der aufeinanderfolgenden Schnitte durch die Kerne keine An- haltspunkte dafür gewinnen. Wohl zeigten die Kerne hier und da an ihrer der Hautschicht genäherten Seite entsprechend der Lagerung der bei ihrer Bildung zusammengetretenen Tochterehromosomen an den Polen eine Vertiefung, so daß der Kernausschnitt nierenförmig erschien; ein Körperehen war jedoch in der Vertiefung nicht zu bemerken. Alles dies, besonders aber die Feststellung des Umstandes, daß die Spindelpole die Hautschicht erreichen und in ihr fixiert sind, läßt die Annahme eines Vorhandenseins von Zentrosomen, zum mindesten an den Stellen, wo Yamanouchi sie zeichnete, als nicht zutreffend erscheinen. Vielleicht ist auch das Nichterscheinen der ausführlichen Arbeit, die Yamanouchi vor 5 Jahren in Aussicht stellte, darauf zurück- zuführen, daß dem Verfasser unterdes selbst Zweifel an der Zentro- somennatur der Körperchen gekommen sind, „welche unzweifelhaft den Zentrosomen von Guignard entsprechen“). Ich würde mich auf die gemachten Angaben und Abbildungen beschränken können, weil in ihnen jene Elemente in ausgedehnter Weise behandelt worden sind, Embryosäcke und Pollenmutterzellen von Lilium, die Bernard und Yamanouchi als Untersuchungsobjekte verwerteten. Doch glaube ich der Sache zu dienen, wenn ich meine weiteren früher und auch neuerdings wieder an Lilien?) gemachten Beobachtungen an- schließe, zumal mir dadurch Gelegenheit gegeben wird, meine Angaben, 1) Yamanouchi, 1, c. pag. 302. 2) Über die Revision der Verhältnisse bei anderen Pflanzen, für die früher ebenfalls Zentrosomen angegeben worden waren, vergleiche man die entsprechenden Stellen in meinem Bericht von 1903, pag. (90) ff. 513 die früher ohne Figuren erscheinen mußten, mit erläuternden Abbildungen zu versehen. Als ieh mich vor ca. 6 Jahren mit der Zentrosomenfrage be- schäftigte, glaubte ich es nicht unterlassen zu dürfen, die generative Zelle im Pollenkorn, die aufeinanderfolgenden Stadien ihrer Teilung und deren Produkte auf die fraglichen Gebilde hin zu prüfen. Es leitete mich bei der Aufnahme dieser Untersuchung zunächst die Erinnerung an die Tatsache, daß es auf tierischem Gebiet die den generativen Zellen entsprechenden Spermatozoiden sind, die im Befruchtungsakt das bei der Teilung des Keimkerns in Funktion tretende Zentrosom in das zentrosomlose Ei einführen. Zudem winkte die Möglichkeit der Aussicht, Anknüpfungspunkte für die richtige Deutung jener als Blepharoplasten bezeichneten Gebilde zu gewinnen, die sich bei den entsprechenden Elementen der Pteridophyten und einiger Gymnospermen vorfanden und denen von verschiedenen Seiten Zentrosomennatur zugesprochen worden war. Ich fand „die linsen- resp. halbmondförmige, generative Zelle im Pollenkorn von Lilium Martagon und Lilium speeiosum, welche auf diesen Punkt hin untersucht wurde“, „anfangs dieht mit Plasma erfüllt, das sich, wie das auch schon Mottier!) angab, bei gut gelungenen, mit Safranin-Gentianaviolett-Orange gefärbten Schnitten“ im Gegen- satz zu dem übrigen hellbräunlich erscheinenden Plasma des Pollenkorns „rein violettblau tingiert und so seine kinoplasmatische Natur anzeigt. Schon vor, besonders deutlich aber bei der Keimung des Pollenkorns“, womit eine Größenzunahme der generativen Zellen und eine Auflocke- rung ihres Plasmas verknüpft ist, „treten in ihrem Innern regelmäßig rundliche, meist aber in die Länge gezogene, stäbchenförmige, in der Färbung sich wie Nukleolen verhaltende Körperchen auf und zwar oft in großer Menge (Taf. V, Fig. 16). Auch Mottier fielen diese auf. Er teilt darüber folgendes mit?): „„Im Zytoplasma der generativen Zellen können oft ein oder mehrere Körper beobachtet werden, die sich ganz wie extranukleare Nukleolen färben, was sie in der Tat auch sind, Zwei derselben können nebeneinander in der Nähe des Kerns oder ge- trennt an entgegengesetzten Seiten derselben liegen; schließlich können sie beliebig in der halbmondförmigen Plasmamasse verteilt sein. Wenn diese extranuklearen Nukleolen nahe am Kern liegen, könnte es einem unerfahrenen Beobachter den Anschein erwecken, als wären 1) D. M. Mottier, Über das Verhalten der Kerne bei der Entwicklung des Embryosacks und die Vorgänge bei der Befruchtung. Jahrb. f. wissenschaftl. Bot, Bd. XXXT, pag. 146. 2) Ebenda pag. 146. 514 Zentrosomen vorhanden““. „Außer diesen Nukleolen waren am genera- tiven Kern sowohl vor, wie nach der Keimung keine Körperchen zu entdecken, die als Zentrosomen hätten gedeutet werden können. Auch die verschiedensten Modifikationen der Heidenhainschen Eisenhäma- toxylin-Methode, die ich anwandte, konnten keine derartigen Gebilde sichtbar machen.“ — Verfolgen wir weiter das Verhalten der im Plasma des den Griffel- kanal herabwachsenden Pollenschlauchs eingebetteten generativen Zelle. Sie nimmt zunächst weiter an Größe zu, wobei ihre Kontur undeutlich wird. Ihr Kern tritt, sich stark in die Länge streckend, in die Pro- phasen ein‘), ohne daß an ihm irgend ein Zenfrosom sich bemerkbar macht. Bei dem nun folgenden Spindelstadium (Taf. V, Fig. 17) ver- laufen die sehr zart ausgebildeten Spindelfasern im Plasma, ohne eben- falls polwärts auf ein Zentrosom zu treffen. Vielleicht heften sie sich auch hier an die Hautschicht der Zelle, was aber mit Gewißheit nicht zu konstatieren war, da zu dieser Zeit nur noch andeutungsweise etwas von Umrissen der generativen Zelle zu beobachten ist (vergl. Taf. V, Fig. 17 bei g. Z.). Weil, wenn überhaupt, so nur eine zarte Zeliplatte im Äquator der Figur weiterhin angelegt wird (Taf. V, Fig. 18, bes. 19), die zudem bald schwindet, so kommen die aus der Teilung hervor- gehenden beiden Tochterkerne nicht in je einer zu einer generativen Zelle abgegrenzten eigenen Plasmamasse zu liegen (Taf. V, Fig. 20). Ich habe in zahlreichen Fällen die generativen Tochterkerne im Pollen- schlauch beobachten, doch nur einmal eine auf Zellteilung zurückzu- führende Unterbrechung der zwischen beiden liegenden Plasmamenge beob- achten können. Dieser Fall ließe, falls kein Kunstprodukt vorliegt, die Annahme zu, daß vielleicht doch zunächst, wenn nicht überall, so doch hier und da, die Zellplattenbildung durchgeführt wird und eine Trennung des Plasmas stattfindet, daß jedoch später sich die Grenzen verwischen, wobei sich in der Regel das zwischen beiden Kernen liegende Zytoplasma vollkommen gleichmäßig verteilt findet. Es finden sich auch späterhin die zur Pollenschlauchspitze vorgedrungenen, schon die gewundene Wurmform zeigenden generativen Kerne in einer gemeinsamen Plasmamasse vor (Taf. V, Fig. 21), in der sich keine Differenzierung zwischen dem der ur- 1) Der generative Kern ging also, wie das auch seit Guignards Untersuehungen für Lälium Martagon bekannt ist, erst im Pollenschlauch seine Teilung ein. Fälle, wie die von Ch. J. Chamberlain, zuletzt in Coulter und Chamberlain, Mor- phology of Angiosperms, pag. 134, für Lilium auratum und L. tigrinum angegebenen, wo schon im Pollenkorn der generative Kern seine Teilung durchführt, wobei übrigens die generative Zelle ungeteilt bleibt, sind mir bei den von mir untersuchten Lilien nicht enigegengetreten. 515 sprünglichen generativen und der vegetativen Zelle angehörenden Zyto- plasma, ebenfalls keine zentrosom- bezw. blepharoplastenähnlichen Bil- dungen erkennen lassen. Die hier vorliegenden, das Verhalten der generativen Zelle im Pollenschlauch betreffenden Untersuchungsergebnisse weichen neben der Feststellung des Fehlens der Zentrosomen in gewissem Maße von denen Guignards, dem wir die bekannte eingehende Schilderung der im Pollenschlauche von Lilium sich abspielenden Vorgänge verdanken !), ab. Scharf umrissene generative Zellen, wie sie Guignard im Jahre1891 beim Pollenschlauch von Lilium Martagon und Fritillaria abbildete (ef. Taf. XI, Fig. 35, 36), sind mir nicht entgegengetreten. Es ließ sich nicht an den generativen Kernen, die übrigens schon kurz nach der Teilung eine beträchtliche Länge erreichen, die zarte Hülle von Plasma beobachten, welche auch nach den neueren Angaben von Guignard noch nach Eintritt des Pollenschlauchs in den Embryosack bei Lilium die gene- rativen Kerne hier und da umgeben, die aber etwas später nicht mehr zu erkennen sein soll®). Vielmehr liegt bei Lilium wohl ein ähn- licher Fall vor, wie ihn Guignard für Tulipa angegeben hat), wobei }) Ähnlich verhält sich den älteren Angaben zufolge, die Strasburger in seinen Neuen Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang .bei den Phanerogamen im Jahre 1884 (8. 16) machte, u. a. Convallaria, Polygonatum. Da ist der in den Pollenschlauch eingewanderte generative Kern, wenn er in Teilung eintritt, nicht mehr in einer besonderen Zelle eingeschlossen, sondern liegt frei im Schlauchplasma. 2) L. Guignard, 1891 1. c. pag. 176 ff. 3) L. Guignard, Sur les antherozoides et la double copulation sexuelle chez les vegötanx angiospermes. Revue generale de Botanique 1899, T. XI, pag. 131, und Les d6couvertes r6centes sur la fecondation chez les vegetaux angiospermes. Cinquantenaire de la soci6t6 de Biologie. Paris 1899, p. 191. Auch Miß Sargant gibt eine eigene zytoplasmatische Hille für jeden der beiden generativen Kerne im Pollenschlauch an; doch erscheint mir diese Angabe nach einem Blick auf die wenig klare und anscheinend einen in Desorganisation befindlichen Pollenschlauch dar- stellende Abbildung (Fig. 34) nicht genügend fundiert, zumal wenn wir noch Fig. 33 berücksichtigen, wo um den in Teilung begriffenen primären generativen Kern eine bestinmte, ihm zukommende Plasmamenge nicht ahgegrenzt ist, E. Sargant, The formation of the sexual nuclei in Lilium Martagon: IL Spermatogenesis. Ann. of Botany 1897, Vol. XI, pag. 213, Taf. XI. 4) L. Guignard, L’appareil sexuel et la double f&condation dans les Tulipes. Ann. des sc. nat, Botanique, 8. Ser, T. XI, pag. 375, wo die im Pollenschlauch von Tulipa vor Eintritt in den Embryosack vorliegenden Verhältnisse folgendermaßen geschildert sind: „Le protoplasme qui les“ deux noyaux mäles „entourait #’etait lui möme color d’une facon assez marqu6e par l’hematoxyline, et, bien qu’il ne füt pas nettement distinet du reste du contenu du tube pollinigue, il repr6sentait sans doute le protoplasme propre des cellules mäles. Quand le sommet du tube vient de laisser sortir son contenw, les noyaux mäles sont entour&s d’une substance dense et 516 mir allerdings nur hier und da in solchen mit Eisenhämatoxylin gefärbten Präparaten das in der näheren Umgebung der generativen Kerne be- findliche Plasma durch stärker den Farbstoff speichernde Teilchen dunkler gefärbt erschien, ohne daß es sich jedoch scharf gegen das übrige Schlauchplasma abgesetzt zeigte, ein Fall, mit dem im Hauptpunkte, näm- lich dem Fehlen einer distinkten generativen Plasmahülle, die Befunde von A. Ernst!) am Pollenschlauch von Tulipa Gesneriana zu korrespon- dieren scheinen. Noch mehr würden in dieser Beziehung die von mir im Pollenschlauch von Lilium vorgefundenen Verhältnisse mit den eben- falls von Guignard bei den Ranunculazeen konstatierten ?) überein- stimmen. Da ließ sich in dem zur Mikropyle vorgedrungenen Pollen- schlauch nichts von generativem Zellplasma erkennen. Die neueren Angaben desselben Forschers über Najas:) lassen sich dem anschließen. Es war in den Pollenschläuchen eine den generativen Kernen zukom- mende eigene Plasmahülle nicht zu beobachten. In den reifen Pollen- körnern, in welchen bei Najas der generative Kern schon seine Teilung durchgemacht hat, soll allerdings noch eine äußerst dünne, hyaline, durch eine sehr zarte Membran abgegrenzte Plasmaschicht zu erkennen ge- wesen sein. Nach den Angaben Schaffners scheint jedoch sowohl bei Alisma Plantago®), wie bei Sagittaria variabilis®), wo ebenfalls schon im ungekeimten Pollenkorn der generative Kern geteilt vorliegt, den Teilungsprodukten auch die zarteste, ihnen selbst zukommende plasmatische Zellhülle zu fehlen. Dasselbe gilt, den Abbildungen von Merell®) nach zu urteilen, auch von Silphium. Wenigstens sind die beiden im finement granuleuse, formant un amas diffus ou une trainde plus ou moins limitee. (Fig. 14, 15, 16, 17, 18.) Cette substance doit ötre forme&e, en partie, par le proto- plasme propre aux noyaux mäles, mais la coloration par P’h&matoxyline ne permettait pas de le differeneier... Arriv6s dans le sas embryonnaire, les &lömenis mäles, ou antherozoides, se prösentent sous la forme de noyaux allong6s.“ 1) A. Ernst, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung des Embryosackes und des Embryo (Polyemibryonie) von Tulipa Gesneriana L. Flora 1901, Bd. LXXXVII, pag. 49. 2) L. Guignard, La double f6condation chez les Renonculacdes. Journal de Botan. 1901, T. XV, pag. 400. 3) L. Guignard, La double f&condation dans le Najas major, Journ. de Bot. 1901, T. XV, pag. 208, 209. 4) J. H. Schaffner, The embryosac of Alisma Plantago. Bot. Gazette 1896, Vol. XXI, pag. 126, 5) Derselbe, The Life History of Sagittaria variabilis. Bot. Gazette 1897, Vol. XXIH, vn 254. 6) W. D. Merrell, A Contribution to the Life History of Silpkium. Bot. Gazette 1900, Vol. XXIX, pag. 113 und Fig. 60 und 63, Taf. VIL 517 reifen Pollenkorn sich vorfindenden generativen Kerne frei von einer eigenen Plasmahülle dargestellt. Trotzdem spricht Merell im Text von „sexual cells“. Bei den Malvazeen weist nach Guignard!) schon der aus der Teilung des primären Pollenkerns hervorgehende generative Kern kein abgegrenztes, ihm eigen zugehörendes Zellplasma im Pollenkorn mehr auf. Er liegt im vegetativen Plasma des Pollenkorns eingebettet. Im Endeffekt gleich verhält sich nach Shoemaker?) Hamamelis vir- giniana, wo im Pollenkorn zunächst die generative Zelle von der vege- tativen abgetrennt wird, dann jedoch die Abgrenzung verschwindet, so daß vegetativer und generativer Kern in einer gemeinsamen Zyto- plasmamasse zu liegen scheinen. Wenn wir diese Angaben und noch die weiteren von Guignard ge- machten 3) berücksichtigen, denen zufolge nach der Teilung des Kerns der generativen Zelle mehr oder weniger bald ein den Tochterkernen zukommen- des distinktes Plasma nicht mehr erkennbar ist, so erscheint die Annahme berechtigt, daß, wenn nicht bei allen, so doch zum mindesten bei einer großen Zahl von Angiospermen im Pollenschlauch eine bestimmte Abgrenzung generativen Zellplasmas um beide Kerne, somit die Bildung wirklicher gene- rativer Zellen unterbleibt. Dieses Verhalten stimmt in der Hauptsache überein mit dem von Strasburger*) schon im Jahre 1884 für die Angio- spermen angegebenen. Strasburger faßte damals seine Beobachtungen in folgenden Worten zusammen: „... wir finden... daß die Ab- grenzung der Zelle um den generativen Zellkern früher oder später gänzlich schwindet. Seine Teilung führt der generative Zellkern meist schon als freier, von dem Zytoplasma der vegetativen Zelle unmittelbar umgebener Zellkern aus“. Die männliehen Elemente, die sieh vor 1) L. Guignard, La double f&condation ehez les Malvacdes, Journal de Bot. 1904, T. XVII, pag. 297 und 298. 2) D. N. Shoemaker, On the development of Hamamelis virginiana. Bot. Gazette 1905, Vol. XXXIX, pag. 253. 3) ef. L. Guignard, La double feeondation dans le Mais, Journal de Bot. 1901, T. XV, pag. 42, wo Guignard von zwei generativen Kernen im Pollen- schlauch spricht. — Ferner Derselbe, La double f6condation chez les Solandes. Journ. de Bot. 1902, T. XVI, pag. 152, 154, 162, 165. — Derselbe, La double f&eondation chez les Crueiferes. Ebenda, pag. 364 und Fig. 16, Auch A. Ernst spricht bei seinen Angaben über die Befruchtung von Paris und Trillium nur von generativen Kernen, die er auch ohne eigene Plasmahülle im Poliensehlauchende ab- bildet. Flora, Erg.-Bd. 1902, pag. 32ff. und Fig. 104, 105 u. 175. 4) E. Strasburger, Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen als Grundlage für eine Theorie der Zeugung. Jena 1884, pag. 81. 518 Eintritt in den Embryosack im Pollenschlauch morphologisch erkennen lassen, stellen somit die generativen Kerne dar. Es soll damit die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß eine gewisse, doch morpho- logisch nicht abgegrenzte Masse generativen Plasmas die Kerne be- gleitet; ja, die Hautschicht, welche die‘ Kernwandung darstellt!), wird sicher vom Plasma der generativen Zelle herstammen. Auch ist anzu- nehmen, daß die sog. achromatischen Bestandteile der Spindelfigur, welche der nach Angabe Guignards schon nicht von einer distinkten, ihm eigenen Plasmamenge umgebene, erste generative Kern der Mal- vazeen?) bei seiner Teilung ausbildet, wenn sie neben dem Kernwand- und ° Nukleolenmaterial noch Plasma zu ihrem Aufbau bedurfte, von einem dem generativen Kern zugehörenden, ihn umgebenden, wenn auch nicht mor- phologisch als solches nachweisbaren Plasma bei ihrer Bildung schöpfte. Im allgemeinen liegt wohl der Fall vor, daß das gesamte Zyto- plasma der primären generativen Zelle, auf dessen vorwiegend kino- plasmatische Natur schon hingewiesen wurde, bei der Spindelbildung der die beiden generativen Kerne liefernden Teilung in Anspruch ge- nommen wird und weiterhin nach Schluß der Teilung auf irgend eine Weise in das Plasma des Pollenschlauchs übergeht. Vielleicht liegt in dieser Tatsache des Verschwindens eines den generativen Kernen speziell - zugehörenden Plasmas, deren Nachweis übrigens als besondere Stütze für die Anschauung von der Bedeutung des Kerns als alleinigen Träger der Vererbung gelten dürfte, der Grund, weshalb Versuche, die beiden generativen Kerne im Pollenschlauch zu weiteren Teilungen zu veranlassen, in der Regel fehlschlagen. Wenn andererseits in den Pollenschläuchen einiger angiospermer Pflanzen die generativen Kerne weitere Teilungen ein- gehen®), so liegen da wohl Fälle vor, wo, wie bei einigen Gymnosper- men‘), die generativen Kerne noch von bestimmten, ihnen eigenen Plasmahüllen umgeben sind, wofür sich auch tatsächlich in den Angaben von Elfving?) über die Pollenkörner von Andropogon Belegmaterial findet. — 1) Falls sie vorhanden ist, was von EB. Sargant, Ann. of Bot, 1897, Vol, XI, pag. 213, für Lilium Martagon wenigstens in Abrede gestellt wird, worüber jedoch noch aufklärende Untersuchungen nötig sein werden, 2) L. Guignard, 1. e. 3) Elfving, Studien über die Pollenkörner der Angiospermen, Jen. Zeitschr. für Naturw., Bd. XII, pag. 15. E. Strasburger, Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang ete., Jena 1884, pag. 17, 4) Zuletzt H. O. Juel, Über den Pollenschlauch von Cupressus. Flora 1004, Bd. XCI, pag. 56, und G. Lopriore, Über die Vielkernigkeit der Pollenkörner und Pollenschläuche von Araucaria Bidwillii Hook. Ber. der deutschen botan. Ges. 1905, Bd. XXIII, pag. 335, 5) l. ec. Jen. Zeitschr., pag. 15, und Tafel Il, Fig. 58, 59, 519 Wie schon zuvor bemerkt, war von einem Zentrosom bezw. zentro- somähnlichen Körper und Kinoplasmastrahlung bei allen Teilungsstadien des primären generativen Kerns nichts zu beobachten. Selbst die an der Spitze des der Mikropyle sich nähernden Pollenschlauchs liegenden beiden definitiven generativen Kerne waren nicht mit derartigen Ge- bilden geschmückt; sie fehlten somit in einem Stadium, wo bei der tierischen Befruchtung das Zentrosom vorhanden und von so großer Bedeutung im Hinblick auf die Weiterentwicklung des zentrosomlosen Eies ist. Innerhalb des Embryosacks ließ sich dasselbe konstatieren. Beide generativen Kerne führten kein Zentrosom mit sich (Tafel V, Fig. 22). Nach alledem erscheint mir das skeptische Verhalten, welches mit mir die meisten mit zytologischen Forschungen sich befassenden Fach- genossen den Zentrosomangaben für die Angiospermen gegenüber be- obachten, wohl berechtigt. Würden die von Bernard geschilderten | Gebilde wirklich zentrosomatischen Charakter tragen, so könnten sie wegen ihres so variabeln, von dem bisher als den typischen Zentro- somen zukommenden, sowohl in Ausbildung, wie im Auftreten über- haupt, abweichenden Verhaltens höchstens als Relikt aufgefaßt werden, und eine auf der Feststellung ihres Vorkommens bei Lilium candidun: fußende Ausdehnung der Annahme der Existenz von Zentrosomen auf weitere Angiospermen, wie sie Bernard anscheinend wünscht, wäre nicht angängig. Doch vermute ich, wie aus den entsprechenden Ausführungen hervorgeht, daß wir, wenn nicht extranukleare N ukleolen, was Bernard zurückweist, eine Täuschung veranlaßt hatten, einerseits geformte Stoffwechselprodukte bezw. auch morphologisch differenzierte Reservestoffmaterialien in ihnen zu suchen haben, die ja auch von anderen Forschern in verschiedener Ausbildung für Embryosäcke bezw. Embryosackmutterzellen angegeben worden sind); andererseits liegt die Möglichkeit nahe, daß es sich wenigstens bei den in den Metaphasen- Stadien der Teilung dargestellten Körnehen um Querschnitte durch um- gebogene Spindelendigungen handelt. Daß eine Täuschung bei so Te 1) Vergl. u. a. die Mottierschen Angaben über „Trophoplasmakörper‘ im Em- bryosack von Lilium Martagon und diejenigen über ähnliche Körper in den Eimbryosack- inutterzellen von verschiedenen Koniferen, von Stangeria, von Casuarina ete. Literatur- Zusammenstellung darüber in E. Strasburger, Anlage des Eimbryosacks und Pro- fhalliumbildung bei der Eibe nebst anschließenden Erörterungen Festschrift für Haeckel 1904, pag. 13ff. Vergl. zudem B. Nömec, Über zentrosomähnliche Gebilde in vegetativen Zellen der Gefäßpflanzen, Ber. der deutsch. bot. Gesellsch., Bd. XIX, pag. 30188. 520 kleinen, zum Teil an der Grenze der Sichtbarkeit liegenden Bildungen leicht möglich ist, liegt auf der Hand, und mit Freude ist es zu be- grüßen, wenn Guignard, dem wir für die Bereicherung unseres gerade die Zellforschung betreffenden Wissens zu so großem Dank verpflichtet sind, in der ersten seiner neueren, (ie Befruchtungsvorgänge bei den Angiospermen sehildernden Arbeiten rückhaltlos zugab, früher, als man noch nichts von der Endospermbefruchtung ahnte, durch den entsprechend gelagerten, vielleicht auch nicht gut fixierten zweiten generativen Kern im Embryosack von Lilium getäuscht. worden zu sein, der ihm damals als ein Verschmelzungsstadium von Zentrosomen erschien und iin an die Existenz von Zentrosomen dort glauben machte). Ich nehme nochmals, wie schon früher 2), Gelegenheit, darauf bin- zuweisen, daß ich mit allen irgendwie in Frage kommenden Mitteln mich bemühte, die Gebilde sichtbar zu machen, ausgehend von der Er- wägung, die Guignard seinerzeit mit bestimmte, seine Annahme, es müßten Zentrosomen auch den höheren Pflanzen zukommen, besonders za verteidigen), die Erwägung, daß allein im organischen Reich den höheren Pflanzen diese Gebilde abgehen würden, die bei dem niederen und höheren Tieren, bei den niederen Pflanzen sich vorfänden. Ich weise andererseits ebenfalls darauf hin, daß die strengste Selbstkritik dazu gehörte, sich nicht durch zentrosomähnliche Gebilde, die wohl hier und da Stellen im Zellkörper einnahmen, an welchen Zentrosomen ver- mutet werden konnten, verleiten zu lassen und einen voreiligen Schluß zu ziehen. Auch sei die Tatsache hier nochmals betont, daß es einer Anzahl Forscher, wie Farmer, Strasburger, Nömec, Mottier, ohne Schwierigkeit gelang, bei niederen Pflanzen Zentrosomen sichtbar zu machen, während alle ihre Versuche, dasselbe bei höheren Pflanzen zu erreichen, fehlschlugen. Es genügt im übrigen wohl ein Blick in die zahlreichen neueren Publikationen, welche sich mit Kernteilungs- und Befruchtungsfragen *) 1) Revue gen. de Bot. 1899, Vol. XI, pag. 133. 2) Ber. d. deutsch. bot. Gesellsch. 1903, Bd. XXI, pag. (87) u. (85). 3) L. Guignard, Les centrosomes chez les vögstaux. Comptes rendus de VAcad., Paris, 27. Dee, 1897. 4) Ich weise hier einesteils nur auf die neueren, die Liliaceen betreffenden Kernteilungsarbeiten hin, wie V. Gre&goire, Les eineses polliniques chez les Liliacees, „la Cellule“, Tome XVI, 1. fasc, 1899, pag. 235ff,, der diesem Gegenstand einen Abschnitt seiner Arbeit widmet (pag. 282 f£.) und für das Nichtvorhandensein von Zentrosomen bei den Liliaceen eintritt; J. Schniewind-Thies, Die Reduktion der Ohromosomenzahl und die ihr folgenden Kernteilungen in den Embryosackmutterzellen der Angiospermen, Jena 1901; J. Br. Farmer, On the maiotie Phase (Reduction Divisions) in animals and plants, „The Quarterly Journal of Mieroscopical Seience‘, 521 bei höheren Pflanzen beschäftigen, in denen zunächst die Existenz von Zentrosomen in Abrede gestellt, später überhaupt gar nicht mehr auf die Frage nach der Existenz dieser Körper dort eingegangen wurde, um zu erkennen, daß der Glaube an das Vorhandensein von Zentro- somen bei den Angiospermen der Vergangenheit angehört. — Der End- punkt’für die Zentrosomenausbildung ist, wie man wohl heute mit be- rechtigter Sicherheit annehmen kann, bei den Lebermoosen zu suchen. Bei diesen werden schon zum Teil wohl differenzierte Zentrosomen ver- gebens gesucht‘). Bei einigen zeigen sich nur die Körperchen (Zentro- somen im engeren Sinne), bei anderen nur Sphären ohne die Körper- chen — dazu noch beides in schwankender Ausbildung — bei anderen wieder überhaupt keine bestimmt abgegrenzten Gebilde. Es tritt ein allmähliches Schwinden der Zentrosomen innerhalb der Lebermoose ein. Vol. XLVIH, Pt. IV, Febr. 1905, pag. 489ff.; andemiteils auf die Guignardschen Arbeiten über doppelte Befruchtung bei den verschiedensten Angiospermen, an- gegeben auf pag. 515, 516, 517 dieses Anfsatzes, 1) Vergl. hierzu neben den früheren Arbeiten von Br. Moore Davis und Ch. J. Chamberlain über Pellia, von van. Hook und Jkeno über Marchantia, die ich in meinem Zellbericht vom Jahre 1903 (Ber. der deutsch. bot. Ges.) pag. (95), zitierte, V. Gr&goire und J. Berghs, La figure achromatique dans le Pellia epi- phylis; „La Cellule“ 1904, Tome XXT, 1. fase., pag. 193ff. 3. F. Garber, The Life- History of Rieeiocarpus natans, Bot. Gaz. 1904, Vol. XXXVIL, pag. 171. J. Br. Farmer und J. E. S. Moore, On the maiotie Phase (Reduction divisions) in Animals and Plants; „The Quarterly Journal of Mierose. Science“ 1905, Vol, XLVIH, Pt. IV, III Aneura pinguis, pag. 525. E. Bolleter, Fegatella conica (L.) Corda, Beih. z. bot. Centralbl. 1905, Bd. XVIIL 1, pag. 348ff, A, C. Moore, Sporogenesis in Pallavieinia; Bot. Gaz. 1905, Vol, XL, pag. 86, 87. K. Miyake, On the Oentro- some of Hepaticae, prelim. note; Bot. Magaz. Tokyo 1905, Vol. XIX, No, 224, pag. g98ff. 8. Ikeno, Are the Centrosomes in the antheridial Cells of Marchantia poly- morpha imaginary? Ebenda, pag. 11lff. H.B. Humphrey, The development of Fossombronia longiseta, Aust., Ann. of Botany 1906, Vol. XX, pag. 94ff. J. B. Farmer, Sporogenesis in Pallavieinia; Bot, Gaz. 1906, Vol. XL1, pag. 67—69, ferner A. C. Moore, Reply, ebenda, pag. 69 u. 70, und schließlich die eben erschienene Arbeit von Ch. E. Lewis, The embryology and development of Riceia Iutescens and Riccia erystallina, Botan. Gaz. 1906, Vol. XLI, pag. 109f. Flora 1906. 34 522 Die Figurenerklärung. Tafel V. sämtlichen Bilder wurden nach Mikrotomschnitten mit Hilfe der Abbeschen Camera lucida gezeichnet unter Anwendung der Leitzschen Objektive 4, 7 und Fig. Fig. Fig. Fig Fig. 1/, Ölimmersion bei Okular 3. 1--9. Lilium candidum. Vergr. ca. 550mal. 1. Anlage einer schräg zur Längsachse der Embryosackmutterzelle verlaufenden ersten Spindel. rung des einen Polendes an der Hautschicht der Zelle zeigend. Ein Teil der Spindel durch das Messer abgeschnitten. . 3. Quer zur Längsachse der Zelle gestellte erste Spindel. 4. Teil einer ersten Spindel, deren Polenden nach der dem Beschauer entgegen- gesetzten Seite umbogen. . 5. Anaphasenstadium der ersten Teilung mit schön ausgebildeter Strahlung um den Tochterkernanlagen. Die Fasern der Strahlung erreichen zum Teil die seitlichen Hautschichten. Fig. 6—9. Zentrosomenähnliche Körper. (anscheinend fettartige Einschlüsse) an den ig. 10 Polkernen im Embryosack. In Fig. 7 die weitere Verbreitung dieser Körper im Plasma des Embryosacks zeigend. Fig. 8 und 9 nach Präparaten, die mit Wasserstoffsuperoxyd behandelt worden waren, entworfen. 15. Teilungsstadien aus den Pollenmutterzellen von Lilinm longiflorum. Vergr. ca. 550mal. Nur Fig. 14 1100mal. . 16. Keimendes Pollenkorn von Lilium Martagon. Vergr. ca. 550mal. g.2. = generative Zelle; v.A. = vegetativer Kern. ig. 17—20. Pollenschläuche von Lilium Martagon mit Teilungsstadien des gene- “ rativen Kerns. Vergr. ea. 550mal 2.2. = generative Zelle, g.X. = genera- tiver Kern, ».Ä, — vegetativer Kern. Fig. 20 kombiniert. Fig. 21. Pollenschlauchspitze von Lilium Martagon mit beiden generativen Kernen. Vergr. ca. 550 mal. Fig. 22, Embryosack von Lilium speeiosum zur Zeit der Befruchtung. Vergr. ca. 120 mal. 2. Schräg verlaufende erste Spindel in der Embryosackmntterzelle, die Fixie-. Tasse 8.1906, Band 96. lora, Jahr 3 Über das Erfrieren der Pflanzen. Von Raphael Ed. Liesegang. Molisch sah bei einer Arbeit über das Gefrieren der Pflanzen!) unter dem Mikroskop im Gefrierapparat in einer 2 prozentigen Gelatine- gallerte, wie in zahlreichen Punkten unter Abscheidung von Luftblasen rundliche Eismassen auftreten, die, der benachbarten Gallerte das Wasser entziehend, sich rasch vergrößern und dabei die immer wasserärmer werdende Gelatine ringsum beiseite schieben, sodaß (diese, wenn die Eisbildung ihr Ende erreicht hat, als ein höchst kompliziertes Maschen- werk zwischen den Eisklümpchen ausgespannt erscheint. Die ursprüng- lich homogene Gelatine ist in eine Art Schwamm umgewandelt, in welchem das Gerüstwerk aus Gelatine, die Hohlräume aus Eis be- stehen. — Molisch nimmt an, daß analoge Vorgänge wie in diesem Kollofd zu den Deformationen beim Erfrieren der Pflanzen führen. Bei analoger Versuchsanordnung konnte ich makroskopisch Vor- gänge feststellen, welche prinzipiell verschieden waren von den Beob- achtungen Molischs. Glasplatten wurden übergossen mit einer sehr dünnen Schicht einer 2 prozentigen Gelatinelösung und dann einer Temperatur von wenigen Grad unter Null ausgesetzt. Es entstanden die bekannten Eisblumen, wie man sie an den Fenstern sieht. Bringt man dann die Platten wieder in Zimmerwärme, so bleibt die Kristallstruktur bis in alle feinsten Details bestehen. Sie verschwindet auch nicht beim Trocknen der Schicht. Im Gegensatz zu Molisch befindet sich gerade dort die meiste Gelatine, wo vorher das meiste Eis gewesen war. Das kristallisierende Wasser besitzt nicht allein diese Eigenschaft des Gelatineansammelns. Eine Anzahl Salze wirkt in gleicher Weise. Läßt man eine Gallertschicht aus gleichen Teilen 10 prozentiger Gelatine- lösung und 10 prozentiger Kaliumbiehromatlösung auf einer Glasplatte eintrocknen, so entstehen eisblumenähnliche Ausscheidungen des Bichro- mats. DBefreit man die Schicht durch Waschungen von letzteren, so 1) „Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen“, Jena 1897. 34* 524 bleibt die Struktur in der Gelatineschicht bestehen: Wo das meiste Salz war, ist nun auch die meiste Gelatine. Mit Bromkalium erhält man die bekannten Würfel, mit anderen Salzen andere Kristallformen. Viele derselben konservieren sich in der Gelatine, eine Anzahl, wie z. B. Kupfersulfat, allerdings nicht. . Kristallisierungen können also formend auf Kolloide wirken, ähn- lich wie ich es früher von Niederschlägen nachgewiesen habe, z. B. bei den rhythmischen Ablagerungen des in Gelatinegallerten naszierenden Silberbichromats!). Ich halte es für wahrscheinlich, daß bei der Bildung der organi- sierten Substanz derartige Beeinflussungen eine sehr wichtige Rolle spielen. 1) Liesegang, „Chem. Reaktion in Gallerten“, 1898. Ein Apparat zur schnellen Reinigung beliebig großer Mengen von Sand und Kies. Von Dr. Wilhelm Lorch. Mit 2 Figuren. Bei einer großen Anzahl pflanzenphysiologischer Experimente, bei Keimungsversuchen, bei der Instandsetzung von Aquarien bedarf man gut gereinigten Sandes oder Kieses, und zwar oft in bedeutender Menge. Soviel mir bekannt, nahm man die Reinigung des Sandes bisher in der Weise vor, daß man ihn in einem zum Teil mit Wasser gefüllten und verschließbaren Glaszylinder so lange hin und her schleuderte, bis das Wasser über dem ruhenden Sande vollstän- - dige Klarheit zeigte. Diese Methode, Sand zu reinigen, ist aber so unsauber, zeitrau- bend und anstrengend, daß es sich wohl lohnte, die Konstruktion eines Apparates ins Auge zu fassen, der alle diese Übel- stände ausschließt und es gestattet, in kür- zester Zeit große Mengen Kies und Sand vorzüglich zu reinigen. Der Apparat besteht im wesentlichen aus einem kräftigen Zinkzylinder (Fig. 1«), an dessen oberen Rand ein Trichter (Fig. 1 und 2.) angelötet ist; an den unteren Rand setzt sich gleichfalls ein Triehter (Fig. 12) an, der einen weit gebohrten Gashahn (Fig. 12) trägt. Mit dem oberen Teil des Zylinders ist ein ringförmiges Gefäß (Fig. le) durch Lötung fest verbunden, in dem sich das über den Rand des oberen Trichters überfließende Wasser ansammelt und durch eine am Boden angebrachte weite Röhre (Fig. 1/) zum Abfluß gelangt. Das Ganze ruht in dem Ring eines Dreifußes aus Eisen (Fig. 1), der so eingerichtet sein kann, daß er Apparate von verschiedener Größe aufzunehmen imstande ist, falls man es nicht verzieht, sofort einen Apparat von solchem Umfang herstellen zu lassen, der auch den weitestgebenden Ansprüchen in Bezug auf Leistungsfähigkeit entspricht. x KALHBAHEN. Fig. 1. Fig. 2. 526 Außerdem empfiehlt es sich, eine Kiste von der in der Figur 1 dargestellten Form anfertigen zu lassen. Das obere kleine Brett trägt ein kreisförmiges Loch (Fig. 1%). Im Hohlraum der Kiste selbst kann ein Brett (Fig. 1) in beliebiger Höhe auf entsprechend hohe Holz- leisten (Fig. 17) aufgelegt werden. Bei der Konstruktion des Apparates müssen folgende Punkte be- rücksichtigt werden. Zunächst ist darauf zu achten, daß der Gashahn eine recht weite Bohrung besitzt. Alsdann müssen die beiden Trichter “sauber an den gemeinsamen Zylinder angelötet werden, so daß im Innern keine vorspringenden Ränder entstehen, auf denen sich Sand niedersetzen kann, der nicht vom aufströmenden Wasser erreicht werden würde. Außerdem ist darauf zu achten, daß die Wand des oberen Trichters in einem Winkel von ca. 45° gegen die Achse des Zylinders geneigt ist, da bei stärkerer Neigung der emporgewirbeite Sand leicht auf der inneren Trichterwand liegen bleibt und nicht gehörig gereinigt wird. Der Wert des Trichters beruht darin, daß die vom empor- steigenden Wasserstrom mitgerissenen Sandteilchen nicht über dessen Rand hinübergeschwemmt werden, da die Bewegung der Wasserteilchen in den Randpartien des Trichters eine verhältnismäßig ruhige ist, so daß die Sandteilchen hier untersinken, unten wieder erfaßt und empor- getragen werden. Ist das Ableitungsrohr nicht weit genug, so kann es vorkommen, daß das ringlörmige Gefäß sich mit Wasser füllt und dieses den verbotenen Weg über den Rand hinweg einschlägt. Die Verbindung des Hahns der Wasserleitung mit dem Gashahn muß durch einen Schlauch erfolgen, der den Druck der Wasserleitung aushält, sobald der Gashahn geschlossen wird. Es gibt geeignete Klemmvor- richtungen, die ein Losspringen des Schlauches von einem der beiden Hähne verhindert. Ist der Apparat mit Sand z. B. beschickt — bevor dies geschieht, muß der Gashahn geschlossen werden —, so öffnet man zunächst den Wasserhahn, alsdann den Gashahn und läßt den regulierten Wasserstrom so lange den Sand emporwirbeln, bis das Wasser oben im Trichter kristallklar ist. Dann verschließt man zunächst den Gashahn, dann den Wasserhahn. Nach Entfernung des Schlauches am Gashahn öffnet man diesen und läßt den Sand mit dem Wasser in ein Gefäß, das man auf ein Brett (Fig. 1%) gestellt hat, fließen. Sollte in dem Ausfließen des Sandes eine Unterbrechung eintreten, so empfiehlt es sich, reines Wasser von oben in den Zylinder zu gießen, es fließt der Sand dann weiter fort. Die beiden Figuren verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn Zeichenlehrer Reinhold Gundlach, Histologische und experimentelle Untersuchungen über Intumescenzen. Von Ernst Kister. Die letzten Veröffentlichungen, die sich mit Intumescenzen beschäf- tigen — ich nenne zunächst nur die Arbeiten von Dale, v. Schrenk und Steiner!) —, gehen nicht nur auf die wenig abwechslungsreichen histologischen Verhältnisse ein, sondern auch auf die Frage nach den Bedingungen, unter welchen es zur Bildung von Intumescenzen kommt, und welche ihr Wachstum zu beeinflussen imstande sind. Seitdem ich mich vor einigen Jahren in einer vorläufigen Mit- teilung über experimentell erzeugte Intumescenzen an Populushlättern geäußert habe?), bin ich wiederholt mit der Prüfung und Nachprüfung der einschlägigen Fragen beschäftigt gewesen und habe eine große An- zahl von Objekten auf ihre Fähigkeit, Intumescenzen zu bilden, geprüft. Unter denjenigen Pflanzen und Pflanzenorganen, welche positive Resul- tate ergaben, dürften. einige zur Untersuchung der Entwicklungsphysio- logie der Intumescenzen ein bequemes Material abgeben. 1. Intumescenzen an Früchten. Daß der Gehalt irgend eines Pflanzenorgans an Nährstoffen (ie Bildung der Intumescenzen beeinflußt, und daß bei reichlichem Vorrat ihre Anlage beschleunigt und ihr Wachstum gefördert wird, unterliegt keinem Zweifel. Ich stellte daher Versuche mit unreifen Fruchtschalen verschiedener Pflanzen an, in der Meinung, daß ihr Reichtum an Nähr- stoffen wenigstens bei einigen Arten vielleicht der Bildung von Intumes- 1) Dale, E., Further experiments and histological investigations on intimes- cences with some observations on nuelear division in pathologieal tissues. Philos. Transact. Roy. Soe. London 1906, Ser. B,, Vol. CXCVIT, pag. 221. — v. Schrenk, Intumescences formed as a result of chemieal stimulation. Missouri Botan. Garden 1905, pag. 125. — Steiner, R, Über Intumescenzen bei Ruellia formosa Andrews und Aphelandra Porteana Morel. Ber. d. Deutschen botan. Gesellsch. 1905, Ba. XXI, pag. 105. 2) Über experimentell erzeugte Intumescenzen, Ber. d. Deutschen bot. Ges. 1903, Bd. XXI, pag. 452. 528 cenzen günstig sein könnte. Ich beginne meine Schilderung mit der Spezies, welche die besten Resultate gegeben hat, und mit der ich mich am eingehendsten beschäftigt habe. Pisum sativum. — Die Fruchtschalen der Erbse zeichnen sich durch die überraschende Schnelligkeit aus, mit der sie Intumescenzen bilden. Ich habe a. a. O. geschildert, daß man Blätter verschiedener Pflanzen leicht dadurch zur Intumescenzenbildung anregen kann, daß man ganze Spreiten oder Stücke von solchen auf Wasser schwimmend in geschlossenen Petrischalen oder ähnlichen Behältern sich selbst über- läßt. Wenn man mit Fruchtschalen von Pisum sativum nach Öffnung und Spaltung der Frucht in der geschilderten Weise verfährt, derart, daß die Schalenstücke mit ihrer Außenseite dem Wasser aufliegen, so bilden sich auf der Innenseite nach wenigen Tagen dichte, weiße, filzige Beläge, die als Intumescenzen anzusprechen sind. Die innere Epidermis . der Fruchschalen besteht aus einer Lage grüner, papillenartig geformter Epidermiszellen, die durch mehrere Schichten mechanischer Elemente von dem stärkereichen, großzelligen Parenchym im Innern der Fruchtschale getrennt sind. Diese chlorophyllhaltigen, zartwandigen Epidermiszellen wachsen auch unter normalen Verhältnissen, wenn die ungeöffnete Frucht an ihrem Platze verbleibt, zuweilen zu langen, farblosen Haaren aus; wer einmal aus irgend einem Grunde eine Anzahl von Hülsen geöffnet hat, wird wohl bemerkt haben, daß auf. der Innenseite der Fruchtschale stellenweise ein feiner, weißer Flaum liegt, der manchmal zwischen je zwei Samen ein feines, weißes Streifchen bildet. Bringt man die Erbsen- schalen in dampfgesättigten Raum, so wachsen sämtliche Zellen der Epidermis zu ebensolchen Haaren aus, die äußerst dichte Rasen bilden und die Innenseiten der Fruchtschalen ganz und gar überziehen. Die einzelnen Haare -können über I mm lang. werden; sie bestehen aus zwei oder drei, selten noch mehr Zellen, haben regelmäßig zylindrische Form und enthalten zahlreiche Chromatophoren, die ansehnliche Stärke- körner umspannen und nur ganz schwach etwas von grüner Farbe er- kennen lassen. Der Gehalt der Zellen — zumal der Spitzenzellen — an Zytoplasma ist reichlich, der Durchmesser des Zeilkerns oft nur wenig kleiner als der der Zelle selbst. Ich habe die Schalen von Früchten verschiedenster Größenstadien untersucht und bei allen die Fähigkeit für Intumescenzenbildung wieder- gelunden. Bei kleinen, nur wenige Zentimeter langen Hülsen bilden die Intumescenzen oft einen etwas krümeligen, hier und da unter- brochenen Belag, während bei älteren Exemplaren der Intumescenzen- filz ohne Unterbrechung die ganze Innenfläche überzieht. pp Agent en nn 529 Da ich später noch mehrfach auf Pisum sativum zurückzukommen haben werde, sei schon hier bemerkt, daß die verschiedenen Erbsen- rassen, die ich untersuchte, keine Unterschiede hinsichtlich des uns interessierenden Punktes zeigten, so daß ich späterhin nicht weiter auf die jeweils zum Experiment vorliegende Rasse besonders hinzuweisen brauche. Ausnahmsweise beobachtete ich hie und da auch Intumescenzen an unreifen Samen von Pisum. Solche entstehen durch Vergrößerung der unter den epidermalen Palissaden liegenden Parenchymzellen; die Palissadenzellen bleiben unvergrößert, ihre Schicht kann aber durch die unter ihr liegenden Zellen gesprengt werden. Läßt man intumescenzentragende Hülsenschalen längere Zeit stehen (10 bis 20 Tage), so wird der Stärkevorrat in diesen verbraucht und die Intumescenzhaare fallen zusammen; statt des samtartigen Glanzes zeigen sie dann mehr flockige Oberflächenbeschaffenheit. Manche Haare setzen ihr Wachstum besonders lange fort; bei Kulturen, die an sonnigen Fenstern gehalten wurden, sah ich die Haare hie und da allerhand un- regelmäßig aufgetriebene Formen annehmen, zuweilen sich auch ver- zweigen. “Die dieksten an Pisum beobachteten Intumescenzen maßen 2 mm Haarlänge. Die Schnelligkeit des Wachstums ist unter günstigen Bedingungen so groß, daß die Epidermiszellen der Hülsenschalen sich innerhalb 24 Stunden um das 30fache ihrer normalen Höhe strecken. Andere Papilionaceen verhalten sich ähnlich wie die Erbse, doch lag eine Durchprüfung möglichst zahlreicher Vertreter der Familie nicht im Plan meiner Untersuchungen. Beachtenswerte Unterschiede von Pisum sativum zeigten z, B. Cytisus Laburnum; die Zellen der inneren Epidermis wachsen auch hier zu samtartigem Belag heran, der aus keulenförmigen oder unregelmäßig gestalteten Haaren zusammen- gesetzt ist; es wiederholen sich an ihnen alle jene Unregelmäßigkeiten, die überall an Zellenschläuchen mit Spitzenwachstum nach osmotischen oder anderen Störungen anzutreffen sind: verzweigte Formen, hutpilz- ähnliche, spindelartig aufgetriebene, knotig verdickte Haare ust.Y). Auch bei Cytisus Laburnum sind die Intumescenzhaare mehrzellig. Bei Cara- gana arborescens sah ich nur kleine, isolierte Intumescenzfelder ent- stehen, die aus mehrzelligen, kurzen, meist keulenförmigen Haaren be- stehen. 1) Vgl. Küster, Pathologische Pflanzenanatomie. Jena 1903, pag. 122 und Fig. 46. 530 Dale hat neuerdings eine Klassifikation der Intumescenzen zu geben versucht (a. a. O.) und zwischen den sphärischen und hemisphäri- schen Intumescenzen unterschieden. Zu jenen gehören die „Perldrüsen“, die ich bereits a. a. O. in ihrer Zugehörigkeit zu den hyperhydrischen Geweben geschildert habe, zu diesen die gewöhnlichen Intumescenzen. Die samtartigen Bezüge, welche die Intumescenzen auf den Hülsen- schalen der Erbse usw. bilden, scheinen weder mit den Vertretern des einen noch dem des andern Typus gut übereinzustimmen, so daß mit ihnen vielleicht ein dritter angeführt werden darf. 2. Einfluß äußerer Bedingungen auf die Bildung der Intumescenzen. Bei den Hülsenschalen der Erbse liegen zwischen dem Beginn der Versuchsanstellung und der Vollendung der Intumescenzen nur wenige Tage; schon aus diesem Grunde ist das genannte Objekt sehr geeignet, um den Einfluß verschiedener äußerer Bedingungen auf die Intumescenzbildung zu prüfen. Meinen nachfolgenden Mitteilungen will ich in erster Linie meine Beobachtungen an Pisum sativum zugrunde legen und im Anschluß an diese meine Erfahrungen mit einigen anderen Objekten mitteilen. Einfluß des Lichtes. Die Abhängigkeit der Intumescenz- bildung vom Licht ist schon wiederholt geprüft worden; die meisten Autoren, die sich mit der Frage beschäftigt haben, sprechen sich für die Notwendigkeit des Lichtes oder doch wenigstens für seine fördernde Wirkung aus. Sorauer!), Atkinson), Trotter®) heben den fördernden Eintluß schwachen Lichtes hervor, die Notwendigkeit des Lichtes be- tonen Dale‘) für die Intumescenzen von Hibiscus, Steiner (a. a. O.) für die von ihm an Ruellia beobachteten; Viala und Pacottet?) be- haupten sogar, daß das Licht bei der Intumescenzbildung die Haupt- rolle spiele und der maßgebende Faktor sei. Zu entgegengesetzten Resultaten führten mich selbst®) meine Untersuchungen an Populus tremula, deren Blätter auch im Dunkeln Intumescenzen bilden. 1) Vgl. z. B.: Über Intumescenzen. Ber. d. Deutschen botan. Gesellsch. 1899, Bd. XVII, pag. 456, sowie meine Literaturnachweise (Pathol. Pflanzenanat., pag. 83)- 2) Oedema of the tomato. Bull. Comell Agr. Exper. Station 1893, No. 53. 3) Intumescenze fogliari di Ipomaea Batatas. Annali di Botanica 1904, Vol. I, pag. 362. 4) A. a. O., daselbst Hinweise auf die früheren Arbeiten. 5) Sur les verrues des feuilles de la vigne. ©. R. Acad, Sc. Paris 1904, Tome CXXXVIH, pag. 168. 6) Über experimentell erzeugte. Intumescenzen. Ber. d. Deutschen botan. Ges. 1908, Bd. XXI, pag. 452, 531 Daß die Bildung der Intumeseenzen von der in Form von Licht zugeführten Energie direkt abhängig sei, ist von vornherein unwahr- scheinlich: die den Intumescenzen histologisch wie ätiologisch überaus nahestehenden anderen hyperhydrischen Gewebsformen, wie Lentizellen- und Rindenwucherungen, entstehen bekanntlich im Dunkeln ebenso leicht und reichlich wie am Licht. Bei ihnen handelt es sich freilich um Achsenteile, in deren Innern zumeist ansehnliche Mengen von Nähr- stoffen deponiert sind, während in den Blättern, die bei der Intumescenz- bildung vorzugsweise in Betracht kommen, der Vorrat minder groß zu sein pflegt. Das Licht wirkt auf die Intumeseenzbildung offenbar nur dadurch, daß es den Fortgang der Assimilation und Nährstoffproduktion gestattet. Damit stimmen meine Beobachtungen an Populus tremula überein, deren Blätter im Dunkeln schnell und reichlich Intumescenzen bilden, wenn es sich um gut ernährte, kräftige Blattindividuen handelt; bei dünnen und minder kräftig entwickelten Blättern sah ich im Dunkel- schrank oft nur sehr kleine, nur mit der Lupe erkennbare Intumescenzen oder überhaupt keine entstehen. Ferner führen Dales Ergebnisse, daß die roten Strahlen der Intumescenzbildung förderlich, die blauen für diese belanglos seien, zu derselben Auffassung, Bei den Fruchtschalen von Pisum sind die Vorräte an Nährmaterial so groß, daß das Auswachsen der Epidermiszellen von der Belichtung ganz unabhängig ist: im Dunkelschrank wie im Heilen bilden sich an den auf Wasser schwimmenden Stücken binneti zwei oder drei Tagen die geschilderten samtartigen Überzüge von gleicher Stärke. Im Dunkeln sah ich im Thermostaten bei 30° auch an Blättern und Blattstücken von Eucalyptus globulus Intumescenzen entstehen. Sie entstehen auf der Blattunterseite dieht gedrängt nebeneinander, ganz ebenso wie bei schwimmenden Zitterpappelblättern; sie sind zunächst als kleine Beulen, dann als Hautabschürfungen sichtbar, bis dann die wachsenden Zellen als kristallinisch glänzendes Häufchen sichtbar werden. — Unzweifelhaft ist die Zahl der Pflanzen, welche bei Lichtabschluß In- tumescenzen bilden, erheblich größer, als bisher angenommen worden ist. Dafür, daß allzu intensives Lieht auch bei reichlicher Wasserver- sorgung der Objekte die Intumescenzbildung verhindert, ist mir bisher nur ein Beispiel bekannt geworden (Blätter von Populus tremula; vergl. Küster aa. 0.. Einfluß der Temperatur. Die Schnelligkeit, mit welcher sich die Fruchtschalen von Pisum auf ihrer Innenseite mit Intumescenzen überziehen, 4ßt sich noch steigern, wenn man die Objekte bei 25° oder 30° © statt bei Zimmertemperatur hält. In Thermostaten, welche 532 auf diese Temperaturen eingestellt waren, zeigten sich schon nach 24 Stunden sehr kräftige Überzüge, die trotz des schnellen Wachstums mit den langsamer bei Zimmertemperatur entstandenen histologisch durchaus übereinstimmten. In allen Fällen handelte es sich bei der Kultur im Thermostaten um Dunkelkulturen. Einfluß des Sauerstoffs. Die hyperhydrischen Gewebe ver- halten sich hinsichtlich ihrer Ansprüche an Sauerstoff verschieden: bei vielen Gewächsen entstehen Lentizellenwucherungen sowohl an den in feuchter Luft befindlichen, als auch an den submersen, benetzten Teilen, während die Rindenwucherungen von Ribes aureum bei Kultur vor Stecklingen in Wasser immer nur an den emersen Teilen zur Aus- bildung kommen‘). Die Intumescenzen entstehen im allgemeinen nur in feuchter Luft, aber nicht bei unmittelbarer Berührung mit Wasser. Als Ausnahmen kann ich Populus tremula nennen und Eucalyptus . globulus; läßt man Blätter von diesen Arten auf Wasser schwimmen, . so entstehen Intumescenzen auch an der benetzten Seite, bei Eucalyptus . allerdings nach meinen Beobachtungen nur dann, wenn die morpho- ' logische Unterseite des Blattes dem Wasser aufliegt. Bei den Hülsen von Pisum sativum wachsen benetzte Stellen niemals auch nur zu be- scheidenen Intumescenzen aus; die Grenze zwischen benetzten und unbenetzten Teilen ıarkiert sich außerordentlich scharf. Mit dem Sauerstoffbedürfnis hängt es wohl auch zusammen, daß in ungeöffneten, am Strauch verbliebenen Hülsen die Produktion von Intumescenzen nie- mals über einen sehr bescheidenen Grad hinausgeht. Auf allzu geringe Wasserversorgung darf man das Ausbleiben der Intumescenzen in ihnen nicht zurückführen; denn auch dann, wenn ungeöffnete Hülsen’ mit ihrem untersten Teil oder fast ganz und gar bis zur obersten Spitze in Wasser gesteckt werden, unterbleibt die Produktion des Intumes- cenzenbelags, gleichviel ob man die Früchte am Licht oder im Dunkeln, bei Zimmertemperatur oder im Thermostaten (30°), nach Ätherisierung oder ohne solche in Behandlung nimmt. Einfluß der Wasserzufuhr. Bei manchen Pflanzen genügt der Aufenthalt isolierter Zweigstücke in feuchter Luft, um die Bildung von Lentizellenwucherungen anzuregen?).. Für die Bildung von Intu- mescenzen waren bisher keine Analoga bekannt: bei ihr handelt es sich ı) Vgl. Küster, Experimentelle Untersuchungen über Wurzel- und Sproß- bildung an Stecklingen. Ber. d. D. botan. Ges. 1904, Bd. XXH, pag. 167. 2) Vgl. Pathologische Pflanzenanatomie, pag. 78. ee . w- = 533 stets um Blätter, die mit ihrer Achse noch in Verbindung stehen und mit ihr in feuchter Atmosphäre sich befinden, oder um losgelöste Teile, welchen irgend eine Gelegenheit zur Wasseraufnahme geboten wirt, Die Hülsen von Pisum sativum können auch in feuchter Luft bereits Intumescenzen bilden. Allerdings erfolgt alsdann das Wachstum der Intumescenzen langsamer als bei Berührung mit tropfbar flüssigem Wasser (auch bei 25%, und die Intumeseenzen werden nach einigen Tagen von den an den Wundflächen entstehenden Kallusgeweben über- holt. Mit erhöhten Ansprüchen an Wasserzufuhr hängt es vielleicht zusammen, wenn sich vorzugsweise in unmittelbarster Nachbarschaft der Blattnerven Intumescenzen bilden; es ist mir wiederholt aufgefallen, daß schwimmende Blätter der Zitterpappel die Intumescenzen besonders reichlich an den Nerven entwickeln, wenn sie mit der morphologischen Oberseite dem Wasser aufliegen, während bei umgekehrter Lage eine solche Lokalisation nicht erkennbar ist. Einfluß der Stoffzufuhr. Inwieweit sich durch künstliche Stoff- zufuhr die Bildung der Intumescenzen fördern läßt, bedarf noch ge- nauerer Untersuchungen. Zwar gelang es, an jugendlichen, noch kräftig roten Blättern von Populus tremula bei Kultur auf Glukoselösung be- sonders kräftige Intumescenzen zu erzeugen, doch können weder diese noch andere von Dale und mir gewonnenen Erfahrungen zunächst all- gemeine Schlüsse gestatten. Auch die Hülsen von Pisum sativum sind kein geeignetes Material für die Prüfung der einschlägigen Fragen. Kultur auf Glukose war ohne Einfluß; die Versuche, durch Verwundung der schwimmenden (morphologischen) Außenseite der Hülsenschalen die Aktivierung der Nährstoffe zu beschleunigen und die Intumescenzen- bildung zu fördern, waren erfolglos; ebensowenig gelang es durch Kultur auf Diastaselösungen — nach Verwundung der Schalenstücke oder ohne solche —, die Bildung von Intumescenzen zu beschleunigen. Da sich die innere Epidermis nebst den anhaftenden mechanischen Gewebs- schiehten leicht von dem darunter liegenden stärkereichen Parenchymgewebe abziehen läßt, stellte ich ferner — am Licht und im Dunkeln, bei Zimmer- temperatur und im Thermostaten — Versuche mit schwimmenden Haut- stücken an; es gelang aber bisher nicht, durch Darbietung von Zucker- lösungen den Häuten das fehlende Stärkespeichergewebe zu ersetzen, — es trat keine Intumescenzbildung ein. — Bei dieser Gelegenheit möchte ich bemerken, daß das stärkeführende Parenchymgewebe nicht zur Intumes- cenzbildung befähigt ist, auch wenn man die über ihm liegenden Schichten entfernt; es entstehen nur spärliche Kalluskypertrophien. 534 3. Über die Beziehungen zwischen Intumescenzen und Kallusgeweben. Es ist außerordentlich schwierig, auf rein histologischer Grundlage die Gruppen pathologischer Gewebsformen, die sich bei ätiologischer Betrachtungsweise ergeben, einigermaßen abzugrenzen. Wie sehr sich kata- plasmatische Gallen- und die Kallusgewebe, Gallenholz und Wundholz einander gleichen, habe ich in meiner Pathologischen Pflanzenanatomie ausführlich dargefan. Auch die Intumescenzen und Kallusgewebe können ihrer Struktur nach einander sehr ähnlich werden. Hülsenschalen von Pisum, die man vor der — oben geschilderten — Versuchsanstellung ihrer Samen beraubt hat, bilden gleichzeitig mit den Intumescenzen an der Innenfläche auch Kallusgewebe an den Wund- flächen der Samenstielchen. Der Kallus besteht im wesentlichen aus denselben Elementen wie die Intumescenzen, aus langgestreckten, farb- losen Haaren, die allerdings nicht gleichmäßig zylindrische Form haben, sondern keulig oder blasenähnlich oder pilzhutartig angeschwollen sind, wie es für die Intumescenzen von Oytisus oben zu beschreiben war. Ein vortreffliches Objekt zur Fırläuterung der Beziehungen zwischen Intumescenzen und Kallusgewebe scheinen mir die Blätter der ver- schiedenen Kohlrassen abzugeben. Daß die Blätter von Brassica oleracea zur Bildung von Intumeseenzen befähigt sind, kann man bei Durch- sicht von Kohlfeldern zumal nach vorangegangener feuchter Witterung leicht Kkonstatieren; es lag somit nahe, zu vermuten, daß auch im Laboratoriumsversuch mit der üblichen Methode Intumescenzen sich hervorrufen lassen würden. Ich erhielt solche an schwimmenden Blatt- stücken an Weißkohl: bei ausgewachsenen Blättern barst nach einigen ( bis 6) Tagen auf der morphologischen Ober- und Unterseite das Gewebe auf. Ausgewachsene Kohlrabiblätter versagten, wie überhaupt losgelöste Kohlblätter auf Wasser schwimmend immer nur kurze Zeit sich lebend erhalten ließen; jugendliche Blätter dagegen bildeten in der zweiten Woche nach Beginn des Versuchs einige Intumescenzen. Viel auflälliger als diese waren aber die an den Wundrändern der Blatt- stücke vorwuchernden Kallusmassen, die aus sehr großen, wasserhellen, schon mit unbewaffnetem Auge deutlich unterscheidbaren Zellen be- stehen, die teils isoliert sind, meist aber mit den Nachbarzellen zu dochtartigen, durchscheinenden Komplexen sich zusammenschließen. Die- selben Eigentümlichkeiten kamen den Intumescenzen der untersuchten Kohlrabiblätter zu. Beide Gewebsformen leiteten sich vom Grundge- webe des Blattes ab; ein Unterschied zwischen beiden besteht nur darin, daß der Kallus an der Wundfläche entsteht, die Intumescenz erst durch ihre eigene Wachstumstätigkeit sich die Wunde schafft. y 535 Bei den Rändern der geschilderten Blattstücke handelt es sich um Wundflächen, welche senkrecht zur Oberfläche des Blattes seine Masse durchsetzen: Wundflächen, welche parallel zur Blattoberfläche streichen, veranlassen dieselben Gewebebildungen, die dann den typi- schen Intumescenzen ganz besonders ähnlich werden. Die Epidermis und die anliegenden Grundgewebszellen zu zerstören, gelingt durch sanfte Schläge mit einer festen Bürste. Werden Kohlrabiblätter nach dieser Vorbehandlung in feuchte Luft gebracht, so bilden sich an sämt- lichen Wundstellen binnen zweimal 24 Stunden kleine Gewebshöcker vom Typus der Intumescenzen. Einige Tage später gehen die los- gelösten Kohlblätter zugrunde. Ob man hier von Wundgewebe oder Intumescenzen sprechen soll, ist schwer zu entscheiden und überdies auch nur von nebensächlicher Bedeutung. Wichtiger scheint mir, daß hiermit eine Erklärung für v. Schrenks Beobachtungen !) gegeben wird. v. Schrenk beschrieb Intumescenzen „iormed as a result of chemical stimulation“; da Intumescenzen bis dahin immer als die Folgen erhöhter Wasserversorgung und gesteigerten Turgordruckes aufgefaßt worden waren, enthielten seine Mitteilungen, nach welchen sich an Brassica oleracea (Blumenkohl) durch Behandlung mit Kupferverbindungen Intumescenzen erzielen ließen, einen wichtigen Beitrag von prinzipieller Bedeutung. Ich bin freilich der Meinung, daß seine Schlüsse nur mit Vorsicht weiter zu verwerten sind, und daß die Angabe, daß Kupfer formative Effekte von besagter Art auslösen könne, noch nicht als erwiesen zu betrachten ist. v. Schrenk verfuhr der- art, daß die Blätter seiner Versuchspflanzen mit den Lösungen ver- schiedener Kupferverbindungen fein übersprüht wurden; die Stellen, an welchen große Tropfen der giftigen Lösungen niederfallen oder sich ansammeln, gehen zugrunde, wo kleine Tröpfchen liegen, entstehen In- tumescenzen. Meine Versuche mit isolierten Kohlrabiblättern — im großen Maßstab v. Schrenks Versuche zu wiederholen, fehlt mir leider die Gelegenheit — zeigten die von dem Autor beschriebenen Absterbe- erscheinungen unter den großen wie unter den feinsten Tröpfchen; zur Verwendung kam nach v. Schrenks Rezept Kupferehloridlösung. In- tumescenzen entstanden aber an meinen Versuchsobjekten nicht. Bei v. Schrenks Versuchen handelt es sich um Gewebsbildungen, die an den kleinsten nekrotischen Feldern hervorwucherten, offenbar ebenso wie bei meinen Versuchen nach Läsion durch die Bürste. Ich möchte 1) Intumescences formed as a result uf chemical stimnlation. Missouri Botan. Garden 1905, pag. 125. 536 daher der Meinung Ausdruck geben, daß bei den von ihm beobachteten „Intumescenzen“ es sich — nach ätiologischer Bezeichnungsweise — um Kallusbildungen handelte, die freilich histologisch den Intumescenzen gleichkommen: ob die Wunde durch mechanische Insulte, durch Ab- tragen bestimmter Zellenlagen oder durch Vergiften irgendwelcher Ge- webezonen zustande kommt, dürfte für die nachfolgende Bildung ab- normaler Gewebe belanglos sein. In demselben Sinne möchte ich auch meine eigenen Beobachtungen an Fruchtschalen von Pisum deuten. Bei zahlreichen, auf Wasser schwimmenden Fruchtschalenstücken wurden : kleine Tropfen einer sehr verdünnten Lösung von milchsaurem Kupfer aufgetragen; die zur Intumeseenzbildung befähigten Epidermiszellen starben unter dem Einfluß der Lösung ab, es bildete sich an dem be- netzten Feld somit keine Intumescenz. Vielmehr entstand nach etwa acht Tagen ein dichter, durchseheinender Gewebsring um die Stelle herum, auf welcher der inzwischen längst verdunstete Tropfen gelegen hatte. Der Gewebewulst bestand aus langen, haarähnlichen, mehrfach septierten Schläuchen, die aber nicht isoliert nebeneinander standen, sondern verwachsen waren, wie es bei Kallusgeweben so oft zu sehen ist. Die Frage, ob man durch lokale Anwendung von Giftstoffen auf lebende Pflanzenorgane diese zur Produktion abnormaler Gewebe anregen kann, scheint mir durch Versuche dieser Art ebensowenig der Beant- wortung näher gebracht zu werden wie durch Haberlandts Versuche an Conocephalus ovatus, deren Blätter dureh Bepinseln mit Sublimat zur Bildung von „Ersatzhydathoden“ angeregt werden!). v. Schrenks Versuche stimmen mit den Haberlandtschen meiner Ansicht nach im wesentlichen überein: auch bei Haberlandts Experimenten entstanden auf den Blättern durch Abtötung der empfindlichen Hydathoden nekro- tische Stellen und an ihnen wucherten die „Ersatzhydathoden“ hervor ebenso wie an Brassica-Blättern nach lokaler Kupfervergiftung. von Schrenks Versuche legen die Frage nahe, ob die Veranlassung zu der abnormalen Gewebebildung an Conocephalus die Wasserfülle im Blatt gegeben hat, die auf die Abtötung der Wasserausscheidungsorgane zu- rückzuführen wäre — oder der „Wundreiz“ hierzu genügte. Andererseits halte ich dafür, daß Gewebe, welche histologisch den Intumeseenzen gleichkommen, durch chemische Reizmittel zu erzeugen 1) Über experimentelle Hervorrufung eines neuen Organs bei Conocephalus ovatus Tree. Festschrift für Schwendener, 1899, pag. 104. — Zur Kritik dieser Gebilde vergl. meine Pathologische Pflanzenanatomie 1903, pag. 87, auch Steiner a2. 0. ET wege SE - > 537 möglich sein muß. Diese Sicherheit scheinen mir die „Erineumgallen“ zu geben, die histologisch gerade mit den hier beschriebenen Pisum- Intumescenzen in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen, und für welche Erwägungen der verschiedensten Art die Erzeugung durch che- mische Reizmittel wahrscheinlich machen. Ergebnisse. 1. Als Objekte, welche überaus schnell und reichlich Intumescenzen produzieren, sind die Hülsenschalen von Pisum sativum zu nennen. 2. Die Bildung der Intumescenzen ist an ihnen ebenso wie bei den Blättern von Populus tremula und Bucalyptus globulus unabhängig von Licht und Dunkelheit. 3. Bei erhöhter Temperatur (25—30°) werden üppige Intumescenzen- lager schon innerhalb 24 Stunden gebildet. 4. Die Möglichkeit, daß sich durch chemische Reizmittel Gewebe hervorrufen lassen, die den Intumescenzen histologisch gleichkommen, ist zuzugeben. Bisher aber ist das Experiment noch nicht einwandfrei er- ledigt. Wenn nach Vergiftung mit Kupfersalzlösungen an den nekro- tischen Feldern Gewebewucherungen entstehen (v. Schrenk), so handelt es sich dabei offenbar um dieselben Produkte, die auch nach Verwundung entstehen können. Halle a. S., Botanisches Institut der Universität. Flora 1908. 35 Zur Frage nach der Homologie der Blepharoplasten. Von $, Ikeno, Seit der Publikation meiner Untersuchungen über die Spermato- genese von Marchantia polymorpha') sind verschiedene Arbeiten über dasselbe Thema erschienen, sowohl was Lebermoose als auch andere Pflanzengruppen betrifft, was mich veranlaßt, in dem vorliegenden Aufsatz auf diese Arbeiten zurückzukommen und meine Ansicht über die Homologie der Blepharoplasten noch mehr zu präzisieren. Eine der neuesten Publikationen ist eine kurze Mitteilung Miyakes über die Spermatogenese bei verschiedenen Lebermoosgattungen, wie Marchantia, Fegatella, Pellia, Makinoa, Aneura?). In keiner dieser Gattungen konnte er bei den sukzessiven Kernteilungen in den Antheridien die Zentrosomen nachweisen und deshalb stellte er meine positive Angabe über Marchantia in Zweifel. Da man daher vielleicht glauben könnte, daß meine diesbezügliche Beobachtung auf einem Irrtum beruhe, so habe ich in einem kleinen Aufsatz gezeigt, daß meine An- gabe vollständig richtig ist und die negativen Resultate Miyakes auf einer der drei folgenden Möglichkeiten beruhen könnten, entweder auf Verwendung schlechten Materials, oder auf unzureichender Behandlung desselben, oder auf Übersehen der in Frage stehenden sehr kleinen Körperehen 9). Diejenigen Leser jedoch, welche noch weitere Bestätigung verlangen, seien auf die in der neuesten Zeit erschienene Arbeit Lewis über einige Riceia-Arten hingewiesen‘). Dieser Forscher studierte unter anderem die Spermatogenese dieser Lebermoosarten und fand dabei solche Körperchen, welche dieselbe Stellung bei dem Zellkerne einnehmen und dasselbe Verhalten zeigen, wie diejenigen, welche ich 1) Die Spermatogenese von Marchantia polymorpha. Beih. z. Bot. Zentralbl. ° 1903, Bd. XV. 2) On the centrosome of Hepaticae. The Bot. Magazine, Tokio 1905, Vol. XIX, No. 224. 3) Are the centrosomes in the antheridial cells of Marchantia polymorpha imaginary? Ibid., No. 225. 4) The Embryology and development of Riceia lutescens and Riceia erystallina. The Bot. Gaz. 10906, Vol. XLL 539 bei Marchantia fand und als Zentrosomen bezeichnete. Nach seiner Angabe!) nämlich über die Zellkerne der Antheridien von Riceia sitzen diese Körperchen an den entgegengesetzten Polen der Kern- spindel, verschwinden beim Schluß jeder Kernteilung, ausgenommen der letzten (sog. „diagonalen Teilung“), wobei sie verbleiben und die blepharoplastische Funktion spielen. Lewis nannte diese Körperchen „zentrosomartige Körper“ und scheint zu der Homologisierung derselben mit Zentrosomen nicht geneigt zu sein), allein, kein mit diesen Dingen näher Vertrauter wird die Identität derselben mit meinen „Zentrosomen“ bezweifeln. Diese Arbeit Lewis, welche, wie oben gezeigt, mit meinem Befunde an Marchantia fast völlig übereinstimmt, mag deshalb als eine schöne "Bestätigung meiner in Frage stehenden Angabe dienen. Bei seinen Studien über Fegatella conica fand Bolleter zwar keine Zentrosomen an den Spindelpolen bei den Antheridien-Kern- teilungen®), da aber seine Beobachtung mit durch Alkohol fixiertem Material ausgeführt wurde, so gibt er selbst zu), daß die Zentrosomen wirklich vorhanden gewesen sein können und nur an den nach den modernen Fixierungsmethoden behandelten Präparaten wahrzunehmen sind. Die negative Angabe Miyakes über dieselbe Art wird vielleicht einer Nachprüfung bedürfen. Fast gleichzeitig mit der Lewisschen Arbeit erschien eine Studie Humphreys über Fossombronia). Danach erscheint der Blepharoplast zuerst im Zytoplasma der Spermatiden, wo er sofort seine hlepharo- plastische Rolle spielt®). Somit verhält sich hier der Blepharoplast nach einer von zwei Möglichkeiten, welche ich im Jahre 1904 vermutungs- weise ausgesprochen habe, „sie treten nämlich niemals während der spermatogenetischen Keruteilungen auf, sondern sie entstehen zuerst in der Spermatide, wo sie sofort die hlepharoplastische Funktion ausüben“ ?), Wie ich dort gezeigt habe), sind bei Pellia epiphylla und Makinoa crispata keine Zentrosomen bei den Kernteilungen in den Antheridien 1 e. pag. 109. 2) 1. c. pag. 132. 3) Fegatella conica (L.) Üorda. Beih, z. Bot. Zentralbl. 1905, Bd. XYIIT, Erste Abteil. 4). ec. pag. 349. 5) The development of Fossombronia longiseta, Aust. Ann. of Bot. 1906, Vol. XX, No. 77. 6) le. pag, 96 ff. 7} Blepharoplasten im Pflanzenreich. Biol. Zentralbl. 1904, Bd. XAIV, pag. 219, Fußnote. Le pag. 219, 35* 540 nachzuweisen und so ist es höchst wahrscheinlich, daß das Verhalten der Blepharoplasten dieser zwei Arten mit dem übereinstimmt, was bei Fossombronia geschieht‘). - Nach alledem komme ich bezüglich der Biepharoplastenfrage der Lebermoose zum folgenden Schluß, welcher mit dem von mir im Jahre 1904 ausgesprochenen?) fast völlig übereinstimmt und lautet: Bei den unteren Lebermoosen (z. B. Marchantiales, wie Marchantia, Riceia), spielen die Zentrosomen sowohl ihre normale als blepharoplastische Funktion; im Laufe der Phylogenie dieser Pflanzengruppe büßten sie allmählich die erstere Funktion, um nun lediglich für letztere speziali- siert zu werden, womit nach dem bekannten Lamarckschen Prinzip das allmähliche Verschwinden dieser Körperchen an den Stellen, für die sie nicht mehr nötig waren, stattgefunden hat. Es ist deshalb nicht unmöglich, daß man solche Lebermoose auffinden könnte, bei denen die Zentrosomen, trotzdem sie die nämliche Stelle einnehmen wie die ge- wöhnlichen, doch schon die normale Rolle eingebüßt haben. Mottier, in seinen Studien über die Spermatogenese von Chara?), stimmt mit mir überein betreffend die zentrosomatische Natur derjenigen Körperchen, welche ich in jungen Zellgenerationen der Antheridien auf- gefunden und als Zentrosomen gedeutet habe*), allein die von mir an- gegebene Tatsache, daß das Zentrosom bei der diagonalen Teilung in den Antheridien verbleibt, wird von ihm in Zweifel gestellt, weil die- jenigen Körperchen, welche als Blepharoplasten fungieren und diejenigen, welche ich bei der Kernteilung an den Spindelpolen wahrgenommen hatte und als Zentrosomen deutete, trotz ihres gleichartigen Aussehens ganz verschiedene Dinge sein könnten). Darin kann ich jedoch diesem Forscher nicht zustimmen und ich glaube noch jetzt, daß die nämlichen Körper, welche bei der diagonalen Teilung als Zentrosom fungiert hatten, verbleiben und als Zilienbildner dienen. Daß diese Anschauungen weit wahrscheinlicher sind als die Mottiers, wird für denjenigen klar werden, welcher meine Angabe mit der Jahnschen Untersuchung an einigen D) Es war meine Absicht, sofort nach dem Abschluß meiner Untersuchungen von Marchantia meine Studien an Pellia, Makinoa usw. fortzusetzen, allein wegen anderer Beschäftigungen konnte ich bisher diese Arbeit noch nicht ausführen, Doch dürften weitere Studien kaum mehr nötig sein, nachdem die schöne Arbeit AHum- phreys erschienen ist, 2) Le. pag. 21987220. 3) The development of the spermatozoid in Chara. Ann. of Bot. 1904, Vol. XVIH. 4) 1. c. pag. 250. dl. e. pag. 252, 541 Myxomyceten ') vergleichen will. Danach kann man bei der Kern- und Zellteilung der Schwärmer an den beiden Spindelpolen je ein Zentrosom wahrnehmen und während diese an den Polen sitzen, sieht man eine Zilie daraus hervorwachsen, was mit der Angabe Henneguys über die Spermatozyten einiger Schmetterlingsarten ?) übereinstimmt. Da in diesen Fällen die aus den Zilien noch an den Spindelpolen sitzenden Zentrosomen hervorsprossen, ist aus naheliegenden Gründen die Identität der Zentro- somen und Blepharoplasten nicht mehr zu leugnen und es kann kaum mehr zweifelhaft sein, daß auch bei Marchantia beide Gebilde, Zentro- som und Blepharoplast, die nämlichen sind. Nach Mottier stammen die Blepharoplasten bei den Spermatiden von Chara aus der Hautschicht des Zytoplasmas?); wenn diese Angabe des amerikanischen Forschers sich bestätigt, so dürften vielleicht die von Strasburger untersuchten Blepharoplasten an den Schwärmsporen einiger Chlorophyceen !) zu derselben Kategorie gehören. Nach Schau- dinn gehen dieselben bei einigen Flagellatengattungen aus ganzen Kernen hervor). Ich bin noch nicht im Besitz dieser Arbeit Schaudinns und deshalb kann ich nicht selbst die Richtigkeit seiner Angabe beurteilen. "Allein wenn man diese Angaben Mottiers, Strasburgers und Schau- dinns für richtig hält, dann wären alle sog. „Blepharoplasten“ keine morphologisch einheitlichen Gebilde, wie ich auch zuerst zu glauben geneigt wart), und man könnte dann die drei folgenden Kategorien unterscheiden: 1) Myxomycetenstudien. 3. Kernteilung und Geißelbildung bei den Schwär- mern von Stemonitis flaceida Lister. Ber. d. Deutschen Bot. Gesellschaft 1904, Bd. XXIIL 2) Wilson, The cell in development and inheritance, second edition, New York 1900, pag. 357, Fig. 167, obere Figur. 3) l.c. — Mottier hat die Entwicklung der Spermatozoiden aus den Sper- matiden genau untersucht und kam zu dem Schlusse, daß der Blepharoplast aus der Hautschicht der Spermatide stammt. Allein meiner Ansicht nach wäre es viel- leicht nicht unmöglich, daß durch die Untersuchung der jüngeren Entwieklungs- stadien, als die von. diesem Forscher studierten, die Abstammung dieser „plasmo- dermalen“ Gebilde aus den Zentrosomen oder ähnlichen Körpern festgestellt werden könnte. 4} Über Reduktionsteilung, Spindelbildung, Zentrosomen und Zilienbildner im Pflanzenreich. Histolog. Beitr. 1900, Heft VI. 5) Generations- und Wirtswechsel bei Trypanosoma und Spirochaete. (Vor- läufige Mitteilung.) Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte 1904, Bd. XX, Heft 3. Ich kenne diese Arbeit nur aus dem Zitate in Jahns Aufsatz 1. c. 6) Die gleiche Ansicht wurde auch von Jahn ausgesprochen, 1. c, pag. 91. 542 1. Zentrosomatische Blepharoplasten sind solche, welche entweder onto- oder phylogenetisch zentrosomatischen Ursprungs sind; soweit untersucht, gehören fast alle Blepharoblasten zu dieser Kategorie. Myxomyeeten, Lebermoose, Gefäßkryptogamen, Gymnospermen. 2. Plasmodermale Blepharoplasten. Chara, einige Chloro- phyceen. 3. Karyo- oder Kern-Blepharoplasten. Nur .bei einigen Flagellatengattungen. nn Bei der Redaktion sind eingegangen: 1) Die europäischen Torfmoose. Nachtragsheft zu den „Europä- ischen Laubmoosen“, beschrieben und gezeichnet von Georg Roth. Mit 11 photolithographischen Tafeln. Leipzig 1906, Verlag von Wilh. Engelmann. Preis 3,20 Mk. 2) Das Pflanzenleben der Alpen. Eine Schilderung der Hoch- gebirgsflora von C. Schroeter. Zürich, Verlag von Alb. Rau- stein. Preis: 2,80 Mk. 3) Die Alpenflora der Schweiz. Von O0. Schroeter. Zürich, Verlag von Alb. Raustein. Preis: 60 Pf. 4) Flora von Zürich, Von Naegeli und Thellmy. Bd. I. Zürich, Verlag von Alb. Raustein. Preis: 2 Mk. 5) Boletim do Museu Goeldi (Museu Paraense) de historia natural e ethnographia. Parä, Brasil, estabelecimento gra- phico de G. Wiegandt 1905—1906, Vol. IV, No. 4, Marco 1906. 6) Jahresbericht über die Fortschritte in der Lehre von den Gärungsorganismen. Von Alfr. Koch. 14. Jahrg. (1909), Leipzig, Verlag von $. Hirzel. Preis: 20 Mk. T) Species and Varieties. Their origin by mutation. Lectures delivered at the University of California by Hugo de Vries, edited by D. P. Mac Dougal, second edition eorreeted and revised. Chicago, The open Court publishing company. London 1906, Kegan, Paul French, Trubner & Co. Ltd. 8) Research methods in ecology by F. C. Clements. Illustrated. Lincoln, Nebraska, The University publishing company 1905. Preis: 3 Dollars. 9) Plant Response as a means of physiological investigation by Jagadis ChunderBose, with illustrations, Longmans, Green and Co. London, Newyork and Bombay 1906. Preis: 21 sh. 10) Tllustriertes Handbuch der Laubholzkunde. Von Camillo Karl Sehneider. Fünfte Lieferung mit 128 Abbildungen im Text. Jena, Verlag von G. Fischer. Preis: 4 Mk. 11) Lehrbuch der Pflanzenkunde. Von Dr. A. Voigt. I. Teil: Die höheren Pflanzen im Allgemeinen. Hannover und Leipzig, Hochesche Buchhandlung. Preis: 1,80 Mk. Ant. Kämpfe, Buchdruckerei, Jena. Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. 1 i ; Von Dr. Ludwig Jost, a. o. Prof. Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. ee De ee Mit 172 Abbildungen. Preis: brosch. 13 Mark, geb. 15 Mark. Flora 1904, Bd. XCIII, H. 2: «+. Die Darstellung ist klar, kritisch und reichhaltig und oft durch historische Rück- blicke belebt. Die Jostschen Vorlesungen werden deshalb als eine treffliche Einführung in das Studium der Pflanzenphysiologie begrüßt werden. Auch für Berufsbotaniker ist das Buch wertvoll durch die eingehende Berücksichtigung und Diskussionen, welche die neuere pflanzenphysiologische Literatur in ihm gefunden hat, Solche orientierende Darstellungen sind ja um so notwendiger, je mehr die Entwicklung der Botanik es unmöglich macht, in allen ihren Gebieten die Literatur zu verfolgen, besonders aber in der Physiologie, welche die Grundlage für alle anderen Teile der Botanik darstellt. In ihren Grundzügen dargestellt. Von Pathologische Pilanzenanatomie. Dr. Ernst Küster, Dozent für Botanik an der Univ. zu Hallea.S. Mit 121 Abbildungen im Text. 1903. Preis: 8 Mark. Botanische Zeitung Nr. 17 vom I. September 1903: Das vorliegende Buch wird jedermann zur Orientierung in dem behandelten Ge- biet erwünscht und angenehm sein, weil es eine Reihe von Dingen im Zusammenhang bespricht, über die man sonst nur sehr zerstreute Einzeluntersuchungen findet und weil es eine ausgedehnte und sorgfältige Verarbeitung der einschlägigen Literatur enthält. In- sofern füllt es eine Lücke aus, und kann es als ein unentbehrliches Handbuch bezeichnet werden. Biologishe und morphologishe Untersuchungen über Wasser- Ri Erster Teil: Die Lebensgeschichte der europäischen und Sumpfgewächse. Alismaceen. Von Prof. Dr. Hugo Glück in Heidel- berg. Mit 25 Textfiguren und 7 lithographischen ee Eu 20 er i Von Dr. Friedriec tmanns, Prof. Morphologie und Biologie der Algen. Yor Dr Fräedrich Ditmanns Tor burg i. Br. Erster Band: Spezieller Teil. Mit 3 farbigen und 473 schwarzen Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark. Zweiter Band: Allgemeiner Teil. Mit 3 Tafeln und 150 Textabbildungen. Preis: 12 Mark. Fin Blick in die Geschichte der botanischen Morphologie und die j is Von Dr. H. Potoni6, Kgl. preuß. Landesgeologe und Pericaulom-Cheorie. Professor, bezw. Privatdozent der Paläobotanik an der Kgl. Bergakademie und der Universität zu Berlin. (Erweiterter Abdruck aus der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift. Neue Folge. II. Band, der ganzen Reihe XVIII. Band.) Mit 9 Abbildungen. 1903. Preis: 1 Mark. Botan. Zeitung 1903, Nr. 10: on ee In ihrem ersten Teil enthält die Abhandlung eine übersichtliche historische Dar- legung der verschiedenen Phasen, die die Phytontheorie im Laufe der Zeiten durchlaufen hat. Sie zeichnet sich dadurch aus, daß sie geschmackvoll und in sehr lesbarer Form H. Solms. geschrieben ist. Botanische Werke aus den „Wissenschaftlihen Ergebnissen der Deutschen Tieisee-Expedition“ Hl mn DET en eheanates des Inuers herausg. von Carl Chun, Prof. der Zoologie in Leipzig, Leiter der Expedition: G. Karsten, - Das Phytoplankton des Antarktischen Meeres nad dem Material der Deutschen Tiefsee-Expedition 1898 — 1899. Mit 19 Tafeln. Text und ir Preis für Abnehmer des ganzen Werkes (Text und Atlas): 39 Mark 50 Pf., Preis in Einzelverkauf (Text und Atlas): 50 Mark. H. Schenck, : 1. Vergleichende Darstellung der Pilanzengeographie der subantark- tishen Inseln, insbesondere über Flora und Vegetation von Ker- guelen. Mit 11 Tafeln-und 33 Abbildungen im Text. 1. Ueber Flora und Vegetation von St. Paul und Neu- Amsterdam. Mit 5 Tafeln und 14 Abbildungen. Preis für Abnehmer des ganzen Werkes (Text und Atlas): 40 Mark, Preis im Einzelverkauf (Text und Atlas): 50 Mark. Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. j ittei Herausgegeben von Dr. A. Botanische Mitteilungen. aus den Tropen. ""y“ nme Professor der Botanik an der Universität Bonn. ‘9 Hefte. 1888— 1901. Lex.-Format. — Preis: 109 Mark. Durch anastatischen Neudruck ist die ganze Serie wieder vollständig geworden, TE insbesondere Bibliotheksverwaltungen ihr Augenmerk richten wollen. Heft I: Die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen u. Ameisen im tropischen Amerika. Von A.F.W.Schimper. 18885. Mit3 Tafeln. Preis: 4 Mark 50 Pf. Heft II: Die epiphytische Vegetation Amerikas. Von A. F. W. Schimper. Mit 6 Tafeln. 1888. Preis: 7 Mark 50 Pf. Heft III: Die indo-malayische Strandflora. Von A. F. W. Schimper. Mit 7 Textfiguren, 1 Karte und 7 Tafeln. 1891. Preis: 10 Mark. Heft IV: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, im Besonderen der in Brasilien einheimischen Arten Von Dr. H. Schenck, Privatdozent an der Universität Bonn. I. Teil: Beiträge zur Biologie der Lianen. Mit 7 Tafeln. 1892. Preis: 15 Mark. Heft V: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen, im Besonderen der in Brasilien einheimischen Arten. Von Dr. H. Schenck. II. Teil: Bei- “Mäge zur Anatomie der Lianen. Mit 12 Tafeln und 2 Text-Zinkographien. 1893. Preis: 20 Mark. Heft VI: Die Pilzgärten einiger amerikanischer Ameisen. Von Alfred Möller. Mit 7 Tafeln und 4 Holz itten. 1893. Preis: 7 Mark. Heft.VII: Brasilische Pilzblumen? ön-Alfred Möller. MitS Tafeln. 1895. Preis: 11 Mark. a Heft VIII: Protobasidiomyceten. Untersuchungen aus Brasilien. Von Alfred Möller. Mit 6 Tafeln. 1895. Preis: 10 Mark. Heft: 9: Phycomyceten und Ascomyceten. Unsersuchungen aus Brasilien. Von Alfred Möller. Mit 11 Tafeln und 2 Textabbildungen. 191. Preis: 24 Mark. onen Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Naturwissenschaftliche Wochenschrift einschließlieh der Zeitschrift „Die Natur“ (Halle a. S.), seit ı. April 1902 „Organ der deutschen Gesellschaft für volkstümliche Naturkunde in Berlin“, Herausgegeben von Prof. Dr. H. Potonie und Oberlehrer Dr. F, Koerber in Großlichterfelde-W. bei Berlin. Preis halbjährlich 4 Mark. Im Jahrgang 1905 und in den bisher erschienenen Nummern des Menden Jahrganges sind an botanischen Arbeiten enthalten: Atmung der Pflanzen in verschiedenen Lagen von Arct. — Die Mohren- blüten von ‚Daucus carota von Detto. — Befruchtung von Ophrys von Eckardt. — Starker Laubfall nach plötzlichen Nachtfrost von Ewald. — Kleistogame Blüten von@5oebel. — Ueber Empfindung im Pflanzenreiche von Kny. — Ueber künst- liche Spaltung der Blütenköpfe von Helianthus annuus von Kny. — Neuere Unter- suchungen über den Geotropismus der Pflanzen von Linsbauer. — Extrafiorale Drüsen am Blattstiel von Ricinus von Loew. — Gipfeldürre bei Fichten von Neger. — Deformation von Pflanzen durch äußere Einflüsse von Reinke, — Stickstoffernährung der grünen Pflanze von Treboux. — Hitzelaubfall von Wiesner. — Die Sinnesorgane der Pflanzen von Schwendener. — Die Vegetation des hohen Südens von Diels. — Laubfarbe und Himmelslicht von Stahl. — Die Fichte als Moorbaum und über unsere Moore von Potonie. — Ein moderner Botaniker vor 75 Jahren von Brenner. — Die Wirkung der Röntgen- und Radiumstrahlen auf die Pflanze von Seckt. = ‚Diesem Hefte liegt ein Prospekt der Firma Eduard Kummer, Verlag, Leipzig, bei, welcher geneigter Beachtung empfohlen wird. Druck von Ant, Kämpfe in Jena,