164 Or). or „ER “ JAo® "FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. ACHTUNDNEUNZIGSTER BAND. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 8 TAFELN UND 232 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1908. Mo.Bot.Gargden 1908 ALLE RECHTE VORBEHALTEN. Inhaltsverzeichnis. BRENNER, W., Beobachtungen an Baziiraga granulata. Mit * Abbil- dungen im Test. . . Dr. FISCHER, HUGO, Belichtung und "Blürenfarbe ER Dr. FISCHER, HUGO, Die Pelorien von Linaria vulgaris . FREUND, HANS, Neue Versuche über die Wirkungen der Außenwelt auf die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Algen GOEBEL, K., Archegoniatenstudien. XII. Über die Brutknos) enbildung und über die systematische Seellung von Riella. Mit 11 Ab- bildungen im Text . GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen. 18. "Brut. "kuospenbildung bei Drosera pygmaea und einigen Monokotylen. Mit 10 Abbildungen im Text . . GOEBEL, K., Nachtrag zu der Abhandlung „Brobknospenbildung bei Drosera pygmaea und einigen Monokotylen“ . HEINRICHER, E., Über Androdiöeie und Andromonöcie bei Litiam eroceumm Ohaix und die systematischen Merkmale dieser Art. Mit 3 Abbildungen im Text HEINRICHER, E., Eins erbliche Farbenyaritt des Ligneimum vol. gare L.. . KRASAN, FRANZ, Die Hauptresultate meiner " 20jährig, Kulturversuche MEYER, ARTHUR, Der Zellkern der Bakterien. Mit 3 Abbildungen im Text . MODILEWSKY, JAKOB, Zur ‚Samenentwieklung einiger Urtieifloren. Mit 71 Abbildungen im Text . B NIENBURG, WILHELM, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger Fiechtenapothesien. Mit Tafel I-VII und 3 Abbildungen im Test... ORTLEPP, KARL, Der Einfinß dos Bodens auf die Blätenfüllung der'Tulpen RITZEROW, HELENE, Über Bau und Befruchtung ‚Kleistogamer Blüten. Mit 36 Abbildungen im Text . SCHELLENBERG, H. C., Untersuchungen ber das Verhalten Siniger Pilze gegen Hernizellulosen . SNELL, KARL, Untersuchungen über die N: ahrungeanfnahme der Wasser pflanzen. Mit 2 Abbildungen im Text - SPERLICH, ADOLF, Zur Entwieklungsgeschichte der Stolonen von Nephrolepis. Mit Tafel VIlL und 6 Abbildungen im Text STEINBRINCK, ©. u. SCHINZ, H., Über die anatomische Ursache der hygrochastischen Bewegungen der sog. Jeriehorosen und einiger anderer Wüstenpflanzen (Anastatica, Odontospermum, Geigeria, Fagonia, Zygophy yHum). Mit 11 Abbildungen im Text . WORONIN, HELENE, Apogamie und Aposporie ‚bei einigen Farnen. Mit 72 Abbildungen im Text . . B Heft I, pag. 1--100 erschien am 10, Oktober 1907 „ 4 „ 1156 „ „ 15. November 1907 » AL u» 37-388 „ » 2% März 1908 »„ m „ 389-502 „= 32. Mai 1908. Seite 250—256 380—385 386—388 41—100 308— 823 324—335 501—502 363-378 379 389—406 335-340 423-470 1-40 406-422 163-212 257308 213-249 841-362 471-500 101--162 gr FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 98. BAND. ERSTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 7 TAFELN UND 3 TEXTFIGUREN. ; f» VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA, en "1907. \ ERSCHIENEN AM 10. OKTOBER 1907. Inhaltsverzeichnis. "Seite Ä NIENBURG, WILHELM, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger Flechtenapothecien. Mit Tafel I-VII und 3 Abbildungen im Te. 2 2er en FREUND, HANS, Neue Versuche über die Wirkungen der Außenwelt auf die ungeschlechtlicke Fortpflanzung der Algen . . . . 41-100 Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstraße 3. Buchhändler u. Antiquar. Telegr.-Adr.: Buchhandlung Hiersemann Leipzig. Ich beehre mich anzuzeigen, daß folgendes Monumentalwerk mit sämt- lichen Restbeständen in meinen Verlag übergegangen ist: Martius, C. F. Ph. de. Eichler, A. 6, et L Urban, Flora Brasiliensis. Enumeratio plantarum in Bra- silia hactenus detectarum. 15 vol. 130 fasciculi. Summa indicibus exclusis 20733 pag., 3811 tab. Folio. München und Leipzig 1840— 1906. Preis des kompletten Werkes Mk. 6000,—. Um die Anschaffung des vollständigen Werkes zu erleichtern, bin ich bereit, es auch jetzt noch auf Subskription abzugeben, dergestalt, daß der Kaufpreis auf Jahre verteilt und je nach der Höhe der jährlich übernommenen Ratenzahlungen ein entsprechender Teil in Faseikeln, von 1 anfangend, ge- liefert wird. Auch werden, nach Fertigstellung des Neudrucks verschiedener Teile, einzelne Faseikel apart behufs Vervollständigung inkompletter Exemplare ab- gegeben. Ausführliche Prospekte stehen auf Verlangen gratis und franko zu Diensten. N. 6. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung in Marburg, Bis auf weiteres liefern wir Pflanzenbiologische üchilderungen. K. Goebel. 2 Teile. Mit 31 Tafeln und zahlreichen Holzschnitten. Siatt Mk. 38,— zu Mk. 15, Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt vom Verlage. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger Flechtenapothecien. Von Wilhelm Nienburg. (Mit Tafel I-VII und 3 Abbildungen im Text.) Schon oft ist betont worden, daß man nur auf Grund eingehender entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen einer großen Anzahl von Formen zu einer wenigstens annähernd natürlichen Systematik der Fleehten gelangen könne. Seitdem durch Schwendener die Wege für eine derartige Forschungsrichtung gewiesen waren, und seitdem Stahl durch seine Entdeckung der Trichogynen dem Flechtenstudium neue Anregung gegeben hatte, ist es denn auch immer wieder versucht worden, bier weiter vorzudringen. Viel ist auf diesem Gebiet schon geleistet, so viel, daß in neuester Zeit gesagt werden konnte: „The lichens bid fair soon to become, if they are not already, the bestknown group of the higher fungi as to the actual facts in the development of their fruiting organs“. !) Aber wenn man die Ergebnisse der zahlreichen Bemühungen ein- mal genauer.überblickt, so wird man doch finden, daß diese Worte etwas optimistisch sind. Über die Bedeutung der Trichogynen sind wir heute noch nieht viel besser aufgeklärt als vor 30 Jahren nach der Stahlschen Collema-Untersuchung, obwohl alle Autoren, die sich mit entwicklungsgeschichtlichen Flechtenstudien beschäftigt haben, gerade hierauf ihr Hanptaugenmerk richteten. Infolgedessen sind die ersten Anfänge der Frucht heute schon für eine ganze Anzahl von Flechten mehr oder weniger zuverlässig beschrieben. Aber da es eben das Sexualitätsproblem war, das am lebhaftesten interessierte, so wurde die weitere Apothecienentwicklung, die Fragen nach den Homologien der einzeinen Teile des Fruchtkörpers, die mir für die systematische Grup- Dierung am wichtigsten zu sein seheinen, darüber von den meisten Forschern vernachlässigt. Wie schwankend und unsicher unsere Kennt- nisse gerade in bezug auf diese Punkte noch sind, zeigt am besten die Tatsache, daß gerade die Arbeiten, die sich allein von allen älteren genauer mit diesen Fragen beschäftigen, nämlich die Krabbeschen Cladonia-Untersuchungen, in ihren Ergebnissen durch die Befunde von Baur zum mindesten sehr zweifelhaft geworden sind. Im folgenden muß ich hierauf noch eingehend zu sprechen kommen, deshalb mag einstweilen diese Andeutung genügen. 1) Harper, Sexua} reproduction in certain mildewa, 1905. Flora, Bd. 98. Für die Irrtümer, denen Krabbe trotz seiner außerordentlichen ' Sorgfalt verfiel, ist vor allem seine unvollkommene Technik verantwort- lich zu machen. Und diese ist auch sonst wohl, neben dem erwähnten geringen Interesse, mit schuld an unserer mangelhaften Kenntnis der Apothecienentwicklung. Erst seit Darbishire und Baur sind an die Stelle von Rasiermesser und Jodbehandiung, welche Krabbe noch allein anwandte, Mikrotom und moderne Färbeverfahren getreten. Hiermit ausgerüstet, hat es in den letzten Jahren vor allem Baur unternommen, eine Reihe von Formen vergleichend entwicklungsgeschichtlich zu unter- suchen. Leider bieten die Flechten beim Schneiden mit dem Mikrotom ganz erhebliche Schwierigkeiten. Die gewöhnliche Paraffineinbettung ist wegen der Sprödigkeit der Hyphen für viele nach den bisherigen Erfahrungen überhaupt nicht anwendbar. Baur hat deshalb fast aus- schließlich die Celloidinmethode benutzt. Aber dieses Verfahren — wenigstens so, wie es bisher immer angewendet wurde — hat den für entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen nicht zu leugnenden Nach- teil, daß man keine geschlossenen Serien erhält. Einzelne, zusammen- hauglose Schnitte kommen unter das Mikroskop, und dadurch können, wie ich selber erfahren habe, leicht Täuschungen hervorgerufen werden, derart z. B,, daß man Schnitte durch den Rand einer älteren Frucht- anlage für ein ganz junges Stadium nimmt, und ähnliches mehr. Ich halte es deshalb hier wie überall bei derartigen Arbeiten für ein un- bedingtes Erfordernis, daß man sich auf irgend eine Weise Serien- sehnitte verschafft. Wenn die Anwendung von Paraffin nicht möglich ist, so muß man entweder die einzelnen Celloidinschnitte zu Serien vereinigen, wofür ja verschiedene Methoden beschrieben sind, oder eine Kombinierung von Celloidin und Paraffin versuchen. Das habe ich mit Erfolg bei Usnea barbata erprobt. Diese Flechte macht beim Schneiden große Schwierigkeiten. Zunächst ist die Luft aus dem Durehlüftungs- gewebe nieht leicht zu entfernen, weshalb das Eutwässern sehr langsam vor sich gehen und zwisehen den einzelnen Alkoholstufen ausgiebig die Luftpumpe angewendet werden muß. Außerdem zerbricht dann das Objekt beim Schneiden in Paraffin in viele kleine Stücke, die beim Färben zum Überfluß schließlich noch wegzuschwimmen pflegen. Ich habe daher die Usneafäden nach Angaben von Lee und Mayer?) mit ziemlich dünnflüssigem Celloidin durchtränkt, was in 2--3 Wochen ge- schehen ist, und sie darauf durch Chloroform in Paraffin gebracht. Durch diese Imprägnation mit Celloidin werden die Schnitte sehr viel 1) Lee u. Mayer, Grundzüge der mikroskopischen Technik 1898, pag. 107. 4 Ä Ä i 8 3 weniger brüchig und man kommt zu ganz brauchbaren Resultaten. Die übrigen Flechten, die ich untersucht habe, Baeomyces, Sphyridium und Icmadophila, ließen sich an und für sich gut in Paraflin schneiden, aber hier war eine andere Kalamität zu überwinden, nämlich das Sub- strat. Bekanntlich wachsen diese Formen auf dem nackten Erdboden, und da ist es selbst bei der sorgfältigsten Präparation der Thallus- stüeke nicht zu vermeiden, daß kleine Sandkörner und dergl. an den Objekten hängen bleiben, durch die manche Serie wnbrauchbar und . manches Messer ruiniert wird. Um das Technische gleich zu erledigen, will ich erwähnen, daß sich als Fixierungsmittel besonders 1°/, Chromessigsäure bewährt hat, bei 12stündiger Einwirkung -und mindestens 24stündiger Auswaschung in fließendem Wasser. Gefärbt wurde fast immer nach der Haidenhein- schen Hämatoxylinmethode, wobei ich Farbe sowohl wie Beize oft mehrere Stunden einwirken lassen mußte. Als Gegenfärbung zur Deutlichmachung der Membranen wurde häufig Eosin benutzt. " Die vier genannten Flechten wurden zum Gegenstande der vor- liegenden Arbeit gemacht, weil sie sämtlich noch nicht oder nicht aus- reichend auf ihre Fruchtentwicklung hin geprüft waren. Dieses sollte aus den eingangs erwähnten Gründen nachgeholt werden, so genau das bei den großen teehnischen und histologischen Schwierigkeiten und bei der Unmöglichkeit, Beobachtungen am Lebenden vorzunehmen, sich machen ließ. Für die Wahl von Baeomyces, Sphyridium und Iemalo- phila kam noch in Betracht, daß Hofinung vorhanden war, hierdurch Material zur Beantwortung der durch die Baurschen Ergebnisse wieder angeregten Frage nach dem morphologischen Wert der Cladonienfrüchte zu beschaffen. Hierzu wie überhaupt zu der ganzen Arbeit wurde ich dureh Herrn Dr. Baur in Berlin veranlaßt. Im dortigen botanischen Institut wurde sie auch begonnen, zu Ende geführt aber im pharmakognosti- schen Institut der Universität Freiburg i. Br. unter Leitung von Herrn Professor Oltmanns. Für das Interesse und die Hilfsbereitschaft, die sie mir während meiner Arbeit immer bewiesen haben, möchte ich beiden Herren auch hier meinen Dank aussprechen. Außerdem darf ich nicht vergessen zu erwähnen, daß ich Herr Professor Eduard Fischer in Bern für die Angabe verschiedener wertvoller Flechten- standorte und Herrm Sandstede in Zwischenahn für seine Hilfe bei der Bestimmung des Materials zu Dank verpflichtet bin. . yu Usnea. Usnea barbata ist schon im Jahre 1854 von Speerschneider‘) auf ihre Apotheeienentwicklung hin studiert. Seine Angaben sind aber für uns nicht mehr verwertbar. Höchstens verdient Erwähnung seine richtige Beobachtung, daß die Apothecien seitlich an den Thallusfäden angelegt werden und nicht endständig, wie Rabenhorst in seiner Kryptogamenflora behauptet hatte. Ferner findet sich bei Wainio®) eine Notiz, daß er bei Usnea laevis, einer brasilianischen Flechte, spi- ralig gewundene Askogone gefunden habe, „prolonges par un trichogyne, qui differait sensiblement des jeunes paraphyses gröles et connexes, s’&tendant droit jusqw’ & la surface du jeune hymenium“. Weitere Mit- teilungen über die Fruchtentwicklung macht er nicht. Da bei seiner Form die Trichogyne schon lange vor der Paraphysenausbildung ver- schwunden waren, muß Usnea laevis sich ganz anders verhalten als unsere Arten. Schließlich liegt aus neuester Zeit eine Arbeit von Schulte?) vor, die sich hauptsächlich mit der Anatomie des Thallus und mikrochemischen Fragen beschäftigt, in der aber auch die Ent- wicklungsgeschiehte der Früchte behandelt wird. Als diese Studie er- schien, hatte ich schon mit der Bearbeitung von Usnea begonnen, und da ich zu Beobachtungen gekommen war, die sich mit der Schulteschen Darstellung nicht in Einklang bringen ließen, setzte ich sie trotz der vorliegenden Arbeit fort, was durch die Ergebnisse, die mehrfach in prinzipiellem Gegensatz zu Schultes Angaben stehen, gerechtfertigt wurde. Ich werde auf diese Abweichungen am Schluß meiner Dar- stellung noch zu sprechen kommen. Mein Untersuchungsmaterial war teils in Norwegen von Dr. Baur, teils von mir im Schwarzwald und in der Schweiz gesammelt. Da ich niemals wesentliche Unterschiede in der Apothecienentwieklung konsta- tieren konnte, habe ich mich bei der Bearbeitung nicht streng an eine Spezies gehalten, sondern alles genommen, was ich an reichlich fruch- tendem Materiale fand. Hauptsächlich gehörte es wohl den beiden Formen dasypoga (Ach. Fr. und fiorida (Ack.) Fr. von Usnea barbata (Z) Fr. an. 1) Speerschneider, J., Zur Anatomie und Entwieklungsgeschichte von Usnen barbata v. dasypoga Fr. Bot. Ztg. 1854, pag. 198, 2) Wainio, E, Eitude sur 1a classification naturelle et la morpholegie 'des lichens du Bresil. Act, soeiet. pro fauna et flora fennica, vol. VII, 1890, pag. X. 3) Schulte, F,, Zur Anatomie der Flechtengattung Usnes. Beih. zum bot. Centralbl. 1905, 18, 2, pag. 1. 5 Bevor ich zu der Schilderung des Entwicklungsganges übergehe, ist es vielleicht gut, kurz an den Bau der fertigen Usneafrucht zu er- erinnern. Die beiden Textfiguren 1 und 2 zeigen zwei schematisch Fig. 1. Schematischer Schnitt durch eine Frucht von Usnea, längs zum Zentralstrang. Erklärung im Text. Fig. 2, Schematischer Schnitt durch eine Frucht von Usnea, quer zum Zentralstrang. Erklärung im Text, wiedergegebene Querschnitte durch das Apotleeium, bei denen der die Frucht, durehziehende Zentralstrang des Thallus in Fig. I längs und in Fig. 2 quer getroffen ist. In beiden Figuren trifft man, wenn man von oben nach unten geht, zunächst das aus Paraphysen und Schläuchen 6 zusammengesetzte Hymenium (%), an dessen unteren Grenze die dünne Schicht der askogenen Hiyphen (a4) verläuft. Darauf folgt ein lockeres Gewebe von Hyphen, die mehr oder weniger senkrecht zu den Para- physen verlaufen, das Subhymenium (s%). Dies wird nach unten durch das sklerotische Hypotheeium (5) von dem Durchlüftungsgewebe (d) abgeschlossen, in dem der Zentralstrang (c) und die Algenschicht («) liegen. Schließlich ist das Ganze noch umhüllt von der Rinde (7). Die Fig. 1 zeigt außerdem, daß Zentralstrang, Durchlüftungsgewebe und Rinde des Fruchtkörpers in kontinuierlichem Zusammenhange mit diesen Teilen des Thallus stehen. Das erste Stadium des Entwicklungsganges, das ich auffinden konnte, ist in Taf, I Fig. 1 dargestellt. Es ist eine Verdiekung in der Thallusrinde aufgetreten, die sich nach außen wie nach innen etwas vorwölbt, von dem Zentralstrang aber durch einen erheblichen Zwischen- raum getrennt ist. In der Mitte dieser geschwulstartigen Bildung kann man schraubig gewundene Hyphen erkennen, die sich mit Hämatozylin dunkel färben und die sich von dem umgebenden Gewebe außerdem durch dünnere Wandungen und weiteres Lumen unterscheiden. Dieses sind die Primordialbyphen der Carpogene. Leider konnte ich jüngere Stadien als das abgebildete nicht mit Sicherheit erkennen; deshalb muß ich es zweifelhaft lassen, ob die fünf bis sechs Carpogone, die in der fertigen Fruchtanlage zu finden sind, von einer einzigen derartigen Hyphe sich herleiten, oder ob sie an mehreren differenten Stellen an- gelegt werden. In dem gezeichneten Präparat waren anscheinend schon zwei getrennte Primordien vorhanden, von denen das eine etwas tiefer lag, was in Fig. 1 durch mattere Schattierung angedeutet wurde. Zwischen ihnen ist schon in einer kleinen Lücke des Gewebes der spätere Hohl- „raum mehr zu ahnen als deutlich wahrzunehmen. Diese Entwicklungs- stufen findet man an den dünnsten und jüngsten Thallusästchen, die einen Durchmesser von 0,15—0,17 mm haben, während ihr eigener Durchmesser 385—40 u beträgt. Das nächst ältere Stadium ist da- durch charakterisiert, daß die Thallusverdickung größer geworden ist und sich in ihr ein kleiner aber deutlicher Hohlraum ausgebildet hat. Er ist durch Auseinanderweichen und nicht etwa durch Absterben von Hypben entstanden, denn tote Zellen finden sich darin auf diesen und den ersten weiteren Stadien noch nicht. An der Wandung dieser Höh- lung liegen Knäuel dunkler Hyphen, die Ähnliehkeit mit den in Fig. 1 dargestellten haben, aber etwas größer sind. In der Fig. 2 sind es drei, von denen das eine tiefer sitzt und außerdem teilweise von einem anderen überlagert wird, so daß es nicht ganz gezeichnet werden konnte. I. 7 Die verschiedene Lage versuchte ich wieder anzudeuten. Die Fig. 3 zeigt dann, daß weiterhin eine wenn zunächst auch noch unerhebliche Vergrößerung des Hohlraumes stattfindet und außerdem die ganze Thallusverdickung wächst. Was dieses Stadium aber von dem vorher- gehenden wesentlich unterscheidet, ist, daß sich jetzt etwa 5—-6 Gruppen dunkler Hyphen in der Anlage nachweisen lassen. Sie sitzen unregel- mäßig an der Wandung verteilt, weshalb in dem abgebildeten Schnitt, der durch die Mitte des Hohlraums geht, nur eine zur Anschauung gebracht werden konnte. Über ihre Zahl kann ich mich nicht be- stimmter ausdrücken, als ich es getan habe, weil sie sich nicht alle mit absoluter Deutlichkeit voneinander trennen lassen. Die Knäuel liegen manchmal dicht aneinander, und auch, wenn sie weiter entfernt sind, finden sich Verbindungsfäden zwischen ihnen, wie das die Fig. 4 zeigt. Aus diesem Umstande und ferner aus der Tatsache, daß die Carpogone — denn um diese handelt es sich jetzt — in diesem Zu- stande, wo sie dicht vor der Trichogynausbildung stehen, alle ziemlich gleich groß und darum auch gleich alt erscheinen, möchte ich schließen, daß sie nicht an differenten Stellen nach und nach angelegt werden, sondern alle aus den in Fig. 1 dargestellten Primordialhyphen durch Sprossung entstehen. Die Hyphenknäuel der Fig. 2 wären demnach noch keine Carpogone, sondern Sprossungserscheinungen der Primordial- hyphen, wofür auch ihre langgezogene Gestalt sprechen würde, die sich von den mehr zusammengeballten Carpogonen der Fig. 3 und 4 deut- lieh unterscheidet. Die letzterwähnte Fig. 4 stellt einen Schnitt dar, der nicht den Hohlraum selbst, sondern nur seine Wandung getroffen hat. Er wurde zur Wiedergabe gewählt, weil man an ihm sieht, daß einzelne der Carpogone langgestreckte, fast querwandlose Trichogyne getrieben haben, die sich auf mehr oder weniger direktem Wege der Thallusoberfläche zuwenden. Daß diese Trichogyne später auch über die Oberfläche herausragen, zeigt die Fig. 5, in der nach einmal ein einzelnes Carpogon einer etwas älteren Anlage gezeichnet wurde. Ich habe diese Bilder in meinen Präparaten nur äußerst selten zu Gesicht bekommen. Ob dies durch Kurzlebigkeit der Gebilde bedingt ist, wie das Baur!) für die Trichogyne von Pertusaria nachgewiesen hat, oder durch Zufälligkeiten, muß ich dahingestellt sein lassen. Jedenfalls ist die Folge davon, daß ich genaue Angaben über ihre Ausbildung nicht machen kann. Ich weiß weder, ob alle die fünf oder sechs Gruppen 1) Baur, E., Die Anlage und Entwicklung einiger Flechtenapotheeien. Flora 1901, pag. 328. 8 dunkler Hyphen Trichogyne bekommen und so eigentlich erst zu typi- schen Carpogonen werden, noch ob die einzelnen Carpogone mehrere Trichogyne haben. Das letztere halte ich allerdings nach Präparaten wie Fig. 4 für wahrscheinlich, ohne. aber Bestimmtes darüber sagen zu wollen, da wegen der geringen Differenzierung der einzelnen Knäuel Täuschungen nicht ausgeschlossen sind. Das weitere Schicksal der Fruchtanlage habe ich wieder klarer verfolgen können. Ich konnte feststellen, daß sich von den verschie- denen Carpogonen nur eines weiter entwickelt, wobei es natürlich un- entschieden bleiben mußte, ob dies die Folge einer Befruchtung ist, oder ob ein anderer Grund vorliegt. Die Entwicklung verläuft in sehr eigenartiger Weise, von der die Fig. 6 eine Vorstellung gibt. Hier sieht man auf der linken Seite des größer gewordenen Hohlraums das bevorzugte Carpogon liegen. Die Trichogyne sind verschwunden und es hat besonders nach unten aber auch nach der ihm zunächstliegenden Wandung eigentümliche Fäden getrieben, die sich zwischen die Hyphen der Thallusrinde einkeilen, und durch die die eigentlichen Askogon- zellen allmählich in die Mitte des Hohlraums gedrängt werden. Leider kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Fäden aus allen Zellen entstehen können, oder ob einzelne die Erscheinung nicht zeigen. Von den andern Carpogonen ist in den sämtlichen. Schnitten, die durch die Anlage geführt wurden, nichts mehr nachzuweisen, als blasse, bis auf geringe geschrumpfte Plasmamassen leere Zellen, wie sie in der Fig. 6 auf der rechten Seite zu sehen sind. Offenbar sind sie alle zugrunde gegangen. In dem folgenden Stadium, Fig. 7 (um Platz zu sparen wurde nur die Höhlung gezeichnet) ist überhaupt nichts mehr von ihnen zu erkennen. Dagegen hat sich das sprossende Askogen in der eingeschlagenen Richtung weiter entwickelt. Es ist vollständig in die Mitte gerückt und treibt jetzt außer nach unten und nach den Seiten auch vereinzelt nach oben Hyphenäste aus. Beim weiteren Wachstum der Anlage treten diese Sprossungen nach oben ganz zurück hinter einer mächtigen Entwicklung der unteren Äste, In der Fig. 8, die das veranschaulicht, sind dementsprechend die dicken Askogonzellen ganz auf die obere Hälfte der Höhlung beschränkt, während der untere Teil ausgefüllt ist von einem dichten Geflecht vielfach verzweigter Hyphen, die alle von den Askogonen ausstrahlen. Wenn nach den’ bisher be- schriebenen Bildern vielleicht noch Zweifel bestehen konnten, ob die Hyphenstrahlungen wirklich von den Askogonen ausgegangen wären und sich nicht vielmehr von der Hülle aus an diese angelegt hätten, so sind die durch dieses Präparat jedenfalls gehoben. Denn der Ver- g zweigungstypus .der Hyphen zeigt ganz fraglos, daß sie von innen nach außen wachsen und nicht umgekehrt. Die Fig. 9, die. bei halb so starker Vergrößerung gezeichnet wurde als die vorhergehenden, läßt dann schon erkennen, was das eigenartige Auswachsen für eine Be- deutung hat. Das lockere Gewebe, das nach unten und nach den Seiten an die Askogone anschließt, ist nichts anderes als das Subhymenium, das durch Sprossung aus diesen entstanden ist. Diese Tatsache scheint auffällig, weil man ja sonst gewohnt ist, aus den Askogonen nichts anderes als askogenes Gewebe hervorgehen zu sehen. In Wirklichkeit werden die Dinge wohl so liegen, daß nur einige von den „Askogon- zellen“, die man in der jungen Anlage liegen sieht, später zu eigentlich askuserzeugenden werden, und daß diese auch von den Subhymenial- sprossungen ausgeschlossen bleiben. Wie bei der Schilderung der Fig. 6 erwähnt wurde, ließ sich darüber nichts sicheres feststellen, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, weil Baur!) etwas ähnliches für Collema erispum nachgewiesen hat, wo die untersten Askogonzellen, die durch undurchbohrte Querwände von den oberen schlauchbildenden getrennt waren, zu Paraphysen auswuchsen. Von den Elementen, die die fertige Frucht zusammensetzen (siehe Textfigur 1 und 2) sind jetzt bereits drei deutlich differenziert; die askogenen Hyphen, das Subhymenium und das Hypothkecium. Die Ent- stehungsweise und den Zusammenhang der beiden ersteren glaube ich durch das bisher gesagte klargelegt zu haben, dagegen muß ich in bezug auf das Hypothecium noch einiges nachholen. Wir sahen, daß die Primordialhyphen der Carpogone in der Rinde angelegt wurden, und daß dann ebenfalls innerhalb der Rinde ein Hohlraum und in ihm die Carpogone entstanden (siehe Fig. 1 und 2). Der Teil der Rinde nun, der den Hohlraum nach innen zu begrenzt, bildet. die Ursprungs- stelle des Hypotheeiums. Er wölbt sich allmählich immer mehr in das Durchlüftungsgewebe hinein (siehe Fig. 1—4 u. Fig. 6), bis er schließ- lich (Fig. 9) vollständig die Gestalt des Hypotheciums angenommen hat. Dieser Entstehungsweise entsprechend, stimmen auch Rinde und Hypotheeium in ihrer Struktur in den ersten Stadien vollständig über- ein. Beide sind aus einem sklerotischen Gewebe dickwandiger Hyphen aufgebaut, die so fest mit einander verkittet sind, daß man die Grenzen zwischen den einzelnen Zeilwänden nur sehr schwer feststellen kann. Erst auf etwas älteren Entwicklungsstufen, etwa solchen wie sie die Fig. 8 repräsentiert, unterscheidet sich das Hypotheeiumgewebe von 1) Baur, E, Zur Frage nach der Sexualität der Collemaceen. Ber. der Deutsehen Bot. Ges. 1808, pag. 366. ’ 10 dem der Rinde. Seine inneren Zellschichten, 'd. h. diejenigen, die an das Subhymenium grenzen, erscheinen jetzt dünnwandiger und inhalts- reicher, während die äußeren Schichten der Rinde mehr oder weniger gleich bleiben. Diesen Bau, der in der Fig. 9 hervortritt, behält das Hypothecium fortan dauernd bei. Es ist also eine rein vegetative Bildung, die mit den generativen Elementen der Frucht keinen gene- tischen Zusammenhang hat. Diese Auffassung wird außer durch den geschilderten Entwicklungsgang auch durch Bilder wie die Fig. 10 bestätigt. Es handelt sich um sterile Fruchtanlagen. Öfter als mir ‚lieb war, habe ich in meinen Präparaten Anlagen getroffen, die bei schwacher Vergrößerung täuschend etwa solchen, wie sie die Fig. 1—3 darstellen, glichen, bei näherer Untersuchung sah ich dann aber, daß sie keine Spur von generativen Hyphen enthielten. Solche Anlagen können sich nun zu Gebilden, wie sie Fig. 10 zeigt, entwickeln. Der Größe nach entspricht es ungefähr der in Fig. 7 abgebildeten Stufe, aber das Hypothecium besitzt schon die Struktur, wie ich sie für die Fig. 9 geschildert habe. Da sich weder Askogone, noch Subhymenium, noch Reste von diesen darin finden, so muß dies Hypothecium aus vegetativem Gewebe entstanden sein. Inwiefern diese Beobachtung noch dafür spricht, daß das Subhymenium aus den Askogonen entsteht, brauche ich wohl nicht auszuführen. Die Fig. 9 zeigt ferner, daß das Hypothecium erst jetzt, in eine noch ganz lockere Berührung mit dem Zentralstrang getreten ist. Später (Taf. II, Fig. 14) ist die Verbindung meistens eine innigere. Aus der Fig. 13 auf Taf. IT sieht man aber, daß selbst in Stadien, die viel älter sind als die Fig. 9, die Frucht noch vollständig von dem Zentralstrang getrennt sein kann. In den weiteren Stadien (Taf. II, Fig. 11ff.) tritt die junge Frucht in eine ganz neue Phase ihrer Entwicklung: Die Paraphysen werden angelegt und das Apothecium beginnt nach außen aufzubrechen. Vor- bereitet wurde dies schon zu dem Zeitpunkt, den Fig. 9 auf Taf. I dar- stellt. Dort erkennt man, daß der Teil der Rinde, der die Frucht nach außen zu abschließt, Risse bekommt, und daß seine Hyphen blaß und inhaltsleer werden, also wohl abzusterben beginnen. Das eigentliche Aufbrechen kommt aber nicht durch Abbröckeln dieser toten Gewebe zustande, sondern die locker gewordene Rinde wird durch neue Hyphen- elemente, die jungen Paraphysen, die sich von unten zwischen die As- kogone einschieben, auseinandergesprengt (Fig. 11). Bisher hätte man den Wachstumstyp der Frucht mit einem sich stärker und stärker auf blähenden Gummiball vergleichen können; die Anlage wölbte sich immer 11 weiter in das Durchlüftungsgewebe vor, blieb aber dabei mehr oder weniger kugelig. Fortan dagegen geht das Wachstum durch das Auf- treten der Paraphysen mehr und mehr in die Breite, und dem kann die Rinde nicht folgen. Über den Entstehungsort der Paraphıysen kann ich mich nicht mit Bestimmtheit äußern. Sicher scheint mir zu sein, daß sie nicht aus dem Hypothecium kommen, denn dann müßte «das Subhymenium, das sie doch zu durchqueren hätten, in den Fig. I1ff. ein viel dichteres Hyphengeflecht aufweisen als in den vorhergehenden Stadien. Davon ist aber nichts zu bemerken. Auch in älteren Stadien habe ich niemals Paraphysen gefunden, die direkt aus dem Hypotheeium gekommen wären. Es bleiben also als Ursprungsstellen nur die Asko- gone und das Subhymenium. Daß sie aus den Askogonen entspringen, ist nach allen bisherigen Erfahrungen bei Flechten und Askomyceten höchst, unwahrscheinlich. Ich habe auch einen Zusammenhang zwischen beiden nie konstatieren können, was bei der Unentwirrbarkeit der Hyphen allerdings nicht allzuviel besagen will. Wichtig scheint mir aber zu sein, daß man auf älteren Stadien (Fig. 12 u. ff) deutlich zahlreiche Paraphysen ins Subhymenium hinein verfolgen kanı. Ich nehme des- halb an, daß auch die ersten Paraphysen in der Fig. 11 von dort her- stammen. Scheinbar besteht also bei Usnea kein so prinzipieller Gegen- satz zwischen askogenem und paraphysogenem Gewebe, wie er sonst fast iberall nachgewiesen ist, denn auch das Subhymenium stammt ja aus den Askogonen. Aber es wurde oben ja schon auseinandergesetzt, daß im Askogon wahrscheinlich eine scharfe Grenze zwischen den die Schläuche und den das Subhymenium erzeugenden Zellen besteht. Die Fig. 11 zeigt noch etwas eigentümliches, nämlich die großen Zellen, die ganz frei oberhalb der Paraphysen liegen und die nach Form und Färbung ganz den Askogonen gleichen. Höchstwahrschein- lich sind es auch solche, und zwar entsprechen sie denjenigen, die in der Fig. 9 auf Taf. I ganz oben an der Wand des früheren Hohlraums liegen und dort mit der Rinde dureh Hyphenäste in Verbindung stehen. Wenn später das Einschieben der Paraphysen beginnt, so können sie wegen ihres Zusammenhanges mit der Rinde der passiven Verlagerung der übrigen Askogone ins Innere der Frucht nicht folgen und bleiben oben liegen. Auf älteren Stadien (s. Fig. 12) werden sie blasser und unscheinbarer, um schließlich ganz zu verschwinden. Die weiteren Schicksale der Frucht sind nach den Fig. 13 u. 14 leicht, verständlich. Es werden immer zahlreichere Paraphysen zwischen die alten eingeschoben, dadurch breitet sich das Apotheeium immer mehr aus und bekommt schließlich die bekannte scheibenförmige Ge- 12 stalt. Dieses starke Flächenwachstum und der Gegendruck, den die ’Thallusrinde ihm leisten muß, hat zur Folge, daß das Subhymenium immer mehr zusammengepreßt wird (s. Fig. 13, 14 u. 16). Schließlich bildet es nur eine dünne Schicht zwischen Hymenium und Hypothecium, in der nur sehr schwer die genauere Struktur zu erkennen ist. Schulte gibt hiervon auf seiner Taf, II mehrere Abbildungen, weshalb ich auf solche verzichtet habe. Wie sich die askogenen Hyphen in den älteren Stadien verhalten, geht aus der Fig. 14 hervor und der Fig. 15, die nach einem Flächenschnitt durch eine entsprechende Frucht gezeichnet wurde. Während die Askogone auf den jüngeren Stufen immer mehr oder weniger zusammengedrängt in der Mitte lagen, sieht man, daß in der Fig. 14 nur hin und wieder an weit auseinanderliegenden Stellen askogene Hyphen getroffen sind. Das rührt, wie die Fig. 15 zeigt, daher, daß sie jetzt anfangen strahlenförmig auszuwachsen und sich so durch die ganze Frucht zu verbreiten. Wenn das geschehen ist und sie am Grunde der Paraphysen einen dichten Plexus gebildet haben, werden die ersten Asci gebildet. Sie entstehen (s. Fig. 16), wie bei den meisten Askomyceten, und wie es Baur‘) für Anaptychia be- schrieben hat, aus der vorletzten Zelle der Traghyphe. Damit erreichen meine Beobachtungen über die Entwicklung der Usneafrucht ihr Ende. Wenn sie auch in mancher Beziehung lücken- haft geblieben sind, so glaube ich doch wenigstens folgende Punkte sicher festgestellt zu haben. In einem Hohlraume der Rinde werden mehrere Carpogone mit Trichogynen angelegt. Alle bis auf eine gehen zugrunde, und diese bildet aus ihren Askogonzellen oder wenigstens aus solchen, die sich weder durch Färbung noch durch Gestalt von den eigentlich askuserzeugenden unterscheiden, das Subhymenium. Das Hypotheeium ist ein rein vegetatives Erzeugnis der Rinde. Die Aseci entstehen aus der vorletzten Zelle der Tragbyphe. Schulte ist, wie oben erwähnt, zu wesentlich anderen Resultaten gekommen. Manche dieser Abweichungen mögen damit zusammen- hängen, daß Schulte eine andere Form der vielgestalteten Gattung Usnea untersucht hat als ich. Das Material stammte aus Südtirol. Wie ich schon sagte, habe ich mich nicht an eine bestimmte Spezies ge- halten, aber microcarpa war jedenfalls nicht unter meinem Material, was ich durch Vergleich mit den Arnoldschen Exsiccaten feststellen konnte, und was weiter auch daraus hervorgeht, daß Schulte nie Spermogonien gefunden hat, während sie bei meinen Exemplaren immer 2) Baur, E, Untersachungen über die Eintwicklungsgeschichte der Flechten- apothecien I, Bot. Ztg. 1904, pag. 14. 13 sehr reichlich waren. Aber die Abweichungen zwischen Schultes und meiner Auffassung sind zu groß, als daß sie durch diesen Umstand allein erklärt werden könnten. Nach ihm soll nämlich das Apotheeium „keine exogene, sondern eine endogene Bildung* sein, es soll nieht in der Rinde, sondern in dem Durchlüftungsgewebe „als reiche und dichte Verzweigung desselben“ angelegt werden. In diesem Hyphenkomplex sollen Askogone, aber keine Trichogyne nachzuweisen sein. „Auch scheint es — das junge Apotheeium — gleich von vornherein mit dem Zentralstrang in Konnex zu stehen.“ Das sind also Ansichten, die von meinen ganz prinzipiell abweichen. Dieser Widerspruch wird aber ver- ständlich, wenn man das jüngste Stadium, das ich in Fig. 1 dargestellt habe, vergleicht mit dem, das Schulte als das erste von ihm auf- gefundene schildert und in seiner Fig. 1, Taf. III abbildet. Wenn man die verschiedenen Vergrößerungen beachtet, so sieht man, daß er von einem viel zu weit entwickelten Zustande ausgegangen ist. Die von ihm abgebildete junge Fruchtanlage ist; nach seiner Angabe 0,1 mm breit, hat also in bezug auf Größe und auch in ihrem Bau schon die Stufe erreicht, die ich in Fig. 7 auf Taf. I gezeichnet habe. Denn in seiner Darstellung von der Struktur dieses Entwicklungszustandes heißt es: „An dem jüngsten, den ich auffinden konnte, ist eine Differen- zierung in Hymenium, Subhymenium und Hypotheeium noch nicht deut- lich wahrzunehmen, doch kann man an der radiären Richtung der Hyphen wenigstens eine Andeutung des Hymeniunis erkennen“. Diese von ihm beobachteten radiär gerichteten Hyphen waren wahrscheinlich niehts anderes als solche Subhymenialsprossungen, wie ich sie oben geschildert habe. "Genau läßt sich das aber nicht feststellen, da seine Zeichnung (Taf. III, Fig. 1) in viel zu kleinem Maßstab gehalten ist, als daß sie Einzelheiten zur Anschauung bringen könnte. Da Schulte von einem so relativ alten Zustande ausgegangen ist, konnte er alles, was eventuell vorber sich abgespielt hat, also die wichtigen Stadien, die meinen Figuren 1-6 entsprechen müßten, gar nieht sehen. Deshalb konnte er auch die Herkunft der einzelnen Elemente nicht mehr genau fest- stellen, und das scheint mir seine irrtümliche Auffassung bis zu einem gewissen Grade zu erklären. Den Einwand, daß Schulte sich vielleicht gar nicht geirrt habe, und daß der Widerspruch daher rühre, daß Usnea microcarpa, sich ganz anders entwickele wie die übrigen Formen, halte ich nicht für stichhaltig. Denn es ist nicht anzunehmen, daß nahe ver- wandte Arten so prinzipielle Verschiedenheiten aufweisen sollten, daß einmal das Apothecium in der Rinde und das andere Mal tief im Durch- lüftungsgewebe angelegt würde. Etwas anderes ist es dagegen init der 14 weiteren Entwicklung. Schulte hat bei Usnea mieröcarpa keine Spermo- gonien gefunden, die männlichen Sexualorgane scheinen also verloren gegangen zu sein, und es wäre daher nieht unmöglich oder wohl sogar wahrscheinlich, daß auch das Gynaeceum eine Reduktion erfahren hat, daß also keine Trichogyne mehr ausgebildet werden. Denn der Fall, daß bei einer Flechte Trichogyne, aber keine Spermatien vorkommen, ist meines Wissens nicht bekannt, während das Umgekehrte, wobei die Spermatien also einen Funktionswechsel durchgemacht haben müssen, ja häufig ist. Schulte äußert sich nirgends bestimmt über die Her- kunft der einzelnen Fruchtelemente. Für das Subhymenium fehlen der- artige Angaben überhaupt. Auch in bezug auf das Hypotheciam drückt er seine Meinung nicht klar aus, aber aus der schon erwähnten Be- merkung, daß das Apotheeium gleich von vornherein mit dem Zentral- strang in Verbindung stände, sowie aus verschiedenen anderen Äuße- rungen gewinnt man den Eindruck, als ob er dem Zentralstrang eine wesentliche Rolle bei der Bildung des Hypotheciums zuschreibe. Dies stimmt also jedenfalls nieht, sondern das Hypothecium ist einzig und allein ein Produkt der Rinde. Auch über die Entstehung der Para- physen machte er im Text: keine Angaben, er gibt aber zwei Abbil- dungen (Taf. II, Fig. 6 u. 7), die den Anschein erwecken, als ob man im fertigen Apothecium häufig Hyphen fände, die, aus dem Hypotheeium kommend, das Subhymenium geraden Wegs durchsetzen und oberhalb dieser Schicht deutlich als Paraphysen zu erkennen sind. Nach meinen Beobachtungen ist: das, wie gesagt, niemals der Fall. Von den hauptsächlichsten meiner Resultate, die ich oben zu- sammenstellte, scheint mir eins von allgemeinerem Interesse zu sein, weil es darauf hinweist, wie wichtig eine genauere Kenntnis der Apo- theeienentwicklung für die Systematik sein kann. Die Gattungen Usnea und Parmelia werden fast allgemein für nahe verwandt gehalten, und zwar gründet sich diese Annahme wohl hauptsächlich auf die Ähnlich- keit im Bau der fertigen Fruchtkörper. Bei beiden liegt unter dem Hymenium ein lockeres Subhymenium und darunter wieder das sklero- tische Hypotheeium. Wenn man aber die Entwicklungsgeschichte der Frucht von Parmelia acetabulum, die von Baur‘) aufgeklärt wurde, mit der von Usnea vergleicht, so findet man ganz erhebliche Unter- schiede. Denn bei Parmelia geht das Hypotheeium aus dem Askogon hervor, und die askogenen Hyphen diegen nicht von Anfang an in der Mitte der Anlage, sondern durchwachsen erst später das Subhymenium, 1) Baur, E. Untersuchungen ete. Bot. Ztg. 1904, pag. 9. 15 über dessen Herkunft Baur keine speziellen Angaben gemacht hat. Während also das Hypothecium bei Usnea eine rein’ vegetative Bildung ist, gehört es bei Parmelia der generativen Sphäre an, oder anders ausgedrückt — vorausgesetzt, daß die Sexualhypothese richtig ist —, das eine ist ein Teil des Gametophyten, das andere des Sporophyten. Die morphologische Ungleichwertigkeit der beiden Gebilde scheint mir demnach erwiesen, sie verhalten sich zu einander, wie das Pseudo- podium eines Laubmooses zu dem Sporogonfuß eines Lebermooses, und es läge nahe, das Hypothecium von Usnea ein Pseudohypotheeium zu nennen. Ob sich bei dieser Sachlage die Annalıme, daß Usnea und Parmelia nahe verwandt seien, aufrecht erhalten läßt, scheint mir zweifel- haft. Möglicherweise gibt es aber Übergangsformen zwischen diesen beiden so stark von einander abweichenden Entwicklungstypen. Wenig- stens scheint sich Parmelia saxatilis nach den kurzen Angaben, die Baur darüber macht, wesentlich anders zu verhalten als Parmelia ace- tabulum, da dort das Durchwachsen der askogenen Hyphen auf sehr viel früheren Stadien stattfindet. Sicheres darüber können aber natür- lich erst weitere eingehende Untersuchungen des ganzen zu den Par- meliaceen gestellten Formenkreises ergeben. Basomyces. Baeomyces roseus Pers. ist schon von Krabbe) untersucht wor- den. Ich habe seine Beobachtungen in manchen Punkten bestätigt gefunden, in anderen aber auch nicht, und vor allem scheinen mir seine Schlußfolgerungen nicht zwingend zu sein, Das Apotheeium wird, wie das Krabbe schon geschildert hat, ganz tief im Thallus angelegt. Als erstes Stadium findet man in der Markschicht unter der Algenzone ein ganz kleines Knäuel dicht ver- flochtener Hyphen, die sieh durch nichts von den vegetativen unter- scheiden. Ein etwas älteres Stadium stellt die Fig. 17 auf. Tat. III dar. Man sieht, daß sich in der Mitte des Knäuels einige Hyphen herauszu- differenzieren beginnen, die sich vor den anderen vor allem durch stärkere Färbbarkeit, aber auch durch etwas größeren Durehmesser unterscheiden. Es sind die Anfänge der generativen Hyphen, die Krabbe schon gesehen hat, ohne sie aber richtig zu deuten. Er sagt nämlich, nachdem er das jüngste Stadium beschrieben hat: „Der junge Baeomyces zeigt bis zur Bildung der Paraphysen weiter keine Ver- änderung, als daß er durch Faserverzweigung in allen seinen Teilen 1) Krabbe, G., Entwicklung, Sprossung und Teilung einiger Flechtenapo- thecien. Bot. Ztg. 1882, pag. 65. 16 stetig an Größe zunimmt, Gewöhnlich zeigen allerdings die zentralen Fasern des jungen Apotheciums ein lebhafteres Wachstum, welches so- wohl aus der zarteren Beschaffenheit der Hyphen an dieser Stelle, als auch besonders aus der lebhaften Braunfärbung des Zellinhaltes bei der Behandlung mit Jod leicht zu konstatieren ist.“ Er hat die An- fänge der generativen Hyphen also für lebhaft wachsende vegetative gehalten. Ohne daß ein Carpogon oder sonst irgend etwas, was man für einen Befruchtungsapparat halten könnte, angelegt wird, entwickeln sich diese Primordien der askogenen Hyphen weiter. In der Fig. 18 auf Taf. II ist eine noch ganz im Thallus steckende Fruchtanlage ge- zeichnet, in der sie schon deutlicher hervortreten. Es könnte nach der Abbildung vielleicht scheinen, als ob sie aus mehreren zusammenhang- losen Stücken beständen, die Nebenschnitte lehren aber, daß alle mit- einander in Verbindung stehen. Beim weiteren Wachstum beginnt dann das Hyphenknäuel den Thallus zu durchbrechen (Fig. 19, Taf. HD, und zwar geschieht das in der Weise, daß die Kugel sich nicht mehr nach allen Richtungen gleichmäßig vergrößert, sondern nur noch nach oben senkrecht nebeneinander stehende Hyphen treibt, die die darüber liegenden Rindenschichten abheben. -Krabbe hat diese Sprossungs- erscheinungen schon gesehen und sie richtig als Paraphysenbildung auf- gefaßt. Denn wie die weiteren Stadien Fig. 20 u. 21 erkennen lassen, bilden diese parallel nach oben wachsenden Hyphen allmählich eine typische Paraphysenschicht, ohne daß irgend welche prinzipiell anders- artige Vorgänge aufgetreten wären. Dem Wachstum der vegetativen Teile des Fruchtkörpers folgen auch die askogenen Hyphen. In der Fig. 19 liegen sie noch ziemlich in der Mitte der Anlage, aber einige nach oben gerichtete Fäden zeigen schon, daß sie im Begriff sind nach dorthin auszusprossen. Weiterhin hält ihr Wachstum gleichen Schritt mit dem der Paraphysen, so daß immer in gleichem Abstande hinter deren Enden die Schlauchfasern auftauchen (Fig. 20). Dabei sterben sie in dem Maße, wie sie sich oben verlängern, unten ab (Fig. 20), und die Folge davon ist, daß man auf älteren Stufen (Fig. 21 u. ff) die unteren Teile des Fruchtkörpers ganz frei von askogenen Hyphen findet. In der Fig. 20 sieht man ferner, daß mit der Sprossung eine Verzweigung der Schlauchfasern Hand in Hand geht. Dadurch wird der ganze obere Teil des Köpfchens nach und nach von ihnen durch- sponnen, wie das die Fig. 21 veranschaulicht, Diese zeigt außerdem, daß schon jetzt, wo die Frucht erst 0,3--0,4 mm über die Thallus- oberfläche hinausragt, die ersten Schläuche angelegt werden. Über deren Entstehung habe ich mich am besten an Quetschpräparaten von 17 reifen Apotheeien, die in toto mit stark verdünuter Kleinenbergscher Häma- toxylinlösung gefärbt waren und dann in Glyzerin untersucht wurden, orientieren können. Die Fig. 24 stellt eines von den Bildern dar, die man auf diese Weise bekommt. Offenbar werden die Asci hier nicht aus der vorletzten Zelle der Traghyphe gebildet, sondern aus der letzten, wie das Guillermond') für eine nicht näher bezeichnete Spe- zies von Peziza beschrieben hat. Die Fig. 22 u. 23 schließlich geben eine Vorstellung, wie sich der reife Fruchtkörper weiter entwickelt. Die askogenen Hyphen füllen später nicht mehr das ganze Köpfchen gleichmäßig aus, sondern sie bilden eine mehr oder weniger halb- kugelige Zone unterhalb der Paraphysenschicht. Für weitere Einzel- heiten kann ich auf Krabbes Darstellung verweisen. Schließlich will ich noch erwähnen, daß Spermogonien bei Baeo- myces roseus zwar vorkommen, aber doch so selten sind, daß ich lange Zeit geglaubt habe, sie fehlten überhaupt. Nach dem geschilderten Entwicklungsgaug muß man Baeomyces wohl für eine apogame Flechte halten. Also für eine Form, bei der die Geschlechtsorgane nicht mehr funktionieren. Da aber solche bei apogamen Pflanzen in der Regel doch noch vorhanden sind, so ist zu vermuten, daß auch hier auf sehr frühem Stadium Askogone als Ver- zweigungen der vegetativen Hyphen gebildet werden, die man nur mit unseren Mitteln von dem übrigen Gewebe — dem askogenen wie dem vegetativen — wicht deutlich unterscheiden kann. Aus diesen Askogon- zellen allein müßten sich dann die Schlauchfasern entwickeln. Vielleicht sind die dunklen Hyphen in den Rnäneln der Fig. 17 solche Askogone, vielleicht sind es aber auch schon askogene Hyphken. Der Umstand, daß auf diesem Stadium schon ein verhältnismäßig großer Komplex von Hüllhyphen vorhanden ist, mag es unwahrscheinlich erscheinen lassen, daß darin erst die Askogone stecken sollen. Aber Baur?) hat ja nachgewiesen, daß bei Lecanora subfusea zunächst die Paraphysen entstehen und erst dann zwischen ihnen die Garpogene. Das ist also im Prinzip derselbe Fall, wie ich ihn für Baeomyees annehme, denn auch hier entwickeln sieh ja aus dem Knäuel der Hüllhyphen die Para- physen und die Askogone würden den Carpogonen von Lecanora ent- sprechen. Aber auch wenn diese Auffassung nieht richtig sein sollte, so steht doch soviel jedenfalls fest, daß sich bei Baeomyces die Schlauch- fasern auf ganz jungen Stadien und viel früher als die Paraphysen 1) Guillermend, A, Contribution a Y'ötude de In formation des asımes et de Pepiplasme des ascomyebtes. Revue gener. de bot, T. XYE, 1904, pag. 50. 2) Baur, E., Untersuchungen ete. Bot. Zig. 1904, pag. Id. 2 Flora, Bd. 98, 18 differenzieren, und daß beide Gewebeelemente dann wie bei allen übrigen Flechten und Askomyceten dauernd getrennt bleiben. Krabbe ist bei seiner Untersuchung zu einem ganz anderen Er- gebnis gekommen. Allerdings weniger durch direkte Beobachtung als durch indirekte Schlußfolgerung. Er sagt nämlich, daß wegen der Schwierigkeit Schnitte durch die jüngsten noch im Thallus einge- schlossenen Stadien zu bekommen, die Frage nach der Anlage der Schlauchfasern „einfach ungelöst hat bleiben müssen“. „Man ist dem- nach hier schon gezwungen bis zur Anlage der ersten Schläuche zu warten, um von diesen aus abwärts die Schlauchfasern zu verfolgen, und es ist dann auch in den meisten Fällen nicht schwer, dieselben von der Paraphysenschicht abwärts oft ziemlich weit zu verfolgen, bis zu Punkten, wo man mit Bestimmtheit sagen kann, daß sie sich nicht ınehr von den übrigen unterscheiden lassen. Tatsache ist also, daß auch bei Baeomyces in dem jungen Fruchtkörper zwei getrennte, ana- tomisch unterscheidbare Fasersysteme nicht vorhanden sind. Demnach ist es zum mindesten wahrscheinlich, daß auch im gegenwärtigen Falle Paraphysen und Schlauchfasern aus einem anfänglich homogenen Grund- gewebe sich herausdifferenzieren.“ Krabbe hat also aus dem Bau des fertigen Fruchtkörpers auf seine Entwicklung geschlossen. Dabei mußte er zu den eben zitierten Resultaten kommen, da, wie wir sahen, die askogenen Hypben in dem Maße, wie sie oben weiter wachsen, unten absterben. Wenn man also reife Früchte untersucht, so wird man in ihnen die askogenen Hyphen wohl eine Strecke weit zurück verfolgen können, aber bald an einen Punkt gelangen, wo sie scheinbar ohne Grenze in das Paraphysengewebe übergehen. Wie die Eatwicklungs- geschichte zeigt, ist das aber eine Täuschung, und damit fällt auch Krabbes Folgerung, daß bei Baeomyces zwei getrennte, anatomisch unterscheidbare Fasersysteme nicht vorhanden sind. Sphyridium. Die Entwicklungsgeschichte der Früchte der Gattung Sphyridium ist wie. die van Baeomyces durch Krabbe untersucht worden und in seiner oben zitierten Arbeit dargestellt. Ich bin bei der Nachprüfung seiner Angaben über diese Flechte zu weit stärker von den seinigen abweichenden Ergebnissen gekommen als bei Baeomyces. Ich will zu- nächst den Entwicklungsgang von Sphyridium byssoides Th. Fr, wie er sich nach meinen Beobachtungen abspielt, schildern, um erst im An- sehluß daran die Differenzpunkte mit Krabbe zu erörtern. 19 Der Fruchtkörper wird nicht wie bei Baeomyces tief im Innern des Thallus angelegt, sondern er verdankt seine Entstehung Wachs- tumsvorgängen der alleräußersten Gonidien- und Rindenschichten (siehe Fig. 25, Taf. III). Diese zeigen an Stellen, wo die Fruchtkörperbildung vor sich gehen soil, eine von dem übrigen Thallus stark abweichende Struktur. Während sonst die FHyphen nur als dünne langzellige Fäden ziemlich spärlich zwischen den Algen verteilt liegen, sind sie hier dick, kurzgliederig und zahlreicher. Man hat den Eindruck, als ob in den angeschwollenen, plasmareichen Zellen Nährmaterialien für den Aufbau der Frucht zusammengehäuft würden. Besonderes Streekungswachstum ist in diesen allerjüngsten Stadien noch nicht wahrzunehmen, aber durch die geschilderten Vorgänge ist .doch schon eine geringe Vorwölbung über .die Thallusfläche entstanden. Diese wird bald stärker, wenn die Hyphen der jungen Anlage anfangen in die Länge zu wachsen. Hierbei werden die Algen, die sich in ihrem Bereich befanden, passiv mit in die Höhe gehoben, und daher kommt es, daß man aueh noch auf älteren Stufen {s. Fig. 28, Taf. IV) Reste von ihnen selbst an der Spitze der Frucht findet. Die Hyphen selber werden wieder dünner und ihre Zellen wieder länger, nur den starken Plasmagehalt bewahren sie und unter- scheiden sich dadurch lebhaft von den Thallusfäden (s. Fig. 26). Im Gegen- satz zu den in mancher Beziehung ähnlichen entsprechenden Gebilden bei Baeomyces haben die Hyphen hier nicht die senkrecht parallele Anordnung, sondern sind ganz wirr ‚durcheinander geflochten. Ein weiterer Gegen- satz zu Baeomyces ist, daß man keine abgesiorbenen und losbröckelnden Thaliusteile über der Anlage findet. Die ganze Rinden- u. Gonidienzone nimmt an der Fruchtkörperbildung mit teil Der wesentlichste Unter- schied ist aber, daß bisher noch nichts von generativen Hyphen in der Anlage zu sehen ist. Erst auf Stadien, die den Thallus um 0,12 bis 0,15 mm überragen, wie ein solches in der Fig. 27 abgebildet ist, lassen sich dunkler gefärbte Hyphen nachweisen, die allem Anscheine nach die Anfänge der generativen Elemente vorstellen. Man erkennt, daß diese Hyphen an einigen Stellen, ohne daß sich eine scharfe Grenze fest- stellen ließe, in das vegetative Gewebe übergehen, und ferner, daß in der Mitte des kleinen Köpfchens ein etwas dichterer Komplex von ihnen liegt, von dem aus vereinzelte Fäden nach den Seiten sich ausspinnen. Auf etwas älteren Stufen treten die dunklen Hyphen erheblich reich- licher auf und zwar in der eigenartig nesterartigen Verteilung, wie sie die Fig. 28 zeigt. Gewöhnlich findet man 10—15 solcher Knäuel in den verschiedenen dureh eine derartige Anlage geführten Schnitten, Sie erfüllen den oberen Teil des Fruchtkörpers ziemlich gleichmäßig und 2% 20 scheinen durch allerdings nicht immer deutlich erkennbare Fäden mit- einander in Zusammenhang zu stehen. Dieser Umstand, in Verbindung mit den Bildern, wie Fig. 27 eins wiedergibt, macht es mir wahrschein- lich, daß die Hyphenknäuel nicht einzeln angelegt werden, sondern durch Sprossung, von einem einzigen Punkte her, nämlich dem, wo -sich in der Fig. 27 der dichtere Komplex dunkler Hyphen befand, ent- standen sind, Die Fäden, die man von dort ausgehen sieht, wären dann dazu bestimmt an den verschiedenen Stellen des Fruchtkörpers solche Knäuel zu bilden. Wegen des Hyphengewirrs und der Schwierig- keit, die Gebilde durch Färbung deutlich zu isolieren, muß diese Frage aber unentschieden bleiben. Viel mehr als 10—15 solcher Nester scheinen auch beim weiteren Wachstum des Fruchtkörpers nicht mehr angelegt zu werden. Man findet sie nur durch die Sprossungen der dazwischen liegenden vegetativen Hyphen auseinandergedrängt und ziem- lich gleichmäßig unter der Oberfläche des Köpfchens verteilt, das jetzt ungefähr 0,65 mm groß ist (s. Fig. 29). Aus diesen Gebilden gehen nun, wie wir später sehen werden, die askogenen Hyphen hervor, und es entsteht also die Frage, ob man es hier mit typischen Carpogonen zu tun habe oder nicht. Ich glaube das verneinen zu müssen. Zunächst haben sie sehr selten die für die Carpogone charakteristische schraubige Gestalt, meistens sind sie sehr locker und unregelmäßig gebaut, wie das in der Fig. 29 hervortritt. Sie gleichen darin bis zu einem ge- wissen Grade den von Baur für Oladonia pyxidata beschriebenen Oarpo- gonen. Aber während sich dort immer deutliche Trichogyne fanden, die die Organe zu typischen Carpogonen stempelten, scheinen solche hier zu fehlen. Wohl sieht man häufig von den dunklen Hyphenknäueln aus einzelne trichogynartige Fäden sich nach dem Rande hinziehen, den sie manchmal erreichen, in den meisten Fällen aber nicht, und die nie- mals darüber hinwegragen. Sie sind gewöhnlich stark gewunden und gehen selten direkt auf die Oberfläche zu, wie man das von den Tricho- gyuen gewohnt ist. Häufig trifft man mehrere solcher Fäden und zwar dann von der Peripherie des Knäuels ausgehend. Einen besonders auf- fälligen Fall, bei dem nur ein einziges aus der Mitte kommt, habe ich in der Fig. 30 dargestellt. Man sollte meinen, man brauche nur den nächsten Serienschnitt zu vergleichen, um das fehlende Ende der Tricho- gyne zu finden. Aber trotz des eifrigsten Suchens bei all den vielen derartigen Präparaten, die mir zu Gesicht gekommen sind, habe ich die Fortsetzung nie mit Sicherheit feststellen können. Auch die Möglich- keit, daß es sich immer um noch nicht fertige oder „verblühte*, wie Baur sich einmal ausdrückt, Trichogyne handelte, halte ich für ziem- 21 lich ausgeschlossen, denn ich habe reichliches Material aus allen Monaten des Jahres, mit Ausnahme von Juli und August, untersucht. Infolge- dessen hätte mir die Triehogynausbildung, auch wenn sie an eine be- stimmte Jahreszeit gebunden wäre, meiner Ansicht nach nicht entgehen können. Ich glaube deshalb, daß regelrechte Trichogyne bei Sphyridium nicht mehr angelegt werden, sondern daß wir hier reduzierte Gebilde vor uns haben, die wahrscheinlich früher als Empfängnisapparate gedient, heute aber diese Funktion aufgegeben haben. Bestärkt werde ich in dieser Auffassung durch die Tatsache, daß Spermogonien zwar vorkommen, aber doch so selten, daß Krabbe z. B. gar keine gefunden hat, Jeden- falls sind sie zu spärlich, als daß sie für eine Befruchtung in Betracht kämen. Auf den weiteren Stadien entwickeln sich nun nicht alle von diesen „Ex“-Carpogonen zu askogenen Hyphen weiter, sondern nur einige wenige. Am einfachsten ließe sich diese Erscheinung, daß von einer größeren Zahl von potentiellen Früchten nur einzelne wirklich zu Früchten werden, durch die Annahme erklären, daß die Weiterentwick- lung von dem Eintreten einer Befruchtung abhängig ist, und daß bei den degenerierenden Anlagen diese eben ausgeblieben ist. Dieser Hypo- these erwachsen im vorliegenden Falle aber daraus Schwierigkeiten, daß typische Trichogyne ja zu fehlen scheinen. Man muß also entweder annehmen, daß für die Weiterentwicklung der Sphyridiumcarpogone ganz andere, bisher vollständig unbekannte Faktoren entscheidend sind, oder daß an die Stelle der Befruchtung durch Spermatien ein anderer Sexualakt getreten ist. Die neuesten Forschungen über die Entstehungs- weise der Äcidien der Uredineen zeigen, daß dies nicht ganz ohne Analogien wäre. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach sind auch die eigenartigen Zellfusionen am Grunde der Äcidiosporenreihen an die Stelle einer ehemaligen Trichogynbefruchtung getreten. Wie «dem auch sei, sicher ist es, daß die meisten der Sphyridiumearpogone verschwinden, während eins bis höchstens drei auswachsen. Die Fig. 31 auf Taf. V zeigt ein solches Bild. Ganz links liegt ein schon vollkommen degene- riertes Carpogon, auf der rechten Hälfte eins, das lebhaft askogene Fäden treibt, wieder rechts von diesen eins, das noch keine Verände- rungen aufweist, und auf der linken Seite des auswachsenden ein viertes in den ersten Stadien der Degeneration. Diese dokumentiert sich da- durch, daß das Plasma in einzelnen Zellen zu dunklen Kiumpen sich zusammenballt, in anderen wieder ganz schwindet. Später, wenn die Zellen vollständig abgestorben sind, werden ihre Reste von den vege- tativen Hyphen verdrängt, so daß man auf vorgerückten Stufen nichts mehr von ihnen entdecken kann. Die auswachsenden Fäden der sich 22 weiter entwickelnden Oarpogone dagegen haben reichen Plasmagehalt . und sind vor den Carpogonzellen dureh erheblich größere Dicke aus- gezeichnet. Da diese Einzelheiten bei dem kleinen Maßstab der Fig. 31 nicht zur Auschauung gebracht werden konnten, habe ich in der Fig. 32 nochmals ein degenerierendes und ein auswachsendes Carpogon bei stärkerer Vergrößerung dargestellt. Der Vergleich dieser Zeichnung mit der Fig. 30 wird das Gesagte erläutern. Ich habe nicht beobachtet, daß irgend eins der Carpogone bei der Weiterentwicklung bevorzugt sei. Es wächst im Gegenteil manchmal eins aus, das am Scheitel des Fruchtkörpers liegt, manchmal aber auch eins, das mehr seitlich orien- tiert ist. In diesem Fall wenden sich die askogenen Hyphen, wie das aus der Fig. 31 hervorgeht, der Scheitelpartie des Köpfchens zu. Offen- bar hängt das damit zusammen, daß hier weiterhin die ersten Asci und Paraphysen enistehen. Krabbe hat diese Vorgänge genau be- schrieben und in seiner Fig. 3, Tat. II abgebildet. Ich kann deshalb auf eine Darstellung verzichten, ebenso wie auf die der weiteren Schick- sale der Frucht, die Krabbe ebenfalls sorgfältig geschildert hat. Er- wähnen will ich nur, daß ich nie einen Zusammenhang zwischen askogenen Hyphen und Paraphysen gesehen habe; diese gehen offenbar immer nur aus den vegetativen Teilen des Fruchtkörpers hervor. Hervorheben muß ich ferner, daß auch hier wie bei Baeomyces die Schläuche aus der letzten Zelle der Traghyphe gebildet werden, wie das die Fig. 33 u. 34 auf Taf. IV zeigen. Krabbe hat dies bei Sphyridium schon be- obachtet. Er gibt: zwar keine Zeichnung, beschreibt den Vorgang aber so treffend, daß ich seine Worte hier einfach wiedergeben möchte: „Die Endzelle einer Schlauchfaser wächst zu einem langen Schlauche aus, in dessen Innerem die Sporen zur Ausbildung kommen. Unterhalb dieses Schlauches, in der Stützzelle desselben, kommen sehr bald mehrere neue Zellen .... zur Entwicklung und wachsen ebenfalls zu Schläuchen aus. 8o sitzen die Schläuche am Ende ihres Tragfadens, wie die Arme an einem Kandelaber.“ Ich glaubte diese Angahen besonders bestätigen zu sollen, weil man an ihrer Richtigkeit auf Grund der neueren Kennt- nisse über die Askusanlage bei anderen Askomyceten vielleicht zweifeln möchte. Ich könnte damit die Schilderung des Sphyridiumfruchtkörpers verlassen, um mich zu den Differenzpunkten mit Krabbe zu wenden, wenn es nicht bei dieser Flechte noch Gebilde gäbe, deren Geschichte in mancher Beziehung anders als die normale verläuf. Krabbe hat schon festgestellt, daß bei Sphyridium eine Art falscher Vorzweigung dadurch zustande kommt, daß die Fruchtscheibe an einzelnen Stellen 23 abstirbt und dann die am Leben gebliebenen Teile durch interkalares Wachstum der darunter liegenden vegetativen Partien auf besondere Stiele gehoben werden. Ich kann das nur bestätigen, muß aber be- tonen, daß es außer dieser Pseudoverzweigung auch Fälle von echter Verästelung gibt, d. h. solche, die durch Teilung oder Gabelung des Fruchtkörpers entstehen, bevor überhaupt das Hymenium angelegt ist. So zeigt die Fig. 36 auf Taf. V ein zweiästiges Exemplar. In jedem Ast befindet sich ein Plexus von askogenen Hyphen und darüber die Paraphysen, Asci sind noch gar nicht vorhanden. Durch teilweises Ab- sterben der Lamina kann also diese Verzweigung unmöglich entstanden sein. Wie ein solches Gebilde sich weiter entwickeln kann, zeigt die Fig. 37. Es fragt sich nur, ob irgend eine Ursache für das Auftreten der Verzweigungen sich erkennen läßt. Ich dachte zunächst, diese ent- ständen dadurch, daß mehr als ein Carpogon zum Auswachsen käme und dann der Fruchtkörper an den Stellen, wo diese lägen, zu stärkerem Wachstum angeregt würde. Aber durch Bilder wie die Fig. 35 wurde ich eines besseren belehrt. Man sieht hier, daß die Verzweigungen schon im Stadium der Carpogonbildung vor sich gehen, mit dem Auf- treten des askogenen Hyphen also nichts zu tun haben können. Auf- fallend ist an diesem, wie an allen anderen Verzweigungsbildern, die ich gefunden habe, daß der Fruchtkörper viel größer ist, als er beim. nor- malen Entwicklungsgang auf der betreffenden Stufe zu sein pflegt, Viel- leicht hängt es damit zusammen, daß man manchmal ziemlich große Fruchtkörper findet, die nur aus vegetativen Hyphen bestehen, ohne jede Andeutung von Carpogonen. Möglicherweise bilden diese später die Verzweigungen. Leider habe ich Übergänge von diesen zu Bildern, wie sie die Fig. 35 zeigt, die also Verästelung, aber nur vegetative Elemente aufweisen müßten, niemals gesehen. Überhaupt findet man alle diese Bildungen ziemlich selten, so daß manches in ihrer Entwick- kungsgeschichte unklar bleiben mußte. So ist es z. B. auffällig, daß zwar die Carpogone auch bei den verzweigten Fruchtkörpern gleich- mäßig über die ganze Oberfläche verteilt sind (s. Fig. 35), daß aber die askogenen Hyphen sich nur in den Ästen entwickeln. Ich stelle mir das so vor, daß, wenn ein nicht am Scheitel eines Astes liegendes Carpogon zur Weiterentwieklung kommt, dieses dann nach dorthin aus- wächst, wie wir etwas Ähnliches ja auch beim nermalen Fruchtkörper konstatierten (s. Fig. 31). Da ich aber bei den Verzweigungsbildern die Stadien des Auswachsens bezw. Degenerierens der Carpogone nicht beobachtet habe, kann ich hierüber nichts Sicheres aussagen. Ebenso- wenig kann ich das über das Zustandekommen der noch kompliziertere 24 Verzweigungssysteme, die man hin und wieder trifft. So kommen z. B. Fruchtkörper vor, die sich oben tellerförmig verbreitern und dann vom Rande oder auch von der Fläche des so gebildeten Tellers ein oder zwei kleine Äste treiben. Auch wiederholte Verzweigungen habe ich, wenn auch nur sehr selten, beobachtet. - Wie erwähnt, stimmen die hier vorgetragenen Ansichten über den Entwicklungsgang des Sphyridiumfruchtkörpers in verschiedenen Punkten nicht mit Krabbes Angaben überein. Über die erste Anlage ist er zu wesentlich gleichen Ergebnissen gekommen wie ich. Dann sagt er aber, nachdem er ungefähr das Stadium meiner Fig. 26 auf Taf. IV geschildert hat: „Dies ist der junge Fruchtkörper. Mit demselben gehen nunmehr bis zur Paraphysenbildung ‚keine weiteren Verände- rungen mehr vor sich.“ Von den von mir als Carpogone gedeuteten Gebilden hat er also, wohl wegen seiner primitiven Färbungsmethode, nichts gesehen. Infolgedessen kommt er dann in bezug auf die Ent- stehung der askogenen Hyphen, die nach ihm „erst, nachdem das keulen- förmige Ende des Apotheciums von einer in ihrer Größe variierenden Paraphysenkappe bedeckt ist, in einiger Entfernung unterhalb derselben zum Vorschein kommen“, zu von mir prinzipiell abweichenden Schlüssen. Denn da er besondere Organe, in denen eine Befruchtung häfte statt- finden können, nicht aufgefunden hat, so schließt er, daß „die Schlauch- fasern weiter nichts sind als die fortwachsenden, die Schlauchfaserform allmählich annehmenden Faserenden des reproduktiven Sprosses“. Mit anderen Worten, er nimmt an, daß auch hier, ebenso wie er es für Baeomyces annimmt, sich askogene Hyphen und Paraphysen aus einem anfänglich homogenen Hyphenknäuel allmählich herausbilden, ohne daß ein scharfer Gegensatz zwischen beiden Elementen bestände. Das trifft, wie wir gesehen haben, schon für Baeomyees wahrscheinlich nicht zu, sicherlich aber nicht für Sphyridium, da hier die askogenen Hyphen aus deutlich differenzierten Gebilden entstehen, in denen vielleicht ein, wenn auch noch gänzlich unaufgeklärter Sexualakt vor sich geht. Krabbe gibt an, mehrere Arten der Gattung‘ Sphyridium unter- sucht zu haben. Er bezeichnet sie als S. fungiforme Schr, S. carneum Fw. und $. placophyllum Wahlb. In systematischen Flechtenwerken herrscht keine völlige Übereinstimmung über die Bewertung dieser Formen. Während die meisten Autoren nur eine Spezies 8. byssoides Th. Fr. syn. fungiforme Fw. beschreiben und darunter .zwei Varietäten unterscheiden, rupestre Pers. und carseum Fl, kennen mehrere drei verschiedene „gute Arten“, byssoides Th. Fr., speciosum Kbr. und placo- phyllum Th. Fr,, wobei byssoides wieder in die beiden genannten Unter- 25 arten gespalten wird. Auch noch andere Gruppierungen kommen vor. Diese Uneinigkeit mag daher rühren, daß es tatsächlich ganz unmöglich ist, die verschiedenen Formen sicher von einander zu trennen, denn an geeigneten Stellen findet man alle nebeneinander, durch ganz allmäh- liche Übergänge verbunden. An einem Standorte auf dem Schloßberge bei Freiburg habe ich beobachtet, daß ein und derselbe Thallus, wo er auf Lehmboden wuchs, die staubige Form annahm, die als carneum beschrieben wird. Wo er einen Stein bedeckte, hatte er das typisch warzig-körnige Aussehen der rupestre-Form und an anderen Stellen näherte sich seine Gestalt wieder dem blattförmigen 'Thallus von placo- phyllum. Außer der Beschaffenheit des Thallus wird auch die Größe des Fruchtkörpers zur Unterscheidung benutzt, aber diese ist nach meinen Erfahrungen so wechselnd und seine Gestalt ist überhaupt, wie wir gesehen haben, so mannigfaltig, daß damit erst recht nichts anzu- fangen ist. Ich glaube deshalb, daß die Trennung der Gattung, Sphy- - ridium in die verschiedenen Arten und Unterarten nicht berechtigt ist. Diese Fragen brauchten uns hier aber gar nicht zu beschäftigen, wenn nicht Krabbe für 8. carneum eine ganz besondere Entwicklungsweise der Fruchtkörper beschrieben hätte. Diese sollen äußerlich zunächst dadurch ausgezeichnet sein, daß sie nicht die für Sphyridium und Baeo- inyces sonst charakteristische pilzhutförmige Gestalt besitzen, sondern am Scheitel abgeplattet und oft sogar trichterförmig eingesenkt sind. Ferner sollen sie weder Paraphysen noch Asci ausbilden. Askogene Hyphen dagegen sollen vorhanden sein und zwar als gleichmäßig unter der Oberfläche des Scheitels verteilte Knänel. Als ich zuerst. die später als Carpogone erkannten Gebilde auffand, glaubte ich solche Knäuel vor mir zu haben, erkannte aber bald, daß sie sich in mehrfacher Be- ziehung von jenen unterscheiden. Erstens freten sie — wenigstens in den normalen nicht verzweigten Exemplaren — in viel jüngeren Stadien auf als die Knäuel, die Krabbe für earneum schildert, und zweitens werden sie von weit zarteren, englumigeren Hyphen gebildet, was beides aus einem Vergleich meiner Figuren mit seiner Abbildung 4, Taf. FH hervorgeht. Später habe ich dann auch den Krabbeschen carneum- Typ einige Male unter meinen Präparaten gefunden. In der Fig. 38 ist ein solcher F'ruchtkörper abgebildet, der ganz mit der Krabbeschen Zeichnung übereinstimmt. Wenn man die Fig. 38 mit der im gleichen Maßstab gehaltenen Fig. 35 vergleicht, so wird das über die verschiedene Form der Carpogone Gesagte deutlich werden. Ich halte den „carneum- Fruchtkörper“ für eine anormale Erscheinung, die durch irgend eine Störung im Eintwicklungsgang zustande gekommen ist. Ich schließe das 26 vor allem daraus, daß man in diesen Gebilden tief im Innern des Frucht- körpers (s. Fig. 38) abgestorbene Reste von dunklen Hyphen findet, die manchmal dichter zusammengedrängt liegen, manchmal in mehr ge- streckter Gestalt das Gewebe durchziehen. Das ist etwas, was ich in normalen Fällen nie beobachtet habe. Die Entwicklungsgeschichte dieser eigenartigen Gebilde muß ich, weil ich sie so selten zu Gesicht be- kommen habe, vollständig unaufgeklärt lassen. Da ich aber verschiedent- lich abgeplattete bezw. eingesenkte Fruchtkörper mit Schläuchen und Paraphysen angetroffen habe, so glaube ich nicht, daß sie steril bleiben, wie Krabbe das annahm. Auch habe ich nicht konstatieren können, daß sie auf Thalli mit carneumähnlichem Habitus beschränkt sind, oder daß solche nur diese Art von Frachtkörpern besitzen. Icmadophila. Icmadophila aerigunosa. (Scop.) Trev. ist meines Wissens auf ihre Fruchtentwicklusg hin noch nie eingehender untersucht worden. Nur bei Reinke?) finden sich darüber einige Angaben. Er sagt nämlich, nachdem er den Bau des aus einzelnen Körnern zusammengesetzten Thallus geschildert hat: „Einzelne dieser Thalluskörner beginnen dann, durch interkalares Wachstum sich zu vergrößern. Auf Durchschnitten bemerkt man bald einen äußeren gonidienreichen Mantel über einem aufgetriebenen, gonidienarmen Innenkörper sich hinwegziehen. In dem letzteren schwinden die Gonidien zuletzt ganz, so daß er zu einem farblosen Marke wird. Ein solches vergrößertes Korn der Kruste ist der Anfang des sekundären Thallus. Es wächst empor, auf seinem Scheitel entsteht die Anlage eines Apotheciums, durch welche die go- nidienführende Außenschicht durchbrochen beziehungsweise auseinander- gedrängt wird.“ Diese Darstellung stimmt mit den Tatsachen überein, soweit sie sieh durch Handschnitte und ohne kompliziertere Färbungen aufklären lassen. Bei eingehender Untersuchung findet man aber un- gleich verwickeltere Verhältnisse. Die Anfangsstadien der Fruchtkörperbildung bei dieser Flechte haben große Ähnlichkeit mit denen von Baeomyces. Auch hier ist es ein kleines Knäuel von dieht verschlungenen Hyphen, in denen sich anfänglich keine weitere Differenzierung erkennen läßt (s. Fig. 39, Taf. V). Der einzige Unterschied von Baeomyces ist, daß dies Gebilde bei Ic- madophila nicht tief unterhalb der Gonidienschicht, sondern in den unteren Partien dieser Zone selbst liegt. Auch die nächste Stufe, die 3) Reinke, J., Abhandlungen über Flechten II. Jahrbuch f. wissenschaftl. Botanik, Bd. XXVIIE, pag. 114. 27 in der Fig. 40 abgebildet ist, stimmt im wesentlichen mit dem ent- sprechenden Stadium von Baeomyces überein. Man sieht, daß sich auch hier im Innern des Knäuels einzelne stärker färbbare und diekere Hyphen herausbilden (s. Fig. 40). Während diese aber bei Baeomyees direkt zu askogenen Fäden auswuchsen, verläuft die Entwieklung hier ganz anders. Es werden nämlich bei Icmadophila typische Carpogone mit deutlichen Trichogynen angelegt. Das geht in der Weise vor sich, daß sich zunächst die ganze Anlage vergrößert (s. Fig. 41). Die gene- rativen Hyphen darin treten dann stärker hervor, und man findet sie an den verschiedensten Stellen des jetzt 80—90 a im Durchmesser haltenden Faserknäuels. Manchmal sind sie zu dichteren Komplexen vereinigt, manchmal wachsen sie aber auch streckenweise unverzweigt fort. Es 1ä8t sich nicht mit Sicherheit sagen, ob sie alle durch Ver- zweigung von einem Punkte aus entstehen, oder ob sie mehrmals an- gelegt werden. Während diese Vorgänge innerhalb des Thallus stait- gefunden haben, indem die junge Frucht hauptsächlich nach unten zu in das lockere unterhalb der Algenschicht liegende Gewebe hineinwuchs, findet sie beim weiteren Wachstum dort gewöhnlich — auf Ausnahmen werde ich noch zu sprechen kommen — keinen Platz mehr, und in- folgedessen beginnt sie die darüber liegenden Thallasschiehten empor- zuwölben (s. Fig. 42, Taf. VD. Es entsteht also ein solches „vergrößertes Korn der Kruste“, wie es Reinke schon beobachtet und richtig als Anfang der Fruchtkörperbildung erkannt hat. Man sieht in der Fig. 40, daß die generativen Hyphen auf diesem Stadium eine Reihe von deut- lieh hervortretenden Nestern gebildet haben. Ob sie miteinander in Zusammenhang stehen, 15ßt sich auf diesen frühen Entwicklungsstufen sehr schwer feststellen, weil sich auch die vegetativen Hyphen stark färben und so einzelne verbindende Fäden leicht verdecken können. Da sich aber später, wo die vegetativen Elemente an Färbbarkeit ein- büßen, wie ich noch zeigen werde, Verbindungen nachweisen lassen, kann man wohl mit einiger Sicherheit annehmen, daß sie auch jetzt vorhanden sind. Wegen der ziemlich gleichmäßigen Färbbarkeit aller Elemente der Anlage und weil diese immer durch mehrere Schnitte hindurchgehen, lassen sich die Knäuel generativer Hyphen auch noch schwerer von einander trennen, als das bei den ähnliehen Gebilden von Sphyridium der Fall war. Ich kann ihre Zahl deshalb nur annähernd angeben, es mögen auf dem Stadium der Fig. 42 etwa 20--30 sein. Beim weiteren Wachstum werden die Dinge zunächst nur noch ver- wickelter. Wohl differenzieren sich die generativen Hyphen etwas deut- licher von den vegetativen, aber man sieht an der Fig. 43, daß, wenn 28 ich von „Knäueln“ gesprochen habe, dieses sehr cum grano salis zu ver- stehen ist. Während sich an einzelnen Stellen Komplexe von schraubig durcheinander gewundenen Hyphen finden, die die Bezeichnung voll- kommen verdienen, tauchen an anderen Punkten einzelne Hyphen auf, die ganz regellos verteilt sind und nicht die geringste Gesetzmäßigkeit erkennen lassen. Trotzdem also der erste Anschein dagegen spricht, halte ich alle diese Gebilde für typische Carpogone, bezw. für Teile von solchen. Für diese Auffassung scheint mir erstens zu sprechen, daß man in dem in Rede stehenden Entwieklungszustande zahlreiche trichogynartige Fäden antriffit (s. Fig. 43). Sie ragen verschieden weit über die Oberfläche der Anlage hinaus und sind gewöhnlich nur kurze Strecken ins Innere zu verfolgen, dann verschwinden sie im Gewirr der vegetativen Hyphen, von denen sie sich hauptsächlich durch die Färbung und weniger durch größeren Durchmesser unterscheiden. Stellenweise kann man sie aber deutlich bis zu einem Carpogon hin verfolgen und andererseits sieht man auch häufig von einem solchen sich Fäden nach dem Rande hinziehen, ohne ihn aber zu erreichen. An diesen Tricho- gynen habe ich auch sehr häufig zahlreiche Spermatien kleben sehen, dagegen waren die Verhältnisse zu klein, um irgend welche Verbindung zwischen beiden feststellen zu können. Deutlicher als in der Fig. 43 treten alle diese Beobachtungen in der Fig. 44 hervor, wo ein einzelnes Carpogon mit Trichogyne und Spermatien abgebildet wurde. Was nun die Frage anbetrifft, ob alle Carpogone auch eine Trichogyne besitzen, so ist sie nur sehr schwer zu beantworten. Erstens sind ja die Kar- pogone kaum von einander abzugrenzen, also auch kaum zu zählen und zweitens scheinen die Trichogyne nicht alle gleichzeitig ausgebildet zu werden. Dafür spricht einerseits ihre ungleiche Länge und anderer- seits der Umstand, daß man auf etwas älteren Stadien als dem in Fig. 43 gezeichneten neben zahlreichen abgestorbenen Trichogynen mit zusammengeballtem dunklen Plasmainhalt noch vereinzelt vollständig frische triff. Mit einiger Bestimmtheit kann man aber wenigstens sagen, daß mindestens soviel Trichogyne wie Carpogone entstehen, denn auf 15 durch die Anlage der Fig. 43 geführten Schnitten habe ich allein 72 gezählt, und wesentlich mehr Carpogone sind darin. wahrscheinlich, auch nicht vorhanden. Wenn meine Deutung, daß es sich bei diesen Gebilden um wirkliche Trichogyne handelt, richtig ist, dann müssen natürlich auch von den zahlreichen im Innern der Fruchtanlage liegen- den Carpogonen solche ausgehen, und die erwähnten zwischen den Knäuein liegenden einzelnen Hyphen sind vielleicht zum Teil mehr oder weniger quergeschnittene Stücke von diesen. Teilweise werden 29 es allerdings auch wohl Verbindungsfäden der Carpogone sein. Denn, wie (die Teilfigur 45, in der das vegetative Gewebe nicht gezeichnet wurde, es veranschaulicht, lassen die sich auf diesen Stufen deutlich erkennen. Außer dem Vorhandensein der Trichogyne veranlaßt mich das fernere Schicksal der jungen Frucht die dunklen Hyphenknäuel für Carpogone zu halten. Diese gehen nämlich genau wie bei Sphyridium alle bis auf ganz wenige, die sich zu askogenen Hyphen entwickeln, zugrunde. Zunächst sieht man von diesen Vorgängen allerdings gar nichts. Der noch immer von einem dichten Gonidienmantel umgebene Fruchtkörper wächst weiter heran, die Trichogyne verschwinden und die Carpogone zeigen noch keine Spur von Degeneration, sondern sie sind eher noch klarer differenziert als bisher. Wahrscheinlich hängt das damit zusammen, daß die Trichogyne nicht nur in ihren ins Freie ragenden Teilen, sondern auch soweit sie im Innern der Anlage ver- laufen, absterben und so unsichtbar werden. Dadurch muß natürlich wenigstens ein Teil der Hyphen, die die scharfe Trennung der Carpo- gone früher verwischten, verschwinden. Ebenso werden die Verbindungs- fäden jetzt blasser, wenn sie auch inmer noch deutlich zu verfolgen sind. Auf eine Zeichnung dieses Zustandes glaubte ich, da er nichts wesentlich neues bietet, verzichten zu dürfen. Interessanter werden die Dinge erst wieder, wenn die ersten An- zeichen des Degenerations- bezw. Auswachsungsprozesses bemerkbar sind. Dies sieht man in der Fig. 46 eingetreten, die einen Ausschnitt aus einer Frucht, nur wenig kleiner als die in Fig. 47 gezeichnete, ohne das vegetative Gewebe, darstellt, Die Carpogone a, 5 und c be- finden sich in drei auf einander folgenden Stadien des Auswachsens, d und e sind noch vollständig unverändert, / zeigt die ersten Spuren der Degeneration, die bei g und % schon weiter vorgeschritten ist. Zum Verständnis der Figur muß noch hinzugefügt werden, daß die Hauptteile der Carpogone z und / in den Nebenschnitten liegen, und daß zwischen den Carpogonen die blassen Verbindungsfäden zu sehen sind, die gleichzeitig beweisen, daß es sich bei den Auswachsungsfäden nieht um solche Verbindungen handelt, Dies geht außerdem noch aus einem Vergleich der Nebenschnitte hervor, die zeigen, daß die Sprossungen frei im vegefativen Gewebe endigen. Es treiben also mehrere Carpo- gone aus ihren Askogonzellen askogene Hyphen. Und zwar nicht höchstens zwei oder drei wie bei Sphyridium, sondern vielleicht die doppelte oder dreifache Zahl. Genau läßt sich das nicht feststellen, da sie sich nicht alle gleichzeitig zu entwickeln scheinen. Man findet 30 nämlich manchmal im selben Fruchtkörper einzelne, die erst eben an- fangen zu sprossen, während andere schon ziemlich weit. fortgeschritten sind. Jedenfalls sind es aber auch hier im Vergleich zu der großen 7ahl der angelegten Carpogone nur sehr wenige, die sich weiter ent- wickeln. Dieser Umstand, in Verbindung mit dem, was über die trichogynartigen Bildungen gesagt wurde, macht es mir in hohem Grade glaubhaft, daß wir die dunklen Hyphenknäuel im jungen Fruchtkörper von Icmadophila als typische Carpogone anzusehen haben, über deren weiteres Schicksal das Eintreten oder das Ausbleiben einer Befruchtung durch Spermatien entscheidet. Wenn sie befruchtet sind, entwickeln sie sich weiter, wenn nicht, gehen sie zu grunde. Natürlich können später auch noch von den befruchteten einzelne durch widrige Um- stände degenerieren und so an der Schlauchbildung gehindert werden. In der Fig. 47 ist dann ein etwas älteres Stadium dargestelli. Der größte Teil der Frucht ist jetzt frei von Carpogenen, nur oben rechts und unten links liegen noch einige. Sie erscheinen noch ziemlich frisch, aber werden wohl auch später verschwinden, da der Frucht- körper schon zu weit entwickelt ist, als daß man annehmen könnte, daß jetzt noch weitere Carpogone in die Sprossung einträten. Die askogenen Hyphen stellen dicke, dicht mit Plasma erfüllte und stark färbbare Hyphen dar. Auffällig ist, daß in ihrer Umgebung das vege- tative Gewebe, das bisher immer noch einen ziemlich hohen Grad von Färbbarkeit besaß, jetzt ganz blaß und plasmaarm wird. Man hat den Eindruck, als ob alle in ihm enthaltenen Reservestoffe in die askogenen Hyphen gewandert wären. Diese wachsen jetzt, während die unbe- fruchteten Carpogone allmählich verschwinden, sich locker verzweigend dem Scheitel des Köpfchens zu. Gleichzeitig beginnt dort die erste Anlage der Paraphysen, indem die vegetativen Hyphen senkreeht nach oben strebende Fäden treiben, die die Algen auseinander drängen, wie das Reinke berichtet hat. Auch das spätere Wachstum des Frucht- körpers und die Ausbreitung des Hymeniums hat er richtig und aus- _ führlich geschildert und in seiner Fig. 39 dargestellt, so daß ich auf eine Wiederholung verzichten kann. Nur in bezug auf die Askus- entwicklung muß ich bemerken, daß diese im Gegensatz zu Baeomyces und Sphyridium mit einem sogenannten „Pferdekopf“ beginnt, daß also der Askus aus der vorletzten Zelle der Traghyphe entsteht (s. Fig. 48). Ich habe schon, als ich von der ersten Vorwölbung der Anlage über die Thallusoberfläche sprach (s. Fig. 42), angedeutet, daß manch- mal ein etwas anderer Entwicklungsmodus eingeschlagen wird als der som 81 eben vorgeführte. Ich sagte dort, daß die Vorwölbung dann beginnt, wenn die junge Frucht in dem lockeren Gewebe, in dem sie entsteht, keinen Platz mehr hat. Solange der Thallus sich über eine einiger- maßen ebene Fläche hinzieht, wird dieser Zeitpunkt ungefähr immer im gleichen Stadium eintreten. Bei meinem Material war das aber durchaus nicht der Fall, denn ich hatte zur Untersuchung Thalli ge- wählt, die auf abgestorbenen Moospflanzen saßen und die ich im Zwischenflühtal im Berner Oberland gefunden hatte. Sie hatten den großen Vorteil, daß sich die Moose gut schneiden ließen, während dies an den Exemplaren, die man so häufig auf vermoderten Baumstümpfen findet, wegen der zahlreichen *Sandkörner in ihrem Substrat große Schwierigkeiten macht. Da nun die Flechte die Zwischenräume zwischen den einzelnen Moosblätichen nieht vollständig gleichmäßig ausfüllt, son- dern sie häufig nur locker ‘überspinnt, so können die Fruchtkörper, wenn sie gerade über einer derartigen Höhlung zur Ausbildung kommen, sehr viel länger in den Thallus eingesenkt bleiben, als das normaler- weise möglich ist. So ist z.B. in der Fig. 49 auf Taf. VII ein solcher abgebildet, der sich schon in dem Stadium befindet, wo die Carpogone bereits ihre Trichogyne verloren haben, und dessen Scheitel trotzdem noch mit der Thallusoberfläche fast in einer Ebene liegt. Da diese Bildungen immerhin ziemlich selten sind, habe ich ihren Entwicklungs- gang nicht vollständig verfolgen können und kann deshalb nicht, sagen, ob etwa die Vorwölbung so lange ausbleiben kann, bis das Hymenium angelegt wird. Ich halte das aber nicht für ausgeschlossen, weil ja das frühere oder spätere Eintreten der Vorstülpung offenbar nur eine Platzfrage ist. Auf die theoretische Bedeutung dieser Beobachtung werde ich in der abschließenden Zusammenfassung noch zu sprechen kommen. Meine Bemerkung, daß ich an den Trichogynen von Icmadophila häufig Spermatien habe kleben sehen, könnte Verwunderung erregen, da Koerber!) ausdrücklich sagt, daß er bei dieser Flechte niemals Spermogonien gefunden habe. Ebenso macht auch Glück?) darüber keine Angaben, woraus sich schließen läßt, daß auch in der übrigen Literatur sich solehe nicht finden. Tatsächlich kamen aber bei meinem Material Spermogonien sehr reichlich vor, die auch alle in großer Menge Spermatien erzeugten. Ich habe, da dies nicht in den Bereich 1) Koerber, G, W., Systema lichenum Germanise. Breslau 1855, pag. 151. 2) Glück, H,, Vergleichende Morphologie der Flechtenspermogonien, Heidel- berg 1899. 32 meines Themas gehörte, ihre Entwicklungsgeschichte nicht näher stu- diert, möchte aber doch wenigstens den Öffnungsvorgang eines reifen Spermogons kurz schildern, da er mir zu einem bisher unbekannten Typus zu gehören scheint. Es wird als kugeliger Komplex dieker stark färbbarer Hyphen in der Algenzone angelegt. Diese bekommen bald eine radiäre Anordnung, sie bilden sich zu Sterigmen um. Je mehr diese Umbildung fortschreitet und je stärker die Spermogonanlage heran- wächst, desto mehr wölbt sie sich über die Thallusfläche empor, ganz ähnlich wie wir das bei den Fruchtanlagen gesehen haben. Schließlich bilden sie genau solche knopfförmigen Körper wie diese, mit denen sie auch darin übereinstimmen, daß sie von einem dichten Algenmantel umgeben sind. Beide unterscheiden sich nur dadurch, daß die einen viele Carpogone enthalten und die anderen ein Spermogon. Dieses ist jetzt dicht mit Spermatien erfüllt, seine Sterigmen sind aber nicht mehr genau auf das Zentrum der Kugel gerichtet, sondern auf einen mehr oberhalb gelegenen Punkt. Die Folge davon ist, daß die vom Scheitel nach unten wachsenden Sterigmen nur kümmerlich ausgebildet sind und auch gar keine Spermatien zu produzieren scheinen. Dies hängt offenbar damit zusammen, daß an dieser Stelle durch Absterben der Wandpartien die Öffnung entsteht. Während aber bei den meisten Flechtenspermogonien das kleine so entstandene „ostiolum* genügen muß, um die Spermatien zu entleeren, wird das hier auf weit ratio- nellere Art erreicht. Das Spermogen behält nämlich, nachdem die Öffnung entstanden ist, nieht die Form einer Hohlkugel, sondern es wird durch Vordrängen der Innenwand nach außen und entsprechendes Auseinanderweichen der Seitenwände zu einer schwach konkaven Schüssel, auf der die Sterigmen fast parallel nebeneinander palissadenartig ange- ordnet sind (s. Fig. 50). Daß durch diesen Prozeß der Verbreitung der Spermatien in ausgezeichneter Weise Vorschub geleistet wird, ist zu klar, als daß ich darüber noch mehr zu sagen brauchte. Im An- schluß hieran will ich noch erwähnen, daß ich, allerdings sehr selten, höchst. eigentümliche Gebilde von der in Fig. 51 abgebildeten Gestalt beobachtet habe. Es sind regelrechte Fruchtanlagen mit deutlichen Carpogonen, aber an einer Stelle liegt eine ebenso deutliche Anlage eines Spermogons. Ich habe diese „Zwitterbildungen“ zu spärlich an- getroffen, als daß ich über ihre weitere Entwicklung etwas sicheres mitteilen könnte. Aber auch ohne das scheint mir die Beobachtung nicht unwichtig zu sein, was ich weiter unten noch näher begründen werde, . 38 Allgemeines über Baeomyces, Sphyridium und Iemadophila. Um die Frage nach dem morphologischen Wert des Cladonia- fruchtkörpers ist ja bekanntlich ein jahrzehntelanger heftiger Streit ent- standen, der auch heute noch nieht völlig entschieden ist. Ich brauche auf die verschiedenen Kontroversen hier nieht einzugehen, da die An- siehten der einzelnen Autoren teils in Krabbes großer Monographie, teils in Baurs letzter Flechtenarbeit ausführlich dargestellt sind. Nur das zum Verständnis des Folgenden unbedingt Notwendige muß ich wiederholen. Während sich bei den meisten Flechten ein rein vegetativer Thallus deutlich von den darauf sitzenden Fruchtkörpern unterscheiden läßt, ist dieser Gegensatz bei den Cladonien mehr oder weniger ver- wischt. Und zwar dadurch, daß scheinbar der vegetative Thallus immer mehr reduziert wird, und dafür der Fruchtkörper eine immer reichere Ausbildung erfährt. Das geht bei den strauchigen Formen soweit, daß scheinbar die ganze Flechte nur aus einem vielfach verästelten Frucht- körper besteht, der sieh mit einem dichten Algenmantel umgeben und so auch die Ernährungsfunktion des Thallus übernommen hat. Es fragt sieh nun aber, ob diese merkwürdigen Fruchtkörper auch wirklich morphologisch den Fruchtkörpern anderer Flechten entsprechen. Die älteren Autoren haben das verneint. Sie sagten, die Cladonien besäßen zwei verschiedene Ausbildungen des Thallus, eine horizontale, wie die meisten übrigen Flechten und eine vertikale, den verästelten schein- baren Frtchtkörper, den sie das Podetium nannten. Später ist dann Krabbe auf grund sehr eingehender vergleichender Untersuchungen zu der anderen Auffassung gekommen. Er hielt es nach seinen Er- gebnissen für erwiesen, daß auch die kompliziertesten Cladoniapodetien homolog den Apothecien anderer Flechten seien. Darauf hat die Frage, wenigstens was ihre experimentelle Bearbeitung anbelangt, lange Zeit geruht, bis sie durch die Beobachtungen Baurs') an Cladonia pyxidata wieder erneutes Interesse bekam. Er hat nachgewiesen, daß hier das Podetium rein thallöser Natur ist, und daß erst an diesem sich die Apotheeien aus typischen Carpogonen entwickeln. Er kommt deshalb zu dem Schlusse, daß die Krabbesche Auffassung, das ganze Gladonia- podetium sei als ein einziger Fruchtkörper anzusehen, unhaltbar ist. Nach ihm ist Gertrud Wolff?) für Cladonia graeilis, degenerans und 1) Baur, E., Untersuchungen ete. Bot, Zig. 1004, pas. 20, . 2) Wolft, 6. P., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Flechtenapotheeien. "Flora 1905, Ergänzungsband, pag. 41. Flora, Bd. 98, 3 34 furcata zu denselben Resultaten gekommen. Beide Autoren mußten aber die Frage offen lassen, ob nicht vielleicht wenigstens phylogenetisch das Cladoniapodetium einem Fruchtkörper entspräche. Mit anderen Worten, es blieb die Möglichkeit, daß das Podetium sich allmählich durch die Streckung des sogenannten exeipulum proprium einer ursprüng- lich sitzender Frucht — also des schüsselförmigen Gebildes, das beim typischen Apothecium dem Thallus direkt aufliegt und das Hymenium in sich birgt — herausgebildet habe. Hier soliten meine Beobachtungen einsetzen und zu zeigen versuchen, ob etwa bei dieser oder jener Flechte Hinweise auf eine derartige Entwicklung aufzufinden sind. Baeomyces, Sphyridium und Icımadophilia schienen mir dafür geeignete Objekte zu sein, weil sie fast allgemein an den Anfang der Üladonien- reihe gestellt werden und man unter diesen noch am ehesten Vertreter eines phylogenetisch älteren Typus anzutreffen hoffen durfte. Ich bin. absichtlich bei der Schilderung der einzelnen Formen auf diese Fragen nicht eingegangen, um jetzt am Schlusse alles im Zusammenhange be- sprechen zu können. Es dürfte zweckmäßig sein, die wichtigsten hierauf bezüglichen Resultate noch einmal kurz nebeneinander zu stellen. Wir sahen, daß bei Baeomyces die Anlage der Frucht ganz tief in der Markschicht entsteht, daß sie sich sehr bald — noch innerhalb des Thallus — in Paraphysen und askogene Hyphen differenziert, ohne vorher Carpogone zu bilden. Bei Sphyridium dagegen wird durch Sprossungen der äußersten Rinden- und Gonidienschichten ein rein thallöses Köpfchen gebildet und erst, wenn dieses eine gewisse Größe erreicht hat, eni- stehen generative Hyphen, die zu reduzierten Carpogonen auswachsen, und von denen sich nur einige weiter entwickeln, während gleichzeitig die ersten Paraphysen entstehen. Bei Iemadophila endlich sind die ersten Stadien ganz ähnlich wie bei Baeomyces, aber die generativen Hyphen sprossen zu typischen Carpogonen aus, von denen wie bei Sphy- ridium nur einzelne zu askogenen Hyphen werden. Auch hier beginnt genau wie dort erst jetzt die Paraphysenbildung. Danach ist es zu- nächst deutlich, daß der Hymeniumträger von Baeomyces nichts weiter ist, als der verlängerte untere Teil der Frucht selbst. Ebenso klar ist es andererseits, daß Sphyridium ein, wenn auch sehr kleines, Podetium besitzt. Komplizierter liegen dagegen die Verhältnisse für Iemadophila, weil diese offenbar eine Mittelstellung zwischen den beiden anderen Typen einnimmt. Man könnte sagen, der Hymeniumträger von Icmado- phila ist ein Podetium, denn es wird, wie bei Sphyridium erst ein sekundärer Sproß gebildet und auf diesem entstehen die Carpogone- 85 Zu der Auffassung ist auch Reinke gekommen, allerdings nicht durch die Beobaehtung der Carpogone, sondern weil er ein von Algen um- hülltes Thalluskorn sich emporwölben sah, an (dessen Spitze dann das Hymenium angelegt wurde. Im Widerspruch mit dieser Deutung scheint nun die Tatsache zu stehen, daß wir bei Icmadophila die Anfänge der generativen Hyphen, wie bei Baeomyces, schon konstatieren können, wenn die Anlage noch tief im Thallus steckt. Aber man darf nicht vergessen, daß die generativen Hyphen in der jungen Anlage von Baeomyces offenbar denen von Iemadophila nieht gleichwertig sind. Wir mußten ja annehmen, daß bei dem apogamen Baeomyces ein nicht mehr als Sexualorgan funktionierendes Askogen an die Stelle eines ehemaligen Carpogons getreten ist, das seinen Platz in der noch tief im Thallus steckenden Fruchtanlage hatte. Die Hyphen, die sich aus diesem Askogon entwickeln, können wir also nur mit den Hyphen, die aus den Carpogonen von Icmadophila entstehen, in Parallele stellen. Die dunklen Hyphen dagegen, die der Carpogonbildung bei Icmadophila vorangehen, haben kein Homologon bei Baeomyces. Man kann sie höchstens vergleichen mit den Primordialhyphen der Carpogone bei Usnea, die ja auch schon eine Zeitlang vor der Carpogonbildung vor- handen sind, und aus denen ebenfalls durch Sprossung die Carpogone entstehen. Ein weiterer Einwand gegen die Podetiumnatur der Icmado- philafruchtträger scheint in der Tatsache zu liegen, daß diese nicht selten samt ihren Carpogonen in den Thallus eingesenkt liegen. Aber auch bier kann es bei näherer Betrachtung nicht zweifelhaft sein, daß man einen Sproß zweiter Ordnung vor sich hat. Das Entscheidende ist hier wie bei Sphyridium, daß in diesem Gebilde eine größere An- zahl potentieller Früchte entstehen. Daß der Sproß manchmal nicht äußerlich als solcher hervortritt, kommt erst in zweiter Linie in Betracht, wird doch z. B. niemand daran zweifeln, daß die eingesenkten Knospen von Robinia zum Sproß z + erster und nicht zu dem » ter Ord- nung gehören. Eine wichtige Stütze der hier vorgetragenen Ansicht scheint mir endlich in dem Vorkommen von Podetien, die gleichzeitig Carpogone und Spermogonien tragen, zu liegen. Krabbe hat allerdings seiner Theorie, daß das ganze Cladoniapodetium homolog einer Frucht etwa von Parnelia sei, zuliebe solche Gebilde, die sich bei den Cladonien sehr häufig finden, „heterospore Fruchtkörper" genannt, also Früchte, die zugleich Schlauchfasern und Konidien, wie er sagt, produzieren !). 1} Krabbe, &, Entwieklungsgeschichte und Morphologie der polymorphen Flechtengattung Ciadonia. Leipzig 1891, pag. 104. 3* 36 Demgegenüber hat schon Reinke!) darauf hingewiesen, daß das „sehr auffallende, einzig dastehende Gebilde wären“, und daß die andere Auf- " fassung „entschieden den Vorzug größerer Natürlichkeit und Einfachheit“ besäße. Ich komme nun zu der Frage, ob sich diese Ergebnisse für die Phylogenie der Cladonien verwerten lassen. Es könnte verlockend er- scheinen zu sagen, ja Baeomyces, Icmadophila und Sphyridium stellen drei Stufen der Podetiumbildung dar: die erste besitzt ein deutliches verlängertes excipulum proprium, die zweite ein Mittelding zwischen einem solchen und einem Podetium und die dritte ein typisches Pode- tiv. Bei näherer Überlegung liegen die Dinge aber nicht ganz so einfach. Zwar erscheint es wohl möglich, daß sich Baeomyces-ähnliche Formen, aber mit noch funktionierenden Carpogonen, zu Flechten vom Icmadophilatyp entwickeln können. Auch ist es vielleicht denkbar, daß aus einer Icmadophila ein Sphyridium wird. Aber der wesentliche Unterschied in der Askusentwicklung zwischen Baeomyces und Icmado- phila läßt den Wert derartiger Kombinationen wieder sehr zweifelhaft erscheinen. Noch schwieriger ist es, von den genannten Formen die eigentlichen -Cladonien abzuleiten. Denn ‘soweit wir bisher wissen, werden bei diesen die Carpogone ganz getrennt angelegt und stehen niemals mit einander in Zusammenhang, wie das für Icmadophila ganz sicher, für Sphyridium im höchsten Grade wahrscheinlich ist. Ich glaube deshalb, daß wir keine der drei Formen als die direkten, auf einer frühen Entwicklungsstufe stehen gebliebenen Vorläufer der Cladonien anzusehen haben. Wenigstens der Cladonien, die wie Cl. pyxidata reich ausgestaltete Podetien besitzen, an deren letzten Verzweigungen dann die Karpogone einzeln angelegt werden. Vertreter dieser Gruppe allein sind bisher von Baur und Wolff untersucht worden. Nun unterscheidet aber Krabbe von diesen andere, die nur kleine unscheinbare Hyme- niumträger haben, bei denen, z. B. bei Cl. aleicornis, die generativen Hyphen oft schon differenziert werden, wenn die Anlage noch ganz im Thallus steckt. An der Richtigkeit dieser Krabbeschen Beobachtung an und für sich ist wohl nicht zu zweifeln, denn bei allen Nachprüfungen seiner Angaben hat sich noch immer ergeben, daß er das, was er mit seinen Mitteln sehen konnte, auch tatsächlich richtig gesehen hat. Und wenn er bei der Deutung seiner Ergebnisse irrte, so lag das nicht an mangel- hafter Untersuchung, sondern an einem einseitigen Vorurteil, in dem 1) Reinke, J., Abhandlungen über Flechten I, Jahrb. £. wissensch. Botanik, Bd. XXVI, pag. 2. ' 37 er von Anfang an befangen war. Eine solche falsche Deutung scheint mir nun auch bei seinen Vorstellungen von dem Zusammenhang der beiden großen Gruppen der Cladonien eine Rolle zu spielen. Er sagt nämlich‘): „Was nun die phylogenetische Beziehung dieser beiden Klassen von Fruchtkörpern betrifft, so halte ich es für eine sicher ge- stellte Tatsache, daß die Fruchtkörper mit späterer Differenzierung und reicher äußerer Gliederung sich nach und nach aus einfach gestalteten, gleich bei der Anlage sich differenzierenden Formen herausgebildet haben“. Wenn dies wirklich so wäre, so müßten meines Erachtens auch bei den kompliziertesten Podetien der verzweigten Cladonienformen Fig. 3. Längsschnitt durch eine ganz junge Fruchtanlage von Cladonia aleicormnis. Nach Krabbe. alle Karpogone von einer bestimmten Stelle her sieh entwickeln und alle müßten in genetischem Zusammenhang stehen, wie das bei Sphy- ridium und Icmadophila tatsächlich der Fall ist. Denn nur dann wäre es verständlich, wie sich die zahlreichen Karpogone aus einer einzigen Fruchtanlage allmählich entwiekeln konnten. Ich glaube deshalb, daß zwischen der pyxidata- und der aleicornis-Gruppe ebensowenig nahe verwandischaftliche Beziehungen bestehen, wie zwischen der ersteren und den von mir untersuchten Formen. Dagegen scheint es mir sehr 1) Krabbe, G., Cladonia, pag. 183. 38 vie] denkbarer, daß die aleicornis-Gruppe mit den Sphyridiam, Baeo- myees und Icmadophila in ziemlich engem Zusammenhang steht. Es müßten aber zunächst die aleicornis- Formen noch einmal gründlich untersucht werden und außerdem viele von den Baeomyces usw. äußer- lich ähnlichen Flechten, ehe sich hierüber etwas positives vorbringen läßt. Doch scheint es mir im Anschluß hieran wenigstens nützlich, auf die große Ähnlichkeit der Anfangsstadien der Früchte von Cladonia aleicornis (s. Textfigur 3) und von Baeomyces (s. Taf. IIT Fig. 17) hinzuweisen. Wichtigste Ergebnisse. 1. Bei Usnea werden in einem Hohlraume der Rinde mehrere Car- pogone mit Trichogynen angelegt. Alle bis auf eine gehen zu- grunde, und diese bildet aus ihren Askogonzellen oder wenigstens aus solchen, die sich weder durch Färbung noch durch Gestalt von den eigentlich askuserzeugenden unterscheiden, das Subhyme- nium. Das Hypothecium ist ein rein vegetatives Erzeugnis der Rinde. Spermogonien sind zahlreich vorhanden. Die Asci ent- stehen aus der vorletzten Zelle der Tragbyphe. 2. Baeomyces ist höchstwahrscheinlich apogam. Carpogone mit Tricho- gynen waren nicht aufzufinden. Trotzdem ist auch hier askogenes und paraphysogenes Gewebe schon von ganz jungen Stadien der Fruchtkörperbildung an streng getrennt. Spermogonien sind außerordentlich selten. Die Asci entstehen aus der letzten Zelle der Traghyphe, 3. Bei Sphyridium und Iemadophila werden zahlreiche Carpogone angelegt, die bei Icmadophila typische Trichogyne tragen, während diese bei Sphyridium mehr oder weniger reduziert zu sein scheinen. Bei beiden entwickeln sich nur ganz wenige von den Carpogonen zu askogenen Hyphen weiter. Spermogonien sind bei Sphyridium selten, bei Icmadophila zahlreich und durch einen eigentümlichen Öffnungsvorgang ausgezeichnet. Die Asei entstehen hei Sphy- ridium aus der letzten, bei Icmadophila aus der vorletzten Zelle der Traghyphe. 4. Bei Baeomyces stellt der Stiel des Fruchtkörpers ein verlängertes exeipulum proprium dar, bei Iemadophila ein Mittelding zwischen einem solchen und einem Podetium und bei Sphyridium ein kleines, aber typisches Podetium. 39, Figurenerklärung. Die Figuren wurden in ihren gröberen Verhältnissen und soweit möglich auch in den Einzelheiten mit dem Abbeschen Zeichenapparat entworfen. — Es wurden Zeißsche Apochromat-Objektive und Kompensationsokulare verwendet. Fig. Fig. 116. Usnea barbata. 1 Taf. L Schnitt durch die Rinde mit den Primordialhyphen der Carpogone. 200, .2 u. 3 Taf. I. Auftreten des Hohlraums, an dessen Wandung die Carpogene ausgebildet werden. 700. . 4 Taf. 1. Schnitt durch die Wandung des Hohlraums mit mehreren Tricho- gyne treibenden Carpogonen. 700. . 5 Taf. L. Einzelnes Carpogon mit üher die Oberfläche ragender Trichogyne. 1100. . 6 Taf. I. Ein Carpogon beginnt auszuwachsen, daneben ein degeneriertes. 700. . 7 u.8 Taf. I. Weitere Stadien des Auswachsens, nur der Hohlraum ge- zeichnet. 700. . 9 Taf. L Bildung des Subhymeniums, 350, . 10 Taf. IL. Anormaler Hohlraum ohne Carpogone und Subhymenium. 350. - 11 u. 12 Taf. IL Beginn der Paraphysenbildung und Aufbrechen der Frucht. 350. . 13 u. 14 Taf. II. Weitere Ausbildung der Paraphysen, in 14 Flächenausbrei- tung der askogenen Hyphen. 175. . 15 Taf. II. Flächenschnitt durch ein Apothecium vom Stadium der Fig. 14, die Ausbreitung der askogenen Hyphen zeigend. 350. . 16 Taf. IT. Schnitt durch ein reifes Apothecium, die Askusentwicklung zei- gend. 875. Fig. 17—24. Basomyces roseus. . 37 Taf. IH u. 18 Taf. Il. Ausbildung des vegetativen Knäuels mit den An- fängen der generativen Hyphen. In Fig. 18 der umgebende Thallus fort- gelassen. 700. . 19 Taf. III. Entstehung der Paraphysen und Durchbrechung des Thallus, 350, . 20 Taf. II. Die Anlage wölbt sich über die Thallusfläche hinaus. Oben Verzweigung der askogenen Hyphen. Im Grunde Reste von solchen, die ab- gestorben sind. 250. . 21 Taf. II, Entstehung der ersten Asci. 250. . 22 u. 23 Taf. II. Weitere Stadien des reifen Fruchtkörpers. 85, . 24 Taf. III. Askusentwicklung nach einem Quetschpräparat. 700. Fig. 25-38. Sphyridium hyssoides. 25 Taf. III u. 26 Taf. IV. Entstehung des vegetativen Podetiums, 700. 27 Taf, IV. Auftreten der generativen Hyphen. 350. . 28 Tat. IV. Ausbildung der Carpogone. 350. . 29 Taf. IV, Carpogonausbildung fertig. 175. . 80 Taf, IV, Einzeines Carpogon, 700. . 31 Taf. V. Ein auswachsendes und mehrere degenerierende Carpogone. . 350. . 32 Taf. V. Ein auswachsendes und ‘ein degenerierendes Carpogon, stärker vergrößert. 700. . 33 u. 34 Taf. IV. Askusentwicklung nach Quetschpräparaten. 700. . 35—87 Taf. V. Verzweigungsstadien. Fig. 35 u. 36 Vergr. 80, Fig. 37 Vergr. 40. . 38 Taf. V. Ein Podetium vom „caraeum“-Typ. 80. Fig. 30—51. Icmadophila aerigunosa. . 39—41 Taf. V. Entwicklung des vegetativen Kuäuels und Auftreten der gene- rativen Hyphen. 700. . 42 Taf. VL Ausbildung der Carpogone und Vorwölbung über den Thallus. 350. . 43 Tat. VI Auftreten der Trichogyne. 250. . 44 Taf. VI Einzelnes Carpogon mit Trichogyne und Spermatien. 700. . 45 Taf. VL Mehrere Carpogone mit ihren Verbindungsfäden. 700. . 46 Taf. VI. Mehrere, teils auswachsende, teils degenerierende Carpogone. Erklärung im Text. Bei Fig. 45 u. 46 wurde das vegetative Gewebe nicht gezeichnet. 700. . 47 Taf. VI. Podetium mit askogenen Hyphen. 250. . 48 Taf. VI. Askusentwicklung. 875. . 49 Taf. VIL Eingesenktes Podetium. 175. . 50 Taf. VIL Reifes Spermogon. 175. . 51 Taf. VII. Podetium mit Carpogonen und Spermogon. 175. Neue Versuche über die Wirkungen der Außenwelt auf die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Algen. Von Hans Freund (Halle a. d. Saale). Die Fortpflanzung der Algen kann auf verschiedene Weise vor sich gehen. Wenn. wir mit Klebs die rein vegetative Vermehrung, wie sie dureh Teilung einzelliger oder Spaltung und Zerfall mehrzelliger Organismen erreicht wird, nicht als Fortpflanzung im engeren Sinne des Wortes, sondern als Wachstum. auffassen, so haben wir bei den Algen verschiedene Möglichkeiten der Fortpflanzug vor uns. Eine relativ einfache Art der Vermehrung liegt dann vor, wenn sieh der plasma- tische Inhalt einer Zelle innerhalb der alten Mutterzellwand mit einer neuen Haut umgibt und wenn die so entstandene neue Zelle später unter günstigen Bedingungen wieder keimt und zu -einer neuen Alge auswächst. Oder der Inhalt einer Zeile wandelt sich in einen oder mehrere nackte Plasmaballen um, die anfangs sich frei bewegen und später nach Umhäutung zu neuen Individuen heranwachsen, Beidemal “ haben wir,es mit Formen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung zu tun. Im ersten Fall nennen wir die unbeweglichen Fortpflanzungszellen Aki- neten oder Aplanosporen, im zweiten Fall sprechen wir von beweglichen Zoosporen. Daneben finden wir bei den Algen auch Arten der Ver- mehrung, die durch sexuelle Vorgänge eingeleitet werden. Es ver- einigen sich hierbei die Plasmaanteile von zwei selbständigen Zellen zu einem einheitlichen Gebilde, das meist erst nach längerer Ruheperiode weiteres Wachstum erfährt und zu einem neuen Individuum sich heran- bildet. Je nachdem die beiden Zellen, die miteinander verschmelzen, einander gleich oder ungleich sind, nennen wir die Produkte der ge- schlechtlichen Fortpflanzung Zygo- oder Oosporen. Sehr häufig ist der Fall, daß ein und derselben Algenspezies mehrere Modi der Fort- pflanzung zur Verfügung stehen. Die Fortpflanzung durch Zoosporen ist in jeder Beziehung vom entwicklungsgeschichtlichen und morphologischen Standpunkte aus betrachtet einfacher als die geschlechtliche Vermehrung. Bei Vaucheria 2. B. sehen wir, wie am Ende des schlauchförmigen Thallus durch eine Querwand eine zylindrische Zelle abgeteilt wird und der Inhalt sich in eine einzige große schwärmende Spore umwandelt, die ringsum mit vielen Zilien besetzt ist. Bei Ulothrix geht der Zoosporenbildung erst eine Vierteilung des Zellinhaltes voraus. Den Fall, daß in einer Zelle sehr 42 viele Zoosporen entstehen, haben wir bei Botrydium granulatum. Durch Platzen der alten Zellhaut werden die Zoosporen frei. Sie schwärmen aus und können nun alsbald keimen und zu neuen Individuen heran- wachsen. Die Fähigkeit Zoosporen zu bilden ist bei den Algen weit ver- breitet. Eine besonders große Rolle spielt sie im Leben fast aller Chlorophyzeen, die zum großen Teil der Flora unserer süßen Gewässer angehören. Unsere Kenntnisse von der Zoosporenbildung beschränkten sich lange Zeit, wie unser Wissen von der Fortpflanzung überhaupt, nur auf die Morphologie und Entwicklungsgeschichte. Die ersten sicheren Auf- klärungen über die Physiologie der Zoosporenbildung verdanken wir Klebs, der seine Studien über die Physiologie der Fortpflanzung der Gewächse mit Untersuchungen von Süßwasseralgen begann. An Hydrodietyon utrieulatum wies dieser Autor (1890) zuerst experimentell nach, daß die Fortpflanzung nicht als das Endresultat einer inneren Entwicklung aufzufassen ist, sondern daß die Entscheidung für ihren Eintritt vielmehr in der Außenwelt liegt. Später dehnte Klebs (1896) seine Untersuchungen auf eine größere Anzahl von Algen und auf einige Pilze aus, die seine Auffassungen des weiteren bestätigten. Die Resultate), die Klebs durch seine Experimente gewonnen hat, lehren, daß die Algen zur Zoosporenbildung schreiten, wenn sie 1) Seine Resultate über die Physiologie der Fortpflanzung niederer Pflanzen faßte Klebs 1904 im Biol. Zentralbl., Bd. XXIV, in seiner Arbeit über „Probleme der Entwicklung III“ unter allgemeinen Gesichtspunkten zusammen. Eine Zusammenstellung der Ergebnisse, die sich speziell auf die Fortpflanzung der Algen beziehen, gab Oltmanns in „Morphologie und Biologie der Algen“, Ba. II, Jena 1905. Neue Arbeiten, in denen Beobachtungen über die Bedingungen der Fort- pflanzung bei Algen mitgeteilt werden, sind: Livingston, B. E., On the nature of the stimulus which causes the change of form in polymorphic green algae. Botan. Gazette, Vol. XXX, 1900, pag. 289-817. Livingston, B. E., Further notes on the physiology of polymorphism in green algae. Botan. Gazette, Vol. XXXII, 1901, pag. 292-302. In beiden Arbeiten finden sich Angaben über die Zoosporenbildung von Stigeoclonium (tenue ?). Ernst, A, Zur Morphologie und Physiologie der Fortpflanzungszellen der Gattung Vaucheria D.C. Beih. 2. boten. Zentralbl., Bd. XVI, 1904. Beobachtungen über die Bedingungen der Sporenbildung von Vaucheria piloboloides Thur. Franck, Theod., Kultur und chemische Reizerscheinungen der Chlamy- domonas tingens. Botan. Zig. 1904. Pascher (Archiv f. Hydrobiologie und Planktonkunde, I, 1906, pag. 433—38) beobachtete bei Stigeoclonium nudiusculum (Draparnaldia nudiuscula Kuetz) die 43 durch Änderungen in ihren Lebensverhältnissen dazu veranlaßt werden, Bei Vaucheria clavata z. B., die in rasch fließenden Gewässern in Form von Watten oder kurzen Polstern wächst, wandeln sich die Enden der Fäden in Zoosporen um, wenn die Alge plötzlich in ruhig stehendes Wasser gebracht wird. Verdunkelung hat den gleichen Effekt bei dieser Alge. Vaucheria clavata ist nur ein Beispiel von vielen. Von Botry- dium granulatum, um noch ein anderes zu nennen, ist bekannt, daß das in die Luft ragende Köpfchen der Alge in eine Unzahl Zoosporen zerfällt, wenn es mit Wasser benetzt wird. Soweit die Erfahrungen, die bisher gesammelt wurden, schließen lassen, wird die Zoosporenbildung von Änderungen in den allgemeinen Lebensbedingungen, unter denen sich das Leben der Alge überhaupt abspielt, veranlaßt. Spezifische Mittel kommen dafür nicht in Betracht. Mit den direkten Wirkungen von Veränderungen in den äußeren Lebensverhältnissen ist der Einfluß der Außenwelt auf die Zoosporenbildung nicht erschöpft. Solche Änderungen sind nur die „speziellen äußeren Bedingungen“ oder Veranlassungen für den Eintritt des Prozesses, sie selbst sind aber wieder abhängig von den „allgemeinen Bedingungen* der Außenwelt, unter denen sie reali- siert werden. Spezielle äußere Bedingungen, welche die Zoosporen- bildung veranlassen, wenn sie unter gewissen allgemeinen Bedingungen zur Anwendung kommen, können unwirksam sein, wenn die Kombination der allgemeinen Bedingungen eine andere ist. Wir wissen von Vaucheria repens (Klebs 1896, pag. 13 u. 14), daß sie Zoosporen bildet, wenn die in Wasser oder Nährlösung kultivierte Alge verdunkelt wird. Ent- zieht man dagegen der auf feuchtem Boden wachsenden Vaucheria das Lieht, so wird sie keine Zoosporen bilden. Der äußere Reiz, den (lie Dunkelheit ausübt, kommt nur dann zur Wirkung, wenn die allgemeine Bedingung vorhanden ist, daß die Fäden der Alge von Flüssigkeit um- geben sind. Bedenkt man schließlich, daß der innere Zustand der Algen bei der Zoosporenbildung eine der wesentliehsten Rollen naturgemäß mit spielen muß, daß dieser Zustand aber durch die allgemeinen Waehstums- bedingungen, unter denen die Alge vorher gelebt hat, bestimmt wird, #b Bildung von Makro- und Mikrosporen, als die Alge aus fließendem in stehendes Wasser übergeführt wurde. . . Freund, H, Über die Gametenbildung bei Bryopsis. Beih. zum hotan. Zentralbl., Bd. XX1, Abt. I, 1907, pag. 55-59. IL Die einschlägige Literatur ist bei Klebs und Oltmanns ausführlich an- gegeben. Pa 44 wird klar, daß indirekt die Zoosporenbildung auch durch die all- gemeinen vorhergehenden Lebensbedingungen beeinflußt wird. - Die äußeren Mittel, durch die sich die Zoosporenbildung er- zielen läßt, sind nicht bei allen Algen die gleichen. Sie variieren je nach der Art, ja sogar wie die Beispiele von Vaucheria, Oedogonium und Hormidium zeigen, je nach der Spezies. Bei einer ganzen Reihe von Algen sind uns die äußeren Bedingungen der Zoosporenbildung bereits bekannt. In dieser Hinsicht können wir wohl folgende Angaben als gesichert betrachten. . . Relativ wenig kommen Änderungen in der Temperatur in Be- tracht. Verminderung der Temperatur bewirkt Zoosporenbildung 'bei, Bumilleria sicula. Bei Vaucheria' repens regt längerer Aufenthalt in niederer Temperatur ebenfalls den Prozeß an. Dafür, daß in einer Temperaturerhöhung ein äußerer Reiz für die Zoosporenbildung besteht, ist nur Oedogonium diplandrum als Beispiel bekannt. Als viel bedeutungsvoller haben sich Änderungen in der Licht- intensität erwiesen. Es ist keine seltene Erscheinung, daß eine Ver- minderung der Lichtintensität zur Zoosporenbildung ‘den Anlaß giht. So ließen sich bei Vaucheria repens, V. elavata, Oedogonium capillare, Hormidium flaceidum und Conferva minor durch einfache Verdunkelung ohne Wechsel des Mediums Zoosporen erzielen. Dem gegenüber steht der Fall, daß der Prozeß durch eine Steigerung der Lichtintensität. hervorgerufen wurde, noch vereinzelt da. Nur hei Hydrodietyon utri- eulatum konnte Klebs Zoosporen beobachten, als alte Wasserkulturen, die verdunkelt gewesen waren, ans Licht gestellt wurden. " Mit großer Wahrscheinlichkeit, wenn auch -weniger klar, ist der Einfluß des Sauerstoffgehaltes der Umgebung festgestellt. Die Meinung, daß eine bloße Zuführung von Sauerstoff Zoosporenbildung veranlassen könne, wie sie Walz (1868) äußerte, ist für Vaucheria repens und clavata von Klebs (1896, pag. 73) durch methodische Ver- suche endgültig widerlegt worden. Durch einfache Erhöhung des Sauer- stoffgehaltes im umgebenden Medium werden, soweit unsere jetzigen Kenntnisse urteilen lassen, keine Algen zur Zoosporenbildung angeregt. Ist es andererseits auch nicht gelungen, durch einen einfachen Sauer- stoffentzug dies zu erreichen — Klebs stellte Versuche mit Vaucheria und Hyürodietyon an — so läßt sich doch die Tatsache, daß viele Algen (Vaucheria repens, V. clavata, Hydrodietyon, Oedogonium diplandrum, Stigeoelonium tenue, Draparnaldia, Ulothrix zonata, Hydrurus) sich durch Überführung aus fließendem in stehendes Wasser. zur Bildung der Z00- sporen bringen lassen, am wahrscheinlichsten dahin deuten, daß die Ver- 45 . minderung des Sauerstoffgehaltes der Umgebung in diesen Fällen der wirksame Faktor ist. Es ist nicht ausgeschlossen, daß wir es auch dann mit der Wir- kung einer Sauerstoffverminderung zu tun haben, wenn in feuchter Luft lebende Algen, wie Botrydium und Vaucheria, bei Benetzung mit Wasser Zoosporen bilden. Natürlich kommen in diesem Falle noch viele andere Umstände in Betracht, Wasseraufnahme der Zellen ete., ‚deren reinliche Scheidung bisher nicht möglich war. “Für manche Algen werden die äußeren Bedingungen der Zoosporen- bildung dadurch verwirklicht, daß bestimmte organische Stoffe dem Medium zugesetzt, werden. Bei Oedogonium ceapillare ist vor allem Rohrzucker wirksam. Besonders auffallend ist die chemische Wirkung Zucker liefernder Substanzen, wie Inulin, Amygdalin, Aesculin, Saliein, Maltose, Raffinose ete., die bei gleichzeitiger Mitwirkung von Dunkelheit bei Conferva minor den Eintritt der Zoosporenbildung veranlassen. Endlich sei die Bedeutung der anorganischen Nährsalze für die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Algen hervorgehoben. Ände- rungen im Gehalt des Mediums an anorganischen Salzen gehören bei einer Reihe von Algen zu den sichersten Mitteln, um Zoosporen zu erzielen. So bilden Vaucheria repens, Hydrodietyon, Hormidium fac- eidum und Bumilleria leicht Zoosporen, wenn ihnen nach längerer Kultur in Knopscher Nährlösuug die anorganischen Salze entzogen werden. Weniger häufig wurde beobachtet, daß eine Steigerung des Nährsalz- gehaltes zum gleichen Ziele führt. Hier ist eigentlich nur Vancheria «lavata zu nennen. Unter Umständen gehört auch Oedogonium capillare hierher, wenn es sich nämlich um die Zoosporenbildung von Fäden handelt, deren Zellen reich an Reservestoffen sind, Meine eigenen Untersuchungen beschäftigen sich mit einigen Fragen, die durch die Erfahrungen von dem Einfluß eines Wechsels im Gehalt der Umgebung von Nährsalzen für die Fortpflanzung dureh Zoosporen aufgerollt worden sind. In den ersten Experimenten, die Klebs zum Studium der Bedeutung der anorganischen Nährsalze für die Zoosporenbildung anstellte, war die Veränderung des Salzgehaltes begleitet von einem Wechsel im osmotischen Druck des Außenmediums. Wurden die Nährsalze den Algen dadurch entzogen, daß die Pflanzen aus anorganischen Nährlösungen in Wasser oder in Lösungen geringerer Konzentration übergeführt wurden, so trat gleichzeitig mit der Nahrungs- verminderung eine Erniedrigung des Außendruckes ein und andrerseits wurde mit dem Gehalt an Nährsalzen auch der osmotische Druck des Mediums gesteigert, wenn die Algen aus Wasser in Nährlösung über- 46 tragen wurden. Infolgedessen konnte aus diesen Versuchen noch nicht in eindeutiger Weise hervorgehen, ob die anorganischen Salze als chemische Stoffe, die für die Ernährung der Algen wichtig sind, von Bedeutung für die Zoosporenbildung sind, oder ob die physikalisshen Eigenschaften der Salze bei der Fortpflanzung der Algen die ausschlaggebende Rolle spielen. Es war die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß bei den Experimenten die äußere Veranlassung für den Eintritt der Zoosporenbildung in dem Wechsel des osmotischen Druckes der umgebenden Flüssigkeit lag oder daß unbedingt das Zusammenwirken beider Faktoren, die bei dieser Versuchsanstellung realisiert wurden: der Veränderung des osmotischen Außendruckes und der Veränderung des anorganischen Nahrungsgehaltes, erforderlich war, um die Algen zur Zoosporenbildung anzuregen. In der Tat ließ sich bei Vaucheria repens (Klebs 1896, pag. 61) zeigen, daß auch dann Zoosporenbildung, allerdings nur in sehr ge- ringem Maße, eintrat, wenn die Alge aus Salzlösungen von jedenfalls nur unbedentendem Nährwert, wie Kochsalzlösung, in Wasser über- geführt wurde. Auch die weitere Tatsache, daß Vaucheria repens beim Übergang aus 0,5%/,iger in 0,2°/,ige Knopsche Nährlösung Zoosporen bildet, führt Klebs (1904, pag. 458) als Stütze für die Vermutung an, daß eine einfache Verminderung des osmotischen Außendruckes genügen kann, um unter Umständen Zoosporenbildung zu veranlassen: Sprechen demnach einige, wenn auch wenige und vielleicht uicht ganz eindeutige Tatsachen dafür, daß wenigstens Vaucheria auf eine Verminderung des osmotischen Außendruckes durch Zoosporenbildung reagieren kann, so geht aus zahlreichen anderen Versuchen zweifellos hervor, daß die Zoosporenbildung auch daun erfolgt, wenn die anor- ganischen Salze entzogen werden, ohne daß gleichzeitig der osmotische Druck vermindert wird. Vaucheria und Hydrodiciyon können nach Klebs (1904, p. 458) Zoosporen entwickeln, wenn sie aus Nährlösung in eine Zuckerlösung von sogar höherem osmotischen Druck, als wie ihn die Nährlösung ausübte, übergeführt werden. In diesen Fällen wäre es denkbar, daß nicht die Entziehung der Nährsalze, sondern die Erhöhung des osmotischen Außendruckes der für den Eintritt der Zoo- sporenbildung ausschlaggebende Faktor gewesen war. Die bisherigen Erfahrungen stützen diese Vermutung allerdings nicht. Es ist nicht bekannt, daß nach der Übertragung aus gering konzentrierten Nähr- lösungen in Lösungen stärkerer Konzentration Algen Zoosporen zu bilden imstande sind, ohne daß andere Finflüsse im Spiele sind. Zu erwähnen sind hier ferner die Ergebnisse von Franck (1904). Dieser Autor untersuchte die Bedingungen der Schwärmerbildung bei Er Chlamydomonas tingens. Wenn die Alge aus 1°%/,iger Knopscher Nähr- lösung in Lösungen der verschiedensten Salze und einer Reihe von organischen Stoffen übergeführt wurde, so schritt sie zur Bildung von Schwärmzellen. Franck untersuchte, wie stark die einzelnen Salz- lösungen konzentriert sein können, um noch Schwärmerbildung von Chlamydomonaszellen, die in Nährlösung vorher kultiviert waren, zu gestatten. Es stellte sich heraus, daß der Salpeterwert dieser Grenz- konzentrationen für gewisse Salzlösungen annähernd gleich oder sogar höher war als der Salpeterwert der Nährlösung, in denen die Algen vor der Überführung in die Salzlösungen gewachsen waren. Mit Recht schließt Franck daraus, „daß eine Änderung der osmotischen Druck- hältnisse wirkungslos ist und weder als begünstigender noch als hem- mender Faktor angesehen werden kann, ...., da bei all den drei mög- lichen Fällen, bei Erhöhung, Verminderung ‘oder Gleichbleiben des os- motischen Druckes im Zellinnern, die Schwärmerbildungsprozesse un- gehindert erfolgten.“ Die Beobachtungen von Livingston (1900) bei Stigeocloniun bieten den früheren Erfahrungen von Klebs gegenüber hinsichtlich des uns hier interessierenden Problems nicht viel Neues. Wenn Livingston fand, daß Fäden und Palmellaformen dieser Alge nur in verdünnten Lösungen der verschiedensten Salze Zoosporen bilden, daß dieser Prozeß aber in höher konzentrierten Salzlösungen nicht eintritt, so läßt sich aus dieser Beobachtung noch kein Schluß über die Natur des äußeren Reizes ziehen, der die Zoosporenbildung in den schwachen Salzlösungen veranlaßt hat. Um über die Natur des äußeren Reizes entscheiden zu können, muß man die Faktoren kennen, in welchen bei der Übertragung in die betreffenden Lösungen eine Veränderung eintritt, Livingston hätte in den einzelnen Fällen, wo er Zoosporenbildung beobachtete, den osmotischen Druck angeben müssen, den die Lösung ausübte, in dem das Material vor den Versuchen gewachsen war. Da Livingston dies nicht getan hat, kann man seiner Behauptung: „The responses of Stigeo- elonium (tenue?) .... in reproduetive activity, which accompany a change in eoncentration of the Knop’s solution in which it is growing, are due to ehanges in the osmotic pressure of the medium, and are in no way funetions of its chemical composition (1900, pag. 314) nieht ohne weiteres zustimmen. Die Angaben dieses Autors in beireff der Zoo- sporenbildung seitens der Fadenformn dieser Alge scheinen mir sogar eher gegen eine rein physikalische Natur des Reizes, wie sie Livingston annimmt. zu sprechen, da Livingston angibt, daß nur in schwach kon- zentrierten Nährlösungen die Alge in Form von Fäden wächst, und 48 | daher anzunehmen ist, daß das Fadenmaterial, bei dem Zoosporenbildung in verdünnten Salzlösungen erfolgte, Kulturen in wenig konzentrierten Nährlösungen entnommen war. Da eine Reihe der früheren Beobachtungen von Klebs und Franck dafür sprachen, daß eine einfache Entziehung der anorganischen Salze zur Zoosporenbildung Veranlassung geben kann, auch wenn der osmotische Außendruck nicht verändert wird, so schien eine weitere experimentelle Untersuchung dieser Frage nicht aussichtslos. Ich habe in dieser Hinsicht eine Reihe von Versuchen mit Oedogonium pluviale angestellt, in denen ich Änderungen im osmotischen Drucke ausschloß und die Wirkung einer Entziehung der anorganischen Salze bei konstant bleibendem osmotischen Außendruck beobachtete. Nachdem auf diese Weise festgestellt worden war, daß Oedogonium pluviale unter diesen Bedingungen imstande war, Zoosporen zu bilden, ergab sich als weitere Frage, ob es darauf ankomme, daß alle vorher zur Ernährung dienenden anorganischen Salze entzogen werden, oder ob schon die Entziehung einzelner Salze genüge, um die Reaktion seitens der Alge anzuregen und welche Salze in dieser Hinsicht von Bedeutung seien. Auch der anderen Seite.der Frage nach der Wirkung von Ver- änderungen im Gehalt der Umgebung an anorganischen Nährsalzen, nämlich der Bedeutung einer Zufuhr von anorganischen Nahrungsstoffen für die Zoosporenbildung bei Algen, die in Wasser gelebt haben, konnte ich näher treten. Für viele Algen (Hydrodietyon u. a.) kommt die Überführung in Knopsche Nährlösung überhaupt nicht als äußerer Reiz für die Erregung der Zoosporenbildung in Betracht. Bei diesen Algen wirkt die Nährlösung meist in dem Sinne, daß sie die Reizbarkeit der Algen auf äußere Veranlassungen zur Zoosporenbildung erhöht, daß sie den Eintritt des Prozesses selbst aber nicht gestattet. Nur zwei Algen sind, wie ich vorhin schon bemerkt habe, bekannt, bei welchen Zoo- sporenbildung als Reaktion auf die Überführung der Algen aus Wasser in Nährlösung erfolgt: Vaucheria clavata und Oedogonium capillare. Daß in diesen Fällen die äußere Veranlassung für die Entwicklung der Schwärmer in einer einfachen Erhöhung des osmotischen Außendruckes zu suchen sei, ist nach den bisherigen Erfahrungen nicht wahrscheinlich, wenn auch eingehende Versuche in dieser Hinsicht bisher nicht ange- stellt worden sind. Einmal ist die Wirkung der Nährsalzzufuhr bei beiden Algen nur im Licht, nieht aber im Dunkeln zu bemerken, außer- dem kommt es speziell bei Oedogonium darauf an, daß die Fäden reich an Reservestoffen sind. 49 Vermutlich ist es auch hier in erster Linie wesentlich, daß den Algen bestimmte für die Ernährung wichtige Salze zugeführt werden, die in irgend einer Weise in den Stoffwechsel eingreifen. Als ein gün- stiges Objekt für eine nähere Analyse dieser Frage erwies sich Haemato- coccus pluvialis. Weniger präzise Resultate als mit dieser Alge erhielt ich mit Oedogonium pluviale. Wurden auch die meisten meiner Versuche nach den eben dar- gelegten Gesichtspunkten angestellt, so war es selbstverständlich für die Deutung der Resultate nicht unwiehtig, auch darüber orientiert zu werden, wie sich beide Algen anderen äußeren Bedingungen wie Licht, Dunkelheit, Temperatur, gegenüber verhielten. Die Ergebnisse, die ich in dieser Hinsicht erhielt, werden ebenfalls im Folgenden mitgeteilt. Von besonderem Interesse dürften dabei die Resultate sein, die die Versuche mit Haematococeus ergaben. Das besondere Verhalten des Haematococeus dem Licht gegenüber machte eine Anzahl eingehenderer Versuche erforderlich. Versuche mit Oedogonium pluviale. Die Alge fand ich im März 1906 fruktifizierend in einem Wasser- reservoir im bofanischen Garten zu Halle a. 8. Sie hatte sich am Boden und am Rande des Behälters angesiedelt und wuchs von hier aus in langen Fäden in das Wasser. Das ganze Frühjahr über hielt sich die Alge im Bassin in gesundem Zustande, bis sie im Juli durch eine . Cladophora und durch Vaucheria sessilis überwuchert wurde. Bei der näheren Bestimmung der Alge nach der Monographie der Oedogoniaceen von Hirn war ich im Zweifel, ob ich es mit einem Vertreter der Kollektivspezies Oedogonium pluviale oder mit Oedo- goniun fonticola A. Br. zu tun hatte. Morphologisch war zwar mein Material von Oedogonium diplandrum, das von Rlebs untersucht, wurde und das nach Hirn mit Oedogonium pluviale synonym ist, nicht zu unterscheiden, wenn auch der Standort beider Algen ganz verschieden- artig ist. Die mir vorliegende Form hatte sich in ganz ruhig stehendem Wasser entwickelt, während Klebs das Oeilogonium diplandrum bei Basel in einem lebhaft strömenden Bache fand. Andererseits waren aber auch bemerkenswerte Abweichungen der Eigenschaften meines Materials von den Charakteren, die für Oedogonium fonticola angegeben werden, nicht zu konstatieren. Als Standorte für Oelogonium fonticola sind einige Bassins in den botanischen Gärten von Bologna, Venedig und Berlin (Hirn, 1900, pag. 314) bekannt, Ich sandte zur genaueren Be- Flora, Bd. 88, 4 Mo. Bot, Öarden 1908 50 stimmung die Alge an Herrn Prof. Dr. Hirn in Jyvaskylae, der die Freundlichkeit hatte, mir mitzuteilen, daß das mir zur Untersuchung dienende Material Oedogonium pluviale sei und daß auch nach dem von mir eingesandten Material zu urteilen, kaum mehr die Identität von Oedogonium pluviale und Oedogonium fonticola A. Br. bezweifelt werden könne. Zur Orientierung über die Art und Weise, wie die Zoo- sporenbildung der Alge vor sich geht, verweise ich auf die Angabe von Oltmanns (Algen, I, 1904, pag. 216): „Die Schwärmer entstehen einzeln in der Mutterzelle, und zwar sind sie in derselben so orientiert, . daß das helle Vorderende mit den Geißeln der Zellwand anliegt. Ist die Zoospore fertig gestellt, so zieht sich das ganze Plasma ein wenig zusammen und bald erfolgt der Austritt, indem die Mutterzelle durch einen Ringriß aufspringt und auseinander klappt. Die Zoospore drängt sich heraus, zunächst noch von einer dünnen Hüllblase umgeben; später sprengt sie diese und eilt davon.“ Nach den Erfahrungen, die Klebs durch seine Versuche besonders mit. Protosiphon botryoides und Hydrodietyon utrieulatum gewonnen hat, sind die äußeren Bedingungen, durch welche die Zoosporenbildung ver- anlaßt wird, bei ein und derselben Alge nicht unter allen Umständen die gleichen, vielmehr sind sie in ihrer Wirksamkeit abhängig von den allgemeinen Wachstumsbedingungen, unter denen die Alge vorher gelebt hat. Je nach den früheren Lebensbedingungen und dem durch diese herbeigeführten physiologischen Zustand der Alge wird die Zoosporenbildung durch verschiedene äußere Reize ausgelöst. Erfolg- reiche Versuche ließen sich mithin nur dann erwarten, wenn sie mit Material angestellt wurden, von dem soweit als möglich bekannt war, unter welchen allgemeinen Bedingungen es vorher sich entwiekelt uud gelebt hatte, . Um speziell die Bedeutung der Nährsalze für die Zoosporenbildung zu untersuchen, mußte ich wissen, welche Nährsalze und in welcher Menge sie den Algen zur Verfügung gestanden hatten. Zu diesem Zwecke kultivierte ich eine größere Menge Oedogonien in einer 0,5 %/,igen Knopschen Nährlösung und außerdem in destilliertem Wasser. Es ist nieht überflüssig, die Art und Weise anzugeben, ‘auf welche ich diese Kulturen, aus denen ich später das Material zu meinen Ver- suchen entnahm, herrichtete. Die Algen wurden aus dem .Brunnen genommen, gut mit Leitungswasser abgewaschen, bis möglichst alle Ver- unreinigungen entfernt waren, and vor der Überführung in die Kulturen tüchtig mit der Kulturflüssigkeit abgespükt. Die Kulturen setzte ich in 51 großen zylindrischen Glasgefäßen an, die bis zu ?/, ihrer Höhe mit der Kulturflüssigkeit gefüllt waren. Um die Verdunstung möglichst einzu- schränken, wurden die Gefäße mit Glasplatten zugedeckt. Zum Standort für die Kulturen wählte ich einen Tisch unter einem nach Norden gelegenen Balkon, weil sie hier einerseits vor direktem Sonnenlicht geschützt waren, ihnen aber diffuses Tageslicht in hinreichendem Maße zur Verfügung stand. Entsprechende Kultur- reihen wurden in schwächeres Licht gestellt und zwar auf den Arbeits- tisch an einem Nordfeuster und in einen großen Glaskasten, der an der Nordfront in einer Ecke stand und von der Mauer von Süden und Westen her beschattet war. Diesen Kulturen entstammte das Material, das für die Versuche zur Verwendung kam. Form der Versuchsanstellung. Für die Versuche, die ich mit dem auf diese Weise präparierten Material anstellte, bediente ich mich kleiner Glasdosen von ca. 12 ecm Inhalt, die mit 10 cem Lösung gefüllt wurden. Bei der Verteilung des Algenmaterials in diese Dosen wurde darauf geachtet, daß die Menge des Materials in den einzelnen ‚Kulturreihen soweit als möglich (ie gleiche war. Selbstverständlich wurde die größte Sorgfalt darauf ver- wendet, daß nicht etwa andere als beabsichtigte Salze sich in den Dosen fanden. Jedesmal wurde vor dem Einbringen in die Kultur das Material sorgfältig mit der Flüssigkeit, wie sie bei dem Versuch zur Verwendung kam, abgespült. Um einen Maßstab für die Intensität der Zoosporenbildung in meinen Versuchen zu haben, zählte ich die Zoosporen in einer großen Anzahl von Öesichtsfellern. Das konnte mit Leichtigkeit ausgeführt werden, da die Zoosporen sich auf der Oberfläche der Kultur an- sammelten. In meinen Daten ist, wo nichts besonderes bemerkt wurde, die kleinste und größte Zahl der in den Gesichtsfeldern gefundenen Zoosporen angegeben. Das Gesichtsfeld, auf das sich meine Angaben beziehen, erhielt ich durch Benutzung von Okular 3 und Objektiv 1 von Seibert (Vergrößerung : 86). Einfluß der anorganischen Nährsalze. 1. Einfiuß der Nährsalzentziehung. Bestimmung des osmotischen Druckes der Nährlösungen, Um bei meinen Versuchen irgendwelche Änderungen des osmo- tischen Druckes ausschließen zu können, handelte es sich zunächst darum, den osmotischen Druck der Knopsehen Nährlösungen und ent- dr 52 sprechender Lösungen, die nur bestimmte Salze derselben enthielten, zu kennen. Weil eine Berechnung des osmotischen Druckes so kompli- ziert zusammengesetzter Lösungen, wie sie zur Verwendung kamen, zu umständlich war, so schien es vorteilhaft den osmotischen Druck wenigstens der am meisten verwendeten Lösungen empirisch zu er- mitteln. j Livingston (1901, pag. 502) gibt am Schluß einer seiner Ar- beiten eine Tabelle, in der der osmotische Druck der Knopschen Nähr- lösung und der Salzlösungen angegeben ist, die wie die Knoplösung bereitet sind, in denen jedoch je ein Komponentsalz der vollen Knopschen Lösung fehlt. Diese Angaben konnte ich für mich nicht übernehmen, da ich mich aus verschiedenen Gründen der Methode, deren sich Livingston zur Bereitung seiner Nährlösung bediente, nicht anschließen konnte. Bei Verwendung von Dikaliumphosphat, das bekanntlich alka- lisch reagiert, läßt sich der Niederschlag von phosphorsaurem Kalk kaum vermeiden. Deshalb benutzte ich kristallisiertes Trikaliumphosphat von Grübler. Dieses reagiert im Gegensatz zu dem gewöhnlichen amorphen Trikaliumphosphat sauer. Ferner wurde beim Abwägen der Salze niemals ihr Gehalt an Kristallwasser berücksichtigt, wodurch natürlich ein ziemlicher Unterschied in der Konzentration der von mir bereiteten Lösungen im Vergleich zu denen Livingstons bedingt war. Zur Bestimmung des osmotischen Druckes bediente ich mich des- selben Verfahrens wie Livingston (1901, pag. 300). Mit Iälfe eines Beckmannschen Apparates ermittelte ich die Gefrierpunktsernie- drigungen der einzelnen Lösungen und berechnete daraus nach der von Nernst (1903, pag. 146) angegebenen Formel P==12,03 4. . (Pr—= osmotischer Druck bei 0°, A,— Gefrierpunktserniedrigung) den osmotischen Druck bei 0°. Aus der Formel PR=P; (1 40,003867 d läßt sich der Druck, der bei der Temperatur t ausgeübt wird, berechnen. Es ist nötig die genaue Zubereitung der Lösungen anzugeben. Ich ging von 2°/,igen Lösungen der einzelnen Salze aus und setzte daraus eine 2°/,ige Mischung zusammen. Hieraus stellte ich mir dann durch Verdünnung die gewünschten Konzentrationen her. Zur Sterili- sation der Lösungen benutzte ich Maßkolben von 100 cem Inhalt, die oberhalb vom Teilstrich noch eine kolbenartige Ausbuchtung hatten. Die Sterilisation erfolgte 10 Minuten lang in strömendem Dampf. Die geringen Mengen Wasser, die bei dieser Prozedur verdampften, wurden wieder ersetzt, nachdem die Lösungen auf 17,5° — auf diese Tempe- 583 ratur waren die Maßflaschen gesicht — wieder abgekühlt waren. Auf diese Weise 'ermittelte ich den osmotischen Druck für verschiedene Konzentrationen der Knopschen Nährlösung, ferner für eine stickstoff- freie und eine phosphorfreie Lösung. Die stickstoffreie Lösung enthielt folgende Komponenten: . ö MgSO, — 1 Teil K,PO, — 1 Teil. Die phosphortreie Lösung bestand aus: Ca(NO,, — 4 Teile KNO, — 1 Teil MgS0, — 1 Teil. Meine Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt. Der Kürze halber bezeichne ich die stickstoffreie Lösung mit: A, die phosphorfreie mit B. Die Daten sind stets die Mittel aus mehreren Beobachtungen. Der Gefrierpunkt des destillierten Wassers, von dem die Gefrierpunkte der Lösungen subtrahiert wurden, war das Mittel aus zwei Beobachtungen vor und nach den Gefrierpunktsbestimmungen der einzelnen Salzlösungen. Lösung: » Atmosph. |P 190 Aunosph. P 250 Atmosph. 02%, K.N. |0,051) 0,6185 0,6473 0,6698 02%, &, 0,053 0,6376 0,6727 a7 0205 B. 0058| 0,6977 0,7381 7617 05%, K.N. [0131 1,5789 1,0627 1,2205 0,5%, A. 9,112 1.3474 1,4216 1,1710 05%, B. 0,131 1,5759 1,6687 1,7205 1%, K.N. 10,287 2,7308 2,8811 2,9814 1%, A. 02 2,4301 2,5639 2,6531 1% B. 0,234 28150 2,9200 3,0783 2%, K 0,442] 5,3178 5,6100 5,8052 Der osmotische Druck steigt mit der Konzentration der Lösungen nicht im gleichen Verhältnis. Er ist in konzentrierteren Lösungen nicht in demselben Maße stärker als in schwächeren Lösungen, in dem die Konzentration erhöht ist. Bei den einzelnen Balzlösungen ist ler Grad der relativen Druckabnalme bei steigender Konzentration ver- schieden. Während die stickstoffreie Lösung in 0,2°/,iger Verdünnung noch fast den gleichen osmotischen Druck ausüht wie die 0,2 %/,ige Knop-Lösung, ist der Druck der 0,5 %,igen stickstoffreien Lösung sehon bedeutend geringer als der der 0,5 %/,igen Knopschen Lösung. Bei Oedogoniwm pluviale läßt sich wie bei vielen anderen Algen (Vaucheria repens, Hydrodietyon, Protocoecus u. a.} die Zoosporenbillung 54 leicht dadurch erreichen, daß die in Nährlösung kultivierte Alge in destilliertes Wasser übergeführt wird. Um zu sehen, ob für dieses Ver- halten der Alge die gleichzeitig mit der Nahrungsentziehung eintretende Erniedrigung des osmotischen Außendruckes bestimmend war oder nicht, suchte ich zunächst dadurch den Algen die Nährsalze zu entziehen, ohne dabei den osmotischen Druck der umgebenden Flüssigkeit zu erniedrigen, indem ich sie in isotonische oder osmotisch sogar noch stärker wirk- saıne Lösungen anderer Substanzen, die nicht in der Knopschen Nähr- lösung enthalten sind, übertrug. Zuerst wandte ich Zuckerlösungen an. Nach Pfeffer (1897, I) hat eine 1°/,ige Rohrzuckerlösung bei 15° O einen osmotischen Druck von 0,69 Atmosphären. Demnach ist eine 2,5 %/,ige Rohrzuckerlösung etwa isotonisch mit einer 0,5 ?/,igen Knop-Lösung. Einer 1°/,igen Knopschen Nährlösung entspricht eine 4°%/,ige Rohrzuckerlösung. Ich führe einige typische Versuche an: Ödogonien am 10. Mai 1906 Am 14. Mai 1906 aus 0,5 %/, iger K.N. in destilliertes Wasser 10--15 Keimlinge im Gesichtsfeld 2,5 °/,ige Rohrzuckerlösung 15-20 » „ P 4, ige » 20 » » ” Am 12. Mai 1906 aus 0,5°/,iger K.N.- ‚ Am 14. Mai 1906 Lösung in destilliertes Wasser 5—6 Sporen t. Keinl. im Gesichtsfeld 2,5 %/,ige Rohrzuckerlösung einige Sporen ” ” 5%/,ige ri 5—13 Sporen u. Keiml. „ » Am.23. Mai 1906. Oedogonium aus Am 28. Mai 1906 1°, iger Knop-Lösung in destillzertes Wasser bis zu 4 Keiml. im Gesichtsfeld +°/,ige Rohrzuckerlösung 2-—3 Sporen » » 5 ige Fi 6 Keimlinge » » Die Versuche wurden in großer Zahl aus allen Nährlösungen mit demselben Erfolg wiederhol. Von 28 Versuchen trat in 26, also in 93°/, Zoosporenbildung in isotonischer Zuckerlösung ein und zwar meist mit, derselben, oft mit stärkerer Intensität als bei der Überführung aus Nährlösung in Wasser. Nur wenn die Kulturen im Dunkeln angestellt wurden, war die Zahl der Zoosporen in Zuckerlösungen geringer als in destilliertem Wasser. Aber darauf ist wohl kein Gewicht zu legen, da im Dunkeln alsbald enorm viel Bakterien die Zuckerkulturen zer- störten. Kulturen, in denen ich statt Zuekerlösungen Chlornatrium an- wandte, um den osmofischen Druck nieht zu verringern, führten zum gleichen Ergebnisse. Stets bildeten Ödogonien, die aus 0,5°/,iger Knop- scher Lösung in eine 0,27°%/,ige NaCl-Lösung (nach Pfeffer hat eine 1°/,ige NaCl-Lösung einen osmotischen Druck von 6,09 Atmosphären) . 55 übergeführt wurden, in gleicher Menge Zoosporen wie beim Übergang‘ ‘in destilliertes Wasser. Nach diesen Ergebnissen zu urteilen ist Oedogonium pluviale nach Kultur in Knopscher Nährlösung also imstande, auch bei konstant bleibendem Außendruck Zoosporen zu bilden, wenn ihm die anorganischen Nährsalze plötzlich entzogen werden. Noch. günstigere Resultate als mit reiner Chlornatriumlösung er- hielt ich zum Teil dann, wenn ich eine Mischung von Chlornatrium und Nährlösung benutzte. Ich fügte zu diesem Zweck zu 0,1%), iger Knop-Lösung noch eine 0,22 °/,ige Chlornatriumlösung, um einen osmo- tischen .Druck von 1,66 Atmosphären zu erreichen. In dieser Mischung trat die Zoosporenbildung mit besonderer Lebhaftigkeit ein. Einige Beispiele mögen dies zeigen: Ödogonien seit 29. Mai 1906 in 0,5 %/,iger Nährlösung im Glas- kasten an der Nordfront: Am 20. Juni in den Kasten hell in Am 25. Juni 1906 Kulturflüssigkeit nichts destilliertes Wasser 3-—5 Sporen im Gexichtsfeld 0,27%, NaCQl-Lösung 2—5 Kkeiml „ » 0,1 KN + 0,22%, NaCl-Lösung 10-20 „ R » Ödogonien aus der gleichen Kultur unter gleichen Bedingungen Am 23. Juni 1906 in Am 28, Juni 1906 Kulturflüssigkeit nichts destilliertes Wasser manchmal 1—3 Keiml. im Gesichtsfeld 0,27 %%, NaCl-Lösung 1-4 Sporen » » 0,1%, Knop-Lös. + 0,22%), Na0l-Lös. 20—25 Keinl. En E) In dieser Mischung waren bei gleichem osmotischen Druck die Nährsalze, wenn auch nicht vollständig beseitigt, so doch bedeutend verringert. Die noch vorhandenen Nährsalze banden die schädlichen Wirkungen des Chlornatriums. Auch für audere Algen ist bekannt, daß schädlich wirkende Salze besser bei Gegenwart von etwas Nähr- lösung vertragen werden. So kann z. B. nach Klebs (1906, pag. 150) Hydrodietyon sogar 2 und 2,5 %/,ige Salpeterlösungen aushalten, wenn etwas Nährlösung zugefügt wird. Aus diesen letzten Versuchen sehen wir gleichzeitig, was Klobs (1904, pag. 458) schon für Vaucheria repens nachgewiesen hat, nämlich, daß nicht einmal eine absolute Entfernung der Nährsalze nötig ist, um die Zoosporenbildung zu erregen, daß vielmehr eine relative Ver- ringerung bei gleichbleibendem osiotischen Drucke genügt. Besondere Versuche, in denen ich Ödogonien aus 0,5/,iger Nährlösung in 0,4 bis 0,10%/,ige Knop-Lösungen überführte, lehren, daß eine Verminderung der Nährsalze von 0,5%, auf 0,2%, uni besonders auf 0,1%, für die 56 Auslösung des Prozesses hinreichend ist. An Vaucheria repens beob- achtete Klebs ein ähnliches Verhalten. Diese Alge bildet Zoosporen, wenn sie aus 1°/,iger Knop-Lösung in 0,2°/,ige und O,1°/,ige Nähr- lösung übertragen wird. Auf Grund meiner Versuche mit Oedogonium’ pluvial& und im Hinblick auf die Tatsache, daß Vaucheria repens auch bei Nahrungsentzug durch Übertragung in hochprozentige Zuckerlösungen Zoosporen bilden kann, möchte ieh annehmen, daß auch bei Vaucheria in diesem Falle der wirksame äußere Faktor die relative Verminderung der Nährsalze und nicht die des osmotischen Druckes (Klebs 1904, pag. 458) war. Die vorhin angeführten Versuche beweisen nur indirekt die Be- deutung der Nährsalzentziehung als wichtiges Mittel, um Zoosporen- bildung hervorzurufen. Es ließen sich immerhin noch spezifische, die Entwicklung der Zoosporen befördernde Wirkungen des Chlornatriums und des Rohrzuckers annehmen, wenn es auch nielt gerade große Wahrscheinlichkeit für sich hat, daß zwei chemisch so verschiedene Substanzen unter sonst, gleichen Bedingungen dieselbe physiologische Reaktion hervorrufen können. . Um auch diesen Einwänden vorzubeugen, kam es darauf an, zur Erhaltung des osmotischen Druckes nicht fremde Substanzen zu ver- wenden, sondern die Nahrungsverminderung durch Übertragung in ge- eignete Kombinationen der Komponenten der Knopschen Nähr- lösung herbeizuführen, in denen einzelne wichtige Nahrungsstoffe feblten. Da. die Nitrate und Phosphate die bedeutendste Rolle bei der Er- nährung spielen, so untersuchte ich, wieweit eine Entfernung dieser Salze einzeln von Wirkung wäre. Ich gebe meine Versuche ausführ- lich an. Ödogonien aus 0,5%/,iger Kuop-Lösung, seit 15. Mai 1906 unter dem Balkon, werden unter den Balkon hell gestellt: Am 11. Juni 1906 in Am 15. Juni 1906 Kulturflüssigkeit nichis destilliertes Wasser einzelne Keimlinge 0,6 A (N-Lrei) 1--2 Keinl, im Gesichtsfeld 0,5 B {P-frei) nichts. Ödogonien aus 0,5%,iger Knop-Lösung, seit 29. Mai unter dem Balkon, werden amı gleichen Standort hell gestellt: Am 20. Juni in Am 26. Juni 1906 Kultnrflässigkeit nichts destilliertes Wasser einige Zoosporen 0,6 A (N-frei) oft 1-3 Keiml. im Gesichisfeld 0,5 B (P-frei) 1 vereinzelter Keimling Ödogonien, seit 29. Mai in 0,5%/,iger Knop-Lösung in Glas- kasten hell Am gleichen Standort beil: Am 20. Juni 1906 in Kulturflüssigkeit destilliertes Wasser 0,6 A (N-frei) 0,5 B (P-frei) Am 23. Juni 1906 in Kulturflüssigkeit Am 22, Juni 1906 nichts 3—4 Sporen im Gesichtsfeld eine Anzahl Sporen 2—3 Keiml. im Gesichtsfeld Am 28. Juni 1006 nichts manchmal 1-3 Keiml. im Gesichtsfeld einzelne Sporen destilliertes Wasser 0,6 A (N-£rei) 0,5 B (P-frei) 1-—-3 Sporen im Gesichisfeld Am 27. Juni 1906 in Am 3, Juli Kulturflässigkeit nichts destilliertes Wasser 2--3—6 Sporen im Gesichtsfeld 0,5 A (N-frei) vereinzelte Sporen 0,5 B (P-frei) oft 2-—4 Sporen Auf den ersten Versuch möchte ich deshalb nieht viel Gewicht legen, weil nur wenig Material noch zur Verfügung stand, Aber die letzten Versuche zeigen doch, daß bei gleichem osmotischen Druck, aber Entziehung von Phosphaten oder Nitraten, Zoosporen- bildung eintreten kann, wenn auch die Intensität nieht gerade sehr stark ist!). Geeignete Kontrollkulturen sprechen dafür, daß andere als die genannten Faktoren nicht von Bedeutung waren. Es wäre nicht un- möglich, daß eine Zufuhr von Sauerstoff der auslösende Reiz gewesen wäre, denn der Sauerstoffgehalt der großen abgestandenen Kulturen war sicherlich gering, während die frischen Salzlösungen sauerstofl- reich waren. Die Tatsache, daß in 0,4 und in 0,3 %/,iger Knop- Lösung, die ebenfalls frisch bereitet waren, niemals Zoosporen gebildet wurden, stützt diese Vermutung nicht. Bei den Ödogonien, die in schwächerem Licht gestanden hatten, war besonders in der phosphorfreien Lösung Zoosporenhildung ein- getreten, weniger in stickstoffreier Lösung. Das Umgekehrte war (der Fall bei den Ödogonien, die im heilen Licht (unter dem Balkon) sich aufgehalten hatten. Ich habe es leider wegen Mangel an Material nicht i) Da die stickstoffreie Lösung gleichzeitig Kalzium nicht enthält, so wäre es möglich, daß auch bei Entfernung von Kalzium allein Zoosporenbildung erfolgen könnte, Spezielle Versuche mit Lösungen, denen nur Kalzium fehlte, die aber Nitrate enthielten, habe ich nicht gemaeht. Da uns die Versuche auf pag. 18 lehren werden, daß auch bei Gegenwart von Kalzium die Entfernung des Stiekstoffes aus phosphorfreien Lösungen die Wirkung der letzteren ganz wesentlich erhöht, so ist wohl auch für den Fall, daß Zoosporenbildung in der A-Lösung auftrat, anzu- nehmen, daß die Entfernung der Nitrate der wirksame Faktor war. 58 weiter verfolgen können, ob diese Erscheinung zufällig war oder ob sie Regel ist. Es war anzunehmen, daß ein gleichzeitiger Entzug beider Salze die Intensität des Prozesses erhöhen würde. Um auch dies nachzuweisen, mußte ich, wenn ich einen gleichzeitigen Mangel an Kalium und Kalzium nicht eintreten lassen wollte, zum Magnesiumsulfat noch Chlorkalium und Chlorkalzium hinzufügen. Ich verwandte folgende Mischungen: 0,5%, Mg8O, (4- 74,0) 0,48 Am.) -F 0,33%), KCL (1,097 Atın. 0,5% MgS0, (4-7H,0) (0,48 Atm.) + 0,25%, Ca(Cl), (1,07 Atnı.). Mit diesen beiden Mischungen erzielte ich folgende bestätigende Resultate: Ödogonien, seit 29. Mai 1906 in 0,5 KN im Glaskasten, kommen am gleichen Standort hell: Am 27. Juni in Am 2. Juli 1906 Kulturflüssigkeit nichts destilliertes Wasser 2—8-—-6 Sporen im Gesichtsfeld in d. Lös. von MgSO, + KÜl 3—12 » „ „ in d. 1ös. von MgSO, -+ Ca(Cl), 15—20 » „ ” 0,4°;, ige Knop-Lösung nichts Die beiden Salzlösungen hatten einen efwas, aber nur wenig geringeren osmotischen Druck (etwa 0,1 Atmosphäre) als die 0,5 %/, ige Knopsehe Nährlösung. Da in 0,4°/,iger Knopscher Nährlösung, also bei einer vierfachen Verminderung des osmotischen Druckes keine‘ Zo0- sporen auftraten, so kann dieser geringe Untersehied im Druck ver- nachlässigt werden. Die zuletzt angegebenen Versuche wurden alle im Licht angestellt ohne Verminderung der Lichtintensität gegenüber derjenigen, unter der die Algen gewachsen waren. Daß die Wirkung der Nährsalzentziehung nicht an die Gegenwart des Lichtes gebunden ist, möchte ich aus den Vorversuchen mit destilliertem Wasser, Rohrzucker und stickstoffreier Lösung schließen, in denen die Zoosporenbildung ebenfalls im Dunkeln eintrat. Kurz zusammengefaßt habe ich also folgendes Ergebnis: Um bei Oedogonium plnviale nach Kultur in Knopscher Nähr- lösung Zoosporenbildung hervorzurufen, genügt eine Entziehung der Nährsalze, eine Druckverminderung im Medium ist nicht nötig. In isotonischen Rohrzucker- und Chlornatriumlösungen treten Zoosporen mit großer Regelmäßigkeit auf. Eine Entziehung entweder der Nitrate oder der Phosphate ist ausreichend, doch erhöht die Entfernung beider Salze die Intensität des Prozesses. Gleichzeitige Verringerung des osmotischen Druckes bewirkt gegenüber den isotonischen Lösungen keine 59 Steigerung der Intensität der Zoosporenbildung. Es ist nur ein relativer, kein absoluter Nährsalzmangel zur Veranlassung der Zoosporenbildung erforderlich. 2. Einfluß einer Steigerung des Nährsalzgehaites. In der Entziehung der Nährsalze ist bei Oedogonium pluviale nicht das einzige Mittel gegeben die Schwärmsporenbildung anzuregen, Wird Oedogonium pluviale längere Zeit über in destilliertem Wasser kultiviert und so einem Mangel an anorganischen Salzen ausgesetzt, so hat gerade eine Zuführung von Nährsalzen den gleichen Effekt, wie eine Entziehung derselben bei solchen Fäden, denen die Salze reichlich zur Verfügung standen. Die Zellen der in destilliertem Wasser kultivierten Ödo- ° gonien unterscheiden sich wesentlich von denen, die längere Zeit in Knopscher Nährlösung gelebt haben. Die Nährlösung gestattet keine Aufspeicherung von Reservestoffen. Die Zellen sind grün uni besitzen einen deutlichen und durchsichtigen Chloroplasten. Stärke ist nur in Amylonherden vorhanden. Bei längerer Kultur in destilliertem Wasser dagegen sind die Zellen mit Stärke und Öl vollständig vollgepfropt, oft in so hohem Grade, daß der Chloroplast ganz verdeckt wird und die Zellen verblaßt oder gelblich erscheinen. Durch Chloraljod werden die Zellen tief blauschwarz gefärbt. Wenn man solche Ödogonien aus destilliertem Wasser in ver- dünnte Nährlösungen (0,1%, 0,2%, und 0,5%,) überführt, so er- folgt lebhafteste Zoosporenbildung. Einige Beispiele unter vielen mögen die Behauptung illustrieren. Ödogonien, in destilliertem Wasser unter dem Balkon seit 15. Juni 1906, werden unter dem Balkon hell gestellt: Am 10. Juli 1906 in Am 17. Juli, 1906 0,1%, Knop-Lösung 6-16 kurze Keimlinge Gh nn 10-15 „ ” 1: 2 nichts ii Am 28. Juli 0,1 no rung 10-12 Keiml. im Gesichtsf, Keine Stärke! N 68 5000 ” ” Bonn 13 nn» ” » Ödogonien im Nordfenster in destillieriem Wasser, seit 15. Juli im Nordfenster. Am gleichen Standort hell gestellt: Am 7. Juli i Am 12. Juli 01%, Kon Kung 5-10 Keiml. im Gesichtsfeld 02%» ” 8-5 „» ” ” 2 a ” 60 Ödogonien in destilliertem Wasser seit 29. Juli im Nordfenster. Am gleichen Standort hell: Am 1. Juli in Am 5. Juli 0,1°/, Knop-Lösung 5-6 Sporen im Gesichtsfeld 02, „ . 10—15 und mehr „ » ” 05» » vereinzelte Sporen. In den Zellen, die sich nieht in Zoosporen umgewandelt hatten, waren in den Nährlösungen alle Reservematerialien wieder aufgelöst. Die Fäden waren wieder ergrünt wie die in einer alten Nährlösungs- kultur und enthielten Stärke wie diese nur in Amylonherden. Ähnliches beobachtete Klebs (1896, pag. 290 u. 291) bei Oedo- gonium capillare. Reich mit Reservestoffen versehene Fäden aus alten Wasserkulturen bildeten in verdünnten Nährlösungen bei Gegenwart von nicht allzu intensivem Licht Zoosporen, während gleichzeitig eine Ergrünung der Zellen und die Auflösung der Reservestoffe erfolgte. Meine Resultate unterscheiden sich von denen bei Oedogonium capillare dadurch, daß zum Gelingen des Versuches die Mitwirkung des Lichtes nicht erforderlich war. Es ist in diesem Fall bei Oedo- gonium pluviale gleichgültig für den Eintritt der Zoosporenbildung und für die Ergrünung, ob die Versuche im Lieht oder im Dunkeln aus- geführt werden. - Ähnlich wie bei den vorhergehenden Versuchen ergab sich auch hier die Frage, wie weit für den Eintritt der Zoosporenbildung die osmotischen oder chemischen Eigenschaften der Nährsalze verantwort- lich zu machen sind, ob in den angeführten Fällen die wasserentziehende Eigenschaft der Knopschen Nährlösung in Betracht kam, oder ob die Zoosporeubildung davon abhing, daß bestimmte Nährsalze den Zellen zur Verfügung gestellt wurden. Gegen die zuerst genannte Möglichkeit, spricht eigentlich schon die Tatsache, daß der Prozeß wesentlich lebhafter eintritt, wenn die Nährlösung (0,1 und 0,2 %,) sehr verdünnt ist, daß dagegen in 0,5 „iger Nährlösung, von der wir doch wissen, daß sie die Ödogonien in keiner Weise schädigt, die Zoosporen nur unregelmäßig gebildet werden. Auch das verhältnismäßig späte Auftreten einer lebhaften Zoosporen- " bildung — meist wurden die ersten Schwärmer nach 3 Tagen beob- achtet — macht eine rein osmotische Wirkung der Nährsalze schon nieht sehr wahrscheinlich. Die Versuche, die ich zur näheren Prüfung der Frage anstelle, zeigen, daß der Wasserentziehung aus den Zellen, wie sie nach der Übertragung der Algen aus destilliertem Wasser in Knopsehe Nähr- lösung stattfinden muß, jedenfalls nicht die Hauptrolle bei der Ver- 61 anlassung der Schwärmerbildung zukommt. . Wenn ich den osmotischen Außendruck dadurch erhöhte, daß ich die Algen in Rohrzucker- lösungen übertrug, trat niemals Zoosporenbildung ein, während in Kontrollkulturen mit Nährlösung ceteris paribus der Prozeß stets in lebhafter Weise vor sich ging. Die Reservestärke wurde in den Rohr- zuckerlösungen niemals aufgelöst, sondern im Gegenteil noch vermehrt. Auch als ich statt Rohrzuekerlösungen Chlornatrium als osmotisch wirksames Mittel anwandte, wurden ebenfalls keine Zoosporen gebildet, außer in einem Fall, wo ich allerdings von der Reinheit des Chlor- natriums nicht überzeugt war. In reinstem, umkristallisiertem NaCl traten keine Schwärmer auf. Ödogonien aus destilliertem Wasser (seit 8. August im Nordfensier). Am 19. September in 24. September Kulturflüssigkeit nichts , | 0,2°/, Knop-Lösung 4—5 Sporen im Gesichtsfeld 0,15%, reinstes NaÜl nichts Noch eine Anzahl der im folgenden angeführten Versuche machen es in hohem Grade wahrscheinlich, daß die Bedeutung der Nähr- lösung für die Zoosporenbildung der in destilliertem Wasser kultivierten Ödogonien in erster Linie auf der chemischen Zusammensetzung der Nährlösung beruht und nicht in ihrer Eigenschaft, osmotisch wirksam zu sein, zu suchen ist. Da in Nährlösumg eine Mischung mehrerer Substanzen vorliegt, so war eine weitere Analyse der Frage von Interesse, ob denn ein Zusammenwirken aller Komponenten der Knop-Lösung erforderlich sei oder ob es von der Gegenwart nur bestimmter Salze orler Elemente der Knopschen Nährlösung abhänge, daß Zoosporen gebillet werden. Ich übertrug zur Untersuchung Ödogonien aus destillierten Wasser zunächst in 0,2 °/,ige Lösungen von Kalziumnitrat, Kaliumnitrat, 'Tri- kaliumphosphat und in eine 0,6°%,ige Lösung von Magnesiumsulfat. Niemals erhielt ich Zoosporen in Kaliumnitrat und schwefelsauren Mag- nesium, und auch in Trikaliumphosphat traten von allen Kulturen nar in einem Falle Zoosporen (1-2 Sporen im Gesichtsfeld) auf. Die Er- gebnisse mit Kalziumnitrat waren etwas unregelmäßig. Während zwei- mal die Versuche kein positives Resultat ergaben, fand ich zweimal 1-3 Sporen im Gesichtsfeld und einmal 1--4 Sporen im Gesichtsfeld, In den Kontrollkulturen mit der Knop-Lösung war die Zoosporenbildung stets sehr intensiv aufgetreten, wie die vorhin angeführten Daten zeigen. Nur in dem einen Falle, in dem auch Kalziumnitrat ergebnislos an- gewendet wurde, war die Intensität der Sporenbildung auch in der 62 Nährlösung gering (in 0,1 K.N. 1—2 Sporen im Gesichtsfeld, in 0,2 K.N. 2—3 Sporen im Gesichtsfeld). Das Auftreten der Zoosporen in Kalziumnitratiösung machte noch weitere Versuche mit Kalziumsalzen erforderlich. In 0,2 °/, Chlorkalzium erhielt ich einmal 2—4 Zoosporen im Gesichtsfeld, einmal 1 Spore in der ganzen Kultur, während in der Nährlösung 3—i0 Sporen im Gesichtsield aufgetreten waren. Gips- wasser wendete ich erfolglos an. Dagegen traten in einer Lösung von Kalziumphosphat (wenig Wasser wurde mit Ca-Phosphat tüchtig ge- schüttelt) 4—8 Zoosporen im Gesichtsfeld auf. Demnach scheint dem Kalzium eine gewisse Rolle bei dem Ein- treten der Zoosporenbildung dieser stärkereichen Ödogonien zuzukommen, wenn sich auch nach den wenigen und unregelmäßigen Resultaten nicht behaupten läßt, daß Kalziumsalze allein imstande wären, eine ebenso intensive Zoosporenbildung wie die Knopsche Nährlösung zu veranlassen. Ich möchte an dieser Stelle auf eine Angabe von Klebs (1896, pag. 292) hinweisen. Dieser Autor beobachtete bei Oedogonium capillare äußerst lebhafte Zoosporenbildung, nachdem er die Alge vom natürlichen Standort aus ziemlich kalkarmen Wiesenwasser in ein Aquarium gebracht hatte, das von kalkreichem Wasser durchflossen wurde. Klebs vermutet, daß die Zoosporenbildung erfolgt sei, weil der Kalkgehalt des Wassers zu groß war, um das Wachstum der Alge zu gestatten, andererseits aber die Zoosporenbildung nicht hemmen konnte, die durch den Reichtum des Wassers an Nährsalzen veranlaßt wurde. Es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß vielleicht auch in diesem Falle bei Oedogonium diplandrum der Kalkgehalt die Zoosporenbildung nicht nur gestattete, sondern vielleicht sogar mit zur Veranlassung direkt beigetragen hat. " Von besonderem Interesse war es zu untersuchen, welche Be- deutung die Nitrate und Phosphate für Oedogonium pluviale haben, wenn die Alge in destilliertem Wasser kultiviert worden ist, ob sie allein Zoosporenbildung veranlassen können, oder ob sie ohne der Intensität des Prozesses Abbruch zu tun, aus der Nährlösung fort- gelassen werden können. Daß ein Phosphat allein nicht genügt, sehen wir aus dem negativen Resultat der Versuche mit K,PO,. Das Gleiche ließe sich für Nitrate vielleicht aus den Versuchen mit KNO, schließen, besonders da auch bei den Kulturen mit Ca(NO,), die wesentliche Be- deutung dem Kalzium zuzukommen scheint. Immerhin wäre es möglich gewesen, daß eine Kombination von Nitraten und Phosphaten für sich allein den Prozeß hätte anregen können. Die Experimente lehren das Gegenteil. Niemals traten in einer kombinierten Lösung von Natriumphosphat und Natriumnitrat Zoosporen auf. 63 Aus den Versuchen mit Kalziumsalzen geht ferner schon hervor, daß Zoosporen gebildet werden können, ohne daß Nitrate und Phos- phate mitwirken. Exakte Versuche stellte ich mit folgender Lösung an, die alle Elemente der Knop-Lösung außer Stickstoff und Phosphor enthielt: 0,2%, (MgSO, + KCI--Ca(C]), zu gleichen Teilen). Das Resultat war folgendes: ” Ödogonien aus destill. Wasser (seit 15. Juni unter dem Balkon) unter dem Balkon hell am 28. Juli am. 18. Juli in die genannte Lösung 6-10 Sporen im Gesichtsfeld an 38. I am 25. Juli in die genannte Lösung am 25, Juli in die genannte Lösung j am 28, Juli doch dunkel unter dem Balkon 20—25 Sporon im Gesichtefeld In beiden Fällen war die Intensität der Zoosporenbildung nicht schwächer, als in der vollständigen auch N. und P. enthaltenden Knop- Lösung. Die negativen Resultate, die ich mit der 0,2 %/,igen phosphorfreien B-Lösung (MgSO, - KNO, + Ca(NO,),) erhielt, dürfen uns hierbei nicht irritieren, da Kalium in dieser Lösung nur in der nicht sehr günstigen Form von Kalisalpeter gegeben war. Wird Kalium in einer weniger giftigen Form, z. B. als K,PO,, gegeben, so kann es zusammen mit sehwefelsaurem Magnesium Zoosporenbildung veranlassen, wenn auch nicht mit der Intensität, wie wenn noch Kalzium zur Verfügung gestanden hätte. Das zeigt ein Versuch, in dem ich Ödogonien aus dem destillierten Wasser in die stickstoffreie A-Lösung brachte (R,PO, + Mg80,). Ödogonien im destillierten Wasser unter dem Balkon seit 15. Juni. An 25. Juli in Am 27. Juli 0,2 ” A-Lösung 1-4 Zoosporen im Gesichtsfeld, Alle diese Versuche wurden, wo nichts besonderes bemerkt ist, im Hellen ohne irgend welche Schwächung der Lichtintensität ausgeführt. In den zahlreichen Kontrollversuchen mit der Kulturflüssigkeit — diese wurde vor der Verwendung filtriert — wurden niemals Zoosporen ge- bildet. Wenn einmal auch in einer Kultur, die im Noräfenster stanıl, in destilliertem Wasser Zoosporenbildung beobachtet wurde, so ist dieses Verhalten der Alge auf die Wirkung gesehwächter Lichtintensität zu- rückzuführen, wie wir später pag. 30 sehen werden. Einiges möchte ich noch bemerken über den Stärkegehalt der Zellen in den einzeinen Salzlösungen. Am schnellsten und intensivsten erfolgte die Auflösung der Stärke in den Knopschen Nührlösungen, aber auch in «den Lösungen einzelner Salze, außer KNO,, wo die Zellen 10—12 Sporen im Gesichtsfeld 64 sehr bald zugrunde gingen, verschwand die Stärke in den Zellen all- mählich, wenn auch oft sehr unregelmäßig. Das Gleiche gilt für die N-freie (A) und die P-freie (B) Lösung. Die Nitrate und Phosphate haben auch für die Auflösung der Stärke in den Fäden von Oedogonium keine Bedeutung. In der kombinierten Lösung von Natriumnitrat und Natriumphosphat trat niemals eine Verminderung des Stärkegehaltes in den Zellen ein gegenüber den Kontrollkulturen mit der alten Kulturflüssigkeit. Ein ‚ähnliches Verhalten wie die Ödogonien, die längere Zeit ohne wesentliche anorganische Nährsalze in destilliertem Wasser gelebt haben, zeigten solche Fäden, die in Rohrzuckerlösungen kultiviert waren. In den Rohrzuckerlösungen geraten die Ödogonien alsbald in einen jämmerlichen Zustand. Sie werden noch mehr als in destilliertem Wasser mit Reservematerialien angefüllt und verblassen vollständig. Diese Ödogonien lassen sich auf die gleiche Weise zur Zoosporenbildung bringen wie die in destilliertem Wasser kultivierten Fädeh. Wenn man die Zuckerlösung durch Nährlösung ersetzt, so werden auch hier als- bald die Reservestoffe gelöst, die Zeilen ergrünen wieder und bilden lebhaft Zoosporen. Ich habe das Experiment fast mit allen alten Rohr- zuckerkulturen gemacht, in denen die Schwärmerbildung — sie war nach Überführung aus Knop-Lösung oder aus dem Brunnen eingetreten — aufgehört hatte. Die eine Hälfte der in jeder Dose befindlichen Fäden brachte ich in destilliertes Wasser, die andere in 0,2 %/,ige Knopsche Nährlösung. Während nach der Überführung in destilliertes Wasser niemals Stärke gelöst wurde und keine Zoosporen auftraten, wurden in der Nährlösung zahlreiche, oft mehr Zoosporen gebildet, als früher in der Zuckerlösung entstanden waren. Ödogonien längere Zeit in größeren Rohrzuckerkulturen zu halten, ist wegen der vielen Bakterien, die die Kulturen alsbald verunreinigen und Fäulnis hervorrufen, schwer durchzuführen. Da es mir gelang eine größere Rohrzuckerkultur leidlich rein zu erhalten, so konnte ich eine größere Reihe von Versuchen mit gleichmäßig erzogenem Material anstellen. Ödogonien in 5%/,iger Rohrzuekerlösung seit 15. Juni unter dem Balkon. | 4. Juli Am 1. Juli im nichts 10—20 Sporen im Gesichtsfeld 3 Spore ın jedem Gesichtsfeld nichts nichts nichts nichts grün, Anzahl Sporen grün, einzelne „ nichts nichts nichts Kulturflüssigkeit 0,2 KN-Lösung | 0,5 KN-Lösung destilliertes Wasser 0,1 °/, NaCl-Lösung 2,5 %, Rohrzuckerlösung 65 Ödogonien in 5°/,iger Rohrzuckerlösung seit 26. Mai unter dem Balkon. Am 27. Juin | 2. Juli 4. Juli 0,5 KN-Lösung 5-8 Keiml. im Gesichtsf. | grün, Stärke nur in Amylon- B ganz grün herden Kulturflüssigkeit eine vereinzelte Spore enorm viel Stärke 0,22%, NaCi+0,1 KN | 5--6 an manchen Stellen | Zellen grün, nur in manchen 10—12 Sporen im Gesichtsf. noch Stärke Demnach genügt nicht bei diesen Ödogonien in Rohrzuckerlösungen eine einfache Verminderung .des osmotischen Druckes im Außenmedium zur Auslösung des Prozesses, wie die Versuche mit destilliertem Wasser, Chlornatrium und Rohrzucker zeigen. Es müssen Nährsalze mitwirken, damit die Reservestoffe gelöst und Zoosporen gebildet werden. Leider stand wir nicht mehr Material zur Verfügung, um speziell untersuchen zu können, ob dieselben’ Salze in Betracht kommen, wie wenn die Ödo- gonien in destilliertem Wasser kultiviert worden waren. Ich fasse die letzten Ergebnisse noch einmal zusammen: Ödegonien, die in destilliertem Wasser kultiviert worden sind und die infolgedessen einen reichen Vorrat von Stärke in sich aufgespeichert haben, lösen ihre Reservestoffe auf und bilden Zoosporen, sobald sie in verdinnte Knopsche Nährlösung übergeführt werden. Die Wirkung der Nährlösung beruht nieht auf dem Gehalt an Nitraten und Phos- phaten, die allein nicht imstande sind, die Bildung der Zoosporen zu veranlassen. Dagegen vermag eine geeignete Kombination der anderen in der Knopschen Nährlösung enthaltenen Elemente (Mg, 5, K, Ca) die Nährlösung in dieser Hinsicht zu ersetzen. Der Prozeß ist nieht vom Licht abhängig, sondern erfolgt in gleicher Weise, auch im Dunkeln. Auch Ödogonien, die in Rohrzueker kultiviert worden sind, werden dureh Nährlösung zur Auflösung der Reservestoffe und zur Zoosporen- bildung veranlaßt. Versuche mit Fäden, die in Leitungswasser oder im Brunnenreservoir gewachsen sind. Führen bei Ödogonien, die im Brunnen gewachsen sind und vor der Versuchsanstellung nicht unter besonderen, mir bekannten Be- dingungen kultiviert wurden, auch dieselben äußeren Mittel, wie sie in den eben beschriebenen Versuchen angewandt wurden, zur Zoosporen- bildung, so ließ sich doch die Art und Weise, auf welche diese Mittel ihre Wirkung ausübten, nur schwer erkennen. Die Versuche mit solchen Ödogenien, die direkt dem Brunnen entnommen wurden, zeigen, wie wenig wir das Verhalten einer Alge äußeren Faktoren gegenüber be- Flora, Pd. 98. a 66 urteilen können, wenn wir nicht wissen, unter welehen Bedingungen die Algen früher gelebt haben. Ich erhielt Zoosporen, wenn ich Ödogonien aus dem Brunnen überführte in destilliertes Wasser, in Nährlösung, Traubenzucker, Rohr- zucker und Maltose. In Chlornatrium traten nur manchmal einige Zoosporen auf. Aber auch in den anderen Lösungen war die Bildung der Schwärmer insofern ziemlich unregelmäßig, als sie manchmal auch in destilliertem Wasser, in Nährlösung und Rohrzucker- ausblieb. Ich führe einige Beispiele an, wo der Prozeß fast überall eintrat. Für die Versuche stellte ich die Kulturdosen in ein großes Glasgefäß mit eingeschliffenem Deckel. Die Gefäße wurden dann in den Brunnen gehängt. Durch Verschmieren des Randes des Gefäßes mit Wachs verhinderte ich den Eintritt von Wasser. Brunnentemperatur 15°, Am 4. Mai in 8. Mai 9. Mai destilliertes Wasser 1--3 Sporen im Gesichtsf. | bis 7 u. 9 Sporen im Gesichtsf. Leitungswasser 5-6 » » ” bis 10 „ » » Brunnenwasser nichts nichts 2°),ige Traubenzuckerl. | vereinzelte Sporen vereinzelte Sporen 2°), ige Rohrzuckerl. &—10 Sporen im Gesichtsf.| 6-10 Sporen im Gesichtsf. 0,2 KN-Lösung sehr viel Sporen 6-70 ” er Brunnentemperatur 13°. Am 5. Mai in 8. Mai 9. Mai destilliertes Wasser 20—30 Sporen im Gesichisf.| 20—830 Sporen im Gesichtsf. Leitungswasser 8-10 , ” » Brunnenwasser nichts nichts 2°;,ige Traubenzuckerl. |einige wenige Sporen 2°ige Rohrzuckerl. 6—10 Sporen im Gesichtsf.| 12—20 Sporen im Gesichtsf. 0,2 KN-Lösung D-23549 PR 5-60 » „ Am größten war die Inteusität der Zoosporenbildung in der Nähr- lösung. In vielen Fällen wurden überhaupt nur in der Knoplösung, nicht aber im destillierten Wasser und in Rohrzuckerlösung Zoosporen entwickelt. In Kontrollkulturen, wo ich Ödogonien wieder in das Brunnenwasser, in den sie gewachsen waren, überführte, konnte ich niemals Zoosporen finden. Da Temperatur und Lichtintensität überall dieselben waren, kann natürlich in den Fällen, in denen Zoosporen auftraten, ein Veränderung in diesen beiden Faktoren hierfür nicht verantwortlich gemacht werden- Zunächst lag auch hier wieder die Möglichkeit nahe, daß der äußere Reiz einfach rein physikalischer Natur sei, daß es sich einfach um Änderungen des osmotischen Druckes handele, der einmal durch die 67 “ Salz- und Zuckerlösungen erhöht und im anderen Fail nach der Über- tragung in destilliertes Wasser herabgesetzt wurde, Ich führte Ödogonien in eingedicktes Brunnenwasser über, also in eine Flüssigkeit von höherem osmotischen Druck, der erreicht wurde, ohne daß fremde Stoffe dazu verwandt wurden. Niemals trat Zoosporen- bildung ein. Die Fäden hielten sich in eingedicktem Brunnenwasser sehr gut. Würde umgekehrt eine Herabsetzung des Mediums die Zoo- sporenbildung veranlassen, so hätten Zeosporen auftreten müssen, als ich die Fäden aus dem eingediekten Brunnenwasser wieder in gewöhn- liches Brunnenwasser brachte. Das war auch nicht der Fall. Eine direkte rein chemische Wirkung der Lösungen, in denen Zoosporenbildung eintrat, hat bei der Verschiedenheit der Stoffe: Knopsche Nährlösung, Rohrzucker, destilliertes Wasser, von denen wir wissen, in wie verschiedener Weise sie die Ödogonien beeinflussen, ebenfalls wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Auch ein Unterschied in der Menge des zur Verfügung stehenden Sauerstoffes kann wohl nicht als Reiz in Betracht kommeh. Es gelang nicht durch Durchleiten von Luft durch Brunnenwasserkulturen die Zoosporenbildung im Brunnenwasser anzuregen. Es sei dies im Gegen- satz zu den Angaben von Walz (1858, pag. 497—502) hervorgehoben der behauptet, daß auf diesen Reiz hin die Ödogenien zur Schwärmer- bildung zu schreiten vermöchten. Vielleicht läßt sich eine andere Annahme machen. Es wäre denk- bar, daß im Brunnenwasser durch die Lebenstätigkeit ven Bakterien und vielen anderen Organismen oder durch Fäulnis von Blättern usw. Stoffe angehäuft worden sind, die die Lebenstätigkeit der Algen in irgend einer uns unbekannten Weise beeinflußten, so daß erst nach Entfernung dieser Stoffe, nicht aber in der alten Flüssigkeit selbst Zoosporenbildung eintreten konnte. R Die allgemeinen Bedingungen, unter denen die Ödogonien im Brunnenwasser gewachsen sind, kennen wir eben nicht genau; um klare Schlüsse über die Wirkung der die Zoosporenbildung ausiösenden Reize ziehen zu können, müßten wir aber gerade über sie ganz genau orientiert sein. Der Zustand der Algen im Brunnen ist jeden Tag ein anderer, je nachdem am Tage vorher die Sonne schien oder ob trübe Tage waren. Und auch die inneren Verhältnisse in den Zellen der einzelnen Fäden sind dann natürlich in demselben Brunnen auch vollständig verschieden. Die einen Fäden finden sich in einem solchen Zustand, daß sie durch die- selben Mittel zur Zoosporenbildung gebracht werden können wie die Ödogonien, die in destilliertiem Wasser kultiviert sind. Andere Zellen 5* 63 sind noch lebenskräftiger und ähneln in ihren inneren Verhältnissen mehr den in Nährlösung kultivierten Fäden und reagieren auf dieselben äußeren Reize wie diese. Dieselben Schlüsse gelten im wesentlichen auch für die Resultate, die ich mit den Ödogonien erzielte, die ich im Leitungswasser in großen Glasaquarien kultivierte. Bei sehr heller Beleuchtung konnte ich nur einmal in einer Kultur unter dem Balkon in 0,5°/,iger Knopscher Nährlösung lebhaftere Zoosporenbildung (25--85 Sporen im Gesichts- feld) beobachten, Bessere Resultate erhielt ich erst, als ich die Ver- suche bei schwächerem Licht anstellte. Im wesentlichen stimmte- das Verhalten der Leitungswasser-Ödogonien mit den überein, welches die Brunnen-Ödogonien zeigten. Ich komme darauf noch einmal zurück. Um auch für Oedogonium pluviale die Konzentrationsgrenzen, innerhalb deren Zoosporenbildung erfolgen kann, zu ermitteln, ging ich von Fäden aus, die dem Brunnenbassin entnommen wurden. Die Kulturen wurden im Nordfenster angesetzt. Die obere Grenze für die Zoosporen- bildung in Rohrzuckerlösungen liegt bei 14%, Rohrzucker. : Doch schon in 6 und 8°/,igen Lösungen traten die Zoosporen nicht mehr aus). In Knopscher. Nährlösung ist die Zoosporenbildung schon bei niederer Konzentration gehemmt. Schon in 1,4°/,iger Nährlösung treten zur noch vereinzelte Zoosporen auf. Auch für Oedogonium pluviale haben wir demnach die für viele anderen Algen bekannte Erscheinung, daß die Zoosporenbildung in anorganischen Salzlösungen schon bei viel niedrigerer Konzentration nicht mehr eintritt als in Lösungen orga- nischer Stoffe. Einfluß von Licht und Dunkelheit. In den vorhergehenden Abschnitten habe ich den Einfluß der Lichtintensität nur insofern berücksichtigt, als ich zeigte, daß die Zoo- sporenbildung durch Dunkelheit nicht gehemmt wird und daß die Mit- wirkung des Lichtes nicht für den Eintritt des Prozesses erforderlich sei. Eine Entfernung der Nährsalze hatte für die in Knopscher Nähr- lösung kultivierten Ödogonien im Licht und im Dunkeln den gleichen Effekt und ebenso lösten die im destillierten Wasser gezogenen Fäden im Hellen und im Dunkeln ihre Stärke auf und bildeten Zoosporen. Aber wenn auch die Dunkelheit als allgemeine Bedingung für die Zoosporenbildung nicht weiter in Betracht kommt, wenn andere Reize 1) Zum Nachweis nicht ausgetretener Zoosporen verfuhr ich wie Klebs (1896, pag. 264). Nach kurzem Aufenthalt in konzentrierter Salpeterlösung wurden die Fäden in Jodjodkalium gebracht, worin sich die Hüllen, welche die Zoosporen der Ödogonien ausscheiden, violett tingieren. 69 den Prozeß veranlassen, so schließt das ihre Bedeutung als spezielle Bedingung noch nicht aus, durch die allein ohne direkte Mitwirkung anderer Reize Zoosporenbildung ausgelöst wird. Auch dem Einfluß der Dunkelheit gegenüber verhält sich Ödo- gonium verschieden je nach den vorhergehenden allgemeinen Wachs- tumsbedingungen. Daß das Verhalten der Algen Licht und Dunkel- heit gegenüber häufig von den vorhergehenden Kulturbedingungen abhängig ist, ist bekannt. Während Hydrodietyon z. B., wenn es in Nährlösung kultiviert ist, in der Regel Licht nötig hat, um beim Übergang aus der Nährlösung in Wasser Zoosporen zu bilden, ist es für dieselbe Alge gleichgültig, ob Licht mitwirkt oder nicht, wenn sie aus fließendem Wasser in stehendes übergeführt zur Zoosporen- bildung schreitet. Bei Hydrodietiyon kommt Dunkelheit mur als allge- meine Bedingung in Betracht, sie selbst löst in diesem Fall keine Zoosporenbildung aus. Anders bei Oedogonium pluviale. Hier ist es die Dunkelheit als spezieller Reiz, der sich von den vorangehenden Kulturbedingungen als abhängig erweist. Bei Ödogonien, die in Nährlösung kultiviert wurden und bei denen es infolgedessen zu keiner Aufspeicherung von Reservestoffen gekommen war, kann Dunkelheit allein noch keine Zoosporenbildung herbeiführen, wenn nicht gleichzeitig auch die Nährsalze entzogen werden. In den 21 Kulturen, wo ich Nährlösungsödogonien in der Kulturflüssig- keit verdunkelte, wurden niemals Zoosporen gebildet, Auch einen regelmäßigen Unterschied in der Intensität der Zoosporenbildung im Lieht und im Dunkeln bei gleichzeitiger Nahrungsentziehung konnte ich nicht feststellen. Ganz anders als Nährlösungsödogonien verhalten sich die Fäden, die in destilliertem Wasser kultiviert wurden und die mit Re- servestoffen angefüllt waren, der Dunkelheit gegenüber. Bei ihnen läßt sich durch einfache Verdunkelung in der Kulturflüssigkeit, olıne daß andere Einflüsse mit im Spiele sind, Zoosporenbildung erzielen. Allerdings trat niemals der Prozeß mit derselben Intensität ein wie bei der Überführung der Ödogenien in verdünnte Nährlösungen. Ödogonien aus destilliertem Wasser (seit 15. April 1906 unter dem Balkon) am gleichen Standort. 7. Juli | 16. Juli | 17. Jali Kulturflüssigkeit hell ichts 3 Sporen in der ganzen Kultur dunkel 5 Sporen im Gesichisf.| 2-5 Sporen im Gesichts. 0,1 KN-Lösung hell 6-10 „ P ” 6-16 n ” ” %1 KN-Lösung dunkel | 6-2 „un » 20-8 un ” 0,2 KN-Lösung heil 10—15 „ ” ” 10-15 u “ ” 02 KN-Lösung dunkel | 2-3 nn" Fe Be ” 70 “* 18. Juli 21. Juli 23. Juli Kulturflüssigkeit hell nichts nichts ” dunkel 1 Spore im Gesichtsf. 0,1 KN-Lösung hell nur wenige Sporen 10—12 Sporen im Gesichtsf. 0, KN-Lösung dunkel 3—5 ” » ” 0,2 KN-Lösung hell wenige Sporen 3—5 ” ” » 0,2 KN-Lösung dunkel 10-12 „ ” » 25. Iuli 27. Juli 28. Juli Kulturflüssigkeit hell nichts vereinzelte Sporen ” dunkel » 1—3 Sporen im Gesichtsf. 0,2 KN-Lösung hell Sporen 3-10 5» Pr 0,2 KN-Lösung dunkel " 20-30 5» ” Ich erwähnte in dem Abschnitt, der über die in destilliertem Wasser gewachsenen Ödogonien handelte, daß einmal auch im Helien ohne Veränderung der Kulturflüssigkeit Zoosporen aufgetreten seien. Die Kultur stand auf meinem Arbeitstisch am Nordfenster, wo das Licht an sich schon verhältnismäßig schwach ist. In jenen Tagen regnete es tüchtig. Der Himmel war vollständig bedeckt und es herrschte ausnahmsweise starke Dunkelheit. Zweifellos ist die Zoosporenbildung auch in dieser Kultur auf die starke Schwächung der Lichtintensität zurückzuführen. Klebs (1896, pag. 25 u. ff. und pag. 286) hat ja durch metho- dische Versuche für Vaucheria repens und Oedogonium capillare nach- gewiesen, daß bereits durch eine relative Schwächung der Lichtinten- Sität Zoosporenbildung ausgelöst werden kann. Vermutlich ist das auch bei Oedogonium pluviale der Fall. Die Wirkung der Knopschen Nährlösung wurde durch gleichzeitige Verdunkelung nicht erhöht. Auch hier schwankte wie bei den in Knopseber Nährlösung kultivierten und in destilliertes Wasser über- tragenen Fäden die Intensität der Zoosporenbildung einmal zugunsten der Kulturen im Licht, das andere Mal zugunsten der verdunkelten Kulturen. Daß Dunkelheit und Zuführung von Nährsalzen den gleichen for- matiyen Effekt haben, ist bisher nur bei Vaucheria elavata bekannt. Wird diese Alge in Wasser kultiviert, so läßt sich Zoosporenbildung sowohl durch Verdunkelung als auch durch Überführung in Knopsche Nähr-- lösung erzielen, allerdings ist im Gegensatz zu Oedogonium pluviale die Wirkung der Nährsalze von der Gegenwart des Lichtes abhängig. Wir haben vorhin gesehen, daß die Zoosporenbildung bei Ödo- gonien, die in destillierten Wasser oder in Rohrzucker kultiviert waren 7r und in Nährlösung übertragen wurden, von der Auflösung der ge- speicherten Reservestoffe und einer Ergrünung der Zellen begleitet war. Es ist nun interessant zu konstatieren, daß die gleiche Erscheinung auch unter dem Einfluß der Dunkelheit auftritt. Die Zellen können schon ganz gelb und blaß sein, aber sobald sie verdunkelt, werden, lösen sie alsbald fast alle Stärke auf und ergrünen wieder. Während zu Beginn der Versuche und in den Kontrollkulturen im Licht mit destilliertem Wasser die Fäden durch Chloraljod tiefblau gefärbt wurden, zeichneten sich alle Dunkelkulturen dadurch aus, daß Stärke in den Zellen nur in Amylonherden vorhanden war. Was die Zeit des Eintrittes der Zoosporenbildung betrifft, so fand ich keinen scharfen Unterschied, je nachdem der Prozeß durch Ver- dunkelung oder durch Steigerung des Nährsalzgehaltes angeregt worden war. Die Zoosporen traten meist nach 3 Tagen auf. Bei den Ödogonien, die in Zuekerlösungen kultiviert waren, erwies sich der Reiz der Dunkelheit. allein als nicht genügend, weder um in der Kulturflüssigkeit Zoosporenbildung noch um die Er- grünung der Zellen zu veranlassen. Auch dann blieb Verdunkelung erfolglos, als die Zuckerlösung durch destilliertes Wasser ersetzt wurde, höchstens ließ sich im destillierten Wasser im dunkeln eine geringe Abnahme des Stärkegehaltes konstatieren. Erst die Gegenwart von Nährsalzen ermöglichte in diesem Falle beide Prozesse. Einiges möchte ich noch über den Einfluß der Dunkelheit auf die Ödogenien sagen, die im Brunnen wuchsen oder im Aquarium im Leitungswasser kultiviert: wurden. Durch einfache Verdunkelung im Brunnenwasser selbst, ließ sich niemals Zoosporenbildung erzielen. Aber eine gewisse Bedeutung scheint die Dunkelheit für die Brunner-Ödogonien doch zu haben. Ich führe ' einige Versuche an, wo ich Ödogonien aus dem Brunnenwasser in destil- liertes Wasser brachte und die Kulturen wieder, um Temperaturdifferenzen zu vermeiden, verdunkelt in das Brunnenbassin hing. Die Intensität der Zoosporenbildung ist etwas größer, wenn neben der Überführung aus Brunnenwasser in destilliertes Wasser noch Dunkelheit mitwirkte. Umgekehrt liegen die Verhältnisse, wenn die Ödogonien in Nährlösung gebracht wurden. Hier war die Gegenwart von Licht fördernd, Es traten zwar Zoosporen im Lieht und im Dunkeln auf, aber im Dunkeln war (die Zahl der Schwärmer meist weit geringer. Ödogonien aus dem Brunnenbassin. Standort der Kulturen: Brunnenbassin. 27. April 30. April ! 7. Mai 1 TE Brunnenwasser hell nichts nichts PR dunkel » » destill. Wasser hell Sporen 15—20 Sporen im Gesichtsf, » » dunkel ” . 0 u » 30. April 2. Mai Brunnenwasser hell nichts destill. Wasser hell kaum Zoosporen » „ dunkel 15—20 Sporen 4. Mai 7. Mai 9. Mai destili. Wasser heil einzelne bewegl. Sporen | bis 7 u. 9 Sporen im Gesichisf. » » dunkel 20-30 ” » » 0,2 KN-Lösung hell sehr viel Schwärmer 1 60-70 ” ” » 0,2 KN-Lösung dunkel „on Fr ı 15—20 » „ n Brunnenwasser hell nichis nichts » dunkel » I» Manchmal trat nur in Knopscher Nährlösung im Hellen Zoosporen- bildung ein, während in destilliertem Wasser im Hellen und in Nähr-' lösung im Dunkeln keine Zoosporen gebildet wurden. Auch eine Aus- aahme wurde beobachtet, wo in destilliertem Wasser im Hellen 20-30 Sporen, im Dunkeln nur 10 Sporen sich im ‚Gesichtsfeld fanden. Dem Einfluß der geschwächten Lichtintensität ist es wohl aueh zuzuschreiben, daß die Zoosporenbildung im destillierten Wasser immer sehr intensiv auftrat, wenn ich die Versuche mit Brunnenödogonien auf dem Arbeitstisch, also bei einer im Verhältuis zum Licht im Freien geschwächten Lichtintensität anstelle. In Knopscher Nährlösung war am gleichen Standort die Zoosporenbildung nicht so intensiv wie im destillierten Wasser. . Standort: Nordfenster hell. 1. Mai | 4. Mai 7. Mai Kulturflüssigkeit nichts nichts destilliertes Wasser ganze Reihe Zoosporen 20--30 Sporen im Gesichtsf. 0,1 KN-Lösung einige Sporen 12—19 »» “ 0,2 KN-Lösung „ » 6—18 »» ” 0,5 KN-Lösung 12—15 Sporen im Gesichsf. | 15-21 a) » In destilliertem Wasser traten oft in Kulturen am Nordfenster 30 und mehr Sporen im Gesichtsfeld auf. Ich würde nicht allzuviel Gewicht auf die vorhin genannten Be- obachtungen legen, wenn sich die Leitungswasser-Ödogonien aus dem Aquarium nicht ebenso verhalten hätten. 73 Ödogonien im Aquarium seit Anfang Mai. nme 11. Juni in Standort 14. Juni 15. Juni destilliertem Wasser |Nordfenster hell | einzelne Sporen 2-6 Sporen im Ge- sichtsfeld » » » dunkel | 10-15 Sporen 20—25 Sporen im N IR. Gesichtsfeld 0,5 %, KN-Lösung » hell eine Reihe Sporen 10—20 Keimlinge im 20 . : Gesichtsfeld 0,5 %, KN-Lösung „» dunkel| „ n Pr manchmal 56 Keim- linge im Gesichtsf. 6. Juni in Standort 8. Juni 11. Juni destilliertem Wasser | Nordfenster hell | vereinzelt 1 Keimling |3—# Keimlinge im Gesichtsfeld „ » „ dunkel !bis zu 8 Sporen 30—40 Sporen im Gesichtsteld % Pi 'Thermost. 26° |[3-48poren im Gesichtsf.}30—40 Sporen im Gesichtsfeld 9,5 KN-Lösung Nordfenster heil [3A 5 » » 30-40 Keimlinge im Gesichtsfeld 0,5 KN-Lösung „ amkiliH „0 25--30 Sporen im Gesichtsfeld 0,5 KN-Lösung Thermost. 26° nichts 10—15 Sporen im Gesichtsfeid ' Auch bei den Versuchen, die ich im Keller im Eisschrank an- setite, wurden im destilliertien Wasser mehr Zoosporen gebildet als in der Nährlösung. Ich verweise auf die Daten auf pag. 84. Der Einfluß der Dunkelheit auf die Zoosporenbildung von Oedo- gonium pluviale Iäßt sich kurz folgendermaßen zusammenfassen. Als spezieller äußerer Reiz für die Zoosporenbildung wirkt die Dunkelheit nur bei solehen Fäden, die infolge von vorhergehender Kultur in desti- liertem Wasser mit Stärke angefüllt sind. Dagegen können Ödogonien, die in Nährlösungen kultiviert sind, durch Verdunkelung allein, ohne Entziehung der Nährsalze nicht zur Zoosporenbildung veranlaßt werden. Ödogonien, die im Brunnen oder in Leitungswasser gewachsen sind, bilden nach Verdunkelung in der Kulturflüssigkeit ebenfalls keine Z00- sporen, doch hat bei ihnen die Dunkelheit einen Einfluß auf die Inten- sität des Prozesses, wenn dieser durch andere Faktoren veranlaßt wird. In diesem Fal ist die Zahl der Zoosporen im destillierten Wasser im Dunkeln größer als im Hellen. Umgekehrt: werden in Knopscher Nähr- lösung im Hellen mehr Zoosporen gebildet als im Dunkeln. Einfluß der Temperatur. Für Oedogonium diplandrum hat Klebs (1896, pag. 26%) nach- gewiesen, daß eine Temperaturerköhung von unter 10°C auf eine 74 Temperatur über 10° C Zoosporenbildung zur Folge hat. Zahlreiche Versuche lehrten, daß ein gleicher oder ähnlicher Temperaturwechsel bei Oedogonium pluvisle nicht denselben Effekt hat. Der Übergang aus niederer Temperatur in eine höhere kann an sich noch nicht die Zellen zur Zoosporenbildung reizen. Ebenso kommt bei Oedogonium pluviale auch der Übergang aus höherer Temperatur in niedere nicht als äußere Veranlassung in Betracht. Die Temperaturgrenzen bei Oedo- gonium pluviale habe ich nicht ganz genau festgestellt. Noch bei 27° können Schwärmer gebildet werden und austreten, ebenso bei 5—6°. In niederer Temperatur wird die Zoosporenbildung verzögert, olıne daß jedoch die Intensität geschwächt wird. Im Gegenteil, gerade in niederer Temperatur trat die Zoosporenbildung sehr intensiv auf und dauerte lange an. Ein Vergleich von Versuchen im Eisschrank unter 6° und solchen, die in Nordfenster im Dunkeln angesetzt wurden, läßt diesen Unterschied hervortreten. Ödogonien aus dem Aquarium. 11. Juni 1906 Standort 14. Juni 1906 15. Juni 19,—26, Juni Kulturflüssigkeit| Nordfenster dunkel | nichts nichts nichts n Eisschrauk „ „ ” Destill. Wasser | Nordfenster dumkel | 10—16 Schwärmer | 20--25 Sporen im Gesichtsfeld ” ” Eisschrank 10—15 Schwärmer |20--25 Schwärmer |20--80 z. T. noch _ schwärmende Sporen gögpBotezucken Nordfenster dunkel |15--20 Schwärmer |noch Schwärmer | keine Schwärmer mehr 1 Eisschrank nichts nichts 80-90 z. T. noch un schwärmende Sporen 0,5 KN-Lös. Nordfenster dunkel | einige Sporen 5-6 Sporen 5—6 Keimlinge im Ge- sichisfeld 6,5 KN-Lös, Eisschrank nichts nichts 2—4 schwärmende Spo- ren im Gosichtsfeld & Iamt 1006 | Btandort, 14. Juni 1906 Toni 2%. Juni Kulturflüssigkeit| Nordfenster dunkel | nichts ! nichis . Eisschrank vereinzelt 1 Keimling| „, r 0,5 RS-Lös. | Nordfenster dunkel |25--30 Keimliuge 0,5 KN-Lös. | Eissohrank nichts rund 15 Schwärmer | keine Schwärmer mehr . im Gesichtsfald Destill. Wasser | Nordienster dunkel |80--40 Sporen, keine! ‚ j . Schwärmer Destill. Wasser | Bisschrank nichts 1115-20 Schwärmer | keine Schwärner mehr Vergleich zwischen Oedogonium diplandrum, Oedogonium pluviale und Oedogonium capillare. Es ist vielleicht interessant die Mittel zu vergleichen, die bei den drei bisher hinreichend untersuchten Ödogonienspezies die Zoosporen- bildung veranlassen. Ich zitiere dazu die Zusammenfassung der Resultate von Oedogonium diplandrum und Oedogonium capillare, die Klebs (1896, pag. 294 u. 295) gibt. 75 Bei Ödogonium capillare dienen als Anlaß zur Zoosporenbildung folgende Bedingungen: „1. Der Aufenthalt im Dunkeln in allen Fällen die sicherste Methode. 2. Der Aufenthalt in Rohrzuckerlösungen von 4—10 %, bei mäßigem Licht; bei Lichtabschluß die Intensität des Prozesses sehr fördernd, dagegen für sich allein unwirksam bei heller sonniger Beleuchtung. 3. Nach vorangegangener starker Aufspeicherung von Reserve- stoffen in lange stehenden Wasserkulturen der Aufenthalt in verdünnter Nährlösung bei Gegenwart von Licht. Sehr schwach oder garnicht wirkt der Übergang aus Nährlösung in Wasser, ebenso der Übergang aus fließendem in stehendes Wasser und jedweder Temperaturwechsel; unwirksam ist auch der Übergang aus feuchter Luft in Wasser.“ Die Zoosporenbildung von Oedogonium diplandrum wird durch keine der für Oedogonium capillare maßgebenden Bedingungen ver- anlaßt. Vielmehr sind wirksam: „I. Der Übergang aus fließendem in stehendes Wasser, 2. Der Übergang aus niederer {unter 10°) in höhere Temperatur. 3. Der Übergang aus Nährlösung in Wasser.* Zum Vergleich stelle ich hier die Mittel zusammen, die bei Oedo- gonium pluviale zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung führen: „i. Überführung aus Nährlösung in Wasser. 2. Überführung von Ödogonien, die stark Reservestofle ge- speichert haben in verdünnte Nährlösungen (0,1 %/, u. 0,2%). 3. Verdunkelung nach Kultur in destilliertem Wasser.“ Die drei einander so nahe stehenden Formen und besonders die einander morphologisch völlig gleichen Spezies Oedogonium diplandrum und Oedogonium pluviale zeigen in ihrem physiologischen Verhalten große Unterschiede. Oedogonium pluviale nimmt eine Mittelstellung zwischen Oedogonium diplandrum und Oedogonium capillare ein, ähnelt aber im ganzen mehr dem Oedogonium capillare. Versuche mit Haemafococeus pluvialis. Seit dem Beginn der mikroskopischen Forsehung ist die Ersehei- nung bekannt, daß die Zystenzustände vieler niederen Organismen lange Zeit völlige Austrocknung ertragen können und dann, sobald sie wieder benetzt werden, fähig sind, von neuem ihre Lebenstätigkeiten wieıler wie vor der Eintrocknung aufzunehmen und sich fortzupflanzen. Schon 75 Leeuwenhoek beobachtete dieses Phänomen vermutlich bei Haemato- coccus pluvialis, dessen Zysten nach Übergießen mit gekochtem Regen- wasser sich zur Teilung veranlassen ließen. Nach ihm wurde von vielen anderen Forschern ein gleiches Verhalten auch bei vielen anderen niederen Tieren und Pflanzen immer wieder beobachtet und bestätigt. Vielfach entstehen derartige Dauerzustände auch ohne Austrock- nung, wenn die Lebensverhältnisse in der Flüssigkeit, in der die Or- ganismen leben, ungünstig werden, z. B. infolge einer Anhäufung von Fäulnisstoffen im Wasser. Auch in diesem Falle schreiten die Zysten zu neuer Teilung, wenn die früheren, der Entwicklung günstigen Be- dingangen durch einen Wechsel des Wassers wiederbergestellt werden. Da trotz der vielen Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der niederen Organismen außer diesen allgemeinen Tatsachen Näheres über die äußeren Bedingungen, durch welche die Weiterentwicklung der Zysten veranlaßt wird, bisher nicht erforscht worden ist, so dürften die folgenden Angaben über meine Ergebnisse in dieser Hinsicht bei Haemato- eoceus pluvialis (Protococens pl. Sphaerella pl.) einiges Interesse ver- dienen. . Die Produkte, die aus den Dauerzuständen von Haematococcus unter günstigen Bedingungen hervorgehen, sind bekanntlich Schwärm- zellen, die zwei Wimpern besitzen. Ihr Protoplasmaleib ist von einer breiten, aufgequollenen, durchsichtigen Hülle umgeben, in welche feine pseuldopodienartige Fortsätze des Protoplasmas hineinragen. Über den Vorgang der Schwärmerbildung seitens der Zysten möge die Angabe Strasburgers (1878, pag. 9 u. 10) uns hier orientieren: „Die Schwärmer gehen aus dem Ruhezustande hervor. Die runden, ruhenden Zellen zerfallen hierbei in 2, 4, 8, 16 oder 32 Teile. Hierbei verhält sich .... die Mutterzelle als ein wahres Sporangium. Die Schwärmer werden nämlich frei, indem die inneren Verdickungssehiehten der Mutterzellwand an einer breiten Stelle zu den gallertartig auf- gequollenen äußeren hervortreten. In den so gebildeten Sack treten die Schwärmer ein und werden durch Auflösen desselben in dem um- gebenden Wasser frei... Die leere Haut der Mutterzelle bleibt nach der Entleerung der Schwärmer liegen, sie zeigt die einseitige weite Öffnung. Die Gestalt und Größe der erzeugten Schwärmer hängt von der Zahl und Richtung der erfolgten Teilungen ab.“ Das Material, das ich zu meinen Versuchen verwendete, entnahm ich einem Glasaquarium, das unbedeckt im Freien hell, doch vor direktem Sonnenlicht geschützt stand. Das Aquarium war mit Regen- und Leitungs- wasser angefüllt, in welchem dureh faulende Blätter, durch die Lebens- 7 tätigkeit vieler Bakterien und anderer Organismen viele Verunreinigungen angehäuft waren. Im Frühling und Sommer 1906 hatte sich in diesem Aquarium Haematococeus pluvialis in großer Menge entwickelt. Als ich im Juli 1906 zur Untersuchung der Alge schritt, waren in dem Wasser keine schwärmenden Haematocoeeuszellen mehr zu finden, dagegen waren die Wände des Aquariums mit großen roten Dauerzysten dieser Alge bedeckt. Bei der näheren Untersuchung des Einflusses äußerer Bedingungen auf die Schwärmerbildung dieser Zysten kam für die Form meiner Versuchsanstelluug einmal der Umstand in Betracht, daß bei einfacher Übertragung der Ruhezellen in wiederholt filtrierte Kulturflüssigkeit, die aus. dem Aquarium entnommen war, die Zysten unverändert in ihrem Ruhezustande verharrten. Auch nach vorhergehender mehrtägiger Austrocknung der Zysten ließen sich auf diese Weise keine Schwärm- sporen erzielen. Der zweite Punkt, der bei den Versuchen berück- sichtigt werden mußte, war die Tatsache, daß andrerseits die Schwärmer- - bildung schon dann eintrat, weun die Zysten aus dem Wasser des Aquariums in destilliertes Wasser übertragen wurden. Allerdings war die Bildung der Schwärmer auch in diesem Falle nicht so lebhaft, wie sie unter noch besseren Bedingungen, die uns die Versuche lehren werden, vor sich ging. Viele Zysten blieben auch in destülierten Wasser noch ungeteilt und konnten erst durch intensiver wirkende Mittel zur Entwieklung angeregt werden. Immerhin konnte ich wegen der genannten Wirkung einer Über- tragung in destilliertes Wasser nur dann den Einfluß äußerer Faktoren, der Nährsalze, des Lichtes, der Temperatur usw. beurteilen, wenn ich die äußeren Bedingungen auf Zysten wirken ließ, die sich in derselben Kulturflüssigkeit fanden, in der sie entstanden waren. Infolgedessen benutzte ich, solange die Kulturflüssigkeit im Aqua- rium nicht gewechselt wurde, kleine Glasdosen, die mit fitrierter alter Kulturflüssigkeit angefüllt wurden. Alle meine Versuche über die Be- deutung der Nährsalze auf die Schwärmerbildung der Zysten wurden mit derartigen Dosenkulturen angestellt. Später mußte ich, um eine Austrocknung des Aguariums zu vermeiden, das verdunstete Wasser durch Leitungswasser ersetzen. Da nach dieser Veränderung des Aqua- riumwassers auch dann Schwärmer entstanden, wenn die Zysten in Dosen in die neue Kulturflüssigkeit gebracht wurden, s0 verführ ich in der Weise, daß ich in eine große Anzahl von Dosen Aquariumwasser und Zysten verteilte, und die Dosen dann erst zu den Versuchen ver- wendete, wenn die entstandenen Schwärmer wieder in den enzystierten 78 Zustand übergegangen waren, und nachdem ich mich überzeugt hatte, daß nach mehrmaligem Umrühren der Flüssigkeit mit einem Glasstab keine Schwärmer mehr entstanden. Kulturen, wie sie zuletzt beschrieben wurden, verwandte ich zu einigen Versuchen über den Einfluß des Lichtes und der Temperatur auf die Schwärmerbildung. Bedeutung der Nährsalze. Die Annahme, daß neben anderen Faktoren vielleicht ein Mangel an anorganischen Nährsalzen die Enzystierung der schwärmenden Hämato- kokken in dem Aquarium bedingt haben könnte, veranlaßte mich zu prüfen, ob durch eine Zufuhr von Nährsalzen die Alge zur Aufgabe ihres enzystierten Zustandes und zu neuer Schwärmerbildung sich au- regen ließe. Es stellte sich in der Tat heraus, daß Zysten alsbald zur Entwicklung von Schwärmern schreiten, wenn ihnen anorganische Nähr- salze dargeboten werden. Besonders lebhaft traten die Schwärmer auf, wenn ich Zysten aus dem Aquarium in verdünnte Knopsche Nähr- lösung brachte. Einige Beispiele zeigen das: Am 24. Juli 25. Juli 26. Juli Ruhende Zysten in 0,1 KN-Lösung Viele Teilungen u. Schwärmer Alles in 09,5 KN-Lösung Teilungen u. Schwärmer, nicht viel } Bewegung Die Schwärmerbildung war in der Nährlösung bedeutend inten- siver, als wenn die Zysten nur in destilliertes Wasser übertragen wurden. Konnte in diesem Fall, wo die Entwieklung der Schwärmsporen in reiner Nährlösung stattgefunden hatte, vielleicht die Wirkung der Nährsalze dureh den gleichzeitigen Wechsel der Kulturflüssigkeit befördernd be- einfußt sein, so ging aus weiteren Versuchen hervor, daß ein solcher Wechsel durchaus nicht nötig ist, damit die Gegenwart von Nährsalzen die Zysten zur Schwärmerbildung anregt. Ein einfacher Zusatz von Nährsalzen zur alten Kulturfüssigkeit aus dem Aquarium ist bereits ausreichend. Um dies nachzuweisen, stellte ich mir eine 10 %/,ige Knop-Lösung her und verdünnte sie, ehe ein Niederschlag ausgefallen war, mit alter Kulturflüssigkeit zu 0,1 °/,iger Lösung. Ein Beispiel. Am 26. Juli . 27. Juli 28. Juli Zysten in derartige Einige, doch nicht viel Sebr viel, Schwärmer. Nährsalzlösung bewegliche Schwärmer Kultur grünlich rot. Stets war äußerst lebhafte Schwärmerbildung seitens der Zysten die Reaktion auf einen Zusatz von Nährlösung zur Aquariumsflüssigkeit. Wie bei Oedogonium pluviale, so lag auch hier die Frage nahe, ob zur Erreichung dieses Zieles alle Salze der Knopschen Nährlösung zusammen nötig seien, oder ob es genüge, einzelne Salze der Kultur- flüssigkeit zuzufügen, um die Bildung der Schwärmsporen zu erzielen. Zur Untersuchung dieser Frage stellte ich mir O,1 °/,ige Lösungen aller Komponentsalze der Knop-Lösung in alter filtrierter Aquariumsflüssigkeit her und kombinierte sie miteinander auf verschiedenste Weise. Das Resultat. zeigt folgende Tabelle. Ich führe darin auch meine Versuche mit phosphorsaurem und salpetersaurem Natrium mit an. Zysten am 2. August 1906 in 0,1°/,ige Salzlösungen. In der Kulturflüssigkeit 4. August war gelöst CaNO,), viele Teilungen u. bewegl. grüne Schwärmer| KNO, viele Schwärmer, grünlich Bun Ned, alles ungsteilt, keine Schwärmer En B n » ” ungeteil GANO,,-+-K,PO, viele grünliche Schwärmer ® Ca(NO,,-+MeSO, ” ” ” KNO, + K,PO, „ n „ KNO, + MgSO, ” » ” 19. Beptı noch K,PO,+MgS0, nichts, keine Schwärmer nee Ca(NO,),--MgSO,+K,PO, |viele grünliche Schwärmer KNO,--MgSO, KPÖ, | » „ » NaNÖ,-+ Na,PO, Fa » NaNO,-HNa,PO,-+MgSO, | „ ” ” Aquariumwasser unverändert In allen Lösungen, die Nitrate enthielten, hatten die Zellen Zoo- sporen gebildet, während in allen anderen Lösungen (Kulturflüssig- keit +K,PO, und MgSO, ohne Nitrate) die Zysten hinsichtlich der Auf- gabe ihres Ruhezustandes keine Veränderung zeigten. Demnach scheint ‚den Nitraten eine besondere Bedeutung bei der Schwärmer- bildung zuzukommen, da ein einfacher Zusatz von Nitraten ohne andere Veränderung der Flüssigkeit allein die Umwandlung der Zysten in Schwärmer veranlassen kann. Andererseits zeigen die Versuche, daß die übrigen chemischen Elemente, ‚die in der Knopschen Nährlösung außer dem Stickstoff vertreten sind (P, K, Ca Mg 8) für den uns hier interessierenden Prozeß gleichgültig sind. Auch nicht in mehrfacher und verschiedener Verbindung miteinander können sie denselben Effekt ausüben wie die Nitrate. Die Bedeutung der Knopschen Nährlösung für die Schwärmerbildung der Haematococeuszysten lingt also in ihrem Gehalt an Nitraten. In den stickstoffreien Lösungen hielten sich die Zysten lebend. Als ich nach einem Monat auch diesen Kulturen einige Tropfen Kalziumnitratlösung zusetzte, tratauch in ihnen lebhafte Schwärmer- bildung ein. ° Das Minimum des Zusatzes von Nitraten, welches erforder- lich ist, um eine Reaktion der Zysten herbeizuführen, habe ich nicht 80 ganz genau ermittelt. Sicherlich liegt es unter 0,01°/, Kalziumnitrat, da noch nach dem Zusatz einer so geringen Menge dieses Salzes zur Aquariumsflüssigkeit auf das Lebhafteste Schwärmer sich entwickelten. Die obere Grenze liegt bei 0,6%, KNO,. In einer 0,8°/,igen Kalium- nitratlösung traten keine Zoosporen mehr auf. Auch andere stickstoffhaltige Salze können in derselben Weise wie die Nitrate wirksam sein. Das zeigen zunächst einige Versuche mit Kaliumnitrit. Auffallend hierbei ist, daß die giftige salpetrige Säure, die sich vom, Nitrit im ersten Versuch abspaltete, nicht hindernd ein- wirkte, da die Zoosporenbildung im ersten Versuch mit nicht geringerer . Intensität eintrat als im zweiten Versuch, wo der Zusatz von K,HPO, das Auftreten von salpetriger Säure nicht zuließ. Ruhende Zysten aus dem Aquarium. Am 6. August in ] 7. August | 8. August . O1 '/ige Lösung von Kalium-|eine Anzahl Schwärmer| sehr viel Teilungsprodukte, nitrat in Kulturflüssigkeit doch nicht sehr viel viele grüne Schwärmer, viele ruhig in dieselbe Lösung, die zu | ebenso ebenso gleichen Teilen mit 0,1 °/,iger X,HPO, -Lösung in Kultur- | flüssigkeit versetzt ist I Die Frage, ob ich, um Schwärmerbildung zu bewirken, den Stick- stoff auch in Form von Ammoniumsalzen geben darf, konnte ich des- wegen nicht exakt behandeln, weil ich nicht mit bakterienfreien Kulturen arbeitete und deswegen nicht behaupten kann, daß nicht etwa nitri- fizierende Bakterien aus den NH,-Verbindungen Nitrate geliefert haben. Nitrate mit Hilfe der Diphenylamin-Schwefelsäureprobe in den Kulturen mit Ammoniumsalzen nachzuweisen. gelang mir jedenfalls nicht. Bei meinen Versuchen im August mit Ammoniumnitrat, -chlorid, -sulfat, -triphosph. und -bitartaricum fand ich nach 2 Tagen fast alle Ruhezellen geteilt in grüne Schwärmer in allen Ammoniumsalzlösungen außer in Ammonium bitartarikum. Andere organische Säuren haben nicht den gleichen hemmenden Einfluß wie die Weinsäure. Als ich Dosenkulturen mit erneuter Kulturflüssigkeit, in denen die anfängliche Schwärmer- bildung aufgehört hatte, Ammonium eitrieum, formicicum, malieun und bitartarieum zusetzte, erhielt ich überall Schwärmer außer in weinsaurem Ammonium. Weinsäure scheint demnach dem Haematococeus weniger zuträglich zu sein als andere organische Säuren. Auch für andere ein- zellige Chlorophyzeen ist eine ähnliche schädliche Wirkung der wein- sauren Salze beobachtet worden. Nach Kossowitzseh sollen Sticho- coccus und Oystocoeeus durch weinsaures Ammonium geschädigt werden. , 83 In allen Fällen, wo infolge einer Zuführung von Nährsalzen, speziell also Stickstoffsalzen, Schwärmer gebildet wurden, traten’ meist schon nach einem Tage Schwärmer auf. Nach 2 Tagen war in der Regel schon die höchste Intensität des Prozesses erreicht. ‚Wie lange die Bildung und Bewegung der Schwärmer fortdauert, hängt von vielen Umständen ab, die oft nicht zu kontrollieren sind. Von großem Einfluß sind in dieser Hinsicht die Luft- und Temperatur- verhältnisse neben anderen Faktoren. In gewöhnlichen Zimmerkulturen konnte ich noch nach 14 Tagen und später nach dem ersten Auftreten der Schwärmer immer noch bewegliche Hämatokokken finden. Häufig kommen die Schwärmer. schon früher zur Ruhe und enzystieren sich wieder in einer an den Protoplasmaleib eng anschließenden Membran. Eine auffallende Erscheinung sei noch erwähnt, Unter allen bis- her genannten Bedingungen ging der Bildung der Schwärmer eine Auflösung des Karotins in den Zysten voraus. Auch Cohn (1850, pag. 692) berichtet über die gleiche Beobachtung: „Der Inhalt kann von der Peripherie aus sich in Grün umwandeln, so daß sich zuerst ein bronzefarbener Rand bildet, der allmählich in Grün übergeht und das Rot zuletzt ganz von der Peripherie verdrängt. Weiter geht das Grün in der Regel nicht in dieser Generation, indem schon früher Teilung eintritt.“ Ganz besonders stark war die Auflösung des Karo- tins nach dem Zusatz von Nährsalzen. Oft erschienen infolgedessen die Kulturen nicht mehr rot, sondern vollständig olivgrün. Ein voll- ständiges Verschwinden des Karotins konnte ich nicht beobachten. Stets erfolgte nur am Rande der Zysten eine Ergrünung, ‚aber das Zentrum auch der ungeteilten Zysten blieb rot, Einfluß der Lichtintensität. Was den Einfluß des Lichtes auf die Schwärmerbildung seitens der Haematococeuszysten angeht, so müssen wir bei der Beurteilung der Wirkungen von Licht und Dunkelheit auch hier wie bei Oado- gonium unterscheiden, ob diese Faktoren als allgemeine äußere Be- dingungen zu berücksichtigen sind, wenn andere äußere Reize die Schwärmerbildung veranlassen, oder ob unter Umständen ein einfacher Wechsel der Lichtintensität als spezielle äußere Bedingung den Prozeß der Schwärmerbildung veranlaßt. Als allgemeine Bedingungen kommen Licht und Dunkelheit, wenn es sich um die Schwärmerbildung aus Zysten handelt, die sieh vorher im Hellen aufgehalten haben, nur bis zu einem bestimmten Grade in Betracht. Unter den vorhin angeführten Bedingungen (Über- Flora, BA. 98. 82 tragung in destilliertes Wasser und Zuführung - von stickstoffhaltigen Substanzen) kann die Zoosporenbildung im Hellen und auch im Dunkeln erfolgen. Aber das Licht spielt hierbei doch insofern eine Rolle, als es die Intensität des Prozesses wesentlich erhöht. Während in den Versuchen im Licht, wenn ich Stickstoff in geeigneter Form gab, fast alle Ruhezellen zur Teilung schritten, trat im Dunkeln in denselben Salzlösungen die Schwärmerbildung nur bei manchen, oft allerdings sehr vielen Zysten ein, aber stets blieb doch noch eine große Anzahl Zysten im Dunkeln ungeteilt. Und entsprechend verhielten sich auch die Kulturen von Zysten in destilliertem Wasser. Dieser im Verhältnis zu der Wirkung des Lichtes gewissermaßen etwas hemmende Einfluß der Dunkelheit läßt schon vermuten, daß der Dunkelheit erst recht keine Bedeutung als spezielle äußere Be- dingung in dieser Hinsicht zukommt. In der. Tat sah ich niemals in den vielen Kulturen, in denen ich Zysten in der Aquariumsflüssigkeit verdunkelte, daß Zoosporenbildung eingetreten wäre. Ebenso konnte ich auch eine Auflösung des Karotins allein infolge von Verdunkelung ohne Zusatz von stickstoffhaltigen Salzen oder ohne Veränderung der Kulturflüssigkeit nicht konstatieren. In Kulturen mit Aquariumwasser, die etwa 2'/, Monate (vom 6. November 1906 bis 24. Januar 1907) im Dunkeln gestanden hatten, waren die Zysten vollkommen rot ge blieben. Das ist an sich nichts Auffallendes, da auch von der ebenfalls Karotin enthaltenden Alge Trentepohlia bekannt ist, daß eine bloße Verdunkelung nicht genügt, um allmählich ein Verschwinden des Karo- tins herbeizuführen. Aber die Tatsache, daß das Karotin der Haemato- eoceuszysten im Dunkeln nicht verschwindet, sei im Hinblick auf die Angaben Cohns (1850, pag. 720) doch hervorgehoben, nach denen Schwärmer beim Aufenthalt im Dunkeln vollständig verbleichen. Die Auflösung des Karotins der Schwärmer im Dunkeln ist keine Erscheinung, die in lebenden Schwärmern vor sich geht, Als ich Schwärmer, die im Licht im Wasser entstanden wären, in einer Schale bei 25° ins Dunkle brachte, lagen bereits nach 24 Stunden alle Zellen tot am Boden der Schale. Die Auflösung des Karotins war erst am Tage darauf eingetreten. Der Gehalt der Zysten an Stärke‘) nimmt 1) Die Angaben Cohns (1850, pag. 645), daß das Karotin der Hämatococeus- zellen sich in Jodlösungen blau färbe wie Stärke, muß ich entschieden bestreiten. Das Karotin nimmt in Jodkalium und in Chloraljod schmutzig-grüne Färbung an. Daneben finden sich in den Zysten zahlreiche weiße Körner, die durch Jod lebhaft blau tingiert werden, wie typische Stärke. Ich habe die allmählich eintretende Färbung wiederholt unter dem Mikroskop an zerdrückten Zysten verfolgt. 83 im Dunkeln etwas ab. Wenn ich auch nach dreimonatlicher Verdunke- lung nie ganz stärkefreie Zysten beobachten konnte, so fiel doch bei einem Vergleich der Zysten, die im Hellen geblieben waren, mit solchen, die verdunkelt worden waren, sofort der größere Stärkegehalt der be- lichteten Zysten gegenüber dem der verdunkelten Zysten in die Augen. Von besonderem Interesse ist das Verhalten der Zysten dem Licht gegenüber, wenn die Zysten eine Zeitlang verdunkelt worden sind. Bringt man die Zysten nach vorangehender Verdunkelung ins Licht, so veranlaßt diese Steigerung der Lichtintensität, daß die Zysten sich zur Entwieklung anschicken und Schwärmer produzieren. Zuerst beobachtete ich diese Erscheinung, als ich Mitte September 1906 alle Kulturen, die ich im August zur Untersuchung der Bedeu- tung der Nährsalze im Dunkeln angesetzt hatte, und in denen die Schwärmerbildung nicht eingetreten war oder wieder aufgehört hatte, hell stellte. Nach 2 Tagen waren in allen diesen Kulturen Schwärmer _ zu finden, auch in denen, die keine Nitrate enthielten. Ich habe den Versuch vielfach wiederholt, indem ich Dosenkulturen, in denen die anfängliche Schwärmerbildung im Dunkeln aufgehört hatte und in denen sich nur noch Zysten befanden, in helles Licht setzte. Stets trat in diesen Kulturen schon nach einem Tage, mindestens aber nach 2 Tagen Sporenbildung ein, während in den Kontrolikulturen, die neben den hellstehenden bei gleicher Temperatur verdunkelt waren, die Zysten in ihrem ruhenden Zustande verharrten. Auch nach 2°/, Monate an- dauernder Verdunkelung hatten die Zysten ihre Fähigkeit zur Weiter- entwieklung nicht verloren. Interessant wäre es gewesen, wenn ich hätte feststellen können, wie lange der Aufenthalt der Zysten im Dunkeln gedauert haben muß, damit infolge erneuter Belichtung die Schwärmerbildung veranlaßt werden kann. Die Gründe, weshalb mir meine Versuche, die ieh zur Unter- suchung dieser Frage anstellte, nicht gelangen, will ich später erörtern. Da bei der Bedeutung des Lichtes für die Assimilation der Pflanzen anzunehmen ist, daß die Wirkung der Belichtung auf die vorher ver- dunkelten Haematococcuszysten darin besteht, daß in den Zysten eine Neubildung organischer Substanzen Platz greift, so lag die Frage nahe, ob vielleicht eine Zuführung von organischen Stoffen einen gleichen Effekt wie das Licht ausüben und so gewissermaßen das Licht ersetzen könne. Mehrmals wiederholte Versuche mit Rohrzucker und Trauben- zucker sprechen zugunsten der genannten Annahme. In alten Dunkel- kulturen ließ sich nach Zusatz dieser beiden Stoffe äußerst lebhafte 6 8 Schwärmerbildung auch im Dunkeln erreichen. Nur einige der vielen Beispiele seien angeführt. Am 22. Oktober wurde zu einer ca. 10 com Flüssigkeit enthaltenden Dosenkultur, die seit dem 1. Oktober im Dun- keln stand und die nur Zysten enthielt, 1 cem 25°/,ige Rohrzucker- lösung zugesetzt, so daß also die Kulturfüssigkeit etwa 2,5°/, Rohr- zucker enthielt. Am 23. Oktober waren Schwärmer gebildet, in einer Kontrollkultur ohne Zucker nicht. Zu je einer Dosenkultur, die seit dem 22. Oktober im Dunkeln standen, wurde am 8. November in der- selben Weise Rohr- bezw. Traubenzuckerlösung zugesetzt. Am 12. November war im Dunkeln in beiden Kulturen intensive Zoo- sporenbildung eingetreten. Sehr viele Wiederholungen der Versuche bestätigten die Beobachtung immer wieder. Bei den früher erwähnten Versuchen über den Einfluß der an- organischen Salze waren stets Zysten zur Verwendung gekommen, die vor der Versuchsanstellung dem Licht ausgesetzt waren. Da diesen Zysten infolgedessen Gelegenheit gegeben war, alle organischen Stoffe, die bei der Atmung verbraucht wurden, sofort durch Assimilation wieder zu ersetzen, so waren sicherlich zu Beginn der Versuche organische Reservestoffe in ihnen in genügender Menge vorhanden. In diesem Falle wirkte, wie wir gesehen haben, ein Zusatz von stiekstoffhaltigen Salzen dahin, daß diese Zysten Schwärmer entwickelten. Anders liegen die Verhältnisse, wenn die Zysten vorher ver- dunkelt waren. Für Stoffe, die bei der im Dunkeln fortdauernden Atmung oxydiert wurden, konnte wegen des Mangels an Licht ein Er- satz durch Neubildung nicht wieder geschafft werden. Infolgedessen mußte sich im Dunkeln mit der Zeit ein Mangel an irgend welchen bestimmten organischen Stoffen fühlbar machen. Die zuletzt angeführten Versuche lehren uns, daß unter diesen Umständen derselbe Effekt, die Sehwärmerbildung, wie vorhin durch einen Zusatz von Stickstoff- salzen, jetzt dadurch erreicht wurde, daß entweder durch Steigerung der Lichtintensität die Assimilation gefördert oder durch direkte Zu- führung von Zucker der Mangel an organischen Stoffen beseitigt wurde. Wurden den verdunkelten Zysten andererseits Nitrate, also an- organische Salze, zur Verfügung gestellt, so blieb die Wirkung, die hieroach bei vorher assimilierenden Zysten sich bemerkbar gemacht haben würde, aus, Nur wenn die Verdunkelung noch nicht allzulange (14 Tage etwa) gewährt hatte, traten auch im Dunkeln nach Zusatz Ca(NO,), einige Schwärmer auf. Aber die Zoosporenbildung war in diesem Fall doch äußerst gering besonders im Vergleich zu der außer- ordentlich lebhaften Entwicklung in den Kulturen, denen im Dunkeln 85 Rohrzucker oder Traubenzucker zugesetzt wurde. Vermutlich besaßen noch nach iAtägiger Verdunkelung noch einige Dauerzellen genügende Nahrungsstoffe, um auf den Reiz, den die Nitrate ausübten, reagieren zu können. Waren die Zysten länger im Dunkeln geblieben, so traten in stickstoffhaltigen Medien im Dunkeln keine Schwär- mer mehr auf. Daß der Effekt, den Rohrzucker und Traubenzucker auf die ver- dunkelten Zysten ausübten, keinesfalls eine Folge der Wasserentziehung aus den Zysten war, wie sie vielleicht durch die Konzentrationserhöhung des Mediums bedingt wurde, geht aus den hinsichtlich der Schwärmer- bildung negativen Resultaten nach Zusatz von Nitraten zu Dunkel- kuluren hervor. Ein besonderer Versuch, in dem ich durch Chlor- natrium die gleichen osmotischen Verhältnisse im Außenmedium zu reali- sieren suchte, wie nach Zusatz von Rohrzucker, lieferte eine weitere Bestätigung hierfür. Was die Auflösung des Carotins angeht, wenn vorher verdunkelte Zysten zur Schwärmerbildung schreiten, so fielen die Beobachtungen recht verschieden aus. Vielfach fand ich, daß bei einfacher Beleuchtung die Zellen nicht ergrünten, und daß die entstandenen Schwärmer voll- ständig rot aussahen. In anderen Fällen war eine schwache Auflösung des Carotins doch eingetreten. Ebenso unregelmäßig war die Ergrünung nach Zusatz von Rohr- und Traubenzucker. Einfluß der Temperatur. Auch der Einfluß der Temperatur ist für die Schwärmerbildung der Haematococeuszysten von Bedeutung. Erfolgen kann die Bildung der Schwärmer noch in sehr niedriger Temperatur. In Kulturen, die ich am 29. November 1906 auf dem Balkon im Freien ansetzte, konnte ich am 7. Dezember Schwärmer be- obachten, als die Temperatur nachts schon fast bis zum Nullpunkt ge- fallen war. Wie bei Vaucheria (Klebs 1896, pag. 44) und bei Oedo- gonium pluviale, so wirkt auch bei Haematococcus niedrige Temperatur dahin, daß die Schwärmerbildung erst später auftritt, als wie sie bei sonst gleichen Verhältnissen in höherer Temperatur eingetreten wäre. So wurden in den Kulturen im November im Freien erst nach 8 Tagen die ersten Schwärmer beobachtet, während in entsprechenden Kulturen im Südfenster bei Zimmertemperatur bereits nach 3 Tagen die Zoo- sporen aufs lebhafteste herumschwärnten. Frost schadet den "Zysten nichts. In zwei Kulturen auf dem Balkon war Mitte Dezember die ganze Kulturflüssigkeit durch und durch gefroren. Als ich die Kulturen allmählich auftaute und darauf ins Süd- 86 fenster bei Zimmertemperatur stellte, war bereits am anderen Tage leb- hafteste Schwärmerbildung eingetreten. Die Schwärmer mußten infolge der Temperaturerhöhung neu gebildet sein, da ich am Tage, ehe in den Kulturen ‚Eisbildung eintrat, keinen Schwärmer darin fand. Aus diesen Versuchen möchte ich noch nicht darauf schließen, daß unter allen Um- ständen eine Überführung der Zysten aus niederer in höhere Tempe- ratur Schwärmerbildung veraulaßt. Denn nach allen Erfahrungen ist auzunehmen, daß in den erwähnten Kulturen auch in niederer Tempe- ratur wit der Zeit die Sporenbildung erfolgt wäre, wenn nicht die Ris- bildung infolge des Frostes den Vorgang sistiert hätte. Das Temperaturmaximum für die Schwärmerbildung muß etwa bei 27° O liegen. In 26° konnten Schwärmer noch entstehen, aber nicht mehr in lebhafter Weise. Im Thermostaten bei 30 ° fand in meinen Kulturen keine Schwärmerbildung mehr statt, während sie in Kontroll- kulturen bei Zimmertemperatur eingetreten war. Ihre Fähigkeit, Zoo- sporen zu bilden, verlieren die Zysten in einer Temperatur von 30—34° nicht. Der Eintritt der Zoosporenbildung ist bei dieser Temperatur nur gehemmt. Sobald Wasser- oder Nährlösungskulturen, in denen bei niedriger Temperatur Zoosporenbildung eingetreten wäre, aus einer Tem- peratur von 83-—-34° C wieder in Zimmertemperatur gebracht: werden, so erfolgt: Schwärmerbildung. Sehr viele Versuche bestätigen dies. Erst bei längerer Einwirkung höherer Temperatur greifen Veränderungen in den Zellen Platz, so daß dann bei einfacher Temperaturerniedrigung keine Schwärmer mehr gebildet werden können. Bei Kulturen, die ich am 12. Dezember in Wasser und Nährlösungen in höhere Temperatur (33—834°) anstellte, war dieser Zustand nach 8 Tagen erreicht. Bei einer gleichen Versuchsreihe, die ich am 21. Dezember in den Thermo- staten stellte, beobachtete ich sogar noch nach 16 Tagen bei einfacher Temperaturerniedrigung auf Zimmertemperatur (15—20%) Schwärmer. Später genügte eine einfache Verminderung der Temperatur nicht mehr, um die Schwärmerbildung zu veranlassen. Wohl aber traten noeh nach 16tägiger Kultur bei 34° C Schwärmer auf, wenn die Kulturen bei Zimmertemperatur belichtet wurden und auch in den Kulturen, in denen im Dunkeln nach Überführung in Zimmertemperatur keine Schwärmer mehr entstanden waren, konnte dieser Prozeß durch Belichtung veranlaßt werden. Bei allzu langem Aufenthalt der Zysten in höherer Temperatur gelingt es schließlich dann auch nicht mehr im Licht bei gleichzeitiger Tem- peraturerniedrigung den Prozeß anzuregen. Nach meinen Versuchen schädigt eine länger als 32 Tage dauernde Einwirkung von 34° O die Zysten so, daß sie nicht mehr imstande sind, auf die genannten Mittel hier zu reagieren, 87 Schwärmerbildung in destilliertem Wasser. Das Auftreten der Schwärmer in dem Fall, daß Zysten aus alter Aquariumsflüssigkeit in destilliertes Wasser übertragen wurden, bedarf noch näherer Erörterung. Da das alte Aquariumwasser lange Zeit ge- standen hatte und infolgedessen nur wenig Luft und Sauerstoff enthielt, so wäre es denkbar, daB vielleicht der Anlaß für die Sporenbildung in dem größeren Reichtum des destillierten Wassers an Luft zu suchen ist. Das scheint mir jedoch schon deshalb nicht der Fall zu sein, weil auch die Zysten in der Kulturflüssigkeit bei der Verteilung in die Dosen mit neuem Sauerstoff in Berührung kamen. Die Kultur- flüssigkeit wurde mehrfach durch ein doppeltes Filter und durch Watte filtriert. Bei dieser Prozedur erfolgte die Filtration fast tropfenweise, so daß sicherlich eine ganze Menge Luft von der Kulturflüssigkeit auf- genommen wurde. Ein besonderer Versuch bestätigte meine Annahme von der Unwirksamkeit einer bloßen Sauerstoffzufuhr. Durch eine Kultur, die mit Aquariumstlüssigkeit am 1. Oktober angesetzt wurde, und in der bald die geringe anfängliche Schwärmerbildung aufgehört hatte, ließ ich am 16. Oktober etwa 18 Stunden lang tüchtig Luft durchsaugen. Am 18, Oktober fand ich keine einzige bewegliche Schwärmspore; alle Zysten waren unverändert. Ich möchte annehmen, daß die Verhältnisse hier ähnlich liegen, wie ich sie vorhin bei Oedogonium pluviale auseinandergesetzt habe, Vielleicht schreiten die Zysten nach der Übertragung in destilliertes Wasser deshalb zur Teilung, weil gewisse hemmende Stoffe, die sich in dem Agquariumswasser infolge der Entwicklung von Bakterien und anderen Organismen angesammelt haben, aus ihrer Umgebung entfernt werden. Solange die Zysten sich im Aquariumwasser befinden, machen diese hemmenden Stoffe eine selbständige Weiterentwicklung, ohne das andere äußere Mittel zur Anwendung kommen, unmöglich. Nach der Übertragung in destilliertes Wasser steht der Weiterentwicklung der Zysten nichts mehr im Wege, die Lebensprozesse werden unter den neuen Lebensbedingungen wieder aufgenommen, und dadurch werden im Innern der Zysten Verhältnisse realisiert, die eine Teilung und eine Verwandlung des Zysteninhaltes in Schwärmer bedingen. Eine nur geringe Verdünnung des alten Aquariumwassers durch destilliertes Wasser genügte noch nicht, um Zoosporenbildung zu be- wirken. Wenn ich Dosenkulturen, die 10 cem alte Kulturtlüssigkeit enthielten, 1 ecm destilliertes Wasser zusetzte, erhielt ich niemals Schwärmer. Ich hebe das deshalb hier besonders hervor, um dem Einwande zu begegnen, daß in den Fällen, wo Schwärmer nach Zusatz 88 von !/,—1 ecm Nährsalz- oder Zuckerlösung auftraten, die Verdünnung der alten Kulturflüssigkeit und nicht die Steigerung des Nährsalz- oder Zuckergehaltes wirksam gewesen wären. Andrerseits kann durch besondere äußere Mittel (Zusatz von Nitraten, Beleuchtung) erreicht werden, daß die Stoffwechselprozesse in den Zysten in dem Maße gefördert werden, daß die hindernde Wirkung der hemmenden Substanzen im Außenmedium nicht zur Geltung kommt. Werden diese Hemmungsprodukte in zu großer Menge angehäuft, so ist es schließlich auch nicht mehr möglich, durch besondere Mittel die Schwärmerbildung in der alten Kulturflüssigkeit zu veranlassen, Erst bei gleichzeitiger Übertragung. in neues Wasser kann unter diesen Umständen die Weiterentwicklung der Zysten vor sich gehen. Das lehrte das Verhalten der Kulturen, die ich in der Hoffnung ansetzte, mit ihnen die Dauer der Verdunkelung feststellen zu können, die nötig ist, um Zysten in den Stand zu setzen durch Schwärmerbildung auf den Reiz erneuter Beleuchtung zu reagieren. Anfang November 1906 hatte ich Zysten in erneuertem Aquariumwasser in Dosen verteilt und die Dosen ins Helle gesetzt. Da ich die kleinen Kulturen zu lange (über 2 Monate) stehen ließ, hatten sich reichlich Bakterien in dem Wasser entwickelt. Als ich die Kulturen Anfang Januar 1907 ver- dunkelte, gelang es mir auch nach dreiwöchentlicher Verdunkelung nicht, dureh einfache neue Belichtung die Zysten zur Sporenbildung zu bringen. Erst als ich gleichzeitig die Zysten aus dem Dunkeln ins Licht und in destilliertes Wasser brachte, reagierten sie in der gewünschten Weise, Eine einfache Übertragung der Zysten in destilliertes Wasser genügte nach der langen Aushungerung der Zysten im Dunkeln nicht mehr, um ohne Mitwirkung des Lichtes die Schwärmerentwicklung herbeizu- führen. Andrerseits wurden aber auch im Dunkeln nach Übertragung der Zysten in destilliertes Wasser Zoosporen gebildet, wenn die Zysten vorher einige Tage in der alten verunreinigten Kulturflüssigkeit im Hellen gestanden hatten. Nach der genügenden Kräftigung der Zysten, infolge erneuter Belichtung genügte in diesem Fall die Entfernung der hemmenden Stoffe aus der Umgebung. Die wichtigsten Resultate, die ich hinsichtlich des Einflusses der äußeren Bedingungen auf die Schwärmerbildung der Zysten von Haemato- goceus pluvialis erhalten habe, lassen sich folgendermaßen kurz zusammen- lassen. Wenn die Zellen von Haematococcus pluvialis sich in ausgefaultem Wasser enzystiert haben, so können die Zysten zur Produktigg von Schwärmsporen entweder durch einen Zusatz sticksto Balze 89 (Nitrate, Nitrite, Ammoniumsalze) zur alten Flüssigkeit oder durch Übertragung in destilliertes Wasser veranlaßt werden. Werden die Zysten eine Zeitlang verdunkelt, so tritt die Schwärmer- bildung nach erneuter Belichtung der Zysten ein. Die Wirkung des Lichtes läßt sich in diesem Fall durch Zuführung organischer Substanzen, wie Rohrzucker und Traubenzucker, ersetzen. Zusatz stiekstoffhaltiger Salze hat bei lange verdunkelten Zysten nicht mehr denselben Effekt wie bei Zysten, welche sich im Hellen aufgehalten haben. Wenn die Schwärmerbildung durch Frost oder höhere Temperatur gehemmt wird, so kann in einem Fall nach Steige- rung, im anderen Fall nach Verminderung der Temperatur die Sporen- bildung erfolgen. Das Auftreten der Schwärmer nach Übertragung der Zysten aus altem Wasser in destilliertes Wasser hat seinen Grund ver- mutlich in der Entfernung gewisser hemmender Stoffe aus der Um- gebung der Zysten und nicht in der Zuführung von Luft zu den Zysten. Allgemeine Betrachtungen. Die Hanptfrage, um die es sich bei der Untersuchung in erster Linie handelte, die Frage danach, ob die Bedeutung der anorganischen Nährsalze für die Zoosporenbildung auf den für die Ernährung der Algen wichtigen chemischen Eigenschaften der Salze beruhe, oder ob die Salze bloß als osmotisch wirksame Stoffe für die Zoosporenbildung in Betracht kommen, ist bis zu einem bestimmten Grade wenigstens für zwei Algen, Oedogonium pluviale und Haematococcus pluvialis, ge- löst worden. Wenn wir sehen, daß nach Veränderungen des Nährsalz- gehaltes im umgebenden Medium bei den beiden genannten Algen Zoosporen entstehen, so haben wir es dabei vermutlich nicht mit den Wirkungen rein physikalischer Agentien zu tun. Wenigstens machen es die Experimente, die ich in den einzelnen Fällen zur Analyse des Prozesses angestellt habe, sehr wahrscheinlich, daß vielmehr die Ver- änderungen in der chemischen Zusammensetzung des Mediums, wie sie bei Anwendung der genannten Mittel realisiert wurden, als die äußere Veranlassung der Zoosporenbildung angesehen werden müssen. Keines- falls sind zunächst Änderungen im osmolischen Druck des Mediums die wesentlichen Faktoren, wenn einmal die Zysten von Hämatocoeeus und die im destilierten Wasser kultivierten Ödogonien durch Steigerung des Nährsalzgehaltes und andererseits die Odogonien, die in Knopscher Nährlösung erzogen sind, durch eine Verminderung des Salzgehaltes zur Zoosporenbildung veranlaßt werden. Im ersten Falle ist es durch- % aus nicht gleichgültig, durch welche Nährsalze die Steigerung des Salz- gehaltes herbeigeführt wird. Die Schwärmerbildung der Hämatococeus- zysten vermag nur dann einzufreten, wenn den Zystenzellen Stickstoffsalze zur Verfügung gestellt werden. Steigerung im Gehalt an Phosphaten oder an Magnesiumsulfat sind hinsichtlich der Schwärmerbildung bei diesen Zysten ohne Effekt. Anders bei Oedogonium pluviale. Bei dieser Alge kommt es vermutlich nur darauf an, daß die stärkereichen Ödo- gonien in ein Medium gebracht werden, in dem ihnen Magnesiumsulfat in Verbindung mit Kalium- und Kalziumsalzen geboten wird. In Lö- sungen anderer Substanzen, wie Rohrzucker, Chlernatrium, Natrium- phosphat, Natriumnitrat, Kaliumphosphat usw., bei deren Anwendung die- selben osmotischen Verhältnisse im Außenmedium realisiert wurden, bildeten bei meinen Versuchen Fäden von Oedogonium pluviale, welche in destilliertem Wasser kultiviert worden waren, keine Zoosporen. Dementsprechend brauchte auch die Entziehung der Nährsalze im anderen Fall bei Oedogonium pluviale nicht von Veränderungen im 08- motischen Druck des umgebenden Mediums begleitet zu sein. Eine Entfernung der Nitrate und Phosphate genügte zur Erregung des Pro- zesses, auch dann, wenn der Gehalt der Nährlösung an den übrigen Salzen so gesteigert wurde, daß der osmotische Druck der nitrat- und phosphatfreien Lösung derselbe war wie in der ursprünglichen Normal- lösung. Die Bedeutung der Nährsalze für die Zoosporenbildung bei Haematococcus pluvialis und bei Oedogonium pluviale ist demnach in ihren chemischen Eigenschaften begründet, die allein schon hinreichen, um auch ohne gleichzeitige Änderungen im osmotischen Außendruck den uns interessierenden Prozeß zu veranlassen. Es ist anzunehmen, daß das Gesagte im wesentlichen auch für andere Algen gilt, die auf Veränderungen im Nährsalzgehalt der Um- gebung in ähnlicher Weise reagieren. Wie ich bereits früher hervorgehoben habe, ist es in den Fällen, wo nach den Angaben von Klebs bei Oedogonium capillare und Vau- cheria clavata eine Steigerung des Nährsalzgehaltes der Umgebung die Zoosporenbildung veranlaßt, notwendig, daß die Versuche im Licht an- gestellt werden. Da die Algen im Dunkeln unter sonst gleichen Ver- hältnissen keine Schwärmer entwickeln, müssen wir annehmen, daß auch hier in einem Wechsel der Ernährungsverhältnisse im Außenmedium die Veranlassung zur Zoosporenbildung, die Bedeutung der Nährsalze also in ihren chemischen Eigenschaften zu suchen ist. Andrerseits sehen wir aus der Notwendigkeit der Gegenwart von Licht, daß die A Wirkungsweise der Nährsalze auf diese zuletzt genannten Algen anderer Art sein muß als bei Oedegonium pluvisle und Haematococcus, bei denen eine Steigerung der Nährsalze auch im Dunkeln zur Zoosporen- bildung die Anregung geben kann. Ich habe bereits erörtert, daß auch die Entfernung der anorganischen Salze aus der Umgebung für andere Algen in ähnlicher Weise wie bei den von mir untersuchten Formen insofern wirksam sein könnte, als bestimmte chemische Substanzen den Algen entzogen werden. Dafür, daß die Entziehung bestimmter einzelner Komponenten der Nährlösung genügt, um Zoosporenbildung auszulösen, stellt Oedogonium pluviale das einzige bisher einigermaßen sicher erforschte Beispiel dar. Es ist mit Sicherheit anzunehmen und wird bereits durch gelegent- liche Beobachtungen anderer Autoren wahrscheinlich gemacht, daß auch bei anderen Algenformen sich ähnliche Resultate werden nachweisen lassen. So gibt Benecke (1898, pag. 89) an, daß Vaucheria-Keimlinge dureh Entziehung der Nitrate bei Gegenwart von Phosphaten zur Bildung von Geschlechtsorganen veranlaßt werden konnten. Ferner trittnach Benecke bei Mougeotia glyptosperma d. By und Staurospermum viride Kg. Kopulation bei Kultur in stiekstoffreien Lösungen ein. Leider stand mir geeignetes Material nicht in hinreichender Menge zur Verfügung, als daß ich auch bei anderen Algen die Frage hätte eingehend prüfen können. Nur einige Beobachtungen möchte ich an dieser Stelle mitteilen, die ich ge- legentlich an Vaucheria repens machte. Als ich Teile eines Vaucheria- Rasens, der bei mäßigem Licht in 0,5%/,iger Knopscher Nährlösung kultiviert war, in destilliertes Wasser, in 0,5°/,ige phosphorfreie (B) Lösung und 0,5°/,ige stiekstoffreie (A) Lösung und zur Kontrolle in Knopsche Nährlösung überführfe, ohne die Lichtintensität zu vermindern, konnte ich in dem destillierten Wasser und in der phosphorfreien Lösung Zoosporen beobachten, nicht aber in der Nährlösung und in der stiekstoffreien Lösung. Nach einigen Tagen teilte ich den Rasen, der in stickstoffreie Lösung übertragen war, und brachte ihn in phosphor- freie Lösung. Wieder wurden in der zuletzt genannten Lösung Zoo- sporen gebildet. Die Versuche wurden mit dem Rest des Vaucheria- rasens nit demselben Resultat wiederholt. Demnach scheint es zu ge- nügen, um bei Vaucheria repens Zoosporenbildung zu veranlassen, der in Nährlösung kultivierten Alge den Phosphor zu entziehen, ohne daß der Druck der Lösung vermindert zu werden braucht. Stiekstoffentzug scheint nieht von gleicher Wirkung zu sein, Sollte sich das Resultat bestätigen, so hätten wir mit Rücksicht auf die vorhin zitierte Angabe Beneckes das Resultat, daß die Entfernung des Phosphors die 92 die ungeschlechtliche, die des Stickstoffs die geschlechtliche Fortpflanzung von Vaucheria repens veranlaßt. Meine Versuche sind insofern nicht exakt, als der Vaucheria-Rasen nicht ganz rein war. Es war nicht mög- lich, die anhaftenden Erdteilcben zu entfernen, ohne die Fäden stark zu verletzen. Noch in einer weiteren Hinsicht scheinen mir meine Ergebnisse über die Bedeutung der Nährsalze einiges Interesse zu verdienen. Es ist bisher nur in wenigen Fällen an pflanzlichen Objekten beobachtet worden, daß dann, wenn der Gehalt an bestimmten Nährsalzen, die für das gesamte Leben der Pflanzen von Bedentung und unentbehrlich sind, im umgebenden Medium gesteigert oder vermindert wird, unter Umständen bestimmte formative Effekte ausgelöst werden können. Auf die Angaben Beneckes, daß bei einem Mangel an Stickstoff die geschlechtliche Fortpflanzung bei gewissen Algen befördert wird, habe ich hingewiesen. Ein Mangel an Phosphaten übte nicht die gleiche Wirkung aus. Bekannt ist ferner auch das „Etiolement aus Stickstoff- hunger“, die Erscheinung, daß bei einigen niederen Pflanzen Wachs- tumsvorgänge ausgelöst werden, wenn sich ein Mangel an Stickstoff- salzen in der Umgebung fühlbar macht. Benecke beobachtete, daß Algen (Vaucheria, Cladophora, Conjugaten) in stickstofffreien Lösungen ein größeres Längenwachstum erfuhren, als in normalen Nährlösungen. Auch bei Brutknospen von Lunaria und Thallusstücken von Riceia wurde das Wachstum gefördert, wenn Stickstoff nicht vorhanden war. Die Erscheinung, daß nur bestimmte Teile der Pflanzen durch eine mangelhafte Stickstoffernährung zu besonderen Wachstumsvorgängen angeregt werden, haben wir vor uns, wenn nach den Beobachtungen Beneckes Lebermoose in stiekstoffreien Lösungen ungewöhnlich lange Rhizoiden ausbilden. Neuerdings fand Schoene (1906), daß auch bei der Keimung der Sporen von Funaria in stickstoff- und phosphorfreien Nährlösungen das Wachstum der Rhizoiden im Verhältnis zu ihrer normalen Ausbildung bedeutend gesteigert wurde. Wurde in allen diesen Fällen von Stickstoffetiolement ein nor- maler Lebensprozeß in einer für die Pflanze anormalen Weise gefördert, so lehren meine Versuche mit Oedogonium pluviale und ebenso auch Beneckes Angaben über die geschlechtliche Fortpflanzung, daß unter Umständen auch normale Lebensvorgänge, wie die Zoosporenbildung oder die geschlechtliche Fortpflanzung, infolge einer Verminderung der Ernährung darch bestimmte Nährsalze eintreten können. Entziehe ich den in der Kuopschen Nährlösung kultivierten Ödogonien die für das 3 Leben der Alge unentbehrlichen Stickstoff- und Phosphorsalze, so er- folgt auf diesen Wechsel in der Ernährung hin die Zoosporenbikdung. Andererseits zeigen meine Versuche, daß unter bestimmten Be- dingungen auch eine Steigerung der allgemein für das Leben der Pflanzen wichtigen Nährsalze, ebenfalls eine normale formative Reaktion seitens der Algen veranlassen kann. Die Zysten von Hämatocoecus ließen sich, wie wir gesehen haben durch Stickstoffsalze, Oedogoniun pluviale durch Magnesiumsulfat in Verbindung mit Kalium- und Kalziumsalzen zur Entwieklung von Schwärmersporen veranlassen. Also in beiden Fällen war die äußere Veranlassung eine Vermehrung von Salzen im Außen- medium, die für die normalen und vegetativen Lebensprozesse der beiden Algen unbedingt notwendig sind. Auch in dieser Hinsicht sind bereits einige Beobachtungen bekannt, aus denen hervorgeht, daß be- stimmte Gestaltungsprozesse durch die Gegenwart bestimmter Nährsalze veranlaßt werden können. Klebs beobachtete bei Saprolegnia nıixta, daß unter sonst günstigen Bedingungen die Bildung von Antheridien durch den Zusatz von Phosphaten zum Nährsubstrat des Pilzes in hohem Grade gefördert wird, während es hei einem Mangel dieses Salzes überhaupt nicht zur Bildung der männlichen Geschlechtsorgane dieses Pilzes kommt. Auch eine Beobachtung von Laage (190%) ist hier ebenfalls zu nennen, wonach die Sporen von Pteris aquilina da- durch zum Austreiben normaler Keimschläuche veranlaßt werden, daß ihnen Nitrate in hinreichender Menge geboten werden. Auf ähnliche Erfahrungen auf zoologischem Gebiete, die Herbst durch umfassende Versuche mit Echinidenlarven gewonnen hat, möchte ich in diesem Zusammenhange nur hinweisen, ohne auf die interessanten Resultate näher einzugehen. Neben dem Gehalt des umgebenden Mediums an Nährsalzen kommt dem Licht große Bedeutung für die Zoosporenbildung zu. Wir haben bei Oedogonium pluvisle gesehen, daß eine Vermin- derung der Lichtintensität die Zoosporenbildung veranlassen kann bei Fäden, die durch Kultur in destilliertem Wasser reich an Reserve- stoffen geworden sind. Auch für andere Algen (Vaucheria repens. elavata, Oedogonium ceapillare) ist die gleiche Wirkung geschwächter Lichtintensität bekannt. Auf Grund der Tatsache, daß die Entziehung der rotgelben Strahlen des Spektrums vollkommen zur Auslösung der Zoosporen- bildung genügt und in dieser Hinsicht wirksamer ist als der Entzug der blauen Lichtstrahlen, vermutet Klebs, daß die Erregung der Zoo- sporenbildung mit dem Stillstand der Assimilation in irgend einem 94 Zusammenhang stehe. Einen (plötzlichen) direkten äußeren Reiz stellte aber die plötzliche Hemmung der Assimilation jedenfalls nicht dar; wenigstens -bildete nach Klebs (1896, pag. 36) Vaucheria keine Zo0- sporen, wenn durch Kultur in kohlensäurefreier Luft die Kohlenstoff- assimilation äußerst stark reduziert wurde. Dieser Autor meint deshalb (1896, pag. 37), „daß durch die Lichtentziehung noch andere Prozesse in Mitleidenschaft gezogen werden, welche dann erst die Vermehrung herbeiführen. ... Solche andere Prozesse, die von Licht beeinflußt werden, könnten z. B. chemische Umwandlungen des Zellsaftes sein, mit denen physikalische Veränderungen besonders solche seines osmo- tischen Druckes verbunden sind“. Für Oedogonium pluviale möchte ich annehmen, daß die Wirkung der Lichtentziehung darin besteht, daß die in den Zellen vorhandenen Reservestoffe im Dunkeln aufgelöst werden. Daß die angehäuften Assimilationsprodukte tatsächlich rasch verschwinden, wenn das Licht den Algen entzogen wird, habe ich früher hervorgehoben. Die Ver-. dunkelung bleibt, hinsichtlich der Zoosporenbildung ohne Wirkung bei Fäden, die in Nährlösung kultiviert sind und keine Reservestoffe ent- halten. Andrerseits können dieselben Fäden, die nach Verdunkelung Zoosporen bilden, dies auch im Licht tun, also bei fortgesetzter Assi- milation, wofern ihnen die nötigen Nährsalze zur Verarbeitung der Re- servestoffe zugänglich gemacht werden. Für die anderen Fälle, in welchen infolge von Verdunkelung Zoo- sporen entstehen, scheint mir diese für Oedogonium pluviale geäußerte Annahme nicht immer zutreffend zu sein. Die betreffenden Algen (s. 0.) vermögen auf Abschwächung der Belichtung auch dann mit Zoosporen- bildung zu reagieren, wenn keine Reservestoffe in ihnen aufgehäuft sind, z. B. wenn die Algen in Nährlösung kultiviert wurden. Anders als Oedogonium pluviale verhalten sich die Zysten des Haematocoeeus pluvialis dem Einfluß des Lichtes gegenüber. Durch eine Herabsetzung der Lichtintensität werden sie im Gegensatz zu vielen anderen Algen nicht zur Bildung von Zoosporen angeregt. Dagegen ist bei ihnen in einer Steigerung der Liehtintensität ein Mittel gegeben, um nach vorangehender Verdunkelung der Zysten diese zur Schwärmerbildung zu veranlassen. Ähnlich wie bei den Zysten von Haematococcus wirkt, wie die Versuche von Klebs (1896, pag. 148) lehrten, auch bei Hydrodietyon utrieulatum unter Umständen eine Steige- rung der Lichtintensität dahin, daß die im Dunkeln aufbewahrten Netze in Licht übergeführt zur Zoosporenbildung schreiten. So wurde Schwärmer- bildung von Klebs beobachtet, wenn alte Wasserkulturen von Hydro- 95 dietyon, die im Dunkeln gestanden hatten, ohne daß das Medium ge- wechselt wurde, belichtet wurden. Besonders intensiv war die Wirkung der Steigerung der Lichtintensität, wenn die Netze vor der Verdun- kelung in Wasser sich in Nährlösung aufgehalten hatten. Interessant und wichtig ist es, daß die Wirkung des Lichtes auf beide Algen hinsichtlich der Zoosporenbildung keine spezifische ist, son- dern durch geeignete andere Mittel ersetzt werden kann. Von Hydro- dietyon gibt Klebs (1890, pag. 359) an, daß die Netze auch im Dunkeln nach Entfernung der Nährsalze aus ihrer Umgebung Zoosporen bilden können, wenn die Algen in Maltoselösungen gebracht werden. Ähnlich verhält sich Haematococeus. Aueh lange Zeit über ver- dunkelte Zysten sind imstande, Schwärmer auszubilden, sobald ihnen Rohrzucker oder Traubenzucker zur Verfügung gestellt wird. Im Hinblick auf diese Tatsache, daß sich auch bei Haematococeus die Wirkung des Lichtes durch Kohlehydrate ersetzen läßt, können wir ' uns der Ansicht anschließen, die Klebs (1896, pag. 149) hinsichtlich der Bedeutung des Lichtes für die Zoosporenbildung von Hydrodietyon äußert: „daß das Licht deshalb die Zoosporenbildung mit bedingt, weil es bei der Erzeugung eines Kohlehydrates mitwirkt“. Für die Wirkung des Lichtes wurde durch die organischen Sub- stanzen ein vollständiger Ersatz geschaffen. Ich betone diese Tatsache im Hinblick darauf, daß in einigen Fällen, in denen nach Klebs die Bildung von Geschlechtsorganen (Vaucheria, Spirogyra) infolge starker Belichtung der Algen vor sich geht, das Licht sich nicht, vollständig durch Zucker ersetzen ließ. Bei den genannten Algen wirken Kohle- hydrate nur dahin, daß der Prozeß in ihnen schon bei geringer Licht- intensität eintreten kann, als wenn keine derartigen Substanzen dis- ponibel sind. Es gelang nicht, bei vollständiger Abwesenheit von Licht die Kopulation herbeizuführen. Und auch für Hydrodictyon (1890, pag. 380) gibt Klebs an, daß dann, wenn nach Zusatz von Rohrzucker Netze, die sich 14 Tage his 4 Wochen im Dunkeln aufgehalten haben, gesehlechtliche Gameten bilden, „die Dunkelkulturen lange nicht mit derjenigen Sicherheit. gelingen wie die Lichtkulturen*. Scheint demnach das Licht noch in anderer Weise auf den Ein- tritt der geschlechtlichen Fortpflanzung einzuwirken als bloß dadurch, daß es die Assimilation gestattet, so geht aus den Versuchen hervor, daß hinsichtlich der Bildung der ungeschlechtlichen Zoosporen das Licht nur insofern jedenfalls in Betracht kommt, als im Licht die Bildung neuer Assimilate stattfinden kann, 96 Auf Grund der bekannten äußeren Faktoren auch die inneren Umwandlungen, die bei der Zoosporenbildung in den Zellen vor sieh gehen, mit Sicherheit zu erschließen, ist auch bei anderen Algen bis jetzt nicht gelungen. Wohl sind für manche Fälle intrazelluläre Veränderungen ‘bekannt geworden, ob sie aber für die Bildung der Zoosporen wirklich wesentlich sind oder nicht, hat sich nicht entschei- den lassen. Man weiß ebensowenig, ob bei den verschiedenen äußeren Bedingungen, die die Zoosporenbildung herbeiführen, in allen Fällen sofort gleiche innere Veränderungen in den Zellen Platz greifen oder ob wenigstens die Bedingungen, welche in letzter Instanz als Veran- lassung der Zoosporenbilduug zu gelten haben und die als Reiz aus- lösende Faktoren — im eigentlichen Sinne des Wortes — in Betracht kommen, stets die gleichen sind. In seiner Arbeit über „Probleme der Entwieklung“ diskutiert Klebs (1904) die Frage nach den ersten inneren Veränderungen in den Zellen bei der Zoosporenbildung an dem Beispiel von Vaucheria repens. Bei einem Vergleich der verschiedenen Methoden, die bei dieser Alge angewendet werden können, wenn Schwärmerbildung ein- treten soll, ließ sich eine erste innere Veränderung, die in allen Fällen eintrat, nicht erkennen. Vielfach war sicherlich einer der ersten Vor- gänge im Innern eine Verminderung der Konzentration des Zellsaftes, aber andererseits zeigte es sich, daß Zoosporen auch dann gebildet wurden, wenn Mittel zur Anwendung kamen, die eine Verdünnung des Zellsaftes sicherlich nieht zur Folge hatten. Ebenso kann bei Vaucheria repens als Wirkung, die allen äußeren Mitteln gemein ist, eine Erhöhung des Turgordruckes nicht in Betracht kommen, wie sie Ernst (1904, pag. 15) für die Sporenbildung der marinen Siphonen Vaucheria piloboloides?) als formative Bedingung annehmen zu müssen glaubt, da sich bei dieser Alge die Sporenbildung nur durch Ver- dünnung des Meerwassers erreichen ließ. Auf Grund-seiner Erfahrungen äußert Klebs (1904, pag. 499) _ die Vermutung: „daß für das Eintreten der Zoosporenbildung ein be- stimmtes Konzentrationsverhältnis der im Zellsaft und Protoplasma ge- lösten Substanzen, vielleicht ein Verhältnis von anorganischen Salzen zu organischen Stoffen wesentlich wäre“. Diese Annahme läßt sieh für 1) Bei anderen Meeresalgen scheint mir die Vermutung von. Ernst nieht in allen Fällen zutreffend zu sein. Bei Bryopsis konnte ich die Bildung der geschlecht- lichen Schwärmer nicht nur durch eine Verdünnung des Meerwassers erreichen, sondern umgekehrt auch dann, wenn ich die Konzentration des Meerwassers durch NaCl oder ähnliche Stoffe steigerte. 97 Haematgcogeug pluvialis und Oedogonium pluviale aufrecht erhalten. Es wäre sehr wohl denkbar, daß für den Eintritt der Zoosporenbildung ein bestimmtes Verhältnis der Konzentration von irgendwelchen im Zell- saft und Protoplasma gelösten Stoffen ausschlaggebend ist, Die Regelung dieser Verhältnisse könnte bei den Nährlösungs- ödogonien, die relativ wenig für die Ernährung disponibele organische Reservestoffe enthalten, durch einen Entzug der Nitrate und Phosphate erfolgen. Bei den in destilliertem Wasser kultivierten und stärkereichen Ödogonien müßte eine Verringerung der organischen Reservestoffe ein- treten. Der Verbrauch der Reservestoffe geht, wie wir gesehen haben, vor sich, einmal, wenn Nährsalze den Zellen zur Verfügung gestellt werden, und ferner nach Entziehung des Lichtes. Ebenso können wir auch die Beobachtungen hei Haematoroeeus im Sinne der genannten Annahme auslegen. Zysten, die im Hellen gelebt haben und die vermutlich reichlich mit gewissen organischen Assimilationsprodukten oder Reservestoffen versehen sind, können dureh Zuführung von Stiekstoffsalzen, die zur Verarbeitung organischer Stoffe der genannten Art in der Zelle beitragen und so deren Konzentration vermindern, zur Schwärmerbildung veranlaßt werden. Umgekehrt liegen die Verhältnisse bei den Zysten, die im Dunkeln gelebt haben. Hier ist infolge der fortdauernden Atmung ein Mangel an gewissen wiehtigen organischen Stoffen eingetreten. Erst wenn durch neue Belichtung oder durch Zuführung von Zucker dafür gesorgt wird, daß das Verhältnis der in Betracht kommenden organischen Substanzen zu den anorgani- schen Salzen wieder geregelt wird, können verdunkelte Zysten Zoo- sporen bilden. Eine Erhöhung der anorganischen Salze im Zelisaft der verdunkelten Zysten durch einen Zusatz von Nitraten zur Kulturflüssig- keit hat bei diesen Zellen, die relativ wenig von jenen bestimmten or- ganischen Substanzen enthielten, keinen Effekt. Ebenso könnte durch Be- leuchtung dann Zoosporenhildung veranlaßt werden, wenn eine einfache Temperaturerniedrigung in den Fällen schließlich unwirksam war, in denen die Zoosporenbildung in den Kulturen vorher durch höhere Temperatur (30—84°) gehindert worden war. Es läßt sich vermuten, daß durch die hohe Temperatur der Verbrauch der Stoffe beschleunigt wurde. Solange der Gehalt an gewissen organischen Stoffen nieht unter eine bestimmte Grenze sank, konnte die Zoosporenbildung in diesen Kulturen, in denen bei gewöhnlicher Temperatur Zoosporen sehon früher gebildet wären, vor sich gehen, sobald der hemmende Einfluß der höheren Temperatur beseitigt war. Als der Verbrauch der in Betracht kommenden organischen Stoffe zu weit fortgeschritten war, konnte erst Flora, Bd. 98. 7 98 nach Beleuchtung, also nach Neubildung jener organischen Stoffe seitens der Zysten, die Wirkung der Kulturflüssigkeit einsetzen. Sollten die eben dargelegten Vermutungen der Wirklichkeit ent- sprechen oder nahe kommen, so würden auch bei den von mir unter- suchten Algen die inneren Veränderungen, die sich in den Zellen vor der Zoosporenbildung abspielen, quantitativer Art sein. Das quanti- tative Verhältnis von gewissen organischen und anorganischen Stoffen, die für die ganze Lebenstätigkeit der Zellen von größter Bedeutung sind, müßte in einer bestimmten Weise geändert werden, wenn der In- halt der vegetativen Zellen sich in die ungeschlechtlichen Fortpflanzungs- zellen verwandeln soll. Diese Änderungen im Innern der lebenden Zellen müssen ihrer- seits durch Veränderungen in der Außenwelt herbeigeführt werden. Wie bei allen von Klebs untersuchten Algen sind diese äußeren Veranlassungen, die den Eintritt der Zoosporenbildung bei Haemato- eoccus pluvialis und. Oedogonium pluviale anregen, „quantitative Ver- änderungen der für alle Gestaltungsprozesse wichtigen allgemeinen äußeren Bedingungen“. Ein bestimmtes spezifisches Mittel, das allein den Prozeß anregen und durch kein anderes 'ersetzt werden kann, existiert nicht. Es führen verschiedene Methoden: Steigerung des Nähr- salzgehaltes, Entziehung des Lichtes oder der Nährsalze bei Oedogonium pluviale, Steigerung der Liehtintensität, Zuführung stickstoffhaltiger Salze bei Haematococcus und zweifellos auch noch andere Mittel zum gleichen Ziel. Je nach den vor Beginn der Experimente realisierten Wachstums- bedingungen wird man hald dies, bald jenes Mittel wählen müssen, um Zoosporenbildung hervorzurufen. Steigerung des -Nährsalzgehaltes der Umgebung und Verdunkelung lösten bei Oedogonium pluviale den Prozeß nur dann aus, wenn die Fäden in destilliertem Wasser ge- ' wachsen sind, beide Mittel waren aber unwirksam, wenn die Algen vorher in Nährlösung kultiviert wurden. Entsprechend konnte bei Haemato- cocens Zoosporenbildung durch Zusatz von Stickstoffsalzen nur dann erzielt werden, wenn die Zysten vorher dem Licht ausgesetzt waren. Kurze Zusammenfassung der Hauptresultate. 1. Bei Oedogonium pluviale und Haematococeus pluvialis sind die äußeren Bedingungen der Zoosporenbildung verschieden Ei nach den vorhergehenden Wachstumsbedingungen. 2. Die Bedeutung der anorganischen Nährsalze für die Zoosporen- bildung beider Algen beruht in erster Linie auf ihren chemischen Bigen- schaften. 99 3. Nach Aufenthalt in Knopscher Nährlösung bildet Oedogonium pluviale Zoosporen, wenn der Alge die Nitrate und Phosphate entzogen werden. Eine gleichzeitige Verminderung des osmotischen Druckes im Außenmedium ist in diesem Fall nicht nötig und auch nicht fördernd. Verdunkelung bewirkt bei Ödogonien, die in Nährlösung gewachsen sind, keine Zoosporenbildung. 4. Nach längerer Kultur in destilliertem Wasser bildet Oedogonium pluviale Zoosporen entweder nach Verdunkelung oder nach Übertragung in verdünnte Nährlösungen. Die Wirkung der Nährlösungen beruht auf ihrem Gehalt an MgSO, K u. Ca. Nitrate und Phosphate allein und miteinander kombiniert können die Nährlösung wicht ersetzen. Bei Kultur in destilliertem Wasser speichern die Fäden von Oedogonium pluviale enorm viel Reservestärke, die nach Verdunkelung und nach Überführung der Fäden in Nährlösung wieder aufgelöst wird. 5. Nach Kultur in Rohrzuckerlösung bildet Oedogonium pluviale Zoosporen, wenn die Zuckerlösung durch verdünnte Knopsche Nähr- lösung ersetzt. wird. 6. Dauerzysten von Haematococcus pluvialis, die in ausgefaultem, altem Wasser im Hellen gelebt haben, entwickeln Schwärmsporen, wenn sie in destilliertes Wasser übergeführt werden oder wenn ihnen ge- eignete Stickstoffsalze (Nitrate, Nitrit, Ammoniumsalze) zur Verfügung gestellt werden. Licht ist in diesen Fällen nicht notwendig, damit der Prozeß eintritt, erhöht jedoch die Intensität desselben wesentlich. 7. Zysten von Haematococeus pluvialis, welche längere Zeit über verdunkelt waren, schreiten zur Schwärmerbildung, wenn sie wieder beleuchtet werden oder wenn ihnen Zucker (Rohrzucker oder Trauben- zucker) dargeboten wird. Literatur. 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Wesselowska. {Mit 72 Abbildungen im Text.) Einleitung. Im Jahre 1874 wurde die Botanik durch eine besonders interes- sante Entdeckung von Farlow!) bereichert, welcher bei Pteris Cretica und Aspidium filix mas Apogamie fand. Durch spätere Beobachter: de Bary, Heim), Stange®) und viele andere wurde die Zahl der apogamen Farne sehr vermehrt; man hat diese Erscheinung bei ver- schiedenen Familien gefunden (Polypodiaceen, Osmundaceen, Hymeno- Phyllaceen). Die Apogamie bietet sehr interessante cytologische Pro- bleme, welche jetzt viele Naturforscher beschäftigen: es sei z. B. auf die Arbeiten von Farmer‘) und Strasburger) verwiesen. Vor einigen Jahren hat Goebel Apogamie bei Pellaea nivea ge- funden. Bei Notochlaena Eckloniana, Pellaea tenera, Pellaes Navens und Notochlaena sinuata habe ich sie jetzt beobachtet. Mit diesen Arten, wie auch mit dem auf Dominica gesammelten Trichomanes Krauss, bei’ welchem Goehel®) Apogamie und Aposporie fand, habe ich darauf nähere Untersuchungen angestellt. Ich verfolgte bei ihnen die genaue Entwicklung der Keimpflanze und bei Trichomanes Kraussii auch die- jenige de: Antheridien und die Ausbildung des Prothalliums, welches vorzugsweis® aus Flächen besteht, die immer ihren Ursprung aus einem Faden nehmen. Ich stellte auch verschiedene physiologische Versuche an, deren Ergebnisse ich in vorliegender Arbeit schildern werde. Diese Arbeit wurde im pflanzenphysiolpgi nstitute zu München unter der Leitung von Herrn Professor GAMb#1 Busgeführt. Für die in jeder Beziehung freundliche Hilfe und den stets bereitwilligen Bat, wie für das mir zur Verfügung gestellte Material sage ich Herrn Pro- iessor Goebel meinen herzlichsten Dank. 1) Farlow, Über ungeschlechtlighe Erzengung von Keimpflänzehen an Farn- protballien. Bot. Zig. 1874. 2) Heim, Untersuchungen über Farnprothallien. Flora 1896, 3) Stange, Über Farnkulturen und die bei denselben beobachtete Apogamie. Gesellsch. f. Bot, zu Hamburg 1886. 4) Farmer, Bretiand and Digby, Studies in Apospory and Apogamy in Ferns. Journal of Botauy 1907, peg. 161. 5) Strasburger, Apogamie bei Marsilia, Flora 1907. 6) Goebel, Aposporie bei Aspien. dimorphum. Nora 1905, pag. 248, Flora, Bd. 98. 5 102 Triehomanes Kraussii. , 1. Gesamtgestaltung des Prothalliums. Wenn man eine Kultur ‚von Tr. Kraussii betrachtet, sicht man viele zarte Prothalliumflächen über das Substrat sich hervorheben, welche die seitlichen Auszweigungen des dem Substrat anliegenden fadenförmigen Prothalliums sind. . Die Fäden wie die Flächen des Prothalliums zeigen eine sehr reichliche Verzweigung (Fig. 1); manchmal trägt jede Zelle des Pro- thalliumfadens einen lateral sitzenden Prothalliumfaden, eine Fläche, eiu Rhizoid oder An- theridium, und auch die BRand- zellen der Flächen sind mit allen diesen Gebilden versehen. Bei näherer Unter- suchung sieht man, daß jede Fläche aus einem Faden ihren Ur- F i sprung nimmt, in- Br , n dem eine Zelle des Bu " Fadens sich der Länge nach teilt (Fig. 20). Oben befindet sich zu- erst eine keil- förmige Zelle, und durch die Teilung der unter dieser Scheitelzelle liegenden Zellen wächst das Prothallium weiter. Manche Seitenzellen können daneben zu Rhizoiden auswachsen (Fig. 22). Bald darauf wird in der keilförmigen Zelle eine antikline Wand erscheinen (Fig. 2 c, 2), und dann wächst das Prothallium mit einer zweischneidigen Scheitelzelle weiter, so wie es bei den Prothallien vieler Farne der Fall ist. Die eben abgeschnittenen Segmente wachsen oft in einen neuen Faden aus (Fig. 2e). Das kommt dann vor, wenn die Wachstumsintensität abgeschwächt ist und das Wachstum vermittelst einer Scheitelzelle aufhört. Das Wachstum. des Prothalliums mit einer zwei- schneidigen Zelle ist überhaupt nicht von langer Dauer; os bildet sich Fig. 1. Triehomanes Kraussti. 7a = Rhizoiden; Pr = Prothallium. 103 eine perikline Wand, dann kommt wieder eine antikline (Fig. 22), und so fängt das Randwachstum des Prothalliums an. Das Meristem im oberen Teile bleibt noch einige Zeit erhalten. Wenn aber das Spitzen- (a) Fig. 2. Trich. Kraussii, 7% == Rhizoide. wachstum aufhört, wachsen oft die oberen Zellen wieder in lange Fäden aus (Fig. 3). Ich bin auch ziemlich oft dem Falle begegnet, daß aus den Randzellen an der Spitze der Fläche die für den Sporophyten g* 104 charakteristischen Haare auswuchsen (Fig. 4), welche auf dem Pro- thallium gewöhnlich nie auftreten. Diese Fälle bilden gewissermaßen eine Übergangsform zwischen Gametophyt und Sporophyt. Manchmal wächst fast jede Zelle des Prothalliumfadens in seitlichen Prothallien — gleichwertige Organe — Rhizoiden oder Antheridien aus; dies sind mor- phologisch Prothalliumfäden mit begrenztem Wachstum. Die Rhizoiden Fig. 3. Trieh. Kraussii. rh = Rkizoide; ?r = Prothallium. können auch aus der Fläche selbst und nicht nur aus ihren Randzellen auswachsen. Anfangs enthält die Zelle, welche diese Organe bildet, viel Chlorophyll, dann fängt die obere Partie der Wand an, braun zu werden, und endlich wird das ganze Rhizoid braun. Es ist meistens einfach, kann aber auch verzweigt sein. Die oberen Zellen der Fläche können weiter wachsen und Aus- wüchse geben, die in der Breite manchmal mehrere Zellreihen besitzen, welche aber nach der Spitze zu immer schmäler werden und oben nur 105 zwei oder eine Reihe in der Breite haben und mit Zellen besonderer krugähnlicher Form enden — Sterigmen, die die Brutknospen tragen. Zuerst wird vom Sterigma eine kugelige Zelle abgeschnürt, die durch zu der Basis senkrechte Teilungen sich teilt und zu einer mehrzelligen langen, mit dicker Membran versehenen Brutknospe wird (Fig. 5a, 5, c, d). Die Brutknospen dienen zur vegetativen Vermehrung der Pflanze und - werden wahrscheinlich durch für das vegetative Wachstum ungünstige äußere Bedingungen hervorgerufen). Ich konnte ihre genaue Entwick- lung nicht verfolgen, da es mir an Material fehlte; in meinen Kulturen, Fig. 5. Trich. Kranssü. „Pr ic) ) % Sr = Sterigmen; ‚Pr —= Prothallium; Br = Brutknospe; 4 = Antheridium. welche auf Torf und Lehm gepflanzt wurden, entwickelten sie sich nicht, und in dem Alkokolmaterial, welches Herr Prof. Goebel mir liebenswürdiger- weise zur Verfügung gestellt hatte, fand ich fast immer nur schon ab- gefallene und ganz reife Brufknospen. Aber es scheint, daß ihre Ent- wicklung sich nicht anders abspielt als diejenige von Trichomanes ala- tum, welche von Bower?) beschrieben wurde. Wenn die Brutknospen 1) Goebel, Organographie, pag. 424. . 3 Bewer, On some normal and abnormal Developments of the Oophyte in Triehomanes. Ann. of Bot, 1888, Vol. L 106 keimen, treiben sie (Fig. 5) fadenförmige Prothallien oder geben un- mittelbar auf einer oder beiden Seiten Antheridien (); dieses Auf- treten der Sexualorgane ist wahrscheinlich an eine Hemmung der vege- tativen Entwicklung geknüpft und wurde früher schon von Goebel!) beschrieben. Il. Bau und Entwicklung der Antheridien. Die Antheridien bei Tr. Kraussii sind ziemlich zahlreich; sie stellen ganz runde Körper dar, die frei terminal oder lateral auf den Fäden und Randzellen der Flächen sitzen, einzeln stehen oder zu Gruppen vereinigt (Fig. 6) sind. Sie befin- den sich, wie auch die Rhizoiden, da, wo gewöhn- lich die Prothalliumaus- zweigungen stehen. Ihre Wandzellen enthalten Chlorophyli, aber, ob die inneren Zellen auch Chloro- phyli haben, konnte ich nicht konstatieren wegen der Undurchsichtigkeit des Objekts; es scheint mir jedoch durchaus nicht aus- geschlossen zu sein. Ob- gleich ich viel Material untersuchte, fand ich nie, daß die Antheridien ihre völlige Entwicklung er- reichten, und die Teilungen gingen nie weiter als bis zur Bildung von Spermathozoidmutterzellen. Die Antheridien entstehen durch Hervorwachsen der terminalen oder lateralen Zellen des Fadens oder der Fläche, auf welche Weise eine kugelige Zelle gebildet wird. Dann wird durch eine zu der Basis parallel, manchmal etwas schief verlaufende Wand eine Basalzelle abgeschnürt. Soviel ich feststellen konnte, verlaufen die weiteren Teilungen nicht immer in derselben Reihenfolge. Z. B. Fig. 72 zeigt, daß, nachdem Fig. 6. Trich. Kraussii. Pr = Prothalliun; 4 = Antheridium; DD. rk = Rhizoide. Zu i) Goebel, Sitzungsberichte der mathem.-physikal. Klasse der Königl. bayr. Akad. der Wissenschaften zu München 1896, Heft IIL, 107 die Basalzelle sich angelegt hat, durch zwei schiefe Wände Zellen ge bildet werden, von welchen eine schon zur Deckzelle, die andere zur Wandzelle wird, dagegen in dem Falle (2) wird durch eine kuppelförmig verlaufende Zellwand die Randzelle ab- getrennt, wel- cher die Deck- zelle abge- schnitten wird. Oder es werden die Wandzellen (ce, d) allmäh- lich nachein- ander abge- schnürt, von denen dann eine zur Deck- zelle wird, Weiter wird der Zeilinhalt zuerst in zwei, dann in vier Zellen durch drei Wände geteilt; zuerst (d) entsteht eine, fast im- ner schief ver- laufende, dann kommen zwei | andere senk- recht zu ihr stehende (e). Fig. 7/ zeigt die Außenan- ® sicht eines fertigen Antheridiums, auf welcher man die schiefverlaufen- den Wandzellen gut sehen kann. Die Deckzelle wird frühzeitig braun oder gelb und befindet sich nicht gerade oben auf dem Antheridium, sondern etwas schief zur Seite verschoben. Die Antheridien sind arm Fig. 7. Trick, Kraussii. d == Deckzelle; 7% == Rhizeide; Pr = Prothalliun; = = Wandzelle; Bas == Basalzelle. 108 an Protoplasma, besonders, wenn man sie mit Antheridien der anderen Farne vergleicht, bei welchen sie ganz zur Entwicklung gelangen. Bei diesen ihrer normalen Funktion entzogenen Gebilden habe ich nicht selten Fälle der „Vergrünung“ gefunden, namentlich wuchs die Deckzelle oft in ein Rhizoid aus (Fig. 7). Heim?) hat eine „Ver- grünung“ der Sexualorgane bei Doodya caudata gefunden, und Goebel?) hat eine ähnliche „Vergrünung“ der Archegonien bei den alternden Prothallien von Hemionitis palmata beschrieben, wo die Halszellen des Archegoniums weiter vegetativ wuchsen; die Archegonien haben aber in diesem Falle ihre Befruchtungsfähigkeit nicht verloren. Eine solche „Vergrünung“ ist nach Goebel eine Alterserscheinung, welche durch die Abschwächung des Meristems bedingt wird. Möglich ist, daß man die Wandzellen der Anthe- ridien unter bestimmten DBe- dingungen zu Prothallienfäden sich entwickeln lassen kann. Goebel hat z. B. bei Tricho- manes rigidum zweimal Antheri- dien gesehen, welche einen kur- zen Fadenfortsatz trugen; dieser Fortsatz wurde nachträglich aus einer Wandzelle des Antheri- diums entwickelt. Ich habe Fig. 8. Trich. Kraussii. meinerseits abgetrennte Anthe- X = Keulenförm. Zelle; 22 = Zellkörper; ridien auf Lehm gelegt, aber Pr = Prothallium. , " kein Resultat erzielt. Die Ar- chegonien wurden von mir bei Tr. Kraussii nie gefunden, und darum kann kein Zweifel sein, daß die junge Keimpflanze auf apogamem Wege, d. h. ohne daß zuerst eine Eizelle durch das Antherozoid befruchtet wurde, entsteht. II. Apogamie. Die Entwieklung der jungen apogamen Pflanzen bei Tr. Kraussü wurde von mir genau verfolgt. Die junge Pflanze bildet sich vorzugs- weise in der unteren Region des Prothalliums, wo bei anderen Tricho- manesarten gewöhnlich die Archegoniophoren entstehen, doch bin ich auch sehr oft Fällen begegnet, wo sie viel höher, ungefähr auf zwei D) Karl Heim, Untersuchungen über Farnprothallien. Flora 1896. 2) Goebel, Organographie, pag. 400. 109 Drittel der Höhe des Prothalliums, inseriert war, von unten aus ge- rechnet. Sie entsteht am häufigsten seitlich auf einem Faden, oft aber auch auf dem Rande der Prothalliumfläche und ziemlich selten aus der Fläche selbst. . Das erste Sproßglied bildet sich nieht unmittelbar auf einem Faden oder einer Fläche, sondern es entsteht zuerst ein mehrschichtiger Körper mit großen undifferenzierten Zellen und einer keulenförmigen Zelle am oberen Ende (Fig. 8). Die- ser Zellkörper ist einem Ar- chegoniopho- ren homolog, und wahr- scheinlich spielt er die Rolle dieses letzteren bei der Entwick- . lung des jungen Pfänzchens und Hie- fert eine Zeitlang die Nährsubstanzen. Wie die Archegoniophoren die ein- zigen Stellen auf den Gametophyten der Triehomanesarten sind, wo das Gewebe mehrschichtig ist, so stellt auch dieser Körper, auf welchem der beblätterte Sproß entsteht, ein dickes Polster dar. Er wird nach einiger Zeit durch reichlichen dichten Protoplasma- inhalt ausgezeichnet. Auf seiner Basis entwickelten sich manchmal auf einem Faden Antheridien (Fig. 15), oder es wuchsen die Basalzellen in faden- förmige Prothallien aus, oder es bildeten sich Rhizoiden. Die letzteren wurden auch auf den Archegoniophoren bei Trichomanes rigidum von Goebel!) beobachtet. Nachdem dieser mehrschichtige Körper eine bestimmte Größe er- reicht hat, beginnt die Bildung eines Blatihöckers, auf welchem sich die Scheitelzelle des ersten Blattes differenziert. Auf diesem Blatt- Fig. 9. Trich. Kraussü. K= Keulenförm. Zelle; H == Haare; 2 = Blattscheitelzelle; Pr — Prothallium; A = Rhizoide. 1} Goebel, Archegoniatenstudien. Flora 1892, pag. 92116, 110 höcker war das Protoplasma besonders dicht und wurde sogar nach sehr langer Behandlung nicht ganz entfernt. Vielleicht repräsentiert die eigentümliche Anordnung der Zellen, die auf Fig. 8 von einer Seite sichtbar is Fig. 10. Trich. Kraussi, von oben. scheitelzelle; Pf = junge Keimpflanze; Pr == Pro- thallium. Fig. 11. Trich. Kraussi, 22 — Zellkörper; Z= Haare; 3 = Blattscheitelzelle. t, schon die allerersten Tei- lungen, aus welchen ein Blatthöcker entsteht. Man kann vorläufig auf das in- teressante Phänomen hin- weisen, daß man nie die Entstehung ' des Archego- niophors bei Trichomanes aus der Oberfläche des Prothalliums selbst beob- achtete, wie dies für Hy- menophyllum zutrifft; da- gegen entsteht bei Tr. Kraussii die junge apo- X==Keulenförm. game Pflanze manchmal Zelle; 3= Blatt- aus der Fläche selbst. Dieselbe Erscheinung hat Bower auch bei Tricho- manes alatum konstatiert. Die zarten, zuerst einzelligen, nachher mehrzellig werdenden Haare erscheinen, bevor die Differenzierung des DBlatt- scheitels vollkommen ist- und schützen die in Teilung be- griffenen und dicht mit Pro- toplasma erfüllten Zellen. Fig. 9 zeigt uns ein weiteres Stadium der KEntwicklung. Der schraffierte Teil ragt etwas hervor, indem er einen Höcker von sich lebhaft teilen- den Zellen bildet. Eine Zelle erinnert: ihrer Form nach sehr an die Blattscheitelzelle, und möglicherweise wird aus ihr das Blatt hervorgehen. Auf Fig. 10 ist die Blattscheitelzelle schon fast ganz differenziert, und Fig. 11 stellt die Voll- 111 endung der Differenzierung dar. Bald nach der Bildung des ersten Blattes, unabhängig von ihm in einiger Entfernung, doch ebenfalls auf dem protoplasmareichen Gewebepolster, entsteht die Stammscheitelzelle (Fig. 12). Man bemerkt eine Gruppe von Zellen, deren Teilungen rasch nacheinander folgen, und aus denen wahrscheinlich die Scheitel- zelle sich differenziert. Wenn das apogame Pflänzchen sich.auf der Fläche des Prothalliums selbst bildet, entsteht die Stamm- scheitelzelle an der Seite, welche dem Prothallium zu- gewandt ist (in der Achsel zwischen dem Prothallium und dem primitiven mehr- schichtigen Gebilde). Die Ge- webe, auf welchen das Blatt, und die Stammscheitelzelle sich bilden, ragen stark über den einschichtigen Zellkörper hervor, was auf den darge- stellten Exemplaren leicht zu sehen ist. Die Stelle, wo die Stammscheitelzelle gebildet. wird, umgibt sich allmählich mit Haaren, die später von allen Seiten den Scheitel be- schützen und sehr schwer zu entfernen waren. Im Verlaufe der Ent- wicklung hebt sich der Blatt- höcker stark über die Stelle, . . Fig. 12. Trich. Kraussii. X Kenlenfürmige wo die Stammscheitelzelle Zelie des Zellkörpers; Z == Blattscheitelzelle: sich differenziert, empor S = Stammscheitelzelle; 47 == Haare; a = Rhizoide. (Pig. 13). Die Tracheiden ” " entwickeln sich frühzeitig, gewöhnlich dann, wenn der Blatthöcker schon vorhanden ist, und sie verlaufen von diesem Blatthöcker nach unten. Die keulenförmige Zelle verweilt als solche ungeteilt, manch- mal auch dann sogar, wenn die junge Pflanze schon ziemlich groß ist und das erste Blatt einige Millimeter in der Länge erreicht (Fig. 16). Zuweilen aber teilt sie sieh oben, wie Fig. 8 zeigt. Nachher, wenn das Blatt und die Stammknospe sieh bilden, wird dieser ganze Zellkörper 112 in die weitere Entwicklung mit hineingezogen: man wird von ihm kaum diese keulenförmige Zelle, ganz zur Seite gedrängt, unterscheiden (Fig. 13). Trich. Kraussü. X = Keulenf. Zelle des Zellkörpers; St—= Stammhöcker; B= Blatt; S= Stammscheitelzelle; 4 = Haare; rk = Rhizeide. In dem unte- ren Teil auf dieser Figur sind die Zeilen noch nicht in weiterer Tei- lung begriffen, und die Tra- cheidenreichen noch nicht an sie heran. Auf den späteren Abbildungen werden wir seben, daßauch die untersten Zellen sich differenzieren und einen Teil der jungen Pflanze bilden werden: man wird nicht mehr viel von dem Zellkörper selbst unterscheiden: es macht den Eindruck, als ob die junge Pflanze unmittelbar aus der Prothalliumfläche oder dem Faden entstände. Das Blatt wächst ziemlich rasch weiter, so daß der Höcker mit der Stammscheitelzelle viel weiter unten bleibt. Die Teilungen der Stammscheitelzelle Fig. 14. Teich. Kraussü. 2 = Blatt; S— Stamm- schreiten aber langsam scheitelzelle; 77 = Haare. vorwärts; in einigen Fällen war das Blatt ungefähr schon 1 mm lang, und doch war die 113 Fig. 15. Trich. Kraussi, A— Antheridium; Z# — Zellkörper; Pr = Prothallium; Z = Blatt; Sr== Stammhöcker; r2 = Rhizoide; 7r = Tracheide; 7 = Haare, dreieckige Zelle kaum differenziert. Manchmal aber entwickelt sie sich etwas früher (Fig. 14): auf dieser Figur hat sie schon vier Segmente. Die Tracheiden gehen allmählich vom Blatt- und Stammhöcker in den Teil, welcher dem Zellkörper angehört, über. Nach dem oben Gesagten ist es leicht, die Anwesenheit der Antheridien auf der Basis / der jungen Pflanze zu begreifen (Fig. 15). } Sie wurden auf dem Zellkörper gebildet, --H dieser aber wurde, wie schon gesagt, in die Entwicklung der jungen Pflanze mit hineingezogen und Fig. 16, verlor so vollständig Teich, seine Selbständigkeit, K. F el so daß es dann aus- >. St— Stann- sah. als ob das eigent- te fürmige Zelle des Zeilkörpers; Pr == Prothallium; Zr = Tracheide; ZH = Haare. lich ihm angehörige Antheridium an der Basis der jungen Pflanze stände, was ohne genauere Unter- suchung nicht ver- ständlich war. a 114 Die junge Pflanze ernährt sich lange Zeit vermittelst des Prothalliums und mit Hilfe von Rhizoiden, welche an der Basis des Zellkörpers sich R nen Da ra ee Bear Fig. 17. Trich, Kraussii. 3 = Blatt; Pr — Prothalliun; ZH == Haare. entwickeln, und erreicht oft mehr als _ 1 cm Länge, bevor die Wurzel sich bildet (Fig. 16). Hier ist, trotz der Größe des ersten Blattes, die keulen- förmige Zelle des Zellkörpers noch bemerkbar, aber ganz zur Seite ge- schoben. Alle anderen Zeilen des Zellkörpers bilden jetzt einen Teil des Sporophyten und sind dementsprechend differenziert, und es sieht: so aus, als ob das Pflänzchen seinen Ursprung unmittelbar aus den Randzellen der Prothalliumfläche genommen hätte, Die Wurzel entsteht seitlich endogen, die Gewebe durchbrechend. Die aller- ersten Stadien ihrer Entwicklung konnte ich nicht finden, da ich nicht sehr viel Material hatte, aber es scheint, daß sie wie bei anderen Far- nen verläuft, darum verfolgte ich auch ihre Entstehung nicht näher. Zwischen den Entwicklungsstadien habe ich eines gefunden, das eine Abweichung von der normalen Entwicklung zeigte. Der Zeilkörper war in seinem oberen Teile einschichtig, im unteren mehr- . schichtig. Auf beiden Seiten des Körpers, in seiner mehrschichtigen Partie, waren Teilungen eingetreten. Ob von einer Seite Stammscheitel, von der anderen aber Blatt oder von einer Blatt, von der anderen Wurzeln entstehen würden, konnte man nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht gehört dieser Fall zu der durch De Bary') beobachteten Abweichung (d), wo ein Sproß an der normalen Stelle entsteht, ihm gegenüber aber auf der anderen 1) De Bary, Über apogame Fame und die Erscheinung der Apogamie im allgemeinen. Bot. Zig. 1878, 115 Seite ein anderer, oder zu dem Falle (e), wo die primären Glieder eines Sprosses sich auf beiden Seiten des Prothalliums verteilen. Leitgeb:) hat eine Erklärung für dieses Phänomen gegeben und solche Fälle experimentell erhalten, indem er eine Veränderung der Richtung der Beleuchtung vollzog. Ich werde bei der Beschreibung von Notochlaena Eckloniana genauer auf solche Fälle eingehen. ‚ IV. Aposporie. Auf den von mir untersuchten Kulturen von Tr. Kraussii entwickelten sich die Sporangien gar nicht, dafür aber waren die Fälle der Aposporie nicht selten. Fig. 17 stellt einen solchen Fall dar, Die Spitze des Blattes hat ein Prothallium gebildet, seine Fläche’ ist schon zieitlich groß, und soeben ist durch antikline ; ; ärıni Fig. 18. Teilung die keulenförmige si. Scheitelzelle in die zwei- Zi— Blatt (punk- schneidige verwandelt wor- word; dr Pro den. H= Haare; Pe 4 — Antheridien. In einem Falle war sogar das Prothallium, welches aus der Spitze ist; diese bil- des Blattes hervorwuchs, den sogar größer als das Blatt seibst Antheridien- (Fig. 18). Rechts auf der stände. Die Zeichnung Aposporie sieht man kann noch weiter gehen: es eine apospore kanı nicht nur die Sporangien- Prothallium- bildung, sondern auch die Bil- fläche hervor- dung des Prothalliums selbst wachsen, wel- unterbleiben und direkt aus den Zellen che sehr reich des Sporophylis können die Antheri- mit Antheri- dien emporwachsen (Fig. 19). Dies dien bedeckt ist ein Fall nicht nur von Aposporie, sondern auch von Apoprothallie. Ich konnte auch künstlich Aposporie 1) Leitgeb, Die Sproßbildung an apogamen Farnprothallien. Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1885, IH. 116 hervorrufen dadurch, daß ich die abgeschnittenen Blätter von Tricho- manes Krauss einige Wochen auf Lehm liegen ließ. Einen solchen Fall stellt Fig. 20 dar, wo Prothalliumfäden und eine Prothalliumfläche aus den Rand- und Flächenzellen des Blattes selbst (Mittelnerv) her- vorwuchsen. Pellaea flavens (Prt.) (Noto- chlaena flavens). Pellaea flavens gehört zu den xerophilen, kalkliebenden amerika- nischen Polypodiaceen aus der Ab- teilung der Perideae-Cheilanthinae. Die Sporen wurden Ende April ausgesät, und nach fünf Wochen wurden die jungen apogamen Pflanzen angelegt. Die Archegonien fehlten voll- ständig, die Antheridien waren nicht besonders zahlreich und befanden sich bald auf besonderen kleinen ameristischen Prothallien, bald auf denselben Prothallien, auf welchen die jungen Pflanzen entstanden. Die Spermatozoiden entwickelten sich, und einmal konnte ich sie in Be- wegung beobachten. Die Bildung der apogamen Pflanze vollzieht sich auf folgende aa. aauich. Kraussii, Weise: Wenn das Prothallium noch ’ ganz klein, ungefähr 14/, mm groß ist, bildet sich ein mehrschiehtiges Polster durch Ausstreckung des api- kalen Meristems der Bucht (Fig. 21, a). Auf dieser Figur ist bei dem Prothallium nur ein Lappen entwickelt; diese Erscheinung war bei allen apogamen Arten sehr häufig. Sehr frühzeitig entwickeln sich im Innern des Prothalliums im mehrschichtigen langgestreckten Gewebe eine oder mehrere Tracheiden. Die Zellen des Höckers sind mit sehr dichtem Protoplasma erfüllt, das sich nicht leicht entfernen Heß. An seiner Spitze erscheint nach einiger Zeit eine Blatischeitelzeile, aber die Zeit ihrer Differenzierung ist sehr verschieden: manchmal tritt dieselbe erst dann ein, wenn der Höcker zu einem zungenförmigen Auswuchs von mehr als I mm herangewachsen ist (Fig. 21 5); manchmal auch sind : E Fi ä & Fi 8 3 niendurgger lora.I908, Banel 08 Fr ar N; Taf. IH E Zuua, 2). Inst Borken. von Gustav Fischer inJena. Flores, Band 88 Tar.ıW. u» Gustav fischer indema Flora, 9085, Band 08 Bu @& Pe; E Lana, hith. Inst Beriin. Verlag von Gustav Fischer in Jena Flora, 1308, Band 98 Verlags von Gustav Fischer inJena . Flera,1008, Band O8 Verboeton bustav Fischer Taf.vIl. 117 die Tracheiden schon vorhanden, während die Blattscheitelzelle noch fehlt (Fig. 21c). Dieses erste Blatt erreicht seine völlige Entwicklung nicht und bleibt verkümmert. Sogar in den Fällen, wo es eine Länge von mehr als 1 cm hatte, blieben seine Zellen undifferenziert, nur lang- gestreekt und manchmal auch ohne Tracheiden im Innern. In anderen Fällen aber hatte es eine unbedeutende Größe, war mit bloßem Auge nicht sichtbar, die Scheitelzelle dagegen war an der Spitze schon zu sehen (Fig. 212). Oft bedeckte sich diese letzte mit den für den Sporo- phrten charakteristischen Haaren (Fig. 21e), zeigte aber «loch keine Fig. 20. N Trieh. Kraussii. Sy: a Pr = Prothallium: H Pr 3 = Blatt; ’ @ = Gefäße; H = Jlaare. == 2 > > I 2 22 _> es Pa: weitere Entwicklung. Nur einmal in den Landkulturen fand ich. dat an der Basis eines solchen Auswuchses zwei Spaltöffnungen vorhanden und die Wände der Zellen gewellt waren. Auch dieser Mittellappen kaun von verschiedener Größe sein. zu der Zeit. wo die ersten Teilungen unter (der Bucht sich zeigen, die zur Bildung eines Stammhöckers führen. Die Teilungen verlaufen unabhängig von dem Blatthöcker und sind von ihn manchmal (dureh einige Reihen großer Prothallinmzellen getrennt (Fig. 22). Diese kleine Gruppe von Zellen. welche den Stammhöcker 8. 22 bilden. ragt von Anfang an sehr stark über die großen Zellen des 2 9 Flora, Bl is, 3 118 Prothalliums und die Basis des verkümmerten Blattes hervor. Auf Fig. 22 sind die Tracheiden noch anwesend. Auf Fig. 23 enthält das verkümmerte Blatt eine Tracheide, und unten sieht man eine Gruppe von Zellen, zu welchen auch eine Tracheide führt. Diese Teilungen leiten die Bildung der Stammscheitelzelle ein; es bildet sich ein Höcker, der sich allmählich mit Haaren umgibt, welche die Stammscheitelzelle schützen; manchmal aber liegt die Stammscheitelzelle fast ohne Haare Fig. 21 fe). Pellaea flavens. v2 — Verkümmertes Blatt; H = Haare; 7r — Tracheide. Fig. 21 /a—@). Pellaea flavens. B—x — Blattscheitelzelle: = Haar; 7r — Tracheide: ?r = Prothallium; k = verkümmertes Blatt; Fig. 21 fa—a), rk — Rhizoide. auf einem Höcker (Fig. 24). Die Tracheiden des Stammhöckers werden unabhängig von denen des verkümmerten Blattes angelegt (Fig. 25) und vereinigen sich erst später miteinander. Einige Zeit nach der Differenzierung der Stammscheitelzelle er- scheint auf demselben{Höcker mit ihr die Scheitelzelle des zweiten, resp. ersten Blattes (Fig. 26). In einigen Fällen fand ich, daß zu der Zeit, wo 119 die Scheitelzelle für das zweite Blatt auf dem Stammhöcker schon vor- handen war, das erste verkümmerte Blatt noch keine Blattscheitelzelle hatte, wie das der Fall auf Fig. 26 ist, und vielleicht wurde diese überhaupt nicht mehr gebildet. Die Stammscheitelzelle liegt jetzt zwi- schen dem zweiten Blatte und der Prothalliumfläche. Die Haare, die den Stammhöcker umgeben, werden zu Schuppen, indem sie später ihre Basis verbreitern und so bei dieser xerophilen Form einen vorzüglichen Schutz der jungen Pflanze liefern. Das zweite Blatt wächst sehr rasch weiter, bildet nach einiger Zeit einen bedeuten- den Höcker und ist wie die normalen Blätter der anderen Farne eingekrümmt; es ent- wickelt sich ganz normal wei- ter. Die Teilungen der Stamm- scheitelzelle aber gehen lang- sam vor sich, wie es aus den Zeichnungen zu ersehen Fig. 23. Pellaea flavens. St =. Stammhöcker; «2 = verkümmertes Blatt; 77 = Tracheide; ?r = Prothall. Fig. 22, Pellaea flavens S? = Stamm- höcker; v2 — verkümmertes Blatt. ist, Die Wurzel bildet sich zuletzt, gewöhnlich nach der Bildung des zweiten Blattes, manchmal sogar später. Sie wird auch unabhängig vom Blatt und Stammhöcker endogen im Innern des Prothalliums angelest. Fig. 27 zeigt einen Fall, wo die Wurzel früher als sonst gebildet wurde. Oben sieht man eine Blattscheitelzelle: der zungenförmige Auswuchs sr 120 war hier nicht vorhanden und die Blattscheitelzelle auf frühem Ent- wicklungsstadium stehen geblieben. Auf beiden Seiten «des Scheitels sind einige Zellwände frühzeitig gewellt. wie es bei «den normalen Blättern der Fall ist. Der Teil des Prothalliums zwischen dem ver- kümmerten Blatte und dem unten liegenden, neu entstandenen, ist mehr- schiehtig. Die Blattscheitelzelle des zweiten Blattes ist eben gebildet, ig. 24. Pellaea flayens. Verkümmertes Blatt: E Stammhöcker; Ir Tracheide; > — Schuppe; $ = Stammscheitelzelle; ?r — Prothallium. und zwischen ihm und der Prothalliumfläche liegt die Stammscheitel- zelle. Im mehrschichtigen Teile des Prothalliums, etwas weiter nach unten. unabhängig von (den ührigen Gliedern der Keimpflanze, findet man die Wurzel angelegt, von welcher aus sich nach oben eine lange Tracheide hinzieht. Nur in diesem einzigen Falle war die Wurzel so früh entwickelt, gewöhnlich aber entsteht sie, wie schon gesagt. nach der Bildung des zweiten Blatthöckers. Die weitere Entwicklung der Keinpflanze bei P. Hla- vens verläuft wie bei einer normal aus einem befruchteten Ei ent- stehenden. Pellaea nivea (Prt.) (Notochlaena nivea) (Desv. Hk. Bk.). Pellaea nivea ist auch ein zu «derselben Ab- teilung gehöriger Farn. Die Gattung Pellaea steht den Gattungen Notochlaena und Chei- lantes so nahe, (daß eine systematische Grenze zwischen diesen drei kaum durchführbar ist. Wie Pel. flavens, so ist auch P. nivea eine aus Amerika stammende xerophile Felsenform, welche vorzugsweise auf Kalkboden lebt; sie ist aber nicht allein mit Schuppen, sondern auch mit einem Wachsüber- zug bedeckt, was schon bei gröberer Unter- suchung die kleine apogame Pflanze von P. nivea von der- jenigen der vorigen Art unterscheidet. Auch hier waren Archegonien nie vor- ie. ©. Pellaer flavens handen; die Antheri- 4° Vorkünmentes Blatt: dien entwickeltensich _7” = Tracheide; 52 =: bald mi Stanmhöcker; # == Blait- yald mit der apoga- höcker: Stammscheitel- zelle;: 4 == Haare. ?2 = Verkümmertes Blatt; anmhörker; 77 : Haare: —= Stammscheitelzelle. Pellaen flavens, Tracheide; 7 Prothallium; . 122 men Pflanze auf demselben Prothallium, bald auf besonderen kleinen ameristischen männlichen. Die Spermatozoiden, die ihre völlige Ent- wicklung erreichen, sind bewegungsfähig. Der Bau der Antheridien stimmt mit dem der anderen Polypodiaceen überein, und nur einmal habe ich eines gefunden, dessen Wandzellen mit sehr breiter Basis dem Fig, 27. Pellaea flavens. B = Blatt; S = Stammscheitel- zelle; vkB = Blattscheitel- zelle des verküm- merten Blattes; Tr — Tracheide; W= Wurzel; Pr == Prothallium; ZH = Haare. Prothallium aufsaßen. Alle Prothallien, welche ich zur Untersuchung genommen habe und die zu verschiedenen Jahreszeiten ausgesät waren, entwickelten immer nur ein einziges Pflänzchen in der Bucht des Pro- thalliums dort, wo gewöhnlich die weiblielen Geschlechtsorgane stehen. Die Entwicklung der apogamen Pflanze ist folgende: die Zellen, welche in der Bucht liegen, teilen sich lebhaft und bilden ein dicht 123 mit Protoplasma erfülltes Polster, dessen Zellen sich etwas vorwärts strecken, und im oberen Teil differenziert sich eine Blattscheitelzelle (Fig. 28,5). Manchmal erreicht dieses verkümmerte Blatt eine Länge von 1 cm, zeigt aber gewöhnlich keine weitere Differenzierung. Auf einigen Präparaten fand ich, daß auf einem solchen verkümmerten Blatte der beblätterte Sproß ent- stand (Fig. 29), aber solche Fälle waren bei dieser Art in meiner Aussaat sehr selten, und ich denke, daß ihre Erscheinung auf Licht- mangel zurückzuführen ist. Wie wir später sehen werden, erhielt ich ähnliche Fälle bei Pel. flavens durch Verdunkelung. In den Fig. 28 (2). Fällen, wo Pellaea nivea. E — Blattscheitelzelle des das ver- verkümmerten Blattes; kümmerte H = Haar; Pr = Prothallium. Blatt aus dem apika- len Meri- stem ent- stand, bil- dete sich die Stamm- scheitelzelle auf einem Höcker, der sich ganz unab- hängig vom Blatthöcker, viel weiter nach unten anlegte iFig. 30): seine kleinen, sich lebhaft teilenden Zellen ragen sehr stark über die großen Prothalliumzellen empor, und der Höcker umgibt sich sehr dicht mit Haaren. Viel öfter aber, als die Bildung des ersten verkümmerten Blattes aus der Bucht selbst, fand ich in meinen Kulturen «en Fall, daß der Höcker mit dem ersten Blatte sich unterhalb der Bucht anlegte, wo die Archegonien entstehen sollten. Fig. 28 /6). Pellaea nivea. ©% == Verkünmertes Blatt; # = Blattscheitelzelle des verkümmerten fi Blattes; “ 4A = Antheridien. 124 An der Bildung des Höckers nehmen gleichzeitig (rei bis vier Zellen des Prothalliuns teil, aber (die Stelle, wo diese Teilung anfängt, ist nieht streng bestimmt: bald liegt sie in der Nähe der Bucht. bald ziemlich weit entfernt. Diese drei bis vier Zellen des Prothalliums teilen sich so lebhaft, daß nach einiger Zeit eine große Zone mit kleinen, reich mit Protoplasma erfüllten Zellen entsteht (Fig. 31). Zu- erst ragen sie nicht so stark wie die bei P. flavens über das Prothallium hervor: auf «er Seite «der Bucht ist der Übergang ein ganz allmählicher, und nur der untere Teil erhebt sich ziemlich bedeutend über die großen Zeilen der Prothalliums. Die Tracheiden bilden sich in diesem mehrschichtigen Teil oft schon dann, wenn noch keine «deut- liche Bilattsclieitelzelle zu unterscheiden ist. Auf Fig. 31 wird «die mit —- bezeichnete Zelle wahrscheinlich zu einer Blattscheitelzelle. Wenn diese ganz differenziert ist (Fig. 32), erscheinen zwischen die- sem DBlatthöcker und der Prothalliumfläche die ersten Teiluugen zur Stammscheitel- zelle. Die Wurzel bei P. nivea wird nach Differenzie- rung des Blatthöckers und Pellaca nivea. St = Stammböcker; der Stammscheitelzelle an- een Fee ei Fr gelegt (Figur 33). Ihre ersten Teilungen habe ich nicht untersucht, «denn es ist kein Grund, zu vermuten, dab sie anders als bei den anderen Farnen entsteht. — Das zweite Blatt wird sieh auf dem Stammhöcker biklen. und überhaupt verläuft die weitere Entwicklung wie bei den normalen Keimpflanzen. In meinen Kulturen fand ich einen abnormen Fall: aus dem Prothallium wuchsen zwei verkümmerte Blätter; eines davon ging un- mittelbar aus der Bucht hervor, war mit Haaren bedeckt und ver- hreiterte sich oben in eine Fläche, weitere Differenzierung aber fehlte, 2. B. «lie Tracheitlen und die Spaltöffnungen; an der Basis des Blattes sah man auch keine Spur eines Stammscheitels. Einige Präparate, welehe mir von Herrn Professor Goebel liebenswürligerweise über- wiesen waren. stellten schr interessante Fälle dar. Aus einem Pro- 125 thalium wuchsen an verschiedenen Stellen mehrere apogame Pflanzen hervor (Fig. 34) und zwar unmittelbar aus dem Prothallium: sie zeigten verschiedene Stufen der Entwicklung; einige davon gingen zugrunde (a), ohne weitere Differenzierung zu erreichen, als daß sie einen Strang von gleichen langgestreckten Zellen bildeten, die eine einfache Fort- setzung der Pro- thaliumzellen dar- stellten. Dann bil- deten sich noch an- (lere apogame Pflan- zen auf demselben Prothallium in der- selben Weise: von diesen hatten einige einen Stammhöcker, die anderen auch eine Wurzel. Nur wenige so entstan- dene Pflanzen konn- ten ihre Entwicklung weiter fortführen, die Mehrzahl von ihnen aber ging zugrunde. Diese Präparate stammten aus den Kulturen, welche unter un- günstigen Bedling- ungen wuchsen, sie waren nämlich auf Torf kultiviert. Wie wir später sehen werden, habe ich 30, Pellaca nivea. 242 == Blattscheitelzelle des ähnliche Fälle mit verkümmerten Blattes; ?r = Prothalliun; 8 P. flavens und P. scheitelzele; S? = Stammhöcker: 4 — Haare, nivea bekommen, indem ich sie einige Wochen im Dunkeln wachsen ließ. In den normalen Kulturen aber, welche ich zu drei verschiedenen Jahreszeiten gesät habe, bildete sich immer nur eine Pflanze in der Mitte des Prothalliums. Wenn ich auch die Prothallien von P. nivea in mehrere Stückchen zerschnitt und weiter wachsen lief, vergrößerte 126 sich jedes davon, wurde unregelmäßig und erzeugte mehrere apogame Pflanzen, bzw. verkümmerte Blätter; ihre Zahl betrug nicht selten fünf bis sechs. Notochlaena Eckloniana. Notochlaena Eckloniana, ein ebenfalls xerophiler Farn, der aus Südafrika stammt, ist wie Pellaea flavens beschuppt. Obwohl die Sporen \ erst nach 12jährigem Aufenthalt im Herba- rium ausgesät wurden, keimten sie nach 34, bis 4 Monaten. Die Archegonien fehlten ebenso wie bei zwei anderen Arten, die An- theridien waren auf sehr wenigen Prothallien und in sehr kleiner Zahl vorhanden. Die Ent- wicklung der apogamen Pflanze zeigt vollstän- dige Übereinstimmung mit P.nivea. Es wurde manchmal auch aus dem apikalen Meristem der Bucht ein zungenför- miges verkümmertes Blatt gebildet, aber öfter entstand die Anlage für die Pflanze unter der Bucht und wie immer Fig. 31. Pellnen nivea. 2% — Blatthöcker; 3x — Blatt. auf der unteren Seite zelle; /7 == Haare; 77 = Tracheide; 37 — Bucht; les Prothalliums. Daran Pr = Prothallium. beteiligten sich zuerst nur wenige Zellen in einiger Entfernung von der Bucht und bildeten einen Höcker, der sich schon frühzeitig mit Haaren umgab. und nach einiger Zeit «differenzierte sich hier eine Blattscheitelzelle. Der Blatthöcker wuchs rasch weiter. und. als er schon eine ziemliche Größe erreicht hatte, bildete sich an seiner Basis zwischen ilım und dem Prothallium eine Stammscheitelzelle (Fig. 35). Ich habe in einem Falle gefunden, daß der Blatthöcker, wie es 127 normal ist, auf der Unterseite des Prothalliums gebildet war, die Stamm- scheitelzelle dagegen auf der oberen Seite. Einen ähnlichen Fall be- schreibt De Bary') unter (e), und er sagt, daß die Entstehung des Stammscheitels sich nicht in 'einer konstanten örtlichen Beziehung zu der Blattanlage befindet. Für diesen, wie auch für einige von De Bary gefundene abnorme Fälle hat Leitgeb?) eine Erklärung gegeben. Fig. 32. Pellaea nivea. = Blattscheitelzelle ; Pr — Prothallium; H# — Haare: Sk = Schuppe. In seinen interessanten Versuchen wechselte er die Beleuchtung bei den apogamen Farnprothallien und erzeugte die Sistierung der früheren An- lage un die Bildung der neuen an der beschatteten Seite. Dieser Beleuchtungswechsel kann nach Leitgeb solche Erscheinung nur auf 1) De Bary, Über apogame Farne und die Erscheinung der Apogamie im allgemeinen. Bot. Ztg. 1878. ° j 2) Leitgeb, Die Sproßbildung an apogamen Farnprothallien. Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1885, Bd. III, Heft 5. 198 einem bestimmten Entwicklungsstadium hervorrufen. Wenn dieses letzte überschritten ist, wird die Induktion nicht wirksam genug und die durch frühere Induktion verursachte Entwicklung geht weiter. Ich habe oft aus den Kulturen von N. Eckloniana Pilanzen genommen, um ihren Zustand unter «em Mikroskop zu sehen: möglicherweise habe Pellaca nivea. ck z= Verkümmertes Blatt: 4° Wurzel; 57. Stammhöcker; rh = Rlizoide. Yig. 38. Pellaea nivea. B = Blatt; St —= Stamm- höcker; W— Wurzel. ich nachher diese Prothallien, anstatt auf (lie untere Seite, auf die obere gelegt, so daß der von mir gefundene Fall wahr- scheinlich auf demselben Grunde beruht, wie der von De Bary beschriebene. In den Kulturen von N. Ecklo- niana wurden noch einige eigen- tümliche Formen gefunden, 7. B. entsprang aus (der kleinen Pro- thalliumfläche ein ganz normal entwickeltes Blatt (Fig. 56) von bedeutender Größe, doch fehlte jegliche Spureiner Stammscheitel- zelle oder Wurzelanlage. 129 Im anderen Falle wuchsen die unteren Zellen des Prothalliums, auf welchem der Sproßhöcker gebildet wurde, weiter nach vorn wieder in ein Prothallium aus. Yig. 35, Notochlaena Eekloniana. 5% == Bucht d. Prothaliiums; 2= Blatt: S = Stammscheitelzelle; =: Haare; Pr = Prothallium. Pellaea tenera. Zu den xerophilen mit Haaren bedeckten Farnen. die auf den Kalkfelsen von Siidamerika wachsen, gehört auch P. tenera, eine eben- falls apogame Art. Die Archegonien waren nie vorhanden, die Antlıe- ridien in geringer Zahl. Auch hier entwickelte sich aus dem apikalen Meristem des Prothalliums ein verkümmertes Blatt mit einer Blatt- scheitelzelle an der Spitze. Die Stammscheitelzelle differenzierte sich 130 an der Basis eines solchen Aus- wuchses unter der Bucht, wie es bei P. flavens der Fall war, von welcher überhaupt kein be- 4 deutender Unterschied in der Entstehung und Entwicklung der apogamen Pilanze bei P. tenera besteht. Nur die ersten Teilungen für die Bildung des Stammhöckers entwickelten nicht einen so stark über das Ge- webe des Prothalliums hervor- ragenden Höcker und gingen allmählich in diesen letzten über. Notochlaena Eckloniana. _ , 23=Blatt; ’ Notochlaena sinuata. rh=Rhizoide; Pr= Prothall. Notochlaena sinuata, auch eine auf dem trockenen Boden des Ge- birges von Südamerika heimische Form, besitzt apogame Pflanzen, die außerordentlich dieht mit Schuppen bedeckt sind. Die Geschlechtsorgane fehlen gänzlich, Fig. 37. Notochlaena sinuata. BR == Blatt: S/ = Stammhäcker; vk = Verkümmertes Blatt; r == Prothallinm. Schraffierte Zone ist mehrschichtig.) Fig. 36. Fig. 38. Notochlaena sinuata. r 131 die weiblichen sowohl wie die männlichen. In der Entwicklung der apogamen Pflanze zeigten sich einige Abweichungen von der bis jetzt bei den anderen Arten beschriebenen. Zwischen zwei Prothal- liumlappen bildeten sich oft zwei verkümmerte Blätter in einiger Entfernung voneinander, manchmal aber so nahe, daß sie auf einem gemeinsamen basalen Teile zusammensaßen; aber fast immer entwickelte eines von ihnen auf sich eine Sproßvegetation. Manchmal waren auf einem Prothaliium drei verkümmerte apogame Pflanzen, bzw. Blätter, vorhanden, die eine verschiedene Stufe der Entwicklung zeigten. Wenn nur ein Mittellappen aus der Bucht des Prothalliums gebildet wurde, so war (dieser fast Kt ‚en immer sehr kräftig ’ entwickelt und fast zylindrisch, doch be- saß er manchmal keine Tracheiden. Bemerkt werden soll noch, daß unter einem solchen ver- kümmerten Blatte die ganze Mittellinie des Prothalliums bis zur Basis, wo die Rhi- zoiden sich befinden, mehrschichtig war und ein ähnliches Polster bildete, wie pflanze; Ar = . . Archegonien; es bei nicht apo- A= Antherid. gamen Arten vorhanden ist, wo es die Archegonien trägt. In «iesem Polster waren gewöhnlich die Tracheiden früher angelegt als im ver- kümmerten Blatte selbst. In allen Fällen, die ich untersucht habe, entwickelte sich nicht an der Spitze des Mittellappens die Blattscheitel- zelie wie bei den anderen apogamen Farnen. $o können wir nur nach der Analogie mit diesen letzteren schließen, daß dies Gebilde ebenfalls ein verkümmertes Blatt ist. Einmal fand ich auch, daß als Verlängerung des Polsters aus der Bucht ein vollständig normal entwickeltes Blatt hervorwuchs, und, obwohl es eine bedeutende Größe erreicht hat, war an der Basis die Stammscheitelzelle nicht vorhanden (Fig. 37). Der Mittellappen wurde nie so lang wie bei den anderen Arten; bald sah man seitlich auf ihm, meistens weit nach oben, einen Höcker sich bil- Fig, 39. Nothochlaene Marantaca. Äp —= keim- 132 den, der sich frühzeitig mit vielen Haaren umgab. sehr rasch weiter- wuchs und die Blattscheitelzelle differenzierte. Dieses Blatt wuchs manchmal sehr rasch und entwickelte 'Tracheiden, während dies bei dem verkümmerten Blatte, auf welchem es entstand, nicht der Fall war (Fig. 38). Nur einmal bin ich dem Falle begegnet, daß auf dem ver- künmerten Blatte ein Höcker sich biklete. der die Stammscheitelzelle trug. ohne daß (die Blattscheitelzeile sich vorher anlegte. Auch hierin besteht ein Unterschied in der Entwicklung der apogamen Pilanze von N. sinuata von den anderen vorher beschriebenen Arten, wo nach der Bildung des verkümmer- ten Blattes immer eine Stamm- scheitelzelle sich bildete. E-- wg Die Stamn- scheitelzelle erscheint hier zwi- schen _ «die- sem neuen . ; Blattscheitel Notöchlaena triehomanoides. P— Wachsausscheidende Pa- und dem pille; 77°? — Wachspapille. yerkümmer- ten Blatte. Dieselbe Folge der Sproß- gliederanlage hat Berggren‘) bei Notochlaena distans gefunden. Die Wurzel entsteht sehr spät, manchmal nach der Entfaltung einiger Blätter, wie es der Fall bei den anderen Arten ist, wenn die Sproßglieder hoch auf das verkimmerte Blatt transportiert wurden. Außer «diesen fünf beschriebenen Arten habe ich noch einige Cheilauthes- und Notochlaena-Arten untersucht, nämlich: Ch. tomentosa. Ch. persica, Ch. fragrans. Not. Marantae, Not. squamosa, Not. trieho- manoides. Not. vellea und Not. languinosa. Keine von diesen war apoganı. Bei Not. Marantae habe ich einmal auf einem Prorhallium zwei Keimpflanzen gefunden (Fie. 3%). Vielleicht ist (diese Eigentümlichkeit auf Verletzung des apikalen Meristems zurückzuführen. I Bergeren. Notochlaena distans. Bot. Zentralbl. 1888. 133 Hinzuweisen ist noch auf das eigentümliche Aussehen des Pro- thalliums von Not. triehomanoides und Not. Schaffneri, das von Wachs ausscheidenden Papillen hervorgerufen wird (Fig. 40). x n Fig. +. Dunkelkulturen von Pellace tHavens. dA Pellaea flavens. a,b, c, d—= Verkümmerte Blätter; Ein Teil der Kul- ‚St —= Stammhöcker; turen von P. flavens 7% Tracheide; wurde verdunkelt, als 2 Zäpaltöfinung: der erste Höcker in der Bucht gar nicht oder Ü kaum entwickelt war. und zwar mit doppelt gefaltetem Seidenpapier. Nach zwei- bis vier- monatlichem Aufenthalt im Dunkeln habe ich se die Prothallien allmählich zu meinen Unter- suchungen ge- nommen. Zu- erst wurden die im Dunkeln erwachsenen Prothallien fadenförmig, dann nalımen sie nach und nach eine sehr unregelmäßige Form an: die Herzform wurde nie entwickelt, zuweilen sogar war das Prothallium auf wenige Zellen beschränkt. Auch (lie Jungen apogamen Pflanzen unterschieren sich sehr von den in normalen Bedingungen wachsenden. Sie bildeten sich fast immer in der Anzahl von 2—5 auf ein und demselben Prothallium: zuerst Flora, Bd. 98. 134 wuchsen immer die verkümmerten Blätter, welche alle Übergänge von fadenförmigen oder mit undifferenzierten Zellen versehenen Spreiten zu len ziemlich hoch entwickelten Blättern mit einer Sproßvegetation zeigten. Es scheint aber, daß diese hoch entwickelten Blätter und die Sproßvegetation deshalb gebildet wurden, weil doch ziemlich viel Licht durch das Seidenpapier hindurchdrang. Auf Fig. 41 sieht man ein Prothallium mit fünf apogamen Blättern, die verschiedene Stufen der Entwicklung erreicht hatten. Bei allen diesen Pflanzen geht das Ge- webe des Prothalliums allmählich in ein Blatt über (2); aus einschich- tigem Gewebe wird mehr- sehichtiges mit langgestreck- ten Zellen und manchmal mit den im Innern verlaufen- den Tracheiden versehenes. Im 9 dargestellten Falle ist das Blatt a an seiner Spitze zu einem Faden reduziert. Als ich nach- her die Exemplare, welche Fig. 42. =. Pellaea flavens. Se a,d,c,d = Verkümmerte Blätter; #= Wurzel; Tr = Tracheide; 7A = Rhi- zoide; ?r — Prothallium. längere Zeit im Dunkeln verweilten, untersuchte, fand ich, ılaß diese Blätter sich später weiter entwickelten, mit Spaltöffnungen und Haaren bedeckt wur- den: auch die Flächenzellen erhielten mit der Zeit gewellte Wände, was auch für die normalen Blätter charakteristisch ist. Von diesen Zellen zu den einfachen polyedrischen des Prothalliums besteht ein ganz allmählicher Übergang, wie Blatt @ zeigt. Oft entwickelte sich auf einem solchen Blatte. bald höher, bald niedriger, ein Stammhöcker und im Innern der Gewebe des Blattes eine Tracheide, die zu der Stammknospe führte (d). Die Verkümmerung des Blattes geht manchmal so weit, daß es sehr schwer ist, in solchen (Gebilden die Blätter zu erkennen, z. B. ver- 135 zweigten sich einige Blätter, welche kaum aus wenigen Zellen bestanden, (Fig. 42), und nur nach viermonatlicher Verdunkelung trat ihre Blatt- natur deutlicher hervor. Auf Fig. 42 sieht man ein Blatt, das an seiner Basis eine Wurzel trägt; die Stammscheitelzelle ist dagegen noch nicht. vorhanden. Im allgemeinen aber waren die Fälle, wo die Wurzel so früh erschien, außerordentlich selten; gewöhnlich, wie wir sehen werden, bildet sie sich sehr spät bei den verdunkelten Exemplaren. Manchmal ist fast das ganze Blatt auf einen Faden reduziert, und nur an seiner Basis bemerkt man einige langge- streckte Zellen, welche allmählich Fig. 43, Pellaea flavens. ?2 — Verkümmertes Blatt: H — Haare; ra = Rhizeide; z Pr = Prothallium; st St = Spaltöffnung. Fig. 44. Pellaea flavens. S —= Stammscheitelzelle; 7 = Haare. in das Prothallium übergehen. Wie wir aber noch sehen werden, ist ein solches verkümmertes Blatt zu weiterer Entwicklung fähig. Nach viermonatlicher Verdunkelung begegnete man nur ausnahms- weise Prothallien, welche zu gleicher Zeit viele verkümmerte Blätter trugen: fast immer war der gemeinsame Teil des Prothalliuns ab- gestorben, viele Blätter gingen zugrunde, die übrigen standen jetzt von- einander abgesondert, und es waren gewöhnlich kauın einige Prothallium- zellen an der Basis von jedem Blatt sichtbar (Fig. 43), von denen jetzt 10* 136 Fig. 45. Pellaea flavens B=— Blatt; Sp = Spaltöff- nung; H $t = Stamm- " höcker; #= Haare; W= Stelle, wo die Wurzel angelegt ist. Fig. 46. Pellaea flavens. 3 = Blattscheitelzelle: 72 = ver- kümmertes Blatt; S == Stamm- scheitelzelle; SA = Schuppen; Bh == Blatthöcker, Rhizoidlen entsprangen. Die am Leben gebliebenen verkümmerten Blätter zeigten auch verschiedene Stufen der Ausbildung und waren zu weiterer Entwicklung fähig. Bei einigen Blättern war die La- mina ziemlich groß und hoch dif- ferenziert: die Wände der Zellen waren gewellt (Fig. 44), mit Spalt- öffnungen und Haaren versehen. Die Stammscheitelzelle bildete sich sehr spät auf dem Stiele des Blattes selbst. Auf der dargestellten Figur sind nur die ersten Teilungen vor- handen (auf der Fig. 44 links, wo zwei Haare stehen). Die Trache- iden werden im Blatte, unabhängig von der Stammknospe, gebildet: sie verlaufen viel weiter nach unten als bis zu dem Orte, wo die Stamm- knospe erscheint, und zwar in ge- rader Richtung, ohne sich dieser Stelle zu nähern. Die unabhängige Anlage der Tracheiden von der Stammscheitelzelle wird auch dadurch bewiesen, daß erstere häufig der ganzen Länge nach in ge- rader Richtung schon aus- gebildet sind, während die ersten Teilungen für die Stammscheitelzelle noch fehlen. Die Wurzel wird noch später als der ...vr Stammhöcker gebildet. Die ersten Teilungen wer- den unter lem Tracheiden- strang im Innern des Ge- webes (der Blattstielbasis ”- 137 eintreten (Fig. 45). Auf diesem Präparate waren nur die präliminären Teilungen zur Bildung der Wurzel vollenilet, «lie dreieckige Zelle aber konnte man noch nicht unterscheiden, wie auch die Stanunscheitelzelle noch nicht ganz gebildet war. Interessant zu erwähnen ist hier noch die Biklung von Auswüchsen (des Blattes und des Stieles, welche senk- recht zu «er Oberfläche der zuerst entstandenen Lamina sich befanden. Einmal habe ich zwei Blätter mit gut entwickelter Lamina dicht nebeneinan- ‚ler, aus einem Prothallium entspringend, beobachtet. Unten war ein Höcker vorhanden, aber ich konnte auf ihm die Stammscheitel- al /7 > zelle nicht finden. \ Zar .. Ay Fast alle verkümmer- Se ten Blätter, die ich nach viermonatlicher Verdunke- lung untersuchte, bildeten auf sich einen beblätterten Sproß. Die Lage, welche die neuentstandenen Sproß- glieder auf dem verküm- merten Blatte hatten, war bei den einzelnen Indivi- (duen verschieden: sie stan- den entweder an der Spitze desselben, in der Mitte oder an der Basis, am Fig. 47. Pellaea flavens. 7% — Verkümmertes BR Ra Blatt; hänfigsten aber ziemlich B — Blatt; oben auf dem Blatte. So Fi ers Pr = Prothallium: rh = Rhizeide. oft die verkümmerten Blätter aus einem Faden bestanden, traten die Tei- lungen in einer oder mehreren nebeneinander stehenden Zellen desselben auf und führten zur Bildung eines Zellpolsters. Später teilten sich auf einer Seite des Polsters die Zellen besonders lebhaft. und wurden sehr reichlich mit Protoplasma angefüllt; dann bildete sich ein Höcker, der 138 sich mit später zu Schuppen werdenden Haaren bedeckte. Die Teilungen auf Fig. 46 zeigen uns, dab dieser Höcker ein Blatthöcker ist: er er- hebt sich weit über das Polster und wächst sehr schnell heran. Nach einiger Zeit erscheint hinter dem Blatthöcker auf dem früher ent- standenen Zellpolster die Stammscheitelzelle, so daß sie auf diese Weise durch das Blatt gestützt wird (Fig. 46). Bei diesen hoch an den Blättern entstandenen Sprossen entwickelte sich die Wurzel noch später als bei den auf dem Prothallium selbst gebildeten. Auch die spär- lich vorhandenen Tracheiden erschienen sehr spät in dem verkümmerten Blatte selbst, wie auch bei dem auf ihm entstandenen Sprosse (Fig. 47), Die auf dieser Figur dargestellte junge Pflanze ist reichlich durch aus dem Faden entspringende Schuppen geschützt, was man leicht verstehen wird in An- betracht der Tatsache, daß dieser Faden nichts anderes als ein verkümmertes, seiner Natur nach zu solchen Bil- dungen fähiges Blatt ist. In vielen Fällen bildete sich die Wurzel an der Basis des Pellaea flavens. St = Stammhöcker: 4 = Blatt; nn andes Shp = Sehuppen: h verkümmerten Blattes selbst ©2 = verkümmertes früher, als bei dem auf ihm Blatt; Pr = Prothallium: rh —= Rhizoide. entstandenen Sproß. So oft der neue Sproß hoch auf dem verkümmerten Blatte entsteht, wird dieses letztere nach eini- ger Zeit ganz zur Seite ge- drängt (Fig. 48). und dort, wo dieses Blatt mit der neuen Sproßvegetation in Kontakt steht, wird die Anordnung der Zellen des abortierten Blattes ganz verwischt, denn dieselben werden mit in die Entwicklung des neuen Sprosses hineingezogen. Auch die spätere Entstehung der Wurzel zu einer Zeit, wo das Blatt schon eine bedeutende Größe erreicht hat. ist hier gut zu verfolgen. So oft aber die neue Pflanze ziemlich weit von der Spitze des verkümmerten Blattes entsteht, kann man diese länger als im vorherigen Falle nach der Entwicklung des beblätterten Sprosses unterscheiden. 139 Wie wir schon oben erwähnt haben, erreicht das verkümmerte Blatt selbst, auf welchem der Sproß entsteht, manchmal eine viel höhere Entwicklung, wahrscheinlich unter dem Einfluß des eingedrungenen Lichtes (Fig. 49): es verbreitert sich in eine Fläche mit gewellten Zell- wänden, auf welchen sich Spaltöffnungen und Haare entwickeln, im Innern Tracheiden. Manchmal wuchs aus einem verkümmerten Blatte ein anderes ebenso verkümmertes, welches eine bedeutende Größe er- reichte, ohne daß die Stanımknospe gebildet wurde (Fig. 50). Nach einem viermonatlichen Aufenthalt im Dunkeln wurıle ein Teil der Kulturen 3!/, Wochen lang ans Licht gestellt; unter ihnen Fig. 49. dr Pellaea flavens. ”% — Verkünn. 2 Mala Inter ” _ Blatt; habe ich viele interessante Fälle ge f 75 — Tracheide; funden. doch kann ich nicht sagen, ae B = Blatt; ob der Einfluß des Lichtes oder ler % ee ft i Y ii ies RW - Seker; nur die weitere Entwicklung diese 1% Le 2 W= Wurzel; Pr = Prothall.; ra = Rhizoide. Veränderungen veranlaßten, da ich N keine Kontrollversuche machte. Ein verkümmertes Blatt z. B. hatte drei fadenförmige Auswüchse an der Spitze (Fig.51), wahrschein- lich Prothallien, weiche auf apo- sporem Wege aus dem Sporo- phyten herauswuchsen. In einem anderen Falle fand ich, daß aus der Spitze des ver- künmerten Blattes ein neuer Sproß entstanden war: er war schon mit einer Tracheide versehen, dagegen fehlte dieselbe dem verkümmierten Blatte, aus welchem er hervorging. Der obere rechte Teil des Blattes wuchs auch weiter, aber die Zellen, wo der Auswuchs entsprang, waren vertrocknet und braun, und ich konnte die Übergangszellen nicht unter- scheiden. darum auch nicht sagen. ob hier ein Prothallium, eine Schuppe oder vielleicht eine Übergangsform zwischen beiden vorlag. Zwischen diesen Exemplaren fand ich alle Übergänge vom Pro- thallium zum Blatte, und manchmal gingen die Zellen von beiden Generationen so allmählich ineinander über, daß es unmöglich war. eine scharfe Grenze zu ziehen. 140 Fig. 52 zeigt einen interessanten Fall: aus einem Prothallium ent- sprang ein verkimmertes Blatt, aus diesem wieder eim Prothallium, welches von neuen verkümmerte Blätter trug, Nach dem Verlauf der Zellen scheint es, daß die Blätter @ und 2 unabhängig voneinander, aber dicht nebeneinander entstanden sind, und daß Blatt 5 an seiner Basis eine Stammknospe mit dem ersten normal entwickelten Blatte gebildet hat. Eine Eigentümlichkeit des Blattes (=), der wir sogleichnoch öfter begegnen werden, ist die prothalliumähnliche, einschichtige. seit- liche Verbreiterung der Blattfläche. Bei einigen Individuen waren diese Auswüchse 9 hr Fig. 50. sehr groß, und ‚vr rg Pellnen Älavens. die Charaktere "UK Shp = Schuppen; Pr = Prothallium; des Prothalli- »* —ierkümmer tes ums waren deutlich aus- geprägt. Verschiedene Entwicklungs- stufen der Sporophyten- zellen und ihre verschiedene Lage in bezug zu den (same- tophytenzellen sind gut auf den zwei nächsten Fi- guren zu sehen (Fig. 58, 54). Der auf Fig. 54 dargestellte Fall beweist uns, daß diese einschichtigen Auswüchse dem Gametophyten ange- hören; z. B. hat der Auswuchs (a) eine herzförmige Ge- stalt, in der Bucht befindet sich ein mehrschichtiges Polster mit einer ganz (lifferenzierten Blattscheitelzelle, und aus der Fläche des Prothal- liums entspringen Rhizoiden. Der untere Auswuchs (2) zeigt an einer Stelle sehr lebhafte Teilung, und aus einer Zelle wächst schon ein Haar heraus; hier wird sich auch wahrscheinlich eine Blattscheitelzelle bilden. 141 Manchmal war das Blatt außerordentlich verkümmert und nur dureh wenige Zellen repräsentiert (Fig. 55). Es entspringt aus einem Prothallium und hat zuerst nur einfache, langgestreckte Zellen, weiter nach oben sind einige davon etwas gewellt; dieses Blatt ist nur zwei bis vier Zellschichten dick an der Stelle, wo gewöhnlich von beiden Seiten des Blattes sich die Spaltöffnungen bilden. An seiner Spitze wächst dieses verkümmerte Blatt in ein großes Prothallium aus. &N Fig. 51. Rei Pejlaea flavens. Rz «2 == Verkümmertes Blatt; ’ = Prothallium; Eine solche künstlich hervorge- rufene Aposporie zeigt sich noch besser auf Fig. 56. Hier ist von dem verkümmerten Blatte nur ein Stiel ohne Tracheiden zu sehen; aber auf der Übergangsstelle von dem mehrschichtigen zu dem einschichtigen Teile befinden sich zwei Spalt- Öffnungen und einige kaum gewellte Zellen. Auf ıliese folgt, durch allmählichen Übergang mit ihnen verbunden, eine große Prothalliumfläche mit vier Antheridien, der einzige Fall unter diesen Exemp- laren, wo das Prothallium Antheridien besaß. Es war dagegen nicht selten, daß das Prothallium seine charakteristische Herzform hatte und sich in der Bucht eine apogame Pflanze entwickelte. Fig. 57 zeigt den allmählichen Übergang des verkümmerten Blattes in ein Prothallium und wie aus diesem wie- -) der eine apogame Pflanze bzw. das erste Blatt entsteht. Aus den Zellen, weiche dem Prothallium U angehören, wachsen zahlreiche Rhizoide aus. Dort aber, wo die Fläche zwei- oder mehrschichtig ist oder wo gewellte Sporophytenzellen vorhan- den sind, stehen Spaltöffnungen. Wenn diese letzteren an der Grenze von dem einschichtigen und mehrschichtigen Gewebe sich befanden. war ihre Form etwas unregelmäßig und die Spalte sehr verengt. Nur in der Mitte der Fläche verlaufen Tracheiden, im Stiele aber fehlen sie; über- haupt ist der Stiel sehr wenig differenziert und zeigt Blattcharakter. Sandkulturen von Pellaea flavens. Ein Teil der Kulturen wurde auf Sand übertragen und zwar (die- selben Entwicklungsstadien wie bei den beschriebenen, im Dunkeln kultivierten Pflanzen. Als ich sie nach 3 Monaten untersuchte, waren sie arm an Chlorophyll, doch waren die Prothallien größer und regelmäßiger als bei den Dunkelkulturen. Wenn auch die Dunkel- und Sandkulturen eine Ähnlichkeit in mancher Be- S ziehung zeigten, da beide „ vn N Hungerformen darstellten. Man \ ‚) waren im ganzen die letzte- ren viel differenzierter in ihren Formen als die ersteren. Der Mittellappen, welcher aus der Bucht wuchs, war oft Fig. 52. reichlich mit Pellaen iu. Haaren be- Pr = Pro- 2\ deckt, und auf thallium ; 12) ihm, bzw. auf R = Blatt; Mi vk — ver- dem verkün- kümmertes merten Blatte, Blatt. waren in einem Falle Spalt- öffnungen ge- bildet (Fig. 58), was ich bei den Dunkelkulturen nie ge- sehen habe. Während bei den Dunkelkulturen immer viele einen verschiedenen Grad der Verkümmerung zeigende Blätter aus einem Prothallium her- vorgingen, war dies bei den Sandkulturen eine relativ seltene Erschein- ung, und wenn sie sich zeigte. so hatten die betreffenden Blätter eine ziemlich breite Fläche, auch waren die Zellen weiter differenziert, wahrscheinlich eine Ein- wirkung des Lichtes. 143 Ein Unterschied besteht auch in der Anlage der Wurzeln, die bei Sandkulturen viel früher erfolgt als bei Dunkelkulturen. Oft war auf dem Mittellappen die Wurzel schon gebildet, obwohl die Stamn- scheitelzelle noch nicht vorhanden (a war. Die Länge der Wurzel bei ) den Sandkulturen war sehr bedeu- tend. Bei den Sandkulturen war der beblätterte Sproß nicht so hoch auf (den Mittellappen transportiert wie bei den Dunkelkulturen. Es entwickelte sich gewöhnlich aus dem Mittellappen bzw. verkümmertem Blatte ein zweites, ebenso verküm- mertes, auf welchem erst die Sproß- vegetation erschien; das ihr ange- hörige Jritte Blatt sah fast immer normal aus und entwickelte früher Tracheiden als das zweite Blatt (Fig.50); dieses letz- tere war zur Zeit der Entwicklung der dritten und vierten Blätter gewöhnlich Pellaea flavens. ck — Verkümmertes Blatt; Pr = Prothallium; 74 = Rhizoide; X — Blattscheitel- Pellara flavens. ck = Verkün- mertes Blatt. aus undifferenzierten Zellen gebaut, die Lamina mit den Spaltöffnungen war noch nicht entwickelt. Der obere Teil, der anfangs gegabelt und ohne Blattscheitelzelle war. verbreiterte sich nach der Entfaltung einiger Blätter und bildete eine Lamina, die fast wie bei den anderen Blättern 144 aussalı. Bei solchen aus der Bucht herausgehobenen Exemplaren ent- wickelte sich die Wurzel ziemlich spät. wie auch Fig. 59 einen weit entwickelten beblätterten Sproß mit einer Wurzel in ihrer ersten Anlage zeigt. Wenn auch selten, kamı es vor, daß die verkümmerten Blätter der Sandkulturen allmählich in Pro- . thallien übergingen (Aposporie). ar Auch einige Fälle von verkümmerten Blattformen, wie bei den Dunkelkulturen, kamen hier vor, doch werde ich nieht näher auf «dieselben eingehen, (da sie früher besprochen worden und auch nicht besonders zahlreich waren. Pellaea flavens. 4 — Antheridien; 2 - E E Pellaea flavens. ?& : Verkümmertes Blatt; Zr = Prothallium; Sp == Spaltöffnung. 145 Regenerationsversuche. Mit fünf oben beschriebenen apogamen Pellaea- und Notochlaena- Arten, wie mit zwei nicht-apogamen: „Gymnogramme farinifera“ und Notochlaena Marantae, habe ich verschiedene Regenerationsversuche gemacht und folgende Resultate erhalten: Versuch I: Das Prothallium von Pellaea nivea wurde in viele Stücke geschnit- ten. Jedes davon wuchs weiter und erreichte nach einiger Zeit eine unregelmäßige Form mit drei bis fünf an verschie- denen Stellen ent- standenen apoga- men Pflanzen. Versuch I: Bei XNotochlaena Eckloniana wurde der Mittellappen aus der Bucht herausgeschnitten. Das Prothallium wuchs nicht mehr an dieser Stelle, sondern der hier vorhandene ein- zige Lappen des Prothalliums wuchs seitlich weiter und regenerierte eine neue herzförmige Prothalliumfläche mit einem kleinen Höcker (Anlage für die apogame Pflanze) in der Bucht. Auch bei Pellaea nivea wurde ein analoger Versuch gemacht. Auch hier wuchs das Prothallium an der verletzten Stelle in der Mitte nicht mehr, doch wurden die beiden Lappen größer, ohne eine Herz- form zu bekommen, und bei einigen Objekten wuchs an dem der Bucht Fig. 57. Pellaea flavens. Zr = Prothallium; 74 = Rhizoille; 5£ — Spaltöffnung; v4 = verkümmertes Blatt. 146 Fig, 58. Pellaea flavens. Pk == Verkümmertes Blatt; Pr == Prothallium; Sp =: Spaltöffnung. Fig. 59. Pellaea. flavens. 23 = Blatt; ck — verküm- mertes Blatt; Wa == Wurzel- anlage; St= Stamm- höcker; Pr — Pro- thallium. zugekehrten Rande des einen Lappens, bei anderen beider Lappen eine bzw. zwei apogame Pflanzen heraus. Versuch III: Bei No- tochlaena Eckloniana wurde das erste in der Bucht stehende Blatt abge- schnitten, aus dem Stamm- höcker wuchs ein zweites Blatt hervor. Versuch IV: Bei No- tochlaena Eckloniana wurde das erste und einzige nor- mal entwickelte Blatt ab- geschnitten, welches in der Mitte (les verkümmerten Blattes, bzw. Mittellappens, neben dem Stammhöcker entwickelt war. Nach einigen Wochen wuchs von der anderen Seite des Stammhöckers ein zweites Blatt. An der Basis des neu entfalteten Blattes entstanden Rhizoi- den, der Mittellappen selbst zeigte aber keine weitere Entwicklung. Der- selbe Versuch wurde auch mit Pellaea fliavens ange- stellt. Nach einiger Zeit bildete sich eine neue Knospe, höher als die frühere, auf dem Mittel- lappen. Die frühere Stammknospe aber ent- wickelte in diesem Falle 147 kein neues Blatt, was vielleicht auf eine Verletzung derselben zurück- zuführen ist. Versuch Y: Es wurde bei Notochlaena Eckloniana, Pellaea nivea, Pellaea flavens der aus der Bucht hervorgehende Mittellappen (ver- kümmertes Blatt) abgeschnitten und auf Lehm gelegt. Die Resultate bei den verschiedenen Objekten waren verschieden. Bei Pellaea fla- vens z. B. wuchsen in einem Falle aus dem mittleren Teile des abge- schnittenen Auswuchses viele Rhizoiden auf einer bestimmten Strecke zerstreut, (Fig. 60). Einige Zellen bildeten an derseiben Stelle eine Anhäufung von Zellen und Auswtichsen, zwischen welchen einer be- Fig. 60. Pellaea flavens. Fig. 61. Vellaea flavens. rk = Rhizoide; vs — Verkümmertes Blatt; vk = verkümmertes Blatt. Bh = Blatthöcker; ra = Rhizoide. sonders groß war. Diese Neubildung war melhrschichtig, mit Blatt- segmenten an der Spitze, nur war die Blattscheitelzelle selbst «dureh eine quere Wand in zwei Zellen geteilt. Man kann dieses Regenerat als einen mißlungenen Versuch des Mittellappens zur Bildung eines neuen Blattes betrachten. In anderen Fällen bei Pellaca flavens wurden Rhizoiden an der Basis des verkümmerten Blattes (Mittellappens) gebildet; in seinem Innern differenzierten sich Tracheiden, welche sich dem Höcker (Fig. 61) mit einer Blattscheitelzelle zuwandten. Es konnte aber auch eine andere Bildung vorkommen, indem die oberen Zellen des verkümmerten Blattes weiter wuchsen: es bildete 148 Tr sich zuerst ein mehrschiehtiger Körper mit einfachen polyedrischen Zellen (Fig. 62). Zwei nebeneinander stehende Ober- flächenzellen besitzen tracheidale Ver- diekungen, welche mit Phlorogluzin und Salzsäure Holzreaktion zeigten. Der mehrschichtige Auswuchs konnte in einen einschichtigen übergehen. Pellaea flavens. uk =, Verkümmertes Bei Pellaea nivea wuchsen die seit- Blatt; : R . . As = Answuchs; lichen Zellen des Mittellappens unmittel- Tr — Tracheide, bar in ein Protballium aus (Fig, 63). Auf dieser Figur hat das Prothallium Herzforın, und aus seiner Oberfläche wie auch aus dem Mittellappen, dem Ent- stehungsort des Prothalliums gegenüber, wuchsen Rhizoiden heraus. Versuch VI: Es a) wurden die Keimblätter Ir I und die darauf folgen- \ den abgeschnitten und N auf den Boden gelegt. Die Folgeblätter haben keine Neubildungen ge- geben, vergrößerten aber ihre Fläche außer- ordentlich. Auch. die Keimblätter konnten nur, wenn sie ganz jung waren, in den embryo- nalen Zustand zurück- kehren und Regenerate geben. Die Art und Weise der Neubiklungen war bei den einzelnen Individuen sehr ver- schieden. Auf Fig. 64 bei Pellaea nivea bil- deten sich zuerst an der Basis des Stieles Rhizoiden. Auch die Fig. 63. Pellaen niven. 4 = Verkümmertes Blatt; B Pr == Prothallium; 7% = Rhizoide. Fläche der Lamina 149 wuchs immer weiter, nahm manchmal eine sehr unregelmäßige Form an, und ihre Zellen wurden einfacher, je mehr sie sich der Spitze näherten (Fig. 65). Nach längerer Kultur auf Lehm wuchs aus der Basis des Stieles ein Höcker mit polyedrischen Zellen, anscheinend CB ein verkümmertes Blatt. Erst aus diesem Auswuchse bildete sieh ein ganz normal aus- sehendes Blatt, das an seinem Stiele einen wahrscheinlich zum Stammhöcker werdenden Zellkomplex trug. In anderen Fällen wurden keine Rhi- zoiden gebildet (Fig. 66), sondern die Zeilen an der Basis des Blattstiels wuchsen in ein fehlgeschiagenes Blatt aus. Es besaß in der Dicke drei bis vier Reihen nicht differenzierter Fig. 64. Pellaea flavens. Zellen ohne Tracheiden; Spaltöffnungen unıl Haare dagegen waren vorhanden. An seiner Basis biklete sich ein Höcker, (ler die ersten Teilungen zur Bildung emer «durch Haare ge- schützten Stamm- scheitelzelle zeigte. Die Tracheiden wenden sich von dem Blattstiele zu diesem Höcker. Wie wir gleich sehen werden, kann die Spitze des Blattes auch ein Sitz von Neuhil- dungen sein. Es kam z. B. vor. daß aus der Fi Pellaca flavens. Spitze ‚les Blattes ein Yig. 54 1.05. AZ = Auf den Boden zlentes Blast; dichtes Büschel von Rhi- ?# = verktimmenes Blatt: @ an Hattı zoilen auswuchs. Eine andere Art von Neubildung zeigt Fig. 67. Hier entwickelte sich die der Blattlamina von Pellaea nivea weiter und ergah einen mehrschichtigen Auswuchs, welcher eine unmittelbare Verlängerung der Zellen der Blatt- Flora, Bd. 8, 1 150 flächen darstellt, nur daß (die Epidermis hier nicht differenziert ist. Wie im früheren Falle sinı auch hier zwei Oberflächenzellen mit trachei- Fig. 66. AB == Auf den Boden ge- legtes Blatt; v2 = verküm- mertes Blatt: S?= Stamm- höcker. Pellaea flavens. Fig. 67. Pellaea nivea. XB = Auf den Boden gelegtes Keimblatt; As = Auswuchs; 7r = Tracheide. ‚alen Verdickungen versehen. Die Bildung eines solchen Auswuchses kann man walır- scheinlich als einen Versuch des Blattes zur Erzeugung eines neuen Sprosses betrachten. Bei Pellaea flavens (Fig. 68) waren die Zellen des Auswuchses an einer Stelle sogar etwas gewellt und kleine Interzellularräume vorhan- den. Auch sehen wir hier deutlich, wie plötz- lich das Blatt manchmal in den Auswuchs übergeht: an der Grenze beider Gewebe findet man die für «die Spaltöffnungen abgeschnitte- nen Zellen, welche aber noch nicht durch wei- tere Teilungen in Schließzellen differenziert. sind. Bei den anderen Prä- paraten von Pellaea flavens fand ich die Zellen zuerst mehr gewellt, die Interzellu- larräume viel größer, den Auswuchs, der oft in ein ein- schichtiges prothalliumähn- liches Gewebe überging, viel länger. Solche Neubildungen habe ich auch bei Gymno- gramme farinifera erhalten; in einigen Fällen erreichten sie eine bedeutende Größe, und zwischen den gewellten Zellen am Rande der Fläche befanden sich 2—3 Spalt- öffnungen. Häufig wuchs auch bei derselben Pflanze aus dem Stiele des Blattes ein Prothallium, das mit Rhi- zoidlen (Fig. 69) und manch- mal, auch Emit Antheridien bedeckt war. Auch die Oberflächenzellen der-Blattiamina behalten in manchen Fällen lange Zeit embryonalen Charakter und können weiter wachsen. Fig. 70 stellt z. B. einen solchen Fall bei Pellaea nivea dar: dieneugebildeten, großen, kugeligen Zellen ragen stark über die Fläche hervor und verlängern sich weiter in einen langen, fadenförmigen, fs’ “ reich mit: Chlorophyll gefüll- ten Auswuchs. Auf der an- deren Seite der Lamina hat eine Oberflächenzelle auch eine brutknospenähnliche Neu- bildung gegeben. Auch bei Gymnogramme farinifera kehrten die Lanıina- zellen sehr häufig in den Embryonalzustand zurück. Die abgeschnitte- nen Blätter einer anderen normalen Art „Notochlaena Marantae“ haben mir nach einigen Monaten folgende Resultate gegeben: einmal wuchs aus dem Stiele des Blattes (Fig. 71) ein neuer beblätterter Sproß mit einer neuen Wurzel; bei einenr anderen Präparate (Fig. 72) wuchs die Spitze des Blattes weiter und bildete 151 "As Fig. 68. Pellaea flavens. KB = Keimblatt; 45 = Auswuchs. Fig. 69. Gymnogramme farinifera. von einer (auf Figur KB -= Keimblatt; A = Antheridien; ?r = Prothallium; rk — Rliizeide, 11* 152 rechter) Seite eine Fortsetzung der Blattlamina. von (der anderen aber zuerst ein verkümmertes Blatt, oben mit einer kurzen Tracheide, auf welchem «dann eine Stammknospe mit einem normalen Blatte und einer Wurzel gebildet wurde. Der Trache- .- As idenstrang gabelt sich von der Spitze des zuerst auf den Boden gelegten Blattes aus; ein Teil wendet sich zur ' Stammknospe. «ler andere dem ver- 2 - Kr künmerten Blatte zu. Aus dem Stiele des früheren Blattes sind an einer Stelle einige Rhizoide gebildet. Allgemeine Resultate. Wenn wir jetzt die Resultate der Untersuchungen zusammenfassen, so ergibt sich folgendes: KB Kom- Trichomanes Kraussi stellt eine blatt. höhere Entwicklungsstufe unter den Trichomanes-Arten dar, denn sein Protlallium besteht hauptsächlich aus Flächen. Die Antheridien sind, nach der Entstehungsfolge ihrer Wände zu schließen, denjenigen der Osmundaceen am ähnlichsten. Sie zeigen keinen bedeutenden Unterschied von den Antheridien von Trichomanes 70, nivea. Ga ?iL_- )---KP% 43= Keimblatt (das auf d. Boden gelegt war); S7— Stammhöcker, F=Wurzel; 7 u. /7 B = neu entstandene Blätter; v2 verkümmertes Blatt: 42 — später ausge- -TR wachsener Teil des Blattes; ig 7r — Tracheide; > — Rhi- zoide. NV Fie. 71. Notochlaena Marantae. Fig. <2. Notochlaena Marantae. 153 alatum, die von Bower!) beschrieben wurden. Die weiblichen Organe waren überhanpt nicht vorhanden, und in Zusammenhang mit ihrer Abwesenheit und der unvollständigen Entwicklung der Antheritien steht. die apoganıe Iintwicklung der Pflanze. Die primären Glieder der Keimpflanze entstehen an einem dem Archegoniophoren homologen Zellkörper, dessen Zellen in fadenfürmige Prothallien, Rhizoiden oder Fäden mit Antheridien auswachsen können. Zuerst entsteht das Blatt und dann, unabhängig von ihm, der Stamm- vegetationspunkt. Diese unabhängige Entstehung des Blattes und des Stanmscheitels, welche sich auch bei allen von mir untersuchten apo- gamen Pellaea- und Notochlaena-Arten findet, ist derselben Erscheinung bei den Farnen mit Knospenbildung an den Blattspitzen analog, welche genau von Goebel und Kupper?) untersucht wurtlen. Die Zellen des Zellkörpers, auf welchem zuerst der Blatt- und der Stammscheitel entstanden waren, werden allmählich mit in die Ent- wicklung hineingezogen und differenziert: es scheint «ann, als ob «lie junge Pflanze unmittelbar aus dem Faden oder der Prothalliumfläche entspringt. Sporangienbildung wurde von mir nie bei Trichomanes Kraussi beobachtet, die Fälle der Aposporie aber waren sehr zahlreich: es ent- standen flächen- und fadenförmige Prothallien aus dem oberen Teile des Blattes, wo die Zellen noch den embryonalen Charakter beibelialten hatten. Ein extremer Fall von Aposporie zeigte sich «dort, wo aus (den Zellen des Blattes, ohne Vermittelung eines Prothalliums, Antheridlien wuchsen, eine Erscheinung, die Herr Prof. Goebel mir gegenüber als Apoprothallie bezeichnete. Die Ansichten über die phylogenetische Stellung der Hymeno- phyllaceen sind schr verschieden: Goehel®) meint, daß die Farlenform des Prothalliums, wie sie bei 'Triechomanes pyxidiferum, Trieh. rigidum, Trich. diffusum und Trich. maximum vorhanden ist, eine Urform dar- stellt. Man findet bei diesen Hymenophyllaceen Mehrschichtigkeit nur bei der Bildung des Archegoniophors, und auch (dieser letztere ist aus der Teilung einer Zelle des Faıens entstanden. Die Einfachheit der (Gestaltung des (rametophyten hat eine große Ähnlichkeit mit den Bryo- phyten, z. B. mit Buxbaumia, wo die sexualen Äste modifizierte Pro- 1) Bower, On some Normal and Abnormal Developments of the Oophyte in Trighomanes. Ann. of Bot. 1885, Vol. I. 2) W. Kupper, Über Knospenbildung an Farnblättern. Flora 1906, Bd. 96. 3) Goebel, Morphologische und Biologische Sunlien (in Ann. Jard. Bot. Buitenzorg 1887) und Archegoniatenstudien. Flora 1892, I, pag. 76. 154 thalliumfäden sind. Ferner sind die Formen mit entwickelten Prothallium- flächen (Trich. alatum, Trich. sinuosum, Trich. ineisum, Trich. Kraussii) sehr leicht von den fadenförmigen Hymenophyllaceen abzuleiten. Darum können hier Antheridien nicht nur als seitliche Verzweigungen des Fadens, sondern auch aus den Randzellen der Fläche selbst sich ent- wickeln. Die Flächen haben eine Zeitlang eine zweischneidige Scheitel- zelle, wie es bei den Prothallien vieler Farne der Fall ist. Hier wird nachher durch perikline Teilung dieser Zellen Randwachstum ein- ‚treten. Auch die Tatsache, daß manchmal die Keimpflanzen bei Trich. Kraussii auf der Fläche selbst des Prothalliums entstehen, kann viel- leicht für die Annahme von Bedeutung sein, daß dieses den Übergang von der Gattung Trichomanes zu Hymenophyllum bildet. Bei der letzteren Gattung haben die Prothallien noch keine herzförmige Gestalt, bestehen aber aus mehreren Lappen, und die Archegonien sitzen am Rande in Gruppen dort, wo früher das Meristem sich befand. Und von Hymenophyllum wird der Übergang zu den höheren Farnen leicht durch Vittaria und Anagramme vermittelt, bei welch letzteren das Prothallium noch nicht herzförmig ist, das Meristem sich seitlich befindet, hinter welchem sich die Archegoniophoren bilden. = Bower!) spricht sich gegen Goebels Meinung aus. Er meint, daß die Form des Prothalliums in diesem Falle nichts für ihre phylo- genetische Verwandschaft beweist, vielmehr das Resultat von ver- schiedenen äußeren Bedingungen sei und so eine im Laufe der Zeit entstandene Anpassung darstellte; die Hymenophyllaceen seien Farne, die sich in Regression befänden, und deshalb könnten die einfachsten Prothallien am spätesten erschienen. sein. Aber, worauf Goebel schon hingewiesen hat, es müßten dann viele andere Prothallien, welche unter denselben Bedingungen wie die Hymenophyllaceen leben, dieselbe Ge- stalt haben, und das ist nicht der Fall. Wir wissen, daß manche xero- phile Schizaeaceen (z. B. Schizaea pusilla®)), welche unter anderen Be- dingungen als die Hymenophyllaceen wachsen, fadenförmige Prothallien haben. Bower meint überhaupt nicht, daß man den Gametophyten zur Feststellung der phylogenetischen Verwandschaft benutzen könnte, weil dieser eine degenerierende Generation ist und eine höhere Degra- dation als der Sporophyt zeigen könnte. Versen Besen entgehen 1) Bower, On some Normal and Abnormal Developments of the Oophyte in Trichomanes. Ann. of Bot. 1888, Vol. I. . Fe)‘ Elizabeth G. Britton and Alexandrina Taylor. Life History of Schizaca pusilla. ‚Contributions from the New York botanical Garden 1901, No. 11. 155 Die fünf anderen von mir untersuchten apogamen Farne — Pellaea nivea, Pellaea flavens, Notochlaena Eckloniana, Notochlaena tenera, Notochlaena sinuata — sind xerophile Formen, und die erste von ihnen . ist mit Wachsüberzug und Haaren, alle anderen aber mit Schuppen und Haaren bedeckt. Die Entwicklung von Notochlaena sinuata stimmt mit der von Berggren!) bei Notochlaena distans beobachteten über- ein, d. h. auf dem verkümmerten Blatte entstand zuerst noch ein Blatt und dann erst die Stammscheitelzelle. Nur einmal habe ich gefunden, daß bei Notochlaena sinuata auf dem verkümmerten Blatte zuerst der Stammhöcker, wie bei den anderen Arten, entstand. Wahrscheinlich bestimmt die Qualität der organischen Nährstoffe, ob zuerst eine Blatt- scheitelzelle oder ein Stammhöcker sich bildet, und zwar scheinen für den Stammhöcker mehr organische Stoffe nötig zu sein als für eine Blattscheitelzelle. Darauf weisen auch die Dunkel- und Sandkulturen hin, bei denen aus dem verkümmerten Blatte wieder ein Blatt wie bei Notochlaena sinuata und Notochlaena distans entstand. Also, wie wir sehen, entstehen alle Glieder der apogamen Keim- pflanzen unabhängig voneinander, ebenso wie bei den normalen Keim- pflanzen. Nur hier eilt die Bildung des ersten Blattes voraus, während diejenige der Wurzel verzögert wird. Die Entwicklung der apogamen Pflanzen bei Nokia Eck- loniana und Pellaea nivea stimmt vollständig mit der von Pteris Cretica überein, die von de Bary?) untersucht wurde, nur bei Pellaea nivea bildet sich oft aus dem apikalen Meristem des Prothalliums ein ver- kümmertes, dicht mit Chlorophyll gefülltes Blatt, das oft Tracheiden hatte und manchmal auf sich einen beblätterten Sproß entwickelte, oder im anderen Falle erschien der Stammscheitel unter diesem verküm- merten Blatte. Bei Pellaea flavens und Notochlaena tenera war eine solche Entwicklung eine konstante Erscheinung. Manchmal auch be- deckte sich das verkümmerte Blatt mit nur auf dem Sporophyten auf- tretenden Haaren, und in Sandkulturen hatte ein Exemplar auch Spalt- öffnungen an der Basis. Bei Pteris Cretica dagegen bestand das ver- kümmerte Blatt gewöhnlich. nur aus einer Reihe von Zellen ohne Tracheiden, und diese verkümmerten Blätter; ohne sich weiter zu ent- wickeln, starben ab. I) Berggren, Über die Apogamie des Prothalliums von N. distans. Bot. Zentralbl. 1888. Bd. XXXV. 2) De Bary, Über apogame Farne und die Erscheinung der Apogamie im allgemeinen. Bot. Ztg. 1878. 156 Bei den verdunkelten Kulturen von Pellaea flavens entsprangen aus jedem Prothalliun gleichzeitig bis zu fünf apogame Blätter: einige (lavon waren abgestorben, die anderen konnten sich weiter entwiekeln und einen beblätterten Sproß bilden. was der Wirkung des Lichtes zu- zuschreiben ist, welches in genügender Quantität «durch das Papier hin- durchdrang. Gewöhnlich war eine Grenze zwischen Blattlamina und Stiel nicht vorhanden: der normale Stiel entwickelte sich überhaupt nicht. Es ist zu bemerken. daß die Zahl der Tracheiden bei «en ver- (unkelten Kulturen auch sehr gering war. Es scheint mir, dab in den Fällen, wo der Stiel sich entwickelte, ziemlich viel Licht durch das von einer Seite abgerissene Papier hindurch gedrungen war. Diese Tat- sache zeigt, daß (lie Bedingungen für die Bildung des Stieles andere als für die Lamina sind, und namentlich scheint die stärkere Bildung der organischen Stoffe die Ausbildung des Stieles und der 'Tracheiden zu begünstigen. Anstatt auf sich einen beblätterten Sproß zu ent- wickeln, gingen einige von den verkümmerten Blättern, nach Erreichung einer bestimmten Größe, seitlich oder an der Spitze in ein Prothallium über, welches in einem Falle Antheridien, in vielen anderen apogame Pflanzen erzeugte. Der Übergang von Sporophyten- zu (jametophyten- zellen war so allmählich, daß es ganz unmöglich zu entscheiden war, wo eine (reneration auflörte und die andere anfing. Goebel!) hat solche Protballien eines in der Natur vorkommenden aposporen Farns, Asplenium dimorphum, besonders kultiviert, aber sie bildeten keine Keimpflanze, und (die Sexualorgane schienen etwas abnorm zu sein. Bei Pellaea flavens aber hatten die Pflanzen mit solchen aposporen Prothallien, als sie ans Licht übertragen wurden, apoganıe Pflanzen aus der Bucht gebildet. Bei den verdunkelten Kulturen wurde die Wurzel sehr spät an- gelegt, was wahrscheinlich in Zusammenhang mit der geringeren + ilationstätigkeit steht. Die Sanılkulturen zeigten in einigen Formen eine Übereinstin- mung mit den verdunkelten, weil es ebenfalls Hungerformen waren. Am häufigsten aber waren die Fälle, welche unter «den Dunkelkulturen nicht vorkamen, nämlich: zuerst wuchs auf dem Mittellappen noch ein anderes, ebenso verkümmertes Blatt ohne Tracheiden, das aber gewöhn- lich nach Entfaltung einiger Blätter ganz normal aussah; erst auf diesem Blatte erschien der Sproß. Dieser Unterschied von den Dunkelkulturen ist wahrscheinlich «durch Ernährungsverhältnisse zu erklären, denn un- 1} Goebel, Aposporie bei Asplen. dimor. Flora 1905, pag. 243, Erg.-Bd. 7 157 zweifelhaft waren «diese anders als bei den verdunkelten, auf Lehm ge- pflanzten Kulturen. Wenn bei den Sandlkulturen von Pellaea Havens die junge Pflanze in der Bucht, wie bei den normalen Kulturen, entstanden war, ent- wickelte sich die Wurzel frühzeitig, und nach einiger Zeit zeichnete sie sich dureh ihre Größe aus. Vielleicht steht diese Erscheinung in Zusammenhang mit der kleinen Quantität der Stickstoflsubstanzen im Sande; diese Frage aber hedürfte einer experimentellen Untersuchung. Die ‘verschiedenen Resultate der Regenerationsversuche, die ich erhalten habe. zeigen uns, wie Goebel!) in seiner Arbeit ausge- sprochen hat, „daß die Regenerationserscheinungen «durch Korrelation bedingt sind“ und daß ferner «die Qualität der Neubildung von dem Zustand, d. h. im engeren Sinne, von der (nantität und Qualität der vorhandenen Baumaterialien abhängt, in welchen sich der ein Regenerat erzeugende Pflanzenteil befindet. Der abgeschnittene Mittellappen konnte Nenbildungen von ver- schiedener Art geben. Am häufigsten wurde das Regenerat an der Basis gebildet, was leicht zu verstehen ist, wenn wir uns erinnern, (daß in den Blättern der Strom der Nährstoffe von oben nach unten ge- richtet ist und darum der untere Teil des Stiels in günstigen Ernäh- rungsverhältnissen sich befindet. Es kam auch vor, daß die oberen Zellen ıles Mittellappens weiter wuchsen und einen mehrschichtigen Körper hildeten, dessen Oberflächen- zellen tracheidale Holzverdickungen bilden konnten. Dio abgeschnittenen primären Blätter von allen von mir unter- suchten apogamıen und einigen nicht apogamen Farnen haben analoge Resultate ergeben. Auch hier konnten die oberen Zellen des Blattes plötzlich oder allmäh- lich in einen mehrschichtigen Auswuchs übergehen: oft waren die Zellen zuerst gewellt und hatten zwischen einander Interzellularräume, welche allmählich verschwanden; die Zellen wurden dann polyedrisch und end- lich der Auswuchs einsehichtig und prothalliumähnlich. Ein ähnliches Verhalten hat Goebel?) bei dem aposporen Asplenium dimorplum be- obachtet. Es scheint, daß die Pflanze zuerst einen Versuch gemacht hatte, einen neuen Sproß zu bilden, aber wegen des Mangels an or- ganischen Substanzen nur ein Prothallium hervorbrachte. Nur bei der nicht apogamen Notochlaena Marantae habe ich an ‚der Spitze des Blattes einen gut entwickelten Sproß erhalten. Dieser 1) Goebel, Allgemeine Regenerationsprobleme. Flora 1905. 2) Goebel, Aposporie hei Asplen. dimer. Flora 1905, pag. 243, Ergzbil. 158 Fall fiel in «ie für das Wachstum der Pflanze besonders günstigen Monate März. April. Mai. und darum wurden möglicherweise viel mehr organische Stoffe gebildet als bei allen früher beschriebenen Blättern. die im Winter gepflanzt wurden. Es war bis jetzt nur bei Isoötes lacustris das Auftreten von Sprossen an der Stelle. wo normal Sporangien sich bilden. von Goebel!) beobachtet worden. Adventivknospenbildung an «den abgetrennten Blattspreiten war bis jetzt noch nicht erzielt. da- gegen war die Regenerationsfähigkeit der Blattstiele schon früher von Hofmeister. Druery?) und Heinricher®) bei einigen Farnen be- obachtet worden. Wenn man solche verschiedene Resultate durch Regeneration be- konmt, erinnert man sieh unwillkürlich an die Worte von Turpin, welche (roebel#) in seiner Arbeit anführt: „Alle Zellen einer Pflanze sind äquipotentiell, jede kann unter bestimmten Umständen zu einer ganzen Pflanze herauswachsen.“ Wie wir gesehen haben, kann die Aposporie, künstlich hervor- gerufen werden, sei es bei den verkümmerten Blättern durch Ver- dunkelung oder bei Übertragung auf Sand. sei es ganz einfach bei den abgeschnittenen Keimblättern der Farne, und wahrscheinlich sind alle Farne, nicht nur apogame, dazu fähig, denn zwei normale Farne — Notochlaena Marantae und Gymnogramme farinifera — haben mir ana- loge Resultate gegeben (vgl. Goebel, Experimientell-morphol. Mitteilungen. Sitzungsber. der math.-phys. Klasse der Kgl. Bayer. Akad. d. Wissen- schaften, 1907, Bd. XNAVIL, pag. 119). Die Möglichkeit, auf künstliche Weise Aposporie hervorzurufen, gibt uns zugleich ein Mittel an die Hand, eine Frage von größtem Interesse, nämlich die Chromosomenreduktion auf die Hälfte bei apo- sporen Prothallien, zu lösen. Was die Erscheinung der Aposporie anbelangt, so meint Bower?). dab sie «dureh Feuchtigkeit verursacht würde, Da nämlich die Bildung und nachher (ie Aussaat der Sporen in Zusanımenhang mit der Trocken- heit stehe, so könne die konstante Feuchtigkeit ihre Bildung hemmen. Und wenn man die Pflanze unter künstlichen Bedingungen kultiviert, wo die Luft immer mit Wasserdampf gesättigt ist, so sei die Bildung 1} Goshel, Über Sproßbildung auf Isoötesblättern. Bot. Ztg. 1819. 2} Druery, Choice British ferns, London 1880, 3) Heinricher, Berichte der Deutschen bot. Ges. 1900, Bd, XVIIL. 4} Gaebel, Allgemeine Regenerationsprobleme. Flora 1905. 5 Bower, On some Normal and Abnormal Developments of the Oophyte in Triehomanes. Ann. of Bot. 1888, Vol. 1. 150 der Sporen ohne Nutzen, meint Bower, die Gewebe von Gametophyten und Sporophyten zeigen folglich keine scharfe Girenze und werden all- mählich ineinander übergehen. Aber wenn es, wie Bower meint, wäre, sollten die Wasserfarne auch keine Sporen bilden; doch ist, wie be- kannt, bei ihnen reichliche Sporenproduktion vorhanden. Wie meine Experimente mit verdunkelten. Sandkulturen und ab- geschnittenen Blättern zeigen, spielt die Feuchtigkeit bei dieser Erschei- nung keine Rolle, vielmehr scheint der Mangel an organischem Stoffe dafür verantwortlich zu sein. Schon Goebel, Loew. Fischer und viele andere Forscher haben durch ihre Experimente nachgewiesen, daß Trockenheit und Licht. durch deren Wirkung viele organische Stoffe gebildet. werden, die Ausbildung der Blüten bzw. der Makro- und Mikro- sporangien begünstigen. So werden wahrscheinlich auch bei den Farnen durch geringere Produktion dieser Nährstoffe die Sporangien und manch- mal die Sporophyile selbst nicht zur Entwicklung gelangen. Man kann also sagen, daß die Sporenbildung in bezug auf Nähr- material die besten Bedingungen verlangt, weniger gute die vegetative Vermehrung, wie es der Fall mit Notochlaena Marantae zeigt, und wenn am wenigsten organische Stoffe vorhanden sind, tritt Aposporie ein. Wenn wir uns jetzt der Apogamie zuwenden, so müssen wir sagen, daß ihre Ursache noch nicht erklärt ist. Eins nur ist sicher, nämlich, daß diese Erscheinung in sehr innigen Zusammenhang mit Atrophie und Hypertrophie der Sexualorgane steht und wahrscheinlich, wie Goebel!) in seiner Organographie geäußert hat, die Atrophie der Organe der Apogamie vorausgeht. Man hat früher geglaubt. daß die Apogamie die Folge von Kultur- bedingungen sei, denn man hat diese Erscheinung zuerst nur bei (den Kulturpflanzen gefunden. Campbell?) sagt z. B.: „So far as I am aware (I make this stateınent with some reserve) all cases of apogamy yet observed have been in cultivated ferns. At any rate, much the larger number of observeil eases have been under artificial conditions, either intentional or otherwise.“ Durch spätere Forscher aber haben wir eine große Anzahl aueh zwischen wildwachsenden Farnen kennen gelernt, die auch apogam sind. Auch die von Goebel gefundene apogame Art Tricehomanes Kraussii war ihm aus Dominica gebracht, dann hat er zuerst Apogamie bei Pellaea nivea beobachtet und ich bei meinen Untersuchungen noch hei vier I; toebel, Organographie, pag. 431. 2; D, I. Campbell, Antithesis versus homologons alternation. The Amer. natnralist, Vol. XXXVII, pag. 162. 109) anderen hier beschriebenen Arten. Alle diese Arten waren aus ihrer Heimat geschickt oder Herbarmaterial. Yon Trichomanes Krauss und Asplenium dimorphum sagt Goebel'y: „Jeitenfalls ergibt sich daraus, daß Apogamie und Aposporie nicht auf die abnormen Kulturbedingungen unserer Gewächshäuser zurückzuführen sind, wie man teilweise angenommen hat. ebensowenig wie die „Anta- tionen“, die an Farnblättern in Gestalt von Gabelungen u. dergl. auf- treten, wobei das Zutagetreten dieser Formen häufig an «as Vorhanden- sein bestiminter Trrnährungsbedingungen gebunden ist“. Durch münd- liche Mitteilungen hat Herr Prof. Goebel mir seine Meinung geäußert, laß «ie Apogamie durch Mutation entstanden ist, dann fixiert worden und jetzt sogar vielleieht von systematischer Bedeutung sein kann. indem sie bei nahe verwandten Formen auftritt, wie bei Notochlaena- und Pellaea-Arten. Schon de Bary?) hat im Jahre 1878 die Vermutung aus- gesprochen, daß die Apogamie „rasch und plötzlich, d.h. mit der Diffe- renzierung einer Varietät, eintreten könnte“, und er meint auch. daß die apogamen Formen „in das letzte Stadium ihrer Existenz. in den Beginn allmählichen Aussterbens, getreten seien“. Welche Ursachen aber waren es, die das Auftreten der apogamen Sprosse verursachten? Diese Frage ist noch nicht gelöst, aber möglicherweise haben mehrere Faktoren dazu beigetragen. Mir scheint es möglich, daß in einigen Fällen dieser Faktor die Trockenheit war. Die Mehrzahl der apogamen Farne besitzt Antheridien und manche auch Archegonien: daraus können wir sebließen, daß früher diese beiden Organe vorhanden waren und erst nachträglich eine von (diesen oder beide verloren gegangen sind. Wir wissen auch, daß die Befruchtung bei den Farnen nur in Gegen- wart von \Wassertröpfehen möglich ist, d.h, eine bestimmte Feuchtigkeit bedarf. Und alle von mir untersuchten apogamen Pellaea- und Notlo- chlaena-Arten sind Bewohner von tropischen Kalkfelsen, wo die Tempe- ratur ziemlich hoch ist und dieser Boden schon seiner Beschaffenheit nach «durch Trockenheit ausgezeichnet ist. Infolge der Unmöglichkeit, befruchtet zu werilen, sind die Sexualorgane funktionslos geworden und allmählich atropbiert oder hypertrophiert, und Anhäufung von Nähr- material, das sonst zur Entwicklung der befruchteten Eizelle verwandt wurde, hat hier die Bildung der apogamen Pflanze veranlaßt. Vielleicht wird es einmal gelingen, bei ein und derselben Art neben sexual erzeugten Embryonen künstlich apogame hervorzurufen: 1) Goebel, Aposporie bei Asplen. dimor. Flora 1905. 2) De Bary, Über apogame Farne und die Erscheinung der Apogamie im allgemeinen. Bot. Zte. 1878. 168 dann könnten die Ursachen dieser höchst. interessanten Erscheinung näher studiert und erklärt werden. Zusammenfassung, I. Die Protliallien von Triechomanes Kraussii bestehen aus Fäden und Flächen. Die Archegonien fehlen gänzlieh, die Antheridien erreichen nieht die vällige Entwicklung und sind oft „vergrünt“, darum ist die Pflanze apogam. Die Keimpflanzen hilden sich entweder auf den Fäden, den Randzellen der Flächen oder aus der Fläche selbst. Zuerst ent- steht ein melrschichtiger Zellkörper, der dem Archegoniophoren homolog ist, und auf ihm bildet sich erst der Blatthöcker, und ball darauf, un- abhängig von ihm, eine Stammscheitelzelle. Die Wurzel erscheint sehr spät. I. Auch zeigt Trichomanes Kraussi die Erscheinung der Apo- sporie. ie ich auch künstlich hervorrufen konnte, indem ich abgeschnittene Blätter auf Lehm kultivierte. Die Aposporie geht manchmal so weit, daß aus ‚len Randzellen des Blattes direkt Antheridien auswachsen können (Apoprothallie). * III. Pellaea nivea, Pellaea tenera, Pellaea tlavens, Notochlaena Eekloniana und Notochlaena sinuata sind alle apogam, Iaben keine Archegonien und letztere Art auch keine Antheridien. IV. Bei allen entsteht zuerst das Blatt. sei es ein normal ent- wickeltes, unter der Bucht sich befindendes oder ein verkümmertes. welches durch Herausstreckung des apikalen Meristems des Prothalliums sich bildet. Dann erst entsteht bei den vier zuerst genannten Arten eine Stammscheitelzelle, im ersten Falle zwischen dem Blatte und der Prothalliumfläche. im zweiten unter dem verkümmerten Blatte, in beiden Fällen unabhängig von ihm. Bei Notochlaena sinuata aber entstand noch auf dem verkümmerten Blatte fast innmer ein zweites normal ent- wickeltes Blatt und erst zwischen (liesen beiden «ie Stammscheitelzelle. Die Wurzel entstand bei len vier ersten Arten nach der Bildung des Stamnihöckers. bei Notochlaena sinuata aber noch später. V. Bei Verdunkelung von Pellaea flavens entsprangen aus einem Prothalliun gewöhnlich mehrere apogame Pflanzen bzw. Blätter. die verschieilene Stufen der Entwicklung zeigten und sogar auf einen Faden reduziert sein konnten. VT. Die verdunkelten Kulturen von Pellaea flavens zeigten in den häutigsten Fällen tieselbe Erscheinung wie Notochlaena sinuata unter normalen Bedingungen, (. I. auf dem verkümmerten Blatte bildete sich immer hoch oben zuerst ein Blatthöcker und dann erst zwischen ihm 162 und dem verkümmerten Blatte «ie Stammscheitelzelle. Die Wurzel bildete sich ebenfalls sehr spät. VII. Der Stiel bei den verdunkelten Kulturen war sehr wenig differenziert, die Tracheiden schlecht entwickelt, wie auch überhaupt bei allen «liesen verkümmerten Blättern. VIU. Bei längerer Verdunkelung erschien Aposporie, d. h. das ver- kümmerte Blatt wuchs seitlich oder an der Spitze in ein Prothallium aus, Dieses konnte Antheridien oder neue apogame Pflanzen tragen. Die Zellen von beiden Generationen gingen ganz allmählich ineinander über, und eine Grenze zwischen (diesen beiden war unmöglich zu ziehen. IX. Bei den Sandkulturen von Pellaea flavens wurde auch der beblätterte Sproß aus der Bucht auf das verkümmerte Blatt transpor- tiert. Es wuchs aus diesem verkümmerten Blatt ein neues, ebenso verkümmertes,. und auf ihm entstand erst die Sproßvegetation. Auch zeigten die Sanıdkulturen Aposporie, und ebenso bei ihnen, obwohl selten, entstanden aus einem Prothallium mehrere apogame Pflanzen. X. Die Resultate der Regenerationsversuche waren folgende: a) Beim Herausschneiden des Mittellappens bzw. des verküm- merten Blattes aus der Bucht wuchs das Prothallium an dieser Stelle nicht weiter, sondern auf seinen Lappen entstanden zwei neue apogame Pflanzen bzw. verkümmerte Blätter. b) Wenn der Mittellappen abgeschnitten und auf den Boden ge- legt war, so entwickelte er sich selbst nicht weiter, sondern auf ihm konnten verschiedene Nenbildungen eintreten. Bald wuchs er an der Spitze weiter und ergab einen mehrschichtigen Auswuchs, der in ein- schichtiges Prothallium allmählich übergehen konnte. In seinen Ober- flächenzellen konnten sich Tracheiden entwickeln. Oft auch bildete der Mittellappen seitlich ein Prothallium. Am häufigsten aber entwickelte sich auf ihm ein beblätterter Sproß. c) Die abgeschnittenen Keimblätter von apogamen und normalen Farnen haben analoge Resultate ergeben. Die auf aposporem Wege gebildeten Prothallien ‘konnten Antheridien tragen. In anderen Fällen entwickelte sich aus der Spitze des Blattes ein beblätterter Sproß oder ein Büschel von Rhizoiden. Es konnten auch die Oberflächenzellen des Blattes in den embryonalen Zustand zurückkehren und weiter wachsen. Über Bau und Befruchtung kleistogamer Blüten. Von Helene Ritzerow. (Mit 36 Abbildungen im Text.) Seitdem die Tatsache der Kleistogamie bekannt wurde, ist diese ein Gegenstand eifriger Forschung, «die Ursache ihres Entstekens und ihre Bedeutung für die Pflanze eine vielunstrittene Frage gewesen. Die Blütenbiologen Müller!), Kirchner?), Knuth® und Ludwig®) machten teleologische Erklärungsversuche: sie meinten, in dem Mangel an Bestäubungsvermittlern oder dem spärlichen Samenansatz (ler chas- mogamen Form eine Erklärung für das Auftreten der Kleistogamie zu finden, Diese Anschauungen erhielten eine weitere Stütze durch Dar- win), der behauptete, es seien in der kleistogamen Blüte bestimmte Abweichungen von der chasmogamen Form vorhanden, welche Anpas- sungserscheinungen an die Befruchtung innerhalb der Blüte darstellten. Im Gegensatz zu «diesen Forschern zeigte Goebel®) ‚larauf in seiner im Jahre 1905 erschienenen Abhandlung „Über kleistogame Blüten und die Anpassungstheorien“ einerseits, daß die Kleistogamie eine Folge von ungünstigen Ernährungsverhältnissen sei, andrerseits, daß in mor- phologischer Beziehung keine Anpassungserscheinungen vorlägen; die kleistogamen Blüten seien vielmehr Hemmungsbildungen, welche sich insofern von den gewöhnlich so benannten Erscheinungen unterschieden. daß sich die Hemmung hauptsächlich auf die von Sachs als „morpho- logisch“ bezeichnete Periode erstreckte, ie Reifungsperiode dagegen nicht betroffen würde. Nach dem Erscheinen von Goebels Abhandlung sind noch mehrere dieselbe Frage behandelnde Untersuchungen veröffentlicht worden, z. B. von W. Burck?) und E. Loew®). Während ersterer, im (regensatz zu Goebel, meint, die kleistogamen Blüten seien durchaus nicht immer 1) Hermann Müller, Das Variieren der Größe gefärbter Blütenteile. Kas- mos I, pag. 136 u. 137 (Okt. 1877). 2) Kirchner, Flora von Stuttgart 1888, pag. 318. 3) Knuth, Blütenbiologie (I, pag. 66). +) Ludwig, Biologie der Pflanzen, pag. 514. Bot. Ztg. 1878, pag. 739. 5) Darwin, Die verschiedenen Blütenformen an Pflanzen der nämlichen Art. 6) Goebel, Biol. Zentralbl., Bd. XXIV, Nr. 21, 22, 23 u. 24. 7) Burck, Die Mutation als Ursache der Kleistogamie. Recueil des Travaux Botaniques Neerlandais 1905. Vol. II, Livraisons 1—2. 8) C. I,oew, Bemerkungen zu Burk, Die Mutation als Ursache der Kleisto- gamie. Biol, Zentralbl. XXVI, Jahrg. 1906, pag. 129. 164 Hemmungsbildungen. außerdem sei die Kleistogamie bei den „habituelil kleistogamen“ Pflanzen. denjenigen. bei denen die anormalen Blüten regelmäßig jedes Jahr auftreten. erblich fixiert und «durch „Mutation“ entstanden. schließt sich letzterer «oebels Ansichten an. Auf einige Peweise, die Burck zur Begründung seiner gegen («ie Theorie der Hemmungsbildimgen geäußerten Bedenken anführt. werde ich in vor- liegender Arbeit noch zurückkommen. In bezug auf die Vererbungs- frage soll nur noch erwähnt werden, daß «die auch von Correns!) ver- tretene Annahme Burcks von vielfach erblich fixierten, vielleicht durch „Autation” entstandenen, rein kleistogamen Rassen mir keineswegs im Gegensatz zu den von (roebel bewiesenen Tatsachen zu stehen scheint. Aus meinen eigenen Beobachtungen ging überall der direkte Einfluß der Ernährungsverhältnisse auf die Kleistogamie klar hervor. Daneben ist aber nicht zu verkennen, daß die einzelnen Arten unter ziemlich gleichen Bedingungen sehr verschieden prädisponiert zur Kleistogamie erscheinen. Daß einzelne Rassen die Fähigkeit zur Hervorbringung chasmogamer Blüten ganz verloren haben, ist also «durchaus nicht un- wahrscheinlich und scheint sich vielleicht aus einigen später zu er- wähnenden Beispielen zu ergeben. Goehel?) weist übrigens selbst darauf hin. es könnten möglicherweise aus dem Samen kleistogamer Blüten konstante Rassen erzielt werden, und zieht neben äußeren Be- dingungen als Ursache der Kleistogamie die „innere Konstitution“ der Pflanze in Betracht, die vielleicht, nach den von Darwin vertretenen Ansichten, durch kontinuierliche Autogamie der Vorfahren geschwächt worden sei. Vorliegende Untersuchungen sind auf Anregung und unter der Leitung von Herr Professor Goebel ausgeführt worden, dem ich für seine freundliche. bereitwillige Hilfe und das mir zur Verfügung ge- stellte Material meinen herzlichen Dank sage. Auch den übrigen Herren. denen ich Material verdanke, wie Herrn Professor Strasburger, Herm Gymnasiallehrer Brandt, Herrn Dr. Roß und Herrn A. (sage. spreche ich hiermit meinen besten Dank aus. Zweck (dieser Arbeit war, einerseits den Bau ıer kleistogamen Blüten bei den einzelnen Familien zu untersuchen und durch Vergleich mit. der chasmogamen Form die Frage der Hemmungsbildung zu prüfen. andererseits die Befruchtungsvorgänge bei den kleistogamen Blüten I Correns, Ein Vererbingsversuch mit Dimorphoteen plnvialis. Berichte «der Deutschen bot. Gesellschaft 1906, pag. 173, Anmerkung. 2) Goebel, Uhasmogame und kleistogame Blüten bei Viola. Flora 1908. Ergänzungsband, page. 234. Pe 165 näher zu verfolgen. In betreff der letztgenannten Aufgabe möchte ich noch einige Literaturangaben machen. In der ersten Zeit, als das Vorhandensein der anormalen, später kleistogam benannten Blüten bekannt wurde, glaubte man, diese ent- wickelten Samen ohne voraufgehende Befruchtung. Überhaupt zog man die Anwesenheit von Staubblättern und Pollenkörnern in Frage. Noch zur Zeit Linne&s bezweifelte man (die Sexualität dieser Blüten, his dieser bei mehreren der in Betracht kommenden Arten, z. B. bei Anandria, Viola, Specularia. Ruellia, das Vorhandensein von Staulgefäßen mit Sicherheit nachwies'). In einer Besprechung von Goebels Arbeit in Englers Jahrbüchern®) wird nun auf die Möglichkeit hingewiesen, daß trotz des vorhandenen Pollens bei (den kleistogamen Blüten Partheno- genesis oder Nucellarembryonie vorliegen könnte: (eshalb wurden die näheren Befruchtungsvorgänge von Viola-Arten und einigen anderen Spezies untersucht. Ich werde nun die Ergebnisse meiner Arbeit nacheinander an den einzelnen Pflanzen schildern, und zwar in der Weise. daß ich bei den- jenigen. die mir lebend zur Verfügung standen, die physiologischen Be- obachtungen, welche ich machen konnte, zuerst beschreibe. «darauf (lie Struktur der kleistogamen Blüten schildere, indem ich die chasmogame Form zum Vergleich heranziehe, unıl zuletzt ein Bild der Befruchtungs- vorgänge gebe bei denjenigen kleistogamen Blüten, die ich daraufhin untersuchte. A. Monokotyle Pflanzen. Gramineen. Eine ausführliche Beschreibung der Kleistogamie bei Giräsern findet sich in einer kürzlich erschienenen Arbeit von E. Hackel®). Da einige Punkte, 7. B. die Zahl der Pollensäcke in den Antheren, die Art und Weise, wie die Pollenkörner auf die Narben gelangen. u. a. nicht berücksichtigt worden sind, habe ich an der Hand von Ilerbarmaterial bei einigen Arten eine Nachuntersuchung vorgenommen. 1. Festuca myurus und Festuca mierostachys. Von Festuca myurus hatte ich nur die kleistogame Form zur Verfügung. Diese hat ein Staub- blatt und zwar bleibt das median stehende allein ührig. wie es Eichler‘) als 1) Siehe die Angaben von Mohl, Finige Beobachtungen über dimorphe Blüten. Bot. Ztg. 1863, pag. 309. 2) Englers bot. Jahrbücher 34, Literaturbericht pag. 17. 3) Hackel, Über Kleistogamie bei Gräsern. Österreichische bat. Zeitschrift, Jahrg. 1906, No. 3, 4,5 u. 6. 4) Eichler, Blütendiagramme I, pag. 125 u. 126. Ela. Bd. 88. 2 166 Regel für die monandrischen Gramineenblüten angibt. Die Anthere ist mit vier Pollensäcken versehen. von denen die beiden vorderen schwächer entwickelt sind als die hinteren. Sie besitzt ein Endothecium und öffnet sich normal. Einmal fand ich auch zwei Staubblätter, doch oft scheinen die beitlen seitlichen vollkommen abortiert zu sein. Auch die chas- mogame Blüte «dieser Art soll monandrisch sein. Hackel gibt folgende (rößenverhältnisse an: Die Anthere (der kleistogamen Blüte ist 0.5 mm lang, die Lodiculae 0,2 mm. Festuca mierostachys wird von Hackel als dimorpl bezeichnet, d.h. es sollen zwei streng geschiedene, wahrscheinlich samenbeständige Rassen existieren. von denen tie kleistogame nur ein Staubblatt, die chasmogame drei hat. Ich fand dagegen an dem mir zur Verfügung stehenden Material, von Eastern Oregon stammend. nur kleistogame Blüten mit drei Antheren: davon war die median stehende amı besten entwickelt, die beiden anderen sehr reduziert, was ja mit der vorher erwähnten Reduktionserscheinung anderer Gramineen übereinstimmt. Alle Antheren haben nur zwei Pollensäcke, und, da die Öffnung nach innen zu erfolgt, so fehlen wahrscheinlich die vorderen, wie es nach den bei Festuca mynrus beschriebenen Größenverhältnissen der Pollen- säcke zu erwarten war. Bei der großen wie bei den kleinen Antheren ist ein gut entwickeltes Endothecium vorhanden. In einer kleinen Anthere war ein Pollenfach schon geöffnet, und innerhalb desselben fanden sich Pollenkörner, die Schläuche trieben. Die median stehende Anthere hing stets an den Narbenästen, doch auch von den beiden kleinen war oft die eine oder die andere mit der Narbe verflochten. Ein Vergleich der Pollenkörnerzahl ergab für die große Anthere in je einem Falle 16 Körner, für die kleinen dagegen in einem Falle nur vier, eine Reduktion, wie sie in älnlicher Weise von Goebel!) bei Car- damine chenopotlifolia beschrieben wurde. Die Antheren der chas- mogamen Form sollen nach Hackels Angaben 2-25 mm lang sein. Eine Messung der kleistogamen Blüten führte zu folgenden Resultaten: Länge der großen Anthere = 0,4 mm. der kleinen Anthere = 0,325 mm, der Narben = 0,6 mn. In der Größe der Pollenkörner stimmten große wie kleine Antheren überein. Ob die von Hackel und mir gefundenen drei verschielenen Formen wirklich streng gesonderte Rassen darstellen, ist an der Hanıl von IIerbarmaterial nicht zu entscheiden. Wie unsicher solche Schlüsse sind, zeigen die Untersuchungen an Aristida-Arten, die Hackel als 1) Goebel. Über kleistogane Blüten und die Anpassungstbeorien, pag. «47. 167 rein kleistogam angibt, während ich an der Spitze der Infloreszenzen von Aristida gracilis chasmogame Blüten fand, oft dicht daneben und tiefer Übergangsformen nebst. kleistogamen Blüten. 2. Aristida graeilis und Aristida basirimea. Die erwähnten chas- mogamen Blüten von Aristida graeilis wurden an beiden mir zu Gebote stehenden Exemplaren gefunden, von «denen das eine von Schimper, das andere von Asa Gray stammte. Das Öffnen schien freilich nur ein teilweises zu sein; ich fand meistens nur einen Teil der Narben und eine der großen Antheren aus den Spelzen hervortretend. Alle möglichen Übergangsformen sind vorhanden, oft Blüten mit drei ziemlich gleich großen Staubhfäden, oft mit einer größeren und zwei sehr reduzierten Antheren, manch- mal auch waren die letzteren ganz verkümmert. Die Antheren der chasmogamen Blüten wie die nor- mal entwickelte, median stehende dder kleistogamen Form haben vier Pollensäcke. Das Endotheeium ist gut ausgebildet: die Antheren öff- nen sieh. und die Narbenäste liegen über der seitlichen Spalte ausgebreitet (Fig. 1). Die Pollen- körner treiben an den Narben- papillen hängend ihre Schläuche: ig. 1. Aristida graeilis. Freigelegter innerhalb der Antheren gekeinite Fruchtknoten mit Antheren, 2 rudimen- Körner wurden nicht beobachtet. "", Anthern: FE Yodienne, Die rg wiekelte Anthere ist mit der Narbe Die Größenunterschiede beider verbunden. Formen sind bedeutend: Chasmogame Blüte. Kleistogame Blüte, Länge der Antheren 1,98 mm —04 mm Länge der Narben —=0,% mm —= 045 mm Durchmesser der Pollenkörner —30 u =% u Zu erwähnen ist noch. daß die nach Hackel fehlenden Loilieulae in Form von «lünnen laubblattartigen Lamellen gefunden wurden. Von Aristida gracilis hatte ich nur kleistogame Blüten zur Ver- fügung. Auch die Gipfelblüten mit schon ziemlich weit. entwickelter Frucht hatten innerhalb der geschlossenen Spelzen eine an den Narben 12 168 festsitzende Anthere, doch sind oft im (Gegensatz zu Hackels Angabe die anderen heiden Antheren als Rudimente vorhanden. Die Anthere besitzt ein Endotheeium und öffnet sich. Die vorderen Pollensäcke sind auch hier die kleineren. In den kleinen Pollenfächern fand ich 8 und 12 Körner, in den größeren 16 und 23. 3. Amphicarpum Purshii. Die an den unteren Ausläufern sitzen- den kleistogamen Blüten haben drei Antheren mit nur zwei Pollen- säcken. Diese scheinen sich nach innen zu öffnen und haben ein gut entwickeltes Endotheeiun. Ob das Fehlen der anderen beiden konstant ist, kann nicht mit Sicherheit angegeben werden, da mir nur eine Blüte zur Verfügung stand. Die Blüten «der Gipfelrispe sind von Hackel als chasmogam heschrieben worden; auch sollen sie nach Asa Gray und anderen Angaben keine Fracht ansetzen: ich fand da- gegen in noch geschlossenen tipfelblüten geöffnete Antheren, welche die Narben umschlossen, auf diesen gekeimte Pollenkörner. Also kommen auch hier Übergangsformen vor. Daneben waren Blüten vor- handen, «denen die Antheren fehlten, die sich also wahrscheinlich ge- öffnet hatten. Gmt entwickelte Früchte wurden auch bei dem mir vor- liegenden Material nicht gefunden, was um so überraschender ist. da «lie Pollenkörner Schläuche getrieben hatten. Es ist aber möglich, daß die Blüten noch zu jung waren. Die Antheren der Gipfelblüten haben vier Pollensäcke. Die Narben sind ungefähr 2—2!/,mal so lang als die der unteren kleistogamen Blüten. 4. Sporobolus vaginiflorus und Sporobolus minor Hackel unterscheidet zwei Formen von Sporoholus vaginitiorus: eine rein kleistogame, bei der auch die Gipfelrispen zum Teil oder ganz in der obersten Scheide eingeschlossen sind, und eine viel seltenere chasmogam- kleistogame, bei welcher «die Gipfelrispen 1-2 cm von (der obersten Scheide entfernt sein sollen. Fast alle Exemplare im AMiünehener Herbarium zeigen die CGipfelrispen teilweise oder ganz aus der Scheide hervorragend. Die strenge Sonderung in eine kleistogame und eine ehasmogam-kleistogame Forn scheint mir auch hier unwahrscheinlich. Die „rein kleistogame* Form ist wahrscheinlich gesammelt worden, als die chasmogamen Blüten noch nicht entwickelt waren. Die aus den geschlossenen Scheiden stammenden Exemplare der Seitenrispen hatten schon weitentwickelte Früchte: drei stark reduzierte Antheren mit nur zwei Pollensäcken sind vorhanden: diese öffnen sich und be- festigen sich mit ihren innerhalb der Anthere getriebenen Schläuehen an die Narben (Fig.2). Das Endothecium ist nur schwach entwickelt. Die Zalıl der Pollenkörner ist sehr reduziert, ähnlich wie bei Festuca. Die 169 aus der Seheide hervorragenden Gipfelblüten sind teilweise Übergangs- biklungen, teilweise sind sie chasmoganı. Diese Übergangsblüten haben etwas größere Antheren als die unteren Blüten, roch ebenfalls nur zwei Pollensäcke. Bei den Antheren der chasmogamen Blüte mit vier Pollensäcken ist eins «er vorderen Fächer viel kleiner als die übrigen. Also trifft die Reduktion auch hier die vordere Seite. Die Antheren der chasmogamen Form sind ungefähr sechsmal so lang wie die der kleistogamen. Die Griffellänge der ersteren beträgt 1,10 mm: die der letzteren 0,35 mm. Der Durchmesser der Pollenkörner beträgt für die chasmogame Form 32—40 u, für die kleistogame 25--39 u. Sporobolus minor, eine von Hackel nicht be- schriebene Art, unterscheidet sich wenig von der er- wähnten. Die Antheren sind etwas kleiner als bei Sporobolus vaginiflorus, auch fand ich an dem einzigen vorhandenen Exemplare keine chasmoganıen Blüten. 5. Triodia decumbens. Die kleistogamen Blüten haben «drei Staubblätter: die mit zwei Pollensäcken versehenen Antheren Öffnen sich und haben ein gut entwickeltes Endotliecium. Hackel, der auch die chasmogame Form beschreibt, gibt folgende Größen- unterschiede an: Die Antheren (er kleistogamen Form sind 0,2—0,3 mm lang, die der chasmogamen 2 mm. Fig. 2. Sporoho- Die Lodiculae der ersteren 0,2 mm, «die der letzteren tus vaginiflorus. han Kleistogame frei- über 1 mm. präparierte Blüte. Was die Verteilung der kleistogamen und chas- Die Pollenkörner mogamen Blüten bei den Gramineen anbetrifft. so zeigte teilen imarhall sich bei Sporobolus, daß letztere den Gipfel der Hauptachse ‚Anthere einnehmen, erstere an den Seitenachsen inseriert sind; . Sehlänche. bei Aristida befinden sich «ie chasmogamen Blüten an der Spitze, die kleistogamen weiter nach unten, bei Amphicarpunm sitzen (die letzteren an besonderen Auslänfern in der unteren Region der Pflanze, alles Tatsachen, «ie bei «len kleistogam blühenden Pflanzen häufig wiederkehren und welche an die später zu besprechenden Fr- scheinungen bei Specularia, Collomia und anderen Arten erinnern. Die Reduktion der kleistogamen Gramineenblüten erstreckt sich also in allen Fällen auf die Zahl der Antheren, (er Pollensäcke und der Pollenkörner, außerıem auf die Länge der Antheren, der Narben und der Lodieulae und auf die Größe der Pollenkörner. Abweichende Bildungen. die nicht als Hemmungserscheiningen zu erklären waren, wurden in keinem Falle gefunden. iT0 Juncaceen. Juncus bufonius. Die Kleistogamie von Juncus bufonius wurde zuerst von Batalin!) beschrieben, welcher angibt. in Rußland nur geschlossene Blüten beobachtet zu haben. Von Ascherson?) wurden im Gegensatz zu diesen Angaben Übergangsformen. d. h. halbgeöffnete Blüten und chasmogame, sternförmig ausgebreitete gefunden. Das Vor- handensein chasmogamer Blüten wurde von Buchenau°; bestätigt. Ob hier wirklich, wie Burck annimmt, verschiedene erblich fixierte Rassen vorliegen. bedarf noch einer näheren Untersuchung. Batalin Y gibt Dreimännigkeit der kleistogamen Blüten an, und zwar sind die drei vorhandenen Staub- fänden den äußeren Perigonblättern suy- poniert. Daß das Verschwinden der drei inneren Staubblätter auch sonst bei Juncaceen vorkommt, wird von Buchenaut®) erwälnt: „In einigen Untergattungen zeigt sich Neigung zum Schwinden des inneren Staminalkreises. bei einzelnen Arten sind die inneren Staub- hlätter völlig geschwunden, bei anderen sind sie bald vorhanden, bald fehlen ein, zwei oder alle drei.“ Die Zahlenverhältuisse bei Jun- cus bufonius schwanken ührigens bedeutend. Ascherson fand geöffnete Blüten mit fünf, vier, selbst drei Staubhlättern, und Buchen- aud) beobachtete Dimerie bei dieser Art. Meine Beobachtungen wurden spät im Herbst Fig. 3. Junens Iufonius angestellt, und so fand ich keine sternförmig Kleistogame Blüte nach Fortnahme des Perigons,. geöflneten Formen mehr. Meistens hatten (lie 4 Antheren: NV Narben. Blüten drei Antheren, doch auch fünf und vier Staubfüden wurden gefunden. Fin Endotlecjum war stets vorhanden: (lie Antheren haben vier Pollensäcke und öffnen sich in den meisten Fällen. 1) Batalin, Die Selbsthestäubung bei Junens bufonius L. Bot, Zte. 1871, pag. 388. 2) Ascherson, Über die Bestänbung bei Junens bufonins. Bot. Ze. IS71, 1. 3) Buchenan, Noch einige Beobachtungen ülier die Bestäubung von Juncus bufonins L. Bat. Zte. 1871, pag. 845, 4) Buchenan, Monographie der ‚Juneaceen. Einglers Bot. Jahrbücher 159), Bd. XII, par. 28. 5) Buchenan, Über die Dimerie bei Juneus. Kleine Beiträge zur Nature. der ‚Iimeaeeen in Ahh. des Naturw. Vereins zu Bremen 1871, II, pag. 370. vag. 171 Die Polientetraden keimen innerhalb der Fächer und treiben Schläuche durch die Öffnung auf die zu einem dichten Gewebe verflochtenen, langen fadenförmigen Narbenpapillen (Fig. 3). Wahrscheinlich kommt auch ein Durchwachsen der Schläuche durch die «dünne Wandschicht der normalen Öffnungsstelle und am Scheitel vor. Pontederiaceen. Heterantheraarten. Da mir leider kein Material dieser Pflanzen zur Verfügung stand, sollen nur einige hierher gehörige Literaturangaben gemacht werden, Burckt) nennt Heterantkeraarten neben Commelina bengalensis und Amphiearpaea monoica als Beweise seiner Behauptung, daß die kleistogamen Blüten nicht in jeder Beziehung durch Ernährungs- verhältnisse bedingte Hemmungsbildungen der chasmogamen seien. Er sagt von ihnen: „Auch unter denjenigen Pflanzen, deren kleistogame Blüten viel kleiner sind als die chasmogamen, gibt es solche, die gewiß für ihre ganze Entwicklung mehr Nahrung bedürfen als die anderen: bei Ileteranthera spicata ist die kleistogame Frucht um «die Hälfte größer als die chasmıogame, und bei Heteranthera Potamogeton Solms und Heteranthera Kotschyana Fenzl ist nach Solms (ie kleistogame Frucht kolessal, mehr als zweimal so groß als die der anderen Arten un mit einer großen Zahl Samen.” Solms Laubach°) sagt nun fol- gendes über Heterantlera Potamogeton und Heteranthera Kotschyana Fenzl: „Es kommen hier zweierlei verschiedene Arten von Intloreszenzen vor. Einmal Ähren denen anderer Arten ähnlich und oberwärts mit normalen, unten wit kleistogamen Blüten besetzt, deren bei Ifeteran- thera Kotschyana Fenzl nur eine, bei Heteranthera Potamogeton melirere sich finden. Und ferner andere, die nur eine einzige kleistogame Blüte erzeugen, «die dann, in der Scheide des obersten Laubhlattes stecken bleibend. zur Frucht reift. Die Kapsehi, die sich an diesen einblütigen Intloreszenzen entwickeln, sind kolossal, sie übertreffen die, welche aus den Ährenblüten entstelen. um mehr als das Doppelte, enthalten dann auch eine entsprechend größere Menge von Samen.“ Ts geht aus dieser Angabe klar hervor, daß ıliexe Größenditferenz +«urchaus nicht immer wit der Kleistogamie zusammenfällt. Solms Laubach sagt über eine auffallend kräftige Ausbildung der mit den chasmogamen Blüten an derselben Intloreszenz sitzenden kleistogamen Früchte nichts. 1) Burk, Die Mutation als Ursache der Kleistogamje. Recueil des Travanı botaniques Neerlandais 1905, Vol. TI, Livraisons [—U. j 2) Solns Laubach, Über das Vorkommen kleistogamer Blüten in der Familie der Vontederiaeeen. Bot. Ztg. 1883, pag. 302. So ist «dieselbe auch sicher nicht vorhanden. Nur die an den ein- blütigen Infloreszenzen entstehenden Früchte der kleistogamen Blüte sinil „kolossal“, eine Erscheinung. die wahrscheinlich auf Korrelations- verhältnisse zurückzuführen ist, und die. wie bekannt, in ähnlicher Weise häufig vorkommt. Die Verhältnisse bei Heteranthera spicata müssen jedenfalls noch "äher untersucht werden, denn auch hier soll die kleistogam erzeugte Frucht größer sein als die der chasmogamen Blüten, ohne daß nach Solms die soeben erwähnte Sonderung in ver- schierdenartige Infloreszenzen vorliegt. Die Reduktionserscheinungen bei Heterantheraarten betreffen nach Solms Angaben das Perigon, welches klein und von zarter Beschaffen- heit ist, (die Pollenschlänche und die Zahl der Antheren. Die Pollen- schläuche treten aus den Antheren direkt zur Narbe über, und bei den beiden Arten Heteranthera Potamogeton und Heteranthera Kotschyana Fenzl ist nur eine Anthere vorhanden; nach Solms Vermutung verschwinden die beiden seitlich-unteren (les inneren Kreises, eine Reduktion. die mit der bei den kleistogamen Gramineenblüten beobachteten übereinstimmt. Es mag bei dieser Gelegenheit noch kurz auf Commelina benga- lensis hingewiesen werden. Es sollen hier nach Burcks Angaben die Samen der kleistogamen Blüten doppelt so schwer sein als die der chasmogamen. Fine Abbildung in Englers!) „natürliche Pflanzen- familien“ zeigt nun die Frucht einer chasmogamen Blüte, welche vier Samen besitzt; dagegen soll nach dortigen Angaben die kleistogame unterirdische Blüte eine ein- bis zweifächerige Kapsel mit nur ein bis zwei Samen hervorbringen. Selbst wenn man den Fall annimmt, daß zwei Samen entwickelt werden, so sind zur Ausbildung der chasmogam erzeugten Frucht noch immer ebensoviel Nährstoffe erforderlich wie für die Kapsel der kleistogamen Form. Aus (den soeben geschilderten Untersuchungen und Literatur- angaben geht klar hervor, daß bei monokotylen Pflanzen alle Reduktions- erscheinungen «der kleistogamen Blüten auf einer Hemmung der chas- mogamen Form beruhen. B. Dikotyle Pflanzen. Cistifloren. a) Violaceen. Was pliysiologische und morphologische Untersuchungen anbe- trifft, so ist auf (Goebels Arbeit „Die kleistogamen Blüten und die sungstheorien" hinzuweisen. Danach sind auch hier in dem ab- ngler und Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien II, 4, pag. 64. 173 weichenden Bau der kleistogamen Blüten nur Hemmungsbildungen zu sehen. Die Befruchtungsvorgänge wurden von mir genauer untersucht. Weder Nucellarembryonie noch Parthenogenesis liegt vor, denn ich konnte den Pollenschlauch durch den Griffelkanal, die Mikropyle und durch das (Gewebe des Nucellus bis zum schon gebildeten Embryo verfolgen. b} Cistaceen. 1. Halimium glomeratum. Die Kleistogamie, eine weitverbreitete Erscheinung bei den Cista- eeen, zeigt innerhalb dieser Familie sehr verschiedene Grade der Re- Auktion. Während nach Grosser!) die - altweltlichen For- men keinen äußer- lich auffallenden Dimorphismus zwischen chasmo- gamen undkleisto- gamen Blüten auf- weisen, bilden sich bei den neuwelt- lichen Arten der GattungHalimium auf demselben Fig. 4. Haliminm glomeratum. 4 Anthere einer kleisto- Indien die Bye Bafensacke. ae Piurn mie dance Cr. morphe Blüten größerung gezeichnet.) € (uerschnitt einer kleistogamen größere, Blüte; # die den Placenten ? superponierten Filamente, st länger gestielte chasmogame und kürzer gestielte oıer in Knäueln sitzende apetale kleistogame, welehe hinter den chasınogamen an Größe weit zurückstehen. Das mir zur Verfügung stehende Material aus «denı hiesigen Herbarium von Halimium glomeratum zeigt die letztgenannte stark reduzierte Form. Soweit man an demselben und den Abbildimgen bei Grosser sehen kann, nehmen die chasmogamen Blüten meistens ie Spitze der Infloreszenz ein. Der Kelch der kleistogamen Blüten ist, wie gewöhnlich. am wenigsten von «der Reduktion betroffen und besteht aus fünf Blättern wie bei der chasmogamen Form. Die Korolle scheint ganz abortiert aus 1) Grosser, Monographie der Cistaceen, pag. 5 u. 6; Englers Pflanzenreich. 174 zu sein, das Androcoeum besitzt drei. selten vier Staubfäden, eine be- deutende Reduktion im Vergleich zu der großen Menge der chasmo- gamen Blüten; ich zählte hier in einem Falle 31. Wie Fig. 4C zeigt, sind die drei allein übrigbleibenden den Placenten superponiert und gehören nach Payers!) Abhildungen (dem episepalen. zuerst angelegten Kreise an, der mit den Fruchtblättern alterniert. Die Antlieren haben zwei Pollensäcke (Fig. +4 u. 3) mit nur wenig Pollenkörnern: ich zählte einmal 13 und 10 in je einem Fache. Die beiden vorlan- denen Pollensäcke sind, ihrer Insertion amı Filamente nach zu schließent. wahrscheinlich die hinteren. Sie besitzen ein Endotheeium und Pollenkörner, die teilweise innerhalb der Anthere keimen und ihre Schläuche «dureh das endotkeeiumlose Ge- webe «des Scheitels treiben. teilweise kommt ein Öffnen der Antheren vor. so daß man häufig freie Pollenkörner an den Narben findet (Fig. 52. Griffel und Narben zeigen bedeutende Reduk- tionen in der Größe (Fig. 5 A). Drei Fig. 5. MHaliminm glomeratum. Freigelegter Griffel Fruehtblätter, wie und Narben: 1 einer chasmogamen Blüte, 3 einer R B R R P x . = has Amen kleistogamen: bei letzterer sicht man zwei Antheren bei der chasmoga durch Pollenschläuche mit der re verbunden. Form. sind vorhan- P Authere, (Mit derselben Vergr, gezeichnet.) den. Die Zahl der Samen ist bedeutend reduziert, und es bleiben meistens eine oder zwei hinter «ten anderen in der Entwicklung zurück, Es wurden z. B. ge- funden: I. Zwei gut entwickelte, ein kleinerer Samen. IL Zwei gut entwickelte, zwei kleinere. III. Drei ziemlich gleich große Samenanlagen. IV. Zwei große Samen, zwei kleinere. In «den chasmogamen Blüten zählte ich dagegen 11 und 13 Samen. Messungen «der Organe beider Formen führten zu folgenden Resultaten: 1ı Payer, Orgeanoeenie de la Fleur. . 175 Chasmogame Form _ Kleistogame Form Innere Kelchblätter =7 —S mm = 1—1,5 mm Äußere Kelelblätter =. = 05. Länge ıer Anthere = 04. = 01T „ Durchmesser der Pollenkönmerr = 40-50 x —30 u Länge der Kapsel = 6 mm = 2 mm Die Maße für Keleh und Kapsel wurden Grossers Monographie entnommen. Auch bei Halimium glomeratum wird die Befruchtung dureh den Pollensehlauch vollzogen; man kommte denselben bis zum Nucellus ver- folgen. 2. Helianthemum cairienm. Ascherson!) beschreibt die kleistogamen Blüten von Helianthe- mum eatrieum, einer altweltlichen Art. und gibt an, dab die Größen- unterschiede zwischen ehasmogamer un kleistogamer Form unerheblich sind. Da das Material. welches ich der freundlichen Vermittlung von Herrn Professor Goebel und Herm Professor Strasburger verdanke. keine volleutwiekelten chasmogamen Blüten besaß, kann ieh nichts hierüber aussagen. doch beruht Volkens!; Angabe, nach welcher lie kleistogamen Blüten größer als die chasmogamen sein sollen, jedenfalls auf einem Vergleich verschiedener Entwicklungsstadien: die Korolle der kleistogamen Blüte ist farblos wud wird dureh die reifende Frucht emporgehoben. Die Antheren öffnen sieh, haben ein Endotheeiun und Pollenkörner. die in den Fächern keimen. Meistens sind die Staub- fäden durch die Schläuche an die Narbe fixiert, doch kommen Über- gangsbildungen vor. bei welchen «die Antheren frei und die Pollenkörner anf «len Narben verstreut zu finden sind. Sehr häufig haben die An- theren nur zwei gut entwickelte Pollensäcke. Übergangsformen zeigen, «dab auch hier die vorderen von der Reıluktion betroffen werden. Diese sind auch bei den mit vier Pollensäeken versehenen Anrheren schwächer entwickelt (Fig. 6). Der Griffel der kleistogamen Form ist nach Ascher- son kürzer als hei den chasmogamen Blüten. Sonstige lemmungs- bilduneen scheinen nicht vorzuliegen. Malvaceen. Pavonia hastata. In den Gewächshäusern des hiesigen botanischen Gartens waren mehrere Fxemplare dieser Pflanze vorhanden. Diese 1) Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin 1880-1852, pag. 97. 2) Volkens, Flora der ägypt.-arab. Wüste (1539) I. 176 hatten, solange sie hier kultiviert waren, nur kleistogane Blüten ge- tragen. Zu Anfang meiner Beohachtungen im April 1905 begannen zwei ältere Exemplare kleistogam zu blühen, und die Pflanzen fuhren während der Monate Mai, Juni und Juli mit der Blüte fort. Ungefähr Anfang August wurten alle Pflanzen aus den (rewächshäusern ins Freie in eins der Mistheete transportiert, «das sich dureh günstige Beleuch- tung. guten Boden und starke Bodenwärme auszeichnete. Kurz darauf bildeten sich schöne, große, geöffnete Blüten an jüngeren wie älteren Exemplaren. Ob erstere auch vorher kleistogam geblüht haben, ist mir nicht bekannt. doch wohl anzunehmen. Jedenfalls war hier die Wirkung der günstige- ren Ernährungsverhältnisse sehr auffallend. Ungefähr Mitte Ok- tober hörten die Pflanzen mit Fig. 6. . Heliantheinum eairicum. der chasmogamen Blüte auf; a ne und auch die kleistogamen Blüten mentärer Pollensack. wurden spärlicher. Es wurden darauf nıchrere Pflanzen in das A Gewächshaus gestellt. welches die höchste Temperatur aufweist. Hier entwickelten sich neue Blüten. doch keine chasmogamen Exemplare mehr. Viele waren anormal ent- { / . wickelt; eine ziemlich große. ge- / N schlossene Blüte hatte nur eine 77 77T Antlierenhälfte, die übrigen waren ie; IR Pavonia hastata. Teil der Stanb- verkünmert, Daneben traten an- ne ren. Lore auf mit der für die klei. hälften: 3 rudimentäre in Form von gamen Blüten typischen Fünfzahl Höckern. der Antherenhälften. Im ganzen stellten die im Winter hervorgebrachten Blüten mehr oder minder Übergangsformen dar, die sieh meistens freilich mehr «dem kleisto- gamen Typus näherte. Im Dezember fand ich an einem in dem kälteren Gewächshaus stehen gebliebenen Exemplare eine geöffnete Blüte. Sie hatte. wie die chasmogame Form im allgemeinen, 25 An- therenhälften, die Griffeläste aber waren kürzer als gewöhnlich un sahen nur wenig aus der Staubfädenröhre hervor. Im nächsten Sommer 1906 wurden die Pflanzen in ähnlicher Weise behandelt: es bildeten 177 sich aber keine vollkommen geöffneten Blüten, wax wahrscheinlich auf die ungünstigen Teniperaturverhältnisse im letzten Sommer zurück- zuführen is Ende November dagegen öffnete sieh noch eine kleine verkümmerte Blüte: dieselbe hatte nur fünf monotheeische Antleren- hälften wie die typisch kleistogamen Blüten und Blumenkronblätter, die den Kelch kaum überragten. So sind alle möglichen Übergänge zwischen kleistogamen und chasmogamen Blüten vorhanden. Ich fand auch Blüten mit 6. 10 und 16 Antheren. Die kleistoganıen Blüten sind von den immeren Kelchblättern und den ziemlich farblosen Blumerkronhlättern eng umschlossen; die äußeren Kelchblätter öffnen sich dagegen frühzeitig. Die Zahl der Sepalen und Petalen ist nicht redu- ziert, dagegen diejenige der Anthereuhälften auf fünf. Außer (diesen fünf, die gut entwickelt sind. findet man ver- künmerte in Form von Höckern. Davon schei- nen fünf senkrecht unter den anderen stehende konstant zu sein Fir. 7. Fig 8. Pavonia hastata. (uerschnitte durch junge Onstant zu sein (Fig. 7). Entwieklungsstadien von wahrscheinlich kleistogamen Ein Vergleich mit der Blüten. 4 Jüngeres Stadium: man sieht die fünf- Son ee le ten Malva parviflora blättern noch den Kronblättern stellen. „7 Aulien- zeigt, daß (die bei Pa- kelch, 3 Innenkelch, € Korolle, 2 Antlierenanli vonia hastata vorhandenen Staubfäden identisch sind mit den bei Malva parvitlora übrighleihenden. denselben, «die sich bei allen Malvaceen zuerst anlegen. (Goebel sagt von diesen: Diese fünf Antheren stehen weder genau vor den Blumenblattanlagen. noch genau vor den Kelehhlättern, sondern fallen über den Zwischenraum zwischen beiden. doch mehr der Mitte des Kelchblattes genähert (Fig. 8). Die Entwicklung von Pavonia hastata zeigt Übereinstimmung mit derjenigen von Malva parviflora. Es finder sich dieselbe stumpf-fünfkantige Form «der Blütenachse (Fig. 8 A), Hie- selbe Spaltung der Antherenanlagen in monotheeische Antherenhälften. Nur geht die Reduktion noch weiter, denn von den 10 hei der Spaltung 1} Pringsheim’» ‚Jahrbücher, Bd. XVII, pag. 234. 178 entstandenen Hälften. welche bei Malva parviflora gut entwickelt sind, gibt es bei Pavonia nur fünf, die anderen sind. wie schon erwähnt, rudimentär und nur als kleine Höcker vorhanden. Bei den chasmo- gamen Blüten findet man dagegen 25 solcher Antherenhälften. und man sieht auch hier genau. wie zwei untereinander stehende durch Spaltung der Filamente entstanden sind. Es gehören ontogenetisch also immer zwei senk- recht zu einander stehende An- therenhälften zu- sammen. nicht die schräg neben- einander stehen- den. Die Reihen- folge. in «der sich (lie Reduktion bei den kleistogamen Blüten vollzieht, zeigt auch. daß «die Spaltung der zuerst. angelegten fünf Antlıeren in die monotheei- schen Hälften wahrscheinlich früher erfolgt als Fig. 9. Pavonia hastata. Längsschnitt durch eine kleisto- das Auftreten der game Blüte © Kelchblätter, A Kronblätter, 4 Antheren, F liegen- „V Narben, 2 keimende Pollenkörner, 5 Staubfadenröhre. daneben ii den und hasipetal (darunter stehenden Antherenanlagen; es fanden sich z. B. Übergangs- bildungen mit sechs Antherenhälften; davon stand die sechste dicht unterhalb einer der normal entwickelten, während die anderen Antheren- anlagen gar nicht zu sehen oder doch nur in Form von ganz rudi- mentären Höckern vorhanden gewesen sein müssen, Es scheint daraus hervorzugehen, wie es auch Goebels!) Ansicht ist. daß «diese Staubblatt- anlagen unabhängig voneinander auftreten. b Pringsheim’s Jahrbücher, Bd. XVII, pag. 238. 179 Die Antheren haben ein gut entwickeltes Endotheeium und öffnen sich normal. Innerhalb geschlossener Antheren keimende Pollenkörner wurden nicht beobachtet. Die Pollenkörner fallen teilweise heraus. meistens aber bleiben sie in den Pollensäcken liegen und treiben dureh die Öffnung Schläuche auf die Narben. Während die Griffeläste bei «er chasınogamen Form meistens gerade aufgeriehtet sind, krümmen sie sich bei der kleistogamen Blüte nach abwärts; sie schieben sich zwischen Blumenkronblätter und An- theren hindurch und liegen so gewissermaßen in einer Nische ein- geschlossen, in welcher sie dicht an die Antheren gedrängt werden (Fig. Die Herabkrümmung der Griffeläste ist aber kein konstantes Unterscheidungsmerkmal zwischen chasmogamer und kleistogamer Form; ich fand z. B. in einer halb geöffneten Blüte, «die, der Ausbildung des Androcoeunss und der Korolle nach zu schließen, dem chasmogamen Typus angeliörte, auch einen Teil der Griffeläste nach abwärts ge- krünmmt und wit den Autheren durch Pollenschläuche verbunden. Aller Wahrscheinlichkeit nach kommen zwei Faktoren in Betracht, die das Herabkrümmen der Narben veranlassen: einmal die Hemmung der Blumenkrone, zweitens die Streckung des Griffels; doch können (diese Verhältnisse wohl nur auf experimentellem Wege mit Sicherheit fest- gestellt werden. Die Größendifferenzen der kleistogamen und chasmogamıen Form sind relativ zu anderen Arten nicht bedeutend. Die Griffeläste (der kleistoganıen Blüte sind ungefähr halb so lang wie die der chasmo- gamen. In der Länge der Antheren gibt es wenig Tnterschierle. Malpighiaceen. Das Vorkommen anormaler geschlossener Blüten bei den Mal- pighiaceen wurde zuerst im Jahre 1815 von L. €. Richard!) an einer von ihm Aspicarpa hirtella benannten Art beobachtet. Von Jussieu®) wurden später über diese Formen weitere Angaben gemacht. Danaclı kommen dieselben bei «en Cattungen Janusia, Camarea, Aspiearpa und Grandichandia vor. Sie sitzen in der Achsel der unteren Blätter. sind sehr klein und von gleielem Bau bei den verschiedenen Arten. Die Korolle fehlt oder ist nur in einem Rudiment vorhanden: ein Staub- gefäß nur wurde gefunden, dessen Anthere mit Endotheeiam und nur wenigen Pollenkörnern versehen war. Diese besitzen nach Jussieu 1} Memoires dw Museum II, 396. 2) Flora Brasiliensis X, III, pag. 64, Tab. 174, 176. Monographie der Mal- vVighiaceen (1843, pag. 821. 180 den gleichen Bau wie die Pollenkörner der entwickelten Blüten, sind dagegen wie im Innern leer. Die Hauptiifferenz beider Formen liegt aber in der Stellung der einzig vorhandenen Anthere. Jussieu sagt hierüber: „C'est en effet par la configuration «diverse des carpelles que les genres (des Malpighiaedes) sont essentiellement (distingues et leurs autres differences portent ou sur un avortement partiel de plusieurs des einq &tamines, opposdes au calice (qui manment toutes et complete- ment dans la fleur anormale) ou sur Taddition d’une sixieme opposde au petal le plus interieur dans le bouton. Un rudiment d’anthöre, eorrespondant par sa situation ä cette sixieme, reprösente scul les eta- mines dans la fleur anormale. m&me dans les genres pentandres. oü la tleur normale en 6tait depourvue.“ Meine Unter- suchungen die- ser eigentüm- lichen, von den ührigen kleisto- gamen Blüten abweichenden Formen wur- den an Herbar- material vor- genommen. Es standen nr ig. 10. 1 Aspiearpa longipes. Querschnitt durch eine ge- . lare v. schlossene anormale Blüte. 2 Aspiearpa lanata. Querschnitt Exemplare von durch eine normale Blüte. 4 Antleren, 7? Kronblätter, Aspicarpa lon- S Kelehblätter, eipes, hirtella und lanata zur Verfügung. Was die abweichende Stellung der Anthere in der anormalen Blüte anbetrifft. so bestätigen Querselinitte dieselbe (Fig. 10) Bei der chasmogamen Form von Aspicarpa lanata sieht man drei gut entwickelte Antheren, zwei Antherenrudimente; alle fünf sind episepal. Bei der geschlossenen anormalen Blüte von Aspiearpa longipes findet man nur ein Antlerenrudiment, welches alternisepal steht. An eine Verschiebung der Anthere innerhalb der Blüte ist nicht zu denken. da dieselbe am Grunde mit dem Fruchtknoten verwachsen ist. Bei Aspi- carpa longipes fand ich in den meisten Fällen kein Endotheeium ent- wickelt, doch bei Aspicarpa hirtella war dasselbe vorhanden. Nirgends wurden normal ausgebildete Pollenkörner beobachtet. Was man im Anfang dafür halten konnte, schienen Gerbstoffgebilde zu sein: keine Spur von Pollenschläuchen war zu sehen. Die Frucht ist gut ent- 181 wickelt. und normal ausgebildete Embryonen wurden gefunden. Auf Mikrofonischnitten sah man, daß dieselben ziemlich weit von der Mikro- pyle entfernt sind. Auffallend ist eine auf bestimmten Stadium vom Nucellns aus entstehende Wucherung auf der Seite der Mikropyle. Die beiden Integunmente, die im Jungen Stadium vorhanden sind, verwachsen später mit dem Nucellus. Es geht aus allen diesen Beobachtungen hervor, daß diese Blüten nicht befruchtet werden, sondern sich wahr- seheinlich auf parthenogenetischem Wege entwickeln. daß man sie also Fig. 11 B. Fig. 11. Aspicarpa longipes. A. Chasmogame Blüte freipräpa- riert. + Antheren, N Narbe. B. Anormale Blüte nach Tint- fernung der vorderen Kelchblätter. Die beiden Fruchtblätter sind von- einander entfernt, um die dahinter stehende Anthere zu zeigen. 4 Anthere, 7 Frucht Die Vergrößerung ist dieselbe. Fig. 1IA. nicht zu den kleistogamen rechnen kann, vielmehr sie als „kleisto- parthenogenetisch“!) bezeichnen muß. Wie die Entwicklung des Embryos vor sich geht: und welche Bedeutung die an der Mikropyle entstehende Wucherung hat, ob hier vielleicht Gallenwirkungen eine Rolle spielen. bedarf noch näherer Untersuchung an lebendem Material, das mir leider nicht zur Verfügung stand. In den sonstigen Reduktionserscheinungen Lı Der Ausdruck „Parthenogenesis“ ist hier im weitesten Sinne zu verstehen: ob hier wirklich „echte Parthenogenesis“ vorliegt, konnte ich wegen Mangel an Material leider nicht untersuchen. Flora, Bd. 98. 3 182 zeigen diese Blüten große Übereinstimmung mit den kleistogamen Formen anderer Arten. Bei den anormalen Blüten sind nur zwei Fruchtblätter, bei den geöffneten «rei: bei den ersteren ist oft ein Fruchtblatt ver- kümmert. Die Unterschiede im der Antherengröße und der Griffellänge sind bedeuten (Fig. 11A u. B). Messungen führten zu folgenden Resultaten: Normale geöflnete Blüte Anormale Blüte Antherenlänge =13 mm —=065 nm Länge des Filaments —=31 . =02 . Die Kronblätter. welche bei (er anormalen Blüte oft ganz unterdrückt zu sein scheinen. haben eine Länge von 1.09 em und eine Breite von 0,51 em bei der normalen Form, die Pollenkörner der letzteren einen Durchmesser von 50-50 u. Bei der von Darwin erwähnten Hoya carnosa liegen vielleicht ähnliche Verhältnisse wie bei Aspicarpa vor. Doch ist mir die Kleisto- gamie dieser Pflanze überhaupt zweifelhaft, da ich an dem hiesigen Exemplare während «der letzten beiden Jahre nie kleistogame Blüten gefunden habe. Polygalaceen. Zwei Arten mit kleistogamen Blüten „Polygala polygama und Polygala paueiflora® sind von Charles Hugh Shaw in den „Contri- butions from the botanical Laboratory (Pensylvania) IT“ beschrieben worden. Mir stand leider kein lebendes Material zur Verfügung. Was Größen- und Zahlenverhältnisse anbetrifft, werde ich deshalb Shaws Angaben anführen. Die Fragen, welche er unberücksichtigt hieß, wie Stellung der vorhandenen Staubblätter, Austritt «der Pollenschläuche aus den Antheren und anderes habe ich an der Hand von Herbarmaterial zu beantworten versucht. Shaw beschreibt drei Blütenformen, eine chasmogame. eine oberirdische kleistogame und eine unterirdische kleisto- game. Da die zweite nach seiner Beschreibung nur eine Übergangs- form zwischen den beiden anderen ist, werde ich sie weniger berück- xiehtigen. Von den fünf Kelehblättern sind nach Shaws Angabe bei der chasmoganen Blüte die «rei äußeren nur klein. 11,—2 mm lang. ®3—1 mm breit, die beiden Flügel dagegen groß und kräftig aus- gebildet: bei der oberirdischen kleistogamen Blüte sind die Flügel noch unbedeutend größer als die übrigen Blätter; bei den unterirdischen Blüten dagegen sind sie kleiner als die drei anderen. Auch (lese Tat- \ ) 183 sache, die zuerst auffallend erscheint, ist als Hemmungsbiklung zu erklären. Nach Payers!) Abbildungen werden nänlich bei den Polygala- ceen (lie seitlichen Blätter zuletzt angelegt. erst später wachsen sie den übrigen voraus und übeıragen sie an Länge. Die kleistogame Blüte bleibt also auf einem Stadium stehen, welches «die letztgenannte Er- scheinung noch nicht zeigt. Von der Korolle gibt Shaw folgende Größenverhältnisse an: „Bei (ler chasmogamen Blüte ist die Carina 5-6 mm lang, die beiden hin- teren Blätter ungefähr von derselben Länge, aber viel schmäler. Bei der unterirdischen kleistogamen Blüte ist die Korolle auf die Carina reduziert, welche ungefähr die Größe von 1'/, ınnı erreicht. Da nun Fig. 12. Polygala polygama. Qnerschnitt, A dureh eine chasmogame Blüte, B durch eine kleistogame. .S Kelchhlätter; © Carina, bei der chasmogamen Blüte mit den heiden hinteren Kronblättern ? verwachsen; ‚7 Giefäßhündel der Antherenfilamente, In der kleistogamen Blüte fehlen die beiden vorderen 4". bei den chasmogamen Blüten auch die vordere Seite der Korolle lie weförderte ist, so ist bei der kleistogamen Form das Übrigbleiben der Carina leicht verständlich. Ebenfalls wird die im Verhältnis zu der- jenigen des Androeoeums starke Reduktion der Korolle entwicklungs- geschichtlich erklärt, denn nach Payer hleibt die freilich zuerst an- gelegte Blumenkrone später in der Entwicklung sehr zurück. Bei den chasmogamen Blüten sind acht Staubfäden vorhanden; das vordere und (das hintere sind unterdrückt. In jeder Anthere sind 1} Organogenie de la Fleur. 13* 184 nach Shaws Angabe ein- bis zweihundert Pollenkörner. Zahl wie Größe der Antheren sind sehr reduziert bei (len unterirdischen Blüten. variieren außerdem bedeutend. Eine gut entwickelte Anthere enthält “ ı c Fig. 13> Polygala polygama. I. Querschnitt durch eine chasmoganıe Blüte. Die beiden vorderen Staubfäden 4 haben die kleinsten Filamente im Quersehnitt. 4 © Carina, ‚$ Kelchblätter, ? Blumenkronblätter. II. Querschnitt durch eine kleisto- game Blüte. Die beiden vorderen Antheren fehlen. .S Kelchblätter, C Carina. Fig. 14. L a polygama, kleistogame Blüte. Freigelegter Fruchtknoten F mit Antlıeren fehlen die beiden vorderen, anf der Seite der Carina stehenden Staubfäden. II. Querschnitt dureh die Anthere einer kleistogamen Blüte. Die Pollenschläuche dringen durch die dinnwandige Stelle ins Freie. ungefähr 40—80 Pollenkörner. Das Fehlen von zwei Pollensäcken bei den kleistogamen Blüten ist hier nieht als Hemmungsbildung zu 185 bezeichnen, songlern auch bei den chasmogamen Blüten vorhanden, eine Erscheinung, die bekanntlich häufig bei den Polygalaccen vorkommt. Die von mir untersuchten Blüten hatten meist sechs Antheren, auch fünf und sieben wurden gefunden. Im ersteren Falle fehlen die bei- den vorderen, vor den Kelehblättern stehenden (Fig. 12, 13. 14 I. Dies ist entwicklungsgeschiehtlich nieht recht zu erklären. da nach Payer die episepalen Staubfäden die zuerst. angelegten sein sollen. Doch ist schon bei der ehasmogamen Form in der Unterdrückung des vorıeren und hinteren Staubblattes eine Unregelmäßigkeit zu sehen, denn das hintere ist ebenfalls ein episepales, das vordere gehört der sonst geförderten Seite an. Also hängt hier die Reihenfolge, in der die Stanbblätter sich anlegen, nicht mit derjenigen zusammen, in welcher sie zur Unterdrückung „neigen“'). Man sieht dann auch bei einer Messung, daß (die beiden in der kleistogamen Blüte nicht vor- handenen Staubfäden bei den chasmogamen Blüten schwächer ent- wickelt sind. sowohl was den Durchmesser der Filamente wie die Breite der Antheren anbetrifft (Fig. 13). Messungen ergaben folgendes Resultat: Breite der Antheren: Vordere bei den kleistogamen Blüten fehlende Antheren —= 225 u und 213 a. Die drei seitlichen Antheren = 250 u, 264 a und 205 a. Durchmesser der Filamente. I. Dicht unterhalb des Ansatzes der Antheren gemessen: Vordere Staubblätter = 75 und 85 a. Seitliche Staubblätter = 95, 115 und 102 u. I. Ungefähr in der Mitte gemessen von der Ansatzstelle der Antheren aus gereehnet: Vordere Staubblätter = 50 und 58 u. Seitliche Staubblätter — 72, 73 und 72 u. Über die Keimung der Pollenkörner und den Austritt der Pollen- schläuche fand ich bei Shaw nichts angegeben. Die Pollenkörner keimen innerhalb der geschlossenen Antheren. Sie dringen hauptsächlich an der endotbeciumlosen Stelle hervor. in- dem sie die Zellwände auseinander drängen (Fig. 14, IH und zwischen 1) Ein ähnlicher Fall konımt nach Goebel bei den Cruciferen vor; auch hier „neigen“ die seitlichen kurzen Stauhblätter zum Verschwinden, obgleich sie nach Eichler vor den längeren angelegt werden. 186 den einzelnen Zellen hindurehwachsen. An anderen Stellen scheinen sie aber auch seitlich. wo das Endotheeium entwickelt ist, hervorzu- kommen und dasselbe zu durchdringen. Was die verschiedene Ausbildung der Griffel und der eigentüm- lichen Narben anbelangt. so ist auf Shaws Abbildung zu verweisen. Man sieht, «daß auch hier nur Hemmungsbiklungen vorliegen. Reife Samen standen mir bei meinen Uutersuchwugen leider nicht zur Verfügung. Shaw gibt hierüber folgendes an: „The evident Hlowers commonly fail to bring fortlı seeds. When secds are produced, no difference has been observed in those resulting from the different types of fHowers.” Ol, erstere Angahe, nämlich das Fehlsellagen der Frucht bei den chasmogamen Blüten, richtig ist. be- darf wohl noch weiterer Untersuchung. Papilionaceen. 1. Amphicarpaea monoica. Eine Beschreibung der verschiedenen Blütenformen von Amphi- carpaea monoica. einer in Nordamerika heimischen Papilionacee. finden wir in den „Contributions from tlie botanical laboratory in Philadelphia” von A. Shively. Aus dieser Arbeit geht klar hervor, daß die unter- irdischen kleistogamen Blüten Hemmungsbildungen der chasmogamen sind; die oberirdischen kleistogamen stellen wie bei Polygala Über- gangsbildungen beider Formen dar. Was Größenunterschiede der ein- zelnen Organe, verschiedene Ausbildung des Griffels, der Narben, An- theren. Pollenkörner und Zahlenunterschiede der letzteren betrifft, so ist auf A, Shivelys Werk und ihre Abbildungen zu verweisen. Nicht berücksichtigt wurden von ihr die Stellungsverhältnisse der bei den kleistoramen Blüten entwickelten Staubblätter und die Art und Weise. wie die in den geschlossenen Antheren sich bildenden Polleuschläuche ins Freie gelangen. Herrn Professor (Goebel verdanke ich «ie Angahe, daß sehr sehwach ernährte. kümmerliche Keimpflanzen von Amphicarpaea monoica nur unterirdische Blüten produzierten‘. Ich selbst fand im Oktober 1905 Intloreszenzen mit kleistogawen Blüten an einer voll entwickelten Pflanze. und zwar in der unteren Stengelregion am Boden kriechend. mehr oder weniger durch Sand und Blätter verdeckt. Sie nahmen dem Bau nach eine Mittelstellung zwischen den von Shively als ober- irdische und unterirdische kleistogame Blüten bezeichneten ein. Die Iı Derselbe Fall kommt nach Goebel hei Cardamine chenopodifolia vor, 187 von mir untersuchten hatten meist zwei Samenanlagen. wie nach Shively die oberirdischen kleistogamen Blüten, in der Antherenzahl näherten sie sich dagegen mehr der unterirdischen Form: diese Zahl variiert. freilich sehr. Ich habe mir folgende Notizen hierüber gemacht: I. Blüte: Drei Staubfäden mit. zwei Pollensäcken. zehn angelegt. Il. Blüte: Zwei Staubfäden mit zwei Pollensäcken. III. Blüte: Zwei Staubfäden mit zwei Pollensäcken. sieben angelegt. “ IV. Blüte: Zwei Staubfäden mit zwei Pollensäcken. ein Staub- faden mit einem Pollensack. ein ziemlich großes Rudiment. V, Blüte: Vier Stauhfäden mit zwei Pollensäcken. VI Blüte: Zwei Staubfäden mit zwei Pollensäcken, zwei mit einem Pollensaek. Fig. 15. Amphiearpaea moneiea. (uerschnitte durch eine kleistogane Blüte. A tiefer unten getroffen als B. ? Blumenkronblattrudimente, 4 dem episepalen Staubblattkreis angehörige am besten entwickelte Antheren; « die fünf epipetalen Antheren, $ Kelch. Die Zahl der mit zwei Pollensäcken versehenen Staubfäden variiert also zwischen zwei und vier. Angelegt werden teilweise alle 10. wie auch Figur 15 zeigt. Die kleistogamen Blüten sind von Shively als „apetalous“ beschrieben worden, (doch sind die Petala als Rudimente immer vorhanden. oft alle fünf, immer wurden vier beobachtet (Fig. 15 188 und 16). Die Fahne. deren „gelegentliches® Vorhandensein Shbively übrigens aueh angibt. ist am weitesten entwickelt. was ja auch mit der Begünstigung der Vexillarseite bei den chasmiogamen Blüten überein- stimmt, wo (diese Förderung schon «durch die absteigende Deckung der Fig. 16. Amphicarpaea monoica. Kleistogame Blüte nach Entfernung des Kelches. C Carina, ? Kron- blattrudimente. f Fig. Id. Amphicarpaca monoica. N N Chasmogame Blüte nach Entfer- nung von Kelch und Krone. a Die . epipetalen kleinen Staubfäden, Fig. 16. 4 die episepalen großen. i Korolle bedingt wird. Was (lie ausgebildeten Staubfäden anbelangt, so gehören sie dem äußeren Staub- blattkreise an, welcher bei den Papilionaceen der zuerst angelegte ist. Auch ist «dieser Staubblatt- kreis, wie Figur 17 zeigt. bei den chasmoganıen Blüten später der geförderte und überragt den epi- petalen an Länge. Die am meisten Fig. 18. Amphirarpaea monoiea. entwickelten Staubfäden sind die Anthere einer kleistogamen Blüte. Ein . en . Pollenschlauch dringt durch die An- vexillaren. und, da die Vexillarseite therenwand. auch sonst die geförderte ist, was in betreff «der Blumenkrone schon erwähnt wurde, so ist auch diese Erscheinung durch den natürlichen Entwieklungsgang der Pflanze be- «ingt. Daß auch hier keine besonderen Anpassungen an die Selbst- bestäuhung vorliegen, lehrt außerdem die Tatsache, daß nicht nur die 180 vor den Narben stehenden großen Antheren bei (den kleistogamen Blüten Schläuche aussenden, sondern auch die hinteren, abseits stehenden. deren Schläuche die Narben gar nicht erreichen, und die. was ihre Nützlichkeit anbelangt, steril sein könnten. Die Pollensehläuche keimen, wie A. Shively angibt, innerhalb «der geschlossenen Anthere; sie dringen «durch die Antherenwand ins Freie, wahrscheinlich indem sie die Zellwände auseinanderdrängen (Fig. 18). Die Hemmung der Antherenwand wie überhaupt der ganzen Blüte ist also auf sehr frühem Entwicklungsstadium eingetreten. Das sieht man auch daran, daß die Wand der endotheeiunlosen Antheren noch drei Zellschichten besaß. Übergangsformen, die sich dem chasmogamen Typus sehr näherten, sind vorhanden. Ich fand eine Blüte, bei der die fünf Staubblätter des äußeren Kreises mit zwei Pollensäcken versehen waren; die inneren waren außerdem als ziemlich große Rudimente vor- handen; drei von den Kronblättern hatten entwickelte Spreiten, nur die anderen beiden waren rudimentär. Was die Fruchtbildung bei Amphicarpaea monoica anbetrifft, so wurde schon erwähnt, Jdaß dieselbe von Burck als Beweis für seine Einwendung gegen die Theorie der Hemmungsbildung angeführt wurde. Er sagt: „Bei Amphicarpaea monoica sind nach Frl. Shively die unter- irdischen Samen sehr viele Mal schwerer als die oberirdischen“ '. Ich kann leider nicht mit Bestimmtheit sagen, Früchte von kleisto- gamen und chasmogamen Blüten für meine Untersuchungen vor mir gehabt zu haben; doch fand ich an einem Exemplare zweierlei ober- irdisch produzierte Hülsen, eine zweisamige mit kleineren Samen und eine einsamige mit einen etwas größeren Samen. Wahrscheinlich ge- hörte der erstere einer Übergangsblüte an, der letztere einer oher- irdischen kleistogamen. Eine Wägung der Früchte mit Samen ergab tolgende Resultate: Zweisamige Frucht =0,1 g Einsamige Frucht —= 0,0494 g Same der ersteren — 0,0364 „ Same der letzteren = 0,0380 „ Man sieht aus diesen Gewichtsverhältnissen, daß «ie zweisamige Hülse mehr Nährstoffe zur Entwicklung brauchte als die einsamige, ob- 1) Bouch6 (Bot. Ztg. 1869, pag. 28) gibt auch an, daß die kleistogam er- zeugten Samen größer sind als die der chasmogamen Blüte, berücksichtigt aber ebenfalls die Früchte im Ganzen nicht. 1 gleich erstere kleinere Samen besaß. Burcks Schlüsse sind also nach diesen Beispielen nicht stichhaltig: er hätte das Gewicht der Früchte und nicht das der einzelnen Samen in Betracht ziehen müssen. 2. Vieia amphiearpa. Während bei den kleistogamen Blüten von Amphicarpaea monoica bedeutende Reduktionserscheinungen gefunden wurden, ist dies bei Vieja amıphiearpa nicht der Fall. Nach den An- gaben von Fabre!} und Ascherson?) zeigt sich die Hemmung haupt- sächlich in einer Verminderung der Größe. Nach Fabre haben die unterirdischen Blüten eine Länge von 4 mm. Der fünfblättrige Kelch verschliett «ie Blütenorgane. Die Blumenkrone ist farblos, von den fünf Blättern ist das obere breiter als die anderen: es entspricht dem auch in der chasmogamen Blüte am meisten geförderten Vexillum. Zehn normal ausgebillete Antheren. die sich öffnen und die Pollenkörner auf die Narben gelangen lassen. sind vorhanden. Eine Reduktion in den Zahlenverhältnissen zeigt sich bei der Samenaushildung. Die Angaben hierüber sind bei Fabre und Ascherson etwas verschieden, stinnmen aber darin überein, daß in den Früchten der unterirdischen kleisto- gamen Blüten nur ein oder wenige Samen reifen, welche aber viel größer als die Samen der chasmogumen seien. Daß man in der letz- teren Tatsache keinen Beweis gegen die Auffassung der kleistogamen Blüten als Hemmungsbildungen sehen darf. wurde schon bei (elegen- heit von Amphicarpaea erwähnt. Auch hier sind aller Wahrscheinlich- keit nach Korrelationserscheinungen beteiligt, wie Fabre übrigens selber zugibt: „Sans admettre en aucune manitre une organisation speciale pour les fleurs destindes ä fructifier sous terre, on peut fort bien se rendre compte du petit nomhre et du volume de leurs graines par le seni changement de milieu. Cette ovule priviligee, profitant d'un sup- plöment de substances que n’absorbent plus les autres ovules &touflees, doit prendre aussi isol&e dans sa gousse un plus grand developpement, qwil ne l’aurait fait, si la gousse füt restde a@rienne et eüt nourri toute sa liende Bei diesen Angaben fällt mir auf, daß beide Forscher nur unter- irdische kleistogame Blüten erwähnen. Ich fand im Juli 1906 an Pflanzen im botanischen Garten oberirdische kleistogame Exemplare. Sie stimmten insofern mit «en beschriebenen unterirdischen überein, daß sie außer den Größenunterschieden und der blaßgefärhten Korolle keine Ab- 1} Fahre, SoeietE botanique de France 1857 2} Aschersen, Berichte der bot. Gesellschaft 1884, pag. 235. 191 weichungen von der chasmogamen Blüte zeigten. Bei Vicia amphicarpa und überhaupt bei Papilionaceen scheint sehr häufig die von Goebel als induzierte Kleistogamie bezeichnete Erscheinung vorzukommen. So fand ich auch die gut entwickelten, mit schön blau gefärbter Blumen- krone versehenen Blüten selten vollkommen geöffnet und fast immer schon innerhalb der geschlossenen Knospe bestäubt; sehr häufig auch saß auf den Früchten die emporgehobene Blumenkrone. Doch mag hier auch ein periodisches Öffnen und Schließen vorliegen, bei dem hoch Fremdbestäubung eintritt. Die Hemmung bei den kleistogamen Blüten tritt übrigens auf sehr verschiedenen Stadien ein und scheint un so bedeutender zu sein, je tiefer die Stengelregion der Blüten ist, was wahrscheinlich durch Firnährungsverhältnisse, vielleicht durch den Einfluß des Lichts auf dieselben erklärt wird. 3. Ononis. Es wurden kleistogame Pflanzen bei Ononis alope- euroides gefunden, und zwar im September, nachdem die Pflanzen vorher chasmogam geblüht hatten. Die Blüten zeigten keine besonderen Re- duktionserscheinungen. Zehn mit Endotheeium und vier Pollensäcken versehene Antheren waren vorlanden, die sich normal öffneten. Ononis columnae zeigt dagegen bedeutende Rednktionen. Die Kronblätter sind, wie auch Darwin!) angibt, in der (iröße reduziert, farblos und verschließen die Blütenorgane. Auch hier ist, wie gewöhn- lich, keine strenge Scheidung zwischen ehasmogamer und kleistogamer Form möglich. So ist die Angabe Darwins. daß bei letzterer Form fünf Filamente keine Antlıeren besitzen. nur bedingt riehtig. Das Andro- eoveum ist vielmehr bald mehr oder weniger reduziert, und zwar sind die kürzeren Staubfäden am meisten von der Reduktion betroffen, also die nach Analogie mit anderen Papilionaeeen dem inneren zuletzt an- gelegten Kreise angehörigen. Diese haben oft ganz verkünmerte An- theren olme Pollenkörner. oft sind nur in einem Fache solche vorhanden. Alle Antheren haben nur zwei Pollensäcke, ein Endöotheeium und ihre Öffnungsstelle auf der dem Filamente abgewanılten Seite, so dat auch hier wieder die vorderen Pollensäcke von der Reduktion betroffen sind. Dieselben sind auch bei der chasmogamen Form schwächer ent- wickelt (Fig. 19). Der Pollen gelangt durch «ie Öffnung auf die Narben. er scheint oft vor dem Herausfallen. jedenfalls schon in der Nähe der Antheren Pollenschläuche zu treiben; in (diesem Falle verklebt er (lie Antheren mit der Narbe. Die Abwärtskrümmung des Stigmas, die von lı Darwin, Die verschiedenen Blütenformen an Pflanzen der nänlichen Art. 192 Darwin als bedeutende Abweichung von (der chasmogamen Blüte er- wähnt wird, kann hier nicht als Hemmungsbildung erklärt werden, da Fig. 19. Onenis columnae. An- ren I einer kleistogamen Blüte, # einer chasımogamen. € Vordere Pollensäcke der chasmogamen Form. Fig. 20. Ononis columnae. Kleistogame Blüte nach Entfer- nung ven Kelch und Korolle. Der Griffel ist noch gerade ge- streekt und wird soeben von den Antheren fixiert. 6 Griffel, # Fruchtknoten, „{ Antheren. sie in der jungen chasmogamen Blüte nicht zu sehen ist. Sie wird vielmehr durch andere Gründe bedingt. Die Narbe wird nänlieh, solange der Griffel noch gerade gestreckt ist, durch die Pollenschläuche fixiert (Fig. 20). so daß sie fest mit den Antheren zusanmmen- hängt: an (dieser Fixierung können sieh verschieden viele Staubfäden beteiligen. Bei einem Weiterwachsen des Griffels wird derselbe dann gezwungen, (die er- wälnte Krümmung auszuführen (Fig. 21). Dieselbe wird nur durch die Fixierung herbeigeführt, denn sie ist nicht kon- stant. Ich fand z. B, eine kleistogame Blüte mit gerade gestrecktem Griffel, der mit den Antheren nicht zusammen- hing, dann Übergangsformen, die einen gestreckten Griffel hatten. an «lessen Narben Antherenreste hingen. Der Griffel war hier jedenfalls zu kräftig, um von den Pollenschläuchen fixiert zu werden. Von einer Anpassungserscheinung an die Kleistogamie kann also auch hier nicht die Rede sein. Messungen ergaben folgende Größen- unterschiede: Chasmoganıe Blüte. Antherenlänge = 0,625 mn, Griffellänge = 7.5 mm, Durchmesser der Pollenkörner = 25 u. Kleistogame Blüte. Antherenlänge = 0,175 mm. Griffellänge — 1,6 mm, Durchmesser der Pollenkömer = 20 u. Die Zahl der Samen stimmte bei beiden Formen ziemlich überein. 195 Die Angaben von Hieronymus!) über Tephrosia heterantlia Grisebach sollen noch zum Vergleieh erwähnt werden. Thenso wie bei Vieia amphiearpa und Amphicarpaea finden sieh die kleistogamen Blüten in der unteren Region. Die Reduktion bezieht sich wie auch sonst hauptsächlich auf die Blumenkrone, das Androcoeum und das Ovar. Der epipetale Staubblattkreis fehlt. Die Anthere ist drei- bis viermal kleiner als bei der chasmogamen Fomı und besitzt nur wenige innerhalb der Antliere keimende Pollenkörner. Der Griffel ist auch hier herabgehogen. das Ovar besitzt nur zwei bis drei Samenanlagen. Ein Vergleich aller soeben beschrie- benen Papilionaceen zeigt, wie sehr inner- halb einer Familie der Grad der Reduk- tion variiert. Während bei Amphicarpaea die Hemmung außerordentlich früh ein- tritt -- es felllt sogar das Endotheeimn bei den kleistogamen Blüten — zeigt Ononis alopeeuroides und die von Dar- win erwähnte Latyrus nissolia keine Reduktionen. ausgenommen vielleicht in der Größe; sie sind wohl zu den von Goebel als induziert kleistogam be- zeichneten Pflanzen zu rechnen. 2]. ÖOnonis colunmae. Lythraceen. Kleistogame Blüte nach Entfer- „, mans laifole. Das einzige U ÄS roradn m hier im Gewächshaus aus Samen ge- sich wegen der Fixierung herab- zogene Exemplar dieser Pflanze be- biegen mfisen., eh! An- stätigt Koehnes? Angabe, nach . welcher viele Arten von Rotula, Ammania, Peplis. Nesea ausschließlich kleistogam blühen sollen. Es wurden auch hier nur kleistogame Blüten beobachtet, dloch kann man aus dem Verhalten eines einzigen Exemplars wohl keine bestimmten Schlüsse ziehen. und es erscheint die Möglich- keit nieht ausgeschlossen, «durch längere Kultur der Pflanze unter be- stimmten Beringungen auch bei dieser Art chasmogame Blüten zu er- zielen. Die kleistogame Form hat normale Antheren mit vier Pollen- säcken, die sich öffnen und die Pollenkörner auf die Narben gelangen 1) Hieronymus, Jahresh. Schles. Ges. f. vaterl. Kultur 1837, par. 7 2) Monographie von Koeline über Lythraceen (Englers Pllanzenreich), pag Freilich scheinen diese Angaben nach Koehne nur nach von Herbarmaterial ge- Macht worden zu sein, R& 194 lassen. Auch sonst scheinen keine Reduktionserscheinungen vorzuliegen, was ja aber nur durch den Vergleich mit der chasmogamen Form sicher festgestellt werden könnte. Es mag bei (dieser Gelegenheit erwähnt werden, daß ich auch bei mehreren Exemplaren von Salvia cleistogama keine vollkommen geöffneten Blüten erzielen konnte. Von dieser Pflanze gibt Aschersont) an, sie hätte während fünfjähriger Kultur nie ge- öffnete Blüten gezeigt. Nach Kuhn. der diese Angabe von Ascherson erwähnt. sollen später noch chasmogame Blüten aufgetreten sein. Diese Verhältnisse bedürfen jedenfalls noch näherer Untersuchung. Polemoniaceen. Collomia grandiflora. Es sind mehrere Collomia-Arten: „Collomia linearis, Collomia coceinea und Collomia grandiflora® mit kleistogamen Blüten von F. Ludwig?) und Sharlok®) beschrieben worden. Beire stimmen mit ihren Angaben, was Stellungsverhältnisse der verschiedenen Blütenformen bei Collomia grandiflora betrifft, nicht ganz überein. Ludwig schreibt z. B.: „Im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen mit kleistogamen Blüten treten die kurzlebigen großen chasmogamen Blüten überhaupt erst wochenlang nach den kleistogamen auf, zuweilen erst, wenn die letzteren schon reife Kapseln haben. Die ersten Blüten des zentrifugalen Blütenstandes sind stets kleistogam, erst die späteren, oft nur die an dem Rande des Köpfchens stehenden Blüten sind chasmo- gam.“ Sharlok dagegen gibt an: „Ich fand außer den großen. in der Mitte der meisten gipfelständigen Hauptköpfe sitzenden bekannten lachs- farbenen Blüten am Rande der gipfelständigen Köpfe und in den stengel- ständigen Seitenköpfen fast ausschließlich noch selır kleine, äußerst un- vollständig sich öffnenile.“ . Mir stand lebendes Material von Collomia grandiflora zur Ver- fügung, und zwar waren an zwei verschiedenen Stellen im botanischen Garten Samen dieser Pllanze ausgesät worden. Diese verhielten sich hinsichtlich ihrer Blüten sehr verschieden. An der einen Stelle‘) waren reichlich chasmogame Blüten vorhanden, und zwar waren die am Rande des in einem Viereck stehenden Pflanzenkomplexes sich befindlichen Exemplare ‘lie in dieser Hinsicht am meisten begünstigten: sie waren 1) Bot. Ztg. 1571, pag. 555. 2} Bot. Ztg. 1877, No. 4. :) Bot. Ztg. 1878, No. 41. 4} Herrn Dr. Hegi verdanke ich die Angabe, daß an erstgenannter Stelle Colonia grandiflora erst seit wenigen Jahren kultiviert wird, während dies an der anderen schon seit vielen Jahren der Fall ist, ein weiterer Beweis dafür, daß Er- nährungsverhälfnisse hier bedingend wirkten. 195 auch «durchgehend höher und kräftiger entwickelt als die in der Mitte stehenden. was wohl durch die verschiedene Lichtintensität und die damit zusammenhängenden Ernährungsverhältnisse bedingt war. An er anderen sah man vorwiegend kleistogame Blüten. Daß auch hier Ernährungsverhältnisse eine Rolle spielten, konnte man durch einen Vergleich mit den übrigen hier wachsenden Pflanzen erkennen, Es waren nämlich in der Nähe «er beiden angegebenen Stellen auch Exenplare von Vieia amphicarpa vorhanden. und auch diese waren an dem erstgenannten Orte viel kräftiger entwickelt und hlühten viel reich- licher als an «dem anderen. Was nun die Zeit des Auftretens beider Blütenformen anbetrifft, so stimmten meine Beobachtungen mit den Angaben Ludwigs nicht ganz überein. Ich fand z. B. am 12. Juli 1906 sich öffnende Knospen in der Mitte eines an der Hauptachse stehenden Blütenköpfchens, während an den Seitenachsen zur selben Zeit kleistogame Blüten vorhanden waren. Diese letzteren entwickeln sich und reifen dann freilich viel schneller, so daß man vielfach schon ganz große Früchte der kleistogamen Form findet, während die chasmogamen Exemplare noch blühen. Wie Shar- lok angibt, fand ich die Blüten der stengelständigen Seitenköpfe meistens kleistogam; «die chasmogamen Blüten scheinen auf die Hauptköpfe be- schränkt, welche ja auch offenbar die am besten ernährten sind. Die Stellungsverhältnisse der chasmogamen uni kleistogamen Blüten an den Köpfchen selbst schwanken: es kam vor, daß chasmogame Blüten die Mitte des Köpfchens einnehmen. wie Sharlok angibt. meistens aber fand ich in der Mitte kleistogame Blüten. Bei einer genaueren Zählung eines fast ausschließlich chasmoganı blühenden Köpfchens waren z. B. in «er Mitte sechs kleistogame Exemplare, welche schon Früchte hatten: es wurden hier auch Übergangsbiklungen beobachtet, nämlich geöffnete. schon bestäubte Blüten, deren Länge ungefähr um die llälfte redu- ziert war. An einem anderen Köpfchen sah man in der Mitte zuerst die typisch kleistogamen Blüten mit ungefärbter Korolle, etwas weiter (dem Rande zu wurden die Korollen größer und gefärbt, doch öffneten sie sich nur unvollständig, noch weiter naclı außen sah man «die chasmo- samen großen Blüten sich öffnen. Daß die randständigen Blüten kleisto- gan waren, wie Sharlok angibt, habe ich nicht gesehen. Jedenfalls geht aus diesen Angaben und Beobachtungen hervor, daß die zwischen den mittleren und randständigen Blüten stehenden Exemplare, deren Auftreten ja auch zeitlich zwischen das der heiden anderen fällt, hin- sichtlich der Blüte die am meisten begünstigten sind. Die Zeit ihres 196 Auftretens bezeichnet ja auch den Höhepunkt der Blütenperiode, denn hier wirkt, wie hei den mittleren ersten Blüten. weder Korrelation mit den vegetativen Wachstum mehr ein, noch wie bei den randständigen Korrelation mit den schon abgeblühten fruchtansetzenden Exemplaren. Der Verschluß der kleistogamen Blüte wird hier nicht, wie bei vielen «der vorher beschriebenen Arten, durch die Kelchblätter vollzogen, sondern die Blumenkrone ist allein be- teiligt: auch ist derselbe nicht in allen Fällen ein absoluter. Die Kelehblätter sind ungefähr so groß wie bei der chas- mogamen Form, Die Korolle sitzt tief im Kelche versteckt. Sie ist sehr klein, acht- bis neunmal kürzer als die der chasmogamen Blüte und ziemlich farblos. Die Bestäubung findet statt, nicht wie Sharlok angibt. während die Narbe gegen die eingeschlossenen Staubbeutel anwächst: vielmehr ist der Griffel schon vor der Reife des Pollens den Staubfäden im Wachstum voraus; die Antheren werden dann, während die Filamente sieh strecken. durch «die Hemmung der ge- schlossenen Blumenkrone an die Narben gelrängt. Sie öffnen sich, und der Pollen bleibt an den Papillen hängen (Fig. 223: nirgends sind hier innerhalb der Anthere sich bildende Schläuche beobachtet worden. Das Endotheeium ist gut entwickelt. Die Fig. 22. Collomia grandiflora. G öfie der Antheren varliert, Die größten Kleistogame Blüte im Längs- Std ungefähr zweieinhalb- bis dreimal schnitt. A Antheren, N Narben. kürzer als bei der chasmogamen Form. Jede Anthere hat nur zwei normal aus- gehiklete Pollensäcke: die anderen beiden sind aber noeh als kleine Auswüchse zu erkennen, und man sieht. daß dies die inneren und zu- gleich die bei der Anthere der chasnmiogamen Form am schwächsten entwickelten sind (Fig, Die Größe der Pollenkörner beider Formen differiert nur wenig, variiert bei kleistogamen wie chasmogamen Blüten zwischen 40 und 50 su. Die Zahlenunterschiede sind dagegen beträchtlich. was ja schon die Größendifferenz (der Antheren bedingt. Ein Unter- schied beider Blütenformen besteht in der Insertion der Filamente. Diese liegt bei den Staubfäden einer chasmogamen Blüte verschieden hoch, bei denjenigen der kleistogamen Blüte dagegen auf gleicher Töhe. Daß auch hier eine Hemmungsbildung vorliegt, zeigt der Vergleich mit einem jungen chasmogamen Exemplare. Der Griffel der chasmogamen Form ist 8',,- bis #°;/,mal länger als derjenige der kleistogamen Blüte. In der Ausbildung der Narben und Papillen ist keine besondere Diffe- renz zu erkennen. Die Befruchtungsvorgänge bei den kleistogamen Blüten wurden näher untersucht. Auch hier liegt. wie bei Viola und Halimium, weder Parthenogenesis noch XKueellaremibryonie vor. Der Pollenschlauch ge- Fig. 23. Collomia grandiflora. Querschnitte dureh Blüten; man sieht, daß die vor- deren Pollensäcke reduziert werden. A Kleistogame Blüte, B chasmogame. 4 Vordere Pollensäcke, ? Blumenkrone, € Kelch. langt von den Narben aus (durch «das Leitungsgewebe des Griffels und der bei Collomia vorhandenen placentaren Auswüchse in die Höhlung des Fruchtknotens, kriecht an der Außenseite der Samenanlagen entlang und dringt durch die zusammengedrängten Zellschiehten. welche die im jungen Zustand vorhandene, später aber verwachsene Mikropyle aus- kleiden, bis zum Eiapparat vor. Serophulariaceen. Vandellia nummularifolia. Über die Kleistogamie von Vandellia finden wir Angaben von Kuhn!) und Darwin?) Kubn meint, Van- dellia nummularifolia sei die sterile chasmogame Form von Vandellia sessiflora: erstere blüht nach seinen Angaben meistens chasınoganı, letztere fast ausschließlich mit oberirdischen und unterirdischen kleisto- 1) Kuhn, Einige Bemerkungen über Yandellia und den Blütendimorphismun. Bot. Ztg. 1867, pag. 65. 23x20. Flora. Bit, 98, 14 198 gamen Blüten. Diese Identität der Arten scheint aber nach seinen eigenen Angaben und auch nach meinen Untersuchungen nicht richtig, denn das Stigma von Vandellia sessiflora soll nach Kuhn kreiselförmig sein. dasjenige von Vandellia nummularifolia dagegen zweilappig, so daß «doch wohl zwei verschiedene Formen bei seinen Untersuchungen vorlagen. Ich fand an dem mir aus Kalkutta gesandten, mit Vandellia num- mularifolia bezeichneten Material, das ich der Freundlichkeit des Herrn A. Gage verdanke, bei chasmogamen wie kleisto- gamen Blüten ein zweilappiges Stigma. Was Darwins Untersuchungen anbe- trifft, so erwähnt er nur Vandellia num- mularifolia und beschreibt die chasmo- game wie die kleistogame Form; die erstere soll meistens vor der kleisto- gamen, doch auch zuweilen gleichzeitig mit ihr auftreten. Über Stellungsverhält- Fig. 24. Vandellia nummularifolia. . . . - Kleistogam entstandene Frucht mit nISSe gibt Darwin nichts an. Auch ich emporgehobenerKorolle. #Frucht- kann leider nichts darüber sagen, da die knoten, A” Korolle. mir gesandten Blüten abgeschnitten waren. Die Reduktionser- scheinungen beziehen sich hauptsächlich auf Größenverhältnisse, doch kommt es auch vor, daß die Zahl der Antheren reduziert ist. | Zahlenunterschiede des | Kelches und der Blumen- ' krone wurden nicht ge- funden. Der Kelch ist gar nicht oder nur Fig. 25. Vandellia nummularifolia. 4 Große Anthere wenig geöffnet, die Ko- einer chasmogamen Blüte, 3 kleinere vordere Anthere $, FO ar einer chasmogamen Blüte. (Beide mit derselben Ver- rolle ist, wie auch Dar größerung gezeichnet.) win angibt, klein, farb- los und wird durch die reifende Frucht emporgehoben (Fig. 24). In der chasmogamen Blüte sieht man vier Staubfäden: davon haben zwei kräftig entwickelte Antheren, bei den anderen, und zwar sind dies die vorderen. mit Anhängseln ver- 199 sehenen, sind die Antheren viel kleiner, oft mehr oder weniger redu- ziert (Fig. 25 A und 2). Diese letzteren fehlen, wie voraus zu sehen, manchmal bei der kleistogamen Form. Erwähnt werden soll noch, daß auch bei den normalen Blüten in der Ausbildung der Narben und der beiden Fruchtfächer Größenunterschiede bestehen; die vordere Seite ist Fig. 26. Vandellia num- mularifohia. Kleistogame Blüte nach Entfernung von Kelch und Korolle. Die Antheren sind durch die Narben, die nach einer Seite herabgebogen sind, fixiert. 4 Antheren, N Narben. die geförderte, also die den beiden reduzierten Antheren zugewandte. Es scheint also hier, wie auch sonst häufig der Fall, die Förderung der einzelnen Teile umzuschlagen. Die meisten von mir unter- suchten kleistogamen Blüten Fig. 27. Vandellia nunmularifolia. Quer- hatten vier Antheren. doch schnitte durch Blüten. .4 Von einer typisch . " kleistogamen, 3 von einer Übergangsform, fand ich auch solche mit nur P Kronblätter, « die größeren auch bei der zwei ren, und, wieschon kleistogamen Blüte entwickelten Antheren; a, Antheren, und, wies die kleineren vorderen bei der kleistogamen erwähnt, sind dies die hin- Blüte rudimentären Antheren, Narben, teren: von den anderen bei- ? Blumenkrone. den sieht man auf Fig. 27 4 die Rudimente der Filamente. Alle An- theren haben vier Pollensäcke. Es kommt vor, daß die Narbenlappen des Griffels sich nach zwei Richtungen ausbreiten, doch häufig biegen beide sich nach der vorderen Seite herab (Fig. 26), so daß die längere Narbe nach innen, die kürzere nach außen liegt. Das Verschwinden der Staubfäden auf dieser Seite ist also im allgemeinen nicht zweck- mäßig; doch kann die Bestäubung trotzdem stattfinden, denn wahrscheinlich 14* 200 durch «len engen Hohlraum der Blüte veranlaßt, werden die beiden An- theren ein wenig nach der vorderen Seite gelogen, so daß die eine Antherenhälfte an die eingeschlagenen Ränder der nach innen liegenden Narbe gedrängt wird (Fig. 27.1 und 2). Leider hatte ich nicht genug Blüten mit mur zwei Autheren. um diese Verhältnisse genauer zu unter- suchen. Aus den sich öffnenden, mit Endotheeiun versehenen Vollen- säcken treiben die Pollenkörner ihre Schläuche in dichten Strängen auf die Narbenpapillen. Daß in dem Einschlagen der seitliehen Ränder der Narbe keine Anpassungserscheinungen zu sehen sind, lehrt der vollent- wickelte Griffel der chasmogamen Form. hei dem die Narbenränder sich ebenfalls nach innen einbiegen, wenn auch nicht in dem Maße wie bei der kleistogamien Blüte. Dies scheint mir dadurch erklärt zu werden, daß die Narbe bei letzterer sehr gut entwickelt und fast gar nicht von der Hemmung betroffen wird. In der geschlossenenen Blumenkrone werden die Narbenränder dann gezwungen, sich weit nach innen zu biegen. während «dies in der Knospe der chasmogamen Form nicht der Fall sein kann, weil hier die Narbenlappen noch sehr wenig ent- wickelt sind. Auch bei dieser Art findet man alle möglichen Übergangsformen. Messungen (der (srößenunterschiede führten zu folgenden Resul- taten: Chasmogame Blüte: Länge der Kelchblätter Länge der großen Antheren = 4tmm, Länge der kleinen Antheren = > mn, Filamentlänge der großen Antheren Filamentlänge der kleinen Antheren Länge (des Griffels Durchmesser der Pollenkörner Kleistogame Blüte: Länge der Kelehblätter = 25 un, Länge der Antheren 0,35 mın, Filanentlänge 0,25 nn, Länge des Griffels = (0,825 mm, Durchmesser der Pollenkörner 20 u. Darwin gibt gelegentliche Autogamie der chasmogamen Blüten an. Über die Samenbildung findet man bei ilun folgende Zahlen- angaben: 15 von kleistogamen Blüten produzierte Kapseln hatten im Mittel 64.2 Samenanlagen; «das Maximum war 87; 20 von sehr gedrängt wachsenden Pflanzen hatten durchschnittlich nur 48 Samen. 16 von 201 chasınogamen Blüten durch Kreuzbefruchtung entstandene Kapseln hatten im Durchschnitt 93 Samen, das Maximum betrug 135. 16 au selbst- befruchteten Blüten entstandene Früchte hatten einen Durchschnitt von 62 Samen, ein Maximum von 135. Die Zahl der Samen ist also auch hier im ganzen bei der chasmogamen Form größer als bei ler kleistogamen. Acanthaceen. Im Oktober wurden kleistogame Blüten bei Dipteracanthus Schauerianus beobachtet. Später, im November, traten auch einzelne chasmogame auf. Die ersteren unterscheiden sich von den normalen nur durch die Größe der einzelnen Organe und durch das Geschlossen- bleiben der Korolle: diese Art ist wohl ebenso wie die später zu er- wähnende Blechum Brownii und Ruellia solitaria zu den von Goebel als induziert kleistogam bezeichneten zu rechnen, obgleich zwischen ‚liesen und den „habituell kleistogamen“ natürlich keine scharfe Grenze zu ziehen ist. Messungen bei Dipteracanthus Schauerianus führten zu folgenden Resultaten: Vier kleistogame Blüten wurden gemessen: ihre Längen betrugen 1,2 em, 1,5 cm, 2 cm, 1,8 em. Zwei chasnıogame Blüten mit Finsschluß der Blumenblattzipfel waren 3,5 und 3,6 cm lang. Die Länge der Staubfäden mit Einschluß der Antheren beträgt bei der chasmogamen Form 9 mm und 7,5 mm: die erstere Angabe bezieht sich auf (lie langen Filamente, die letztere auf die kürzeren; bei der kleistogamen Blüte sind erstere 6, letztere 4'/, nım lang. Auch die kleistogamen Blüten von Blechum Brownii und von Ruellia solitaria, die beide in einem der hiesigen Gewächshäuser beob- achtet wurden. wiesen keine besonderen Reduktionserscheinungen auf. Es mag bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen werden. (daß Goebel!) auch bei einigen Utrieulariaceen, 7. B. Utrienlaria subulata, elandestina Nutt. und Utrieularia elachista Kleistogamie erwähnt. Rubiaceen. Houstonia. Die Kleistogamie bei Houstonia-Arten, einer kleinen in Amerika heimischen Rubiaceengattung, findet sich in der Literatur nicht angegeben und scheint his jetzt nicht beachtet worden zu sein. Es wurden zwei kleine, selr schwächlich aussehende Exemplare von aus Amerika stammendem Samen gezogen, der als Houstonia caerulea bestimnit war, und den Herr Prof. Goebel mir freundlicher Weise zur Verfügung stellte. Außerdem ließ man einige schon blühende Pflanzen aus Lindau von Sündermann schieken. Bei den ersteren salı ich die 1} Goebel, Morphologische und biol. Studien 189, Bi. If, pag. 76. Nach mündlichen Angaben kommt auch bei Utrieularia bifida Kleistogamie vor. 202 ersten kleistogamen Blüten und Früchte am 11. Mai. Diese Pflanzen blühten überhaupt nicht chasmogam; sie gingen bald, nachdem sie mehrere Blüten und Früchte getragen hatten. zugrunde, was bei ihrem Fig. 23. Houstonia caerulea. Querschnitt durch eine kleisto- game Blüte, welcher die Ver- zahnung der Kronblattzipfel zeigt. S Kelchblätter, P Biumenkrone. passungen angeführt haben. schwächlichen Aussehen zu erwarten war. Die anderen chasmogam blühenıen Exemp- lare trugen dagegen keine kleistogamen Blüten. Ein Vergleich beider Pflanzen er- gab aber, daß sie wahrscheinlich nicht der- selben Art angehörten. Die aus dem Samen gezogenen Pflänzchen bestimmte ich als Houstonia minor, während die chasmogamn blühenden wirklich zu Houstonta caerulea gehörten. Wenn Darwin (die Kleistogamie bei Houstonia gekannt hätte, so würde er sie jedenfalls auch als einen der schlagend- sten Beweise für seine Theorie der An- Sie besitzt nämlich ebenso wie die später zu erwähnende Specularia perfoliata jene eigentümlich gebildete Blumen- Fig. Honstonia minor. Tängsschnitt dureh eine istogame Blüte, $ Kelehblätter. 2 Korelle, 4 Antheren, N Narben. krone, die. wie Darwin!) Fig. 30. Honstonija minor. (Querschnitt ünrch die Anthere einer kleistogamen Blüte. 7? Die vorderen rudimentären Pollensäcke. Der Pollenschlauch links wächst durch das Gewebe der rudimen- tären Pollensäcke und scheint durch eine der Zeilen hindurchzudringen. Rechts sieht man besonders klar die Re- sorption der Zellen au der normalen Öffnungsstelle. sagt, in Form einer Trommel (die Blüten- organe verschließt, ohne eine Öffnung zu lassen. Es ist hier wie dort naaı. 203 eine den Blütenschluß bedingende Zellnaht vorhanden (Fig. 28). Daß diese Einrichtung sich auch bei der jungen chasmogamen Blüte findet, braucht kaum noch erwähnt zu werden. Wie bei Collomia und Spe- eularia ist der Kelch am Verschluß nicht beteiligt; «die Kelchblätter sind groß und weit abstehend. Die Korolle ist dagegen klein und farblos (Fig. 29). Es sind vier Antheren, wie bei der normalen Blüte. vorhanden. einmal fand ich nur drei. Die Antheren haben nur zwei Pollensäcke; die inneren sind häufig als kleine Höcker vorhanden (Fig. 30): also trifft die Reduktion auch hier die vordere Seite. Die Zalıl «ler Pollenkömer in den kleistogamen Blüten ist außerordentlich gering; in einer Anthere waren 24, nämlich in einem Fache zwei Pollentetraden, im anderen vier. Erstere Reduktion wird nur noch bei Gräsern und durch die von Goebel!) für Cardamine chenoporlifolia angegebene übertroffen. Dieselben Zahlenverhältnisse fand ich noch in einer anderen Anthere. Zählungen bei den chasmogamen Blüten von Houstonia caerulea ergaben dagegen in einem Pollenfach ungefähr 250. in anderen 220 Körner: da dies die beiden vorderen, kleineren Fächer waren, so sind etwa 1000--1100 Körner in jeder Antlıere. Das Endo- theeium ist bei den kleistogamen Blüten sehr schwach und nur eine kurze Strecke auf der nach außen gekehrten Seite der Antheren ent- wickelt; um so stärker ausgebildet wird es, je mehr es sich dem Scheitel nähert. Die Pollenkömer treiben innerhalb der Anthere Schläuche von beträchtlicher Größe. Diese dringen entweder an der normalen Öffnungsstelle hindurch. Es findet dann an dieser Stelle eine Resorption «der Zellen statt, so daß in den meisten Fällen nur eine dünne Zellhaut übrig bleibt, welche der Pollenschlauch durchbohren muß. Die Schläuche durchwachsen aber auch größere Gewebestrecken: sie dringen durch das Gewebe der rudimentären Pollensäcke oder kommen an «der Höhlung des Scheitels hervor. Man kann hier meistens ein Auseinanderdrängen der Zellwände beobachten, doch scheinen die Pollenschläuche auch in das Innere der Zellen einzudringen (Fig. 301. Da die Antheren den Narben dicht anliegen. haben die Schläuche nur einen geringen Weg zurückzulegen. Obgleich die untersuchten chasmogamen uni kleistogamen Blüten nicht «lerselben Art angehören, sollen doch die Größenunterschiede bei- der angegeben werden, denn die mir vorliegenien Abbildungen zeigten. daß die chasmogamen Blüten beider Arten ziemlich gleich groß sind. Es wurden folgende Resultate gefunden: 1} Goebel, a. a. O., pag. Hi. 204 Chasmoganıe Blüte. 45—5 mm 2,70 nım 45mm 1,2mm 22— 20) u Länge der Kronblätter an! Länge ıer Griffel (Fig. ' Mm. Länge der Antheren Durchmesser «der Pollenkörner — Kleistogame Blüte. == 0,425 nım } = 015mm 02mm 13—20 u (Fig. 32). B 31. Houstonia caerulea. ffel einer chasmoganen, einer kleistogamen Rlüte, (Mit der- sellen Vergrößerung gezeichnet.) Fig. 32. Houstonia caerulea. 4 An- there einer kleistoganen, 3 einer chasmogamen Blüte. (Mit derselben Vergrößerung gezeichnet.) Ein Vergleich der Größe und Zahl der Samen führte zu folgenden Resultaten: Chasmogame Blüte. A. Eine Frucht mit 10 Samen, Drei Samen wurden semessen. 1l.D. = I. D. = 055 mm IN. D. = 0,65 mn. B. Eine Frucht mit 20 Samen, Sechs Samen wurden gemessen. t. D. = 0,65 mm 11. D. = 0,65 mm 11. D. = 0,6 mn IW.D. 05 mm VD. 0,509 mn VED. = 058 mn. Kleistogame Blüte. A. Eine Frucht mit 10 Samen. Zwei Samen wurden gemessen. 1.D.=09 mm U.D. 0,9 nm. B. Eine Frucht mit acht Samen. Vier Samen wurden gemessen. ‚6 mm mm > mm ö mm. 205 Chasmogame Blüte. C. Eine Frucht mit acır Samen. Vier Samen wurden gemessen. ID. = 0,75 ıım ID. = 0,71 mm II D. 0,65 mm IV. D. = 0,62 nım. Aus obigen Angaben geht hervor, daß die Zahlen- und Größen- verhältnisse sehr variieren. Auffallend ist die bedeutende Größe bei den Samen der zuerst angeführten Frucht einer Kleistogamen Blüte. Daß hier die schon früher besprochenen Korrelationsverhältnisse Finfluß hatten, ist meiner Ansicht nach sicher. Ich hatte nämlich an der kleistogam blühenden Pflanze fast alle Blüten für meine Untersuchungen entfernt, so daß sich zu gleicher Zeit nur wenige Früchte ausbildeten: bier waren natürlich die Nährstoffe, die dem Samen zuströmten, reich- lieher als bei den chasmogam blühenden Pflanzen, die viel mehr Blüten rüchte hatten. Ein Vergleich der beiden später gesammelten Früchte mit acht Samen zeigt. auch, daß die Samen der chasmogamen Blüte etwas größer sind als die (ler kleistogamen. Die chasmogamen Blüten von Houstonia sinıl heterostyl, wie schon aus der doppelten Zahl für die Griffellänge hervorging. Der Frucht- ansatz war ziemlich reiehlieh. Ich bezeichnete vier Blüten und sehützte sie vor dem Eindringen von Insekten dureh eine Glaselocke; eine von ihnen setzte Frucht an. Vielleicht kommt bei den kurzeriffligen Formen Antogamie vor: «loch es erscheint mir zweifelhaft. da ich «en Versuch wiederholte und kein Fruchtansatz eintrat. Jedenfalls müssen noch mehr Experimente gemacht werden. um die Frage der Autogamie mit Sicherheit zu beantworten. Campanulaceen. Specularia perfoliata. Ich habe lehenies Material dieser Pflanze während zweier Sommer zur Verfügung gehabt. Im ersten Jahre traten nur kleistogame Blüten auf. Im zweiten wurden Samen und Blüten mit Regenwasser hegossen, um sie vor der etwa hemmenden Wirkung des Kalks zu schützen. Die Pflanzen wurden in Töpfe xe- setzt und blühten bis Ende Juli kleistogam. Darauf wurden mehrere Exemplare aus den Töpfen herausgenommen und in ein Mistbeet mit ‚sehr guter Erde, günstiger Beleuchtung und starker Bodenwärme ge- bracht. Hier entfaltete sich bald nachher die erste chasmogame Blüte: auch die übrigen Exemplare bis auf eins, bei dem es nicht genau fext- 206 gestellt werden konnte, blühten kleistogam. Der Einfluß der Ernäh- rungsverhältnisse war also auch hier offenbar. Die Stellungsverhältnisse von kleistogamen und chasmogamen Blüten zeigen. daß letztere an den offenbar besternährten Teilen der Infloreszenz stehen. Bei einigen Exemplaren war nur die Terminal- blüte der Hauptachse chasmogam, bei einem anderen auch die Mittel- blüten der seitenständigen Diehasien. Im ersteren Falle war auffallend. daß «die hier kleistogame seitliche Mittelblüte fast inımer fünf Kelch- hlätter, fünf Staubfäden und drei Fruchtblätter hatte, währen sonst bei schlecht ernährten. rein kleistogamen Pflanzen sehr häufig Drei- oder Vierzähligkeit des Kelches, drei Antheren und nur zwei Fruchtblätter vorkommen. Es zeigt dies. daß auch die Zahlenverhältnisse in (der Blüte von der Ernährung abhängig sind, wie es von Warmingt) bei Papaver somniferum. von Gocheld für einige Rosaceen, Nigella damas- cena und andere Arten festgestellt wurde. Er- wähnt werden soll noch, daß bei (len chasmogam blühenden Exemplaren die in der Achsel der beiden Vorblätter der seitlichen Mittelblüte stehen- den Knospen fast immer ausgebildet werden. während bei den schlecht ernährten rein kleisto- gamen Exemplaren häufig (lie eine zu verküm- . Fig. 33, mern scheint. Specularia perfoliata. x . R f Längsschnitt durch eine Speeularia perfoliata ist, wie schon ange- kleistogame Blüte. eben, von Darwiı ; ei " wichti: n 4 Antheren $ Keich- g ’ n als eine der wichtigste: blätter, ? Blumenkron- Beweise für seine Theorie der Anpassungen an- blatt, N Narben. geführt worden. Daß dieser Beweis hinfällig und die Verzahnung der Blumenkrone wie bei Houstonia eine bei der jungen ehasmogamen Blüte auch vorkommende Erscheinung ist. wurde dureb Goebels Abhandlung bewiesen. Besonders auffallend bei Spe- ewlaria ist der enge Raum. in dem Griffel und Antheren von der Korolle umschlossen sich befinden, der in keinem rechten Größenverhältnisse zu dem großen kräftig entwickelten Fruchtknoten steht (Fig. 33). Der Ban «der Antheren. welche nur zwei Pollensäcke haben — und zwar bh Warming, Individus nanes dn Papaver somniterum. 8. A. 0. I. u. 0. 21 Goebel, Organographie, pag. 413. Ders., Über die Anordnungsrerhältnisse der Staubblätter in einigen Blüten. Bot. Zte. 1892, p. 38 207 sind dies die hinteren — die Keimung der Pollenkörner innerhalb der- selben und ihr Austritt an der normalen dünnwandigen Öffnungsstelle sind ebenfalls von Goebel beschrieben worden. Ich fand auch. daß die Antheren sich öffnen und zwar auf der inneren Seite, was ja eben- falls auf ein Fehlschlagen der vorderen Pollensäcke hindeutet. Die Schläuche kommen an dieser Stelle heraus. wachsen Fig. 34. B . . 1 . Specularia per- aber nicht immer. wie Darwin!) angibt, foliata. direkt zur Narbe, sondern nach allen 4 Anthere der . . un . chasmogamen Seiten. Die (irößenunterschiede von Blüte, 3 der Staubfäden und Antheren hei kleisto- kleistogamen. (Mit derselhen Vergrößerung gezeichnet.) gamer und chasmogamer Form sind außerortentlich bedeutend. Bei letzterer sind die Staubfäden 40 nım lang. die Antheren 2= mm. die Länge des Fila- ments also 12 mım. Das letztere ist bei den Kleistogamen Blüten kaum ent- wickelt. lie Antheren messen 0,32 mm; diese Länge stimmt mit der Angabe von Knuth?) von 03 mm ziemlich überein. Die Pollenkörner der chasmogamen Blüte haben nach meinen Messungen 30-35 yı im Durchmesser, die der kleistogamen 25—30 «. Knuth gibt für letztere größere Zahlen an, und es ist ja mög- lich. daß diese Größenverhältnisse variieren. Eine Zählung der Pollenkörner ergab in einer Anthere der kleistogamen Form 42 Körner, in einer anderen +41. Ein Vergleich mit der Anthere (er chasmogamen Blüte (Fig. 34: zeigt am besten «den großen Unterschied in den Zahlenverhältnissen. Der Griffel, welcher hei der kleistogamen Form nur zwei Narben besitzt, ist sehr klein, nur (ler obere Teil des- Fig. Specularia per- selben ist überhaupt entwickelt, dort. wo er foliata. aa ine e- sich in die Narbenlappen teilt (Fig.35). Auch hier kann man die Übereinstimmung mit dem jungen chasmogamen 1a20. 2 Knuth, Blütenbiologie, Bd. 1, pag. 6. . Ähnlich verhalten sich nach Rößler die Schläuche von Juneus bufonius. 208 Griffel erkennen, dessen Basalteil ebenfalls zuerst in der Entwicklung zurückbleibt (Fig. 36). Die (irößenverhältnisse beider Griffel sind folgende: Derjenige der kleistogamen Form ist 0.35 mm lang, der Griffe] der chasmogamen Blüte allen von der Stelle, wo die Narben sich ausbreiten. bis zum Grunde gemessen = 60 mm; der erstere be- sitzt. wie Darwin und Knutlı angeben. keine Fegeltaare, doch ist er papillös. eine Erscheinung. die ja als Hemmungsbildung leicht zu er- klären ist. md durch einen Vergleich mit dem jungen Griffel der chasmogamen Form, welcher auch noch keine gut entwickelten Fege- haare besitzt. noch verständlicher wird. Die Ausbildung des Frucht- knotens bei der kleistogamen Blüte könnte (ie Vermutung erwecken, Fig. 30. Speeularia perfoliata. 4 (miffel einer jungen chasmo- gamem Blitte. 2 Oberer Teil des Uriffels einer entwickelten chas- mogamen Blüte. 7° Die Ansatzstellen der abgefallenen Fegehaare. (Die Vergrößerung von Fig, 36.3 beträgt das Vierfache von der- jenigen hei Fig. 35 und 36.4.) daß die sonst vorhandene Reduktion sich auf Frucht- unı Samen- bildung überhaupt nicht erstreckt. Eine Zählung der Samen zeigte jedoch das Gegenteil. Diese ergab bei der kleistogamen Blüte 97 142. 13L Samen in einer Frucht. In einer chasmogam produzierten zählte ieh dagegen 264 Samen. Die Zahl (der Pollenkörner scheint auf den ersten Blick viel zu gering zur Befruchtung aller Samen zu sein. Doch wenn man die Zahlen vergleicht, so findet man in einer Blüte nach obigen Angaben 164—158 Pollenkömer, 97—142 Samen. was also dieser Vermutung widerspricht. Eine nähere Untersuchung des weiteren Verlaufs der Pollenschläuche ergab dam auch hier, wie bei Viola, Collomia und Halimium, daß die 209 Samenanlagen normal befruchtet werden. Der Pollenschlauch wurde bis zum Embryo verfolgt; er wächst an den zentralwinkelständigen Placenten entlang bis zur Mikropyle der anatropen Samenanlagen. Zusammenfassung, IL Alle beschriebenen kleistoganen Blüten sind Hemmungsbiklungen der chasmogamen Form. IL Bei den einzelnen Arten. oft innerhalb ein und derselben Fanilie und innerhalb derselben Art tritt die Hemmung auf ganz ver- schiedenen Entwicklungsstadien ein. so daß hier nach Goebel Ent- wicklungs- und Entfaltungshenmung unterschieden werden kann (Papi- lionaceen). III. Die Hemmung vollzieht sich in einer bestimmten Richtung, die durcli den normalen Entwicklungsgang der chasmogamen Blüte be- stimmt wird. IV. Der Kelelı ist gewöhnlich am wenigsten von der Reduktion betroffen!) Die Zahl der Kelchblätter ist bei Speeularia perfoliara reduziert?). Der Kelch ist am Verschluß der kleistogamen Blüte be- teiligt bei folgenden Arten: Cardamine ehenopollifolia, Viola-Arten, wahr- scheinlich bei Jonidium®), Halimium glomeratum, Halimium rosmarini- folium, meistens bei Helianthemun cairiewn; bei Impatiens-Arten, Poly- gala pauciflora. Polygala polygama. Amphicarpaea moneica, Viela am- phiearpa. Ammania latifolia, Utricularia elachista. Vandellia nummulari- folia. Bei Pavonia hastata verschließt der Innenkelch tie Blütenorgane, Auch bei «den anormalen Blüten der Malpighiaceen bildet der Kelch den Verschluß der Blüte. Die übrigen neuweltlichen, kleistogam blühenden Halimium-Arten verhalten sich wahrscheinlich wie Halinium glomeratum. Bei Tephrosia heterantba Grisebach sollen nach Hieronymus die Kronblätter kaum so lang sein wie der Kelch. Über den Verschluß ist niehts angegeben ;. 1} Es nıuß erwähnt werden, daß alle die nun folgenden Angahen, den Kelch, die Korolle, Antheren etc. betreffend, sich nur auf die extremen Formen beziehen, welche durch vielerlei Übergänge mit der chasmoganen Blüte verbunden sind. 2} Auch die Zahl der Antheren wie der Fruchtblätter ist bei Speenlaria reduziert (No. VI u. X), manchmal auch diejenige der Kronblätter. 3) Bernoulli, Zur Kenntnis dinorpher Blüten. Bor. Ztg. 1869, Bd. XXVIT, pag. 17. 2 Es ist zu bemerken, daß bein Reifen der Frucht die Kelehllätter sich häufig öffnen; dies tritt hald früher, bald später ein, Es wurde deshall nieht die Frucht, sondern die bestäubte Blüte in Betracht gezoren. 210 V. Die Korolle fehlt bei Cardanıine chenopollifolia und Halimium glomeratum,. Sie ist in sehr rudimentärem Zustande vorhanden bei Viola-Arten, Polygala-Arten, Amphicarpaea monoica. Bei den anormalen Blüten «ler Malpighiaceen fehlt sie ganz oder ist sehr rudimentär. Sie ist besser entwickelt, «loch in der Größe reduziert und mehr oder weniger farblos bei Helianthemum eairicnm, Helianthemum Lippii, Oxalis aceto- sella. Impatiens-Arten, Pavonia hastata, Vicia amphicarpa, Ononis colum- nae. Tephrosia heterantlıa Grisebach. Collomia grandiflora, Lamium amplexieanle, Vandellia numımularifolia, Acanthus-Arten. Houstonia minor, Specularia perfoliata. VI. Eine Reduktion in der Zahl der fertilen Staubhlätter oder der Staubblätter überhaupt findet sich bei Gramineen, Juncus bufonius, Heteranthera Potamogeton, Heteranthera Cotschyana Fenzl, Monochoria vaginalis (nach Darwin), Cardamine chenopodifolia, Viola-Arten, Joni- «dium, Halimium glomeratum und wahrscheinlich bei den anderen neu- weltlichen kleistogamen Halimium-Arten, bei Oxalis acetosella, Pavonia hastata. Polygala-Arten, Amphicarpaea monoieca, Ononis columnae, Te- phrosia heterantha Grisehach, Vandella nummularifolia, Speeularia per- foliata. VII Eine Reduktion «der Pollensackzahl innerhalb der Anthere findet man bei Gramineen-Arten, Cardamine chenopodifolia, Viola-Arten, Halimiam glomeratum, Helianthemum cairicum, Inıpatiens noli tangere, Amphicarpaea monoiea, Ononis columnae, Collomia grandiflora, Utri- eularia elachista, Houstonia minor, Specularia perfoliata.. In allen Fällen außer bei Viola fehlen wahrscheinlich die vorderen Pollensäcke. Diese sind in solchen Fällen auch bei der chasmogamen Blüte schwächer ent- wickelt. Bei Tephrosia findet sich über die Pollensackzahl keine Angabe. YIIL Ein Endotheeium ist vorhanden außer bei Amphicarpaea. Auch bei Oxalis acetosella soll es nach Rössler'} teilweise fehlen. eben- falls bei Utrieularia elachista nach Goebels Abhildung?). IX. Die Pollenkörmer keimen innerhalb der Anthere bei vielen Gramineen-Arten, Juneus bufonius, Heteranthera-Arten, Cardamine cheno- podifolia. Viola-Arten (Ausnahme: Viola mirabilis), Jonidium, Halimium glomeratun, Helianthemum eairienm, Impatiens noli tangere, Oxalis aceto- sella. Polygala polygama. Pavonia hastata, Amphicarpaea monoiea, wahr- scheinlich bei Ononis columnae, Tephrosia heterantha Grisebach, Van- dellia nummularifolia, Utrieularia elachista. Houstonia minor, Specularia perfoliata. 1ı Rössler, Beitr. zur Kleistogamie. Flora, 87. Bd, pag. 492. 2 Goebel, Morphologische und biologische Studien 1890, IT, yag. 76. 211 Bei einigen der erwähnten Arten, z.B. bei Halimium glomeratum und Heliauthemum cairicum kommt es auch vor, daß Pollenkörner herausfallen und auf der Narbe keimen; überhaupt ist hier keine scharfe Grenze zu ziehen. X. Der Austritt der Pollenschläuche aus «den Antheren vollzieht sich auf verschiedene Weise; diese wird durch den Grad der Reduktion bestimmt, welchen die Antherenwand zeigt. Wenn überhaupt kein Endotheeium entwickelt. ist, so wachsen die Schläuche durch beliebige Wandstellen (Amphicarpaea). Nach den Ab- bildungen von Goebel ist dies auch bei Utricularia elachista der Fall. Ist ein Endothecium vorhanden, so kommen zwei Fälle vor. 1. Die Antheren öffnen sich; dann treiben die Pollenkörner ihre Schläuche hauptsächlich durch die Öffnung: dies ist der Fall bei allen denjenigen untersuchten Gramineen-Arten, deren Körner innerhalb der Antheren keimen, hei Juncus bufonius, Helianthemum cairicum, Impatiens noli tangere, Pavonia hastata, wahrscheinlich bei Ononis columnae, Van- dellia nummularifolia, Specularia perfoliata. Bei Juncus und bei Specu- laria kommt (daneben wahrscheinlich der Fall vor, daß die Pollenschläuche am Scheitel und durch die dünnwandige Öffnungsstelle herauskommen. Bei Impatiens noli tangere keimen die Pollenkörner innerhalb der sich Öffnenden Anthere und fallen nicht heraus; ob die Schläuche durch die Öffnung ihren Weg nehmen, ist nicht angegeben '). 2. Die Antheren bleiben geschlossen; dann kommen die Pollen- schläuche gewöhnlich an der normalen Öffnungsstelle heraus oder am Scheitel. Dies ist der Fall bei Oxalis acetosella. den meisten Viola-Arten, Halimium glomeratum, bei Polygala polygama, Houstonia minor, nach Goebel auch hei Specularia. Viola mirabilis bildet eine Ausnahme von den übrigen Violaceen, denn die Antheren öffnen sieh, und «der Pollen fällt heraus. Bei Houstonia minor ist das Enrdotheeium nur wenig entwickelt. und es kommt vor, daß «lie Pollenschläuche auch durch das Gewebe der rudlimentären Pollensäcke ihren Weg nehmen und wahrscheinlich hier herauskommen, wo kein Endotheeium vorhanden ist. Bei Polygala scheinen die Schläuche auch seitlich dureh (lie Antherenwand zu wachsen an der Stelle, wo das Endotheeium entwickelt ist. und dasselbe zu durch- dringen. Für Tephrosia heterantha Grisebach gibt Hieronymus an, daß die Schläuche «durch die Antherenwand wachsen. (diejenigen der Heteran- 15} Mohl, a. a. O.. Bd. XXI, pag. 322. 212 thera-Arten sollen nach Solms-Laubach (direkt aus der Anthere zur Narbe übertreren. Wegen Mangel an Material konnte ich diese Ver- hältnisse nicht näher untersuchen. I. Bedeutende Reduktionen tes Griffels und der Narbe weisen auf: Viola-Arten. Jonidium, Oxalis acetosella, Hallınium glomeratum, Aspicarpa hirtella und Aspicarpa longipes. Polygala polygama, Amphi- carpaca monoiea. Houstonia minor und Specularia perfoliata. XII. Eine Reduktion der Fruchtblattzahl findet sich bei Aspicarpa longipes und Aspicarpa hirtella wie bei Specularia. XTU. Die zuerst angelegten Teile einer Organgıuppe werden ge- wöhnlich am wenigsten von der Reduktion betroffen, z. B. der äußere Staubblattkreis der Papilionaecen, „Amphicarpaea monoica, Ononis co- Iunmae, Tephrosia heterantha. Grisebach“, «der episepale Staubblattkreis bei Halimium und bei Oxalis acetosella (nach Goebel). Eine Ausnahme bilden Polygala polygama und Cardamine chenopodifolia. Bei diesen Arten sind die rerlnzierten Teile in «der chasmogamen Blüte schon am sehwäelsten entwickelt. XIV. Bei dorsiventralen Blüten ist die im allgemeinen geförderte Seite auch hei der kleistogamen Form am besten ausgebiklet, z. B. «lie Carina bei Polygala, das Vexillum bei Papilionaceen. XV. Die anormalen Blüten der Malpighiaceen-Gattung Aspicarpa. welehe von (er allgemeinen Regel der Hemmungsbildungen abweichen, sind nicht als kleistogam zu bezeichnen, «da ihre Samen sich ohne Be- fruchtung entwickeln. XVT. Sonst tritt bei allen daraufhin untersuchten Arten in der kleistogamen Blüte normale Befruchtung durch den Pollenschlauch ein (Viola, Halimium, Collomia, Speeularia), XVH. Die chasmogamen und kleistogamen Blüten sind an der Pflanze meistens so verteilt, daß erstere an denjenigen Teilen der In- Hloreseenz stehen. von denen anzunehmen ist, daß sie am besten ernährt sind (Gramineen. Haliminm. Amphiearpaea, Vieia, Collomia, Speeularia). \VHT. Die physiologischen Beohachtungen zeigten klar den Ein- flaß äußerer Bedingungen auf das Auftreten chasımoramer und kleisto- ganer Blüten (Pavonia, Collomia, Speeularia). XIN. Bei Amımania Jatifolia und Salvia kleistogama konnten keine chastipgamen Blüten erzielt werden. Vielleicht ist die Kleistogamie bei «diesen Arten erblich fixiert. «doch muß diese Frage, besonders für Ammania latifolia. von der mir nur ein Exemplar zur Verfügung stand, durch weitere Experimente ent- schieden werden, Untersuchungen über die Nahrungsaufnahme der Wasserpflanzen. Von Karl Snell. (Mit 2 Abbildungen im Toxt,) Mehr aus praktischem als rein wissenschaftlichem Interesse hat Raymond Pond!) im Auftrage der biologischen Station der Great Lakes in einer jüngst erschienenen Arbeit die biologischen Beziehungen der Wasserpflanzen zum Substrat untersucht. Es kam darauf au fest- zustellen, welchen Nutzen die festgewurzelten Wasserpflanzen der Fisch- zucht gewähren, insbesondere inwieweit die Nahrungsverhältnisse für die Fische in diesen Seen durch solche Wasserpflanzen beeinflußt wür- den. Zu diesem Zwecke war eine Beantwortung «der Frage von Wichtig- keit, ob (die im Boden wurzelnden Wasserpflanzen ihre Nahrung mit der ganzen Oberfläche aus dem Wasser nelımen oder (durch die Wurzeln dem Boden entziehen. Im ersteren Fall würden dem Wasser Nährstoffe entnommen, die beim Verfall der Pflanzen wieder frei würden, im zweiten Fall würden aber durch (ie Pflanzen die Bodensalze in wertvolle Nähr- stoffe umgewandelt und der Nährstofigehalt des Wassers vermehrt. Pond konstatierte eine große Abhängigkeit der normal im Boden wurzelnden Wasserpflanzen vom Boden. Es zeigte sich. daß solche Pilanzen schlechter wuchsen, wenn sie über dem Boden verankert waren und ihre Wurzeln verhindert wurden, in den Boden einzudringen. Er glaubt, dieses Verhalten der verankerten Pflanzen darauf zurückführen zu können, daß in ihren Zellen ein Mangel an Phosphor und Kalium eintritt und infolgedessen eine Anreicherung von Stärke, wodurch patlo- logische Erscheinungen hervorgerufen werden. Bezüglich der Frage nach der Nahrungsaufnahme der submersen Wasserpflanzen gehen die Ansichten «der Forscher, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigten. stark auseinander. Im allgemeinen findet man die Ansicht vertreten, daß «ie Nahrungsaufnahme durch die ganze Oberfläche nittelst Diffusion aus dem umgebenden Wasser stattfinde und diese Ansicht gründet sich auf die anatomische Beschaffenheit der Wasserpflanzen. bei denen sich mehr oder weniger stark reduzierte Leitungsbahnen vorfinden. auf die schwache Ausbildung der Epidermis und auf die Reduktion des Wurzelsystems. In diesem Falle käme der Wurzel nur die Bedeutung eines Haftorganes zu. Andererseits kann man schwer annehmen, dab die Leitungsbahnen, die trotz ihrer geringen Ausbildung doch einmal vorhanden sind, nur als ererbte Gebilde völlig zwecklos seien. Eine Flora, 98. Bd. 15 214 große Reihe Autoren hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Der eine Teil hat sich aber nur auf eine anatomische Untersuchung beschränkt, ohne auf experimentellem Wege Auskunft zu suchen. Gruppiert man die einzelnen Ansichten nach der Methode der Untersuchung, auf die sie sich gründen, so findet man, daß die anatomische Untersuchung zu ‚der Ansicht geführt hat, die Wurzeln seien nur als Haftorgane zu be- trachten und «lie Nahrungsaufnahme erfolge durch die ganze Oberfläche. Dieser Meinung sind z. B. Schenck®), Frank5), Ludwig!), Sachs? usw. Die experimentelle Untersuchung hat aber alle Forscher, die sich damit beschäftigten, zu der Überzengung geführt, daß die Wurzeln nicht nur als Haftorgane zu betrachten seien, sondern «daß ihnen auch die Funktion der Nahrungsaufnahme zukommt, und daß ein aufsteigender Wasserstrom auch in Wasserpflanzen vorhanden sei. Als erster, der sich experimentell an diese Frage gewagt hat, ist Unger?) zu nennen, dessen Experimente keine allgemeine Anerkennung fanden. Unger brachte Exemplare von Potamogeton crispus und von Ranunculus fluitans so in zwei mit Wasser gefüllte Gefäße, daß beide Enden ins Wasser tauchten. Der mittlere Teil wurde durch ein gebogenes Glasrohr gegen Vertrocknen geschützt. Die Zunahme des Wassers auf Seiten der Blätter konnte an einer Skala abgelesen werden. Nach acht Tagen konstatierte Unger im ersten Fall eine Vermehrung des Wassers um 1,6 g. im zweiten Fall eine solche von 0,8 g. Dieses Wasser war nach Ungers Bericht durch die Blätter ausgeschieden und mußte folglich durch die Wurzeln aufgenommen sein. Wieler?®) hat die Ungerschen Versuche nachgeprüft. Es war ihm aber nicht möglich, eine einwands- freie Versuchsanordnung zu finden und er kam deshalb zu keinem sicheren Resultat. Ebenso hat auch Straßburger”) die Ungerschen Versuche nicht erfolgreich nachmachen können. Weiter haben sich Sauvageau?!), Wieler2%, Hochreutiner!°), Forel®) und als letzter Pond! auf dessen Arbeiten ich noch zurückkomme, für die Nahrungs- aufnahme durch die Wurzeln ausgesprochen und diese Annahme durch experimentelle Beweise zu bestätigen gesucht. Ludwig!) findet in «dem Fehlen „der Wurzelhaare ete.“ einen Beweis für die Annahme, daß den Wurzeln der submersen Wasser- pflanzen die Rolle der Nahrungsaufnahme verloren gegangen sei und ‚die Wurzeln in der Hauptsache da, wo sie vorhanden sind, als Haft- organe dienen. Der Beweis ist aber nicht stichhaltig, da tatsächlich bei (len meisten Wasserpflanzen Wurzelhaare vorhanden sind. Man kann sich leicht überzeugen, daß z. B. Elodea canadensis, wenn sie im Boden wurzelt, sehr schöne Wurzelhaare ausbildet. Will man also die Nahrungs- 215 aufnahme durch die Wurzein mit dem Fehlen oder Vorhandensein von Wurzelhaaren beweisen, so muß auf Grund des wirklichen Vorhanden- seins der Wurzelhaare den Wurzeln diese Funktion zukommen. P. Weinrowsky?”) und zu gleicher Zeit auch M. v. Minden’) unterwarfen die Apikalöffnungen und Wasserspalten der Wasserpflanzen einer eingehenden anatomischen und physiologischen Untersuchung und beschrieben für die allermeisten submersen und schwimmenden Wasser- pflanzen solche Hydathoden. Sie konstatierten auch, daß eine Aus- seheidung von Wassertropfen an den Stellen stattfindet, an denen die Hydathoden sich finden, sobald der betreffende Teil über Wasser gehalten und mit einer Glasglocke überdeckt wurde. Sowohl Weinrowsky als auch v. Minden betrachten die Apikalöffnungen als Ausflußstellen des in der Pflanze zirkulierenden Wasserstromes. Weinrowsky glaubt aber, daß „unter abnormen Verhältnissen Scheitelöffnung und Epidermis das zum Leben der Pflanze notwendige Wasser aus dem umgebenden Medium absorbieren können“. Hier anschließend nimmt auch Burger- stein®) an, „daß, wie in Landpflanzen auch in submersen Wasserpflanzen ein Transpirationsstrom existiert, dessen Abflußsteilen die Apikalöffnungen der Blätter sind“. Er ist der Meinung, „daß diese Pflanzen stark transpirationsfähig sind. Daß sie in trockener Luft rasch welk werden, auch dann, wenn sie mit dem unteren Kaulomende oder mit den Wur- zeln in Wasser stehen, erklärt sich eben aus der starken Transpirations- fähigkeit in Verbindung mit der sehr reduzierten Leitungsfähigkeit für Wasser“, Naeh neueren anatomischen Untersuchungen von G6neau de Lamarlidre1s) ist auch in der Ausbildung der Epidermis den Land- pflanzen gegenüber nur insofern ein Unterschied, als die Epidermis und die darüber liegende Cuticula bei Wasserpflanzen weniger dick sind. G6neau de Lamarlitre untersuchte: Ranunculus fluitans L., Caltha palustris L. Nymphaea alba L., Myriophyllum spieatum L.. Hot- tonia palustris L., Elodea canadensis L., Potamogeton densus L., Glyceria speetabilisM.u.K. und Equisetum limosum L. und fand bei allen eine Cuticula von gleicher chemischer Beschaffenheit wie bei Landpflanzen. Obwohl diese Cuticula sehr dünn ist, so wird sie doch eine Aufnahme von Nähr- salzlösung durch Diffusion erschweren, wenn auch nicht ausschließen. Es war nun die Aufgabe der vorliegenden Arbeit, der Frage nach der Nährstoffaufnahme sowohl der submersen, festgewurzelten, als auch der schwimmenden Wasserpflanzen, soweit dieselben überhaupt Wurzein ausbilden, nachzugehen. Die Untersuchungen wurden im pflanzen-physiologischen Institut in München unter Leitung des Herm 15* 216 Prof. Dr. Goebel ausgeführt. Für seine mir in liebenswürdigster Weise stets zuteil gewordene Unterstützung sage ich meinem hochverehrten Lehrer auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank. I. Versuche über das Wachstum von festgewurzeiten, submersen Wasser- pflanzen unter verschiedenen Bedingungen. In der oben angeführten Arbeit von Pond wurde die Frage nach ler Abhängigkeit festgewurzelter, sulmerser Wasserpflanzen vom Boden- substrat untersucht. Es fragte sich, ob eine Nahrungsaufnahme durch die Wurzeln erfolge und inwieweit diese Pflanzen auf eine Nahrungs- aufnahme aus dem Boden angewiesen seien. Zu diesem Zwecke wurden verschiedene solcher Wasserpflanzen teilweise in sorgfältig gewaschenem Sand und reinem Leitungswasser kultiviert, teilweise zum Vergleich normal in guter Erde. Ein anderer Teil wurde verankert, sowohl in dem Wasser über Sand als auch in dem Wasser über Erde und die Wurzeln durch Unterstellen von Glasschalen verhindert in das feste Substrat. einzudringen. Die Versuche wurden in zwei großen Glas- ayuarien ausgeführt. Pond fand nun, daß die Pflanzen, die in der Erde wuızelten. das weitaus größte Wachstum zeigten. Die in Sand wurzelnden Pflanzen waren bedeutend weniger gewachsen und die ver- ankerten verhielten sich in beiden Fällen völlig gleich. Dieser letzte Satz erschien mir unwahrscheinlich, da im Wasser über nährstoffreicher Erde mehr Nährstoffe vorhanden sein müssen als in Wasser über gereinigtem Sanı und die Bedingungen in beiden Fällen sonst völlig gleich waren. Es hätten somit «ie über Erde verankerten Pflanzen ein besseres Wachstum aufweisen müssen, ganz gleichgültig ob eine Nahrungsaufnahme durch die Wurzeln stattfindet oder durch die ganze Oberfläche. Es kann sich hier nur um die Menge der vorhandenen Nährstoffe handeln und nicht um die Art der Aufnahme, die in beiden Fällen die gleiche sein konnte. Ich habe eine Reihe dieser Versuche nachgeprüft und kam zu Resultaten, wie sie meiner Vermutung ent- sprachen. Im folgenden seien einige meiner Untersuchungen mitgeteilt. Die Verankerung wurde in der Weise ausgeführt, daß an einem quer durch das Gefäß etwa 1Ü cm über dem Substrat befestigten Holzstäbchen Baststreifen wie die Haare an einem Geigenbogen aufgespannt waren. Zwischen Bast und Holzstäbehen wurden (ie Pflanzen ohne weitere Befestigung locker aufgehängt, der Auftrieb im Wasser bewirkte von sellst eine aufrechte Stellung der Pflanzen. Durch untergestellte Glas- schalen wurde auch hier ein Eindringen der Wurzeln in den Boden 217 verhindert. Um mich nicht immer wiederholen zu müssen, seien die verschiedenen Beilingungen, unter denen die Pflanzen kultiviert wurden, in folgender Weise bezeichnet: Es heißt: a} = in Erde gesteckt; b) == über der Erde im Wasser verankert; co) = in Sand gesteckt; d) über dem Sand im Wasser verankert. Versuch 1. Der Versuch wurde in zwei Glasaquarien, die im Kulturhaus des pflanzenphysiologischen Instituts in München aufge- stellt waren, ausgeführt. In «dem einen Aquarium befand sich (Quarzsand, der erst gut gewaschen, dann geglüht und danach mit verdünnter Schwefelsäure behandelt und wieder rein ausgewaschen war. In dem anderen war passende Erde (Sand, Lehm, Humus). Beide Aquarien wurden mit Leitungswasser gefüllt, das häufig erneuert wurde. Es wurden 40 möglichst gleichwertige, terminale Stücke von Elodea canadensis, jedes 6 em lang, ohne Wurzeln und ohne Seiten- zweige ausgewählt und je 10 unter den Bedingungen a). b), ec) und d) kultiviert. Das Gewächshaus, in dem diese Kulturen standen. ist dem Institut angebaut und erhält nur von einer Seite ungeschwächtes Licht. Nach wenigen Tagen zeigten sich ıie Pflanzen stark positiv helio- tropisch gekrümmt. Nachdem das Aquarium umgedreht worden war, veränderten besonders rasch die Pflanzen «des Versuches a) und b} ihre Lage, so daß sie nach 24 Stunden wieder völlig dem Lichte zugekehrt waren. Nach Verlauf von 28 Tagen wurde der Versuch abgebrochen und die einzelnen Pflanzen genau gemessen. Das Resultat dieser Messung zeigt die umstehende Tabelle. iTahelle siehe nächste Seite.1 Das Ergebnis des Versuches läßt sich danach folgendermaßen zu- sanımenfassen: 1. Die in Erde wurzelnden Pflanzen zeigen die weitaus größte Gesamtlänge von Sproß und Seitentrieben; 2. Sowohl die in Sand wwzelnden, wie (ie über dem Sand ver- ankerten Pflanzen verhalten sich gleich. Daß die Zahlen genau gleich sind, ist wohl nur zufällig: 3. Die im Wasser über der Erde verankerten Pflanzen sind besser gewachsen als die in Wasser über Sanıl verankerten; 4. Die Wurzeln, die nicht in ein festes Suhstrat eingedrungen sind, haben keine Wurzelhaare ausgebildet; 218 Versuche über das Wachstum von Elodea canadensis. Ursprüngliche Länge 6 cm. Versuchsdauer 28 Tage. rer 1 | | Länge | Zahl | Gesamt- Zahl | Gesamt- ' | Gesant- Be- des der \ Hr & u länge Be- 8° M | . ! er der | : Eu von Sproß dingung | Haupt- | Seiten- | Seiten- | Wurzeln | „der merkung | )_ geiten- sprosses | triebe triebe | Wurzeln U trieben 18,0 2 100 | 38 | .100 R 23,0 4 265 | 5 j 59,0 Mit Wurzel-: 28 2 5 3 | 3230 | asen. h 19.0 2 45 3 .°160 a a) 90 ı 45 Bene 200,5 In Erde 3 75 2 14,0 | sicher, da, 98,5 wurzelnd 4 90 3 340° since | 2 60; 2 i 180. abgerissen 3 2503 | 210 Sind | 3 W220 u 23 | 95 1 2 ! 2 ol _ — 2 1210.30 2 b) 2 40 3 Im Wasser 1 3,5 | 3 Ohne 144,0 über der 3 8.0 13 Wurzelbaare + 33,5 Erde r_ 15 3 ; verankert 1 15 3 j 2 | | 8 | \ | 14 | 835 26 ; ww | 2 010 o 2 | 1 1 1,0 3 ! Die H _ 2 1 ie im DB) 2 1030 4 Ihefnaliehen] 93,0 In Sand 2 i 3,5 3 Teile der | 21,0 wurzelnd 2 f ” j ’ Kid dank ! 2 0 bebaure | 1 15 2 ! | ı 1 0102 ! 2 21,0 d) Im Wasser über dem Sand verankert _ _ 2 2; 2 1. 4 E ! 2 BE 1 Ohne | BERN ı a :Wurzelbaure ! 19,0 _ B3 | 1: 3 2 4 | 3 4 ! _ 12 210 5. Die Pflanzen des Versuches a) und b) waren kräftiger und reagierten stärker heliotropisch. Versuch 2. Unter den vier angegebenen Bedingungen wurden nun je acht terminale Stücke von Potamogeton densus, jedes 15 em lang, ohne Wurzeln und Seitentriebe, kultiviert. Versuch a) und b) wurden in einem Bassin des botanischen Gartens ausgeführt, e) und dj) in einen Holzkübel, der im Garten eingegraben war und wie oben gereinigten Sand und Leitungswasser enthielt. Das Wasser des Kühels wurde häufig erneuert. Nach Verlauf von 40 Tagen wurde der Versuch abgebrochen un nur die Länge von Sproß und Seitentrieben gemessen. Die Gesamtlänge von Sproß und Seitentrieben betrug: a) In Erde wurzelnd . . 2.2 .2..2...867L0 cm b} Über der Erde verankert . . . 2.8190 „ © Im Sand wurzelnd . . 2 .2..2.....10820 „ d) Über dem Sand verankert . . . . TIRO „ Sämtliche Pflanzen haben geblüht. Die in Sand wurzelnden Pflanzen waren (dünn und nach dem Lieht gestreckt. Das mag daher rühren, daß sie einen weiteren Weg bis zum Wasserspiegel hatten, als die höher hängenden verankerten Pflanzen. Es ist leider unterblieben die Trockensubstanz von ec) und d) zu bestimmen, doch wäre sicher kein großer Unterschied vorhanden gewesen. Auch hier zeigt sich wieder, daß die über Erde verankerten Pflanzen besser gewachsen sind, als die über Sanıl verankerten. Es wäre nun zu denken. daß die Pflanzen mit dünnen. in sehmale Zipfel aufgelösten Blättern ein anderes Verhalten zeigen, als solche mit breiten Blättern. Es liegt die Annahme nahe, daß hier die Nahrungs- aufnahme weit mehr durch die ganze Oberfläche erfolge und für diese Funktion die Wurzeln ohne Bedeutung seien. Es wurden daher Ver- suehe mit Myriophyllum Nitschei, Myr. scabratum und Ranunenlus flui- tans gemacht. Versuch 3. Um hier einen Vergleich ziehen zu können zwischen Pflanzen. die im Boden wurzeln und solchen, die nicht mit den Wur- zeln in den Boden eindringen können. wurden je fünf terminale Stücke von Myriophyllum Nitschei. jedes 10 em lang. ohne Wurzeln. nur unter den Bedingungen a) und b) kultiviert. Der Versuch wurde in einem Holzkühel ausgeführt, der im botanischen Garten eingegraben war. Nach Verlauf von 21 Tagen waren die (Größenverhältnisse fol- gende: 220 — — ———— Länge der Sproßachse. Gesamtzuwachs Zuwachs in Proz. a) Wurzeln Versuchs- u Erde b) verankert i— m dauer a) | b) a) ; b) 330 | 130 ! 19,0 13,5 70 13,5 790: 168 15,8 3,3 21 Tage 26,0 13,0 24,6 13,5 129,0 Das Aussehen der Pflanzen in a) war grün und kräftig. in b) rotbraun und kümmerlich. Das Resultat des Versuches deckt sich auffallend mit dem bei Elodea und Potamogeton erhaltenen. Der Versuch wurde im August 1906 angestellt und um nun ganz sicher zu gehen im April 1907 mit Myrio- phyllum scabratum wiederholt. Versuch 4. In gleicher Weise wie in Versuch 3 wurden je 8 terniinale Stücke von Myriophyllum scabratum, jedes 10 cm lang, unter den Bedingungen a) und b) in einem Bassin des Kulturhauses kultiviert. Das Resultat war folgendes: Länge der Sproßachse. Gesantzuwachs Zuwachs in Praz. 9, Murzein ib) verankert |... Tee Versuchs- i a) iM a) Ib “ ü D EATIAT) 9,0 Kr Fr :4 3 23 Tage 2u0,0 150,0 Auch hier zeigte sich dieselbe Verschiedenheit im Ausselien der Pflanzen. Während der Sproß im Fall a) ein grünes, gesundes Aus- »ehen besaß, war er im Fall b) stark rötlich gefärht. Die in der Erde zahlreich entwickelten Wurzeln waren weiß und hatten reichlich Neben- wurzeln entwickelt, währen die wenigen im Wasser entwickelten Wurzeln ‚er verankerten Pflanzen ein mehr grünes, teilweise rotbraunes Aus- 221 sehen hatten und nicht verzweigt waren. Die Entstehung der Wurzeln am Sproß war in einem Falle ausschließlich auf den in der Erde steckenden Teil beschränkt, bei «den verankerten war diese Zone be- deutend länger. Nach Wacker“) findet in Erde ein kräftigeres Längen- wachstum der Wurzeln der Landpflanzen statt als im Wasser. In Wasser gewachsene Wurzeln zeigten eine starke Retardation in dem Längenwachstum ihrer Hauptwurzel. Myriophyllum verhält sich danach, wie aus dem vorstehenden Versuch hervorgeht, in bezug auf das Wachs- tum ihrer Wurzeln wie eine Landpflanze. Versuch 5. Je 5 terminale Stücke von Ranunculus fluitans, jedes 4 cm Sproßlänge, mit je zwei großen Wasserblättern wurden unter (den vier angegebenen Bedingungen kultiviert. Der Versuch wurde, wie der vorige, in Holzkübeln im botanischen Garten angesetzt und vom 20. Juli bis 10. August stehen gelassen. Das Wasser wurde dabei häufig erneuert. Nach Verlauf dieser Zeit waren die Pflanzen so groß geworden. daß die Kübel nicht mehr ausreichten. Ein Ausschlag in der Länge ist kaum zu bemerken, jedoch ist interessant, daß die Pflanzen des Versuches a) und b) entweder gar keine Wurzeln haben oder nur sehr geringe, dagegen die Pflanzen des Versuches c) und d) bedeutend mehr Wurzeln ausgebildet laben. In der folgenden Tabelle sind die Längen- verbältnisse der Sproßachsen und Wurzeln angegeben: ——— _ _ — — Länge der Sproßachsen 7 Länge der Sproßachsen und Wurzeln von a) und b) und Wurzeln von e) und d) Dauer ” ’ 1 om Eu des Versuches Sprosse | Wurzeln Sprosse Wurzeln 30 | 24.0 43,0 Bir ohne Wurzeln 41,0 > , 300 21 Tage 45,0 15 43,0 60 50,0 3,0 423,0 18,0 458,0 F; 4230 \ 199,0 In den Versuchen a) und b) standen die Pflanzen in nährstoff- reichem Wasser, während in e) und d) das Wasser arm an Nährstoflen war. Wenn nun auch zugegeben werden mag, daß das Wachstum bei sämtlichen Pflanzen zum Teil auf Kosten der vorhandenen Baustoffe vor sich ging, so muß doch bei einem Wachstum bis zum zehnfachen 298 der ursprünglichen Länge eine Aufnalıme neuer Nährstoffe stattgefunden haben. Im Falle der wurzellosen nuß dann diese Nährstoffaufnahme durch die ganze Oberfläche aus dem umgebenden Wasser vor sich ge- gangen sein. Es läßt sich dieses Verhalten leieht verstehen, wenn man bedenkt, daß Ranuneulus fluitans in der Natur in stark fließendem Wasser steht; es werden ihm also beständig neue Nälustoffe zugeführt so daß eine Aufnahme durch die Wurzeln weniger erforderlich ist. Im Fall des Versuches c) und «d) wurden aber die Pflanzen, teleo- logisch ausgetlrückt, «durch den Mangel an Nährstoffen in Wasser veranlaßt Wurzeln auszubilden, um (die Nährstoffe dem Boden zu ent- nehmen. eine Auffassung, die Paul Klemm!) in seiner Arbeit über Caulerpa prolifera bereits entwickelt hat. Er hält die Rhizoidbildung vom Standpunkt der lebendigen Pflanze aus für ein Bedürfnis an Nährsalzen. Auf «lie Faktoren, die hier in Betracht kommen, komme ich später zurück. Die vorstehenden Versuche bestätigen im allgemeinen die Resultate Ponds und zeigen, daß eine Abhängigkeit er normal festgewurzelten Wasserpflanzen vom Substrat besteht und daß eine Aufnahme von Nälr- stoffen durch die Wurzeln stattfinden muß. Auch die Pflauzen. wie Myriophyllum, mit stark zerteilten Blättern verhalten sich ebenso wie die mit breiten Blättern. Andererseits zeigen sie, im Gegensatz zu Pond, daß die Pilanzen, die im Wasser über nährstoffreicher Erde verankert waren, besser wachsen als solche im Wasser über gewaschenem Sand. Bei c) und d) wurde grober Quarzsand verwandt, vielleicht hat Pond feinen Sand benutzt. Es wäre dann zu denken, daß der Unter- schied im Wachstum der Pflanzen von e) und d; auf der Adsorbtion von Nährstoffen in dem feinen Sand hervorgerufen sei. Dem ist aber zu entgegnen. daß nach Angaben von Ramann!"), die ich durch titri- metrische Untersuchungen nur bestätigen konnte, Quarz ohne adsor- bierende Wirkung ist. Il. Versuche, Wasserpflanzen in Nährsalzlösungen zu kultivieren. Veranlaßt durch das Resultat des Versuches 4, in welchem Ranun- eulus fnitans insofern ein abweichendes Verhalten zeigte, als er oflen- bar Nährstoffe durch die ganze Oberfläche aufgenommen hatte, ver- suchte ich nun Wasserpflanzen in Nährlösungen verschiedener Konzen- tration zu kultivieren. Findet eine Nahrungsaufnahme durch die ganze Obertläche statt. so muß in Nährsalzlösungen ein kräftiges Wachstum eintreten und es war zu erwarten, «daß unter diesen Umständen die Wurzeln eine geringere Ausbildung erfahren würden. Ich führte diese Versuche zuerst im August 1906 aus. Es wurden dazu terminale, nicht hewurzelte Stücke von Elodea canadensis und Potamogeton densus in Holzkübeln mit je 16 I Lösung im botanischen Garten angesetzt. Als Nährlösung verwendete ich die v. d. Cronesche Lösung und zwar: 05% 10% 15%, 25/0, 550% und 10,0°%/,,, mußte aber nach kurzer Zeit konstatieren, daß sämtliche Pflanzen abfaulten und nicht weiter wuchsen. Ich glaubte diese Erscheinung einer schädlichen Wirkung (des destillierten Wassers zuschreiben zu müssen und erneuerte die Versuche in einer Lösung, die mit Leitungswasser hergestellt war, wegen des Kalkgehalts aber ohne Caleiumsalz. Die Zusammensetzung des Nährsalzes wurde in folgender Weise modifiziert: KNO, 1,0: K,SO, 0,5; NaCl 0,5; MgSO, 0,5: Fe, (PO,), 0,5. Aber auch in dieser Lösung fand »ur geringes Wachstum statt und die Pflanzen faulten von unten herauf ab. Als dann im Frühjahr des folgenden Jahres die Versuche mit mehr verdünnten Nährlösungen und bei niedrigerer Temperatur von Neuem angestellt wurden, war das Resultat wesentlich anders. Versuch 6. Der erste derartige Versuch wurde schon Ende Februar im Kulturhaus begonnen, als «las Wasser im Durchschnitt eine Temperatur von etwa 12° C hatte. Es wurden zu (diesem Versuche je sechs möglichst gleichwertige, ternıinale Stücke von Ranunculus iluitans benutzt und dabei auf die Entwicklung der Wurzeln ge- achtet. Ein Teil a) wurde in einem Glasaquarium in Leitungswasser, der andere Teil b) in einem Holzkübel mit Leitungswasser + O.1%/go Nährsalz ohne Calcium angesetzt. Die Bedingungen des Versuches waren insofern verschieden. als die Ptlanzen im Glasaquarium von allen Seiten hell beleuchtet waren, im Holzkübel dagegen war uur schwache Beleuchtung, da die schrägen Lichtstrahlen bei der einseitigen Be- leuchtung des Glashauses nur wenig in das Wasser eindringen konnten und deshalb die Bedingungen für die Entwicklung «der Wurzeln weit günstiger waren. Nach Untersuchungen von L. Kny!’} wird nämlich das Längenwachstum der Bodenwurzeln dureh diffuses Tageslicht ver- zögert, durch Dunkelheit begünstigt. Trotzdem fand sich folgendes Resultat: (Tahelle siehe nächste Seite ohen.ı Ein weiterer Versuch mit Nährsalzlösung wurde Anfang März im Viktoriahaus angesetzt. Infolge der kalten Witterung in diesem Monat Anzahl der Wurzeln Gesamtlänge der Wurzeln L:Ww.Iv. [ve sa | m! Im. |; ve |m 11 ce 16,| 0 0 | 416 110, 18,7 8 LU 0:0 0501 | war auch hier «lie Temperatur (les Wassers im Durchsehnitt die gleiche wie im vorigen Versuch, d. h. etwa 12° C. Versuch 7. Je fünf ziemlich gleichwertige, 30 em lange, termi- nale Stücke von Ranunculus fluitans wurden in Holzkübeln ver- ankert. Zu dem Versuch wurde reines Leitungswasser verwendet, teil- weise mit Nährsalzen die Stickstoff enthielten, einmal ohne Nälrsalz und einmal nur mit Salpeter. Die Lösungen kamen in folgender Weise zur Verwendung: I. Leitungswasser ohne Zusatz, I. “ mit Erde, III. e +0,3%. KNO,, IV. “ —+0,1%/,6 Nährsalz v. d. Crone, v. a HOBn 2m Das Resultat des Versuches gibt umstehende Tabelle. (Tabelle siehe nlichste Seite.) Die Länge der Wurzeln weist bedeutende Unterschiede auf. Im Fall I findet sich die größte Länge, im Fall III die geringste. Im ersten Fall haben wir es mit reinen Leitungswasser zu tun. dem keinerlei Nährstoffe beigegeben sind, während im dritten Falle 03 %;g0 Salpeter im Wasser gelöst waren. Berechnet man in den übrigen Fällen die Menge (des gelösten Salpeters, so zeigt sich die auffallende Tatsache, daß je weniger Sulpeter im Wasser vorhanden ist, je größer die Länge der Wurzeln ist. Sehen wir von Fall II ab, für den ich keine Stickstoffbestimmung gemacht habe, so ist der Zusatz an et für die einzelnen Lösungen von je 30 1 folgender: Nr. TO & . W 12 8: Nr V60 8: Nr. III 00 g. Die in diesen Lösungen erreichte Wurzellänge: Nr. I 1945; Nr. IV 1600: Nr. V 110,0: Nr. III 010. Auch die Anzahl der Wurzeln wächst. wie aus der Tabelle hervorgeht. in gleicher Weise wie die Länge der Wurzeln, Eine gleiche Erfahrung machte W. Benecke!) an den Rhizoiden ler Brutknospen von Iunularia cruciata. In seiner Arbeit „Über die Keimmng der Brutknospen von Lunularia eruciata® wiımet er ein Kapitel Dauer des Versuches 21 Tage. Die Zahlen in den Klammern geben die Anzahl der Wurzeln an. nge — BR der Wurzeln | der Sprosse 1. 3,0006! 2, 103,0 8) j 3. 18 | Kr L 4. 1808| 3. 230 | T men | j 1. 17,0 | 45,0 2, 14,0 h 55,0 3 6) H 44,0 Nr. II 4 40 | 45,0 5. 51,0 | 40,0 935 (1ö) 229,0 1 245 9 47,0 2 | 50,0 & 2 | 16,0 Ne. I. 4. 00 | 43,0 5 22,0 (5) | 32,0 61,0 (1 zu 1 51,0 (6 2 230 3. 38,0 6) Nr. IV. 4 ECT 63 180 2 i 169,019 | 1. 3 2, a Nr. V. 4 2 | 3. N 110,0 (19) | einem Ausblick auf höhere Pflanzen, in welchem die Literatur über die Frage der Einwirkung von Stickstoffverbindungen auf das Wachstum der Wurzeln angegeben ist. Er führt eine Reihe von Beobachtungen an Wurzeln höherer Pflanzen an. ie mit seinen Erfahrungen an den Rhizoiden der Brutknospen von Lunularia übereinstimmen. Außer den dort als untersucht aufgeführten Pflanzen zeigt also nach meiner Be- 226 obachtung auch Raunuculus fluitans eine reichlichere Wurzelentwicklung bei Stickstoffmangel als in vollständiger Nährlösung. Allerdings sind auch im Leitungswasser Stiekstoffverbindungen enthalten, doch kommt es hier nur auf einen Vergleich verschiedener Mengen an. Benecke glaubt nun diese Wachstumserscheinung der Wurzeln besser so interpretieren zu können, „daß wir von einer Ver- kürzung der Wurzeln dureh Nitratüberfütterung anstatt von einer Über- verlängerung durch Nitratmangel sprechen“. Nehmen wir nun an, daß (die Aufnahme von Nährstoffen durelı die Wurzeln erfolgt, so müßte bei einer Verkürzung der Wurzeln eine geringere Ernährung der ganzen Pflanze eintreten und die Länge des Sprosses hinter der Länge normal ernährter Pflanzen zurückbleiben. Eine solche Beeinflussung des Sproßwachstums zeigte sich aber bei Ranunculus fluitans nicht. Wie aus der Tabelle hervorgeht, ist die Länge der Sprosse ziemlich gleichmäßig und nicht von der Länge der Wurzeln abhängig. So zeigt z. B. Nr. I bei einer Wurzellänge von 194,5 cm eine Stammlänge von 253,0 em, während Nr. Y nur 110,0 em Wurzellänge aber 269,0 em Stammlänge aufweist. Diese Unabhängig- keit des Sproßwachstuns von der Größe der Wurzeln zeigte sich schon früher und ist nur möglich, wenn eine Nahrungsaufnahme durch die ganze Oberfläche der Pflanze erfolgt und die Nahrungsaufnahme durch die Wurzeln relativ gering ist. Als dann ein neuer Versuch in ähnlicher Weise Ende März im Viktoriahaus angesetzt wurde, trat helles Wetter ein und durch die Sonnenwärme stieg die Temperatur im Viktoriahaus sehr schnell auf eine ungewöhnliche Höhe. Nach wenigen Tagen waren alle Versuchs- pflanzen abgefault. Ich glaube, das Faulen der Wasserpflanzen bei einer kultur in Nährsalzlösungen hauptsächlich auf die Höhe der Temperatur zurückführen zu können, war doch auch bei den ersten Versuchen im August die Temperatur des Wassers in den Kübeln sehr hoch. Dieses Faulen ler Pflanzen trat nicht ein, als dann der Versuch in gleicher Weise im Freien angesetzt wurde, wo die Temperatur des Wassers im Durchschnitt 10-129 C hatte und selbst bei andauerndem Sonnenschein sieh nicht über 16° C an der Oberfläche erwärmte, während unterhalb die Temperatur geringer war. Die Wirkung der Salpeterlösung auf das Wachstum der Wurzeln war aber bei diesem Versuch nicht so regelmäßig und es scheint, daß trotz der günstigen Resultate der vorhergehenden Versuche hier wohl noch andere Faktoren in Betracht kommen. Natürlich wird das Resultat solcher Versuche auch dadurch beeinflußt, daß das Ausgangsmaterial nicht vollkommen 227 gleichwertig ist und individuelle Verschiedenheiten eine Rolle spielen. Wichtig war mir bei diesem Versuch, daß auch hier die Länge und das Gewicht der Sprosse ziemlich gleichmäßig war und eine Abhängig- heit von der Größe der Wurzeln nicht zu bemerken war. Aus diesem Verhalten von Ranunculus fluitans schließe ich, daß die Bedeutung seiner Wurzeln für die Nährstoffaufnahme vollkommen zurücktritt, sobald die Pflanze imstande ist, genügend Nährstoffe durch die ganze Ober- fläche aufzunehmen. Damit ist aber nicht gesagt, daß den Wurzeln die Funktion der Nährstoffaufnahme vollständig abgeht. Jedenfalls hat sich aber Ranuneulus fluitans in allen Versuchen weniger von der Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln abhängig gezeigt, als die übrigen untersuchten Wasserpflanzen. MI, Weitere Versuche über das Wachstum von Wasserpflanzen unter verschiedenen Bedingungen. Um die Nahrungsaufnahme einmal durch die Wurzeln und zum andern Male durch die Blätter zu verhindern, wurden diese Teile in destilliertes, d. h. nährstoffreies Wasser gebracht. Ich benutzte zu dem Versuche folgende Anordnung: In den durchbohrten und halbierten Korken einer weithalsigen Glasflasche wurden bewurzelte Exemplare von Elodea canadensis mit Hilfe von mit tlüssigem Paraffin getränkter Watte so befestigt, daß der untere Teil mit den Wurzeln sich in der Flasche in destilliertem Wasser befand. Das Ganze stand in einem Glasaquarium, in dem eine Schicht Erde und darüber Leitungswasser war, so daß der obere Teil in nährstoffhaltendem Wasser stand. In einem anderen Aquarium war die Anordnung umgekehrt. Die Wurzeln waren in der Flasche in Berührung mit stark wasserhaltiger Erde, der Sproß befand sich in destilliertem Wasser. Der Versuch konnte aber nieht durchgeführt werden, da die Pflanzen, deren oberer Teil sich in destilliertem Wasser befand, bald bleich und sehlaff herunterhingen und sich auch nach Einleiten von Kohlensäure in das destillierte Wasser uicht veränderten. Erst als das destillierte Wasser durch Leitungswasser ersetzt war, richteten sich die Pflanzen wieder auf und nalımen all- mählich wieder grüne Farbe an. waren aber zu sehr erschöpft, um eine Fortsetzung des Versuches zu ermöglichen. Versuch 8. Der Versuch wurde dann in folgender Abänderung ernenert: Statt des destillierten Wassers wurde reines Leitungswasser benutzt und der Versuch in Holzkübeln im botanischen Garten aus- geführt; als Versuchsobjekt wurde wieder Elodea canadensis benutzt. Die anfängliche Länge des Sprosses war nicht immer gleich, sie wurde 2328 über der Insertionsstelle der Wurzel gemessen und der Zuwachs in Prozenten berechnet. In dem ersten Versuche war die Länge der Sprosse: 1. Wurzel in Erde, Sproß in reinem Leitungswasser: I. 5 em, II. 5 em, II. 10 em. IV. Tem=Sa. 27,0 em. 2. Wurzeln in reinem Leitungswasser, Sproß in Leitungswasser über Erde: L 12 em, IL T em, IL. 5 em. IV. 5 cm = Sa. 29,0 em. 3. Normale Bedingungen: Wurzeln in Erde, Sproß im Wasser über der Erde: I. Tem. Il. 13cm, II. 9 cm, IV. 9cm — Sa. 58,0 cm. Nach Verlauf von 15 Tagen war bereits ein Ausschlag im Wachs- tum zu bemerken, so daß der Versuch abgebrochen werden konnte. Die Länge des Sprosses wurde in gleicher Weise gemessen wie zu Beginn des Versuches: Bedingung Fr Zuwachs | Zuwachs in Proz. i } 1.270 | ! 1 120 | 61,5 ' ME 1435 | _ 1) IV. 80 10 | 127,78 61,5 34,5 49,8 2) | — 29,0 70,69 j H 25 | 05 | m — n ln we 1410 | I 670 | 198,5 . ur. 430 | a wa | j i 1085 | 18605 | j Bei 1. waren die Wurzeln von II. und IV. nicht normal entwickelt. In Fall 1 konnten nur die Wurzeln Nahrung aufnehmen, im Fall? nur der Sproß und die Blätter, im Fall 3 sowohl Wurzel als Sproß und Blätter. Das Resultat des Versuches spricht dafür: 1. daß die Aufnahme durch die Wurzeln von größerer Bedeutung ist, als die Auf- nahme durch Sproß und Blätter: 2. daß zu einem besten Wachstum die Aufnahme sowohl «lureli die Wurzeln als durch die Blätter erforder- lieh ist. 229 Versuch 9. Der vorstehende Versuch wurde in gleicher Anord- nung mit Potamogeton densus wiederholt. Die anfängliche Länge von Sproß und Seitentrieben war: h 175455; IL 40450; IIL 40-440; IV. 45 +4,5 = Sa. 39,0 em. %) 1404-40; 1.230430; II 40435; IV. 404-6,0 = Sa. 29,5 em. 3% 150435; IL 50-560; II. 50-420; IV. 40 +68,0 = Sa. 36,5 em. Nach Verlauf von 15 Tagen waren nur die unter normalen Be- dingungen wachsenden Pflanzen völlig intakt, während die übrigen teil- weise über dem Kork abzufaulen hegannen. Die Größe des Wachstums ist aus folgender Tabelle zu entnehmen: Bedingung änge des Sprosses | Zuwachs ı Zuwachs in Proz. 1 120-4 95 | | 1. 704 85 | U 9040| | _ 9) Pa KOR To)e Be Baus Be BE 7 A e 5,6 08,5 ; ! 35. >) 29,5 , 4,5 | 1400: 1. 804100 | 1. 9,04 170 HL 5,0+11,0 u 5) w 80+15 | 115,5 795 | ERRN] Das Resultat bestätigt im wesentlichen das Resultat des Versuches 8. Bei den vorstehenden Versuchen hatten «die Pflanzen unter nor- malen Bedingungen insofern andere Verhältnisse, als sie nicht wie die übrigen in einem durehbohrten Kork hefestigt waren. sondern in natürlicher Weise in der Erde wuchsen. In «den folgenden Versuchen wurde dieser Ungleichheit der Verhältnisse dadurch abgeholfen. «daß auch die unter normalen Bedingungen wachsenden. ebenso wie die anderen. in dem Korken einer Glasflasche befestigt wurden. Versuch 10, Es wurden wieder terminale Stücke von Pota- mogeton densus verwendet, die vor Beginn des Versuches Wurzeln getrieben hatten. Flora, 98. Bü. " 230 Anfängliche Länge von Sproß und Seitentrieben: DI I. 8,0; II. 00=%a, 22,5 em: 2) 1110; II. 6,0: IL 40 21,0 cm; 3 150: 1.80 IL65= . 195 em. Nach Verlauf von 23 Tagen folgendes Ergebnis: . Mi Länge des “ach Zuwaehs in Pre Bedingung Sprowes ı Zuwachs Zuwachs in Proz. 86,5 18) —_ 125 284,44 86,5 1. 30,0 | TI. 20,0 56,0 2) m 8, —210 i 166,67 ! j | 350 | =. = u = —- | 68,5 3 | — 195 \ 251,30 0 | Versuch 11. Ein weiterer Versuch wurde in gleicher Weiseiwie ‚ter vorstehende mit angewurzelten, terminalen Stücken von Myriophyllun seabratum ausgeführt. Anfängliche Länge von Sproß und Seitentrieben: 1) 1120; I. 14.0; II. 10,5 = Sa. 86,5 cm; 2) 1130; I. 16,5; II. 145= „44,0 em; 3) 1.180; I. 12.0; II. 13,0= . 38,0 em. Nach Verlauf von 30 Tagen folgendes Ergebnis: Bedingung ee Zuwachs uwachs in Proz. | 81,0 u — 36,5 w1,91 ! 44,5 | 66,0 a | 30 30,0 20. "TTTn — 2 I 250 0 | a IL 25,0 113,16 81,0 i 231 In allen Fällen sind die Pflanzen, die in der Erde wurzelten, be- deutend besser gewachsen als die, deren Wurzel in reinem Leitungs- wasser hing. Es wird also durch die heiden letzten Versuche überein- stimmend eine Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln bewiesen. Es sei noch bemerkt, daß der untere Teil des Sprosses mit leichtschmelzenden Paraffin verschlossen war. In den folgenden drei Versuchen wurden die Versuchspflanzen teil- weise normal mit Wurzeln kultiviert, teilweise in folgender Weise ohne Wurzeln: Die Wurzeln wurden abgeschnitten und die Schnittfläche mit Gips verkitte. Nach dem in kurzer Zeit erfolgten Festwerden des Gipses wurde noch eine Schicht leichtschmelzendes Paraffin darüber gelegt und die Pflanzen so präpariert in normaler Lage in die Erde gesteckt. Die neuentstehenden Wurzeln wurden immer wieder ab- geschnitten und die Schnitte in gleicher Weise verkittet. Der erste dieser Versuche wurde mit Elodea canadensis geinacht. Der mittlere Zuwachs betrug 110,0°%, mit Wurzeln und 63,63°/) ohne Wurzeln. Der nächste betrifft Myriophyllum seabratum und zeigte einen mittleren Zuwachs von 11,0%, mit Wurzeln und 6,25°/, ohne Wurzeln. Zu dem dritten Versuche wurden junge, bewurzelte Exemplare von Sagittaria natans benutzt, deren Wachstum die Tabelle zeigt: Gesamtlänge der vorhandenen Blätter Zuwachs zu Beginn nach 4 Wochen | a b a I» ) | >) ) | ) ) 30 | 1210 134,0 | 1330 1322,0 | 930,0 44,0 86,0 20 | 90,0 — 107,0 | — 848,0 1250 - 59,0 1290. 670 10,0 114,0 1330: 1080 315,0 | 32,0 122,0 93,0 1550: 870 31089, | 9 1080, Eräe] 160,0 142,0 TE ea Teer 64,0 52,0 64,0; 132,0 H 124,0 74,0 1830, 430 1230: 390 1300 | 330 96,0 110,0 152,0 ; 57,0 f 107,0 818,0 13220 1 930,0 , IV. Versuche über die Aufnahme von nachweisbaren Lösungen. Im folgenden wurde der Versuch gemacht, das Aufsteigen von Flüssigkeiten sichtbar zu machen, die nur durch die Wurzeln aufge- nommen sein konnten, sowie die Möglichkeit der Aufnahme von Lösungen durch die ganze Oberfläche zu untersuchen. Trotz zahlreicher Versuche 16* 232 war ein Aufsteigen von Lithiumnitrat nicht nachweisbar. Es zeigten sich zwar immer rote Linien im Spektrum, die sich aber als Caleium- linien erwiesen, herrührend von auf den Blättern abgelagertem Calcium- earbonat. Diese Versuche wurden sowohl mit Elodea canadensis, als auch mit Ranunculus trichophylius ausgeführt. Fin positives Resultat gaben Versuche über das Aufsteigen von Ferroeyankaliumlösung, die sich mit Ferrichlorid als Berliner Blau in den Leitungsbahnen leicht nachweisen läßt. Eine schädliche Einwirkung der Lösung konnte ich nicht bemerken: die Pflanzen waren vielmehr stets bis zur Beendigung des Versuches vollkommen frisch und von gesundem Ausschen. Versuch 12. In einem Glasgefäß wurde eine einprozentige Lösung von Ferrocyankalium in kaltem Wasser hergestellt. Unverletzte bewurzelte Exemplare von Elodea canadensis wurden so aufgehängt, daß sie mit ihren Wurzeln in diese Lösung eintauchten, während die oberen Teile durch eine Stütze aufrecht erhalten wurden. Die ganze Anordnung befand sich in einem größeren Glaszylinder, in dem dureh stets feucht gehaltenes Filtrierpapier eine feuchte Atinosphäre herbei- geführt wurde, Zur Untersuchung wurde am nächsten Tage ein etwa 1 cm großes Stück des Sprosses in der Weise längsgeschnitten, daß nur die mittlere Partie übrig blieb. Diese wurde auf dem Objekt- träger in Eisenchloridlösung gelegt. Schon mit bloßem Auge, genauer unter dem Mikroskop. zeigte sich stets der mittlere Teil des Längs- sehnittes von Berliner Blau erfüllt. An den Knoten zeigte sich eine Verbreiterung dieses Streifens. Auch in den Anfang eines Blattes war die Blaufärbung zu verfolgen. Die peripherischen Teile waren stets frei von Färbung. Der Versuch wurde (dreimal mit mehr oder weniger deutlichem Erfolge durchgeführt. In gleicher Weise konnte bei Potamogeton densus ein Auf- steigen der «dureh die Wurzeln aufgenommenen Lösung von Ferrocyan- kalium nachgewiesen werden. Die Steighöhe war nur gering, («doch zeigte sich auch in den unteren Teilen der Seitentriebe die blaue Farbe. Besonders stark trat die Färbung an den Knoten auf. Die periphe- rischen Teile waren auch hier frei von Farbe Nach Bokorny?) ist es vorteilhafter Ferrosulfatlösung au Stelle von Ferrocyankaliunlösung zu verwenden. Der Nachweis läßt sich dann mit Ferrieyankaliumlösung und Zusatz von wenig Salzsäure als Turnbulls Blau führen. Zu diesem Versuche benutzte ich sowohl bewurzelte wie nicht bewurzelte Exen- plare von Elodea canad. Deutliche Blaufärbung in den Leitungsbahnen zeigten nur die mit Wurzeln versehenen. Die übrigen zeigten in der 233 Peripherie schwache Blaufärbung, die sich auch bei «er Untersuchung einer frischen Elodea in Ferricyankalium zeigte. Wahrscheinlich ist tie letztere Blaufärbung auf eine Wirkung des eisernen Messers zurück- zuführen, mit. dem die Pflanzen geschnitten wurden. Der saure Zell- saft bewirkt «lie Bildung von Ferrosalz, das sich mit Ferrieyankalium in gleicher Weise in Turnbulls Blau umsetzt. Dadurch wird die Methode unzuverlässig und unbrauchbar, Versuch 13. Terminale, etwa 20 cm lange Sprosse von Ra- nuneulus fluitans mit Blättern, aber ohne Wurzeln, wurden teilweise in normaler Lage mit dem unteren Teil in die Lösung von Ferrocyan- kaliuın gehängt, zum Teil umgekehrt, sodaß die Blätter und der obere Teil (des Sprosses in ıer Lösung waren, während «der basale Teil wie im vorigen Versuch, von Stützen aufrecht erhalten, in feuchter Luft sich befand. Die Versuchspflanzen blieben 24 Stunden unter diesen Bedingungen und zeigten sich nach «dieser Zeit noch völlig frisch und ohne eine Spur von Welken. Bei der Prüfung der wie oben hergestellten Längssehnitte zeigten alle über der Lösung befindlichen Teile Blaufärbung in den Leitungs- bahnen, die wieder besonders deutlich in den Knoten hervortrat. Da die aufnehmende Fläche bei den mit den Blättern eintauchenden größer war, so war auch die Intensität der Färbung hier merklich stärker. Die Farbe war in jedem Fall wieder vollständig auf (lie Leitungsbahnen be- schränkt und die peripherischen Teile frei von Färbung. In den Knoten zeigten sich auch die Quersehnittsbilder der in die Seitensprosse ah- gehenden Leitungsbalinen deutlich blau gefärbt. In derselben Anord- nung wurden auch bewurzelte Exemplare von Berula angustifolia. Flodea densa un Ranuneulus triehophyllus untersucht. Alle nahmen die Lösung sowohl durch die Wurzeln als auch «durch die Blätter auf, und ümner war in den Knoten der in feuchter Luft befindlichen Teile das Berliner Blau nachzuweisen. In Verfolgung dieser Versuchsergelmisse untersuchte ich nun die Möglichkeit der Aufnahme unı des Aufsteigens von Ferrocyankaliun- lösung in ganzen bewurzelten Pflanzen von Ranunenlus fiuitans. Wegen der großen Länge dieser Pflanzen benufzte ich eine Versuchsanorlnung, die der der Ungerschen Versuche entsprach. In die Vorlage einer Glasretorte brachte ich die Lösung von Ferrocyankalium. Die Pflanzen wurden nın einmal mit der Wurzel, das andere Mal mit ılen Blättern in diese Lösung gebracht, während der übrige Teil durch den Hals der Retorte in die Erweiterung geleitet wurde. Die inneren Wände waren 234 angefeuchtet, so daß die nicht in die Lösung eintauchenden Teile in feuchter Luft waren und deshalb ein Welken nicht eintrat. a) Wurzel in der Lösung. Blätter in feuchter Luft: 16. April 1907 nachmittags eingesetzt, 18. „1907 morgens etwa 30 enı hoch nachzuweisen, 18... 190% » nichts nachzuweisen, FIT Kr Vre PR bis oben hin (etwa 50 em) nachzuweisen, b) Blätter in der Lösung, der basale Teil mit der Wurzel in feuchter Luit: 16. April 1997 nachmittags eingesetzt, 18. „1907 mittags etwa 10 cm hoch nachzwweisen, 10. „1907 morgens bis ans basale Ende (etwa 50 em) nachzuweisen, 20... 107 » ebenso. Es haben sich bei diesen Untersuchungen immer einzelne Pflanzen gefunden, in denen die Lösung nicht nachzuweisen war. Ich vermute. daß es sich hier um alte Pflanzen handelte oder solche, die noch im Zustand (der Winterrule waren. Es ist also erforderlich. stets eine größere Menge Exemplare zu untersuchen, damit man nicht zu falschen Schlüssen kommt, Aus diesen Versuchen hat siel ergeben, daß sowohl dureh die Wurzeln als auch «lurch die Blätter Lösungen aufgenommen werten können. Ich versuchte nun die Bedingungen, den natürlielien dadurch näher zu bringen, daß ich in die Vorlage der Retorte die Lösung und in die Retorte selbst Wasser gab, so daß die beiden Enden der Pflanzen in Flüssigkeit tauchten und nur der mittlere Teil im Hals der Retorte sich in feuchter Luft befand. a) Wurzeln in Lösung, Blätter in Wasser: 23. April 1907 nachmittags eingesetzt, „1807 » etwa 10 cm hech nachzuweisen, 26. , 4807 morgens chbenso bis IU cm, nachmittags „ »„ u 7.9 180% morgens nichts nachzuweisen. b) Blätter in Lösung, Wurzeln in Wasser: April 1907 nachmittags eingesetzt, „ur » nichts nachzuweisen, 26... 1007 morgens bis 5 em nachmittags nichts 275 18907 morgens bis 5 em ” „ e) Auf beiden Seiten Lösung: Zwei lange Exemplare blieben 3 Tage im Apparat. In dem ersten war die Lösung bis 20 cm hoch nachzuweisen, dann folgte eine Strecke von 10 cn ohne Lösung und darauf war (die etwa 10 em rückwärts auf- 235 gestiegene Lösung nachzuweisen. In der anderen Pflanze war weder vorwärts noch rückwärts etwas aufgestiegen. In dieser Anordnung er- wies sich der aufsteigende Strom stets stärker als der absteigende, ob- wohl die aufnelmende Fläche bei den Wurzeln geringer war als bei den Blättern. Ich möchte deshalb auch den Ungerschen Versuch im Prinzip nicht bezweifeln, obwohl mir die Menge des beförderten und ausgeschiedenen Wassers zu groß erscheint. Betrachten wir die vorstehenden Versuche, so hat sich ergeben. daß bei festgewurzelten Wasserpflanzen die Möglichkeit der Nährstofi- aufnahme durch die Wurzeln aus dem Boden für das Wachstum von großer Bedeutung ist. In der ersten Versuchsreihe zeigten Pflanzen, die im Boden wurzeiten, ein größeres Längenwachstum und kräftigere Entwicklung als solche. die über der Erde im Wasser verankert waren. Letztere waren im stande, da das Wurzelsystem nicht beschädigt. sondern nur am Eindringen in den Boden gehindert wurde, sowohl durch die Oberfläche der ganzen Pflanze, als auch durch «die Wurzeln Nährstoffe dem Wasser zu entnehmen und waren deshalb auch alle ge- wachsen, Aber die Größe des Wachstums blieb mehr oder weniger stark hinter dem Wachstum der Pflanzen zurück, die mit Hilfe ihrer Wurzeln auch aus dem Boden Nährstoffe aufnehmen konnten. Würde man (die Wurzeln nur als Haftorgane betrachten und die Funktion der Nahrungsaufnahme der ganzen Oberfläche zuschreiben, so müßte gleich starkes Wachstum eingetreten sein, da in beiden Fällen die Oberfläche gleichen Bedingungen ausgesetzt war. Wir können somit die Wurzeln nicht nur als Haftorgane betrachten, sondern müssen ihnen auch die Funktion der Nährstoffaufnahme aus dem Boden wie bei den Land- pflanzen zuschreiben. Eine weitere Bestätigung dieser Anschauung brachten die Ver- suche der dritten Reihe. Hier war die Wurzel einerseits in Erde. die Oberfläche der Piianze in nährstoffarmem Wasser, und andererseits die Wurzel in nährstoffarmem Wasser und «ie Oberfläche in nährstoff- reichen. Es zeigte sich auch hier ein stärkeres Wachstum, wenn die Wurzel imstande war Nährstoffe aufzunehmen. wohingegen die Pflanzen. die nur durch die Obertläche aufnehmen konnten, zurückgeblieben waren. Ein exakter Beweis inwieweit tüiberhaupt eine Nährstoffaufnahne durch die Oberfläche stattfindet, war aber durch Kultarversuehe nicht zu erbringen wegen der Unmöglichkeit. die Pflanzen so zu kulti- vieren. laß der obere Teil in destilliertem. d. h. völlig nährstoffreien Wasser stand. Dieselbe Erfahrung hat G. Hochreuriner'%) gemacht. Er hat diese Methode wegen der großen praktischen Schwierigkeiten verlassen. obwohl. wie er sagt, seine Versuche der 'Uheorie der Wasser- aufnahme dureh die Wurzeln im allgemeinen günstig waren. Auch die Versuche, in denen die Pflanzen teilweise olme Wurzeln kultiviert wurden, teilweise durch Eingipsen der Wurzeln die Funktion der Nähr- stoffaufnahme ausgeschaltet wurde, ergaben im Vergleich zu normal wit Wurzeln kultivierten ein besseres Wachstum der letztereu. Ein direktes Sichtbarmachen des von den Wurzeln durch die ganze Pflanze aufsteigenden Stromes gelang in der IV. Versuchsreihe. Es zeigte sich, dab Ferroeyankalium zu diesen Versuchen sich gut eignete. während ein Aufsteigen von Lithiumnitrat entgegen den Angaben von Pond nicht nachgewiesen werden konnte. Von besonderer Wichtigkeit war (ie Tatsache, daß das Berliner Blau nur in den Leitungsbahnen vor- handen war und die peripherischen Teile frei von Farbstoff waren. Damit ist bewiesen, daß die Lösung von Ferrocyankalium wirklich im Innern der Pflanze aufgestiegen ist und sich nicht kapillar auf der Außenfläche des Sprosses emporgesaugt hat. Dieser Beweis ist bei Versuchen mit Lithiumnitrat insofern schwer zu erbringen, als bei Wasserpflanzen die Oberfläche des Sprosses stets feucht sein muß und daher ein äußerliches, kapillares Emporsteigen der Lösung sehr leicht möglich ist. Aus der Erfahrung, daß der aufsteigende Strom sich in den letzten Versuchen dieser Reihe stärker erwies als der ab- steigende, schließe ich, daß auch in der Natur der erstere überwiegt. Dieser Schluß hat umso größere Berechtigung. als er mit den Resultaten ler Kulturversuche im Einklang ist. Die geringe Steighöhe, die der aufsteigende Strom erreicht hatte, wenn auf beiden Seiten Flüssigkeit war, läßt auf eine sehr langsame Wasserbewegung unter natürlichen Verhältnissen schließen, die aber stark beschleunigt wird, sobald der eine Teil nicht mehr in Wasser taucht, so daß also eine Transpiration eintritt. Die bewiesene Möglichkeit der Aufnahme von Lösungen durch die ganze Oberfläche erklärt das Verhalten losgerissener Wasserpflanzen, die auch im Wasser schwimmend nicht zugrunde gehen, sondern weiter wachsen. sogar blühen und vor allen Dingen Wurzeln treiben können, bis sie wieder in der Lage sind, Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen. Hier sei auch an das Bluten von Wasserpflanzen erinnert. wie es Wieler ?*) nachgewiesen hat. Wieler fand, daß sowohl Elodea cana- ılensis wie auch Myriophyllum proserpinacoides bluten: selbst bei dem inbewunrzelten Ceratophyllum hat er Bluten nachgewiesen. Ich konnte auch bei Elodea densa Bluten dadurch nachweisen, daß ich die Pflanze im Bassin «les Viktoriahauses an ihrem normalen Standort köpfte, den oberen Teil über Wasser befestigte und ein Glasgefäß darüber setzte, um die Verdunstung zu verhindern. Daraus ergibt sich jedenfalls das Vorhandensein eines aufsteigenden Wasserstromes, der unter einem ge- wissen Druck steht und austritt. wenn der Sproß oben abgeschnitten wird. Durch die Versuche mit Ferroeyankaliumlösung habe ich dann auch nachweisen können. daß sich «dieser Wasserstrom in dem zwar reduzierten, aber «doch deutlich vorhandenen Gefäßsysten bewegt. Eine schöne Ergänzung der Wielerschen Untersuchungen über das Bluten der Wasserpflanzen bieten noch die in der Einleitung er- wähnten Angaben von Weinrowsky und v. Minden über die Aus- scheidung flüssigen Wassers aus den Hydathoden der Blätter. Daß ein aufsteigender Wasserstrom, der in Lösung befindliche Nährstoffe den oberen Teilen zuführt, vorhanden sein muß, geht auch aus einem Versuch hervor, den Goebel®) in seiner „Vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane“ anführt. Es heißt dort: „Elodea canadensis z. B. habe ich in Erde unter Glasglocke mit gut entwickelten Sprossen gezogen, ebenso Hydrocharis.“ Und weiter unten heißt es: „Von einer ganzen Anzahl anderer Wasserpflanzen aber kennt man keine Landformen. So für Potamogeton-Arten, Najas, Zanichellia etc.; (die meisten (lieser Pflanzen können, wie oben erwähnt, wenn sie hinreichend gegen Verdunstung geschützt sind, wohl auch außerhalb ddes Wassers wachsen. Isoetes Jacustris z. B. ziehe ich auf diese Weise seit 5/, Jahren als Landptflanze“ Wenn nun auch in einem mit Wasser- dampf gesättigten Raum die Feuchtigkeitsverhältnisse nicht viel anders sind als im Wasser, so konnte doch eine Aufnahme von stoffen nur durch die Wurzeln aus dem Boden erfolgen. Die Oberfläche der Pflanzen konnte dabei nur Wasserdampf oder kondensiertes Wasser aufnehmen: in beiden sind aber keine Nährstoffe enthalten, die zur Hervorbringung „gut entwickelter Sprosse“ erforderlich sind. B. Schwimmende Wasserpflanzen. Die folgenden Untersuchungen beziehen sich auf nicht im Boten wurzelnde, auf der Oberfläche «les Wassers schwimmende Pflanzen. Bevor ich jedoch auf die eigentliche Frage nach der Nährstoffaufnahme dieser Pilanzen eingehe, möchte ich zunächst einige Untersuchungen anführen. die sich mit allgemeinen Ernährungsfragen sowie mit der Wirkung des Kupfersulfats bei Lemna minor befassen. Man findet diese kleine Pflanze in stehenden Gewässern oder in stillen Buchten am Rande 238 langsam fließenden Wassers. Ihr bestes Gedeihen findet sie in Teichen, in denen viel organische Substanzen. sei es aus Versenkgruben oder sonstigen Finflüssen, faulen. In klaren, reinen Wässern findet man Lemna selten. In Anbetracht dieser Tatsache fragte es sich, ob Lemna minor auf organische Substanzen angewiesen ist oder lem Wasser nur die anorganischen Nährstoffe entnimmt. Man findet die volkstümliche Anschauung verbreitet, daß Lemna miner eine desinfizierende Wirkung ausübe und üble Gerüche beseitige, somit also organische Verbindungen verarbeite. Zur Beantwortung dieser Frage wurden Kulturversuche so- wobl in rein anorganischen Nährlösungen als auch in solchen wit or- ganischen Nährstoffen angestellt. l. Versuche über das Wachstum von Lemna minor in Nährlösungen. Versuch 14. Ich untersuchte zunächst, ob in Wasser mit Erde ein besseres Wachstum stattfine. als in reinem Leitungswasser. Zu diesem Zweeke wurde ein Teil Pflanzen in reinem Leitungswasser an- gesetzt. ein anderer Teil in Wasser mit Erde. Schon nach wenigen Tagen zeigte sich. daß die Pflanzen in Wasser mit Erde entschieden tiger waren und sieh stärker vermehrt hatten. Es fragte sich nun, ob anorganische } 'salze genügen würden, oder ob eine Abhängigkeit von organischen Nährstoffen zu konstatieren sei. Versuch ld. Der Versuch wurde in Glaszylindern im Kulturhaus mit je fünf zweiblättrigen Exemplaren von Lemna minor angesetzt. Im ersten bis fünften Gefäß befand sich Nährsalzlösung v. d. Crone in folgenden Konzentrationen: 1%,9. 2 Yo. 39/5 Don und 10 %og- Im sechsten bis zehnten Gefäß eine organische Nährlösung ebenso: 2 3 go: By und 10°%,,. Die organische Nährlösung wurde in folgender Weise hergestellt: 200 g frischer Kuhnist wurden mit 600.2 destilliertem Wasser aus, elkocht, durch ein Tuch gepreßt und wieiler gewogen. Es blieben 135 g Rückstand. somit waren 65 g im Wasser verteilt, z. T. gelöst. Diese Flüssigkeit wurde dann mit destilliertem Wasser auf 650g gebracht und von dieser Lösung (1:10) wurden ent- sprechende Mengen mit destilliertem Wasser verdünnt. Um «lie Halt- barkeit «des Dekoktes zu erhöhen. wurde das Filtrat noch einmal auf- en und wie die anorganische Lösung mit Kupfersulfat im Verhältnis 1: 1000000 versetzt. Nach Verlauf von 21 Tagen war das Aussehen der Pflanzen in der organischen Nährlösung bleich und krankhaft, während die dler anorganischen Lösung kräftig grün waren. Am kräftigsten waren die Pflanzen in der stärksten Lösung (10%;,,) entwickelt. Um einen zahlenmäßigen Vergleich zu haben, wurden im folgenden ıie einzelnen Blättchen ählt: > 239 Anorganische Lösung: Organische Lösung: 1) 97 einzelne Blättchen 6) 39 einzelne Blättehen 2) 104 “ “ 7) 87 u “ 3) 152 “ u 8) 44 u u 9 “ “ 47 Fr “ 5) 89 ri “ 10) 55 “ Fi Aus diesem Versuch ergibt sich, daß Lemna minor in anorganischer Lösung ausgezeichnet wächst und organische Substanzen nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar weniger gut geeignet sind. Versuch 16. Um eine längere Einwirkung einer organischen ährlösung auf das Wachstum von Lemna minor zu untersuchen, wurden in vier Tonschalen je 10 zweiblättrige Exemplare im Freien kultiviert. Es wurde wieder Nährsalzlösung v. d. Crone benutzt und zwar in der ersten Schale 10°',, und in den drei anderen 2,5%. No. 2) war mit einer Mattscheibe bedeckt, die anderen mit einer blanken Glasscheibe, No. 4) wurde ohne Wurzeln eingesetzt und alle nen auftretenden Wurzeln gleich abgeschnitten. Der Versuch wurde über zwei Monate fortgesetzt. Sobakl in den Lösungen Algen auftraten. wurden die Gefäße gereinigt und «ie Lösungen erneuert, die Pflanzen für «diese kurze Zeit in reines Leitungswasser gebracht. Nach Beendigung des Versuches war die An- zahl der einzelnen Blättchen folgende: 1) 5458 einzelne Blättehen, Aussehen normal, 2) 1772 “ ri klein und zusammenhängend, 3) 3203 u “ “ 4) 3236 u “ Auf das Resultat unter 2} komme ich später zurück. Die Wurzeln von 1) hängen schlaff herab und haben ein weißes Aussehen. Das Chlorophyll ist fast ganz verschwunden, nar an ein- zelnen Spitzen zeigt sich noch etwas Grün. Eine Plasmolyse ist nicht zu bemerken. Sie sind stark mit Algen besetzt. Es muß als sehr auffallend bezeichnet werden, daß Lemna minor, wie dieser Ver- such zeigt. selhst in einer Nährlösung von 10%,, längere Zeit kräftig zu gedeihen vermag. Es ist das eine Konzentration. (die (ie für Phanerogamen normale bei weitem übersteigt. Die Blättchen der Pflanze äftig entwickelt, nur die Wurzeln haben sich aber nichtsiestoweniger kr sehienen stark angegriffen zu sein. Es geht also aus «diesem Versuch hervor, daß Lemna minor am besten gedeiht, wenn große Mengen anorganischer Nahrung vorlanden sind. Wir können sie somit als Vielfresser bezeichnen. Die Mir- 240 wirkung von Lemna bei der Zersetzung organischer Verbindungen ist wohl nur passiv. Infolge ihrer starken Vermehrung beschattet sie die Teiche und begünstigt dadurch die Tätigkeit der Bakterien. Je mehr organische Stoffe zersetzt werden, um so konzentrierter wird «die Lösung der daraus entstandenen anorganischen Verbindungen und um so günstiger sind die Wachstumsbedingungen für Lemna. Das Verhalten der Wurzeln in der konzentrierten Nährlösung vertlient besondere Beachtung. An gesunden Wurzeln habe ich nie größere Mengen von Algen gefunden, wohingegen alle abgestorbenen Pilanzenteile im Wasser mit Algen, besonders Diatomeen. besetzt sind. Nimmt man das Ausbleiben einer Plasmolyse und das Verschwinden «es Chlorophylis hinzu, so kann man wohl sagen. daß die Wurzeln jedenfalls nicht in normalem Zustande waren. Daß ıennoch ein so starkes Wachstum eingetreten ist, deufet «darauf hin, daß die Wurzeln für die Nährstoffaufnalme keine besondere Bedeutung haben. Einen weiteren Beweis für diese Annahme bildet ein Vergleich von 3) und 4). In einem Falle waren keine Wurzeln vorhanden und doch ist ein Unterschied im Wachstum nicht zu bemerken. Auf diese Frage werde ich unten noch weiter eingehen. Versuch 17. In Versuch 16) zeigte es sich, daß eine Ver- minderung der Lichtintensität, verursacht durch Auflegen einer Matt- scheibe auf das Kulturgefäß, das Wachstum der Pflanzen zurückgehalten hat. Um den Einfluß der Lichtintensität genauer kennen zu lernen, benutzte ich Seidenpapier, das zwischen 2 blanke Glasscheiben gelegt wurde, zur Erzielung einer mehr oder weniger großen Schwächung des Lichtes. Je fünf zweiblättrige Exemplare wurden in Tonschalen mit Wasser und passender Erde im Garten kultiviert. Schale 1) wurde nur mit einer reinen Glasscheibe berleckt. Die weiteren mit 2 Glasscheiben dazwischen 2) 1 Lage Seidenpapier a 3); 2 Lagen “ “ 44 Der Versuch wurde von Mitte August bis Mitte September im Freien bei größtenteils hellen Wetter ausgeführt. Nach Verlauf dieser Zeit war folgender Bestand zu konstatieren: 1) 110 Blättehen. 2, 141 ” 3) 114 “ 4) 106 241 Es zeigt sich, daß sowohl eine allzustarke als auch eine zu schwache Beleuchtung ungünstig auf das Wachstum einwirken, woraus sich auch das Zurückbleiben der mit Mattscheibe bedeckten Kultur erklärt. Eine gleiche Beobachtung konnte ich an einem natürlichen Standort der Lenına minor im Dachauer Moor machen. Hier schwamm die Pflanze auf einem Graben mit stillstehendem Wasser olıne jegliche Beschattung. Im Frühjahr hatte sich die Pflanze so stark vermehrt, daß sie eine dichte Decke auf em Wasser bildete. Als ich aber im Hochsommer nachsah, waren sehr viel weniger Exenplare vorhanden. Es steht das auch im Einklang mit dem Vorkommen und der starken Vermehrung der Lenna in leicht beschatteten 'Teichen. Zu denken wäre allerdings, daß hier auch die Temperatur eine Rolle spielt. ll. Versuche über die Empfindlichkeit der Lemna minor gegen Kupfer- sulfat. In den Kulturgefäßen. in denen man Lemna kultiviert. stellen sich nach kurzer Zeit zahlreiche Algen ein. An den Wänden des Ge- fäßes bildet sich ein dieker, grüner Überzug und ılie Oberfläche (les Wassers wird von einer leichten, dünnen Algendecke überzogen. Wird diese Decke stärker, so umschließt sie die Lemna und hindert sie in ihrem Wachstum. Ich habe nun mit Erfolg Kupfersulfatlösungen in Verdünnungen von 1:1000000 bis 1:300000 angewendet. um diese Algen zu zerstören. In einer neueren Arbeit von Moore und Keller- man!) sind zahlenmäßige Angaben über die tödliche Wirkung ver- dünnter Lösungen von Kupfersulfat auf Algen gegeben, eine Wirkung, die schon von Nägeli!’) beobachtet wurde, Zu einer weiteren prak- tischen Prüfung dieser Angaben hatte ich Greelegenheit, als im Bassin des botanischen Gartens Kulturen von Myriophyllen gemacht wurden, die bald ganz von Algen umsponnen waren. Nach Zusatz von Kupfer- sulfat im Verhältnis 1:250000 waren (die Algen schon am folgenden Tag abgestorben und traten nicht wieder auf. Es war nun interessant festzustellen, inwieweit Lemna minor gegen Kupfersulfatlösungen emp- findlich wäre. Zu diesem Zwecke wurden folgende Versuche angestellt: Versuch 18 Im Glashaus des Instituts wurde Lenına minor in Nährsalzlösung v. d. Crone 2,5%;,, mit Zusatz von Kupfersulfat: 1) 1:10000 2) 1:20000 3) 1:50000 kultiviert. Nach Verlauf von 14 Tagen war: 1) abgestorben und völlig weiß, 2) zum größten Teil weiß, nur wenig grün, hatte sich aber etwas vermelhrt, 3) gewachsen, grün, nur am Rande der Blätter weiß. Versuch 19. Ebenso im Glashaus je 5 zweiblättrige Exemplare von Lemna minor in Nährlösung v. d. Crone mit Zusatz von Kupfer- sulfat in folgender Verdünnung kultiviert: 1) 1:20000 4} 1:50000 2} 1:30000 5) 1:60000 3) 1:40000 Nach Verlauf von 20 Tagen hatte: 1) 13 einzelne Blättchen; nur in den jüngsten war ganz wenig Chlorophyll, sonst waren die Blättchen weiß und abgestorben, 2) 21 Blättehen; die alten waren weiß und abgestorben und nur in 12 Blättchen war wenig Chlorophyll. 3) 26 Blättehen; 12 waren grün, die anderen weiß oder mit weißen Rändern, 4) 23 Blättchen: 9 waren ganz grün, die anderen mit weißen Rändern, 5) 28 Blättchen,; 16 waren ganz grün, die anderen mit weißen Rändern, Versuch 20. Dieser Versuch wurde im botanischen Garten in eingegrabenen Glaszylindern mit je fünf zweiblätterigen Exemplaren von Lemna minor angesetzt. In folgender Verdünnung wurde Kupfer- sulfat zugegeben: 1) 1:20000 4 1: 85000 2} 1:50000 5 1:100000 3) 1:70000 6) 1:150000 Nach Verlauf von 21 Tagen war folgendes zu konstatieren: tb} war weiß und ohne Vermehrung abgestorben, 2) 27 Blättchen. ganz wenig grün, 331 m schlecht entwickelt, z. T. abgestorben, 4) 51 ” “ " 5) 59 “ F 6) 50 “ am besten entwickelt. Aus den angeführten Versuchen geht hervor, daß eine Konzen- tration des Kupfersulfates von 1:10000 die schwächste Konzentration ist. die ein direktes Absterben der Pflanze herbeiführt. Eine Konzen- tration von 1:100000 wird zwar für kurze Zeit ertragen, ist aber bei längerer Einwirkung schädlich. Eine praktische Anwendung von Kupfer- 243 sulfat zur Entfernung der Lemna minor, die besonders in Karpfenteichen recht lästig ist, da sie in dichtem Überzug die Erwärmung des Wassers erschwert, ist wegen der dazu erforderlichen hohen Konzentration nicht möglich. I. Versuche über die Bedeutung der Wurzeln für die Nahrungsaufnahme bei verschiedenen schwimmenden Wasserpflanzen. Schneidet man die Wurzeln einer Lenna ab, so ist die Pflanze leicht umzuwerfen, so daß sie mit der Unterseite nach oben schwimmt Mit langen Wurzeln versehen legen sich die Pflanzen nur so, daB die Wurzeln wagerecht liegen und kehren bald in die normale Lage zurück. Es ist gar nicht möglich, bewurzelte Pflanzen auf den Rücken zu legen. Schneidet man die Wurzen nur bis auf 1 cm ab, so gelingt es viel- leicht, die Pflanze durch heftige Bewegung des Wassers schräg auf den Rücken zu legen, nicht aber horizontal. Bei der geringsten Erschütterung tritt ein Zurückkehren in die normale Lage ein. Pflanzen, deren Wurzeln man vollständig abgeschnitten hat, schwimmen dagegen leicht und gut auf dem Rücken und kehren nur schwer in die normale Lage zurück. Beim Sinken des Wasserspiegels, hervorgerufen durch Ver- dunsten des Wassers, blieben Pflanzen ohne Wurzeln leicht fach mit der Unterseite an den Seitenwänden des Gefäßes hängen. Läßt man eine abgeschnittene Wurzel im Wasser frei schwimmen, so sinkt sie langsam unter. Die Wurzel ist also sclıwerer als Wasser, die Spitze am schwersten. Jedenfalls beweist dieses Verhalten, daß die Wurzeln „der schwimmenden Pflanze Halt gegen Umgeworfenwerden verleihen“, wie das schon Goebel’) hervorgehoben hat. Die wichtigste Funktion der Wurzeln bei den Lemnaarten ist so- mit eine mechanische. Dieser Ansicht ist auch Hegelmaier*), der in seiner Monographie der Lemnaceen den Wurzeln jeden anderen Nutzen für die Pflanze abspricht. Er sagt darüber: „... einer der einleuchtendsten Belege für die gewiß richtige Ansicht, daß der Haupt- nutzen der Wurzeln der Lemnaceen in der Beihilfe besteht. welche sie zur Erhaltung der Pflänzchen in horizontal schwimmender Lage leisten: daß sie nicht hinreichen, den Bedarf derselben an Wasser durch Auf- saugung zu decken, «dieses vielmehr «durch die ganze ins Wasser tauchende Fläche des Sprosses aufgenommen werden muß, wird be- wiesen durch den leicht mit demselben Erfolg zu wiederholenden Ver- such Gasparinis, nach welchem Individuen, die nur noch mit den Wurzeln ins Wasser tauchend gehalten werden, in kurzer Zeit ver- trocknen: daß andererseits ihre Anwesenheit nicht unumgänglich not- 24 wendig für die Existenz der Pflanzen ist. geht nicht bloß aus der von Hoffmann berichteten Erfahrung an Spirodela polyrrhiza hervor, sondern auch aus der von mir melirfach gemachten Bemerkung. daß Lemna gibba bei geselligem Vorkommen wurzellos vegetieren. kräftig gedeihen und selbst blühen und reichlich Früchte reifen kann. indem es bei dieser Art vorkommt, daß die laugen Wurzeln nicht etwa durch Ab- sterben von den Spitzen her, sondern durch Zersetzung (der unterhalb des Halses gelegenen oberen Partie aus mir nicht bekannten Gründen mit einemmal fast in ihrer ganzen Länge massenhaft verloren gehen. während vielleicht in einem ganz benachbarten Teil desselben (rewässers die Wurzeln eben so regelmäßig erhalten bleiben.“ Der Versuch Gasparinis erscheint mir insofern nicht genügend beweisend, als das schwammige (rewebe der Unterseite nicht, wie (las unter natürlichen Bedingungen der Fall ist, gegen Austrocknen ge- schützt ist. Ist die Wasseraufnahme der Wurzeln gering. so könnte sie vielleicht bei geschützter Unterseite genügen. während bei nieht ge- schützter die Wasserverdunstung größer wäre, als die Wasserzufuhr. Über die Wasser- und Nahrungsaufnahme der Wurzeln der Lemnaceen wurden daher sowohl «diese Versuche in abgeänderter Form als auch Kulturversuche angestellt. Versuch 21. Um eine Verdunstung des Wassers «durch «ie Unterseite («ler Blätter zu verhindern, wurde diese mit einer «dünnen Schicht leichtschmelzenden Paraffins überzogen und «dann diese so präparierten Pllanzen zwischen zwei dünnen, ebenfalls mit Paraffın überzogenen Drähten so aufgehängt, daß nur die Wurzeln ins Wasser tauchten. Es ist nun sehr zu beachten, daß auch ein kapillares Auf- steigen des Wassers an «ler Außenfläche der Wurzeln verhindert werden muß und zu diesem Zwecke wurde eine dünne Schicht Kakaobutter vorsichtig auf der Oberfläche des Wassers ausgebreitet, so daß auch die Wurzeln zu einem kleinen Teil von dieser Schicht leicht umschlossen waren. Auf (diese Schicht wurden daneben solche Pflanzen gelegt, deren Wurzeln abgesehnitten waren. ls zeigte sich nach kurzer Zeit, daß alle Pflanzen gleichmäßig vertrocknet waren. Bei einem weiteren Versuch dieser Art wurde statt Kakaobutter flüssiges Paraftin verwendet. Versuch 3 Vier Lennapflanzen mit langen Wurzeln wurden olıne Präparation so auf die beiden Drähte gehängt, daß nur ein etwa 1 cm hoher Raum zwischen der Blattunterseite und der Oberfläche des Wassers vorhanden war und dann dieser Raum mit Hüssigem Paraffın ausgefüllt. Nachdem die Drähte weggenommen waren, schwammen die Pflanzen auf dem Paraffin und nur der größte Teil der langen Wurzeln 245 tauchte ins Wasser. Zum Vergleich wurde ein Exemplar zum Unter- sinken gebracht, das nun mit der Unterseite auf dem Wasser schwamn, während auf der Oberseite die Paraffinschicht ruhte, Nach Verlauf von 3 Stunden waren die drei oben schwimmeniden Pflanzen durch Austrocknen geschrumpft, während das Vergleichsexem- plar frisch geblieben war. Als dann eins von den geschrumpften Exem- plaren zunı Untersinken gebracht wurde, nahm es zusehends seine volle Gestalt wieder an. Sobald also die Unterseite mit Wasser in Berührung trat, wurde soviel Wasser aufgenommen, bis der Turgor wieiler herge- stellt war. Es hat sich also gezeigt, daß die Wasserzufuhr durch die Wurzeln nicht genügt, um der Wasserverdunstung durch die Oberseite der Blätter das Gleichgewicht zu halten, daß vielmehr eine direkte Auf- nahme «les Wassers durch die Unterseite der Blätter erfolgt und er- folgen muß, wenn die Pflanze nicht eintrocknen soll. Da Spirodela polyrrhiza, eine andere Lemnacee, zahlreiche Wurzeln ausbildet, so wäre denkbar, daß hier die Wurzeln nicht nur, wie bei der einzelnen Wurzel von Lemma minor, eine mechanische Rolle spielen. sondern auch der Nährstoffaufnahme dienen. Bei dem in gleicher Weise wie oben an- gestellten Versuch war aber das Resultat das gleiche wie bei Lemna minor. Um durch Kulturversuche die Bedeutung der Wurzeln der Lem- naceen für die Nahrungsaufnalime festzustellen, war es erforderlich, Pflanzen mit Wurzeln neben solchen zu kultivieren, deren Wurzeln gleich bei ihrem Auftreten entfernt wurıen. In Versuch 16 ist diese Methode bereits zur Anwendung gelangt und es hat sich gezeigt, daß die Pflanzen ohne Wurzeln ebenso gut gewachsen sind als die mit Wurzeln. Auch die geringen Ausschläge in dem folgenden Versuch glaube ich weniger auf das Fehlen der Wurzeln an un für sich als auf die Schädigung der Pflanzen zurückführen zu müssen, die dureh das tägliche Herausnehmen aus dem Wasser und Abschneiden der Warzen hervorgerufen wurde. Versuch 23. Je fünf zweiblätterige Exemplare von Lemna minor wurden im Garten in Tonschalen mit übergedeckten blanken Glasscheiben in Nährsalzlösung v. d. Crone kultiviert: a) mit Wurzeln: b) ohne Wurzeln eingesetzt und jede neuauftretende Wurzel gleich abgeschnitten. Der Versuch wurde 3 Wochen fortgesetzt: nach dieser Zeit waren vorhanden: a) 264 Blättchen. b) 221 Blättchen. Flora. AR. Bd, 1 240 Pistia stratiotes. Pistia stratiotes har normal ein kräftig entwickeltes Wurzelsystem, das aus langen Adventivwurzeln besteht, aus denen zahlreiche Seiten- wurzeln entspringen. Im jungen Zustand bildet die Pflanze andere Blätter aus als im erwachsenen Zustand. Die Jugendblätter sind kleiner, rund und stiellos, und liegen mit ihrer Unterseite auf dem Weasser- spiegel. Die später entstehenden Blätter hingegen sind bedeutend größer, spatelförmig und erheben sich auf einem Blattstiel mehr oder weniger stark über das Wasser empor. Die Jugendblätter sind auf der Unterseite benetzbav, während von den älteren Blättern nur der Blattstiel benetzbar ist. Auf «die Wasserausscheidung an den Blättern von Pistia stratiotes weist M. von Minden!) hin. Er fand, daß „vor- nehmlich über der Verlängerung des Mittelnerven, über einem kleinen, meist rötlich oder bräunlich gefärbtem Felde, aber auch an anderen unbestimmten Stellen des Randes“ Wassertropfen ausgeschieden werden. An diesen Stellen finden sich Hydrathoden von eigenartigem Bau. In eine Grube des (Gewebes eingesenkt und durch Haare geschützt, finden sich eine oder zwei kleinere und eine auffallend große Wasserspalte. Unter der Wasserspalte ist ein großer Intercellularraum, in den die Wasserleitungsbahnen endigen. Versuch 24. Um zu zeigen, daß bei «dieser schwimmenden Wasser- pflanze eine Wasseraufnahme durch die Wurzeln erfolgt und eine Auf- nahme «durch den in Wasser tauchenden Blattstiel nicht genügt, wurden zwei kräftige Exemplare so auf zwei Glaszylinder gesetzt, daß nur der untere Teil in Wasser tauchte: a) mit Wurzeln, . b) die Wurzeln abgeschnitten und die Wundstellen mit Paraffin verkittet.” Nach wenigen Stunden war b} durch Austroeknen geschrumpft, während a) vollständig frisch war. Wie die Photographje zeigt, tauchte b} mit dem Stielteil der Blätter ins Wasser, trotzdem fand aber keine genügende Aufnahme von Wasser statt, nm ein rasches Welken der Blätter zu verhindern. Direkt konnte man im Fall a) (die Wasser- aufnahme an dem Fallen des Wasserspiegels beobachten. Daß durch den Blattstiel nicht genügend Wasser aufgenommen wird und wie sehr die Blätter auf eine Wasserzufuhr durch die Wurzeln angewiesen sind, zeigt auch folgender Versuch: Versuch Zwei abgetrennte, sonst unverletzte Blätter wurden so aufgestellt. «laß von dem einen der Stielteil, von dem anderen um- 247 gekehrt der obere Blattrand ins Wasser tauchte. Nach kurzer Zeit waren bei beiden Blättern von den in Luft befindlichen Teilen die äußeren Ränder eingetrocknet. Die Verdunstung der Blätter ist eine sehr starke und die Wasserzufuhr (durch die Wurzeln muß dementspre- chend groß sein. Ein unverletztes Blatt mit der Unterseite auf Wasser gelegt, faultallmählichah. Versuch 26. Je vier junge, ziemlich gleich Pistia stratiotes. — Zu Versuch 24. große Pflanzen, die erst wenige Jugendblätter ausgebildet hatten, wurden in einem Bassin des Viktoria- hauses unter folgenden Be- dingungen kul- tiviert: a) normal mit Wurzeln, b) die Wurzeln entfernt und die Schnitt- fläche mit Gips ver- kittet, der nach dem Erhärten mit einer dünnen Schicht Paraffin über- zogen wurde. Neuauftretende Wurzeln wurden immer wieder ent- fernt und verkittet. 17* Pistia stratiotes, — Zu Versuch 26. * 248 Nach etwa 6 Wochen waren die bewurzelten Pflanzen normal aus- gewachsen und hatten, wie die Photographie zeigt, spatelförmige Blätter ausgebildet. Die nicht bewurzelten Pflanzen sind klein geblieben und haben nur runde. ungestielte Blätter ausgebildet. Der Versuch ergibt, daß dureh ein Abschneiden der Wurzeln die Pflanze sich schlecht entwiekeit und eine Ausbildung der spatelförmigen Blätter ganz unterbleibt. Diese Tatsache stimmt überein mit der An- sicht Goebels, daß bei schlechter Ernährung die heterophylien Pflanzen nur die Jugendform der Blätter ausbilden. Daß diese erste Form sich entwickeln konnte, ohne daß Wurzeln vorhanden waren. beweist, daß sie infolge ihrer Benetzbarkeit auf der Unterseite und ihres Aufliegens auf dem Wasserspiegel iinstande war, Wasser und Nährstoffe durch die Unterseite direkt aus dem Wasser aufzunehmen. Bei der ihr in der Lebensweise nahestehenden Lenina minor werden ebenfalls nur Blätter ausgebildet, die dem Wasserspiegel aufliegen und ihre Nährstoffe durch die Unterseite aufnehmen, olıne auf die Tätigkeit der Wurzeln angewiesen zu sein. Diese Jugendform von Pistia stra- tiotes bietet daher eine Überleitung zu Lemna ıninor, und man kann Lemna minor als auf dem Zustand der Jugendform stehen geblieben betrachten. Dieser Vergleich bietet dann auch einen Beitrag zur Er- klärung der Blattnatur von Lemna minor, wie sie von Goebel?) ent- gegen der Sproßtheorie aufrecht erhalten wird. Zusammenfassung. 1. Die Wurzeln der submersen, im Boden wurzelnden Wasserpflanzen sind nieht nur Haftorgane, sondern dienen auch der Nährstoff- aufnahme, 2. Unter normalen Verhältnissen ist in diesen Wasserpflanzen ein aufsteigender Wasserstrom vorhanden, der von den Wurzeln aus dem Boden genommene Nährstoffe nach den wachsenden Teilen befördert. 3. Die Epidermis der Blätter und Sprosse ist für Lösungen durch- lässig, so daß unter Umständen die Nahrungsaufnahme auch durch die ganze Oberfläche erfolgen kann. \ 4. Von den schwimmenden Wasserpflanzen ist Pistia stratiotes auf die Nahrungsaufnahme durch die Wurzeln angewiesen. Nur die Jugendblätter nehmen dureh ihre Unterseite Wasser und darin gelöste Nährstoffe auf. Die Wurzeln der Lemnaceen haben nur eine mechanische Be- deutung. Sie verhindern das Umgeworfenwerden der Pflanze durch die Bewegung des Wassers. Die Nahrungsaufnahme geschieht hier durch die Unterseite der Blätter. 249 Literatur. 1) Benecke, Über die Keimung der Brutknospen von Lunularia erneiata. Bot. Ztg. 1903, pag. 87. 2) Bokorny, Die Wege des Transpirationsstromes in der Pflanze. Pringsh. ‚Jalnlı., Bd. XXI, pag- 469. 3) Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen. .ena 1904, pag. 195. 4) Forel, Le Leman. Monographie limnologique 1902, 5) Frank, Lehrbuch der Pflanzenphysiologie 1896, pag. 12. 6) Goebel, Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane (Schencks Handbuch der Botanik, III, 1). ’) Ders, Pflanzenbiologische Schilderungen 1891. 3) Graebner, Potamogetonaceen; Kirchner, Loew, Schröter, Blütenpflanzen Mittelenropas, Bd. I, Lief. 5, pag. 412. 9) Hegelmaier, Monographie der Lemnaceen, pag. 103. 10) Hochreutiner, Etudes sur les Phansrogames aquatiques du Rhöne et du Port de Geneye. Revue gönerale de Botanique, T. VIIT, pag. 158. 11) Klemm, Über Caulerpa prolifera. Flora 1893, pag. 484. 12) Kuy, Über den Einfluß des Lichtes anf das Wachstum der Bodenwurzeln. Pringsh. Jahrb., Bd. XXXVII, pag. 421. 13) G. de Lamarliere, Sur les membranes eutinisees des plantes aq. Rev. gene- rale de Botan.,, T. XVIU, pag. 281. 14) Ludwig, Zur Biologie der phanerogamischen Süßwasserflora. — Zacharias, Die Tier- und Pflanzenwelt des Süßwassers I, pag. 71. 15) v. Minden, Beitr. zur anatom. und physiolog. Kenntnis wassersezernierender Organe. Bibliotheca botanica, Heft 46. 16) Moore and Kellermann, Copper as an Algicide and Desinfectant in water supplies. Bulletin No. 76 of the Burean of Plant Industrie 1905. 17) Nägeli, Oligodynamische Erseheinungen in lebenden Zellen. Denkschrift der schweiz. Naturf.-Gesellsch,, Bd. XXXTIL 18) Pond, The biological relation of aquatic plants to the substratum. Contribntions to the bivlogy of the Great Lakes 1905. 19) Raman, Bodenkunde 1905, pag. 21. 20) Sachs, Vorles. über Pflanzenphysiologie 1882, pag. 297. 21) Sauvagean, Sur les feuilles de qmelgues Monveotyledons aquatiques. Annales des Sciences nat, T. XIII, pag. 108. 22) Schenck, Biologie der Wassergewächse 1885. 23) Ders., Vgl. Anatomie der submersen Gewächse 1886. 24) Straßburger, Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungshahnen in den Pflanzen, pag. 929. 25) Unger, Beitr. zur Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Sitzungsher. der Kais. Acad, d. Wiss. Wien 44, 2. Abt. 20) Wacker, Über den Einfluß des umgebenden Mediums auf das Wachstum der Wurzeln. Pringsh. Jahrb., Bd. XXXII, pag. 71. 27) Weinrowsky, Untersuchungen über die Spaltöffnungen bei Wasserpflanzen. Fünfstücks Beitr. zur wissenschaft. Botanik 1899, Bd. II. 28) Wieler, Das Bluten der Pflanzen. Cohns Beitr. zur Biologie der Pflanzen, Bd. VI, pag. 46. Beobachtungen an Saxifraga granulata. Von W. Brenner. Mit 4 Albihlungen im Text.) Die hübsche Steinbrechart. die an Waldrändern und Wiesenrainen da und dort getroffen wird und (ie überall. wo sie einmal sich fest- gesetzt hat. vermöge ihrer zahlreichen am (srunde des Stengels sitzenden Brutknöllchen rasch zu ganzen Gesellschaften sich vermehrt. zeigt in ihrem ganzen Bau und speziell in ihrer Blütenentwicklung eigenartige, inathematisch regelmäßige Verhältnisse, die im folgenden dargelegt werien sollen. Im Spätherbst entwickelt sich aus der Brutknospe eine kleine Blatt- rosette, aus deren Mitte im März des folgenden Jahres ein rasch auf- schießender Blütentrieb mit nach oben hald kleiner werdenden Bläti- chen wächst. In den Achseln der letzteren entspringt gewöhnlich je ein Seitenast und an diesem wieder Triebe dritter und hie und da sogar vierter Ordnung. Am Ende jeder Verzweigung (dieses rispen- artigen Blütenstandes steht eine Blüte, im ganzen sind es deren 1 bis 35. Mit der Enrwieklung ihres Blütenreichtums geht die Pflanze jedoch äußerst sparsam vor. Zuerst blüht nur die Gipfelhlüte auf und bietet, ihre im Verlauf der nächsten Tage noeh von 13 auf 17 mm heran- wachsenden Blumenblätter zuerst röhrenförmig, dann kelchartig öffnend, den Pollen aus. Je nach der Witterung dauert dieses (Geschäft 3 bis 5 Tage. Wir sehen hierbei ein wunderbares Spiel der Staubblätter vor sich gehen. inden, wie dies schon Sprengel beobachtete und nach ihm verschiedene Autoren für eine Reihe von Saxifragen beschrieben. nicht alle mit- einander reifen, sondern eines nach «dem anderen im Verlauf einer halben bis weniger Stunden sich in «die Mitte einstellt, seinen Pollen den be- suchenden Insekten darbietet und darnach wierer an die Peripherie zurückkehrt. Nur bei ganz schönem Wetter treffen hierbei zwei oder drei aufeinanderfolgende Antheren in der Mitte zusammen. Dieses Spiel wird dureh einen bestimmt geregelten Wachstumsvorgang hervor- gebracht, der alle Staubfüden vom Beginn der Blütenentwicklung an bis zu ihrem Verwelken betrifft und der zeitweise, nämlich eben bei der Einstellung die äußere und bei der Rückkehr die innere Seite stärker fördert. Bei der eben geöffneten Blüte finden wir daher alle 10 Staub- gefäße mit ihren Kolben auf verschiedener Höhe der Blüte angelangt. nach der Reihenfolge ihres bevorstehenden Aufspringens (vgl. Fig. 1). Die Ansicht Treviranus!), als ob die Bewegung der Staubblätter der Selbstbefruchtung diene, ist schon lange als irrig erkannt worden. 1} Bot. Zt, 18068, page. fi. Die Blüte ist vielmehr ausgesprochen protandrisch. Erst nachdem das letzte Staubgefäß seine Arbeit getan hat, beginnt nämlich. wie dies schon Sprengel beschreibt, die Weiterentwicklung der weiblichen Or- gane. Die Griffel, die bisher zangenartig gegeneinander gestanden, wachsen rasch heran, während ihre Narben sich ganz allmählich von- einander entfernen und auch die Blütenkrone, offenbar um das Ein- dringen in ihren Grund und damit das Abstreifen des Pollens auf «den Narben zu erleichtern, sich inımer weiter öffnet. 4 bis 8 Tage lang dauert die Empfängnisfähigkeit der Blüte, dann rollen sich die Blumenblätter am Rande ein, fallen nach wenigen Tagen ab und die zweihörnige Kapselfrucht beginnt zu schwellen. Fig. 1. ı Blüte zweiter Ordnung eines rechts gewundenen Exemplars, vom Zentrum aus gesehen; > Gipfelblüte eines rechts gewundenen Exemplars nach Entfernung der Blumenblätter und Kelchzipfel; 3 und 4 verschiedene Stadien der Griffel- entwicklung. Während der zweiten Entwicklungsperiode der Gipfelblüte schicken sich die Endblüten der Triebe zweiter Ordnung zum Anfblühen an, Solange jene noch blühte sind sie bescheiden in tieferen Regionen ge- blieben. nun aber strecken sich die Stiele rasch und heben wenigstens die 3 bis 4 oberen über die verblühte Gipfelblüte hinaus, so daß sie, freistehend, von Insekten beachtet und besucht werden können. Der ursprünglich rein botrytische Blütenstand kann dadurch, wenn nur wenige Seitenäste zweiter Ordnung vorhanden sind. einen eymösen Charakter annehmen. Die Entwicklung der Seitenhlüten vollzieht sich ebenfalls in einem Zeitraum von 8 bis 14 Tagen. Dann folgen in ähnlicher Weise die Blüten dritter und hierauf diejenigen vierter Ordnung, so daß also die ganze Blütezeit der Pflanze sich auf einen Zeitraum von 4 bis 8 Wochen verteilen kann. 252 An dieser eben beschriebenen Entwicklung der Blüten von Saxi- fraga ist das eigenartige Verhalten der Staubfäden schon mehrfach Gegenstand mehr oder weniger eingehender Untersuchungen gewesen. Schon Sprengel und Hildebrandt beschrieben sie und Engler widmet ihr einen längeren Artikel'i. In diesem fiel mir als jedenfalls für mein Untersuchungsobjekt unrichtig die Bemerkung auf, daß sich zwei, meist zwei aufeinanderfolgende Staubgefäße jeweilen zusammen- neigen. Bei günstiger Witterung kommt es allerdings häufig vor, daß zwei, sogar (rei in der Mitte der Blüte zusammentreffen, stets sind ‚dieselben jedoch auf verschiedener Stufe der Entwicklung, haben sich nacheinander dem Zentrum zu bewegt und verlassen ihre Stellung auch wieder nacheinander. Ferner überragen nicht nur die fünf äußeren Staubgefäße die inneren, wie Engler sagt, sondern es zeigt sich von Staubgefäß zu Staubgefäß ein fast gleicher Unterschied der Größe und zwar in ganz gleicher Weise wie bei $. granulata auch bei S. rotundi- folia, euneifolia und mehreren andern Arten, die ich bisher zu beob- achten Gelegenheit hatte, Kerners Bemerkung, daß die Staubgefäße „in einer ganz be- stimmten Reihenfolge“, die aber nicht näher bezeichnet wird, sich be- wegen, veranlaßte mich, dies genauer zu untersuchen. Zuerst konnte ich lange keine genaue (resetzmäßigkeit ausfindig machen bis ich schließ- lich darauf aufmerksam wurde, daß die Pflanze hierin und, wie sich bald zeigte. auch in ihrem ganzen äußeren Aufbau zwei Typen zeigt, einen um es kurz zu sagen linken und einen rechten. Die beiden Formen unterscheiden sich zunächst darin, daß sich bei jenem, vom Gipfel des Sprosses aus betrachtet, die Blätter’ in einer gegen den Uhrzeiger (nach links) gewundenen Spirale von unten nach oben folgen, bei diesem dagegen in einer mit dem Uhrzeiger (nach rechts) gewundenen. Die Divergenz der Seitenorgane beträgt in der Regel ca. 144°, also ?/, der vollen Drehung, bisweilen auch 135°, also ®, oder ein ılazwischen liegender Bruchteil. Beim linksgewundenen Typus stehen ferner die Triebe und Blüten dritter Ordnung vom Gipfel des Hauptsprosses aus gesehen links, beim rechtsgewundenen rechts von den Trieben und Blüten zweiter Ordnung (Fig. 2). Dieses letztere Merkmal ist das auffälligste und diente mir daher auch nach vielfacher Kontrolle als einfaches Mittel zur Bestimmung des Zahlenverhältnisses der beiden Formen. Es ergab sich hierbei, daß beide Typen in fast genau gleicher Zahl vertreten sind, Es waren z. B. von 139 untersuchten Exemplaren 68 links und 71 rechts gewunden. 1) A. Engler, Beobachtung über die Bewegung der Staubblätter hei den Arten des Genus Saxifraga. Bot. Ztg. 26, 1868, pag. 833 ff. 253 Nach dieser Beobachtung entwirrte sich nun die scheinbare Un- regelmäbigkeit in Aufspringen der Antheren zu einer klaren Gesetz- mäßigkeit. Betrachten wir zunächst nur die Gipfelblüten des Haupttriebes, so finden wir, daß auch hier zwei Typen zu unterscheiden sind, ein linker und ein rechter, welche beide aus Fig. 2 am deutlichsten er- sehen werden können. Für den rechten Typus mag auch Fig. 1, ver- glichen werden. Wie die Blätter und Seitentriebe folgen sich also auch die Staubgefäße in gleichem Sinne nach links resp. rechts, ein neuer Beweis, wenn es solcher noch beilurfte, für die Blattnatur Linke aufblühende Gipfelblüte mit markierter Seitenblüte. Rechte Fig. 2. Schema der Entwieklung der Staubgefäße. dieser Organe. Der Grund, warum die Staubgefäße 2 und 9 außer- halb der Reihenfolge liegen, scheint der, daß, da zuerst der äußere Staubblattkreis aufblühen muß, sonst einmal in der Entwicklung zwei unmittelbar nebeneinander stehende Antheren zur Reife gebracht werden müßten (die jetzige 2 als 5 und dann 6), was wohl aus inneren Ur- sachen nicht angängig ist. Ferner würde dann das letzte Staubgefäß nicht dem ersten direkt gegenüberliegen, wie dies jetzt der Fall ist. Es werden darum in folgender Weise je 1, 2 oder 3 Staubgefäle übersprungen: 1311211931 wodurch die symmetrische Figur der Zeichnung entsteht. H. Müller’) gibt für zwei Arten in seinen Zeichnungen die Reihenfolge des Auf- 1) H. Müller, Alpenblumen. springens der Antheren von 1 bis5 an. nämlich für S. caesia und stellaris, Es stimmt dieselbe mit der hier ganz beschriebenen überein und zwar muß die Zeichnung Her erste- ren Art für die Gipfel- blüte eines rechtsge- wundenen. die (ler zweiten für die eines linksgewundenen Exem- plars gelten. Bezeich- nend ist, daß bei 8. eaesia zweimal «lie Ziffer 5 steht und (lazu bemerkt wird: „B rt 3 oder vielmehr 5°, woraus jedoch nicht ganz klar zu werden is zeigt. daß Müller auch lie Unregehnäßigkeit bei 2 und 3 auffiel. Gehen wir zur Be- trachtung der Seiten- blüten über. so gilt hier zunächst folgendes ein- fache (iesetz: Das erste Staubgefäb liegt stets der Seiten- blüte nächst höherer Ordnung, oder wenn keine solche mehr vor- handen, nächst niederer Ordnung gegenüber. Im weiteren ergibt sich jedoch die zunächst auffallende Tatsache. daß nur die Biüten un- gerader (dritter und ev. = fünfter) Ordnung in gleicher Weise wie die Gipfelblüte ihre Staubblätter entwickeln, daß dagegen die Blüten gerader (zweiter und vierter); Ordnung die um- sekehrte Reihenfolge innehalten. Es erklärt sich dies daraus, daß die was aber = F zZ - Stöcke offenbar aus beiderlei Elementen in der Art zusammengesetzt sind. daß die Triebe ungerader Ordnung gleich, die Triebe gerader Ordnung dagegen ungleich gerichtet sind wie der Haupttrieb. Bei ılen Trieben zweiter Ordnung läßt sich dies auch an den Blatt- organen konstatieren, indem außer den Stützbläftchen am Grunde der- selben gewöhnlich noch ein kleines Schuppenblatt in der Mitte steht, auf welches das Deckblatt des seitlichen Blütenstiels als drittes, also um ca. 240° gegen das erste gedreht, folgt. Daher kommt es auch. daß die Blüten dritter Ordnung bei den Exemplaren mit linksgewundenem Haupttrieb von der Mitte aus gesehen links, bei den mit rechtsgewun- denen dagegen rechts von (den Blüten zweiter Ordnung stehen. wie Fig. 2 zeigt. Bei den Trieben höherer Ordaung läßt sich nur aus der Art des Aufblühens der Staubblätter schließeu, daß sie wieder in um- gekelirtem Sinne geireht sein müssen. Die hier dargelegten Verhält- nisse sind in Fig. 3 veranschaulicht. Eine besondere biologische Bedeutung dürfte dieser Doppematur der Saxifraga grannlata resp. ihrer verschiedenen Triebe wohl kaum zukommen. Von einer etwa dadurch notwendig werdenden Kreuz- befruchtung der beiden Typen kann keine Rede sein. da das anfliegende Insekt wohl kaum in solch mathematischer Regelmäßigkeit zu Werke gehen dürfte, daß etwa nur Pollen von einer links gewundenen auf eine rechts gewundene Blüte gebracht würde. Überdies schließt die Protandrie der Blüten, verbunden mit der regelmäßigen Ablösung der ersten Blüten durch die zweiten usf.. Befruchtung eines Stockes mit eigenem Pollen schon vollständig aus. Auch ein Dimorphismus der Narbenpapillen und Pollenkörner ist nicht zu beobachten. Die Erschei- mung ist wohl einfach auf eine ursprüngliche. in der embryonalen Ent- wieklung schon gegebene Zweiteilung zurückzuführen resp. wenn wir die meist asexuelle Vermehrung der Art berücksichtigen. (darauf. daß die Bulbillen gerader Ordnung, entsprechend den Trieben gerader Ord- nung. entgegengesetzt geirehte Exemplare liefern, wie dies Fig. + zeigt. Es ist bei der Feststellung dieser Tatsache allerdings oft schwierig. die Ordnungszahl der Knöllchen genau zu bestimmen. da die Nieht- beachtung verkümmerter Seitentriebe eine falsche Feststellung Hefert. Als Hauptbesucher der Pflanze ist neben den Bienen eine Bom- bylius-Art zu nennen, die bei trübem Wetter stets da und dort in ihrer tharakteristischen Weise regunglos an den durch Drüsenhaare klebrigen Stengeln sitzt oder träge hin und her schreitet, ihren ca. 10 mm langen Rüssel meist gerade vorstreckend. Bei Sonnenschein schwebt die Fliege winutenlang über den leuchtenden Blüten. um «den klebrigen Honig auf 256 ihrem Grunde zu saugen oder auch sich den süßen Saft direkt aus dem glasartig glänzenden Polster des Blütenhodens zu erbohren. Bei Bombylius bilden die Unterlippe und die von ihr umschlossene Ober- lippe zwei zu einer Röhre vereinigte Rinnen, zwischen denen sich die Unterkiefer als zwei sehr dünne Borsten, die zu einem Stück ver- wachsenen Oberkiefer aber als kräftige, verbreiterte. am Ende spitze Borste hin und her schieben. Die Oberlippe selbst ist in eine äußerst feine starre Spitze, einem Dolehe gleich, ausgezogen‘), Als zufällige Besucher, die es hauptsächlich auf den Pollen abgesehen haben, fand ich besonders eine Haltica-Art, die auch Engler erwähnt. Fig. & - Bulbille von rechtsgewundenem Exemplar Bulbille von linksgewundenem Exeniplar (links gewunden). (rechts gewnnden). Der hier beschriebene, Iinks und rechts gewundene Bau scheint ein den Saxifragen mehr oder weniger allgemein zukommender zu sein. Im botanischen Garten in Basel standen mir folgende Arten zum Ver- gleich zur Verfügung: 8. Aizoon, ceratophylia, Cotyledon, deeipiens. 8. Geum, muscoides, pentadaetylis und rotundifolia. Die Divergenz der Seitenorgane ist jedoch bei manchen Arten eine unregelmäßige und darum die Fest- stellung des Typus nicht so leicht wie bei S. granulata. Besonders erschwert wirıl sie da, wo, wie bei $. geum u. a. der Blütenstand, sei es von Natur oder durch seitliche Beleuchtung einseitswendig ist. Der Wechsel links und rechts gewundener Seitenäste verschiedener Ord- nung scheint nicht bei allen Arten gleich konstant wie bei S. granulata und infolgedessen auch der Wechsel des Aufblühens der Staubblätter. Jedenfalls erfordert die Konstatierung dieser Verhältnisse eine bestän- ige Beobachtung der Pflanzen vom Beginn ihres Aufblühens an, was späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben mag. 1) Knuth, Blütenbiologie, Bd. I, pag. 215. Bei der Redaktion eingegangen: K. Giesenhagen, Befruchtung und Vererbung im Pflanzenreiche. Mit 31 Abbildungen. Quelle & Meyer in Leipzig. Preis geb, 1 M. 25 Pig. Ders., Lehrbuch der Botanik. IV. Auflage. Verlag von Fr. Grub in Stuttgart. K. Grauer, Agrikulturchemie. I. Pflanzenernährung. Sammlung Göschen. Preis 80 Pfe. A. v. Hayek, Vorarbeiten zu einer pflanzengeographischen Karte Österreichs. IV. Die Santaler Alpen. Mit 14 Abbildungen und einer Karte in Farbendruck. (Abhandl. d. K. K. zool.-bot. Gesellsch. in Wien, Bd. IV, Heft 2. Verlag von G. Fischer in Jena. Preis 9 M. E. Janchen, Helianthemum canıum (L.) Baumg. und seine nächsten Verwandten. (Aus dem botan. Institut der Universität Wien.) Verlag von Gustav Fischer in Jena. - G. van Iterton, Mathematische und mikroskopisch-anatomische Studien über Blattstellungen nebst Betrachtungen über den Schalenbau der Miliolinen. Mit 16 Tafeln und 110 Figuren im Text. Verlag von G. Fischer in Jena. Preis 20 M. F. &. Kohl, Botanische Wandtafeln. Tafel 15: Welwittschia mirabilis: Tafel 16: Platycerium grande: Tafel 17: Arum maculatum: Tafel 18: Asclepias Cornuti. A. Krieg, Beiträge zur Kenntnis der Kallus- und Windholzbildung geringelter Zweige und deren histologischen Veränderungen. Mit 25 Tafeln. A. Stuber's Verlag (©. Kabitzsch) in Würz- burg. Preis 12 M. W. Migula, Morphologie, Anatomie und Physiologie «der Pflanzen. 2. Auflage. Sammlung Göschen. Preis 80 Pig. J. W. Moll, Handboek der botanischen Mierographie. Ten gehruike bij de practische Ofeningen voor aanstaande medici. pharma- ceuten en biologen. Met 4 Figuren in den tekst. (ironingen. J. B. Wolters. Preis 4,50 fl. O. Porseh, Versuch einer phylogenetischen Erklärung des Embryo- sackes und der doppelten Befruchtung der Angiospermen. Mit 14 Abbildungen im Text. Verlag von (r. Fischer in Jena. Preis 1,50 M. M. Rikli, Botanische Reisestudien von der spanischen Mittelmeerküste mit besonderer Berücksichtigung der Litoralsteppe. Verlag von Erich & Behr in Zürich. K. Smalian. Grundzüge der Pflanzenkunde für höhere Lehranstalten. Ausgabe A für Realanstalten. G. Freytag in Leipzig. Preis geb. + M. \ Ders., Anatomische Physiologie der Pflanzen und des Menschen. Mit 107 Abbildungen im Text. G. Freytag, Leipzig; F. Tempsky, Wien. Preis geb. 1,40 M. A. Wagner, Streifzüge durch das Forschungsgebiet der modernen Pflanzenkunde. Verlag von Ernst Reinhardt, München 1907. R. v. Wettstein, Handbuch der systematischen Botanik, II. Band, 2. Teil, 1. Hälfte. Mit 995 Figuren in 165 Abbildungen im Text. Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1907. Preis 9 M. Bruck von Ant. Kämpfe an Jena. un Rn m in enmernet uee ln ar nn ne Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Biochemie der Pflanzen. Yon Dr. phil. et med. Friedrich Czapek, o. ö. Prot. der Botanik in Prag tjetzt in Czernowitz). Eirster Band. 1905. Pre i4 Mark, geb. 15 Mark. Zweiter Band. Preis: 25 Mark, geb. 26 Mark 50 Pr. Pharmacentische Zeitung Nr. 102, 1104: . Wir glauben jedem die Anschaffung dieses Buches empfehlen zu «lürfen, dessen Beruf oder Wissenschaft ibn mit pflanzenchemischen Problemen in Berührung bringt, und hierzu gehören unsere näheren Fachgenossen natürlich auch. ö i i mit. besonderer Berücksichtigung von Die_Keimpflanzen der Gesneriaceen Sr Yocknus, che, veelichnnden Studien über die Morphologie dieser Fan Yon Dr. Karl Fritsch, o. 6. Pro- fessor der Botanik an der K. K. Universität in Graz. Mit 38 Abbildungen im Text. Preis: 4 Mark 50 Pig. Österr. Bot. Zeitschrift: Aufterordentlich gründliche Studie über die bekanntlich sehr bemerkens- werten morphologischen Verhältnisse der vegetativen Region der Gesncriaceen. die unıso wertvoller ist, als Verf. sich von den behandelten Pflinzen Icbendes Material zu beschaffen wußte. Mathematische und mikroskopisch-anatomische Studien über Blatt- nebst Betrachtungen über den Schalenbau der Miliolinen. Von stellungen Prof. Dr. &. van Iterson jun. in Delft. Preis: 20 Mark. ; ;. nach neuen Untersuchungen. Eine mikrobiologische Die Purpurbakterien Studie. Von Prof. Dr. Hans Molisch, Direktor des Pflanzenphysielogischen Instituts der k. k. dentschen Universität in Prag. Mit t Tafeln, Preis! 5 Mark. Socben erschien: Versuch einer phylogenetishen Erklärung des Embryosakes und der_doppelten Befruchtung der Angiospermen. Yartmae- zehaten sammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Dresden am 16. Sept. 107. Von Pr. Otto Porsch, Privatdozent für systematische Botanik an der K. K. Universität in Wien. Mit 14 Textabbildungen. Preis: 1 Mk. 50 Pf. Von Ernst Stahl. Son- Die_Schutzmittel_der Flechten gegen Tierfraß. Yon ken Srabl, ron schrift zu IIacckeis 76. (Geburtstage. Preis: 2 Mark 50 PH Die stofflihen Grundlagen der Vererbung im organischen Reich. ändliehen Darstellung. Von Eilnard Strasburger, ät Bonn. Preis: 2 Mark, Versuch ciner gemeinver 0. ö. Prof. an der Universi Frankfurter Zeitung vom 28. Januar 1906; Es ist lebhaft zw begrüßen, daß ein Botaniker, der selbst an der Aufhellung der behandelten Fragen in bedeutender Weise beteiligt ist, diese in einem zusammenfassenden Überblick darzustellen sich entschlossen hat. ,. . Die Vorzüge der klaren, hst ansprechenden Darstellungsart des Verfassers machen sein Buch besonders geeignet, auch solchen, denen dies Gebiet der Biologie ferner liegt, eine zuverlässige und das Wesent- liche begreifende Orientierung zu ermöglichen. Dafür werden gewiß viele dem ver- dienten Forscher aufrichtigen Dank wissen, Soeben erschien: Die Flechtenstoffe in chemischer, botanischer._pharmakologischer i Von Dr. W, Zopf, o. ö. Professor der Bo- und technischer Beziehung. tanik und Direktor des botanischen Instituts der Universität Münster. Mit 71 Textabbildungen. Preis: 14 Mark. Für Flora-Abonnenten! Von der Flora, herausgegeben von Prof. Dr. K. Goebel in München, liefern wir die in unseren Verlage erschienenen Bände 72-95 (1839--1905) mit Ausnahme der vergriffenen Er- gänzungsbände zum Jahrgange 1894 und 1895 statt M. 400, -— zum Ausnalmepreise von M. 300.— netto soweit unsere nur noch geringen Vorräte dies gestatten. Bemerkt sei dazu, daß mit Band 72 die Redaktion des Herrn Prof. Goebel begonnen hat, damit also eine neue Serie beginnt. Kleinere Serien von Bänden d wir bereit, ebenfalls zu er- mäßigten Preisen auf Grund besonderer Vereinbarungen und nach Maßgabe unserer Vorräte abzugeben. Marburg in Hessen. N. b. Elwerf’sche Verlagsbuchhandlung. Verlag von GUSTAF FISCHER in JEN. Progressus rei botanicae. Fortschritte der Botanik. — Progres de la Botanique. — Progress of Botany. Heransgegehen von der Assneiation Internationale des Batanistes. Redigiert von Dr. J. P. Lotsy in Leiden. Die „Progressus“ erscheinen in zwanglosen Heften, die in Zwischenräumen von 4 Monaten zur Ausgabe kommen sollen. Die Hefte werden zu Bänden von otwa 40 Druelchogen vereinigt, so daß jährlich ein Band erscheinen wird. Die Mitglieder der Association erhalten die „Progressus* zu dem Vorzugspreis von 13. M. Bestellungen zu diesem Vorzugspreise sind seitens der Herren Mitglieder direkt an die Verlagsbuchhandlung oder an den Generalsekretär der Association, ern Dr. 4. P. Lotsy in Leiden, zu rielten. Bestellungen, welche durch den Buchhandel anfgegeben werden (auch solehe seitens der Mitglieder der Association) können nur zu dem Preise für Nichtmitglieder, welcher 18 M. für den Band be- trägt, Erledigung finden. Soeben wurde vollständig: Band T. \ Inhalt des ersten Bandes: Erstes Heft. R.v. Wettstein und J. P. Lotsy, Vorwort. Eduard Stras- hurger, Die Ontogenie der Zelle seit 1975. D. H. Scott, The Present Position of Valaeozoie Botany. E. A, Newell Arber, Bibliography of Literature on Pa- Iaeozoie Fossi} Plants. Cl. Flahault. Les progrös de la Geogrnphie botanique depuis 1854, ” \ Zweites Heit. L. Lanrent, Les Progres de la palsobotanique angiosper- mine dans in Aumiere deeade. W. Bateson, The progress of Geneties since Ihe rediseovery of Mendel’s papers. Friedrich zape ie Ernähr: vi i a of Stendele pap jedriech Czapek, Die Ernährungsphysiologie ittes Heft. RP. van Calcar, Die Fortschritte der Immunitäts- und lehre seit 1870 mit hesanderer Berücksichtigung der Tnberkelbazillen äurefesten Stäbchen. rn a ra ra BEE Diesen Hefte lie; zu e gt ein Prospekt der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner. Leipzig, bei, welcher geneigter Beachtung empfohlen wird. ” Drack von Ant. Kämpfe in Jena. FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. vr 98. BAND. DRITTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 1 TAFEL UND 33 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1908. ERSCHIENEN AM 2. MÄRZ 1908. Inhaltsverzeichnis. Seite SCHELLENBERG, H. C., Untersuchungen über das Verhalten einiger Pilze gegen Hemizellulasen . . 2. 2m nn nn. BT--808 GOEBEL, K., Archegoniatenstudien. XII. Über die Brutknospenbildung und über die systematische Stellung von Riella. Mit 11 Ab- bildungen im Text... nn. 308-328 GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen, 18. Brut- knospeubildung bei Drosera pygmaea und einigen Monokotylen. Mit 10 Abbildungen im Text . . - 324—335 MEYER, ARTHUR. Der Zellkern der Bakterien. Mit 3 Abbildungen im Text... . . . 335 —40 SPERLICH, ADOLF, Zur Entwieklungsgeschichte der Stolonen von Nephrolepis. Mit Tafel VILT und 6 Abbildungen im Test . 341-362 HEINRICHER, E., Über Androdiöcie und Andromonöcie bei Liliun eroceum Chaix und die systematischen Merkmale dieser Art. Mit 3 Abbildungen im Text... . B ee BT HEINRICHER. E, Eine erbliche Farbenvarietät des Ligustrum vul- gare 1... FE Dr FISCHER, HUGO, Belichtung und. Blütenfarbe 2 - FISCHER, HU Go, Die, ‚Pelorien | von Linaria vulgaris. . "Altes Herbarium ca. 2000 Pflanzen, Du- $ bletten von Schenk, Reichenbach, Kletzsch, Schoen, Flachs, für 50 Mark zu verkaufen. Dr. HAHN, Leipzig, Scharnhorststraße 38 III. Verlag. von GUSTAV FISCHER ; in JENA Von Dr. phil. et med. Friedrich Czapek, o. ö. Prof. Biochemie der Pflanzen. der Botanik in Prax (jetzt in Czernowitz),. Zwei Bände. Preis: 39 Mark, geb. 41 Mark 50 Pf. Pharmacentische Zeitung Nr. 102, 1904: .. . Wir glauben jedem die Anschaffung dieses Buches empfehlen zu dürfen, dessen Beruf oder Wissenschaft ihn mit pflanzenchemischen Problemen in Berührung bringt, und hierzu gehören unsere näheren Fachgenossen natürlich auch. u ii Von Dr. Altred, Fischer, o. Prof. der Botanik Vorlesungen über Bakterien. ; Base. Zweite vermehrte Auflage. Mit 69 Abbildungen, Preis: 8 Mark, geb. 9 Mark. Centralblatt für Bakteriol, Parasitenk. und Infektionskrankh., Bd. XXIT, Nr. 24/25 sagt über die erste Auflage: - Das Buch ist von einem Botaniker geschrieben, und da wird man erwarten, daß das grofie Kapitel der Bakteriologie von ganz anderen Seiten in Bearbeitung genommen worden ist, als das gewöhnlich in den medizinischen Hörsälen zu sein pflegt. Dieser Um- stand hat uns in erster Linie bewogen, das Buch zu lesen, und wer es angefangen hat, wird es wohl erst dann beiseite legen, wenn — allzu rasch — das Ende naht. Fischer versteht es, so angenehm und elegant vorzutragen, daß man bedauert, daß nicht noch mehr geboten ist. Dem Autor, dem durch eigene Forschung auf diesem Gebiete eine größere Erfahrung zu Gebote steht, ist es nicht zu verargen, wenn er an manchen Stellen etwas übers Ziel hinausschießt und seiner Subjektivität die Zügel etwas schießen Hßt. Da- durch hat das Ganze aber nur gewonnen und der Leser erhält Anregung zum Nach- denken, .. ... Untersuchungen über das Verhalten einiger Pilze gegen Hemizellulosen. Von H. ©. Schellenberg, Zürich. Bereits ältere Untersuchungen über parasitische Pilze haben das Resultat ergeben, daß einzelne unter ihnen vermögen die pflanzliche Zellmembran zu durchbohren und einzelne Schichten der Zellmembranen herauszulösen. Ich brauche nur an die Untersuchungen Kühns!) über die Brandpilze zu erinnern, oder an die Studien der Gebrüder Tulasne2) über die Rostpilze und de Barys®) über die Peronosporeen. In allen diesen Fällen wurde der Nachweis geleistet, daß der Pilz die Ober- haut zu durchbohren vermag, um in den Pflanzenkörper einzudringen. Ven vielen Pilzen ist bekannt, daß sie besonders die Membranen der Pflanzenkörper zerstören. Durch die klassischen Untersuchungen von R. Hartig*) wurde über die Zersetzungserscheinungen der Hölzer durch Pilze Aufschluß gegeben. In einer Reihe von Arbeiten über die pathologisch-anatomischen Veränderungen der erkrankten Pflanzenteile finden sieh zahlreiche zerstreute Angaben über die Auflösung von Membranen durch Pilze. Dagegen findet man sehr wenige Angaben, die über die Qualität der von den Pilzen aufgelösten Membranen etwas näheres enthalten. ’ Die neuere Forschung über die Zusammensetzung der Zell- membranen hat aber ergeben, daß im Pflanzenkörper verschiedene Zelluloseformen sich vorfinden. Man kann diese Celluloseformen mit E. Schulze) nach zwei verschiedenen Richtungen gruppieren: 1. Nach den Abbauprodukten. Es hat sich gezeigt, daß ein- zelne Membranen verschiedene Zuckerarten bei deren Abbau liefern. So sind neben Dextrose und Laevulose noch Mannose, Galaktose, Ara- binose, Xylose als Abbauprodukte von Membranen aufgefunden worden. 1) 3. Kühn, Die Krankheiten der Kulturgewächse und ihre Verhütung, 1858. 2) Tulasne, Memoire sur les Uredinees, I et II. Ann. d. se. nat, 48. Tome II. 3) De Bary, Recherches sur les champignons parasites. Ann. d. sc. natur., 4 $, Tome.XX, 18683. " %) R. Hartig, Die Zersetzungserscheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche. Berlin 1878. 5) E. Schulze, Zur Chemie der pflanzlichen Zellmembranen, I, II u. II. Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. XIV, XVI, XIX. Flora, Bd. 98. 18 258 2. Nach der Löslichkeit in Säuren. Die einen Formen werden erst durch kochende konzentrierte Säuren angegriffen, während andere bereits durch ganz verdünnte Säuren gelöst werden. Demgemäß unter- scheidet E. Schulze echte Zellulosen von den Hemizellulosen. Von vornherein ist es unwahrscheinlich, daß gegen diese ver- schielenen Zelluloseformen die Pilze sich gleich verhalten. Vielmehr muß man nach Analogie des Verhaltens der Pilze gegenüber anderen Stoffen annehmen, daß auch hier von den einzelnen Pilzen eine strenge Auswahl getroffen wird und nur bestimmte Zellulosearten von ihnen angegriffen werden. Freilich steht diese Auffassung, wonach die Pilze sich gegen die verschiedenen Zelluloseformen auch verschieden verhalten sollen, im Widerspruch mit der heute herrschenden Anschauung über die Auf- lösung der Zellmembranen durch Fermente. Ganz allgemein werden die zellwandlösenden Fermente als Zytasen hezeichnet. Ganz allgemein wird aber angenommen, daß Jie Zytasen alle Zelluloseformen zu lösen vermögen. Ich brauche hier nur an die Arbeiten von Brown und Morris!), Grüß?), Reinitzer?), M. Ward‘) und anderen zu erinnern. Nur Bourquelot und Herissey?) nehmen ein besonderes Ferment, die Seminase an, das die leicht löslichen Zeilwände der Leguminosen- samen zu lösen vermag und verschieden von der Zytase sein soll. Wenn nun ein Pilz Zytase ausscheidet und dieses Ferment alle Zellulosen gleicht löst, so müßten auch alle Zellwände und Zeliwand- schichten gleichmäßig aufgelöst werden. Das findet aber nicht statt. wie das Studium der Wachstumsweise der parasitischen Pilze zur Ge- nüge zeigt. Ich stellte mir deshalb die Aufgabe, diese Auflösung der Zell- membranen durch die Pilze einem erneuten Stulium zu unterziehen, und zwar in der Absicht, Anhaltspunkte für das verschieden Ver- halten der parasitischen Formen in den Wirtpflanzen zu gewinnen. Die strengen Parasiten, wie die Peronosporeen, Uredineen, Erysipheen 1) Brown and Morris, Researches on the Germination of some of the Gramineae. Journ. of the Chemical Society 1890, Vol, LVII. 2) J. Gräß, Über die Einwirkung der Diastasefermente auf Reservezellulose. Ber. d. Deutschen bot. Gesellsch. 1894, Bd. XII. 3) F. Reinitzer, Über das zellwandlösende Enzym der Gerste. Zeitschr. £ physiol. Chemie 1887, Bd. XXIIE, Heft 2. 4) M. Ward, On a lily disease. Ann. of Botany 1888, Vol. II. 5) Bourquelot et Hörrissey, Sur les ferments solubles produits pendant la germination par les graines a albumen corne. Comptes rendus 1900, pag. 40; ferner: Sur P'individnalit6 de la seminase ete. Comptes rendus 1900, pag. 340. 259 bieten die große Schwierigkeit, daß sie sich nicht auf toten Substraten von bekannter Zusammensetzung kultivieren lassen. Solange das nicht möglich wird, ist man zum Studium dieser Formen nur auf Vergleiche mit weniger strengen Parasiten angewiesen, die auch auf toten Sub- straten von bekannter Zusammensetzung noch gedeihen. Die zu unter- suchenden Pilze mußten immer in Reinkultur verwendet werden, wollte man vor Trugschlüssen sicher sein. Die verwendeten Pilze. Diese habe ich alle von Orten ihres natürlichen Vorkommens übergeimpft und sie auf geeigneten Gelatineplatten rein kultiviert. Ab- sichtlich habe ich keine Kulturen von anderen Orten bezogen, wo diese Pilze in Reinkulturen auf Gelatine oder anderen künstlichen Nährböden zum Teil schon ansehnliche Zeiten immer übergeimpft werden. Würden die Pilze im Laufe der Generationen sich allmählich an das Nährsub- strat anpassen, so wäre hier zu erwarten, das auch ihr Lösungsvermögen für verschiedene Zellulosearten sich mit der Zeit ändern müßte. Es müßten «die Resultate mit solchen seit langer Zeit künstlich kultivierten Pilze andere sein als von solchen, die erst seit kurzem von ihrem natür- lichen Substrate abgeimpft worden sind. Da eine solche Einwendung nicht als unberechtigt von der Hand gewiesen werden kann, habe ich vorgezogen, den mühevolleren Weg für die Untersuchung einzuschlagen und («ie Pilze selbst rein zu züchten. Die Zahl der untersuchten Pilze ist leider nur eine kleine. Auf der einen Seite, ist es mir mit meinen bescheidenen Hilfsmitteln nicht ge- lungen, von allen gewünschten. Formen wirklich Reinkulturen herzu- stellen, indem immer wieder Verunreinigungen sich in meinen Kulturen zeigten. Auf der andern Seite boten viele Pilze die Schwierigkeit, daß sie auf den verwendeten Nährböden entweder gar nicht keimten oder aber nur zu äußerst spärlicher Entwicklung zu bringen waren. Und schließlich habe ich einige gesuchte Sachen in meiner näheren Umgebung nicht finden können. Ich konnte zu meinen Versuchen leider nicht jeden beliebigen Nährboden für die Pilzkulturen verwenden. Am besten eigneten sich Flüssigkeiten oder wenig konzentrierte Gelatine. Das Myzel konnte von solchen Nährsubstraten leicht in größeren Flocken auf die Schnitte gebracht werden, ohne daß dadurch die Strukturen des Schnittes se verdeckt worden wären, daß man ihre Veränderungen während der weiteren Entwicklung des Pilzes nicht hätte verfolgen können. Andere 1n7 260 Substrate wie Kartoffeln, Brot, Holz konnte ich nicht gebrauchen, denn in diese Substrate dringt das Myzel ein; seine Übertragung gelingt nicht, ohne daß man Teile des Substrates mit überträgt. Diese aber stören das Bild der Wirkung des Pilzes in der Enzymabsonderung und auch das mikroskopische Bild in einer Objektträgerkultur. Nun haben aber Pfeffer und Katz!) nachgewiesen, daß die Ab- sonderung der diastatischen Enzyme durch Gegenwart größerer Zucker- mengen stark gehemmt wird. Anf unseren Fall übertragen, würde zu erwarten sein, daß durch Gegenwart von Zuckerarten (Hexosen oder Pentosen) die Absonderung von Zellulose lösenden Enzymen stark ge- hemmt wird. Andererseits kennt man aber von der Hefe die Erscheinung, daß manche Stoffe wie die Maltose, bei schwachem Wachstum und geringen Pilzmengen nicht angegriffen werden, dagegen bei üppigem Wachstum und größeren Pilzmengen in den Stoffwechsel hineingerissen und ge- spalten werden. Wenn man in den Kulturen den Abbau einer Zellulose studiert, so muß ein lebhaftes Wachstum der Pilze vertreten sein, so wie eine größere Anzahl kräftiger Myzelien. Man erreicht dieses Ziel durch Zusatz von geringen Zuckermengen zu den Nährlösungen. 1—2°/, Traubenzucker genügen und bei dieser Konzentration ist nach den Pfefferseben Untersuchungen noch keine erhebliche Hemmung der Fermentabscheidung zu beobachten. Ich habe deshalb bei den Kulturen mit Baumwoll- und Flachs- fasern einen geringen Zuckerzusatz von 1--3°/, zu den Lösungen ge- macht, um ein besseres Wachstum der Pilzfäden zu erzielen. Von ruhenden Sporen, eingekapselten Protoplasmen ist keine Auflösung der Zellmembranen zu erwarten. Sie bleibt auch regelmäßig aus und des- wegen müssen wir annehmen, daß die Ausscheidung von zellhaut- lösenden Fermenten nicht eintritt. Die mikroskopische Kontrolle der Versuche ist deswegen unerläßlich, nicht allein um die Auflösung von Membranteilen festzustellen, sondern auch um das Wachstum der Pilze zu prüfen. Die günstigsten Bedingungen gewährte die Kultur im hohl- geschliffenen Objektträger. Von den zu prüfenden Materialien wurden Schnitte angefertigt und im hängenden Tropfen mit der Pilzkultur zu- sammengebracht. Täglich wurden die Kulturen kontrolliert und am Schlusse wurde das Pilzmaterial auf Reinheit geprüft. Die Schnitte wurden nachher herausgenommen um mit ihnen einige Reaktionen auszuführen. Bei ganz wenigen Kulturen wurde an Stelle von reinem ‚2 Pfeffer und Katz, Sitzungsber. d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1896. 261 Wasser, zuckerhaltiges Wasser für die Kulturen verwendet, um ein besseres Wachstum der Pilze zu veranlassen. Die Materialien für die Untersuchung. Für die Untersuchung von reiner Zellulose wurden Baumwoll- und Flachsfasern verwendet. Einige Versuche wurden mit schwedischem Fließpapier angestellt. das aus Holzschliff bestand. Für alle diese Materialien ist von E. Schulze!) gezeigt worden, daß sie nur durch konzentrierte Säuren angegriffen werden und bei der Hydrolyse Trauben- zucker liefen. Es sind also Objekte, die zu den reinsten Zellulosen gehören, die man kennt. Um geringe Mengen Hemizellulosen zu ent- fernen, die allfällig vertreten sein konnten, wurden die Baumwoll- und Flachsfasern noch vorher mit verdünnter 3%/,iger Schwefelsäure 2 Stun- den lang ausgekocht und nachdem sie gut ausgewaschen waren erst für die Versuche weiter verwendet. Für die Untersuchung der Hemizellulosen verwendete ich Objekte, die in chemischer Beziehung möglichst gut bekannt waren. Im weiteren mußten die Objekte große Mengen Hemizellulosen enthalten und zwar in möglichst gut gekennzeichneten Schichten der Zellwände, denn wenn neben der Hemizellulose noch ansehnliche Mengen echter Zellulose in der gleichen Schicht enthalten waren, ist die Beobachtung der Auf- lösungserscheinungen erschwert. Als Vertreter der Gramineen-Hemizellulose wählte ich Molinia eoerulea Mönch. In dem basalen angeschwollenen Speicherinternodium ist die Hemizellulose reichlich in den ausgeprägten Verdickungsschiehten der Zellen vertreten. Durch Behandlung mit verdünnten Säuren läßt. sieh diese Verdickungsschicht weglösen, so daß nur die derbe primäre Membran übrig bleibt. Gegenüber Säuren ist sie wenig widerstands- fähig, indem sie bereits dureh Kochen in 2°/,iger Schwefelsäure gelöst wird. Bei der Hydrolyse liefert sie Dextrose und Xylose nebst wenig Lävulose, wie durch E. Schulze und N. Castoro') gezeigt wurde. Die morphologischen Verhältnisse der Zellen sind einer Untersuchung sehr günstig, indem die Verdiekungsschichten gleichartig sind und sich scharf von (der derberen Mittellamelle abheben. Diese besteht aus einer echten Zellulose, denn sie wird erst durch Kochen in konzentrierter Schwefelsäure gelöst. Von den Lupinen, die nach E. Schulze in der Beschaffenheit der in den Samen enthaltenen Hemizellulose nicht voneinder abweichen, )) E. Schulze, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. XIX. 1) E. Schulze und N. Castoro, Beiträge zur Kenntnis der Hemizellulosen. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1903, Bd. XXXIX- 262 wählte ich Lupinus hirsutus). Bei ihr sind die Wandverdickungen am schönsten ausgebildet und die etwas derbere Mittellamelle hebt sich scharf und deutlich ab. Die Hemizellulose gab bei der Inversion durch Säuren nach Schulzes Untersuchungen Galaktose und Arabinose. Sie geht beim Kochen mit 11, /,iger Schwefelsäure leicht in Lösung. wird aber selbst durch 0,1°,ige Schwefelsäure beim Kochen nach längerer Zeit angegriffen. Sie erweist sich denmach gegen die Säuren weniger widerstandsfähig als Kartoffelstärke. Von den Palmen wählte ich die Dattelkerne. Sie liefern bei der Hydrolyse Galaktose und Mannose’), Das Objekt zeigt im anatomischen Bau einfache Verhältnisse und das Studium der Keimung lehrt, daß diese stark verdiekten Wände während dieses Prozesses fast völlig gelöst werden. Das Material dieser Zellwände ist somit eine fast reine Hemizellulose, wenngleich zu betonen ist, daß sie gegen Säure sich etwas widerstandsfähiger erweist als die Hemizellulose der Lupine und Molinia. Die bis jetzt untersuchten Palmensamen verhalten sich übereinstimmend wie die Dattelkerne und es kann darum dieses Beispiel für die Gruppe der Palmen als typisch gelten. Als Beispiele amyloidhaltiger Samen wählte ich Impatiens bal- samina und Cyclamen europaeum. Beide enthalten Amyloid in den Endosperm- resp. Cotyledonarwänden. Sie werden bei der Keimung fast ganz weggelöst. Das Amyloid läßt sich durch kochendes Wasser in Lösung bringen und wird durch Alkohol aus den Lösungen gefällt. Mit kochenden verdünnten Säuren wird es sehr leicht in Galaktose und Xylose gespalten, wie E. Winterstein®) dargetan hat. Obwohl die Analyse nur für Tropaeolum majus völlig durchgeführt wurde. und teilweise für Impatiens, so ist wahrscheinlich, daß das Amyloid aus Cyklamen und Impatiens sich gleich verhält, indem es sich in den mikrochemischen Reaktionen nicht von jenem unterscheidet. Tropaeolum majus konnte ich in den meisten Fällen nicht gebrauchen. Die Sporen mancher Pilze keimen auf solchen Schnitten nicht und das übertragene Mycel zeigt kein Wachstum, eine Erscheinung, die auf Giftwirkung an- derer Stoffe im Samen, wahrscheinlich der Senföle, zurückzuführen ist. %) E. Schulze und N. Castoro, Zeitschr. f. physiol. Chemie 1902, Bd. XXXVIL 2) E. Schulze, Beiträge zur Kenntnis der pflanzlichen Zellmembranen. Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. XIV. 3 E. Winterstein, Über das pflanzliche Amyleid. Zeitschr. f. physiol- Chemie, Bd. XVII. 26% Für eine Anzahl Versuche verwendete ich ferner Samen von Ruscus aculeatus. Das Endosperm besitzt außerordentlich stark verdickte Membranen und an Härte stelıt es der Steinnuß Phytelephas nicht nach. Da die Pflanze zu den Liliaceen gehört, vermutete ich auch eine andere Zusammensetzung der Hemizellulose als bei den Palmen. Auf meine Veranlassung wurde diese Hemizellulose von Dr. N. Castoro!) im Laboratorium von Prof, Dr. E. Schulze untersucht. Sie lieferte bei der Inversion fast ausschließlich Mannose neben wenig Arabinose. Gegen Säuren erweist sich diese Hemizellulose etwas widerstandsfähiger wie die der Palmensamen. Sie geht beim Kochen mit 5 %/,iger Schwefel- säure in Lösung wit Chlorzinkjod nimmt sie einen ziegelroten Farben- ton an. Bei der Keimung der Samen wird sie ganz gelöst. Die Mittellamelle ist wenig ausgeprägt und wird bei der Keimung eben- falls gelöst. Das Verhalten der Pilze. 1. Mucor racemosus Fr. Auf Pferdemistkulturen wurde dieser Vertreter der Mucorineen erhalten. Er wurde auf Gelatineplatten übergeimpft und erst von diesem wurde das reine Material in die Objektträgerkulturen mit den Zellulosen übertragen. Der Erfolg der Kulturen ist in nachstehender Übersicht enthalten: ! Mit wenig Zuckerwasser gut gewachsen Baumwollfasern | Leinfasen . . . . . Mi » ER ” ” Molinia cverulea.. . Ohne Zucker kräftige Entwicklung Phoenix dactylifera . f | i I ” ” » ” ia u Eu Bu u En Bu Ruscus aculeatus . » ” gute » Lupinus hirsutus . ” ” ” ” Impatiens balsamina . Cyelamen europaeun ” ” » ” schlechte » Tropaeolum majus . . | ” ” | | | | Wie zu ersehen ist vermochte der Pilz die Heiizellulose von Molinia coerulea Mönch aufzulösen; dagegen löste er reine Zellulosen nicht und ebenfalls wurden Hemizellulosen der anderen Versuchs- objekte intakt gelassen. In allen Kulturen mit Ausnahme von Tropae olum entwickelte sich der Pilz gut und erzeugte reichlich Chlamydo- sporen und Sporangien. Es kann somit unmöglich das Fehlen der Auf- lösung auf ungenügendes Wachstum des Pilzes zurückgeführt werden. » N. Castoro, Beiträge zur Kenntnis der Hemizellulosen. Zeitschr. f. physik. Chemie 1906, Bd. XLIX, pag. 100. 264 Die Kulturen mit Tropaeolum majus zeigten ein eigenartiges Ver- halten. Auf frischen Schnitten, die mit gewöhnlichem Wasser oder mit Zuckerwasser angesetzt worden waren, keimten die Sporen erst nach 3—4 Tagen und entwickelten sieh schlecht, eine Erscheinung, die auch bei der Kultur mit anderen Pilzen sieh zeigte. Wurden die Schnitte hingegen mit kaltem Wasser vorher, während 3—4 Stunden ausgelaugt, so erfolgte die Keimung der Sporen viel früher und der Pilz ent- wickelte seine Mycelien besser. Ich muß annehmen, daß die Keimung der Pilzsporen durch eine Substanz verhindert wird, welche durch das Wasser extrahiert werden kann. Alle Versuche zeigten, daß auch bei ordentlicher Entwicklung des Pilzes die Zellwand durch Mucor racemosus nicht gelöst wird. Die Blaufärbung der Membran durch Jod war bei Tropaeolum, Impatiens und Cyelamen immer noch gleich deutlich wie vor der Behandlung durch die Pilze zu beobachten. Die Auflösung der Verdickungsschichten in der Molinia durch Mucor racemosus ist etwas verschieden von der Auflösung dieser Schichten bei normalen Entleerung des Organes. Es fehlen die Kor- rosionsfiguren, hingegen tritt die Lösung in zwei verschiedenen Zonen auf. Zuerst bildet sich außen eine weniger dichte Zone, die sich nach innen allmählich vergrößert und dann erst wird diese äußere Zone auch gelöst. Die Substanz der Verdickungsschicht wird voll- ständig weggelöst, dagegen bleibt die Mittelamelle immer un- gelöst zurück. Auch gegen Säuren ist diese Mittellamelle recht re- sistenzfähig; sie löst sich nur in konzentrierten Säuren und besteht somit aus einer echten Zellulose. Der Pilz macht somit den feinen Unter- schied zwischen der Hemizellulose und der echten Zellulose. Nach der Wirkung des Pilzes bleibt das gleiche Netz der Mittellamellen zurück, wie nach dem Auskochen mit verdünnten Säuren. Demnach vermag der Pilz auch die echte Zellulose der Gräser nicht anzugreifen. In günstigen Kulturen kann bereits 2 Tage nach der Sporenaussaat der Beginn der Lösung beobachtet werden; sie war in den Objektträger- kulturen mit den dünnen Schnitten am 6. und 7. Tage vollendet. Bei Lupinus hirsutus zeigten Alie Kulturen nur ein Aufquellen der Membranen; eine eigentliche Lösung trat selbst nach 8 Tagen nicht ein, trotzdem der Pilz sich üppig entwickelte. Aus der Versuchsserie geht somit hervor, daß Mucor racemosus besonders auf die Lösung der Hemizellulose der Gräser eingerichtet ist. Das erklärt auch sein Vorkommen in der freien Natur auf fau- lendem Stroh, Mist usw. 265 2. Mucor globosus A. F. Von einer faulenden Erbse isolierte ich einen Mucor, der mit der Fischerschen Diagnose für Mucor globosus übereinstimmte‘). In der Kultur auf der Gelatine bildet er ein schmutziggelbes Myzel mit lang gestielten Sporangien, die racemös verzweigt sind. Die Sporangien sind kugelig, grau und messen 70 u, die Columella ist glatt, schwach birnförmig, 40-—-50 «u lang, die Sporen oval, farblos, 10—12 « lang. Chlamydosporen fehlen in den üppigen Gelatinekulturen. Auf die ver- schiedenen hemizellulosehaltigen Materialien verbracht zeigt er folgendes Verhalten: T ! Leinfaer . . ......,— ; Mit Zuckerwager gut gewachsen Baumwollfaser. . . .. | „ » » ” Melinia . . 2... .2...5-+4+ Ohne Zueker üppige Entwicklung Lupinus hirsutus. . . | + ” ” ” ” Phoenix daetylifera.. . — » ” mittlere » Ruseus aculeatus. . - _ ı » ” „ » Impatiens balsamina . ,(H |; » „ gute r Der Pilz vermag keine Zellulese zu lösen; dagegen löst er ver- schiedene Hemizellulosen gut auf. Bei Molinia geht die Abschmelzung der Verdickungsschicht rasch vor sich. Es bleibt die Mittellamelle zu- rück, völlig intakt; ein Befund, der nur die Unfähigkeit des Pilzes, echte Zellulose zu lösen, besser demonstriert. Bei Lupinus geht die Lösung sehr langsam vor sich. Der Pilz löst zuerst die Mittellamellen, die einzelnen Zellen werden frei und dann erst geht langsam die Lösung der Verdiekungsschiehten unter verquellen vor sich, bis zuletzt alle Teile der Membran in Lösung ge- treten sind. Bei Impatiens Balsamina zeigt die Lösung eine merkwürdige Er- scheinung. Es werden am Rande die einzelnen Zellen langsam isoliert. indem «lie Mittellamelle sich löst, dann bemerkt man aber, daß auch die Verdickungsschichten der Wandung langsam zerfallen. Macht man nun mit Jod die Amyloidreaktion, so zeigt sich, daß in der Nähe der Schnitte eine außerordentlich große Menge sehr kleiner Körnchen sich befinden, die mit Jod die bekannte, für das Amyloid charakteristische Blaufärbung geben, genau wie die intakten Verdickungsschichten der Impatienszellen. Daraus läßt sich nur ein einziger Schluß ziehen: Der Pilz löst die Grundsubstanz, aus welcher die Mittellamelle hauptsächlich besteht und in den Verdickungsschichten gewissermaßen die (irundmasse bildet, in welche das Amyloid eingelagert ist, auf. Dadurch werden die zahlreichen Amyloidpartikelchen frei und können in der umgebenden 1) A. Fischer, Phycomyceten in Rabenhorsts Kryptogamenfiora, pag. 202. 266 Flüssigkeit sich zerstreuen. Dieses Amyloid wird von dem Pilz ent- weder nur sehr schwer oder gar nicht gelöst. ıleswegen bleiben die Körnehen intakt und sind selbst in alten Kulturen nach drei Wochen noch zu finden. Daß die Substanz der Körnchen wirklich aus Amyloid hesteht, zeigt die Jodreaktion. In den zum Versuche angewendeten Impatienszellen war keine Stärke vorhanden: es konnten somit diese Körnchen nicht aus Stärkesubstanz hervorgegangen sein. Es müssen somit deutlich zwei verschiedene Wirkungen von ein- ander unterschieden werden bei der Lösung der Zellwand von Im- patiens. 1. Die Lösung der mit wässeriger Jodlösung nicht reagierenden Grundsubstanz und der Mittellamelle, die sieh gleich verhält, und 2. die Lösung des Amyloides, das in diese Grundsubstanz eingelagert ist. Mucor globosus Fischer löst die Grundsubstanz, während er das Amyloid zu- rück läßt. 3. Mucor neglectus Vuill. Von einer angefaulten Bohne impfte ich diesen Pilz auf Gelatine- platten, wo er sich üppig entwickelte und reichlich Sporangien bildete. Es ist offenbar eine Mucorart, die sich an der Zersetzung allerlei orga- nischer Substanz betätigt. In den Kulturen auf Hemizellulose gab er folgendes Resultat: 1 L aumwollfaser 2 — } Mit Zuckerzusatz Wachstum gut Meolinia rau l _ Wachstum gering npinus birsutus . . I! ” bu prrg } Wachstum sehr gut Phoenix dactylifera . Ruseus aculeatus . Impatiens balsamina j | Wachstum gut Cyelamen europaeun , . > i i Der Pilz löst, wie die andern untersuchten Mucorineen, keine echte Zeliulose auf, dagegen löst er energisch die Hemizellulosen der Lupine und «ler amyloidhaltigen Samen. Bei den Lupinen löst er alles bis an die Samenschale, die Mittellamelle geht fast so rasch wie die Verdiekungs- schichten in Lösung. Auch in der Samenschale werden die Ver- diekungsleisten der Trägerzellen und Stabzellen teilweise gelöst. Bei Impatiens und Cyclamen wird die Grundsubstanz wie das Amy- loid gelöst. Die Lösung geht rasch vorwärts; in 3—4 Tagen ist alles bis auf die Samenhaut bereits gelöst. Die Lösung beider Teile geht ziem- lich parallel. Die Membranen schmelzen unter leichter Aufquellung von außen ab, Beachtenswert ist, daß die Hemizellulose der Molinia völlig intakt gelassen wird wie diejenige von Phönix und Ruseus. 267 Das Verhalten zu den Samenschalen zeigt ferner mit aller Deut- lichkeit, wie die Kulturen auf Baumwolle und Leinfasern, daß der Pilz echte Zellulosen nicht zu lösen vermag. 4. Mucor piriforme A. F. Dieser Mucor wurde von einem faulen Apfel abgeimpft und in Gelatine rein kultiviert. Er zeigt gutes Wachstum, verflüssigte die Gelatine und bildete reichlich Sporangien und später auch Chlamydo- sporen. Wenn er auf die hemizellulosehaltigen Materialien verbracht wurde, gab er folgendes Resultat: Baumwollfasern . . . =; $ Mit Zuckerwasser gutes Wachstum Leinfasen . . . . . | Molina 2. 2. 2.2.2.0 Wachstum gut Lupinus hirsutas. . . !+4+._ Waehstom sehr üppig Phoenix dactylifera. . . — Ruscus aculeatus. . . | — Impatiens balsamina. . | + Der Pilz zeigt somit ein ähnliches Verhalten wie Mucor ne- glectus. Er löst nur die Lupinen- und Impatienshemizellulose, während die reine Zellulose sowie die Hemizellulose von Molinia, Phönix und Ruseus unverändert bleibt. Immerhin zeigen sich im Verhalten beider Pilze kleine Differenzen. Die in Frage stehende Spezies löst bei Lupinus die Verdickungs- schichten schneller als die Mittellamellen. Desgleichen werden die derberen Formen der Hemizellulosen in der Samenschale speziell in Stab- und Trägerzellen weniger leicht angegriffen. In dem sechs Tage dauernden Versuch waren sie noch intakt geblieben. Bei Impatiens wird die Mittellamelle früher gelöst, indem die einzelnen Zellen aus dem Verband fallen. In den Verdickungsschichten findet ein Abschmelzen der Wandsubstanz statt, wobei die mit Jod sich nicht blau färbende Substanz früher gelöst wird. In der Umgebung der Membran färbt sich auf Jodzusatz auch die Flüssigkeit blau. Die mit Jod sich bläuende Substanz wird darum weniger leicht in Lösung gebracht, wenn sie schließlich doch auch aufgebraucht wird. 5. Rhizopus nigricans Ehrenberg. Diese weit verbreitete Mucorine impfte ich von einem Stück stark verschimmelten Brotes ab. Er läßt sich auf Mostgelatine sehr leicht kultivieren und schreitet sehr bald wieder zur Bildung neuer Sporangien. Er verflüssigt die Gelatine. In der Natur findet er sich häufig auf faulenden krautigen Stengeln und bewirkt dort eine ganz charakteristische Fäulnis. Auf Hemizellulosen verbracht zeigt er ein verschiedenes Ver- halten, In nachstehender Übersicht ist das Resultat der Kulturversuche zusammengestellt. | Wachstum gut | j Fließpapier . Leinfasern . \ Mit Zuckerwasser Wachstum gut Baumwollfasern ) Molinia . . | Wachstum gut Lupinws hirsutas . zen Wachstum sehr üppig Ei » albus . . . ++ | Phoenix dactylifera . _ Ruscus aculeatus . _ Impatiens balsamina Cyelamen europaeum ++ | u Wachstum gut Hier zeigt sich auch wieder, daß dieser Pilz nur Hemizellulosen löst, die echten Zellulosen aber intakt läßt. Auch das Lösungsvermögen für Hemizellulosen ist nicht allgemein, sondern nur bestimmte Formen werden von dem Pilz ergriffen. Besonders leicht wird die Lupinen- hemizellulose ergriffen. Innerhalb 24 Stunden sind deutliche Lösungs- figuren zu sehen und nach 40 Stunden war der größte Teil der Substanz der Schnitte gelöst. Die Lösung geht unter Anquellen der Substanz vor sich; weder Korrosionsfiguren noch partielle Lösungserscheinungen sind sichtbar. Die innere derbere Schicht widersteht der Lösung etwas länger, ebenso die äußerste Zellschicht der Cotyledonen, beide werden aber nach längerer Einwirkung vom Pilz in Lösung gebracht. Ebenso löst der Pilz in den Träger- und Stabzellen die Hemizellulose heraus. Auch bei Cyelamen und Impatiens löst der Pilz energisch die Verdickungsschichten auf. Sowohl das Amyloid als auch die Grund- substanz, in welche dasselbe eingelagert ist, werden gelöst, so daß am Ende des Lösnngsprozesses nur noch die gebräunten Zellwände der Samenhaut übrig bleiben. Weder Moliniahemizellulose noch diejenige der Dattel werden von Rhizopus nigrieans gelöst. Der Pilz zeigt eine Spezialisation auf Lupinen und Impatiens in seinem Lösungsvermögen. 6. Thamnidium elegans Link. Der Pilz wurde von Pferdemist auf Gelatineplatten übergeimpft. Er vertlüssigt die Gelatine nicht und bildet reichlich Sporangienträger. Auf den verschiedenen Materialien zeigt er folgendes Verhalten: Fließpapier . Leinfasern . Mit Zuckerzusatz Wachstum mittel Baumwollfasern Molinia . Wachstum gut Lupinus hirsutus . Wachstum sehr gut ” albus ” ” Phoenix dactylifera . Y Wachstum mittel Ruseus aculeatus . Impatiens balsamina Cyelamen europaeum ' Wachstum gut 269 Der Pilz zeigt ein gutes Lösungsvermögen für die Hemizellulosen der Lupine. Bereits nach 3 Tagen war in den Schnitten die größte Masse der Verdickungsschichten gelöst. Die Mittellamellen widerstehen der Lösung etwas länger, werden aber ebenfalls nach längerer Zeit ge- löst. Ebenso werden die Verdiekungsschichten der Stab- und Kurz- zellen der Samenschale nach längerer Zeit in Lösung gebracht. Bei Molinia, Phoenix, Ruscus war selbst nach 10 Tagen keine Spur von Lösung der Hemizellulose zu beobachten. Bei Impatiens balsamina und Cyclamen europaeum löst der Pilz des Amyloid und die Grundsubstanz, in der es eingebettet ist, auf. Die Membran wird langsam abgeschmolzen. Selten lösen sich einzelne Zellen aus dem Verbande los und in der Kulturflüssigkeit läßt sich ‚auch keine Substanz nachweisen, die mit Jod allein blau wird. Die Lösung der Grundsubstanz und des Amyloides geht darum annähernd gleich rasch vor. 7. Penicillium glaueum I. Der Pilz wurde von einem faulen Apfel auf Mostgelatineplatten übergeimpft, wo er sich üppig und rasch entwickelte. Die Gelatine wurde durch diesen Pilz nicht verflüssigt. Der Erfolg der Kulturen mit Bezug auf die Auflösung der Membranen war folgender: n Baumwellfasern B Leinfasern . Fließpapier . Molinia coerulea . . Phoenix dactylifera . Phytelephas macrocarpa Ruseus aculeatus . Lupinus hirsutus . ” albus. . Impatiens balsamina Cyelamen europaeum | Mit Zuckerwasser Entwicklang üppig Ohne Zuckerwasser Entwicklung gut | | | | | j I a u Bu a a Be u | \ j Von Grüß!) wurde für Penicillium glaueum angegeben, daß es die Hemizellulose der Dattel zu lösen vermag. Ich kann dieses Resultat in seiner allgemeinen Fassung nicht bestätigen Schon früher hatte ich bei Gelegenheit der Kultur von Primulaceen die Wahrnehmung ge- macht, daß die jungen Pflanzen sehr gern von diesem Pilz befallen werden und er auch einzelne Zellwände auflöst. Dieses Verhalten brachte mich auf die Vermutung, daß dieser Pilz die Hemizellulose der Primulaceen auflösen könnte. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, ver- mag der Pilz weder die echten Zellulosen noch die meisten Heni- 1) J. Grüß, Beiträge zur Enzymologie. Festschrift für Schwendener, 1598. 270 zellulosen aufzulösen. Eine Ausnahme bilden nur die amyloidhaltigen Membranen der Endosperme von Impatiens, Cyelamen und Tropaeolum. Hier vermag der Pilz das Amyloid aus den Membranen heraus- zulösen, während die Grundmasse der Membran ungelöst zu- rück bleibt. Man sieht in den betreffenden Kulturen. daß die Membranen nach einiger Zeit weniger dicht werden. Nimmt man nun einen solcheu Schnitt aus der Kultur heraus und macht die Jodprobe, so bemerkt man, daß diese Membranen entweder nicht mehr blau werden, oder weniger intensiv an den Innenwänden blau werden, In günstigen Stadien kann man sehen, daß z. B. der innere Teil der Verdickung sich noch intensiv mit Jod blau färbt, der äußere Teil der Membran nicht mehr blau wird und bedeutend weniger dicht geworden ist. Im Endstadium der Einwirkung des Pilzes sieht man die Membranen mit ihren normalen Konturen aber weniger dicht als normal und mit Jod sich nicht mehr bläuend. Es ist die derbere Grundsubstanz der Mem- bran, die zurück geblieben ist, während das mit Jod sich bläuende Amyloid herausgelöst wurde. Die sonst so leicht angreifbare Hemizellulose der Lupinen zeigte bei der Einwirkung von diesem Penieillium nur eine Quellung; eine eigentliche Lösung war nach sechs Tagen noch nicht eingetreten. 8. Penieillium glaueum I. Aus echtem Roquefortkäse isolierte ich ein Penizillium, das mit Penicilium glaucum übereinstimmt. Dieser Pilz stimmt in seinem Lösungsvermögen für Hemizellulose mit dem vorhergehenden überein. Er vermag das Amyloid zu lösen, läßt aber die übrigen Materialien intakt. Ich führe diesen Befund an um zu zeigen, aß der Nährboden, auf welchem der Pilz gewachsen war, jedenfalls für das Lösungs- vermögen des Pilzes für Hemizellulose nicht ausschlaggebend ist. Während dieser Pilz auf Käse sich entwickelte, hätte er gewiß Zeit gefunden, sich dem neuen Nährmedium anzupassen und allfällig andere Eigenschaften zu erlangen als das Penieillum, das auf dem Apfel sich entwickelt hat. Das ist wenigstens für das Lösungsvermögen für Hemi- zeliulosen nicht eingetreten, denn sie stimmen in allen Versuchen mit einander überein. 9. Penieillium glaucum JIL Nachdem Grüß für ein Penieillium gefunden, daß dasselbe auch die Wandverdickungen von Dattelkernen zu lösen vermag, hielt ich es für notwendig, weitere Untersuchungen an Penieillium anzustellen, in- 271 dem meine ersten Befunde diese Resultate nicht bestätigten. Ich isolierte ein Penizillium von einer Traubenbeere und fand nun in der Tat ein ab- weichendes Verhalten in dem ‚Lösungsvermögen für Hemizellulosen. Die Kulturen gaben folgendes Resultat: Baumwolle . — Fließpapier . _ Molinia . - ii Lupinus hirsutus. ae » n sehr gute Entwicklung Dattel . 2..2.20..0 4 | » » » om ” Ruscus aenleatus. . . :—+ |! ” in “ ” ” Impatiens . . ... ++! ” ” ” » ” Cyclamen . + | ! \ Mit Zuckerwasser gute Entwicklung Ohne Zucker gute Entwicklung » “ ” ” ” Neben dem Lösungsvermögen für Amyloid besitzt dieses Peni- eillium weiter die Fähigkeit, auch die Hemizellulose der Lupine, der Dattel und von Ruscus aculeatus zu lösen. Es stimmt in seinem Ver- halten gegenüber Dattel mit der von Grüß gemachten Angabe über die Auflösung überein. Dagegen ist dieses Penicillium sicher eine andere Spezies als das vorher erwähnte Penicillinm glaucum, trotzdem es im allgemeinen Aussehen mit den vorhergehenden Penizillium über- einstimmt. Die Lösung der Hemizellulose von Lupinus geht unter schwachem Aufquellen vor und schreitet nur langsam vorwärts. Es werden dabei die derberen inneren Schichten wie die Hemizellulose in den Zellen der Samenschale aufgelöst. Bei der Datte]l findet eine Abschmelzung der Schichten ohne Aufgquellung statt. Auch zeigt sich keine besonders differenzierte Lösungszone. Der gleiche Vorgang zeigt sich auch bei der Lösung der Hemizellulose von Ruscus aculeatus. Die derberen äußeren Schichten werden in gleicher Weise wie die Verdickungsschichten ge- löst und eine Trennung der einzelnen Zellen findet nicht statt. Bei Impatiens und Cyclamen wird das Amyloid aus der Grund- substanz der Membran herausgelöst und später erst wird auch die Grundsubstanz noch angegriffen. Die echte Zellulose der Samenschalen wie von Baumwolle und Fließpapier wird intakt gelassen. 10. Sklerotinia fruetigena und cinerea Schroeter. Diese beiden nahe verwandten Pilze verhalten sich in ihrem Auf- lösungsvermögen für Hemizellulosen gleich. Sklerotinia fructigena wurde von einem faulen Apfel, Skierotinia einerea von einer erkrankten Pflaume auf Mostgelatine übergeimpft und die Reinkulturen wurden zu den Versuchen verwendet. Beide verflüssigen die Gelatine nicht. | \ Mit Zuckerwasser gutes Wachtum und ohne ; 'f _ Zuekerwasser sehr geringes Wachstum Ohne Zucker Wachstum gut Leinfasern . Baumwollfasern Molinia coerulea . Lupinus hirsutus.. ” albus . Phoenix dactylifera . Ruscus aculeatus . Impatiens balsamina Cyelamen europaeum R ” „ Tropaeolum majus . . i N ” » null, erst nach Ent- wässerung ist das Wachstum gut. Das Verhalten der Pilze in den Kulturen ist sehr charakteristisch. In den Lupinen erfolgte die Auflösung der starken Wandverdickungen sehr rasch. Am zweiten Tage, nachdem kräftiges Myzel auf die Lupinen- schnitte gebracht wurde, war bereits der größte Teil der Verdickungs- schichten gelöst. Die Auflösung ist hier als Abschmelzungsprozeß sicht- bar; eine hyaline Randzone tritt nicht hervor. Es quillt die Membran- substanz etwas auf und gleichzeitig werden die einzelnen Lamellen deutlicher und unter weiterer Quellung geht das Ganze in Lösung. Nur an wenigen Punkten sieht man, daß die inneren Partien vor den äußeren Schichten gelöst werden. Die Mittellamelle setzt der Lösung nur wenig größeren Wider- stand entgegen. Man beobachtet nur kurze Zeit das Netz der Mittel- lamellen von den Verdiekungsschichten befreit, das dann ebenfalls ge- löst wird. Die äußerste Zellage der Cotyledonen besitzt etwas derbere Membranen und widersteht der Lösung etwas länger, wird aber eben- falls in Lösung gebracht. Ebenso wird in der Samenschale die Hemi- zeilulose aus den Membranen der Träger- und Stabzellen in Lösung gebracht. Die Geschwindigkeit des Lösungprozesses ist bei beiden Pilzen 8. fructigena und cinerea ungefähr gleich. Am vierten Tage waren nach dem Ansetzen der Kulturen die Lösung der Membranen an Rasiermesserschnitten beendet. Während bei den Lupinen die Hemizellulose rasch gelöst wird, bleiben die Membranen der übrigen untersuchten Objekte völlig intakt, selbst nach acht und zehn Tagen. Auch das Amyloid in den Samen von Impatiens und Cyklamen wird nicht angegriffen. Ebenso bleibt die reine Zellulose intakt, sowohl im Filtrierpapier als bei den Fasern. Die beiden Sklerotiniaarten müssen . darum als spezialisierte Formen bezüglich ihres Lösungsvermögens von Hemizellulosen angesehen werden. ji F Pr » » sehr üppig » » » „ gut ” “ ” a u a 2 a u 11. Botrytis cinerea — Sklerotinia Fuckeliana de By. Dieser Pilz, der die Edelfäule der Trauben verursacht, ist leicht auf Mostgelatine oder zuckerhaltigen Flüssigkeiten zu kultivieren. Ich habe ihn von edelfaulen Trauben abgeimpft und auf Mostgelatine weiter kultiviert. Die Gelatine wird von dem Pilz verflüssigt. Das Ergebnis der Kulturen ist in folgender Tabelle enthalten: t Leinfasern . In . Baumwollfäsern } | Mit Zucker gutes Warelıstnm oline Zucker ge- Filtrierpapier . | [ ringes Wachstum Molinia coerulea.. . . ; Wachstum gut IH Il Wachstum Lupinus hirsutus . „ sehr üppig ne. 1 Pe | » „on Phoenix dactylifera . | ” gut Ruscus aculeatus . | „ » Impatiens balsamina a Cyelamen europaeum I + | } ” ” Tropaeolum majus | + Auf gewässerten Schnitten zeigte der Pilz gutes I j | Der Pilz vermag wie die Sklerotinia fructigena und cinerea sehr energisch die Hemizellulose «er Lupinen aufzulösen. Bereits nach zwei Tagen ist die Lösung vielfach beendet. Die Verdickungsschichten quellen auf und gehen unter allgemeiner Quellung in Lösung, ohne daß besondere hyaline Zonen oder Corrosionsstacheln auftreten. Die Ver- diekungsschichten werden zuerst gelöst und das Netz der Mittellamellen bleibt kurze Zeit erhalten und wird dann aber ebenfalls aufgelöst. Viel weniger rasch werden von dem Pilz amyloidhaltige Mem- branen angegriffen. Bei Impatiens balsamina wird das Amyloid zuerst herausgelöst. Mit «der Jodprobe bemerkt man, daß solele Membran- stellen sich nicht mehr blau färben. Dann wird aber darauf der übrige Teil der Membran bald nachher unter (uellung aufgelöst. Die Mittellamelle bleibt etwas länger widerstandsfähig, wird aber hei +liesem Objekte ebenfalls gelöst. Der Lösungsprozeß schreitet indes nur lang- sam fort. Bei Cyclamen treten die gleichen Verhältnisse, nur noch etwas langsamer als bei Impatiens, auf. Die echte Zellulose bleibt intakt, ebenso «die Hemizellulose bei Molinia, Phoenix und Ruseus. 12. Botrytis vulgaris Fr. Diese Botrytisform wurde von einem faulen (reraniumstengel auf die Mostgelatineplatten übergeimpft, wo sie sich üppig entwickelte und ball neue Botrytis erzewgte. Trotzdem, daß die Conidienträger unıl Conidien der vorhergehenden sehr ähnliek sind, halte ich den Pilz für ver- schieden von der Botrytis einerea, die auf den Traubenbeeren vorkommt. Flora, Bd. 9. 19 274 und habe aus diesem Grunde die alte Bezeichnung von Fries für ihn gewählt. In dieser Auffassung werde ich durch die Resultate meiner Versuche bestärkt. Der Pilz zeigt gegenüber den verschiedenen Sub- stanzen folgendes Verhalten: Baumwollf. Leinfasern . h h Mit Zuekerwasser gutes Wachstum Molinia cverulea . + Wachtum gut » albus +4: \ Wachstum sehr üppig Phoenix dactylifera . Ruscus aculeatus . Cyclamen europaeum Impatiens balsamina | Lupinus hirsutus . . \ Er . " + ! } | | | Wachstum gut Der Pilz vermag wie Botrytis cinerea sehr energisch die Hemi- zellulose der Lupinen aufzulösen; ebenso bringt er das Amyloid von Cyelamen und Impatiens in Lösung, wenngleich betont werden muß, daß der Lösungsprozeß erst am zweiten oder dritten Tage beobachtet. wurde, also unter gleichen Bedingungen weniger rasch eintritt, als bei Botrytis einerea, wo die Lösung nach dem ersten Tage beobachtet wurde. Daneben vermag der Pilz auch die Molinia-Reservezellulose zu lösen, was der Botrytis einerea der Trauben nicht zukommt. Sie löst bei der Molinia die ganzen Verdiekungsschichten bis auf die Mittel- lamelle durch Abschmelzung. Es bleibt nur diese derbe Schicht un- gelöst zurück. Bei den Lupinen werden die Verdickungsschichten und die Mittel- lamellen gelöst, In «den fortgeschrittenen Stadien bleiben nur die Samenschalen übrig und in diesen wird die Hemizellulose der Ver- Jlickungsschicht der Stabzellen und Trägerzellen gelöst. Die harten inneren Zelischichten der Samenschale widerstehen amı besten der Lösung. Auch bei Impatiens balsamina wird sowohl das Amyloid als die Grundsubstanz, in welche dieses eingelagert ist, gelöst. Die Auflösung des Amyloides erfolgt etwas rascher als die Auflösung der Grund- substanz. Der Pilz zeigt nach allem ein besseres Auflösungsvermögen als Botrytis einerea, Er ist weniger streng spezialisiert in der Auflösung der Hemizellulosen als sein nächster Verwandter auf den Trauben- beeren. 13. Nectria einnabarina. Tode. Diesen Pilz habe ich von einem erkrankten Ast von Carpinus betulus auf Gelatine abgeimpft und weiter gezüchtet. Er bildete in 275 (len Kulturen sehr schöne, reichliche Myeelien und schreitet rasch zur Konidienbiklung. Die Gelatine wird (durch ihn verflüssigt. Auf den verschiedenen Materialien mit Hemizellulosen zeigt er folgendes \er- halten: Baumwolle . Ruseus aculeatus . I Filtrierpapier . i _ } Mit Zuckerwasser gut gewaschen Molinia . . 2.0.1 + Ohne Zucker Wachstum gut Lupinus hirsutus ans } Wachstum sehr üppig Dattel ! N ’ Impatiens balsamina | | Wachstum gut Cyclamen europaeum _ | Särke 2.2.2.2... + Wie die vorhergehenden Untersuchungen zeigen, lösen die Pilz- fäden der untersuchten Vertreter echte Zellulosen nicht auf. Bei Nectria cinnabarina ist das gleiche der Fall. Das ist insoweit auffällig, als gerade Nectria cinnabarina auch den Holzkörper der befallenen Pflanzen verändert.- Dieser Pilz erscheint in seinem Lösungsvermögen für Hemi- zellulosen stark spezialisiert. Er läßt die Hemizellulose bei der Dattel, Ruscus, Impatiens, Cyclamen völlig intakt, trotzdem daß er sich in diesen Kulturen recht gut weiter entwickelte. Dagegen löst er sehr energisch die Hemizellulosen der Lupine. Bereits nach 24 Stunden sind schon Lösungserscheinungen zu beobachten. Die Substanz quillt, die Schichten werden deutlicher und sie gehen in Lösung, ohne daß es zur Bildung von Corrosionsfiguren kommt. An einzelnen Stellen ist sogar zu sehen, daß die inneren Schichten vor den äußeren gelöst werden. Auch die Mittellamelle wird von dem Pilz in Lösung gebracht. Bei Molinia wurde dann nur eine sehr schwache Lösung be- obachtet. Sie trat erst nach 8 Tagen ein und setzte auch nur sehr dürftig ein. Die Verdickungsschichten gehen daher nicht vollständig in Lösung, sondern es wird nur ein Teil der Substanz herausgelöst und eine andere Partie bleibt ungelöst zurück. Was bei Mucor racemosus zu beobachten ist, tritt auch hier ein, nur mit dem Unterschied, daß die Substanz, die den hyalinen Saum bei jener Lösungsfigur bildet, hier ungelöst zurückbleibt. Auch die Stärke wird von Neetria einnabarina angegriffen und in Lösung gebracht. 14. Cladosporium herbarum Pers. Von einem Roggenhalm, der nach der (etreideernte auf einem Felde liegen geblieben war, impfte ich diesen Pilz auf ielatineplatten, 19* 276 wo er sich üppig entwickelte und reichlich Conidien bildete. Er bildete auf der Gelatine schwarze schleimige Krusten, wobei die Gelatine gelöst wird. Auf Hemizellulosen übertragen entwickelt er sich gut und gab bezüglich seines Lösungsvermögens folgende Resultate: Leinfasen . . - | Baumwolle . Molinia Lupinus hirsutus = | Mit Zuckerwasser Wachstum gut Eu a + »,. ab... . 0 + + + Phoenix dactylifera . Kuscus aculeatus . . . j Impatiens . . .... | \ Ohne Zucker Wachstum sehr gut 4 i | Cyelamen | Ohne Zucker Wachstum gut Der Pilz löst keine echten Zellulosen auf, dagegen löst er energisch Hemizellulosen. Auf Lupinen und Molinia löste er die Verdickungs- schichten bereits nach 2 Tagen, während bei Impatiens und Cyelamen die Lösung nur langsam vor sich ging. Die Abschmelzung der Schichten geht bei Molinia mit einer kleinen hyalinen Zone vor sich. Die Mittel- lamellen werden bei Molinia nieht gelöst, selbst. in I4tägigen Kulturen war das Netz dieser Zellwände völlig intakt. Das ist zugleich ein guter Beweis für die Unfähigkeit des Pilzes, Zellulose in Lösung zu bringen. Bei Lupinen bleibt die Mittellamelle längere Zeit intakt, während die Verdickungsschichten bereits gelöst sind. Nachträglich werden dann auch die Mittellamellen in Lösung gebracht, Die Membranen von Impatiens und Cyclamen verhalten sieh über- einstimmend. Das Amyloid wird aus den Membranen früher heraus- gelöst als die Grundsubstanz. Es bildet sich während der Lösung eine Randzone, die auf Jodzusatz keine Blaufärbung mehr zeigt. Später wird diese hyaline Grundsubstanz ebenfalls in Lösung gebracht. Der ganze Lösungsprozeß geht bei Cyelamen und Impatiens langsam vor sich. 15. Trichotheeium roseum. Sacc. Bei der Isolierung des Cladosporium herbarum bekam ich gleich- zeitig auf meinen Kulturen einen Pilz, der schön rosa gefärbte Watten bildete und später zur Bildung der sichelförmig gekrümmten Conidien schritt. Myeel und Conidien stimmen gut mit den Angaben über Trichotheeium roseum überein und der rosarote Farbstoff, den das Mycel bildet, bestätigt diese Bestimmung. In den Kulturen auf verschiedenen Hemizellulosen gab er fol- gende Resultate: ” ; ! neiniasern j | Mit Zucker Entwicklung gut Molinia . B rd Lupinus hiesutus. . - i » albus. . | Phoenix dactylifera . ! Ruscus aculeatus . i Impatiens balsamina | i | Cyeclamen europaeum al Ohne Zucker Entwicklung sehr üppig ] Ohne Zucker Entwicklung gut Der Pilz zerstört die echten Zellulosen nicht. Dagegen werden die Hemizellulosen recht intensiv durch den Pilz in Lösung gebracht. Alle von den gewählten Materialien werden mehr oder weniger gelöst. Am besten und raschesten ging die Lösung bei Molinia und Lupinus, während bei Impatiens und Cyelamen dieser Prozeß nur sehr langsam verläuft. Bei Molinia schmilzt die Verdickungsschicht ab bis auf die Mittellamelle, die selbst nicht von dem Pilz angegriffen wird. In den Lupinen werden alle Zellwände unter Verquellung gelöst. Die Mittel- lamellen widerstehen der Lösung etwas länger: sie werden aber in späteren Stadien ebenfalls gelöst. Phönix- und Ruscus-Endosperni zeigen reine Abschmelzungsfiguren. Es bilden sich Corrosionsstacheln; die Mittellamellen werden mit den Verdickungsschichten gleichzeitig gelöst. Nur selten findet man Stellen, wo sie etwas früher als die Verdiekungs- schichten in Lösung gehen. Bei Impatiens werden durch (den Pilz die Mittellamellen zuerst gelöst; die einzelnen Zellen trennen sich und dann schmelzen «lie Ver- dickungsschichten der Wandungen ab. Macht man in solchen Stadien die Jodreaktion auf Amyloid, so findet man in (der Flüssigkeit eine Unmasse sehr kleiner Körnchen. die sieh mit Jo blau färben, wie das Amyloid der Membran. Bei Bewegungen der Flüssigkeit kann man auch sehen, daß einzelne dieser Körnchen sich von der Membran los- lösen. Das Trichotheeium zeigt hier «ie gleiche TLösungserscheimnung wie Mucor globosus F. Ich ımnß annehmen, «daß (diese Pilze (die Grundsubstanz. die mit Jod nicht blau wird, leicht lösen, während das Amyloid nieht oder viel sehwerer von (diesen Pilzen in Lösung gebracht wird. 16. Colletotrichum Lindemuthianum (Sacc), P. Magnus. Dieser Pilz bildet auf Bohnen eine hekannte und weit verbreitete Zersetzungserscheinung in den halbgewachsenen Hülsen und Samen. Auch auf abgestorbenen Stengeln und Hülsen wuchert er bei genügender Feuchtigkeit lebhaft. Er läßt sich leicht auf Gelatineplatten kultivieren und bildet dort eine schwach gelbliche schleimige Kruste. Die Gelatine 278 wird dureh ihn verflüssigt. Auf den verschiedenen Materialien zeigt er folgende Lösungserscheinungen: Leinfasern . i- | Yar ei Baumwolle . 3 Mit Zucker Entwicklung gut Molinia . x + | Ohne Zucker Entwicklung gut Lupinus hirsutus. . . |+++!1 . uns al... IH h Ohne Zucker Entwicklung üppig Phoenix dactylifera . | Ruscus aculeatus . _ ei Impatiens balsamıina + Ohne Zucker Entwicklung gut Cyclamen europaenm | + Der Pilz zeigt ein auffallend starkes Lösungsvermögen für die Lupinenhemizellulose. Bereits nach 2 Tagen war das gesamte Material aus dem Cotyledonargewebe gelöst. Die Mittellamellen widerstehen der Lösung am längsten; sie werden aber ebenfalls in Lösung gebracht. Demgegenüber ist die Lösung bei Molinia und Impatiens langsam. Bei Molinia findet ein langsames Abschmelzen der Verdickungsleisten statt ohne Quellen. Die Mittellamelle bleibt nur ungelöst zurück. In dem Gewebe der Cotyledonen von Impatiens geht die Lösung nur langsam vor. Sowohl das Amyloid wie die Grundsubstanz wird vom Pilz gelöst. Es findet ein Abschmelzen der Membranen statt. Das Verhalten der Pilze auf iebenden und toten Pflanzenteilen. Die untersuchten Pilze sind in der Natur teils auf lebenden, teils auf toten Pflanzenteilen zu finden. Ihre Lebensweise und ihre Er- nährung auf solehen Substraten ist in hohem Maße abhängig von der Fähigkeit, die festen Bestandteile des Pfanzengerüstes zu lösen und die Abbauprodukte für die eigene Ernährung zu verwerten. Es treten deshalb zwei verschiedene Kategorien von Erscheinungen in Wechsel- wirkung: die Lösungsfähigkeit der Pilze für die einzelnen festen Be- standteile und der Nährwert der Abbauprodukte. Freilich muß betont werden. daß damit die Analyse der Erscheinungen an parasitären und saprophytisch lebenden Pilzen keineswegs erschöpft ist, sondern daß noch eine große Reihe weiterer Lebensbedingungen damit verknüpft ist. Ich erinnere nur an die Ablenkung der Pilzfäden durch Sauer- stoff, Wasser oder andere Substanzen; an die Abtötungserscheinungen der Zellen des Wirtes, an die Reaktionserscheinungen der Wirtpflanze usw. Für unsere Untersuchung handelt es sich lediglich um die Frage, ob die Lösungserscheinungen der Pflanzenmembranen, die bei dem Wachstum dieser Pilze beobachtet wurden, sich aus den beobachteten Er- scheinungen des Lösungsvermögens für bestimmte Hemizellulosen erklären 279 lassen, oder ob das Verhalten dieser Pilze in den lebenden und toten Pilanzenteilen erlaubt andere Schlüsse zu ziehen, bezüglich der 7Zu- sammensetzung der Pflanzenmembranen. Diese Fragestellung bringt uns auf das schwierige Gebiet der Zusammensetzung der Pflanzenmembranen. Während man früher eine einheitliche Zusammensetzung der Membransubstanz aus Zellulosen an- nahm, ist man durch die Ergebnisse der chemischen Untersuchungen gezwungen anzunehmen, daß in den selteneren Fällen reine Zellulose vorliegt, sondern in den weitaus meisten Fällen neben den echten Zellulosen auch noch Hemizellulosen vorkommen. In den einen Mem- branen sind mehr, in den andern weniger Hemizellulosen vertreten. Je nach ihrer Zusammensetzung wird sich eine, Membran gegen einen Pilz verschieden verhalten und von ihm verschieden angegriffen werden. Es ist von vornherein zu erwarten, daß auch die Lamellen, die von andern durch stoffliche Verschiedenheit sich auszeichnen, auch gegen die Pilze sich ungleich verhalten werden. In dieser Beziehung ist die „Mittellamelle“ besonders interessant; denn, wie bereits erwähnt, wird sie von vielen Pilzen zerstört. Nach ihrer chemischen Zusammen- setzung soll sie aus Pektin oder verwandten Körpern des Pektins zu- sammengesetzt sein, wie besonders Magnin und seine Schüler hervor- heben. Was ist nun aber dieses Pektin der Mittellamellen in chemischer Beziehung? Die Magninschen Untersuchungen geben uns darüber keine befriedigende Antwort. Nach zahlreichen Untersuchungen komme ich zu der Überzeugung, daß diese Mittellamellen sich zwar verschieden verhalten, in den meisten Fällen aber aus Hemizellulosen oder ihnen sehr nahestehenden Sub- stanzen bestehen; «l. h. daß die Hewizellulosen den größten Teil ihrer Substanz ausmachen‘). Es ist hier nicht der Ort, alle die Beweise, die für diese Auffassung der Mittellamellen sprechen, näher zu erörtern, da- gegen will ich hervorheben, daß besonders das Lösungsvermögen der Pilze für Hemizellulosen zugunsten dieser Ansicht spricht und das Verständnis für die Lebensweise der parasitären Pilze dadurch wesentlich besser wird. Da aber die Pilze in ihrem Lösungsvermögen für Hemizellulosen spezialisiert sind, so steht zu erwarten, daß nur in denjenigen Pflanzen. wo die entsprechende Hemizellulose sich vorfindet. der Pilz eindringen kann. Darauf beruht gewiß ein Teil der Auswahl, der von den Para- siten unter den Pflanzen getroffen wird. 1} F. Reinitzer, Über das zellwandlösende Enzym der (erste. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1897, Bd. XXUI, pag. 194, zählt die Substanz der Mittellamellen der Kartoffel und anderer Pflanzen zu den Hemizeltulosen. Botrytis vulgaris und einerea. Diese Pilze sind wiederholt Gegenstand eingehender Studien be- züglich ihrer pathologisch-anatomischen Veränderungen der Wirtpflanzen gewesen und gehören zu den am besten bekannten Parasiten nach ihrem biologischen Verhalten. Freilich muß betont werden. daß die Artabgrenzung in dieser Pilzgruppe noch unsicher ist. Die beiden von mir untersuchten Botrytisformen gehören sicher zwei verschiedenen Spezies an, trotzdem sie von einzelnen Autoren als zusammengehörig betrachtet werden. Ihre Fähigkeit, verschiedene Hemizellulosen auf- zulösen, spricht auch für diese Auffassung. Ebenso ist es wahrschein- lich, daß die Botrytis, die Marshall Ward!) untersuchte, verschieden ist von den beiden von mir geprüften Arten. Dagegen halte ich die von Nordhausen?) und Myioshi®) untersuchte Botrytis, von Fuchsien und Bohne herstammend, für die gleiche Spezies, wie die meine von Geranien isolierte Art. Trotz verschiedener Artzugehörigkeit kennzeichnen eine Reihe ge- meinsamer Züge das pathologische Bild der Botrytiserkrankungen. Neben dem Abtöten der Zellen der Wirtpflanze durch Giftausscheidung bevor der Pilzfaden in das Gewebe eindringt, ist besonders die Durch- bohrung der Oberhaut in bestimmtem Alter der Pflanze und an he- stimmten Orten charakteristisch. Büsgen®), J. Behrens) M. Ward), Myioshi?) und Nordhausen?) heben die Tatsache hervor, daß der Keimschlauch der Botrytissporen dort in das Gewebe des Wirtes ein- dringt, wo eine Querwand an die äußere Epidermiswand stößt. Als Ursache dieser Erscheinung vermutet Büsgen, daß an dieser Stelle irgend ein Stoff aus dem Inneren des Wirtes diffundiert und die Keim- schläuche an diese Stelle lenke. Auch Myioshi neigt zu dieser An- sicht, während Nordhausen noch andere Momente, wie Oberflächen- spannungen vermutet. Die richtige Erklärung wird durch das Verhalten (les Pilzes gegen Hemizellulosen gegeben. Unsere Versuchsreihe zeigt, daß der Pilz nicht vermag, echte Zellulose zu lösen, wohl hingegen 1 M. Ward, A lily disease. Ann. of Bot. 1888, Vol. IL. 2) M. Nordhausen, Beiträge zur Biologie parasitärer Pilze. Jahrb. f. wiss. Botanik 1898, Bd. XXX. 3) M. Myioshi, Die Durchbohrung von Membranen durch Pilzfäden. Jahrb. f. wiss. Botanik 1895, Bd. XXVIIE. 4) Büsgen, Über einige Eigenschaften der Keimlinge parasitischer Pilze. Bot. Zig. 1893. 5) J. Behrens, Phytopathologische Notizen L Zeitschr. f, Pflanzenkrank- heiten 1895. 281 die Hemizellulosen vom Typus der Molinia, Lupinus und Impatiens. Besteht nun die Mittellamelle in der Hauptsache aus Hemizellulosen, wie ich bereits hervorhob, die Verdickungsschichten ihrer Zellmembran aber aus Zellulose, so wird der Pilz nur dort anzugreifen vermögen, wo er mit seinen Fermenten die Hemizellulosen auflösen kann. In der Epidermis der Pflanzen ist im jugendlichen Alter die Cuticula schwach, die Mittellamelle stößt an der Zellgrenze nach außen. Es ist damit (die Zellgrenze auf der Oberfläche eines Blattes oder Stengels der einzige Ort, wo der Pila Hemizellulosen vorfindet und somit durch Lösung der Substanz sich Eintritt in die Pflanze verschaffen kann. Hat der Pilz durch Lösung der Mittellamelle sich auch nur eine kleine Öffnung gemacht, so genügt der Druck der Pilzhyphe, um diese Balm zu erweitern und die angrenzenden Wände beiseite zu stoßen. Es hat ja Myioshi!) gezeigt, daß bei Botrytis dieser Druck gar nicht so gering ist und daß auch Körper wie Goldblättchen, die jedenfalls vom Pilz nicht an- gegriffen werden, von den Pilzfäden bei geeigneter Versuchsanstellung einfach durchstoßen werden. In der Tat zeigt denn das mikroskopische Bild einer solchen Stelle, wo ein Botrytisfaden die Oberhaut durchhohrt. nur das Versehwinden der Mittellamelle, die Vertickungsschiehten der angrenzenden Zellen sind an dieser Stelle gleich dick geblieben und somit rein passiv beiseite geschoben worden. Nun verhält sich weiter die junge noch wachsende Epidermis verschieden von älteren Stadien. Botrytis einerea dringt in junge Epi- dermis leicht ein, während sie vielfach alte Epidlermispartien der gleichen Pflanze nicht mehr zu durchbohren vermag. Die Ursache dieser Er- scheinung liegt, wie de Bary, Nordhausen und andere hervorgehoben haben, in der stärkeren Cuticularisierung der Außenwand der Epidermis. die mit dem Alter eintritt. Nicht allein «die Cellulosemembran unter- liegt diesem Prozeß, sondern auch in die Mittellamellen werıen, wo diese an die Oberfläche grenzen, die der Cutieularisierung eigenen Stofle eingelagert. So lange die Cuticularisierung nur schwach und wenig ent- wickelt ist, so vermag der Pilz einzudringen; die Fermente vermögen durch die schwache Cutieula hindurchzutreten und so dem Pilzfaden die Bahn zu brechen. Ist die Cuticularisierung stark und die Schicht mächtig, so hindert «diese Schicht entschieden (das Vordringen des Fer- mentes und die mechanische Durchbrechung dureh den Pilzfaden. Ich halte wie Myioshi und Nordhausen das mechanische Hindernis für das größere. )) Myioshi, ]. c. pag. 282, ” Pr 13 Neben dem Eindringen der Pilzfäden an den Suturlinien der Epidermis kommt es allerdings nur an jungen Pflanzenteilen verhältnis- mäßig selten vor, daß auch die Epidermis an andern Stellen durch- brochen wird. Zwei Fälle sind hier denkbar. Entweder ist diese Ein- gangspforte eine kleine Pore, die ja auch in der Epidermis verschiedener Pflanzen beobachtet wurden, oder aber die junge Wand besteht aus einer Zellulose, die noch ansehnliche Mengen Hemizellulose eingelagert enthält. Meine Versuche haben denn auclı dargetan. daß Botıytis einerea die Hemizellulose auch aus einer Membran herauszulösen vermag, wo noch echte Zellulose neben der Hemizellulose vertreten ist. Was aber in dem Kulturversuch auf toten Membranen sich zeigt, kann gewiß auch eintreten bei der Infektion einer lebenden Pflanze. Daß aber häufig bei den Pflanzen die jungen Membranen fast aller (rewebe noch Hemizellulosen enthalten, habe ich für einzelne Fälle anderorts dargetan. Kommt ein Botrytiskeimschlauch auf eine solche Membran, so löst er die Hemizellulose heraus, die Membran wird an dieser Stelle locker und der Druck des Keinschlauches genügt, um sie zu durchbrechen. Dünne Korkpartien werden von der Botrytis ebenfalls durch- brochen. Hier zeigte mir die Beobachtung, daß der Pilz immer den Mittellamellen entlang sich den Weg bahnt und die übrigen Partien der Zellmenbran auf die Seite drückt. Der Vorgang ist ganz analog dem Durchbrechen der Epidermis an den Suturlinien. Auch hier im Korkgewebe beruht diese Eigenschaft des Pilzes auf dem Lösungs- vermögen für Hemizellulosen, die ja auch in der Mittellamelle ent- halten sind, Noch auffälliger als bei dem Durchbrechen von Epidermis und Kork tritt dieses Lösungsvermögen «der Botrytis für die Mittellamellen bei der Wucherung in parenchymatischen Geweben hervor. De Bary, Marshall Ward, Nordhausen heben besonders hervor, daß durch die Wirkung der Botrytis die einzelnen Zellen der Gewebe getrennt werden, indem die Mittellamellen in Lösung gehen. De Bary hat das Ferment vom Pilz getrennt untersucht und die gleiche Wirkung er- halten. Diese Lösung der Mittellamellen ist aber nichts anderes als die Auflösung einer Hemizellulose, aus welcher die Mittellamelle zur Hauptsache besteht. Die Verdickungsschichten der Zellmembranen bleiben ungelöst zurück. Neben dem Wachstum der Botrytismycelien zwischen den Zellen findet man aber zahlreiche Fäden, die in die abgestorbenen Zellen hineingewachsen sind und von Zelle zu Zelle gehen. Sind die be- treffenden Zellen mit ansehnlich verdickten Wänden versehen, so be- 283 merkt man stets, daß die Mycelien die Poren als Durchgangspforten benutzen. Auch Myioshi') ist diese Tatsache in seinem Kulturversuch mit injizierten Koniferenholz anfgefallen. Ich fand das gleiche Ver- halten im verdickten Parenchym eines Geraniumstengels, ferner bei einer Botrytis auf einem Bohnenstengel. Die Erklärung für dieses Verhalten ist leicht zu geben. In der Pore besteht die trennende Membran fast ganz nur aus der Mittellamelle. Der Pilz vermag diese Schicht entweder völlig zu lösen oder den größten Teil der Substanz herauszunehmen, so daß nur ein sehr kleiner Druck notwendig ist, um dieses stark gelockerte Häutchen dann zu durchbrechen. In dem dünn- wandigen Parenchym, wo Poren nicht zu sehen sind, dürfte dieser letztere Prozeß genügen, um den Pilzfaden den Durchtritt von Zelle zu Zelle zu ermöglichen und man ist keineswegs gezwungen anzu- nehmen, daß der Pilz die echte Zellulose auflöst. Es hat Myioshi und besonders &. v. Istvanffy?) darauf aufmerksam gemacht, daß dort, wo der Pilzfaden gezwungen wird einen Druck auszuüben, um die Membran des Wirtes zu durchbrechen, es zur Bildung einer kleinen Verbreiterung des Fadens oder gar zur Bildung eines Haftorganes schreitet, während dieses unterbleibt, wenn der Pilz einzig durch Lösung der Membran ohne besondere Druckleistung durchtritt. In diesen Durchbrechungen dünner Parenchymwände wie außen an der Epidermis sind nun solche Mycelverbreiterung oder Haftorgane fast regelmäßig zu finden. Ich schließe daraus, daß der vom Pilzfaden ausgeübte Druck auf die durch das Enzym gelockerte Membran immerhin noch eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Wenn der Pilz erstarkt ist und zur Bildung (der Gonidienträger schreitet, so wird an einer Stelle die Mittellamelle der Querwände in der Epidermis gelöst und es durchbricht der Pilzfaden dann die Ober- haut des Wirtes. Während der ganzen Entwicklung der Botrytis konnte ich in dem Verhalten der Wirtspflanzen nirgends Anhaltspunkte dafür finden, daß der Pilz echte Zellulosen aufzulösen vermag. Dagegen beweist. gerade die Lösung der Mittellamelle das Lösungsvermögen des Pilzes für die Hemizellulosen, die in den Pflanzengeweben enthalten sind. Umgekehrt zeigt die verbreitete Erscheinung, daß die sekundären Verdiekungs- schichten der Zellen des Parenchyms, des Bastes, Holzteiles und der DM. Myioshi, 1. c. pag. 277. . 2) 6. v. Istvanffy, Etudes mierobiologiques et myeologiques sur le Rotgris de la vigne. Annals de l’Institut central ampelologique Hongrois 1905, Tome IH. 284 Gefäßbündel nicht angegriffen werden, schon die Unfähigkeit des Pilzes echte Zellulosen in Lösung zu bringen. Von Sklerotinia Libertiana hat Kissling') ein Übertragungsver- such unternommen. Sein Resultat, ıaß diese Botrytis sich auf eine große Anzahl von Pflanzen übertragen läßt, kann ich bestätigen. In meinem Versuche ließ sich (diese Botrytis von dem (reraniumstengel übertragen auf Pelargonium (Stengel), Fuchsia (Stengel), Vicia Faba (Stengel), Phaseolus vulgaris (Stengel und Same), Daucus Carota (Wurzel), Beta vulgaris (Wurzel), Brassica Napus (Kohlrüben), Brasica rapa (Wasserrüben), Helianthus annuus (Blütenköpfe), Linnum (Stengel). Im Gegensatz dazu zeigt die Botrytis cinerea, die zu Sklerotinia Fuckeliana de By gehört, ein anderes Verhalten. Sie ist weit mehr auf bestimmte Nährpflanzen beschränkt. Von den Traubenbeeren ließ sie sieh übertragen auf Quittenfrüchte Auf Stengeln von Fuchsia und Pelargonium vermochte sie nicht in die lebende Pflanze einzudringen, dagegen zeigt sie auf vorher getöteten unıl verletzten Stengeln ein schwaches Wachstum. Diese Eigenschaften stehen im Einklang mit den Befunden über die Lösung von Hemizellulosen. Botrytis einerea erweist sich als ein Vertreter mit weiter gehender Spezialisierung in der Lösung von Hemizellulosen als Botrytis vulgaris. Dementsprechend ist Botrytis cinerea auf eine geringere Anzahl von Wirtpflanzen angewiesen als Botrytis vulgaris, welche die verschiedensten Hemizellulosen zu lösen vermag. Sklerotinia fructigena und cinerea. Auf unserem Kern- und Steinobst sind diese beiden Vertreter außerordentlich häufig und verursachen die häufigste Form der Obst- fäulnis. Wie Zschokke?) gezeigt hat, dringt der Pilz nicht durch die in- takte Obsthaut der Früchte ein, sondern benutzt dazu immer kleine Verwundungen. Ihre Mycelien wachsen immer zwischen den Zellen. Nach J. Behrens?) sollen diese Pilze die Mittellamelle nur spalten, sie nicht lösen. Damit hänge es zusammen, daß das faule Fruchtfleisch der Äpfel und Birnen nicht weich wird, sondern eine derbe Konsistenz annehme und beim Sieden nicht zerfalle, wie ein gesunder Apfel. Dieser Ansicht kann ich nicht folgen. Nimmt man als Untersuchungsobjekt l) Kißling, Zur Biologie der Botrytis cinerea. Hedwigia 1889. 2) A. 4schokke, Über den Bau der Haut und die Ursachen der verschie- denen Haltbarkeit unserer Kermobstfrüchte. Landw. Jahrbuch d. Schweiz 1897. 3) J. Behrens, Beiträge zur Kenntnis der Obstfäulnis. Zentralblatt für Bakteriologie usw. 1898, II. Teil. m 285 ‚eine Mostbirne, deren Zellwände etwas dicker sind als bei einer Butter- birne, so läßt sich auch unschwer Konstatieren, daß die Hyphenspitze die Mittelamelle nicht allein spaltet, sondern daß diese Schicht durch (den Pilz gelöst wird. Freilich geschieht diese Lösung nur in un- mittelbarer Nähe der Fadenspitze und schon in einiger Entfernung von der Hyphe bleiben die Zellen im Zusammenhang. Kocht man ein solches Gewebe, das im ersten Stadium der ‚Myceldurchwucherung sich befindet, so wird das Fruchtfleisch weder derber noch weniger fest ‚als das gesunde Gewebe der gleichen Frucht. Unter der Oberhaut bildet sich aber bald ein dichtes Hyphengeflecht, dieses wird dann aber zum Bindemittel, das die einzelnen Zellen zusammenhält und beim Kochen der Frucht wird diese Schicht hart. Die gleichen Obstsorten verhalten sich übrigens etwas verschieden. Bei nicht ganz ausgewachsenen Früchten. besonders von zarten Birnen- und Äpfelsorten kommt es im Inneren manchmal zur völligen Trennung der einzelnen Zellen. Besonders in der Umgebung des Kernhauses findet sich ein breiiger Zerfall der Gewebe. Auch bei der Aprikose fand ich den breiigen Zerfall der Gewebe bei jugendlicher Erkrankung (der Frucht durch Sklerotinia fructigena. Bei Pflaumen und Zwetschen hin- gegen habe ich diesen Gewebezerfall nicht gefunden. Die derben kleinfrüchtigen Mostbirnen zeigen bei der Sklerotiniaerkrankung keinen Zerfall der Gewebe in die einzelnen Zellen. Die Hyphen lösen bei diesen etwas diekeren Zellwandungen des Grundparenchyms nur in ihrer unmittelbaren Nähe die Wandsubstanz auf, während die übrigen Partien intakt bleiben. Neben diesen Befunden an Früchten ist aber nicht zu vergessen, daß diese Pilze auch gelegentlich die Stiele der Früchte und Blätter und selbst junge Zweige abtöten und in diesen die Conidienlager er- zeugen. Es ist hier nicht nur das besonders heftige Auftreten (lieser Erscheinung bei Sauerkirschen zu erwähnen. sondern auch bei Apfel, Birnen, Pflaumen und Aprikosen kann man sie, wenn auch in schwächerem Maße öfters beobachten. Die Pilzfäden verbreiten sich in diesen Or- ganen vorzugsweise im Parenchym der Rinde. Sie dringen auch längs der Markstrahlen bis zum Cambium vor, verbreiten sich aber dort wie im Siebteil des Gefäßbündels wenig. In den meisten Fällen lösen die Hyphen die Interzellularsubstanz und verbreiten sich in den Inter- zeilularen. Häufig bemerkt man, daß «lie Pilzfäden an den Poren in die Zellen eindringen und so auch von Zelle zu Zelle vordringen. Das ist besonders im Markstrahl und im Siebteil des Gefäßbündels der Fall, Dieses Verhalten zeigt nur. daß die Pilze «ie Hemizellulosen 286 aus den verschiedenen Partien (ler Zellwand herauslösen, die derberen Wandungen mit echter Zeilulose aber intakt lassen. Behrens führt weiter als Beweis für seine Ansicht einen Kultur- versuch an, wonach der Pilz nicht fähig wäre, auf Pektin der roten Rübe zu wachsen und dieses zu lösen, während Penieillium glaucum und Mucor stolonifer diese Eigenschaft zukomme. Diese Angabe be- weist nur die Spezialisation des Pilzes in seinem Lösungsvermögen für Hemizellulosen, was auch aus meinen Versuchen ersichtlich ist. Dieser engen Spezialisation auf nur wenige Körper ist jedenfalls das Vor- kommen der Pilze auf verhältnismäßig wenig Pflanzenarten zuzu- schreiben. Außer auf Äpfeln und Birnen sind sie auf Quitten, Sorbus, Crataegus, Aronia, Cotoneasterfrüchten, Mispeln, Zwetschgen, Pflaumen, Süß- und Sauerkirschen, Pfrsich, also nur Vertreter der Pomaceen und Amyg- dalaceen, anzutreffen, seltener auf den Trauben, während ich ihn auf anderen süßen Früchten wie Stachelbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren, Preisselbeeren, Hagebutten, Erdbeeren, Himbeeren nicht beobachten konnte. Ganz besonders auffallend ist, daß die Zerstörung der Triebe nur auf den Vertretern des Stein- und Kernobstes gefunden wurde. Es zeigt die Auswahl der Wirtpflanzen durch diese Pilze doch nur die Spezialisierung auf gemeinsame Merkmale in der Zusammensetzung dieser Pflanzengruppe, unter denen die Konstitution der Membranen eine wichtige Rolle spielen dürfte. Die Lösung der Membranen durch Sklerotinia fructigena und eine- rea ist ferner aus verschiedenen Figuren der Woroninschen Arbeit!) ersichtlich. Ich verweise auf Fig. 46 Taf. III und Fig. 75—80 Taf. V. Penieillium glauceum. Dieser allgemein verbreitete Pilz findet sich besonders auf zucker- und stärkehaltigen Materialien, wie verschimmelten Brot, Ölkuchen, Obst usw. In den lebenden Pflanzen findet er sich hauptsächlich auf den süßen Früchten, wie Trauben, Birnen, Äpfel usw. und bewirkt die sogen. Grünfäule. Auch auf faulenden Stengeln, Blättern ist er bis- weilen zu treffen. Wie Myioshi?) gezeigt hat, wird er hauptsächlich durch Zuckerarten angelockt. Er dringt in den weitaus meisten Fällen durch eine Wunde in den lebenden Pflanzenteil ein, so besonders am 1} M. Woronin, Über Sklerotinia einerea und Sklerotinia fructigena. Me- moires de l’acad. des sciences de St. Petersburg 1900, 8. VIII, Bd. X, Nr. 5. 2) M. Myioshi, Über den Chemotropismus der Pilze. Botan. Zeitung 19%, nag. 23. 287 Obst, wie die Untersuchungen Zsehokkes') dargetan haben. Nur in ganz jungen Pflanzenteilen vermag er die Membran zu durelbohren und sich Eintritt in die Pflanzen zu verschaffen. Einen solchen Fall beobachtete ich an verschiedenen Primulaceenkeinlingen, (lie als junge Pflänzehen sehr leicht vom Penieillium befallen und von ihm abgetötet werden. In dem Gewebe dringt das Mycel hauptsächlich interzellular vor. Die Mittellamellen werden gelöst und die Zellen werden dadurch isoliert. Hier löst er nur diese Schicht. die zur Hauptsache aus Hemizellulosen besteht, die mehr aus echten Zellulosen zusammengesetzten Verdiekungs- schichten werden von dem Pilz völlig intakt gelassen. In die Zellen dringt er wenig ein und wenn er es tut, so benutzt er dazu regelmäßig die Poren. Hier in der Pore braucht er nur die Mittellamelle zu durchbrechen, die ja aus einem Materiale sich zu- sammensetzt, das er zu lösen vermag. Myioshi hatte für seine Zwecke Holz mit Zucker injiziert und das Penicillium im Wachstum verfolgt. Es dringt nach seinen Angaben durch die Poren im Holz vorwärts und löst die Membranen nicht auf. Aus den Ergebnissen der Untersuchung pathologischer Er- scheinungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Auflösung von echten Zellulosen, wie das früher angeführt wurde. J. Behrens) ist durch einen Kulturversuch auf Fließpapier auch zum gleichen Resultate gelangt, wie ich durch meine Kulturversuche. Auch das angeführte Beispiel, wo das Penieillium bei Primulakeimlingen die Oberhaut durch- bohrt, spricht keineswegs für die Lösung der Zellulose dureh diesen Pilz. In diesem Jugendzustand ist die Oberhaut sehr zart und zur Hauptsache aus Hemizellulosen bestehend. Sie kann von Pilz gelöst werden, besonders auch deshalb, weil die Primulaceen zu den amyloil- haltigen Pflanzen gehören. Sobald die Membranen derber sind vermag das Penieillium auch nicht mehr in die Keimpflanze einzudringen, Penicillium glaueum vermag, wie Behrens gezeigt hat, Pektin das nach Magninscher Vorschrift aus Möhren dargestellt wurde, zu lösen. Diese Tatsache stimmt mit dem Lösungsvermögen für Hemizellulosen überein, denn durch Behandlung mit Säuren und nachheriger Extrak- tion mit verdünntem Ammoniak werden nur verwandte Körper der Hemizellulosen ausgezogen. Wenn die Zuckerarten, die bei der Hydro- Iyse aus dieser Substanz entstehen, bestimmt worden wären, so würde 1) A. Zschokke l. ec. pag. 177. 2) J. Behrens, Beiträge zur Kenntnis der Obstfäulnis. Zentralblatt für Bakteriologie usw. 1896, IT. Teil. 238 man sehen, daß sie mit den Abbauprodukten einer der erwähnten Hemizellulose übereinstimmen würde, die auch vom Penicillium ge- löst werden. Im weiteren hat J. Grüß!) gezeigt, daß Penieillium glaucum die Wandverdickungen «les Dattelendospermes zu lösen vermag. Diese An- gabe stimmt durchaus mit meinen Versuchen für das eine Penizillium überein und ich kann auch die Art des Abschmelzens der Wand verelickungen nur bestätigen. In der Gattung Penieilium sind eine Reihe nahe verwandter Arten, die zum Typus der P. glaucum gehören und in den äußeren Erscheinungen der Conidienbildung diesem Pilz ähnlich sind. Mit Bezug auf das Lösungsvermögen für Hemizellulosen verhalten sie sich etwas verschieden, wie meine Versuche dargetan haben. Auf solche Differenzen dürfte die Angabe von M. Ward 2) zurück- zuführen sein, wo er angibt, daß Penieillium glaucum ein ‚holzzerstören- der Pilz sei. Rhizopus nigrieans Ehrenbg. Dieser Pilz verursacht auf Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Aprikosen, Tomaten meistens die Mucorfäulnis wie J. Behrens) mit Recht her- vorhebt. Außerdem ist er häufig auf faulenden toten Stengeln, auf ver- schimmeltem Brot zu finden. In der Sommertauröte des Leins spielt ‚er die wichtigste Rolle für die Zersetzung des Parenchyns, in welches die Bastfasern eingelagert sind. Der Pilz wurde von Behrens auf seine Wirkungsweise genauer untersucht. In den Früchten dringt er durch die Wunden ins Innere der Gewebe. Dort löst er die Mittel- lamellen auf. nur in seltenen Fällen beobachtet man das Eindringen des Rhizopusmycels in (ie Zellumina.. Es geschieht immer durch Poren. Es erweist sich der Pilz auch in den Geweben nur fähig die Hemizellulosen der Mittellamelle zu lösen; die echten Zellulosen werden intakt zurückgelassen. Auch die Untersuchungen, die Behrens®) an Leinstengeln vorge- nommen hat, geben ein gleiches Resultat. Der Pilz dringt durch die Spaltöffnungen sowie durch Verletzungen in das Parenchym des Stengels ‚ein. Dort löst er die Mittellamellen der Parenchymzellen und trennt l) J. Grüß, Beiträge zur Enzymologie. Festschrift f, Schwendener, 18%. 2} M. Ward, Penieillium as a Wood destroying fungus. Annals of Botany 1598, pag. 3) J. Behrens I. c, 4 J. Behrens, Untersuchungen über die Gewinnung der Hanffasern durch natürliche Röstmethoden. Zentralbl. £. Bakteriologie 1902, II. Teil. 289 so die zarten Zellen des Parenchyms vom Bast und vom Holzkörper. Ganz zarte Wände des Parenchyms gehen auch fast vollständig in Lö- sung. Der Holzkörper des Leinstengels wird intakt gelassen. Die Bastfasern werden durch die Auflösung der Mittellamellen getrennt in die einzelnen Bündel. Ebenso sieht man, dat auch einzelne Fasern isoliert werden. In den Fasern selbst konnte ich keine Lösung der Wandsubstanz nachweisen. Versuche durch Infektion von Birnen und Tomaten mit Rhizopus nigricans bestätigten das von Behrens erhaltene Resultat. Das Mycel dringt hauptsächlich in den Interzellularen vor. Es löst die Inter- zellularsubstanz auf und dringt ganz selten in die Zellen ein. Nectria cinnabarina Toidte. Dieser Pilz gehört zu den ausgesprochenen Wundparasiten unserer Laubbäume. Er bewirkt eine Holzzersetzung, die aber nur in fort- geschrittenen Entwieklungsstadien des Holzes sich bemerkbar macht und auch nicht bei allen Holzarten sich zeigt. Bei Ulmen, Birken, Johannisbeeren ist die Holzzersetzung besonders hervortretend: die be- fallenen Zweige werden brüchig, wenn der Pilz in fortgeschrittener Entwicklung sich befindet. Bei Birnbaum, Buche tritt diese Erscheinung weniger hervor. Die Hauptmasse des Pilzmycels befindet sich aber immer in der Rinde und bewirkt dort eine Zerstörung der Membranen. Wie aus der Untersuchung von Mayr!) bervorgeht, wachsen die Pilz- fäden hauptsächlich im Siebteil und im Cambium. Sie zerstören die Stärke in den Zellen, durchbrechen an den Poren die Membranen und iösen (lie Mittellamellen auf kürzere Strecken auf. Ein Zerfall des Gewebes in (die einzelnen Zeilen findet nicht statt. Dagegen kann man sehr wohl beobachten, dab einzelne Fäden in den Mittellamellen oft weiter wachsen und auf ihrem Wege die mit dem Pilzfaden in Berührung stehende Suhstanz gelöst haben. Auch bemerkt man, dal einzelne Fäden auch zwischen Bastgruppen in den Mittellamellen sich durchwinden. Die Bastfasern werden nicht gelöst. Die Mycelfäden dringen aber auch in den Holzkörper ein. Es ist auch unverkennbar. daß das Holz durch längere Einwirkung des Pilzes brüchig wird. An dünneren Zweigen der Birke und Hainbuche ist diese Erscheinung be- sonders auffallend. Während Mayr die Veränderung des Holzkörpers durch Nectria einnabarina verneint, nimmt Brick) eine solche Ver- . 2) H. Mayr, Über den Parasitismus von Neetria einnabarina Tode. Unter- suchungen aus denı forsthotanischen Institut zu München 1883, Rd. III. 2) W. Brick, Über Nectria einnabarina Tode. Arbeiten aus dem botan. Museum zu Hamburg 1892. Flur, 98. Bd. 20 290 änderung an. Meine eigenen Untersuchungen haben ergeben, daß das Mycel unzweifelhaft aus dem Holzkörper Substanzen herausnimmt. Es ist vorab die Stärke und das Holzgummi, das vom Pilz gelöst wird. Dann beobachtet man, daß die Pilzfäden die unverholzte Innenlamelle der Libriformfasern angreifen. Diese besteht aber, wie ich anderorts gezeigt habe, zum größten Teil aus Hemizellulosen. Die Pilzfasern dringen durch die Poren von einer Zelle zur andern. Aan beobachtet, (daß die Mittellamelle bei dem Durchtritt von Zelle zu Zelle jedenfalls nur wenig von Pilzfäden angegriffen wird, denn die Pilzfäden folgen dieser Schicht nicht. Die verholzende Substanz wird nicht aus den Membranen herausgelöst. Auch bei sehr intensiver Einwirkung des Pilzes gab die Phloroglucinreaktion die gleichen Resultate wie im ge- sunden Holz. Cladosporium herbarum Fr. Auf Grashalmen, die anı Boden in Zersetzung übergehen. ist dieser Pilz häufig zu treffen. Außerdem ist er besonders in nassen Jahren auf den Spelzen und oberen Halmteilen des Getreides zu finden, er geht auch auf das heranreifende Korn über und bewirkt die Schwärze des (etreides. In der Tauröte der Leinstengel spielt er eine be- deutende Rolle. Neben Rhizopus nigrieans soll er nach Behrens!) (ten Röteprozeß der Leinstengel in der Sommertauröte hauptsächlich ausführen. Seine Wachstumsverhältnisse habe ich am Weizen etwas genauer studiert. Die Hauptmasse des Mycels ist bei diesem Pilz außen zu finden. Durch Spaltöffnungen, kleine Verletzungen dringen die Mycel- fäden in Halm und Spelzen ein. Er löst in diesen Organen die Mittel- lamellen auf. Das Mycel entwickelt sich interzellular und trennt die einzelnen Zellen aus dem Gewebeverband. Nur wenige Hyphen dringen in «die Zellen ein und das geschieht immer durch die Poren. Bei starker Mycelentwicklung werden die getrennten Zellen zusammen- gedrückt und man kann dann die nichtgelösten Reste der Membranen wie Inseln zwischen den Fäden beobachten. Die Bastfasern werden nicht gelöst, ebenso bleiben steinzellen- artig verdickte Zellen intakt und zeigen noch die Holzreaktion. mit Phlorogluein-Salzsäure. Aber auch in den schwach verholzten Partien findet eine Lösung der Mittellamellen, wenn auch viel weniger leicht, statt. In den stark verholzten Geweben hingegen unterbleibt diese Lösung. ld. Behrens, Über die Thauröte von Hanf und Flachs. Zentralbl, für Jakteriologie 1903, IL. Teil. 21 Colletotrichum Lindemuthianum (Sacc.) P. Magnus. Dieser Pilz ist ein schlimmer Parasit der Bohnen, der sich be- sonders auf den grünen Hülsen ansiedelt. Er erzeugt ovale einge- sunkene Flecken von rostbrauner Farbe. Ist die Hülse noch saftig. so schreitet, die Zerstörung rasch vorwärts. Der Pilz durehbohrt. (dabei die junge Epidermis, indem zuerst ein Appressoriun gebildet wird, wie Frank!) feststellte Zum Eindringen benutzt er die Suturlinien der Epidermis und löst die Mittellamelle auf. Im Innern verbreitet er sich vorwiegend in den Interzellularen und löst die Mittellamellen auf. Zahlreiche Hyphen dringen in die Zeilen ein, wobei die Porenstellen an dickwandigen Zellen aufgesucht werden. Im ersten Stadium des An- griffes durch den Pilz wird das Gewebe locker und bekommt infolge der Isolierung der Zellen einen breiigen Charakter. Später wird es in- folge des Wasserverlustes wieder derber. An den Stellen, wo sich die Conidienlager bilden, treten stärkere Mycelansammlungen auf. Die Cuticula und Epidermis wird zerrissen und teilweise beiseite ge- schoben; ferner werden die Epidermiszellen von der Cuticula getrennt. Das sind alles Erscheinungen, die mit der Lösung der Hemizellulosen zusammenhängen. Auch die Lostrennung der Cuticula, die bei zahl- reichen Parasiten vorkommt, beruht auf der Lösung von Lamellen, die reich an leicht löslichen Zellulosen sind, indem die derbe Cuticula, aber auch die derbe Innenlamelle ungelöst bleiben. Tritt der Pilz in den jungen Samen ein, so wiederholen sich die gleiehen Erscheinungen. Längs der Suturlinien findet das Eindringen durch die Samenepidermis statt. Das Mycel wächst zuerst interzellular und trennt die einzelnen Zellen und später werden ihre Inhaltsstoffe aufgezehrt. Die echte Zellulose bleibt als ungelöster Rest zurück. Der Pilz zeigt sich nach dem pathologischen Bild nur hefähigt, lie Hemi- zellulose zu lösen. Die Fermentfrage. Die beobachteten Lösungserscheinungen der Pilze an den Hemi- zellulose haltigen Materialien führen notwendigerweise zu einer Betrach- tung der Fermente, die diese Lösungen ausführen. Mit der Lösung der Substanz geht immer eine hydrolytische Spaltung Hand in Hand, die Hemizellulosen verschwinden und es entstehen daraus wohl Zucker- arten, die von den Pilzen aufgenommen und im eigenen Stoffwechsel verwendet werden. Man beobachtet dann auch regelmäßig in diesen 1) B, Frank, Über einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. Ber. d, D. Bot. Ges. 1883. 20* 292 Kulturen, wo die Hemizellulosen gelöst werden, daß die Pilze gut wachsen und ihre Fäden mit Reservestoffen wie Glykogen und Eett füllen. Die Enzyme müssen den Pilzen ausgeschieden werden, bevor sie auf die festen Hemizellulosen einwirken können. Mit der Guajacwasser- stoffsuperoxydreaktion läßt sich dann auch leicht zeigen, daß Enzym- ausscheidungen stattfinden. Es ist besonders (die Umgebung der Hyphenspitzen und der jüngeren Hyphen die eine intensive Blaufär- bung geben. Die Abbauprodukte von der Spaltung der Hemizellulosen konnte ich leider nicht nachweisen. Wenn man z. B. gemahlenes Lupinus- material, das man durch Extrahieren mit Wasser und Äther von Zucker und Fett befreit hat, nun mit einem Pilz versetzt, der energisch die Hemizellulose löst, so treten während des Wachstums des Pilzes keine reduzierenden Zucker auf, die man isolieren könnte. Die Kultur- Hüssigkeit, auch wenn sie erneuert wird, zeigt mit Fellingscher Lö- sung immer nur Spuren reduzierender Zucker. Daraus schließe ich, daß der Pilz in diesem Falle, Botrytis vulgaris, das aus der Hemi- zellulose entstandene Material sofort aufgenommen und im eigenen Stoffwechsel verwertet hat. Ich habe den gleichen Versuch mit Sklero- tinia fruetigena und Rhizopus nigricans wiederholt, immer mit dem gleichen negativen Erfolg. Auch könnte man vermuten, daß der Ab- bau der Hemizellulosen nicht bis C, Zuckerarten erfolgt. Kocht man aber die von Hemizellulosen befreite Kulturflüssigkeit mit Säure, so zeigt sich nachher keine Vermehrung der Reaktion mit Fehlingsscher Lösung. Ich muß somit annehmen, daß auch keine komplizierteren Zucker sich während des Abbaues ansammeln. Um diese Fragen der Fermentausscheidungen der Pilze und der Abbauprodukte bei ihrer Wirkung auf Hemizellulosen zu prüfen, müßte man mit Preßsäften, die aus fein zerriebenen Pilzen hergestellt werden, operieren. Dazu fehlen mir die Einrichtungen vollständig. Ich kann diese Fragen nur diskutieren, so weit sie aus den Pilzkulturen er- schlossen werden können. j Die Frage der Lösung von Zellulosen durch Pilze ist wohl von R. Hartig?) zuerst eingehender geprüft worden. In seinen prächtigen Untersuchungen über „Die Zersetzungserscheinungen des Holzes“ zeigt er. daß die Lösungserscheinungen die bei diesen Prozessen streng an 1) R. Hartig, Die Zersetzungserscheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche. Berlin 1878. 293 die Gegenwart von Pilzfäden gebunden sind. Im weiteren zeigt Hartig!), daß diese Prozesse der Auflösung der Holzzellen keineswegs einfacher Natur sind, sondern daß stufenweise verschiedene Substanzen aus dem Holz gelöst werden, bis schließlich die ganzen Membranen durch die Pilze aufgezehrt sind. Die Fermentfrage selbst ist von Hartig nicht angeschnitten worden. Diese Frage ist zuerst von de Bary?) an Hand der Botrytis vulgaris genauer untersucht worden. Er kommt zu dem Resultate, daß der Pilz ein besonderes Zellulose lösendes Ferment ausscheidet, das auch ohne die Gegenwart von Pilzhyphen die Wirkung ausübt. De Bary hat das Ferment durch Ausfällen mit Alkohol aus Lösungen in einer Form gewonnen und die Bedingungen seiner Wirk- samkeit festgestellt. Ganz ähnlicher Natur sind die Untersuchungen von Marshall Ward?) an einer Botrytis, die auf Liliumarten vor- kommt. Dieser Autor isolierte ebenfalls das Ferment und zeigte, daß seine Wirkung unabhängig von den Pilzhypken eintritt. Es vermag die Zellwände ebenfalls aufzulösen. Bei den Studien über die Thauröthe von Hanf und Flachs, ferner bei den Untersuchungen über die Obstfäulnis hat J. Behrens) (lie Frage der Zelluloselösung durch Pilze ebenfalls experimentell geprüft. Er kommt dabei zum Resultate, daß Botrytis cinerea echte Zellulosen auflösen könne, während Mucor stolonifer, Penicillium glaucum das nicht tun. Hingegen vermögen die beiden letzteren Pilze das Pektin, das aus roten Rüben und Leinpflanzen nach der Vorschrift von Magnin isoliert wurde, in Lösung zu bringen. Diese Eigenschaft soll der Scelerotinia fruetigena abgehen. Das sukzessive Herauslösen der verschiedenen Substanzen aus den Holzkörpern während der Zersetzungserscheinungen durch Pilze, hat Anlaß zum Aufsuchen von verschiedenen Fermenten gegeben. F. Czapek>) konnte vom Preßsaft von Merulius lacrymans feststellen, daß diese zuerst die inkrustierenden Substanzen des Holzes in Lösung 1) R. Hartig, Die Zersetzungserscheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche. Berlin 1878, 2) A. de Bary, Über einige Sklerotien und Sklerotinienkrankheiten. Bot. Zeitung 1886. 3) M, Ward, On a lily disease. Ann. of Bot. 1888. 4) J. Behrens, Beiträge zur Kenntnis der Obstfäulnis. Zentralblatt für Bakteriologie 1898, H. Teil. 5) F. Czapek, Zur Biologie der holzbewohnenden Pilze. Ber. ı. D. Bot. Ges. 1899. 294 bringt. Er zeigt, daß diese Wirkung des Preßsaftes durch Erwärmen auf 100° verloren geht und schließt daraus auf ein Ferment, das er als „Hadromase“ bezeichnet. Eine Zellulose lösende Wirkung des Preß- saftes von Merulius konnte Czapek nicht auffinden, trotzdem aus dem Verhalten des Pilzes während der Zersetzungserscheinungen des Holzes eine solche Wirkung bereits von Hartig') festgestellt ist. Später hat A. H.R. Buller?) die Enzyme von Polyporus squamosus und Bour- quelot und Hörissey?°) diejenigen von Polyporus sulfureus untersucht. Im Preßsaft, der aus den Hüten dieser Pilze dargestellt wurde, gelang es beiden Forschern nicht, die Hadromase nachzuweisen und ebenso gelang die Lösung echter Zellulosen nicht. Aus den Zersetzungs- erscheinungen, die diese beiden Pilze in den Holzkörpern hervorrufen, geht aber mit Sicherheit hervor, daß sowohl die Herauslösung der in- krustierenden Substanzen und dann die Lösung der Zellulose statt- findet, wie beide Forscher mit Recht hervorheben. Auch Kolinstamm‘) konnte im Preßsaft aus dem Fruchtkörper von Polyporus squamosus keine Zellulose lösendes und kein Lignin lösendes Enzym darstellen. Dagegen konnte Kohnstamm das Ergebnis von Czapek mit Meru- liuspreßsaft, daß er die inkrustierende Substanz zu lösen vermag, be- stätigen. Dieser Meruliuspreßsaft löst die Membranen der Blättchen von Elodea canadensis und zeigte somit das Lösen von Zellulose. R. Bullers) fand im Preßsaft von Polyporus squamosus ein Ferment, das Pektin, nach Magninscher Vorschrift dargestellt, zu lösen vermag. Die Lösung der Membranen des Gerstenendospermes durch diesen Preßsaft tritt ebenfalls ein. Er schließt daraus auf das Vorkommen von Pektose und Cytose. Bourquelot und H&rissey®) stellten fest, daß der Preßsaft von Polyporus sulfureus, auch die Substanz der Horn- endosperme der Leguminosen löst. Das gleiche hat Herissey‘) früher für verschiedene Aspergillusarten gezeigt. Sie bezeichnen das Ferment 1) R. Hartig, Der echte Hausschwamm. 4. Aufl, 1902. 2) &. H. R. Buller, The enzymes of Polyporus squammosus. Annals of Bot. 1906. 3) Bourguelot et Herissey, Lex ferments solubles du Polyporus sulfureus. Bull. de la Soc. myeologique 1906. . 4 Th. Kohnstamm, Amylolytische, glykosidspaltende, proteolytische und Zellulose lösende Fermente bei holzbewohnenden Pilzen, Beihefte zum Botan. Zentralbl. 1901. SR. Buller l. c. %) Bourquelot et Herissey 1. c. ”) Herissey, Recherches chimiques et physiologiques sur la digestion des Mannanes et des Calaktanes par la seminase. Revue generale de het. 1008. 235 nach ihren früheren Untersuchungen an keimenden Leguminosensamen als Seminase. J. Grüß!) hat das Verhalten von Penieillium glaucum zu der Reservezellulose von Phoenix dactylifera und Dracaena draco geprüft und eine Lösung gefunden. Diese Eigenschaft schreibt er einem dias- tatischen Ferment zu, das vom Pilz abgesondert wird. In seinen Studien über Ustilago Maydis findet Grüß®), daß dieser Pilz die ver- quollenen Wände des Traganth zu lösen vermag, dagegen erscheint die Lösung der Dattelreservezellulose durch Ustilago Maydis nicht einzutreten. E. Schulze®) hat bei seiner Untersuchung über die Hemizellu- lose von Lupinus hirsutus gefunden, daß Taka-Diastase, die bekanntlich von Aspergillus oryzae herstammt, diese Hemizellulose zu lösen vermag. Das gleiche Resultat hat auch Newcombe*) mit Taka-Diastase bei Einwirkung auf andere Lupinensamen erhalten. Um eine echte Zelluloselösung dürfte es sich in den Versuchen von O. Appel) mit Fusarien handeln. Dasselbe zeigt, daß von Filtrir- papier nach sieben Wochen 48,25 °/, der Trockensubstanz von Fusarium vasinfectum aufgezehrt worden sind. Hier sind so große Quantitäten der Stoffe des Filtrierpapiers durch den Pilz in Lösung gebracht worden. daß es sieh wohl nicht bloß um Lösung der oberflächlich veränderten Faserschichten handelt. Der gleiche Autor betont gleichzeitig, daß durchaus nicht alle Fusarien die Eigenschaft der Zelluloselösung be- sitzen, sondern andere Fusarien die Zellulose nicht anzugreifen ver- mögen. Gelegentliehe Beobachtungen über die Auflösung einzelner Men- branteile durch Pilze finden sich in den meisten wichtigen Arbeiten pflanzenpathologischer Natur. Es kann aber nicht meine Aufgabe sein. auf diese näher einzutreten. Die Frage der Zelluloselösung ist dann von (en Bakteriologen an Hand der Bakterien genauer studiert worden‘), Man unterscheidet 1; J. Grüß, Beiträge zur Enxymologie. Festschrift f. Schwendener, 190m. 2} J. Grüß, Biologische Erscheinungen bei der Kultivierung von Uxtilage Maydis. Ber. d. D. Bot. Ges. 1902. 3) E. Schulze und N. Castoro, Beiträge zur Kenntnis der Hemizellulosen. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1902, Bd. XXXYVIL 4 Newcombe, Cellulose-Enzymes. Ann. of Botany 1599. 5) O. Appel, Beiträge zur Kenntnis der Fusarien und der von ihnen hervor- gerufenen Pflanzenkrankheiten. Arbeit. a. d. kaix. biol. Anstalt f. Land- u. korst- wirtschaft 1906, Bd. V, Heft 4. 6) Die weitschiehtige Literatur in der Bakteriologie über die Frage der Zelluloselösung kann hier nicht diskutiert werden, indem an anderen Orten, so in Lafar, Technische Mykologie, sieh darüber Literaturzusammenstellungen vorfinden. 296 dort zwei verschiedene Lösungserscheinungen: 1. die Pektinvergährer und 2. die Zellulosevergährer. Zu den Pektinvergährern rechnet man diejenigen Bakterien, welche die Mittellamelle auflösen, die Zellulose aber intakt lassen. Dahin gehören z. B. Bacillus amylobacter von Tieghem, der eine Kartoffelfäulnis verursacht und bei den Zer- setzungserscheinungen toter Stengel häufig zu treffen ist; der Bacillus asterosporus Arthur Meyer, der auch in toten Stengeln die Mittel- lamellen lösen soll und sicher ist das Plectridium pectinovorum von Störmer ein Hemizellulosevergährer. Auch die Urheber der Schwarz- beinigkeit der Kartoffel, Bacillus caulivorus und verwandte, zeigen eine ausgesprochene Fähigkeit, die Mittellamellen zu lösen, die Zellwände selbst aber intakt zu lassen‘). Es handelt sich hier sicher um Hemi- zellulose lösende Bakterien. Bei genauer Durchprüfung dürften die sogen. Pektinvergährer unter den Bakterien sieh woll sämtlich als Hemi- zellulose lösende Bakterien entpuppen. Die Eigenschaft, nur die Mittel- lamellen in Lösung zu bringen, ist eben nur ein spezieller Fall von der viel allgemeiner verbreiteten Eigenschaft der Lösung der Hemi- zellulosen. In der Lösung der Hemizellulosen werden die Bakterien wie die Pilze spezialisiert sein, Als echte Zellulosevergährer sind bis jetzt unter den Bakterien uur die von Omeliansky?) beschriebenen Stäbchen erkannt. Es ist aber wahrscheinlich, daß auch weitere Bakterien diese Eigenschaft be- besitzen. Jedenfalls dürfte es sich empfelilen, strenger als bisher die Verhältnisse bei verschiedenen Zellulosen zu unterscheiden. Bei der Keimung der Hemizellulose haltigen Samen werden die Wandverdickungen gelöst. Die Lösung selbst geschieht durch Aus- scheidung von Fermenten, wie die Abschmelzungsfiguren während der Lösung deutlich zeigen und wie durch Grüß?) besonders mit der Guajacwasserstoffsuperoxydreaktion dargetan wurde. Es haben Brown und Morris?) für das Enzym, das bei der keimenden Gerste die Membranen löst, die Bezeichnung „Cytase“ vorgeschlagen, weil diese Forscher glauben gezeigt zu haben, daß die Cytase verschieden sei von 1} 0. Appel, Schwarzbeinigkeit und Knollenfäule der Kartoffel. Arb. a. d. kais. biol. Anstalt f. Land- u. Forstwirtschaft, Bd. III, Heft 4. 2) W. Omeliansky, Zentralbl. f. Bakteriol. 1902 u. 1903. 3) J. Grüß, Über die Einwirkung der Diastase-Fermente auf Reservezeilu- lose. Ber. d. D. Bot. Ges. 1994. 4) Brown und Morris, Researches on the germination of some of the Gra- mineae. Journal of the Chemical Society 1890. 297 der Diastase, die Stärke in Lösung bringt. Dem hat besonders Reinitzer!) widersprochen, der glaubt, daß bei der Lösung von Hemizellulosen nur Diastase wirke. Grüß?) nimmt insofern eine etwas abweichende Stellung ein, als er annimmt, daß zwar nur Diastase die Hemizellulosen löse, daß es sich aber bei verschiedenen Pflanzen um verschieden wirksame Diastasen handle. Dagegen nehmen Bourquelot und H6rissey*) bei den keimenden Leguminosensamen mit Schleimendospermen ein von der Diastase verschiedenes Ferment an, das die Hemizellulosen in Lösung bringt, und bezeichnen es als Seminase. Auch Newcombe°) kommt zum Resultat, daß das Zellwand lösende Ferment «ler Cytase verschieden von der Diastase ist, bei Lupinen, Datteln und Gerste aber identisch sein soll. Für («as Ferment, das bei Ceratonia siliqua die Wände (les Schleimendosperms löst, nimmt Effront‘) ein hesonderes Ferment an und bezeichnet es als „Caroubimase®. Wie aus dieser kurzen Zusammenstellung der verschiedenen An- sichten ersichtlich ist, herrscht keineswegs eine einheitliche Vorstellung von den Fermenten, welche Zellulose, Hemizellulose und Stärke lösen. Die Schwierigkeiten in der Darstellung der Fermente, besonders aber die Tatsache, daß eine Reihe verschiedener Fermente stets neben ein- ander vorkommen, bewirken, daß bei den verschiedenen Experimentatoren ungleiche Resultate erhalten werden. Je nach den Versuchsbedingungen kommt in einem Gemenge von verschiedenen Fermenten ıas eine oder andere besser zur Wirkung und vorläufig besitzen wir noch keine Mittel, um verschiedene Fermente aus Gemengen zu trennen. Czapek°) bringt darum in seiner „Biochemie «der Pflanzen“ (liese Fermente in folgende Gruppen: 1. Zellulase, echte Zellulose spaltend; 2. Cytase oder Seminase, Reservezelllulose spaltend; 3. Pektase, Pektin spaitend; 1) Reinitzer, Über das Zellwand lösende Enzym der (ierste. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1897, Bd. XXXIL. 2) Bourquelot et Hörissey, Sur les ferments solubles produits pendant la germination par les graines a albumen corne. Comptes Rendus de P’acad. Paris 1900; ferner Bourquelot et Herissey, Sur l'individualitö de Ia seminase. Compt. Rendus 1900 und Hörissey, Recherches chimiques et physiologiques sur la digestion des Mannanes et des Galaktanes par la seminase. Revue gener. de botanique 1903. 3) Newcombe, Cellulose Enzymes. Annales of Botany 1899. 4) J. Effront, Sur un nouvel enzyme hydrolitique la caronbinase. Compt. Rendus 1897. 5) F. Czapek, Biochemie der Pflanzen 1905, Bd. T, pag. 68. 298 4. Diastase oder Amylase, Stärke spaltend: 5. Glykogenase, Glykogen spaltend: 6. Hadromase, Lignin lösend. Diese Fermente sind untereinander verschielen und üben nur die speziellen Wirkungen aus. Unsere Versuche geben für die Fermentfrage auch einige Anhalts- punkte. Man kann allerdings gegen sie den Einwurf erheben, daß nur unter den gegebenen Bedingungen die Pilze dieses besondere Lösungs- vermögen zeigen, daß vielleicht unter anderen Bedingungen die Pilze auch sich anders verhalten würden. Dieser Einwurf ist jedoch nicht berechtigt. Zum Teil sind die Resultate der experimentellen Unter- suchung durch das pathologisch-anatomische Verhalten der Pilze be- stätigt worden. Andererseits sind die Versuche unter genau den gleichen Bedingungen ausgeführt worden und es wäre nicht einzusehen, warum der eine Pilz unter diesen Verhältnissen die Substanz löst und ein nahe verwandter Pilz sie nicht lösen würde. Gewiß werden, wie Pfeffer und Katz gezeigt haben, auch die Zellulose lösenden Enzyme wie die Diastase durch Ansammlung der Spaltungsprodukte in der Bildung ge- hemmt. Wenn aber durch die Versuchsbedingungen dem Pilz keine oder nur ganz geringe Mengen löslicher Kohlenhydrate zur Verfügung stehen, so ist der Pilz gezwungen aus dem anderen Materiale den Zellu- losen sich die Kohlenhydrate anzueignen. Kann er dieses nicht, so zeigt dieses Verhalten nur, daß ihm die Fähigkeit. abgeht, die zur Ver- Verfügung stehende Zellulose zu lösen. Aus der Unfähigkeit eines Pilzes eine bestimmte Zellulose zu lösen, schließe ich deshalb, daß der Pilz, das zur Lösung notwendige Enzym nicht absondern kann und daß dieses Enzym verschieden sein muß von dem Enzym, das eine andere Hemizellulose in Lösung bringt. In einer Zusammenstellung bekommen wir folgendes Bild für das Lösungsvermögen der verschiedenen unter- suchten Pilze: {Tabelle siehe nächste Seite oben.) Aus (dieser Tabelle ist zunächst ersichtlich, daß keiner von den angeführten Pilzen vermochte, echte Zellulosen, wie sie in den Flachs- fasern und der Baumwolle vorkommt, zu lösen. Da aber diese Eigen- schaften sicher den Holz zerstörenden Pilzen, wie Trametes radieiperda, Polyporus borealis, sulfureus usw. zukommt und wahrscheinlich auch bei Humus bewohnenden Arten noch getroffen wird, so ist man be- rechtigt, ein besonderes Ferment anzunehmen, das echte Zellulose in Lösung bringt. Wahrscheinlich ist es identisch mit dem bei Bakterien von Omeliansky angenommenen Fermente. Nach der allgemein an- _ Hemizellulosen von D | m nenn 28 F} 23 :|2|.\|%|8 sei212|5|8|8 SıS|8|2|5|8 CHEBE-BE:BE-; j ! Mueor racemosus . 2 2 20. + -i-|- » negletus. . v2 220. — | _—1-|+ » Pirforme. . 2 222000. —- |-:+i-:- + sw gloebosus . . 2.2.2 20.. +! ; Thamneidium elegans . 12412 ii Rhizopus nigricans . —_ 55 ’ : Penieillium glaueum I _ l-ı-t! + „ I |-.+| + Sclerotinia feuetigena . -|- -+j _ 1 einerea . En u Botrytis einera.. . » 2-20... lo 4 + „vulgaris -/+i4| BE Nectria cinnabarina FE — |+i+ | _ Cladosporium herbarum . . ur -— |+:+ + Colletotrichum Lindemuthianum .. _ r + | + Trichotheeium roseum. . . .... - Ir +ı + i B genommenen Nomenklatur muß es als eine Zellulase bezeichnet werden. Die Pilze sind gegen die Hemizellulosen mit Bezug auf das Lösungsvermögen spezialisiert. Man kann die erzielten Resultate nur erklären, wenn man mindestens vier voneinander verschiedene Hemi- zellulose lösende Fermente annimmt. Da man bis jetzt sich immer der Ausdrücke Cystase oder Seminase für die Reservezellulose lösenden Fermente gebraucht hat, so will ich die Fermente folgendermaßen be- zeichnen. 1. Moliniacytase. Sie löst die aus Hemizellulose bestehende Wandverdickung des Speicherinternodiums von Molinia cverulea Mönch.. oder eine Hemizellulose, die aus Dextrose, Xylose und wenig Laevulose besteht. Lupinuseytase. Sie löst die aus Hemizellulosen bestehenden Membranen der Lupinuskotyledonen, die bei der Hydrolyse Galaktose und Arabinose liefern. 3. Phönixcytase. Sie löst die Hemizellulosen im Phönixendo- sperm, die Mannose und Galaktose beim Abbau liefert. 4. Impatienscytase. Sie löst die Hemizellulose in den Kotyle- (lonen von Impatiens balsanıina, die wahrscheinlich Galaktose und Xylose bei der Hydrolyse gibt. Diese vier aufgefundenen Fermente sind sicher in ihrer Wirkungs- weise voneinander verschieden. denn sie lösen je Hemizellulosen von 300 verschiedener Zusammensetzung. Es ist aber wahrscheinlich. daß bei weiterer Untersuchung noch neue von diesen verschiedene Hemizellulose lösende Fermente gefunden werden, deun meine Untersuchung mußte sich auf eine kleine Zahl von Objekten beschränken. Aber auch da finden sich Differenzen, z. B. bei Impatiens. Die einen Pilze, wie Penieillium lösen das Amyloid heraus aus der Membran und lassen Mittellamellen und Grundsubstanz fast ganz intakt; andere hingegen, wie Trichotheeium roseum lösen die Mittellamelle und die Grundsub- stanz, lassen das Amyloid zurück. Auch bei Lupinen hahe ich etwas ähnliches beobachtet, Selerotinia fructigena löst zuerst die Verdiekungs- schicht und nachher die Mittellamelle. während Mucor globosus zuerst «lie Mittellamelle und nachher die Verdickungssehicht löst. Sehr wahr- scheinlich beruhen solche Differenzen auf der Wirkungsweise ver- schiedener Enzyme, die noch genauer zu studieren sind. Die alte Cytase ist demnach kein einheitliches Ferment sondern setzt sich aus einer Reihe verschiedener Fermente zusanmmen. Die Pektase, (lie das nach Magnin’scher Vorschrift dargestellte Pektin ent- halten soll, dürfte mit den Hemizellulose lösenden Enzymen nahe ver- wandt sein. Meine Untersuchungen ergeben, daß die Fähigkeit eines Pilzes, Mittellamellen zu lösen, die ja aus Pektin hestehen sollen, nur der Eigenschaft der Organismen, Hemizellulosen in Lösung zu bringen, zuzuschreiben ist. Auch die von Bourquelot und Herissey auf- gestellte Seminase ist ein Hemizellulose lösendes Enzym. Aus den Untersuchungen von Hörissey geht hervor, daß sie von Aspergillus- formen abgesondert wird und verschieden von der Diastase ist. Ich halte diese Seminase aber auch für verschieden von den von mir an- geführten Fermenten. Sie wäre zu charakterisieren als ein Ferment, das Hemizellulose, bestehend aus Mannose und (Galaktose, löst und würde der Phönixeytase am nächsten stehen. Da sie aber naclı Hörissey «lie Phönixhemizellulose nicht anzugreifen vermag, so ist damit auch die Verschiedenheit von diesem Ferment sehr wahrscheinlich gemacht. Die Hemizellulose der Palmen ist, trotzdem sie gleiche Abbauprodukte liefert wie die Schleimeniosperme der Leguminosen von diesen stark verschieden, wie nur wenige Reaktionen schon darzutun vermögen. Einmal ist die Palmenhemizellulose gegen alle Quellungsmittel viel resistenter als das Hornendosperm der Leguminosen. Gegenüber Chlor- zinkjod zeigt die Reservezellulose der Palmen zuerst einen gelblichen i) Herissey, Recherches chimiques et physiologiques sur la digestion des Mannanes et des Galaktanes par la seminase, Revue gen6rale de botanique 1903. 301 Ton, der dann ins violette übergeht, während beiden Schleimendospermen fast keine Färbung zu bemerken ist. In den Phanerogamenkeimlingen sind gewiß die Fermente, welche ie verschiedenen Hemizellulosen hei der Keimung der Samen in Lösung bringen, nicht identisch. Die Mittel, aber, um verschiedene Fermente zu trennen, haben wir nicht. Das ist der (rund, warum in den Diastasepräparaten stets verschiedene Fermente sind. So z. B. enthält «die känfliche Gerstendiastase und Malzextrakt neben dem Stärke lösenden Ferment auch das Hemizellulose lösende Ferment. Darauf ist sicher ein großer Teil der Widersprüche zurückzuführen, die sich in der Literatur vorfinden. Gewiß werden beim Studium anderer Pilze in ihrer Wirkung auf verschiedene Zellulosen noch andere Fermente nachgewiesen werden. Die Untersuchungen RB. Hartigs über die Zersetzungserscheinungen der Hölzer fordern gerade zu solchen Untersuchungen auf. Versuche die ich mit Trametes radieiperda und Polyporus igniarius anstellte, scheiterten an dem Umstande, daß es mir nicht möglich war, (die be- trefienden Pilze auf künstlichen Nährboden rein zu kultivieren. Aus der Untersuchung R. Hartigs muß aber gefolgert werden, daß Trametes wenigstens zwei verschiedene Fermente absondert: eines, das die ver- holzende Substanz zuerst herauslöst, und eines, das nachher die echte Zellulose in Lösung bringt. Die Hartigsche Angabe habe ich nach- geprüft und kann sie nur bestätigen. In Fig. 9, Tafel IV finden sich bei Hartigs Zersetzungserscheinung die succesiven Lösungserscheinungen gut wiedergegeben. Auch für andere Holz zerstörende Pilze muß die Lösung der echten Zellulose aus den Bildern der Holzzerstörung gefolgert werden; so für Merulius lacrymans, Lenzites saepiaria, Daedalea «nereina, Polyporus fulvus, borealis, igniarius, fomentarius, sulphureus, dryadeus, hirsutus, betulinns und gewiß noch andere. Aber auch bei gewissen Asconıyeeten tritt eine Lösung der echten Zellulose ein. So ist dieser Vorgang von Appel!) für einzelne Fusarien festgestellt, nach Biffen?) tritt das auch bei Bulgaria polymorpha ein, ferner ist es der Fall bei Clithris quereina. Ich habe die feste Überzeugung, daß die Zelluloselösung durch die Pilze bei der Zersetzung der Pflanzenkörper im Boden eine viel größere Rolle spielt als man bis dahin angenommen hat. 157 v. Appel, 1. c. 2%), Biffen, On the Biology of Bulgaria polymorpha, Annales of Botany 1902, Vol. XV. 302 Die Beziehungen der Lösungserscheinungen zur chemischen Konstitution der Membranen. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen mit aller Deutlichkeit, daß den Auflösungserscheinungen der Membranen durch die Pilze keines- wegs einfache Verhältnisse zugrunde liegen. Es ist in erster Linie zu bemerken, daß die Vorgänge der Lösung immer mit einer hydrolvtischen Spaltung der Zellulosen in verschiedene Zuckerarten verbunden sind. Im Laboratorium wird diese Spaltung immer mittelst Säuren «durch- geführt; die Geschwindigkeit der Spaltung wird durch die Säure- konzentration und die Temperatur in der Hauptsache bestimmt. In diesem Prozeß spielt die Säure die Rolle des Katalysators. sie wird nicht verbraucht, sondern geht unverändert aus dem Prozeß wieder hervor. Der Verlauf der Spaltung der Zellulose in der Pflanze hat große Ähnlichkeit mit dem Gang der hydrolytischen Spaltung durch Säuren. Es entstehen wahrscheinlich die gleichen Abbauprodukte, aber als Katalysatoren funktionieren keine Säuren, sonderu Fermente. deren Zusammensetzung wir nicht kennen. Durch eine und dieselbe Säure gelingt es, alle bekannten Zellulose- formen zu spalten, ebenso Stärke, Glykogen, Rohrzucker usw.. nur ist die Konzentration, die angewendet werden muß, verschieden. Während durch '/,°/,ige Schwefelsäure Stärkekleister, Rohrzucker, Glykogen bei Zimmertemperatur hydrolysiert werden, ist zur Spaltung der Hemi- zellulosen bei gleicher Temperatur eine höhere Säurekonzentration er- forderlich und die echten Zellulosen werden erst durch konzentrierte Säuren angegriffen. Man könnte nun glauben, daß die Stoffe, die bei gleicher Säurekonzentration und gleicher Temperatur gleich rasch hydro- lysiert werden, auch in der Pflanze von dem gleichen Fermente in Lösung gebracht werden. Das ist aber nicht der Fall. Ein schönes Beispiel dafür sind die Hemizellulosen. Sie sind in kochenden ver- dünnten Säuren (3 %/,ige Schwefelsäure) leicht löslich und werden hydro- lysiert. Zwischen den verschiedenen Hemizellulosen bestehen in dieser Riehtung nur geringe Unterschiede, wie die Untersuchungen E. Schulzes deutlich zeigen. Unsere Untersuchung hat aber dargetan, daß ver- schiedene Fermente vorhanden sind, von denen jedes nur eine bestimmte Hemizellulose löst und eine andere Hemizellulose nieht zu lösen ver- mag. Es müssen somit die Verschiedenheiten in der Konsti- tution der Hemizellulose diese Unterschiede bedingen und nicht ihre ungleiche Löslichkeit in den Säuren. Für sie paßt der Vergleich E. Fischers, daß das Enzym zur Konstitution der Sub- stanz passen muß, wie der Schlüssel zum Sehlüsselloch, in ausgezeichneter 303 Weise. Wir besitzen leider iiber die Konstitution der Zellulosen sehr wenig Anhaltspunkte, ja man darf ruhig sagen, ılaß die Hemizellulosen noch nie im reinen Zustand gewonnen worden sind. Es sind nur Körper, die wir auf Grund der verschiedenen Abbauprodukte trennen. Eine nähere Ausprache über die Wirkungsweise der Zellulose lösenden Enzyme würde darun ins Gebiet unfruchtbarer Spekulationen gehören. Andere Fragen hingegen lassen sich mittelst der Wirkungsweise der Pilze auf Zellulosen prüfen. Die Zellmembranen bestehen aus verschiedenen Schichten. In den meisten Fällen sind die Unterschiede durch verschiedenen Wassergehalt der gleichen Substanz bedingt. An- dererseits kennen wir Schiehtungen von Membranen, die durch ver- schiedene Substanzen erzeugt werden, so die Mittellamellen, die ungleich verholzten Schichten der Libriforn und Bastfasern. Von besonderen Interesse sind aber die Fälle, wo in die echten Zellulosen noch Hemi- zellulosen in der Membransubstanz eingelagert oder chemisch gebunden sind. Wie meine Untersuchungen) zeigen, sind solche Fälle viel häu- figer, als man früher annahm. Ich habe durch meine Untersuchungen den Eindruck bekommen, daß fast in allen Pflanzenmembranen neben echten Zellulosen auch noch Hemizellulosen eingelagert sind, freilich in wechselnden Quantitäten, je nach den Pflanzenorganen und nach dem Alter des Pflanzenteiles. Es entsteht für unsere Untersuchungen somit die Frage, ob durch die Einwirkung der Pilzenzymen auf solche Mem- branen die Hemizellulosen herausgelöst werden können, Die Unter- suchungen von Pflanzengeweben, die durch Pilze zersetzt werden. be- stätigen durchaus diese Vermutung. Schon die Tatsache, daß ie Mittellamelle von vielen Pilzen gelöst wird, zeigt, daß der Unterschied in der stofflichen Zusammensetzung dieser Lamelle gegenüber den anderen für die Lösung von maßgehendem Einfluß ist. Die übrigen Schichten der Membranen bleiben nun durch- aus nicht unverändert. Schon de Bary?) ist es hei der Untersuchung les Enzymes von Peziza selerotiorum aufgefallen, daß „bei gleichnamigen Parenchymmembranen, die keinen Unterschied weder in der Dieke noch in ihrer exquisiten Zellulosefärbung erkennen lassen,“ aber von jungen und älteren Partien der gleichen Petunia stammen, ein großer Unterschied im Verhalten gegen das Enzym hervortritt. Bei den jungen Geweben trat die Lösung der Mittellamelle rasch ein, beim alten Gewebe wurde 1) Über das Vorkommen von Hemizellulose bei unseren Waldbäumen. Ber. d. D. bot. Ges. 1905. 2) A. de Bary, Über Sklerotien und Sklerotienkrankheiten. Bot. Ztg. 1888, pag. 451. 304 diese Membran selbst nach langer Einwirkung des Fermentes nicht gelöst. Dieser Unterschied beruht nur darauf, daß in der alten Mem- bran viel mehr echte Zellulosen enthalten sind und die Hemizellulosen zu- rücktreten, während in jungen Membranen mehr Hemizellulosen sich vorfinden. Kocht man diese Gewebe während zwei Stunden in 5 /,iger Salzsäure, so treten die gleichen Veränderungen wie nach der Einwir- kung der Botrytis auf. An einer anderen Stelle bemerkt de Bary pag. 415: „Bei den Daueusrüben, «len Internodien von Faba nnd anderen Stengeln sind die Membranen der getrennten Zellen äußerst schlaff und zart; es hat den Anschein, als hätten sie selbst starken Verlust erlitten“. „Bei Betarüben bleiben die Membranen fester und man erhält durch Zerdrücken oder Verzupfen vergifteter (Grewebestücke die saubersten Mazerationspräparate® Auch bei diesen Präparaten hat man nur die Unterschiede zwischen Membranen mit viel oder weniger Hemizellulosen vor sich. Kocht man die Gewebe der Daucusrübe vom Fabastengel und Beta- rübe in 5°; iger Salzsäure während zwei Stunden, so treten analoge Ver- änderungen ein. Bei der Daucusrübe lassen die Gewebe sich leicht. trennen oder sie sind bereits getrennt, die Membransubstanz erscheint weniger dicht, jedenfalls mehr als die Hälfte ist gelöst worden und die Reste der Membranen sind vielfach zu Klumpen vereinigt. Fast genau gleiche Än- derungen zeigt das Parenchym (des jungen Fabastengels. Dieser Ver- such zeigt somit, daß bei den Objekten in den Membranen ansehnliche Quantitäten Hemizellulosen enthalten sind; ich schätze, daß etwas mehr als die Hälfte bei der Dancusrübe aus Hemizellulosen besteht. Wenn der Pilz neben den Mittellamellen auch die Substanz der Membran hier teilweise gelöst hat, so hat er somit nur die Hemizellulose heraus- gelöst und die echten Zellulosen zurückgelassen. Bei der Betarübe sind auch die Zellwände nach dem Kochen in verdünnter Säure viel derber als bei Daucus und Vicia faba und das Gewebe trennt sich nicht so leicht in die einzelnen Zellen. Sie enthalten somit. viel weniger Hemi- zeilulosen als die Parenchymwände von Daucus und Yicia faba. Damit stimmt das Verhalten des Pilzes überein. Die Wand, die viel echte Zeltulose enthält, wird nicht angegriffen, Für diese Botrytis vulgaris komme ich zum Resultat, daß sie auch (die Hemizellulosen aus Membranschiehten herauszulösen vermag. wenn sie mit echter Zellulose vermengt oder chemisch gebunden ist. Die Einwirkung des Pilzenzymes muß als ein vorzügliches Mittel be- zeichnet werden, um in einer Membran Zellulosen und Hemizellulosen zu trennen, wenigstens in unverholzten Membranen. 305 Auch für andere Pilze habe ich ganz ähnliche Erfahrungen ge- sammelt. Interessant ist in dieser Beziehung die Lösung des Flachs- stengelparenchyms durch Rhizopus nigricans. Neben der Mittellamelle löst der Pilz auch Substanz aus den übrigen Schichten des Rinden- parenchyms. Die Membranen werden weniger dicht, schrumpfen zu- sammen. Kocht man das gleiche Gewebe längere Zeit mit verdünnter 3°/,iger Salzsäure, so zeigen die Membranen die gleichen Veränderungen. Es wird etwa ein Drittel bis die Hälfte der Substanz gelöst. der andere Teil quillt etwas und die Membranen lassen siel: heim zerzupfen ziem- lich leicht trennen. Der Pilz hat somit nur die Hemizellulose aus der Membran herausgelöst, die auch bei dem Kochen mit verdünnten Säuren nach und nach gelöst wird. Correns!) macht darauf aufmerksam, daß durch die Behandlung der Gewebe mit Schulzeschem Mazerationsgemisch nicht allein die Mittellamellen der Membranen gelöst werden, sondern auch aus Bast- fasern und anderen verdickten Parenchymmembranen noch in einzelnen Schichten Substanz herausgelöst wird. Diese Substanz ist nach Cor- rens einer der Typen der Zellulose. Heute wissen wir, daß es Hemi- zellulosen sind, die aus dem Verbande der echten Zellulose gelöst werden. Ich fragte mich, ob eine solche Differenzierung der Schichten mit Pilzenzymen resp. in Pilzkulturen erzielbar ist, So weit es sich um unverholzte Menıbranen handelte, gaben mir meine Versuche immer positive Resultate. Bei den Versuchen mit Mucor racemosus die zu Flachsstengel- schnitten gebracht wurden, war entschieden in der Flachsfaser die Schich- tung viel deutlicher geworden, ohne daß aber nachher durch Zerdrücken der Präparate eine Trennung der Schichten erfolgt wäre. Es mag in der «dunklen Schicht etwas von der Substanz in Lösung gegangen sein. Deutlicher als an der Leinfaser trat dieses Verhalten an den collen- chymatisch verdickten Partien des Parenchyms von Begonia hervor. Es treten die Schichtungen der Membran deutlich hervor: im Innern ist die Substanz in einzelnen Schichten bedeutend weniger dicht geworden. Bei Botrytis vulgaris läßt sich das gleiche leicht im Collenchym verschiedener Stengel verfolgen. So bei Begonia, Petunia, Vieia Faha {in älteren Stengelpartien). Durch die Einwirkung der Pilzenzyme werden aus verschiedenen Schichten, besonders der inneren, Substanzen herausgelöst. ja manelımal 1) C. Correns, Zur Kenntnis der inneren Struktur der vegetahilischen Zeil- membran. ‚Jahrb. f. wiss. Bot. 1892, pag. 326. Flora, Bi. 98. 2 306 kann die Sache in jüngerem Collenchym so weit kommen. daß die ein- zelnen Schichten sich unter leichtem Druck trennen und zerfallen. Durch Einwirkung von Malzenzymen auf das Collenchym von Begoniastengel hat J. Grüß!) dasselbe gefunden. Es handelt sich in beiden Fällen um die Herauslösung der Hemizellulosen aus der Mem- bransubstanz; die echte Zellulose bleibt ungelöst zurück. Brown und Morris?) und Reinitzer?) haben gefunden, daß durch Einwirkung von Malzauszug die Zellen des Parenchyms der Möhre und der Kartoffelknolle aus dem Gewebeverbanil getrennt werden. Mit Recht hebt Reinitzer hervor, daß nur die Hemizellulose der Mittellamellen, nicht aber die echte Zellulose angegriffen werde. Die gleiche Trennung gelingt bei der Möhre durch Kultur verschiedener Pilze wie Botrytis, Mucor globosus, Penieillium glauenm sehr leicht. Diese Fälle zeigen nur, daß es (durch Einwirkung von Pilzkulturen gelingt. eine Trennung von Hemizellulosen und echten Zellulosen herbeizuführen. Es bleibt uns nun noch die Frage zu erörtern, ob solche echte Zellulosen, die durch Einwirkung von konzentrierten Säuren oder Al- kalien in einen gequollenen Zustand versetzt wurden, dann auch noch durch Pilze angegriffen werden. Besonders die Einwirkung von Al- kalien auf Zellulosen versetzt diese in einen Zustand, «daß nachher von Säuren sehr leicht angegriffen werden. So hat E. Kern‘) gefunden, daß Zellulose aus Papier durch Kochen mit 1'/, %, iger Schwefelsäure fast nicht angegriffen wird, wohl aber sehr erheblich, wenn sie zuvor init 11/,%,iger Kalilauge gekocht wurde. Ebenso stellt Winter- stein?) fest, daß Zellulose aus Tannenholz nach dem Stehen in 5°/,iger Natronlauge und nachherigem Auskochen mit 1!/,°/,iger Schwefel- säure weit mehr Substanz verlor, als ohne Behandlung mit Natronlauge. Um die Frage der Einwirkung der Pilze auf gequollene Zellulose zu prüfen, habe ich Botrytis vulgaris zu diesem Zwecke auf feuchtem Pergamentpapier kultvier. Man bemerkt, daß die stark gequollenen Fasern durch den Pilz angegriffen und teilweise gelöst werden und die Mycelfäden bahnen sich leicht einen Weg durch das Papier. Ebenso zeigen Kollodiumhäutchen einen Angriff durch den Pilz. In der Lite- 1} J. Grüß, Über das Verhalten des diastatischen Enzymes in der Keim- pflanze. Jahrb. f. wiss. Botanik 1894. 2) Brown und Morris, ]. c, pag. 501 u. f. 3) F. Reinitzer, Über das zeliwandlösende Enzym der Gerste. Zeitschr. f. physiol. Chemie 1897, Bd. XXII, pag. 19 u. f. 4) E. Kern, Journal f. Landwirtschaft 1876, pag. 19. 5) E. Winterstein, Zeitschr. f. physiolog. Chemie 1893, pag. 393. 807 ratur finden sich einige Angaben, was nach dieser Richtung Myioshi') beobachtete, daß die Mycelfäden seiner Botrytis durch Pergamentpapier hindureh wachsen; ferner daß durch sie ansehnlich dicke Kollodiumhäut- chen hindurch gewachsen waren. Nach meinen Beobachtungen löst Botrytis vulgaris nur den stark gequollenen Teil der Fasern auf, während der nicht gequoliene Teil der Fasern (Baumwolle) auch vom Pilz nicht ge- löst wurde. In diesem Falle handelt es sich nur um Lösung des durch die Papierfabrikation veränderten Teils der Zellulosefasern. Bei Kollo- diumbäutchen geht die Lösung nur sehr langsam vor, immerhin findet man ein deutliches Abschmelzen an den Randpartien der Stücke. Diese Beobachtungen zeigen deutlich, daß auch die durch chemische Prozesse veränderte Zellulose sich anders gegen Pilze verhält. Freilich wissen wir über die Konstitution dieser, durch konzentrierte Säuren oder Alkalien gequollenen Zellulosen, nichts bestimmtes. Sie werden als Oxy- und Hydroformen der Zellulose aufgefaßt. Ihre Beziehungen zu den Hemizellulosen sind noch wenig klar und man kann zurzeit nicht auf das Vorhandensein anderer Fermente als den Hemizellulosen lösenden schießen. Dieses Verhalten der Botrytis vulgaris erklärt uns aber (das Resultat, das J. Behrens?) bei seinem Kulturversuch des Pilzes auf Fließpapier erhalten hat. Wenn nach 50 Tagen nur ca. !/,, der Trockensubstanz in Lösung ging, so glaube ich, daß damit gerade die Unfähigkeit des Pilzes, reine Zellulose zu lösen, demonstriert wird. Die Partie, die vom Filtrierpapier nach dieser langen Versuchsdaner gelöst wurde, war wahrscheinlich solche veränderte Zellulose, wie sie bei der Fabrikation des Filtrierpapieres durch Behandlung mit Säuren und Alkalien immer in geringer Menge entstehen. Untersucht man mit den Jodreagenzien schwedisches Filtrierpapier, so bemerkt man, daß diese Zellulose viel intensiver reagiert als z. B. unverholzte Fasern oder Parenchymwände. Das beweist nur, daß die Zellulosefasern während des Prozesses der Papierfabrikation an der Oberfläche eine Veränderung erlitten haben. Zusammenfassung der Resultate. Die vorliegenden Untersuchungen haben als wichtigstes Resultat ergeben, daß die Pilze mit Bezug auf die Lösung von Zellulosen spezi- teriologie 1898, II. Teil. zır 308 Hemizellulosen getrennt. In vielen Fällen, wo man von der Lösung echter Zellulosen gesprochen hat, handelt es sich nur um die Lösung von Hemizellulosen. Aber auch gegen diese Körper zeigen die Pilze im Lösungsvermögen große Differenzen. Man ist gezwungen, wenigstens vier verschiedene Fermente für die Lösung der verschiedenen Hemi- zellulosen anzunehmen, die ich nach den typischen Materialien als das Moliniaferment, das Dattelferment, das Lupinusferment und das Amyloid- ferment bezeichnen will. Nicht die Löslichkeit der verschiedenen Zellu- losen in Säuren ist entscheidend für das Lösungsvermögen der Pilze für diese Stoffe, sondern es ist allein die chemische Konstitution der Substanz, die den Ausschlag gibt. Gestützt werden diese Ergebnisse durch die Untersuchung (er Zersetzungserscheinungen der Pilze in den toten und lebenden Pflanzenkörpern. Es gelingt durch Einwirkung von Pilzen, die Hemizellulosen von den Zellulosen in den unverholzten Ge- weben zu trennen. Sicherlich werden die Pilze bei der Zersetzung ‚ler Pfilanzensubstanzen im Boden eine viel größere Rolle spielen als man bisher angenonımen hat. Archegoniatenstudien. Von K. Goebel. XIl. Über die Brutknospenbildung und über die systematische Stellung von Riella. (Mit 11 Abbildungen im Text.) 1. Die Brutknospenbildung!). Brutknospen wurden für Riella americana zuerst beschrieben von Howe und Underwood?). Porsild®) fand sie bei R. Paulsenii, alle drei genannten Autoren sprechen die Vermutung aus, daß auch bei R. Cossoniana Brutknospen vorkommen, und daß sich auf diese eine Abbildung von Trabut beziehe. Diese Vermutung ist richtig. Die von Dr. Kupper in den hiesigen Kulturen von R. Cossoniana, R. Battandieri und R. helico- phylla bemerkten Brutknospen sind so merkwürdige Gebilde, daß es 1) Die hier mitgeteilte Untersuchung wurde ebenso wie der XI. Abschnitt dieser Studien in Gemeinschaft nit Herrn Dr. W. Kupper, Assistent am hiesigen pflanzenphysiol. Institut ausgeführt. %® M. A. Howe und L. M. Underwood, Tlıe genus Riella. Bull. of the Torrey botanical club 1903, Vol. XXX, pag. 214-224. 3) M. Porsild, Zur Entwieklungsgeschichte der Gattung Riella. Flora 1903, Bd. XCIT, pag. 431 ff. ar. 309 nicht überflüssig sein wird, sie etwas näher zu schildern, zumal die oben genannten Autoren auf die Morphologie der Brutkörper nicht näher eingegangen sind. Betrachtet man im Sommer einzeln stehende Pflanzen von R. Cos- soniana, so sieht man, daß nach einiger Zeit um die Pflanze herum sich eine Ansiedlung junger, gleichfalls einzeln stehender Pflänzehen Fig. I. Brutknospe von Riella helicophylia, stark vergrößert, von oben. 3 Blatt- teil, A Keimscheibe, 5 Schleimpapilie, 7° Anheftungsstelle. gebillet hat, von denen man zunächst die vertikal stehenden Keim- scheiben, genau wie bei aus Sporen hervorgegangenen Pflanzen sieht !). Es handelt sich aber in diesem Falle nicht um Sporenkeimung. sondern um Vermehrung durch Brutknospen. Diese stimmen in ihrem Baue 1) Vergl. die Darstellung im XI. Abschnitt dieser Stndien. Flora, Bd. XCVII, pag. 192 ff. 310 und ihrer Gestalt der Hauptsache nach mit denen von R. Paulsenii überein (vergl. Porsilds Abbildung a. a. O. Fig. 4C. auf pag. 44, und die hier gegebene Fig. 1). Die Brutknospe besteht aus zwei Teilen: einem unteren. der Keim- scheibe (A), welche Hach ist, und einem oberen konkav (nach oben) ein- gekrünmten (2). er sei — mit Rücksicht auf seine unten zu schildernde Entstehung — der Blatteil genannt. In diesem Teile fallen einige große, ehlorophyliose Zellen auf (in der Abbildung mit > bezeichnet), außer- dem sind Ölzellen vorhanden, namentlich am Rande, sie sind auch — ohne Rücksicht auf ihren Inhalt — von den übrigen Zellen leicht durch ihre geringere Größe zu unterscheiden. Hier sollen sich nach Porsild auch zalilreiche Rhizoideninitialen finden. Solche sind an dieser Stelle bei R. Cossoniana, R. Battandieri und R. helicophylla nicht nachweis- bar, wohl aber sind die von Porsild als „Fettreservoire“ betrachteten, in Fig. 1 mit > bezeichneten in verschiedener Zahl und Lagerung auf- tretenden großen Zellen Rhizoidinitialen. Man kann sich leicht davon überzeugen, wenn man eine soeben abgelöste Brutknespe auf dem Objektträger auskeimen läßt. Daß Porsild diese Zellen, welche wir wohl auch bei R. Paulsenü als Brutknospeninitialen betrachten dürfen, nicht als solehe erkannt hat, dürfte wohl darauf beruhen, daß ihr Auswachsen zu Rhizoiden namentlich unter ungünstigen Keimungs- bedingungen nicht selten unterbleibt. Sie enthalten nur kleine Stärke- körner; mit Osmiumsäure tritt dunkle Färbung ein, was wohl auf Fett- gehalt schließen läßt. Es mögen auch noch andere Reservestoffe in diesen Zellen vorkommen, und es ist wahrscheinlich, daß sie auch anderweitig als zur Rhizoidbildung Verwendung finden können. Aber in erster Linie handelt es sich um Initialen. Der „Blatteil“ der Brutknospe enthält viel Stärke, während solche in der Keimscheibe zuweilen nieht nachweisbar ist, zuweilen zwar vor- handen ist, aber doch offenbar in geringerer Menge. Damit mag es zu- sammenhängen, daß der Blatteil, obwohl er kleiner ist als die Keim-, scheibe. schwerer ist als diese. Die Brutknospen steigen nicht, wie die von R. Paulsenii an die Wasseroberfläche empor. Sie sind etwas schwerer als Wasser und sinken in diesem, den Blatteil voran, nach unten. Der Blatteil wirkt vermöge seiner Schwere und seiner Krümmung wie ein kleiner Anker, der sich leicht an irgend einer Unebenheit des Substrates festsetzt. Bald wachsen dann auf seiner konvexen Seite die Initialen zu Rhizoiden aus, (die Keimscheibe nimmt eine genau vertikale Lage an und schreitet bald zur Anlegung einer oder zweier Pflanzen, letzteres war bei gut ernährten Keimpflanzen die Regel (vergl. Fig. 9. “+ sıl Ehe diese geschildert wird, ist aber zunächst noch die Entstehung der Brutknospen zu erwähnen. Die Brutknospen entstehen amı Stämmchen von Riella zwischen den Blättern, zuweilen einzeln (3 in Fig. 2), meist aber in Gruppen zusammen. Sie sind an ihrer Gestalt und an der konkaven Einkrümmung des Blatteiles zu erkennen. Man sieht ohne weiteres, daß der „Blatt- teil“ der Brutknospe deren Spitze darstellt, welehe der Anheftungsstelle der Brutknospe ursprünglich gegenüberliegt. Im fertigen Zustand aber ist" diese über ihre Insertion hinausgewachsen. Die Anheftungsstelle befindet sich auf der Oberseite!) der Keimscheibe (7 Fig. 1). Die Brutknospe ist hier mittels einer Trägerzelle am Stämmchen befestigt. Fig. 2. Riella Cossoniana. Spitze einer Pflanze, hei 3 eine Brutknospe. Verer. 7 fach. Außerden: ist auf der Oberseite am Blatteil noch eine große Iyaline Zelle (.S) wahrnehmbar, welche die genannten Beobachter bei den von ihnen untersuchten Arten nicht erwähnen. Es ist dies ein Gebilde. dessen Vorhandensein aus vergleichenden (zründen von Interesse ist. Diese Papille ist nämlich eine Schleimpapille. wie sie bei Lebermoosen so vielfach vorkommen, bisher aber bei Riella nicht bekannt waren. Es wird unten zu erwähnen sein, daß solche Schleimpapillen auch bei den „Blättern“ von Riella sich vorfinden. Man kann an der Schleimpapille deutlich die dureh die Schleimbildung abgesprengte Cutieula erkennen. Die Entwicklung der Brutknospen ist eine schr einfache. In dem Stadium. welches in Fig. 3, I abgebildet ist, besteht die ganze Brutknospe aus vier Zellen, von denen sich aber nur die zwei mittleren 1} Als Oberseite wird hier die dem ‚Stämmehen der Pflanze zugewandte: he- zeichnet, es ist natürlich die dem Beschauer algewandte. 312 an der weiteren Entwieklung beteiligen. Die untere 7'ist die Träger- zelle, die obere .S die Schleimpapille. Der Schleim hebt die Cuticula ab und färbt sich mit Kongorot. Die weitere Entwicklung läßt sich, ohne daß eine eingehende Beschreibung notwendig wäre, aus der Ver- gleichung der Abbildungen (Fig. 3, III und IV) entnehmen. Man sieht ‚laraus, daß die junge Brutknospe zunächst durch überall in gleich- mäßiger Weise auftretende anti- und perikline Teilungen zu einer Zell- scheibe wird, die drei Eigentümlichkeiten zeigt. Erstens wächst sie an ihrer Basis über ihre Anheftungsstelle hinaus, so daß diese dann später auf die Oberseite der Brutknospe zu liegen kommt. In Fig. 3, U ist dies Hinauswachsen über die Anheftungsstelle im optischen Längsschnitt (durch eine junge Brutknospe dargestellt; in Fig. 3, III und Fig. 3, IV siebt man die Träger- zelle noch durchschim- ‚gs mern und erkennt, daß die über die Anhef- tungsstelle hinausge- wachsene Partie der Brutknospe als Zell- fläche sich weiter ent- wickelt, welche, wie die in Fig. 1 dargestellte Oberansicht zeigt, eine ‚Zg Peträchtliche Entwick- lung erfahren kann. Es tritt also derselbe Ent- wicklungsvorgaug wie > z. B. kei der Bildung N schildförmiger Blätter Fig. 3. Riella Cossoniana. Brutknospenentwicklung em. . ‚ en a IL HR „R, Flächenansicht gen der Zweitens wird auch j " hapile, 7 Trügerzelle, " ren die Schleimpapille, welche ursprünglich an der Spitze sich befand, auf die Oberseite verschoben (Fig. 3, II, IV $, Fig. 1). Drittens macht sich schon in dem in Fig. 3, IV abge- bildeten Stadium bemerklich, daß im oberen Teil der Brutknospe die Teilungsfähigkeit der Zellen früher erlischt als im unteren; damit ist die Ausbildung der beiden Teile der Brutknospe, welche oben unter- schieden wurden, eingeleitet, der obere (Teil wird zum Blatteil, der untere zur Keimscheibe. Beide gehen ursprünglich ohne äußerlich sichtbare (Grenze ineinander über. Später wächst die Keimscheibe 313 in ihrem unteren Teil mehr in die Fläche als in dem dem Blatteile an- grenzenden. Es bildet sich hier also eine Verengerung und die ganze Brutknospe erhält einen Umriß, der etwa dem des unteren Teiles einer Baßgeige entspricht. Der schmälere Teil kann sich, wie bei der Be- sprechung der Keimung zu erwähnen sein wird, später stielartig ver- längern. Mit der hier kurz geschil- derten Emtwicklungsgeschichte der Brutknospen stimmt die derjenigen von Riella americana überein, nur daß Howe und Underwood hier nichts von einer Schleimpapille erwähnen. Diese ist aus zwei Gründen von Interesse, einmal wegen des Ver- gleichs der Brutknospen mit den Blättern, und sodann wegen des Vergleichs mit anderen Leber- } N moosen. Fig. 4 Riella Cossoniana. Flächenansiclht „Daß die Brutknospen nichts 132° den Blater haben Ihre Schleimpapitle weiter sind als umgebildete S noch in terminaler Stellung. Blätter, scheint mir zweifellos. Schon die Stellung der Brut knospen deutet daraufhin. Auch die Blätter besitzen ferner eine Schleimpapille (Fig. 4.5’), welche auf die Oberseite verschoben wird; nur bei den ersten Blättern der Keimpflanzen finden sich an ihrer Stelle nicht selten eine oder zwei Ölzellen. Die ersten Blätter, welche die Schleinpa- pille aufweisen, zeigen deren Ver- schiebung noch nicht (Fig. 4.S). j, 5. Riella Clausonis. Blattspitze stark Auch bei Riella Clausonis ist vergr. p Papille. die Schleimpapille vorhanden, aber in geringerer Entwicklung (Fig. 5 /) und ohne Verschiebung auf die Blattfläche. Die Brutknospen unterscheiden sich von den Blättern «durch ihre Insertion und durch das Verhalten ihrer zur Keimscheibe auswachsen- den Basis, 314 In ersterer Hinsicht ist zu erwähnen, daß die ersten Entwicklungs- stadien von Blättern und Brutknospen übereinstimmen; die Blätter weichen dann später dadurch ab, daß bei ihnen auch die Basalzeile Längsteilungen erfährt, während sie bei den Brutkuospen zur Trennungs- zelle sich entwickelt. Man findet aber gar nicht selten auch Blätter, bei «denen eine oder zwei Basalzellen ungeteilt geblieben sind, ja auch solche, bei denen die Basis über die Ansatzstelle hinaus- gewachsen ist. Da die „Blätter“ homolog sind den bei anderen Leber- moosen sich findenden Schleimpapillen (resp. deren Trägerzellen), so ist es von Interesse, daß hier wirklich noch Schleimpapillen vorhanden sind und daß diese, ähnlich wie der Spitzenteil der Schuppen der Marchantien, auf die Oberseite verschoben werden. Es dürfte dies ein weiterer Grund für die unten näher zu begründende Ansicht sein, daß die Riellen sich der Riccieen-Marchantiaceen-Reihe angliedern, die nach unten hin mit der Jungermanniaceen-Reihe konvergiert. Aller- dings findet sich eine analoge Verschiebung der Schleimpapille auch bei den „Blattohren“ von Blasia, aber mit dieser haben die Riellen sonst keine Übereinstimmung. Die Brutknospenbildung von Riella scheint mir nun auch Licht zu werfen auf die der Marchantiaceen. Schon früher‘) habe ich diese als eine der Keimscheibe der Riellen analoge Ausbildung betrachtet. Dieser Vergleich gewinnt durch die oben mitgeteilte Tatsache eine weitere Stütze. Wir sehen, daß bei Riella das aus einer Trägerzelle einer Schleimpapille hervorgegangene Blatt sich an seiner Basis zu einer Keimscheibe umbildet. Bei Marchantia und Lunularia ist dieser Vorgang nun noch weiter gegangen. Die Brutknospe von Marchantia und Lunularia kann auch als einer Schleimpapille homolog betrachtet werden. Solche Schleimpapillen finden sich an den Vegetationspunkten der Brutknospen ursprüng- lich auf beiden Seiten. Später werden sie auf der Oberseite unter- drückt. auf der Unterseite des Thallus durch die aus ihrer Weiter- entwicklung hervorgegangenen Schuppen ersetzt. Diese Verteilung steht offenbar mit der stark ausgeprägten Dorsiventralität des Thallus im Zu- sammenhang; bei Jungermanniaceen mit weniger stark dorsiventral ge- bautem Thallus, wie z. B. Pellia, finden wir Schleimhaare auf beiden Seiten des Thallus. „Potentia“ sind sie auch bei den Marchantiaceen auf der Oberseite vorhanden, und tatsächlich entwickeln sich auch auf dieser unter bestimmten Umständen die ihnen komologen Schuppen, }) Organographie, pag. 355. 315 so 2. B. bei der Bildung der Archegoniophoren an Plagiochasma u. a.. ebenso bei der Bildung der Brutknospenbecher. Nur entwiekeln sich von den hierbei auftretenden Papillen nur eine Anzahl zu Schleim- papillen, die andern zu Brutknospen. Diese erfahren die Ausbildung zur Keimscheibe aber nicht wie bei Riella relativ spät und nur in einem Teile der Brutknospe, sondern sofort und vollständig. Wir können also die Marchantiaceenbrutknospen als eine Weiterentwicklung der Riela- brutknospen betrachten, eine Weiterentwicklung, welche nieht im phylo- genetischen Sinne aufgefaßt zu wer- = den braucht. Beide stimmen darin überein, daß sie je zwei Pflanzen den Ursprung geben können, beide sind auch ausgerüstet mit Rhizoid- initialen, beide sind ferner in ‚Profil- stellung‘ entwickelt. Man kann dieser Darlegung entgegenhalten, daß ja bei andern Lebermoosen, 2. B. Lejeuniaarten, Aneura u. a. Brutknospen auftreten, welche sicher nicht Schleimpapillen homolog sind. Indes bezieht sich meine Ausfüh- rung nur auf die Brutknospenbil- dung in der Riella-Marchantiaceen- Reihe und für diese scheint sie mir eine natürliche und unge- zwungene Auffassung der sonst £. 6. I. Riella Battandieri. Brut- eo, welche ohne Streckung des u ’ #3 Fi Ian morphologisch rätselhaften Brut- zwischen der Keimscheihe A und den knospenbildung zu ergeben. Blatteile 4 gelegenen Teiles eine sekun- däre Keimischeibe A, erzeugt hat. II. Von Interesse ist auch die R. helicophylia. Brutknospe wit ei Keimung, der Kell. Bruknospen. mn ana An deren Betrachtung die Bezeich- nalhleihenden Zone an. II. Ausgekeimte nung Keimscheibe für einen Teil Brutknospe mit „Stiel“. des Brutknospenkörpers rechtfertigen wird. Ebenso wie die aus der Sporenkeimung hervorgegangene Keim- scheibe (vergl. Fig. 4. Flora, Bd. 97, Pag. 196) hat die der Brutknospe an ihrer Basis eine interkalare Zone, welche meristematisch tätig ist: aus ihr kann ein zuweilen ziemliche Länge erreichender „Stiel“ hervor- gehen. der neue Rhizoiden entwickelt (Fig. 8, III). Die meristematische Zone ist in Fig. 6, II durch Punktierung angedeutet. Es sei dazu be- merkt. daß ursprünglich die Einsehnürungsstelle ganz aus embryonalen 316 Zellen besteht, die dann aber später gegen die Basis (den Blatteib; hin in den Dauerzustand übergehen. Fig. 7. Riella Cossoniana. Ge- keimte Brutknospe schwach ver- größert. 2 Blatteil, & Keim- scheibe. An ihr sind zwei un- mittelbar in die Keimscheibe üibergehende Pflanzen entstanden, welche Blätter (2) und einzelne Archegonien (4) gebildet haben. Die Entstehung der Pflanze an der Keimscheibe kann verschieden vor sich gehen. Unter günstigen Beiingungen so wie bei «der Keimpflanze, unter un- günstigen abnorm, d.h. so wie es Solms- Laubach bei seinen Keimpflanzen von R. Parisii beschrieben hat. Wir wollen daher den ersten Keimungsmodus den normalen, den zweiten den Solms’schen nennen. Es dürfte sich nunmehr aus dem Folgenden ergeben, wie dieVerschiedenheit zwischen den Angaben von Solms (vgl. Arch. Studien XI) und denen von Porsild und mir eigentlich zustande kam. Beim normalen Keimungsvorgang entsteht der Vegetationspunkt derjungen Ptlanze genau so, wie dies früher für R. helicophylia u. a. beschrieben wurde, also so, daß der Flügel der Keimpflanze sich unmittelbar in der Keimscheibe fortsetzt. Dabei ent- wickelten sich bei R. Cossoniana fast ausnahmslos in den kräftigen Kulturen, denen sterilisierter Lehm als Unterlage gegeben wurde, Doppelpflänzchen. Ein solches ist in Fig. 7 abgebildet. Die beiden Pflänzchen haben schon Blätter | entwickelt, ja es sind an ihnen sogar schon Geschlechtsorgane (Archegonien A, Fig. 7) aufgetreten), obwohl ihr „Flügel“ noch unmittelbar in die Keimscheibe X übergeht. Sie sind von etwas ungleicher Entwicklung, das links ist weiter fort- geschritten als das rechts, die Blätter des ersteren reichen demgemäß auch etwas 1} Es geht daraus zugleich hervor, daß auch Riella dazu befähigt ist, Ge- sehlechtsorgane schon in frühester Jugend hervorzubringen, was bei Sphaerocarpus regelmäßig eintritt. Riella dürfte für experimentelle Studien über die Abhängigkeit der Bildung der Sexualorgane von äußeren Faktoren günstig sein. 317 weiter herunter als die des letzteren. Daß, wie dies früher (a. a. O.) aus- geführt wurde, die Keiinscheibe direkt in die junge Pflanze übergeht, tritt hier ungemein klar hervor. Fig. 8 zeigt eine ältere Doppelpflanze, welche schon Sporogonien entwickelt hat; die Keimscheibe (X) ist auch hier noch deutlich erkennbar. Bei der Solmsschen Keimungsweise ist die Entstehung der Pflanze Fig. 8. Riella Cossoniana. Aus Brutknospenkeimung hervorgegangenes Doppel- pflänzchen. links unter der Fig. 9. I. Riella Cossoniana. Mitte die Keimscheibe, in Keimung einer Brutknospe unter welche die Flügel beider kümmerlicher Ernährung. Bei 4 Pflanzen {welche schon Neubildung, welche in II stärker fruktifizieren) übergehen. vergrößert ist. an der Keimscheibe scheinbar eine andere. Diese Entstehungsweise fand sich in einer viel weniger gut ernährten und deshalb kümmerlich wachsenden Kaolinkultur. Daß die Kaolinkultur eine unter ungünstigeren Ernährungsverbältnissen entwickelte war, sprach sich auch darin aus, daß die Rhizoidinitialen des Blatteils der Brutknospen meist nicht zu Rhizoiden auswuehsen, sondern diese sich erst an dem stielartigen 318 Teile der Keimscheibe entwickelten; die Hemmung in der Entwicklung trat also schon hierin hervor. Die Hauptverschiedenheit bestand aber darin, daß in der Kaolinkultur die Keimscheiben sich nicht direkt zu neuen Fig. 10. Riella Cossoniana. Gekeimte Brut- knospe, stark vergr. I. Primäre, II. sekundäre Keimscheibe, bei Y Stelle an der der Vege- tationspunkt der beblätterten Pflanze entstehen würde. Pflanzen weiter entwickelten, sondern an ihnen Neubil- dungen auftraten. Daß diese unter ungünstigenErnährungs- bedingungen an den aus der Sporenkeimung entwickelten Keimscheiben sich bilden können, wurde im Abschnitt XT dieser Studien gezeigt. Es wurde dort u. a. das Auf- treten sekundärer Keimschei- ben an den primären be- schrieben. Solche bilden sich auch bei der Brutknospen- keimung und zwar stets an der Keimscheibe, nie an dem Blatteil. Es ist freilich nicht ausgeschlossen, daß auch der letztere, etwa nach Entfernung oder Inaktivierung der Keim- scheibe, regenerationsfähig ist, aber es wurden keine \er- suche zur Beantwortung die- ser Frage angestellt. Die Neubildungen von der Keim- scheibe können bald früher, bald später auftreten. In Fig. 6, I ist z.B. eine Keimscheibe A abge- bildet, deren schmälerer un- terer Teil sich noch kaum verlängert hatte, und an der trotzdem eine sekundäre Keimscheibe (X,) aufgetreten war. In Fig. 9, I dagegen war der Stielteil schon bedeutend heran- gewachsen, als die Neubidung A auftrat (sie ist in Fig. 9, II stärker vergrößert dargestellt; man kann hier eine zweischneidige Scheitelzelle u. 319 konstruieren, welche in anderen Fällen sicher nicht vorhanden ist). Ex können die Neubildungen auch «dann eintreten, wenn schon tie ersten noch rudimentären Blättehen angelegt waren. Diese Neubildungen sin stets neue Keimscheiben, deren Aus- bildung meist die erste Keimscheibe veranlaßt, sich zur Seite zu biegen. So z. B. bei der in Fig. 10 abgebildeten Keimscheibe. Aus der Keim- scheibe I ist hier die Keimscheibe II hervorgesproßt, welche bei 7 einen Meristemkomplex zeigt. Wenn die sekundäre Keimscheibe früh- zeitig zur Bildung von Pflanzen übergeht, so kann (lies, namentlich wenn die Pflanze nur auf einer Seite der Keimscheibe entsteht (Fig. 11). so aussehen, als ob diese Pflanze seitlich aus der primären Keim- scheibe hervorgesproßt wäre, Fig. 11. Riella Cossoniana. (sekeimte Brutknospe mit scheinbarer seitlicher Neu- bildung einer Pflanze. 7 Keimscheibe, 3 Blatteil der Brutknospe. An dieser ist eine sekundäre Keinscheibe entstanden, welche eine I’flanze gebildet hat, deren Vegetationspunkt bei # liegt. Darunter einige Blätter. Wenn man tiese Abbildung vergleicht mit der von Solms-Lau- bach!) für die Keimung von R. Parisii (= R. Clausonis) gegebenen, so wird die Übereinstimmung wohl ohne weiteres einleuchten. Es ist also wohl keine allzukühne Hypothese, wenn ich jetzt noch mehr als früher annehme, daß Solms-Laubach bei seiner Riella keine normalen, sondern unterernährte Keimpflanzen vor sich hatte. Un- günstige Ernährungsberlingungen treten bei den Keimlingen von Riella leicht ein, namentlich dann, wenn sie von einer Schicht im Wasser herabgesunkener Teilchen bedeckt werden und aus dieser sich sozusagen erst wieder herausarbeiten müssen. Die Solmsschen Keimpflanzen bil- deten meiner Auffassung nach an der primären Keimscheibe neue Keim- scheiben aus, an welchen einseitig Pflanzen entstanden, Darauf deutet 1; Bot. Ztg. 1903, Bd. LXI, II. Abt, Fir. 3 auf pag. 195. 320 auch hin, daß Solms-Laubach „Blätter“ nur am Vegetationspunkte zeichnet. Diese müßten aber, wenn das ganze aus der Keimpflanze hervorgegangene Gebilde eine Pflanze wäre, viel weiter nach unten hin vorhanden sein. Nach «dem soeben ausgeführten handelt es sich aber nicht, wie Solms-Laubach annahm, um eine Pilanze. sondern um eine sekundäre Keimscheibe + einer an dieser entstandenen Pflanze; Es wird so leicht erklärlich, wie Solms-Laubach veranlaßt werden konnte, die interkalare Lage des Vegetationspunktes u. a. in Abrede zu stellen. Näher darauf einzugehen. dürfte kaum erforderlich sein. Erwähnt sei aber .noch, daß die früher von mir gegebene Abbildung (Flora. 77. Bl. 1893, Tafel II Fig. 1) von Riella Battanılieri, welche eine aus einem „Zellkörper" entspringende Zelllläche darstellte, sich unzweifelhaft — wie auch schon von Howe und Underwood vermutet worden ist — auf eine gekeimte Brutknospe bezieht. Da ich damals nur Alkohol- material zur Verfügung hatte, war ich nicht imstande, die Brutknospen- bildung. die bei den von uns untersuchten Arten nicht ständig, sondern — wahrscheinlich abhängig von äußeren Einflüssen — nur zeitweilig auftritt, nachzuweisen. Man kann übrigens an der genannten Abbildung in «dem Blatteil die Rhizoidinitialen angedeutet sehen. Ebenso kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die von Howe und Underwood angeführte Abbildung Trabuts von Riella Cossoniana gleichfalls auf eine Brutknospe sich bezieht. Bei Riella Clausonis konnte Brutknospenbildung bis jetzt nicht beobachtet werden; bei der großen Übereinstimmung in ihrer Organisation, welche alle Riellaarten zeigen, ist man indes geneigt, anzunehmen, daß sie auch alle Brutknospen zu bilden imstande seien. Freilich ist es ja auch möglich, daß die Fähigkeit, Brutknospen zu bilden, nur bei einem Teil der Arten aufgetreten ist. Auch bei Mar- chantia z. B. ist — soweit mir bekannt — die Brutknospenbildung nicht bei allen Arten nachgewiesen. Bei Riella stellt sie jedenfalls ein recht ausgiebiges Vermehrungs- mittel dar, da die Brutknospen ja von Anfang an im Wasser sich aus- bilden und durch Wasserströmungen leicht verbreitet werden können. Dazu kommt die Leichtigkeit mit der Riella, wie früher gezeigt wurde, Adventivsprosse bildet. Trotz ihrer zarten Organisation ist also Riella vorzüglich ausgerüstet, selbst dann sich zu erhalten und zu vermehren. wenn sie nicht zur Sporenbildung gelangen sollte, was namentlich bei den diöeischen Arten leicht eintreten kann. Das Vorkommen von Brut- knospen bei der monoeeischen R. Battandieri zeigt aber, daß die Brutknospenbildung sich nicht etwa zur Sicherung des Bestandes diöcischer Arten entwickelt haben kann. 2. Schließlich mag die systematische Stellung von Riella und ihren nächsten Verwandten (Sphaerocarpus und Greothallus) hier noch erörtert werden. Bekanntlich teilt man die Lebermoose meist in drei Reihen: die der Marchantiales, der Jungermanniales und der Anthocerotales ein. Da die letzteren bezüglich der Verwandtschaft mit Riella von vorn- herein ausscheiden, kann es sich nur fragen, ob die Riellen einer der beiden andern Reihen anzugliedern oder als vereinzelt stehende Gruppe zu betrachten sind. Leitgeb!) neigte entschieden zu der Ansicht hin, daß die Riellen den Jungermanniaceen zuzuzählen seien. Er führt als Grund dafür an: für Riela den aufrechten Wuchs und die scharfe Trennung zwischen Blatt und Stamm, den Mangel der Zäpfchenrhizoiden und namentlich den Aufbau des Embryos aus Querscheiben, welcher an Fossombronia erinnert. Die dem Habitus entnommenen Gründe können um so weniger in das Gewicht fallen, als sie nur auf Riella. nicht aber die mit ihr doch unzweifelhaft nahe verwandten Gattungen Sphaerocarpus und Geothallus passen. Für die Entwicklung der Schuppen auf der Thallusunterseite zu ‚Blättern‘ bietet aber Riceia natans ohne weiteres ein Gegenstück. Den „aufrechten Wuchs“ aber finden wir, wie erwähnt, auch bei den Brut- knospen von Marchantia. Die Rhizoidenfrage soll unten besprochen werden. Der Aufbau des Embryos weicht nicht prinzipiell von dem solcher Marchantiaceen ab, welche wie Targionia durch schlanke Em- bryonen ausgezeichnet sind; die Regel, daß bei den Marchantiaceen die erste Wand schief zur Archegonachse, bei den Jungermanniaceen zu dieser senkrecht gestellt sei, ist keine durchgreifende. „Leitgeb findet in dieser Übereinstimmung (— von Sphaerocarpus und Riella mit den Jungermanniaceen-Embryonen —) eine wirkliche Annäherung an (die Jungermanniaceen. Allein schon die Tatsache, daß bei ganz unzweifelhaften Marchantiaceen wie Reboulia und Targionia (dasselbe vorkommt, nämlich die Bildung mehrere übereinander liegender Stock- werke vor dem Eintreten der Quadrantenbildung, läßt die Leitgebsche Parallelisierung als unhaltbar erscheinen“°). Außerdem würde das 1) Leitgeh, Unteruschungen über die Lehermoose 1879, Bd. IV, jag. 7. 2) Goebel, Zur Einbryologie der Archegoniaten in Sachs Arb. a. dem botan. Institut in Würzburg 1880, Bd. Il, Heft 3, pag. 440. — Eine Abbildung eines Tar- gionia-Enıbryos (welche meine a. a. O. gemachten Angaben hestätigt) findet sich 2. B. bei Campbell, mosses and ferns II. ed., Fig. 21B. Ähnlich verhält sich auch Fegatella (vergl. Bolleter, Fegatella eonica, Inang.-Diss., Zürich 1905, Textfig. 101. Flora, 9B. Bd, 22 322 Herausgreifen eines einzigen Merkmales «doch kaum entscheidende Be- deutung haben. Es seien deshalb die Gründe. welche für die Stellung der Riellaceen zu den Jungermanniales sprechen, hier in Zusammen- stellung angeführt. A. Gametophyt. 1. Der Bau der Ölzellen ist ein solcher, wie er zwar bei Marchan- tiaceen, nicht aber bei Jungermanniaceen vorkommt. Letztere zeigen die Ölkörper im Zellinhalt verteilt oder falls nur ein Ölkörper vorkommt, liegt er doch in einer Zelle, die nicht ausschließlich nur der Sekret- biklung dient; erstere bilden ganze Zellen zu Sekretbehältern aus. 2. Die Ausbildung der Schuppen des Thallus zu chlorophylihaltigen Assimilationsorganen findet sich (etwa abgesehen von (der auch sonst eine Sonderstellung einnehmenden Gattung Blasia) bei keiner Junger- manniacee, wohl aber z. B. bei der Wasserform von Riceia (Riceiocar- pus) natans. Sie hängt wohl mit Beleuchtungsverhältnissen zusammen; bei einem der Erde angeschmiegten Thallus ist eine solche Ausbildung von vornherein nicht zu erwarten. Indes tritt sie auch nicht ein z. B. bei den Wasserformen von Pellia. 3. In der Brutknospenbildung von Riella treten, wie oben nach- gewiesen, bedeutsame Analogien mit der bei Marchantia und Lunularia bekannten hervor. 4. Die Umhüllung der Archegonien durch Einzelhüllen findet sich hei Riella ebenso wie bei Marchantia und Preissia, aber bei keiner ‚Jungermanniacee in derselben Weise. 5. Die Keimscheibenbildung bei Sphaerocarpus stimmt mit der der Riceien und Marchantiaceen überein, bei keiner Jungermanniacee ist Ähnliches bekannt; Riella stimmt, wie früher nachgewiesen, mit Sphaero- carpus überein, nur daß die Keimscheibe vertikal steht. B. Sporophyt. 6. Die sterilen Zellen (Nährzellen) im Innern der Kapseln finden sich zwar bei Gliedern der Marchantiaceenreihe (Corsinia), aber bei keiner Jungermanniacee. Auch sind bei diesen keine Formen be- kannt, welche ganz wnverdickt bleibende Kapselwandzellen besitzen, wohl aber bei den Marchantiaceen (z. B. Corsinia). Früher !) glaubte auch ich die Riellen als „Anelatereen“ der Jun- germanniaceenreihe angliedern zu sollen, übrigens unter Hervorhebung ihrer Sonderstellung. 1} Goebel, Die Museineen in Schenks Handbuch d. Botanik 1881, Bd. II, pag. 363. 223 Dieselbe Stellung nehmen sie auch in der neuesten Bearbeitung der Bryophyten ein), Indes erscheint mir, wie ich schon früher bervorhob?), jetzt sicher gestellt zu sein, daß die Riellaceen in die Marchantiaceenreihe zu stellen sind. Man kann dagegen nicht mehr einwenden, daß der anatomische Bau des Thallus, der für diese Reihe so charakteristisch ist, sich bei den Riellen nicht finde. Denn wir wissen, daß auch bei typischen Marchantiaceen, welche im Wasser, bzw. an sehr feuchten Standorten leben®), der Thallus eine Vereinfachung seines Baues zeigt; es giht, wie früher nachgewiesen wurde, z. B. Arten der Gattung Dumortiera, bei welchen die Anlegung der Luftkammerschicht ganz unterbleibt, andere, bei denen diese zwar angelegt war, aber bald der Zerstörung anheimfällt. Auch der Besitz von Zäpfchenrhizoiden ist bei den Marchan- tiaceen kein allgemeiner, sie fehlen bei Dumortiera und Cyathodium, spezifisch hygrophilen Formen. Diesen Gründen ließen sich andere anreihen, z. B. die Art und Weise des Antlieridienaufbaues. Aher die angeführten genügen, wie mir scheint, vollständig, um zu zeigen, daß die Riellaceen in (die Marchantiaceenreihe einzurechnen sind. Dabei ist natürlich nicht zu übersehen, daß die niedrigstehenden Glieder der beiden Reihen (Marechan- tiales und Jungermanniales) weniger stark voneinander abweichen als die höheren. Es ist nicht notwendig, «die Riellaceen als eine in ihrem anatomischen Aufbau reduzierte Marchantiaceengruppe zu be- trachten; sie können auch auf einer Stufe der (rewebegliederung stehen geblieben sein, über welche die andern (lieder der Reihe hinausgingen. Die Marchantiaceenreihe würde also in folgende Gruppen zer- fallen: 1. Riceieen, 2. Uorsiniaceen, 3. Riellaceen, 4. Marchantiaceen. Die Riellaceen würden eine den Corsiniaceen nahestehende Seiten- reihe darstellen, welche sich nach oben hin nicht weiter entwickelt hat; ihre Angehörigen sind als spezifisch hygrophile Pflanzen auf einer Stufe ler Gewebebildung stehen geblieben, welche selbst hinter der der ein- fach gebauten Riceieen zurückbleibt, während die Sporogongliederung die der Riceien übertrifft. — Damit mögen diese „Archegoniatenstudien“, wenigstens was die Lebermoose betrifft, ihren Abschluß finden. D. H. Campbell, The structure and develepment of Mosses and ferne. II. ed. 1905. 2) Organographie 1900, pag. 259. 3) Auch Geothallus tuberosus (vergl. Campbell, a. a. 0. leht offenbar an feuchten Standorten, die später austrocknen. 32+ Morphologische und biologische Bemerkungen. Von K. Goebel. (fit 10 Abbildungen im Texte.) 18. Brutknospenbildung bei Drosera pygmaea und einigen Monokotylen. 1. Die Droseraceen sind nicht nur physiologisch von großem Interesse — ihre „Insektivorie“ ist ja seit lange Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen —, auch in morphologischer Hinsicht zeigen sie manche merkwürdige Eigentümlichkeiten. So, abgesehen von der bei manchen Arten sonderbaren Art des Perennierens, die von Diels entdeckten „Blattrhizoiden“ bei Drosera erythrorrhiza u. a Es kann in dieser Hinsicht auf die treffliche Zusammenstellung von L. Diels in seiner vor kurzem erschienenen Monographie der Droseraceen verwiesen werden‘). Daß indes die Gestaltungsverhältnisse dieser Gruppe noch keineswegs vollständig bekannt sind, zeigt die hier mitzuteilende Be- obachtung an Drosera pygmaea. Diese in Süd-Australien und Neuseeland heimische kleine Drosera- Art steht im System der Drosera-Arten offenbar ziemlich vereinzelt, sie ist die einzige Vertreterin der von Planchon als „Bryastrum“* be- zeichneten Sektion. Im Habitus stimmt sie mit den meisten Drosera- Arten insofern überein, als sie Blattrosetten besitzt. Wenig verbreitet ist bei anderen Drosera-Arten dagegen die merkwürdige Schüsselform der Blattscheibe. Diese Blattscheibe kommt als Assimilationsorgan hier — wenn überhaupt — sehr wenig in Betracht. Sie ist dünn und enthält nur wenig Chlorophyll, auch zeigt die Epidermis nur wenig Spaltöffnungen. Betrachtet man sie von der Fläche, so fällt auf, daß die verhältnismäßig spärlichen Chlorophylikörper auch sehr blaßgrün gefärbt sind. Sie ent- halten allerdings Stärke, aber es fragt sich, ob sie diese als Assimi- lationsstärke gebildet oder das Material dazu vom Blattstiel zugeführt erhalten haben. Der Blattstiel ist nämlich viel massiger gebaut, ent- hält zahlreiche Chlorophylikörper und besitzt viele Spaltöffnungen, die Jodprobe läßt seine überwiegende Bedeutung als Assimilationsorgan gegenüber der Blattspreite deutlich hervortreten. Wir haben hier somit ein ähnliches Verhalten wie bei Dionaea und Aldrovandia, nur daß der Blattstiel in seiner äußeren Gestalt nicht wie bei diesen Droseraceen sich der sonst den Blattspreiten eigenen Gestalt nähert. Heft 26, 325 Auch bei einer anderen Lebenserscheinung zeigt sich die Be- deutung der Blattstiele von Dr. pygmaea. Die Pflanze ist trotz ihrer geringen Größe eine perennierende, sie weist eine deutliche Ruheperiode auf. In dieser findet man zwar die Blattstiele noch längere Zeit grün, \ Fig. 1. Drosera pygmaea, etwa 6fach vergr. Die Pflanze ist in die Ruheperiode übergegangen, die Blattspreiten der gestielten Blätter sind meist braun und abge- storben. Die langen borstenförmigen Gebilde zwischen den Blättern sind Reste von Infloreszenz - Achsen, die kurzen Nebenblätter. In der Mitte der Pflanze zahl- reiche Brutknospen sichtbar. sie dienen, abgesehen von ihrer Assimilationstätigkeit, hauptsächlich als Reservestoffbehälter; die Blattspreiten selbst aber sind braun und ab- gestorben, Als ich die Pflanzen in diesem Zustand betrachtete, glaubte ich, auf ihnen zunächst eine Anzahl grüner Blattläuse sitzen zu schen. Bei genauerer 326 Betrachtung erwiesen sich die scheinbaren Blattläuse als sehr merk- würdige Brutknospen. Sieht man eine solche, Brutknospen tragende Droserapflanze von oben an, so ergibt sich ein Bild, das einigermaßen an den Brut- knospenbecher einer Marchantia erinnert (Fig. 1). Man sieht im Zentrum der Pflanze zahlreiche Brutknospen liegen, von denen die jüngeren einen rein grünen, die älteren einen mehr braunroten Farbenton (neben dem Grün) zeigen. Der becherähnliche Habitus kommt zustande durch die borstenähnlich aufwärtsgerichteten Spitzen der „Stipulae* der Laub- blätter. Diese sind weißlich glänzend und ziemlich derh gebaut. Streicht man mit der Hand über eine Pflanze, so werden durch das elastische Zurückschnellen dieser lang hervorragenden Stipularborsten die Brutknospen fortgeschnell. In der Natur kann dies leicht durch Tiere bewirkt werden. Die Brutknospen sind aber so klein, daß sie auch durch Regen leicht fortgeschwemmt werden können, und das um so mehr, als sie im Wasser (wenigstens eine Zeit) schwimmen, sei es nun, daß sie nicht benetzbar oder spezifisch leichter als Wasser sind. Sie stellen Körper von fast herzför- I I migem Umriß dar, der Läugsdurchschnitt - - betrug im Durchschnitt von 5 Messungen Fig, 2. I. Längsschnitt durch 730 u, die größte Breite 515 a. gine Knnannotpe zit Stich er Die Brutknospen sind dorsiventrale Ge- des Stieles. II. Oberer Teil bilde. Ihre Unterseite ist flach, ihre Ober- des Stieles, stärker vergt. seite zeigt an der Basis eine Einsenkung, in welcher die Anlage zu der an der Brutknospe sich entwickelnden Pflanze schon vor den Abfallen der Brutknospe sichtbar ist. Um diese Einsenkung herum erhebt sich, naclı oben hin dicker werdend, ein huf- eisenförmiger Wulst, von dem aus nach der Spitze hin das Gewebe der Brutknospe wieder dünner wird (vergl. den Längsschnitt Fig. 2, D). Der Brutknospenkörper besteht der Hauptsache nach aus chloro- phylihaltigem Gewebe, das sehr reich ist an Stärke (und wohl auch anderen Reservestoffen). Auf beiden Seiten finden sich Spaltöffnungen. und im Innern verläuft von der Ansatzstelle aus ein Leitbündel bis etwa in die Mitte der Brutknospe. 327 In der Einsenkung an der Basis der Brutknospe befindet sich die Anlage einer neuen Pflanze (X Fig. 2), an der man einen unteren, dickeren Teil erkennt, in welchem später die Wurzel entsteht, und einen oberen dünneren, (der zum ersten Blatte wird. Die Keimung der Brutknospen (Fig. 3) kann bei günstigen Wachs- tumsbedingungen offenbar unmittelbar nach dem Abfallen vor sich gehen. Wenigstens fand ich in der Nähe der Pflanzen keimende Brutknospen verschiedener Entwicklung. Bei Wassermangel werden sie wohl ihre Keimfähigkeit länger behalten. Es entwiekelt sich an der Basis «er Brutknospe zunächst ein dem Brutknospenkörper gegenüberstehendes Blatt, dessen Blattfläche schon die Schildform hat, während an der Keim- pflanze von Dr. pygmaea das Primärblatt nicht schildförmig ist, also ebenso sich verhält wie die früher!) erwähnten Primärblätter von Dro- sera peltata. Es scheint. mir zweifellos, daß die Verschiedenheit in der = rom. Fig. 3. Links Brutknospe von der Oberseite, 45 fach Blattbildung der Keim vergr. FF Basaler Teil der Anlage der jungen Pflanze, pflanzen und der an aus welchem sich später „Wurzelhaare“ und Wurzel . _ entwickeln. Rechts (etwas stärker vergr.) gekeimte Brutknospen entstande Brutknospe. ,S2 Stipula des ersten Blatter. Beide nen darin liegt, daß den Brutknospen sind mit dem basalen Teile nach oben ersteren weniger organi- orientiert. sche Baustoffe zur Verfügung stehen als letzteren, die sich auf Kosten der in «den Brutknospen abgelagerten Reservestoffe ausbilden. An der Basis «des ersten Blattes befindet sich ein einseitig ent- wickelter Gewebehöcker (W Fig. 3, 4), welcher „Wurzelhaare“ hervor- bringt, mittelst deren sich die jungen Pflanzen zunächst im Boden be- festigen. Erst später tritt in Verbindung mit diesem Häcker eine Wurzel auf, die mit deutlicher Wurzellaube und langen Wurzelhaaren versehen ist (Fig. 4). Die weitere Entwieklung der Pflanze zu verfolgen ist hier nicht erforderlich?). Wesentlicher ist die Frage, als was die Brutknospen eigentlich zu betrachten sind, und wie sie entstehen. 1) Goebel Pflanzenbivlogische Schilderungen II, Tab. ?. 2) Es sei hier nur erwähnt, daß an an enkeimflanzen, welche imter- 328 . Jede Brutknospe steht ursprünglich einzeln auf einem hyalinen Stiel, der an der Basis der Brutknospe eingefügt ist; die Seitenteile der Brut- knospe erstrecken sich rechts und links noch ein Stück weit über die An- satzstelle des Stieles hinaus. dieser hat eine deutlich vorgebildete Abbruch- stelle. Er ist nämlich unmittelbar unter der Ansatzstelle bedeutend dünner als weiter unten (Fig. 2II). An Stielen, deren Brutknospen abgefallen sind, sieht man diese verengerte Stelle besonders deutlich. Das Ab- fallen wird also leicht durch Erschütterungen und andere mechanische Fig. 4. Ältere gekeimte Brut- knospe von unten. 3 Der sich nicht weiter entwickelnde Teil der Brutknospe Aus dem Höcker W hat sich eine Wurzel entwickelt ürrig ebenfalls mit W statt mit 37% bezeichnet). Einwirkungen vor sich gehen können. Aber die Brutknospe ist nicht an solche zufällige Einwirkungen für ihre Ablösung gebunden. Wenn man die unter der verdünnten Stelle auf Fig. 2 gelegenen Stielteile betrachtet, sieht man sie prall turgeszierend vorspringen. Die Zellen haben sich gegenüber ihrem ursprünglichen Volumen sehr vergrößert. Sie drücken nun gegen die Brutknospe, mit der sie in Berührung sind, es entsteht eine Spannung im dünnen Stielteil, welche schließlich zu getaucht sich entwickelt hatten, die Spreite der ersten Blätter verkümmert, der Blattstiel aber wohl entwickelt und grün war. Es waren also hier künstlich „Phyllo- dien“ gebildet worden (Fig. 5). 325 seiner Durchreißung führen muß. So erklärt es sich, daß man eine große Zahl abgelöster Brutknospen auch an ganz geschützt stehenden Pflanzen antrifft. Jüngere Stadien der Brutknospen zeigen den Stiel noch sehr kurz, während an der Brutknospe selbst schon die Teile angelegt sind, die im fertigen Zustand hervortreten. Der Stiel erreicht also seine definitive Länge durch interkalare Streckung. Was die „morphologische Bedeutung“ der Brutknospen anbelangt, so scheint mir zweifellos, daß der die Reservestoffe führende annähernd linsenförmige Körper aus einer Blattanlage hervorgegangen ist,auf der sich die Anlage einer Knospe befindet. Darauf deutet schon die Tatsache hin, daß die Brutknospen im Wechsel mit den Laublättern auftreten (Laubblätter, Brutknospen, Laubblätter usw.), ferner die, daß in jede ein, allerdings nicht sehr entwickeltes und im Stiel später oft nur in Gestalt eines engeren Zeil- stranges kenntliches Leitbündel eintritt. Übrigens ist ja nicht zu verwundern, daß beider starken Streckungdes Stieles der Ge- fäßteil des Leitbündels so gedehnt wird, daß er nur noch spurenweise nachweisbar ist. Sehwieriger ist es, die einzelnen Teile der Brutknospe mit denen des Laub- blattes in Übereinstimmung zu bringen. Fig. 5. Junge Pflanze unter- 4 ri ‚ . ji getaucht entwickelt. Die Blatt- Zunächst wird man ja geneigt sein, spreiten alle verkümmert. Die den Brutknospenstiel als dem Blattstiel, Blattstiele wohl entwickelt und den Brutknospenkörper als der Blatt- sn spreite entsprechend zu betrachten. Aber abgesehen davon, daß eine solche Annahme sehr wenig dem Verhalten dieser beiden Teile zu ein- ander am Laubblatte entsprechen würde — wie oben erwähnt ist der Blattstiel der Laubblätter massiger entwickelt als die Blattspreite, während es bei den Brutknospen umgekehrt wäre — spricht dagegen die Ent- wieklungsgeschichte. Diese zeigt zunächst, daß bei den Brutknospen keine Stipulae ent- wickelt werden; diese aber treten bei den Laubblättern schon sehr früh auf, zu einer Zeit, in der Spreite und Stiel in der Blattanlage noch nieht als gesonderte Teile hervortreten (vergl. Fig. 6). Auch krümmt sich der obere Teil der Laubblattanlage sehr bald ein, so daß die ng z P% 330 Spitze der Blattspreite nach unten gerichtet ist. während die Brut- knospe gerade bleibt, ein Stadium, das bei den Laublättern sehr rasch durchlaufen wird. Die Brutknospenanlage geht also aus einer früh- zeitigen Umbildung der Blattanlage hervor. Der Stiel kann dann nicht. dem Blattstiel entsprechen, sondern erscheint als eine Neubildung. deren biologische Bedeutung für die Verbreitung der Brutknospen ja klar vor Augen liegt. Will man ein Analogon für die Basis des Laub- blattes auffinden, so könnte man sie eher in dem basalen Teil der Brutknospe suchen, in welchem die Knospe liegt. Diese tritt auf der jungen Brutknospenanlage als Zeilhöcker frühzeitig auf, und zwar wie Fig. 7 zeigt, an der dem Sproßvegetations- Fig. 6. Blattentwicklung von Drosera punkt zugekehrten Seite (A7 Fig. N). pygmaea. An dem flachen Vegetations- Sie ist also jedenfalls blattbürtig. ei Ob man sie als, Achselknospe an Fläche gesehen ist noch ganz jung, die sehen will oder alseine Neubildung, a a a orale, scheint mir nicht von großem Be- {Zj, welche bei dem dritten Blatte noch lang: auf analoge Fälle wird unten deutlicher hervortritt. zurückzukommen sein. Außer den Infloreszenzen habe ich bei Drosera pygmaea keine Achsel- knospen beobachtet; es scheint mir aus diesen wie aus anderen Gründen einfacher, die Knospen als Neubil- dungen, die nicht aus einer Umbil- dung gewöhnlicher Achselknospen Fig. 7. Längssehnitt durch einen Vege- hervorgingen, zu betrachten. Wir tationspunkt, an welchem Brutknospen Wissen ja, daß „Adventivsprosse“ auf entstehen. Se Stiel & en Blättern verschiedener Droseraarten leicht entstehen, wenn sie abgetrennt sind, ebenso wie dies bei Utrieulariaarten, Begonia u. a. der Fall ist. Wie früher gezeigt wurde, kann man auch an nicht abgetrennten Utrieularia- und Begoniablättern blattbürtige Sprosse hervorrufen, und bei einigen Utrieularia- und Begoniaarten geschieht dies auch ohne äußeren Eingriff. Ähnlich würde sich also Drosera pygmaea verhalten, nur daß hier die Knospenbildung in einem sehr frühen Stadium auftritt. Dazu kommen die merkwürdigen Einrichtungen für Stoffspeicherung, Ablösung und Ver- 331 breitung der Brutknospen. Die Zweckmäßigkeit dieser Einrichtungen kann nun nicht verhindern, sie als notwendige Folgen der hei der Brut- knospenbildung — gegenüber der Laubblattbildung -- eintretenden stofflichen Veränderungen zu betrachten, wenn wir auch derzeit außer Stande sind zu sagen, worin diese bestehen. Jedenfalls findet die Brut- knospenbildung nur statt, wenn die Planze reich ist an Assimilaten, also gegen Schluß der Vegetationsperiode. An den kultivierten Pflanzen begann die Brutknospenbildung in der zweiten Hälfte des Oktober. Sie setzt ein zu einer Zeit, zu welcher die Entwicklung gewöhnlicher Blätter noch nicht abgeschlossen ist. Man findet also außerhalb der Brut- knospen noch unentfaltete Blätter, deren Spreiten dann bei den be- obachteten Exemplaren vertrockneten. Übergangsbildungen zwischen Blättern und Brutknospen kamen nicht zur Beobachtung. Es wurde bei der Besprechung der Brutknospenentwicklung er- wähnt, daß die eigentliche Knospe hier nicht axillär, sondern auf der Fläche des umgebildeten Blattes auftritt. Somit schließt sich der Fall an dem für die „epiphylle“ Infloreszenz von Dulongia früher beschriebenen '). Es wurde dabei versucht, zu zeigen, «laß zwischen axillärer und blatt- bürtiger Knospenentstehung sich Übergänge finden, wie denn auch axilläre und Adventivknospen sich nur durch äußerliche Merkmale (die verschiedene Stellung) voneinander unterscheiden. 2. Es mag gestattet sein, hier auf einige Fälle blattbürtiger Knospen bei Monokotylen hinzuweisen, für die eine entwicklungsgeschicht- liche Untersuchung sehr erwünscht wäre. Fig. 8 stellt ein Blatt von Allium magieum dar, einer Pflanze, von welcher ich dureh die Güte von Prof. Trabut in Algier eine Zwiebel erhielt. Das Blatt selbst, (das sich in Februar 1906 entwickelt hatte, war 25,5 cm lang, ein Laub- blatt von «der Gestalt «der gewöhnlichen Allium nigrum - Blätter: auch im anatomischen Bau zeigte sich nichts abweichendes. An seinem Ende befand sich ein rimmenförmiger verschmälerter Fortsatz uml auf diesem an der kapuzenförmig umgebogenen Spitze eine Zwiebel, ebenso verhielten sich die Blätter, deren Spitzen in Fig. 8 II und IT abgebildet sind. Ähnliche zwiebeltragende Blätter. nur keine Laubblätter, sondern unter- irdische Nichtblätter fanden sich an Zwiebeln von Allium nigrum tFig. !ı (zu welchem A. magicum wohl mit Recht gestellt wird), an Exemplaren aus Sizilien, welche ich Herrn Dr. Roß verdanke. Zu einer entwicklungs- geschichtlichen Untersuchung reichte das Material nicht aus. Man wird 1} Goebel, Organographie der Pflanzen 1898-1901, pag. 22. 332 zunächst geneigt sein, anzunehmen, das Blatt, an dessen Spitze die Knospe steht, sei dessen Deckblatt, auf welches die Achselknospe „ver- schoben“ sei. Möglicherweise ist es aber auch ein Blatt der Knospe selbst; bei dieser müßte dann der untere Teil, der eigentlich der Sproßachse nebst der Blattinsertion entsprechen würde, sich ganz als Blatt, also unter Unterdrückung der Sproßcharaktere ausgebildet haben. Wir würden ein Bild dieses Vorganges Fig. 8. Allium magi- cum, Laubblatt mit brutknospentragendem Endteil. Fig. 9. „Ausläuferblätter‘ von Allium nigrum von unten (links) und von oben trechts). erhalten, wenn wir z. B. annehmen würden, es habe, sich bei der Infloreszenz am Spathiphyllum plathy- spata ) auch der Stiel der Infloreszenz wie ein Blatt entwickelt. Darauf deuten wenigstens Abbildungen hin, welche vor langer Zeit Germain de St. Pierre gegeben hat?). Wer, wie der Verfasser, der Ansicht ist, daß auch in der Mor- phologie „Zldvra 6ei“, wird dies nicht für unmöglich halten. Wer solche Ketzerei auch als Hypo- these verabscheut, möge iestzustellen suchen, wie die merkwürdige Knospen- biklung zustande kommt! Daß bei Monokotylen eigentümliche Knospen- verschiebungen vorkom- men können, dafür ist wohl das am längsten be- kannte Beispiel das, wel- ches sich bei einigen Ornithogalum-Arten findet, 1) Vergl. Goebel, Organographie, Fig. 23, pag. 46. . 2) Germain de Saint Pierre, Archives de biologie vegätale, Livraisons 1 u. 2 (wie es scheint die einzigen, welche erschienen sind). Paris 1856, Klincksieck, 333 welche dadurch ausgezeichnet sind. daß sie Brutzwiebeln auf der Außen- seite ihrer Zwiebelschuppen tragen (Fig. 10.4). Sehon Medicus!) sagt „diese Knollen vermehren sich auch wie die andern. nämlich (dadurch), daß junge aus dem festen Körper ent- springen, doch vorzüglich besteht die Vermehrung aus einer Art Fort- pflanzung, wovon mir wenigstens bisher noch keine Beispiele vorge- kamen, nämlich auf der äußeren Seite eines dicken Zwiebelblattes brachen sie nesterweise hervor, so daß sie meist paarweise nebenein- ander in verschiedener Zahl, bis auf 10 Stück stehen... Bei genauer Beobachtung sieht man, daß sie sämtlich auf dem festen Körper (dem Zwiebelkuchen) ent- springen und mit ihm durch eine weiße Ader in Verbindung stehen.“ Auch A. Braun?) hat diese Bulbillen so aufgefaßt, „daß diese Zwiebelchen vielleicht als in der Achsel des vorhergehenden Blattes entspringend und der Außenseite des nach- folgenden angewachsen betrachtet werden köun- ten“. Die Frage ist nur, Fig. 39. Ornithogalum caudatum. A Zwiebel auf die wie die Verwachsung Hälfte verkleinert, mit Brutzwiebeln fan zweien davon or si . noch Fetzen des vertrockneten Deckblattes sichthar) vor sich geht, denn wenn RStärker vergrößert. Längsschnitt durch eine Zwiebel. man lediglich von einer Das Deckblatt der Brutzwiebeln ist hier noch fleischix. Verschiebung spricht, so ist damit natürlich nichts anderes ausgedrückt, als die Tatsache, dal: «diese Knospen eine andere Stellung als sonst haben. Auch wenn man sie als mit dem Zwiebelblatt „verwachsen“ bezeichnet, so ist damit nichts weiter gewonnen. Daß die Medicus-Braunsche Auffassung der Haupt- sache nach das Richtige trifft, kann übrigens um so weniger einen 1) Medicus, De plantarım praeter semina propagatione in Acta Acad. Theo- dore-Palatinae 1790, Tome YI, pag. 479. . 2} Über Polyenihryome und Keimung am Caelebogyne (Abhandl. d. Berliner Akademie 1859, pag, 158. 334 Zweifel unterliegen, als die stärkeren Seitenzwiebeln von Ornith. cau- datum die erwähnte Verschiebuug nicht erfahren, sondern unmittelbar aus dem Zwiebelkuchen entspringen. Gelegentlich hängen sie wenigstens teilweise mit «dem hinter ihnen stehenden Blatte zusammen. Es sind also nur die schwächeren Seitenzwiebeln, die auf die Fläche der Zwiebel- schale gelangen. Sie werden dadurch nicht nur über das Substrat emporgehoben, sondern können sich auch leichter von der Mutterpflanze ablösen, als die an Ort und Stelle bleibenden stärkeren Seitensprosse. Es hat also die Verschiebung auf die Fläche der Zwiebelschuppe hier (dieselbe biologische Bedeutung wie die Tatsache, daß bei manchen Alliumarten die Brutzwiebeln langgestielt sind. Suchen wir uns den Vorgang der Verschiebung näher vorzu- stellen, so ist zunächst kaum zweifelhaft, daß eine wirkliche, nachträg- liche Verwachsung hier nicht vorliegt, dazu ist die Vereinigung zwischen den Zwiebeln und dem Blatt, welchem sie aufsitzen, eine viel zu innige. Man sieht zwar von den Brutzwiebeln aus einen weißen Streifen, wie schon Medicus bemerkte, nach unten ziehen '), und zu- weilen springt (dieser auch etwas über die Oberfläche vor, aber es kann nicht angenommen werden, daß dieser Stiel der Zwiebel ursprünglich freigewesen und nachträglich mit dem Gewebe der Schuppe verschmolzen sei. Vielmehr werden wir uns diesen Vorgang schon als in frühester Jugend vor sich gehend zu denken haben. Es ist, «da die zu Reserve- stoffbehältern (Zwiebelschuppen) ausgebildeten Basalteile der Laub- blätter mit den Rändern verwachsen sind. zwischen den Zwiebel- schuppen jedenfalls wenig Raum vorhanden. Deshalb erscheint es nicht ausgeschlossen, daß Druckverhältnisse auf die Vegetationspunkte der Axillarknospen insofern einwirken, als sie dadurch auf die vor ihnen stehenden noch jugendlichen Schuppen gepreßt, ihnen sozusagen auf- gepfropft werden. Jedenfalls müssen diese Sproßanlagen mit der Basis der vor ihnen stehenden Blätter in Verbindung stehen. Wenn nun das der Schuppe und dem Sproßvegetationspunkt gemeinsame Stück sich stark streckt, so wird der erstere mit emporgehoben werden. Je früher das geschieht, desto weniger wird man in der Schuppe äußerlich davon etwas sehen. Daß die Knospen unter Druck sich entwickeln, ergibt sich schon daraus, daß sie ursprünglich einer Vertiefung der Schuppe eingebettet sind. Erst später, wenn das „Deckblatt“ der Brutzwiebeln allmählich seine Straffheit verliert, wölben sich die Hautzwiebeln mehr hervor, 1) In diesem Streifen verläuft in den untersuchten Fällen auch ein Leitbündel, as die Knospe mit dem Zwiebelkuchen in Verbindung setzt. 335 und gelangen, wenn das ausgesogene Deckblatt in Fetzen zerreißt, an die Außenseite der ganzen Zwiebel. Jedenfalls sehen wir also auch hier die Brutzwiebeln auf ein Blatt „verschoben“, ohne daß diese „Verschiebung“ durch Gestaltveränderungen des Blattes hervortritt. Auch bei Hyacinthus amethystinus fand ich an einigen Zwiebeln auf der Außenseite der Zwiebelschalen nahe unter deren oberem Ende eine Brutzwiebel vor. Ob hier «dasselbe Verhalten vorliegt wie bei Ornithogalum caudatum, vermag ich nicht zu sagen. Der Zellkern der Bakterien. Von Arthur Meyer. (Mit 3 Abbildungen im Text.) Wie die Annahme, daß noch in unserer Zeit eine Urzeugung von Organismen auf der Erde möglich sei, ihre letzte Zuflucht einst bei den Bakterien fand, so hat auch die Anschauung, daß es Lebewesen ohne Zellkerne gäbe, zuletzt ihre Zuflucht bei den Cyanophyceen und den Bakterien gesucht. Für die Cyanophyceen sind meiner Meinung nach in der Tat die Zellkerne noch nicht gefunden worden, während ich die Überzeugung habe, daß ich den Kern «ler Bakterien richtig er- kannt und beschrieben habe. Bei dem allgemeinen Interesse, welches die Frage besitzt, möchte ich hier einen Rückblick auf das bisher be- kannte geben und im Anschluß daran einige neue Beobachtungen üher den Zellkern der Bakterien mitteilen. Ich möchte dabei gleich von vornherein darauf aufmerksam machen, daß alle weiteren Fortschritte auf diesem Gebiete von der Auffindung großer Bakterienspezies ab- hängen werden, und richte deshalb an alle Bakteriologen, Botaniker und Zoologen die Bitte, auf große sporenbikdende Formen zu achten und mir dieselben eventuell zu Verfügung zur stellen. Bekanntermaßen sind im Laufe (er Zeit die verschiedenartigsten Gebilde der Zelle der Bakterien für Zellkerne erklärt worden; so be- trachtete noch 1904 Ruzicka die ganze Bakterienzelle als Zellkern, 1890 Wahrlich und ebenso Bütschli den ganzen Protoplasten. Löwit 1896 geschrunpfte Protoplasten, Swellgrebel 1906 gefärbtes Zyto- plasma. Von ergastischen Gebilden wurden für Zellkerne gehalten die Menıbran (Trambusti und Galleotti 1392), Vakuolen (Schottelius 1888, Ernst 1889, Feinberg 1900, Nakanishi 1901), Volutin (Menel 1904 usw.). Sporenanlagen hielten für Kerne Ernst 1889, Feinberg 1900, Schaudinn 1903. Die hierin gegebene Erklärung 336 der den unrichtigen Deutungen zugrunde liegenden Dinge habe ich auf Grundlage meiner Kenntnisse des Verhaltens les Bakterienkörpers gegen die verschiedenen Farbstoffe und Reagentien wohl durchgängig wenigstens wesentlich richtig getroffen. Ich selbst habe im Jahre 1897 (Flora, pag. 185) in den lebenden Sporangien von Bacillus asterosporus ein etwas stärker als das Zyto- plasma das Licht brechendes Körnchen entdeckt. welches ich für den Zellkern der Bakterien erklärte Da ılas (iehilde sehr klein war, und ich eine Kontraktion desselben vermeiden wollte, suchte ich es ohne Fixierung zu färben und benutzte deshalb dazu Jodjodkalium oder Rutheniumrot, die beide Zellkerne der Askomyceten etwas dunkler färbten als das Zytoplasma. Ich fand mit diesen Reagentien auch im Zytoplasma der Oidien Körnchen, die ich ebenfalls für Kerne hielt. Da ich wußte. daß der sich an der Sporenbildung beteiligende Kern ein sehr kleines, als Körnchen erscheinendes Gebilde ist, kam es mir nun weiter darauf an, ihn von allen anderen, in Form kleiner Körnchen auftreten könnenden Gebilden unterscheiden zu lernen. Im Jahre 1899 (Flora, pag. 428) gelang es mir von solchen ergastischen Gebilden das Fett zu charakterisieren und die Vakuolen sowie das Glykogen für meine Zwecke besser zu erforschen. Da Fuchsin und Methylenblau die mir bis dahin genau bekannten ergastischen Gebilde der Bakterien nicht färbten, so benutzte ich diese Farbstoffe zum Färben, eventuell zum Sichtbarmachen der Zellkerne. Vorzüglich beim Fixieren mit For- mol und Färben mit Fuchsin konnte ich in den relativ großen Sporen und Oidien von Bacillus tumescens Kerne auffinden. Ich sah sie jetzt in ganz jungen und älteren Sporenanlagen in Einzahl, daneben im Zyto- plasma der Sporangien in Ein- oder Mehrzahl, in in Keimung begriffenen Sporen in Einzahl, in den Keimstäbehen in Ein- oder Zweizahl, in den Schwärmern meist in Mehrzahl. Es fanden sich nun aber in der Litera- tur noch ungeklärte Angaben über allerhand Körner und Einschlüsse, von denen mir vorzüglich diejenigen von Ernst und von Babes einer Nach- untersuchung und Klärung mit Rücksicht auf die Frage zu bedürfen schienen, ob sich unter den beschriebenen Gebilden nicht noch eine be- sondere Art von ergastischen (rebilden verbärge. Da die Unter- suchung der Bakteriologen meist mit an Deckgläsern angetrocknetem Materiale vorgenommen worden waren, veranlaßte ich Arnold Grimme die bei den bakteriologischen Methoden der Fixierung und Färbung der Bakterien entstehenden Erscheinungen mit denen, welche bei An- wendung meiner Methoden auftreten, zu vergleichen. Es wurde bei dieser, unter meiner Leitung ausgeführten Untersuchung eine klare Er- 337 kenntnis der aus Volutin, einer den Fetten analogen Gruppe von Sub- stanzen, bestehenden Körner gewonnen (Grimme, Dissertation, Mar- burg 1902, pag. 34), die ich später (Botanische Zeitung 1904, pag. 113) noch vertiefte. Es entstand nun die Frage, ob der von mir in den Sporenanlagen gesehene Kern oder die im Zytoplasma der Oidien und Sporangien gesehenen Kerne nicht Volutinkörner gewesen seien, da es sich herausgestellt hatte, daß das Volutin sich mit Methylenblau oder Fuchsin (wie ich später fand, auch mit Rutheniunrot) unter Umständen auch färbt; es stellte sich jedoch bei den von Grimme zu dem Zwecke der Entscheidung dieser Frage angestellten vergleichenden Versuchen heraus, daß weder der Zellkern der Sporenanlage von B. asterosporus und B. tumescens, noch die Kerne des Zytoplasmas der Oiden von B. tumescens die Volutinreaktion geben. So war nun eine Verwechs- lung meiner Kerne weder mit den Vakuolen noch mit den in Körner- form auftretenden Reservestoffen, also .lem Fett, dem Glykogen, dem Volutin, mehr möglich. Es seien nun kurz ılie Momente zusammengestellt. welche dafür sprechen, daß die von mir als Kerne angesprochenen Gebilde den pflanz- lichen Zellkernen, z. B. den Zellkernen der Pilze, homologe Organe der Bakterienzelle sind. Die von mir als Kerne angesprochenen Ge- bilde unterscheiden sich von den allermeisten Reservestoflen und anderen ergastischen Gebilden dadurch, daß sie, wie «die Zellkerne. eine relativ gleichmäßige Größe besitzen. Beständen sie aus irgend einem Reserve- stoffe, so würden die im Zytoplasma der Sporangien liegenden „Kerne“ ebenso wie Fett, Glygogen und Volutin bei der Sporenbildung ver- braucht werden müssen. Auch ihre relativ konstante Zahl spricht da- für, daß sie Kerne sind. Am wichtigsten ist das Verhalten des Kernes der Spore. Wir sehen den Kern schon in den ganz jungen Anlagen der Spore, sehen ihn später meist nach der Mitte der Sporenanlage rücken, wo er meist in großvakuoligem Plasma liegt oder an Plasma- fäden aufgehängt erscheint, und in der anschwellenden Spore liegt der Kern noch in Einzahl. Er bildet anscheinend ein Zentrum für die Sporenbildung. wie die Zellkerne in den Sporangien der Askomyceten. Dazu kommt ferner noch das mikrochemische und färberische Verhalten des Kernes. Wir werden sehen, daß der Kern durch Kochen der Bak- terien mit Wasser fixiert wird, im Gegensatz zu den Volutinkörnern, die sich dabei lösen, und wir werden sehen, daß sich der Kern mit den gewöhnlichen Kernfixierungsmitteln ebenfalls fixieren und für die Färbung vorbereiten läßt. Wenn die Kernfarbstoffe durch die Mem- 23 Flora, Bd. 98. 338 bran der Zellen hindurchdringen, so werden sie auch von den Kernen besonders leicht gespeichert. Hervorzuheben ist die Tatsache, daß Pilzkerne und Bakterien- kerne sich durch Methylenblau im lebenden Zustande (Krankfärbung) leicht färben, bei Zusatz von 1°/,iger Schwefelsäure jedoch sofort entfärben, während die den Zellkernen der Bakterien oft sehr ähnlichen Volutinkörner, welche sich mit Methylenblau in der lebenden Zelle ebenfalls sehr leicht färben, in der verdünnten Schwefelsäure tief dunkelblau bleiben. Ich will nun in dem Folgenden ein paar Versuche beschreiben, die ich neuerdings zur Auffindung einer besseren Methode des Nach- weises der Zellkerne der Bakterien gemacht habe. Ich benutzte zu den Versuchen die großen Sporangien von Ba- cillus Pasteurianus Winogradsky, da die Untersuchung dieses Spaltpilzes durch Herrn Bredemann in meinem Institute gezeigt hatte, daß er stets volutinfrei ist. Auch das Fehlen von Fett in diesem Pilze ist für manche Fixierungsmethode vorteilhaft. Das Material war auf Agar ge- züchtet worden und reich an jungen Sporangien. Versuch 1. Das Material wurde in einem Reagenzglase mit Wasser zwei Minuten lang abgekocht, in ein Spitzgläschen gegeben und zentrifugier. Das Wasser wurde dann von dem Absatze abgehoben, auf letzteren etwas von einer Lösung von !/, g schwefelsaurem Eisen- oxydammoniak in 100 cem Wasser gegeben und unter öfterem Um- schütteln 24 Stunden darauf stehen gelassen. Darauf wurde die Eisen- lösung abgeschleudert und abgehoben und etwas Hämatoxylinlösung (1:200) aufgegossen. Nachdem die Bakterien 24 Stunden in der Farbflüssigkeit gelegen hatten, wurden sie abgeschleudert und zur Untersuchung benutzt. Eine Öse des Materials brachte ich zuerst mit etwas der Eisenlösung unter ein Deckglas und beobachtete. An- fangs war das Zytoplasma, in dem Vakuolen und hier und da auch Körnchen lagen, und manchmal auch die Membran graublau gefärbt, die großen und kleinen Sporenanlagen dunkelblauschwarz. Bei der Differenzierung in der Eisenlösung schwand zuerst die Färbung des Zytoplasma, «dann sehr langsam die der Sporenanlagen, in denen nur in einzelnen Fällen der Kern undeutlich hervortrat. Viel besser ge- lang die Differenzierung mittelst verdünnter wässeriger Salzsäure (fünf Tropfen auf 10 ccm Wasser). Mit der Säure entfärbte sich das Zyto- plasma etwas langsamer, die Sporenanlage etwas schneller als mit der Eisenlösung. Der Kern blieb am längsten dunkel gefärbt und trat in schon ziemlich weit entwickelten Sporenanlagen sehr deutlich hervor; 339 meist sah ich ihn in der Mitte der Sporenanlage von einem hellen Hofe umgeben. In Fig. 1 sind drei solche Sporangien mit den Kernen abgebildet. lösung gelegene, dann mit verdünnter Salzsäure be- handelte Sporangien. Die Kerne der Sporenanlagen e g Mit Wasser abgekochte, 24 Stunden in Hämatoxylin- treten deutlich hervor. Vergrößerung 2500. Fig. 1. Versuch 2. Das Bakterienmaterial wurde mit Wasser gewaschen, zentrifugiert, dann in dem Spitzglase mit Flemmings Lösung +1 drei Stunde behandelt, zentrifugiert, mit Wasser auf der Zentrifuge sechsmal gewaschen, dann innerhalb 2—3 Tagen tropfenweise Alkohol bis zu 20%, der Flüssigkeit hinzugefügt. In einem Spitzglase der Zentrifuge wurde nun zuerst das fixierte Material mit einem Gemische vnn 1 Volumen Delafieldschem Hämatoxylin — 1 Volumen Wasser übergossen, 24 Stunden stehen gelassen, dann abgeschleudert. Von dem gefärbten Material wurde etwas in einen Tropfen einer Mischung von 10 cem 10°/,igem Alkohol und drei Tropfen 1°/,igem Salzsäurealkohol gebracht. Bei der Differenzierung treten die Kerne in den Sporen- anlagen gut hervor; sie liegen meist in einer helleren, kreisrunden Stelle und erscheinen als scharf umschriebene, dunkle Punkte, (Fig. 2). Das Zytoplasma erscheint dabei hellblau, die Membran etwas dunkler blau gefärbt. Mit Flemmings Lösung fixierte, mit 20° igem Alkohol gehärtete, mittelst Delafieldsehem Hämatoxylin gefärbte und mit Salzsäurealkohol differenzierte Sporangien von Bacillus Pasteurianus. Die Größe des Zellkernes ist sehr genau gezeichnet. Vergrößerung 2500. Fig. 2 Versuch 3. Das wie in dem vorigen Versuche fixierte und mit Alkohol gehärtete Material wurde mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Es blieb zuerst 24 Stunden in der im Spitzglase befindlichen Eisenlösung, wurde dann nach sorgfältigem Abschleudern und nach Abheben der Eisenlösung mit der Hämatoxylinlösung übergossen und 24 Stunden in dieser belassen. Von der abgeschleuderten, feuchten Bakterienmasse wurde dann etwas unter dem Deckglase direkt mit der Eisenlösung differenziert. Wenn man den Differenzierungsprozeß sorgfältig konti- nuierlich beobachtet, so sieht man bald in kleinen und großen Sporen- anlagen den Kern als dunklen, gefärbten Punkt hervortreten (Fig. 3), zugleich erkennt man im Laufe der Beobachtung der Differenzierung häufig, ar 340 daß die größeren Sporenanlagen innen vakuolig sind, und daß in ihnen der Kern im Zentrum einer kleinen zentralen Plasmaanhäufung liegt (Fig. 35 und c). Manchmal treten auch im gut fixierten Zytoplasma der Sporangien und Oidien Kerne hervor (Fig. 3 a, d, c). Die Kerne sehen bei jeder Einstellung mehr oder weniger dunkel aus, die Vakuolen in manchen Fällen bei hoher Einstellung ebenfalls dunkel, bei tiefer je- doch immer hell. Sporangien von Bacillus Pasteurianus mit Flemmings Lösung fixiert, mit Alkohol gehärtet, mit Eisenhäma- toxylin gefärbt, m#t Ferriammoniumsulfat unter dem Deckglase differenziert. In 5 und c die Sporenanlagen mit zentral im vakuoligen Sporenplasma liegendem Kerne; i 7 Ina, 5b und « im Zytoplasma des Sporangiums ein Kern. Fig. 3. Vergrößerung 2500. Die mit den verschiedensten Methoden von mir in den Bakterien nachgewiesenen Zellkerne besitzen, wie aus den Abbildungen hervor- geht, einen Durchmesser von ungefähr 0,3 u. Wenn sie sich, wie zu vermuten, durch indirekte Kernteilung vermehren, so muß es uns unmöglich sein, den Teilungsvorgang zu beobachten, denn Körnchen von 0,1 u, wie sie dann in den Chromatinmassen vorliegen würden, könnten wir mit unseren Instrumenten nicht mehr sehen. So müssen wir, wie gesagt, mit (ler weiteren Erforschung der Bakterienkerne warten, bis uns größere Bakterienspezies zugänglich sind. Es würde dann außer der Frage der Kermteilung besonders auch die Frage der Kern- verschmelzung in den Sporenanlagen in das Auge zu fassen sein. Zur Entwicklungsgeschichte der Stolonen von Nephrolepis. . Von Adolf Sperlich, (Mit Tafel VII und 6 Abbildungen im Text). Im zweiten Hefte des 96. Bandes dieser Zeitschrift habe ich ge- zeigt, daß bei Tochterpflanzen von Nephrolepis, die aus Seitenzweigen der Ausläufer einer Mutterpflanze entstehen, vor der Anlage des ersten Blattes und zugleich mit den ersten Blättern Stolonen entwickelt werden, die in das Erdreich hineinwachsen und nach Erreichung einer be- stimmten Länge gewöhnlich ihr Wachstum beschließen. Aufgabe (dieser Stolonen ist die Bildung von Wurzeln. Erst nachdem das neue Individuum durch die Tätigkeit dieser Wurzelbildner genügend gekräftigt und von der Mutterpflanze unabhängig geworden ist, setzt die Aus- bildung langer, oft weitausgreifender Stolonen ein!), Schon damals gab ieh der Vermutung Ausdruck, daß sich bei einem aus dem Pro- thallium stammenden Pflänzchen des genannten Farnes ähnliche Ver- hältnisse dürften feststellen lassen. Damit trat ich teilweise in Gegen- satz zu Velenovsky, welcher angibt?), daß (die junge Pflanze von Nephrolepis ein normales Rhizom besitzt (d.h. ein Rhizom, «das keine Ausläufer treibt), und daß erst im vorgeschrittenen Alter die langen blattlosen Ausläufer hervorsprossen. Meine Kulturen von Nephrolepis gestatten mir nunmehr die Frage nach dem Zeitpunkte der Entstehung des ersten Stolo und nach der Funktion der erstentwickelten Ausläufer beim Keimpflänzchen zu he- antworten. Gleichzeitig ermöglichte mir ein reiches Material as Studium der Stoloanlage am Vegetationspunkte und ihrer Beziehung zu Blattanlage und Segmentierung der Stammscheitelzelle unseres Farnes. Es hat zwar schon Lachmann) mitgeteilt, daß sich der Stolo in nächster Nähe des Vegetationspunktes aus einer Initiale entwickelt. welche der äußersten Zellschichte angehört, doch schien mir ein etwas näheres Eingehen in die Sache schon deshalb erwünscht, da über die Verzweigung radiär gebauter Farne meines Wissens keine genaueren l} Sperlich, Ergänzungen zur Morphologie und Anatomie der Ausläufer von Nephrolepis. Flora 1906, Bd. XCVI, H. 2, pag. 453—459. 2) Velenevsky, Vergleichende Morphologie der Iflanzen, I. I’rag 1905, pag. 234. 3) Lachmann, Contributions A I'histoire naturelle de la raeine des fongeres. Lyon 1889, pag. 155. Angaben bestehen‘). Daß aber die Stolonenbildung nichts anderes als eine Achsenverzweigung ist, kann heute keinem Zweifel mehr unterliegen: die einfachen Versuche Heinrichers?) baben die schon seinerzeit von Lachmann mit Erfolg verfochtene Sproßnatur der Ausläufer in ein- wandfreier Weise erwiesen. Durch epiphytische Kultur des Farnes trachtete ich endlich, den Einfluß des Epiphytismus auf die Stolonenentwicklung so gut als mög- lich kennen zu lernen. Auch diesmal arbeitete ich mit Deszendenten der aus dem Ham- burger Garten bezogenen Nephrolepis tuberosa Presl., welche Hein- richer infolge ihrer erwiesenen Unfähigkeit zur Knollenbildung N. cordi- folia, subspezies b etuberosa benannt hat?). 1. Wann treibt die Keimpflanze von Nephrolepis den ersten Ausläufer? — Funktion der erstentwickelten Stolonen. — Künstliche Rhizom- verzweigung. Die Sporen, welche zur Aussaat am 16. Dezember 1905 ver- wendet wurden, entstammten dem kräftigsten Wedel der aus dem Ham- burger Garten bezogenen Pflanze. Dank der Vorsicht, die sowohl bei der Sporenernte als auch bei Beschiekung der Keimschüsseln gewaltet hatte, erwuchs eine vollkommen reine Kultur. Erst am 23. Jänner 1906, also nach mehr als einem Monate, konnte in den Gefäßen bei Lupen- betrachtung die beginnende Sporenkeimung festgestellt werden; die Ent- wicklung der Keimpflänzchen aus den Prothallien ließ weitere 3 Monate auf sich warten. Die ersten sechs Pflänzchen wurden am 30. April in separate Geschirre pikiert, weitere folgten bald nach; die letzten Keimungen wurden Mitte Juni verzeichnet. Mittlerweile konnte an den 1) „In welcher Weise aber die Anlage von Seitensprossen stattfindet, ist für die radiär gebauten Farne noch nicht festgestellt worden, wahrscheinlich erfolgt sie wohl in ähnlicher resp, analoger Weise wie bei den dorsiventralen Farnen“, schreibt Sadebeck in seiner Pteridophytenbearbeitung. Engler u. Prantl, Die natür- lichen Pflanzenfamilien, Bd. ], Abtl. 4, pag. 43. 2) Heinricher, Zur Kenntnis der Farngattung Nephrolepis. Flora 1907, Bd. XCYU, H. 1, pag. 57, 63 u. 73. 3) Heinricher unterscheidet auf Grund seiner Beobachtungen und der Literaturangaben zwei Sulspezies der Nephrolepis eordifolia (L.) Presl. = N. tube- rosa (Bory Willd) Presi.: eine knollenbildende Unterart, N. cordifolia, subsp. a tuberosa und eine knollenlose Unterart, N. cordifolia, subsp. b etuberosa. Über- dies scheinen, wie Heinricher nachgewiesen, unter der Bezeiehnung N. cordifolia = tuberosa mehrere verschiedene Arten oder Rassen zusammengeworfen zu werden. A. a. O. pag. 67—71. Meine Kulturen haben Heinrichers Nachweis der Unfähig- keit zur Knollenhildung bei dieser Art oder Unterart bestätigt. 343 zuerst hervorgewachsenen Farnpflänzchen die Organentwicklung verfolgt werden. Auf das erste Blatt folgt das zweite und dritte sehr bald. Nach diesem Schritte, der sich bei allen Individuen in gleicher Weise voll- zieht, sind in der Weiterentwicklung zwei Fälle möglich: es folgt dem dritten Blatte entweder sofort der erste Stolo oder zunächst das vierte Blatt und nach diesem erst der Ausläufer. Bei den am 30. April pikierten Individuen beobachtete ich den ersten Stolo am 19. Juni. Ist man mit dem Objekte einigermaßen vertraut, so kann das Organ unmöglich mit den sich gleichzeitig entwickelnden Wurzeln verwechselt werden. Ein Pflänzchen mit ausgebildetem ersten Stolo zeigt Fig. 1 auf Tafel VIII. Der abwärts strebende Stolo (s/) wurde nach dem dritten Blatte (2,) und vor dem in Entwicklung begriffenen vierten Blatte (6,) angelegt. Links ist das verschrumpfte erste Blatt erkennbar, das zweite Blatt ist abgefallen. Um die aufeinander folgenden Blätter der Keim- pflanze von Nephrolepis ihrer Gestalt nach zu zeigen und auf diese Art durch Vergleich das Erkennen der Rangordnung der in den Figuren abgebildeten ersten Blätter einigermaßen zu ermöglichen, habe ich Fig. 2 auf Taf. VIII hergestellt. Das sechsblättrige Pflänzchen ist so gelegt, daß die Blätter 2, bis 2, der Fläche nach sichtbar sind; das erste Blatt fehlt, 2, ist in Entwicklung. Selbst ohne Farbenwirkung läßt sich über- dies der in der Figur erkennbare Stolo (s/) von den beiläufig gleich langen Wurzein (ze) leicht unterscheiden. Ist der erste Ausläufer gebildet, so folgt zunächst auf jedes weitere Blatt je ein neuer Stolo; es hat demnach eine Pflanze mit sechs Blättern drei oder zwei entwickelte Stolonen, je nachdem der erste Stolo nach dem dritten oder nach dem vierten Blatt entstanden ist. Wenn das sechste Blatt eine bestimmte Größe erreicht hat, so wird auch der nach diesem Blatte angelegte Ausläufer bemerkbar. Dies Stadium zeigt Fig.3 auf Taf. VIII Von den Blättern sind die ersten drei abgefallen. ein Blick auf Fig. 2 lehrt, daß wir d,, 6, und das in Entwicklung be- griffene 2, vor uns haben. Neben s/, und sz, ist auch der nach &, ge- bildete Ausläufer s/, als kleiner Stummel zu sehen. Die regelmäßige Aufeinanderfolge von Blatt- und Seitenachse hält sich indes nicht lange. Das drei Monate alte Individuum in Fig. 4 auf Tafel VIII zeigt eine der Blattzahl nicht entsprechende Anzahl von Aus- läufern. Mit Ausnahme der Organe, welche nach dem noch eingerollten Blatte (d,) angelegt wurden, sind alle Stolonen der Pflanze im Bilde erkenntlich; wir zählen deren sieben. Da (der erste Stolo nachweis- lich auf das dritte Blatt gefolgt ist. so entspräche dem achten Blatte 34 nicht s4, sondern erst s%. Es müssen demnach im Laufe der Ent- wicklung zwei Stolonen nacheinander angelegt worden sein. Wie später bei Behandlung der Organanlagen amı Vegetationspunkte näher gezeigt werden soll, kann dies in der Tat bei weiter vorge- schrittenen Pflanzen öfter festgestellt werden. Desgleichen ist die direkte Aufeinanderfolge zweier, vielleicht auch mehrerer Blätter bei etwas älteren Individuen nicht selten. Rücksichtlich des Längen wachs- tums der Seiteusprosse darf nicht außer Acht gelassen werden, daß in vielen Fällen der angelegte Stolo entweier gar nicht oder nur ein ganz kurzes Stück wächst und dann bis auf weiteres das Wachstun sistiert. In solchen Fällen kann die Anwesenheit der Organe selbst- verständlich nur mit Hilfe des Präpariermikroskopes, unter welchem sie leicht erkenntlich sind, festgestellt werden. Daß die Pflanze be- müssigt ist, derartige schlafende Augen unter Umständen zu aktivieren, habe ich schon in meiner ersten Schrift über diesen Gegenstand her- vorgehoben !). Die oben geschilderten Verhältnisse ließen sich an jedem Indi- viduum, das sich aus dem Prothallium entwickelte, verfolgen. Es er- gibt sich demnach: Schon die Keimpflanze von Nephrolepis treibt seitliche Sproßorgane, die bekannten Stolonen; die Anlage dieser Organe setzt sehr bald ein, der erste Stolo istentweder das dritte oder das vierte Seitengebilde des Stammscheitels, Die Figuren 1, 2, 3 und 4 auf Tafel VIII zeigen, daß die erst- angelegten Stolonen das Bestreben haben, in das Erdreich hineinzu- wachsen. Das Eindringen in den Boden geschieht in den seltensten Fällen mit der Richtung der Schwerkraft”), es werden im Längsver- laufe der Organe verschiedene Krümmungen sichtbar wie beispielsweise bei s/, und s/, in Fig. 4. Bei all dem scheinbaren Mangel an Gesetz- mäßigkeit bleibt aber doch die Tendenz, möglichst das Erdreich zu (turchwachsen an jedem Ausläufer der Keimpflanze erkennbar. Selbst s%, der sich anschickt. horizontal weiterzuwachsen, dürfte von der ein- geschlagenen Richtung noch abweichen, um sich in den Boden einzu- bohren. Man kann sagen, daß sich bei größeren Individuen durch- 1) Vergl. Sperlich, a. a. O. pag. 463-464. 2) Bei Pflanzen, die sich aus Seitenzweigen des Ausläufers einer Mutter- pflanze entwickeln, erfolgt das Eindringen der Wurzelstolöonen oft streng in der Sehwerkraftsrichtung. Erfahrungen, die ich bei epiphytischer Kultur der Pflanzen gemacht, zwingen mich meine einmal gefaßte Meinung über den positiven Geotro- pismus der Wurzelstolonen (vergl. a. a. O. 8. 454 u. 458, Taf. III, Fig. 4 u. 5) zu ändern oder wenigstens einzuschränken; doch Javon später. 345 schnittlich 10 Stolonen im Erdreiche befinden und hier durch reiche Anlage von Wurzeln für Verankerung und Nahrungsaufnahme sorgen. Daß die Zahl dieser Wurzelbildner auch noch späterhin im Laufe der Weiterentwicklung einer kräftigen Pflanze sich vergrößert, ist leicht be- greiflich. Es obliegen somit die erstangelegten Stolonen des jungen, aus dem Vorkeime sich entwickelnden Individuums der gleichen Auf- gabe, wie ich sie a. a. O. für die ersten Seitensprosse der auf un- geschlechtlichem Wege entstandenen Tochterpflanze geschildert habe. Erst Stolonen, welche nach erfolgter Erstarkung der Pflanze hervor- wachsen, können zu langen drahtartigen Gebilden werden, die für die Ausbreitung des Stockes Sorge tragen. So behält Velenovskf mit dem zweiten Teile seiner Aussage Recht; die ersten Stolonen, die Wurzelbildner der jungen Pflanze, sind ihm entgangen. Berücksichtigt man die wurzelbildende Tätigkeit der ersten Ausläufer, so wird die Zeitfolge ihrer Anlage und Entwicklung im Zusammenhange mit der Blattbildung verständlich. Solange das Pflänzchen nur kleine Blätter trägt, genügt die Ausbildung je eines Stolo nach jedem Blatte, sein Längenwaehstum ist ein geringes, die Zahl der an seinem Vegetations- punkte entstehenden Wurzeln keine große; treten aber an Stelle der Blätter, deren Scheitel sich bald erschöpft, die Wedel mit andauerndem Scheitel- wachstume, dann sorgt die Pflanze durch wiederholte Stolonenanlage und dadurch, daß das Wachstum dieser Organe beschleunigt und die Zahl ihrer Wurzeln reichlich vermehrt wird, für eine der größeren Blatt- oberfläche adäquate Wasserzufuhr und für bessere Ausnützung des er- nährenden Bodens. In Fig. 4. Tafel VIII scheint mir gerade der Zeit- punkt dieses Überganges aus der Jugendform in den Zustand der Er- starkung fixiert zu sein. Die Tatsache, daß die Pflanze schon in ihrer ersten Jugend Sto- lonen entwickelt, daß der erste Seitensproß in vielen Fällen das dritte Seitengebilde des Stammscheitels ist, dünkt mir Anlaß genug zur An- nahme, daß die Achsenverzweigung eine phyletisch alte Eigenschaft unseres Farnes ist. Dem folgt naturgemäß die Frage nach der ur- sprünglichen Beschaffenheit dieser Seitenzweige, die infolge ihrer Blatt- losigkeit. drei verschiedene Taxierungen haben erleiden müssen. Be- denkt man, daß den Organen die Fähigkeit zur Blattbildung nicht abgeht, daß auch, wie Heinricher nachgewiesen’), selbst die blatt- bildende Hauptachse des Individuums durch einfache Eingriffe die Ge- stalt des blattlosen Stolo annimmt, so drängt sich von selbst eine nor- 1) Heinricher, a, a. O. pag. 61—64. 346 mal beblätterte Achse als Urbild der Seitenzweige von Nephrolepis auf. Dies Bild hat für uns schon deshalb größte Wahrscheinlichkeit, da wir nun einmal nicht leicht davon ablassen können, im Sprosse vor allem Jen Träger der verschiedenen Blattgebilde zu sehen. Ich glaube nun weiter aus zwei Gründen annehmen zu können, daß das Durchwühlen des Erilreiches als solches, überdies das Durchwachsen des Bodens in Richtungen, die einer Blattentwieklung unter keinem Umstande günstig sein konnten, vielleicht auch die damit verbundene reichlichere Anlage von Wurzeln am Vegetationspunkte den Anlaß zur Blattiosigkeit ge- geben, daß wir demnach in den Wurzelstolonen die älteste und ursprünglichste Modifikation der Seitenzweige von Nephrolepis zu erblicken haben: fürs erste befindet sich der an der Erdoberfläche oder knapp unter derselben wachsende Seitenzweig im allgemeinen in Be- dingungen, die der Blattentwicklung in jeder Beziehung günstig sind — ein derartiger Zweig hat keine leicht erkennbare Veranlassung die Blatt- bildung zu sistieren — fürs zweite ist das mit der Bildung von Wurzeln verbundene Durchwühlen des Erdreiches die Funktion der jüngsten. der schon von der Keimpflanze gebildeten Seitenzweige. Auch scheint mir hiefür die Tatsache zu sprechen, daß es Heinricher durch Über- schütten eines Rhizoms mit Erde gelungen ist, dasselbe in einen Stolo, der bloß in großen Abständen Blätter bildet, umzuwandeln !). Aus Re- generationsversuchen, die der genannte Forscher mit oberflächlich und bei Lichtabschluß ausgelegten Knollen angestellt bat), ergibt sich, daß sehon der Lichtentzug allein als formativer Reiz für die Ausbildung einer stoloartigen Achse genügt. Was aber bestimmte Seitenzweige einst gezwungen, in das Erd- reich einzudringen, das entzieht sich mangels jeder Anhaltspunkt ge- währenden Tatsache der Erörterung. Es ist klar, daß die Entwicklung der wurzelbildenden Seitenzweige, die man, wie ich schon einmal hervorgehoben), ihrer Funktion nach mit Fug und Recht Wurzelträger nennen könnte, mit einer Reduktion in der Zahl der Wurzeln erster Ordnung verbunden sein mußte. Ver- gleicht man ein sich entwickelndes Nephrolepispflänzchen mit einem auf beiläufig gleicher Stufe stehenden Individuum einer anderen Farngattung, so sieht man, «daß unsere Wurzelbildner die starken Wurzeln der übrigen Farne vollkommen ersetzen. Schon Lachmann macht auf die geringe Zahl von Wurzeln an der Hauptachse von Nephrolepis auf- 1) Vergl. a. a. ©. pag. 61-64. 2) Vergl. a. a. 0. pag. 6465. 3) Sperlich, a. a. O. pag. 459 u. 469. “ - 347 merksam!), ja auf pag. 9 seiner zitierten Farnwurzelstudie sagt er so- gar: „Dans les Nephrolepis, les racines manquent?) ou sont rares sur la tige principale et sur ses branches dressdes et. feuill&es“. Demgegen- über muß ich hervorheben, daß dies nur rücksichtlich gut entwickelter Wurzeln gilt; ich werde im nächsten Abschnitte noch einmal Gelegen- heit haben, auf die bedeutende wurzelbildende Tätigkeit der Hauptachse aufmerksam zu machen. Eine kräftige Weiterentwicklung der ange- legten Wurzeln erfolgt nur in ganz seltenen Fällen. Es war mir sehr daran gelegen, die von der jungen Achse an- gelegten ersten Seitensprosse künstlich zur Blattbildung zu zwingen, einerseits, um hiemit einen weiteren Belag für meine oben angeführte Annahme von der Abstammung der blattlosen Stolonen von beblätterten Achsen zu gewinnen, andererseits aber schon deshalb, weil die Aus- läufer, welche heute normalerweise zur Blattbildung schreiten, stets Seitenzweige zweiter Ordnung, also Seitengebilde der hauptachsen- bürtigen Ausläufer sind; daß ein direkt dem Rhizom entstammender Stolo Blätter triebe, ist mir nicht bekannt. Mit Rücksicht auf die große Plastizität®) der Achsenorgane von Nephrolepis war bei An- wendung eines experimentellen Eingriffes ein positives Resultat zu er- warten. Ich dachte an eine Verletzung des Vegetationspunktes der Hauptachse und seiner jüngsten Organanlagen. Durch einen Zufall er- folgte der geplante Eingriff von selbst. Mitte Jänner dieses Jahres — es herrschte gerade eine bedeutende Kälte — barst in der Nacht der Heizgang der warmen Kiste, in welcher sich meine Kulturen be- fanden. Der am frühen Morgen eintretende Gartengehilfe fand den ganzen Raum mit dichtem, erstickendem Kohlenqualme erfüllt. Dieser und wohl auch die Kälte, welche im Raume bis zur Wiederher- stellung «der Heizanlage währte. hatte alles Zartere, darunter auch einen großen Teil meiner Kulturen vernichtet. Anfangs März konnte ich feststellen, daß einzelne Pflänzchen noch am Leben waren, daß der Unfall nur die ausgebildeten Wedel derselben zugrunde gerichtet. hatte: die meisten Individuen schienen vollends abgestorben. Nach Ab- lauf eines Monats unterzog ich die Kultur neuerdings einer Revision: bei einem Pflänzchen, das im März abgestorben schien, machte sich die Tätigkeit dreier Vegetationspunkte bemerkbar; bei einem zweiten er- zeugten zwei Achsen neue Wedel. 1) Lachmann, a. a. O. pag. 9, 149 u. 157. 2} Im Original nicht gesperrt. 3) Diese wurde schon von Heinricher, a. a. O. page. 63 und 73, be- sonders hervorgehoben. 348 Das erste dieser Individuen zeigt Fig. 5. auf Tafel VIII aus dem Topfe herauspräpariert. Die Aufnahme erfolgte anfangs Juni, also etwas über vier Monate nach dem Unfalle. Der vernichtete Vegetations- punkt befand sich mitten unter den noch erkennbaren Wedelstummeln 6. Der kräftigste Trieb v, und der etwas schwächere -, sind Seiten- gebilde der ursprünglichen Hauptachse und hätten sich jedenfalls normaler- weise zu Wurzelstolonen entwickelt: ihr blattfreies Stück mißt jetzt nur nach Millimetern. Der Trieb o, ist ein Seitentrieb von », und hat fast unmittelbar nach seinem Hervorsprossen mit der Blattbildung be- gonnen. Die beiden Wurzelstolonen (ws?) und die anderen sichtbaren Ausläufer sind wie z, Produkte von v,. Die ursprünglichen Wurzel- stolonen der Hauptachse sind desorganisiert, eingeschrumpft und im Wurzelgewirre nicht erkennbar. Auf diese Art haben wir in vor- liegenden Falle regelrecht beblätterte Seitenzweige vor uns und wir können sagen: die Pflanze besitzt ein verzweigtes Rhizom mit nor- mal beblätterten Seitenachsen. Ob uas Experiment auch bei einem älteren Individuum gelungen wäre, bleibt fraglich, doch bin ich eher geneigt, ein negatives Resultat anzunehmen. Der geschilderte Fall ist aber nicht nur ein neuer Beleg für die Sproßnatur der Stolonen, sondern scheint mir besonders als Stütze für meine Ansicht über die ursprüngliche Beschaffenheit dieser Organe ver- wertbar. 2. Anlage der Seitenzweige am Vegetationspunkte der Hauptachse. Wie die unter dem Präpariermikroskope noch nachweisbare Achsen- anlage am Vegetationspunkte aussieht, zeigen die Textfiguren 1, 2 und 3. Der Seitensproß erscheint als eine seitlich sich erhebende Warze an der Basis des jüngsten Blattes und bildet mit dem Blatte ein scheinbar vollkommen zusammenhängendes Ganzes. Das erkennt man an der in den Figuren 1 und 2 dargestellten Scheitelansicht, be- sonders gut aber an der Seitenansicht, die in Figur 3 gezeichnet ist. Der Vegetationspunkt der angelegten Achse verrät sich durch einen hellen Fleck am Gipfel der Warze; um denselben ist ein Kranz kurzer, eben hervorgewachsener Spreuschuppen erkennbar, die erst dann mit einer kräftigeren Entwicklung einsetzen, wenn die Seitenachse den dichten Pelz der schützenden Spreuschuppen der Hauptachse durch- brochen hat. Fast regelmäßig überholt das Blatt im Wachstum den scheinbar zu seinem Körper gehörigen Seitenzweig. Durch Vergleich der Fig. 1, in welcher s/, und d, beiläufig in gleichmäßiger Entwick- lung erscheinen, mit der Fig. 2 und der dasselbe Objekt in anderer 349 Lage und Vergrößerung darstellenden Fig. 3 ergibt sich das Gesagte sofort. sZ, ist nieht über das Warzenstadium hinausgekommen, 5, hat sehon eine Länge von über 1 cm erreicht. Fig. 1'). Vergrößerung 17. Fig. 2. Vergrößerung 17. Nachdem das Seitenorgan die War- zengestalt erlangt hat, folgt in der Regel eine Ruheperiode, deren Dauer je nach dem Bedürfnisse des Individuums bald länger bald kürzer ausfällt. Damit hängt auch die Gestalt der Scheitelzelle des Organs in diesem Stadium zusammen: SL da keine Segmentierung erfolgt, ist es fast unmöglich, in der von ziemlich der- ben Membranen umschlossenen polygo- nalen Zeile die dreiseitige Achsenscheitel- zelle eines Farnes zu erkennen. Bevor nun diese Scheitelzelle mit intensiver Arbeit. einsetzt, entwickelt sich Nr vorzüglich dureh Zellteilung und Strek- Fig. 3. Vergrößerung 38. Das- kung im Gewebe der Warze aus dieser selbe Objekt wie in Fig. 2, um 90° zunächst ein kurzer zylindrischer Stummel, gedreht, den Verlauf der Gefäß- R , bündel zeigend, ö, und 2, abge- dessen Ende die Gestalt eines flachen schnitten. 1) Bei allen Figuren bedeutet 2, 2,.... erstes, zweites usw. Blatt, sz, st, .... erster, zweiter usw. Stolo, = Wurzel, v Vegetationspunkt. Bei sämtlichen Objekten wurden die Spreuschuppen fast vollständig entfernt, in den Zeichnungen sind sie überall weggelassen. 350 Kegels hat. Hiebei ist die Scheitelzelle vielleicht gar nicht beteiligt. Es sei hervorgehoben, daß durch diesen Schritt der ursprünglich stets seitlich an der Blattbasis befindliche Seitensproß sehr oft an die Außen- seite des Blattes gerückt erscheint, wie das s/, an 3, in Fig. 1 sehr gut zeigt. So erklären sich auch die früheren Angaben der Forscher über den Ursprungsort der Stolonen. Lachmann schreibt!): „La tige dressde (des Nephrolepis port au-dessous?) et & cöt& de ses feuilles, des orgames eonsideres tantöt comme des stolons, tantöt comme des racines“ und Velenovsky®): „Aus dem beblätterten Wurzelstock wachsen zwischen den Blättern (besonders unter?) den Biattbasen) dünne .. Ausläufer.“ Die in den Figuren 1, 2 und 3 dargestellten Stadien der Seiten- achsenentwicklung machen es überdies verständlich, daß Hofmeister wie bei Pteris auch bei Nephrolepis die Seitenzweige als Produkte der Blattbasen angesehen bat®), und ich muß gestehen, daß auch ich trotz Lachmanns ausdrücklicher Bemerkung): „... au dessous ou & cöt& de chaque feuille, il s’&chappe de la tige m&me®) et non de la base au pe6tiole, comme le dit Hofmeister, un stolon qui s’allonge dans le sol ambiant“ zunächst aus diesen Bildern auf eine Beziehung zur Blattanlage geschlossen habe, Freilich nicht in dem Sinne wie Hofmeister‘), welcher die Stolonen aus Adventivknospen ent- stehen läßt, die sich an den Blattbasen entwickeln; aber ich dachte an eine Initiale, die entweder ein sehr früher Deszendent der Blattscheitel- zelle oder doch mit der Blattinitiale einem gemeinsamen Segmente der Rhizomscheitelzelle entstammt sein könnte. Die kurze, in der Ein- leitung vorliegender Schrift mitgeteilte Bemerkung Lachmanns über die Initiale des Stolo läßt diese Möglichkeiten immerhin zu, um so eher, als bildliche Darstellungen des Gegenstandes fehlen. Ich habe schon im ersten Abschnitte vorgreifend vom Stolo als von einem selbständigen Produkte des Hauptachsenscheitels gesprochen, im folgenden sei darauf näher eingegangen. Vor allem ist zu bemerken, daß der Scheitel des Rhizoms niemals gleichzeitig eine größere Zahl von Segmenten aufweist, an welchen die 1) A. a. O0. pag. 146. 2) Im Original nicht gesperrt, 3) A. a. O. pag, 232. 4) Hofmeister, Beiträge zur Kenntnis der Gefäßkryptogamen II. Abhandl. der königl. sächs. Gesellschaft der Wissenschaft 1857. 5) A. a. 0. pag. 149, 6) Im Original nicht gesperrt. “)A.a. 0. pag. 651, 351 ersten aufeinanderfolgenden Stadien der Ausgestaltung im Segmente studiert werden könnten. Wenn man die entwicklungsgeschichtlichen Bilder Kleins oder Knys im Kopfe hat, so findet man sich anfangs gar nicht zurecht und glaubt immer, man müsse in das Zellengewirre der Scheitelansicht Segmentabgrenzungen hineinlegen. Aus einer großen Zahl von Präparaten lernte ich endlich die Tatsache kennen, daß eine neue Segmentierung der Scheitelzelle von Nephrolepis gewöhnlich erst dann erfolgt, wenn das vorhergehende Segment bereits eine sehr weit- gehende Stufe erreicht hat. Die Anlage des Seitenorgans im Segmente erfolgt, wie aus den Figuren 4 und 5 ersichtlich wird, sehr bald; nur wenige Zellen trennen die Initialen des neuen Organs von der Stammscheitelzelle. In den seitensten Fällen trifft man am Vegetationspunkte mehr als eine Anlage, sehr selten neben dieser eben abgeschnittene Segmente. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 4. Vergrößerung 250. Längsschnitt. s Rhizomscheitelzelle, seg. Segment, s’ Stoloinitiale, Fig. 5. Vergrößerung 250. Längsschnitt, s Rhizomscheitelzelle, ör Blattscheitelzelle. An den in Fig. 4 und 5 dargestellten Längsschnitten durch zwei verschiedene Stammscheitel ist der Unterschied zwischen der Blatt- und Sproßinitiale sehr gut erkennbar. Ganz im Gegensatze zu «den Mutter- zellen der Seitenzweige dorsiventraler Farne, welche nach Kleins Mit- teilung!) sich sehr wenig oder gar nicht von den umgebenden Zellen abheben, so daß ihr Erkennen sehr schwierig wird, erreicht die Initial- 1) Klein, Vergleichende Untersuchungen über Organbildung und Wachstum am Vegetationspunkt dorsiventraler Farne. Bot. Ztg. 1864, 42. Jahrg, pag. 584. 352 zelle der Nephrolepisstolonen sehr bald eine beträchtliche Größe und ist besonders an einem im richtigen Zeitpunkte geführten und gut orientierten Längsschnitte, wie Fig. 4 zeigt, auch abgesehen von ihrer Gestalt durch die gewaltige Vorwölbung ihrer Außenmembran und durch ihre bedeutende Tiefe charakterisiert. Für die Herstellung der ein- gangs geschilderten Warze liefert die Zelle nur wenige Segmente. In diesen und in den Schwesterzellen der Initiale erfoigende Teilungen machen aus dem ganzen Segmente des Rhizomscheitels (scg. in Fig. 4) das bekannte warzenartige Gebilde, welches dem mittlerweile aus dem nächsten Segmente der Stammscheitelzelle erwachsenen jungen Blatte seitlich aufsitzt. Vergleiche die Figuren 1, 2 und 3 auf 8. 349. Die Blattscheitelzelle entspricht, wie am Längsschnitt in Fig. 5 zu sehen, vollkommen dem bekannten Typus und differenziert sich nach einigen vorbereitenden Teilungen im Segmente ebenfalls sehr bald. Schon im ersten Abschnitte dieser Arbeit habe ich auf die ver- hältnismäßig große Zahl der am Vegetationspunkte aus den Blattbasen hervorwachsenden Wurzeln aufmerksam gemacht. In Fig. 4 ist eine solche junge Wurzel neben dem sproßbildenden Segmente, allerdings nicht median getroffen, wiedergegeben. Ich habe schon erwähnt, daß die Weiterentwicklung der angelegten Wurzeln besonders bei gekräftigten Individuen infolge der Tätigkeit der Wurzelstolonen sehr bald nach- läßt und früher oder später ganz aufhört. Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß Blatt und Seitensproß nicht in demselben Segmente des Stammscheitels ihren Ursprung nehmen, daß also sowohl beim Aufbau eines Blattes als auch bei der Bildung eines Seitenzweiges je ein besonderes Seg- ment Verwendung findet. Nach der Lagerung der Seitengebilde am Rhizome, besonders an dessen Spitze glaube ich auch ohne Rückhalt annehmen zu können, daß jedes Segment des Stammscheitels zu einem Organe wird, sei es nun Blatt oder Sproß. Ein genaues Verfolgen jedes einzelnen Schrittes der Scheitelzelle ist aus dem oben angegebenen Grunde, wie leicht ein- zusehen, unmöglich, doch scheint mir die Prüfung der Stellung der jungen Organe verbunden mit der mikroskopischen Untersuchung an einem und demselben Vegetationspunkte Anhalt genug. Diese Prüfung erfolgte allerdings nur an jüngeren Individuen (die ältesten besaßen vier Wedel mit andauerndem Spitzenwachstum) und es kann ja immerhin sein, daß das eine oder das andere Segment bei älteren Pflanzen sich nicht an der Organausbildung beteiligt; doch halte ich dies unter nor- malen Verhältnissen nieht für wahrscheinlich. 353 In Fig. 6 ist als Beispiel der Rhizomscheitel eines Individuums, das etwa die in Fig. 4 auf Tafel VIII dargestellte Entwicklungsstufe er- reicht hat, gezeichnet. Die Zeichnung erfolgte nach einem Präparate, das nach Entfernung fast sämtlicher Spreuschuppen durch Aufhellung in Javellescher Lauge, Auflösung der Stärkemassen und darauffol- gende allmähliche Übertragung in Xylol ohne jede Färbung gewonnen wurde. Auf 2, folgt s%, der sich eben zu strecken beginnt, auf diesen sofort s4, und auf diesen als jüngstes Organ d,,. welches an seiner Basis bei = den schwach vorgewölbten Vegetationspunkt (des Rhizoms trägt. Zur Zeit der Fixierung war kein neues Organ angelegt. Das Bild möge auch teilweise zur Illustration des im ersten Abschnitt über die Reihen- folge der Organe Gesagten dienen: es zeigt die direkte Aufeinanderfolge zweier Stolonen, Sowohl s/ als auch die Basis des jüngsten Blattes weisen in großer Anzahl Wurzelanlagen (ze) auf, die in der Zeichnung nur zum Teil sichtbar sind. Wie gewöhnlich suchen auch hier die leitenden Ele- mente des jungen Orgaus auf kürzestem Wege den Anschluß an den Leitstrang des vorhergehenden Or- gans, sei es nun Blatt oder Achse. Es ergibt sich das sowohl aus Fig. 6 als auch aus der Fig. 3 auf 8. 349. Suchen wir zum Schlusse uns ein Bild zu machen von der Be- ziehung zwischen Zahl der Segmentierungen im Rhizomscheitel und Zeit, so gelangen wir zur Feststellung einer hemerkenswerten tie- schwindigkeit, die wenigstens bei Jüngeren Individuen in großem Kon- traste zu den Wachstumsverhältnissen sehr vieler einheimischer Farne steht. Das in Fig. 4 auf Tafel VIII dargestellte Individuum ist, wie schon einmal erwähnt, drei Monate alt und trägt neun Blätter (2, und 5, sind abgefallen), sieben Stolonen, überdies noch innerhalb der Spreuschuppen zwei junge Stolonen und ein junges Blatt. Rechnen wir das erste Blatt weg, so ergeben sich 18 Organe oder nach unseren Ausführungen 18 Segmente der Stammscheitelzelle (des Farnes. Dies verhältnismäßig rasche Arbeiten des Rhizomscheitels Flora, Bil. 98. 24 Fig. 6. Vergrößerung 17. 354 in der Jugend wird verständlich, wenn wir an die Funktion der erst- angelegten Stolonen denken und an die Notwendigkeit dieser Organe für das emporwachsende Individuum, die sich aus ihrer Funktion ergibt. Späterhin verlangsamt sich das Tempo. Leider kann ich den Zeitpunkt für das Eintreten der Fertilität der Wedel nich angeben. Heute sind Jie Pflanzen über anderthalb Jahr alt, die kräftigsten Wedel haben nahezu !/, m Länge erreicht, sind aber noch vollkommen steril?). 3. Ergehnisse der epiphytischen Kultur. — Gedanken über die Ent- stehung des Epiphytismus von Nephrolepis. Mitte Juni 1906 wurde eine Reihe von Prothallien mit eben ge- keiniten Farnpflänzchen auf zwei Holzstücke gebracht. Auf das eine derselben. ein unzersetztes Aststück, kamen die Prothallien mit den kleinen Erdklümpehen, welehe an den Rhizoiden und dem ersten Würzelchen hafteten, in geeignete Ritzen der Rinde. Als zweite Unter- lage Jiente die Hälfte eines abgerindeten, im Innern vollständig ver- moderten Holzstückes. Der Moder wurde durch den noch unzersetzten peripheren Holzmantel und überdies durch einige herumgewickelte Drähte zusammengehalten. Vor der Beschickung mit den Prothallien verblieb das Stück zu gründlicher Durchfeuchtung längere Zeit im Wasser. In den feuchten Moder wurden die Keime an verschiedenen Stellen ein- gesetzt. Ich wählte zwei verschiedene Tragstücke, da mir darum zu tun war zu erfahren, welchen Weg (ie erstangelegten Stolonen der sich entwickelnden Pfiänzchen in jedem Falle einschlagen würden. Beide Tragstücke wurden vertikal in der warmen Kiste des Gartens auf- gehängt und sehr feucht gehalten. Es währte nicht lange und die ersten Stolonen machten sich bemerkbar. In allen Fällen waren sie zunächst: gegen die Unterlage gerichtet und wuchsen in der einge- sehlagenen horizontalen Richtung fort, bis die Unterlage erreicht war. Schon daraus ergibt sich, daß meine in der ersten Mitteilung veröffent- lichte, erstgefaßte Meinung über das Vorhandensein von positivem Geo- tropismus bei len ersten Stolonen der jungen Nephrolepispflanze nicht zutreffen] war?). 1) Während der Drucklegung der Arbeit konnte folgendes im Tagebuche ver- merkt werden: 5. November 1907: An zwei Wedeln der kräftigsten Pflanze mit freiem Ange Sori bemerkbar. 15. Jänner 1908: Sporangien öffnen sich. Demnach erreichte das kräftigste Individuum meiner Kultur nach Ablauf von 2 Jahren die Sporenreife. (Wedellänge 80 em.) 2} Sperlich a. a. O. pag. 464 und 458; vergl. auch pag. 344 dieser Arbeit. 355 Es seien nun die Stolonen der auf dem vermoderten Stücke be- findlichen Pflanzen in ihrer Weiterentwicklung kurz geschildert. Von einer Einstellung in die Schwerkraftrichtung oder einer offenkundigen Beeinflussung des Wachstums seitens der Schwerkraft war auch ferner- hin nichts zu sehen. Die Stolonen bohrten sich vielmehr in der ur- sprünglich eingeschlagenen Richtung in den Moder ein, gleichviel an welcher Stelle das betreffende Pflänzchen saß. In Fig. 7 auf Tafel VIII ist ein Teil dieser Kultur etwas verkleinert abgebildet. Das Individuum A zeigt ganz deutlich, wie sich seine Stolonen gegen die Unterlage gewandt haben und wie sie im Moder verschwinden. Durch Entfernung von Substrat wurden sie teilweise sichtbar gemacht. Die Untersuchung dieser Seitenachsen zeigte, daß sie wie die Wurzelstulonen der Boden- pflanzen reichlich Wurzeln getrieben hatten und nach Erreichung einer bestimmten Länge ihr Wachstum sistiert worden war. Für die Wurzel- stolonen von Nephrolepis ergibt sich somit zur Zeit ihres kräftigsten Wachstums das Vorhandensein von positivem Hydrotropismus. Wie immer die feuchte Unterlage im Raume orientiert sein mag, immer richten sich die ersten Ausläufer des jungen Pflänzchens schen von allem Anfange an nach derselben. So erklärt sich auch das regel- mäßige Abwärtsstreben der jungen Stolonen bei Bodenpflanzen, das mich anfangs zur Annahme von positivem Geotropismus geführt hatte). Jedenfalls erscheint es auf Grund dieser Tatsache auch berechtigt, manche scheinbar regellose Krümmung eines Bodenstolo im Erdreiche auf Verschiedenheiten im Feuchtigkeitsgehalte benachbarter Bodenpartien zurückzuführen. Aus diesen Erfahrungen aber auf (en Mangel jedes Geotropismus bei den Wurzelstolonen zu schließen, wäre verfrüht?); es sind jedenfalls noch weitere Versuche notwendig, zu denen ich hoffentlich noch Gelegenheit finden werde. Gleich hier kann ich jedoch bemerken, daß die Untersuchung einer großen Zahl von Ausläuferspitzen in keinem Falle trotz großen Reichtums an Stärkekörnern eine gesetzmäßige Orientierung derselben in irgend welchem Gewebe ergeben hat. Die gleiche Vorsicht ist auch rücksichtlich des Heliotropismus am Platze, obwohl auch von einer Beeinflussung durch negativen Helio- tropismus, an den zunächst gedacht werden könnte, kaum etwas zu be- obachten war. Die Fig. 7 auf Tafel VIII zeigt ja, (laß die Pflanzen in ver- schiedenster Lage am vertikalen Tragstücke sitzen, mithin ihre Stellung zu dem von oben seitlich einfallenden Lichte eine verschiedene war. 1) Sperlich a. a. O. Taf. III, Fig. 4. 2} Lachmann nimmt für die Bodenstolonen schwachen teotropismus an; vergl. a. a. O. pag. 150. 21% 356 Gleichwohl wuchsen die Wurzelstolonen sämtlicher Individuen von allem Anfange direkt der feuchten Unterlage zu. Nach der Ausbildung der Wurzelstolonen erfolgte auch bei diesen Exemplaren das Hervorwachsen eigentlicher „Ausläufer“, wie die Ab- bildung zeigt, in geringer Zahl. Über die Reizbarkeit dieser Organe eine Vorstellung zu gewinnen, war mir bis jetzt unmöglich. Als Bei- spiel für die sonderbaren bei Luftstolonen vorkommenden Änderungen in der Wachstuinsrichtung diene eine Luftstolo des Individuums 2, ‚ler bei @ im Substrate verschwindet, un bald darauf bei 2 wieder ans Lieht zu kommen und seitwärts weiterzuwachsen, eine Erscheinung, die bei Bodenpflanzen nicht selten auftritt. Verfolgen wir nun noch die Stolonenentwicklung bei dem Pflänz- chen auf dem unzersetzten Aststücke. Auch hier wuchsen diese Organe zunächst gegen die Unterlage: die feste Beschaffenheit derselben ver- hinderte selbstverständlich das Eindringen. Diese Behinderung reizt die Stolonen sichtlich zu sehr intensivem Längenwachstum, welches nach den verschiedensten Richtungen erfolgt, nachdem das Organ die Unter- lage erreicht hat. In jedem Falle aber wächst es derart, daß es dem Tragaste eng angepreßt bleibt. An der angepreßten Flanke entstehen mehrfach Wurzeln, deren Leben nicht von langer Dauer ist. Die fehlende Möglichkeit, sich in ein weiches Substrat einzubohren, zwingt aber nieht nur die erstangelegten Stolonen zu kräftigem Längenwachs- tum, sondern veranlaßt auch das Individuum zu reicherer Anlage dieser brauchbaren Werkzeuge. Schlafende Augen dürften hier wohl kaum je zu finden sein. Die Stolonen, deren Querdurchmesser auch späterhin oft nur die Hälfte des Durchmessers der träg wachsenden Wurzelstolonen erreicht!), werden im wahren Sinne des Wortes zu Bindfäden, welche die Befestigung des jungen Pflänzchens an dem Tragaste besorgen. Teilweise erinnern sie im Kleinen an die wie Gurten den Tragbaum umspannenden Haftwurzeln der Aroideen. Ob sie wenigstens anfänglich wie diese für Kontaktreize empfindlich sind und ob sich auf diese Weise das Anschmiegen an den Tragast in jeder beliebigen Lage erklären läßt, bleibt fraglich. Ich bin eher geneigt auch hiefür (die Feuchtigkeit des Substrates, in diesem Falle der Rinde verantwortlich zu machen. Für das Vorhandensein von Hydrotropismus spricht die Erscheinung, daß die Stolospitze, wo immer sie weichere und zugleich feuchte Stellen in der Rinde vorfindet, sofort die Tendenz zeigt, sich in dieselben einzubohren. I} Auf die verschiedene (uersehnittsgröße der raschwüchsigen Ausläufer und der Bodenstolonen habe ich schon in meiner ersten Abhandlung über diese Organe aufmerksan gemacht, Vergl. auch a. a. O. Taf. TI, Fig. 11 und 12. 357 Von Geotropismus merkt man auch an diesen Organen nichts; sie wachsen nach oben ebensogut wie nach unten, in horizontaler Richtung ebensogut wie schräg nach oben oder unten. Auch ein bestimmter Helio- tropismus scheint kaum vorhanden zu sein. Ich beobachtete, wie die Organe sich das eine Mal an der Stütze von der beschatteten Seite der- selben gegen die belichtete, das andere Mal gerade umgekehrt aus dem Lichte in den Schatten fortbewegten. Nachdem die junge Pflanze durch die Tätigkeit der ersten Stolonen an die Unterlage festgemacht ist, ändert sich das Verhalten der späteren Ausläufer ganz analog wie bei der Bodenpflanze, (deren Verankerung und Kräftigung die Wurzelstolonen besorgt haben: die Ausläufer halten sich von diesem Zeitpunkte an nicht mehr an die Unterlage und wachsen scheinbar ganz regellos bald dahin, bald dorthin. Die eben geschilderten Verhältnisse soll Fig. 6 auf Tafel VIII einiger- maßen illustrieren. Leider kam ich nicht dazu, das Objekt vor dem im ersten Abschnitt erwähnten Unfalle zu photographieren: wir sehen im Bilde zwei bereits zu schönen, üppigen Pflanzen emporgewachsene Individuen im abgestorbenen Zustande. Jedenfalls läßt sich das über Zahl und Wachstum der Ausläufer Gesagte noch gut erkennen. Her- vorgehoben sei, daß die Loslösung der Stolonen vom Tragaste, die be- sonders links oben zu bemerken ist, zum größten Teil erst erfolgte, als die Pflanzen abgestorben waren; einzelne Ausläufer hatten sich schon zu Lebzeiten im weiteren Verlaufe ihres Wachstums unabhängig gemacht. Aus den Erfahrungen, weiche die geschilderten Kulturen uns ver- mittelt haben, ergibt sich, daß die Stolonen der jungen Nephrolepis- pflanze auch bei epiphytischer Lebensweise vortreffliche Dienste leisten und es fällt nicht schwer, gerade in dem Besitze dieser merkwürdigen Organe den Ausgangspunkt für die allmähliche Emanzipation von der Seholle und die Entwicklung zum Epiphyten zu erblicken. Aus beblätterten Seitenzweigen des Rhizoms von Nephrolepis haben sich, wie im ersten Abschnitte schon mitgeteilt, wahrscheinlich zunächst die Wurzelstolonen entwickelt, welche durch ilıre neue Funktion an der Blattbildung verhindert wurden. Die Blattlosigkeit ging dann auch auf später angelegte Seitenzweige der Hauptachse iiber und die Vegetations- spitze jener, deren zugeführtes Material nicht für den Aufbau von Blattorganen erschöpft zu werden brauchte, konnte (lie Stoffe für eine ansehnliche Verlängerung und für neue Seitenzweige verwerten. Die weitausgreifenden Ausläufer, welche heute «die vegetative Vermehrung und die Ausbreitung der Pflanze über ein weites Areal vermitteln, in- 358 dem Seitenzweige, wie bekannt, plötzlich mit der Blattbildung beginnen und nach erfolgter Bewurzelung zu neuen von der Mutterpflanze un- abhängigen Individuen werden, waren dem Farne auch bei der Er- klimmung der Tragbäume behilflich und ermöglichten dadurch die all-. mähliche Anpassung der Pflanze an eine rein epiphytische Lebensweise. Zunächst werden an Baumstämmen entwickelte Pflanzen nur Seiten- gebilde zufällig emporgewachsener Ausläufer von bodenständigen Mutter- individuen gewesen sein, wie sie noch heute am natürlichen Standorte bei bestimmten Arten gefunden werden. Erst allmählich entwickelten sich aus Sporen, die baumständigen Tochterpflanzen entstammten und in Unebenheiten der Rinde gelangt waren, Vorkeime und Pflänzchen, die ohne ernährende Scholle selbständig erstarken konnten. Auch hie- bei kam wieder der Besitz der Stolonen, die, wie wir gesehen. sowohl bei lockerer als auch bei fester Unterlage ein vorzüglicher Verankerungs- apparat sind, sehr zustatten. Der Ausbreitung epiphytischer Individuen waren wohl anfänglich durch die Feuchtigkeitsverhältnisse der Baumrinde und des sie be- deckenden Substrates Grenzen gezogen: es ist wenigstens nach dem, was wir über den Einfluß der Feuchtigkeit der Unterlage auf die Wachstumsrichtung der Stolonen wissen, nieht leicht vorstellbar, daB sich die junge Nephrolepispflanze aus dem Prothallium an einem trockenen Standorte jemals hätte entwickeln und kräftigen können. Da setzte zur Überwindung der Trockenheit des Standortes bei einigen Formen der Gattung die Ausbildung bestimmter Seitenachsen zu Wasserspeichern ein, es entstanden die bekannten Knollen. Ich betrachte dieselben als eine Partialsukkulenz des Achsensystems der Pflanze, erworben im Kampfe mit der Trockenkeit. Es ist dieselbe nach meiner Meinung für manche Fälle wenigstens in gleicher Weise als Anpassungserscheinung an die epiphytische Lebensweise aufzufassen wie die Sukkulenz vieler epiphytischer Phanerogamen. Und wieder war zu dieser Einrichtung die Fähigkeit reicher Achsenverzweigung, die Stolonenbildung, eine über- aus günstige Vorbedingung. Bis zu welchem Grade der Vollkommenheit diese Wasserreservoire gewisser Arten oder Rassen gedielien sind, läßt sich aus einer Mit- teilung Heinrichers entnehmen, der zwei auf Java gesammelte Knollen einer Nephrolepis cordifolia noch nach 24, Jahren in vollkommen frischem Zustande vorgefunden, obwohl sie ohne besonderen Schutz trocken aufbewahrt von Java nach Europa mitgenommen worden waren‘). Heinricher hat überdies nachgewiesen, daß die Knollen dreier Ih Heinricher a. a. O. pag. 44. 359. Nephrolepisarten!) zur Regeneration von Pflanzen sehr geeignet sind, daß diese Regeneration sowohl am Jichte als auch im Dunkeln, nicht nur an Knollen, die sich unter der Erde, sondern auch an solchen, die sich über derselben befinden, erfolgt, und daß im allgemeinen die Ab- trennung der Knollen von der Mutterpflanze als ein die Regeneration auslösendes Moment aufzufassen ist. Hierin erblicke ich die Erreichung des höchsten Grades im Prozesse der Vervollkommnung einer Ein- richtung, die ursprünglich bloß der Wasserversorgung des Stockes als solchem gewidmet war und wahrscheinlich noch heute einzelnen Arten oder Rassen nur in diesem Belange dient?): die Regenerationsfähigkeit der Knollen macht auch das Entstehen neuer Individuen, mithin die Vermehrung der Art von der Beschaffenheit des Substrates unabhängig. Diese Ableitung der Nephrolepisarten oder -rassen mit. regenera- tionsfähigen Knollen von solchen, deren Knollen bloß Wasserspeicher sind, und die Ableitung dieser von knollenlosen Arten, ebenso die Auf- fassung der Knollen als im Kampfe mit der Trockenheit des Standortes erworbene Sukkulenz gewisser Sprosse ist vollkommen mit dem verein- bar, was auf der einen Seite Heinricher, der vor allem die Regene- ration im Auge hat, auf der anderen Seite Goebel, der auf Grund seiner Versuchsrasse besonders die Wasserspeicherung der Knolle be- tont®). über den Einfluß der Standorts- und der übrigen Außenbe- dingungen auf die Knollenbildung denken®). In Übereinstimmung mit Heinricher glaube auch ich, daß bei denjenigen Nephrolepisarten, welche die Fähigkeit, regenerierende Knollen zu bilden, erworben haben, günstige Ernährungsbedingungen der Mutterpflanze (dies im weitesten Sinne gefaßt) als für die Ausbildung dieser Organe maßgebend anzu- nehmen sind und mit Goebel erachte ich die Feuchtigkeitsverhältnisse des Standortes als maßgebende Bedingung bei jenen Arten oıer Rassen, deren Knollen die Fähigkeit zu regenerieren entweder gar nicht oder nur in sehr unvollkommener Weise erreicht haben. 1) Es sind dies N. cordifolia Presl. subsp. a tuberosa, N. hirsutula Presl., über deren Fähigkeit Knollen zu bilden wir erst durch Heinricher unterrichtet wurden, und N. Pluma Moore, philippinensis. 2} „Regeneration gelang nicht“, schreibt Heinricher a. a. Ö. pag. 72, „mit den Knollen der aus Java mitgebrachten N. cordifolia und mit einzelnen aus ho- tanischen Gärten erhaltenen Knollen, die mit den jayanischen darin übereinstimmten, daß sie durch eine besonders bleiehe Färbung, die auch bei Lichtexposition nicht durch Ergrünung verändert wurde, übereinstimmten.“ 3) Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen I, Marburg 1889, par. 203 204. 4 Vergl. den Abschnitt: Einfluß der Standorts- und allgemein der Außenbedingungen auf die Kneollenbildung, pag. 66 in Heinrichers zitierter Abhandlung. 360 Kehren wir zum Schlusse zu den zurück, was ich über die Ent- stehung des Epiphytismus bei unserem Farne denke, so kann zusammen- fassend gesagt werden: Nephrolepis wurde und wird noch heute zum Epiphyten durch allmählich sich vollziehende Emanzipation von der ernährenden Erdscholle in analoger Weise, wie sich viele phanerogamıe Epiphyten nach A. F. W. Schimper aus im Boden wurzelnden Lianen entwickelt haben. Ausgangspunkt und wichtigstes Mittel zur Erreichung der Möglichkeit epiphytischer Lebensweise war bei unserem Farne die Fähigkeit reicher Achsenverzweigung unter Bewahrung einer großen Plastizität im Bereiche der Achsen. Zusammenfassung. 1. Die Anlage des ersten Stolo erfolgt bei der aus dem Prothal- lum sich entwickelnden Nepbrolepispflanze sehr bald. und zwar ent- weder nach dem dritten oder nach dem vierten Blatte. Der erste Stolo ist demnach entweder das dritte oder das vierte Seiten- produkt (der Stanımscheitelzelle des Farnes. 2. Wie bei den auf Grund vegetativer Vermehrung entstehenden Pflänzchen sind auch bei der Keimpflanze von Nephrolepis die ersten Seitenachsen ihrer Funktion nach Wurzelträger. Ihre Zahl kann bei kräftigeren Individuen im Durchschnitt mit zehn angegeben werden. Sie ersetzen die Wurzeln erster Ordnung der anderen Farne voll- kommen. 3. Der Stolo ist wie das Blatt das Produkt eines eigenen Seg- mentes (der Stammscheitelzelle. Sowohl Blatt- als auch Achseninitiale differenzieren sich im Scheitelsegmente sehr bald. 4. Aus dem achsenbildenden Segmente entsteht zunächst vorzüg- lich unter Mithilfe der Zellen, welche mit der Stoloinitiale bei den vor- bereitenden Teilungen des Rhizomscheitelsegmentes gebildet wurden, ein rundlicher Höcker, welcher der Basis des nachfolgenden Blattes, wenn ein solches angelegt wurde, seitlich aufsitzt. Aus dem Höcker ent- wickelt sich wesentlich dureh Streekung seiner Zellelemente ein kurzer zylindrischer Stummel mit kegelförmigem Ende, der aus dem Spreu- schuppenpelze des Rhizoms herauslugt. Erst von diesem Zeitpunkte an setzt die dreiseitige Scheitelzelle des Stolo mit intensiver Tätigkeit ein. 5. Solange (das Individuum noch Blätter trägt, deren Scheitelzell- wachstum durch Randzellenwachstum ersetzt wird, folgt jeder Blatt- anlage eine Achsenanlage. Später richtet sich die Stoloanlage nach ılem jeweiligen Bedürfnisse: es können sowohl zwei Stolonen unmittel- 361 bar nacheinander als auch zwei, vielleicht auch mehrere Blätter nach- einander entstehen. 6. Jedes Segment «les Rhizomscheitels wird normalerweise zu einenı Organ, sei es Blatt oder Achse. Sicher konnte diese Er- scheinung allerdings nur bei jugendlichen Individuen verfolgt werden. 7. Bei epiphytischer Lebensweise dienen die ersten Stolonen des Pflänzchens der Verankerung und Befestigung. Ist die Unterlage locker, so bohren sie sich nach Art der Wurzelstolonen bei Bodenpflanzen in das Substrat ein und verhalten sich auch im übrigen wie Wurzel- stolonen; ist die Unterlage fest, so werden sie in größerer Zahl ausge- bildet und erreichen, indem sie der Unterlage fest angedrückt wachsen, bei geringem Querdurchmesser rasch eine bedeutende Länge. Auf diese Weise erscheint das Individuum wie mit dünnen Schnüren an die Stütze gebunden. 8. Von größtem Einflusse auf die Wachstumsrichtung der ersten Stolonen sind die Feuchtigkeitsverhältnisse des Substrates. Die Organe sind in hohem Grade positiv hydrotropisch. Wieweit und ob überhaupt Geo- und Heliotropismus bei denselben vorhanden, müssen erst weitere Versuche lehren. Über die Reizbarkeit der späteren Seitenachsen, der eigentlichen Ausläufer, konnte keine Vorstellung ge- wonnen werden. 9. Es ist bei zwei jungen Individuen gelungen, durch Verletzung des Hauptachsenscheitels Stolonen bald nach ihrer Anlage zur Blatt- bildung zu zwingen. Ein Exemplar wies zwei beblätterte Seitentriebe der Hauptachse auf, überdies trug einer dieser Triebe einen beblätterten Seitentrieb zweiter Ordnung. Der Fall zeigt uns ein Nephrolepisrhizom mit normal beblätterten Seitenachsen. 10. Auf Grund dieser Tatsache und der Erfahrungen, die bei der Keimpflanze gewonnen wurden, erscheint die Annahme berechtigt, daß die Verzweigung eine phyletisch alte Eigenschaft der Nephrolepisachse ist und daß als erste und ursprünglichste Modifikation der anfänglich normal beblätterten Seitentriebe die Ausbildung von Wurzelstolonen erfolgte. Diese Funktion der Seitenzweige wird auf Grund eigener Er- fahrungen und der Versuchsergebnisse Heinrichers für die Sistierung der Blattanlage und die sich aus derselben ergebenden weiteren Eigen- schaften verantwortlich gemacht. Eine bestimmte Vorstellung über die Entstehung der epiphytischen Lebensweise bei Arten unseres Farnes ist schon am Schlusse des letzten Abschnittes zusammenfassend wiedergegeben worden. Innsbruck, botanisches Institut. der Universität, im September 1907. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VIl. Bei allen Figuren bedeutet 2,, d, .... erstes, zweites usf. Blatt; s7,, st, .. . . erster, zweiter usf, Stolo; = Wurzel. Die Bezeichnungen in Fig. 7 sind im Texte erklärt. Fig. 1. Junges Pflänzchen mit 4 Blättern und einem Stolo. %, nat. Grüße, Fig. 2. Junges Pflänzchen, die Gestalt der aufeinander folgenden Blätter zeigend. *;, nat. Grüße. Fig. 3. Junges Pflänzchen mit 6 Blättern und 3 Stolonen. ';, nat. Grüße, Fig. 4. 3 Monate alte Pflanze mit 9 Blättern und 7 Stolonen. !/, nat. Größe. Fig. 5. Pflanze mit regelrecht beblätterten Seitenzweigen. °/, nat. Größe. Zwischen den Stummeln der abgestorbenen Wedel 5 befand sich der Vegetations- . punkt der ursprünglichen Hauptachse. =, und z, beblätterte Seitentriebe dieser Achse. 2, beblätterter Seitenzweig und ws? Wurzelstolonen der Achse 7. Fig. 6. Zwei auf einem Aststücke epiphytisch kultivierte Individuen, in ab- gestorbenem Zustande photographiert. Zahl und Länge der Stolonen ist bedeutend. %, nat. Größe. Fig. 7. Teil der Kultur auf einem vermoderten Holzstück. Nahezu nat. Größe. Über Androdiöcie und Andromonöcie bei Lilium croceum Chaix’) und die systematischen Merkmale dieser Art Von E. Heiaricher. (Mit 3 Abbildungen im Text). Auf der Ende Juni 1906 mit meinen Hörern in die Umgegend des Gardasees unternommenen Exkursion fand ich an den Gehängen des Monte Baldo, oberhalb Nago, in einer Region voralpiner Matten — die auch reichlich Asphodelus albus aufweisen — in vielen Exem- plaren Lilium eroeeum und stellte fest, daß die Individuen hier kon- stant entweder männlich oder zwitterig waren. Die Tatsache war mir neu und ich erinnere mich auch nicht, an dem verwandten Lilium bulbi- ferum 2), solches beobachtet zu haben. Eine spätere Nachschau in den 1) Lilium croceum wurde früher als eine Form des Lilium bulbiferum be- trachtet (vgl. z. B. Kerner, „Pflanzenleben‘, Bd. II, S. 456), während man in nenerer Zeit, und wohl mit Recht, dazu neigt, in demselben eine gute Art zu er- blicken. Die Hausmannsche Flora von Tirol (Innsbruck 1851—1854) nennt die- selbe nicht, die „Flora der gefürst. Grafschaft Tirol und Vorarlbergs“ von Dalla Torre und Sarnthein (Bd. VI. 1906) führt sie hingegen für beide Länder an und macht aufmerksam, daß die Pflanze in ihnen jedenfalls noch viel verbreiteter ist, als bisher bekannt geworden. Aus Tirol werden die Standorte: Mendel, Bozen, Runkelstein, San Martino, Tione, Terlago, in der Umgebung Trients, angeführt. In der „Exkursionsflora der Schweiz“ {9. Aufl, Aaran 1901) von Gremli wird als unterscheidendes Merkmal von I. bulbiferum für I. eroceum angegehen „Blattwinkel ohne Zwiebelchen“. In der Tat fehlen die bei I. bulbiferum einzeln oder als Beiknospen zu 2—3 lateral nebeneinanderstehenden Bulbillen, doch eine einzelne Knospe, wenn auch weniger einer fleischigen Bulbille ähnelnd, fand sich auch in den Blattachseln blütentragender Exemplare des L. eroeeum vom Standorte oberhalb Nago. Ob dieselbe als vegetatives P’ropagationsorgan noch in Betracht kommt, müßten erst Versuche erweisen. Über das Verhalten nichtbiühender Exem- plare soll später die Rede sein. Kerner sagt (l. ec), daB L. eroceum fast immer Früchte mit keimfähigen Sameu zur Reife bringt, während bei L. bulbiferum dies fast niemals der Fall sei. Wie man sieht, lauten aber die Aussagen Fockes (vgl. das folgende Zitat) und Kerners bezüglich der Fruchtharkeit des I. croceum ent- gexengesetzt. 2) Das L. bulbiferum in unserem botanischen Garten zeigte (1907) an allen Exemplaren wohl entwickelte Zwitterblüten. An einem Standorte oberhalb Vols, wohl der nächste in der Nähe Innsbrucks, an dem die Pflanze wild vorkommt, waren die Wiesen, in denen blühende Pflanzen gestanden waren, leider kurz vor dem Be- suche desselben gemäht worden. Zwei Exemplare, die ich aus einem Bauerngarten bei Innsbruck erhielt, hatten nur Zwitterblüten. Beide Pflanzen waren außerordent- lieh kräftig: die eine mit 6, die andere mit 5 offenen Blüten und 3 Knospen, Auch in den letzteren war das Gynäcenm in bester Weise entwickelt. 364 blütenbiologischen Werken zeigte aber, daß auch in diesen, so bei Herm. Müller'), Löw2), Kerner®) und Knuth), keine diesbezüg- lichen Angaben aufzufinden sind. Wenigstens für kultivierte Pflanzen von L. eroceum fand ich aber nachträglich doch schon eine, mit meiner oben angeführten, über- einstimmende Beobachtung vermerkt. Focke („Ein Fall von Unwirk- samkeit des eigenen Blütenstaubes*, Österr. Bot. Zeitschr., 1878, 8. 316) schreibt: „Lilium croceum Chaix. wird in Bremen und Umgegend häufig als Gartenpflanze kultiviert, trägt aber niemals Früchte“ und erwähnt weiter der „bei dieser Art häufig vorkommenden männlichen Blüten, - in denen der Stempel verkümmert ist“, Meine Beobachtungen be- stätigen dieses Verhalten demnach auch für die wildwachsende Pflanze. Die männlichen Pflanzen vom Monte Baldo hatten stets ein Rudi- ment des Gynäceums in ihren Blüten, einen verkümmerten Fruchtknoten mit aufsitzendem, schwach ausgebildeten Griffel und ebensoleher Narbe, die etwa in halbe Höhe der Filamente zu liegen kam. Bei den Pflanzen mit Zwitterblüten hingegen war das Gynäceum sehr kräftig entwickelt, auf dem starken Griffel war die mächtige Narbe über die Antheren vorgesehoben. Aufgefallen ist mir ferner, daß die Pflanzen mit männlichen Blüten (meist waren sie einblütig) allgemein schwächer waren als jene mit Zwitterblüten (von denen ich mehrere auch zweiblütig fand ®), ein Verhalten, das an ein von H. Müller bei Veratrum album beobachtetes an- schließt, demzufolge die schwächsten Pflanzen dieser Art rein männ- lich sind®). 1) „Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten“, pag. 45. Leipzig 1881. 2) „Einführung in die Blütenbiologie“, Berlin 1895 und „Blütenbiologische Floristik des mittleren und nördlichen Europa sowie Grönlands“, Stuttgart 1904. 3) „Pflanzenleben“, Bd. II, pag. 300. 4) „Handbuch der Blütenbiologie“, Bd. II, 2. Abt., pag. 489. Leipzig 1899. 5) An einem, von diesem Standorte etwas entfernteren, näher an Brentonico gelegenen, erinnere ich mich, auch mehr als zweiblütige, besonders starke Exemplare gesehen zu haben, die ieh aber auf ihre sexuellen Qualitäten nicht geprüft habe, weil ich zu jenem Zeitpunkte die oben geschilderten Verhältnisse noch nicht er- kannt hatte. 6) „Gradations between Hermaphroditism and Gynodioeeism“. Nature T. 24, 1881. Zitiert nach Correns, „Zur Kenntnis der Geschlechtsformen polygamer Blütenpflanzen und ihrer Beeinflußbarkeit“ (Jahrb. f. wissenschaftl, Botanik, Bd. XLIV, Heft I, 1907). Correns erwähnt hier auch den sich anschließenden Fall, „daß bei Geum intermedium die fast ganz zwitterigen Pflanzen am größten, die (fast) völlig männlichen am schwächsten waren“. Ich fand diese Angabe auf der später zu erwähnenden Exkursion auf den Monte Maggio auch für Veratrum Lobelianum bestätigt. 365 Die mitgeteilte Beobachtung regte in mir die Frage an, ob das Ge- schlechtsverhältnis des einzelnen Individuums wohl konstant ist, ob eine Pflanze, die einmal männliche Blüten gebracht hat, auch in der Folge nur solche entwickelt, oder ob’ die Qualität.der- Blüten vielleicht von der Kräftigkeit der Pflanze abhängt, so daß eine Pflanze, die ursprüng- lich männliche Blüten gebildet hat, bei kräftigem Gedeihen und Er- starken zur Bildung von Zwitterblüten überzugehen vermöchte‘). Um dieser Frage näher zu treten, wurden zwei männliche und eine weibliche Pflanze (alle einblütig) ausgehoben und werden nunmehr im hiesigen botanischen Garten kultiviert. Das Resultat mehrjähriger Beobachtung soll seinerzeit mitgeteilt werden. Da die weibliche Pflanze auch ihre Kapsel zur Reife gebracht hat), soll außerdem das Verhalten der aus dem Samen hervorgehenden Deszendenz geprüft werden. Allein nicht nur diese verdient Beachtung, auch jene aus den Bulbillen wäre zu untersuchen, wenn die relativ schwachen Blattachselknospen von blühenden Exemplaren des L. eroceum (Standort: oberhalb Nago) überhaupt regenerationsfäbig sind. In gleicher Weise wäre die Zwiebel- brut eventuell za prüfen, was ja allerdings schon durch den Verfolg der jährlichen Produkte einer Mutierpflanze geschieht, da der die In- floreszenz des Vorjahres ersetzende Trieb aus der Achselknospe einer Zwiebelschuppe hervorgeht. Es wäre von Interesse, zu erfahren, ob . bei der vegetativen Vermehrung das Geschlecht der Mutterpflanze bei- behalten wird, ob also ähnliche Verhältnisse herrschen, wie bei den Thallomen von Marchantia, bei ‚denen die Brutknospen männlicher Pflanzen wieder solche und jene weiblicher wieder weibliche erzeugen, oder ob die Entstehung männlicher oder zwitteriger Pflanzen unabhängig vom Geschlecht der Mutterpflanze, hingegen abhängig von der besseren oder schlechteren Ernährung, von dem Grade des Erstarkens, sich er- geben würden. Das sind Zukunftsaufgaben, an die ich erst herantreten kann, wenn durch neuen Besuch des Standortes mehr geeignetes Material zu den Versuchen beschafft sein wird. 1) Es sind das ähnliche Fragen, wie sie Correns experimentell schon be- handelt hat und über welche, bezw. über die erzielten Ergebnisse, er in der früher zitierten Abhandlung berichtet. In dieser finden sich auch schon vorausgegangene Arbeiten desselben angeführt. Desgleichen gehört hierher die Abhandlung von ©. Raunkiaer: „Über die Vererbung bei den heteromorphen Arten (Oversigt over det kgl. Danske Videnskabernes Selskalbs Forkandlingen, 1908). 2) Das stimmt mit der eingangs erwähnten Angabe Kerners über die Frucht- barkeit des L. erogeum überein. 366 Noch eine: morphologische Erscheinung, die mir fremd war und die mir an dem Lilium eroceum entgegentrat, will ich erwähnen. Das ist die Ausbildung eines Wurzelkranzes am Infloreszenzsproß, in 1 bis 2 em Höhe oberhalb der Zwiebel. Die beigegebene Abbildung (nach photographischer Aufnahme in 1/, Größe) zeigt einen Fall besonders starker Ausbildung. Eine Region von gut 1 cm Höhe ist dicht be- setzt mit zum Teil ziemlich weit aus- greifenden, dem Infloreszensprosse entspringenden Wurzeln. Dieser Wurzelkranz übertrifft an Masse das Wurzelwerk, das sich an der Basis der Zwiebel befindet und seine Eig- nung, die Leistung des letzteren in hohem Grade zu unterstützen, ist nicht zu bezweifeln. Die Wurzeln sind dieht mit einem Pelze von Wurzelhaaren bekleidet und. zeigt sich keine Lokalisierung derselben auf eine bestimmte Region hinter der Spitze, sondern die Haare bekleiden die Wurzeln von ihrer Basis bis zum Scheitel Dabei besitzen die Wurzeln zum Teil eine beträchtliche Länge, bis zu 7 em. Allerdings dürften diese bis zum Scheitel mit Wurzelhaaren versehenen Wurzeln ihr Längenwachstum alle schon ab- geschlossen haben, denn bei einzel- nen kurzen (1 em), die offenbar noch nicht ausgewachsen sind, finden sich die Haare erst in einiger Entfer- nung vom Scheitel. Die aus der Zwiebel unterseits entspringenden Wurzeln verhalten sich in dieser Fig. 1, Hinsicht gleich, nur sind hier - zwei bis drei besonders starke Wurzeln als „Zugwurzeln® ausgebildet. Mykorhizenbildung wurde nicht beobachtet. Ich stelle nachträglich fest, daß einen in gleicher Weise, ausge- bildeten Wurzelkranz oberhalb der Zwiebel auch die blühbaren Exem- 367 plare von L. bulbiferum, des L. Martagon und des L. tigrinum auf- weisen. Bei letzterem beobachtete ich einen, wenn auch nicht sehr starken Wüurzelkranz oberhalb der Zwiebel, auch bei einer noch nicht blühbaren Pflanze. Jedenfalls ist also die besprochene Bildung in der Gattung Lilium verbreitet. L. candidum scheint sie zu fehlen. Aller- dings war der Sproß der Pflanze, die ich erst Mitte September unter- suchte, an der Basis oberhalb der Zwiebel schon etwas stark verrottet, und wäre es denkbar, daß der Wurzelkranz ebenfalls schon spurlos zu- grunde gegangen wäre. An diese, schon im Frühlinge niedergeschriebenen Ausführungen will ich gleich die Beobachtungen ankmüpfen, die im laufenden Jahre an den drei im Vorjahre eingetopften und dann weiter kultivierten Exemplaren gemacht wurden, ebenso aber auch jene, die auf einer Ende Juni 1907 unternommenen Exkursion nach Südtirol, auf den Alpwiesen oberhalb Serrada und den Gehängen des Monte Maggio, in ' breiterem Umfang, über das dort massenhaft vorhandene Lilium eroceum gesammelt wurden. Diese legen die Verhältnisse weitgehend klar und haben, wie ich glaube, auch die richtigen Merkmale, welche Lilium eroceum und Eilium bulbiferum trennen, erkennen lassen. Beobachtungen an den drei kultivierten Exemplaren vom Monte Baldo, ex 1906. Alle Exemplare waren am 8. Mai 1907 ins Freiland gesetzt worden. Die beiden männlichen ) (d. h, jene, die im Vorjahre Blüten mit ver- kümmertem Gynäceum hatten) zeigten bei einer am 19. Juni vorgenom- menen Revision ein wesentlich verschiedenes Verhalten. Die kräftigere besaß ganz rudimentäre Achselknospen, die schwächere hingegen typische Bulbillen. Diese fanden sich in Einzahl in der Achsel etwas verkürzter Laubblätter, gegen den Gipfel des Sprosses zu. Daraus geht hervor, daß Bulbillen auch Lilium eroceum nicht immer fehlen (worüber das folgende noch breitere Belege bringt), und daß also das Fehlen der Buibillen nicht als ein Kennzeichen für L. eroceum gegenüber L. bulbiferum an- genommen werden darf, wie dies Gremli in seiner Exkursionsflora tat. (Vergl. die Fußnote, pag. 363). Warum die beiden männlichen Exemplare die erwähnte Ver- schiedenheit aufwiesen, ist unerklärt. Keines derselben gelangte 1907 zur Blüte, Die Zwiebel einer Pflanze, die geblüht hat, scheint in der Regel nur eine der Achselknospen der Zwiebelschuppen zum neuen Laubtrieb 1) Vgl. pag. 366. 368 -auszugestalten. Dieser dürfte.kaum je zur Blüte kommen, sondern stellt nur einen Erstarkungstrieb vor. Eine Achselknospe der nun er- starkten Tochterzwiebel bildet im nächsten Jahre offenbar den Laub- trieb. Ob dieser auch schon zur Biütenbildung gelangt, muß erst der _ Versuch zeigen. Hier wird über das Früher oder Später weitgehend die Gunst der Ernährungsverhältnisse eine Rolle spielen. Daß alle Zwiebelschuppen aber Achseiknospen besitzen und unter Umständen Ersatzpfllanzen zu liefern vermögen, ergab die weibliche der vorjährigen Pflanzen. Der laubige Ersatzirieb dieser erwies sich beim, am 8. Mai vorgenommenen Austopfen, als am schwächsten entwickelt und besaß die kleinsten Blätter. Es zeigte sich, daß das Wurzelwerk der Pflanze fast vollends zerstört war; sie ging später auch ein. Das hatte aber das Auswachsen von sieben Achselknospen der Mutter- zwiebel zur Folge, von denen die stärkeren ein kleines Laubblatt über den Boden vorgeschoben hatten, ganz ähnlich dem, das die inzwischen aufgegangenen Keimlinge besaßen, die aus dem Samen der vorjährigen, weiblichen Mutterpflanze inzwischen aufgegangen waren. Beobachtungen an natürlichen Standorten des Lilium eroceum oberhalb Serrada und am Monte Maggio. Die Androdiöeie des L. eroceum fand auch hier ihre Bestätigung und weiter wurde an diesem’ Standorte festgestellt, daß Ausbildung von Bulbillen fast regelmäßig erfolgt. Endlich wurden neben männlichen Pflanzen und zwittrigen, auch polygame gefunden. Diese zunächst im allgemeinen ausgesprochenen Tatsachen, sollen nun durch eine kurze Besprechung von genauer untersuchten Pflanzen belegt werden, wo- durch auch ein Substrat zu weiteren, späteren Erörterungen gewonnen wird. Bemerkt sei noch, daß die männlichen Pflanzen an Zahl stark die weiblichen und polygamen überwiegen, stärker als dies aus der folgenden Liste hervorgeht. Liste der genauer untersuchten Pflanzen. Nr. 1. Sterile Pflanze, 20 em hoch; in den Achseln der oberen Blätter Bulbillen, einzeln, hanfkorngroß, grün. Nr. 2. Männliche Pflanze (nur deren oberen Teil mitge- nommen); sie trägt oben Balbillen, die größer als bei Nr. 1 sind, einzeln in der Blattachsel stehen und’ grün sind. Längsdurchmesser der Brutzwiebel etwa 6 mm, Breitendurchmesser 4,5 mm. Budiment eines „ruchtknotens vorhanden, 2 mm lang, das aufsitzende Griffelrudiment 3 mm, 369 Nr. 3. Männliche Pflanze, relativ stark, ab Zwiebel 40 cm lang. Kräftige, grüne Bulbillen in der Achsel der oberen Blätter, eher breiter als bei voriger. Verktimmerter Fruchtknotenteil etwa 3 mm lang; Griffel mit Narbe vorhanden, das ganze Gynäceum nahezu 3 mm lang. Nr. 4 Männliche Pflanze, 35 em hoch. Die obersten Blätter stützen starke Bulbillen, die sich leicht ablösen. Das verkümmerte Gynäceum etwa wie bei Nr. 2. Nr.5. Männliche Pflanze, 31 em hoch; Bulbillen in der Achsel der oberen Blätter, einzelstehend, etwa 12. Ein vertracknetes, verkiimmertes Gynäceum nachweisbar. Nr. 6. Männliche Pflanze, 38 em hoch; die obersten sieben Blätter stützen Bulbillen. Verkümmertes Gynäceum annähernd wie bei Nr. 2. Nr, 7. Männliche Pflanze, 24 cm hoch; Bulbillen kleiner, 7 Stück. Verkümmertes Gynäceum wie bei Nr. 2. Nr. 8. Männliche Pflanze (nur den oberen Teil mitgenommen); schwache Bulbillen, hirse- bis klein hanfkorngroß, bleich weiß, neun Stück. Rest des Gynäceums sehr gering. Nr. 9. Männliche Pflanze, 30 cm hoch, Bulbillen 9; davon eine gestielt. Manche erreichen die Größe eines kleinen Kirschkerns. Rest des Gynäceums annähernd wie bei Nr. 3. Nr. 10. Männliche Pflanze, 38 em hoch, Bulbillen 12—15; die oberen ziemlich stark, kirschkerngroß. Rest des Gynäceums wie bei Nr. 2, Nr. 11. Zwitterige Pflanze, 66 em hoch, einblütig. Bulbillen gut hanfkorngroß, ca. 17, braunrot gefärbt. Auch die Färbung des Perianths erscheint bei diesem Exemplar dunkler. . Nr. 12. Zwitterige Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen), einblütig. Bulbillen gut hanfkorngroß, 14. Nr. 13. Männliche Pflanze, 30 em hoch; Bulbillen von mitt- lerer Stärke, grün, etwa 10. Fruchtknoten angedeutet, Griffelrest 4 mm lang. Nr. 14. Männliche Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen); Bulbillen 6, von mittlerer Stärke. Fruchtknoten angedeutet, Griffelrest 3 mm lang. . Nr. 15. Männliche Pflanze, 30 cm hoch; 10 Bulbillen, kräftig, kleinen Erbsen ähnlich. Rest des Gynäceums besteht aus einem ver- kümmerten Fruchtknoten von 2-—3 mm Länge, und eben solchem Griffel von 5 mm. Flora, Bd. 98. 25 370 . Nr. 16. Männliche Pflanze, 34 em hoch, zweiblütig. Von einer. Blüte nur das verkümmerte, eingetrocknet 5 mm lange Gynäceum noch vorhanden. Die zweite, frische Blüte hat einen gleichen Rest des Gynäceums. Bulbillen etwa 10, einzelne. verkümmert, kleinen Hirse- körnern ähnlich, andere kräftig, Diese sind grün, oben braunrot ge- tupft. Ein Blatt stützte 2 lateral nebeneinanderstehende Brutzwiebeln. Nr. 17. Männliche Pflanze, 28 em hoch. Rest des- Gynä- ceums 3—4 mm lang. Bulbillen 13, grün, hanfkorngroß. Nr. 18. Männliche Pflanze {nur oberer Teil mitgenommen). Gymäceumrest wie bei 17. Bulbillen 3, nur hanfkorngroß. Nr. 19. Männliche Pflanze, 27 em hoch. Rest des Gynä-' ceums 5 mm lang. Bulbillen 10, gut hanfkorngroß, Nr. 20. Männliche Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen). Gynäceum wie bei Nr. 17. Bulbillen 9, die stärkeren gut hanfkorn- groß, grün. Nr. 21. Männliche Pflanze, 27 em hoch. Gynäceumrest 4 mm lang. Blüte auffallend klein, Petalenlänge 45 mm, bei Nr. 13 vergleichs- weise 50 mm. Bulbillen 6, grün, hanfkorngroß. Nr. 22. Männliche Pflanze, 32 em hoch. Rest des Gynä- ceums 7 mm lang. Bulbillen 6, beschaffen wie bei Nr. 21. Nr. 23. Männliche Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen). Gynäceum 17 mm lang, davon entfallen 7 mm auf den schmalen, ge- schrumpft aussehenden Fruchtknotenabschnitt. Nr. 24. Männliche Pflanze, 60 cm hoch. Rest des Gynäceums 7 mm lang. Bulbillen grün, hanfkorngroß bis erbsengroß (die höher stehenden), . Nr. 25. Polygame Pflanze, 50 cm hoch, zweiblütig. Die erste bereits im Verblühen begriffene Blüte zwitterig, die zweite männlich, mit 17 mm langem Gynäceumrest, dessen Fruchtknotenanteil ganz ver- schrumpft war (Gynäceum der Zwitterblüte 57 mm lang). Bulbillen kräftig, kleinen Erbsen an Größe gleich, grün. Nr. 26. Polygame Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen), dreiblütig. 1. Offen, eine Zwitterblüte Petalenlänge 60 mm, der Narbenkopf steht oberhalb der Antheren. 2. Eine größere, noch g&- schlossene Knospe erweist sich als männlich. Rest des Gynäceums 24 mm lang, wovon auf den ganz schmalen Fruchiknotenteil 9 mm entfallen. 3. Eine kleinere Knospe: männlich, Gynäceum stärker ver- kümmert als bei vorangehender. Bulbillen 10, braun gefärbt, von der Größe geringer Hanfkörner. 371 Nr. 27. Polygame Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen), dreiblütig. 1. Blüte zwitterig, schon verblüt. 2. Blüte zwitterig, frisch entfaltet. Petalen 68 mm lang. 3. Blüte (Knospe, männlich, Rest des Gynäceums 27 mm hoch. Bulbillen 12—15, gut hanfkorngroß, braun. Nr. 28. Männliche Pflanze (nur oberer Teil mitgenommen) sehr kräftig, zweiblütig. Beide Blüten mit einem Gynäceumrest von 11 mm Länge. 11 Buibillen, davon 3 lateral in einer Blattachsel; sie haben die Größe geringer Erbsen, bei Vorwalten der Längsachse und sind blaßgrün gefärbt. Nr. 29. Zwitterige Pflanze, einblütig (nur oberer Teil mit- genommen). Petalenlänge 67 mm. Bulbillen 11, braun, gut hanf- korngroß. Nr. 30. Polygame Pflanze, dreiblütig (nur oberer Teil mitge- nommen); hatte eine offene Zwitterblüte, zwei männliche Blüten (Knospen) mit einem Rest des Gynäceums von 12 und 7 mm Länge. Bulbilien 16, kleinhanfkorngroß, braun. Nr. 31. Zwitterige Pflanze, einblütig (nur oberer Teil mitge- nommen). Petalenlänge 60 mm. Bulbillen 12, gut hanfkorngroß, braun. Nr. 32. Polygame Pflanze, zweiblütig (nur oberer Teil mit- genommen). Offene Blüte zwitterig, Petalen 67 mm lang, Knospe männlich, mit Rest des Gynäceums, Bulbillen 12, braun. Nr. 38. Polygame Pflanze, zweiblütig. Blütenverhältnisse wie bei Nr. 32, Bulbillen 9, kleinhanfkorngroß, braun. Nr. 34. Polygame Pflanze, vierblütig. Besonders starke Pflanze; der allein mitgenommene obere Teil 44 em lang. Zwei Zwitter- blüten und zwei männliche mit, Rest des Gynäceums, bei einer nur ein verkümmerter Griffel unterscheidbar. Abgesehen von schon abgefallenen Bulbillen, noch 27 vorhanden. Tiefer unten einzelstehend, dann lateral gepaart, zu oberst einmal drei, einmal gar vier nebeneinander, grün, die Größe kleiner Erbsen erreichend, mit 6 mm betragender Längsachse. Nr. 35. Zwitterige Pflanze, dreiblütig. Vorbandener Sproß- “teil 53 em lang. Bulbillen, ungerechnet die abgefallenen, 10. Sie kommen an Größe kleinen Kirschkernen nahe und sind braun. Nr. 36. Polygame Pflanze, 68 cm hoch, zweiblütig. Die Jüngere (männliche) Blüte hat einen verschrumpften, kleinen Rest des Gynäceums. Bulbillen 24, grün, in der oberen Hälfte braun punktiert; nur einige über hanfkorngroß. Nr. 37. Polygame Pflanze, vierblütig, 64 em hoch. Zwei Zwitterbläten, zwei männliche mit schwachem Best des Gynäceums. 25* 312 Bulbillen 24, zweimal finden sich gepaart stehende; sie sind grün, in der oberen Hälfte weisen sie braune Punktierung auf. Überblickt man die vorangestellten Aufzeichnungen über das Lilium eroceum aus der Gegend von Serrada und vom Monte Maggio, so ist vor allem hervorzuheben, daß Bulbillenbildung allgemein vorkam, sowohl an nicht blühenden Erstarkungstrieben (Nr. 1), als an allen blühenden Exemplaren. Es geht daraus hervor, daß der Mangel an Bulbilien kein das L. eraceum kennzeichnendes Merkmal ist. Andererseits ist wohlanzunehmen, daß sich L. croceum stand- ortsweise in bezug auf Bulbillenbildung verschieden verhält. Jedenfalls hat Gremli die Beobachtung bulbillenfreier Exemplare, und offenbar an verschiedenen Standorten, dazu geführt, im Mangel der Bulbillen ein Charakteristikum des L. croceum zu sehen. Dies steht im Einklange mit meinen Beobachtungen am Monte Baldo, wo wenigstens die blühenden (die Erstarkungstriebe wurden dort nicht untersucht) Exemplare keine Brutzwiebeln, sondern nur sehr kleine, einzelne Achsel- knospen aufwiesen. Das aber auch den Pflanzen dieses Standortes die Fähigkeit nicht mangelt, Bulbillen zu bilden, geht daraus hervor, daß die weiter kultivierten Zwiebeln zweier männlicher Exemplare Er- starkungstriebe bildeten, deren einer typische Bulbillen aufwies, während der andere hingegen keine gebildet hatte. Die Bulbillen stehen bei L. croceum wohl ganz vorwiegend einzeln in den Blattachseln und die Bildung lateraier Beiknospen ist relativ seltener. Immerhin wurden sowohl gepaarte Knospen (Nr. 16, Nr. 37), als zweimal Dreiergruppen (Nr. 28, Nr. 34) einmal sogar eine Vierer- gruppe (Nr. 34) beobachtet. Im allgemeinen sprechen die Aufzeichnungen dafür, daß nur bei kräftigeren Eixemplaren eine solche Beiknospenent- wicklung vorkommt. Die Färbung der Bulbillen wechselt; sie ist bald grün, bald mehr weißlich oder blaßgrün, dann wieder braun (infolge starken Anthokyan- gebaltes) und endlich gibt es grüne mit braunen Tupfen. Vergleicht man die Angaben über die Bulbillenfarbe bei den 36 früher beschriebenen Exemplaren, so ist man zunächst verlockt, eine Beziehung zwischen dem Geschlecht der Pflanze und der Bulbillenfarbe zu suchen. Bei den männlichen Pflanzen sind entschieden vorherrschend die grünen, weißlichen oder blaßgrünen Bulbillen. Ausnahmen geben nur Nr. 16 (zweiblütige Pflanze, Bulbillen grün mit braunen Tupfen) und Nr. 28 (Bulbillen braun). Alle reinen Zwitterpflanzen (Nr. 11, 29, 31, 33, nur für Nr. 12 fehlt die Angabe) hatten braune Bulbillen. Auch bei den Polygamen (Andromondeischen) überwiegen braune Brutzwiebeln. Solche 373 weisen die Pflanzen Nr. 26, 27, 30, 32, 33, 36 auf; aber bei dreien, Nr. 25, 34, 87, waren die Bulbillen grün. Eine volle Parallele zwischen Bulbillenfarbe und den Geschlechts- verhältnissen herrscht also nicht. Ob die Brutzwiebeln der Zwitter stets eine braune Färbung haben, müßte erst durch eine reichere Statistik erwiesen werden, darf indes als kaum wahrscheinlich bezeichnet werden. Auch wäre daran zu denken, daß reichere Anthokyanbildung ein Aus- druck für die Kraft der Pflanze sei. Hierfür würde z. B. sprechen, daß Nr. 16 (eine zweiblütige, männliche Pflanze) grüne, braungetupfte Bulbillen hatte. Aber die zweite männliche Pflanze (Nr. 23), mit braunen Buibillen, war einblütig, Und unter den Andromonöeischen hatten gerade die stärksten, vierblütigen Pflauzen Nr. 34 und 37, neben einer zweiblütigen (Nr. 25) grüne Bulbillen. Also auch in dieser Hinsicht ergibt sich keine Übereinstimmung. Als ein sicheres Kennzeichen des Lilium eroceum geht aberaus den Beobachtungen wohl die Androdiöeie und Andro- monöcie hervor. Dabei ist zu bemerken, daß die männlichen Pflanzen an Zahl sehr stark überwiegen, weitmehr als es aus der Liste der von uns besprochenen Pflanzen erhellt, denn die Zwitter und die polygamı andromonöcischen wurden ‘mit Wahl in größerer Zahl gesammelt, Die männlichen Pflanzen sind allgemein mit einem Rest des Gynäceums versehen und ebenso verhält es sich auch bei den männlichen Bläten der andromondeischen. Aus der eingehenden Beschreibung der 36 Pflanzen im Vorangehenden erhellt schon, daß in der Reduktion des Gynä- ceums sehr verschiedene Grade herrschen. Am häufigsten ist eine sehr starke Reduktion, wobei der Gynäceumrest von 3—-5 mm Länge schwankt; seltener verschwindet der Fruchtknotenanteil ganz und ist nur ein Narbenrest erkennbar. In anderen Fällen ist das funktionsfähige weib- liche Organ 7, 11, 15, 17 mm groß. Endlich gibt es Fälle, wo der Griffel mit der Narbe so stark entwiekelt ist, daß man die Blüten bei oberflächlicher Betrachtung für zwitterig ansehen würde, wo aber ge- naue Beobachtung zeigt, daß dazu ein auffallend schlanker, oft ver- schrumpfter Fruehtknoten gehört. » Im allgemeinen sind die männlichen Pflanzen kleiner und schmäch- tiger. Im Minimum wurde ihre Höhe mit 24 cm befunden, im Durch- schnitt erreichen sie eine solche von 33-34 cm, das gefundene Maximum 60 ist jedenfalls ein seltener Ausnahmefall. Auch sind die männlichen Pflanzen überwiegend nur einblätig. Unter den 22 besprochenen mäun- lichen Pflanzen unserer Liste waren nur zwei zweiblütige Exemplare. Ohne Auswahl bei der Aufnahme würde der Prozentsatz der zweihlü- 374 tigen männlichen Pflanzen noch geringer ausfallen. Endlich sind die Blüten der männlichen Pflanzen merklich kleiner als die Zwitterblüten. Die Längsachse der Perianthblätter hat bei ihnen eine Länge von 45-50 mm, während sie bei denjenigen der Zwitterblüten 60—68 mm erreicht. . Die zwitterigen und polygam-andromandeischen Pflanzen erreichen im allgemeinen eine bedeutendere Stärke, was nicht nur in der Höhe, sondern. auch im größeren Stengelquerschnitt und den größeren Blüten hervortritt. Unter 50 em wird die Stengelhöhe bei diesen selten be- tragen (Nr. 25, zweiblütige, polygame Pflanze), in der Regel wird sie 60 em überschreiten (Nr. 11, einblütige Zwitterpflanze, 66 em; Nr. 36, zweithlütige polygame, 68 em; Nr. 37, vierblütige polygame, 64 cm)!). Die zwitterigen Pflanzen sind ebenfalls häufig einblütig (Nr. 11, 12, 29, 30); zweiblütige kommen jedenfalls öfters vor (auf dem Monte Baldo habe ich solche sicher gesehen); in unserer Liste ist das Fehlen derselben wohl zur ein Zufall. Selten dürften Zwitterpflanzen mit drei Blüten sein, ein Fall, wie ibn Nr. 35 aufweist. : Unter den polygam-andromonöeischen fand ich zweiblütige (Nr. 25, 32, 33), dreiblütige (Nr. 26, 27, 30, wobei in einem Falle die zwitterigen Blüten, in zweien die männlichen in Zweizahl vertreten waren) und endlich vierblütige (Nr. 34 und 37 ‚ wobei Zwitter und männliche Blüten in gleicher Anzahl vorhanden waren). Mehr als vierblütige Exemplare werden bei Lilium ceroceum selten sein; auch wird man schon bei drei- blütigen mit viel Sicherheit auf polygam-andromondcische Pflanzen schließen dürfen. Bei den polygam-andromonöeischen Pflanzen ist es ferner Regel, daß die männliehen Blüten die jüngeren sind. Wenn die zwitterigen Blüten offen waren, waren die männlichen noch im vor- geschrittenen Knospenzustande. Das sichert die Zwitterblüten der be- treffenden Pflanze schon vor der Bestäubung durch die männlichen des gleichen Stockes. Auch ist an den polygam-andromonöeischen Pflanzen mit mehreren männlichen Blüten festzustellen, daß in der jüngeren Blüte der Gynäceumrest rückgebildeter auftritt als in den älteren (Ar. 26, 30). Das eben Hervorgehobene zusammengehalten mit der Tatsache, daß die männlichen Pflanzen im ganzen kleiner und schwächlicher aus- sehen, sowie auch die Blüten derselben geringere Größe erreichen, dürfte ein starker Hinweis darauf sein, daß die Ernährungsverhältnisse und der Grad der Erstarkung, welchen ‚die Pflanze gewonnen, wesent- 2) Wegen der Höhe und der Größe dieser Pflanzen wurde zumeist nur der obere Teil derselben mitgenommen und sind die genauen Maße auf die oben ange- führten vier Exemplare beschränkt. 375 lichen Einfiuß darauf nimmt, ob dieselbe eine männliche oder eine zwitterige, eventuell andromonöeische wird. Im allgemeinen macht es den Eindruck, als ob die schwächlichen, schlechter ernährten Exemplare männlich, besser ernährte zwitterig oder polygam-andromonöeisch, die kräftigsten, mehr als zweiblütigen, in der Regel andromonöeisch würden In der Androdiöcie verbunden mit Andromonöcie haben wir ein offenbar sicheres Kennzeichen für das Lilium eroceum gefunden. Ein anderes liegt in der Farbentönung der Blüte, die ja für die Artbezeich- nung verwendet wurde. Dieses Merkmal ist insofern. weniger brauch- bar, als der Vergleich mit dem Lilium bulbiferum nicht immer möglich ist und schließlich die Schätzung des Farbentons, ob mehr oder weniger ins Orange getönt, uns nieht so zuverlässig erscheinen wird. Ich will auch hier versuchen die Unterschiede zwischen beiden Liliumarten schärfer zu fassen. Einmal dürften die Perianth-Blätter des Lilium bul- biferum durchschnittlich, größer sein als jene des L. eroceum. Da aber innerhalb der einen Art, wie für L. eroceum gezeigt wurde, diese Dimensionen, wie ja auch zu erwarten, weitgehend schwanken, ist darauf kein Gewicht zu legen. Wohl aber: ist die Farbenverteilung eine’ wie es scheint, konstant verschiedene, leider hat die photographische Platte, sich dafür nicht empfindlich genug erwiesen. Das Perianth-Blatt von Lilium eroceum hat den dunkelorangen Ton gewissermaßen als Grundton, nur eine mittlere Partie, im allge- meinen von rhombischem Umriß, zeigt heilgelborange Färbung. Bei L. bulbiferum ist letzterer Ton Hauptfarbe und nur gegen die Basis und die Spitze tritt dunkleres Orange auf. Neben dieser recht kenn- zeichnenden Verschiedenheit schien mir noch, daß die dunkel schwärz- lichen Flecken auf den Petalen bei L. eroceum zahlreicher und wenigstens — im Verhältnis zur Größe des Blattes, größer sind als bei L. bulbi- ferum. Außerdem gelang es mir noch einen Unterschied zwischen beiden Liliumarten aufzudecken, der eine Unterscheidung auch nicht blühender Erstarkungstriebe gestattet: und sowohl makroskopisch erkenn- bar als auch durch mikroskopische Prüfung nachweisbar ist. Dieses Merkmal betrifft die Laubblätter. Ich sehe davon ab, daß die Laubblätter bei L. bulbiferum, insbesondere die oberen, sich durch größere Breite von jenen des L. eroceum unterscheiden dürften, denn solehe Dimensionsunterschiede sind im ganzen doch sehr labile und wenig brauchbar. Charakteristisch ist hingegen für L. bulbiferum die viel gfänzendere Blattoberseite; die des L. eroceum weist nur einen matten Glanz ‚auf und hat ein etwas sammetiges Aussehen. Die dem freien Auge wahrnehmbare Verschiedenheit findet ihre Erklärung in dem 376 verschiedenen Bau der Oberhant bei beiden Arten, den ich an der Hand der folgenden Textfiguren erläutern will. Ich bemerke nur, daß von L. bulbiferum nicht nur die Exemplare untersucht wurden, die aus einem Bauerngarten stammten, sondern auch ein nicht blühender Erstarkungs- trieb, der am natürlichen Standorte bei Völs gesammelt wurde. Pig. 22 u. > Lilium croceum. Fig. 3= u. 5 Lilium bulbiferum. Vergr. 1451. Die Blätter von beiderlei Herkunft verhielten sich gleich. Fig. 2a und 22 gibt nun die Oberflächenansicht und den Querschnitt der Epi- dermis von Lilium eroceum wieder, Fig, 3« und 33 hingegen die ent- spreehenden Ansichten von Lilium bulbiferum. Wie man sieht, sind so- 37T wohl die. Oberflächenansichten als die Querschnittsbilder scharf kenn- zeichnend. Die ‚oberseitige Blattepidermis von Lilium bulbiferum be- steht aus ziemlich langgestreckten, undulierten, gleichartigen Zellen, die auch am: Querschnitt wesentlich gleichartig erscheinen. In der Epider- mis von L. eroceum hingegen ist eine sehr hervortretende Zelldifferen- zierung vorhanden. Wir finden die Grundmasse der Epidermiszellen zwar auch längsgestreckt, aber bedeutend weniger als bei L. bulbiferum, und ebenso ist die Wellung der Längswände kaum angedeutet. Zwischen diese Zellen sind nun als parallele Züge, meist zwei Zellen der Breite nach umfassend, selten drei oder nur eine, noch kürzere, dafür papillös emporgezogene Zellen eingeschaltet, deren Uutieula in derben Falten gegen die Papillenkuppe streicht. ‘Diese Zellenzüge sind es, die offenbar das mehr oder minder Sammetartige, das die Oberseite des Blattes von L. ceroceunı zeigt, bedingen. : Diese weitgehende Differenz im Bau der Epidermis d der Blätter, wird im Zusammenhalt mit den Unterschieden in den. Blüten, .die Be- rechtigung, die beiden Arten: L, bulbiferum und L. eroceum als gute Arten anzusprechen, wohl wesentlich stützen. Zusammenfassung. 1. Der Mangel von Bulbillen ist für Lilium erocenm nicht kenn- zeichnend; an manchen Standorten bildet dasselbe konstant Bulbillen aus, an anderen scheint die Bulbillenbildung seltener zu erfolgen und an wieder anderen dürfte sie vollends fehlen. 2. Die Art ist aber durch Androdiöcie und Andromonöcie von dem, wie es scheint, stets zwitterigen Lilium bulbiferum unterschieden. 3. Die männlichen Pflanzen von Lilium croceum sind immer schwächer als die zwitterigen oder andromonöeischen. 4. Die Blüten der männlichen Pflanzen und die männlichen Blüten der andromonöeischen enthalten stets einen Rest des Gynäceums. Seiner Stärke nach wechselt derselbe in weiten Grenzen. 5. Auch die Farbe der Blüten, die ja zur Benennung der Art be- nützt wurde, sowie die Zeichnung der Perianthblätter ist bei L. eroceum gegenüber L. bulbiferum verschieden. 6. Da letzteres Merkmal an Herbarpflanzen vor allem unbrauch- bar ist und zweifellos eine Verweehsiung der beiden Arten 1. eroceum und L. bulbiferum häufig stattgefunden hat, ist es wichtig, auf einen 378 anderen Unterschied aufmerksam zu machen: Dieser ist gegeben in den stark glänzenden Blättern des L. bulbiferum und den mattglänzenden des L. eroceum. Das genannte Merkmal, durch einen verschiedenen Bau der Epidermis der Blattoberseite bedingt, kann, wo etwa die makroskopische Untersuchung nicht zu klarer Entscheidung führen sollte, bei einer anatomischen Prüfung stets zur sicheren Entscheidung benützt werden. Die Oberhaut der Blätter von L. bulbiferum besteht aus gleichartigen Zellen, während jene von L. eroceum eine bemerkens- werte Differenzierung aufweist; in die Grundmasse der Epidermiszellen erscheinen streifenweise parallele Züge von kurzen und derben, stark papillösen Zellen eingeschaltet. 7. Die Zahl der angeführten unterscheidenden Merkmale läßt Lilium eroceum als wohlunterschiedene Art bezeichnen. 8. Mehrere Liliumarten (L. eroceum, L. bulbiferum, L. Martagon) eutwickeln am Sprosse oberhalb der Zwiebel einen Kranz von Adventiv- wurzeln. An kräftigen, blühenden Exemplaren stets vorhanden, besitzen diesen Wurzelkranz manchmal auch schen die nicht blühreifen Er- starkungstriebe. Innsbruck, Botanisches Institut, im Oktober 1907. Eine erbliche Farbenvarietät des Ligustrum vulgare L. Von E. Helnricher. Vor etwa 7—8 Jahren fand ich auf einer Exkursion an der Reichs- straße, die von Innsbruck nach Zirl führt, in der Nähe letzterer Ort- schaft, einen alten Strauch von Ligustrum vulgare in Blüte, der satt kremfarbige Korollen hatte und dadurch recht augenfällig war. Es ist mir kaum zweifelhaft, daß diese Farbenvariation an der Rainweide häufiger zu beobachten sein wird; so fand im Sommer 1906 einer der Bediensteten des Botanischen Gartens einen Strauch von gleicher Be- schaffenheit zwischen solchen des normalen Typus im Unterinntal, am Wege zwischen Kloster Fiecht und Georgenberg. Unser Hauptnachschlagswerk, die so verdienstliche Pflanzenterato- logie Penzigs, das zu belehren vermag, ob eine bestimmte Abweichung schon beobachtet ist, gedenkt dieser Farbenvarietät des Ligustrum vulgare nicht, deshalb und weil auch das Ergebnis eines, wenn auch nicht um- fangreichen Versuches über die Beständigkeit, bzw. Vererbbarkeit dieser Variation vorliegt, sei über sie hier berichtet. Wir wollen dieses Ligu- strum yulgare als „mutatio flore lutescente“ benennen. Daß Stecklinge die Eigenschaften der Mutterpflanze bewahren würden, war von vornherein nahezu gewiß. Eine Kultur solcher ging zwar durch Engerlingfraß bis auf einen vor dem Blühen ein, letzterer aber blüte schon 1903 wie die Mutterpflanze. Fraglich erschien die Vererbbarkeit durch Samen. Eine Aussaat solcher wurde am 26. Oktober 1902 gemacht, und am 10. Juni 1903 erfolgte die Auspflanzung der Keimlinge ins Freiland. Auch von diesen Sämlingen ging ein beträchtlicher Teil, durch Engerlinge geschädigt, ein. Doch erlangte eine der fünf geretteten Pflanzen schon 1905 die Bilühreife und alle fünf blüten 1906, und zwar ausnahmslos mit dem charakteristischen Farbenton der Stammpflanze. Es scheint demnach diese Farbenvarietät vollständig samenbeständig zu sein. Dies mag ‚dadurch begünstigt werden, daß bei den Blüten von Ligustrum vulgare sowohl durch Ingektenbesuch als auch spontan Selbstbestäubung leicht möglich ist‘), und im allgemeinen „Vieinismus“2) in dem Falle seltener eintreten und die Rückkehr zur gewöhnlichen Form veranlassen mag, als in vielen anderen Fällen von Variation. Die beschriebene Farbenvarietät dürfte für die Hortikultur recht brauchbar sein. Innsbruck, Botanisches Institut, 1907. 2) Vgl. Knuth, „Handbuch der Blütenbiologie“, Ba. II, U. Teil, pag. 57. Leipzig 1896. 2) Siehe die Erläuterung dieses Begriffes in Hugo de Vries’ „Arten und Varietäten und ihre Entstehung durch Mutation“, pag. 115 ff, Berlin 1906. Belichtung und Blütenfarbe. Von Dr. Hugo Fischer, Berlin. Seit Jahren interessieren mich die Beziehungen zwischen dem Grade der Belichtung und der Ausbildung der Blüten. Daß hier ein Zusammenhang besteht, ist ohne weiteres klar. Doch war mir seit Sachs’ wenig anerkannter Hypothese von den „blütenbildenden Stoffen“ keine Arbeit bekannt geworden, die geeignet gewesen wäre, auf das fehlende Glied in der Kette: Belichtung — Blütenbildung, bzw. Be- schattung — Ausfall der Blütenbildung, hinzuweisen. Wenn ich dazu gelangte, die stärkere bzw. schwächere Kohlenstoffassimilation als dieses fehlende Glied anzusprechen‘), so geschah das mehr durch Zu- sammenhalten bekannter Tatsachen, als nach größeren Reihen eigener dazu angestellter Versuche — zu letzteren fehlten mir die Mittel. Dagegen war es mir möglich, über eine Nebenfrage, über die ursächliche Beziehung zwischen der Belichtung der heranwachsenden Kuospe und der Ausbildung der Blütenfarbstoffe, einige Versuche an- zustellen. Es sind unvollkommene uud unfertige Beobachtungen, die ich hiermit der Öffentlichkeit übergebe, und ich weiß, daß sie nicht geeignet sind, zur Lösung der bezüglichen Probleme beizutragen; höch- stens indirekt durch den Hinweis, daß hier noch ungelöste Rätsel vorliegen. Auch deswegen wili ich nicht länger damit zurückhalten, weil ich durch Ungunst der Verhältnisse für eine Zeit, deren Dauer ich nicht absehen kann, leider nicht in der Lage bin, in dieser Richtung irgend mit Aussicht auf Erfolg weiter arbeiten zu können. Seit Sachs’ bekannten Versuchen mit Tropaeolum, Cucurbita usw. gilt ziemlich allgemein die Meinung, daß die Ausbildung von Blüten- farbstoffen im Dunkeln ebensogut wie im Lichte stattfinde. Hier und da wird auf die ziemlich einzige, entgegengesetzte Anschauungen ver- tretende Arbeit von Askenasy?) hingewiesen. Dieser beobachtete eine deutliche Abschwächung, bis zu völligem Ausbleiben der Färbung, bei: Pulmonaria offieinalis, Orchis ustulata, Silene pendula fl. rubro, Antir- rhinum maius, Digitalis purpurea, Prunella grandiflora; eine sehr geringe Abschwächung auch bei Hyaeinthus, während Tulipa und Crocus un- verändert erschienen. Askenasy verdunkelte seine Versuchsexemplare gänzlich; dem Einwand, daß damit wesentliche Ernährungsstörungen 1) Flora 1905, Bd. XCIV, pag. 478. 2) Über den Einfluß des Lichtes auf die Farbe der Blüten. Botan. Zeitung 1876, Bd, XXXIV, pag. IM. 381 verbunden sein konnten, hält er, vielleicht mit Recht, entgegen, daß „die unter Liehtabschluß gebildeten Blüten normale Größe und Gestalt zeigten“. also schwerlich unter mangelhafter Ernährung zu leiden hatten. Zudem waren es perennierende, reichlich mit Reservestoffen versehene Pflanzen; ob aber der von Askenasy betonte basale Zusammenhang mit anderen, nicht verdunkelten Sprossen zu einer ausreichenden Er- nährung der verdunkelten Sprosse herangezogen werden kann, scheint doch ein wenig fraglich. Immerhin war damit festgestellt, daß „manche Blüten des Liehtes bedürfen, um ihre normale Färbung zu erlangen, während andere desselben entbehren können“. Um bei meinen Versuchen eine Verdunklung des Pilanzenkörpers, mit ihrer unausbleiblichen Rückwirkung auf den Stoffwechsel, nach Möglichkeit zu vermeiden, wählte ich eine andere Methode: die Blüten bzw. Blütenstandsanlagen wurden in Beufelchen aus schwarzem Stoff eingeschlossen, der zwar der größeren Leichtigkeit ‚wegen nicht völlig lichtdieht gewählt war, aber doch so wenig Licht hindurchließ, daß jede physiologische Funktion der Lichtstrahlen sehr stark herabgemindert werden mußte. Die Versuche wurden teils inn Botanischen Garten zu Bonn, teils an den Fenstern meiner Wohnung ausgeführt. Zunächst kam es darauf an, die Blütenknospen soweit rückwärts zu verfolgen, bis keine Spur von Farbstoff in den jugendlichen Petalen zu erkennen war. Dabei zeigte es sich, daß das erste Auftreten des Farbstoffes zeitlich sehr weit zurückliegt, bei den roten und blauen Blüten durchschnittlich etwa um zwei, bei den gelben ungefähr drei bis vier Wochen vor dem Aufblühen — ein Unterschied, der uns in ähnlicher Weise wieder begegnen wird. Knospen der entsprechenden oder etwas geringeren Größe wurden für den Versuch ausgewählt. Selbstredend eigneten sich auch für Experimente dieser Art nicht alle Pflanzen; der Aufbau vieler macht das Anbringen der Beutelchen zu einer mechanischen Unmöglichkeit. Der Lichtverschluß wurde so wenig als möglich geöffnet, meist erst dann, wenn nach Vergleich mit gleich- altrigen unverdunkelten Blüten anzunehmen war, der rechte Zeitpunkt sei gekommen. Die Ergebnisse waren folgende: f I. Rote und blaue Blüten. Cydonia japoniea; die Blüten waren größtenteils reinweis, nur jedes Petalum in der Mitte mit zart rosenrofem Andug. Von der schwarzen Hülle befreit, hielten sich die Blüten in der kühlen Frühjahrswitterung noch lange frisch, dunkelten allmählich nach und waren nach etwa zwei 382 Wochen von den normalgefärbten nicht mehr zu unterscheiden. Auch an ein sonniges Fenster gestellte Zweige des Strauches brachten stark abgeblaßte Blüten hervor. Iberis umbellata, fast vollständig weiß. Campanula rapunculoides, Phacelia campanularia, Agapanthus umbellatus, sehr stark abgeblaßt, etwa als „zart himmelblau“ zu be- zeichnen. Digitalis purpurea, wie vorige (abgeschnitten ins schattige Zimmer gestellte Pflanzen bringen noch wochenlang immer blasser bis reinweiß werdende Blüten hervor). Aconitum Napellus, Centaurea montana, Veratrum nigrum, Färbung stark vermindert, doch weniger als bei den vorgenannten. Hemerocallis fulva, das rote der Blüte sehr abgeschwächt, der darunter vorhandene gelbe Farbenton nicht. Fuchsia hybrida, verbreitetste Form mit roten Sepalen und tief- violetten Petalen; erstere stark, letztere kaum merklich abgeblaßt. Cobaea scandens; die Blüten gehen bekanntlich blaß grünlich auf und färben sich in etwa zwei Tagen (unter günstigen Bedingungen wohl auch rascher). tief veilchenblau; verdunkelte Blüten waren noch am dritten Tage merklich heller gefärbt als die normalen. Althaea rosea (dunkelrot), Dahlia variabilis (gefüllte rosafarbene - Sorte), wenig, .aber doch deutlich schwächer gefärbt. Lychnis fios Jovis, Phyteuma nigrum, Mulgedium macrophyllum nur sehr wenig abgeblaßt; Phyteuma etwas rötlicher als normal, Lychnis dagegen mit einem Stich ins Violet. Im Gegensatz zu den genannten Arten zeigten die nachfolgenden gar keine Veränderung der Blütenfarbe als Wirkung des Lichtabschlusses: Tradescantia virginiea, Agrostemma Githago, Lyehnis chaleedoniea, Pa- paver Rhoeas, P. somniferum (dunkelrote Sorte), Potentilla atrosan- guines, Geranium pratense, Pelargonium zonale (leuchtend rot), Tro- pacolum maius (gelbe Petalen mit dunkelroten Flecken; beide Farben unverändert), Malope trifida, Phyllocactus phyllanthoides, Salpiglossis variabilis hybr., Dahlia variabilis (ungefüllte tiefrote Sorte). I. Gelbe Blüten. Calendula offiemalis, Strahlblüten stark abgeblaßt, schwach gelb mit einem Stich ins Orange, Außenseite etwas kräftiger gefärbt; Schei- benblüten weniger verändert. Geum coceineum sehr deutlich, Emilia sonchifolia etwas weniger abgeschwächt. 383 Ranuneulus acer, Chelidonium maius, Gazania splendens, Doroni- cum caucasicum, D. maerophyllum nur sehr wenig, kaum merklich heller als normal. Glaueium Iuteum, Oenothera biennis, Helianthus cucumerifolius, gegen normal kein Unterschied wahrzunehmen; desgl. Hemeroeallis und Tropaeolum, vgl. o. Über diese Resultate läßt sich nun kaum etwas allgemeingtitiges sagen. Sicher ist nur, daß gelbblühende Pflanzen weit seltener und eine viel geringere Abschwächung nach Verdunkelung aufweisen, als rot- oder blaublühende, wie auch erstere (vgl.o.) ihren Farbstoff in weit früherem Knospenstadium zu entwickeln beginnen als letztere. Der Grad des Ab- blassens war bei den gelben wesentlich geringer als bei den blauen und roten, denn wollte man die beobachteten Fälle nach der Intensität der Farben- änderung zusammenordnen, so würde die stärkst abgeschwächte gelbe, Galendula, erst an siebenter Stelle stehen. Ferner beachte man, daß nur orangefarbige, nicht aber rein gelbe Blüten eine deutlichere Ver- änderung zeigten; die rein gelben waren, wenn überhaupt, nur äußerst wenig beeinflußt. Weiter möchte ich noch betonen, daß unter den- jenigen roten Blüten, die keine Wirkung der Dunkelheit erkennen ließen, sich gerade eine größere Zahl besonders insensiv gefärbter befand: Lychnis, Papaver, Potentilla, Pelargonium, Phyllocactus, Dahlia (von letzteren zeigte eine hellfarbige Form deutliche Abschwächung), als ob diesen eine besonders starke, nicht so leicht zu besiegende „Tendenz“ zur Farbstofferzeugung innewohnte. Ist aber erneut nachgewiesen, daß zumal unter den Anthocyan führenden Blüten in absoluter Regellosigkeit vollkommene Gegensätz- lichkeit herrscht bezüglich der Abhängigkeit der Blütenfarbe von der Belichtung, so ist darum die Frage um so schwieriger, wie denn eigent- lich eine solche Beeinflussung, wo sie vorliegt, kausal zu erklären ist. Zwar sucht Klebst) unter Zusammenstellung einer Reihe interessanter Fälle, in denen durch Beschattung der ganzen Pflanze oder durch Entblättern derselben die Assimilation stark herabgesetzt war, in dieser allein die Ursache nachzuweisen, auf welche der Zusammenhang zwischen Licht und Blütenfarbe zurückzuführen sei. Es spricht ja auch manches gewiß für seine Meinung. So konnte ich z. B. feststellen, daß Exemplare von Iberis umbellata und Erodium eicutarium, nach begonnener Blüten- bildung in einen kohlensäurefreien Raum gebracht, jedoch hell be- 1) Über Variationen der Blüten. Jahrb. für wissensch. Botanik, Bd. XLII, 1905, pag. 157. 384 leuchtet, zunächst blassere, dann kleinere Petalen hervorbraehten; um- gekehrt nahm ein Exemplar der Iberis, unter Glasglocke in hellem Licht bei größerer Kohlensäurezufuhr an Lebhaftigkeit der Färbung zu. Es scheint somit, als könne man das Abblassen der Blütenfarbe als das erste Symptom auffassen, mit welchem die Pflanze (sc. im Blütenstadium) auf verminderte Kohlenstoffassimilation reagiert bzw. reagieren kann; womit die eingangs zitierte Argumentation Askenasys hinfällig sein würde. Andererseits habe ich schon früher einmal beobachtet, daß ein Exemplar von Mimulus Iuteus, ganz in einen dunklen Raum gestellt und nur mit der Spitze des Blütenstandes ins Licht hinauf wachsend, zwar fast um die Hälfte kleinere, aber ganz normal gefärbte Blüten entwickelte. Hier könnte nun freilich das sehr verschiedenartige Ver- halten der gelben gegenüber den rot-blauen Farbstoffen mit herein- spielen. Der. Meinung von Klebs scheinen aber meine oben be- schriebenen Versuchsergebnisse recht sehr zu widersprechen. Die ganze Anordnung der Versuche war von vornherein darauf berechnet, dem Einwand auszuweichen, daß Störungen der Assimilation wesentlich mitgewirkt hätten; stand doch längst bei mir die Überzeugung fest, daß ein sehr wesentlicher Zusammenhang zwischen der Assimilation der Kohlenhydrate und der Blütenbildung bestehe. Tatsächlich kann auch die geringe Beschattung durch die nicht größer als nötig gewählten schwarzen Beutelchen an den im übrigen freistehenden Pflanzen (keine wurde mit mehr als einem derselben belastet) eine wesentliche Beein- trächtigung der Lufternährung nicht bewirkt haben, Es bliebe noch der Einwand, daß die unvermeidliche Verdunkelung der der Blüten- knospe nächststehenden Hochblätter (Deck-, Involukral-, Kelchblätter) sich durch Ausschaltung der gerade durch diese sonst. bewirkten Assimilationstätigkeit fühlbar gemacht habe; dieser Einwand wäre freilich wohl nie exakt zu widerlegen, aber sehr wahrscheinlich ist es doch nicht, daß die Assimilation gerade dieser Hochblätter gegenüber der sonstigen Belaubung so überaus wichtig sein sollte. Weiter könnte man einwenden, die verdunkelten Hochblätter kämen ja nicht nur als Assimilationsorgane in Fortfall, sondern wirkten nun, da sie für sich selbst nieht mehr assimilieren könnten, als Zehrer, wie alle nicht grünen Blütenteile; dadureh beeinträchtigten sie dann die auf reichliche Nahrungszufuhr angewiesene Blütenentwicklung. Dem kann so sein, aber auffallend bleibt es dann immer, daß in keinem Fall der Verdunkelung bisher irgend ein anderes Anzeichen als höchstens Abblassen der Blütenfarbe beobachtet worden ist, während sonst solche Pflanzen, die nicht über größere Vorratsmengen verfügen, auf Be- 385 schränkung der Assimilation sehr bald durch Verkleinerung der Korolle antworten. Zunächst scheint also die Frage so zu stehen, daß eine Beein- fussung der werdenden Blütenfarbe durch Licht bzw. Dunkelheit bei einer Minderzahl von Pflanzen stattfindet, und zwar in sehr verschiedenem Grade. Ein Teil der vorliegenden Beobachtungen läßt sich durch die verminderte Zufuhr von Assimilate erklären; für einen anderen Teil der Fälle ist die Ursache noch unbekannt. Nachträglicher Zusatz: Bei Gelegenheit der hier beschriebenen Versuche war es mir aufgefallen, daß von zwei entsprechend behan- delten Blütenständen des Chelidorium maius der eine in sehr frühem Stadium verkimmert war. Obwohl ich den Fall nicht für besonders merkwürdig hielt, habe ich doch die Frage nachgeprüft und an einem eingetopften Stock vier verschiedene Blütenstände, mit möglichster Vor- sicht, in schwarze Beutelchen eingeschlossen. Nur einer entwickelte sich normal, übrigens ohne merkliche Abschwächung der Blütenfarbe, (die drei anderen verkümmerten, als die größten der vorhandenen Blüten- knospen eine Länge von etwa 2 mm erreicht hatten; sie waren blaß von Farbe und welk. Hier könnte nun doch ein Symptom gestörter Ernährung vorliegen, was jedoch bei dem Bilätterreichtum und dem hellen Standort der Versuchspflanze nicht sehr wahrscheinlich ist. Die Entwicklung der letzteren war, als jenes Ergebnis vorlag, zu weit fort- geschritten (ebenso an den etwa im Freien erreichbaren Exemplaren), um noch in diesem Jahre die Frage durch fernere Versuche nachprüfen zu können; das soll später an reicherem Material geschehen. w Flora, Bd. 98. Die Pelorien von Linaria vulgaris. Von Dr. Hugo Fischer, Berlin. Die interessante Abnormität ist in neuerer Zeit besonders aus- führlich von de Vries behandelt worden, in seiner „Mutationstheorie* und später in „Arten und Varietäten und ihre Entstehung durch Mutation“. Seine Ausführungen, die ich wohl als den Fachgenossen bekannt annehmen darf, glaube ich in zwei wesentlichen Punkten er- gänzen zu können. Nachdem es mir jahrelang ein unerfüllter Wunsch geblieben war, das eigenartige Naturspiel einmal selbst zu finden, gelang mir die Auf- findung wiederholt im Jahre 1904, dann noch einmal im Jahre 1906. Meine Funde waren folgende: 1. August 1904, Acker nächst Allenbach im oberen Idartale, Rheinprovinz: ein kümmerliches Exemplar, nach dem Abmähen wieder- ausgetrieben, mit nur einer Blüte, diese rein pelorisch, Sporne gleich, ziemlich kurz. 2. W. o., Acker über dem Dhrontel, unweit Thalfang, Rhein- provinz: ein kräftiger Stock mit einer vollentwickelten und vier im Knospenzustand befindlichen Blütentrauben. Alle Blüten und Knospen rein pelorisch. - 3. W. o,, abgeernteter Acker zwischen Ort und Bahnhof Mor- auch, Rheinprovinz: von schätzungsweise 200 Exemplaren rund ein Drittel mit pelorischen Blüten. Diese aber nur z. T. regelmäßig, radiär, vielmehr auch die fünfspornigen oft mit ungleich langen oder wie gespreizte Finger nach einer Seite stehenden Spornen. Letztere in der Zahl von 7—1 schwankend. Kein Stock rein pelorisch, vielmehr stets mit den höchsten Sporenzahlen an der Basis des Blütenstandes beginnend und nach oben schrittweise bis zur einspornigen normalen Linariablüte ab- nehmend. Auch der Blütensaum mit abnehmender Zahl der Sporne immer mehr von der pelorischen Form zur Zygomorphie übergehend. Bei den Zwischenformen der Schlund oft schief verzogen und oflen- stehend. 4. September 1904. Acker zwischen Baden und Etelsen, Kreis Achim, Provinz Hannover: ein Exemplar mit einer Blütentraube, in dieser, von unten angefangen, zwei fünfspornige radiäre, darüber eine dreispornige, eine zweispornige, eine einspornige Blüte, mehrere eben- falls einspornige Knospen. 5. August 1006, Seebad Breege auf Insel Rügen, Dünensand vor dem „Strandhotel“: auf einem über metergroßen Fleck Linaria fast in 387 „Reinkultur“, zahlreiche höchstens spannenhohe Pflänzchen, davon viele mit Pelorien, aber niemals rein pelorisch, stets wie oben. Die Zahl der Sporne nach der Spitze abnehmend, oft die Blütentraube schon mit drei- oder zweisporniger Blüte beginnend, so daß diesen Stöcken eigent- liche Pelorien fehlten, Zu den unter 3, 4, 5 beschriebenen Fällen passen nun schlecht die wiederholten Aussprüche von de Vries, in „Arten und Varietäten“, 8. 285 und 293: „Die pelorische Varietät dieser Pflanze zeichnet sich dadurch aus, daß sie nur pelorische Blüten hervorbringt; keine einzige zweilippige oder nur mit einem Sporn versehene Blüte bleibt übrig.“ — „Ich verweise auf das vollständige Fehlen von Zwischenstufen zwischen normalen und pelorischen Individuen. — „Die pelorischen Leinkräuter werden in der Regel von dem normalen Typus umgeben gefunden, aber ohne Zwischenformen.“ Nur gelegentlich wurden an den pelorischen Pflanzen vier- oder sechsspornige Blüten gefunden. Der Widerspruch erklärt sich nun wohl so, daß de Vries zufälliger Weise nur die rein pelorischen, nicht aber die ebenfalls existierenden Zwischenformen gefunden hat. Des weiteren will mir scheinen, als könne man aus der Art und den begleitenden Umständen meiner Funde zu Schlüssen über die Ent stehungsursachen der Linaria-Pelorien gelangen. Dieselben schlechtweg als Atavismen zu bezeichnen, geht wohl nicht an; die Systematik gibt uns keinen Anhalt dafür, daß die Ahnen der Linaria radiär-fünfspornige Blüten besessen hätten. Wenn wir einen hypothetischen Stammbaum konstruieren dürfen, so muß er doch wohl so aussehen: 1. radiäre un- gesporute, 2. zygomorphe ungespornte, 8. zygomorphe einspornige Blüten. Dagegen könnte die Ausbildung der Pelorien mit auf eine äußere Ur- sache zurückzuführen sein. Meine Funde 1—4sind in dem abnorm warmen und trockenen Sommer 1904, der Fund 5 an einem besonders sonnigen Standort auf trockenem Sand gemacht. Das scheint mir darauf hin- zudeuten, daß diejenigen Umstände, die sonst allgemein die Blüten- bildung überhaupt auf Kosten der vegetativen Entwicklung beschleunigen, d. h. helles Licht, Trockenheit, Nährstoffmangel, mit anderen Worten das Überwiegen der Lufternährung (Assimilation) über die Bodener- nährung), in diesem besonderen Falle das Zustandekommen der Pelorieu bewirken. Unterstützt wird diese meine Vermutung durch die erwähnte Tat- sache, daß an den nicht rein pelorischen Stöcken die Zahl der Sporne D) Vgl. Hugo Fischer, Über die Blütenbildung in ihrer Abhängigkeit vom Licht und über die blütenbildenden Substanzen, Ylora, Bd. XCIV, pag. 478 £f., 1905. 388 stets an der Basis der Traube am größten ist und nach oben nur ab-, niemals zunimmt (soweit meine Beobachtungen reichen). Das deutet _ auf einen gewissen Nahrungs- -(Kohlenhydrat?JÜberschuß als Ursache der ' Vielspornigkeit, welche letztere Eigenschaft schrittweise zurückgeht, je mehr der Überschuß verbraucht wird. ö Den endgültigen Beweis für meine Hypothese sollte das Experi- ınent erbringen. Ich habe im vorigen Herbst-Exemplare von Stellen, an denen weit und breit Pelorien nicht zu finden waren, ausgegraben und in Töpfe mit bereits ausgesogener Blumenerde eingepflanzt, habe dann die zwei Töpfe, die den Winter überdauert, so sonnig als möglich aufgestellt und so wenig als angängig begossen. Der heurige Sommer aber, mit wenig Sonnenschein und viel Regen, ist meinen Hoffnungen wenig günstig, auch haben die Pflanzen unter Blatiläusen gelitten, se daß die Aussicht auf ein Gelingen des Versuches stark gesunken ist.. Auch im Falle des Gelingens würde ich ihn im nächsten Jahr mit reicherem Material zu wiederholen bemüht sein. Zum Schluß noch ein paar Worte über das Verhältnis der rein pelorischen zu den gemischt pelorischen Pflanzen. Daß beiderlei Typen vorkommen, ist mir, insbesondere auch nach meinen eigenen Funden (vgl. 0. bei 2 im Gegensatz zu 3, 4, 5), nieht im mindesten zweifel- haft. Daß die gemischt pelorischen etwa Kreuzungen von Pelorien mit Normalformen seien, ist an sieh unwahrscheinlich, außerdem durch de Vries Bastardierungsversuche, die ein solches Resultat niemals er- geben haben, ausgeschlossen. Die mir wahrscheinlichste Deutung ist die: Die Beeinflussung des Stoffwechsels im Sinne gesteigerter Assi- wilation bei geringer Bodenernährung bewirkt eine Vermehrung der Sporne; aus den mehrspornigen Formen hat sich eine konstante, fünf- spornig radiäre Rasse entwickelt. Warum gerade eine fünfspornige? Vielleicht in Anlehnung an die mechanische Blattstellungstheorie, weil fünf Sporne den Zwischenräumen zwischen den fünf Kelchzipfeln am besten entsprechen. Was mir an der hier beleuchteten Frage das wichtigste dünkt, ist das: Wenn meine Hypothese zutrifft, dann besitzen wir in der von de Vries ja ausführlich bewiesenen Erblichkeit der Pelorien ein pracht- volles Beispiel für Vererbung erworbener Eigenschaften. Liegen solche Beispiele auch schon vor, so ist doch noch jeder neue Beitrag von hohem Interesse. Flora, 1908, Band 98. . Taf. VII. Sperlieh phot. . Reproduktion von J. B. Obernetter, München. Verlag von Gustav Fischer in Jena. en Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. m Von Dr. phil. Fı Fah: ” Vorlesungen über Bakterienenzyme. a Terknia on logie an der Technischen Hochschule und Bakteriologie an der Universität zu Graz ih 9 pbildungen und 5 graphischen Darstellungen in Text. Preis: ark . Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, Yo Dr. Ludwig Jost, a. 0, Pro- fessor an der Univers. Straßburg. mie 168 Abbildungen. — Zweite Auflage. — Preis: brosch. I4 Mark, geb. 1 ar} \ Besprechung über die erste Auflage: Flora 1904, Bd. XCHI, H. 2: Die Darstellung ist klar, kritisch und reichhaltig und oft durch historische Rück- blicke belebt. Die Jostschen Vorlesungen werden deshalb als eine treffliche Einführung in das Studium der Pflanzenphysiologie begrüßt werden. Auch für Berufstechniker ist das Buch wertvoll durch die eingehende Berücksichtigung und Diskussion, welche die neuere pflanzenphysiologische Literatur in ihm, gefunden hat, Solche orientierende Darstellungen sind ja um so notwendiger, je mehr die Entwicklung der Botanik es unmöglich macht, in allen ihren Gebieten die Literatur zu verfolgen, besonders aber in der Physiologie, welche die Grundlage für alle anderen Teile der Botanik darstellt, 4 Von Dr. Karl Kißkalt, Praktikum der Bakteriologie und Protozoologie, Yon Dr, Karl Rißkalt assistent am hygien. Institut der Universität Berlin und Dr. Max Hartmann, Privatdozent der Zoologie an der Universität und wissensch. Hilfsarbeiter am Königl. Institut für Infektionskrankheiten in Berlin. Mit 89 teils mehrfarbigen Abbildungen im Text. Preis: 4 Mark 50 Pf., geb, 5 Mark 50 Pt. zum Gebrauche in den Laboratorien und zum Selbst- Botanische Praktika unterrichte. Von Dr. Arthur Meyer, o. Prof. d. Botanik an der Universität Marburg. I. Teil: Exstes Mikroskopisches Praktikum. Eine Einführung in den Gebrauch des Mikroskops und in die Anatomie der höheren Pflanzen. Zum Gebrauch in den botanischen Laboratorien und zum Selbstunterrichte. Für Botaniker, Chemiker, Phermazeuten, Studierende des höheren Lehramtes, Zoologen. Zweite Auflage. Mit 82 Abbildungen im Text. Preis: brosch. 5 Mark, geb. 6 Mark. II. Teil: Praktikum der botanischen Bakterienknnde. Einführung in die Methoden der botanischen Untersuchung und Bestimmung der Bakterienspezies. Mit einer farbigen Tafel und 31 Abbildungen im Text. Preis: 4 Mark 50 Pf, geb. 5 Mark 20 Pf. Gesundheits-Ingenieur, 1903, Jahrg. 26, Nr. 22: Das Buch wird dem Bakteriolegen, der sich mit solchen Fragen in erster Linie beschäftigen muß, trotzdem es nur ein Praktikum sein will, recht willkommen sein. ü je mit besonderer Berücksichtigung der Vorlesungen über Deszendenztheorien pt nishen Seite der frage, gehalten an der Reichsuniversität zu Leiden. Von Dr. J. P. Lotsy. Erster Teil: Mit 2 Tafeln und 124 Textfiguren. Preis: 8 Mark, geb. 9 Mark. ——— Zweiter Teil. Mit 13 Tafeln u, 101 Textfiguren. 1908. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. Natarwissenschaftliche Wochenschrift, N, F., Bd. V, Nr. 25: Das Buck Lotsys ist besonders verdienstlich durch die Hervorkehrung der botani- schen Tatsachen. Werke, die zur Begründung deszendenztheoretischer Ansichten vor- wiegend zoologische Daten benutzen, sind zahlreich, während botanische Deszendenztheorien von dem Umfang der Lotsyschen Schrift noch nicht existieren. Der Botaniker wird dem Verfasser daher besonders Dank wissen. Vorträge über botanische Stammesgeschichte, Gehalten an er Keiche- Lehrbuch der Pflanzensystematik. Von Dr. J. P. Lotsy. Erster Band. Algen und Pilze. Mit 430 Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark. Inhalt: 1. Einleitung. 2. Volvoeales. 3. Siphonales. 4. Archimyeetes und Ssyphonomyvetes. 5. Multizelluläre monoenergide Isokonten. 6. Stephanokonten. ” Heterokonten. 8. Desmidiaceae. 9. Die Phaeophytenreihe. 10. Die Peridinales. 11. Die Diatomeen. 12, Phaeophycene. 13. Rhedophyceae, 14. Die Schizophyten (Bakterien). 15. Schizophyceen. 16. DieMyxubakterien. 17. Myxomyeeten. 18. Die Ascomyceten. 19. Erysiphales, 20. Pletascieae. 21. Pyrenomyceten und Labonl- beniales. 22. Licbenen. 23, Discomyceten. 24. Helvellineae. 25. Eutuberaceae. 26. Exoascineae, 27. Die Saecharomyeeten. 28. Basidiomycetes, Hemibasidii. 29. Die Uredineae. 30. Basidiomyceten. 1.und 2. Teil. Charphyten. Namenregister. Sach- register. Versuch einer phylogenetischen Erklärung des Embryosackes und der doppelten Befruchtung der Angiospermen. Yortras, gehalten — auf der 79. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Dresden am 16. Sept. 1807. Von Dr. Otto Porsch, Privatdozent für systematische Botanik an der K.K. Universität in Wien. Mit 14 Textabbildungen. Preis: 1 Mk. 50 Pfg. Progressus rei Botanicae. Forischritte der Botanik. Progrös de la Botanique. Progress of Botany. Herausgegeben von der Asso- eistion Internationale des Botanistes. Redigiert von Dr. 3. P, Lotsy in Leiden. Die „Progressus* erscheinen in zwanglosen Heften, die in Zwischenräumen von 4 Monsteu zur Ausgabe kommen sollen. Die Hefte werden zu Bänden von etwa 40 Druckbogen vereinigt, so daß jährlich ein Band erscheinen wird. Die Mitglieder der Assoeiation erhalten die „Progressus“ zu dem Vorzugs- reis von 13 Mark. Bestellungen zu diesem Vorzugspreise sind seitens der Herren Mitglieder direkt an die Verlagsbuchhandlung oder an den Generalsekretär der Association, Herrn Dr. J. P. Lotsy in Leiden, zu richten. Bestellungen, weiche dureh den Buchhandel aufgegeben werden {auch solche seitens der Mitglieder der Association) können nur zu dem Preise für Nichtmitglieder, welcher 18 M. für den Band beträgt, Erledigung finden. Vor kurzem wurde vollständig: Band I. Inhalt des ersten Bandes: Erstes Heft. R. v. Wettstein und J. P. Lotsy, Vorwort. Eduard Strasburger, Die Ontogenie der Zelle seit 1875. D. H. Seott, The Present Position of Palaeozoie Botany. E. A. Newell Arber, Biblio- graphy of Literature on Palaeozoic fossil Plants. Ob. Flahault, Les progres de la Geographie botanique depuis 1884. Ziweites Heft. L. Laurent, Les Progrös te la pal&obotanique "angiospermigue dans ia demiöre decade. W. Bateson, The progress of Geneties since the rediscovery of Mendels papers, Friedrich Ozapek, Die Ernährungsphysiologie der Pflanzen seit: 1896. ittes Heft. R. P. van Calear, Die Fortschritte der Immunitäts- und Spezifitätslehre seit 1870 mit be- sonderer Berücksichtigung ler Tuberkelbazilien und der säurefesten Stäbchen. Zweiter Band. Erstes Heft. Preis des Bandes 18 Mark. Inhalt: Paul Vuillemin, Les bases actuelles de la sysidmatique en mycologie. R. Zeiller, Les Progrts de la Paleobotanique de l’Ere des gymno- spermes, — Zweites Heft. Inhalt: J. W. Moll, Die Fortschritte der mikro- skopischen Technik seit 1970. i Von Dr. Eduard Strasburger, Lehrbuch der Botanik_für Bodhschulen. Yon ‚Dr, Ednard Strashurger Bonn, Dr. Fritz Noll, o. d. Professor an der Universität Halle a. 8. Dr- Heinrich Schenck, Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt, Dr. George Karsten, a. o. Professor an der Universität Bonn. Neunte umgeardeitete Auflage. Mit 782 zum Teil farbigen Abbildungen. Preis: brosch. 7 Mark 50 Pf, geb. 8 Mark 50 Pf. EEE: m Diesem Heft liegt ein Prospekt der Firma B. G. Teubner in Lei bei, welchen wir geneigter Beschtung empfehlen. Ps Druck von Ant, Kämpfe in Jena. inne FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER, BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG, LM 98. BAND. VIERTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 82 TEXTFIOUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1968, ERSCHIENEN AM ı2, MAL 1908. Inhaltsverzeichnis. Seite KRASAN, FRANZ, Die Hauptresultate meiner 20jährig. Kulturversuche 389406 ORTLEPP, KARL, Der Einfluß des Bodens auf die Blütenfüllung der Tulpen 406—422 MODILEWSKY, JAKOB, Zur Samenentwicklung einiger Urticifloren. Mit 71 Abbildungen im Fett . . - . B nenne 23470 STEINBRINCK, C. u. SCHINZ, H., Über die anatomische Ursache der hygrochastischen Bewegungen der sog. Jerichorosen und einiger anderer Wüstenpflanzen (Anastatiea, Odontospermum, Geigeris, Fagonia, Zygophylium), Mit 11 Abbildungen im Text. . - 47150 GOEBEL, K.; Nachtrag zu der Abhandlung „Brutknospenbildung bei Drogera pygmaea und einigen Monokotylen“. . . ... . . 501-502 Alt H b ca. 2000 Pflanzen, Du- es er arium, bletten von Schenk, Reichenbach, Kietzsch, Schoen, Fiachs, für 50 Mark zu verkaufen. Dr. HAHN, Leipzig, Scharnhorsistraße 38 III. Assistent gesucht zur Anfertigung von botanischen Lehrmitteln für sofort. Selbständige Stellung. Anfangsgehalt Mk. 100—120. L. Buchhold, naturwissensch. Institut, Mänchen, (iernerstraße 10. Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Biochemie der Pflanzen. Von Dr. phil. et med. Friedrich Czapek, o. ö. Prof. — der Botanik in Prag (jetzt in Czernowitz, Zwei Bände. Preis: 39 Mark, geb. 41 Mark 50 53 Pharmaceutische Zeitung Nr. 102, 1904: « Wir glauben jedem die Anschaffung dieses Buches empfehlen zu dürlen, dessen Beruf oder Wissenschaft ihn mit pflanzenchemischen Problemen in Berührung bringt, und hierzu gehören unsere näheren Fachgenossen natürlich auch. Versud einer Begründung der Deszendenztheorie, Yor Karl Camillo m Schneider, a. © Prof. der Zoologie in Wien. 1908, Preis: 3 Mark. Vorlesungen über Bakterien. Yor Dr. Altred, Fischer, o, Prof. der Botanik —__—- 07 in nn - Basel. Zweite vermehrte Auflage. Mit 69 Abbildungen. Preis: 8 Mark, geb. 9 Mark. erme & Botanische und landwirtschaftliche Studien auf Java. Yon Dr W 3° dor Universiin Jena, Mit einer Tafel. Preis: 2 Mark 50. Pf., gebunden Die Hauptresultate meiner 20 jährigen Kulturversuche. Von 7 Franz KraSan, Graz. Diese von 1886 bis jetzt fortlaufenden Kulturversuche bestehen darin, daß Pflanzen, meist aus den Gebirgsregionen Steiermarks und Kärntens, aus ikrem ursprünglichen Boden mit Wurzeln ausgehoben und in die wärmere Talregion der Umgebung von Graz versetzt werden, um auf fremdem Boden, mitten zwischen einer gleichfalls fremden Vege- tation ihre Mutationsfähigkeit zu erproben. In gleicher Weise werden daneben auch Pflanzen, unter gleichen Verhältnissen, aus Samen ver- schiedener Provenienz gezogen. Es sei mir gestattet, wenigstens die wesentlichsten Ergebnisse und Erfahrungen zur Kenntnis derjenigen Forscher zu bringen, welche sieh mit dem Deszendenzproblem befassen, oder darum interessieren. 1. Bevor eine Pflanze einem solchen Kulturversuche unterzogen wird, ist es unumgänglich notwendig, sie an Ort und Stelle, an ihren natürlichen Standorten, möglichst gründlich zu studieren. Nur variable Arten können den Gegenstand bilden, in ihren morphologischen Oharak- teren erwiesenermaßen konstante Spezies, wie z. B. Convallaria majalis, Majanthermum bifolium, würden voraussichtlich zu einem negativen Re- sultat führen. 2. Schon durch eine der ersten Versetzungen der Knautia arvensis (typische „Form“ der Wiesen) auf einen Platz am Grazer Schloßberge zwischen Gebüsch auf Dolomit, wo Kn. drymeja, d. i. Scabiosa panno- niea Jacg. in der Nähe nicht vorkommt, erhielt ich nach 3 Jahren eine Mittelform, aus deren Samen auf einem ganz anderen Boden (tertiärer sogen. Belvedere-Schotter, Lehm und Quarzsand im Bereiche des Waldes) Mutanten und Nichtmutanten hervorgegangen sind. Natürlich hatte ich vorerst die Kn. drymeja aus der Nähe sorgfältig entfernt und den Boden mit frischem Erdreich beschiekt, das frei war von deren Samen, so daß ich die Bernhigung hatte, eine einwandfreie Saat erzielt zu haben. Die Mutanten habe ich hierauf (nach einem Jahr) vorsichtig ausgehoben und auf einen anderen Boden in weiterer Entfernung von der Stelle, auf silurischen Schiefer im Waldbereiche, versetzt, und hier haben sie sich zu typischer Kn. drymeja ausgebildet. Ein einziges Mal war es mir gelungen, aus einem versetzten Exemplar der Kn. arvensis eine sehr divergente Abänderung zu er- zielen, indem die Pflanze sich durch Metamorphose innerhalb 4 Jahren zur Kn. drymeja gestaltet hatte. Sonst hahe ich gefunden, daß Kn. Flora, Ba. 98, 28 390 arvensis, ausgehoben und in den Wald versetzt, zwar eine teilweise Metamorphose durchmacht, dabei aber größtenteils bald an Erschöpfung zugrunde geht; von vielen versetzten Stöcken überlebt kaum ein oder ‚der andere den zweiten Winter. — Kulturversuche mit dieser Knautia wurden auch in der Fölz bei Aflenz (im Hochschwab-Gebiete) vorge- nommen. 3. Nicht weniger merkwürdig ist das Verhalten der Kn. longifolia, welche Kitaibel in ihrer typischen Form, wie sie in der Marmaros im karpatischen Waldgebirge vorkommt, in seinem Folio-Werke, Bd. I, pag. 4, Taf. 5 dargestellt hat. Diese Pflanze erscheint sehr auffallend durch ihre steifen, sehr verlängerten, ganzrandigen Blätter; sie ist ganz kahl bis auf das Blütenköpfehen und den obersten die Blüten tragenden Teil des Stengels, welcher drüsig behaart ist, und entwickelt in der Regel keine Rosetten; die Anthodien (Blütenköpfehen) sind groß, ansehnlich, schön pfirsichblätrot, an den Hüllblättchen und Fruchthüllchen stark wimperigzottig. Ich habe Kn. longifolia in Südtirol und in den karnischen Alpen kennen gelernt, aber nur in der Krummholzregion (1700—-2000 m) typisch gefunden; in Gärten artet sie aus. Die Pflanze habe ich bei Graz im Freien nur aus Samen, welche ich teils in Südtirol, teils in den karnischen Alpen gesammelt hatte, an mehreren Plätzen erzogen und gefunden, daß sie in der Talregion, auch in Topfkulturen, ihre typischen Eigenschaften in zahlreichen Mutanten verliert, indem sie Rosetten bildet, Behaarung annimmt und öfter auch gekerbte und gezähnte Blätter er- zeugt, so daß sie auf den ersten Blick für Kn. silvatica genommen werden könnte. Auch unverkennbare Annäherung an Kn. arvensis habe ich mehrmals konstatiert, denn manches kultivierte Exemplar machte den Eindruck, als ob es ein dreifacher Bastard von Kn. longifolia, Kn. silvatica und Kn. arvensis wäre, durch die kurzen, wellig verbogenen Blätter und eine Behaarung, wie sie manchen „Formen“ der Kn. arvensis eigen ist. Bei Paneveggio in Südtirol kann man bei 1530 m direkte Über- gänge in Kn. arvensis sehen, obschon diese sonst weit und breit in der Gebirgsgegend nicht zu finden ist und erst in der Talregion auftritt. Nichtmutanten gibt es in den Kulturen der Kn. longifolia genug, wenn auch die Zahl der Mutanten überwiegend ist. Die ersten Blätter, welche die Versuchspflanze im Frühjahr hervorbringt, sind immer vom Typus der Kn. longifolia,. später erst werden an den Rosetten behaarte von ganz anderem Aussehen erzeugt. j 391 4. Sehr mutationsfähig ist auch Scabiosa lucida, eine Begleiterin des Krummholzes und des Rhododendron; doeh nur aus Samen erhalte ich Mutanten, die mit Wurzeln versetzten Stöcke erweisen sich als konstant. Die Samen habe ich mir größtenteils aus dem Vellachtal in den Karawanken Kärtens verschafft, einige auch aus dem Zillertal und Halltal in Tirol. . Schon an den Kulturplätzen bei Bad Vellach habe ich die Er- fahrang gemacht, daß die dortige Sc. lucida sehr leicht an Plätzen längs der Straße, wo die nahe verwandte Se. agrestis vorkommt, zu ziehen ist, aber diese verträgt die Standorte der Se. lueida nicht. Ersteres gilt auch von der aus Samen erzogenen Skabiose in der Umgebung von Graz, wo ich mehrere Saatkulturen an verschiedenen Plätzen herge- stellt hatte, Sehr auffallend sind die vielfachen Schwankungen in der Ent- wieklung des Laubsystems: in einzelnen Fällen hat die Pflanze anfangs, bis zur Erreichung des Blütenstadiums, in der Rosette Blätter erzeugt, wie sie nur eine echte monokarpische Se. agrestis haben kann, so daß ich der Meinung war, daß letztere aus der Rosette hervorgehen werde; war aber das erste Blütenstadium vorüber, so schlug sie eine ganz andere Richtung ein, denn die Blätter, welche von da an an den Rosetten erschienen, sind nicht geteilt, sondern nur gekerbt oder gesägt und sehr dicht weichhaarig. Wieder in anderen Fällen brachte die Pflanze zweier- lei Rosetten hervor, die eine von der Formbeschaffenheit wie bei Se. agrestis (Blätter doppelt-fiederspaltig), die andere mit ungeteilten, nur gekerbten, aber dicht weichhaarigen Btättern usw. Die Bjüten hatten im Laufe der Jahre eine mehr blaue als purpur- rote Farbe angenommen; die Kelchborsten wechselten an den sukzessive erschienenen Blüten ihre Färbung, meist fand ich sie schwarz, aber hier und da zeigten sich auch fuchsigbraune wie bei Se, ochroleuca, an die es überhaupt mehrfache Annäherungen gab; mit der Zeit bemerkte ich auch, daß an besonders dürren Plätzen die Kelehborsten merklich kürzer geworden waren, als es bei einer typischen Sc. Jueida sein kann. Aber die Mutationen haben hier und da auch noch eine weitere Stufe der Ab- änderung erreicht, indem unter den vielen Exemplaren der Kulturen auch einzelne monokarpische, auch im Habitus der Se. agrestis entsprechende Individuen zum Vorschein kamen. Überhaupt setzen sich die Bestände nur aus Mutanten zusammen, die reichlich Frucht tragen und durchaus keimfähige Samen liefern. Seit 1898 ist bereits eine dritte Generation entstanden. 2% 392 5. Einen Gegensatz zu der außerordentlichen Mutationsfähigkeit - der präalpinen Sc. lueida bildet eine am Göstingerberge unter dem sogen. Jungfernsprung, bei Graz, im Buchenwalde auf Humus in schattiger Lage am Fuße der Kalkfelsen vorkommende Skabiose, gleichfalls aus der Columbaria-Gruppe, auffällig durch ihre weiche Pubeszenz und ge- spreizte Blattabschnitte am Stengel, hierdurch und durch die Viel- köpfigkeit des Rhizoms (2—10 und mehr Blütenstengel aus einer Wurzel!) von den Skabiosen aus der nächsten Verwandtschaft der Sc. lucida sehr abweichend. Blüten blau, Kelchborsten lang, schwarz. Ich habe diese Skabiose teils mit bewurzeitem Rhizom, teils aus Samen auf ganz anderem Boden (tertiärer Lehm und Quarzsand mit Quarzgeschieben) zwischen Genista tinetoria und germanica, Polygala vulgaris und anderen Heidepflanzen in der Nähe von Eichengebüsch angebaut, wo sie in sonniger Lage vortrefflich gedeiht, während die Pfianzengemeinschaft an ihrem ursprünglichen Standorte sich aus wesent- lich anderen Florenelementen des Kalkbodens zusammensetzt: Silene latifolia (Rchb.), unmittelbar davon an Kalkfelsen Sesleria varia, Primula Aurieula, Phyteuma orbieulare earduus glaucus, Dianthus plumarius; doch die Pflanze behält hartnäckig ihre ursprüngliche Natur: es gibt hier keine Mutanten. Das legt einem den Gedanken nahe, daß es sich um einen Typus handelt, der viel zu alt ist und dem Erlöschen zu nahe steht, um noch variieren zu können. 6. Leucanthemum, Wucherblume. Aus dieser engeren Gruppe der Gesamtgattung Chrysanthemum kommen drei Arten, bezw. „Formen“ in Betracht, nämlich das Chrys. Leucanthemum der Wiesen, das Chr. heterophyllum Willd. und das Chr. montanum L., beide autochthon und zur auf gebirgigem Kalkboden des Südens vorkommend, vom Wiesen- Leucanthemum, welches durchaus pappuslose Früchtchen besitzt, durch ein mehr oder weniger vollständiges (oft nur rudimentäres) Pappus- krönchen der randständigen Früchtehen unterscheidbar. Chr. heterophyllum ist an den lineal-länglichen gleichmäßig sägeartig gezähnten Stengelblättern, welche weit hinauf reichen, leicht zu erkennen. während Ohr. montanum fast ganzrandige, sehr schmale Stengelblätter besitzt; diese sind schon in der Mitte des Stengels.redu- ziert und lassen den oberen Teil desselben schaftartig erscheinen. Bei beiden sind die Blätter der Rosette gleichmäßig kerbig-gezähnt, bei Chr. heterophyllum oft scharf gesägt und gewöhnlich breiter als bei Chr. montanum, doch nie gebuchtet oder sonstwie geteilt. Übrigens gibt es eine scharfe diagnostische Grenze zwischen beiden „Formen“ 393 ganz und gar nieht: an ein und demselben Standorte können beide vorkommen, wenn die Bodenbeschaffenheit nicht eine durchaus gleich- mäßige ist, . Beide „Formen“ sind in den Dolomitgegenden von Südtirol bis 1600 m hinauf sehr verbreitet, ich fand sie auch im Vellachtal Kärntens häufig; übrigens kommt Chr. heterophylium nicht minder auch in Unter- steiermark vor, ferner sogar am Plawutsch (im ganzen Zuge des Berges) und am Schioßberge mitten in der Stadt, mitunter in sehr üppigen Exemplaren, an denen die Blütenköpfchen eine ungewöhnliche Größe erreichen. ' Zu Kulturplätzen hatte ich mehrere Stellen am Vorder-Plawutsch und auf Tertiärland (Lehm mit Quarzgeschieben) in der Umgebung der Stadt gewählt. Die Anbauversuche am Vorder-Plawutsch bezweckten zunächst, die genetischen Beziehungen zwischen Chr. heterophyllum und dem gemeinen Wiesen-Leucanthemum in Evidenz zu stellen; zu dem Behufe wurden Stöcke des letzteren auf der Wiese ausgehoben und an die Standorte des Chr. heterophylium versetzt, während umgekehrt Stöcke dieses letzteren ausgehoben und ins Tertiärland im Bereiche der Wiesen und Felder verpflanzt wurden (Reciproke Kulturversuche!). Da- neben bewerkstelligte ich einige Aussaaten mit Samen von Südtiroler Provenienz und solchen, die ich im Vellachtale gesammelt hatte. Es gelang aber nicht, das Wiesen-Leucanthemum neben dem Ohr. heterophyllum zu irgend welcher Ausdauer zu bringen: die Versuchs- pflanzen hielten sich ein, zwei oder drei Jahre, wurden aber allmählich immer schwächer, schließlich wahre Kümmerlinge und gingen dann ein, Auch einige Nachhilfe hat nichts genützt, einerlei ob die Versuchs- objekte mit bewurzeltem Rhizom verpflanzte Stöcke, oder Sämlinge waren: das Wiesen-Leucanthemum verträgt entschieden den steinigen Kalkboilen, auf welehem Chr. heterophyllum gedeiht, ganz und gar nicht; aber um- gekehrt dieses verträgt den erdigen Boden im Bereiche der Wiesen sehr gut, und dies gilt auch von Chr. montanum, dabei verlieren beide unter solchen Anbauverhältnissen mit der Zeit das charakteristische Pappuskrönchen an den randständigen Früchtehen, und an den Blättern zeigen sich mitunter auffallende Annäherungen an das Wiesen-Leu- canthemum. Solchen Tatsachen gegenüber, daß nämlich die Metamorphosen und Mutationen bier nicht rückläufig sind, erscheint die Vermutung (Wahrscheinlichkeitsschluß!) wohl gerechtfertigt, daß unsere allverbreifete Wiesenwucherblume sich aus den zwei südlichen Typen, dem Chr. hetero- phyllum und Chr. montanum, ableiten läßt. 304 Das gilt aber nur von jener „Form“, welche sich durch längliche, sägeartig gezähnte Stengelblätter und ungeteilte Blätter der Rosette, welche gezähnt, aber nieht stumpf gekerbt sind, auszeichnet; für eine zweite „Form“ des Wiesen-Leueanthemum, jene nämlich, welche mehr oder weniger geteilte, einfach oder zweifach fiederlappige Blätter der Rosette mit ungleichmäßig stumpfgekerbten Abschnitten besitzt, gilt das nicht, sie ist zu sehr von der anderen abweichend, schon durch die eingeschnitten-gezähnten Stengelblätter mit gespreizten, bogig zurück: gekrümmten Zackenzähnen. Diese zweite „Form“ mahnt gar sehr an das alpine Chr. atratum Jaeg. (Chr. coronopifolium Vill), ihre Generationen dürften daher als uralte Deszendenzen dieser alpinen Art zu betrachten sein. Doch be- sitzen beide „Formen“ in dem gänzlichen Mangel eines Pappus an den Früchtchen und an der kammförmig gezähnten oder vielmehr gefransten Basis der Stengelblätter so viel Gemeinsames, daß wir uns darüber nicht wundern, wenn beide von dem Phytographen zu einer Art zu- sammengezogen werden, obschon vom modernen phytographischen Stand- punkt eine Scheidung natürlicher wäre, weil das Chrys. Leucanthemum der Wiesen eigentlich nur eine Scheinart ist, begründet durch die Linn$sche Artauffassung des 18. Jahrhunderts. Vielleicht wäre diese Scheidung schon längst erfolgt, wenn nicht zahlreiche Übergangsstufen — das Wiesen-Leucanthemum ist nämlich ungemein variabel — einen, allerdings nur formalen Zusammenhang vortäuschen würden. Noch einen Befund muß ich bei dieser Gelegenheit erwähnen: an den dolomitischen Bergabkängen des Vellachtals kann man nicht nur Chr. montanum und heterophyllum beobachten, sondern auch Mittel- formen zwischen diesen und dem alpinen Chr. atratum, so daß ich oft nicht wußte, ob ich es noch mit obigen zwei „Formen“, oder vielmehr mit Chr. atratum zu tun hatte. Weil aber dieses in so geringer Meeres- höhe (650—700 m) gegenwärtig dort nicht vorkommt, weshalb an eine Bastardbildung nicht leicht zu denken ist, so halte ich es für ebenso wahrscheinlich, daß solche Mittelformen uralte Mutanten des Chr. atratum sind, aus einer Zeit, als die dortigen Niveauverhältnisse andere waren, so daß diese alpine Art dortselbst recht wohl möglich war. Auf diese Art würde sich allerdings die Filiation des Wiesen- Leueantbemum sehr kompliziert gestalten, indem eine Abteilung einerseits vom Chr. atratum unmittelbar, andererseits auch vom Chr. montanum — heterophylium ins Auge zu fassen wäre (Konvergenz?). 7. Was Violen anbelangt, sei hier vorzugsweise nur des Ver- haltens von YV. collina, einer zerophilen Veilchenart, meist des. .Kalk- 305 und Dolomitbodens, gedacht; sie ist am Grazer Schloßberg und sonst in der Umgebung sehr verbreitet, trilft aber nirgends mit V. odorata, welche eine Garten- und Ruderalpflanze ist, der sie morphologisch am nächsten steht, zusammen. Vor einigen Jahren hatte ich mehrere Exemplare ausgehoben und zwischen Urtica dioica, Lamium maculatum und das gemeine klimmende Labkraut (Galium elatum) in eine Straßenhecke verpflanzt: dort gedeihen sie, trotz der drohenden Überwucherung durch das Dieckicht, vortrefflich. Der Wurzelstock hat sich mehr geteilt, sonst. ist es auch noch zu einer Abänderung in der Form der Sommerblätter ge- kommen, denn diese sind nun breitherzförmig, dunkelgrün und so von denen der V. odorata kaum mehr zu unterscheiden, während die Pflanze an ihren natürlichen Standorten im Hauptumriß länglich-ovale, lang gestielte, mehr gelblichgrüne Sommerblätter hervorbringt. Aber in den Bitten, welche im April zum Vorschein kommen, hat sich nichts ge- ändert; sie sind klein, hellviolett, in der Mitte blaß, wohlriechend, genau so wie V. collina sie sonst erzeugt. An den Versuchsexemplaren, welche auf die Heide zwischen Geuista tinetoria, Pteridium aquilinum, Solidago virga aurea und Berra- tula tinetoria (Lehmboden) versetzt worden sind, fällt es auf, daß die Pflanzen neben normalen Blättern auch solche (im Frühjahrstrieb) er- zeugen, wie sie nur V. hirta haben kann. Sonst habe ich auf solchem Boden an den einzelnen Versuchstöcken eine Annäherung an V. hirta an den Blättern nicht wahrgenommen. V. odorata hält sich auf Heideboden einige Jahre, erzeugt aber keine Ausläufer, verkümmert von Jahr zu Jahr mehr und geht dann ein, ohne mutiert zu haben, nur in den Blättern stellt sich eine schwache Metamorphose ein, insofern als diese viel kürzer gestielt, aber mit breiterem Ausschnitt an der Basis erscheinen. Der Wohlgeruch der Blüten ist viel schwächer als bei der im Garten kultivierten Pflanze. 8. Ein weiterer Gegenstand der Kulturen ist Thlaspi, wobei ich mich jedoeh auf die engere Gruppe derjenigen „Wormen“, welche dem Th. montanum systematisch am nächsten stehen, beschränkt habe. Hierzu wurden insbesondere Samen des echten Th. montanum aus Nieder- österreich (Gegend von Baden), von Th. goesingense aus Obersteier- mark, Th. praecox aus Untersteier und Th. alpinum aus den ober- steierischen Alpen benützt; auch mit bewurzeiten Stöcken und Ab- legern von Th. goesingense und Th. alpinum wurden mehrere Anbau- versuche gemacht. 396 Die Anbauplätze befinden sich an verschiedenen Stellen der Um- gebung von Graz; auf alle Lagen und Bodenarten ist hierbei Bedacht genommen worden; auf dolomitischen und gewöhnlichen steinigen Kalk, silurischen Schiefer, Lehm und Quarzsandboden usw. . “Diese Thlaspi-Arten, bzw. „Formen“ sind ausdauernde (Gewächse, meist Gebirgspflanzen, mit weißen Blüten; Korolle 6-9 mm lang, der bleibende Griffel 1—83 mm; die Infloreszenzachse verlängert sich später wenig oder gar nicht. Es hat sich bei diesen Kulturen herausgestellt, daß die Inno- vationsverhältnisse ungemein variabel sind und für eine richtige Art- begründuug daher von keinem wesentlichen Belange: das Rhizom teilt sich in schattiger Lage mehr oder weniger, zwischen Moos und Gestrüpp bildet es oft gar lange Ausläufer, besonders bei Th. praecox Unter- steiermarks und bei Th. goesingense; diese Abänderung ist bei letzterem sogar als besondere Art (Th. umbrosum Waisb.) unterschieden worden. In freier sonniger Lage bleibt der Wurzelsstock ungeteilt, wird aber bei den genannten zwei „Arten“ mehrköpfig, weshalb sich 2—5 und mehr Blütenstengel dicht nebeneinander entwickeln, so daß es den Anschein hat, als ob sie alle aus einer einzigen Rosette hervorgegangen wären. Die genannten zwei „Arten“ sind es auch, besonders Th. praecox, welche auf Verletzungen beim Versetzen, auf raschen Temperatur- wechsel und dergl. durch Erzeugung von Anthokyan in der Epidermis der Blätter und an den Blütenkelchen reagieren: manche Stöcke er- scheinen unter solchen Umständen wie mit dunkelviolettroter Farbe übergosser; in schattige geschützte Lage gebracht, verlieren die Pflanzen viel von ihrem Anthokyan, werden nach und nach ganz virideszent. Eine weitere Eigentümlichkeit besteht in dem Verhalten der Glauces- cenz, welche nur in freier sonniger Lage auftritt, im Schatten aber an den Blättern der Rosette bald verschwindet, doch pflegen bei allen Arten, bzw. „Formen“ der Gruppe die Stengelblätter auch im Schatten mehr oder weniger glaucescent zu bleiben. Gar keine Neigung zur Glaucescenz an den Blättern der Rosette zeigt sich bei Th. alpinum. Wenn man Th. goesingense beim Serpentinsteinbruch von Kirch- dorf, oder Th. praecox bei Trifail in Untersteier genauer ins Auge faßt, so bemerkt man an den Pflanzen nicht nur beträchtliche habituelle Verschiedenheit, je nach der Lage des Standortes, sondern auch in der Frucht. — Gewisse Variationen der Blattform in den Kulturen mahnen gar sehr an Th. alpinum, dem sämtliche Versuchspflanzen in ihren Jugendzuständen täuschend ähnlich sind. | ! } 897 9. Am Grazer Schloßberge kommen zwei „Formen“ der weit- läufigen Pestuca ovina ständig vor: mehr unten am Fuße des Berges die allgemein verbreitete F, sulcata Hackel auf erdigem Terrain, in den Ritzen des felsigen Dolomits aber bis zum Plateau hinauf die auffällige steife F, glauca var. pallens. Die erstere ist äußerlich gekennzeichnet durch rauhe gefalzte Blätter, welche beim Trocknen auf jeder Flach- seite, oder wenigstens auf der einen, stets eine Furche bekommen. Diese Graminee ist matt grasgrün, ihr Blütenstand ist steif aufrecht; die andere ist sehr glaucescent oder blaugrün, auch an der etwas über- hängenden Blütenrispe, ihre Blätter sind glatt, sehr steif, derb und geschlossen, so daß nur eine sehr schmale weißliche Rinne die ein- ander sehr genäherten Ränder erkennen läßt, seitwärts sind sie bauchig gerundet. In den achtziger Jahren war es, da kam ich auf den Gedanken, einen Rasen der F. sulcata in eine Felsspalte des Dolomits zu ver- Pflanzen, und zwar an einer Stelle (schattig!), wo F. glauca in wn- mittelbarer Nähe nicht vorkommt. Der Versuch gelang zufällig, weil mehrere Regen zu gelegener Zeit gefallen sind. Schon nach zwei Jahren waren die Blätter der neuen Sprosse nicht mehr so wie bei einer echten F. suleata, sie machten sich be- merkbar durch Zurückbiegung und sehraubige Drehung, auch waren sie glatt und an den Seiten gerundet, Zwei Jahre später waren an den ernenerten Sprossen Blätter erschienen, die einem sehr kompe- tenten Fachmann, Prof. Hackel, Zweifel aufkommen ließen, ob die- selben wirklich einem Rasen angehörten, der ursprünglich F. suleata war, denn sie hatten auffallend den Charakter der F. glauea an- genommen, was sich auch an den subepidermalen Bastbündeln ge- zeigt hatte, : Nun erst hatte der Rasen die ersten Blütenrispen erzeugt, aber diese waren nicht bläulichgrün, auch nicht überhängend, sondern so wie bei F. sulcata. Aus Samen, welche dieser Rasen gereift hatte, habe ich eine neue Generation von Individuen erhalten, indem ich sie in die Ritzen eines anderen Dolomitfelsens gesetzt hatte; auch einzelne dieser Nachkommen haben die partielle Metamorphose durchgemacht, aber neben den Sprossen, welche das Aussehen jener der Mutterpflanze hatten, erschienen in der Folge auch Sprosse mit Blättern wie bei F. suieata. Die Versuchspflanzen zeigten keins rechte Entwicklungsfähigkeit und gingen bis 1905 allmählich «durch Verkümmerung fast gänzlich ein. Saaten mit Samen der F. sulcata vom quarzig-lehmigen Boden habe ich sonst an mehreren Stellen in den Ritzen der Dolomitfelsen 308 am Schloßberge vorgenommen und habe dabei die Überzeugung ge- wonnen, daß ihre Keimfähigkeit selbst unter solchen scheinbar sehr ungüristigen Verhältnissen nichts von ihrer sonstigen Intensität verliert. denn ich erhielt immer viel Keimlinge und Sämlinge, von denen einzelne der eben beschriebenen Metamorphose fähig waren, freilich mit schließ- licher Rückkehr zur ursprünglichen „Form“. 10. In den achtziger Jahren war es auch, wo ich mit: meinen Potentilla-Kulturen begonnen hatte; allerdings habe ich sie auf jene Frühlings-Potentillen beschränkt, welche bei den älteren Phytographen als P. verna L. gegolten hat; leider hat sie in der Folge so viele andere Namen bekommen, daß eine Verständigung schon ziemlich schwer ge- ‚worden ist, wegen der enormen Zahl der Synonyme, doch glaube ich, daß man am besten auskommen wird, wenn man sie als Potentilla verna Aut. vet. bezeichnet. Eine Verwechselung ist kaum möglich, wenn man beachtet, daß es sich um eine Pflanze der Talregion handelt, und daß keine andere Potentilla in Mitteleuropa einen derartig geteilten und ver- zweigten Wurzelstock besitzt. P. verna erfreut uns schon im April an Rainen, grasigen Ab- hängen der Auen, auch auf gebirgigem Boden, durch ihre zahlreichen goldgelben Blüten: sie stellt aber keinen homogenen oder einheitlichen Typus vor, denn in der Behaarung vorzugsweise herrscht eine sehr auf- fallende Mannigfaltigkeit; man kann darnach im Formenkomplexe der P. verna zwei als Gegensätze einander gegenüber stehende Gruppen unterscheiden: die eine durch eine mehr oder weniger ausgeprägte weißlich-graue oder aschgraue Filzbehaarung an den Blättern, die andere durch ein mehr oder weniger starkes Zurücktreten dieses Haarkleides, oft bis zu dem Grade, daß die Blätter grasgrün er- scheinen, ausgezeichnet. In Mitteleuropa kommt es bei der ersten Gruppe in der Regel nur bis zu der Stufe der P. arenaria Berkh., aber schon am wärmeren Karste des Görzischen Küstenlandes und Istriens ist die für diese Gegenden sehr charakteristische P. Tommasiniana mit ihren drejzähligen Blättern merklich intensiver filzig-grauhsarig, und ähnliches gilt auch von anderen „Formen“ dieses Komplexes in den Mittelmeer-Gebieten. Der Haarfilz ist aus kurzen Härchen gebildet, welche um ein längeres, auf der Blattfläche normalstehendes Haar ein zierliches, unter dem Mikroskop deutlich sichtbares Sternchen bilden, da sie der Blatt- fläche anliegen. Bei „Formen“, welche sich dem anderen Extrem nähern, sind die Sternhärchen mehr aufgerichtet und machen sich als Haar- büschel bemerkbar (auch die zierlichen Sternchen sind keineswegs wirkliche Bew 399 Sternhaare, denn ihre Strahlen entspringen aus kleinen warzenförmigen Papillen der Epidermis). dabei pflegt das Mittelhaar eine größere Länge anzunehmen, und bei einer noch weiter gehenden Reduktion umgeben sie, in der sehr verminderten Zahl von 1 bis 3, den Fuß des ver- längerten Mittelhaares, ja es können hin und wieder die begleitenden „Sternhärchen“ auch ganz fehlen, was ich aber in Steiermark noch nicht beobachtet habe. Dieses Extrem ist die P. verna var. viridis Neilr. = P. viridis (Neilr.} mit 1—83 Begleithärchen, und wenn die Blätter, Blüten- stiele und Kelche außerdem zur Blütezeit reichlich drüsig und die Teilblättchen gegen die Basis keilig verschmälert und vorn tiefer ein- geschnitten-gezähnt sind, die P. verna var. glandulifera — P. glandu- lifera Kr. . Bei all dieser großen Formenmannigfaltigkeit besitzt der gesamte Komplex ein gemeinsames, sehr charakteristisches Merkmal in der Be- schaffenheit des Rhizoms, indem dieses, besonders auf sandigem Boden, zerbröckeltem Dolomit und dergl. sich ausläuferartig teilt; solche Ausläufer bilden auf steinigem Substrat ein förmliches Netz. Auch die sehr schmalen aschgrauen Rhizomschuppen und Nebenblätter sind im Charakteristikum der P. verna. Die Vermehrung dieser Potentille durch Samen ist, wie die Kultur- ' versuche gelehrt haben, sehr beschränkt, ich habe darum nur die Ab- leger, welche ich durch Abtrennen der Ausläufer erhielt, zum Anbau benutzen können; solehe Ableger greifen aber ungemein leicht und bewurzeln und bestocken sich in kurzer Zeit. Geradezu unerwartet ist die Hartnäckigkeit, mit welcher die „Form“ P. arenaria in freier Lage auf Urboden (sonnig!) an ihrem grauen sterofilzigen Haarkleid festhält: der Boden kann trocken oder feucht sein, die Unterlage kann aus Kalk, Dolomit oder Serpentin, kann aus paläozoischem Schiefer oder aus tertiären Quarzgeschieben und Lehm usw. bestehen, die Pflanze bleibt immer gleich graufilzig. Anders verhält sich die Sache bei Topfkulturen, wie ich sie in meiner Wohnung durchgeführt habe Wird ein Erdreich genommen, welches reich an Humus und Düngerstoffen ist, und wird außerdem die Versuchspflanze sehattig gehalten, so stellen sich an den neu hervor- tretenden Blättern Büschelhaare ein anstatt der „Sternhaare*, diese bilden nun nicht mehr einen so dichten Überzug wie ihn eine wirk- liche P. arenaria besitzt, es schimmert etwas von der grünen Blatt- substanz durch, das Mittelhaar des Büschels erscheint in der Folge mehr verläugert, und mehr und mehr wird die Pflanze virideszent; aber ins Freie übertragen am Standorte. der P, arenaria (sonnig-troeken, 400 Delomit des Schloßberges) nimmt sie den ursprünglichen Haarüberzug nicht mehr an: sie bleibt eine virideszente „Form“, nur daß sich das Haarkleid mehr verdichtet. — Schon die schattige Lage bewirkt eine Lockerung des Sternhaarfilzes bei P. arenaria. Wird die Pflanze arg verletzt, oder wird sie einer andauernden Trocknis ausgesetzt, so daß sie nahe daran ist einzugehen, so bringt sie, nach der Befeuchtung des Erdreichs neu belebt, im sekundären Trieb mehr oder weniger virideszente Sprosse hervor, welche keinen Sternhaarfilz annehmen, wenn man sie an sonnige Standorte der P. arenaria versetzt. Zu dem gleichen Resultat führten Anbauversuche mit P. glandulifera auf sonnig-trockenem Dolomitboden. Samen der P. viridis habe ich auf felsigem Kalk- und Dolomit- boden bei Graz mehrmals und an verschiedenen Stellen angebaut, in unmittelbarer Nähe der filzig behaarten P. arenaria, allein zu einer ausdauernden Saat ist es niemals gekommen: es hat wohl reichlich Keimung gegeben, viel Sämlinge waren da, aber mit jedem folgenden Jahre wurde ihre Zahl geringer, und schließlich hatte ich keine einzige Pflanze erzielt. Zu einem gleich negativen Resultat hatten Aussaat- versuche mit Thlaspi praecox geführt, obschon möglichst auf solche Bodenverhältnisse Bedacht genommen wurde wie diejenigen an Ort und Stelle, wo die Mutterpflanzen vorkommen, denen die Samen (bei Trifail, Untersteiermark) entnommen worden sind. Es würde zu weit führen, wollte ich alle Kulturen und deren Erfolg, bzw. Mißerfolg — wenn man die negativ ausgefallenen mit diesem Worte bezeichnen will — hier vollständig aufzählen, das Vor- liegende muß einstweilen genügen. Mehr wird man in meinem Buche: Ansiehten und Gespräche usw. (Leipzig 1903, bei W. Engelmann), auch in den „Versuchen und Beobachtungen“ („Mitteilungen“ des Natur- wissenschaftl. Vereins für Steiermark, Jahrg. 1904, 41. Heft) finden, wo ich auch von der Kulturmethode eine mehr ins Einzelne gehende Rechenschaft gegeben habe. Große Vorsicht und Sorgfalt erforderten diejenigen Anbaue, wo es sieh um nahe verwandte Versuchsobjekte handelt, nicht nur wegen einer möglichen Verwechslung, sondern auch darum, weil auf die Mög- lichkeit einer Hybridisation Rücksicht zu nehmen war; wo aber Wand- lungen an einem und demselben Pflanzenstocke eintraten, hatte dieser Umstand nur dann eine wohl zu berücksichtigende Bedeutung, wenn die Samen davon für eine weitere Kultur bestimmt waren. Viele Kulturplätze sind im Laufe der 20 Jahre durch Straßen- regulierung, Abtrieb von Waldungen, Anlage neuer Wege und Felder, 401 durch Bauten usw. eingegangen; das hätte dem Erfolg der langjährigen Bemühungen leicht einen wesentlichen Abbruch getan, wenn ich nicht die Vorsicht gebraucht hätte, den Anbau mit dem gleichnamigen Ob- jekte an mehreren Plätzen zu bewerkstelligen. Ganz intakt sind äber jene Kulturen geblieben, welche ich an unproduktiven Stellen im Be- reiche des Waldes, wie auch diejenigen, welche ich an schwer zugäng- lichen Plätzen angebracht habe. Folgerungen, Erkenntnisse, 1. Wenn man die einzelnen Kulturversuche und deren Ergebnisse überbliekt, so kann die mehrfach sich wiederholende Tatsache einem nicht entgehen, daß sich die Mutationen im Ganzen in sehr engen Grenzen halten: nicht eine einzige geht über den Umfang einer Spezies hinaus, ja manche bleiben in den Grenzen einer engeren Formengruppe innerhalb einer und derselben Spezies, Zudem erstrecken sich die Mutationen in der Mehrzahl der Fälle nur auf den vegetativen Organ- komplex; nur bei Knautia drymeja haben schließlich auch die Blüten- köpfehen mutiert, doch zu einer Zeit, wo in den Blättern und Inno- vationsverhältnissen der Drymeja-Charakter bereits stabilisiert war: man kann darum immerhin sagen, daß die Charaktere der beiden Organ- komplexe unabhängig von einander variieren. Das zeigt sich in besonders auffallender Weise bei den Rassen des gemeinen Kohls, Brassica oleracea, deren Stöcke sicher von einem ursprünglichen Wildling abstammen, aber infolge der Kultur die merk- würdigsten Differenzen an den vegetativen Organen erfahren haben; erzeugt nicht dennoch der wunderliche Karfiol genau solche Blüten und Früchte wie jede andere Kohlsorte? Und dazu sind auch diese seit undenk- lichen Zeiten dem Menschen als Nahrung dienenden Kohlsorten erblich. Umgekehrt erzielen die Gärtner oft bei ein und derselben Spezies sehr divergente Variation der Blüte, ohne daß die Blattform oder das Habitus der Pflanze irgendwie beeinflußt würden. Auch durch Anpassungen der Blüten (Blumen) an die Bedürf- nisse der Insekten sind gewiß schon sehr bedeutende Abänderungen der Korolle bewirkt worden, und dieser Gestaltuugsprozeß dürfte noch lange nicht seinen Abschluß gefunden haben. 2. Am weitesten gehen die Metamorphosen und Mutationen bei Knautien, besonders bei Kn. arvensis, welche die Vorkommensverhält- nisse, unter denen Kn. drymeja gedeiht, weder als Individuum, noch als Typus verträgt, denn man sieht sie unter solchen Umständen ent- weder allmählich zugrunde gehen, oder, wenn die Versuchs-Individuen 402 lebenskräftig genug sind, dauernd durch Metamorphosen ihre spezifischen Charaktere abändern, in einzelnen Fällen sogar in der Richtung der Kn. drymeja mutieren. Aber mit dieser letzteren verhält es sich umgekehrt, denn auf die Wiese zwischen Kn. arvensis versetzt, bleibt sie konstant: jahraus-jahrein fand ich sie wunderbar prosperierend, aber sie behauptet ihre spezifischen Charaktere hartnäckig; die Mutationen der Kn. arvensis sind demnach nicht rückläufig. Ich halte es darum für sehr wahrscheinlich, daß Kn. ärymeja eine verhältnismäßig noch junge, eine werdende Art ist, weil der phyletische Nexus, der sie mit ersterer verbindet, gegenwärtig noch fortbesteht; sie wird, so denke ich, einmal nach langer Zeit, eine aus- gestaltet und selbständig gewordene Art werden. wenn dieser Nexus nicht mehr bestehen, d. h. wenn Kn. arvensis nicht mehr im Sinne der Kn. drymeja mutieren wird. 3. Hinsichtlich der gemeinen Wiesen-Leucanthemum denke ich auch nieht anders: der gesamte Formenkomplex scheint aus wenigstens zwei im Werden begriffenen, daher unfertigen Arten zu bestehen; von dem sehr energischen Aufstreben derselben gibt ihre außerordentliche Ver- breitungsfähigkeit auf dem ihnen zusagenden produktiven Boden ein deutlich sprechendes Zeugnis, denn sie nehmen meist das ganze Wiesen- land ein, auf Kunstwiesen, wie z. B. im Salzburgischen, sieht man im Vorsommer zur Blütezeit sehr große Flächen weiß von den oflerien Anthodien der Wiesen-Wucherblume. Die anderen zwei Leucanthemum- Arten, bezw. „Formen” okkupieren nirgends so geschlossen Areale. Auch hier sind die auf das Wiesen-Leucanthemum gerichteten Mutationen, wie oben gezeigt wurde, nicht rückläufig. Die Generationen der nicht mutationsfähigen Individuen werden im Laufe der Zeiten vor- aussichtlich ihre Lebensenergie, damit auch ihr Anpassungs-Vermögen, verlieren und in ihrem Vorkommen mehr und mehr auf einzelne zer- sprengte Areale beschränkt sein. Die Kulturversuche, wie sie nach den obigen Andeutungen be- trieben werden, lehren also, daß zwischen der Lebensenergie, der An- passungs- und Mutationsfähigkeit der Individuen ein auf Gegenseitig- keit — Korrelation — beruhender Zusammenhang besteht: nur die lebenskräftigsten passen sich den neuen Lebensverhältnissen an, und aych nur diese mutieren, ein Ergebnis, das auch mit den Erfahrungen von de Vries übereinstimmt (Papaver somniferum polycephalum!). Die Niehtmutanten sind es, die bei meinen Aussaaten nicht aufgekommen sind, die Nichtmufanten sind es auch, die, wo es sich um versetzte Objekte haudelt, früher oder später eingehen, die überlebenden aber 403 sind sämtlich Mutanten, wenn auch nicht alle gleich variieren, sondern erst in den aus Samen gezogenen späteren Generationen. 4. In der Phytographie ist in neuerer Zeit oft von phyletischen Ableitungen die Rede, da trägt man kein Bedenken, von Stamm-,. Parallel- und Übergangsformen zu sprechen und sie in den Kalkül ein- zubeziehen, aber in erkenntnis-theoretischer Hinsicht sind die Syste- matiker in keiner anderen Lage als ein Mineralog, der es mit einer isomorphen Substanz zu tun hat. Calzit, Magnesit, Siderit, Dolomit, Ankerit, Rhodochrosit sind auch formverwandt, alle sechs lassen sich von einem gemeinsamen Grundtypus ableiten, dieser bildet durch seinen Kristallisations-Modus, seine Molekular-Struktur und chemische Zu- sammensetzung gewiß eine natürliche Einheit, ausdrückbar durch die Formel CMO,, worin M ein Atom von Ca, Mg, Fe oder Mn bedeutet. Die Ableitung der untergeordneten Arten geschieht: im formalen Sinne durch Substitution und Kombination der Metallatome, die in mannig- facher Weise vikarierend eintreten können. Mithin sind die genannten Minerale unter — und zu einander Parallelformen eines gemeinsamen Urtypus; weil aber dabei von einer Deszendenz im realen Sinne nicht die Rede sein kann, denn dieser Urtypus ist nur ein gedachter oder idealer, so gilt das auch von den davon abgeleiteten Parallel-Formen oder Arten und deren Übergangsformen. Nun aber gibt es bei den Pflanzen eine genealogische Deszendenz, denkbar ist daher für einen gegenwärtig bestehenden Typus auch eine wirkliche genealogische Stammform, für einzelne Fälle hat das sogar einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich, aber für manche andere Fälle muß von einer solchen Stammform ganz abgesehen werden; denn es ist so viel wie erwiesen, daß z. B. die Waldbuche, Fagus sil- vatica, auf keine bestimmte vorweltliche Buchenart zurückgeführt werden kann: der Weg, auf dem die Natur das hervorgebracht hat, was wir gegenwärtig F. silvatica nennen, ist ein ganz eigentümlicher und un- erwarteter). 5. Ob nun die Behandlung einer Pflanzengruppe vom rein syste- matischen oder vom phylogenetischen Standpunkt in Angriff genommen wird, stets bauen wir auf den unvermeidlichen Artbegriff, der ge- wissermaßen einer apriorischen Denkform gleichkommt, aber wegen seiner Doppelnatur in der Anwendung dem Systematiker wie dem Phylogenetiker die größte Schwierigkeit bereitet, denn er entspringt sicher aus zwei grundverschiedenen Vorstellungen, die meist nur schwer 1) Die Begründung wird man in den „Ansichten und Gesprächen“, pag. 151—172, finden. 404 auseinander zu halten sind; ist ja die eine konkret, die andere abstrakt. Wir können uns nämlich eine Art in keinem Falle denken, ohne daß wir bestimmte Individuen vor Augen haben, an denen eine bestimmte und durchgehends übereinstimmende Gestaltung ausgeprägt ist, aber nach dem üblichen Sprachgebrauch, der so oft eine Quelle des Irrtums ist, schieben wir nicht bald die eine, bald die andere Seite des Art- begriffs vor, je nachdem es der momentane Fall erfordert, sondern ge- brauchen das Wort „Art“, als ob es sich um einen einfachen Begriff handeln würde, es dem Leser oder Hörer überlassend, sich das Richtige zu denken. „Art“ für Individuum und umgekehrt, Typus für Art und um- kehrt, das sind leider sehr übliche Vertauschungen. Oft hört oder liest man etwas wie: „die Art (so und so) kommt dort nicht gut fort“, wo zu sagen wäre: „die Individuen oder Stöcke (von einem bestimmten Charakter) gedeihen dort nicht”. Ein anderes Mal ist von einer „Art- umwandiung“ die Rede, aber gemeint ist in diesem Falle nur ein Wechsel der diagnostischen Merkmale an einzelnen. Individuen usw. Wieviel Mißverständnisse und unrichtige Deduktionen hat nicht schon dieser versteckte Dualismus des Artbegriffs verschuldet! Wie sehr es darauf ankommt, daß man sich mit voller Klarheit dessen bewußt sei, kann man schon daraus ersehen, daß eine Art nicht nur dadurch erlöschen kann, daß alle ihre Individuen durch Ausrottung, oder infolge gründlich veränderter Lebensverhältnisse verschwinden, sondern auch dadurch, das sich der Typus, d. i. die Gestaltungsform an denselben in den aufeinander folgenden Generationen verändert, wobei die Kontinuität der Generationen fortbestehen kann. 6. Ein anderer Grund für die außerordentliche Schwierigkeit, welche die Anwendung des Artbegriffs so oft mit sich bringt, ist von leichter einzusehender Natur: er besteht darin, daß dieser nur dann einen Sinn hat, richtiger gesagt, nur dann möglich ist, wenn es sich um Gebilde handelt, welche in der Natur als ausgestaltet angenommen werden können; auf die Phasen des Werdens — und gerade diese bilden den Hauptgegenstand der Phylogenie — paßt er nicht, während in der Natur die Formbildungen bei vielen Gattungen und Arten noch keineswegs zum Abschluß gekommen sind. Wenn daher in solchen Fällen die einzelnen Phasen nach Linn&- schem Usus binär bezeichnet, werden, so ist das nur ein praktisches Auskunftsmittel, allerdings schwer zu vermeiden, da man sonst einen sehr komplizierten Apparat von Über- und Unterordnungen in An- wendung bringen müßte. 405 7. Soll ein Begriff einen unantastbaren Wert haben, so muß er derart eingeengt sein, daß er einen durchaus konkreten Inhalt erhält. Das gilt besonders von dem, was wir mit dem Worte Entwicklung bezeichnen, die in der Biologie eine so große Rolle spielt. Im engeren Sinne bedeutet Entwicklung das Hervorgehen eines Organs, eines Organteiles, auch eines ganzen Individuums aus einer gegebenen erblichen Anlage. Diese gibt sich auf der Anfangsstufe als etwas Körperliches, Sichtbares zu erkennen; ist aber einmal die Anlage da, so folgt unter normalen Verhältnissen mit Naturnotwendigkeit die Ent- wicklung, welche bekanntlich in einer Volumzunahme, verbunden mit. inneren sukzessiven Bildungsvorgängen, besteht. Die augenfälligsten dieser Bildungsvorgänge vermögen wir Schritt für Schritt zu verfolgen, und uns so ein menschlieh-mögliches Bild von dem gesamten Prozesse zu verschaffen, aber gerade das, was wir vor allem so gern kennen möchten, — es ist der Urgrund der aller- ersten Anlage — bleibt uns verborgen. Es ist nicht viel, was wir beim Verfolgen eines Entwicklungsvorganges nach der kansalen Seite hin erfahren, aber auch in der Einsicht, wie das und jenes geschieht oder zustande kommt, finden wir einstweilen eine Befriedigung und soweit wenigstens hat es die Biologie, besonders in ihrem physio- logischen, die Prinzipien der Zweekmäßigkeit und der Anpassung vor- sichtig heranziehenden Zweige seit der Entdeckung der Zelle gebracht. 8. Dagegen wird der Forscher, wenn er das Hauptmoment des Entwicklungsbegriffs, wonach man von gegebenen erblichen Anlagen ausgehen muß, übersieht, unausweichlicl eine Beute von Illusionen, welche für den betreffenden Zweig der Wissenschaft, eine Zeitlang wenigstens, fatal werden können; denn auf den erweiterten, verwässerten Entwieklungsbegriff (es ist meist kein Begriff!) läßt sich alles denk- bare konstruieren, nur nichts solches, was einen wissenschaftlichen, realen Wert hätte. So entstanden und entstehen auf diesem Boden, leider, noch immer die kühnsten Entwieklungstheorien und Stammbäume, die, wenn sie mit schönen Phrasen aufgeputzt sind, bezaubernd wirken auf alle diejenigen, welche auf die billigste Weise ihre Wißbegierde befriedigen möchten, ernüchternd hingegen auf ihre Urheber, wenn sie später zu besserer Einsicht gelangen. Oder sollte es wahr sein, daß die Menschheit die Naturerkennt- ‚nisse nur aus der Hand des Dichters empfangen will? „Immer wird der Mensch, — auch der unterrichtetste macht hierin keine Ausnahme — das am leichtesten und am liebsten für wahr Flora, BA, 58. 29 406 halten, was dem Verständnisse die geringste Schwierigkeit bietet. Es wird aber und muß eine Zeit kommen, wo man einsehen wird, daß Vieles, in solchen Dingen schon gar, nicht so ist, wie man es am leichtesten begreifen könnte, während es der Eigenart des menschlichen Begriffs- und Fassungsvermögens einstweilen versagt ist, den wirklichen, realen Sachverhalt zu verstehen. Nur die Tatsachen an und für sich behalten unter allen Umständen unerschütterlich ihren unantastbaren Wert: ihnen muß der menschliche Intellekt sich unterordnen und an- passen“), Der Einfluß des Bodens auf die Blütenfüllung der Tulpen. Von Karl Ortlepp in Gotha. Seit fünf Jahren bin ich mit Vorarbeiten zu einer monographischen Bearbeitung der Füllungserscheinungen bei Tulpenblüten beschäftigt. Im Laufe dieser Zeit stellte ich verschiedene Kulturversuche an, um zu ergründen, ob die Tochterzwiebeln die gleiche Füllungsstärke wie die Mutterzwiebeln zeigen oder inwieweit sie von diesen abweichen, ob eine Einwirkung der angewandten Kulturmethode zu bemerken ist und in weicher Weise diese sich geltend macht. Die erste Anregung zu meinen Arbeiten über die Tulpenfüllung erhielt ich durch Prof. Goebel in München, der mir riet, meine früheren vereinzelten Be- obachtungen über Tulpenfüllung fortzuführen und zu einer Monographie der Füllungserscheinungen bei Tulpen zu erweitern. Da bis zum Abschlusse der Monographie noch längere Zeit ver- gehen wird, entschloß ich mich, die Resultate meiner bisherigen Kultur- versuche, welche immerhin schon manchen Einblick in die Ursachen der Fülhmg gewähren, vorläufig im nachstehenden zu publizieren. Leider konnte ich von den im Frühjahre 1903 aus Overveen be- zogenen und genau auf ihre Füllungsweise untersuchten Tulpen, die meisten erst von 1904, manche auch erst von 1905 an nach noch- maliger Untersuchung zum Vergleiche heranziehen, weil die zur , 1) „Monophyletisch oder polyphyletisch ?“, pag. 187. Mitteilungen des Natur- wissensch, Vereins für Steiermark, Jahrg. 1905, Heft 41. Auch auf den Artikel: „Jdeales und Resles aus der Morphologie“, ibidem Jahre. 1906, Heft 42, wäre Bedacht zu nehmen, weil da Mehreres über dieses Thema zu finden ist. 407 Numerierung verwendete Tinte dazu ungeeignet war (was ich leider zu spät merkte), indem sie so verblaßte, daß sich auf den im 'Herbste 1903 zu den Zwiebeln gesteckten Etiketten im Frühjahre 1904 bei vielen die Nummern nicht mehr erkennen ließen. Diese Tulpen wurden 1904 während der Blüte von neuem numeriert, Da ich 1904 aus Mangel an Zeit nicht alle untersuchen konnte, numerierte ich die untersuchten und die nicht untersuchten von 1 an und setzte die Nummer der letzten, die erst 1905 von neuem beschrieben wurden, in Parenthese, z. B. (8). Natürlich können für die vorliegende Veröffentlichung nur die Tulpen in Frage kommen, welche während des Versuches mehrmals, mindestens aber zweimal zur Blüte gelangten und untersucht werden konnten, also einen Vergleich ermöglichten. Die anderen Versuche teile ich später, wenn die betreffenden Tulpen auch mehrmals geblüht haben, mit. Viele gefüllte Tulpensorten blühen nämlich nicht jedes Jahr, besonders setzen sie in schlechtem und schwerem Boden, wie ich ihn doch zum Vergleiehe auch benutzen mußte, sowie endlich, wenn sie im Sommer in der Erde gelassen werden, was des Versuchs halber ebenfalls geschehen mußte, oft ein Jahr, manchmal auch länger mit Blühen aus. Bisweilen leiden auch die Blüfen durch ungünstige Witterung, so daß sie verkrüppeln. Sie werden, wenn infolge solch widriger Einflüsse ihre Entfaltung stockt, dann noch häufig von Nackt- schnecken und anderen Schädlingen so stark angefressen, daß eine Feststellung der einzelnen Blütenteile unmöglich ist. So waren gerade in diesem Jahre (1907) bei mehreren für den Vergleich besonders wichtigen Tulpen, die Knospen derart. verkrüppelt und von Tieren zerfressen, daß sich die einzelnen Teile nicht mehr er- kennen und zählen ließen. Dazu kommt noch, daß infolge des harten Winters mehrere Tulpenzwiebeln trotz sorgfältiger Bedeckung erfroren sind oder durch Tiere vernichtet wurden. In vorliegender Arbeit führe ich die Tulpen unter den Nummern auf, die sie bei.meinen Versuchen tragen, um Verwechslungen bei der Fortführung der Versuche zu vermeiden. Ein Vergleich der Füllung zwischen zwei in demselben Jahre in einer Mutterzwiebel ausgereiften Tochterzwiebeln untereinander ist leider nur selten möglich, da viele Tulpenzwiebeln nur je eine neue Zwiebel enthalten, und wenn mehr als eine vorhanden ist, die zweite, und bisweilen vorkommende dritte, — sowie auch etwa außen an der Mutterzwiebel sitzenden Brutzwiebeln so klein sind, daß sie im nächsten Jahre nicht blühen, sondern nur ein Blatt treiben. 29* 408 Um einige Anhaltspunkte zu gewinnen, in welcher. Richtung sich meine Versuche am besten zu bewegen hätten, frug ich 1902. die Züchter, von denen ich die gefüllten Tulpen bezog, nach ihren Er- fahrungen und Kulturmethoden, erhielt aber leider keine Antwort, Jeden- falls fürchteten sie, daß die Konkurrenz von ihren Methoden erfahren und sich diese zunutze machen könnte. Ich mußte also zunächst durch meine Versuche feststellen, ob überhaupt den Kulturmethoden, im besonderen den verschiedenen Bodenarten ein Einfluß auf die Füllung der Tulpenblüten zukommt und schon bei geringeren physikalischen und chemischen Verschiedenheiten der Erde eine Schwankung in der Füllungsstärke zu bemerken ist. Ich arbeitete deshalb anfänglich hauptsächlich mit ganz einfachen Kultur- methoden, indem die Tulpen auf Beete im freien Lande, deren Erde von verschiedener Nährkraft und physikalischer Beschaffenheit war, gepflanzt wurden. Erst später nahm ich, zunächst nur in geringerem Umfange, Versuche mit Topfkultur und künstlicher Düngung vor. "Die Erde im Garten ist schwerer Lehmboden, sehr bündig, der da, wo er selten gelockert wird, schwer zu bearbeiten ist, die Nässe sehr lange anhält, aber durch häufiges Umgraben und Kompostdüngung zu einem guten, nährstoffreichen, mittelschweren Boden wird. Die von mir benutzten Beete in diesem Garten will ich hier nach der Beschaffenheit, die ihre Erde durch Umgraben und Düngen, oder vorangegangene Pflanzung allmählich bis zum Beginn meiner Tulpen- Versuche erhalten hat, kurz charakterisieren und um Wiederholungen zu vermeiden mit Buchstaben bezeichnen, unter welchen die Beete bei den Tulpen genannt sind. Beet A. Mittelschwere Erde von sehr guter Nährkraft, da fast jährlich mit Kompost gedüngt. Knollenbegonien gediehen darauf sehr gut. Beet B. Schwere Erde, die aber nicht von Kdosiger Beschaffen- heit ist, mit mittelguter Nährkraft, da nur selten Kompost untergegraben wurde. Beet O4). Schwere Erde 1—2 mal jährlich, aber nur oberflächlich gelockert, die keinen Kompost erhalten hat. Beet D). Schwere Erde nur 1 mal im Jahre oberflächlich ge- lockert und nur öfter Ruß und etwas leichte Erde darauf getan, das u Bei Beet U und D ist die obere Erdschicht durch jahrelanges Eingraben von Fichtennadeln etwas gelockert und trockner als hei E und F, 409 Beet wird aber durch. Schößlinge benachbarter Sträucher etwas aus- gesogen und. steht: deshalb nicht in guter Nährkraft. Beet E. Schwere, sehr feuchte Erde, die durch vorangegangene Kultur nährstoffearm und dann im Frühjahre 1903 nur mit kalkarmer Komposterde gedüngt worden war, so daß 1903 vor der Tulpenkultur Fuchsien nicht gediehen, sondern ein dürftiges Aussehen zeigten. Beet F. Schwere, feuchte Erde noch sehr mit Wurzelresten ver- wilderter Rosen, die früher darauf standen, durchsetzt. Pelargonien, die im Sommer 1903 hier ausgepflanzt waren, sahen krank aus. Ich brachte auf Beet A im Herbst 1904 eine 20 cm hohe Schieht Komposterde und’ 1 Pid. Ätzkalk und grub beides unter. 1906 wurde im Herbst wieder, aber nur eine 4 em hohe Schicht und zwar weniger kräftiger Komposterde daraufgetan und eingegraben. Die Beete C und D erhielten im Mai 1904, während der Blüte, Kohlenasche, die ich im Laufe des Winters 1905—1904 aus einem bestimmten Ofen auf einem Haufen im Freien gesammelt hatte, also ihre Zusammensetzung nach dem darin verbrannten Material ungefähr beurteilen konnte. Danach bestand diese Asche aus ®/, Braunkohlen- und 1/, Steinkohlenasche und unbedeutenden, nur vom Anzünden her- rührenden Beimengungen von Holzasche, und war, da erst im Winter vorher gesammelt, ziemlich frisch. Ich verteilte die Asche auf der Oberfläche beider Beste 5 em hoch und vermischte sie dann fast spatenstichtief mit dem Boden. Die Zwiebeln blieben alle mit Ausnahme von IIa, während der Ruheperiode in der Erde. 1906 wandte ich abermals Kohlenasche an, die aber über ein Jahr gelagert hatte, also nicht mehr so scharf war, sie wurde zwar im April ausgestreut, aber erst im Juli 2. T. untergegraben. Diesmal wurde aber nur Beet C ganz damit be- streut, von Beet D dagegen nur ein Teil, das durch Bretter abgetrennte Stück, auf dem X und XVII standen, bekam nichts. Auch wurde die Asche auf diesem Beete gar nicht, und auf dem Beete C erst dann untergegraben, nachdem die Pflanzen abgewelkt und die neuen Zwiebeln ausgereift waren. Ich nahm die Zwiebeln vor diesem Umgraben des Beetes heraus und setzte die Tochterzwiebeln dann gleich wieder ein. Aus Beet F, entfernte ich im Herbst 1905, vorm Einsetzen der Zwiebeln, die noch bis dahin in der Erde befindlichen Rosenwurzeln, was nebst der damit verbundenen gründlichen Lockerung den Boden in physikalischer Hinsicht etwas verbesserte. Eine Düngung bekam dieses Beet jedoch nicht. 40 Da es sich in der vorliegenden Abhandlung nur um einen Vergleich in der Füllung, und ob diese ab- oder zunahm, handelt, brauchen nicht alle Änderungen in der Blüte angegeben zu werden, es genügt vielmehr, wenn nur die für die Stärke der Blütenfüllung in Betracht kommenden Blütenteile angegeben werden. Es sind dies die Petala, die in fast allen gefüllten Tulpenblüten vorhandenen Übergangsgebilde zwischen den Stamina und Petalen, die bisweilen vorkommenden Übergangs- formen von Oarpellen zu Petalen und die Zahl der Stamina. Ich habe es nun im folgenden so eingerichtet, daß die überzähligen Petala zu den normalerweise bei der ungefällten Blüte vorhandenen 6 hinzu- gezählt und alle mit p bezeichnet werden. Heißt es also beispielsweise 8p, so wird damit ausgedrückt, daß die betreffende Tulpe 2 überzählige Petala besitzt. Die Übergangsgebilde, d. h. die petaloid ausgewachsenen Stamina oder Carpelle werden mit z bezeichnet und um zugleich an- zudeuten, ob die genannten Blütenteile beiderseitig oder nur einseitig vetaloid ausgewachsen sind, im ersten Falle T', im zweiten [” dahinter- gesetzt; 24T heißt also, daß zwei beiderseitig, 24T], daß zwei ein- seitig petaloid entwickelte Übergangsgebilde in der Blüte sind. Wenn solche Übergangsgebilde alle oder zum Teil dem Anscheine nach aus Fruchtblättern hervorgegangen sind, so wird dies durch ein in Parenthese dahinter gesetztes carp, z. B. 4uT (carp.) oder 4a T (2 carp.) an- gedeutet und heißt, daß im ersten Falle alle 4, im letzten nur 2 aus Carpellen entstanden waren. Bei den Stamina hielt ich es für notwendig, auch die mit dem Fruchtknoten ganz verwachsenen, sowie die fadenförmig verkümmerten anzugeben, da diese öfter im nächsten Jahre wieder als freie resp. normale erscheinen oder freie resp. normale im folgenden Jahre faden- förmig verkümmert oder fast bis zur Unkenntlichkeit mit dem Frucht- knoten verwachsen sein können. 5 st (3 verkümmert) heißt, daß von den 5 Stamina nur 2 normal und bei 3 die Anthere mehr oder weniger kümmerlich entwickelt ist. 5 st (8 angew.) bedeutet, daß 2 normal und 3 au den Fruchtknoten oder freie Carpelle. in Ausnahmefällen auch Übergangsgebilde angewachsen sind. 8 st (3 verk, 2 angew.) drückt aus, daß 3 Stamina normal, 3 verkümmert und 2 angewachsen sind. Meine Versuche ergaben bisher, daß die Art der Kultur, im be- sonderen aber die Bodenbeschaffenheit einen wesentlichen Einfluß auf Zu- oder Abnahme der Blütenfüllung bei den Tulpen ausübt. So fand fast stets eine Zunahme in der Füllung der Tulpen statt, . wenn die Mutterzwiebeln in dem guten Boden von Beet A., dessen 411 Erde 1904, wie oben angegeben, noch bedeutend verbessert wurde, gestanden hatten, wie man aus den nachstehenden Beispielen ersieht. Nr. 21. 1904 Bet A 99 34T; 8 st 19065 „ A 1p 12T; 5 st Nr. (3). 1904 Beet A. 95 „ A 9p 1aT:3aT; 2 st. 16 „ A 2p 24T; 1aTi; Ast Nr. (10). 1904 Beet A. 19065 „ 4. 8p 34T; 37; 5 et. (l angew.). 1906 „ A& 2» 2uT: 12T; 4 st Einige Tulpen (Nr. 8, 4 und 20) zeigten in dem einen Jahre, trotzdem sie 1904 auf dem Beete A gestanden hatten, einen Stillstand resp. Rückgang in der Füllung, diese nahm aber 1906, bei Nr. 8 auch 1907, nachdem die im Herbst 1904 erfolgte Komposterde- und Kalk- Düngung auf die Zwiebeln 1905 eingewirkt hatte, wieder zu, was aus folgendem ersichtlich ist. Nr. 8. 1904 BetA. 9p 24T; 1-T; 6 st 196 „ & 92T; 1aT;: Ss. 1906 „ 4A. 10p 34T; 7 st. (2 verk.) 107 „A Bp2eT; 3 st. (1 verk.). Nr, 4. 1994 Bet A 9p 1a T; Bar; 6 st 105 „ A. 9p 3uT; 5 106 „ A. 39 1aT; 1»T; Ast 1907 ,„ A. Knospe verkrüppelt und zerfressen, Nr. 20. 1904 Beet A. 11p; _ IaT; & st 19065 „A 8 7 Barzöst 106 „A 9p Sur; 4 st. 1907 12p; 24T; 1uT; 4 st. (getrieben in 3 Teilen Torfmull, 1 Teil Sand u. 3 g Voßschem Nährsalz Nr. 4). Es gelang mir ferner, durch reichliche Düngung mit Kohlenasche eine wesentliche Zunahme der Füllung zu erreichen. Die Beschaffen- heit der dazu verwendeten Asche habe ich oben angegeben... Es ergibt sich aus den Beispielen, daß nur die Aschedüngung 1904 einen Erfolg 412 erkennen läßt, was erstens davon herrühren kann, daß 1904 die Asche sofort und nicht erst nach Eintritt der Ruheperiode untergegraben wurde, so daß sie noch auf die Pflanzen 1904 einwirkte, zweitens dürfte aber auch die weniger abgelagerte Asche mehr zur Bodenlockerung, Auf- schließung und Drainierung beigetragen haben. Die günstige Wirkung der Kohlenaschedüngung von 1904 wird aus den nachstehenden Beispielen klar, denn vor der Kohlenasche- düngung hatte dir Füllung abgenommen und nahm im Jahre nach der Düngung wieder zu. Später erfolgte dann abermals eine Abnahme und solche Tulpen, bei denen der Vergleich nur vor (Nr. XVIL) (Nr. IV.) der Aschedüngung stattfand, zeigten bloß Abnahme. Nr. Ila. ‘Winter 1901—2 getr. in Lauberde, Sand und pulver. Holzkohle, Seit 1903 Beet ©. 209 64T; 3a; 2 st. Herbst 1902| 1904 ; ; i ununter- 1008 » 6 9 12T; bar; 2 N c 172 ;2 ; 5 broeben in ” Bm» 2a T, 22T; 58 der Erde [1906 „ C. 187 „€. 16p; IRA; 3. Nr. L Seit 1902 Overveen. 26 9 Mu T (4 amp); 8a T5 3 st. Herbst 1902]1908 Beet C. „omunter: 194 „ 6. 15p 7aT(lam)4uT;i et. (verk.) ir Erde 1906 „ C 7104 T(@ amp) 37; 6 st. (verk.) 1906 „ C. 17104 T (8 cam); 4 st. (verk.) Nr. I. Seit “ Herbst 19021902 Overveon. 36 p; 8a T @ cap); 9 u T (4 cap); 1 st. ununter- 21903 Beet C. brochen in fıoa „ C. 17; WaTW&apı;3ur; Ist. Nach der Blüte im Sommer 1904 herausgenommen. Kleinere gleich wieder einge- pflanzt, größere Tochterzwiebel Ila erst im Herbst eingesetzt. Nr. IIa. 1905 Beet ©. 29 p; 5a T; 3er diem) Nr. X. Seit 1903 Bet D. 99242 T;3%77;3 st. Herbst 1902)1904 „ D. 7 p; 12 Fi6m brochen in 195 „ D. 89; 44T; 6 st. (2 verk, 2 angew.) der Erde (1906 „ D. 8p; BuT;5st. 418 Nr. IV, Seit Herbst, 1902 1905 Best C. Wp 1a Ti8uT; 7 st brochen in 11906 ,„ C. 15934 T;62T; 4 st. der Erde Nr. XVII. Beit Seit 1904 nicht wieder geblüht. Herbst 1902 , . x E ununter- 1903 Best D. 11.95. T;2uT; 4 st. (1 verk.) brochen in ]19094 „ D. 11912 T;62T7;5 et. (l verk.) der Erde Eine Abnahme in der Füllung trat regelmäßig bei den Tulpen ein, deren Mutterzwiebeln in schlechter, besonders sehr schwerer Erde gestanden hatten. Nr. (0). 1904 Beet B. Blüte verkrüppelt 1900656 „FPF 105» T;2aT;4s 106 „F. 9p 24T; 7 st 1907 ,„ A. Biüte verkrüppelt. Nr. ()). 1904 Beet A. 19065 „FR. 9p24 T;5u7;6 8. 1006 „ A. 92» TrinTıd. Nr. (0). 1904 Beet A. 105 „F 149%5%T; 6 st. 106 „F. 0%,p;3aT;4uT; 3 st » Nr, 10, 1904 Beet A. j 16 „FF 10p 34T; 3 8 1906 10 p; 17T; 7 st. (getrieben in 1’, Teil Asche, 1!/, T. Heideerde und 1 T. Sand). Nr. 3. 1904 Beet A. 19656 „Pr. 95» T;2ayp;1s 1906 9p;3aT;4uT (getrieben in 1!/, Teil. Lauberde, 1!/, T. Asche u. 1 Teil Sand). Aus den Versuchen mit IIIa, I, U, X, IV und XVII ist außer- dem noch zu ersehen, daß auch die Behandlung der Tulpe nach der Blüte einen Einfluß auf die Füllungsstärke der nächstjährigen Blüte aus- 414 übt. Läßt man nämlich die Zwiebel in der Erde, so wird die Füllung im folgenden Jahre eine Abnahme zeigen, wenn nicht durch geeignete, hier Koblenaschedüngung, dem vorgebeugt wurde. Nimmt man dagegen die Pflanze nach dem Welken des Laubes aus der Erde, löst die Tochter- zwiebel heraus und hebt sie trocken bis zum Einsetzen im Herbste auf, so wird, falls die Tulpe nicht in schlechtem Boden stand, die nächst- jährige Blüte noch gerade so stark, eher stärker gefüllt sein. Diese Zunahme kann unter besonders günstigen Umständen, wie nach einer Aschedüngung, siehe Ila, sogar sehr bedeutend werden. Es machte sich sogar dann noch ein günstiger Einfluß der trockenen Aufbewahrung geltend, wenn infolge derselben eine Generation nicht zur Entfaltung gelangte. Im Herbst 1902 konnte ich verschiedener Umstände wegen nicht alle Tulpenzwiebeln einsetzen. Im Frühjahr 1903 hatten die Zwiebeln, trotzdem sie in einem kühlen Raume aufbe- wahrt wurden, einige Zentimeter lang ausgetrieben. Diese Triebe welkten bald, worauf ich die Tochterzwiebeln herauslöstee Im Herbst 1903 pflanzte ich diese auf verschiedene Beete. Bei der Blüte 1904 zeigten, wie man aus der folgenden Wiedergabe meiner Versuche ersehen wird, Nr. 75, 77 und 96 eine nicht unwesentliche Zunahme in der Füllung und nur bei 87 und 76 hatte sie abgenommen, aber bei der letzten war die Abnahme ganz unbedeutend, Immerhin ist also selbst diese unnatür- lich lange trockene Aufbewahrung eher von förderndem als hemmendem Einflusse auf die Füllung gewesen. Nr. 75. 1902 Overven. 7 pP; 4 st. 1903 trocken aufbewahrt 1904 BostB, 9p 5a T;laT;2st (1 verk). Nr. 77. 1902 Overveen. 6p Iu T;5aF; 4 st. 1903 trocken aufbewahrt 1904 BetB 89627; 2 st. (1 angew.) 1905 »„ FR 10 „RM 812 T;3a7;2 97 „A 7 4aT; 4% st Nr. 96. 1902 Overveon. 2 p; 4a T;taT;4st 1908 twocken aufbewahrt 1904 BetD, 9p1a T;1aT;2 st (1 ange). 415 Nr. 76, 1902 Overvem. 1192 T;54T;6 st. 1903 trocken aufbewahrt 1904 BeiB 10p54T;2uT';5 st. (1 angew.). Nr. 87. 1902 Overveen. 10 5. T;2#T;2 st. 1903 trocken aufbewahrt 1904 BetB 8p5.4T; 3 st. Während die ersten Beispiele in dieser Arbeit zeigen, wie bei fortgesetzter Kultur in guter Erde, Beet A, die Füllung immer mehr zu, und bei Kultur in schlechter Erde, Beet F, abnimmt, sehen wir an Nr. 77, die durch mehrere Jahre auf verschiedene Weise kultiviert wurde, dementsprechend die Füllung zu- und wieder abnehmen. Auch die folgenden auf verschiedenen Beeten kultivierten Tulpen bestätigen meine Ansicht von der Einwirkung des Bodens. Man sieht an ihnen auch, daß die Abnahme weniger groß bei Beet B und E, sondern am sichersten und größten ist nach Kultur, besonders mehrjähriger auf Beet F, dessen Erde am schlechtesten ist. Die Abnahme zeigt sich auf diesem Beete am augenfälligsten, bevor die Rosenwurzeln daraus entfernt und es dadurch verbessert wurde. Hatten dagegen die Zwiebeln vorher auf besseren Beeten gestanden (Nr. 77) und Nr. (6) 1906 so war die schädliche Einwirkung des Beetes F nicht so groß. Außer- dem ist an den folgenden Beispielen auch die Einwirkung verschiedener Erdarten bei Topfkultur und mehrerer Düngesalzet) zu erkennen. Kr. 11. 1804 BetA. 93% T;2uT;3 st. 1905 10p54#T;2#T:1 st. (getrieben in 4 Teilen Lauberde, 1 Teil Sand und einer Hand voll Holzkohlen- pulver und 2 g Kalkstickstoff. Nr. 28. 1904 Bet A. 13924 T;1 st 1905 14 9; 24T; 3 st. (l angew.) (getrieben in 2 Teilen Torfmull, 2 Teil. Lauberde, 1 Teil Sand, einer Hand voll Holzkohlenpulver, 1 g Chilisalpeter. No. 22, 1904 Beet A. 13 p; 4 T}; 3 st. (1 angew.) 19065 „ F. 11p6aT;3 st. (1 angew.) 1) Die Düngesalze wurden bei allen Versuchen vorm Einsetzen der Zwiebeln, der Erde in Pulverform beigemischt. 416 1906 1906 1903 1904 1905 1904 1905 1906 1904 1805 1903 1904 1905 1906 1904 1905 1906 1904 1905 1906 1902 1903 1904 1905 Nr. 22a. 10 93% T;2»T7;2 st. (1 angew.) (getrieben in 12/, Teil. kalkreicher Kompost-, 1',, Teil. Mistbeeterde, 1 Teil Sand und 6°, g Thomasmehl, , Nr. 22». Beet D. 13a T;3aT; 1 Nr. 30, Overveen. 9 pP; 347355 st Bet A 834 T;3.T;2 8. 82a T;1uP;&st. (getrieben in 1 Teil kalkreicher Kompost-, 1 Teil Lauberde, 1 Teil Sand und !/, Teil Holzkohlenpulver. Nr. 32. Beet E. Blüte zerfressen. »„ A 23p834#T:8#T;4 st. (2 zu Faden verk.) 15 p 14 T;4aT; 6 st. (getrieben in 3 Teilen Lauberde und 1 Teil Sand. Nr. 13 (alt numeriert). Overveen. Blüte stark verschimmelt, deshalb nicht untersuchen können. Best A. 0 p 54T; 1uT; 1 si (angew.) 3%24T;1#T;2 st. (1 angew.) (getrieben in Heide- und Lauberde mit Sand, 1 g Chilisalpeter. 8p;3#T; 2.7 (getrieh. in 1 Teil Komposterde, 1 Teil Lauberde, 1 Teil Sand u. 5 g Kalkstickstoff. Nr. (4). Beet A. ‘ „A 0p1laT;ı5aT;5c. 10 p; 64T; 5 st. (getrieben in 1), Teilen. kalkreicher Kompost-, 1!,, Teilen Mistbeeterde und 1 Teit Sand, no Nr. &. Beet A. 5 ® » F 1391475527356 st. (1 angew.) »„ F BplaT;5af;1iet Nr, 80. Ovaveen. 16924 T;9aT; 5 st trocken aufbewahrt, Beet A. »„ FR 18p2uT; 4 u fP;-5.st. 1902 1903 1904 1905 1902 1908 1904 1905 1906 1902 1903 1904 1905 1906 Nr. 88, Overven. 8 p 1a T;4uT;? st trocken aufbewahrt. Beet B. Blüte verkrüppelt. „4 1p1laT;6ar;tet Nr. 97e, Overven. 8 54 T;2uf;3 st troeken aufbewahrt. 417 Beet E, i »„ FR Up 6uT;6st. Nr. 97e, a. 1p "175 7at. (getrieben in 3 Teilen kalkreicher Komposterde, 1 Teil Torfmull, 1 Teil Sand, 5 g Wag. Nährsalz. Nr. 97. Overveen. 89; 54 T;2uT5;3 st. trocken aufbewahrt. Beet A. „ F »„ & 7p1laT3ar;ös. Im folgenden gebe ich eine Reihe Versuche wieder, in denen es sich nur um Veränderungen handelt, welche die aus Overveen blühend bezogenen Tulpen im ersten Jahre ihrer Kultur bei mir zeigten. Mit Ausnahme der beiden ersten Beispiele von früher eingeführten waren folgende Tulpen 1906 zu gleicher Zeit aus Holland bezogen, hatten also alle dieselbe Vorkultur und wurden dann im Herbst 1906 in verschiedene Beete und in Töpfe mit besonderen Erdmischungen und Düngungen gepflanzt. Dabei zeigte sich, daß die aus Overveen stammen- den Zwiebeln im nächsten Jahre meist zur Zunahme in der Füllung neigen, was jedenfalls auf den günstigen Einfluß der offenbar sehr lockeren, guten 1903 1904 " 1903 1904 Erde zurückzuführen ist. Nr. 42. Overveen. 9 p; 247; 7 st Bet A 13p2uT; 6 st. Nr. 28. ‘ Overveen. 18 p; 1aT;2 25 p (alle schmal) 3 st. (2 verk.) (getrieben auf .. Wasser mit 1 g. Wag. Nährsalz. Zw. kaputt). 418 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 1906 1907 Overveen, Beet A, Overveen. Beet A. Overveen. Overveen. Overveen. Beet A. Overveen. Beet A. Overveen. Overveen. Beet A. Overveen, Beet A. Overveen, Orerveen. Beet F. Nr. 107. 1p4a T:6uT;5st. 18 p;4a TrdaTitet Nr. 113. 22a T;6#T;5 st. 1999 T;3%T (carp); 6 st. Nr. 115. 3564 Ti2uT;6at. 16p; 44 T;9uT; 9 st. (getrieben in 3 Teilen Torfmull und 1 Teil Sand; 1 g schwefelsaures Am- moniak, 1 g schwefelsaures Kali und 1 g Super- Phosphat. Nr. 116. 92a Ts laTı;?s Op1laT;3«T5;3 st. (getrieben in 3 Teilen Torfmull, 1 Teil Sand, 1 g schwofels.. Amm.). Nr. 117. 15 p; 2uT; 7 st 14p;2aT; 4 st. Nr. 118. 13 pp 24T; 7 16 p; 4u«T;1st Nr. 122, 36 p; aT;8 40 9 3#T;4uT} 7 st. (getrieben in 3 Teilen Torfmull, 1 Teil Sand). Nr. 123. 35534 T;5AaT; 7a. 39240 T;2uf;6st. Nr. 125, 4924 T;3uT;5st 40972 T;2«f;11st. (4 angew. 2 verk.). Nr. 187. 1p2u Tı4aT;&at 8% 64T; 1%T (getrieben in 3 Teilen Torf- mull, 1 Teil Sand und 1 g Chilisalpeter). Nr. 180. 10. p; AnT;&st 19 9 7 a T (Petale klein). 419 Nr. 134. 1906 Overveen. 2 9 2a T;4uT;&4 st. 1907 895% T;1147; 6 st. (getrieben in 3 Teilen Rasenerde, 1 Teil Sand u. etwas Holzkohlenpalver). Nr. 136, 1906 Overreen. 15; 6% T;4uT; 3 st. 1907 5p4uT; 4 st. (getrieben in 3 Teilen Torfmull, 1 Teil Sand und 3 g Voßsches Nährsalz Nr. 4). Aus den im vorstehenden mitgeteilten Versuchen ersieht man, daß die Stärke der Blütenfüllung bei den Tulpen vor allem davon abhängt, welche Beschaffenheit die Erde hat, in der die Tulpen kultiviert werden. Da sich der günstige oder ungünstige Einfluß erst im folgenden Jahre zeigt, mnß die Erde schon auf die Mutterzwiebel in der Weise einwirken, daß die in ihr ausreifende Tochterzwiebel eine Tendenz zur Zu- oder Abnahme der Füllung erhält. Außer dieser indirekten Einwirkung, die der neuen Zwiebel gleich gewisse Qualitäten mitgibt, scheint die Beschaffenheit der Erde noch eine, wenn auch viel schwächere direkte Wirkung auf die Blütenfüllung der fertigen, austreibenden Zwiebel auszuüben. Darauf sind manche der scheinbaren Ausnahmen zurückzuführen, indem die offenbar schon vor- handene Tendenz zur Zunahme, z. B. bei Nr. (3), (10), 8, oder zur Ab- nahme, z. B. Nr. (0), durch gute oder durch schlechte Erde gesteigert wurde, resp. die der Zwiebel innewohnende Neigung zur Zunahme bei Nr. 22 im Jahre 1905 vor der Verbesserung des Beetes F. sich nicht entfalten konnte, weil besonders widrige Verhältnisse entgegenwirkten, so daß sogar eine Abnahme eintrat oder die Neigung zur Abnahme durch besonders gute Erde fast aufgehoben wurde, wie z. B. bei Nr. (1). Diese direkte Wirkung auf die Füllung tritt so recht deutlich zutage bei der diesjährigen (1907) Blüte der erst im vorigen Jahre blühend aus Overveen bezogenen Tulpen, welche doch nach gleicher oder annähernd gleicher Kultur meist eine Zunahme, die auf günstige dortige Be- dingungen zurückzuführen ist, zeigen, aber auch bei einzelnen eine Abnahme erkennen lassen, welche jedenfalls durch direkte Einwirkung ungünstiger Verhältnisse entstand, wie andererseits auch die Zunahme in der Füllung mancher Tulpen noch durch direkte Wirkung günstiger Umstände gesteigert wurde, Da ich die mir zur Verfügung für meine Tulpenversuche stehenden Beete zum Vergleiche der verschiedenen Bodenwirkung und der Asche- düngung brauchte, war ich mit den Nährsalzversuchen auf Gefäßkultur angewiesen. Wenn mau die Töpfe mit Tulpen aber im Keller über- 420 wintert!), so wachsen die Triebe im Dezember oder Januar schon so hoch, daß man die Tulpen, um ein Vergeilen zu verhüten, ins Zimmer bringen muß, wodurch sie getrieben werden, trotzdem man dies eigent- lich nicht wollte. Um nun hier einen Ausweg zu schaffen und Nähr- salzäüngung anzuwenden obne die Tulpen zu treiben und so einen Vergleich mit durch Nährsalze gedüngten Treibtulpen einerseits und nicht mit Nährsalz gedüngten Freilandtulpen anderseits zu haben, pflanzte ich vergangenes Jahr eine Anzahl Tulpenzwiebeln in Steinkasten, die ich mit verschiedenen Düngungen versah. Nach dem Bepflanzen wurden die Kasten bis zum Rande ins Land eingesetzt, fest mit Erde umgeben und gut mit Fichtenreisig bedeckt. Trotz der guten Bedeckung gingen aber in diesem ungünstigen Winter fast alle Tulpen in den Kästen zu Grunde und die wenigen übrig gebliebenen blühten nicht. So war ich also auch dieses Mal wieder bei der Prüfung der Nährsalzwirkung nur auf die in Töpfen befindlichen, erst im Keller und dann in der Stube stehenden Tulpen beschränkt. Der direkte Einfluß der Topferde beim Treiben auf die Stärke der Füllung läßt sich noch nicht recht übersehen, immerhin scheint aber auch hier eine leichte, lockere Erde der Füllung günstiger zu sein als eine schwere, bündige. Bei Nr. 32 in der Lauberde- und Sand- mischung, war zwar die Zahl der Übergangsgebilde um 6 Stück ge- ringer als im Jahre vorher, dafür aber die Petala um 8 vermehrt, so daß die Füllung wohl als gleichgeblieben angesehen werden kann. Trotzdem diese Tulpe also 2 Jahre vorher auf Beet E stand, hatte die Füllungsstärke nicht abgenommen. Von den beiden in Aschemischung getriebenen Tulpen, die das Jahr vorher auf Beet F und zwei Jahre früher auf Beet A standen, zeigte Nr. 10 in der Asche-Heideerde- Mischung 2 # T” weniger, Nr. 3 in der Asche-Lauberde-Mischung hatte der Zahl nach gar nicht, sondern nur insofern etwas abgenommen, als 2a T in2 u] zurückgegangen waren. In der Mischung von Torf- mull, Sand und Holzkohlenpulver zeigte Nr. 122, sowohl der Zahl als auch der Entwicklung nach, — 4 p und 3 « "T” mehr, eine ziemlich bedeutende Zunahme, die aber zum Teil wohl noch auf die Kultur in Overveen zurückzuführen ist, wobei man erwägen muß, daß die in Asche getriebenen das Jahr vorher in Beet F gestanden hatten. Dagegen ergaben von den Tulpen in schwerer Erde, Nr. 30 in kalkreicher, Kompost-, Lauberde, Sand und Holzkohlenpulver eine deut- liche Abnahme, obwohl sie das Jahr vorher auf Beet A gewesen, aller- . 2 In Erdgruben wollte ich sie nicht überwintern, weil die Blumenzwiebeln hier leicht von Mäusen angefressen werden. 421 dings auch hier nur wenig Zunahme nach der Kultur in Overveen zu bemerken war. Bei Nr. 184 in Rasenerde, Sand und Holzkohlenpnlver nahm die Füllung trotz der günstigen Kultur in Overveen nur der Gesamtzahl nach zu, aber die Anzahl der Petala war zurückgegangen und eine Vermehrung hatte vor allem nur in «#] stattgefunden. Bei Nr. (4, die ieh in kalkreicher Kompost-‚Mistbeeterde und Sand trieb “war nur 1 zT’ in ».f” reduziert Hier-hatten wohl teils die inneren günstigen Anlagen durch zweijährige Kultur auf Beet A, teils aber auch der Umstand, daß die Erde zur Hälfte aus lockerer,. nährstoffreicher ‘ Mistbeeterde bestand, eine weitere Abnahme verhindert. Auch über die Wirkung der verschiedenen Nährsalze kann ich noch keine ‘bestimmten Angaben machen. Nach den oben mitgeteilten “Versuchen, darf man aber wohl annehmen, daß manche künstlichen * Düngemittel einen günstigen Einfluß auf die Füllung ausüben. Sie nahm bei: Nr. 11, die 2 g Kalkstickstoff erhalten hatte 1 p und 2 #T zu, während Nr. 28 mit 1 g Chilisalpeter gedüngt nur 1 p mehr "als im Jahre vorher hatte. Im Jahre 1905 hatte bei Nr. 13 (alt “aumeriert) (mit 1 g Chilisalpeter) die Gesamtzahl der Blattgebilde “zwar nicht ‘zugenommen aber 3 «T hatten sich in 3 p verwandelt, “was immerhin als eine nicht unbedeutende Zunahme anzusehen ist. Nr. 127 hatte allerdings, troz Düngung mit 1 g Chilisalpeter in der Füllung abgenommen. Nr. 115 nahm bei einer Mischung aus 1 g schwefelsaurem Ammoniak, 1 g schwefelsaurem Kali und 1 g Superphos- phat in der Füllung der Blüte und zwar nicht unbedeutend, zu. Nr. 116 hatte bei Dünguug mit 1 g schwefelsaurem Ammoniak 1 p mehr, denn die übrige Verschiebung 1 # T und3 aTJ, statt 24 Tund1aT gleicht sich aus. Voßsches Nährsalz Nr. 4 bewirkte bei Nr. 20 eine Zunahme, wogegen Nr. 136 um 2 » T und 4 „[ abnahm, weswegen sieh hier noch kein Schluß ziehen läßt, umsoweniger als diese beiden in einem Topfe standen. Dagegen trat bei 97e, a, die mit 5 g Wag. Nährsalzt) gedüngt wurde, eine bedeutende Abnahme von 5a T ein. Es ist aber zu berücksichtigen, daß sie in Komposterde und im Jahre vorher auf Beet F stand. Da aber auck die Füllung von Nr. 13 (alt numeriert) im Jahre 1906 bei 5 g Kalkstickstoffdüngung, trotz voraus- gegangener günstiger Kultur wnd Zunahme sehr abnahm — für den Verlust von 5 p waren nur 1 « [ und 1 „ T hinzugekommen, auch Nr. 222 bei Düngung mit 6°/, Thomasphosphatmehl 1puındl af 1) Gemeint ist damit das von Prof, Wagner 1893 in seiner Broschüre „Die Anwendung künstlicher Düngemittel“ pag. 33 empfohlene Nährsalz. Flora, 98. Bd, 30 ‘422 weniger als ihre Schwesterzwiebel hatte, liegt der Schluß nahe, daß sehr starke künstliche Düngungen einen entgegengesetzten Einfluß ‚haben als mäßige, so daß sie die Füllung vermindern, statt sie zu stärken. Dies läßt besonders der Vergleich mit der günstigen Wirkung von 2 g Kalkstiekstoff wahrscheinlich erscheinen. Danach wäre wohl die geeignetste Quantität, soweit es sich bis jetzt beurteilen läßt, 2, höchstens 3 g für einen 13 cm großen Topf, denn 1 g schien nur wenig und mehr als 3 g einen ungünstigen Einfluß zu haben. Beim Treiben auf Wasser ist ein noch viel geringeres Quantum zu verwenden, denn 1 g Wagnersches Nährsalz wirkte pro '/, Liter- Glas schon zu stark, wie wir bei Nr. 23 sehen, deren Petala zwar an Zahl zugenommen hatten, aber alle etwas schmal waren. Diese Zu- nahme wurde auch durch unverhältnismäßigen Rückgang der Übergangs- gebilde mehr als ausgeglichen und ferner ging die Zwiebel nach dem Treiben kaputt. Es ist deshalb am besten von Nährsalz nur !/, g pro ı/, Liter-Glas anzuwenden. . Es scheint mir aus den Topfkulturen hervorzugehen, daß der günstige Einfluß mancher Nährsalze, vor allem — wenn nicht aus- schließlich — auf Rechnung des Stickstoffs kommt, da nur dieser in allen die Füllung stärkenden Nährsalzen und Düngesalzen enthalten war, diese aber im übrigen von einander abwichen. Zur Samenentwicklung einiger Urtieifloren. Von Jakob Modilewaky aus Kiew. (Mit TI Abbildungen im Text.) Einleitung. Die Gruppe der Urtieifloren war in bezug auf die Samenentwick- lung unvollständig untersucht. Während die Ulmaceen von Professor Nawaschin und die Cannabineen von Zinger ausführlicher beschrieben sind, wurden von den Moraceen nur die Fieus- Arten behandelt, die Urticaceen aber blieben fast außer Beachtung. Außer einer kleinen Notiz von Hofmeister über die „Urticeen“, welche 1858 in den Jahr- büchern für wissenschaftliche Botanik erschien und der Arbeit über Elatostema acuminatum von Treub (1906) sind keine Angaben über die Entwicklungsgeschichte der Urticaceen vorhanden. Auf Anregung von Herrn Prof. Goebel ist diese Arbeit über die Urticifloren in Zu- sammenhang mit den Fragen über Parthenogenesis und Chalazogamie zur Ausfüllung dieser Lücke von mir ausgeführt; ich möchte Herm Prof. Goebel, für sein freundliches Entgegenkommen bei der Aus- führung dieser Arbeit, an dieser Stelle meinen innigsten Dank aus- sprechen, Urtica cannabina. Die Samenanlage von Urtica cannabina ist atrop, mit zwei Inte- gumenten versehen. Das äußere Integument bleibt in seiner Entwick- lung etwas zurück und befindet sich zwischen dem inneren Integumente und der Fruchtknotenwand. Das innere wächst schon in jungen Stadien der Entwicklung der Samenanlage über den Nucellus und bildet eine Kappe, welche ihrerseits mit der Fruchtknotenwand auf eine kleine Strecke verwächst. Die Kappe, welche durch Verwachsung des inneren Integumentes gebildet wird, besteht aus 5—7 unregelmäßigen Schichten. Eine Mikropyle im echten Sinne des Wortes ist nicht vorhanden, aber die Stelle der Verwachsung der beiden Seiten des inneren Integu- mentes ist in einigen Fällen zu unterscheiden. Die Integumente be- stehen aus zwei Zellreihen. Die Archesporzelle befindet sich in der fünften oder sogar der siebenten Reihe des Nucellus (von oben gezählt) und führt durch Tetradenteilung zur Ausbildung des Embryosacks, welcher sich aus der unteren Tochterzelle entwickelt (Fig. 1). Es sind nur drei Tochterzelien vorhanden. Die weitere Entwicklung des Embryo- sacks weicht von dem allgemeinen Typus nicht ab. Es entstehen durch 30* 424 die Teilung des primären Embryosackkerns die zwei ersten Kerne, welche sich an den Polen des Embryosacks in zwei und nachdem in vier teilen (Fig. 2). Obwohl acht Kerne vorhanden sind, kommt es Fig. 1. Urtiea cannabina Z junger Fig. 2. Urtiea cannabina. Die Stadien Embryosack, 7 Integumente. - des Embryosacks mit zwei, vier und acht Kernen. - aicht zur Entwicklung eines typischen Eiapparates. Während die drei Antipoden und die beiden Polkerne gut ausgebildet sind, weicht der Eiapparat in einiger Beziehung von dem normalen Typus ab: die Vakuole der Eizelle ist undeutlich oder fehlt ganz und der Kern der Eizelle liegt in der Mitte. Die Synergiden in dem reifen Embryosack fehlen ganz und verschwin- den wahrscheinlich frühzeitig, ohne zur Differenzierung zu gelangen (Fig. 3). Die Erscheinung der Vermehrung der Zahl der Antipoden hat vielleicht als Grund eine unregelmäßige Verteilung der ersten acht Kerne. Sehr oft schwankt die Zahl zwischen vier und fünf, mehr . . als fünf habe ich niemals gesehen. Es BE, en rmab na. ‚raifer kann aber sein, daß die beiden Kerne, kerne, 4 Antipoden. aus welchen sich die Symergiden ent- 425., wickeln soliten, einfach frühzeitig zugrunde gehen und der Inhalt des reifen Embryosacks besteht in diesem Falle aus der Eizelle, den beiden Pol- kernen und drei Antipoden. Der junge Embryosack ist vor der Embryo- bildung nicht groß, etwas später, nachdem die Eizelle zum Embryo sich entwickelt hat, verlängert er sich nach unten. Aus der Eizelle entsteht: in gewöhnlicher Weise durch Teilung ein zweizelliger Embryo (Fig. 4). Die obere von, den beiden Zellen ist groß und plasmaarm. Zu der- selben Zeit verschwinden die Antipoden und der Embryosack erfüllt sich mit zerstreuten Endospermkernen. Gleichzeitig verlängert sich der Embryosack stark nach unten und bildet etwas später im unteren Teile Fig. 4. Urtiea cannabina. Fig. 5. Urtica cannabina, Fig. 6. Urtica cannabina. Em zweizelliger Embryo, Zm Embryo, ? Plasme- Z Eizelle, Z» Endosperm- Zn Endospermkerne, 4 stränge, X Haustorium. kerne, 4 Antipoden. Antipoden. des Nucellus eine halbkugelige Ausstülpung (Fig. 5). In den unteren Teil des Embryosacks wandern einige Endospermkerne und verdrängen die Antipoden (Fig. 6). Sie werden dort von dichtem Plasma umhüllt. In Embryosäcken mit jüngeren Embryonen sind diese Endospermkerne noch den gewöhnlichen ähnlich. Mit Vergrößerung des Embryos (Fig. 7) und mit dem weiteren Eindringen des Embryosacks in den basalen Teil des Nucellus werden die Kerne viel größer, ihre Membran wird weniger deutlich und die Chromatinsubstanz wird viel auffallender (Fig. 8). Der Nucleolus verliert seine rundliche Gestalt und nimmt eine unregel- mäßige Form an. Sehr oft entstehen mehrere Nucleolen. Wenn aber der Embryosack sich weit nach unten verlängert hat und der Embryo 426 ziemlich alt. ist, wird der Chromatingehalt der Kerne vermindert und die Nucleolen scheinen in einem blassen Kern zu liegen. Die Zahl dieser Kerne schwankt in verschiedenen Embryosäcken, aber es gilt als Regel, daß mit der Vergrößerung und weiteren Entwicklung des Embryos diese Zahl steigt. Diese Vermehrung hängt nicht von der Teilung der Haustorialkerne, sondern von dem Wandern neuer gewöhn- . licher Endospermkerne des Embryosacks nach unten ab. Daß wir hier mit einer Art von Haustorium und Haustorialkernen zu tun haben, unterliegt keinem Zweifel. Schon auf jüngeren Stufen der Entwieklung sind in dem unteren Teile des Nucellus zwei Zonen differenziert, welche aus zweierlei Gewebe, jedes aus einigen Sebiehten besteht (Fig. 9. Das obere Ge- webe, welches unter dem Embryosack sich be- findet, besitzt Zellen mit etwas verdickten Membranen. Die Membranen dieser Zellen färben sich sehr intensiv, bei doppelten Fär- bungen in anderer Weise als die anderen Teile der Samenanlage. Die mikrochemische Untersuchung hat gezeigt, daß wir es bei diesen Zellen mit einer ligninhaltigen Substanz zu tun haben, die Membranen bleiben nach Behandeln mit Schwefelsäure erhalten und färben sich braun. An diesen Teil des Nucellus stößt der nach unten erweiterte Embryosack und verdrängt allmählich die Zellen. In weit fortgeschrittenen Embryosäcken mit großen Embryonen ist oft dieses Gewebe in seinen Pie. 7. Urtica cannabina. oberen Zellreihen fast verschwunden und nur Em Embryo, Zr Finde. An den beiden Seiten des ausgestülpten Em- porn, H Haustorium mit bryosacks sichtbar. Unter dieser igninhaltigen Schicht ist eine Schicht von kleineren, sehr plasmareichen Zellen. Diese plasmareiche Schicht bleibt während der ganzen Samenentwicklung unverändert. Dieselbe Geweheart umgibt das Hauptbündelgefäßsystem des ganzen Fruchtkuotens. Das obere ligninhaltige Gewebe ist der Hypostase sehr ähnlich, welche Van Tieg- hem bei vielen Pflanzen beobachtete. Es stimmt mit der letzteren in vielen Beziehungen überein. Was aber die mechanische und besonders die eltemische Bedeutung des ligninhaltigen Gewebes anbelangt, so sind, scheint mir, die Ansichten von Van Tieghem nicht besonders begründet. ».n 427 Zum Beispiel sagt er: „Uhypostase, par ce qu’elle est fortement, ligni- fie, resiste & toutes les diastases, qui fonctionnent activement, comme on sait, au cours du developpement de Yoeuf en embryon... elle est. et demeure indigestible“. Da aber unter dieser Schicht plasmareiche Zellen in Mehrzahl vorhanden sind, welche eine gewisse Beziehung zu der Ernährung haben, so ist den ligninhaltigen Zellen wahrscheinlich irgend eine andere Rolle zuzuschreiben. Die normalen Endospermkerne stellen sich gewöhnlich schon frühzeitig in zwei parallele Reihen längs des Embryosacks und sind mit einander durch Plasmastränge verbun- den und dienen als Leiter der Nahrung von dem unteren haustorialen Teile des Embryo- .F sacks nach oben bis zu dem oberen Teile des Embryos. Diese Erscheinung ist allgemein. Zu den Anomalien der Entwicklung müssen ni zwei Erscheinungen gerechnet werden. Ein- .Ia mal ist die Vermehrung‘ der Antipodenzahl nicht selten, obwohl der Embryosack normal .-E drei Antipoden enthält. In diesem Falle ® & Ge pp es Fig. 9. ÜUrtieca eannabina ’ Schematische Abbildung. ° F’Fruchtknoten, 77 inneres Integument, 7a äußeres In- tegument, 2 Embryosack, ig. 8. Urtica cannabina. N Nucellus, Z Ngniahal. ®* Hanstorialkerne. tiges Gewebe, ? plasma- reiches Gewebe. waren fünf Antipoden zu sehen, die Eizelle und ein Endospermkern, ob es ein sekundärer Embryosackkern war, ist schwer zu sagen (Fig. 10). Alle fünf Antipoden waren gut ausgebildet und durch Plasmastränge mit dem Endospermkern und der Eizelle verbunden. In einem anderen Falle, wo fünf Antipoden und ein großer Eindospermkern vorhanden waren, war ein mehrzelliger Embryo, welcher auf dem Längsschnitte acht Zellen zeigte (Fig. 11). In diesem Falle war derselbe auch mit den Antipoden durch Plasmastränge verbunden. Ein anderes Mal wurde der sekundäre Endospermkern mit drei Nucleolen gesehen, während das Bild der Eizelle ein normales war. Antipoden konnte ich in diesem 428 Falle nicht beobachten (Fig. 12). Es kam auch vor, daß drei Anti- poden, die Eizelle und zwei Endospermkerne dicht aneinander gedrängt waren. Der eine von liesen letzteren besaß zwei Nucleolen (Fig. 13). Die letzten beiden Fälle scheinen Beweise einer doppelten Befruchtung bei Urtiea eannabina zu sein. Ob dies in Wirklichkeit so ist, oder ob bei Urtica cannabina eine Unregelmäßigkeit in der Verteilung der acht Fig. 11. Urtica cannabina. na Em Embryo, S se- ‚Fig. 10. kundärer 1 Embryo- Urtiea cannabina. sackkern, 4 5 Anti- EZ Eizelle, S sekun-, poden: därer Eimbryosack- + kern, 45 Antipoden. Fig. 14, Urtica cannabins. Reifer Samen. X Nu- tellus, Ze Embryo, 5 Haut, 7 Frucht- knoten mit der Stein- = , schicht, Zu Endosperm, Urtios Sannabina. Urtica Sannabina „ Henstril nen, & Eizelle, S sckun- ZEizelle, &2Reme FD iasmarichere därer Eimbryosack- mit 3 Nucleolen, Gewebe. kern mit 3 Nucleolen. 4 3 Antipoden, \ Kerne vorhanden ist, kann man schwer entscheiden. Einen Pollen- schlauch in irgendwelchem Teile des Nucellus zu beobachten gelang mir nicht, obwohl die verschiedensten Fixierungs- und Färbungsmethoden. angewandt wurden. Wenn in einem Pollenschlauch ähnliche Gebilde zu- sehen waren, so befanden sie sich immer im Fruchtknoten und der Kappe des Integuments, aber bei der Untersuchung mit Ölimmersion Menue in Fon na na 429 verloren die Bilder das für einen Pollenschlauch typische Aussehen. Das Isolieren der Exemplare durch Abschneiden der männlichen Blüten hat aber bewiesen, daß olıne Bestäubung keine Samenentwicklung möglich ist. Beim Heranreifen der Samen wird der Embryo von Endosperm- gewebe umhüllt, welches in seinem basalen Teile aus viel größeren Zellen besteht. Die Kerne dieser Zellen. zeigen in ihrer ansehnlicheu Größe und in ihrem inneren Bau die typische Gestalt der Haustorial- kerne. Wir sehen also, daß diese Kerne nach Erfüllung ihrer Funktion nicht zugrunde gehen, sondern ihre charakteristische Gestalt beibe- haltend an der Ausbildung des Endospermgewebes teilnehmen. In fast reifem Samen bleiben beide basale Nucellargewebe unverändert, während der Nucellus von beiden Seiten bis auf eine Zellreihe reduziert wird. Im oberen Teile bleibt der Nucellus deutlicher sichtbar und nimmt eine mehr zugespitzte Form an. Die Integumente, welche in der Mikro- pylargegend als Kappe bleiben, werden an den Seiten fast gänzlich verdrängt und bestehen aus einer fast strukturlosen Haut (Fig. 14). Urtica dioiea. Die Entwicklung von Urtica dioica unterscheidet sieh von der von Urtica cannabina sehr wenig. Die junge Samenanlage, bei welcher die Inte- gumente kaum angedeutet sind, besitzt eine Embryosackmutterzelle, die sich in drei Tochterzellen tet. Die untere ent- wickelt sich zum Embryosack (Fig. 15). Die Entwicklung des Embryosacks ist dieselbe, wie bei Urtica eannabina, nur die Integumente entwickeln sich ver- hältnismäßig spät. Zwischen dem ver- wachsenen inneren Integumente und dem Nucellusscheitel bildet sich oft ein kleiner Raum. Man kann daraus schließen, daß der Nucellus niemals mit dem Integu- mente verwächst (Fig. 16). Die Anti- poden sind nicht so gut entwickelt wie bei Urtica cannabina und beginnen noch vor der ersten Teilung der Eizelle zu schwinden. Es waren immer nur drei Antipoden zu sehen. Eine Vermehrung der letzteren findet nicht statt, wie es PR 72 Fig. 15. Urtica dioica. bei Urtiea cannabina der Fall war. Die 7 Embryosack, 7 Integumente, 430 Eizelle ist derjenigen von Urtica cannabina ähnlich, doch scheint sie noch etwas plasmaärmer zu sein und ist überhaupt schwach entwickelt. Synergiden fehlen (Fig. 16). Die erste Teilung der Eizelle findet statt zu der Zeit, wo sich der sekundäre Embryosackkern geteilt hat und die Fig. 16. Urties dioica. # Fruchtknoten, /7 inneres Integument, Z Eizelle, Ja äußeres Integument, S sekundärer Embryosack- kern, N Nucellus, 4 Anti- poden. Fig. 17. Urtica dioica. 2 Eizelle in Teilung, Zn Endosperm, 4 Antipoden. ersten Kerne des Endosperms zerstreut im, Embryosack liegen (Fig. 17). Die Embryonen von Urtica dioica unterscheiden sich von dem Typus nicht und wurden weiter nicht unter- sucht (Fig. 18) Mit der Entwicklung des Embryos werden die Integumente durch den sich vergrößernden Embryosack seitlich ver- drängt, während die Kappe, welche über dem Nucellusscheitel sich gebildet hat, erhalten bleibt und große Zellen mit dicken, festen Membranen, welche sich intensiv färben, zeigt. Im basalen Teile des Nucellus differenzieren sich schon zu der Zeit der Embryosackreife die beiden Gewebe, das ligninhaltige und das plasmareiche, welche schon bei Urtica canna- bina beschrieben wurden. Es spielen beide wahrscheinlich dieselbe Rolle bei der Ernäh- rung, wie bei Urtica cannabina, wo dieses deutlicher zu sehen war wegen der An- wesenheit eines Hau- storiums, Bei Urtiea dioiea tritt aber nur eine gewöhnliche Verlängerung des Embryosacks nach unten ein. Zum Ein- dringen in das lig- ninhaltige Gewebe ie 18. Urtiea dioica. mbryo, S sekundärer , Embryosackkern, 4 Anti. . Kommt es niemals. poden. Einige Male konnte man bei den älteren Embryosäcken eine schwache Anhäufung von Plasma im antipodalen Teile sehen, in welchem Endospermkerne, die etwas von. den. normalen abwichen, lagen. Daß diese Erscheinung. als Regel auftritt, wurde- nicht. 431 beobachtet und stellt vielmehr eine einfache Variation in der Ausbildung des Embryosacks dar. Von den Anomalieen möchte ich die Bildung eines mehrzelligen Embryos in einem Embryosacke erwähnen, in welchem der sekundäre Endospermkern ungeteilt geblieben war und die Anti- poden schon zerstört waren (Fig. 18). Dieser Fall erinnert an einen ähnlichen bei Urtica cannabina. Bei der letzteren aber blieben die Antipoden nieht nur ganz erhalten, sondern ihre Zahl war bis auf fünf gestiegen. Den Pollenschlauch zu beobachten ist mir auch in diesem Falle nicht gelungen. Die Entscheidung der Frage über die Befruchtung auf indirektem Wege durch Feststellen der Chromosomenzahl war unmöglich wegen der Kleinheit der Zellen und Kerne, obwohl Teilungsfiguren beobachtet wurden. Deshalb habe ich in einem 'Glas- kasten einige weibliche Exemplare isoliert, welche keine Früchte lieferten. Eine Befruch- tung ist also nötig und in Wirklichkeit habe ich einmal eine Eizelle in Berührung mit zwei Gebilden beobachtet, welche wie zwei Fig. 19. Urtiea dioien, Spermakerne aussahen. Leider war in an- 7 Fruchtknoten mit Stein- deren Beziehungen das Präparat nicht deutlich a genug, um diese Beobachtung als einwands- Z ligninhaltiges Gewebe, frei zu erklären. Beim Heranreifen des Samens ’ Plasmareiches Gewebe. wird der reife Embryo von dem Endospermgewebe umhüllt. Der Nu- cellus verschwindet vollständig und nur im basalen Teile über dem lignin- haltigen Gewebe ist er noch grade unterscheidbar. Die Integumente, welche in der mikropylaren Gegend eine als Rest aussehende dickere Lamelle darstellen, werden von den Seiten und von unten verdrängt und bilden eine strukturlose Haut, welche auf schematischer Abbildung (Fig. 19) viel deutlicher dargestellt ist, als es in Wirklichkeit der Fall ist, Die ligninhaltige und die plasmareiche Schicht bleibt beibehalten. An die strukturlose Haut grenzt die innere Steinschicht des Frucht- knotens, welche im oberen Teile nach außen stärker entwickelt ist und in der Mittelaxe eine Vertiefung bildet. 3 RIDDEELE 1: 12: 7 7 # 7 a g A A 7 1% 1% 2 % Urtica pilulifera. Diese Pflanze unterscheidet sich von den anderen Urticaceen in dem Aussehen ihrer Inforescenzen. Uns interessiert an dieser Stelle 432 nnr die Erscheinung, daß die Perigonblätter den Fruchtknoten fest um- hiüllen und in dieser Weise denselben unsichtbar machen. Nur bei jungen Stadien ist die Narbe sichtbar, wo sie aus den fest zusammen Fig. 20, Urtica pilulifera. & Griffel, 7° Fruchtknoten, ? Perigon- blätter, 7öinneres Integument, 7a Außeres Integument, N Nucellus, Fig. 22. Fig. 21. Urtica pilu- Urtiea pilulifera. lifera. Nucellus. Epidermis. Z Eizelle, Sn Sy- Z meterschichtige nergide, 5 sekun- därer Embryosack- kern, A Antipoden. schließenden Perigonblättern hervorsieht. Bei etwas älteren Blüten fällt die Narbe ab und dann ist der Fruchtknoten fest geschlossen. Zu dieser Zeit ist- der Embryosack gewöhnlich schon ausgebildet. Die sich berühren- den Perigonblätter bilden auf beiden Seiten eine Kante. Im oberen Teile um die Spitze des’ Fruchtknotens herum biegen sich die Perigonblätter von der Mittelaxe nach außen und es entsteht auf diese Weise ein narbenähnliches Gebilde. Wenn die Narbe schon längst abge- fallen ist, kann man nicht selten auf diesem Grübchen Pollen fin- den, doch bleibt dieser zweifel- los ohne jede weitere Einwirkung. Der Fruchtknoten liegt in dem von den Perigonblättern gebil- deten Raum während seiner ganzen Entwicklung frei ohne jemals mit denselben zu ver- wachsen (Fig. 20). Die Samen- anlage besitzt zwei Integumente, von denen das innere nach sei- nem Verwachsen von dem Nu- cellusscheitel getrennt bleibt und es wurde sogar einige Mal der kleine Raum, welcher früher für Urtiea dioiea beschrie- ben wurde, beobachtet. Die Differenzierung der Gewebe in dem Nucellus vollzieht sich ziemlich spät, Die weitere Entwicklung des Embryosacks und der Samen- anlage ist der von Urtiea cannabina ähnlich. Die Epidermschicht des 433 Nucellus teilt sich ziemlich regelmäßig und ist deutlich von dem folgenden Teil des Nucellus abgegrenzt (Fig. 21). Es ist mir nicht ge- lungen festzustellen, ob die Tetradenteilung stattfindet oder nicht. In einem Falle habe ich bei dem jungen Embryosack nur eine oberhalb desselben gelegene verdrängte Zelle gesehen und deshalb kann man vermuten, daß nur die erste Teilung vor sich geht. Der junge Embro- sack ist sehr klein und durchläuft die gewöhnlichen Stadien: Das 'Städium der zwei Kerne ist sehr oft zu sehen. Es scheint, daß bei diesem Stadium eine Ruhepause stattfindet. In einem reifen, aber noch jungen Embryosack kann man noch die Synergiden sehen (Fig. 22). Zu erwähnen ist, daß die Zellen des Embryosacks und selbt die En- dospermkerne sehr klein sind. Die Synergiden und die Antipoden i ri iluli Fig. 24. Urtica pilulifera. Entıys Er ae Torgrübonten Embryo- N Nucellus, Ei "Enbryo- trägerzellen. trägerzelle. gehen frühzeitig zugrunde. Die Eizelle teilt sich und bildet einen Em- bryo, welcher in jungem Zustande ganz einfach ist (Fig. 23). Bei der weiteren Entwieklung vergrößert sich die obere Zelle des Embryoträgers stark, wird dabei etwas protoplasmaärmer und es bilden sich in ihr Vakuolen aus. Die Zelle erweitert sich und dringt in den Nucellus ein. Nur die erste Zellschicht desselben wird resorbiert oder vielleicht nur dureh’den mechanischen Druck beim Wachstum verdrängt. Alle anderen Zellen des Nucellus bleiben unverändert (Fig. 24) Die En- ‘ dospermkerne sind in zwei Reihen den Wänden des Embryosacks an- gelagert und bilden außerdem eine dickere Schicht am Grunde des Embryosacks. Das Protoplasma zieht sich in zwei Strängen von dem Grund des Embryosacks bis an die stark vergrößerte Zelle des Embryo- trägers,. Nach Ausbildung des Endospermgewebes, die bei älteren Embryonen stattlindet, sind dessen obere Zellen von denen des Embryos 434 schwer zu unterscheiden, so dicht sind sie aneinander gelegt (Fig. 25). Bei noch nicht alten Embryonen liegen mehrere Endospermkerne von dichtem Plasma umgeben am Grunde des Embryosacks (Fig. 26. Man kann also annehmen, daß die stark vergrößerte Zelle die nötigen Nähr- stoffe für den Embryo durch die beiden von unten nach oben laufenden Endosperm- stränge absorbiert. Diean der Basis befindlichen Endosperm- kerne unterscheiden sich von den anderen, welche in bei- den Strängen liegen. Es fin- det eine Chromatinanhäufung statt und außerdem wieder- holt sich diese Erscheinung regeimäßig bei allen Embryo- säcken mit etwas älteren Embryonen. Der Embryo Fig. 25. Urtiea pilulifera. selbst weicht in keiner Be- N Nucellus, Zt Embryoträgerzelle, ziehung von dem normalen ab. osperm, Zi Hmbryo. Die Integumente werden bei der weiteren Entwicklung ver- drängt, nur das innere bleibt in seinem oberen Teile lange unterscheidbar durch seine Zellen mit verdickten und dunkel sich färbenden Wän- den. Bei mehreren gut iso- lierten Exemplaren wurden während längerer Zeit die männlichen Blüten abge- schnitten, um die Frage der Befruchtung zu untersuchen, Fig. 26. Urtica pilulifera. H F 4 Antipodaler Teil der ® nbryosacks, da die Pollenschläuche auf den H Haustorialkerne. Präparaten schwer festzu- stellen waren, Die Samenentwicklung ist nicht eingetreten, also ist eine Befruchtung nötig. Die Samenbildung verläuft in ähnlicher Weise wie bei den anderen oben beschriebenen Urticaceen. Die Embryobildung geschieht bei allen Urtieifloren in gewöhn- licher Weise. Die einzige Ausnahme in der ‚ganzen Gruppe bildet 435 Urties pilulifera, bei weicher die obere Zeile des Embryoträgers der etwas älteren Embryonen an Volumen mehr und mehr zunimmt. Diese Er- scheinung ist bei den Pflanzen nicht selten. Goebel sagt: „die Funktion des Embryoträgers ist eine doppelte, einmal findet vorzugsweise hier die Aufnahme von Nährmaterialen statt, und wir sehen in Zusammen- hang damit oft eine bedeutende Oberflächenvergrößerung eintreten, bei ‘manchen Pflanzen Haustorienauswüchse auftreten.“ Daß wir hier die nämliche Erscheinung vor uns haben, das beweist die Anwesenheit von zwei mächtigen Plasmasträngen mit eingebetteten Endospermkernen. Eine ähnliche Erscheinung ist z. B. bei Alisma Plantago und Sagittaria variabilis vorhanden. Doch liegt ein Unterschied darin, daß hei diesen Pflanzen nach der ersten Teilung die obere Zelle für immer ungeteilt bleibt und direkt zu wachsen anfängt. Deshalb tritt die physiologische Be- deutung nicht so deutlich hervor, wie es bei Urtica pilulifera der Fall ist, bei welcher der Embryoträger aus zwei Zellen besteht und nur die obere viel später nach Ausbildung des Endosperms sich zu vergrößern und zu funktionieren beginnt, Urtica urens. Diese Pflanze weicht so wenig von den anderen Arten ab, daß ich sie nur im allgemeinen schildern möchte. Im reifen Embrosacke entwickelt sich die Eizelle, neben welcher die Synergiden (Fig. 27) liegen, Fig. 27 zum Embryo, welcher normal ausgebildet ist. Beide Vrtica urens. Integumente sind wie gewöhnlich ausgebildet. Das Z Eizelle, Sm Sy- , B ,__ nergiden, S sekun- innere aber verwächst schwach und bildet sogar eine därer Embryosack- Mikropyle (Fig. 28) wenigstens ist die letztere oft ken, zu sehen bei den Samenanlagen, welche noch junge Embryonen er- zeugen. Die einzige interessante Erscheinung ist eine Tendenz zur Ausbildung eines Haustoriums (Fig. 29). In unterem Teile des Em- bryosacks in der Mitte entsteht eine schwache Ausstülpung nach unten, welche aber nicht weiter fortschreitet. Im unteren Teile ist eine An- häufung von Protoplasma sichtbar. Der Kern, der oberhalb der schwachen Ausstülpung liegt, ist etwas größer als die Nachbarkerne und besitzt nicht einen, sondern mehrere Nucleolen.. Deshalb kann man diese Er- scheinung, als eine Vorbereitung zur Haustoriumbildung ansehen, welche so deutlich bei Urtica eannabina hervortritt. 436 Pilea grandis und Pilea nummulariasfolia. Pilea grandis ist in ganz ‚normaler Weise ausgebildet. Die ziemlich kleinen Fruchtknoten enthalten eine atrope Samenanlage mit zwei Integumenten, von welchen das innere vollständig verwächst, das äußere in seiner Entwicklung ef- was zurückbleibt (Fig. 30). Der Embryosack entwickelt sich bis zur - Ausbildung eines normalen Eiapparates (Fig. 30). Zur Teilung gelangt die Eizelle niemals, was darauf hinweist, daß. sie eine Befruchtung nötig hat. Männliche Infloreszenzen entstehen viel später, wenn die Em ‚SE Fig. 28. Urtica urens. - 7 Frochtknoten, 7 Integumente, Fig, 29. Urtica urens. Em zweizelliger Embryo, SZ Stiel. Z Haustorium. weiblichen schon zugrunde gegangen sind. Bei Pilea nummalariae- folia, bei welcher männliche und weibliche Blüten zu gleicher Zeit ent- stehen, wurden reife Samen und große Embryonen in den Embryosäcken «gefunden. Man sieht aus diesen Beobachtungen, daß die beiden Pflanzen auf normale Weise zur Embryobildung gelangen. Elatostema sessile. Elatostema sessile war. in den Gewächshäusern durch einige Exemplare vertreten, welche alle weiblich sind; männliche waren nicht vorhanden. Die weiblichen Individuen haben nur weibliche Blüten hervorgebracht, welche in Mehrzahl zur Fruchtbildung gelangten. Die 437 Köpfchen enthalten mehrere Fruchtlnoten, wovon jeder eine afrope Samenanlage besitzt. In demselben Köpfchen sind Samenanlagen ver- schiedenen Alters. Während die einen junge Embryonen enthalten, sind die anderen noch auf ganz jungen Stadien stehen geblieben. Da die mikroskopische Untersuchung die Bildung der Embryonen ohne Befruchtung bestätigte, ist kein Zweifel an der parthenogenetischen Entwicklung dieser Pflanze vorhanden. Doch ist vielleicht die ganze Entwicklung bei keiner der anderen Urtieaceen so deutlich typisch, als bei Elatostema sessile. Die junge Samenanlage, bei welcher nur das innere Integument zum Vorschein kommt, enthält die Archesporzelle Fig. 30. Pilea grandie. Jz inneres Integament, Fi, 5 r. ig. 81. Elatostema sessile, 2 Erwchtlr noten, E Eizelle, N Nucellus, S Schichtzelle, weellus, Sr Synergide, E Eimbryosackmutterzelle, S sekundärer Embryosack- 7 Integument. ” kern, A Antipoden. und die Schichtzelle (Fig. 31). Die letztere teilt sich mehrfach, was allgemein bei den Urticaceen geschieht, und senkt den Embryosack in die Mitte des Nucellus hinein. Eine Tetradenteilung der Embryo- sackmutterzelle habe ich nicht beobachtet; wahrscheinlich entwickelt sich die Archesporzelle direkt zum Embryosack, was in der Weise geschieht, daß sich die Zelle nach unten verlängert und zwar so rasch, daß der Kern im oberen Teile liegen bleibt. Zu dieser Zeit wächst das innere Integument über den Nucellusscheitel und das äußere erreicht die halbe Höhe des inneren (Fig 82). Die folgenden Stadien außer der Vier- kernigkeit des Embryosacks fehlen mir. Da aber der Embıyosack streng typisch ausgebildet ist, unterliegt es keinem Zweifel, daß die ganze Entwicklung des Embryosacks bis zur Bildung des Eiapparates normal Flora, 98. Bd. . al 438 verläuft. Die Eizelle ist groß und stark 'entwickelt, besitzt einen großen Kern mit einem Nueleolus und ist plasmareich. Beide Synergiden sind normal ausgebildet, wie es nie bei einer anderen Urticacee der Fall ist. Beide Polkerne sind ziemlich groß, jeder mit einem Nucleolus und ihre normale Lage ist immer dicht an dem unteren Teil der Eizelle (Fig. 38). Die drei Antipoden, welche deutlich zu sehen sind, weichen von dem Typus nicht ab. Wenn der Embryosack in diesen Zustand gelangt, teilt sich die Eizelle in einen zweizelligen Embryo und parallel damit verläuft die Endospermbildung (Fig. 34). Die Antipoden sind noch zu dieser Zeit vorhanden. Bei etwas größeren Embryonen gehen «die Antipoden zugrunde, während die großen Endospermkerne sich über Fig. 33. Elatostema sessile. E Eizelle, Sn Synergiden, Fig. 32. Elatostema sessile. F Fruchtknoten, 7 Integumente, ? ä z Hrobey, Bi 2 Polkerne, 4 Antipoden. den ganzen Embryosack zerstreuen (Fig. 35). Der Embryo wächst rasch heran und. in kurzer Zeit ist die Samenbildung vollendet. Der Embryo weicht in keiner Beziehung von dem gewöhnlichen Typus ab (Fig. 35). Der Unterschied von den anderen Urticaceen besteht nur darin, daß die Zellen, wie die Kerne, viel größer als sonst sind. Zur Zeit der Reife des Embryosacks,' d. h. derjenigen des Eiapparates, ist das innere Integument vollständig verwachsen und seine Zellen besitzen dicke Wände. Im oberen Teile verschmilzt das Integument mit der Fruchtknotenwand, die hier ein obturatorähnliches Gebilde darstellt (Fig. 36). Das äußere Integument bleibt in seiner Entwieklung stark zurück. Wie bei den anderen Urtieaceen sind auch bei Elatostema ik 439 sessile an der Basis des Nucellus beide Gewebe vorhanden, welche mit der Ernährung in gewissem Zusammenhang stehen. In derselben Weise sind auch die unteren Zellen des inneren Integumentes ausgebildet. Was die Embryobildung anbelangt, möchte ich noch erwähnen, daß die Eizelle sich durch Teilung ohne jede Ruheperiode zum Embryo ent- wickelt, daß das Endosperm immer nur in kleiner Menge vorhanden ist, da es von dem Embryo vernichtet wird, was vielleicht als Folge des raschen Wachstums anzusehen ist. Außerdem entstehen die Em- bryonen nur aus der Eizelle. Kein einziger Fall von Polyembryonie oder einer Anomalie in der Bildung des Embryos wurde beobachtet, obwohl mehrere. Hunderte von Embryonen untersucht wurden. Die reifen Samen wurden ausgesät und es keimten von ihnen 60. Alle Fig. 34. Elatostena sessile. Fig. 35. Elatostema sessile. Em zweizelliger Em- Em Embryo, Zn Endospermkerne. bryo, 4 Antipoden, 60 Exemplare haben geblüht und eine große Fruchtbarkeit gezeigt. Alle Exemplare waren ohne Ausnahme weiblich. Wir haben hier also die Erscheinung vor uns, daß eine Spaltung der Geschlechtsanlagen nicht vorhanden ist. Von den anderen parthenogenetischen Pflanzen weicht Elatostema sessile in der Beziehung ab, daß keine Anomalien vorhanden sind, obwohl sie bei Elatostema acuminatum (nach Treub) eine gewöhnliche Erscheinung sind. In dem Vorhandensein von Parthenogenesis, wie in der Ent- wicklung des Fruchtknotens, der Integumente und der Samenanlage stimmen meine Beobachtungen über Elatostema sessile mit denjenigen von Treub vollständig überein. In der Entwicklung des Embryosacks und in der Embryobildung gehen die beiden Arten, Elatostema acu- N 31* \ 440 minatum und Elatostema sessile weit auseinander. Die Schichtzelle und die Embryosackmutterzeile konnte ich deutlich beobachten, aber von einer Tetradenteilung nichts sicheres feststellen, während Treubs Ab- bildungen dieselbe deutlich zeigen. Die bedeutendsten Unterschiede liegen in dem Embryosacke selbst. Elatostema acuminatum sagt Treub: „Nous avons dit qu’ & parfir de la prösence de quatre noyaux le sac embryonnaire cesse de suivre le developpement normal... De veritables antipodes ne se differencient presque jamais, dans le cas de la fig. 4 Pl. VI il semblait y en avoir une. Enfin la formation d’un appareil sexuel normal est tout aussi rare. A titre de grande exception, j’ai repre- sent&'dans les figures 62 et 6b de la m&me planche deux coupes successives d’un sac, ou il y’avait un appareil sexuel & aspect normal. En revanche ce sac ne eontenait pas d’antipodes mais seulement deux noyaux vers le milieu.“ Bei Elato- stema sessile war es sehr leicht festzu- stellen, daß ein typisch normaler Ei- apparat, drei Antipoden und die beiden Polkerne vorhanden sind. Bei keiner anderen Urticacee waren alle diese Teile des Embryosackes so deutlich zu sehen, wie bei Elatostema sessile. Was die Em- bryobildung anbelangt, so sagt Treub: „Dans les ovaires se transformant en fruits je mai pas vue une seule fois Fig. 36. Elatostema sessile, F Fruchtknoten, N Nucellus, , » % 7: inneres, /a äußeres Integument, lembryon prendre naissance d’une 00s- E Eizelle, ? Pollenkerne, phäre bien differeneis. Tout ce quon - 4 Antipoden. . a 3 peut dire, a mon avis e’est qu’un des noyaux du sac devient le point de depart de la formation d’un embryon. D’aecord avec cela Ia position de P’embryon dans le sac est loin d’&tre fixe. Je ne erois pas m’scarter beaucoup de la realit6 en disant que dans la moitiö des cas l’embryon n’oceupe pas le sommet du sac.“ Bei Elatostema sessile entstehen alle Embryonen nur aus der Eizelle, welche deutlich diffe- renziert ist. Von einigen hundert Embryonen, welche ich auf meinen Sehnittserien beobachtete, befanden sich alle an dem mikropylaren Ende des Embryosacks und die zweizelligen Embryonen zeigten deutlich ihre Entstehung aus der Eizelle. Kein einziger anormaler Fall von Embryo- bildung war zu beobachten. Auch andere Fälle der Anomalien, wie 441 eine Ausbildung von zwei Embryosäcken, kamen nicht zum Vorschein. Aus dem Gesagten kann man mit Wahrscheinlichkeit schließen, daß Elatostema acuminatum in ihrer parthenogenetischen Entwieklung große Reduktionen aufweißt, sogar den Verlust eines deutlich ausgebildeten Eiapparates und die Möglichkeit Einbryonen aus verschiedenen Zellen des Embryosacks zu erzeugen, während Elatostema sessile noch ganz deutlich einen normalen Embryosack beibehalten hat und noch keine Folgen den parthenogenetischen Entwicklung aufweist. Die beiden Pol- kerne, welche ziemlich groß sind, bleiben getrennt. Sie legen sich dicht an den unteren Rand der reifen Eizelle an und teilen sich wahrschein- lieh ohne vorher zu verschmelzen. Ähnliche Bilder sind von Juel bei Antennaria alpina beschrieben worden. Das ist die einzige Abweichung, welche die Einwirkung der Parthenogenesis verursacht hat. Außerdem beobachtete ich eine parthenogenetische Embryobildung bei Dorstenia Dra- keana und Dorstenia contrayerva, welche unten ausführlicher beschrieben werden. Charakteristisch ist für die Pflanzen eine große Zahl von Anti- poden, welche später zugrunde gehen. Eine ähnliche Erscheinung unter der parthenogescetischen Pflanzen besteht bei Antennaria alpina. Bis jetzt; ist Parthenogenesis bei folgenden Pflanzen festgestellt: Balanophoraceae (Balanophora globosa, Bal. elongate, Helosis guyanensis). (Chalazo- gamie.) Compositae (Taraxacum-Arten, Hieracium-Arten, Antennaria alpina). Cueurbitaceae (Bryonia dioica). (Chalazogamie.) Halorrhagidaceae (Gunners chilensis). Liliaceae (Dasylirion acrotriehum ?). Moraceae (Fieus hirta, Dorstenia drakeana, Dorst, contrayerva) (vielleicht Chalszogamie). Ranuneulacese (Thalietrum purpursscens). Rosaceae (Alchemilla-Arten) (Chalazogamie). Thymeleacese (Wikstroemia indica). Urtieaceae (Elatostema acuminatum, El. sessile). Aus dieser Tabelle sehen wir, daß diese Pflanzen vielen sowohl in systematischer, wie auch anderer Beziehung verschiedenartigen Familien angehören und deshalb kann von einer phylogenetischen Auffassung der Erscheinung keine Rede sein. Wir können aber, wie es mir scheint, einige für alle diese parthenogenetischen Planzen allgemeine Merkmale feststellen. Ich wollte hier auf eine Tendenz bei den parthenogene- tischen Pflanzen hinweisen, die darin besteht, die verschiedenen Eigen- schaften der einzelnen Embryosackzellen auszugleichen und somit eine Vereinfachung der Embryobildung herbeizuführen. Wir haben gesehen, daß Elatostema sessile und Elatostema acuminatum in der Embryo- 442 bildung von einander abweichen. Während bei Elastostema, sessile der Embryosack seine typische Gestalt beibehalten hat und der Embryo aus- nahmslos aus der Eizelle sich entwickelt, kommt es ber Elatostema acumi- natum nicht mehr zur Ausbildung des Biapparates, sondern der Embryo kann aus fast jeder Zelle des Embryosacks entsteken. Bei Elatostema sessile hat also die Eizelle alle ihre Eigenschaften beibehalten; Elatostema acuminatum hat in ihrer Entwicklung eine Reduktion erfahren. Bei Alchemilla-Arten ist außer der Tatsache, daß der Embryo nicht nur aus der Eizelle entstehen kann, deutlich die schwächere Abgrenzung der Antipoden von den Polkernen zu sehen; es sind also hier alle Zellen schen weniger differenziert. Bei Balanophora elongata, globosa ‚und Helosis guyanensis ist die Reduktion bis zum Verlust des Eiapparates und noch anderer Zellen fortgeschritten und alle Funktionen besorgt mit Erfolg nur der obere Polkern. Wir sehen also, daß einige par- thenogenetische Pflanzen den typischen Embryosack besitzen, bei anderen ist eine Neigung vorhanden, die Differenzen der einzelnen Zellen im Embryosack verschwinden zu lassen, d h. die am spätesten in ihrer Entwicklung erworbenen Merkmale verschwinden bei der Reduktion zuerst. Hierher gehören bei der Eizelle der Verlust ihrer spezifischen, morphologischen und physiologischen Eigenschaften. Die Reize, welche sie in erster Reihe zur Embryobiläung veranlaßt haben, sind jetzt von ihren Konkurrenten, den Synergiden und Antipoden, in derselben Weise verwendet worden, Zuletzt verschwinden die Unterschiede zwischen dem Polkern und den anderen Zellen, wie es bei Balanophora der Fall ist. Auffallend ist die Erscheinung, daß nur ein Polkern das Endosperm und den Embryo bildet, weil er als Äquivalent der anderen Zellen keine Verschmelzung mit dem anderen Polkerne, welcher zugrunde geht, braucht. Bei parthenogenetischen Pflanzen existiert also wegen der somatischen Zahl der Chromosomen eine Vorbedingung zum Aus- gleich der Verschiedenheiten der Eizelle und der anderen Embryosack- zellen. Es bleiben aber noch viele andere nicht weniger wichtige Eigenschaften übrig, welche noch lange Zeit eine Differenz der Eizelle von den anderen Zeilen des Embryosacks bedingen; allmählich heben sich diese Eigenschaften auf und kann dieser Ausgleich bis zu der Reduktion auf einen einzigen funktionierenden Kern fortschreiten. Laportea .moroides. Die junge Samenanlage, bei welcher die beiden Integumente kaum angedeutet sind, zeigt gewöhnlich in der vierten Reihe eine Eimbryosackmutierzelle. In letzterer, obwohl von bedeutenderer Größe als die angrenzenden Zellen, sind keine cytologischen Einzelheiten zu 443 unterscheiden. Die typische Tetradenteilung zu ‚beobachten ist mir nicht gelungen, nur die erste Teilung war einigemale sichtbar. Die untere Tochterzelle entwickelt sich in diesem Falle zum Embryosack (Fig. 37), Der primäre Embryosackkern teilt sich in gewöhnlicher Weise und kommt so zur Entwicklung des Eiapparates. Dieser ist dadurch bemerkenswert, daß seine Zellen im Vergleich zu den vege- tativen Zellen der Pflanze außerordentlich klein sind. ‘Deshalb ist ein klares Bild des Eiapparates nicht vorhanden. Die drei Antipoden, der sekundäre Embryosackkern und die Eizelle sind wie bei allen anderen Urticaceen normal ausgebildet, Synergiden fehlen. Die Eizelle fängt an sich zu teilen und führt zur Entwicklung des Embryos. Gleich- zeitig beginnt die Bildung des En- dosperms und der Embryosack ver- größert sich. In einer Beziehung weicht die Embryoentwicklung ab. Entweder besitzt der Embryo Zellen und Kerne von für die Urtica- nn Fig, 38. Lapertea moreides. Fig. 37. Laportea moroides. N Nueellus mit Integumenten, J Integumente, Z junger Embryosack. Em Embryo, Zn Endosperm. ceen normaler Größe und in diesem Falle sind auch die Endosperm- kerne normal, oder der Embryo ist sehr klein, obwohl nach seiner Form zu beurteilen die Stadien seiner Entwicklung nicht so jung waren. Dann sind seine Zellen und Kerne außerordentlich klein, die Mem- branen der Zellen fast unsichtbar. Die Endospermkerne, die sehr regelmäßig in Reihen geordnet sind, erinnern ihrer Größe nach gar nicht an die der obenerwähnten großen Eimbryonen, bei welchen die Endospermkerne über den ganzen Embryosack zerstreut sind (Fig.38—39). Der sekundäre Embryosackkern verschmilzt, wie bei vielen anderen Ur- tieaeeen, bei der Embryobildung. Die beiden Integumente bilden sich frühzeitig aus, wachsen aber langsam nach oben. Das äußere gelangt niemals zum oberen Teil des Nucellus und bleibt wie bei den meisten Ben) Urticaceen in seiner Entwieklung zurück. Das innere Integument wächst rascher und erreicht zu der Zeit der Embryobildung die Frucht- knotenwand an der Stelle, von der sich der Griffel erhebt (Fig. 40). Ein Verwachsen der Mikropyle findet nicht statt, aber bei weiterer Entwicklung stellt das innere Intugement ein lockeres geflechtartiges Gebilde dar (Fig. 41) und bleibt in diesem Zustande bis zur Emhryo- bildung. Zu dieser Zeit tritt im unteren Teile dieser schnabelförmigen Bildung eine Verdiekung der Zellmembranen ein und schreitet nach oben fort. Bei den Samenanlagen mit großen Embryonen ist dieses Rostrum in der Fruchtknotenwand noch scharf genug abgegrenzt. Die Integumente bestehen, wie gewöhnlich bei Urticaceen aus zwei Schichten. Fig. 40. Laportea moroides. Fig. 39. F° Fruchtknoten, Laporiea moroides, Ti inneres Integunient, Fig. 41. Leportea moroides. Zm Embryo, N Nucellus, Za äußeres Z inneres Integument, Zr Endospermnkerne, Integument, 5 Stiel. N Nucellus. Durch Zusammentreffen des inneren Integumentes über dem Nucellus entsteht ein Raum, welcher auf der unteren Seite vom Nucellusscheitel abgeschlossen wird. Der ganze Fruchtknoten ist asymmetrisch. Man kann eine mehr gebogene und eine weniger stark gebogene Seite unter- scheiden. Der lange Griffel ist bei jungen Stadien gerade gestreckt und erfährt nur in der Nähe des Fruchtknotens eine Krümmung. An dieser Stelle treffen wir 3—5 Raphiden, welche den Griffelkanal ver- stopfen. Daneben sehen wir Verdickungen der Zellmembranen. Die Fruchtknotenwand besteht aus vier Schichten. Die ganze Samenanlage sitzt auf einem Stiel, welcher im unteren Teil eine Biegung in der Richtung der stärker gekrümmten konvexen Seite ausführt und die Krümmung der ganzen Samenanlage verursacht. Der gekrümmte Stiel legt sich mit seiner ausgestälpten Seite dicht an die konvexe Seite der 445 Fruchtknotenwand; auf der anderen Seite entsteht ein Hohlraum, welcher von unten durch den Stiel, von oben von dem äußeren Inte- gument und von außen von der inneren Seite der konkaven Frucht- knotenwand gebildet wird. Die äußere Schicht des Stiels bildet auf seiner breiten Konvexseite eine kurze Reihe von Zellen mit verdickten Mem- branen. Im basalen Teile des Nucellus zeigen sich wieder die eigentümlichen Gewebe, welche schon oben beschrieben wurden, aber in nicht so aus gesproche- ner Weise, Die Krümmung ist stark ausgebildet selbst in solchen Fällen, wo das innere Integument den Griffel- teil der Fruchtknotenwand noch nicht erreicht hat. Deshalb ist als Ursache der Einkrümmung des Stiels nicht der mechanische Druck anzusehen, welchen der obere Teil des Frucht- ns 22. Laporiea moroides, knotens während des raschen Wachs- 7 Haut, Zr Endospar, Z Embiyo. tums der ganzen Samenanlage auf dieselbe ausübt. Einen Pollenschlauch zu finden war mir unmöglich. Wenn zwei- oder dreimal farblose Bilder wahrnehmbar waren, befanden sie sich alle im „Rostrum“ des inneren Inte- guments, wo solche Bilder wahrscheinlich nur durch Ineinandergreifen der dort liegenden langgestreckten Zellen entstanden waren. Bei der Samenbildung verlängert sich das Rostrum und scheint vertrocknet zu sein. An den Seiten bilden sich die Integumente um zu einer dünnen strukturlosen Haut. Von dem Nucellus bleibt nur eine Schicht. An der „Basis ist er etwas deutlicher zu sehen. Die "basalen Gewebe bleiben erhalten (Fig. 42). Urera haccifera. In meinen Präparaten beobachtete ich nur die älteren Stadien der Pflanze. Die Samenanlagen besaßen einen Embryosack mit Fig. 43. Urera baceifera. Z Eizelle, Zr Polkerne, 4 Antipoden. für die Urticaceen normalem Eiapparat, d.h. die Eizelle ohne Synergiden, die beiden Endospermkerne und kleine Antipoden (Fig.48). Die letzteren sind so klein, daß ihre Zahl schwer festzustellen war (Fig. 43), aber 446 sie übersteigt wahrscheinlich nicht drei. Der Fruchtknoten besitzt eine konvexe und eine konkave Seite mit einseitig gebogenem Griffel (Fig.44). Die Samenanlage ist wegen der Asymmetrie des Fruchtknotens etwas eigenartig ausgebildet. Sie sitzt auf einem kurzen Stiel in ähnlicher Weise, wie bei Laportea moroides und ist wegen ihrer starken Krümmung ganz auf die von außen konvexe Seite des Fruchtknotens verschoben. Die Samenanlage selbst ist gerade getreckt. Die beiden Integumente, welche gut entwickelt sind, sind nach oben gerichtet und verwachsen niemals (Fig. 45). Das Innere überdeckt den Nucellus und bildet eine Fig, 44. Urera baceifera, Fig. 45. -Urera baccifera. F Vruchtknoten, ZEmhryo, Zi Inneres Integument, 7 Mikrophile, Z Integumente, S Stiel, Ze äußeres Integument, #7 Embryo- sack, N Nucellus, S Stiel. deutliche Mikropyle. Das äußere Integument erreicht fast die Höhe des inneren und bleibt unabhängig von dem letzteren. Die Eizelle entwickelt sich zu einem normalen Embryo. Gleichzeitig damit entsteht das Endosperm. Weiter hat die Pflanze nichts Interessantes geboten. Parietaria offielnalis. Im allgemeinen ist bei Parietaria offieinalis der Fruchtknoten und die Samenanlage von denen der anderen Urtieaceen nicht abweichend. Der Fruchtknoten ist von den Perigonblättern dicht umhüllt und läßt nur den Griffel mit der Narbe frei, welehe bei den älteren Fruchtknoten abfält. Die ganze Erscheinung erinnert an diejenige von Urtica 'pilulifera. Der Embryosack enthält einen gewöhnlichen Eiapparat. Das Endosperm entwickelt sich früher als die Eizelle sich teilt (Fig. 46). R—.. AR m 447 Der Embryo, welcher in gewöhnlicher Weise ausgebildet ist, liegt in der Mitte eines gut entwickelten Endospermgewebes, welches an den Wänden haftet und in der Mitte des Embryosacks einen Hohlraum bildet. Der Embryosack ist auf diesem Stadium etwas gekrümmt. Die Samenanlage, welche einen noch jungen Embryosack hat und von zwei noch nicht verwachsenen Integumenten umgeben ist, er- füllt nur einen kleinen Teil des Fruchtknotenraums; letzterer macht schon zu dieser Zeit den Eindruck einer reifenden Frucht (Fig. 47). In Wirklichkeit aber ist die Samenanlage und der Embryosack noch nicht reif. In diesem Stadium beginnt der untere Teil der Samenanlage eine starke Krümmung aus- zuführen. Die Biegung ist so groß, daß das äußere Integument auf der einen Seite auf die Frucht- knotenwand stößt. Dann beginnt das äußere Integu- Fig- 46. Parietaria offieinalis. E Eizelle, 2% Endo- spermkerne, ment stark zu wachsen und in kurzer Zeit überholt es das innere. Dieses verwächst über dem Nucellus und das äußere ebenfalls, aber Fig. 48. Parietaria officinalis. Fig. 47, F Fruchtknoten, Parietaria officinalis. ‚Ta üußeres, G Griffel, 7 Frucht- Zi inneres Integu- knoten, 7 Hohlraum, ment. N Nucellus, Fig. 49. Parietaria offieinalie. F Fruchtknoten, 7 Hohlraum, I Integumente, X Nu- E Eimbryosack, Ja äußeres, 77 inneres Inte- cellus, S Stiel. 5 Stiel. gument, N Nucellus, 5 Stiel. viel weiter nach oben. Deshalb entsteht zwischen beiden verwachsenen Integumenten sehr oft ein Hohlraum (Fig. 48). Nicht selten bleibt das äußere Integument auf einer Seite (Fig. 49) eine größere Strecke mit, der 448 ' Fruchtknotenwand in Berührung, bis er dem Griffelkanalgewebe sich nähert. Falls hier eine Befruchtung nötig ist, so kann sie nur dann geschehen, wenn die Samenanlage zur rechten Zeit ausgewachsen ist, sonst gebt der ganze Fruchtknoten zugrunde. Fleurya aestuans. Fleurya aestuans hat einen außerordentlich stark gebogenen Frucht- knoten und enthält eine Samenanlage, welche mittelst eines langen Stieles mit dem Fruchtknoten in Verbindung steht. Der Stiel ist lang, dünn und horizontal gestreckt, ohne eine Biegung zu zeigen, wie es Big: 50. Fleurya aestuans. 7 Frucht- * oten, Zz inneres Integument, N Nu- ie. 51. Fleurye aestuans, eallus, Z Embryosack, Z ligninhaltiges, Zi Taten Za Außeres Integument, ? plasmareiches Gewebe, S Stiel. N Nucellus, Z Embryo. bei anderen mit einem Stiel versehenen Urtieaceen der Fall ist (Fig. 50). Das äußere Integument bleibt in seiner Entwicklung, wie bei den anderen Urticaceen, nicht zurück, aber liegt den Seiten des inneren Integuments an, welches verwächst (Fig. 51). Am basalen Teile des Nucellus ist das ligninhaltige Gewebe deutlich ausgebildet, das plasamareiche etwas schwächer. In anderen Beziehungen weicht die Pflanze von dem Typus der Urtieaceen nicht ab. Boehmeria platyphylia. Die außerordentlich kleinen Fruchtknoten enthalten eine auf einem Stiel sitzende Samenanlage, welche auch bei dieser Art ein wenig ge- krümmt ist (Fig. 52). In anderen Beziehungen ist die Pflanze gleich den früher besprochenen Arten, In den Gewächshäusern blühte nur En 449 ein Exemplar, welches weiblich war. Die in den Reifezustand gelangten Embryosäcke blieben ohne weitere Entwicklung und bildeten keine Embryonen. Diese Art ist also nicht parthenogenetisch. Dorstenia drakeana und contrayerva, Die ganze Gestalt der beiden Pflanzen, welche sich in jeder Be- ziehung vollständig gleichen, weicht von der der anderen Pflanzen dieser Gruppe ab. Die männlichen und die weiblichen Blüten sind tief in der fleischigen fiachgestreckten Infloreszenz angelegt. Die männlichen Blüten sitzen höher als die weiblichen. Die Antheren bleiben mindestens bei der einen Hälfte der Blüten geschlossen, nur einige kommen über- Fig. 53. Dorsienia drakeana, nein, Hakyphyla. G Griffel, 77 inneres, /a äußeres Inte- Ia Kußeres Intogument, N No- gument, L Leitungsgewebe, N Nucellus, eellus, 5 Synergiden, Z Eizelle, & Embryosack, E Faniculus, Gefäß St Stiel, haupt zum Vorschein uni öffnen sich teilweise. Was die weiblichen Blüten anbelangt, so ist\der ganze Fruchtknoten in der Infloreszenz verborgen und nur der #riffel mit den beiden Narben ragt hervor. Die einzige Samenanlage Nängt an der Seitenwand des Fruchtknotens, auf welcher sich der Griffel befindet. Der Funiculus ist nicht breit. Das Leitungsgewebe des Gräfels zieht sich unter einem rechten Winkel durch den Funieulus bis in die Integumente hinein und verschwindet in dem äußeren. In dem unteren Teile des Funieulus verläuft das Ge- fäßbündelsystem unter Bildung eines spitzen Winkels und kommt mit 450 seinem oberen Teile fast mit dem unteren Teile des Leitungsgewebes in Berührung. Die Samenanlage ist auf jungen Stadien so gerichtet, daß der Nucellusscheitel rechtwinklig zu der Fruchtknotenwand legt. In älteren Samenanlagen ist im Chalazateil eine Krümmung ein- getreten, so daß der Nucellusscheitel dann nach oben gerichtet ist. Die Samenanlage ist mit zwei Integumenten versehen. Das innere Fig. 54. Dorstenia drakeana. FL eres, Ze äußeres Integu- ment, X Nucellus, Z Embryo- sack, # Funiculus, Z lignin- haltiges Gewebe. Fig. 56. Dorstenia drakeana. E Eizelle, S sekunäärer Embryo- sackkern, A sechs Antipoden. Fig. 55. Dorstenia draksana. E Eizelle, S Synergiden, P Polkern, A Antipoden. Integument verwächst und umhüllt die Samenanlage, das äußere ist auf der Griffelseite kürzer aber viel breiter, als auf der entgegen- gesetzten Seite. Es bleibt in seiner Entwicklung zurück und erreicht nieht. die Verwachsungsstelle des inneren Integuments. Bei der weiteren Entwicklung der Samenanlage werden in deren oberem Teile die Zell- wände etwas dieker und dunkler gefärbt. Was die anderen Teile der Samenanlage betrifft, so ist der Chalazateil erwähnenswert. Flier ist ähnlich wie bei den Urtieaceen eine Anzahl von großen, runden, inten- A a_- 451 siv sich färbenden ‚Zellen vorhanden, welche wie es scheint auch hier eine Rolle bei der Ernährung spielen (Fig. 53-4). Wenn ein größerer Embryo in dem Embryosack sich entwickelt hat, sieht man im Funiculus an der Stelle des Leitungsgewebes bis zu dem Gefäßbtindel nach unten ovale langgestreckte Zellen, welehe auch intensiver gefärbt werden und ziemlich dieke Wände besitzen. Der Embryosack ist schon bei jungen Stadien nach dem Chalazateil zu gebogen. Es scheint, daß die ganze Entwicklung des Eiapparates in jüngeren Stadien normal verläuft. Das jüngste Bild, welches ich beobachtete, zeigte die Eizelle, die beiden Synergiden, die beiden Polkerne und die Antipoden (Fig. 55). Die Synergiden gelangen ähnlich wie ‘bei den Urtieaceen nicht zu ihrer normalen Ausbildung und gehen frühzeitig zurunde. Die beiden Polkerne verschmelzen vor der Embryobildung zu einem größeren sekundären Endospermerkern. Die Eizelle wird zu dieser Zeit etwas größer. Der Endospermkern wandert nach oben und legt sich fast immer der Wand Fig. 58. Dorstenia drakeana. Antipodaler Teil des Embryo- sacks. 7 Plasmafädchen, En Endospermkern. Fig. 57. Dorstenia contrayerva. Em Junger Embryo, #2 Endosperm- kerne in Teilung, £ neun Antipoden. an, dort, wo der obere Teil des Embryosacks nach außen gekrümmt ist (Fig. 56). Die Antipoden sind immer in Mehrzahl vorhanden, es beginnt die Teilung derselben gewöhnlich frühzeitig. In der Regel schwankt bei dem reifen Embryosack die Zahl zwischen fünf und zehn. Drei Antipoden wurden bei diesen Stadien gar nicht beobachtet. In Embryosäcken, wo junge Embryonen vorkanden sind, steigt die Zahl der Antipoden selbst bis vierzehn (Fig. 57). Bei etwas älteren dagegen versekwinden alle diese Antipoden vollständig, und man sieht im anti- podalen Teile die Endospermkerne, welche oft etwas größer und dunkler gefärbt sind. Die Endospermbildung und Embryoentwieklung verlaufen gleichzeitig (Fig. 57). Der Embryo weicht in keiner Beziehung von dem: typischen ab; Die Endospermbildung geht anfangs etwas langsam vonstatten, die Kerne legen sich an die Wände, gelangen aber nieht 452 in den antipodalen Teil und bleiben durch das Plasma mit den Anti- peden in Verbindung (Fig. 57). Später, wenn sich die Endosperm- kerne, welche den Embryosack besonders neben dem Embryo ausfüllen, vermehren, verschwinden die Antipoden und an ihrer Stelle sieht man gewöhnlich in diesem schmalen Teile einen großen Kern. In einem Falle wurde beobachtet, wie dünne Fäden von Protoplasma von einer Seite des Kerns zu der Spitze des Embryosacks verliefen (Fig. 58). Wahrscheinlich bewirken die am Anfang sich vermehrenden Antipoden die Ernährung und geben den Anstoß zur Endospermbildung. Später aber, wenn letzere fortschreitet, übernimmt diese Funktion das Endo- sperm selbst und führt zur Vernichtung der in Mehrzahl vorhandenen Fig. 59. Dorstenia drakeana. Fig. 60, E Embryo, .Z Haustorium, Dorstenie drakeana. A autipodaler Teil des E Embryo, #2 haustorialer Eimbryosacks. Teil des Embryosacks. Antipoden. Zu Beginn der Embryobildung wird eine Vergrößerung des Embryosacks beobachtet. Dieser streckt sich nicht gleichmäßig nach allen Richtungen, sondern bildet am_ unteren Teile eine Ausstülpung (Fig. 59). Diese schreitet nach unten fort, wird immer breiter bis sie fast das gauze Nucellargewebe verdrängt (Fig. 60). Deshalb macht ein älterer Embryosack den Eindruck, als ob der antipodale Teil, welcher bei seiner Entwicklung an die Chalaza mit dem Gefäßbündel anstößt und so an einer Verlängerung verhindert wird, ein Haustorium wäre. Die Entwieklungsgeschichte zeigt, daß wir es hier in Wirklichkeit mit dem ‚normalen Ende eines Embryosacks zu tun haben, der aber in seiner Funktion einem Hanstorium sich nähert. Umgekehrt ist die Fortsetzung des Embryosacks nach unten seiner Entwicklungsart nach ein Haus- 453 torium, welches aber nur zur Verbreiterung des Embryosacks führt und keine Funktionen erfüllt. Aus den Samenanlagen entwickeln sich reife Samen. Dem Aussehen nach, sollten wir es hier mit chalazogamen Pflanzen zu tun haben, da der Pollenschlauch keinen anderen Weg als durch den Funiculus zur Eizelle hat. In Wirklichkeit aber sind keine Pollenschläuche bei Anwendung der verschiedenen Methoden der Fixierung und Färbung beobachtet worden. Deshalb bin ich der Meinung, daß . diese beiden Arten sich auf rein parthenogenetischem Wege vermehren. Zur Prüfung meiner Ansicht habe ich verschiedene Experimente ange- stellt und zum Untersuchen auch frisches Material herangezogen. Am besten gelangen Versuche durch Abreißen des aus der Infioreszenz herausragenden Griffels mit den beiden Narben aller zu diesem Blüten- stand gehörigen Blüten mit einer feinen Pinzette zu einer Zeit, wo die Antheren noch ganz unreif und geschlossen waren. Es enstanden in den behandelten Blüten mehrere Samen. Die Versuche wurden auch derartig angestellt, daß nicht die ganze Inflorenz, sondern nur ein Teil derselben behandelt wurde, so daß einige Blüten .den Griffel behielten. Es entstanden in diesem Falle in beiden Teilen der Infloreszenz in dem mit verletzten Blüten, wie auch in dem anderen reife Samen. Bei den nicht behandelten Fruchtknoten wurden die Narben mit Eau-de-Javelle untersucht und zeigten niemals Pollenkörner. Obwohl die männlichen Blüten neben den weiblichen sitzen, kommt es niemals zu einer Be- stäubug, weil die Antheren sich sehr selten öffnen und keine gebogenen Filamente besitzen. Also ist. sicher hier Parthenogenesis vorhanden. .Dorstenia turnerifolia. Dorstenia turnerifolia gleicht im allgemei- nen den beiden oben besprochenen Arten; hier will ich nur auf einige Abweichungen hinweisen. Schon in ganz jungen Fruchtknoten ist die Ausbildung der Integumente bemerkenswert. Der Nucellusscheitel ist in diesem Stadium nicht nach oben, sondern nach seitwärts gerichtet. Ds M-1” innere und äußere Integument ist deutlich uf x. IR der unteren Seite, wenn man die Samenanlage in Längsschnitten untersucht, ausgebildet, während man auf der oberen keine Integumente sieht. Hier entsteht ein höckerartiger mächtiger Wulst, welcher konn, von dem Funieulus sich über die Samenanlage # Wulst, N Nucellus, verbreitet (Fig: 61). Man kann ihn als Auswuchs 7 Intogamente, Flora, Bd. 98, 32 454 des Funieulus betrachten, weil man schon in jungen Stadien in ihm keine Spuren einer Integumentverschmelzung bemerkt, Bei weiterer Ent- wieklung krümmt sich die ganze Samenanlage nach oben und der Nucellus nimmt für immer eine gekrümmte Lage em. Das innere Integument berührt in diesem Stadium den ihm gegenüberliegenden Wulst und fängt an, mit ihm zu verwachsen (Fig. 62). Das äußere Integument verlängert sich etwas weiter. Zur Zeit der Embryosack- entwicklung verdickt sich der Wulst wie das innere Integument und Fig: 63. Deorstenia turnerifolia. F Funiculus, W Wulst, Fig. 62. Dorstenia turnerifolia. Ja äußeres, 7: inneres Integument, # Fruchiknoten, 77 Wulst, 7 Integu- N Nucellus, Z Embryosack. mente, V Nucellus, B die Stelle der Verschmelzung verschwindet fast spurlos. Während das innere Integument mit dem Wulst frühzeitig verwächst, ragt. das äußere, noch deutlich abgegrenzte Integument über den Wulst in den Raum zwischen den letzteren und der Fruchtknotenwand hinein. Das ganze Bild macht zur Zeit der Reife des Embryosacks den Eindruck, als ob der Funieulus mächtig entwickelt wäre und mittels eines Auswuchses sich zwischen den Nucellus und: dem scheinbar einzigen Integumente a 455 (in Wirklichkeit äußerem) eingeschoben hätte. Die Entwicklungsgeschichte zeigt aber, daß die Entwicklung viel normaler und einfacher ist (Fig. 63). In dem jungen Nucellus vollzieht sich die Tetradenteilung in großer Tiefe. In ähnlicher Weise, wie bei den Urticaceen, habe ich bei Dorstenia turnerifolia nur drei Tochterzellen beobachtet, von denen die untere sich zum Embryosaek entwickelt. Der Embryosack besitzt eine Eizelle, beide Synergiden, welche aber nicht sehr deutlich hervortreten, obwohl beide Kerne immer vorhanden sind, die beiden Endospermkerne, welche sich nebeneinander legen, und die Antipoden (Fig. 64). In einigen Fällen waren mehr als drei vorhanden. Bei etwas älteren Embryo- säcken verschmelzen die beiden Polkerne zum sekundären Embryosack- kern. Zur Embryobildung gelangt die Eizelle niemals. Die Ursachen, Fig. 64. Dorstenia tumnerifolia, Z Eizelle, ? Pol- Fig. 65. Morus rubra. 77 Inneres, kerne, 4 Antipoden. Ja äußeres Integument. die zur Sterilität führen, sind unbekannt. Die Pflanzen wachsen in demselben Gewächshaus wie die beiden anderen Dorstenien und waren immer kräftiger und besser entwickelt als die zwei anderen, welche immer reiehlich Früchte lieferten. Dorstenia turnerifolia also ist: wahr- scheinlich normal und gelangt durch Befruchtung zur Embryobildung. Morus-Arten. Die Morus-Arten blieben alle steril. Deshalb mußte ich mich auf die jüngeren Stadien beschränken. Die Entwicklung des Frucht- knotens und der Samenanlage weicht nicht von der der Dorstenien ab. Die Integamente sind in jungen Stadien noch sichtbar, wie bei Dorstenia 32* 456° dracaena, aber die ganze Samenlage nähert sich in ihrer Befestigungs- art durch den Funiculus, wie in der Krümmung des Nucellus mehr ‚ der Dorstenia turnerifolia (Fig. 65). Da sich ohne Bestäubung nur der Fruchtknoten entwickelt, während die Samenanlage degeneriert, ist eine Befruchtung für Morus-Arten nötig, _—— j Geltis oceidentalis. Während die jungen Fruchtkuoten von Celtis australis innerhalb eines Monats (Mai—Juni) alle abgefallen waren, blieb eine Anzahl derjenigen von Celtis oceidentalis den ganzen Juni hängen. Ob- wohl der Fruchtknoten sich vergrößerte, blieben die Samenanlagen fast un- veränder. Nur Anfang Juli fingen die Samen- P u anlagen rasch zu wachsen Ta auch Wr ' an und reiften im August in ganz normaler Weise. Also ist hier eine Ruhe- periode eingetreten, die wenigstens einen. Monat dauerte. Der Zeitraum zwischen der Bildung des Embryos und der Bestäubung beträgt un- gefähr 6—7 Wochen. Die ganze Samenanlage hängt an einem großen Funiculus. In jungen Stadien, d.h. zu der Zeit der Bildung des Eiapparates ist dieselbe noch fast gerade gestreckt und befindet sich im oberen Teile des Fruchtknotenraumes; mit der Zeit führt sie eine Krümmung aus. Die Samenanlage ist mit zwei Integumenten versehen, die etwas abweichend vom gewöhnlichen Typus sich ent- wiekeln. Das äußere Integument ist auf seinen beiden Seiten nicht gleichmäßig entwickelt, Auf.der dem Funicalus zugekehrten Seite ist es kurz, dick, von innen nach außen sehr stark gekrümmt und einem spitzen Höcker ähnlich. Auf der anderen Seite ist das äußere Integument am Anfang der Chalaza ganz normal, weiter aber wächst es stark über mn _ Ti“ wu N \ Fig 66. Celtis oceidentalis. /« äußeres, 7: inneres Integument, I/ Nucellus, # Funieulus. 457 das innere Integument heraus, verdickt sich im oberen Teile und bildet selbst Zweige (Fig. 66). Es erreicht in seiner Entwicklung die Frucht- knotenwand, mit der es aber niemals verwächst. Das innere Integument ist am Anfang nicht verwachsen ünd zeigt auch eine Tendenz weit vorn über den Nucellus herauszuragen, da es aber auf seinem Wege auf daß äußere stößt, biegt es sich teilweise zurück, teilweise legt es, sich in Falten und auf diese Weise verwächst es an seinem oberen Teile und außerdem mit dem äußeren Integument. Durch diese Ver- wachsung und die Faltenbildung entstehen Kleine, halb geschlossene Hohlräume. Das ganze Conglomerat von beiden Integumenten nähert sich wegen einer Krümmung der ganzen Samenanlage der Frucht- knotenwand und dem Funiculus. Der Nucellus und der Embryosack En Fig. 68. Celtis oceidentalis, Fig. 67. Celtis oceidentalis. P Pollenschlauch, Z Eizelle, S Sy- Em Embryo, Zr Endosperm. nergide, Zr Eindospermkerne. werden deshalb stark gebogen (Fig. 67). Den Eiapparat in voller Ent- wicklung bei Celtis oceidentalis zu beobachten, ist mir nicht gelungen. Bei Celtis australis aber war ein solcher in ganz normaler Weise aus- gebildet. Bei Celtis oceidentalis ist das gewöhnlichste Bild bei dem in Rube sich befindenden Fruchtknoten eine Eizelle und eine dicht an- liegende Spnergide, die andere kann man auf dem nächsten Schnitte sehen. Alle sind sehr plasmaarm und machen den Eindruck, daß sie zu degenerieren im Begriffe sind. Den Endospermkerm, wie auch die Antipoden konnte ich nicht bestimmt nachweisen. In etwas älteren Embryosäcken kann man einen Komplex von Endospermkernen finden, welcher, von dem antipodalen Teile ausgehend, nach oben längs den Wänden sich erstreekt. Die Eizelle bleibt noch ungeteilt (Fig. 68). Erst; wenn das Endospermgewebe sich längs der Wand ausgebildet hat, 458 entwickelt sich die Eizelle zu einem kleinen Embryo, welcher aus kleinen plasmareichen Zellen besteht. Der Embryo ist auf jungen Stadien noch rund, später bildet er die Cotyledonen aus. Die letzteren sind kurz und gekrümmt, während der ganze obere Teil des Embryos dick und rund aussieht. Von einem Embryoträger war nichts zu sehen. Zu dieser Zeit ist der Embryosack voll von dem Endospermgewebe, vur in der Nähe des Embryos ist keins vorhanden. Während der Embryobildung wird die Samenanlage und der Nucellus mit dem Embryosack stark gekrümmt und deshalb scheint der Emhryo in einem nestartigen Raum zu liegen (Fig. 69). Wie es scheint wird haupt- sächlich die Krümmung von dem Funiculus und dem angrenzenden äußeren Integument ausgeführt. Auf der Narbe haftet Pollen, aber keimende Pollenkörner beobachtete ich nicht. In den Samenanlagen mit Embryonen waren keine für die Pollenschläuche typischen Bilder sichtbar. Doch fand ich auf vier Präparaten sich gleichende eigenartige Bildungen. In dem oberen Teile des Funieulus, parallel zu seinem Rande, verliefen stark verzweigte, zickzackartig ausge- bildete, intensiv sich färbende kurze Schläuche, die in das Integument eindrangen und sich dem Nucellus zuwandten. Doch war es mir unmöglich, Pie. 69. GCellis oo. U letzterem diese Schläuche aufzufinden. Da in dentalis. Zm Embryo. allen diesen Präparaten Embryonen vorhanden waren, ist es am wahrscheinlichsten, daß wir es hier mit einem Falle von Chalazogamie zu tun haben. Dieses scheint leicht verständlich, wenn wir an die von Nawaschin gefundene Chalazo- gamie bei den Ulmaceen denken, eine Familie, die, wie bekannt, in naher Verwandtschaft zu den Celtoideen steht. Wie oben erwähnt, kann der Pollenschlauch keinen anderen Weg nehmen, da die Integumente, welche so eigenartig ausgebildet sind, mit der Fruchtknotenwand nicht ver- wachsen. Er müßte dann durch einen lufterfüllten Raum hindurch- wachsen, was nicht wahrscheinlich ist. Mittels des Leitungsgewebes aber muß er an die Basis des Funiculus gelangen und er dringt auch, wie beschrieben, in denselben ein. Hier macht er einen sehr ver- wickelten Weg bis er in die Integumente gelangt. Ich muß noch er- wähnen, daß bei zehn großen Samenanlagen nicht mehr als eine einen Embryo enthält. Wegen Mangels an Material war es mir unmöglich, die Entwicklungsgeschichte genauer zu studieren. 459 Cannabis sativa und Humulus japonicus. Diese Pflanzen wurden oberflächlich untersucht, weil über die Cannabineen schon mehrere Arbeiten vorliegen. Zinger hat nachge- wiesen, daß der, Pollenschlauch quer zu den oberen Teilen der Integu- mente verläuft, dann in den Nucellus gelangt und dort von oben nach. unten zum Embryosack sich erstreckt. Meine Präparate haben die- selben Bilder gezeigt. Die Pollenschläuche bahnen sich ihren Weg durch die Integumente, weil der obere Teil des Nucellus mit den Inte- gumenten nicht direckt an den oberen Teil des Fruchtknotens grenzt, sondern von ihm durch einen engen lufterfüllten Raum getrennt ist. Außerdem liegt das Leitungsgewebe des Griffel- kanals etwas seitlich von der Samenanlage, welche durch den Funiculus nach unten der Mitte des Fruchtknotens zu, verschoben ist. Deshalb bleibt dem Pollenschlauch auch hier kein anderer Weg. Der Pollenschlauch ist breit und bildet blinde Fig. 70. Humulus japonicus. Fig. 71. Cannabis sativa Der anti- H Haustorialkerne. podale Teil des Timbryosacks mit der haustorialartigen Zelle. Säcke. Im Nucellus wird er viel dünner. In dem antipodalen Teile des Embryosacks ist deutlich eine Reihe von Zellen unterscheidbar, welche sehon früher bei den Urticaceen und Moraceen beschrieben wurden, doch sind sie schwächer ausgebildet. Zu diesen Zellen verlaufen, von dem antipodalen Teile ausgehend, strahlenförmig nach allen Seiten lang ge- streckte, große Zellen, welche die Nahrungszufuhr besorgen. In den Em- bryosäcken von Humulus japonieus, wo die Embryonen etwas größer sind und runde Gestalt besitzen, sind zweierlei Endospermkerne unterscheidhar. Die meisten, welche im oberen und mittleren Teile des Embryosacks liegen, sind oval, ziemlich groß und besitzen stets einen großen Nuc- leolus. Im antipodalen Teile, dicht im Protoplasma eingebettet, befinden 460 sich etwas größere Kerne mit viel dünnerer Membran. In jedem ° Kerne sind zwei bis drei Nucleolen vorhanden, aber ziemlich klein und schwach gefärbt. Das Kerngerüst dagegen ist intensiv gefärbt und deutlich differenziert, während bei gewöhnlichen Endospermkernen es fast unsichtbar ist (Fig. 70). Gewiß haben diese Kerne hier dieselbe Funktion bei der Ernährung wie bei den Urtieaceen. Bei Cannabis sativa kommt es nicht zur Bildung von zweierlei Enulospermkernen, aber in einem Falle beobachtete ich bei Cannabis sativa im engen basalen Teile des Embryosacks einen ganz großen Kern mit einem Nucleolus in ein ziemlich diehtes Protoplasma eingebettet. Da der letztere wach oben durch eine membranartige Linie abgegrenzt war, kann man vermuten, daß diese Zelle für physiologische Zwecke der Ernährung hier ausgebildet ist (Fig. 71). Die anderen Stadien, d. h. die jüngeren habe ich nicht untersucht, weil diese ausführlich genug von Zinger dargestellt sind. Wir sehen also, daß innerhalb der Familie der Urtieifloren bei Ulmaceen, Celtoideen und /Cannabineen Chala- zogamie vorkommt. Chalazogamie wurde zum ersten Male von Treub bei Casuarina und von Nawaschin bei Betula alba beobachtet, darauf folgten mehrere Untersuchungen auf diesem Gebiete, von welchen sehr viele und die interessantesten wieder von Nawaschin angestellt werden. So fand er- Chalazogamie bei Corylus, bei Ulmus, Juglans; Benson beobachtete sie bei Corylus, Carpinus, Alnus; Zinger bei Cannabineen; Billings bei Carya olivaeformis. Die Chalazogamie wurde immer bei nahe verwandten Pflanzen gefunden. Pirotta und Longo haben neue Begriffe aufgestellt: Basogamie für Casuarina, Betula usw., Akrogamie für alle normalen Pflanzen und Mesogamie für Ulmaceen, Cannabineen, Cynomorium coceineum (Balanophoraceae). Später erschien eine Beschreibung von Chalazogamie bei Alchemilla arvensis von Murbeck und bei Cucur- bitaceen von Longo. Also die Erscheinung ist den Rosaceen und den Cueurbitaceen gemeinsam. Chalazogamie ist auch, wie es mir scheint, bei Celtis oceidentalis vorhanden, welche ich untersucht habe. Ob bei der letzteren eine Befruchtung erfolgt, oder wie Goebel für Casuarina annimmt, der Pollenschlauch als Reiz auf die Eizelle wirkt und so die weitere Entwicklung veranlaßt, ist nicht entschieden, da der Pollen- schlauch in dem Nucellus nicht beobachtet wurde. Es ist die Ver- mutung einer Parthenogenesis jedenfalls nicht ausgeschlossen, um so mehr als dem Pollenschlauche ähnliche Bilder nur viermal gesehen wurden, obwohl junge Eimrbyonen öfter vorkamen. Da aber wegen sehr schlechter Bestäubung die meisten. Fruchtknoten abfallen, ohne. sich ‚zur 461 Frucht zu entwickeln, zwingt diese Erscheinung zur Annahme, daß die Anwesenheit des Pollenschlauches nötig ist. In der Tabelle, welche oben für die Familien mit parthenogenetischen Arten aufgestellt ist, sind auch diejenigen, bei welchen auch Chalazogamie stattfindet, bezeichnet. Beide Erscheinungen kommen also bei Rosaceen, bei Balanophoraceen und Cucurbitaceen vor. Vielleicht ist es auch bei den Moraceen der Fall (bei Morus ist eine Befruchtung vorhanden und der Pollenschlauch muß nach Analogie mit den anderen chalazogamen Pflanzen durch den Funiculus durchwachsen). Wir sehen also, daß bei den Familien, wo Chalazogamie vorhanden ist, man auch Parthenogenesis beobachtet hat. Obgleich die Zahl dieser Beispiele eine sehr begrenzte ist, kann man vielleicht doch eine empirische Regel aufstellen, nämlich, daß dort, wo Chalazogamie vorhanden ist, auch immer Parthenogenesis zu beobachten war. Umgekehrt aber gilt diese Regel nicht. Nur die weiteren Unter- suchungen werden beweisen, ob dieselbe überall anwendbar ist und welche Bedingungen diese Erscheinungen verursachen. Da aber dieser Zusammenhang von Parthenogenesis und- Chalazogamie bisher in 3—4 ganz verschiedenen, nicht mit einander verwandten Familien des Pflanzen- reichs sich zeigt, kann von einer phylogenetischen Auffassung üesselben kaum eine Rede sein. Haustorlen, Endospermkerne, Antipodeh. Von den untersuchten Pflanzen besitzt nur Urtica cannabina ein Haustorium. Eine „Tendenz“ zur Ausbildung eines solchen zeigt Urtica urens. Dorstenia-Arten besitzen im antipodalen Teile haustorielle En- dospermkerne, welche nicht nur bei beiden oben- erwähnten Pflanzen vorhanden sind, sondern auch noch bei einigen anderen Urticaceen und sogar bei Humulus japonicus sich vorfinden. Wir können die Haustorien nach zwei Gesichtspunkten besprechen, dem phylogenetischen und dem physiologischen. Wenn wir berücksichtigen, daß bei Urtieifloren das Entstehen von Haustorien auf ganz verschiedene Weise sich vollzieht und hierbei kein allgemeiner Typus aufzufinden möglich ist, können wir sagen, daß für systematische Zwecke die Haustorien und ihre Kerne keinen großen Wert haben. Besonders werden wir davon. überzeugt, wenn wir die Aufmerksamkeit auf die anderen Familien richten, wo dieselbe Erscheinung sich wiederholt finden läßt. Deshalb kann man sich dem folgenden Satz von Balitzka-Jwanowska anschließen: „La presence d’un Haustorium ne pourrait ötre & Ini seul consid6r6, comme base, d’une classification, ear ce n’est qu’un ensenble des earactöres, qui peut. fournir un eriterium suffisament .coneluant pour la determination 462 striete d’un groupe”. Die Haustorien der Urticaceen sind als eine secundär aufgetretene Erscheinung anzusehen, deren Auftreten wahr- scheinlich durch den anatomischen Bau des basalen Teiles des Nucellus begründet ist. Die hier liegenden, schon beschriebenen Gewebe, das ligninhaltige und das plasmareiche, sind immer an derselben Stelle bei allen Urticaceen und in etwas schwächerem Maßstabe auch bei den anderen Urtieifloren vorhanden. Wenn wir aber dieses anatomische Merkmal für alle Urtieifloren als ein phylogenetisches Merkmal be- trachten wollen, so können wir dies in bezug auf die Haustorien nicht tun, weil das Gewebe nur eine der vielen Ursachen ist, welche zur Haustorienbildung führen kann. Die anderen Ursachen können einen mehr zufälligen Charakter haben und es hängt von der Art und Weise ab, in welche diese letzteren mit der Hauptursache, nämlich der Anwesenheit der beiden Gewebe, sich kombinieren, ob bei der betreffenden Art ein Haustorium entsteht oder nicht, Also haben die Haustorien keinen phylogenetischen Wert. Viel wichtiger ist die physiologische Rolle der Haustorien mit ihren Endospermkernen. Goebel sagt hierüber: „Die Einrichtungen, welche beim heranreifenden Samen die Ernährung der Makrospore und des in ihr enthaltenen Endosperns (und Embryos) ermöglichen, sind recht verschieden. . . Der einfachste Fall ist der, daß die Makrospore sich vergrößert und ohne Zuhilfe- nahme besonderer Strukturverhältnisse (von den Antipoden abgesehen) allmählich die umliegenden Zeilen aufzehrt und verdrängt, so ist es namentlich bei vielen Monokotylen, aber auch nicht wenigen Dikotylen.“ Ich meine, daß wir es bei dieser Auffassung mit einem Haustorium zu tun haben, welches nur die quantitative Vermehrung der Nahrung des Embryosacks verfolgt nnd dann sind also die inneren Teile des Embryosacks imstande, sich zu ernähren, obne Ausbildung irgend eines zu diesem Zwecke dienenden Mechanismus. Wenn aber eine Erweiterung des Embryosacks nicht möglich ist, oder die verdrängten Gewebe ziemlich zart sind, so. entstehen im Embryosacke passende Ein- richtungen zum Zweck einer größeren Nahrungszufuhr. So entsteht z. B. bei den Dorstenia-Arten ein Haustorium, welches oben aus- führlicher beschrieben ist. Die zarten Zellen des Nucellus aber, welche dem Embryosack als Nährmaterial zur Verfügung’ stehen, genügen nicht und deshalb entstehen im antipodalen Teile die haustoriell funk- tionierenden Endospermkerne. Solche Endospermkerne wurden bei Urtica cannabina, Urtiea urens, Urtica pilulifera, bei Dorstenia con- trayerva, Dorstenia draksaena und Humulus japonieus beobachtet. Sie können wahrscheinlich nicht nur die quantitative Vergrößerung der RT mn 463 Nahrungszufuhr verursachen, sondern haben auch eine qualitative Funktion, nämlich eine chemische Umwandlung der Stoffe herbei- zuführen und die letzteren in eine für die Ernährung der oberen Endospermkerne und des Embryos mehr geeignete Form zu bringen, In Wirklichkeit spielen die Endospermkern überall, wo Haustorien vor- kommen, eine wichtige Rolle. Aber nicht nur die Endospermkerne, sondern auch die Antipoden können dieselbe Funktion auf sich nehmen. Doch geschieht dies viel seltener. Z. B. Aconitum Napellus stellt einen besonders deutlichen Fall dieser Funktion dar; hier bleiben die Anti- poden in der Dreizahl, aber sie vergrößern sich und bleiben längere Zeit funktionsfähig. Bei Trieyrtis hirta ist die Funktion der Antipoden auch außer Zweifel. Die Kerne von Antipoden beschreibt Jkeda in folgender Weise: „When the chalazal end of the antipodal cells becomes more and more elongated downwards their nuclei beeome highly enlarged and now begins gradually an extraordinary increase of chromatin. The chromatin substance becomes variously aggregated within the nuclens, espacially along the inner periphery of the membrane: it forms a number of big extraordinarily dense and consequentiy highly stainable, usually chromatinmasses. The single nucleolus gradually becomes very much smaller, so that offen it is hardly to be distinguisched from these chromatine-masses.“ Also haben hier die Antipodenkerne eine den haustoriellen Endospermkernen der Urtieifloren ähnliche Gestalt, welche durch dieselbe Funktion verursacht wird. Auch bei Lysichiton sind die ‚Antipoden funktionsfähig. Wir können jetzt alle diese Erscheinungen kurz in folgender Weise formulieren. Die Ernährung des Embryos und die Ausbildung von Endosperm kann entweder durch Vergrößerung der Absorbtions- fläche des Embryosacks vor sich gehen oder durch Entstehung eines geeigneten Apparates, welcher auch chemische Umwandlungen ver- ursachen kann. Der Mechanismus wird öfter von den Endosperm- kernen, seltener von den Antipoden vollzogen. Ein Unterschied in der Funktion dieser beiden aus verschiedenen Teilen des Embryosacks entstandenen Mechanismen ist nicht nachzuweisen, da die Kerne der beiden ähnlich aussehen. Selbstverständlich kann die Flächenvergrößerung des Embryosacks mit einem Endospermmechanismus kombiniert sein, wie es bei Urtieca canmabina und überhaupt bei vielen anderen Pflanzen der Fall ist. In letzterem Falle tritt deutlich zutage, daß das Gebilde eine quantitative und eine qualitative Rolle spielen kann. Wir haben bis jetzt die Endospermkerne und die Antipoden im Zusammenhang mit haustoriellen Funktionen besprochen und es bleibt 464 nur noch übrig, einige Worte tiber diese Teile des Embryosacks zu sagen, Bei Urtica cannabina ist, wie wir gesehen haben, eine Tendenz zur Vermehrung der Zahl der Antipoden, die aber nur his auf fünf steigt. Es trat diese Erscheinung dort auf; wo der secundäre Embryo- sackkern ungeteilt blieb und die Eizelle zu ‚einem größeren Embryo sich entwickelt hat. Als Regel wurde eine große Vermehrung von Anti- poden bei Dorstenien festgestellt. Alle diese Antipoden gehen in den jüngsten Stadien der Embryobildung. zugrunde. Die rasche Teilung der Antipoden bei Dorstenia-Arten kann man als eine Folge der An- sammlung von zufließender Nahrung ansehen, welche etwas später dem sekundären Empryosackkern zugeführt wird und dann als Reiz die Teilung des letzteren bewirkt. Darauf gehen die Antipoden zugrunde. Dorstenia drakeaena und Dorstenia contrayerva sind parihenogenetisch und man kann vermuten, daß eine gewisse (uantität der Nahrung, welche in den Antipoden sich ansammelt, nötig ist, um den chemischen Reiz auszulösen, der die Teilung des sekundären Embryosackkerns her- ‘ beiführt. Die Antipoden aber werden beim Ansammeln. der Nahrung zum Teilen gebracht. Wenn bei Urtica cannabina die Teilung des Endosperms nicht stattfindet und nur der Embryo sich teilt, können die Antipoden einen gewissen Überfuß von Nahrung für sich behalten, dann teilen sie sich und übernehmen eine Zeitlang die ihnen nicht an- gehörige Funktion der Ernährung des Embryos, indem sie mit ihm durch Protoplasmastränge in Verbindung treten, während der sekundäre Embryosackkern unverändert bleibt. Ein besonders auffallendes - Bei- spiel stellt Sparganium dar, wo bis 150 Antipoden entstehen und als Nahrungsreservoir funktionieren. Also entwickeln sich die Antipoden einerseits zu haustoriumartig funktionieren den Organen, wie es oben be- sprochen wurde, andererseits können sie längere oder kürzere Zeit als Nahrungsreservoire dienen. Von der letzteren Stufe ist ein Schritt zu den schon von Anfang ihrer Entstehung an degenerierten Antipoden. Oben haben wir die im antipodalen Teil entstandenen Endospermkerne, welche physiologische Funktionen leisten, besprochen. Jetzt müssen nur noch einige Worte über die Entstehung des Endosperms bei den Urticifloren gesagt werden. Bei den meisten Arten verschmelzen die Polkerne zum sekundären Embryosackkern, bei anderen bleiben sie längere Zeit getrennt und bei Elatostema sessille verschmelzen sie viel- leicht niemals. Ein großes Gewicht kaun man auf das Verschmelzen der Polkerne überhaupt nicht legen, weil im Pflanzenreiche das Endo- sperm auf ziemlich verschiedene ‚Art entsteht, entweder durch Ver- schmelzung der Polkerne mit dem Spermakern, oder einfach durch Ver- 465 schmelzung der Polkerne, wie bei den meisten parthenogenetischen Pflanzen, oder aus nicht mit einander verschmelzenden Polkernen, oder sogar nur aus dem oberen Polkern, wie es bei Balanophora vorkommt. Endlich ist es Shibata gelungen durch Anwendung von osmotischen und Wärmereizen den sekundären Embryosackkern bei Monotropa zur ‚Teilung zu bringen. Also kann nur eine experimentelle Untersuchung die Plastizität des sekundären Embryosackkerns näher erläutern. Zusammenfassung. Alle Urtieaceen zeigen in der Entwicklung des Fruchtknotens und der Samenanlage eine außerordentliche Übereinstimmung. Sie können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Bei der ersten Gruppe ist der Fruchtknoten und die Samenanlage gerade ausgebildet. Hierher gehören Urtica cannabina, Urtica dioica, Urtica pilulifera, Urtica urens, Elatos- tema sessile, Pilea grandis, Pilea nummalariaefolia.. Bei den anderen Urtieaceen ist die Samenanlage und der Fruchtknoten gekrümmt und durch diese Gebilde kann man nur eine Symmetrieebene legen. Hierher gehören Laportea moroides, Urera baccifera, Parietaria offieinalis, Boeh- meria platyphylla und Fleurya aestuans. Bei Parietaria offieinalis ist der Fruchtknoten in den älteren Blüten etwas gekrümmt, in den jungen ganz gerade; die Samenanlage ist dagegen bei dieser Art in jungen Stadien stark gekrümmt, in älteren weniger. Die Samenanlagen aller Urticaceen der zweiten Gruppe sitzen auf einem Stiel, welcher bei den Krümmungen die Hauptrolie spielt. Bei den Urticaeen der ersten Gruppe ist nur bei Urtica urens ein schwach entwickelter Stiel vorhanden, Einige Fruchtknoten sind dicht von Perigonblättern umgeben (Urtiea pilulifera, Parietaria offieinalis). Die Perigonblätter bleiben bei den reifen Früchten als deischige, Umhüllung nur bei Laportea moroides und Urera. bacciferia. Die Samenanlagen sind mit zwei Integumenten versehen; das innere verwächst gewöhnlich zu einer Kappe, mit Ausnahme von Urera baccifera, bei welcher eine Mikropyle vorhanden ist und von Urtica urens, bei welcher die Verwachsung sehr schwach ist. Das äußere Integument bleibt bei allen Arten in seiner Entwicklung zurück, außer Parietaria ofieinalis, bei welcher das äußere das innere weit überholt und die Verwachsung weiter nach oben stattfindet. Wegen der Teilung der Epidermis bei den Samenanlagen und der Schichtzelle liegt der Embryosack, welcher gewöhnlich aus der untersten von den drei Tochter- zellen entsteht, tief in dem Nucellus. Wahrscheinlich tritt die Tetraden- teilung bei allen Urticaceen auf. 466 Bei den Moraceen sind alle Arten von Dorstenien und von Morus ganz gleich gebildet. Der Griffel mit seinem Leitungsgewebe führt zu der Samenanlage, welche auf der den Griffel tragenden Seite des Frucht- knotens mittels eines Funiculus befestigt ist. Die Samenanlage ist ge- wöhnlich am Funiculus nach oben gebogen und besitzt zwei Integumente. Die letzteren sind deutlich auf der von dem Funiculus abgekehrten: Seite zu unterscheiden. Auf der zugekehrten Seite sind sie bei Dor- stenia contrayerva, Dorstenia drakeana und Morus-Arten noch unter- scheidbar; bei Dorstenia furnerifolia sieht man nur einen Wulst, in welchem auf jüngsten Stadien keine Andeutung von den Integumenten zu finden ist. Das innere verwächst bei Dorstenia drakeana und Dorstenia eontrayerva, bei Dorstenia turnerifolia jedoch verwächst der Wulst mit beiden Integumenten der anderen Seite. Bei Celtis occidentalis und Celtis australis hängt die Samenanlage oben in dem Fruchtknoten- raum etwas auf die eine Seite verschoben. Die Integumete, welche stark wachsen und keinen Raum für Wachstum in gerader Richtung besitzen, weil sie auf die Fruchtknotenwand stoßen, bilden Falten und verwachsen auf diese Weise. Die Cannabineen wurden schon von Zinger, Briosi und Tognini ausführlich beschrieben. Bei allen Urticaceen und in schwächerer Ausbildung bei anderen Urtieifloren sind zweierlei Schichten im basalen Teile des Nucellus vor- handen. Unter dem Embryosack befindet sich eine Schicht von ver- holzten Zellen (ligninhaltige Schicht) und nach unten von dieser noch eine Schicht, welche aus mehreren Reihen plasmareicher Zellen besteht (plasmareiche Schicht). Außerdem liegen au der Basis des ganzen Fruchtknotens, um das eintretende Gefäßbündel herum, ebenfalls plas- mareiche Zellen. Beide Schichten bleiben bei der Samenbildung er- halten, während die Integumente der Urticaceen verdrängt werden und als strukturlose Haut sichtbar sind, Der Nucellus verschwindet bis auf die kleinsten Reste im oberen und unteren Teile. Der Eimbryosack ist bei allen Urticifloren gleichartig ausgebildet. Durch die Teilung des primären Embryosackkerns entstehen zwei erste Kerne, welche in gewöhnlicher Weise das Stadium von acht Kernen erreichen. In der weiteren Entwicklung treten bei den Urtieifloren verschiedene Schwankungen auf, Der Eiapparat besitzt immer eine Eizelle. Die Synergiden sind nur bei Elatostema sessile, Pilea grandis, Celtis oceidentalis normal entwickelt, bei den anderen Arten differenzieren sich die Synergiden gar nicht oder gehen frühzeitig zugrunde. Die Polkerne verschmelzen frühzeitig. Bilder mit aneinander gedrängten Polkernen wurden nicht beobachtet, mit Ausnahme von Dorstenia 467 turnerifolia. Eine Ausnahme bildet auch Elatostema sessile, bei welcher die Kerue immer getrennt gesehen wurden. Die Antipoden sind ge- wöhnlich in Dreizahl vorhanden. Normal ausgebildet sind sie nur bei Urtica cannabina, Elatostema sessile, Dorstenia contrayerva und Dorstenia Arakeana (bei den zwei letzteren nur auf den jüngsten Stadien). Bei den anderen, von Urtica dioiea an, sind sie mehr oder weniger de- generiert. Bei Dorstenia drakeaena und Dorstenia contrayerva beträgt die Zahl der Antipoden im reifen Embryosack viel mehr als drei (10—15), bei Urtica cannabina sind gewöhnlich drei vorhanden, aber oft vermehren sie sich auf fünf. Später gehen sie in allen diesen Fällen zugrunde. Die Embryonen entstehen nur aus der Eizelle und entwickeln sich in normaler Weise mit Ausnahme von Urtica pilulifera, bei welcher die. obere Zelle des Embryoträgers mit der Zeit sich vergrößert und in nähere Verbindung mit dem Endospermgewebe tritt. Gleichzeitig mit der Embryobildung entsteht das Endosperm, welches nur bei den älteren Stadien zum Endospermgewebe sich aus- bildet. Bei der Embryobildung entsteht in dem Embryosack von Urtica cannabina ein. Haustorium, welches in den basalen Teil des Nucellus eindringt und eine Reihe von Schichten verdrängt. Eine Andeutung eines Haustoriums ist bei Urtica urens vorhanden. Die anderen Ur- tieaceen bilden kein Haustorium, aber sehr oft zeigen sie Anhäufung von Protoplasma im unteren Teile des Embryosacks mit anders aus- gebildeten Endospermkernen, welche an diejenigen von Urtiea cannabina erinnern und bei der letzteren im Haustorium sich befinden. Diese Kerne sind größer, mit mehreren Nucleolen ausgestattet und wegen . Anwesenheit größerer Mengen von Chromatinsubstanz intensiver gefärbt. Dasselbe wiederholt sich im antipodalen Teile bei Dorstenia drakeaena, Dorstenia contrayerva und Humulus japonieus. In einem Falle, nämlich einmal bei Dorstenia drakeaena, waren auch Plasmafädchen von dem großen Endospermkern bis zum Ende des Embryosacks sichtbar. Der sekundäre Embryosackkern blieb einmal bei Urtica dioica und einmal bei Urtica cannabina ungeteilt, obwohl in den Embryosäcken schon größere Embryonen vorhanden waren. Die Embryobildung geschieht bei Elatostema sessile, Dorstenia contrayerva und Dorstenia drakeana auf parthenogenetischem Wege. Bei Urtica dioica, Urtica cannabina, Urtica pilulifera, Pilea grandis, Pilea nummalariaefolia, Boehmeria pla- iyphylla und wahrscheinlich bei allen anderen auf normalen Wege, da bei Isolieren der weiblichen Exemplare keine Samenentwieklung_ statt- gefunden hat. 468 . Schluß. . 1. Die Urtieifloren weichen von dem allgemeinen Typus der Di- cotyledonen nur in einigen Beziehungen ab. 2. Elatostema sessile, Dorstenia drakeana und Dorstenia contrayerva sind parthenogenetische Pflanzen. 3. Urtiea dioica, Urtica eannabina, Urtica pilulifera, Pilea grandis, Pilea nummalariaefolia, Boehmeria platyphylla und wahrscheinlich alle anderen Arten entwickeln ihre Embryonen infolge der Befruchtung. 4. Celtis oceidentalis ist chalazogam. . 5. Bei Dorstenia-Arten und Urtica cannabina vermehren sich die Antipoden, welche später verschwinden. 6. Die Eizelle ist immer vorhanden, die Synergiden entwickeln sich gar nicht oder gehen sehr früh zugrunde. 7. Die Polkerne verschmelzen meistens frühzeitig zum sekundären Embryosackkern, 8. Bei Elatostema sessile gehen sie in Teilung über, ohne sich vorher zu vereinigen. 9. Der Embryo entsteht in gewöhnlicher Weise. 10. Bei Urtica pilulifera bildet sich im Embryoträger eine große Zelle aus, welche Nahrungsfunktionen erfüllt. 11. Bei Urtica eannabina entsteht- ein antipodales Haustorium mit haustoriellen Endospermkernen. ' 12. Dasselbe kommt in viel kleinerem Maßstabe bei Urtica urens vor. 13. Die haustoriellen Endospermkerne entstehen bei einigen anderen Urtiejfloren ohne Ausbildung eines Haustoriums. 14. Bei einigen Urticaceen ist der Fruchtknoten und die Samen- . anlage gekrümmt. 15. Die Krümmung wird bei allen diesen Arten durch den Stiel verürsacht, auf welchem die Samenanlage sitzt. 16. Alle Samenanlagen besitzen zwei Integumente, von welchen gewöhnlich das innere verwächst. Das äußere nur bei einigen Arten. 17. Bei der Samenentwicklung werden die Integumente von allen Seiten verdrängt und bilden eine dünne strukturlose Haut. 18. Der Nucellus verschwindet bei der Samenbildung gänzlich oder wird auf eine Zellreihe reduziert. 19, Im basalen Teile sind zwei Schichten vorhanden: eine obere, die ligninhaltige, und eine untere, die plasmareiche, welche bei der Samenbildung beibehalten werden. 469 20. Die Ernährung des Embryos kann durch Vergrößerung der Absorptionsfläche des Embryosacks oder durch Ausbildung von Haustorial- kernen vor sich gehen. In letzterem Falle können sich sowohl Endosperm- kerne wie auch die Antipoden dieser Funktion anpassen. Es kann auch die Ernährung gleichzeitig durch Vergrößerung der Absorptions- fäche des Embryosacks und durch Haustorialkerne besorgt werden. 21. Die Antipoden können nicht nur funktionsfähig oder funktions- los (wie es gewöhnlich der Fall ist) sein, sondern auch als Nahrungs- reservoir dienen. Literatur. Balicka-Iwanowska, Contribution & l’&tude du sac embryonnaire chez certains Gamopetales. Flora 1899, Bd. 86, Benson, Contribution to tke Embryology of the Amentiferae I. Trans. Linn. Soc. Bot. 1900, 14. Billings, Beiträge zur Kenntnis der Samenentwicklung, Flora, 1901, Bd. 88. Ders., Chalazogamy in Carya olivaeformis. Bot. Gaz. 1903, XXXV. Blackman, On the relation of fertilisation, apogamy and parthenogenesis. 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Sporen erleichtern, beim Austrocknen sich aber wieder schließen.“ Als be- kannteste Beispiele nennt Ascherson die beiden „Jerichorosen“ der nordafrikanischen und westasiatischen Wüsten, Odontospermum pyg- maeum (DC.) Benth. et Hook. und Anastatica hierochuntiea L., wo- bei er die Meinung ausspricht, das die erstgenannte Pflanze die wahre Jerichorose sei, die im Mittelalter von Kreuzfahrern und Pilgern als Symbol der Auferstehung aus dem Heiligen Lande heimgebracht worden ist. Am Schlusse unserer Mitteilung werden wir nachzuweisen suchen, daß diese Auffassung irrtümlich und. Anastatica die „Jerichorose* der Christen und Muhammedaner gewesen ist, Unser Hauptthema bildet aber die physikalische Erklärung der hygrochastischen Bewegungen bei den beiden genannten und bei einer Anzahl anderer Pflanzen, die am angegebenen Orte von Ascherson aufgezählt sind. Von diesen anderen ist Mesembryanthemum bereits im Jahre 1883 von einem von uns besprochen ?), Aptosimum von Weberbauer®) und von E. Weber“) geschildert worden. Bei Selaginella lepidophylla beruhen die hygro- chastischen Erscheinungen wahrscheinlich auf denselben Ursachen wie das Schwellen der Moospolster bei neuer Durchtränkung°), sie treten daher auch an den lebenden Organen ein. Die Bewegungen der Dolden- strahlen von Ammi Visnaga sind auch bereits als Kohäsionswirkungen gekennzeichnet). So bleiben denn insbesondere noch die Bewohner 1) Ber. d. Deutschen Bot. Ges. 1892, pag. 94ff. 2) Ber. d. D. Bot. Ges. 1883, pag. 339 u. 360. 3) Beihefte z. Bot. Zentralbl. 1901, Bd. X, pag. 4. 4) Ibidem 1906, Abt, II, Heft 1, pag. 14. 5) Vgl. Biol. Zentralbl. 1906, pag. 675. 6) Ber. d. D. Bot, Ges. 1902, pag. 128. 33* 412 der ägyptischen Wüste, Fagonia und Zygophyllum, sowie die südafrika- nische Komposite Geigeria zu untersuciien. Es handelt sich dabei haupt- sächlich darum, ob sich auch ihre hygroskopischen Krümmungen aus der Gewebe- bzw. Membranstruktur erklären lassen, ob sie sich also in den Rahmen der Theorie fügen, die von einem von uns seit Jahren in zahl- reicher Mitteilungen behandelt und jüngst in einem Referate des Biol. Zentralblattes (1906, Nr. 20 und 21) möglichst allgemeinverständlich in Kürze dargestellt worden ist. An einigen der obengenannten Pflanzen hatten wir nun bereits im Jahre 1898 diesbezügliche Untersuchungen angestellt. Ihre Resultate stimmten in der Tat mit der „Strukturtheorie* durchaus überein. Da wir aber die bezeichnete Theorie für genügend befestigt und durch sehr zahlreiche Fälle hinreichend belegt glaubten, so hielten wir es damals nicht für der Mühe wert, jene Untersuchungen zu veröffentlichen. Durch ein botanisches Referat der „Naturwiss. Rundschau” vom Juni 1907 (Nr. 28, pag. 358) wurden wir aber darüber belehrt, daß selbst am Sitze Schwendeners, der bei der „Strukturfheorie“ so wesentlich mit beteiligt ist, diese Theorie noch nicht genügend ge- würdigt wird und mußten daraus schließen, daß die Veröffentlichung unserer Ergebnisse immerhin geeignet sei, anderen unnötige Arbeit zu ersparen und somit den wissenschaftlichen Fortschritt rascher zu fördern. Dieses Referat bezieht sich auf eine in der Österreich. Bot. Zeit- schr. (1907, pag. 8—14 und 58—65) erschienene Arbeit von O. Kleiner „Über hygroskopische Krümmungsbewegungen bei Kompositen,* in der u. a. die Hygrochasie von Odontospermum pygmaeum erörtert wird. Nach dem Referate der Nat. Rundschau glaubt Kleiner die Be- wegungen ihrer Hüllschuppen auf einen chemischen Gegensatz der Zellmembranen in den beteiligten Geweben zurückführen zu können; die Wandungen des Quellgewebes sollen nämlich aus Zellulose bestehen, die des Widerstandsgewebes dagegen verholzt sein. Der Referent (0. Damm) fügt hinzu, daß nach Leclerc du Sablon auch die Bewegungen, welche die Äste von Anastatica zeigen, auf demselben chemischen Gegensatz der antagonistischen Membranen beruhen sollen und schließt daraus, daß hiernach der Verholzung in der Tat ein bestimmender Einfluß auf die Quellungsfähigkeit zuzukommen scheine. Diese Frage ist somit wohl einer eingehenden Erörterung wert, und ihr ist darum der erste Abschnitt der nachfolgenden Mitteilung gewidmet. Ein zweiter Abschnitt soll sich mit dem Verwendungsbereich des Polarisationsapparates zur Erforschung der hygroskopischen Me- chanismen beschäftigen. In dieser Hinsicht ist nämlich bisher sozu- 473 sagen ausschließlich von dem Gegensatz zwischen Additions- und Sub- traktionsfarben Gebrauch gemacht worden, die bei Einschaltung eines Gipsplättchens bekannter Farbe auftreten und in den Membranen das Vorhandensein eines Antagonismus zwischen „Steil"- und „Flach“struktur ') bekunden. Auf Abstufungen von additionellen und subtraktiven Farben untereinander ist bis jetzt aber weniger geachtet worden, weil ihr Ton ja nicht allein vom Membrangefüge bedingt ist, sondern, ebenso wie der eines Gipsplättchens, von der Dicke der Einzelmembran selbst oder von der Dicke des Schnittpräparates abhängt, die ja oft keine gleichmäßige ist. Es soll nun im zweiten Abschnitt gezeigt werden, daß solche Farbenabstufungen unter Umständen ebenfalls vorzüglich dazu geeignet sind, um entsprechende Strukturdifferenzen benachbarter Zellwandungen kenntlich zu machen. Der Abschnitt 3 wird dann die Einzelerklärung der hygro- chastischen Apparate bringen und Abschnitt 4 die Frage nach der „wahren“ Jerichorose behandeln. I. Über den Vergleich zwischen Zellulose- und verholzten Membranen in bezug auf ihre Quellungsfähigkeit. Die Vermutug, daß Zellulosehäute stärker schrumpfen als ver- holzte, verdankt ihre Entstehung wahrscheinlich einer mißdeuteten all- täglichen Erfahrung. Ein jeder hat ja die Wahrnehmung gemacht, daß beispielsweise ein Apfel beim Wasserverlust weit stärker schwindet, als dies bei einer gleich großen Holzkugel der Fall sein würde, oder der Blattstiel einer Runkelrübe, ein eßbarer Spargelschößling u. dgl. stärker als ein gleich dieker Baumast. In der Tat bleibt diese große Verschiedenheit des Maßes der Größenabnahme auch noch bestehen, wenn bei den saftigen Geweben das Schwinden der Turgordehnung mit in Rechnung gezogen wird. Diese Differenzen haben aber ihre wahre Ursache hauptsächlich darin, daß die erwähnten Zellulosegewebe beim Wasserverlust nicht bloß schrumpfen, sondern auch schrumpfeln. D. h. die starke Volumverringerung beruht in erster Linie nicht auf der Kontraktion ihrer Membranen, sondern auf der Einfaltung und Zer- 1) Diese Ausdrücke sollen hier die Richtung der Strukturelemente (Mizelle?) hinsichtlich der Längsachse der Zellen oder event. des Organs kennzeichnen. Von Steilstruktur sprechen wir dann, wenn der Winkel, unter dem diese Membran- bestandteile (und somit auch die event, auftretenden Poren, Streifen, Verdiekungs- fasern) gegen die Längsachse geneigt sind, zwischen 0° und 45° legt, von Klach- struktur, wenn seine Größe zwischen 45° und 90° beirägt. 44 knitterang derselben durch den Kohäsionszug des schwindenden Saftes. In Wirklichkeit läßt sich bei genauen Messungen an natürlichen verholzten und unverholzten Membranen der vermutete Unterschied in der Quellungs- und Schrumpfungsfähigkeit als durchgreifendes Merkmal nicht aufrecht erhalten. Allerdings hat Leelere du Sablon diese Differenz nicht allein bei Anastatica (s. o. pag. 472), sondern auch im Antherengewebe zu konstatieren gemeint‘). Er behauptete nämlich, daß sich die dünnen Wandpartien der fibrösen Antherenzellen aus dem Grunde stärker kon- trahierten als die Verdickungsgebilde derselben Zellen, weil die ersteren aus Zellulose beständen, die letzteren dagegen verholzt seien. Einen eingehenden Nachweis dieser chemischen Differenz sucht man bei ihm aber vergebens. Zudem ist durch einen von uns bereits früher hervor- gehoben worden, daß die Anwendung der bekannten Reagentien auf Verholzung, nämlich Phlorogluzin und Salzsäure, sowie Anilinchlorid, bei manchen Antheren die von Leclerc angenommenen Substanz- verschiedenheiten nicht bestätigt hat; die dünneren Membranregionen derselben färben sich nämlich ebenfalls rot, bzw. gelb; oder die Ver- dickungsfasern und -platten nehmen so wenig Farbe an wie die dünneren Partien®). Dem entsprechend haben auch Schwendener und Colling, die im übrigen Lecleres Ansicht von der stärkeren Kontraktion der unverdickten Wandungen teilen, die Begründung der Kontraktions- differenz durch die Substanzverschiedenheiten fallen lassen oder sogar direkt als irrtümlich erklärt?). Auch in den Ästen von Anastatica hierochuntica haben wir ver- geblich nach der Wirksamkeit der Zellulosemembranen gesucht, die nach Leclerc die Krümmungen verursachen sollen. Es muß hier gleich vorweggenommen werden, daß nach unserer Untersuchung die hygro- skopischen Bewegungen der Anastatica-Äste hauptsächlich darauf be- ruhen, daß die mechanischen Fasern der morphologischen Oberseite querporig, die der Unterseite steilporig sind (vgl. Fig. 8a pag. 490). Beiderlei Fasern färben sich aber bei genügender ‚Schnittdicke mit Phlorogluzin gleichmäßig tiefrot. An den Flanken der gekrümmten Ästehen stoßen sie nun 'unvermittelt aufeinander (vgl. Fig. 8b). Das Polarisationsmikroskop läßt an solchen Flankenschnitten bei Einschaltung 1) Becherehes sur la dshiscenee et la structure des anthöres. Annales des seiences nat,, 7 serie I, pag. 97 ff. 2} Siehe Bot. Jaarboek der Dodenaea, Gent 1895, Bd. VII, pag. 300 u. 902. 3 Schwendener, Sitzungsber. d. Berl, Akad, d. Wissensch. 1899, Bd. VI, pag. 104; Colling, Bewegungsgewebe der Angiospermen-Staubbeutel. _ Dissertation, Berlin 1905, pag. 10 u. 25. +75 von Gipsplättchen die Grenze sehr deutlich und scharf aus den ent- gegengesetzten Farben erkennen), selbst an Schnitten, die mit Phloro- gluzin ganz und gar durchfärbt sind. Merkt man sich aber bei der Betrachtung solcher Präparate die Grenze, die das polarisierte Licht hervortreten läßt, und nimmt dann den Analysator weg, so kann man sich überzeugen, daß dem weiten Sprunge in den Polarisationsfarben an jener Stelle nicht einmal eine Abstufung in der Phlorogluzin- färbung entspricht; die Fasern sind eben alle stark _verholst. Genau dieselben Beobachtungen sind aber auch bei der anderen Jeri- chorose Odontospermum anzustellen, für die, wie oben berichtet, Kleiner ebenfalls den Gegensatz von Zellulose und verholzter Membran als Ur- sache ihrer hygroskopischen Bewegungen ansieht. Bei O. pygmaeum haben wir auf Quer- und Längsschnitten dureh das Fasergewebe ihrer Hüll- schuppen nicht allein bei den äußeren, sondern auch an den inneren Fasern die Holzstoffreaktionen aufgefunden. Einigermaßen dieke Schnitte waren gleichmäßig tiefrot durchfärbt. In dünnen Schnitten war die Tiefe des Farbentons bald bei den äußeren, bald bei den inneren Fasern erhöht, je nach der Schnittdiecke an der betreffenden Stelle, wobei zu berück- sichtigen ist, daß die äußeren Fasern von Natur schon dunkler gefärbt sind. Im polarisierten Licht tritt dagegen der Gegensatz zwischen Innen- und Außenfasern an radialen Längsschnitten ebenso klar hervor, wie bei Anastatica, und wiederum sogar an soleken Präparaten, die vorher mit Phlorogluzin oder Chloranilin intensiv tingiert sind. Es sei gleich hin- zugefügt, daß sich auch bei Geigeria und Fagonia keine chemischen Gegensätze in ihren hygroskopisch-wirksamen Geweben gefunden haben. Auch bei ihnen ist nicht nur die Widerstaudszone, sondern auch die Quellungszone verholzt. So hinfällig sind die Argumente, die aus unseren hygroskopischen Mechanismen selbst für die Annahme von dem ausschlaggebenden Ein- Ausse der Verholzung auf die Quellung geschöpft worden sind. Nun glaubt allerdings Sonntag auf anderem Wege, und zwar durch ver- gleichende Messungen an verholzien Stereomfasern in natürlichem und mazeriertem Zustaude, exakt bewiesen zu haben, daß die Verholzung der Membran wirklich eine Verringerung ihres Quellungsmaßes nach sich ziehe?). Sein Beweisverfahren scheint uns aber nicht stichhal- tig zu sein. 1) Bei Einschaltung der Gipsplatte Rot I sind es Tiefblau und Hellgelbrot, 2) Ber. d. D. Bot, Ges. 1901, pag, 138: „Verholzung und mechanische Eigen- sehalten der Zellwände“, 476 Gehen wir auf seine Argumentation genauer ein! Von der natür- lichen Kokosfaser teilt er mit, daß ihre Membran nicht weniger als 58°, „inkrustierender Substanz“ enthalte. Hiernach sei die Kokos- faser als ungemein stark verholzt anzusprechen; der prozentisehe Ge- halt an Inkrustationsmasse gebe nämlich ein weit sichereres Mittel zur Beurteilung des Grades der Verkolzung ab, als die färbenden Reagentien. Sonntag sucht der Faser nun diese Einlagerungen durch Behandlung mit chlorsaurem Kali und Salzsäure zu entziehen und berichtet, daß Phlorogluzin kaum noch Spuren von Rotfärbung hervorgebracht habe, nachdem die Fasern 11/, bis mehrere Wochen hindurch mit dem Maze- rationsgemisch ausgelaugt worden waren. Danach seien so „gebleichte* Fasern als fast reine Zellulosemassen anzusehen. Diese Zelluloserück- stände sind es nun, die von Sonntag benutzt wurden, um daraus ein Urteil über den Einfluß der Verholzung auf die Quelibarkeit zu gewinnen. Sonntag hat nämlich sowohl ausgelaugte als natürliche Faser- bündel erst in absolutem Alkohol und dann zum zweiten Male nach längerem Verweilen in Wasser gemessen. Er findet hierdurch das Maß der Quellung infolge des Auslaugungsprozesses tatsächlich von 2,7%, auf 15%, erhöht und glaubt nicht nötig zu haben, diesen Zahlen noch weitere Erläuterungen hinzuzufügen: „sie beweisen klar, daß die Ver- holzung der Membran in untrennbarem Zusammenhang mit der Quellungs- fähigkeit steht und daß die geringe Quellbarkeit vieler Membranen von ihrer Verholzung herrührt“ (1. e. pag. 144). Dieser Schluß erscheint uns aber entschieden übereilt. Sonntag hat nämlich übersehen, daß er aus dem Quellungsmaß seiner Zellulose- rückstände durchaus nicht auf die Quellbarkeit der natürlichen Zellulosewände schließen darf. Die hohe Schrumpfungs- und Quellungs- fähigkeit seiner ausgelaugten Fasern ist ja gar nieht verwunderlich; ist doch der Wassergehalt derselben durch das Mazerationsverfahren außer- ordentlich gesteigert worden! Denn wodurch anders sind die Inkrustations- massen des Membrangerüstes beim Auslaugen ersetzt worden, als durch Flüssigkeitsteilchen, d. h. hauptsächlich durch Wasser? Wäre dies Wasser nicht in die Membran eingelagert worden, so hätte ja das Volum der Fasern infolge der Mazeration auf weniger als seine Hälfte herabsinken müssen, da doch die inkrustierenden Substanzen ursprünglich mehr als die Hälfte der ganzen Wandmasse betragen haben. Eine solche Volumverringerung durch das Auslaugen ist aber sicherlich nicht eingetreten, und die natürlichen Zellulosewände sind ohne Zweifel bei weitem weniger locker aufgebaut als Sonntags Zellulosereste und daher auch im allgemeinen weit weniger wasserreich. Mithin ist aus Sonn- 4717 tags Ergebnissen ein Schluß auf die Quellbarkeit der natürlichen Zellulosehäute nicht gestattet. — Gewiß ist ja zuzugeben, daß bei Sonntags Verfahren die Wegnahme der „verholzenden* Substanzen die Schrumpfungs- und Quellungsmaße gesteigert hat, und dennoch ist der Schluß unberechtigt, daß diese Erhöhung durch die chemische Natur der beseitigten Membranbestandteile bedingt sei. Man stelle sich vor, daß es ein chemisches Mittel gäbe, den verholzten Fasern die Zellulose anstatt des „Lignins“ zu entziehen und das Gerüst der „in- krustierenden Substanzen“ intakt zurückzulassen. Unter gleichen Um- ständen, wie vorher angegeben, würde man ohne Zweifel die (Juellbarkeit hierdurch wiederum ungemein gesteigert finden; denn es wären ja wieder große Mengen Wasser eingelagert; — diesmal jedoch anstelle der Zellulosepartikeln. Würde dann nach Sonntags Schlußverfahren nicht ebensogut der klare Beweis dafür geliefert scheinen,- daß die geringe Quellbarkeit der natürlichen verholzten Faser umgekehrt durch die Anwesenheit der Zellulose herbeigeführt sei, und demnach den stärker verholzten Membranen die größere Quellbarkeit zukomme? Ich denke, der eine Schluß wäre so verfehlt, wie der andere es ist. Das lockere oder dichtere Gefüge ist es, was in erster Linie das Quellungsmaß der Membranen bedingt; und darum beherrscht die Struk- tur auch die Lage der Quellungsachsen in hohem Maße, fast unabhängig von der chemischen Beschaffenheit der Membran. Möglicherweise sind die „inkrustierenden Substanzen“ der verholzten Wände neben den Zellulosepartikeln z. T. nicht als selbständige Molekülkomplexe vor- handen, sondern sie bilden Bestandteile der Molekularverbände oder Moleküle der Zellulose. Dann wird man annehmen müssen, daß diese „Mizelle“ durch die Auslaugung in kleinere gespalten werden. Auch ein solcher Zerfall bringt ja nach Nägeli und Schwendener eine größere Quellbarkeit hervor. Man muß also unseres Erachtens Schellenberg nur zustimmen, wenn er sagt‘): „Man kann die Ver- holzung einer Membran mit der Quellungsfähigkeit nicht in Zusammen- hang bringen, und die geringe Quellbarkeit vieler verholzter Membranen rührt nicht davon her, daß sie stark verholzt sind.” Allem Anschein nach steht Pfeffer in seiner Pflanzenphysiologie auf einem ähnlichen Standpunkte. Denn darin heißt es Bd. II, pag. 61 zur Frage nach der Bedeutung der Verholzung: „Die sehr verschiedene Quellungs- fähigkeit lehrt, daß mit demselben Material Bauwerke und Wandungen von sehr verschiedener physikalischer Qualität herstellbar sind.* 1) Jahrb. £. wissensch. Bot. 1896, Bd. XXIX, pag. 240. 478 Hiernach kann es also sehr wohl auch vorkommen, daß in einem Pilanzengewebe, wo Zellen mit Zellulose- und mit verholzten Wänden nebeneinander liegen, die ersteren tatsächlich eine größere Quellbarkeit besitzen. Sonntag beruft sich auf ein solches Beispiel, nämlich auf die Darstellung, die Tschirch über den Rollmechanismus einiger Gras- blätter gegeben hat. Der fragliche Mechanismus ist in Wirklichkeit noch nicht ganz klargestellt; aber man dürfte die Richtigkeit der An- gaben von Tschirch unbesorgt annehmen, ohne daß man darum den- selben eine allgemeinere Tragweite beizulegen brauchte. In dieser Be- ziehung wird die Beweiskraft des von Sonntag angeführten Beispiels schon durch das längst bekannte Verhalten der Schmetterlingshülsen umgestoßen. Viele derselben rollen bekanntlich ihre Klappen nach der Reife schraubig ein, und eine ihrer Schraubenflächen wird von ver- holzten Fasern, die entgegengesetzte meist von Parenchym mit dicken Zellulosewänden eingenommen. Nach Sonntags Anschauung müßte man voraussetzen, daß sich die letzteren beim Austrocknen stärker kontrahierten, also die Innenfläche der Schraube einnähmen; es ist jedoch das Gegenteil der Fall. Ein anderes Beispiel solcher Art gewähren nun die Hüllblätter von Fruchtköpfen einheimischer Kompositen, wie Carlina, Cirsium, Cen- taurea u. a, die auch Kleiner untersucht hat und die hier einen um so passenderen Platz finden, als ihre Bewegungen in geradem Gegen- satz zu den später zu erörternden Krümmungen der Fruchtschuppen von Geigeria und Odontospermum stehen. Sie geben daher ein sehr geeignetes Vergleichsobjekt für diese ab. Die Erklärung ihrer Be- wegungen aus der Membranstruktur, die schon 1888 ausgesprochen und 1896 näher erläutert worden ist), hat Kleiner offenbar über- sehen. Er gibt daher zwar ganz richtig au, daß bei diesen Bewegungen Sklerenchymfasern eine Rolle spielen, deren Länge beim Quellen und Schrumpfen erheblich zu- und abnimmt, weiß aber nicht, daß dieses Verhalten durch ihre Querstruktur bedingt ist. Er hat aber ferner, was für unsere augenblickliche Erörterung von Wichtigkeit ist, unbe- achtet gelassen, daß diese stark quellbaren Fasern verholzt sind, die weniger quellbaren benachbarten Parenchymzellen aber, die Kleiner ausschließlich als Widerstandsgewebe ansieht, Zellulose- wände aufweisen®. Bei den verholzten Fasern hat Kleiner hei , 2) Ber. d. D. Bot. Ges. 1888, pag. 388 und Bot. Jaarboek d. Dodonaen, Gent 1895, pag. 236, bez. Centauren Scabioss. 2) Die Färbungen mit Phlorogluein, Chloranilin und Jodehlorzink geben dies übereinstimmend zu erkennen bei Carlina und Centaurea. Ar. 479 Wasserzusatz eine Verlängerung von 7—20°%/, bei den unverholzten Zellen eine solche von nur 2—3°/, gemessen. Wie reimt sich dies mit der Auffassung, daß die Quellung durch die Verholzung herab- gesetzt werde? Obendrein hat Kleiner die Mitwirkung einer dritten Gewebslage von schmalen Fasern tibersehen, die’ hauptsächlich der Innenepidermis angehören, aber auch vielfach noch in einer zweiten Zone darunter auftreten. Auch sie sind gar nicht oder kaum verholzt, verkürzen sich aber beim Trockenwerden noch viel weniger als die Elemente des Parenchyms. Woher kommen diese Differenzen? Fig. le. Fig. 12. Carlina acaulis (var. eaulescens), strahlende Hüllschuppe des reifen Fruchtkopfes. a) Strukturschema eines radialen Längsschnittes; 7 die einfache oder doppelie' Lage der innersten steilgeporten Fasern; 3 das querporige Perenchrmi e die mehr- fache Lage der äußeren quergeporten Fasern, (Um die Struktur eintragen zu können, sind die Lagen abgestuft gezeichnet.) 5) Querschnittstück durch die äußere Oberhaut o und dureh angrenzende Faser- und Parenchymzellen. Der Pfeil gibt die Richtung der größeren optischen Achse eines Gipsblättchens. Rot I an. Mit diesem erscheinen im polarisierten Lichte die Wände za blaugrün, die Radialwände 55 hellblau, die Wände cc dunkelblau. Eine befriedigende Erklärung liefert nur die Berücksichtigung der Meimnbranstruktur, wie sie von Carlina acaulis durch das Schema der Fig. 1 veranschaulicht ist. Die starke Längskontraktion der äußeren verholzten Fasern e beim Austrocknen beruht wie gesagt darauf, daß sie querporig sind, die geringe Längenabnahme der innersten unverholzten z auf ihrer Steilstruktur. Auch das Parenchym 5 ist quergeporf. Infolge dieser Struktur rollen sich also Tangentialspäne, die durch Abschaben mit dem Skalpell gewonnen sind und nur’ die Innenfasern nebst einem 480 Teil des benachbarten Parenehyms enthalten, beim Austrocknen sehr intensiv nach außen um. Der Rest, bestehend aus den äußeren quer- porigen Fasern und anhängendem Parenchym, krümmt sich bei der Wasserabgabe anfangs nach innen, weil das zartwandigere Parenchym zuerst austrocknet. Dann aber ändert sich die Krümmung und bleibt dauernd nach außen gewendet, wenn sie auch bedeutend geringer aus- fällt als bei den (Gewebsstreifen, die außer den Parenchymzellen die Innenfasern enthalten. Somit spielt der Antagonismus der äußeren und inneren Fasern in dem hygroskopischen Apparat die Hauptrolle; das Parenehym tritt jedoch unterstützend auf. Das Polarisationsmikroskop gewährt an Radialschnitten über diese Verhältnisse unmittelbaren Auf- schluß, ohne daß man nötig hat, auf die Porenlage zu achten. Die inneren Fasern erscheinen nämlich in Subtraktionsfarbe, wenn das Parenchym und die äußeren Fasern Additionsfarben aufweisen und um- gekehrt. Dies steht nun ja ganz im Einklang mit den angegebenen Strukturverhältnissen, und insofern wird der sachverständige Leser be- friedigt sein. Er wird aber mit Recht die Frage aufwerfen: Woher rührt denn nun der große Unterschied zwischen dem Parenchym und den verholzten äußeren Fasern, wenn sie doch beide übereinstimmend nach Ausweis ihrer Porenlage Querstruktur besitzen? Darüber wird uns hoffentlich der folgende Abschnitt einigen Aufschluß geben, insofern wenigstens, als die Polarisationserscheinungen darauf hinweisen, daß die Quellungsdifferenzen mit Differenzen der inneren Struktur auch hier verknüpft sind. IL. Über den Aufklärungsbereich des Polarisationsmiskroskops hinsicht- lich der Ouellungsdifferenzen. Die Frage, mit der wir uns hier zunächst zu beschäftigen haben, lautet: Lassen sich bei Zellen desselben Organs, die nach Ausweis der Porenlage gleichartige Membranstruktur haben, mit Hilfe des polari- sierten Lichtes doch noeh Differenzen in ihrem Gefüge nachweisen, die mit den Quellungsmaßen in innerem Zusammenhang stehen können? Zur Beantwortung dieser Frage prüfen wir zuerst Radialschnitte durch Hüllblätter von Carlina acaulis, von denen am Schlusse des vorigen Abschnitts die Rede war und von denen Fig. 1z ein Schema gibt, mit dem Polarisationsapparat, etwa unter Einschaltung des Gips- plättchens Rot I, möglichst: genau. Liegt die längere optische Achse den Poren des Parenchyms Z und der Außenfasern e (Fig. 12) parallel, so finden wir in einem bestimmten Falle etwa folgende Farbenskala: 481 1. Innenfasern z: Gelbrot IO. 2. Parenchym /, Flächenansicht: Purpur IIO. Profilansicht der durchschnittenen Tangen- tialwände: Tiefblau NO, 3. Äußere verholzte Fasern e, innerste Lage: Blau IO. zweite Lage: Blaugrün IIO. dritte Lage: Orangerötlich IIO. Die Polarisationsfarbe erhöht sich also um so mehr, je mehr man nach außen fortschreitet. Während die Wandungen des Parenchyms der neutralen Färbung noch ziemlich nahe kommen, werden die Farben nach außen hin immer extremer. Zur Bestätigung betrachten wir einen mehr basalen Schnitt aus der Gegend der Mittelrippe. Die Farbenverteilung ist folgende: ‘1. Innenfasern z, etwa 4 Reihen mit den Abstufungen : a) Hellgelb IO, b) Orange IO, co Hellrot IO. 2. Parenchym # (wie oben) d) Purpur IIO mit Blau IIO. 3. Außenfasern e etwa 8 Reihen mit den Stufen: e) Blau OO, h) Blaugrün ILO, g Grüngelb IIO, h) Gelb IIO, D Gelbrot HO, k) rötlich IIO. Man vergleiche mit diesem Befunde etwa die Farbentafel, die Ambronns „Anleitung zur Benutzung des Polarisationsmikroskops" beigegeben ist. Man wird dann finden, daß die mitgeteilte Farbenver- teilung der natürlichen, aber stufenweise ansteigenden Farbenskala ge- nau entspricht. Wäre diese Farbenabtönung allein durch ungleichförmige Schnittdicke bedingt, d. h. dadurch, daß die untersuchten Präparate zu- fällig stellenweise dieker ausgefallen wären, so könnte die Farbenver- teilung nicht so konstant auftreten, sondern müßte sich auch häufig umkehren oder ganz ausbleiben. Man könnte aber mit Recht geltend machen, daß die ungleichen Färbungen auch bei gleichförmiger Schnittdicke möglicherweise lelig- lich dadurch hervorgerufen seien, daß die Zeliwandungen nach außen allmählich an Mächtigkeit zunähmen. In der Tat sind die Wände der äußeren Fasern stärker verdickt als die des Parenchyms. Eine Unter- suchung von Querschnitten «urch Hüllblätter von Carlina lehrt aber 482 wohl unzweifelhaft, daß dieser Unterschied nicht die Hauptursache für die besprochene Farbenabstufung sein kann. Fig. 13 stellt ein Stückchen eines solchen Querschnitts mit einigen Außenfasern und Parenchymzellen dar. Es ist eine Stelle ausgewählt, wo die Radialwände («—a, &—b, c—c) mehrerer Zellagen nahezu parallel gerichtet sind. An einem solchen Schnitt stelle man nun folgende Beobachtungen an: Man richte ihn so, daß diese Radial- wände bei gekreuzten Nikols in Diagonalstellung sind und bringe die längere optische Achse eines Gipsplättchens in dieselbe Richtung oder senkrecht dazu. Man wird nun regelmäßig wahrnehmen, daß die Wände a und 5 der äußeren Fasern extremer gefärbt sind, als die Wände c des Parenehyms und wird sehr oft auch noch eine Steigerung der Farbe beim Übergang von 5 nach @ antreffen. Recht häufig erscheinen 7. B., wenn die lange optische Achse des Gipsblättehens Rot I den erwähnten Radialwänden parallel läuft, die Wände c dunkelblau, die Wände 3 hellblau und die äußersten « grünblau. Soviel sich beurteilen läßt, treten dieselben Farbenabstufungen auch bei gleichmäßiger Schnitt- dicke auf. Da die Wanddicke aber auf dem Querschnitt auf den Farbenton keinen Einfluß haben kann, so darf man bei der Überein- stimmung der Reaktionen des Quer- und Längsschnitts wohl mit großer Sicherheit schließen, daß die Farbenabtönung tatsächlich durch Unter- schiede im inneren Gefüge der Membranen’ hervorgerufen sind, d. h. daß die äußeren Membranen in Wirklichkeit stärker polarisieren. Die Eigentümlichkeiten des Baues, die wir als Querstruktur bezeichnen, sind m. and. Worten bei den peripherischen Elementen gesteigert. Auf Grund der Mizellartheorie können wir uns auch leicht ein Bild davon machen, worin diese Änderung der Struktur besteht. Stellen wir uns, wie üblich, die Mizelle stabförmig gestreckt vor, so brauchen wir bloß anzunehmen, daß diese Stäbchen in den nach außen gelegenen Zellwänden (vom Parenchym aus gerechnet) verhältnismäßig dünner werden. Ihre Längsachsen müssen gemäß der Querstruktur der frag- lichen Membranen in der Ebene des Querschnitts, und zwar in den Redialwänden radial, in den Tangentialwänden tangential liegen. Auf einem gleichen Wandfiächenraume findet nun sowohl auf dem Quer- sehnitt, als auf Radialschnitten außen ein stärkerer Wechsel von fester Substanz (Stabmizellen) und Wasserhüllen statt, als in den mehr nach innen gelegenen Wandungen. So wird uns sowohl die stärkere Polarisations- wirkung der äußeren Wandungen, als ihr größerer Wassergehalt im imbibierten Zustande {in der Richtung der Längsachse) und somit auch ihre stärkere Längsschrumpfung verständlich. ——-—. 483 Es lag uns hier bei Carlina ein besonders schwieriges Objekt vor, weil die in Vergleich zu ziehenden Membranen nach Ausweis der Poren- lage alle Querstruktur besitzen. In anderen Fällen versagt zwar die Bestätigang der auf Längsschnitten hervortretenden Farbenabstufungen durch entsprechende Farbenänderungen auf dem Querschnitt, Statt dessen läßt sich aber nicht selten der Zusammenhang der additiven oder subtraktiven Farbentönung mit der Art des Gefüges durch eine entsprechende allmähliche Änderung in der Lage der Poren nachweisen. Dies ist 2. B. bei der „Hartschicht“ von Papilionazeen-Hülsen, sowie dem Stereom der Erodium- und Geranium-Grannen der Fall, An der aus mehreren Faserlagen zusammengesetzten Hülsenhartschieht wurde die allmähliche Steigerung ihrer Querschrumpfung von außen Fig. 2a. Fig. 23. Centaurea Cyanus, längeres Hüllblatt des reifen Frachtkopfes. Strukturschemata radialer Längsschnitte. 7 Innere Fasern; 5, und 2, Parenchym; &, 4, & aulein- anderfolgende Lagen der äußeren Fasern, nach innen zuerst nachgewiesen‘); bei den Grannen von Geranium und Erodium wurden sodann die Austrocknungserscheinungen durch ein- gehende Untersuchungen auf stufenweise eintretende Änderung der Porenlage zurückgeführt, ohne daß damals der Polarisationsspparat zu Hilfe genommen war?). Zum Zwecke der vorliegenden Untersuchung sind nun nachträglich die beireffenden Präparate auch im polarisierten 1) Ber. d. D. Bot. Ges. 1883, pag. 27Aft, 2) Ber, d. D. Bot, Ges. 1888, pag, 386 f.; Bot. Jaarboek der Dodnnaea, Gent 1895, Bd. VII, pag. 286; Biol. Zentraibl, 1906, pag. 732, 484 Lichte geprüft worden, und es wurde häufig sowohl bei den Hülsen wie bei den erwähnten Grannen gleichfalls eine reiche, der Porenlage entsprechende Abstufung der entsprechenden Additions-, bzw. Subtrak- tionsfarben festgestellt. — Ein Übergang der Porenlage aus der Querrichtung in Steilstellung durch schwächer geneigte Porenmündungen hindurch ist auch von Fruchthüllblättern der Centaurea Seabiosa schon früher kurz skizziert worden!) Zur Bestätigung der ebengewonnenen Ergebnisse möge nun hier noch der hygroskopische Aufbau der Membranen von Centaurea Cyanus, wie er sich in den längeren Hüllblättern ihres Frachtkorbes findet, an der Hand der Figg. 22 und 25 etwas eingehender darge- stellt werden. Auch hier finden wir in den krümmungsfähigen Regionen drei Zonen: 1. die äußeren verholzten Fasern e; 2. das die Mitte ein- nehmende Parenchym 2 und 3. die inneren Fasern z, die ebenso wie das Parenchym meist Zellulosewände haben. Das Parenchym besitzt hier aber nicht mehr Querporen, sondern schräggerichtete, die nach innen oft stärker ansteigen. Demgemäß sehen wir auf dem Radialschnitt bei geeigneter Anordnung eines Gipsplättchens in der Regel den einen Teil des Parenchyms additiv, den anderen subtraktiv gefärbt. Außer- dem aber zeigen sich oft auch in den Faserlagen die erwähnten Farben- abstufungen additiven oder subtraktiven Charakters. So ergab z. B. ein Radialschnitt mit Rot I folgendes Farbenbild, wenn die längere optische Achse des Gipsplättchens zu den Tangentialwänden des Schnittes senkrecht lag (s. Fig. 22): Innenfasern z . 1-2 Lagen Gelblichweiß TO innerste steilporige Lage 2, Gelbrot IO Parenchym < äußere Lage 2, Purpur bis Dunkelblau IIO innere Lage e, Blaugrün IIO Außenfasern 3 mittlere Lage &, Hellgrün IIO äußere Lage &, Gelbrot IIO In einem anderen Schnitt (s. Fig. 25) schloß sich au die äußerste querporige Lage sofort eine Reihe steilporiger Fasern au. Dafür war das Parenchym mehr gleichmäßig gefärht. Es bildete also die äußerste Faserzone für sich einen antagonistischen Komplex und das Parenchym mit den Innenfasern einen zweiten. I) Bot. Jaarhoek der Dodonaes, Gent 1895, Bd. VH, pag. 236. 485 Wir geben die Farbenverteilung unter Verwendung des Gips- plättehens Rot I sowohl bei derselben Lage, wie sie oben angenommen war, als wenn die längere optische Achse desselben den Längswänden des Radialschnittes parallel lief, in folgender Tabelle an, und zwar die Farben der letzten Lage in Kolonne 8. Innenfasern 7 | Weißlichgelb IO | Gelbgrün IIO Fast neutral, mit Fast neutral mit blauen Parenchym > helleren Wandprofilen Wandprofilen innere Lage e, Hellgelb IO Blau 110 äußere Lage en Gelbrot ITO Gelbrot 10 Der Vergleich der Strukturschemen 22 und 23 liefert uns ein Beispiel dafür, daß sich die Natur nicht immer, auch bei derselben Spezies, an die Herstellung derselben Strukturkombinationen bindet, die- selben vielmehr nicht selten variiert. Wir werden bei Geigeria solche Variationen noch viel zahlreicher finden. Je genauer man sie aber verfolgt, desto mehr kann man sich davon überzeugen, daß die Struktur- differenzen das eigentlich Ausschlaggebende bei den hygroskopischen Einrichtungen darstellen. Außenfasern | III. Die besonderen hygrochastischen Einrichtungen von Geigerla, Odontospermum, Anastatica, Fagonia und Zygophylium. Die Pflanze bedarf zur Herstellung hygrochastischer Mechanismen keiner wesentlich anderen Vorkehrungen als zur Erzielung xerochastischer Bewegungen. Wenn sich z. B. die Schuppen der Fruchtköpfe bei einigen Kompositengattungen beim Austrocknen nach außen, bei andern nach innen krümmer, so kann die anatomische Einrichtung hierzu im Prinzip dieselbe sein; die betreffenden Gewebestrukturen brauchen nur ihre Lage im Organ umzukehren. Besonders deutlich erkennen wir dies durch einen Vergleich zwischen dem soeben geschilderten Apparat der Hüllschuppen von Carlina, Centaurea usw. mit demjenigen der afrikanischen Komposite Geigeria. Diese möge daher zuerst zur Be- sprechung gelangen. A. Geigeria africana, ornativa und passerinoides. Fig. 32 stellt einen reifen Fruchtkopf von Geigeria ornativa in trockenem Zustande, Fig. 35 ebendenselben nach seiner Durchtränkung mit Wasser dar. Wir erkennen aus der letzteren Figur, daß sich bei Regenwetter nicht bloß die Spitzen der längeren Hüllblätter naeh außen gekrümmt haben, sondern daß sich diese Krümmung auch auf die Flora, Bd, 98. 34 486 mittleren und basalen Teile der Schuppen erstreckt hat. Denn der ganze Hüllkorb hat sich gelockert und die Schuppen sind soweit aus- einandergewichen, daß die Achänen oben freigelegt sind. Die Benetzung hat also hier dieseibe Formänderung bewirkt, die bei Carlina, Centaurea, Cirsium usw. durch die Austroeknung hervorge- rufen wird. Demgemäß erinnert auch das Struk- turbild, dem wir bei Gei- geria in dem hygrosko- pischen Gewebe begegnen, durchaus an dasjenige unserer genannten einhei- Fig. 3a. Fig. 35. Geigeria ornativa, reifer Fruchtkopf; mischen Kompositen. In a trocken, 5 durchnäßt. Fig. 4 ist ein solches ent- worfen‘). Jedoch ist zu bemerken, daß die in der Figur eingetragene Lage der Strukturelemente nicht wie bei Carlina, Centaurea und Cir- sium aus der Richtung der Poren abgeleitet ist. Denn diese sucht man bei Geigeria, ab- gesehen von dem basalen Teil der Schuppen, durchweg vergebens. Die gezeichnete Struktur ist vielmehr zumeist aus den Farbenreaktionen im polarisierten Licht erschlossen. Ferner muß aber noch hervorgehoben werden, daß man die in der Fig. 4 dargestellten Strukturen durchaus nicht immer auf demselben Radial- schnitt vereinigt findet. Vielmehr erweisen sicb hinsichtlich der Strukturkombinationen Yig 4. Geigeria omativa. nicht allein die verschiedenen Spezies als recht Inneres Hüllblatt des verschieden, sondern es stimmen hierin auch ten Pr der ie Hüllblätter derselben Spezies unterein- Faserlage mit Struktur- ander oft gar nicht, überein; ja es variieren schenıa. die Strukturen auf Radialschnitten durch das- selbe Hüllblatt, sowie auch innerhalb desselben Schnittes. Diese reiche Veränderlichkeit ist die Veranlassung gewesen, daß die Verhältnisse bei Geigeria besonders sorgfältig und eingehend unter- sucht worden sind. Um so klarer und sicherer aber stellte sich da- 1) Wie man sieht, fehlt hier das bei Carlina, Centaures usw. zwischen die Fasern eingeschaltete Parenchym. Die hygroskopische Zone ist nur aus Fasern gebildet. 487 durch heraus, daß auch hier der Grad der Verholzung keine bemerkens- werte Rolle spielt (das ganze hygroskopische Fasergewebe ist stark verholzt), daß aber in allen Variationen das Prinzip des rationellen Aufbaues der Membranen deutlich zu erkennen ist. Mögen in dem Fasergewebe von Geigeria (s. Fig. 4) oft die Zonen « und 5 mit Steilstruktur auch ganz fehlen, mag man in anderen Hüll- blättern oder an anderen Stellen derselben Hüllschuppe die Zonen d und e mit Flachstruktur und sogar die neutrale c vermissen, mögen ein andermal nur 2 antagonistische Zonen wie etwa @ und d oder d und @ vorhanden sein, stets wird man die Anordnung der Faserzonen derartig finden, daß die in der Fig. 4 mit höheren Buchstaben des Alphabets bezeichneten Zellagen der morphologischen Innenseite des Hüllblattes zugewandt sind. Am sichersten läßt sich dies an Radial- schnitten erkennen, die ausgetrocknet und daher auswärts gekrümmt sind. Betrachtet man sie nach ihrer Einbettung in Kanadabalsam im Fig. 5. Geigeria sp., Fruchtschuppe. Ein Stück radialen Längsschnittes der Faser- sehicht, im trockenen Zustande gekrümmt und im. polarisierten Lichte mit Gips- plättehen Rot I betrachtet. ‘Der Pfeil gibt die Richtung der längeren optischen Achse dieses Plättchens an (schematisch). polarisierten Lichte, so wird man stets an der. konvexen Seite des Schnittes solche Fasern finden, die der Zone « näher verwandt sind, als diejenigen Fasern, die sich an der konkaven Grenze des Schnittes hin- ziehen. Und hierbei wird man außerordentlich häufig auf die Farben- abstufungen stoßen, die im vorigen Abschnitte ausführlicher behandelt sind. Das mannigfache Auftreten derselben bei Geigeria hat überhaupt den Anstoß zu den Kontrollprüfungen des vorigen Abschnittes gegeben, und selbstverständlich hat auch bei Geigeria selbst eine genaue, zeit- raubende Prüfung stattgefunden, ob nicht die Sehnitt- oder Wanddieke allein die Ursache jener Abtönungen sein könne. Zwei Erscheinungen sind es hauptsächlich, die dafürsprechen, daß das Gefüge hierbei ausschlaggebend ist. Die erste ist die vorher schon hervorgehobene stete Regelmäßigkeit der Farbenverteilung gemäß der natürlichen Reihe der Farben IO und IIO. Zur Erläuterung diene 34* 488 das Schema der Fig 5. Es bezieht sich auf ein Stück eines trocknen Radialschnittes, das zwischen gekreuzten Nikols in Diagonalstellung be- trachtet-wird, während die längere optische Achse des Gipsplättchens Rot I, wie der beigefügte Pfeil andeuten soll, zur Längsachse der Faser senkrecht liegt. Wir sehen die beiden äußersten Faserlagen an der konvexen Seite in den Subtraktionsfarben Hellgelb und Hellrot IO, ein Zeichen ihrer Steilstruktur, die anderen nach innen folgenden Faser- lagen aber in den Additionsfarben Blau und Orange. Das Charakte- ristische der Farbenanordnung ist nun bei der angegebenen Lage der Gipsplättchen folgende Regel: a) Beim Vorhandensein von Subtraktions- und Additionsfarben auf demselben Schnitt bildet das Blau die Ver- mittlung zwischen den subtraktiven und den höheren additiven Farben‘). b) Wenn mehrere Subtraktionsfarben auftreten, so liegt die extremere an der konvexen Grenzlinie des Schnitts. c) Von den Additions- farben sind die höheren in der Reihenfolge, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rot der konkaven Seite zugekehrt?). Als zweiter Beleg für den Zusammenhang der Farbenabtönung mit dem Membrangefüge sei folgen- des angeführt. Im basalen Teile der Hüllschuppe herrscht oft eine abgestufte Längsstuktrur, im größeren oberen aber eine ent- sprechende Querstruktur. Untersucht man nun die gemeinsame Grenzregion der beiderlei Strukturen, so beobachtet man, wie . sich die Steilstruktur an Fig. 65. der Außenseite der Hüll- Fig. 6. Geigeria passerinoides. Fruchtschuppe. i ; Stücke von radialen Längsschuitten mit Struklu- une, am Weitesten nach, übergängen. Erklärung wie in Fig. 5. oben fortsetzt und dortaus- Bu keit. Man sieht ferner, wie sich die Polarisationsfarbe der betreffenden Faserwandungen ver- vingert und entweder mittels Durchgauges durch die neutrale Färbung 1) Nieht selten ist auck eine schmale neutrale Zone zu bemerken. 2) Unmittelbar an der konkaven Grenzlinie finden sich allerdings häufig noch einige schmale Fasern von niederer Polarisationsfarbe, z. B. Blan. 489 oder auch unvermittelter zunächst in die tiefste Farbe der Flach- struktur abändert, wobei vielfach die Farben der anstoßenden Fasern mit Flachstruktur ebenfalls ansteigen, nicht selten aber auch unverändert fortziehen. Es ist schwierig, solehe Farbenwechsel ohne Kolorierung zur An- schauung zu bringen; aber es ist in den Fig. 62 und 62 immerhin in ganz roher Weise versucht worden. So sieht man in Fig. 6a die äußerste Faser der konvexen Seite aus der Subtraktionsfarbe Gelbrot IO in die Additionsfarbe Dunkel- blau IIO übergehen, während die nächste Faser mit ihrem Grünblau IIO kaum verändert weiterzieht, die Farbe im nächsten Faserzug dagegen von Blaugrün IIO auf Gelbgrün ITO steigt. Im Schema der Fig. 65 liegt innerhalb der drei äußeren Faser- lagen zwischen den „steilgefügten“ Faserwänden mit der Subtraktions- farbe Hellgelb IO und den „fachgefügten“ Wandungen mit der Additions- farbe Blau eine breitere Region allmählichen Überganges. Nur die Profile der durchschnittenen Tangentialwände. sieht man unvermittelter in die entgegengesetzte Farbe übergehen. In die zwei letzten Faser- reihen auf der Konkavseite der Fig. 65 ist als gemeinsame Farben- angabe eingetragen: Grüngelb bis Rot IIO, um anzudeuten, daß diese Farben hier unregelmäßig neben einander auftreten. Denn die Ab- stufung ist durchaus nicht überall sklavisch gewahrt. Es muß vielmehr ausdrücklich hervorgehoben werden, daß unsere Schilderung nur den allgemeinen Charakter der Farbenverteilung zur Darstellung bringen sol. Denn es ist weder ausführbar, die Feinheiten der Abstufungen, die an manchen Objekten zu finden sind, durch Worte in Kürze wieder- zugeben, noch möglich, Abweichungen von der Regel an anderen Ob- jekten gleichen oder verwandten Ursprunges überall zu erklären (vgl. pag. 481, 484 u. 486). B. Odontospermum pygmaeum. Hinsichtlich dieses Pflänzchens können wir uns kurz fassen, denn von der chemischen Beschaffenheit ihrer bygroskopisch wirksamen Faserschicht, sowie von dem Vorhandensein entgegengesetzter Struk- turen innerhalb derselben ist ja schon die Rede gewesen (vgl. pag. 475). Wir beschränken uns demgemäß darauf, an die Figur 7 einige kurze Bemerkungen zu knüpfen. In Fig. 7a ist das trockene Hüllkörbehen abgebildet, in Fig. 75 ebendasselbe Objekt, nachdem es einige Minuten in Wasser gelegen hat. Beidemale sind die äußeren kleineren Schuppen in der Zeichnung weggelassen. Fig. 7e soll ein Schema für den Aufbau [2 Odeontospermun pygmaeum, Fruchtkopf. « In trockenem Zustande geschlossen, nach Entfernung einiger äußerer Schuppen. 5 Derselbe, nach Benetzung geöffnet, « Strukturschema des radialen Längs- sehnittes einer Schuppe; e äußere, i innere Faserlage (Parenchym wegge- lassen). Fig. 8a. Fig. 8. Anastatica hierochuntiea, «a Strukturschema des radialen Längsschnittes eines ge- krümmten Ästchens; o querporige Fasern der morpho- logischen Oberseite, » steilporige Fasern der Unter- seite, 5 Markgewebe. 4 Strukturschema eines tangentislen Flankenschnittes, wo 2 und o unvermittelt aneinandergrenzen. Fig. 85. der Faserschicht darstellen, wobei zu beachten ist, daß die querporige Lage selbstverständlich im Hüll- blatt nach innen gewandt ist und daß die Steilstruktur der anderen Lage nur aus dem Verhalten im polarisierten Licht erschlossen ist. Im Vergleich zu dem Reichtum ver- schiedener Polarisationsfärbungen bei Geigeria ist die Einförmigkeit der Additions- und Subtraktions- farben bei Odontospermum sehr auffällig. Regelmäßige Abstufungen waren trotz der Dieke des Faser- gewebes auf Radialschnitten durch dasselbe sowohl in der stärker als in der schwach quelibaren Zone kaum zu finden, und die entgegen- gesetzten Polarisationsfarben stoßen ziemlich unvermittelt aneinander. ©. Anastatica hierochuntiea. Bekanntlich sind es bei Ana- statica die in trockenem Zustande krallenartig einwärts gebogenen Äste, deren Auswärtsbe- wegung nach der Durchtränkung mit Wasser besonders ins Auge fällt. Auch von ihnen ist, wie von den Hüllblättern von Odontospermum früher die Rede ge- wesen (s. pag. 474). Zur Erläuterung ihres hygroskopi- schen Apparates mögen daher hier die Figg. 9a u. 95 ge- 491 nügen, deren Strukturschemata sowohl aus der Porenlage, wie aus den Reaktionen im polarisierten Lichte abgeleitet sind. Für die querporige Lage wurde beim Schrumpfen eine Verkürzung von 8—9/, gemessen, während die Länge der steilporigen Fasern auf der morphologischen Unterseite nur wenig abnimmt. Übrigens ist zu bemerken, daß sich bei der Ver- änderung des Wassergehaltes isolierte Stücke der Unterseite zwar kaum, die der Oberseite aber oft recht merklich krümmen, daß aber trotzdem, wie bei Odontospermum, entsprechende Struktur- und Färbungsdiffe- renzen auch im polarisierten Licht in der Regel ebensowenig wie wesentliche chemische Verschiedenheiten aufgefunden wurden. D. Fagonia eretica. Die hygrochastische Öffnungsweise der Kapseln von Fagonia und Zygophylium ist von Volkens?®) entdeckt worden. In Fig. 9a ist ver- Fig. 9. Fagonia arabiea. a Reife Frucht, trocken; 3 ein Fruchtfach in Wasser klaffend (ohne Parenchym); e dasselte wieder getrocknet, mit einwärts gerollten appen. sucht, die reife Kapsel von Fagonia arabica in völlig ausgetrocknetem Zustande abzubilden. Sie zeigt um eine Mittelachse 5 Fächer, die trotz der Trockenreife nicht aufgesprungen sind. Bringt man aber ein einzelnes solches Fach in Wasser, so spaltet es sich in der Rücken- naht teilweise, und seine Hälften klaffen nun unten ganz erheblich (s. Fig. 95 von Fagonia eretiea). In diesem durchnäßten Zustande läßt sich das Parenchym der Fruchtwand leicht ganz entfernen, so daß nur das innere verholzie Gewebe zurückbleibt, das sich nun genau so verhält wie das ganze Fach beim Wechsel des Wassergehaltes und somit den wesentlichen Teil des hygroskopischen Apparates des Frucht- faches darstellt. Läßt man dann das feuchte Gebilde der Fig. 95 wieder eintroeknen, so kehrt es zunächst in seine ursprüngliche geschlossene 1) Die ägyptisch-arabische Wüste, Flora 1887, pag. 126, 492 Forn zurück. Jedoch nimmt es diese nur vorübergehend an. Denn die beiden Klappen des Faches setzen ihre einwärts gerichtete Trocken- krümmung noch weiter fort, indem sie sich an der Stelle, wo sie an die gemeinsame Achse grenzten, um einander in die Quere einwärts rollen, während sie außen getrennt bleiben (s. Fig. Ic). So kommt es, daß Kapseln, die einmal von Wasser ganz durchtränkt gewesen sind, auch nach dem Austrocknen in ihrer unteren Hälfte mit 5 Spalten klaffen. Offenbar sind die Spannungen, die in der reifen Frucht durch die Austrocknung entstehen, nicht stark genug, um den Gewebeverband zu sprengen. Andererseits steht aber, so lange das lebende Parenchym zugeführtes Wasser an sich zieht, und zudem gegen Regen eine Schutz- decke über dem inneren Quellgewebe bildet, diesem nicht soviel Wasser zur Verfügung, als dem Imbibitionsvermögen seiner Membran ent- spricht. Das Parenchym muß daher erst absterben, um das Eindringen einer reichlichen Wassermenge in das innerste verholzte Gewebe zu gestatten. Dem auswärtsgerichteten Bewegungsstreben des letz- teren vermag nun der Zusammenhang der durchnäßten Zellen in den Rißregionen weniger Widerstand zu leisten, als vorher die einwärts- gerichtete Trockenspannung die Festigkeit der geschrumpften Elemente an den späteren Rißstellen. Nach diesen Auslassungen über das Verhalten der Kapseln bei der makroskopischen Prüfung wenden wir uns nun der anatomischen Ergründung des Mechanismus ihrer Bewegungen zu. Fig. 10 soll ein j Querschnittsstück des '.- Felhrsl{T. verholzten Gewebes zur Anschauung bringen. N Wie man erkennt, be- ...Ebuzl steht dieses aus zwei HL „4 Tellagen. Die eine, der f I 2 er. R-- -F Innenepidermis ange- Fig. 10, Fagonia erelien. Tracht. Quorsch x hörig, erscheint auf . 10. Fagonia cretiea. ucht. Que: ittestü i i- durch das verholzte Gewebe einer Klappe, _, Tängs- dem Quersehnitt palli- gestreckte Tafelzelien der Innenepidermis, die im Quer- sadenförmig. Der Ra- schritt pallisadenartig erscheinen. In zwei derselben ; R ii ist die Struktur eingetragen, — f Anstoßende Tage dialschnitt und die Aumgestreckter Fasern mit Ünorgängen in der Poren- Flächenansicht lehren ng. — Die Farbenangaben beziehen sich auf die ; Reaktion im polarisierten Licht mit Gipsplatte Rot I, aber, daß ihre Zellen wenn die längere optische Achse desselben die Rich- in Wirklichkeit die Form tung des Pfeiles hat. schmaler Tafeln haben, deren längste Achse in der Kapsel vom Stiele zur Spitze hin gerichtet MM Ta an ni ng nn Es in 493 ist und die im Gewebe derselben wie Bücher einer Bibliothek ange- ordnet nebeneinander stehen. Sie werden von den Fasern der an- stoßenden Lage unter annähernd rechtem Winkel gekreuzt. Von der Kreuzung der Längsachsen überzeugt man sich am besten auf der Flächenansicht. — Im polarisierten Licht erkennt man die Kreuzung der optischen und somit auch der Quellungs- und Schrumpfungsachsen gleichfalls am Querschnitt. Auf Grund solcher Farbenreaktionen ist die Struktur der Innenepidermiszellen in die beiden äußersten Zellen unserer Figur eingetragen; die Schraffurstriche derselben gelten aber für alle Zellen der Innenepidermis. Die Struktur der anstoßenden Faserwände ist an der gezeichneten Stelle auch ans der Porenlage er- kennbar, wobei diejenige Wand der Faserzellen /% die an die Innen- epidermiszellen stößt, einen Strukturübergang zu der gegenüberliegen- den Faserwandung aufweist. Wie man aus der Lage der Poren sieht, ist nämlich die Steilstruktur der ersten Wand weniger stark ausge- sprochen, als die der letzteren. Daher finden wir auch im polarisierten Licht wieder eine entsprechende Abstufung. So erscheint z. B, wenn wir ein Gipsplättehen Rot I einschalten, so daß seine längere optische Achse die Richtung des Pfeiles in Fig. 10 hat, die ganze Innen- epidermis in der Subtraktionsfarbe gelbrötlich IO, die anstoßende Faserwand blau und die entgegengesetzte in gelbrot IION). Der Zusammenhang dieser Struktur mit der Eigenart der hygro- chastischen Bewegungen von Fagonia ist kaum in Zweifel zu ziehen. Wir erkennen, warum das Maß der Quellung und Schrumpfung inner- halb der Kapsel — auf die quertangentiale Richtung bezogen — von außen nach innen zunimmt. Aus der Beschreibung der äußeren Vor- gänge in den aufspringenden und aufgesprungenen Kapseln ergibt sich aber, daß, um sie hervorzurufen, gerade solche Querspannungen nötig sind, wie sie nach unserer Figur 10 als Konsequenz der Struktur er- folgen müssen. . E. Zygophyllum coceineum. Die Kapseln von Zygophyllum sind ähnlich gebaut wie die von Fagonia, indem ebenfalls 5 Fächer um eine zentrale Achse angeordnet sind (s.. Fig. 11a). Wurde eine ausgereifte Frucht, die trotz ihres troekenen Zustandes nicht aufgesprungen war, längere Zeit in Wasser gelegt, so klaffte sie am Stielende, indem sich dort die Wandung jedes Faches nach außen krümmte. Es 13ßt sich nun leicht feststellen, daß 1) Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß die opponierten Wände der Fasern f gewöhnlich nicht so klare Abstufungen im Gefüge aufweisen. 494 auch bei Zygophyllum das Parenchym bei den hygroskopischen Be- wegungen keine wesentliche Rolle spielt. Diese fällt vielmehr wiederum einem doppelschichtigen verholzten Fasergewebe zu, das sich unterhalb des Parenchyms befindet. In Fig. 75 und 7e ist das verholzte Ge- webe eines Faches dargestellt, nachdem das Parenchym entfernt ist, und zwar in Fig. 7c im gewöhnlichen Trockenzustande, in Fig. 75 nach kurzer Benetzung mit Wasser. Wie man sieht, bleibt auch in Wasser fast die ganze Rückennaht und der Gipfel jedes Frucht- faches geschlossen. Von der Bauchnaht aus schlagen sich aber nach Wasseraufnahme die Seitenwände des Faches sehr stark nach außen um, und zwar in etwas schräger Richtung. Das verholzte Ge- webe ist hygroskopisch so empfindlich, daß die Form 75 nach der Benetzung mit Al- kohol schon in wenigen Se- kunden in die fast ge- schlossene Trockenform 7s zurückkehrt. Trennt man die beiden Klappen eines Faches durch Zerreißen der Rücken- Fig. 11. Zygophyllum coceineum. naht gänzlich von einander a Reife trockene Frucht; 2 eines ihrer Fächer und bringt sie dann in Wasser, in Wasser geöffnet, nach Entfernung des Paren- Il ie sich i chyms; c dasselbe, durch Trocknen wieder ge- 50 Tollen sie sich ın ganz schlossen; d Strukturschoma eines radislen kurzer Zeit schraubig ein, Längsschnittes dur en unteren Teil der . . Klappe, 7 Innenepidermis, / anstoßende Fasem; SO daß die Außenseite der e Schema der Flächenansicht des unteren Schraube von der morpho- . Klappenteils logischen Innenseite der Klappen gebildet wird. Sie erinnern in dieser Beziehung ganz an die Hülsen, deren Klappen sich beim Austrocknen gleichfalls schraubig rollen. Bekanntlich beruht dieses Verhalten bei den Hülsen haupt- sächlich auf dem Antagonismus zweier gekreuzter Zellagen, deren Ele- mente schräg zur Längsachse der Klappen gestreckt sind). a@ [2 © 1) Vgl. Berichte d, Deutschen Bot. Ges. 1883, pag. 271. 495 Eine ganz ähnliche Einrichtung treffen wir auch bei Zygophylium. Das verholzte Gewebe besteht nämlich auch hier aus gekreuzten Zell- lagen, deren Elemente namentlich im unteren Teile der Klappe viel- fach schräg verlaufen (s. Fig. 104 u. e). Die Flächenansicht des verholzten Gewebes gibt dies sofort zu erkennen. Die innersten Fasern (der Innenepidermis) verlaufen aber vorwiegend längs, und da sie so- wohl wie die äußeren Fasern Steilstruktur besitzen, so überwiegt bei der Wasseraufnahme ihre Dehnung in der Quere. So erklärt sich die Auswärtsbewegung der Fig. 72. Allerdings ist zum Verständnis der- selben noch die Annahme eines gesteigerten Imbibitionsvermögens der Innenepidermis nötig. Dieses kann aber sehr wohl mit physikalischen Struktureigentümlichkeiten {z. B. nach Nägeli mit geringerer Größe der Mizelle) zusammenhängen. IV. Welches ist die wahre Jerichorose? Die beiden mediterranen Pflänzchen Arastatica hierochuntica L. und Odontospermum pygmaeum (DC.) Aschers. et Schweinf, die mit andern Gegenstand der vorangegangenen anatomisch - physiologischen Untersuchung bilden, sind in den letzten 10 Jahren vielfach genannt und gewissermaßen einander gegenübergestellt worden, indem sich die Ansicht durchzuringen vermocht hat, die unter dem Namen Jerichorose gar wohl bekannte Anastatica hierochuntica entspreche gar nicht der wahren Jerichorose des Altertums, sondern es sei vielmehr die letztere identisch mit dem als Odontospermum pygmaesum bezeichneten Pflänz- chen, das im Laufe des Mittelalters erfolgreich von der Anastatica: ver- drängt und des alten Nimbus beraubt worden sei. Diese Ansicht ist, wie wir gleich noch näher ausführen werden, schon ziemlieh alt, sie stammt aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, aber allgemeine Ver- breitung haben ihr eigentlich erst die beiden vortrefflichen Kenner der afrikanischen und orientalischen Flora, Prof. Dr. G. Schweinfurth?) und Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. P. Ascherson?) verschafft und zwar mit solchem Erfolge, daß heute ganz allgemein das Zwerg-Odontospermum als die echte, die Anastatica als die unechte Jeriehorose aufgefeßt und ausgegeben wird. Wir haben uns dieser Anschauung niemals anzuschließen ver- mocht und gestatten uns an dieser Stelle auch noch auf diese Frage kurz einzugehen. Der erste Versuch, auf den sich überhaupt alle späteren Aus- führungen, ohne irgend einen neuen Gesichtspunkt hinzuzufügen, stützen, 1) Bull. de l’Inst. Egypt. 1885, 2!tme Ser, Nr. 6, pag. 92. 2) Berichte d, Deutschen Bot. Ges. 1892, Bd. X, pag. 94. 496 geht auf den Abb& Michon zurück, der 1851 den Akademiker de Saulcy nach dem Orient begleitet hat und uns in seinem Reise- werk, „Voyage religieux en Orient“ (Paris 1858), seine und seines Ge- fährten Reiseeindrücke und -Erfahrungen schildert. Michon schreibt”): „J’si oubli6 de mentionner qu’avant de quitter la plaine et de gravir les coteaux ot nous sommes eamp6s, j’ai eueilli sur Je sol la tige et les boutons dessech&s de la „Saulcya“ (diesen Namen hatte Michon dem Aszeriscus pygmaeus (= Odontospermum pygmaeum), zu Ehren seines Begleiters, beigelegt). Les qualit6s hydrographiques de cette plante, qui est la veritable rose de Jericho, sont merveilleuses. Lorsqu’elle est dans son $tat parfait de dessication, apr&s les chaleurs de P’6t6, pour peu qu’il pleuve, les söpales dessöches de son calice persistant, qui sont fermes comme un petit bouton de rose, s’entr’ouyrent comme si la plante &tait vivante. Je n’ai pas hesit6 & reconnaltre dans cette plante la rose de Jericho, si c6- löbre au moyen äge. elle que l’on connaisssit et que Linnde a deerite sous le nom de „Anastatica hierichuntica“, la ressuseitante de Jericho, ne vient pas dans’ la plaine de Jericho, pendant que la „Sauleya“ #’y trouve en 6chantillons innom- brables. La „Sauleya* tale ses söpales radies en moins de eing minutes. En lui mettant le pied dans l’eau, et en la monillant elle-möme, elle se d6veloppe instan- tansment, pendant quil faut prös d’une heure & Y’„Anastatica“ pour ouvrir ses rameaux. Cette petite merveille vegötale 6tait inconnue au monde savant, et je ne pouvais pas faire un plus bel usage du droit de conquöte, qui est le droit divin des botanistes, qu’en donnant & cette plante le nom de mon savant ami. Eile appartient & la famille des radises. La puissance kygrometrique est telle, que si un de ses s6- pales est mis en contact avec P’eau, il se relöve seul, et le reste de l’enveloppe florele conserve aa forme de bouton de rose. L’sbondance des matieres sur mon manuscrit m’oblige de passer tout ce qui tient, dans mon voyage, & ia partie botanique, J’6spere publier separöment un „Voyage botanique et agrieole en Syrie et en Palestine“. Die Gründe für die von Michon angedeutete Identifikation der Jerichorose mit dem von Michon und Sauley entdeckten Odonto- spermum finden wir bei Sauley®) und wir erlauben uns, da auch dieses Werk ziemlich selten ist, die in Frage kommende Stelle in ex- tenso mitzuteilen. Saulcy sagt, nachdem er auf seiner Reise ein zweites Exemplar des Odoztospermum, das er mit dem erstgefundenen nicht gleich zu identifizieren vermaocht. hatte, gefunden: „Ce qui m’avait empöch6 de deviner cette identit6 au premier coup d’oeil, dest que l’une avait subi Paction de I’humidite, et que Pautre avait 6t6 recneillie parfaitement söche. 1 &tait clair des lors que ce vegetal ligneux et corince & Pexods, jouissait d’une propriets hygromötrique trös-remarquable. A l’instans möme j’en fis Pexp6- rience, et je constatai que le Kaff-Maryam, ou rose de Jericho des pölerins (Ana- statica hierochuntiea), si renomm& pour sa vertu hygromätrigue, 6tsit 2 mille Houes 1) Miehon, Voyage religieux en Orient, Tome I, vag. 383, 1858. 2) Sauley, Voyage autour de Ia mer morte, Tome II, pag. 82, 1853. 497 de ma trouvaile. Un Kaff-Maryam mis dans Peau n’est eomplötement ouvert, qu’au bout d’une heure et demie, ei ma petite conquete s’&panouissait & vue d’oeil, ce qui n'est nullement une &xageration; en trois minutes au plus, elle 6tat: parfaite- ment ouverte. . Je me rappelai alors ia piöce de blason nomm6e rose de Jericho; et qui figure dans certains &cussons datant des eroisades; je fus immedietement convainen que j’avais retrouv& la veritable rose de Jericho, perdue de vue depuis la chute du royaume latin de Jerusalem, et remplacse, dans Y’affection des personnes pieuses, par l’Anastatica ou Kaff-Maryam, qu'une tradition musulmane, admissible pour des chretiens, signala & la piet6 des premiers pölerins qui demandörent aux habitants du pays, quelle 6tait la plante de la plaine de Jericho, qui ne mourait jamais, et qui ressuscitait quand on la trempait dans Y’eau. Quoiqu’il en soit, ce singulier vögetal hygrometrigue constitue, pour les botanistes, un genre tout nouyeau, 3 en juger par c® que nous em connaissons, c’est & dire par son squelette. Mon ami, Yabb6 Michon, s’est chargs de deerire cette eurieuss plante, ef il m’a fait la galanterie de la bap- tiser du nom de Sauleya hierichunties. A coup sür, c’est beaucoup plus d’homneur pour moi que pour la plante.“ Bevor wir auf die Prüfung der von Sauley angeführten Gründe eingehen, sei in aller Kürze die Nomenklaturfrage gestreift. Hinsicht- lich der Anastatica hierochuntica ist die Sache klar; Linn6 ist es gewesen, der diese Art rechtsgültig publiziert hat und sie ist auch bis zur Stunde in der Gattung verblieben, der sie von Linn& subordiniert worden ist. Anders verhält es sich mit Odontospermum pygmaeum. Diese Pflanze ist zuerst von A. De Gandollet) (1838) unter dem. Namen Asteriscus aqualicus Moench var. fygmaeus publiziert und dann von Cosson und Durieu ap. Balansa pl. Alger. exsicc. (1853) Nr. 793 als Varietät abgetrennt und zum Range einer Art erhoben worden. Die rechtsgültige Form der Publikation des Aszeriscus Byg- maeus ist im Jahre 1857 durch Cosson und Kralik®) erfolgt und da dieselben die Art unter die Autorschaft von Cosson und Durieu stellten, so liegt für uns kein Grund vor, hiervon abzuweichen. Nun existiert aber für die Gattungsbezeichnung Asteriscus, von Moench 1794) ein älteres Synonym, Odentospermum Neck‘) (113%) und in Anerkennung dieses haben denn auch Bentham und Hooker?) (1873) die Gattung Asteriscus eingezogen und aufgehen lassen in der Gattung Odontospermum, hinsichtlich des Asteriscus Pygmaeus wohl verweisend auf DC. VII, die Kombination aber nicht selbst bildend. 1) Prodr. 1838, VII, 287. 2) Bull. Soe. Bot. France 1857, 277. 8) Meth. 1794, 592. 4) Elem. 1790, 20. 5) Genera plant. 1873, IE 340, 498 . Die ersten, die die Kombination Odonfospermum Bygmasum in gü- tiger Weise gebildet und angewendet haben, sind Ascherson und Sehweinfurth!) (1889) gewesen und demgemäß haben sie und nicht Bentham et Hooker und nicht O. Hoffmann?) als Autoren der Kombination O. Sygmaeum zu figurieren. Ob dann noch DC. in Klammer erscheinen soll oder nicht, ist bekanntlich nach den Wiener- regeln dem Belieben des Einzelnen überlassen. Prüfen wir nun die Gründe, die für und gegen die Identifikation des Odontospermum fygmaeum und der Jerichorose sprechen. In Betracht kommen ausschließlich Sauley und Michon, denn die auf diese folgenden Befürworter und Verteidiger der Anschauung, man habe ursprünglich unter der Jerichorose das Odontospermum verstan- den, führen keine anderen als die Sauley-Michon’schen Argumente an, d. h, sie stützen sich voll und ganz auf diese. Von beinahe ausschlaggebender Wichtigkeit erscheint das von Michon und Sauley vorgebrachte Argument, daß französische Adels- familien, deren Vorfahren an den heiligen Kreuzzügen teilgenommen hatten, in ihrem Wappen die Jerichorose führten. Leider haben es Michon und Sauley unterlassen, uns mit auch nur einem solchen Wappen bekannt zu machen. Meine (Schinz’) bezüglichen Nachforsch- ungen, die ich nun 13 Jahre hindurch durchgeführt habe, sind in jeder Hinsicht resultatlos verlaufen. Die bedeutendsten Heraldiker des In- und Auslandes, unter andern auch die Administrationskommission der SocietE d’Arch&ologie de Bruxelles (Brief vom 24. September 1894), Mr. Gourdon de Genouilloc, Mr. Troussart usw. haben mir ver- sichert, daß ihnen eine derartige Verwertung der Anasiatica oder des Odontospermum unbekannt sei, daß überhaupt unter der heraldischen Rose ihres Wissens ausschließlich jene bekannte Wappenfigur zu ver- stehen sei, wie sie z. B. auch im Oldenburgischen Wappen auftritt. Diese Wappenrosen haben indessen mit einer Jerichorose dieser oder jener Art auch nicht die allergeringste Ähnlichkeit, stehen auch mit den Kreuzzügen wahrscheinlich in gar keiner Beziehung. Ebenso er- folglos sind meine literarischen Nachforschungen verlaufen und wir sind daher auch heute — bessere Belehrung vorbehalten — mehr als je überzeugt, daß die beiden Palästinaforscher Michon und Sauley einer Täusehung, die sie leider nach ihrer Rückkunft nicht nachprüften, unter- legen sind. Fällt dieses eine, unserer Auffassung nach wichtigste Argu- ) Fl. @Egypte 1889, Suppl., 760. 2) So in Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfam. 1894, IV, 5, 209, 499 ment dahin, so wiegt dann das zweite, von den Anhängern der Michon- Sauley’schen Hypothese vorgebrachte, sich auf das Vorkommen des ‚Odontospermum bei Jericho und das Fehlen der Anastatica im Jericho- tale stüfzende, nicht mehr schwer. Es ist richtig, daß die Anasiatica in der Gegend von Jericho, wo heute Odontospermum reichlich vorkommt, fehlt; wohl kommt die Pflanze aber am Toten Meere vor, am Sinai, in Südpersien, in Nord- afrika und geht westwärts bis nach Marokko. Odontospermum pyg- maeum andererseits ist nicht nur im Tal von Jericho, sondern auch am Sinai, in Belutschistan, in Ägypten und im nördlichen Saharagebiet nachgewiesen worden; die- Ostgrenze dürfte wohl in Belutschistan, die Westgrenze in Algier zu suchen sein. Hierin, d. h. im Fehlen der Anastatica in der unmittelbaren Umgebung von Jericho, einen gegen die Identifikation der Anasiatica mit der Jerichorose sprechenden Grund zu erblicken, vermögen wir nicht; unseres Erachtens hat die „Auferstehungspflanze“ die Bezeichnung Jericherose überhaupt nicht erhalten, weil sie in Jericho selbst wuchs, sondern weil sie in Jericho den Pilgern verkauft wurde und vielleicht in einer Anlehnung an die wirklichen Rosen Jerichos, von denen uns schon Sirach berichtet. So erzählt auch Sebastian Münster 1708, daß „die Jerichorosen (er meint die Anastatica) nicht zu Jericho wachsen, daß die Pilger indessen des- wegen nicht über den Jordan fahren müssen, denn sie können die Pflanze in Jericho kaufen“. Gibt es nun aber stichhaltige Gründe, die für die Identifikation der Anastatica mit der Jerichorose sprechen? Wir glauben ja Dafür sprechen einmal die Bezeichnungen, die der Anastatica von den Be- duinen, Arabern usw. beigelegt werden. Die Arastatica trägt folgende Volksnamen: kef mariam (Ägypten) = Hand der Maria; kufefe (Ägypten, Beduinen des Roten Meeres) = Händehen; 2amasch (Ober- ägypten) — Zange; komescht en nebi (mittlere Sahara) = Zange des Propheten; gededa oder gabda (Ägypten) = Faust; keff Fathma (alger. Beduinen) = Hand der Tochter des Propheten (die hier an die Stelle der gebenedeiten Jungfrau gesetzt ist); «d Fathma binten nebbi (Bis- kra) = Hand (die ganze) der Fathma, Tochter des Propheten. So mannigfaltig auch die Benennungen sind, so ist doch zu konstatieren, daß sie in allen Fällen symbolischer Natur sind; und daß der Pflanze sicherlich zu gewissen Zeiten eine Verehrung gezollt wurde, geht wohl unbestreitbar aus dem Umstande hervor, daß sie immer und immer wieder entweder mit dem muhamedanischen Religionsstifter, mit dessen Lieblingstochter oder mit der Jungfrau Maria in Verbindung gebracht wird. 500 Odontospermum pygmaeum trägt den Namen nogoud, eine Be- zeichnung, aus der wohl keine Beziehung zu irgend einer der vorhin erwähnten Persönlichkeiten konstruiert werden kann. Von Bedeutung dürfte auch der Umstand sein, daß der Arastatica schon im frühen Mittelalter wundersame Heilkraft zugeschrieben worden ist, was für Odontospermum nicht, zuzutreffen scheint. Daß des weitern im Mittelalter unter der Jerichorose die Ara- statica verstanden worden ist, geht aus der Reisebeschreibung des Zürichers Peter Füßli hervor, der 1524 das heilige Land besucht und eine Jerichorose als Kuriosum nach Hause gebracht hat. Das Manuskript Peter Füßli’s befindet sich in der Stadtbibliothek Zürich; zwei treffliche Abbildungen stellen eine Anastatica in geschlossenem und in geöffnetem Zustande dar. Geradezu entscheidend scheinen uns aber die Funde zu sein, mit denen uns der Archäologe Gayet vor wenigen Jahren bekannt gemacht hat. Anläßlich der Ausgrabungen, die Gayet im Auftrage des fran- zösischen Unterrichtsministeriums in der auf dem rechten Nilufer ge- legenen Nekropolis Antino& vorgenommen hat, entdeckte der berlihmte Gelehrte die Mumie der griechischen Hetäre Thais, von der erzählt wird, daß sie die Geliebte des Dramatikers Mänander und des Königs von Makedonien Alexander gewesen und später die Gattin des Königs von Ägypten Ptolomäus, dem sie zwei Kinder schenkte, gewesen sei. Neben andern Beigaben hat sich nun in den Händen der Toten eine Anastatica gefunden. Eine solche Totengabe wäre aber undenk- bar, wenn sich nicht mit derselben die Idee eines Symbols der Auf- erstehung verbunden hätte. Gayet!) weist überzeugend nach, daß die Thais von Antino& eine Christin gewesen sei und vor dem Jahre 393 gelebt haben müsse. Angesichts der Tatsache nun, daß mit dieser Entdeckung die uns hier interessierende Symbolisation hinaufreicht bis ins vierte Jahrhundert, wird man wohl kaum fehl gehen, wenn man die versuchte Identifikation des Odontospermum mit der altberühmten Jerichorose von der Hand weist und die Arasiatica wiederum in ihre Rechte einsetzt. 1} Le Monde Moderne 1902, juilket. Lippstadt u. Zürich, Dezember 1907. Nachtrag zu der Abhandlung „Brutknospenbildung bei Drosera pygmaea und einigen Monokotylen‘'). Von K. Goebel. In der angeführten Abhandlung wird (pag. 333) u. a. auch die Knospenbildung auf der Außenseite der Zwiebelschuppen von Ornitho- galum caudatum erwähnt und dabei die ältere Literatur angeführt. Es war mir dabei entgangen, daß diese Knospenbildung auch neuerdings besprochen worden ist und zwar von H. Lonay?), dem seinerseits die älteren Angaben von 'Medicus und A. Braun unbekannt geblieben waren. Wie diese Autoren und der Verf. betrachtet auch H. Lonay die Brutknospen als Achselsprosse, welche auf die vor ihnen stehende Zwiebelschuppe „verschoben“ sind. Er verfolgt eingehend die Leit- bündel, welche zu diesen Bulbillen gehen und zeigt, daß gewöhnlich drei Leitbündel vom Zwiebelkuchen („plateau“) nach jeder Bulbille verlaufen. . Lonay hat auch die Entwicklungsgeschichte dieser Gebilde ver- folgt, freilich nicht so eingehend, wie dies wohl wünschenswert wäre, Da seine Angaben vielleicht auch andern unbekannt geblieben sind, gebe ich aus dem Abschnitt „Gendse des bulbilles* hier das Wesent- liche wieder: „L’entre-noeud e&tant Tintervalle qui söpare deux fenilles cons&cutives, eette rögion est reduite & si peu de chose dans le pla- teau de l’Ormithogalum caudatum, que Ton ne congoit gudre la possi- bilitö pour des organes axillaires de s’y d&velopper. Il en est. aussi eependant des bulbilles normales; mais pour le comprendre, il ne faut pas perdre de vue qwelles s’organisent & un moment ot les gaines qui les emboitent sont loin d’ätre aussi 6paisses qu’elles le seront en definitive et qu’elles ne comblent pas encore Pespace internodal. Quand la gaine Qui la portera a environ 3 centimötres de dianöfre, la pre- midre bulbille apparait comme un petit mamelon me&ristömatique situ6 en face du faisceau M de la feuille pröcsdente (Muiterblatt des au- teurs allemands) Bientöt, par suite du developpement basilaire plus actif de la gaine superieure plus jeane, celle-ci empiete sur Pespace internodal en entrainant sur son dos, en quelque sorte, le mamelon 2) Flora 1908, 98. Bd, Heft 3, pag. 324. 2) Reeberches anstomiques sur les feuilles de ’Ornithogalum par H. Lonay (Archives de Yinstitut botanique de T'universit6 de Liöge 1907, Tome IV, auch M6- moires de la sori6t6 royale des sciences de Lidge 1802, 3. Serie, Tome IV. Flora, Bd. 8, 35 502 qui s’entoure en möme temps d’un bourrelet circulaire un peu oblique, &bauche de la premiöre gaine de la bulbille future*..... Durch diese Angaben ist, wie mir scheint, nicht aufgeklärt, wie der „mamelon m£6ristömatique”, aus welchem die Bulbille hervorgeht, auf die Zwiebelschuppe gelangt. Es sind zwei Fälle möglich: ent- weder sind die Bulbillenanlagen von Anfang an auf die gegenüber- liegenden Schuppen verschoben, oder sie gelangen dahin erst dadurch, daß auch die unterhalb der ursprünglich axillären Bulbillenanlagen liegende Partie der- Sproßachse (des Zwiebelkuchens) in der inter- kulare Entwicklung der Schuppenbasis mit hineingezogen wird. Beide Fälle sind ja selbstverständlich nicht prinzipiell von einander verschie- den. Es wäre aber wünschenswert, wenn der Vorgang noch eingehen- der untersucht werden würde. Im übrigen stimmen die Angaben von Lonay ganz überein mit denen, zu denen auch der Verf, auf Grund .der Betrachtung der fertigen Zustände gelangt war, namentlich ist auch Lonay der Ansicht, daß Raum- und Druckverhältnisse innerhalb der Zwiebel sowie die interkulare Wachstumsreife der Zwiebelschuppen von Bedeutung für die „Verschiebung“ der Bulbillen sind. Druck von Ant. "Einpie in Jena. Eingegangene Literatur. Archives de l’institut botanique de J’universit6 de Lidge, Tome IV. Inhalt: Recherches anatomiques sur les feuilles de l’Ornithogalum caudatum Ait. par H. Lonay; Analyse coordonnde des travaux relatifs & Y’anatomie des t6guments s6minaux par H. Lonay; Strueture anatomique du p6riearpe et du spermoderme chez les Renonculacees, Recherches compl&mentaires par H. Lonay; Contribution & l’anatomie des Amarantacses par A. Gravis avec la collaboration de Mile A. Constaninesea; A propos de la genöse des tissus de la feuille par A. Gravis; Lenseignement de la Bo- tanique par A. Gravis; Contribution & T’ötude du rhizomorphe de -YArmillaria mellea Vahl par J. Goffart (Analyse). Bruxelles, Hayez imprimeur de l’acad&mie royale de Belgique 1907. B. Bavink, Natürliche und künstliche Pflanzen- und Tierstoffe. (Aus Natur und Geisteswelt) Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. Preis: 1 M. geheftet, 1 M. 25 Pf. geb. . Beiträge zur Biologie der Pflanzen, begründet von F. Oohn, herausgegeben von F. Rosen, Bd. VI, Heft 2. Preis: 8 M. Breslau 1907, J. N. Korns Verlag. H. Christ, La flore de la Suisse et ses origines. Edition frangaise traduite par E. Tiöche, revue par Pauteur. Ouvrage accompagnd de eing cartes en couleurs et de quatre illustrations hors texte. Nouvelle €dition. Augmentse d’un apergu des röcents tra- vaux g6öobotaniques. Basel, Genf, Lyon 1907, Georg & Cie, libraires-6diteur. L. Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Auflage. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Preis; 14 M., geb. 16 M. L. Klein, Bemerkenswerte Bäume im Großherzogtum Baden. Mit 214 Abbildungen nach photographischen Naturaufnahmen. Heidel- berg, C. Winter’s Universitätsbuchhandl. Preis: geb. 4 M. H. Miehe, Die Bakterien und ihre Bedeutung im praktischen Leben. Verlag von Quelle & Müller in Leipzig. Preis: geh. 1 M., geb. 125 M. F.W. Neger, Die Nadelhölzer (Koniferen) und übrigen Gymnospermen. Sammlung Göschen. Preis: 80 Pfg. Leipzig 1907, G. J. Göschen- sche Verlagsbuchhandlung. W. Pfeffer, Untersuchungen tiber die Entstehung der Schlafbeweg- ungen der Blattorgane. Mit 6 Textfiguren. Leipzig, B. G. Teubner. . Preis: 6 M, G. R. Pieper, Beiträge zur Methodik des biologischen Unterrichtes. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. Preis: geh. 1,50 M. E. Renkauf, Die Pflanzenwelt des Mikroskops. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. Preis: geh, 1 M. geb. 1,25 M. Sammlung von Abhandlungen über Abgase und Rauchschä- den. Unter Mitwirkung von Fachleuten herausgegeben von H. Wislicenus. Heft 1: Über die Grundlagen technischer- und gesetzlicher Maßnahmen gegen Rauchschäden von A. Wislicenus.- Verlag von H. Parey in Berlin. Preis: 1,20 M. C. Schroeter, Das Pflanzenleben der Alpen, eine Schilderung der Hochgebirgsflora. Lieferung 4, 5, 6 (Schluß). Verlag von Albert. Raustein in Zürich. Preis per Lieferung 2,80 M. (vollständig 16,80 M.). Fr. Söhns, Unsere Pflanzen. Ihre Namenserklärung und ihre Stellung in der Mythologie und im Volksaberglauben. 3. Auflage. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. Preis: geb. 3 M. A. Sprecher, Le Ginkgo biloba L. 225 gravures dans le texte et, 3 planches hors texte. Gendve 1907, imprimaire Azar, 8. A. Fr. Tobler, Kolonialbotanik. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. Preis: geh. 1 M., geb. 1,25 M. Universität und Schule. Vorträge, gehalten auf der Versammlung Deutscher Philologen und Schulmänner am 29. Sept. 1907 zu Basel von F. Klein, A. Brandl, Ad. Harnack. Leipzig und Berlin, Verlag von B. G. Teubner. Preis: 1,50 M. E. Warming, Dansk plantevaekst. 2. Klitterne. Forste Halbbind med 135 billeder. Gyldendalske Boghandel, nordisk forlag, Koben- havn og Kristiania 1907. E. Warming und W. Johannsen, Lehrbuch der allgemeinen Botanik. Herausgegeben von Dr. E. P. Meineke. I. Teil, Berlin 1907, Verlag von Gebr. Borntraeger. \ J. Wiesner, Der Lichtgenuß der Pflanzen. Photometrische und phy- siologische Untersuchungen mit besonderer Rücksichtnahme auf Lebensweise, geographische Verbreitung und Kultur der Pflanzen. Mit 21 Textfiguren. Leipzig 1907, Verlag von Wilh. Engelmann. Jul. Zelluer, Chemie der höheren Pilze. Eine Monographie. Verlag von Wilh. Engelmann in Leipzig. Preis: 9 M. . Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. j i Von Dr. phil. Franz Fuh Vorlesungen über Bakterienenzyme. Yoı Dr, Pal, Franz Fuhrmann, logie an der Technischen Hochschule und Bakteriologie an der Universität zu Graz. it 4 Arbildungen und 5 graphischen Darstellungen im Text, Preis: o Aarl . u anınnıs Von Dr. Indwiz Jost, a.o.P Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Kon Dr. Lnd Vier Stehiug eD. Mit 183 Abbildungen. — Zweite Auflage, — Preis: brosch. 14 Mark. g 16 Mark Besprechung über die erste Auflage: Flora 1904, Bd. XCII, H. 2: Die Darstellung ist klar, kritisch und reichhaltig und oft durch historische Rück- blicke belebt. Die Jostschen Vorlesungen werden deshalb als eine treffliche Einführung in das Studium der Pflanzenphysiologie begrüßt werden. Auch für Berufstechniker ist das Buch wertvoll durch die eingehende Berücksichtigung und Diskussion, welche die neuere Pflanzenphysiologische Literatur in ihm gefunden hat. Solche orientierende Darstellungen sind ja um so notwendiger, je mehr die Entwicklung der Botanik es unmöglich macht, in allen ihren Gebieten die Literatur zu verfolgen, besonders aber in der Physiologie, weiche die Grundlage für alle anderen Teile der Botanik darstellt. i 17 Von Dr. Karl Eißkal Praktikum der Bakteriologie und Protzoclgie. rn or assistent am hygien. Institut der Universität Berlin und Dr. Max Hartmann, Privatdozent der Zoologie an der Universität und wissensch. Hilfsarbeiter am König. Institut für Infektionskrankheiten in Berlin. Mit 89 teils mehrfarbigen Abbildungen im Text. Preis: 4 Mark 50 Pf., geb. 5 Mark 50 Pf. ; zum Gebrauche in den Laborstorien und zum Selbst- Botanische Praktika unterrichte. Von Dr. Arthux Meyer, o. Prof. d. Botanik an der Universität Marburg. I. Teil: Exstes Mikroskopisches Praktikum. Eine Einführung in den Gebrauch des Mikroskops und in die Anatomie der höheren Pflanzen. Zum Gebrauch in den botanischen Laboratorien und zum Selbstunterrichte. Für Botaniker, Chemiker, Pharmazeuten Studierende des höheren Lehramtes, Zoologen. Zweite Auflage Mit 82 Abbildungen im Text. Preis: brosch. 5 Mark, geb. 6 Mark. II. Teil: Praktikum der botenischen Bakterienkunde. Einführung in die Methoden der botanischen Untersuchung und Bestimmung der Bakterienspezies, Mit einer farbigen Tafel und 31 Abbildungen im Text. Preis: 4 Mark 50 Pf., geb. 5 Mark 20 Pf. Gesundheits-Ingenieur, 1903, Jahrg. 26, Nr. 22: Das Buch wird dem Bakteriologen, der sich mit solchen Fragen in erster Linie beschäftigen muß, trotzdem es nur ein Praktikum sein will, recht willkommen sein. f mit besonderer Berücksichtigung der Vorlesungen über Deszendenztheorien I Nahhk Tee derfrage: ehalten an der Reichsuniversität zu Leiden, Von Dr. J. P. Lotsy. Erster Teil: Mit 2 Tafeln und 124 Teztfiguren. Preis: & Mark, geb. 9 Mark. Zweiter Teil Mit 13 Tafeln u. 101 Textfiguren. 1908. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. Naturwissenschaftliche Wochenschrift, N. F., Bd. Y, Nr. 25: Däs Buch Lotsys ist besonders verdienstlich durch die Hervorkehrung der botani- schen Tatsachen. Werke, die zur Begründung deszendenztheoretischer Ansichten vor- wiegend zoologische Daten benutzen, sind zahlreich, während botanische Deszendenztheorien von dem Umfang der Lotsyschen Schrift noch nicht existieren. Der Botaniker wird dem Verfasser daher besonders Dank wissen. Verlag von GUSTAY FISCHER in JENA. Vorträge über botanische Stammesgeschichte. Gehalten an der Reichs- universität zu Leiden. Ein Lehrbuch der Pflanzensystematik. Von Dr. J. P. Lotsy. Erster Band, Algen und Pilze. Mist 430 Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark. Inhalt: }. Einleitang. 2. Volvocales. 3. Siphonales. 4. Archimycetes und Syphonomycetes. 5. Multizelluläre monoenergide Isokonten. 6. Stephanokonten.. 7. Heterokonten. 8. Desmidiacene. 9. Die Phaeophytenreihe. 10. Die Peridinales. ti. Die Diatomeen. 12. Phaeophycene. 13. Bhodophycese._ 14. Die Schizophyten (Bakterien). 15. Schizophyceen, 16. DieMyxobakterien. 17. Myxomyceten. 18. Die Ascomyceten, 18. Erysiphales. 20. Pletascieae.' 21. Pyrenomyceten und Laboul- benisles. 22. Lichenen. 23. Discomyceten. 24. Helvellineae. 25. Eutuberaceae. 26. Exoascineae. 27. Die Saccharomyceten. 28. Basidiomycetes, Hemibasidii. 29. Die Uredineae. 830. Basidiomyceten. 1. und 2. Teil. Charphyten. Namenregister. Sach- register. Versuch einer phylogenetischen Erklärung des Embryosaces und der doppelten Befruchtung der Angiospermen. Vortrag, gehalten : — auf der 79. Ver- sammlung deuischer Naturforscher und Ärzte in Dresden am 16. Sept. 1907. Von Dr. Otto Porsch, Privatdozent für systematische Botanik an der K. K. Universität in Wien. Mit 14 Textabbildungen. Preis: 1 Mk. 50 Pig. Fortschritte der Botanik. Progr&s de la Botanigue. Progressus rei_Botanicae. Progress of Botany. Herausgegeben von der Asso- eiation Internationale des Botanistes, Redigiert von Dr. J. P. Lotsy in Leiden. Die „Progressus“ erscheinen in zwanglosen Heften, die in Zwischenräumen von 4 Monateu zur Ausgabe kommen sollen. Die Hefte werden zu Bänden von etwa 40 Druckbogen vereinigt, so daß jährlich ein Band erscheinen wird. _ Die Mitglieder der Assoeiation erhalten die „Progressus“ zu dem Vorzugs- preis von 13 Mark. Bestellungen zu diesem Vorzugspreise sind seitens der Herren itglieder direkt an die Verlagsbuchhandlung oder an den Generalsekretär der Association, Herrn Dr. J. P. Lotsy in Leiden, zu richten. _ Bestellungen, welche durch den Buchhandel aufgegeben werden (auch solche seitens der Mitglieder der Association) können nur zu dem Preise für Nichtmitglieder, welcher 18 M. für den Band beträgt, Erledigung finden. Vor kurzem wurde vollständig: Band I. Inhalt des ersten Bandes: Erstes Heft. R. v. Wettstein und J. P. Lotsy, Vorwort. Eduard Strasburger, Die Ontogenie der Zelle seit 1875. D. H. Scott, The Present Position of Palaeozoie Botany, E. A. Neweil Arber, Biblio- gephr of Literature on Palaeozoie fossil Planis, Ch. Fiahault, Les Prog de a eographie botanique depuis 1884. Zweites Heft. L. Laurent, Les Progres de ia paleobotanique angiospermigue dans la demiere deeade. W. Bateson, The pogrex of Geneties since the rediscovery of Mendels papers. Friedrich Czapek, ie Eroährungsphysiologie der Pflanzen seit 1896. Drittes Heft. R. P. van Calcar, Die Fortschritte der Immunitäts- uud Spezifitätslehre seit 1870 mit be- sonderer Berücksichtigung der Tuberkelbszillen und der säurefesten Stäbchen. Zweiter Band. Erstes Heft. Preis des Bandes 18 Mark. Inhalt: Paul Vuillemin, Les bases aetuelles de la syst&matique en myeologie. R. Zeiller, Les Progr&s de la Pal6obotanique de l’dre des gymno- spermen. — Zweites Heft. Inhalt: J. W. Moll, Die Fortschritte der mikro- ekopischen Technik seit 1870. Lehrbu: Von Dr. Eduard Sirasburger, Lehrbuch der Botanik_für Bochschulen. 0) der Botanik für Bochschulen. 0. b. Professor an der Universität Bonn, Dr. Fritz Noll, o. ö. Professor an der Universität Halle a. S.. Dr. Heinrich Schenck, Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt, Dr. George Karsten, a. o. Professor an der Universität Bonn. Neunte umgearbeitete Auflage. Mit 782 Teil farbigen Abbi . is: e n Pa ee u ara .. eil farbigen Abbildungen. Preis: brosch. Druck von Ant. Kämpfe in Jena.