FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER . KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. HUNDERTSTER BAND. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTaNIK IN MÜNCHEN. MIT 6 TAFELN UND 240 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1910. 1oid ALLE RECHTE VORBEHALTEN. rn Inhaltsverzeichn Ss. GOEBEL, K.. Ziun hundertsten Band en ARNOLDTL W., Beiträge zur Morphologie der Keimunge von Salvinia natans. Mit 47 Abbiklungen im Text . . . ASO, K., Über Säuregehalt und Säureresistenz verschiedener w urzeln ASO, K., Können Bromeliaceen dureh die Schuppen der Blätter Salze aufnehmen? Mit 5 Albildungen im Text 2 2 220202. BRUCHMANN. I. Über Selaginella Preissiana Spring. Mit S Abbil- dangen im Text . B oo. . nn KÜSTER, ERNST, Über Inhaltsverlagerungen in plaswolysierten Zellen. Mit 10 Abbildungen im Text... VON LUETZELBURG, PHILIPP. Beiträge z rien. Mit 48 Abbildungen im Text. B MEYER. ARTHUR und SCHMIDT, ERNST. Über die gegenseitige be einflussung der Symbionten heteroplastischer Transplantationen, mit besonderer Berücksichtigung der Wanderung der Alkaloide durch die Pfropfstellen. Mit 3 Abbildungen im Text PASCHER. ADOLF, Der Aufbau des Sprosses hei Przewalskia tangutiea Maximowiez. Mit 4 Abbildungen im Text RENNER, ©. Nochmals zur Ökologie der Behaarung . on RENNER. O., Beiträge zur Physik der Transpiration. Mit 25 Abbildungen Kenntnis der Utieula- im Text... B SCHMIDT. ERNST >. ey Ei e rer R. SCHNEIDER-ORELLI. O, Versuche über die Widerstandsfählgkeit ge- wisser Medieago-Santen (Wollkletten) gegen hohe Temperaturen SCHUBERT, WALTER. Über die Resistenz exsieratortrockener pflanz- licher Organismen gegen Alkohol und Chloroform hei höheren Temperaturen . nn SCHUSTER. JULIUS, Über die Morpholagie der ( II--V und 35 Abbildungen im Text en STRASBURGER. EDUARD, Chromosomenzahl. Mit Tafel VI. WOLPERT, JOSEF, Vergleichende Anatomie und Eatwieklungsgerchichte von Alnus alnobetala und Betula. Mit Tafel I nnd 32 bildungen im Text . ZIELINSKI, FELIX. Beiträge zur Bioley ie den Arehogoni ms und der Haube der Lanbmoose. Mit 23 Abbildungen im Text Hüte. Mit Tafel Heft I, par: I erschien am 8. Noveinber 1100 . Wu ’ 8. Januar 1916 18. März 1910 4. April 11m. “Wo. Seite svm 121159 311 316 Erz Dil 2RB- 205 267-287 317-396 2 140-- 144 4531-51 305311 68-126: 213-266 SUR Aat Erg re 1-36 FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 100.’BAND, ERSTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 1 TAFEL UND 102 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAYV FISCHER IN JENA. 1909. ERSCHIENEN AM 8. NOVEMBER 1909. I nn Inhaltsverzeichnis. Seite K. GOEBEL, Zum hundertsten Band. . . .. I-/1N ZIELINSKI, FELIX, Beiträge zur Biologie des Archegoniuns und der Haube der Laubmoose. Mit 23 Abbildungen im Text . . . 1-36 WOLPERT, JOSEF, Vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Alnus alnobetula und Betula. Mit Tafel I und 32 Ab- bildungen im Text. . . . 767 SCHUBERT, WALTER. Über die Resistenz exsiecatortrockener pflanz- licher Organismen gegen Alkohol und Chloroform hei höheren Temperaturen . . . .. nenn 68-120 ARNOLDI, W., Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natanı. Mit 47 Abbildungen im Text. 2 2.2.2202... 121-139 RENNER, O., Nochmals zur Ökologie der Behaarung . x» 2. . 140-144 Verlag von GUSTAY FISCHER in in JENA. Soeben erschien: Vorträge über botanische Stammesges gehalten an der Reichsuniversität zu Leiden. Ein Lehrbuch der Pflanzensystematik. Von Dr. J. P. Lotsy. hichte Zweiter Band: Cormophyta zoidogamia. Mit 553 Abbildungen im Text, 1909. Preis: 24 Mark. Im Jahre 1907 erschien: Erster Band: Algen und Pilze. Mit 430 Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark. Inhalt: 1. Einleitung. 2. Volvocales. 3. Siphonales. 4. Arehimyeetes und Siphomamyeetes, 5. Multizelluläre monoenergide Isokonten. 6. Stephanokonten. Heterokonten. 8. Desmidinceae. 9. Die Phaeophytenreihe. 10. Die Peridinales. 11. Die Diatomeen. 12. Phaeophyceae. 13. Rhadophyceae. 14. Die Schizophyten (Bakterien). 15. Schizophyceen. 16. Die Myxobakterien. 17. Myxomyceten. 18. Die Ascomyeoten. 19. Erysiphales. 20. Pletasciere. 21, Pyrenomyeeten u. Labowlbeniales. 22. Lichenen, 23. Disecomyceten. 24. Helvellineae. 25. Eutuberaceae. 26. Exo- aseineae. 27. Die Saccharomyceten. 28. Basidiomycetes, Hemibasidii. 29. Die Uredineae. 30. Basidiomyeeten. 1. u. 2. Teil. Charphyten. — Namenregister. — Sachregister. Zum hundertsten Band. Das Erscheinen des 100. Bandes dieser Zeitschrift läßt es wohl gerechtfertigt erscheinen, wenn wir einen Blick auf ihre Geschichte werfen. Die „Flora“ ist die älteste noch lebende botanische Zeitschrift, und so spiegelt sich auch ein guter Teil der Geschichte der Botanik in ihr ab. Zwar war schon im 18. Jahrhundert der Versuch. eine botanische Zeitschrift herauszugeben, gemacht worden („Usteri’s Annalen“). aber «diese ging nach Erscheinen von einigen Jahrgängen wieder ein. Das- selbe Schicksal hatte Schrader’s „Journal“. Es war deshalb ein einiger- maßen kühnes Unternehmen, daß die im Jahre 1790 in Regensburg begründete Kgl. bayerische botanische Gesellschaft sich im Jahre 1802 entschloß, eine „Botanische Zeitung“ herauszugeben, „welche Rezensionen. Ahhandlungen, Aufsätze, Neuigkeiten und Nachrichten die Botanik be- treffend enthält“. Die neubegründete Zeitschrift kam in eine ungünstige Zeit - , die kriegerischen Wirren, unter denen (ler europäische Kontinent litt, ließen sie nach wenigen Jahren (Ende 1807) wieder eingehen. Die Energie des Hauptbegründers der Regensburger botanischen Gesellschaft, des um die deutsche Floristik hochverdienten Prof. Hoppe Heß sich durch den ersten Mißerfolg aber nicht abschrecken. Die mit «dem Jahre 180% eingestellte „Botanische Zeitung“ begann im Jahre 1818 nach einem erweiterten Plane unter dem Titel „Flora oder (all- gemeine) botanische Zeitung* wieder zu erscheinen. Ihre Redaktion besorgte Hoppe, 1327-1830 mit Eschweiler, von da ab bis zu seinem Rücktritt mit Fürnrohr, der sich der Zeitschrift sehr annahm und sie zu einem Sammelpunkt aller Bestrebungen auf dem tiebiete II K. Goebel, der Botanik zu gestalten suchte, namentlich wurde in zahlreichen (freilich meist recht unübersichtlichen) Beilagen eine Darstellung der botanischen Literatur gegeben, nachdem der Versuch Eschweiler’s, neben der Flora (1828) eine eigene Zeitschrift unter dem Titel „Botanische Literatur- hlätter“ (Vorläufer des jetzigen botanischen Jahresberichtes und des botanischen Zentralblatts) herauszugeben. wegen Mangels an Absatz gescheitert war. Fürnrohr starb 1861, sein Nachfolger in der Redaktion war Herrich-Schaefer, welchem Botaniker von glänzenden Namen: de Bary, Hofmeister, Sachs ihre ständige Mitwirkung zusagten. Darauf wird unten. bei Besprechung «es Inhalts der Zeitschrift, zurück- zukommen sein. 1871 übernahm die Herausgabe («der „Flora“ der Lycealprofessor Singer in Regensburg, der sich seiner Aufgabe auch mif Eifer und Interesse widmete. Mehrfach wird von der Redaktion betont, daß sie bemüht sein werde. diese älteste botanische Zeitschrift lebensfähig zu erhalten. Es zeigte sieh aber immer mehr, daß die Herausgabe einer botanischen Zeitschrift an einem Orte, an welchem naturgemäß fast nur die floristisch-systematische Forschung gepflegt werden konnte, auf immer größere Schwierigkeiten stoßen mußte. Im Auftrage der Regensburger botanischen Gesellschaft ersuchte deshalb Ende 1838 Prof. Singer den Unterzeichneten die „Flora“ ganz (unter Loslösung von der Regensburger botanischen Gesellschaft) zu übernehmen. Dieser entschloß sich zur Annahme dieses Anerbietens, obwohl es fraglich war, ob sich das alte, etwas morsch gewordene Schiff, das so manche wert- volle Ladung (und auch nicht wenigen Ballast) befördert hatte, noch lange über Wasser werde halten lassen. Es waren im Laufe der Zeit neue botanische Zeitschriften erschienen und zudem ist im allgemeinen in «ler Botanik das Angebot, d. h. die wissenschaftliche Produktion wohl größer als die Nachfrage, d. h. die Zahl der für die Erhaltung einer Zeitschrift notwendigen Abonnenten. Dank der Tätigkeit trefflicher Mitarbeiter und dem Entgegenkommen der beiden Verleger (zuerst N. G. Elwert in Marburg, später G. Fischer in Jena) zeigte die alte Flora aber neue Lebenskraft. Sie erschien in vergrößertem Formate und nicht mehr wie früher in einzelnen Nummern, sondern in Heften. Die Literaturbesprechungen wurden aufgegeben, da sich unterdessen besondere Organe dafür entwickelt hatten. Es sind seitdem 28 Bände erschienen, von denen einige (namentlich von den in kleinerer Auflage erschienenen „Ergänzungsbänden“) schon ganz vergriffen sind. Zum hundertsten Band. II Es sei nun versucht, kurz darauf hinzuweisen, in wie weit die in ‚der „Flora“ erschienenen Abhandlungen für die Geschichte der Botanik von größerer Bedeutung gewesen sind, Selbstverständlich kann es sich dabei nur um die ältere Zeit, welche bereits der Geschichte der Botanik angehört, handeln und auch da nur wn kurze Hinweise, nicht um eine ausführlichere Würdigung. Freilich wird ja neuerdings die Zeit. inner- halb welcher eine wissenschaftliche Abhandlung der Euthanasie des Vergessenwerdens anheimfällt, auf nur etwa vier Jahre angesetzt (und bei nicht wenigen Autoren geht ja die Literaturkenntnis noch auf einen kleineren Zeitraum zurück), aber das ist der Maßstab der rastlos und oft einseitig weiterstrebenden Gegenwart nicht der der (Geschichte. Die Gründung der Flora fällt in die Zeit, in welcher die syste- matische Botanik durch Linn€ einen mächtigen Aufschwung genommen hatte und namentlich die Erforschung (er deutschen Flora mit einem fast leidenschaftlichen Eifer betrieben wurde. Dem entspricht ja auch der Titel, welchen die Zeitschrift erhielt. Floristisch-systematische Mitteilungen, Exkursionsberichte u. dgl. nehmen deshalb in den ersten Bänden einen breiten Platz ein, und um Prioritätsfragen in der Benennung neuer Formen entspinnt sich nicht selten ein ebenso erbitterter Streit wie heutzutage über andere zeit- weilig im Vordergrund steliende und bald darauf wieder vergessene Bestrebungen. Zuweilen tauchen aber auch allgemeine Fragen auf. So bespricht in 4. Jahrgang Wenderoth beifällig das Buch Henschel's. in welchem dieser sich gegen die Sexualität bei den Pflanzen gewendet hatte, und Nees v. Esenbeck stimmte unter Anführug von Äuße- rungen des alternden Goethe zu. Es war die Zeit, in der die — jetzt anscheinend eine neue Morgenröte erlebende — XNaturphilosophie in vielen Köpfen eine heillose Verwirrung angerichtet hatte. Aber glück- licherweise keineswegs in allen. Im 5. Jahrgang weist (ler Münchener Botaniker Schrank die Henschel’schen Phantastereien zurück, an der Sexualität sei nicht zu zweifeln „responsa venerunt. causa deeisa est“. In den folgenden Jahrgängen läßt sich neben den foristisch-syste- matischen Arbeiten allmählich eine neue Richtung wahrnehmen: einer- seits treten mehr Abhandlungen über niedere Pflanzen auf, andererseits machen sich nach zwei Seiten Anzeichen einer reicheren Gestaltung ‚ler botanischen Forschungstätigkeit geltend. Einmal zeigt sich die neu- belebte anatomische Forschung vor allem darin, daß Mohl eine Reihe seiner klassischen Arbeiten in der Flora veröffentlichte, andererseits beginnt A. Braun in ihr seine Tätigkeit als Morphologe. IV K. Goebel, Wie rasch die Entwicklung unserer Kenntnisse der niederen Pflanzen erfolgt ist, tritt beim Blättern in alten Florabänden deutlich hervor. Noch im 6. Jahrgang mußte Schrank Aghard's Angaben über die Verwandlung niederer Tiere in Pflanzen bekämpfen, und scheinbar erhielt Aghard’s Anschauung eine Stütze, denn Unger be- richtet dort „über den unmittelbaren Übergang des sprossenden Lebens in das bewegte infusorielle und umgekehrt über die Metamorphose der Ectosperma clavata“ — es war die berühmte Entdeckung der Schwärm- sporenbildung bei Vaucheria. Wie wenig man selbst von der Entwicklung der höchsten Pteri- dophyten wußte, illustriert z. B. die Bemerkung Perleb’s im 6. Jahr- gang. daß er die „Samen“ (Makrosporen) von Isoötes vergebens zum Keimen zu bringen gesucht habe; es ist gut, daß die Fälle von „par- thenogenetischer“ Embryoentwicklung im Prothallium der Makrosporen (z. B. von Marsilia Drumondii) erst später bekannt wurden, sonst hätte ‚las sicher auf Irrwege geführt. In der Geschichte der Morphologie hat die Schimper-Braun’sche Blattstellungslehre bekanntlich eine große Bedeutung und sie erregte auch zur Zeit ihrer ersten Veröffentlichung ein großes Aufsehen. Diese erfolgte in der Flora (1835) durch A. Braun unter dem Titel „Dr. K. Schimper’s Vorträge über die Blattstellungslehre“. Diese Veröffentlichung war ohne Zweifel eine sehr verdienstliche. Denn K. Schimper selbst — eine geniale, aber der Selbstzucht ent- behrende Natur — kan, von seiner Schrift über Symphytunı Zeyheri abgesehen, weder damals noch später zu einer Veröffentlichung seiner Beobachtungen und Theorien. Es hinderte ihn dies aber nicht über A. Braun’s Veröffentlichung höchst empört zu sein, und dieser fügte dieser auch einen demütig entschuldigenden Nachtrag zu, der als „docu- ment humain“ von großem Interesse ist. Molıl’s Arbeiten über die fibrösen Zellen in den Antheren, die Poren des Pflanzenzellgewebes, die Entwicklung der Sporen der Krypto- gamen und andere sind auch jetzt noch nicht nur als historische Doku- mente. sondern auch durch die klare sachliche Form der Darstellung von großem Interesse. Freilich blieb er der „Flora“ nicht treu, sondern gründete im Jahre 1843 mit Schlechtendal die „Botanische Zeitung“, in welcher selbstverständlich seine Arbeiten jetzt erschienen. Das Interesse für Botanik war aber unterdessen so gewachsen, daß die neue Zeitschrift trotz des illustren Namens ihres Begründers der alten nicht das Lebenslicht ausblies. Zum hundertsten Band. v Wir finden im Gegenteil in ihr auch nach der Begründung der zweiten deutschen botanischen Zeitschrift (jetzt sind es deren fünf) eine Anzalıl Arbeiten von bleibendem Werte. So beginnt 1845 Wydler in der Flora seine morphologischen Arbeiten zu veröffentlichen, deren sich eine ganze Reihe in verschiedenen späteren Jahrgängen findet. Es sind trocken-formalistische Beschreibungen, teilweise von wunderlich steifen schematischen Figuren begleitet. Aber ein selır großes Beob- achtungsmaterial steckt in diesen Abhandlungen des gewissenhaften Forschers. Eichler hat in seinen Blütendiagrammen vie] «davon ver- wertet, und für morphologische Arbeiten von weiteren Gesichtspunkten aus sind hier wertvolle Bausteine geboten. Geistvoller als Wydler hat Wichura seine Aufgabe aufgefaßt, seine „Beiträge zur Lehre von der Blatt- und Knospenstellung* (1846) und andere sind auch heute noch sehr lesenswert. In demselben Jahr- gange lieferte Vrolik (wohl zum ersten Male) den Beweis, daß Miß- bildungen (bei Digitalis) erblich sein können. CGohn’s treffliche Erstlingsarbeit (Beiträge zur Physiologie des Samens) erschien in der Flora 1849. Kurz darauf taucht in ihr der rasch zur Berühmtheit gelangte Namen Hofmeister’s auf, dem die „Flora“ eine ganze Reihe teils morphologischer, teils physiologiseler Beiträge verdankt. Zwei Probleme waren es, «die ihn zunächst haupt- sächlich beschäftigten: Der Kampf gegen Schleiden’s auf unrichtigen Beobachtungen beruhende „Befruchtungstheorie* (wonach der Embryo aus dem Pollenschlauch entstehen sollte) und die Entwicklungsgeschichte der Archegoniaten. In ersterer Beziehung handelte es sich namentlich um den Nach- weis, daß «die Eizellen vor Ankunft des Pollensehlauches vorhanden sind, wobei namentlich Schacht’s unrichtige aber zunächst mit großer Sicherheit vorgetragenen Angaben zu bekämpfen waren (1851 und 1355). In der zweiten sind Hofmeister’s Mitteilungen über die Keimung von Equisetum und die Stellung der Moose im System von Bedeutung (1852). Auch Pringsheim veröffentlicht die Anfänge seiner so erfolgreichen algologischen Arbeiten zum Teil in der Flora (1852). — Die Morphologie der höheren Pflanzen — abgesehen von den schon oben erwähnten Autoren — ist in dieser Zeit vertreten namentlich (lurch Abhandlungen von Irmisch und Buchenau. Daneben läßt sich ein immer größer werdendes Einströmen licheno- logischer und bryologischer Abhandlungen beobachten. Seit Ny- vI K. Goebel, lander 1856 in der Flora eine lichenologische Arbeit veröffentlichte, sehen wir später namentlich Arnold und Krempelhuber, Pries, Müller (Aargau), Minks u. a. mit systematisch-lichenologischen Arbeiten vertreten. Die neue Richtung der Flechtenforschung wird durch Schwen- ‚lener's Beiträge vertreten (z. B. 1863 über Ephebe pubescens. 1864 über Apothecien, 1871 Erörterungen zur Gonidienfrage). Daß es dabei nicht olıne Zusammenstöße zwischen der Partei der alten Lichenologen, «die in der Annahme der Pilz-Algen-Symbiose bei den Flechten deren Herabwürdigung erblickten, abging, ist nicht zu verwundern. Eine besondere Förderung erfuhr. wie schon oben angedeutet wurde, die „Flora“ von 1861 ab dadurch. daß Hofmeister, Sachs und de Bary der Redaktion ihre Mitwirkung zugesagt hatten. Sie lieferten nicht nur eine Anzahl von Literaturbesprechungen, sondern auch eine Reihe von Originalarbeiten. Bei Hofmeister waren es jetzt wesentlich physiologische Probleme, die ihn beschäftigten. War er auch auf diesem Gebiete bekanntlich weniger glücklich als auf morphologischem, so sind seine Arbeiten über das Saftsteigen (schon 1858, über die Mechanik der Protoplasmabewegungen [1865]) u. a. doch für ihre Zeit wichtig gewesen. An bleibender Bedeutung konnten sie sich freilich nieht messen mit denen von Sachs (z. B. über die Leitung plastischer Stoffe in verschiedenen Gewebeformen. Beiträge zur ‘Physiologie des Chlorophylis, die vorübergehenden Starrezustände periodisch-beweglicher und reizbarer Pilanzenorgane [1863], über Transpiration [1854], über Wachstum und Geotropismus aufrechter Stempel [1872] u. a... De Bary gab eine Anzahl von Untersuchungen über Pilze und Algen. Die Zeitschrift nalım dureh diese hervorragenden Mitarbeiter einen sichtlichen Aufschwung. Später treten die lichenologischen Arbeiten wieder mehr in den Vordergrund. daneben finden sich namentlich morphologische. So eut- wieklungsgeschichtliche von Eichler (über Fuimariaceen [1865], über ‚die Cruciferenblüte [1869]. von Warming über Euphorbiaceen u. a.). Namentlich ist auch der bedeutendste und scharfsinnigste Vertreter ler idealistischen Morphologie Celakovsky mit zahlreichen Abhand- lungen vertreten (über die morphologische Bedeutung der Samenknospen 11873]. über den eingeschalteten epipetalen Staubblattkreis [1874], über ‚len morphologischen Aufbau von Vincetoxicum [1876], über die morpho- logische Bedeutung der sog. Sporenknöspchen bei den Charen [1878], Zum hundertsten Band. Yo über vergrünte Eichen von Hesperis |1879], über ideale und kongenitale Vorgänge in der Morphologie [1884] u. a.). Auch die (damals) jüngere (Generation der Plhıysiologen ist in der Flora ganz hervorragend repräsentiert. So durch Pfeffer (Ölkörper der Lebermoose [1873]), de Vries (über Wundholz [1875], longitu- dinale Epinastie [1876] und einige kleinere Abhandlungen), Wiesner (über rationale und irrationale Divergenzen |1874]). Die Entwicklungs- geschichte niederer Pflanzen wird gefördert durch Abhandlungen von Stahl (über Hymenialgonidien). Prantl (über Farne). Leitgeb (über Dumortiera [1880], Corsinia [1888]). Die physiologische - Anatomie durch Westermaier und Ambronn (Anatomie von Lianen und Schling- pflanzen [1881]), Haberlandt (Assimilationssystem der Laubmoossporo- gonien [1886]; zur Kenntnis des Spaltöffnungsapparates [1887]; über die Chloropbylikörper der Selaginellen). C. Kraus berichtete über die Resultate seiner physiologischen Untersuchungen. Außer diesen dem Gebiete der allgemeinen Botanik angehörigen Beiträgen finden sich umfangreiche systematisch-Horistische Abhandlungen (z. B. Strobl, Flora der Nebroden). Mit dem 72. Band (1889) traten, wie oben erwähnt, äußere und innere Veränderungen der Zeitschrift ein. Die bisherige Erscheinungs- art in einzelnen kleinen Nummern war nur berechtigt, so lange mehr der „Zeitungs“charakter, welcher ein rasches veröffentlichen kleiner Mitteilungen erfordert, in den Vordergrund trat. Nun waren inzwischen (lie „Berichte der Deutschen botanischen Gesellschaft“ begründet worden, weiche speziell der raschen Veröffentlichung kurzer Mitteilungen dienen, es lag also kein Grund vor, die Zerteilung der Flora in einzelne kleine Nummern beizubehalten. welche größere Abhandlungen, ähnlich wie die Feuilleton-Ronane der Tageszeitungen, in einzelne Stücke zerriß. Es erfolgte deshalb von diesem Bande an die Veröffentlichung in jährlich vier bis fünf Heften. Auch für die Berichterstattung über die botanische Literatur war durch das botanische Zentralblatt und den botanischen Jahresbericht vollständiger gesorgt, als dies in einer Zeitschrift, welche in erster Linie der Veröffentlichung von Originalarbeiten dienen soll, möglich ist. Es wurde die literarische Berichterstattung deshalb ein- gestellt. Ist es doch eine Verschwendung von Zeit und Geld, wenn in Deutschland drei oder mehr auf denselben verhältnismäßig kleinen Leserkreis angewiesene Zeitschriften referierend tätig sein wollen! Aus demselben Grunde wurde auch in den Originalarbeiten eine gewisse Arbeitsteilung angestrebt. Die Systematik und Pflanzengeo- vIi K. Goebel, Zum hundertsten Band. graphie hat in Engler’s Jahrbüchern ihr Zentralorgan, für floristische und deskriptive Bearbeitungen der „Kryptogamen“ ist die Hedwigia be- stimmt. Die „Flora“ beschränkte sich deshalb vorzugsweise auf Ar- beiten aus dem Gebiete der Morphologie, Zellenlehre, Biologie und Physiologie der Pflanzen. — Daß auch in den letzten 27 Bänden Abhand- lungen erschienen sind, welche für die genannten Gebiete von Be- deutung geworden sind, zeigt wohl ein Blick auf die Inhaltsverzeichnisse. Möge die Erreichung des 100. Bandes die Gewähr bieten. daß die älteste botanische Zeitsehrift doch nicht altert, sondern sich mit der Wissenschaft, welcher sie dient, immer aufs Neue verjüngt! München, 1. Oktober 1909. K. Goebel. Beiträge zur Biologie des Archegoniums und der Haube der Laubmoose. Von Felix Zielinskl. (Mit 33 Abbildungen im Text.) Die Öffnungsweise der Archegonien. Über die Art und Weise, wie sich das Moosarchegonium öffnet. herrschte bisher dieselbe irrtümliche Meinung, wie bis vor einigen Jahren für die Antheridien. In beiden Fällen erklärte man das Auf- springen der Geschlechtsorgane ausschließlich durch (len Druck, den der quellende Inhalt auf die Wand ausübt: hier der Schleim, in dem die Spermatozoen eingebettet sind, dort die verschleimten Halskanalzellen. Daß diese zum mindesten nicht‘ der einzige Faktor und nicht der wesent- lichste ist, hat Goebel!) für die Antheridien nachgewiesen. Die Wand- zellen, die durch ihr Auseinanderweichen die Öffnung des Antheridiums bewirken, geben nicht allein dem inneren Druck nach, sind also nicht rein passiv, wie man bisher annahm. Sie beteiligen sich vielmehr aktiv an der Öffnung. Bei den Antheridien sind diese Zellen scharf gegen die übrigen begrenzt, sie sind äußerlich schon an der helleren Färbung, dem geringeren Chlorophyligehalt kenntlich und bilden die von Gocbel so genannte „Ölfnungskappe“. Ihre hellere Färbung rührt vom Schleim her, der der peripherischen Wand der Zelle angelagert ist und das Plasma mit dem sonstigen Zellinhalt zentralwärts verdrängt hat. Durch Quellen (lieses Schleimes dehnen sich die Zellen aus, sprengen die Cutieula und biegen sich vermöge der nachgiebigen Innenwände wurst- förmig nach außen. Das äußere Bild dieses Vorganges ist auch vor Goebel sowohl für Antheridien wie Archegonien richtig erkannt und auf vielen Zeichnungen deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Be- sonders gelungen ist eine Zeichnung von Thuret?), die ein geöffnetes Pellia-Archegonium darstellt. Die wurstförmige Krümmung und der Unterschied im Zellinhalt ist vollkommen richtig erkannt, nur das Ver- halten der Cutieula ist unbeachtet geblieben. Im Text aber findet sich keine Erwähnung der Zeichnung. Daß neben der äußeren Ähnlichkeit im Öffnungsvorgang der beider- lei (ieschlechtsorgane auch eine innere Übereinstimmung besteht, war eine 1 K. Goebel, Über den Öffnungsmechanismus der Moosantheridien. An- nales da jardin botanique de Buitenzorg, Suppl. I. 2) Annales des Seiences 1851, Tome XVT. Flora, Bi. 100. 2 F. Zielinski, berechtigte Annahme, die sich bei näherer Untersuchung der Arche- gonien bis zu einer gewissen Grenze bestätigen sollte. Die Goebel- sche Öffnungskappe läßt sich freilich, auf die Archegonien bezogen, nur als Analogon zu den Antheridien feststellen. Wäre man hierbei von den Archegonien ausgegangen, so hätte man «diesen Terminus wohl nicht. geprägt. Während nämlich bei den Antheridien die Öffnungs- kappe sich m der Mehrzahl der untersuchten Fälle ganz genau um- schreiben läßt. ist bei «len Archegonien ein Übergang zwischen Kappen- zellen und den übrigen Zellen des Halses vorhanden. Diese Ver- schiedenheit findet vielleicht darin ihre Erklärung, daß bei den Anthe- ridien nur eine enge Öffnung, die als Spritzloch zu funktionieren hat, hergestellt werden muß, während der Archegonienhals in einen trichter- förmigen Aufnahmeapparat der Spermatozoen verwandelt werden soll (Fig. 1 A, 2). Ein merklicher Unterschied bildet sich erst bei zu- Fig. 1. A—C Arche- gonienspitzen von Mnium euspidatunn; D von Ortho- trichum spe- elostum. Fig. 2. Pellia calycina. 4A (jeöffnetes Archegoniun. 3 Fellen der Offnungskappe (6). c Cuticula; s Schleimschicht; ’ inaktive Zeile, Fig. 1. nehmender Reife aus. Bei einem jungen Archegonium sind noch alle Halszellen von ganz gleicher Größe und sind auch ziemlich gleich- mäßig mit Stärke angefüllt. Allmählich streckt sich der Hals, seine Zellen werden länger, ihre Anordnung in Längsreihen, die sich oft noch strangartig «lrehen, fällt auf. Nur die Zellen der Spitze haben nach wie vor ihre würfelige oder keilförmige Gestalt behalten. Sie bilden über dem verrliekten Ende des Halskanals ein Gewölbe, das im Längs- schnitt aus 10—12 Zellen besteht (Fig. 1 4,2). Dies ist die Öffnungs- kappe, (die sich auch hinsichtlich ihres Stärkegehaltes von den übrigen Halszellen unterscheidet. Untersucht man nämlich ein Archegonium Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 3 kurz vor dem Öffnen, so findet man den Stärkegehalt unverä wieder bis auf die Zellen der Öffnungskappe, die vorher besonde: waren, jetzt aber fast stärkefrei sind. Fine bedeutendere Anhäufung finden wir dagegen im Bauchteil, wo sie offenbar zur Ernährung des Embryos bestimmt sind. Möglicherweise ist die Stärke in den Kappen- zellen zur Bildung von Schleim aufgebraucht worden, der sich in ihnen zu dieser Zeit in großer Menge vorfindet. Doch ist er im Gegensatz zu den Antheridien diffus in der Zelle eingelagert und läßt sich daher mit Färbemitteln schwer nachweisen. Am besten gelingt seine Sichtbar- machung durch Zusatz von Alkohol. Hierbei fand ich bei einer Gruppe verschiedenartiger Archegonien von Mnium überall die verschiedenen Zellen des Ialskanals undurchsichtig. In den Kappenzellen hatte diese Veränderung des Inlialtes nur bei den reifen und kürzlich geöffneten stattgefunden, gleichwie bei dem von den Paraphysen ausgeschiedenen Schleim. Nur in einem Falle von Pellia calyeina (Fig. 2) fand ich an der peripherischen Wand der Kappenzellen eine hyaline Schicht ange- lagert, die den übrigen Zellinlalt nach innen verdrängt hatte. Dieses würde also eine noch größere Übereinstimmung mit «den Antheridien sein, als es in der Regel der Fall ist. Ob sich ein Archegonium olıne jegliche Veranlassung von außen öffnet, konnte ich nicht ermitteln; in vielen Fällen mochte ein An- stoßen an den ÖObjektträger oder eine unvermeidliche Erschütterung bei der Präparation die Eröffnung herbeigeführt haben. Gewöhnlich aber war es das Wasser, in dem ich die Objekte untersuchte, das den Schleim zur Quellung brachte und das Archegonium sprengte; ein noch stärkeres Gewaltmittel ist Kalilauge. Da das Wasser bekanntlich auch die Sprengung (der Antheridien bewirkt (oder wenigstens beschleunigt), und für die Fortbildung der Spermatozoen absolut unentbehrlich ist, so liegt es nahe, in ihm ein notwendiges Hilfsmittel auch zur Öffnung der Archegonien zu erblicken. Ich habe Archegonien untersucht von Mnium, Catharinea, Funaria, - Orthotrichum, Polytrichum, Bryum und — zum Vergleich mit Leber- moosen — Pellia. Der Vorgang der Öffnung ist nun folgender: nach- dem die Kappenzellen dureh Quellen des Schleimes an Volumen zu- genommen haben, üben sie einen Druck auf die sie umspannende Cuticula aus. Ist der Druck zu stark geworden, so platzt die Cuticula an der Spitze (Fig. 3) und rollt sich mitsamt den anhaftenden Zellen um. Oft sind es vier Lappen, welche die entstandene Öffnung krönen, «doch ist hierin durchaus keine Gesetzmäßigkeit zu beobachten. Die Kappenzellen haben ihre Gestalt stark verändert: je nach ihrer früheren r voll 4 F. Zielinski, Größe sind sie jetzt kugelig oder ellipfisch geworden, die ursprünglich peripherische Wand haftet noch an der Cutieula, doch haben sich die anderen Wände stark ausgedehnt, drücken auf einander und bewirken dadurch das starke Umrollen der Lappen. Nach kurzer Zeit sieht man auch einige Zellen sich von der Cuticula loslösen. Mit Beginn des Platzens treten auch die Halskanalzellen langsam hervor, ihre Umrisse werden im Wasser immer undeutlicher, bis sie vollständig verquellen. Schon aus dem ganzen Verlauf der Öffnung und dem späteren Heraustreten «der Halskanalzellen geht hervor, daß nicht sie allein, wie bisher angenommen wurde, die Öffnung bewirken können. Desgleichen würde bei dieser Deutung völlig unklar sein, weshalb sich die Lappen der aufgesprengten Kappe so stark aufrollen. Anı schlagendsten aber läßt sich die aktive Betätigung der Kappenzellen beweisen, wenn man ein reifes, ungeöffnetes Archegonium am Halsteil absclmeidet. Sofort beginnt der Halskanal- schleim durch die neuge- schaffene Öffnung auszu- treten, so daß er keinen Druck mehr auf die Wan- dungen der Kappe aus- üben kann. Trotzdem er- folgt in vielen Fällen nach Fig. 3. Mnium undulatum. einiger Zeit ein regel- Halb und ganz geöffnetes Archegonium. mäßiges Öffnen an der Spitze des Archegoniums. Wo (dies nicht der Fall war, war das Arche- gonmum eben noch nicht reif. Auch bei toten, in Alkohol fixierten Archegonien gelang es, falls sie sich im erforderlichen Reifestadium befanden, durch Zusatz von Wasser (oder Kalilauge) eine Öffnung herbeizuführen. Außer der Quellung (les Schleimes könnte man noch einem rein osmotischen Vorgang in den Kappenzellen eine Rolle bei der Öffnung zuschreiben. Unterwirft man aber ein eben geöffnetes Archegonium . der Plasmolyse, so findet weder im einzelnen eine Gestaltsveränderung der Zellen statt, noch erfolgt durch Summierung kleinster, nicht wahr- nehmbarer Veränderungen ein Zurückschlagen der Lappen. ürscheinungen, wie sie (roebel für die Antheridien beschreibt, wo die Kappenzellen selbst platzen und ihren Inhalt nach innen oder nach anßen entleeren, habe ich bei den Archegonien nicht beobachtet. Im Anschluß an die hier gebrachten Untersuchungen über die Öffnungsweise der Archegonien will ich noch einige Abnormitäten be- Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. > schreiben, die von Interesse sind. weil sie dazu beitragen können, üher die Verwandtschaft zwischen Antheridien und Archegonien Klarheit zu schaffen '). Diese Verwandtschaft äußert sich zunächst in den jüngsten Entwicklungsstadien, wo die ersten Teilungswände eine gewisse Über- einstimmung aufweisen. Nachher treten Verschiedenheiten in der Emt- wicklung auf, «deren Endresultat die große Menge fertiler Zellen im Antheridium einerseits, die Reduktion derselben auf eine einzige bei den Archegonien andererseits ist. Sowohl die Halskanal- als die Bauch- kanalzellen können als steril gewordene Eizellen aufgefaßt werden. Diese Annahme wird durch Mißbildungen, wie sie sehon von IIy, Lindberg u. a. beobachtet worden sind, gestützt. Zwei Fälle, die sich diesen \ Beobachtungen anreihen, sind \ \ mir gelegentlich meiner Unter- & suchungen aufgefallen. Der \ erste betrifft Mnium cuspi- 5 datum (Fig. 4), bei dem ich in einer weiblichen Blüte \ neben normalen eine Reihe abnorm entwickelter Arche- gonien fand, Die Abnormität 6 J \ bezog sich nur auf den In- e halt des Archegonienbauches. Es war hier die unzweifel- hafte Eizelle von mehreren i größeren oder kleineren Zellen umgeben, während eine durch ihre Lage charakterisierte Bauchkanalzelle nicht deutlich zu erkennen war. In einem Archegonium hatte sich, ohne daß Öffnung und Befruchtung eingetreten wäre, diese Eizelle in zwei nahezu gleich große Zellen geteilt, Ob diese Fälle sich von einem Gesichtspunkt aus betrachten lassen und nur verschie- dene Stadien ein und desselben Vorganges darstellen, sowie jeılen Ver- such einer Erklärung lasse ich offen, da sich an den Mikrotomselmitten eben nicht viel mehr als die Abnormität selbst feststellen ließ. Im zweiten Fall war es ein nicht näher bestimmbares Bryum, dessen Rasen keine normalen (reschlechtsorgane besaß. Gebille, die \ Fig. 4. Abnorme Archegonien von Moium cuspidatuın. 1} Vgl. Goebel, Über }Homologien in der Entwicklung männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane. Flora, 90, Bd. (1902), pag. 295 ff. & F. Zielinski, äußerlich vollkommen Antheridien glichen, waren «durchsichtig, sie enthielten nur eine homogene Masse. Es war tieses sogar bei den jüngsten deutlich zu sehen. Bei anderen saß auf einem derartigen leeren Antheridium cin Archegonienhals. Der Rasen wurde weiter kultiviert, doch entwickelte sich aus diesen abnormen Geschlechtsorganen nichts weiteres. Das befruchtete Archegonium ist zunächst nach oben geöffnet, so daß der Embryo mit der Außenwelt durch den Halskanal kommu- niziert. Doch ist er schon in jungen Stadien gegen ungünstige Ein- wirkungen durch einen Schleimmantel geschützt, den Waldner!) bei Sphagnum nachgewiesen hat. In höheren Altersstufen ist nicht mehr ‚ler ganze Embryo in eine Schleimmasse eingebettet, sondern nur der Halskanal ist durch einen Schleimpfropf verstopft. Im oberen Teil des Archegonienbauches breitet er sich längs der Wände aus, so daß er die Gestalt eines umgekehrten Bechers hat, in dessen Hohlraum die Spitze des jungen Sporo- gons hineintaucht. Auch die Zellen an der Ansatz- stelle des Halses haben eine Umbildung x. 5. Fınaria hygrometrica, erfahren, die dem Embryo zum Schutze A Verstopfter Halskanal eines dient. Ihre Außenwände sind stark Ne Malen duerenmit)’ verdickt und bestehen aus einer kork- ähnlichen Substanz (Fig. 5). Auf einem (uerschnitt «durch den Hals sind zwei Verdickungsschichten erkennbar, die gegen Reagenzien wie konzentrierte Schwefelsäure standhielten. Im Hohlraum zwischen den Zellen ist der Schleimpfropf, der jedoch zu dieser Zeit ebenfalls chemische Veränderungen erfahren hat, sichtbar. So (uillt er nicht bei Zusatz von Kalilauge und macht, der starken Fürbbarkeit nach zu urteilen, den Eindruck eines viel dichteren Körpers. Der llalsteil ist bei den meisten Mooshauben im Alter nicht mehr vorhanden, wahrscheinlich geht er durch einfaches Abbrechen verloren. Das Abreißen der Calyptra vom Scheidchen fällt mit dem Beginn der Streckung des Sporogons zusanımen. Man darf sich freilich nicht vorstellen, daß sieh das junge Sporogon mit der Spitze gegen die Haube stemmt und sie auf diese Weise abreißt, denn zwischen Sporogon und 1; M. Waldner, Die Entwicklung des Sporogons von Andreaea und Spbagnuma, pag. «. Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 7 Haube bleibt immer ein Zwischenraum bestehen, welcher erst schwindet, wenn das Sporogon die MNaube tragen muß. Jedenfalls kommt. es an der Spitze nie zu Druckerscheinungen, wie man sie im Fußteil beob- achten kann. Fast regelmäßig fand ich sie bei Campylopus flexuosus, einem Moos, dem wir wegen der Cilienbildung an der Haube noch begegnen werden (Fig. 6 u. Fig. 74. 2). Ilier ragt die Spitze völlig frei in den Archegontenbauch, der Fuß dagegen hatte sich unter mehr- fachen Knickungen und Krümmungen im das Gewele der Mutterpflanze eingebohrt, was jedenfalls nur durch einen Druck zustande kommen konnte, der seinen (iegendruck an der verengten Stelle («) hat. Fig. 6. Campylopus flexuoxus. Fig. 7. Funaria hygrometriea. Junges Sporogon. «a Abrißstelle > Längsschnitt dureh die : | der Haube; » Vaginula; % Hau- stelle der Haube. 7? Unterste Partie storium; ww Wasserbauch. des Wasserbauches. Dies ist zugleich die Abrißstelle der Haube, die erstens dureh die Einschnürung unter dem großen „Wasserbauch“!), zweitens durch die Bildungsstelle von Wimpern, drittens dureh ein kleinzelliges, meri- stematisches Gewebe unter demselben gekennzeielmet ist, das vom interkalaren Wachstum der Haube herrührt. Dieses meristematische Gewebe, das auch bei Moosen ohne so charakteristische Einsehnttrung und Wasserbauch zu erkennen ist, erleichtert das Abreißen ähnlich der Korkregion, die den Blattfall der höheren Pflanzen vorbereitet. Die Abrißstelle ist also vorgebildet. 1) Vgl. Goebel, Organographie, pag. 371 und Flora 1895. pag. 474. 8 F. Zielinski, Wo ein Wasserbauch vorhanden ist, wie bei Campylopus und be- sonders Funaria, da kommt ihm die wichtige physiologische Funktion zu, dem Embryo zu Zeiten von Trockenheit Wasser zukommen zu lassen. Ein Versuch sollte zunächst beweisen, ob der ausgetrocknete Wasserbauch imstande sei. von außen Wasser aufzunehmen. Es wurde ein Funariarasen, der aus jungen Sporogonen verschiedener Größe mit wohlgefüllten Wasserbäuchen bestand, unbedeckt über Nacht stehen ge- lassen. Am anderen Morgen war die Erde ganz ausgetrocknet, (die Pflänzehen eingeschrumpft. Die Untersuchung der Wasserbäuche ergab, daß das Wasser aus ihnen völlig geschwunden war, doch war auch kein Luftgehalt zu konstatieren, vielmehr war der Hohlraum unter Faltenbildung der Bauchwand eingefallen. Der Rasen wurde nun wieder angefeuchtet und war am folgenden Morgen ganz frisch, die Wasser- bäuche waren straff gefüllt. Bei der Austrocknung muß natürlich eine Menge Wasser aus dem Bauch verdunsten. Ein Teil aber ist sicher vom Embryo aufgenommen worden. Es ließ sich beweisen, daß der Embryo gerade auf der Höhe des Wasserbauches besonders aufnahmefähig für Wasser ist, wozu fol- gender Versuch angestellt wurde: Isolierte Embryonen wurden in eine verdünnte Lösung von Eisenchlorid getan und nach einer halben Stunde in Ferrocyankali übertragen. Der blaue Niederschlag bildete sich nur an der Stelle, wo der Embryo vom Wasserbauch umgeben war. Der Wasserbauch setzt seine Funktion als solcher auch nach dem Ahreißen der Haube fort. Auch bei gestreekten Sporogonen findet man den Wasserbauch, der unten die Kapsel eng umschließt, mit Wasser gefüllt. Die Bedeutung der Mooshaube. Die Bedeutung der Laubmooshaube als Schutzorgan des jungen Sporogons hat man schon längst erkannt. Es ist ja auch das nächst- liegende, daß man einem Pflanzenteil, der organisch nieht mehr mit Jer ganzen Pflanze in Verbindung steht, der aus abgestorbenen, oft verdickten Zeilen besteht, und der sich in so charakteristischer Weise über ein im Wachsen begriffenes Gebilde stülpt, vor allem schützende Funktionen zuschreibt. Hier liegt im Grunde genommen nichts an- deres vor, als die Bedeutung, die die Nebenblätter vieler Ficus-Arten u. a. haben, die zu einer Tüte zusammengerollt, die jungen noch nicht ent- falteten Blätter umgeben, und später als abgestorbene Teile von ihrer Basis abgehoben werten. Beiträge zur Biologie «des Archegoniums usw. 9 Jedoch ist in der Ausbildung der Mooshauben eine große Mannig- faltigkeit zu bemerken, und im Zusammenhang damit ist auch die Rolle, die sie als Schutz des Sporogons spielen, eine sehr verschiedene. Die einen Moose besitzen stark entwickelte Hauben, die bis tief unter die Kapsel hinabreichen, rings berum gleichmäßig ans mehreren Schichten stark verdickter Zellen hestelen und lange Zeit über die Kapsel ge- stülpt bleiben. Als markantester Typus dieser Kategorie ist die Gattung Encalypta (Fig. 8) zu nennen. Die anderen Moose tragen Hauben, die sich, seit sie von der Vaginula losgetrennt wurden, nicht mehr viel entwickelt haben. Sie bestehen nur noch aus wenigen Zellschichten, die durch das Absterben und das damit verbundene Austrocknen — also rein passiv — eine etwas größere Resistenz erlangt haben. Den an Dieke zunehmenden Sporogonen waren sie nicht imstande zu folgen und werden daher einseitig oder an mehreren Stellen aufgeschlitzt, Fig. 8. Encalypta vulgaris. Fig. 9. Funaria hygrometriea. Haubenquerschnitt. (uerschnitt durch ein junges Sporogon. womit oft auch ein frühzeitiges Abfallen herbeigeführt wird. (Beispiele und Modifikationen dieser verschiedenen Typen werden sich aus den Untersuchungen einzelner Moosgruppen ergeben.) Wenn eine solche Haube auch noch lange an der Kapsel bleibt, so spielt sie doch kaum mehr eine Rolle, da sie oft nur noch den geschnähelten Deckel um- hüllt. Dieser Schnabel ist übrigens oft von Bedeutung als Anheftungs- stelle der Haube, und bei Encaiypta z. B., wo schon in jungen Stadien ein Zwischenraum zwischen Kapselwand und Haube vorhanden ist, so daß diese bei einer leichten Erschütterung abfallen müßte, kostet es doch einige Mühe sie abzuheben, da sie in dem lang geschnäbelten Deckel eng anliegt, und oft gelingt es nicht, ohne den Schnabel zu verletzen. In vielen Fällen wird dann auch die Haube gleichzeitig mit dem Deckel abgeworfen, und hat dann also als Schutz der Sporen — wirksam oder nicht — bis zu deren Aussaat sich beteiligt. 10 F. Zielinski, Experimentell ist man aber, soviel ich weiß, «ieser physiologischen Bedeutung der Haube nicht nachgegangen. Und doch ist os von Wich- tigkeit zu untersuchen, inwiefern die innere und äußere Anusbilduug der Haube mit der Erfüllung ihrer Aufgabe übereinstimmen. Zu diesem Zweck wurden einige Versuche angestellt, die im folgenden beschrieben seien: I. Tortula muralis. Am 14. September wurden an fünf Exemplaren von T. muralis die Hauben entfernt. Die Sporogone hatten eine Länge von &— 10 nım, ihre Kapselteile waren noch vollkommen embryonal, ohne eine Spur von Diekenzunalnie; die Hauben waren häutig und gebräunt. Bei zweien wurde bei dieser Operation die Spitze des Sporogons abgerissen. Doch wurden sie trotzdem in der Kultur belassen. Am 21. Februar wurden weitere Exemplare enthaubt, ohne sie zu verletzen. Am 25. Februar wurde ein Sporögon, das seit 4 Tagen enthäubt war, gezeichnet ! (Fig. 10 A) und daneben ! zum Vergleich ein gleich- . B alteriges, normal mit Haube ie; 10. Pe ! gewachsenes (Fig. 10 2). Bei Sporogon, seit 4 Tag. A 8 beiden ist der Kapselteil Taten von gleichem Ai © lagen Sborogon schon differenziert: er be- Alter. B normales von gleichem steht aus kleinzelligem meri- Alter. stematischem Üewebe, das reich an Chlorophyll ist. Im optischen Längsschnitt bemerkt man zwei dunkle TLängsstreifen — die sporenbildende Schicht. Das Gewebe der Seta und des Deckels ist an «den prosenchymatisch gestreckten, chloro- phyllarmen Zellen leicht zu erkennen. Die Zellen des Deckels sind schon scharf rechts gedreht, entsprechend der späteren Drehung der Peristomzähne. Doch ist diese Differenzierung beim Enthaubten viel weiter vorgeschritten. Besonders ist der Unterschied in der Dicken- zunahme auffallend. Während das normal gewachsene noch gleich- mäßig gegen die Spitze verjüngt ist, und die Dicke der Seta noch nirgends überschreitet, ist beim Enthaubten der Kapselteil bis aufs Doppelte angeschwollen. Auch bei den normalen sind schon Spalt- öffnungen angelegt, bei den enthaubten aber sind sie schon zu voller Beiträge zur Biologie des Archegeniuns usw. 11 Entwieklung gelangt, und daß am Morgen oft große Wassertropfen an «den Kapseln hingen, obgleich die Kultur nur mäßig feucht gehalten wurde, beweist, daß sie schon funktionsfähig sind. Die normalen ıa- gegen enthielten zwischen Kapsel und Haube nur Luft. 27. Februar: Die enthaubten Sporogone entwickeln sich gut weiter. Die Kapsel ist gleichmäßig dick, ein Annulus hat sieh ausgebildet, bei einem ist die Spitze des Deckels etwas gebräunt — gleichfalls ein Zeichen vorzeitiger Reife. Wieder werden zwei gleichalterige — ein normales und ein enthaubtes — gezeichnet (Fig. 11 A u. 2). Auf- fallend ist bei beiden der große Fortschritt in der Entwicklung während der letzten zwei Tage. Noch weitere drei Sporogone werden enthaubt. \ I _ A 8 c Fig. 12. Tortula muralis. 4 Normales Sporogon Fig. 33. Tortula muralis. von gleichem Alter wie die folgenden; 3 Sporagon, 1 Normales Sporogon; seit 18 Tagen enthaubt; C und D Sporogon, seit #3 Sporogen, seit 11%, Mo- 21 Tagen enthaubt. naten enthaubt. 4. März: Alle enthaubten vom 21. und 27. Februar entwickeln sich gut. Die älteren sind den jüngeren um einiges voraus, besonders sind die Deckelspitzen schon stark gebräunt und das Grün der Kapsel ist nicht mehr ganz rein. Sie sind unförmlich dick und haben eine abenteuerliche Gestalt, so daß die Haube geradezu als Form zu wirken scheint (Fig. 12). Yon den am 18. Februar enthaubten und verletzten hat sich das eine vollständig ohne Deckel weiterentwickelt, ist jedoch sehr kurz und dick geworden. 12 F. Zielinski, 27. April: Alle Sporogone sind stark gebräunt und scheinen ihre endgültige Größe erreicht zu haben. Eine normale Kapsel (Fig. 13.4) maß +4 mn, wovon | mm auf den Deckel entfällt, den die Haube noch um I mm überragt. Doch enthielten sie noch keine reifen Sporen. Keines von den normalen hatte noch seine Haube abgeworfen, obgleich sie jetzt kaum mehr von Bedeutung sein konnte. Von den enthaubten unterscheiden sie sich auch durch die geirehte Seta der letzteren, eine Erscheinung, die erst mit der Reife eintritt. Am besten sehen noch die jüngst enthaubten aus, doch auch sie sind stark geschrumpft und enthalten keine keimfähigen Sporen. Die enthaubten älteren Datums sind tot (Fig. 13 2). Die Kultur war während der Osterferien nicht vor Schimmel zu bewahren gewesen, «der besonders die Sporogone be- fallen hat. Dach haben ihm die enthaubten viel geringeren Wilerstand entgegensetzen können als die normalen, von denen eine Sporenreife noch zu erwarten wäre, 1. Encalypta vulgaris. Anı 4. März wurden mehrere Sporogone enthaubt. Die Haube umschließt. den Schnabel (les Deckels äußerst fest; es war daher nur selten möglich, die Haube abzuziehen ohne den Deckel zu verletzen. Die Sporogone hatten schon eine beträchtliche Dicke erreicht, die das vier- bis fünffache der Seta betrug. Spaltöffnungen waren schon aus- gebildet, der Deckel durch seine Chlorophyliosigkeit scharf gegen die Kapsel abgesetzt. Gehräunt war jedoch noch kein Teil. Es waren also Kapseln, ie ihre endgültige Größe schon erreicht hatten, die nur toch auf den Vollzug der Sporenreife hin geprüft werden sollten. Am 16. März waren alle enthaubten Exemplare von Pilzen infi- ziert. Pilzhyphen waren im Innern des Sporogons, besonders deutlich im Deckel zu sehen, traten aber auch heraus. 28. März: Die meisten enthaubten haben ihre Entwicklung ein- gestellt. Andere hatten es zu einer Sporenreife gebracht und unter- schieden sich weder durch die Größe der Sporen noch der Kapsel wesentlich von den normalen. Nur der Deckel war bei ihnen regel- mäßig geschrumpft. Daß (die enthaubten es zu einem relativ günstigen Resultat gebracht haben, erklärt sich wohl daraus, daß sie schon weit in der Entwicklung vorgeschritten waren, als «der Versuch begonnen wurde; zweitens, daß «ie Kultur andauernd feucht gehalten wurde. Wären jüngere Sporogone zum Versuch verwendet worden, so hätte das Tatfernen der so kräftigen Haube sicher tiefgreifende Folgen gehabt. Beiträge zur Biologie des Archegoninms usw. 13 HI. Polytriehum juniperinum. Am 5. März wurde ein Rasen von Polytrichum junipermum zur Kultur angesetzt. Die Sporogone waren noch alle schr jung; die meisten hatten die Haube an der Basis noch nicht abgerissen, und von einer Verdiekung (des Kapselteiles ist noch keine Spur zu bemerken. Die Haube haftet sehr fest am Sporogon, nur bei dreien gelang die Enthaubung ohne Verletzung. 17. März: Die enthaubten haben sich weniger gestreckt als «lie normalen. Sie haben unregelmäßige Krümmungen ausgeführt. Unter der Spitze sind sie ein wenig angeschwollen; offenbar entwickelt sich nur der oberste Teil der sporenbhildenden Schicht zu Sporen. Am gleichen Tage wurde bei einem Sporogon der Haarbesatz der Haube entfernt. 27. April: Fast alle normalen Sporogone haben sich schr gut entwickelt, ebenso das Exemplar, an dessen Haube die Haare entfernt waren, obgleich die an ihm belassene häntige Haube schr klein ist und nur eine Seite des Deckels schützt, während die ganze Kapsel bloß liegt. Dennoch ist sie vom selben blassen Grün geblieben, wie die vom Haarmantel geschützten; die Sporen sind noch ganz unreif. Da- gegen hat sich von den drei völlig enthaubten nur eines entwickelt. Die Seta ragt nur ca. 1 cm über den Perichaetialblättern empor und ist unregelmäßig gekrümmt. Die Kapsel ist ungefähr 1'/, nım lang und ebenso (dick, von kugeliger Gestalt, stark geschrumpft, in der Farbe jedoch von den normalen nicht verschieden. Der Deckel stumpf und grün, ein Halsteil nicht entwickelt. Unter der Kapsel ist «die Seta ver- dorrt, so daß auf eine weitere Entwieklung nicht zu rechnen ist. Das Sporogon wurde abgeschnitten und zu mikroskopischer Untersuchung verwandt. Hierbei zeigte sieh, daß nur der obere Teil der Kapsel einen wohlausgebildeten Sporensack mit Sporen enthielt, im unteren Teil war das Gewebe wenig differenziert. Querteilungen waren dicht auf einander gefolgt, doch hatten sich die Zellen nicht gestreckt. Daher rührte die geringe Längsausdehnung der Kapsel, das Fehlen des Ilalses und die Kürze der Set. Auch im stumpfen Deckel machten sich auffallende Rückstände bemerkbar: so war das Peristom nur andeu- tungsweise vorhanden. Aus diesen angeführten Versuchen geht hervor, daß die Haube nicht allein als Schutzorgan gegen Austrocknen wirksam ist, denn (diese Gefahr ließe sich durch feuchtgehaltene Kulturen beseitigen, sondern daß sie das Sporogon auch vor einer Reihe anderer Schädigungen be- wahrt. So sahen wir, daß die ebenmäßige, schlanke Gestalt, die die 14 F. Zieliuski, Haube den Tortulakapseln aufprägte, verloren ging, wenn wir sie ohne diese „Form“ wachsen ließen. Einer Infektion «durch Pilze, die sich gerade bei feuchtgehaltener Kultur nicht vermeiden ließ, waren die enthäubten Sporogone in höheren Mabe ausgesetzt als die anderen, ja einmal fand ich sogar zwei Milben, die sich an der Spitze der zarten Tortulasporogone festgesetzt hatten, «leren schädliche Wirkung aber nicht weiter ausgeprobt wurde. Zweitens trat aus diesen Versuchen der Unterschied im Verhalten ungleich starker Hauben hervor. Die kleinen dünnhäutigen Tortula- hauben konnten schon in frühen Stadien entfernt werden, ohne («daß in der Entwicklung der Sporogone und in der Sporenreife so tiefgreifende Veränderungen stattfanden, wie wir sie bei Encalypta sahen. Deren Haube ist aber auch von anderem Bau, die Zellen liegen in mehreren Schichten, sind stark verdickt und die ganze Haube reicht viel tiefer unter die Kapsel hinab. Trotzdem wir die Hauben in einem sehr vor- gerückten Stadium enthäubten, konnten sie sich nicht zu Ende ent- wickeln. Von besonderem Interesse ist «ie Art, wie das Sporogon auf einen solchen Eingriff reagiert. Überall sahen wir eine Notreife der Sporen eingeleitet. Die Verkürzung der Kapseln von Tortula und Polytrichum kommt dadurch zustande, daß alle verfügbaren Nährstoffe dem am weitesten vorgeschrittenen Teile der sporenbildenden Schicht, d. i. dem obersten, zugeführt werden. Alles weniger wesentliche, die Seta, der Hals, das Peristom, wird mehr oder minder preisgegeben; verlustig gegangene Deckel werden nur soweit ersetzt, als zum Ver- schluß der Wunde notwendig ist. Mit um so größerer Beschleunigung aber geht «lie kleine Menge Sporen der Reife entgegen. Daher dies Vorauseilen der enthäubten Sporogone gegenüber den normal wachsen- den. Trotz alledem ist die Reife nicht gesichert und oft genug gehen solche Sporogone vorher zugrunde, Von besonderem Interesse sind diejenigen Mooshauben, welche irgendwelche Anhangsgebilde an ihrer Oberfläche entwickeln. Da man unter „Haaren“ im engeren Sinne nur aus Epidermiszellen hervor- gegangene Bildungen zu verstehen gewohnt ist, die Mooshauben aber keine ausgeprägte Epidermis besitzen, so läßt sich in unserem Falle (diese Benennung nur in erweitertem Sinne gebrauchen. Hierzu aber haben wir volles Recht. da sich die Haubenhaare der Moose in ana- tomischer wie physiologischer Hinsicht «len Haaren der höheren Pflanze völlig ähnlich verhalten. Beiträge zur Biologie des Archegoniuns usw. 15 Bezüglich der morphologischen Bedentung der Haare hat Goebel die Meinung ausgesprochen, sie seien Protonemafälen begrenzten Wachstums. Dafür spricht erstens, daß sich unter Umständen aus manchen Haaren ganz normales Protonema entwickeln kann, so bei Conomitrium Julianum, wo dies geradezu eine Art der Fortpflanzung bedeutet, ferner bei Alnium orthorhynechum, bei dem Üorrens eine Protonema bildende Haube fand. Zweitens spricht hierfür die von Goebel festgestellte Ähnlichkeit des Polytrichaceenfilzes mit Rhizoiden, die sich z. B. in schief gestellten Querwänden äußert. Eine liomologie läßt sich überhaupt zwischen allen haarartigen Bildungen der Moospflanze durchführen. Die blattachselständigen Haare (Chaetonitrium, Eriopus) sind den Paraplıysen der Blüte am nächsten verwandt, sie haben mit ihnen auch die Funktion der Schleimabsonderung gemein. Diese ist ge- nau beschrieben für Diphyscium, doch ist sie auch bei anderen Moosen mit großen Blüten und zahlreichen Paraphysen nicht zu bezweifeln, So fand ich bei Mnium undulatum (Fig. 14) den Raum zwischen den Blättern und Paraphysen von einen Schleim angefüllt, der sich mit Saf- ranin gut färhen ließ. Zwischen den Paraplıysen und den Haarbilkdungen anı jungen Epigon fand ich bei manchen Arten alle Übergangsformen, und die Längsteilungen, die viele typische Hauben- Yig. 14. Mninm undu- haare aufweisen, finden wir auch bei manchen tatum. Schleimabson- Paraphysen, so z. B. bei Dawsonia. Viele Para- "ernde Paraphysen, physen sind durch eine bis drei dünnwandige gebräunte Basalzellen ausgezeichnet (Fig. 19), die aber gleichfalls kein ausschlaggebendes Charakteristikum sind, da die Haubenhaare von Psilopilum Ulei dasselbe Merkmal tragen (Fig. 2221). Zwischen den Paraphysen und den Hauben- haaren besteht bei vielen Moosen allerdings ein scharfer Unterschied. Bei manchen aber sind die Grenzen der einen wie «der anderen ver- wischt, sie gehen in einander über. Bei einem jungen Sporogon, dessen Haube noch nieht von der Yaginula alıgelöst ist, ist ja meist der Ent- stehungsort beider Arten von Haargebillen derselbe. Die Haube wird nur zum geringsten Teil aus dem Archegoniumbauch gebildet, den größten Anteil nimmt an ihr der Fuß, (der dureh das sich einbohrende Haustorium zum Wachsen angeregt wird. Die mit heraufziehenden Paraphysen gehen meist zugrunde, sonst kämen viele über (die Abriß- stelle zu stehen und wir könnten sie an der fertigen Haube wieder- 16 F. Ziclinski, finden. Kommt es doch ausnahmsweise vor, daß sogar unbefruchtet gebliebene Archegonien mit der Haube in die Höhe gehoben werden; so fand ich eins bei Chaetomitrium horridulum, das in halber Höhe der Haube stand (Fig. 22 C). Meist sind die Haare freilich eine Neubildung, die erst kurz vor dem Abreißen der Haube ihren Anfang nimmt. Die ersten Ent- wieklungsstadien sind denn auch von denen der Paraphysen, Achsel- haare usw. verschieden, da letztere aus einem bis dahin unverändert embryonal gebliebenen Gewebe hervorgehen, die Haubenhaare dagegen aus Zellen entstehen, die schon den Charakter eines Dauergewebes angenommen hatten. Es sollen nun einige Gruppen, «die in dieser Hinsicht von Interesse sind, in bezug auf die Entwicklung, Morpho- logie und physiologische Bedeutung ihrer Haare besprochen werden. IV. Orthotrichaceae. Der große \Verwandtschaftskreis der allermeistens baum- und fels- bewohnenden Orthotrichaeeeen läßt sich in zwei Gruppen scheiden, die Zygodonteae und Orthotricheae. Eines der wesentlichen Unterschei- dungsmerkmale ist die kappenförmige Haube (Calyptra cueulliformis) der einen, die mützenförmige (mitraeformis) «der anderen. Diese Ein- teilung, deren sich auch (die Systematik beilient, hat sich als unhaltbar herausgestellt, da Moose mit kappenförmiger Haube unzweifelhaft zu den Orthotricheen gehören; «doch für unsere Zwecke ist diese Einteilung wohl verwendbar. Dieses Einteilungsmerkmal wird «durch ein anderes begleitet, nämlich dem der Behaarung der Haube, indem «die kappen- förmigen alle nackt, die mützenförmigen (mit wenigen Ausnahmen) be- haart sind. Ein vermittelndes Glied zwischen beiden Untergruppen stellt Drumondia dar. Deren Ilaube ist anfangs glockenföürmig und am Rande mehrfach geschlitzt, ähnlich wie bei den Macromitrien. Später reißt. sie an einer Seite auf, und ist somit in die Reihe derer zu stellen, die sich nicht dem einen oder dem anderen Typus unterordnen lassen. An der Spitze ist die Haube durch vorgestülpte Zellen rauh; dies leitet uns über zu den nun folgenden großen Gattungen: Orthotrichum, Ulota, Macromitrium. Erstere beiden sind Bewohner der gemäßigten Zone, in den Tropen werden sie durch die artenreichen Macronitrien vertreten. " Orthotrichum und Ulota sind nalı verwandte Gattungen. Die schwächere Behaarung der einen, die stärkere der anderen ist kein (urehgreifendes Merkmal, zumal die Ausbiklung der Haare bei beiden übereinstimmen Bei wenig behaarten finden wir einfache Zell- Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 17 reihen, die nicht einmal immer vertdickt sind. Bei der höchst behaarten gehen (die Zellreihen allmählich in Zellflächen und sogar Zellkörper über mit mächtig verdickten Wänden und zäpfehen- und zahnförmigen Hervorragungen in der Nähe der Scheidewände. Die Haare sind aber nach aufwärts gerichtet oder liegen der Haube an; nur bei den stärkst behaarten und eben von der Va- ginula losgerissenen Hauben krüm- men sich die untersten Haare ab- wärts und schützen die bloßgelegten Teile des jungen Sporogons. Am befruchteten Archegonium beginnen sich sehr bald mehrere Fig. 15. Orthotrichum. 4 Junges Lingröppen zu bien (Pig. 10.4), Ser DL die in ihrer Anlage schon vorhan- den sind, während von Haaren noch keine Spur zu bemerken. ist. Doch auch diese nehmen ihren Ursprung in einem sehr frühen Stadium, Fig. 17. Orthotrichum speeiosum. A Junges Sporogon; 3 älteres Stadium. Fig. 16. Orthotrichum. 4 Junges Sporogon mit Haaranlage; 2 ein Teil desselben vergrößert; C, D Haaranlagen. wenn der Embryo erst aus drei bis vier Zellen besteht. Die Ilaar- anlagen stehen auf den Rippen des Eyigons uni schreiten in ihrer Entwicklung von oben nach unten, in basipetaler Reihenfolge, fort, was mit dem Wachsen der Calyptra in der untersten Region, in der Nähe der künftigen Abrißstelle zusammenhängt. Die Ilaare beginnen mit einer zweischneidigen Scheitelzelle. Eine Zelle der Haube schwillt > Flora, Bd. 100. 18 F. Zielinski, mammillenartig an und teilt sich durch eine schräge Wand. Die zweite Scheidewand trifft nahezu senkrecht auf die erste, die dritte auf die zweite. Doch verliert dieser Vorgang ball seine Regelmäßigkeit. Einer- seits finden in den unteren abgetrennten Segmentzellen wiederholt se- kundäre Teilungen statt, die den Verlauf der primären Wände undenut- lich machen; andererseits geht am Scheitel die segmentale Teilung bald in eine einfache Querteilung, senkrecht zur Längsachse des Haares, über. Die auf diese Weise entstandenen zylindrischen Zellen teilen sich «lann gewöhnlich noch durch Längswände. Die heranwachsenden Haare verdicken sehr stark ihre Wände und bilden an den Spitzen Papillen. Fig 16 A stellt ein weniger stark behaartes Ortlotrichum dar, das sich zur Untersuchung der Entwicklung besser eignet als die diehtbehaarten, wie z. B. O. speeiosum, von dem Fig. 17.4 ein junges Sporogon, Fig. 17 3 ein vorgeschritteneres wiedergibt. Die Rippen haben unterdessen mächtig zugenommen (Fig. 15), die Zahl kann bis zu 17 ansteigen, sie bestehen aus mehreren Zell- schiehten, können sich an der Kante abflachen und sogar in Neben- rippen teilen. In die Furchen zwischen ihnen drängen sich die Haare, die, wie der Querschnitt zeigt, acht Zellen starke Körper (darstellen können. Es ist auf diese \Veise ein Apparat mit starker kapillarer Wirkung hergestellt. Die innerste Schicht des Epigons bildet keine scharf umschriebene Grenze. Einige dünnwanklige Zellen ragen in das Lumen vor, in dem der Embryo liegt, andere haben sich ganz aus dem Zusammenhang gelöst. Es ist dies ein Vorgang, wie wir ihn bei den meisten Moosen wiederfinden. Wir sahen früher, daß die Wand des Archegonienbauches sehr stärkereich ist, und sprachen die Vermutung aus, diese Stärke «diene dem Embryo als Nahrung. Nun sehen wir, daß nicht allein «ie Stärke aufgehraucht wird, sondern das ganze innere Gewebe «er Haube vom Embryo nach und nach resorbiert wird. Von den 8—10 Schichten des Epigons (exklusive Rippen) bleiben in der erwachsenen Hanbe nur die (rei bis vier äußersten. Die Destruktion dringt bis in die Rippen vor, die ausgehöhlt und in Falten verwandelt werden, wie wir sie so typisch an den Orthotrichaeeenhauben wieder- finden. Diese Einrichtung ermöglicht es zugleich der Haube mit dem im die Dicke wachsenden Sporogon Schritt zu halten. Die Falten werden auseinander gezogen und die Haube bedeckt nach wie vor die Kapsel ohne einzureißen. }) Siehe auch P. G. Lorentz, Studien über die Moosarten: Ortkotrichum Schubartianum Ltz., Campylopus Mülleri Ltz. und \Veissia zonata Brid. Verhandl. der k. k. zool.-bot. Gesellsch. in Wien 1867. Beiträge zur Biologie des Archegoniams usw. 10 Die hohlen Falten sind bemerkbar, noch ehe «die Ifaube sich von der Yaginula loslöst. Man findet die Höhlungen mit Wasser angefüllt, das bei einsetzender Trockenheit verdunstet und durch Luftblasen er- setzt wird, Läßt man dann wieder Wasser zutreten, so wird es von den anliegenden Haaren kapillar festgehalten, die Haube saugt es auf und bald schwinden die Luftblasen wieder. Auch die Zellen der Haare selbst können, obgleich sie schon tot und bei Trockenheit Iufthaltig sind, sich wieder mit Wasser füllen. Hier läßt sich also die Funktion der Haare ohne weiteres durch die Beobachtung feststellen. Bewiesen sind hiermit die Beziehungen zwischen Behaarung und Feuchtigkeit jedoch noch nicht. Dies läßt sich auf zweierlei Wegen machen: erstens mittels des Experimentes, zweitens «durch Vergleichung der verschie- (denen Orthotrichum-Arten. Außer der Feuchtigkeit spielen natürlich noch viele andere Faktoren mit: von außen her z. B. Beleuchtung und Substrat, die in der ganzen Pflanze schon Veränderungen hervorgerufen haben können, weshalb außer den allgemeinen Standortsverhältnissen auch der ganze vegetative Pflanzenkörper zu untersuchen sein wird. 1. Um ılie Beeinflussung der Behaarung durch die Feuchtigkeit der Umgebung experimentell zu prüfen, wurde ein Rasen des stark behaarten Orthotrichum speciosum auf einem Stück Torf unter einer Glasglocke kultiviert, wobei für große Feuchtigkeit gesorgt wurde. Derartige Versuche haben jedoch im ganzen nur wenig Aussicht auf Erfolg. Es sind sehr wenig plastische Elemente mit. denen experimen- tiert wird, Elemente, die frühzeitig ihre Entwicklung beenden, nachdem sie bis dahin unter verschiedenartigen Schutzvorrichtungen gestanılen haben, die sie äußeren Einflüssen so gut wie unzugänglich machten. Die meisten Moose können außerdem eine «dauernde Veränderung der äußeren Bedingungen nieht ertragen, auch wenn sie in der Natur «den größten Schwankungen zwischen troeken und feucht Stand halten. Die- jenigen Baum- und Felsbewohner, von denen dies besonders gilt, haben andererseits so vollkommene Schutzvorriehtungen ausgebildet, daß der- artige experimentelle Eingriffe kaum von Einfluß sein können. Das Orthotrichum, mit dem im Herbst der Versuch angestellt wurde, besaß noch ganz junge Sporogone, an denen größtenteils noch keine Haare angelegt waren. Als erschwerender Umstand kam noch hinzu, daß es gerade während des Winters feucht gehalten werden mußte, einer Zeit, die in der Natur von großer Trockenheit begleitet ist. Das Re- sultat war denn auch ein wenig zufriedenstellendes. Die meisten Äste der Pflanze wurden braun und gingen ein. Es sproßten aber am Rande des Rasens neue Ästehen mit etwas entfernt gestellten Blättern, 23* 30 F. Zielinski, doch von frendig grüner Farbe. Von den jungen Sporogonen brachte es nur ein einziges zu voller Entwicklung. Zallenmäßig konnte an seiner Haube die Abnahme der Behaarung nicht festgestellt werden; im Vergleich mit normalen Hauben fiel sie aber doch auf, auch waren die Zellwände der Haare nicht so verdickt. 2. Vergleich der Orthotricha untereinander. . A. Cryptopora. O. anomalum. Sporogon relativ lang gestielt, bis zu 4 mm. Das längste bei Orthotrichum vorkommende. Diese exponierte Lage der Kapsel macht die stärkere Ausbildung des Assimilationskörpers er- klärlich, namentlich die dicht papillösen Blätter. Ebenso die Haube, die nach Limpricht zwar mit „spärlich und wenig papillösen Haaren“ bedeckt sein soll, die ich jedoch recht stark entwickelt fand. Standort vorzugsweise an Felsen, exponiert. O. saxatile wurde trotz des doppelten Peristoms «des einen und einfachen des anderen lange Zeit als Varietät von OÖ. anomalum ange- sehen. Im Habitus stimmen die beiden Arten sehr überein. weslalb sie sich zu einem Vergleich besonders eignen. Dem noch trockneren Standort (nur kalkhaltige Gesteine) entsprechend, hat sich die Seta auf 3 mm verkürzt, die Behaarung der Haube hat aber eher abgenommen. O. cupulatum und OÖ. nudum wurden früher ebenfalls als eine Grundform angesehen und O. nudum als var. riparium von O. eupu- latum betrachtet. Die Haube «der Hauptform selbst ist nur spärlich behaart; die Varietät, eines dler wenigen Ortlotricha '), die untergetaucht oler wenigstens an überrieselten und nassen Felsen wächst, hat nackte Hauben oder nur ganz wenig behaarte. Weahrscheinlieh ist hier die Haube im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen Arten dieser Gattung flüchtig, was bei den abweichenden Standortsverhältnissen leicht ver- ständlich wäre. Jedenfalls fand ich unter dem Herbarmaterial keine Hauben. Ebenso wie beim vorher genannten Paar hat auch hier die Form vom trockneren Standort eine kürzere Seta als die vom feuchteren. O0. urnigerum und das nahe verwandte O. Schubartianum sind Formen, die von der allgemeinen Regel eine Ausnahme machen. Obgleich für sie ein schattiger Standort angegeben wird, tragen Blätter und Haube, ja sogar die Vaginula, xerophilen Charakter, O. Schubar- tianum ist dicht behaart. 0. perforatum macht mit seiner mäßig behaarten Haube gleich- falls eine Ausnahme, doch sind die Blattzellen wenig verllickt. 1) Siehe auch O. rivulare. Beiträge zur Biologie des Archeganiums usw. 21 ©. diaphanum. Obwohl die Taube nur wenig behaart oder nackt ist, trägt «der Assimilafionskörper ausgeprägte xerophile Merkmale — das bei «den einheimischen Orthotricha nieht. häufige Glashaar, Vielleicht. ist «diese Schutzvorrichtung, die in anderen Verwanidtschaftskreisen sehr häufig ist (Grimmia, Rhacomitrium, Hedwigia, Barbula), durch die frühe Fruchtzeit «dieses Mooses zu erklären. Während nämlich die meisten Orthotricha ihre Sporen im Sommer zur Reife bringen !), ist dies bei O. (iaphanum schon im April oder Mai der Fall und die Entwicklungs- dauer demgemäß eine beschleunigte (12-—14 Monate gegen durch- schnittlich 17 der anderen). Da hier hauptsächlich das Sporogon das schutzbedürftige Organ ist, so würde man gerade hier eine stark he- haarte Haube erwarten können. Doch da die Kapsel tief in den Blätterschopf eingesenkt ist, so mag der Schutz, den «die Glashaare ge- währen, ausreichen, wenn nicht gar den der Hauhe übertreffen. Von Varietäten ist die var. aquatica interessant, doch da Exemplare über- haupt sehr selten sind, so konnte iclı nicht viel mehr erfahren als was der Name sagt. Die Glashaare der Blätter sind hier kurz. O. rivulare. Gleich O. nudum eine wasserbewolnende flutende Form. Dementsprechend der ganze Hahitus, die stattliche Länge von 2—4 cm, die lockere Beblätterung. Die kurze Seta und eingesenkte Kapsel darf uns hier nicht wundernehmen, es ist das eine Irschei- nung, «die wir bei den meisten Autenden Moosen wiederfinden (Fontinalis, Cinclidotus u. a). Die Haube ist, wie nicht anders zu erwarten, völlig nackt. Die folgenden vier Arten: O. Winteri, pulchellum, leueo- mitrium und paradoxum sind unter sich nahe verwandt. Alle bilden dichte, niedrige Polster und sind, mit Ausnahme «des seltenen O. para- doxum, banmbewohnend. Ihre Hauben sind, wie «die meisten aus der Reihe der Cryptopora, nackt. Ungefähr 10 Arten, die noch zu den C'ryptopora gehören, bieten nichts besonderes. Es sind lauter kleine Pflänzehen von polsterförmigem Wuchs, die selten mehr als 1 cm Höhe erreichen. Die Länge der Seta ist übereinstimmend gering, 0,2—0,7 mm. Alle außer zwei alpinen Arten, O. alpestre und Arnellü, sind baumbewohnend. Drei Arten haben schwach behaarte Hauben, alle anderen sind nackt. 1) Siche Grimm, Über die Blütezeit deutscher Laubmoose und die Ent- wieklungsdater ihrer Sporogone. Hedwigia 1903. [I “ 22 F. Zielinski, B. Phaneropora. Eine ähnliche Mamnigfaltigkeit wie unter den Cryptopora herrscht auch in der Gruppe der Plıaneropora. Amı Habitus oder am Bau der Blätter läßt sich nicht erkennen, ob ein Orthotrichum zu dem einen oder dem anderen gehört. Doch sind, wie wir sehen werden, xerophile Anpassungen häufiger. 0. fastigiatum und affine sind zunächst noch Arten, die sich dem Gesamtcharakter der Gruppe nur wenig nähern. Zwar sind die Blattzellen papillös und ihre Wände verdickt, doch ist die Behaarung er Haube nicht hervorragend stark. O. rupestre. PBiattzellen beiderseits mit Papillen, stark verdickt, bei O. Sturmii anßerdem die Blattlanina am Rande und an der Spitze zweischichtig. Bei beiden Arten ist die Haube außerordentlich stark behaart. Die Haare sind durchweg mehrzellreihig. stark papillös und hin und her gebogen. Am typischsten ist das weit verbreitete O.speciosum ausgebildet. Als Parallelerscheinung geht neben der starken Behaarung der Haube eine verlängerte Seta einher, die auch bei O. rupestre und Sturmii einiges über den Durchschnitt geht. Unter den Cryptopora konnte dies nur bei O. anomalum hervorgehoben werden: bei O. speciosum beträgt die Länge der Seta ungefähr 15 mm und ist bei dem nah verwandten O. Killiasii noch größer. Die Verwandtschaft dieses weit, selteneren Alpenmooses mit O. speciosum ist, sofern (das Peristom maß- gebend isf, unzweifelhaft. Der Standort ist aber ein anderer, da es in Felsspalten wächst. „in welche direktes Sonnenlicht nicht eindringen kann“. Dem entsprechend ist die Behaarung der Haube geringer als bei speciosum. Auch die anderen Arten sind mehr oder weniger behaart; etwas schwächer ist dies bei O. acuminatum, doch ist hier eine kurz ge- stielte Kapsel zwischen lang zugespitzten Perichaetialblättern verborgen. O. obtusifolium ist die einzige Art, die in manchen Fällen auch nackt vorkommt, sie weicht aber auch in anderer Beziehung vom Haupt- typus ab, so daß sie ohne Berücksichtigung bleiben kann. Die hier angeführten Daten stützen sich außer auf eigene ÜUnter- suchungen an Herbarmaterial, besonders auf die Beschreibungen in Rahenhorst’s Gryptogamenflora. Die Benützung dieser Angaben halte ich aber für einen Vorzug, denn hierdurch ist jede tendenziöse Subjektivität ausgeschlossen. Über die Deutungen, die ich auf Grund dieser Daten anstelle. kann man freilich verschiedener Meinung sein, für uns ist nur Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 23 wiehtig, daß sich eine Parallelität in den Erscheinungen konstatieren läßt, die zur Annahme einer Korrelation wohl berechtigt. Als solche ist am auffallendsten die, daß die kryptoporen Arten nackte ader weniger stark behaarte Hauben besitzen, unter den phaneroporen da- gegen keine Art vorkommt, «die absolut nackt wäre, vielmehr sind es zum Teil sehr stark behaarte Formen. Daß (dieses keine Zufälligkeit ist, geht auch aus dem Vergleich mit der nahe verwandten Gattung Ulota hervor. Hier sind alle Arten phaneropor'und alle tragen stark behaarte Hauben. Erklären läßt sich diese Tatsache nicht. Offenbar macht der Schutz gegen zu große Transpiration mittels eingesenkter Spaltöffnungen und verengtem Vorhof einen weiteren Schutz, den eine stark behaarte Haube gewähren würde, unnötig. Von dieser letzteren Vorrichtung wird nur dann Gebrauch gemacht, wenn die Spaltöffnungen offen daliegen. Denn daß die Ausbildung der Spaltöffnungen das pri- märe ist, von dem die Behaarung der Haube als etwas sekundäres ab- hängt, dürfen wir bei der viel größeren Konstanz der Spaltöffnungen, (die auch bei den Varietäten keiner Abänderung unterworfen sind, mit Sicherheit annelımen. Hier vikariiert also die eine Schutzvorrichtung für die andere. Andererseits aber sehen wir oft, daß mit Verstärkung eines Merkmales die Verstärkung eines anderen Schritt hält und dies würde uns zum mindesten ebenso erklärlich scheinen. Warun in un- sereın Falle das Verhältnis das umgekehrte ist, entzieht sich unserem Verständnis, und wir müssen es mit der Konstatierung der Tatsache genug sein lassen. Aus den Einzelfällen, sofern sie einen Erklärungsversuch über- haupt zuließen, geht Jasselbe hervor, wie aus dem vorhin angeführten Experiment: ein trockener Standort bedingt stärkere Ausbildung der Behaarung, ein feuchter setzt sie herab. Macromitrium. Diese große Gattung kommt fast ausschließlich in den Tropen vor. Leider fehlt noch eine eingehende Abhandlung für die ganze Gattung, denn auch die bisher aufgestellten Einteilungssysteme haben sich schon wiederholt als unzureichend erwiesen. In Engler's „Pflanzen- familien“ richtet sich die Einteilung nach der Verteilung der Geschlechter und dem äußeren Habitus, die Unterabteilungen aber sind auf ganz willkürlich gewählte Merkmale basiert: einmal ist das Peristom aus- schlaggebend, wobei neben zwei Abteilungen mit vorhandenem und fehlendem Peristom eine dritte mit „unbekanntem“ Peristom aufgestellt wird; ein anderes Mal sind die Perichaetialblätter und ein drittes Mal 24 F. Zielinski, das Verhalten der Blätter in trockenem Zustande «as Charakteristikum. Eine genaue Behandlung der javanischen Makromitrien findet man bei Fleischer'). Fleischer hat wenigstens ein einheitliches Einteilungs- prinzip für die ganze Mooswelt und teilt auch die schwierige Gattung der Macromitrien nach dem Peristom ein. Ob auf diese Weise ein natürliches System zustande kommt, mag dahingestellt bleiben. In unserem Falle ist nur wichtig, ob sich die, verwandtschaftlichen Be- ziehungen, die sich daraus ergeben, als Stütze für das Studium der Haube eignen. Dies trifft bis zu einer gewissen Grenze zu, indem z. B. das Subgenus Diplohymenium sich in zwei Sektionen teilen läßt, deren eine, Cometium, durchweg behaarte, deren andere, Epilimitrium, durchweg nackte Hauben besitzt. Subgenus Macromitrium, das durch einfaches Peristom ausgezeichnet ist, umfaßt sowohl nackthaubige, als auch behaarte Arten, im allgemeinen erreicht hier die Behaarung nicht die gewaltige Entwicklung wie in der Sektion Cometiun, Es wechselt aber nicht nur die Behaarung stark ab, auch die Form der Haube ist keine einheitliche für die ganze Gattung. So besitzt die Untergattung Orthophyliina (nach Engler’s „Pflanzenfamilien“) einseitig aufgeschlitzte Hauben, während sich bei weitem die Mehrzahl dem Typus der Orthotri- chumhaube nähert, indem «die Haube ebenso wie dort faltig ist. Auch bei Macromitrium sind es zumeist «lie verdickten Rippen, an denen die Haare ihren Ursprung nehmen, die dünnbleibenden Täler dagegen reißen in der Regel bis zur Mitte der Haube auf. So entsteht ein äußerst zierlicher Typus, wie er in vollendeter Form bei M. eircosum zu finden ist. Durch die dichten und tiefen Schlitze ist hier ein Ge- bilde zustande gekonmen, wie es durch einen anderen Vorgang bei manchen Campylopusarten auftritt. Genauere Untersuchungen, betreffend die Beziehungen zwischen Standort und Behaarung, wie dies bei Orthotricehum möglich war, ließen sich hier nicht anstellen, denn sowohl die Angaben in den Büchern als auch im Herbar waren höchst unzureichend. Meist be- schränkten sie sich auf die geographische Bezeichnung des Fundortes, welche keine Schlüsse auf die äußeren Verhältnisse erlaubten. Es sei nur hervorgehoben, daß fast alle Rindenbewohner des tropischen Ur- waldes sind, einer Region, in der andere Moose mit behaarten Hauben sehr häufig sind. Außer den Haubenhaaren besitzen die Maeromitrien auch andere xerophile Merkinale: der kriechende mit starkem Rhizoidenfilz versehene 1) Fleischer, Die Musei der Flora von Buitenzorg. Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 2 Hauptstengel, lie dichte Beblätterung, oft außerordentlich hohe Papillen an allen Blattzellen, dagegen freilich eine Seta von beträchtlicher Länge. Die Spaltöffnungen sind bei allen phaneropor, was mit der für Ortho- trichum und Ulota angenommenen Korrelation übereinstimmt. Aus «den von mir untersuchten Ierbarexemplaren seien nur einige wenige Repräsentanten kurz hervorgelioben. M. fascieulare (zu Eumacromitrium gehörig). Haube mehrfach unregel- mäßig geschlitzt, Behaa- rung undeutlich, zum Teil Höcker, die vielleicht ab- gebrochene Haarstummel sind, zum Teil einzelreihige, kurze Haare. ö M. Didymodon. Ob- gleich ein Eumacromitrium, ist die Haube einseitig, nackt. M. Giraldii (China). Haube ähnlich wie bei Orthotrichum, nicht oder kaum merklich geschlitzt. Sehr stark behaart (Fig. 18). Haare lang und dünn, sehr kraus, Längsteilungen in den Haaren sind die Regel, Fig. 18. Haube von Macromitrium Giraldii. Zellwände stark verdickt und papillös. Auch bei den Paraphysen sind Längsteilungen und verdiekte Wände häufig. Fig. 19 zeigt ein junges Sporogon, das die Haare nur erst angelegt hat. Die Paraphysen, die sonst von den Haaren nicht zu unterscheiden sind, zeichnen sich hier durch eine bis drei gebräunte, dünnwandige Basalzellen aus. Doch ist dies kein ausschließliches Merkmal der Paraphysen, wir treffen sie bei den Haubenhaaren von Psilopilum Ulei gleichfalls an. M. incurvifolium. Haare mehrzellreihig, die einen dicht über der Abrißstelle der Haube, stark abwärts gekrümmt, die anderen die Spitze dicht umhüllend und überragend; dazwischen eine fast nackte Zone. Es scheint hier eine ähnliche physiologische Differenzierung vor- zuliegen, wie bei den jugendlichen Sporogonen von Polytrichum'). Nur 1) Goebel, Organographie. 26 F. Zielinski, ist das äußere Bild mit ins Alter herübergenommen, jedenfalls aber ohne die funktionelle Verschiedenheit beibehalten zu haben. M. eolebense (Java). Berggarten von YTjibolas. Schwach be- haart: die Haare beginnen mehrzellreikig, werden aber bakl einreihig und Hegen an «er Spitze dicht an. M.Catharinense. } Brasilianische Art (an m Zweigen am Rande | der Serra Geral). Blätter lang und kraus; Hauben groß, außerordentlich dieht behaart. Haare hin und her gebogen, einzellreihig. M.eirrosum und erassirameum (Südamerika). Haube nackt. Hier ist der Fig. 19. Junges Sporogon von Maeromitrium Giraldii, Typus der Zerschlitz- St ten Haube sehr stark ausgeprägt, sie ist fast bis zur Mitte in feine Streifen zerlegt. M. erassiusculum. Eine zu Orthophyliina gehörende Forn mit seitlich aufgeschlitzter Haube. Unter diesem Namen fand ich im Herbar drei verschiedene Moose, von denen nur das eine mit kappenförmiger Haube das rechte sein konnte; ein anderes hatte eine nackte tief und dicht geschlitzte mützenförmige Haube, das dritte, von ganz abweichen- dem Habitus, besaß überhaupt keine Hauben. Dieranaceae, Unter den Dieranaceae nimmt die Gattung Campylopus mit ihren nächsten Verwandten nieht nur binsichtlich des Banes der Blattrippe und des Peristoms eine gesonderte Stellung ein, sondern es besteht ein Unterschied auch in der Haube, die bei manchen Arten an der Basis gewimpert ist. Es gilt dies besonders von den Gattungen: Sphaerotheeium, Brothera, Campylopus und Pilopogon. Einige Arten (der beiden letzten Gattungen werden von einigen Autoren unter dem Namen Thysanomitrium zusammengefaßt. Die Nomenklatur ist über- haupt noch recht schwankend in («diesem Verwandtschaftskreise, wie (denn auch Sphaerotheciun zu Campylopus gerechnet wird. Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. Fri Die Haare stehen bei diesen Moosen — abweichend von allen anderen — nur an der Basis der Haube und sind nach abwärts ge- richtet. Sie entwickeln sich zu einer Zeit, wo die Haube noch mit der Vaginula im Zusammenhang steht. Von Campylopus war tie Reile schon gelegentlich der Behandlung des Abtrennungsvorgangs der Haube von der Vaginula. Das Epigon ist an der Grenze zwischen beiden Organen, die aus ihm hervorgehen, stark eingeschnürt und oberhall dieser Einschnürung zu einem großen Wasserhauche erweitert (Fig. 6). Der Unterschied im Zellbau der beiden dureh «die Einschnürung von einander getrennten Gewebe fällt schon beim ersten Blick auf. Die Vaginula besteht aus kleinen hervorgewölbten Zellen der zukünftigen Haube. Diese Hervorwölbungen nehmen allmählich an Größe zu und stülpen sich nach abwärts zu Haaren aus. Es sind zunächst nur die äußersten Randzellen, die zu Haaren auswachsen, doch können nach- träglich auch anliegende Zellen einer höheren Reihe Haare bilden. Da die Haube erst später abreißt, so bleibt eine Knickung bestehen zwi- schen Haube und IIaaren, die auch bei der ausgewachsenen Haube noch nicht ganz verwischt ist. Den oberen Schenkel dieser IKinickung, die einwärts gebogene Haubenbasis, finden wir auch bei wimperlosen Arten wieder. Die ausgewachsenen Haare sind nur kurz, selten erreichen sie die Länge von 1 mm, sie bleiben meist einzellig, eine Ausnahme machen Pilopogon-Arten, wie z. B. P. gracilis, wo auch Querteilungen vor- kommen. Sphaerothecium (= Campylopus) eomosum soll gewimperte Hauben besitzen, doch fand ich im Herbar eine Haube mit glatten, schwach einwärts gebogenem Rand. Die andere Art, 8. reconditum. war leider im Herbar nicht vorhanden. Von Brothera nur sterile Exemplare im IIerhar. Campylopus annamensis An einem Flußufer in Annam. Haare bis 0,5 mm lang, dicht, gebogen, teils hyalin, teils gebräunt. Wände sehr stark verdickt, Papillen bildend (Fig. 20 C). C. chionophilus. Zellen der Haube wie der Haare stark ver- diekt. Haare entspringen auch aus Zellen über dem unteren Rande und sind zum Teil aufwärts gebogen. Nova Granata, in 2500-2600 m Höhe. C. eollinus. Blätter mit langem Glashaar. Cilien der Haube dicht, über den alten sind Anlagen von jungen Haaren sichtbar. Hügel im Campo von Laguna (Brasilien). C. Dozyanus (sive Blumii). Java. Tjibodas. Reich fruchtende Art, mehrere Sporogone aus einem Stämmchen. IIaube klein, mehr- 28 F. Zielinski, fach geschlitzt, die ITaare kommen daher in Gruppen zu stehen. Die Haare von verschiedener, meist sehr geringer Länge, wenig vertlickt. Zellen der Haube bis auf den untersten Wulst ebenfalls nicht verdickt. C. flexuosus (Fig. 204, 3). An ein und demselben Rasen fand ich Hauben mit Wimpern und ohme. Bei letzteren ist der aus unventdickten, langgestreckten Zellen bestehende Haubenrand stark ge- schlitzt; wenige Cilien an einer Stelle angedeutet. Auch Hauben mit ganz glattem Rand, dessen Zellen nadratisch und kubisch waren. C. flexifolius. Ein Vertreter jener Gruppe, die konstant wimperlos ist. Haubenrand glatt. Die Zellen werden nach ab- wärts quadratisch und dünnwandig. _ Sehlitzbil- «dung außer einem Haupt- schlitz nur wenig. Pilopogon graeilis. Dichter Haarbesatz von on 1 mm Länge. Die Haare Fig. 20. 4, 2 Campylopus flexuosus. Haube . . . A mit und ohne Cilien. C Cilie von Campylopus sind leicht gebogen, die annanıenais. längsten mit ein bis zwei Querwänden, die entweder dicht über einer Papille schräg gestellt sind oder senkrecht das gleichmäßig dicke Haar durchsetzen. Die Wände sind sehr wenig vertlickt, stellenweise Papillen bildend. Über die Bedeutung der Behaarung bei den Campylopodeen läßt sich schwer ein Urteil bilden. Im erwachsenen Zustand ist die Haube meist klein im Vergleich zur Kapsel, sie ist gewöhnlich bis zur Spitze aufgeschlitzt und bedeckt nur etwa die Hälfte der Kapsel. Die Seta ist lang, eingesenkte Sporogone kommen nicht vor. Die Seta ist ge- rade, öfters gekrümmt, so daß die Kapsel oft auf Umwegen, ähnlich wie bei manchen Grimmia-Arten, in den Schutz des Moosrasens gelangt. Dieser ist denn auch oft mit langen Glashaaren ausgerüstet. Einen eigenartigen Vorgang hat W. Lorch!) für Thysanomitrium Beecari be- schrieben. Es sollen sich hier die Sporogone, mit der Haubenspitze voran. in «die tiefsten Stellen des Bechers, der das Stämmchen krönt, bohren. Durch eine nachträgliche Streckung der Seta werden dann die Kapseln losgerissen und emporgehoben, während Haube und Deckel l) Lorch a. a. 0, Beiträge zur Biologie des Archegoninms usw. 29 im Laub stecken bleiben. Torch zeichnet «ie Hauben nicht nur am Rande gewimpert, sondern auch von der Spitze an mit. einem dichten Haarfilz bedeckt. Es würde also in diesem Falle den abwärts gerich- teten Haubenlhaaren eine neue Bedeutung zukommen, sie dienten gleichsam als Widerhaken, die dem Zug der sich streekenden Seta entgegenwirkten. Ich habe jedoch über derartige llauben weder in der Literatur Angaben gefunden, noch im Herbarmaterial irgendwo den ganzen Vorgang beobachten können, obwohl ein Loslösen der Haube gleichzeitig mit dem Deckel häufig ist. Als Schutz gegen Austrocknung und eventuell zur Wasserauf- nahme können die Wimpern wohl nur in jungen Stadien, solange sich die Seta nicht gestreckt hat, wirksam sein. Die fehlende oder stärkere oder schwächere Bewimperung mit den Standortsverhältnissen in Be- ziehung zu bringen, ist eine schwere Aufgabe, da die Campylopus- Arten auf Substraten wachsen, die kaum auf ihre größere oder ge- ringere Trockenheit schließen lassen. Sie wachsen meist ‚auf Torf- boden, der ja zeitweilig sehr trocken, andererseits aber auch sehr feucht sein kann. Auch auf modernden Baumstämmen oder auf Sand- stein findet man sie, meist in Gesellschaft anderer Moose, dichte Rasen bildend, so daß von keiner exponierten Lage, wie bei Orthotriehum, «lie Rede sein kann. Splachnaceae. Die Gattungen dieser Familie gehören zum Teil jener biologisch interessanten Gruppe von Moosen an, die auf stickstoffreichem Substrat — tierischen Exkrementen oder sogar direkt auf Leichen wachsen. Ein anderer Teil, zu dem einige Arten der Gattung Tayloria gehören, ist dagegen baumbewohnend. Diese letzteren besitzen dann auch Merk- male, wie wir sie in Übereinstimmung mit den abweichenden Standorts- verhältnissen wiederholt bei Moosen antreffen. Zwar ist der ganze Habitus der Pflanze ziemlich unverändert geblieben, es treten aber hier zerschlitzte und zu Haaren ausgezogene Blätter, eingesenkte Kapseln und rauhe bis langhaarige Hauben auf. Dies gilt besonders von «en beiden Untergattungen der Taylorieen: Brachymitrium und Orthodon. Von dem langhaarigen Typus konnte ich leider keine Repräsentanten im Herbar finden, doch zeigen auch die „rauhen“ Hauben zur Genüge, worauf es ankommt. T. Cochabambae aus Bolivi.. Im Blatt keinerlei Differenzen vom gewöhnlichem Splachnaceenblatte, die Seta jedoch kurz, 24 ımın lang. Die Haube (Fig. 21.4, 2) besteht aus sechs bis sieben Zeil- 30 F. Zielinski, schichten, deren äußerste stark gebläht und dünnwandig ist. Ihre Zellen stälpen sieh zu sehräg abwärts gerichteten mammillenartigen Hauben hervor. Die inneren Schiehten sind etwas «ickwandiger, die innerste besteht aus disloeierten Zellen. wie dies bei Mooshauben in der Regel der Fall ist. Unsere einheimische T. Ru- dolphiana besitzt eine Haube von ähnlichem Bau wie T. Cochabambae, besteht aber nur aus drei bis vier Schichten (Fig. 21 C). Übereinstimmend ist aber die Differenzierung der äußersten Schicht, die in beiden Füllen dünnwandig und hyalin ist, und hierdurch von den gelben, verdiekten Zellen der inneren Schicht abweicht. Doch sind sie bei T. Rudolphiana Fig. 21. A Tayloria Cochabamıbae; oberer Teil der Haube. 7 (uerschnitt. . . ET. Rudolphiana. Haube im Quer- nicht aufgeblasen, wie denn schnitt. auch die ganze Haube äußerlich glatt ist. Sie enthalten eine dicke Lage stark lichtbrechenider Substanz, die gleichmäßig allen Wänden angelagert ist. Mit Chlorzinkjod färbte sieh «dieser Körper blau, während alles übrige gelb blieb oder wurde. Nach Zusatz von Schwefelsäure löste sich zuerst dieser Inhaltskörper auf, wodurch die stehenbleibende Außenmembran der Zelle «deutlich siehtbar wurde, darauf verquoll das ganze übrige Gewebe und löste sich nach einiger Zeit vollständig auf. T. Rudolphiana, die ja auch auf Bäumen wächst, steigt doch nicht boch an ihnen hinauf; sie findet sich meist nalı über dem Boden, in ianigem Zusammenhang mit anderen tichtrasigen Moosen (Leucodon u. 2.). Auch sind die Bäume, die sie bevorzugt, Fagus silvatica und Acer Psewloplatanus, selbst an feuchte Standorte gebunden, weshalb die Haarlosigkeit der Calyptra leicht verständlich ist. Polytrichaceae. Über «lie Behaarung der Polytrichaceenhaube, der stärksten, die aus der gesamten Mooswelt bekannt ist, liegen aus älterer wie jüngerer Zeit Arbeiten!) vor, weshalb ich mich auf weniges beschränken kann. 1) Müller-Thurgau, Die Sporenvorkeime uud Zweigvorkeime der Laub- moose. Arbeiten (ex Institutes in Würzburg. — Lorch, Die Polytrichaeeen. — Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 3l In dieser Gruppe läßt sich die Steigerung der Behaarung von den fast nackten Atrichum-Arten bis zu den dichtfilzigen Polytricha verfolgen. Atrichum ist vorzugsweise ein Bewohner der gemäßigten Zonen und findet sich meist an schattigen feuchten Standorten, an Bachufern usw. immer aber auf Ertle. A. undulatum, tenellum, obtusulum, polycarpam u. a. be- sitzen nur eine wenig raule Haubenspitze, was durch zahnartige, schr niedrige Hervorwölbungen der äußeren Zellen zustande kommt. Die höchste Ausbildung erlangen diese Arten, indem sich «ie Zähnchen mit einer Spitze nach aufwärts richten. A. angustatum und leptocylindrieum stehen eine Stufe höher denn außer den Zähnchen finden sich an ihrer Ifaubenspitze auch zu kurzen anliegenden Haaren ausgezogene Zellen. Die höchste Entwicklung in dieser Deziehung fand ich bei A. flavisetum, wo außer den einzelligen Haaren auch solche mit Quer- teilung vorkommen und an der Basis der Haare treten sogar Längs- teilungen auf. Alle Haargebilde haben stark vertlickte Wände. Hand in Hand mit der Vervollkommnung in der Behaarung geht eine Vergrößerung des Assimilationskörpers, was sich am augenfälligsten in der Lamellenbildung der Blätter äußert. Bei Atrichum ist diese Vervollkommnung nur angereutet; es finden sieh nur wenige (vier bis sieben) Lamellen, die auf die obere Hälfte der Rippen beschränkt sind und nur etwa drei Zelireihen hoch sind. Die Blattlamina selbst ist einschichtig und auf der Rückenscite durch einige in schrägen Reihen angeordnete Zähne verstärkt. Vollständig glatte Hauben werden sich wohl bei kaum einer Polytrichaceengattung finden, mindestens werden sie von Typus «der Atrichumhaube sein. Am meisten näherte sich in dieser Beziehung die Gattungen Bartramiopsis. Lyellia und Dendroligotrichum. Trotz der nackten Haube haben diese Arten im Assimilationskörper Finrich- tungen. die eher für einen trockenen Standort sprechen. Sn ist bei allen die Blattlamina zweischichtig und die Lamellenbildung ist nur bei Bartramiopsis herabgesetzt (zirka sechs Lamellen von scels Zellen Höhe), Lyellia dagegen besitzt. deren über 30 und steht darin manchen Poly- tricha kaum nach. Eine noch größere Anzahl (gegen 40) trägt die breite Rippe von Dendroligotrichun; hier ist die Randzelle vergrößert und mammillös. Der geringe Schutz der Kapsel erklärt sich bei dieser Goebel, Archegonistenstudien. Flora, Bd. 96. — €. Firtsch: Über einige me- ehanische Einrichtungen im anatomischen Bau von Polytrichum juniperinam. Ber. der deutschen botan. Gesellsch., Bd. I, 1583. 33 F. Zielinski, 3a Art vielleicht daraus, daß Dendroligotrichum eine bäumchenartige, reich verzweigte Form ist, und daß eine Pflanze eine große Zahl von Sporo- gonen hervorbringt, so daß die Erhaltung und Verbreitung der Art gesichert ist, auch wenn einige Sporogone zugrunde gehen sollten. Auch Psilopilum ist eine Gattung mit nackter bis schwach be- haaıter Haube. Hier liegt die Erklärung aber im Standort: Psilopilum gehört nämlich zum größten Teil der antarktischen, arktischen oder Hochgebirgsregion an. P. antareticum. In Südgeorgien und Kergue- len. Die Spitze der Haube ist auf eine ziemlich lange Streeke mit kurzen, auf- wärts gerichteten Haaren dicht besetzt. P. aretieum. Haube nackt. Blätter mit großem Scheidenteil. Blattrand an der Spitze eingeschlagen, die erenullierten Lamellen bedeckend. P. Vlei (Fig. 22.4). Brasilianische Campos, d. i. regenarme, trockene Re- gion. Reich behaart, die Haare oben kraus und ab- Fig. 22. 4 Psilopilum Vlei; Haubenhaar (a kleiner stehend. Abwärts lange, Seitenzweig; d Basalzellen). 7 Oligutrichun ero- . R & R sum, Haubenspitzee € Haube von Chaetomi- verzweigte,dichtanliegende trium horridulum (@ Archegoniun). 2 Einzelne Haare mit Längsteilungen. Haare. . j Stärker behaart ist Oligotrichum (Fig. 22 2), eine der gemäßigten Zone und mit O. her- eynieum auch unserer Flora angehörende Gattung. Die Behaarung ist nirgends sehr dieht, oft nur auf die Spitze beschränkt, hei O. hercyni- eum über die ganze Haube verstreut. Die Haare sind einzellreihig und meist kurz. Immer sind sie aufwärts gerichtet. Der Haarfilz von Pogonatum, Polytrichum (und anschließend: Dawsonia) ist hinreichend bekannt. Der große Fortschritt gegenüber den anderen Arten ist der, daß die langen Haare abwärts gerichtet sind und weit über die häutige Haube herabreichen. Zweitens ist eine Differenzierung zwischen den dicken gerade verlaufenden Haaren den Beiträge zur Biologie des Archegonioms usw. 35 „Längsrhizoiden* und den dünneren „Rankenrhizeiden“, welehe quer und in allen Richtungen verlaufen und dem Filz seine Nachgiebigkeit verleihen. Demzufolge umgibt der Filz die Kapsel noch gleichmäßig, wenn die „innerc* Kalyptra schon einseitig anfgerissen ist. Die An- passung des Vegetationskörpers, (die reiche Lamellenbiklung der Blätter und der oft trockene Standort bedürfen gleichfalls keiner weiteren Aus- führung. Pleurocarpe Moose. Bei unseren einheimischen pleurocarpen Moosen ist Behaarung der Haube ziemlich selten. Wo sie vorkommt, wie bei Pterogoniun gracile oder Leptodon Smithii, sind es Moose, die zumeist tropischen Familien angehören und selbst in ihrem Verbreitungsgebiet auf südliche Regionen beschränkt sind. In den Tropen dagegen sind plenrocarpe Moose mit behaarter Haube weit verbreitet. Aus ihnen setzt sich hauptsächlich «die epiphytische Moosflora der Urwälder zusammen. Ihrer Lebensweise entsprechend haben sie einen eigenen Habitus angenommen, wie wir ihm schon bei Macromitrium begegnet sind. Charakteristisch ist der kriechende Hauptsproß, doch kommen auch lang herabhängende Moose vor, wie verschiedene Arten von Meteorium, Aerobryum, Papil- laria und Floribundaria. Der Mangel an haartragenden Pleurocarpen in unseren Breiten erklärt sich aueh daraus, daß «die meisten Baum- bewohner unter ihnen (mit Ausnahme von Leucodon seiuroides) feuchte, schattige Standorte bevorzugen, wie z. B. Neekeraceen, Pylaisia, oder dicht über dem Erdboden wachsen und (daher eines besonderen Schutzes entbehren können. Besonders reich an behaarten Hauben sind die Familien der Neckeraceen und Hookeriaceen, «doch kommen sie auch bei anderen Familien vor. Unter den Leucodontaceae sind durch behaarte Hauhen eharak- terisiert die Gattungen Pterogonium und Forsstromia. Pterogonium graeile (oder ornithopodium) ist eine der wenigen Arten, die auch bei uns in südlichen Gegenden (Südtirol), vereinzelt auch in Mitteleuropa vorkommt. Die Behaarung fand ich auf den unteren Teil der Haube beschränkt: es sind nur wenige, geschlängelte, meist abwärts gerichtete Haare, die aus einer Reihe zylinlrischer, auffallend kurzer Zellen he- stehen; die Wände sind wenig verdickt, das ganze Haar ist einer Para- physe sehr ähnlich. Forsstromia produeta, der Kapflora angehörend (die meisten anderen in Amerika). Zahlreiche lange Haare entspringen an verschie- Flora, Bd. 100. 3 34 F. Zielinski, denen Stellen der Haube, am meisten in ihrer unteren Hälfte. Längs- teilungen sind im mittleren Teil der Haare sehr häufig, manche Haare sind auf ihrer ganzen Länge zweizellreihig. Die Zellwände sind wenig verdickt, glatt. Neckeraceae. Behaarung ist bei den tropischen Arten außer- ordentlich häufig. Rutenbergia hat ganz dicht mit Haaren bedeckte Hauben; doch sind in «lieser Familie die Haare meist zarte, zum Teil sogar bald vergängliche Gebilde. So hat Pirea nur in der Jugend behaarte Hauben und ähnlich verhält es sich mit unserer Neckera erispa. Ich fand, freilich an Exemplaren, die an einem sehr feuchten Standort gewachsen waren, in jedem Stadium nackte Hauben, für ge- wöhnlich aber sind die Hauben, solange sie jung sind, mit spärlichen Haaren bedeckt, die später abgeworfen werden. An ein frühzeitiges Absterben der Haube ist aber gerade bei «dieser Art nicht zu denken, da die Zellen bis zuletzt noch Plasma und Chlorophyll enthalten. An- dere stark behaarte Gattungen sind Pilotrichella, Papillaria, Meteorium, Trachypus und viele mehr. Von besonderem Interesse ist die Gattung Leptoden, von der Leptodon Smithii!) verhältnismäßig weit nach Norden heraufsteigt. Der eigentümliche Habitus, der in trockenem und angefeuchtetem Zustand verschieden ist, kommt auch in anderen Familien vor, z. B. bei Grou- tia, ist aber recht selten. Wenn die Pflanze nämlich austrocknet, so rollen sich die gefiederten, in frischem Zustande flach ausgebreiteten Seitenzweige schneckenförmig ein. Die sehr kurz gestielten Sporogone sitzen auf der Dorsalseite der Seitenzweige erster Ordnung und werden von den sich einrollenden Zweigenden vollkommen bedeckt. Außer dieser Schutzvorrichtung finden wir noch hoch hinaufreichende Peri- chätialblätter, lange Haare auf der Vaginula, die den unteren Teil der Kapsel erreichen, un eine lang und dicht behaarte Haube. Pilotrichaceae. Pilotrichum bipinnatum. Brasilien. Die kleine Haube umhällt nur den Deckel. Am Grunde.ist sie mehrfach geschlitzt und trägt einfache Haare von sehr verschiedener Größe. Die einen sind einzellreihig, höchstens mit zwei bis drei Längsteilungen, andere, mit den ersteren durch keinerlei Übergänge verbunden, be- ginnen als mächtige Zellkörper und setzen sich in unverminderter Dicke bis über die Spitze der Haube fort. Da diese selbst mit ihrem 1} Lorch, Einige Bewegungs- und Schrumpfungserscheinungen an den Achsen und Blättern mehrerer Laubmoose als Folge des Verlustes von Wasser. Fiora, Bd. 97, pag. 76. Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. 3 Archegonienhals nicht dicker ist als die IIaare, so erweckt es den An- schein, als sei «lie Haube an ihrer Spitze mehrfach gespalten. Nematoceae. Die Haube von Ephemeropsis Tjibodensis ist an sich schon zu klein, als daß man von Behaarung sprechen «(lürfte. Sie ist so klein, daß Schlitzbiklung und Auswachsen der Randzellen zu demselben Resultat führen müßten, nämlich zu einreihigen Fäden. Immer- hin kann hier kein Zweifel bestehen, daß die Haare durch Auswachsen und Querteilung der Randzellen hervorgegangen sind, wofür auch der Vergleich mit der folgenden nächst verwandten Gattung Daltonia sprieht. Hookeriaccae. Daltonia leptophylla (Fig. 23). Winzige Art von Sikkim-Himalaya. Haube der von Ephemeropsis ähnlich, doch (lie Haare einzellig, eine analoge Erscheinung zu Campylopus. D. ovalis der vorigen ähn- lich, doch etwas größer. Eriopus remotifolius!). Dicht behaarte Seta, in der Behaarung «er Haube ein älın- licher Fall wie bei Tayloria. Chaetomitrium (Fig. 22C, 2}. Moose mit reichem Haarbesatz. Die Haare oder Stacheln treten hauptsächlich an der Haube 4, 23. Haube von Dal- auf, an der Seta, dem Stempel, auch die tonia_ leptophylla. Blätter haben stachelartige Auswüchse an der Rippe und sind starhel- artig gesägt, sogar die Kapsel ist bei manchen Arten stachelig. Die Haare der Haube sind meist einzellig, stehen sparrig ab, unten sind sie nach allen Richtungen an der Basis zumeist abwärts gebogen. Es kommen aber auch Übergänge zur Mehrzelligkeit vor, entweder durch Querwände, über denen das Haar gegabelt sein kann, oder durch Längswände, wie sie bei jungen Haaren von Orthotrichum vorkommen. Endlich findet man auch lange paraphyllienartige Gebilde. Lepidopilum polytriehoides. Haube an der Basis mehrfach geschlitzt. Außerdem gehen von der unteren Hälfte und der Mitte der Haube mächtige flache Zellkörper ab, die an Breite die Fransen an der Basis übertreffen. Sie sind lang, am Grunde oft verzweigt und stelien horizontal ab, unten neigen sie sich den Fransen gleichsinnig. L. cau- dieule. Deutlich zwei Zonen von Behaarung vorhanden. Unten durch Zerschlitzung entstandene Fransen und mit ihnen gleichgeriehtete, nahe der Basis entspringende lange Haare, welche zuerst Zellkörper, gegen 1} Goebel, Organographie. 36 F. Zielinski, Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. das Ende allmählich dünner, zuletzt einzellreihig werden. Im oberen Teile der Haube kurze, starr abstelende Zellkörper. Zusammenfassung. 1. Die Öffnung Jer Archegonien wird in erster Linie, ähnlich wie hei den Antheridien, durch die (differenzierten Zellen der Spitze „der Öffnungskappe* bewirkt; das Agens ist hierbei ein den Zellen einge- lagerter Schleim. 2, Die Hanbe trennt sich von ıler Vaginula an einer vorgebildeten Abrißstelle. Manche Moose besitzen eine bauchförmig aufgeblasene Haube. Sie «dient als Wasserhauch, und (in frühen Stadien) vermag der Embryo aus ihr Wasser aufzunehmen. 3. Die stärkere oder schwächere Ausbildung der Haube steht in Beziehung zu einer größeren oiler geringeren Empfindlichkeit des Spo- rogons gegen äußere Schädigungen, hauptsächlich «die des Austrocknens. Der Hauben beraubte Sporogone beschleunigen ihren Entwieklungsgang und streben eine Notreife an. 4. Die Behaarung der Haube ist der relativ deutlichste Maßstab für (diese Empfindlichkeit und steht in direktem Verhältnis zu den Standortsverhältnissen der betreffenden Moose; diese kann jedoch durch andere Faktoren undeutlich werden. 5. Unter den behaarten Hauben lassen sich mehrere Typen auf- stellen. die für die einzelnen Verwandtschaftsgruppen bezeichnend sind: so «lie einzelligen aus der Basis entspringenden, abwärts gerichteten Haare der Campylopodeen, die aufwärts stehenden, mehrzelligen der Orthotriehaceen, die langen verfilzten Haare der Polytrichum - Arten. Doch läßt sich in den meisten Gruppen ein progressives Steigen be- merken von unter sich ähnlichen, einzelligen höheren zu den mannig- faltigsten Gebilien, wie wir sie bei den stärkst behaarten antreffen. llerrn Prof. Dr. Goebel, unter dessen Leitung diese Arbeit aus- geführt worden ist, bin ich für seine ständige Hilfe zu großem Danke verpflichtet. Vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Alnus alnobetula und Betula. Von Josef Wolpert. it Tafel I und 32 Abhiltungen im Text.) Über die Anatomie und die Blütenentwieklung der Familie der Betulaceen, welche durch die überraschenden Resultate Nawaschins bei dem Studium über die Befruchtung und den Weg (des Pollen- schlauches ganz besonders interessant wurde, besitzen wir außer einer Reihe schätzbarer Beiträge vor allem die Untersuchungen von Schacht!), Nawaschin?) und Boubier?). In allen vorhandenen Arbeiten ist Alnus alnobetua (Ehrh.), Hartig (Alnus viridis D. C.) meist nur flüchtig erwähnt. Der Zwerk der vorliegenden Arbeit ist es, die Ergebnisse der genauen Unter- suchung zu bringen und im Anschlusse daran eine vergleichende Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte von Betula und Alnus alnobetula, welch letztere ein Übergangsglieil zwischen den beiden Gattungen biklet, aufzustellen. Die Anregung zu diesen Untersuchungen empfing ich von meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Goebel, unter dessen Leitung die Arbeit im pflanzenphysiologischen Institute in München ausgeführt wurde. Für seine mir in liebenswürdigster Weise zuteil gewordene Unterstützung spreche ich meinen herzlichsten Dank aus. Seit 1695, als Leuwenboekt) die getüpfelten Wände der Gefäße beschreibt, ist die Familie der Betulaceen Gegenstand der anatomischen 1) Schacht, Beiträge zur Anatomie und Physiologie (1851, par. 43-50. 2) 8. Nawaschin, Zur Embryologie der Birke. Vorlänfige Mitteilung im Bull. Acad. St. Petersbourg, XIIE (1999. — Kurzer Bericht meiner fortgesetzten Studien über die Embryologie der Betulineen. Berichte der Deutschen botanische Gesellschaft, XII (1894), pag. 163—169. — Über die gemeine Birke und die mor- phologische Deutung der Chalazogamie. Mem. acad. St. Petershourg, VII Ser. XLII (1894), Nr. 12. — Zur Entwicklungsgeschichte der Chalazogamen Corylns avcllana L. Bull. acad. St. Petersbourg, X (1899). — Über die Befruchtungsart bei der Erle. Sitzung der bot. Sekt. der Naturforschergesellsch. in St. Petersburg. Protokoll der Sitzung vom 15. Sept. 1893. — Die Entwicklung der Samenknospe und über den Weg des Pollenschlauchs bei Alnus viridis. Ref. Bot. Zentralblatt (1899), pag. 77. 3) Boubier, Anat. syst. des Betulacees-Corylacees. Malpighia (1896), pag. 349—436. 4) Leuwenbock, Arcana naturae deteetae. Delphis Batavorum (1695). 38 . Josef Wolpert, Untersuchung. Im ersten Teile der Arbeit möchte ich die anatomischen Verhältnisse zwischen Alnus alnobetula und Betula beschreiben. Bei unseren einheimischen Birken sind alle Sprosse mit spiralig gestellten Blättern besetzt!), nach !/, und nicht selten nach 3/,%), bei Betula lenta und nigra dagegen nur der Hauptsproß. Die Seitensprosse sind zweizeilig beblättert, ebenso verhält sich Alnus viridis>). Was die anatomischen Verhältnisse anbelangt, so herrschen zwischen den beiden Gattungen: Betula und Alnus keine besonders tiefgreifende Unterschiede. In nachfolgender Tabelle seien diejenigen Eigenschaften angeführt, welche bei der Trennung der beiten Gattungen in Betracht kommen. Die meisten Betula-Arten be- sitzen verschleimte Epidermiszellen. Betula besitzt zweierlei Haare: außer den einzelligen Haaren noch mehrzellige Drüsenlaare. Das Mesophyligewebe gliedert sich deutlich in Palissaden- und Schwainmparenchym. Die Gefäßbündelanlage in dem Blattstiel aller Betula-Arten bildet immer einen nach oben offenen Bogen mit mehr oder weniger divergierenden Ästen. Der Kork der Birke besteht aus abwechselnden Schichten derb- wandiger plattenförmiger und dünn- wandiger nicht so flacher Zellen, welehe Betulin enthalten. Alle Betula-Arten besitzen vier- reihige Markstrahlen. Der Hof der Gefäßtüpfel von Betula beträgt 0,0017 mm im Durchmesser. Die Forn des Markes bei Detula ist stark flach, zwei- bis viereckig. 1) Döll, Flora von Baden. Bei Alnus finden wir gleichsam zum Ersatze eine Hypodermschicht. Die meisten Almus-Arten {mit Ausnahme von Alnus Brembana und cortifolia) dagegen dreierlei. Bei Alnus ist kein deutlicher Unterschied vorhanden. Bei den Alnus-Arten kommen durchwegs geschlossene Bündel vor, nur «das von Alnus Brembana gleicht dem Betula-Typus. Der Kork von Alnus ist fast ausschließlich aus plattenförmigen, bald derb-, bald dünnwandigen Zellen aufgebaut. Die Markstrahlen von Alnus sind ein-, höchstens zweireihig. Der Hof der Alnus-Arten be- trägt 0,003—0,004 mm. Bei den Alnus-Arten deutlich dreieckig. 2} Wredler, Berner Mitteilungen (1870), pag. 248. 33 Goebel, Organographie der Pflanzen, pag. 82. Vergleichende Anatom. u. Entwicklungsgesch. von Alnus alnobetula n. Betula. 34 Die Epidermis des Blattes von Alnus alnobetula ist wie bei De- tula von polygonalen Zellen gebildet, welehe in Form und Größe vari- ieren. Im (iegensatz zu Betula ist dieselbe von einer ziemlich starken Cutieula überzogen, was wahrscheinlich dureh die Standortsverhältnisse bedingt ist. Wie bei der Gattung Betula stellt Boubier bei Alnus alnobetula verschleimte Epidermiszellen fest. Boubier!) schreibt. dar- über: „Wenn ınan die Epidermis einer Betula (und Alnus viridis) auf trockenem Materiale prüft, indem man zuerst kocht, dann mit Eau de Javelle entfärbt, mit Genfer Reagenz?) behandelt und in Glyzeringela- tine überträgt, findet man in jeder Zelle eine strahlenbrechende Linie, welche die Gestalt einer sehr dünnen Wand besitzt, wodurch die Epi- dermiszellen in zwei übereinanderliegende Zellen geteilt erscheinen usw.“ Radikofer®) hat in seiner Monographie der Sapindaceen bei der Gattung Serjania einen ähnlichen Schleim entdeckt. Er hat solchen Schleim in einer Anzahl von Familien angetroffen, im Gegensatz zu Boubier nicht bei Betula fruticosa. Auch ich konnte Boubier’s Angabe bei der von mir untersuchten Alnus alnobetula weder nach seiner Vorschrift noch mit auderen Reagentien, wie z. B. Gummigutti und Tusche, bestätigen. Es dürfte dies vielleicht mit den Standorts- verhältnissen in Zusammenhang stehen. Die Epidermis von Alrus alnobetula hat wie jene von Betula zwei Arten von Haaren, während die übrigen Alnus-Arten, mit wenigen Aus- nahmen (Alnus Brembana und cordifolia), dreierlei Haare besitzen. Außer den einfachen einzelligen Haaren, welche sich namentlich auf der Epider- mis der Blattnerven befinden, besitzt Alnus alnobetula, wie die ganze Familie der Betulaceen, noch mehrzellige Drüsenhaare, welche namentlich in der Knospenlage in sehr großer Menge vorhanden sind, im Laufe der Entwicklung jedoch allmählich verschwinden order doch ihre Funk- tion eingestellt haben. Diese Drüsenhaare entstehen, wie Boubier genau beschreibt, aus einer einzigen Epidermiszelle, welche die be- nachbarten ein wenig überragt, sich bald vergrößert, «lurch eine Längsscheidewand in zwei Schwesterzellen teilt, in welch jeder eine neue Wan auftritt. Diese ist schief und zerschneidet die Zelle keil- förmig. Durch wiederholte Längsteilungen und Querteilung entsteht ein körbchenartiges sezernierendes Gebilde. Die Absonderung, welche eine harzige Substanz ist, häuft sich zwischen Cuticula und Zellwand 2) Genfer Reagenz. Sol. lögerement ammoniacale de congo et de chrysoidine. 3) RadIkofer, Monographie der Sapindaceen-Gattung Serjania. München 1875, pag. 09--105. +40 Joxef Wolpert, ler Drüsenschuppe an, sprengt ılann die Cuticula, überzieht die anliegen- den Zellen und gewährt. dem jungen Blatte Schutz gegen Austrocknung. Das Mesophyll hesteht deutlich aus zwei Teilen, wir können bei Alnus alnobetula im Gegensatz zu anderen Alnus-Arten deutlich Pallisaden- und Schwammparenchym unterscheiden, sie sind gewöhnlich von gleicher Stärke. Die Blattnerven. Ein Querschnitt durch den Hauptnerv zeigt, wie bei Betula, auf der unteren Seite eine blasenförmige Hervorragung, auf der oberen eine Einstülpung. Die Blattform ist bei «len meisten Spezies von der der Birke ver- schieden, nur an einer Stelle (auf der „Hochalm* in Karwendel) konnte ich mehrere Sträucher von Alnus alnobetula mit birkenälnlichen Blättern finden. Bei allen Betula-Arten bildet (lie Gefäßbtindelanlage eineu nach oben offenen Bogen mit mehr oder weniger divergierenden Ästen, während dieselbe bei den Alnus-Arten geschlossen ist, doch ist auch hier durch Alnus Brembana, eine tessinische Art von Alnus viridis, ein Übergang geschaffen !), Während der Kork der Birke aus abwechselnden Schichten derb- wandiger, plattenförmiger und dünnwandiger nicht so flacher Zellen, die wit weißen Körnehen von Betulin erfüllt sind, zusammengesetzt ist, ist der von Alnus alnobetula fast ausschließlich aus plattenförmigen, bald derb-, bald dünnwandigen Zellen aufgebaut. Setzt man einem Querschnitte durch den Kork. von Alnus alnobetula Salzsäure zu, so erhält man innerhalb der Zellen eine biutrote Färbung, dieselbe Reaktion tritt ein, wenn man das Präparat mit Yanillin, Schwefelsäure und Alkohol behandelt. Ich schließe deshalb auf die Anwesenheit von Pilorogluzin, welches neben Gallussäure durch Spaltung aus Gerb- stoffen auftritt. Das gleiche hat Weinzierl°) im Jahre 1876 für Betula alba nachgewiesen. Der anatomische Bau der Rinde ist bei len Gattungen Betula und Alnus übereinstimmend, doch bildet der Bau der Markstrahlen ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Sie sind, wie bei allen Alnus-Arten, auch bei Alnus alnobetula ein- höchstens zweireihig. während sie bei Betula stets drei- bis vierreihig sind. Auch das Holz der beiden Gattungen zeigt auf Längs- und Quer- schnitt übereinstimmende Struktur. Die Gefäße sind meist Netzgefäße. I} Boubier l.c. . 2} Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Lief., pag. 7. 3) Weinzier!, Über die Verbreitung des Phloroglueins im Pfanzenreiche. Österreieh. bet. Zeitschr. 1576, Nr. 9. Vergleichende Anatom. u. Entwicklungsgesch. von Alnus alnubetula a. Belula. 41 Konstant ist die meist stark geneigte Scheidewand und die leiterförmige Perforation, welche bei Alnus alnobetula an den Enden in netzförmige Durchbrechung der Gefäßwände übergeht. Wo sich die tiefäße be- rühren besitzen sie gehöfte Tüpfe. Nach Solereder') dient beim Holze der beiden Gattungen als Unterscheilungsmerkmäl nur die Eigen- schaft, daß bei allen Arten von Betula der Iof der Gefäßtüpfel weit kleiner ist (0,0017 mım) als bei den Arten von Alnus, bei welchen derselbe 0,003—0,004 mm beträgt. Bei Alnus alnobetula beträgt der Durchmesser wie bei Betula 0,0017 mm. In der Form («les Markes unterscheidet sich Alnus alnobetula von allen anderen Alnus-Arten, welche ein dreieckiges Mark besitzen, und gleicht Betula?). Blütenverhältnisse im allgemeinen. Die bei der ganzen Familie eingeschlechtlichen Blüten sind auf eingeschlechtliche Kätzchen verteilt (d. h. einfach ährige oler aus ährig geordneten Dichasien aufgebaute Blütenstände). Wie bei Betula so stehen auch bei Alnus alnobetula die männ- lichen Kätzchen büschelig gestaucht am Gipfel vorjähriger Zweige, wo sie schon inn Mai des vorhergehenden Jahres, also zu der Zeit, wo die männlichen Kätzchen für das laufende Entwieklungsjahr noch nicht. ge- stäubt, angelegt werden. Eines davon ist terminal, die anderen ent- springen in den Achseln von zur Blütezeit abgefallenen Blättern. Die weiblichen Blütenkätzchen von Alnus alnobetula befinden sich weiter abwärts wie bei Betula an armblättrigen Kurzzweigen, meist zu zweit bis viert gestaucht, dagegen die von Betula einzeln am Ende heuriger Triebe, sie werden gleichfalls im Vorjahr angelegt. verharren aber im Gegensatz zu allen anderen Alnus-Arten, deren weibliche Blüten wie die männlichen nackt überwintern, wie bei Betula den Winter durch in ein- bis dreiblättrigen Knospen und kommen erst mit dem neuen Laub (Mai bis Juni) zum Vorschein. Der weibliche Blüten- stand von Alnus alnobetula ist von dem von Betula nur dadurch un- wesentlich verschieden, daß außer dem Gipfelkätzchen auch noch acksel- ständige vorhanden sind, während Betula nur ersteres besitzt?). Bau der männlichen Blüten. An der Achse der männlichen Blütenkätzchen sind die Schuppen bei Alnus und Betula nach 5/13 oder 8/21 geordnet. Das Deckblatt 1) Solereder, Über den systematischen Wert der Holzstruktur bei den Dicotyledonen. München 1885, pag. 250. 2) Schröter, Pfanzenieben der Alpen, 1. Lief. 3) Wydler, Berner Mitteilungen 1870, pag. 248. 42 Josef Wolpert, trägt auf der Innenseite zwei Vorblätter, die zu Deckblättern der Seitenblüten werden. Letztere haben im Gegensatz zu den anderen Alnus-Arten keine entwickelten Vorblätter mehr. Sie sind an der Deeksehuppe hinaufgewachsen‘). Innerhalb der Achseln der Deck- schuppen befinden sich normalerweise drei Blüten. Wie Dölld für Alnus gezeigt hat, „ist eine solche Gruppe als dreiblütiges Dichasium anzusehen, «labei repräsentiert die Schuppe 5 das Deckblatt der Mittel- blüte, die Seitenschüppchen a und $ deren Vorblätter, welche zugleich als Deckblätter ler Sekundanblüten fungieren, an diesen sind ebenfalls je zwei Vorblätter «, %’ und «a,, 3, anzunehmen, von denen aber nur die 8-Vorblätter ent- wickelt sind usw.“ (vgl. Fig. 1). Doch zeigt die Entwicklungsgeschichte, daß sowohl der Fall eintreten kaun, daß die Mittelblüte wohl ange- 2 SE LEE ON 2. legt, später jedoch fehl nz 4 « nr schlägt, als auch der, d daß dieMittelblüte über- 4A Fig. 1. B . FR . , nme haupt nicht zur Anlage + Alnus ghutinosa. Diagramm: 1. des männlichen, . 2. des weiblichen Dichasiuns. kommt (Tafel I Fig.5 u. B Betula alba. Diagramm: 1. des männlichen, 6). Und wäre dies ein 2. des weiblichen Dichasiums. Pi (Nach Eichler.) Analogon zu den weib- lichen Alnus-Blüten. Die Blüten von Alnus haben in der Regel ein vierteiliges Perigon und vier den Perigonblättern superponierte Staubblätter, während bei Betula und Alnus alnobetula häufig die seitlichen Perigonblätter oder alle bis auf das vordere fehlen®. Die hinteren verkümmern also oft oder werden durch den Druck der Blütenachse oder der Seitenblüten unterdrückt, was auch Hartig®) beobachtete, indem er schreibt: „Jede Schuppe trägt 12 Staubgefäße. Bei Alnus ovata (i. e. Alnus viridis), nitida und nepalensis sind die Staubfäden nicht geordnet, sämtlich von einer gemeinschaftlichen acht- bis zwölfblättrigen Blumenkrone umstellt. 1) Eichler, Blütendiagramme, 2. Teil, pag. 11 ff. 2) Döll, Zur Erklärung der Iaubknospen der Amentaceen, pag. 10. M. 3) Engler u. Prantl, Natürliche Pfanzenfamilien, III, pag. 1. 4) Hartig, Naturgeschichte der forstlichen Kulturpflanzen Deutschlands 1851, pag. 333. Vergleichende Anatom. u. Entwicklangsgesch. von Alpıs alıwbelula n. Betula. 48 Auf diesen Unterschied gründet Spach die Gattung Alnus einerseits, die Gattungen Clethopsis und Alnaster andererseits.“ Wie aus Taf. I Figuren 10—15 ersichtlich, selwankt bei Alnıs alnobetula die Zahl der angelegten Staub- und Perigonblätter der Mittel- blüte zwischen drei und sechs, während «lie «er Seitenblüten oft. auf drei reduziert is. Nach Wydler!) und DölNl>) ist die Mittelblüte zu- weilen auch fünf- und sechszählig, die seitlichen kommen dann und wann auch dreizählig vor. Während vom Androceum bei Alnus alnobetula wie bei den an- deren Alnus-Arten meist vier Stanbgefäße entwickelt sind, finden wir in der männlichen Blüte von Betula durchschnittlich nur zwei ausge- bildet, welche hier allerdings gleichsam zum Ersatz bis beinahe zum Grunde in zwei monothezische ITälften gespalten sind, so daß ınan beim ersten Ansehen vier Staub- blätter in jeder Blüte vor sich zu N EN A haben glaubt®). Alnus alnobetula ;; E ij / dl dagegen besitzt ungespaltene Fila ; I) i mente (Fig. 2). Die Antheren sind , . ; IR Ri intrors und entlassen durch Längs- Va, \ 2 spaltung die Pollenkörner, welche ö \ hier, wie bei allen Windblütlern, in großer Menge gebildet werden. Im Gegensatz zu Betula, bei ıeren Fig. 2. Pollenkörnern drei Poren konstant Anthere von Alnus alnobetula. sind, besitzen die von Alnus alnobetula, wie «die meisten der Gattung Alnus, fünf Poren. Hartig‘) hatte diese Eigenschaft als einen (der wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Gattungen angeführt, nach Schacht5) schwankt jedoch «die Zahl der Poren an den Pollen- körnern von Alnus zwischen drei und fünf. Bei den Pollenkörnern sänitlicher von mir untersuchten Alnus- und Betula-Arten war der Zahlenunterschied konstant. Nach (der Bestäubung fallen die männ- lichen Blütenkätzchen ab. Entwicklang der männlichen Blüte. Will man die Entwicklung der männlichen Blüte von Alnus alno- betula von ihrem ersten Anfang an studieren, so ist man überrascht, 1) Wydler, Flora 1851, pag. 440 und Berner Mitteilungen 1870, pag. 248. 23 Dölll.c. 3 Eichler I. c. 4) Hartig ]. e. 5) Schacht I. c. 4 Josef Wolpert, wie weit man mit «dem Untersuchungsmaterial zurückgehen muß. In den Literaturangaben findet man die Anlage meist auf den Spätsommer des vorhergehenden Jahres verschoben, während man die allerersten Stadien schon im Mai suchen muß, wo sie in Knospen eingeschlossen sind. Werden die Schuppen wegpräpariert, so sieht man bereits die kleinen Blütenkätzehen. Auf Quersehnitten kann man dann leicht die einzelnen Entwicklungsstadien finden. Das Gipfelkätzchen ist den late- ralen in der Entwicklung etwas voraus, während die einzelnen Blüten eines Kätzchens auf gleicher Entwicklungsstufe stehen. Der zunächst abgerundete Höcker, der in der Achselhöhle des Deckblattes sitzt, Nacht sich von außen nach innen ab (Taf. I Fig. 1, 2). Man sieht an ihm einige Tage später drei kleine Hervorwölbungen, die Vegetationspunkte der Einzelblüten des Dichasiums, auftreten (Taf. I Fig. 3). Manchmal kann man beobachten, daß sich nır zwei Höcker abgliedern (Taf. 1 Fig. 5), oft. verkümmert aber auch die bereits angelegte Mittelblüte (Taf. I Fig. 6). Es entsteht dann ein zweiblütiges Dichasium, das gleiche Bild, wie wir cs für gewöhnlich an den weilliehen Alnus-Blüten haben. Die beiden Seitenblüten nehmen nach oben etwas an Umfang zu, wie z. B. bei den Papilionaceen. Man kann bei vorgeschritteneren Blüten die Entstehung der Vorschuppen sehen, welche an den beiden Seiten- blüten auftreten und schon in ganz jungem Zustand mit harzabson- deruden Drüsen ausgerüstet sind (Taf. I Fig. 9. Noch etwas später findet man die drei Höcker für sich abgegliedert und so die drei Einzelblüten angelegt. An ihnen entstehen dann die Perigon- und Staubblätter als kleine lWöcker und zwar meist in Vierzahl, wobei eine Förderung der Außenseite eintritt, die sich auch noch später ausspricht. Die Staubblätter stehen stets vor den Perigonblättern, sie sind je in einem Kreise angelegt, nur bei Ausbildung von fünf oder sechs Staub- und Perigonblättern macht es den Eindruck von zwei Doppeleykeln und zwar ist der äußere dem inneren etwas in der Entwicklung voraus, indem man bei den äußeren Staubblattanlagen eine Einsehnürung bemerkt, während die inneren noch vollständig ab- gerundete Höcker darstellen. Die Zahl der Staub- und Perigonblätter schwankt schon in der Entwicklung, indem wir drei, vier, fünf oder sechs finden. In der Regel sind es soviel Staubblätter wie Perigon- blätter, «doch findet man hier und da die letzteren überwiegend, daß man also, wie z. B. Taf. I Fig. 13 zeigt, fünf Perigon- und vier Staub- hlätter angelegt findet. Vergleichende Anatom. u. Entwieklungsgesch. von Alnus alnobetula u. Betula. 45 Bau der weiblichen Blüte. Der weibliche Blütenstand ist bei beiden Gattungen ziemlich gleich. Gewöhnlich trägt bei Alnus alnobetula, wie bei allen anderen Alnus- Arten jedes Deckblatt des weiblichen Kätzchens ein durch Unterdrückung der Mittelblüte zweiblütiges Dichasium, doch sind dreiblütige Dichasien nicht selten. A. Schulz!) berichtet von Alnus glutinosa und incana: ne... Bei der Mehrzahl der Bäume ist in einigen — nie fand ich sie in allen — Dichasien einzelner, bei manchen sogar zahlreicher, vielleicht aller Kätzchen eine Mittelblüte in einem mehr oder weniger entwickelten Zustande vorhanden. Sie befindet sich nicht, wie bei Be- tula, hinter den beiden Seitenblüten, sondern zwischen «denselben. tie- wöhnlich besteht sie nur aus einem Fruchtblatt mit einem Griffel, welcher aber meist ebenso kräftig entwickelt ist, wie jeder der beiden in der normalen Seitenblüte. Selten sind beide Griffel ausgebildet und bilden diese Mittelblüten zwar meist kleine aber dem Aussehen nach vollständig keimfähige Früchte aus.“ Wie die Entwicklung zeigt wird auch bei Alnus alnobetula eine Mittelblüte öfters angelegt (Taf. I Fig. 20). Bei Betula ist «die Ausbildung der Mittelblüte regelmäßig, also in beiden Geschlechtern ein «dreiblütiges Dichasium vorhanden. Allerdings nicht ganz konstant, denn mitunter schlägt im weiblichen Dichasium die Mittelblüte fehl und findet sich dann das Verhalten von Alnus’). Es darf also streng genommen auch der Aufbau «des weih- lichen Blütenstandes nicht als konstanter Unterschied gelten. Die weiblichen Blüten stimmen, abgesehen von der Zahl ıler Vor- blätter, mit den männlichen im wesentlichen überein. Sie tragen auf der Innenseite vier Vorblätter, die zu Deckblättern der Sekundanblüten werden. Zur Blütezeit sind die Vorschüppehen noch klein und grund- ständig, in der Reife wachsen sie an «den Deekblatte empor und ver- holzen mit ihm, wodurch der Fruchtstand zapfenartig wird. Die Blatt- ränder der Kätzchenschuppen sind mit großen, reichlich Harz abson- dernden Drüsen besetzt (Taf. I Fig. 27), wodurch der Zapfen äußer- lich und innerlich verklebt bleibt. Die Schuppen bleiben mit «der Spindel, wie bei den anderen Alnus-Arten, in Verbindung. Es liegt hierin ein durchgreifender Unterschied der Erlen und Birken, indem bei letzteren die Schuppe bei der Samenreife sich von der Spindel trennt und mit dem reifen Samen gleichzeitig abfällt. Doch gibt es 1) Schulz, Beiträge zur Morphologie und Biologie der Blüten. Berichte der Deutschen bot. Gesellsch., Bd. X- 2) Eichler’s Blütendiagramme. 46 Josef Wolpert, auch eine Birke mit persistenten Schuppen: die Betula lenta Willd.!). Die Blüten bestehen aus einem nackten aus zwei Fruchtblättern zu- sammengesetzten Fruchtknoten mit zwei Narben, welche bei Alnus alnobetula zur Stäubezeit intensiv rot gefärbt sind. Obwohl die Be- stäubung durch den Wind erfolgt, also (ie Färbung als Lockmittel nicht in Betracht kommt, Nach Goebel ist es schr wahrscheinlich, daß die bei Hervorbringung (er Fortpflanzungsorgane vielfach auftretende charak- teristische Färbung mit bestinnmten Stoffwechselvorgängen in Verbin- dung steht. An einigen Präparaten waren an dem Fruchtknoten hörnchenartige Fortsätze sichtbar, welehe man für ein unterdrücktes Perigon halten kann (Fig. 9). Die Wände des Fruchtknotens verdicken sich und erhärten. Es entsteht em Nüßchen mit großen, wie bei Betula und im Gegensatz zu anderen Alnus-Arten, { N durchsichtigen Flügeln), welche zur Verbrei- | UN tung der Frucht vorteilhaft sind. Dieselben Blüte entwickelt und fallen in die gleiche Richtung wie die Fächer. Sie bestehen aus r \ ..\ wei Lamellen und bilden eine direkte Fort- " setzung der Epidermis des Fruchtknotens. Der- artige Einrichtungen dienen nach Goebel’s‘) Ansicht zunächst als Transpirationsapparate für die reifende Frucht, besitzen sie ja na- mentlich an «dem den Narben, also dem von Fig. 3. Weibliche Blüte den Schuppen nicht bedeckten Teile eine große N Sera Menge Spaltöffnungen. Alnus alnobetula ist proterogyn und be- trägt der Zeitunterscheid ca. 4—5 Tage?) In der Mehrzahl der Blüten der Betulaceen ist weder im jugend- liehen noch im entwickelten Zustand der Überrest eines zweiten Ge- schlechtes zu entdecken. Nach Schulz“) besitzt jeiloch fast jede der Pflanzen der Betulaceen einzelne oder zahlreiche weibliche Kätzchen, in welchen sich namentlich im basalen Teile hermaphroclitische Blüten \ \ werden schon an ddem Fruchtknoten der jungen 1) Eichler I. e. 2) Goebel, Organographie (er Pflanzen. 3) Schröter, PHanzenleben der Alpen, 1. Lief, 1) Goebel l. e., pag. 746. 5) Kerner, Pflanzenleben, Bd. TI, pag. 311. 6) Schulz, Beiträge zur Morphologie und Biologie der Blüten. Berichte der Deutschen bot. Gesellsch., Bu. X, pag. 304. Vergleichende Anatom. u. Entwicklungsgesch. von Alnus alnobetula u. Betula, 47 finden. Auch Bail!) beobachtete solche. Mir sind bei der Unter- suchung der Blüten von Alnus alnobetula nie solehe begegnet. Die Frucht. Die Frucht der Betulaceen ist ein Nüßchen, gebildet aus dem aus zwei Fruchtblättern bestehenden Fruchtknoten, welcher an beiden Kanten Flügel besitzt, und zwar sind dieselben, wie bereits oben erwähnt, bei Alnus alnobetula und Betula groß und dünn. Die reife Frucht. fällt aus dem sich öffnenden verholzten Deekblatte heraus, während bei Betula sich die Deckschuppen mit dem Samen loslösen. Der Samen besteht fast nur aus dem Embryo, dessen Kotyledonen reichlich fettes ÖL enthalten. Entwicklung der weiblichen Blüte und der Samenanlagen. Die erste Entwicklung der weiblichen Blüte gleicht vollständig der der männlichen. Hier ist die Präparation etwas schwieriger, da sich die einzelnen Stadien nicht leicht auf Quersehnitten studieren lassen, sondern die einzelnen Blütenanlagen frei präpariert werden müssen. Wie bei den männlichen Blüten findet man als erstes Stadium an der Deckschuppe ein gleichmäßig abgerundetes Gewehepolster (Taf. T Fig. 16), an dem sich meist zwei Höcker abgliedern (Taf. I Fig. 17), „welche zu Einzelblüten der weiblichen Dichasien werden, doch findet man, wie Taf. I Fig. 20 zeigt, auch drei angelegt, wie es normal in dem Dichasium von Betula aufzutreten pflegt. Die beiden Vorblätter sind hier schon als kleine Wulste vorhanden. Die Höcker nehmen an Größe zu und lassen dann an ihren leicht eingesenkten Oberflächen wieiler zwei Hervorwölbungen sehen, die Anlagen der beiden Frucht- blätter. Etwas später stellen sie stumpfe Erhebungen dar, welche ein- ander gegenüber stehen und das apikale Grübchen hegrenzen (Tal. I Fig. 21 u. 22). Mit diesem Zustand haben die weiblichen Blüten den Zustand erreicht, in welchem sie in die Ruheperiode eintreten. Der Fruehtknoten ist noch unentwickelt und sind weder Fruchtknotenhöhle noch Samenanlagen vorhanden. Wenn im Frühling die ersten männlichen Blüten zu stäuben beginnen, dann regt es sich in den noch in den Knospen einge- schlossenen weiblichen Blüten. Die Knospen brechen auf und ent- lassen ihre Schützlinge. Zu gleicher Zeit entfalten sich einige Laub- blätter. Die Narben treten als dünne rote Fäden zwischen den grünen Deckschuppen hervor. Die weitere Entwicklung beruht nun darauf, 1} Bail, Botau. Ztig. 1870, Sp. 400. 4R Jusef Wolpert, daß der untere Teil des Fruchtknotens sein begonnenes Wachstum fortsetzt, während Narben und Griffel ihre Entwicklung abgeschlossen haben. Untersucht man einen jungen Fruchtknoten, an dem die Narben aus den Deckschuppen hervorragen, so findet man bereits die Samen- anlagen als abgerundete Höcker an einer wanelständigen Plazenta an- gelegt. Meine Befunde in bezug auf «ie Plazentation stimmen im großen und ganzen mit denen Schacht's!) überein. Die Plazentation bei den Betulaceen ist eine wandständige, während Nawaschin®) von einer Zentralplazenta spricht. In nachfolgenden Zeilen möchte ich die Beweise für meine Annahme erbringen. Ursprünglich werden in dem Fruchtknoten der Betulineen, wie bei Corylus3). meiner Afeinıng nach, auf jeden Falı vier Samenkuospen angelegt, also an jeier wandständigen Plazenta zwei, welche zwei und zwei einander gegenüber stehen und werden erst durch nachträgliche Verdrängung eine oder zwei Samenanlagen unterdrückt. Die Angabe Schacht'st), welcher einen fruchtbaren und einen unfruchtbaren Samen- träger unterscheidet, ist hierin allerdings unrichtig, denn bei genauer Untersuchung zeigt sich, daß beide Plazenten normalerweise Samen- anlagen hervorbringen. Selten entwickeln sich alle vier Samenanlagen gleichmäßig, doch läßt es sich in einer größeren Anzahl von Blüten beobachten. Wenn die Unterdrückung bezw. Niehtanlage, was vielleicht aus «dem vorigen durch eine Reihe von Entwicklungsperioden eine erb- liehe Eigenschaft geworden ist, zwei Samenanlagen berührt, so sind es bald zwei der gleichen Plazenta oder häufiger eine von jeder Plazenta, «die rechtsseitige von der einen und die linksseitige von der anderen oder umgekehrt. Daraus folgt, daß die Spalte zwischen den Samen- anlagen. welche man auf dem Querschnitte findet, anstatt geradlinig zu bleiben, in zwei kleinen Bögen erscheint, die Ende gegen Ende gesetzt sind oder auch in der Forn eines S. Wenn die beiden Plazenten sieh in der Mitte des Fruchtknotens vereinigt haben, stellt dieser zwei Fächer dar und die Samenanlagen, die sie einschließen, gehören ent- weder derselben oder zwei verschiedenen Plazenten an (Taf. I Fig. 24a—d). Die Untersuchung der Plazentation an freipräparierten Samen- I} Schacht 1. e., pag. 33 ff. 2) Nawaschin, 1. Über die gemeine Birke I. c. 2. Kurzer Bericht über die Studien der Embryologie der Betulineen. Berichte der Deutschen bot. Gesell- schaft, Bd. XII, pag. 168. 3) Baillon, TraitE du developpement de la fleur et du fruit. N Schacht Le, pa. 1. Vergleichende Anatom. u. Entwieklungsgesch. von Alnus alnobetula u. Betula. 44 anlagen hat Nawaschin auf jeden Fall irregeleitet. wenn er pag. 101) schreibt: „Die anatomische Untersuchung der abnorm ausgebildeten Fruchtknoten zeigte mir weiter, daß die Fähigkeit der Erzeugung von Samenknospen dem Schacht’schen unfruchtbaren Samenträger über- haupt abgeht, denn derselbe trägt keine Samenknospe, auch da wo die letzteren in dem Fruchtknoten in Mehrzahl erzeugt werden usw.“; ich verweise zur Wiederlegung nur auf die Taf. I Fig. 24@—d). Aus den Figuren, welche mit denen Nawaschin's vollständig übereinstimmen, läßt sich die wandständige Plazentation und die spätere Verwachsung der beiden Samenträger deut- lich zeigen. Es dürfte, wenn die Samenknospen an einer Zentralplazenta entständen, an den Zeiehnungen (Taf. I Fig. 29-31), welche nach freipräparierten Samenan- lagen entworfen, «die Linie x nicht vorhanden sein. Dann schreibt Nawaschin: „Die zentrale Plazenta nimmt ihrer ganzen Länge nach eine zen- trale Stellung ein und ent- hält zwei nach der Mediane orientierte Gefäßbündel.“ Es zeigt gerade die Figur, die Nawaschin zur Erklärung hierfür gibt, daß die linke Samenknospe der oberen, die rechte der unteren Plazenta cn „Fe angehört. Nach dieser An- Eigentinnliche Stellung der Samenanlagen. ordnung der Plazenten und Samenanlagen brauchen wir keine Erklärung „weshalb die Sanıenanlagen wirklich zum Teil der äußeren Wanıl des Fruchtknotens angewachsen sind" und „weshalb die Samenknospen la- terale Stellung einnehmen“, sondern (lies erklärt sieh von selbst und stimmt die Lage der Gefäßbündel mit der wandständigen Plazentation vollständig überein. „Der wulstfürmige Fartsatz des Füllgewebes, welcher auf der inneren Wand des Fruchtknotens entsteht und die Furche zwischen den beiden Brüekchen ausfüllt”, ist wirklich ein zu- 1 Nawaschin, Über die gemeine Birke. page 10 m. IE. Flora, Bel. fo. [ 50 Josef Wolpert, fällig unfruchtbarer Samenträger. Sehr schön geht dies aus der Zeich- nung Nawaschin’s Nr. 69 hervor. Noch deutlicher tritt uns die Verwachsung der beiden wandstän- digen Plazenten bei der Birke entgegen, „die wulstförmig sich erhebende äußere Wand des Griffelkanals. die in ihrem unteren Teile den „frucht- baren” Samenträger Schacht's darstellt und welche bis auf die Plazenta ß N y = N / \ ; \ \ | “" \ No \ \ f \ | Fig. 7. Fig. 8. Fig. 5—8. Aufeinanderfolgende Entwicklungsstadien der Samenanlagen. 5A Samenanlagen; N Narben. hinabreicht und mit derseiben verschmilzt“. Durch Verschmelzung der beiilen Samenträger resultieren die „Brückchen“. In dem Fruehtknoten, den Fig. 4 darstellt, ist die dritte Samen- anlage höher inseriert als die beiden anderen, während sonst alle in gleicher Höhe stehen. Vergleiebende Anatonı. u. Entwieklungsgesch. von Aluus alnobetula u. Betula. 5] Was nun die aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien der Samen- anlagen betrifft, so sind dieselben zunächst halbkugelförmig, zur Achse transversal gestellt, dann werden sie konisch und steigen schräg ab- wärts, dann eiförmig und nehmen nun erst ihre (definitive anatrope Lage ein (Fig. 5-8). Die massigen Samenanlagen werden von einem Integument umgeben, (as eine allerdings funktionslose Mi- kropyle umschließt. Haben die Samenknospen diese Entwicklungsstufe erreicht, so beginnt im Nucellus die Anlage des Embryosacks. Der Nucellus, an welchem man an mit Eau de Javelle aufgehellten Präpa- raten deutlich einen peripherischen und einen inneren Teil unterscheiden kann, kann in seinen einzelnen Entwicklungsstalien in seinen Dimen- Fig. 9. Längsschnitt durch eine Samenanlage. N Nucellus; Z Embryosack; 77 Di- apparat; 4 Antipoden; 7 Pollenschlauch. 4 Fig. 10. Ausbildung von zwei Nuceili innerhalb eines Integuments. Fig. 9. N Nucellus; / Integument. sionen stark variieren. Der zentrale Teil ist nach unten in einen kurzen Fuß verschmälert, der bis an die Clialaza reicht und stimmt in seinem Aufbau vollständig mit dem von Betula überein!) (Fig. 9). Einen eigentümlichen Fall stellt Fig. 10 dar, es sind innerhall eines einzigen Integuments zwei Nucelli ausgebillet. 1) Nawaschin, Zur Embryobildung der Birke. Melanges biologiqnes. Bull. de Pacad. d. se. d. St. Petershourg, Tome XII. FE 52 Josef Wolpert, Entwicklung des Embryosackes. Die Entwieklung des Embryosackes von Alnns alnobetula erfolgt im wesentlichen genau wie die von Betula alla nach dem den meisten Angiospermen typischen Modus. Man könnte durch das Referat in dem „Botan. Zentralbl.“t) über Nawaschin's Vortrag, das ich hier wörtlich wiedergebe, leicht zu falscher Anschauung kommen. Es heißt dort: „Durch die Bildung der Samenknospe nähert sich Alnus viridis Corylus und Carpinus, weil auch hier sich zwei bis «drei Embryosäcke ent- wickeln usw.“ Wenn auch hier und da. mir ist es nur in zwei Prä- paraten begegnet, zwei Embryosäcke innerhalb einer Samenanlage zur Ausbildung gelangen, so ist doch die Anlage von nur einem Emhryo- sack als normal zu bezeiehnen, während Nawaschin die Anlage von Fig. 13. Fig. 14. Fig. 11-11. Aufeinanderfolgende Eutwicklungsstadien des Embryosacks. zwei bis drei Embryosäcken bei Alnus viridis als konstant angibt?), und ist das sporogene Gewebe, aus dem sich der Nucellus von Corylus reichlich zusammensetzt, bei Alnus alnobetula auf eine, hier und da auf zwei Zellen beschränkt. Die unter «der Epidermis des Nucellus gelegene Zelle, die Mutter- zelle des Embryosackes, welche sich durch besondere Größe auszeichnet, tı Botanisches Zentralbt,, Bd. LXXVII, pag. 106. Bericht über die Sitzungen der botanischen Sektion der Naturforscherversammlung in Kiew. >> 8. Nawaschin, Zur Entwieklungsgeschichte der Chalazogamen. Corylus avellana. Bulletin de Facad. imperiale des sciences de St. Petersbourg, Tome X, Nr. 4, Aprib IS. Vergleichende Anatom, u. Entwieklungsgeseh. von Alnııs alnobetula u. Betula. 53 und deren Zelikern bedeutende Dimensionen erreicht, zerfällt durch eine periklin gerichtete Wand in zwei Hälften (Fie. 11). Durch wieder- holte Teilung der unteren größeren Zelle entstehen aus der Embryosack- nuutterzelle vier Zellen (Fig. 12—14). Die unterste dieser Zellen fäugt sich zu strecken an und teilt sich der Zellkern, olıne (laß dabei eine weitere Zellteilung eintritt. Es lagern sich die beiden Kerne an die Enden des Embryosackes inner- halb einer Plasmaansammlung (Fig. 15). Auf dieses Stadium folgt eine Verdoppelung der Kerne (Fig. 16). Dann teilen sich die vier Kerne nochmals, so daß vier Kerne im oberen, vier im unteren Ende des Embryosackes zu liegen , Fe Hi FR = ; ; Fig. 15-17. Kernteilung im Embryo- kommen (Fig. 17). Mit «liesem = sack letzten Teilungsschritt ist eine P Pollenschlauch. Differenzierung von Zellen um je drei der Kerne in «en beiden Enden des Embryosackes verbunden (Fig. 18). Der wachsende Embryosack dringt mit seinem unteren zugespitzten Ende in das Nucellargewebe ein, die Zellen «des letzteren verdrängend. 7u gleicher Zeit werden 4 Juxef Wolpert, anch die seitlichen Zellen verdrängt. Eine Verdrängung der Schwester- zellen des Embryosackes in gleich hohem Maße war nie bemerkbar, daß also der Embryosack die Epidermiskappe erreicht hätte. Das obere Ende des Embryo- sackes füllen die beiden Synergiden aus, au dieselben anschließend ent- steht das etwas tiefer inserierte Ei, während der Schwesterkern des Ei- kernes als freier Embryosackkern in die Embryosackhöhlung zu liegen kommt. Das untere, in der Regel zugespitzte Ende wird von den drei Antipoden, welche in zwei Reihen (zwei in der oberen, eine in der un- teren) angeordnet sind, eingenommen, währen« der vierte Kern des unteren Teiles ebenfalls in das Innere des Embryosackes gewandert ist. Diese Fig. 18. Ausgebilleter Embryosack beiden Kerne sieht man in einem star- mit Pollenschlauch. ken Plasmastrang eingelagert (Fig. 18), wo sie dann nach vollständiger Ausbildung des Embryosackes ver- schmelzen. Der sekundäre Embryosackkern tritt dann in Teilung ein Fig. 19 u. 20. Ausbildung von zwei Embryosäcken innerhalb eines Nucellus. Fig. 20. und wird die Zahl der Kerne durch weitere Teilung vermehrt, welche strahlenförmig von Protoplasma umgeben sind und zur Bildung des Endosperms führen. Die Figuren 19 u. 20 zeigen die Entstehung zweier Embryosäcke in einem Nueellus und findet sich hier ein ähnlicher Fall, wie ihn Vergleichende Anatom. u. Entwicklungsgesch. von Alnus alnobetula u. Betul.. 55 Straßburger!) für Lamium maculatum beschreibt, daß nämlich zwei völlig gleiche subepidermoidale Zellen gleichberechtigt die Rolle der Embryosackmutterzelle übernehmen können. Diese Zellen gehen in oben beschriebener Weise die charakteristischen Teilungen ein. Bestäubung und Befruchtung. Wie Nawaschin bereits für Betula beschrieb, erfolgt auch bei Alnus alnobetula die Bestäubung noch lange bevor die Samenanlagen entwickelt sind, sie stellen zu dieser Zeit schwache Hervorwölbungen an der Plazenta ohne irgend welche Gliederung dar. Die Pollenkörner bleiben an den klebrigen papillen- artig ausgebildeten Epidermiszellen der Narbe hängen. Sie treiben Schläuche, welche oft erst nach vielen Windungen zwischen die Zellen der Epidermis eindringen und dann zwischen den lockeren langgestreckten Zellen der Narbe abwärts wachsen, um, wie ich aus der mir von Prof. Nawaschin gütigst überlassenen Skizze ersehen konnte, in das Gewebe des Frucht- knotens zu gelangen. Indem der Pollenschlauch weit von der Mikro- pyle entfernt hinabsteigt, dringt er in den Scheitel der Plazenten ein . . Fig. 21. Samenanlage mit Pollenschlauch. und erreicht von dort durch den 2y"piacenta; 28 Pollenschlauch; / Inte- Funieulus die Chalaza (Fig. 21 u. gument; .v Nucellus; Z Embryosack. Taf. I Fig. 25 und 26). Welche (Nach Nawaschin.) Wachstumsrichtung wohl auf der Unfähigkeit des Pollenschlauchs zum Wachstum durch Hohlräume liegt 2). Nachdem die Samenknospen einen gewissen Entwicklungszustand erreicht, ist der Pollenschlauch im Nucellus sichtbar. Von der Chalaza aus bahnt er sich seinen Weg, die Zellen des aufgelockerten Nucellar- gewehes auseinanderzwängend, bis fast an die Nucelluskappe, um «dann in scharfem Bogen an den Scheitel des Embryosackes zu gelangen, noch lange bevor der Embryosack seine volle Ausbildung erreicht, also der Eiapparat noch unentwickelt ist. Meist enthält zu dieser Zeit der 1} Straßburger, Die Angiospermen und (ymnospernien, Jena 1819, pag. 12. 2) Nawaschin, Über die gemeine Birke, pag. 37. pl. 6 Jusef Wolpert, junge Embryosack zwei oder vier Kerne (Fig. 14 u. 15). Nach Aus- bildung des Geschlechtsapparates entsendet der Pollenschlauch blasen- artige Ausstülpungen aus dem unregelmäßig erweiterten und aufge- triebenen Teile, weleher den Embryosack am Gipfel bedeckt (Taf. I Fig. 25). Während Nawaschin bei dem Wachstum des Pollenschlauches in der Birkenknospe eine vierwöchentliche Ruhezeit feststellen konnte), konnte ich dies bei Alnus alnobetula nicht finden. Bei meinem ersten Besuche des Schachengebietes bei Garmisch am 31. Mai hatten die männlichen Blüten noch nicht gestäubt und waren die weiblichen zum großen Teile noch in den Knospen eingeschlossen. Am 24. Juni waren die Pollenschläuche über dem Gipfel des Embryosackes angelangt, aın 29. Juni war Befruchtung eingetreten und bereits ganz junge Em- bryonen zu finden. Wahrscheinlich hängt (dies mit der überaus kurzen Sommerzeit, die in dem dortigen Gebiete herrscht, zusammen, denn es sind kaum vier Monate für die Entwicklung günstig und können, wie heuer, die mannshohen Sträucher bereits im August von Schnee voll- ständig bedeckt sein. Wir können also hier von einem „untätigen Ver- weilen“ des Pollenschlauches nicht sprechen 2). Nach meinen Präparaten, in denen ich den Pollenschlauch nur vom Funiculus bis zum Embryosack verfolgen konnte, kann ich nicht konstatieren, ob der Pollensehlauch ähnliche Fortsätze bildet, wie Na- wascehin bei der Birke feststellt”), die der Pollenschlauch gerade an solchen Stellen zu treiben pflegt, wo er sozusagen auf einen Kreuzweg geraten ist, er schlägt dabei nicht immer den geraden zum Ziele füh- renden Weg ein, sondern den, der ihm den geringsten Widerstand entgegensetzt*). Bei der Birke waren auf dem Teile durch den Nu- cellus keine solche Fortsätze zu sehen, auch hat Nawaschin in seiner Skizze keine solche markiert und nichts davon erwähnt. Gegen Ende der Befruchtung bleibt der Pollenschlauch meist nur noch auf dem Embryosackscheitel sichtbar. Den Verlauf des Pollenschlauches ver- folgte ich teils an aufgehellten Präparaten; indem ich die Samenanlagen herauspräparierte, mit Fau de Javelle behandelte und nach dem Aus- waschen mit Wasser zunächst in eine Glyzerinmischung, bestehend aus 3 Teilen Wasser, 2 Teilen Alkohol und 1 Teil Glyzerin, brachte, und dann durch Stehenlassen an der Luft die Lösung konzentrierte, wobei noch zu bemerken ist, daß es bei diesem Verfahren sehr auf die Stärke 1) Nawaschin, Über die gemeine Birke, pag. 20. 2) Schacht, Beiträge zur Anatomie und Physiologie, pag. 33 ff. 3 Nawaschin, Über die gemeine Birke, pag. 21. -h Ders., Ibid.. pag. 25. Vergleichende Anatom. u. Entwicklungsgesch. von Alnns alnobetula u. Betula. 57 und die Einwirkungsdauer des Reagenzes' ankomnit. Teils untersuchte ich ihn auf Serienschnitten, wobei der Pollensehlauch nach der von mir angewandten Färbemethode deut- lich hervortritt. Daß jedoch bei Alnus alno- betula zur Anlage und Weiter- entwicklung die Reizwirkung des Pollenschlauches nicht notwendig ist"), habe ich experimentell nach- gewiesen, indem ich die weiblichen Blütenkätzchen lange vor dem Auf- hlühen in Batistsäckchen eingebun- den, Ich stellte hierbei fest, daß die Embryosäcke sich in (den steril gehaltenen Blüten vollständig ent- wickelt und erst dann der Des- organisation anheimfallen. Es herrscht hier also auch keine Par- Ü Fig. 22. Befruchtung von zwei Samen- anlagen in einem Fruchtknoten. Fig. 23. Fig. 24. Fig. 23 u. 24. Zwei Embryonen in einem Embryosack. . 1) Gochel, Organographie der Pilanzen, pag. 7. 58 Josef Wolpert, thenogenese, nirgends konnte ich in diesen sterilen Blüten Embryo- bildung nachweisen. Die Teilungen der Eizelle und die Embryoentwicklung bietet gegen- über den übrigen Dikotyledonen nichts besonderes. Die befruchtete Eizelle gestaltet sich nicht in toto zum Embryo, sondern entwickelt denselben aus dem unteren Teile der Embryoanlage, während aus dem oberen der Eınbryoträger hervorgeht, dessen Funktion eine doppelte ist!): 1. Die Aufnahme von Nährmaterial und 2. den Embryo namentlich während der Keimung in die richtige Lage zu bringen. Wie bei Betula, so fand ich auch bei Alnus alnobetula in ein und demselben Fruchtknoten beide Samenanlagen befruchtet und in jeder einen wohlentwickelten Embryo. Normalerweise ist das Auftreten eines einzigen Samens das Resultat eines Wettstreites der beiden befruchteten Samenknospen (Fig. 22). Wie aus den Figuren 23 u. 24 ersichtlich, sind innerhalb eines Embryosackes zwei Embryonen entstanden. Ob hier der Schwesterkern ‚ler Eizelle zur Bildung des zweiten Eies verwertet wird, also der un- tere Kern allein den Embryosack zu versorgen hat?) oder ob eine der Synergiden durch Befruchtung zu einem Embryo auswächst, konnte ich nicht feststellen, doch vermute ich das erstere. Zusammenfassung. Bei Alnus alnobetula und noch wenig anderen Alnus-Arten fehlt das für Alnus konstante Hypoderm, das bei den Betula-Arten nicht vorkonmt, Alnus alnobetula hat wie Betula nur zweierlei Haare. In der deutlichen Ausbildung von Palissaden- und Schwamm- parenchym unterscheidet sich Alnus alnobetula von den anderen Alnus- Arten und gleicht Betula. Die Blattstelluing stimmt bei Alnus alnobetula und den Betula- Arten überein. Rinde und Holz haben bei Alnus alnobetula und Betula gleichen anatomischen Bau, nur unterscheiden sie sich in der Breite der Mark- strahlen. Alnus alnobetula hat, wie die anderen Alnus-Arten, zwei- reihige Markstrahlen, während die Betula-Arten drei- bis vierreihige besitzen. 1) Goebel, Organographie der Pflanzen, pag. SIO. 2} Ders., Ibid. Vergleichende Anatom. u. Fntwieklungsgesch. von Alnus alnobetula u. Betula. 54 Der Hof der Gefäßtüpfel hat bei Alnus alnobetula wie bei Betula einen Durchmesser von 0,0017 mm, während der der anderen Alnus- Arten 0,003—0,004 mm beträgt. In der Form des Markes unterscheidet sich Alnus alnobetula von den anderen Alnus-Arten, welche ein dreieckiges Mark besitzen und gleicht Betula. . In der Gestaltung der Blüten stimmen die beiden Pflanzen über- ein, oder sie sind doch durch Übergänge verbunden. Wie bei Betula so findet auch bei Alnus alnobetula häufig eine teilweise Unterdrückung von Perigon- und Staubblättern statt. Bei Alnus alnobetula verharren die weiblichen Blüten wie hei Betula während des Winters in Knospenschuppen, während Jie aller anderen Alnus-Arten nackt überwintern. Im weiblichen Dichasium ist die Mittelblüte bei Betula in der Regel vorhanden, jedoch hier und da unterdrückt, aber auch bei Alnus ausnahmsweise ausgebildet oder doch angelegt. Wie in dem männlichen Blütenstand von Betula, so sind auch in dem von Alnus alnobetula nur zwei Vorblätter vorhanden, in dem weib- lichen dagegen sind vier ausgebildet, während Betula nur zwei besitzt. Alnus alnobetula unterscheidet sich von Betula durch die Anzahl der Staubfäden und die Gestalt der Pollenkörner, welche fünf Austritt- stellen besitzen, nur ausnahmsweise kommen solche vor, welche, wie Betula. dreiporig sind. Die Ausbildung der Samenanlagen, die Embryosackentwicklung und die Befruchtung, welche chalazaganı ist, stinnmt bei beiden Pflanzen überein. Die Plazentation ist wandständig. Die Frucht besitzt bei Alnus alnobetula wie bei Betula große durchscheinende Flügel. Der Fruchtstand unterscheidet sich dadurch, daß bei Alnus alno- betula die Schuppen nach dem Ausfallen der Frucht an der Achse stehen bleiben, während bei Betula sich die Schuppen samt den Nüßchen von der Spindel loslösen. 60 . Josef Wolpert, Die Mycorrhizen von Alnus alnobetula. Die Wurzelanschwellungen der Erlen bilden korallenähnliche, kurze vielverzweigte Ästehen, die an ihrer Spitze durch einen Vegetationspunkt wachsen und sich gabelartig verzweigen und oft zu faustgroßen knollen- artigen Komplexen vereinigt sind. Sie sind von einer Korkhaut be- deckt, welche auch den V’egetationspunkt umzieht. Das den zentralen Gefäßbündelstrang umgebende Rindengewebe, das aus weiten Parenchym- zellen aufgebaut ist, enthält die eigenartigen Gebilde, deren Pilznatur Fig. 25. Pflänzchen von Alnus alnobetula mit Mycorrhizen. zuerst von Woronin!) erkannt wurde. Möller?) hielt dieselben für Plasmodiophora. Während Brunchorst, Möller und Frank®) in dem Symbionten einen äußerst feinfadigen Pilz erkannten, dem Ersterer den Gattungsnamen „Frankia“ gegeben hat, zeigt Shibata®) in seiner aus- führlichen Arbeit über die endotrophen Mycorrhizen, daß der Alnuspilz 1) Woronin, M&m, de l’acad. d. sc. de St. Petersbourg 1866. 2) Möller, Berichte d. Deutsch. bot. Gesellsch. 1885/1890. 3) Frank, Berichte d. Deutsch. bot. Gesellsch. 1887/1889. — Lehrbuch der Botanik. 4) Shibata, Cytologische Studien über die endotrophen Mycorrhizen. Jahrbücher f. wissensch. Botanik 1902, Bd. XXXVII Die Mycorrhizen von Ainus alnobetula, 61 einen Zellbau besitzt, der vielmehr den Bakterien als den echten Faden- pilzen zukommt und erinnert Shibata an die Ähnlichkeit des Pilzes mit der als Mycobacterium bezeichneten Wuchsform der Tuberkelbazillen. Die Mycorrhizen treten bereits an ganz jungen Pflänzchen auf und erreichen an ein- und zweijährigen Pflanzen ganz ansehnliche Größe. Daß die Pilzsymbiose das Vermögen der Assimilation von freiem Stickstoff hat, zeigen die Versuche von Nobbe!) und Hiltner?). Als Untersuchungsmaterial benützte ich die Wurzelanschwellungen von Alnus alnobetula und erlangte durch Anwendung der Flemming- schen Fixierungsmethode befriedigende Resultate. Die Mycorrhizen wurden teils mit starker Chrom-Osmiumsäure- Eisessiglösung, teils mit 1:1 verdünnter Lösung fixiert und in Alkohol gehärtet. Die Schnitte, deren Dicke ca. 5 u betrug, färbte ich ent- weder direkt mit Pia- nese von 2--24 Stun- den oder behandelte dieselben zurAufhellung zunächst mit einer kalt- konzentrierten Chloral- hydratlösung und ließ sie nach Auswaschen über Nacht in Pianese- Farbstoff, spülte zu- Fig. 26. Längsschnitt durch eine Wurzelanschwellung “ > RR von Alnus alnobetula. nächst mit Essigsäure- j Alkohol, dann mit reinem Alkohol ab und brachte sie nach Behand- lung mit Xylol in Kanadabalsam. Dabei erhielt ich tadellos übersicht- liche Bilder. Da die Alnusknöllchen von vieljähriger Dauer sind und mit ihrer Spitze wachsen, kann man auf einem einzigen Längsschnitt sämtliche Entwicklungsstadien des Pilzes finden. Die Infektion der Zellen erfolgt dicht unter dem Meristem, wo die parenchymatischen Zellen von äußerst feinen Pilzfäden durchwachsen werden. Die noch 1} Nobbe u. Hiltner, Die endotrophe Mycorrhiza von Podocarpus und ihre physiologische Bedeutung. Landwirtsch. Versuchsstation, LI, 1899. . 2) Hiltner, Über die Bedeutung der Wurzelknöllchen von Alnus glutinoss für die Stickstoffernährung dieser Pflanze. Landwirtsch. Versuchsstation, XLV1, 18%. 62 Josef Wolpert, nicht vom Pilze befallenen Knöllchenzellen weisen, wie bereits Shibata gezeigt, einen normalen Bau auf. Sie besitzen wanılständiges Proto- plasma und je einen Zellkern. In den meristemati- schen Zeilen be- sitzt der rundliche Kern ein sehr schön ausgepräg- tes Liniennetz- werk, an dessen Sehnittpunkten sich zahlreiche Chromatinkörper- chen und ein bis zweiNukleolenbe- finden (Fig. 2. Der eindringende ' Pilzrufteineeigen- tümliche Umge- staltung des Zellkerns hervor. Derselbe nimmt zunächst be- deutend an Volumen zu und zeigt später eine mehr oder weniger gekrümmte oder ge- lappte amöbenartige Gestalt (Fig. 28). Nach außen sieht man die Pilzfäden als wirre Masse die Zelle erfüllen. Em und den- selben Pilzfaden kann man ohne irgendwelche Unter- hrechung durch vier bis sechs hintereinander liegende Zellen verfolgen (Fig.29). Nach der von mir angewandten Färbe- methode konnte ich an den Fig. 28. Zellkerne von infizierten Zellen. Fäden deutlich Zellinhalt und Wand unterscheiden. Die Fäden sind nicht ganz gleichmäßig in ihrer ganzen Länge von Inhalt erfüllt und erscheinen dadurch in mehr oder Fig. 27. Meristematische Zelle in der Spitze der Wurzelanschwellung. 223 ® > ae 8 Die Mycorrhizen von Alnus alnobetula. ‘03 weniger lange Teilstücke zerlegt. Wie Brunchorst konnte ich an meinen Präparaten deutliche Querwände feststellen, welche regelmäßig in bestimmten Abständen auftreten und so den Faden zu einem mehr- Fig. 30. Parenelymatische Zellen, von Pilzfüden duxchwachsen. 64 Josef Wolpert, zelligen Gebilde machen (Fig. 29). Möller und Shibata konnten dies nicht feststellen. Die Fäden zeigen. an verschiedenen Stellen Ver- zweigungen, welche an ihren Enden zu kugelartigen Gebilden an- schwellen (Fig. 29 u. 80). An Stellen, wo sich die Inhaltstoffe beson- ders reichlich ansammeln, schwellen die Fäden zu biasigen Gebilden an Fig. 31. Anschwellungen der Pilzfäden. und liegen oft drei bis vier derartige Anschwel- lungen hintereinander (Fig. 30. Die Pilz- Zäden wachsen zu mehr oder weniger dichten Knäueln heran und er- füllen oft den größten Teil des Zellumens und zerfallen in Teilstücke. An der Peripherie des Fadenknäuels schwellen die Fäden zu kuge- ligen Bläschen an. Dieselben vergrößern sich, werden später von den Fäden los- gelöst und füllen die Zellen vollständig aus, doch kann man sie auch noch in ausge- wachsenem Zustand im Zusammenhang mit den Fäden finden (Fig. 30 und 31). In einem be- stimmten Stadium lie- gen die Kugeln einzeln in einer wabenförmigen Masse eingeschlossen (Fig.32). Auch an den Kugeln, welche nach Ansicht von Brunchorst und Möller die Sporangien der Frankia darstellen, konnte ich deutlich Wand und Inhalt unterscheiden, welch letzterer ein wenig von der Wand zurückgezogen ist. Frank sieht in der Kugelbildung eine De- generationsform der Pilzfäden. Was die Größe der Kugeln betrifft, Die Mycorrhizen von Alnus alnobetula. 65 so stimmen meine Messungen mit denen Brunchorst’s an den Kugeln in den Mycorrhizen von Alnus incana und glutinosa überein. Es schwankt dieselbe zwischen 4 und 6 «. Der Inhalt der Kugeln zer- fällt in eine große Anzahl kleiner eckiger Teile, aus welchen neue Individuen hervorgehen (Fig. 30 u. 31). In den kugeligen Gebilden und Fäden konnte ich namentlich durch Färbung nach Gramm- Günther kleine Gebilde erkennen, die sich dichter färben, wie solche auch in den Leguminosenknöllchen vorkommen. Sowohl an den Fä- den wie an den Kugeln konnte ich immer solche unterscheiden, deren Inhalt reichlich Farbstoff speicherte, andere dagegen, weiche substanzarın waren und sich nur schwach färbten. In der weiteren Entwicklung verschwinden allmäh- lich die pilzlichen Elemente. Man sieht in vielen Zeilen strukturlose, schwach färbbare Klumpen, in wel- chen noch Pilzgebilde zerstreut vor- kommen. ü ies derjenige Zustand sein, wo Fr Aufloenme und Ei 32, Die von deu Fäden losgs- > östen Kugeln liegen in cytoplasma- Verdauung des Pilzes stattfindet. tischen Wabenräumen. Die von Shibata angeführten und genau beschriebenen „Sekret- körperchen“ konnte ich wie Brunchorst in keinem meiner Präparate weder in eben infizierten noch in solehen Zellen finden, in welchen die Verdauung eingetreten war. Literatur-Verzeichnis. Bail, Botanische Zeitung 1870. Baillon, Trait6 du d6veloppement de la fleur et du fruit, Ders,, Hist. des plantes 6. Boubier, Anatom. system. des Betulaedes-Coryl&es. Malpighia 1896. De Candolle, Organographie vögetale. Paris 1827, Tome I. Dippel, Handbuch der Laubholzkunde. Ders., Das Mikroskop IT. Flora, Bd. 100. cr 66 Josef Wolpert, Döll, Flora von Baden. Ders., Zur Entwicklung der Laubknospen der Amentaceen. Eichler, Blütendiagramme, 2. Teil. Engler u. Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien, III, 1. Frank, Berichte der Deutschen bot. Gesellschaft 18871889. Ders., Lehrbuch der Botanik. Goebel, Organographie der Pflanzen. Hartig, Naturgeschichte der forstlichen Kulturpflanzen Deutschlands, 1851. 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Aufeinanderfolgende Entwicklungsstadien des männlichen Blütendicha- siums von Aluus alnobetula. 3 u 4. Abgliederung der drei Einzelblüten. Fig. 5. Männliche Infloreszeuz, in welcher nur zwei Blüten zur Anlage kommen. . 6. Männliche Infloreszenz, in welcher die bereits angelegte Mittelbläte ver- kümmert. Fig. 8 u. 9. Auftreten der Vorblätter. . 10-15. Aufeinanderfolgende Entwicklungsstadien der Mittelblüte, deren Pe- rigon- (P) und Staubblätter (52) zwischen drei und sechs schwanken. 16--23. Aufeinanderfolgende Entwicklungssiadien des weiblichen Blütendicha- . 20. . 24a—d, Querschnitte durch Fruchtknoten. siums von Alnus alnobetula. Anlage von drei Einzelblüten innerhalb eines Dichasiums. a. Beide Samenanlagen an derseiben Plazenta. 3. Entwicklung je einer Samenanlage an beiden Plazenten, ce. Ausbildung von drei Samenanlagen. d. Ausbildung von vier Samenanlagen. Optischer Längsschnitt durch den Nucellus einer befruchteten Samen- knospe. Das zentrale Gewebe und der Embryosack sind durch das Rea- gens aufgelöst, der Pollenschlauch umwindet den Embryosack und treibt an der Spitze zablreiche Ausläufer, ein Teil des Pollenschlauches dringt an die Basis des Embryosackes vor. (Nach einem mit Eau de Javelle aufgeheliten Präparate.) Ähnlich wie 25, nur daß scheinbar zwei Pollenschläuche in den Nucellus eingedrungen sind. Weibliche Blütengruppe mit Deek- und Vorschuppen zur Zeit der Be- stäubung von außen gesehen. Weibliche Einzelblüte mit Bamenanlagen nach einem mit Eau de Javelle aufgehellten Präparate. . 29—31, Freipräparierte Samenanlagen von Alnus alnobetula. 5*+ Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen gegen Alkohol und Chloroform bei höheren Temperaturen. Von Walter Schubert. Einleitung. Es ist bekannt, daß viele trockene, pflanzliche Organismen und insbesondere ihre Danerformen außerordentlich resistent gegen Alkohol, Äther, Chloroform und ähnliche Giftstoffe sind und monate- ja jahrelang ungeschädigt bei Zimmertemperatur !) in diesen Medien verweilen können. Ferner hat sich aus den Untersuchungen der verschiedensten Forscher ergeben, daß die erwähnten Objekte höheren Trockentemperaturen ?) ganz erheblichen Widerstand entgegensetzen und ohne ihre Lebens- fähigkeit einzubüßen längere Zeit hindurch Temperaturen von 100° C und kürzere Zeit sogar solche von 110 und 120° C vertragen. - Die Frage jedoch, wie sich derartige Organismen verhalten, wenn die oben angeführten Stoffe bei höheren Temperaturen auf sie einwirken, ist bislang nicht eingehend untersucht. Die einzigen Untersuchungen, die hierüber vorliegen, finden sich bei Kurzwelly®), der siedenden Äthylalkohol auf exsiceatortrockene Hefe und exsiccatortrockene Sporen von Aspergillus niger und Baecillus subtilis einwirken ließ, Es ergab sieh dabei, daß Aspergillus, der ebenso wie Hefe und Bacillus subtilis bei Zimmertemperatur Monate hindurch ungeschädigt in Alkohol auf- bewahrt werden konnte, bereits nach 3stündiger Einwirkungsdauer von siedendem Äthylalkohol abgetötet war, während die beiden anderen Untersuchungsobjekte selbst nach 15stündigem Aufenthalt in diesem Medium noch absolut keine Schädigung zeigten, Die vorliegende Arbeit wird in erster Linie dazu dienen, die Ver- suche Kurzwellys weiter auszudehnen. Sie wird die Wirkung ver- schiedener giftiger Stoffe bei höheren Temperaturen auf exsiccator- trockene Samen und Früchte, Pilz- und Bakteriensporen und einige Vegetativformen untersuchen. Daneben werden Kontrollversuche mit denselben Trockentemperaturen oder mit indifferenten Medien bei diesen 1) Kurzwelly, Jahrh. f. wissenschaftl. Bot. 1903, Bd. XXXVII, pag. 291 bis 341; s. dort zitierte Literatur, 2) Lit. s. Pfeffer, Planzenpbysiologie, II. Aufl, Bd. II, 1904, pag. 288—296. 8) Kurzweily l. e. pag. 336388. W. Schubert, Über die Resistenz exsiceatortrockener pflanzl. Organismen usw. 69 Temperaturen angestellt werden, um speziell die den Giften zukommen- den Wirkungen bestimmen zu können, Eine weitere Frage, die in dieser Arbeit behandelt werden soll, wird sich damit befassen zu entscheiden, worauf die Resistenz der Untersuchungsobjekte bei höherer- und Zimmertemperatur den erwähnten Giften gegenüber beruht. Es fragt sich zunächst, ob die Gifte über- haupt in das Untersuchungsmaterial eindringen und der troekene Proto- plast sich ungeschädigt damit vollsaugen kann, oder ob die Widerstands- fähigkeit einzig und allein auf ein Nichteindringen der giftigen Medien, denen durch die Zellmembran oder durch derbe Schalen der Eintritt zum lebenden Zellinhalt verwehrt wird, hinausläuft. Aufschluß hierüber wird man erlangen können, wenn man die Widerstandskraft geschälter und ungeschälter Objekte vergleicht, da dieselbe gleich sein muß, sobald es sich um eine Resistenz des Proto- plasten dein Giftstoff gegenüber handelt. Anderseits wird man die Frage auch beantworten. können, wenn man Objekte, an denen man das Eindringen der Medien positiv nachgewiesen hat, hierauf auf ihre Lebensfähigkeit prüft. Versuche auf diesem Gebiete wurden bereits von verschiedenen Seiten ausgeführt. Sie beziehen sich zum Teil auf das Eindringen von verschiedenen Giftstoffen, zum Teil speziell auf das Eindringen von Alkohol, Chloroform usw. "So fand Pfeffer‘), daß giftige Anilinfarben, Ammoniak usw. nur langsam in die mit einer schwerdurchlässigen Cutieula umkleideten Haare eindrangen und daher erst nach längerer Zeit Schädigungen im Protoplasten hervorriefen. Ebenso führt Pulst?) die Unempfindlichkeit von Penicilliumglaucum gegen die zumeist überaus giftigen Kupfersalze auf das Nichteindringen derselben in das Protoplasma zurück. Weitere Untersuchungen auf diesem Gebiete liegen in einer Arbeit J. Adrian Browns®) vor. Derselbe beobachtete die Wirkung ver- schiedener Chemikalien auf Triticum, Avena, Secale und speziell auf Hordeum vulgare (var. caerulescens). Er konnte bei all diesen Grami- neen die Gegenwart einer semipermeablen Haut konstatieren, die Wasser und Jod immer eindringen ließ, vielen anderen Stoffen aber den Ein- tritt verwehrte oder erschwerte. Von 1—36°%/,iger Schwefelsäure, von 1) Pfeffer, Unter. a, d. bot. Inst. zu Tübingen, 1886, Bd. II, pag. 201-203. 2) Pulst, Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 1902, Bd. XXXVII, pag. 244249; ‚vgl. auch die daselbst zitierte Literatur. 3) Brown, Annals of Botany, 1907, Bd. XXI, pag. 79-87. 70 W, Schubert, 5°/,igen Lösungen von Kupfersulfat, Eisensulfat, Silbernitrat, Kalium- chromat und Kaliumferroeyan, von 0,5°/,iger Natriımhydratlösung und von 3,65 °/,iger Salzsäure drang stets nur das Wasser ein. Die um- gebenden Lösungen wurden auf diese Weise konzentrierter und die in sie eingelegten Früchte durch die Wasseraufnahme schwerer. Sämt- liche Objekte keimten nach dem Aufenthalt in den erwähnten Lösungen, nachdem sie gut ausgewaschen und in günstige Bedingungen versetzt waren, in wenigen Tagen aus. Während eine 1/, %/,ige Natriumhydrat- lösung nicht durch die Membran hindurchdrang, trat dies sofort ein, wenn die Lösung 1°/, und mehr Natriumhydrat enthielt. Salpetersäure wurde 1 und 5°/,ig angewandt und drang stets durch die Membran hindurch, doch brauchte die 1%,ige Lösung bedeutend mehr Zeit als die 5°/,ige, um in die Objekte einzudringen. Das eben Erwähnte zeigt, daß die pflanzlichen Membranen oder Schalen sich nicht nur bei den einzelnen Arten und verschiedenen Stoffen gegenüber verschieden ver- halten, sondern auch ein und demselben Stoff, je nach der Konzen- tration, in der er ihnen zugeführt wird, verschieden starken Widerstand entgegensetzen. In weiteren Versuchen tötete Brown die Samen durch Einwerfen in siedendes Wasser ab, ohne die Membran zu verletzen. Letztere zeigte auch jetzt noch den verschiedenen Stoffen gegenüber dasselbe Verhalten, wie im lebenden Zustande, und es ergab sich daraus, daß die Impermeabilität der Membran gegen gewisse Stoffe vom lebenden Protoplasten unabhängig war. Beequerel!) erklärt die lange Erhaltung der Keimfähigkeit exsiecatortrockener Samen und Früchte in absolutem Alkohol, Äther und Chloroform dadurch, daß die Samenschalen die vorerwähnten Medien nur sehwer durchdringen lassen. Das Protoplasma selbst ist nach seiner Anschauung in dem latenten Lebensstadium der trockenen Samen un- fähig den Giftstoffen zu widerstehen. So hüßten bei seinen Unter- suchungen die Samen der Schminkbohne, deren Schalen sich jederzeit für die angewandten Agentien durchlässig erwiesen, schnell ihr Leben ein, während Samen von Klee, Luzerne usw. außerordentlich lange Zeit resistent blieben, da sich ihre Schalen durch große Schwerdurchlässig- keit auszeichneten. Wurden die Schalen der letztgenannten Objekte angestochen, so drangen die Medien rasch ein und führten in kurzem den Tod herbei. Versuche mit Getreide und Erbsen zeigten, daß die 1) Becquerel, Annales des Sciences Naturelles, 1907, 9. Serie V, pag. 211-219, 300, Über die Resistenz ezsiccatortrockener pflanzlicher Organismen usw, 711 Schalen dieser Organismen den Giften mit der Zeit den Durchlaß ge- währten und die Objekte selbst nach dem Eindringen der Agentien abgetötet waren. Die Samen und Früchte bleiben nach Becquerels Meinung in den giftigen Medien solange keimfähig, als das Tegument für diese un- durchlässig bleibt. Da die Schalen einer untersuchten Spezies sich nicht gleichmäßig verhalten und die Undurchlässigkeit nieht bei allen Individuen gleichzeitig aufhört, so folgert sich nach Becquerel hieraus der allmähliche Rückgang des Keimprozentsatzes, den Giglioli") auf die ungleiche Austrocknung der Individuen zurücktührte. Nach Gigliolis Ansicht starben die am wenigsten ausgetrockneten Individuen zuerst in den Giften ab, während die trockensten diesen Medien lange Wider- stand leisteten. Becquerel nimmt dagegen an, daß das wenige Wasser, welches die exsiceatortrockenen Samen noch enthalten, für die Resistenz der Objekte nicht in Betracht kommt. Aus den Versuchen Becquerels geht weiter hervor, daß sich die Hüllen der Samen und Früchte der verschiedensten Arten Giftstoffen gegenüber ganz verschieden verhalten, daß manche den Agentien den Eintritt sofort gewähren, andere die- selben niemals oder erst nach sehr langen Zeiträumen eindringen lassen. Den Ansichten Becquerels pflichtet Alfred J. Ewart2) völlig bei, indem aueh er angibt, daß Samen mit undurchlässigen Schalen jahrelang ungeschädigt in Giften und giftigen Gasen aufbewahrt werden können. Weitere Versuche über den bedeutenden Schutz, den eine kon- tinuierliche Membran gegenüber Giften gewährt, finden sich bei Kurz- welly®). Derselbe setzte exsiceatortrockene geschälte und ungeschälte Früchte und Samen verschiedenen giftigen Medien aus und fand, daß die geschälten Objekte bedeutend eher zugrunde gingen als die unge- schälten. Diese Beobachtung spricht sicher dafür, daß die Besistenz der ungeschälten Samen im wesentlichen auf einem Nichteindringen der Gifte beruht. Ganz Ähnliches ergaben die Versuche Rabes‘), Derselbe kon- statierte, daß ausgekeimte Samen von Brassiea und Sinapis, die in diesem Zustande ein Austrocknen im Exsiceator ungeschädigt vertrugen, 2) Giglioli, Sur la vie latente des graines (Nature, 3. octobre 1895); vgl, Becquerel, Annales des seiences naturelles, 1007, pag. 201. 2) Ewart, On the longevity of Seeds, Proc. Royal Soc. Vietoria, Vol. XXI @ew Series), 1908, Pt. I. 3) Kurzwelly, Jahrb, f. wissenschaftl. Bot. 1003, Bd, XXX VII, yag. 815. 4) Babe, Flora, Ergänzungsband 1905, pag. 203--2U4. 72 W. Schubert, den Einwirkungen von wasserfreiem Alkohol und Benzin nur verhältnis- mäßig kurze Zeit Widerstand leisteten. Von Brassica zeigten nach 2!/,monatigern Aufenthalt noch 4%,, in Alkohol noch 2°, Leben, Binapis dagegen war nach der erwähnten Zeit in beiden Medien abge- tötet. Im ungekeimten Zustande zeichnete sich sowohl Brassica als auch Sinapis durch außerordentlich große Resistenz gegen Alkohol und Benzin aus. Entweder ist nun das Plasma im ungekeimten Zustande resistenter als im gekeimten, oder das verschiedene Verhalten gekeimter und ungekeimter Samen beruht auf der Verschiedenheit der Samen- schale. Die Kontinuität letzterer ist beim Auskeimen unterbrochen worden, und den Agentien ist dadurch der Eintritt in die Objekte er- leichtert, die nun in Kürze zugrunde gehen. Ferner interessierte hier die Frage, ob es möglich sei, Objekte, die an und für sich gar nicht widerstandsfähig gegen giftige Medien sind, durch Imprägnationsmittel, die ein Eindringen der Agentien er- schweren, dahin zu bringen, daß sie ungeschädigt in den Medien ver- weilen können. Falls dies möglich sein sollte, so wird dies sicherlich auch für andere Organismen ein Hinweis auf die Bedeutung der Im- permeabilität von Membranen und Schalen für die Giftresistenz sein. Eine weitere Frage, die in dieser Arbeit erörtert werden soll, läuft darauf hinaus, zu untersuchen, ob der Tod der Untersuchungs- objekte, der beim Eindringen der Medien in diese früher oder später doch eintritt, nur durch das Eindringen der Gifte hervorgerufen wird oder eine Folge des Herauslösens von Stoffen aus den Zellen durch die giftigen Agentien ist. Zur Lösung dieser Frage wird man das Herauslösen auf irgend eine Weise ausschalten müssen und dann zu- sehen, ob nun in den Medien dasselbe eintritt, was beim Herauslösen der Stoffe erfolgte. Untersuchungen ähnlicher Art wurden schon von Kurzwelly!) angestellt. Derselbe hatte konstatiert, daß Alkohol, Äther und andere Gifte in das Untersuchungsmaterial eindrangen und Reservestoffe aus diesen herauslösten. Er hatte zu seinen Beobachtungen die ölhaltigen Früchte von Helianthus annuus benutzt und dieselben mit und ohne Fruchtschale verwandt. Es hatte sich dabei herausgestellt, daß die un- geschälten Früchte den Agentien besser standhielten als die geschälten, daß also der Fruchtschale eine gewisse Bedeutung für die Resistenz gegen Giftstoffe zuzuschreiben ist. Zugleich ergab es sich, daß das 1) Kurzweily, Jahrb. f, wissenschafil. Bot, 1903, Bd. XXXVII, pag. 315 bis 318. Über die Resistenz exsiceatorirockener pflanzlicher Organismen usw. 73 Herauslösen von Reservestoffen wesentlich erschwert wurde. Den un- geschälten Früchten wurden nur geringe Ölmengen entzogen, die ver- mutlich in der Hauptsache aus der Fruchtschale selbst stammten. Aus den geschälten Früchten wurde bedeutend mehr Ö] herausgelöst. Dem- nach schien es, als ob durch den größeren Verlust an Reservematerial die geringere Resistenz der geschälten Objekte bedingt sei. Weitere Versuche, die Kurzwelly vornahm, zeigten jedoch, daß dies nicht der Fall sein konnte, denn der Rückgang der Keimkraft hielt nicht mit der Menge des herausgelösten Reservematerials gleichen Schritt. So hatte z. B. Alkohol nach 140 Tagen nur 2,64°/,, Äther dagegen 37,4%), Öl aus den Früchten ausgezogen ‚und doch war die Schädigung un- gefähr dieselbe. Im ersten Falle keimten 44°/,, im zweiten 36°/, aus. Ungleich schwerer war die Schädigung, die Schwefelkohlenstoff in der gleichen Zeit den Objekten zugefügt hatte. Der Ölauszug betrug 33,94%, der keimfähige Prozentsatz 12%. "Kurzwelly hat bei diesen Versuchen wohl konstatiert, daß die Agentien Stoffe aus den Untersuchungsobjekten herausiösten und trotz- dem von den untersuchten Samen und Früchten noch ein gewisser Prozentsatz keimfähig blieb, doch ist er nicht näher auf diese Unter- suchungen eingegangen. Es ist daher die Frage offen geblieben, ob die Medien in alle Objekte eingedrungen waren und aus allen Öl aus- gezogen hatten, ferner, ob auch diejenigen Früchte ihres Öles beraubt waren, welche noch Keimung zeigten. Auf Anraten meines verehrten Lehrers Herrn Geheimrat Professor Dr. Pfeffer war ich gern bereit, mich näher mit diesen und den be- reits vorher aufgestellten Fragen, an die sich im Laufe der Arbeit noch mehrere Nebenfragen anschlossen, zu befassen. Material und allgemein Methodisches. Die von mir angestellten Versuche erstreckten sich auf ölhaltige und stärkehaltige Samen und Früchte, auf Moospflänzehen, Pilzsporen, vegetative Bakterienformen, Bakteriensporen und Hefen. Yon Samen und Früchten wurden Ervum lens, Pisum sativum, Setaria italica, Sinapis alba, Trifolium incarnatum und Helianthus annnus verwandt. Von Moosen wurden Ceratodon purpureus, Bryum argenteum und Barbula murslis für die Versuchszwecke ausgewählt, Von Pilzsporen dienten Sporen von Aspergillus niger, Penieillium glaueum und Phycomyees nitens als Untersuchungsmaterial. 74 W. Schubert, Von vegetativen Bakterien wurde Miecrococeus prodigiosus, von Bakteriensporen Sporen vom Baeillus mesentericus und von Hefen Saccharomyces cerevisiae zu den Versuchen herangezogen. Nebenbei wurden noch einzelne Versuche mit Samen von Lepi- dium sativum, Sporen von Botrytis einerea usw. angestellt. Sämtliche Versuchsobjekte wurden im. Exsiecator über Schwefel- säure getrocknet. Die Exsiecatoren standen, um die Wasserentziehung zu beschleunigen, im Wärmezimmer bei ca. 25° C und waren vor Licht geschützt, um vor allem Pilzsporen und Bakterien vor Schaden zu bewahren. Alle 6 Tage wurde in einem peinlichst trockenen, sterilen und dieht, verschlossenen Wägegläschen von jedem der zum Trocknen auf- gestellten Objekte eine Probe und zwar selbstverständlich immer ein und dieselbe gewogen. Zeigte sich nun bei einer Wägung in bezug auf das für dieselbe Probe 6 Tage vorher gefundene Gewicht kein Unterschied, so wurde das Material als exsiccatortrocken bezeichnet. Als zur Austrocknung nötige Zeit zählte die Aufenthaltsdauer im Ex- siecator bis zur vorletzten Wägung. Da für alle Versuche Wasser ausgeschlossen sein sollte, machte es sich nötig, auch die verwandten Chemikalien davon zu befreien. Es handelte sich dabei um Chloroform, Äthylalkohol, Amylalkohol, Äther, Benzin, Paraffinöl, Sudan, Kakaobutter, Vaseline, Mandelöl und Ölsäure. Die letztgenannten vier wurden vor ihrer Anwendung einige Tage im Exsiecator gehalten, um sie zu trocknen. Ein nach diesem Aufenthalt etwa noch vorhandener Wassergehalt blieb unberücksichtigt. Die beiden Alkohole, Äther, Benzin und Chloroform wurden in Glasstopfenflaschen gebracht, mit reinem Ätzkalk beschickt und öfters tüchtig durchgeschüttelt, Sie konnten, nachdem sich der Ätzkalk zu Boden gesetzt hatte, als annäkernd wasserfreie Medien verwandt werden. Aus dem Paraffinöl wurde das Wasser durch längeres Erhitzen in einer Kochflasche bei einer Temperatur von 110—120° C ausgetrieben. Die Flasche wurde dann mit einem Korkstopfen gut verschlossen und im Exsiecator auf- bewahrt. Das Sudan wurde vor seiner Lösung in Alkohol im Exsiceator getrocknet. Chloroform, Paraffinöl, Äthyl- und Amylalkohol wurden sowohl bei Zimmertemperatur als auch bei höheren Temperaturen angewandt, die übrigen Chemikalien nur bei Zimmertemperatur. Die Versuche bei höheren Temperaturen erstreckten sich auf höchstens 48 Stunden, während sich die bei Zimmertemperatur vorgenommenen Untersuchungen auf bedeutend längere Zeiträume ausdehnten. Über die Resistenz exsiecatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 75 Die Versuchsanstellung war in letzterem Falle sehr einfach. Die Chemikalien wurden in kleine, trockene, eventuell auch sterile Fläsch- chen verteilt, mit dem jeweiligen Untersuchungsmaterial beschiekt und gut verkorkt in Exsiccatoren aufbewahrt. In bestimmten Zeitintervallen wurden dann Proben von den eingelegten Objekten entnommen und diese, nachdem die chemischen Agentien völlig abgedunstet waren, auf ihre Lebensfähigkeit geprüft. Das Abdunsten der Medien war von verschiedener Dauer. Chloro- form verdunstete ziemlich schnell, während es bei Äthyl- und ganz be- sonders Amylalkohol mehrere (bis 8) Tage dauerte bis die Agentien verschwunden waren. Die Anwendung der Medien bei höheren Temperaturen erforderte eine andere, kompliziertere Methodik. Kamen die Agentien bei Temperaturen zur Verwendung, die ihre Siedepunkte nicht überschritten, so wurden sie samt Untersuchungs- material in kleine Erlenmeyer gebracht, die im Wasserbade erhitzt wurden. Letzteres mußte, da sich die Versuche meist auf mehrere Stunden ausdehnten, durch eine Vorrichtung, die immer soviel Wasser, als abdampfte, wieder zulaufen ließ, auf konstantem Niveau gehalten werden, Auf die Erlenmeyer, die zum Erhitzen der Objekte in den je- weiligen Flüssigkeiten dienten, waren ca. 2 m lange Glasröhren mittels Korkes luftdicht aufgesetzt. Diese Röhren verhinderten einerseits eine Wasseraufnahme der Chemikalien aus den Dämpfen des Wasserbades, und dienten anderseits als Steigrohre, wenn die Medien bis zum Sieden erhitzt wurden. In diesem Falle kondensierten sich die Dämpfe der Agentien in den Rohren und tropften in die Erlenmeyer zurück, so daß ein völliges Verdunsten der Untersuchungsflüssigkeiten. ausgeschlossen war. Selbst nach 48stündigem Sieden konnte kaum eine Abnahme der in die Erlenmeyer eingebrachten Flüssigkeitsmengen konstatiert werden. Die Steigrohre, die vor Gebrauch peinlichst getrocknet und zuvor durch Ausspülen mit Sublimatlösung so gut als möglich auch desinfiziert waren, trugen an ihrem oberen Ende einen kleinen Aufsatz mit Chlor- caleium, so daß eine Wasseraufnskme der Objekte und Chemikalien in den Erlenmeyern ziemlich ausgeschlossen war. Steigrohr und Aufsatz waren durch einen sterilen Wattepfropf, der eine Infektion des ersteren von oben unmöglich machte, von einander getrennt. Den Abschluß des Ganzen bildete ein großer Wattebausch., Das Chlorealeium wurde von Zeit zu Zeit durch Neues ersetzt. 76 W. Sehubert, Nach Schluß des jeweiligen Versuches wurden die Erlenmeyer einfach von den Steigrohren, die an Stativen befestigt waren, abge- nommen, und erstere bis zum nächsten Versuche unten mit sterilen Wattepfropfen verschlossen. Der Inhalt der Erlenmeyer wurde nach dem Abgießen der Chemikalien wie das Material, auf welches die Agen- tien bei Zimmertemperatur eingewirkt hatten, weiter behandelt. Die Siedetemperatur von Chloroform lag bei ca. 61°C, die von Äthylalkohol bei ca. 78°C und die von Amylalkohol bei ca. 187° C. Da letztgenannte Temperatur oberhalb der siedenden Wassers liegt, so mußte bei ihrer Anwendung ein Ölbad die Stelle des Wasserbades "ersetzen. Chloroform, Äthyl- und Amylalkohol wurden außer in sielendem Zustande noch bei einer Temperatur von 100° C angewandt, Paraffinöl nur bei 100° C. Für das Experimentieren mit Chloroform und Athylalkohol bei 100° C mußte eine neue, Versuchsanstellung eingeführt werden, da die Siedepunkte dieser Medien nach dem oben gesagten weit unterhalb von 100° C liegen. Die Agentien wurden daher zusammen mit dem Unter- suchungsmaterial in einseitig zugeschmolzene Glasröhren gefüllt, und diese dann am anderen Ende ebenfalls zugeschmolzen. Der Hohlraum der Röhren betrug ungefähr 30 cem und war zu einem Drittel von dem betreffenden Medium erfüllt. Da bei dem durch das Erhitzen auf 100°C im den zugeschmoizenen Röhren entstehenden Druck, ein Springen letzterer nicht ausgeschlossen war, wurden diese in Messing- zylindern im Wasserbade erhitzt. Die Zylinder waren nach oben offen, unten waren sie bis auf feine Öffnungen, die zum Einlaß des Wassers aus dem Wasserbade dienten, geschlossen. Bei einem Springen der Glasröhren konnten die Splitter nur oben herausgeschleudert werden und auf diese Weise keinen Schaden anrichten. Das Wasser des Wasserbades stand in allen Fällen einige Zenti- meter höher als der Spiegel der in Erlenmeyern oder Glasröhren ein- geschlossenen Agentien. Zum Vergleich mit der Wirkung der Chemikalien bei hohen Temperaturen wurden die Objekte Trockentemperaturen von 61° G, 78° 0, 100°C und 120° O ausgesetzt. Das’ Erhitzen auf 61° C, 78° C und 120° C wurde im Trockenthermostaten vorgenommen und nur bei Versuchen mit Samen oder Früchten angewandt. Für Unter- suchungen bei Trockentemperaturen von 100° O, die sich nicht nur auf Samen, sondern auch auf Pilzsporen erstrecken, wurde das Unter- suchungsmaterial in Glasröhren, die zur Verhinderung der Wasserauf- Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 17 nahme mit etwas Caleiumoxyd versehen waren, eingeschmolzen. Je nach dem Versuche wurden diese Rohre verschieden lange Zeit im siedenden Wasserbade gehalten. Nach Beendigung der Versuche wurden die Objekte genau wie die mit Giftstoffen behandelten auf Lebensfähig- keit geprüft. Bei allen Untersuchungen, die bei 100° C ausgeführt wurden, betrug die Temperatur nicht genau 100° C, sondern nur reichlich 99° C, da das Wasser bereits bei dieser Temperatur siedete, Sämtliche Chemikalien, ob mit, ob ohne Untersuchungsmaterial, wurden vor Licht- und Luftzutritt tunlichst geschützt. Von den Ver- suchen mit höheren Temperaturen wurden nur die mit Chloroform an- gestellten, wegen der Zersetzlichkeit dieses Mediums am Lichte, im Dunkeln ausgeführt. Zu diesem Zwecke wurde die ganze Kochvor- richtung wit schwarzen Tüchern verhängt. Direktes Sonnenlicht war bei allen Untersuchungen ausgeschlossen. In allen Fällen wurde darauf gesehen, daß das zu den Unter- suchungen verwandte Glasmaterial (Erlenmeyer, Pipetten, Steigrohre, Glasflaschen usw.) peinlichst trocken und steril war. Die Objekte wurden, um jeder Wasseraufnahme und Infektion vorzubeugen, stets nur mit trockener, steriler Pinzette aus den Ex- Siccatoren in die Chemikalien übertragen und aus letzteren am Schluß der Versuche auf dieselbe Weise wieder entnommen. Auch die Agen- tien wurden stets mit besonderen, trockenen und sterilen Pipetten in die Versuchsgefäße gefüllt. Außerdem wurden all diese Übertragungen und damit verbundenen Handlungen (Zuschmelzen von Röhren, Ver- schließen von Flaschen usw.) möglichst beschleunigt, um auch auf diese Weise die Gefahr der Wasseranziehung tunlichst einzuschränken, Das Untersuchungsmaterial, welches den chemischen Agentien bei höheren Temperaturen ausgesetzt werden sollte, wurde zuvor 24 Stunden bei Zimmertemperatur darin aufbewahrt. Es sollte hierdurch ein allzu plötzliches Eindringen der Medien in die Objekte, aus denen beim Er- hitzen doch sicher Luft ausgetrieben wird, vermieden werden. Später angestellte Versuche ergaben jedoch hei Objekten, die in (ie Chemikalien eingebracht und sofort erhitzt wurden, keine anderen Resultate als bei solchen, die zuvor 24 Stunden bei Zimmertemperatur in den Agentien verweilt hatten. Wie sich später zeigte, waren die Medien nach ein- tägigem Einfiuß auf das Untersuchungsmaterial noch gar nicht in das- selbe eingedrungen. Letzteres befand sich also bei beginnendem Er- hitzen in demselben Zustande, als ob es gar nicht vorher schon bei Zimmertemperatur in den Agentien gewesen wäre. 78 W. Schubert, Die Zeiten, welche in den im Laufe der Arbeit folgenden Tabellen angegeben werden, sind von dem Augenblick an gerechnet, in welchem: bei Anwendung von Trockentemperaturen von 61° C, 78° C und 120° C das Thermometer des Thermostaten die gewünschte Temperatur an- - zeigte, bei Versuchen mit siedenden Chemikalien diese zu sieden be- gannen, und bei Verwendung der Chemikalien und Trockentemperaturen bei 100° C das Wasserbad die Siedetemperatur erreicht hatte. In den Tabellen, in denen nicht direkt Prozentsätze angegeben sind, bedeutet ein + die Erhaltung der Lebensfähigkeit, ein — den eingetretenen Tod der Objekte. Alle ausgeführten Untersuchungen sind in der Hauptsache ver- gleichender Natur, und es war daher von größter Wichtigkeit, daß immer dieselben Bedingungen (Aufbewahrungsort, Nährboden usw.) ein- gehalten wurden und stets gleiches Ausgangsmaterial zur Verfügung stand. Experimenteller Teil. Die in diesem Teile ausgeführten Versuche verfolgen die Ziele, die bereits in der. Einleitung kurz angegeben wurden. Die dabei mit den einzelnen Untersuchungsobjekten vorgenommenen Experimente laufen im großen Ganzen auf dasselbe hinaus, obwohl nicht mit jedem Objekt genau dieselben Untersuchungen angestellt wurden, sondern bei dem einen der oder jener Versuch wegfiel, der bei einem anderen zur Ausführung kam. A. Versuche mit Samen und Früchten. Die Anzahl der untersuchten Samen und Früchte schwankte bei den einzelnen Versuchen und den verschiedenen Samenarten. War es bei Trifolium incarnatum, Sinapis alba und Setaria italica leicht, für alle Versuche die Zahl 100 beibehalten zu können, da diese Samen durch ihre Kleinheit nur wenig Platz beanspruchten, so mußte bei Er- vum lens, Pisum sativum und Helianthus annuus die Zahl der Samen wegen ihrer Größe auf 25 herabgesetzt werden, um bei Pisum und den ungeschälten Helianthusfrüchten bei der Behandlung mit Alkohol and Chloroform in zugeschmolzenen Röhren (100° C) eine weitere Herabsetzung auf 10 zu erfahren. Da durch diese Verminderung der Versuchszaklen das Bild von der prozentualen Keimfähigkeit der Objekte leicht etwas entstellt werden konnte, wurde, um diesen Mangel zu beheben, jeder einzeine Versuch mindestens dreimal ausgeführt, und das Mittel aus den Ergebnissen Über die Resistenz exsiecatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 79 gezogen. Das Mittel wurde als Resultat in die Versuchstabellen auf- genommen. Das öftere Wiederholen eines und desselben Experimentes lieferte zugleich eine Garantie dafür, daß keine Fehler dabei untergelaufen waren, da die einzelnen Untersuchungen, wenn auch nicht genau die- selben, so doch annähernd dieselben Resultate ergeben mußten. Zunächst wurden die für die Untersuchungszwecke ausgewählten Samen und Früchte tunlichst ausgelesen und etwa vorhandene taube oder schlechte Individuen entfernt. Dann wurden die Objekte auf ihre Keimfähigkeit geprüft und diese prozentual festgestellt. Hierauf folgte das Trocknen des Materials in Exsiecatoren, das bei den einzelnen Objekten natürlicherweise verschieden lange Zeit in Anspruch nahm. Nach erlangter Exsiecatortrockenheit wurde nochmals die prozentuale Keimkraft der Samen resp. Früchte bestimmt, bevor sie zu den Ver- suchen verwandt wurden. Diejenigen Objekte, die dabei den Einwirkungen von flüchtigen Giftstoffen (ganz gleich ob bei Zimmer- oder höheren Temperaturen) ausgesetzt waren, wurden nach Abschluß des einzelnen Versuches aus den Medien-herausgenommen und auf Fließpapier ausgebreitet. Letz- teres wurde sodann im Wärmezimmer bei ca. 33°C solange aufbewahrt, bis von den Chemikalien durch den Geruch absolut nichts mehr wahr- genommen werden konnte, diese also völlig verdunstet waren. War dies der Fall, dann wurden die Samen unter günstigen Bedingungen zur Keimung gebracht. Bei den Versuchen, die sich mit der Einwirkung von Paraffinöl auf das Untersuchungsmaterial befaßten, wurden die einzelnen Objekte nach Beendigung des jeweiligen Experimentes sorgfältigst mit Fließ- papier abgetupft, um zu verhindern, daß das Paraffinöl einen dicken, schmierigen Belag um die einzelnen Samen oder Früchte bildete und auf diese Weise das Auskeimen hemmte oder doch wenigstens ungünstig beeinflußte, Dasjenige Material, das nur Trockentemperaturen ausgesetzt ge- wesen war, bedurfte keinerlei Vorbereitung zur Auskeimung, sondern konnte direkt angequellt und zur Keimung gebracht werden. Der Keimung ging in allen Fällen ein Anquellen in Wasser voraus, das bei den einzelnen Objekten verschieden lange ausgedehnt wurde. Ervum, geschälte Helianthusfrüchte und vor allem Pisum wurden nur kurze Zeit angequelit, da sie sonst schlecht keimten und leicht in Fänlnis übergingen. Die übrigen Objekte konnten ruhig eine Quellung 80 W. Schubert, bis zu 24 Stunden vertragen, ohne daß dadurch eine Schädigung zu bemerken gewesen wäre. Nach dem Anquellen wurden die Objekte zum. Auskeimen in leicht bedeckte Glasschalen gebracht und dort auf Fließpapier ausge- breitet. Letzteres lag auf erhöhter, rings von Wasser umgebener Glas- platte und tauehte mit überhängendem Rande in das Wasser ein. Auf diese Weise wurde eine konstante, mittlere Feuchtigkeit des Fließpapiers, auf dem die Objekte ausgekeimt wurden, erzielt, In allen Fällen wurde die Keimkraft prozentual festgestellt. Bei den Zimmertemperaturversuchen, die sich über längere Zeit- räume erstreckten, mußte nach Abschluß eines jeden Versuches auch die prozentuale Keimkraft der Kontrollsamen bestimmt werden. Bei der Beurteilung eines durch Gittwirkung hervorgerufenen Rückganges im Auskeimen mußte dann ein event. schon bei den Kontrollsamen eingetretener Rückgang in Abzug gebracht werden. Der Thermostat, der dazu diente, um die Samen und Früchte höheren Trockentemperaturen auszusetzen, war so eingerichtet, daß das Thermometer, welches von außen in den Thermostaten hineinreichte, direkt mit den Objekten in-Berührung stand und so genau die Tem- peratur derselben anzeigte. Er wurde vor Einbringung des exsiccator- troekenen Untersuchungsmaterials auf ca. 30° C erhitzt, um jede Wasser- aufnahme der Samen oder Früchte zu verkindern. Aus demselben Grunde wurde das Übertragen aus dem Exsiccator in den Thermostaten möglichst. beschleunigt. Sollten für die Untersuchungen Samen und Früchte ohne Schalen verwandt werden, so war es nötig, letztere zu entfernen. Bei Helianthus war dies einfach, denn diese Samen ließen sich leicht von der Frucht- schale befreien. Bei Trifoium incarnatum und Pisum satirum dagegen mußten die Objekte erst etwas gequellt werden, ehe die Schalen ent- fernt werden konnten. Dasselbe mußte bei geschälten Früchten von Helianthus geschehen, wenn das dünne Samenhäutchen, das diese um- gibt, abgelöst werden sollte. Nach dem Trocknen im Exsiceator wurde von dem geschälten Material, genau wie es bei ungeschältem gehand- habt worden war, der keimfähige Prozentsatz bestimmt, bevor es zu den einzelnen Versuchen herangezogen wurde. Einige weitere spezielle Versuchsmethoden werden der Einfachheit halber direkt ‚bei den Versuchen mit angeführt werden. Bevor Versuche mit den Giftstoffen bei höheren Temperaturen zur Ausführung kamen, wurde zunächst die Resistenz verschiedener Samen und Früchte gegen die Gifte bei Zimmertemperatur untersucht, Über die Resistenz exsiceatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 831 um Vergleiche zwischen der Wirkung eines Giftes bei höherer und Zimmertemperatur anstellen zu können. Die Versuche beschränkten sich auf die Untersuchung der Resistenz von Trifolium ineamatun, Sinapis alba und Helianthus annuus gegen Amylalkohol, da bereits von Kurzwelly!) eingehende Versuche mit den übrigen Medien vor- lagen, die sehr gut mit zum Vergleich herangezogen werden konnten. Dieseiben Versuche, «die mit Amylalkohol angestellt wurden, kamen da- neben mit Paraffinöl zur Ausführung, um auch für dieses Medium Vergleiche in der Wirkung bei höherer und Zimmertemperatur aufstellen zu können. Die Ergebnisse der von mir angestellten Untersuchungen finden sieh in der folgenden Versuchsreihe. Die Kontrollsamen sind daselbst mit K, und K, bezeichnet. K, gibt die Keimkraft bei Beginn, K, nach Abschluß der Versuche an. Die unter Amylaikohol und Paraffinöl stehenden Angaben sind die Keimungsprozentsätze nach 100tägigem Aufenthalt in den Medien. 1. Versuchsreihe. Versuche bei Zimmertemperatur. a Untersuchungsobjekt | K, !Amylalkohol} Paraffinöl RK, 100 ke 30 Tage) 9% 74%, 9% 1% 10 (ri Tag) | 2 89%, | 2% 100 | (sion “ 42 Tage) 8% 87% 841%, | 8%, Wie aus der vorliegenden Tabelle ersichtlich ist, zeigten die mit Paraffinöl behandelten Objekte im Vergleich zu den Kontrollsamen keinen Rückgang. Die Samen und Früchte, auf welche Amylalkohol eingewirkt hatte, wiesen eine geringe Schädigung auf, aber trotzdem war die Resistenz der Objekte gegen dieses Gift verhältnismäßig sehr groß und der Rückgang der Keimkraft nur gering. Ganz ähnliche Resultate hatte bereits Kurzweliy!) in bezug auf Äthylalkobol, Äther, Chloroform usw. erhalten. Er hatte in den Jahren 1900 bis 1902 Untersuchungen auf diesem Gebiete ausgeführt. Im Jahre 1905 untersuchte er verschiedene Samen und Früchte, die noch 1) Kurzwelly, Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. 100%, Bd. XXXVTIT, pag. 309 bis 302, . Filore, Bd, 100, 6 82 W. Schubert, seit seinen Versuchen her in den Medien stehen geblieben waren, aufs neue auf ihre Keimfähigkeit. Diese Resultate sind bisher nieht ver- öffentlicht. Sie wurden mir von Herm Dr. Kurzwelly in liebens- würdigster Weise zur Verfügung gestellt, und ich lasse dieselben in der nächsten Tabelle folgen. Die daselbst neben den keimfähigen Prozentsätzen in Klammern angeführten Zahlen geben die Stückanzahl der zum Versuch angesetzten Objekte an. 2. Versuchsreihe. Versuche bei Zimmertemperatur. Untersuchungs- Dauer der x | Chloroform | Kon- objekte BE ng ‚Alkoh.| Äther |Benzoll CS, Damp Filip troile Trifol. incarnat, 121.6.00 bis | 34°/, 15897, 152%, |50%%, Fr (exsiecatortrocken) 6.7.05 1007 (00) 80) (54) fe Trifol. hybrid. 23.5.00 bis 21%, |21°%, 18%, |13%, R (exsiceatortrocken) | 6.7.05 | 1200) (@ödl (100) (1065 18% ESEL 1o.5.00 m j10n, la, angeqellt) 6.7.05 38) (100) | Sinap. alba 12. 6.00 bis | 80%, | 70%, 62%, 75%, (ezsiccatortrocken) 6.7.05 1100) «dj (83)| ° Helianth. ann. ; un. 112.6.01 bis] 17%, (geschält, exsiccator- _ 9 - trocken) 6.7.05 (94) Lepidium sativ. | 5.6.01 bis j 720/, | 91° (ufttrocken) 6.7.05 (106) cc 100% Lepidinm sativ. 5.6.01 bis 77%, |94°, ; (exsiceatortrocken) 8.7.05 Ab, (106) 100%, Außerdem wurde von Kurzwelly noch konstatiert, daß exsiccator- troekene Samen von Pisum sativum und lufttrockene Früchte von Tri- ticum sativum nach ca. vierjährigem Aufenthalt in Chloroform den Tod gefunden hatten. Jedenfalls geht aus den angeführten Versuchen hervor, daß die Schädigung der Objekte durch die Giftstoffe auch nach Jahren im Ver- gleich zu den Kontroilsamen nur gering war, und daß sogar zum Teil die in den giftigen Medien aufbewahrt gewesenen Objekte höhere Keimungsprozentsätze als das Kontrollmaterial lieferten. Von den von Kurzwelly angesetzten Versuchen standen mir noch Lepidium sativum und Tritieum sativum zur Verfügung. Diese Objekte hatten ca. 8 Jahre in flüssigem Chloroform zugebracht und wurden von mir auf ihre Keimfähigkeit geprüft. Dabei lieferten die Samen von Lepidium, die in exsiceatortrockenem Zustande in das Chloroform eingebracht worden waren, einen Keimungsprozentsatz von Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlieher Organismen usw. 83 19%, die lufttrocken diesem Medium ausgesetzt worden waren, einen solchen von 51°/,, während die Früchte von Tritieum, die exsiceator- trocken in Chloroform gelegt worden waren, nur noch zu 3°%/, aus- keimten. Gelegentlich dieser bei Zimmertemperatur angestellten Versuche wurden noch nebenbei einige andere Untersuchungen vorgenommen. Diese sollten zur Aufklärung der Frage führen, ob ein Giftgemisch eine andere Wirkung hervorrufe als die einzelnen Gifte Zu diesem Zwecke wurden exsiccatortrockene Samen von Sinapis alba und Trifo- lium incarnatum der Einwirkung von einem Gemisch aus gleichen Teilen Alkohol und Äther ausgesetzt, und die Wirkung der einzelnen Agentien auf die Objekte damit verglichen. Die Versuche mit Alkohol konnten dabei zugleich als Kontrollversuche zu den Untersuchungen dienen, welche mit diesem Medium an Sinapis und Trifolium bei höheren Temperaturen angestellt wurden. 3. Versuchsreihe. Sinapis alba. Keimfähigkeit des exsiceatortrockenen (30 Tage) Materials: bei Beginn der Versuche = 96°; nach Schluß der Versuche a Alkkohohl Alkohol-Äther Äther 8 ] 2% | 85% 24 I 83%, R 85%, | 86%, 48 | 80% | 1% | 809, 123 } 78%, [ 76% | 6% 198 | 75% ! 75%, | 759, _ 270 | 71% } 749, | 72%, 4. Versuchsreihe. Trifolium incarnatum. Keimfähigkeit des exsiecatortroekenen (30 Tage) Materials: bei Beginn der Versuche = 95 %,; nach Schluß der Versuche == 75%, „oauer a Tasın Alkohol | Alkohol-Äthor | Ather 8 33%, | 1% | 92%, 2 RE RE 2} | 84% EEG EEE BEE 1 SEN BR LE 123 | 9%, | 08, | Br, 198 [ 6%, | up | 649, 70 | CD? Ir, v* s4 W. Schubert, Als Resultat der beiden Versuchsreihen ergibt sich kaum ein Unterschied in der Wirkungsweise der drei Medien. Es läßt sich auch hier kaum eine abweichende Wirkung des Giftgemisches gegenüber den Einzelgiften erwarten, da diese an und für sich ziemlich gleichmäßig wirken. Die Keimungsprozentsätze nach bestimmtem Aufenthalt in den Agentien zeigen nur wenig Differenz. Die Schädigung durch die Agen- tien ist im Verhältnis zum Rückgang der Keimkraft der Kontrollsamen gering. Es schließen sich hier die Versuche bei höheren- Temperaturen an. Die ersten Untersuchungen wurden an Lepidiumsamen, die von Kurzwelly stammten, und bereits 8 Jahre in Chloroform zugebracht hatten, angestellt. Diese Samen wurden während 20 Stunden in sieden- dem Chloroform gehalten. Hierdurch hatten die Objekte, die von Kurz- welly lufttrocken in das Chloroform gebracht worden waren, sämtlich ihre Keimkraft eingebüßt, während das Material, das exsiecatortrocken in das Medium eingelegt worden war, noch zu 23°/, auskeimte. Die folgenden Versuchsreilen enthalten die Resultate über die Einwirkung giftiger Medien bei höheren Temperaturen neben indiffe- renten Medien und Trockentemperaturen derselben Höhe. 5. Versuchsreihe. Ervum lens. Keimfähigkeit des exsicertortrockenen (30 Tage) Materials = 95 °/,. Dauer der Siedendes Trocken- Siedender Trocken- Einwirkung (61° 0) temperatur (78° C) temperatur in Stunden Chloroform von 61° 0 Äthylalkohol | von 78°C 1 49%, 31% 42%, 70% 3 | 3% 79%, 28%, 64% 6 | 32% 70%, 17%, 53%, 8 | 2% 7% 1%, 18% 10 | #% 66%, 8% 38%, ss | 63%, 0% 3% Die siedenden Medien wirkten erheblich nachteiliger auf Ervum ein als die betreffenden Trockentemperaturen allein. Die Troecken- temperatur von 78° © wirkte schädigender als die von 61°C. Die Keimkraft der Objekte ging in siedendem Alkohöl schneller zurück als in siedendem Chloroform. Die verschiedene Wirkungsweise der beiden siedenden Medien scheint hauptsächlich in dem Temperaturunterschied zu Hegen, da Alkohol und Chloroform, wie weitere Versuche zeigten, Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 85 bei gleicher Temperatur dieselben Wirkungen hervorriefen. So keimten Samen von Ervum lens, die 150 Tage in Alkohol resp. Chloroform bei Zimmertemperatur gelegen hatten zu 38 resp. 36°/, aus. Ebenso konnte bei Anwendang der beiden Agentien bei 100°C (siehe 7. bis 11. Ver- suchsreihe) kein Unterschied in der Wirkungsweise festgestellt werden. 6. Versuchsreihe. Setaria italica. Keimfähigkeit des exsiccatortrockenen (30 Tage) Materials = 100 /,. Bann | SD |, ee | Kant in Stunden Chloroform | AÄthylalkohol 1 2% 0% 3% 2%, 8 | 8% 0%, 76% 80%, » | 8% 0% 61% 65%, 80 | 67%, 0% 35% 40%, 48 | 58% 0% 1% 8% Ganz eigentümlich berührte es bei diesen Versuchen, daß die ex- siecatortrockenen Früchte von Setaria siedendem Alkohol gegenüber gar nicht resistent waren und nicht einmal 1 Stunde in diesem siedenden Medium verbleiben konnten, ohne ihre Keimkraft einzubüßen. Sielendes Chloroform wurde verhältnismäßig sehr gut vertragen, und auch Amyl- alkohol und Paraffinöl von 100° © gegenüber zeigte sich Setaria recht, widerstandsfähig. Die Wirkungsweise von Amylalkohol unterschied sich kaum von der des Paraffinöls. Um festzustellen, ob Äthylalkohol in allen Fällen tötend auf Sotaria einwirkt, oder ob dies allein bei höherer Temperatur der Fall ist, wurde das Versuchsmaterial auch bei Zimmertemperatur in dieses Medium ein- gelegt. Die Objekte blieben 35 Tage darin, und es zeigfe sich, daß nach diesem Aufenthalt noch 74°/, der Samen keimfähig waren. Hier- aus geht deutlich hervor, daß Äthylalkohol bei Zimmertemperatur nur wenig, in siedendem Zustande dagegen stark schädigend auf Setaria einwirkt und in Kürze die Keimkraft der Objekte vernichtet. @. Versuchsreihe siehe nächste Seite.) Der Unterschied der Wirkung der Medien bei verschiedenen Ten- peraturen bis 100° CO auf Pisum ist nach vorliegenden Versuchen nicht groß, unterscheidet sich aber merklich von der Wirkung der angewandten Trockentemperatur resp. Paraffinöls bei derselben. be [e72 Keimfähkigkeit: des W. Schubert, 7. Versuchsreihe. Pisum sativum. xsiccatortro ekenen (18 Tage) Materials — 58 %,. „Bela | Fi gO zo | go Be „> |. 232 | 205 | 88 | 33 | 32 & | 585 | 263 „a5 | 3-8 | 3.8 33 |53 | 8 a3 |332 | 35 suR Sur am ar Em Frag a 4501 E52 | 858 | SER |S: |®e | BE | Es | Ada | FE DFEBESCHESF ERBE LEERE ,, 5% 1 Tas, | |, | 8% vr a | 5 ja [a1 lan 153% | 56% 0%, 3 i 30%, 1 33%, 132 %| 29%, 34%, [| 12%, 0% 6 | 19%, 16%, 6% | in 129, | 8 0% s | u, 4 | 0% 0 | 4% \17%,| 190% 0% 8. Versuchsreihe, Sinapis alba, Keimfähigkeit des exsiecatortrockenen (80 Tage) Materials — 05 %,. - - g| PM r nn TT Pe Pr #„_8 go sp |! 80 |z0 Pie} so|l„,.58 8:2 |808 | 862 |&3 33 33 |E3 388 5821263 SEE | E28 | 2,8 183 158 23 188 [3:2 |338 522 SER | BES | SCE Se Sg Balss Ass l8sl2cr BEER EC ESFECBIE BEE SEE i 2% | 6% [62% 10% 86|1|15 | 0% 8 | 76% 59%, 1586%,155%166%,|85%|8% | 0% 0% 15 | 6% 50%, |81%, 132 146% 2,81% | 0% | 0% so | 40% | 32% |16%|12%, 128%, 170%,|73% | 0% | 0% sn ee er | 0% | 0 9. Versuchsreihe, Trifolium incarnatum. Keimfähigkeit des exsieeatortrockenen (30 Tage) Materials = 96 %,. Pn=7-] < o|80| 30 o o ol._® SEE | 2.8 | 508 | BO |38 |32 |? |,80 1,80 863 was 505 202 23 28 [22 23 358 s:3 223 s:5 |=82 Sr |ar an |5r |)SE3 985 | 358 ga sea | STE |38 |Be |S8 As Sielödel2ose EEru ESCHE SEE FaE EEE BEE E 52205 ı | 804 | 7% Tale 10, 85%, |8r% 21, | 0% 8 75% 7% 782%1|60%|67%18%)8% | 0% | 0% 15 4, 7% 156%158%]62%,]81%,|80% | 0% | 0% 30 61% 60% 7499, 146%, 154%, | 779,1 76%, | 0% | 0% 48 4% | 20% 1250,20 la |2,|6, | 0% | 0% Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 87 10. Versuchsreihe. Helianthus annuus (ungeschält). Keimfähigkeit des exsiceatortrockenen (42 Tage) Materials = 94 /,. Bd |. < o |3o |30 |.o s„ol,: FE 5a [nes |3e5 3. 2.2: 8. 1. :\28- 388 EEE SEHEN FEHBEBFOEHBSEB SEHEN i 78%, | 700, 729,699, |78%,1809,198%, 719, | 0% s je | 6%, Torre sr | 0% | 0% | 0% 8 | 58%, 235% 140941429168, 139,18 | 0% | 0% 15 ] 49%, 39%, |299,126%,152%,178%,|80% | 0% | 0% Eu EA EEE TARTAEZACZIETI LET a | 8% ar Tonfonforjon er | 0% | 0% Die letzten 4 Versuchsreihen zeigen, daß die einzelnen chemischen Agentien mit der steigenden Temperatur schädigender auf die Objekte einwirkten. Amylalkohol von 100° C wirkte weniger nachteilig als Chloroform und Äthylalkohol bei dieser Temperatur. Paraffnöl von 100° C und dieselbe Trockentemperatur riefen die gleiche Wirkung hervor, die Schädigung war in diesem Fall verhältnismäßig gering. Siedender Amylalkohol wurde nicht vertragen, doch ergaben Kontroll- versuche an Helianthus und Sinapis, daß auch die Trockentemperatur von 137° CO in ganz kurzer Zeit tödlich") wirkte und der Temperatur- höhe also bei Einwirkung des siedenden Amylalkohols wohl die Haupt- schädigung zuzuschreiben sein dürfte Aus den letzten drei Tabellen geht ferner hervor, daß die Trockentemperatur von 120° C bedeutend schädigender als die von 100° C wirkte. An den Samen resp. Früchten, die den Versuchen unterworfen gewesen waren, konnte noch verschiedenes Bemerkenswerte beobachtet werden. Sie quollen in Wasser genau so wie das Kontrollmaterial, ganz gleich, wie lange sie den Versuchen ausgesetzt gewesen waren. Auf diesem Wege konnten lebende und abgetötete Objekte nicht unter- schieden werden. Doch zeigte sich bald nach Einbringen in die Keim- schalen ein Unterschied zwischen lebendem und totem Material, da letzteres schnell breiig wurde und in Fäulnis überging. Die Dauer der Versuche übte auch ihren Einfluß auf die Keim- dauer der untersuchten Objekte aus. Je länger die Versuche ausge- 1) Schon eine Trockentemparatur von 120° C führte, wie aus den Tabellen ersichtlich ist, bald den Tod herbei. 88 W. Schubert, dehnt gewesen waren, desto länger dauerte es auch, bis eine ganze untersuchte Probe die Keimung absolviert hatte, .desto länger auch bis das einzelne Samenindividuum sein Würzelchen hervorgestreckt und “seine Keimblätter entfaltet hatte. Unter normalen Bedingungen war der größte Teil der Samen resp. Früchte bereits nach 2 bis 4 Tagen ausgekeimt, und die gesamte Keimung nach ca. 8 Tagen völlig abgeschlossen. Nach längerer Be- handlung der Objekte dagegen wurden zunächst die ersten Anzeiehen der Keimung weit hinausgeschoben, und auch die Gesamtkeimungs- dauer des einzelnen Individuums wesentlich verlängert. So brauchten z. B. die einzelnen Samen von Sinapis alba, die einer 48 stündigen Einwirkung von Amylalkohol bei 100° C ausgesetzt gewesen waren und normal 1 Tag zu ihrer Auskeimung!) brauchten, nach dieser Behandlung 8 bis 10 Tage dazu. Die ersten Anzeichen von Keimung dieser untersuchten Samenprobe trat erst nach 16 Tagen auf, so daß ich schon nahe daran gewesen war die Objekte für tot zu erklären, wenn wich nicht ihr gutes Aussehen immer wieder davon abgehalten hätte. Die letzten Samen dieser Probe keimten erst nach -34 Tagen aus, hatten also eine ganz erhebliche Verzögerung in ihrer Auskeimungsfähigkeit erfahren. Diese Verzögerungen und Verlängerungen beim Auskeimen waren bei allen Objekten nach länger andauernden Versuchen zu verzeichnen. Sie schwankten je nach Einwirkungszeit, Medium und Untersuchungs- material. Am auffälligsten waren diese Vorgänge bei den Versuchen mit Amylalkohol und da wiederum bei der Einwirkung dieses Mediums auf Sinapis alba (siehe oben angeführtes Beispiel). Neben dem eben behandelten Verhalten zeigten die Objekte noeh andere Erscheinungen, die auf Schädigungen durch die Gifte hindeuteten und bei langer Einwirkung der Agentien ganz besonders bemerkbar waren. Sie fielen bei Eryum und Pisum stark in die Augen, doch auch bei Helianthus, Setaria, Sinapis, und vor allem bei Trifolium zeigten sie sich. Nach längerer Einwirkung der Medien erschienen oft krankhafte, runzelige, dünne und lange Würzelchen, die sich äußerst schwächlich erwiesen, Die Kotyledonen waren dann gewöhnlich stark geschwollen und kamen nicht zur Entfaltung. Das gesamte so aus- sehende Material starb bald nach dem Auskeimen ab. Die angeführten Erscheinungen, die sich beim Auskeimen der Samen und Früchte zeigten, traten sowohl bei Anwendung der Gifte 1) D. h. Hervorstrecken des Würzelchens und Entfsltung der Keimblätter. Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 89 bei Zimmer-!) als auch höherer Temperatur auf. Sie erschienen ebenso, wenn auch nur in geringem Maße, bei den Versuchen mit höheren Trockentemperaturen und Paraffinöl bei 100° 0. Am auffälligsten waren sie nach Einwirkung der Agentien bei höheren Temperaturen. Durch die Keimverzögerung wurde der Aufenthalt der Unter- suchungsobjekte in den Keimschalen bedeutend verlängert. Die Samen und Früchte fielen dann leicht Pilzinfektionen zum Opfer. Diese zeigten sich besonders oft und leicht an Pisum, Ervum und ungeschälten Früchten von Helienthus, während geschälte Helianthusfrüchte beson- ders durch ein Bakterium von blaugrüner Farbe zu leiden hatten. Sinapis und Trifolium zeigten nur äußerst selten derartige Infektionen. Zur Vermeidung solcher Schädigungen durch Pilze und Bakterien wurden die Objekte, welche nach längerer Versuchsdauer leicht Infek- tionen anheimfielen in Erde zur Keimung gebracht, obwohl diese Me- thode einem Auskeimen auf Fließpapier in Keimschalen an Übersicht- lichkeit nachstand. Beim Eindunsten der Chemikalien, in denen sich die Objekte bei Zimmer- und höherer Temperatur befunden hatten, blieb besonders im letztgenannten Falle ein schwach gelblicher Rückstand. fettartiger Natur in den Glasgefäßen zurück. Dieser Rückstand war zum Teil in Äther löslich. Wurde der Äther, der solchen Rückstand gelöst enthielt, auf einem sauberen, trockenen Uhrschälehen verdunstet, so hinterließ er eine deutlich sichtbare Fettschieht. Der Rückstand nahm mit dem längeren Aufenthalte in den Agentien zu und war besonders bei den stark ölhaltigen Samen auffällig. Um derartige Stoffe herauslösen zu können, müssen die Agentien in die Objekte eindringen. Sie müssen zu diesem Zwecke die Mem- branen und Schalen der Untersuchungsobjekte passieren. Die Aufgabe der folgenden Versuche ist es nun, das Eindringen der Medien und das damit verbundene Herauslösen von Stoffen näher zu untersuchen und zu entscheiden, worauf eigentlich die Resistenz verschiedener Samen und Früchte gegenüber den angewandten Agentien beruht. Die Fragen, die hierfür in Betracht kommen, sind bereits in der Einleitung ange- führt. Es handelt sich darum, zu untersuchen, ob die Objekte, in welche die Gifte eingedrungen sind, noch Leben zeigen, ob also der Protoplast befähigt ist, die Einwirkung der Medien eine gewisse Zeit ungeschädigt zu vertragen, oder ob die Resistenz des Untersuchungs- 2) Vgl. Kurzwelly, Jahrb. £. wissenschaftl. Bot,, 1903, Bd. XXXVII, pag. 291841. 90 W. Schubert, materials darauf beruht, daß Schalen oder Membranen die Agentien nicht eindringen lassen. Ferner soll im folgenden entschieden werden, ob der Tod der Objekte speziell durch das Eindringen der Giftstoffe bewirkt wird oder eine Folge des Herauslösens von Stoffen ist. Die ersten Versuche wurden mit geschälten Samen von Pisum sativum und Trifolium incarnatum ausgeführt. Pisum wurde der Ein- wirkung von Chloroform, Trifolium von Äthylalkohol ausgesetzt. Während die ungeschälten Objekte den Medien sehr lange Widerstand leisteten, zeigten die geschälten Samen bereits nach 24stündigem Aufenthalt in . den Agentien (bei Zimmertemperatur) keine Keimung mehr. Trifolium war außerdem nebenbei 1 Stunde mit siedendem Alkohol behandelt worden und hatte auch dadurch den Tod gefunden. Die ungeschälten Samen von Pisum und Trifolium zeigten im Vergleich zum Kontroll- material nach 24stündigem Aufenthalt in den Medien absolut keine Schädigung und keimten zu 87°/, resp. 94°/, aus. Auch Samen von Trifolium, die ungeschält der Einwirkung von siedendem Alkohol aus- gesetzt gewesen waren, keimten nach Istündiger Einwirkungsdauer dieses Agens noch zu 77%. Aus diesen an Trifolium und Pisum angestellten Untersuchungen geht hervor, daß die Samenschale den beiden Objekten außerordentlich großen Schutz gegenüber chemischen Stoffen gewährt und wohl in der Hauptsache die Resistenz gegen diese giftigen Medien bedingt. 11. Versuchsreihe. Helianthus annuus. (Fruchtschale entfernt.) Keimfähigkeit des exsieeatortrockenen (36 Tage) Materials = 98 '),. „aeg | 3 o leo leo lol, % o 3 saa [353 [385 8,82 35 |E. Ess Eee 558 Ada |@ 5 |ad |E5 SEE 5aeneg 1 72%, 71%, 64°, 63°, | 76%, 90%, 1% %, 169%, 0% 3 66%, 58°, 53%,|50°%,169%, 187%, | 84° 0%, 0% 8 50%, | 10%, 133%, 81%, |6a9, 859, [80% | 0% | 0% 15 | 38%, 29°, 19 %/,117%,1509%%,180%, 178%, 0% 0% 30 | 8% [an | 9%] 5%]30%|70%| 65% | 0% | 0% sw | 1% | 0% [on or| 0% 5er | 0% | 0% 1) Ähnliche Versuche führte bereits Kurzwelly an Pisum sativum und Triticum satiyum mit Chloroform aus. Siehe Jahrb. f. wissensch. Bot, 1908, Bd. XXXYII, pag. 315. Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen usw. gl Wie bereits in der Einleitung erwähnt, hat Kurzwelly für He- kanthus annuus die Bedeutung der Fruchtschale konstatiert, indem er verschiedene Agentien auf geschälte und ungeschälte Früchte einwirken ließ. Als Parallele zu diesen Zimmertemperaturversuchen setzte ich geschälte Helianthusfrüchte denselben Einwirkungen hei höherer Tem- peratur aus, die auf ungeschälte Früchte von Helianthns angewandt worden waren (vgl. p. 87). Ein Vergleich zwischen der 10. und 11. Versuchsreihe zeigt, daß der Fruchtschale bei höherer- ebenso wie Zimmertemperatur eine ge- wisse Bedeutung für die Resistenz gegen giftige Medien zukommt. Die geschälten Objekte sind den Giften gegenüber empfindlicher als die un- geschälten. Höheren Trockentempersturen und Paraffinöl gegenüber verhielten sich geschälte und ungeschälte Früchte gleich. Die Versuche Kurzwellys’) hatten ergeben, daß der Ölverlust von Helianthusfrüchten in Äther am stärksten war. Daher wurden von mir zunächst einige Untersuchungen mit diesem Medium ausgeführt. Die geschälten Früchte wurden teils in intaktem, teils in nichtintaktem Zustande der Einwirkung des Agens ausgesetzt. Zu jedem Versuche wurden 100 Stück verwendet. Diese Anzahl war hinsichtlich der Äther- menge, in welche die Früchte eingelegt wurden, äußerst gering. Es war ausgeschlossen, daß sich der Äther mit Öl sättigen und das Her- auslösen einstellen konnte. Es ergab sich nun, daß diejenigen Objekte, deren Samenhäutchen (ein dünnes Häutchen, das den Samen der He- lianthusfrüchte kontinuierlich umgibt) verletzt oder irgendwie unter- brochen waren, in Kürze dem Tode verfielen. Das Öl war in kurzer Zeit durch den eindringenden Äther herausgelöst und die Objekte ab- getötet. Am schnellsten verschwand das Öl aus den Früchten, die eines Cotyledo beraubt in Äther eingebracht worden waren. Nach 4 bis 5 Tagen war sämtliches Öl aus den Früchten herausgelöst, die sich als abgestorben erwiesen. Etwas, aber auch nur wenige Tage, länger dauerte der erwähnte Vorgang bei mehrfach angestochenen Früchten und solchen, von denen das Samenhäuteben vorsichtig entfernt worden war. Das andere Hundert Helianthusfrüchte, das sich aus lauter in- takten Früchten zusammensetzte, blieb 5 Monate in Äther. Nach dieser Zeit wurde das Agens auf übliche Weise abdunsten lassen und das Material darnach näher untersucht. Dabei ergab sich, das von den 100 Objekten 81 ganz oder nahezu ölfrei waren, die übrigen 19 da- gegen anscheinend noch ihren vollen Ölgehalt besaßen. Erwähnt sei, 1) Kurzwelly, Jahrb. f. wissensch. Bot., 1903, Bd. XXXVIN, pag. 315-3186, 92 . W. Schubert, daß von den 81 ölfreien Früchten allerdings 8 noch ganz minimale Spuren von Öl zeigten, und von den 19 ölhaltigen Objekten zwei den Eindruck machten, als ob sie bereits etwas Öl verloren hätten. In erstgenanntem Falle war aber der Ölgehalt, in letztgenanntem der Öl- verlust zu gering, als daß ihm Bedeutung zuzuschreiben sein dürfte. Die Ölhaltigen und ölfreien Früchte zeigten schon äußerlich die markantesten Unterschiede. Erstere sahen gelblichbraun aus und ver- hielten sich beim Schneiden wie eine weiche von Fett durchtränkte Masse. Nach dem Zerdrücken und Zerreiben im Mörser lieferten sie eine fettige Masse, die, in alkoholische Sudanlösung gebracht, unter dem Mikroskop zahllose rotgefärbte Öltropfen zeigte. Die ölfreien Ob- jekte waren von weilier Farbe und sahen trocken aus. Beim Schneiden erwiesen sie sich als verhältnismäßig hart und bafteten nicht am Messer. . In der Reibschale konnten sie zu einer weißen, pulverartigen Masse zerrieben werden, die nach Zusatz von Sudanlösung keine rotgefärbten Öltröpfehen zeigte. Zu den eben angeführten Untersuchungen über den Ölgehalt wurden nicht die ganzen Früchte, sondern von jedem Objekt nur ein Stück, das von den Cotyledonen abgeschnitten wurde, verwendet. Be- vor die abgeschnittenen Stücke in den Reibschalen zerrieben wurden, wurden zunächst noch einige dünne Schnitte mit dem Rasiermesser angefertigt und diese auf den Ölgehalt -geprüft. Zu diesem Zwecke kamen die Schnitte in Uhrgläschen, die alkoholische Sudanlösung ent- hielten. Für jedes einzelne Objekt stand ein besonderes Schälchen zur Verfügung. Die Schälchen waren, um dem Verdunsten des Alkohols und dem damit verbundenen Ausfallen des Sudans vorzubeugen, zu- gedeckt. Nach ca. 1stündigem Aufenthalt in der Sudanlösung wurden die Schnitte in einem Wassertropfen unter das Mikroskop gebracht. Hierbei. zeigte sich dasselbe, was bereits an dem zerriebenen Material konstatiert worden war, 81 Früchte hatten ihr Öl verloren, 19 zeigten noch reichen Ölgehalt. Einige von den ölfreien Objekten wurden dann noch an ver- schiedenen Stadien der Cotyledonen auf Öl untersucht, aber auch im Innersten derselben war keine Spur von Öl zu finden. Nachdem die Untersachangen auf Ölgehalt zu Ende geführt waren, wurden sämtliche Objekte in Keimschalen eingebracht. Das fehlende Stück Cotyledo bildete kein Keimungshindernis, da exsiceater- trockene Helianthusfrüchte, denen ebenfalls ein Stück Cotyledo abge- schnitten war, alle keimten. Die noch ölhaltigen Samen wurden von Über die Resistenz exsiceatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 95 den ölfreien dadurch unterschieden, das feine Glasnädelchen in die Ob-. jekte eingeführt wurden, Bereits nach Verlauf von 1—2 Tagen zeigten die noch ölhaltigen Objekte Keimung, die ölfreien aber kamen auch nach langer Zeit nicht dazu, sondern fielen bald Bakterien zum Opfer. Aus all diesen Untersuchungen geht ohne weiteres hervor, daß die Membran, welche die Samen von Helianthus umgibt, in intaktem Zustande für die angewandten Chemikalien nur langsam oder erst nach längerer Zeit durchlässig wird. Der Schutz, den die Fruchtschale den Objekten gewährt, ist bei einem Vergleich der 10. und 11. Versuchs- reihe verhältnismäßig immerhin nur gering. Der Löwenanteil an der Erhaltung der Resistenz der Helianthusfrüchte scheint vielmehr der dünnen Samenschale zuzukommen. Wird diese Schutzhülle entfernt oder durchstochen, wird sie also an irgend einer Stelle unterbrochen, so dringen die Agentien bald ein, lösen das Öl heraus und töten das Untersuchungsmaterial ab. Sobald die Agentien im Innern der Objekte reichlich angelangt sind, ist auch der Tod der letzteren eingetreten. Die Widerstandskraft, welche die Membran den Medien entgegen- setzt, muß bei den einzelnen Individuen verschieden sein, denn nur so ist es erklärlich, daß der eine Same dem Tode eher anheimfällt als der andere. Bei genügend langer Einwirkung dürften bei Helianthus wohl in allen Fällen die Agentien durch die Membran dringen und die Ob- jekte abtöten. Das dünne Samenhänfchen stellt demnach für die an- gewandten giftigen Medien keine völlig impermeable, sondern nur eine schwer permeable Membran dar. Es gibt aber auch solche Samen, deren Schalen in intaktem Zustande den Agentien den Eintritt niemals oder erst nach außerordentlich langer Zeit gestatten. Als Beispiel hier- für seien Trifolium incarnatum, Sinapis alba und vor allem Lepidium sativum angeführt. Diese Samen widerstehen in intaktem Zustande den Giften jahrelaug, gehen aber, wenn sie geschält oder angestochen den Medien ausgesetzt, werden, in kürzester Zeit zugrunde. Eine weitere Bestätigung dafür, daß die Agentien nicht in alle Objekte einer Probe gleichzeitig eindriogen, und diejenigen Individuen, in die sie gentigend eindrangen, abgetötet sind, geben die folgenden Versuche. Diese wurden mit geschälten Früchten von Helianthus und ungeschälten Samen von Sinapis alba ausgeführt. Von jedem der Untersuchungsobjekte wurden 6 Proben ä 25 Stück untersucht. Sie wurden allesamt 8 Stunden lang der Einwirkung von siedendem Alkohol ausgesetzt. Je 3 Proben wurden nach dieser Be- handlung wie gewöhnlich einige Tage bei 83° C zur Ahdunstung des 94 W. Schubert, Mediums aufbewahrt. Darnach wurden sie in günstige Bedingungen versetzt und zur Keimung gebracht. Es keimten im Mittel von He- Hanthus 43°/,, von Sinapis 61°/, aus. Die übrigen Proben wurden anders behandelt. Sie wurden nur kurze Zeit abdunsten lassen, so daß wohl der außen anhaftende Al- kohol, nicht aber der im Innern der Objekte befindliche verdunsten konnte. Darnach wurden diese Samen, jedes einzeine Individuum für sich, angequellt und zur Keimung gebracht. Es zeigte sich auch hier im großen ganzen derselbe Keimprozentsatz, wie bei den Objekten, die längere Zeit bei 33° C gelegen hatten, ehe sie ausgekeimt wurden. Würde der Alkohol gleichzeitig in alle Samen und Früchte ein- dringen und dieselben gleichmäßig erfüllen, dann hätten hier sämtliche Objekte beim Anquellen und im Keimbett sterben müssen, da durch den Hinzutritt von Wasser zu dem Alkohol wässerige Lösungen dieses Mediums entstehen, die nach den Untersuchungen Kurzwellys!) in kurzer Zeit tödlich wirken. Die Keimprozente beliefen sich bei diesen Versuchen bei He- lianthus auf 35°,,, bei Sinapis auf 53°),. Sie waren also etwas niedriger als die obigen Prozentsätze. Dies läßt sich vielleicht so erklären, daß hier bei einigen Objekten der Alkohol in geringem Grade eingedrungen war, aber noch nicht getötet hatte. Beim Angquellen wirkte dieser Al- kohol durch den Wasserzutritt tödlich. Bei den ersten Versuchen waren derartige Samen und Früchte durch das längere Abdunsten bei 38° C gerettet worden, und es hatten sich somit höhere Keimungsprozentsätze ergeben. j Die nächsten Versuche dienten dazu, das Eindringen der Medien in die Objekte zu beobachten und zu entscheiden, ob das Herauslösen von Stoffen aus den Zellen irgend welchen Einfluß auf die Abnahme der Resistenz des betreffenden Organismus hat. Nach den früheren Versuchen war es sehr wahrscheinlich, daß das Herauslösen des Öls aus den Helianthusfrüchten den Tod derselben bedingt hatte, da die Früchte sämtlich abgetötet waren, nachdem sie ihr Öl verloren hatten. Zum Nachweis des Eindringens der Medien in die Objekte wurde Alkohol benutzt, der mit exsiceatortrockenem Sudan versetzt wurde, so daß eine ca. 3°/,ige Lösung entstand. Beim Eindringen des Alkohols wurde das Öl der Samen rot gefärbt und zeigte so den Weg, den das Medium eingeschlagen hatte. 1) Kurzwelly, Jahrb. £. wissensch. Bot., 1908, Bd. XXXVIH, pag. 809-311. Über die Resistenz exsiecatortrockener pflanzlicher Organismen. usw. 95 Das Eindringen des Agens und damit zugleich das Herauslösen des Öls geht von der Peripherie aus und schreitet nach innen vorwärts. Die Rotfärbung ließ sich schon makroskopisch sehr gut an den Ob- jekten und an Schnitten durch dieselben erkennen. Die verwandte Menge von Sudanlösung war bei diesem Versuch im Verhältnis zur Anzahl der darin liegenden Helianthusfrüchte sehr klein. Die Lösung sättigte sich daher bald mit Öl, und dasselbe wurde nicht mehr heraus- gelöst, sondern verblieb im Zellinnern, wo es durch das eindringende Sudan gefärbt wurde. ‚Trotzdem nun diese Samen ihr Öl zum größten Teil noch enthielten, keimten sie, nachdem das Medium abgedunstet war, doch nicht mehr aus. Demnach scheint das Öl und damit die Reservestoffe für eine Widerstandsfähigkeit der Objekte gegen Gift nicht allein in Frage zu kommen. Es scheint vielmehr so zu sein, daß der Zellprotoplast durch das eindringende Medium abgetötet wird und das Herauslösen des Öls nur eine Erscheinung ist, die mit dem Eindringen des Agens Hand in Hand geht. Die eben besprochenen Tatsachen wurden an geschälten Helianthus- früchten beobachtet, die ca. 5 Monate der Einwirkung von alkoho- lischer Sudanlösung ausgesetzt gewesen waren. Sie waren fast alle durchgängig rot gefärbt und tot. Neben diesen Objekten, die in der Überzahl waren, befanden sich einige, in die das Medium trotz des fünfmonatigen Aufenthaltes darin noch nicht eingedrungen war, oder die nur in den äußersten Zellschichten eine schwache Färbung auf- wiesen. Diese konnten alle zur Keimung gebracht werden, da das Medium in diesen Fällen noch nicht bis zum embryonalen Gewebe vorgedrungen war und dieses folglich noch nicht getötet hatte. Samen mit absichtlich verletzter Membran und solche, die nur einen Cotyledo besaßen, wurden in der erwähnten Sudanlösung in kurzer Zeit durchgängig gefärbt und erwiesen sich als tot. Ab und zu kam es auch vor, daß Objekte, die für intakt gehalten worden waren, nach kurzer Zeit an ihrer Oberfläche Färbungen in Gestalt von feinen roten Pünktchen und Strichen zeigten. Bei näherem Zusehen stellten sich an diesen Stellen feine Verletzungen der Samenschale heraus, wodurch dem Medium der Eintritt in die Objekte erleichtert wurde. Derartige Verletzungen konnten sehr leicht beim Abschälen der Fruchtschale entstanden sein. Solche Samen wiesen dann auch bionen kurzem im Inneren Rotfärbungen auf und waren bald dem Tode verfallen. 96 . W. Schubert, Ausschlaggebend für die Ansicht, daß der Tod durch das ein- dringende Gift, nicht aber durch das Herauslösen von Reservestoffen hervorgerufen wird, waren vor allem die folgenden Versuche. Diese kamen mit öl- resp. fetthaltigen und fettarmen Samen zur Ausführung. Es wurden hierzu geschälte, exsiccatortrockene Samen resp. Früchte von Helianthus annuus, Trifolium incarnatum und Pisum sativum be- nutzt. Die Objekte wurden einerseits reinem, absolutem Alkohol, an- dererseits Alkohol, der mit den in ihm löslichen Reservestoffen des jeweiligen Untersuchungsmaterials gesättigt war,. ausgesetzt. Für He- Hanthus wurden dieselben Versuche außerdem mit Äther ausgeführt. Um den Medien, die in die Helianthusfrüchte ziemlich langsam eindringen, das Eindringen zu erleichtern, wurde den Früchten ein Stück von den Cotyledonen abgeschnitten. Bei Pisum und Trifolium war eine derartige Operation nicht nötig, da die Medien nach früher angestellten Untersuchungen sehr leicht in diese geschälten Objekte eindringen (vgl. pag. 90). Die Anwendung der reinen, wie der reservestoffgesättigten Medien erfolgte auf zweierlei Weise. Für die einen Versuche wurden die Ob- jekte einer im Vergleich zu ihrer Zahl sehr großen Flüssigkeitsmenge ausgesetzt, für die anderen gerade nur mit Flüssigkeit überdeckt, Die Versuche wurden in Glasstopfenflaschen vorgenommen. Diese Flaschen fanden sämtlich bei gleicher, konstanter Temperatur in Ex- siecatoren Aufnahme. Für die Versuche mit Pisum wurde dem reserve- stoffgesättigtem Alkohol ca. 2°%/, Lecithin zugesetzt. Leeithin ist in ziemlicher Menge in Alkohol löslich. Pisum ent- hält in der Regel bis ca. 1,25°/, Leeithin. Durch den Leeithinzusatz zu dem Alkohol sollte ein Herauslösen des Leeithins vermieden werden, da beim Eindringen des Alkohols nunmehr außen und innen ungefähr gleiche Lösungen von Leeithin entstanden. Das Leeithin wurde vor der Lösung in Alkohol zu dünnen Platten auf Glastäfelchen ausgestrichen und im Exsiecator getrocknet. Zur Lösung wurden dann direkt diese Leeithinplättchen in den Alkohol gebracht. Das Ausziehen der Reservestoffe aus den Samen mußte bei der- selben Temperatur vorgenommen werden, bei der später die Aufstellung der Versuchsflaschen erfolgen sollte, da ja die Medien bei verschiedener Temperatur verschieden große Mengen lösen. Es wurde zu diesem Zwecke ein Ort mit konstanter Temperatur ausgewählt, wie- ihn das im Institut vorhandene Wärmezimmer darbot. Über die Resistenz exsiccatortroekener pflanzlicher Organismen usw. 97 12. Versuchsreihe. Hängt die Abnahme der Resistenz und der eintretende Tod von Samen und Früchten in Giftstolfen mit dem Herauslösen von Reservestoffen durch letztere zusammen? i edium [Aussehen der Aufenthaltsdauer im Medium Objekte nach dem Tode weiß, alles Öl ausgelöst igelblich-weiß, nicht alies Öl Früchte in ca. 30 com Alkohol resp. Äther 46 resp. 40%, /dresp. 6°, 0%, Früchte gerade kan 42 vesp. 39%, Br. 11%, 0%, ron Alkohol resp. Ätheı ausgelöst Helianthus Früchte in ca. 300 ccm] gelblichbraun, ” ölgesättigtem Alkohol |45 resp. 44%/,\6resp.5°/,| O°/, [vollständiger Feimfihigkeit resp. Äther Ölgehalt ee Früchte gerade bede 10%, [rn ölgesättigtem Alko-|38 resp. 41 %/,|7resp.4%/,| 0% do. hol resp. Äther Früchte gerade bedeckt on übersättigtem (Öl .. 0 r R . zum Teil ausgefallen) |? ep 42% dresp. 8%) 0% do Alkohol resp. Äther kein Unter- Samen gerade bedeckt % ® ° ‚chied von Alkohol % 0% [0% Irische Samen Pisum sativum: ri rad esrna e von re- (Keimfähigkeit Bervestoffzesättigtem AL 0% 0%, 10% do. der Kontroll- kohol bedeckt objekte _ - gi = 79%) |Bamen von a gesättigtem Alkoho! o & 08 do. 2%, Lecitbin gerade % 0% h “ bedeckt Trifolium in- [Samen gerad: al- gerade von 6, 0° 0% do. eamatum: kohol bedeckt a Ba (Keimfähigkeit der Kontrol]- | Samen gerade. von re- 0 boy d ohjekte servestoffgesättigtem 0% 0% h 9 Buch Alkohol bedeckt Um die Medien mit löslichen Reservestoffen zu sättigen, wurde folgender Weg eingeschlagen. Die Früchte resp. Samen wurden fein ge- mahlen, und das Mehl im Exsiccator getroeknet. Bei Trifolium geschah das Trocknen des Mehles durch längeren Aufenthalt bei 100° C. Waren die gemahlenen Objekte trocken, so wurden sie in die Medien gebracht und längere Zeit darin gelassen. Es bedurfte einer ziemlich großen Menge Mehl, um nur eine geringe Flüssigkeitsmenge mit Beservestoffen zu sättigen. Die Agentien wurden dann mit trockener Pipette vor. Flora, Bd, 100, 7 98 W., Schubert, sichtig über dem Mehl abgehoben und in trockene Flaschen gebracht. Hier wurde soviel von den Medien abdunsten lassen bis eben eine Trübung eintreten wollte, die Agentien also gesättigt waren. Nun wurden die Flaschen mit gutschließenden Glasstopfen, die zum Überflüsse noch mit einer Spur Vaseline eingefettet waren, ver- schlossen. Auf diese Weise wurde jeder weiteren Verdunstung der Medien vorgebeugt. Die Ausführung der Versuche zerfällt in mehrere Abteilungen, in denen je 25 Objekte unterscht wurden. Jeder einzelne Versuch wurde dreimal ausgeführt und das Mittel daraus gezogen. Die Versuchs- anstellung ist leicht aus der vorstehenden Tabelle ersichtlich. Nach all den angestellten Untersuchungen ist es kaum anzu- zweifeln, daß die Resistenz der untersuchten Samen gegenüber Giften auf der Schwerdurchlässigkeit der Samenhüllen beruht, da der Tod in Kürze eintritt, wenn die Medien ungehindert in das Innere der Objekte eindringen können. Der Tod ist aber nach den zuletzt angestellten Versuchen nicht die Folge des Herauslösens von Reservestoffen. Er tritt auch ein, wenn dies Herauslösen unmöglich gemacht ist, und wird somit im wesentlichen durch die Wirkung des eingedrungenen Giftes hervorgerufen. B. Versuche mit Schimmelpilzen, Hefe und Bakterien. Die Versuche mit Mikroorganismen wurden von denselben Ge- sichtspunkten aus unternommen, wie die mit Samen und Früchten an- gestellten Untersuchungen. Doch erforderte hier die Gefahr einer In- fektion größte Sorgfalt und Aufmerksamkeit, um falschen Resultaten vorzubeugen. Es mußte daher vor allem bei sämtlichen Versuchen peinlichst steril gearbeitet werden. An Pilzen standen Phycomyces nitens, Aspergillus niger und Bo- tıytis einerea in Reinkulturen zur Verfügung. Penieillium glaucam wurde von neuem isoliert, Da für die Versuche größere Mengen von Pilzsporen nötig waren, wurden die Pilze auf Brot gezüchtet, das mit schwach saurer, ca. 5°/,iger Zuckerlösung geträukt und fraktioniert sterilisiert worden war. Von diesen Kulturen wurde das Material, sobald volles Wachstum und reich- liche Sporenbildung eingetreten war, abgeermtet. Die Sporen von Penieillium und Aspergillus wurden auf sterile Fließpapierstreifchen, die mit steriler Pinzette über die Kulturen hin- gezogen wurden, aufgeschmiert. Bei Phycomyces dagegen wurde der Pilzrasen einfach mit steriler Schere abgeschnitten und in kleinen Über die Resistenz exsiceatortrockener pflanzlicher Organismen usw. HB] Portionen in sterile Fließpapierkapseln eingepackt. Beim Abernten von Botrytis wurde ähnlich verfahren. Die so mit Untersuchungsmaterial beschickten Kapseln und Streifchen wurden in sterilen Schalen im Ex- siecator getrocknet. Sobald die Objekte exsiccatortrocken waren, wurden sie nach vor- heriger Prüfung auf ibre Keimfähigkeit zu den einzelnen Versuchen verwandt. Für die Untersuchungen bei Zimmertemperatur wurde das Material einfach in die Medien eingelegt. Nach Beendigung des jeweiligen Ver- suches fanden die Objekte in einem sterilen, beiderseits mit Watte- pfropfen verschlossenem Glasrohr Aufnahme. In diesem wurden sie so lange unter Lichtabschluß bei ca. 33° © aufbewahrt bis die Agentien völlig verdunstet waren. Hierauf erfolgte dann das Übertragen dieser mit Giftstoffen behandelten Pilzporen in sterile Nährlösung. Letztere fand zur Auskeimung der Sporen bei ca. 25° C im Dunkeln Auf- stellung. Wurde die Einwirkung der Gifte bei höheren Temperaturen unter- sucht, so kamen die Agentien samt Untersuchungsobjekten in sterile Erlenmeyer, die auf die übliche Weise an Steigrohren befestigt und im Wasserbade erhitzt wurden. Nach Abschluß eines jeden Versuches wurde die Übergangsstelle von Erlenmeyer und Steigrohr mit einer Flamme abgeglüht, der Erlenmeyer abgenommen, das betreffende Agens vorsichtig und schnell abgegossen, und der Erlenmeyer mit bereit- gehaltenem sterilen Wattepfropf verschlossen. Die mit Pilzsporen be- hafteten Fließpapierstreifen oder Kapseln, die in den Erlenmeyern zurück- blieben, wurden in diesen Gefäßen auf die übliche Weise hei 33° 6 zum Abdunsten der Medien aufgestellt und darauf direkt mit steriler Nährlösung beschickt. Bei Versuchen mit Alkohol und Chloroform bei 100° C wurden die zugeschmolzenen Röhren nach Beendigung der Untersuchungen ge- öffnet, die Objekte aus den Agentien herausgenommen und in sterilen Glasröhren getrocknet. Dann wurden sie in Nährlösung übergeführt. Die Nährlösung bestand für die Pilzkulturen aus !/,%, Fleisch- extrakt 43%, Zucker und reagierte schwach sauer. Das Überimpfen von den Reinkulturen auf die Brotkulturen, das Abernten von letzteren, das Übertragen in die Agentien, das Entnehmen aus diesen, das Einbringen in Nährlösung usw. orfolgte in einem sterilen Dampfkasten, wie er von Kurzweliy!) beschrieben wurde. 1) Kurzwelly, Jahr, f. wissensch, Bot, 1908, Bd. XXXYIT, par, 305. gr 100 W. Schubert, Da es sich bei diesen Versuchen mit Pilzsporen nur darum han- delte, die Grenze der Resistenz festzustellen, so wurde von quantita- tiven Unterschieden abgesehen, und es genügte die makroskopische Beobachtungsmethode. Ab und zu wurden auch einige mikroskopische Beobachtungen im hängenden Tropfen vorgenommen. Jeder einzelne Versuch wurde zur Vermeidung von Irrtümern mindestens dreimal ausgeführt. Nebenbei lieferten die Beobachtungen im hängenden Tropfen eine Kontrolle für die Richtigkeit der Resultate. Es war von Vorteil den Medien bei längerer Einwirkung nicht nur einen Fließpapierstreifen auszusetzen. sondern immer eine größere Anzahl zu jedem Versuch heranzuziehen. Es zeigte sich, daß bei längerer Einwirkungsdauer der Agentien immer nur wenige Sporen lebensfähig blieben. Oft waren dann auf einem. Fließpapierstreifen sämtliche Sporen tot, während ein anderer noch vereinzelte keimfähige Individuen be- herbergte. Es konnte daher, wenn nur ein Fließpapierstreifen mit Sporen verwandt wurde, leicht geschehen, daß die Pilze für tot erklärt wurden, während eigentlich noch ein kleiner Prozentsatz ihrer Sporen am Leben war, der sich durch größere Resistenz auszeichnete, sich zu- fällig aber an einem anderen Papierstreifen befand. Durch Verwendung vieler Streifen wurde die Möglichkeit: derartig resistente Sporen mitzu- bekommen außerordentlich erhöht. Während aller Versuche überzeugte ich mich durch Kontroll- kulturen, daß die nicht mit Giftstoffen behandelten, exsiceatortrockenen Schimmelpilze unter denselben Bedingungen ein gutes Wachstum zeigten. Die Versuche mit Bakterien und Hefen beschränkten sich im Gegensatz .zu den Untersuchungen an Pilzen, die den verschiedensten Agentien ausgesetzt wurden, einzig und allein auf die Einwirkung von Äthylalkohol, der bei Zimmer- und Siedetemperatur zur Anwendung kam. Mierococeus prodigiosus und Saccharomyces cereyisiae, eine unter- gärige Reinzuchthefe, wurden von Reinkulturen abgeimpft. Bacillus mesenterieus wurde anf andere Weise erlangt. Zur Erlangung reichlichen Untersuchungsmaterials wurde Miero- coceus prodigiosus und die Hefe sowohl in Nährlösung als in Petri- schalen auf Agar-Agar oder Gelatine gezogen. Die Nährlösung bestand für Microcoecus prodigiosus aus 1/,%/, Fleischextrakt —2°/, Pepton und war neutralisiert. Für die Petrischalenkulturen war dieser Nähr- lösung 13/,°/, Agar-Agar zugesetzt, Als Nährlösung für Hefe diente cin Wasserauszug aus gemahlenem Malz. Durch Zusatz von 10% Gelatine wurde daraus ein Nährboden für Kulturen in Petrischalen hergestellt. Über die Resistenz exsiecatortrockener pflanzlicher Organismen usw. 101 Sobald die Kulturen ungefähr das Maximum ihres Wachstums erreicht hatten, wurden sie im sterilen Dampfkasten abgeerntet. Die Petrischalenkulturen wurden zu diesem Zwecke wie Aspergillus und Penicilium auf Fließpapierstreifen aufgeschniert. Beim Abernten aus Nährlösungen wurden sterile Fließpapierstreifen in die Kulturen ein- getaucht. Dann wurde je ein Streifen in einen kleinen, sterilen Erlen- meyer gebracht und in diesem tüchtig durchgeschüttelt, so daß die Bakterien oder Hefen in möglichst feiner Verteilung an die Wände des Gefäßes angeschmiert wurden und auch an den Papierstreifen keine dieken Schichten bilden konnten. Durch dieses Verfahren sollte es vermieden werden, daß dicke Sebichten von Bakterien oder Hefen in eingetrocknetem Zustande den Alkohol nur schwer oder gar nicht in sich eindringen ließen, und so im Innern dieser Lagen befindliche Organismen überhaupt nicht mit dem Medium in Berührung kamen und daher am Leben blieben. Es konnte sonst leicht in diesem Falle von Alkoholresistenz gesprochen werden, während die Objekte gar nieht mit dem Medium zusammen- gekommen waren. Die Ernte aus den Petrischalenkulturen wurde in sterilen Ge- fäßen im Exsiecator getrocknet, dasselbe geschah mit den Erlenmeyern, die den Ertrag der Nährlösungskulturen in sich bargen. Nach eingetretener Trockenheit wurden die Streifen aus den Petri- schalen und Erlenmeyern entnommen und, nachdem sie auf ihre Lebens- kraft geprüft worden waren, in sterile, mit Alkohol beschickte Gefäße gebracht. In diesen wurden sie wie die Pilzsporen, teils bei Zimmer- temperatur im Exsiceator aufbewahrt, teils zum Sieden gebracht. Die Erlenmeyer, deren Wandungen durch das Umschütteln der Streifehen mit Bakterien oder Hefen beschmiert waren, wurden mit Alkohol ge- füllt und ebenso wie die Fließpapierstreifen behandelt. Die Untersuchungsgefäße waren sämtlich mit Wattepfropfen ver- schlossen. Nach Abschluß eines jeden Versuches wurden sie vorsichtig geöffnet und der Alkohol abgegossen. Dann wurden sie schnell wieder mit sterilem Wattebausch verschlossen und fanden zum Abdunsten der Medien bei ca. 33° C Aufstellung. Hierauf wurden sie mit Nährlösung beschiekt und zum Auskeimen bei ca. 25° C im Dunkeln aufgestellt. Aus diesen Kulturen wurde dann sowohl Saccharomyces als auch Miero- coceus prodigiosus noch auf Gelatine- resp. Agarröhrchen übergeinpft. Erst dann wurde der Versuch als gültig angesehen, wenn sowohl in der Nährlösung als in den Röhrchen Wachstum eingetreten war oder ausblieb, Bei Versuchen mit Mieroeoecus prodigiosus war das Über- 102 W. Selubert, impfen auf Agarröhrchen direkt nötig, da die charakteristische rote Farbe desselben nur hier auftrat, in Bouillonkulturen aber verdeckt wurde. Die Bildung des roten Farbstoffes wurde in diesen Fällen als ent- scheidend für die Anwesenheit des Mierococcus prodigiosus angesehen. Zur Erlangung des Bacillus mesentericus und zur Gewinnung reichlichen Sporenmaterials für die Untersuchungen wurde folgender Weg eingeschlagen: Rohe, ungeschälte Kartoffeln wurden in kleine Stücke geschnitten und in einer Kochflasche ca. !/, Stunde lang mit Wasser gekocht. Dann wurde die Flüssigkeit abfiltriert und in einer mit Wattebausch ver- sehlossenen Flasche nachmals ca. 10 Minuten gekocht. Hierauf wurde diese Flasche im Wärmezimmer bei ca. 30° C aufgestellt. Bereits am nächsten Tage zeigte sich in der Flüssigkeit Bakterien- wachstum, und am zweiten Tage war eine deutliche Kahmhaut aus- gebildet. Hiervon auf sterile Kartoffelscheiben abgeimpfte Kulturen zeigten in faltigen, wulstigen Erhebungen das charakteristische Bild des Bacillus mesentericus. In der Flüssigkeit waren inzwischen auch Sporen zu Boden gesunken und hatten sich dort angesammelt. Nach weiteren 2 Tagen wurde die Flasche tüchtig durchgeschüttelt, um das Absetzen der Sporen zu beschleunigen. Dasselbe wurde nach weiteren 2 Tagen abermals wiederholt. Nachdem sich auf diese Weise reichlich Sporen abgesetzt hatten, wurde die darüberstehende Flüssigkeit im sterilen Dampfraum abgegossen und durch steriles Wasser ersetzt. Durch tüch- tiges Schütteln in letzterem wurden die Sporen ausgewaschen und so gut als möglich von den schleimigen Sekreten, die sie bei ihrem Wachs- tum in Kartoffelnährlösung zu umgeben pflegen, befreit. Durch dies Auswaschen sollte es vermieden werden, daß die Schleime in einge- trocknetem Zustande die Sporen fest umschlossen, denn es war denk- bar, daß dadurch dem Alkohol der Zutritt zu den Sporen versperrt und so die Resistenz derselben ermöglicht wurde. Nachdem sich die Sporen nach dem Auswaschen zu Boden ge- setzt hatten, wurde das schleimige Wasser abgegossen und dafür frisches, steriles Wasser zugesetzt. Durch Schütteln wurde dann eine Sporen- aufschwemmung erzielt, und aus dieser das Material abgeerntet. Das Verfahren war dabei dasselbe, wie es bei der Ernte von Micrococeus prodigiosus und Hefe aus Nährlösungen angewandt worden war. Ebenso schloß sich die weitere Behandlung völlig an diese Objekte an. Als Nährlösung, in die das Untersuchungsmaterial nach Schluß der Versuche gebracht wurde, diente beim Bacillus mesentericus eine filtrierte sterile Kartofielabkochung. Ein vierwöchiger Aufenthalt bei Über die Resistenz exsiccatortroekener pflanzlicher Organismen usw. 103 ca 30° C lieferte in den Erlenmeyern, auf welche die sterile Kartoffel- auskochung verteilt war, kein Wachstum und garantierte für die Steri- lität derselben. Zur Kontrolle wurden die Sporen außerdem in allen Fällen auf sterile Kartoffelscheiben geimpft, auf denen sich ja der Bacillus mesenterieus durch ganz typisches Wachstum auszeichnet und daher sicher zu erkennen ist. Nährlösung und Kartoffelscheiben, die mit Sporen geimpft waren, wurden stets bei ca. 30° O aufgestellt. Die Kultur, von welcher der Kartoffelbazillus abgeerntet wurde, war keine Reinkultur im eigentlichen Sinne, da keine Isolierung des Bacillus mesentericus stattgefunden hatte. Es war leicht möglich, daß neben dem Kartoffelbazillus spärlich noch andere Bakterien vorhanden waren. Verschiedene untersuchte Proben hatten allerdings nur die An- wesenheit des Bacillus mesentericus ergeben. Da sich dieser bekannt- lich durch große Resistenz auszeichnet, so war nicht anzunehmen, daß er von einem der event. noch vorhandenen Bakterien an Widerstands- kraft übertroffen und im Wachstum unterdrückt werden würde. Die ersten Versuche wurden mit Pilzsporen und zwar bei Zimmer- temperatur vorgenommen. Sowohl Penieillium glaucum und Aspergillus niger, als auch Phy- comyces nitens keimten nach dreimonatigem Aufenthalt in Amylalkohol, Äther, Äthylalkohol und einem Gemisch der letzten beiden Meilien in Kürze aus. Nebenbei wurden noch einige Versuche mit Botrytis cinerea ange- stellt und dieser verschieden lange Zeit dem Einfluß von Äthylalkohol ausgesetzt. Auch nach 300tägigem Aufenthalt in diesem Medium keimte der Pilz binnen kurzer Zeit aus und zeigte an den Fließpapierstreifen üppiges Wachstum. Die folgenden Tabellen zeigen die Versuche, die mit den Pilz- sporen bei höheren Temperaturen ausgeführt wurden. Die mit siedendem Chloroform *behandelten Aspergillussporen zeigten nach !/,- bis 3 stündiger Einwirkung dieses Mediums noch keine Schädigung, sondern keimten ziemlich schnell aus und gaben darin den Kontrollsporen nichts nach. Nach 4stündiger Einwirkungsdauer machte sich schon eine merkliche Keimverzögerung geltend, die sich bei 6- und 8stündiger Einwirkungszeit noch wesentlich steigerte. Bei der An- wendung von siedendem Äthylalkohohl war kaum irgendwelche Keim- verzögerung nachzuweisen, sondern eg trat plötzlich völlig unvermittelt nach 3stündiger Einwirkung der Tod ein. Amylalkohol wirkte auch hier, wie bei Samen und Früchten, weniger schädlich als Äthylalkohol. Die Sporen zeigten nach 2stündigem Aufenthalt in Amylalkohol von 104 W. Schubert,” 13. Versuchsreihe. Aspergillus niger. Aufenthalt im Exsiecator = 12 Tage. Dauer der | Siedendes Siedender . B Troeken- Einwirkung (61° 0) . (78°C) Amylatkehal Park temperatur in Stunden | Chloroform | Äthylalkohol| YT von von 100° C % + + 1 = + + 1 + + + + + 2 + + + + + 3 + = + + + 4 + 6 + - = + + s | + + 14, Versuchsreihe. Penieillium glaucum. Aufenthalt im Exsiecator = 12 Tage. Dauer der | Siedendes | Siedender n Trocken- Einwirkung (61° 6) (78° ©) Amylaneahel en temperatur in Stunden | Chloroform | Äthylalkohol| ”° von von 100° C 1 - [7 + + + + + ı + 8 + + + + + | + + + + + 8 I + 16 _ _ 100° C Keimverzögerung, erhielten sich aber noch während 3stündiger Einwirkungsdauer dieses Mediums am Leben. Die Einwirkung von Paraffinöl und einer Trockentemperatur von 100° C wurde von den Sporen 8 Stunden vertragen, doch tat sich hier die Schädigung sehon ziemlich zeitig durch Keimverzögerung und spärlicher werdendes Aus- keimen kund. Letzteres konnte schon makroskopisch sehr gut be- obachtet werden. Nach !/,stündiger Einwirkung des Paraffinöls und der Troekentemperatur zeigten die Objekte noch dieselbe Keim- geschwindigkeit wie das unbehandelte Kontrollmaterial. Nach 1 Stunde stellte sich bereits Keimverzögerung ein. Nach 2 Stunden verlang- samte sich das Auskeimen noch mehr und es machte sich auch ein spärlicheres Wachstum geltend. Während sich die Fließspapierstreifen Über die Resistenz exsiccatortrockener pflanzlicher Organismen. usw. 105 sonst sofort mit einer üppigen Pilzkultur überzogen, trat das Wachs- tum jetzt nicht gleichzeitig an allen Stellen, sondern nur an einzelnen Punkten des Fließpapierstreifens ein. Die Keimverzögerung und das spärliche Wachstum erhöhten sich mit der Länge der Einwirkungsdauer ‚immer mehr. Nach Sstündiger Einwirkungszeit war das Wachstum minimal und setzte erst nach vielen (6, 8, ja 10 Tagen) Tagen ein. Ganz Ähnliches wie an Aspergillus niger lieB sich an Penieillium glaucnm beobachten. Doch trat bei letzterem in allen Fällen, wo die Versuche länger als 1 Stunde ausgedehnt wurden, Keimverzögerung ein, wärend an Aspergillus bei Einwirkung von siedendem Äthylalkoho! keine Keimverzögerung zu verzeichnen gewesen war. 15. Versuchsreihe. Phycomyces niteus. Aufenthalt im Exsiecator = 18 Tage. 8 3 o 1380 | „o o |, 3 sa | 8.8 | 5.58 |EI IS |SS | 48o |8s5H S583 © 8 = so1 u. Von Zentrosomen ist auf diesem Sta- dium noch keine Spur zu finden. In einem Falle, wie Fig. 9, ist z.B. die beste Gelegenheit gegeben ein Zentrosom zu beobachten, doch ist ein solches nicht vorhanden. Nach der ersten Teilung der generativen Zeile findet deren zweite Teilung in vier Zellen statt. Noch vor der Kernteilung kann man zu beiden Seiten des Kerns je ein Zentrosom Fig. 8—12. Fig. 8. Der Kern der Antheridium - Mutterzeile teilt sich. — Fig. 9. Der Kern der spermage- nen Zelle teilt sich. — Fig. 10. Sper- mazyten zweiter Ordnung mit zwei Zentrosomen. — Fig. 11. Teilung des primären Spermazyten. — Fig. 12. Spermazyt. Vergr, 1500. erblicken, welchen Fall Fig. 10 illustriert. Diese Figur entspricht den Fig. 4 und 7 von Belajeff (IH, Fig. 7—11 von Shaw, Fig. 14 von Jamanouchi und Fig. 79 von Campbell (I). Shaw nennt diese Zellen Spermatocyten zweiter Ordnung, Belajeff (II) Spermatozoiden- Urmutterzelle, Campbell legt ihnen keine besondere Benennung bei, und spricht einfach von „sperimagenetic cell, before the final division“. Das Hanptinteresse dieses Stadiums besteht im Erscheinen der Zentro- somen oder künftigen Blepharoplasten, deren Ursprung noch immer unklar bleibt. Nur in der Arbeit Ikeno’s (I) über die Spermatogenesis bei Marchantia findet man positive Angaben über die Entstehung der Zentrosomen aus den Kernen der spermagenen Zellen (Fig. 1-3 der Arbeit Ikeno’s). Übrigens bestreitet Escoyez (D), der neueste For- scher der Blepharoplastenbildung, die Ansicht Ikeno’s. Andere Autoren fangen in ihren Beobachtungen mit dem Stadium an, welches in meiner Zeichnung abgebildet ist. Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natans. 125 Diese Spermatide zweiter Ordnung teilt sich in zwei Zellen, wie das in Fig. 11 abgebildet ist. Nach der Teilung bekommt man vier Zellen zu sehen, welche man mit Shaw als Spermatiden bezeichnen kann. Jede von ihnen führt ein Zentrosom, welches später sich in den Blepharoplast verwandelt; in Fig. 12 ist so ein Spermatide gleich nach seiner Entstehung zu sehen. Das darauf folgende Schicksal des Sper- matiden besteht in seiner Verwandlung in den Körper des Spermato- zoiden. Sein Blepharoplast füngt an sich zu verlängern, verschiedene Lagen gegenüber dem Zellkern einnehmend. Die Fig. 13 und 14 stellen die ersten Stadien der Verwandlung des Blepharoplast dar, Fig. 15—-17 zeigen die späteren Änderungen des Spermatiden. Fig. 18 und i9 zeigen den Spermatiden von einer anderen Seite, nämlich den Fig.13—21. Vergr. 1500. Verwandlung des Spermatiden in den Körper des An- therozeiden. — Fig. 13. Der Blepharo- plast, sich etwas verlängernd. — Fig. 14. Die Verlängerung des Blepharoplast geht weiter vor. — Fig. 15--17. Die Kerne verlieren ihre Nukleoli und erscheinen einförmig gebaut. Die Blepharoplasten stark verlängert. — Fig. 18—19. Sper- X matiden, von hinten gesehen. — Fig. 20. Entwicklung des Körpers des Anthero- zoiden, Man sieht zahlreiche Cilien, die vom Blepharoplast abgehen. In den Zellen Stärkekörner, Hinterteil des in die Länge gestreckten Kerns. In den Abbildungen 20 und 21 endlich sieht man den ersten Spermatozoiden, von dessen vorderen Teil zahlreiche Cilien auswachsen, welche an dem den Vorder- teil des Spermatozoiden einnehmenden Blepharoplast angeheftet sind. Der Kern steht etwas abseits von dem Vorderrand des Antherozoiden. Fig. 22 stelit einen frei im Wasser herumschwärmenden Antherozoiden dar, nach Behandlung mit Osmiumsäure und Färbung mit Methylgrün + Fuchsin nach den Angaben von Belajeff. Man sieht, wie auf- fallend lang im Verhältnis zur Körpergröße die Cilien dieses Anthero- zoilen sind. Eine gewisse Ähnlichkeit hat damit der Antherozoid von Nephrodium, der im Fig. 33 der Arbeit von Jamanouchi abgebildet ist. Die Spermatiden von Salvinia, wie aus den beigelegten Zeichnungen ersichtlich ist, sind durch den Reichtum von großen Stärkekörnern aus- gezeichnet. Während der Herausbillung des Antherozoiden sammeln sich die Stärkekörner in einem protoplasmatischen Bläschen an, welches 126 W. Arnoldi, am Hinterteil des Antherozoiden hängt. Der Antherozoid entschlüpft aus dem Antheridium in Form eines spiralen Fadens. In solchem Zu- stande schwimmt er im Wasser herum. Unter dem Einflusse der Fixierung, während des Schwärmens zuweilen und während der Be- fruchtung stets, verliert der Antherozoid das Bläschen, und dann ver- ändert sich gewöhnlich die Forın seines Körpers: die gekrümmte Spirale wird zu einer ausgebreiteten, wie in der Fig. 22 wiedergegeben ist. Fig. 22 zeigt, daß der Kern der Bauchseite des Antherozoiden anliegt, während die Rückseite in einen Kamm mündet, dessen Vorderteil vom Blepharoplast mit den Ci- lien eingenommen wird. Im Hinterteil gelingt es einen Teil des Protoplastes, der frei vom Zellkern ist, gewahr zu werden. Um diese Antherozoidentwick- lung zu schließen, muß ich Fig. 22. Antherozoid in Wasser, durch 050, noch auf einen Punkt getötet und mit Methylgrün -- Fuchsin ge- aufmerksam machen, den färbt. Vergr, 1500. ich nicht vermochte klar zu stellen. Ich konnte nämlich nichts von dem, was Ikeno bei Marchantia als Nehenkörper bezeichnet, finden; eine ähnliche Bildung beschrieb aueh Bolleter (I) bei Fegatella conica (Fig. 20 der Taf. XII, siehe das); auch Jama- nouchi hatte es mit einem solchen „Nebenkörper“ zu tun. Keiner der Autoren wußte diesen Nebenkörper zu deuten. Indem ich meine Angaben mit denen anderer Autoren vergleiche, werde ich zu dem Schlusse gedrängt, daß kein zureichender Grund vorliegt ten Blepharoplast mit dem Zentrosom zu identifizieren. Der Blepharoplast ist ja ein ausgesprochenes funktionierendes Organ, das man bei vielen Pflanzen vorfindet, im allgemeinen überall dort, wo Cilien da sind. Eine neuere Beobachtung von Davis an Derbesia und ihren Zoosporen wiesen auch bei dieser Meeresalge einen unzweifel- haften Blepharoplast nach. Was das Zentrosom anbelangt, so ist das Vorhandensein desselben bei den Gefäßkryptogamen und Blütenpflanzen noch nicht konstatiert worden und darum scheint mir die Identifizierung Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natans. 127 des bekannten Organs mit dem noch problematischen Zentrosom ge- wagt. Ich glaube, der Blepharoplast sei ein Organ sui generis, das vielleicht dann besser erklärt wird, wenn wir sorgfältige Kenntnisse über die verschiedenen Bewegungsorgane im Pflanzenreich besitzen. If. Keimung der Makrospore und Entwicklung des weiblichen Prothalliuns. Über die ersten Stadien der Makrosporenkeimung gibt es in der botanischen Literatur fast gar keine klare Angaben, außer der konfusen Beschreibung Prantl's, welche vollkommen erklärlich ist, wenn man sich erinnert, daß zu jener Zeit die Mikrotomtechnik in die botanische Praxis noch nicht eingeführt war. Die Makro- spore ist bekanntlich eine große Zelle. Sie schwimmt im Wasser in einem Panzer, der aus der Sporangiumwand und drei der Zelle selbst angehörenden Hüllen besteht: dem schaumigen Epi- sporium, dem dicken Exospo- rium und dem zarten Endospo- rium. Das schwarz gefärbte Exosporium läßt von dem In- nern gar nichts sehen. Im obe- ren Teile der Spore, wo das Epi- sporium durch eine dünne Spalte durchbrochen wird, sammelt sich ein dieht mit kleinen Stärke- körnern angefülltes Plasma an. In der Mitte der Spore befindet Fig.23. Schnitt durch eine Maktospore. sich der Kern mit einem Durch- @ Wände des Makrosporangiums; & Epi- , sporium; c Exosporium; # Endosporium; messer von 20 a, in dessen & Proteinmassen; / Stärkekörner. Innern man viele kleinere Körner und ein dünnes Chromatinnetz erblickt. Der übrige Teil der Spore ist durch Proteinanhäufungen und kleine Stärkekörner besetzt. Fig. 23 stellt einen Schnitt durch solch eine Spore dar. Es ist die allbekannte, in mehrere Lehrbücher aufgenommene Zeichnung Strasburger’s,; wur die kleinen Stärkekörner fehlen bei Strasburger's Abbildung. Fig. 24 128 W. Arnoldi, stellt bei stärkerer Vergrößerung den Vorderteil des Sporenprotoplasmas dar, in dem außer dem Kern noch größere und kleinere Stärkekörner zu sehen sind. Der Kern der Spore verdoppelt sich durch Teilung, doch ist eine Zellwand zwischen den Tochterkernen nicht zu bemerken. In Fig. 24. Der obere Teil des Protoplastes der Makrospore. Kern und Stärkekörner. Vergr. 1000. Fig. 25—27. Bildung des Gewehes des weiblichen Prothalliums. Fig. 25 haben wir eine zweikernige Spore. Danach vermehrt sich die Zahl der Kerme und dann haben wir das Stadium von Fig. 26: drei kleinere in Zellen zerfallene Spore, die nichts anderes als die ersten Zellen des Prothalliums darstellen, und eine vierte größere Zelle, welche den ganzen übrigen Teil der Spore einnimmt. Fig. 27 ist ein weiteres Stadium und zeigt den allmählichen Aufbau des Prothalliums. Fig.28u.29. Weitere Aus- hildung des Prothallium- gewebes. Die Mutterzelle des Archegoniums ist be- sonders bemerkbar. Vergr. 500. Dieser Prozeß ist sehr ähnlich dem, was ich und andere Forscher an dem weiblichen Prothallium von Selagiıiella und Isoötes sahen. Schon auf diesem früheren Stadium zeichnet sich die mittlere Prothalliumzelle, die künftige Mutterzelle des ersten Archegoniums unter den andern Zellen, dureh besondere Größe aus. Dieser Umstand Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia nafans. 129 ist nicht ohne weitere Bedeutung. Er wirft einiges Licht auf den Charakter des Prothalliums eines anderen heterosporen Farn-Marsilia, dessen vegetatives Gewebe erst nach vorhergehender Befruchtung ent- steht. Die darauf folgende Entwicklung des Prothalliums besteht im allmählichen Wachstume und Zellteilung, sowie der Bildung des ersten Embryos. Fig. 30. Schnitt durch die Makro- spore mit Prothallium und Kernen im Hohlraum der Makrospore. Fig. 32. Junges Prothallium mit drei Eimbryos. Archegoniums, welches in diesem Prothallium eine zentrale Lage ein- nimmt. Fig. 28 zeigt ein Prothallium, dessen Zellgewebe stellenweise 'zweischichtig, stellenweise auch einschichtig ist; die Archegonium- mutterzelle hat ihren Hals noch nieht gebildet. Fig. 29 gibt ein etwas späteres Stadium wieder, nachdem das Prothallium mehrschichtig ge- worden ist und von der Archegoniummutterzelle eine Halszelle abge- schnitten ist, Darauf, auf Grund von Zunahme des Wachstums und der Vermehrung des Zellkomplexes, bricht die Sporenmembran und das 9 Fiora, Bd. 100. 130 W. Arnoldi, Prothallium kommt durch die geborstene Wand zum Vorschein. Diese Stadien sieht man in Fig. 30--32. In der Fig. 30 erkenut man den Hohlraum der Spore, der durch Stärkekörner und Proteinkörper besetzt ist (letztere sind nicht abgebildet worden) und in dem man deutlich einige Kerne unterscheiden kann; zwei von ihnen sind schon tief hinab zum Grunde der Spore gestiegen. Während des nächstfolgenden Wachstums des Prothalliums beginnt nach und nach der Unterschied zwischen seinen Seiten hervorzutreten. Diesen Unterschied kannte schon Pringsheim (s. daselbst Taf. XXXI, Fig. 1, Taf. XXIX, Fig. 8); aber besondere Aufmerksamkeit schenkte Fig. 33. Prothallium, von oben gesehen. In der Mitte der Embryo. Nur ein Archegonium ausgebildet. Das sterile Drittel sticht vom meristem. Rand ab. Fig. 34. Längsschnitt durch das Prothallium. Unterschied zwischen den Pro- thallium- und Embryozellen, er dieser Erscheinung nieht. Etwas umständlicher behandelt das Sal- vinia 9 Prothallium Prant! in einer kleinen, aber sehr inhaltsvollen Schrift (ohne Abbildungen). Prantl nennt eine Seite des Prothalliums „sterile Seite“, sie bedingt die Prothalliumseiten; man erkennt eine Vorderseite und zwei Flügel. Diese Verhältnisse sind in Fig. 33 zu über- blicken, welche Zeichnung das Prothallium von oben gesehen wieder- gibt. Der hintere Teil trägt niemals Archegonien, seine Zellen ver- Hieren sehr bald ihren meristematischen Charakter und erreichen be- trächtliche Größe (Fig. 33). Fig. 34 zeigt auf einem Längsschnitt dieselbe Verschiedenheit im Aufbau des Prothalliums — das sterile Drittel, das die rechte Hälfte der Zeichnung einnimmt, besteht aus großen Zellen mit wenig Protoplasma, dagegen ist der vordere Teil des Prothalliums aus kleinen Zellen mit dichtem Prothoplasma aufgebaut. Denselben meristematischen Charakter zeigt der vordere Teil der in Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natans. 131 Fig. 33 abgebildet ist. Ein ähnliches Bild zeigen die Zeichnungen Bauke’s, die in Goebe!’s Organographie aufgenommen sind. Bei fol- gendem Wachstum entwickelt das Meristema der Vorderseite und der beiden Seiten flügelartige Vorsprünge, welche längs der Makrosporen- membran herunterlaufen. Einstweilen wollen wir die Frage über den Zusammenhang zwischen der Form des Prothalliums und den äußeren Bedingungen nicht be- rühren, wir gehen lieber zur Beschreibung des Baues und der Ver- teilung der Archegonien über. Schon früher wurde darauf aufmerksam gemacht, wie früh das erste Archegonium angelegt wird, das eine zentrale Lage einnimmt. Fig. 28 zeigt das erste Entwicklungsstadium, die Zelle, Fig. 35. Allmähliche Ent- wicklung des Archegoniums. @ Randzelle des Prothal- liums, zum Archegonium werdend; & ihre erste Tei- Tung; ce zweite Teilung; @ Eizelle, Hals- und Bauch- kanalzelle des fertigen Archegoniums; e dasselbe, Halszelle mit zwei Kernen. Vergr. 500. die als Ausgangspunkt für den Ausbau des Archegoniums dient. Fig. 29 stellt das folgende Stadium dar: die Mutterzelle des Halses hat sich abgeteilt. Fig. 3ö«—c zeigt, wie das embryonäre einzellige Arche- gonium alle seine Bestandteile formt, nämlich den Hals, Hals- und Bauchkanalzelle und Eizelle. Die Größe des weiblichen Kerns schwankt zwischen 10 « (bei der ersten Teilung der Prothalliumsporen) und 20 in den Eizellen. Fig. 3de stellt ein ausgewachsenes Archegonium kurz vor der Befruchtung dar; man sieht die keilförmig zwischen die Halszellen sich einschiebende Halskanalzelle. Sie führt zwei Kerne, was nicht selten bei den Gefäßkryptogamen vorkommt. Treub führt ebenso eine zweikernige Halskanalzelle für Lyeopodium an, ich beschrieb dieselbe Erscheinung bei Isotes. gr 132 W. Arnoldi, Das Protoplasma ist in allen Zellen der Zentralreihe mit kleinen Stärkekörnern angefüllt, die den Zellen des weiblichen Prothalliums von Salvinia so eigen sind. Wie man also sieht, stimmt diese Beschreibung im wesentlichen mit der Pringsheimschen überein; bekanntlich ist gerade bei Salvinia die Hals- und Bauchzelle des Archegoniums zum ersten Male beschrieben worden. Ist das erste Archegonium befruchtet, so kört zuweilen die Ausbildung weiter Archegonien auf. Weit öfter jedoch entstehen außer dem Haupt- und Zentralarchegonium noch zwei Fig. 36 u.37. Anthero- zoiden, in das Arche- gonium eindringend. Eikern mit Antherozoid- kerne (Kerne?). Vergr. 500. 36 Fig. 38. Erste Teilung .des befruchteten Eies, Vier Zellen desEmbryos, von oben gesehen; Ver- schiedenheit in Dichtig- keit des Plasmas und der Größe der Kerne. Vergr. 500. 38a 385 Nebenarchegonien, das eine links, das andere rechts vom Hauptarche- gonium, wie schon Pringsheim und Bauke zeigten. Im Falle aber, wenn die Befruchtung nicht zustande kommt, entsteht eine große An- zahl von Archegonien, was auch schon von Pringsheim und Bauke bemerkt worden ist. Später komme ich noch zu diesem Punkte zurück. Wenn das Archegonium reif genug ist, so verschleimen die Bauch- und Halskanalzelle und öffnen den Kanal, durch den die Antherozoiden in das Archegonium hereinschwärmen. Fig. 36 stellt so ein Arche- gonium im Moment der Befruchtung dar. Der vordere Teil des Eiproto- plasmas ist stark eingedrückt. In diesem Hohlraume befinden sich zahl- reiehe Antherozoiden und noch mehr derselben sind beim Eingang zum Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natans. 133 Archegonium anzutreffen. Der Eikern liegt in der Nähe des Hohlraums Ich umgehe einstweilen die genaueren Umstände der Befruchtung, da ich noch nicht eine genügende Serie von Stadien besitze. Die neuesten Untersuchungen Yamanouchi’s über die Befruchtung von Nephrodium und die frühere Beobachtung von Shaw an Onoclea zeigen, daß wäh- 39 40 Fig. 39—40. Weitere Entwieklung des Embryos im Längsschnitt. Zwei Teile differenziert: der künftige Fuß und der künftige Sproß. Vergr. 1000. - rend der Befruchtung bei den Farnen der männliche Kern in den weiblichen Kern aufgenommen wird und längere Zeit darin seine Selbständigkeit be- wahrt (vgl. Yamanouchi, Plate VIIL, Fig. 51 —55 9). Fig. 37 kann man deshalb als ein solches Stadium auffassen, während wel- chem der Antherozoiden- kern bereits in den Eikern eingetreten ist, wobei aber sein Chromatingehalt noch nieht gleichmäßig über den Fig. 41. Späteres Stadium des Embryos als das in Fig. 3940. Vergr. 250. weiblichen Kern verteilt ist. ‘Nach der Befruchtung geht der Eikern der inzwischen eine Zellhaut gebildet hat, zur Teilung über, In Fig. 392 ist das erste Stadium dieser Teilung abgezeichnet, während welchem der Eikern in zwei Hälften zerfällt. Die erste Tei- 134 Iungsfläche geht durch die Vertikalachse des Archegoniums. W. Arnoldi, Die zwei nächsten Teilungen zerschneiden den Embryo in acht Oktanten, wie man aus der Fig. 32 (die Mitte des Embryos darstellend) und Fig. 33 und’ 385, wo der Embryo von oben gesehen abgebildet ist, sieht. Fig. 22. _ einen reichen. Vergr. 500. Fig. 43. Eins von den späteren Stadien des Embryos. a Haustoriumzelle; 3 Leit- gewebe; c Meristem. Vergr. 250. Querschnitt durch den Embryo, seine zwei Teile zeigend, einen armen an Plasma und Weitere Entwicklungssta- dien sind in Fig. 39 u. 40 gegeben. Hier sieht man deutlich den Unterschied zwischen den zwei Hälften des Embryos, jener, wel- cher den Vegetationspunkt des Stämmchens und das primäre Blatt gibt, und der anderen, welche zum Haustoriumfuß wird. Die folgenden Entwicklungs- schritte des Embryos sind in Fig. 34 u.41 im Längs- schnitt und in Fig. 42 von oben gesehen dargestellt. Endlich ist in Fig. 43 ein genügend formierter Embryo zu sehen, in dem man drei verschiedene Gewebekomplexe differenziert findet. Der obere Teil besteht aus embryonären Zellen (o), der untere hat den Charakter eines Haustoriums (e), seine Zellen sind mit großen Kernen versehen und mit Stärke gefüllt; der mittlere Teil (5) wird zu einer Art Leitge- webe. Wenn, wie gewöhnlich, sich ein Embryo bildet, so kommen auch Fälle vor, wo zwei bis drei und sogar noch mehr Embryos zu einer ziemlich weitgreifenden Ent- wicklung gelangen. Bauke sah nie zwei Salvinia-Embryos entstehen, dafür aber gelang dies Hofmeister, Fig. 31 zeigt zwei Archego- nien, beide mit Embryos; in Fig. 32 sieht man drei Eimbıyos entstehen. Trotz dieser Polyembryonie nimmt gewöhnlich ein Embryo überhand, den ganzen Nährwert der Makrospore an sich ziehend. Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natans, 155 II. Einige Versuche über die Keimung der Makrosporen. Da ich genügend lebendes Material hatte, versuchte ich einige Experimente anzustellen, um über den Zusammenhang von Prothallium, Embryo und Makrospore bei Salvinia ins klare zu kommen. I. Vor allen Dingen lag es mir daran, eine Embryoentwieklung ohne Befruchtung zu erhalten. Zu diesem Zwecke wurden sorgfältig von Mikrosporangien gesonderte Makrosporangien in einem Termostat unter versehiedenen Temperaturen von 22--30° © kultiviert. Wurden die Makrosporangien ätherisiert und mit Chloralhydrat bearbeitet, so fiel das Resultat natürlich negativ aus, die Embryos kamen ohne Befruch- tung nicht zur Entwicklung. Das war auch zu erwarten, wenn man der interessanten Angaben Strasburger’s über Apogamie bei Marsilia Fig. 44 u.45. Zwei Zellen mit Kernen auf gleichen Entwicklungsstadien. Fig. 44 aus dem Embryo mit acht Chromosomen im Kern und aus dem Pro- thallium (Fig. 45) mit vier Chromosomen. Vergr. 1500. sich erinnert. Fig. 44 u. 45 zeigen die entsprechenden Teilungsstadien der Kerne im Prothallium (44) und im Embryo. Die Chromosomen- zahl in den Kernen des Embryos beträgt 8, in den Kernen des Pro- thalliums nur 4, Bei den apogamen Arten von Marsilia ist die Zahl der Chromo- somen sowohl im Protophyt als auch im Metaphyt dieselbe, wie die Be- obachtungen Strasburger’s beweisen. Die der Befruchtung entzogenen Makrosporen bildeten Prothallien mit einer großen Anzahl von Arche- gonien (viele Dutzende). Es ist interessant hier an die Zeichnungen Bauke’s zu erinnern. Trotzdem aber, ungeachtet der langen Dauer der Kultur und den günstigen Bedingungen, erreichten die Prothallien nieht ihre normale Größe und entwickelten keine flügelartigen Fortsätze. Diese Beobachtung brachte mich auf den Gedanken einer Ab- hängigkeit der Embryos von der Form des Prothalliums. . Dieselben Beobachtungen wiesen die merkwürdige Regelmäßigkeit nach, mit der sich die Archegonien nur auf der Seite ausbilden, wo 136 W. Arnoldi, das erste Archegonium angelegt ist, wo also noch längere Zeit das Meristem tätig ist. Wie schon aus den Versuchen Leitgeb’s bekannt ist, werden die Archegonien in einer Abhängigkeit vom Lichte ange- legt: sie entstehen auf der Schattenseite. Dies gilt aber nicht für Salvinia: ihre Archegonien werden gerade auf der vorderen oder oberen, also beleuchteten Seite angelegt. II. Um eine Archegonienentwicklung auch auf der anderen Seite hervorzurufen, stellte ich sie unter einen schwarzen Zylinder und ließ die Lichtstrahlen die Sporen von unten her treffen. Positive Resultate blieben aus. Eine große Anzahl Arche- gonien entwickelte sich, wie früher, auf der vorderen Seite; auf der hinteren Seite bildeten sich gleichfalls einzelne Archegonien, aber in sehr geringer Anzahl, wie aus den Schemen 464 u. 2 zu sehen ist. 464 46 B Fig. 46. 4 Vorderseite des sterilen Prothalliums; 2 Hinterseite desselben. Größere Resultate bei Beleuchtung von unten erlangte ich nicht. Ich bin nicht geneigt anzunehmen, daß die Entstehung der Archegonien auf der hinteren Seite durch die Beleuchtung von unten bedingt war, umsomehr, als auch Bauke unter gewöhnlichen Umständen einzelne Archegonien auf der Hinterseite vorland. Aus allem Gesagten folgt, daß das Licht für die Verteilung. der Archegonien bei Salvinia ohne Bedeutung ist. Man kann uoch weiter gehen und erklären, daß die Entstehung der Archegonien vom Lichte vollkommen unabhängig ist; nämlich, auch die in einer photographischen Dunkelkammer gekeimten Sporen entwickelten normale Prothallien. (Vgl. Goebel’s Einleitung in die experimentelle Morphologie, pag. 6.) Das Wachstum und die Entwicklung der Prothallien und der Embryos ließ eher an andere Faktoren als an das Licht denken. Es wurden folgende Experimente angestellt: Beiträge zur Morphologie der Keimung von. Salvinia natans. 137 III. Ein Teil der Makrosporangien wurde nach Isolierung ausgesät, der andere Teil mit Mikrosporangien gemischt. Der erste Teil ent- wickelte breite Prothallien mit einer Masse von Archegonien; die flügel- artigen Fortsätze blieben in allen Fällen aus. Dagegen entwickelten die befruchteten, Embryos enthaltenden Prothallien, jene langen Flügel, welche jeder, der nur Salvinia © Prothallien gesehen hat, kennt. Daraus folgt nun, daß die Form und das Wachstum des Prothalliums durch die Entwicklung des Embryos bedingt wird. Fehlt der Embryo, so wird das Meristem zur gesteigerten Produktion der Archegonien verbraucht. Wenn aber aus dem befruchteten Archegonium ein Embryo hervorgeht, so wird das Meristem zum Gewebe des Prothalliums. IV. Um das zu beweisen wurde folgendes Experiment angestellt. Es wurden weibliche Prothallien genommen, an denen eine große An- zahl von Archegonien ange- legt war, worunter die an den Seitenrändern befindlichen erst im Entstehen begriffen waren. Zu diesen © Pro- thallien wurde eine große Anzahl von Mikrosporangien, die es schon zur Antherozoid- bildung brachten, zugesetzt. Als das Resultat dieser Ver- mischung war die Befruchtung einiger Randarchegonien, Da- nach fing das Meristem des Prothalliums an das Gewebe der Randseite auszuarbeiten, obgleich es zu einer vollkom- menen Ausbildung derselben nicht kam, da die Teilungsfähigkeit des Meristems so gut wie erschöpft war, Fig. 47 stellt solch ein Prothallium dar, dessen zwei Rand- arehegonien befruchtet waren und eben anfangen Embryos zu ent- wickeln. Der durch Zellen bezeichnete Teil des Prothalliums ist erst nach der Befruchtung zur Entfaltung gebracht. Diese Erscheinung wurde mehrere Male geprüft und jedesmal fiel das Resultat gleich aus. Also sind die Form des Prothalliums und die Erzeugung des Embryos — Korrelationserscheinungen. V. Um in die Erscheinung besser einzudringen, war folgendes Experiment nötig: Es wurden von Mikrosporangien isolierte und eine Fig. 47. Prothallium mit zwei Embryos, die aus den Rand-Archegonien stammen. Meristem sichtbar, « u. a. 138 W. Arnoldi, Reihe von Archegonien bildende Prothallien von den sie tragenden Makrosporen abgetrennt und mit einer beträchtlichen Anzahl Anthero- zoiden erzeugender Mikrosporangien vermischt. In dasselbe Gefäß wurden auch an den Makrosporen angeheftete Prothallien gesetzt. Nun geschah es, daß die Archegonien der normalen Prothallien auch nor- male Embryos gaben. Die abgeschnittenen Prothallien zeigten keinen einzigen Embryo. Die mehrfache Wiederholung des Experiments führte zu demselben Resultate. Trotz der großen Anzahl der schwärmenden Antherozoiden unterblieb die Befruchtung in den abgeschnittenen Pro- thallien und nach 3—4 Tagen sanken sie auf den Boden des Gefäßes, um bald abzusterben. Daraus sieht man, wie unentbehrlich für die Befruchtung die Anwesenheit der Makrosporen ist. Die Makrospore spielt dabei die Rolle eines hydrostatischen Apparates, der das Prothallium auf dem Niveau der obersten Wasserschicht emporhält. Man kann sogar bemerken, daß seine Oberfläche mit dem Wasserniveau in einer Linie liegt. VI. Das grüne Prothallium von Salvinia führt in seinen Zellen Stärkekörner. Man könnte sich denken, daß auf ihm ein Embryo ohne die Teilnahme der Makrospore entstehen könne. Zu diesem Zwecke wur- den Prothallien mit kaum entwickelten Embryos von den Makrosporen abgeschnitten und zusammen mit normalen Prothallien sich selbst über- lassen. Kein einziger von den abgeschnittenen Prothallien hatte die Kraft, trotz dem Besitze von Chlorophyll, einen Embryo entstehen zu lassen. Die Anwesenheit der Makrospore und der in ihr aufge- speicherten Nährmaterialien ist unbedingt nötig für die Embryoent- wicklung, VI Um dies zu beweisen wurde vom Prothallium, das bereits einen Embryo ausgebildet hatte, der größte Teil des Gewebes ent- fernt, außer den Zellen, die sich in der Nachbarschaft des ent- wickelten Embryos befanden; der Embryo gelangte zur normalen Aus- bildung. Dieser Versuch zeigte gleichzeitig die Unfähigkeit des Pro- thalliums zu regenerieren. Außer den obengenannten wurden noch an- dere Experimente vorgenommen, z. B. mittels des Klinostaten usw. aber sie gaben keine zuverlässigen Resultate. Übrigens sind sie noch nicht beendigt. Einstweilen erwähne ich noch einen letzten Versuch, . der mit auf Lehm gesäten Sporen ausgeführt war. VIII. Auf dem Lehmboden unter Glasglocke ging die Prothallium- bildung ebenso erfolgreich vor sich, wie im Wasser. Es entstanden sehr hübsche Prothallien mit normalen Archegonien und Embryos. Beiträge zur Morphologie der Keimung von Salvinia natans, 139 Aus allen diesen Versuchen ist folgender Schluß zu ziehen: Das Prothalliam von Salvinia ist nichts weniger als eine unabhängige Bil- dung, trotz der täuschenden Anwesenheit von Chlorophyll in seinen Zellen. Es ist eben nur ein Organ der Makrospore, wie bei Marsilia und sogar Selaginella und Isoötes, das nur dazu dient die Archegonien zu tragen, aber unfähig ist die wachsende sporentragende Generation zu ernähren, November 1908, Botanisches Institut Charkow. Literatur. Arnoldi, Die Entwieklung des weiblichen Vorkeims bei den heterosporen Lycopo- diaceen. Bot. Zig. 1896. Bauke, Einige Bemerkungen über das Prothallium von Salvinia natans. Flora 1879. Belajeff (I), Über die männlichen Prothallien der Hydropleriden. Bot. Ztg. 1898. Ders. (I), Über den Nebenkern in spermatogenen Zellen und die Spermatogenese bei den Farnkräutern. Ber. d. Deutsch. bot. Gesellsch. 1897. Ders. (II), Über die Spermatogenese bei den Schachtelhalmen. Ibid., 1897. Ders. (IV), Über die Cilienbildner in den spermatogenen Zellen. Ibid., 1898. Ders. (V), Über die Centrosomen in den spermatogenen Zellen. Ibid., 1899. Boleter (f), Fegatella eonica Corda. Beihefte zum Bot. 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Gesammelte Abhandl, II. Shaw (I), The fertilization of Onoclea. Annals of Botany 1898. Ders. (IT), Über die Blepharoplasten bei Onoelea und Marsilia. Ber. d. Deutschen bot. Gesellsch. 1898, , Treub (D), Eitudes sur les Lycopodiacses. Annal du Jardin Buitenzorg 18891890. Strasburger, Botanisches Praktikum und Lehrbücher. Nochmals zur Ökologie der Behaarung. Von 0. Renner. 1. Haare und Blattläuse. In einer früheren Mitteilung!) habe ich darauf hingewiesen, daß abstehende Behaarung als Schutzmittel gegen kriechende Tiere wirksam sein muß und daß hierbei hauptsächlich Blattläuse und Tiere von ähn- lieber Größe in Betracht kommen. Seitdem habe ich auf die angenom- mene Beziehung zwischen Behaarung und Immunität gegen Blattläuse geachtet und die ausgesprochene Vermutung bis zu einem gewissen Grade bestätigt gefunden: Blattläuse kommen vorzugsweise auf kahlen und schwach behaarten Pflanzen vor. So waren z. B. im Freiland des Münchener Gartens Mitte Juni Blattläuse an 44 kahlen oder fast kahlen und an nur 7 stark behaarten Spezies zu finden. Das sagt aber weniger als es zunächst den Anschein hat und zwar deswegen, weil bei uns die stark behaarten Pflanzen den ganz oder fast kahlen gegenüber sekr in der Minderzahl sind. Und dazu kommt noch die Möglichkeit, daß Pflanzen, die von den Blattläusen regelmäßig verschont bleiben, wie Potentilla, Fragaria, außer ihren ab- stehenden Haaren vielleicht noch andere Schutzmittel mechanischer oder chemischer Art zur Verfügung haben. Daß Drüsenhaare, die ätherische Öle sezernieren, einen solchen Schutz jedenfalls nicht immer gewähren, geht aus der Beobachtung von Blattläusen an Salvia offici- nalis hervor. Von den 7 behaarten Arten, die Blattläuse trugen, schienen 2, nämlich Helianthus tuberosus und Anchusa italica, die aufgestellte Regel nur zu bestätigen. Es fanden sich hier nämlich immer nur einige wenige und zwar geflügelte Tiere, die augenscheinlich aus der Nachbar- schaft zugeflogen waren, aber sich nicht an Ort und Stelle vermehrten. Auf den übrigen 5 Arten dagegen, Anchusa sempervirens, Borago offeinalis, Cirsium monspessulanum, Hieracium aurentiacum, Inula 1) Zur Morphologie und Ökologie der pflanzlichen Behanrung. Flora 1908, Bd. XCIX, pag. 197 ff. 0. Renner, Nochmals zur Ökologie der Behaarung. 141 helenium, gediehen die Blattläuse sehr wohl. Die anfliegenden Mutter- tiere bohren sich auch zwischen engstehenden Haaren bis zur Epider- mis hindurch und die Brut vermag sich trotz allen Hindernissen so weit fortzubewegen, daß sie sich ernähren kann. Eine so massenhafte Vermehrung der Blattläuse wie z. B. an Rheum, Archangelica, Sium Sisarım, wo die Läuse mitunter weithin zusammenhängende Hüllen um die glatten Stengel bilden, tritt aber auf stark behaarten Pflanzen nie ein. - An Mulgedium maerophyllum DC. ließ sich sehr schön beobachten, daß die Läuse auf einer und derselben Pflanze den kahlen Stellen vor den behaarten den Vorzug geben. Hier sind nämlich die Internodien der Blütenregion dicht mit langen Borsten bedeckt, der übrige Stengel ganz kahl, und die Blattläuse waren entweder streng auf diese kahlen Partien beschränkt oder doch auf den behaarten Teilen viel seltener. Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, daß die Aus- breitung und Vermehrung der Blattläuse durch starke Behaarung aller- dings eine gewisse Behinderung erfährt, daß aber von einem sicher wirkenden Schutz, den solche Behaarung vor Blatiläusen gewähren könnte, nicht: die Rede sein kann. 2. Fühlhaare. Herr Professor Haberlandt hat meinen Ausführungen „Zur Frage der Sinneshaare von Mimosa und Biophytum“ (l. c. pag. 151 ff.) eine Erwiderung zuteil werden lassen‘), die mich veranlaßt, meinen Standpunkt nochmals mit einigen Worten zu präzisieren und einige ergänzende Bemerkungen zu machen. Als wesentliches Resultat meiner Untersuchungen erschien und erscheint mir der Schluß, daß die anatomische Struktur der Borsten von Mimosa und Biophytum nicht als spezifische Anpassung an die Funktion der Reizperzeption aufgefaßt werden kann. Die Entscheidung larüber, ob wir ein Sinnesorgan bei Pflanzen kennen, in dem ein mor- phologisches Novum als Träger der Sinnesenergie auftritt, wie Herr Professor Haberlandt dargetan zu haben glaubte, halte ich nicht für bedeutungslos und den Schluß, daß wir eine derartige spezifische Ge- staltung in den „Fühlhaaren“ der beiden Pflanzen nicht vor uns haben, halte ich nach der Feststellung der weiten Verbreitung ganz ähnlicher Strukturen für zwingend. 1) Über Fühlhaare von Mimosa und Biophytum. Flore 1009, Bd. XOIX, pag. 280 $f, 142 O. Renner, Verhältnismäßig unwichtig erscheint mir daneben die Frage, ob (ie genannten Organe tatsächlich eine bedeutsamere oder eine unter- geordnetere Rolle bei der Reizperzeption spielen. Daß Mimosa durch Verbiegen der Haare auf den primären Gelenken zur Reizbewegung veranlaßt wird, habe ich, wie pag. 153 mitgeteilt, in Übereinstimmung mit Herrn Haberlandt beobachtet. Und daß dasselbe bei Biophytum proliferum eintritt, hat Herr Haberlandt jetzt nach der von mir vor- geschlagenen Methode festgestellt. Wenn aber Herr Professor Haberlandt damit für erwiesen hält, daß die Deformation der parenchymatischen Elemente an der Basis der Fühlhaare zur Auslösung des Reizes genüge, so kann ich mich dieser Auffassung nicht anschließen. Ein Blick auf die Abbildungen der frag- lieben Organe von Biophytum und Mimose (Typus II!) zeigt, daß eine Deformation der Parenchympolster nicht möglich ist ohne ent- entsprechende Einwirkung auf die anstoßenden Gewebe. Wird das Polster gepreßt, so wird das auf der Außenseite an das Haar an- schließende Gewebe gezerrt, und umgekehrt. Es ist nicht einzusehen, warum diese notwendig in Mitleidenschaft gezogenen, nicht zum „Sinnes- haar“ gehörigen Elemente nicht ebenfalls reizbar sein sollten. Jeden- falls ist noch kein Versuch gemacht" worden, die „Steigerung oder Lo- kalisierung der Empfindlichkeit“ an den Polstern, von der Herr Haber- landt (1909, pag. 281) spricht, nachzuweisen. Die Haare von Mimosa und Biophytum verwirklichen also in anatomischer Hinsicht den reinen Typus eines Sinneshaares nicht so wie die von Dionaea und Aldro- vanda, sondern sind ein Mischtypus zwischen Sinnesorgan und Stimu- lator. Nur Haberlandt’s Typus H von Mimosa, Borste auf einem parenchymatischen Sockel, würde den Ansprüchen an ein Sinneshaar genügen, vorausgesetzt, daß die Zellen des Sockels sehr nachgiebig sind und nieht die Deformation, also den Reizanlaß anstatt des Reizes, auf die unterliegenden Gewebe fortpflanzen. Wichtiger als diese Konsequenzen des auatomischen Baues sind die mechanischen Eigenschaften der Haare, wie sie sorgfältigere Beob- achtung erkennen läßt. Es ist nämlich nicht möglich, eine Borste auf dem primären Gelenk von Mimosa auch nur schwach zu verbiegen, ohne den ganzen schlanken Sproß in leise zitternde Bewegung zu ver- setzen. Und es ist nicht möglich eine Borste auf dem Blättchen von Biophytum sensitivum oder proliferum zu verbiegen, ohne daß das ganze 1) Man betrachte vor allem Haberlandt Sinnesorgane, 2; Aufl, Taf. IV, Figur 10. Nochmals zur Ökologie der Behaarung. 143 gefiederte Blatt, bei Biophytum proliferum unter Umständen sogar ein ganzer Zweig, sich bewegt; die schlanke Spindel biegt sich eher als der kurze gedrungene Blättchenstiel. Wenn also ein Druck oder Zug, der auf ein Haar ausgeübt wird. zu einer Bewegung des Blattes oder gar des Sprosses führt, muß dieser Druck oder Zug in den bewegungs- tätigen Gelenken, die zwischen dem Angriffspunkt der Kraft und dem Unterstützungspunkt des Systems liegen, eine Deformation bewirken . oder jedenfalls anstreben. Die Bewegung des Blattes tritt bei Biophytum, wie unter dem Mikroskop beobachtet wurde, ein, bevor noch das Polster an der Haar- basis merkbare Deformation aufweist, von den im unteren Teil sehr derben Borsten von Mimosa ganz zu schweigen. Die „Sinneshaare“ der beiden Pflanzen werden demnach als Stimulatoren gröbster Art in Anspruch genommen, bevor oder sicher während sie Gelegenheit haben als Perzeptionsorgane im engeren Sinne zu fungieren. Weil Herr Prof. Haberlandt die Vermutung ausspricht, unser europäisches Gewächshausmaterial von Mimosa könnte infolge einer Ent- artung nur die niedrigeren Borstentypen zur Entwicklung bringen, habe ich außer den aus Brasilien stammenden lebenden Warmhauspflanzen einige Herbarmaterialien, die in den Tropen gesammelt sind, untersucht, und zwar aus Panama (gesammelt von Griesebach), von Antigua (Wull- schlägel), von St. Thomas in Westindien (Eggers), aus Penang (Schiffmann), aus Assam (Simmons), aus Neukaledonien (Schlechter). Die Ausbildung des Sklerenchyms in den Borsten ist sehr wechselnd und es sind mir allerdings gelegentlich Fälle zu Gesicht gekommen, wo das Sklerenchym nur einseitig bis zur Borstenbasis reicht, so daß der Borstengrund einseitig aus Parenchymzellen gebildet wird, ähnlich etwa wie in Taf. IV, Fig. 10 von Haberlandt’s Sinnesorganen dar- gestellt ist. Aber die „vollkommenste“, an Biophytum erinnernde Form habe ich auch hier nie gefunden, und deshalb glanbe ich nach wie vor die Behauptung verantworten zu können, daß Haberlandt's Abbildung auf 8.520 der physiologischen Pflanzenatomie und Fig. 9 der Tat. IV in den „Sinnesorganen“ mit dem scharf abgesetzten, merkwürdig dünn- wandigen einseitigen Parenchympolster einen seltenen Ausnahmefall dar- stellt und von der typischen Beschaffenheit der Borsten von Mimosa eine nicht zutreffende Vorstellung gibt. Mit bezug auf die Anmerkung 2) in Herm Haberlandt's Er- widerung‘) habe ich zu erklären: „die Möglichkeit, daß es sich um eine 1) Flora 1909, pag. 280. 144 O. Renner, Nochmals zur Ökologie der Behaarung. Aussteifung der Haarbasis handeln könnte“, habe ich dort in Betracht gezogen, wo sie in Betracht gezogen werden kann, nämlich bei den Monokotylenhaaren vom Typus Ctenanthe (p. 146—147). Beim Typus Potentilla, Biophytum wird das Haar selbstverständlich nach der Auf- richtung in der jetzt erreichten Lage festgehalten, aber von einer Er- höhung der Festigkeit der Haarbasis kann nicht wohl gesprochen werden. Wenn ich nach Herrn Prof. Haberlandt’s Vorgang mit teleologischen Argumenten operieren soll, so mag noch darauf hinge- wiesen sein, daß die „Aussteifung“ auch tatsächlich bei solchen Haaren fehlt, die von vornherein abstehen oder durch eigenes Wachstum sich aktiv aufrichten. Eingegangene Literatur. ' 2) O. Abel, Bau und Geschichte der Erde. Mit 226 Textfiguren und 6 Farbentafeln und Karten. Wien, F. Tempsky; Leipzig, G. Frey- tag. Preis: geb. M. 4,50. 2) P. Dop et A. Gautie, Manuel de technique botanique, histologie et mierobie v6g6tales. Paris, F. R. de Rudeval &diteur. 3) E. Gilg und R. Muschler, Phanerogamen. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig. Preis: geb. M. 1,25. 4) H. Glasey, Rohstoffe der Textilindustrie. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig. Preis: geb. M. 1,25. 5) D.Haeberle, Verzeichnis der Veröffentlichungen des naturhistorisch- medizinischen Vereins zu Heidelberg, 1856—1909. Heidelberg ‘1909, C. Winter’s Univ.-Buchh. 6) E, Issier, Führer durch die Flora der Zentralvogesen. Mit 4 Tafeln Leipzig, Verlag von W. Engelmann. Preis: 1,80. 7) G. Karsten und F. Oltmanns, Lehrbuch der Pharmakognosie, 2. Auflage von @. Karsten’s Lehrbuch der Pharmakognosie. Jena 1909, Verlag von G. Fischer. . 8) A. Kohut, Ludwig Feuerbach, sein Leben und seine Werke. Leip- zig 1909, Fritz Eekardt’s Verlag. 9) Prantl-Pax, Lehrbuch der Botanik. 13. Aufl. Leipzig, Verlag von Wilh. Engelmann. Preis: geb. M. 6,—. 10) J. P. Lotsy, Vorträge über botanische Stammesgeschichte. Zweiter Band: Cormophyta Zoidogamia. Mit 533 Abbildungen im Text. Jena, Verlag von G. Fischer. Preis: M. 24,—. 11) H. Miehe, Taschenbuch der Botanik. Leipzig, Verlag von Dr. Werner Klinkhart. Preis: brosch. M. 6,—. 12) Moll-Janssonius, Mikrographie des Holzes. 2. Lieferung. Leiden, Verlag von E. J. Brill. Preis: M. 6.— 13) H. Sehinz und R. Keller, Flora der Schweiz. Mit Figuren. I. Teil: Exkursionstlora. 3. Auflage. Zürich, Verlag von Albert Raustein. Preis: geb. Fres. 6,80. 14) C. K. Schneider, Illustriertes Handbuch der Laubholzkunde, 8. u. 9. Lief. (3. u. 4. Lief. des 3. Bandes), Mit 83 Abbildungen im Text. Jena 1909, Verlag von G. Fischer. Preis: je M.4,—. 15) Smalian, Leitfaden der Tierkunde I Teil M. 1,20; II. Teil M. 1,50: IIL. Teil M. 2,—. Verlag von F. Tempsky in Wien und O. Freytag in Leipzig. 16) M. Ward, Trees, Vol. V. Cambridge at the University Press 1909. 17) Warming-Johannsen, Lehrbuch der allgemeinen Botanik. Nach der dänischen Auflage übersetzt und herausgegeben von Dr. .E. P. Meinicke. II. Teil (Schluß). Berlin 1909, Verlag von Gebr. Bornträger. Preis: M. 4,80. 18) D. Westermann, Die Nutzpflanzen unserer Kolonien. Berlin, Verlag von Dietr. Reimer. Preis: M. 5,—. (Mit 36 farbigen Tafeln.) 19) J. Wiesner, Organographie und Systematik der Pflanzen. Dritte Auflage, bearbeitet von Prof. Dr. K. Fritsch. Mit 365 Holz- schnitten. Wien und Leipzig, Verlag von Alfr. Hölder. Preis: geheftet M. 10,80. . 20) O0. Wünsche, Die Pflanzen Deutschlands. Die höheren Pflanzen. 9. neubearbeitete Auflage. Herausg. von Dr. J. Abromeit. Mit einem Bildnis O. Wünsche’s. Leipzig und Berlin, Verlag von B. G. Teubner. Preis: geb. M. 5,—. 21) Ders., Die verbreitetsten Pflanzen Deutschlands. 5. Auflage, be- arbeitet von Dr. B. Schorler. Leipzig und Berlin, Verlag von B. G. Teubner. Preis: geb. M. 2,60. " 22) H. Zoernig, Arzneidrogen, als Nachschlagebuch für den Gebrauch der Apotheker, Ärzte, Veterinärärzte und Studierenden der Phar- mazie. Lieferung 1—2. Leipzig, Verlag von Dr. W. Klinkhart. Druck von Aut, Kämpfe in Jena, Takl. Ylora,Bandi00. v2 16 n Guslar Fstkern N Verlag von GUSTAV FISCHER in JENA. Soeben erschien: Recueil des Travaux Botaniques Neerlandais, publi& par la Societe Botanique Neerlandaise, sous la Redaction de M.M. W. Burck, J. W. Moll, Ed. Verschaffelt, Hugo de Vries v1 F.A.F.C. Went. Vohme Y. Livraisons 2—4. Preis pro Band: 12 Mark 50 Pf, Sommaire. Articles: J. M. GEERTS, Beitrige zur Kenntnis der Cytologie und der partiellen Sterilität von Oenothera Lamarekiana. A. H. BLAAUW, Die Perzeption des Lichtes. Soeben erschien: Carl von Linne’s Bedeutung als Naturforscher und Arzt. Schilderungen herausgegeben von der Königl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften anläßlich der 200jährigen Wiederkehr des Geburtstages Linnd’s. Preis: 20 Mark, geb. 21 Mark 50 Df. EEE ET Hierans einzeln: CARL VON LINNE i als botanischer Forscher und Schriftsteller. Von C. A. M. Lindmann. Preis: 6 Mark. AV FISCHER in JENA. Über Erblihkeit in Populationen und in reinen Linien. brar Bei- Belenchtung schwebender Selektionsiragen. Von W. Johannsen, Prof. der Pilanzenphysiologie an der Kgl. dänischen landwirtschaftlichen Hoch- schule in Kopenhagen. 1903. Preis: 1 Mark 50 Pf. Inhalt: Zweck der Untersuchung, Samengröße der Bohnen. Die relative weite der Bohnen. Schartigkeit der Gerste. Zusammenfassung und Rückblick. Wiener landwirtschaftliche Zeitung Nr. 85 vom 24. Okt. 1903, Jahrg. 53: Das kleine, aber inhaltreiche Werk stellt vor allem einen hochbedeutsamen Fort- schritt in der I.chre von der Zuchtwahl oder Selektion dar... . Vorlesungen über Deszendenztheorien Wit besonderer Berücksichtigung der botanischen Seite der Frage, gehalten an der Reichsuniversität zu Leiden. Von Dr. J. P, Lotsy. Erster Teil. Mit 2 Tafeln und 124 Textfiguren. 1906. Preis: 8 Mark, geb. 9 Mark. — Zweiter Teil: Mit 13 Tafeln und 101 Textfiguren. 1908. Preis: 12 Mark, geb. 13 Mark. \ Naturwissenschaftliche Wochenschrift, N.-F., Bd. V, Nr. 25: Das Buch Lotsys ist besonders verdienstlich durch die Hervorkehrang der bota- tischen Tatsachen. Werke, die zur Begründung deszendenztheoretischer Ansichten vor- wiegend zoologische Daten benutzen, sind zahlreich, während botanische Deszendenz- theorien von dem Umfang der Lotsyschen Schrift noch nicht existieren. Der Botaniker wird dem Verfasser daher besonders Dank wissen. Morphologie und Biologie der Algen. Von Dr. Friedrich Oltmanns, Prof. der Botanik an der Universi- tät Freiburg i. Br, 1904705, Erster Band. Spezieller Teil. Mit 3 farbigen und 473 schwarzen Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark, Zweiter Band. Allgemeiner Teil. Mit 3 Tafeln und 50 Textabbildungen. Preis: 12 Mark. Botanische Zeitung Nr. 23 vom 1. Dezember 1904, Jahrg. 62: Eine umfassende Darstellung der Morphologie der Algen war seit langer Zeit ein Bedürfnis. Die Literatur, deren wichtigste Erscheinungen bei jedem Kapitel in einem Anhang folgen, ist sehr vollständig zusammengetragen und durch eine Fülle von Abbil- dangen, unter denen eine ganze Reihe von Originalen sind, wird der Text erläutert. Die Behandlung des Stoffes ist klar und durchsichtig und das ganze Buch ist in einem frischen Ton geschrieben. Untersuchungen über Reizerscheinungen bei den Pflanzen. "it Be- rücksich- tigung der Einwirkung von Gasen und der geotrnpischen Reizerscheinungen. Von Warwara Polowzow. Mit 11 Abbildungen und 12 Kurven im Text. 1909. Preis: 6 Mark. Rösultats scientifigues du Congr&s International de Botanique, ee ee deren icdeeihehe hair f (Publikations seientifiques de l’Association Internationale des Dienne 1905. Botanistes 1) [Wissenschaftliche Ergebnisse des Internatio- nalen Botanischen Kongresses. Wien 1905.] Herausgegeben im Namen des Organisationskomitees für den Kongreß von R. von Wetfstein und J. Wiesner als Präsidenten und A. Zahlbruckner als Generalsekretär. Redigiert von 3. P. Lotsy, Generalsekretär der Ass. Int. des Bot. Mit 3 lithographischen Tafeln, 1 Karte und 58 Textahbiklungen. 1906. Preis: 20 Mark. i i Laubtarbe und Bimmelslicht, Vergilbung und Zur_Biologie des Chlorophylis, Etiolement. Von Ernst Stahl Mitoeiner litbographischen Tafel und 4 Abbildungen im Text. 1909, Preis: 4 Mark. Die_stofflichen Grundlagen der Vererbung im organischen Reich. Versuch einer wemei ndlichen Darstellung. Von Eduard Strasburger . Prof, an «der Unive t Bonn. i4 Preis: 2 Mark. Er } em Hefte liegen Prospekte bei von der Verlagsbuchhandlung Gustav Fischer in Jena, betreffen „Lotsy. Vorträge über botanische Stammes- xeschichte® und über „Neuere botanische Werke“. Ant. Kämpfe, Buchdruckerel. Jena, FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. ı 100. BAND. ZWEITES’HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANTK IN MÜNCHEN. MIT 4 TAFELN UND 105 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 1910. ERSCHIENEN AM 8, JANUAR 1910, EBSLHonen DD RZ IR Inhaltsverzeichnis. VON LUETZELBURG, PIILIPP. Beiträge zur Kenntnis der Utrienla- rien. Mit 48 Abbildungen im Text. SCHUSTER, JULIUS, Über die Morphologie der Grasbiüte. Mit Tafel II-Y und 85 Abbildungen im Text KÜSTER, ERNST, Über Inhaltsverlagerungen in Dlasmolysiertn Zeilen Mit 10 Abbildungen im Text BRUCHMANN, H., Über Selaginella Preissiana Soriuz Air 8 Au dungen im Text. PASCHER, ADOLF, Der Aufbau des Sp Osses ei Przewalskia | tangutiea Maximowiez. Mit 4 Abbildungen im Text SCHNEIDER-ORELLI, O., Versuche über die Widerstandsfähigkeit i ge- wisser Medicago- Samen (Wollketten) gegen hohe Temperaturen ASO, K., Über Säuregehalt und Säureresistenz verschiedener Wurzeln . 267—287 288—295 295—304 305—311 311-316 Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. Soeben sind erschienen: Leitfaden für gärtnerische Pflanzenzüchtung. Von Max Löbner, Inspektor am Kgl. botan. Garten n. d. pflanzenphysivl. Versuchsanstalt zu Dresden. Mit 10 Abbildungen im Text, Preisschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den Kgl. Preussischen Staaten. Preis: kartoniert 1 Mk. 50 Pf. Die Wurzelpilze der Orchideen. Ihre Kultur und ihr Leben in der Pflanze. Von Dr. Hans Burgeff, Assistent am botanischen Institut der Universität Jena. Mit 3 Tafeln und 38 Abbildungen im Text. Preis: 6 Mk. 50 Pf. Hlustriertes Handbuch der Laubholzkunde. Charakteristik der in Mitteleuropa heimischen und im Freien angepllanzten angio- spermen Gehölzarten und Formen mit Ausschluss der Bambuseen und Kakteen Von Camillo Karl Schneider. Neunte Lieferung. Enthaltend: Band II, Seite 367—496. Preis jeder Lieferung: 4 Mark. Lieferung 10, die Schlußlieferung, sowie der Registerband erscheinen voraussichtlich in Frühjahr 1910, Beiträge zur Kenntnis der Utricularien. Von Philipp von Luetzelburg. Mit 4R Abbildungen im Text.) Einleitung. Nach den großen Arbeiten von (roebel und Glück, um die sich dann mehrere andere Arbeiten verschielener Autoren, wie Büsgen, Darwin. Cohn. Kamienski, gleichsam gruppieren, blieben nur mehr kleine Lücken in der Kenntnis der Utrieularien, Lücken, die zwar nicht ganz leicht und schnell auszufüllen sind, doch unbedingt noch beseitigt werden müssen, che ein Gesamtbild der hochinteressanten Pflanzenfamilie entworfen werden kann. Goehbel’s Verdienst ist es, vor allem die Beziehungen «der einzelnen Formen der Utrieularien zueinander aufgeklärt, sowie auf die einzig im Pflanzenreich dastehende Polymorphie uni Lebenskraft hingewiesen zu haben: auch hat er als der erste uns mit den exotischen Vertretern dieser Familie näher vertraut gemacht. Goebel war es auch, der uns (ie einzelnen Organe an dieser Utrieularia richtig deutete und uns Klarheit verschaffte über die oft und lang bestrittenen Fragen, was Blatt und Ausläufer und Blase sei’. Glück beschreibt in seinem Werk über Wasserpflanzen (ie Biologie und Systematik der einheimischen Utrieularien und hat sich so Ver- dienste um (ie Kenntnis unserer einheimischen Arten erworben. Vor- liegende Arbeit wird bestrebt sein dazu beizutragen, einiges noch nicht genau Bekanntes sicher festzustellen. so besonders (die Vorgänge hei der Verdauung. einige Einzelheiten iiber den Bau der Blasen, und den Vers zu machen, nach den charakter hen Anbängseln und besonders den Antennen an «len Blasen eine Systematik der Arten nach dem Blasen- aufbau zu konstruieren. Einige Regeneratiousversuche, Kulturmethorden und Beschreibungen verschiedener, bisher unbekannter Arten werden den Schluß der Arbeit bilden, die mit den Verdauungsversuchen he- ginnen und mit der Bestimmung einzelner Exoten enden wirt. 1) Trotzdem können wir . am Sehlusse einer Arbeit von A, IL Compton über Urien : The view here alvoented, that the runners of Utwienlaria are caulome -tme- and that the „lenyes® are of the nature of phyTlochades. has the merit of & a very anomalous gemms inte line with the najority of Floveriug plants“ Compton bringt also noch einmal die alte Schimper'sche Kanlomtbeorie (Bar. Zag. 1; Sind denn dabei alle Arbeiten Goehel’s berücksichtigt? Flut, Bi. 100. n „The new Phytologiser. Vol. VIIL Nr. 6 April in br: E in 146 Philipp von Lnetzelbere, Vorgänge bei der Verdauung der durch die Blase gefangenen Organismen. Darwin und Cohn arbeiteten fast gleichzeitig über die merk- würdigen und höchst sinnreich aufgebauten Organe, ılie Blasen, die zur Fleischnahrung dienen. «doelı beide mit negativem Erfolg. Durch die Arbeiten Goebel’s in den „Pflanzenbiologischen Schilderungen“, II. Teil. pag. 151 MM. wurden die Verdauungserscheinungen bei «den Insekti- voren erst allgemeiner hekamut un die Insektivoren in zwei Klassen eingeteilt: A. Insectivoren olme verdauendes Enzym. wozu Goebel Sarracenia und Cephalotus stellt. und B. Inseetivoren mit verdauendem Enzym. Zu letzteren zählt Goebel auch «die Utrieularia, aber nur „wegen ihrer Verwandtschaft zu Pinguieula”. „Der Nachweis eines Enzyms bei Utrienlaria ist bis jetzt nicht erbracht.” (Goebel schreibt dann weiter: „Dabei ist indes zu beachten, wie groß die Schwierig- keiten bei den verhältnismäßig kleinen Blasen sind". Die Kleinbeit und Zierlichkeit der Blasen führten mich nun auf den (redanken, den Saft nicht einzelnen Blasen zu entnehmen. was ich später auch noch ver- suchte. sondem «den Blaseninhalt im Großen herzustellen: nebenbei wollte ich auch Experimente mit der Pravazspritze machen. Von 100 kräftigen. auf dem Höhepunkt der Entwicklung stehenden Exemplaren von U. vulgaris und dann auch noch von neglecta. die alle eine Länge von 70--50 cm hatten, nahm ich mit einer Pinzette die Blasen einzeln ab und zwar getrennt möglichst solche von den Vegetationsspitzen und dann auch die von den älteren Teilen der Pflanzen, die eben schon Nahrung aufgenommen. also Tiere schon gefressen hatten. mit anderen Worten. rote und blaue Blasen. Die mit sterilem Wasser abgewaschenen Blasen mischte ich dann mit 100,0 feinem, geschlemintem und mit Säure und «durch Glühen gereinigtem Quarzsanıl und zerrieb das Ganze in einem Mörser unter Zusatz von 100,0 reinen Glyzern') und stopfte den Brei in einen kleinen Percolator. Diesen verschloß ich dann so, daß nur alle Minuten zwei Tropfen hervortreten konnten, und erbielt eine srünliche, Ilane «vom Anthoeyan in der inneren Zellenschicht in der Blase) Flüssigkeit. die eigenartig schwach aromatisch roch und eine ganz schwach saure Reaktion ergab. Larven und kleine Kruster vom natür- lichen Standort der betreffenden Utricularien in diese Flüssigkeit ge- bracht, zeigten Lähmungserscheinungen, und nach 11 Stunden waren sie tot. In der Kontrollflüssigkeit aus Glyzerin und Wasser blieben sie lebend wie in gewöhnlichen Wasser. Fliegen, die in diese Flüssigkeit 1) Nach den Mitteitungen im Journal £ prakt, Chemie 1876, Beiträge zur Kenmutnis der Utrienlarien, 147 getaucht wurden. schwammen äußerst schnell sich im Kreise (lrehend umher und legten sich nach 7 Stunden auf die Seite, erholten sich aber, herausgenommen aus dem Bade, bald wieler. Büsgen!) und Cohn?) fanden auch schon, daß sich Tiere, «die in die Blase geraten waren, noch lange Zeit, ja tagelang darin bewegten und umherschwanmen. Der die Tiere offenbar betäubende Stoff muß also in großer Verdünnung in der Blase vorhanden sein, sonst könnten «ie Tiere nicht so lange lebend Ileiben. Fein in Scheiben geschnittenes Hühnereiweiß, ferner Stärke, Fett, Milch. Fleisch. roh und gekocht. Glyzerin, Butter, Fibrin in 0,05%. „iger HCl einen Tag lang gelegt. Käse in scharfkantige Stück- chen geschnitten. brachte ich mit 5 und 3 ccm dieser Flüssigkeit mit und oline Zusatz von 0,5, 0,1. 0,2 0,08 %/, iger HCl gleichen Quantums in einen Brutofen und hielt die Proben auf 37—40°C. Nach 4 und S Stunden des anderen Tages entnahm ich überall einige Proben, untersuchte sie auf Eiweißspaltungsprodukte und machte die Biuret- reaktion, doch weder (diese Probe noch andere Versuche erbrachten positive Resultate. Nach 3 Tagen erst beobachtete ich, daß die Eiweib- scheibehen und (ie Käseteilchen nicht mehr seharfkantig waren, ohne jedoch faulen (reruch von sich zu geben ‘Indol, Skatol usw... Die Kontroll- versuche enthielten gleiche Stückchen, doch ohne Zusatz von HCl: die Kanten (dieser Käse- und Eiweißstückchen waren nur weich geworden. ohne ihre Schärfe verloren zu haben. Es hatte also irgendeine Ein- wirkung von seiten des Saftes auf das Eiweiß stattgefunden. Die Versuche wurden dann unterbrochen und darauf noch zweimal wieder- holt mit gleichen Resultaten. Dabei hatte sich auch gezeigt, daß der Saft selbst. obgleich ein ausgezeichneter Nährboden für Bakterien und Schimmelpilze, keine Spur von einer solchen Vegetation wahrnehmen ließ, obwohl eine kleine Probe in einer offenen Schale im Laboratorium 27 Tage lang aufgestellt war. Einige Tropfen «dieses unverdünnten Saftes auf Gelatineplatten (Rleischnährgelatine) gebracht, hatten nach + Tagen eine kleine Höhlung in die Schieht gefressen. die Gelatine dabei verflüssigend. Versuche mit Chinon, Xylo-, Para-, Meta- und Benzochinon nach Raciborski ergaben keinerlei Farbersrheinungen. obgleich Raciborski damit auf Fiweißstofle verschiedener Pflanzen sehr gute Reaktionen. meist Rot- und Blaufärbungen erzielte. N nur diese Reagenzien habe ich versucht, sondern überhaupt alle. die ich nur überhaupt irgendwie in den einschlägigen Werken finden konnte, 1) Büsgen, Ber. d. D. bot. Ges. 188 Bd. VI, pag. LV. 2) Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, I. 3, pag. TI. j har 148 Philipp von Inerzelbure, doch alle ohne Ausnahme waren ohne Erfolg angewendet worden. Dazu kam. daß das hlaue Anthoeyan. das in den inneren Zellen der Blase sich ja finder. sehr hinderlieh ob dieser je nach Reaktion bald blau. bald rot wertenden Färbung war. Doch kann man eben diese sonst so hinderliehe blaue Farbe, die in jungen. noch nüchternen Blasen rot er- scheint wegen «der darin vorkerrseheuden Säure, sofort als Indikator benntzen. zu erfahren. ob Tiere in den Blasen gefangen sind oder nicht. «Haben «ie Blasen irgendeine Beute in sieh, färben sie sich blau !)2°}) Umnun wieder auf den dargestellten Saft zurückzukommen. möchte ich noch erwähnen. daß ich auf Zusatz von Fehling'scher Lösung mit und ohne verdünnter 1? iger und 1° „iger HCI einen deutlichen Kupfer- niederschlag bekommen hatte. ein Vorversuch. der mich aufspäter noch zu erwähnende Proben brachte. Alle (diese erwähnten Versuche machte ich mit Saft -= Glyzerin. weil Glyzerin ein gutes Lösungsmittel für Enzyme sein soll. Es lag mir aber auch sehr viel daran. den reinen Saft ohne irgendeinen fremien Zusatz zu erproben, und ich verwendete in der Folge Blasen. auf obige Art mit Sand und gleichen Teilen Wasser vermengt. zerrieben und filtriert, zu weiteren Versuchen. Den Gesamtinhalt des Saftes an Stickstoff zu bestimmen, gelang mir noch nieht. wenigstens kann ich noch keine genauen Zahlen angeben. Ich versuchte num weiter wieder, wie oben sehon beschrieben, zuerst Ver- dauungsversiiche damit zu machen. ‚Je 10 ccm und 20 cem Saft wurden wieder mit und ohne Zusatz von gleichen (Juantitäten 0,05%. ,iger. 0.025 %/giger und 0.5° ‚iger Zitronen-. Wein- und Salzsäure möglichst steril in Röhrehen gebracht unter Zugabe von Eiweiß usw. wie oben. auch von Öl mit Stärke (Goebel, Pflanzenbiol. Schild. ID, dann auch von Blut, faulendem uni ver- faultem Blutwasser. von Milch unıl noch von einer Verreihung von kleinen Krustern und Larven mit sterilisiertem Sand und Wasser, Auch diese Röhrchen setzte ich gleicher Temperatur aus unter Beigabe von Kontroll- röhrehen. Nach 3 Stunden war die Milch noch nicht geronnen, jerloch zeigte «das Fett. noch emulgiert, Zerserzungserscheinungen unter dem Mikroskop. Die Fettkügeleben waren alle deutlich gelber geworden und trübe. Nach einen Tag (las gleiche Bild, ebenso nach 2 Tagen. nach 54 Stunden waren die Piweiß- und Käsestückehen ohne die scharfe Kante, die Substanz war auch weich geworden und an den kor- rodlierten Rändern undurehsiehtig. Fäulnisgeruch fehlte. Fibrinflocken 1) Büssen aa. O, 2) Cohua.a. 0. 3) Grochel, Pflanzenbiolag. Schilderungen IL, page. TO HT. Beiträg zur Keunmis der Virienlarion. 140 waren stark zedunsen und an den Rändern glashell, die Milch runter dem Mikroskop) war nun getrennt in Fettkugeln. die noch trüber waren wie zuvor. und in eine gelbliche Flüssigkeit mit vielen suspentdierten kleinen. gelblichen Körnern. Der Fleischsaft war in eine gelhlichhraune. trübe Flüssigkeit olme Fäulnisgeruch verwandelt. Die für alle Ver- suche ausgeführte Binretreaktion mißlang stets imit KOH und CnSO,) oder ergab wenigstens keine deutliche Färbeerscheinung. Nach 5 und nach 7 Tagen waren :lie geschilderten Erscheinungen die gleichen. nur noeh etwas deutlicher geworden. Indol. Skatol war auch da noch nieht nachzuweisen. trotz des Ausschüttelns mit Äther, Versetzens mit HNO, Bayer’schert; Indolreaktion. ferner der Legal'schen Probe (violette Färbung mit Nitroprussidnatron) und NaOH. Alle Versuche mit Chemi- kalien. die Farbstoffe mit etwaigen Amido- oder Imidoderivaten. Ab- bauprodukten von Eiweiß erzeugen könnten, oder mit Farbstoffen selber. mit Fällungswitteln. irgendeine Erscheinung damit zu erzielen, Ilieben erfolglos, und wie viel und sorgfältig ich auch die einschlägige Literatur bei Czapek, p. 226 ff.. sowie überhaupt die Angaben von Kap. 0 und +, ferner in reen-Windisch. Die Enzyme (10T) nachstudieren mochte. keines von «en zahlreich angegebenen Reagenzien hatte deutlichen Aus- schlag ergehen. Diphenylamin und Schwefelsäure in allen Stärkeverhält- nissen gemischt. sowie Raciborski's Angaben, wie oben schon erwähnt, mit Chinonen ergaben keinerlei Farberscheinungen. Bleiacetat, Blei- subacetat 1°‘, schlugen einen gelblichweißen Bodensatz nieder. doch war das meiste davon (Gerbsäure mit Blei verbunden und Schleim. Fehling’sche Lösung ergab wiederum Zucker. Ich unterbrach dann am 7. Tage den Versnech, nicht olme auch zuletzt noch mit Alkohol die Proben ausgefällt zu haben. aber auch das noch mit negativem Erfolg: ehenso fielen die Ausschfittelungen mit Toluol. Toluolalkohnl und Benzin aus. Diese trüben Erfahrungen wurden nun beschlossen nit einigen besseren. positiven Resultaten. 1) Bayer, Ber. d. chem. Ges. Bd. KILL quer 3 (Uzapek). Erdmann ı. Winternitz, Münchener med. Wochensehr. Teil Nr. Salkowski, Ber. d. chem. Ges. Bi. NH 1580. Ders, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. VIIL IX, 0, Löw un. Th. Bokorny. Über die Chemie der Proteosomen. Flora ISir. BR 2 ISS5. Ereänzungsbd., paw. 117— 120. \ L | 0. Löw. Osminmtetroxyd 1:100000 ab keine Reaktion. P. Wolfransäure negatives Resultat. ®. Löwn. Bokerny. Verhalten der P’flanzenzellen Jahresber. f. Tierehemnie IS. pag- m stark verdünte alkalische Ag-Lösung, Lau Plalipp von Inetzellurg, Nach einer Mitteilung in der Zeitschr. f. Tierchemie 1888 und 1907 stellte ich nun Lösungen her von Na,CO, und Kasein. je 50 cem von je 1°, Gehalt und versetzte sie mit 30, 20 und 5 eem des reinen Saftes; nach 9 Stunden. nach 11. 13, 17 Stmmien wurde dann die Mischung genau neutralisiert und mit 1°, Essigsäure versetzt. Nach 13 Stunden war der anfänglich sich billende brännliche Niederschlag von Proteinen verschwunden, d. h. nicht mehr hervorzurufen, die Ka- seinlösung war durch Enzymwirkung verdaut, oder mit. anderen Worten, es hatte sich in der Kaseinlösung Pepton gebildet. Es war also doch in dem Saft ein Enzym verborgen. das wir zu ten tryptisehen Enzymen rechnen dürfen. Das eiweißspaltende Enzym muß übrigens sehr langsam wirken, denn im Vergleich zu den zugesetzten Saftmengen und den geringen Kaseinmengen war erstere beileutend im Überschuß. Die zu erwartende Bakterienansiedelung bei den Versuchen wurde durch Zugabe von 2—3 Tropfen Chloroform und Ätheratmosphäre ab- gehalten. Fine 10 malige Wiederholung des ganzen Versuchs erbrachte nun wieder annähernd gleiche Resultate und wurden von 0. Löw in liebenswürdiger Weise kontrolliert. Oben sprach ich auch von einer Säure, einer schwachen Säure nur, doch kräftig genug. das blaue Antho- cyan in «en Blasen rot zu färben wnıl im Saft selbst eine Schimmel- und Bakterienflora zu verhindern. Es fanıl sich Benzoösäure in diesem Saft, nachgewiesen auf fol- gendem Weg. Ausschüttelungen mit Äther und Chloroform und mit Alko- hol und Toluol, die dann bei 15—20° abgellampft wurden, ließen einen penetranten, doch aromatischen Geruch seutlich wahrnehmen und fühlten sich fettig, ja schmierig an. Die jungen Blasen an der Vegetations- spitze bei U. vulgaris usw. sind lebhaft rot gefärbt. werden dann aber, älter geworden, blau. das Anthocyan der Blaseninnenwand ist durch diese Säure rot und wird später wieder blau. Wie kommt ex nun, daß die Blasen trotz der Säurengegenwart wieder blau werden können? Ich glaube die Tatsache so erklären zu können. dureh viele Versuche unter- stützt: Die blauen Blasen haben alle schon Fleischnahrung in sich. sie haben durch den öfters wielerholten Verdauungsprozeß sozusagen ihre enzymetrische Kraft an «den vielen Leichen erschöpft und sich zur Ruhe begeben, den Rest der Gefangenen noch langsam verdauend. In: An- fang nun war es für das Verlauungsresultat wichtig. mit Hilfe der Benzoösäure die Bakterien. die mit den Tieren und an den Tieren haftend und mit dem sie umgebenden Wasser in «lie Blase gelangt waren, entweder zu verniehten oder «doch in ihrer Entwicklung zu hemmen. Nachdem dies bei den. sagen wir ersten 3-5 Tieren durchgeführt ie; Beiträge zur Kenntnis der Utrienlarien. 151 worden war. war auch dabei diese Säure aufgebraucht. zuvor stark verdünnt, und durch das nun hauptsächlich wirkende Enzym und das antiseptisch wirkende Öl ersetzt worden. Oder was auch noch diese Erscheinung erklären könnte: Die basischen !) Abbauprodukte der ge- fangenen Tiere neutralisieren die Sänre allmählieh. Versuche dazu ließen das Gesagte als erwiesen erscheinen. Das in einer Kulturschale eine Utrieularis vulg. umgehende Wasser wurde mit einer feinen Pra- vazspritze in eine rotgefärbte, also noch nüchterne Blase eingespritzt! nach 24 Stunden konnte ielı keine Spur von lebenden Bakterien in der Blase tinden, Die Blasen wurden zu diesem Zwecke mit Wasser stark ‚abgespült, dann mit sterilem Wasser nochmal fünfmal gewaschen. mit Alkohol befeuchter, «lieser angezündet oder über einer kleinen Flamme abgedampft und dann direkt auf (lem Deekglas zererückt mittels einer zuvor geglühten Pinzette. Wenn überhaupt. konnte jeh mit Gentiana- violett nur kleine Spuren von Bakterien !Stäbehen) nachweisen. Der Hauptzweck der Säure ist nun erwiesenermaßen ihre stark antiseptische Wirkung. Sie, (lie Benzoüsänre selbst wurde von mir auf folgende Weise nachgewiesen. 00 cem meines reinen Saftes schüttelte ich siebenmmal mit je 30 cem Äther aus und «dann mit Chloroform, ließ jedesmal die beiten Flüssigkeiten, Äther und Chloroform. mit Scheidetrichter ablaufen und dann bei gewöhnlicher Temperatur verdampfen und erhielt auf diese Weise einen kleinen, diekflüssigen Rückstand. der nach und nach kleine unvollkonmene Kristalle anschießen ließ. Mehrere solcher Abtampf- rückstände sammelte ich dann in einigen Tropfen Wasser und sub- limierte die diekflüssige Masse. mit gereinigten Glasstückchen gemengrt. genau nach Angabe A. Nestler's?). Dabei hatte ich die große Freude, den Entdecker (lieser Säure in den Vaceiniumfrüchten O0. Löw®) per- sönlieh später noch einmal das Experiment vorführen zu können. Auch die Färbung mit FeCl, (Gelbfärung) gelang vollkommen. Die »uhli- tierten Kristalle hatten gleiche tiestalt. wie A. Nestlerts sie ahbilder. «loch hatten sie nicht «ie Größe, Naehtem die Sublimation beendet 1) NH, und Derivate, besonders aber erstere in freien Zustand, konnte ich nie in Blasen mit Tieren vollgepfropft nachweisen. obgleich. das Neßlerrongens noch auf Verdünnungen von L: 10090000 Ausschlag zeigt. 2) A, Nestler. Ein einfaches Verfahren zunt Nachweis der Benzei der Moos- ımd Preiselbeere. Ber. d. D. bat. bes. 1900. 30. Löw, Journ. f. prakt. Chemie. Bd. \ !) Nach Ann. 6. A. Nester (naeh W. vw. Gesersielg, Zeitsehe f. Unter- suchung d. Naht. u. Gemubßnittel 3908, Bi NV Heft l, 152 Plilipy yon Imerzelburg, war. schlugen sich bei weiterem Erhitzen auf einem ehenfalls gekühlten Uhrglas feine. stark lichthrechende Tröpfehen nieler, von stark aro- matischem Geruch nnd bremnendem Geschmack. Bestrieh ich damit eine Gelatineplatte mit Agar-Agarzusatz oder eine Nähr- Fleischsaft- Gelatineplatte und setzte sie «der Luft aus. entwickelten sich keine Bakterien darauf, und eine Pilzkolonie auf einer Platte säumte ich mit. diesem sublimierten ÖI ein. die Kolonie blieb «damit hegrenzt. Leider war mit diesem Versuch auch schon die geringe Ausheute an ÖL völlig aufgebraucht. O. Löw und R. Asoı fanden in Pinguicula- blättern md Drüsen ebenfalls Benzoösäure, der Selmelzpunkt wurde zu 122" gefunden®. Da ich meine Bestimmung nur einmal ausführen konnte, wobei ich 123.2 konstatieren konnte, möchte ich dieses Resultat noch nicht für sicher angeben. «denn die geringe Quantitär meiner Aus- bente erlaubte keine weitere Kontrollbestimmung und Wiederholung, es muß diese Angabe vorerst (lie einzige bleiben. Wir hätten aber also nach Jost} die Beiingungen gegeben. die Utrieularia als typische Insektivore gelten lassen zu dürfen, denn sie vereint Säure mit einem proteolytischen Enzym, einem tryptischen. Ob die Säure als einzige Säure in der Blase sich findet, müssen spätere Versuche noch ergeben. Darwin und später Gocbel hatten Versuche angestellt mit hal- bierten Blasen von Utrieularia. Bei meinen Versuchen mit halbierten Blasen machte ich die Beobachtung, daß nach kurzer Zeit eine reiche und üppige Bakterienflora und Pilzvegetation sich eingestellt hatten. Die in den Blasen fäulnishemmende Säure, die Benzodsäure, wird dabei von dem «die halbierten Blasen allseits umspülenden Wasser allmählich aufgenommen, sowie auch der Zucker und Schleim in den Haaren, auf dem Widerlager und der Klappe. Die mit den Blasenhälften an- gestellten Ernährungsversuche mißlingen deshalb sehr leicht. Versuche bewiesen cs. Eisenchlorid und Ferrosulfatlösing 1: 1000 und 1:100 in die Blase, in die unverletzte Blase mit der Pravazspritze dureh die unbesehädigte Klappe eingespritzt, wurilen im Innern so sehr fest- gehalten. daß ein Nachweis von Eisen in Ferri- und Ferroform mit Fervo- und Ferrieyankalium in dem die Blasen umgebenden, reinen destillierten Wasser nicht möglich war. So fest schließen «die Klappen gegen das äubere Medium ab. Halbiert man die Blasen, so diffundiert 1,0. Löwm. R. Aso, Benzoi tie Bulletin of the enllege of VL par. 13 2) Benzoösäure-Schmelzpankt 120--1214%. 9 Jost, Vorlesungen über P’fanzenphysiologte 1908. 2, Aufl, pag 21-24. in Pinguieula vulgari iculture Tokyo Imperial Un Reprinted from rsity 1907, Vol. Bet zur Kenmmis der Utrienlarien. 153 gar leicht ihr Inhalt in das Wasser, außerdem sterben (ie Blasen und die Verdanungshaare inı Innern desselben sehr hal ab. Damit verl ieh die Versuche mit dem Perkolat und dem wässerigen Blasensaft un wende mich zu einer anderen Reihe von Versuchen. Ich lasse nun die Blasen selbst verdauen. ihnen Verdan- ungsmaterial künstlich zuführend. Viel Nenes ergaben die Versuche nicht. «loch dürften manche Nebenerscheinungen dabei interessant sein. Kräftige Vulgarisblasen wurden mit Lösungen von Fiweiß. Zueker. Diastase, Gummi, Asparagin. Lenein. Kreatin. Glycokoll. Harnstoff, Pep- ton, Milch. Fleischsaft. Käsewasser und Blut in Verdünnungen 1:100, 121000. 1:10000 gefüttert. und zwar nit der Pravazspritze. mit der Vorsicht. daß keine, auch nicht die geringste, Verletzung 1er Klappe widerfuhr. Die Nadel der Spitze wurde rund geschliffen und stets peinlich gesäubert. Die Blasen. selbst einzeln an abgetrennten Teil- blättchen (meist die Baxalblasen und die zwei an Größe jhr nächst stehenden) belassen. wurden in Wasser unter dem Mikroskop liegend geimpft. Ein Tier nachahmend, wurde die Nadel. immer an dem Wider- lager anliegend. langsam gegen die Klappe gedrückt und dann die Flüssigkeit mit kräftigen Druck eingeführt. Zunächst bestätigte sich (die währen: einiger Tierfangbeobachtungen gemachten Wahrnehmungen. die nicht ohne Interesse sind. Ich darf wohl einen solchen Fang selbst sehildern, «da ich es nicht für uninteressant halte und ex auch manches später noch Erwähnte bestätigt. In eine Kultur von Vulgaris-Pflanzen brachte ich einen Fang von Wassertieren aus meinem Utrieularia-Graben in Dachau, meist lang- gestreckte Larven und wurmartige Insekten. Eine 3 mm lange nüc terne Blase fing sieh mn ein wurmartiges Insckt von 7.3 mm Län tälinliches bemerkte auch schon tioehbel in „Biol. Sehilderungen” mit Abb). Mit sichtlieher Begierde schob sich das Tier dureh die Klappe. wand sich weiter gegen das Wirderlager und in» Innere, «dabei bog sich die Klappe soweit nach innen, dab gerade die Wölbung der Klappe mit der Rundung des Rücken» des Tieres äbereinstinmte. Mit großem Behagen anscheinend glitt das Tier der Seite des Wiler- lagers entlang und hatte den Leih schon zur Hälfte in der Blase ohne auch nur einen Versuch, wieler nach rückwärts zu kommen, auszuführen. Deutlich sah ich dann. wie die Widerlagerhaare Schleim sezernierten und wie von der Klappe aus, an ıer Stelle. wo die vier langen Borsten- haare stehen, das Rot der nüchternen Blase allmählich in ein tiefes Blau sich verwandelte. Erst als dann das Tier nach +4 Stunden in der Blase glücklich gelandet war. fing es lebhaft an. sieh zu winden and 154 Philipp von uetzellmpe, anscheinend nach einem Ausgang zu suchen: doch die Klappe. wie ex schien. die großen Haare unten am Klappenrand hatten soviel Schleim (vielleicht durch den Reiz des Berührens: produziert. daß die Klappe «direkt wie verkittet am Widerlager auflag. ohne nur im geringsten nach außen aufzuschlagen (mit Tusch- und Ruthenrot konnte ich diesen starken Schleimverschluß der Klappe deutlich nachweisen. 5 Stunden hatte das gefangene Tier noch gelebt. dann wurden die Bewegungen, wie es schien. sehr mühsam ausgeführt. und ball trat vollständige Leh- losigkeit ein. Bis dahin hatte sich auch «das Rot der nüchternen Blase in ein lichtes Blau umgewandelt. Ich möckte hauptsächlich das Blau- werden während des Fangs hervorheben. weil ich «das gleiche auch bei künstlicher Spritzenfütterung bemerkte. Nach 2°, Tagen konnte ich das Tier. las ganz weich und leicht zerbrechlich war. mit Benzochinon- zusatz deutlich rot säumen: mit Jod, Millonreagens. ferner nur noch mit Anilinblau traten Färbungen auf: ‚Tod. dunkelgellie Haare: Millon matte Rosafärbung eines Teiles des Tieres: mit Amilinblau plötzliches Blauwerden der «das Tier umgebenden Balkenhaare. Alle anderen Che- mikalien, es waren deren 37, hatten keinen Erfolg. Nach dieser ziemlich langen Almweichung von den Spritzenexperi- imenten möchte ich diese wieder weiter verfolgen. Zucker, überhaupt mehrwertige Alkohole hatten keinen Erfolg gezeitigt. Die Blasen gingen ball zugrunde An zweien war jedoch (ie Antenne ganz be- sonders ergrünt, was sonst nicht der Fall ist in der Natur. Besser ertragen wurde schon Asparagin, denn erst nach 9 Stunden bleichten die Blasen, nieht ohne in ihrer Achsel neue Blasen hervorgebracht und dem Blättchen ganz besonders gute Nahrungsstoffe zugeführt zu haben: denn soleh ein Blatt triel. nachdem die «drei Blasen schon verhleicht waren, maximal 11 Adventivsprosse. Milch und Molken. sowie auch Käsewasser erzeugten in den Verdlanmgshaaren jene braunen. körnigen Massen. die schon Darwin im seiner Arbeit über insektenfressenile Pflanzen erwähnt. Diese braungelben Körner, ılie sich übrigens nach jeder starken Pütterung in den Balkenhaaren einstellen. sind ein Zeichen von Uberfütterung der Blasenhaare. Treten sie zuerst auf und spritzt man «dann steriles Wasser in die Blase. verschwinden sie nacı 4 Tagen wieder: läßt man sie jeıloch einen oder zwei Tage weiter be- stehen. »9 ist das Plasma schon su weit krank. daß diese Körner- erscheinung dann unbedingt zum Tode der Blase führt. Goebel hielt sie stdie Körnererscheinung) ebenfalls für eine Krankheitserscheinung. ja überhaupt einer Giftwirkung gleich: Kinspritzungen von Zinksulfat. Bleikarbonat. Mangansulfat. Kaltumnitrat. Sublimat in Verdünnung von Beiträge zur Keuntnis der Utrienlarien. 12190. 090 md 1:500000 bringen nämlich gleiche Körnerbildung hervor. Also haben wir hier wirklich eine Giftwirkung vor uns, gleich- bedeutend mit der Wirkung von Übersättigung. Indel- und Skatol- lösungen in 1:500000 Lösung haben ähnliche Erscheinungen bervor- gebracht. ebenso auch H,S-Verdünnungen. Damit ist auch die irrige Ansicht Darwins, als handelte es sich um Ernährungs- und Verlan- erfolge. berichtigt. Am besten wurde Pleisehsaft absorbiert. Das rohe Fleisch hatte ich gewaschen. mit sterilem Wasser geschüttelt und «dann die Lösung eingespritzt. Die Ernährung war eine sehr energische. «denn die Blase starb stets nach 2--5 Tagen infolge Nahrungsübersechuß und besonders an Eiweiß. Die Balkenhaare schrumpften nach dem 3. Tag. enthielten eine Menge Fett- und Öltropfen (beobachtete auch (rocbei. Biol. Schikler.) und, was ganz besonders interessant ist «dabei. enthielten einen äußerst schrell sich um seine Achse drelienden Kristall. Teder Balken enthielt je einen Kristall, der oft Kreuzesform hatte. dann wieler balkenförmig. auch den Drüsenkristallen ähnlich aufgebaut. resp. zusammengesetzt war. Nach 2 Tagen stets war der Kristall verschwunden. auch nach Zusatz von Kalilauge war er gleichfalls nicht mehr zu sehen. Keitı Mittel außer Jo in Substanz konnte ich finden, diese Kristalle zu färben. deren Größe etwa dem 3. Teil (ler Breite eines Haarbalkens gleichkommt. ‚Jod färbte die Kristallränder in einer halben Stunde gelb. Ich halte sie für Bi- weißkristalle, die aus dem Überschuß von Eiweiß, dureli die künstliche Fleischnahrung zugeführt. auskristallisiert waren. Nachdem ich «dann den Saft noch auf '/40, verdünnt hatte und «ann einspritzte, trat der Kristall nicht mehr in jedem Haarbalken auf. nmel die Blasen selbst blieben nun auch schon 5 Tage am Leben. ergrünten reichlieh, auch die Antennen ergrünten sichtlich nnd verbreiterten sich merklich. Ale aber mit Fleischsaft genährten Blasen nl die sie tragenden Blättehen wuchsen ganz außergewöhnlich schnell. produzierten eine Menge Ad- ventivsprosse und Doppelblasen. auf die ieh später noch ganz besonders zu sprechen kommen werde. Mit der gleiehen Spritze. mit der ich die versehiedenen Flüssig- keiten in die Blase eingespritzt hatte, nahm ich auch Saftproben heraus. um diesen reinsten Blasensaft auch noch ohne jede andere Zutat. auch olme Wasser, untersuchen zu können. Es war dies eine recht mühsame und zeitraubende Arbeit. denn jedem Kelbenhuls der Spritze entsprach ein kleines Flüssigkeitsbläschen. das zusanmengefallen in sieh auf «dem OÖljekrträger nur einen feuelten Belag ausmachte. [eh entnahm solehe Saftproben mit obigen Nähr- 156 Philipp von Inetzelbung. mitteln gefütterten Blasen und auch auf natürliche Weise ant genährten Blasen der Spez. intermedia. sie sinıl ziemlich hell und daher gut für diese Experimente zu gebrauchen. besonders ıie der sog. Sehlanm- sprosse orter Blasensprosse. Das Resultat von 5 Tropfen solcher Fl keit entsprach dem Inhalt von 150 Blasen von einem Durchmesser von 35-4 und 45 mm. Die Chinonsalze gaben nur schwache Farberschein- ungen, aber keine ausgeprägte Reaktion. Die Biurefreaktion fiel schen besser aus. ein roter Hof umsäumte die kleinen Flüssigkeitsmengen. nit (denen ich arbeiten konnte. Diphenylaminschwefelsäure färbte sich blau und dann etwas violett, eine Reaktion, «ie viermal auftrat. Ein soleher kostbarer Tropfen wurde auch wiederum auf Nährgelatine übertragen und hatte eine gleiche Erscheinung wie oben schon angeführt hervor- gerufen: die (relatine wurde ziemlich energisch innerhalb 2 Tagen ver- Hüssigt. Auch zertdrückte ich noch von außen sterilisierte, mit Wasser. Alkohol und Sublimat 1:1000 gewaschene Blasen unter möglichster Vorsicht direkt auf einer Gelarineplatte mehreremale, und stets hatte ich den Beweis einer sehr armen und kärglichen Bakterienkultur. den Beweis auch für die richtige Annahme und Behauptung Goebels. daß Mikroorganismen die Zerlegung der gefangenen Tiere in der Blase nieht übernommen haben, sondern daß das Vorkommen von Bakterien in den Blasen (den lebenden. verdauenden Blasen) nur auf Zufälligkeit beruht, daß also nur durch die Manipulationen selbst Bakterien in die Blase gelangen können. Kranke und bleiehe, überfütterte und mit einem Klappendefekt versehene Blasen (was man öfter beobachten kann, strotzen (dagegen von Bakterien und Vertretern niederer Tierwelt. Damit möchte ich dieses schwierige Kapitel der Verdauungs- erscheinungen schließen, (das Kapitel, das wohl die meiste Zeit und die größte Mithe beanspruchte. doch immerhin einige Resultate zeitigte Resultate, die spätere Arbeiten. Kontrollen und nene Untersuchungen erst vervollständigen müssen. Bevor ich den chemischen Teil der Arheit ganz verlasse, mögen zwei Reaktionen noch erwähnt sein, die init der Vertlauung Nichts gemeinsam haben, aber doch auch nieht uninteressant sein mögen. Wie schon oben berichtet. fand sich im Saft mit Glyzerin und in dem mit Wasser auf Fehling-Lösung hin Zucker. Wurde der Saft zuvor mit 1° ,iger HCI gekocht, so war ılie ssig- el Yormi. Zentralbl. f, Bakt. II 1869, Bd. V. par. 24. C. Eijkmaun, Zentralbt. £ Bakt. I 1901. Bd. KNIN. Vires, Annales of Botany 1909, Vol NV par. 237. Tisebutkin, Bot, Zentralbl. 1802, par. BOB ER Beiträge zur Kenntuis der Ttrieularien. 157 Ausbeute heilentend größer. Wo steekte nun dieser Zuckergehalt? Wie vermutet, mußte dieser Zucker doch nur irgendeine Anlockung sein für die Tiere. Ich schnitt den Teil der Blase heraus, der zwischen Widerlager und Klappenmitte liegt, also den Eingang zum Wider- lager, «lie Mundwinkel und den unteren Klappenrand. Je 50 Blasen bildeten die Ausbeute für eine Probe. In der Tat fand sich gerade hier viel Zucker und noch mehr Sehleim, ganz natürlich. denn es ist dies ja doch die Gegen (les Blaseneinganes. wo die Tiere am meisten und kräftigsten angelockt werden müssen, um sie für den hungrigen Magen zu fangen. Die Haare dieser Gegend sind also nieht, wie Darwin glaubte, dazu vorhanden. den aus der Klappe entweichenden wertvollen Stoff, «len Blasensaft samt Inhalt für die Blase zu retten, zu absorbieren, sondern. um «en Raub damit anzulocken und zur Klappe zu führen. Eine weitere Reaktion ist die mit Vanillinsalzsäure auf Phlorogluzin. Legte ich junge Sproßstücke orler junge Intlores- zenzen in diese Lösung, so färbten sie sieh schon nach 3 Minuten schön und kräftig rot. Nach 7 Stunden war die Lösung ebenfalls rot geworden und schon in violett übergegangen. Es lag also ein starker Gehalt dieser Pflanzenteile an Phlorogluzin vor. Mit Fe SO, bei Luft- zutritt erhielt ich ebenfalls eine deutliche Reaktion mit diesen Pilanzen- teilen (Gerbstofle) . Bevor ich zum zweiten großen Kapitel übergehe. möchte ieh nochmal hervorheben. daß neben den vielen negativ bis jetzt verlaufenen Resultaten sieh auch solche positiver Natur finden: l. das Ergebnis einer wirklichen Verdauungsfähigkeit der gefangenen Orga- nismen tnchen Tieren «die ja die Hauptsache für diese Art Pflanzen sind, findet man oft ziemlich viele Algen. Diatomeen. Desmidieen usw. in den Blasen) und 2. das Vorhandensein einer organischen Säure. der Benzoösäure. Experimenteller Teil, spezielle Kulturversuche. Ich wende mich dem 2. Kapitel meiner Arbeit. dem Abschnitt über Kulturversuche zu und beginne mit den Kulturen zur Aufzucht von Utrieularien im Treibhaus im warnen Wasser. Wie Goebel u. a. hervorhebt (Biolog. Schilderungen, pag. 173. II. Teil): „Dabei ist indes zu beachten, wie groß (lie Schwierigkeit bei den kleinen Blasen ist: zudem gehören (ie Wasser-Utrieularien. Nie allein sich zur Fütterung eignen. nicht gerade zu den leicht zu ziehenden Pflanzen: sie werden in der Kultur leicht bald abnorm“) ist die Innenkultur ziemlich schwer und es galt nun zuerst. eine geeignete Nährlösung für die Utrieularien 1) Löw u. Bokorny. Über das Verhalten von Pflanzenzelleu zn stark vor- dünnter alkalischer Silberlösung. Bot. Zentralbl. 1880. gu. 370. Ann. 158 Philipp von Inerzeilurg, zu finden. Im Pfrillensee bei Kufstein. sowie in einigen (Gräben bei Wolfratshausen fand ich Vulgari ewplare. die nur eine oder zwei Blasen an den einzelnen Teilblättchen hatten und gelblich gefärbt waren. Was konnte wohl hierzu der Grund sein? Dazu kan, daß ich bald darauf in zwei Tümpeln bei Freising vollständig ausgebildete, nur ge- geringe Blasen tragende Vulgaris-Exemplare fand. die bei einer Länge von 1:15 m keine Spur von Blütenansatz zeigten. Ich begann nun Winterknospen von allen mir zugänglichen Arten unsrer einheimischen Vertreter ımter allen möglichen Verhältnissen zu kultivieren: In warmem und kaltem Brunnen-. Regen- uni (estilliertem Wasser. in allen mögkehen Nährlösungen und Einzellösungen, in Licht und Dunkelheit. in Wasser und Luft. Dabei zeigten sich ganz interessante, die Ernährung der seltsamen Gattung einigermaßen erklärende Erschei- nungen. Meister") hält in seiner Arbeit «lie der Vulgaris so sehr verwandte Art Negleeta überhaupt nur für eine Warmwasserform von Vulgaris. Ich kultivierte zwei Vegetationsperioden hindurch Winter- knospen von Negleeta und Vulgaris vom ersten Blatt der Knospe bis zur Blüte. keinerlei Nenlildungen oder Bildungsabweichungen konnte ich jedoch beobachten: die Vulgaris blieb eine Vulgaris, blühte früher als sonst, trug jedoch Blasen und Blätter und Blüten genau gelaut wie zuvor, Ich möchte schon jetzt bemerken, daß ich, der Einfachheit und dem Allgemeinverständnis Rechnung tragend. «die Blätter im Sinne Goebel's «(Biolog. Schild. und besonders Organographie. pag. 444) nit dem Ausdruck „Sprosse” bezeichnen und von Sprossen folglich reden werde. wobei jedoch immer die Blätter der Utricularia gemeint sind. Schlammsprosse von Intermeiia sind ja eigentlich, z. B. wie ochel eingehend beweist wıd bespricht und Glück nochmals bes tigt, keine Sprosse. sondern „Blatfwurzeln“: nach Goebel}. Auch Intermeilia blieb dieselbe Spezies. hatte also keine Blasen am Assinilationssproß ausgebildet, wodurch sie eine solche der ihr nahe verwandten Ochroleuea geworden wäre. Die Kultur im laufenden Lei- tungswasser bei einer Durchschnittsteniperatur von 6° C hatte hedeu- tende Veränderimgen zur Folge. Die Blasenhildfing nahm un die IKälfte 1) Meister. Beiträge zur Kenntnis der europi Meneires de ÜHerhier Boissier. 12. 100. chen Arten von Utrienkaria 2) WO, Focke fand bei Bremen Vulgaris olne Blusen. Foeke glaubte zuerst an einen Bastard, fanıl aber keine Beweise hierfür. Jeilenfalls handelt es ieh auch Äter mu kalte Quellen und einen kieselhaltigen Untergrund. Schlechte ähring it Tenperaturerniedrieung gibt Exemplare ohne Blasen. Abhandlungen des natinmsissensel Vereins Bremen, 1805, Bd. NH. Beiträge zur Kennmis der Utrienlarien. 150 ah bei Vulgaris. bei Intermedia unterhlieb die Ausbildung von Schlanm- oder Blasensprossen wie auch bei Minor, Blütenbildung war niemals zu beobachten. Sollten kalte Quellen dasselbe bewirken? Ich suchte nach an den oben bezeichneten Standorten hlasenarmer Arten und fand meine Vermutung bestätigt. Darauf vertanuschte ich nun Leitungswasser mit destilliertem und auch mit Regenwasser und fand zu meinem Erstaunen volkonımen blasenlose Sprosse von Vulgaris und Neglecta vor. Auf den ersten Blick konnte man diese tiebikle für Myriophyllum proserpinaenides halten, denn selbst die große Basalblase war niehr einmal ausgebildet worden. Innerhalb 14 Tagen betrug «der Gesamtzuwachs im Mittel 10 em, Die Intermedia als Vertreterin der blasenlosen, getrennt- hlättrigen resp. „sprossigen Art. hatte Wasserblätter, schmal und tiefgespalten, sonst aber das Aussehen einer Forma terrestris Glück Gute Ernährung hat also Blasenbildung zur Folge. Blasenlose Exemplare sind stets Hungerformen und deshalb blasen- und blütenlos. Eine weitere Frage: Ist Utrieularia kalkfeind? Minor fand ich oft zusammen mit direkt kalkholden Pflanzen, während Vulgaris und Neglecta schon weniger kalk- haltiges Wasser liebt. Me und Phosphate sind zur Blasenbildung unbedingt notwendig, «dem sobald diese beiden Elemente in der Lösung fehlten, waren nnr kleine, unscheinbare Blasen gebildet worden. Eisen können sie in großer Menge ertragen, kann man doch oft genug Minor, Vulgaris und Intermedia direkt in Ockergräben finden. Ein Fehlen von Kalium in der Lösung macht ein Zurückgehen der ganzen Pflanze dent- lich bemerkbar. Stickstoff führte ich als Nitrat und als Ammonsalz zu. doeh scheint Nitratlösung * one: "ou noch direkt wie Gift zu wirken. worauf die Pflanze mit trelbwerden reagiert. Phosphorsaures Ammon scheint eine äußerst günstige P- und N-tuelle zu sein. der Zuwachs betrug in 8 Tagen 14 em hei normaler Blasenbildung. Nach alten meinen Versuchen dürfte folgende Nährlösung) der Utrieularia am zu- träglichsten sein: 1,0 CazPO,), 1,60 Ferrophosphat. 2,0 MgSO,, 5.0 Kaliumnitrat, 2.0 (NH,)NO,. LOONHJ)HRPO, in Verdünnung 13000. H) Es erreicht diese Nährlösuing so ziemlich die höchsten Anforderungen am Nahruneszufuhr, die eine Pflanze verlangt. Das Nahrungsbedürfnis weicht doch sehr ab von der neuen ernälrmngs-physiologischen Arbeit von A, Andreosen, Flora 1909. Bd. 99, Heft 4. 160 Philipp von Inetzelbure. Dazu einige Stückchen Torfmull und die Ausbeute von ungefähr !,, Liter filtriertem Torfwasser. Eine Zugabe von einem Gramm Thymol oder mit geschmolzenem Naplthalin getränkter Kohle ist besonders zur Abhaltung von allzu üppiger Bakterienfora notwendig, Vom kalten Leitungswasser bis zur Temperatur von 22% dem Optimum. und bis zum Maximum von 38° habe ich mit und ohne Nähr- salzzugabe Utrieularien als Wasserkulturen gezogen. Das Maximum bei 58" hielten 10 em lange kräftige Vulgarissprosse aus. auch Winter- knospen, in «diesem Wasser gehalten. streckten sich sehr bald olıne Krankheitserscheinungen zu zeigen. Bei 40° trat nach 2 Tagen Gelb- färbung der Blätter und dann allgemeiner Zerfall der Versuchsobjekte auf. Es sei diese Mitteilung em Gegenstück zu Jen Eiufrierungs- versuchen Glücks. die ein überraschendes Resultat zeitigten (Glück, II. 1906, page. 1 Ferner wollte ich Vulgaris und Neglecta außer ihrem Medium, dem Wasser. ziehen und hing sie in einem tilaszyliinder mit Deckel an einem Faden auf: auf dem Boden des Gefäße» befand sich etwa !;, | Wasser: dann band ich ebensolche Sprosse in Röhren von Filtrierpapier ein, die wiederum in einem Glaszylinder mit Wasser Iingen; schließlich band ich auch noch 20 em lange kräftige Vulgaris- und Negleetasprosse auf Torfstücke fest, die genau bis zum Rand in Wasser lagen, (die Pflanze also noch im wasserdampfgeschwängertem Raum sich befand; alle 3 Versuche endeten mit dem Tod der hetreffenden Objekte. Turionen und junge 5 em lange Sprosse von Intermedia und Minor behandelte ich ebenso. sie blieben zwar frisch im Zylinderglas mit Wasser und auch in den Filtrierpapierröhrehen. doch trat bald Turionenhildung ein. Auf Torf wuchsen beide sehr gut weiter. Noch weiter ging ich dann im Eutzug von Wasser und bestrich Glasplatten mit Lehm umd Humus, auch bestreute ich solehe mit Torfnull, legte (darauf Winterknospen von Intermedia und Minor un brachte beides in eine kleine feuchte Kammer. einmal des Tages auch «ie erdige Unter- lage mit ein paar Tropfen Wasser besprengend. Nach 14 Tagen keimten die Turionen. nach 67 Tagen hatten die Sprosse 14 und 8 Blättchen gebildet, olne Schlanmsproß und ohne Blütenanlage natürlich, Aber was sall ich zu meinem nicht geringen Erstaunen: auf den Blüttchen der Minor hatten sich überall. selbst auf den jüngsten und kleinsten Blasen gebildet. Es läßt sieh dies so erklären: obgleich diese Pflänz- chen nur 2-3 em lang waren. also typische Iungerformen der noch dazu selbst schon nicht ganz normalen Forma terrestris Glück vor- stellten, u Iiungerform gleichzeitig mit Rlasenlosigkeit einliergeht, so Äge zur Kenntnis der Utrienlarien. 161 waren «die Blasen nur aus den in den Turionenblättchen enthaltenen Nähr- und Beservestoffen wie Eiweiß, Zueker. Stärke gebildet worden. Beim Weiterwachsen dieser Zwerge tritt (ann später die Blasenbildung zurück. weil dann «ie noch übrigen Reservestoffe und Assimilate zur Bildung der neuen Winterknospe Verwendung finden. Dazu möchte ich noch erwähnen. daß ich fast gleichzeitix mit diesen Kulturen im trockenen Sommer 1908 auf den ausgedehnten, ausgetrockneten Torf- mooren von Endorf, am Chiemsee und in der Gegen des Langbürgner- sees fast gleich reduzierte Pflanzen von Intermeria und Minor vorfand. Sie hatten die reduzierte Forma terrestris Glück gebildet ohne Schlamm- sproß und Infloreszenz. 3,7 cm Länge war das Mittelmaß. Blasen waren keine an (en Pflänzchen, (dagegen Spaltöffnungen sowohl an Minor- wie auch an Intermediablättern. Die Spaltötffnungen waren auch durch Kultur der Minor und Intermedia auf «der Glasplatte mit Lehn usw. entstanden. Ich zählte 37 Spaltöffnungen an einem Land- blatt von Intermedia. Dem Wasserleben (durchaus angepaßt sind demnach Vulgaris und Negleeta. während die übrigen einheimischen Arten, denn um solche handelt es sich ja bei allen noch besprochenen Kulturen, eine +irekte Wasserhespülung entbehren können und die Forma terrestris Glück bilden. Äußerst reduzierte Landformen nehmen Spaltöffnungen an und bilden vor ibrem Untergang noch Winterknospen. Zum guten (edeihen der Utrieularien ist auclı unbedingt starker Lichtgenuß nötig. Nach Jost!) sind ja die Utrieularien typische autotrophe Pflanzen, und ver- möge ihres Chlorophyllreichtuns sind sie imstande, mittels der reichen CO,-Quelle in ihren zahlreichen Assimilationsorganen ihre große Lebenx- energie daraus zu schöpfen. Längere Zeit hindurch beschattete Pflanzen kommen wicht zur Blüte, und ein Ausschluß auf 7 Tage vom Licht- genuß führt ihren sicheren Tor herbei. 10 cm lange Vulgarissprosse zog ich in einem 90 em hohen Glaszylinder mit schwarzem Papier verdunkelt und fand nach 5 Tagen eine bedeutende Streckung der Internodien vor. Da der Zylinder oben ebenfalls bis auf eine kleine Öffnung verschlossen worden war, strehte (lie Pflanze eben der einzigen Lichtquelle entgegen. Dahei hatte eine Blasenbildung nieht mehr stattgefunden. Nach weiteren 4 Tagen war die Pflanze tot. Einen weiteren Sproß zog ich unter gleichen Be- (iingungen zuerst in die Höhe, dann verdunkelte ich aben den Zylinder vollständig und ließ dafür an der einen Seite etwas unterhall der Mitte 1) Jost, Vorlesungen über Pflanzenphrsioloeie. Flora, BE fm, 11 162 Philipp von Lnerzelbure, ıler Sproßhöhe Licht hereintreten: nach & Tagen hatte sich der Sproß hackenförmig nach der Lichtquelle hingebogen: damit hatte er aber auch seine ganze Kraft. noch aufgebraucht und ging ebenfalls zugrunde. Intermediasprosse kultivierte ich ferner auf Torf. ringsum mit Wasser umgeben. aber nicht bespült, und glaubte durch Verdunkelung der Assimilationssprosse (derselben Schlamm- oder Blasensprosse daraus um- bilden zu können. Es gelang niemals, Wohl aber glückte es mir bei ler umgekehrt erfolgten Kulturprobe die Schlammsprosse in Wasser- oder Assimilationssprosse umzuwandeln. Auch ließ ich kräftige Blasen- sprosse von Intermedia und Minor von 22 und 20 cm Länge durch Bambusröhrehen oder. was denselben Zweck hatte, (durch schwarz ge- fürbte Glaszylinder wachsen: solange sie in der Röhre unter Ausschluß von Licht kultiviert worden waren. blieben sie Schlammsprosse, sobald sie aber ans Licht kamen. wurden sie Assimilationssprosse und trieben ‚dann statt ler Blasen Blätter. Nur bei zwei Exemplaren konnte ich nach langem Versuchen die in -assimilierende Sprosse umgewandelten Sehlanmsprosse wieder durch linleiten in Bambusröhrchen zu blasen- tragende umbilden. Alle diese Ausschläge hatte also «as Licht resp. der Lichtmangel hervorgerufen. Nach Beobachtungen in (der Natur mußte auch noch ein anderer Faktor riehtungsbestimmend auf das Wachstum dieser merkwürdigen Gewächse einwirken). Starke. wohlgenährte Sprosse von Vulgaris hing ich senkrecht in hohe Glaszylinder mit der Spitze nach oben und dann welche wieder nach unten. Es zeigte sich. daß jedesmal das Wachstum nach oben und unten eingestellt wurde und Seitensprosse entstanden. «ie recht- winklig zum Hauptsproß weiterwuchsen. Kultivierte ich solche 30 em lange Sprosse unter gleichen Bedingungen im Dunkeln, so trat eine ähnliche Wachstumsänderung ein. ich konnte «diese «doch nicht länger beobachten. denn (der Tichtmangel zerstörte sehr bald die Pflanze über- haupt. Auch in Freien im Dachauer Moor hatte ich Vulgarissprosse an Phragmites senkrecht festgebunden: sie wuchsen alle mit den Seiten- sprossen. «lie sie gebillet hatten, wagerecht weiter. Nur einige. un- 1) Zuvor noeh eine kleine Bemerkung! Kräftige Sprofispitzen von Vulgaris king ich in Zylinder wit reinstem destillierten Wasser und einer Zugabe von 0,05 Pheuolpkthalein. Nach 7stündiger starker Belichtnng war die Flüssigkeit jeuchtend rot geworden. Woher diese Erscheinung? 0. Löw in Flora 1893 (zuvor beob- achtet von Pfeffer, Untersuel. d. bot. Inst. Tübingen, Bd. II pag. 475 und von U. Wassack, der der Entdecker dieser Erscheinung ist) fand als Ursache eine Art Arabinsäure, gebunden an Kalk. Anch ieh bekam beim Eindampfen 10 soleher Proben ein feines, weißes Kristallpulver, das auch dentlich alle Reaktionen von Ca zeigte, doch die Säure Tieß sich nieht finden. Beiträge zur Kenntnis der TUtrienlarien. 163 gefähr 7°, der Kulturen, hatten die Vegetationsspitze selbst nach der Horizontalen hin gebogen, sodann weiter wachsend, dem Liehtgenuß und ler geotropischen Einwirkung folgend. Junge Turionen von Intermedia und Minor ließ ich bei günstigen Wachstumsverhältnissen einen Schlammsproß ausbilden und legte sie ‚dann, auf Torfplatten geheftet, auf (lie andere Seite. die Spitzen «er Schlammsprosse nach oben gekehrt: nach weiteren 5 Tagen hatten die Sprosse sich stark hakenförmig krümmend naeh unten gebogen. Auch bei Dunkelkultur trat gleiche Erscheinung ein. Nach Ausschluß von Licht haben wir als richtende Kraft den positiven Geotropismus hier vor uns, der das Abwärtswachsen der Schlammsprosse beider Arten bedingt. Blütenstandsachsen, sie ich senkrecht, mit. einem Bleigewicht. be- sehwert, nach unten in tiefes Wasser gesenkt hatte, waren nach 2'/, Tagen wieder nit ihrer Spitze an der Oberfläche, nachdem sie sich um 37 em gestreckt hatten. Bei «en Dunkelkulturen starben jedesmal ılie In- floreszenzstiele ab, oft schon nach 1', und 3 Tagen, so daß ieh diese Versuche abbrechen mußte. Tine Doppelwirkung von Heliotropisnius und Geotropismus läßt die Trtrieularien die Wachstumsrichtung ein- halten, «lie wir bei der einen Gruppe stets horizontal finden (Vulgaris — Neglecta), bei der anderen Gruppe, der zweisprossigen, horizontal (Assimilationssprosse) und senkrecht naclı unten (Schlamnsprosse). Die Versuche mit Lieht und Dunkelheit sind noch nieht abge- schlossen, ich werde die eigentümliche Wachstumserscheinung noch weiter verfolgen. Ich möchte weiter eine Versuchsreihe besprechen. die sich mit der Umbildung der Blütenstände, der Seitenblüten und der Schuppen (Indoreszenzschuppen) befaßt. Verdunkelungen von wanz jungen Blütenständen (2-—5 mm hoch) hatten keinen Erfolg, sie faulten nach 4 Tagen. Eine gleiche Erscheinung übrigens, wie auch die Ver- suche mit dem Bleigewicht zeigten. Darauf schnitt ich Tutermerlia- und Vulgaris-, Minor- und Neglectainfloreszenzen ab (sie hatten nn- gefähr eine Länge von 15—10 em), tauchte die Schnittfläche sofort in (iypsbrei, steckte sie in eine Torfplatte, die ich als Verschluß zu einem mit Nährlösung angefüllten, 4 Liter fassenden Glaszylinder vernendete. Die Blütenstände waren also vollständig unter Wasser in destilliertem Wasser sowohl, wie auch in obiger Nährlösung 1:5000 4 Taxe lane bei 20° kultiviert. Nach dieser Zeit war schon (lie Hälfte der ganzen Kultur gefault, und meine Hoffnung auf Erfolg war beim zweiten und inor Wasser- kultur nach 7 Tagen bei (drei Exemplaren von Nenleeta an den unm- tersten Infloreszenzschuppen wirklich grüne Sprösse hervortraten: nach u 164 Plulipp von Imetzellmre, 17 Tagen hatten alle Arten. die ich in Kultur genommen. Assimilations- sprosse aus den Achseln der Schuppen getrieben. Diese Seitensprosse trugen auch ganz normal Blasen, nur die (ler Intermeria und Minor sogar (die differenzierten Sprosse. Arch die Schuppen von Neglecta ganz besonders häufig hatten solche ansrmale Blattgebilte erzeugt. wie Glück") in seinen ersten beiten Tafeln abbildet. halb Blatt (Wasserblatt). Fig. 1. Drei abgesehnittene, unter Wasser niit Nährsalzzugabe kultivierte Inflores- zenzen von Utr. mtermedia. Diese haben aus der Achsel ihrer Infloreszenzschnitte neue Seitensprosse mit deutlich ausgebildeten Schlamm- und Wassersprossen ent- stehen lassen. halb Schuppe vorstellend. Die Minor neigte dabei ganz besonders zu solchen Bildungsabweichungen, und zweimal bekam ich sogar Blüten- mißbildungen mit Kelchblatteilungen und verkürzter Unterlippe an den alten, als Knospen noch in Kultur genommenen Blüten. Die Kraft !) H. Glück, Biolog. und morpholog. Untersuchungen über Wasser- und Sumpfgewächse, IT. Teil. Jena 1906. beiträge zur Kemmtnis (der Utrienlarien. 105 und Fülle dieser oben erwähnten Seitensprosse aber war ganz ungeheuer: ans «ler Achsel eimer Infloreszenzschuppe von Intermedia z. B. hatte ieh aus der unteren Schuppe d. aus der oberen 11 Seitensprosse erzich. Eine Schnppe von Vulgaris deckte 17. sine andere 19 Seitensprosse an ihrer Basis (Fig. 3a u, 35. Bei Minor waren ex im Maximum steis nur tabei waren (liese Seiten- sprosse meist noch unten ver- bändert und erzeugten krüf- tige Assimilationsorgane und Blasen (Fig. 4. Alle drei Er- scheinungen lassen auf reeht gute Ernährung schlieben. Diese eigentümlich, in so großer Anzahl der Achsel (ler SchuppeentsprumgenenS$eiten- sprosse sind als solche an der Basis des Vegetationspunktes entstanden. der unter norma- len Bedingungen zu einer Seitenblüte werden sollte, nun aber in seiner Entwicklung gehemmt, diese Seitensprosse wejiterwachsen ließ. Nicht so kräftige, doch gleich viel solcher Seitensprosse konnte ich auch an abgeschnittenen Blütenständen von Alinor. Intermedia, Neglecta. Vulga- ris erzielen. (die nur eine Länge von T— 20 mn hatten: He Ne Interinedia- dla Achsel der Deekschuppe ent auch hier entwickelten sich bis tige Seitensprosse, Unter % nt 11. Torf kultivi zu 16 Seitensprosse '). Glück zählt einzelne Fälle auf. die von besonderem morpholoe wobei die Infloreszenzschuppe zum Teil oder ganz zu einem Wasserblatt ge- worden war (Fig. 5) und auch sonstige Bildungsabweichungen (Fig. ba. A. Bei Negleeta. wie oben schon erwähnt. fand ich diese Erscheinungen häufig bis zu sieben an einer Intloreszenzachse. und es gelang mir fast jedesmal, wenn ich diese Blütenstände an der Spitze mit Bleirollen beschwerte und senkrecht nach unten in tiefes Wasser wachsen ließ. EN PE „7 1) Glück an. ©, Tafel L Fig. Da. dr Tatel I. Fin. 2 165 Philipp yon Luetzelburg, Man kaun dabei auch alle Übergänge erzeugen. auch Vulgaris und Minor boten bei dieser Kulturmethode gleiche Resultate. Das heste. ja ich darf sagen. eine ganze Sammlung von allen möglichen Umbil- «dungen (dieser Art an einer Pflanze erhielt ich durch Kultur einer Hungerform von Minor, äber die ich einen mit Nährlösung (wie oben) % . 5 Fig. 36. Querselmitt der ! Infloreszenzachse (4) mit vielen Seitenzweigen, aus der Achsel der Schuppe 5 entspringend. j Yig. de Kräftige Vtr. vlg. - Infle reichen Seitentrieben nach er Kulter unter Wasser anf Torf und später iin Zusatz von Nähr- tösung 1: 1000. Der untere mittlere Seitenast zeigt starke Verbänderung. eszenz nit zahl- gefüllten Glaszylinder gestürzt hatte. Außer allen Ühergängen zwischen Schuppe und Assimilationssproß war bei dieser anfänglich 4 em langen Pflanze auch die oberste Blüte!) der Infloreszenz in ihrer Ausbildung 1) Eine älnliehe Blüte bildet Goebel in seiner Exper. Morph.. pag. 122. Fire. 52, von Voronien Baverabunga al. Beinäge zur Kenntnis der Utrieularien. 167 hesonders gehemmt worden, ebenfalls eine Spaltung des Kelchblattes in mehrere 'Teile. eine große Vorwölbung der oberen Lippe und ein Ver- schmelzen derselben mit der unteren war zu bemerken. Die Kultur Fig. 4. Eine alte Minor-Infloress Pie 5. Die alte Intloreszenz vom Vir. mit Schuppe S. aus deren telsel minor hatte nach 47 tägiger Kultur in Seitensprosse entspringen. Ansicht Nährlösung aus der Achsel der untersten von rückwärts. Sehuppe eine nene Infloreszenz getrie- ben, wobei auch noch deren unterste Schuppe in ein W' anser blatt umgewandelt Fig. 62. Die alte Tn- Ale 12 dieser Utr. aninor wurde durch eine neue, ans der Achsel der Sehuppe der alten entstandenen Inflores zenz, zur Seite gedrängt. Die neue Inflores 2 et zu unterst eine in ein Wasserblatt g wandelte ippe 7 und eine : ale End- blüte Fig. bu. Oberste Blüte von Utr. minor von Figur 5. die bei der Kulter mit Nährsalz bekannter Zusammensetzung anormal wurde. Die Kelchblätter hatten sich ver- wehrt und unregelmäßig geteilt. die Ober- und Unterlippe der Blüte sind vollständig miteinander sen. UrA 168 Philipp you Lawrzelbure, mußte ieh dann leider nach 67 Tageı abbrechen. da tiberaus starke Schimmel- und Bakterienbildung aufgetreten war. Ausgelegte isolierte Kelchblätter hatten keine Neubildung hervorgebracht. Auch abgetrennte Internodien von Vulgaris und Intermedia waren mit gleichem negativen Erfolg kultiviert’). Ich komme nun auch noch auf das schönste und interessanteste Organ der Utrienlaria, auf die Blase zu sprechen und erzielte damit nur wenig positive Resultate. Es gelang mir trotz zahlreicher Versuche nieht. «dureh Abschneiden der Blasen, Abschneiden ıler die Blasen tragenden Blattzipfel eine Änderung oder Neuerscheinung zu erzielen. Kleine Abänderungen jedoch koennte ich erreichen. Nach Goebel (und dann auch von Glück bestätigt), ist die Blase ja ein metamorphosiertes Blatt. Konnte ich nun nicht dureh Abschneiden der Klappe oder des Widerlagers. durel Ausschneilen «der einen hinteren Blasenhälfte, durch Ausgießen der Blase mit Gips eine einem Blatt ähnliche Bildung er- zielen? Alle diesbezüglichen Versuche blieben vollständig erfolglos, obwohl ich ganz junge. kaum sichtbare, und ganz alte Blasen benutzt hatte. Auf chemischem Wege, d. h. durch allerlei Nahrungszufuhr ähnliches zu erreichen. war die weitere Folge meiner Versuche. Direkt künstliche Ernährung wirkte ja auf das Weiterwachstum etwas ein, wie wir oben schon sahen. Zufügen möchte ich noch, daß keine Anthoeyan- bildung mehr auftrat. daß sich die Antennen selir stark verbreiterten und reichlich bis zu den obersten Haaren Chlorophyligehalt zeigten, wie denn überhaupt die ganze Blase sehr stark ergrünte. Minor-Turionen sehr trocken auf Sand kultiviert, deren Blasen ich dann nach 8 Tagen mit Ei- weißlösung une Fleischwasser fütterte, trugen nach weiteren 4 Tagen diese Blasen um !;, ihres früheren Durchmessers vergrößert, und die an der Basis nur wenig breiteren Antennen hatten ein bandartiges Aussehen angenommen. Die Klappe war mit Chlorophyll reichlich versehen, nur Anthoeyan war in der Blase nicht nachzuweisen. Ähnliches, doch nichts Neues beobachtete ich bei allen anderen Versuchen mit Vulgaris. Intermedia und Neglecta. Bei letzteren und Intermedia kann man es «durch Pleischfütterung zu ganz enormen Antennen bringen. Bei der Zufuhr von künstlichen Nährmitteln beobachtete ich auch jedesmal eine große Anzahl von Adventivsprossen an den Blättern, die die Blasen getragen hatten: die Blasen hatten dahei einen Längsdurchmesser von I) Auch Reichenbach bildet solehen Sproßi von Negieeta ab Dentschlands Flora von IE, I. Reichenbach u. fl. 1862. Bd. NN. pe. 148, 6. Als. Taf. 203, TI sub U. maior Schmidel Beiträge zur Kemtnis der Vrriewlarion. 160 5,5, 6,2 mm, und das Blatt hatte aus den Achseln der Blattzipfel bis za 19 Adventivsprosse gebildet. Es fund hier also bei dieser künst- lichen Fütterung eine bedeutende Nahrungsaufnahme von der Blase aus statt: «liese gute Ernährung kam dann in zweiter Linie auch den Blät- tern, die (diese Blasen trugen. zugute. Bei Vulgaris trat bei gleichen Ernährungsversuchen oft eine Doppelblase auf. Es ist das so zu erklären: Die Nährstoffe in großer Menge zur Verfügung stehend. haben eine Umwandlung ıles Blattzipfels in eine Blase bewirkt (Fig. 7). Die Blasenbildung erfordert ja. wie aus den Kulturversuchen schon hervorging. eine weit bessere Ernährung als (lie Fig. 7. Blattstück einer Vulgaris. Das oberste Zipfelpaar trägt ein Blasenpaar. Statt eines weiteren Blattzipfels entstand hier eine zweite Blase Fir. 8. Beispiel einer Dappelblase von Intermedia von ganz besender kräftiger Ausbildung. ‚ler Blätter, es (darf uns also nicht wundern. wenn bei der reichlichen Nahrungszufuhr hier die Umwandlung öfters vollzogen wurde. Übrigens ist «diese Erscheinung ein weiterer Beweis für (oebel’s Auffassung, aß die Blase ein metamorphosiertes Blatt ist (Fig. ®ı. Bevor ich dieses kleine Kapitel beschließe, möchte icli noch einen Fund erwähnen, der neuerdings entgültig die Blattnatur der Blase erklärt und beweist. Beim Durchsuchen eines von B. Othmer in Trinidad gesammelten Utricularia-Materials, einer Spezies, der ich adl interim den Namen Elephas zulegen möchte, fiel mir eine breite. end- ständige Blase auf. Unter dem Mikroskop entpuppte sieh diese ver- 170 Philipp son L.netzeihnme, meintliche. merkwürtige Blase als Blatt mit Blaseneigentünlielikeiten: als ein Blatt mit Stiel und Spreite, doch zusammengesetzt und verselien nit allen charakteristischen Zutaten einer Blase (Fig. 9), An den Stiel schloß sich die Spreite au. von gewöhnlichen Zellen gebildet. Zellen. die sonst «der äußeren Wand der Blase zukommen, Daran schloß sich der Spitze zu ein sehr kleinzilliges Gewehe. (ie charakteristische Zellwand- ausstülpung. die Wandvertickungsleisten zeigenden Zellen der Klappe: ‚lie Seiten (lieses Blattes waren gebildet von Wilderlagerzellen. diesen ‚lieken, runden Schleimhaaren. Aueh waren dann noch die Flanken mit langen Haaren versehen. Haaren. wie sie sonst hier hei der nor- malen Blase an Stelle der Antennen stehen. Das Blatt bat das Aussehen, alx ob man eine Blase ‚dieser Spezies mit einem Messer von unten nach oben aufgeschlitzt und die Klappe nach außen gelogen hätte. olıne den Rüsselfortsatz. Die Blasenentwicklung ‚dauert bei den einheimi- schen Utrieularien die ganze Vegetationsperiode gleich fort. und im Herbst. sobald (lie Temperatur des Fig». Die merkwürdige Umbildung einer Blase Wassers abnimmt, sehen ae der Sic uni hen Sr am Vegetationspunkt ite, diese dann begrenzt von dem Blatt- der Pflanze die \Winter- a a a Knospe entstehen. das vog- eke vom Widerla: tative Vermehrungsorgan der Utrieularien. Seit langer Zeit wird im hiesigen botanischen Garten eine kleine Wasserntrieularie, die U. exoleta kultiviert. die auch regel- g zur Blüte kommt. Es war nun interessant zu wissen. ob auch diese tropische Art. bei niederer Temperatur kultiviert, Winterknospen erzeugen könnte. Ich hielt diese Utrieularia zuerst in Wasser von 18" und daun von X zu 8 Tagen kam ich bis auf «die Temperatur unseres Brunnenwassers von 11—12°%, Eine anılere Kulturreihe stellte ich der gewöhnlichen sommerlichen Tagestemperatur aus. nachts «die Exoleta mit einer Glasglocke beieckend: die Pflanze jedoch blieb jedesmal Beiträge zur Kenntmis der Utrienlarien. 171 konservativ. Zuerst blieb «die Blasenbildung aus, «dann färbte sieh das Blatt gelb und nach 14 Tagen war die Pflanze tot, ohne anch nur einen kleinen Zuwachs zu zeigen. In destilliertem Wasser gezogen, war sie ohne Blasenhildung geblieben. (ann aber auch der gewöhn- lichen Sommertemperatur erlegen. ohne auch nur Spuren zu einer Winterknospenbildung zu zeigen. Daraus darf man wohl schließen, daß die Bildung von Turionen eine neue Errungenschaft, eine Verbesserung der Lebensbedingungen unserer einheimischen, eltedem wärmeren Re- gionen angepaßten Utrieularien ist, die eben den tropischen Arten fehlt. soweit man nach dem Beispiel der Exoleta urteilen darf. Es sind die Turionen also die vegetativen Vermehrungsorgane der Utri- eularia und von Goebel und Glück schon eingeliend beschrieben, sie lassen sich jedoch auch zu jeder anıleren Zeit. des Jahres künstlich durch geeignete Kulturmethoden hervorrufen. Vulgaris und Intermedia, Minor und Negleeta kultivierte ich als Turionen auf Sand. Im Mai traten zum erstenmal die Winterknospen «daran auf, wohl infolge dieser Hungerkultur. Um nun den Vorgang einer mehrmaligen Bildung von Winterknospen zu schildern, muß ich eine solche Kultur näher beschreiben. Eine Kultur von Minor-Turionen hatte ich seit 17 Tagen auf Sand, die Turionen hatten ausgetrieben und stellten Pflänzchen dar von 14 cm Länge. Diese wurden dann in Nährlösung übertragen und dann nach 5 Tagen, nachdem sie sieh gekräftigt hatten, abermals auf Sand gelegt: nach 27 Tagen hatten sie Turionen gebildet, die Turionen waren nicht so stark behaart, auch nicht so dicht wie die normalen. Ich schnitt diese Turionen nım ab und wiederholte «len Nährlösungskulturversuch und Sandkulturversuch noch «dreimal, hatte also im ganzen viermal Winterknospen aus einer Winterknospe erzeugen können. von Mai bis Mitte Dezember. Die letzte erzeugte Winterknospe hatte («die Größe eines Steeknadelkopfes, und die Blättchen dieser „Knospe“ stellten kaum eingekerbte. fast guız- randige haarlose Turionenblättchen dar, die dachig übereinander gelegt waren. Ähnliches beobachtete auch Glück {l. c. pag. 121, Fig. %) bei U. Bremii, doch nieht in solch weitgehender Form. Wie oben schon erwähnt. traten an Minor-Turionenblättchen. aueh an (den jüngsten. Blasen auf von normalem Bau und kräftigem Aussehen: daß sie schon am 1. Blatt auftraten, dürfte eine Ergänzung zu Glück's Beobachtung (Glück 1. c. pag. 120) sein. Natürlich war nie bei derartig schwachen Pflänzchen auch nur ein Schlammsproß oder eine Blütenanlage zu be- merken. obwohl bei kräftigen Turionen aller Arten die Blütenstände und Schlammsprosse schon angelegt sind und auf dem (Querschnitt sich als Höcker im (iewebe zeigen. Plilipp son Kmretzellung, Gochbel’sb Annalme hat sich dabei wiederum bestätigt. wie auch die sleiche Beobachtung ıer wieilerholten Turionenbildung bei Myriophyllum von Goebel gemacht wurde. Diese Blütenanlage mit Umgehung «der Sproßhbillung dureh geeignete Kultur zu erzwingen, blieb erfolglos. Bei allen diesen und anderen Kulturen zeigte sich als größter Feind die Bakterientlora. «die wohl hier ganz besonders infolge des Schleimreichtums der Turionen um so leichter auftreten kann. Zu- sammengekittete Turionen. je zwei verschiedener Arten. die zuvor genau halbiert waren (z. B. !/, Vulgaris mit !, Intermedia). wollte ich zur vegetativen Bastarlierung bewegen. «och die Turionenhälften blieben für sich, d. h. sie wuchsen für sich weiter, den Vegetationspunkt durch Regeneration neu bildend. Die Hälften waren mit Stärkekleister. mit Syps und starkem Faden fest aneinander gefügt worden. Wie schon troebel?) und Glück®) gezeigt haben. ist die Regenerationskraft bei Utrienlarien besonders stark auch bei den Turionenblättchen aus- gebildet; «denn sie mit Hıren vielen Baumaterialien, Stärke, Öl, Eiweiß können den neuen Sprossen gute und auf lange Zeit hinreichende Nahrung geben. Alle (diese Versuche und Untersuchumgen wurden mit einheimi- schen Utriewlarien angestellt. mit Vulgaris und Neglecta, die sieh beiede bei ihren Ergebnissen ziemlich decken: mit Intermedia. die ja die typi- sche zweierlei Sprosse ausbildende Form ist neben der Minor, die am meisten sich dem Landleben angepaßt hat, wie die Versuche wit den Winterknospen zeigten. Dann wären als einheimisch nach die Ochroleuca und Bremii zu nennen. wenn wir einheimisch mit sücdtdeutsch_ identifi- zieren: doch möchte ich hier schon bemerken, daß Ochroleuea in den Mooren Südlbayerns von mir nicht aufgefunden werden konnte, ehenso- wenig wie Bremii. «deren nächster Standort der Schwarzwald ist (Gla- zialrelikt; Titisee Glück). Der Standort von Ochrolenea von Goebel angegeben im Königsdorfer Filz ist wie scheint durch Straßenbau und erweiterte Torfstiche aus der Fundliste bei Glück zu streichen. Die letztgenannten zwei Arten sind auch nieht in die Kultur mit einbe- griffen. sie würden auch nichts Neues geboten haben, denn («ie Minor deckt sich so ziemlich genau!) mit Bremii. wie die Ochrolenea mit In- termedia, sie bilden ja nach Glück je eine gesonderte Gruppe. ı) Goebel, Pilanzenhiel. Schilderungen, IL. pag. 360, 361. 2) Ders. Regeneration bei Utr. Flora 1901. Bd. 93, pre. Of. 3) Glürk le. TI. Teil. pag. 180. 4) Gem nieht. en. wie später bewiesen werden soll. ist ıler Blasenban verschieden. Beiträge zur Kenutmis der Utrienlarien. 175 Eine Vertreterin der ausländischen Arten befindet sich im bota- nischen Garten zu München. die Utr. montana Jaey.'. Sie kommt auch regelmäßig zur Blüte und ist ein ziemlich kräftiges Exemplar. Mit. dieser machte ieh Versuche, die Blätter. die ja «die weitgehendste Form der Lantutrieularien angenommen haben, in Wasser zur geteilten Form, zur Wasserblattbildung zu bringen. doch ohne jeglichen Erfolg, so schön sie auch auf Einschnitte und Spitzenabtrennung hin reagierte, durch Sproßregeneration oıler Ausläuferbillung aus der den embryonalen Zustand noch am meisten erhaltenden Blattspitze (Goebel3} 1. c.). Die Versuche wurden so angestellt, dab entweder ganz junge, noch einge- rollte Blätter an der Pflanze selbst noch belassen in Wasserzylinder getaucht mit und ohne Nährsalzzugabe oder (dieselben abgeschnitten in Wasser weiter kultiviert wurden. Die Knollen, die als Wasser- und Reservestoffbehälter der epiphytischen Pflanze dienen, ergaben bei den Versuchen das gleiche negative Resultat. nur einmal entwickelte eine abgeschnittene Knolle den Vegetationspunkt weiter und bildete auch drei kleine Blättchen, doeh ist ılas Wachstum so langsam. daß ich bis jetzt kein Endresultat erzielen konnte, Auch tie kleinen Ausläufer von Montana hatten in Wasserkulturen und auf feuchtem Torf und Sand keine Blattform, wie erwartet, ange- kommen, Die Organe (der typischen Landutrienlarien sind folglich so recht schon dem Leben außer Wasser angepaßt. daß es nicht mehr möglich ist, sie in die Wasserform mit geteilten Blättern umzuwandeln. Neben der Montana finden wir in Goebels Experimenteller Morphologie auch eine Abbildwig einer Sproßregeneration von Utrienlaria Tongifolin. Die Pflanze in unserem (iarten war leider zu schwach geworden. als «dab ieh mit ihr mehrere Versuche anstellen konnte. Von drei abgetrennten Blättehen hatte eines einen Ausläufer regeneriert, ein anderes hatte auf einen Nadelstich hin eine ganze Anzahl von Adventiv en gebiller. ging aber während des Versuchs schon bleich bald zugrunde. Mit Bifita hoffe ich später noch Versuche machen zu können. Damit auch der experimentelle Teil dieser Abhandlung beendet. Ich wende mich nun zum zweiten Hauptteil der Arbeit, zur Beschrei- bung der von (Goebel in Australien gesammelten Utrieularien, ferner des ab eine 1) Darwin, Ch, Insektenfressende Pflanzen, Übers. von Carus. Abbildung der Blase von Montana. Anßerden weitere Notizen in The t Chroniele 189%, I, page. 7135 1871, ag. 1038, Fir 23 «Abbild. aber olme Blasen !ı. 2) tioebel, Flora 1904, Bd, 93. page. 98 Hz Morph., pag. 240. rdener Exper. 174 Philipp von Tnetzelburg. von B. Othmer ') aus Trinidad mitgebrachten Alkoholnaterials einer von H. Schenek in Brasilien gesanımelten Form. und eines IIerbarexem- plars. Gegen Tide der Arbeit wurde mir dureh liebenswürdige Ver- wittlung von Herrn Konservator Dr, Roß. eine inter leider getrocknete Spezies zugesandt von Herrn Dr. Tlerzog in von ihm selbst in Bolivia gesammelt. Einige neue und interessante exotische Utricularien. Die erste Pflanze. die ich näher untersuchte, entpuppte sich als Utrieularia amethystina. Sie war in Alkohol kanserviert md ziemlich gut erhalten, an- seheinend gegen (das Ende ihrer Blütezeit eingesammelt auf der Aripo- Savannah auf Trinidad. Sie war ziemlieh verblüht, die Samen waren noch nieht ganz reif, Blätter und Infloreszenzachsen noch gut erhalten. Der heigegebene kleine Zettel trug noch die Bemerkung: Blüten blan mit gell. In De Candolle?1, Prodromus. Bd. VIII pag. 13 finden wir eine größere Diagnose von Amethystina. ferner bei St. Ihlaire. Monographie des Primulaedes et Lentibulariees du Brösil mieridional et de la röpubl. Argentine (par A. de St. Hilaire et Fred. de Girard), das die Originakliagnose für De Cantdolle war. Auch erwähnt sie Grisebach in seiner Flora of the British West Indian Islands, pag. 30: unter 2 „Leaves entire or «lisappearing: root-fibres thin, often furnisheil with little bladders. Terrestrial seapes (Oligoeysta A.D.C.. In Martins. „Flora brasiliensis” finden wir sie ebenfalls. Nun wollen wir uns selbst einmal die Pflanze näher anschen (Fig. 101. Nach Goebel (Morph. und biol. Stutien)3) wäre sie zu „A. Lamd- formen. I. Landformen mit blaxenlosen Blättern“ zu stellen. Die statt- liche, etwa 27 em hohe Pflanze trägt erundständige. spatelfärmige 1) &rteninspektor B. Other sannmelte anf Trinilad, anf der Aripo-Savannah fünf Utrienlarien, zum Teil leider unvollständig: die damal schreektiche Regen- zeit nnd Überschwenmmangen dürften mit der Grund des raschen Einsanımelns ge- wosen sein " 2) Alle Diaenosen sämtlicher früherer Florenwerke sin sehr sehwer anzu- wenden, wenn es gilt, eine nene Spezies zu benennen. Denn der Wirrwarr von ischer Deutung früherer Zeit gt hier seine Folgen, und ein Blatt wird als „ront= oder als beschrieben. Pie Blüten sind wnt und sorgfältig diagnostiziert. nieht so die Blätter, on weniesten die Blasen. Tine Bemerkung „often furnished witl little Wadders“ wehört zu den größten Seltenheiten, 9 Arnales di Jardin botanique de Britenzore, Vol IX (1590). radix. stolones® u w. Beiträge zur Kemitnis der Vrrieniaien, ID Blasen, darüber die spatelförmi gen Blät die Infloreszenz- achse mit kleinen Schuppen und ziemlich großen Mlüten nit drei- or bünten ‚iger Unter: lippe und ein- facher. selmaler Öberlippe. Der 170 Philipp von Inetzelbmmg, Blätter mit Spaltöffnungen reichliehst versehen. Die Lamina läuft all- mählich in den langen, bis 3 em messenden Blattstiel herab und ist selbst spatelförmig mit runden Finden. Der Infloreszenzschaft trägt kleine. zugespitzte. an der Basis be- festigte Schuppen und 3 bis 5 Blüten (manchmal. 20%, des Materials, auch nur I bis 2 Blüten). Das Ganze ist aufgebaut auf ein dichtes 2 Fig. 11. Blaseneingang bei Ut. amethystina. ‚4 Antennenflügel mit zen- traler, großer Haarleiste. Von den Seiten her führen 4 bzw. 5 Haarleisten zum Blaseneingaug; von unten, vom Stiel Sr herauf, läuft eine breite, große Haar- leiste rößert. (ieflecht von falenförmigen Ausläufern „radlicihus adfıxis fibro reichlich Blasen tragen müssen: „parce utrieuliferis" würde also stimmen, wenn nieht die zahlreichen Blasenstielehen eine weit größere Anzahl von Blasen bezeugten, sie sitl eben beim fälschlichen Einsammeln im Boden geblieben. So trifft Grisebach’s „Often furnisked with Hittle 1) Ex sei mir hier gestattet, über das Sammeln der Utricularia nochmals zu beserken, datt oft schlecht gesammelte Utrieniarien für eine Bearbeitung gar keinen Wert haben können. Ein anatomischer Befund gibt keine charakteristisehen Merk- Beiträge zur Kenntnis der Umienlarien. 177 bladders® auch nur einigermaßen zu. Die Ausläufer sind fadenförmige Gebilde, reich verzweigt, die Blasen zweizählig mit engen Zwischen- räumen tragend, ein Ausläufer kann bis zu 164 Blasen tragen (gezählt nach den restierenden Stielehen). in zwei Reihen wie erwähnt geordnet. wie z.B. bei Utr. orbieulata Wahl (vgl. Goehel, Morphologische und biologische Studien). Die Blüte trägt einen langen Sporn. etwas nach aufwärts gebogen. Die Samen waren noch nicht reif. doch konnte man an ihnen sehon den eiförmigen Embryo olme eine kotyledenare Gliederung sehen, die stark sehleimhaltigen Samenhautzellen mit Kleinen vorstehenden Leisten konnte man ebenfalls ganz gut wahrnehmen. Mikroskopisch interessant an ıieser Spe- zies sind vor allem die Spaltöffnungen an der Blüten- standsachse und an den ; i Blättern. Sie sind von einer 1 N his zwei Nebenzellen bei u ihrer Assimilationsarbeit ; unterstützt und vollständig N anormal gelagert tFig. 125: denn nicht wie sonst (die Regel. werden diese Stomata in die Längsriehtung (ler Blätter eingereiht, sondern sie bilden mit (diesen einen Fig. 12. Verschiedene Spaltöffnungsanlagen. ni , .: ’ inn die alle sch oder gar im rechten Winkel spitzen. dann wieder einen zur Längsriehtung des Blattes liegen. Der stunpfen Winkel. ja oft Pfeil zeigt die Längsrichtung an. stehen sie «lirekt uer zur Stark. vergrößert, Längsachse (der Blätter oder Infloreszenzachse. Die Infloreszenz- schuppen haben ein riesig ausgeilehntes Tracheilalsystem. wohl zur besseren Versorgung des Achselsprosses mit Wasser für etwa ein- male, da alle T’trieularien nach einem Bauplan aufgebaut sind in anatomischer Be- ziehnng. Wir urüssen zur genauen Bestimmung Blasen haben. Diese werden aber. wen die ganze Pflanze nieht mit der Hand sorgsam ausgehohken wird, beim ein- fachen Herausreißen abgerissen. da sie nit ihrer breiten Oberfläche dem Zug richt standhalten. " 1% Ir, Bel 1m. 158 tretende Trockenperiotden. breit angelegt und nimmt fast I, der Brei Blütenform bietet nichts Auf Unrerlippe und ihr Sporn, dabei die ungeteilte Öberlippe finden wir bei manchen anderen Arten gleichfalls wieder. so bei Utr. pusilla Vahl, Utr. nigreseens Sylven '). Utr. bieolor St. Hil, u a. Sehon vielmehr interessant ist ‚(lie kleme. 1 mm im I ssehnitt Miessende Blase. Sie sitzt auf einem kurzen, haken- förmig gekrümmten Stiel. der sich gegen die Blase bin stark verdiekt. Die Blase ist annähernd rund und trägt zwei (reieckige ‚Antennen, die «dieht mit nach «dem Blasen- eingang zu gerichteten Haaren bedeckt sind. . 1. Blasenlängssehnitt von Ute. methystina, is Widerlager 17, die Klappe AZ der nit Haarleiste hesetz Btasenstiel 82 2 die mit großer Tlaar- leiste versehene Antenne, Sehr stark vergröliert. Darwin und sein Sohn Fr. Darwin untersucht und erwähnen auch dabei die Sch von der Menge tieser Haare auf ein Leben iı Wasser, weil ja Darwin) der Meinung war, haare bestimmt zur Aufnahme IN. Srlven, Die Genliseen und T'trienlarie Archin für Botanik 1908, Bil. VIE. 2) Darwin, übers, von Carus, par. US. Hann. Philipp von Imetzeilmes, Dieses Wasserversorenngssvstem ist sehr te der Sehuppe ein. Die älliges und Interessantes. ihre dreilappige 14. Junge Keimpflanze von Utr. amethystina. RE Primärblatt, seitlich davon der leider schon abgefaulte Vogetationspunkt; 1 junger Ausläufer nit Blasen. hatten schon (lie Blase näher leimhaare. schließen aber ı sehr faulem, moderigem es wären diese Schleim- von Nahrung aus diesem faulenden n des BRegnell’schen ITerba- Beiträge zur Kenntnis der Utrieularten, 179 Wasser. Der Reihen der dreizelligen Schleimlaare zählte ich 10: zwei Reihen in «ler Mitte der Antennen, eine breitere vom Stiel herauf gegen die Klappe und drei oder vier auf beiden Seiten, also zwischen der Stielreihe und (den Antennen (Fig. 13). Durch diese reihenweise Haaranordnung und die Stellung der Keulenköpfelen derselben gegen die Klappe hin werden hier Zugangsmöglichkeiten geschaffen. Kleine Tiere können leichter zwischen (den Gängen zur Klappe, größere werden «dureh den massenhaft sezernierten Schleim am Weiterkriechen aufgehalten. Ich konnte wenigstens öfters noch kleine Tiere (doch größer als die Klappe) finden. die in den Haaren klebten, also wohl nur vom Schleim erstickt waren. Die kleine rundliche Klappe trägt sieben his acht Biskuithaare). lange Borstenhaare auf der Klappe fand ich nieht (wie 7. B. bei Vulgaris, deren vier sich finden). sie wären auch bei dem engen. so mit Haaren verwelrten Blaseneingang ziemlich unnötig. Die Oberfläche der Klappe war eigenartig gerunzelt oder mit (Juerleisten versehen. fast möchte ich als Beispiel (lafür (die Cutieula von Helleborus anführen. Da diese geschrumpfte Klappenhaut fast alle Blasen aufwiesen, kann auch der Alkohol heim Conservieren (diese Wirkung hervorgerufen haben. In dem Gewirr von Ausläufern und Sellamm fand ich noch weitere 3 Arten von Utrienlaria, die Cornuta Mich]. ferner eine stets diese begleitende kleinere Utrieularia, die ich hoch nicht bestimmen konnte wegen vollständigen Mangels an Blättern und Blüten und noch Reste und Bruchstücke der Ttr. eneullata A. St. Hl. 2). welch letztere ich allerdings nur nach einer Blase bestimmen konnte, Unter diesen drei Arten fand ich ferner zu nieiner Freude auch eine keimpflanze, wen auch schon älteren Datuns (Fig. I4). An dieser war (lie Infloreszenzachse anscheinend abgefressen. an Stelle des 2. Primär- blattes war eine Blase aufgetreten (vgl. Goebel’). Keimung von Utr. montana): eine weitere Blase und zwei Ausläufer vervollständigten das Pflänzchen. Das Ganze hatte die Gesamtlänge von 2 em (Goebel. Keimpflanzen von Utrieularia. Biol. Schild. IL. Bei drei im Schlamm noch steckenden Blütenstandschäften fand ich Regeneration, d.h. eine ausgetriebene Seitenblüte hatte sieh abnorın verlängert und war an Stelle der Infloreszenzachse getreten, was dementsprechend häufig vor- kommen muß. DIN La Morphologie. Anatomie und Samenentwicklung von Paly- pompholyx und Byblis giganten, Flora. Bd. 88 (1801). 2). St. IHilaivre, Annales des srienees nat, 1530, IL. ») Goebel, Über die Ingendzustände der Pflanzen. ara, Bd. 72 (1889), Ik, 19° 180 Philipp von Inetzellmee, Diese schon ziemlich stattliche U'triewlaria übertraf (lie zweite. aus Brasilien stammende Spezies schon um ein Vielfaches, ja sie dürfte unter den Utrieularien eine der größten sein. Leider war sie sehr unvollständig, zum inindesten ohne Blüten. aber mit «desto kräftigeren vollständigen Blütenstielen. Blättern und Sprossteilen und Blasen. Sie stimmt in der Blattform mit U. reniformis St. Hl. überein, ob sie mit ihr identisch ist. läßt sieh bei der Unvollständigkeit der Diagnosen nicht sicher sagen. Die überans stattliche Pflauze wird wol, wie Gardner (zitiert nach Darwin. pag. ! von Nelumbifolia erzählt. ebenfalls in Tillandsien oder in Moos vegerieren, daraufhin deuten ihre riesig langen Ausläufer und ihre langen Sproßteile überhaupt, deren Länge sich immer um ', m bewegt. Die Blätter sind nierenförmig, in jugendlichen Zustand lederig und ziemlich starr. später weich und weit ausgebreitet bis 17 em), dicht nit Spaltöffanngen versehen (also ein Epiphyt oder Landhbewohner) und sehr lang gestielt. ich maß DBlattstiele von 20, 37, 42, BL em Länge. der anatomische Befund des Blattstiels und Ausläufers zeigt wieılerum wie bei allen Landutrienlarien ein zerstreutes. höchst unvollkommenes Leitungssystem. und die Siebröhrengruppen sind auch hier nicht mit den Gefäßen in bestimmte. regelmäßige Bündelgruppen einzuordnen. wie überhaupt die Anatomie keine Anhaltspunkte für eine etwaige syste- matische Einordnung der Utrieularien bietet «was schon (ioebel mit- teilt). Wir haben also hier (asselbe Bild. bald hier, hald dort Siebteile und Gefäßteile wie bei Utricularia flexuosa oder Utrieularia Humboldtii '). Von den Wasserutrieularien unterscheidet sie sich anatomisch dureh ihren Sklerenchymring?) der bei den Blattstielen schwächer ist als bei den Ausläufern. wo wir 6 8 Zellenlagen zählen können. Die Ausläufer sind der Länge des Blaftstiel» ebenbürtig und entwiekeln sehr viele Seitenäste, «die ihrerseits wieder reich verzweigt die zahlreichen Blasen in zweizeiliger Anordnung tragen. Die Blasen selbst sind sehr klein. 03—0,5 mm im Längsdurchmesser und stark mit köpfchenförmigen Schleimhbaaren besetzt: die nach vom gestreckten. fadenförmigen An- tennen übertreffen um !, den Längsturehmesser (er Blase, sind mit HM. Merz, Anatomie n. Sunenentwieklung der Btrieularien ı. Pingnieula. (Disertätion, Bern 1847.) 2 IE Schenek, Vergleichende Anatomie suhmerser Gewächse, BibBorhekn Tate IV. botanien, Beiträge zur Kenntmis der Utrielarien, 1s1 . Fig. 15. Utr. reniformis St Hil. Bie vollkommenste Pflanze der Sammlıma. mit den stark läufern 2, die allein nue die an Blasen tragen. Die la ı Blatestiele tragen die großen nierenförmigen Bl Von den Blüten sieht man leider mur Kelehhlätter und eine junge Kapsel mit Flügeluarke. 47 eine leider abgedissenn junge Infloreszenz mit der großen Sehnppe. ansgebilderen Aus- 182 Philipp yon Enetzellurg, breiter Base an «den Beken des Rachens angesetzt und enden in einen langen, «dimnen. über und über mit runden Schleinhaaren be- setzten Zellfaden (Fig. 16). Die Schleimzellen sind zweimal so dick wie die Antennen an ihrem Ende. Der Blasen- längsschnitt zeigt neben- stehendes Bild Fig. 17%. Die Haare direkt hinter dem Widerlager haben hier nieht die lauge Form angenon- men. sondern sind der Hälfte «ler vier Balken- haare ziemlich ähnlich. Fie. 16. Blase von Urrienbaria venifornis Wie schon oben ange- von außen gesehen. Die Blase ist dicht geben. ist die wanze eh Mena dns Be. dit wit Köpl- vorstehenden Antennen Zwischen den Vorhof- ehenliaaren besetzt. so- wänden treten die lanın 1 K ppenhanre hervor. wie auch der ganze Sehr stark vergröß Ausläuferzweig. Die Blütenachse ist eben- falls sehr hoch, zient- lieh derb gebaut. sehr stark mit Sklerenchym ausgerüstet. Schuppen sah ich keine, Deck- und Vorblätter der Blüten setzen sich zu unterst aus drei kleinen. 2 schmalen, derben Blätt- Fig. 17. Längsschnitt der Blase vun Urienlaria chen zusammen, von veniforn | 2: ., (denen die beiden seit- . vulgaris, intermelia we Be Die Innenseite des Wider- lichen 1, mal kleiner Den en ee en Zeichen Bu ale das. dem. Bit stiel zunächst stehende mittlere sind. Die zu vberst augebrachten Deckblättehen stehen einzeln vor den Stiel der Seitenllüte. Die Blüten. von denen die Kelehblätter noch gut erhalten waren. scheinen sehon längere Zeit verblüht gewesen zu sein. denn zwischen den Kelchblättern waren mei»t große Reste von Kapseln. Die eiförmig länglichen, zugespitzten Kelehblätter sitzen auf langen Beiträge zur Kenntnis der Terienlarien. 1S5 (bis 4. em) Stielen und sind viel- und parallenervie. Da die stattliche Pflanze keine Blüten hatte und ieh auch keine Teilstücke finden konnte. muß ich anf eine Beschreibung verzichten: dem Kelch nach zu vermuten, mag sie so groß und stattlich sein wie die der Montana. niit a renifortu IS, Keitupflanze von Vtrien tie Dr getationsspirze, darunter Ins tter mit vollansgebildeter Lat 7 darunter die Pr ätter, tur nit ganz kleiner wm langen Zipfeln 97. Yon der zapfenartigen. Dasi ganzen 7 ist leider die Samensebale ahgefallen. vd 7° darunter die] der sie ja auch den anatomischen Bau gemeinsam lat (tech Yappareil vegdtatif des Bignon. Rhinanth. Oro. et Trrieulı Hovelacqne I8S8, pa. 673 1. cu Eine einzige Kapsel die zwischen zweien der großen Kelchblätter noeh vorlanden war ud eine breite ı par 184 Philipp you Luetzeilnire, Lappennarbe trug. hatte keine Samen enthalten. sie war ziemlieh einge- drückt und dureh Fäulnis anscheinend zugrunde gegangen. Im Ausläufer- gewirr fand ich noch in einen Knäuel junger Blättchen eingebettet eine Keimpflanze (Fig. 1%). anscheinend noch ziemlich jung. denn an der Basis des Sprosses konnte ielı noch ein Stückchen Samenschale finden. Diese Keimpflanze brachte mir auch sofort den deutlichen Beweis, dal es trotz «ler sonstigen Ähnlichkeit, keine Humboldtii sein konnte. Die Primärblätter waren vollständig abweichend von den später ausgebil- ‚leten nierenförmigen. sie hatten eine ungefähr «(reieekige Lamina mit 9--11 Spaltöffnungen versehen. und die beiden Ecken endigten in lange Zipfel. Man könnte daraus wohl ein Humbolltiikeimblatt rekonstruieren, wenn man den Mittelzipfel auswachsen ließe. Goebe}'} bildete von U. Humbeldti tin Pflanzenbiolog. Schild.) ılie Keimpflanze ab. Bei einem solchen Primärblaft war nur der eine Zipfel ausgebildet. Die ganze Keimpflanze machte den Findruck sehr guter Ernährung und war aueli demnach sehr kräftig gebaut, sie zählte “ Primärblättchen. 2 Nierenblättehen und 5 Blasen von der oben ge- sehilderten Form. Die Blasen waren alle nach den Primärblättchen entstanden. was wohl init der besseren Ernährung erklärt werden kann. st die zwei jüngsten Blätter an «der Keimpflanze hatten «die charakte- ische Nierenform angenommen. Zum Schluß ıieser Ausführung möchte ich nochmals in kurzer Form ıie einzelnen Artmerkmale zu- sammenfassen: Planta pro genere gigantea, foliis integris reniformibus non ampulliferis. longe petiolatis ec. 37 - #7 cm >< 7 em longis et latis stolonibus maximis ce. 45--50 cın longis. repentibus. foliiferis, ramıosi ampulliferis. seapo alto (45 em nudo. 5--7 Horo. hraeteis 3, parvis lineari-oblongis obtusis. medio longiore. basifixis, peduneulis «. 2 em longis fructiferis erectis, capsıula globosa, calice subhreviore lobo supe- riore calicino integro navieulaeformi, loho inferiore ovate acuminato. ce 2,5 cm longo. Planta in basi foliorum Bromeliacearum erescere videtur Utr. Humbokdtii simillima. Den sonst so zierlichen Utrieularien schon ähnlicher ist eine weitere, schon von Schimper in hot. Zeitung XXIIT abgebildete Art. die ebenfalls in Alkohol vorlag und die Signatur bei sich hatte: „Utr. spec. Trinidad. Aripo. Savannah, Bi. gell, Laub fein zerteilt in Wasser- löchern auf der Savannah. 31. Dez. 1903." Schimper bildet nur eine Blase ab und einen kleinen Teil einer Pflanze mit Blasen. Wie ich I Pflanzenbinlag. Schilderungen, TI. Taf. XIV, Beiträge zur Kenntnis der Utrienlarien, IX5 nun schon bei Ansicht der Schimper’schen Zeichnung sah. mußten ‚lie kleinen auch wieder dreigliedrigen Haare unterhalb des Widerlagers in die Epidermis versenkt, Sehleimhaare sein. Bei einigen Blasen we- lang es auch mit Tusche. dann mit Ruthenrot und Methylenblau einen Schleimhof um die obersten Enidzellen nachzuweisen. spwie überhaupt jedesmal die 4—6 eingesenkten Haare damit festzustellen. Drei kleme Blütenstände (17 em lang) vervollstäntigten die Othmer’sche Ausbeute dieser Art. Auffällig an den Früchtchen war noch der ziemlich lange Griffel mit seiner Narbe. Antennen fehlen dieser Blase vollständig: auch die sie öfters vertretenden Haare seitens es Rachens fehlten. die Blase ist also vollständig antennenlos. Übrigens steht sie darin nicht einzeln da. Utr. quinqueradiata Spruce. ferner auch Humboldtü tragen ebenfalls antennenlose Blasen: es muß diese Form aber immer noch zu («den seltener vorkommenden gerechnet werden. Ich suchte im Aus- läufergewirr auch nach einzelnen Blütenteilen, fand «liese aber nicht. dafür aber eine andere Spezies. Sie fiel mir unter den antennenlosen Blasen («der Cornuta schon dadurch auf. daß ihre Blasen kleine, lang- vorstehende Antennen trug. ähnlich denen von Utr. vulgaris. Isolierte Sproßteile ergaben eine eigene Spezies. die ich aber nicht feststellen konnte, wiewohl ich aufs genaueste nach Blüten und Blättern suchte: sie scheint eine sog. Wanderform zu sein, eine Art, die an Flußufern Brasiliens, z. B. während der regenreichen Zeit auftritt. um «dann wieder zu verschwinden. Wie ich wohl annehmen (larf. scheint sie mit T. cornuta!), auch mit der erst vor kurzem beschriebenen und auch ab- gebildeten Wasserutricularia emarginata Benj. 2) und mit der von (roebel abgebildeten Utr. orbieulata in eine Gruppe zu gehören. Sie ist, wie ich auch gelegentlich der Ausläuferpräparation von Amethystina fand. über- aus häufig. Die Regenerationskraft ist bei ihr ebenfalls ziemlich reich vorhanden. denn oft fand ich Blatt und Sproßstücke oder nur einzelne Blattspitzen, die hintereinander drei nnd viermal regeneriert hatten. Mit dieser der Cornuta stets zugesellten Art mit den langen feinen Antennen, die ich noch nielt hestimmen konnte. muß ich leider auch noch eine zweite namenlos lassen. (Fig. 10) die sich unter den Ausläufern der Cornuta ebenfalls vorfand und wie diese auch vollständig antennenlos ist, mit dem Unterschied. daß die Cornuta einen etwas zugespitzten Höcker oberhalb der Klappe besitzt. während der Teil oberhall der t) Schimper, Notizen über insektenfressende Pflanzen. Bot. Zeitung 1882, par. 24]. 2) B. Chandler, Annals of Botany, Val. XXTIL No, 90. 1804, Apwil. Ist Philipp von Imetzeibure, Klappe hei letzterer Form (Fig. 20) breit. der Quere nach zusammengedrückt erscheint. Die Klappe tritt hier unverwehrt zutage. d. I. keine längeren Haare schützen ihren Zugang Der Bau ıler ziemlich großen und kräftigen Klappe. die mit dem Stiel nur eine fast kaum gebogene Linie bildet, stimmt so ziemlich mit dem allgemeinen Bauplan unserer Wasser- utrieularien überein. Auch sie gehört. wie alle die kleinen vorgenannten Arten, zur Gruppe der „Blattwurzler" t6oebel. Morphol. und Wiol. Stadien}. die mit Blasen ausgerüstet sind. Ich bringe absichtlich (ob- gleich ieh schr wohl weiß, daß ex noch zu früh sein dürfte, jetzt schon Fig. 20. Längsschnitt der bis jetzt ım- Fig. 1 Klappenansicht der Blase einer bestinmubaren Utr. Blase, die ohne An- unbestinmmbaren Tr. Die Blase hatte tennen ansgebildet ist. An Stelle der keine Antennen. Auf der Klappe die sonst runden Schleituhaare auf der Anßen- 4 Borstenhaare; ferner zahlreiche große Mäche der Blase sind es hier lange. hleimhaare (unter den U. eonnta und wurnförmig gekriinmte Sehleinhaare. amethystina als Brnchstücke gefnnden). Beispiel einer antenneninsen Blase. nur Blasen für eine Spezies zu bringen) diese Blase zur Abbildung: denn die unbeschützte Klappe ist dureh ihre Behaarung und ihren Aut- bau nicht uninteressant. und weit verschieden von der ihr an Gestalt zunächst stehenden Cornuta. Außerdem dürfte es nieht schwer fallen. die doch einmal später mit Blüte zu findende Art nach dem Blasenbau zu bestimmen. Hatten wir eben eine Spezies mit feinstem Aufbau und zartester Struktur vor uns. so können wir als Ausbeute im nächsten (las eine robuste. für ihre Art schon ziemlich kräftige Laudutricularia vor uns sehen. die, mit allen Diagnosen verglichen. keiner beschriebenen Art auch nur einigermaßen ähnliel sieht. Ich möchte ihr «den Namen des um (ie einbeimischen Utrieularien so verdienten Furschers. Prof. Glürk in Teidelberg geben und sie also Utr. Glückii nennen (Fig. 21). Beitege zur Kenntnis der Vrrienlarien. 187 An der Basis das Ausläufergewirr nit Rhizoiden und Blasen. Die Tanzen derben Infioreszenzstiele tragen z hlitzte Schuppen und lang te Blüten mit breiten. radförmiger Unterlippe. in der Mitte helmförmig geboren. Die ebenso Iangen Blätter sind veollständie blasenlos. {RS Philipp von Luetzellung, Die stattliche Spezies mit ihren langen. schmalen. harten Blättern, ihrem hohen Infloreszenzschaft und dem schlanken Gesantaufbau dürfte in der Savannalı besonders aufgefallen sein. Wie mir B. Othmer mit- teilte. wächst sie unter (max und streckt ihre gelben Blüten weit über dasselbe hervor. da sie sich vom Substrat auf eine Höhe von 45 em erheben kann. Die Ausläufer sind stark entwickelt und fest mit dem Sandboden auf der Savannah verwachsen. reichlich verzweigt und kräftig webaut. sie haben das Aussehen des Wurzelsystems einer Graminee An den verzweigten. «dünnen Ausläufern stehen (ie Blasen an kurzen Stielen in Divergenz. Die Blasen waren fast alle ab- gefallen oder besser gesagt abgerissen. und »0 hatte ich von dem sonst so schönen und zahlreichen Material nur 5 Blasen im ganzen zum Studium übrig. Wie bei allen Land- formen sind die Blasen sehr klein, 0.5 mm im Längsdurchmesser (während 7. D. große Blasen von Vulgaris D8 nm wmd mehr öfters erreichen). Die An- tennen sind flügelartig mitrandständigen, lang- gestieltenDrüsenlaaren. die Schleim absondern. Fig. 22. Sehnitt durch die Blase von Utr. € . die versehen (Fig. 22). Die Antennen und die Klappe abtrenneud. Die Klappe Antennenflügel sind wit trägt viele runde, kurzgestielte Schleimihaare und auf ini 8 H ‘ Ü 1 2 E . 5 m ach ihrer Mitte die sehon öfters beobachteten 4 Borstenhaare. der Spitze etwas nach außen gewendet. 12 Zellenlagen breit und endigen in ein langgestieltes Schleimliaar mit rundem Köpfchen. gleichgestaltig mit den randständigen (Fig. 23). Die kleine Klappe trägt. am unteren Drittel ihrer Breite die 4 Borstenhaare. die wir schon von unseren einheimischen Arten kennen, ferner noeh die biskuitförmigen, kurzstieligen Haare auf der Klappe. wie sie uns von Ametlystina her bekannt sind. Ich zählte deren 21. manchmal auch nur 15. Die Zellenstruktur der Klappe ist die gleiche. wie sie schon Meierhofer!; abhildet. bei der einheimischen Vulgaris. nur sind die Ver- 1) U. Meierhofer, Beiträge zur Anateinie und Entwiekhmgsgeschichte der der Utrieularra-Blasen. Flora. Bd. 96 (1902), pag. 84 ff. Beiträge zur Kenntnis der Vrrienlarien. 180 «diekungsleisten etwas (lieker und kürzer, Die sezernierenden Haare sind von melır rundlicher. ovaler Form und haben auch vier Haarbalken. wie ich überhaupt eine solche 4-Balkenform bei allen hisher untersuchten Arten gefunden habe, Wir dürfen also diese Blasen, falls wir sie systematisch einrechnen wollten, zu den flügelantennentragenden. zum Ametliystinatypus rechnen. Die. wie oben angeführt, etwa 45 em lange Intloreszenzachse trägt kleine. 7spaltige Schuppenblätter ohne starke Tracheidenbildung wie bei Amethystina, ferner 2- 4 schöne, der all- gemeinen Form nachgehaute Blüten; (die Kelehblätter sind ziemlich gleich an (iröße. meist lönervig, breiteiföürmig zugespitzt. Die breite. im Umrib dreieckige, obere Blütenkronekommtdem Kelchhlatt an Größe ziemlich gleich, (lie Unterlippe ist schwach ausgerandet. in der Mitte nach aufwärts gekrümmt, hufeisenför- mig höckerig. Der ziem- lich lange, nach aufwärts gekrümmte Sporn über- ragt die Blüte um die Hälfte seiner Länge. Und nun die eigentüm- lichen, gleich langen Blätter. die wirklich gar nicht einer U'trieu- Fig. 23. Ver. Glückii Inetzelburg. laria zugedacht werden Blase von aulien. Die beiden nach auswi k sekritunn- könnten. Diese Derb- ten Antennen tragen langgestielte Sellein und heit. die Länge, der verlecken den Blaseneingang fast vollständige. anatomische Ban uieser Blätter hat noch kein Analogen unter den bereits bekannten Arten gefunden. Die nur bis zu 2 mm breiten Blätter verschmälern sich gegen die Basis etwas bis zu ] nm und endigen in eine stumpfe Spitze. Der (nersehnitt zeigt ein merlianes Gefäßbündel mit zwei bis drei seitlichen. Die trefäße sind zer- streut angeorılnet, ebenso (lie Siebröhren, hie und da findet man im mittleren Bündel auch 2—-5 Steinzellen (Fig. 25). Die ganze Epidermis oline Ausnahme ist steinzellenartig verdiekt und läßt «die kleinen, mit ver- ‚liekten Nebenzellen versehenen Spaltöffnungen wenig eingesenkt zwisehen sieh. Diese steinzellenartige Epidermis bedingt auch den derben. festen 190 Philipp von Tmetzelburg, Bau des langen Blattes. Die Nebenzellen verlaufen wie «ie Spalt- öffnungen hier der Längsachse der Blätter. Keimpflanzen konnte ich leider bei der Art nicht finden. Das Ausläufergefleecht war auch sehon zu sehr ausgewaschen un geradezu gereinigt. als daß ich noch etwas darin hätte finden können. Um ie PHlanze nochmals kurz mit den hauptsächlichsten Figenschaften zu kennzeichnen. möchte ich noch folgentes wiederholen: Planta graminiformis, ee. 37 cm alta, foliis ee. 35 em longis et 2 mm latis, basi sensim attenuatis, acumine obtusis. coriaceis. non ampulliferis. stolo- nibus divisis ampalliferis, foliiferis, scapo squamato 2-—4 floro, 37 em bis 42 em alto, robuste, filiformique. squamis ro- tundatis oblongis margine (dilaceratis. floribus flavis. Tabio superiore obeordate. inferiore integro, orbieulato medio forni- eato caleare curvato, obtuso calieis lobis aequalibus obovatis acuminaris. Planta in solo humido inter gramina erescere vide- tur in insula Trinidad (savannah Aripo). Dieser Pflanze beigepackt war eine 24. Querschnitt dreh ein äußerst kleine, zierliche, höchst ‚merk- tt vom Orr. Glüekii. Die kp. WUdig gebaute Form von einer Wasser- wirzellen sind, sche x ik var utrieularia. die nach dem beigegebenen TTIEEAEHAARFHNDH HEIIOHRR EINEN Etikett ebenfalls der Ariposavannah ent- fu der Mitte Gefäbündel mit Sieb- stammte und leuchtend rote Blüten trägt. Führengruppen und einzelnen Das ganze Pflänzchen. d. h. das größte Stück eines solchen Pflänzehens ınaß cm und trug ganz den Charakter eines Ausläufers. Zahlreiche Blasen ermöglichen nur einigermaßen («das genauere Studium (dieser höchst in- teressanten Pflanze. Auch mit dieser Spezies stimmt keine Diagnose überein. sie ist mit U. purpurea offenbar nahe verwandt, «die Pflanze ist aber zu unvollständig. um nach dem Vorhandenen eine Diagnose zurecht- zulegen. Um sie jedoch nicht namenlos dureh die Beschreibung zu sehleppen, habe ich ihr ad interim «len Namen Elephas zugelegt, wegen les elepliantenrüsselähnlichen Fortsatzes am Teil (ler Blase zwischen Stiel und Widerlager Fig. 25. Eine lateinische Diagnose muß wegen (der oben sehon angeführten Unvollständigkeit unterbleiben. Der einem Ausläufer sehr ähnliche Achsenteil : Wassersproß) dieser Pflanze trägt vier kreuz- Beiträge zur Konntnis der Utrieularien. 191 ständige, blattähnliche (rebilde, die fiedersehnittfig sind und deren fünf Zipfel an ihrer Spitze je eine Blase tragen. Das end- ständige Blatteilehen trägt auch ceme Blase, (dem Aussehen nach einem unpaarig gefiederten Blatt nieht unähnlich. dessen le. y & Fig. 25, Utrienlarin Elephas Lnetzelburg. . . blühende Pflanze mit typischem Bau der serntrienlarien, stark zerteilten 72 und lanren Internodien. Die Blattzipfel tragen hier Blasen von htünelichen Bau. Der Vegetationspmnkt ist, von den stark naclı innen. ein- verollten juugen Blättern vortreffliell geschützt. 102 Philipp von Luetzelbnrg, Fiederchen äußerst dünne WJattzipfelchen sind. In der Mitte der zu je zwei „Blatt“paaren angeorlneten Blätter steht die Blüte über und über mit Schleimhaaren bedeckt. Die Blüte, die ich nur in einem Exemplar vorfand und die noch sehr zerknüllt und zerdrückt war, ist nach dem allgemeinen Ban entwickelt. Oberlippe ist hreit, mit wenig an der Spitze ausgehuchtetem Rand. die untere Lippe trägt den gerade nach abwärts gerichteten Sporn mir der spitzzulaufenden «reihöcke- rigen Oberlippe. Die Höcker stehen im Dreieck zu einander. Die Blüte ist in der Knospenlage mit viererlei Schleimhaaren bedeckt. Der Kelch und die dem Kelehblatt eigentümliehen zwei hakenförmigen An- hängsel oder Verlängerungen nach unten sind mit Fig. 26. Junge Infloreszenz von Rlephas. Kelchblätter mit Ankängseln 4. Außerdem auffallend der dichte Schleimhaarbesatz, gebildet aus viererlei Schleim- haaren. länglichrunden bei I. übergehend in längliche bei Il, die dann gitterförmigen Ram geben bei III und keulenförnigen langen Schleinihaaren hei IV. Ein gutes Beispiel der Mannigfaltigkeit der Schleimihaarausbildung bei den T'trienlarien. ‚ Fig. 27. Klappe von Ver. Blephas, auf deren Mitte »in Knänel dreizelliger Schleimmhaare mit »pitzer Endzelle sitzt. Die Klappe trägt außerdem wurmförmige, kleine Schleimmhaare, Oben die beiden Antennenhüschel .1. langen wurmähnliehen Schleinihaaren hesetzt, sowie auch die Basis (les Blütenstandes :Fig. 26). Unter dem Kelch finden wir runde, ovale, weiter nach unten tellerförmige und mit Gitter durchbrochene Schleimhaare. ı:Dem Bau nach vergleichlich mit den Sporndrüsen von Polypompholyx. F.N. Lang a. a 0. pag. 141.) Weiter unten am Blütenstiel finden wir dann wieder Übergänge zu den langen etwas gekrümmten Haaren. die anı Kelch ebenfalls sitzen. Das wichtigste an der kleinen Spezies. die Blasen, mögen nun näher besehrieben sein. Für (den ersten Augen- Beiträge zur Kemmtmis der Utrieularien. bliek machten sie auf mich den Ein- druck, als ob sie verkehrt gebaut wä- ren, die Klappe nach unten und die An- tennen ebenfalls ge- gen den Stiel zu gerichtet, doch bei näherer Orientierung nach der Klappe fin- det man sich bald zu- recht, un die eigen- tümliche Form ist bald geklärt (Fig. 27). An Stelle der An- tennen in Form von Lappen oder einzel- nen Haaren steht hier an beiden Ecken ein ganzer Büschel von ‚lreizelligen langen, unten etwas.lickeren, oben stumpf endenden Haaren; unter diesen um- säumt eine regelmäßig angeordnete Zellenreihe dünnen Schleinnhaaren den obe- Die Klappe selbst ist wieder- Leistenwantl- und dreizelligen nach vorn gekrümmten Haa- ren bedeckt (Fig. 28). mit langen ven Klappenrand. um mit zellen aufgebaur dicht mit langen, etwas Auf der Klappe selbst, anfeinen kleinen Zelihöeker. sitzen Fiora, bel, Tem. 193 Fig. 28. Der Rüsselfortsatz au der Blase von Ur. Ele- plıas Luetzelburg dieht mit Schleimmmaren Ser besetzt. Die Baxis des Fortsatzes geht in dax Widerlager über mit den charzkreristischen Sehleimzellen FF Die kurzen Sehleimhaare bei 77 finden wir an der ganzen Anßen- seite der Blase. ierte Klappe von Tır. init polster, dessen Selleinl Endzellen haben zum Unterschied von Ui Siehe diese, Selm stark vergrößert. 13 unpuren “runde Eleyhas. an 104 Philipp yon Luetzelburg, ihıer Basis etwas diekere Schleinhaare. «teren Endzelle zugespitzt ist und der zu einer kleinen Kugel angeschwollenen Mittelzelle aufsitzt. Wir haben hier also eine Klappe vor uns, «lie ganz ähnlich der Purpurea gebaut ist vol. Goebel. PHanzenbiologische Schilderungen) (Fig. 20. Auch bei dieser, übrigens ebenfalls antennenlosen Blase haben wir vereinzelte lange. etwas gekrümmte Selleimhaare, dann aber auch. und zwar auf dem oberen Drittel der Klappe ein ziem- lieh weit vorstehendes Zellpolster. auf dem Selhleimhaare mit köpf- chenartig angeschwollener End- zelle und langer Mittelzelle sitzen. Das Wilderlager ist nach ziem- lie gleichen Vorbildern ge- haut, die Pflasterepithelzellen en- digen in sieben dreieckigen, sich allmählich auskeilenden Schleim- haargruppen. (diesen folgen dann nach außen zu die schon öfter I_ erwähnten langen Schleinhaare 2 und zuletzt der rüsselähnliehe Fig. 30. Vegetätionspunkt eines „Sprosses® Fortsatz, gebaut wie eine An- n Ute. Dlephas Luetzelbur . . Spitze. 77 die Blattanlage, die duren tenNe, Wie bei Ochrolenea z. B.. eine Gewobebrücke vereinigt die beiden und besetzt mit runden Köpfehen- vorbreehenden Blätter zeigt, in Form von . 2 liöekern. Die Blätter haben sich von- haaren und langen. an der Basis einander getrennt, AZ BL, muy sid zwei- cliekeren, stumnpfen Haaren. die zeilig angeordnet wie bei allen Iisher B ri . ji . beobachteten Wanserutrienlanien. Im gegen die Rückseite gerichtet sind. Hintergrund ein älteres Blatt mit Blaxen- Wie selon öfter erwähnt, war es anlagen it. diese Art von Blasen, bei denen ich das schönste Beispiel und den auffallendsten Beweis er Goebel’schen Deutung der Blattnatur der Blasen fand. Es ist die oben schon näher beschriebene Blatthlase. «die alle Merkmale einer Blephas-Blase mit der Form eines Blattes mit Spreite und Blattstiel vereint. Zum Sehluß möchte ich noch anfügen. daß bei dieser Wasserutrieularie die Blätter zweizeilig angeordnet sind, wie bei allen Wasserutrieularien. Vergleichen wir einmal den freipräparierten Vegetationspunkt von Vulgaris (Goebel. Pflanzenbiol. Schild) und den von Flephas, so stimmt der (Gesamtbau wohl überein (Fi . An Stelle (des ersten Blatthöckers bei Vulgaris finden wir bei Elephax schon einen hreiter angelegten Höcker, der ein- heitlich angelegt war. später sich balıl teilte und mit einer trewebe- brücke noch mit dem anderen Höcker in Verbindung steht, bis sich aueh er iwie bei Vnlgaris erst späten in zwei getreunte Blärrehen Beiträge zur Kenntnis der Vtrienlarien. 105 weiter entwickelt, wie wir an dem Bild deutlich schen können. Ex sind also alle Wasserutrieularienhlätter als einzelne Höcker zweizeilig an- gelegt. Ich möchte nun auch diesen noch unsicheren Boden verlassen und mich wieder einer bereits sichergestellten, wenn auch noch allzu wenig bekannten Art zuwenden. bei der wir ein Festklammern an der alten Landform und einen Übergang, ja schon direkt eine Anpassung an das Wasser und noeh dazn an fließendes Wasser konstatieren können. Diese interessante Form ist die bisher die Gruppe „Avesienlaria* (nach Kamienski. Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien, IV. IITb. pag. 121) bildende U. neottioides. (Von G. Schwacke in Brasilien gesammelt.) Kamienski spricht dort auch von pinselartig verteilten Sprossen. Verlassen wir jedoch die neueren Angaben und wenden uns zur Ori- ginakliagnose von St. Hilaire, die zum Teil auch De Candolle. Pro- dromus, Bd. VTII pag. 8, aufgenommen hat. St. Hilaire schreibt in seiner Monographie; pag. 38: „Radices plures. patentissimae ..... hine et inde ramulos seriales. erassos, breves, inferne agentes, quibus planta rupibus affigitur. ut IIedera helix arboribus aut muris.” Dann weiter folgt in der langen Diagnose die Bemerkung .folia hasi capillacea”. St. Hilaire also spricht von Blättern. De Candolle führt auch Folia an. Sylven (Die Genlis. u. Utr. des Regneil’schen Herbars. Arkiv för Botanik 190%, Bd. VIIL Nr. 6) bringt eine Herbar- notiz „Matto grosso Brasilien". «dabei die Bemerkung „in aquis altis rivuli per cabeceira paludem (etiam speeimina parva humilia in lapi- bus maioribus magnis fuentibus. Malure H. 1951. Die Frage, (lie dort noch offen gelassen, ob wohl die von Kamienski aufgestellte Spezies U. Glaziovana Kam. nicht doch eine Xeottioides sein könnte, würde sieh vielleicht dureh Untersuchwmg etwa vorhandener Blasen oder der Placenta balıl entscheiden lassen. Auch eme Abbildung eines kleinen Blütenstandes erläutert die Beschreibung bei Sylven). Von Blättern und Blasen ist nicht die Rede. "Leider ist die Besprechung der Blasen bei den einzelnen Spezies bei Sylven zu verm Nach meinen Untersuchungen an dem von Goebel in liebens- würdiger Weise mir zur Verfügung gestellten schönen Material kann ieh die Maße 12.--17 em für die ganze Länge der Pflanze angehen. 1) Menoegraphie des Primmlacses ot des Leatib, du Brösil merid. par A, de St. Hilaire et F. de Girard. Fxtrait des Comptes vendus des Sfanees de T’Aen- demie des Seieneos «’Orlcans 1838. Spories Na, 196 Philipp von Imetzelbure, Sie ruht auf einem stark ausgebildeten wurzelähnlichen Ansläufersystem tRatliees bei Sr. Iiilaire. das unter sieh dureh unregelmäßige Ver- zweienng und anastomisierende, sich begegnende Scitenausläufer zu Fig. 31. Utr. neottioides. Blähende Pflanze. An der Basis das Gewirr von Ausläufern und Rhizeiden zu Haftorgauen umgebildet. An der Infloreszenzachse die langen. reich gwerliederten Blätter, die zum Unter- schied von Uer. Herzogit bis weit hinmnter noch die langen Sehleimhaare 8:4? tragen. Au der Basis (des untersten Blaites entspringt ein Ausläufer mit Schleim- haaren un der Bauchseite 1. einem netzartigen Ge- flecht wird. Steine und feste Holzpartikelchen sind davon fest um- klammert, und die mit vielen Schleimhaaren besetzte Sohlenseite der Ausläufer, die auch la- mellenähnliche Seiten- lappen tragen. vervoll- ständigt das feste Ad- härieren an die Unter- lage. damit die, wie oben geschildert, in fließen- dem Wasser wachsende Pflanze nieht‘ fortge- rissen werden kann (Fig. 31). Direkt unter dem Infloreszenzschaft sind die Ausläufer stark an- geschwollen und auf dem (nerschnitt zeigt. sich ein reicher Gehalt an Stärke. Sie sind also auch noch Reserve- stoffbehälter. Der ana- tomische Bau bringt niehts Neues. Unter der Epidermis eine Lage von Steinzellen, ein ziemlich reduziertes Bündel mit einem Gefäß und ı(lrei Siebröhren- gruppen vervollständi- gen .dasanatomische Bild (Fig.34). Deretwals-17 em hohe Infloreszenz- Beiträge zur Kenntnis der Vrrienlarien. 197 schaft trägt nur wenige kleine Schuppen. die an «er Basis abstellen (Fig. 82). Eine kräftige Pflanze hatte ans der Achsel dieser Schuppe zwei solche pinselartig gebaute Blätter neben einem Ausläufer hervor- gebracht. Bei anderen Schuppen konnte ich nur den Rest des Blatt- stiels von vier his fünf Blättern vorfinden. Die interessanten dünnen, 0,3 nm, dieht behaarten, ziemlich langen (bis 15 em) pinselartigen Blätter sind in feine Blattzipfel zerteilt. die meist zu vier oder fünf in sechs bis sieben Stockwerken aufgebaut sind und in einen mehr oder weniger spitzen Winkel zueinander stehen (Fig. 33). . Rhizoidengeflecht ven Utr. nenttioides vun oben gesehen. 4 Inflor,-Achse. Z die Haftlamelle, eine Verbreiterung der Bauchseite des Ithizeids. BR Fig. Blattspitze von Ur. neottioides mit star Sehteinhaarhesatz. Die keuligen Endzellen dieser dreizelligen Haare stehen von der Oberfläche in einen Winkel von 60" ab und geben zum Unterschied von Ur. Herzogti sehr weit amı Blatt herunter. Bei der witersten Ktage teilt sich jedes Blatt meist in drei bis fünf Teilblättchen oder Zipfel. die sieh dann ihrerseits wieler gleich so aufbauen und verzweigen. Die PBlattspitze ist von einer Alenge langer Schleimhaare umgehen. es wächst dabei ungefähr jede 2. orler 3. Zelle zu einem solchen Haar aus. das 6 -1Omml den Blattzipfel- durchmesser an Länge erreicht. Sie. «die Haare, scheiden sehr viel Schleim aus, den man noch in Alkohol nachweisen kann. Für die überaus feine Blattzerteilung sucht sich auch St. Hilaire eine Eı- klärung, wenn er schreibt: „an Ranuneuli aquatilis more vere decom- posita? an potins primum integra. sed, parenchymate aquis mox de- strueto, nervi superstites”" Die Intloreszenzachse trägt bis zu 108 Philipp von Luerzelbure, 12 Blüten ınit kleinen an der Spitze stark verbreiterten Kelchblättern : die Gestalt stimmt genau mit der Abbildung beiSylven überein. sowie auch die Blüte, die einen sehr kurzen Sporn, eine dreilappige Unter- lippe und einen großen Höcker auf der Mitte der Lippe trägt. Die Frucht. Fig. 34. Fig. 31. Querschnitt eines Rhizomastes von Utr Neottioiden. Die Baue) gt die Schleim- haar denen sich die Rhizome an der felsigen Un ge festhalten. Unter der Epidermis eine Lage von Steinzellen 57, Fig. 35. Utr. neottioides. Kapsel längsgeschnitten: die gestielte einselts- wandige Placenta mit den vielen Samen zeigend 7. A Kelch. 7 Kapselwand. die Kapsel (Fig. 35). bietet auch ganz besonders gute Merkmale für diese Gruppe. Schneidet man eine solche Kapsel der Länge nach «durch, überrascht uns sofort die eigenartig gebaute Plazenta: sie wird von einem kurzen. etwas zur Seite gebogenen Stiel getragen. Die Plazenta E selbst ist scheibenförnig, an den j Rändern stark abgerundet und trägt die Samenanlagen nur auf der einen Seite. Sie sind wie kleine runde Vertiefungen in das Plazentur- gewebe eingexenkt. Die Samen waren von eiförmiger Gestalt mit „3%. Querschnitt eines Bhizoids von einernetzig grubigen Außenhaut um- Urr. neottioides mit zahlreichen Schleim- geben. un zeigten keinerlei Sproß- nauren au Pi ee Name differenzierung am Embryo, d.h. der Spitze zu umklammern. Solche Lamellen Vegetationspunkt war nicht geglie- tragen aueh die. bereffenden Aslänfer gept, sondern bildete einen runden Beiträge zur Kenntnis der Utrienlarten. . 109 Höcker. TNasen konnte ich trotz eifrigen Suchens keine einzige finden. (doeh möchte ich es ausser allen Zweifel stellen. daß anch Neottioides Blasen trägt und zwar wohl wie die folgende Art an den lang zerteilten Blättern. da wo sie zerteilt sind. Es kann hier leicht wie bei der nächsten zu beschreibenden Art anstatt der Seitenzipfel des Blattes eine Blase auf- treten. Da aber (lie Blätter von (ieser Spezies nur in Druchstücken vor- lagen, so ist es leicht möglich. dab man an ganzen. noch jungen Blättern Blasen hätte finden können. Zum Schluß möchte ieh noch bemerken, daß die krallenartigen Ansläufer nieht einzig dastehen, sondern ein Analogon schönster Art bei der nächsten Art finden. Typisch hakenförmige Um- bildungen von Seitenausläufern oder anderen Organen trägt auch die Utr. neottivides an ihren blaftartigen Ausläufern, sie sind etwa hand- förmig. selir klein und stehen in zweizeiliger Anordnung (Fig. 36h. Die zweite Spezies, die am Schlusse der Neottioides. öfters genannt wurde und ihr auch sehr ähnlich ist. halıe ich dem Entdecker (lerselben zu Ehren Ur. Herzogii genannt (Fig, BT. Sie ist von Dr. Herzog in Bolivia gesammelt und wurde mir als Herbarmaterial zugesandt. Durch geeignete Mazeration und dureh Aufkochen in einer Mischung von Al- kohol, Ammoniak. Kalilauge wi Wasser zu gleichen Teilen gemischt, erhielt ich ein brauchbar zur weiteren Untersuchung geeignet Material, Nach den Notizen, «die bei sieben Exemplaren lagen. wächst die Pflanze an Felsen, die ständig von Wasser berieselt sind. also wohl an gleichen oder (loch ganz ähnlichen Standorten, wie die Neottioides. Aueh hei diesem sehmächrigen. kaum 15 em hohen Pflänzehen finden wir wohl dem Standort angepaßt die gleichen festen. an dem einen Finde etwax angeschwollenen Ausläufer, die ebenfalls die seitlichen Lamellen an den Flanken ihrer Ausläufer tragen, auch an der Unterseite die zahlreichen Klebhaare ausbilden. Fin kleiner Unterschied von der Neottivides: Die Ausläufer: Fig. 30. (lie alle möglichen Krünunungen. den Unebenheiten (des darunter liegen- den (resteins angeschmiegt. ausführen. sind an ihrem Ende stark haken- förmig tungehogen. und das Hauptunterscheidungsmerkmal 7 ten den Ausläufern der Neottioides und Herzogii: ılie Ausläufer bei Herzogii lassen auf ihrem Rücken manelımal Blätter hervorbrechen, die von zwei kurzgestielten Blasen flankiert sind. Wir haben also wieder ein- mal Blasen vor uns. die aber schon in ihrem Gesamtaufbau von den weisten anderen abweichen. «doch darüber später. Dieses Blatt. das sich in gleicher Ausbildung und gleichem Aufbau auch noch in der Achsel der Infloreszenzsehuppen findet. zu zwei oder drei hervorwachsenil, ist ebenfalls schr lang. fast so lang wie die ganze Pflanze, auch in A beiträge zur Kenntnis der Virienlarien. 2 Stockwerken aufgebaut und in jugendlichem Zustand sehr stark behaart. Das an der Spitze (wie viele Utrienlarienhlätter; anschei- rend lang Fortwachsende Blatt hüllt seinen Vegetationspunkt in eine förmliche Kappe von langen. nach unten «licker werdenden Schleim- haaren ein. Diese Schleimhaare fallen jeiloch bei Ierzogii sehr bald ab und lassen ungefähr 1 mm unterhalb ihrer\ egetations- spitze nur mehr an ‚en stehenbleibentden, näpf- chenartigen Basalzellenihre ehemalige Anwesenheit er- kennen. Ich sah immer bei der untersten Jen Aus- läufern zunächst stehen- Fir. 3%. Bin Auslänfer von Ur. Ilerzogii Laetzel- den Shuppe drei bis fünf Ni linie anne def solcher Blätter hervortre- Schleimhaaren Se#z., womit sieh die ten, dann noch bei den an der Unterlage festhalten. 30. Blasenlängsschnitt von Um. Her Von der Basis der Antennen oht sieh his zum Widerlager eine Lamelle mit reichem Sehleimhaarbesatz. 3 der Vorhof. Die Klappe A7 steht ziemlich weit zurück. Beispiel einer Vorhofhlase. Fig. 37. Utr. Herzogüi Luetzelburg. Ganze blühende Pflanze. An der Basis die als Haftorgane fungierenden Ih; en RA. dazwischen die Ausläufer „7 mit Iaft- lamelien Z. an deren Schleimhaaren noch Steinehen ‚2 anhaften. Den unteren Schuppen entspringen in der Achsel die langen, dünnen, entragenden, viel zer- teilten Blätter 37, bei 77 noelı ein junges. einem Anstänfer „2 entspringendes Blatt an der Spitze dieht mit Schleimhaaren besetzt. Die Blüte zeigt den kurzen Sporn und (die obere Blüte et von unten gesehen) die eigentliche Faltung der Unter- tippe. Sch Schuppen, nur in der Mitte angeheftet. Spitze und Basis sind von der Infloreszenzachse abgewendet, 202 Philipp von Luetzellurg. nächst höheren zwei Schuppen, die vierte Schuppe am Tnfloreszenzschaft hatte keine Blätter mehr. Ferner sah ich an der stärksten Pflanze fünf Blätter an den verschiedenen Ausläufern entstehen. welche wie oben erwähnt. immer von zwei Blasen flankiert und am Vegetationspunkt schon sehr frülı ausgebildet sind. weit früher als das Blatt, das in ihrer Mitte steht. Beifolgendes Bild (Fig. 40) möge diese Aufeinanderfolge der Blasen und Blätter in ihrer Entwicklung zeigen. Den Infloreszenzstiel weiter hinauf stoßen wir auf (die Blüten. Der Kelch ist ungleichmäßig zefornit und schmiegt sich fest «der Blüte an. Der Oberlappen des Kelches Fig. 41. Kapsellängssehnitt von Utr. Herzegüi (gleichen Bauer vie Utr. neottioides). Die ein- seitswandige scheibenförmige Plasenta 7? rubte auf einem , . langen Stiel. A” Kelch. FF Fig. 40. Ute. Ierzogii Iuerzelburg. Kapselwand. .v Narbe. Vegetstiohsspitze mit eitiem jungen Blatt, das au der Spitze schon die einzelnen Dlatäste zeigt 7 Das Blatt ist rechts und links von je einer lang- gestielten Blase begleitet A. ist eiförmig länglich und stampf, der untere Lappen eiförmig und oben ziemlich breit abgeschnitten stumpf, Die Blüte ist klein, es sitzen deren 7—9 an einer Infloreszenzachse. ihre Oberlippe ist eifürmig ver- längert und steht gerade in die Höhe, («ie untere Lippe ist dreilappig. Die Blasen. (ie sowohl die Blätter an «deu Ausläufern begleiten, sowie die, welche an den einzelnen Stockwerken der längeren Blätter in der Achsel der Schuppen entspringen, sind gleich gebaut. Meist tragen sie einen kurzen. an den Auslänfern etwas Eingeren Stiel. Im Längsschnitt "Fig. 39) sind die Blasen Jänglich eiförmig. gegen (lie Stielanheftungsstelle Beit äge zur Kenntiin der Vtrienlarien, 203 sogar etwas spitz. Vorn am Eingang zur Klappe sind sie mit einen ziemlich großen Vorhof versehen und lange. «dünne. etwas keulenförmige Haare bedecken sowohl (iesen Vorhof von innen als auch die ganze Blase. Die Spitzen des Vorhofes nach oben tragen auf jeiler Seite noch 3-4 lange, haarförmige. mehrzellige Antennen. Die Klappe liegt ziem- lich weit zurück und bietet nichts besonders Interessantes. Solcher Vorhofblasen sind schon mehrere bekannt. alle diese Vorhöfe sind meist mit Schleimhaaren dieht besetzt und sollen wohl auch schützend gegen (las Eindringen größerer Tiere wirken. Selbst der Purpureablase kann man einen wenn auch kleinen, unteren Vorhof nicht ganz absprechen. Größere Vorhöfe finden wir auberem bei Pallen= St. Hil. ferner bei Benjaminiana D. Oliv.. bei obfusa, die geradezu ein Vordach hat, ganz abgesehen von der Caerulea. deren Vorbau fast größer ist als lie ganze Blase. Wenn nun auch die Herzogii mit der Neottioides viel gemeinsam hat, so darf man sie trotzdem nur als gegenseitig ähnlich bezeichnen, denn die jungen Blätter. dann die von zwei Blasen stets begleiteten Blätter der Ausläufer. der ganze Habitus, ja auch die Blüten sind doch so verschieden zwischen beiden Arten. ıaß man die Herzogü von der bereits bekannten. gleichen Standort bewohnenden Neottioides als wahre Art abtrennen muß, Ich lasse nun noch die Diagnose folgen: Utrienlaria stolonibus saxis aut lapidibus capillis glutinosis adfi folium multiseetum utrimqne ampullam gerentibus: foliis capillaceis, divisis laeiniis capillaceis. ampulliferis plerungne divisis axillaribus 7 cm longis, caule strieto 1d em alto, 5--7 tloro. syuamis folia capillacen in axillis foventibus, et metio fere adfixis et ideo basi solutis, lobis cali- einis inaequalibus, labio superiore ovato: inferiore ovato obtuse, floribus parvis pedunculatis füsco-viridibus, labio superiore ovato-rotundato. in- feriore trilobo. 3 partito. capsula ovoidea, placenta pedunenlata rotundato- diseiformi, uno latere semina gerenti. Meine Beschreibung der ausländischen Arten möchte ich nicht. schließen ohne nicht noch eine höchst interessante Art, von Goebel in Westaustralien gesammelt. eingehend zu behandeln. Es ist die niedlich kleine Utr. Menzie R. Br. (Fig. 42). Im: R. Brown. Prodromus. Florae Nov. Hollandiae et insul. Van Diemen 1810. pag. 43 ist eine kurze Diagnose der inter- essanten kleinen Utricularia gegeben. Etwas vollständiger finden wir sie in De Candolle. Prodromus. Bd. VIIL pag. 15. 1844 sowie in „Flora australis® von €. Bentbam & Hooker. Vol. IV. 1869, in welch letzterem Florenwerk wir auch die Diagnose der Utr. Hookeri Lehm. 204 Fig. 42. Ur. Menziesiti (Nach einer von P: Goebel zur Verfügung gestellten Zeiehnn Sie zeigt den typischen Bau einer prinitiven Utrienlaria. Blätter izu uberst, Blasen an langen Stielen befestigt (mitten). Rhizeiden (unten), darunter ei knollenartig zu Reservestoff- behäktern angeschwoltene Rhizeide: alle noch voneinander getrennt, darüber die große Blüte init kleiner Oberlippe und großem Sporm und ziemlich großer Unterlippe. Philipp von Luetzelbure, sehen können, die mit unser Art sehr verwandt ist, fast so verwandt wie die Vulgaris der Negleeta. oder die oben beschriebene Heızogii wit Neottioides. Wie Utr. Hookeri ist auch diese Art in ihren Or- ganen noch nicht so weit- gehenil vermengt. Wir haben hier noch nicht blasentragende Blätter oder blättertragende und zugleich auch blasentra- gende Ausläufer, Bei dieser Art sind Blasen sowohl wie Blätter und Ausläufer noch getrennt angelegt. wie wir ‚hei Hookeri!) ganz genau auch beobachten können. Die fei- nen fadenförmigen Ausläufer sind noch nicht verzweigt und enthalten nur ein Gefäß. Sie sind sehr zahlreich und stehen büschelig zusam- men (ch zählte bei einem Exemplar 57), in sie gleich- sam hineingemisecht ist öfters eine kleine (ebenso lang als der Ausläufer) gestielte Knolle resp. eine zu einem solchen Gebilde angeschwollener Aus- läufer,. der auf dem Quer- schnitt sehr reduzierte Ge- fäßbündel enthält. außerdem in den Zellen sehr viel kleine, nicht zusammengesetzte Stärkekörnchen, (die auf Zu- satz von ‚Jod rotblau wurden. also zum Teil in Zucker sich umgewandelt hatten. Von diesen Knollen n Vol. Gochel, Organographle, pay. 115. ze zur Kenntnis der U'trienlarien. 205 sind einige prall und wieder andere schlaff und mit vielen Runzeln versehen. wie wir die gleiche Frscheinung auch bei «den Orchideen- knollen selen können. Wir haben also Reservestoffbehälter vor uns. von denen «ie einen schon verbraucht. die anderen eben neu mit Nahr- stoff versehen sind. Im Gewirr von den zahlreichen Faiengebilden finden wir auch solche, die an ihrer Spitze ein «lickes, keulen- und spatelförmiges Blatt tragen. Ein Querschnitt zeigt uns ein gleiches ana- tomisches Bild, wie (ler der Reservestoffbehälter. Die Blattstiele erreichen jedoch die doppelte Länge der Ausläufer, erheben sich über das Sub- strat und haben keine Spalt- öffnungen. wohl aber die Blättchen. dent “ir. 43. Blase von Utr. Menziesii von unten gesehen. Die Pfeile en die Zuganesmöglieh- keiten für die Tiere. Ganz oben die Stieflügel Dialer en ereeen De BEHehen ei, Die" heilen, Schlin Kraul hakenarti An ned In Imargrappen Schd sind infolge hakenartige Antenne A. der Länge der Klappe in zwei Hälften geteilt. Wir finden dann noch weiter im Gewirr ein viertes Organ an solchen dünnen Fadengebilden, die Blasen (Fig. 43). Diese sind auch wieder sehr klein 0.3 mm im Durchmesser, aber höchst interessant aufgebaut. Sofort vermissen wir ıaran Antennen, dafür finden wir einige merk- würdige Anhängsel. Vom Blasenstiel aufwärts stoßen wir auf eine Art von Kanal oder Gasse, eine Rinne, gebildet von zwei breiten La- mellen, die Flügeln gleich etwas ahstehen und in feine haarförmige Fig. 44. Klappe von Titr. Men- 200 Philipp von Lnetzelbure, Zipfel ausgezogen sind und bis zur Klappe reichen. Von oben heral krünmt sich etwas üher «die Klappe herein. ein hakenartiges Organ. «das mit seiner Spitze fast vor der Klappe endigt. Zwischen diese Zutaten zwängt sich noch ein zweites Flügelpaar, geradeso gebaut wie das erste nur breiter und oben an «den Seiten «der Blase angeheftet. Anstatt der Haarleiter als Zugänge zur Klappe haben wir hier also Flügel. die an ihrer Basis kleine Tiere unfehlbar auf die Klappe hin- führen müssen. Die längliche Klappe bedeckt ein langgezogenes rinnenförmiges Wider- lager. Die Klappe (Fig +44) ist länger als ge- wöhnlich und trägt fünf kleine und in ”, der Klappenlänge 10 größere Biskuithaare. In zwei Gruppen sind (diese Haare ange- orılnet. wohl infolge der Länge (er Klappe. Nun bleibt ıms noch die Blüte. Auch hier die große Ähnlichkeit mit Hookeri: «die zier- liche Hookeri und eine ebensolche Blüte: die kleine Menziesi und ıliesen mächtigen Sporn und darüber der große Lappen der Unterlippe. Denkt man sich dazu noch (lie „purple flower“. so mag die zierliche Pflauze mit ler riesigen Blüte (mit Sporen 15 mm auf einem Stiel von 55 mm) auf den Finder den Eindruck machen, wie etwa un . eine Buxbanmiasporogon inmitten kleinster ne aus ehe von Moose. Der Blütenschaft trägt mır eine Ur. Menz Einige Fpi- aus ı(lrei Blättchen bestehende Schuppe. uuiszellon mir serdickter Miese au ihrer Basis merkwürtlige Schleim- Schleinbaare weiehen hier vom haare fanch wieder diese gitterartig be- al PNHBHAHHRHE ne deekten großen Schleinhaare wie bei Po- struktur. Ispompholsx und am mittleren Teil des Blütenstiels von Elepha Die Epidermiszellen sind zum Teil mit Ver- diekungsleisten versehen (Tig. 45) und sogar etwas verholzt (Thallinsulfat- reaktion). eine Frscheinung, (ie sieh nicht weiter erklären läßt. Das ganze O5 mm messende Sehüppehen durchzieht eine Tracheitenreihe. Damit hin ich zur Turform der Utrieularia. zur Landform und zwar nach dazu zu einer primitiv aufgebauten Landutricularia gekommeı. Feh möchte meine Beschreilumg der Exoten nicht schließen, olme gleich an dieser Stelle Herrn Geheinrat Goebel für die gütige Über- lasstung des schönen und interessanten Materials bestens zu danken. Beiträge zur Kenntnis der Urrienlarien. 207 Der experimentelle Teil der Arbeit. beschäftigte mich auch sehr oft mit der genauen Untersuchung «er einzelnen Blasen und den von Ch. Darwin zuerst so genannten Antennen. und so wurde ieh noch- Fig. 46. Blasenlängsschnitt von Ub, ochroleuea. Der Bau ähnelt sehr dem der Intermedia, die Klappen-Borstenhaare sind noeh kürzer als bei Intermedia; die Antennen ebenfalls rundlieh im Querselmitt. doch mehr nach abwärts gebogen. Fig. 47. Klappe von Um. ochrolenea. Ähnlich der Klappe von Tr. interniedis, doch weit spärlicher behant, wenige (doppelte Schleimhaare. mals auf die Frage zurückgeführt. die sieh schon Meierhofer stellte bei seiner Untersuehung über die Vulgaris-Blase: lassen sich die Blasen unserer einheimischen Utrieularien nieht nach besonderen Merk- 208 malen klassifizieren? Vulgaris- und eine Intermedia-Blase näher an: Der Philipp von Lnetzelbure. Ielt möchte es versuchen. Sehen wir uns eine Bau im all- gemeinen ist derselbe, doelı die Antennen sind sehr verschieden, auch die Ansbildang der Mundwinkel weicht ab hei beiden, iges Exeniplar einer Blase von Ttr. intermedia. Die vier Borstenhaare anf der Klappe sind kürzer als bei Vulgaris. Auch die Schleimhaarbildung auf der Klappe und in den Mundwinkeln ist bedeutend reichliehen: es winchen sieh auch sehr viele Doppelköpfchen hemerkbar. Me Antennen sind rund. im Önerschnitt nieht flügelartig wie bei Vnlgaris. Die Antennen hei Vulgaris sind lang, gerule nach vorn gestreckt, haarförmig, an der Basis wenig breit und dünn. «ie Haare nach allen Seiten abstehend. die Mundwinkel Hügelartig weit abstehend von der Blasenwand und an Beiträge zur Kenntnis der Utrienlarien. 209 ihrem Rande mit langen Borstenhaaren besetzt. Und die Intermedia” (Fig. 48), Bei ihr sind die Antennen rund, an der Basis sehr breit, vielzellig, die ganze Antenne ist dann hornartig geschwungen nach vor- wärts geneigt, die langen Haare nur auf der Rückseite der Antenne angebracht, so daß sie bei der Beugung derselhen nach vorn (doch weit. von der Klappe abstehen. Diese großen und starken Antennen laufen in die Mundwinkel herab, dort eineu breiten, im Durchschnitt rundlichen Wulst bildend, auf «lem nicht gerade an «der höchsten Stelle die langen Borstenhaure stehen, Also haben wir hier vor allem keine Flügelbildung. Im unteren Winkel von der Klappe und diesem Wulst finden wir auch bei Intermedia einen ganzen Büschel von Schleimhaaren der charakteristischen Form. die wir auf der Klappe von Vulgaris und Intermedia finden. Wie is nun bei den anderen Arten? Minor ist gebaut wie Vulgaris, nur kleiner, und «ie Antennen sind stark nach vorn geneigt: die Ochroleuca fast genau wie Intermedia gebaut, entbehrt der im Winkel stehenden büschelig angeordneten Haare: die Bremii zeigt fast den Bau von Intermeiia, doch ist sie für ihre Kleinheit noch robuster gebaut; und tie Neglecta endlich lehnt sich sehr an die Vulgaris an, ihr Aufbau ist feiner, Doch kann man am feineren Bau, vor allem am Bau der Flügel unterhalb der Antennen, (iese Art auch von den anderen an der Blase erkennen. Außerdem haben wir an dem verschiedenen Bau der Antennen, ihrer Richtung und Winkelstellung zu einander, der Balkenhaare im Innern «ler Blase einen weiteren guten Anhaltspunkt zur Unterscheidung «der einzelnen Blasen. wie auch schon Meierhofer erwähnt. Eine kleine Zusammenstellung mag die Auseinandersetzung noch hesser ılarstellen. Einheimische Arten. A. Antennen fein, haarförmig, schr dünn, Haare weit abstehendl, Flügel an den Mundwinkeln. l. Blasen sehr groß, dunkelgrün, kräftig gebaut, mit langen Antennen und Haaren, großen Flügeln. YVulgaris. 2. Blasen eelhlichgrün und fein gebaut, mit langen Borsten und großen hellgrünen Flügeln. Neglecta. 3. Blase klein an besonderen Sprossen, mit laugen Antennen, nach abwärts vornüber gekrümmt. Minor. B. Antennen kräftig, diek, rundlieh, an der Basis hreit, nach vorn geschwungen, Haare am Rücken tragend. und gegen die Mund- Porn. Bd. 100. 1 210 Philipp von Luetzelhure. winkel wulstig auslaufend (mit viel Doppelhaaren auf der Klappe und im Winkel büschelig angeordnet). Intermedia, Bremii, Ochroleuea. 1. Antennen kräftig, sehr dick, viel Doppelhaare auf der Klappe und starke Büschel derselben in den unteren Klappenwinkel: Intermedia. 2. Antennen stark, sehr stark nach vorm gebogen, wenig Doppel- drüsenhaare auf der Klappe. kaum in Büscheln in den Win- keln. Ochroleuca. 3. Antennen kräftig, Blase klein, Wulst sehr stark ausgebildet, fast keine Doppeldrüsen. Bremii. Und die ausländischen Arten” Lassen sich (diese wohl auch syste- matisch ordnen und bestimmen nur nach Blasenmerkmalen” Noch besser als tie einheimischen. Folgende Tabelle mag es zeigen; aller- dings muß noch reiches Material zusammengetragen werden von den verschielenen Blasen, um einmal alle bekannten Spezies nur nach der Blase bestimmen zu können. Daß dies möglich ist, beweisen schon die verschiedenen. immer wieder andere Merkmale tragenden, bis jetzt bekannten und näher untersuchten Arten. Es ist diese Tabelle der erste Versuch dieser Art. A. Blasen ohne weitere Abzeichen. nackte Blasen ohne Antennen Utr. Humboldt, Utr. cornuta und die dabei gefundene Spee.: Quinqueradiata Spr. B. Blasen mit Antennen 1. Antennen haarförmig, dünn fadenförmig oler stielförmig. IL. Antennen verbreitert, flügelartig oder lappenförmig. C. Sonstige auffällige Anhängsel an der Klappe. B. I. Antennen haarfömig usw. 1, Antennen gerade von der Blase abstehend. Herzogii. reniformis, australis, Pallens, Benjaminiana. 2. Antennen zwischen sieh weitere Haare tragentl. Emarginata. 3. Antennen gekrümmt, horn- oder hakenförmig. Mon- tana, Flexuosa, Caerulea, Elachista, Bifida. 4. Antennen weit nach «den Mundwinkeln gerückt. Obtusa. 5. 1 Antenne über der Mitte (ler Klappe. Rosea, palatina. B. II. Anntennen breit, tlügelartig oder lappenförnig. 1. Flügel «lreieckig, Amethystina. i Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien. 211 2. Flügel rund, oval. etwas nach vorn gebogen. Cae- rulea, Denticulata, Warburgii. 3. Flügel stark nach abwärts gekrümmt. Bifida, Orbi- eulata, Glückäi. €. Sonstige auffällige Anhängsel an der Blase: 1. Horn- oder rüsselartiger Stielfortsatz. Elephas. 2. Iorn- oder schnabelförmige. Haken vor der Klappe. lookeri. 3. Blasen mit Flügeln, zwei zur Klappe führend und zwei am Stiel. Menziesii Fallen bei ılieser Tabelle mehrere Blasen auf eine Abteilung zu- sammen, dürfte es sehr leicht sein, die Arten dann dureh weitere Merk- male zu bestimmen. Zum Schluß möchte ich nur noch die Hauptergebnisse ılieser Arbeit. in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Die einheimischen Utrieularien sind wahre Insektivoren, sie vermögen mit ihrem Enzym bei alkalischer Reaktion und einer zur Abwehr von Mikroorganismen beigemengten Säure, der Benzoösäure, ie durch die Blasen gefangenen Tiere zu ihrer Nahrung zu verwerten, indem sie dieselben langsam, aber anscheinend tiefwirkend verdauen. 2. Die Tiere werden mit besonderen Haaren am Widerlager und auf der Klappe, die Zucker und Schleinı enthalten, angelockt; diese Haare dienen jedoch nicht zur Verdauung. 3. Die Blasen sind formenfest, nicht mehr plastisch, und nach un- gefähr demselben Bauplan aufgebaut; ihre Klappe schließt mittels eines Schleimwulstes so fest, daß aus dem Innern nichts heraustreten kann. 4. Heliotropismus und treotropismus wirken auf «die Wachstums- richtung ganz besonders ein. 5. Die Winterknospen der einheimischen U jeder Zeit auch künstlich während der ganzen Vegetationsperiode her- vorgerufen und öfters wiederholt werden. 6. Die Infloreszenzachse ist befähigt, bei geeigneter Kultur aus den Achseln der Schuppen vegetativ Seitensprossen entstehen zu lassen, ‚labei ist «ie Seitenblüte als Vegetationspunkt schon stehen geblieben und hat an ihrer Basis neue Vegetationspunkte gebildet, die dann aus- wachsen. 7. Wasser ist «den einlieimischen U. vulgaris und negleeta unbe- ingt jeilerzeit nötig zum Leben, währen eine direkte Bespülung Minor, 14° rieularien können zu 212 Philipp von Inetzelburg, Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien. Bremii, Ochroleuca und Intermedia längere Zeit entbehren können und dabei auch Spaltöffnungen bilden. 8. Die Landform U. montana hat ihre Plastizität vollständig ein- gebüßt. 9. Auch die neuuntersuchten Arten hewiesen (die wunderbare Form- verschiedenheit und Anpassungsfähigkeit, wie U. reniformis. Glückü, Elephas, Herzogii, Cornuta, Menziesii. Neottioides. 1. Die Blasen der in- und besonders der ausländischen Arten tragen an ihren Antennen und sonstigen Zutaten Merkmale. die sich allmählich zu einer Blasensystematik und zum Bestimmen «er einzelnen Arten nach «den Blasen verwerten lassen. 11. Bei U. neottioides wurde zwar bis jetzt noelı keine Blase ge- funden, doch dürfte junges Material von dieser Pflanze, nach der ihr nächst verwandten U. Herzogii zu schließen, doch auch Blasen an den Blättern zeigen, Damit möchte ich meine Arbeit beschließen, nicht ohne meinem hochverehrten Chef, Herrn Geheimrat toebel für die Überlassung des wertvollen und schönen Materials. sowie die gütige Unterstützung während meines Arbeitens bestens zu danken. Auch möchte ich noch- mals herzlich «danken Herrn Professor Glück in Heidelberg für gütige Übersendung (les interessanten Materials einheimischer Utrieularien, sowie Hertm Professor OÖ. Löw für gütige Kontrolle hei einigen meiner che- mischen Arbeiten. Über die Morphologie der Grasblüte. Von Julius Schuster. (Mit Tafel II -V und 35 Abbildungen im Text.} Trotzdem die Morphologie der (rasblüte im vorigen Jahrhundert eines der meist umstrittenen Probleme (der speziellen Morphologie war. gehen die Ansichten der Morphologen wie der Systematiker in der Deutung der einzelnen Blütenteile der (rramineen auch jetzt noclı weit auseinander. Selbst «der so glücklich beschrittene Weg der Entwick- lungsgeschichte führte manche Forscher zu irrigen Ansichten. Aus diesem Grunde war ein neuerliches Eingehen auf (ie morphologischen Verhältnisse «der Grasblüte und Grasinfloreszenz auf entwicklungs- geschichtlicher Basis erwünscht und dementsprechend zerfällt «die vor- liegende Arbeit in einen entwicklungsgeschichtlichen speziellen. einen theoretischen allgemeinen und einen experimentellen Teil. Dei“ erste Teil beschäftigt sich mit: 1. dem abweichenden Verhalten der nicht wie gewöhnlich lateral, sondern transversal stehenden Glumae von Hordeum. Elymus und Asprella sowie der Entwicklungsgeschichte der Infloreszenzen und Blüten dieser Gräser mit besonderer Berücksichtigung der Frage nach den Fruchtblättern; 2. Untersuchungen über das Terminalwerden der Blüten, namentlich über die pseudoterminalen und Übergänge zu termi- nalen: 3. entwieklungsgeschichtlichen und vergleichenden Untersuchungen über verschiedene Typen der Grasblüte. Der zweite Teil handelt von der Deutung der einzelnen Blütenteile und der phylogenetischen Ent- wicklung der Grasblüte, während im letzten Abschnitt Kultarversuche mit viviparen Gräsern besprochen werden. Zur Untersuchung diente der Hauptsache nach nur frisches otler Alkoholmaterial, dessen Überlassung ich teilweise Herrn (reheimrat von Goebel verdanke. Hierfür sowie namentlich für die Einführung in das (tebiet der Morphologie spreche ieh meinem verehrten Lehrer den ergebensten Dank aus, desgleichen Herrn Geheimrat Radlkofer. der nıir, wo Herbarmaterial nicht zu umgehen war, (dieses bereitwilligst zur Verfügung stellte. I. Spezieller und entwicklungsgeschichtlicher Teil. 1. Hordeum. Von der Gattung Hordeun wurden untersucht II. bulbosum. H. distichum, H. hexastichum und I. zeoeritlon. Die folgenden Angaben 214 Julius Schuster, beziehen sich auf H. distichum: «lie übrigen Arten verhalten sich ent- sprechend. Die erste Anlage des Ährchenkomplexes erfolgt als eine zur In- floreszenzachse (Fig. 1) senkrechte, stark in die Breite gestreckte. halb- wulstartige Hervorragung (Fig. 2). an deren Basis rechts und links als bedeutend kleinere Seitenwülste bald simultan die Primordien der Seiten- ährchen entstehen (Fig. 3). Schon hier ist der von Schumann über- sehene dorsiventrale Bau. der an den fertigen Infloreszenzen so deut- lich in die Erscheinung tritt, wahrnehmbar. Nachtem sich die Gesamt- anlage der Haupt- sowie der beiden Seitenährehen derartig differenziert hat, bleiht die Entwicklung der Seitenährchen erheblich zurück. Noel vor der vollständigen Trennung derselben erscheinen rechts und links an der Basis der Anlage des Hauptährehens zwei seitliche Lappen. die Glumae (Fig. 4. Gleichzeitig erscheint oberhalb der letzteren als em zuerst schwacher Ringwall die Anlage «der Paleu inferior (Fig. 5). Ferner wird der Beginn der Anlage der Stamina (Fig. 5) dadurch eingeleitet, daß an dem Vegetationskegel des Hauptährchens das Wachstum weniger in der Mitte als in der Richtung (der späteren Stamina erfolgt. Trennt man hun in einem derartigen Stadium das Primordium eines Drillings von ler Hauptachse der Gesamtinfloreszenz ab, so sicht man unterhalb der Palea inferior eine einheitliche. nach vorn vereinigte, stark in die Breite gestreckte und beiderseits blattartige Abglielerung (Fig. 10), deren seitliche Hälften alsbald, nachdem auch in den Seitenährchen in ana- loger Weise die Anlage der (Hlumae und der Palea inferior erfolgt ist (Fig. 6, 17—19), wie Blätter weiter wachsen, während sich das Mittel- stück häutig entwickelt und später dann in «der Regel zerreißt (Fig. 11). Die sog. Hüllspelzen von Hordeum entstehen also als eine unter (der rasch wachsenden Hauptanlage verdeckte einheitliche Abgliederung. eine Tatsache. die für (ie nachher zu erörternde morphologische Deu- tung der transversal stehenden Hüllspelzen von Hordeum nicht oline Belang ist. Nur wenig später nach der vollständigen Ausgliederung der Palea inferior erscheint die Palea superior (Fig. 5). Sie entsteht aus zwei simultan auftretenılen Höckern, die im Laufe der weiteren Entwicklung gegeneinander wachsen und dann verschmelzen. Während die erwähnten Teilprimordien der Palea superior entstehen. tritt in der Mitte ein breites, annähernd kugeliges Gebilde auf, ıler Achsenhöcker. der das nieht. zur Blütenbiklung verbrauchte Stück der Ährchenachse darstellt (Fig. 7, 13). Die Entwicklung der Palea superior aus zwei Primordien erwähnt zwar auch Schumann, wenn er sich aber dabei auf seine Über die Morphologie der Grasblüte, 2 > Figur 19, Tafel IIT bezieht, so kann ich (der hier gegebenen Deutung der Organe nicht beistimmen; denn was hier als Palea superior bzw. als deren Teilprimordien bezeichnet wird. sind schon «ie Torlieulae. der Achsenhöcker C# ist das hintere Stanbblatt, der gebogene Teil zwischen den beiden vorieren Stamina die wirklielle Palea superior, Achsenhöcker und Fruchtknoten fehlen. Während des weiteren Wachs- tams der Palea superior verlängert sich auch der Achsenhöcker. den die beschreibende Botanik teilweise mit dem unpassenden Namen Basal- borste bezeichnet, rasch und läßt über seinem Ende nur einen schmalen Raum für die verschmelzenden Primordien der Palea superior frei. Indem derjenige Teil des Vegetationskegels, der zum Fruchtknoten wird, im Wachstum zurückbleibt, entstehen als drei scharfe Protuhe- ranzen die Stamina, von denen nicht selten die beiden vorderen in der Entwicklung vorauseilen. Nachdem die Konnektivbildung der Stamina begonnen hat, treten die Lodienlae rechts und links zu beiden Seiten des Konnektivs des hinteren Staubblattes ziemlich deutlich hervor uni zwar als getrennte sellständige Anlagen, die auch späterhin getrennt bleiben (Fig. 3, 9. 12). Was die Anatomie der Lodieulae betrifft. so bestehen die Zellen des Innengewebes aus ziemlich isodiametrischen. nur wenig längeren als breiten Zellen: Leitbündel sind zahlreich, vor- handen. die in zwei Reihen stehen, aber selır schwach ausgebildet sind: sie bestehen oft nur aus wenigen Kambiformzellen, enthalten aber bis- weilen Spiralgefäße. Die Blütenentwicklung schließt mit der Bildung des Fruchtknotens 28 ab (Fig. 14). Dieser entsteht als | En ein schalenförmig die Fruchtknoten- . höhle mfassender Wall (Testfig.D. LIE Fuydheraenm Siem, Anker B der auf dem Querschnitt gegen rechts von hinten. die Palea superior gekrümmt ist. Dieser Wal zeigt in den beiden nach vorn gekrümnmten und später mit Leitbündeln versehenen Partien ein bedeutendes Wachstum, während der hintere Teil zuräckbleibt. Zu einer eigentlichen Differenzierung der Samenanlage ist es in diesem Stadium noch nicht gekommen. Erst wenn (ie Stamina deutlich ent- wickelte Konnektive besitzen, wachsen «die beiden mit den Leitbündeln versehenen Teile des Fruchtknotens über die mittlere Partie hinaus und es tritt mit der Bildung des ersten Integumentes auch eine deutlichere Differenzierung der Samenanlage ein, ılie jetzt als Wärzchen an der Verwachsungsstelle des nunmehr vollständig geschlossenen Frucht- knotens entspringt, Die beiden mit je einem Leitbündel versehenen 216 Julius Sehuster, Teile des Fruchtknotens. «die überhaupt früher schon ein stärkeres Wachstum als die hintere Partie zeigten, wachsen jetzt sehr bedeutend und an ihrer Spitze treten die ersten papillösen Erhebungen der späteren Narbe auf; gleichzeitig sind in der Regel beide Integumente angelegt. Was die Leitbündel des F'ruchtknotens (Textfig. 2) anlangt, so sind deren auch im fertigen Zustand nur zwei seitliche vorhanden, nicht aber noch ein zweites Paar nach der Peripherie tes Fruchtknotens hin, wie «dies Holzner angibt. Die beiden vorhandenen seitlichen Leit- bündel ziehen an «er Seite der Fruchtknotenhöhle abwärts gegen die Insertion der Samenanlage, wo sie sich vereinigen. und laufen oben rechts und links in die beiden Narben aus. Diese Leitbündel bestehen aus langgestreckten Zeilen, die ziemlich lange Kambi- form bleiben und erst später mehrere radial stehende runde (Gefäße mit spira- liger Verdickung zeigen. Außer den beiden late- ralen schwächer ausgebil- «deten Leitbündeln läuft im Fruchtknoten noch ein drittes stärkeres Leitbün- del, das durch den Ansatz- punkt des Fruchtknotens eintritt, in der Verwachs- Fig. 2, Links Quer-, vecht» Län nitt dweh ungsstelle der Fruchtblätter den Fruchtknoten von Hordeum distiehum; 22:- untwä Fr Placentarleitbündel, 2 Leitbündel der beiden late- aufwärts. läuft und am ralen Fruchtblätter, ° rudimentäres Leitbündel des oberen Ende (der Samen- dorsalen Fruchtblattes. anlage endigt: in diesem Leitbündel sind bei vorgeschrittener Entwicklung in der unteren Partie zahlreiche (tefäße mit Spiralverdickung sichtbar. Für die theoretische Erklärung des Fruchtknotens ist ein gelegentlich auftretendes rudi- mentäres dorsales Leitbündel von Interesse, das dem letztgenannten auf dem Fruchtknotenquerschnitt gegenüber liegt und sogar noch etwas schwächer entwickelt ist als die beiden lateralen Leitbündel. Was (las weitere Schicksal der Seitenährchen (Fig. 6, 17—19) betrifft, so hält ihre Entwicklung nach Anlage (der Palea inferior ziem- lich gleichen Schritt mit der Entwicklung der Staubblätter in dem Haupt- Über die Morphologie der Grasblüte. 317 ährehen. Im allgemeinen besitzen die Seitenährehen nur verkümmerte Blüten: gelegentlich treten aber an kräftiger entwickelten Pflanzen auch in den Seitenährchen als Geschlechtsorgane drei allerdings meist nur klein bleibende Staubblätter auf, nicht selten auch ein Fruchtknoten. In den Seitenährchen sind die einzelnen Teile stark verschoben; an fr A F' A Fig. 3. Hordenm distichum, hech geführter Sehnitt durch die Tnfloreszen Infloreszenzachse, 4 = Hüllspelzen, 7 == Palea inferior. ?s Griffeläste, # Hüllspelzen der verkümmerten Seitenährehen, /7’ --- Palea inferior des nächst unteren Ährchens. Fig. 4. Hordeum distiehum, tiefer geführter Schnitt; 7 =- Iodieulag, 5 = Seiten- ährchen, ax = Achsenhöcker. SIR Anlins Schuster, Mikrotomsehnitten (Textfig. 3 und 4 zeigt sieh. daß eine durch die Seitenährchen gelegte Mittellinie (lie Mediane «es Hanptährchens unter einem Winkel von 65—75" schneidet. nicht rechtwinkelig. wie Schu- mann angibt. An der Insertion der drei auf jedem Gelenk sitzenden Ährchen ist sehr oft eine rudimentäre Braktee in Form eines stärkeren oder schwächeren Wulstes erkennbar. gelegentlich auch an den Seiten- ährchen (Fig. 20), für die auch von Goebel (vergl. dessen Diagramm Tafel I, Fig. 5) eine rudimentäre Braktee angenommen. aber von Schu- mann bezweifelt worden war. 2. Elymus und Asprella. Während bei Hordeum der Gipfel der Infloreszenz verkümmert Fig. 15, 16), sind bei Elymus und Asprella, wie schun Döll hervor- hob, Endährehen entwickelt. Was die Entwicklung der Glumae anlangt. so füllt Elymus are- narius vollständig aus dem gewöhnlichen Hordeumtypus heraus. Wie auch «lie Entwicklungsgeschichte (Fig. 25 —27) zeigt. stehen «ie Hüll- spelzen in der Richtung der Deckspelzen: sie haben also hier die nor- male Stellung, etwa wie bei Tritieam, konvergieren aber stark nach vorm und bilden dadurch eine gewisse Annäherung an Elymus und Asprella. Es ist daher Elymus arenarius sowohl von Elymus und Asprella als auch von Triticum verschieden und daher am besten als Vertreter einer besonderen Gattung zu betrachten, wie dies schon Hoch- stetter getan hat, als er für die Pflanze die Gattungsbezeichnung Leymus vorschlug. Im übrigen bietet die Entwieklungsgeschichte wenig Bemerkenswertes. Die Blüten sind pseudoterninal wie bei Hordeum, d.h. sie scheinen terminal zu entstehen. später jedoch erscheint das nicht zur Blütenhildung verbrauchte Stick der Ährchenachse als ein der Palea inferior gegenüberstehender Achsenhöcker. Zu erwähnen ist noch, daß sich au «dem Endährchen in der Achsel der Glumae hier und da ein kleiner Höcker befindet (Fig. 25), der offenbar (as Rurdiment einer axillären Sprossung darstellt nnd ein Analogon zu dem von Goebel abgebildeten Terminalährchen von (Glyceria speetabilis (Tafel IV, Fig. 66) bihtet, wo in «der Achısel der beiden Hüllspelzen je ein Höcker auftritt. Dagegen schließen sich — von der Ausbildung eines Endährchens abgesehen — ganz an die bei Hordeum geschilderten Verhältnisse an Elymus europaeus und Asprella hystrix. Wie bei Hordeum entstehen ihre Hüllspelzen aus einem gemeinsamen Primordium an («der stark dorsiventralen Infloreszenz. Bei Flyınus europaeus sind auch an den entwickelten Ähren die Hüllspelzen der Ährchen stets (durch ein häu- Über die Morphologie der Grasblüte, 219 figes Mittelstück verwachsen (Textfig. 8), das an getrocknetem Mate- rial allerdings weniger gut zu beobachten ist. An den Endährehen da- gegen haben die Glumae wieder die normale Stellung. Sie sind bei Elymus stets gleich stark entwickelt, hei Asprella dagegen ist an deu fertigen Endährchen in der Regei nur eine und zwar die untere Gluma ansgebiklet. Bei Asprella hystrix habe ich aber an kräftiger entwickelten Pflanzen die fehlende Gluma des Endährchens öfters entwickelt ge- funden und die Entwieklungsgeschichte zeigt (Fig. 22--23), daß sie der Anlage nach stets vorhanden ist. Die Anlage der oberen (iluma bleibt aber auf einem sehr frühen Stadium zurück in Gestalt eines Mikrotomsehnitt von einer stark entwiekelten Pflanze wit ten in den Seitenährehen: 7. Leitbündel d eitoberen rehens, 2 = Leitbündel des nächstoleren Seitenährehens. 3- 8 == Leitbünsdel des nächstoheren Wauptährehens. &-77 :- Leitbündel des zweitoberen Hanptährchens. Die übrigen Bezeichnungen wie gewöhnlich. wulstförmigen Rudimentes, während sich die untere Gluma un so kräf- tiger entwickelt. ja, wie ich in einem Falle beobachten konnte, sogar in zwei Hälften gespalten war. Es ist daher auch auf (rund der Ent- wicklungsgeschichte Koernicke beizustimmen, wenn er Asprella mit Elyınus vereinigt. Die Entwicklung der Seitenährehen (Fig. 24) wechselt, an gut ernährten Pfanzen kommt es stets zur Ausbildung von verkümmerten Zwitterblüten. Die Blüten sind wieıer psewloterminal. Zu erwähnen ist noch, daß der Fruchtknoten auf dem Querschnitt gegenüher der Insertion der Samenanlage nieht selten ein (rittes rudimentäres dorsales Leitbündel zeigt, wie ich es schon für Hordeum angegeben habe (Textfig. 5). 220 Julius Schuster. Morphologische Erklärung der Hüllspelzen von Hordeum und Eiymus. Die transversale Stellung «der ITüllspelzen bei Hordeum und Elymus hat hauptsächlich zwei Erklärungsversuche gefunden. Nach der einen Deutung — Hochstetter 1848 und Koernicke 1882 — stellen die Hüllspelzen nur die in zwei Hälften zerfallene untere Gluma dar. die obere wird als abortiert gedacht. Der zweiten von Hoclhstetter 1847 begründeten und Ende 184% wieder angenommenen Deutung, daß die Hüllspelzen von Hordeum abortierte Seitenährchen seien, schloß sich auf (rund näherer Untersuchungen 1907 Martin Schenck an und Fig. 7. Wordenm distichum, Gefäß- bundelverlauf im Ährchenkomptex. tiefe Schnitte, 7-75 Spelzengefäßbündel der geförderten Glumahälfte; #5— 77 Spelzen- leitbündel der schwächeren Glumabälfte: Fig. 6. Hüllspelzen von Hordeum di- 73 Leitbiindel der Paleae; zs Leitbündel stichun mit den anı Grunde getrennten der Spelzen der Seitenährchen. Leitbündeln; links geförderte Spelzen- hälfte eines Hauptährchens, rrchts die weniger entwickelte Spelzenhälfte. stellte die Theorie auf. daß die Hüllspelzen von Hordeum und Elymus basiläre gegenständige Seitenzweige der Ährenstiele sind. die aus einen unteren axilen Teil und einer ihm unvermittelt aufsitzenden rudimen- tären Deckspelze bestehen. Diese Theorie ist jedoch aus folgenden Gründen nicht haltbar: 1. Die Entwicklungsgeschichte zeigt, daß (ie Hüll- spelzen von Hordeum unı Elymus entstehen als eine einheitliche, nach vorn vereinigte, beiderseits blattartige Abgliederung (Fig. 10). 2. Die anatomische Untersuchung ergibt für Hordeum distichum. daß die ge förderte Spelzenhälfte der Haupt- sowie der Seitenährchen von fünf Leitbündeln bogenförmig durchzogen wird, wobei sich hier und da ein Über die Morphologie der Grashlüte. 92] Ast. dem Mittelnerv, ein anderer dem Randnerv anlegt: «die weniger entwickelte Spelzenhälfte wird von zwei Hauptnerven durchzogen (Text- tig. 6), Diese Leitbündel vereinigen sich jedoch nicht innerhalb des hlattartigen Teiles der Hüllspelze, sondern ziehen samt «en Mittel- nerven der Paleae zur Achse des Hauptährehens herab und sind auf dessen Querschnitt erkennbar (Textfig. 7). Auch bei (en Seiten- ährehen kommen die entsprechenden Spelzenleitbündel in die Achse derselben herab, verschmelzen aber teilweise schon innerhalb der Seitenährchenachse, ein Bündel jedoch (Mittelnerv der stärker geför- ‚lerten Spelzenhälfte) erreicht in allen Fällen ie Intloreszenzhauptachse (Textfig. 7). Nach Durchlaufen der kurzen Ährchenaehse biegen sich die Stränge schief einwärts gegen (die Hauptachse. Es treten zwischen ihnen horizontale Stränge auf, wodurch Knotenstruktur entsteht. Von (den Leitbündeln einer Ährehengruppe laufen fünf, sieben, acht oder neun «durch den Knoten hindurch in die nächste Intloreszenachse hinab und endigen hier. 3. Bei Pariana (siehe unter 16) sitzen die beiden trans- versalen Glumae der männlichen Ährchen einem auf beiden Seiten ge- flügelten Stiele an; würden diese Flügel dem axilen Teil der Leerspelze entsprechen. so müßten sich in demselben die (drei Spelzenleitbündel vereinigen: (diese ziehen aber wie bei Hordeum getrennt (die Achse der Seitenährchen herab (Textfig. 25). 4. Zwischen den Hüllspelzen finlet sich kein als metamorphosiertes Vorblatt aufzufassendes Füll- gewebe. sondern lediglich ein trockenhäutiges Gewebe ohne Leitbündel, das mit den beiden Spelzenhälften zusammenhängt und das Mittelstück ihrer beiden Primordien «darstellt (Fig. 11 und Textfig. 8 und 9). 5. Blättchen, aus deren Achseln «die Hüllspelzen als Sprosse hervor- gehen könnten, wurden, weder entwicklungsgeschichtlich noch an ent- wickeltem lebenden Material wahrgenommen. 6. Die äußere Gestalt ler Hüllspelzen ist diejenige von Blättern und nieht von Sprossen. 7. Eine einzige breitere Hüllspelze findet sich auch bei den Seitenährchen von Hordeum distichum var. abyssinieum und anderen Hordeaceen. #. Bei Oropetinm Thomaeum bleibt die untere äußere Gluma ziemlich lange ungeteilt (Fig. 21), außerdem ist hier auch die obere innere Ciluma entwickelt. 9. Letzteres ist auch stets am Endährchen von Elymus und entwieklungsgeschichtlich an dem von Asprella nachweisbar. Diese Gründe dürften genügen, um zu beweisen, daß die Hüll- spelzen von Hordeum, Elymus. Asprella, Oropetium und Pariana «die Hälften «der unteren Gluma sind, während die obere abortiert ist. Die Gründe für dieses Abortieren sind wohl darin zu suchen, daß bei «den Ährehen «dieser Gattungen dureh die starke Ausbildung der Tnfloreszenz- 222 Julius Schuster, achse, an «der sie sitzen, die Entwieklung «der oberen Gluma gehenmt Fig. 8. Die sogen. Müllspelzen vun Elymus enrupaeus; » häntig ent- wickeltes, parenchyimatisches Mittel- stück, Spelzenleithündel getrennt. bzw. ganz unterdrückt (vgl. das Diagramm von Asprella) (Textfig. 5) und der hinlängliche Schutz der Ähr- chen «durch die gespaltene und stark entwickelte untere Gluma erreicht wird: bei dem freistehenden End- ährchen dagegen, wo diese Faktoren fehlen, kommen beide Glumae normal zur Entwicklung. Daß hei Asprella ie eine Gluma «des Endährchens, bzw. die eine Glumahälfte der Seiten- ährehen stärker entwickelt ist, ist wohl auf Ernährungskorrelationen, wie sie «lureli den stark dorsiventralen Bau beilingt sind, zurückzuführen. An die pseudoterminalen Blüten der Hordeareen seien einige andere Übergänge von seitlicher zu terni- naler Blütenanlage angeschlossen und zwar zunächst ein Fall, bei dem das Achsenrudiment im Ütegensatz zu den bisher angeführten Beispielen in er entwickelten Blüte nielt mehr vor- handen ist. ARTE Fig. 9% Tief geführter Querschnitt der vorigen Figur; die drei Spelzengefäßbündel vollständig getrennt; #2 - = parenchyinatisches Mittelstück 3. Phalaris canariensis. Die Blüte ist hier gleich von Anfang an am Finde «der Blüten- achse inseriert. Trotzdem ist sie nach Goebel, der Phalaris arundi- nacea untersuchte, nicht wirklich endständig. „Es wird nämlich“, sagt Über die Morphologie der Grasblüten. BER Goebel, „zur Bildung der Blüte nicht die ganze Masse des Vegetations- punktes aufgebraucht. ein kleines, aber beim ersten Auftreten der Blütenachse nicht als gesondert erkennbares Stück (des Vegetations- punktes bleibt übrig und ist dann später als Rudiment der Ährchen- achsenspitze kenntlich.“ Ich habe darauf in zahlreichen Blüten. bei (lenen «die Palea superior, die auch hier in zwei gegeneinander wachsen- «len Primordien auftritt, schon angelegt oler entwickelt, sowie Stamina und Fruchtknoten schon differenziert waren, nach dem Achsenrudiment gesucht, aber keines gefunden: es schien, als ob hier tatsächlich (ler ganze Vegetationspunkt zur Blütenbildung verbraucht würde. Die ge- wünschte Auskunft gaben einige jüngere Stadien, bei denen die Palea superior sehr frühzeitig aufgetreten. bzw. ihre Primordien verschmolzen waren, ohne daß der Vegetationskegel schon weitere Differenzierungen zeigte. Hier sah ich nun deutlich, daß zur Bildung der Palea superior nicht die ganze Breite des Vegetationspunktes verbraucht wird. sondern seitlich. ler Palea inferior gegenüber ein kleines Stück des Vegetations- punktes gesondert bleibt (Fig. 54. das aber später nicht mehr als Rudiment siehtbar ist; es wächst dann offenbar nieht weiter und ist darum an späteren Entwieklungszuständen überhaupt nicht mehr kennt- lieh. An so jungen Stadien. wie Goebel eines auf Fig. 13, Tafel II abbildet. wo noch kein Primordium einer Palea superior zu erkennen ist, läßt sich eine Differenzierung am Vegetationspunkt auch anatomisch uicht nachweisen; man kahn nicht sagen, was daraus wird, Danit haben wir in Phalaris einen weiteren Übergang zur terminalen Blüten- stellung gefunden: nur einen kleinen Schritt weiter und die echte Ter- minalstellung wäre erreicht. Ähnliches gilt auch für Ischaemum, von dem ich das nach meinem verehrten Lehrer benannte Ischaemun (roebelii aus Java, das im hiesigen Vietoria regia-Haus kultiviert wird. untersuchen kannte und gleiches lioße sich von Coix, Antdropagon und Milium anführen. An Phalaris läßt sich das Verhalten der Paniceen anschließen. Ähnlich wie bei Phalaris wird hei den meisten Paniceen in der Achsel ler Palea inferior ein scheinbares Achsenrudliment angelegt, «las aber das Primordium einer unteren Blüte ist. 4. Setaria. Bei ıieser Paniceen-Cattung. von «der ich $. italica und S. viridis untersuchte, ist namentlich die Frage nach dem Achsenende der oberen (ler beiden Blüten von Interesse. Dieses entsteht nach Goebel nahe der Achsenspitze, letztere bleibt jeiloch auch später noch kenntlich, 224 Julius Schuster. wenngleich zur Seite gedrängt. Schumann widerspricht dieser Auf- fassung und sieht in dem von Goebel (Tafel I, Fig. 12) mit Ax he- zeichneten Körper kein Achsenende, sondern das Primordium der zweiten Blüte, während der in (oebels Fig. 12 über diesem Höcker hervor- tretende Saum die Palea superior der ersten Blüte darstellen soll. Schumann folgert, daß nach seinen Erfahrungen ein wirkliches steriles Achsenende bei den Paniceen nicht vorhanden sei. Ich habe zur Klärung dieser Frage zahlreiches Material «der genannten Setaria-Arten unter- sucht und gefunden. daß auıs dem scheinbaren Achsenende der unteren Blüte (Fig. 34) eine verkümmerte männliche Blüte wird, die obere Blüte entwickelt sich scheinhar terminal, wobei .der Fruchtknoten manch- mal vorauseilt und allenfalls ein Achsenende vortäuschen könnte. Nun ist aber ein solches «doch unleugbar vorhanden: ieh habe nämlich unter den im Botanischen Garten kultivierten Setaria viridis-Pflanzen Exem- plare gefunden, welche -— die richtige Bestimmung kann ich verbürgen -— tatsächlich in der oberen Blüte einen deutlichen Achsenhöcker hatten, ler zu derselben Zeit sichtbar wird, wo die beiden Teilprimordien der Palea superior gegeneinander wachsen. um später zu einem einheitlichen (iebilde zu verschmelzen. Es ist dies ein interessanter Fall dafür, daß ein rudimentäres Organ nicht bloß innerhalb einer Gattung, sondern sogar innerhalb einer Art teils gänzlich verschwunden ist, teils noch auftritt. Aber auch in den Fällen, wo das Achsenende spurlos unter- drückt ist, weist das Unsyimetrischwerden des Vegetationskegels bei der Blütenentwicklung sowie die unsymmetrische Anlage der Blütenteile ‚darauf hin, daß hier die Blütenanlage noch keine echt terminale ist. sondern wenigstens (die latente Anlage eines Achsenendes vorhanden ist. Daß dieses Unsymmetrischwerden (des Blütenvegetationspunktes weniger mit der überhaupt bei den Gräsern stark ausgesprochenen Dorsiventralität zusammenhängt, geht wohl daraus hervor, daß Setaria, wie Goebel nachwies, radiäre Infloreszenzen besitzt. Wie bei 8. viridis fand ich teilweise einen zweifellosen Achsenhöcker auch bei S. italic.. Wenn also Schumann auch in der Deutung der Goebelschen Figuren das Richtige traf, so entbehrt doch seine Angabe. daß die Paniceen über- haupt kein Achsenende besitzen. ter allgemeinen Giltigkeit. Von weiteren Paniceen wurden hinsichtlich «des Terminalendes der Blüten untersucht 5. Panicum, Paspalum, Pennisetum. Bei Panieum sanguinale ist «die eine (iluma bedeutend kürzer und wird von der anderen eingeschlossen. Meine Beobachtungen stimmen im übrigen wit «denen von Payer über Paniecum aduneum überein. Über die Morphologie der Grasblüte. 225 Was das zeitliche Erscheinen der Lodieulae (Fig. 40) betrifft, das Payer offen läßt, so treten ıliese hier auf, wenn die Teilprimordien der Palea superior verschmolzen und die beiden vorderen Stamina abgegliedert sind. Die Lodieulae treten hier im Vergleich mit Setaria und Penni- setum sehr frühe auf: dort kommt es erst zur Anlage der Lodieulae, wenn «die Konnektivbildung der Staubblätter vor sich gegangen ist. Auch bei Panieum sind, wie Payer in ausgezeichneten Abbiklungen ‚darstellt, die Lodieulae bei ihrer Entstehung vollständig getrennt und verwachsen aueh später nicht durch ein Mittelstück. Einen Achsen- höcker habe ich nie beobachtet, es zeigt sich aber bei der Entwicklung der Blüte ein Unsymmetrischwerden «des Vegetationspunktes der Ähr- chenachse, was in Analogie mit Setaria auch hier «die Anlage der Blüte als eine pseudoterminale erscheinen läßt. Das gleiche gilt für die Gattung Paspalum, von der ich P. stolo- niferum und P. distichum untersuchte (Fig. 37—39). Schumann glaubte hier zwar ein Achsenrudiment in der Gestalt eines breit drei- seitigen Höckerchens gefunden zu haben, allein was er als solches auf Tafel ILL Fig. 30 abbildet, kann schon deshalb keines sein, weil es auf der Palea superior steht. Paspalum soll sich nach Schumann von Panieum dadurch unterscheiden, daß eine sterile Gluma fehlt; ich fand aber immer zwei Glumae, von (denen die eine zwar etwas kleiner, aber immer noch größer, als bei Panicum ist und von der größeren Gluma eingeschlossen wird (Fig. 37). Die Palea superior entsteht wieder aus zwei gegeneinander wachsenden Stücken, das hintere Staubblatt eilt stark voraus; die Ährchen sind einblürig. Mehr der Gattung Setaria nähert sieh wieder Pennisetum. von den: ich P. vertieillatum untersuchte, Auch bei dieser Art (Fig. 41). (lie durch ihre Jangen Borsten charakterisiert ist, ließ sich kein Achsen- ende nachweisen. Wie Goehel gezeigt hat. werden nur die Enden der Achsen II. Ordnung fertil. während sich aus ihren steril bleibenden Seitenzweigen «ie Borstenlülle bildet. 6. Zea mays. Bei Zea erscheint, wie bei den Panieeen. nachdem die Palea in- ferior angelegt ist. in ihrer Achsel ein breit-halbkugeliger Körper, der wie ein Achsenende aussieht. jedoch, wie die weitere Entwicklung der Blüte bald zeigt, das Primordium der zweiten unteren Blüte darstellt (Fig. 28, 20, Da sonst beim Mais kein Achsenende nachweisbar ist, hat die erste Blüte scheinbar eine echt terminale Stellung. Aber (ler Umstand, daß, trotzdem auch hier die Intloreszenz radiär ist, der Vege- Fa. Bil. 100. 1 226 Iulius Schuster, tationskegel bei der Anlage der Blütenorgane mehr oder weniger stark unsynmmetrisch wird, und «ie Analogie von Setaria weisen darauf hin, daß auch Zea mays keine echt terminalen Blüten besitzt. Was «las weitere Schicksal des Primordiums der zweiten unteren Blüte anlangt, so wirıl aus ihr eine Blüte von ganz normaler Anlage, die nur etwas gedrückt wird durch die Entwicklung der über ihr stehenden ersten Blüte. Bemerkenswert ist das nach der Abglielerung «der Palea in- ferior erfolgende Anftreten der Palea superior in zwei weit voneinander getrennten Primordien (Fig. 30—32). die gegeneinander wachsen, bis sie später, wenn die «drei Stamina, der Fruchtknoten und die Lodiculae entwickelt sind, verschmelzen (Fig. 33). Die beiden vorderen Stamina er- scheinen zuerst (Fig. 30), das dritte hintere Staubblatt verspätet (Fig. 31), erst nachdem schon die Lodiculae weit voneinander entfernt angelegt wor- den sind. Die Lodieulae nähern sich im Laufe des weiteren Wachstums, ja sie können sogar zusammenstoßen und bewirken «dann eine Ver- schiebung des hinteren Staubhlattes (Fig. 32), sind aber stets getrennt. Im fertigen Zustand sind sie gehöhlt (Fig. 33), muschelförmig und von mehreren schwachen Leitbündeln durchzogen. Die Entwicklungsgeschichte von Zea wurde zwar schon von Wigand beschrieben, «doch sind diesem bei seinen Untersuchungen der Maisblüte verschiedene Irrtümer unterlaufen. Was Wigand auf Tafel V Figur als 52 und /s bezeichnet, sind die beiden sterilen Glumae; der Höcker 6, den Wigand für das hintere Glied eines zweiten Sta- minalkreises hielt, ist das Primordium der zweiten unteren Blüte, die mit a bezeichneten und gleichfalls als Stanbblätter aufgefaßten Höcker das Primordium der Palen inferior und das vermeintliche Achsenende / ein Staubblatt. Einiger Korrekturen bedarf auch Wigand's Figur 24. Tafel V, wo «der genannte Forscher in der Deutung der einzelnen Or- sane selbst nicht wanz sicher war. Es kann aber keinem Zweifel unter- liegen. daß hier 57 die Palea inferior, +7 (die verschmelzenden Teil- primordien der Palea superior und 9 das Primordium «der unteren männlichen Blüte ist, während das mit Z bezeichnete und von Wigand als hinteres Staulblatt eines zweiten Kreises aufgefaßte Organ. wenn es überhaupt vorhanden war, nur die dritte vordere Lodieula sein kann, die hier ausnahmsweise entwickelt wäre: die beiden hinteren Lodieulae sind nämlich auf Wigand's Figur dureh den breiten Karpellrand des Fruchtknotens (ce #+ /) verdeckt. Die Entwieklung «des Pistills von Zea mays ist im einzelnen von Wigand verfolgt und richög abgebildet worden (Tafel V, Fig. 25— 34). Der Querschnitt dureh den Fruchtknoten (Textfig. IN zeigt zwei deut- „ber die Morphologie der Grasblüte. 227 lich ausgebildete, nach der Ver- wachsungsstelle bin konvergierende laterale Leitbündel. gelegentlich wieder zwischen beiden ein drittes rudimentäres «lorsales. das der Insertion der hier sehr großen Samenanlage gegenüber liegt. Äu- Berst zahlreiche in breitem Halb- kreis stehende Gefäße mit spiraliger Verdickung sind au der Insertions- stelle der Samienanlage entwickelt. Lig. 10. Fruchtknotenguerschnitt von i ; » lan Zea mays; » = die beiden lateralen Die beiden lateralen Leithündel nach der Verwachsungsstelle des setzen sich in «den lang fadenföür- Fruchtknotens hin konvergierenden . . „ pyite r Leitbündel, ’ -= rudimenräres dor- migen, nuran der Spitze gegabelten sales Leitbündel, #/ == Placentarleit- Griffel fort, wie schen Wigand bündel im Halbkreis stehend, anführt. 7. Alopecurus. An den walzenförmigen Blütenständen hat Schumann die von Goebel behauptete Dorsiventralität nicht wahrnehmen können. Nun ist allerdings hier die Dorsiventralität durch die dichte Stellung der Verzweigungssysteme ziemlich verdeckt, aber an den jüngeren Entwick- lungsstadien, die ich an Alopecurus geniculatus untersuchte, ist die dorsiventral-zweizeilige Anlage nicht zu verkennen: es läßt sich deut- lich eine geförderte Seite beobachten (Fig. 42, 43) und demnach ist auch Alopecurus nur scheinbar radiär. Von der Blüte ist hervorzu- heben, daß keine Palea superior gebildet wird. An der Vegetations- achse erscheinen in normaler Distichie die beiden Glumae und die Palea inferior, dann folgen die der letzteren abgewendeten beiden vorderen Stamina, die im Wachstum gegenüber dem später auftretenden hinteren Staubblatt stark gefördert sind. Von einem Achsenhöcker ist in keinem Stadium etwas zu sehen. Ich habe Vegetationskegel in verschielenen Stadien bis auf das Zellnetz durchsiehtig gemacht. um zu ermitteln, ob sich nicht etwa als letztes Rudiment des Achsenhöckers eine Gruppe inaktiver Zellen gegenüber der Palea inferior erhalten hat: trotzdem ‚lies nicht der Fall ist, kann ich die Blüte nicht als eine echt terminale bezeichnen. Denn deutlich läßt sich bei der Entwicklung ein Unsym- metrischwerden des Vegetationspunktes der Ährchenachse beobachten. und daß die Blüte nicht echt terminal ist. zeigt auch die Tatsache. (daß das Gewebe von Anfang an seitlich ist. Als letzten Rest einer ur- sprünglich vorhandenen Palea superior. die nach Aseherson zuweilen 12° 228 ‚Anlins Schuster, nur schwierig als kurzes lodieulaartiges Häutehen erkennbar ist. ist ein Höcker zu deuten, der an den jungen Stadien über «em zur Palea inferior werdenden Primordium auftritt und der Lage nachı kein Achsen- Fig. 11. Fig. 12. »polzen; Alopecurus genieulatus (die Glumae nicht gezeichnet). Unsymnetrischer Veretationspunkt z: ?s — Rudiment einer Palea superior, durch peri- kline Teilungen des Dermatogens entstehend. AX. rr Diagramm von Phiypsia aleida; 4 = Hüll- 1 t erzeiehinete) dritte hintere (pım Stauebblatt abortiert zuweilen. höcker sein kann (Text- fig. 11). Dieser Höcker entsteht «durch perikline Teilungen des Derma- togens: der Umstand, daß sich hier «das Der- matogen anders verhält als in den normalen Fällen, zeigt, daß es sich hier offenbar um eine aufgegebene Palea superior handelt, einen verlassenen Posten, in- dem sich auch das Gie- webe abweichend ver- hält. Es sind jetzt solche Blüten zu betrachten. (ie meist nur zwei Staubblätter haben und zwar 8. Phippsia und Coleanthus. Die arktische Phipp- sia algida ist gegen- über dem nachher zu besprechenden Colean- thus charakterisiert dureh das Vorkommen zweier mit (den Palcae gekreuzter ({umae, die aber, wie «lie Unter- suchung der Entwick- lungsgeschichte lehrt (Fig. 51, 52%). wieler nichts anderes dar- Über die Morphologie der Grashlüte. 229 stellen als die Hälften einer einzigen, gespaltenen CGluma, während die „weite offenbar abortiert ist. Die Fintstehung der Palea superior er- folgt. auch hier aus zwei Primordien und nach ihrer Verschmelzung habe ich deutlich unterhalb ein kleines Höckerchen wahrgenommen, das nichts anderes als ein Achsenrudiment sein kann. Es konnte aber nicht an allen Blüten beobachtet werden. so daß hier ein analoger Fall vorliegt wie bei Setaria. wo das Achsenrudiment gelogentlich auftritt oller ganz verschwindet. Die Stellung «der Staubblätter ist bei Phippsia, wenn deren, wie gewöhnlich. nur zwei vorhanden sind, die, daß sie in der normalen Stellung zu den Narben stehen, nicht gekreuzt; (die Narben haben transversale Stellung zur Palea inferior. Dies wäre eine auffallende Stellung «der Stamina, würde nicht die Entwieklungs- geschichte dartun. daß nicht selten auch das ılritte hintere Staubblatt auftritt, das dann. wie üblich, zur Palea inferior orientiert ist, so Jdaß alle «rei Stamina die normale Lage einnehmen (Textfig. 12). Es braucht kaum betont zu werden, daß die Blüte von Phippsia dementsprechend als eine pseudoterminale zu betrachten ist. Die Anlage «er Infloreszenz ist dorsiventral-zweizeilig und mehr oıler weniger gestaucht. Von Phippsia ergibt sich die Ableitung des Coleanthus eigentlich von selbst. Coleanthus ist eine monotypische Gattung. deren systema- tische Stellung zweifelhaft ist. Eigentlich ist aber Coleanthus subtilis nichts anderes als eine Phippsia algida, bei der auch die eine gespaltene Gluma ahortiert ist. Denmach sind die heiden Hilllblätter, «ie bei Coleantlius mit den Staubblättern gekreuzt stehen. nicht als Glumne, sondern als Paleae aufzufassen und zwar das obere, das aus zwei Teil- primordien entstelit und später ausgerandet-zweispaltig erscheint. als Palea superior, das untere mehr zugespitzte als Palea inferior. Stamina erscheinen bei Coleanthus allerdings normal nur zwei, aber ıliese stehen. wenigstens an den jüngeren Stadien, nieht mit den Narben gekreuzt. sondern normal und erst in «der fertigen Blüte tritt eine leichte Ver- schiebung ein, die dann eine schief transversale Stellung der Staub- blätter zu den Narben bedingt. Übrigens fanıl schon Schumanı ge- legentlich «das dritte hintere Staubblatt. das wir auch bei Phippsia nach- weisen konnten, entwickelt und zwar in der normalen Lage «les trimeren Typus, so «laß hier von einer Dimerie der Blüte nicht die Reie sein kann. Von einem Achsenhöcker habe ich zu keiner Zeit eine Spur gefunden: er ist hier wohl ebenso abortiert wie die Gluma der Phippsia, aus deren Typus offenbar Coleanthus durch Reduktion ent- standen ist. Das Ahortieren bei Coleantlus — es bildet sich zuweilen sogar nur ein einziges «der vorderen Stauhblätter aus — hängt wohl 250 Jalius Schuster. damit zusammen. daß die Blüten hier noch kleiner sind, als bei Phippsia und der ganze Blütenstand vor der Anthese in eine Blattscheide ein- geschlossen ist. Durch «die Analogie mit Phippsia gewinnt die Ver- mutung Goebels erheblieh an Wahrscheinlichkeit. daß Coleanthus An- näherungen an (ie Hordeaceen zeige, zu denen ich auf Grund der Entwicklungsgeschichte Coleanthus und Phippsia stellen möchte. In Analogie mit letzteren rechne ich auch Coleanthus zu den Gräsern mit. pseudoterminalen Blüten. 9. Maillea crypsoides. Maillea erypsoides ist ein einjähriges Zwerggras, das nur auf einigen griechischen Inseln wächst un« hinsichtlich seiner Verwandt- B. schaft von den Systematikern mit Pbleum und Phalaris verglichen wurde. Der Entdecker dieser Gra- minee, der Konteradmiral Dumont D’Urville nannte sie Phalaris erypsoides und auf Grund der Ent- wicklungsgeschiehte muß ich ihm hierin insofern beistimmen, als diese in der Tat auffallend an Phalaris erinnert (Fig. 57). Die Zahl der Glumae ist (dieselbe wie bei Pha- laris, d. h. durch Verkümmerung zweier Seitenblüten vier. In der Achsel (les dritten und vierten Hüll- blattes findet sich gelegentlich je ein Höcker, offenbar das Rudiment Fü Fig. 13. Dingranm von Maillen erypsoides; 7 := Lodienlae, das eine (punktiert ge- einer verkümmerten Blütenanlage. zeichnete) Staubblatt abortiert zuweilen. Die Entstehung der Palea superior erfolgt hier, nicht wie dies bisher der Fall war, aus zwei getrennten Teilprimordien, sondern (diese sind vom Anfang an miteinander ver- wachsen. Dementsprechend ist auch die Palea superior bei Maillea später nicht zweikielig. Bemerkenswert ist die Stellung der Stamina; sind deren, wie gewöhnlich, zwei vorhanden. so kreuzen sie sich mit den Narben, wobei das der Palea inferior gegenüberstehende manchmal verkümmern kann, ohne daf} (deshalb das gegenüberliegende Staubblatt seine Stellung verändert (Textfig. 13). Von einem dritten Stamen ist zu keiner Zeit etwas auch nur in der Anlage sichtbar: der auf Fig. 57 wahrnehmbare runde Körper / ist der Form und Stellung nach Über die Morphologie der Grasblüte. 231 eine Lodieula, «die ihr gegenüberliegende hintere Lodienla ist abortiert. Da auch niemals ein Achsenrudiment sichtbar ist, so liegt eine cehte dimere Terminalblüte vor, die sich von Anthoxanthnm, dem ich Maillea auch systematisch anschließen möchte, nur dadurch unterscheidet, daß Palea inferior und superior nieht auf der gleichen Achse. sondern normal stehen. 10. Anthoxanthum odoratum. Bei Antlioxanthum finden sich alle Figenschaften einer dimeren Terminalblüte. Die beiden mit den Narben schräg sekreuzten Stamina erscheinen stets simultan an dem vollständig symmetrischen Vegetations- kegel. Die Lodieulae, von «denen schon bei Maillea nur eine in der Anlage nachweisbar ist, sind hier spurlos unterdrückt. Die Palea superior entsteht, wie lei Maillea aus einem einzigen Primordium und ist dementsprechend gleichfalls später nicht zweikielig. Diese Analogie nit Maillea läßt keinen Zweifel darüber bestellen, «daß das oberste Hüll- blatt von Anthoxanthum tatsächlich als Palea superior aufzufassen ist. wenn hier auch (die Palea inferior auf der gleichen Achse inseriert ist. Es handelt sich hier offenbar nur um eine weitere dureh die echt terminale Stellung bedingte Verschiebung: denn wo ein Achsenrudiment entwickelt ist, können die beiden Paleae natürlich nieht auf derselben Achse stehen. Im Einzelnen ist die Entwicklung der terniinalen Blüten von Goebel eingehend untersucht und von Schumann bestätigt worden, so daß es genügt, auf die Figuren, die diese Forscher gegeben haben. hinzuweisen (Goebel, Tafel III und IV Fig. 55-56: Schumann, Tafel IV Fig. 6-8). An Anthoxantlum wurde vun jeher von den Systematikern und Morphologen angeschlossen (die Gattung 11. Hierochloa. Hierochloa unterscheidet sich von Anthoxanthum bekanntlich «a- dureh, daß die beiden oberen Hüllblätter in ihren Achseln eine männ- liche Blüte tragen, während die Fndblüte dimer und terwinal sein soll. troebel konnte bei spärlichen: Material von Hierochloa berealis kein steriles Achsenende auffinden und salı infolgedessen kein Hindernis, die Endblüte von Hierochloa der von Anthoxanthum gleichwertig an- zusehen. Auch Schumann fand in der Gipfelblüte von Hierochloa kein Achsenende. Es würde sich also bei Hierochloa (lie schein- bare Anomalie vorfinden, daß Seiten- und Gipfelhlüten nach zwei ver- schiedenen Typen gebaut sind. Demgegenüber stelien die bestimmten 232 ‚Autios Schuster, Angaben von Doell 1870 -- er hatte 1868 ılie Blüten von ITierachloa gleichfalls für terminal erklärt — und von Eichler. Doell sagt 1. c. pag. 60, er habe bei Hierochloa australis an der Basis des Rückens des fünften Hüllblattes ein deutliches Höckerchen beobachtet und bei einem zweiten Ährchen habe sich «das Höekerchen zu einem kurzen Stielchen ausgebildet. Auch Fichler beobachtete das sterile Achsen- ende und schloß daraus. daß die für terminal gehaltene Zwitterblüte von Hierochloa nichts als die oberste Seitenblüte ist. Mir selbst stand zu entwieklungsgeschichtlichen Untersuchungen lierochloa anstralis zu Gebote. Die Intloreszenzen tes schon im März blühenden Grases sind sanıt den Blüten bereits im November angelegt. Die Entwicklungs- geschichte zeigt nun hier äußerst lahile Verhältnisse, ie bei geringen Material leicht zu Täuschungen führen könnten. Was zunächst die Seitenblüten anlangt, so zeigen «diese den normalen Gramineen-Typus: sie haben drei Staubblätter, von denen velegentlich eines der beiden vorderen verkümnert, wie auch sonst getrennt entstehende Lodiculae, die in der Regel etwas größer sind als in der Endblüte und sehr früh- zeitig auftreten. ferner ein Achsenende in der normalen Stellung. Die größte Mannigfaltigkeit zeigen aber die Endblüten. Bei allen wurde ein Achsenende unzweifelhaft beobachtet. und zwar in den verschiedensten Abstufungen (Fig. 45 - 50): ball ist esnur ein kleines Höckerchen, balıl eine kurze Achse wie bei Hordeun, bald lang stiftförmig, dabei bald höher hinaufgerückt, bald horizontal hinzusgestreckt, ja es entwickelt sich an ihm nicht selten eine rudimentäre Blüte. Bemerkenswert ist ferner. daß auch trimere Endblüten vorkommen, Die Ausnalıme, daß der Achsenhöcker bei Ifierochloa gelegentlich ganz verschwindet. hat bei einem derartigen rudimentären Organ durchaus nichts Unwahrschein- liches, aber man wird Hlierochloa aus der an und für sich so geringen Zahl der echten Terminalblüten streichen müssen, Dimerie. Kontakt und Pseudoterminalität. Der Fall von Hierochloa ist deshall interessant, weil er dureh die Analogie wit Anthoxanthum zeigt. daß die dimeren Terminalblüten als ursprünglich axilläre zu betrachten sind. bei denen der zweite Staminal- kreis vollständig ablastiert ist. Die Dimerie entsteht durch Abort eines der vorderen Blätter des ersten Staminalkreises, wobei dann eine leichte Versehiebung eintritt. so «daß die Stamina eine schräg transversale Stellung zu den Narben einnehmen. Ich kann daher Celakovsky wicht beistinimen, wenn er auf Grund des von ihm aufgestellten freilich nieht allgemein gültigen Reduktionsgesetzes der Blüten bei der Ent- Über die Morphologie der Grasblüte. 233 stehung der Dimerie vollständigen Ablast des ersten Staminalkreises und Abort des vorderen Gliedes «des zweiten Staminalkreises annimmt: das Verhalten von Iierochloa, wo an den «imeren Blüten gelegentlich das dritte hintere Stauhblatt wieder auftritt, beweist das (iegenteil. Auch eine Ableitung des dimeren vom tetrameren Typus, etwa nach der Analogie von Majanthemum, wäre untunlich, denn die tetrameren Grasblüten sind von den hexameren Urtypus offenbar «urch Ablast der beiden vorderen Staubblätter (des ersten Staminalkreises entstanden. Wollte man «lie dimeren Blüten unmitelbar von den tetrameren al- leiten, so käme man zu der ebenso künstlichen als uneinheitlichen Auf- fassung, daß von den beiden dimeren Stamina das eine dem ersten und das andere dem zweiten Staminalkreis angehört. Von der termi- nalen Dimerie sind natürlich zu unterscheiden die psewloterminalen diandrischen Blüten von Phippsia und Coleanthus, die durch Abort des vorderen Staubblattes des ersten Staminalkreises zustande kommen und durch weitere Reduktion auch monomer werden können. Schumann erklärte «die terminale Dimerie als Wirkung mangelnden Druckes des Kontaktkörpers. Dieser Forscher vertrat nämlich unter dem Einfluß der mechanischen Blattstellungstheorie die Anschauung des Kontaktes, der nach seiner Meinung allein die Änderungen der Blüten erklären könne. Er erklärte daher die lateralen Blüten mecha- nisch bedingt durch Dorsalkontakt, «die terminalen durch mangelnden Kontakt. Als Organ zur Hervorrufung (dieses Kontaktes (deutete Schu- mann das Achsenrudiment und nannte es dementsprechend Kontakt- körper. Diesen Kontakt denkt sich Schumann als einen dorsal auf die Mitte der Palea superior wirkenden und sieht darin die Ursachen aller jener Bedingungen, welehe die Tintstelung einer normalen (iras- blüte mit rei Staubblättern zuwege bringen. Auch wo die Sichtbar- keit des Kontaktkörpers für die sinnliche Wahrnehmung ganz ver- schwunden ist, denkt sich Schumann die Einwirkung der Stelle, wo er erscheinen sollte, dureh das Vorhandensein einer inaktiven Zellzone vor sieh gehen, welche sich gegenüber (ler lebhaften Zellvermehrung in der Nachbarschaft erheblich bemerkbar machen muß. Als weitere Folge- rung seiner Kontakttheorie zieht Schumann den Schluß, daß die Palea superior durch Dorsalkoutakt des Achsenrudimentes um so tiefer ein- geschnitten, als letzteres stark entwickelt sei. Diese Kontakttheorie ist indes aus folgenden Gründen nicht genügend gestützt: 1. Trotzdem bei Coleanthus weder ein Achsenhöcker, noch eine besondere nicht zur Blütenbildung verbrauchte Zellzone entwieklungsgeschichtlich nachweis- bar ist, hat die Palea superior doch eine zweispaltige Ausgestaltung: 234 Julins Schuster. 2. die Endhlüte von Hierochloa ist bald trimer. bald dimer, teils mit einem stiftartigen Achsenhöcker versehen. teils nur mit einem äußerst kleinen Rudiment desseiben — trotzdem ist die Palea superior stets ungeteilt; 3. das Achsenrudiment ist oft so minimal entwickelt, daß der Druck, den es gemäß seiner Lage auf (lie Rückenseite «der Palea superior ausübt, eine ganz unfergeordnete Rolle spielt und nicht die Anlage der ganzen Blüte bedingen kann: 4. in den Fällen, wo auch entwicklungs- geschichtlich kein Achsenhöcker mehr uachweisbar ist. ist auch keine inaktive Zellzone an seiner Stelle wirkend: trotzdem entwickeln sich diese Blüten trimer mit zweispaltiger Palea superior oder Verkümme- rung derselben wie z. B. bei Alopeeurus; auch «ie untere Blüte in dem zweiblütigen Ährchen von Zea und den Paniceen ist kein Kontakt- körper im Sinne Schumann’s: «diese untere Blüte wird nur etwas ge- drückt durch (die starke Entwicklung der oberen. nicht aber die letztere durch die untere „mechanisch“ bedingt: 6. die lateralen Blüten sind durch reihenweise Übergänge mit den terminalen verbunden. Was den letzteren Punkt anlangt, so haben wir folgende Typen der (srasblüte: ]. Laterale Blüten: «diese entsprechen dem ursprüng- lichen Typus: II. Pseudoterminale Blüten: 1. das Achsenrudiment ist an der fertigen Blüte als deutlicher Fortsatz noch sichtbar (z. B. Hor- deum); 2. «das Achsenrudiment ist nur mehr entwicklungsgeschichtlich nachweisbar (z. B. Streptochaeta): 3. ein eigentliches Achsenrudiment ist auch entwicklungsgeschichtlich nicht mehr nachweisbar, aber ein kleines, später nicht mehr als gesondert sichtbares Stück des Vege- tationspunktes wird nieht zur Blütenbildung verbraucht (z. B. Phalaris): + in der Regel ist auch entwicklungsgeschichtlich kein Achsenrudiment mehr auffindbar. aber die latente Anlage hierzu noch vorhanden (Setaria): 5. in keinem Stadium ist irgend ein Achsenrudiment nachweisbar, aber der Blütenvegetationspunkt zeigt auch bei radiären Infloreszenzen ein Unsymmetrisehwerden und ungleielmäßige Anlage der Organe (z. B. ’anicene, Zea. Alopecurus). III. Terminale Blüten: der ganze Vege- tationspunkt wird restlos zur Blütenbildung verbraucht, Anlage voll- ständig symmetrisch, Palea superior niemals gespalten, aus einem ge- meinsamen Primordinm hervorgebend /Maillea, Anthoxanthum). Daraus ergibt. sich ferner: 1. die von Schumann behauptete Be- ziehung zwischen Kontaktkörper bzw. Achsenrudinent und der Zwei- spaltigkeit der Palea superior besteht nicht regelmäßig (vgl. Coleanthus. Hierochloa): 2. psewloterminale Blüten können eine gespaltene (Horde- aceen usw. oder eine einfache Palea superior haben (Hierochloa): termi- nale Blüten haben eine ungespaltene aus einem einheitlichen Primordiun Über die Morphologie der Grasblüte 235 hervorgehende Palea superior: 4. der Achsenhöcker ist ein funktionslos gewordenes rudimentäres Organ: aumalmsweise entwickelt sich an ihm eine Blüte. Es ist vun noch der Typus von Gramineen zu besprechen, bei denen sechs Stamina ausgebildet werden, wie (lies beim Reis der Fall ist. 12. Oryza sativa. Die Entwicklungsgeschichte stimmt im wesentlichen mit «den An- gaben von Wigand (Tafel VI, Fig. 35--38) üherein. Das Diagramm hat Eichler in den Blütendiagrammen mitgeteilt (Fig. 61). Wenn hier sechs Blätter vor den Pi Staubblättern gezeichnet sind, so bedarf dies nicht. wie Schumann meint. einer Korrektur, denn jene von Eichler als 1 und 2 bezeichneten klei- nen Hüllblätter sind tat- sächlich unterhalb der bei- den normalen Glumae an Jen jüngeren Stadien als zwei Blättchen vorhanden und als verkümmerte Hüll- spelzen aufzufassen. Von einem Achsenende, das Eichler theoretisch an- nahm, habe ich gleich Schumann nichts wahr- nehmen können. Wenn dagegen Schumann be- hauptet, daß von den sechs Stamina. die des zweiten Kreises zuerst angelegt werden, so ist Fig... Hoch geführter Anerschnitt durch ein zwei . In wer ie ” . s blütiges Ährchen von Öryza sativas pr. 1 dies nach seiner Zeich- inferior, /s = Palex super er — Äste des rei- nung Tafel Y, Fig. 83 griffeligen Fruchtknetens, Indieulae stark entwickelt. zwar nicht zu bezweifeln, aber sicher nur ein abnormer Fall, wie mir auch daraus hervorzugehen scheint, daß die Stamina des nach Schu- mann später erscheinenden ersten Kreises anfangs kleiner sein sollen. namentlich ist das hintere Staubblatt des genannten Staminalkreises 236 Julius Schuster, nach Schumann Tafel VI, Fig. 5 auffallend Klein. Tch fand stets gleich Wigand tvgl. dessen Fig. 306, Tafel V). daß die Staubblätter des ersten Kreises primär entstehen. wobei (die beiden vorderen etwas vor- Kie. 15. Tiefer geführter Querschnitt durek ein einblütiges Ährehen von Oryz Lodieulao Z und Palva superior 5 miteinander verwachson; 7’== Verwachsimgsstelle, Pr = Palea inferiort den 2 Griffeln entsprechend im Fruchtknoten 2 Leitbündel. auseilen: die sekundär auftretenden Stamina des zweiten Kreises sind zwar anfangs etwas kleiner als die äußeren. doch nicht so erheblich als dies bei der von Schymann gezeichneten, offenbar abnormen Blüte der Fall Über die Morphologie der Grasblüte. 237 ist. Nach Schumann's Zeichnung würden auch die Stamina des zweiten Kreises tiefer stehen, was normal gleichfalls nieht vorkommt. Auf welche Abwege Schumann durch konsequentes Verfolgen seiner Vorstellung kam, zeigt seine Deutung der übrigen Blütenteile; er kehrte nämlich das Eichler’sche Diagramm um und hielt die Palea inferior für eine Gluma, die Palea superior für eine Palea inferior, (die Palea superior denkt er sich wie bei Alopecurus abortiert, eine Auffassung, deren Un- riehtigkeit schon daraus erhellt, «daß die Palea inferior eine Borste hat. Trotzıenm kein Achsenhöcker, auch anatomisch nicht nachweisbar ist, rechne ich auch den Reis zu den (räsern mit pseudoterniinalen Blüten, zu «denen ilm das unsyinmetrische Auftreten der Organe an der Vege- tationsachse weist, wie es besonders in den von Schumann abge- bildeten, aber freilich falsch gedeuteten Fällen deutlich in die Er- seheinung tritt: für die pseudoterminale Anlage spricht auch die zwei- kielige Beschaffenheit der Palea superior. Wie Schumann hat sich aber auch Wigand dureh eine bei Oryza nicht gerade seltene Anomalie zu einem Irrtum verleiten lassen, indem er die Lodieulae (Textfig. 14) als stipulare Anhängsel der Palea superior erklärte und auch so auf Fig. 40 seiner Tafel V darstellte. Das ist natürlich nicht zutreffend. Auch beim Reis entstehen die Locdliculae stets getrenut, aber ziemlich spät, werden dann auffallend groß und sind von zwei Reihen starker Leitbündel durchzogen; der Form nach sind die Lodiculae etwas aus- gehöhlt, jedoch nicht so stark wie beim Mais. Nun kommt es aber tatsächlich vor, daß die Lodiculae mit der Palea superior vollständig verwachsen, wie ich in mehreren Fällen deutlich beobachtete (Texthg. 15). Interessante Verhältnisse bietet auch das Pistill. Der Reis hat nämlich gewöhnlich nicht zwei Griffel, sondern man findet fast immer hinter den beiden Griffen ein kurzes, mit einem rudimentären Leit- bündel versehenes Spitzchen, welches Schenck auch von Brizopyrum Sieulum, Phragmites, Calamagrostis, Aira, und Lamarckia beschrieb und für Analoga zu den bei verwachsenen Scheidenrändern gegenüber «er Blattiwitte vorkommenden grannenförmigen Fortsätzen hielt, eine Deutung, deren Unwahrscheinlichkeit sofort einleuchtet. wenn man be- ‚lenkt, daß dieses Spitzchen beim Reis nicht allzuselten ein dritter hinterer Griffel wird, wie er bei den meisten Bambuseen stets vor- handen ist, daß ferner (das Leitbündel dieses Spitzchens dieselbe Lage hat, wie das von mir in vielen zweigriffeligen Fruchtkneten beohachtete dritte rudimentäre dorsale Bündel gegenüber der Insertion ıler Samenanlage und daß auch hei zweigriffeligen Gräsern oft eine Redaktion des einen (iriffels auf ein derartiges Spitzchen erfolgt. wie 238 Julius Sehnstor, ich solches z. B. hei Cynosurus echinatus beobachtete (Textfig. 16). Andererseits kommt es beim Reis vor, daß einer der beiden vorderen Griffel auf ein Spitzehen reduziert. der dritte hintere dagegen entwickelt ist (Textfig. 17). Der dreigriffelige Reis stellt übrigens keine besondere Rasse «dar, sondern man findet an ein und derselben Pflanze die ver- schiedensten Variationen der Griffelausbildung. Fig. 16. Fig. 17, Fig. 16. Cynosurus echinatus; der eine Griffel auf ein Spitzehen gr reduziert, Fig, 17. Pistill von Ory tiva; der eine der beiden vor- deren (wiffel auf ein Spitzchen gr reduziert. Von weiteren hexaudrischen Gräsern wollen wir einige Formen aus der Unterfamilie der Bambusoideae besprechen und zwar 13. Arundinaria und Schizostachyum. Aruncdinaria, von der ich die in unseren Gärten häufige Arundinaria Simomi untersuchte, möchte ich hier deshalb anführen, weil Eichler (las Diagramm (Fig. 585) mitgeteilt hat. Das von Eichler gegebene Diagramm stellt eigentlich keine echte Bamıbusa, sondern das einer Arundinaria «dar, (ie ja früher auch teilweise zu Bambusa gestellt wurde. Die Gruppe Fuarundinavia ist dadurch charakterisiert, daß sie nicht, wie (lie übrigen Bambuseen sechs, sondern nur drei Staubblätter hat. Das Eichlersche Diagramm bedarf insofern einer Riehtigstellung. als bier neben den Lodiculae, die bei «den Bambuseen bekanntlich in Über die Morphologie der Grasblüte, 239 Dreizahl auftreten, nebenblattartige Anhängsel der Palea superior ange- geben werden. Diese Stipularloienlae, wie sie Richler nennt, sind in Wirklichkeit nicht vorhanden, «ie Palea superior entsteht hier. wie bei den übrigen Gräsern aus zwei Primordien und ist vollständig frei. Besonders stark ist bei Arundinaria das Achsenemie entwickelt, das auftritt, wenn die zwei Teil- primordien (der Palea superior gegeneinander zu wachsen beginnen. Nach der Ver- schmelzung der Palca supe- rior und der Ausgliederung des Staminalkreises entstehen auch (die drei blattartigen Lorlieulae, wobei die beiden hinteren im Wachstum voraus eilen; die vortlere Lodieula ist dementsprechend auch im fertigen Zustand etwas schmä- ler. Sämtliche Lodieulae sind mit einer Reihe zahlreicher, woll ausgebildeter Leitbündel Fig. 18. Arundinaria Simon: (Ju versehen. Der Fruchtknoten Lodienlae und drei Leitbiindel im F zeigt den (rei Narben ent- sprechend zwei laterale und ein (lorsales Leitbündel (Textiig. 13). Den echten Bambusoiden-Typus mit sechs Stamina zeigt ein (Quer- sehnitt durch Schizostachyum elegantissimum. Hier folgen auf die zwei Glumenpaare die Paleae und dann drei Lodieulae, «lie zu «den größten gehören. die wir kennen. Sie sind von fünf bis acht starken Leitbündeln durchzogen, «die sich unter der Mitte der Lodieula auch teilen. von breit dreieckiger (Gestalt, vorn akuminat und mit zahlreichen langen. steifen, einzelligen Haaren besetzt (Textfig. 19); die dritte vorilere Lodieula ist wieder etwas schmäler. Das Mesophyll der Lodieulae besteht aus parenchymatischen, langgestreckten und dünnwandigen Zellen, die Epi- derniszellen sind ebenso, nur etwas schmäler. Ein Achsenende konnte ieh an den Blüten nicht finden. ob in den jüngeren Stadien ein solches vorhanden ist, vermag ich nicht anzugeben, da das Material zu ent- wieklungsgeschichtlichen Studien keine Gelegenheit hot. Bemerkenswert ist jedoch «ie einkielige Palea superior, die wahrscheinlich wie bei Anthoxantlium aus einen einheitlichen Primorlium hervorgeht und die Mögliehkeit einer Terminalblüte nahelegt. An dem Erachtknoten be- 240 ‚Julius Sehuster, finden sich drei getrennte Griffel und «dementsprechend auf dem Quer- schnitt wieder die drei dazugehörigen Leitbündel (Textfig. 20 und 21), Fig. 19. Eine der beiden hinteren Ladieulae von Schizostachyiumm elegantissimum mit den Leitbündeln, stark vergrößert. Von tetrameren Grasblüten stand mir leider fast gar kein Material zu Gebote: es sei hier nur ein Fall im Zusammenhange betrachtet. nämlich die brasilianische Anomochloa. 14, Anomochloa marantoidea. Von dieser seltenen Graminee, «lie in den wenigsten Sammlungen vertreten ist, erhielt ich durch die Tiebenswürdigkeit Eduard Hackels ein Ährchen. von dem sukzessive Mikrotomschnitte hergestellt wurden. Die Ährehen sind bei Anomochloa in die Achsel einer Spatha einge- schlossen. Nach Brongniart, dem Autor «ler Pflanze. fehlen «die Glumae, die beiden Paleae schließen eine terminale Blüte ein. Lodieulae sind nieht vorhanden. dagegen im Inneren um (lie vier voneinander gleich weit abstelenden Stamina ein ziemlich weiter, am Grunde «durch eine dünne Membran verwachsener und oben in zahlreiche «iehte Haare zerteilter Ring: der Griffel ist lang fadenförnig und ungeteilt. Doell erhielt ein Exemplar aus dem Pariser Garten, wo «ie Pflanze aus Samen, Über die Morphologie der Grashlüte. 4 die Morel aus der Provinz Bahia gesandt hatte, kultiviert wurde, und bestätigte die terminale Stellung der Blüten. Die Qnerschnitte (Textfig. 22), die ich durch «ie Blüte nach Abtrennung der Spatha machte, zeigten mir nun ein etwas anderes Bild. als es Brongniarts Diagramm wierer- gibt. Den vier Staubgefäßen, bezüglich ıleren Stellung ich auf die An- Fig. 20. Fig. 21. Fig. 20. @nerschnitt dureh ein Ährchen von Sehizostachyum elesantissinmg g/ = Glumse, p2 == Palen inferior, As == Palea supenior, 7 + Lodienlae: Frachtknaten mit rei Leitbindeln. Fig. 21. Tängsschnitt durch ein Ährehen von Sehizostaehyunu elegantissimum: Samenanlage normal, gaben Brongniarts angewiesen bin, gehen zwei Blätter voraus. die aber nicht, wie Brongniart will. als Palea inferior und Palea superior gedeutet werden können, «da beide nicht miteinander alternieren. sondern hintereinander liegen. Auch in der Struktur dieser Hüllblätter finden sich Aubaltspunkte für ihre Deutung. Das obere «dieser Hüllblätter weist nämlich einen charakteristisehen Bau auf. Die beiden Ränder greifen übereinander und zwar derart. daß der übergreifende Rand krumm- Flora, Bd. (00. u 2142 Talins Schuster, stabfürmig gebogen ist, der untere (dagegen amhoßförmige Gestalt hat. wodurch, da beide Ränder aus stark vertickten Zellen bestehen und fest aufeinander liegen, ein eigenartig verzalmter Verschluß zustande komnit (Textfig. 23). der sein Analogon — nur in sehwächerem Grade - in der Palea inferior von Oryza findet, wo wir in dem einblütigen Ährehen gleiehfalls die beiden Ränder krummstabförmig gebogen sehen. Ich halte demnach das obere Hüllhlatt für eine zweifellose Palea inferior. das untere aber, das ja weder eine Borste noch Granne hat, für eine innere Gluma, während die entsprechende äußere ahortiert ist, offenbar im Zusammenlange damit, «daß ja hier die große einhüllende Spatha den Sehutz der Blüte übernommen hat. Dafür. daß mit dem Über- flüssigwerden eines Organs eine Verkümmerung desselben eintritt, hefert Anomochloa noch einen wei- teren Beleg in dem Fehlen der Locdieulae. die ja hier vollständig zwecklos wären. Der Haarring vor den Stamina ist demnach kaum etwas anderes, als das äußere Peri- gon, «las wir sonst nirgends mehr in dieser Form einer verwachse- nen Blütenhülle bei «den Gräsern antreffen: für diese Deutung würde auch eine gewisse Analogie mit . . dem nachher anzuführenden Lygeum 22, Mikrotomschnitt durch ein Fi B ven von Anomnchloa murantoiden,; Sprechen, doch läßt sich ohne ent- Spatla, Ar: Palea inferior, >= wicklungsgeschiehtliche Untersuch- verwachsene ea superior. ehe u ung nichts Bestinmtes sagen und es wäre auch möglich. daß dieser pappusähnliche Haarring eine der Fruchtverbreitung angepaßte Neubildung darstellt. Der Fruchtknoten zeigt auf dem (nersehnitt drei starke Leithündel von ılerselben Stellung wie bei Bambus. (lie Samenanlage ist normal. Von jenen (rei Leitbündeln gehen die beiden lateralen in den fadenförmigen unge- spaltenen Griffel. der auch hier wie bei Zea, Nardus und Lygeum aus zwei Teilen verwachsen i 15. Lygeum spartum. Lygeum erinnert in mehrfacher Beziehung an Annmochloa. Wie bei dieser sind die Äbrchen eingeschlossen in eine große derbe Spatha. Über die Morphologie der Grashlüte, 243 die Palea superior ist mit «lichten langen Haaren beieekt und gleicht bei äußerlicher Betrachtung etwa einer größeren Fodicula, der Griffel ist einfach und fadenförmig, auf dem Querschnitt wieder drei Leitbündel zeigend. Staubblätter sind aber nur drei vorhanden, wobei die beiden vorderen stark nach rückwärts verschoben sind. was hier damit in Zu- sammenhang zu bringen ist, daß bei Lygeum zwei Ährchen innerhalb der gemeinsamen Spatla und auch (die Paleae inferiores mit breitem Rande verwachsen sind (Textfig. 24). Fir. 23, Kigenartiger verzahnter Verschluß der Palea inferior bei Anomarlloa marantoidea. Es sind noch einige Beispiele von solehen Gräsern zu besprechen, die eine größere Zahl von Staubblättern. nämlich zwölf und mehr ent- wickeln. weil man in diesem Verhalten einen Beweis zu erblieken ge- glaubt hat. daß man bei den Gramineen mit einem gemeinsamen Grund- plandtiagranım nicht auskommen könne. 16. Pariana. Pariana ist. wie wir längst wissen. ein monözisches (Gras. «das in einem Wirtel serhs Ährchen enthält: das mittlere ist weiblich und wird von den fünf männlichen umgeben (Texte. 25). Die transversalen 10” 24 Julins Schuster, Hüllspelzen derselben wurden schon bei Hordeum besprochen. Die männlichen Blüten (Textfig. 26 u. 27) sollen nach Angabe (der Floren 10—40 Staubhlätter haben, doch ist bei den höheren Zahlen nicht be- kannt. ob sich nicht mehrere dieser Stamina. vielleicht je drei, am Grunde vereinigen. Bei «dem mir vorliegenden Material wurden 12 his 13 Staubblätter beobachtet und da Goebel, der zuerst Pariana genauer morphologisch untersuchte, fand. dab in der weiblichen Blüte sechs Staubblattrudimente auftreten, so sind auch die 12 bzw. noch zalıl- reicheren Stamina von Pariana auf die beiden normalen Staubblattkreise der Giramineen zurückzuführen. Die Annahme derartiger Spaltungen ist «durehaus nahelie- pi gen, denn einerseits treten schon in der nor- malen. trimeren Grami- neenblüte derartige Spaltungen ein -— ich beobachtete dies z. B. bei (lem dritten hinteren Staubblatt von Paspa- lum — andererseits handelt es sich ja bei Pariana um ein monö- zisches (zras, wo in der männlichen Blüte auch keine Rudimente eines Fruehtknotens mehr vorhandeu sind, also Fi. offenbar mehr Raum für 21. Querschnitt durch das zweiblütige Ährehen lerartige Spaltungen von Bygemn spartim (Spatha wegpräpariert); Palea vorhanden ist. und daß inferior 7 mit breitem Rande verwachsen. mit «der Getrenntge- schlechtigkeit eine Nei- gung zur Vermehrung der Staminalzahl eintritt. dafür bietet (lie nachher kurz anzuführendeLuziela ein weiteres Beispiel. Solange sich keine Gelegen- heit zu entwieklungsgeschichtlichen Untersuchungen bietet, bleibt es freilich offen. ob diese zwölf Staubblätter, die jedenfalls nicht in vier dreizählige Kreise angeorenet sind. durch Dedonblement oder, was mir wahrschein- licher erscheint, durch Spaltung jedes Staubblattes der beiden Staminal- kreise entstehen. Die für Pariana angenonımenen Spaltungen der Staub- blätter gehen aus den nebenstehenden Figuren deutlich hervor. de Über die Morphologie der Grasblüte. 245 nachdem nun einzelne dieser einmal gespaltenen Stamina eine weitere Spaltung eingehen. erhöht sich natürlich ihre (resamtanzahl. Im übrigen sind bei Pariana vor allem. worauf namentlich Goebel mit Nachfruck hinwies, die wohlentwiekelten «rei Lodieulae hervorzuheben, von denen die beiden hinteren breiter und mit einer Reihe von Leitbündeln ver- sehen sind, während «die vordere schmälere in den männlichen Ährchen fehlende Lodicula deren entbehrt. Der Fruchtknoten zeigt auf dem Querschnitt meist zwei, bei manchen Arten, wie z. B. Pariana inter- 2 Ährehen nit und 3 ahartierte Ährchenkomplex von Parjana sper, (leg Goebel. 7 den Hülfspelzen A, in der Mitte ein @ Ähreben; in Ahrhen ; die in der Anlage vorhandene Spelzenhälfte 4°. merlia, auch «drei wohlausgebildete Leithündel. 7-14 Stamina werden angegeben von 17. Luziola. Ich untersuchte von (dieser monözischen Gattung Luziola peru- viana. Die männlichen Blüten enthalten hier 14 Staubblätter. Wir kommen aber auch hier zu der normalen Disposition des Monveotyle- donentypus, wenn wir annehmen, daß sieh die drei Stamina des äußeren Kreises dreimal gespalten haben. die beiden vorileren des inneren Kreises zweimal, während (las hintere Staubblatt dex inneren Kreises als einziges 240 Jnlius Schuster, ungespalten blieb (Textfig. 28). Daß (diese Teilungen kleine Verschie- bungen in der Lage zur Folge haben, versteht sich von selbst, doch Fig. 26. Fig. 27. Mä spec. mit 13 Stanina. Fig. 28. Querschnitt von peruviana mit 11 Stunina. Männtiches Äbrehen von Pariana spec. 12 stanıinaz /=- Lodieulae. ınliches Ährehen von Pariana Enziola wird die Annahme (lieser Spaltung auch dadurch ge- stützt, daß, wie die aufein- ander folgenden Mikrotom- schnitte zeigen. die von mir als Spaltungen aufgefaßten Stamina an den tieferen der Basis entsprechenden Schnit- ten genähert erscheinen, ohne sich aber zu vereinigen. Außer den Staubblättern sind an der männlichen Blüte von Luziola nur noch zwei Hüll- blätter entwickelt. «die ihrer Ausbildung nach nur die Palea inferior und superior darstellen können. Die weib- lichen Blüten. die ebenso einfach gebaut sind. zeigen keine Andentung von Staub- blattrudimenten. Unter den polymeren Gramineen gibt es interes- santerweise auch solche. bei denen «die Staubblätter zu einer langen Röhre verwach- sen sind. in (die der Griffel eingeschlossen ist. Eine der merkwürdigsten hierher gehörigen Formen ist 18. Ochlandra travancorica. Von dieser Bambusee, die in den indischen Bergen in 900—-1500 m Höhe vorkonmit. erhielt ich Alkohol- untersuchungsmaterial dank dem Entgegenkommen des Herın Dr. ®. Stapf. Leider komte die Ent- Über die Morphologie der Grasblüte, 247 wieklungsgeschiehte nicht näher ermittelt werden; ein einziges jüngeres Ährchen zeigte, daß (lie Staubblätter als neun Höcker angelegt werden, die Stauhröhre selhst durch nachträgliches Wachstum entsteht (Text- fig Auch die Stanbröhre zeigt, soweit ich an dem untersuchten Material beobachten konnte, stets neun Leithündel an den tiefer ge- führten Selmitten. Doch vereinigen sich ıliese Leitbündel später nicht (Textfig. 29). Der Fruchtknoten ist teilweise mit der Staubröhre ver- wachsen und besteht aus zwei Fruchtblättern. Nach einer alten Zeich- nung von Beddome {Fl. sylr. GCXLIV) soll der Griffel 5—6 feier- HK Kig. 30. Fig 20. Tiefer (Querschnitt durch ein Ährehen von Ochlandra travancorien: die Lodiemlae 7 verwachsen; in der Mitte die Stanbblamröhre str mit 9 Leithündeln, zum Teil mit (em Fruchtknoten verwachsen, 7 Fig. 30. Ochlandra trayansorien: wicht x medianer Längssehnitt durch ein junges Ähr- chen mit 8 Staubblattanlagen 7 und den oben gespaltenen Lodieulne 2 Fig artige Narben besitzen. Bei den untersuchten Griffeln war dies nicht der Fall. es kanı aber kein Zweifel bestehen, dali es sich hier um eine nachträgliche Zerteilung handelt. denn stets zeigt sich «ler faden- förmige. in die Stauhröhre eingesehlossene. auf dem (merschnitt zwei Leitbündel zeigende Griffel an der Stelle der Narben gedreht und fadenförnig endigend: dieses gerechte Ende kann sich nun leicht in mehrere Teilstücke auflösen und keinesfalls entsprechen die scheinbaren Bar Aulins Sechster, 5—6 Narben etwa ebensovielen Fruelitblättern. Glumae sind 23 vor- handen, die Palea superior ist zweikielig, ein Achsenhöcker anf tiefer ge- führten Schnitten als der dargestellte Querschnitt stets sichtbar. Die Ährehen sind einhlütig oder zweiblütig wit verkümmerter unterer Blüte. Bemerkenswert sind noch «lie drei zweixpaltigen Lorlieulae, (ie aus weitwandigem Parenchym bestehen und an der Basis vollständig miteinander verwachsen sind: man kann in ihnen manchmal mehrere schwache Leitbündel erkennen. Die Zahl der Antheren. deren Filamente zur Röhre verwachsen sind. kann sehr beträchtlich werden und steigt bis zu 120. Aber soweit sich diese Art adurch scheinbar vom Gra- mineentypus entfernt, so läßt sie sich doch auf den hexameren Grund- plan zurückführen; darauf weist schon tie Neunzahl der Leitbündel der Staubröhre hin, vor allem aber die Analogie von 19. Oxythenanthera abyssinica. Von dieser Art, dem sog. Reisbambns, stanıl mir nur getrocknetes Material aus Iindi in Dentsch-Ostafrika zu Gebote. auf das Herr Dr. Pilger im Berliner Herbar mich aufmerksam zu machen (lie Güte hatte. Oxythenanthera hat zweiblütige Ährchen. Bei der oberen Blüte sind nun «lie sechs Antheren zu einer langen Staubröhre verwachsen, in die der mediane Griffel vollständig eingeschlossen ist (Fig. 58), während die untere Blüte eine kurze Staubröhre und einen langen Griffel auf- weist (Fig. 59). Es handelt sich bei ılieser Heterostylie offenbar um bestimmte Korrelationen. denn «die obere Blüte blüht eher auf und hat keine zweikielige Vorspelze, ist also wahrscheinlich echt terminal. die untere blüht später auf und besitzt eine stark zweikielige Palea superior. Zum Schluss der speziellen Betrachtung sei noch angeführt («die altertünlichste Grasgattung, tie bis jetzt bekannt ist, nämlich Streptochaeta. 20. Streptochaeta. Ein (Querschnitt durch die Blüte von Streptochaeta (Textfig. 31) zeigt den Fruchtknoten wie bei den Bambuseen mit drei Leitbündeln versehen, sechs Staubhlätter. drei gleichwertige Lodieulae, die aber nicht als Schwellkörper, sondern als innere Perigonblätter ausgebildet sind, alternierend mit den beiden hinteren Lodieulae und, der sonst zu einem Doppelblatt verwachsenen Palca superior entsprechend. zwei äußere Perigon- blätter, endlich die Palea inferior in der normalen Stellung. Der von oebel erbrachte Nachweis eines (ritten supponierten änßeren Perigonblattes. dessen Vorhandensein Celakovsky aus theoretischen Gründen an- Über die Morphologie der Grashlüte. 240 genommen hatte, darf als ein Triumph der entwieklungsgeschichtlichen Methode bezeichnet werden. Goebel fand durch Verfolgung der Ent- wicklungsgeschichte nicht nur das von Celakovsky angenommene Achsenrudiment, sondern auch das suppenierte hintere über die Palea inferior fallende Perigonblatt. das aber nieht über das Stadium der Anlage hinauskommt. Daß die polymeren (Gramieen einen frühzeitig von dem Urtypus abgeleiteten Seitenzweig darstellen und nicht etwa als «die prinitiven Formen zu betrachten sind, ergibt sich: 1. aus dem Vorkommen von gl. sechs Staubblatt- rudimenten in den weiblichen Blüten von Pariana: 2. aus dem Vorhan- densein von sechs Stamina in der zweifellos als plıy- logenetisch alt an- erkanntenGaftung Streptochaeta: 3. lie ältesten, sicher zu den Gramineen gehörigen fossilen Beste aus dem Eocän haben bam- busartigen Cha- rakter. Demnach kann die Auf- fassung, (laß die Fir. Streptochaeta brasiliensist 77x .- Infloreszenzachse, hexamere (iras- = Glumae. >7 Palea inferior. 6 — Palea super blüte als Grund- Auiisune: typus zu betrachten ist, von dem (die übrigen Vorkommnisse erst Al- leitungen darstellen. kaum mehr Widerspruch finden. II. Theoretischer Teil. 1. Lodiculae. Die Lotlieulae sind stets von der Mehrzahl «der Morphologen für ein Perigon gehalten worden, (essen dritres Blatt abortiert ist. Kunth und Wigand hielten die Lodienlae für Nebenblätter, deren Hanptblatt 2A0 Julius Schuster, die Palea superior sei. Fine endgültige Lösung «der Frage schien die Untersuchung Hackels zu bedeuten. «ler zufolge die hinteren TLodieulae die Seitenhälften eines mit der Vorspelze alternierenden Blattes sind. dessen Mittelstück selten zur Fntwicklung gelangt, während die vordere Lordieula «die Distichie der Vorspelze und! der hinteren geteilten Lodieula fortsetzt: Hackel glaubte daher, die Lodieulae als Hochblatt- gebille auffassen zu müssen. eine Anschauung. die auch unter den Morgphologen z. B. von Schumann Zustimmung fand und heute noch in den meisten Lehr- und Handbüchern vorgetragen wird. Noch eine weitere Ansicht wird gegenwärtig und zwar von Schenck veıtreten. daß nämlich die vorderen Abschnitte die Seitenteile eines medianen äußeren Perigonblattes, (lie hinteren dagegen. eventnell mit der dritten Lodieula, einen inneren Perigonkreis angehören. Diese Ansichten sind aus folgenden Gründen nicht richtig: 1. Die hinteren Lodieulae sind nicht von Anfang an «durch einen gleichzeitig entstehenden flachen Wulst miteinander verbunden, sondern entstehen stets getrennt als selbständige Blattbildungen: später können sie Zu- weilen unter sich oder mit der Palea superior verwachsen: 2. bei den Bambuseen finden sich «rei nach Gestalt und (sröße fast vollständig gleichartige Lodieulae, die ınit dem ersten Staminalkreis alternieren: 3. bei Streptochaeta sind ıliese (lrei Blätter nach Gestalt und (röße vollständig gleich und als Perigon entwiekelt; 4. Nees beobachtete bei Panieum viviparum. daß (lie drei Lodieulae die Metamorphose der Staubblätter mitmachen: 5. in der normalen Grasblüte kommt gelegent- lich die bei Stipa und den Bambuseen stets ausgebildete dritte vordere Lodieula zur Entwicklung, währene (die eine hintere abortiert. Man wende gegen die Perigonnatur der Lodieulae nicht ein, daß die drei inneren Blätter bei Streptochaeta nur den Ansatz zu einer Perigon- bildung darstellen: im tregenteil sind diese zweifellos gegenüber dem normalen inneren «reizähligen Perigon der Monokodyledonen als eine Reduktion aufzufassen, die woll dureh die Einhüllung ler Blüten durch die Palea inferior in die Wege geleitet wurde. Die Ausbildung der Lodienlae als Schwellkörper ist eine spätere Anpassung, die offenbar dadurch entstanden ist, dat durch die Verwachsung der ursprünglich aus zwei getrennten Blättern bestehenden Palea superior, wie wir sie noch bei Streptochaeta finden, die Blüte vollständig eingehüllt wird und jetzt durch die veränderten biologischen Verhältnisse das Perigon eine veränderte Funktion annimmt, indem es «durch die Schwellung das Auseinanderspreizen der Spelzen und das Öffnen «der Blüte bewirkt. Demnach kann es keinem Zweifel unterliegen. daß die Lodieulae als Über die Morphologie der Grasblüte. 251 selbständige Blatthildungen und zwar als inneres Perigan aufzufassen sind. Ganz anderer Natur als die Lorliculae sind die Anhängsel (der Deckspelze. wie sie am schönsten bei der trattung Ichnanthns zu be- obachten sind: hier handelt es sich um echte Stipularbildungen, die von Anfang an mit der Palea inferior verwachsen sind. Was die Biologie der Lodiewlae betrifft, so hat zuerst Macke! auf die plötzliche Anschwellung der Lodieulae zur Zeit des Anfblühens hingewiesen, aber wodurch «diese kleinen Gebikle das starke Ausein- andertreiben der harten, zum Teil stark kieselsäurehaltigen Spelzen be- wirken, war bisher nicht genauer bekannt, und wie sehr man früher über die Funktion der Lodieulae im Unklaren war, beweist die Tat- sache, daß sie der alte Sprengel als Saftdrüsen bezeichnete. Ich hahe zur näheren Untersuchung die jederzeit leicht zu beschaffenden und relativ großen Lodlieulae von Arundlinaria Simonii benützt und darin zwar spärliche kleine runde Stärkekörner gefunden. aber bei der Prü- fung auf Zucker gab weder (ie gröbere Methode mit Fehling’scher Lösung noch die empfindlichere mit Phenylhydrazin eine Reaktion: letzteres beweist, daß Zucker in größeren Mengen jedenfalls nicht vor- handen ist. Die stark auseinandertreibende Wirkung der Lodieulae aber wird klar aus dem Verhalten der Zellen in verschiedenprozentigen Salpetersäurelösungen; es trat. nämlich stets in einer 8, igen Salpeter- säurelösung eine deutlich wahrnehmbare Plasmolrse ein. so daß der Turgorilruck, der hier wirkt. etwa 25 Atmosphären beträgt. Nach diesem Verhalten kann man dem Gedanken, der teilweise in der Lite- ratur ausgesprochen wurde, daß die Lodieulae als Reservestoffbehälter für die sich entwickelnde Samenanlage (dienen, nieht beistimmen. 2. Palea superior. Seitlem die Verhältnisse bei Streptorhacta durch Goebel riehtig erkannt wurden. kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, dab «lie Palea superior das äußere Perigon der Gramineen (larstellt, das in seiner ursprünglichen. dreizähligen. mit dem inneren Perigonkreis alter- nierenden Ausbildung bei Streptochaeta noch entwicklungsgeschichtlich nachweisbar ist. Schacht will dasselbe auch bei Tritieum rigidum beobachtet haben, doch ergab die Nachprüfung bei anderen Tritieum- Arten keinerlei Bestätigung (dieser Angabe. Man kann folgende sich aneinander reihende Typen in der Ausbildung (des äußeren Perigens bzw. der Palea superior unterscheiden: 1. die beiden der Palea superior entsprechenden äußeren Perigonblätter sind auch an der fertigen Blüte vollständig getrennt, das dritte hat rudimentären Charakter und kommt 2593 Falun Schuster. nieht über «das Stalium der Anlegung hinaus (Streptochaetal: 2. das dritte Perigonblatt ablastiert. die beiden vorderen entstellen aus g6- trennten Primordien. verwachsen aber ter zur Palea superior tdie Mehrzahl der Gramineen. wie Zer usw): A, die beiden Primortien der Palea superior entstehen als eine einheitliche Anlage (z. B. Anthoxan- thum): 4. änßeres Perigon ahortiert. nur das Rudiment einer Palea superior entwicklungsgeschichtlich nachweisbar. Blüten nackt (Alope- curus). Außer Streptochaeta sind bis jetzt Gramineen, bei denen die Pri- mordien der Palea superior auch im fertigen Zustand getrennt bleiben, nicht bekannt. Es wird zwar teilweise in der Literatur, namentlich von Behrens, von Triachyrum und Diachyrium behauptet, daß die Palca superior vollständig in zwei oler gar drei einkielige Stücke gespalten sei: demgegenüber kann ich auf Grund meiner Untersuchungen nur mit dem alten Necs sagen: „maturescente fructu valvula superior in «duas partes finditur, quo fit, ut Nloseulus triphyllus ab incauto obser- vatore dici poSsit“. 3. Pistill. Am umstrittensten ist in der Dentung von allen Organen der Grashlüte das Pistill. In den TLehrbüchern findet man allerdings fast stets unter dem Einflusse Eichler's und Engler's die Angabe, daß bei den Gramineen von Anfang an nur ein Karpell vorhanden ist, welches sich zum Pistill ausbildet. Dieser Ansicht, «die zuerst von Schleiden ausgesprochen wurde, haben sich namentlich Payer und Hackel angeschlossen. Dagegen hat eine große Anzahl von Forschern und unter ihnen bedeutende Morphologen wie Doell, Roeper. Naegeli, Gelakovsky und Goebel das Gynäceum als trikarpellar aufgefaßt. Daß letztere Theorie «die riehtigere ist, erhellt ans folgenden tründen: 1. Die Entwieklungsgeschichte des Fruchtknotens zeigt. dak die mit einem Leithündel versehenen Partien, «die später zu (len Narben werden, nicht erst nachträglich als seitliche stipulaartige Auswüchse an dem schon vorher (differenzierten Fruchtknoten entstehen. analog einer dreiteiligen Deckspelze, sondern schon bei der ersten Anlage (es Frucht- knotens ein bedeutendes Wachstum zeigen. «las allerdings später noch erheblich gesteigert wird. 2. Die scheinbar einheitliche Entstehung kommt dadurch zustande, dab die beiden Fruchtblätter, die, um einen analogen Fall anzuführen. bei der Ranunculacee Garidella nigellastrum wur in ihrem unteren Teile miteinander vereinigt sind. bei den Girami- neen vollständig zu einem Doppelhlatt vereinigt sind, als welches die Über die Morphologie der Grashlüte, zweigriffeligen Pistille der meisten (iramineen entstehen. 3. Das ur- sprüngliehe ist aber die Entstehung aus einem Tripelblatt. als weleles das Pistill der dreigriffeligen Gräser, wie Streptochaeta. der Bambn- seen usw, entsteht: alle «drei Fruchtblätter entwiekeln sich hier gleich stark. +. Zwischen den drei- und zweigriffeligen Fruchtknoten ver- mitteln diejenigen, wo «das dritte Fruchtblatt in der Entwieklung des oberen Teiles stark zurückbleibt und nur noeh als kurzes Spitzchen ausgebildet. ist (z. B. Brizopyrum); bei Oryza können an ein und der- selben Pflanze dreigriffelige Pistille. sowie zweigriffelige mit radimen- tärem hinterem Griffel vorkommen. 5. Den ılrei Fruchthlättern (der (weigriffeligen Pistille entsprechen auf dem Fruchtknotenquerschnitt zwei laterale und ein dorsales Leithündel; letzteres tritt in rudimentärer Form als letzter Rest des ursprünglichen dritten Fruchtblattes auch bei verschiedenen zweigriffeligen (räsern auf (Hordeum, Asprella. Zea, Lygeum usw.). 0. Dieses dorsale Leitbündel. das oft nur zwei bis drei mit «der Immersion sichtbare Gefäße enthält. liegt dem mit Spiral- verdiekung versehenen starken Leitbündel bzw. Leitbündelkomplex, an dem die Samenanlage inseriert ist, denı sog. Placentarleitbündel, gegen- über: Elda Walker hat beide Leitbündel miteinander konfundiert. und ‚daher geglaubt, das gewöhnlich verschwundene dritte Fruchtblatt müsse an der Insertion der Samenanlage stehen. %. Eingriffelige Gramincen entsprechen nicht einem einzigen Karpell. sondern zwei Fruchtblättern (Nardns) bzw., wie aus dem Vorhandensein des dritten dorsalen Leit- bündels hervorgeht. einem Tripelblatt (Anomochloa, Lygeum: die beiden lateralen Fruchtblattleitbündel konvergieren (dabei stark nach der Ver- wachsungsstelle (Zea). 3. Die drei Fruchtblätter bzw. ihre Leitbündel stehen in regelmäßiger Alternation mit dem zweiten Staminalkreis nel ‚lem inneren Perigonkreis. Diese Gründe führen zu der Ansicht. daß das Pistill der Gramineen aus dreizähliger Zusammensetzung entstanden ist: die drei urspünglichen Karpiden vereinigten sich zu einem Tripelblatt. wobei frühzeitig die Neigung zu einem vollständigen Aufgeben (les dritten Karpides in dem Tripelblatt auftrat und so «ie Entwieklung wie bei einem Doppelblatt vor sich geht (Texttig. 32). Auch teratologische Fälle haben zum Teil zur unriehtigen Deutung des Pistills Anlaß gegeben. Hier ist im erster Linie zu nennen die viel besprochene Mon- strosität. die Nees von Esenbeek an Sehoenodorus elatior beobachter hat. Nees fand männlich bei dieser Pflanze dreizählige Früchte und er- hliekte darin entgegen seinen früheren Ansielten eine besondere Stütze 254 Anlins Sehuster, für die Dreizahl der Karpelle. Nun ist aber dieser teratologische Fall zu weitergehenden Schlüssen so gut wie gar nicht verwertbar: «denn die Stellung der drei Fruchtblätter widersprieht hier vollständig der normalen Anordnung. indem das dritte Fruchtblatt. das Nees hier entdeckt zu haben glaubte. der Palea superior zugekehrt ist und nicht, wie dies nach ‚er Analogie der Monokotyledonen (ler Fall sein müßte. der Palea inferior. Die Abbildung von Nees und seine An- . 32. Frnchtknotenschema die Gramineen: e/ +... Jate- ale Carpelle, 27 die dazu ge- en Leitbündek, 04 dor- sales Carpell, 7’ rudtnen- Fir. . nferifie- täres Leitbündel demselben, lige still von Hordemn spee. (nach Schmal- hausen). unten die Ober- ansieht. gabe, dab jeiler der 3 Höcker. welehe die anormale Frucht zusammen- setzten. einen besonderen Griffel mit 2 Narben trug. läßt keinen Zweifel darüber aufkommen. «daß wir es hier lediglich mit einer vermehrten Fruchtknotenbillung zu tun haben, aus der Schlüsse für die mor- phologische Auffassung des Pistills nicht gezogen werden können. Die von Iackel bei Hierochloa australis beobachteten Zwitterhlüten mit dreinarbigen Pistillen können, nachdem wir die Blüten von Hierochloa als psewdoterniinal un gelegentlich trimer kennen gelernt haben. gleich- Über die Morphologie der Grasblüte. falls nicht dazu benützt werden, wm die Einheit des Karpells der Gramineen zu stützen. Einen fünfgriffeligen Fruchtknoten bildet Schmalhausen von Hordeum al (Textfiig. 333; hier jst aber die Fünf- zahl, wie aus der Obenunsicht hervorgeht, wohl «dadurch zustande ge- kommen. daß sich der Griffel des dritten hier ausnahmsweise entwickelten Fruchtblattes in drei Teile gespalten lat und dureli diese abnorme Förderung eines sonst unterdrückten Gliedes die beiden vorderen Frucht- blätter mit ihren Narben im Wachstum etwas zurückblieben. In der Zusammensetzung (des Pistills zeigen «ie Gramincen ähn- liche Verhältnisse, wie die Lauraceen, (eren Pistill auch von den meisten als nur aus einem Fruchtblatt bestehend gedeutet wurde, während Mirande neuerdings gezeigt hat, daß es deren 3 sind, von «denen sich eines zum Griffel verlängert, während sich die beiden anderen felilgeschlagenen Karpelle an «ler Basis des einen Griffels erkennen lassen. Während aber bei den Lauraceen gelegentlich, wie dies Nees schon 1833 für Persea Meyeniana nachgewiesen hat, noch 2 Samen- anlagen auftreten, findet sich bei «len (ramineen stets nur eine einzige, auch bei den primitivsten Formen, was beweist, daß schon (lie Urform der Gramineen nur eine Samenanlage besaß und die Verkümmerung der ursprünglich zweifellos vorhandenen beiden anderen Samenanlagen offenbar gleichzeitig erfolgte, als die Blüten in die Achsel von Spelzen verlegt wurden. wodurch eben diejenigen Veränderungen «der ursprüng- lichen Blüte entstanden sind, die den Gramineentypus ins Lehen riefen. 4. Zur Phylogenie der Grasblüte. Wie wir sahen, leitet sich «die Urform der Gramineen offenbar von einer normalen entomophilen Monokotyledonenblüte mit drei Samen- anlagen ab. Wo diese hypothetische Stammform, aus der höchstwahr- scheinlich als parallele Entwieklungsreihen auch die Cyperaceen und Juncaceen hervorgegangen sind, zu suchen ist. Hißt sich nieht angeben, jedenfalls aber ist eine Ableitung der Gramineen von den Liliaceen oder von den Iridaceen. wie sie von Schumann angenommen wurtle. hicht wahrscheinlich, da die Iridaceen durch ihre spezialisierten, dem Insektenbesuch angepassten Blüten eine besondere Organisation zeigen. Die Entwicklung der Gramineen selbst läßt deutlich «drei parallele Reihen erkennen: 1. Blüten lateral, Perigon doppelt, inneres un äulieres Perigon aus drei getrennten Blättern entstehend, Androeceum hexamer, Karpelle drei; Streptochaeta ist ein «erartiger phylogenetisch primitiver Typus; 2. von diesem haben sich zwei Hauptlinien abgezweigt: (lie polymeren. die aber mit der Entstehung «ler Getrenntgeschlechtigkeit ‚Iulius Schuster, Art der | Stellung Peris Befruch- der Dale tung | Blüten An ion) 112 Sntomo- | Lateral | Doppelt | Drei ge- phil trennte Blätte Sıro meen | Anemo- phil ere Auftreten]. Inneres Perison Androe- eo Karpelle SANIEN- unlagen Hoxamer Polymer: Auftreten stehnng er beiden vorderen tt 3 Über (lie Morphologie der Grashlüte, 257 bald an die Grenze ihrer Entwiekling gelangten (Ochlanılra, Pariana, Luziola) und die tetrameren, die sieh gleichfalls nur spärlich entwik- kelten:; charakteristisch ist für diese Entwicklungsreihe, die gewisser- maßen «den Kampf zweier großer Entwicklungsreihen, der polymeren und hexameren hzw. reduzierten Gramineen (darstellt, das Auftreten ‚ler pseudoterminialen Blütenstellung. im äußeren Perigon (ler Ablast des dritten Blattes und die spätere Verwachsung der heilen anderen zur Palca superior, im inneren Perigon die Ausbildung der Perigonblätter als Schwellkörper und der Abort ax. des dritten Blattes bzw. des gan- ® zen Kreises, «das Schwanken der Karpellzahl zwischen «rei und zwei. Die «hitte große Entwieklungsreihe setzt gewaltig ein, mit der Ent- wieklung des trimeren Trpus, aus dein rasch die dimeren und mono- meren Blüten entstehen; das Auf- treten der echten Terminalstellung, die Verschmelzung der zwei Pri- mordien der Palea superior zu einer einheitlichen Anlage, das Auftreten nackter Blüten und (dus vorherrschende Vorhandensein nur »weier Karpelle sind die Haupt- kennzeichen dieser letzten Ent- wieklungsreihe. Fe Bye Was das Alter der Gramineen DVerieon, Lodicnlae = inneres Peri- ri gon, s? äußerer ıbhlattkreis. s2' anlangt, so wurde schon erwähnt. innerer Staubhlattkreis, « == laterale Car- daß die ältesten im Eoeän anftre- velle, «” = dorsales Carpell. Die nicht um Bi B persistierenden Teile punktiert gezeichnet. tenden Gräser bambusartigen Cha- rakter haben, also der zweiten (iruppe der obigen Entwicklangsreihen entsprechen: daraus darf geschlossen werden, daß diese auch selon in er oberen Kreide vorhanden war. «die erste Gruppe demnach in die untere oder mittlere Kreide zu verlegen wi Die dritte Entwicklungs- reihe würde, «a trimere Typen wie Panicum erst vom Oligorän an bekannt sind, in die Zeit vom ÖOligoeän bis zur Gegenwart fallen. Bemerkenswert ist auch hier wieder die Tatsache, daß die nackten Blüten wie z. B. auch bei len Araceen und anderen Monokotyledonen dureh Reduktion entstanden und die mit einem doppelten Perigon ver- sehenen die ursprünglieheren sind (vgl. die Tabelle pag. 250). HM Ährehenachse, 22 ea in- Palea superior = änleres Fiera, Ba. 180. IS PB 2 Tnlins Schuster, 5. Theorie der Grasblüte. Blüte mit doppeltem Perigon: äußeres Perigon aus zwei selbst- ständigen Blättern — das dritte ist ahortiert — entstehend, welche später zur Palea superior verschmelzen: inneres Perigon aus drei selbst- ständigen Blättern (Lodieulae) bestehend, von denen häufig das vordere abortiert ist. Zwei trimere Staubblattkreise, deren innerer bei einer größeren Gruppe ablastiert ist. Karpell durch Vereinigung dreier ur- sprünglich getrennter Blätter ein Tripelhlatt bzw. bei vollständigem Auf- gehen des dritten Fruchtblattes ein Doppelblatt (Textfig. 35). III. Kulturversuche mit viviparen Gräsern. Der erste. der umfassendere Versuche über die Erblichkeit vivi- parer Gräser anstellte, war Hunger. Dieser untersuchte Poa bulbosa und Poa alpina vivipara und sein Hauptergebnis, daß die Viviparie nicht in allen Fällen erblich sei. war interessant genug, um neue Experimente in (dieser Richtung vorzunehmen. Die Ergebnisse, zu denen Hunger kam, sind kurz folgende: 1. bei Topfkultur wird die Viviparie der Bul- billen nicht vererbt: 2. aus den Samen normaler Pflanzen werden in der Topfkultur wieder samentragende Pflanzen; 3. die ganzen Pflanzen- stöcke viviparer Gräser vererben in der Topfkultur «die Viviparie. Nun waren aber «liese Ergebnisse, wie Hunger auch selbst hervorhebt, in- sofern keine ganz eindeutigen. als von den in Töpfe verptlanzten Bul- billen der Poa alpina vivipara zwar die Melrzahl fruchtbare Pflanzen ergab, in einem Falle aber die Viviparie trotz der Topfkultur vererbt warde. Anderseits beobachtete Goebel bei einer im Rostocker Garten freikultivierten Poa bulbosa, daß von den von ihr abstanımenden In- floreszenzbulbillen alle daraufhin beobachteten vivipare Individuen er- gaben. Weitere Versuche, die auf Veranlassung Schroeters auf dem Versuchsfelil der Samenkontrollstation in Zürich und auf «er Fürsten- alp mit Poa alpina vivipara gemacht wurden, erwiesen die Erblichkeit der Infloreszenzbulbillen: aus den Bulbillen gingen immer wieder bul- billentragende Exemplare hervor. Dagegen kam Weinzierl zu dem Resultat. daß bei den Kulturen auf der Sandlingalpe bei Aussee die bulbillentragenden Individuen im Laufe der Jahre auch Früchte her- vorbrachten. Von meinen eigenen Kulturversuchen, die mit zahlreichen viviparen Gräsern gemacht wurden. möchte ich folgende erwähnen. 1. Poa alpina und andere Poae. Samen und Bulbillen, die von der Samenkontrollstation Zürich er- halten waren. wurden im freien Gartenland auf gut gelüngter Erde Über die Morphologie der Girasblüte. 250 kultiviert: sie blieben in «der Tochter- und Enkelgeneration sanenfest bzw. vererbten die Bulbillen die Viviparie und zwar sowohl im Mün- chener Garten als auch in dem Alpengarten am Schachen, Das gleiche war der Fall bei j2 Versuchspflanzen der Poa alpina vivipara von ver- sehiedenen Standorten der bayerischen Alpen; auch diese blieben. unter normalen Verhältnissen kultiviert, konstant. Die auf dem freien (iarten- land kultivierten Bulbillen «dieser Pflanzen sowie derjenigen der Züricher Samenkontrollstation vererbten (ie vegetative Fortpflanzung stets. Es wurden vun verschiedene Kulturen stark veränderten Be- dingungen ausgesetzt und zwar Poa alpina vivipara vom Kramer (ca. 1800 mj bei Garmisch, «die auf fettem, tiefgründigem und feuchtem Almboden gewachsen waren, wo den Pflanzen auch «durch den durch das weidende Vieh niederfallenden Dünger ein hoher Gehalt an Stick- stoff zu Crehote stand. Diese Pflanzen wurden nun in Töpfen anf einem sandigen und zugleich humusarmen Substrat trocken kultiviert, jedoch täglich begossen; als Substrat diente ein Gemisch von (Quarzsand und zerstoßenem Schotterkies. Zur Kontrolle wurden Pflanzen von dem- selben Standort auf stark mit Rindermist versetzter Gartenerde kultiviert und den gleichen Bedingungen auch Bulbillen ausgesetzt. Die Pflanzen hatten am Kramer Anfang Juni geblüht bzw. gesproßt. Die in Töpfen kultivierten Exemplare blieben in der ersten (reneration um einen Monat zurück, hatten aber auf dem sandig-kiesigen Boden «lie Viviparie voll- ständig aufgegeben und setzten später auch Samen an, allerdings in reduzierter Zahl. Auch die Zalıl der Blüten in den Ährchen war ge- schwächt; während deren normal fünf bis zehn vorkommen, finden sich bei den aus den viviparen Formen gezüchteten samentragenden Formen nur fünf, seltener auch nur vier Blüten in den Ährehen. Die Kontroll- versuche auf dem stickstoffreichen Substrat, die teilweise auch feuchter gehalten wurden, hatten die Viviparie sämtlich vererbt mit Ausnahme eines einzigen Exemplars, das trotz der Kultur auf stark gedüngtem Boden die Viviparie aufgab, also oflenbar schon am Standort durch irgendwelche hemmende Faktoren beeinflußt war. Gegenüber den im Freiland kultivierten Pflanzen zeigten «die Topfpflanzen eine etwas schwächlichere Entwieklung, sie waren also dadurch an sich schon ge- henmt. Elenso verhielten sich die Bulbillen, die von den betreffenden Pflanzen im Juli in Töpfen auf dien beiden genannten Substraten (sandiger Kies und Rindernist) kultiviert wurden, Sie entwickelten sich his im September zu schmächtigen Plänzchen, die, soweit sie auf dem nähr- stoffarmen Substrat kultiviert wurden, normale Blütenstände trieben, deren Ährchen vier bis fünf Blüten enthielten, auf dem stickstoffreichen 7° 200 Iulins Schuster, Boden aber «die Viviparie beihehielten. Die Bulbillen dieser Pflanzen entwickelten sieh. auf freiem Gartenland unfer günstigen Bedingungen kultiviert, zu üppigen viviparen Stöcken. Poa alpina vivipara im blauen und roten Häuschen kultiviert, gediehen nicht weiter, sondern zeigten durch Horstbildung «denselben Schutz, den die Pflanzen gegen Aus- troeknung zur Verfügung haben, es ist also, wenn auch «die Anpassung der Poa alpina vivipara an verschiedene Lichtintensitäten, wie die Be- obachtung in der freien Natur lehrt, ziemlich groß ist, doch kein be- stimmtes Lichtquantum bei (dieser vegetativen Vermehrung notwendig. Dagegen gelang es nicht, eine Poa alpina seminifera durch irgendwelche Kulturbeilingungen, wie Feuchtkultur, Zufuhr von Stickstoff oder Phos- phatdüngung, in eine Vivipara zu verwandeln. sondern was durch Änderung der Kulturbedingungen erzielt wurde, waren nur Rückschläge der vivi- paren zur samentragenlen Form, die auch in günstigen -Kulturbedingungen die normale Fortpflanzung beihehielt. Auch bei Poa annua. von der in der Literatur von Master's Viviparie angegeben wird. gelang esnieht. durch Mistdüngung. Phosphat- behandlung und Feuchtkultur Viviparie zu erzeugen. Besonders die Phosphatdüngung, die dureh Behandlung einiger Pflanzen mit von der Crone’scher Nährlösung versucht wurde. hatte keinen günstigen Einfluß auf Poa annua: die Rispen wurden lockerer, die Pflanzen grüner unıl das Wachstum gehemmt. die vegetative Entwicklung nicht im geringsten gefördert und die im Warmhaus unter den gleichen Bedingungen sehr feucht kultivierten Pflanzen nahmen etwa die Forn an. «die Ascherson als Var. aquatica bezeichnet hat. Es ist noch zu bemerken. daß Poa annua nicht. wie ilır Name sagt, einjährig ist, sondern das ganze Jahr hindurch blüht: der Halm bilder nach dem Verblühen ein bis mehrere Zweige, «lie bald zur Blüte konmen, so dab sich Poa annua wie ein perennierendex Gras verhält. Bei Poa bulbosa ist meist die bulbillentragende Form «ie häufigere. Ich kultivierte vivipare Poa bulbosa von Sandboden aus Kulmbach in Töpfen auf gut gedüngtem Boden und auf trockenem Kiesschotter; im ersteren Falle blieb «die Pflanze vivipar, im letzteren nieht, Von Goehrel in Orvieto 1906 gesammelte Poa bulbosa blieb. auf dem nährstoffreichen Substrat im Topf kultiviert, seitden vivipar. 2. Dactylis glomerata. Viripare Daetylis glomerata findet sich als Begleitpflanze der bio- logisch-merkwürdigen Pflanzenformatfion am Ufer des Bodensees bei Wasserburg, die von Schroeter und Kirchner als Grenzflora he Über die Morphologie der Grasblüte. il zeiehnet wurde: es ist dies die schmale Zone zwischen mittlerem Nieter- wasser- td Hochwasserstand, die alljährlich überschwenmt und täglich von den anspritzenden Wogen überflutet wird. Von anderen Gräsern findet man dort Agrostis alba. Poa alpina und Aira eaespitosa var. rhenana, und zwar sämtliche vivipar. Was die Eirbliehkeit dieser vivi- paren ( r betrifft, so behielten die auf dem Felde der Samenkontroll- station Zürich kultivierten Arten allerdings die Viviparie bei, aber die Pflanzen wurden nicht irgendwelchen extremen Betlingungen ausgesetzt. Ich kultivierte diese Arten in Töpfen. und zwar auf zerstoßenem. nur wenig mit Erde versetztem Kiesschofter ımı auf einem (Gemisch von Lehm und Mist. Auf ersterem Substrat gaben Dactylis glomerata und Poa alpina vivipara schon im ersten ‚Jahre die Viviparie auf und kamen Anfang Juni zur Blüte, auf dem nährstoffreichen Boden dagegen blieben sie vivipar, 3. Phleum pratense. Eine vivipare Form wurde zwischen Trudering und Haching östlich von München auf einem stark lehmbaltigen. durch die Ableitung des Münchener Leitungswassers in den Jlachinger Bach zeitweise über- sechwenmten Boden seit 1804 beobachtet, wo sie im IIerbst. in den Monaten September bis Oktober, zur Entwieklung kommt. Die im September 1906 gesammelten viviparen Pflanzen wurden in große Töpfe eingepflanzt, und zwar in den Originalboden, dem mr wenig Pferdemist beigemengt wurde. Sie kamen im September 1907 zum Blühen und hatten sämtlich die Viviparie vererbt. Jetzt wurde das Substrat ge- wechselt und das Phleum ohne Zusatz von Dünger in einem Gemisch von Heideerde und (Quarzsand kultiviert. jedoch regelmäßig gegossen. Auf diesem Substrat kam das Phleum Anfane Juli 1908 zur Blüte und hatte die Viviparie vollständig aufgegeben. Keimfähige Samen wurden freilich nur wenige angesetzt und die ausgesäten kamen nicht zur Keimnng, Ieh wollte nun die so entstandene samentragende Form wieder in «lie vivipare umwandeln und kultivierte sie zu diesem Zweck auf Lehmboden, wobei der Topf in seiner halben Nöhe in dem Bas-in des Victoria regia-Hauses stand: dies war aber offenbar zu viel Fench- tigkeit für die Pflanze, denn sie zeigte deutlich ein gehemmtes Wachstum und ging im Frühjahr 1900 ganz ein. 4. Festuca ovina. Eine von Goebel 1905 in Norwegen gesunmelte Festuea ovina vivipara behielt. in Töpfen kultiviert, auf günstigem Nährboden die Viriparie seitdem bei. ebenso die auf dem gleichen Substrat kulti- vierten Bulbillen. 262 Julius Schuster, Allgemeines über die viviparen Gräser. Was ich dureh Änderung der Kulturbedingungen. Kultur auf stickstoffarmen und trockenen Substraten bei den viviparen Gräsern und ihren Bulbillen sowohl in der Topfkultur als auf dem freien Lande erzielte. sind nur Rückschläge der viviparen zur samentragenden Form; auch bei der Topfkultur kommt es nur auf die Kulturbedingungen an, die Topfkultur an sieh veranlaßt noch nicht. wie Hunger anzunehmen geneigt war, das Aufgeben (der Viviparie. Man muß daher Schroeter beistinnmen, wenn er sagt, «die bulbillentragenden Formen seien erbliche und mehr oder weniger konstante Mutationen. sogenannte Zwischen- rassen im de Vries’schen Sinne Wir können uns diese Mutationen in der sogenannten Prämutationsperiode ursprünglich entstanden denken in Anpassung an eine sehr günstige physikalische Badenbeschaffenheit, speziell reichliche Stiekstoffzufuhr verbunden mit starker Fenchtigkeit, die durch (len Boden aufgespeichert wird. Für diese Hypothese sprechen folgende Gründe: 1. durch Kultur auf stickstoffarmen und trockenen Substraten wird die Viviparie unterdrückt und es treten Rückschläge zur samentragenden Form ein: 2. die gelegentlich vivipar heobachteten tiräser wachsen fast stets an schr feuchten oder überfluteten Stellen, die viviparen Poen namentlich auf gedüngten, reich bewässerten Mähe- wiesen: 3. je mehr sich «ie jährlich übertlutete Grenzzone des Boden- sees der terrestren nähert. um so häufiger werden «lie samentragenden Formen. Dagegen scheinen die Jahreszeit und die klimatischen Fak- toren nicht von Einfluß auf die Viviparie zu sein. Denn die Tatsache, daß bei dem angeführten Phleum pratense die viviparen Pflanzen aın Standort stets erst im September nnd Oktober zu sprossen beginnen, ist offenbar eine dureh die periodische Überschwemmung bedingte Hem- mungserscheinung, die auch in der Kultur, wo die Pflanze schon im Juli sproßte. bzw. blühte, aufgegeben wurde. Was die klimatischen Faktoren betrifft. so steigt die Poa alpina vivipara in den Alpen, soweit mir bekannt, nicht höher als die Seminifera und wenn in Grönland die vivipare Form häufiger sein soll, so ist nicht zu vergessen, daß in Grönland noch unter 60° warme (Quellen vorkommen; vor allem aber mäßte dann bei «den nie auf höheren Gebirgen vorkommenden viviparen Gräsern wie Poa hulbosa (lie Viviparie (durch ganz andere Faktoren bedingt sein und daß eine derartige Erscheinung durch wesentlich diffe- rente Faktoren bedingt sein soll, ist nicht sehr wahrscheinlieh. Daraus geht aber auch hervor, daß die Viviparie nicht ein bei (ler kurzen Vegetations- periode der Hochalpen die Art erhaltendes nützliches Speziesmerkmal Über die Morphologie der Grasblütte. 203 darstellt: nützlich wird dagegen (diese vegetafive Fortpflanzung für die an periodisch überschwemmten Stellen wachsenden Gräser, wo sich die samentragenden Formen nicht halten könnten und (las Fortbestehen der Art in Frage gestellt wäre. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, (laß unter den viviparen Mutationsformen der Gräser — es sind deren etwa 20 bekannt — drei verschiedene Abstufungen zu konstatieren sind: Nur gelegentlich vivipar auftretende Fornien wie z. B. Phleum; 2. vivipare und samentragende Mutation in annähernd gleicher Verteilung, wobei natürlich je nach dem Standort auch die eine Form überwiegen kann; Beispiel Poa alpina: 3. allgemeines starkes Dominieren der viviparen Form. wie dies bei Poa bulbosa der Fall ist. Letzteres hängt offenbar damit zusammen, daß ‚die Pflanze in der zwiebelartigen Bildung am Grunde der Achse ein Reservestoffmaterial besitzt, das z. B. der Poa alpina fehlt. und daher auf trockenen und nährstoffarınen Substraten noch nicht auch zur Auf- gabe (der vegetativen Vermehrung gezwungen wird. Zusammenfassung. 1. Die sog. Hüllspelzen von Hordeum und verwandten Gattungen sind die Hälften der unteren Gluma. 2. Die lateralen Blüten sind durch reihenweise Übergänge mit den terminalen verbunden. 3. Die Änderungen der Grasblüte sind nicht durch Kontakt beilingt. 4. Die Lodieulae sind selbständige Blattbillungen und stellen das innere Perigon dar. 5. Das äußere Perigon ist «die Palea superior. 6. Der Urtypus der Crramineen ist hexamer und entspricht (em Grundplan der Monokotyledonen: die polymeren Gräser sind Ableitungen dieses Typus. 7. Der dimere Typus ist durch Ablast des zweiten Staminalkreises und Abort eines der vorderen Blätter des ersten Kreises entsfanden. 8. Das Pistill der Gramineen ist trikarpellar: es ist durch Ver- einigung «lreier ursprünglich getrennter Blätter ein 'Tripelblatt. bzw. bei vollständigem Aufgehen des dritten Fruchtblattes ein Doppelblatt. 9 Die viviparen Gräser sind erbliche, mehr oder minder kon- stante Mutationen, sog. Zwischenrassen. 10. Bei Kultur auf stickstoffarmen und trockenen Substraten treten Rückschläge der viviparen Formen zu den samentragenden ein. 264 Julius Schuster, Literatur. Ascherson und Graebner, Synopsis, II, 1, 1808, Behrens, Notiz zur Kenntnis der Grasblüte. Bot. Zeitung 1877, XXAXV. Brongniart, Description d’un nouveau genre de gramindes du Bresil. Ann, sc, nat. 1851, XVI, 3. ser. Celakovsky, Über den Äbrehenbatı der brasil Sehrs Sitzungsber. K. Böhm. es. d. W Ders., Das Reduktionsgesetz der Blüten. 1. ec. 189. Doell. Untersuchungen über den Bau der Grasblüte. Jahrerbericht Mannheimer Ver. & Naturk. 1868, XXXIV und 1870. XXXVI Eichler, Blütendiagramme, I, 1875 und Nachtrag. TI, 1878, Engler, Die systematische Anordnung der monocotyledoncen Angiospermen, Abh. K. Preuß. Akad, 1592. Gamble, The Bambuseae of British India 1898. Gocbel, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger Inflorexzenzen. Pringsh. Jahrh. 1883, XIV. Ders., Ein Beitrag zur Morphologie der Gräser. Flora 1895, Ergänzungsband. Hackel. Über das Aufblühen der Gräser, Bot. Zeitung 1880, XXXIL. Ders., Untersuchungen über die Lodieular der Gräser. Engler's Jahrb. 1880, I. Ders., Zwei Bildungsabweichungen am Pistill von Gräsern. Bot. Zentraibl. 1881. Derx., Gramineae in Engler und Prantl. Nat. Pflanzenfan. 1887, IT, 2. Hochstetter, Die Giraspflanze. Württemb. naturwissenschaftl. Jahresh, 1847 und 1848. Berz., Nachträglicher Kommentar zu obiger Abhandlung. Flora 1848. Hunger, Über einige vivipare Pflanzen. Rostocker Dissertation 1887. Koernicke, Die Gattung Hordeum in bezug auf ihre Klappen und auf ihre systematische Stellung zu Fiymus. Flora 1883. 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Fig. 8 u. 9. Getrennte Anlage der Lodiemae 4 Fig. 10. Abgetrenntes Primordium eines Drillings von Hordeum bulbosum ; A die einheitliche, den Hüllspelzen entsprechende Abgliederune. Fig. 11. Weiter entwickelter Drilliing von Hordeum bulbosum; Anlare der Hüllspelzen # in den Seitenäbrehen, 7 seitliche Hälften der den sog. Täll- spelzen entsprechenden einheitlichen tiluma, = Mittelstück, das sich später häufig entwickelt. Fig. 12, Haujtährelen von Hordeum bulbosum mit den getrennten Lodieulae / vun oben gesehen: Hällspelzen. hier dureh Zerreißiung des Mittel- stückes vollständig getrennt, ar Achsenhöcker. Fig. 13. Hauptährchen von Hordeum distichum mit dem Achsenhöcker ax von vorne; Lodieulae noch nicht angeleat. Fig. 14. Weiter eutwiekelter AÄlrehendrilling von vormez Bezeichnungen wie oben, die mit ” bezeichneten Organe beziehen sich auf (lie Seitenährchen. Fig. 15. Gipfel der Infloreszenz von der Seite; 27 -= miimentäre Gluma: 2s = Palea superior. Fig. 16. Desgleichen in einem weiter entwickelten Stadium; die Ausbildung eines Endähreliens wnterbleiht. Fig. 17—19. Entwicklung der Seitenährchen; © = Vegetationspunkt: 4 Hüllspelzen, #/= Palen inferior. Fig. 20. Weiter entwickeltes Seitenährehen mit einer rudimentären Braktee ar. Fig. 21. Oropetium Thomaeum; 7 := untere äußere Gluna ungeteilt. Fig. 22—24. Elymus (Aspreila) hystrix. Pie. 22. Endährchen; Glumae in normaler Stellung: /7 == untere Gluma, g!s == Rudiment der oberen Gluma. Fig. 23. Dasselbe Endährehen von kinten gesehen. Fig. 24. Seitenährehen mit den Hüllspelzen 2. Fig. 25—27. Leymus (Eiymus) arenarius. Seitenährehen von vorne, Fig. 27. Dasselbe Ährchen von hinten. Tie. 28—33. Zea mays. ig. 28 u. 29. Anlage und Entwicklung der zweiten unteren Blüte 772. Fig. 30. Anlage der Palea superior As in zwei weit voneimander getrennten Primordien 2s; in der unteren Blüte Z—= Lodienlae. Fig. 31, Anlage des dritten Stanlblatten. Fig. 32. Annäherung der beiden getrennt entstehenden Lndienlan 4 2585 Anlius Schuster, Über die Merphelugie der Grasblüte, 3. Verschmelzung der beiden gegen einander wachsenden Teilprimantlien der Palo superior x. Fig. 34-35. Setaria viridis. Fig. 34. 72 == Primordium der unteren verkiinmernden g Blüte: kein Achsenhöcker sichtbar. Fig. 35. Eine Blüte mit deutlichem Achsenhöcker von oben. Tig. 30. Setaria italica; 72-- Anlage der unteren Blüte, «x := Achsen- rudiment, = Borsten. / = fertiles Ende einer Achse zweiter Ordunng. Fig. ». Paspalum distichum, Fix. 37. 27 die beiden Gluma, vom denen die eine kleinere von der anderen eingeschlossen wird. Pie. 38 n. 39. Blüten in zwei verschiedenen Stadien von oben gesehen: kein Achsenende sichtbar. \ Fig. 40. Panicum sanguinale; Blüten von olen, die getrennte Anlage der Lodieulae zeigend. Fig. 41. Pennisetum vertieillatum; ‚72 -: untere Blüte, / — fertile Enden der Achsen zweiter Ordnmng: & == Borsten. Fig. 42 —43. Alopecurus geniculatus. Fig. 4243. Dorsiventral-zweizeilige Anlage der Infloreszenz in zwei vor- schiedenen Entwicklungsstachen. Fig. 44. Blüte von Melica altissima mit den nahe aneinander liegenden, aber getrennten Lodieulne 7 kig. 45-50. Hierochloa australis. ig. 45—4b. Dimere Endblüten mit verschiedener Ausbildung des Achsen- endes ax. Fig. 47. Trimere Endblüte mit Achsenhücker ax. Fir. 48. Endblüte mit Achsenhöcker, dimer, Seitenblüten normal. Fig. 49 u. 50. ax und ax = rudimentäre Blüten an dem Achsenrudiment. Fig. 51-52, Phippsia algida. Fig. 51. % = Hüllspelzen, «x = Achsenrudiment; nuch das dritte hintere Stanbblatt ist entwiekelt. Fig. 52. Ein älnliehex Ährehen von hinten. Fig. 52, Coleanthus subtilis; zwei Stamina s4 kein Achsenhüeker keine Glumae. Phalaris canariensis. nicht zur Blütenbildung verbrauchtes Stück des Vegetations- »r nicht mehr sichtbar ist. Fir 51. au punktes, das aber Fig. 55. Scheinbar terminale Blüte mit unsyinmetrischem Vogetationspunkt. Fir. 56. Blüte von oben mit ausnahmsweise entwiekelter dritter J.odieula 73: die eine «der beiden hinteren Lodieulae abortiert. Fig. 57. Maillea crypsoides; dimere Terminalblüte, 2= die eine der beiden hinteren Lodieulae. die andere ist abortiert, Oxythenanthera abyssinica. Fig. 58 vie. Staubblattröhre # der oberen Blüte: Griffel gr völlig eingeschlossen. s Fig. 59. Desgleichen von der unteren Blüte mit kurzer Staubblattröhre ? und langem Griffel gr. Kütstlerische Ausführung sümtlicher Zeichnungen von Dr. G. Hunzinger, München, Über Inhaltsverlagerungen in plasmolysierten Zellen. Von Ernst Küster. (fie 10 Abbildingen im Text.ı Als Systrophe bezeielmet A. F, W. Schimper!) diejenigen Ver lagerungen der Chromatophoren. bei welchen diese zu Klumpen sieh vereinigen. Systrophe beobachtete Schimper an Rbipidophora elmgata und Striatella unipunetata nach Erschütterung, nach Verdunkelung. nach intensiver Belichtung und anderen Veränderungen in den äußeren Be- dingungen. Bei Elodea tritt nach Schimper Systrople in den Blatr- zellen nach Verwundung der Blätter auf, sowie bei intensiver Belichtung der Pflanze: „die Chlorophrlikörner sammeln sich zu einem Klumpen, der häufig, aber nicht immer den Zeilkern umgibt und entweder eine Seitenwand oder noch häufiger (der Innenwand anliegt, Die Orientierung der Chlorophylikörner in diesem Klumpen ist wechselnd, je nach der Stellung derselben: sie liegen nämlich zum größten Teil der Zellwand, welchem der Klumpen befestigt ist, parallel, also je nach ılem einzelnen Fall. mit ihrer breiten oder schmalen Seite nach außen®. In den Blattzellen von Krassulaceen (Sempervivum. Sedum; sammeln sich unter dem Einfluß der ıirekten Sonnenstrahlen „die Chlorophylikörner zu einem oder zwei stark vorspringenden Klumpen, die Iänfig den Zell- kern einschließen. Die Stellung «dieser Klumpen ist wechselnd, sie können an allen Wandteilen befestigt sein, aber stets derart. daß, wo zwei vorhanden sind. sie einander gegenüber liegen 3)“. Die von Schimper als Systrophe bezeichnete Ballungserscheinung ist auch von anderen Autoren vor und nach ihm wiederholt beobachtet und beschrieben worden): auf ihre Mitteilungen hier im einzelnen ein- DA. FW. Schimper, Untersuchungen über «ie Chlovophyiikörner nnd die ihnen homelogen Gebilde. (ahrb. F wiss. Bat. 1885. Bi NVL, pam I, insbes. par. 221.1 2) Schimper, 0. pag. 3) Schimper, O. pag. 2 4) J. Böhm, Beiträge zur näheren Kenntnis des Chlorophylis (Würzburger Akad. Wiss, Wien 18565; B. Frank, Über die Veränderung der Lage der Chloro- vhyiikörner und des Protoplasuas in den Zellen und deren innere nnd äußere Ursachen (Jahrb. f. wiss. Bot. 1872, Bd, VII, pag. 210%: E. Stahl, Über den Ein- fluß von Richtung und Stärke der Beleuchtung auf einige Dewegungserscheinngen im Pflanzenreiche (Botan. Zeitung 1850. Bi. KXXVIIL, pag. 297) Weitere Lite- raturangaben bei Stahl, a. a. O.. Sehimper, a. a. ©. und Senn is un 268 Ernst Küster, zugehen. liegt keine Veranlassung vor. Nur aufSenn's Untersuehnngen ’) mag schon hier hingewiesen sein. Senn gebraucht den Ausdruck „Systrophe" in einem engeren Sinn als Schimper. nänlieh nur für die Ikäufung der Chromatophoren um den Kern. Andere Ballungen der Chroma- tophoren. die keinerlei Beziehungen zum Zellenkern erkennen lassen. läßt Senn ohne besonderen Namen?) Die Systrophe fim engeren Sinn des Wortes; führt Senn auf die Produktion chemotaktisch wir- kender Stoffe seitens des Zellenkerns zurück. der durch sie «ie be- wegungsfähigen Chlorophylikörner anzulocken vermag. In einer vor- läufigen Mitteilung habe ieh vor einigen Jahren auf die systrophische Gruppierung der Chromatophoren um den Zellenkern aufmerksam ge- macht. die nach Behantlung der Zellen mit wasserentziehentden Mitteln erfolgt?) Auch Senn hat analoge Beobachtungen gemacht und be- schrieben‘, Die durch Behandlung mit plasmolysierenden Lösungen gewonnenen Ergebnisse decken sich mit den Beobachtungen Schimper's an Zellen, die durch Verdunstung einen Teil ihres Wassers eingehüßt hatten®). Ich möchte wit den nachfolgenden Mitteilungen auf die In- haltsverlagerungen in plasmolssierten Zellen nochmals zurückkommen und dabei prüfen. ob Senn mit Recht zwischen Systrophe =. str. und Chromatophorenbaltıngen anderer Art unterscheidet. und uh seine Lelre von «den chemotaktisch wirkenden Ausscheidnngsstoffen des Zellkerns sich mit allen Beobachtungen zwanglos in Einklang bringen läßt. 1. Kontraktion des Körnerplasmas nach Plasmolyse. Bei Behandlung mit wasserentziehenden Lösungen zieht sich — hinreiehen« kräftige Einwirkung vorausgesetzt — nieht nur der plasma- tische Zellenleib als Ganzes zusammen. sondern es wird in vielen Fällen noch das Körnerplasma besonders affiziert und zu mehr oder minder deutlicher Kontraktion veranlaßt. Bringt man losgelöste Blätter vom Tlodea dena z. B. in", Normal-Caleiumnitratlösung. so erfolgt sehr bald Plasmolyse. Nachdem diese perfekt geworien, zieht sich in den folgenden 24 Stunden das Körner- plasma samt Zellenkern und Chromatophoren zusammen. (derart. daß es nicht allseits der Hautschicht als Belag von ungefähr gleichmäßiger 6 Senn, Die Gestalts- und Lageveränderuugen der Pflanzenchronato- phoren, Leipzig {W. Engelmann) 1908. 2} Senn, a. a. 0. par. 3) EB. Küster, Über den Einfluß wasserentziehender Lösungen auf die Ta der Chromatophoren «Ber. di. D. Bot. Ges. 1906, Bd. XNIV, pag. DSeun, an. 0. par. 1 5) Vel. Schimper, a.a. ©. na Übor Tnhaltsverlagerungen in plasmolysierten Zellen. 209 Dicke aufliegt. sondern an einer oder selten mehreren Stellen zu einem diekon Klumpen sich anläuft, der Körnerplasma, Zellenkern und Uhromatophoren in sich vereinigt. In Zellen. (deren Körnerplasma sich besonders stark kontrahiert hat, springt der von ihm sebildete Klumpen halbkugelförmig oder als Haches Kugelstück in «en Zell- saftraum vor, wie auf mehreren der Abbildungen zu erkennen ist. Die Vollständigkeit, mit der sich das Körnerplasma au einer Stelle sammelt, ist sehr verschieden. Zuweilen handelt es sieh nur um eine ungleichmäßige Verteilung des Plasmas, derart, daß eine sehr dünne Schieht von Körnerplasma noch an allen Teilen der kontrahierten Zellen- leiber erkennbar bleibt: in vielen anderen Fällen aber ist die Hohlkugel, welche tie Körnerplasmaschicht bildet. zerrissen und die ganze Masse auf eine oder wenige eng umgrenzte Stellen zusanmengezogen, so daß stellenweise eine Trennung des Körnerplasmas von der lautschicht er- folgt ist, oder zum mindesten keine Schicht von ersteren auf der Haut- schicht mehr erkennbar ist. In diesen Fällen sind auch die Chroma- tophoren nicht mehr gleichmäßig oder nahezu gleichmäßig in der ganzen Zelle oder wenigstens auf einigen Wänden der Zelle verteilt. sondern in den Plasmaklumpen eingeschlossen. Zur Untersuchung der Körnerplasmaklumpen eignen sich besonders die großen Zellen der oberen Schicht des Elodeablattes, Die Lagerung des Klumpens in der Zelle läßt keine (iesetzmäßigkeit erkennen: bald liegt er an den Außenwänden, bald an den Innen- oder Seitenwänden: bald sieht man ihn bei Durchmusterung eines Blattes in Profil-, bald in Flächenansicht ). 1) Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf aufmerksam wachen, daß die Chleroplasten vm Klodea deusa bei längerem Liegen der Blätter in schwach plasmolysierenden Fösungen (z.B. ". -Caleiunnitrat, » Rohrzucker) sie nicht bloß erheblich ver- größern (0.027—0,036 nn Länge anstatt (0,009—0,012 mn). son- dern auch in ihrer Mitte eine deutlich walrnehmbare. farblose ö oder blasse Zone ausbilden, an der der Chloroplast mehr oder weniger eingeschnürt ist. Offen- bar handelt es sich um Gebille, u B Abnormale Teilungen (der Chloroplasten yo deren Tei a orausge- h \ FRRREN HORR) teren Teilung nach vorausge Funaria bei Dinikelkultur in Knop’scher gangenem Wachstum unvall- Lösung. 970 Ernst Küster, Dieselhen Erscheinungen (ler Körnerplasmakontraktion, die ich für Elodea beschrieben habe. lassen sich auch an Zellen anderer Prove- uienz jederzeit leicht beobachten. Auf einige der zahlreichen Objekte, tie ich untersuchte. will ich noch kurz hinweisen. Vallisneria spiralis. — In den kleinen Zellen «der Blattepidermis kommt es bei Behandlung mit " ,-Caleiumnitrat fast allenthalben zur Kontraktion. In den großen Zellen des Grundgewebes bleibt meist die gleichmäßige Körnerplasmaschicht erhalten, zuweilen aber erfolgt auch hier Kontraktion, so «daß ein relativ sehr großer, schwarzgrüner Klumpen entsteht. In den kleinen Epiderniszellen konnte schon wegen (es großen Plasmareichtums die Kontraktion nicht zu so auffallenılen Formationen führen wie in den großvakuoligen Flotdeazellen u. a. Mesophyilzellen von Trarlescantia diseolor. -— Auch hier bei Be- handlung mit »,,-Caleiumnitrat kräftige Kontraktion des Körnerplasmas. Wie bei allen Erscheinungen, die auf den vorliegenden Seiten ge- schillert werden sollen. spielt auch bei der Kontraktion tes Plasmas in den Zellen «des genannten Objektes, der nieht näher analysierbare Zustand des vorliegenden Materials eine große Rolle: Präparate von manchen Blättern und Blattstellen zeigen in fast allen Zellen die Bal- lung des Körnerplasmas. während bei Untersuchung anderer Blätter und gleicher Behandlung die Kontraktion in allen Zellen ausbleiben kann. Grundgewebszellen aus jungen Achsen von Tradescantia virginiea. ngsschnitte in n ,-Caleiumnitrat zeigen sehr deutlich Kontraktion des Körnerplasmas und Ballung «der Chromatophoren. Wir kommen nachher noch auf dieses Objekt zurück. in kommen blieb. Sie gleichen im wesentlichen den von mir früher bei Funa hiygrometrien beobachteten Chlorophylikörnern, die bei Dunkelkultur der Mons- pflänzehen in 0,3--1°* iger Kuop’schen Lösung jene farblose Mittelzone noch viel kräftiger entwiekelten und in den manmnigfaltiesten Formen (sel. die vorstehende Figur) gten vgl. Küster, Beiträge zur Physiol. u. Phathol. der Pflanzenzellen I. Zeitschr. $. allgem. Physiol. 1904, Bil. IV, pag. 241; ferner V. Vouk. Laubfarbe und Chloroplastenbildung bei immergrünen Holzgewächsen. Sitzungsber. Akad. W Wien 1908, Bd. ONVIL Abt. L. pag, 1372). Die Tatsache, daß bei Funaria wie Wlodea u. v. a. die farblose Zeme der großen Chloroplasten immer in deren Mitte liegt, sprieht dafür, dab bei dem der Teilung vorangelienden Wachstum der Chlorophylikörmer die nene Uhloroplastensuhstanz in der Mitte eingeschaltet wird (imterkalares Wachstum): die Chloroplasten von Spirogyra wachsen nach Kolkwitz sowohl interkalar als aneh an der Spitze (Die Wachstumgeschiehte der Chlerophyll- bänder bei Spiroeyra. Pestschr. für Schwendener 1809. pag. 277). Ein Grund, diese vom Mikoxch zuerst studierte Teilung der Chlorophylikörner als „indirekte zu bezeichnen. legt meines Erachtens nicht vor. Über Inhaltsveriagerungen in plasmolysierten Zellen. 271 Dancus carota. — Fig. I zeigt eine Zelle aus dem (uerschnitt durch eine Mohrrübe: nach vierstündigem Aufenthalt in n-Rohrzueker hat sich das Körnerplasma samt den in ihm liegenden Karotinkristallen kontra- hiert. Primula sinensis, — Die zylin- «rischen Zellen der Drüsenhaare rea- gieren zwar sehr ungleich, zeigen aber sehr oft besonders deutlich die systro- »hische Gruppierung der hellgrünen Chromatophoren am Kerm und die Ballung (des Körnerplasmas. Auch von diesem Objekt soll später norl die ME, Vmonnamzelln aus der Rede sein. das Plasma ist gezeichnet. Unten Allium cepa. — Ich untersuchte das Körnerplasına mit seinen Ein- schlüssen, hauptsächlich Zwiebeln einer dunkel- roten Varietät. Trägt man Fpidermisfetzen von «der morphologischen Unterseite der Zwiebelschuppen in »/, - Caleinmnitratlösung oder andere plasmolysierende Medien ein. so kontrahiert sich binnen 24 Stunden in vielen Zellen das Körnerplasma sehr stark (vgl. Fig. 2a). Der Plasmaklumpen ist sehr kräftig gekörnt, setzt sieh aber gegen den Zellsaftraum mit einer deutlichen Schicht Hyaloplasmıa ab. Der in Fig. 3a & e Fig. 2. Zellen aus der Epidermis der Zwiehelschuppen von Allivn eepa. Bei a starke Kontraktion des Körnerplasmas (7° Yakuole) und deutliche Bildung einer inneren Hyaloplasmaschicht. Bei 5 ebenfalls Kontraktion des I nerplasımas; dem Ballen liegen zahlreiche kleine und kleinste Vakuolen an. Bei, ist der Körner- plasimahaufen durchsetzt von zahlreichen kleinen Vakuele Die Cellulosen and der plasmolysierten Zellen ist nieht wezeichner, 2372 Erast Küster, Fig. 2@ dargestellte Fall ist ausnahmsweise einfach; in der Mehrzahl der Fälle verändert sich der Plasmaleihb der Zwiebelzellen in plasmo- Iysierenden Lösungen — besonders deutlich z. B. in Normalrohrzucker- lösungen -— (erart. daß der rote Zellsaftraum von zahlreichen Plasma- lamellen septiert uni dabei oft zu einer grobschaumigen, morulaähnlichen Masse wird. In diese große Masse von Vakuolen kommt nun bei der Kontraktion des Plasmas insofern „Ordnung.“ als sich die kleinen und kleinsten in der Nähe des Kerns finden, und die große (oder die großen) zur Seite gedrängt wird (vgl. Fig. 25. Eine ähnliche Anordnung zeigt Fig. 2e: der den Kern umgebende Körmerplasmaballen ist von zahl- losen kleinsten roten Vakuolen «durchsetzt. -— Ähnlieh wie die Epi- dermiszellen der Zwiebelseluppen verhalten sich auch ihre Grund- gewehszellen (Längsschnitte): auf Präparaten beider Art sieht man sehr oft nieht mehr als 5 oder 10%, der Zellen in der geschilderten Weise sich verändern. Die Anhäufung «der Chloroplasten um den Zellenkern ist ebenso wie die Kontraktion (es Kömerplasmas ein reversibler Vorgang: läßt man Wasser zu den plasmoiysierten Objekten fließen. so beginnt in vielen Zellen — bei Elodea densa, ıleren Blattzellen durch n/,-Caleium- nitrat plasmolysiert worden sind, oft schon nach 10 Minuten — eine Lockerung der Chlorophslikörnerballung und eine Ausbreitung der Plasmaanhäufung. Die Zellen ein und desselben Präparates verhalten sich allerdings oft sehr ungleich: in manchen tritt die Lockerung (der Chlorophylikornmasse erst sehr viel später ein. Läßt man tie plasmolysierten Zellen, deren Körnerplasma sich kontrahiert hat. besonders lange in der plasmolysierenien Flüssigkeit liegen, so wird allmählich von dem der Kugelform zustrebenden Zell- safttropfen «der rundliche Plasmatropfen samt Zellenkern und Chromato- plioren sanft vorgewölbt und schließlich wie eine halbkugelförmige Warze vorgestülpt (vgl. z. B. Fig. 1: Fig. 25 zeigt (die Plasmamasse samt den ihr anliegenden kleinen Vakuolen in der geschilderten Weise vorge- stälpn): natürlich sine diese Formveränderungen erst dann möglich, wenn die Oberflächenspannungsverhältnisse der Hyaloplasmaschieht nicht mehr die ursprünglichen sind. Die Art und Weise, wie der Zellenkern von den sich systrophisch vereinigenden Chlorophyiikörnern tumlagert und überlagert wird. läßt zwar mancherlei Unterschiede erkennen (vgl. Fig. 3); stets aber be- stehen insofern Beziehungen zwischen Zellenkern und Chromatophoren, als jener niemals frei von diesen bleibt. Wir werden später noch ein- gehender (davon berichten, daß bei der Kontraktion des Körnerplasmas Über Tnhaltsverlagerungen in plasmolysierten Zellen. 275 außer dem großen inlaltsreichen Klumpen, von dem schon die Rede war, noch kleinere Plasmaportionen sich kontrabieren und tropfenartig auf der Hyaloplasmaschicht stehen können; solche Plasmatropfen sind meist chlorophylifrei. Niemals aber wurde der Fall beobachtet, daß der Zellenkern in einen «lieser chloroplastenfreien Plasmatropfen läge. Wohl aber ist der Fall gar nicht selten, daß außer dem großen Klumpen Chlorophylikörner, «ler den Zellenkern als Zentrum umgibt, noch ein zweiter, naturgemäß kernloser Chlorophyli- und Körnerplasmahaufen sich bildet. Bei Eladea densa (in '., Normalealeiumnitrat, noch hesser TAB Een Fig. 3. Die Chlorophyli- Zu. körner beginnen in ver- sich um den Zellenkern zu lagern (Elodea densa schiedener Anordnung A in n/,-Caleiumnitrat), N \ Fig. 4. Randzellen eines Blattes von Hydrilla vertieillata; d Stunden in ,-Galeiummitrat. Der Inhalt einer Zelle EYH ist in drei Portionen Sen [ zerfallen. Fig. 3. in n-Rohrzucker) ist die Bildung von zwei ehloroplyiführenden Plasmaklumpen in einer Zelle sehr häufig. Vorgänge ähnlicher Art hat, wie wir oben in Erinnerung riefen. auch Schimper beobachtet, «dessen Mitteilungen sich allerdings stets nur auf die Chromatophoren und nicht zugleich auf «das Körnerplasma beziehen. Unterschiede irgendwelcher Art -— etwa in «er Anordnung ihrer Teile oder in ihren Lebensäußerungen (Bewegung usw.) —- Jassen sich zwischen «len kern- führenden und kerulosen Chlorephyll- und Plasmaballen nicht beobachten. Besondere Aufmerksamkeit verdienen diejenigen Zellen, (deren Protoplasma bei der Plasmolyse sich in zwei oder mehr Stücke zerlegt hat, deren jedes mehr oder minder reiehlieh mit Chlorophyiikörnern Plora, Bd. 100. 18 274 Ernst Küster, ausgestattet ist. Bei «den langen Randzellen und den am Mittelnerv liegenden Zellen der Blätter von Elodea densa oder Hydrilla vertieillata. sowie bei «den langen Girundgewebszellen aus der Achse von Trades- eantia virginica und an vielen anderen Objekten kann man sich leicht (davon überzeugen, daß «lie Bildung von Chlorophyliballungen nicht ab- hängig ist von «er (Gegenwart oder der Nähe eines Zellkerns: denn auch in den kernlosen Plasmaportionen. «die sich bei ıler Plasmolyse isoliert haben. sind die Chloroplylikörner imstande, sich zu einer dicht- gedlrängten Gruppe zu vereinigen. und auch die Kontraktionsfähigkeit des Körnerplasmas ist vom Zellkern unabhängig: bei Hydrilla verti- eillata zerfällt «das Plasma der sehr langen schmalen Randzellen der Blätter sehr oft in drei und vier Portionen, die alle in gleicher Weise ihre Plasma- und Chlorophyliballen ausbilden (vergl. Fig. 4). Daß in sehr kleinen. nur aus Plasma bestehenden. zellsaftlosen Portionen keine Ballungen eintreten können, versteht sich von selbst. Daß die Ballung der Chlorophylikörner in den kernlosen Anteilen nicht in der Weise zustande kommt, «daß etwa noch vor der Zer- klüftung des Plasmaleibes ein einheitlicher systrophischer Haufen sich gebiktet hat, der bei der fortschreitenden Plasmolyse dann zerteilt würde, (lerart, daß jede Plasmaportion einen Teil des Ballens bekäme, geht schon aus der Lage der Chlorophyli- und Körnerplasmaballen hervor, ferner aber auch daraus. daß bei Elodea, Hyılrilla und anderen die Zerteilung «des Piasmaleibes in mehrere Portionen längst perfekt ge- worden ist. bevor Plasmakontraktion und Ortswechsel der Chloroplasten eintritt. Bei Primula sinensis begegnen wir allerdings dem abweichenden Verhalten. «laß in den zylindrischen Zellen der Drüsenhaare alle Chloro- phylikörner zu einer (Gruppe sieh zusammenschaaren können, noch be- vor eine Zerteilung des Plasmaleibes erfolgt: tritt diese dann ein, so resultieren ein kernhaltiger, plasmareicher Anteil mit sämtlichen Chro- matophoren und ein kernloser. plasmaarmer, völlig ehlorophyilfreier Teil. Dieses Verfahren. chlorophylifreie Zellen zu gewinnen !), habe ielt bis- her nur bei den Haarzellen von Primula sinensis anwendbar gefunden ?). I; Eine andere Methode. chlorophylifreie Zellen zu erhalten, hat kürzlich © x. Wisselingh (Zur Physiologie der Spirogyrazellen. Beih. z. Botan. Zentralbl. 1908, Bd. XXIV, Abt. I, pag. 133) beschrieben. 2), Von allen Objekten, die ich nach den hier interessierenden Gesichtspunkten untersucht habe, sind die Drüsenhaare der Prinmla sinensis insofern am ungeeig- netsten. ala Zellen ein und derselben Art bei gleicher Behandlung außerordentlich verschieden hinsichtlich der Umlagerung ihres Plasmas und der Chromatophoren rengieren. Alle im Text erwähnten Beobachtungen sind im Botanischen Institut zu Halle gemacht worden; das Kieler Material gab keine Resultate, da das Plasma stets noch vor Beginn der Umlagerungen abstarb. Über Inbaltsverlagerungen in plasmolysierten Zellen. 275 Mustert man eine große Anzalıl von Zellen. ıleren Inhalt durch Plasmolyse in mehrere Portionen zerlegt worden ist, so stellt sich heraus, daß hier und da in kernlosen Anteilen J die Ballung ausgeblieben ist ız. B. bei Elodea): ee sie bleibt zwar auch bei unzerteilten kernhaltigen Zellen aus nicht ersichtlichen Gründen zuweilen aus; immerhin ınuß bei manchen Objekten «die Wiederkehr des in Fig. 5 dargestellten Bildes auffallen: in kernhaltigen Teil deutliche Kontrak- tion des Plasmas (und event. systrophische Bal- lung der Chromatophoren), im kernlosen Teil unveränderte Verteilung «des Plasmas (und seiner Inhaltskörper). Wenn tiesen Fällen außerordent- lich zahlreiche andere gegenüberstehen, in welchen beide Plasmaanteile die gleichen Kontraktions- erscheiuungen zeigen. so werden wir die Folge- rung ziehen dürfen. daß von dem Kerne eine „Anziehungswirkung” ausgeht. welche das Kör- nerplasma und die in ihm liegenden Chromato- phoren usw. um ihn sich sammeln lassen, dab aber auch andere Stellen der Zelle — unab- hängig vom Zellenkern — (denselben Konflux Lam Ä veranlassen können. Zu dieser Vermutung r \ führt uns auch «lie Betrachtung der ınzerteilten Fig. 5 Farblose Yale D » » . . E ängsschnitt Zellen, in welchen sich 2 Ciruppen von Chloro- Ausch die Achse en phylikörnern gehäuft haben. Tradercantin yirginien. r . . en 5 8 Stun 2,,.Cal- Über (lie anziehende Wirkung des Zellen- eimınitrae. Oben den kerns, welche die nukleopetale Wanderung der kernhaltüge en, ten Chlorophylikörner veranlaßt, hat sich Senn a. a. leiten ne las O, ausführlich geäußert. Wir werden in einem kuntraktion. der nächsten Abschnitte auf seine Theorien näher einzugehen Jaben. 2. Plasmabewegungen in plasmolysierten Zellen. Dab die tiefgreifenden Veränderungen in der Verteilung des Körnerplasmas in der Zelle nicht ohne Einfluß auf dessen Bewegung sein werden, läßt sich erwarten. Es wird zunächst zu schildern sein. in welcher Weise «die Strömungserscheinungen modifiziert werden: außer- dem werden «die an plasmolysierten Zellen mit kontrahiertem Körner- plasma beobachteten amöboiden Plasmahewegungen zu behandeln sein. in? Ernst Küster. IS ES] ber3 a) Strömungsanomalien. Plasmolyse schließt an sich Plasmabewegung nieht aust; auch die Kontraktion des strömenden Körnerplasmas vermag seine Bewegung noch nicht lahmzulegen. Die Art der Bewegung in kontrahierten oder sieh kontrahierenden Plasmamassen zeigt aber mancherlei Auffälliges. Am deutlichsten werden die Veränderungen in den Blattzellen von Elodea «densa — nur von diesen und ihrer Rotation soll im folgenden ‚lie Rede sein --. wenn das Körnerplasma und die ihm eingelagerten Chlorophylikörner zu scharf umrissenen Klumpen sich vereinigt haben — zu einem oder zwei halbkugelförmigen Ballen oder zu einer dicken. annähernd in der Mitte der Zelle liegenden Plasmascheibe. Die Be- wegung wird in diesen Klumpen fortgesetzt: in (denjenigen Zellen. in welchen der Plasmaklumpen seine der Haufschicht anhaftende Sohle nach oben richtet. sieht man Plasma und Chlorophylikörner rotieren wie auf einer um ihren Mittelpunkt gedrehten kreisrunden Scheibe. Ich beobachtete Fälle. in welchen eine Drehung (der Plasmamasse um 360° ca. 25 Sekunden in Anspruch nahm. Auch wenn die Klumpen einer Seitenwand anliegen und bei Untersuchung eines Elodeablattes dalıer im Profil sichtbar sind, }äßt sich «die Drehung der Plasmamasse deutlich beobachten. Die Achse, un welche die Drehung erfolgt, liegt übrigens nieht fest. sondern verschiebt sich: der Umriß der der Hautschicht auf- rubenden Körnerplasmasohle verändert sich während (der Drehung fast in allen Fällen von Sekunde zu Sekunde mehr oder minder deutlich. Hat sich das gesamte Körnerplasma oder sein größter Teil in der Mitte der langgestreckten Zelle zu einem (lieken Scheibehen kon- trahiert. so kann man naturgemäß nur an diesem Plasmaseptum Be- wegungserscheinungen erwarten: (dieses «dreht sich mit derselben Ge- schwindigkeit wie die soeben besprochenen hemisphärischen Klumpen. Am vorzüglichsten habe ich alle (diese Bewegungserscheinungen an denjenigen Blättern beobachtet. welche 24 Stunden oder länger in »/;n-—n-Rohrzuckerlösungen gelegen hatten. Auch an Zellen der Blattbasis. (die an Plasma arm und deren Chloroplasten oft stark degeneriert sind, treten die geschilderten Rotationen auf. Allzulange kann man sie unter «dem Mikroskop nicht verfolgen. «la sie nach 10 bis 20 Minuten langsamer werden und schließlich ganz sistiert werden. Vielleicht ist (die geringe Sauerstoffzufuhr, die durch das Deckglas be- «dingt wird, hierfür verantwortlich zu machen. Noch zahlreiche weitere Mannigfaltigkeiten lassen sich an der Plasmabewegung plasmolysierter Zellen beobachten. Zumal in Rohr- Iı Vgl. Hofmeister, Die Lehre von der Pflanzenzelle 1867, pag. 53. Über Inhaltsverlagerungen in plasinolysierten Zellen. 277 „uckerlösungen entstehen sehr häufig nicht ein. sondern mehrere Plasma- ballen der gewöhnlichen Form: dann können wir beide unabhängig von- einander ihre Drehungen ausführen sehen. Weiterhin ist der Fall sehr häufig, «daß die Kontraktion des Körnerplasmas unvollkommen bleibt. Sehr oft bleibt z. B. neben einem toder neben zwei) Plasmaklumpen noch eine sehr dünne gürtelförmige Zone von Körnerplasma mit Chro- matophoren in der Mitte der Zelle bestehen, die — senkrecht zur Fig. 6@ a © Fig. 6. Halbschematische Darstellung der in den Blattzellen von Eloder densa häufigsten Strömungsanonalien. «u. b: das strömende Körnerplasma zu einem Haufen zusammengeballt und in der Richtung der Pfeile rotierend (v Profil-, & Flächenansicht); c eine dicke «ürtel- i förmige Zone des Körnerplasınas strömt (senkrecht zur Längsachse der Zeller in der Richtung der Pfeile (es ist die Oberseite der Zelle gezeichnet); oben und unten dünne ruhende Körnerplasmaschichten mit einigen Chlorophylikörnern; # Zellen mit zwei rotierenden Plaswaklumpen (oben und, unten, einer in Profil-, der andere in Flächenansicht), in der Mitte eine gürtelförmige Strömungszone, links noch ein nahezu in Ruhe verharrender Plasmatropfen. Längsachse der Zelle — ihre Strömung fortsetzt: oder es bleiben hie und da in der Zelle unregelmäßig umgrenzte Partien oder solche, deren Umrisse sich überhaupt nicht mit Sicherheit erkennen lassen. an der Hautschicht haften und verharren in völliger Ruhe soweit aus den ihnen hie und da eingelagerten Chloroplasten sich erschließen läht. — Fig. 6 veranschaulicht einige der häufigsten Strömungsanomalien. Die Plasmaklumpen, «die mit einem feinen Plasmafädchen noch mit der gegenüberliegenden Seite des Zeilenleibes in Verbindung stehen. DIS Ernst Kürter. rotieren in (derselben Weise wie (diejenigen. von welchen keinerlei Plasma- fäden ausgehen: die Rotationsachse geht stets durch den Punkt, an welchem das Plasmafädchen eimmündet. Diese Plasmaklumpen zeigen während der Rotation von einer zur anderen die seltsamsten Form- veränderungen und vermitteln für unsere Beschreibung den Übergang zu den in nächsten Abschnitt geschilderten Vorgängen. b) Amöboide Formveränderungen. Alle lebendigen Anteile der Pflanzenzelle — Cytoplasma, Zellen- kern. Chromatophoren — zeigen sieh unter bestimmten Bedingungen zu amöboider Formveränderung befähigt. Was insbesondere das Cyto- plasma umhäuteter Zellen betrifft. so läßt sich seine Befähigung hierzu naturgemäß nur an der Grenzfläche von Cytoplasma und Vaknolen- tlüssigkeit beobachten: sowohl «der wanıdständige Plasmabelag als auch die den Zeilsaftraun «urehsetzenden Plasmafäden zeigen unter be- sonderen Umständen Iıie und da zuckende oder züngelnde Bewegungen, die als amöboide zu bezeichnen sind. — nach Pfeffer z. B. dann, wenn sich in dem Plasma irgeniwo eine lokale Stauung bildet und die strö- mende Masse (diese Insel eine Zeitlang umtließt, bis das Hindernis mitgerissen wird). Bequeme (ielegenheit zur dauernden Beobachtung amöboider Be- wegungserscheinungen von Cytoplasma umlıäuteter Metaplytenzellen —— — BE . bieten lie nach Plasmolyse kon- B trahierten Körnerplasmamassen. von welchen oben die Rede war, z. B. die in den Zellen von Elodea (lensa. Fast alle durch Kontraktion der Körnerplasmaschicht entstandenen Plasmaklumpen zeigen -—— wenig- stens (die ersten 24--48 Stunden nach ihrer Entstehung —- mehr oder Fig. 7. Grundgewebszellen aus der Ac minder lebhafte amöboide Formver- von Tradescantia virginica (Längsschnitt änderungen. Die großen mit Chloro- 20 Standen in n„„Caleiumnitrat). phylikörnern reichlich ausgestatteten Plasmaklumpen, welche einzeln oder zu zwei in den Elodeazellen sich bilden, zeigen allerdings meist nur bescheilene amöboide Formverände- rungen, «ie oft erst bei aufmerksamer und geduldiger Beobachtung der Gebikle bemerkbar werden. Außerordentlieh lebhaft sind aber die Form- veränderungen bei den kleinen Körnerplasmatropfen, die hier und da auf der Hautschicht der plasmolysierten Zellen aufsitzen (vel. Fig. U. D Vgl. Pfeffer, Pflanzenphysiologie. 2. Aufl, Bd. Il, pag. Über Inhaltsverlagerungen in plastiolysierten Zellen. 2379 In den Zellen von Elodea bilden sich fast immer bei Behandlung mit Ca(NO,), oder mit Rohrzucker außer (dem großen ehlorophyllführenden Plasmaballen kleinere Körmerplasmaansammlungen —- in jeder Zelle meist eine, selten zwei. die wie Tropfen anf der Ifautsehiecht aufsitzen, Die kleinen sind stets chlorophylifrei -- «der Durehmesser ihrer der Hautschicht aufsitzenden Sohle ist ungefähr so groß wie ein Chlorophyll- korn, bis doppelt so groß: die größeren sind gelegentlich nit einem oder wenigen Chlorophylischeibehen ausgestattet. Diese der Hautschicht ansitzenden „Plasmaamöben“ zeigen eine erstaunliche Agilität. die hinter der Beweglichkeit. schnell kriechender tierischer Amöben nicht zurück- bleibt. Sie wölben sich. spitzen sich zu, züngeln und wagen, buchten Sich sattelförmig ein. teilen sich vorübergehend mehr oder minder un- vollkommen, runden sich wieder ab und rücken auf ihrem Substrat bald hierhin, bald dorthin. Ungeachtet aller Agilität kommen sie meist doch nicht recht von der Stelle; was sie an ihren Platz fesselt. ist nicht zu ersehen, — vermutlich dasselbe Hemmnis, das sie als besonderen Plasmatropfen an ihre Hautschicht des Cytoplasmas zurüekhielt, die Vereinigung ihrer Substanz mit der Hauptmasse des sich kontrahieren- den Körnerplasmas verhinderte und dadurch ihre Entstehung als selbst- ständige Plasmaamöben erst herbeiführte. Oft sind Plasmafäden er- kennbar, welche von ihnen zum gegenüberliegenden Teil des Plasma- ballens führen: an diesen Faden züngelt die Masse der Plasmaamöben oft weit hervor. In anderen Fällen beobachtete ich amöhoide Plasma- tropfen, von welchen keine Plasmafäden ausgingen. Es ist zwar anzunehmen, daß die Plasmaamöhen gegen den Zeil- saftraum (durch eine «dünne Lage von Hyaloplasma oder eine anılers- geartete Hautschicht abgesetzt sind: och babe ich von einer solehen nichts wahrnehmen können. Die unvollkommene Kontraktion «des Körnerplasmas. welche. wie wir bereits sahen. zu den mannigfaltiesten Arten der Plasmaverteilung führen kann. bedingt auch selır mannigfaltige Verschieienheiten in den amöboiden Bewegungserscheinungen. Namentlich in Zellen. deren chloro- phyliführender. sich kontrahierender Plasmaballen seine Masse noch nicht in einem fest umgrenzten. abgerundeten (rebilde gesammelt hat. lassen sich allerhand Variationen erkennen: das Körnerplasma les Ballens spült von Zeit zu Zeit wie mit lobosen Pseudoporlien über (lie Hautschicht vor, oder streckt solche von sich und zielt sie wieder ein. zuweilen sind mehrere sich kontrahierende Plasmaballen miteinander durch feine. fadenartige Plasmabrücken -— die aber nicht durch den Zellsaftraum gespannt sind, sondern der Hautschicht aufliegen ver- 280 Ernst Küster, bunden; ich beobachtete Zellen, in welchen diese Plasmafäden im Augen- blick zu breiten Plasmahändern sich verwandelten und das Zusammen- fließen der beiden Plasmamassen herbeiführten. Häufig sind die sich kontrahierenden Plasmamassen auf allen Seiten von einem Netzwerk feiner Plasmafäden umgeben, in dem fortwährend ähnliche Veränderungen sich abspielen. An den großen chlorophyllführenden Plasmaklumpen kann sich die vorhin beschriebene Rotation mit amöboiden Formveränderungen kom- binieren, und auch bei den kleinen Plasmaamöben, die unablässig ihre Form wechseln, legen die in ihnen enthaltenen Plasmakörnchen oft deutliche Rotationsbahnen zuriick. Überhaupt ist die geschilderte auö- boide Bewegung der Plasmatropfen unzweifelhaft ein Ausdruck der- selben bewegenden Kräfte, welehe im unzerrissenen, zusammenhängen- den Körnerplasmaschlauch die typischen Erscheinungen der Rotation hervorrufen. . Plasmaamöben von größerer oder geringerer Agilität bilden sich unter denselben Umständen wie in den Zellen von Elodea densa häufig und leicht in den Zellen der Drüsenhaare von Primula sinensis, in den Grundgewebszellen von Tradescantia virginiea und sehr vielen anderen. 3, Senn’s Lehre vom Peristromium. Nach der Schilderung, welche Senn in seinem bereits zitierten Werk von der Bewegung und den Bewegungsorganen der Chlorophyl- körner gibt, werden diese zu aktiver Bewegung durch das sie umgebende Peristromium befähigt, eine farblose Plasmahülle, welche fadenförmige Pseudopodien auszusenden vermag und den Ortswechsel der Chloro- phylikörner bewirkt, Ein solches Peristromium, das besonders deutlich in den Blattzellen von Funaria hygrometrica wahrnehmbar sein soll, nimmt Senn für die beweglichen Chlorophylikörner aller Pilanzen in Anspruch. Was insbesondere die Wanderung der Chlorophylikörner zum Zellkern hin betrifft. so nimmt Senn, wie schen oben erwähnt, für die von ihm als Systrophe bezeichneten Fälle an, daß die durch die Pseudo- podien ihrer Peristromien bewegten Chlorophylikörner von chemotaktisch wirkenden Ausscheidungsstoffen des Nucleus zu diesem hingelockt würden. Ich kann mich der Senn’schen Lehre aus verschiedenen Gründen nicht anschließen. So wahrscheinlich es auch ist, daß der Zellkern Aurel ausgeschiedene Stoffe mannigfaltiger Art auf seine lebendige Um- gebung wirkt, sind doch insbesondere die Chemotaktica, welche Senn voraussetzt, nach meiner Ansicht schon deswegen nur wenig glaubhaft er — Über Inbaltsverlogerungen in plasmolysierten Zellen. 281 von dem genannten Forscher erschlossen, weil die aktive Bewegungs- fähigkeit der Chlorophylikörner bzw. ihrer Peristiomien noch keines- wegs erwiesen zu sein scheint. Die Zweifel, welehe Seun’s Peristro- mialpseudopodien gegenüber berechtigt sind, hat Knoll!) bereits zum Ausdruck gebracht; auf seine Abhandlung möchte ich hier verweisen. Solange also nicht die aktive Bewegung der Chlorophylikörner über allen Zweifel erhaben ist, dürfte es verfrüht sein, hypothetische Chemo- taktica zur Erklärung der Chlorophylitranslokationen anzunehmen und ihre Wirkungsweisen zu diskutieren. Ich bestreite durchaus nicht, daß an Chromatoploren verschiedener Art Pseudopodien sichtbar werden können. Bei vielen Algen — vgl. Senn a.a. O. pag. 2981. — lassen sich amöboide Formveränderungen, die ich an Diatomeen, Phäophyceen und Rhodophyeeen wiederholt studiert habe, bei geduldiger Beobachtung leicht feststellen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, daß auch die Chlorophylikörner höherer Pflanzen wenigstens unter bestimmten Umständen zur Bildung von Pseudopodien befähigt zu sein scheinen. Meine Beobachiungen beschränken sich anf die blaßgrünen Chloroplasten der unterseitigen Epidermis von Listera ovata. Obwohl ich in vier Frühjahren mich sehr bemüht habe, die in Rede stehende Erscheinung näher zu studieren, ist es mir doch nur zwei- oder dreimal gelungen, amöboide Formveränderungen an den Listerachloroplasten wahrzu- nehmen, und stets nur dann, wenn die Laubblätter der Listera oder Stücke von ihnen vor der Untersuchung mehrere Stunden in Wasser gelegen hatten. An einer vorher nicht gekennzeichneten Stelle des Chlorophylischeibehens bildet sich ein schmales Psewdoporlium, das sich schnell vorstreckt, verlängert, auch an der Spitze sich gabeln und unter sehr lebhaften Formveränderungen wieder eingezogen werden kanı (vgl. Fig. 8). Davon, daß das Chlorophylikorn dabei von der Stelle rückte, habe ich nichts wahrgenommen. Von den Senn’schen Peristro- mialpsendopodien unterscheiden sich die von mir leider so selten be- obachteten Gebilde vor allem auch dadurch. daß sie nicht Plasma- fäden darstellen, sondern offenbar zum Stroma des Chromatophoren selbst gehören. Hierin gleiehen sie vielleicht auch den von Noll (gl. Senn, a. a..O., pag. 298) beobachteten Pseudopodien der Chloroplasten von Bryopsis. Die von mir beobachteten Listerachloro- 1) Er. Knoll, Über netzartige Protoplasmadifferenzierungen und Chloro- . plastenbewegung (Sitzungsber. Akad. Wiss. Wien; Mathen.-naturwissensch. Bi. 1908. Bd. CX VII, Abt. I, pag. 1227). 282 Ernst Küster, plasten bildeten so überaus dünne Pseudopodien, daß diese völlig farblos erschienen. Die bei Listera gelegentlich beobachteten Chloroplastenpseudopodien sind offenbar nicht imstande, das Problem der Orientierungsbewegungen, die von den Chlorophylikörnern her bekannt sind, nach irgendeiner Richtung zu klären. An den leiehtbeweglichen Chlorophylischeibehen von Funaria usw. habe ich ebensowenig wie andere Untersucher jemals Effigurationen gesehen, die mit den von Listera hätten verglichen werden können. Die Umstände, unter welchen ich sie bei dieser be- obachtete, machen es überdies fraglich, ob diese Art der Pseudopodien- bildung zum normalen Leben der Chromatophoren höherer Pflanzen gehören mag. Fig. 8. Pseudopodienbildende Chro- matophoren aus der unterseitigen Epidermis von Listerablättern. — Die Chromatophoren veränderten, _wäh- rend sie Deobuchten und gezeichnet wurden, unausgesetzt ihre Form, s0 daß es dahingestellt bleiben muß, ob in den Figuren die Proportionen überall mit hinreichender Genauigkeit wiedergegeben worden sind. Fig. 8. Der von Senn insbesondere für die systrophische nukleopetale Wanderung der Chlorophylikörner gegebenen Deutung kann ich mich ferner schon deswegen nicht anschließen, weil mir kein Grund vorzu- liegen scheint, zwischen den Gruppen der Chloroplasten, welche den Kern umhällen, und den Chloroplastenballen, welche an beliebigen anderen Plätzen der Zelle sich häufen, prinzipiell zu scheiden, und weil bei den an beliebiger Stelle sich ansammelnden Massen eine Wirkung der Kerne ausgeschlossen ist. Schließlich spricht gegen Senn’s Deutung auch die Tatsache, daß auch andere Inhaltskörper des Plasmas als Chromatophoren sich in derselben Weise um den Zellkern scharen oder an der nukleopetalen Gruppierung teilnebmen, z. B. Eiweißkristalle.e Wenn unzweifelhaft tote Gebilde ebenso am Kern Platz nehmen, wie wir es bei der Systrophe der COhromatophoren sehen, wird die ‚Folgerung nieht ab- zuweisen sein, daß die zum Zellkern hin gerichtete Bewegung der Plasmaeinschlüsse passiv ist und der von Frank aufgestellte Satz: „Das Protoplasma ist das Bewegende“ noclı zu Recht besteht. Macht man «durch junge Kartoffelknollen dünne Schnitte unmittelbar unter ihrer Korkhaut, so sieht man in den stärkearmen, aber sehr eiweißreichen Über Inhaltsverlagerungen in plasmelgsierten Zellen, 2883 Zellen den Zellenkern sehr oft nicht nur von den Chromatophoren unlagert, sondern findet in derselben Lage wie diese auch einen, zwei, drei oder noch mehr Eiweißkristalle wechselnder Größe an ihm liegen (vergl. Fig. 9). Die Leukoplasten verhalten sich nicht anders als in schwach ergrünten Knol- len die blassen Chloro- phyliträger, die stärke- losen Ohromatophoren nicht anders als diejenigen, die bereits ein kleines Stärkekorn bergen. Naeh meiner Ansicht wird sich die Annahme nicht um- gehen lassen, daß alle Einschlüsse des Plasmas, ER 8 j Fig. 9. Zelle aus dem Grundgewebe einer Kar- welche am Kern liegen, toffeikuolie. An dem Kern liegen zahlreiche Chloro- dureh di ir plasten (mit und ohne Stärkeeinschlüsse), ein vch die gleichen Kräfte größeres und mehrere kleinere Eiweißhexaöder. hinbefördert, worden sind, und ich kann mich daher nicht zu der Auffassung bekennen, daß die Chloroplasten durch aktive Lebensfähigkeit zum Zellkern wanderten. Um ähnliche Transportbewegungen, die das Protoplasma ausführt, handelt es sich vermutlich auch bei der Erscheinung, daß die Stärke- körner mancher Florideen sich um den Zellkern lagern '). 4. Rhumblers Erklärungsversuch. Aus dem (fesagten geht hervor, daß in den hier behandelten Fällen die Chlorophylikörner zum Kern hingebracht werden. Welche Kräfte können wir für diese Bewegungserscheinungen verantwortlich machen? Es liegt am nächsten, an Oberflächenspannungserscheinungen zu denken. Ich will versuchen, mit den folgenden Zeilen diejenigen Äußerungen der Kapillarspannungen zu erläutern, die für die Klärung der "Fragen nach dem Mechanismus der Chlorophylikornbewegungen etwas beizutragen versprechen. a) Wenn Körper beliebiger Art auf einer Flüssigkeit schwimmen — 2. B. Holz- oder Korkstückehen auf einer Wasseroberfläche — so 1) Vgl Fr. Schmitz, Die Chromalophoren der Algen (Verhandi. Naturw. Ver. Rheinlands 1882, Bd. XL). — Auch die von Vouk (a. a, O.) beobachteten Vereinigungen von Chlorophylikörnern und Granulis in den Zellen von Seqnoia sempervirens möchte ich lieber als rein physikalisch bedingt (wohl durch Kapillar- spannung) erklären, als auf ontogenetische Beziehungen zwischen den Organen beider Art zurückführen. 254 Ernst Küster, werden sieh die einzelnen Körper, falls sie nieht zu weit voneinander entfernt sind, einander nähern und zu einer schwimmenden Gruppe vereinigen oder, falls sie dem Rand des Gefäßes nicht zu fern sind, diesem zustreben und. an ihm in eine Ruhestellung kommen. Es ist die Spannung der Wasseroberfläche zwisehen den einzelnen schwimmenden : Gegenständen oder zwischen diesen und dem (refäßrand, welche die besagten Bewegungen veranlaßt. Es scheint mir keineswegs ausgeschlossen, daß Bewegungserschei- nungen dieser Art und analoge Wirkungen der Oberflächenspannungen auch an Bestandteilen lebender Zellen -— auch an den Chromatophoren — zustande kommen können; denn es kommen, wie scheint, Fälle vor, in welchen Zellenorgane — Chromatophoren — auf der Plasma- oberfläche schwimmen; man kann es sogar unter dem Mikroskop un- mittelbar beobachten, daß Chloroplasten, die sich zunächst im Innern des Plasmabelags befanden, also allseitig von Plasma umgeben waren, an die Oberfläche des letzteren rücken und auf ihr schwimmen‘); bei den Chloroplasten, welche an feinen Plasmafäden liegen, dürfte es sieh vielleicht oft genug um Gebilde handeln, «lie dem Plasma nur aufliegen und nicht allseitig von ihm umhüllt sind. 1) Vgl. z. B. Noll, Beobachtungen und Betrachtungen über embryonale Substanz (Biolog. Zentralbl. 1903, Bd. XXIII, pag. 334): „Mit dem Eintritt in die Spitze verändert sich das Aussehen des somatischen Plasmas, indem es in gleichem Maße dichter (stärker lichtbrechend) und körniger wird; in gleicher Weise scheinen die Kerne wasserärmer und stärker lichtbrechend zu werden, während die Chloro- plasien nicht in gleicher Weise beeinflußt werden, sondern unverändert ihre Dichte beibehalten nud deshalb aus der dichteren Masse (wie Holzstiicke aus dem Wasser) ausgestoßen werden. Sie bleiben an der freien Oberfläche der embryonalen Masse „schwimmend‘“ zurück, während die Kerne mit in dieselbe hineingenommen werden; die embryonale Kappe ist daher kernhaltig, aber chlorophylifrei.“ Der Wechsel in der Diehtigkeit genügt nach meiner Ansicht zieht, um das von Noll geschilderte Austreten der Chlorophylikörner an die Oberfläche zu erklären und der Vergleich mit dem Auftrieb der im Wasser liegenden Holzstücke trifft, wie mir scheint, die Sache nicht, weil bei letzteren die Schwerkraft die Bewegungsrichtung des der Flüssigkeitsoberfläche zustrebenden Materials bestimmt; davon kann aber bei den Verlagernngen der Chloroplasten keine Rede sein. Ich vermute, daß bei den von Noll und Berthold (gitiert bei Noll) beschriebenen Erscheinungen Änderungen in der Benetzbarkeit der Chloroplasten durch das Cytoplasma eine Hauptrolle spielen, die ihrerseits auf chemisch-physikalische Änderungen in den Chloroplasten oder in dem sie umgebenden Oytoplasma zurückzuführen sind. In diesem Falle wäre das Austreten der Chlorophylikörner physikalisch mit der Defä- kation der Amöben gleichzustellen und ebenso zu erklären wie diese (vgl. L-. Rhumb- ler, Physikalische Analyse von Lebenserscheinungen der Zelle I. Arch. für Ent- wicklungsmechanik 1898, No. 7, p. 258). Über Inhaltsverlagerungen in plasmolysierten Zellen. 285 b) Zweitens haben wir uns zu vergegenwärtigen, daß auch Ge- bilde, welche allseitig von einem flüssigen Medium umgeben sind, durch Oberflächenspannungsverhältnisse in ihrer Anordnung beeinflußt werden können. Körperchen, welche in einer Flüssigkeit suspendiert sind, grenzen bei isolierter Lage mit größerer Oberfläche au das sie unı- gebende Medium als wenn sie sich berühren, zu einem Klumpen ver- einigen oder sonstwie zusammentreten. Die Oberflächenspannung des umgebenden Mediums, — etwa des Wassers, des Cytoplasmas usf. — wird suspendierte Körperchen, die durch irgendwelche Umstände bis zur gegenseitigen Berührung sich einander genähert haben, in dieser Lage festhalten; ein besonders stabiles Gleichgewicht wird erreicht sein, wenn alle suspendierten Körperchen sieclı zu einem Klumpen vereinigt haben und die Grenzfläche des umgebenden flüssigen Mediums auf ein Minimun. gesunken ist. Daß Ballungen, welche in der geschilderten Art auf Oberflächenspannungen zurückzuführen sind, in Zellen vielfach vor- kommen, ist mir nicht zweifelhaft. Die Ballungen, zu welchen Öl- und Fetttropfen und ähnliches sich in Pflanzenzellen verschiedener Art (z. B. bei Dietyota) vereinigt finden, lassen sich offenbar auf Oberflächen- spannungen zurückführen. Auch bei dichten Ballangen von Chlorophyll- körnern werden «dieselben Oberflächenspannungen die Stabilität der Gruppe festigen können. Nur beiläufig möchte ich an die Bewegungserscheinungen erinnern, welche Roux an „kopulierenden“ Chloroformtropfen beobachtet hat. Ich glaube freilich, daß jene Phänomene die uns interessierenden Er- scheinungen nicht erklären helfen können‘). e) Um so ausführlicher möchte ich auf die Erklärung eingehen, - weiche Rhumbler für gewisse von Fischel beobachtete Körnchen- bewegungen in Echinodermeneiern gibt?). Fischel zeigte, daß nach Behandlung mit Neutralrot in den sieh furchenden Echinodermeneiern sich kleine, im Protoplasma liegende Körnchen färben, die zunächst. überall in der Zelle gleicbmäßig verteilt sind, bei Beginn der Kernteilung aber zum Keru hinwandern, sich in seiner Nähe anhäufen und erst später, wenn auf (die Keru- und Zell- 1 W. Roux, Eine Methode der Selbstkoagulation von Tropfen (Zeitschr. f. biolog. Technik und Methodik 1908, Bd. I, pag. 16: vgl. auch Roux, Gesammelte Abhandl. 1895, Bd. IL, p. 34. 2) A. Fischel, Über vitale Färbung von Echinoderneneiern während ihrer Entwicklung (Anatom. Hefte 1899, 1. Abt, Bd. XL, pag. 163—505); L. Rhunibler, Physikalische Analrse von Lebenserscheinungen der Zelle TI (Archiv für Entwiek- Iungsmechanik 1900, Bd. IX, pag. 32). 286 Fernst Küster, teilung das Ruhestadium folgt, sich in den Zellen wieder regelmäßig verteilen. Rhumbler nimmt an, daß der Kern bei der Teilung wasser- entziehend und somit verdichten! auf das umgebende Cytoplasma wirkt und gibt folgenden Erklärungsversuch für das Fischel’sche Phänomen: „Wenn in einem wabig gebauten Flüssigkeitsgemisch, im Proto- plasma oder in irgendeinem emulsionsartigen Gemenge aus irgend- welchem Grunde eine lokale Verdichtung der Wabenwandsubstanz ein- tritt, so entsteht in dem Wabenwandwerk ein Druckgefälle, welches von dem Verdichtungszentrum ans nach allen Seiten hin abfällt. Dieses Druckgefälle wird dadurch veranlaßt, daß bei der Verdichtung die Kohäsion der Wandsubstanz gesteigert wird, die Wandteilcken hängen an der Verdichtungsstelle unter einander fester zusammen und werden deshalb auf zwischen sie eingedrängte Substanzen einen größeren Druck ausüben als da, wo eine geringere oder gar keine Verdichtung dei Wandsubstanz eingetreten is. Die zwischen den Wabenwänden ein- gelagerten flüssigen Wabeninhaltsmassen, die Enehylematröpfehen des Protoplasmas oder die Emulsionströpfchen einer Emulsion müssen daher von dem Verdichtungszentrum der Wabenwandsubstanz, vom Druck- gefälle fortgetrieben, abwandern; denn jedes einzelne dieser Flüssigkeits- tröpfehen ist an dem der Verdichtung zugekehrten Pole einem durch die Verdichtung verursachten höheren Kohäsionsdruck der Wandsubstanz ausgesetzt, als an seinem der Verdichtung abgekehrten Pole und diese Druckdifferenzen müssen sich innerhalb der flüssigen Einlagerungen in der Weise auszugleichen suchen, daß die Einlagerung von dem stärker gedrückten nach dem weniger stark gedrückten Pole einfließt. Jede lokale Verdichtung (Kobäsionssteigerung) innerhalb der Wandsubstanz muß daher (unter Abstoßung der flüssigen Einlagerungen) gleichzeitig eine lokale Zusammenhäufung der Wandsubstanz im Verdichtungs- zentrum und andererseits eine Rarifizierung der Wandsubstanz in den von den Verdichtungszentrum abgelegenen Zellen der Emulsion zur Folge haben, denn in diesen abgelegenen Teilen müssen sich selbst- redend die von der Verdichtung zurückgestoßenen Flüssigkeitströpfchen ansammeln“*). Die Fischel’schen Körnehen haben offenbar zu dem Plasma, in dem sie liegen, eine hinreichend starke Adhäsion, und wenn dieses sich au Sphären und Zellkern verdichtet, häufen sich an den- selben Stellen auch die roten Körnehen besonders dicht an. 1} Rhumbler & a. O., pag. 56, 57. Über Inhaltsverlagerungen in plasmolysierten Zellen. 287 Dieselbe Erklärung gibt Rhumbler auch bei Behandlung der Pigmentanhäufungen in den Embryonalzellen der Amphibieneier !); wäh- rend der Teilung, wenn der Kern verdichtend auf das umliegende Plasma wirkt, häuft sich das Pigment, für welches Rhumbler wiederum hohe Adhäsion an das Hyaloplasma annimmt, in seiner Nähe an, später in der Ebene der Zellscheidewand, „die ja natürlich auch nur unter Protoplasmaverdichtung hervorgebildet werden kann.“ Die von Fischel beobachteten und von Rhumbler erklärten Erscheinungen der Körnchenbewegungen sind den uns interessierenden Chloroplastenballungen so ähnlich, daß auch für sie Rhumbler’s Er- klärung zutreffend sein kann. In unseren Fällen wird das von Rhumbler angenommene Druckgefälle meist vom Zellkern ausgehen, aber auch von anderen Stellen des Zelileibes, an welchen durch irgenl- welche Umstände eine besonders energische Verdichtung zustande kommt. Es kann sich vorläufig nur darum handeln, Rhumbler’s Er- klärung und ihre Anwendung auf die uns interessierenden Phänomene in Pflianzenzellen zur Diskussion zu stellen. Ein Beweis dafür, daß mit ihr das richtige getroffen ist, wird sich erst erbringen lassen, wenn es im Experiment gelingt, an willkürlich gewählten Stellen des Zellen- leibes die geschilderten systrophischen Ballungen hervorzurufen. 1) L. Rhumbler, Physikalische Analyse von Lebenserscheinungen der Zelle IIT (Arch. f. Entwieklungsmechanik 1900, Bd. IX, pag. 63). Kiel, Botanisches Institut der Universität, August 1909. Über Selaginella Preissiana Spring. Yon H. Bruchmann. Mit 8 Abbildungen in Texte, Sei. Preisstans hetreffend.) ‚Von dieser kleinsten Selaginellen-Art, die in Westaustralien, Victoria und Tasmanien vorkommt, sind nur kurze, für die Systematik gebräuch- liche Beschreibungen bekannt, wie solche mir z. B, von J. G. Baker (im „Handbook of the fern-allies“, pag. 34, Nr. 3) und Hieronymus (in „Englers natürliche Pflanzenfamilien, Pteridophyten“, pag. 669, Nr. 5) vorliegen. Eine Erweiterung (dieser kurzen Angaben, ja auch eine Richtigstellung und Aufklärung von einigen derselben dürfte nicht über- flüssig erscheinen. Wenn man z. B. bei Baker liest, daß der Stengel dieser ein- jährigen Pflanze „gewöhnlich unverzweigt“ sei, so wirkt solche Angabe bei den nunmehr vorliegenden Ergebnissen der Untersuchung von anderen Arten dieser Gattung befremdend. Wie festgestellt ist, gehen ja die Selaginellen meist gleich unmittelbar über ihren beiden Keim- blättern eine dichotomische Verzweigung ein. Sollte diese Art eine Ausnahme von der Regel machen? - Wenn nun Hieronymus zu solcher Angabe über den Stengel von 8. Preissiana noch hinzufügt: „oder an der Basis verzweigt und dann rasig erscheinend“, so ist auch diese Charakterisierung der Aufklärung bedürfig. Denn, wie bekannt, ver- mögen sich die Selaginellen nur aus dem Meristem ihrer Sproßscheitel zu verzweigen. Adventive Auszweigungen sind nicht denkbar, eher noch „psewdoadventive“, Wie soll also eine rasenbildende Verzweigung am Grunde der Pflanze erklärt werden? Die folgende Untersuchung soll feststellen, inwieweit auch diese kleine eigenartige Form den durch meine Selaginellen-Studien ermittelten Gesotzmäßigkeiten in der Anordnung und dem Aufbau der Organe, also dem Verzweigungsschema der Selaginellen entspricht. Herbarien- material, namentlich einiges Alkoholmaterial, welches letztere mir von IIerrn Professor Dr. K. Goebel in München, welcher es in West- australien gesammelt hatte, gütigst überlassen wurde, machten mir diese Orientierung über 8. Preissiana möglich. Vom Prothallium der großen Spore der $. Preissiana ist mir nicht viel zu berichten möglich. Wie einige den Keimpflanzen anhaftenden Mutfersporen nachwiesen, fehlten dem Protliallium die drei in den Winkeln der Sporenklappen auftretenden Rhizoidhöcker nieht, welche H. Bruchmann, Über Selaginells Preissiana Spring. 289 ich gut ausgebildet vorfand. Ein Diaphragma aber war, wie zu er- warten, im Prothallium nicht vorhanden. Von der Keimpflanze. Wie die Anordnung der Organe an der Keimpflanze zeigte, gehört 8. Preissiana zu der Hauptgruppe mit zwischenständigen Haustorien, welche der mit unterständigen ent- gegensteht. Es sind hier also Embryoträger und Fuß zwischen Hypo- kotyl und erstem Keimwurzelträger aufgebaut. Von den Keimwurzel- trägern Nr. 2 und 3, die auch noch am Grunde des Hypokotyls zu entstehen haben, wird meist nur einer ausgebildet, der dritte bleibt rudimentär. Die aus den Keimwurzelträgern entspringenden Wurzeln gehen reiche Auszweigungen ein. Die Keimblätter (% in Fig. 1) sind deutlich hervortretend und wenig größer wie die folgenden Blätter. Rechtwinklig zur Mediane dieser ersten beiden Blätter tritt auch hier, wie bei allen Selaginellen, die erste, und zwar eine dichotomische Verzwei- gung ein. Von den beiden Gabelästen wird aber zunächst nur der eine gefördert, stets un-. verzweigt auf eine Höhe von etwa 3 cm geführt, vierzeilig beblättert und dann sein Wachstum mit der Entwicklung einer Ähre beschlossen (e in Fig. 1). Der zweite zunächst zurückge- bliebene Gabelast (7 in Fig. 1) tritt nach der abschließenden Entwicklung des ersten sogar mit Auszweigungen deutlich hervor (r in Fig. 2). Somit treffen die oben angeführten diagnostischen Angaben von unserer Pflanze, daß sie „gewöhn- lich unverzweigt“ sein soll, nicht zu. Diese An- gabe ist Keimpflanzen entnommen, an welchen die stets vorhandene erste Verzweigung , über- sehen war. Jedes dieser jungen Pflänzchen aber entwickelt sich zu einer Pflanze mit verhältnis- mäßig reicher Verzweigung weiter. Von der älteren Pflanze. Mit der Entwick- lung des zweiten Gabelastes (r in Fig. 1) wird die Pflanze aus ihrer jugendlichen Form in die ältere übergeführt (Fig. 2). Dieser zweite Gabel- ast wächst nämlich nicht zu einem aufrechten Sproß aus, wie der erste der Entwicklung voran- geeilte (e in Fig. 2), sondern zu einem kurzen, kriechenden Rhizem mit Niederblättern, welches Fort, Bd. 100, Fig. 1. Keimpflanze mit einem vollständig ent- wickelten Gabelacte {e), 4 die beiden Keimblätter, r der zurückgebliebene zweite Gabelast, wi Wurzelträger, % Hypo- kotyl, sö Mutterspore, welche dem Fuße ansitzt, # Wurzeln. Vergr. D. 19 290 H. Bruchmann, seitlich, abwechselnd rechts und links, kurze, meist nicht über 4 em lange, aufrechte, ganz dicht gestellte, unverzweigte oder wenig ver- zweigte Sprosse entwickelt. Sämtliche Verzweigungen wachsen zu Ähren mit reicher Makrosporenzahl aus, so daß also für diese kleine Pflanze eine reiche Vermehrung durch Sporen eintreten kann, da eine andere ausgeschlossen erscheint. Das Rhizom (r in Fig. 2) erzeugt mit jedem aufrechten Seitensproß je einen naclı abwärts führenden Wurzel- träger, aus welchem sich vielfach verzweigende ıhizoidlose Wurzeln entstehen. Fig. 2. Ältere Pflanze. Fig. 3 und 4. # die beiden Keimblätter, Fig. 3. Sproßscheitel von oben u anere _ goschen. Die Scheitelite jet mit wachsene zweite Gabel- einem Kreuze bezeichnet, ast mit seinen Auszwei- ergr. On0. zungen, % das H. 0- ni " EBEN A Ay er Keinıpfianae, ko N Fig. 4. Sproßscheitel im medianen Wurzelträger des Rhi- Längsschnitt. Vergr. 550. zons mit ihren Wurzeln.. Schwache Vergr. Das Scheitelwachstum der Sprosse geht ohne Scheitelzelle vor sich. Es läßt der Vegetationspunkt, von oben gesehen, eine gleichmäßige in Teilungen begriffene Zeilfiäche erkennen (Fig. 3). Mediane Längs- schnitte durch die Vegetationsspitze zeigen ein Wachstum, wie wir es schon bei $. spinulosa und 8. Lyallii fanden, bei welchem sämtliche Zellen eines solehen Organes von Scheitelinitialer abzuleiten sind, die weder durch Größe noch «dureh gesetzmäßige Teilungsweise besonders heryortreten, .—— Über Selaginella Preissiana Rpring. 291 Verzweigungen kommen hier nur an dem durch ein größeres Ent- wicklungsvermögen ausgestatteten zweiten Gabelaste der Keimpfianze vor. Wie wir wissen, haben nach dem Verzweigungsgesetze der Sela- ginellen sämtliche Auszweigungen eines Gabelastes er Keimpflanze nur in ein und derselben Ebene, nänlich senkrecht zur ersten Verzweigungs- ebene, zu entspringen, und unser Pflänzchen macht keine Abweichung von der normalen Sproßfolge. An dem Rhizome treten die Auszweigungen seitlich, abweehselnd rechts und lnks hervor (Fig. 5), liegen also in derselben Ebene, der Erdbodenebene. Die nun folgenden Verzweigungen der aufstrebenden Sprosse gehen wieder in gleicher Ebene vor sich, welche, wenn man sie in ihre Entstelrungsebene, also horizontal gelegt denkt, mit der Frdebene zusammenfällt. Die Verzweigungen des Rhizomscheitels sind modifiziert diehotomisch mit frühzeitiger Bevor- Fig. 5. Längsschnitt durch ein Rhizom in der Auszweigungsebene aufgenommen. » Rhi- zomscheitel, s, und s, seitliche den Rhizom- seheitel überholende Auszweigungen, wi Wurzelträgeranlage, weiche in der Weiter- entwicklung durch die erstarkende Sproßbasis von s, nach abwärts verschoben wird, s,—s ältere aus dem Rhizom entsprungene und stark sklerenchymatische Sproßbasen, 5, Querschnitt durch einen Sproß mit zentrosy- lemischem Bündel und stark sklerenehyma- tischen äußeren Rindenschichten nebst Kpi- dermis, Vergr. 32. zugung der nach den Seiten abgegebenen und zu aufstrebenden Sprossen emporwachsenden Äste (Fig. 5, s, und 5). Sie gehen ebenso vor sich, wie ich es für das Rhizom von 8, Lyallii ausführlich dargelegt habe. Auch die Verzweigangen der anfrechten Sprosse sind morlifiziert diehotomische un stimmen in den Einzelheiten mit. denen der Wedel von $. Lyallii überein. Vom Bau der Sprosse interessiert uns zunächst der des Hypokotyls. Bei einer Anzahl von Selaginella-Arten mit ser abweichenden Bündel- formen in ihren Sprossen findet sich aber in dem Hypokotyl ihrer Keimpflanzen ein gleiches zylindrisches Bündel vor, in welchem die Mitte des zentralen, sich in zentrifugaler Folge ausbildenden \ylems von Erstlingstracheiden eingenommen wird und die weiteren Treppen- tracheiden peripherisch vorkommen. Diesen Zentralstrang umgibt rings- um eine kleinzellige Phloemzone, ferner eine meist einzellige Bündel- scheide. Bei 8. Preissiana weicht aber das Tlypokotyl-Bündel in dem ir 292 H. Bruchmann, Aufbau des zentralen Xylems von dem gekennzeichneten ab (Fig. 6). Seine Erstlingsgruppe liegt exzentrisch, von wo aus die Ausbildung von meist nur noch zwei weiten Xylemelementen nach der Mitte zu vor- genommen ist. Die übrigen aufrechten Sprosse sowohl wie auch das Rhizom haben übereinstimmend ein axiles zylindrisches zentroxylemisches Bündel und es besteht hier nicht der Unterschied im Bündelbau zwischen Rhizom und Wedel, wie wir ihn bei 8. Lyallii kennen lernten. Das im Querschnitt annähernd kreisförmige Xylem des Bündels hat seine vier nicht immer deutlich auseinander gehaltenen Erstlingsgruppen peripherisch meist diametral gegenübergestellt, und die Ausbildung der weiten Xylemelemente schreitet daher von zwei Seiten nach der Mitte vor. Die Blattspurstränge der in vier Zeilen angeordneten Blätter legen sich an die Protoxylemgruppen an. Das Xylem des Rhizoms ist stärker als das der aufrechten Sprosse und führt im Zickzack zu ihren aus ihm abwechselnd rechts und links entspringen- den Xylembasen (Fig. 5). In allen Sprossen wird das zen- trale Xylem von nur mäßig entwickelten, aber verdiekten Bastelementen umgeben Fig. 6. Querschnitt durch das Hypokotyl einer i i Keimpflanze. 7 Lakune und sch Findelscheide (Fig. 5), und die das Bündel Vergr. 320. umschließende ein- auch zwei- sehichtige Scheide geht sekundäre, ja tertiäre Verdiekungen ein. Ihre Außenmembran ist verholzt (Fig. 5). Die Lakune der aufrechten Sprosse ist bei Keimpflanzen und den in der Regenzeit entwickelten Sprossen weit, und deren mit Inter- zellularräumen versehene Rindenschicht ist wenig verdickt. Das Rhizem aber hat eine enge Lakune. Die Epidermis sowie die an- grenzenden Rindenschichten sind dem xerophilen Charakter der Pflanze entsprechend stark kutikularisier. Solche Pflanzen erscheinen daher in getrockneter Form gelb, als Alkoholmateriel aber dunkelbraun. Die Blätter der Keimpflanzen, vielleicht auch der in der nassen Periode entwiekelten Sprosse sind größer als die der älteren Pflanzen. Sie stehen in vier Zeilen alternierend, sind gleichgestaltet: lanzettlich; anı Rhizom und an den unterirdischen Wedelteilen aber sind sie un- regelmäßig ausgefranste Niederblätter. Das Mesophyll besteht bei den Liehtblättern aus lockerem Schwammparenchym wit unregelmäßigen namentlich an der Unterseite großen Interzellularen. Die Blattepidermis Über Selaginolla Preissiana Spring. 293 der Ligularseite hat größere Zellen als die andere. Spaltöffumgen kommen nur auf der Aligularseite vor. Wurzelträger treten nur an den Auszweigungen des Rhizoms auf. An den Verzweigungen der aufrechten Sprosse sind sie rudimentär. Ihre Anlage und ihr Wachstum zu prüfen, gestattete mir das Material _ nieht, doch dürften sie hierin mit denen von 8. Lyallii übereinstimmen. Epidermis und angrenzende Rindenschichten sind wie bei den Sprossen stark sklerenchymatisch verdiekt, Mit ihrem kollateralen monarchischen Bündel und in ihrem sonstigen Bau unterscheiden sie sich nieht von anderen Wurzelträgern. Sie erreichen, obgleich sie ganz unterirdisch wachsen, an dieser kleinen Pflanze die ansehnliche Länge von etwa 6 mm. Die Wurzeln. Da dem Scheitel der Sprosse dieser Pflanze eine Scheitelzelle fehlt, so entbehrt diese auch der Wurzelscheitel beiseinem Aufbau. Man findet hier das gleiche Wurzelwachstum mit drei gesonderten Initialgrup- pen vor, wie ich es für 8. Lyaliüi fesistellte (Fig. 7). Ein Dermatogen als äußerste Fig. 7. Medianer Längsschnitt durch einen Meristemlage des eigentlichen bien RA in seh, BD erie Wurzelkörpers überzieht auch hier als einzellige scharf abgegrenzte Schicht den Wurzelkörper und trennt das Kalyptropen mit seinen Initialen von ihn. Periblem und Plerom wachsen mit gemeinsamen Initialen. Auch die Verzweigungen der Wurzel gehen in derselben Weise wie bei 8. Lyallü vor sich. Nur fand ich hier, daß zuweilen von solchen Verzweigungen die geringere nieht über ihre Anlage Iinaus gefördert wird, sondern als ruhende Wurzelanlage zurtckbleibt (so in Fig.8), um vielleicht später unter günstigen Umständen als „Pseudoadventiv- wurzel“ hervorzutreten. Die Wurzeln mit soleher ruhenden Anlage bilden ein Knie, dessen äußerer Scheitel die junge Wurzelanlage ausmacht. Solche Anlage zeigt deutlich die drei gesonderten Initialgruppen, und ihre Zellen sind mit dichtem -Plasma und größeren Zellkernen "aus- gestattet. Die Wurzeln von $. Preissiana sind rhizoidlos und weisen nur dünnwandige Rindenelemente auf. Epidermis und Hypodermis finden 204 " H. Bruchmann, sich deutlich gesondert und schwach verholzt vor. Zwei oder «rei weite Parenchymzelllagen und eine gut ausgebildete schwach verholzte Endodermis bilden die Rinde (Fig. 8). Das Wurzelbündel ist zwar das gewöhnliche axile monarche in kollateraler Anordnung, allein mit der . bemerkenswerten Eigentümlichkeit, daß sich zentral ein oder zwei auf- fallend weite, mehr als den halben Bündeldurchmesser erreichende Treppentracheiden aufbauen und die anderen Elemente des Bündels wenig entwickelt werden. Alle Wurzeln der Pflanze sind verpilzt. Man kann an ilmen leicht feststellen, daß der endopbytische Pilz an verschiedenen Stellen in die Fig. 8. Tängsschnitt durch ein älteres Wurzelstück. «@ zurück- gebliebene Anlage einer dicho- tomischen Auszweigung der Wur- zel, e Epidermis, # Hypodermis und en Endodermis, 2 der Ein- tritt eines endophytischen Pilzes in die Wurzel. Vergr. 225. Wurzel eingedrungen ist (# in Fig. 8). Die beiden äußeren Zelllagen durchwächst er meist flüchtig, aber in dem Wurzelparenchym besetzt er Zelle für Zelle und füllt sie mit seinen Hyphen aus. Ich finde die Pilzelemente, soweit dies in dem Alkoholmaterial zu erkennen war, in zweierlei Form in diesen Zellen vor. Meist ist es ein degeneriertes gelbliches Pilzkonglomerat, welches den vergrößerten Zellkern um- schließt. In auderen Zellen trifft man aufgetriebene weite, zum Teil auch enge. und im Querschnitt gesehen, diekwandige Hyphen an. So- ger die Endodermis führt zuweilen Pilzuiycel, und dann traf ich solches einige Male in den weiten Tracheiden des Xylems an. * * * S. Preissiana ist eine recht charakteristische xerophile Pflanzen- form, welche mit deutlichen Sehutzmitteln gegen unnötigen Wasser- verlust versehen ist, Dies lassen die Umbildung des zweiten Gabel- astes zu einem im Boden wachsenden Rhizome, (die gedrängte Stellung “- Über Selaginella Preissiana Spring. 295 der kurzen, eiligst zu Ähren auswachsenden Sprosse mit schmallanzett- lichen ganzrandigen Blättehen erkennen. Auch das Wachstum der Or- gane des Pflänzchens ohne Scheitelzelle, das stark kutikularisierte Haut- system an den aufrechten Sprossen, dem Rhizome und den Wurzel- trägerın sind Merkmale dafür. Endlich dürfte die rhizoidlose Pilzwurzel dies andeuten, welche, wo sie auftritt, nach Stahl!) Zeugnis für einen in ihrem Haushalte sparsamen Wasserverbrauch ablegt. Bemerken will ich schließlich noch, daß sich Stärke nur in den Schließzellen der Spalt- öffnungen vorfindet, während 8. spinuloss mit ebenfalls rhizeidloser Pilz- wurzel nach Stahl keine Spur von Stärke erkennen läßt. 1) Stahl, Der Sinn der Mycorrlizenbildung. Jahrb. f. wiss. Bot. 1900, Bd. XXXIV, Hoft 4. Der Aufbau des Sprosses bei Przewalskia langutica Maximowicz. {Kleine Beiträge zur Kenntnis der Solanaceen Nr. I) Von Adolf Pascher. , (Aus dem botanischen Institute der deutschen Universität zu Prag.) (Mit 4 Abbildungen im Text.) Bei den Untersuchungen über die eurasischen Solanaceen, ins- besondere über die Hyoseyamineen ergeben sich häufig morphologische und biologische Tatsachen, die an und für sich nicht immer neu, den- noch nicht selten einzelne unbekannte, oft verwertbare Einzelheiten zeigen. Diese Einzelheiten können nun in den Abhandlungen über die Phylogenie und Verwandtschaftsverhältnisse der einzelnen Gruppen nicht inmmer Aufnahme finden. Deshalb möchte ich sie, soweit sie sich auf die von mir bearbeiteten Solanaceen beziehen, als „Kleine Beiträge zur Kenntnis der Solanaceen“, die in zwangloser Reihenfolge ent- sprechend dem Fortgange der systematischen Studien erscheinen sollen. zusammenfassen. Der vorliegende erste Beitrag bezieht sich auf den Sproßaufbau bei Preewalskia tangutica Max. Die derzeitige Auffassung der Solanacsensympodlien basiert auf den Arbeiten Wydler’s (Bot. Ztg. 1344; Flora 1851, 1857, 18509, 1866 u. a.), Eichler’s (Flora 1369, Blütendiagramme I, 199, War- ming’s (Bot. Tidskrift 1369) und Gelakowskys (Böhnisch. Akad, der 296 Adolf Pascher, Wiss, 1884). — Schön und übersichtlich findet man die wichtigsten Sproßtypen in Eichlers Blütendiagrammen und in Wettsteins Be- arbeitung der Solanaceen in den Nat. Pflanzenfamilien, IY. Teil, 3, dar- gestellt. — Eine abweichende Auffassung vertritt Vito Delle ramifi- casione nelle Solanacee (Boll. d. soc. dei Naturalisti in Napoli 1895, ser I, vol. 9, pag. 38-39); nach ihm kommen die extraaxillären Blüten und Blütenstände durch das Nieken der plötzlich verjüngten Achse zu- stande. . Herrn Prof. Warming bin ich für seine liebenswürdig zuge- sandte, sonst schwer zugängliche Arbeit über den Sproßbau bei .‚Sco- £olia zu herzlichstem Dank verpflichtet. Der Sproß der meisten Solanaceen zerfällt nach der geläufigen Ansicht in zwei Teile: der rein vegetative untere Teil des Sprosses be- sitzt wechselständige Blätter und ist im wesentlichen -monopodial ge- baut, der infloreseentiale Teil, die blütentragende Region des Sprosses dagegen ist typisch sympodial und zwar unter mannigfachster Aus- bildung der einzelnen Seitensprosse. Im allgemeinen erfolgt die Bil- dung der Sympodien der fertilen Region in der Weise, daß die Haupt- achse mit einer Blüte abschließt und die Seitenachsen die weitere Füh- rung des Sympodiums übernehmen. An diese Seitenachsen wachsen nun die Tragblätter gewöhnlich bis zur Angliederung neuer Seitenachsen der Länge nach an. Die Seitenachse erster Ordnung schließt wieder mit einer Blüte, unter welcher neue Seitenachsen angelegt sind, die sich dann neuerdings wie die Seitenachsen erster Ordnung verhalten. In dieser Weise bildet sich das Sympodium des fertilen Sproßteiles aus. Aus dem Umstande nun, daß sich bei den einzelnen Gattungen die einzelnen Seitenachsen nicht gleich verhalten, entweder alle (z. B. zwei) in wiederholt gleicher Weise am Aufbau des Sprosses beteiligt sind (Dalura, Physabis), — oder nur immer eine Seitenachse gefördert ist und die Führung des Sympodiums übernimmt — oder das Sympo- dium wickelartig sich zusammensetzt, indem die eine Seitenachse völlig reduziert ist und sich nur abwechselnd die eine oder die andere der beiden Seitenachsen entwickelt (Adroßa, Scopolia, Atrodanthe, Anı- sodus u. v. 2.) — aus all dem ergeben sich die oft auffallenden und voneinander abweichenden Sproßverbindungen der Solanaceen. Dadurch kommen auch die an der Basis der einzelnen Stockwerke des Sympodiums gehäuften Blätter (meist Blattpaare), die extraaxillären ungestützten Blüten und Blütenstände und andere morphologischen Eigentüimlichkeiten der Solanaceen zustande. Der Aufbau des Sprosses bei Przewalskia tangutiea Maximowiez. 297 Ich möchte nun im folgenden den Aufbau der Sprosse resp. der Synpodien bei Przewalskia schildern, der im wesentlichen mit den be- reits bekannten Fällen übereinstimmt, im einzelnen jedoch morphologisch interessante Details zeigt, die uns die Entstehung der Sympodien an dieser Pflanze mit besonderer Klarheit erkennen lassen. Prsewalskia tangutica Maxim o wicz isteine chinesische Solanacee ') aus der Gruppe: der. Hyoscyamineen, besitzt also Deckelkapseln. Ihr kräftiger Wurzelstock (ob sympodisl, konnte ich an dem getrockneten Materiale nicht sicher feststellen), der oft wie bei Mardragora zerteilt und gespalten ist, erzeugt jedes Jahr oberirdische Sprosse, von denen ein Teil gewöhnlich reduziert und knospenartig bleibt, der andere Teil aber auswächst. Letztere besitzen einen kräftigen, dieken, zur Blütezeit verkürzten, später aber bis 15 cm verlängerten Stengel. Im unteren Teile ist dieser mit schuppenartigen, spatelförmigen, reduzierten Blättern besitzt, die deutlich schraubig stehen (vgl. Fig. 3)2). Dann verlängern sich weiter oben hin die Blätter, werden langgestielt (der Stiel ist oft 3—4mal länger als die längliche, bis verkehrt eilängliche Spreite) und sind auf der Oberseite des breitgeflügelten Blattstieles stark rinnig; der Rand ist wellig, das ganze Blatt mit starken Drüsenhaaren besetzt, der Rand selber drüsig-wimperig. Ganz oben sind die Blätter, wieder schnell verkleinert und recht gehäuft. Die ganze Pflanze hat dadurch ein büscheliges Aussehen. Bereits die unteren Blätter tragen in ihren Achseln kleine Knöspchen, reduzierte Sprosse (Fig. 47,2); an den weiter oben stehenden Blättern bilden sich diese Knospen zu Seitenachsen aus, welche die einzelstehen- den Blüten tragen. Wie nun für die meisten Solanaceen das teilweise Verwachsen der Seitenachsen mit ihren Tragblättern charakteristisch ist, so zeigt auch Prsewalskia diese Verhältnisse, aber mit ganz einzig dastehender Deut- lichkeit. Da der Blattstiel breitgeflügelt ist, so ist hier die Verwachsung der Blätter mit den in ihren Achsein gebildeten Seitensprossen ganz auffallend. 1) Ich bin dem Herrn (eheimrat Prof. Dr. Fischer v. Waldheim, Direktor des Kais. Bot. Gartens zu St. Petersburg und Herm (eheimrat Dr, Borodin, Di- rektor des Museums der Kaiserl. Akademie ıler Wissenschaften für die liebenswürdige Zusendung des seltenen und spärlichen Materials sehr zu Dauk verpflichtet. 2) Das getrocknete und gequetschte Material ließ trotz sorgfältigster Be- handlung die nähere Formel für die Blattstellung nicht entnchmen. 298 Adolf Pascher, Die breiten Ränder des Blattstieles legen sich näwlich um die einzelnen Glieder der Seitenachse herum, und zwar bei den Seitenachsen erster Ordnung halb, doch so, daß die Ränder des Blattstieles erkenn- bar bleiben, bei den Seitenachsen höherer Ordnung aber oft völlig, so daß das Stengelglied völlig von den vorne miteinander verwachsenen Blatt- stielrändern eingehüllt ist (Abb. I, 7,, 7,25 Abb. IL, 2, 7, III, A, 2). Fig. 1. Sympodium mit stezilen Blüten und daher verlängerten Internodien. Zt das Laubblatt der Haupt- achse, das mit dem Blatt- stiele an die aus seiner Blattachsel enispringenden Seitenachse « anwächst; / die Blüte, mit der a ab- schließt; rS, und S, die bei- den Seitenachsen nächster Ordnung, die unter der die relative Hauptachse a ab- schließenden Blüte / ent- stehen, vor denen 7:5, redu- ziert und ohne Tragblatt ist, .S, aber die Führung des Sympodiums übernimmt und an das Tragblatt 7, anwächst; /, die Blüte, mit der S, abschließt; 75, 5, die _ beiden Seitenachsen nächster Ordnung; rS, die reduzierte; S, entwickelte, die ganz vom Biattgrunde seines Tragblattes 7, ein- geschlossen ist und mit % abschließt; >5,, — S, die unter /, entstehenden Sei- tenachsen dritter Ordnung, von welchen S, ganz vom röhrenförmig g lossenen Blattstiel seines Tragblattes T, eingehülit ist und mit den scheinbar blattstän- digen /, schließt. Die Achse erster Ordnung (a aller. Abbildungen) schließt mit einer Blüte ab; da nun in dieser Höhe das bis hierher verwachsene als Tragblatt dienende Laubblatt frei wird und mit dem starkrinnigen Blattstiele abbiegt, so wird das unvermittelte Abenden der Seitenachse recht auffällig (vgl. Abb. I in der Höhe von z.5,; Abb. II 2 in der Höhe von rS}). Den weiteren Aufbau des Sympodiums bewirkt (vgl. Abb. I) nur eine Tochterachse (S‘), die unter der die Achse a, abschließenden Blüte (7) aus der ersten Ordnung hervorgeht. Die Basis (dieser Seitenachse Der Aufbau des Sprosses bei Przewalskia tangutica Maximowiez, 299 zweiter Ordnung wird vom Tragblatt der Beitenachse erster Ordnung zum Teil eingehüllt, die Seitenachse zweiter Ordnung selber aber von ihrem Tragblatt begleitet, dessen breitgeflügelter Stiel mit ihr völlig verwächst, so daß die Achse oft nur am Grunde einer freigebliebenen Rinne, der genäherten Blattstielränder, oft aber überhaupt nicht mehr von außen zu sehen ist, da die Blattstielränder miteinander der Länge nach verwachsen Fig. 2. > ein Sympodium mit fertilen Blüten und daher mehr gestauchten Inter- nodien. Bedeutung der Buchstaben wie bei 2; 2 die Stengelpartie eines Sym- podiums mit sterilen Blüten; Z7 das als Tragblatt der ersten relativen Hauptachse a dienende Laubblaft, das weitgehend mit a verwächst; rS,, S,; 7S,, 5, die Auf einanderfolgenden Seitenachsenpaare, von denen r5,, rS, reduziert sind; S,, S, je- doch den Aufbau des Bympodiuns übernehmen; / /, / die Blüten, mit welchen die Achsenglieder @, S,, 5, des Synpodiums abschließen; 7,, 7; die Tragblätter, die mit den von ihnen geschützten Seitenachsen S,, , fast völlig verwachsen. Das Tragblatt 7, ist im Gegensatz zu 7,, das seine Seitenachse röhrenförmig um- gibt, im Gegensatze zu andern Sympodien mehr flach geblieben; die Achse S, liegt leistenartig seinem Blattstiel auf und schließt mit der scheinbar biattstielständigen Blüte /, ab. und eine geschlossene Röhre bilden, an deren Innenraum die Seiten- achse mehr oder weniger angewachsen ist (Abb. I, 7); Abb. IT 2, S,, Zi: Abb. III, 2, Sa,). Auch diese Seitenachse schließt mit einer Blüte.ab, die dem oberen abgestutzten Ende der Seitenachse förmlich aufgesetzt erscheint (Fig.1/7. 28, /, 32, f). Unter dieser abschließenden Blüte geht gewöhnlich 300 Adolf Pascher, noch eine Seitenachse der nächsten Ordnung hervor, unter deren Blüten- abschluß oft noch eine vierte. Diese Seitenachsen werden aber stufen- weise immer kürzer, sind meist völlig von den röhrenförmig zusammen- gewachsenen Blattstiel eingehüllt und lassen die Endblüten aus der Rinne der Tragblattstiele heraussehen, so daß es den Anschein hat, als entspränge die Blüte dem Blattstiele (Fig. 1.5, 5, Fig 22, Fig. 3A, 2). Die ganze Konfiguration des Sympodiuns hat demnach scheinbar monochasischen Aufbau, es entspringt dem bloßen Anscheine nach unter der abschließenden Blüte der relativen Hauptachse nur immer eine Seitenachse. In Wirklichkeit liegt aber bei den blattwinkelständigen Sympodien der Laubhlätter ein dichasischer Grundriß vor. Es findet sich nämlich neben jeder Blüte in jedem Stockwerke das Syınpodium, relativ symmetrisch zu der Führung nehmenden Seitenachse ein kleiner vortretender Wulst, der immer deutlich bemerkbar ist, hier und da sogar höckerförmig vorspringt (vgl. 75, 7:5, 7,5, aller Figuren). Dieser kleine vorspringende Wulst ist die zweite Seitenachse, die Bruderachse der Führung nehmenden Seitenachsen und ihr genetisch völlig gleichwertig. Sie hat aber nicht nur die Sproßpartie zu diesem kleinen Höcker reduziert, es ist auch das zu ihr gehörige Tragblatt ausgefallen, so daß wir am Grunde jedes einzelnen Stockwerkes nicht gepaarte Blätter, wie bei anderen Solanaceen, mit reduzierten zweiten Seitenachsen (Scopolia, Anisodus, Alropa usw), sondern nur einzelne vor uns haben. Demnach ist auch Preewalskia, trotz des auf den ersten Blick scheinbar monochasialen Aufbaues, im allgemeinen nach dem dichasialen Schema der meisten Solanaceen aufgebaut: Abschluß der relativen Hauptachse mit einer Blüte; Bildung von zwei Seitenachsen unterhalb dieser Blüte; Reduktion der einen Seitenachse; Aufbau des nächsten Stockwerkes durch die eine nichtreduzierte Seitenachse, die ebenfalls mit einer Blüte abschließt, und zwar wieder zwei Seitenachsen; eine ent- wiekelte und eine reduzierte ausgliedert, von denen die entwickelte in gleicher Weise die Weiterführung des Sympodiums besorgt. Die Tragblätter der entwickelten Seitenachsen nehmen in aufsteigender Reihenfolge ab, so daß sie nie das erste unterste Laubblatt an Länge überragen (Fig. I). Im Vereine mit dem ohnehin gestauchten Wuchs und den oben gehäuften Laubblättern des Stengels trägt auch diese Eigenschaft der Tragblätter zu dem schopfig-büscheligen Aussehen der Pflanze bei. — Yon den Hyoseyaminsen besitzt nur die Gattung Der Aufbau des Sprosses bei Przewalskia tangutica Maximowiez. 301 Foyoscyamus einen ähnlichen Sproßaufbau der infloreszentialen Region. Auch bei Ayoseyamus ist, die eine Seiteachse ausgefallen, mit ihr ist auch das Tragblatt verschwunden, so daß wir bei: Ayoscyamıs einzeln stehende, mehr oder minder in einer Reihe angeordnete Blüten und „wei ziemlich unregelmäßige Reihen von meist nach einer Seite gewen- deten Blättern hab.a. Bei Zryoscyamus bilden sich ‘jedoch die auf- einanderfolgenden Blätter nicht in der Weise zurück wie bei Przewals- kia, außerdem besitzt ja Prerwalskia noch deutliche Rudimente der Fig. 3. Das oberste, resp. die beiden obersten Stockwerke eines Sympodiums, deren Stengelteile fast völlig von den röhrenförmigen Blattstielen ihrer Tragblätter ein- gehüllt werden. "Bedeutung der Buchstaben wie früher. ausgefallenen zweiten Seitenachse, und dann gliedert bei Praewelskia die Hauptachse der Pflanze allem Anscheine nicht selber in Sympodien aus, sondern die Sympodien scheinen auf die achselständige Sprosse der Laubblätter beschränkt zu sein. Daß die einzelnen Achsen des Sympodiums mit den verbreiterten Blattstielen verwachsen, erwähnte ich bereits. Diese Verwachsung geht oft soweit, daß das betreffende Achsenstück ganz in der (durch (die Ver- 302 Adolf Pascher, wachsung der Blattstielränder gebildeten Röhren geborgen ist, und nur die abschließende Blüte aus der Röhre heraussteekt (Fig. I A, II, III 2). Besonders interessant sind nun jene Fälle, wo der geflügelte Blattstiel nicht zu einer Röhre verwächst, sondern flach bleibt; dann ist die Seitenachse leistenartig an die Rippe des Blattstieles angewachsen und die abschließende Blüte sitzt dann scheinbar der Blattrippe auf (vel. Fig. 22, %). Im übrigen geben die Textfiguren über die speziell bei Prsewalskia klaren Verwachsungen deutlich Aufschluß. Derartig gebaute Sympolien tragen nun alle Laubblätter mit Aus- nahme der untersten, die am (runde nur eine kleine Knospe hergen. Be- änge ympodial aufge- keine Sympodien, ‚die anderen sind ab; welche die vorbeschriebenen s; e ist ausgezeichnet gedacht) mit ihrem untersten Gliede mehr oder minder der Li nach anwachsen. Fig. 4 Der Sproß von Preewaiskia. gehende Hauptachse, bauten Seitenach: schnitten N die Niederblätter, die in ihren Achseln sondern nur kleine Knospen tragen. sen Sy (nur 4 die durch; SE EERREEEREREEEERERBETEREEN eRRARERPPEP RMer GB FEER ÄROR —_ =Terr ar EEE there Der Anfbau des Sprosses bei Pızewalskia tangutien Maximowiez. 303 Während die Sympodien der mittleren Laubblätter die einzelnen Glieder deutlich erkennen lassen, sind die der obersten Laubblätter recht ge- staucht und machen die ganze Pflanze schopfig und dicht beblättert. Ebenso gestaucht sind jene Sympodien, die fertile Blüten tragen (vgl. Fig. 2, A). Zum Studium eignen sich am besten solche Sprosse, die verkümmerte kleine Blüten tragen; diese sind im Längenwachstum relativ gefördert und haben deutliche Internodien. Da die Laubblätter schraubig stehen, sind auch die ihren Achseln entspringenden sym- podialen Seitenachsen schraubig um den Hauptstamm angeordnet. Nun tritt aber noch folgender merkwürdige Umstand dazu. Das basale Glied des Sympodiums, die Achse erster Ordnung (e), das mit dem Stiel des als unterstes Tragblatt fungierenden Laubblattes ver- wachsen ist, steht nicht frei vom Stamme (der Hauptachse) der Pflanze ab, sondern ist der Länge nach ein Stück an sie angewachsen, und löst sich erst dann von der Hauptachse ab!). Da nun diese sympodialen Seitenachsen, entsprechend der Zahl der Laubblätter, in deren Achsel sie stehen, schraubig angeordnet sind und dicht aneinander stehen, so ist die Hauptachse der Pflanze bis hinauf von den angewachsenen Basal- gliedern der sympodialen Seitenachsen dicht bekleidet und von ihnen verdeckt, so daß sie eigentlich nur knapp unter den Ansatzstellen der Laubblätter zu sehen ist, soweit die Basalglieder der sympodialen Seiten- achsen nicht auch seitlich miteinander verwachsen und nicht bis zur Ansatzsteile der median darübergestellten Laubblätter des nächsten Blattumganges verwachsen sind (Fig. 4). Dadurch erhält auch der Stamm ein eigentümliches Aussehen, er ist der Länge nach mit dieht aneinander schließenden, vorspringenden Rippen bekleidet). Leider konnte ich bei dem Zustande des getrockneten und ge- quetschten Herbarmateriales einer Frage nicht nachgehen: Wie endet die Hauptachse? Die Laubblätter sind am oberen Ende der Achse recht gehäuft und klein, und tragen alle verkürzte und beblätterte Sympodien, infolgedessen steht an der Spitze der Stengel ein Knäuel kleiner Blätter, die, beim Pressen völlig zerquetscht, keine nähere Untersuchung ermöglichen. D Eine ähnliche Verwachsung von Sproßgliedern findet sich unter anderem auch bei einigen Solanum-Arten, wo der die relative Hauptachse abschließende eymöse Blütenstand ein Stück seines Stieles an die Arten nächst höherer Ordnung hinanwachsen läßt. 2) Inwieweit dieses Anwachsen der Basalglieder der Sympodien an die Hanpt- achse für die Pericaulomtheorie verwertbar it, int bei dem relativ spärlichen, ge- troekneten Materiale schwer zu sagen. 304 Adolf Pascher, Der Aufbau des Sprosser bei Przewalskia tangutien Max. Es wäre von vornherein nicht ausgeschlossen, daß die Verwachsung der Sympodien mit der, wie jetzt angenommen, äurchgehenden Haupt- achse in anderer als der geschilderten Weise zustandekommt, nämlich dadurch, daß die Hauptachse frühzeitig abschließt und die nach unserer Ansicht gleichwertigen, schraubig stehenden Seitenachsen erster Ord- nung wären dann Seitenachsen verschiedenster Ordnung, die an eine sympocliale relative Hauptachse angewachsen wären. Letzteres scheint mir aber deshalb nicht recht wahrscheinlich, weil die Sympodien mit den zu ihnen gehörigen Laubblättern schon schraubig, völlig in Übereinstimmung mit den tieferständigen schuppenförnigen Niederblättern um die Hauptachse stehen, was nur bei einer mono- podialen, nicht aber sympodialen Hauptachse möglich ist. Außerdem fand ich nie Blüten, die als Abschluß von sympodialen Gliedern der Hauptachse zu deuten gewesen wären. » Trotz dieser nicht ganz sicher gestellten Einzelheiten zeigt uns Przewalskia doch in seinem Aufbau nicht uninteressante Details in der Ausbildung resp. Reduktion der Seitenachsen, und dann ferner in der Verwachsung der Seitenachsen mit ihren Tragblättern, die in derartiger Klarheit wohl nur bei wenigen Solanaceen zu sehen ist. Prag, Mitte August 1909. Versuche über die Widerstandsfähigkeit gewisser Medicago-Samen (Wollkletten) gegen hohe Temperaturen. Von 0. Sohneider-Orelll. (Aus der pflanzenphysiologischen und -pathologischen Abteilung der Schweizerischen Versuchsanstalt in Wädenswil.) Eines der schönsten Beispiele für die Verschleppung von Pflauzen- samen durch Tiere liefern jene Medicago-Arten, deren Früchte als Woll- kletten oder Ringelkletten in der Wollindustrie allgemein bekannt sind. Die Früchtchen dieser Schneckenkleearten bleiben mit Hilfe zahlreicher, oft hackenförmig gebogener Stacheln in dem Wollkleid der vorbei- streifenden Schafe hängen. Viele Früchtehen verwickeln sich dabei so fest mit den Wollhaaren, daß sie nicht mehr abfallen können und oft ganz verfilzt aussehen, Nach der Schafschur kommen die Medicago-Früchte mit der expor- tierten Schafwolle in den Handel und können in der Wollweberei zu unliebsamen Betriebsstörungen Anlaß geben, indem sie ein häufiges Zerreißen des Webfadens verursachen. Um diesem Übelstande abzu- helfen, hat die Wollindustrie zur Karbonisierung der Schafwolle ge- griffen. Da keine andere Möglichkeit besteht, die Wollkletten zu ent- fernen, wird solche klettenhaltige Schafwolle mit Schwefelsäure be- handelt, wodurch die Hülsen zerstört werden, Diese Wollkletten sind in dem Haarkleid der Schafe gewisser Gegenden so regelmäßig vor- handen, daß der Wolltechniker aus ihrem Vorhandensein oder Nieht- vorhandensein direkte Schlüsse auf die Herkunft der betreffenden Wolle zu tun vermag. Während die Ringelkletten in deutscher Schafwolle beispielsweise stets fehlen, enthalten die südamerikanische und austra- lische immer bedeutende Mengen. Die folgende interessante Beob- achtung, welche in einem Fabrikbetriebe in Wädenswil an solcher klettenhaltiger Schafwolle gemacht wurde und für deren Mitteilung ich Herrn Färbereileiter Leidgens sehr zu Dank verpflichtet bin, veran- laßte mich zur Vornahme einiger Versuche über die Widerstandsfähig- keit von Medicago-Samen gegen hohe Temperaturen. Es hatte sich nämlich herausgestellt, daß in einem Posten frisch gefärbter Wolle, welche ausnahmsweise einige Tage feucht liegen blieb, zahlreiche Samen von Wollkletten gekeimt hatten. Der Reinigungs- und Färbeprozeß hatte dieselben nicht abzutöten vermocht. Dies war Flora, Bd. 100. 20 306 0. Schneider-Orelli, um so bemerkenswerter, als diese technischen Verfahren recht kompli- zierter Art sind. Die überseeische Schafwolle wird schon bei ihrer Ankunft in Ham- burg jeweilen einem vorläufigen Reinigungsprozeß unterworfen, indem sie während !/, Stunde mit Sodalauge behandelt und dann wieder ge- trocknet wird. Nach kürzerer oder längerer Lagerung gelangt sie an . ihren Bestimmungsort. In der Fabrik wird sie dann gefärbt, und zwar befindet sie sich dabei während mehr als 1'/, Stunden in siedendem Wasser, dem ‚sukzessive größere Mengen von Salmiakgeist, Essigsäure, Alizarin-Chromfarben, Schwefelsäure und Chromnatron zugesetzt werden. Nachher ist die Wolle gereinigt und gefärbt und gelangt zum Trock- nen in die Trockenapparate. Im eben erwähnten Falle war die Wolle nun ausnahmsweise, wie schon gesagt, nicht sofort getrocknet worden, und da eine große An- zahl von Samen trotz 1!/,stündigem Aufenthalt in siedender Flüssig- keit lebend geblieben war, so fand sich die schwarz gefärbte Wolle nach einigen Tagen wie übersät mit blendend weißen Keimlingen. Daß viele Pflanzensamen eine große Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen besitzen, ist schon lange bekannt. Besonders in künstlich getroeknetem Zustande ist diese Widerstandsfähigkeit eine recht verbreitete. Ebenso bekannt ist aber auch die andere Tatsache, daß die Resistenz alsbald verschwindet, wenn die Samen Wasser auf- nehmen. Gequollene Samen ertragen hohe Temperaturen nicht. mehr. Das Überraschende im Verhalten dieser Woliklettensämen liegt weniger darin, daß sie überhaupt ein 1:/, stündiges Erhitzen auf Siedetemperatur ertragen, als vielmehr in dem Umstande, 'daß sie im Wasser legend diese Temperatur zu ertragen vermögen und daß die dem Wasser bei- gefügten chemischen Stoffe innen nicht schaden. Der Grund dieser Er- scheinung liegt in der Hartschaligkeit vieler dieser Samen, welche zur Folge hat, daß die Flüssigkeit am Eindringen verhindet wird'). Wenn Leguminosensamen gewisser, namentlich wildwachsender Arten in Wasser von gewöhnlicher Temperatur gelegt werden, so nehmen nicht alle das- selbe auf; ein Teil bleibt vielmehr nach den Beobachtungen von Nobbe?) 1) Auch Pouchet beobachtete schon, daß Samen einer Medicago-Art noch keimfähig waren, nachdem sich dieselben 4 Stunden lang in siedendem Wasser be- funden hatten. Pfeffer, dem ich diese Angabe entnehme (Pflanzenphysiologie, Bd. II, pag. 294, 1804), bemerkt dazu, daß diese Erscheinung offenbar auf der schwierigen Quellbarkeit der Samen beruht. 2) Nach L. Hiltner, Die Keimungsverhältnisse der Leguminosensamen und ihre Beeinflussung durch Organismenwirkung. (Arbeiten aus der Biolog. Abteil. f. Kand- u. Forstwirtsch. am Kaiserl, Gesundheitsante, Bd. III, pag. 29, 1903.) — gi Versuche über die Widerstandsfähigkeit gewisser Medicago-Samen uw. 307 unter Umständen selbst jahrzehntelang im Wasser unverändert. Sobald aber die Samenschale verletzt wird, so quellen die betreffenden, als hartschalig bezeichneten Samen und können noch einen normalen Keim bilden. Als Mittel zur Beseitigung der Hartschaligkeit sind bekannt: 1. mechanische Verletzungen der Samenschale, 2. Behandlung der Samen mit heißem Wasser (allerdings vertragen nicht alle siedendes Wasser; bei hartschaligen Samen von Ulex europaeus wirkt z. B. eine Behand- lung mit siedendem Wasser während 1--5 Sekunden nach Bruyning!) sehr günstig, während dieselben nach 1/,—1 Minute langem Eintauchen ihre Keimfähigkeit fast vollständig verlieren) oder 3. nach Hiltner eine kürzere oder längere Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure, wodurch die Samenschale ebenfalls angegriffen und durchlässig gemacht wird (l. ec. pag. 45). (Bei den Samen von Acaeia Lophanta ist nach Hiltner eine Einwirkungsdauer der Schwefelsäure von 10-15 Stunden erforderlich; für andere Samen genügt !/, Stunde, während 1 Stunde schon etwas weniger günstig einwirkt.) Die Literatur über die Widerstandsfäbigkeit der Pflanzensamen gegen hohe Temperaturen sowie über die Hartschaligkeit der Legumi- nosensamen ist eine sehr ausgedehnte; ich kann mich hier darauf be- schränken, auf die Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse und auf die Literaturangaben in Pfeffer’s Pflanzenphysiologie, Bd. II, 1904, pag. 293--295, sowie auf die schon zitierte vorzügliche Arbeit von Hiltner über die Keimung der Leguminosensamen, in welch letzterer die Wollkletten allerdings nicht behandelt werden, hinzuweisen. Versuche, welche sich mit der Widerstandsfähigkeit der Medicago- Samen befassen, müssen zwei Faktoren berücksichtigen: 1. die Widerstandsfähigkeit der Samen gegen hohe Temperaturen an und für sich und 2. die Widerstandsfähigkeit der Samen gegen Flüssigkeiten von hoher Temperatur infolge ihrer Hartschaligkeit. Die Medicago-Samen, mit welchen die im folgenden mitgeteilten Versuche ausgeführt wurden, sammelte ich zu verschiedenen Malen in stark klettenhaltiger südamerikanischer Schafwolle in der Fabrik. Da diese Wolle Früchte verschiedener Medieago-Arten enthielt und es wir nicht möglich war, einzig nach den Früchten die verschiedenen Arten iınmer mit Sicherheit auseinander zu halten, so brachte ich die ge- sammelten Medieago-Samen für jeden einzelnen Versuch jeweilen zuerst 1) Hiltner, Le, pag. 42. 2u* 308 ©. Schneider-Orelli, zusammen und verwendete «dann Durchschnittsprobenr. Alle Samen waren wahrscheinlich wenigstens 4 Jahre alt. Die Keimlinge wurden in Blumentöpfe gepflanzt und konnten einige Monate später nach ihren Blüten und Früchten bestimmt werden. Wie aus diesen Kulturversuchen hervorging, setzten sich die Ringelkletten dieser südamerikanischen Schafwolle aus drei Medicago-Arten zusammen, die ich an Hand der mir zur Verfügung stehenden Literatur als die ursprünglich mediterranen Medieago arabica {L.) All. M. hispida var. dentieulata (Wild) Urban und M. minima (L) Bartalini bestimmte‘). Von den Samen, welche in den Versuchen 1 und 2 zur Verwendung kamen, gehörten etwa die Hälfte zu M. dentieulata, ®/,, zu minima und ?/,, zu arabica; in den Versuchen 3—-7 waren dagegen *, denticulata und je !/,, arabiea und minima. Nun die wichtigsten Angaben aus dem Versuchsprotokoll. Versuch 1. 21 Medicago-Samen wurden in einem Becherglas mit Wasser in den Autoklaven gebracht und hier unter Druck während ı/, Stunde einer Temperatur von 116—120° CO ausgesetzt; 21 andere Samen kamen zur Kontrolle ‘/, Stunde in Wasser von Zimmertempe- ratur. Nachher wurden alle Samen sofort in feuchtgehaltene Erde aus- gesät. Von den erwärmten keimte 1, von den Kontrollsamen 8. Die Diskussion dieses Ergebnisses erfolgt gemeinsam mit demjenigen von Versuch 2. In den folgenden Versuchen wurden die Samen nach der Behand- lung gewöhnlich eine Nacht hindurch zum Aufquellen in Wasser gelegt und dann auf feuchtes Filtrierpapier unter eine Glasschale verbracht. Versuch 2. Von je 100 Sanıen keimten diesmal ohne Erwärmen 32, nach '/,stündigem Erhitzen auf 120° C in Wasser im Autoklav 1, nach 6stündigem Liegen in siedendem Wasser (98°) 8; dagegen er- folgte keine Keimung nach istündigem Erhitzen im Trockenschrank auf 120° (vorübergehend einmal 127°) und nach !/,stündigem Liegen in Wasser von 130° im Autoklav. Die Entwicklung derjenigen Pflanzen, welche aus den erwärmten Samen hervorgingen, war eine durchaus normale. Während in Versuch 2 aber bei den nicht erwärmten Samen mehr als ®/, der Keimlinge zu Medicago minima gehörten, gelangten aus den erwärmten Samen }) Herr Dr. Volkart in Zürich hatte die Freundlichkeit, die Bestimmung an Hand der Medicago-Monographie von Urban nachzuprüfen, wofür ich ihm bestens danke. Nach seinen Angaben handelt es sich bei M. ıninima um var. com- parta Neyraut, | | | Versuche über die Widerstandsfähigkeit gewisser Medieago-Samen usw. 309 ausschließlich M. dentieulata und arabica zur Entwieklung. M, minima war demnach gegen siedendes Wasser weniger widerstandsfähig als die beiden anderen vorwiegend hartschaligen Arten. Daß in diesen beiden ersten Versuchen von den nicht erwärmten Samen nur verhältnismäßig wenige zum Keimen gelangten, lag nicht etwa an der Keimungsunfähigkeit, sondern an der Hartschaligkeit der meisten Samen von M. dentieulata und arabica. Dies ergibt sich in einwandfreier Weise aus Versuch 3. Aus 60 gleichmäßig gemischten Samen wurden drei gleiche Teile A, B und © gemacht. Die Samen A ritzte ich mit, einer Feile leicht an; die Portion B wurde nach der Hiltnerschen Methode ı/, Stunde in konzentrierte Schwefelsäure gelegt, um die Samenschalen durchlässig zu machen und C kam direkt ins Wasser. Alle Samen be- fanden sich dann 15 Stunden zum Aufquellen in Wasser. Von den angefeilten und von den mit Schwefelsäure behandelten Samen keimten je 17. Von der unbehandelten Portion C dagegen nur 3. Als (ie 17 ungekeimten Samen von Ü aber nachträglich auch noch angefeilt und dann nochmals in Wasser gelegt wurden, keimten davon noch 15. Die 3 Samen der Gruppe C, welche olne weitere Behandlung keimten, lieferten zwei M. minima und eine M. arabica, von den 15 nachträg- lich erhaltenen Keimlingen gehörte dagegen kein einziger mehr zu M. minima; die Samen von Versuch 3 wie auch von den folgenden Ver- suchen gehörten, wie schon gesagt, nur zu etwa 1/,, zu dieser Spezies. Durch den Versuch wird bewiesen, daß die geringe Keimfähig- keit der unbehandelten Samen in den Versuchen 1 und 2 auf die Hart- schaligkeit der meisten Samen von M. arabica und denticulata zurück- zuführen ist. Versuch 4. 100 Samen befanden sich während 7'/, Stunden in siedendem Wasser (98%. Nach dieser Zeit war ein großer Teil der- selben vollständig verkleistert, etwa 50 waren nur geiuollen und ein einziger unverändert. Keine einzige Keimung fand statt. Als ich den unveränderten Samen aber nachträglich noch angefeilt und ins Wasser gelegt hatte, keimte er. Daraus ist zu ersehen, daß die Samen im siedenden Wasser nur so lange lebensfähig bleiben, als sie ihre Hart- schaligkeit behalten. Daß das Absterben von 99°/, der Samen nur zum Teil auf die hohe 7!/, Stunden einwirkende Temperatur an und für sich zurückzuführen ist, in der Hauptsache aber vielmehr auf das allmähliche Eindringen des Wassers, geht aus den Versuchen 5 und 6 hervor. 310 ©. Schneider-Orolli, Versuch 5. 25 angefeilte Samen wurden trocken 10 Stunden lang auf 98°C im Wassertrockenschrank erhitzt und dann 7 Stunden in Wasser gelegt. Es keimten 14. In parallelen Versuchen keimten von 25 angefeilten Samen nach 7stündigem trockenen Erhitzen auf 98° noch 18, nach nur 4stündigem Erhitzen 21. Selbst nach 17stün- digem trockenem Erhitzen auf 100° keimten von 25 angefeilten Samen noch 7, lauter M. denticulata. Daß eingedrungenes Wasser die Widerstandsfähigkeit der Samen ungemein vermindert, ergibt sich aus Versuch 6. 25 angefeilte Samen kamen zum Aufquellen 1 Stunde in Wasser von Zimmertemperatur, hierauf 10 Minuten in siedendes Wasser und dann wieder in Wasser von Zimmertemperatur zurück. Es erfolgte keine Keimung. 25 andere angefeilte Samen kamen für 1/, Stunde direkt in siedendes Wasser und hierauf in Wasser von Zimmertemperatur. Keiner vermochte mehr zu keimen, während nicht angefeilte, wie in den Versuchen 2 und 4 ge- zeigt wurde, stundenlang im siedenden Wasser am Leben bleiben können. Andere ähnliche Versuche ergaben übereinstimmende Resultate. Versuch 7. Keine Keimung war mehr nachweisbar an je 25 Samen, welche a) 1'/, Stunden auf 120° im Troekenschrank, und b) während 10 Minuten auf 130° erhitzt wurden. Aus diesen Versuchen geht als Bestätigung und Erweiterung der bisher bekannten Tatsachen hervor, daß gewisse Medieago-Samen, wie M. denticulata und arabica, eine bedeutende Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen besitzen. Einige Samen entwickeln sich selbst nach 17stündigem ununterbrochenem Erwärmen auf 100°C oder nach ?/,- stündigem Erhitzen auf 120° zu normalen Pflanzen. Eine wenn auch aur kurz andauernde Temperatur von 130° wirkte dagegen auf alle untersuchten Medicago-Samen tötlich ein. Infolge großer Hartschaligkeit ist ein, wenn auch kleiner Teil der Samen von Medieago denticulata nnd M. arabica zudem befähigt, einen T'/,stündigen Aufenthalt in siedendem Wasser (98°C) oder ein !/,stündiges Liegen in Wasser von 120° unter Druck zu ertragen. Nach stattgefundener Wasseraufnahme infolge von Verletzungen der Samenschale ist die Widerstandsfähigkeit dagegen nur noch gering. Nach dem Gesagten gehören die Samen gewisser Wollklettenarten mit zu den widerstandsiähigsten Lebewesen, ‚welche uns bekannt sind; von den Dauerformen gewisser Bakterien werden sie in ihrer Wider- standskraft gegen hohe Temperaturen allerdings noch übertroffen. Über die Bedeutung und „Zweckmäßigkeit“ der vielen Leguminosensamen — [nn Versuche über die Widerstandsfähigkeit gewisser Medicago-Samen usw. 311 zukommenden Hartschaligkeit sind wir vorerst noch auf Vermutungen angewiesen. Hiltner?) vertritt die Anschauung, daß viele Leguminosensamen eines solchen Schutzes bedürfen, weil sie sonst (der (Gefahr ausgesetzt seien, in durchfeuchtetem Zustande von Bodenorganismen vernichtet zu werden. Er stützt sich dabei auf die Beobachtung, daß viele andere Samen vollständig von Wasser durchtränkt jahrelang im Keimbett liegen können, ohne zu verfaulen, während Leguminosensamen, die aufgequollen sind, entweder binnen wenigen Tagen keimen oder dann durch Orga- nismenwirkung vernichtet werden. Übrigens haben zahlreiche Forscher schon bewiesen, daß die Hartschaligkeit einer bestimmten Samenprobe innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit beträchtlich zu- oder abnehmen kann. 1) Hiliner, 1. ec, ag. 34. Über Säuregehalt und Säureresistenz verschiedener Wurzeln. (Vorläufige Mitteilung.) Von K. Aso, Tokio. Es ist bekannt, daß manche Pflanzen einen höheren Säuregehalt im Boden vertragen als andere, z. B. Kartoffeln gedeihen sehr gut auf saurem Hochmoorboden, aber nicht Gerste oder Weizen. Ferner ver- trägt die Haferwurzel mehr Säure als die Gerstenwurzel. Meine eigenen Versuche!) mit Reis, Gerste und Erbse haben mich überzeugt, daß sie am besten gedeihen bei neutraler Reaktion der Düngemittel, Es war nun interessant: zu untersuchen, ob diese verschiedene Resistenz vielleicht mit dem verschiedenen Säuregehalt der Wurzeln zusammenhängt. Wir wissen, daß in dieser Beziehung ebenfalls große Unterschiede existieren. Die Wurzeln von Lupinen und Buchweizen können nach Prianischnikow sogar Phosphorit verwenden, während Getreidearten dieses nicht können. A. Meyer fand bei Wurzelfasern des Klees die Säuregrade stärker als bei den von Gramineen und Stoppelrüben, und bei diesen stärker als bei Flachs. B. Dyer beobachtete bei Gramineen, Compositen und Solanaceen nur halb’ so viel Acidität der Wurzel als bei Leguminosen, Cruciferen und Ranunculaceen. Man könnte vermuten, daß eine Wurzel 1) Bulletin of the College of Agrie. Tokio Imp. Univ. 1906, Yol VII Ir. 1. 312 K. Aso, um so weniger Säure im Boden vertragen kann, je mehr sie selbst bereits Säure enthält, weil dann durch Addition von zwei Säurequellen ein zu hoher Säuregrad erreicht wird. Maxwell!) kultivierte ver- schiedene Pflanzen in einem Boden, welchen er mit einer 0,1 °/,igen und 0,2°/,igen Zitronensäurelösung durchtränkt hatte, um die Resistenz gegen Säure zu beobachten. Er fand, daß verschiedene Orucifereen da- durch sofort zugrunde gingen, Lupinen, Bohnen und Wicken leisteten dagegen lange Widerstand, bildeten aber keinen Samen. Klee und Luzerne, ferner Weizen, Gerste und Hafer entwickelten sich nicht weiter. Mais wuchs besser, kam zum Blühen, aber bildete keinen Samen. Nur Perlhirse blieb in jeder Hinsicht normal, Gegen diese Versuche könnte man einwenden, daß die angewandte Zitronensäure im Boden bald «dureh Schimmelpilze verzehrt und oxydiert und je nach Umständen der Säuregrad im Boden mehr oder weniger rasch verändert wurde. Ich habe daher bei meinen Versuchen in dieser Richtung, statt die Zitronen- sänre in den Boden zu bringen, die Pflanzen in einem gewissen Ent- wieklungsstadium in 0,1 nnd 0,01 %/,ige Zitronensäurelösungen eingesetzt. Ich verwendete Solanum tuberosum, Hordeum sativum, Avena sativa, Lupinus lutens, Pisum sativum, Spinacia oleracea, Sinapis alba und Poly- gonum fagopyrum. Am 4. April wurden junge Pflanzen in die Lösungen eingesetzt und hierauf folgendes beobachtet: 0,1%%,ige Zitronensäurelösung. h | Pflanzen |. April | 11. April | 13. April 18. April |24. April 4. April Senf Fa | verwelkt | ! | L pe ul on | y & ‚ die Blätter | die Blätter dOES 9-12 mal! Gerste 10-1 normal; yarı gelbt entfärbt abgestorben an a EEE ea ma Bu ven | der Blätter weise eb ena| abgestorben _ a a =_1r ! die meisten | teilweise | Eirbse”) 15—17 normal } Blätter gelb | verweikt , abgestorben _ Lapi 56 etwas f _ _ _ apinen 5 orwelkt | verwelkt i Buch- Pr | ! | noeh weizen 7 ! normal normal normal ! Jebend Y ı 1) Landwirtsch. Versuehsstat. 1898, Bd. L, pag. 325. 2) Die Kotyledonen waren abgeschnitten worden. A, Über Säuregehalt und Säureresistenz verschiedener Wurzeln. 313 0,01 %/,ige Zitronensäurelösung. MT a Höhe der nn Pflanzen | 7. April | 11. April 18. April 18. April |24. April 4, April | cm etwas " Senf 4-5 | verwelks | abgestorben _ _ _ or die oberen ” die Spitze f etwas Teile der noch Gerste 10—12 | normal kraftlos der Blätter Blätter kräftig entfärbt die Spitze noch Hafer 12—15 | normal | der Blätter | wie am 11. | wie am 18. kräfti vergelbt & die unteren noch Erbse 15-17 | normal normal normal Blätter akt verwelkt & Lupinen 5—6 normal normal normal normal normal Buch- Pr weizen 7 normal normal normal normal norınal Die Kontrollpflanzen waren sämtlich gesund geblieben. Bei der zweiten Versuchsreike wurden am 19. Mai junge Pflanzen von einem etwas höheren Entwicklungsgrad in die Lösungen eingesetzt und folgendes beobachtet: 0,1%,ige Zitronensäureldsung. Höhe der Pflanzen | 22. Mai | 24. Mai 27. Mai 3. Juni 14. Juni 19. Mai cm Blätter ab- Senf 5—6 gelb |gestorben — u u Erbse 30—40 | normal teilweise abgestorben — _ nur ein Lupinen | 10—15 | normal a v en abgestorben —_ V iorhent nt ” Hafer | 25-30 | normal | normal ee feilweine abgestorben die F : | die Stengel” Blätter wie am wie am n Kartoffel) 13—15 Stengel ag : | zeigen uoch | verwelkt | 7, sig 24. Mai 27. Mei | Targor B je 8-10 normal | normal normal teilweise abgestorben . ab- _ _ Spinat 5-6 gestorben u 1) Die Knollen waren abgeschnitten worden. 314 K. Aso, 0,01 %,ige Zitronensäurelösung. ühe der! Pflanzen 27. Mai 3. Juni 14. Juni 19. Mai a das zentrale ent . Blätter P _ Senf 56 normal lotwas gelb Bin ‚alten abgestorben | | "die unteren Erbse | 30-40 | normal | normal Blätter abgestorben _ t ! verweikt ; nur ein Blati , Lupinen | 10—15 : normal ! ein Blatt! noch nicht noch nicht noch lebend : : verwelkt | verwelkt ! _ı wm T j N = Hafer 25-30 | normal ' normal ’ normal | normal normal . | : Blätter | die Stengel | wie am wie am Kartoffett)] 13-15 ; normal E33 lebend | 27. Mai | 27. Mai T Buch“ 8-10 | normal | normal normal | normal net | _ — P Pr “ ab- Spinat 5-6 normal jgestorben Die Kontrollpflanzen waren auch hier normal geblieben. Aus diesen Versuchen ergibt sich also, daß Citronensäure selbst bei 0,01°/, noch sehr schädlich auf Spinacia, Sinapis und Pisum wirkt; etwas langsamer ist die Wirkung bei Lupinus, Hordeum, Avena und Solanum tuberosum. Im ganz jugendlichen Stadium einiger Pflanzen scheint etwas mehr Säure vertragen zu werden als später, wo Wurzel- haare gebildet sind und Chlorophyll im Blatt entwickelt ist. Um den Säuregrad der Wurzeln zu bestimmen, hat man die Wurzeln zerrieben und den Saft titriert, während es offenbar das richtige wäre, lediglich die Wurzelhaare der Prüfung zu unterziehen, was allerdings große Schwierigkeiten darbieten würde. Etwas deut- Heler würde der relative Säuregehalt der Wurzelhaare zum Ausdruck kommen, wenn man die Giftwirkung eines solchen Körpers auf die Würze] vergleichen würde, dessen Wirkung um so rascher erfolgen würde, je mehr Säure in den Wurzelhaaren ist. Es ist nan von verschiedenen Forschern beobachtet worden, daß Kitrite ein sehr starkes Gift für Pflanzen sind, während Nitrate be- kanntlich bis zu 1%, und mehr in Stengeln und Wurzeln gespeichert werden können. Die Nitritgiftwirkung beruht offenbar darauf, daß die salpetrige Säure sehr leicht durch organische Säuren aus Nitriten in l) Die Knollen waren abgeschnitten worden. u .. 1% >, Über Säuregehalt und Säureresistenz verschiedener Wurzeln. 315 Freiheit gesetzt wird!) und dann die freie salpetrige Säure stark oxy- dierend auf das lebende Protoplasma wirkt. Deshalb wird ein Nitrit am raschesten Giftwirkung auf diejenigen Pflanzen ausüben, welche den höchsten Säuregehalt im Zellsaft der Wurzel aufweisen. ” Nafrium- oder Kaliumnitrit sind für Algen mit neutralem Zellsaft kein Gift, wie Loew gezeigt hat. Hochverdünnte Nitritlösungen können von manchen Phanerogamen als Stickstofidünger benutzt werden, wäh- rend schon mäßig starke (0,1°/,ige) Lösungen giftig auf die Wurzel wirken. Spuren von Nitrit können sogar, wie ich dargetan habe”), bei lebhafter Atmung in Keimlingen und Meristemen entstehen. Der Nach- weis gelingt am besten mit dem Reagens von Grieß, eventuell nach Fällung des ausgepreßten Saftes mit Bleiessig. Die Reaktion ist aber meist so schwach, «daß es sich nur um Millionstel Anteile handeln kann. Die obersten Teile der jungen Schößlinge von Bambusa, Humulus Lu- pulus, Cichorium Intybus, Solanum tuberosum, Pisum sativum gaben die Reaktion, aber Schößlinge von Rheunm und Asparagus verhielten sich negativ. Am intensivsten wurde die Reaktion noch mit Sagittaria- knospen erhalten, deren Saft vorher durch Aufkochen von Eiweiß be- freit wurde®), ehe Sulfanilsäure, Schwefelsäure und Naphtylaminsalz zu- gesetzt wurde. Da in den Knollen und Knospen Nitrat abwesend war, kann die Spur salpetrige Säure nicht durch Nitratreduktion entstanden sein, sondern durch Oxydation von Ammoniak. Es war nun von Interesse, das Verhalten verschiedener Pflanzen zu Nitrit bei gewisser Verdünnung zu beobachten. Vermutlich bestehen hier große Unterschiede, da der Säuregrad verschiedener Wurzeln ver- schieden ist, und durch diesen die Giftigkeit des Nitrits wie erwähnt, berlingt wird. Hauptsächlich wird in erster Linie der Gehalt der Wurzel- oberfläche und der Wurzelhaare an freier Säure oder sauren Salzen in Betracht kommen. Ich brachte nun verschiedene Pflanzen in Lösungen von Natrium- nitrit von 0,1%, wobei sich folgende Unterschiede ergaben: (Tabelle siche nächste Seite.) Wenn wir hiermit die oben behandelte Resistenz gegen Säure betrachten, so finden wir so ziemlich das entgegengesetzte Verhalten. Es würde also daraus weiter folgen, daß Pflanzen, deren Wurzel 1) Sogar Kohlensäure in konzentriertem Zustande soll nach Marle etwas salpetrige Sinre aus Nitrit frei machen (Chem. News 1906, pag. 160). 2) Beihefte zum Bot. Zentralbl. 1905, XVII, Abt. I, Heft 3, par. 320. 3 Wegen Spuren Anthokyans ist hier eine Kontroliprobe mit Schwefelsäure allein nötig. 316 K. Aso, Über Säuregehalt und Säureresistenz verschiedener Wurzeln. Höhe der Fe 16. Juni | 1%. Juni | 21. Juni | 22. Juni am 14. Juni _ L Senf > normal normal Bitten abgestorben B nn die Pflanzen . ein Blatt | zwei Blätter |; etwas Lupine 25 verwelkt verweikt | zeigen noch | orwelkt | Turgor Erbse 50 normal normal verwelkt oo einige Blätter| alle Blätter Hafer 40 verloren verloren verweikt _ Turgor Turgor die obere | die Stengel Teile der |ganze Blätter] die Steng: _ Kartoffel) 25 Blätter | verwelkt | noch frisch verwelkt Buchweizen ee er | yerweikt u _ gegen Säure ziemlich resistent sind, auch mehr Säure in der Wurzel selbst enthalten, was das Gegenteil unserer ursprünglichen Vermutung ist. Um jedoch einen direkten Anhaltspunkt über den Zusammenhang von Säuregehalt und dem Grade der Nitritgiftwirkung zu erhalten, wurden Lupinenpflanzen 20 Tage in einer 0,01 °/,igen citronensäurehal- tigen Nährlösung belassen, dann nach dem Waschen der Wurzel in Natriumnitratlösung von 0,1°%/,. Diese Pflanzen starben in 2 Wochen ab, während die Kontrollpflanzen, welche aus der bloßen Nährlösung in die Nitritlösung versetzt wurden, noch am Leben waren. Pflanzenphysiologisches Institut in München, Oktober 1909. 1) Die Knollen waren abgeschnitten worden. Flora, Band 100. Tacl. Ela, Ih Ins Bein 3 Sohuster.del, Verlag von Gustav Fischer in Jena Flora,Band :00. Tall at Hl. Verlag von bustav Fischer ınJena Flora,Band 100. Verlag von Gustav Fischer in Jena Flora.Band 100. Taf. V. af. V. Verlag von Gustav Fischer in Jena Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. Das Tuscheverfahren als einfaches Mittel zur Lösung einiger schwieriger Aufgaben der Bakterioskopie. (Absolute Reinkultur, Spirochätennachweis u. a. m.) Von Prof. Dr. Robert Burri, Vorstand der schweiz. milchwirtschaftlichen u. bakterivlogischen Anstalt in. Bern. Mit 3 Figuren im Text und 16 Photogrammen auf 3 Tafeln. 1909. Preis: 3 Mark. Lehrbuch der Pharmakognosie. Von Dr. George Karsten, d Dr. Friedrich Oltmanns, Professor an der Universität Halle, 1 Prof. an der Universität Freiburg i Br. Zweite, vollständig umgearbeitete Auflage von 6. Karstens Lehrbuch der Pharmukegnosie. Mit 512 zum Teil farbigen Abbildungen im Text. 1900, Preis: 9 Mark, geb. 10 Mark. Zur Biologie des Chlorophylis. Laubfarbe und Himmelslicht. Vergilbung und Etiolement. Von Ernst Stahl. Mit einer lithographischen Tafel und 4 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 4 Mark. Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. Dr. Eduard Strasburger, Dr. Heinrich Schenk, 0. ö. Prof. der Botanik an der Univers, Bonn, Prof, a. d. Techn. Hochschule Darmstadt. Dr. Ludwig Jost, Dr. George Karsten, 0. ö. Prof, a. d. Universität Straßburg i. E. o. 5. Prof. a, d. Universität Halle, Zehnte umgearbeitete Auflage. Mit 782 zum Teil farbigen Abbildungen. 1909. Preis: 8 Mark, gel. 9 Mark. Weltsprache und Wissenschaft. Gedanken über die Einführung der inter- nationalen Hilfssprache In die Wissenschaft. Von L. Couturat, 0. Jespersen, RA. Lorenz, früher Prof, a. d. Universität Prof. a. d. Universität Prof. am eidgen. Polytechnikum Caen, jetzt Paris. Kopenhagen. Zürich, W. Ostwald, L. Pfaundler, em, Prof. an der Universität Prof. an der Universität Leipzig (Groß-Bothen). Graz. 1909. Preis: 1 Mark. Verlag von GUSTAV FISCHER in ‚Jena. Vor kurzem erschien: Yorträge über hotanische Stammesyeschicht gehalten an der Reichsuniversität Leiden. Ein Lehrbuch der Pflanzensystematik von Dr. J. P. Lotsy. Zweiter Band: Cormophyta zoidegamia. Mit 553 Abbildungen im Text. 1909. Preis: 24 Mark. Inhalt: I. Einleitende Bemerkung über die Archegoniaten. II. Beschreibung der Lebens- geschichte eines Mooses. III. Die Lebensgeschichte eines leptosporangiaten Warnes. IV. Das einfachste Moos und die einfachsten Farne. V--IX. Die Hepaticne. 1. Antlioceros. 2. Riceia, das Lebermoos mit der einfachsten 2x-Generation. 3. Sphaerocarpus, das einfachste bekannte Lebermoos und die Einleitung der Hepaticae, 4. Die Marchantiales. 5. Die Metzgeriales. X.—AU. Die akrogynen Jungermanniales. XIIL—XIY. Die akrogynen Jungermanniales mit typisch zwei- lappig gefalteten Blättern. XV. Die Laubmoose und deren Zerlegung in Sektionen. XVI. Die Archidonten. XVIE—XX. Schizodonten. Haplolepideae. 1. Dieranaceales. 2. Monocranaceales. 3. Die Ditrichoeranaceales und deren Beziehungen zu den Euealyptaceen, 4, Platyeranaceales. XXL—XXHl. Schizodonten. Diplolepideae. 1. Epieranacenles und Schistostegaceae. 2. Meta- eranaceales und Bryoidese. 3. Metacranacenles Isohryoidene. XXIV. Metaeranaceales. Necke- roideae. XXY. Einleitung zu der Diploidales. XXYL—XXX. Die Biciliaten. 1. Lycopodiales. a) Lycopodiacese. b) Lepidodendraceae. c) Sigillarineeae. d) Die Genera Bothrodendron, Spen- eerites, Mazocarpon, Lepidocarpon, Miadesmia und Pleuromein. e) Die Selaginelleae, XXXL Die Bieiliaten. 2. Die Psilotales. AXXIL—XILYI Die Polyeiliaten. 1. Die Artieulaten. a) Die Sphenophyllales und Pseudohoeniales. b) Die Equisetales. 2. Die Icoetales. 3. Die Filicales. a) Die Primofilices. b) Die Osmundaceen. ce) Die Septosporangiaten. d) Die Eusporangiaten. 4. Die Oyeadofilices oder Pieridospermae. 5. Die Cyendophyta. 6. Die Cordaitales und Gink- goales. — Literatur (zu den einzelnen Vorträgen). — Pflanzennamenregister, — Sachregister. Im Jahre 1907 erschien: TI I Erster Band: Algen und Pilze. Mit 430 Abbildungen im Text. Preis: 20 Mark. Inhalt: 1. Einleitung. 2. Volvocales, 3. Siphonales. 4. Archimycetes und Syphonomycetes. 5. Multizelluläre nionoenergide Isokonten, 6. Stephanokonten. 7. Heterokonten. 8. Desmidiacese. 9. Die Phaeophytenreihe. 10. Die Peridinales, 11. Die Diatomeen. 12, Phaeophyceae. 13. Rbo- dophycene. 14. Die Schizophyten (Bakterien). 15. Schizophycsen. 16, Die Myxobakterien. 17. Myxo- myeeten. 18. Die Ascomyeeten. 19. Erysiphales. 20. Pletascineae. 21. Pyrenomyceten und Laboulbeniales. 22. Lichenen. 23. Discomyeeten, 24. Heivellineae, 25. Eutuberaceae. 26. Exo- aseineae. 27. Die Saccharomycsten. 28. Basidiomycetes, Hemibasidii. 29. Die Uredineae. 30. Basidio- myceeten. — Literatur (zu den einzelnen Vorträgen). — Pflanzennamenregister. — Sachregister. a sl Diesem Hefte liegen 3 Prospekte bei von der Verlagsbuchhandlung Gustav Fischer in Jena, betreffend „Carl von Linne's Bedentung als Naturforscher und Arzt“, „A. Möller, Hausschwammforschungen“ und „Naturwissenschaftliche Wochenschrift“. Druck von Ant. Kämpfe in Jena. ’ nn : _ FLORA ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. 100. BAND. Drittes HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 1 TAFEL UND 8 TEXTFIGÜREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. : 1910, ERSCHIENEN AM 18. MÄRZ 1910. Inhaltsverzeichnis. Seite MEYER, ARTHUR und SCHMIDT, ERNST, Über die gegenseitige Be- einflussung der Symbionten heteroplastischer Transplantationen, mit besonderer Berücksichtigung der Wanderung der Alkaloide durch die Pfropfstellen. Mit 3 Abbildungen im Text . . . 317-396 STRASBURGER, EDUARD, Chromosomenzahl. Mit Tafel VI. . - . 398-446 ASO, K, Können Bromelisceen durch die Schuppen der Blätter Salze aufnehmen? Mit 5 Abbildungen im Text . . 2... . 447-450 BEE” Diesem Hefte liegen zwei Prospekte bei von Gnstav Fischer, Verlags- buchhandlung in Jena, betr. „Zeitschrift für Botanik“ und „Hertwig, Allgemeine Biologie (3. Auflage)“. Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. Regeneration und Transplantation. Von Dr. E. Korschelt, Professor der Zoologie in Marburg. Mit 144 Abbildungen im Text. 1407. Preis: 7 Mark. Botanisches_Centralblatt 1908, Nr. 5: Dieses Buch wird auch vielen Botanikern sehr willkommen sein, wenngleich die zoologischen Tatsachen der Regeneration und Transplantation in erster Linie berücksichtigt sind; dem Botaniker, der sich besonders mit diesen Problemen be- schäftigt, ist es sogar ein unentbehrliches Hilfsmittel, das ihn bequem und zuver- "lässig über das ausgedehnte Gebiet orientiert, In wohl disponierter, objektiver, klarer Darstellung, die durch vortreffliche Abbildungen wirksam unterstützt wird, gibt der Autor eine begriffliche Auseinandersetzung üher die verschiedenen Formen der Regeneration, verfolgt sie hei Pflanzen, Kristallen, einzelligen und höheren Tieren, schildert ibren Verlauf und ihre Abhängigkeit von inneren und äußeren Faktoren, ihre Ahnormitäten, ferner die Polaritätserscheinunger, die bei Regene- rationen zum Ausdruck kommen usw. In ähnlicher Weise wird das kleinere Gebiet der Transplantation dargestellt, indem die markantesten Fälle in den verschiedenen Gruppen der Organismen geschildert werden, ihr Verlauf unter verschiedenen Be- dingungen, ihr Schicksal, ihre Abhängigkeit: von Alter, Organisationshöhe, syste- matischer Stellung, die Wechselwirkung der beiden Komponenten usw, Ein aus- führliches Literaturverzeichnis, in dem auch die wesentlichsten botanischen Abhand- lungen aufgeführt werden, sowie ein Sachregister machen den Schluß. N. G. Elwert’sche Verlagsbuchhandlung in Marburg. Den neu eingetretenen Abonnenten der „Flora“ bieten wir an: Flora oder allgemeine botanische Zeitung, 72.95. Bd., 1889— 1905. 72.—90. Band in fein Halbfrzb. geb. (M. 482,— broseh.) zu M. 820,— netto, — „» — brosch. (davon 79. u. 81. Bd. geb.) zu M. 300,— netto. Die letzten zwei vollständigen Exemplare. Flora, Band 72—78, 80, 82—95 zu ?/, des Ladenpreises. Vorrat nur noch gering. Über die gegenseitige Beeinflussung der $ymbionten heteroplastischer Transplantationen, mit besonderer Berücksichtigung der Wanderung der Alkaloide durch die Pfropfstellen. Von Arthur Meyer und Ernst Schmidt. (Bit 3 Abbildungen im Text.) Inhaltsübersicht. L Einleitung. A. Die Wanderung der Alkaloide in einem Individuum. Von Arthur Meyer. B. Die gegenseitige Beeinflussung heteroplastischer Transplanta- tionen, mit besonderer Berücksichtigung der Frage nach dem Wanderungsvermögen der Alkaloide. Yon Arthur Meyer. a) Über die Pfropfhybriden. b) Die Herstellung der Verbindung zwischen den verschiedenen Zellarten der Symbionien. ec) Die Stoffwanderung vom Reis zur Unterlage und umgekehrt. a) Kohlehyärate, £) Die Wanderung des Virus der infektiösen Panachüre, 7) Die Wanderung der Blausäure liefernden und anderer Glykoside, ö) Die Wanderung der Farbstoffe, &) Die Wanderung der Alkaloide. U. Neue Untersuchungen über die Wanderung der Alkaloide durch die Pfropfstellen heteroplastischer Transplantationen. A. Das Material für die Untersuchungen. Von Arthur Meyer. B. Die quantitstive und qualitative Untersuchung des Materials. Von Arthur Meyer und Ernst Schmidt. Datura Siramonium 3) Propfungen Synum buberosam” Nicotiana Tabacum b) Die makrochemische Untersuchung von Pfropfungen cotienn af” Nicotiana Tabacum Solanum tuberosum ' «) Untersuchungsmethode. Nicotiana Tabacum Pr Piropkungen one affinie " Nieotiana Tabacum Solanum tuberosum Nieotiana Tabacum ö) Pfropfungen Solanım Iuberoum 1909. 6. Mikrochemische Untersuchung des Materials. Von Arthur Meyer. D. Schluß. Von Arthur Meyer. Flora, Bd, 100. 21 und ’) Pfropfungen 318 A. Meyer und E. Schmidt, I. Einleitung. In den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft haben wir 1907 (Bd. XXV, pag. 131) eine Kleine Abhandlung über die Wande- rung der Alkaloide veröffentlieht, in welcher wir auch versprachen, die, Arbeit fortzusetzen. Was wir hier mitteilen, ist das Resultat solcher neuen Untersuchungen. Wie früher, ist die makrochemische Prüfung der Objekte, welche sich bei den kleinen Mengen der zu bestimmenden Alkaloide nicht einfach gestaltete, allein von Ernst Schmidt durchge- führt worden, während die botanischen und mikrochemischen Arbeiten von Arthur Meyer ausgeführt wurden. Dabei ist nun besonders hervorzuheben, daß die ganze mikrochemische Untersuchung mitsamt den daraus gezogenen Schlüssen vor dem Beginn der makrochemischen Untersuchung (im September 1908) fertiggestellt worden ist, so daß sie von den makrochemischen Resultaten völlig unbeeinflußt war, was bei der schwierigen Methode der Mikrochemie, welche bei der Entschei- dung quantitativer Fragen nur auf Schätzung angewiesen ist, hervorge- hoben zu werden verdient. Die makrochemische Untersuchung der Pflanzenteile ist von Ernst Schmidt vorgenommen worden, ohne daß ihm etwas näheres über die speziellen Aufgaben bekannt war; er kannte nichts als die Nummern des betreffenden Materials. Die ausnahmslos gleichsinnige Aussage der Resultate war uns sehr erfreulich. A. Die Wanderung der Alkaloide. Unsere Kenntnisse über die Entstehung und Wanderung der chemischen Verbindungen in den Angiospermen sind noch relativ mangel- haft. Für die am besten untersuchten Kohlehydrate wissen wir wenigstens, daß ihre primäre Produktionsstätte in den Autoplasten, vielleicht in den Grana dieser Organe des Protoplasten zu suchen ist (A. Meyer 1895, pag. 169), und es spricht bis jetzt nichts dagegen, daß sie dort direkt, olıne Bildung eines Zwischenproduktes, aus Kohlensäure und Wasser entstehen. Aber schon über die Leitungsorgane, in welchen die Kohlehydrate sich aus den Blättern in die Achsen bewegen, wissen wir, wie wir sehen werden, nichts Sicheres. Viel unsicherer sind unsere Kenntnisse für andere Stoffgruppen. Auch über die Orte und die Art der Entstehung sowie über die Wanderwege der Alkaloide wissen wir sehr wenig. . Wenn wir unter Alkaloiden alle heterozyklischen Basen, in welchen der Stickstoff sich in geschlossenem Ringe befindet, verstehen, so treffen Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 319 wir mit diesem Namen anscheinend zugleich eine biologisch ziemlich einheitliche Gruppe von chemischen Verbindungen, die oft als Schutz- stoff wirken. Dennoch müssen wir uns wohl hüten, die Pyridin- (Niko- tin), Pyrolidin- (Hyoszyamin-), Imidazol-, Chinolin- (Chinin-), Isochinolin- derivate dieser Stofigruppe von vornherein als physiologisch völlig gleichwertig zu erklären. Art der Entstehung, Ort der Entstehung, Wanderung brauchen z. B. nicht so gleichartig zu sein wie für alle Glieder der Gruppe der Kohlehydrate. Über den Prozeß der Bildung der Alkaloide in der Pflanze wissen wir nichts. Wir wissen noch nicht einmal, ob sie als Nebenprodukte bei Eiweißbildung, Eiweißspaltung usw. stets, wenn auch in sehr kleinen Mengen, entstehen müssen oder so nur bei einzelnen Pflanzen entstehen, oder ob sie besonderen Bildungsprozessen ihre Entstehung verdanken, die nur von bestimmten Pflanzen ausgeführt werden können, welche eine besondere Fähigkeit haben, diese Prozesse durchzuführen, wie es z. B. einzelne Pflanzen gibt, weiche die Fäligkeit haben, Wurzeln in Dornen überzuführen. Hypothesen sind über diese Materie vielfach aufgestellt (siehe z. B. Pictet, Archiv der Pharmak., 1906, pag. 4#9), doch sind sie bisher alle zu wenig gestützt worden. Einige wichtige Punkte, über welche wir gut unterrichtet sind, erwähnen wir, weil sie für das Verständnis der von uns erhaltenen Untersuchungsresultate wichtig erscheinen. Zuerst ist mikrochemisch nachgewiesen worden, daß die Alka- loide in verschiedenen Zellarten abgelagert werden können, So fand Siim Jensen (1901, pag. 81-82) Alkaloid im Parenchym, und zwar im Parenehym in der Nähe der Siebteile (Kelchblatt), der Tracheen (im Kronenblatte), der Siebstränge (Laubblätter), der Mark- strahlen, des Markes (Achse), des Phelloderms (Wurzel). Im Meristem des Periderms war das Alkaloid reichlich vor- handen; ebenso fand es sich in den Epidermiszellen der Frucht- knotenwand von Hyoscyamus niger, der Pflanze, auf welche sich alle die vorhergehenden Angaben beziehen. Molle (pag. 329) fand Alkaloid in den Epidermiszellen der Achsen von Salpiglossis sinuata und Petunia violacea; bei letzterer Pflanze soll auch in den Stereiden und in der Endodermis der Achsen Alkaloid auftreten. Nach Errera (1897, pag. 178) enthalten die Raphidenzellen von Nareissus Alka- loid, nach Clautriau (1894, pag. 237) die Endospermzellen von Strychnos nux vomiea. . Bekanntermaßen kommen auch in vielen Milchröhren Alkaloide vor (Papaver). ‚Demgegenüber ist es sehr auffallend, daß die Sieb- 21* 320 A. Meyer und E. Schmidt, röhren und Geleitzellen stets alkaloidfrei gefunden wurden. Wo Alka- loide in den Zellen vorkommen, liegen sie meist im Zellsaft (Errera 1887, pag. 178). Errera meint, daß sie bei einigen Spezies vielleicht im Öl oder im Schleime lägen. Bewiesen ist ferner, daß die Alkaloide in den verschiedenen Zellen eines und desselben Individuums in sehr verschiede- nen Konzentrationen vorkommen können. So fand z. B. Feld- haus (1903) im Assimilationsparenchym -+ den dünnsten Nervenzweigen 0,48%, Alkaloid, in den Mittel- und Sekundärnerven 1,39°/, Alkaloid. Das Alkaloid liegt also danach in den parenchymatischen Elementen der Nerven entschieden in viel größerer Konzentration als in denen des Assimilationsparenchyms. Moll wies ja auch mikrochemisch nach, daß das Assimilationsparenchym von Datura fast alkaleidfrei ist. Als weiteres Beispiel können wir das zweischichtige, obliterierte Parenchym der Samenschale von Datura Stramonium anführen, welches allein das Alkaloid enthält, während sich Embryo und Endosperm als alkaloidfrei erweisen. Trotz der relativ kleinen Menge der alkaloidführenden Zellen enthält der Samen doch 0,48 °/, Alkaloid. Auch die Bevorzugung bestimmter Organe und bestimm- ter Regionen der Organe zur Ablagerung der Alkaloide ist erwiesen. Errera sagt darüber auf Grund der Resultate der mikro- chemischen Untersuchung einiger Pflanzen: „En göneral les Alcaloides sont les plus abondants: 1. Dans les tissus trös actifs: point v6getatif, embryon ete.; 2. Autour des faisceaux fibro- vasculaires (endoderme, gaine circumfasciculaire), surtout pres de la rögion libörienne et dans cette region m&me; 3. Dans }’6&piderme, les poils. öpidermiques, les cou- ches cortienles externes, les enveloppes du fruit et des graines.“ Im Prinzip stimmen damit auch die Resultate makrochemischer Unter- suchungen überein. So fand Feldhaus (1903, pag. 91) in Keimlingen von Datura Stramonium 0,67 °/, Alkaloid, während der ruhende Embryo und das Endosperm kein Alkaloid fünren. Er fand im Stempel 0,54%, in der Blumenkrone 0,43 %/,, in der Plazenta der reifen Frucht 0,28 %/,, in der äußeren Fruchtwand der reifen Kapsel 0,082 %/, Alkaloid. Auf Grund der vorliegenden, eben mitgeteilten Tatsachen kann man die folgenden Fragen aufwerfen: 1. Gibt es besondere, für die Bereitung der Alkaloide bestimmte Zellarten, ähnlich wie die Assimilationszellen Zellen sind, welche allein die Kohlehydrate direkt aus CO, + H,O herstellen können, oder können alle Zellarten, in denen Alkaloide gefunden worden sind, in gleicher Weise Alkaloide produzieren? f Über die gegenseit, ‚Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Trensplantat. usw. 392] 2. Ist irgend ein Organ der höheren Pflanze zur Bereitung der Alkaloide besonders geeignet, ähnlich wie die Laubblätter es für die Bildung der Kohlehydrate sind, oder sind alle Organe der Pflanze im gleichen Maße befähigt, die Alkaloide selbst zu erzeugen? 3. Findet Wanderung der Alkaloide statt oder bleiben letztere in denjenigen Zellen liegen, welche sie erzeugen? 4. Welches sind, wenn Wanderung der Alkaloide stattfindet, die Wege, auf denen das Alkaloid in der Pflanze wandert? In der Literatur finden sich zuerst einige Angaben, welche sich auf die Frage 2 beziehen. Aus solchen können wir zuerst mit Sicher- heit schließen, daß ihre Entstehung in den Assimilations- organen vom Lichte unabhängig stattfinden kann. Das geht mit Sickerheit daraus hervor, daß die Keimlinge von Datura im Dunkeln wie im Lichte 0,6°, Alkaloid gebildet hatten, während der Embryo vorher alkaloidfrei war (Feldhaus, pag. 61). Auch Versuche mit den Laubblättern von Datura zeigten das gleiche (Feldhaus, pag. 79). Feldhaus sammelte von 100 Blättern abends 6 Uhr die eine Blatt- hälfte, ließ die anderen 3 Tage an der Pflanze verdunkelt und fand darauf in beiden 0,51%, Alkaloid. Es fand also keine Ableitung (des Alkaloides statt. Da dieses der Fall ist, so müßte sich in den Blättern der Alkaloidgehalt vermehren, wenn täglich unter dem Einflusse des Lichtes eine bestimmte Menge von Alkaloid gebildet würde. Feldhaus fand aber in abgeschnittenen Blatthälften 0,33°/,, in den dazugehörigen Hälften, welche an der Pflanze 3 Tage weiter beleuchtet worden waren, 0,39%, so daß also keine Alkaloidansammlung angenommen werden kann. Diesen exakten quantitativen Untersuchungen gegenüber darf man wohl vorläufig die Richtigkeit der Angaben Lotsys (1899) be- zweifeln, welcher für Cinchona den Beweis erbracht haben will, daß tagsüber das Alkaloid in den Blättern gebildet und nachts von dort nach dem Stamme abgeführt wird. Nach dem oben über die Ver- schiedenheit der Alkaloide Gesagten könnte es sich allerdings beim Chinin anders verhalten wie beim Hyoszyamin, und es wäre eine exakte quantitative Untersuchung des Verhaltens «ler Cinchonen sehr erwünscht. Lotsy stellte sich aus 1. morgens und 2. abends gesammelten Blatt- hälften wässerige salzsaure Auszüge her, aus denen er die Eiweißkörper entfernte. Je nachdem nun ein Niederschlag mit Kalilauge — die an- deren Alkaloidfällungsmittel waren ihm zu empfindlich — entstand oder nieht entstand, erklärte er die untersuchten Blatthälften für voll oder leer in bezug auf die Alkaloide. Er beobachtete so, daß die Blätter morgens voll und abends leer waren. 322 A. Meyer und E. Schmidt, Auch in bezug auf die Frage 3 15ßt sich, wenn wir von dem eben Mitgeteilten absehen, noch einiges anführen. Untersuchungen von Feldhaus und Kirchner (1905) sprechen nämlich sehr dafür, daß die Datura-Alkaloide wandern können. Damit verhält es sich folgendermaßen. Feldhaus (pag. 82) schnitt von einer größeren Anzahl von Laubblätter die Spreitenhälften rechts und links vom Mittelnerven ab und ließ die Blattstiele mit den daran sitzenden Mittelnerven der Blätter vom 30. Juli bis 28. August an den Pflanzen. Danach fand er in Mittelrippe und Blattstiel zusammen nur 0,29°/, Alkaloid, also viel weniger als in der normalen Blattspreite. Kircher verfolgte diese Erscheinung weiter, indem er folgender- maßen verfuhr: Zuerst sammelte er von zwei verschiedenen Beeten (I und II) von Datura Stramonium je ungefähr 300 ganze Blätter. Zweitens schnitt er von ungefähr 700 Blättern des Beetes I die Spreiten rechts und links vom Mittelnerven völlig ab und sammelte sogleich 300 Blattstiele + Mittelnerven; die übrigen Blattstiele + Mittelnerven ließ er an den Pflanzen sitzen und sammelte sie erst nach 5 und nach 8 Tagen, nach welcher Zeit manche Blattstiele abgefallen, manche erkrankt waren. Drittens schnitt er von einer gleichen Anzahl von Blättern des anderen Beetes (Nr. IID) die Spreitenteile bis auf einen Streifen von 2—3 mm, welchen er an jeder Seite des Mittelnerven stehen ließ, ab und verfuhr damit wie vorher gesagt; es hielten sich diese Blattstiele -- Mittelnerven gut und fielen nicht ab. Als er die Trockensubstanz aller Proben untersuchte, fand er folgendes: I= 0,33 Proz. Alkaloid. Ganze Blätter { u —_ 03 „ » once aut ernt Direkt gesammelte = ” » preite völlig entierne, Stiele Nüttehnorven | m-083 „ ” 2-3 mm Spreite am Mittelnerven. Nach 5 Tagen { I=065 „ » gesammelt II=079 „ Nach 8 Tagen I=05 „ Pr gesammelt t II = 078 „ » Es ist damit bewiesen, daß der Alkaloidgehalt an der Pflanze sitzender Blattstiele + Mittelnerven, denen die Spreiten genommen wurden, mit der Zeit mehr und mehr abnimmt, daß aber schon ein geringer Teil der ansitzenden Spreite diese Abnahme stark herabsetzt. Wenn dieses Resultat: auch nicht beweist, daß das Hyoszyamin aus dem Stiele aus- und in die Achse einwandert, so liegt doch die Annahme nahe, daß die Abnahme des Alkaloides im Stiele auf einer Auswanderung (tes Alkaloides beruht. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast, Transplantat. usw. 3923 B. Die gegenseitige Beeinflussung heteroplastischer Transplantationen mit besonderer Berücksichtigung der Frage nach dem Wanderungs- vermögen der Alkaloide. Es ist selbstverständlich, daß von dem Studium der Transplanta- tionen alkaloidfreier Spezies auf alkaloidhaltige und anderer, ähnlicher Transplantationen besonders wertvolle Anhaltspunkte zur Lösung der Frage nach dem Wandervermögen der Alkaloide erwartet werden dürfen. Allerdings wäre es durchaus unrichtig, wenn man aus der sich vielleicht ergebenden Erfahrung, daß in der Unterlage einer Pfropfung, die an sich frei von Alkaloid ist, Alkaloid erscheint, wenn das Reis alkaloid- haltig ist, ohne weiteres auf die Wanderung der Alkaloide aus dem Reis in die Unterlage schließen wollte, denn das Erscheinen des Alkaloides könnte auch darauf beruhen, daß die Unterlage durch das Reis zur Selbsterzeugung eines Alkaloides angeregt würde. Immerhin hätte man sich aber dann doch nur für eine der beiden Alternativen zu entscheiden. Jedenfalls würde der Fall zu den mannigfaltigen Er- scheinungen der gegenseitigen Beeintlussungen der Komponenten einer Transplantation gehören, und es wird zum Verständnis der uns be- schäftigenden Frage wesentlich beitragen, wenn wir ganz kurz das kritisch betrachten, was man über die Frage der Beeinflussung der beiden Symbionten einer Transplantation weiß. Die gegenseitige Beeinflussung der Symbionten heteroplastischer Transplantationen ist von den Zoologen (siehe Korschelt 1908) und Botanikern vielfach zum Gegenstand der Untersuchung und Erörterung gemacht worden. . Yon heuristischen Standpunkte aus kann man der Übersichtlich- keit wegen die bislier bekannt gewordenen Erscheinungen vielleicht nach ihren hauptsächlichsten Ursachen in folgende vier Gruppen orılnen. I. Zur ersten Gruppe können wir diejenigen Fälle stellen, hei denen die wesentliche Ursache für die an den Symbionten hervor- tretenden Veränderungen die Verschmelzung von Organen der Proto- plasten der an der Pfropfstelle sich berührenden Zellen der beiden Symbionten ist. Hierhin würden eventuell Transplantationen zu stellen sein, an denen Zweige (Neubildungen) entstehen, welche Transplan- tationshybriden sind. j IL. Die drei anderen Gruppen umfassen die Fälle, welche zu den Ernährungsmodifikationen gehören. . A. Zuerst können diejenigen Fälle zusammengefaßt werden, bei denen die Erscheinungen durch annähernd qualitativ normale, aber 324 A. Meyer und E. Schmidt, anormal schwache oder starke, kurz- oder langdauernde Zufuhr von Nährstoffen verursacht wird. Hierher würde man wahrscheinlich die Fälle der Transplantation von Reisern der Birne auf Quitte und auf Weißdorn rechnen können. Hier wird das Reis durch‘ die Unterlage relativ schwach ernährt, das Umgekehrte findet statt, wenn Solanum duleamara auf Solanum Lycopersicum gepfropft wird (Vöchting 1892, pag. 111). Auch die Resultate, welche Vöchting mit der Futterrübe und der kleinen dunkelroten Zierrübe erhielt (1892, pag. 95), gehören wohl hierher. B. Eine andere Gruppe’ von Erscheinungen würden die Fälle bilden, in denen die Ursache der Veränderung der Symbionten das Ab- saugen der plastischen Stoffe des einen Symbionten durch die Zellen des anderen Symbionten ist. Hierher würde nach Vöchting’s Mei- aung, der wir uns anschließen, ein Fall gehören, den Vöchting kennen lehrte (1892, pag. 86). Es wurde auf die junge Wurzel einer Rübe die Basis eines kleinen blühenden Zweiges des Blütenstandes einer im zweiten Jahre befindlichen Rübe gesetzt, Der Zweig bildete große Laubblätter und verdiekte seine Achse und bildete erst im nächsten Jahre Blüten. Setzte er die Reiser auf alte Wurzeln, die sich im zweiten Jahre befanden, so bildeten sie sich zu schlanken Blütenständen aus, wohl deshalb, weil jetzt der Rohrzucker von der Wurzel nicht mehr so stark aufgesaugt und festgehalten wurde. Hier handelte es sich aller- dings nur um die Symbiose zweier Rübenrassen, nicht um die zweier Spezies. Auch ist zu bemerken, daß sich die Sache doch noch anders verhalten könnte, daß kompliziertere Korrelationsreize die Ursache sein könnten. j C. Zuletzt könnte man diejenigen Erscheinungen der Beeinflussung zweier Symbionten zusammenfassen, deren Ursache in der Zufuhr qualitativ anormaler Stoffe (a-Nährstoffe, b-Exkrete usw.) besteht. Hierher würden die Fälle der Einwanderung von Hyoscyamin in einen alkaloidfreien Symbionten, möglicherweise auch die der infektiösen Chlorose gehören. Selbstverständlich könnten die hier durch die Gruppierung be- sonders hervorgehobenen Ursachen auch in verschiedener Verbindung an der Verursachung einer Beeinflussungserscheinung beteiligt sein, und keineswegs sind durch diese Klassifizierung alle Ursachen ge- würdigt worden. a) Über die Pfropfhybriden. Zu der Gruppe I können wir, wie gesagt, mit Vorbehalt die Transplantationshybriden stellen. Vorauszubemerken ist, daß es sich, Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 325 wenn Transplantationshybriden wirklich entstehen, bei diesen nicht um eine Beeinflussung des ganzen Pfropfreises und umgekehrt handelt, denn dieses wird anscheinend gar nicht so verändert, daß Eigenschaften der Unterlage auf das Reis übergegangen zu sein scheinen (siehe Griffon 1908 usw.). Es handelt sich bei allen Vorgängen, die man als Pfropfhybriden- bildung betrachtet, bekanntermaßen um die Entstehung von Nenbil- dungen an den Pfropfstellen, in welche dann vielleicht Teile des Proto- plasten beider Symbionten eingegaugen sind. Daß es Pfropfhybriden gibt, ist noch nicht mit voller Sicherheit bewiesen, aber doch recht wahrscheinlich. Die älteren Angaben über Transplantationsbastarde sind deshalb unbrauchbar, weil bei ihnen nirgends der sichere Beweis dafür geführt worden ist, daß die Symbionten, an denen die Bastard- zweige entstanden, nicht selbst von geschlechtlichen Bastarden der Sym- bionten abstammten. So verhält es sich bei folgenden Pfropfbastarden, über welche man Literatur bei Vöchting (1892), Voß (1904), Noll (1905), Korschelt (1905) findet: Adam’s Bastard zwischen Laburnum vulgare und Cytisus purpureus (1825), Caspary’s Bastard zwischen Zentifolie und Moosrose (1865), Wille’s Bastard zwischen Birne und Weißdorn (1896), Jouin’s Bastard zwischen Crataegus monogyna und Mespilus germanica am 100jährigen Mispelbaum von Bronveaux (1899), Daniels Bastard zwischen Birne und Quitte (1904. Es mögen nur einige Bemerkungen über ältere Angaben Platz finden. Noll hat sich speziell mit Jouin’s Bastard beschäftigt und "glaubt an die Pfropfbastardnatur der betrefienden Zweige. Er betont, daß die Unterlage in der Tat eine Rinde, die der von Orataegus mono- gyna gleiche, besitze und in der Anatomie völlig mit ihr übereinstimme; ferner seien die Zweige der Unterlage, welche unterhalb der Pfropf- stelle standen, morphologisch solche von Crataegus monogyna gewesen, während die Bastardzweige sich anatomisch von den Crataegus-Zweigen unterschieden. Das Reis ist nicht untersucht und könnte sehr wohl von einem Bastard herrühren, welcher die wesentlichen Charaktere der Mispel zeigt; es sind ja von Crataegus monogyna und Mespilus ger- manica in der Tat Bastarde bekannt. Das ist nicht der Fall bei Labur- num vulgare und Cytisus purpureus. Darüber sagt Noll richtig: „Aus der Erfolglosigkeit aller dieser Versuche (einen Bastard zwischen letzteren Pflanzen zu erhalten) darf aber keineswegs geschlossen werden, daß Laburnum Adami kein sexueller Bastard sein könne. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ausnahmsweise einmal äußere oder innere Be- dingungen (durch spontane Variation der die sexuellen Affinitäten be- 326 A. Meyer und E. Schmidt, äingenden Faktoren) eine Befruchtung ermöglichen. Ist es doch auch nicht gelungen, den Iuxurierenden Bastard Ribes Gordonianum noch einmal durch Kreuzung hervorzubringen." Also alle diese Fälle der vermeintlichen Bildung von Transplan- tationsbastarden sind völlig zweifelhaft und müssen bei der weiteren Diskussion ausscheiden. Sie dürfen auch nicht nachträglich als Zeugen für die Richtigkeit der Annahme der Existenz von Pfropfhybriden an- geführt, und die an ihnen beobachteten Tatsachen dürfen bis jetzt nicht ohne weiteres auf die Pfropfbastarde übertragen werden, wenn solche wirklich hergestellt werden könnten. Die Frage nach der Existenz und dem Wesen der Pfropfbastarde scheint nun durch die sorgfältigen Uutersuchungen Hans Winkler’s (1907, 1908, 1909) der exakten Lösung zugeführt zu werden. Winkler benutzt zu seinen Versuchen Solanum nigrum und Solanum Lyeopersi- cum. „Alle zur Pfropfung oder als Vergleichsobjekt benutzten Nacht- schatten- und Tomatenpflanzen stammten also je von einem Individuum ab, und zwar aus selbstbestäubten Blüten, und alljährlich lieferten an isoliertem Standorte durch Selbstbestäubung besonders ausgewählte Exemplare die Samen der Pflanzen der nächsten Versuchsreihe. 1908 waren allein 268 Pfropfungen gemacht worden, die 3000 Adventiv- sprosse gebildet hatten. Es wurden in den 8 Jahren direkt oder von Chimären fünf verschiedene Sorten von „Pfropfbastarden“ erhalten, die anscheinend Eigenschaften der Tomate und des Nachtschattens gemischt besaßen und die teilweise dem Nachtschatten, teilweise der Tomate näher zu stehen schienen. Die Pflanzen, welche die Reiser lieferten, entstammten Pflanzen, deren Blüten für Pollen der Varietäten des Nachtschattens und für Pollen der Tomaten zugänglich waren. Es hätten also Bastarde ge- bildet werden können. Allerdings ist es nicht gelungen, Bastarde zwischen der Tomate und dem Nachtschatten auf geschlechtlichem Wege herzustellen, aber wir müssen immerhin doch das von Noll für den Bastard von Laburnum und Cytisus Gesagte, dem wir beistimmen, be- rücksichtigen. Wenn man nur die Abbildungen und die Beschreibungen der Pfropfbastarde der Winkler’schen Arbeit kennt, so kann man auf den Gedanken kommen, die Variationen, welche an den Zweigen der Pfropfungen auftraten und in Beziehung zu «der Tomate gebracht wurden, seien dadurch bedingt, daß der von Winkler benutzte Nachtschatten in der Richtung auf die Varietäten Solanum stenopetalum A. Br., Sol. villosum Lmk. und Sol. miniatum Bernhardi Sproßvariationen zeige. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 327 Dort kommen Behaarung, tief eingeschnittene Blumenkronen, gelbe und rote Früchte, tiefer eingeschnittene Blätter vor. Sol. miniatum hat auch oft einen deutlichen moschusartigen Geruch. Uns scheint es auch so, als ob einige Eigenschaften der als Pfropfbastarde betrachteten Zweige in der Tat dem Variationsvermögen von Solanum entsprängen, aber die Be- trachtung des lebenden Sol. tubingense hat uns doch überzeugt, daß Blüten und Behaarung Ähnlichkeit mit der Tomate haben, so daß wir glauben, Winkler habe mit seiner Deutung der Verhältnisse im wesent- lichen recht. Freilich wäre eine genaue Untersuchung der Variations- verhältnisse des von Winkler benutzten Materials schon deshalb sehr erwünscht, weil der alte Einwand, daß einer oder beide der Synbionten ein direkter oder indirekter Bastard von Sol. nigrum und Lycopersieum seien, damit auch aus der Welt zu schaffen wäre. Wenn die Untersuchung der Kernverhältnisse der Winkler’schen Pfropfbastarde ebensowenig einen Anhaltspunkt für die normale Bastard- natur derselben ergeben sollten, wie die Untersuchung der Kernverhält- nisse der vermeintlichen Pfropfbastarde Adam’s und Jouin’s durch Noll (1905) und Strasburger (1906 u. 1907), sowie die der Unter- suchung Strasburger’s (1909, pag. 514) über Jie Piropfstellen der Pfropfungen von Sol. nigrum und Sol. Lycopersicum, so möchten wir darauf keinen Wert legen, denn einmal könnte die Reduktion der Chromosomenzahl sehr bald eintreten, und dann ist es uns, entsprechend einer früher vertretenen Ansicht (Arthur Meyer 1%2, pag. 172 uw. fi), wahrscheinlich, daß die von der Tomate übernommenen Eigenschaften durch das Cytoplasma allein übertragen sein könnten. Es würde den Anschauungen des einen von uns (Meyer) durchaus entsprechen, wenn es sich herausstellte, daß bei heteroplastischen Transplantationen nur sehr selten Plasmaverbindungen zwischen den Zellen der beiden Sym- bionten gebildet würden, daß aber dann, wenn dieses einträte, auch aus den durch die neugebilleten Plasmabrücken direkt verbundenen Zell- schichten Pfropfbastarde hervorgehen können. Die Pfropfbastarde würden dann also Seiblinge in dem Sinne des einen von uns (Arthur Meyer 1902, pag. 144, 170; Praktikum 1907. pag. 184) sein, die aus den Geweben zweier Symbionten aufgebaut wären. Die Verschmelzung ihrer Eigenschaften würde bedingt sein durch die Verschmelzung der Cytoplasmafortsätze, vielleicht auch bis zu einem gewissen Grade, des übrigen Cytoplasmas der sich berühren- den Zellen der Symbionten. ln Ich mag es hier nicht unterlassen, hervorzuheben, daß die wichtigste geistige Tat in bezug auf die hier in Rede stehende Materie die Auf- 328 A. Meyer und E. Schmidt, stellung des Begriffes der Chimäre durch Winkler ist. Wenn Winkler den in seiner Fig. 2 (1907) abgebildeten Sproß als Chimäre (pag. 574) - bezeichnet, so meint er damit, daß dieses Gebilde aus Zellen beider Symbionten der Pfropfung em daß aber die Gewebe der beiden Symbionten zwar im Vegetationspunkte gemeinsam arbeiten, aber doch einander nicht so durchdringen wie die Zellen der Berührungsfläche an der Pfropfstelle, also bis zu einem ge- wissen Grade selbständig bleiben und ihre Eigenschaften rein bewahren, Die Idee, daß die Zellen zweier Symbionten gemeinsam einen völlig einheitlichen Sproß aufbauen können, war gefunden. Winkler sagt selbst pag. 575: „Damit aber ist zum ersten Male in einwandfreier Weise die theoretisch bedeutsame Tatsache sichergestellt, daß auf anderem als sexuellem Wege die Zellen zweier wesentlich verschiedener Arten zu- sammentreten können, um als gemeinsamer Ausgangspunkt für einen Organismus zu dienen, der bei völlig einheitlichem Gesamtwachstum die Eigenschaften beider Stammarten gleichzeitig zur Schau trägt. Es mag fraglich erscheinen, ob auf solche Organismen wie die pflanzlichen Chimären der Begriff des Bastardes anwendbar erscheint; will man ihn anwenden, so wäre er unter allen Umständen, bei der völligen Neu- artigkeit der Chimäre, entsprechend zu erweitern. Doch möchte ich diese nicht leicht zu beantwortende Frage an dieser Stelle nicht ent- scheiden.“ Winkler bezeichnet 1908 (pag. 593) sein Solanum tubingense, Sol. Eyeopersicum entstanden Sol. nigrum war, als „echten Pfropfbastard“, da in ihm die Eigenschaften der Sym- bionten völlig gemischt erschienen. Winkler faßt jetzt in der Tat den Begriff des Pfropfbastardes weiter, wenn er auch anscheinend über dessen Wesen noch nicht ganz klar ist, 1909 noch, in berechtigter Weise, nach eventuellen eytologischen Grundlagen (pag. 321) sucht und sich theoretische Erörterungen seiner ausführlichen Veröffentlichung vorbehält. Wenn man sich fragt, wie die Pfropfbastarde Winkler’s (inklusive der Chimären) entstanden sein könnten, so lassen sich vom morpho- logischen Gesichtspunkte nur eine beschränkte Zahl von Möglichkeiten konstruieren. Wir wissen, daß an der Pfropfstelle von den Grenzflächen aus die Zellen beider Symbionten durcheinander wachsen und dann ge- meinsam Kallus bilden. In dieser Verbindungsregion, der ja nach zusammengesetzt sei, welches am Grenzstreifen einer Pfropfung Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw, 329 Winkler stets dessen Pfropfbastarde entspringen, könnte folgendes vor sich gehen: " " L 1. Je eine Zelle (Protoplast) des Symbionten « verschmilzt mit einer Zelle des Symbionten 2, indem die zwischenliegende Membran in irgend einer Weise durchwandert wird oder entfernt wird; es entsteht nach meiner Terminologie ein Synarch, eine neue Zelle, in der das Oytoplasma beider Zellen und die beiden Kerne miteinander verschmolzen sind. 2. Dasselbe geschieht mit einer Gruppe von Zellen. In beiden Fällen entwickelt sich aus den Synarchen der Sproß. II. Analoges findet statt, nur verschmelzen nicht die Protoplasten, sondern nur die Kerne zweier Zellen, indem der Kern der Zelle a zum. Protoplasten der Zelle 5 wandert. So würde nach meiner Terminologie nur Kernsynarchbildung stattfinden. Diese beiden Fälle müßten meiner Meinung nach verschieden sein, beide, besonders der erste, der nor- malen, geschlechtlichen Bastardbildung nahe stehen. UI. Zellen des Symbionten lassen a) nach Verschmelzung und Lösung der sich berührenden Membranpartien die Cytoplasmas ver- schmelzen und ersetzen das gelöste Membranstück unter Bildung von Plasmaverbindungen, oder b) letztere werden ohne allgemeine Cyto- plasmaverschmelzung gebildet. Aus den so verbundenen Zellgruppen entstehen die Propfbastardsprosse. Es entsteht also in diesem Falle aus zwei Stücken von Selblingen ein neuer Selbling, und es können mindestens physiologische Reize von den Zellen des früheren Selb- lings « auf die Zellen des früheren Selblings 5 übertragen werden. IV. Zellen des Symbionten « und des Symbionten 5 lassen ihre Membranen miteinander verschmelzen, indem zugleich nur Tüpfelbildung ohne Plasmaverbindung eintritt oder auch dieses nicht stattfindet. Aus dem aus durcheinander gewachsenen Zellen beider Symbionten be- stehenden Gewebe der Berührungstlächen der beiden Symbionten ent- stehen die Sprosse. Hier würden die Zellen der beiden Selblinge nur dureh Anstoßreize aufeinander einwirken können, ähnlich wie es tat- sächlich bei den Flechten der Fall ist; denn dort ist der Pilz ein Selb- ling und jede Algenzelle oder jeder Algenfaden ebenfalls. Höchst wahrscheinlich hat ähnliche Überlegungen auch schon Winkler gemacht, denn diese liegen ja durchaus nahe; es fragt sich nur, für welche dieser Möglichkeiten Winkler Beweise gefunden hat und weiter finden wird, Was aber auch von diesen Möglichkeiten den Tatsachen entsprechen mag, stets dürfen wir die von Winkler her- gestellten Gebilde als Pfropfbastarde zum Unterschiede von den als 330 A. Meyer und E. Schmidt, Bastarde schlechtweg zu bezeichnenden geschlechtlichen Bastarden nennen und brauchen keinen neuen Namen dafür zu erfinden. Baur hat eine vielleicht ganz und gar von den Pfropfbastarden wesensverschiedene Erscheinung als Periklinalchimäre bezeichnet und sagt dann in einem Referate (1909, pag. 401): „Referent ist noch nicht völlig überzeugt, daß hier ein richtiger Pfropfbastard vorliegt, wenn- schon diese Deutung die allergrößte Wahrscheinlichkeit für sich hat, ihm scheint die Möglichkeit noch nicht ganz ausgeschlossen, daß Sol. tubingense eine Periklinalchimäre ist, analog den vom Referenten in dieser Zeitschrift beschriebenen Periklinalchimäre bei Pelargonium.“ Es ist hier zuerst fraglich, was Baur unter einem „wirklichen Pfropf- bastard“ versteht; vielleicht meint er einen solehen von unserem Typus I oder IL Dann wäre zu sagen, daß Winkler bisher gar nicht be- hauptet hat, daß sein Propfbastard zu diesen Kategorien gehöre. Ferner bleibt es bei Baur fraglich, was er als analog in der Erscheinung seiner Periklinalchimäre und der Pfropfbastarde betrachtet. Wir halten mit unserer Meinung über die mutmaßliche Stellung der Propfbastarde zurück, denn wir könnten ja wesentlich doch nur Vermutungen auf Grundlage der von Winkler gefundenen Tatsachen aussprechen, und warten, bis Winkler’s größere Veröffentlichung erscheint. Strasburger hat zuletzt (1909) eine Abhandlung geschrieben, in der er sich zu den bisherigen Ergebnissen Winkler’s äußert. In dieser Abhandlung bedeutet „Pfropfbastard“ von vornherein ein Ge bilde, welches nach dem Modus I/II unserer Möglichkeitstabelle ent- standen ist. Das geht aus seinen Bemerkungen auf pag. 511 und 522 hervor. An letzterer Stelle sagt er: „Dabei würde er für die Sicher- stellung der Tatsache, daß diese Pflanzen (Hans Winkler’s Pfropf- bastarde) nicht Bastarde sind und somit auch nicht diesen Namen führen dürfen —“ Nun drückt sieh Strasburger immer so aus, als habe Winkler behauptet, seine Pfropfbastarde seien nach dem Modus I/II entstanden. Beispiele dafür finden wir auf pag. 512 und 518. Auf letzterer Seite sagt Strasburger: „Umgekehrt verfährt jetzt Hans Winkler, der sich auf den pfropfbastardlichen Standpunkt festgelegt hat und was zu ihm nicht paßt, durch Hilfshypothesen stützt.“ Wie Stras- burger zu dieser Auffassung gelangen konnte weiß ich nicht; denn aus dem, was Winkler bis jetzt publiziert hat, geht gar nicht hervor, welche der vier Möglichkeiten Winkler als bestehend annimmt, oder ob er nieht vielleicht noch einer anderen Vorstellung zuneigt. Winkler weist vielfach (z. B. 1909, pag. 338) auf spätere Erörterungen seiner Meinung über die Entstehung der Pfropfbastarde hin und deutet nur Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 331 an, daß der Modus I/II ihm nicht vorzuliegen scheine. Er sagt 1909, pag. 342: „Es scheint demnach, als sei es ein wesentlicher Unterschied des Pfropfbastardierungsprozesses von dem sexuellen Bastardierungs- prozesse und für ihn besonders charakteristisch, daß er nicht wie (dieser im wesentlichen eine homogene, sondern eine vielgestaltige Generation liefert, innerhalb deren die Eigenschaften der beiden Eltern bei den einzelnen Individuen nach verschiedenen Typen durcheinander gemischt erscheinen.“ Und pag. 344: „Aber auch, wenn man die cytologischen Verhältnisse nicht berücksichtigt, scheinen mir schon die von den Pfropfbastarden bekannten Beobachtungstatsachen eher gegen als für die landläufige Ansicht von ihrer Entstehung aus einer Zelle zu sprechen, die ein Verschmelzungsprodukt zweier elterlicher Zellen (dar- stellt usw.“ Strasburger meint, die „Vermischung der Gewebe* sei in den beiden Komponenten des Pfropfbastardes besonders weit gediehen. Er betrachtet aber weiter als Agens für die Bildung der Pfropfbastarde die Tätigkeit der Chromosomen, setzt jedoch dabei anscheinend ohne weiteres voraus, daß sich Plasmaverbindungen zwischen den Zellen der Komponenten bilden. Er sagt pag. 521: Die spezifischen Tätig- keiten (?) der Chromosomen in den Kernen beider Arten beeinflussen sich bei so innigem Verbande der Protoplasten annähernd so, als wenn diese Chromosomen wie beim sexuellen Bastarde, in derseiben Kern- höhle vereinigt wären.“ Pag. 523 bemerkt er: „Um es möglichst extrem auszudrücken, halte ich eine Hyperchimäre ebensowenig für einen Bastarıl, wie eine Flechte.“ Warten wir ab zu welchem Schlusse Winkler auf Grundlage aller seiner Beobachtungen kommt. Uns interessierte die im vorhergehenden behandelte Gruppe I wesentlich wegen der durch die Pfropfhybridenbildung eventuell geforılerten Verbindung der Symbionten an der Pfropfstelle. Die Kenntnis der Art der Verbindung ist ja für das volle Verständnis der Wanderungsvorgänge der Nährstoffe und anderer chemischer Verbindungen von Symbionten zu Symbionten von großer Bedeutung, und wir wollen deshalb kurz die Kenntnisse charakterisieren, die wir darüber besitzen. b) Die Herstellung der Verbindung zwischen den verschiedenen Zellarten der Symbionten. Es ist wohl von vornherein als wahrscheinlich zu bezeichnen, daß die Verwachsung der Gewebe der beiden durch die Transplantation in 332 A. Meyer und E. Schmidt, Verbindung gebrachten Symbionten je nach dem Grade der biologischen Verwandtschaft der beiden Symbionten recht verschieden ausfallen kann. So wird sie wohl bei einer autoplastischen Transplantation absolut voll- kommen und normal werden können, während sie vermutlich bei bio- logisch wenig übereinstimmenden, zu zwei verschiedenen Gattungen ge- hörenden Symbionten sich nur auf die Verwachsung der Membranen der Parenchymzellen und Tracheen beschränken und doch zur zeit- weiligen Befriedigung der Bedürfnisse der Symbionten genügen können. Jedenfalls muß der in Rede stehende Gesichtspunkt bis zur Klärung der Frage nach der Art der Verbindung der Symbionten nicht aus dem Auge verloren werden. . Betrachten wir nun das kurz, was wir über die Beteiligung der verschiedenen Zellarten bei der Verwachsung der Symbionten wissen. Bekanntermaßen tritt bald an den Wundflächen der beiden Sym- bionten die Bildung eines Kallusgewebes durch Wucherung (Vöchting 1892, Taf. X, Fig. 1 u. 2) von Meristem und Parenchymzellen und Teilung derselben ein. An der Bildung dieser Kallusgewebe, deren Elemente sich bald zwischeneinander schieben, beteiligt sich in allen Fällen zuerst das Kambium, dann das Parenchym der sekundären Rinde (Strangparenchym und Markstrahlenparenchym), aber auch das Paren- chym der primären Rinde und das Markparenchym; bei Heischigen Achsen und Wurzeln usw. wird sich ebenso das Parenchym des Holzes verhalten, während die gleichen Elemente bei Holzgewächsen sich nur beteiligen, wenn sie wenig verdickt sind (Sehmitthenner 1907, pag. 59; Küster 1903, pag. 157). Sind die beiden Kallusgewebe der Schnittläche der Symbionten durch Zwischeneinanderschieben, Sprossung und Teilung der Zellen eng verbunden, so bildet sich in der Verwachsungszone ein sich eventuell an das normale Kambium ansetzendes Kambium aus, an dessen Bil- dung wohl sicher Zellen beider Symbionten teilnehmen. In ihm findet die Anlage aller weiteren Zellarten statt, welche miteinander in Ver- bindung treten. Was zuerst die Verbindung der Parenchymzellen des Kallus- gewebes der beiden Symbionten anbelangt, so scheint es, als könne mindestens bei autoplastischen und homoplastisehen Transplantationen eine Verwachsung der sich berührenden Zellwände der Zellen der bei- den Individuen leicht erfolgen (Vöchting 1892, pag. 126, Taf. IX, Fig. 6). Bei heteroplastischen Transplantationen ist die Sache noch zu untersuchen. Bei auto- und homoplastischen Transplantationen ist auch die Bildung korrespondierender Tüpfel in den verschmolzenen ‚Zell- Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat, usw. 338 wänden festgestellt, und die Entstehung von Plasmaverbindungen in diesen Tüpfeln ist nicht unwahrscheinlich, wenn auch noch nicht sicher- gestellt. Vöchting (1892, pag. 119) sagt folgendes „für die autoplastische Ver- bindung bei der Runkelrübe“: Die Parenehymelemente der Runkelrühe zeigen durchgehends die feine netz- förmige Tüpfelung, deren Beschaffenheit und weite Verbreitung zuerst von Bara- netzki nachgewiesen wurde. Können solche Tüpfel, die unter normalen Verhält- nissen schon früh an den jungen Wänden entstehen, sich auch nachträglich an den verwachsenen bilden? Um diese Sache zu entscheiden, wurden geeignete Präparate aus der lockeren Region der Wand hergestellt und mit Chlorzinkjod behandelt. Es gelang aber nicht, ein bestimmtes Urteil zu gewinnen, und zwar darum nicht, weil es, sobald die Zellen völlig miteinander verwachsen sind, sehr schwer zu ent- scheiden ist, ob eine Wand durch Teilung oder durch Aneinander- legen gebildet wurde. Ich erhielt zwar den Eindruek, es könnten in den auf die letzte Weise entstandenen Wänden nachträglich Tüpfel hergestellt werden, der sichere Beweis dafür wurde hier aber nicht erbracht. Wohl aber gelang es, das Vorhandensein der Tüpfel an den verwachsenen Wänden für einen später noch ge- nauer zu besprechenden Fall festzustellen, in dem das derbere Gewebe eines Sprosses mit dem zarteren einer Wurzel vereinigt war (Taf. IX, Fig. 6). Diese und andere ähnliche Beobachtungen führen zu der ohnehin schon naheliegenden Annahme, daß an den Orten vollkommener Verwachsung normal gestellier Flächen in den Be- rührungswänden allgemein sekundäre Tüpfelbildung stattfindet, und daß damit zu- gleich Protoplasmaverbindungen zwischen den aneinandergrenzenden Elementen hergestellt werden, Die Existenz dieser Verbindungen darf bestimmt vorausgesetzt werden, wenn sie im Haushalte der Pflanze die hohe Bedeutung haben, die ihnen, wohl mit Recht, gegenwärtig zugeschrieben wird.“ Der noch zu besprechende Fell, den Vöchting erwähnt, findet sich pag. 125 erörtert. Dort sagt der Autor bei der Beschreibung der Verwachsung zwischen transplantiertem Wurzel- und Sproßgewebe einer Rübe: „Die Verwachsung der Parenchymzellen in der Brücke ist mehr oder minder innig; sie findet statt sowohl zwischen den dünnwandigen Elementen der Wurzel und den ebenfalls dünnwandigen Markzelien des Reises, als zwischen den ersteren und dem derbwandigen Wund- Parenchym des Reises. Eine Stelle der letzteren Art ist in Fig. 6, Taf. IX abge- bildet. Wie ein Blick lehrt, ist die Verwachsung hier vollkommen, dabei aber die Grenze zwischen den derb- und dünnwandigen Zellen scharf gezogen. Es sei be- sonders darauf hingewiesen, wie schon früher hervorgehoben wurde, daß in den Berührungswänden Tüpfel gebildet waren, ein Umstand, der nach unseren heutigen Vorstellungen zu der Annalıme berechtigt, daß die heiden Gewebe durch Plasme- fortsätze verbunden seien.“ Es scheint also wohl sicher, daß in den eben ange- zogenen Fällen Plasmaverbindungen entstehen. Vöchting ist aber schon sehr zweifelhaft darüber, ob bei allen autoplastischen Verbindungen solche entstehen, Er sagt pag. 121: „Die Vorstellung liegt nahe, daß zwischen den miteinander ver- wachsenen, aber ungleichsinnig gerichteten Elementen keine Plasmarerbindungen stattfinden, deren Herstellung zwischen Zellen mit gleichsinniger Orientierung an- genommen werden darf. Doch bewegen wir uns hier lediglich auf dem Boden der Piora, Bä. 100. 2 334 A. Meyer und E. Schmidt, Vermutung. Bemühungen, die Sache direkt zu entscheiden, führten zu keinem sicheren Erfolge,“ Strasburger (1901, pag. 583) berichtet über seine Versuche, Plasmaverbin- dungen bei Transplantationen nachzuweisen. Er untersuchte ohne Erfolg Pfropfungen von Birne x Cydonia, Syringa > Ligustrum, Hyoseyamus niger x Solanum tuberosum, Solanum tuberosum x Hyoseyamus niger, Datura > Solanum, will aber dort, wie er nur kurz bemerkt, korrespondierende Tüpfel in den verwachsenen Zellwänden zweier Symbionten festgestellt haben, vorzüglich bei Hyoseyamus niger x Solanum tuberosum. An Pfropfungen von Abies nobilis > Abies pectinata und Picea pungens Picea excelsa will er Plasmaverbindungen zwischen Zellen der beiden Symbionten gefunden haben. Er sagt darüber (pag. 584) folgendes: „Zu meinem eigentlichen Ziele gelangte ich aber erst bei Untersuchung von frischem Koniferenmateriale: Abies nobilis auf Abies peetinata und Picea pungens auf Picen excelsa, das an ent- sprechend ausgeführten Schnitten, die, mit Osmiumsäure oder Jodlösung fixiert, in Schwefelsäure zur Quellung gebracht und mit Pyoktanin gefärbt wurden, zur Unter- suchung kam. Zunächst mußte mich ein Querschnitt, in passend erscheinender Höhe innerhalb der Verwachsungsstelle ausgeführt, über den Erfolg der Verwachsung orientieren. Der Hauptsache nach wählte ich dann für die weitere Untersuchung nur solche Symbionten aus, deren Vereinigung möglichst vollkommen erfolgt war. Ich beschränke mich hier auf die Wiedergabe derjenigen Schnitte, welche ich dem in der ca. 31/32mal vergrößerten Figur 56, Tafel XV dargestellten Querschnitte von Abies nobilis und Abies pectinata entnahm. Die Verwachsung war in diesem Falle ganz vollkommen. Die Kambien hatten sich alsbald vereinigt und durchaus normale Elemente nach beiden Seiten erzeugt; nur in der Verbindungslinie der Symbionten befand sich etwas intermediäres Gewebe aus unregelmäßig gestalteten, reich getüpfelten Zellen. Da die Rindenzellen, sowohl von Abies nobilis (Fig. 9. Taf. XIV) als auch von Abies pectinata, verhältnismäßig leicht nachweisbare, in Gruppen vereinigte Plasmodesmen führen, so wandte ich mich vor allem der Unter- suchung der Verwachsungsstellen der Rinde zu. Die äußerlich in dem schwach vergrößerten Bilde des Querschnittes sieh markierende Verwachsungsstelle bildete den Ausgangspunkt der Untersuchung. Meine Fig. 10, Taf. XIV stammt nun von einer Stelle her, die in geringer Entfernung von dem oberflächlich vorspringenden Rindenlappen links im Bilde sich befand. Sie habe ich zur Darstellung gewählt, weil sie mir alle Zweifel an einer richtigen Deutung des Gesehenen auszu- schließen schien, Eine Reihe größerer Interzellularen bezeichnete hier nämlich, auf eine Streeke hin, die Grenze der beiden Bionten und sicherte so die Orien- tierung. Die Fig. 10, Taf. XIV zeigt eine dieser mit + bezeichneten Interzellu- laren zur Linken. Von den in der Figur dargestellten Wandstücken maßten die oberen Abies pectinata, somit der Unterlage, das untere mit einem Stern markierte Abies nobilis, somit dem Reis angehören. Sowohl zwischen den beiden zu Abies peolinata gehörenden Zellen, wie zwischen der einen Zelle von Abies pectinata und jener von Abies nobilis zeigte sich die Wandung von schönen Plasmaverbindungen durchsetzt. Sehr eingehend wurde dann auch an einer grüßeren Anzahl von Schnitten die Verwachsungsstelle innerhalb des intermediären Gewebes, auf das ich zuvor schon hingewiesen habe, untersucht. Auch da glaube ich mit aller Be- stinmtheit behaupten zu können, daß die beiden Zellen, die ich in Fig. 11, Taf. XIV mit Pfeilen bezeichnete, verschiedenen Ursprungs waren, und zwar die a Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 335 oberen Zellen dem Kambium von Abies pectinata, die unteren jenem von Abies nobilis entstammten. Ich habe die diesen beiden Zellen gemeinsame Wand in Fig. 12, Taf. XIV bei stärkerer Vergrößerung dargestellt: Die Plasmaverbindungen innerhalb der Schließhäute der einander entsprechenden Tüpfel waren meist mit Sicherheit zu erkennen. Zweifel, die in diesem Falle übrig bleiben konnten, ob wirklich die in Betracht kommenden Zellen verschiedenen Ursprungs seien, wurden durch den Umstand abgeschwächt, daß überhaupt Zeilen ohne korrespondierende Tüpfel in dem ganzen intermediären Gewebe fehlten, dieses Gewebe aber schlechter- dings aus den vereinigten Produkten von zwei verschiedenen Kambien hervor- gegangen sein mußte. — Zu genau demselben Ergebnis, wie in dem eben geschil- derten Falle, gelangte ich auch bei der Untersuchung der Verwachsungsstellen eines aus Picea pungens und Picea excelsa bestehenden Symbionten, dessen Quer- schnitt ich in dem 81/92 mal vergrößerten Bilde Fig. 57, Taf. XV zur Darstellung brachte. Strasburger machte auch einige physiologische Versuche, welche das über die Fusion der Symbionten Gesagte stützen sollten. Weshalb diese Versuche über das Fehlen oder Vorhandensein der Plasmaverbin- dungen zwischen den Symbionten nichts beweisen, ist schon früher (Botanische Zeitung 1902, pag. 106) auseinandergesetzt worden. Dort ist auch gesagt, daß der sichere Nachweis der Plasmaverbindungen zwischen den Zellen der Syrbionten selbst bei aufoplastischen Trans- plantationen deshalb nicht gelang, weil die sichere Feststellung darüber, ob eine Zellwand, in welcher Plasmaverbindungen zu erkennen waren, zu zwei Zellen der Symbionten « und 5 gehörte oder zu zwei Zellen eines der beiden Symbienten nicht möglich war. Auch Strasburger scheint bezüglich dieser Feststellung nicht ganz sicher gewesen zu sein; wäre er es gewesen, so würde er nicht die Ausdrücke „weil sie mir alle Zweifel an einer richtigen Deutung des Gesehenen auszuschließen schienen“ und „auch da glaube ich mit aller Bestimmtheit sagen zu können“ gebraucht haben. Einen Be- weis enthält seine Darstellung dafür nicht, daß ihm diese Feststellung gelungen ist. Ob die beiden in seiner Fig. 10, Taf. XIV abgebildeten Zellen wirklich den beiden Symbionten oder nur einem derselben an- gehörten, erscheint ganz zweifelhaft. Es ist recht wahrscheinlich, daß der Interzeilularraum in der Rinde dieser alten Pfropfungen im Kallus- gewebe neu entstanden ist, Herse sagt (1908, pag. 96) zu diesem Thema folgendes: „Je mehr man derartige Verwachsungsgewebe beob- achtet, desto mehr kommt man zu der Erkenntnis, daß solche und ähnliche Kriterien, wie Verlauf größerer Interzellularen, Auftreten ver- dickter Wände usw., nicht genügen können zur sicheren mikroskopischen Feststellung der Verwachsungsgrenze zwischen sonst gleichen Kallus- zellen von verschiedenartiger Herkunft.“ oge 336 A. Meyer und E. Schmidt, Selbstverständlich ist es unmöglich, zu beweisen, daß Stras- burger mit der Deutung des einzelnen Falles im Unrecht war, aber wir müssen festhalten, daß ein sicherer Beweis durch Stras- burger nicht erbracht und eine genaue Prüfung der ganzen Ange- legenheit nötig erscheint. Man darf vielleicht sagen, daß selbst bei ausgezeichnet wachsenden und sehr gut verbundenen Symbionten oft eine große Neigung des Reises zur Erzeugung von Nebenwurzeln an der Sproßbasis bis zuletzt Tomate Kartoffel beobachtet. Diese Tendenz würde wohl nicht so groß bleiben, wenn erhalten bleibt. Wir haben das besonders bei Pfropfungen durch plasmatische Verbindung der physiologische Pol des Reises von dessen Ende nach der Wurzel der Unterlage verlegt würde. Tracheen können schon in geringerem Umfange im Kallusgewebe angelegt werden (Schmitthenner, pag. 30). Im Kambium der Ver- wachsungsregion läßt sich ihre Entstehung leicht verfolgen. Vöchting’s (1892) Schilderung des Verlaufs der bei autoplastischer Transplantation gebildeten Leitbündel (pag. 116) und dessen Angabe, daß sich niemals eine bestimmte Grenze zwischen den Elementen der beiden Symbionten (pag. 124) nachweisen lasse, macht es wahrscheinlich, daß dabei ein völliges Aneinanderschließen der trachealen Bahnen erfolgt. Dasselbe ist wohl auch bei heteroplastischer Transplantation zu erwarten, da ja die Pflanze anscheinend leicht zwei Zellwände verschiedener Symbionten zu verbinden vermag, und es braucht ja dann, nach völliger Differen- zierung der mit den Membranen verwachsenen Zellen, nur der Proto- plast abzusterben, wenn die normale Verbindung der Tracheen erreicht werden soll. Bei den Siebröhren liegen die Verhältnisse nicht so einfach. Wenn bei ihnen, wie ich annehme, noch eine cytoplasmatische Verbindung durch Plasmabrücken nötig und vorhanden ist, so müßten diese neu entstehen, wenn sich je eine Meristemzello zweier verschiedener Sym- bionten berühren, die zu Siebröhrengliedern werden. Ob eine solche Vereinigung statthat, wissen wir nicht. Es findet sich, soweit ich weiß, in keiner der bisher erschienenen Abhandlungen darüber eine Angabe, wie überhaupt die Siebröhren in diesen Untersuchungen kaum eine Erwähnung finden. Zur Entscheidung der in Rede stehenden Fragen werden vielleicht am besten heteroplastische Transplantationen zwischen fleischigen Wurzeln benutzt. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 337 -e) Stoffaustausch zwischen Reis und Unterlage, Wir wenden uns nun denjenigen uns hier besonders interessieren- den Erscheinungen zu, welche in Bezug stehen zu den Fällen der Beeinflussungserscheinungen, die man zu IL, A, B und C unserer Ein- teilung dieser Fälle auf pag. 10 rechnen kann. Und zwar wollen wir uns nur mit dem wenigen bekannt machen, was wir über den Stoffaustausch der Komponenten der Transplantationen wissen. . «) Kohlehydrate. “Daß die Wanderung von plastischen Stoffen durch die Verbindungs- stelle der Symbionten selbst heteroplastischer Transplantationen statt- findet, lehrt das Gedeihen der Unterlagen auf Kosten der Assimilations- tätigkeit des Reises. Plastische Stoffe, die hier in Betracht kommen, sind wesentlich Kohlehydrate sowie Eiweißstoffe und deren Spaltungs- produkte, und wir müssen sagen, daß wir schon nicht wissen, ob nur die Kohlehydrate des Reises oder ob auch Glieder der zweiten der genannten Gruppen an der Wanderung teilnehmen, da es vielleicht für das Gedeihen der Unterlage nicht nötig ist, daß stickstoffhaltige plastische Stoffe vom Reis in die Unterlage übergehen. Auch über die Wege, auf denen die Wanderung erfolgt, sind wir selbstverständlich völlig im unklaren. Die plastischen Stoffe könnten vielleicht au der Pfropfstelle den Weg allein durch das Parenchym nehmen, da ja die plastischen Stoffe auf sehr kurze Strecken genügend schnell wandern könnten. Freilich ist das nicht sehr wahrscheinlich. Leider sind wir über die Frage, welche Zellformen normalerweise die schnelle Beförderung der plastischen Stoffe übernehmen, noch sehr wenig unterrichtet. Daß in den Tracheen Kohlehydrate befördert werden können, ist sicher, und es ist die Frage, ob Tracheen als Leitungsbahnen für die Kohlehydrate aus dem Reis in die Unterlage und umgekehrt nicht eine größere Rolle spielen, als man gewöhnlich anzunchmen ge- neigt ist, Was die Siebröhren leisten, wissen wir nicht. Daß sie „schwierig diosmierende Proteinstoffe“ leiten (Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, pag.587) ist Hypothese, und auch für die Annahme, daß sie Leitungsbahnen für die Kohlehydrate seien, fehlen alle Beweise. Die letzte Arbeit, welche sich mit letzterer Annahme beschäftigt, stammt von Gzapek (1897, Sitzungsber. der Wiener Akademie, Bd. CV, Abt. I, pag. 155) und ist leider unbrauchbar, wie eine kritische Studie, die von Herrn Deleano unter meiner Leitung ausgeführt wurde und später veröffentlicht werden wird, zeigte. 338 A. Meyer und E. Schmidt, Bezüglich der Kohlehydrate hat der eine von uns (Meyer 1886) gezeigt, daß die Zellen verschiedener Spezies mit ein und demselben Monosaccharid recht verschiedenartig umgehen. So z. B. vermögen die Parenchyinzellen der Blätter der untersuchten Kompositen aus d-Galaktose keine Stärke zu erzeugen, während Silene inflata daraus reichlich Amylose bildet. Die gleichen Zellen von Ligustrum vulgare fabrizieren aus d-Lävulose keine Stärke. Es fand sich auch, daß die Parenchymzellen der Blätter von Kampanulazeen aus d-Glukose, d-Galaktose, d-Fruktose in gleicher Weise Stärkekörner aufbauen können. Wir können mit gutem Grunde annehmen, daß zur Wanderung wesentlich leichtlösliche Kohlehydrate mit kleinen Molekülen Verwendung Anden, also wesentlich Monosaccharide und Disaccharide (auch einzelne Zuckeralkohole), und daß alle schwer diffundierenden Polysaccharide vor der Verwendung zur Wanderung erst gespalten werden. Da, wo diese Wanderkohlebydrate gespeichert werden, werden aus ihnen wieder Polysaccharide erzeugt. Es ist einleuchtend, daß die durch die Pfropfstelle hindurchwan- dernden Wanderkohlehydrate bei verschiedenen Spezies von Symbionten recht verschiedenartig sein werden, und daß ferner die aus den Wander- kohlehydraten in Reis und Unterlage aufgebauten Reservekohlehydrate je nach Spezies ganz verschieden ausfallen können. Dabei kann aus ein und demselben Wanderkohlehydrat im Reis ein anderes Reserve- kohlehydrat erzeugt werden als in der Unterlage, ja man könnte daran denken, daß das Wanderkohlehydrat, welches aus dem Reis in die Unterlage eintritt, dort in ein anderes Wanderkohlehydrat umgeformt würde. Es wird sich allerdings fragen, wie weit die Verschiedenartigkeit des Chemismus zweier Spezies in bezug auf die Kohlehydrate die sym- biotische Verbindung dieser Spezies zuläßt. Zu dem Auseinandergesetzten müssen wir jedoch hinzufügen, daß wir nicht sicher wissen, ob nicht in einzelnen Fällen auch schwerer diffundierende Polysaccharide, wie z. B. Inulin, direkt wanderfähig sind. Bisher wissen wir über die Physiologie der Kohlehydrate der Symbionten von Pfropfungen noch äußerst wenig, was ja verständlich ist, da die Vorbedingung der Forschungen auf diesem Gebiete ja meist die genaue Kenntnis der Koblehydratchemie der betreffenden Spymbionten ist. Nur einige verwertbare Andeutungen finden sich in der Literatur. Zuerst mag mit Beziehung zu dem Kapitel über die Beziehungen zwischen Kohlehydraten, die als Reservestoff in den Pflanzenspezies Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 339 vorkommen, und der Fähigkeit zur Piropfsymbiose eine Bemerkung von Danie] (1894) Platz finden Er betont, daß sich Pflanzen derselben Familie oft mit den Reservestoffen der Wurzel der Unterlage wie mit ihren eigenen Reservestoffen entwickeln, so z. B. Sonchus auf Tragopo- gon, Tragopogon auf Scorzonera, Barkhausia auf Taraxacum, Alliaria auf Kohlrübe, Fenchel auf wilder Möhre, Petersilie auf Sison Amomun. Eine Ausnahme bildet der noch zu besprechende Fall von at —, - Tragopogon Diese Tatsache hängt wohl wesentlich damit zusammen, daß die Wander- und Speicherkohlehydrate der betreffenden Spezies einer Familie wesent- lich gleich sind. Weiter ist eine Beobachtung zu verzeichnen, die vielleicht als Fingerzeig dafür gedeutet werden könnte, daß eine ausgiebige Wande- rung der Kohlehydrate durch das Parenchym des Kallus anfänglich wenigstens nicht möglich sei, Schmittlenner berichtet (1907, pag. 61) nämlich über die heteroplastischen Transplantationen von Holzpflanzen folgendes: „Solange die Verbindung zwischen den Kopulanten nur aus Kallus besteht, wird die durch das Reis assimilierte Stärke nicht in die Unterlage weiter geleitet, sondern staut sich im Reise an. — Die Weiterleitung der Stärke vom Reis über die Verwachsungsstelle hinaus zur Unterlage setzt mit dem Moment wieder ein, wo durch den all- seitig geschlossenen Kambiumring die gemeinsame Holz- und Rinden- bildung beginnt.* Ferner macht Daniel (1899, pag. 22 und 43) einige Angaben, von denen man meinen könnte, sie wären zu Schlüssen zu verwerten. Er pfropfte Kopfsalat auf junge und alte Pflanzen von Tragopogon porrifolium. Bei der Pfropfung auf junge Pflanzen fand er, daß der Salat nicht ınehr kopfig wurde, die Unterlage verdickte sich kaum un enthielt kein Inulin („il grossit A peine et je n’ai pas observ& dans ses - tissus la moindre trace d’inuline, avec la greffe ordinaire“). Anderer- seits pfropfte er Salat auf eine alte imulinhaltige Wurzel von Trago- pogon porrifolium und sagt darüber folgendes: „— et jai constat6 que Vinuline du sujet ne passait pas dans le greffon. Aussi, comme les capacit6s absorbantes de la racine äg6e sont trös r6duites, le greffon meurt dess6ch6 faute d’aliments absorbables.“ Man kann aus diesen Angaben aus verschiedenen Gründen wenig schließen. Einmal können alle angeführten Erscheinungen daher rühren, daß die Verwachsung der Symbionten eine so unvollkommene war, daß die beiden Pflanzen, wenn sie auch wachsen konnten, doch nieht zur Inulinspeicherung kamen; dann weiß man nichts Sicheres über die Kohlehydrate des Salates. 340 A. Meyer und E. Schmidt, Der Nachweis des Inulins wurde nur mikroskopisch geführt (Daniel 1894, pag. 63), so daß dadurch, kleinere Mengen des Inulins wohl über- sehen werden konnten. _ Einige interessante Angaben finden wir bei Vöchting. Vöchting (1894) pfropfte zuerst ein Reis von Helianthus tuberosus auf Helianthus annuus. Anfangs war die Verbindung harmonisch, später, im August, bildete die Unterlage einen Wulst in der Verwachsungsregion. Im Herbst untersuchte Vöchting die beiden Symbionten durch Einlegen in absoluten Alkohol und Aufsuchen der gebildeten Sphärokristalle auf Inulin. . H. tuberosus zeigte in den Blättern und Blattstielen kein. Inulin; in der Achse fand sich oben wenig, nach unten zu mehr und mehr Inulin. Am unteren Teile der Achse waren einige ganz kleine Knöll- chen entstanden, in deren Nähe und in denen sich viel Inulin fand. In der Unterlage konnte nach der angewandten Methode kein Inulm nachgewiesen werden. Ferner pfropfte Vöchting umgekehrt ein Reis von H. annuus auf H. tuberosus (pag. 718). Zuerst entwickelte sich das Reis relativ schwach; beim Nachsehen fand Vöchting eine 15 mm lange Knolle an der Unterlage. Nach Entfernung dieser Knolle trat gutes Wachstum des Reises ein. Relativ spät bildete die Unterlage einen schwachen Wulst an der Pfropfstelle. Als die Unterlage im November geerntet wurde, fanden sich an ihr zwei kleine inulinhaltige Knollen. Aus diesem Resultate kann man folgendes ableiten: Obgleich das Reis von H, tuberosus reich an Inulin war und wahrscheinlich deshalb auch der als Unterlage dienenden Helianthus annuus Lävulose zur Verfügung stellte, konnte diese doch kein Inulin in größerer Menge bilden. Es ist uns leider der Kohlehydratehemismus von H. annuus nicht genügend bekannt, um weitere Schlüsse ziehen zu können. Wir wissen noch nicht einmal sicher, ob H. annuus ganz unfähig ist, Inulin - zu bilden. Bei Prantl findet sich über den Inulingehalt von H. an- nuus nichts‘), Es ist gar nicht unwahrscheinlich, daß H. annuus kleine Mengen von Inulin bildet, nur keine stärkere Speicherung desselben durchführt. 1) Prantl sagt nur pag. 42: „Mohfs Angabe, Inulin finde sieh in den Knollen von H. annuus, ist offenbar ein Versehen“ — meint aber damit doch sicher nur, daß Mohl’s Angabe sich eigentlich auf H. tuberosus beziehe, Übrigens würde eine negative Angabe bei Prantl auch wenig Wert haben, da Prantl auch sagt, die Achse von H. tuberosus sei frei von Inulin, während Vöchting mit der Alkohol- methode Inulin darin nachweisen konnte. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw, 341 Dann wissen wir leider nichts von den Zuckerarten, die in den Blättern und der Achse der Pflanze vorkommen. Würden die Monosaecharide der Sonnenrose wesentlich andere sein als die des Topinambur, so würde die Entstehung größerer Inulinmengen in den Knollen von großem Interesse sein. Es könnte sich dann vielleicht zeigen, daß die wachsen- den Knollen imstande wären, nicht nur die ihnen in H. tuberosus zur Verfügung stehenden Zuckerarten, sondern auch andere anzusaugen und in Inulin zu verwandeln. Bemerkenswert ist für uns die Ansammlung des Inulins an der Basis des Reises von H. tuberosus. Sie könnte ja durch die schwache Knollenbildung an der Achse veranlaßt sein, aber es wäre auch mög- lich, daß eine Tendenz in der Achse bestände, die Nährstoffe nach der Basis zu schaffen, wo die Knollen bei der normalen Pflanze stets ge- bildet werden. Vöchting rechnet mit dieser Möglichkeit (pag. 720) bei Erklärung der Wulstbildung. Ich glaube allerdings, daß dabei die Sache anders liegt. #) Die Wanderung des Virus der infektiösen Panachüre. Nicht ohne Interesse für uns sind die Untersuchungen, welche über die infektiöse Panachure gemacht worden sind. Seit ungefähr 200 Jahren weiß man, daß Panaschierung durch Transplantation über- tragen werden kann. Man unterscheidet, jetzt zweierlei Arten von Panaschierung (Lindemuth 1907, pag. 811; Bauer 1904, pag. 454), eine infektiöse (infektiöse Chlorose) und eine nichtinfektiöse (Albieatio). Die meist mehr oder weniger samenbeständige Albieatio interessiert, uns hier nicht, Die anscheinend nie samenbeständige infektiöse Chlorose, die als eine Krankheit der Individuen bezeichnet werden kann, dokumentiert sich durch gelbliche Flecken, welche in den Laubblättern auftreten und hervorgerufen werden durch Chlorophyllarmut der relativ klein bleiben- den Chloroplasten (Zimmermann 1891). Diese Gelbileckigkeit kann anscheinend nur durch Transplantation von einer kranken auf eine ge- sunde Pflanze übertragen werden. Übertragung durch zerquetschtes Gewebe oder durch Preßsaft einer kranken Pflanze gelang nicht (Baur 1904, pag. 457). , Trausplantiert man kranke Blätter tragende Sprosse kranker Indi- viduen auf gesunde Individuen und beleuchtet man die kranken Blätter, so nehmen die heranwachsenden, nicht die ausgewachseneu Blätter (Lindemuth 1878, pag. 907) die Gelbfleckigkeit an. Im blattlosen Zustande transplantierte kranke Reiser infizieren erst dann, wenn bunte Blätter an ihnen entstanden sind (Lindemuth 1878, pag. 907). Ver- 342 A. Meyer und E. Schmidt, dunkelte oder relativ schwachem Lichte ausgesetzte bunte Blätter in- fizieren nicht. Verdunkelt man die alten, bunten Blätter eines bunt- eckigen Abutilon-Individuums, so werden dessen neu entstehende Blätter grün, einerlei, ob die Vegetationspunkte verdunkelt werden oder nicht. Durch alleinige Verdunkelung der embryonalen Blätter wird das Gelb- werden nicht verhindert (Baur 19062). Das infizierende Agens wandert ziemlich langsam. Ringelung eines Zweiges verhindert die Infektion jenseits der Ringelung entstehender Blätter (Baur 1906, pag. 23). Wurzelstöcke von gelbfleckiger Sida Napae bildeten in zwei Fällen an Adventivsprossen gelbfleckige Blätter. Wahrscheinlich waren aber hier die Knospen schon angelegt, als die Wurzeln noch an der be- blätterten Pflanze saßen (Lindemuth 1907). Die Wurzel vermag das infizierende Agens zu leiten (Lindemuth 1907, pag. 832). Pfropft man eine „immune“ Pflanze (Abutilon arboreum) zugleich mit einem fieckenkranken Reise und einem infektionsfähigen gesunden Reise, so kann die Übertragung des infizierenden Agens durch die Achse des im- munen Sprosses hindurch stattfinden. Sprosse der immunen Pflanze, welche das infizierende Agens leiteten, infizieren bei Transplantation andere Pflanzen nicht (Baur 1906a, pag. 24, 1906b, pag. 419). Man vergleiche hierzu jedoch auch Lindemuth’s Bemerkungen (1907, pag. 819 und 840), wo u. a. Abutilon arboreum als nicht immun bezeichnet wird. Das sind die wichtigsten Tatsachen. Aus ihnen läßt sich über die Natur des Vorganges, welcher sich bei der Infektion abspielt, nichts Sicheres sagen. Man weiß nicht, ob es sich um Übertragung eines Organismus, eines Anstoßreizes oder eines physiologischen Reizes handelt. Vielleicht darf man vermuten, es handle sich um eine Anstoßleitung, um Übertragung eines chemischen Individuums, welches, bei der Assi- milation im Lichte gebildet, auf demselben Wege wandere wie die Assimilate. Da diese Vermutung aber vollständig unzutreffend sein kann, so können wir die hier mitgeteilten Tatsachen für unsere Frage bis jetzt noch nicht weiter verwerten. ») Die Wanderung der Blausäure liefernden Glykoside. Die bei der Spaltung durch Enzyme Blausäure liefernden Gilykoside scheinen ähnlich wie die Alkaloide manchmal als Schutzmittel der Pflanze gegen omnivore Tiere wirksam zu sein, und es ist deshalb besonders interessant für uns, zu wissen, ob diese Stoffe die Pfropf- stellen durchwandern. Über diese Wanderung von Blausäure liefernden Glykosiden hat Guignard (1907) Versuche angestellt. Zuerst pfropfte er Phaseolus vulgaris und multiflorus (blausäurefrei) auf Phaseolus lunatus (blausäurehaltig) und umgekehrt. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 343 Die Untersuchung auf Blausäure wurde folgendermaßen aus- geführt. Die Pflanzenteile wurden zerkleinert und mit dem 3--Afachen ihres Gewichtes an dest. Wasser 12 Std. bei 20—25° stehen gelassen. Das Destillationsprodukt wurde durch eine enge Röhre auf den Boden eines Kölbchens geleitet, welches etwa 2°/,ige Pottaschelösung enthielt. Durch die Berlinerblaureaktion kann man mit Sicherheit weniger als }/,,. mg Blausäure nachweise. Wenn es sich um quantitative Bestimmung handelte, wurde die Liebig’sche Methode mit Silbernitrat angewandt, die von Denigöds etwas modifiziert ist (pag. 277 und 278). Die Resultate waren die folgenden: Einfache Pfropfungen: 4 Keine Einwanderung von Blausäure in Ph. vul- Ph. vulgaris auf Ph. lunatus { garis (Pfropfreis). Ph. Iunatus (0,022°/, Blausäure) f Keine Einwanderung von Blausäure in Ph. vul- auf Ph. vulgaris garis (Unterlage). Gemischte Pfropfungen: Ph, vulgaris auf Ph. lunatus P « P 1, 0,037 %, Blausäure Prime Einwanderung von Blausäure in das 2.004 % „ Piropfreis. j Ph. lunatus auf Ph. vulgaris {Kain günwanderung von Blausäure in die Auch bei der „Greffe par approche“ trat kein Glykosid aus Pha- seolus Junatus in Phaseolus vulgaris über. Ferner untersuchte Guignard das Verhalten von Pfropfungen von Photinia und Cotoneaster auf Cydonia vulgaris. Die Untersuchung von Cydonia auf Blausäure ergab folgende Zahlen: Blätter Anfang Oktober 0% Rinde der 1jährigen Zweige 0,015 %, „n2» „000% » 38» » noch. weniger Proz. Ein 3 em dicker Stamm, der in zwei gleiche Hälften geteilt wurde, enthielt in der Rinde der oberen Hälfte in 87 g etwa Y,, mg Blausäure; die untere Hälfte enthielt nur Spuren von Blausäure. In den Wurzeln fehlt die Blausäure vollständig. Drei Pfropfungen von Photinia auf Cydonia. Die Pfropfreiser enthielten: Nr. 1. Rinde 0,061 °/,, Blätter (1jährig) 0,07 % » an 00 m ” 0,082 °,, „En 00 ” 15%, In die Unterlage war keine Blausäure übergegangen. 344 - A. Meyer und E. Schmidt, Zwei Versuche mit Cotoneaster frigidia auf Oydonia gepfropft. Es enthielt von Cotoneaster frigida Nr. 1 die Rinde . . 0,048°%, die Blätter . . 0,06 %. Es enthielt Cotoneaster frigida Nr. 2 Rinde . 2... 0016%. Bei Nr. 1 fand sich keine Spur von Blausäure in der Rinde der Unterlage, bei Nr. 2 eine Spur, die jedoch der Oydonia eigen gewesen sein kann, wie der Autor selbst annimmt. Cotoneaster bacillaris auf Crataegus. Die Rinde des Pfropfreises enthielt 0,119°/, Blausäure, die der Unterlage keine Spur von Blausäure, Cotoneaster affinis auf Crataegus. Rinde von Coteneaster. . 0,04 %, Blätter im November . . 0,008°%, no Ih... 0. 0,098%,. Unterlage enthielt keine Blausäure. Cotoneaster acutifolia auf Crataegus. Rinde voa Zweigen aller Größen gemengt . . 0,021°,, 1jähriger Zweig . . - ven. 0038 %- Unterlage frei von Blansäure. Bei allen klar liegenden Fällen, in denen die Unterlage oder das Reis völlig von vornherein frei von Glykosid war, zeigte es sich also, daß das Blausäureglykosid nicht wandert. Das ist eine sehr interessante und bei der Feinheit der Blausäurereaktion wohl völlig feststehende Tatsache. Nach Guignard soll sich dieses bei Pfropfungen von Cotoneaster mierophylia auf Cotoneaster frigida anders verhalten, doch werden wir sehen, daß die Schlüsse, welche Guignard zieht, unsicher, ja unbe- rechtigt sind. Cotoneaster microphylla auf Cotoneaster frigida. Cotoneaster minophylia III (nicht zur Pfropfung benutzt). Die Blätter . . . Seen. . 012 9%, Blausäure Zweigrinde von 13 Jahren a 200. .00 Zweigrinde mit gleichaltriger Wurzelrinde gemischt 0,018 %, Ootoneaster mierophylia IV (zu Versuch I benutzt). ” ” Blätter . . . 0,092 %, Blausäure Zweigrinde . . 0,06 %, ” Cotoneaster microphylia (zu Versuch 19 benutzt). Blätter . . . 0,076°, Blausäure Zweigrinde . . 0,088%, ” Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 345 Cotoneaster frigida I (nicht zur Pfropfung benutzt). Pflanze im Museum d’histoire naturelle kultiviert. Untersuchung im Juni vorgenommen. Blätter . . . 0,045 °/, Blausäure Achsenrinde . 0,016%, » Cotoneaster frigida IT (nicht zur Pfropfung benutzt). Pflanze aus der Baumschule in Croux. Untersucht im Juli. Blätter . . . 0,058°/, Blausänre Achsenrinde . 0,2 %, » ‘Versuch Nr. L Pfropfung von Cotoneaster mierophylia I auf ein. dreijähriges Exemplar von Cotoneaster frigida von unbekanntem Blausäuregehalt. Der Stamm der Unterlage wurde in drei Stücke geteilt, das oberste ist mit A, das unterste mit C bezeichnet. Die Rinde der drei Stück zeigte folgenden Prozentgehalt an Blausäure: A. 30 em lang 0,013 °%, B.390 5, „0,0027 %, 0.80 5» _0026% Mittel 0,006 %, Versuch Nr. IL. Pfropfung von Cotoneaster microphylla II auf eine dreijährige Unterlage von Cotoneaster frigida von unbekanntem Blausäuregehalt. Die Rinde der drei je 45 cm langen Stammstücke zeigte folgenden Prozent- gehalt an Blausäure: A 2.2.0.0: 002% B 222020: 0,006% C 0,005 % Mittel 0,012%,, Merkwürdigerweise schließt Guignard aus diesen Resultaten, daß Einwanderung von Glykosid aus dem Reise in die Unterlage stattgefunden habe. Dazu ist folgendes zu bemerken. Guig- nard hat selbst zwei verschiedene Pflanzen (I und II) aus zwei ver- schiedenen Gegenden untersucht und den Gehalt der Blätter und der Achsenrinde an Blausäure bei beiden Pflanzen, wie wir sahen, ver- schieden gefunden: IL Bistter 0,045 %, Binde 0,016%, DT „008%, 020% Differenz 0,0139, 0,004 %, Das ist wohl’noch als eine zufällige Übereinstunmung anzusehen. Denn wenn man die Resultate der Untersuchung seiner drei Individuen von Cotoneaster microphylia ansieht, so kann man wohl annehmen, daß sich die Variation des Blausäuregehaltes bei eingehender Untersuchung als eine viel stärkere herausstellen würde, wie sie es nach diesen zwei Versuchen zu sein scheint, 346 A. Meyer und E. Schmidt, I Blätter 0,092 %,, Rinde 0,060 *h }.Ditferenz 0,022 %, 7607 m? Oz” ü 00s0 2" }Diftorenz 0,044 9, Bei seinem Versuche Nr. 1 findet Guignard nun in der Rinde im Durchschnitt 0,006°/,, im Maximum 0,013°/, Blausäure, beim Ver- suche Nr. 2 im Durchsehnitt 0,012°%,, im Maximum 0,021°%,, also selbst im Maximum nicht mehr als in seinen nicht zur Pfropfung be- nutzten Pflanzen I und II, die 0,016°%, und 0,02°/, in der Rinde ent- bielten; und daraus kann man doch nicht schließen, daß Glykosid aus dem Reise in die Unterlage eingewandert se. Guignard beruft sich auch nur auf die Erfahrung, daß der obere Teil der Achse der Unter- lage auffällig reich an Blausäure war. Aber er hat nicht untersucht, ob das letztere nicht ebenso bei nicht als Unterlage benutzten Achsen des Cotoneaster frigida der Fall ist. Die Erfahrungen, die Guignard an Cydonia gemacht hat (pag. 289), machen es wahrscheinlich, daß es so sein würde; denn Guignard fand im oberen Teile der Rinde des Stammes von Cydonia noch deutlich Blausäure, im unteren kaum merk- bare Spuren. Die Wurzelrinde ist stets frei von Blausäure. Die Rinde einjähriger Zweige enthielt übrigens 0,015 /,, die zweijähriger 0,001 % Blausäure. Es läßt sich also aus den zuletzt besprochenen Resultaten nichts Sicheres über die Wanderung der Glykoside aus dem Pfropfreis in die Unterlage schließen, und die negativen Resultate der zuerst mitgeteilten Versuche lassen den Schluß zu, daß in allen Fällen keine Wanderung der Glykoside durch die Pfropfstellen stattgefunden hat. An die Besprechung der Angaben über die Wanderung der Blau- säure liefernden Glykoside schließen wir wohl am besten gleich eine Angabe Daniel’s (1898, pag. 135) an. Dieser will bemerkt haben, daß Grünkohl durch aufgepfropfte Alliaria offieinalis in seinem Geruch verändert worden sei. Er sagt: „L’odeur du Chou vert se combine & Podeur alliac6e et le goüt est lui-m&me modifi6.“ Freilich ist die Geruchs- und Gesehmacksreaktion hier wohl etwas unsicher. Alliaria enthält in jungen Teilen nur Sinigrin (Senföl[C,H;N- CS], erst später liefert die Pflanze Knoblauchöl (C,H,-8-C,H,); letzteres müßte demnach in Brassica oleracea übergehen. Versuche in dieser Richtung könnten vielleicht interessante Resultate ergeben. Freilich müßte auch Brassica oleracea auf Glyloside und Senföle vorher noch genauer untersucht werden. &) Wanderung von Farbstoffen. Lindemuth (1878, pag. 936) führt einen Fall der Übertragung eines violetten Farbstoffes durch Pfropfung an. Er pfropfte violette Über die gegengeit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 347 Triebe einer dunklen Kartoffelsorte (Zebra) auf hellgrüne Triebe einer anderen Kartoffelsorte (Kaliko), deren Knollen mit karminroten Flecken versehen sind. 14 Tage nach der Pfropfung zeigte sich die hellgrüne Unterlage iebhaft karminrot gefärbt. Hier erscheint es uns durchaus wahrscheinlich, daß die Karminfärbung nicht aus der dunkeiblauen Kartoffel übertragen, sondern von der Unterlage selbst erzeugt wurde, deren Knolle ja selbst die Fähigkeit zur Erzeugung des roten Farb- stoffes besaß. Vöchting (1892, pag. 94) entscheidet sich übrigens hei einem ganz analogen Falle, den er bei der dunkelroten Salat- und einer Futterrübe mit mattroter Wurzel und grünem Reise beobachtete, auch dafür, daß die rote Farbe von der Futterrübe selbst erzeugt worden sei. Hier zeigte es sich allerdings auch, daß die grünen Zweige rot wurden, wenn er sie als Steckling wachsen ließ. An den Verwachsungs- stellen roter und farbloser Rüben sah Vöchting auch (pag. 126) die gefärbten und die farblosen Zellen, die gut verwachsen waren, bezüglich ihres Farbstoffgehaltes scharf voneinander getrennt. Vöchting (1892, pag. 92) transplantierte auch buntblätterige Coleus-Formen, Tradescantia- Formen, gefärbte Runkelrüben auf ungefärbte Unterlagen, ohne daß eine Färbung der Unterlagen eintrat. Nur in einem Falle fand er, daß an der Wurzel einer weißen Futterrübe, der als Reis der Zweig einer roten Rübe aufgesetzt war, ein roter Farbstoff auf beträchtlicher Fläche in dem umfangreichen Wulst, der über und unter dem Reis gebildet worden war, aufgetreten war. Vöchting glaubt auch in diesem ohne weiteres für eine Farbstoffwanderung sprechenden Falle nicht an die Wanderung des Farbstoffes aus dem gefärbten in den farblosen Symbionten. Er sagt darüber (pag. 95): „Die mit einer Farbe versehenen Runkelrüben haben die Neigung, an Wundflächen den Farbstoff besonders reichlich zu bilden, und es läßt sich der Gedanke nicht von der Hand weisen, daß die Rübe in unserem Versuche die rote Farbe im Wundgewebe erzeugt habe, trotzdem ihr derselbe ursprünglich nicht eigen war. Man be- denke, wie nahe verwandt die Rassen der Runkelrübe sind und welche Summe von latenten Eigenschaften in einer etwa durch Kreuzung ent- standenen Rasse vorhanden sein mögen, auch wenn diese ganz konstant erscheint.“ Auch Daniel (1894, pag. 63) sagt: „La matiöre colorante de la Betterave ronge ne passe pas dans le greffon de l’Oseille*. Danach können wir wohl sagen, daß ein Beweis dafür, daß Farb- stoffe durch die Pfropfstelle wandern können, noch nicht „erbracht worden ist. 348 A. Meyer und E. Schmidt, &) Die Wanderung der Alkaleide. Die älteste Literaturangabe, welche hier zu erwähnen wäre, stammt von Moens (1882, pag. 375). Die chemischen Untersuchungen von Cinchona Ledgeriana Cinchona succirubra _ Reiser von C. Ledgeriana relativ wenig Chinin und manchmal mehr Cinehonidin enthielten, als es normalerweise der Fall war, während - die C. suecirubra-Unterlage etwas reicher an Chinin war, als gewöhnlich. Allerdings zeigte der einzige Versuch, für den eine Vergleichsanalyse der ungepfropften C. Ledgeriana vorlag. die Zunahme des Cinchonidins im Reise nicht. Pfropfungen schienen ihm zu zeigen, daß die C. Ledgeriana-Individuum, von welchem das Reis CO. Ledgeriana-Reis GC. Suceirubra-Unterlage stammte Prozentgehalt der Rinden an Alkaloid Chain... . 11,2 4,89 1,65 Cinchonidin . . . 1,17 _ 6,14 Chmidin . 2... — _ _ Cinchonin . . . - 057 1,46 2,53 Amorphes Alkaloid. 0,45 1,01 1,37 Moens sagt deshalb auch nur: „Opmerkelijk is, zoowel het hooge kinine-gehalte der jonge suc- ceirubra-bast als het einchonidine-gehalte dezer jeugdige Ledgeriana-bast, ware het niet, dat onderzoek 2 (die Untersuchung, deren Zahlen eben mitgeteilt worden sind) die meening tegensprak.“ Leersum (1900) gibt einen Auszug aus „Jaaresverslagen over de Gouvernementskina-Ondernemingen in de Preanger Regentschappen“* vom Jahre 1885 und 1886, der beweisen soll, daß die von Moens vermutete gegenseitige Beeinflussung der Komponenten der Pfropfung tatsächlich existiere. In der Tat scheint es nach den mitgeteilten Zahlen fast, als werde zuerst der Cinchonidingehalt des Reises der Piropfung Cinchona Ledgeriana. Cinchona sueeirubra durch die Unterlage in der Weise beeinflußt, daß die Menge des Oinchonidins, welches in ihm auftritt, anormal hoch er- scheint. Freilich wird ein exakter Beweis dafür auch durch die von Leersum mitgeteilten Tatsachen nicht erbracht. Es wird zuerst über den Cinchonidingehalt der Rinden verschie- dener Mutterbäume der zur Pfropfung verwandten Reiser von Cin- chona Ledgeriana berichtet: Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast, Transplantat. usw. 349 Baum Mutterrinde Nr. 73, 1876... .. 0 °% Cinchenidin » FOR 7 "7: BL » » 891977 ....:..0% » » IB... n » 18. .... Spuren „ » BB... 2.000 » n 23, 1886 . 0,97%, » Ferner wird mitgeteilt wie sich der Cinehonidingehalt der Rinden der von diesen Bäumen stammenden Reiser gestaltet hatte, nachdem diese einige Jahre dem Einfluß der Unterlage von C, suceirubra aus- gesetzt gewesen waren: Rinde des Reises vom Baume Nr. 73, nach 5 Jahren 3,3 ®%, Cinchonidin D ven nn nn 9 5 a ee) mon n ” „»B...... 11% ” » „ Pi » » „28... 0.0... Spuren IM Aus diesen Tatsachen geht hervor, daß Cinchona Ledgeriana-Reiser, ehe sie aufgepfropft werden, schon bis 1,17°/, Cinchonidin enthalten können und daß der Gehalt an Cinehonidin sehr variiert. Da man nicht weiß, wie sehr der Cinchonidingehalt der verschiedenen Zweige eines Baumes von C. Ledgeriana, die als Reis Verwendung finden können, variiert, so ist man nicht imstande mit Sicherheit zu sagen, daß das Resultat nicht durch zufällige starke Entwicklung von Cincho- nidin zustande gekommen ist, die mit der Unterlage nichts zu tun hat. Immerhin ist, wie gesagt, die Annahme eines solchen Einflusses nicht von der Hand zu weisen. ‚Ähnlich verhält es sich mit dem Schlusse, daß die Tatsache, daß ©. Ledgeriana ©. suceirubra ehonidin enthalten als an weiter von der Pfropfstelle entfernten Partien, aus dem Einflusse der Unterlage herrühre, welcher sich nur auf geringe Entfernung energisch äußere. In der Tat scheint die Tatsache sichergestellt, daß der Cinchonidingehalt der Rinde des Reises von Y, m zu !/, m Entfernung von der Propistelle bedeutend abnimmt. Das beweisen folgende Zahlen: 20, Cinehonidin 0,24 %), Ent van Nr. 23 5 jaarond, 1. die Reiser der Pfropfung immer an der Basis mehr Oin- {van onderen t/, m lang, * Yan 4 boomen gemengd 21. do. Spoor do. Nr.23 de. 2. st. do. 22. do. 0%, do. Nr.283 de. 3. st. do. 23. do. 0% do. Nr23 do 4. st, do. 3 boomen 24 de. 018%, do Nr.25 de. 1.86 do. 25. do. Spoor de. Nr23 de 2. st. do. 26, do. 0%, do. Nr.23 do. 3. st. de. Flora, Bd, 100. 23 350 A, Meyer und E. Schmidt, 1 27. Cinhonidin 0,70%, Ent van Nr. 28 5 jan ond. 1. st. {m Denen Gemone 28. do. 048%, do. Nr. 23 do. 2. st. do. 29, do, Spoor do. Nr. 23 do. 3. st. . do. 80. do. - Spoor do. Nr. 23 do. 1. st, do. 31. do. 0%, do. Nr.28 do. 2. st do. 32. do. 0% de Nr.23 do. 3. st. do. . Nur wird nicht mitgeteilt, wie sich normale Zweige der Mutter- pflanze bezüglich des Cinchonidingehaltes an Spitze und an Basis der Zweige verhalten, Zuletzt handelt es sich um die Frage, ob der relativ hohe Chinin- C. Ledgeriana 'C. suceirubra wurde, auf einen Einfluß des Reises auf die Unterlage zurückzuführen ist. Leersum spricht sogar von einer Wanderung des Chinins aus dem Reis in die Unterlage. Pag. 36: „.... maar een gevolg is van de Ledgeriana welke op de Suceirubra geent is en waarvan het kinine-gehalte in den onderstam overgaat.* Hier liegt die Sache so, daß der durchschnittliche Chiningehalt der Suceirubra-Wurzelrinde 0,9°%/, beträgt (Cinchonidin- gehalt 3,5°/,). Der Gehalt der Rinde der Unterlage der Pfropfung C. Ledgeri an wurde aber zu 1,5%, bis über 3°%/, gefunden. Aber hier erfährt man wieder nichts von dem Gehalt der Rinde der für die Pfropfungen benutzten Unterlage, so daß auch diese Frage nicht sicher entschieden wird. Allerdings ist die durch Zahlen belegte Tatsache sehr auffallend und spricht für die Richtigkeit der Annahme von Leer- sum, daß die Menge des Chinins in der Unterlage um so höher wird, je höher der Chiningehalt des Reises steigt. j Das zeigen folgende Zahlen: Chiningehalt dı Beier 1 59% 50% Ta, 7% 70% 88% 98% 105% ge BEN 18% 29, 22%, 2a 27% 28% 3% Einen klaren Aufschluß über die in Rede stehenden Verhältnisse schien die Untersuchung von Strasburger und Klinger im Jahre 1885 (und 1906) zu geben. Danach schien es bewiesen, daß Atropin oder Hyoseyamin oder Seopolamin die Pfropfstelle einer heteroplastischen Transplantation zu durchwandern imstande wäre. Durch Strasburger veranlaßt, untersuchte Klinger 800 8 Kartoffelknollen, welche an einer durch ein Pfropfreis von Datura Stramonium ernährten Unterlage von Solanum tuberosum entstanden gehalt, welcher in der Unterlage der Pfropfungen gefunden Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 351 waren, und fand darin Atropin. Strasburger (1885, pag. 49) sagt: „Er (Klinger) fand — Atropin, wenn auch nur in äußerst geringen Mengen; nach seiner Schätzung würden die 800 g Knollen kaum einige Milligramm Atropin enthalten haben.“ Klinger unterwarf übrigens auch 600 g gewöhnlicher Kartoffelknollen der Untersuchung und fand darin weder Atropin noch ein dem Atropin ähnliches Alkaloid. 1906 sagt Strasburger, er erinnere sich, daß Klinger das aus der Kartoffel dargestellte Alkaloid auch auf physiologischem Wege ge- prüft habe. H. Lindemuth (1906) teilt mit, daß er 1896 835 g Kartoffel- knollen, welche durch ein Pfropfreis von Datura Stramonium ernährt worden waren, von Lewin habe untersuchen lassen, welcher folgendes mitgeteilt habe: „Es würde ihm von großem Interesse sein, zu wissen, auf welchem Wege Herr Dr. Klinger das Atropin isoliert hat. Atropin chemisch nachzuweisen, sei absolut unmöglich. Auf einem sehr um- ständlichen Wege ließ sich dartun, daß in den Kartoffeln, nach Ab- trennung reichlichen Solanins, eine nicht isolierbare Substanz in winzigen Spuren zurückblieb, die das darch Muskarin zum Stillstand gebrachte Froschherz wieder in Bewegung setzte.“ Dazu haben wir schon früher (1897, päg. 137) bemerkt, daß da- bei zu beachten sei, daß in der Literatur Angaben vorliegen, daß der Muskarinstillstand auch dureh andere Stoffe, wie Guanidin, Kampfer, Veratrin usw. aufgehoben werden könne, so daß es nicht sicher sei, daß der Stillstand wirklich dureh Hyoseyamin aufgehoben worden sei. Der eine von uns (BE. Schmidt) hat danach die Nachuntersuchung der wichtigen Versuche von Strasburger und Klinger nochmals mit größter Sorgfalt durchgeführt. Wir geben die Beschreibung der ange- wandten ‘Methode hier nochmals genau, weil uns tliese bei den neuen Versuchen wieder gedient hat, Es stand uns eine sehr kräftige Pfropfung zur Verfügung, Es waren im Mai 1906 auf drei Zweige einer ausgetriebenen Kartoffel- knolle drei Pfropfreiser von Datura aufgesetzt worden, die ungefähr 80 em hoch geworden waren und ungefähr 800 g bis 7 cm lange. randliehe Kartoffeln gebildet hatten. Die Blüten der Datura wurden stets entfernt, nur eine gut entwickelte, noch nicht völlig reife Kapsel war bei der Kartoffelernte an den Achsen von Datnra vorhanden. Von den geernteten Kartoffeln diente ein Teil (410 g) zur Prüfung auf mydriatisch wirkende Alkaloide. Die hierzu verwendeten Knollen, welche sich also in ihrem Äußeren und in ihren Größen durchaus nieht von den normalen Kartoffeln unterschieden, wurden zu diesem Zwecke " 23* 352 A. Meyer und E, Schmidt, in eine breiartige Masse verwandelt, letztere hierauf mit dem drei- fachen Volumen Alkohol von 95°/, vermischt und das Gemisch alsdann unter zeitweiligem Umschütteln 6 Tage lang bei einer Temperatur von 20—25° stehen gelassen. Nach dieser Zeit ist die schwach sauer reagierende Flüssigkeit abkoliert, der Rückstand ausgepreßt und unter den gleichen Bedingungen von neuem mit: Alkohol extrahiert worden. Die vereinigten Alkoholauszüge wurden hierauf filtriert und durch Destillation im luftverdünnten Raume von Alkohol befreit. Der erkaltete Destillationsrückstand (D) wurde abermals filtriert, alsdann im Scheidetrichter mit dem gleichen Volumen Chioroform- äther (2 Teile Chloroform, 5 Teile Äther) überschichtet und ‚nach. dem Zusatz von gepulvertem Natriumbikarbonat längere Zeit geschüttelt. Dieses Ausschütteln ist dreimal mit je dem gleichen Volumen Chloroformäther wiederholt worden. Die vereinigten Chloroformätherauszüge sind hierauf unter zeitweiligem Ätherzusatz eingedampft worden, bis durch empfind- liches rotes Lackmuspapier eine Abgabe von Ammoniak nicht mehr zu konstatieren war. Der Rückstand wurde hierauf dreimal mit je 5 cem Wasser, welches schwach mit Salzsäure angesäuert war, ausgeschüttelt und die vereinigten sauren Flüssigkeiten alsdann mit den allgemeinen Alkaloidreagentien auf Pflanzenbasen geprüft. Diese Prüfung fiel jedoch unter Anwendung von je einem Tropfen des sauren Auszuges negativ aus. Erst als dieselbe über Ätzkalk im Vakuum bis auf etwa 2 ccm eingeengt war, konnten schwache Alkaloidreaktionen beob- achtet werden. “ Da nach den Erfahrungen, welche von dem einen von uns bei der Isolierung mydriatisch wirkender Alkaloide aus pflanzlichem Material vielfach gemacht wurden, es nicht ausgeschlossen war, daß die von dem erkalteten Destillationsrückstande (2) abfiltrierten fetthaltigen‘ Massen etwas Alkaloid enthalten konnten, so wurden dieselben wiederholt mit Petroleumäther extrahiert und diese Auszüge alsdann mit Wasser, dem eine geringe Menge Salzsäure zugefügt war, ausgeschüttelt. Diese Auszüge wurden nach dem Verdunsten über Ätzkalk im Vakuum mit den obigen vereinigt. Zur Identifizierung der anscheinend nur in sehr geringer Menge vorliegenden Alkaloide wurde die Flüssigkeit mit einem Tropfen Gold- chloridlösung versetzt und alsdanı der freiwilligen Verdunstung über- lassen. Hierbei war die Bildung vereinzelter gelblicher Aggregate von winziger Größe zu beobachten, von Aggregaten, welche eine gewisse Ähnlichkeit mit denen zeigten, die, allerdings in größerem Formate, bei der Verdunstung einer unreinen, in entsprechender Weise Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast, Transplantat. usw. 853 aus pfanzlichem Material dargestellten Lösung von Atropin- und Hyoseyamingoldchlorid: auftreten. Ein wiederholt. ausgeführter Versuch, diese winzigen Partikelchen nach vorsichtiger Entfernung der kleinen Mengen von. Mutterlauge durch Umkristallisation in die typischen Formen des Atropin- bzw. Hyoscyamingoldchlorids überzuführen, miß- lang, indem an deren Stelle stets nur wenige amorphe, gelbe Flocken resultierten. Die Chloroformätherauszüge, welche bei dem weiteren Ausschütteln des Kartoffelextraktes nach Zusatz von Sodalösung noch erhalten wurden, lieferten. selbst in konzentrierterer Lösung kaum noch Alkaloidreaktionen. Da bei der weiteren Prüfung dieser Auszüge sich auf chemischem Wege noch weniger ein positiver Anhalt für das Vorhandensein eines mydria- tisch wirkenden Alkaloids ergab, als dies bei denen, welche aus dem mit Natriumbikarbonat alkalisierten Kartofielextrakte resultierten, der Fall war, so wurden beide Lösungen vereinigt, um zur physiologischen Prüfung verwendet zu werden. Nach Entfernung des Goldes aus den gesamten jetzt vorliegenden Lösungen und Ausscheidungen dureh Schwefelwasserstoff wurden die Flüssigkeiten zu diesem Zwecke im Vakuum über Ätzkalk verdunstet und der winzige Rückstand zur Be- seitigung der letzten Salzsäurespuren noch mehrere Tage lang im Vakuumexsikkator über Ätzkalk aufbewahrt. Zur weiteren Reinigung ist der Verdunstungsrückstand schließlich noch mit Alkohol extrahiert und die filtrierte Lösung von neuem im Vakuum verdunstet worden. Die Herren DDr. A. Lohmann und M. Schenck hatten die Güte, jenes Produkt im hiesigen physiologischen Institut an dem Auge einer Katze auf seine mydriatische Wirkung zu prüfen. Es konnte jedoch innerhalb einer fünfstündigen Beobachtungszeit nicht die geringste Pupillenerweiterung konstatiert werden. Da nach den Beobachtungen von Donders und Ruyter!) noch durch einen Tropfen einer Atropinlösung 1:130000 Pupillenerweiterung eintritt und auch Hyoseyamin dieselbe Wirkung, nur etwas langsamer, aber umso nachhaltiger verursacht (Dragendorff 1. ec), so ist wohl kaum anzunehmen, daß in den 410 g der zur Untersuchung benutzten Kartoffeln die Mydriatica in nachweisbarer Menge enthalten waren. . Um weiter einen Anhalt zu gewinnen wie sich normale Kar- toffeln unter den beschriebenen Bedingungen chemisch und physiologiseli verhalten, wurde 1 kg davon in der gleichen Weise einer Prüfung unterzogen. Das Verhalten des erzielten Extraktes war durch- 1) Dragendorff, Ausmittelung von Giften. 354 " A, Meyer und E. Schmidt, aus das gleiche wie das der Datura-Kartoffelauszüge. Die Chloroformätherausschüttelungen lieferten hier eine Flüs- sigkeit, welche nach Konzentration auf etwa 2 cem mit den allgemeinen Alkaloidreagentien Reaktionen gab, die unter Be- rücksichtigung der größeren Menge des angewendeten Untersuchungs- materials naturgemäß etwas stärker ausfielen als die früher beobachteten. Bei der Prüfung. mit Goldehlorid traten dieselben Erscheinungen auf, wie dieselben oben beschrieben wurden. Auch hier ließen sich die in geringer Menge ausgeschiedenen gelblichen Aggregate nicht durch Umkristallisation in eine greifbare Form überführen. Die durch Schwefel- wasserstoff wieder von Gold befreiten Lösungen wurden daher auch in diesem Falle, nach Entfernung der freien Salzsäure und der sonsti- gen Beimengungen in der im vorstehenden angegebenen Weise, zur physiologischen Prüfung verwendet. Herr Professor Dr. A. Heffter hatte die Güte, letztere auszuführen und als Resultat derselben mit- zuteilen, daß sich auch dieses Produkt als ganz wirkungslos auf die Katzenpupille erwiesen hat. Nach diesen Beobachtungen schien es zunächst nur noch erforder- lich zu sein, noch den direkten Beweis zu erbringen, daß die zum Nach- weis des Hyoscyamins angewendete Methode auch den Grad von Zu- verlässigkeit und Empfindlichkeit besitzt, welcher für diese Zwecke nötig ist. Zu letzterem Zwecke wurde 1 kg Kartoffein in der im vor- stehenden dargelegten Weise einer erneuten Prüfung unterzogen, nach- dem dem Kartoffelbrei 2 mg Hyoscyamin zugefügt waren. Die hier- bei erzielten Auszüge zeigten auch in verdünnten Zustande, d. h. olme vorherige Konzentration über Ätzkalk im Vakuum, mit den allgemeinen Alkaloidreagentien deutliche Alkaloidreaktionen. _ Zur Identifizierung des vorhandenen Alkaloids mit Hyoseyamin, bzw. dessen Umlagerungsprodukt, dem Atropin, würden diese Auszüge in zwei gleiche Teile (A und B) geteilt. Teil A wurde im Vakuum über Ätzkalk verdunstet, der Rück- stand mit absolutem Alkohol extrahiert und diese Lösung hierauf von neuem im Vakuum verdampft. Mit dem Verdunstungsrückstand wurde alsdann die Vitali’sche Reaktion ausgeführt. Dieselbe trat in ein-' wandfreier Weise ein. Teil 3 wurde mit einem Tropfen Goldehloridlösung versetzt und alsdann der freiwilligen Verdunstung überlassen. Es gelangten hierbei kleine gelbe Aggregate zur Ausscheidung, die in dem Äußeren durch- aus an die erinnerten, welche bei der Verdunstung einer unreinen, in Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 355 entsprechender Weise aus pflanzlichem Material dargestellten Lösung von Atropin- bzw. Hyoscyamingoldchlorid auftreten. Nach Entfernung der Mutterlauge traten bei vorsichtigem Umkristallisieren aus schwach salzsäurehaltigem Wasser diese eigenartigen Formen von neuem auf. Zur Ermittelung des Schmelzpunktes war jedoch die Menge dieser Aus- scheidungen zu gering. Zur weiteren Kennzeichnung wurden daher diese Aggregate in Wasser gelöst, diese Lösung im Verein mit der. Mutterlauge durch Schwefelwasserstoff von Gold befreit.und die filtrierte Flüssigkeit von neuem über Ätzkalk im Vakuum verdunstet. Nach weiterer Reinigung durch Extraktion mit absolutem Alkohol und erneutes Verdunsten resultierte schließlich ein Rückstand, der zur physiologischen Prüfung Verwendung fand. Die Herren DDr. A. Lohmann und M. Schenck hatten die Güte, auch dieses Produkt im hiesigen physiologischen Institnt an dem Auge einer Katze auf seine mydriatische Wirkung zu prüfen. Nach Verlauf von 20 Minuten konnte hierbei eine deutliche Papillen- erweiterung konstatiert werden. Erwägt man, daß der mit 2 mg Hyoscyamin versetzte 1 kg be- tragende Kartoffelbrei nur einmal mit ‘der dreifachen Menge Alkohol extrahiert und abgepreßt war, und berticksichtigt man die bei dieser Operation unvermeidlichen Verluste an Alkaloid, so erhellt, daß nach dem angewendeten Untersuchungsverfahren sich in 500 g Kartoffeln noch weniger als I mg Hyoscyamin, sowohl chemisch als auch physiologisch, nachweisen läßt. Wenn die früher zur Untersuchung verwendeten Datura-Kartoffeln daher überhaupt Hyoseyamin enthielten, so durfte nach diesen Erfah- rungen die Menge jenes Alkaloids für die zur Prüfung benutzten 410 g weit weniger als 1 mg betragen haben. Aus diesen Untersuchungen ging also zuerst hervor, daß in der normalen Kartoffelknolle, die nicht als Unterlage gedient hatte, Spuren von Körpern enthalten waren, welche die allgemeinen Alkaloidreaktionen gaben, wenn die Kartoffeln nach der angewandten Methode behandelt wurden. Zweitens zeigten die Untersuchungen, daß 2 mg Hyoseyamin, welche 1 kg normaler Kartoffeln beigemengt worden waren, bei dieser Methode mittelst Goldchlorids nicht sicher aufzufinden waren, wohl aber dureh den physiologischen Versuch wieder erkannt werden können. Drittens ist nachgewiesen, daß keine physiologisch erkennbare Menge von Ätropin in den Kartoffelknollen der Pfropfung vorhanden war; wenn überhaupt etwas Atropin darin vorkam, so konnte es in I kg nur viel weniger als 2 mg gewesen sein. 356 &. Meyer und E. Schmidt, Im Jahre 1906 und 1907 hat Ch. Laurent (1906, 1908) eine Reihe von Untersuchungen mit Atropa Belladonna und Solanum Lycoper- sicum vorgenommen, die für uns von großem Interesse sind. Belladonna im Tomate Tomate Belladonna her und auch solche Pfropfungen, bei denen an der Unterlage ein Zweig gelassen wurde, dessen Entwicklung durch Beschneiden so reguliert wurde, daß das Reis nicht abstarb (greffiage mixte von Daniel; Belladonna Tomate z.' Leider gibt der Autor über die angewandte Bestimmungsmethode nichts genaues an, spricht nur in dem unten wiedergegehbenen Satze von der Methode Stas-Otto und der Ausschüttelung mittelst Chloro- forms. Man bleibt also über die Genauigkeit der quantitativen Be- stimmungen im unklaren. Er hat zuerst (1906, pag. 6) gemischte Pfropfungen von Reisern Belladonna, 5 Tomate führt und die Extrakte aus der Unterlage qualitativ auf Alkoloid unter- sucht. Er macht über diese Untersuchung folgende Angabe: Tabelle A. Resultat der qualitativen chemischen und physiologischen Untersuchung Er stellte gewöhnliche Pfropfungen gemischte Pfropfung). der Belladonna auf dieser Unterlage von Tomate (. Belladonna der Unterlage und ihres Zweiges der Pfropfung Tomate u Zweig der Hauptachse Hauptachse hei. Untere Frucht Obere Achse Obere Blätter Untere Achse Untere Blätter Wurzeln suchung } negat. negativ negativ positiv negativ positiv Physiologische . . 2: Unierem hung }negat. negativ negativ positiv positiv positiv Tabelle B. 1908 (pag. 101) gibt Laurent die Resultate einer anderen gleichen . Belladonna Tomate Untersuch: ntersuchung gemischter Pfropfungen Tomate z. und Belladona 2. Tomate als Unterlage Tomate als Reis Tomate ungepfropft Aumerimn er ame ‚mm ensennE _Aemmmneense enisneei, Fracht Sproß Wurzel Frucht Sproß Fracht Sproß Jodjodkalium + + + _ _ _ _ Pikrinsäure _ + + _ _ _ _ Vitalis R. rot rot violett rot rot rot rot Physiol. R. 44 0 + = 0.0 Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 357 Dazu bietet wohl die folgende Angabe aus der 1908 erschienenen Arbeit (pag. 96) eine Ergänzung, in der der Autor sagt: „J’ai recherch6 s’il y avait eu passage d’alcaloides dans la plante sujet; aprös avoir trait& les tiges et les racines de la tomate sujet, coup6e au-dessous du bourrelet, par le procöd& ordinaire de recherche des alcaloides (Methode de Stas-Otto), j'ai obtenu une petite quantit& d’un produit qui a prösent& les rdactions des alealoides mydriatiques. Des solutions chloroformiques d’&puisement de mes extraits hydro- alcooliques de Tomate j’ai chass6 le chloroforme par &vaporation au bain-marie a 100°; les produits que j’ai obtenus & six reprises diff6- rentes &taient peu color6s ou l&görement colors en brun; une partie mise sur la lame du mieroscope m’a prösente eing fois sur six des cristaux ayants une certaine analogie avec ceux de Vatropine du Codex que j’examinai comparativement. J’ai dissous ces residus dans 4 ou 5cm cubes d’eau sulfurique et jen ai fait des solutions aussi neutres que possible; elles ın’ont donne les caractöres des alcaloides avec les prineipaux r6actives: tannin iodure de potassium iodure, iodure de mercure et de potassinm, acide picrique, eet.; la reaction de Vitali (acide azotique fument plus une ou deux gouttes de potasse aleoolique aprds &vaporation: coloration violette) a &t& positive eing fois sur six. Cinq de ces solutions m’ont permis de constater des effets mydria- tiques chez le chat et le chien; sur moi möme j’ai obtenu &galement la reaction physiologique. J’avais trait& eomparativement les mömes parties de la Tomate tömoin, et les residus ne m’ont donnd aucun effet mydriatique; cer- taines röactions chimiques ont &i6 cependant positives, la r&ac- tion de Vitali m’a donn6 une coloration rouge vive tr&s nette au lieu de la coloration violette intense quelle donne avec les alcaloides de la Belladone. J’ai effectus les mömes experiences sur les feuilles, les tiges, les fruits de la Tomate greffe sur Belladone; j’ai obtenn quelques unes des röactions chimiques prec6dentes (iodure de mercure et de potassium, tannin), rien avec l’acide pierique, coloration rouge avec Viodure de potassium iodure, mais pas de pr£cipits; enfin je n’ai con- stat6 aucune action mydriatique sur les animanx.“ Daraus würde man schließen dürfen 1. daß in der Tomate ein alkaloidähnlicher Körper vorhanden ist, der bei der Vitalischen Reaktion sich lebhaft rot färbt, mit Kaliumquecksilberjodid einen Niederschlag, wit Jodjodkalium wenigstens eine Rotfärbung gibt; denn wenn auch 358 A. Meyer und E. Schmidt, ” die‘ zwei letzten Reaktionen von Tomatenreisern herrühren, die auf Belladonnaunterlage gepfropft wurden, so nimmt doch Laurent an, daß in diese Reiser kein Alkaloid aus der Belladonna eindringe. Quantitative Untersuchungen über den Gehalt der Tomate an Alkaloiden hat Lau- rent nicht vorgenommen; 2. würde man wohl schließen dürfen, daß Belladonna ein Körper ent- . Tomate - halten sei, der in der normalen Tomatenpflanze nicht vorkommt und dem Atropin eigene Reaktionen zeig. Würde man annehmen, daß dieses Alkaloid aus der Belladonna eingewandert sei, nicht durch den Reiz der Unterlage in dem Reis gebildet worden sei, so würde man mit Laurent (1906, pag. 7) wohl auch sagen dürfen, daß in die Haupt- achse und die unteren Blätter, die direkt unter der Pfropfstelle standen, und in die Wurzel am meisten Alkaloid eingewandert sei, während der Zweig und dessen Frucht weniger Alkaloid erhalten hätten als die Hauptachse. ' doch in dem Tomatenreis der Pfropfung Weiter gibt Laurent (1906, pag. 5) an, daß er bei gewöhnlichen Tomate Belladonna weisen konnte, Pfropfungen niemals Alkaloid in dem Tomatenreis nach- Die quantitativen Untersuchungen ergeben bezüglich der uns hier zuerst interessierenden Fragen folgende Resultate: ° . Belladonna Er fand t 19 a = zuers 06 (pag. 4) bei Piropfungen Tonate glichen mit aus von gleichen Pflanzen wie die Reiser stammenden Ab- legerpflanzen folgende Mengen „Atropin* (Methode und Berechnung, wie gesagt, uns unbekannt) in 100 Trockensubstanz. ‚Tabelle C. B . , Blätter des Wurzeln der te a hnn Reises von Belladonna Unterlage von Belladonna ’ Tomate Tomate 0,322 0,312 - 0,008 0,314 0,224 0,0065 0,319 0,200 0,0082 Durchschnitt 0,318 088 0,0076 Belladonna Tomate z.' Ablegerpflanzen. „Atropin® in 100 Trockensubstanz (1906, pag. 5): Ferner bei gemischten Pfropfungen verglichen mit en Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat, usw. 359 Tabelle D. . Achse der als Unter- > Ann Blätter des Wurzel der ; Blätter den Belladonna- als Unterlage Inge Sienenden I Belladonna Teises auf der dienenden 1%, (wohl vielleicht Tomate Tomate mit dem Zweig der Tomate) 0,322 0,198 0,008 0.0025 0,314 0,247 0,009 0,0038 0319 0975 0,012 0,004 Durchschnitt 0,318 0,240 0,0096 0,0034 Wenn die Tomaten selbst bei dieser quantitativen Untersuchung, deren Methode wir nicht kennen, keine Base („Atropin“) liefern sollten, so würden diese Resultate unbedingt beweisen, daß unter dem Ein- flusse des Reises jetzt eine Base in ihr auftritt. Und zwar würde in der Wurzel der Unterlage mehr, in der Achse (vielleicht mit dem Zweige)) weniger von der Base vorhanden sein. Es würden dann diese "Resultate mit der qualitativen Untersuchung stimmen, und da diese das Vorhandensein eines Alkaloides, welches die chemischen und physio- logischen Reaktionen des Atropins gibt, sehr wahrscheinlich gemacht haben, so könnte man sagen, daß unter dem Einflusse des Reises nun anscheinend ein Solanaceenalkaloid in relativ kleiner Menge in der Tomate 5 auftritt. Immerhin erscheint die Menge des in der Tomate auftretenden Alkaloids respektabel, denn im Maximum sind in der Unterlage 0,01®/, gefunden worden gegen 0,3%, in dem Reis. Dem- gegenüber erscheinen die qualitativen Reaktionen etwas gering, so daß man wohl daran denken kann, daß in der Tat durch die Methode des Autors etwas zu große Mengen von Alkaloid in der Tomate angezeigt werden. Daß Atropin in der Tomate auftritt, ist natürlich durch die Be- sultate nicht bewiesen. In der Belladonnapflanze können auftreten Hyoscyamin, Atropin, ferner Apoatropin und Scopolamin. Wenn letztere auch nur in der Wurzel gefunden sind, so können sie dann doch vor- aussichtlich in kleinen Mengen auch in den Sprossen gebildet werden. Von diesen Alkaloiden haben Atropin, Hyoseyamin und Scopolamin mydriatische Eigenschaften. Die Vitalische Reaktion wird von Atropin, Hyoseyamin und Scopolamin gegeben. Alle geben die gewöhnlichen Alkaloidreaktionen. Welche von diesen Alkaloiden die Erscheinungen hervorriefen, ist also nicht bekannt; ja es könnte sogar ein anderes noch unbekanntes Alkaloid mitwirken, welches von der Tomate gebildet: sein könnte, 1) Laurent schreibt (1908, pag. 98): „Tige Tomate sujet Racines“, was nicht ganz eindeutig ist. 360 A. Meyer ınd E. Schmidt, Laurent ist in seiner letzten Abhandlung (1908) auch relativ” vorsiehtig im Schließen; er sagt pag. 108: - „Resume. — D’aprös les renseignements qui sont indiques dans ce chapitre, on peut dire qu’& la suite de certaines greffes on a constat& la presence dans Pune des plantes, de substances qui sont fabriquees dans T’autre. Aetuellement, il est bien difficile de savoir, si ces substances traversent, le bourrelet ou rösultent de Paction de la plante qui en fabrique naturellement sur celle qui n’en eontient pas & l’ötat normal; mais, chaque fois que cette dernidre est dot6e d’une nouvelle substance, il est indöniable que la. greffe a provogue6 daus cette plante une ano- malie de son chimisme.“ Er meint aber doch, und das wohl mit dem Recht der Wahrschein- lichkeit, daß es sich bei dem Alkaloid der Tomatenunterlage um ein solches handle, welches in der Belladonna vorkommt. Auch für die Annahme, daß das Erscheinen des Alkaloides in der Tomate auf Ein- wanderung aus der Belladonna beruhe, ist er. Es bestimmt ihn dazu hauptsächlich die Erfahrung, daß, wie schon aus der Tabelle © und D hervorgeht, die normalen Pflanzen in ihren Blättern mehr Alkaloid ent- Aene, Er gibt dafür noch mehr Zahlen als hier angeführt sind. Uns scheinen für diesen Schluß die Alkaloidmengen in den Unterlagen zu klein, die Differenzen zwischen «en Blättern der Normalpflanzen und der Reiser za groß zu sein. ‘Auch hat er Belladonnawurzeln im November in der Ruheperiode und im Februar untersucht, wo sie beginnen, unterirdische Sprosse zu treiben und auch in diesen Sprossen die Alkaloide bestimmt. Er findet imDurehsehnitt ungefähr folgendes (Berechnung nach der Tabelle in 1906, pag. 7): Wurzeln . . . . im Nor. 0,07%, Wurzeln . . . . im Febr. 0,295, Unterirdische Sprosse im Febr. 0,308 /,. Er schließt daraus, daß das Alkaloid wohl wandere in der Bella- donna, nicht in den jungen Sprossen erzeugt werde, indem er sagt (1906, pag. 8): „Cependant avant les analyses de fövrier, la Belladone, au moyen de ses röserves, a fabriqu& de jeunes pousses souterraines qui renferment de P’Atropine ainsi que Vindique le tableau. Cette Atropine ne peut provenir que de deux sources: soit de Y’Atropine qui preexistait dans la racine; soit d’une nouvelle production halten als die Reiser von der Pfropfung Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 361 de Falcaloide au d&pens des röserves utilisees dans la premiöre pöriode de vögetation. Par suite de la production de nouveaux tissus au d&pens de la raeine primitive le poids brut de cette racine diminue, le pour- centage d’alealoide doit Stre augment6 si l’Atropine de novembre reste entiörement dans la raeine; or le pourcentage restant sensiblement le meme on se trouve port& a supposer qu’une certaine quantit6 d’Atropine a 6t6 appelde dans les bourgeons.* Auch hier stimmen die quantitativen Verhältnisse schlecht, doch möchten wir betonen, daß diese Tatsachen immerhin, wenn die Wande- rungsfähigkeit der Alkaloide noch wahrscheinlicher gemacht werden kann, als mit der Wanderung der Alkaloide im Zusammenhang stehend aufgefaßt werden darf. . ! Rekapitulieren wir also noch einmal ganz kurz. Wenn wir die wahrscheinliche Annahme machen, daß in der Tomate kein mydriatisch wirkendes Alkaloid vorkommt, so geht aus den Tabellen A und B her- Belladonna Tomate z. aus dem Reis in die Unterlage übergegangen war. Die Hauptmenge scheint sich dabei in der Wurzel der Unterlage zu finden, weniger in Achse, Blatt und Frucht. Die quantitativen Untersuchungen ergeben anscheinend zu hohe Zahlen; jedenfalls müßte erst geprüft werden, wie- vie] nach der vom Autor angewandten Methode in den normalen To- maten „Alkaloid“ gefunden würde. Die zuletzt besprochenen Arbeiten beschäftigten sich mit dem Verhalten des Atropins und seiner Verwandten. Außerdem finden wir in der Literatur noch Versuche, welche mit zwei nikotinhaltigen Pflanzen, mit Nicotiana Tabacum und Nieotiana affınis (Nicotiana alata) von (rrafe und Linsbauer 1906 angestellt worden sind. Grafe und Linsbauer experimentierten mit Nicotiana affinis und Nieotiana Tabacum, die sie wechselweise aufeinander pfropften. Sie betrachten N. affinis als nikotinfrei oder so nikotinarm, daß sie ihren Nikotingehalt nicht in Betracht ziehen; da aber N. affinis Nikotin enthält und anzunehmen ist, daß ihr Nikotingehalt ähnlichen Schwan- kungen unterliegt wie der von N. Tabacum, deren Alkaloidgehalt zwischen 0,7°/, und 5°/, schwankt, so ist dieses Vorgehen wohl eiwas unkritisch und läßt leider Zweifel an der Zuverlässigkeit der Resultate entstehen. Es hätte eine größere Anzahl von Individuen der benutzten N. affinis genau auf ihren Alkaloidgehalt untersucht werden müssen. Die Versuche der Autoren zeigten nun, daß N. affinis stets Nikotin enthielt (0,84 bis. 3,56°%/,), wenn sie als Pfropfreis einer Pflanze von vor, daß in den Pfropfungen ein Alkaloid in kleiner Menge 362 A. Meyer und E. Schmidt, N. Tabacum mit ungefähr 4°/, Nikotingehalt aufsaß oder wenn sie als Unterlage für N. Tabaeum diente. Die Autoren machen auch einen Versuch, welcher die Frage entscheiden soll, ob die Fähigkeit von N. affinis, Nikotin zu bilden, gesteigert werde, wenn sie mit N. Tabacum verbunden werde. Sie pfropften N. Tabacum auf N. affinis. Am 9. April sehnitten sie das Reis unterhalb der Pfropfstelle ab und ließen die Unterlage Zweige bilden, deren Alkaloidgehalt am 15. Mai 0,33°/, be- trug. Danach vermuten die Autoren, „daß die Befähigung der Unter- lage zur Nikotinbildung durch die Wirkung des nikotinreichen Edel- reises gesteigert wird“. Unserer Meinung nach liegt kein Grund zu dieser Vermufung vor. Man könnte, wenn man sich auf die Angaben der Autoren stützt, sehr wohl annehmen, daß die 0,8°%/, Alkaloid ein- gewandert seien, da ja die Unterlage vor dem Abschneiden des Pfropf- reises von letzterem 2,9°/, Alkaloid zugeführt erhalten haben könnte. Freilieh dürfte man auch annehmen, daß N. affinis die 0,3%, Alkaloid selbst. gebildet habe. Wären die Resultate der Versuche von Grafe und Linsbauer einwandfrei, so würden sie beweisen, daß bei zwei nahe verwandten, nikotinbildenden Pflanzen das Nikotin äußerst leicht durch die Pfropfstelle hindurchwandern kann. Werfen wir zuletzt noch einen Blick auf alles, was wir über die gegenwärtige Beeinflussung von Symbionten, die beide Alkaloid ent- halten oder von denen nur einer Alkaloid führt, wissen, so können wir ‚darüber folgendes sagen. Moen’s (1882) und Leersum’s (1899) Arbeit erbringen keinen sicheren Beweis für die gegenseitige Beeinflussung der Chinin- und Cin- ehoninproduktion der beiden Symbionten Cinchona_Ledgeriana doch Cinchona suceirubra läßt sich das Besultat der Untersuchung so deuten, als sei es durch eine solche Beeinflussung zustande gekommen. Strasburger’s und Klinger’s (1885) Notiz, in welcher der Beweis erbracht erschien, daß ein pupillenerweiterndes Alkaloid aus dem Reis der Pfropfun; Ze Armani in die Knollen der Unterlage ein- wandere, leidet an Unsicherheit der Angaben. Aus unseren Versuchen (1907) geht mit Sicherheit hervor, daß in den Kartoffeln nach der von uns angewandten Methode ein Körper nachgewiesen wird, der die all- gemeinen Alkaloidreaktionen gibt, aber nicht pupillenerweiternd wirkt; ferner, daß mittelst dieser Methode noch 2 mg Hyoseyamin in 1 Kilo Kartoffeln durch die allgemeinen Alkaloidreagentien und die pupillen- en Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 383 erweiternde Wirkung und die Vitalische Reaktion aufgefunden werden können. Vorzüglich aber zeigen sie, daß auch bei bestem Gedeihen Datura Stramonium Solanum tuberosum in die Kartoffelknollen überzugehen braucht. Mit einigem Vorbehalt sagen die Resultate der qualitativen Unter- Atropa Belladonna Solanum Lycopersicum durch Laurent cusoon) aus, daß ein Durchtritt eines pupillenerweiternden und die Vitalische Reaktion gebenden Körpers durch die Pfropfstelle stattgefunden hat. Solanum Lycopersicum \ Atropa Belladonna der Pfropfung kein pupillenerweiterndes Alkaloid suchung der Pfropfungen Bei Pfropfungen statthaben. Die Methode der Versuche von Grafe und Linsbauer ist nach- weislich ungenügend, weshalb die Resultate nicht brauchbar sind, II. Neue Untersuchungen über die Wanderung der Alkaloide durch die Pfropfstellen heteroplastischer Transplantationen. A. Das Material für die Untersuchungen. Datura Stramonium Solanum tuberosum Es wurden im Frühjahr 1908 im botanischen Garten Pfropfungen von Datura Stramoniun: auf Solanum tuberosum hergestellt. Nachdem die Spätkartoffeln ausgetrieben hatten und die Keimpflanzen von Datura genügend groß waren, wurden die Pfropfungen am 13. Juli vorge- nommen, Bis zum 11. Juli standen die Pfropfungen unter Glas, im Warmkasten, dann wurden sie in das Freie gepflanzt, gut schaftiert und gepflegt, bis sie kräftig entwickelt waren. Die Reiser standen in ihrer Entwicklung kaum den Pflanzen von Datura Stramonium, die dä- neben im Beete standen, nach. Eine Reihe der Pfropfungen wurden hier, wie in anderen Fällen, zur mikroskopischen. folgende wurden zur makroskopischen Untersuchung. benutzt: - Nr. 1. Den drei Datura-Reisern, welche auf die Triebe einer Kartoffel aufgesetzt worden waren, wurden rechtzeitig die Blüten ge- nommen, dann wurden sie am 9. Sept. verdunkelt. Am 25. Sept. wurde die Pflanze gesammelt, Das Reis hatie alle ausgewachsenen Blätter, mit Ausnahme der jungen etiolierten, verloren. Die geernteten Teile hatten im frischen Zustande folgendes Gewicht: b) Kartoffeln, Frischgewiht . . . - . nn. 690 8, ce) Kartoffelachse mit dünnen Ausläuferbasen, Frischgewicht ..Bg soll ein solcher Durchtritt nicht a) Versuche über Pfropfungen 364 A. Meyer und E. Schmidt, Nicotiana Tabacım b Versuche über Propfungen Nicokiana akfinis a) Normale Pflanzen von N. affinis und von N. Tabacum. Nr. 2, N. affinis. j A. Es wurde im Frühjahr 1908 zwei Beete von Sämlingen von Nachkommen von Pflanzen, von denen eine in der Trockensubstanz der Blätter . . . » . . 0,0818% der Achsen . . ... . . 0,0228, Alkaloid enthielt, angepflanzt. . Die Pflanzen entwickelten sich üppig und blühten reichlich, als von ihnen am 8. Aug. von neun verschiedenen Pflanzen je alle Blätter gesammelt wurden. B. Von 10 auf anderen Besten erwachsenen Pflanzen wurden die unterirdischen Teile, d. h. je das unterirdische Achsenstück mit allen daran sitzenden Wurzeln, von den betreffenden Pflanzen abgeschnitten und dann getrocknet. Nr. 3. Nicotiana Tabacum, Es wurde ferner ein Beet von Nicotiana Tabacum im Frühjahr 1908 angelegt; und es wurden am 8. August von 10 Pflanzen die Blätter gesammelt und getrocknet, von 10 anderen Pflanzen die unter- irdischen Teile, also jedesmal der unterirdische Teil der Hauptachse mit daran sitzenden Wurzeln. # Nicotiana Tabacıum auf Nicotiana affinis. Die Pfropfungen wurden. ausgeführt, wie es für Pfropfungen von Datura Stramonium auf Solanum angegeben worden ist. Nr. 4 Als am 8. August das sehr kräftige Tabakreis blühte und seine unteren Blätter schon etwas gelblich geworden waren, wurde die Pflanze gesammelt, die 7 cm lange Pfropfstelle herausgeschnitten und nieht aufbewahrt, die übrige Pflanze in folgender Weise zerlegt und jeder Teil getrocknet: a) Nieot. Tabacum: Blätter, b) „ ” oberirdische Achse, soweit sie Laubblätter trägt, [0 Biiitenstand, Do. affınis: unterirdisches Achsenstück, 0) " Wurzeln. Nr, 5. Von dem Reis, welchem schon anı 8, August der Blüten- stand genommen worden war, wurden am 17. August die Spreiten rechts und. links von den Mittelnerven abgeschnitten, so daß nur Blattstiele und Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast, Transplantat. usw. 365 Mittelnerven an der Pflanze blieben. Nach 8 Tagen wurde die Pflanze, deren Blattstiele noch festsaßen, geerntet. Es wurde, wie immer, die ganze Pfropfstelle verworfen. Es wurden gesammelt: a) N. Tabacum: Blattspreiten, ohne Hauptnerven, b) „ „ Blattstiele und Hauptnerven, on » Achse, d) „ affinis: unterirdisches Stück der Hauptachse, ed). „Wurzeln. Nr. 6. Eine Pflanze, von der am $. August der Blütenstand ent- fernt worden war, wurde am 9. September durch Überdecken mit einer Kiste verdunkel. Das Tabakreis hatte 6 abgestorbene, 1 gelbes, 2 grünliche Blätter. Verworfen wurde die Pfropfisielle.. Gesammelt wurde: a) oberirdische Achse von N. Tabacum von 64 g Frischgewicht, b) Achse von N. affınis von 4,5 g Frischgewicht. Nr. 6a. Eine Pflanze, die am 8. August vom Blütenstande befreit. worden war, wurde vom 8. bis 17. August verdunkelt. Bei der Ernte waren die oberen Blätter noch grün. Cesammelt wurde: " c) oberirdische Achse von N. Tabacum 12,5 g lufttrocken, a) Achse von N. affinis 258 „ Von Nr. 6 und Nr. 6a wurden für die makrochemische Unier- suchung die Achsen a und ec und die Achsen 5 und d gemischt und zu- sammen untersucht: #4-c wogen trocken 20,5 g; d-1-d wogen trocken 2,8 g. Nr. 7. Von 7 Pfropfungen von Nicotiana Tabacum auf Nieotiana affınis wurden am 8. August die Blütenstände entfernt. Am 22. Sep- tember wurden die Pfropfungen geerntet. Die untersten Blätter der Reiser waren teilweise schon abgestorben, die oberen schon etwas gelb. Wie immer, wurden die Pfropfstellen völlig herausgeschnitten und ver- worfen. Von allen sieben Pflanzungen wurden gesondert gesammelt die Achsen von N. Tabacum, die Blätter von N. Tabaeum, die Achsen von N. affinis und die Wurzeln von N, affinis. Alles wurde getrocknet. Es waren also zur Untersuchung vorhanden: a) Blätter von 7 Pflanzen von N. Tabacum: Frischgew. 488 g; getrocknet 64,5 g b) Achsen „7 „on ” „3826; no Bre Achsen „7 „ » N. affinis: 88 » 13,7 8 M Wurzeln „ 7 » PER ” ” 353 u “ I Flora, Bd. 100. - 2 366 A. Meyer und E. Schmidt, Nicotiana Tabacum Solanum tuberosum o) Normale Pflanzen der Kartoffel. Nr. 8. Kartoffelschalen von gewöhnlichen Kartoffelpflanzen. 1 kg vorjähriger Kartoffeln, die als Unterlage für die Pfropfungen gedient hatten (Magnum bonum) wurden 1909 geschält, und die 100 g frischer Schalen wurden in Spiritus aufbewahrt. Nr. 8a. Unterirdische Stücke der blattragenden Sprosse (Achsen) der gewöhnlichen Kartoffel mit Wurzel. Es wurden im August 1909 von einigen 1909 gezogenen Kartoffelpflanzen die blattragenden Sprosse mit den Wurzeln geerntet und die im Boden befindlichen, farblosen Stücke mit den Wurzeln abgeschnitten und, getrocknet. Diese Stücke entsprochen den „Achsen“ der Unterlagen bei den Pfropfungen: Frisehgewicht 58 g; Trockengewicht 21,5 @. #) Nicotiana Tabacum auf Solanum tuberosum. Die Pfropfungen wurden im Frührjahr 1908 ebenso ausgeführt wie die von Datura Stramonium auf Solanım tuberosum. Die Tabak- reiser waren fast so groß und kräftig geworden wie die im freien Lande erwachsenen Pflanzen von N. Tabacum. Nr. 9. Eine Pfropfung von N. Tabacum auf Solanum tuberosum wurde am 7. August, also vor voller Entwieklung der Kartoffeln und zur Blütezeit des Tabakreises, geerntet. Die Pfropfstellen wurden wie stets verworfen. Es wurden gesondert geerntet und getrocknet: a) N. Tabacum: große Blätter, b) N. Tabacum: Achse, c) 8. tuberosum: Achse, d) 8. tuberosum: Kartoffeln in Scheiben geschnitten, e) 8. tuberosum: Nebenwurzeln, Nr. 10, Zwei Zweige einer Kartoffel waren mit Tabak gepfropft worden. Sie blühten am 7. August, wurden um diese Zeit vom Blüten- stande befreit und am 21. September geerntet. Es wurden folgende Teile der Propfung geerntet und sofort in Spiritus gelegt: a) Solanım tuberosum: die unteren Teile der Kartoffelachse und die dünnen Ausläufer, deren Spitze zu Kartoffeln ange- schwollen waren; Frischgewicht 17 g. Es ist besonders hervorzuheben, daß die oberen, unter der ver- worfenen Pfropfstelle sitzenden Teile nicht mit aufbewahrt wurden, weil sie zur mikroskopischen Untersuchung benutzt worden waren. ec) Versuche über Pfropfungen von 1908. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 367 b) Solanum tuberosum: Nebenwurzeln der Kartoffelachse; Frisch- gewicht 8 @. c) Solanum tuberosum: die Kartoffen. Sie wurden geschält, und die Schalen und das Innere der Kartoffeln wurde he- sonders aufbewahrt. a) Kartoffelschalen; Frischgewicht 42 g. ß) Inneres der Kartoffel; Frischgewicht 750 g. Nr. 11. Am 8. Aug. wurden von einer Pflanze die Blütenstände und die Spreitenhälften neben dem Mittelnerven entfernt, so daß die Blattstiele mit den daran sitzenden Mittelnerven an der Pflanze blieben. Als die Pflanze am 17. August. geerntet wurde, saßen die Stiele noch fest. Pfropfstelle wie immer verworfen. Es wurden einzeln getrocknet: a) N. Tabacum: Achse mit den (laran sitzenden Blattstielen und Mittelnerven, b) Sol. tuberosum: Achse, [ur „ Wurzel, Vo. » Kartoffelknollen. i d) Versuche über Pfropfung Nicotiana Tabacım 1909. Solanum taberosum «) Normale Pfianzen von N. Tabacum Ekboisheim. Nr. 12. N. Tabacum von Ekbolsheim i. Els. Im Frühjahr 1909 war Samen einer neuen Eisässer Tabaksorte angeschafft worden. Einige Pflanzen wurden in Töpfen gezogen, und dann wurden, als sie ungefähr 30 em hoch waren, die Blätter derselben ge- erntet. Es wurden von den trockenen Blättern die Hauptnerven von den beiden ansitzenden Spreitenhälften getrennt und gesondert untersucht. Nach dem Trocknen bei 100° waren vorhanden: 18 g Spreite, j 8,35 g Hauptnerv. ß) N. Tabacum Ekbolsheim auf Solanum tuberosum. I Nr. 13. Im Frühjahr 1909 wurden acht Pfropfungen von N. Tabacum aus Ekbolsheim auf Sol. tuberosum hergestellt. Die sehr un- günstige Witterung des Jahres war die Veranlassung, daß die Pfropfungen sehr schlecht anwuchsen, so daß am 27. Aug. 1909, als die Reiser zu blühen begannen, die Pflanzen nur 27—68 cm hoch, die Achsen der Reiser höchstens 1 cm dick waren, während zu gleicher Zeit in das freie Land gekommene Normalpflanzen von N. Tabacum aus Ekbolsheim 1 m 65 em hoch waren, als sie am 26. Aug. 1909 blühten. Es wurden | auch nur 100 g Kartoffeln von den acht Pflanzen geerntet. 24* 368 A. Meyer und E. Schmidt, Es wurden von allen acht Pflanzen gesammelt und gemischt: 2) Von 8 Pflanzen N. Tabacum: Achsen ohne Blätter: Frischgewieht 192 8; Troekengewicht 18,1 g- b) Von 8 Pflanzen Pfropfstellen ') (hier das erste Mal mit. untersucht), 3,5 em lang: Frischgewicht 25 g; Trockengewicht 2.7 g. ©) Von 8 Pflanzen Solanum tuberosum: Achsen ohne Wurzeln und Ausläufer: Frischgewicht 58 g; Trockengewicht 6,4 g. B. Die quantitative und qualitative chemische Untersuchung des Materials. Datura Stramenium Solanum tuberosum" Datura Stramonium Nr. 1. Pfropfung Solanum tuberosum‘ Nr. 1b. Kartoffelknollen. Die Untersuchung auf Alkaloide wurde genau so vorgenommen, wie es pag. 351 beschrieben worden ist. Es blieb eine äußerst kleine Menge von Rückstand, welcher sicher seinen Eigenschaften nach nicht mar ans salzsaurem Atropin bestand. Eine Spur des Niederschlags in Wasser gelöst gab mit Kaliumwismutjodid eine schwache Reaktion. Die Vitali’sche Reaktion gelang nicht. Herr Dr. Gürher, Professor der Pharmakologie an unserer Universität, hatte die Freundlichkeit, die physiologische Prüfung dieses Rückstandes vorzunehmen und sagt darüber folgendes: Die Substanz steht nur in minimalster Menge zur Verfügung, sie ist in Wasser nicht ganz löslich. Das wässerige Extrakt, in den Konjunktivalsack eines Katzenauges gebracht, ist ohne mydriatische Wirkung, dagegen ruft der mittelst einer Spur Schwefelsäure in Lösung gebrachte wnlösliche Rückstand vom Wasserextrakt nach 25 Minuten maximale Pupillenerweiterung hervor. Die Mydriasis ist nach 18 Stunden wieder verschwunden. Nr. Ic, Achse der Kartoffel mit dünnen Ausläuferbasen. Das kleine, im frischen Zustand 13 g, im trockenen also ungefähr 15 g wiegende Achsenstüickchen, welches so weit unter der ‚Pfropfstelle ab- geschnitten worden war, daß sicher kein Gewebe des Reises mit in das untersuchte Stückchen hineingelaugte, wurde nach der auf pag. 351 be- schriebenen Methode behandelt. Das Produkt gab mit Kaliumwismutjodid starke Fällusg, mit Goldehlorid deutliche Reaktion. 1) Es wurde auch hier sorgfältig darauf geachtet, daß die Pfropfstellen völlig ausgeschnitten waren, sn daß nichts von dem Gewebe des Reises in der Achsen- unterlage von Sol. tuberosum gebliehen ist. a) Pfropfangen Über die gogenseit. BeeinfInssung d. Spubionten hoteroplast. Transplantat. usw. 380 Die Vitali’sche Reaktion wurde mit ungefähr '/, des erhaltenen Alkaloids angestellt; sie trat nicht in einwandfreier Deutlichkeit ein. Über die physiologische Wirkung berichtet Herr Professor Gürber das folgende: Substanz 0,0019 g einer farblosen, sirupösen, viele Kriställchen enthaltenden Masse, leicht in Wasser löslich. 2 Tropfen der Lösung von 1:1000 bewirkte bei der Katze innerhalb weniger Minuten maximale Myäriasis, die aber schon nach 14 Stunden wieder verschwand. Das mit Muskarin gelähmte Froschberz wurde durch 3 Tropfen der Lösung wieder prompt zum Schlagen gebracht. Aus diesen Untersuchungsresultaten kann man nun folgende Schlüsse ziehen: " Datura Stramonium Alkaloid in Solanum tuberosum die Unterlage einwandern könne, muß als positiv entschieden betrachtet werden, da die allgemeinen Alkaloidreagentien bei der qualitativen Prüfung im Versuch 1c entschieden stärkere Alkaloidreaktionen gaben als sie reine Kartoffelachsen hätten geben können. Außerdem’ sprieht die starke Mydriasis für das Vorhandensein eines kräftig mydriatisch wirkenden Alkaloids. Das undeutliche Eintreten der Vitali’schen Reaktion, die der eine von uns mit dem Auszug aus ‘/, kg Kartoffeln, denen 1 mg Hyoseyamin hinzugefügt worden war, sehr leicht erhalten konnte, neben der mydriatischen Reaktion legt die Vermutung nahe, daß es sich bei den von uns isolierten und untersuchten Basen nicht um eines der in dem Stechapfel in großer Menge vorhandenen Alkaloide handelt. Es könnte danach entweder ein bisher unbekanntes Alkaloid, welches nur in kleiner Menge in der Stechapfelpflanze enthalten sein könnte, ein- gewandert sein oder es müßten die eingewanderten Datura-Alkaloide in der Kartoffel in gewisser Beziehung eine Umwandlung erfahren haben. Eine endgültige Entscheidung in dieser Frage wird erst dann möglich sein, wenn es gelungen sein wird, aus in größerem Umfange herge- stellten Pfropfungen das fragliche Alkaloid in solcher Menge zu iso- lieren, daß eine genaue makrochemische Untersuchung desselben aus- geführt werden kann. Daß das Alkaloid bei der Einwanderung aus dem Stechapfel in die Kartoffel nicht weit vordringt, dafür scheinen die Tatsachen des reichlichen Vorkommens des Alkaloides in dem Achsenstück unter der Pfropfstelle und der äußerst geringe Gehalt der Kartoffelknollen an Alkaloid zu sprechen. Wir hatten ja früher keine chemisch und physiologisch nachweisbaren Mengen eines mydriatisch wirkenden Stoffes aus den Die Frage, ob bei Pfropfungen 370 A. Meyer und E. Schmidt, Kartoffelknollen der Pfropfung Datura Stramonium Solanum tuberosum ist eine geringe mydriatische Wirkung des Produktes zu konstatieren gewesen, allerdings unter eigenartigen Umständen; denn die bekannten Alkaloidsalze der Datura hätten auch ohne Zusatz von Schwefelsäure sich in. Wasser lösen und direkt die mydriatische Wirkung ausüben sollen. So muß man annehmen, und das würde auch die Strasburger- Klinger’sche Beobachtung erklären, daß äußerst kleine Mengen des fraglichen Alkaloids manchmal bis zu den Kartoffelknollen vordringen können, manchmal jedoch nicht bis dortlin gelangten. erhalten können, jetzt i : Nicotiana Tabacım b) Die makrochemische Untersuchung der Pfropfungen Nicofiana affinis Nicotiana Tabacım ° und Solanum tuberosum’ a) Die Untersuchungsmethoden. Zuerst mögen die Methoden geschildert werden, welche bei der quantitativen makrochemischen Untersuchung des Materials Verwendung fanden. I. a) Das an der Luft, bei gewöhnlicher Temperatur, getrocknete Untersuehungsmaterial wurde zunächst fein pulverisiert und alsdaun noch ‘/, Stunde lang im Wassertrockenschranke getrocknet. Das so vorbereitete Pulver wurde hierauf nach Kißling mit der Hälfte seines Gewichtes alkoholischer Kalilauge von 6°/, befeuchtet, mit dem Pistil} gleichmäßig durchgearbeitet und 12 Stunden lang gut bedeckt aufbewahrt. Alsdann wurde das Gemisch in einer Papierhülse im Soxhlet’schen Apparat mit Äther vollständig erschöpft. b) Der Äther wurde hierauf zur Entfernung von Ammoniak usw. abdestilliert, der Rückstand mit 50 cem Natronlauge (1:250) vermischt und das Gemisch im Wasserdampfstrom destilliert. Aufgefangen wurden je 350 cem Destillat, welches mit %/,., Normalsalzsäure, bezw. 1/,0, Normal- kalilauge, als Restbestimmung (Jodeosin und Äther als Indikator), titriert wurde. IL Der nach Ia erhaltene Ätherauszug wurde zur Entfernung von Ammoniak usw. bis auf mindestens /, seines Volums abdestilliert, der Rückstand in einen Scheidetrichter gebracht und das Destillationskölbchen dreimal mit je 5 cem Äther nachgespült, Diese Ätherlösung wurde dann einmal mit 10 ccm und dreimal mit je 5 cem Salzsäure von 2%, ausgeschüttelt, die vereinigten Auszüge hierauf mit Sodalösung alkalisiert und viermal mit je 5 cem Chloroform ausgeschüttelt. Die Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 371] vereinigten Chloroformauszüge sind dann, unter Zusatz von Äther, mit 25 cem !/,.0 Normalsalzsäure und dann noch viermal mit je 10 cem Wasser ausgeschüttelt worden. Nach dem Filtrieren durch ein angefeuchtetes Filter wurden letztere Auszüge schließlich mit ’/,. Normalkalilauge (Jodeosin und Äther als Indikator) zurücktitriert. III. Die zerkleinerten Materialien wurden mit Alkoho) 4—5 Tage lang bei 25—30° extrahiert, die Rückstände abgepreßt und von neuen mit Alkohol in der gleichen Weise behandelt. Die vereinigten Auszüge wurden hierauf bei sehr mäßiger Wärme eingedampft, der Rückstand mit Sodalösung alkalisch gemacht und viermal mit dem mehrfachen Volumen Äther ausgeschüttelt. Die vereinigten, klaren Ätherauszüge wurden alsdann zunächst von der größeren Hälfte des Äthers und der Hauptmenge des Ammoniaks durch Destillation befreit und hierauf der Rest des Äthers, nach Zusatz von schwach salzsäurehaltigem Wasser, bei mäßiger Wärme entfernt. Die restierende sehwach sauere Flüssig- keit ist dann mit Sodalösung alkalisch gemacht und hierauf im Wasser- dampfstrom destilliert worden. Es wurden 400 ecm Destillat aufgefangen. Letzteres Destillat ist dann mit Salzsäure schwach angesäuert und bei sehr mäßiger Wärme bis auf ein sehr kleines Volumen ver- dunstet worden. Der Verdunstungsrückstand wurde mit Sodalösung alkalisiert und im Scheidetrichter viermal mit je 10 cenı Chloroform ausgeschüttelt. Die vereinigten Chloroformauszüge wurden dann mit dem gleichen Volumen Äther vermischt und zur vollständigen Entfernung des Ammoniaks usw, bis auf die kleinere Hälfte abdestilliert. Der Rückstand wurde hierauf in einen Scheidetrichter gebracht, das Destillationskölbchen wiederholt mit Äther nachgespült, das Gemisch mit 10 bzw. 20 ccm !/ıoo Normalsalzsäure und dann noch viermal mit je 10 cem Wasser ausgeschüttelt, Nach dem Filtrieren durch ein angefeuchtetes Filter wurden letztere Auszüge schließlich wit 1/,, Normalkalilauge (Jodeosin und Äther als Indikator) zurücktitriert. NB. Eine direkte Destillation der Alkoholextrakte mit Wasser- dämpfen war, nach Zusatz von Alkali, wegen des starken Schäumens unausführbar. IV. Die nach Methode II gewonnene, titrierte Alkaloidlösung wurde vom Äther befreit, mit Sodalösung alkalisch gemacht und dann mit Wasserdämpfen 750 cem Flüssigkeit davon abdestilliert. Das Destillat wurde schwach sauer gemacht, bei sehr mäßiger Wärme bis auf ein sehr kleines Volumen eingedampft, und aus dem Rückstand noeh- 372 A. Meyer und E. Schmidt, mals wie in IL das Alkaloid isoliert und von neuen. titriert (Jodeosin und Äther als Indikator). Es wurden also vier Methoden benutzt, die wir kurz folgender- maßen charakterisieren können: Methode I: Ätherauszug der Trockensubstanz und Destillation. » II: Ätherauszug mit Äther und Chloroform gereinigt usw. nicht de- stilliert. » II: Alkoholauszug mit Äther ausgeschüttelt, destilliert; Destillat mit Chloroform süsgeschüttelt usw. » IV: Nach II gewonnene, bereits titrierte Alkalvidlösung alkalisch gemacht, destilliert, wiederum nach II ausgeschüttelt und dann nochmals titriert. Bei der Berechnung der Resultate der Titration wurden 1 ccm der 1/40, Normalsalzsäure 0,00162 g Nikotin gleich gesetzt; 0,01 g Nikotin in den mitgeteilten Resultaten entspricht also 6,17 cem der 1/00 Normal- salzsäure. Das Nikotin bildet die Hauptmasse der Alkaloide des Tabaks. Nach Pietet und Retschy kommen auf 1000 g Nikotin 20 g Nikotein, 5 g Nikotimin und 1 g Nikotellin (fest, kristallisierbar), Die Molekular- gewichte dieser Alkaloide sind dem des Nikotins sehr ähnlich, so daß sich deren Titrationswerte folgendermaßen stellen: 1 ce '/,., Normalsalzsäure: 0,00162 Nikotimin, 1 com Ya » 0,00160 Nikotein, 1 cem Yıoa Pr 0,00156 Nikotellin. Es ist, bei der überwiegenden Menge des Nikotins, wohl wahr- scheinlich, daß dieses die Hauptmenge des durch die Pfropfstelle wandernden Alkaloides ausmacht, doch könnte auch eins der anderen Alkaloide bei der Wanderung bevorzugt werden. Der Grund dafür, daß nicht überall die gleiche Methode benutzt wurde, liegt darin, daß die verschiedenen Materialien sich nicht nach ein und derselben Methode exakt bearbeiten ließen. So konnten z. B., wie bereits erwähnt, die von den verschiedenen Spirituspräparaten er- haltenen alkoholischen Extrakte weder direkt mit Wasserdämpfen destilliert, noch mit Chloroformäther, bzw. mit verdüunter Salzsäure ausgeschüttelt werden. In dem ersten Falle trat sehr starkes Schäumen, in den beiden letzten Fällen Emulgierung ein. Diese Emulgierung wurde auch in einigen Fällen bei der Untersuchung der Achsen und Wurzeln von Nicotiana affinis nach der Ausschüttelungsmethode beobachtet, 80 daß hier zur Erreichung exakter Resultate noch eine weitere Reinigung der Alkaloidauszüge durch Destillation mit Wasserdämpfen erforderlich war, Wir haben überhaupt die Beobachtung gemacht, daß bisweilen Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast, Transplantat. usw. 373 scheinbar gleichartige Untersuchungsobjekte sich bei der Bestimmung der darin enthaltenen Alkaloide wesentlich verschieden verhielten, so daß die generell angewandten Untersuchungsmethoden von Fall zu Fall gewisse Modifikationen erfahren mußten. Da oft sehr kleine Mengen von Material verarbeitet und noch viel kleinere Mengen von Alkaloid bestimmt werden mußten, war von vornherein die größte Vorsicht und Genauigkeit für die Erreichung exakter Resultate geboten. Es gilt dieses nicht nur für die zur Iso- lierung der in Betracht kommenden Alkaloide angewandten Methoden, sondern auch für die bei der Titration benutzten Indikatoren, Vorversuche, welche mit reinem Nikotintartrat angestellt wurden, lehrten, daß Rosolsäure, Hämatoxylin und andere Indikatoren bei der Be- stimmung der bei unseren Versuchen in Frage kommenden, sehr kleinen Alkaloidmengen unbrauchbar sind. Bei der Titration mit \/,., Normal- kalilauge und 1/,., Normalsalzsäure, welche sich bei unseren Versuchen unbedingt notwendig erwies, wurden nur unter Benutzung von Jodeosin und Äther als Indikator exakte und eindeutige Resultate erreicht, Selbst- verständlich wurde hierbei stets unter Anwendung von allen den Vorsichts- maßregeln gearbeitet, welche für die Benutzung dieses ungemein empfind- lichen Indikators erforderlich sind. Das Eindampfen der Destillate erfolgte, um eine Zersetzung der geringen Nikotinmengen zu verhüten, stets bei sehr niedriger Temperatur und unter Anwendung eines sehr ge- ringen Überschusses an Salzsäure. Zur Titration wurde stets erst dann geschritten, wenn absolut farblose, blanke Lösungen in 1/0, Normal- salzsäure vorlagen. Der Umstand, daß bei der Untersuchung der normalen Kartoffel- knollen usw., nach vorheriger sorgfältiger Entfernung des Ammoniaks und der leicht flüchtigen Aminbasen, ein wässeriges Destillat erhalten wurde, in welchem qualitativ und quantitativ die Gegenwart eines Al- kaloids nachgewiesen werden konnte, machte es wünschenswert, reines Solanin und Solanidin nach dieser Riehtung einer Prüfung zu unter- ziehen. Als Solanin gelangte hierzu eine Base zur Verwendung, welche als Solaninum purissimum cerystallisatum (frei von Solanidin und amorphen Basen) von E. Merck in Darmstadt bezogen war. Dasselbe bildete ein rein weißes Kristallpulver, welches sich klar und farblos in ver- dünnten Säuren löste. Schmelzpunkt 247°. Als Solanidin benutzten .wir ein ebenfalls von E. Merck als Solanidinum purum erystallisatum bezogenes Präparat. Auch dieses bildete ein weißes Kristallpulver. 374 > A. Meyer und E. "Schmidt, welches als Solanidin dureh die Schwerlöslichkeit. seines Hydrochlorids in Wasser identifiziert wurde. Schmelzpunkt 204—205°. Zunächst wurde das Verhalten der beiden Basen gegen die all- gemeinen Alkaloidreagentien unterucht. Solanin. a) Lösung 1:100, mit Hilfe von etwas Salzsäure hereitet. Wismutjodidjodkalium: braunrote Füllung. Quecksilberjodidjodkalium: weiße Fällung. Phosphorwolframsäure: weiße Fällung. Phosphormolybdänsäure: geibliche Fällung. Goldehlorid: keine Veränderung. b) Lösung 1: 1000; obige Lösung mit Wasser und wenig Salzsäure verdünnt. Wismutjodidjodkalium: sehr schwache Fällung. Quecksilberjodidjodkalium: sehr schwache Trübung. Phosphorwolframsäure: sehr schwache Fällung- Phosphormolybdänsänre: sehr schwache Fällung. Goldehlorid: keine Veränderung. Bei diesen Reaktionen wurde je ein Tropfen der Alkaloidlösung angewendet und zu demselben dann ein Tropfen des Reagens zufließen gelassen. Goldchlorid reagierte auch bei Anwendung von 1 cem der Alkaloidlösung nicht. Solanidin. Lösung 1:1000. Das Solanidin wurde in sehr wenig Eisessig, worin es sehr leicht töslich ist, gelöst und diese Lösnng wurde dann verdünnt. Wismutjodidjodkalium: braunrote Fällung. Queoksilberjodidjodkalium | sofort floekige Ausscheidung, wesentlich Thosphorwolframsä Phosphormolyblänskure weniger stark als mit Wismutjodid- Goldehlorid | jodkalium. Salzsäure: allmähliche Abscheidung des Hydrochlorids. Ausschüttelungsversuche: Je 0,1 g Solanin und Solanidin warden in sehr wenig Eisessig gelöst und die Lösung sofort zu etwa 20 cem mit Wasser verdünnt. Diese Flüssigkeiten wurden hierauf mit Natriumkarbonat alkalisch gemacht und alsdann mit. Äther und mit Chloro- formäther ausgeschüttelt. Die filtrierten Äther- bzw. Chloroformäther- auszüge sind hierauf mit wenig Wasser, welches mit einem Tropfen Salzsäure versetzt war, geschüttelt und dann die sauren Flüssigkeiten mit Wismutjodidjodkalium und mit Goldehloridlösung, wie oben ange- geben wurde, geprüft worden. Es wurden hierbei sowohl bei dem Solanin als auch bei dem Solanidin deutliche Reaktionen erhalten, und zwar bei dem Solanidin stärker als bei dem Solanin. Ein wesentlicher Unterschied war hierbei zwischen dem Auszug mit Äther und dem mit Chloroformäther kaum zu bemerken. Um das Verhalten des Solanins Über die gogenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 375 und des Solanidins gegen Äther noch direkt zu prüfen, wurde je 0,1 g des trocknen Alkaloids mit 10 cem Äther geschüttelt, Solanidin löste sich hierbei ziemlich leicht auf, während von dem Solanin nur eine sehr geringe Menge in Lösung ging. Letztere war jedoch ausreichend; um nach dem Verdünsten des Äthers und Auflösen des geringen Rück- staudes in wenigen Tropfen salzsäurehaltigen Wassers mit Wismutjodid- jodkalium und auch mit Goldchloridlösung deutliche Reaktion zu liefern. Destillationsversuche: Je 0,1 g Solanin und Solanidin wur- den in sehr wenig Eisessig gelöst, diese Lösung mit 100 cem Wasser sofort verdünnt, hierauf mit Sodalösung alkalisiert und mit Wasser- dampf der Destillation unterworfen. Es wurden je 400 cem Destillat gesammelt. Bei der Destillation des Solanins war große Vorsicht er- forderlich, da diese Lösung sehr stark schäumte. Die erhaltenen De- stilate wurden hierauf mit Salzsäure sehr schwach angesäuert und bei mäßiger Wärme bis auf etwa 1 ccm eingedampft. Dieser Rückstand wurde schließlich, wie oben angegeben, mit Wismutjodidjodkaliumlösung und ınit Goldehloridlösung geprüft. Solanidin gab hierbei mit beiden Reagentien deutliche Reaktionen; Solanin lieferte nur mit Wismutjodid- jodkalium eine schwache Trübung. Aus diesen Versuchen geht hervor, daß sowohl Solanin als auch Solanidin bei der Destillation mit Wasserdämpfen ein Destillat liefern, welches geringe Mengen von Alkaloid enthält. Die kleinen Mengen von Aikaloid, welche bei der Untersuchung der normalen Kartoffel in dem Destillat gefunden wurden, dürften daher, wenigstens zum Teil, auf Solanin und Solanidin zurückzuführen sein. Nicotiana Tabacum Nicotiana affinis " a) Normale Pflanzen von N. affinis und N. Tabacım. Nr. 2. N. affinis. Untersucht nach Methode I. A. Blätter. Die Blätter jeder Pflanze wurden für sich untersucht. Die bei 100° getrockneten Blätter der Pflanze a) enthielten 0,0213°,, Nikotin ee Ba ) Be a 2 ” 9 nn »» 9 00868, nn dm MT m ” ” 3] ” 0,0660 % ” B) Pfropfungen » on. 9) 004151, „Don 008% m » 0 9» » _00627% » Durchschn. = 0,0545 %,,. 376 A. Meyer und E. Schmidt, B. Unterirdische Achsen und Wurzeln. Zuerst wurden die unterirdischen Teile von vier Individuen ge- sondert untersucht. Die Prozentzahlen beziehen sich auf bei 100° ge- trocknetes Material. Untersucht nach Methode I. Achse -|- Wurzel der Pflanze a) enthielt 0,043 %;, Nikotin ae a EEE FE >) Be 17 2:22:37 tn nn 9m 008526, » ton nnd m 00824, » Durchsehnitt = 0,0346 %/,. Ferner wurden nun von den unterirdischen Teilen von sechs Pflanzen die Wurzeln und Achsen getrennt und jede Portion für sich untersucht. Die Wurzeln von sechs Pflanzen, die pulverisiert, gemischt und bei 100° getrocknet worden waren, enthielten 0,0319°/, Nikotin. Die Achsen von sechs Pilanzen, in gleicher Weise behandelt, ent- hielten 0,0249 °/, Nikotin. Es ergab sich also folgendes: Der Nikotingehalt der Blätter der als Unterlage benutzten Pflanze betrug im Durchschnitt 0,054°%/, und variierte zwischen 0,021 und 0,078°/,. Der Nikotingehalt der Wurzeln betrug im Durchschnitt 0,032 °/,, der der Achsen 0,025%,, der Durch- schnitt von (Achsen und Wurzeln) hiernach also 0,028 %/,. Der Nikotingehalt von (Achse —+ Wurzel), direkt bestimmt, betrug im Durchschnitt 0,0346%,. Aus allen Bestimmungen ergibt sich der Durchschnittsgehalt an Nikotin von (Achse + Wurzel) 0,0813%. Der Gehalt an Nikotin schwankte bei der (Achse + Wurzel) zwischen 0,028 und 0,043 %/,. Dieser Gehalt entspricht in der Tat auch den Angaben von Grafe und Linsbauer (pag. 368) nach Preissecker (Fachl. Mitt. d. k. k. österr. Tabakregie, Wien 1902, Heft 1). Danach enthalten die Blätter vom N. affinis 0,048, von geköpften Exemplaren 0,078°/, Nikotin. Nr. 3. Nicotiana Tabacum. Metliode I. Das aus den Blättern von 10 Pflanzen hergestellte, bei 100° getrocknete Pulver ergab bei der ersten Bestimmung 0,12636°/, (Methode), bei einer zweiten 0,1220°/, (Methode IT), also im Mittel 0,1242, Nikotin. . Das bei 100° getrocknete Pulver der unterirdischen Achsenteile und Wurzeln von 10 Pflanzen enthielt 0,11718°/, Nikotin (Methode II). Es zeigte sich also, daß der Nikotingehalt der als Pfropfreis benutzten Pflanzen ein ungewöhnlich geringer ist. Aber wir werden sehen, daß (ieses Verhältnis gerade Schlüsse ermöglicht, die bei alkaloidreichen Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Tranaplantat. usw. 377 Pflanzen nicht möglich gewesen wären. Grafe und Linsbauer (1906, pag. 370) benutzten N. Tabacum von ungefähr 4°, Nikotingehalt. b) Nicotiana Tabacum auf Nicotiana affinis. Nr. 4 Gewöhnliche Pfropfung (Methode D. Die bei 100° getrockneten verschiedenen Teile der Pfropfung ent- hielten Nikotin: a) N. Tabacum-Blätter 0,0879 ©], b) N. Tabaeum-Achse 0,0251 %, e) N. Tabacum-Blütenstand 0,0991 %, "ON. affinis-Achae 0,1821 %, e) N. affinis-Wurzel 0,0471 9, Nr. 5. Pfropfung, bei der 8 Tage lang nur die Blattstiele und Mittelnerven an dem Reis geblieben. Methode I. a) N. Tabacum-Spreite 0,0337 %, b) N. Tabacum-Stiel und Hauptnerv 0,1264 %, c) N. Tabacum-Achse 0,0335 9/, a N. affinis-Achsenstücke 0,5440 °/, e) N. affinis-Wurzel 0,1781 9%, Nr. 6 und 6a. Pfropfungen, die eine Zeit lang verdunkelt wurden, deren Blätter teilweise abgestoßen waren. Methode II. a+-c Nicotiana Tabacum-Achse 0,0248 P/,. &+-d N. affınis-Achse 0,133 9. Nr, 7. Durcbschnittsuntersuchung mit den je gemischten Teilen von sieben Pfropfungen. &) N. Tabacum-Blätter, Methode II 0,0040 %, b) N. Tabacnm-Achse ” 1 00723°,, ©) N. affinis-Achse „ 1 00299, 3) N. affinis-Wurzel „ WW 00851%. Diese Untersuchungen beweisen nun einwandfrei zuerst, daß in der Tat, wie schon Grafe und Linsbauer in ihren nicht einwandfreien und deshalb nicht als Beweismaterial brauchbaren Untersuchungen fanden, das Alkaloid in größerer Menge in Nieotiana affınis-Pflanzen auftritt, welche als Unterlage für ein Reis von Nieotiana Tabaeum dienen, als in Normalpflanzen von Nicotiana affınis. Denn wir sahen, daß der Alkaloidgehalt der untersten Achsen- stücke der von uns benutzten Nicotiana affinis, wie sie als Unterlage in Betracht kommen, 0,025 %, betrug. Der Durchschnittsgehalt von Achse und Wurzel betrug 0,083, der Gehalt schwankte zwischen 0,028 bis 0,043 %/,. Wir können also annehmen, daß eine Achse unserer Unterlagen höchstens 0,05 °/, Nikotin enthalten haben kann. Der Nikotin- 378 A. Meyer und E. Schmidt, gehalt der Blätter betrug ja auch im Durchschnitt nur 0,05%, und schwankte zwischen 0,02 und 0,08 %/,. Bei Versuch Nr. 4 fanden wir aber in der Achse der Unterlage 0,13°/,, bei Versuch Nr. 5 0,54°/, und in der Wurzel 0,18°%/,, bei Versuch Nr. 6 und 6a 0,183 0/,. Vorzüglich beweist das Gesagte auch der Versuch Nr. 7, der mit reichlicherem Material unternommen wurde und den Durchschnitt von sieben Füllen darstellt. Während die Achsen, der Normalpflanzen im Durchschnitt höchstens 0,05 °/, Nikotin enthalten, fanden wir in der als Unterlage dienenden Achse 0,075 %,. Ferner zeigen uns die Versuche Nr. 4 und 5 auch klar, daß sich in der von vornherein alkaloidarmen Unterlage mehr Alkaloid in einer größeren Konzentration ansammeln kann, als die ist, in der es in dem Reis vorkommt. Bei Nr. 4 finden wir in der Achse von N. Tabacum 0,025 °/,, in dem Achsenstücke der Unterlage 0,18 °/,, bei Nr. 5 0,03%, gegen 0,54°/,, bei Nr. 6 0,025 gegen 0,13%), bei Nr. 7 allerdings nur 0,072 gegen 0,075 %,. Interessant ist das Resultat des Versuchs Nr. 5. Wir wissen durch die unter unserer Leitung angestellten Ver- suche von Feldhaus, daß Blattstiele, welche an der Pflanze stehen bleiben, Alkaloid verlieren. Es zeigt sich nun, daß gerade die Pfropfung, welche solche Blattstiele trug (Nr. 5) sehr viel Alkaloid in der Unter- lage enthielt. Die Achse der normalen Pfropfung Nr. 4 enthielt 0,13%, die der Nr. 5 0,540/, Nikotin. Versuch Nr. 6 lehrt uns, daß die Verdunkelung auf die Ansamm- lung der Alkaloide in der Unterlage nicht besonders fördernd einwirkt. Im Versuch Nr. 4 fanden wir für Pfropfungen, deren nicht ver- dunkeltes Reis bei der Ernte schon gelbliche Blätter hatte: in der Achse des Reises 0,025 9%, ”» » » der Unterlage 0,132 %,. Bei der verdunkelten Pflanze des Versuches Nr. 6: in der Achse des Reises 0,025 %,, »n » der Unterlage 0,133 %,. Versuch Nr. 7 zeigt, daß in der Unterlage das Alkaloid am reich- liehsten in der nächsten Nähe der Pfropfstelle enthalten ist. In der Achse der Unterlage fanden sich 0,075, in der Wurzel nur 0,025% Nikotin. Bei Nr. 4 finden wir in den gleichen Organteilen 0,13 %%, und 0,05°%/,. Bei Nr. 5 0,544°/, und 0,18°/,. Es findet sich also stets eine Beeinflussung der Unterlage dureh das Reis in dem Sinne, daß in der Unterlage mehr Alkaloid erscheint Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 379 als es dem Normalgehalte entspricht. Diese Beeinflussung scheint .am stärksten durch solche Reiser zu geschehen, denen die Spreitenteile der Blätter genommen, denen die Blattstiele gelassen wurden. Zugleich machten wir die merkwürdige Erfahrung, daß die auf N. affinis gepfropften Nicotiana-Reiser weniger Alkaloid enthalten .als gleiche normale Sprosse der Nicotiana-Pflanze. ' Die Blätter und Achsen der normalen Pflanzen von N. Tabacum (Nr. 3) enthalten 0,124), Nikotin, während in den Reisern von N. Tabacum meist viel weniger zu finden war. Nr. 4: Blätter 0,088, Achse 0,025; Nr. 5: Stiel und Mittelnerv 0,126%),, Spreite 0,084 °%,, und später Nr. 9: 0,0162%,; Nr. 6: Achse 0,025°/,. Leider wissen wir nichts über die Variation des Gehaltes der Individuen unseres N. Tabacum an Nikotin und können deshalb nieht mit Sicherheit auf eine Beeinflussung des Reises durch die Unterlage in dem Sinne, daß die als Reiser auf einer Unterlage von N. affinis benutzten Zweige von N. Tabaeum weniger Nikotin enthalten als die Zweige der gleichen im Boden wurzelnden Pflanze, schließen. N. Tabacum Aus den Erfahrungen, die wir mit den Pfropfungen N an gemacht haben, können wir nicht ohne weiteres schließen, daß eine Einwanderung von Alkaloid aus dem Reis in die Unterlage stattge- funden habe, da ja auch das Reis auf die Unterlage einen Reiz aus- geübt haben könnte, welcher letztere zur erhöhten Alkaloidproduktion angeregt haben könnte. Immerhin macht es das Resultat des Versuches Nr. 5, welches zeigte, daß die Entfernung der Spreite der Blätter eine starke Erhöhung des Alkaloidgehaltes der Unterlage bewirkte, wahr- scheinlich, daß es sich um Einwanderung von Alkaloid aus dem Reis in die Unterlage handelt. Sollte es sich bestätigen, daß die Verbindung des Reises von N. Tabacum mit der Unterlage von N. affinis die Alka- loidmenge des Reises herabmindert, so wäre auch hierdurch wahr- scheinlich gemacht, daß die Unterlage gleichsam ansaugend auf (las Alkaloid des Reises wirken kann. Nicotiana Tabacım esührt 1908. Solanım tuberosum’ a) Normale Kartoffelpilanzen. Nr. 8. Normale Kartoffelschalen. Methode III. 100 g frische Kartoffelschalen (in Spiritus aufbewahrt) lieferten bei der Untersuchung auf Nikotin so viel Salzsäure neutralisierende Base, daß daraus auf 0,002511 g Nikotin geschlossen werden konnte. — +) Pfropfungen von 380 A. Meyer und E. Schmidt, 100 g frischer Schalen sind ungefähr 18 g bei 100° getrockneter Schale. Danach wäre der scheinbare Nikotingehalt auf 0,014°/, zu schätzen. Nr. 82. Normale Kartoffelachse. Unterirdische Stücke der Laubsprosse von normalen Kartoffel- pflanzen mit Wurzel, den Achsenstücken der als Unterlage dienenden Kartoffelpflanzen in Größe und Ausbildung entsprechend. Frischgewicht 58 g; Trockengewicht 21,5 g. In Arbeit genommen 10 g. Alkaloid (als Nikotin berechnet) 0,0259°/, (nach Methode II); 0,0178°%/, (Me- thode IV). b) Nicotiana Tabacum auf Soianum tuberosum. Nicotiana Tabacum Nr, 9. Pfropfung Solanım tuberosum ZUr Blütezeit geerntet. Sehr gut gewachsen. Methode II. 3) N. Tabacum-Blätter 0,0162 °/, Nikotin b) N. Tabacum-Achse 0,0385 9/, » ©) 8. tuberosum-Achse 0,0908, u d) S. tuberosum-Kartoffelknollen 0,0138 %, » (Methode IV} e) 8. tnberosum-Nebenwurzel 0,0607 9%, PR Alle Prozentzahlen auf Trockensubstanz bezogen. Nicotiana Tabacum Solanum tuberosum Nr. 10. Sehr gut gewachsene Pfropfung nach der Blütezeit geerntet. etwas a) Solanum tuberosum: unterer Teil der Achse der Unterlage; ein oberes Stück war zu mikrochemischen Versuchen benutzt worden. Frischgewicht 17 g, Methode IV, 0,00080 g Nikotin. Prozente des Frischgewichts 0,0047 %/, (nach Versuch Nr. 8a würde das Troekengewicht 6,3, daher der Alkaloidgehalt, bezogen auf Trockengewicht, 0,013%, betragen. b) Solanum tuberosum-Nebenwurzeln, Methode IV, Frischgewicht 8 g. Kein Nikotin nachweisbar (Menge des Materials zu gering!). ec) a) Solanum tuberosum-Knollenschalen, Methode IV, Frisch- gewicht 42 g; 0,00219 g Nikotin; Prozente des Frischgewichts 0,0052 %),. ß}) Solanum tuberosum-Knolleninneres, Methode IV, Frisch- gewicht 750 g; 0,008645 g Nikotin; Prozente des Frisch- gewichts 0,00048°/,. Nun zeigte es sich, daß die Kartoffelschale (eine andere Portion) 180), Trockensubstanz lieferte, folglich enthielten die Knollenschalen an Nikotin in Prozenten des Trockengewichts 0,029%/,. Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 8381 Nicotiana Tabacum Solanım tuberosum’ ausgeführt 1909. a) Normale Tabakpflanzen von Ekbolsheim. Nr. 12, Normaler Tabak aus Ekbolsheim. Methode II. Spreitenhälften der Laubblätter 0,488 °/, Nikotin; Mittelnerven 0,16 °/, Nikotin. Hier haben die Mittelnerven weniger Nikotin als die Spreiten- hälften, während in dem Versuche Nr. 5 die Sache umgekehrt war. Man muß hierbei beachten, daß bei Nr. 5 die Mittelnerven und Spreiten gesondert getrocknet wurden, während bei Nr. 12 erst nach dem Trocknen der ganzen Blätter Mittelnerv und Spreite gesondert wurden. Die Frage ist also offen, wie sich die Differenz der beiden Fälle er- klären läßt. b) Nicotiana Tabacum auf Solanım tuberosum. Nr. 13. Kümmerlich gewachsene Piropfungen Nicotiana Tabacum Solanum tuberosum Ekbolsheim. Methode II und IV. a) N. Tabacum-Achse ohne Blätter (in Arbeit genommen 10 g), nach Methode II 0, 04698 %/,, nach Methode IV 0,04455 %,. b) N. Tabacum-Pfropfstelle 0,141 %, Alkaloid nach Methode II; nach Methode IV 0,141 %/,. c) 8. tuberosum-Achse 0,03163/, nach Methode II; nach Methode IV 0,005 %,- Die Erfahrung, daß bei der Destillation usw. von normalen Kartoffel- schalen etwa 0,014°/, (Versuch Nr. 8) und bei der der Achse un- gefähr 0,018 °/, (Versuch Nr. 8a) flüchtige Basen erhalten werden, macht es wünschenswert, daß der Nachweis geliefert wird, daß das, was aus 8. tuberosum-Unterlagen mehr als 0,018 °/, an Alkaloid gewonnen wurde, wirklich Nikotin ist. Es wurden deshalb folgende Untersuchungen angestellt: 1. Die Alkaloide, welche bei der Untersuchung der als Unterlage benutzten Kartoffel und der Schalen (Versuch Nr. 9 und 10) zur quantitativen Bestimmung gelangten, wurden aus den miteinander ver- einigten Flüssigkeiten wieder isoliert. Die schwachsaure Lösung der- selben ergab, bei mäßiger Verdünnung, wit Goldchloridlösung eine schwache, mit Wismutjodidjodkalium eine etwas stärkere Fällung. Mit dieser Substanz wurde eine physiologische Untersuchung durch Herm Professor Gürber ausgeführt. Er versuchte die Peristaltik erregende Wirkung der Lösung auf die Serosa des Froschmagens und auf Mäuse- und Kaninchendarm, sowie die Aufhebung des Muskarinstillstandes des Flora, Bü, 100, 25 ö) Propfungen NRZ &. Meyer und E. Schmidt, Frosehherzens, was alles auch reines Nikotin leistete, zur Charakterisie- rung des Nikotins zu verwenden, doch zeigte es sich, daß manche völlig nikatinfreien Pilenzenauszüge ganz ähnliche Wirkungen ausübten wie das Nikotin, so daß eine einwandfreie Beantwortung der Frage, ob das ge- wonnene Alkaloid Nikotin sei, auf diesem Wege nicht möglich war. Das Alkalotd der Unterlage wirkte übrigens „nieht stark auf den Fraselnnsgen, deutlicher auf den Mäusedarm und blieb auf das Frosch- her% ohne Wirkung". Aus den Resultaten (der Untersuchungen mit den Pfropfungen a geht jedoch mit genügender Sicherheit hervor, daß ein Tabakalkaloie durch die Pfroyfstelle hindureh zu wandern vermag, wenn die Pfropfung sehr gut gelungen, das Reis fast zur normalen Größe ter normalen Pflanze herangewachsen ist. Versuch Nr. 9 zeigte in der Achse des Talmkreises 0,018%,, in der kurzen Achse der Unterlage 2,007, Nikotin. Wenn man von (diesen letzteren Prozentgehalt auch den iu Vorsuch Nr. Sa für die normale Achse der Kartoffel gefundenen Prozentgehalt abzieht. so bleiht doch noch ein großes Plus von flüchtigen Alkaloid, und es wäre vorläufig. nach den Erfahrungen mit den Datura- Alkaloiden, nieht angebracht, anzunehmen, es sei nieht aus dem Reis eingowandert. Aher der Versuch Nr. 18 zeigt auch klar, daß die Einwanderung von Nikofin nieht stattfindet, wenn die Pfropfung schlecht gelungen, die Reiser schlecht gewachsen sind. Es fand sich ja in der Achse der Unterlage nur 0,08 ° , nach Methode IE und 0,005 %/, nach Methode IV, was bei Berücksichtigung der Resultate des Versuchs Nr. fa==0 zu setzen ist, Daß sich die Alkaloide des Tahakreises an der Basis anhäufen, geht aus den Versuchen Nr. $ und 13 hervor. Bei Nr. ü finden wir in den Blättern O0". in der Achse 0,038 %/, Nikotin: bei Nr. 18 enthält der obere Teil der Achse 0.047 °,, die Pfropfstelle aber 0,14%, Nikotin. Dafür. (daß sich das Alkaloid, welches aus dem Reise in die Unter- lage einwandert, im aheren Teile der Unterlage ansammelt und mit der kntfernung von dort in immer geringerem Grade angehäuft wird, spricht ter Versuch Nr. 9. Dort findet sich in ıler Achse der Kartoflelpilanze, weiche als Unterlage sliente. 0,09°;,. in den Nebenwurzeln der Achse Bon“, in der Kartetfelkuolle 0.014°%, Alkaloid, Bei Berücksichtigung ter Versuche Nr. # um Nr. Ra würde man schließen, daß in das kurze Achsenstück viel Nikotin, weniger in die Nehenwurzeln. fast nichts in die Knellen gelangt sei. Über div gegenseit. Beeinflussung d. Symhianten heteraplast. Transplantat. mw, 383 Bemerkenswert sind für uns noeh folgende Resultate. Aus dem Versuch Nr. 10 geht zuerst hervor, daß in der Kartoffelschale, welche das Perilerm enthält, an sich relativ viel mehr Alkaloiı (Solanin und Solanidin) vorkommt, als in dem Kartoffelinnern, ja mehr als im unferen Teile der Achse der Unterlage. Es enthielt: die Knollenschale 0,005 %;, dex Frischgewichis, 0,09%, den Trockengewielts: (das Kolleninnere 0,0005 %,, des Frixehgewichtss der untere Achsenteil 0,005 %, des Frischgewiehts, 0,913 %, des Trorkengewichte, Ferner geht darans hervor, daß in den unteren Achsenteil und (lie Kuollenschale der Unterlage hier nur sehr wenig Alkaloid ein- sewandert ist. Die normale Knollenschale enthält 0,014%/, (Methode IT, tie Knollenschale des Versuchs Nr. 10 0,8%, (Methode IV), der untere normale Achsenteil höchstens 0,018, Iier aber 0,013%/, Alkaloid. Auffallend ist. zuletzt in Versuch Nr. 13 wieller der relativ geringe (iehalt der Achse des Reises von N. Tabacum Ekbolsheim an Alkaloiıl. Den: (iehalt der Achse von 0,0470%, steht der Gehalt der Blätter (Versuch 12) der Normalpflanzen an 0,44°/, Nikotin gegenüber, Also auch hier scheint es, als beeinflusse die Unterlage den Alkaloilgehalt des Reises ungünstig. C. Mikrochemische Untersuchung des Materials. Wir haben es mit der mikrochemischen Untersuehung dreier Pflanzen zu tun: Solanum tauberosum. Nieotiana Talacım und Datura Stramonium. Als Reagens zum Nachweis der Alkaloide benutzten wir Jod- Jodkalium oder Kaliunwismutjodid. Ersteres hat ıdie Zusammensetzung: 18 Jod-i-1 5 Jodkalium - 200 g Wasser. dazu etwas dad im Über- schuß. Das Kaliumwismutjorlid wurde nach Kraut tLiebig’s Annalen der Chemie, 1881 Bd. CCX, pag. 310, hergestellt: dem 1-}- 20 ver- tlinnten Reagens wurde etwas Jo hinzugefügt, danit es dauernd mit dal gesättigt wäre, Solanum tuberosum enthält hauptsächlich ein (Glykoalkaloid, das Solanin, welches mit ılen beiden Reagentien, in konzentrierter Lösung auch mit Gollchlorid, einen Niederschlag bildet. Ferner enthält os aber auch noch ein Alkaleid, «as Solaniıdin. Jerissen und Grosjean (Bull. Acad. roy. beig. (3), 1840 Tome XIX. 1, pag. 245), fanden in ıen Sprossen der Kartoffel 1,5%, freies Solanidin. Molle (180, pag, 41} hat schon nachgewiesen. dat in bestimmten Zeilen der Kartoffel nicht nur dureh Fodjedkalium und Kaltimgnerk- FO 384 A. Meyer und E. Schmidt, silberchlorid, sondern auch durch Pikrinsäure und Goldchlorid ein Niederschlag entstehen kann, und es ist anzunehmen, daß diese Nieder- schläge teilweise vom Solanin, teilweise vom Solanidin herrühren. Wenn wir weiter bei der Kartoffel von „Alkaloid" reden, so meinen wir beide Stoffe. Molle bildet in Fig. 12 braune Niederschläge in den lebenden Zellen des Periderms ab, die augenscheinlich mit einem Jodpräparate hervorgerufen worden sind. Nach seiner Fig. 11 würde er in jungen Wurzelanlagen Alkaloid gefunden haben, und von den uns interessieren- den Organen sagt er bezüglich der alten’ oberirdischen Achsen (pag. 42) folgendes: „Les parties ägdes de la tige ne contiennent de solanine que dens les &bauches des organes en voie de formation.“ Und von den Knolien (pag. 43): Pendant leur döveloppement, les tuberceules se com- portent d’abord comme des tiges 6tiol6es, e’est-a-dire que tr&s jeunes, ils renferment dans Y’öpiderme, de möme que dans toutes les cellules de la moelle et de l’&coree, une grande quantit6 de solanine. Mais dans la suite, elles se localisent dansl’&piderme ou les ceilules les plus internes du liöge qui en provient, tant que celles-ei ne sont pas suberifices, et de moins en moins dans quelques (4—5) ceilules sous-jacentes. On en trouve encore assez abondamment dans les cellules arrondies des lenticeiles. Au voisinage des yeux, la solanine se comporte comme aux points vö6gstatifs, remplissant les &bauches foliaires et s’accumulant dans le parenchyme mödullaire situ& sous les cellules möristömatiques. Toutes les cellules de ce meristme en repos renferment de la solanine“. Die Untersuchung von Basen oberirdischer Achsen, welche den Unterlagen unserer Pfropfungen gliehen, zeigte, daß in diesen durch unsere Reagentien kein Niederschlag hervorgebracht wurde. Dagegen ließ sich in den lebenden Peridermzellen der Ausläufer, an denen die Kartoffeln entstanden, und der jüngeren und älteren Kartoffeln stets Alkaloid mit unseren Reagentien nachweisen. . Auf den nachgewiesenen Alkaloidgehalt der Kartoffelpflanze ist bei unseren mikrochemischen Untersuchungen stets Rücksicht genommen worden. Datura Stramonium enthält in der älteren Achse, auf welche es uns hier allein ankommt, ziemlich reichlich Alkaloid. Feldhaus (Disser- tation, Marburg 1903) fand unter unserer Leitung in der Achse folgen- den Alkaloidgehalt: Lebende Rinde . . 0,054, Lebendes Holz . . 0,088 %,, Lebende Mark . . 0,0789. Über die gegenseit. Beeinflussung d, Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 385 Wie schon früher gesagt, besteht die Hauptmasse des „Alkaloids“ aus Hyoscyamin; Atropin und Scopolamin, wohl auch etwas Apoatropin, sind daneben in kleinen Mengen vorhanden. Alle drei Alkaloide geben selbstverständlich mit den beiden Reagentien Niederschläge. Jodjod- kalium liefert mit Hyoseyamin hellbraune Niederschläge, mit Atropin einen mehr violettbraunen Niederschlag. Diese Niederschläge entstehen auch in mit Zitronensäure oder Apfelsäure stark angesäuerten Flüssig- keiten. Wie wir sehen werden, bilden sich die Alkaloidniederschläge mittelst Jodjodkalium in vielen Zellen der Rinde und des Holzes, in denen das Alkaloid sehr konzentriert ist, sehr schön. Man legt die ‘ Schnitte am besten 5 Minuten in einen Tropfen der Jodjodkaliumlösung und wäscht sie dann in einem Uhrglase voll Wasser schnell ab, ehe man beobachtet. Für die Reaktion mit Kaliumwismutjodid ist das Aus- waschen mit Wasser nicht zu empfehlen. " Während in einer Lösung von Hyoscyamin von 0,07%, durch Jod- jodkalium ein reichlicher Niederschlag entsteht, gelingt es nieht in den Markzellen von Datura, welche doch nach Feldhaus mindestens eine Alkaloidlösung gleicher Konzentration enthalten, einen deutlichen Alkaloid- niederschlag zu erhalten. Es ist anzunehmen, daß irgend ein Körper die Reaktion etwas stört, so daß der Niederschlag nur in den vorher erwähnten Zellen entsteht, deren Alkaloidlösung konzentrierter ist. Nicotiana Tabacum enthält wesentlich Nikotin. Als Begleitalkaloide kommen nach Pietet und Retschy!) (1901) sehr kleine Mengen von Nikotin, Nikotimin und Nikotellin vor. Nikotin ist in relativ großer Menge (meist 0,5—1°/,) in der Pflanze vorhanden. Das Nikotin gibt mit Jodjodkalium einen meist tropfenförmigen, violetten bis braunen Niederschlag, der sich in mit organischen Säuren angesäuerten Lösungen ebenso bilde. Der in den Zellen durch Jodjodkalium entstandene Niederschlag widersteht der Auswaschung durch Wasser schlecht. Der dureh Kaliumwismutjodid in den Zeilen hervorgerufene Niederschlag verändert sich in Chloraljod kaum, in Chloralhydratlösung nur langsam, so daß man mit diesen Reagentien die Präparate nach Hervorrufung des Niederschlages aufhellen kann. Datura Stramonium Solanum tuberosum' In oberen Teile der Hauptachse des Reises fand sich das Alkaloid in einigen Hypodermis- und Epidermiszellen, es fehite im Außenrinlen- parenchym und trat allgemein und reichlich in den Markstrahlzellen Untersuchung der Pfropfsielle von 3) Berichte d. chem, Ges. 1900, pag. 2358. 386 A, Meyor und E. Schmidt, ler Rinde und des Holzes auf. Wenig Alkaloid lag in einzelnen ge- streckten Zeilen der Rindenstrünge, welche den Markstrahlen direkt an- lagen. Frei von Alkaloid waren die Siebröhren. In der angeschwollenen Überwallungs- und Verbindungsregion der Datura-Achse (bei D, Fig. 1) ist Periderm entstanden. Die Rinde, be- sonders die Außenrinde, ist relativ diek geworden. In der Plelloderm- schieht des Periderms lag reichlich Alkaloid. Es hatte den Anschein, als ob alle oben genannten Parenchymzellen des Holzes und der Rinde hier viel reichlicher Alkaloid enthielten als in den normalen Teilen der Achse. Dazu kam, daß auch in dem Parenchym der Außenrinde in den untersten Rindenpartien des Pfropfreises Alkaloid lag. Demgegenüber erschien es — wie gesagt — sonderbar, daß sich an keiner Stelle des Mar- kes deutlich Alkaloid nachweisen ließ. Die Unterlage, die Achse der Kartoffel, erwies sich mit unseren Reagentien im allge- meinen mikrochemisch .alkaloidfrei. Nur an einer Stelle fand sich in der untersuchten Pflanze etwas Alkaloid. \ Die Pfropfung hatte, da das Reis dünner war als die Unterlage, einseitig in den Spalt stattgefunden. Die Ver- wachsung war anscheinend im Holze überall eine voll- kommene, während wir wohl zufällig an keiner der unter- suchten Stellen eine Verbin- dung der beiden Rinden fan- den, die danach relativ schmal Fig. 1. Fig. 2. sein mußte. Ein parallel zum Spalte der Unterlage lage geführter Längsschnitt lieferte die in Fig. 2 skizzierte Schnitt- fläche. Bei 5’ würde die Spitze des Spaltes gelegen haben. Das Holz der Datura (77) ist hier mit dem Holze der Kartoffel (%) verbunden; die Rinden X und 7 stoßen aneinander, ohne hier miteinander verwachsen zu sein. Die Datura-Achse war mit einer regelmäßigen, die Kartoffel- achse mit einer unregelmäßigen Peridermschicht bedeckt; ungefähr bei « und @ lagen die beiden Periderme aufeinander. Es zeigte sich nun, daß in der Nähe des Periderns der Datura nicht nur im Phelloderm, m Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 387 sondern auch im Parenchym reichlich Alkaloid lag. Auch in einzelnen Phellodermzellen des Kartoffeiperiderms lag ziemlich reichlich Alkaloid, und ich konnte in Längsschnitten noch 1 cm unter der Berührungsstelle der beiden Periderme in einzelnen Phellodermzellen der Kartoffelachse noch relativ reichlich Alkaloid nachweisen. Einen großen Wert kann . man auf den gegenüber dem Alkaloidgehalt der normalen Kartoffel anscheinend etwas reichlichen Alkaloidgehalt der Peridermzellen bei der benutzten Kartoffel nicht legen, da die Differenzen nicht groß genug waren, um als sichere Grundlage für den Schluß zu dienen, daß Hyoscyamin zugewandert sei. Nicotiana Tabacum Datura Stramonium. Nicotiana Tabacum eignet sich für die mikrochemischen Versuche viel besser als Datura, weil das Alkaloid in den Zellen besser nach- weisbar und in größerer Menge in den einzelnen Zellen vorhanden ist. Untersucht man die Hauptachse der Tabakpflanze 20 em über der Pfropfstelle, so findet man folgendes: Das Alkaloid liegt sehr reichlich in der Außenrinde. Die Hypodermiszellen und sehr viele Parenchym- zellen enthalten große Mengen von Alkaleid. Auch die sekundäre Rinde ist reich an Alkaloid. Am reichlichsten findet sich dasselbe in langgestreckten Parenchymzellen, welche in den Rindensträngen liegen. Weniger auffällig tritt der Alkaloidgehalt der von Stärke erfüllten Markstrahlzellen hervor. Siebröhren und Geleitzellen scheinen wieder völlig frei von Alkaloid zu sein. Das Mark enthält größere Mengen von Alkaloid nur in den dem Holze anliegenden Zellen, und die Mark- strahlen des Holzes sind auch nur im inneren Teile reich an Alkaloid, Bei einer Pfropfung untersuchten wir die Achse dicht über der Pfropfstelle. Der Gehalt der Zellen an Alkaloid war wohl im allge- meinen etwas reicher. Vorzüglich waren die Zellen des hier relativ dünnen Markes reicher an Alkaloid, und manche längsgestreckte Paren- chymzellen des Holzes traten durch ihren starken Alkaloidgehalt hervor. Dafür erschienen die Markstrahlen relativ arm an Alkaleid. Wir möchten darauf aufmerksam machen, daß bei Hyoseyamus niger die Verkältnisse ganz gleich liegen, bis auf das Verhalten des Markes. Siim-Jensen (1901, pag. 82) hat unter der Leitung des einen von uns die Lagerung der Alkaloide in der sekundär verdiekten Achse von Hyoseyamus niger untersucht und sagt darüber folgendes: „In der Epidermis erhielt ich in einzelnen Zellen eine sehr schwache nur auf eine Spur von Alkaloid deutende Reaktion. In der Untersuchung der Pfropfstelle 388 A. Meyer und E. Schmidt, primären Rinde enthalten einige Parenchymzellen ganz beträchtliche Mengen von Alkaloid, andere weniger oder gar nichts; überhaupt ist es hier ganz unregelmäßig verteilt. In den Rindensträngen befindet sich das Alkaloid unregelmäßig verteilt im Parenchym; am meisten enthalten die den eigentlichen Siebelementen zunächst liegenden Zellen. Bei den inneren, an das Mark grenzenden Siebsträngen ist die Ver- teilung dieselbe. In den Siebröhren und den Geleitzellen war kein Alkaloidniederschlag wahrzunehmen. In den Markstrahlen von Rinde und Holz traten in den meisten Zellen starke Alkaloidnieder- schläge auf. Das Mark enthielt sehr reichliche Alkaloidmengen, jedoch in unregelmäßiger Verteilung. Es scheint als ob die Alkaloide mit dem Abstande von den Siebsträngen an Menge abnehmen.“ Er weist darauf hin, daß seine Beobachtungen mit denen Molle’s (1895, pag. 11) nicht übereinstimmen. Wie wir schon früher bemerkt haben, hatte die Pfropfung mit einem relativ dünnen Reis in den Spalt eines etwas dickeren Kartoffel- sprosses stattgefunden, und war das Reis seitlich eingesetzt worden. So hat in allen diesen Pfropfungen die Verwachsung von Rinde mit Rinde nur auf einer relativ kurzen Strecke stattgefunden. Bei einer Pfropfung hatte auch an einer Stelle Verwachsung von Rinde und Mark stattgefunden. Auf der Seite in die das Reis eingesetzt worden war, an der also auch die Rinden miteinander verbunden waren, war das Holz am kräftigsten bei der Unterlage entwickelt. In den untersuchten Fällen war nun stets sicher Alkaloid der Tabakpflanze in die Unterlage eingedrungen, bei einer Pfropfung reich- licher als bei der anderen. In allen Fällen war die Menge des in den Geweben der oberen Region der Unterlage befindlichen Alkaloides so ungemein groß, daß man nicht daran denken kann, daß die Alkaloid- reaktion vom Alkaloide der Kartoffel herrühren könnte, auch das Aus- sehen des Alkaloidniederschlages sprach durchaus dafür, daß er mit dem Niederschlag in der Tabakpflanze identisch sei. Im allgemeinen nahm der Gehalt der Gewebe an Alkaloid in der ungefähr 10 cm langen relativen Hauptachse der Unterlage von oben nach unten zu ab. Da- bei fand sich das Nikotin hauptsächlich in den Geweberegionen, welche senkrecht unter der Verwachsungsstelle der Rinden lagen, reichlich und war im allgemeinen am weitesten von der Pfropistelle entfernt in den Pheilodermzellen nachzuweisen. Bemerkenswert ist es, daß dann, wenn an einer Stelle Periderm gebildet wurde, meist auch in der Außenrinde etwas Alkaloid auftrat. Hervorzuheben ist besonders, daß Geleitzellen und Siebröhren frei von Alkaloid bleiben. mann usa nase Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 389 Als Beispiel für das speziellere Verhalten der verschiedenen Regionen einer Kartoffelunterlage wollen wir kurz noch die Sachlage für eine bestimmte Pflanze beschreiben. Die Skizze der Pfropfung mag die Orientierung erleichtern. Auf der linken Seite der Fig. 32 liegt die Verwachsung der Rinden und die Überwallung; rechts sieht man den nicht verwachsenen Teil des Spaltes der Unterlage, in. den in diesem Falle ein Bündel von Adventivwurzeln der Tabakpflanze locker hineingewachsen war. Ein bei III gemachter Durchschnitt würde un- gefähr das Bild der Fig. 3A geben. In dieser Figur, wie in der Fig. 32 bedeutete » die Adventivwurzelquer- schnitte, 7 Periderm. Es lag also an der ganzen linken Seite eine auf der Fläche keilförmig gestaltete Periderm- schicht. Unter den Blattnarben, über denen die Reste sehr früh abgeschnittener, oberirdischer Zweige angedeutet sind, eutsprangen zahlreiche Wurzeln der Kartoffelpflanze und die Kartoffeln tra- genden Ausläufer, von denen nur die Schnittnarben gezeichnet sind. a und @ sind Basen von untersuchten, junge Kar- toffeln tragenden Ausläufern; ’ ist eine untersuchte Wurzel. Ein Querschnitt durch die Region I der _Kartoffelachse zeigte nun das fol- gende. Es fand sich ungemein viel Nie- derschlag im Phello- derm des Periderm- keiles (P), welcher unter der Rindenverwachsung lag, Ferner fand sich in vielen Zeilen des Außenrindenparenchyms reichlich Alkaloid. In der sekundären Rinde lag in sehr vielen Parenchymzellen der Rindenstränge reichlieher Alkaloiduiederschlag. Nach rechts und links von der Peridermschicht aus nahm der Alkaloidgehalt ab. In anor- maler Weise hatte sich bei dieser Pfropfung auch innen ein Peri- derm (Pi Fig. 3.A) gebildet, und auch in dessen Phelloderm fand sich Alkaloid, 390 x, Meyer und E. Schmidt, In der Region II waren Alkaloidverteilung und Alkaloidreichtum noch wesentlich die gleichen, und auch in Region III war nur eine geringe Abnshme des Alkaloidgehaltes zu konstatieren. Im Querschnitt IV war das Alkaleid nur noch reichlich in den Phellodermzellen und in einzelnen Parenchymzellen der Rindenstränge zu finden, und im Querschnitte V war es reichlich nur im Phelloderm vorhanden. Der Querschnitt durch den an der Spitze zu einer kleinen, jugendlichen Knolle angeschwollenen Ausläufer a zeigte ein Periderm, in dem Alkaloid in ziemlicher Menge vorhanden zu sein schien, und in einzelnen Zellen der sekundären Rinde fand sich ein Niederschlag. Auch im Periderm der jungen, 2 cın dieken Kartoffel schien etwas reichlicher als im normalen Periderm Alkaloid zu liegen. Der Aus- läufer 5 war frei von Alkaloid, besaß aber auch kein Periderm. Die Wurzel erschien alkaloidfrei. Da es unzweifelhaft ist, daß kleine Mengen eines mit Jodjodkalium nachweisbaren Alkaloids in einzelnen Regionen der Kartoffel vorkommen, haben wir eine Pflanze zum Vergleich mit einer normalen Kartoffelpflanze benutzt, um zu entscheiden, wie weit die Differenz der Reaktion geht. Die Vergleichung eines mit. Jodjodkalium behandelten Querschnittes durch eine dicke Achsenbasis einer Kartoffel- pflanze, die am 20. September aus dem Boden genommen worden war, mit dem ebenso behandelten Querschnitte durch den oberen Teil der Achse der als Unterlage für das Tabakpfropfreis benutzten Kartoffelpflanze zeigte, daß die normale Kartoffelachse keinen Niederschlag enthielt, der als Alkaloidniederschlag anzusehen war, daß ihre Zellen fast durchgängig homogen gelbbraun erschienen, während die als Unterlage benutzte Kartoffelachse deutliche Alkaloidniederschläge in größerer Menge ent- hielt. Es wurden nun Kartoffeln verschiedener Größe und verschiede- nen Alters, die an der normalen Kartoffelpflanze gewachsen waren, mit analogen an der Unterlage gewachsenen verglichen. Sie zeigten folgendes: Eine ganz junge, 1,4 cm große Kartoffel von der normalen Kartoffel- pflanze enthielt im Phelloderm, vielleicht auch in einzelnen Phellogen- zellen deutlichen Alkaloidniederschlag. Eine gleich große Kartoffel vom obersten Internodium der Unterlage enthielt ungemein viel mehr und dunkleren Niederschlag in den gleichen Teilen. 3,5 em lange Kartoffeln beider Arten verhielten sich genau so, nur fand sich bei der Nikotinkartoffel sogar teilweise Alkaloid in Außenrindenzellen. Selbst Kartoffeln von 9 em Durchmesser wichen nicht wesentlich in ihren Eigenschaften von den jüngeren Kartoffeln ab. Obgleich wir glauben, daß auch im Periderm der großen Kartoffeln der Unterlage Nikotin vorkommt, so muß die Entscheidung über diese Frage doch besser der makrochemischen Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 391 Untersuchung überlassen werden. Im Periderm der alten, ausgesogenen Kartoffel, auf deren Sprossen die Pfropfung erfolgt war, fand sich kein Alkaloid. Wenu wir allein die Resultate der mikrochemischen Untersuchung in das Auge fassen, so können wir daraus folgende Schlüsse ziehen: 1. Nikotin, welches in einer Zelle vorkommt, braucht nicht in dieser Zelle entstanden zu sein. 2. Nikotin vermag von der Zelle der Tabakpflanze zu der Zelle der als Unterlage benutzten Kartoffel zu wandern. "3. Es ist auch erwiesen, daß es in der Kartoffel und dem Tabak selbst von Zelle zu Zelle wandert. 4. Wenn wir .die bei unseren mikrochemischen Untersuchungen gemachten Erfahrungen zusammenbalten, so scheint es, als ob folgen- des bei der Wanderung des Nikotins aus der Tabakptlanze in die Kartoffel statthätte. Die lebenden Zellen des Periderms der Kartoffel wirken als die wichtigsten Speicher der Alkaloide. In der normalen Kartoffel werden dort zuerst in den fertig ausgebildeten Achsen die kleinen Alkaloidmengen gespeichert, und wenn die Kartoffelachse als Unterlage benutzt wird, so wird auch das Nikotin in den lebenden Peridermzellen angehäuft. So entsteht ein Diffusionsstrom des Nikotins, welcher nach diesen, das Konzentrationsgefälle wesentlich schaffenden Zellen hin gerichtet ist. Ist diese Bewegung eingeleitet, so speichern eventuell auch die Parenchymzellen der Rinde und schließlich des Holzes das Alkaloid in größeren Mengen, soweit sie in der Nähe dieses Diffusionsstromes liegen. 5. Wenn wir die Erfahrung im Auge behalten, daß die Siebröhren und die Geleitzellen hier und in anderen Fällen frei von Alkaloid sind, die Parenchymzelien, welche auf dem Wege nach den Speicherorten zu liegen, Alkaloid führen, so könnten wir vermuten, daß die Alkaloide nicht in den Siebröhren, sondern nur in den Parenchymzellen wandern; jedoch ist dieser Schluß nicht ganz sicher, weil die Leitungsorgane nicht reich an dem wandernden Stoffe zu sein brauchen. Wir möchten aber doch noch darauf hinweisen, daß auch bei anderen Alkaloid enthaltenden Pflanzen die Siebröbren frei von Alkaloid bleiben. Molle (1895) gibt für Atropa Belladonna an, daß das Alkaloid in den Siebröhren fehle. Er sagt: „Les vaisseaux, les tubes cribles et les cellules annexes sont, & cet endroit les seules &l&ments qui n’en renfer- ment. point.“ Ebenso fand Siim-Jensen (1900) — wie wir sahen — die Siebröhren und Geleitzellen von Hyoseyamus niger frei von Alkaloid. 392 A. Meyer und E. Schmidt, Schluß. Bisher war nur über die Wanderung der Kohlehydrate durch die Pfropfstellen heteroplastischer Transplantationen sicheres bekannt. Daß nichtplastische Stoffe diese Wanderung ausführen könnten, war nicht genügend bewiesen. Die Versuche über die Wanderung Blausäure Hie- fernder Glykoside ergaben keine sicheren Resultate (pag. 346), ebenso konnte eine Wanderung von Farbstoffen nicht nachgewiesen werden (pag. 347). Bezüglich der Alkaloide lagen einige zweifelhafte Angaben von Moens und Leersum (1882 und 1909, von Strasburger und Klinger (1885), die methodisch unzureichende von Grafe und Lins- bauer (1906) und die für die Wanderung der Alkaloide sprechenden qualitativen Versuche von Laurent (1906—08) vor. Durch den jetzt erbrachten sicheren Nachweise, daß die Alkaloide des Stechapfels und des Tabaks durch die Pfropfstellen zu wandern vermögen, ist klargelegt, daß auch nichtplastische Stoffe diese Wanderung auszuführen vermögen. So erscheint uns jetzt auch eine weitergehende Beeinflussung der sich in den Pfropfstellen mischenden Zellen der beiden Symbionten durch Anstoßreize möglich. Alkaloide können in den mannigfaltigsten Zellarten der Angio- spermen auftreten, in Meristemzellen, Parenchymzellen, Epidermiszellen, Milchröhren; Rhaphidenzeilen, Stereiden, noch lebenden Peridermzellen, Endospermzellen (nicht in den Siebröhren). Es ist nun durch unsere Untersuchungen sicher geworden, daß sie nicht immer in den Zellen, in denen sie vorkommen, auch entstanden sind, daß sie auch durch Wanderung in sie hineingelangt sein können. Ob bestimmte Zellarten oder Organe der Pflanze zur Bereitung der Alkaloide besonders befähigt sind, wissen wir nicht. Sicher ist es, daß das Alkaloid der Belladonna in den Laubblättern nicht unter dem Einflusse des Lichtes (ähnlich wie die Kohlehydrate) entsteht (pag. 321). Bei Datura und Solanum sind die jungen Peridermzellen besonders zur Speicherung der Alkaloide, auch derjenigen, welche aus einem Sym- bionten der heteroplastischen Transplantation eingewandert sind und normaler Weise gar nicht in dem Gewebe der Datura- oder der Solanum- Art vorkommen, veranlagt und dienen als Anziehungspunkte für das wandernde Alkaloid. Die Wanderung der Alkaloide der untersuchten Pflanzen auf weitere Strecken findet anscheinend nur im Parenehym, nicht in den Siebröhren statt. Die Wanderung scheint sehr langsam vor sich zu gehen. Es ist zu betonen, daß wir ein klares Bild über die Morphologie der Wanderwege in der Pfropfstelle nicht besitzen. Daß die Tracheen m Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 398 der Symbionten direkt in Verbindung treten, ist sehr wahrscheinlich. Wie sich die Siebröhren verhalten, wissen wir nicht, ebensowenig sind wir darüber aufgeklärt, ob die Protoplasten der beiden Symbionten dureh Plasmaverbindungen verbunden sind oder nicht. Wie die quantitative Analyse lehrt, findet bei der Verbindung Nicotiana Tabacum Nieotiana affinis Reis in die Unterlage statt. In geringerem Maße wandern die Tahakalkaloide nach Aussage Nicotiana Tabacum Solanum tuberosum’ während die mikrochemische Analyse für eine reichlichere Wanderung zu sprechen scheint. Dieser Widerspruch 13ßt der Vermutung Raum, daß man mittels der quantitativen Methode die Alkaloide nicht alle nachweisen könne, daß diese z. B. vielleicht in eine durch Äther nicht mehr ausschüttelbare Verbindung überführt werden könnten, die die allgemeinen Alkaloidreaktionen zu geben imstande wäre. In der Pfropfung an Teen würden die Tabakalkaloide nicht umgestaltet werden. . Bei der Pfropfung Datura Stramonium Solanum Lycopersicum der Daturaalkaloide anscheinend noch verhältnismäßig reichlich statt, . tanz . Datura Stramonium . nieht so ausgiebig bei der Pfropfung Solanum inberosum‘ Auch in letzterem Falle kann man vermuten, daß die in Solanum tuberosum einwandernden Alkaloide teilweise umgestaltet werden, da die qualita- tiven Reaktionen nicht so ausfielen, wie man bei dem: Vorkommen eines der Daturaalkaloide hätte erwarten sollen (pag. 370). Die Einwanderung ist anscheinend ihrer Stärke nach abhängig von der besseren oder schlechteren Verbindung des Reises mit der Unterlage oder der Energie des Wachstums der Pfropfung. Ferner kann sie be- schleunigt werden durch Beeinflussung des Reises. So wird z. B. die Einwanderung ausgiebiger, wenn man die Blattspreiten vom Mittelnerven Nicoti: Tabacu: der Laubblätter des Tabakreises der Pfropfung Slam uber entfernt. Verdunkelung des Reises scheint die Auswanderung der Alkaloide nicht zu begünstigen (pag. 89). Die Alkaloide scheinen sich im Reis von Datura und Nicotiana an der Basis anzusammeln, ähnlich wie es die Kohlehydrate anscheinend auch tun. ‚eine reichliche Einwanderung von Alkaloiden vom der quantitativen Analyse bei der Verbindung findet die Einwanderung 394 A. Meyer und E. Schmidt, In der unter normalen Verhältnissen an Alkaloid sehr armen Unterlage der Pfropfung an sammelt sich das Alkaloid unter Umständen in größerer Konzentration an, als sie das Alkaloid in der normalen Pflanze besitzt, welche das Reis lieferte (pag. 378 und 377), und sicher kann die Konzentration des Alkaloids in der Unterlage unter Umständen 10mal größer sein als im Reis. Es macht den Eindruck, als werde das Reis von Nicotiana Tabacum durch die Einwirkung der Unterlage von Nicotiana affinis und von Solanum tuberosum ärmer an Alkaloid gemacht, als es als Zweig einer normalen Pflanze sein würde (pag. 579 und 383). Die, wie gesagt, sehr langsam in die Unterlagen einwandernden Alkaloide von Datura und Nicotiana häufen sich an der Spitze der Unterlage, dicht unter der Pfropfstelle, an (pag. 378 und 382), während sie in um so geringeren Mengen in den Zellen der Unterlage zu finden sind, je weiter diese Zellen von der Pfropistelle entfernt liegen. Sie gelangen so z. B. nur noch in Spuren oder überhaupt gar nicht mehr in die Knollen der als Unterlage benutzten Kartoffelpflanzen (pag. 369), wenn auch die Zellen unter der Pfropfstelle reich an Alkaloid ge- worden sind. Wenn die artfremden Alkaloide in dem Parenchym der Kartoffel- pflanze auf der Wanderung begriffen sind, so finden sie sich dabei dort stets in relativ geringer Konzentration, da anscheinend diese Zellform sowohl für das arteigene als für das artfremde Alkaloid keine besondere Speicherfähigkeit besitzt. Gelangt das artfremde Alkaloid jedoch in junge Peridermzellen, die für das arteigene Alkaloid die Speicher- oder Produktionsorte sind, so wird das artfremde Alkaloid ebenfalls dort angehäuft. So muß auch ein kontinuierlicher Diffusionsstrom durch das Parenehym von der Pfropfstelle aus nach den Peridermschichten ziehen. Die Untersuchungen werden von uns fortgesetzt. Es soll versucht werden, die bei Propfungen Datura Stramonium un Datura Stramonium Solanum tuberosum Solanum Lycopersicum aus dem Beise in die Unterlage übergehenden Alkaloide in etwas größerer, zur cheinischen Untersuchung genügenden Menge darzustellen, um wo- möglich die Fragen zu entscheiden, welches der Datnraalkalöide wandert, und ob chemische Umwandlungen dieser Alkaloide durch die Unterlage stattfinden. Emmen Über die gegenseit. Beeinflussung d. Symbionten heteroplast. Transplantat. usw. 395 Zuletzt möchten wir nicht unterlassen, unseren Herren Assistenten Dr. R. Gaze und R. Euker, welche uns hei den chemischen und hota- nischen Arbeiten unterstützt haben, bestens zu danken. Literatur. Baur, Erwin, Zur Ätiologie der infektiösen Panachierung. Berichte d, D. Bot. (es. 1904, pag. 453. Ders., Über die infektiöse Chlorose der Malvaceen. Sitzungsber. d. Königl. prenß. Akad. d. Wissensch. 1906, a., pag. 11. Ders., Weitere Mitteilungen über die infektiöse Chlorose der Malvaceen und über einige analoge Erscheinungen bei Ligustrum und Lahurnum. Ber. d, D. Bat. Ges. 1906, 6, pag. 416. Ders, Über eine infektiöss Chlorose von Evonymus japoniens. Ber. d. D. Bot. Ges. 1908, Heft 9, pag. Til. Ders, Referat über Winkler’s Arbeit (1908). Zeitschr. £. induktive Abstammungs- und Vererbungslehre 1909, pag. 400. Ders, Das Wesen und die Erblichkeitsverhältnisse der „Varietates albomarginntae hort.“ von Pelargonium zonale. Zeitschr. f. indukt. Abstammungs- und Ver- erbungsiehre 1909, pag. 330. Clautriau, Localisation et signifiention des alcaloides dans quelgues graines. 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Distriet Chakrata, an den südlichen Abhängen des Himalaya, nicht allzufern von Mussoorie. Die Sendung wurde durch den Super- intendenten des botanischen Gartens zu Sibpur bei Kalkutta, Andrew Tomas Gage, gütigst übermittelt. In der zweiten Auflage des umfangreichen Werkes „Indian Trees“, die der unermüdliche, um die indische Forstwirtschaft so hochver- diente Dietrich Brandis im 83. Lebensjahre, kurz vor seinem Tode, die Freude hatte, noch zu vollenden, finden sich zwei Arten von Wik- stroemia angeführt!), W. canescens Meissn. und W. indica CO. A. Mey. Ich hatte gefunden?), daß die. apogame Wikstroemia indica, im Verhältnis zu anderen von mir untersuchten normalgeschlechtlichen Thymeläaceen, sich dureh Chromosomenreichtum auszeichnet, und schloß daraus, daß sie ein neues Beispiel für die Zunahme der Chromosomen- zahl bei Geschlechtsverlust abgebe. Die vorn mir studierten normal- geschlechtlichen Thymeläaceen gehörten aber anderen Gattungen der genannten Familie an. Daher mußte ich es mir sehr wünschen, auch eine normalgeschlechtliche Art der Gattung Wikstroemia untersuchen zu können, und eine solche war, soweit ich das an Herbar-Material hatte feststellen können, die indische Wikstroemia canescens. Ich nahm daher mit großem Dank das Anerbieten von Lady Brandis, der Witwe meines verehrten Freundes, den ich wegen seines hohen Idealismus und uneingeschränkten Wohlwollens überaus schätzte, an, ihre alten indischen Beziehungen in den Dienst meines Wunsches zu stellen. Das war der Weg, der zu dem im britisch-indischen Forst- dienst noch tätigen Hindu Mian Birbal führte, ° 1) Auf pag. 545 des 1906 erschienenen Werkes. 2) Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts, Apogamie, Parthenogenenis und Reduktionsteilung. Histol. Beiträge 1909, Heft VII, pag. 74. . E. Strasburger, Chromosomenzahl. 399 Wikstroemia canescens wird in den „Indian Trees“ als kleiner Strauch geschildert, mit schlanken, seidenhaarigen Ästen, länglich lan- zettlichen, abwechselnd gegenständigen Blättern, gelben, zu Rispen ver- einigten Blüten. Mein Alkoholmaterial von Wikstroemia canescens, verglichen mit jenem der W. indica, zeigt, daß die Blüten der ersten Art schlanker und .etwas länger als jene der letzteren sind, zudem. auch Behaarung besitzen. Während meine aus dem Buitenzorger botani- schen Garten stammende W. indiea-Blüten am Grunde ihres Frucht- knotens meist zwei lanzettliche, mehr oder weniger median inserierte Schüppchen „squamulae hypogynae“ aufzuweisen hatten‘), war in den Blüten der W. canescens nur ein solches, median nach außen stehendes, dafür aber kräftiger entwickeltes Schüppehen vorhanden. Aufwärts spaltete es sich meist in mehrere lanzettliche Lappen und reichte mit diesen bis über die halbe Höhe des Fruchtknotens hinauf, Ein drüsiger Bau kam diesem Schüppehen ebensowenig wie jenen von W. indica zu, Die beiden in Betracht kommenden Spezies der Wikstroemia hat ©. F. Meissner, in de Candolle’s „Prodromus“ 2), vornehmlich wegen der abweichenden Ausbildung ihrer Frucht in zwei verschiedenen Sektionen der Gattung untergebracht. Wie übereinstimmend bei alledem der Biütenbau beider Arten ist, das lehrt am besten ein Vergleich der medianen Längsschnitte ihres Fruchtknotens. Ich reproduziere zu diesem 7weck hier, als Fig. 1, Taf. VI. das entsprechende Bild der Wikstroemia indies aus dem VII Heft meiner histologischen Beiträge, und stelle ihm zur Seite, als Fig. 2, das gleiche Bild der W. canescens. Der Bau der Samenanlage und ihre Einfügung stimmen in beiden Fällen überein. Auch bei der normalgeschlechtlichen W. canescens ist der Griffelkanal eng, und es dringt von seiner Mündungsstelle ein zapfen- förmiger Obturator, aus gestreckten Zellen, in die von dem inneren Integument gebildete Mikropyle ein. Doch ist dieser Obturator merklich schwächer als bei der apogamen W. indiea ausgebildet. Die kopf- förmigen, mit einzelligen Papillen reich besetzten Narben und kurzen Griffel zeigen den gleichen Bau. Andererseits ist der Fruchtknoten schlanker, und ein wesentlich größerer Zwischenraum trennt ie Basis der Samenanlage von dem Boden der Fruchtknotenhöhlung. An seiner Insertionsstelle ist der Fruchtknoten stielförmig gestreckt, auch, zum Unterschied von W. indiea, auf seiner Oberfläche mit einzelligen, borstenförmigen Haaren besetzt. 1 A. a. 0. pag. 84. 2) 1856, Vol. XTV, pag. 543 u. 547. 26r 400 E. Strasburger, So nahe nun auch W. canescens in allen wesentlichen Teilen ihres Blütenbaues mit W. indica übereinstimmt, so abweichend sind in mancher Beziehung die Vorgänge, die sich in ihren Gonotokonten ab- spielen. Denn die Untersuchung lehrt, daß W. canescens in diesen Vorgängen den früher von mir untersuchten normalgeschlechtlichen Thymeläaceen, aus den Gattungen Daphne und Gnidia, völlig gleicht. Die in ihre Reduktionsteilung eintretenden Pollenmutterzellen sondern neun Gemini aus dem Gerüstwerk ihres Mutterkerns aus. Diese sind, ebenso wie bei Daphne und Gnidia, an der Kernwandung während der Diakinese verteilt und werden dann, in genau übereinstimmender Weise, in die Spindel eingeordnet. Man wolle die Bilder Fig. 3 und 4, die ich hier beifüge, mit den früher publizierten‘) von Daphne und Gnidia vergleichen). — Eine (diploid-somatische Kernspindel aus dem Nucellus von W. canescens, Fig. 5, lehrt, daß die Chromosomenzahl in den Zellen des Sporophyts entsprechend größer als in jenen des Gameto- phyts ist. Die Sonderung der Chromosomen während der Karyokinese ist im Sporophyt vorwiegend eine gute, so daß man die zu erwartenden 18 Elemente meist unschwer abzählen kann. —— In der Embryosack- mutterzelle, deren Anlage sich wie bei Daphne und Gnidia vollzieht, führt der Mutterkern in typischer Weise seine Reduktionsteilung aus. Die zwei Zellen, die aus der Embryosackmutterzelle hervorgehen, wiederholen die Teilung, wobei die Teilungsachse der oberen Zelle zur Längsachse des Nucellus geneigt zu sein pflegt oder sie sogar reeht- winklig schneidet. Das gibt Anordnungen, die an Tetraden erinnern, in Übereinstimmung mit dem, was ich für Daphne und Gnidia früher geschildert habe. Die untere, sich durch ihre Größe von Anfang an markierende Zelle dieser Tetrade wächst nun zum Embryosack aus, unter Einhaltung der für typische Angiospermen üblichen Entwicklungs- vorgänge. Und nun kehren wir zu der apogamen Wikstroemia indica zurück. Ihre Pollenmutterzellen führen, sofern nicht Hemmungen sich zuvor schon geltend machten. ihre Reduktionsteilung regelrecht aus. Man sieht die Gemini während der Diakinese gleichmäßig an der Kern- wandung verteilt, und ohne Störung werden sie dann auch in die Kern- spindel eingereiht. Doch die Zahl dieser Gemini ist weit größer als bei W. canescens. Hans Winkler hatte 26 Elemente in Polansichten DA. a. 0. Taf. III, Fig. 70 u. 71. 2) Auch die weiteren Vorgänge in den Pollenmutterzellen stimmen überein. 3A. 0. pag. 77. Chromosomenzahl. 401 der Reduktionskernplatte gezählt‘), mich führten meine Bestimmungen durchschnittlich zu derselben Zahl?) Auch jetzt, wo ich tiber weit mehr Beobachtungen verfüge, muß ich bei dieser Zahl als der häufigsten bleiben, doch betonen, daß sie nicht die einzig vorkommende ist. Es kann eine Anzahl von Gemini fehlen und ihre Gesamtmenge bis auf 23, ja selbst 22, zurückgehen, andererseits bis auf 29 steigen. Eine Kernplatte der Reduktionsspindel in Polansicht, welche die früher schon angegebenen 26 Gemini zeigt, bilde ich in Fig. 6 ab, füge aber eine andere in Fig. 7 mit 28 Gemini hinzu. Einen ganz sicheren Fall von 23 Chromosomen gibt die Fig. 9 in a und b wieder. Sie stellt eine zeitige Anaphase des. Reduktionsteilungschrittes vor, die so orientiert war, daß man beide Tochterkemanlagen in Flächenansicht studieren konnte. Ein Wechsel der Einstellung ließ die genaue Zählung der Tochterchromosomen des höher gelegenen Kerns a und des tiefer ge- Jegenen b zu, und beide Zählungen kontrollierten sich gegenseitig. Wie ein Vergleich der die Reduktionsspindel führenden Pollen- mutterzellen der Wikstroemia canescens (Fig. 3 u. 4) mit jenen der W. indica (Fig. 6 u. 7) lehrt, hat die Vermehrung, welche die Chromo- somen bei W. indica erfuhren, nicht etwa zugleich eine Abnahme ihrer Größe veranlaßt. Die Gemini der W. indiea sind vielmehr sogar größer als die von W. canescens. Zudem ist entsprechend der Zunahme der Chromosomenzahl der Durchmesser des ganzen Kernes gewachsen. Die Zahl 9 der Gemini kann nicht als Eigentümlichkeit der Wikstroemia canescens gelten. Letztere stimmt vielmehr in dieser Zahl mit den andern bisher untersuchten Thymeläaceen überein. Aus diesem Grunde muß die haploide Chromosomenzahl 9, die diploide 18 den Ausgangs- punkt für etwaige Deutungsversuche anderer in der Gattung Wikstroemia vorkommenden Chromosomenzahlen bilden. Für die chromosomenreiche Wikstroemia indiea erscheint diese Annahme um so berechtigter, als diese Wikstroemia trotz Chromosomenreichtums mit der chromosomen- armen W. canescens in ihren spezifischen Merkmalen recht nahe überein- stimmt. : Wollte man annehmen, daß jedes Chromosom der W. canescens dureh quere Teilungen in drei aufeinanderfolgende Stücke zerfallen sei, so würde das für den Sporophyt der W. indiea 54 Chromosomen, für die Reduktionsteilung in seinen Pollenmutterzeilen somit 27 Gemini ergeben, also Zahlen, die mit den beobachteten annähernd überein- 3) Über Parthenogenesis bei Wikstroemia indiea. Ann. du Jard. bot. de Buitenzorg, 2. ser., Vol. V, 1906, pag. 225. 2) A. 2. 0. pag, 56. 402 E. Strasburger, stimmen. Doch gegen die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Quer- teilung sprechen die beobachteten Größenverhältnisse der Chromosomen, sowie die Größe der Kerne, welche gebieterisch die Annahme ver- langen, daß sich bei W.indiea die Zahl ganzer Chromosomen vermehrt habe. Daher erscheint mir nur die Vorstellung zulässig, daß eine Ver- mehrung der Chromosomen bei Wikstroemia indica auf dem Wege von Längsspaltungen erfolgt sei. j Längsspaltungen von Chromosomen liefern aber übereinstimmende' Produkte, die, zu einem Kern vereinigt, eine Verdoppelung bzw. noch stärkere Vervielfältigung seiner Erbeinheiten bedingen müssen. Zwei Wege aus dem Bereich unserer Erfahrungen könnten ein solches Er- gebnis zeitigen: eine mitotische Kernteilung, die von einer Wieder- vereinigung der Tochterkerne gefolgt wird, oder überzählige Längs- spaltungen der Chromosomen in den Prophasen einer Kernteilung. — Für mitotische Kernteilungen innerhalb eines Zelleibes, der seinerseits ungeteilt bleibt und in dem dann Kernverschmelzungen erfolgen oder doch erfolgen können, bieten uns die Tapetenzellen von Antherenfächern ein geläufiges Beispiel. Wir vermögen ähnliche Erscheinungen auch durch entsprechende Beeinflussung sich teilender Zellen künstlich zu bewirken. In den Tapetenzellen bestimmter Pflanzen, um bei diesem Objekt zuerst zu verweilen, können Kerne, deren Chromosomenzahl durch einen Verschmelzungsvorgang vermehrt wurde, sich weiter normal teilen. Die Produkte künstlicher, durch Chloralhydrat bewirkter Kernver- schmelzungen in Wurzelspitzen‘ gehen ebenfalls, hei richtiger Ver- suchsanstellung, mit ihrer vermehrten Chromosomenzahl eine normale Teilung ein, die von Zellteilung begleitet wird!). — Den Fall einer Vermehrung der Chromosomen durch überzählige Längsspaltungen konnte ich im unteren Kern der Embryosackanlage von Lilium sicher- stellen?), der seine Nachkommen nicht mit 12 Chromosomen, wie es sich normalerweise gebührt, sondern meist mit 24, doch unter Um- ständen auch mit etwas weniger oder mehr Chromosomen ausstattet. Besonders kräftige Ernährung regt ihn, allem Anschein nach, zu solcher Überproduktion von Chromosomen an. Führen nicht alle seine Ursprungs- chromosomen die überzählige Längsspaltung aus, so weisen seine Tochter- 1) Vgl. die Aufsätze von B. N&mee, Über die Einwirkung des Chloral- hydrats auf die Kern- and Zellteilung, Jahrb. f. wiss. Bat. 1904, Bd. XXXIX, pag. 668, und von mir, Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropf- hybriden-Frage. Ebenda, 1907, Bd. XLIV, pag. 482. 2) Chromosomenzahlen, Plasmastrukturen, Vererbungsträger und Reduktions- teilung. Jahrb. £, wiss. Bot. 1908, Bd. XLV, pag. 485. Chromosomenzalıl. " 403 kerne weniger als die Doppelzahl von Chromosomen auf; wiederholt sich an einzelnen Chromosomen die überzählige Längsspaltung zum zweiten Male, so steigt dementsprechend ihre Gesamtzahl. Will man es gelten lassen, daß die hohe Chromosomenzahl der Wikstroemia indiea auf einer erblich fixierten Vermehrung ihrer Chro- mosomen durch Längsspaltung beruht, so würde diese Pflanze mit einem mehrfachen Satz’ homologer Chromosomen in ihren Kernen ausgestattet sein. Auf einen ähnlichen Gedankengang ist Hugo de Vries!) und im Anschluß an ihn Reginald Ruggles Gates) durch die Verdoppe- Jung, welche die Chromosomenzahl bei Oenothera gigas erfahren hat, gelenkt worden. Ich komme weiterhin darauf zurück. Bei W. indiea könnte’ es sich nicht um eine einzige Verdoppelung jener Chromosomen- zahl, die der W. eanescens zukommt, handeln; das Ergebnis wäre zu klein: der Vorgang müßte sich wiederholen. Ich weiß mir den phylo- genetischen Weg, den die Vermehrung der Chromosomenzahl in der Gattung Wikstroemia zurücklegte, um zu W. indica zu gelangen, kaum anders vorzustellen, als daß ich annahm, es sei, aus gegebenen Gründen, in einem befruchteten Wikstroemia-Ei, das die ursprünglichen 2><9 Chromosomen im Keimkern führte, einer Verdoppelung dieser 18 Chro- mosomen nicht die Zellteilung gefolgt, was die Entstehung eines Kerns mit 36 Chromosomen veranlaßte. Erst dieser Kern hätte dann als Ausgangspunkt für die Keimbildung gedient, um ein tetraploides Indi- viduum zu erzeugen, das diploide Sporophyten und damit auch diploide Geschlechtsprodukte liefern mußte. Aus letzteren wären bei der Be- fruchtung weitere tetraploide Individuen hervorgegangen. Was die an- genommene Chromosomenverdoppelung im Keimkern anbetrifft, so kann man sich diese sowohl als Folge einer unvollendeten Kernteilung denken, die nach vollzogener Trennung der Tochtereliromosomen in der Ana- phase rückläufig wird und ein Versehmelzungsprodukt mit doppelter Chromosomenzahl liefert, oder auch als verursacht durch die Vereinigung der schon getrennten ersten beiden Kerne der Keimanlage, auf deren Bildung eine Zellteilung nicht folgte. Die beiden Vorgänge können wir uns künstlich in chloralisierten Erbsenwurzeln vorführen. Ihnen können auch analoge Beobachtungen aus dem Tierreich angeknüpft 1) Bastarde von Oenothera gigas. Ber. d. Deutschen bot. Gesellsch. 1908, Bd. XXVIa, pag. 756, Anm. 2. . , 2) The Behavior of the Chromosomes in Oenothera lata > gigas, Bot. Gazette 1909, Vol. XLVII, pag. 180, Anm. 1, sowie in der soeben im TIL. Band des Archivs für Zellforschung 1909, pag. 525 erschienenen Arbeit: The Stature and Chromo- somes of Oenothera gigas, De Vriey‘. 404 E. Strasburger, werden. In Eiern der Molluske Mactra, die K. Kostanecki mit KCI- Gemischen zu künstlicher Parthenogenesis anregte‘), führte der Eikern, und zwar in diesem Falle, um den durch die nicht erfolgte Befruchtung verursachten Ausfall an Chromosomen zu decken, eine „intranukleare Mitose“ aus. Die beiden dadurch erzeugten Kerne kamen zur Ver- einigung, um eine Kernspindel mit der der Furchungsspindel eines befruchteten Eies zukommenden Chromosomenzahl zu bilden), — Durch Schütteln von Seeigeleiern kurz nach der Befruchtung konnten Marcella Boveri®) und Th. Boveri‘) es erreichen, daß sich das Spermatozoencentrosom nicht teilt und im Ei anstelle des Amphiasters sich ein großer Monaster bildet. Die durch Längsspaltung verdoppelten Chromosomen werden nicht auf zwei Tochterkerne verteilt, bilden viel- mehr einen entsprechend großen Kern. Die aus diesem Kern ent- ° stehenden Tochterkerne sind dementsprechend mit einer doppelten Chromosomenzahl ausgestattet. Auch durch Einwirkung von CO,- haltigem Seewasser vermochte Emil Godlewski jun. bei Echiniden die Zellteilungen zu hemmen und Kernverschmelzungen zu veranlassen, deren Produkte sich durch entsprechend hohe Chromosomenzahlen aus- zeichneten®). Ein solcher Vorgang, meint er®), könnte auch unter dem Einfluß von Agentien, welche künstliche Parthenogenesis hervorrufen und die Zellteilung hindern, einen ähnlichen Effekt haben. Für unseren Zweck hat man sich Bedingungen vorzustellen, die auch im befruch- teten Bi die Teilung des Cytoplasten, nicht aber des Keimkerns un- möglich machten und zur Wiedervereinigung der Kernteilungsprodukte führten. Die von M. und Th. Boveri durch Schütteln erreichte Chromo- somenverdoppelung ohne Zellteilung, über die zuvor berichtet wurde, bezog sich ja auch auf befruchtete Seeigeleier. . 1) Gytologische Studien an künstlich parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern von Mactra, Archiv f, mikroskop. Anat. 1904, Bd. LXIV, pag. 1. 2, Ebenda, pag. 20 ff., 89. 3) Über Mitosen bei einseitiger Chromosomenbindung. Jenaer Zeitschr. 1. Naturwissensch. 1908, Bd. XXXVII, pag. 401, 442. R 4) Über das Verhalten des Protoplasmas bei monozentrischen Mitosen. Bitzungsber. d. Physik. - med. Gesellsch. zu Würzburg 1903, Bd. XXXVI, Sonder- abdruck, pag. 1. 5) Plasma und Kernsubstanz in der normalen und durch äußere Faktoren veränderten Entwicklung der Echiniden. Archiv f. Entwicklungsmechanik der Or- ganismen 1908, Bd. XXVI, pag. 320. 6) Das Vererbungsproblem, im Lichte der Entwicklungsmechanik betrachtet, 1909, pag. 137. Chromosoinenzahl. 405 Daß Pflanzen unter der plötzlichen Vermehrung ihrer Chromo- somenzahl nicht zu leiden brauchen, das zeigen Prothallien von Farnen, Marsilien, Phanerogamen, die durch Sprossung aus dem Sporophyt oder dureh Ausschaltung der Reduktionsteilung doppelebromosomig werden. Denn in beiden Fällen werden ihrem Körper ganz unvermittelt zweimal soviel Chromosomen, als sie normalerweise haben sollten, zugeteilt. Selbst eine ganz künstlich veranlaßte Verdoppelung ihrer Chromosomen- zahl lassen sie sich gefallen, wie das Elie und fmile Marchal durch Erziehung von diploiden Gaigetophyten bei Laubmoosen bewiesen habent). Andererseits ist kein Fall, mit Ausnahme eines einzigen, der später erörtert werden soll, bei höher organisierten Pflanzen be- kannt geworden, wo ein Ei sich zum Aufbau eines auf die halbe Chromosomenzahl reduzierten Sporophyten entschlossen hätte. Wir betonten es bereits, daß zur Schaffung der Chromosomen- zahlen von Wikstroemia indica die einmalige Kernverschmelzung im befruchteten Ei einer mit 18 Chromosomen im diploiden Kern aus- gestatteten Wikstroemia-Spezies nicht genügen würde. Der Vorgang müßte sich somit noch einmal bei einem der bereits tetraploid ge- wordenen Individuen wiederholen. Das würde aber oetoploide, also noch chromosomenreichere Sporophyten liefern, als sie der W. indica zukommen. Allein, schließt das die gemachten Annahmen einer zwei- maligen Kernverschmelzung wirklich aus? Vielleicht nicht, wenn wir alle unsere an den Pollenmutterzellen der W. indiea gesammelten Er- fahrungen gleichmäßig berücksichtigen. Tatsächlich haben uns die Zählungen der Gemini in den Kernplatten der Reduktionsspindeln dort Schwankungen zwischen 22 und 29 ergeben. An der vollen Sicherheit der Zählung war vielfach nicht zu zweifeln und aus ihr somit zu entnehmen, daß eine Verminderung der Zahl der Gemini innerhalb der beobachteten Grenzen möglich ist. Seitliche Verschmelzungen unter den Gemini konnten das Ergebnis beeinfiussen, doch nicht die extremen Unterschiede deeken. Die annähernd übereinstimmende Größe der Gemini, wie sie sich aus dem Aussehen der Gemini, im besonderen jener unserer Fig. 7 ergibt, sprach zudem gegen eine solche Annahme. Das zugängliche Beobachtungsgebiet wies vielmehr auf Vorgänge hin, die zu einer Verminderung der Chromosomenzahl führen. Es könnte somit bereits die Zahl 36, die sich für die Gemini aus den phylogenetisch 1) Aposporie et sexualit6 chez les Mousses. Bull. de !’Acad. royale de Belgique 1907, pag. 765. Vgl. auch dazu meine Histol. Beiträge 1909, Heft VII: Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw., pag. 109 u. 110, 406 E. Strasburger, vorausgesetzten zweimaligen Kernverschmelzungen ergibt, im Laufe der Zeiten auf die jetzt zu beobachtenden Zahlen zurückgegangen sein. Eine solche Annahme scheint zunächst jenen Anschauungen über Chromosomenindividualität und konkrete Erbeinheiten zu widersprechen, die ich sonst verfrete. In Wirklichkeit tut sie es aber nicht, wenn sie mit der Voraussetzung von Polyploidie verknüpft wird. Ist jede Erbeinheit und jede Chromosomenart mehrfach im Kern vertreten, so mögen diese Wiederholungen Bedingungen schaffen, die zu einer Ver- minderung der überzähligen Chromosomen führen. Vielleicht werden derartige Ausschaltungen von Chromosomen bei W. indica in den Pollen- mutterzellen während der Prophasen der Reduktionsteilung an den An- lagen der Gemini vollzogen, und daraus könnte sich die etwas schwankende Zahl der Gemini erklären. Die Reduktion trifft im allgemeinen wohl übereinstimmend je zwei schon frühzeitig vereinte Ohromosomen, so daß unpaarige Chromosomen nicht in die Erscheinung zu treten brauchen und das regelrechte Aussehen der Kernplatte daher nicht stören. Wohl aber fällt unter Umständen in einer solchen Kernplatte der eine oder der andere Geminus durch seine geringe Größe auf. Das gilt bei- spielsweise für den einen Geminus rechts in der mit 28 Gemini ver- sehenen Kernplatte, welche die Fig. 7 in Polansieht uns vorführt, Er mag bis auf diesen Rest rickgebildet sein. Von den Erörterungen anderer Möglichkeiten, die zu einer Ver- mehrung des Chromosomensatzes in den Kernen der W. indiea hätten führen können, sehe ich zunächst ab und bemerke nur, daß ich bei dem Versuch, sie anzuwenden, auf wesentlich größere theoretische Schwierig- keiten stieß, als auf dem hier eingeschlagenen Wege, der allerdings auch nicht immer eben war. Ich schränke damit den von mir eingenonimenen Standpunkt zu- nächst absichtlich ein und mache vor allem den Versuch, ihn durch weitere Tatsachen zu stützen. Die apogamen Eualchimillen, «ie ich seinerzeit untersuchte), ergaben mir 32 Gemini für ihre Pollenmutterzellen. Nur 16 Gemini hatten Sv. Murbeck?) und dann ich?) in den Gonotokonten der normal- geschlechtlichen, zu dem Subgenus Aphanes gehörenden Alchimilla 1} Die Apogamie der Kualchimillen. Jahrb. f. wiss, Bot. 1904, Bd. XLI, pag. 9. 2) Parthenogenetische Embıyobildung in der Gattung Alchimille. Lund’s Univers. Arsskrift, Bd. XXXVI, Afdeln. 2, Nr. 7. Kongl. Fysiografiska Säliskapets Handlingar 1903, Bd. XI, Nr. 7. 3) A. a 0. pag. 95, Chromosomenzahl. 407 arvensis gefunden. Vergleicht mau die Gemini der Eualchimillen mit, jenen der Alchimilla arvensis, so findet man sie gleich groß. Ein Blick auf die Figuren i, 4 und 11, 13 der Tafel I meiner unten zitierten Arbeit genügt, um das festzustellen. Das nämliche lehrt der Vergleich der Gemini der A. arvensis mit jenen der eine besondere Unterabteilung der Eualchimillen bildenden A. pentaphylla, die zwar normalgeschlechtlich ist, sich dessenungeachtet aber mit 32 Gemini, wie die anderen Eu- alehimillen, ausgestattet zeigt‘). Entsprechend dem Umstande, daß den Gemini der Eualchimillen dieselbe Größe wie jenen der A. arvensis zukommt, sie aber in doppelter Zahl vertreten sind, weisen die Reduktions- kerne der Eualchimillen eine entsprechende Größenzunahme auf. Auch hier also deuten sichtbare Merkmale darauf hin, daß die Zahl ganzer Chromosomen bei Eualchimillen, gegen A. arvensis, verdoppelt ist. Die Sporoplıyten der Eualchimillen müßten, biernach zu urteilen, mindestens tetraploid sein. Möglicherweise verfügen sie aber über eine noch höhere Zahl homologer Chromosomensätze, denn die Untersuchung anderer Gattungen der Rosifloren ergab für diese weit niedrigere Chromosomen- zahlen). Bei den Rubus-Arten fand ich nur 6 Gemini in den Gonotekonten, bei den in Untersuchung genommenen Rosen 8. Sollte die Zahl 16 der Gemini im Subgenus Aphanes der Gattung Alchimilla etwa schon die Verdoppelung einer Ursprungszahl 8 darstellen, so wären die Aphanes bereits tetraploid, die Eualchimillen oktoploid in ihrem Sporophyt. Aus einer einzigen Ursprungszahl alle die in einer Pflanzenfamilie vor- kommenden Chromosomenzahlen abzuleiten, geht aber, wie schon der Vergleich von Rubus und Rosa lehren, nicht an, daher mögen auf Vergleiche gestützte Schlußfolgerungen solcher Art nur in eng ge- zogenem Verwandtschaftskreis berechtigt erscheinen. Ein Fall, der in hohem Maße diese Bedingung erfüllt, ist der, den O. Rosenberg so eingehend und sorgfältig studierte in der Gaitung Drosera. Dort führt Drosera rotundifolia 10, die nächst ver- wandte Drosera longifolia 20 Gemini in ihren Gonotokonten®). Die früheren Publikationen O. Rosenberg’s ließen die Annahme zu, daß die Doppelzahl der Chromosomen bei der zweiten Art aus einer Quer- teilung jener der ersten Art hervorgegangen sei. Eine soeben er- schienene Arbeit von O. Rosenberg zeigt aber, daß der Größen- unterschied zwischen den Chromosomen von D. longifolia und D.rotundifolia 1) Vgl. Fig. 48, 44 Taf. IV der zitierten Arbeit. 2) Meine zuvor zitierte Arbeit, pag. 146 ff. 3) Oytologische und morphelogische Studien an Drasera longifolia > rotundi- folia. Kungl, Svenska Vetenskapsskademiens Handlingar 1909, Bd, XLIH, No. 15. 408 E. Strasinrger, kaum merklich ist, so daß es ausgeschlossen erscheint, daß ein Drosera rotundifolia-Chromosom durch Querteilung zwei D. longifolia-Chromo- somen hätte liefern können). Der Vergleich der O. Rosenberg’schen Figuren (seiner Taf. 3) lehrt zudem, daß die Beduktionskerne in den Pollen- mutterzellen der D. longifolia bedeutend größer als in jenen der D. rotundi- folia sind, so wie es die Verdoppelung des Chromosanensatzes eben verlangt. Ich stehe somit nicht an, die D. longifolia für tetraploid in ihrem Sporophyt, für diploid in ihrem Gametophyt zu halten. Weiteres Beweismaterial hierfür soll weiterhin folgen. Wohl die wichtigste, weil bis zu einem gewissen Maße kontrollier- bare Stütze für die hier vertretene Auffassung gibt die m den Hugo de Vries’schen Kulturen?) aufgetretene Oenothera gigas ab, die sich ihrer Ursprungsart gegenüber durch eine doppelte Chromosomenzahl auszeichnet. Das stellte zuerst Miß A. Lutz°) fest, als sie die Wurzel- spitzen von Keimpflanzen der O. Lamareckiana und O. gigas untersuchte. Ihre Angabe konnte Reginald Ruggles Gates, der 1905 die Hugo de Vries’schen Oenotheren eytologisch zu untersuchen begonnen hatte, alsbald bestätigen“). Die Zahl 14 für den Sporophyten von O. Lamarckiana hatte er zuvor schon gefunden; bei O. gigas konnte er nun auch die Zahl 28 konstatieren. Oenothera gigas ist in den Kulturen von Hugo de Vries dreimal aufgetreten. Das erste Mal im Jahre 1895 in den Kulturen der O. Lamarckiana, und zwar in einem einzigen Exenplar. Dann stellte sie sich 1898 ein, aus den Samen einer Pflanze von O. sublinearis, die ihrerseits unmittelbar aus der Lamarckiana- Familie hervorgegangen war, und endlich auch 1899 aus einer Kreuzung von O. lata mit O. hirtella. Die aus dem Jahre 1898 stammende Pflanze lieferte keine reifen Samen; die vom Jahre 1899 starb als Rosette, ohne einen Stengel zu treiben. Wie es um die Chromosomen- zahl dieser beiden Pflanzen bestellt sein mochte, wird man somit. nie erfahren). Alle die cytologisch untersuchten O. gigas-Individuen stammen 1) Texttigur 13 pag. 26 der genannten Arbeit von O. Rosenberg, welche in C eine Kernplatte aus dem Sporophyt des Bastards D. longifolia > rotundifolin zeigt, in der die Chromosomen der beiden Eltern vertreten sind. Man kann sie nach ihrer Größe kaum unterscheiden. Un den Vergleich zu erleichtern, nahm ich dieses Bild als Fig. 12 in meine Tafel auf, 2} Die Mutationstheorie, 190], Bd, I, pag. 225. 3) A Preiiminary Note en the Chromosomes of Oenothera Lamarekiana and one of its Mutants, O. gigas. Science, N. 8, 1907, Vol. XXVI, pag. 151. 4) The Chromosomes of Oenothera. Seience, N. S., 1908, Vol. XXVIT, pag. 193. 5) Ehensowenig ist die Chromosomenzahl festgestellt worden für die O. gigas, die einmal in D. T. Mac Dougal’schen und dreimal in A. RB, Schouten’schen PIE Chromosomenzahl. 409 von der 1895 in nur einem Individuum entstandenen neuen Art ab. Die Feststellung der doppelten Chromosomenzahl bei O. gigas, deren Tragweite Hugo de Vries gleich erkannte, veranlaßte ihn. in dem schon zitierten Aufsatz über Bastarde von Oenothera gigas, zu der An- merkung): „Es ist eine sehr wichtige Frage, ob ie Verdoppelung bei dieser Mutation durch eine Längsspaltung oder dureh Querteilungen erreicht worden ist. Im ersteren Fall würde die O. gigas zwei voll- ständige Sätze von je 14 Chromosomen führen und dürfte jeder einzelne Satz für die Vertretung aller erblichen Eigenschaften genügen. Es würde dieses auf eine ähnliche Erklärung auch für anderweitig beobachtete hohe Chromosomenzahlen hinweisen.“ Diesen Gedanken nahm R. R. Gates in seiner Arbeit: The Behavior of tie Chromosomes in Oeno- thera lata>< rotundifolia und Oeno- thera lata >< gigas sehr ins Gewicht. Die Drosera longifolia verfügt, wie ich das zuvor wahrscheinlich zu machen suchte, über zwei ‚Sätze von Chromosomen. In ihren mit 10 Gemini ausgestatteten Gonotokonten wäre demgemäß jede Chro- mosomenart zweimal vertreten. Diesem doppelten Chromosomensatz steht der einfache der D. rotundifolia gegenüber, wenn beide Pflanzen sich geschlechtlich vereinigen. Die somatischen Kerne des Bastards Drosera longifolia >< rotundifolia werden dadurch triploid. An einer größeren Anzahl von Pflanzen habe ich bereits zu zeigen vermocht, daß die diploiden Kerne des Sporophyts während der Karyokinese ihre homologen Chromosomen zu Paaren anordnen. Besonders lehrreich ist diese Anordnung in Kernen mit verschieden großen Chromosomen, in denen in solchem Falle die Paare von gleich großen Chromosomen gebildet werden, ein Beweis dafür, daß es wirklich die gleichwertigen Chromosomen sind, die sich so vereinigen. Ihr Verhalten wird in den Polansichten von Kernplatten so auffällig, daß es jedem ohne weiteres vordemonstriert werden kann. Ich hielt ein solches Bild daher auch für geeignet, als Textfigur in die letzte Auflage unseres Lehrbuchs der Botanik für Hochschulen aufgenommen zu werden‘), Die paarige Anordnung der Chromosomen trat mir auch deutlich in den Kernen der Wurzelspitzen von Pisum sativum, ungeachtet sie mit annähernd gleich großen Chromosomen ausgestattet sind, entgegen. Ich gehe auf diesen Fali hier ein, weil ich ihm noch andere Belehrung verdanke. In Wurzelspitzen dieser Pflanzen nämlich, die ich nach dem B. N&mec’schen Verfahren), durch Chloralisierung, zu Kern- verschmelzungen veranlaßte, wiesen die Verschmelzungsprodukte bei der Teilung auch nur Chromosomenanordnungen zu Paaren auf. Ein aus der Verschmelzung von zwei Kernen hervorgegangener, künstlich tetraploid gemachter Kern, zeigte somit nicht Gruppierungen von Chromo- somen zu vier in seiner Kernplatte, sondern nur zu zwei, als wenn er . 1) 1910, pag. 82, Fig. 101. Ein sehr prägnanter Fall dieser Art ist neuer- dings von Clemens Müller in den Jahrh. f, wiss. Bot. 1909, Bd. XLVII, pag- 99: Über karyokinstische Bilder in den Wurzelspitzen von Yucca, behandelt worden. Dort auch die sonstige Literatur. 2} Über die Einwirkung des Chloralhydrats auf die Kern- und Zellteilang. Jahr, £. wiss. Bot, 1904, Bd. XXXIX, pag. 008. . Chromosomenzahl. 415 weiter diploid wäre). Daraus mußte geschlossen werden, daß jene Affinitäten, welche die homologen Chromosomen zusammenführen, mit der Annäherung zweier solcher Gebilde gesättigt sind. Die Homologie muß es sein, die über diese paarweise Gruppierung der Chromosomen entscheidet, nicht‘ etwa ihr Ursprung. Denn nur die Homologie erklärt es, daß in Kernen mit verschieden großen Chromosomen die gleich großen, die durch diese übereinstimmende Größe ihre Gleichwertigkeit verraten, zu einander halten. Würde es dabei auf eine Art geschlecht- liehen Gegensatzes, auf den Ursprung von Vater und Mutter, oder wie es bei den meist hermaphroditen Pflanzen nur heißen könnte, vom Spermakern und Eikern, ankommen, so müßte dieser auch verschieden große Chromosomen, wo solche gegeben sind, zusammenführen können. Doch läßt sich die Frage aufwerfen, ob nicht beide Momente bei dieser Paarenbildung gemeinschaftlich wirken. Daß nur der erste Einfluß im Spiele ist, scheint für mich daraus zu folgen, daß auch die Sporophytkerne der Apogamen mir paarweise Gruppierungen ihrer Chromosomen zeigten, und zwar auch solcher Apogamen, wie Wikstroemia indica, bei denen man für geschlechtliche Gegensätze auf weit entlegene Vorfahren zurückgreifen müßte. Trotz so langen Geschlechtsverlustes bildet aber diese Wikstroemia auch in ihren Pollenmutterzellen regelrecht die Gemini aus. Soweit es sich, was als das Normale gelten muß, in den Sporophyt- kernen nur um Diploidie handelt, also um jenen Zustand, der bei Aus- bildung des Geschlechts aus jeder Befruchtung unmittelbar hervorgehen mußte, wird jedes Chromosomenpaar im Sporophyt, jeder Geminus in den Gonotokonten, tatsächlich aus einem väterlichen und einem mütter- lichen, bzw. einem vom Spermakern und einem vom Eikern stammenden Chromosom zusammengesetzt sein. Für Tetrapleidie oder anderweitige Polyploidie liegt aber, falls nur Homologie die Chromosomen zu Paaren vereinigt, die Sache anders. Vergegenwärtigen wir uns das für ein tetraploides Gewächs, das sich noch normalgeschlechtlich fortpflanzt. Je vier homologe Chromosomen sind in den Kernen des Sporophyts vertreten, von denen zwei der Spermakern, zwei der Eikern lieferte, Wir wollen die beiden vom Spermakern stammenden Chromosomen mit a und a!, die vom Eikern stammenden mit b und b! bezeichnen, Da wären die homologen Paare möglich: ab, atb', oder ab', alh, in welchen zugleich der Gegensatz des Ursprungs zur Geltung käme, doch auch 3) Über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfliyhriden - Frage, Ehenda, Bd, XLIV (1907), nag. 494. Taf. V, Fig. 17, 18. or 416 E. Strasburger, die Kombinationen aa! und bb, wo die vereinigten Chromosomen gleiche Abstammung besässen. Doch eine besonders beweiskräftige Stütze für die Annahme, daß die Gesehlechtsprodukte der Drosera longifolia diploid seien und daß sie somit triploide Nachkommen bei der Vereinigung nit den haploiden (teschlechtsprodukten der D. rotundifolia erzeugen müssen, war von einem Vergleich der Chromosomenanordnungen in den Kernen dieser Nachkommen mit jenen in den sicher triploiden — da aus der Ver- schmelzung von drei haploiden Kernen hervorgegangenen — Endosperm- kernen der Angiospermen zu erhoffen. Das geeignete Objekt für diesen Vergleich zu finden und die technischen Schwierigkeiten zu über- winden, die sich der Gewinnung hinreichend zahlreicher Polansichten von Kernplatten entgegenstellten, war nicht eben leicht. Daher ich mich zunächst auf Angaben über Galtonia eandicans beschränke, die sieh, im Hinblick auf ihre verschieden großen Chromosomen, von vorn- herein für die Untersuchung empfahl und die schließlich auch die für eine Entscheidung der gestellten Frage erwünschten Bilder lieferte. Bei noch reichlicherem Material hätte ich freilich wohl noch prägnantere Figuren als die hier beigefügten gewinnen können. Galtonia candicans verfügt in ihren haploiden Kernen über 6 lange und 2 kurze Chromo- somen!). Der aus der Verschmelzung von zwei haploiden Polkernen und einem haploiden Spermakern hervorgegangene Endospermkern muß daher, und ebenso auch seine Teilungsprodukte, 18 lange und 6 kurze Chromosomen aufweisen. Können homologe Chromosomen in keine höheren Zahlenverbände als die Paarenbildung eintreten, so dürfen uns nur Paare, nicht aber Drillinge in den Polansichten der Kernplatten entgegentreten. Wir hätten demgemäß 6 Paar langer, 2 Paar kurzer, außerdem 6 isolierte lange und 2 isolierte kurze Chromo- somen zu erwarten. Die beiden Figuren 10 und 11, Taf. VI, die ich hier veröffentliche, scheinen mir in recht befriedigender Weise dieser Anforderung zu genügen. Wende ich mich nun der Polansicht zu, die O. Rosenberg von einem Sporophytkern des Bastards Drosera longifolia >< rotundifolia in seiner letzten diesbezüglichen Arbeit entworfen hat?), so scheint, mir diese auch zum Teil Chromosomenpaare, zum Teil isolierte Chromo- 1) Vgl. hierzu Kiichi Miyake in: Über Reduktionsteilung in den Pellen- mutterzellen einiger Monokotylen. Jahrb. £. wiss. Bot. 1905, Bd. XIII, pag. 103 und die Figuren auf Taf. II. — Zu vorgleichen wäre weiter das diploide Bild in unseren Lehrbuch der Botanik für Hochschulen, X. Aufl, pag. 82. 2) Textfigur 13 C auf pag. 26. Chromosomenzahl. 417 somen darzubieten. Ich habe dieses O. Rosenberg’sche Bild als Fig. 12 in meine Tafel aufgenommen, um den Vergleich mit den beiden dem cytoplasmatischen Wandbelag.des Embryosacks der Galtonia candicans entnommenen Kernplatten zu erleichtern. Man beachte, daß dieses Bild nicht dazu dienen sollte, die hier behandelten Verhältnisse zu beleuchten. Bei O. Rosenberg findet sich zudem die Angabe‘), daß ihm in den Kernen des Bastards eine paarige Anordnung der Prochromo- somen hier und da aufgefallen sei. In Archesporkernen habe er ganz deutlich das Vorhandensein von 9 oder 10 paarigen Prochromo- somen beobachten können, während ebensoviele isoliert lagen. Ent- sprechend dem Verhalten, das sie in den Kernen des Sporophyts zeigen, sieht man die Chromosomen in den Gonofokonten des Bastards 10 Gemini bilden, während 10 Chromosomen ohne Partner bleiben. Bei der Reduktionsteilung 2) erhalten die Tochterkerne als sicheren Bei- trag die Hälfte der zu Gemini vereinigten Chromosomen, also je 10 von ihnen, während die Verteilung der ungepaarten 10 Chromosomen auf die beiden Tochterkerne Schwankungen unterworfen ist. Nach dem Ergebnis, zu dem mich meine vorausgehenden Betrachtungen über die Paarung der Chromosomen geführt haben, der Annalıme somit, daß die Homologie und nicht der Ursprung über diese Paarung entscheidet, kann ich es nicht für ausgemacht halten, daß in der Reduktionskernplatte der Gonotokonten von Drosera longifolia x rotundi- folia jeder Geminus aus einem Chromosom von D. longifolia und einem von D. rotundifolia bestehe. Es wäre vielmehr wohl denkbar, daß die vollkommenere Homologie der je in Zweizahl vorhandenen homologen Chromosomen von D. longifolia ihre Vereinigung zu je einem Geminus hegünstige, daß die Chromosomen der D. rotundifolia hin- gegen ungepaart bleiben, daß somit die Tochterkerne der Gonotokonten einen vollen haploiden Satz der Chromosomen von D. iongifolia erhalten, aber nur unvollkommene Sätze der D. rotundifolia. Doch erscheint die Möglichkeit der Annahme aueh nicht ausgeschlossen, daß ein wechselnder Teil der Gemini D. longifolia >< rotundifolia, ein anderer D. longifolia darstellen. Die Nachkommen des Bastards könnten darüber Aufschluß geben, und ihr Studium wäre daher nicht wenig interessant. Doch solche Nachkommen zu erhalten gelang bis jetzt nicht), was sich daraus erklärt, daß der Pollen im allgemeinen steril ist. Rückkreuzungen des Bastards mit D. Iongifolia hatten insofern doch Erfolg, als in einigen 1) Ebenda, pag. 25, 26, 2) Ich will auch hier nur auf die letzte ausführliche Arbeit von O. Rosen- berg, pag. 27 ff., verweisen. 3) O0. Rosenberg a. a, O, Pag. 45. 418 RE. Strasburger, wenigen Fällen Embryobildung eintrat. Allein, es stellten sich auch dann alsbald Störungen ein, welche den Tod des Embryos herbeiführten. Den Versuchen, die O. Rosenberg fortsetzt, wäre Erfolg zu wünschen: Ganz entsprechende Verhältnisse wie Drosera longifolia > rotundi- folia, bietet allem Anschein nach der Bastard Oenothera lata > gigas dar, in dessen Zusammensetzung O. lata mit 14 und O. gigas mit 28 Chromosomen eingeht, Reginald Ruggles Gates, der Individuen dieses Bastards untersuchte‘), die Samen entstammten, welche Hugo de Vries geliefert hatte, fand in den Kernen des Sporophyts 21, bzw. bei einem Individuum 20 Chromosomen. Das ist die Zahl, die sich aus den 7-14 Chromosomen der Sexualzellen von O. lata und O. gigas ergibt. Mit der Gruppierung der Chromosomen in diesen Sporophyten beschäftigt sich R. R. Gates nicht eingehender, nur in seiner Figuren- erklärung bemerkt er zu den beiden Polansichten von Kernplatten, die er den mittleren Zellschichten einer Antherenwandung entnommen hatte, daß sie eine Anordnung der Chromosomen zu Paaren verraten ?). Tatsächlich sind es sowohl Paare wie auch isolierte Chromosomen, welche die beiden Figuren®) zeigen. Das scheint sich mir zum mindesten aus ihrer Betrachtung zu ergeben. Damit jeder sofort selber prüfen könne, ob er denselben Eindruck empfängt, habe ich mir er- laubt, die eine der genannten beiden Figuren*) der R. R. Gates’schen Arbeit zu entlehnen und sie als Fig. 18 in meine Tafel mit aufzunehmen. — Die Bildung der Gemini vollzieht sich in den Pollenmutterzellen des Bastards Oenothera lata x gigas,. wie aus R. R. Gates’ Schilderung hervorgeht, nicht ohne Störungen); das schließliche Ergebnis der Reduktionsteilung ist aber doch, daß die Tochterkerne meist je eine Hälfte der vorhandenen Chromosomen erhalten. RB. R. Gates faßt dieses Ergebnis so zusammen ®): Bei Individuen mit 21 Chromosomen bekommt die eine Hälfte der „germ cells“ 10, die andere 11 Chromo- somen. Bei Individuen mit 20 Chromosomen treten 10 in jede germ cell ein. Gelegentlich geht ein Chromosom zu dem verkehrten Spindel- pol, so daß bei Pflanzen mit 21 Chromosomen einige wenige germ cells gefunden werden, die 9 oder 12, und bei Pflanzen mit 20 Chromo- l) The Behavior of Uhromosomes in Oenothera lata > giges. Bot. Gazette 1909, Bd. XLVIII, pag. 179. 9) A.a O0. pag. 183 u. 108: 3) Fig. 9 und 10, Taf. XIL. 4) Die Fig. 10, Taf. XII von BR, R. Gates, 5) A. a. O. pag. 188. 6) A. a. O. pag. 195, Chromosomenzahl. 419 somen solche, die 9 oder 11 Chromosomen besitzen. — In den Reduktions- . kernplatten der Oenothera lata>< gigas vereinigen. Dann würden die beiden aus der Reduktionsteilung hervorgegangenen Tochterkerne über die vollen Erbeinheiten der O. gigas und über annähernd je eine Hälfte der Erbeinheiten der O. lata verfügen. Doch es muß auch die Möglichkeit ins Auge gefaßt werden, daß sich die homologen Chromo- somen der O. lata und gigas stärker in den Gonotokonten der O. lata > gigas anziehen als die homologen Chromosomen der gigas unter- einander. Dann gäbe die Trennung der Gemini einen Satz von Chro- mosomen für beide Tochterkerne ab, der zum Teil aus O. lata-, zum 1) A.a 0. Taf. XI, Fig. 1. ı 2) Ich habe nur die Kernspindel in meine Tafel aufgenommen, den Umriß der Pollenmutierzelle weggelassen. 420 E. Strasburger, Teil aus O. gigas-Chromosonen bestünde. Der verbleibende volle Satz isolierter O. gigas-Chromosomen käme als Zulage auf die beiden Kerne zur Verteilung. Endlich bliebe noch zu erwägen, ob unter den Gemini nicht die beiden Kombinationen, sowohl O. lata mit O. gigas, als auch O. gigas mit O. gigas vertreten sein könnten, was einen vollen Satz gemischter Chromosomen und zudem einen wechselnden Teil des unge- paarten, ebenfalls aus O. lata- und O. gigas-Chromosomen bestehenden Satzes den Tochterkernen zuführen würde. Alle die erwogenen Mög- lichkeiten hätten eine Mischung der Merkmale beider Eltern zur Folge. Im einzelnen müßten also vielleicht doch die Nachkommen dieses Bastards solche individuelle Unterschiede zeigen, aus welchen man auf die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit der einzelnen hier theo- retisch aufgestellten Chromosomenkombinationen zurückschließen könnte. Hugo de Vries gibt über die Bastarde von Oenothera gigas an’): daß O. gigas >< Lamarckiana eine konstante, zwischen den beiden Eltern die Mitte haltende Rasse bildet; daß O. gigas >< 0. Lamarckiana, O. Lamarckiana >< O. gigas, O. gigas >< hrevistilis, O. gigas >< rubrinervis und ©. rubrinervis > O. gigas äußerlich einander gleich sind; daß die Kreuzung 0. lata>< gigas, Seience N. 8. 1909, Vol. XXIX, pag. 263 ff., bei der Untersuchung von 40 Nachkommen von O. lata x gigas gelangte, kann ich hier nur hinweisen. Diese Ergebnisse verlangen zu ihrer Deutung Hilfs- Iıypothesen, die verfrüht erscheinen müßten. | Chromosomenzahl. 421 zuklären vermögen. Hingegen könnte uns eine paarige Gruppierung von Chromosomen in einem Gametophyt, den wir Grund haben, für nicht haploid zu halten, in sehr willkommener Weise über dessen Diploidie Aufschluß erteilen. Hierauf würde an geeigneten Objekten weiterhin zu achten sein. Daß Unterschiede in der Größe der Kerne, bzw. auch der embryo- nalen Zellkörper, zwischen nahe verwandten Pflanzen, die verschieden viel Chromosomen führen, die Annahme nahe legen, es hätten Längs- spaltungen von Chromosomen in die Phylogenie dieser Pflanzen ein- gegriffen, haben wir theoretisch zu begründen gesucht. Durch den Nachweis, daß eine Verdoppelung des Chromosomensatzes sich bei Ent- stehung der Oenothera gigas unter dauernder Aufsicht des Versuchs- anstellers vollzogen’ hat, ist diese ganze Vorstellung aus dem Gebiete der Theorie auf den Boden der Tatsachen versetzt worden. Und so darf denn der Fall von Oenothera gigas auch dazu dienen, ähnliche nicht direkt kontrollierbare Erscheinungen auf diesem Gebiete zu beleuchten. Auch das Verhalten der „Pfropfbastarde“ kann von diesem Stand- punkt aus eine weitere Klärung erwarten, zum mindesten die Frage, ob sie vegetativen Kernverschmelzungen ihre Entstehung verdanken. Da tetra- ploid gewordene Pflanzen ihre verdoppelten Chromosomensätze festhalten, so wären solche ‚auch bei Pfropfbastarden zu erwarten. Ich habe sie aber weder bei Laburnum Adami noch bei den Bizzarrien vorgefunden, als ich diese Pflanzen mit den Ursprungsarten Laburnum vulgare und Cytisus purpvreus, mit Pomeranzen und Cedraten verglich. Weder eine vermehrte Chromosomenzahl, noch bedeutenderer Kernumfang, noch Zu- nahme der Größe einander entsprechender embryonaler Protoplasten trat mir bei diesen vermeintlichen Pfropfbastarden entgegen‘). Bei Pflanzen, die im Laufe ihrer phylogenetischen Entwicklung eine Verdoppelung oder sonstige Vervielfältigung ihres Chromosomensatzes erfahren haben, setzten Reduktionsteilungen in der vegetativen Sphäre ebensowenig ein, um diesen Vorgang zu korrigieren, wie das in den Zellen von Erbsen- wurzeln geschieht, die künstlich durch Chloralisierung tetraploid ge- macht werden?). Ein endlicher Sehwund einzelner Chromosomen, der bei der Polyploidie einer Wikstroemia indiea begreiflich erscheint und den wir dort glaubten annehmen zu müssen, vollzieht sich allem An- 1) Vgl. die Figuren der Taf. VII in meiner Arbeit über die Individualität der Chromosomen und die Pfropfhybriden-Frage. Jahrb. für wissensch. Bot, 1907, Bd, XLIV, pag. 517 #. 2) Ebenda, pag. 482. 422 E. Straslurger, schein nach erst im Laufe der Zeiten, führt zudem nicht bis zu einer Herabsetzung (der Chromosomenzahl auf ihren ursprünglichen Wert, wie das bei Laburnum Adami und der Bizzarria hätte geschehen müssen, um die tafsächlich beobachteten Verhältnisse herbeizuführen. Die er- staunlichen Chimären, die Hans Winkler erzogen hat!), lassen bereits die Deutung zu, daß es sich bei den sogenannten Pfropfbastarden um Chimären eines besonders hohen Grades, um „Hyperchimären“ handeit?). Dafür spricht, meiner Auffassung nach, auch die Fortpflanzung dieser Hyperchimären, die nieht hybride, vielmehr reine Nachkommen der Arten liefern, deren Gewebe in der Hyperchimäre zu so inniger Ver- einigung gelangten. Sowohl bei Pflanzen mit dem gewohnten, als auch bei solchen mit ‘ einem vervielfältigten Chromosomensatz macht die Ausschaltung der Reduktionsteilung das Ei befruchtungsunfähig. Also nur diese Art der unvermittelten Chromosomenverdoppelung, durch welche die Chromosomen- zahl im Ei derjenigen im Sporophyt gleich gemacht wird, hat eine solche Folge. Tatsächlich soll auch die Ausschaltung der Reduktionsteilung hier dieses Ergebnis zeitigen und die Befruchtung überflüssig machen. Die Foige ist, daß über den Eiern dann Verschlüsse sich ausbilden, die den Zutritt von Spermatozoen, wie bei Marsilia, oder von Pollen- schläuchen, wie bei Wikstroemia indie, Elatostema-Arten und der- gleichen, auch wenn solche vorhanden wären, ausschließen. ‚Anders augenscheinlich, wenn im Verlauf der phylogenetischen Ent- wicklung eine Vervielfältigung der Chromosomensätze sich vollzieht, die den ganzen Organismus trifft und daher die gleiche Zunahme der Chromosomen in Sperma- und Eikernen veranlaßt. Dann können trotz dieser Vermehrung die geschlechtlichen Funktionen fortdauern. Sie können es, wie wir das an dem Beispiel der tetraploid gewordenen Drosera longifolia und Oenothera gigas sehen. Ja, selbst die Alchi- milla pentaphylla ist normalgeschlechtlich geblieben, trotzdem wir sie im Verdacht haben, sogar oktoploid zu sein. Ist es aber auch möglich, daß unter der phylogenetischen Ver- doppelung, ja selbst Vervierfachung des Chromosomensatzes die Sexualität einer höher organisierten Pflanze nicht leide, so muß dieses Verhalten 2) Vgl. vornehmlich dessen Aufsätze in Bd. I und 1I der Zeitschrift für Botanik, 1909 und 1910, “ 2) Vgl. meinen Aufsatz: Meine Stellungnahme zur Frage der Pfropfbastarde in den Ber. d. Deutsch, bot, Gesellsch. 1909, pag. 511. Chromosomenzahl, 423 Gates in seiner letzten Publikation!) von der Reduktionsteilung in den Pollenmutterzellen der tetraploiden Oenothera gigas entwirft, macht den Eindruck, als wenn auch diese schon nicht ganz regelrecht verliefe, Statt eine gut abgegrenzte Kernplatte zu bilden, sollen die Chromo- somen lose durch den mittleren Teil der Spindel zerstreut sein und nicht hinlänglich deutlich zu erkennen geben, wie sie zusammengehören. Gilt ein solches Verhältnis für sämtliche Reduktionsspindeln dieser Pflanze, so könnte es in der Tat nachteilige Folgen für sie haben. Möglicherweise wäre dann auch die ähnlich zerstreute Verteilung der Chromosomen in der Reduktionsspindel der Pollennutterzellen von Oenothera lata und gigas, zum mindesten in dem einen von R. R, Gates veröffentlichten Bilde, dadurch veranlaßt2. Reduktionsspindeln aus Embryosackmutterzellen sowohl von Oenothera gigas, als auch vom Bastard O. gigas > lata wären zum Vergleich bald erwünscht. Für gewöhnlich dürften die Pflanzen mit tetraploidem, vor allem aber die mit noch höherem Chromosomensatz geschlechtlich gelitten haben. Anstelle der gestörten Reduktionsteilung setzte, und zwar im allgemeinen nur in dem weiblichen Apparat, die apogame Weiter- entwicklung ein. Anstelle der Reduktionsteilung trat eine somatische Kernteilung, die den im Soma des Sporophyts herrschenden Chromo- somensatz festhielt und seine Ergänzung durch die Befruchtung über- flüssig machte. Da diese somatische Kernteilung in der Samenanlage eine Längsspaltung aller vorhandenen Chromosomen bewirkte, so über- . lieferte sie von jedem Chromosom, das sich sonst mit einem anderen bei der Reduktionsteilung gepaart hätte, je einen Vertreter weiter auf die Nachkommen; daher fehlt es diesen zur Bildung der Gemini im Reduk- tionskern der Pollenmutterzellen nicht an den nötigen Partnern. So kommt es, daß selbst bei Wikstroemia indica derartig regelrecht aus- gestattete Reduktionskernplatten, wie ich sie in den Figuren 6 und &, Tafel VI dargestellt habe, zur Ausbildung gelangen können. Im besonderen impeoniert in dieser Beziehung die in der Fig. 8 vorgeführte Seiten- ansicht. Werden die Pollenkörner, die aus so gut angelegter und sich auch regelrecht teilender Reduktionskernplatte hervorgehen, dennoch schlecht, so muß das anderweitige Ursachen haben, für deren Er- örterung ich auf G. Tischler’s „Zellstudien an sterilen Bastardpflanzen“®} verweise, 1) The Stature and Chromosomes ef Oenothera gigas de Vries. Arch. für Zell- forschung 1909, Bd. III, pag. 526. 2) Das schon zitierte Bild Fig. 11 auf Taf, XIII der Botan: Gazette von 1900, Ba. sch 3) Arch. für Zellforschung 1908, Bd. I, pag. 111 ff. 424 E. Strasburger, Tatsächlich begleitet Chromosomenreichtum die allermeisten der bisher konstatierten Fälle von Ooapogamie, so daß es von Anfang an nahe lag, einen Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen anzu- nehmen‘). Nicht nur die in diesem Aufsatz bereits erörterten Fälle der Wikstroemia indieca und der Eualchimillen, sondern auch die von Antennaria alpina, Taraxacum offieinale, apogamen Hieracien, Houttuynia cordata gehören hierher. Antennaria alpina führt im Sporophyt gegen 52 Chromosomen, während die nahe verwandte normalgeschlechtliche Antennaria dioica deren gegen 26 aufweist), Taraxacum offieinale ver- fügt im Sporophyt über 26 Chromosomen?), eine als Taraxacum con- fertum bezeichnete Art, über die O. Rosenberg soeben berichtet‘) und bei der er Reduktionsteilung in der Embryosackmutterzelle nach- weist, hingegen annähernd nur über die Hälfte. Bei den apogamen Hieracien steigt die Chromosomenzahl bis auf das Dreifache einzelner normalgeschlechtlicher Arten). In der Zusammenstellung seiner auf Hieraeium bezüglichen Untersuchungsergebnisse, bei der Gegenüber- stellung von Hieracium aurieula mit 18, dem Hieracium excellens mit 34 Chromosomen, schaltet O. Rosenberg bereits, wie schon einmal hervorgehoben wurde, die Bemerkung ein®), es könnte vielleicht diese Verdoppelung der Chromosomenzahl durch eine Longitudinal-Teilung der Chromosomen, ohne Kernteilung, veranlaßt worden sein. Sehr interessant ist der von O. Rosenberg”) neuerlich geführte Nachweis, (laß auch einzelne Formen der Rosa glauca und R. canina nicht mit 16 Chromosomen in den diploiden Kernen und 8 in den haploiden Kernen ausgestattet sind, wie ich es seinerzeit für Rosa livida, R. cinnamomea und eine der vielen Formen von R. canina fand®), sondern 1) Vgl. meine Arbeit über die Apogamie der Eualchimillen in den Jahrb. für wissensch. Bot. 1904, Bd. XLI, pag. 159. Siehe auch das VII. Heft meiner Histolog. Beiträge: Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw., 1908, pag. 74. 2) H. 0. Juel, Vgl. Untersuchungen über typische und parthenogenetische Fortpflanzung bei der Gattung Antennaria. Kongl. Sy. Vet. Akad, Handl. 1900, Bd. XXXIN, Nr. 5, pag. 36. 3 H. O0. Juwel, Die Tetralenteilungen bei Taraxacım und anderen Cichorin- coen. Ehbenda, Bd. XXXIX, Nr. 4, pag. 6. 4) Über die Chromosomenzahlen bei Taraxacın und Rosa. Svensk Botanisk Tidsskrift 1909, Bd. ILL, pag. 150. 5) 0. Rosenberg, Cytologieal Studies on the Apogamy in Hieracium. Bot, Tidsskrift, Kubenhavn 1907, pag. 143. 6) Ebenda, pag. 168. N) A. a. O., Svensk. Bot. Tidsskr., Bd. IN, png. 153 ff, 8) In der Eualchimillen-Arbeit, pag. 149. Chromosamenzahl. 425 mit 33 bzw. 34 und 16 oder 17 Chromosomen, und daß diese chromo- somenreichen Rosen zugleich zur Apogamie übergingen. Auch bei dieser Gelegenheit weist O. Rosenberg wieder darauf hin, daß „aus irgend einer Ursache (vielleicht durch Längsspaltung der Chromosomen ohne folgende Kernteilung) die Zahl der Chromosomen verdoppelt wurde“ und daß gleichzeitig hiermit die Bedingungen gegeben waren, die zur Embryobildung ohne Befruchtung führten‘). Bei der von K.Shibata und K. Miyake studierten Saururacee Houttuynia cordata?), die merkwürdigerweise die Reduktionsteilung auch in den Pollenmutter- zellen ausschaltet, konnten 52—56 Chromosomen gezählt werden. Dieselbe Zahl wiesen auch die vegetativen Zellen dieser Pflanze auf, Also auch dieser letzte Fall vermehrt die Beispiele, wo Ooapogamie und Chromosomenreichtum zusammengehen. Wir hatten aus anderer Veranlassung schon in diesem Aufsatz, auf die niedrigen Chromosomenzahlen bei Rubus und Rosa uns stützend. die Vermutung geäußert, daß bei Eualchimillen mehr als Tetraploidie der Kerne vorliege. Der Weg dahin hätte durch eine solche Tetraploidie, wie sie die apogamen Rosen aufweisen, führen können. So sind auch die normalgeschlechtlichen Hieracien mit 14, bzw. 13 Chromosomen in den Kernen ihrer Sporophyten schon als verhältnismaßig chromo- somenreich zu bezeichnen, wenn man sie mit solchen Kompositen ver- gleicht, die wie Orepis virens, in ihrem Sporophyt nur 8, im Gametophyt also 4 Chromosomen führen ®). Soweit meine Erfahrungen reichen, vollzieht sich im großen und ganzen innerhalb der phylogenetischen Reihe, die von den Pterido- phyten bis in die letzten Auszweigungen der Phanerogamen aufwärts führt, eine Verminderung der Chromosomenzahl in den Kernen. Es scheint daher, als wenn eine gegenläufige, sich innerhalb dieser Reihe wiederholt einstellende Vervielfältigung des Chromosomensatzes wie eine Art von Rückschritt aufgefaßt werden müßte, (die vielfach nachteilige Folgen zeitigt. Bilder der Reduktionsteilung in Pollenmutterzellen des apogamen Hieraeium excellens und gewisser ebenfalls apogamer Rosen, wie sie O. Rosenberg‘) dargestelit hat, zwingen auch zur Erörterung (der Frage, DA. a. O., Svensk. Bot. Tidsskr., Bd. II, pag. 161. 2) Über Parthenogenesis hei Hontiuynia cordata. The Botanieal Magazine, Tokyo 1908, Vol. XXIEL, pag. 4l. . 3 H. 0. Juel, Die Tetradenteilungen bei Taraxacum und anderen Cicha- rinegen. Kongl. Sv. Vet. Akad. Handi. 1905, Bd. XIXXX, Nr. 4, pag. 13. 4) In der zitierten Hieracium-Arbeit von 1907 anf pag. 153 und in der eben- falls zitierten Taraxacıun-Rosa-Arbeit von I90R auf jag. 156. 4236 E. Strasburger, ob nicht etwa Apogamie unmittelbar in den Gonotokonten eines Bastards ausgelöst werden könnte, wenn Arten mit ungleicher Chromosomenzahl sich zu seiner Entstehung vereinigten. In den Reduktionsspindeln der Polienmutterzellen von Hieracium exeellens bekam O. Rosenberg oft 14 oder 15 Gemini und 6 oder 7 ungepaarte Chromosomen zu sehen, während in anderen Fällen doch auch alle Chromosomen zu etwa 17 Gemini gepaart sein konnten. Die Reduktionsspindein der‘ Pollen- mutterzellen apogamer Rosen zeigten eine Anzahl Gemini in ihrem Äquator, während andere Gemini und vorwiegend Einzelehromosomen sich außerhalb der Teilungsfigur in deren Nähe befanden. Das erinnerte 0. Rosenberg an Bilder, wie sie bei der Reduktionsteilung in den Pollenmutterzellen des Bastards Drosera longifolia > rotundifolia ihm entgegentraten, Bilder, welche die Vorstellung erwecken konnten, daß es sich auch bei jenem Hieracium und diesen Rosen um Folgen von Bastardierung handle. Doch ließ O. Rosenberg von diesem Gedanken alsbald ab, um den andern festzuhalten, daß hier nur Störungen im Reduktionsprozesse vorliegen. Das ist in der Tat anzunehmen und erinnert uns daran, daß auch R. R. Gates ähnliche Erseheinungen in den Reduktionsspindeln der Pollenmutterzellen bei der tetraploiden Oenothera gigas beobachtet hat. Bis jetzt haben sexuelle Vereinigungen von Arten mit ungleicher Chromosomenzah], falls sie zu starke Störungen der sexuellen Reproduktion mit sich brachten, zu Sterilität, in keinem mir bekannten Falle aber zu Ooapogamie geführt. Andererseits läßt sich unschwer begreifen, daß, wenn durch Vermehrung des Chromosomen- satzes statt zweier homologer Chromosomen vier oder gar acht den Gonotokonten zufallen, sie durch gegenseitige Wechselwirkung sich bei der Paarung stören könnten. Haben aber erst innerhalb der Samen- anlagen die Vorgänge der Reduktionsausschaltung in das Fortpflanzungs- geschäft eingegriffen und dieses im Laufe von Generationen stabilisiert, so mag das auch den Paarungsverhältnissen der Chromosomen in den Pollenmutterzellen einen regelrechteren Verlauf gesichert haben. Das könnte zum mindesten die ordnungsmäßige Ausbildung der Bilder erklären, die uns in den Reduktionsspindeln der Pollenmutterzellen einer Wikstroemia indica (Fig. 8, Tafel VI) entgegentreten. Daß zudem eine allem Anschein nach aus Vervielfältigungen des Chromosomen- satzes hervorgegangene Chromosomenvermehrung nieht unbedingt zu Störungen bei den Reduktionsteilungen zu führen braucht, das lehren uns die regelrechten Bilder der normalgeschlechtlichen Alchimilla penta- phylla O), die ebensoviel Chromosomen in ihren Kernen wie die apogamen 1) Apogamie der Eualchimillen a. a. O., Taf. IV, Fig. 43—47. Chromosomenzahl. 427 Eualchimillen führt, tetraploid, wenn nicht gar oktoploid, ist. Um die Regelmäßigkeit in der Ausbildung, welche die Reduktionsbilder auch in den Pollenmutterzellen bestimmter apogamer Eualchimillen, so der Alehimilla speciosa‘), aufweisen, sich zurechtzulegen, würde man somit bei diesen, nicht erst zu einem regulierenden Einfluß der typischen Kernteilung, die an Stelle der Reduktionsteilung in den Samenanlagen trat, seine Zuflucht zu nehmen brauchen, vielmehr direckt an das Ver- halten der ebenso chromosomenreichen A. pentaphylla anknüpfen können. Doch ist eine über Diploidie hinausgehende Vermehrung der Chromosomensätze keinesfalls als einzige Ursache, die zu Ooapogamie führen konnte, anzusehen. Ooapogamie stellte sich vielmehr, allem An- schein, nach unter bestimmten Bedingungen auch infolge von Diöcie ein, wenn diese die regelrechte Fortpflanzung erschwert hatte. Darüber be- lehrt uns das Beispiel von Thalietrum purpurascens, einer Pflanze mit 24 Chromosomen im Sporophyt, also mit einer bei Banunculaceen, zu denen sie gehört, verbreiteten Zahl?). Für die als apogam zuvor schon erkannten Elatostemen stellte ich neuerdings fest, daß ihnen 32 Chromo- somen im Sporophyt zukommen®). Das ist nun dieselbe Zahl, weiche auch die normalgeschlechtliche Urtica dioica aufweist®). Es könnte freilich die Frage hier aufgeworfen werden, ob die 32 Chromosomen des Sporophyts dieser Urticaceen nicht schon eine tetraploide Zahl darstellen und ob Urtica dioica. nicht trotz solcher Tetraploidie in ähn- licher Weise bei ihrer Normalgeschlechtlichkeit verharrte, wie es die mit sicherlich vervielfältigtem Chromosomensatze ausgestattete Alchimilla pentaphylia tut. Eine weitere Prüfung von Urticaceen auf ihre Chromo- somenzahlen wird zur Klärung dieser Frage beitragen. Cannabis sativa, die aber nicht zu den Urtieaceen, wohl aber in deren nächste Ver- wandtschaft, zu den Moraceen, gehört, führt nur 20 Chromosomen in ihrem Sporophyt, 10 Gemini in ihren Gonotokonten:). Jedenfalls kan aber Marsilia Drummondü, die in gleicher Weise dureh Ausschaltung 1) Ebenda, ‚Tafel I, Fig. 11—13. 2) I. B. Overton, Über Parthenogenesis bei Thalictrnm purpuraseens. Ber, @. Deutsch. bot. Gesellsch. 1904, pag. 278. 3) Sexuelle und apogame Fortpflanzung bei Urtienceen, Jahrh, für wissonsch. Bot. 1910, Bd. XLVII, pag. 267. 4) Ebenda, pag. 246. . 5) Nicht 9 wie ich fälschlich auf pag. 34 des 7. Heftes meiner Histologisehen Beiträge in der Arheit: „Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlerhts usw. 1909, angegehei habe, . 428 E. Strasburger, der Reduktionsteilung apogam wurde, hier ohne alles Bedenken an- gereiht werden, da die auf etwa 32 abzuschätzende Chromosomenzahl !) in den Kernen ihres Sporophyts durchaus nicht als hoch bei den Pterido- phyten gelten kann. Zudem kommt den normalgeschlechtlichen Marsilia- Arten dieselbe Chromosomenzahl zu. Da die Mikrosporen der Marsilia Drummondii keine Spermatozoiden bilden, so kann eine Befruchtung ihrer Eier nicht erfolgen. In lehrreicher Weise schließen sich letztere nach außen ganz ebenso ab, wie die apogamen Eier von Angiospermen, die nach Befruchtung nicht verlangen. In ähnlicher Weise wie Marsilia Drummondii würde sich nach den eben veröffentlichten Untersuchungen von K. Meyer?) die Burmanniacee Thismia elandestina verhalten. Die Übereinstimmung würde darin liegen, daß auch bei Thismia clandestina die Befruchtung infolge mangelhafter Ausbildung der männlichen Geschlechtsprodukte nicht erfolgen kann, eine Steigerung der Chromosomenzahl hingegen allem Anschein nach nicht vorliegt. Thismia clandestina besitzt hermaphrodite Blüten, ist aber in Wirklichkeit nur noch weiblich, falls die Annahme K. Meyer’s, daß ihr Pollen funktionslos sei®), zutrifft. Als Chromosomenzahlen gibt K. Meyer für die Pollenmutterzellen dieser Pflanze etwa 6—8 Paare, für die Embryosackmutterzelle, bei ausbleibender Reduktion, gegen 12 an‘), also niedrig klingende Werte. Soweit die noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen von Franz Roth ein Urteil zu fällen erlauben, würde das Verhalten der Gattung Rumex ein sehr eigenartiges sein®). Die Diöcie der Arten in der Sektion Acetosa hätte trotz der niedrigen Chromosomenzahlen, welche diese Sektion aufweist, zu Apogamie bei ihr geführt, während andererseits möglicherweise ebensolche Apogamie durch hohe Chromosomenzahlen bei einigen gynomondeischen Arten der Sektion Lapathum veranlaßt worden wäre. Die diöeischen Arten der Sektion Acetosa, mit denen Franz Rotlı experimentierte und bei denen er aus den Isolierungs- versuchen auf Apogamie schließen zu müssen glaubte, führten in den Reduktionskernplatten ihrer Pollenmutterzellen bei Rumex Acetosa, RB. 1) Apogamie bei Marsilis, Flora 1907, Bd. OXXXII, pag. 132, 134. 2) Untersuchungen über Thismia elandestina. Sonderabzug aus dem Bulletin des Naturalistes de Moscou 1908. 3) Sonderabzug, pag. 8. 4) Ebenda, pag. 9. Soweit als das vorhandene Material für solche Fest- stellungen genügte. ’ 5) Die Fortpflanzungsverhältnisse bei der Gattung Rumex. Bonner Tnaug.- Dissertation, auch Verhandl, des Natnrhist. Vereins zu Bonn 1906, Jahrg. 63, ag. 327. Chromosomenzahl. 420 hispanicus, R. arifolius, R. nivalis je 8 Gemini. Sie waren augenscheinlich apogam mit ursprünglichem Chromosomensatz; nicht so die ebenfalls apogame Art Rumex Acetosella, bei der sieh i6 Gemini vorfanden. Diese standen aber in ihrer Größe um die Hälfte hinter den Chromo- somen der zuvor genannten Arten zurück®). Wie die Franz Roth’schen Figuren lehren®), sind auch die Kerne, welche die 16 Gemini bei R. Acetosella bergen, nicht größer als jene mit 8 Gemini bei R. Acetosa, Natürlich war die Verlockung groß, Bastarde zwischen diesen beiden Arten zu erziehen, um sie auf ihre Reduktionsbilder zu studieren, doch gelang trotz vieler Mühe die Bastardierung nicht“), wie denn Bastarde zwischen diöeischen Rumex-Arten überhaupt nicht bekannt sind, während umgekehrt: die zwitterigen Arten dieser Gattung sehr viele Bastarde geliefert haben). Die Reduktionskernplatten der Pollenmutterzellen von Rumex scutatus ergaben Franz Roth 12 Gemini, und zwar, wie aus den Figuren‘) zu ersehen ist, ebenfalls ohne Änderung der Kern- größe gegen die anderen Arten. Diesen Chromosomenzahlen gegenüber: ständen nun jene der zwitterigen Arten, die Franz Roth aus der Sektion Lapathum untersuchte. Bei Rumex cordifolius waren es mehr als 20 Gemini, die er zählte, bei R. cordifolius ließ sich diese Zahl sogar sicher auf 40 bestimmen. Die Franz Roth’schen Figuren zeigen‘), daß die entsprechenden Kerne des R. cordifolius bedeutend größer als jene von der Sektion Acetosa sind. Wollte man auf die Erfahrungen mit- Rumex sich stützen, so könnte man, meint Franz Roth®), fast denken, daß hohe Chromosomenzahlen die Bastardierung eher erleichtern, als daß sie ihr hinderlich sein sollten, da doch die chromosomenarmen Rumex-Arten gar nicht bastardieren, die chromosomenreichen hierzu so sehr neigen. Das Verhalten der Gattung Rumex der Apogamie gegenüber würde noch lehrreicher sein, als es jetzt schon ist, wenn sich heraus- stellen sollte, daß alle die chromosomenreiehen Arten normalgeschlechtlich sind. Doch diesen Ausspruch: hindert eine Angabe von Franz Roth®), derzufolge weibliche Blüten an gynomonöeischen Stöcken von Rumex 1) A. a. O., pag. 338. 2) A. a. O. pag. 339. 3) Taf. I, Fig. 1-4. 4) A. a. O., pag. 340, 5) W. O0. Focke, Die Pflanzen-Mischlinge 1881, jng. 316. 6) Taf. I, Fig. 5, 6. D) Taf. L Fig. 7, 8. 9A. 0. page! 9) A. a. O0. pag. 9% Flora, Bi 10. 28 430 E. Strasburger, crispus und Rumex Patientia, in Pergamindüten abgeschlossen, reichlich normalen, keimfähigen Samen lieferten. Franz Roth hatte alle herma- phroditen Blüten, die man schon in jungen Stadien erkennen kann, von den zu isolierenden Blütenständen entfernt. Er nahm auch deren Isolierung zu einer Zeit vor, wo hermaphrodite Blüten an ihnen nicht mehr gebildet werden, doch empfindet er es selbst, daß seine Versuche nicht einwandfrei sind. Der Umstand, daß bei Eualchimillen, Taraxacum, Hieracien großer Formenreichtum mit Ooapogamie zusammengeht, hatte in mir den Ge- danken geweckt, daß diese durch starke Mutation gefördert werde). Seitdem haben sich zu den ooapogamen Pflanzen, die vielgestaltig sind, Wikstroemis indiea?) und Hlatostema sessile®) gesellt. Andererseits fügte ich auch seinerzeit schon hinzu, daß die Gattung Rubus und Rosa sich ebenso formenreich wie die Eualchimillen zeige, ohne deshalb apogam zu sein, und daß die vielgestaltigen Draba verna und Viola trieolor zu den normalgeschlechtlichen Pflanzen gehören. Nunmehr ist auch für eine Anzahl Rosen durch O. Rosenberg‘), wie wir zuvor schon sahen, Ooapogamie festgestellt worden, was an ‘der Tatsache aber nichts ändert, ja sie in ihrer Bedeutung sogar noch steigert, daß andere Rosen trotz Vielgestaltigkeit ihre Normalgeschlechtlichkeit beibehielten. Meine Auffassung der Sachlage möchte ich auf Grund unserer er- weiterten Kenntnisse jetzt etwa dahin formulieren, daß starke Mutation, nur wenn sie mit Chromosomenvermehrung zusammen geht, Ooapo- gamie fördert. Starke Mutation scheint aber tatsächlich eine Verviel- fältigung der Chromosomensätze zu begünstigen, eine Annahme, für die Oenothera gigas einen besonders wichtigen, weil unmittelbar kontrollierten Anknüpfungspunkt schafft. Daß es andere Ursachen gegeben hat, die außerdem zu Ooapogamie führten, wurde bereits entwickelt. Daß Chromosomenvermehrung ohne Mutation vor sich gehen kann und dann nicht apogame Wirkungen zu haben braucht, scheint Drosera longifelia zu lehren. Bei Oenothera Lamarckiana sind Mutationen und Chromo- somenvermehrung erst im Gange und die Zeit, über die sich die Be- 1) Die Apogamie der Eualchimillen, a. a. O. pag. 751 ff. 2) Hans Winkler, Progressus rei hotanieae 1908, pag. 147 und meine An- gaben im 7. Heft der Histol. Beiträge: Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw. 1909, pag. 86. 3) Meine Arbeit über sexuelle und apogame Fortpflanzung bei Urtieaeeen. Jahrb. für wissenseh. Bot. 1910, Bd. XLVII, pag. 273. 4) Sveusk Bot, Tidsskrift 1909, Bd. IL, pag. 158, Chromosomenzahl. 481 obachtungen erstrecken, noch relativ zu kurz, als daß alle Möglichkeiten, auch die für Ooapogamie, erschöpft seien. R. R. Gates‘) hat Oenothera lata als ooapogam in Verdacht, doch würde es sich bei O. lata nicht um einen O. Lamarckiana-Mutanten handeln, dem eine vermehrte Chromo- somenzahl zukommt, vielmehr um einen solchen, bei dem die Pollen- bildung gelitten hat. Auch über Oenothera gigas schreibt R. R. Gates?) in seiner letzten Publikation: „It is not impossible that O, gigas itself may develope sign of apogamy.“ Das geht aber nieht über eine bloße Vermutung hinaus, Im übrigen sollen alle diese meine Erörterungen nur zu weiterer Forschung nach den Ursachen der Ooapogamie, die im Pflanzenreich in immer zahlreicher werdenden Beispielen bekannt wird, anregen, vielleicht auch durch die Fassung bestimmter Fragen die Beachtung bisher weniger berücksichtigter Einzelheiten bei den Untersuchungen veranlassen. Wie in diesem Aufsatz schon einmal angeführt wurde, hat Re- ginald Ruggles Gates bei seiner Untersuchung der Oenothera gigas die Frage aufgeworfen, ob nicht die Angabe von Shig6o Yamanouchi?), daß aus Prothallien von Nephrodium molle „Sporophyte“ mit reduzierter Chromosomenzahl hervorgegangen seien, an Auffälligkeit bei der An- nahme verlöre, daß Nephrodium molle tetraploid sei. Die hohe Chro- mosomenzahl dieses Farns, verglichen mit der anderer Farne, weise auf solche Verhältnisse hin. Dann würden die aus den Prothallien (durch Sprossung erzeugten, mit derselben reduzierten Chromosomenzahl wie diese Prothallien ausgestatteten Sporophyte noch immer diploid sein. Wenn die Angaben über diesen Sprossungsvorgang, der sich unter künstlichen Kulturbedingungen) vollzogen hat, betreffs der Chro- mosomenzahlen wirklich zutreffen, so dürfte es nur willkommen sein, wenn er durch R. R. Gates’ Erklärungsversuch aus der Kategorie theoretisch störender Aushahmefälle, die man als solche immer wieder zitiert, ausgeschaltet werden könnte. RB. R. Gates meint, daß Messungen der Kern- und Zellgrößen, nach dem Muster der bei Oenothera gigas von ihm .vorgenommenen, dazu beitragen könnten, die Sachlage zu klären. — Ich selbst wollte mit meinen Bemerkungen zu der betreffenden Angabe Yamanouchi’s so lange zurückhalten, bis wir über das weifere 1) Apogamy in Oenothera. Seience N. 8. 1909, Vol. XXX, Pag: 91. 2) The Statere and Chromosomes of Oenofhera gigas de Vries, Arch. für Zellforschung 1909, Bd. II, pag. 547. _ , 3) Apogamy in Nephrodium. Bot. (nzette 1908. Vol XIY, png. 2891. 4) Ebenda. pag. 295. age 432 E. Strasburger, Schicksal seiner, mit halber Chromosomenzahl ausgestatteten Nephrodium molle-Sporophyte etwas erfahren hätten. Da aber R. R. Gates die Anregung dazu gibt, so möchte ich mich immerhin hier schon darüber äußern, was mir an den Yamanouchi’schen Angaben und Bildern auf- gefallen ist. Die Prothallien, aus welchen die in Betracht kommenden Sporophyte durch apogame Sprossung hervorgingen, zeichneten sich durch verhältnismäßig große Zellen, im Vergleich zu normalen Pro- thallien derselben Art aus, und sie hatten auch volıminösere Kerne als diese aufzuweisen, die entsprechend größere Teilungsfiguren bildeten !). Vergleicht man diese Figuren mit jenen, die S. Yamanouchi für nor- male Prothallien von Nephrodium molle veröffentlicht hat?), so fällt in der Tat der Größenunterschied sehr auf. Ein im Spiremstadium be- findlicher, dem abnormen Prothallium entnommener Kern?) weist in der Zeichnung einen Durchmesser von 33:26 mm auf, während ein bei derselben Vergrößerung dargestellter Kern von gleichem Entwick- lungszustand aus dem normalen Prothallium nur 21:19 mm mißt®). Andererseits stimmen die Größenverhältnisse der Kernfiguren in den abnormen Prothallien mit jenen eines normalen Sporophyts von Nephro- dium molle überein). Ob die Spermatozoiden, welche von den abnormen Prothallien erzeugt wurden, sich durch bedeutendere Größe auszeichneten, finde ich in Yamanouchi’s Text nicht erwähnt. Letzteres wäre aber nicht unwichtig zu wissen. 8. Yamanouchi zählt in den Kernen der abnormen Prothallien 64 oder 66 Chromosomen, in den gleichgroßen Kernen eines normalen Sporophyts 128--132. Wie das mit den andern Erfahrungen, über die in diesem Aufsatz berichtet wurde, in Einklang zu bringen ist, müssen weitere Untersuchungen uns lehren. Freilich darf man nicht vergessen, daß uns aus den Abteilungen der Thallo- phyten über solche Fälle berichtet wird, in welchen sich die Größe der einander entsprechenden Kerne und Zellen nicht nach der Zahl der Chromosomen richtet, welche in diesen Kernen vertreten sind. Das dürfte nach den Untersuchungen von J.. Lloyd Williams für Dietyo- taceen gelten‘), deren sporophyte und gametopliyte Thalli nieht nur im 1) Ehenda, pag. 297. Abbildungen der Taf. IX. 2) Spermatogenesis, Oogenesis and Fertilization in Nephrodium. Bot. Gazette 1908. Vol. XLV, pag. 145. Ahhildungen der Taf. VL 9 Taf. IX, Fig. 4. 4) Tat. VI, Fig. 1. 5) Ygl. die Figuren der Taf. X der genannten Arbeiten mit jenen der Taf. 1. 6) Studies in the Dietyotacene, T und II, in Ann, of Bat. 1904, Vol. XVIIL, yag. 141 and 183, Chromosomenzahl. 433 Habitus einander gleichen, sondern auch in der Kern- und Zellgröße über- einzustimmen scheinen 1), ungeachtet die Kerne der sporopliyten (ieneration «doppelt so viel Chromosomen als die der gametophyten führen. — So auch gibt R. R. Gates?) an, 8. Yamanouchi habe ihm versichert, daß der ungeschlechtliche Thallus von Polysiphonia violacea weder in der Größe der Zellen noch jener der Kerne von dem geschlechtlichen konstant abweiche, ungeachtet die zuerst genannte Generation 40, die zu zweit genannte 20 Chromosomen in ihren Kernen führe®). Dazu würde auch die Angabe von J. F. Lewist) für eine andere Rho- ° dophycee, die Griffithia Bornetiana, stimmen, daß die Größe der Kerne in ihren sporophyten und gametophyten Generationen annähernd über- einstimme°), trotzdem diese Kerne im Sporophyt diploid, im Gametophyt haploid sind. Nur soll zur Zeit der Metaphase die Kernhöhle der sexuellen, also haploiden Pflanzen etwas kleiner als die der tetrasporenbildenden, also diploiden, sein. In der morphologischen Ausgestaltung der sporo- phyten und gametophyten Thalli herrscht Übereinstimmung. — Doch das wären unter allen Umständen eigenartige Fälle, die ihrerseits erst einer Erklärung bedürfen und an der Tatsache nichts ändern, daß bei höher organisierten Tieren und Pflanzen zwischen vergleichbaren Ob- jekten Kern- und Zellgröße sich nach der Uhromosomenzahl richtet, Im Tierreich wären im besonderen die experimentellen Beweise hervor- zuheben, die Th. Boveri dafür bei den Seeigellarven geliefert hat”). Das für Nephrodium molie von 8. Yamanouchi geschilderte Verhalten würde übrigens auch von jenem der Dietyotaceen und der Rhodophyeeen verschieden sein, da bei Nephrodium nicht Kerne mit verschiedener Chromosomenzahl gleiche Größe besäßen, vielmehr Kerne mit überein- stimmender Chromosomenzahl sich in ihrer Größe bedeutend unter- 1) Vgl. hierzu die Figuren der Kerateilungen der mit 32 und der niit 1 Chromosomen ausgestatteten Kerne anf den Tafeln IX, X und XIT der genannten beiden Arbeiten. 2%) Archiv für Zeilforschung 1909, Bd. III, pag. 541. 3) Auf diese Mitteilung muß ich hier den Nachdruck legen, da ich anir was den Abbildungen, die $. Yamanouchi’s verdienstvolle Arbeit „The Life-Iistory of Polysiphonia® auf Taf. NIX —XXVILL der Bot. Gazette 1900, Vol. XLII begleiten, ein eignes Urteil über den Sachverhalt nicht bilden konnte. 4) The Life-History of Griffithia Bornetiana. Ann. of Bot, 1909, Vol. XXIIE, pag. 639. 5) Ebenda, pag. 647. 6 Zellenstudien, Heft 5: Über die Abhängigkeit der Kerngröße und Zellen- zahl der Seeigellarven von der Chromosomenzabl der Ausgangszellen, 1905. 434 E. Strasburger, scheiden würden. Die endgültige Aufklärung dieses Falles ist erwünscht, sie würde den Wert der Yamanouchi’schen Arbeit noch steigern. Im Hinblick auf Dietyotaceen und Rhodophyceen sei bier ein- geschaltet, daß ihr eigenartiges Verhalten mir aus seiner isolierten Stellung etwas hinauszurücken scheint, jetzt, wo ich es mit bestimmten in diesem Aufsatz erörterten Erscheinungen vergleiche. Die Verdoppelung der Chromosomenzahl wurde von Oenothera gigas ohne stärkere Merk- maländerung ertragen, also könnte schließlich aueh bei Dietyotaceen und Rhodophyeeen, im Anschluß an Befruchtung, die diploide Anlage den haploiden Thallus ohne notwendige Änderung in seiner Ausgestaltung wiederholen. Als auffälliger Unterschied gegen das Verhalten von Oenothera gigas nach ihrer Chromosomenverdopplung, bleibt für Dictyotaceen und Rhodophyceen nur die Tatsache, daß sich ein solcher Vorgang ohne Kern und Zellvergrößerung bei ihnen vollziehen konnte. Wenn Nephrodium molle wirklich tetraploid wäre, sein nach einer Reduktionsteilung erzeugtes Prothallium also noch immer diploid und eben infolge dieser Diploidie befähigt, durch Sprossung einen Sporophyten mit diploiden Kernen zu erzeugen, so entstände die Frage, warum nicht auch die mit reduzierter Chromosomenzahl ausgestatteten Eier tetraploider Pflanzen zu echter Parthenogenesis hinneigen. Denn sie wären ja auch nach dem Reduktionsvorgang noch diploid. Derartiges ist aber nicht bekannt, vielmehr gehen auch solche Eier, ebenso wie andere auf Befruchtung eingerichtete, unbefruchtet zugrunde. Selbst bei solchen Pflanzen wie Wikstroemia indica, bei welchen eine besonders hohe Yer- vielfältigung des Chromosomensatzes anzunehmen ist, erwies sich zur äpogamen Weiterentwicklung der Eier die Ausschaltung der Reduktions- teilung als notwendig. Möglicherweise wird aber in Zukunft als Beispiel von haploider Anlage eines sonst diploiden Sporophyts auch noch eine Gymnosperme zitiert werden, und zwar Pinus Pinaster. Eine auffällige Angabe dieser Art wird von W. T. Saxton!) in dem Maiheft der Botanieal Gazette gemacht. W. T. Saxton war es gelegentlich aufgefallen, daß Samen- anlagen von Pinus Pinaster „Proembryonen“ in allen Stadien der Aus- bildung führen, ohne daß Pollenschläuche im Nucellus zu finden seien. Auch käme es vor, daß man im Nucellus in solchem Falle zwar Pollen- schläuche antreffe, diese aber nur einen Teil des Nucellus durchsetzen und ohne Kerne seien. Durch besonders darauf gerichtete Unter- suchungen meint nun W. T. Saxton, sich tatsächlich vom Vorhandensein 1) Bd. XLVIL, pag. 406. Chromosomenzahl. 435 der „Parthenogenesis“ bei Pinus Pinaster überzeugt zu haben. Den Beweis hierfür liefern ihm zwei Figuren, die er seiner kurzen Mitteilung beifügt. Die eine zeigt im Nucellus einen Pollenschlauch, in seinem Innern noch die generativen Kerne, dessenungeachtet den Eikern im Kernspindelstadium begriffen. Diese Kernspindel ist annähernd in der Längsachse des Eies orientiert, während eine aus der Befruchtung her- vorgegangene Keimkernspindel quer zu dieser Achse stehen müßte, Die Zahl der Chromosomen in dieser Spindel soll zudem haploid sein. In der anderen Figur hört der Pollenschlauch in halber Höhe des Nucellus auf, führt ebenfalls noch die generativen Kerne, der Eikern ist dessenungeachtet geteilt, die von ihm erzeugten, durch Verbindungs- fäden noch zusammenhängenden Tochterkerne bilden eine schräg zur Längsachse des Eis orientierte Figur. Archegonium und Ei zeigen keine Veränderung, aus der man auf stattgehabte Befruchtung schließen könnte. So weit die Beobachtungen reichen, so schließt W. T. Saxton, abortiert die Samenanlage oft vor Bildung eines „Proembryo“, doch niemals nachher. Sonach scheine es, daß parthenogenetische Embryonen ebensogut sich entwickeln müssen als normale. Es sei nicht möglich anzugeben, ob diese Entwicklung nur intraseminal ist oder ob Samen, die solche Embryonen enthalten, zu keimen und norınale Pflanzen zu bilden vermögen. " Auffallend wäre es jedenfalls sehr, wenn ein gymnospermes Ei sich den Luxus der Parthenogenesis gestatten wollte, während über ihm Spermakerne darauf harren, in Aktion zu treten. Man könnte ja immerhin sich vorstellen, daß bei zufällig verhindertem Zutritt der Pollenschlauch- spitze bis zum Ei von ihr ausgeschiedene Stoffe eine parthenogenetische Entwieklung des Eies anregen könnten. Das würde an die Angaben von Hans Winkler erinnern, mit chemischen Bestandteilen des Spermas bestimmter Seeigel eine Anzahl Teilungen in deren unbefruchteten Eiern ausgelöst zu haben‘). Doch bevor solche Möglichkeiten weiter erörtert werden, müßten tiber das von W. T. Saxton behauptete Ver- halten seiner Pinus-Eier noch ganz andere Angaben vorliegen. Für den Augenblick lassen sich an seine Bekanntmachung nur lauter Frage- zeichen anknüpfen. Zunächst faßte ich in diesem Aufsatz nur solche höhere Chromo- somenzahlen ins Auge, für die der Vergleich eine Ableitung aus Längs- 1) Über Merogonie und Befruchtung. Jahrb. f. wiss, Bot. 1901, Bd. XXX VL Pag. 764. 436 E. Strasburger, spaltungen wahrscheinlich macht. Doch bietet das Pflanzenreich andere Beispiele höherer Chromosomenzahlen, die ihre Erklärung wohl in einer Querteilung von Chromosomen finden dürften. Im Gegensatz zu der aus Längsspaltung abzuleitenden Chromosomenvermehrung hat die auf Querteilung beruhende keine Vergrößerung der Kerne zur Folge. Der Chromosomensatz wird ja alsdann nicht vervielfältigt, die Summe der im Kern vertretenen Erbeinheiten bleibt die gleiche wie zuvor, es ist somit kein Grund für dessen Vergrößerung vorhanden. Ein Fall, in welchem ich mir eine solche Vermehrung der Chromosomenzahl durch Querteilung als sehr wahrscheinlich denke, ist der schon einmal erwähnte des Rumex Acetosella). Wir fanden die Reduktionskerne in den Pollen- mutterzellen dieser Spezies mit 16 Gemini ausgestattet, wobei jeder Geminus die halbe Größe der 8 Gemini zeigte, welche die entsprechenden Kerne von Rumex Acetosa bei gleichem Volumen führen. — Ein anderer und zwar extremer Fall, der wohl auch nur durch Annahme von Quer- teilungen einstiger Chromosomen dem Verständnis näher rückt, ist der von Funkia. Die Kerne des Sporophyts der Funkia ovata und F. Sieboldiana führen nach Miß M. G. Sykes?) 48 Chromosomen in den Kernen ihres Sporophyts. Sie zeichnen sich aber durchaus nicht in ihrer Größe von den Kernen anderer verwandter Liliaceen aus. In - den von K. Miyake?) bei übereinstimmender Vergrößerung dargestellten Reduktionskernen der Pollenmutterzellen von Funkia Sieboldiana und Lilium Martagon treten erstere gegen letztere sogar in der Größe zurück. Nichts anderes gilt für die Größe der sogar mit noch mehr Chromosomen wie Funkia ausgestatteten Yucca-Arten‘), Funkien wie Yukken sind mit verschieden großen Chromosomen in ihren Kernen versehen. Die kleinen Chromosomen aus erblich fixierten Querteilungen der großen abzuleiten, liegt überaus nahe. Beachtet man die Art und Weise, wie in solchen Fällen die ungleich großen Chromosomen in die Kernplatten eingereiht werden, so gelangt man zu der Vorstellung, daß die Zerkleinerung eines Teils dieser Chromosomen ihre freie Einfügung in den Raum erleichtert. Die großen Chromosomen können sich unbehindert in der Peripherie der Kernplatte ausstrecken, im Innern 1) Im Anschluß an die Angaben und Bilder bei Franz Roth in der früher zitierten Rumex-Arbeit, pag. 338 u. 339 und Taf. I, Fig. 2 u. 4. 2) Notes on tke number of the somatic chromosomes in Funkia, Archiv für Zeilforschung 1908, Bd. I, pag. 526. 3) Über Reduktionsteilung in den Pollenmutterzellen einiger Monokotylen. Jahrb. f. wiss, Bot. 1905, Bd. XLII, Taf. IV, Fig. 74#f. und Taf. V, Fig. 1128. 4) Clemens Müller, Über karyokinetische Bilder in den Wurzeln von Yucen. Jahrb, £. wiss. Bot. 1909, Bd. XLVLL, Taf. IL u nn Chromosomenzahl. 437 der Kernplatte würden sie, hei gleicher Länge, sich ineinander ver- flechten. Den Störungen, die hieraus dem Teilungsvorgang erwachsen könnten, ist durch die Zerlegung eines Teils der-großen Chromosomen in kurze Abschnitte begegnet worden. Die Vorteile einer solehen Ein- richtung wachen sich unter Umständen schon bei Kernen mit weit kleinerer Chromosomenzahl geltend, so bei Galtonia candicans, die mit 12 großen und 4 kleinen Chromosomen in den Kernen ihres Sporophyts ausgestattet ist. Auch bei ihr nehmen die großen Chromosomen die Peripherie, die kleinen das Innere der Kernplatten ein, Ich beschränke mich auf die Vorführung dieser wenigen Beispiele, die für die Wahrscheinlichkeit, daß Chromosomenvermehrung in be- stimmten Fällen auf Querteilung‘ beruhe, Zeugmis ablegen sollen. Andere Fälle hätten noch herangezogen werden können, doch ist es wohl richtiger, ihre Verwertung zu verschieben bis zu dem Augenblick, wo sie auf die hier behandelten Probleme hin speziell geprüft worden sind. Da dürfte es zumeist darauf ankommen, die Untersuchung über größere Verwandtschaftsgruppen entsprechend ausgewählter Pflanzen auszudehnen, um aus dem Vergleich etwaige Stützen für phylogenetische Ableitungen zu gewinnen. Ob eine starke Vermehrung der Chromosomenzahl durch Quer- teilung für die regelrechte Fortpflanzung von Nachteil werden kann, bleibe zunächst dahingestellt. Daß sie zu Ooapogamie irgendwo geführt hätte, glaube ich kaum. Zwar gehört gerade eine Art der zuvor als Bei- spie] von Chromosomenvermehrung dureh Querteilung mit herangezogenen Gattung Funkia, und zwar F. ovata, zu denjenigen Pflanzen, die Adventivkeime bilden, doch erzeugt sie diese erst nach vollzogener Befruchtung des Eiest), so daß ihre Geschlechtsfunktion durch den Vorgang nicht berührt wird. Im Anschluß an die Erscheinungen bei Funkia, Yucca, Galtonia, wo die Querteilung sich nicht: über alle Chromosomen erstreckte und daher Größenunterschiede zwischen den Chromosomen bewirkte, sei als Möglichkeit aufgestellt, daß, wo auch sonst Kerne mit verschieden großen Chromosomen uns entgegentreten, dies durch phylogenetisch fixierte Querteilung eines Teiles dieser Chromosomen bedingt sei. Das Ursprüngliche dürften stets gleich große Chromosomen gewesen sein, die ungleich großen eine abgeleitete Erscheinung darstellen. )) Vgl. meinen Aufsatz über Polyembryonie vom Jahre 1878 in der Jenaischen Zeitschrift für Naturwissenschaften, Bd. XII, Neue Folge Bd. V, pag. 649. 438 E. Strasburger, Fast als selbstverständlich erscheint es mir, daß man unter Um- ständen für die Erklärung hoher Chromosomenzablen auch zu erwägen habe, ob nicht Längs- und Querteilungen zusammengewirkt hätten, um den jetzt bestehenden Zustand zu schaffen. Vergleichende Unter- suchungen könnten Stützen auch für solehe Schlußfolgerungen liefern. Die Möglichkeit einer vererbten Festhaltung von Verschmelzungen unter den Chromosomen, bzw. von unterbliebenen Trennungen würde im Einzelfall auch zu berücksichtigen sein. Die Abnahme der Chromo- somenzahl, wie sie im großen und ganzen während der fortschreitenden Entwicklung des kormophyten Architypus im Pflanzenreich sich voll- zogen hat, dürfte mit solchen Erscheinungen zusammenhängen. Geht man von der Vorstellung aus, die ich vor einiger Zeit theoretisch zu begründen suchte), daß die homologen Erbeinheiten 2) zunächst in Mehr- zahl in jedem Kern vertreten waren und daß übereinstimmend im Pflanzen- wie im Tierreich die phylogenetische Entwicklung dahin führte, jede Erbeinheit auf die Einzakl zu reduzieren, so könnte auch dieser Vorgang eine Verminderung der Chromosomenzahl in bestimmten Entwicklungsreihen veranlaßt haben. Daß im Entwicklungsgang des kormophyten Architypus nachträgliche Vervielfältigungen des Chromo- somensatzes sich wieder vollziehen konnten, haben wir gesehen. Wir suchten bei Wikstroemia indiea es wahrscheinlich zu machen, daß auf solche Vervielfältigungen andererseits wieder der Schwund einzelner Chromosomen folgen kann). Da die homologen Chromosomen in solchen Fällen in Mehrzahl vertreten sind, kann das nicht den Verlust be- stimmter Merkmale für den Organismus nach sich ziehen. In Kernen mit vervielfältigten Chromosomensätzen ist ein Unterbleiben voller Chromosomentrennung während der Karyokinese eine besonders häufige Erscheinung, die das Abzählen der Chromosomen erschwert und schließlich vielleicht auch zu einem bleibenden, eine Verminderung der Chromo- somenzahl bedeutenden Verhalten werden kann. Die eytologischen Übereinstimmungen zwischen Metaphyten und Metazoen reichen so weit, daß die hier entwickelten Gedanken über die 1) Histol. Beitr,, Heft 7: Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts usw., 1909, pag. 116. 2) Die Pangene, oder, wie W. Johannsen nicht ohne berechtigten Grund sie zu nennen vorschlägt, die Gene. Blemente der exakten Erklichkeitsiehre, 1909, pag. 124. 3) Vgl. hierzu pag. 406 dieses Aufsatzes. Chromosomenzahl. 439 Ursachen, welche die Chromosomenzahl bestimmen, ihre Anwendung “ auch auf das Tierreich finden könnten. Eine einheitliche Behandlung der gesammten Oytologie strebte ich von dem Augenblick an, wo ich ich denı Zellenstudium zuwandte?). Ich bemühte mich auch weiter, dem Fortschritt der cytologischen Arbeit auf tierischem Gebiet zu folgen und ihre Ergebnisse für die botanische Forschung zu verwerten. Mit dem riesigen Anwachsen der Literatur wurde diese Aufgabe immer schwieriger. Das empfand ich im besondern wieder jetzt, als ich den "Versuch machte, das Vergleichsmaterial für die mich beschäftigende Aufgabe in entsprechenden zoologischen Veröffentlichungen zusammen- zufinden. Ich gelangte zudem alsbald zu der Überzeugung, daß ich ein Urteil im Einzelfall nicht wagen dürfe, ohne mich in alle Zusammen- hänge einzuarbeiten, daß es sich somit um ein Unternehmen handeln würde, das jenseits des für mich Erreichbaren liegt. ‚Ich muß mich daher an dieser Stelle mit einigen Andeutungen begnügen und anderen die Behandlung des gegebenen Problems auf tierischem Gebiet, überlassen. Was für meine vorläufige Orientierung in Betracht kam, lieferte mir vor. allem die Übersicht, welche Valentin Häcker in einem „Individuelle und spezifische Schwankungen der Chromosomenzahl“ betitelten Abschnitt seiner Abhandlung „Die Chromo- somen als angenommene Vererbungsträger“ gab). Des Weiteren er- gänzte mehrfach in sehr willkommener Weise meinen Einblick in das zoologische Tatsachenmaterial das soeben erschienene, sehr verdienst- volle Buch von Emil Godlewski jun.?), das eine „Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse der mit dem Vererbungsproblem in Zu- sammenhang stehenden entwicklungsmechanischen Forschungen“ bringt. In der von Valentin Häcker gelieferten Übersicht weist dieser zunächst auf das bekannte Beispiel von Ascaris megalocephala und von A. lumbrieoides hin, wo seit Th. Boverit) je zwei Rassen mit 4 oder 2, bzw. mit 48 oder 24 Chromosomen unterschieden werden. Bei Be- rücksichtigung der Größenverhältnisse von Chromosomen und Kernen 1) Über Zelibildung und Zellteilung, Mai 1875. 2) Ergebnisse und Fortschritte der Zoologie, herausgegeben von J. W. Spenge), 1907, Bä. I, pag. 38. j 3) Das Vererbungsproblem im Lichte der Entwieklungsmechanik betrachtet. Heft 9 der Vorträge und Aufsätze über Entwicklungsmechanik der Organismen, herausgegeben von Wilhelm Boux, 1909. . . 4) Zellenstudien, Heft 1. Die Bildung der Richtungskörper bei Ascaris me- galvcephala und Asearis iumbriceides, 1887, pag. 7. 440 A. Strasburger, bei. Ascaris megalocephala univalens und bivalens!), wie sie sich aus en Figuren ergeben, die Oskar Hertwig?) und dann August Brauer?) bei gleich starker Vergrößerung für die Spermatogenese und Oogenese ‚ler beiden Rassen dieses Fadenwurmes entworfen haben, möchte ich auf einen Ursprung der Chromosomen von bivalens durch Längsspaltung jener von univalens schließen‘), Das Verhältnis wäre das nämliche wie jenes einer Oenothera gigas zu O. Lamarckiana. Dafür scheint ir entschieden auch das Verhalten zu sprechen, welches die Eier von Asearis megalocephala bivalens zeigen, wenn sie «durch ein Spermatozoon der Rasse univalens befruchtet werden. Das bivalente Ei, schreibt Vietor Herla), der diesen Vorgang entdeckte, trotzdem es doch für die Aufnahme von zwei Chromosomen konstruiert zu sein scheint, begnügt sich vollkommen mit dem Eindringen von nur einem Element. Noch auffälliger sei es, daß die weitere Entwicklung sich normal vollziehe. „Man ist herechtigt, sich zu fragen, ob nicht doch ein Chromosom von Ascaris univalens den beiden Chromosomen der Rasse bivalens ent- spräche“ Die Annahme, daß es sich nur um die Verdoppelung des einen Chromosoms der Rasse univalens durch Längsspaltung bei der Rasse bivalens handle, erweckt auch der Anblick der Vietor Herla’schen Figuren®. Daß es von dem einen Chromosom der Rasse univalens heißt, es sei etwas kleiner?) als die beiden Chromosomen der Rasse bivalens einzeln genommen, ändert nichts an meiner Deutung. Denn erstens ist dieser Größenunterschied nicht bedeutend, zweitens kann er doch nur die Schlußfolgerung bekräftigen, daß es sich bei dieser Chromo- somenvermehrung nicht um eine Querteilung handeln könne. Von Interesse würde es sein, das Verhalten der Gonotokonten solcher drei- 1) Diese Bezeichnung führte Oskar Hertwig ein. Vergleiche der Ei- und Samenbildung bei Nematoden. Archiv f. mikr. Anat. 1890, Bd. XXXVI, pag. 6. . 2) Ebenda, Taf. I-DL 3) Zur Kenntnis der Spermatogenese von Ascaris megalocephala. Archiv für nike, Anat, 1898, Bd. XLII, pag. 153 ff, Taf. NI-XIIN. 4) Auf die Arbeiten von Alice M. Boring und Tl. Boveri, denen ein fünftes bzw. drittes kleines Chromosom bei Ascaris megnlocephala begegnete, kann ich nur hinweisen. Beide Arbeiten sind im 1. Hefte des IV. Bandes des Archivs für Zeilforschung veröffentlicht, 5) Etude des variations de la witose chez Y’Ascaride in&galocsphale. Arch. de Biol. publ. par Ed, van Beneden et Ch. van Bambeke 1893, Tome XII, pag. 493 et 494, 6) Ebende, Taf. XVI u. XVII, Fig, 36#f. 7) Vgl. hierzu im besondern Raffaello Zoja, Sulla indipendenza della eromatina paterna e materna nel nueleo slelle cellulo embrionali, Anat. Anzeiger 1895, Bi, XI, pag. 289, Chromosomenzahl. 441 chromosomigen Würmer bei der Reduktionsteilung zu kennen, Ent- sprechend den in diesem Aufsatz entwickelten Vorstellungen würde ich er- warten, daß die Reduktionskernplatte einen Geminus und ein ungepaartes Chromosom aufweist. Die etwas verschiedene Größe der von den beiden Rassen abstammenden Chromosomen könnte aber vielleicht die Ent- scheidung gestatten, ob die- beiden Uhromosomen im Geminus stets derselben Rasse zugehören, oder ob sie stets.aus einem Chromosom der univalenten und einem der bivalenten Rasse zusammengesetzt sind, oder ob beide Möglichkeiten sich einstellen können. - Andererseits führt auch Ascaris megalocephala univalens, somit die Rasse mit zwei Chromosomen im befruchteten Ei, während der Furchung dieses Eies den Vorgang einer Vermehrung der Chromosomen durch Querteilung ganz unvermittelt vor. Denn von den beiden Blastomeren, welche der erste Teilungsschritt des befruchteten Eies liefert‘), beharrt nur die eine Blastomere bei ihren zwei Chromosomen, während in der anderen die mittleren Abschnitte der beiden Chromosomen in eine große Zahl kleiner Chromosomen zerfallen. Alle Zellen, die aus diesen beiden Blastomeren hervorgehen, haben Kerne mit entsprechend kleinen Chromosomen aufzuweisen. Von der Blastomere, die ihre zwei langen Chromosomen behielt, wird durch jeden weiteren Teilungsschritt eine Zelle mit zwei langbleibenden Chromosomen geliefert und- eine andere, die durch Querteilung dieser Chromosomen für sich und ihre Ab- kömmilinge die erhöhte Zahl der kurzen Chromosomen adoptiert. Die mit kleinen Chromosomen versehenen Zellen bauen das Soma des Tieres auf, die mit großen Chromosomen versehenen stellen die Bahn dar. die zur Urgeschlechtszelle führt, aus der durch lauter gleichartige Teilungen die Oocyten oder Spermatoeyten hervorgehen. — Der Chromosomen- reichtum der Kerne von Ascaris lumbrieoides legt es nahe, sie aus ehromosomenärmerem Ursprung abzuleiten. Die Kerngrößen überbieten bei Asearis lumbrieoides jene der Ascaris megalocephala nicht?). In einer Anmerkung auf pag. 6 des 5. Heftes seiner Zellen- studien®) wirft TA. Boveri die Frage auf, ob nicht auch bei Eehinus 1) Vgl. Vietor Herla, ebenda, pag. 484ff.; besonders aber Th. Boveri in: Die Entwicklung von Ascaris megalocephals mit besonderer Rücksicht auf:die Kern- verhältnisse, Festschrift für Kupfer, 1899, pag. 383. 2) Vgl. die Abbildungen der Taf. IV für Ascaris Jumbricoides bei Th. Boveri, Zellenstudien, Heft 1: Die Bildung der Richtungskörper bei Ascaris megalocephala und Ascaris lumbrieoides, 1887, mit jenen der Taf, III derselben Arbeit, die sich auf A. megalocephala beziehen. 3) Über die Abhängigkeit der Kerngröße und Zellenzahl er Seeigellarven von der Chromosomenzahl der Ausgangszellen, 1905. . 442 F. Strasburger, mierotuberculatus zwei Varietäten vorkämen, von denen die eine doppelt so viel Chromosomen besitze wie die andere, Denn Th. Boveri hatte 1902, gleiehzeitig mit N. M. Stevens, 36 Chromosomen für die diploiden, 18 für die haploiden Kerne des betreffenden Seeigels festgestellt, während ihm dieselbe Art 1888 nur 18 und 9 Chromosomen dargeboten hatte. Da sich Th. Boveri nicht darüber äußert, ob mit der beobachteten Zahlendifferenz auch Größenunterschiede der Chromosomen und Kerne verbunden waren, entsprechende Figuren für den Vergleich aber fehlen, so läßt sich die Frage, ob Längs- oder Querteilung diese Chromosomen- vermehrung verursachte, zunächst nur aufwerfen. Im übrigen haben, wie Th. Boveri hervorhebt‘), die von ver- schiedenen Forschern vorgenommenen Zählungen von Chromosomen in Seeigelkeimen große Übereinstimmung ergeben, Kleine Schwankungen möchte Th, Boveri auf kaum zu vermeidende Fehler bei der Zählung zurückführen. Bei Pflanzen haben wir als Ursache eines verschiedenen Ausfalls der Zählungen auch unvollkommene Chromosomentrennungen während der Karyokinese erkannt. Aus Valentin Häcker’s Übersicht?) entnehme ich, daß Julin in den Oocyten einer Aseidie (Styelopsis) bald 8, bald 4 Chromosomen gezählt hat; Stevens bei der Eireifung von Planaria bald 6, bald 3, bald Mittelzahlen, Ancel bei Helix pomatia 24 Chromosomen dort, wo andere Autoren 48 fanden; V. Gr&goire und W. Deton 8 Chromo- somen in den somatischen Kernen von Ophryotrocha puerilis, für welche E. Korschelt 4 angab. Aus dem Vergleich der Figuren bei Gr&goire- Deton®) und Korscheit®) scheint es mir, als wenn das letzte Beispiel hier aus der Aufzählung eliminiert werden müßte und es sich in beiden untersuchten Fällen übereinstimmend um 8 Chromosomen in den diploiden und um 4 in den haploiden gehandelt hätte. Doch auf alles das sei hier eben nur hingewiesen. Die von V. Häcker zusammengestellten Angaben über schwankende Chromosomenzahlen beim Kaninchen, bei einem Acridier, einem Hemi- pteren, bei Forficula, beim Menschen möchte ich, bis auf weiteres, den Schwankungen anreihen, wie sie mir bei unvollkommener Chromosomen- sonderung während der Karyokinese in einer ganzen Anzahl von 1) Ebenda, pag. 6. 2) A. a. O. pag. 38, 3) Contribution & T’etude de la Spermatogendse dans ’Ophryotrocha puerilis. „la Cellule“ 1906, Tome XXIII, pag. 435. 4) Über Kernteilung, Rireifung und Befrachtung bei Ophryotroche pnerilis. Zeitschr. £ wiss. Zool. 1895, Bd. LX, pag. 54. Chromosomenzahl. 443 Pflanzen, besonders denen, die ich in den letzten Jahren kennen lernte, . entgegentraten. Auf solche unterbliebene Trennungen von Chromosomen möchte auch Emil Godlewski jun.!) die Erscheinung zurückführen, daß ihm Synkarionten, die er künstlich durch CO, in Echinuskeimen erzielt hatte, gelegentlich weniger, doch größere Chromosomen zeigten, als theoretisch, nach der Zahl der im Synkarion vertretenen Kerne, zu erwarten war. Emil Godlewski jun. beobachtete unter solchen Um- ständen auch wohl mehrpolige Mitosen, durch welche die Chromosomen der Riesenkerne gleichzeitig auf mehrere kleinere Kerne verteilt wurden. Er erblickt darin einen Regulationsvorgang, der zur Herabsetzung der Chromosomenzahl dient. Mir ist ein Regulationsvorgang dieser Art in analogen Fällen, so an den Synkarionten der chloralisierten Erbsen- wurzeln, nicht begegnet, wohl aber sind mehrpolige Kernspindeln in solchen Tapetenzellen von Antheren, bei welche Synkarionten in Teilung eintreten, eine nicht eben seltene Erscheinung. Zuerst, und zwar schon vor langen Jahren, fielen mir dreipolige Kernspindeln in den proto- plasmatischen Wandbelegen angiospermer Embryosäcke auf?). Sie ver- körpern dort die Neigung der drei haploiden Kerne, die in jedem Eindospermkern vertreten sind, zur Trennung. Weiter möchte ich hier noch zu erwägen geben, ob nicht auch Größenunterschiede der Chromosomen; wie sie das Tierreich vielfach aufweist, sich in bestimmten Fällen phylogenetisch aus Querteilungen einer Anzahl der ursprünglich gleich großen Chromosomen ableiten ließen. Daß eine solche Ausnahme für gewisse Pflanzen sehr wahr- scheinlich ist, haben wir gesehen; für das Tierreich kann ich sie nur als Frage aufwerfen. Im Jahre 1906 hat Thomas H. Montgomery jun. in seiner Arbeit „Chromosomes in the Spermatogenesis of the Hemiptera Heteroptera“®°) eine Zusammenstellung aller bis dahin vorhandenen Angaben über Chromosomenzahlen im Tierreich gegeben, in der man nach Anknüpfungs- punkten für Vergleiche unter diesen Zahlen suchen könnte. — Bei der Crustaceengattung Oyelops, deren Arten durch verschieden viele Chromo- somen in ihren Kernen ausgezeichnet sind, hat Hermann Braun‘) 1) Plasma und Kernsubstanz in der normalen und der durch änßere Fak- toren veränderten Entwicklung der Echiniden. Archiv für Entwieklungsmechanik der Organismen 1908, Bd. XXVI, pag. 321, dann Fig. 19 u. 16, Taf. IV. Außerdem: Das Vererbungsproblem usw. 1909, pag. 141 u. 187. 2) Zeilbildung und Zellteilung, 3. Aufl, 1880, pag. 18. 3) Transactions of the American Philosophical Society, N. 8, Val. XXI, Part ILL, pag, 153. 4) Die spezifischen Chromosontenzahlen der einheimischen Arten der Gattung Cyelaps, Archiv f. Zeilforschung 1909, Bd. TIL pag. 449. 444 E. Strasburger, derartige Vergleiche bereits angestellt, und zwar vornehmlich im Dienste der. Systematik. Es zeigte sich, daß bei den Cyelopiden parallel mit der stufenweisen Umbildung einzelner Organe auch eine Abnahme der Chromosomenzahl geht, daß die höchstentwickelten Formen die größte, die am meisten spezialisierten Arten die kleinste Chromosomenzahl auf- weisen: Die unreduzierte Chromosomenzahl bewegte sich bei den von Hermann Braun untersuchten einheimischen Cyelops-Arten zwischen 6 und 22. Die wenigsten Chromosomen führte Cyclops gracilis, die meisten Cyelops strenuus und insignis. Die Kernbilder, die Hermann Braun bei derselben Vergrößerung zeichnete und in zwei Tafeln zu- sammenstellte'), zeigen nicht unbedeutende Größenunterschiede, so zwar, daß die mit den zahlreichsten Chromosomen versehenen Kerne sich auch als (die größten erweisen. Die Form und Größe der einzelnen Chromo- somen ladet sehr zu Vergleichen ein, die aber nur auf Grund einer dieses Ziel eigens verfolgenden Untersuchung vorgenommen werden könnten. In ähnlicher Weise regen auch die von W. B. von Baehr?) in seiner Arbeit über vivipare Amphibien angeführten, zwischen 6 und 20 sieh bewegenden Chromosomenzahlen®) und die von ihm hierzu ver- öffentlichten Bilder‘) zu Gegenüberstellungen an, auf die hier nur hin- gewiesen sei. " Einige Ergebnisse dieses Aufsatzes seien nunmehr zusammen- gefaßt: Hohe Chromosomenzahlen können nachweisbar die Folge der Vermehrung ganzer Chromosomen seit und ein Organismus dadurch polyploid werden. “ Statt haploider Gametophyte und dipleider Sporophyte kommen dann dipleide Gametophyte und tetraploide Sporophyte, oder selbst noch höhere Chromosomensätze, einem gegebenen Organismus in seinem Grenerationswechsel zu. Solche Vermehrung der Chromosomensätze muß auf mitotische Kernteilung zurückgeführt werden, die entweder nicht bis zur Trennung der Tochterkernanlagen fortschritten oder von einer Wiedervereinigung der Tochterkerne gefelgt wurden. 1) Taf. XXIV und XXV des genannten Bandes des Archivs £ Zellforschung. 2) Die Oogenese bei einigen viviparen Aphididen und die Sperinatogenese von Aphis salicefi, mit besonderer Berücksichtigung der Chromatinverhältnisse. Archiv £. Zeilforschung 1908, Bd. III, pag. 269. 3) Ebenda, pag, 284, +) Taf, AN—XYV, x Chromosomenzahl. 445 Die Vervielfältigung des Chromosomensatzes geht also von Längs- spaltungen aus, die gleichwertige Produkte schaffen und die Zahl der homologen Chromosomen, bzw. auch Erbeinheiten im Kern entsprechend vermehren. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß der Ort eines solchen Vorgangs das befruchtete, noch ungeteilte Ei ist. Die Vermehrung der Chromosomensätze äußert sich sichtbar in den Kernen durch ihre Größenzunahme und bedingt auch eine ent- sprechende Größenzunahme der Protoplasten. Auch in mehr als diploiden Kernen der Sporophyte sind die homologen Chromosomen nur paarweise gruppiert, so nicht zu Vierlingen bei Tetraploidie. In den triploiden Kernen des Endosperms der Angio- spermen gibt es gepaarte und ungepaarte Chromosomen. So auch finden sich in den Gonotokonten polyploider Gewächse stets nur Gemini, nie aber Komplexe von mehr als zwei Chromosomen als Elemente der Reduktionskernplatte vor. In den triploiden Kernen des Sporophyts eines Bastar de, der aus einem haploiden und einem diploiden Geschlechtsprodukt entstand, gibt es paarweise Gruppierungen und Einzelchromosomen. Nicht minder weisen die Gonotokonten eines solchen Bastards bei der Reduktions- teilung Gemini und ungepaarte Chromosomen auf. Aus einem näheren Studium des Wesens aller dieser Paarungen scheint hervorzugehen, daß sie auf einer Anziehung unter homologen Chromosomen beruhen. Diese Homologie, und nicht der väterliche und mütterliche Ursprung, dürfte über die Bildung der Paare bestimmen, e3 daher bei polyploiden Organismen auch möglich sein, daß ein Paar aus zwei homologen Chromosomen bestehe, die demselben Geschlechts- "produkt entstammen. Eine Vermehrung des Chromosomensatzes hat vielfach zu Ooapo- gamie geführt. Doch gibt es auch Ooapogamie ohne Chromosomenvermehrung, die andere Ursachen hat. Nicht immer sind hohe Chromosomenzahlen die Folge einer Ver- vielfältigung des Chremosomensatzes durch-Längsspaltungen. Sie können auch auf Querteilung der Chromosomen beruhen. Solche Chromssomenvermehrung hat keine Größenzunahme des Kerns im Gefolge. Sie kann zu Unterschieden der Ohromosomengröße in den Kernen führen. Flora, Bil. 100. ” 446 BR. Strasburger, Chromosomenzalıl. Geschlechtsverlust dürfte sie nicht veranlassen. Vermehrung des Chromosomensatzes durch Längsspaltung und Querteilungen mögen unter Umständen zusammengewirkt haben, um ein bestimmtes Endergebnis hervorzubringen. Die zoologischa Literatur weist auf manche analoge Vorgänge, wie die hier geschilderten, im Tierreiche hin. Aus der Fortsetzung der Klie und Emile Marchal’schen Ver- suche mit Laubmoosen, in der’Nr. 12 von 1909 des Bulletin de la classe des seiences der Brüsseler Akademie, die soeben in meine Hände gelangt, geht die interessante Tatsache hervor, daß die durch künstliche Sprossung aus Sporophyten der Laubmoose gewonnenen Gametophyten mit vervielfältigter Chromosomenzahl, betrefis ihrer Kern- und Zell- größen und ihrer geschlechtlichen Fortpflanzung, sich nicht anders als solche höher organisierter Pflanzen verhalten, bei welchen die Verviel- fältigung der Chromosomenzahl auf phylogenetischem Wege erfolgte. Erklärung der Abbildungen zu Tafel VI. Sämtliche Figuren sind nach Mikrotomschnitten mit Hilfe des Zeichenprisma entworfen. Als Fixierungsmittel diente Alkohol, oder Alkohol-Eisessig, oder Chron- ösmiumessigsäure. Die Färbung wurde mit Eisenhämatoxylin vorgenommen. Fig. 1. Medianer Längsschnitt durch den Fruchtknoten und die Samenanlage von Wikstreemia indiea. Vergr. 92. Fig. 2. Ebensolcher Längsschnitt durch Wikstroemia canescens. Verer. 32. Fig. 3—5. Wikstroemia canescens, und zwar in Fig. 3 und 4 Pollenmutterzellen, in Fig. 8 die Reduktiouskernspindel in Seitenansicht, in Fig. 4 die Kern- platte in Polansicht zeigend; in Fig. 5 eine Nucellarzelle mit Kernspindel. Vergr. 1800. Fig. 6-9, Wikstroemis indie, und zwar Pollenmutterzellen, in Fig. 6 und 7 die Reduktionskernplatte in Polansicht, in Fig. 8 die Reduktionskernspindel in "Seitenansicht, in Fig. 9@ und # den oheren und den unteren der beiden durch Teilung der Reduktionskernplatte erzeugten Tochterkernanlagen, d. h. die Anaphase der Reduktionsteilung, zeigend. Vergr. 1600. Kig. 10 und 21. Galtonin eandicans, und zwar Kernplatten von Endospermkernen aus dem Wandbelag von Embryosäcken, in Polansicht. Vergr. 1600. Fig. 12. Drosera longifolia > rotundifolia, und zwar eine Kernplatte aus dem Sporo- phyt, in Polansicht. Vergr. etwa 3000. "Nach O. Rosenberg. Fig. 13 und 14. Oenothera lata > gigas, und zwar in Fig. 13 eine Kernplatte aus den mittleren Zellagen der Antherenwandung, in Polansicht, in Fig. 14 die Reduktionskernspindel einer Pollenmutterzelle in Seitenansicht. Vergr. der Fig. 13 über 1500. der Fig. 14 über 2250, Nach R. TR. Gates. m nenn nn Si An Können Bromeliaceen durch die Schuppen der Blätter Salze aufnehmen? Von K. Aso, Tokio. (lit 5 Abbildungen im Text.) Tropische Pflanzen, welche ganz in der Luft vegetieren, sind darauf angewiesen, die Nährstoffe aus der Luft aufzunehmen. W. Schimper') hatte schon ausgeführt, daß die Aufnahme von Wasser und die darin aufgelösten Nährstoffe in den Körper von Tillandsia durch ganz charakte- ristisch gebaute Schuppenhaare bewirkt wird. C. Mez?) hat aufgestellt, daß die einzelnen Schuppen der Tillandsia gleichsan als Pumpen wirken und das Wasser in den Körper der Pflanzen überführen können, aber es wurde bis jetzt kein positiver Versuch über die Aufnahmefähigkeit von Salzen durch die Schuppen solcher Pflanzen ausgeführt. In dieser Richtung habe ich nun einige Versuche mit Ananas und anderen Pflanzen gemacht. Ananas sativus. Drei Blätter, ungefähr 20 em lang, wurden von einer Ananas- pflanze abgeschnitten. Zwei Blätter wurden mit einer Mischung von Colophonium und Wachs an den Schnittflächen verschlossen, während das dritte ganz frei gelassen wurde. Diese drei Blätter wurden in ein Glas, enthaltend 0,3°/,ige Lithiumnitratlösung, etwa 10 cm tief hinein- gestellt. Die Erneuerung dieser Lösung fand dreimal statt und jedesmal wurden die Blätter herausgenommen, oberflächlich abgetrocknet und wieder hineingestellt, um die Lösung durch die Imbibitionskraft besser in die Blätter hineindringen zu lassen. Nach einer Woche wurden die oberen Teile der Blätter, welche von der Lösung gar nicht benetzt wor- den waren, abgeschnitten und spektroskopisch geprüft, wobei sich eine schwache Reaktion bei den Blättern mit offener Sehnitttläche einstellte, wäh- rend bei den Blättern mit verschlossener Schnittfläche die Lithiumlinie nieht scharf hervortrat. Ein ähnlicher Versuch wurde mit 5—8 em langen jungen Blättern einer Ananasfrucht ausgeführt und wesentlich das gleiche Resultat er- halten. Um weiter die Nitratreaktion bei den mit Lithiumnitrat be- handelten Pflanzen zu versuchen, wurden die Spitzen ebensolcher Blätter zerrieben und mit etwas Wasser extrahiert. Die Filtrate er- gaben mit Diphenylaminschwefelsäure bei den Blättern mit offener 1) Bot. Mitteil. a. d. Tropen, II (1888), pag. 66 ff. 2) Jahrbücher f. wissenschaft. Botauik 1904, Bd. XI, lieft 2. 29* 448 K. Aso, Schnittläche eine Spur Nitratreaktion, aber bei den Blättern mit ver- schlossener Schnittfläche keine. Ein weiterer Versuch mit denselben Blättern geschah mit Ferro- cyankaliumlösung statt der Lithiumnitratlösung. 5 cm lange Blattstücke wurden in der oben angegebenen Weise vorbehandelt und in 0,3 %/,ige Ferroeyankaliumlösung hineingesetzt. Nach 4 Tagen wurden die oberen Teile dieser Blätter abgeschnitten und verschiedene Fraktionen der- selben an den Schnittflächen mit verdünnter Eisenchloridlösung be- strichen. Diese Prüfung ergab bei den verschlossenen Blättern keine Reaktion, aber deutlich trat die Färbung von Berlinerblau bei den nicht verschlossenen Blättern hervor. Ein weiterer Versuch mit Ananaspflanzen iu einem Topf wurde in veränderter Weise ausgeführt. Auf die untersten Teile einiger Blätter wurde Watte, die mit einer Lösung von 3%, Lithiumnitrat befeuchtet war, gelegt. Außerdem wurde die untere Hälfte fünfmal, jeden dritten Tag, mit einem Pinsel befeuchtet, welcher in Lithium- lösung getaucht war. Am 16. Juli wurden die oberen Hälften der Blätter abgeschnitten und mittelst Spektralanalyse bei den mit Watte behandelten Blättern eine Spur, bei den Kontrollblättern aber keine Lithiumlinie gesehen. Die Prüfung mit Diphenylaminschwefelsäure fiel überall negativ aus. Es folgt aus diesen Beobachtungen, daß die Ananasblätter durch ihre Schuppen Lithium höchstens in sehr geringen Spuren aufnehmen können. Es war von weiteren. Interesse, das Verhalten anderer Brome- liaceen in dieser Richtung zu untersuchen. Pitcairnia imbricata. Mit dieser Pflanze wurden die Watteversuche in derselben Weise wie bei der Ananas ausgeführt; die erhaltenen Resultate waren ganz ähnlich wie bei jener. Nidularia purpurea. Zwei 20 cm lange Blätter wurden abgeschnitten und ein Blatt mit dier Mischung von Colophonium und Wachs verschlossen und in 0,3%/,ige Lithiumnitratiösung eingesetzt. Nach 7 Tagen ergab die Spektralanalyse beim verschlossenen Blatt nur Spur Reaktion, beim nicht verschlossenen aber deutlich. Tillandsia usneoides. Diese eigentümliche tropische Luftpflanze bildete ein sehr gutes Material für unseren Zweck. Die mittleren Teile einer 50 em langen ee En rn na ang ar Können Bromeliaceen durch die Schuppen der Blätter Salze aufnehmen? 449 Pflanze wurden mit dem gebogenen Stengel in eine 0,3%, ige Lithium- nitratlösung eingesetzt. Nach 5 Tagen verwendete man die verschie- denen Teile der Pflanze zur Spektralanalyse, wobei die Spitzenteile Spuren, die nächstliegenden oberen Teile aber eine sehr scharfe Lithiumlinie im Spektralapparat. zeigten. Es erfolgt aus diesem Versuch, daß Lithiumnitrat und jedenfalls auch andere ähnliche Salze durch die Schuppen der Blätter in. den Körper der Tillandsia eindringen können. Tillandsia unterscheidet sich somit wesentlich von Ananas. . Um die Schuppenstruktur der Tillandsia mit denen anderer Brome- liaceen zu vergleichen, wurden mikroskopische Untersuchungen aus- geführt, wobei sich bei den Schuppen von Tillandsia ein sehr regel- mäßiger, bei denen von Ananas aber ein unregelmäßiger Bau ergab, wie folgende Abbildung veranschaulicht, Aus diesen Beobachtungen folgt, daß bei Ananas die Schuppen jedenfalls nur die Regulierung des Wasserbedürfnisses besorgen, wäh- rend bei Tillandsia, welche ganz in der Luft lebt, die Schuppen auch mit Fähigkeit ausgerüstet sind, Salze aus dem Staub durch Ver- mittelung des Regens aufzunehmen. Ich spreche hier Herrn Geheimen Hofrat Prof. Dr. Goebel meinen wärnsten Dank für seine vielfache Anregung aus. Pfianzenphysiol. Institut München. Fig. 1. . Schuppe vom alten Ananasblatt. Vergr. 890:1. K. Aso, Können Bromeliaceen usw. Salze aufnehmen? Sehuppe vom jungen ‚Ananapblatt. Vergr. 390:1. Fig. 3. . Querschnitt der Schuppe vom jungen Ananasblatt. Verer. 390: 1. Fig. 5. Querschnitt der Schuppe von Tillandsia. Vergr. 289:1. Tarını Flora,Band 100. FQIIZE Strosburgerges, Fig Tanach 0.Bosnberg, Piy.13u.Tbnach RR. Bates. £.} Fi 5 5 E1 E 5 8. Ei 5 8 ® 8 > Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. ii irati „ Eine physiologische Monographie. Von Die Transp ation der Pflanzen Dr. Alfred Burgerstein, a. a. Univ.-Prof. in Wien. 1904. Preis: ? Mark 50 Pf. Die Theorie der direkten Anpassung und ihre Bedeutung für das Anpassungs- und Deszendenzproblem. Yersuch einer metho- logischen Kritik des Erklärungsprinzipes und der botanischen Tatsachen des Lamarekismus, Yon Dr. phil. Cart Detto, Assistent am botan. Institut der Univ. Jena. Mit 17 Ab- bildungen im Text. 1904. Preis: 4 Mark. Vererbung und Chremosomen. Vortrag, gehalten am 27. Sept, 1905 in der Gesamtsitzung der beiden wissen- schaftlichen Hauptgruppen der 77. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Meran. Von Dr. Karl Heider, Prof. der Zoologie in Innsbruck, Mit 40 teilweise farbigen Abbildungen im Text. 1906. Preis: 1 Mark 50 Pf. 5 f Deutsche, wesentlich ei- Elemente der exakten Erhlichkeitslehre. cr nn 25 Vor. lesungen. Von W. Jehannsen, ord. Prof. der Pflanzenphysiologie an der Univ. Kopenhagen. Mit 31 Abbildungen im Taxt. 1900. Preis: 9 Mark, geb. 10 Mark, . 1 ft Von Dr. Ludwig Jost, Prof. an Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Yon Dr, Auwiy Yost Prof. an Bonn-Poppelsdorf. — Zweite Auflage. — 1908, Preis: 14 Mark, geb. 16 Mark. Willkürliche Entwickiungsänderungen bei Pflanzen, Ein ers logie der Entwicklung. Von Dr. Georg Klebs, Prof. in Halle. Mit 28 Abbildungen im Text. 1908, Preis: 4 Mark. Leitfaden für_gärtnerische Pflanzenzlchtung. Nor Me Aare In, Garten und der pflanzenphysiol. Versuchsstation zu Dresden. [Preisschrift des Vereins zur Befürderung des Gartenbaues in den Kgl. Preußi- schen Staaten] Mit 10 Abbildungen im Text 1909. Preis: kartoniert 1 Mark 50 Pf, Inhalt: Einleitung. Allgemeiner Teil: 1. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch einfache Aussaat. — 2. Die Gewinnung von Nenheiten durch Auslese (Sclek- tion). — 3. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch Kreuzung. — 4. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch Sportbildung. — 5. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch Impertatien. — 6. Die Gewinnung neuer Pflanzen durch den Einfluß eines Edel- reises auf eine Unterlage. — 7. Über die landwirtschaftliche Pflanzenzüchtung. — Angewandter Teil. 1. Die Züchtungen in der Blumenkultur. — 2. Die Züch- tungen im Baumschutbetrieb, — 3. Die Züchtungen im Obst- und (Gemüsebau. — Anhang. 1. Die Taufe der Neuheit und Ungehörigkeiten. — 2. Über den nutz- bringenden Absatz der Pflanzenneuheit. Versuch einer phylogenetischen Erklärung des Embryosackes und der doppelten Befruchtung der Angiospermen, at auf der 79. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Dresden am 16. Sept. 1907. Von Dr. Oo Porsch, Privatdozent für systematische Botanik an der k. k. Universität in Wien. Mit 14 Abbildungen im Text, 1907. Preis: 1 Mark 50 Pf. H ii j Ein Grundriß der Lehre vom Leben. Von Max Allgemeine Physiologie. Verworn, Dr. med, et phil., Prof. d. Physiologie u, Direktor des physiologischen Instituts der Univers, Götlingen. Mit 319 Abbild. im Text. — Fanfte, vollständig neu bearbeitete Auflage. 1909. Preis: 16 Mark, geb. 18 Mark. Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. TS, CT U In rl I itpzi Von Dr. Edward Strasburger, o. 0. Prof. d. Botanik Histologische Beiträge. Yon, Dr Aires Bone Heft 1: Über Kern- und Zellteilung im Pflanzenreiche nebst einem Anhang über Befruchtung. _ Mit 3 Nthographischen Tafeln. 1888. Preis: 7 Mark. left 2: Über das Wachstum vegetabilischer Zeilhäute, Mit 4 lithogr. Tafeln. 1889. Preis; 7 Mark. Heft 3: Über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen. Nit 5 lithogr. Tafein und 17 Abbildungen im Text. 1891. Preis: 21 Mark. Heft 1: Das Verhalten des Pollens und die Befruchtungsvorgänge bei den Gymno- spermen. — Schwärmsporen, Gameten, pflanzliche Spermatozoiden und das Wesen der Befruchtung. „Mit 3 lithogr. Tafeln. 1182, Preis: 7 Mark. Heft 5: Über das Saftsteigen. — Über die Wirkungssphäre der Kerne und die Zeilgrösse, 1593. Preis: 2 Mark 50 Pf. Heft #5: Über Reluktionsteilung, Spindelbildung, Centrosomen und Cifienbildner im Pfianzenreich. 1900. Vreis: 10 Mark 50 Pf. Heft 7: Zeitpunkt der Bestimmung des Geschlechts, Apogumie, Parthenogenesis und Reduktionsteilung. 1909. Preis: 6 Mark 50 Pf. Von Professor Dr. Eduard Strasburger ist ferner erschienen: Studien über Protoplasma. Mit 2 Tafeln. 1876. Preis: 2 Mark 40 Pf. Über die Bedeutung phylogenetischer Methoden für die Er- forschung lebender Wesen.. 1374. Preis: 1 Mark 20 Pf. Über den Bau und das Wachstum der Zellhäute. Mit 8 Tafeın. 1882. Preis: 10 Mark, j Dritte völlig umgearb. Auflage. Mit 14 Taf. Zeilbildung und Zeilteilung. u. einem Holzsehnitt. 1880. reis: 15 Mark. Das Proteplasma und die Reizbarkeit, *ede zum Antritt des Rekto- = 0 2 rates der Rhein. Friedrich- Wilhelm-Universität am 1. Okt 1891. Preis: I Mark. Wirkung des Lichtes und der Wärme auf $Schwärmsporen. (Ahde. a. d. Jen. Zeitsch. f. Naturw. 1878, N. F., Bd. V.) Preis: 1 Mark 60 Pf. Die Angi ri Mit 22 Tafeln. 1879. Preis: giospermen und Gymnospermen. nn Neue Untersuchungen über den Befruchtungsvorgang hei den Phanerogamen ls Grundlage für eine Theorie der Zeugung. Mit 2 litho- Inanerogamen graphischen Tafeln. 1884. Preis: 5 Mark Streifzüge an der Riviera. Zlustriert von Louise Reusch., Zweite, gänz- - - lich umgearbeitete Auflage. Mit 87 farbigen Abbildungen. 1904. Preis: 10 Mark. elegant geb. 12 Mark. Das botanische Praktikum. Anleitung zum Selbststudium der Mikro- —— skopischen Botanik für Anfänger und Geüb- tere, zugleich ein Handbuch der mikroskopischen Technik. Vierte umgearbeitete Auflage. Mit 230 Holzschnitten. 1902. Preis: 20 Mark, geb. 22 Mark 50 Pf. Das kleine botanische Praktikum für Anfänger. A nn eibeistiudium der mikroskopischen Botanik und Einführung in die mikroskopische Technik. 6. umgearb. Auflage. Mit 128 Holzschn, 1908. Preis: 6 Mark, geb. 7 Mark. Die stofflichen Grundlagen der Vererhung im organischen Reich. Versuch einer gemeinverständlichen Darsteltung. 1405. Preis: 2 Mark. Anlage des Emhryosackes und Prothalliumbildung bei der Eibe nebst anschließenden Erörierungen. Abdr. a. d. Vestschrift zum 70. Ge- - burtstage von Ernst Haeckel. herausg. von seinen Schülern u. Freunden. Mit2 Taf. 1904. gr. 4°, Preis: 4 Mark, Druck von Ant. Kämpfe in Jenn, a nn FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG. FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG. Yv 100. BAND. VIERTES HEFT. HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN. MIT 25 TEXTFIGUREN. VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA, 1910. ERSCHIENEN AM 4. APRIL ı9:0, Inhaltsverzeichnis. Seite RENNER, O., Beiträge zur Physik der Transpiralion. Mit 25 Abbildungen im Text. .. nn. 451-547 Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. Soeben sind erschienen; Illustrierte Flora von Nord- und NMitieldeutschland. 5. Auflage. Von Prof. Dr. H. Potonie, Vorsteher der paläobotanischen Abteilung der Kgl. preuß. geolog. Landesanstalt. I. Band: Text. Mit 150 Abbildungen im Text, Preis: 3 Mark 50 Pf, geb. 4 Mark. IL Band: Atlas. Mit Abbildungen von fast 1500 Arten und Varietäten, Preis: 2 Mark 50 Pfg., geb. 3 Mark. Dunkelfeldbeleuchtung und Ultramikroskopie in der Biologie und in der Medizin. Von N. Gaidukov. Mit 13 Abbildungen im Text, 3 Lichtdruck- und 2 chromolithographischen Tafeln. Preis: 8 Mark. Inhalt: I. Einleitung, — II, Die Struktur der Kolleide. — III. Ultramikrosko- pische Untersuchungen von Sera und von Lösungen des Eiweißes und der Kohlehydrate. — IV. Untersuchungen des Blutes, der Tierzellen, der Spermien, der Augenmembranen usw. -— V. Bakteriologische Untersuchungen. — VL Über die Kolloide der Pflanzenzellen. — VIIL Untersuchungen der Spinnfasern. — IX. Zusammenfassung. — X. Ultramikro- skopische Literatur. Allgemeine Biologie. Von Prof, Dr. Oskar Hertwig, Geh. Rat, Direktor des anatoraisch-biologischen Instituts für Entwieklungsgeschichte in Berlin. Dritte umgearbeitete und erweiterte Auflage. " Mit 435 teils farbigen Abbild. im Text. 1909. Preis: 16 Mk., geb. 18 Mk. 50 Pf. Vorschule der Geologie. Eine gemeinverständliche Einführung und Anleitung zu Beobachtungen in der Heimat. Von Johannes Walther, 0. 6. Professor der Geologie und Paläontologie an der Universität Halle. Vierte Auflage. „Mit 105 Originalzeichnungen, 132 Übungsaufgaben, 8 Übersichtskarten nebst Literaturverzeichnis für Exkursionen und einem Wörterbuch der Fachausdrücke. Preis: 2 Mark 50 Pf., geb. 3 Mark 20 Pf. Diese vierte Auflage ist, um die Benutzung des Buches auf Exkursionen zu erleichtern, auf besonders dünnem (Baedecker-}Papier gedruckt, Beiträge zur Physik der Transpiration. Von 0. Renner. (Mit 25 Abbildungen im Text.) Die im folgenden mitgeteilten Studien gingen aus von dem Problem der eingesenkten Spaltöffnungen. Nach Abschluß dieser Untersuchung stellte sich die Notwendigkeit heraus, einzelne Ergebnisse der denk- würdigen Arbeiten zu prüfen, in denen Brown und Escombe die Grundlagen für alle exakte Transpirationsforschung geschaffen haben. So sollten eigentlich zunächst die Elemente der Transpiration des Laub- blattes olıne die Komplikation, wie sie in den eingesenkten Spaltöffnungen auftritt, dargestellt werden. Die Behandlung der modifizierten Spalt- öffnungsapparate führt aber auf bequeme Weise in den Kreis der Vor- stellungen ein, die noch keineswegs Gemeingut der Physiologen geworden zu sein scheinen, und deshalb soll der Stoff in der Anordnung gegeben werden, wie er sich bei der Bearbeitung geordnet hat. Bei der Deutung anatomischer Daten wird durchweg die Rede nur davon sein, wie die gegebenen Einrichtungen nach bekannten physikalischen Gesetzen notwendig wirken müssen. Worauf es mit einem Moment der Gestaltung „abgesehen“ ist, scheint mir kein Problem, weil die Frage sich außerhalb jeder möglichen Erfahrung bewegt. Auch müßte mit der Zulassung der Fragestellung die Möglichkeit supponiert werden, daß mit der Bildung eines morphologischen Elements eine Leistung „angestrebt“ sei, die das Organ zu verwirklichen aus physi- kalischen Gründen nicht imstande ist. Und damit wäre der unfrucht- barsten Phantasterei Tür und Tor geöffnet. Meinem Vetter Dr. H. Degenhart möchte ich auch an dieser Stelle danken für die Bereitwilligkeit, mit der er mir in mathematischen Fragen seinen Rat geliehen hat. 1. Orientierung über die xerophilen Spaltöffnungsapparate. Seitdem Pfitzer (1870) erkannt hat, in welcher Weise durch die Einsenkung der Spaltöffnungen unter das Niveau der Epidermis und durch die Auskleidung der tiefen Atemhöhle mit einer Cutieula („Schutzzellen* der Restionaceen) die Transpiration beeinflußt wird, ist in der Literatur von diesen Einrichtungen viel die Rede, und zwar wie von Dingen, deren physikalische Bedeutung durchaus klar liegt. Und doch zeigt die Darstellung dieser Verhältnisse, wo sie einigermaßen ausführlich gegeben ist, meistens, daß die physikalischen Berlingungen der xerophil ausgestatteten Spaltöffnungsapparate nicht ganz richtig erfaßt sind. Fiors, Bd. 100, 30 452 O. Renner, Von den eingesenkten Spaltöffnungen, die zunächst behandelt werden sollen, schreibt Pfitzer (pag. 571): „Es scheint mir klar, daß die Verdunstung stärker sein muß, wenn die Zwischenzellräume durch die Stomata unmittelbar mit der Atmosphäre in Berührung stehen, als wenn zwischen beide noch ein verhältnismäßig umfangreicher, nach außen nur mit einer engen Längsspalte sich öffnender Raum eingeschaltet ist. Der letztere wird fortdauernd mit feuchter Luft erfüllt sein und dadurch der Einfluß, den plötzliche große Trockenheit der Atmosphäre auf ‘das blattgrünführende Gewebe äußern könnte, gemildert werden. Während das aus freiliegenden Spaltöffnungen austretende Wassergas sogleich sich in der Masse der umgebenden Luft verteilt nnd der Pflanze als Gas keinen Nutzen mehr bringen kann, wird es bei den genannten Restionaceen in den bedeekten Vorhöfen lange festgehalten und hindert durch seine Anwesenheit weiteren Verlust.“ (Daß bei den Restionaceen, von denen Pfitzer spricht, die äußeren Vorräume der Spaltöffnungen zu Längs- rinnen zusamınentließen, ist nicht von Belang) Pfitzer ist demnach der Meinung, daß die Einsenkung der Spaltöffnungen unter allen Um- ständen, nicht nur bei gewissen Bewegungszuständen der umgebenden Laft, auf die Diffusion deprimierend wirkt. Die späteren Autoren seit Tschirch (1881, pag. 175) betonen demgegenüber meistens einseitig das Prinzip des „windstillen Raumes“. Volkens z. B. (1887, pag. 49) spricht, wogegen nichts einzuwenden ist, zuerst von der „Tendenz, die Verdunstung im allgemeinen und die der Schließzellen insbesondere dadurch zu beschränken, daß der trockenen atmosphärischen Luft der Zutritt zur Zentralspalte gehindert und um sie her, speziell also dort, wo die Membrau der Schließzellen am dünnsten ist, ein dauernd dampfgesättigter Raum geschaffen werde“ Der hier ausgesprochene, merkwürdigerweise nirgends sonst in der Literatur aufgenommene Ge- danke, daß die eutieulare Transpiration der Schließzellen selbst beein- flaßt werden muß, drängt sich bei genauerer Betrachtung des Problems auf; wir werden später darauf zurückkommen. Aber die Präzisierung seiner Auffassung gibt Volkens mit den anschließenden Worten: „Über bzw. unter der Zentralspalte Windstille herstellen, das ist es, worauf in letzter Instanz alles ankommt.“ (Für den Raum unter der Zentral- spalte, d. h. für die Atemhöhle, um diesen Punkt gleich zu erledigen, kann das von vornherein nicht zutreffen, weil hier immer Windstille herrscht.) Ebenso sieht Haberlandt (1904, pag. 408) die Bedeutung der Einsenkung darin, daß sich „über der Spaltöffnung ein mit Wasser- tlampf erfüllter Hohlraum“ befindet, „worin sozusagen Windstille herrscht, wenn über die Blattäche ein Luftstrom hinstreicht.“ Sogar Brown und Beiträge zur Physik der Transpiration. 458 Escombe, die das Problem der eingesenkten Spaltöffnung nur in einer Anmerkung (1900, pag. 276) streifen, weisen nur auf diese Form der Beeinflussung bin. Burgerstein, der Monograph der Transpiration (1904, pag. 211) verzichtet‘ ganz darauf, die Deutung der Einsenkung als eines Transpirationsschutzes zu motivieren, ebenso Holtermann (1909, pag. 91). Tatsächlich ist Pfitzer mit seiner allgemeineren Fassung im Recht. Auch in stiller Luft muß die Diffusionskapazität einer eingesenkten Spaltöffnung gegenüber der einer gewöhnlichen vermindert sein. Und die Wirkung der Einsenkung bei Wind ist damit nicht erschöpft, daß über der Spalte Ruhe hergestellt wird. In diesem Sinn spricht sich, als der einzige nach Pfitzer, Pfeffer aus (1897, pag. 177), indem er die Verhältnisse knapp und klar darstellt durch den Satz: „Es ist ein- leuchtend, daß die Einsenkung der Spaltöffnungen, insbesondere wenn ein Vorhof mit engem Ausführungsgang hinzukommt, die der Bewegung von Gasen und Dämpfen entgegenstehenden Widerstände steigert.“ Wenn wir die Ausgabe von Wasserdampf aus dem Blatt als einen Diffasionsvorgaug betrachten, wie es seit langem geschieht, so ist die Menge des durch die Spalte strömenden Dampies unter anderem direkt proportional dem Diffusionsgefälle. Das Diffusionsgefälle ist einerseits abhängig von der Differenz zwischen dem Partialdruck des Wasserdampfs in den Interzellularen und der Dampfspannung in der umgebenden Atmosphäre und andererseits von der Entfernung zwischen den Punkten maximaler und minimaler Spannung. Ist die Temperatur in allen Teilen des Systems die gleiche, so ist die Dichtigkeit. das spezifische Gewicht des Dampfes proportional seiner Spannung. Bei wechselnder Temperatur hat aber der wärmere Dampf bei gleicher Diehtigkeit höhere Spannung, und diese letztere ist für die Diffusionsbewegung maßgebend. Die Fig.1 stellt diese Beziehung A 8 [ graphisch dar. An der Öffnung A \ IM ! ) der zylindrischen Röhre hat der Dampf \, \, - den Druck p,, an der Mündung B bzw. C den geringeren Druck p. Innerhalb der Diffusionsröhre nimmt der Druck stetig ab. Werden also in dem beigegebenen Koordinaten- system die Drucke auf der Ordinate, die Entfernungen der zugehörigen Punkte von der Öffnung A auf der Abszisse abgetragen, so wird der Druckabfall innerhalb der Röhre, wenn diese die Länge AB hat, 30* 454 ©. Renner, durch die ausgezogene Gerade, bei der Länge AC der Röhre durch die gestrichelte Gerade dargestellt. Man sieht, wie der Winkel a und damit das Druckgefälle bei zunehmender Länge der Röhre abnimmt, während die Druckdifferenz p,—p unverändert bleibt. Die Geschwindig- keit des Diffusionsstroms und damit die Menge des in der Zeiteinheit die Röhre verlassenden Dampfes ist, Konstauz der Röhrenweite voraus- gesetzt, direkt proportional der Tangente des Winkels a; deshalb läßt die Röhre AC bei der Druckdifferenz p,—p ebensoviel Dampf durch- strömen wie die Länge AB bei der Druckdifferenz p,—p,; tatsächlich wird ja durch das Ansetzen des Stückes BC der Druck bei B von p auf p, erhöht. Bei konstanter Druckdifferenz p,—p ist die Diffusions- \ größe umgekehrt proportional der Länge der Röhre. Bei der gewöhnlichen Spaltöffnung ist die Entfernung zwischen den Punkten maximalen und minimalen Drucks gleich der Länge des Porus, also gleich der Höhe der Schließzellen. Bei der eingesenkten ist diese Entfernung größer, weil zu der Länge des Porus noch die Länge des äußeren Kanals hinzukommt. Das Diffusionsgefälle kann aber nicht einfach in dem Maß abnehmen, wie der Weg um die Länge des äußeren Kanals zunimmt, weil dieser viel weiter ist als der Porus. 8 c Die Fig. 2 gibt wieder eine graphische Erläuterung. Ist die Röhre AB allein vorhanden, so fällt der Druck zwischen A und B von p, auf p. Wird nun das Stück BC angesetzt, das einen doppelt so großen Radius hat wie AB, so wird der Druck p erst bei C er- reicht, bei B muß er noch höher sein, gleich p,. Soll der Zustand stationär sein, so kann das Stück BC in der Zeiteinheit nicht mehr Dampf durchlassen als das engere Stück AB. Damit das möglich ist, kann der Druck zwischen A und © nicht stetig von p, über p. auf p fallen, sondern er fällt zwischen A und B rascher, dann zwischen Bund C langsamer. Und zwar müssen, wieaus weiter unten gegebenen Ausführungen hervorgeht, die Proportionen gelten: tgß:tgy=r?:R? und Waitgy[AB+D0. ’) :AB, Fig. 2. Beiträge zur Physik der Transpiration. 455 wobei r der Radius des engen, R der Radius des weiten Abschnitts ist), Nach diesen Proportionen ist die Fig. 2 konstruiert. Während demnach die Diffusionsgeschwindigkeit bei der einfachen Röhre AB proportional ist der Tangente von «, ist sie bei dem System ABO proportional der Tangente von y. Es ist also klar, daß durch die Einsenkung einer Spaltöffnung der Widerstand für den Austritt des Wasserdampfs unter allen Umständen vergrößert und damit die Transpiration herabgesetzt wird. Ebenso wie die Einsenkung muß natürlich die Emporwölbung eines Walles um die Spaltöffnung wirken. Haberlandt ist aber der Meinung, auch durch Erweiterung des Voerhofs der Spaltöffnung komme eine ähnliche Wirkung zustande, wie durch die Einsenkung des ganzen Apparats. Tatsächlich ist der Effekt der umgekehrte, weil bei gleicher Länge der wenn auch nur stellenweise weitere Kanal einen geringeren Widerstand bietet als der engere. Z. B. wird die Spalt- öffnung der nach Haberlandt besser geschützten Oberseite des Blattes von Plantago maior (pag. 411, Fig. 170) mehr transpirieren als die der Unter- seite. Ebenso besteht die xerophile "Ausstattung des Spaltöffnungsappa- rates von Cypripedium venustum (Haberlandt, pag. 908, Fig. 166) nicht in der Erweiterung des Vorhofes, wie Haberlandt meint, sondern in der Verlängerung des Porus durch die mächtig entwickelten Außenleisten. Die Diffusion wäre in noch viel höherem Maße deprimiert, wenn diese Leisten dicker wären und nur einen schma- len Spalt anstatt des weiten Vorhofs zwischen sich ließen. : Der Fall von Plantago ist in dem Diagramm Fig. 3 veranschaulicht. Hätte die Röhre AD überall den gleichen kleinen Radius r, so würde der Druck zwischen A und D stetig von p, auf p fallen, was durch die gestrichelte Gerade dargestellt ist. Ist aber auf der Strecke BC der Radius R—2r anstatt r,so wird das Gefälle ungleichmäßig. In dem. ersten Abschnitt rascher Abfall von p,; auf P,, in dem weiten Mittel- 1) Dabei ist die Bildung der „Kuppe“ (vgl. unten pag. 465) an der Grenze zwischen der engen und der weiten Röhre der Einfachheit wegen vernachlässigt. 456 0. Renner, stück langsamerer Abfall von p, auf p,, in dem Endabschnitt wieder das gleiche Gefälle wie im ersten Teil. Fassen wir also z. B. den End- abschnitt CD ins Auge, so finden wir in dem dreigliederigen Röhren- system das Gefälle zwischen C und D stejler als in der durchweg gleich weiten Röhre. Die Diffusionskapazität des ganzen Systems ist demnach größer als die der einfachen engen Röhre. Mit der Längssehnittform des Porus, die in den geschilderten Einzelfällen von Haberlandt nicht ganz richtig gedeutet wird, hat sich schon früher Schwendener beschäftigt, ohne zu einem abschließenden Urteil zu kommen. Er schreibt (1881, pag. 861): „Völlig unerklärt bleibt die eigentümliche Querschnittform der Verdiekungsleisten, ich meine speziell... die Hörnchen des Querschnittes. Daß der nächst- liegende Zweck dieser räfselhaften Formen in der Herstellung von Hohlräumen, des Vor- und Hinterhofs, liegt, welche auch in geschlossenem Zustand Luft führen, ist wohl nicht zu bezweifeln; aber wozu diese Luft?“ Dieses Fragezeichen läßt Schwendener stehen‘). Doch weist er darauf hin, daß große Vorhöfe dieselbe physiologische Bedeutung haben müssen wie die „äußeren Atemhöhlen", die von benachbarten Epidermiszellen über den eigentlichen Spaltöffnungen gebildet werden, mit anderen Worten, daß die Bildung großer Vorhöfe dieselbe Bedeutung hat wie die Einsenkung der Schließzellen. Nach den eben bei der Besprechung von Plantago gegebenen Aus- führungen liegen die physikalischen Konsequenzen der Porusform klar. Die Diffusionskapazität einer Spaltöffnung ist nicht gleich der einer geradwandigen Röhre von einem Querschnitt gleich der Weite der Zentralspalte, sondern größer. Sie ist das auch dann, wenn Eisodial- und Opisthialöffnung nicht weiter sind als ‚die Zentralspalte; weil die weiten Räume des Vor- und Hinterhofs der Diffusion einen, auf die Längeneinheit bezogen, geringeren Widerstand entgegensetzen als die genannten engeren Teile des Porus. Wenn irgendwo, an der Zentral- spalte, an der Eisodial- oder an der Opisthialöffnung, vollkommen dichter Schluß eintritt, ist die Sistierung der stomataren Diffusion voll- ständig. Die Öffnungsweite an den drei genannten Stellen braucht aber nur einen geringen Betrag zu erreichen, um schon eine verhältnis- mäßig bedeutende Größe der Diffusionskapazität des ganzen Apparates zu gewährleisten. Wenn aber, wie es ja häufig der Fall ist, Eisodial- und Opisthialöffnung bei vollkommenem Schluß der Zentralspalte weit geöffnet bleiben, so genügt vollends eine unbedeutende Öffnungsweite (der Zentralspalte, um eine beträchtliche Transpiration zu erlauben. 1) Ebenso Holtermann, 1900. pag. SO. Beiträge zur Physik der Transpiration. 457 Es liegen also hier Einrichtungen vor, «lie eine Steigerung der Transpiration über ein Mindestmaß gestatten, das durch einen geringen Mehraufwand von Membransubstanz oder durch eine unbedeutende Ver- größerung des Lumens der Schließzellen leicht festzuhalten wäre. Solche Wirkungen konnten natürlich Isicht übersehen werden von Forschern, die einmal von der physiologischen Nutzlosigkeit der Transpiration überzeugt sind und zweitens jedes Detail der Gestaltung mit äußerster Konsequenz sub specie opportuni betrachten. j Daß die in Frage stehenden Einrichtungen durch Begüßstigung des Gaswechsels, vor allem der Aufnahme von CO,, der Päanze nützen können, ist nicht von der Hand zu weisen. Und was den Spalten- schluß betrifft, so müssen wir wohl annehmen, daß dieser bei der ge- gebenen Form der Schließzellen vollständiger hergestellt werden kann, als wenn die Schließzellen sich mit ganzer Fläche aneinander legen würden. In diesem angenommenen Fall könnte es leicht eintreten, daß die wenig elastischen Partien anı Außen- oder Innenrand, die einen vollkommenen Schluß herzustellen nieht imstande wären, aufeinander treffen würden, noch bevor die wirksamsten Teile, die an das Zellumen grenzenden Mittelzonen der Membranen, sich aufeinander gelegt hätten. Im Vorübergehen sei hier noch auf einen Fall hingewiesen, der zu unserem Thema einige Beziehung hat. Bei Besprechung der Atemöffnungen von Fegatella conica schreibt Haberlandt (pag. 414): „Die unmittelbar unter der Atemöffnung gelegenen Zellen sind zu farblosen, schnabel- artigen Fortsätzen ausgezogen, deren Funktion noch unbekannt ist. Wenn Kamerling diese Zellen als „Verdunstungsapparate“ bezeichnet, so ist dies bloß eine diskutierbare Vermutung.“ Nun hat Kamer- ling (1897, pag. 47) exakt nachgewiesen, daß in diesen „Sehnabel- zellen“ energische Transpiration stattfindet. Daß die Transpiration an den langen Zellen mit ihrer bedeutenden Oberfläche stärker ausfallen muß, als sie an kurzen, abgerundeten Zeilen wäre, wie bei anderen Marchantiaesen, läßt sich nicht bezweifeln. Es wird deshalb auch nicht leicht jemand bestreiten können, daß die physiologische Anatomie wenige so gut begründete Lehrsätze hat wie diese Kamerlingsche Deutung; falls mit dem Wort Verdunstungsapparat nur die schlichte Feststellung der Tatsache, der Transpirationssteigerung, gegeben werden soll, ohne jedes Urteil über die Zweckmäßigkeit; die würde ja von jedem ge- leugnet, der in der Transpiration ein notwendiges Übel sieht. Ebenso steht es mit einer Bemerkung von Volkens. Er teilt mit (1887, pag. 51), daß bei der Wüstenpflanze Echinopus spinosus die Blätter teilweise dicht filzig behaart sind und daß die Spaltöffnungen 458 O. Renner, anf den kahlen Teilen der Lanıina „ziemlich tief eingesenkt, die übrigen unter dem Haarfilz auf einem Ringwall über das Niveau der Fläche hervorragend“ erscheinen; das letztere kommt bekanntlich bei stark be- haarten Blättern nicht selten vor. Diese Beobachtung erfährt folgende Interpretation: „Bisher sind emporgezogene Spaltöffnungen hauptsächlich von Schattenpflanzen beschrieben worden und hat man gemeint, die Einrichtung ziele auf eine Erhöhung der Transpiration. Halte ich es nun für wenig wahrscheinlich, daß irgend einer Pflanze überhaupt an ausgiebiger Verdunstung etwas gelegen sein sollte, geschweige denn, daß besondere anatomische Strukturen dafür geschaffen würden, so zeigt es sich an dem Vorkommen jener Stomata auch bei Wüstenpflanzen, wie wenig Berechtigung obige Annahme haben kann. Vielleicht ist es das Lichtbedürfnis der Schließzellen, welches unter Umständen ihre bessere Exponierung verlangt.“ Dasistein klassisches Beispielfür eine sehr beliebte Betrachtungsweise, zu der sieh die vorliegende Studie schon in der Einleitung ausdrücklich in Gegensatz stell. Die Frage nach dem Wozu spielt mitunter nicht die Rolle eines Wegweisers zur Auffindung des Wie, sondern sie ver- sperrt den geraden Blick auf das Gegebene, das Phänomen. Das erste Ziel einer Forschungsrichtung, die den Namen physiologisch nicht mit Unrecht tragen will, ist die Aufdeckung der physiologischen, alias physi- kalischen (im weitesten Sinn) Zusammenhänge. Ist dann das Phänomen klar gelegt, dann kann natürlich auch die Zweckmäßigkeit diskutiert werden; doch pflegen wir das nicht mehr Physiologie, sondern Ökologie zu nennen. Nun ist in unserem Fall eine transpirationsfördernde Wirkung der Emporhebung absolut sicher; in Rinnen oder Krypten oder unter einer dichten Haardecke liegende Stomata transpirieren um so weniger, je weiter sie von der freien Atmosphäre entfernt sind. Werden die Stomata also der Oberfläche näher gerückt, so werden die Hinder- nisse, «die der Dampfbewegung entgegenstehen, vermindert, Ob die Pilanze von diesem merkwürdigen Kompromiß, erst Tieflegung und dann Hochhebung, einen Nutzen hat, ist schwer einzusehen, oder wie Haberlandt sich ausdrückt (pag. 417), es „läßt sich kaum ein plausibler Grund dafür angeben“ Benecke (1892, Sp. 570/71) spricht die Hypothese aus, „daß die hohe Lage der Schließzellen ... eine mechanische Bedeutung hat für das Spiel der Spaltöffnung“, doch sagt er das „mit allem Vorbehalt“, Außerdem ist daran zu denken, daß die Aufnahme von Kohlen- säure ins Blatt durch Modifikationen der Oberflächengestaltung im selben Se Beiträge zur Physik der Transpiration. 459 Sinn beeinflußt wird wie die Dampfabgabe (vgl. unten p. 539); aber die Hebung der Schließzellen kaun die Assimilation doch kaum fördern, weil die Sockel, auf denen die Stomata sitzen, keine chlorophyliführenden Zellen einzuschließen pflegen. Die einzige bis jetzt sicher bekannte Leistung — daß noch eine andere aufgefunden wird, ist natürlich nicht ausgeschlossen — bleibt also die Beförderung der Transpiration. Daß das unter allen Umständen nutzlos ist, wie Schwendener und seine Schule wollen, ist noch keineswegs ausgemacht. Aber wenn auch, so bleibt die Tatsache der Transpirationssteigerung bestehen. Und wir bemühen uns doch, die Daseinsbedingungen einer Pflanze in ihrer Ge- samtheit, nicht eine Auswahl der günstigen, kennen zu lernen. Bei gewissen Restionaceen vom Kap hat Pfitzer (1870) beobachtet, daß die Atemhöhlen lange, seitlich vollkommen geschlossene, nur im unteren Teil durch Interzeilularen nach innen sich öffnende Räume dar- stellen und daß die Wände, die die Atemhöhlen begrenzen, eine deutliche Cutieula besitzen (Figuren vgl. unten p. 582). Die Deutung, die Pfitzer dieser Einrichtung gegeben hat, ist ebenso wie die für die eingesenkten Spaltöffnungen einwandfrei, weun sie auch den springenden Punkt nicht klar hervorhebt. Pfitzer schreibt (pag. 580): Die Cutieularisierung der Atemhöhle „muß zur Folge haben, daß die Seitenwände der Atem- höhle selbst irgend erhebliche Mengen von Wasser nicht verdunsten können..... Es ist zwar sicher, daß die verdunstende Fläche von den Wandungen aller Zwischenzellräumen einer Pflanze gebildet wird, und diese Größe wird durch das Vorhandensein der Schutzzellen nicht so sehr bedeutend vermindert. ... Wollaber wird durch den beschriebenen Bau der Umfaug der Öffnung wesentlich verkleinert, durch welche die Zwischenzellräume mit der Atemhöhle und der Atmosphäre in Ver- bindung stehen.“ Während z. B. Tschirch, Haberlandt, Burgerstein sich auf eine Motivierung der Bezeichnung „Schutzzellen“ gar nicht einlassen, er- setzt Gilg (1891), der die anatomischen Verhältnisse der Restionaceen an umfangreicherem Material studiert hat, die Pfitzer’sche Auffassung durch eine wahrscheinlich nicht zutreffende Deutung. Er ignoriert nämlich das wesentlichste Moment, die Wirkung der Cutieularisierung der „Schutzzellen“, die er allerdings „schwach cuticwarisiert“ nennt {pag. 563), und meint (pag. 565): „Bei dem Passieren dieser wider- standsfähigen, wasserreichen Zellen kann sieh die atmosphärische Luft, welche ja auch hier nur allmählich zuströmen kann, mit Wasserdämpfen sättigen, so daß sie ihre ausfrocknende und dadurch schädigende Wir- kung auf die grünen Zellen verliert“, und ganz ähnlich an verschiedenen 460 O. Renner, anderen Stellen (pag. 564, 566). Gilg glaubt demnach, daß die Transpi- ration im ganzen durch die Schutzzellen nicht vermindert wird. Das ist aber bei der Beschaffenheit der betreffenden Zellmembranen nicht walrscheinlich. Und eine Vergrößerung des Abstandes zwischen dem Chlorophyliparenchym und der ganz trockenen Außenluft wird auch so erreicht. Die „Schutzzellen“ verdienen ihren Namen also wohl des- halb, weil sie eutieularisierte Wände haben und selbst, nehmen wir der Einfachheit wegen an, gar nicht transpirieren. Die Atemhöhle wird nur anf ihrem Grund, da wo ihre Spalten sich gegen das transpirierende Assimilationsgewebe öffnen, gesättigten Dampf enthalten, unter den Schließzellen wird die Spannung des Dampfs schon geringer sein. Der Dampf, der vom Grund nach außen strömt, hat also zunächst den Widerstand des langen Kanals der Atemhöhle und dann erst den des Porus zu überwinden, und infolgedessen muß die Wasserabgabe des ganzen Organs geringer ausfallen als wenn die Atemhöhlen normal gebildet wären. Sehr wenig überzeugend ist auch die Darstellung, die Volkens (1887, pag. 50) von ähnlichen Einrichtungen bei afrikanischen Grami- neen gibt. Man findet hier nämlich „vielfach die Spaltöffnungen nicht direkt über den assimilierenden Zellen gelagert“, sondern über einem „farblosen Gewebe dünnwandiger Zellen, die einander mittelst kleiner, aber zahlreicher Ausbuchtungen berühren“ Alle Gase müssen so „ein Gewirr äußerst feiner Interzellularkanälchen .... . passieren, ihre Be- wegung also wird verlangsamt, die feuchte Binnenluft im schnellen Ent- weichen, die trockene Luft der Atmosphäre im schnellen Zutritt ge- hemmt“ Und die ganze Einrichtung soll „bedentungsvoll für eine Herabsetzung der stomatären "Transpiration“ sein. Nun leuchtet aber ein, daß die Diffusion des Wasserdampfs un kein Haar anders ausfallen würde, wenn dieses Gewebe unter den Atemhöhlen Chlorophyll besäße. Durch ein Gewirr äußerst feiner Ka- nälchen bewegen sich die Gase bzw. Dämpfe ja überall im Chlorophyll- parenchym. Anders wäre es, wenn die Membranen des fraglichen Ge- webes selber nicht transpirieren würden. Das ist aber nicht wahr- scheinlich, Denn soviel ich bei Sporobolus spicatus sehen kann, nehmen die Wände der farblosen Zellen bei der Behandlung mit Chlorzinkjod keinen anderen Farbton an als die Membranen der Palissaden. Das farblose Gewebe ist demnach kaum etwas anderes als ein Wassergewebe, worauf Volkens selbst hinweist. Daß es Interzellularen besitzt, was Yolkens als fir ein Wassergewebe auffallend hervorhebt, ist zur eine Beiträge zur Physik der Transpiration. 461 notwendige Konsequenz der Lage dieses (jewebes zwischen den Spalt- öffnungen und dem Assimilationssystem. Während also für diese Gramineen das Vorkommen von Ein- richtungen, die mit des Schutzzellen «ter Restionaceen funktionelle Ver- wandtschaft haben, in Abrede gestellt werden muß, finden sich vollkommen übereinstinmende Strukturen bei den Cactaceen. Vöchting (1873, pag. 381) hat zum erstenmal darauf hingewiesen, daß bei vielen Cacteen die Atemhöhlen in ihrem äußeren Teil von auffallend dickwandigen Hypodermzellen begrenzt sind. Und, was für unsere Betrachtung wichtig ist, er bemerkt dazu: „Die Outieula..... überzieht die Atemhöhle im Bereich des Hypoderma; an den Wänden der diese auskleidenden parenchymatischen inneren Zellen hört sie auf.“ Benecke (1892, Sp. 588) hat dann versucht, die biologische Bedeutung dieser Strukturen za ermitteln und findet eineihrer Funktionen darin, daß sie „vielleicht... als Schutz gegen allzu starke Wasserdampfabgabe zu dienen“ haben. Demgegenüber bemerkt Westermaier (1899, pag. 70): „Ich glaube nicht, daß Benecke’s Vermutung zutrifft... . denn schroff beim grünen Gewebe hört die Verdiekung auch dann auf, wenn nur ein ganz niedriger Ring vorhanden, d. h. ein sehr schmales Wandstück verdickt ist.“ Die Einrichtung wird aber nack dem, was oben für die Restionaceen auseinandergesetzt ist, doch in dem von Benecke angenommenen Sinn wirken. Allerdings weniger infolge der Verdiekung der Wand, die alle Autoren bis jetzt allein beschäftigt hat, als infolge der Cuticularisierung. Die mechanische Verstärkung mag die Funktion haben, die Wester- maier ihr zuschreibt; er denkt an einen Schutz gegen Verzerrung, der den Schließzellen bei Kollaps des welkenden Hautgewebes gewährleistet werden soll. Daß die erwähnten Einrichtungen bei Xerophyten eine weite Ver- breitung besitzen, daß also die von Pfitzer erkannte, physikalisch not- wendige Wirkung dieser Modifikationen des Spaltöffnungsapparats bei vielen Pflanzen ökologisch ausgewertet wird, das ist seit der ersten vergleichenden Zusammenstellung, die Tschirch gegeben hat, oft und oft bestätigt worden. Aber man hat sich bisher mit der prinzipiellen Erkenntnis begnügt, ohne nach der Ausgiebigkeit dieser Schutzmittel,- also etwa nach dem quantitativen Verhältnis zwischen den Leistungen einer gewöhnlichen und einer um einen gewissen Betrag eingesenkten Spaltöffnung zu fragen. Diese Lücke in der physiologischen Anatomie des Spaltöffnungsapparats soll durch die im folgenden mitgeteilten Unter- suchungen ausgefüllt werden. 462 O. Renner, 2. Theorie der xerophilen Spaltöffnungen. Die Gesetze, die für die Ausgabe von Wasserdampf aus dem Blatt durch die Spaltöffnungen gelten, sind von Brown und Escombe (1900) ) entwickelt worden im Anschluß an eine Untersuchung, die hauptsächlich den Assimilationsgaswechsel zum Gegenstand hat. Die stomatare Transpiration ist nach den englischen Forschern als ein Vor- gang freier statischer Diffusion aufzufassen. Die Menge des dureh einen Spaltöffnungsapparat hinausdiffundierenden Wasserdampfes ist hauptsächlich abhängig von den Dimensionen des Spaltöffnungsporus -— und zwar direkt proportional der Querschnittsläche, umgekehrt, pro- portional der Länge — und von der Differenz zwischen der Spannung les Wasserdampfes in den Interzellularen und der Spannung in der umgebenden Atmosphäre; der Koöffizient der Diffusion von Wasser- dampf in Luft ändert sich außerdem noch mit der Temperatur, aber unbeträchflich. Danach wäre die Diffusion durch einen gegebeuen Spaltöffnungsapparat zu berechnen nach der Formel Ditt.—k ® — SEN wobei bedeutet: k den Diffusionskoeffizienten; p, die Spannung des Wasserdampfes in den Interzellularen, also den Druck des gesättigten Dampfes bei der gegebenen Temperatur, p, den Dampfdruck in der um- gebenden Luft; I die Länge des Porus, also die Höhe der Schließzellen am Spalt; A. die Querschnittsfläche des Porus, wobei dieser als eine gerad- wandige Röhre von ungefähr elliptischem Querschnitt angenommen ist. So einfach wäre die Formel, wenn an der inneren Mündung des Porus der Wasserdampf noch seine maximale Spannung hätte; daß an der äußeren Öffnung augenblicklich der minimale Wert Po erreicht wird, gilt für mäßig bewegte Luft. Aber an der inneren Grenze des Porus ist in Wirklichkeit die Spannung des Wasserdampfes schon geringer als unmittelbar über den transpirierenden Membranen der Mesophylizellen. Schon innerhalb der Atemhöhle fällt die Spannung von p, auf einen kleineren Wert p,; der Spannungsunterschied zwischen den Enden des Porus ist also nicht p,—p,, sondern p,—P., also das Spannungsgefälle be m Der Druck p, ist unbekannt. Setzen wir aber Bob _ bb i irx ' %) In Kürze dargestellt bei Dixon (1909). ii Beiträge zur Physik der Transpiration. 463 so heißt das, die Abdrängung des Spannungsmaximums von der inneren Grenze des Porus hat dieselbe Wirkung, wie wenn der Porus nach innen um eine Größe x verlängert würde; an den Grenzen’der Röhre von der Länge (l-1-x) finden sich die bekannten Spannungen p, und p,, das Gefälle im Porus ist also Tr n *. Vorausgesetzt, daß unter dem Stoma eine weite Atemhöhle sich befindet, hat x den Wert T oder 0,786 r, wie Brown und Escombe dartun; r bedeutet den Radius eines Kreises, der gleiche Fläche hat, wie die Ellipse des Röhrenquer- schnitts. In bewegter Luft ist also die Diffusion durch den Spalt- öffnungsapparat KB — Po) A rn I+7 Die minimale Dampfspannung p, wird unmittelbar an der äußeren Mündung des Porus nur dann erreicht, wenn die trockene strömende Luft fortwährend den ausfließenden Wasserdampf wegwischt. Ist aber (ie Luft auf der Blattoberfläche vollkommen ruhig, so tritt an der Außenseite des Porus dasselbe ein, was innen, in der vor Luftbewegung geschützten Atemhöhle, unter allen Umständen erfolgt: die für die Größe der Diffusion maßgebende minimale Spannung p, wird von der äußeren Grenze des Porus abgedrängt, wie die maximale von der inneren. Der Dampf strömt allerdings nicht in Form einer engen Säule heraus, son- dern er breitet sich über der Oberfläche des Blattes nach allen Seiten aus?). Diese Bildung einer Kuppe (system of shells of egual density) von feuchter Luft über jeder Spaltöffnung hat die Wirkung, daß das Minimum des Dampf- drucks, entsprechend der augenblicklichen Feuchtigkeit der Atmosphäre, erst auf der Fläche einer Halbkugel von beträchtlichem Radius erreicht wird, die den Porus zum Zentrum hat. Der quantitative Einfluß der äußeren Kuppe auf die Größe der Diffusion ist nach Brown und Esecombe derselbe wie der der inneren. Die Kuppe wirkt gerade so, wie wenn der Porus nach außen um die Größe = verlängert wäre und an der Mündung der so verlängerten Röhre die trockene Luft fortwährend ersetzt, der Wasserdampf entfernt würde. In vollkommen ruhiger Luft berechnet sich also die Diffusion nach der Formel 1) Dabei ist vorerst angenommen, daß (die hetracltate einzelne Spaltöffuung von den benachharten nieht beeinflußt wird. 464 0. Remer.. ” 2 Die Korrektionsgröße ı-T7 ist eben zu der Länge des Porus für be- wegte Luft einfach, für ruhige Luft doppelt zu addieren. So weit führen uns Brown und Escombe. Und jetzt kommen wir zu der Frage, deren Lösung versucht werden soll: Wie wird die durch die eigentliche Spaltöffnung erfolgende Diffusion beeinflußt, wenn der aus dem Porus austretende Wasserdampf sich nicht in die freie Juft, sondern vorerst in einen etwas weiteren, von der freien Atmosphäre noch wohl geschiedenen Raum ergießt, wie es bei den eingesenkten Spaltöffnungen der Fall ist? j Oder in einer Form, daß die Frage dem Experiment zugänglich ist: Wie wird (die Diffusionskapazität einer engen Röhre beeinflußt, wenn an die äußere Mündung der engen'Röhre eine weitere angesetzt wird, wie der Längsschnitt Fig. 4 darstelit? Die Röhren seien zylindrisch. Die engere Röhre I habe den Radius r, ihr Boden sei mit Wasser bedeckt, die Entfernung der Wasseroberfläche vom oberen Rand der Röhre sei AC=1. Die angesetzte weitere Röhre II habe den Radius BE —=R und die Länge BF—L, Denken wir uns zunächst die Röhre I ohne Aufsatz und in be- wegter Luft. Die Spannung des Wasserdampfs auf dem Grund der Röhre ist p,, 'an der Mündung der Röhre p,, somit die Diffusion k (mob) r?r m Wird nun der weite Aufsatz II angebracht, so wird die Spannung Po bis an den Rand von IT hinausgeschoben. An der Mündung von I und auf der ganzen Grundfläche von II herrscht die Spannung p. Das Diffusionsgefälle ist also in I: bt, in I: Ir. Durch beide Röhren strömt in der Zeiteinheit gleich viel Dampf, es gilt also (ie Gleichung: k m Pr % a Bir En de Beiträge zur Physik der Transpiration. 465 .y2 Daraus berechnet sich der Wert für p gleich BerLb, po R’l _ 2 Wird dieser Wert für p in die Formel k mn eingesetzt, so (P —B)rr r? 1-+- zit Dieselbe Formel läßt sich auch auf einfacherem Wege ableiten. Der Widerstand, den eine Röhre der Diffusion entgegensetzt, ist direkt proportional der Länge, umgekehrt proportional dem Quersehnitt. Die Summe (der, Widerstände der beiden Röhren ist also ergibt sich als Maß für die Diffusion: k Und die Diffusion ist umgekehrt proportional dem Widerstand. In dieser einfachen Weise würde der Widerstand der Aufsatz- röhre zu dem der Porusröhre sich addieren, wenn auf dem Grand der weiten Röhre überall dieselbe Spannung p sich fände, also auch an der . Mündung der engen Röhre. Das ist aber sicher nicht der Fall: Sondern es bildet sich, geradeso wie in freier Luft, auf dem Grund der Röhre II eine Kuppe von Wasserdampf, d. h. die Flächen gleicher Spannung sind keine Ebenen, sondern gekrümmt. In der Fig. 4 ist angedeutet, wie der Verlauf der Stromlinien ungefähr vorzustellen ist. Und wenn am Rand des Röhrengrundes, bei B, die Spannung p herrscht, so ist sie an der Mündung der Porusröhre, bei C, größer, gleich p,. In der Mediane der Aufsatzröhre wird die Spaunung p erst bei dem Punkt D erreicht sein, der vom Ende der engen Röhre etwa um die Länge des Radius der weiten Röhre entfernt ist. Die Flächen gleicher Spannung sind ja Ellipsoide‘), doch nähern sie sich in einiger Entfernung von der Mündung immer mehr der Halbkugel. Die Fläche, auf der der Druck p herrscht, wird also annähernd dargestellt durch die Oberfläche einer Halbkugel, die über der Bodenfläche der weiten Röhre errichtet ist. Nach Brown und Escombe erstreckt sich die Wirkung der Kuppen- bildung in ruhiger Luft praktisch bis auf eine Entfernung von der Mündung, die etwa gleich dem 10fachen Radius der Mündüng ist. Nehmen wir an, dieses Verhältnis sei gegeben, dann bietet, der halb- kugelige Raum, den wir aus dem weiten Zylinder herausgeschnitten haben, denselben Widerstand wie die Kuppe, die sich in der freien 1} Vgl. Brown und Esennibe 1900, oder Dixon. 466 O. Renner, Luft über der engen Röhre bildet. Bewegte Luft mit dem Dampf- druck p, angenommeı, hat also der Aufsatz über der Röhre I zunächst die Wirkung, daß die Diffusion so erfolgt, wie in ruhiger Luft, d. h. wie wenn die Röhre I eine Länge von IH7 hätte, anstatt einer solchen von 1. Dazu kommt aber jetzt noch der Widerstand der weiten Röhre Il. Doch nicht der ganzen Röhre von der Länge L und dem Radius R, sondern (der Widerstand des Raumes, der nach Abzug der über der Grundfläche errichteten Halbkugel übrig bleibt, Der Widerstand dieses halbkugeligen Raumes ist ja schon als Korrektionsgröße für die Länge der Röhre I in die Rechnung eingeführt. Die Druckdifferenz zwischen der äußeren und der inneren Begrenzung des in Rede stehenden Raumes ist überall p—p,, doch die Länge der Stromlinien verschieden, in der Mediane gleich DG, am Rande länger, gleich BF. Die mittlere Ent- fernung zwischen der Halbkugel vom Druck p und der Mündung der Rx Röhre IT ist. wie mir Dr. Degenhart angiht, EF=L— 7’ also das PD mittlere Gefälle n_ Als Weite des Raumes ist überall R’z zu 4 setzen, weil seine Trennung von der halbkugeligen Kuppe nur im Bild existiert. Die Diffusion dureh das ganze System läßt sich also ausdrücken dureh : 2 Kr oder durch k mp) 1? Im 1-7 ı+2° 4 4 In derselben Weise wie oben auf die Spannungsdifferenz P—Ps und auf die Röhrenweite r?” zurückgeführt, ist die Diffusion proportional dem Ausdruck " k Be-po) rin _ rn , tr? Ra\: Hi+Rl-7) Der Ausdınck unter dem Bruchstrich soll als die „wirksame Länge“ des Systens (effective length bei Brown und Escombe) be- zeichnet und in Formeln kurz als 4 eingeführt werden. Sind für zwei Systeme (lie Faktoren des Zählers, nämlich Diffusionskoöffizient, Spannungsiifferenz und Weite der untersten Röhre gleich, und sind 4 m Beiträge zur Physik der Transpiration. 467 und A, die wirksamen Längen, D und D, die Diffusionskapazitäten, so gilt die Proportion: . D:D, =4.:4. . Für die Zwecke der Untersuchung handelt es sich nur um die Verhältniswerte der Diffusionskapazitäten zweier zu vergleichenden Systeme, in denen die Weite der ersten Röhre gleich ist, und diese Verhältniswerte lassen sich durch Vergleichung der wirksamen Längen gewinnen. Es sollen deshalb im folgenden nur noch die Werte dieser wirksamen Längen 4 abgeleitet werden. In bewegter Luft ist also für das eben betrachtete System ın , 12 /, Ra ve (0) In ruhiger Luft bildet sich über der Röhre II die Kuppe, deren 2 Widerstand gleich 7 nn oder auf r bezogen, u Rn ist. Es ist also 4 in der Formel dieselbe Korrektionsgröße e, die von L abgezogen wurde, wieder zu addieren, wodurch sich der einfache Ausdruck In, 7? B I=l4y4 +2 L ergibt. Das heißt, in ruhiger Luft addiert sich zu dem Widerstand der Röhre I einfach der Widerstand der Röhre II; die Wirkung der Kuppe über der Mündung der Röhre I bleibt unbeeinflußt. Und zwar wird diese Formel für jedes Verhältnis zwischen R und r gelten, weil sie offenbar auch für den Grenzfall gilt, wo R=1r ist. rn, Ir Denn 1-- Ir2 (-7)-1+1 Das heißt, der Widerstand der halbkugeligen Dampfkuppe ist für jedes Verhältnis zwischen R und r derselbe, z. B. auch für den Fall, wo R==r ist, Tatsächlich ist die mittlere Länge der parallelen Strom- 7 linien in einer Halbkugel vom Radius r gleich T also der Widerstand dieser kleinen, aber dichten Kuppe: In somit gleich dem von Brown und Escombe für die große ungestörte Kuppe angegebenen Widerstand. Das zunächst überraschende Ergebnis erklärt sieh leicht durch folgende Überlegung. Bei der Kuppenbildung in freier Luft diver- gieren die Stromlinien sehr stark, es steht also eine sehr ausgedehnte mittlere Querschnittsfläche, wenn ich so sagen darf, zur Verfügung, von Flora, Ba. 100. 31 468 0. Renner, der aber eine bedeutende Länge der Stromlinien untrennbar ist. In einer kleinen Kuppe, wie sie in einem engen Raum sich bildet, sind die Stromlinien kürzer, aber auch viel dichter gedrängt, der verfügbare mittlere Querschnitt kleiner. In Wirklichkeit hat natürlich die „Kuppe“ gar nicht Halbkugel- form, wenn R nicht viel größer ist als r, sondern sie ist abgeplattet. Wenn R=r, so ist die Fläche der Kuppe sogar durch eine Ebene ersetzt. Wenn wir also Tr zu 1 addieren und nu von L subtra- hieren, so hat das nur rechnerische Bedeutung, während die in Fig. 4 dargestellten Vorkeinisse kaum jemals genau verwirklicht sind. Wenn L Yz, so wird 2>(47); ist L} ‚Ir, 7 Mm nz >) i=1-{ 5 ut en) ! rs In r? nn DEE URN ul AiRR) 7. Kaual über einer Kaınmer, mit einem konischen, nach außen erweiterten Aufsatz zu einem Trichter verbunden. LT, r? „a = 4 R 14 R 4 In, r Nı=eltgtek 3. Experimente zum Problem der eingesenkten Spaltöffnungen. Um experimentelle Daten für die Prüfung der theoretisch abge- leiteten Formeln zu erhalten, wurden einfache Modelle gewöhnlicher und eingesenkter Spaltöffnungen hergestellt (Fig. 12 u. 13). Auf zwei zylindrische Glasschalen von 68 mm lichtem Durchmesser und 40 mm Beiträge zur Physik der Transpiration. 4715 Höhe wurden dicht anschließende Deckel aus dünnem Messingblech aufgesetzt, deren überfallender Rand mit geschmolzenem Paraffin oder mit Plastilin gedichtet wurde. Die Deckel hatten in der Mitte eine kreisrunde Öffnung von 10 mm Durchmesser, und hier war eine gleich weite, 36 mm lange Röhre aufgelötet. Die Röhre trug am oberen Ende wieder eine zentral durchbohrte Blechscheibe von ’Omm Durchmesser. Wurden nun in die beiden Glasschalen etwa 40 cem ‚ destill. Wasser eingegossen, so daB das Wasser einige Millimeter hoch den Boden bedeckte, so stellte der Schalenraum bis zum Blechdeckel die Atemhöhleeiner Spaltöffnungdar, die Röhre den Porus und die obere Fig. 12. Die beiden_als Modelle die- vienden Schalen mit ihren Deckeln, die eine mit dem konischen Aufsatz. Platte die Oberfläche des Blattes. Die beiden Schalen kamen in diesem Zustand, gleich weit von einem mit troekenem Chlorkalzium gefüllten flachen Gefäß entfernt, unter eine 40 em hohe und 28 cm weite Glas- glocke, die mit Plastilin luftdicht auf eine Glasplatte aufgesetzt wurde. In dem trockenen Luftraum fand ziemlich ausgiebige Diffusion von Fig. 18. Fig. 13a. Fig. 13. Rechts der zylindrische, oben offene Aufsatz I, links der zylindrische, mit durchbohrtem Deckel versehene Aufsatz II. Fig. 13a. Zylinderglas mit durehbohrtem Deckel, Wasserdampf statt, und der Gewichtsverlust der beiden Apparate wurde in Zwischenräumen von 2-3 Tagen mit Hilfe einer Präzisionswage 476 0. Renner, bestimmt. Durch mehrere Wägungen wurde das Verhältnis der „Tran- spiration® der beiden „Spaltöffnungsapparate“ ermittelt, dan: wurde das eine Modell in eine „eingesenkte Spaltöffnung“ verwandelt, indem auf die obere Platte Blechhülsen von verschiedener Form luftdicht aufge- setzt wurden. Aufsatz I (Fig. 13 rechts) ist ein oben offener Zylinder, dessen Radius 26,5 mm, dessen Länge 101 mm. Aufsatz II (Fig. 13 links) ist ein Zylinder von 26,5 mm Radius, 103 mm Länge, oben mit einem Deckel, der ein zentrales Loch von 5,4 mm Radius besitzt. Aufsatz III (Fig. 12) hat die Form eines Kegelstumpfs; die Radien der Grundflächen sind 24,5 und 5 mm, die Länge 84 mm. Der umgebogene Rand der Hülsen wurde direkt auf die obere Platte der Apparate gesetzt und dann eine dünne Plastilinschicht über den Hülsenrand und den vorstehenden Saum der Platte geklebt. Der andere Apparat blieb unverändert, doch wurde er auf einen Untersatz gestellt, so daß die äußeren Mündungen der beiden Modelle wieder in gleiche Höhe und in gleiche Entfernung von dem Chlorkalzium kamen. Wurde jetzt wieder das Verhältnis der Gewichtsverluste bestimmt, so ließ sich durch Vergleichung dieses mit dem vorher erhaltenen Resultat die Depression berechnen, die die Diffusionskapazität des einen Appa- rates durch das Anbringen des Aufsatzes, also die Spaltöffnung durch die Einsenkung, erlitt. Weil die beiden Apparate jedem Wechsel der äußeren Bedingungen, hauptsächlich der Temperatur, wohl in gleicher Weise unterworfen waren und iminer nur das Verhältnis der Diffusionen berücksichtigt wurde, war eine Konstanthaltung der Temperatur über- flüssig. In der Mehrzahl der Versuche wurde anstelle von Wasser absoluter Alkohol verwendet, der rascheren Verdampfung wegen. Die Apparate kamen in einen Schrank oder oben auf einen Schrank za stehen. Die Blechdeckel wurden ebenso wie die Aufsätze mit Plastilin gedichtet. Ein Vorversuch ergab, daß Plastilin, wie zu erwarten, für Alkoholdampf nicht absolut undurchlässig ist. Ein 28 mm weites, teilweise mit Alkohol gefülltes Zylinderglas wurde mit einer dünnen Plastilindecke verschlossen und verlor trotzdem in 14* 10 mg an Gewicht, dagegen ohne den Deckel in 144 0,5 g. An den Apparaten ist die freie Fläche, die das Plastilin den Alkoholdämpfen bietet, aber so klein, daß der Fehler, besonders weil er beide Apparate ziemlich gleich betrifft, vernachlässigt werden kann. "our Beiträge zur Physik der Transpiration. 477 Für die Kombination einer weiten Röhre mit einem durehbohrten Diaphragma wurden Zylindergläser von 8,5 cm Höhe und 2,8 em Weite verwendet. Das Diaphragma wurde in der Weise angebracht, daß eine genau schließende, 2 em lange Blechhülse mit durchbohrtem Deckel (Durchmesser der Durchbohrung 12 mm, Dicke des Blechs 0,3 mm) über die Mündung des Zylinderglases geschoben und mit Plastilin gedichtet wurde (Fig. 13a). In den nun folgenden Tabellen sind nur die Gesamtverluste in verhältnismäßig großen Zeitintervallen eingetragen. Die Wägungen wurden aber in viel kürzeren Intervallen gemacht und das Verhältnis zwischen den Gewichtsverlusten der beiden verglichenen Apparate ziem- lich konstant gefunden. So sind z. B. die Zahlen der ersten Kolumne der Tabelle 1 das Resultat von 9, die der zweiten Kolumne von 7 Wäg- ungen. Versuch 1. Die Apparate mit destilliertem Wasser (und einer Spur Sublimat) beschickt, mit Chlorkalzium unter der Glocke. Am 22. Dez. 1908 auf den Apparat B der oben offene Zylinder I aufgesetzt, am 13. Jan, 1909 wieder abgenommen. Tabelle 1. . 1 A und B ohne Aufsatz | A ohne, B mit Aufsatz 20. XT. 0822, XI. 08 | 55 xIr. 0813. 1.0 Intervalle zwischen den } ren und 13. L 09-— 18. L Wägungen Gesamtverlust von A ing 1,887 0,746 Gesamtverlust von Bing 2,194 0,793 Verhältnis Bu Verluste, } 1,167 | 1,083 Versuch 2. Die Schalen entleert und neu mit Wasser gefülit, mit Chlorkalzium unter die Glocke. Am 8. Febr. wird auf den Appa- rat B der oben mit durchbahrtem Deekei versehene Zylinder II auf- gesetzt. Tabelle 2. | A und B ohne Aufsatz | A ohne, B mit Aufsatz Intervalle zwischen den 28. L—8. IL 9, IL-—15. IL Wägungen er Gesamtverlust von A ing 0,600 0,298 Gesamtyerlust von Bing 0,694 0,280 Verhältnie der Verluste, } 1,157 0,9396 478 O. Renner, Versuch 3. Die Blechdeckel mit Plastilin neu aufgedichtet, die Schalen mit absolutem Alkohol beschickt, in einen Holzschrank gestellt. Am 11. März wird auf den Apparat A der oben mit durchbohrtem Deckel versehene Zylinder II aufgesetzt, am ‘15. März wieder abge- nommen, am 17. März neuerdings aufgesetzt, am 20. März wieder ab- genommen. Tabelle 3. A und B ohne Aufsatz | A mit, B ohne Aufsatz Intervalle zwischen den % Oroı an 11. UL. In, Wägungen 20. I. —21. m. Gesamtverlust von A ing 1,033 1,002 Gesamtverlust von B ing 1,047 1,249 Verhältnis, der Verluste, } 0,987 0,802 Versuch 4. Fortsetzung von Versuch 3. Der Alkohol in den Schalen nicht erneuert, die Apparate auf einen Schrank gestellt. Am 27. März wird auf den Apparat A der oben offene Zylinder.I aufgesetzt. Tabelle 4. A und B ohne Aufsatz | A mit, B ohne Aufsatz Intervalle zwischen den Wägungen 20, HI. —27. II. 28. II. — 31. IU. Gesamtverlust von A ing 1,305 0,500 Gesamtverkust von B ing 1,316 0,537 Verhältni erl nis, der Verluste, h | 0,992 0,981 Versuch 5. Die Apparate neu gefüllt, mit 20 cem Alkohol, auf einen Schrank gestellt. Am 8. April wurde auf den Apparat A der Blechkegel mit der Spitze nach oben aufgesetzt, am 13. April wieder abgenommen. Am 15. April der Kegel mit der Spitze nach unten sorgfältig so aufgesetzt, daß die enge Mündung mit der des Zylinders genau zusammenfie. Am 21. April abgenommen. Am 23. April der Kegel wieder mit der Spitze nach oben aufgesetzt, am 27. April ab- genommen, am 30. April mit der Spitze nach unten aufgesetzt, am 4. Mai abgenommen. Am 5. Mai das Experiment abgebrochen. Der Übersichtlichkeit wegen sind die Ergebnisse in zwei Tabellen zusammengestellt, für die beiden Stellungen des Kegelaufsatzes. er _ m .. Beiträge zur Physik der Transpiration. 479 Tabelle 5. Kegelförmiger Aufsatz mit der Spitze nach oben. Intervalle zwischen den Wigungen Gesamtverlust von A ing Gesamtverlust von B ing Verhältnis der Verluste, A:B Tabelle 6. Kegelförmiger Aufsatz mit der A und B ohne Aufsatz 8. 1V.—8. WW. und 21. IV.--28. WW. 1,029 1,082 1,0 A mit, B ohne Aufsatz 8. IV. — 18, IV. und 23. IV. —27.1V. 1,266 1,835 0,690 Spitze nach unten. Intervalle zwischen den Wägungen Gesamtverlust von A ing Gesamtverlust von B ing Verhältnis der Verluste, A:B A und B ohne Aufsatz 13. IV.—18. IV, 27. IV. — 30. IV., AV—5V. 1,283 1,285 10 A mit, B ohne Aufsatz 18. IV.—21. IV, 30. IV.— 4. Y. 1,338 1,789 0,748 Versuch 6. Zwei Zylindergläser je mit 20 cem absolutem Alkohol gefüllt, auf einen Schrank gestellt. Am 28. April wird der Zylinder B mit dem durchbohrten Diaphragma bedeckt, am 4. Mai wird das Dia- phragma wieder abgenommen. Die Entfernung des Alkoholniveaus von der Mündung der Zylinder ist am Anfang des Versuchs 52 mm, am Ende ist sie bei A 68 mm, bei B 60 mm. Das Verhältnis der Ver- luste B:A wird deshalb von einem Tag zum andern größer. Es sind nur die vergleichbaren Wägungen angegeben. Tabelle 7. A und B ohne Diaphragma | A ohne, B mit Diaphragma a b Intervalle zwischen den 28, IV. Worineen Yr.1v.—28.1V| 4.V.—5.V. |yorgen Abendl 3 V:—4 V- Verlust von Aing 0,530 0,685 Verlust von Bing 0,362 0,507 Verhältnis der Verluste, 0,683 0,740 B:A Tabelle 8. In der folgenden Tabelle 8 ist dargestellt, wie die wirksamen Längen A der Diffusionsröhre, nach den oben abgeleiteten Formeln be- rechnet, durch die Aufsätze vergrößert werden, und wie die Diffusions- kapazität der Apparate durch die Aufsätze vermindert wird. Die Dif- 0. Renner, 480 Tab elle 8. Nr. der Tabelle Maße der Apparate in mm . | A ohne Aufsatz berechnet n. Formel (pag. 473) 2 mit Aufsatz . berechnet n. Formel (pag. 474) 2 ohne Aufsatz Verhältnis 7 on Aufsatz "Berechnete Depression der Diffusion in Prozent . l und 4 2 und 3 5 6 1-36, r—5; | 1=36, 1=5; 1=36, 7—5; |, 2108, R=a6hlu 84, Ro 1 TB L=101, RB ne” Ro "|L-84 R=24,5 48,85 43,85 43,85 43,85 3a 3a 3a 38 47,45 53,56 62,91 57,86 4a ! 5a 6a 7a | 0,924 | 0,819 0,897 0,758 | 7,6 | 18,1 30,3 | 242 1) Der Rand des Zylinderglases war nicht ganz gerade abgeschnitten, durch das Aufsetzen des Diaphragmas wurde deshall der Zylinderraum um 1 mm verlängert. Dieses e=1 ist also zu L zu addieren. Beiträge zur Physik der Transpiration. 481 fusionskapazitäten verhalten sich umgekehrt wie die wirksamen Längen. Ist also A die wirksame Länge des Apparates ohne Aufsatz, 4, die des Apparates mit Aufsatz, und sind D und D, die entsprechenden Diffusions- kapazitäten, so ist 4:4, —=D,:D. Die Zahlen in der vorletzten horizontalen Kolumne geben also die Verhältniswerte .D,:D, und daraus ist in der letzten Kolumne die Differenz D—D, in Prozenten von D berechnet. Tabelle 9. Als Apparat I ist der bezeichnet, an dem der Aufsatz angebracht wird. Die beiden ersten horizontalen Kolumnen der Tabelle 9 geben die in den Versuchen I—6 gewonnenen mittieren Verhältniszahlen, die in den Tabellen 1--7 in den untersten Kolumnen stehen. Die Division des Wertes in der 2. Kolumne durch den entsprechenden Wert in der 1. Kolumne gibt das Verhältnis zwischen der Diffusion des Apparates mit Aufsatz und der Diffusion desselben Apparates ohne Aufsatz; diese Quotienten stehen in der 3. Kolumne. In der 4. Kolumne ist aus den Werten der 3. Kolumne die Verminderung der Diffusion, wie sie im Experiment durch die Aufsätze herbeigeführt wurde, in Prozenten berechnet. In der letzten Kolumne ist dieser beobachteten Depression der nach Tabelle 8 theoretisch abgeleitete Wert, gegenübergestellt. Tabelle 9. Nr. der Tabelle ı1412/|31/15161/7a)5b Gewichtsvorkust d. App. I ohne Aufsatz || 167lo,o2'1,1570,987!1,0011,00 b,9sol.oee Gewichisverlust d. Apparates II Verlust Apparat I mit Aufsatz —fı Goslo.sprla,suc,so2] 0,69 b,7480,0830,740 Apparat 1 ’ Verkise Apparat I mit Aufsatz 10 914 naslo,s1ab,s13l o,e0 Io,rasl,srl,097 Apparat I ohne Aufsatz Beobachtete Depression der Diffusion 88 | 6.1 |ısslıs,z| 31 I25,2130,8 130,8 in Prozent nenn ’ ’ Du Berechnete Depression der Dittuion 7,618 J1s1lı8,1130,312431315| 29 in Prozent (Tabelle 8) 7670 1811830236831 Diskussion der Ergebnisse. Die Übereinstimmung der experimentellen Daten mit den theoretisch berechneten Werten ist in verschiedenen Fällen nicht sehr nahe. Das ist bei der Ungenauigkeit der Messungen und dem Vorhandensein unregelmäßiger Luftströmungen nicht anders zu erwarten. Iın Versuch 1 konnte innerhalb der Glasglocke über der weiten Aufsatzröhre die Kuppe sich nicht ungestört bilden, und die Diffusion wurde dadureh deprimiert. Im Versuch 4 stand der Apparat frei auf 483 0. Renner, einem Schrank, und unter solehen Umständen fällt der Widerstand . weiter offener Röhren, wie spätere Versuche (vgl. p. 489) ergeben haben, geringer aus als theoretisch zu erwarten. Die Richtung der Abweichung in den Versuchen 1 und 4 ist also erklärlich. Im Ver- such 7 entfernen sich die beobachteten Werte nach entgegengesetzten Richtungen gleichweit vom berechneten Wert. Für zylindrische Röhrenformen kommen die gegebenen Ausdrücke der exakten Fassung vielleicht recht nahe, während die Werte für konische Röhren sicher nur gauz grobe Näherungen darstellen. Durch kompliziertere Formeln (auf einem etwas einfacheren Weg als dem von Dr. Degenhart angegebenen, vgl. pag. 471) wurde eine bedeutend engere Annäherung an den empirisch gefundenen Wert erreicht, aber der anspruchsvolle Buchstabenapparat schien mir in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des praktischen Endziels zu stehen. Jedenfalls dürfen die Versuchsergeknisse dahin interpretiert werden, daß die oben aufgestellten Formeln für unsere praktischen Zwecke genügen. 4. Die Gesetze der Diffusion in ihrer Anwendung auf die stomatare Transpiration. Bis jetzt sind nur isolierte Diffusionsröhren behandelt worden, die selbständig arbeiten, ohne durch in der Nähe erfolgende Diffusions- vorgänge beeinflußt zu werden. In der Spaltöffnungen führenden Epi- dermis haben wir aber auf kleinem Raum außerordentlich zahlreiche, sehr enge Röhren vor uns, die zur gleichen Zeit Wasserdampf aus- strömen lassen, und es ist nun zu untersuchen, ob diese eng benach- barten Diffusionsröhren nicht in irgend einer Weise aufeinander ein- wirken. . Nach Brown und Escombe (1900, pag. 276) ist eine gegen- seitige Beeinflussung der Spaltöffnungen nicht vorhanden. Die Menge des einer Blattobertläche durch die Spaltöffnungen entströmenden Dampfes soll, von den physikalischen Außenbedingungen abgesehen, nur von der Zahl der Stomata und den Dimensionen des einzelnen Spaltöffnungs- apparates abhängen. Pan j In Wenn C- 1 +28 bzw. C- 14 1:2 die Werte für die Diffusions- kapazität!) der einzelnen Spatöfnung bei bewegter bzw. ruhiger Luft sind, so sind diese Werte nur mit der Zahl der Spaltöffnungen zu 1) C bedeutel eine Konstante. Beiträge zur Physik der Transpiration. 483 multiplizieren, wenn wir die Transpirationsgröße eines gegebenen Organs berechnen wollen, Diese Annahme steht im Widerspruch mit den von Brown und Escombe (1900, pag. 266) entwickelten Formeln für die Diffusion durch multiperforate septa und führt in der Tat zu unmöglichen Konsequenzen, wenn wir die Verhältnisse in ruhiger Luft betrachten. Die Diffusionskapazität einer einfachen Röhre in ruhiger Luft ist, wie oben dargestellt, ausgedrückt durch Rn [6j no Br" IF Wird nun L=0, so nimmt der Ausdruck den Wert C-AR an, d. h. die Verdampfungsverluste freier, nicht in Röhren eingeschlossener Wasserflächen sind in ruhiger Luft‘dem. Radius, nicht der Fläche pro- portional, was eben von der Bildung der Kuppe herrährt, Haben wir also nebeneinandereinerseits eine Wasserfläche von 1 gem Flächeninhalt,anderer- seits 100 kleine Wasserflächen von je 1 qmm, also in Summa wieder von 1 gem Inhalt, so werden die kleinen Flächen, vorausgesetzt, daß sie genügend weit, voneinander entfernt sind, in der Zeiteinheit miteinander 10mal so viel Dampf abgeben als die zusammenhängende Fläche von 1 gem. Rücken wir nun die kleinen evaporierenden Flächen immer näher zu- sammen, bis sie zuletzt keine Zwischenräume mehr zwischen sich lassen und miteinander die Fläche von 1 gem einnehmen, so wird die Dif- fusionskapazität stetig bis zu der Evaporationsgröße des zusammen- hängenden Quadratzentimeters abnehmen. Daraus geht hervor, daß nahe nebeneinander vor sich gehende Diffusionsprozesse einander in der Weise beeinflussen, daß sie sich gegenseitig verzögern. Bei der Behandlung der multiperforate septa ist dieser Erscheinung von Brown und Escombe Rechnung getragen (1900, pag. 266). Ist eine weite Röhre ‚von der Länge L und dem Radius R mit einer Platte von der Dicke d bedeckt, die sehr zahlreiche (n), sehr kleine Durch- bohrungen vom Radius r besitzt, so ist in ruhiger Luft die Diffusions- kapazität des Systems 0. a om + RTtz. zarte 7) Wie man sieht, sind für die kleinen Löcher die äußeren wie die inneren Kuppen angenommen, aber dazu, was zunächst nicht einleuchtet, ist auch für die ganze weite Röhre die Bildung der äußeren Kuppe vorausgesetzt. Das wird verständlich, wenn man sich vorstellt, daß die Flora, Bd. 100. 32 484 0. Remner, bedeutenden Mengen von Dampf, die aus den zahlreichen Löchern aus- strömen, sich über der Platte nach allen Seiten ausbreiten und, ganz ähnlich wie über der offenen Röhre, eine große zusammenhängende Kuppe bilden. Die Experimente von Brown und Escombe haben die Richtigkeit der Formel unzweideutig dargetan, und zudem läßt sich leicht ausrechnen, daß der durch eine vielfach und fein durchbehrte Platte eingeführte Widerstand geringer ist als der Widerstand der äußeren Kuppe über der weiten Röhre. Käme also diese große Kuppe nicht zur Bildung, so würde durch die Anbringung des durchbohrten Diaphragmas die Diffusion erhöht, was natürlich nicht der Fall sein kann. Diese Beziehungen haben Brown und Escombe bei der Be- trachtung des Laubblattes übersehen!). Das Mesophyll ist mit einer zusammenhängenden Wasserfläche zu vergleichen, die Epidermis bildet eine sehr fein durchlöcherte Platte über dieser Fläche, deren Dimensionen in ruhiger Luft eine für die Größe der Diffusion sehr bedeutsame Rolle spielen. Es sei R der Radius eines kreisförmig gedachten Blattes, n die Zahl der Spaltöffnungen auf je einer Blattseite, r und 1 der Radius bzw. die Länge des Porus, dann ist die Diffusionskapazität sämtlicher Spalten in absolut ruhiger Luft Nach Brown und Eseombe wäre anstelle dieses Wertes der Ausdruck 2n- Tr = 1475 ce: zu Setzen. Doch läßt sich leicht zeigen, daß nach dieser Formel ein Blatt von 1 gem Fläche, also 2 gem Gesamtoberfläche, das 33000 Spalt- Öffnungen von denselben Dimensionen besäße, wie die von Helianthus annuus, 13,33 g verdunsten würde in derselben Zeit, in der zwei je 1 gem große, voneinander getrennte freie Wasserflächen miteinander 4,51 g verdampfen ließen. Transpirationsgrößen, die die Evaporation freier Wasserflächen auch nur erreichten, geschweige denn überträfen, sind noch nie beobachtet worden. Und nach meiner Formel ist die Transpiration des gegebenen Blattes auch geringer als 4,51, nämlich 3,38 g. 1) 1900, pag, 276; 1905, pag. 79; zitiert von Dixon, 1909, pag. 3. Beiträge zur Physik der Transpiratien. 485 In absolut ruhiger Luft müßte also die Transpiration gleichartiger Blätter den linearen Dimensionen, nicht der Fläche proportional sein, und ein großes Blatt müßte auf der Flächeneinheit deshalb weniger transpirieren als ein kleines. Wie weit diese Folgerung aus den Dif- fusionsgesetzen praktisch gilt, das soll im folgenden Abschnitt ermittelt werden. Für bewegte Luft ist die von Brown und Escombe aufgestellte Formel beizubehalten. Wenn wir, wie vorher, von der Blattfläche anstatt von der Gesamtfläche der Durchbohrungen ausgehen, so erhalten wir den Ausdruck ce. 2 Ri 0.2 Te Rn 14° = 14 rn' 2-17 4 ar! d. h. bei genügend stark bewegter Luft kommt die Blattfläche nicht in Betracht. 3. Experimente über Evaporation von freien Wasserflächen, Es ist im vorausgehenden auseinandergesetzt, daß die ganze Spalt- öffnungen führende Blattoberfläche, auch wenn wir von der kutikularen Transpiration absehen, sich in gewissem Sinn wie eine zusammenhängende evaporierende Wasserfläche verhält. Wie groß in absolut ruhiger Luft die Evaporation kleiner Wasserflächen ausfällt, ist nach den Daten von Brown und Escombe leicht zu berechnen. Wie sich aber ausgedehntere Flächen in einer nicht vollkommen ruhigen Atmosphäre verhalten, darüber finde ich keine Angaben. Und Anhaltspunkte dafür brauchen wir für die Beurteilung der Transpiration größerer Blätter. Wird eine kleine Wasserfläche der Einwirkung ruhiger trockener Luft ausgesetzt, so wird in der allerersten Zeit die Evaporation mit derselben Geschwindigkeit erfolgen, wie wenn die trockene Luft über dem Wasser fortwährend erneuert würde. Aber sehr bald reichert sich die Atmosphäre über dem Wasser mit Dampf an, und wenn die „Kuppe“ sich vollkommen gebildet hat, ist der stationäre Zustand erreicht, in dem die Diffussionsgröße dargestellt wird durch den Ausdruck C-4R. Dureh leichte Luftströmungen kann die Kuppe ganz oder teilweise weggewischt, die Diffusion zeitweilig gesteigert werden. Aber die Kuppe ist über der kleinen Fläche bald wieder hergestellt, und die Diffusion wird in dem, was wir ruhige Luft nennen, den berechneten Betrag nicht weit überschreiten. B2* 186 0. Renner, Über einer großen Wasserfläche muß es geraume Zeit dauern, bis der regelmäßige Abfall’ der Dampfspannung, den wir als Kuppen- bildung bezeichnet haben, sich einstellt. Und wenn von Zeit zu Zeit auch nur geringfügige Störungen in diesen Vorgang eingreifen, Kann der stationäre Zustand vielleicht überhaupt nicht erreicht werden. Es ist also zu erwarten, daß für größere Flächen die Evaporation höher ausfällt, als die Formel C-4R angibt. Um absolute Werte anstelle der bis jetzt gegebenen Verhältnis- werte zu erhalten, ist es nötig, die Dimensionen der betrachteten Apparate, die Dichtigkeitsdifferenz, die Zeit und den Koöffizienten der Diffussion von Wasserdampf in Luft in Einheiten des C.G.8.-Systems anzugeben. Der Diffusionskoeffizient bei 0° und 760 mm Druck!) ist nach Brown und Escombe (1900, pag. 272 und 239) k = 0,230; bei t° und pmm Druck ist 273-+t\? 760 k 0280 ( ) . ’ 273 ? also z. B. bei 20° und 720 mm Druck k== 0,279. Die Potentialdifferenz go ist nach Brown und Escombe, solange die Temperatur überall gleich ist, auszudrücken als die Differenz zwischen dem Gewicht eines Kubikzentimeters des bei der gegebenen Temperatur gesättigten Dampfes (denn über der evaporierenden Fläche wird der Dampf gesättigt sein) und dem Gewicht eines Kubikzentimeters Dampf in der umgebenden Atmosphäre. Es sei z. B! t=20° und die relative Luftfeuchtigkeit F=60°%,. 1 cem des bei 20° gesättigten, 100°/,igen Dampfs wiegt 0,0000173 8%. Die Differenz zwischen dem spezifischen Gewicht des 100°/,igen und dem des 60 %/,igen Dampfs ist dann gleich dem Gewicht von 1 cem des 40°/,igen Dampis oder oe = 0,00000692 g. Wird eine kreisförmige Wasserfläche vom Radius R in vollkommen ruhiger Luft exponiert, so berechnet sich die in Gramm ausgedrückte 1) Über die Bedeutung des Luftdruckes vgl. Hann, 1906, pag. 157. Es scheint mir logisch, die Wirkung des Atmosphärendruckes als Beeinflussung des Dif- fusionskosffizienten aufzufassen, weder Brown noch Hann äußern sich darüber. Nachträgliche Anmerkung. O. E. Meyer (in „Die kinetische Theorie der Gase“, 2. Aufl,, Breslau 1899) sagt pag. 251 ausdrücklich, „daß der Wert dieses Koöffizienten dem Gesamtdruck der Gase umgekehrt proportional ist, so daß die ne in verdüunten Gasen rascher von statten geht“. Dasselbe ausführlicher Pag. 270. 2) Nach Kohlrausch, Kleiner Leitfaden der praktischen Physik. Leipzig 1900. Hygrometrische Tabelle pag. 250. Dieser Tabelle sind die Werte für sämt- liche Berschnungen entnommen. Beiträge zur Physik der Transpiration. 487 Menge Dampf, die in 1 Sekunde in die Luft entweicht, nach der Formel k.o-4R Experimente, Schalen und Zylinder von verschiedenem Durchmesser wurden auf der Wage stehend mit destilliertem Wasser sorgfältig bis zum Rand gefüllt und die Gewichtsverluste in längeren oder kürzeren Intervallen bestimmt. Im ersten Fall wurde die Wage nach jeder Wägung arretiert, im zweiten Fall wurde sie zwischen den Wägungen in leiser Schwingung erhalten. Die Wage stand entweder in einem vor Luftbewegung gut geschützten Dunkelzimmer, das nur zum Zweck der Wägungen betreten wurde, oder gewöhnlich in meinem Arbeitszimmer in der Nähe eines Fensters und einer Tür, die gelegentlich geöffnet wurde; auch Gehen in der Nähe des Apparats wurde nicht vermieden. Die Atmosphäre war demnach in diesem Raume selten ganz ruhig, aber doch in einem Zustande, der im Freien schon die äußerste Bewegungslosigkeit darstelät. Im folgenden bedeutet R den Radius der kreisförmigen Wasser- fläche, t die mittlere Temperatur, F die mittlere relative Luftfeuchtigkeit, die mit einem Haarhygrometer bestimmt wurde, Barometerbeobachtungen zu machen wurde leider versäumt; es wurde deshalb überall der mittlere Druck von 720 mm angenommen. Danach sind also der Diffusions- koöffizient k und der Dichtigkeitsabfall og zu berechnen. Der Gewichtsverlust der Gefäße ist auf 1 Minute zurückgeführt. In den Berechnungen bedeutet deshalb © so viel wie k-o-60. Zylinder I: R=0,55 em. t= 175°. F=61°/,. Versuchsdauer 3%/, Stunden. Verlust in 1’: 0,00033 g; 0,00038 g. Berechnet: C-4R = 0,00021 g, G-4 Rr—0,00066 g, C-R?z = 0,000092 g. Schale II: R=1,9 em. t= 19°. F=59®/,. Versuchsdauer 9 Stdn. Verlust in 1’: 0,0025 g; 0,002 g; 0,0016 g. C-4R —=0,00084 g, 0-4 Rz= 0,0025 g, C-Rr = 0,00127 g. Zylinder III: R= 2,325 cm. t=18°. F=61°/,. Versuchsdauer 3'/, Stunden. Verlust in 1’:0,0024 g; 0,0023 g; 0,0020 g. C.4 Rx == 0,0029 g, C-R’rz —=0,00169 8. \ 488 O. Renner, Schale IV: R=33 em. t=17%. F=60%, Versuchsdauer 3'/, Stunden. " a) t=189. b) t=17°%. F=63°/,. Versuchsdauer 1 Stunde. )t=171, )t= o)t=19%. Verlust in 1’: 0,0042 g; 0,0037 g; 0,0037 g. C-4 Rz = 0,00396 g. C-R’r = 0,00827 g. Schale V: R=4 em. Im Dunkelzimmer. 16,5%. F=67°/,. Versuchsdauer 45 Minuten. Verlust in 1':0,0041 g; 0,0042 g. C-4 Rn = 0,0042 g, C-R’z — 0,0042 g. Verlust in 1':0,0047 8. C.4 Rz—= 0,0043 g, C-R’r- = 0,0043 g. Schale VI: R=455 em. F=590,,. Versuchsdauer 2 Stunden. Verlust in 1':0,0059 g. C-4 Ra = 0,00567 g, C-R’z —= 0,0063 g. F=61,5%. Verlust in 17:0,007 g. 0-4 Rr= 0,0082 g, C-Rir —=0,0058 2. F=59%,. Versuchsdauer 1 Stunde. Versuchsdauer 45 Minuten. Verlust in 1’ (die Wage schwingt) :0,009 g; 0,008 g. 1’ (die Wage ist arretiert) :0,007 g. . 0.4 Rr= 0,0065 g, C-Rar —= 0,0072 g. ” 1. R--0,55 ILR-19 UT. R= 2,33 IV.R-=33 V.Re4 VL R=455 f1 Dip: vi Re bi 2, Tabelle 10. Beobachtet Berechnet aus | Berechnet aus H C-&R 0-4 Br 3,6 21 6,6 a» | 54 2 24 1 29 «2 | 39,6 u fr 47 i re a 56,7 70 } 52 8 008 Berechnet aus 0-R’rz 0,92 12,7 16,9 32,7 22 Beiträge zur Physik der Transpiration. 489 Die Ergebnisse der Versuche sind in der Tabelle 10 zusammen- gestellt. Aus dieser ist zunächst, wenn auch die in den verschiedenen Versuchen gewonnenen Werte wegen der Verschiedenheit der äußeren Bedingungen nicht genau vergleichbar sind, zu ersehen, daß die Diffusions- größen eher dem Radius folgen als der Fläche. Und weiter, daß die absolute Größe der Evaporation bei einer Länge des Radius zwischen 2 und 4 em sich ungefähr errechnet, wenn der theoretische Ausdruck G.4R mit x multipliziert wird. Unter 2 em Radiuslänge kommt C-4R dem be- obachteten Wert näher als dem Wert C-4R, über 4 cm Radius ist nicht nur C-4R x, sondern sogar OR? kleiner als die im Experiment ge- fundene Größe. Diese Verschiebung der Diffusionsgröße, die sich immer weiter von C:4R entfernt, entspricht den Vorstellungen, die oben über die Kuppenbildung bei verschieden großen Flächen entwickelt worden sind. Wird R>5 cm, so wird die Evaporation wohl eine Zeitlang un- gelähr dem Wert C-R?x entsprechen, um dann weiter zuzunehmen. Liegt nun anstatt einer offenen Wasserfläche eine solche vor, über die eine Röhre von der Länge L vorragt, so ist offenbar, weil 4R auch geschrieben werden kann: R?yr R “, 4 Ba C.4R zu ersetzen durch L+ ae B Rz C-4Ra durel R, „nt. 4 , C-Rr C.R?r durch LIT: Zur Prüfung wurden zunächst zwei Glaszylinder von etwa 2,5 em Radius verschieden hoch mit Wasser gefüllt. Der Unterschied in den Gewichtsverlusten fiel aber viel geringer aus, als nach dem Ausdruck R?r . RB L+7 zu erwarten war. Bei so bedeutender Weite der Röhre machen sich jedenfalls Luftbewegungen auch innerhalb der Röhre geltend und ver- mindern den Widerstand der Röhre. Um diese Schwierigkeit zu beseitigen, wurde eine der Röhren durch ein multiperforate septum verschlossen und dabei nach der von C 490 0. Renner, Brown und Escombe angegebenen Methode verfahren. Ein Stück Kodakfilm wurde über einem in Millimeter quadrierten Papier mit einer abgebrochenen Nadel in regelmäßigen Abständen durehlöchert und mit zähem Canadabalsam auf das mit destilliertem Wasser beschiekte Zylinder- glas geklebt. Die Dicke des Films und der Durchmesser der Löcher wurden mikrometrisch bestimmt. Innerer Radius des Zylinders R—2, 325 em. Entfernung zwischen Wasseroberfläche und Zylinderrand L=2 em. Radius einer Durch- bohrung r—0,030 em. Zahl der Löcher n==66. Entfernung der Löcher voneinander 0,5 cm. Dicke des Diaphragmas d= 0,0075 em. Die Diffusion pro Minute ist zu berechnen nach der Formel R?r.k.g-60 R R2 ra\, Urt lit 2 ) Versuch a t=18% F=61°/,. Dauer 2 Stunden. Verlust in I’ beobachtet: 0,0003 g; 0,0003 g; ‘berechnet: 0.000246 g. Versuch b. t=170. F=61,5%,. Dauer 14 Stunden. Verlust in 1’ beobachtet: 0,000257 g; berechnet: 0,000227 g. Die Übereinstimmung erscheint für unsere Zwecke gentigend. Als praktische Regel ergibt sich aus dem flüchtigen Versuch: Unter solchen äußeren Bedingungen, unter denen wir die Transpiration der Pflanzen im Laboratorium zu messen pflegen, ist der Widerstand dor „Kuppe* über dem Blatt gleich dem einer Röhre von der Länge z m, wenn R<{4 em, und von der Länge 1 em, wenn R>4 cm. Für bedeutend größere Blätter, die auch kaum einmal im Experiment verwendet werden, fehlen die Daten noch. 6. Experimente über die Transpirationsgröße von Laubblättern. Der Gewichtsverlust, der wohl mit Wasserabgabe gleich gesetzt werden darf, wurde mit einer Präzisionswage bestimmt. Warum die viel bequemere Potometermethode für genaue Transpirationsmessungen nieht brauchbar ist, ist, schon des öfteren erörtert worden. Zur ‘Ver- wendung kamen abgeschnittene Blätter und beblätterte Stengel, die aus Erlenmeyerkolben destilliertes Wasser saugten; der Hals des Kolbens oder ein die Halsöffnung verengernder durchbohrter Kork wurde mit Watte sorgfältig verschlossen. Die Wägung erfolgte regelmäßig in der Em Tr nn Beiträge zur Physik der Transpiration. 491 Weise, daß auf der Seite der Pflanze ein Übergewicht gegeben und dann die Zeit bestimmt wurde, die bis zur Wiedererreichung des Gleichgewichts verstrich. „Wind“ wurde in primitiver Weise durch kräftiges Fächeln mit einem Stück Pappe hergestellt. Zuerst wurde dabei das Kölkchen mit der Püanze in der einen Hand so festgehalten, daß der Stiel sich im Wattebausch nicht bewegen konnte, Später wurden die Objekte mit Watte oder mit Gummi fest in die enge Durehbohrung eines Korkes eingedichtet, der eine zweite sehr feine, oben mit Watte verstopfte Durehbohrung besaß, und das Kölbehen an der Wage festgebunden, so daß mit, einem großen Stück Pappe an langem Stiel sehr kräftiger Wind erzeugt werden konnte, ohne daß der Verschluß sich lockerte. Ein nennenswerter Austritt von Wasserdampf aus dem Kölbehen fand hierbei sicher nicht statt; denn bei sehr geringer Größe der Tran- spiration war auch die Steigerung, die der Gewichtsverlust durch den Wind erfuhr, absolut genommen sehr gering. Weil nach der Anwendung von Wind immer einige Zeit ver- streicht, bis das Gewicht des Objekts wieder festgestellt ist, wurde der Gewichtsverlust in dieser Zeit aus den Gewichtsverlusten vor und nach der Windbehandlung interpoliert und bei der Berechnung des Wind- verlustes berücksichtigt. Weit anschaulicher als durch diese mittelbare Methode der Be- stimmung wäre natürlich die Ablesung an einem Poftometer, wo bei genügender Enge der Kapillare jedes Milligramm Wasser, das auf- gesogen wird, unmittelbar zur Beobachtung kommt. Ein Blatt von Helleborus niger saugte auf dem Potometer in Ruhe 14 mm der Kapillare pro Minute, bei Wind 17 mm, während die Wage eine Steigerung der Transpiration auf mehr ale das Doppelte angab. Auch durch die Näherung einer Flamme wurde die Saugung kaum beschleunigt. Bei einem be- blätterten Stengel von Hydrangea stieg im Wind die Transpiration ebenfalls von 1 auf 2, die Saugung von 21 auf 24 oder von 1 auf 1,13. Die Saugung folgt also der Transpiration nicht rasch genug, und das Potometer erweist sich als für diese Zwecke durchaus ungeeignet. Die Versuche wurden entweder in dem schon erwähnten Dunkel- zimmer angestellt, oder im diffusen Licht des Arbeitszimmers, oder im direkten Sonnenlicht, das nur durch die Fensterscheibe gegangen war. In keinem Fall sind die Verhältnisse der Energiezufuhr und damit des Dampfdrucks im Blattinnern leicht zu übersehen‘). Für die Messung 1) Vgl =. B. Brown und Escombe, 1905, pag. 69, und Blackman und Matthaei, 1905, pag. 406. 492 . O. Renner, der Blattemperatur fehlten die Mittel, und wenn die Temperatur des Blattes immer gleich der der Luft angenommen wurde, dann ist sie sicher für direkte Insolation zu niedrig und für den Aufenthalt im Dunkeln zu hoch angesetzt. " Vor der Wägung, bei längerer Dauer des Versuchs auch am Ende, wurden von den Blättern mit dem Rasiermesser kleine Epidermisstücke abgenommen und nach dem Vorschlag von Lloyd rasch in absolutem Alkohol fixiert. Die Lloyd’sche Methode hat sich bei meinen Unter- suchungen als sehr bequem und sebr brauchbar, aber auch als recht gefährlich und einer sorgfältigen Kritik bedürftig erwiesen. Lloyd selber schlägt vor, die Epidermis wenn möglich abzuziehen; wenn größere Mesophyliteile arhaften, besteht natürlich die Gefahr, daß der Alkohol verdünnt wird und die Schließzellen nicht rasch genug ihre Elastizität verlieren. Tatsächlich fällt sehr häufig auf, daß die Spalten dort, wo die Epidermis vollkommen isoliert vorliegt, weiter geöffnet sind als wo unter ihnen noch Mesophyll anhängt. Das hat auch Lloyd bemerkt und in der angedeuteten Weise erklärt. Aber dieselbe Be- obachtung kann man an solchen Epidermisstücken machen, die frisch in Wasser anstatt in absoluten Alkohol gelegt werden. Am ehesten darf man die Spaltöffnungen noch im natürlichen Zustand zu finden erwarten, wenn man recht dieke Schnitte in Wasser rasch untersucht. Dabei findet man die Spalten bei vielen Pfanzen nie so weit offen, als sie an abgezogenen Epidermisstücken sich dar- stellen. Das erklärt sich wohl damit, daß beim Abtrennen der Ober- haut vom Mesophyll die Epidermiszellen teilweise, vielleicht größtenteils an der Innenwand Verletzungen erleiden, ihren Turger einbüßen und damit den, wie leicht einzusehen, nie ver- letzten Schließzellen Gelegenheit geben, sich auszudehnen. Wie ich nachträglich fand, hat Leitgeb (1886) ähnliches be- obachtet und auch die entsprechende Deutung gegeben. In Fig. 14 sind in Alkohol fixierte Spaltöffnungen von Paeonia wiederge- geben. Schraffiert ist die Spalte auf der mittleren Höhe der Schließzellen, nach außen erweitert sich die Spalte _ noch beträchtlich bis zu den in der Figur Fig. 14. Spaltötfnungen von I0PPelt konturierten Vorhofleisten. Die Paeonia officinalis, Spaltöffnungen c und @ gehörten einem Beiträge zur Physik der Transpiratien. 493 am Morgen abgenommenen Epidermisstück au, z und 5 einem anderen, das Abends abgenommen wurde; z und c sind die weitesten Spalten von solchen Epidermisteilen, unter denen noch Reste von Mesophyll- zellen lagen, 5 und d die weitesten Spalten von ganz isolierten, abge- zogenen Epidermisstücken. Auf dickeren Flächenschnritten, die in Wasser untersucht wurden, zeigten sich nur die Zustände @ und c, nie 5 bzw. d. Dieses weite Klaffen der Spalten kommt also nur beim Abziehen der Epidermis zustande. Die bei manchen Objekten sehr bequeme Methode des Abziehens der Epidermis darf also nur dann angewandt werden, wenn sich in der Spaltweite kein Unterschied ergibt zwischen abgezogenen Stücken und derberen, in Wasser liegenden Schnitten. Solche Objekte sind aber nach meinen Erfahrungen selten, und man wird deshalb im allgemeinen gut tun, sich an dünne Flächenschnitte zu halten. Absoluter Alkohol fixiert die isolierte Epidermis, wie Lloyd angibt, ausgezeichnet. Aber ich kann versichern, daß die Fixieruig der Schließzellen ebenso zu- verlässig eintritt, wenn noch Mesophylizeilen oder Teile von solchen anhängen. Von den in Alkohol gelegten Schnitten sind also für die Ermittelung der Spaltweite am besten die Partien zu verwenden, wo die Epidermis nicht ganz isoliert ist, aber doch nur eine dünne Lamelle des Mesophylls darunter liegt. Anstatt die Schnitte in alkoholischer Eosiulösung zu färben und in Canadabalsam einzubetten, wie Lloyd tut, habe ich vorgezogen, die ungefärbten Schnitte in kleinen Gläschen mit Alkohol aufzuwahren und jeweils für die Untersuchung auf den Objektträger zu bringen. Die Spalten wurden mit dem Objektiv 8 und dem Okularmikro- meter von Leitz gemessen. Weil die Öffnungsweite, wie alle Autoren hervorheben, auf demselben Stückchen Epidermis außerordentlich variiert, wurden meistens zahlreiche Spalten gemessen und der Durchschnitt ge- nommen. Unter Öffnungsweite ist der Porusquerschnitt auf der mittleren Höhe der Schließzellen, also die Fläche der Zentralspalte, verstanden. Für die Berechnung wurde diese Querschnittsfläche als elliptisch an- genommen. Wenn l und b die lange und die kurze Achse der Ellipse l.b-x 7” Als Länge des Porus ist die Entfernung zwischen Vorhof- und Hinterhofleiste zu verstehen, wie sie auf medianen Querschnitten sich messen läßt. Die Blattfläche wurde durch Wägen von Papier bestimmt. sind, ist die Fläche 494. 0. Renner, Um die mittlere Zahl der Spaltöffnungen auf der Flächeneinheit des Blattes zu bestimmen, wurde die Fläche des Gesichtsfeldes zweier Objektive ermittelt und die in ein Gesichtsfeld fallenden Stomata an ver- schiedenen Stellen gezählt. Der in Gramm ausgedrückte stomatare Wasserverlust eines ge- gebenen Blattes von mäßiger Größe ist entsprechend der Formel auf pag. 484 für 3 Minute und ruhige Luft zu berechnen als Rez.k-g-60 R’r-k-0-60 Ren | IR R,, | tm ne ( + 3) oder GHIH n-r?% In bewegter Luft kann die Transpiration steigen bis zu N:-ren-k-o 8m +7 Dabei bedeutet: R?rx die gesamte Spaltöffnungen führende Oberfläche des Blattes in Quadratzentimetern. Bei amphistomatischen Blättern ist die Blatt- fläche doppelt zu nehmen, spaltöffnungsfreie Teile, wie Nerven, sind abzuziehen. N ist die Gesamtzahl der Spaltöffnungen auf dem Blatt. n ist die Zahl der Spaltöffnungen auf 1 gem; also n-R’s=N. r ist der Radius der als kreisförmig betrachteten Querschnittsfläche des Spaltes in Zentimetern. 1 ist die Länge des Porus in Zentimetern. Die Bedeutung von k und go ist auf pag. 486 auseinandergesetzt. Als Baroreterstand ist, wie bei den Versuchen mit freien Wasser- Nlächen, immer der von 720 mm angenommen. Zu der nach den angegebenen Formeln zu berechnenden stomataren Transpiration kommt noch die cuticulare Komponente. Bei Blättern, die nur einerseits Spaltöffnungen tragen, läßt sich die euticulare Wasser- abgabe der von Spalten freien Seite leicht bestimmen, indem man die andere Seite mit Kakaobutter bestreicht. Die gesamte ceutieulare Tran- spiration wurde nicht doppelt, sondern 1 1/,mal so groß angenommen als die der einen Seite, weil die Cuticula in der Nähe der Spaltöffnungen von einer sehr feuchten Atmosphäre überlagert wird. Für mehrere Fälle, besonders für amphistomatische Blätter, wurde die epidermoidale Kom- Beiträge zur Physik der Transpiration. 495 ponente nach den an anderen Objekten gewonnenen Erfahrungen geschätzt und in den Berechnungen interpoliert. Zunächst ist es wichtig, zu wissen, ob auch bei Blättern die Transpiration nicht der Fläche genau proportional, sondern bei kleinen Blattflächen verhältnismäßig größer ist. Übereinstimmende Resultate sind bei der unkontrollierbaren Ungleichförmigkeit der verglichenen Stücke nicht zu erwarten. 1 Aus zwei großen Blättern von Musa ensete wurden ungefähr quadratische Stücke herausgeschnitten und ohne Wasser mit Draht auf die Wage gehängt, nachdem die Schnittfiächen mit Kakaobutter ver- schlossen waren. Die Stücke transpirierten im Versuch höchstens 25 Minuten lang, so daß kein Vertrocknen eintreten konnte. Stück A: 344 gem. B und G Teile davon, B: 26,7 gem, C: 92 gem. » D: 141 gem. E ein Teil davon, 44 gem groß. » F: 179 gem. G ein Teil davon, 65 gem groß. „ H: 117 gem. J aus der Nähe von H, 17 gem groß. » K:170 gem. L aus der Nähe von K, 17 gem groß. A B Verhältnis der Flächen. . . | 129 Iarı [305 | a2 |237 Ios | ı0 Verhältnis der Transpiration . 8 3,75 [2,1 2,4 | 2,68 || 4,8 6 IL. Ein großes Blatt von Verbascum nigrum wurde unter Bei- behaltung der ganzen Breite quadratisch zugeschnitten, so daß ein Stück Mittelrippe als Stiel fungierte, und in ein Kölbchen mit Wasser ein- gedichte. Dann wurde aus dem ersten ein viel kleineres Quadrat herausgeschnitten, das auf dem Stiel blieb und ein kurzes Stück Mittelnerv einschloß. Die Wunden wurden mit Kakaobutter verschlossen. Die Fläche (ohne Mitteinerv) war bei dem ganzen Stück 141 gem, bei dem Teilstück 29 gem. Verhältnis der Flächen: 4,8:1, Verhältnis der Transpiration: 4 :1. Die Transpiration scheint demnach tatsächlich nicht genan der Fläche zu folgen, sondern mit zunehmender Größe der Blatttläche ver- hältnismäßig kleiner zu werden. Für Blätter, die im Verhältuis zur Breite sehr lang sind, ist allerdings anzunehmen, daß hier die Tran- spiration größer ist als bei rundlichen Blättern von gleichem Flächen- ausmaß. In den folgenden Berechnungen soll aber bei Radien, die 496 0. Renner, größer sind als 4 cm, die wirksame Höhe der Kuppe nicht größer als 1 cm eingeführt werden, um den Widerstand ja nicht zu hoch anzu- setzen. 1. Nuphar luteum. 4. Sept. 1909. Ein Luftblatt (nicht Schwimm- blatt) im Garten unter Wasser abgeschnitten. Blattfläche ohne Nerven 343 gem. Spaltöffnungen nur oberseits, pro Quadratzentimeter 41000. Mittlere Spaltweite 9,5:3 x. Länge des Porus 154 a. t= 18%. F = 60%,. Helles diffuses Licht. Das Blatt verliert von 9% 45°—9» 57° pro Minute 0,0375 g. Jetzt wird die Oberseite sorgfältig mit Kakaobutter bestrichen. Transpiration pro Minute: 105 9°—-11° 21’ Ruhe: 0,0062 g, 11% 22°—11® 24° Wind: 0,012 g. Nachmittags (sogar am folgenden Tag) ist das Blatt noch ganz frisch. 2% 52°—8h 2° Ruhe: 0,006 g. 3b 4'386 6° Wind: 0,01 8. Berechnung: Stomatare Tr.: 0,0287 g, Cutieulare „ 0,009 g, Gesamte „ 0,0877 g. 2. 4. Sept. 1909. Ein kleineres Blatt ebenso behandelt wie das erste, doch nicht mit Kakaobutter bestrichen. Fläche ohne Nerven 242 gem. Sonst alles wie vorher. Das Blatt verliert im hellen, diffusen Licht pro Minute: 11% 49’-—12% 2° Ruhe: 0,025 g, 12% 3°—12% 5° Wind: 0,11 g, 12% 5’—12% 16° Ruhe: 0,023 g, 12% 17°—12% 19° Wind: 0,11 g. Berechnung: a) Für Ruhe, Cuticulare Tr.: 0,0063 g (interpoliert nach 1), Stomatare „ 0,0208 g, Gesamte „ 0,0266 e. b) Für Wind. Cutieulare Tr.: 0,013 g {interpoliert), Stomatare „ 0,128 & Gesamte „ Oldie 3. Nuphar Iuteum. 17. Sept. 1909, Ein Luftblatt, dessen Fläche ohne Nerven 246 gem. Spaltöffnungen nur oberseits, 43000 auf 1 gem. Mittlere Spaltweite 9:4 «. Länge des Porus Il m t=188%. F= 66%,. Diffuses Licht. Beiträge zur Physik der Transpiration. 497 Verlust pro Minute: - 11b 23°—11" 35° Ruhe: 0,0167 g; 11b 36°—38° Wind: 0,083 g; 11° 38°—46° Ruhe: 0,0174 g; 11r 47’—49° Wind: 0,081 g; 11% 49'—53° Ruhe: 0,0167 g. Dann, nachdem die Oberseite mit Kakaobutter bestrichen ist: 12% 19°— 12% 25° Ruhe: 0,0033 g; 124 26 —29 Wind: 0,007 g; 12* 29 - 37° Ruhe: 0,0033 g. Berechnung: a) Für Ruhe. Cutieulare Tr.: 0,005 g; stomatare „ 0,020 8; gesamte „ 0025 8. b) Für Wind. Outieulare Tr.: 0,011 g; stomatare „ 021 g: gesamte „ 0221 g@. 4. Hydrangea hortensis. 6. Sept. 1909. Stengel mit 3 Blatt- paaren. Blattfläche ohne Nerven 300 gem. Spaltöffnungen nur unten, 16500 auf 1 gem. Mittlere Spaltweite 10:3. Länge des Porus 18 u. t=165%. F=62,5%,. Diffuses Licht. Verlust pro Minute: 4 4%°—51 Ruhe: 0,012 g; 44 51°—53° Wind: 0,021 g; 4b 545% Ruhe: 0011 g. Dann, nachdem die Unterseite der Blätter mit Kakaobutter be- strichen ist: 5h 17’—837 Ruhe: 0,0016 g; 5b 37’—39 Wind: 0,0028 g. Berechnung: a) Für Ruhe. Cutieulare Tr.: 0,0024 g; stomatare „ 0017 8; gesamte „ 00194 g. b) Für Wind. Cuticulare Tr.: 0,0042 8; stomatare „ 0,063 8; gesamte „ 0,0672 @. 5. Aconitum Iycoetonum. 27. Juli 1909. Ein beblätterter Stengel im sonnigen Garten geholt, bald ins Dunkelzimmer. Blattfläche 450 gem; Fläche der Nerven mit Sorgfalt bestimmt, zu "/, der gesamten Blatt- 498 0. Renner, fläche gefunden, also Blattfläche ohne Nerven 386 gem. Spaltöffnungen aur unten, pro Quadratzentimeter (die Nerven abgerechnet) 8240. Mitt- lere Spaltweite 12,9:6,3 „. Länge des Porus 13 «. t=21,5° F= 63 9,. Der frische Stengel verliert von 8° 50° 9% 8° pro Minute in Gramm: 0,05; 0,05; 0,044; 0,06; 0,036; 0,044; 0,044; 0,04. Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,012 g (interpoliert); stomatare „ 0,033 8; gesamte „ 0,045 8. 6. Archangelica offieinalis. 5. Juli 1909. Der Mittelteil und ein Seitenteil eines großen, reich zusammengesetzten Blattes in Wasser stehend unter einer Glasglocke so aufgestellt, daß am 6. Juli morgens die Sonne darauf fällt, um Spaltenöffnung zu erzielen. Um 8% der Mittel- teil sorgfältig von dem niedergeschlagenen Wasser befreit und nach der Abnahme von Schnitten im Kölbchen auf der Wage ins Dunkelzimmer. Um 9" der Seitenteil ebenso behandelt. Die Nerven wurden in ihrer Gesamtheit auf ein Fünftel der Blatt- fläche geschätzt. Dann hatten die Spaltöffnungen führenden Teile (der Unterseite, die Oberseite ist ohne Stomata) zusammen bei dem Mittel- teil etwa 632 qem Fläche, bei dem Seitenteil etwa 355 gem. Spalt- öffnungen pro Quadratzentimeter (die Nerven abgerechnet) 45000. Mittlere Spaltweite 12:3,4 u. Länge des Porus il a. t=17%. F=64%, Dunkel. Das größere Stück verliert von 8° 19 —8* 30° pro Minute: 0,057; 0,057; 0,055: 0,05: 0,05; 0,05 g. Bereehnung. Kutikulare Tr.: 0,014 g (interpoliert): stomatare: „ 0,049 g; gesamte: „ 0,063 g. 7. Archangelica. Das kleinere Stück verliert pro Minute: 9% 10’—16° Ruhe: 0,033 g; 0,03 g; »16—19 Wind: 0,12 8; 9® 19—24 Ruhe: 0,083 g; 0,03 g. Berechnung: a) Für Ruhe. Cntieulare Tr.: 0,008 g (interpoliert); stomatare: „ 0,0274 g; gesamte: „ 0,0854 g. b) Für Wind, Cutieulare: „ 0,016 g; stomatare: „ 0,328 8; gesamte: „ 0844 g. Beiträge zur Physik der Transpiration. 499 8. Gentiana lutea. 9. Juni 1909. Ein Blatt im sonnigen Garten geholt, der hellen Sonne ausgesetzt. Blattfläche ohne Nerven 119 gem. Spaltöffnungen pro Quadratzentimeter unten 12360, oben 6180. Mittlere Spaltweite oben wie unten 12:3,8 «. Länge des Porus 17,6 u. t=25% F—52%,. Das Blatt verliert von 7" 56°—-8° pro Minute: 0,043 g; 0,043 g; 0,043 g. Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,011 g (interpoliert); stomatare der Unterseite: 0,0151 g; stomatare der Oberseite: 0,0113 g; gesamte: 0,0374 g. 9. Gentiana lutea. 18. Juni 1909. Ein Blatt aus dem sonnigen Garten geholt, der hellen Sonne ausgesetzt. Blattfläche ohne Nerven 186 gem. Spaltöffnungen pro Quadratzentimeter unterseits 7200, ober- seits 3090 (nur die funktionstüchtigen gezählt, zahlreiche abgestorben). Mittlere Spaltweite oben wie unten 14,5:5,6 a. Länge des Porus 17,6 u. t=22°%. F=55%,. Das Blatt verliert von 8% 41’—8b 461/,° pro Minnte: 0,06 8. Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,010 g {interpoliert); stomatare der Unterseite: 0,0180 g; stomatare der Oberseite: 0,0123 g; gesamte: 0,0308 g. 10. Gentiana Iutea. 29. Juni 1909. Ein Blatt aus dem sonnigen Garten. Fläche ohne Nerven 192 gem. Spaltöffnungen pro Quadrat- zentimeter oberseits 4120, unterseits 8240. Mittlere Spaltweite oberseits 13:2 j, unten 16,5:4,4 x. Länge des Porus 18,7 a. t=19% F=60°/,. Diffuses Licht. Das Blatt verliert pro Minute: 9% 7 a.m.-- 5b 6' p.m. Ruhe: 0,018 g, 0,018 g, 0,017 8. 5h 65h 10° Wind: 0,044 g. Berechnung: a) Für Ruhe. Cuticulare Tr.: - 0006 g (interpol.); stomatare der Unterseite: 0,0134 g; stomatare der Oberseite: 0,0056 g; gesamte: 0,025 8. b) Für Wind. Cutieulare Tr.: 0,012 g (interpol.); stomatare der Unterseite: 0,0441 g; stomatare der Oberseite: 0,0084 g; gesamte: 0.0645 g. Fiora, Bd. 100. 33 500 O. Renner, 11. Gentiana lutea. 8. Juli 1909. Ein Blatt bei kühlem, windigem Wetter im Garten geholt. Fläche ohne Nerven 154 gem. Spaltöffnungen oberseits ganz geschlossen. Unterseits mittlere Spaltweite 14,3:3,3 u Länge des Porus 18,7 u. Auf 1 qem 7200 Spalten. 19". F=59%,,. Diffuses Licht. Das Blatt verlisrt pro Minute: 11® 40'—11® 51’ Ruhe: O, 0143 g; 0,0143 g; 116 51°-53° Wind: 0,04 g; 115 53:—12% 2’ Ruhe: 0,0143 g; 0,0166 g; 12% 22-124 4 Wind: 0,045 g; 12% 4-26 50' Ruhe: 0,0166 8; 0,016 g; 0,014 g; 2% 50:—25 52° Wind: 0,046 g. Berechnung. a) Für Ruhe. Cutieulare Tr.: 0,005 g {interpol.); stomatare „ 0,0082 g; gesamte „ 0,0132 8. b) Für Wind. Cutieulare „ 0,010 8; stomatare „ 0,022 g; gesamte „ 0,082 8; 12. Rhododendron hybridum hort. 7. Sept. 1909. Ein kleiner Zweig mit 3 Blättern im sonnigen Garten geholt, zuerst unter einer feucht gehaltenen Glocke der hellen Sonne ausgesetzt, dann im Kölbchen und im hellen diffusen Licht auf die Wage. Blattfläche ohne Nerven 125 gem. Spaltöffnungen nur unten, pro Quadratzentimeter 20600, sehr klein. Mittiere Spaltweite 55:1 a. Länge des Porus 13 x. t= 175°. F=64%),. Der Zweig verliert von 11% 19—11% 34°::0,02 g, also pro Minute 0,0013 g. Berechnete stomatare Transpiration: 0,00176 g. Die eutieulare Komponente ist bei der Dicke der Cutieula wohl zu vernachlässigen. Die Steigerung des Gewichtsverlustes durch Wind war fast un- merklich, ebenso bei einem zweiten größeren Zweig. Das ist bei dem bedeutenden Widerstand, den die Epidermis mit ihren winzigen Poren bietet, verständlich und bestätigt, daß die euticulare Transpiration außer- ordentlich schwach ist. 13. Callisia repens (Commelinacee). 14. Sept. 1909. Ein Stengel mit. 7 Blättern. Gesamte Blattfläche 100 gem, also der Radius eines Beiträge zur Physik der Transpiration, 501 Blattes etwa 2 em, und 2205 cm. Spaltöffnungen nur unten, 1590 auf 1 gem. Mittlere Spaltweite 27,5:9 w. Länge des Porus 16,5 a. t=20%. F=61°%,. Helles diffuses Licht. Der Stengel verliert von 9% #.—9b 10° pro Minute 0,008 g. Dann, nachdem die Blätter unterseits mit Kakaobutter bestrichen sind, von 9 21’—9% 44° pro Minute 0,0014 gr. Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,0021 g; stomatare „ 0,0079 g; gesamte „ 0,0100 8. 14. Callisia repens. 3. Juni 1909. Ein Stengel mit 8 Blättern aus dem sonnigen Gewächshaus geholt, im Kölbchen auf der Wage der hellen Sonne ausgesetzt. Gesamte Blattfläche 90 gem, Fläche eines Blattes durchschnittlich etwa 11 gem, also 2 ungefähr 0,5 em. Spaltöff- nungen nur unten, 1378 auf 1 gem. Mittlere Spaltweite 27,5 4:88 a. Länge des Porus 16,5 u. 1=25°. F=52%,. Die Pflanze verliert von 8+ 3°--8% 25° pro Minute: 0,01 g, 0,0074 g. Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,0025 g (interpol.); stomatare ,„ 0,0108 g; gesamte „ 0,0183 g. 15. Callisia repens. 15. Juli 1909. Zwei Stengel mit 15 Blättern morgens im Dunkelzimmer. Blattfläche im ganzen 180 gem, also I = 0,5 em. Spaltöffnungen nur unten, pro Quadratzentimeter 1480. Mittlere Spaltweite 26,4:6,6 „. Länge des Porus 116. t= 17°. F= 67%, Die Stengel verlieren von 9% 43°—10% 11° pro Minute: 0,0074 g, 0,0072 g. Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,003 g (interpoi.); stomatare „ 0,0072 g; gesamte „ 0,0102 8. 16. Callisia repens. 15. Juli 1909. Zwei Stengel mit 17 Blättern am Abend im Dunkelzimmer. Gesamte Blattfläche 209 gem, also 2 etwa gleich 0,5 em. Spaltöffnungen nur unten, 1480 auf 1 gem. Mittlere Spaltweite 22:2,2 a. Länge des Porus 176. t= 17°. F= 715%. Die Stengel verlieren von 7 52’— 8" 2° abends pro Minute: 0,0054 g. 3 502 ©. Renner, Berechnung. Cutieulare Tr.: 0,003 g (interpol.); 17. Tradescantia viridis. stomatare gesamte 0,00288 g; 0,00583 g. ” » 2. Juni 1909. Ein bewurzelter Stengel mit 13 Blättern im Kölbchen dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt. Gesamte Blattfläche 64 gem; Fläche eines Blattes durchschnittlich etwa 5 gem, also 4 F=56)),. — 0,32 em. Spaltöffnungen nur unten, 2120 auf 1 gem. Mittlere Spaltweite 27,5:6,6 x. Länge des Porus 19,8 u. t = 22°. Die Pflanze verliert von 9* 23’—9% 36° pro Minute: 0,01 g, 0,009 g, 0,008 g. Berechnung. Cuticulare Tr.: 0,002 g (interpol.); stomatare gesamte 0,00707 8; 0,00907 ge. ” ” Tabelle 11. ar Name Ver- P Fr Beleuchtung suchs 1 Nuphar Diffuses Licht 2 „ ” 3 ” ” 4 Hyärangea » 5 ‚Aconitum Dunkel 6 Archangelica „ 7 » » 8 Gentiana Direkte Sonne ° ” ” 10 ” Diffuses Licht il ” ” 12 Rhododendron ” 13 Callisia » 14 ” Direkte Sonne 15 » Dunkel 16 » ” 17 Tradescantia | Direkte Sonne Transpiration pro Minute in Ruhe 'beobachtet| berechnet 0,0375 | 0,0877 0,025 0,0266 0,0167 | 0,025 0,012 0,019 0,05 0,045 0,057 0,063 0,083 0,035 0,043 0,037 0,06 0,04 0,018 0,025 0,0143 | 0,0132 0,0013 | 0,0018 0,008 0,010 0,010 0,018 0,0074 | 0,010 0,0054 | 0,0058 0,010 0,009 Diskussion der Resultate, Die Ergebnisse der 17 Versuche sind in der Tabelle 11 über- sichtlich zusammengestellt. Die Übereinstimmung zwischen beobachteten Transpiration pro Minute im Wind sobachtet! berechnet 0,11 0,141 0,083 0,221 0,021 0,0672 0,12 0,344 0,044 0,065 0,045 0,082 Beiträge zur Physik der Transpiration. 503 und berechneten Werten ist für ruhige Luft überraschend, wenn man die außerordentliche Unsicherheit sämtlicher Messungen an der Pflanze in Rücksicht zieht. Daß im Dunkeln die berechnete Größe nicht erreicht werden kann, ist verständlich, weil die Pflanze hier wohl etwas kälter ist als die Umgebung. Im direkten Sonnenlicht steigt dagegen die Temperatur des Blattes über die der Luft, die berechneten Werte müssen also zu niedrig ausfallen, was die Tabelle im allgemeinen auch zeigt; nur Versuch 14 macht eine Ausnahme. Im diffusen Licht müßten Beobachtung und Berechnung am ehesten zusammenfallen. Im allgemeinen sind aber die berechneten Werte größer als die im Experiment gefundenen, doch höchstens um 50°,,. Bei der Berechnung ist zudem immer angenommen, daß die Kuppen über den einzelnen Spaltöffnungen nicht miteinander interferieren. Das ist nach Brown und Escombe (1900, pag. 267) der Fall, wenn die Ent fernung der Poren voneinander mindestens das Zehnfache des Durch- messers beträgt. Diese Bedingung ist aber bei den verwendeten Objekten fast nirgends erfüllt. Die Spaltöffnungen stehen meistens enger. Der berechnete Wert muß also aus diesem Grunde zu hoch ausfallen. Dem steht gegenüber, daß als einheitlicher Porusquerschnitt die Weite der Zentralspalte angenommen ist. Tatsächlich erweitert sich der Porus von der Zentralspalte nach außen wie nach innen, sein Wider- stand ist also geringer, als die Berechnung annimmt. Genau bestimmen lassen sich die widerstreitenden Wirkungen der beiden Fehlerquellen zunächst nicht, und so müssen wir uns mit der erreichten Annäherung zufrieden geben. Von den Maßen abgesehen, sind sämtliche Festsetzungen der Be- rechnungen durch Experimente gesichert, bis auf die Annahme, daß der Raum knapp unter den Spaltöffnungen dampfgesättigt ist, Und zur Prüfung dieser Frage sind die Versuche mit Blättern in erster Linie angestellt. Die nahe Überereinstimmung zwischen den beobach- teten Werten und den Berechnungen aus Formeln, in denen Dampf- sättigung der Atemhöhle angenommen ist, macht es nun wahrschein- lich, daß bei den verwendeten Objekten innerhalb der Grenzen der Versuchsbedingungen unter den Spaltöffnungen fortwährend annähernd "gesättigter Dampf sich befindet. Die Stomata wären also nahezu auf ihre volle Diffusionskapazität in Anspruch genommen, und das Meso- phyll würde sich ähnlich verhalten wie eine zusammenhängende, von einem feinen Sieb, der Epidermis, bedeckte Wasserfläche. Die einzelne Mesophylizellenmembran wird natürlich nicht imstande sein, ebensoviel Wasser abzugeben wie eine gleich große Wasserfläche. Aber durch die 504 O. Renner, enorme Entwicklung der inneren Oberfläche des Mesophylis kann diese Differenz wohl zu einem beträchtlichen Teil kompensiert werden. Das soll nur für ruhige Luft gesagt sein. Im Wind blieb die Transpiration in den Versuchen meistens weit hinter der Berechnung zurück; im äußersten Fall ist 3mal mehr berechnet als gefunden. Wie das zu deuten ist, davon soll unten die Rede. sein. Die von mir gewonnenen Resultate stehen im Widerspruch mit dem Befund von Brown und Escombe (1900, pag. 280). Die eng- lischen Forscher haben nämlich an abgeschnittenen, in Wasser tauchen- den Blättern von Helianthus annuus sechsmal weniger Wasserverlust be- obachtet als berechnet. Wie die Nachrechnung mir gezeigt hat, ist bei der Kalkulation bewegte Luft angenommen; doch fehlt eine Angabe, ob und in welcher Weise im Experiment die Luft in Bewegung erhalten wurde. Die relative Feuchtigkeit in der umgebenden Atmosphäre ist zu 25°/, angesetzt, leider wieder ohne den Hinweis auf das Mittel, mit dem diese niedrige Feuchtigkeit hergestellt wurde. Das Helianthus-Blatt eignet sich für Transpirationsversuche sehr schlecht, weil es sich durch die Schnittfläche ungenügend mit Wasser versorgt und sehr rasch welkt. Es wurde aber trotzdem ein Versuch gemacht, um die Angabe von Brown und Escombe zu kontrollieren. Ein großes Blatt, ohne die Nerven 266 gem groß, verlor in der hellen Sonne bei 24°, 51°/, Feuchtigkeit und „Wind“ (mit einem Stück Pappe hergestellt) pro Quadratzentimeter und Stunde 0,0564 g, während Brown und Escombe im höchsten Fall 0,0276 & gefunden haben. Mein Versuch erstreckte sich über wenige Minuten, so daß noch kein Welken eingetreten sein konnte. Die Spaltenzahl auf der Flächen- einheit war um 1/, größer als bei Brown und Escombe, aber dafür war die Luftfeuchtigkeit doppelt so groß und die Spaltweite viel geringer. Und trotzdem ist die beobachtete Transpiration doppelt so groß als bei Brown. Es darf also wohl angenommen werden, daß entweder der in Brown’s Experiment registrierte Wert infolge von Welken und Spalten- schluß zu niedrig ausgefallen ist oder daß die der Berechnung zugrunde gelegten äußeren Bedingungen, hauptsächlich Luftbewegung, im Experiment nicht gegeben waren. 7. Die Beschaffenheit des Mesophylis. Der Ausfall der Experimente führt zu der Vorstellung, daß die Atemhöhle dauernd mit Dampf gesättigt ist. Auf den ersten Blick scheint damit bei dicken Blättern ein großer Teil des Mesophylis von der Evaporation ausgeschlossen. Die Verdampfung wird allerdings im Beiträge zur Physik der Transpiration. 505 Blattinnern geringer ausfallen als in der Nähe der Atemhöhlen, aber sie wird an wenigen Stellen ganz unterdrückt sein. Die Temperatur der Gewebe wird ja von außen nach innen bis zu einer gewissen Tiefe zunehmen, und wenn der Wasserdampf auch in allen Interzellularen gesättigt ist, so wird doch die Dampfdichtigkeit, entsprechend dem Temperaturabfall, von innen nach außen abnehmen, so daß ein Diffusions- strom sich dauernd in dieser Richtung bewegt. Je nach der Form der Atemhöhle kann das Maximum der Dampf- spannung in geringerer oder größerer Entfernung von der Mündung des Porus liegen. Bei engen, langen Atemhöhlen kann also der innere r? Widerstand der Spaltöffnung größer als n werden. Das muß vor 4 allem dann eintreten, wenn die Membranen, die die Atemhöhle begrenzen, selbst nicht transpirieren, wie bei den Restionaceen (vgl. pag. 532). Teleologisch betrachtet ist eine dauernde Dampfsättigung der Interzellularen sehr zweckmäßig, und zwar in Hinsicht auf das Assi- milationsgeschäft. Die Kohlensäure der Luft muß sich ja im Imbibitions- wasser der Mesophylimembranen lösen, um zu den Chloroplasten zu gelangen. Die Lösung und Diffusion der CO, wird um so leichter von statten gehen, je stärker die zu durchwandernden Membranen gequollen sind, und der Sättigungszustand der Membranen hängt wieder von der Feuchtigkeit der über ihnen lagernden Luft ab. Eine weitgehende Aus- troeknung der Interzellularenluft und der Zellwände muß also die Pho- tosynthese erschweren. Soll die an einigen wenigen Objekten gewonnene Auffassung von dem Verhältnis zwischen Diffusionskapazität und tatsächlicher Diffusions- größe verallgemeinert werden, so hat das eine wichtige logische Konsequenz. Wir müssen dann nämlich annehmen, daß die Ausbildung des Mesophylis mit der Zahl und Größe der Stomata sich immer in der Weise har- monisch ins Gleichgewicht setzt, daß die Diffusionskapazität der Spalten nicht die Evaporationsfähigkeit des Mesophylis übertrifft, Man war von jeher der Überzeugung, und mit Recht, daß Blätter mit diehtem Mesophyll weniger transpirieren als solche mit lockerem; enge Interzellularkanäle lassen natürlich den Dampf langsamer zu den Atemhöhlen diffundieren als weite. Aber in letzter Linie wäre nach unserer Auffassung die Ausbildung der Spaltöffnungen maßgebend. Tatsächlich findet man, wie bekannt, bei Xero- phyten gewöhnlich kleine Spaltöffnungen, die sieh zudem nieht weit öffnen, Auf alle Fälle hat es nicht viel Sinn, allein die Oberfläche der Interzellularen zu messen und die Ausführungsgänge außer Acht zu 506 O. Renner, lassen, wie Sampson und Allen (1909, pag. 49) tun. Sie fanden, daß die blattlosen Stengel von Seirpus lacuster auf der Flächeneinheit mehr transpirierten als die Blätter von Helianthus annuus, trotzdem Seirpus weniger Spaltöffnungen hat, und führen das auf die riesige Entwicklung der Lufträume bei Seirpus zurück, die 80°/, des ganzen Volumens ausmachen. Solange aber die Spaltweite nicht bekannt ist, sagt die Spaltenzahl gar nichts. Zudem wird, alle Verhältnisse gleich- artig angenommen, der Seirpus-Stengel pro Flächeneinheit stärker tran- spirieren als die breiten Blattflächen von Helianthus, Endlich genügt es bei einem Versuch, der eine fundamentale Frage entscheiden soll, nicht, die Vergleichsobjekte „ähnlichen Bedingungen“ auszusetzen. Die Größe der inneren Oberfläche ist natürlich nicht der einzige maßgebende Faktor auf seiten des Mesophylls. Die Durchlässigkeit der Membranen für Wasser wird ebenfalls ein gewichtiges Wort mit- zusprechen haben. Einen extremen Fall haben wir schon in den Atem- höhlen der Restionaceen kennen gelernt. Und die Verkieselung, die man häufig an den Mesophyliwänden alternder langlebiger Blätter findet, wird ebenfalls die Transpiration herabsetzen. Die Objekte, die in den mitgeteilten Versuchen zur Verwendung kamen, gehören nach Standort und Blattbau recht verschiedenen Typen au. Die Mehrzahl sind Mesophyten, Nuphar ist extremer Hygrophyt, und Rhododendron ist xerophil. Die Übereinstimmung zwischen der tatsächlichen und der nach der Beschaffenheit der Stomata zu er- wartenden Transpirationsgröße war bei allen unverkennbar. Und des- halb ist es nicht unwahrscheinlich, daß bei der Ausdehnung der Versuche auf ein größeres Material die angedeutete Beziehung zwischen Spalten- und Mesophylikapazität sich im allgemeinen wird finden lassen. 8. Korrelative Verhältnisse. Es ist selbstverständlich, daß benachbarte Blätter einander gegen- seitig in der Dampfabgabe beeinflussen müssen, wenn die Luft nicht sehr stark bewegt ist. Und deshalb ist es ziemlich aussichtslos, die maßgebenden Verhältnisse etwa an einer reiehbeblätterten Topfpflanze, wie sie sich zu Transpirationsversuchen sonst wohl eignen würde, analysieren zu wollen. Für manche Studien kommen aus diesem Grund bewurzelte Pflanzen leider wenig in Betracht, und die Verwendung abgeschnittener Teile ist wegen der Gefahr des Welkens immer mißlich. Wenn also Krutitzky (1882) beobachtet, „daß die Transpiration eines von seiner Mutterpflanze getrennten Blattes ganz unverhältnis- mäßig stark ausfällt“, so braucht man nicht mit dem Autor an eine Ver- Beiträge zur Physik der Transpiration. 507 änderung des inneren Zustandes als Ursache zu denken. Und wenn Sorauer (1880) findet, daß bei teilweiser Entlaubung einer Pflanze die übrigbleibenden Blätter verhältnismäßig stärker transpirieren, so ist diese Erfahrung ebenfalls wohl dahin zu interpretieren, daß jeden- falls in ruhiger Luft die Transpiration eines Blattes die eines anderen beeinträchtigt und daß mit der Beseitigung dieser Hemmung die Dampf- abgabe der an der Pflanze belassenen Blätter sich vergrößert. Dazu kann natürlich noch eine Spaltenerweiterung kommen, weil das Wurzel- system einen Teil der Belaubung besser mit Wasser zu versorgen ver- mag als die ursprüngliche Gesamtmasse der Blätter. Krutitzky hat demnach sicher recht, wenn er meint, man sei „keineswegs berechtigt, die für einzelne Blätter gewonnenen Zahlen auf einen Zweig, geschweige denn auf die ganze Pflanze durch einfache Umrechnung zu übertragen“, In noch höherem Maße gilt das natürlich für größere zusammen- hängende Pflanzenbestände, wie Wiesen und Wälder. Und in klarer Erkenntnis dieser Verhältnisse hat v. Höhnel (1879) bei der Schätzung der von Bäumen und von Waldflächen verdampften Wassermengen „versucht, dem Umstand Rechnung zu iragen, daß die Transpirations- bedingungen für die einzelnen Teile einer Pflanze nicht gleich günstig sind und daß insbesondere in geschlossenen Beständen das einzelne Individuum weniger Wasserdampf abgeben wird, als bei isolierter Stellung“ (Pfeffer, 1897, pag. 233). Dem ist nur noch beizufügen, daß diese Wirkungen sich in ruhiger Luft stärker geltend machen müssen als bei Wind. Von einer Beeinflussung, die sich zwischen den beiden Seiten amphistomatischer Blätter geltend machen soll, berichten Unger (1861, .p. 430) und! Comes (1878, pag. 62). Unger bedeckte an zwei Blättern von im Garten stehenden Exemplaren von Brassica rapa die Unterseite (genau genommen jeden- falls nur einen Teil derselben) mit einem Iuftdicht anschließenden Glas- triehter. Die Ansammlung von verdichtetem Transpirationswasser war, wie zu erwarten, gering. Als nun an einem der beiden Blätter auf die Oberseite ein Uhrglas von demselben Durchmesser wie die Trichter- öffnung lose aufgelegt, wurde, sammelte sich im Laufe des Tages im Triehter des oberseits bedeckten Blattes doppelt so viel Wasser als im Trichter des nicht bedeckten. Und Unger zieht aus seiner Beobachtung den Schluß, daß eine Blattseite für die andere bei der Abführung des Dampfes „vikariieren“ könne, Comes ließ drei Blätter von Arum italicum im selben Raum 8 Tage lang (oder wurden die Blätter gewechselt?) in Wasser stehend tran- 508 0. Renner, spirieren. Ursprünglich verloren die Blätter in der Zeiteinheit gleich viel Gewicht. Dann wurde bei einem Blatt die Oberseite, bei dem zweiten die Unterseite mit Fett bestrichen, das dritte blieb ohne Fett- belag. Jetzt transpirierten die beiden ersten Blätter zusammen mehr als das dritte, und zwar im Verhältnis von 21,85:19,30, d.h. ge- trennte Ober- und Unterseite gaben zusammen um 11,7°/, mehr Wasser ab als beide Flächen in einem Blatt vereinigt. Wenn das Resultat etwas besagen soll, muß natürlich die Annahme gemacht werden, daß die drei Blätter sich in allen Teilen vollkommen gleich verhielten. Burgerstein (1904, pag. 31) referiert die Erfahrungen von Unger und Comes, ohne sie zu diskutieren. Lloyd (1908, pag. 61) zieht die fraglichen Erscheinungen ohne Besinnen als Stütze für seine Auffassung der Spaltöffnungstätigkeit heran, die uns noch beschäftigen wird. Er ignoriert die Möglichkeit, daß in den erwähnten Versuchen die Spalten sich erweitert haben, was bei Unger recht wohl denkbar ist. Und wenn also eine Blattseite ohne Änderung der Spaltweite und ohne Sehwankung der äußeren Bedingungen bald stärker bald schwächer transpiriert, dann muß die Transpirations- größe zwischen gewissen Grenzen von der Öffnungsweite der Stomata unabhängig sein. Die Ungerschen Versuche sind von vornherein als Beweisstücke für Lloyd’s Auffassung auszuschließen. Wenn die vorher freie Blatt- oberseite in der hellen Sonne (und solche registriert Unger) mit einer Glasschale bedeckt wird, so stellt sich ohne Zweifel sehr rasch der Glashauseflekt ein. Das Blatt erwärmt sich unter der Wärmefalle, und die unverändert bleibende Unterseite transpiriert stärker als vorher. Um zu entscheiden, ob auch bei der Versuchsanstellung von Comes rein physikalische Korrelationen von genügender Ausgiebigkeit im Spiel sein können, wurden zwei dünne Glasplatten, 9>< 12 em groß, auf einer Seite mit angefeuchtetem Filtrierpapier überzogen, das überall genau bis zum Rand reichte. Die beiden Platten wurden zunächst mit den freien Rückenseiten gegeneinander gekehrt in eine Draltschleife gefaßt und ihr Gewichtsverlust innerhalb einiger Minuten bestimmt, dann wurde jede Platte einzeln gewogen, darauf wieder beide usf. Bis 0,05 g Gewicht verloren- gingen, verstrichen bei a4b 29% a+b 8 | at+b & a 0 Ei a Bj a 5 bo bo By b Ay | a+b 3% Beiträge zur Physik der Transpiration. 509 Der Versuch .dauerte nicht ganz 2 Stunden. Aus den Wägungen folgt, daß die beiden Platten weniger stark evaporieren, wenn sie vereinigt, als wenn sie getrennt sind. Und zwar verhalten sich die Evaporationsgrößen im Mittel wie 5:6, d. h. die Evaporation steigt infolge der Trennung der beiden Flächen um 20°/,. Die Erscheinung ist leicht zu erklären. Einmal wird der Dampf an den Rändern der Platten sich nach allen Richtungen ausbreiten, so daß eine Platte für die andere das Diffusionsgefälle vermindert. Und zweitens wird die Wärmezufuhr aus der Atmosphäre ausgiebiger sein, wenn der nicht angefeuchtete Rücken der Platte freiliegt. Beim amphistomatischen Blatt wird die direkte Wechselwirkung der beiden Seiten dieselbe sein wie bei den feuchten Platten. Wird also die Transpiration einer Seite unterdrückt, so wird die der anderen Seite schon deswegen steigen. Zudem wird sich infolge der Verminderung der Evaporation des ganzen Blattes die Temperatur der Gewebe erhöhen, was wieder eine verhältnismäßige Steigerung der Transpiration der freien Seite zur Folge haben muß. 9. Die Wirkung des Windes. Brown und Escombe!) sind auf Grund der Formel, die sie für die Berechnung der stomataren Transpiration verwenden, zu dem Schluß gekommen, daß die Wirkung selbst rascher Luftbewegung sehr gering ausfallen müsse. Es soll ja nur die wirksame Länge des Spaltöffnungs- porus durch den Einfluß des Windes von 14 auf 1+7 sinken, folglich das Verhältnis bestehen: Transpir. (Ruhe) : Transpir. (Wind) = ( +7) ! ( +3) Wie oben dargelegt, kommt aber in ruhiger Luft Kuppenbildung nieht nur über den einzelnen Stomata, sondern auch über der ganzen Blattfläche zustande. Wie groß die wirksame Höhe der großen Kuppe anzunehmen ist, ist pag. 40 angegeben. Die Proportion ist also zu schreiben: 22 Int I® iR 1 Transpir. (Ruhe) : Transpir. Wny—!t 4 (+ + 2 ) 2+- Tr n-rTr wobei 2 nicht; leicht größer als 1 wird. Daraus geht hervor, daß der 2) 1900, 276; 1908, . 80: zitiert von Dixon, 1900, pag. 4 — Lloyd. 1008, ar, k 37, gibt Fach den Brown’schen Formeln die Berechnung für verschiedene Öffnungszustände einer Spaltöffnung von gegebenen Dimensionen, Die Zahlen sind nur für Wind brauchbar, 510 0. Renner, Unterschied zwischen Wind und Ruhe um so größer ist, je größer das Blatt ist und je zahlreicher und weiter die Spalten sind, d.h. je geringer der Widerstand der Epidermis ist im Verhältnis zum Widerstand der Kuppe über dem ganzen Blatt. Der größte Verhältniswert wurde für Archangelica berechnet, wo die stomatare Transpiration im Wind zehnmal so groß ausfallen sollte wie in ruhiger Luft. In der folgenden Tabelle ist, wie in Tabelle 11, auch der cuti- eulare Wasserverlust in Rechnung gezogen, der im Wind immer etwa doppelt so groß war wie in ruhiger Luft. Tabelle 12. Mr. des Name der Verhältnis Wind: Ruhe, Versnehs Pflanze | beobachtet | berechnet 3 Nuphar 4,6:1 52:1 3 » 5:1 9:1 4 Hydrangea 1,8:1 3,8:1 7 Archangelica 4:1 | 95:1 10 Gentiana 2,5:1 33:1 n » 3 0:1 | 2,5:1 Zu diesen eigenen Beobachtungen kommen als empirisches Material noeh die viel besser ausgeführten Versuche von Wiesner (1887), der im Wind von 3m pro Sekunde häufig eine Steigerung der Transpiration auf das Doppelte fand, bei Hydrangea sogar auf das Vierfache. Wenn Lloyd (1908, pag. 34, Anm. 2) Resultate erhielt, die praktisch den Formeln von Brown und Escombe entsprechen, so rührt das wahr- scheinlich von der Anwendung der unbrauchbaren Potometermethode her. (Vgl. pag. 491.) Meine Experimente haben gewöhnlich die theoretisch postulierte Größe der Steigerung im Wind nicht ergeben. Daß die Pflanzen, wie die Potometerversuche gezeigt haben, im Wind viel weniger saugten als sie transpirierten, konnte wegen der Kürze der Versuchszeit die Transpiration nicht herabdrücken. Es ist aber zu bedenken, daß bei der Berechnung die Temperatur des Blattes als konstant angenom- men ist, während sie tatsächlich im Wind infolge der Transpirations- erhöhung sinken muß. Der Druck des gesättigten Dampfes im Blatt- innern nimmt also ab und damit die Potentialdifferenz. Der Unterschied zwischen der Transpirationsgröße in Ruhe und der bei Wind kann demnach nicht ganz den berechneten Wert erreichen. Zu einem anderen Teil ist die Differenz zwischen Beobachtung und Berechnung vielleicht Beiträge zur Physik der Trauspiration. 511 durch die mehr als primitive Versuchsanstellung bedingt, die wohl keinen kontinuierlichen Luftstrom von genügender Stärke zu unterhalten imstande war. Diese Fehlerquellen treten aber wahrscheinlich zurück gegenüber einem anderen Faktor. Es ist sehr wohl denkbar, daß im Wind bei den verwendeten Objekten das Mißverhältnis zwischen Diffusionskapa- zität der Spalten und Evaporationsvermögen des Mesophylls sich ein- stellt, wie Lloyd es sich dauernd vorhanden denkt. Es würde also bei Wind der Sättigungsdruck des Wasserdampfes nicht unmittelbar unter der Spaltöffnung, sondern tiefer im Mesophyli liegen, was für die regulatorische Wirksamkeit der Spaltöffnungstätigkeit von Bedeutung wäre. Eine sichere Entscheidung darüber läßt sich vorläufig nicht treffen. Jedenfalls stimmen aber meine Formeln für die Vergrößerung der Diffusionskapazität im Wind mit den Erfahrungen besser überein als die von Brown und Escombe. Während ich z. B. für Nuphar, Versuch 2, eine Steigerung von 1 auf 5,2 berechne und von 1 auf 4,6 beobachte, berechnet sich nach Brown das Verhältnis auf 1:1,12. Nicht zu vergessen ist, daß Brown und Escombe nur die stoma- tare Transpiration ins Auge fassen und von einer Schätzung der cuti- eularen absehen, während diese kleinere Komponente in meiner Be- rechnung berücksichtigt ist. Doch ändert das an der Sache nicht viel, weil die epidermoidale Wasserabgabe nicht sehr ausgiebig ist und in meinen Versuchen im Wind ziemlich regelmäßig nur aufs Doppelte stieg. Ob die Steigerung der stomataren Transpiration im Wind allein auf die Entfernung der „Kuppe“ zurückzuführen ist, das ist natürlich fraglich. Brown und Escombe (1905, pag. 81) weisen darauf hin, daß bei starker Bewegung des Blattes ein abwechselndes Aus- und Einströmen der Luft von und zu den Intercellularen herbeigeführt werden könnte, wobei die innere Atmosphäre des Blattes sich wohl verhältnismäßig trocken erhalten würde. Bei ganz gleichmäßiger Luftbewegung und konstanter Orientierung des Blattes muß starker Wind wohl eine saugende bzw. eine stauende Wirkung auf die Interzellulareniuft ausüben, je nachdem er über die Blattfläche wegstreicht oder auf sie aufpralit. Im ersten Fall wird die Luft im Spaltöffnungsporus verdünnt und die Transpiration gesteigert, im zweiten wird die Luft verdichtet und die Diffusion herabgedrückt. Die bedeutende Steigerung der Diffusionskapazität im Wind läßt nun aueh den Spaltenschluß, der bei starker Luftbewegung sich häufig einstellt (vgl. z. B. Wiesner, 1887), teleologisch verständlich erscheinen. 512 0. Renner, Kausal ist dieser Spaltenschluß (bzw. Spaltenverengerung) vielleicht in dem Sinne bedingt, daß im Wind leicht beginnendes Welken eintritt. Wird die Transpiration schon bei einzelnen großen Blättern im Wind mehrmals größer als in ruhiger Luft, so muß die Wirkung trockener Winde auf große alleinstehende Bäume und weithin zusammenhängende Vegetationsflächen außerordentlich stark sein. Innerhalb einer diehten Baumkrone sättigt sich ja ruhige Luft fast mit Dampf, und auch außerhalb hüllt der ganze Baum sichin einen dieken Dunstmantel ein. Ebenso lagert über einer Wiese eine hohe Dampfschicht, wenn Windstille herrscht. Durch Wind werden diese mächtigen „Kuppen“ entfernt. Streicht der Wind nun über weite, mit Vegetation bedeckte Flächen, so vermag er wohl einen gewissen Ausgleich der Luftfeuchtigkeit in der Nähe der transpirierenden Pflanzen herbeizuführen, ‚ohne aber die Luftfeuchtigkeit im ganzen beträchtlich vermindern zu können. Trifft aber trockener, über vegetationsarme Streeken kommender Wind auf einen Pfanzen- bestand, so wird der Unterschied zwischen dem Wasserverlust in ruhiger und dem in rasch bewegter Luft sehr bedeutend sein. Solche Ver- hältnisse müssen z. B. in Oasen sich einstellen. 10. Die Regulierung der Transpiration durch die Spaltöffnungstätigkeit. Wenn die Transpiration eines Laubblattes so weit hinter der theo- retisch möglichen Größe zurückbliebe, wie Brown und Escombe bei Helianthus gefunden haben (vgl. pag. 504), so hieße das nichts anderes, als daß die Spaltöffnungen bei maximaler Öffnungsweite nicht auf ihre volle Diffusionskapazität ausgenützt werden; der Grund dafür könnte nur der sein, daß die imbibierten MesophylImembranen infolge ihrer physikalischen Eigenschaften den Raum unter den zur Maximalweite geöffneten Stomata nicht dampfgesättigt zu erhalten vermöchten. Daraus hat Lloyd (1908, pag. 34, 61) den Schluß gezogen, daß die Spalt- öffnungen in der Nähe der maximalen Öffnungsweite durch Verenge- rung die Transpirationsgröße nicht zu regulieren vermöchten. Die Berechtigung dieses Schlusses habe ich in einem Referat") über Lloyd’s Arbeit zugegeben, ebenso wie Brown und Escombe für die Aufnahme von CO, in das Blatt ähnliche Verhältnisse anzu- nehmer schienen (1900, pag. 278). Aber bei eingehenderer Betrachtung stellt sich das Problem anders dar. In irgend einer Entfernung von 1) Botan. Ztg. 1909, 8p.36. In diesem Referat ist der Terminus Ko&ffizient in.einem von dem gewöhnlichen Gebrauch abweichenden Sinn verwendet, doch 1äßt sich das dart Gesagte wohl auch so nicht mißverstehen. Beiträge zur Physik der Transpiration. 518 der Spaltöffnung wird der Dampf in den Interzellularen gesättigt sein (doch ist das für die versuchte Lösung der Frage nicht einmal not- wendig, der Dampf braucht nur konstanten Druck zu haben), nur un- mittelbar unter der Spalte ist der Dampf schon verdünnt. Nun ist es gleichgiltig, ob wir den Dichtigkeitsabfall zwischen dem Punkt der Sättigung und der Außenluft ins Auge fassen oder den Abfall zwischen der inneren und der äußeren Mündung des Porus. Im ersten Fall haben wir ein kompliziertes Diffusionssystem von bedeutender Länge vor uns, das besteht aus einer Anzahl enger Interzellularkanäle, der Atemhöhle, und dem Porus. Eine Verengerung des Porus, der nur ein kurzes Stück des Systems ist, wird also zwar nicht indem Maß wirken, wie wenn dieselbe Dichtigkeitsdifferenz zwischen den Enden des Porus be- stünde, aber eine Veränderung der Spaltweite kann doch nicht ein- treten, obne daß die Diffusionskapazität des Systems beeinflußt wird. Und gehen wir von der Dichtigkeitsverteilung zwischen den Enden des Porus aus, so läßt sich wieder leicht zeigen, daß jede Änderung der Spalt- weite eine entsprechende Änderung der Diffusionsgröße hervorrufen muß. Allerdings ist der Zusammenhang zwischen Spaltweite und Diffu- sionskapazität nicht so einfach wie in dem Fall, wo knapp unter der Spaltöffnung der konstante Sättigungsdruck herrscht, eben weil der Porus nicht das ganze System repräsentiert. Es sei der innere Teil des zu einer Spaltöffnung gehörenden Röhrensystems dargestellt durch die Röhre vom Radius R und der Länge L, der Porus durch die enge obere Röhre vom Radius r und der Länge I. Auf dem Grund der weiten Röhre sei die Spannung des Dampfes p,, an der Grenze zwischen der weiten und der engen Röhre p, an der äußeren Mündung des Porus p,—0. Durch den Querschnitt der beiden Röhren strömt in der Zeiteinheit gleich viel Dampf, es ist also, wenn wir der Übersichtlichkeit wegen die Kuppenbildung unter dem Porus vernachlässigen, Ka en DE Und daraus p=Pı° ER u BE Das heißt, p nimmt zu, wenn r kleiner wird, und nimmt ab, wenn r größer wird, so daß eine Veränderung von r die Diffusion nieht. in dem Maße beeinflußt, wie wenn p konstant wäre. Etwas Ähnliches ist auf alle Fälle bei den Restionaceen verwirklicht, bei denen dureh Cutieularisierung der langen Atemhöhle unter den Spaltöffnungen ein innerer Widerstand eingeschaltet ist (vgl. unten pag. 532). Hier hat.eine Veränderung der Spaltweite weniger Einfluß auf die Transpirationsgröße als bei einem gewöhnlichen Spaltöffnungs- 514 ©. Renner, apparat, weil die innere Komponente des Widerstandes unveränderlich ist. Und im Prinzip das gleiche kann eintreten, wenn die Atemhöhle lang und eng ist, ohne undurchlässige Wände zu haben. Wie schon oben angedeutet worden ist, kann aber außerdem über- haupt nicht leicht von dem Grund der Atemhöhle an bis in die tieferen Interzellularen hinein ein konstanter Dampfdruck herrschen, weil die inneren Gewebe bis zu einer gewissen Tiefe wärmer sein werden als die äußersten. Und wenn der Temperaturunterschied infolge intensiver Besonnung, die in den äußeren Schichten des Pflanzenkörpers energische Transpiration und damit Wärmeverlust herbeiführt, bedeutend ist, so kann auch die Dampfspannung im Blattinnern beträchtlich höher sein als in der Atemhöhle. Der Porus der Spaltöffnung ist dann tatsäch- lich nur ein Stück des ganzen wirksamen Diffusionssystems. Etwas Ähnliches scheint sich nach dem Ausfall der Versuche (vgl. pag. 60) im Wind einzustellen; auch hier rückt die Maximalspannung des Dampfes wahrscheinlich von der Atemhöhle weg ins Innere. Die regulierende Wirksamkeit der Spaltöffnungen wäre also unter solchen Bedingungen geringer anzuschlagen, als meine Formeln angeben, aber sie wäre bei keiner Öffnungsweite gleich Null, wie Lioyd annimmt. In welcher Weise der Lloyd’sche Gedanke hätte verfolgt werden müssen, habe ich in dem erwähnten Referat angedeutet. Aber Lloyd folgert aus der Mitteilung von Brown und Escombe nur, daß Schwankungen der Transpirationsgröße ohne Veränderungen der Spalt- weite sich einstellen können. Das hat wohl noch niemand bezweifelt für den Fall, daß die äußeren Bedingungen fär die Evaporation sich ändern. Und auf Grund der selbstverständlichen Vorstellung, daß eine lebende Pflanze, genau so wie ein Glas mit Wasser, in höherer Temperatur oder in trocknerer Luft mehr Wasser verliert als in einem kälteren oder feuchteren Raum, hat Livingston (1906, pag. 46) den zweifel- los sehr fruchtbaren Begriff der „relativen Transpiration“,. als des Verhältnisses zwischen der Wasserabgabe des lebenden Objekts und der Evaporation einer freien Wasserfläche, geschaffen. Die Versuche, die Lloyd (1908, pag. 45) macht, um das Dogma von der regulatorischen Tätigkeit der Spaltöffnungen zu erschüttern, bestehen darin, daß er transpirierende Pflanzen aus Dunkel in Hell überführt oder umgekehrt und feststellt, ob der dabei erfolgenden Änderung der Transpirationsgröße eine Erweiterung oder Verengerung der Spalten entspricht. In einem Teil der Fälle bleiben die Schließ- zellen ganz in Ruhe, in anderen Experimenten ist die Veränderung der Spaltweite doch nicht ausgiebig genug, um die Depression oder die Beiträge zur Physik der 'Transpiration, 515 Steigerung der. Transpiration zu erklären. Die Berechnungen, die diesem Urteil zugrunde liegen, sind nach den Formeln von Brown und Escombe ausgeführt, die den Einfluß der Spaltweite auf die Transpiration für ruhige Luft zu groß angeben. Zudem tritt in Lioyd’s Berechnungen als einzige Variable die Spaltweite auf, der Komplex der übrigen Faktoren, die für die Diffusion des Wasserdampfs mit maßgebend sind, wird als Konstante eingeführt. Aber sicher mit Unrecht. Denn schon der Wechsel der Beleuchtungsintensität muß einen Einfluß auf die Diffusion ausüben, und dazu kommen zweifellos noch Unterschiede in Feuchtigkeits- und Temperaturverhältnissen zwischen den verwendeten hellen und dunklen Räumen. Diese ausschlaggebenden äußeren Be- dingungen sind in Lloyd’s Tabellen nicht registriert, zudem sind z. B. nach der Überführung von Hell in Dunkel im finstern Raum, also bei ziemlicher Konstanz der äußeren Faktoren, nie zahlreichere Beobachtungen gemacht, die den Zusammenhang zwischen Transpirationsgröße und Spaltweite zu untersuchen gestatten würden. Infolgedessen sind die umfangreichen Versuchsreihen Lloyd’s für die Lösung der Frage leider nicht verwendbar. Die oben mitgeteilten Erfahrungen haben die Richtigkeit der Annahme, von der Lloyd auf Grund der Beobachtung von Brown und Escombe ausgeht, jedenfalls für ruhige Luft schr in Frage ge- stellt. Und es wäre nun eine wertvolle Kontrolle der oben gewonnenen Resultate, wenn auclı an einem und demselben Objekt die abgeleiteten Formeln durch Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Spaltweite und Transpirationsgröße geprüft werden könnten. Weil wir nur Verhältniswerte brauchen, ist die Diffusionsgröße für ruhige Luft zu berechnen nach der Formel Die Bedeutung der Buchstaben siehe pag. 494. Wenn k und o während des Versuchs nicht schwanken, kann k-g dureh 1 ersetzt werden. In Ify n-rP?rx ist der Ausdruck für den Widerstand der von Spaltöffnungen durch- bohrten Epidermis. Dieser Widerstand ist um so größer, je kleiner Flora, Bd. 100. 34 516 0; Renner, die Querschnittsfläche r?= der einzelnen Spalte und je kleiner die Zahl n der Stomata auf 1 gem ist. Sind diese beiden Größen be- deutend, so kann der Widerstand kleiner sein als E In solchem Fall wird-eine Veränderung der Spaltweite auf die Transpirationsgröße einen geringen Einfluß haben, weil der Summand n im Nenner, der Aus- druck für den Widerstand der „Kuppe“ über der großen Blattfläche, konstant bleibt und den Ausschlag gibt. Bei gleicher Zahl (pro Flächen- einheit) und Größe der Spalten ist die Wirksamkeit der Spaltenverenge- rung natürlich beieinem kleinen Blatt bedeutender als bei einem größeren. In den Berechnungen zu den Versuchen, bei denen nur große Blätter zur Verwendung kamen, ist a überall gleich 1 gesetzt. Die Transpiration kann also in ruhiger Luft nicht so nahe der Spaltweite folgen, wie Lloyd unter Zugrundelegung der Formel von K.r?n Brown und Escombe annimmt. Seine Formel 1 +8 gibt für die "5 Schwankungen der Transpiration viel zu große Werte. Zur Lösung der Frage muß dasselbe Objekt mit weit offenen und mit engeren Spalten unter gleichen äußeren Bedingungen auf die Transpi- rationsgröße hin beobachtet werden. Als das einfachste Mittel, Spalten- verengerung herbeizuführen, erscheint zunächst das Welkenlassen. Die Methode erweist sich aber bei genauerem Zusehen als unbrauchbar. Denn wenn die Wasserzufuhr ausbleibt, müssen die Membranen trockener werden und damit die Transpiration weiter sinken, als es die Verenge- rung der Spalten bedingt. Es müssen also am vollturgeszenten Blatt die zuerst weit ge- öffneten Spalten zur Verengerung veranlaßt werden. Das einzige Mittel hierzu ist Entziehung des Lichtes. Leider reagieren bei weitem nicht alle Pflanzen darauf, wie schon Leitgeb beobachtet hat. Gentiana lutea z. B., deren Blätter sich sonst für Transpirationsstudien wegen der Größe der Spalten, des Fehlens kleiner Nerven und der geringen Neigung zum Welken vorzüglich eignen, läßt die Spalten im Dunkeln, also im Freien während der Nacht, weit offen, Callisia repens und Tradescantia viridis reagieren auf Beleuchtungs- wechsel sehr gut. Leider öffneten aber Topfpflanzen, die ich öfter untersuchte, ihre Spalten im Licht nicht weit, und abgeschnittene Stengel können zu länger dauernden Versuchen nieht verwendet werden, weil Beiträge zur Physik der Transpiration. 517 austretender Schleim die Schnittflächen bald verstopft, so daß Welken eintritt. Andere Topfpflanzen erschienen aus verschiedenen Gründen “ ebenfalls nicht geeignet, z. B. sind an Stengeln mit zahlreichen kleinen Blättern die physikalischen Korrelationen (vgl. pag. 506) viel zu schwer zu übersehen. So blieb nichts übrig, als zu abgeschnittenen Blättern bzw. Stengeln zu greifen, an denen nach mehreren Stunden keine Welkungserscheinungen sich bemerkbar machten. Solche Objekte waren Paeonia officinalis, Archangelica offieinalis, Aconitum lyeoetonum. Blätter oder beblätterte Sprosse wurden im sonnigen Garten ab- geschnitten, rasch in Wasser gesteckt und unter Wasser um einige Zentimeter gekürzt. Im Zimmer wurden die Objekte nach Abnahme von Epidermisschnitten in Kölbehen mit Wasser gesetzt und auf die im Dunkelzimmer stehende Wage gebracht. Während der Wägungen brannte eine schwache elektrische Glühlampe, sonst war das Zimmer vollständig finster. In der ersten Zeit transpirierten die Objekte mit weit geöffneten Spalten, allmählich mußte der Lichtentzug seine Wirkung ausüben und Spaltenverengerung veranlassen. Die äußeren Bedingungen, Temperatur und Luftfeuchtigkeit, wurden bei jeder Wägung gemessen und im allgemeinen sehr konstant gefunden. Die Temperatur schwankte im Laufe eines Tages selten um einen Grad. Die Feuchtigkeit nahm öfters um j--3°, zu. Natürlich ließen sich diese Veränderungen, weil bekannt, leicht in Rechnung ziehen. Wenn die Transpiration gegenüber der anfänglichen Größe merklich vermindert war, wurden wieder Epidermisstücke in Alkohol fixiert. Eine unbeträchtliche Depression des Wasserverlustes im allerersten "Anfang häugt wohl damit zusammen, daß die Objekte zunächst wärmer waren als später und daß der stationäre Zustand der Feuchtigkeits- verteilung in der Nähe der Blätter sich erst nach einiger Zeit einstellt. Aber bald müssen die äußeren Bedingungen für die Evaporation stabil werden, und für die Differenzen in der Dampfabgabe kann nur noch‘ das Spiel der Spaltöffnungen verantwortlich gemacht werden. 1. Gentiana lutea. 16. u. 17. Juni 1905. Ein großes Blatt im Dunkelzimmer. t=17—175%. F=67—69°,. Mittlere Spaltweite vor dem Versuch 16:6 ı, ändert sich während des ganzen Versuchs nieht. Das Blatt verliert pro Minute: T5G— $ Sam. 0,0166 g; 8 8: 0014 8 gb An gr 48°: 0,014 8 yh 48’ 10% 56°: 0,0134 g; 34 518 0. Renner, 10% 55'—11> 58°: 0,014 8; 11P 58°— 2b 45° p. m.: 0,014 8; a Ad 3 58: 0,014 8; Sb 58’ Br 30: 0,015 8; 50 Te 0,015 8; GT 7b 22°: 0015 8; 7a 22°— 86 500; 0,015 8; 8 50 9 55: 0,0146 8; 55 pP. m.— 45 a m: 0015 8; Tr 45°— 8b 21: 0,015 8. 2. Paeonia offieinalis. 19. Juni 1909. Ein Blatt im Dunkelzimmer. t=18-185% F=70—70,5%,. Mittlere Spaltweite am Anfang 25 zu 22 u, am Schluß auf die Hälfte geschätzt, 25:1,1 a. Länge des Porus 19 a. 6180 Spaltöffnungen auf 1 gem, nur unten. Das Blatt verliert pro Minute: 8 497 96 17° a. m.: 0,0214 g; 9 17710: 928% 0,020 8; 10% 28'’— 126 13° p. m.: 0,018 8; 1 19 7 0015 g. Verminderung der Transpiration beobachtet: von 1 auf 0,7, berechnet: von 1 auf 0,63. 3. Archangelica offieinalis. 18. Juni 1909. Ein Teil eines großen Blattes im sonnigen Garten geholt, bald ins Dunkelzimmer. t=18°. F am Anfang = 66°/,, am Ende=68°/,. Mittlere Spaltweite am An- fang 13:3 a, am Ende 10:1 a. Länge des Porus 11 u. 45000 Spaltöffnungen auf 1 gem, nur unten. Das Blatt verliert pro Minute in Gramm: 12h 19'—-12" 42: 0,019; 12% 42’— 2b 39: 0,019; > 39% — 3b 52°: 0,016; 3h 52°— 5h 27°. 0,014; 5 27— 7° 17: 0,012. Verminderung der Transpiration beobachtet: von 1 auf 0,68; berechnet: von 1 auf 0,76, 4. Archangelica offieinalis. 5. Juli 1909. Eindteil eines großen Blattes im Dunkelzimmer. t=17—174°%. F=63--66°/,. Mittlere Spaltweite am Anfang 12:3,4 x, am Ende 9:1 x. Länge des Porus il „. 45000 Spaltöffnungen auf 1 gem, nur unten. Beiträge zur Physik der Transpiration. 519 Das Blatt verliert pro Minute: 8 19°— 8% 49 a. m.: 0,067 8; 0,055 8; 0,05 g; 0,05 8 0,05 8; 0,05 8; 0,05 g; 84 49°— 10h 49: 0,042 g; 10° 49-104 54: 0,04 g; 0,087 g; 106 BLM 9: 0,03 g; 12h 25128 28°: 0,027 g. Verminderung der Transpiration beobachtet: von 5 auf 3 oder von 1 auf 0,6; berechnet: von 1 auf 0,72. 5. Archangelica officinalis. 5. Juli 1909. Seitenteil eines großen Blattes im Dunkelzimmer. Alles wie vorher. Das Blatt verliert pro Minute in Gramm: 9% 10'— #31’ a, m.: 0,033; 0,03; 0,08; 0,029; 9 31-— 106 45°: 0,025; 0,025; 10% 45°— 12h 42°; 0,02; 0,018; 0,018. Verminderung der Transpiration beobachtet: von 80 auf 18 oder von 1 auf 0,6; berechnet: von 1 auf 0,72. 6. Aconitum Iycoctonum. 27. Juli 1909. Ein beblätterter Stengel im sonnigen Garten geholt, bald ins Dunkelzimmer. t==215%. F= 63/,. Mittlere Spaltweite am Anfang 12,9:6,3 a, am Ende 12,4 zu 3 w. Länge des Porus 13 u. 8240 Spaltöffnungen auf 1 gem, nur unten. Der Stengel verliert pro Minute in Gramm: 8 50'— 96 8 a. m.: 0,05; 0,08; 0,044; 0,05; 0,0386; 0,044; 0,044; 0,04; Sg a: 0,039; 0,086; 0,036; &h 43°— 10h 37: 0,031; 0,03; 0,08. Verminderung der Transpiration beobachtet: von 44 auf 30 oder von 1 auf 0,7; berechnet: von 1 auf 0,809. Die Tabelle 13, die die Ergebnisse der Versuche zusammenfaßt, zeigt, daß die tatsächliche Depression fast immer bedeutender war, als die Berechnung erwarten ließ. Dazu kommt noch, daB die cutieulare Komponente, die natürlich ziemlich konstant bleiben wird, nicht in Rechnung gezogen ist. Alle Messungen als richtig angenommen, kann die Differenz davon herrühren, daß der Widerstand der Kuppe über der Blattfläche, der als 1 gerechnet wurde, zu hoch angesetzt ist. Sollte 520 O. Renner, “ Tabelle 13. Depression der Transpiration beobachtet | berechnet Nr. des Versuchs Name der Pflanze 1 Gentiana 1 1 2 Paeonia 0,7 0,63 3 Archangelica 0,63 0,76 4 „ 0,6 0,72 5 » 0,6 0,72 6 Aconitum 0,7 0,81 auch hier kein Fehler stecken, so kann die starke Depression im Ex- periment von beginnendem Welken, also beginnender Austrocknung der Membranen herkommen, wovon freilich äußerlich nichts zu merken war. Und endlich könnte eine rein physiologische Regulation im Spiel sein, infolge deren im Dunkeln die Luft in den Atemhöhlen nicht ganz Jdampfgesättigt erhalten wird. Eine Entscheidung zwischen diesen verschiedenen Erklärungen der beobachteten Unstimmigkeit läßt sich zur Zeit nicht treffen. Und infolge seiner Unklarheit ist der Versuch für meine Auffassung, die den Maximaldruck des Wasserdampfes in ruhiger Luft knapp unter der Spaltöffnung sucht, keineswegs streng beweisend. Aber so viel kann man jedenfalls sagen, daß der mangelhafte Versuch eher gegen Lloyd spricht als für ihn, so daß wir zunächst keinen Grund haben, an den altgewohnten Vorstellungen von der regulatorischen Wirksamkeit der Spaltöffnungen etwas zu ändern. Das gilt freilich nur mit einer wichtigen Einschränkung, Der Größe der zusammenhängenden Blattfläche ist bisher nie Rechnung getragen worden, während wir jetzt wissen, daß in ruhiger Luft die Regulation bei gleicher Veränderung der Spaltweite an einem kleinen Blatt ausgiebiger sein muß als bei einem großen. Falls auch im Wind das Mesophyll so viel Dampf liefert, als die Spaltöffpungen abzuführen imstande sind, ist die Bedeutung der Spalt- weite für die Transpirationsgröße in bewegter Luft viel größer als in ruhiger. Die Kuppe über dem Blatt fehlt ja, und deshalb ist die Diffusionskapazität proportional dem Ausdruck r2 In. I+7 Wenn dagegen im Wind der Sättigungsdruck des Wasserdampfes aus der Atemhöhle in tieferliegende Interzellularen zurückgedrängt wird, Beiträge zur Physik der Transpiration. 521 was nach dem Ausfall der Versuche (vgl. Abschn. 9, pag. 510) sehr wohl der Fall sein kann, dann ist die regulatorische Wirksamkeit, des Spiels der Spaltöffnungen nicht so bedeutend, als der Ausdruck r? Tr 1+7 angibt, aber bei großen Blättern wohl immer noch größer als in ruhiger Luft, Zusammenfassend darf man also wohl sagen: In rubiger Luft und mäßiger Beleuchtung erfolgt die Regulation der Transpirationsgröße durch die Spaltöffnungstätigkeit so, wie es der Fall sein muß, wenn der Dampfdruck unter der Spaltöffnung ungefähr konstant bleibt. Bei Wind und bei intensiver Bestrahlung wird wahrscheinlich der Dampfdruck knapp unter der Spaltöffnung mit abnehmender Spaltweite höher, mit zunehmender niedriger, so daß die regulatorische Wirksamkeit der Stomata nicht so ausgiebig ist, wie sie bei Konstanz des Druckes in der Atemhöble wäre. In keinem Fall ist der Zusammenhang zwischen Spaltweite und Transpirationsgröße ein ganz einfacher, weil nicht allein der Widerstand des Porus maßgebend ist, sondern außerdem in ruhiger Luft der Widerstand der Kuppe über der ganzen Fläche, bei Wind der Widerstand innerer Interzellularen wirksam ist. 11. Die Bedeutung des Luftdrucks. Wie Burgerstein (pag. 132) mitteilt, weist schon Sprengel darauf hin, daß Pflanzen in großen Meereshöhen stärker transpirieren als in geringen. Das rührt z. T. davon her, daß der Dunstdruck, die Partiärpressung des Wasserdampfs, mit zunehmender Höhe abnimmt. Aber auch bei konstant gehaltener absoluter Feuchtigkeit der Atıino- sphäre wird die Diffusionsgeschwindigkeit des Wasserdampfs durch die Dichtigkeit der Luft beeinflußt. Und zwar ist nach Hann (1906, pag. 157) „die Verdampfungsgesehwindigkeit dem Luftdruck umgekehrt proportional. Auf größeren Höhen verdampft bei gleicher Temperatur und gleicher Luftfeuchtigkeit mehr Wasser als unten, und zwar im Verhältnis der Barometerstände unten und oben“. (Vgl. aber eine kurze Bemerkung von Pfeffer, 1897, pag. 231.) Bei den Berechnungen des Abschnitts 6 ist diese Beziehung sehon erörtert und berücksichtigt worden. Ganz neuerdings haben Sampson und Allen (1909, pag. 48) mit Pflanzen Versuche angestellt, die das meteorologische Gesetz be- stätigen. Sie machten (mit denselben Exemplaren?) Transpirations- messungen bei 2600 m und 3800 m; die Beleuchtung soll in beiden 522 0. Renner, Höhen gleich gewesen sein, der Barometerstand natürlich oben niedriger, und die relative Feuchtigkeit oben sogar höher als unten. Die Tran- spiration erschien in der Höhe gesteigert, und zwar verhielten sich die an beiden Orten erreichten Werte wie 44:56 bzw. wie 39:43. Im Anschluß an diese Untersuchungen setzten die amerikanischen Autoren dann auch Topfpflanzen von Helianthus unter dem Rezipienten künstlich verschiedenen Luftdrucken aus, während alle übrigen Be- dingungen konstant gehalten worden sein sollen; leider fehlen nähere Angaben über diesen konstanten Komplex. Die Mittelwerte der Er- gebnisse sind mit einigen rechnerischen Folgerungen in der Tabelle 14 zusammengestellt. Tabelle 14. der Ana höre |Transpiration Druck von L| _Transpiration PD Pr Druck Transpiration von I in Millimeter Hg 1 _ _ IT 1,44. 134 m 1,99 1,39 Die Erniedrigung des Atmosphärendrucks von 734 nm auf 508 mım hat also ungefähr die theoretisch zu erwartende Wirkung, bei weiterer Erniedrigung auf 381 mm bleibt der beobachtete Wert weit hinter dem berechneten zurück. Vielleicht ist Spaltenschluß eingetreten. 12. Die Wirkung von Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Bestrahlung. Wenn wir den rein physikalischen Vorgang der Verdampfung ins Auge fassen und von der physiologisch bedingten Regulation des Pro- zesses durch das Spiel der Spaltöffnungen absehen, so fragt es sich bei der Beurteilung irgendwelcher äußeren oder inneren Bedingungen nur, in weicher Weise diese das Evaporationsgefälle, d. h. die Differenz zwischen der im Blattinnern und der an der Blattoberfläche herrschen- den Dampfspannung, beeinflussen. Der Faktor, auf den bei konstantem Barometerstand in letzter Linie alles hinausläuft, ist also die Feuchtig- keit der inneren und äußeren Atmosphäre, und die Temperatur, die seit lange als ein für die Transpiration maßgebendes Moment erkannt ist, kommt fast nur indirekt in Betracht, insofern sie auf die absolute Luftfeuchtigkeit in den Interzellularen einen wesentlichen Einfluß ausübt; die Steigerung des Diffusionskoöffizienten mit zunehmender Temperatur ist ja unbeträchtlich. Voraussetzung ist, daß das Mesophyll die Inter- zellularen bei jeder Temperatur im Zustand der Dampfsättigung zu er- halten vermag. Beiträge zur Physik der Transpiration. 523 Ändert sich bei gleichbleibender Temperatur des Blattes der Dampfdruck in der.umgebenden Luft, so ist die Wirkung auf die Transpiration ohne weiteres klar. Steigt bei gleichbleibendem Dampf- druck in der Außenluft die Temperatur, so vergrößert sich der Sättigungs- @rnek im Blattinnern, und die Differenz zwischen diesem und dem außen herrschenden Druck steigt, wodurch die Diffusionsgeschwindigkeit wächst. Was wir relative Feuchtigkeit nennen, nimmt dabei in der Außenluft ab und bleibt im Blatt unverändert. Die Transpiration ist aber bei veränderlicher Temperatur keineswegs umgekehrt proportional der relativen Feuchtigkeit, weil die allein maßgebende Spannungs- differenz zwischen dem 100°/,igen und etwa dem 60°/,igen Dampf mit der Temperatur variiert, uud zwar mit steigender Temperatur wächst. Die Temperatur des transpirierenden Blattes fällt, wie lange be- kannt, mit der Temperatur der umgebenden Luft im allgemeinen nicht zusammen. .Und für der Druck des Interzellularendampfs ist natürlich die Temperatur des Blattes maßgebend, Daher rührt die außerordentliche Beschleunigung, die die Transpiration durch intensive Bestrahlung er- fährt, und aus demselben Grund kann auch in dampfgesättigter Luft, recht wohl Transpiration stattfinden, wenn die Temperatur des Blattes sich durch Bestrahlung oder auch nur durch Atmung über die der Umgebung erhöht!) Der gesättigte Dampf ist eben im wärmeren Blatt stärker gespannt und dichter als der gesättigte Dampf außerhalb. 13. Das Welken. Fr. Darwin (1898, pag. 548) hat mit Hilfe seiner kleinen empfind- lichen Hygroskope zuerst festgestellt, daß an abgeschnittenen Blättern, die man ohne Wasserzufuhr welken läßt, die Transpiration für kurze Zeit steigt, bis die Verminderung des Wasserverlustes einsetzt, die von welkenden Objekten sehon lange bekannt war. Darwin setzt voraus, daß unter gleichbleibenden äußeren Bedingungen eine Änderung der Transpirationsgröße nur eintreten kann infolge einer Änderung der Spaltenweite, und schließt also aus dem Ergebnis seiner Versuche auf eine vorübergehende Öffnungsbewegung der Spaltöffnungen beim Welken. Direkt beobachtet hat er diese Bewegung nicht, und Lloyd, der danach gesucht hat (pag. 83 ff), ist es nicht gelungen, eine solehe zu finden. 1) Diese Verhältnisse sind schon von Wiesner (1876, pag. 529) klar er- kannt. Nur die Wirkung der Atmung im Dunkeln ist nicht berücksichtigt. Trotz- dem konnte Volkens noch 1887 (pag. 38, Anm. 1) schreiben: „Einige Physiologen gehen so weit, daß sie von der Möglichkeit der Transpiration im dampfgesittigten Raum sprechen. Das ist doch offenbar widersinnig.“ 524 0. Renner, Lloyd hat deswegen versucht, eine andere Erklärung der nicht weg- zuleugnenden Erscheinung zu geben (pag. 82). Er weist darauf hin, daß die Blattgewebe beim Welken kollabieren, und meint, durch die sich einstellende Verengerung der Interzellularräume werde Wasser- dampf mechanisch ausgetrieben, was eine Beschleunigung des Gewichts- verlustes bedinge. Um die Verhältnisse klar zu übersehen, müssen wir eine genaue Vorstellung davon haben, was wir bei der Gewichtsbestimmung mit Hilfe der Wage tun. Das Wesentlichste ist natürlich die Masse des gewogenen Objekts. Angenommen, zu dieser Masse gehöre außer den Geweben auch die von ihnen umschlossene, sehr feuchte Luft, die mit der freien Atmosphäre nur durch sehr feine Durchbohrungen der Epi- dermis kommuniziert. Dann macht ein Gewichtsverlust sich dann be- merkbar, wenn Wasser, das ursprünglich in tropfbar flüssiger Form in den Geweben enthalten war und hierauf als Dampf zunächst in den Interzellularen eingeschlossen blieb, das Blatt endlich durch die Stomata verläßt. Der Masse des Objekts steht gegenüber der Auftrieb, den es in der Luft erleidet. Fällt nun das Blatt beim Welken in der Weise zusammen, daß die beiden Epidermen einander näher rücken, wie Lloyd sich vorzustellen scheint, dann wird Luft aus den Interzellularen aus- gestoßen, also die Masse des Blattes verringert. Zugleich verkleinert sich aber das Volumen, damit die Luftverdrängung, und die hierdurch bedingte Gewichtssteigerung entspricht ziemlich genau dem durch Ver- ringerung der Masse verursachten Gewichtsverlust, Das Gewicht des Blattes ändert sich also nicht. Und betrachten wir die Interzellularenluft als schon nicht mehr zur Masse des Blattes gehörig, so daß der Gewichtsverlust schon beim Übertritt des Wassers in die Interzellularen erfolgt, dann wird die Sache nicht anders. Denn hierbei ist es gleichgiltig, ob der Dampf das Blatt rascher oder langsamer verläßt. Die Lloyd’sche Erklärung des Darwin’schen Phänomens versagt demnach. Eine ähnliche Deutung, die den Vorgang des Kollabierens anders auffaßt, scheint mir eher plausibel zu sein, soll aber hier nicht gegeben werden, weil die Tatsachen wohl noch eine sorgfältige Prüfung verlangen. Nach der vorübergehenden Steigerung des Wasserverlustes setzt sehr bald die Verminderung der Transpiration ein, die zum Teil auf der Verengerung der Spalten, zum Teil auf der Austrocknung der Meso- phylimembranen beruht. Bei Gentisna lutea z. B. ist: dieser zweite Faktor wahrscheinlich der bedeutsamere, weil die Spalten sich hier beim Beiträge zur Physik der Transpiration. 525 Welken wenig verengern, nie ganz schließen. Bei Pflanzen, die sich ähnlich verhalten, und das ist bei vielen Hygrophyten der Fall, wird also beim Welken der Zustand sich einstellen, daß das Mesophyll weniger Dampf abgibt als durch die Spalten diffundieren kann. 14. Die Wirkung der xerophilen Ausstattung der Spaltöffnungsapparate. Erst jetzt sind wir gerüstet, die im Eingang der Untersuchungen gewonnenen Erfahrungen über die Diffusionskapazität von komplizier- teren Röhrensystemen auf das Transpirationsproblem anzuwenden. Die Einsenkung einer Spaltöffnung z. B. verringert die Diffusionskapazität. Aber das ist von entscheidender Bedeutung für den Wasserverlust des Blattes nur dann, wenn das Mesophyll so viel Dampf zu liefern vermag, als dureh die nicht eingesenkte Spaltöffnung abgeführt werden könnte. Nach den Erfahrungen des Abschnitts 6 dürfen wir uns tatsächlich, wenig- stens für ruhige Luft, die Beschaffenheit des Mesophylis so vorstellen, daß die durchbohrte Epidermis die Quantität der Wasserabgabe be- herrscht; es steht also der Übertragung der abgeleiteten Gesetze auf das transpirierende Blatt nichts im Wege. Für ein Blatt mit normalen Spaltöffnungen berechnet sich die Transpiration in ruhiger Luft nach der Formel I ra R + 1-- 2 A n.r?r2 Mündet nun der Porus in einen äußeren zylindrischen Vorraum von der Länge |, und dem Radius r,, so ändert sich der obige Ausdruck in 9) Ist das Blatt groß und damit 2 groß, so kann die Steigerung des Poruswiderstandes die Transpiration nicht erheblich deprimieren. Be- deutender ist dagegen die Wirkung der Einsenkung im Wind, weil hier die Kuppe über dem Blatt nicht zur Bildung kommt. Die zu ver- gleichenden Werte sind hier C.n»-r!n Gn-Tz _ In und In, r? ya\ er) d. h. die Ditfusionskapazität der ganzen Epidermis wird in derselben 526 0. Renner, Weise beeinflußt, wie die eines isolierten Porus. Ob damit wirklich die Transpiration im selben Maße verändert wird, ist eine Frage für sich. r? Aus der Formel | +8 + » 1-2) ist zu ersehen, daß die r, 4 Depression, die die Diffusion durch die Anbringung des Aufsatzes er- leidet, um so bedeutender ist, je kleiner der Unterschied zwischen r und r, ist. Für die Spaltöffnungen bedeutet das, daß die Wirkung der Einsenkung bei weit geöffneter Spalte am bedeutendsten ausfällt, und daß sie in dem Maß, -wie die Spaltweite sich verringert, abnimmt, um mit vollkommenem Spaltenschluß Null zu werden. die Radien von 0—5 Längeneinheiten, auf den zu- gehörigen Ordinaten sind die entsprechenden Werte der Diffusionskapazitäten für die einfache Röhre abgetragen und die gefundenen Punkte durch die Kurve Q miteinander verbunden. (, ist die entsprechende Kurve für die Diffusionskapa- zitäten der mit einer weiten Röhre kombinierten engen Röhren vom Radius 0-5; die durch die Kurve d abgeschnittenen Ordinaten stellen die ab- solute, die durch pr begrenzten die prozentuale Depression in Verhältniswerten dar. Die Tabelle 15 stellt die Beziehung zwischen der Größe von r und der Aus- giebigkeit der Depression zahlenmäßig dar, die Fig. 15 gibt eine graphische Veran- schaulichung, doch für andere Zahlen als die Tabelle; sie ist konstruiert für den Fall, daß das System isoliert ist und in ruhiger Luft sich befindet. r variiert zwi- schen O und -+ 5, die übrigen Faktoren sind konstant, und zwar ist 1=12, 1, —=16, 1, —=64. u ep rg, Erklärung der Fig. 15. Auf der Abszisse sind 1 Fig. 15, Tabelle 15. i=12|9- _|g Eu Q—- 9210 ,=16 IR re, r? E _ Q 164 1+7 !+yr+t;, (3 2) 3 = Depression in Proz. ii von Q 0 0 1) 0,0726 0,0057 72 0,251 | 0,044 15 0,483 | 0,158 24,2 1 0,745 | 0811 29,5 | 1,006 | 0582 | 36 Beiträge zur Physik der Transpiration. 527 Gehen wir etwa vom Zustand des nächtlichen Spaltenschlusses aus, so sind, wenn r—0 ist, auch Q, die Diffusionskapazität der ein- fachen, und Q,, die der eingesenkten Spaltöffnung, gleich Null. Bei der Öffnungsbewegung der Spalte, also bei dem Größerwerden von r, steigen Q und Q, zunächst fast mit gleicher Schnelligkeit an, aber allmählich bleibt Q, immer mehr hinter Q zurück, und zwar wird die Differenz zwischen Q und Q,, also die Depression der Diffusionskapazität durch die Einsenkung, nicht nur absolut, sondern auch prozentual größer. Doch steigt die absolute Depression rascher an als die prozentuale. Mit Hilte der gewonnenen Formeln soll nun versucht werden, für einige wenige Fälle von eingesenkten Spaltöffnungen die Depression zu berechnen, die die Diffusionskapazität durch die Einsenkung erleidet gegenüber einer im Niveau der Blattoberfläche liegenden, aber sonst gleich beschaffenen Spaltöffnung, und ebenso soll zahlenmäßig festgestellt werden, wie die Cutieularisierung der Atemhöhlen bei den Restionaceen die Transpiration beeinflußt. Für beide Fälle ist dabei angenommen, daß der Wind über die Blattoberfläche weggleitet, olne die Luft inner- halb der Spaltöffnungsapparate in Bewegung zu versetzen. Die Spaltöffnungsapparate wurden nach Quer- und Flächenschnitten der betreffenden Blätter bei starker Vergrößerung (Obj. Zeiß F oder Leitz 8 oder 7 und Ok. Leitz 4) mit dem Zeichenprisma gezeichnet und die für die Berechnung nötigen Maße von der Zeichnung mit dem Millimetermaßstab abgenommen. Kanäle mit kompliziert gekrümmten Wänden wurden auf der Zeichnung in annähernd geradwandige Ab- schnitte zerlegt, so daß das ganze System von Abschnitten der eigent- lichen Kanalforın möglichst nahe kam; willkürliche kleine Korrekturen, die aber sicher das Resultat ganz unwesentlich beeinflussen, ließen sich dabei natürlich nie vermeiden. Doch war es nur so möglich Räume zu erhalten, deren Wirkung auf die Diffusion sich mit den gegebenen Mitteln berechnen läßt, d. h. Räume von der Form des Zylinders oder des Kegelstumpfs. Elliptische und’ rechteckige Querschnittsflächen wurden wie Kreise von ‘gleicher Fläche behandelt. Die Zahlen bedeuten Milk- meter in den Zeichnungen, die bei der Reproduktion auf '/, verkleinert wurden. 1. Agave americana L. (Fig. 16). . Porus: Breite der Ellipse 6, Länge der Ellipse 19, Radius des flächengleichen Kreises r—= 5,54. Länge des Poruskanals 1 — 18. Der Vorraum für die Berechnung stark vereinfacht, die Längs- schnitte als Trapeze, die Querschnitte als Rechtecke angenommen, die Länge als das Mittel zwischen den beiden ungleichen Längsschnitten 528 0. Renner, (die zu den Schließzellen parallelen Nebenzellen sind niedriger als die quer an- schließenden). Untere Rechteckfläche 14 breit, 22 lang, Radius des flächen- gleichen Kreises R = 10. Obere BRechteckfläche 19 breit, 21 lang, Radius des flächengleichen Kreises R,—=11. Länge des Vor- raums 24 bezw. 85, Mittel L= 30. Wirksame Länge des Porus: Tr _ 9919 Fig. 16. Agave american. a Quer-, 5 Längs- 1-7 —22,19. schnitt, c äußere Atemhöhle von oben, & Schließ- zellen von der Fläche. Durch gestrichelte Linien . sind, wie in den folgenden Figuren, die Formen Wirksame Länge des angedeutet, die der Berechnung zugrunde gelegt ganzen Apparates: sind. 2 Hytg (L-YR: R,)= 82,08. Berechnete Depression: 31 %,. 2. Hakea suaveoleus R. Br. (Fig. 17). Porus: Breite der Elipse 5, Länge 15, Radius des flächen- gleichen Kreise r = 433. Länge des Porus 1= 13. Erster Abschnitt des Vor- raums annähernd ein Kegel- stumpf. Die untere Grundfläche Fig. 17. Haken suaveolens. elliptisch, Breite 8, Länge 30, Querschnitt und Fiächenansicht, Radius des flächengleichen Krei- ses R— 7,75. Obere Grundfläche ein Kreis, RadiusR, —=15. Länge L=9. Zweiter Abschnitt ein Zylinder. Radius R,— 15. Länge L, — 9. Dritter Abschnitt ein Kegelstumpf. Die Radien der Grundflächen R,=15 und g=7. Länge L,-=9. Vierter Abschnitt ein Zylinder. Radius R,—7, Länge 1, =6. Beiträge zur Physik der Transpiration. 529 Wirksame Länge des Porus: 14 7164. Wirksame Länge des ganzen Apparates: rn LE 20 _r , rn 14 stem Im I, "RR L, "R Berechnete Depression: 37 %/,. 3. Hakea leucoptera R. Br. (Fig. 18). Der lange, gekrümmte Kanalabschnitt!) ist berechnet als ein Kegel- stumpf von gleichen Grundflächen und gleicher Länge, die Erweiterung am oberen Ende ist vernachlässigt, zur Kompensation ebenso eine Ver- engerung unmittelbar über den Schließzellen. Die Grundflächen sind Ellipsen (vgl. das Flächenbild). Bei dem kurzen, engen Endstück ist die untere Grundfläche eine Ellipse, sie ist aber kleiner angenommen, als Kreis, und dafür die Weite des Stücks im äußersten Teil tibertrieben. Die Formen des Vorraums variieren übrigens von einer Spaltöffnung zur anderen in d E allen Teilen außerordentlich, Fig. 18. a Längsschnitt der äußeren Atem- die äußere Mündung z. B. höhle, 3 dieselbe in Flächenansieht, z und & kann viel weiter und viel Schließzellen. enger sein als in dem herausgegriffenen, ungefähr (as Mittel darstellen- den Fall. Porus: Breite der Ellipse 3, Länge 9, Radius des flächengleichen Kreises r—=2,6. Länge des Porus 1=17. Gekrümmter Hauptabschnitt des Vorraums, als Kegelstumpf be- rechnet. Untere Grundfläche elliptisch, Breite 21, Länge 40, Radius des flächengleichen Kreises R— 14,5. Obere Grundfläche elliptisch, Breite 10, Länge 30, Radius R, == 8,66. Länge des Abschnitts L—5t. Enger Endabschnitt ein Kegelstumpf. Radien (ler Grundflächen R,=5 und BR=3, Länge L=1. 25,0. r? ra r? In ———— m =] HH ER )+ L,=16/7. Berechnete Depression: 46 %/,. 1) Die äußeren Atemhöhlen durchbohren die Epidermis nicht gerade, sun- dern schief. Eine ausführliche Darstellung des Epidernisbaues bei Hukea wird an anderer Stelle gegeben. 530 0. Renner, 4. Dasylirion acrotrichum Zuce. (Fig. 19). Der sehr enge Vorraum erscheint auf einem medianen Längs- schnitt durch Wucherungen der Wände vollkommen geschlossen. Das Flächenbild zeigt aber, daß an den schmalen Seiten des etwa recht- eckig prismatischen Kanals noch enge Durchlaßstellen offen gelassen Fig. 19, Dasylirion acrotrichum. a Üüerschnitt; 5>—d äußere Atemhöhle von der Fläche; die nicht versiopften Teile mit gestrichelten Linien schraffiert, in 5 der äußere Eingang mit ausgezoge- sind. (Haberlandt, pag. 408, Fig. 165, und Porsch, Taf. IV, Fig. 7, haben nach ihren Abbil- dungen Material vor sich gehabt, bei dem die Wucherungen sich auch in der Mitte der Breitseiten, nicht treffen; dasselbe habe ich bei Dasylirion serratifolium beob- achtet.) Die Wucherungen treffen sich selten genau in der Mitte des Kanals mit gerader Fläche. .Meis- tens sind sie auf beiden Seiten etwas schief, manchmal sogar sehr stark verschoben. Der freie Teil der Querschnitisfläche wurde für nen Linien schraffiert; e Schließzellen, ein häufig vorkommendes Verhält- nis durch Wägung als ein Drittel der ganzen Fläche bestimmt. Der Querschnitt des Vorraums ist überall als rechteckig ange- nommen, die geringe Schiefheit der beiden unteren Abschnitte vernach- lässigt, der äußere Abschnitt zu einem Pyramidenstumpf korrigiert. Porus: Ellipse 5 zu 13, Radius des Rächengleichen Kreises r —4. Länge des -Porus 1=15. Erster Abschnitt des Vorraums. Radius R=10,1. Länge L=10. Zweiter, teilweise verstopfter Abschnitt, Rechteckfläche 12 breit, 32 lang, Fläche 384, davon frei nur der dritte Teil, 128. Radius des flächengleichen Kreises RR, —638. Länge ,— 11. Äußerer Absehnitt, Untere Rechteckfläche 12 breit, 82 lang, Radius des entsprechenden Kreises R,=11. Obere Rechteckfläche 5 breit, 11 lang, Radius des Kreises R,—4,18. Länge L,—10. Rechteckfläche 10 breit, 32 lang, -1+ 71817 in, Tr Rz r? R. 2 De a an SE en TE er Berechnete Depression: 42 %/,. Beiträge zur Plıysik der Transpiration. 531 5. Nerium oleander L. (Fig. 20). Die Spaltöffnungen liegen zu mehreren auf dem Grund tiefer Kryp- ten. Die Krypten verengern sich nach außen, bei kreisförmigera Quer- sehnitt ist der Raum also ein Kegelstumpf. Die Berechnung erfolgt nach dem pag. 473 gegebenen Schema. Die Krypten sind mit Haaren verstopft, was die Transpiration noch weiter herabdrücken muß, Porus: Breite der Ellipse 4, Länge 10, Radius des flächengleichen Kreises r—=3,16. Länge 1I=8. Fig. 20. Nerium ole- ander. a eine Krypte im Längsschnitt, die Schließzellen im Grund der Länge nach ge- troffen; 5 und c Schließ- Fig. 21. Ecdeicolen monostachya. zellen bei viel stärkerer Querschnitt durch eine Stengelrinne und Vergrößerung. Schließzellen von der Wläche. Die Zahl der Spalten in der Krypte bei der für die Zeichnung ausgewählten Größe des Querschnitts (die Krypten sind nämlich sehr ungleich groß) ist n—25. Krypte: Radien der Grundflächen R=44 und R;=20, Länge L==119. 14 T- 10,48. r® nr? j 4-14 gtEE -L= 4746, Berechnete Depression: 77,6%. 6. Eedeicolea monostachya F. M. Restionacee aus Westaustralien, Pritzel n. 611. (Fig. 21). Die Spaltöffnungen sind an der assimilierenden Sproßachse auf dem Grund tiefer enger Längsrinnen untergebracht. An der Mündung der Rinnen verzahnen sich die papillenartig vorgewölhten Zellen der ge- näherten Epidermen, so daß der Rinneneingang sehr eng wird. 35 Flora, Bd. 100, 532 ©. Renner, Porns: Breite der Ellipse 1,8, Länge 4, Radius des flächengleichen Kreises r= 1,34. Länge des Porus 1=5. Unterer weiterer Abschnitt der Rinne: Die Spaltöffnungen liegen in zwei Reihen nebeneinander, und der Länge nach so weit vonein- ander entfernt, daß auf 25 mm Rinnenlänge in der Zeichnung eine Spaltöffnung kommt. Die Breite des Abschnitts ist 18, auf eine Spalte trifft also eine Recheckfläche, die 25 lang und 9 breit ist; Radius des Hächengleichen Kreises R==8,46. Länge (Höhe) des Abschnitts von den Stomata an gerechnet L=15. Oberer verengter Teil: Durehschnittliche Breite 6, auf eine Spalte kommt also eine Rechteckfläche, die 25 lang und 3 breit ist; Radius des flächengleichen Kreises R,—4,89. Höhe des Abschnittes 50. A147 6.08. rm, rn 4eltytpltg Berechnete Depression: 46 %,. 7. Elegia sp. Restionacee vom Kap, Ecklon n. 837, (Fig. 22). I Fig. 22, Elegia sp. Längsschnitt durch die äußere Partie der assimilierenden Sproßachse, Palisaden und Schutzzellen schief zur Oberfläche gestellt: Links und rechts Spalt- öffnungen quer und von der Fläche. Die Atemhöble ist von typischen „Sehutzzellen“ mit cuticulari- sierten Wänden ausgekleidet. Für die Berechnung ist angenommen, daß die Schutzzellen nicht transpirieren. Dann ist die Luft der Atem- höhle nur auf dem Grund mit Dampf gesättigt, dort wo die Schutz- Beiträge zur Physik der Transpiration. 588 zellen auseinandertreten. Die Länge der Atemhöhle ist also von der gestrichelten Linie der Zeichnung an nach außen zu rechnen. Palisaden- und Hypodermzellen stehen nicht senkrecht zur Stengel- oberfläche, sondern sind schief nach oben, gegen die Sproßspitze zu, orientiert. Von derartigen Lagebeziehungen wird an anderer Stelle, im Zusammenhang mit der Epidermis von Hakea, die Rede sein. Porus: Breite der Ellipse 4, Länge 12, Radius des Kreises r — 3,46, Länge des Porus 1=5. Atemhöhle: Der Querschnitt ist ein Quadrat von der Seitenlänge 16; Radius des entsprechenden Kreises R—9. Länge L—63, Iel+ Te. A, 147 ' we =. Berechnete Depression: 53 %/,. 8. Hypodiscus striatus Mast. Restionacee vom Kap, gesammelt von Krauß. (Fig. 23, 24). Fig. 24. Hypodisens striatus. 7 radialer 2 Längsschnitt; 5 Schließzellen von der Fläche; ur 98 . tyian e tangentinler Längsschnitt auf der Höhe Fig. 2 en 1n der Schutzzellen, der Umriß der Atemhöhle us. u " gestrichelt eingetragen. Wie Gilg zuerst beobachtet hat, erfährt hier die Ausbildung der Schutzzellen gegenüber dem häufigeren, dureh Elegia repäsentierten Typus eine Modifikation. Die dickwandigen farblosen Palisadenzellen, die unter einer Spaltöffeung liegen, beteiligen sich nämlich nicht wie bei Elegia an der Bildung der Atemhöhle, sondern lassen Interzellularen von normaler Weite, d. h. in Form enger Kanäle, zwischen sich, ie zudem gekrümmt verlaufen, so daß sie auf Längssehnitten durei den 35* 534 ©. Renner, Stengel nie in ihrer ganzen Ausdehnung getroffen werden (Fig. 24a). Der Dampf, den die dünnwandigen assimilierenden Palisadenzellen ab- geben, muß also die engen Kanäle zwischen den Schutzzellen passieren, hevor er in die Atemhöhle gelangt. Die Atemhöhle ist durchweg von euticularisierten Wänden eingefaßt, ob die Cuticula bis zum inneren Ende der Schutzzellen herunterlänft, war nicht sicher festzustellen; es soll aber angenommen werden, daß die Schutzzellen nicht transpirieren. Flächenschnitte (Fig. 24c) zeigen, daß die Atemhöhle nach innen regel- mäßig durch 2—3 breite Palisadenzellen abgeschlossen ist (vgl. auch den Längsschnitt Fig. 24a, der ebenfalls diese Verbreiterung der mitt- leren Schutzzellen erkennen läßt); an den Schmalseiten der Atemhöhle mündet je ein Interzellulargang. Es addiert sich also zum Widerstand des Porus der Spaltöffnung der der Atemhöhle und zudem noch der der beiden Kanäle zwischen .den Schutzzellen. Die Palisaden sind radial-schief orientiert. Vgl. bei Elegia. Porus: Breite der Ellipse 1,8, Länge 4, Radius des flächengleichen Kreises r==1,34. Länge des Porus 1—=9. Erster Abschnitt der Atemhöhle: Querschnitt rechteckig, Seiten 5 und 16 lang, Radius des Kreises R=5. Länge des Abschnitts L—1. Zweiter Abschnitt der Atemhöhle: Querschnitt rechteckig, Seiten 7 und 16 lang, Radius des Kreises R,—6. Länge des Abschnitts L=7. Kanäle zwischen den Schutzzellen: Summe der Querschnitte gleich dem 6. Teil der Grundfläche der Atemhöhle, Radius RB,—=2,5. Länge der Kanäle ,—=18. Kuppen sollen über und unter den Mündungen der Kanäle nicht gerechnet werden. i=1+7=10, In, »? Ba r? r? R HT HH tg = 108. Berecehnete Depression: 39%), Bei den Berechnungen ist die Annahme gemacht, daß die Luft in den äußeren Atemhöhlen auch bei Wind vollkommen ruhig bleibt, was jedenfalls für die äußersten Partien der Kanäle gar nicht wahr- scheinlich ist: Weiter sind die angenommenen Spaltweiten Maximal- werte, die nur ausnahmsweise gefunden wurden, soweit es sich um lebend zugängliche Pflanzen handelt. Bei Objekten, die nur als Herbar- material zur Verfügung standen, wurde die Spaltweite willkürlich, und zwar sicher nie zu klein, festgesetzt. Endlich geben die Berechnungen — Beiträge zur Physik der Transpiration. 535 die Verhältniswerte nur für Wind. Die Endresultate stellen also jeden- falls Maximalwerte für die Depression der Transpiration dar, die viel- leicht nie erreicht werden, weil nie alle Spalten gleich weit geöffnet sind und weil das Mesophyll vielleicht nicht so viel Dampf abgehen kann, daß auch im Wind unter der nichteingesenkten Spaltöffnung die Luft dampfgesättigt erhalten werden könnte. Unterhalb dieser Maxima ist jede Größe der Depression bis zu O möglich, je nach iler Spalt- weite und dem Bewegungszustand der Luft. Die für die Berechnung ausgewählten Beispiele eingesenkter Spalt- öffnungen stellen zum größten Teil ziemlich extreme Fälle dar. Ge- wöhnlich sind die äußeren Atemhöhlen weniger tief und eng, die Er- sparnis an Wasser, die sich infolge der Einsenkung der Stomata ein- stellt, dürfte also im allgemeinen 30°), nicht übersteigen. Wie die Berechnung für Nerium zeigt, ist die Depression der Transpiration sehr bedeutend, wenn Gruppen von Spaltöffnungen au- stelle einzelner Stomata in Gruben untergebracht sind. Die Tiefe solcher Gruben pflegt: sehr befrächtlich zu sein, und infolge der Häufung der Spaltöffnungen auf dem Grund der Grube trifft nur ein schmaler Teil des Grubenraums auf eine Spalte. Derseibe Erfolg wird natürlich er- reicht, wenn die Spaltöffnungen wie bei Ecdeicolea in langhin zusammen- hängenden engen Rinnen verborgen liegen; der Widerstand dieser Rinne bei Ecdeicolea ist sehr bedeutend, er kommt aber bei der Kleinheit der Spalten verhältnismäßig wenig zur Geltung. Die Wirkung des Roilblatts entspricht natürlich ganz der Bildung solcher Rinnen. Wenn die Atemhöhle oder sogar noch Interzellularen des tiefer gelegenen Mesophyils den Widerstand des Spaltöffnungsapparats ver- größern helfen, wie bei Elegia und Hypodiscus, so ist die Wirkung geringer als die eines entsprechend geformten äußeren Vorraums, weil nur die letztere Einrichtung die Bildung der Kuppe über der Spaltöffnung im Wind gestattet. Ganz ähnlich wie die Einsenkung einzelner Spaltöffnungen muß die Bedeckung der Spaltöffnungen führenden Epidermis mit einem Kleid von toten, lufterfüllten Haaren wirken; aber auch die ceutieulare Tran- spiration wird durch solche Haare vermindert werden. Abgesehen von dem Schutz gegen Strahlung, den solche Haare gewähren, und der mittelbar wieder die Transpiration beeintlußt, erleidet die Diffusion des Wasserdampfs in den engen Räumen zwischen den Haaren eine Hemmung, die besonders bei Wind beträchtlich ausfallen kann. Auf theoretischem Weg den Effekt zahlenmäßig zu ermitteln, ist wohl so gut wie un- möglich, 536 0. Renner, Durch Papillen, die sich um die Spaltöffnungen gruppieren, wird natürlich, wenn auch in unvollkommener Weise, derselbe Erfolg hervor- gerufen wie durch die Emporwölbung eines zusammenhängenden Ring- walls. Bei vielen Cyperaceen und Gramineen sind es z. B. zwei Paare von Nebenzellen, die von den Schmal- und von den Langseiten der Spaltöffnungen her papillenförmige, über der Spalte zusammenstoßende Fortsätze treiben. Diese Papillen sind gewöhnlich diekwandig und stark eutieularisiert, werden also selber wenig transpirieren. Um die Wirkung soleher Papillen experimentell zu studieren, werden anf den durchbohrten Blechdeckel eines Glaszylinders (vgl. pag. 475) zwei Paar „Papillen“ aus Plastilin aufgesetzt, die mit den Spitzen zusammenstießen, aber zwischen ihren unteren Teilen ziemlich weite Lücken ließen. Die Diffusion von Wasserdampf wurde durch diese „Papillen* in ruhiger Luft um 26°/, vermindert. Damit, daß durch den äußeren Kanal das Minimum des Dampf- . drucks vom Außenende des Spaltöffnungsporus abgedrängt, also das Diffusionsgefälle vermindert wird, ist die Wirkung der Einsenkung auf den Spaltöffnungsapparat noch nicht erschöpft. Denn neben dieser direkten Wirkung ist noch, worauf Volkens (pag. 49) allein hingewiesen hat, der Umstand ins Auge zu fassen, daß die Schließzellen infolge der Ein- senkung auch mit ihrer Außenwand an verhältnismäßig feuchte Luft grenzen. Es ist bekannt, daß die ceuticulare Transpiration oft neben der stomataren eine keineswegs verschwindende Rolle spielt, und ein einfaches Experiment, die Darbietung einer Farbstofflösung an die Schnittfläche eines trauspirierenden Pflanzenteils, zeigt durch die An- häufung des Farbstoffes in den Schließzellen deutlich, daß die euticulare Transpiration in diesen Zellen größer ist, als in den übrigen Epidermis- zellen. Das rührt einmal von dem Umstand her, daß die Schließzellen niebt nur an der Außenwand von der austrocknenden Atmosphäre um- spült sind, wie die gewöhnlichen Zellen der Epidermis, sondern auch an einem großen Teil der Seitenwand, wenn die Spalte geöffnet ist. Die Luft innerhalb des Porus ist allerdings noch ziemlich feucht, aber doch nicht dampfgesättigt, die Membranen, die den Porus begrenzen, werden also Wasser abgeben können. Zum zweiten sind die Schließ- zellen ganz allgemein mit dünneren und schwächer euticularisierten Wänden versehen, als die Epidermis sonst, auch auf der Außenseite. Und gerade bei Xerophyten ist die verhältnismäßige Dünnheit der Schließzellenmembranen, die für die Beweglichkeit der Schließzellen notwendig ist, sehr auffallend. Kommen nun die Schließzellen in einen feuchten Raum zu liegen, wie es der Kanal der eingesenkten Spalt- Beiträge zur Physik der Transpiration. 537 öffnung ist, so wird ‘ihre eigene (cutieulare) Transpiration vermindert sein. Und auf einem Umweg kann nun die Beeinflussung der Schließ- zellen wieder auf die stomatare Transpiration zurückwirken. Wenn es Pflanzen gibt, die in trockener Luft, als vorbeugende Maßregel, Spalten- schluß eintreten lassen, noch bevor das Mesopbyll an Wassermangel zu leiden beginnt !), so wird die Einsenkung der Spaltöffnungen die Wir- kung trockener Luft abschwächen und die Reaktion verzögern. Ein - solehes Blatt wird also noch transpirieren und, was wichtiger ist, noch assimilieren, während ein anderes diese Funktionen schon eingestellt hat. Dabei darf nicht übersehen werden, daß diese Wirkung der Ein- senkung auf die Physiologie des Transpirationsvorgangs, d. h. auf das Spiel der Schließzellen, und die früher behandelte unmittelbare Wir- kung auf die Physik der Dampfabgabe einander entgegenarbeiten. Eine xerophile Anpassung braucht die Einsenkung der Stomata nicht immer darzustellen. Bei hoher dickwandiger Epidermis ist sie vielmehr nichts als eine notwendige Konsequenz dieser primären xero- philen Charaktere, Die Größe der Schließzellen bewegt sich zwischen viel engeren Grenzen als die Größe der E;pidermiszellen, wahrscheinlich weil die Spaltöffnungen bei sehr bedeutender Größe der Schließzellen schlecht funktionieren könnten. Und wo nun die Epidermiszellen be- deutend höher sind als die Schließzellen und zudem dicke Außenwände besitzen, können die Schließzellen, falls sie ernährt werden und am Leben bleiben sollen, nirgendwo anders angebracht sein als im unteren Teil der hohen Epidermismembranen. Wo eine starke Verdickung der Außenwände der Epidermis fehlt, besteht dieser Zwang nicht. Wenn trotzdem die Schließzellen ziemlich allgemein nahe der inneren Grenze der Epidermiszellen inseriert zu fin- den sind, so kann das Ursachen haben, die mit einer xerophilen (oder ander- weitigen, vgl. Keller) Anpassung nichts zu tun haben müssen. Went (1907, pag. 262) teilt z. B. mit, daß die Spaltöffnungen auf der Innenseite der Karpelle von Papaver somniferum F . H N Fig. 25. Papaver somniferum. tief eingesenkt sind (Fig. 25). Was Quersehnitt durch eine Spaltöffnun; Went sich dazu denkt, sagt der Titel von der Innenseite der reifen Kapsel. 1) Lloyd (1908) bestreitet das. 538 0. Renner, des Aufsatzes: Über Zwecklosigkeit in der lebenden Natur. Und eine ökologische Bedeutung dieser Eigentümlichkeit wird tatsächlich die kühnste Phantasie nicht ausspintisieren können. Aber die Höhe der Schließzellen ist viel kleiner als die der übrigen Epidermis, es kann also im besten Fall eine tangentiale Wand im Niveau der entsprechen- den Epidermiswand liegen; und warum soll das nicht die innere sein. Ähnlich sind nach Keller (1897, pag. 105) an den submersen Blättern von Mentha aquatica die Stomata doppelt so tief eingesenkt wie an den Luftblättern. Wir werden wohl Detto (1904, pag. 170) Recht geben, der die Erscheinung als von der Differenz der Epidermis- höhe abhängig betrachtet. In den beiden genannten Fällen sind- die Spaltöffnungen wohl funktionslos. Wo das nicht der Fall ist, also au Oberdächen, die mit der Luft in Berührung kommen, muß die Einsenkung der Stomäta die bekannte Wirkung auf die Dampfabgabe ausüben. Voraussetzung ist dabei immer, daß die Luft in den äußeren Atemhöhlen ruhig bleibt. Bei äußeren Atemhöhlen, die im Verhältnis zu ihrer Weite wenig tief sind, wird diese Bedingung kaum erfüllt sein. Aber von welchen Pro- portienen an die abgeleiteten Regeln ungefähr Geltung haben, dafür fehlt jede Erfahrung. 15. Spaltöffnungen und Photosynthese. Es ist seit lange bekannt, daß der Vorgang der Photosynthese bzw. die Aufnahme von Kohlensäure in die assimilierenden Gewebe viel strenger an das Vorhandensein offener Spalten gebunden ist, als die Transpiration. Wasserdampf kann ja in bedeutenden Mengen durch die Cuticula entweichen, während der Partialdruck der Kohlensäure in der Luft viel zu niedrig ist, um nennenswerte Quantitäten von 00, durch die schwach imbibierte Cutieula zu pressen. Die Bewegung der Assimilationskohlensäure ist der des Wasser- dampfs entgegengesetzt gerichtet. In der Atmosphäre hat die Kohlen- säure eine konstante Dichtigkeit, in den grünen Geweben wird sie ver- dünnt und zuletzt vielleicht ganz absorbiert. Infolge der Druckdifferenz zwischen Außen- und Innenatmosphäre stellt sich ein kontinuierlicher Diffusionsstrom her, der nun aber durch die Spaltweite nicht im selben Grade beeinflußt werden kann wie die Transpiration. Das Druck- minimum der CO, liegt tief im Blattinnern, von dem Röhrensystem, durch das die Kohlensäure diffundiert, ist der Porus der Spaltöffnung nur ein kurzes Stück, Veränderungen in der Weite dieses Stückes werden also keinen großen Effekt haben. Beim Wasserdampf ist der Beiträge zur Physik der Transpiration. 580 Spannungsabfall, wie wir annehmen zu dürfen glauben, ein anderer; im ganzen Interzellularsystem herrscht woll ziemlich gleichmäßiger Dampfdruck, und dieser Druck, ler des gesättigten Dampfes, wird schon auf dem Grund der Atemhöhle erreicht. In diesem Sinn ist die Angabe von Brown und Escombe wohl zu modifizieren, die sich dahin aussprechen, daß „the intake of carbon dioxide during assimilation must vary directly with the linear dimen- sions of the openings (1905, pag. 65). In der ersten grundlegenden Arbeit (1900) hatten die englischen Autoren angenommen, die Stomata von Helianthus annuus könnten sich bis auf !/,, oder '/,, der Maximal- weite verengern, ohne daß die Assimilation unter das Maximum sinke (pag. 278, Anm.). Hier ist also die Wirksamkeit der Spaltweite gar zu gering veranschlagt, wie sie 1905 zu hoch eingeschätzt wird. Die Einsenkung der Spaltöffnungen unter das Niveau der Epi- dermis kann die Assimilation in viel geringerem Maße beeinflussen als die Transpiration. Das Spannungsminimum der CO, liegt von der Epidermis so weit entfernt, daß innerhalb der äußeren Atemhöhle die Kohlensäure wohl noch kaum verdünnt wird. Ebenso wird durch die Cutiecularisierung der inneren Atemhöhle (Restionaceen) die Diffusion der CO, kaum beeinträchtigt, weil die farblosen Zellen, die die Atem- höhle begrenzen, auch beim Fehlen einer Cuticula keine CO, absorbieren würden. Wie Brown und Escombe (1900, pag. 278/79} hervorheben, be- ruht die geringe Absorption der CO, im Chlorophyliparenehym darauf, daß die gasförmige Kohlensäure sich im Imbibitionswasser der Zell- membranen ja erst lösen muß und daß die Diffusion der CO, im ge- lösten Zustand außerordentlich viel langsamer verläuft als im gas- förmigen. Dagegen gilt für diese „liquid diffusion“ dasselbe Ciesetz der Abhängigkeit vom Druck wie für die „gaseous diffusion“. Und deshalb finden Brown und Escombe (1905, pag. 49} die Einnahme von CO, ins Blatt, also die Photosynthese, direkt proportional dem Druck der Kohlensäure in der umgebenden Atmosphäre. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, die Anschauungen über die "Beziehung zwischen dem Bewegungszustand der Luft und der (iröße der Transpiration auf die Assimilation zu übertragen (angedeutet bei Pfeffer, 1897, pag. 313). In sehr ruhiger Luft wird das Maximum des CO,-Druckes, ebenso wie das Minimum der Wasserdampfspannung, um so weiter von der Blattoberfläche abrücken, je größer das Blatt ist. Und für einen zusammenhängenden Pflanzenbestand oder für einen großen Baum muß sich die Beschaffung vou CO, in ruhiger Luft viel 540 0. Remner, schwieriger gestalten als für eine isolierte kleine Pflanze (vgl. oben pag. 507 das über Transpiration Gesagte). Ein gelinder Luftstrom, der (diese „Kuppen“ entfernt, wird also die Einnahme von Kohlensäure ins Blatt steigern, und die Steigerung kann für größere Pflanzenbestände sehr bedeutungsvoll sein. Auf diese Bedeutung des Windes für die Assimilation hat kürz- lich ein Praktiker, H. Krantz (1909), nachdrücklich hingewiesen. Er spricht aber zugleich die Vermutung aus, daß Lnftbewegung von be- deutender Schnelligkeit die Versorgung des Blattes mit CO, wieder ungünstig beeinflussen wird, weil die Kohlensäure aus dem rasch über das Blatt hingleitenden Luftstrom senkrecht: abgeleitet werden muß, wenn sie ins Blatt diffundieren soll. Das Welken eines Blattes muß in doppelter Weise eine ungünstige Wirkung auf die Assimilationstätigkeit ausüben. Denn einmal genügt schon Spaltenverengerung, um die Assimilation zu verringern, die durch vollkommenen Spaltenschluß ganz unterbunden wird. Und zweitens wird die Lösung der CO, im Imbibitionswasser der Mesophylimembranen verlangsamt, wenn diese Membranen auszutroeknen beginnen, was bei unvollkommenem Spaltenschluß leicht eintreten kann. Mit der Klärung der physikalischen Verhältnisse ist in das Wesen des Transpirationsvorgangs eine neue Einsicht nicht gewonnen. Aber erst wenn die physikalischen Wirkungen der Spaltöffnungstätigkeit ihrer Quantität nach genau bekannt sind, wird es möglich sein, die Frage in Angriff zu nehmen, ob es außer der durch die Stomata vermittelten Regulation noch eine andere Art der physiologischen Beeinflussung gibt. Es ist schon öfter darauf hingewiesen worden (z. B. von Hesselman, Lloyd), daß der Pflanzenkörper sich gegenüber der wasserentziehenden Wirkung der umgebenden Atmosphäre vielleicht gar nicht so ausschließ- lich passiv verbält, als wir es uns vorzustellen zunächst geneigt sind. Und wenn es eine von äußeren Bedingungen und vom Spiel der Spalt- öffnungen unabhängige Periodizität der Transpiration gibt, was nach Lloyd nicht ausgeschlossen ist, dann ist die Frage schon. im positiven Sinn entschieden. Leider ist es außerordentlich sehwer, sichere Kenntnis davon zu erhalten, ob im Zustand der Spalten sich etwas geändert hat oder nicht, und wenn ja, welchen Betrag die Veränderung erreicht, weil die Spalt- öffnungen auf einem und demselben Quadratmillimeter Blattfläche zu jeder Tageszeit die verschiedenste Öffnungsweite zeigen (vgl. z. B. die Beiträge zur Physik der Transpiration, 54 Angaben von Lloyd). Der wichtigste Fortschritt in der Kenntnis der Transpirationserscheinungen hängt also an der Auffindung eines Objekts, dessen Stomata sich gleichförmiger verhalten. Erst dann läßt sich die Entscheidung darüber treffen, ob bei Konstanz der Außenbedingungen die Transpirationsgröße einzig und allein eine Funktion der Spaltweite ist. Zusammenfassung. Das Ausströmen von Wasserdampf aus den Spaltöffnungen eines Pflanzenorgaues ist, wie Brown und Eseombe dargetan haben, auf- zufassen als ein Vorgang statischer Diffusion, d. h. die Transpiration beruht auf dem Unterschied zwischen der Spannung des Wasserdampfes in den Interzeliularen und der Spannung des Dampfes in der Außen- luft, und zwar ist die Transpirationsgröße dieser Differenz direkt pro- portional. Irgendwo im Blattinnern wird der Dampf wohl gesättigt sein. Es läßt sich also genauer sagen, die Transpirationsgröße ist direkt proportional der Differenz zwischen dem Sättigungsdruck des Dampfes bei der gegebenen Blattemperatur und dem Dampfdruck in der Außenluft, Temperatur und Bestrahlung beeinflussen deshalb die Transpiration in erster Linie insofern, als sie auf die Spannung des Dampfes in den Interzellularen einwirken. Dem Atmosphärendruck ist die Transpiration umgekehrt proportional, weil der Diffusionskoöffizient eine Funktion des Barometerstandes ist. Außerdem ist von Wichtigkeit der Bewegungszustand der Außen- luft; im Blattinnern dürfen wir uns die Interzellularenluft wohl dauernd unbewegt vorstellen. Bei kräftigem Wind herrscht auf der ganzen Blattfläche der konstante Dampfdruck der Atmosphäre, weil der aus- strömende Dampf fortwährend weggewischt wird. Für das Diffusions- gefälle kommt also allein die Entfernung zwischen «ler Blattoberfläche und derjenigen Zone des Mesoplyils in Betracht, in der die Sättigung des Dampfs erreicht ist. Diese Entfernung ist klein, also das Gefälle verhältnismäßig bedeutend. Der Widerstand, den fein durchlöcherte dünne Platten, wie die Stomata führende Epidermis, der Evaporation entgegensetzen, ist auffallend gering, Und zwar deshalb, weil die Diffusion durch Löcher in dünner Wand nicht der Fläche, sondern eher dem Radius proportional ist, weil also durch das isolierte enge Loch viel mehr Dampf strömt, als durch ein flächengleiches Stück einer weiten Öffnung. In ruhiger Luft bildet sich über dem Blatt eine „Dampfkuppe*, d. h. der Dampf quilit aus den Spaltöffnuungen nach allen Seiten über 542 ©. Renner, das Blatt vor und verdünnt sich ganz allmählich, so daß die minimale Dichtigkeit erst in einiger Entfernung vom Blatt erreicht, die trockene Atmosphäre sozusagen von der Blattoberfläche abgedrängt wird. Die Entfernung zwischen den Punkten minimalen Drucks und der Zone der Sättigung im Blatt ist also gegenüber dem Verhalten bei Wind vergrößert, das Spannungsgefälle und damit die Diffusionsgeschwindig- keit verringert. Versuche ergaben, daß die Transpiration im Wind 2—5mal so hoch war, wie in ruhiger Luft; die cutieulare Transpiration stieg in Wind immer nur auf das Doppelte. Das Mesophyl! entspricht, wie angedeutet, einer zusammenhängen- den Dampf abgebenden Fläche, über der in einem äußerst geringen, praktisch zu vernachlässigenden Abstand ein multiperforate septum, die Epidermis, ausgespannt ist. In ruhiger Luft spielt also infolge der Kuppen- bildang die Ausdehnung der Blattfiäche für die Transpiration eine wichtige Rolle, und zwar sollte bei vollkommener Bewegungslosigkeit die Trans- piration dem Radius, nicht der Fläche des Blattes proportional sein. Ein Blatt A, das viermal so groß ist wie ein Blatt B, dürfte also, alle übrigen Bedingungen gleich angenommen, im ganzen nur zweimal so viel tran- spirieren als das Blatt B oder, auf die Flächeneinheit bezogen, halb so viel Wasser abgeben als B. Experimente haben tatsächlich ergeben, daß kleine Blattstücke verhältnismäßig stärker transpirieren als große. Im Wind kommt nur die Gesamtfläche der Spalten in Betracht, die Transpiration ist also, alle übrigen Verhältnisse gleich angenommen, der Blattfläche proportional. Und eine weitere Konsequenz ist, daß der Wind die Transpiration eines großen Blattes in höherem Maße steigert, als die eines kleinen. Für die Ausgiebigkeit der regulatorischen Wirksamkeit der Spalt- öffnungen ist es von Bedeutung, au welcher Stelle ins Mesophyll der konstante Maximaldruck, also wohl der Sättigungsdruck, des Wasser- dampfes liegt. Zur Entscheidung dieser Frage mußte auf theoretischen Wege die Diffusionskapazität gegebener Blattepidermen ermittelt und mit den beobachteten Transpirationsgrößen verglichen werden. Bei Transpirationsversuchen, die kurze Zeit dauern, befinden sich die Objekte nie in einer vollkommen ruhigen Atmosphäre. Um die Abweichung vom theoretisch zu erwartenden Wert schätzen zu können, mußten Versuche mit freien Wasserflächen von ähnlichen Dimensionen unter denselben äußeren Bedingungen gemacht werden. Die Versuche ergaben, daß die Verdampfung etwa dreimal so hoch ausfällt, als die nach Maßgabe von Temperatur und Luftfeuchtigkeit für vollkommen ruhige Luft berechneten Werte verlangen. Beiträge zur Physik der Transpiration. 543 Damit war ein Anhalt gewonnen für die Berechnung des Wider- stands, denn die Kuppenbildung in der ruhigen Zimmerluft der Tran- spiration eines Blattes von gegebener Größe entgegensetzt. Der Wider- stand der durchbohrten Epidermis läßt sich leicht berechnen, wenn die Zahl der Spaltöffnungen, die mittlere Spaltweite und die Poruslänge bekannt sind. Wurde nun die Transpiration- eines abgesehnittenen, in Wasser stehenden Blattes bei bekannter Temperatur und Luftfeuchtig- keit bestimmt und für dieselben Bedingungen berechnet, wieviel Dampf durch die Spalten entweichen könnte, wenn knapp unter den Spalt- öffnungen die Interzellularenluft dampfgesättigt wäre, so ergab sich bei Berücksichtigung der cuticularen Komponente in ruhiger Luft meistens eine weitgehende Übereinstimmung zwischen beobachteten und be- rechneten Werten. Daraus darf wohl der Schluß gezogen werden, daß in ruhiger Luft die Atemhöhlen annähernd dampfgesättigte Luft ent- halten. Die verwendeten Pflanzen waren zur Hauptsache Mesophyten, doch wurde auch ein Xerophyt und ein ausgesprochener Hydrophyt untersucht. Das Ergebnis war überall ziemlich dasselbe. Es ist dem- nach wahrscheinlich, daß allgemein für die Transpiration in. ruhiger Luft die Epidermis, nicht das Mesophyll begrenzender Faktor ist. Im Wind fielen die Versuche anders aus. Die beobachteten Transpirationsgrößen blieben hier hinter den als möglich berechneten beträchtlich zurück. Es scheint demnach, daß bei starker Luftbewegung das Mesophyli die Atemhöhlen nicht dampigesättigt zu erhalten vermag, daB der Sättigungsdruck des Dampfes tiefer im Mesophyli liegt. Diese Verschiebung läßt den Unterschied zwischen der Transpiration hei Wind und der in ruhiger Luft natürlich geringer ausfallen, als es bei kon- stanter Lage des Dichtigkeitsmaximums der Fall wäre. An welcher Stelle im Blatt die konstante Maximalspannung des Dampfes auch liegen mag, es muß doch jede Veränderung der Spalt- weite die Diffusionskapazität des einzelnen Ausführungsganges beein- Aussen. Dagegen ist es für die quantitative Wirkung der Regulation allerdings sehr von Belang, ob der konstante Maximaldruck knapp unter der Spaltöffnung oder erst tiefer im Mesophyil erreicht wird. Im ersten Fall wird das einzelne Diffusionssystem allein durch den Porus der Spaltöffnung dargestellt, und die Diffusionsgeschwindigkeit wird durch die Spaltweite sehr wirksam beeinflußt. Im zweiten besteht das Diffu- sionssystem aus dem Porus, der Atemhöhle und einem Komplex von Interzellularen, und eine Veränderung in der Weite des kurzen End- stücks, des Porus, kann die Diffusion nieht in dem Maße beeinflussen, wie wenn neben der variabeln Endkomponente keine konstanten Yak- 544 ©. Renner, toren vorhanden sind. Streng genommen kann der Fall, daß von der Atemhöhle bis in die innersten Interzellularen die Dampfdichtigkeit konstant bleibt, kaum eintreten. Die tieferliegenden Gewebe würden so am Transpirieren ganz gehindert, und das ist deswegen nicht wahr- scheinlich, weil sie wärmer sein werden als die äußeren. Wenn also die Atemhöhlen auch wirklich dampfgesättigte Luft enthalten, was nach den Experimenten für ruhige Luft annähernd zu gelten scheint, so ist der Dampf der inneren Interzellularen doch dichter, weil er bei höherer Temperatur gesättigt ist. Die Regulation wird also auch in ruhiger Luft kaum je so ausgiebig sein, wie es sich auf Grund der Annahme, daß der Dampfdruck unter der Spaltöffnung konstant bleibt, berechnen läßt. Denn wenn der maximale Dampfdruck erst in einiger Entfernung von der Atemhöhle erreicht wird, so verändert sich der Druck unter der Spaltöffnung bei jeder Veränderung der Spaltweite in dem Sinn, daß die Ausgiebigkeit der Regulation geringer ausäällt, als wenn der Druck sehon unter den Schließzellen konstant wäre. Doch wird das in ruhiger Luft keine bedeutende Rolle spielen, weil die Zunahme der Dichtigkeit des Dampfes von der Atemhöhle nach innen gering sein dürfte. Aber davon ganz abgesehen, darf man sich von der regula- torischen Wirksamkeit der Stomata keine übertriebene Vorstellung machen, weil zu dem mit der Spaltweite variablen Widerstand der Epidermis der unveränderliche Widerstand der „Kuppe“ über dem Blatt kommt. Und aus demselben Grund ist nicht zu übersehen, daß die Ausgiebigkeit der Regulation in ruhiger Luft um so geringer ist, je größer das Blatt ist. Versuche, in denen Blätter durch Verdunkelung zur Spaltenverengerung veranlaßt wurden, ergaben eine leidliche Über- einstimmung zwischen Beobachtung und Berechnung. Und zwar zeigte sich die Transpiration, nachdem Spaltenverengerung eingetreten war, . sogar etwas stärker deprimiert, als die Berechnung erwarten ließ, Für Wind fehlen Experimente über die Wirksamkeit der Regulation. Es ist aber leicht einzusehen, daß einerseits, wenn wir das Blatt allein betrachten, der Widerstand der Ausführungsgänge durch das Spiel der Spalten in geringerem Maß modifiziert wird als in ruhiger Luft, weil der Porus hier sehr wahrscheinlich nur ein Stück des Diffusionssystems darstellt. Andererseits fehlt aber im Wind die Kuppe über dem Blatt, der Gesamtwiderstand hängt also nur von den Faktoren des Blattbaues ab, und eine Veränderung des Blattwiderstandes bedeutet für die Transpi- rationsgröße mehr als in ruhiger Luft, wo der Blattwiderstand nur ein Faktor neben dem Kuppenwiderstand ist. Deshalb ist jedenfalls für große Blätter die Wirkung der Spaltöffnungstätigkeit im Wind doch sicher bedeutender als in ruhiger Luft. Beiträge zur Physik der Transpiration. 545 Ebenso wie die nebeneinander liegenden Teile eines Blattes in ruhiger Luft einander gegenseitig am Transpirieren hindern, was in der verhältnismäßig geringen Transpiration großer Blätter zum Ausdruck kommt, so bestehen natürlich zwischen benachbarten Blättern physika- lische Korrelationen in dem Sinn, daß ein Blatt, wenn es isoliert wird, in ruhiger Luft mehr transpiriert, als wenn es am Stengel sitzt. Durch die Einsenkung der Spaltöffnungen wird der Widerstand des Porus um den der äußeren Atemhöhle vermehrt. Denn nehmen wir eine gegebene Differenz zwischen der Spannung des Dampfes unter den Schließzellen und der an der Blattoberfläche an, so ver- ringert sich das Spannungsgefälle, wenn die Schließzellen unter die Blattoberfläche hinabgedrückt werden. Der Widerstand der äußeren Atemhöhle ist konstant, der des Porus mit seiner regulierbaren Weite variabel. Die verhältnismäßige Wirkung der äußeren Atemhöhle auf die Transpiration wird also um so bedeutender sein, je geringer der Widerstand des Porus ist, d. h. je weiter die Spalte geöffnet ist, Mit dem Schluß der Spalte wird die Wirkung der Einsenkung Null. Die Wirkung ist bedeutend, wenn nur der Blattwiderstand in Frage kommt, d. h. im Wind, und geringer, wenn außerdem der Kuppenwiderstand vorhanden ist, d. h. in ruhiger Luft. Und der Effekt der Einsenkung ist in ruhiger Luft bei großen Blättern geringer als bei kleinen, ent- sprechend der verschiedenen Größe des Kuppenwiderstandes. Mutatis mutandis gilt das alles auch für die Unterbringung mehrerer Spaltöffnungen in gemeinsamen Krypten und Rinnen. Ähnlich wie die Einsenkung der Schließzellen wirkt die Cati- eularisierung der tiefen Atemhöhlen, wie sie bei vielen kapensischen Restionaceen sich findet. Die eutieularisierten Membranen der „Schutz- zellen“ transpirieren selber sehr schwach, der Sättigungsdruck des Dampfes liegt also auf dem Grund der Atemhöhle, nicht unmittelbar unter den Schließzellen, wo der Dampf schon verdünnt sein muß. Deshalb addiert sich zum Widerstand des Porus der der langen Atemhöhle. Spaltweite, Bewegungszustand der Luft, Größe der zusammenhängenden transpi- rierenden Fläche spielen für das Ausmaß der Hemmung der Transpi- ration eine ähnliche Rolle wie bei den eingesenkten Spaltöffnungen. Doeh ist die Wirkung der „Schautzzellen“ mit der für Wind und für Ruhe gleichbleibenden Erhöhung des Widerstandes erschöpft, während durch die Einsenkung außerdem noch ein dauernd windstiller Raum über den Schließzellen hergestellt wird. Die Bildung einer äußeren Atemhöhle ist deshalb ein wirksamerer Transpirationsschutz als die Cutieularisierung einer inneren Atemhöhle von denselben Dimensionen. 546 0. Renner, Daß die regulatorische Wirksamkeit des Spiels der Schließzellen und ebenso die Wirkung des Windes bei den xerophilen Spaltöffnungs- apparaten geringer ist als bei gewöhnlichen, folgt aus dem Gesagten von selbst. " Um eine Vorstellung von der quantitativen Wirkung der genannten Einrichtungen zu bekommen, wurden Formeln abgeleitet, die durch Ver- suche mit Modellen Bestätigung fanden. Danach fällt bei maximaler Spaltweite und Wind die Transpiration bei gewissen xerophilen Spalt- öffnungsapparaten um 30—70 %/, niedriger aus, als sie bei gewöhnlichen Spaltöffnungen wäre. Bei der Aufnahme von Kohlensäure in die assimilierenden Organe liegt das Minimum der CO,-Dichtigkeit tief im Mesophyll. Die Assimi- lation wird deshalb durch die Bewegungszustände der Luft, durch die Größe der zusammenhängenden Blattflächen, durch das Spiel der Spalt- öffnungen und durch die konstanten Faktoren des Blattbaues zwar im selben Sinn, aber in geringerem Maß beeinflußt als die Transpiration. Bei Spaltenverengerung z. B. wird also die Assimilation weniger reduziert als die Transpiration, und durch Wind die Gewinnung von Kohlensäure weniger gefördert als der Wasserverlust. Zitierte Literatur. Benecke, Die Nebenzellen der Spaltöffnungen. Bot. Ztg. 1892, Sp. 588. Blackman and Matthaei, A quantitative study of carbon-dioxide assimilation and lenf-temperature in natural illumination. Proceed. Roy. Soc. London, Ser. B, Vol. LXXVI, 1905, pag. 402, Brown und Eseombe, Static diffusion of gases and liqwids in relation to the assimilation of carbon and translocation in plants. Philos. Transact. Roy- Soe. Iondon, Ser. B, Vol. XCIIL 1900, pag. 223. Dies, Resenrches on some of to pliysiological processes of green leaves, with spe- einl reference to the interchange of energy between the leaf and its surroun- dings. Proceed. Roy. Soc, London, Ser. B, Vol. LXXVI, 1905, pag. 29. Burgerstein, Die Transpiration der Pflanzen. Eine physiologische Monographie. Jena 1904. 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Ders, Die Sinnesorgane der Pilanzen. Mit 33 Abbildungen im Text. (Sonderabdruck aus der physiologischen Pflanzenanatomie.) Leipzig 1909, Verlag von Wilh. Engelmann. Preis: M. 2,—. 5) E. Haselhoff, Agrikulturchemische Untersuchungsmethoden. (Samm- lung Göschen Nr. 470). Preis: 80 Pf. geb. 6) F. Rosen, Anleitung zur Beobachtung der Pflanzenwelt. Leipzig, Verlag von Quelle & Meyer. Preis: geh. M. 1,—, geb. M. 1,25. 7) Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Begründet von F. Cohn, her- ausgegeben von F. Rosen. Bd. IX. Heft 3. Mit einer Tafel. Breslau, J. U. Kerns Verlag. Preis: M. 7,—. 8) J. Schwertschlager, Die Rosen des südlichen und mittleren Franken- jura: ihr System und ihre phylogenetischen Beziehungen, erörtert mit Hinsicht auf die ganze Gattung Rosa und das allgemeine Deszendenzproblem. Mit 2 Tafeln. München 1910, Isaria-Verlag. % E. Warming, Dansk Plantevaekst. 2. Klitterne andet halvbind med 60 billeder. Gyldendalske boghandel, nordisk forlag, Kjoben- havn og Kristiania 1909. DRUCK VON ANT. KAMPFE, JENA, j u u u van. Verlag von GUSTAY FISCHER in Jena. Die Transpiration der Pflanzen. Eine physiologische Monographie. Von Dr. Alfred Burgerstein, a. a. Universitäts-Professor in Wien. 1904. Preis: 7 Mark 50 Pf. Abhandlungen der h. h. Zool.-Botan. Gesellschaft in Wien. Bd. IV, Heft 1: Dr. Erwin Janchen, Heliantkemum canım (L.) Baumg. und seine nächsten Verwandten. (Aus dem Botanischen Institut der Universität Wien.) 197. Preis: 2 Mark 50 Pf, Bd. IV, Heft 2: Dr. Aug. v. Hayek, Privatdozent der Pflanzengeographie an der Wiener Universität, Vorarbeiten zu einer pflanzengeographischen Karte öster- reiche. IV. Die Sanntaler Alpen (Siewmer Alpen). Mit 14 Abbildungen und einer Karte in Farbendruck. 1907. Preis: 9 Mark. Ba. IV, Heft 3: BE. Karny, Revisio conocephalidarum. Mit 21 Abbildungen im Text, 1907. Preis: 4 Mark 50 Pf. Bd. IV, Heft 4: J. Nevole, k. k. Renischullehrer, Verarbeiten zu einer pflanzen- geographischen Karte Österreichs. V. Das Hochschwabgebiet in Übersteiermark. Mit 71 Abbildungen und einer Karte in Farbendruck. 1908. Preis: 3 Mark. Bä. IV, Heft 5: Budolf Schrödiuger, Der Blütenbau der zygomerphen Ranunculaceen und seine Bedeutung für die Stammesgeschiehte der Hellebareen. Mit 95 Original- zeichnungen in 24 Textabbildungen. Preis: 2 Mark 50 Pf. Soeben erschien: Bd. V, Heft I: Ixens Stersinger, Über die Spirorbis-Arten der nördlichen Adria. (Aus dem Zoologischen Institut der k. k. Universität Innsbruck.) Mit 14 Ab- bildungen im Text. Preis: 75 Pf. Bd. V, Heft 2: Jul. Glowacki, Direktor des Staatsgymnasiums in Marburg, Die Moosflora der Julischen Alpen. Preis: 1 Mark 80 Pf. Organische Zweckmässigkeit, Entwieklung und Vererbung vom Standpunkte der Physiologie. Von Dr. Pauli Jensen, Professor an der Universität Breslau. Mit 5 Abbildungen im Text. 1907. Preis: 5 Mark. Die hier genannten wichtigen biologisch-physiologischen Probleme der Zweck- mäßigkeit der Lebensvorgänge, der Entwicklung und Vererbung systematisch zu be- arbeiten, erschien dem Verfasser von besonderem Wert, da er zu den in letzter Zeit aufgetauchten und weit verbreiteten bioblastischen, Chromosomen- usw. Hypothesen vie) Kritisches zu äußern hat. Er erörtert diese schwierigen Probleme mit großer Klarbeit und Schärfe und vertritt einen durchaus menistischen, gegen jeden Vita- lismus und Neovitalismus gerichteten Standpunkt. Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. un Von Prof. August Weismann in Freiburg i. Br. sind erschienen: Vorträge über Deszendenztheorie. Gehalten, an der Universität Frei- burg i, Br. Zweite verbesserte Auflage. Mit 8 farbigen Tafeln und 131 Abbildungen im Text, 1904. Preis: 10 Mark, geb. 12 Mark, Inhalt: Allgemeine und historische Einleitung, — Das Prinzip der Natur- züchtung. — Die Färbungen der Tiere und ihre Beziehung auf Selektionsvorgänge. — Eigentliche Mimiery. — Schutzyorrichtungen hei Pflanzen. — Fleischfressende Pflanzen. — Die Instinkte der Tiere. — Lehensgemeinschaften der Symhiosen. — Die Entstehung der Blumen. — Sexnelle Selektion. — Intragelektion oder Historal- selektion. — Die Fortpflanzung der Einzelligen. — Die Fortpflanzung durch Keim- zellen. — Der Befruchtungsvorgang heı Pflanzen und Einzelligen. — Die Keim- plasnatheorie. — Regeneration. — Anteil der Eitern am Aufbau des Kindes. — Prüfung der Hypothese einer Vererbung funktioneller Abänderungen. — Einwürfe gegen die Nichtvererbung funktioneller Abänderungen. — Germinalselektion. — Biogenetisches Gesetz. — Allgemeine Bedeutung der Amphimixis, — Inzucht, Zwittertum, Parthenogenese und asexuelle Fortpflanzung und ihr Einfluß auf das Keimplasma. — Mediumeinflüsse. — Wirkungen der Isolierung. — Entstehung des Art- bildes. — Artenentstehung und Artentod. — Urzeugung und Entwicklung. — Schluß. Aufsätze über Vererbung und verwandte biologische Fragen. Mit 19 Abbildungen im Text. 1842. Preis: 12 Mark. Inhalt: Über die Dauer des Lebens (1882) [1.50]. — Über die Vererbung (1883) [1.50]. — Über Leben und Tod (1884 [2.-]. — Die Kontinuität des Keim- plasımas als Grundlage einer Theorie der Vererbung 11885) [2.50]. — Die Bedeutung der sexuellen Fortpflanzung für die Selektionstheorie (18861 12.50). — Über die Zahl der Richtungskörper und über ihre Bedeutung für die Vererbung (1887) 1.50]. — Vermeintliche betanische Beweise für eine Vererbung erworbener Eigenschaften (1858). — Über die Hypothese einer Vererbung von Verletzungen (1889) [1.20]. — Über den Rückschritt in der Natur (1889). — Gedanken über Musik bei Tieren und beim Menschen (1839. — Bemerkungen zu einigen Tagesproblemen (1890). — Amphimixis oder die Vermischung der Individuen (1891) [3.60]. (Einige dieser Aufsätze sind zu den in [] angegebenen Preisen auch einzeln käuflich.) Die Entstehung der Sexualzellen hei den Hydromedusen. Zuv- m [4 gleich ein Beitrag zur Kenntnis des Baues und der Lebenserscheinungen dieser Gruppe. IS63. Text u. Atlas, mit 24 Tafeln u. 24 Bl. Erklärungen. gr. 4%. Preis: 66 Mark. Das Keimplasma, eine Theorie der Vererbung. Mit 24 Abbildung. im Text. —— 152. Preis: 12 Mark. Die Allmacht der Naturzüchtung, Tine Erwiderung an Herbert Spencer. 1893. Preis: 2 Mark. Äußere Einflüsse als Entwicklungsreize, 1895. Preis: 2 Mark. ehe Andere Neue Versuche zum Saison-Dimorphismus der Schmetterlinge. Alsir a. d. Zool. Jahrb,, Abt. f. Syst, Bd. VHI 1895. Preis: I Mark 50 Pf. Neue Gedanken zur Vererbungsfrage. Eine Antwort an Herbert Spencer. mn mn nn mn m 1895. Preis: I Mark 60 Pf. Über Germinal-Seiektion, eine Quelle bestimmt gerichteter Variation. 1896. Preis: 2 Mark. Tatsachen und Ausiegungen in hezug auf Regeneration. Abdr. Xnat. Anz. 1S00, Bd. XV. 1800. Preis: 60 DE. . Die Selektionstheorie. Fire Untersuchung. Mit 1 farbigen Tafel und 3 Ab- hildungen im Text. 1909, Preis: 2 Mark, Charles Darwin und sein Lehen Festrede, gehalten zu Frei- Pe ehenswerk. burg i. Br. Im 12. Febr. 1909 Druck von Ant. Kämpfe in Jena,