OPER : ALLGEMEINE BOTANISCHE "0000 ZEITUNG FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL. BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG NEUE FOLGE. ACHTER BAND N (DER GANZEN REIHE 108. BAND) HERAUSGEBER: DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN MIT 227 ABBILDUNGEN IM TEXT JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1915 ' ERSCHIENEN AM 29. DEZEMBER 1915 ALLE RECHTE VORBEHALTEN De nn Inhaltsverzeichnis. VISCHER, WILH., Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Jugend- und Folgeformen zerophiler Pflanzen. Mit 51 Abbildungen im Text . .. . En HOLLE, HANS +, Untersuchungen über Weiken, Vertrocknen unä Wiederstraffwerden. Mit 6 Abbildungen im Text . MERL, EDMUND M., Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genli- seen. Mit 41 Abbildungen im Text . SCHUMANN, EYA, Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. Mit 41 Abbildungen im Text , B oo. DOPOSCHEG- UHLÄR, J., Über äußere und innere Brutbecherbildung an den Antheridienständen von Marchantia geminata, Mit 14 Abbildungen im Text...» 2.2.2.0. STRASZEWSEI, HEINR. RITTER VON, Die Forngettung Plaiyeorium- Mit 42 Abbildungen im Text . . co. GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen 23—-30. Mit 19 Abbildungen im Text... 2. 2 22020. 23. Eine brasilianische Ephebacee. Mit 2 Abbildungen im Text. 24. Die Abhängigkeit der Dorsiventralität vom Lichte bei einer Selaginella-Art. Mit 2 Abbildungen im Text. 25. Aneimia elegans, Mit 4 Abbildungen im Text. 26. Selaginella anocardia, eine weitere apogame Art. 27. Schleuderfrüchte bei Urtieifloren. Mit 3 Abbildungen im Text. 28. Über die Infloreszenzen von Acanthospermum. Mit2 Ab- bildungen im Text. 29. Die morphologische Bedeutung der Bataten - Knollen. Mit 3 Abbildungen im Text. 30. Begonia valida Mit 3 Abbildungen im Text Seite 1-72 73-126 127-200 . 201260 261—270 271-310 311-852 Inbhalisverzeichnis. i Seite BURGEFF, H., Untersuchungen über Variabilität, Sexualität und Erb- lichkeit bei Phycomyces nitens Kuntze. I. Mit 13 Abbil- dungen im Text. . 22 2 en nn 33448 FRERKING, H., Über die Giftwirkung der Lithiumsalze auf Pflanzen 449-453 Heft I—IH, pag. 1-—-352 erschien am 9. September 1915 Pr WW, „ 383-453 » » 29. Dezember 1915 Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Jugend- und Folgeformen xerophiler Pflanzen. Vor. Wilh. Vischer. (Mit 51 Abbildungen im Text.) Die vorliegende Arbeit behandelt den Einfluß feuchter Luft auf die Gestaltung xerophiler Pflanzen; es soll hauptsächlich versucht werden, festzustellen, welcher Natur diese Einwirkung ist, ob die Luftfeuchtig- keit durch andere Agentien ersetzt werden kann, und ob diesen ein " gemeinsamer, ausschlaggebender Faktor zugrunde liegt. Seit den Unter- suchungen von Stahl”) über die Verschiedenheiten, die an Individuen ein und derselben Art auftreten (z. B. Buchen, Fagus silvatica), je nach der Lichtintensität, denen sie ausgesetzt sind, ist in zahlreichen Arbeiten der Einfluß von Licht und Luftfeuchtigkeit möglichst getrennt behandelt worden. Es zeigten sich im Experiment diejenigen Charak- tere plastisch, die bereits früher von Areschoug?), Tschirch®) und anderen als epharmonische, d. h. als in Beziehung zum physikalischen Medium stehende, erkannt worden waren, und die von Art zu Art zu wechseln pflegen“). Es sind in erster Linie die Membranverdiekungen, die Ausbildung des Assimilationsgewebes usw., auf die diese beiden Faktoren, im ganzen in gleichsinniger Weise einen Einfluß auszuüben scheinen ®). Besonders ausgeprägt ist diese Reaktion auf äußere Bedingungen bei solchen Pflanzen, die schon in ihrer „normalen“ Entwicklung sehr auffallende Verschiedenheiten in der Gestaltung ihrer Organe aufweisen, 1) Stahl, 8. 1, 1880. 2) Areschoug, 1878 und 1881. 3) Tachirch, 1880—1882. 4) Vgl, Neger, 8. 189-216, 1918, 5) Vgl. Literaturzusammenstellung bei Kirchner, 8. 24ff, 1908; Brenner 8. 437, 1900; Schramm, 8. 225, 1912. Flora, Bd, 108, ı 2% Wilh. Vischer, ‘bei sogenannten „heteroblastischen“ Arten‘). Die nach der Keimung auftretende Form wird „Jugend- oder Primärform“, die später erschei- nende „Folgeform“ genannt2). Eine jede stellt eine „Helikomorphie* dar?). Hauptsächlich Goebel hat in verschieden Arbeiten die phylo- genetische Bedeutung der einzelnen Helikomorphien präzisiert und an zahlreichen Beispielen gezeigt, daß deren Auftreten nicht an eine unabänderliche Reihenfolge, sondern an bestimmte, für die einzelnen Stadien verschiedene und charakteristische Bedingungen gebunden ist. Werden diese Bedingungen bei einer Pflanze, die z. B, die Folgeform besitzt, in entsprechender Weise beeinflußt, so hat dies das Auftreten eines „Rückschlages* zur Folge. Diese „Rückschläge“ stimmen in allen bekannten Fällen mit der Primärform überein. Darwin) hat die Übereinstimmung der Primärformen von Ulex und von phyliodinen Akazien mit den Folgeformen anderer Legumi- nosen erwähnt. Hildebrand‘) gibt eine Zusammenstellung einiger ‘Fälle, unter anderem auch eines „Rückschlages* von Mühlenbeckia platyelados. Lange bekannt ist das Auftreten solcher Primärformen gleichender Sprosse bei Cupressineen. Eine weitere Anzahl von Fällen finden wir in den Arbeiten von Coekayne erwähnt‘). Heteroblastische Arten finden sich vorzugsweise bei Pflanzen- gruppen, die unter extremen Bedingungen leben, z.B. bei Wasserpflanzen und Xerophyten; nach Cockayne?’) sind in den trockenen Gebieten von Neuseeland ca. 200 Arten aus 37 Familien ausgesprochen hetero- " phyll. Dieser Zusammenhang zwischen dem Auftreten heteroblastischer Arten und den exogenen Bedingungen ist von Diels bei einer größeren Anzahl von Familien auf vergleichend geographischer Grundlage fest- gestellt worden ®), Doch besitzt, wie besonders aus den Arbeiten von Schramm*) und Nordhausen!®) hervorgeht, auch bei unseren scheinbar gleich- förmigen Laubhölzern das Blatt des Keimlings einen etwas anderen 1) Goebel, 8. 360, 1913. 2) Goebel, 8. 252, 1883, 3) Diels, 8. 22, 1906. 4) Darwin, pag. 438. 5) Hildebrand, 1875. 6) Vgl. für weitere Fälle das Register zu den Transaetions New Zealand Instit., Bd. XXXVI, 8. 438, 7) Cockayne, 1911. 8 Dieis, 1906. 9) Schramm, 1. «. 10) Nordhausen, $. 499, 1912, Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 3 Bau als das der erwachsenen Pflanze. Hauptsächlich ist das Palissaden- parenchym bei letzterem verhältnismäßig stärker entwickelt. Schatten- blätter älterer Pflanzen gleichen in ihrer Struktur dem Primärblatt. Solche scheinbar homoblastische Fälle sind demnach nicht ihrer Natur nach, sondern nur graduell von heteroblastischen verschieden. Die Frage nach der Beeinflußbarkeit durch Luftfeuchtigkeit und Lichtmangel fällt also in allen bekannten Fällen mit der Frage nach dem Hervor- bringen der Jugend- und Folgeform zusammen. Alle Reaktionen auf die genannten Faktoren sind eine Annäherung an die eine oder an die andere Form. Über die Natur der Veränderungen, die während der Eutwick- lung vor sich gehen, sagt Goebel: „Bei einjährigen Pflanzen überwiegt im Anfang der Entwicklung die Aufnahme von Wasser und Aschenbestandteilen“1); „erst später tritt dann eine größere Anhäufung organischer Substanzen ein, welche die Bedingungen zur Blütenbildung und zu einer von der anfänglichen abweichenden Gestaltung der Vegetationsorgane darstellt. Inwiefern dabei quantitative oder qualitative Verschiedenheiten der Baumaterialien in Betracht kommen, läßt sich beim derzeitigen Stand unserer Kennt- nisse nicht sagen. Es wäre aber schon viel. gewonnen, wenn sich nachweisen ließe, daß äußere Faktoren die Organbildung der Pflanzen hauptsächlich insofern beeinflussen, als sie auf die Stoffwechselvorgänge einwirken“?). Diese Ansicht an einem speziellen Beispiel, dem Auftreten von Jugend- oder Folgeform nachzuprüfen, ist die Aufgabe dieser Arbeif. Die Annahme, daß auch im vorliegenden Falle der äußeren Form- veränderung eine ganz bestimmte Veränderung des Stoffwechsels vor- ausgehen muß, findet eine Stütze in der Betrachtung der Bedingungen, unter denen bis jetzt Rückschlagsbildungen erzielt worden sind®). Auf Verdunklung reagiert z. B. Oampanula rotundifolia mit Bildung von Rundblättern, Öereus mit Bildung von Rückschlagsprossen®). In Feuehtkultur bilden Rückschläge: Veroniea-Arten, Campanula rotundifolia, Festuca glauca, Ulex europaeus, Berberis vulgaris und viele andere. Auch Gallenbildungen werden voluminöser®). Welche 1) Berthoid, Untersuchungen zur Physiologie pflanzlicher Organismen, II, $. 219, 1904. 2) Goebel, 8. 10, 1908. 8) Die Literatarangaben finden sich größtenteils unter dem die betreffende Pflanze behandelnden Kapitel. 4) Geehel, 8. 96, 1805, 1. 5) Buchenau, 18691871. 1 4 'Wilh. Vischer, speziellen Bedingungen in feuchter Luft oder in schwacher Beleuchtung abgeändert und für den Ausschlag verantwortlich gemacht werden müssen, ist ohne weiteres nicht ersichtlich. Eine Ergänzung bilden daher diejenigen Fälle, wo solche Rückschläge ohne Veränderung von Licht und Feuchtigkeit auftreten: Die Basis von älteren Pflanzen ist eine bevorzugte Stelle (Clematis afoliata, Mühlenbeckia platyclados). Zurückschneiden größerer Pflanzen hat Austreiben von Rück- schlägen zur Folge (Cupressineen, Eucalyptus, Colletia). In der Natur spielt Tierfraß eine analoge Rolle. Die bedornte Rhamnacee Discaria Toumatou aus Neuseeland bildet da, wo Kaninchen sie abfressen, „low green cushions made up of leafy spineless shoots“N), Stecklinge bilden häufig, sobald sie gut bewurzelt sind, Rück- schläge (Mühlenbeckia platyelados). Als Ergänzung diene der umgekehrte Fall, wo der xerophile Charakter erhöht wird: Blätter vermehren ihr Wassergewebe, wenn sie durch Lostrennen vom Stamme au der Ableitung der Assimilate verhindert werden?) Kultur in Wasser oder stark verdtnnter Nährlösung liefert „mehr oder weniger xerophytisch ausgebildete Exemplare“ 9), " Ziehen wir zum Vergleich noch die klimatischen Verhältnisse|heran, unter denen überhaupt vom Jugendstadium stark abweichende Heliko- morphien vorkommen, so können wir feststellen, daß bei Trockenheit und in gutem Licht, also bei Überwiegen der Assimilationstätigkeit gegenüber der Nährsalzaufnahme die Folgeform aufiritt. Eine Ab- schwächung der für diese optimalen Bedingungen hat das Hervortreten der Jugendform zur Folge. Das kann dadurch geschehen, daß durch Luftfeuchtigkeit die relative Wassermenge gehoben, durch Schattierung die Assimilation gehemmt, durch Zurückschneiden. oder Bewurzelung einzelner Sprossen die dem Vegetationspunkt zufließende Nahrung in der Weise beeinflußt wird, daß die Assimilatenmenge geringer, der Saftstrem dagegen stärker wird, Nach Goebel ist die Primärform (vgl. Campanula rotundifolia) erblich fixiert und kommt bei der Keimung unter allen Umständen zur 1) Goekayne, 1911. 2) Goebel, 8. 31 und 181, 1908 (Fig. 87 von Peperomia marmorata nach Mathuse; nach mündlicher Mitteilang handelt es sich 8. 31 nicht um Comme- linateen, sondern ebenfalls um Peperomia. 3) Berthold, 1904, 8. 194 und die dort angeführte Literatur, Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 5 Entfaltung. Mit zunehmender stofflicher Veränderung!) werden die Primordialblätter auf einer immer früheren Stufe ihrer Entwicklung beeinflußt, so daß nach einigen Übergängen schließlich Blattformen auftreten, die mit der Primärform nichts Gemeinsames mehr besitzen „Schalten wir ihn (den umbildenden Faktor) aber aus, indem wir die Pflanze unter andere äußere Bedingungen bringen, so tritt die durch Vererbung fixierte Blattform wieder auf. Es ist eine reale Umbildung?) ganz ähnlicher Art, wie sie eintritt, wenn die Laubsprosse von Circaea im Dunkeln Schuppenblätter aus den Laubblattanlagen entwickeln®), Jost sagt anläßlich der Erörterung der Unterschiede in der Quticularausbildung, des Assimilationsgewebes und der Wandverdiekungen in verschiedener Luftfeuchtigkeit“): „Wir wissen nicht, wie viel von den beobachteten Erfolgen einfach auf Kosten von Differenzen im Wasser- gehalt der Pflanze, wie viel auf Verschiedenheiten in der eigentlichen Transpiration zu setzen ist, und im letzteren Falle wäre weiter zu untersuchen, ob die Wasserabgabe als solche einen Reiz ausübt, oder ob die mit der Transpiration in naher Beziehung stehende Versorgung mit Nährsalzen von maßgebender Bedeutung ist.“ Berthold bemerkt zum Auftreten des xerophilen Charakters in nährsalzarmer Wasserkultur®): „Welches in solchen Fällen das maß- gebende Agens für die Ausbildung xerophytischer Struktur ist, ob Salzmangel und damit zusammenhängende geringere Turgeszenz, oder die durch denselben hervorgerufene gesteigerte Transpiration, ist nicht zu entscheiden.“ Für die vorliegende Arbeit ergab sich also die Aufgabe, Pflanzen unter möglichst verschiedenen Bedingungen zu kultivieren; speziell mußte die Frage untersucht werden, wie die Pflanzen auf Nährsalz- erhöhung unabhängig von Luft- und Lichtverhältnissen reagieren. Dieser Zweck wurde zu erreichen versucht durch Zurückschneiden, durch Stecklingsversuche, durch Nährlösungskulturen, durch Anregen der Wurzeltätigkeit mit Düngmitteln. Zu diesem letzteren Zwecke wurden die Versuchspflanzen zirka alle Wochen einmal mit einer 0,25% igen Lösung KNO, oder mit einer äquimolekularen Lösung von (NH,,SO, 2) Vgl. Goebel, 8. 405 ff., 1896, 1. 2) Vgl. auch Mann, 1894. . 3) Goebel, $. 13, Flora 1896, Eine übersichtliche Darstellung dieser Frags bei Benecke, pag. 1911£., 1918. 4) Jost, 8. 430, 1913. 5) Berthold, 1. c, 8. 195. 6 Wilh. Vischer, oder NH,NO, begossen. Versuche in kohlensäurefreiem Raum in trockener Luft mißlangen. Die Nährsalzaufnahme wurde im Verhältnis zur Assimilation herabgesetzt durch Abschneiden der Wurzeln, durch Kultur in Regen- wasser oder Sand. Ein spezielles Interesse gewährt auch die Frage, ob die Primär- blätter bereits von umbildenden Faktoren beeinflußt sind, und ob die Pflanze bei der Keimung oder im Alter gezwungen werden kann, in der Reaktion über die Stufe der „normalen“ Primärblätter hinauszu- gehen.“ Einen Beitrag zur Lösung dieser Frage sollte die Eliminierung der Reserveassimilate, z. B. Wegpräparieren des Endosperms, bieten. Ferner sollte womöglich geprüft werden, ob eine Veränderung des Stoffwechsels in der angedeuteten Richtung tatsächlich auf chemischem Wege nachgewiesen - werden kann. Es wurden daher eine Anzahl Trocken- und Aschengewichtsbestimmungen ausgeführt. Schon diese rohe Methode ergab bestimmte Anhaltspunkte, die die ausgesprochenen Vermutungen bestätigten. Herru Dr. Szelinski, der die Wägungen in seinem Laboratorium vornahm, danke ich für sein Entgegenkommen und seine Mühe bestens. Bei den Versuchspflanzen konnte keine Beziehung zwischen dem morphologischen Verhältnis der einzelnen Helikomorphien zu einander und der Natur der umbildenden Faktoren festgestellt werden. Daher sind aus praktischen Gründen die Versuchspflanzen ungefähr nach dem von Diels benützten Prinzip zusammengestellt; er unterscheidet): Heteroblastien mit gehemmten Primärblättern, Heteroblastien mit ge- hemmten Folgeblättern, Heteroblastien von unbestimmtem Charakter. “ Naturgemäß läßt sich dieses Prinzip nicht rigoros durchführen. So hat Goebel?) z. B. bei Festuca glauea darauf hingewiesen, daß bestimmte Teile des Blattes bei der Rückschlagsform gehemmt, da- gegen bei der Folgeform gefördert sind, daß aber für andere Teile des Blattes dieses Verhältnis gerade umgekehrt, ist. Heterophyllien mit gehemmten Primärblättern: Hakea Schrad. Heterophyllien mit gehemmten Folgeblättern: Carmichaelia flagelliformis Colenso. Mühlenbeckia platyclados Meisen., Clematis afoliata Buch., Ulex europacus L. Berberis vulgaris L., Veronica eupressoides Hook. Juniperus chinensis L. 1) Diels, 8. 23, 1906. 2) Goebel, 8. 30, 1908. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 7 Heterophyllien von unbestimmtem Charakter: Campanula rotundifolia L. Eucalyptus globulus Labill. Oallistemon lanceolatus Sweet, Melaleuca incana, M. mieromera Schauer, Leptospermum australe. Passerina filiformis Mill. und P. pectinata 'hort. Festuca glauca Lam. Lygeum spartum Loefl. Nardus strieta L. Heterophyliien mit gehemmten Primärblättern. Hakea Schrad. " Für die hier mitgeteilten Versuche wurden Arten mit zylindrischen Folgeblättern gewählt. Hakea suaveolens R. Br, Hakea leucoptera R. Br. und Hakea alf. cycloptera R. Br.) Fig. 1 stellt einen Blattquerschnitt von Hakea eycloptera, Fig. 2 den durch die punktierte Linie herausgeschnittenen, entsprechenden Teil Fig. 2. eines solchen von Hakea suaveolens dar. Das Blatt ist nahezu unifacial) gebaut, die Gefäßbündel in einem Kreis angeordnet). Die Epidermis besteht aus polygonalen Zeilen mit sehr stark 1) Leider korinte ick die Pflanze nicht sicher bestimmen; der anatomische Ver- gleich mit Herbarmaterial stößt bei diesen stark beeinflußbaren Arten auf Schwierig- keit. (Ein Beleg meiner Versuchspflanze im Münchener Stantsherbar Nr. 1310.) 2) Goebel, 8. 277, 1918. 3) Areschoug, S. 125 und 232, 1878, 8 . Wilh. Vischer, verdickter Außenseite; der feinere, sehr komplizierte Bau ihrer ein- zelnen Schichten ist noch nicht vollkommen aufgeklärt®). Wie sehon Mohl?) festgestellt hat, sind die Spaltöffnungen bis unter das Niveau der inneren Epidermiswand eingesenkt. Von der Fläche gesehen, sind die Schließzellen wurstförmig mit dem Zellkern in dem mittleren, mit sehr stark verdiekten Wänden versehenen Ab- schnitte. Sie sind von zwei Paaren halbmondförmiger Nebenzellen um- geben®). Im Querschnitt sieht man, daß jede Schließzelle von der an- grenzenden Nebenzelle, die sehr viel größeres Lumen besitzt, umfaßt wird (Fig. 5—9). Die angrenzenden Epidermiszelien wölben sich über der Spalte zusammen und bilden eine äußere Atemhöhle. Bei Hakea suaveolens steht: diese senkrecht zur Blattoberfläche, bei .Hakea aff, eyclo- ptera und leucoptera schief. ‘Hier wächst der zentrale Teil des Blattes ' noch weiter, wenn die Cuticula bereits starr ist. Dadurch wird die innere Partie der Epidermiszellen und damit auch der ‚Atemhöhlen gegen die Blattspitze zu verschoben‘). Das Palissaderparenchym ist bei den drei genannten Arten meist zweischichtig. Die Zellen „anastomosieren mittelst zapfenähnlicher Auswüchse“; diese Fortsätze „liegen in Lagen übereinander“ Inter- zellularräume sind groß und zahlreich“), Diese Verbindungen beschreibt auch Tschirch, nimmt aber an, daß sie nicht zapfenförmig sind, sondern rund um die Zellen herum- laufen und so die Interzellularräume in einzelne Stockwerke teilen. Er sagt für Hakea suaveolens®): „Hier kommunizieren Gürtel- oder ringförmig um die Zellen verlaufende Interzellularräume nur parallel der Oberfläche des zylindrischen Blattes, nicht in radialer Richtung; doch tritt von Zeit zu Zeit ein größerer Interzellularraum auf, der zwischen je zwei parallel mit der Epidermis verlaufenden Zellreihen liegend, das Röhrenmaschwerk des unteren Stockwerkes wie in einem Reservoir sammelt und mit der Leitung des nächst höheren verbindet.“ Demuach müßten also die Palissadenzeilen, von der Oberfläche aus gesehen, bei verschiedener Einstellung des Mikroskopes abwechselnd rund, von einem Interzellularraum umgeben, und polygonal, aneinander 2) Naegeli, 8. 324, 1864. Renner, 8. 173, 1910. _ 2) Mohl, 8. 245, 1845. Strasburger, S. 329, Tab. XLI, 1866. 3) Jünsson, 8. 8, 18781879. 4) Renner, 1910, 5) Jönsson, 8. 9, 1878. 6) Tschirch, 8, 154 und 155, 1880—1882. Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u, Folgeformen xzerophiler Pflanzen. 9 stoßend aussehen. Haberlandts Darstellung und Abbildung?) stimmt mit der Jönssons überein. An lebendem und Herbarmaterial konnte ich ebenfalls nur seine und Jönssons Angaben gegenüber denen von Tschirch bestätigt finden. Stets waren die Zellen durch deutliche Interzellularen getrennt und nur durch einzelne Auswüchse miteinander verbunden. j Das innerhalb des Palissadenparenchyms liegende Gewebe ist von diesem scharf getrennt und als der Stoffleitung dienender”) Mittelteil?) ausgebildet. Dieser besteht aus schwach verlängerten Zellen mit hori- zontal gestellten Querwänden. Sie enthalten meist Stärkekörner in große Anzahl. Einzelne Zellen sind mit einem Schleim ausgefüllt, der sich mit Rutheniumrot stark rot, mit Eisenchlorid dunkelblau färbt, also einen gerbstoffhaltigen Pektinschleim darstellt, der ebenfalls Stärke- körner führt. Im Längsschnitt fügen sich diese Schleimzellen zu Reihen aneinander; der ganze Mittelteil ist interzellularenlos. Ihrer Entstehung nach ebenfalls zu dem Mittelteil gehören die eigentümlichen Idioblasten, die im harten Mittelteil wurzelnd, sich durchs Palissadengewebe wie säulenförmige Träger erstrecken und mit ihrem verbreiterten Ende die Epidermis gleichsam stützen‘). Strebezellen oder Östeosklereiden (Tschirch), Skelettzellen®), Säulenzellen‘), Stab- zellen‘), Ihre Entstehung hat Jönsson®) an jungen Blättern von Hakea saligna untersucht, bei denen zwar alle Gewebe angelegt, die Skelettzellen aber noch nicht ausgebildet waren. „Die äußersten Zellen der Außenseite der Gefäßbündel, der eigentliche Bast, deren Membran noch unbedeutend verdiekt ist, beginnen nun ihre Form zu verändern, indem sie größer werden, nach außen sich vorwölben, einen oder mehrere Auswüchse bilden und sich der Läuge nach strecken, wobei sie sich selbst vom Bast in das Palissadenparenchym verschieben.“ „Auf Grund von dem erwähnten Sachverhalt ergibt sich deutlich, daß die Skelettzellen im Gefäßbündel und zwar in dessen Bastteil an- gelegt werden. Sie sind also ein Produkt der Cambiumtätigkeit.“ 1) Haberlandt, 8. 156 und Taf. VII, Fig. 14, 1882. 2) Areschong, 5. 126, 1878. 3% de Bary, 8. 123 und 424, 1877. 4) Tsehirch, 1880-1882 und 1885. 5) Jönsson, 8. 11, 1878, 6) Haberlandt, 1909, 7) Goebel, S. 493, 1898. N Jönsson, ic. 8. 12. 10 Wilh. Viseher, Bei Hakea leucoptera, wo ich diese Verhältnisse festzustellen ver- suchte, besteht bei jungen Blättern die äußerste Schicht des Mittelteiles aus isodiametrischen Zellen, während die noch unverdiekten Bastelemente sehr gestreckt sind. Einzelne von diesen würfelförmigen, dem Palissaden- parenchym anliegenden Mittelteilzellen senden Fortsätze gegen die Epidermis aus. Bald verästeln sie sich auch an der Basis wurzel- artig, nach oben und unten Ausläufer den Bastzellen entlang sendend, so daß ihr Fuß etwas später von diesen nicht mehr leicht zu unter- scheiden ist. Wir haben hier ein schönes Beispiel für gleitendes Wachstum vor uns. Es erscheint wahrscheinlich, daß die Entstehungs- weise bei anderen Hakea-Arten von ähnlichem Blattbau dieselbe ist, Die Gefäßbündel zeigen stark entwickeltes, in Reihen angeordnetes, von ‘ Markstrahlen durchsetztes Deuteroxylem. Ebenso zeugt der Siebteil für lebhafte Cambiumtätigkeit. Seine zahllosen Elemente sind in älteren Blättern zu einer nahezu homogenen Masse zusammengeguetscht; nur die jüngsten Siebröhren scheinen noch funktionsfähig zu sein. Holz und Siebteil sind von einem dicken Sklerenchymbeleg umklammert. Die sekun- dären Verdickungsschichten der einzelnen Fasern sind als sogenannte „Kuorpelschicht“") ausgebildet, das Lumen oft ist beinahe verschwunden. Palissadengewebe und periphere Partien des Mittelteils geben ohne weiteres Zellulosereaktion; Strebezellen, zentrale Mittelteilzellen und Bastbeleg färben sich mit Chlorzinkjod meist gelb- und erst nach Ein- wirken von Eau de Javelle blau. Eigentliche Verholzung konnte hier jedoch nicht festgestellt werden. Die Mittellamellen des Mittelteils ent- halten zugleich Peetin, Holz und eine korkährliche Substanz. In heißer Kalilauge lösen sie sich; gegen konzentrierte Schwefelsäure sind sie resistent. . Bei den drei untersuchten Arten sind die Blätter zylindrisch, bei Hakea suaveolens können sie einfach oder gefiedert sein. Hakea aff. eycloptera zeigt ebenfalls oft gegabelte oder dreiteilige Blätter, besonders an Exemplaren, die zur Bildung der Rückschlagsform neigen. Primärblätter (Fig. 3} sind von Hakea-Arten mehrfach beschrieben worden. Bei der Sektion Conogynoides mit flachen Blättern haben sich aus ähnlichen Jugendformen nach zwei Richtungen hin Folgeblätter entwiekelt. Helikomorphien sind exogen bedingt®). Von Hakea suaveolens findet sieh bereits eine Abbildung des Primärblattes bei Pasquale3). 1) de Bary, $. 497, 1877. Sanio, 8. 103, 1863. 2) Diels, 8. 43 ff., 1906. 3) Pasquale, Tab. VI, Fig, 1-5, 1867. Vgl. auch Porsch, 8. 127 mit Abbildung, 1905. Goebel, 8. 493, 1808. Paoli, 8. 204 mit Abbild. 1, 1904. Ba a mat ee Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 11 Die Primärblätter sind oval, sitzend, geöhrt, grob gezähnt (das allererste häufig ganzrandig). Bei meinen Exemplaren erschienen nach 6—10 solcher Blätter die ge- fiederten Folgeblätter, zum Teil nach Bildung von Übergangs- formen, zum Teil unvermittelt, Die Anatomie dieser Blät- ter ist von der der Folgeblätter wesentlich verschieden. Die Epidermis besteht beiderseits aus polygonalen, isodiametri- schen Zellen mit ziemlich schwacher Cutieula (Fig. 4). Der Spaltöffnungsapparat ist aus denselben Elementen aufgebaut, wie bei der Folge- form, aber weniger tief einge- senkt; die Wände der Schließ- zellen sind viel schwächer ver- dickt, deren Lumen bedeutend größer, das der Nebenzellen da- Fig. 3. Hakea suaveolens. Vergr. 1:2. gegen kleiner als bei der Folge- form. Die angrenzenden Epidermiszellen wenig oder gar nicht vorgewölbt, so daß eine äußere Atemhöhle meist nicht ausgebildet ist. Das lockere 1 EN ss S [L I 2 ZRDSSEAUR C) EDS Fig. 4, Hakea suaveolens. Erstes Primärblatt. Vergr. 110. Beiderseits Palissaden- parenehym mit Idioblasten, deren wurzelartige Verästelungen unter der Epidermis mehrfach getroffen sind. Palissadenparenehym ist auf beiden Seiten typisch ausgebildet, auf der Oberseite etwas dieker, undeutlich zweischichtig, auf der Unterseite ein- schichtig. Die zweite Schicht der Oberseite greift vom Rande her noch 12 Wilh. Vischer, etwas auf die Unterseite über. Die Skelettzellen sind bereits beim ersten Primärblatt charakteristisch vorhanden, mit Vorliebe an Gefäß- bündeln, manchmal auch mitten im Schwammparenchym wurzelnd. An Stelle des „Mittelteils“ ist lockeres Schwammparenchym vor- handen. - Die Zahl der Bastelemente ist viel geringer als beim Folgeblatt,. deren Verdickungsschicht weniger ausgeprägt. Die Cambiumtätigkeit ist eine geringere. Die Primärblätter können!) am Stamm bleiben, bis die Pflanze über 1 m hoch ist. Über die Funktion des komplizierten Spaltöffnungsapparates, sagt Porseh (l. e. $. 130), daß von den zwei Paaren Nebenzellen die äußeren diekwandig, die inneren dünnwandig sind. Die Wände, auch der äußeren, geben Zellulosereaktion, was deshalb verständlich sei, „da in geöffnetem Zustande in geschlossenem Zustande Fig. 5. und 6. Spaltöffnung von Hakea suaveolens Die punktierte Figur stellt den optischen Querschnitt durch die Enden der Schließzellen dar. Vergr. 360. dieselben den Stoffverkehr zwischen den angrenzenden Palissadenzellen und den direkt an die Schließzelle angrenzenden Nebenzellen der inneren Reihe vermitteln müssen, welchen jedenfalls ein sehr wichtiger aktiver Anteil am Bewegungsmechanismus zukommt“. \ Zur Untersuchung dienten mir Blätter einer jungen Pflanze, von Hakea suaveolens, die’zwar bereits die Folgeform besaßen, deren Ele- mente aber noch nicht allzu stark verdickt waren; sie wurden, nachdem sie einige Zeit feucht oder trocken gehalten waren, in Alkohol fixiert. Fig. 5 stellt einen medianen Querschnitt durch eine geschlossene, Fig. 6 einen solchen durch eine geöffnete Spalte dar. Dieser mittlere Teil der Schließzellen ist so stark verdickt, daß er jedenfalls sieh nicht aktiv bewegen kann; auch ist er bei später erscheinenden Blättern durch die Cutieula fest mit den Nebenzellen verbunden (vgl. Fig. 8—9). . Die punktierte Figur stellt den Querschnitt durch die Enden der Schließzellen mit ihren Membranverdickungen dar. Jedes Ende einer Schließzelle stellt im Querschnitt gewissermaßen ein stumpfwink- Porseh, }. e. S. 127. j | ! Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 15 liges Dreieck dar mit zwei starren Seiten, die durch ein Gelenk verbunden sind. Nimmt durch Turgorerhöhung das Volumen der Schließzellen zu, so verändert sich die Form dieser Dreiecke, indem sie sich mehr einem gleichseitigen nähert, wodurch die ursprünglich stumpfen Winkel spitzer werden und auseinander rücken. Auf diese Weise werden die mittleren Teile der Schließzellen, zwischen denen sich die Spalte befindet, passiv durch Volumenvergrößerung der beiden Enden aus- einander gerückt. Den Nebenzellen kann hiebei keine andere Funk- tion zukommen, als die eines weichen Widerlagers. Würden sie sich durch Turgor aktiv ausdehnen, so müßten sie im Gegenteil die Spalte Fig. 7. Hakea suaveolens. Fig. 8 und 9. Hakea suaveolens. Thylien- Thyllenbildung bei Jugendblatt. bildung bei Folgeblatt. Vergr. 360. schließen. Da sie ein viel größeres Volumen als die Schließzellen und sehr dünne Wände besitzen, so stellen sie ihrer Aufgabe keine Schwierig- keiten entgegen. Es scheint also im Prinzip derselbe Mechanismus wie bei den Gramineen realisiert zu sein. Ob bei Folgeblättern mit sehr starken Verdickungen die Spalt- öffnungen sich noch Öffnen und schließen können, vermag ich nicht anzugeben. Bei Hakea leucoptera sind die Wände in den Enden der Schließzellen bis fast zum Schwinden des Lumens verdickt, die Gelenke dagegen immer scharf ausgeprägt. Die Schließzellen sind sehr klein und die Spalten äußerst eng, Die äußeren Atemhöhlen können durch Wachskörnchen ausgefüllt, die Spalten selbst hie und da durch einen harzähnlichen, in Chloroform löslichen Piropfen verstopft sein. Einer nachträglichen Veränderung sind die inneren Atem- höhlen unterworfen. An alten Blättern sieht man manche Atemhöhlen (bei Folge- wie bei Jugendblättern) durch blasenartige Zellen ausgefüllt. Diese Thyllen können aus Nebenzellen, aus oberen oder unteren Palisaden- zellen hervorgehen (Fig. 7—9). An alten Blättern sieht man oft mehr Atemhöhlen verstopft als frei. Es scheint, als könne die Thylienbildung 14. Wilh. Vischer, bereits einsetzen, wenn die Schließzellen noch normal sind. Ähnliche Verhältnisse finden sich z. B. bei Prunus Laurocerasus und Pimelia japonicat). Doch kann über die genauen Bedingungen für das Aus- wachsen der Zellen in die Atemhöhle, sowie über die ökologische Beden- tung dieses Vorganges nur das Experiment Aufschluß geben. Rückschlagsformen sind bis jetzt wenig beschrieben worden. Nach Porsch sind Stecklinge von Hakea suaveolens „begreiflicherweise zur Bildung der anders gestalteten Jugendblätter unfähig“?). Dagegen erwähnt Renner an Hand von Herbarmaterial das ge- legentliche Auftreten flacher Blätter). Goebel‘) erwähnt Hakea trifurcata, „deren Zweige am Anfang der Vegetationsperiode einfache fiache Blätter hervorbringen, später aber verzweigte von annähernd kreisförmigem Querschnitt erhalten“ Hakea leucoptera R. Br. Durch die Freundlichkeit von Herrn Professor Renner erhielt ich einen Zweig von Hakea leucoptera, der, in einer feuchten Glocke auf- bewahrt, einige länglich ovale, flache Blätter gebildet hatte. Zahlreiche andere Zweige hatten unter ähnlichen Bedingungen keine neuen Triebe entwickelt. Es wurde nun versucht, an erwachsenen Pflanzen durch Einbinden einzelner Zweige in schwarzes Papier oder in feuchtes Sphag- num dasselbe Resultat zu erhalten. Diese Veisuche waren erfolglos, da die Pflanze (wenigstens im Gewächshaus) ihre Knospen nur in sehr langen Zwischenräumen und ungleichzeitig austreiben läßt und die behandelten Zweige gegenüber anderen gehemmt sind. Dagegen zeigten von 30 Stecklingen nach etwa 5 Monaten drei mehrere flache (Fig. 10), etwa 10 weitere einige geteilte nadelförmige Blätter; die übrigen hatten nicht ausgetrieben. Wir kennen zwar die Primärform der Hakea leucoptera nicht; doch haben wir es hier zweifellos mit einer Annäherung an diese zu tun. Diese Blätter waren 16 mm lang, etwas über der Mitte 2t/, mm breit, länglich oval, allmählich in den Blattgrund verschmälert. Der Querschnitt gleicht in Form und Einzelheiten dem der weiter unten beschriebenen Hachen Blätter von Hakea eycloptera. Die Epidermiszellen sind breiter als tief. Die Palissadenzellen der Oberseite sind länger und dünner wie die der Unterseite; diese 1) Haberlandt, 8. 428, 1909. 2) Porsch, 8. 127, 1905. 3) Renner, $. 164, 1910. 4) Goebel, $. 493, 1898, Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 15 letzteren nähern sieh. in ihrer Form sehr dem lockeren zirka sechs- schichtigen Schwammparenchym. Dieke der Epidermis 20 u, Palissadenzellen der Oberseite 44 u tief, 20 x dick, Palisadenzellen der Unterseite 24—28 u tief, 20 u dick, Schwammparenchym 120 a, Epidermis der Unterseite 20 a, Dicke des Blattes ca. 240 u. Die Schließzellen sind stark ver- diekt, aber kaum eingesenkt. Die Ske- lettzellen fehlen hier vollständig; von dem Bastbeleg des Mittelnerven sind oberseits ca. 8, unterseits ca. 20 Fasern schwach ‘oder kaum verdickt, der Rest gar nicht. Die Stecklinge bewurzelten sich Fig: 10. Haken leucoptera. Bteck- schwach und wuchsen nicht, weiter. Be TONER SER Hakea aff. cycloptera R. Br. Von Hakea cyeloptera bilden die meisten Stecklinge einige flache, ca. 0,5 cm breite Blätter und gehen dann wieder in die normale Form über. Fig. 11. Ein Steckling (vgl. Fig. 12), der in Feuchtkultur gezogen wurde, zeigte dies Verhalten in ausgeprägterem Maße. Zuerst erschienen am kräftigsten Sproß drei etwas verkümmerte, eylindrische, hierauf einige größere Übergangsblätter, sowie flache, ungeteilte 4 mm breite, 18 mm lange Blätter. An zwei anderen Sprossen waren auch dreiteilige flache Blätter erschienen. Sie zeigten einen ähnlichen Querschnitt wie die Jugendblätter vom Hakea. susveolens. 'Palissadengewebe der Oberseite zweischichtig. Zellen der äußeren Schicht 100 u tief, 25—30 u diek, die der inneren Schicht breitzelliger und vom Schwammparenchym stellenweise kaum zu unterscheiden, 70-80 u tief, das Palissadengewebe der Unterseite einschichtig, Zellen 90—100 u tief, 40—50 u diek. Skelettzellen sind sehr ‚vereinzelt. Der Sklerenchymbelag der Gefäßbündel besteht aus ziemlich zahlreichen, zum Teil ähnlich wie bei der normalen Form verdickten Fasern. 16 Wilh. Vischer, Am 11. März 1918 ins Feuchthaus gestellt, hatte die Pflanze im Frühjahr ausgetrieben und war dann bis 20. November nicht weiter gewachsen. Da wurden alle drei Zweige abgeschnitten; der bis 20. Januar 1914 gebildete Sproß hatte nur noch ungeteilte Blätter von der schon beschriebenen Form entwickelt. Fig. 18, Fig. 11. Fig. 12. N Hakea aff; eyelopiera. Vergr. 1:2. Fig. 11. Normaler Steckling aus dem Kalthaus. Fig. 12. Steckling aus dem Feuchtkasten. Fig. 13. Steckling aus dem Kaltbaus nach Abschneiden der Blätter. Diese Blätter waren wesentlich einfacher gebaut (Fig. 14—15, Masse in der Zeichnung). Die Spaltöffnungen besonders unterseits schwach vertieft, die Außenwand der Schließzellen nicht oder sehr | . | schwach ver- diekt. Das Palissaden- gewebe war Fig. 14. Blatt von Steckling von Hakea aff, eycloptera, in oberseiis deut- Feuchtkultur nach Abschneiden der übrigen Sproße enistanden. lich ausgebil- det, die zweite Schicht nahezu isodiametrisch, ebenso die Palissaden- zellen der Unterseite. Am deutlichsten war hier ihre Form noch am Rande erkennbar. Experiment. Beiträge z, Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 17 Bei einem anderen Steckling wurden am 30. Juli sämtliche Blätter abgeschnitten. Nach drei Monaten zeigte er das in Fig. 13 dargestellte Bild. Ein paar neue Blätter waren flach. Hakea suaveolens R. Br. Von Hakea suaveolens findet sich im Münchener Staatsherbar No. 478 ein Exemplar aus dem Bot. Garten, das im Alter wieder einige flache, ungeteilte Blätter gebildet hatte. Im Sommer 1913 wies ein lebendes Exemplar zwei Zweige mit Rückschlagsblättern auf (Fig. 16). !Sie waren durch allmähliche Übergänge mit den vorausgehenden Folgeblättern verbunden. Die über 1 m hohe Pilanze teilte sich in zwei große Äste. Am einen hatten zu der Zeit keine, am anderen einige Fig. 15. Hakea suaveolens. Detail zus Fig. 14 stärker vergrößert 50:1. Fig. 16. Haken sunveolens, im Freien gewachsen mit Rückschlagssproß. Vergr. 1:2. Flora, Bd. 108. 2 18 Wilh. 'Vischer, wenige Knospen ausgetrieben, so daß wahrscheinlich der Saftstrom die abweichende Bildung bewirkt hatte. Kurz darauf trieben die übrigen Knospen auch aus, entfalteten aber nur eylindrische Blätter. Der Blatt- grund dieser Rückschlagsblätter ist schmäler, ihr Gewebe etwas derber als bei den Primärblättern. Wurden Keimlinge, bei deren Blättern das Palissadengewebe oberseits auf dem ganzen Querschnitt, unterseits wenigstens stellenweise gleichmäßig zweischichtig ausgebildet war, in ein trockenes, aber nicht sehr helles Zimmer gebracht, zeigten die neugebilleten Blätter wieder dieselbe Struktur wie die Primärblätter mit nur einschichtigem Palis- sadengewebe auf der Unterseite. Ein Keimling, der bereits ein geteiltes Blatt gebildet hatte, wurde entblättert und schattiert, indem er in einen nur einseitig offenen Fig. 17. Hakea suaveolens. Blatt einer jungen Pflönze nach Entblättern und Schattieren entstanden. Vergr. 50:1. Kasten gestellt wurde. Die neuen Blätter waren etwas kleiner, von derselben Farbe wie die normalen Primärblätter, die Spaltölfnungen verhältnismäßig tief eingesenkt, das Palissadenparenchym oberseits aus ziemlich kurzen (50—60 u) Zellen bestehend; das untere Palissaden- parenchym war vollständig geschwunden und nur noch am Blattrande angedeutet, das Schwammparenchym sehr. locker. Skelettzellen waren gar keine mehr vorhanden (Fig. 17). Eine Aschenwägung ergab für Blätter von Keimlingen von Hakea suaveolens 71,81% Wasser, 7,21%, Asche auf die Trockensub- stanz berechnet, für junge Folgeblätter 74,52% Wasser und 7,56% Asche. Hakea laurina hatte als Keimling 60,78%, Wasser und 6,98%, Asche, als Folgeform 67,42%, Wasser und 3,73% Asche. Die Gattung Hakea ist also verhältnismäßig plastisch, Auch im Alter kann die Jugendform wieder hervorgebracht werden. Wie aus den Zeichnungen von Porsch) und Paoli?) im Vergleich zu den hier beigegebenen zu erseben ist, können bei den Primärblättern die Spalt- "DLe Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u..Folgeformen xerophiler Pflanzn. 19 öffnungen nahezu im Niveau der Epidermis liegen oder bereits stark eingesenkt sein. Es können Blattformen erzeugt werden, die in ihrer anatomischen Differenzierung hinter den normalen Primärblättern zurück- bleiben, indem die Bildung des Palissadengewebes der Unterseite nahezu oder völlig unterbleibt, ebenso die der Skelettzellen. Da die Cotyledonen recht ansehnlich sind, so wäre es denkbar, daß durch deren Wegnahme schon die allerersten Primärblätter gezwungen werden könnten, dieselbe Struktur auszubilden wie die nach Entblättern erhaltenen Formen. Dieser Versuch wurde mit Keimlingen von Hakea saligna angestellt. Die Gotyledonen wurden abgeschnitten, sobald die Primärblätter etwa 1 mm Länge erreicht hatten. Versuchs- und Kontrollexemplare waren in den- selben Töpfen in einem nur bei starker Sonne beschatteten Hause. Die Kontrollexemplare zeigten auf der Unterseite der Primärblätter schwach entwickeltes Palissadengewebe, stellenweise undeutlich. Bei den Versuchs- exemplaren grenzte überall lockeres Schwammparenchym an die untere Epidermis. Da die Mesophylizellen sich erst zu einer Zeit, wo alle Gewebe schon vorhanden sind, zu Skelettzellen umbilden, so ersehen wir hieraus, daß sie in verhältnismäßig spätem Stadium noch umbildungs- fähig sind und das Blatt durch die ihm zugeführten Nährstoffe in seiner anatomischen Differenzierung noch beeinflußbar ist. Heterophyliien mit gehemmten Folgeblättern. Carmichaelia. Die Fentwicklungsgeschichte der Gattung Carmichaelia ist wieder- holt das Objekt morphologischer und biologischer Studien gewesen). Die Arten dieser, mit einer Ausnahme neuseeländischer Gattung sind in der Jugend sämtlich wie andere Leguminosen belaubt, im Alter zum Teil Rutensträucher, deren junge Sprosse abgeflacht sind und gehemmte Folgeblätter tragen. Carmichaelia flegelliformis bildet im Alter in der Sonne nur schuppenförmige, rudimentäre Blättchen, während sie an schattigen Standorten „als völlig beblätterte Pflanze" ®), wächst. In Feuchtkultur bildet sie ebenfalls, wie ich mich überzeugen konnte, teils einfach herz- förmige, teils dreizählig gefiederte Blätter von derselben Größe wie die Primärblätter. 1) Askenasy, 1872. Diels, 1897. Dieis, 8. 76, 1906. Goebel, 8. 270, 1888, Reinke, Abbikl, 8. 535, 1897. Weitstein, Abbild. S. 28, 1911. Hilde- brand, Abbild. $. 380, 1875. 2) Cockayne, Trans. New. Zealand Inst, zitiert bei Diels, S. 76, 1906, 2#+ 20 Wilh. Vischer, Die normalen Stämme besitzen ein zentrales, großzelliges, zum Teil verholztes Mark, das im Querschnitt. Iinsenförmige bis lineare Ge- stalt hat!). Zu beiden Seiten, in zwei ungefähr parallele Reihen an- geordnet, liegen die Geläßbündel. Sie sind nach innen, aber besonders nach außen durch sehr stark verdiekte Sklerenchymstränge geschützt. In der primären Rinde liegen Sklerenehymplatten in radialer Anord- nung, zwischen denen das aus schwach gestreckten Zellen bestehende, dichte Assimilationsparenehym sich befindet, so daß an die Epidermis, resp. an das einschichtige Hypoderm, abwechselnd Sklerenchymplatten und Assimilationsgewebe stoßen. Carmichaelia gehört zum anatomischen Typus der Genisteen. Im Frühjahr 1913 wurde an einem Freiland-Exemplar ein Ast stark zurückgeschnitten. Die neugebildeten Sprosse zeigten einen Quer- schnitt, dessen kleine Axe zur großen statt wie 1:3,3 (bei den gleich- altrigen Sprossen eines nicht beschnittenen Astes desselben Exemplares) sich wie 1:1,5 verhielt. Das Mark war gar nicht verholzt und dünn- wandig; statt dem Sklerenchymbelag der Gefäße waren nach innen zu gar keine, nach außen nur vereinzelte, schwach verdickte Sklerenchym- Fasern aufgetreten (Fig. 18). Fig. 18. Carmichaelia flegelliformis. Links Querschnitt durch einen normalen Sproß, rechts durch einen an stark zurückgeschnittenem Ast desselben Exemplars gewachseuen Sproß. Vergr. 50:1. Die Skleromplatten der Rinde waren nur noch in der Nähe der Epidermis verdickt. An diese schlossen sich die assimilatorischen Zellen an, zwischen den einzelnen Strängen weite Interzellularen freilassend. Kreisrunden Querschnitt zeigt auch der Stamm der Keimpflanzen; doch verdicken diese die rindenständigen Sklerenchymplatten wie die Folgeform. Zur Aschenwägung wurden die jungen Sprosse von Keimpflanzen verwendet, die noch etwas rundlichen Querschnitt und 1--3zählige Blätter besaßen, und mit Sproßspitzen eines älteren Exemplars verglichen. Junge Pflanze: 70,76% Wasser und 8,42°/, Asche auf das Trockengewicht. Alte Pflauze: 63,4%, Wasser und 6,13%), Asche. 2) Vgl. Greensill, 8. 326 mit Abbildung, 1902, Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 21 Mühlenbeckia platyelados Meissn. (Polygonaceae). Mühlenbeckia platyclados gehört zum selben morphologischen Typ wie Carmichaelia. Die älteren Pflanzen zeigen die Sprosse zu bandförmigen Assymilationsorganen!) ausgebildet, mit kleinen, dicklichen, länglich ovalen, oder mit ganz bis auf die häutige Scheide verkümmerten Blätt- chen. Bei Rückschlägen treten statt diesen größere, gestielte, pfeilförmige, an Rumex erinnernde Blätter auf; die Sproßaxen können in ihren unteren Teilen kreisrund sein. Die Rückschlagsblätter besitzen ein aus schwach gestreckten Zellen bestehendes Palissadenparenchym, dessen Dieke sich zu der des Schwammparenchym ungefähr wie 1:2 verhält. In den reduzierten, ovalen Blättern steigt dieses Verkältnis zu gunsten des hier doppelten Palisadenparenchyms auf nahezu 1:1. Die Epider- mis der Oberseite besteht in beiden Fällen aus polygonalen Zellen und besitzt keine Spaltöffnungen. Die Zellen der Unterseite sind bei den ovalen Blättchen ebenfalls polygonal, während sie bei den Rückschlag- blättern stark gebuchtet sind. Die Anzahl der Spaltöffuungen beträgt — für dieselbe Fläche berechnet — bei der Rückschlagsform 9, bei der normalen 15; die Anzahl der Epidermiszellen ist bei beiden Formen fast gleich groß (Verhältnis 6 Rückschlag: 7 Folgeform). Die kleinere Zahl Spaltöffnungen bei der Rückschlagsform ist also nicht auf größere Epidermiszellen und dadurch bewirktes Auseinanderrücken der Stomata bedingt; sondern bei der normalen Form werden auf dieselbe Anzahl Epidermiszellen mehr Stomata gebildet. Solche Rückschläge treten regelmäßig, wie schon Hildebrand festgestellt hat, an Stecklingen auf?2). Goebel sah solche bei alten Pflanzen vorzugsweise an der Basis entstehen®). Im Bot. Garten zu Basel beobachtete ich im Herbst 1913 zwei Exemplare, die nach Aussage des Gärtners den Sommer über unter freiem Himmel gestanden hatten. Das eine war „normal“, mit kleinen oder ganz rudimentären Blättern, das andere war an allen Sprossen mit den größeren Rückschlagsblättern besetzt. Das erste hatte den Sommer im Topf zugebracht, das zweite war frei im gedüngten Beet ausgepflanzt, die Beleuchtung für beide dieselbe gewesen. In den von Goebel und Hildebrand angegebenen Fällen war offenbar dieselbe Ursache für das Auftreten von Rückschlägen bestimmend gewesen, nämlich das bevorzugte Verhältnis der betreffenden Sprosse gegenüber der Wurzeltätigkeit, 1) Goebel, I, 8, 16, 1889—1891. Askenasy, 1872. 2) Hildebrand, Abhildung, Flora 1875. 3) Goebel, I, Abbild. 8. 16, 1889-1891. 22 Wilh. Vischer, Zur Aschenwägung wurden die jungen, noch saftig grünen Spitzen von Folgesprossen und die entsprechenden, mit Blättern ver- sehenen Sprosse von Stecklingen verwendet. Rückschlag 88,61%, Wasser, 16,15% Asche auf das Trockengewicht Folgeform 77,24% ° 3,16% Asche „ „ ” Clematis afoliata Buch. Die neuseeländische Clematis afoliata wird von Diels?) zu den Rutensträuchern gerechnet. ‚Sie besitzt im Alter verkümmerte Blatt- spreiten. Die runden Sprosse, bei denen, wie bei Genisteen, abwechselnd Parenchym und Stereem an die Epidermis grenzt2), übernehmen die Assimilation. Einen Rückschlag mit einem dreiteiligen und zwei un- geteilten Blattpaaren bildet Goebel ab?) Dieser war an der Basis einer Pflanze entstanden. Ebensolehe Sprosse z. T. mit einfachen, zum Teil mitdreiteiligen Blättern konnte ich durch Verdunkelung oder Feucht- kultur erhalten. Auch innerhalb der Rückschlagsform zeigte sich eine anatomische Differenzierung, Die Feuchtform zeigte vierschichtiges Schwammparenchym und schwach ausgebildetes Palissadengewebe, Die im Halbdunkel gewachsenen Blätter zeigten die Palissadenzellen bis zur Unkennlichkeit abgeflacht, das übrige Gewebe äußerst locker, so daß Ober- und Unterseite nur durch einzelne Zellbalken, die durch weite Interzellularen getrennt waren, verbunden waren, Mit diesen Rückschlägen stimmen die Keimpflanzen überein. Dlex europaeus L. Anschließend an Carmichaelia sei das Verhalten von Ulex europaeus erwähnt. Die Keimpflanze ist bekanntlich dornenlos, mit 1—3zähligen Blättern®). B Bei der Foigeform werden die Blätter zu Dornen umgebildet; In ihren Achseln erscheinen gleichzeitig Kurztriebe, deren Vegetations- punkt und deren Blätter gleichfalls verdornen. In den Achseln dieser letzteren finden sich meist noch einmal verdornte Kurztriebe. Mecha- nisches Gewebe stößt abwechselnd mit assimilatorischem an die Epidermis. Lothelier5) hat beblätterte Rückschläge beschrieben, an denen auch 1) Diels, 1897. Abbildung eines Stammquerschnittes, S, 249. 2) Greensill, 1902. Abbildungen von Querschnitten, S. 360, Tab. XLVL 3) Goebel, 8. 320, 1913. 4) Vgl. Goebel, 8. 400, 1913. Hildebrand, Abbildung, 1875. Reinke, Abbild, $. 58, 1897. Wettstein, Abbild. 8. 28, 1911. Winkler, 1880, 5) Lothelier, $. 9Lff. und 520f., 1898. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u, Folgeformen xerophiler Pflanzen. 28 sämtliche Achseltriebe zu beblätterten Sprossen mit unbegrenztem Wachstuin sich ausgebildet haben. Keimlinge behielten nach Wollny!) in feuchter Luft zu 12,5%, die Primärform bei, während. die übrigen zur -Dornbildung fort- schritten. . Zeidler?) konnte diese ebenfalls nicht verhindern, ebensowenig Goebel?). In allen Fällen übt jedoch die Feucht- kultur einen Einfluß aus. Die Zweige sind viel weicher, stärker behaart, die Blattdornen ersten Grades zum Teil breiter und weicher, zum Teil deutlich blattartig. Deren Achseltriebe besitzen anstatt der Skleromplatten fast unver- dickte Zellen; das dazwischen liegende Paren- chyın ist schwächer in radialer Richtung ge- streckt, das Markgewebe dünnwandig In Feuchtkultur konnte ich an Stecklingen die Dornbildung ebenfalls nicht verhindern; eben- so bildeten Sämlinge höchstens einige wenige Triebe ohne Dornen und gingen dann zur Bildung von solehen über. Eine Anzahl Stecklinge (je sechs) wurden mit (NH,,SO,, KNO,, NH,NO, gedüngt. Die Kontroliexemplare bildeten in den Sommer- monaten Zweige mit typischen Dornen, wie die größeren Gewächshauspflanzen, während die gedüngten Exemplare (mit Ausnahme der mit KNO, begossenen, die nicht recht gediehen) starke Behaarung und Veränderungen in der oben angedeuteten Richtung aufwiesen. Fig. 10, Ulex europaeus. Die neu austreibenden Teil der Jugendform sich nä- hernd. Vergr. 1:2. Gegen den Herbst zu werden bei normalen Exemplaren die Inter- nodien weniger gestreckt, die Dornen kürzer, so daß der äußere Umriß des Zweiges etwas pyramidal zugespitzt erscheint (Fig. 19). Sehr klar tritt dann im Frühjahr hervor, daß wir in den Dornen Hemmungs- bildungen vor uns haben, bedingt durch übermäßige Anhäufung von Assimilaten. Im Februar fingen (im vorliegenden Fall bei gutem Wetter) alle Pflanzen stark an zu treiben. Sämtliche Zweige wurden 2) Wollny, 8. 39, 1898, 2) Zeidler, 8. 88, 1910. 3) Goebel, 8. 35, 1908. 24 Wilh. Viseher, behaart und zeigten alle Übergänge bis zum 4 mm breiten Blatt. In Korrelation hiermit steht die Größe der Achselkurztriebe, die zwar stets als Dornen vorhanden, aber klein und weich sind. Molliard konnte an Keimlingen umgekehrt in der dampfgesättigten Luft von Erlenmeyerkolben durch Zusatz von Glykose (0—15%) zur Nährlösung die Dornbildung frühzeitiger herbeiführen als bei den Kontrollexem- plaren‘). „Nos recherches montrent que le glucose agit sur les piquants des plantes cultivses dans l’air bumide 3 la maniere de la söcheresse ou d’une lumidre intense.“ In einem klaren Verhältnis zur morphologischen und ana- tomischen Struktur steht: die Menge des Wassers, der Assimilate und der Asche. . Keimlinge von 3 Monaten im Sept. 81,33% Wasser, 10,77% Asche Feuchtkultur . . . . . „ März 88,09% ” 839% Mit (NH,80, » -» . . „ Sept. 77,19% r 823% Normaler Steckling . nn 68,95% F 492% u AusSchauhaus, alte Pflanze „ „ 59,34% ” AI Berberis vulgaris L. [vgl. Tischler]. Für Berberis vulgaris gibt bereits A. P. de Candolle?) an, daß an Stellen, wo man Blätter erwarten sollte, Dornen auftreten, aus deren Achseln noch im selben Jahr beblätterte Kurztriebe sieh entfalten. Schon de Candolle weist auf die Korrelation zwischen Hemmung und Umbildung der Laubblätter) und Austreiben der Achselsprosse hin und bildet Übergänge zwischen Blatt und Dorn ab. Die Laubblätter sind sitzend, verkehrt eiförmig, grob gezähnt, die Primärhlätter) lang- gestieli, rundlich, fein und spitz gezähnt; sie stimmen mit Folge- blättern anderer nicht bedornter Berberis-Arten überein ®). Vielfach beobachtet man in der Natur an Langtrieben Übergänge von wohlentwickeltem Laubblatt bis zu typischem Dorn. Schäffer (l. c.) erwähnt, daß er hierbei nie Primärblätter wieder auftreten sah. Lothelier”) hat versucht, die Dornbildung experimentell 1) Moiliard, 8. 880 ff., 1908. 2) Tischler, 1902. 3) de Candolle, 8. 238, Taf. IX, 1827. 4) Goebel, S. 97 und 439, 1913 und 8. 825, 1880. 5) Schramm, 1912. Warming, Abbild. 8. 110, 1909, Benecke, Abbild. 8. 302, 1918. Wettstein, Abbild. 8. 28, 1911. 6) Schäffer, mit Tafel, 1895—1897. K. C. Schneider, 1905 und 100g, 9%) Lothelier, S. 661£., 1898; 8. 110, 1891. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen zerophiler Pflanzen. 25 zu verhindern. Er setzte einjährige ‘Berberis-Exemplare, die er über dem Boden abgeschnitten hatte, feuchter Luft oder abgeschwächten Licht aus und erhielt Primärblätter ohne Achselknospen. Auch Tischler!) konnte an ein- und zweijährigen Pflanzen, die er stark oder ganz zurückschnitt und im feuchten Warmhaus kulti- vierte, während einer ganzen Vegetationsperiode die Bildung von ge- stielten Primärblättern bewirken, während die nur ins Dunkle gestellten oder schattierten Pflanzen im Gegensatz zu denen von Lothelier nach Bildung von wenigen Rückschlagsblättern bald zur Dornbildung übergingen. Die Pflanzen, die er in Töpfen im Freien kultivierte und nur zur Hälfte zurücksehnitt, hatten ganz „normale“ Dornen mit Kurztrieben, die Exemplare, die, die er bis an den Boden zurücksehnitt, nur wenige Übergangsblätter gebildet. Er schließt hieraus, daß die im Warmhaus kultivierten Exemplare „nicht die anormale Aus- bildung der Langtriebe durch das Herunter- schneiden erhalten hatten“ (l. c. pag. 25). Um festzustellen, ob nicht auch bei Ber- beris gerade durch Zurückschneiden ein be- stimmender Einfluß erzielt werden kann, wurden bei Allach (bei München) Anfang Mai 1913 zwei an trockener, sonniger Stelle stehende Sträucher größtenteils über der Erde abge- schnitten. Im August zeigten alle Langtriebe Fig. 20. Berberis vulgaris. vollentwickelte Blätter oder Übergänge von Schoß nach Zurüekschneiden solchen zu Dornen; gegen die Spitze zu gingen en alle diese in Dornen über, da der Eingriff aufgehört hatte, wirksam zu sein. Vier Triebe zeigten Rückschlagsblätter mit langen Stielen (Fig. 20). Auch hier zeigt sich, wie bei Ulex, die Größe der Achseltriebe in Kor- relation mit der Ausbildung der Blätter. Warum bei dieser Versuchs- anordnung Zurückschneiden Auftreten von typischen Jugendblättern zur Folge gehabt hat, ist wohl dadurch zu erklären, daß in diesem Falle den neuen Schossen die Tätigkeit des ausgedehnten Wurzelsystems er- wachsener Pflanzen, in den Versuchen Tischler’s nur dasjenige zwei- jähriger Topfexemplare zugute kam. Veronica eupressoides Hook. Über die Formveränderungen, denen die sogenannten „whipeord* Veronica von Neuseeland unterworfen sind, hat wohl zuerst Kirk?) be- ") Tisebler, 1 0. pag. 20. 2) Kirk, 1878, 26 - Wilh. Vischer, richtet. Eingehend geschildert ist ihr Verhalten bei Goebel, Cockayne, Brown und Lindsay!). Diese Veronica-Arten besitzen eng anliegende, kurze, fleischige Schuppenblätter, die in feuchter Luft oder unter sonstigen guten Kultur- bedingungen abstehenden, flachen, fiederschnittigen Platz machen, die denen anderer Veronica-Arten gleichen. Mit diesen stimmen genau die Primärblätter überein. Veronica cupressoides ist z. B. so labil, daß es schwer fällt, Exemplare in Kultur zu erhalten, die nur die Folgeform aufweisen. Feuchtkultur.hat ausnahmslos Bildung von Rückschlagsblättern zur Folge. Ebenso bilden sich stets solche an Stecklingen, sobald diese gut angewurzelt sind. Wenn dann die ober- irdischen Teile sich stärker entwickelt haben, so.erscheint wieder die Folgeform. Wurden Pflanzen, die bereits wieder soweit waren, stark zurückgeschritten, so entwickelten sie stets an allen Zweigen wieder die abstehenden Blätter. Verdunkeln wirkt in gleicher Weise. Ein Steckling, der noch Rückschlagsblätter zeigte, in Regenwasser versetzt, ging schon mit dem nächstfolgenden Blattpaar (Fig. 21) in die Folgeform über, während ein soleher in Knop 2,5°%, wie die gleichalterigen Topf- Fig. 21. Veronica cupres- exemplare, weiterhin Rückschlagsblätter bil- soides (die oberen Sproß- dets. Das wird durch eine Wägung bestätigt. spitzen nach Einsetzen in Regenwasser gewachsen). Die junge Sproßspitze eines Exemplars ö Nat. Gr. mit Folgeform: 71,16% Wasser und 541% Asche auf das Trockengewicht. Diejenige eines aus Feuchtkultur stammenden .mit Rückschlags- sprossen hatten 78,18%, Wasser. und 10,10%, Asche. Das im Querschnitt®) dreieckige, mit der etwas längeren, schwach konkaven Seite dem Stamm. eng anliegende Schuppenblatt besitzt ziem- lich stark entwickelten Bastbeleg, was nicht als statische Notwendigkeit gedeutet werden kann, sondern bedingt ist durch überschüssige Assimi- latenablagerung. Spaltöffnungen finden sich nur auf der Unter-(Außen-) Seite. Ebenso sind etwas palissadenähnlich gestreckte Zellen vorzugs- weise dert ausgebildet. . a 2) Goebel, I, 8. 19, 1889-1891; 8. 31, 1908; 8. 399 und 410, 1913. Cockayne, 8. 288ff, 1900. Brown, 8. 20, 1888. Lindsay, 8..242—-245, 1888. 2) Goebel, 8. 33, 1908. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 27 Das Rückschlagsblatt dagegen besitzt Palisadengewebe auf der Oberseite und darunter ein etwa dreischichtiges, aus runden Zellen bestehendes Schwammparenchym. Dicke des Palissadengewebes zum Schwammgewebe ca. 1:2. Der Zeichnung von Adamson'), die ein zirka neunschichtiges Mesophyli ohne Palissadenparenchym aufweist, scheint kein typisches Rückschlagsblatt, sondern eine Übergangsform als Vorlage gedient zu haben. Die Epidermis der Unterseite besteht beim Schuppenblatt aus nahezu isodiametrischen, polygonalen, beim Rückschlagsblatt aus un- regelmäßigen, stark gebuchteten Zellen; die Oberseite ist auch bei diesem letzteren aus nur schwach geschweiften Zellen zusammengesetzt und wie die Unterseite mit wenn auch etwas weniger zahlreichen Spalt- öffnungen versehen. Die Cuticula des Folgeblattes ist auf der Unter- seite sehr stark entwickelt; über den Spaltöffnungen springt sie als Ringleiste vor und bildet so einen äußeren Vorhof. Beim Rückschlags- blatt ist sie schwach und demgemäß der Vorhof nur durch ein dünnes scharfes Rändchen angedeutet. In sehr frühen Stadien wachsen die Folgeblätter auf ihrer Außen- seite stärker, so daß sie sich kuppelartig über dem Vegetationspunkt zusammen neigen und ihre Ränder fest aneinander pressen. An der Basis bleibt jedes Blattpaar verwachsen. Die Rückschlagsblätter bleiben dünn und sind daher von Anfang an abstehend. Die Übergangsformen?), sowie die Entstehungsweise der Schuppenblätter deuten mit Sicherheit darauf hin, daß wir es mit reduzierten Blattspreiten und nicht mit Phyllodien®) zu tun haben. Wie im Experiment an ein und derselben Art Zwischenformen auftreten, so stellen in der Natur einzelne Arten plıylogenetische Stufen dar. So stellen die Blätter von Veronica loganioides Armstr.*) ein Über- gangsstadium zwischen ausgebreitetem und Sehuppenblatt dar. Anato- misch erinnern sie, wiewohl stets abstehend, bereits an die anliegenden Blätter verwandter Arten. Oberseits sind die Parenchymzellen noch etwas palissadenartig; unterseits ist bereits eine Andeutung von radialer Streckung vorhanden, die Cutieula sogar stärker wie auf der Oberseite. Veronica Hektori mit noch reduzierteren Blättern wie V. Cupres- soides zeigt das Gefäßbündel nahe an die adaxiale Seite verlegt, die Zellen fast des ganzen Mesophylis in radialer Richtung gestreckt und 1) Adamson, 8. 265, 1911—12. 2) Goekayne, $. 289, 1900. 3) Vgl. Diels, 1897. 4) Abb. bei Gockayne, 1911. 28 Wilh. Vischer, schräg aufwärts gerichtet, entsprechend dem einfallenden Licht. Die Cuticula der Epidermis der Außenseite ist so dick wie das Zellumen. Juniperus chinensis L. Die Fälle von Heteropbyllie bei Angehörigen der Gattung Juni- perus erscheinen dadurch kompliziert, daß die Jugendform mit ab- stehenden Nadeln, die allen Arten der Gattung gemein- sam ist!), mehr oder weniger fixiert: werden kann. Hier sei nur darauf hin- gewiesen, daß Faktoren, die bei den übrigen behandel- ten Beispielen die Jugend- form hervorgerufen haben, dies auch bei Juniperus tun können. Bekanntlich treten besonders häufig in der Nähe von starken Verzweigungen oder unterhalb von Schnitt- wunden Triebe mit abstehen- den Nadeln auf, an Orten also, wo eine Saftstauung stattfin- - det. Im April wurden an Juniperus chinensis im Frei- land (Fig.22) Äste sämtlicher kleineren Zweige und Knos- pen beraubt, bis auf wenige Sproßspitzen. Diese bildeten beim Austreiben abstehende Nadeln. Ebenso gelang der Versuch, als ohne Verwun- Fig. 22. Juniperns chinensis. Stark zurück- dung durch Einbinden in geschnittener Sproß einer älteren Pflanze, schwarzes Papier die meisten j Knospen eines Astes am Austreiben gehemmt wurden und nur die Endknospe herausschaute. Diese zeigte dann ebenfalls die Retinisporaform. Der Aschengehalt junger Folgesprossen war nur wenig verschieden von dem junger 1) Goebel, Abbild. 5. 34, Flora 1889, 8. 256, 1888; 8. 384, 1913; 8. 21, 1889—1891, I. Beyerinck, 8. 516, 1890; dort weitere Literatur. Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen zerophiler Pflanzen. 29 Retinisporasprossen, er war eher höher, zeigte also ein von anderen zerophilen Pflanzen abweichendes Verhalten (siehe Tabelle), Wurden von .einer Variegata-Form weiße Spitzen genommen, die nicht nach- träglich durch Assimilation das ‘Verhältnis der ihnen zugeführten Stoffe verändern konnten, so ergab sich folgendes Resultat: Retinispora 7,14% Asche auf das Trockengewicht Folgeform 618% 5» u» Doch kann es sich hier um einen Zufall handeln, da die Bestimmung infolge von Materialmangel nur mit wenigen Sproßspitzen vorgenommen werden konnte. Nach Diels?) handelt es sich bei Entstehung der Folgeform der Cupressineen um einen epharmonischen Vorgang. Welche Faktoren außer den genannten die Retinisporaforn her- vorrufen oder bei Stecklingen aus den Achselknospen der Primär- blätter ihre jahrelange Fixierung bewirken, ist noch unklar. Es können verschiedene Rassen vorliegen. Dazu üben jedenfalls Ernährungs- bedingungen ihren Einfluß aus, über die die Angaben sich wider- sprechen. So beglinstigen nach Beyerinck®) „Frostschaden, Insekten- iraß, Pflanzliche Parasiten, Verwundung des Holzzylinders oder der Rinde der Wurzel“ die Bildung der Retinisporaform, also zum Teil Faktoren, die das vegetative Wachstum fördern. „Jugendformen be- wurzeln sich leichter als die Hauptformen.“ Ob diese gerade infolge- dessen leichter beibehalten werden können, wäre zu untersuchen. Eine entgegengesetzte Angabe macht z. B. Drude*), daß Stecklinge von Chamaecyparis um so rascher die Folgeform bildeten, „je kräftiger die Bewurzelung der jugendlichen Triebe vor sich ging“ Auf gutem Boden sollen sich ebenfalls rascher die Folgeformen bilden. Auch können Correlationsverhältnisse unaufgeklärter Natur eine Rolle spielen 5), Helikomorphien von unbestimmtem Charakter. Campanula rotundifolia L. Die Heteophyllie bei Campanula rotundifolia ist von G@oebel®) eingehend untersucht worden. Er wies nach, daß die gestielten Rund- 1) Diels, 8. 72, 1906. 2) Goebel, 8. 385, 1913. 3) Beyerinck, S. 524, 1890. 4) O. Drude, 1903, 8. 192. 5) Goebel, 8. 113, 1805, 6) Goebel, 3. 338, 1895, IL; 8. 1i£,, 1896, IT} 8. 481, 1896, I; 8. 208 u.544, 1898; 8. 8, 9 u. 13, 1908; 8. 872 u. 407 ff,, 1913. Paoli, 8. 227, 1904. Diels, 8. 86 u. 87, 1906. 30 Wilh. Vischer, blätter die „normaler Weise“ an Keimlingen und an der Basis von Ausläufern auftreten, auch an der Spitze von Langtrieben wieder ent- stehen, wenn die Liehtintensität herabgemindert wird. An Sprossen, die bereits sitzende Langblätter gebildet hatten, folgten auf diese wieder Rundblätter, bei solchen, die bereits Blütenknospen angelegt hatten, verkümmerten diese, und es entwickelten sich aus den Blattachseln Triebe mit Rundblätten. Familler?!) erhielt an Stecklingen, die Langblätter besaßen, wieder Rundblätter, ebenso an ganzen. Exemplaren, die er ohne sichtbare Verletzung der Wurzeln verpflanzte und bei unvermindertem Sonnenlicht kultivierte. An Pflanzen, die im Winter im Gewächshaus gehalten wurden und lebhaft weiter wuchsen, beobachtete ich-alle möglichen Kombina- tionen, das Auftreten von Übergangsformen oder typischen Rundblättern an Achselsprossen der Langblätter oder am Ende der Hauptsprosse, sowie die Bildung von Achselsprossen mit zahlreichen Langblättern. In diesem letzteren Falle hatte offenbar die Lichtintensität genügt, um das für die Bildung der Langblätter, nicht aber der Blüten nötige Stoff- verhältnis zu schaffen; so wuchsen Haupt- und Achselsprosse unbegrenzt weiter bis zu 40—50 cm Länge und verzweigen sich mehrfach. Rundblätter im Freien gesammelt: 59°/, Wasser, 19,72°/, Asche. Langblätter vom selben Standort: 59,56 %/, Wasser, 15,13°/, Asche. Rundblätter im Gewächshaus im September: 77%, Wasser, 14,48%, Asche. i Langblätter im Gewächshaus von denselben Pflanzen: 77%, Wasser, 15,48%, Asche. Das Resultat der Gewächshauspflanzen ist vielleicht dadurch zu erklären, daß diese wieder zur Bildung von Rund- und Übergangs- formen zu schreiten. im Begriffe waren; solche traten später zahl- reich auf. Rundblätier die infolge Lichtmangel entstanden waren, saftig grün: 88,51°/, Wasser, 24, 37 % Asche, In einem anderen Falle: 81,87%, Wasser, 14,5 °/, Asche. 91,13%, Wasser, 14,72°/, Asche. Es kann also aus diesen wenigen Zahlen keine Beziehung gefunden werden zur Form der Blätter. Daß die Rundblattform vom Keimling nicht übersprungen werden kann, hat Goebel?) gezeigt. Schramm?) hat gefunden, daß in der 1} Familler, $. 96, 1900. 2) Goebel, S. 8, 1896, IE, 3) Schramm, $. 284, 1912. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Tugend- u. Folgeformen zerophiler Pflanzen. 31 Natur mit der morphologischen Verschiedenheit eine anatomische. pa- raliel geht. Das Verhältnis von Palissadenparenchym zu Schwamm- gewebe steigt beim Übergang vom Rundblatt zum Langblatt von 0,68 beim ersteren auf 1,08 beim letzteren. Kulturen im Gewächshaus (also bei verminderter Lichtintensität) sowie im Feuchtkasten zeigten, daß der Lichtgenuß wohl noch genügen kann für die Bildung von Langblättern, dagegen nicht mehr zur stär- keren Ausbildung ihres Palissadenparenchyms; sie besitzen in dem Falle dieselbe Struktur wie die Rundblätter mit Verhältnis von Palissaden- parenchym zu Schwammgewebe wie 1:2; ebenso zeigten bei Pflanzen, die ins Dunkle versetzt wurden, Langblätter, die zu dieser Zeit bereits angelegt. waren und sich noch zu solehen ausbildeten, dasselbe Ver- hältnis. Die äußere Form und die anatomische Struktur brauchen also nicht immer in derselben Weise miteinander verkoppelt zu sein, und die Struktur kann noch beeinflußt werden, wenn die Gestalt bereits bestimmt ist. . Myrtaceae. Zu den Myrtaceen gehören einige der am längsten bekannten Beispiele von Heterophylliie. Die ausgewachsenen Pflanzen sind häufig nieht nur durch die Form, sondern auch durch die Stellung der Blätter von den Primärformen verschieden. Sie ist bei den letzteren häufig eine dekussierte, bei den alten Pflanzen eine dreizählige oder spiralige. Die Primärblätter sind in den folgenden untersuchten Fällen dorsi- ventral, die Folgeblätter äquifazial; oft geht mit dieser Verschiedenheit eine andere Orientierung gegenüber Licht oder Schwerkraft Hand in Hand (Kompaßpflanzen); doch sind die genauen Bedingungen hierfür nicht bekannt'). Euecalyptus globulus Labill.2. Magnus?) beschreibt 1875 Keimlinge mit gegenständigen, dorsi- ventralen, wagrechten, sitzenden Blättern im Gegensatz zu den ge- stielten, äquifazialen Folgeblättern. Auch diese sind im Primordialstadium dekussiert und werden erst nachträglich verschoben. Hildebrand‘) erwähnt ein ca. 6 m hohes Exemplar, das ins Freie verpflanzt wurde. Dessen Krone wuchs nicht recht weiter, aber in Korrelation damit ent- standen am Stamm massenhaft Büschel von Jugendformen. „Es ist 2) Goebel, 8. 495, 1913. 2) Briosi, 1882-88, 1802, 3) Magnus, S. 19, 1875, 4) Hildebrand, 9. 7, 1892, 33 Wilh. Vischer, diese Beobachtung auf insofern von Interesse, als sie zeigt, wie äußere Einflüsse — also hier starke Ernährung — auf die Form und Stellung der Blätter einwirken können.“ Dasselbe Resultat erhielt auch Leclerc du Sablon)). Eine Wägung der Trockensubstanz und der Asche von Sproß- spitzen einer solehen Pflanze, die noch im Primärstadium stand, ergab, erstens 12,95°/, Wasser, 7,92°/, Asche auf das Trockengewicht zweitens . 70,33°/, Wasser, 6,75°/, Asche einer solchen mit Folgeblättern 59,95°/, Wasser, 5,53°/, Asche 60,58), Wasser, 3,90°/, Asche. Dieses Verhältnis dürfte wohl bei Melaleuca-Arten, wo mir kein Vergleichsmaterial zur Verfügung stand, ein analoges sein. Callistemion lanceolatus Sweet. Callistemon lanceolatus besitzt spiralige, derbe, lanzettliche Blätter, die durch Drehung des kurzen Blattstieles in die Vertikalebene gestellt sind. Sie sind bis 5 cm lang und 0,4 bis 0,6 em breit. In der Mitte und an den Rändern ist je ein starkes, von einer Bastscheide um- gebenes Gefäßbündel (Fig. 23 und 24). Fig. 23. Callistemon lanceolatus. Querschnitt durch Folgeblatt. ?. Palissaden- gewebe; S. Sekretlucken; 2. Bastscheide; X. Xylem; 2%. Phloem; 2.P%. intraxyläres Phloöm. Vergr, 20. Fig. 24. Oallistemon lanceolatus. Detail zu Fig. 23. Vergr. 110. Das mittlere besitzt intraxyläres Phlosm. Das Palissadengewebe ist gleichmäßig einschichtig, mit äußerst engen Interzellularen (Fig. 24), die einzelnen Zellen mit zahlreichen zäpfchenartigen Verbindungen. 1) Leciere du Sablon, 8. 231, 1885. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 38 Die Spaltöffnungen sind tief eingesenkt, die beiden Nebenzellen bilden einen Cutieularring über der äußeren Atemhöhle; die Epidermiszellen sind polygonal. Die Primärblätter sind eiförmig, zugespitzt, ca. 1 em breit, 2 cm lang. Ihre Oberseite ist etwas konvex. Ihr Gewebe ist locker. Fig. 25--28 stellen einzelne Glieder (mit derselben Vergrößerung) der Blattreihe dar. Das erste Primärblatt ist rein dorsiventral gebaut. Lockeres Palissadengewebe auf der Oberseite, Schwammparenchym auf der Unterseite; die Cuticula ist beiderseits dünn, die Spaltöffnungen sind nicht eingesenkt. Die Epidermiszellen der Oberseite sind wellig Fig. 25. Fig. 20. al 5 Fig. 25—28. Callistemon lenceolatus. Fig. 25. Erstes Primärblatt. Pig. 26. Drittes Primärblatt. Fig. 27. Viertes Primärblatt. Fig. 28. Sechstes Primärblatt, Vergr. 75. umrandet, die der Unterseite sehr stark ausgebuchtet. Das Palissaden- gewebe greift in keiner Weise über die Seifenränder auf die untere Seite über. Bereits beim dritten Primärblatt finden sich in der unter- sten Mesophylischicht einige Zellen etwas gestreckt. Beim vierten ist das Palissadengewebe unterseits auf der ganzen Fläche angedeutet. Die Bildung hat hier nicht vom Blattrande aus, sondern gleichzeitig auf der ganzen Fläche begonnen. Bei später erscheinenden Blättern werden die Palis- saden enger und grenzen gegen den Mittelteil schärfer ab. Die Gefäß- scheide ist beim ersten Blatt nicht, beim dritten bereits sklerenchyma- tisch verdickt. Schon beim ersten Blatt ist intraxyläres Phlo&m vor- handen. Gleich gebaut sind die Primärblätter von C. amoenus hort. Flora, Bd. 108. 3 34 Wilh. Vischer, Versuche, bei der erwachsenen Pflanze (von Ö. lanceolatus), die dorsiventralen Primärblätter wieder hervorzurufen, mißlangen. Es wuchsen nur zwei Stecklinge, von denen der eine in den Fleuchtkasten gestellt wurde. Seine Blätter unterließen die Einstellung in die Ver- tikalebene. Der Querschnitt zeigte ungefähr das beim Primärblatt 6 abgebildete Verhältnis der beiderseitigen Assimilationsschichten. Den- selben Bau nahmen die Blätter von Stockausschlägen an, die an Frei- landexemplaren entstanden, ebenso Blätter unterhalo der Abschneide- stellen größerer Zweige. Auch hier unterblieb zum Teil die Drehung. Melaleuca incana. Melaleuca incana besitzt 8—9 mm lange, 2 mm breite, lanzett- liche, sitzende Blätter, die meist in dreigliedrigen Wirteln stehen. Der Querschnitt ist völlig plan, das Blatt äquifazial gebaut mit ebensolchen sklerenchymatisch verdickten Gefäß- bündelscheiden wie Callistemon und gleichmäßig dichtem Palissaden- parenehym auf der ganzen Peripherie, oberseits meist etwas tiefer, scharf gegen die Mittelschicht abgegrenzt. Diese besteht aus großlumigen, etwas verdickten, verholzten Zellen, die zum Teil Gerbstoff enthalten. Die Epi- dermiszellen sind polygonal, mit sehr dicker Cuticula. Die Schließzellen selbst nicht eingesenkt, bilden aber durch einen dicken, aufgesetzten Cuti- eularring eine äußere Atemhöhle. Das Fig. 29. Meolaleuca incana, Steck- Blatt ist von einzelligen Haaren grau. ling a an an mach diese lösen sich im Alter los. . ® In Feuchtkultur entstehen völlig ö unbehaarte Blätter von ovaler Ge- stalt mit abgerundeter Spitze, 8 mm lang, 3 mm breit. Solche traten auch regelmäßig an Stecklingen auf, sobald sieh diese gut be- wurzelt hatten und zu treiben anfingen. Sie zeigten das Palissaden- parenehym lockerer und auf der Unterseite nur halb so dick wie auf der Oberseite. Auch in Dunkelkultur und in Luftfeuchtigkeit konnte es nicht ganz zum Schwinden gebracht werden. Fig. 29 zeigt einen Steckling der im Juli zurückgeschnitten wurde und unter denselben Experime nt. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 35 Licht- und Feuchtigkeitsverhältnissen, unter denen die übrigen wieder in die Folgeform übergingen, kultiviert wurde. Auch in diesem Falle war das Palisadengewebe unterseits noch vorhanden. Im Oktober wurden einige Pflanzen unmittelbar: über der Erde abgeschnitten. Fig. 30 zeigt den Querschnitt durch eines der untersten Blätter eines neu ausgetriebenen Sprosses. Durch diesen Eingriff ist der Bau viel stärker beeinflußt worden als durch Feuchtkultur. Das Gewebe ist locker, die Palissaden breiter und kürzer, nur noch auf der Oberseite in typischer Entwicklung; unterseits reicht das Schwamm- parenchym in der Mitte des Blattes bis an die Epidermis. Am Rande greift das Palisadengewebe noch herüber und wird hier am stärksten festgehalten. Die Epidermiszellen sind von der Oberfläche gesehen polygonal mit geschweiften Seitenwänden. Fig. 30. Melaleuca incana, Steckling, am 20. Oktober zurückgeschnitten, neues Blatt am 15. Dezember abgenommen. Vergr. 85. An Zweigen mit Rückschlagsblättern ist die Blattstellung meist nieht dreiwirtelig, sondern dekussiert. Die Blattanlagen entstehen in beiden Fällen gleichzeitig am Vogetationspunkt, in einem Falle zu dritt, im anderen Falle paarweise. Der Übergang von einer Stellung zur anderen kann sich auf verschiedene Weise vollziehen, ist aber am Vege- tationspunkte selbst nicht untersucht worden. Entweder entsteht ein Rückschlagszweig als Achselknospe mit von Anfang an dekussierter Stellung; oder, wenn ein Zweig allmählich in die andere Form übergeht, so sieht man meist ein Blatt eines Wirtels etwas empor, eines aus dem nächst höheren heruntergerückt, so daß nach einigen Zwischen- stufen die dekussierte Stellung zustande kommt. Sie kann aber auch ohne Übergang auf einen dreizähligen Wirtel folgen. Die Form der Blätter ist natürlich nicht streng an eine bestimmte Stellung gebunden; meist bildet ein Zweig nach Einsetzen in feuchte Luft zuerst unbehaarte, dreizählige Blätter, dann solche in dekussierter Stellung. Umgekehrt wird diese letztere beim Wiedererscheinen von Folgeblättern meist noch einige Zeit beibehalten. 3* 36 , Wilh. Vischer, Von Melaleuca incana besaß ich keine Sämlinge. Daß wir jedoch in den dekussierten, dorsiventralen Blättern die Jugendform besitzen, erscheint durch Vergleich mit Sämlingen anderer Arten gesichert. Solche erhielt ich von Melaleuca diosmifolia und M. genistifolia. Die Folgeblätter von M. diosmifolia stehen ebenfalls in dreigliedrigen Wirteln, können aber schwach spiralig auseinander gezogen sein. Bei M. genistifolia kommt zwei Fünftel- und drei Fünftel-Stel- lung vor. Bei beiden Arten sind die Folgeblätter streng Fig. 31. Melaleuca diosmifolia. Keim- ling. a Cotyledonen, Primärblätier gegen- Fig. 32. _Melaleuca mieromera Schauer. ständig. Vergre. !,,. Längsschnitt durch ein Folgeblatt. Vergr. 110. äquifazial gebaut, mit sehr dicker Outicula. Die Primärblätter sind dorsiventral, oberseits etwas konvex, und dekussiert wie diejenigen von Callistemon (Fig, 51). Bald erscheinen auf der Unterseite radial ge- streckte Zellgruppen (bei M. diosmifolia schon beim dritten Blattpaar), und zur selben Zeit geht die Stellung in die spiralige über. Am längsten bleibt das Schwammparenchym der Unterseite unter den Blatt- nerven erhalten. Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen, 37 Melaleuca mieromera Schauer. Einen Typus mit stärker abgeleiteten, schildförmigen Folgeblättern stellt M. micromera dar. Magnus?) berichtet über das Auftreten von „Rückschlagssprossen“ beim Versetzen von Pflanzen aus dem Kalten ins warme Zimmer. Die normalen Blätter stehen in dreigliedrigen Wirteln, sind sehr klein, 1,5 mm hoch, schildförmig inseriert und er- innern im Habitus an Blattläuse; im Querschnitt sind sie halbrund, mit der Bauchseite dem behaarten Stämmchen anliegend. Fig. 32 stellt einen Längsschnitt dar. Die Rückenseite läuft oben in einen kurzen Mucro aus. Das Palissadengewebe befindet sich nur an der freien Rückenseite und oben, die Spaltöffnungen dagegen an der anliegenden Seite; das Blatt ist von lockerem Schwammparenchym ausgefüllt; be- Sekretbehälter N > | za = N NR e= == Fig. 33. Medaleuca mieromera Schauer. (uerschnitt durch Rückschlagblatt. Vergr. 110. sonders in seinem unteren Teile enthält es häufig Komplexe von tracheidalen, verholzten Zellen mit wässerigem Inhalt. Die Rückschlags- blätter zeigen gleiche Form und Insertion wie die Folgeblätter von M. incana, sind nur entsprechend lockerer gebaut. Fig. 35 stellt einen Querschnitt dar. Goebel?) sah solche Rückschlagsblätter aus der Basis von Stecklingpflanzen auftreten. Exemplare, die ich im Feuchtkasten kultivierte, zeigten sie eben- falls; doch war deren Bildung hier nicht auf die Basis beschränkt. Dagegen nützte es nichts, wenn ein Ast einer stärkeren Pflanze in schwarzes Papier eingebunden wurde.. Die Blätter waren zwar gelblich weiß, aber von normaler Form. Wurde eine ganze Pflanze schattiert, so gedieh sie schlecht. Die Bildung des Palissadengewebes auf der Unterseite ließ sich auch nicht durch Abschneiden verhindern. Der Übergang vom Schildblatt zum abstehenden ging auf zweierlei Weise vor sich. Endweder bildeten sich die, wahrscheinlich am Vegetations- 1) Magnus, 8. 17, 1887. 2) Goebel, 1896, L. 38 Wilh. Vischer, punkt schon angelegten Blätter unter den neuen Bedingungen. schlecht aus und blieben ganz klein, worauf dann sofort flache folgten; oder die normalen Blätter verkümmerten nicht; es bildeten sich Übungsformen, indem der Muero in die Länge wuchs und zur Blattspitze wurde Bei den nächstfolgenden verschwand dann nach und nach das untere Anhängsel. Über die Blattstellung gilt das für M. incana Gesagte. In diesem Zusammenhang sei auf das Verhalten einiger anderen Arten hingewiesen. M. densa besitzt 2—-3 mm lange, runde dickliche Blättchen, die auf der Unterseite über der Ansatzstelle eine schwache Anschwellung zeigen. Von Gartenexemplaren gibt Benthalm!) an, daß die Blätter länger und spitzer sind. Pflanzen, die unter diesem Namen in München und Berlin kultiviert werden, besitzen solche von 11 mm Länge, flach, eiförmig zugespitzt. Nach Lignier?) kommt bei dieser Pflanze dreizählig wirtelige, drei Achtel- und dekussierte Stellung vor- Wahrscheinlich stellt diese letztere, sowie die vergrößerten Blätter eine Annäherung an die Jugendform dar. Innerhalb der Gattung Melaleuca wird von den Angehörigem der Sektion der Decussatae die dekussierte Stellung zeitlebens beibehalten. Bei der ebenfalls mit dekussierten Blättern versehenen Melaleuca hyperieifolia geht mit diesem zweifellos primitiven Verhalten das anatomische Hand in Hand, indem das Palissadengewebe der Unterseite nur etwa halb so dick wie das der Oberseite ist. Leptospermum australe besitzt ebenfalls breit lanzettliche, ca. 9 mm lange, 3 mm breite, etwas gegen die Vertikalebene zu gedrehte Blätter, deren Palissadengewebe Fig. 34. Leptospermum australe. Nor- Fig. 35. Leptespernum australe. Nach males Blatt, Vergr. 150. Zuräckschneiden gewachsenes Blatt. Vergr. 150. auf der oberen Seite etwas dichter wie auf der Unterseite ist (Fig. 34). Im Experiment zeigt sich L. australe leichter beeinflußbar wie Mela- leuea-Arten. Schon bei gewöhnlichen Stockausschlägen ist das Palis- 1) Bentham, Bd. III, 8. 156. 2) Lignier, 1889. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 39 sadengewebe der Unterseite stark reduziert. Wurden im Kalthaus aus Stecklingen gezogene, starke Pflanzen über dem Boden abgeschnitten, so zeigten sich Blätter mit dem in Fig. 35 abgebildeten Querschnitt wo lockeres Schwammgewebe die ganze Unterseite einnimmt. Relativ am längsten wird das Palissadengewebe am Rande beibehalten. Die drei angeführten Gattungen sind nah verwandt und gehören den Myrtaceae Leptosperminae an. Bei diesen ist also die äquifaziale Blattstruktur und die dreiwirtelige oder dekussierte Blattstellung in verschiedenem Maße fixiert. Passerina filiformis Mill, P. pectinata hort. und Thymelaea hirsuta. P. filiformis und P. peetinata gehören den erikoiden Formen?) der Hartlaubflora des Kaplandes an. Die dekussierten Blätter sind kahn- förmig nach oben eingebogen. Fig. 36. Passerina filiformis. Normales Blstt. Vergr. 110. Bei Passerina filifiormis liegen sie, aufwärts gerichtet, mit der Oberseite dem Stamme an (Fig. 36). Die Epidermis der nach außen gewendeten Unterseite [nicht „morphologischen Oberseite“ wie Supprian?) 2) Knoblauch, 8. 11, 1896, 2) Supprian, S. 309, 1884. 40 . Wilh. Vischer, angibt] zeigt große Zellen mit dicker, glänzender Cutieula. Sie trägt keine Spaltöffnungen. - Die etwas dicklichen Zellwände sind mit Gerb- stoff imprägniert und pektinhaltig; mit Chlorzinkjod färben sie sich rötlich und erst nach Entfernen des Gerbstoffes mittels Eau de Javelle blau. Einen braunen Inhalt, wie ihn Supprian!) für die Gattung Passerina®) im allgemeinen angibt, konnte ich für diese Art an Gewächshausexemplaren nicht feststellen. Stets zeigten sich Reaktionen auf Gerbstoff oder Pektin auf die Zellwände beschränkt. Die Oberseite besteht aus viel kleineren, mit dünner Cuticula überzogenen Zellen, die Furche ist von einem weißen Filz einzelliger Haare ausgefüllt. Die Spaltöffnungen sind, ähnlich wie in den Gruben des Oleanders, über das Niveau der Epidermis emporgehoben. Das Blatt ist, wie bei Thyme- laea hirsuta mehr oder weniger invers dorsiventral gebaut (Goebel?). An die Unterseite grenzt ein ziemlich dichtes Palis- sadengewebe, dann folgt ein sehr lockerer Schwamm- parenchym, das gegen die Oberseite zu einzelne, ziem- lich weit auseinander- stehende Palissadenzellen aufweist. Im Mesophyll, besonders den Gefäßbün- deln entlang, finden sich Kristallsandschläuche. Die Gefäßbündel sind auf der äußeren Seite durch starke Sklerenchymstränge ge- schützt, die sich im Quer- schnitt bis zur Epidermis erstrecken. Diese Stränge sind durch Fasern unter sich verbunden, die quer unter der Epidermis verlaufen. Sie besitzen eine gallertartige Verdiekungsschicht, sind mit wenig Ausnahmen nieht verholzt, sondern geben ähnliche Reaktionen wie die Epidermiszellen. Passerina pectinata (Fig. 37) unterscheidet sich durch etwas größere Blätter, die eng gedrängt wagreeht abstehen und so am Zweig vier Kämme bilden. Anatomisch sind auch die Sklerenchymstränge 1) Supprian, L co. ö 2) Vgl. auch Gattung Passerina: van Tieghem, 1898; Gilg, 1894. 3) Goebel, 8. 274, 1913. fig. 37. Passerina pectinata Normales Blatt. Vergr. 65. Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 41 verschieden, die, wie bei den übrigen Angehörigen der Gattung, nur bis ans Palissadengewebe. reichen. Primär- oder Rückschlagsblätter sind von Passerina meines Wissens nicht beschrieben. Von der morphologisch verwandten Thymelaea hirsuta gibt Pasquale!) folgendes an: Die Primärblätter sind „quasi normale“ mit Palissadengewebe auf der Oberseite, lockerem Parenchym auf der unteren Seite und Spaltöffnungen beiderseits. Die Folgeblätter sind invers dorsiventral wie bei Passerina, mit dicker, spaltöffnungsloser Epidermis und dem Palissadengewebe unterseits. Pasquale weist darauf hin, daß auch später wieder Übergangsformen zu den Primärblättern erscheinen können. Aus Samen, die ich der Liebenswürdigkeit von Herrn Professor Terraeeiano in Sassari ver- danke, ging leider nur ein einziger Keimling auf. Dieser zeigte aber schon das allererste Primärblatt ziemlich gleichmäßig äquifazial gebaut; der Bastbelag des mittleren Gefäßbündels bestand aus 10 normal verdickten Fasern. Folgende Versuche wurden angestellt: Passerina pectinata: Durch Feuchtkultur wurden mit Leichtigkeit bei mehreren Exem- plaren flache, oberseits heilgrüne, unbehaarte Blätter erhalten. Die Pflanzen, die über 1 Jahr im Feuchtkasten standen, bildeten nicht Fig. 38. Passerina pectinata. Nach Zurückschneiden. Vergr. 110, andauernd diese Blattform; sie gingen von Zeit zu Zeit in die normale Folgeform über, um dann, wenn sie wieder anfingen stärker zu treiben von neuem die flachblättrige Form zu bilden, Stecklinge bilden häufig flache Blätter oder Übergänge zu solchen, am ausgeprägtesten solche, die schattig stehen. Ebenso wurden in den Kalthäusern an größeren, älteren Exemplaren einzelne Knospen mit solchen beobachtet. Diese standen meist an der Verzweigungsstelle größerer Äste oder unter- halb von Schnittstellen. Im Frühjahr (Mai) wurden einige 1 Jahr alte, 1) Pasquale, 8. 25, Taf. I, 1867. Vgl, auch Caruel, S. 941, 1869. Goebel, $. 4, 1913, 42 Wilh. Vischer, mit Folgeforn versehene Stecklinge stark zurückgeschnitten. Die neu- gebildeten Blätter waren oval, flach ausgebreitet, ober- und unterseits blaugrün. Fig. 38 zeigt einen Querschnitt. Das Blatt ist nahezu gleichmäßig äquifazial, das Palissadenparenchym oberseits etwas lockerer. Die Epidermiszellen der oberen und unteren Seite wenig verschieden. Die Dicke der Cutieula auf beiden Seiten gering. Spaltöffnungen fanden sich auch hier nur auf der Oberseite; eine einzige, anscheinend funktionslose, war auf der Unterseite. Die Schließzellen sind etwas in die Epidermis eingesenkt. und weniger stark verdickt wie bei der Folgeform. Die Sklerenchymstränge zeigten sowohl die Zahl ihrer Elemente stark vermindert als deren Verdickung schwächer ausgebildet. Die Anzakl der Epidermiszellen ist bei dem Rüeckschlagsblatt bedeu- tend geringer auf dieselbe Flächeneinheit berechnet, wie bei dem Folge- blatt, dagegen auf ganzen Querschnitten, soweit sich solche von ver- schiedenartigen Blättern vergleichen lassen, weniger abweichend. Folgeform Rückschlag Beispielsweise für die- selbe Flächeneinheit: 147 57 gewöhnt. Epidermiszellen 33 15 Spaltöffnungen 47 0 Haare im Querschnitt ea. 60 ca. 50 Epidermiszellen Die Unterschiede der Epidermis bestehen also hauptsächlich in größerer Flächenausdehnung der Zellen bei der Rückschlagsform und in der Bildung von Haaren bei der Folgeform. Auf irgendeine Be- ziehung von Transpiration oder Assimilation kann aus diesen Zahlen nicht geschlossen werden, da die ökologischen Werte durch die ver- schiedene Form des Blattes, den Haarfilz, die verschiedene Ausbildung. der Cutieula und des Assimilationsgewebes mit beeinflußt sind. Kulturen, die mit Stickstoffsalzen begossen wurden, führten zu keinem Resultat, da die Pflanzen sich nicht ganz normal entwickelten. Passerina filiformis zeigte sich gegen Eingriffe viel renitenter als Passerina peetinata. In Feuchtkultur erzielte ich nur einmal eine Wirkung, die sich in der Bildung abstehender Blätter äußerte, bald aber wieder verloren ging (Fig. 39). Der Querschnitt (Fig. 40) ist ähnlich wie im analogen Fall von P. peetinata. Die Oberseite ist unbehaart, trägt aber ebenfalls einzig die Spaltöffnungen; das Palissadengewebe ist beiderseits gleich- mäßig; die Sklerenchymbelege der Gefäßbündel sind in gleicher Weise wie bei P. pectinata, wenn aueh nicht in ganz so weitgehendem ‚Maße, Experiment. Beiträge 2. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 43 reduziert. Auch P. filiformis reagierte auf starkes Zurückschneiden. Im Mai 1913 wurden an einem größeren Zweig eines alten Exemplars die meisten Knospen und Blätter entfernt. Die zuerst austreibende Achselknospe bildete ein paar. Blätter von ausgebrei- teter Form. Wurde derselbe Versuch im Juli wieder- holt, so gelang es nicht, den gewünschten Erfolg zu erzielen, da sehr viele Knospen gleichzeitig austrieben. Bei Passerina pectinata geht der Übergang zur Rückschlagsform im allgemeinen leichter an neuaus- treibenden Achselknospen vor sich als an kontinuier- lich weiterwachsenden Sproßspitzen. In diesem letzte- ren Falle wird zuerst die Anzahl der Haare vermindert, die Spaltöffnungen werden in das Niveau der Epidermis verlegt, während der übrige Bau noch normal ist; dann folgen ausgebreitete Blätter. Wenn Achselknospen aus- treiben und die Riückschlagsform bilden, so pflegen die ersten Blattpaare zu kleinen Schuppen zu verküm- mern, die aber noch die anatomische Struktur der Folgeblätter aufweisen. In der Achselknospe sind sie bereits angelegt und offenbar nicht mehr umbil- dungsfähig. Die neugebildeten Blätter zeigen dann Fig, 39. Passerina ohne Übergang die flache Form. Allform “ ne Ob wir in diesen äquifazialen Blättern ein völliges Zurückgreifen auf die Jugendform vor uns haben, kann natürlich nur an Keimlingen festgestellt werden. Fig. 40. Passerina filiformis. Blatt aus Feuchtkultur. Vergr. 90. Gramineen. Festuca glauca Lam, Festuca glauca (Festuca ovina var. glauca) ist als “Typus eines xerophil gebauten Grases oft beschrieben und abgebildet 44 Wilh. Vischer, worden‘). Über dessen Histologie sei nur das zum Verständnis der durch verschiedene Kulturbedingungen verursachten Abweichungen Nötige mitgeteilt. Die Pflanze bildet dichte Horste. Fig. 41 stellt einen Querschnitt {durch das Blatt einer einjährigen im Sand kultivierten Gewächshaus- pflanze) dar. Das Blatt ist eingefaltet, borstenförmig, außen (auf seiner worphologischen Unterseite) von einer sehr derben Epidermis umgeben. . Spaltöffnungen finden sich keine auf der Unterseite. Die Epidermis ist zusammengesetzt aus gleichen parallelen Längsreihen 2). Jede Reihe be- steht aus Langzeilen mit gewellten Längswänden und verkieselter Außen- . seite und zwei Sorten Kurzzellen, solchen, die unverkieselt sind und sich immer zwischen zwei Epidermiszellen finden, und solchen, die einen Kieselpflock ent- halten und der ersten Sorte auf der apikalen Seite angeschmiegt sind, aber hie und da fehlen können. Ein zirka dreischichtiger Bastbeleg schließt sich auf der ganzen Peripherie der unterseitigen Epidermis an; seine Zellen sind sehr stark verdickt. Die Zellen des Schwammparen- chyıns sind nur an der Peripherie schwach in radialer Richtung gestreckt. In der Mitte des Blattes liegt ein starkes Gefäßbündel, injeder Blatthälfte ein weiteres, dazwischen Fig. 41. Festnon glauca, Nor- und gegen die Blattränder zu kleinere. Die males Blatt aus Sandkultur. Bast- Scheiden der drei stärkeren sind mit star- beleg schraffiort. Verge. 75. ken u-förmigen Verdickungen versehen [Schwendener®)]; bei den kleineren Gefäßbündeln sind diese nur auf der kribralen Seite ausgebildet oder fehlen ganz. Außerdem ist jedes Bündel von einer „grünen Scheide“ umgeben [P6e.Laby®)], deren Zellen auf der. vasalen Seite der größeren Bündel einen farblosen Inhalt führen. Über dem mitt- leren Bündel und den zwei daneben liegenden kleineren, sind auf der 1) Tschirch, Taf. XIV, 1882. Duval Jouve, Taf. XVIL, 1875. Massart, 8. 280 und 296, 1908. Neger, 8. 164, 1913. Goebel, 8. 28, 1908. P6e Laby, 8. 338, 1898. 2) Grob, 1896. 3) Schwendener, 8. 406, 1890. % P6e Laby, 8. 408, 1898, Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 45 Blattoberfläche vorspringende Längsleisten ausgebildet, deren Kanten der Spaltöffnungen entbehren. Papillen finden sich zahlreich über die ganze Oberseite verteilt, ausgenommen im Grunde der Furchen. Doch sind dort die Zeilen im Querschnitt nur wenig größer als die übrigen Epidermiszellen. Das Blatt befindet sich stets in diesem eingefalteten Zustand (vgl. p. 56). Fig. 42 stellt den Querschnitt eines offenen Blattes dar!), (Der gezeichnete Querschnitt entstammt einer Kultur in Knop 2,5%.) Das Blatt ist in diesem typischen Falle ganz ausgebreitet, die Epidermis der Unterseite ist dünner, der Bastbeleg nur noch unter dem zentralen , Bündel und in den Ecken angedeutet. Seine Elemente sind dünnwandig und geben oft reine Zellulosereaktion. Ebenso besitzt die Mestomscheide Fig. 42. Festuca glauca in Knopscher Nährlösung gewachsen. Vergr. 75. nur sehr schwache oder gar keine Verdickungen und zeigt in diesem letzteren Fall die Casparyschen Bändchen. Die Oberseite ist offen und von flachen Rinnen durchzogen. Am Grunde der Rinnen sind typische Gelenkzellen (sie funktionieren auch als solche). Die Epidermis der Unterseite weist dieselben Elemente in derselben Verteilung auf wie das eingefaltete Blatt. Auf der Oberseite, wo beim normalen Blatt jede Spaltöffnung von einer bis zwei Kurzzellen begleitet ist, können diese leizteren zum Teil fehlen. Wir sehen also diejenigen anatomischen Charaktere einer starken Veränderung unterworfen, die auch von Art zu Art (vgl. Hackel?) je nach deren Standert wechseln, und die zum Teil schon Schwendener3) und Duval Jouvet) als epharmonische erkannt haben. 1) Goebel, 8. 28 und 29, 1908. 2) Haokel, 1881. 3) Schwendener, 8, 415, 1880. 4) Duval Jouve, 8. 268, 1875. 46 Wilh. Vischer, Goebel!) hat durch Versuche festgestellt, daß sich in feuchter Luft der ausgebreitete Blattypus bildet. Von Festuca rubra var. planifolia Trautvetter sagt Stebler>): „Bei ihm sind auch die Blätter der Laubsprosse flach, doch ist dieses Merkmal stark vom Standorte abhängig. Wir haben wiederholt breitblätterige Formen des Rotschwingels in unsere Versuchsfelder verpflanzt. Solange die Stöcke einzeln standen, blieben die Blätter ‘flach, sowie sich aber der Rasen schloß, entwickelten sich schmale, borstenförmig zusammengefaltete Blätter. Die Ausläufer aber, die sie ins freie Land hinaussandten, bildeten nach wie vor breite Blätter. Wurden einzelne Stöcke ver- pflanzt, so erschienen auch sofort, wieder breite Blätter.“ In Feuchtkultur erhielt ich ebenfalls die ausgebreiteten Blätter. Im Laufe von etwa */, Jahr näherten sie sich aber wieder dem ge- falteten Typ. Ähnlich verhielten sich solehe Pflanzen, die als Keim- linge in den Feuchtkasten gestellt wurden. Doch war der Bastbeleg der Unterseite nie wie bei normalen, freigewachsenen Pflanzen aus- gebildet, sondern auf die Ecken und die Strecken unterhalb der Gefäß- bündel beschränkt. Ein Topf mit einer normalstehenden Pflanze ist in kurzer Zeit mit Wurzeln ausgefüllt. Bei den feuchtstehenden Pflanzen wachsen diese ungleich langsamer; dadurch wird wohl der durch Luftfeuchtigkeit anfangs erreichte Erfolg kompensiert. Es ist im Ge- wächshaus überhaupt schwierig, Blätter mit geschlossenem Bast- beleg zu erhalten. Ich erhielt solche nur durch Hungerkulturen auf Sand. Keimlinge wurden im Sommer ausgepflanzt, und im Frühling darauf besaßen die Blätter einen ununterbrochenen Sklerenchymring. Wird eine dichte Pflanze zerteilt, so zeigen die einzelnen Teile schon in 3 Tagen starke frische Wurzelspitzen, was sofort einen Einfluß anf die Gestalt der Blätter ausübt, indem diese flacher und saftig grün werden und der Wachsbelag sich nicht mehr ausbildet. Wurden die Wurzeln solcher raschwachsenden Topfexemplare (im März) stark zurückgeschnitten und diese in kleinere Töpfe versetzt, die durch Torf- mull vor dem Vertrocknen bewahrt und täglich genügend begossen wurden, so zeigten sie deutlich xerophileren Bau als die Kontrollexemplare. Das umgekehrte. Resultat erhält man unter gleichen Luft- und Licht- verhältnissen, wenn durch Absehneiden der Blätter die Pflanzen eines Teiles der Assimilate beraubt werden. Die neuen Blätter sind oft in 3) Goebel, 8. 27, 1908. 2) Stebler, 1908, Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u: Folgeformen xerophiler Pflanzen. 47 12 Tagen bereits ausgewachsen. Zum Vergleich dienen die angegebenen Maße und Zahlen: Wurzeln. Blätter normal abgeschn. | abgeschn. Dicke der äußeren Epidermiswand . . . . 310 14 a Ay Wanddicke im Bastbeleg von Lumen zu Lumen gerechnet .. 2...» 2... 8%, 16 „ [nicht verdickt Verdickungsring der Zellen der Mesiom- scheide . 2.2 22er onen . 10 „ 17 „ 22% Durchmesser der Entfaltungszellen . . . 60, 24 „ 10 „ Anzahl der Bastelemente unter dem mitt- leren Gefäßbündel . . 2.» 2... 76 „ 38 „ 24 „ Je sechs Pflanzen im Sommer 1913 mit Kalisalpeter, Ammonium- sulfat oder Ammoniumnitrat gedüngt, wuchsen üppig und zeigten eine Annäherung an die offene Blattform mit vergrößerten Entfaltungszellen und schwächerer Verdiekung des Bastbeleges und der Mestomscheide. Mit Nährlösungen wurden folgende Versuche an- » gestellt: Pflanzen mit mehreren Blättern wurden am 20. Mai in Wasser gesetzt und am 3. Juli, nachdem sie alle kräftige Wurzeln gebildet hatten, folgendermaßen verteilt: 18 in Knop 2,5%, 6 in Knop 5%, 4 in Regenwasser mit Zusatz von Eisenchlorid, 4 in Regenwasser ohne solches. Von den Pflanzen in Knop 2,5%, wurden bei 6 die Blätter, bei 6 die Wurzeln abgeschnitten. Alle Pflanzen gediehen gut. Die Pflanzen in Regenwasser besaßen bald ein viel stärkeres Wurzelsystem wie die in Knop; sie bildeten borstenförmige, stark be- reifte Blätter mit verdiekter Epidermis. Der Sklerenchymbeleg war nur unter den Gefäßbündeln und in den Ecken ausgebildet. Seine Elemente waren verdickt, ebenso die der Mestomscheide. Die Entfal- tungszellen waren nicht vergrößert. Die Pflanzen mit Zusatz von Eisen- chlorid hielten länger aus wie diejenigen ohne solches. Einen ähnlichen Bau zeigten die Blätter derjenigen Pflanzen in Knop, denen die Wurzeln, abgeschnitten waren. Doch waren die Verdickungen etwas weniger stark, Erst nach etwa 4 Wochen erschienen zahlreiche neue Wurzeln und nun gingen die Pflanzen zur Bildung von geöffneten Blättern über. Die Pflanzen in Knop 2,5°/,, zeigten von Anfang an viel weichere Blätter; diese standen nicht steif in die Höhe, sondern hingen etwas hintüber. Am üppigsten gediehen die Pflanzen in Knop 5%ygs; sie zeigten die größten Entfaltungszellen. Ebensolche Blätter ent- 48 Wilh. Vischer, standen an Pflanzen in Knop 2,5 bei denen die Blätter vorher ent- fernt worden waren. Aus einer solchen Kultur stammt der gezeichnete Querschnitt. Nachdem alle Exemplare einen typischen Charakter angenommen hatten, wurden am 22. Juli Exemplare aus Regenwasser in Knop 2,5 versetzt, Solche aus Knop 2,5 und 5°/,, in Regenwasser. Am 15. August sahen die vorher in Regenwasser gewesenen jetzt in Knop aus wie die übrigen, die seit Anfang darin waren. Diejenigen in Regenwasser, die vorher in Knop 5°/,, sehr breite, überhängende Blätter gebildet hatten, besaßen am 20. August borstliche, aufgerichtete, bereifte Blätter. Ebenfalls am 22. Juli wurden zwei Exemplare mit ausgebreiteten Blättern aus Knop 5°%/,, in Regenwasser versetzt und unter eine feuchte Glocke gestellt, um zu sehen, was Luftfeuchtigkeit und Mangel an Nährsalzen als entgegen- gesetzte Faktoren für einen Effekt haben. Die Pflanzen bildeten seit Ende August schmälere, halb offene, schwach hereifte Übergangsblätter mit mittlerer Bast- und Scheidenverdickung, zeigten also eine Annäherung an den xerophilen Typus. Wasser Wasser Knop 2,5 Kno unter Vorher zen Biskter ED) Glocke, in Enop| abge: Inormal| abge- % |vorher in schnitten schnitten Knop 5%, & 1 & B [1 u Außenwand der Epidermis 12 4 |34 2 4 10 Wanddicke im Bastbeleg, . . von Lumen zu Lamen 12 10 2 _ 2—3 10 Verdickungen der Endo- demis „202 2.. 10 4 2 _ 3 8 Durchmesser der Entfal- . tungzellen ....,. 50 1|50-60| 90 j130—140| 110-140} 30-50 Durchmesser der Epider- miszellen der Oberseite überall a. 20 ....| 20 20 20 20 20 20 Anzahl der Bastfasern unter dem mittleren Gefäß- bündel . „22... 70-80 | 20—40 80-40 10 20--55 | bis 80 Die Luftfeuchtigkeit betrug bei schlechtem Wetter im Gewächs- haus 70--90°/,, bei Sonnenschein im Herbst und Winter 1913/14 bis 30 und weniger Proz. Während solcher ausgeprägten Trockenperioden veränderten die Pflauzen in Knop ihre ausgebreitete Struktur nicht, ebensowenig bei schlechtem Wetter diejenigen im reinen Wasser ihre eingefaltenen Blätter. Wurden Pflanzen mit den Wurzeln in Wasser ins Dunkle gestellt so gingen sie nach 2—4 Tagen ein. Zuweilen bildete sich noch ein Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 49 Blatt, das keine Membranverdickungen aufwies, aber auch keine Ver- größerung der Entfaltungszellen. Die Ausbildung der letzteren wird durch das Licht wesentlich geförder. An acht Topfpflanzen wurden die Blätter abgeschnitten. Die Hälfte wurde verdunkelt. Nach 6 Tagen hatten die Lichtkulturen ca. 5 cm, die Dunkelkulturen 7—8 em lange Blätter. Dunkel Lieht Durchmesser der Entfaltungszellen .. ... » 4 u 110-130 a Durchmesser der angrenzenden Epidermiszellen 20 „ 20 » Nach einiger Zeit glich sich der Unterschied jedoch etwas aus, Chemische Resultate: Wasser |das Trocken- gewicht % % Immer im selben Topf, blaugrün bereit ...... 68,11 6,7 Mit NEL,SO, . - vor serrenennn 77,82 6,79 Verschiedene N Male verpflanzt, etwas offen... .. 62,77 9,88 In Knop 25 .. 2.22 r ernennen 0,26 11,12 In Knop 5 1 PER 68,27 11,65 84,16 13,99 Es zeigt sich also eine Steigerung des Aschengehaltes mit zu- nehmender Annäherung an die offene Blattform. Das Verhältnis der ausgebreiteten Blätter zum Primärblatt ist ein ähnliches wie bei den übrigen behandelten Beispielen. Fig. 48 zeigt einen Querschnitt durch die obere Hälfte eines Primärblattes von 3 cm Länge, das in einer Petri-Schale auf Löschpapier gewachsen war. Die Furchen der Oberseite sind bereits vorhanden, stehen aber offen. Die Entfaltungszellen sind wenig größer wie die angrenzenden Epidermis- zellen. Spaltöffnungen kefinden sich auch hier nur auf der Oberseite. Der Bastbeleg ist nur in den Ecken durch je zwei bis drei etwas ver- dickte, verholzte Fasern angedeutet. Dort sind sie auch bei Rückschlags- blättern noch am zahlreichsten. Unter dem mittleren Gefäßbündel sind noch keine vorhanden. Die Endodermis ist bereits etwas verdickt. Die grüne Scheide enthält Chlorophylikörner. Die Form der Primärblätter kann schwanken: Die Entfaltungszellen können von den übrigen Epi- dermiszellen im Querschnitt nicht zu unterscheiden sein, sie können aber auch dreifachen Durchmesser besitzen. Die Keimlinge verhielten sich ziemlich gleich, ob sie auf offener Erde oder auf Löschpapier in einer Glasschale sich befanden. Nach einigen Monaten, wenn die Pflauzen Flora, Bi. 108, 4 50 Wilh. Vischer, etwas erstarkt sind, können größere Blätter erscheinen, die typische Entfaltungszellen besitzen und ziemlich flach sind wie diejenigen in Knop 5%/,9. Auf diese folgen dann normale Folgeblätter. Zur Untersuchung der Frage, ob die Form der ersten Primär- blätter innerhalb dieser Grenzen fixiert sei, oder ob sie bereits unter dem umbildenden Einfluß der im Samen angehäuften Reservestoffe zustande gekommen sei, wurde folgender Versuch angestellt: Sobald das Keimwürzelchen die Coleorrhiza durchbohrt und die Coleoptile die Samenschale gesprengt hatte, wurden die Keimlinge des Endosperms und des Scutellums beraubt; dann wurden sie auf Torf gesetzt, der mit Knop 2,5°/,, getränkt war. Von 25 so behandelten Pflänzchen gingen 22 zugrunde. Geschah der Eingriff aber etwas später, so war der Ausschlag der Reaktion geringer. Die überiebenden Fig. 44. Fig. 48. Festaca glauca. Normales Primär- Fig. 44. Festuca glanea. Primärblatt, blatt. Vergr. 120, gewachsen nach wegpräparieren des Endo- sperms. Vergr. 120. Pflänzchen wuchsen langsam, bildeten nur schwache Wurzeln und gingen, nachdem die Blätter zur Untersuchung abgeschnitten wurden, gleichfalls ein. Fig. 44 stellt einen Querschnitt in ungefähr der Fig. 43 ent- sprechenden Höhe eines 21/, cm hohen Blattes dar. Die Vergrößerung ist dieselbe. Die Zellen sind alle etwas kleiner, die Entfaltungszellen dagegen sehr groß, das Blatt infolgedessen nahezu flach. In der einen Ecke (links) sind zwei gestreckte enge Zellen mit: sehr zarten Wänden. Die Mestomscheide ist unverdickt; auch an der Basis dieses Blattes fehlten Wandverdickungen vollständig. Bei einem Blatt aus einer anderen ähnlichen Kultur, das zwar weniger ausgebreitet war, fehlte die vorspringende Leiste über dem mittleren Gefäßbündel vollständig, die Entfaltungszellen waren nur durch eine Spaltöffnung getrennt. Lygeum spartum Loefl. . Lygeum spartum ist ein an trockenen Stellen des Mittelmeer- gebietes weit verbreitetes Gras mit drahtähnlichen Blättern. Experiment. Beiträge z. Kenntnia d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen, 51 Fig. 45 stellt einen Querschnitt‘) durch ein solches von einem Gewächshausexemplar dar, das in seinem Bau von in Freiheit gewachsenen Pflanzen nicht wesentlich abwich. Der: Querschnitt ist rund, mit einer tiefen Furche auf der oberen Seite. Die Epidermis der Unterseite besitzt eine dicke Cuticula und ist mit Spaltöffnungen versehen. Deren Neben- zeilen sind stark eutienlarisiert, aber durch ein deutliches Gelenk mit den Schließzellen verbunden. Diese sind nach den gewöhnlichen Typus gebaut und sehr stark verdickt. Auf der Unterseite sah ich auf allen Präparaten die Spalte stets geschlossen. Die starken Verdiekungen und das enge Lumen scheinen zur Bewegungslosigkeit geführt zu haben. Die Epidermis der Oberseite ist ebenfalls von einer dicken Cuticula über- zogen und besitzt Papillen ond Spaitöffnungen. Ent- faltungszellen sind nicht an- deutungsweise vorhanden. Die Spaltöffnungen erscheinen hier zum Teil etwas geöffnet. Die Außenwand der etwas großlumigeren Nebenzellen ist schwächer verdickt und von einer dünneren Outieula überzogen. Sie scheint wie die der angeschwollenen Enden der Schließzellen biegsam zu sein, so daß die Funktion der Spaltöffnungen wahrscheinlich nicht gehindert ist. Meist finden sich fünf stärkere und einige schwächere Gefäßbündel im Blatt, die durch Baststränge mit der Unterseite der Epidermis verbunden sind. Deren Elemente besitzen eine knorpelähnliche Verdickungsschicht, die die Zellen beinahe bis zum Schwinden des Lumens ausfüllen. Dazwischen sind weitere Bast- stränge der Epidermis angelagert. An der Oberseite befinden sich über den Gefäßbündeln vorspringende Längsleisten mit Baststrängen. Mit diesen sind die stärkeren Gefäßbündel durch eine Platte chlorophylifreien Gewebes verbunden. Aus gleichen Zellen besteht die grüne Scheide; sie kann verholzt sein. Die eigentliche Mestomscheide ist nahe bis zum Schwinden des Lumens verdickt, Fig. 45. Lygeum spartum. Normal. Vergr. 70, 1) Abbildung bei Duval Jouve, Taf, XVII, 1875, Tschirch, Taf. XVI, 1882. 4 52 Wilh. Vischer, Fig. 46 stellt den Typus eines ausgebreiteten Blattes dar. Während beim Folgeblatt durch Einrollen die mechanischen Elemente die Form eines Hohlzylinders angenommen haben, kommt hier der Schwendener- sche Typus „Subepidermale mit Mestom verbundene Träger auf der Druckseite, kombiniert mit mestomfreien Bastbändern auf der Zugseite“?) klar zum Ausdruck. Allerdings sind diese im Verhältnis zum normalen Blatt aus nur wenigen und schwach verdickten Elementen zusammen- gesetzt. Die eigentliche Mestomscheide ist schwach verdickt und meist verholzt. Der Spaltöffnungsapparat der Unterseite besitzt hier schwächere Fig. 46. Lygeum spartum. Kultur in Wasser; erstes Blatt nach Einsetzen in Feuchthaus. Vergr. 70. Verdickungen wie beim normalen Blatt derjenige der Oberseite. Die Nebenzellen sind größer. Die Epidermis der Oberseitedes Blattes besitzt nur auf den Kanten über dem Bastbeleg eine Cutieula. Ebenso sind die Schließzellen und die Papillen noch von einer Cuticula über- zogen. Alle übrigen Zellen besitzen eine reine Zellulosewand. In den Furchen sind die Epidermiszellen zu richtigen Entfaltangszellen ausgebildet. Das Parenchym ist etwas lockerer, die Zellen der Ober- seite eiwas gestreckter wie beim eingerollten Blatt. Fig. 47 stellt einen Längsschnitt dar. Die Mesophylizellen sind längsgestreckt und ein- bis mehreremale eingeschnürt, wodurch sie auf Quersehnitten mit einem Loch versehen erscheinen. Die radial ge- streckten Zellen der Oberseite nehmen so die Gestalt von Armpalissaden an. Dieses typische Querschnittsbild findet sich natürlich nicht immer 1} Schwendener, 8. 78, 1874. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformenxerophiler Pflanzen. 58 so stark ausgeprägt. Das gezeichnete Blatt war in einer Wasserkultur entstanden nach Einsetzen in feuchte Luft. Mit dem geschilderten ausgebreiteten Blatt stimmt das Primär- blatt bis in die meisten Einzelheiten überein. Nur sind hier (leider keimten nur zwei Samen) die Entfaltungszellen von den übrigen Epidermis- zellen nicht wesentlich verschieden (Fig. 48). Mit Lygeum spartum wurden ungefähr die- selben Versuche angestellt wie mit Festuca glauca, mit ähnlichem Erfolg. Durch Feuchtkultur und Abschneiden der Blätter wurden Blätter erhalten, Fig.47. Lygeum spartum, die sich meist mehr oder weniger dem darge- a karaito: Zn stellten offenen Querschnitt näherten. Düngung nere Oberseite. Vergr.70. mit Stickstofsalzen ergab ebenfalls einen ähnlichen Erfolg, deutlicher als im gleichen Fall mit Festuea. Die Pflanzen bildeten sehr zahreiche, fette Blätter. Die 10 längsten Blätter betrugen für ein Exemplar mit KNO, im Durchschnitt 60 em, mit (NH,),SO, 56,5 em, mit NH,NO, 59 em. Für Kontrollexemplare 42 em. Sie Fig. 48. Lygeum spartum. Primärblatt, Verer. 70. waren geöffnet. Doch waren die Bastfasern, wenn auch weniger zahl- reich als beim normalen Blatt, ziemlich stark verdickt, die Endodermis dagegen schwach. Die Cutieula der Oberseite war außer auf den Neben- zellen überall vorhanden. In Knopscher Nährlösung verhielten sich die Pflanzen ebenfalls ähnlich wie Festuca. In Knop 2,5%, und 5%, sowie in der „Neuen Münchener Nährlösung“ von Hiltner®) 1) Hiltner, 8, 18, 1913, 54 Wilh. Vischer, bildeten sich Blätter, die zum Teil mit dem dargestellten (Fig. 47) Querschnitt vollkommen übereinstimmten, zum Teil sich ihm näherten. In Regenwasser traten nur drahtförmige zähe Blätter auf, die dieselben Sklerenchymverdickungen aufwiesen wie die normal in Erde gewachsenen. Zwei starke Pflanzen wurden im Herbst mit den Wurzeln in Regen- wasser in ein Feuchthaus gestellt. Die zuerst erschienenen, in 14 Tagen ausgewachsenen Blätter, zeigten einen noch vollkommen dem Primärblatt ähnlichen Typus. Von einem solchen stammt Fig. 47. Die späteren Blätter waren, wie im analogen Fall von Festuca, wieder rund und geschlossen, deren Bastelemente wieder ziemlich zahlreich und verdickt; sie näherten sich wieder dem normalen Folgeblatt. Eine Aschenwägung ergab ein ähnliches Resultat wie bei Festuca. Wasser Asche auf das Trockengow. % % Normale Folgeform . . . . 53,33 7,56 Mit KNO, gedüngt .... 66,37 11,52 IKup ........ 82,22 . 15,28 Nardus strieta L. Die bei Festuca glauca und Lygeum spartum gewonnenen Resultate sollten auch bei diesem Gras auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Doch bin ich, da die Pflanze nicht recht ge- deihen wollte, zu keinem abschließen- den Resultat gelangt. Zudem scheinen die Ernährungsverhältnisse durch eine endotrophe Mycorrbiza kompliziert [SchröterY]. Es sei nur auf einige Punkte hingewiesen, die es wahr- scheinlich machen, daß dieselben Fak- toren für die Form der Blätter aus- Eig. 2, Nardus strii. Blatt von schlaggebend sind. Aufder Lauberberg- or Lauberberg-Alpe mit großen Ent- Alpe im Aschauer-Tale (südlich des Jaltungszellen. Verge. 27. Chiemsees) fand ich im Sommer 1918 in einer tonigen Mulde in sumpfigem Boden Nardus strieta in sehr üppiger Entwicklung. Die Blätter waren 30 em lang, also mehr wie doppelt so lang wie an den auf der nahen Weide stehenden Exemplaren (deren Länge 10-15 em). Sie waren breit und schwer, so daß sie mit ihren überhängenden Enden zum Teil den Boden berührten (Fig. 49). Die Entfaltungszellen, die ge- » Schröter, S. 305, 1908. Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 55 wöhnlich nicht viel größer sind wie die übrigen Epidermiszellen, waren deutlich entwickelt [vergl. Abb. in Schröter), und Grob2)]. Blüten waren keine vorhanden. Es zeigte sich, daß an der Stelle früher ein Köhlerhaufe gestanden hatte, so daß jedenfalls der Boden mit Nähr- salzen gut versehen war. Auf einer Weide in der Nähe war ebenfalls ein Unterschied in der Größe und Öffnunsweite der Blätter zu erkennen, je nachdem die Pflanzen an Stellen standen, die nicht gedüngt waren, oder an solchen Stellen, die im Jahr zuvor mit Mist bedeckt gewesen und jetzt als runde nicht abgefressene Grasinseln kenntlich waren. Die Frage, wie Nardus durch Düngung?°) vertrieben wird, ist bekanntlich noch nicht ganz gelöst, ebensowenig sein Verhalten gegenüber Bewässerung‘). Tatsache ist, daß er durch diese Mittel ausgerottet wird; ob aber direkt oder durch stark überhandnehmende andere Pflanzen, ist nicht gewiß. Im vorliegenden Falle schien er auf Düngung zuerst mit üppigem Wachstum, Vergrößern der Entfaltungszellen und schwacher Verminde- rung des Bastes reagiert zu haben. Denkbar wäre, daß damit eine Abschwächung der Resistenzfähigkeit verbunden ist. Jedenfalls hatte die Blühbarkeit stark abgenommen. Auf einer nahe- liegenden, anscheinend seit einigen Jahren gedüngten Alpwiese, auf der 1% Fuß hohe Futterkräuter ge- diehen, zeigten sich unter diesen ganz verborgen noch zahlreiche Nardus-Pflanzen, denen aber durch jene das Licht genommen war. Die allerersten Primärblätter (Fig. 50) zeigen etwas vereinfachten Bau. Nur zwei Furchen auf der Fig. 50. Nardus striea. Oberseite, wenig Bast und etwas vergrößerte Gelenk- Primärblatt. Vergr 100. zellen. Sie sind offenbar schwach ausgeprägte Hem- mungsbildungen. Die nächstfolgenden nehmen die Gestalt, wenn auch in etwas kleinerem Maßstabe des für die tonige Mulde der Lauberberg- Alpe geschilderten Typus an. Die Entfaltungszellen sind noch etwas größer wie bei diesem letzteren. In den Blättern vom Lauberberg haben wir also eine Rückkehr auf die Jugendform vor uns. Durch Feuchtkultur oder durch Abschneiden erhielt ich nur schwache Reak- tionen. In Nährlösung und bei Düngung mit Kalisalpeter war kein 1) Schröter, $. 300. 2) Grob, Taf. I, 1896. 3) Stebler, 1888, 8. 149. 4) Schröter, pag. 304. 56 Wilhh. Vischer, Ausschlag wahrzunehmen. Wie das Verhalten in der Natur zeigt, scheint die Pflanze sehr langsam zu reagieren. Wasser Asche auf das Trockengew. % % Primärblätter .. 220000. 75,97 14,12 Normale Folgeblätter . .... . » 71,06 6,55 Blätter von der Lauberberg-Alpe . . 67,79 6,36 Es war versäumt worden, die Menge der Kieselsäure zu be- stimmen, die hauptsächlich beim normalen Blatt jedenfalls einen bedeu- tendes Teil ausmacht und natfirlich unter die Nährsalze nicht mitge- rechnet werden sollte. Der Einrollmechanismus. Da im Experiment bei allen drei behandelten Grasarten speziell die Ausbildung der Entfaltungszellen starken Veränderungen unter- worfen ist, so sei hier über deren Funktion einiges mitgeteilt, da sich widersprechende Angaben in der Literatur vorfinden. Duval Jouvet) bringt sie bereits in Beziehung zur Entfaltung aus der Knospenlage und zum Schließen und Öffnen der Blätter bei verschiedenem Wassergehalt. Er führt die Bewegungen auf Turge- szenzänderungen zurück. Für Lygeum spartum und Nardus strieta kon- statiert er, daß deren binsenförmige Blätter nahezu unbeweglich sind. Tschirch?) dagegen gibt an, daß er Lygeum spartum und Festuca glauea Bewegungen ausführen sah. Bei Festuca glauca sollen sie in folgender Weise vor sich gehen: Die der unteren Epidermis zunächst liegenden Bastfasern sind weniger stark quellbar wie die weiter innen liegenden. Verliert also das Blatt Wasser, so schrumpfen diese letz- teren stärker und das Blatt klappt zusammen — ein Versuch, der jederzeit an totem Material wiederholt werden kann, Bei Macro- chloa tenacissima verhindert Durchschneiden der Gelenkzellen die Be- wegung nicht. Diese stellen nur passiv sich verhaltende Charniere dar, Bei Festuea rolit sich ein Tangentialschnitt ein, auch wenn er kein grünes Gewebe enthält. Also spielen Turgorschwankungen in den Gelenkzellen keine Rolle, sondern Membrangnellungen im Bastbeleg. Dieselbe Darstellung findet sich beinahe wörtlich bei Altenkirch®). Ebenso ist sie in das neue Werk von Neger“) übernommen worden. }) Duval Jouve, $. 322, 1875. 2) Tschirch, 8. 56Lff., 1882, 3) Altenkirch, S. 376, 1894. 4) Neger, $, 164, 1918. Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 57 Massart!) rechnet Festuca ovina mit Corynepharus canescens aus- drücklich zu den Gräsern, die unbeweglich und stets geschlossen sind. Auch Goebel?) sah Festuca glauca keine Bewegungen ausführen. Bei lebenden typischen Folgeblättern konnte ich nie eine Bewe- gung konstatieren. Tangentialschnitte freilich rollten sich in totem und lebendem Zustand. Doch erscheint es höchst unwahrscheinlich, daß äuch bei nicht ganz typisch ausgebildeten Blättern, die etwas geöffnet sind, in lebendem Zustand durch Wasserverlust gerade der an zen- tralster Stelle des Blattes gelegenen Zellen die Bewegung verursacht wird. Rückschlagsblätter aus Knop’scher Nährlösung klappen bei Wasserverlust zu und öffnen sich beim Wiedereinstellen in Wasser in ea. % Stunde. Es ist ausgeschlossen, daß in diesem Falle Unterschiede im Wasserverlust des Sklerenchym- belages eine Rolle spielen, da dieser sehr schwach entwickelt ist. Wurden wie in der m Fig. 51 angegebenen Weise das Parenchymgewebe und die Gelenkzellen in der Mitte des Blattes wegpräpariert, so krümmte sich dieses nicht in der Mitte, wo der schwache Fig. 51. Fostuca glauca. Ausge- Bastbeleg lag, sondern die beiden breitetes Blatt aus Knop 5°/, mit unverdiekten Bastzellen und großen Hälften klappten an den Stellen zu- Entfaltungszellen; der mittlere, punk- sammen, wo kein solcher, wohl aber fiorto Teil wurde wegpräpariert. Das Entfaltungszellen vorhanden waren. nicht über der Mitte, sondern nur H i i Fi R über den noch verhandenen Ent- Ähnlich verhielten sich die Schnitte faltungszelten, in Glyzerin. Analog verhielt sich Lygeum spartum, wo auch Tschirch®) die Wirkung von Turgorschwankungen nicht völlig ausschließt. Doch be- obachtete ich auch hier an typischen Rollblättern keine Bewegung, sondern nur an solchen aus Nährlösung. Versuche in kohlensäurefreier Luft. Es wurde noch der Versuch gemacht, bei gutem Licht und bei Lufttrockenheit, die Assimilation durch Entzug von CO, zu verhindern. Zu diesem Zwecke wurde eine tubulierte Clasglocke auf eine Platte Iuftdicht aufgekittet. In dieser Glasplatte waren drei Löcher, 1) Massart, S, 296, 1908. 2) Goebel, 8. 29, 1908, 3) Tschirch, 8. 563, 1882. 38 - Wilh. Vischer, durch welche die Versuchspflanzen hineinragten. Diese Löcher waren so klein, daß feuchte Luft nur langsam passieren konnte. Das ganze wurde luftdieht auf eine Glaswanne aufgekittet, die einen um mehrere Zentimeter größeren Radius als die Glocke besaß. So blieb noch Platz, um in die Glasplatte außerhalb der Glocke Öffnungen zu bohren, von deren jeder ein Schlauch zu einem Topf führte, durch den dieser be- gossen werden konnte. Dann wurde Luft, die zuerst Kalilauge und dann Chlorkalzium passiert hatte, mittels Wasserstrahlpumpe durchge- sogen. Leider ertrug weder Festuca noch eine der übrigen Versuchs- pflanzen den Mangel an Kohlensäure lange genug, um einen Ausschlag zu geben. Die älteren Blätter vergilbten, es schienen Stoffwechselprodukte aufzutreten, die den Tod herbeiführten [Voechting, Jost})]. Teodoresco?) hat z. B. für Phaseolus multiflorus angegeben, daß das Palissadengewebe in kohlensäurefreiem Raum schwächer sich aus- bildet, sowie daß die Interzellularen enger sind, und daß bei Marchan- tia polymorpba die Atemhöhlen auf einer frühen Entwicklungsstufe stehen bleiben und keine Papillen aufweisen. Doch sind, so lange nicht genauer die Natur der sonstigen durch CO,-Entzug im Stoff- wechsel der Pflanzen herbeigeführten Änderungen bekannt sind, solche Versuche nicht ganz eindeutig. Schlußfolgerungen. Im Folgenden sind die Resultate der Troekengewichts- und Aschenwägungen in übersichtlicher Weise zusammengestellt: (Tabelle s. Seite 60 u. £.) In dieser Tabelle sind die Angaben über die relativen Wasser- mengen nicht ganz genau, da die Pflanzen nieht unmittelbar nach dem Abschneiden gewogen werden konnten. Die Turgescenz kann eine etwas verschiedene gewesen sein. Tun manchen Fällen scheint die Folgeform eher eine größere Menge Trockensubstanz zu besitzen als die Rückschlags- oder Primärform. Dagegen geht das Verhältnis des Aschengehaltes zur Trockensubstanz mit wenigen Ausnahmen der mor- phologischen Differenzierung parallel. Wir sehen eine deutliche Über- einstinmung dieses Verhältnisses bei Jugendformen und Rückschlägen. Bei den Folgeformen ist es in ganz bestimmter Richtung verschoben. Zwar werden hiemit gewiß eine Anzahl anderer Veränderungen unbe- 1} Jost, 1896, siehe dort weitere Literatur. 2) Teodoresco, 1899. Experiment Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 59 kannter Art Hand in Hand gehen. Speziell wäre zu untersuchen, welche Mineralbestandteile eine Hauptrolle spielen. Doch scheint schon so mit ziemlicher Sicherheit zur Geltung zu kommen, daß Pflanzen dadurch auf der Stufe der Primärform gehalten werden können, daß der. für diese eharakteristische Stoffwechsel aufrecht er- halten wird, und daß Rückschläge dadurch zustande kommen, daß dieser wieder hergestellt wird. In den vorliegenden Versuchen hat es sich als für die Pflanze gleichgültig erwiesen, durch welche äußeren Faktoren diese inneren Bedingungen wieder hergestellt wurden. Es schien für die Reaktion belanglos, ob durch Einsetzen in Regenwasser oder durch Beschneiden der Wurzeln die Nährsalzaufnahme bebindert wurde; oder im umgekehrten Fall, ob durch Luftfeuchtigkeit, Zurück- schneiden, Verdunkeln oder Einsetzen in Nährlösung das Verhältnis der Salze zu den Assimilaten zugunsten der ersteren beeinflußt wurde. Ausschlaggebend scheint also in allen Fällen dieses Verhält- nis gewesen zu sein. B Irgend eine Beziehung zu einem „Bedürfnis“ der Pflanze kommt hiebei nicht in Betracht. In Wasserkultur hätten z. B. Festuea, Lygeum, oder Veronica cupressoides keinen Grund, durch Bildung der xerophilen Folgeform die Transpiration einzuschränken. Im Gegenteil, es wäre „nützlicher“, wenn diese möglichst ausgiebig gemacht würde, um die etwa noch vorhandenen Salze besser ausnützen zu können. Aber die Blätter werden kürzer und erhalten verdickte Wände. Bei den schweren, 60 cm langen Blättern von Lygeum spartum (nach Düngung) ist weniger Stützgewebe vorhanden wie bei den 40 cm langen, normalen. In den Schuppenblättern der Veronica cupressoides besitzt das Bündel einen dicken Bastbeleg, trotzdem das Blatt dick und kurz ist!). Die Pflanze kann in keinem Fall das tun, was für sie von Vorteil wäre, sondern das, wozu sie gezwungen wird. Die Veränderungen, die bei verschiedener Kultur auftraten, stellten sich in allen Fällen als eine Annäherung an Jugend- oder Folgeform heraus. Wenn die notwendigen Bedingungen für das Auftreten der einen oder anderen erfüllt sind, so muß die Pflanze diese bilden, Der zerophile Charakter der Folgeform ist durch die im Verhältnis zu den Mineralbestandteilen im Überschuß vorhandenen Assimilate bedingt, die als Wandverdiekungen abgelagert werden. Die Form der Primärblätter ist ebenfalls von den im Samen gegebenen Bedingungen abhängig. Auch hier sind für die Formbildung 1) Goebel, $. 38, 1908. 60 Wilh. Vischer, Campanula rotundifolia: Freiland-Rundblättr . ... . Freitand-Langbätter . .... Gewächshausezemplare (Bandbl) Gewächshaus-Langblätter (gingen bald zur Bildung von Über- gaugshlättern über) . . Rumdblätter aus Dunkelkultur saftig grün... 2.2200. Ebene .... 22220. Callistemen lanceolatus: Folgeblätter .. 2.2.2.2... Callistemon amoenus: 1. Primärblätter ..... na 2m Carmichaelia flagelliformis: Eucalyptus globulus: 1, Primärblätter . 2.22... a n Folgeform, junge Sproßspitzen ” ” ” Festuca glauca: Knop 5 = - ron. Knop 25 Yo 22 none. Verschiedene Male verpflanzt, in üppigem Wachstum, dunkelgrün Immer i im selben Topf, hell blau- Haken Laurina: Primärblätter . 2.2.2.0... 0,2242 0,4184 1,0560 0,9536 0,1892 0,7874 0,4443 2,9670 0,9222 27872 0,6518 0,3122 2,1624 3,4930 4,6418 8,1750 0,3609 0,6637 0,9112 1,6440 1,4126 2,8376 1,0880 21222 0,0948 0, 1692 0, 2354 0,2118 0,0160 0,1392 0,0394 1,1162 0,2948 0,7150 0,1906 0,1427 0,5860 1,0364 1,8592 3,2230 0,2464 0,5586 0,1798 0,5300 0,4506 0,6296 0,4268 0,6916 0,1294 0,2492 0,8206 0,7418 0,1232 0,6288 0,4049 1,8508 0,6274 2,0722 0,4612 0,1695 1,3764 24566 2,7826 4,9520 0,1145 0.1051 0,7314. 1,1140 0,9620 2,2080 0,6612 1,4306 Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 61 - Trocken- w. Aschen- Asche m % Asche in % gewicht „ aRcer gewicht des Frisch- | des Trocken- m% in % gewichtes gewichtes in g 42,28 57,72 0,0178 7,95 19,72 40,44 59,56 0.0256 612 15,13 22,30 77,70 0,0840 322 14,48 22,21 77,79 0,0328 3,44 15,48 11,49 88,51 0,0039 2,80 24,37 18,13 81,87 0,0202 2,63 14,52 8,36 91,18 0,0058 1,30 14,72 37,62 62,88 0,0758 2,55 6,79 31,97 68,03 0,0192 2,08 6,47 29,24 70,76 0,0504 181 7,04 29,24 70,76 0,0180 2,45 8,42 36,60 63,40 0,0070 224 6,18 27,05 72,95 0,0464 2,15 7,92 29,67 70,83 0,0700 2,0 6,25 £0,05 59,95 0,1030 222 5,53 39,42 60,58 0,1260 1,54 3,90 31,73 68,27 0,0287 7,95 11,65 15,84 84,16 0,0147 221 13,99 19,74 80,26 0,0200 ! 2,19 11,12 32,23 67,27 0,0524 3,18 9,88 31,89 68,1 0,0302 2,13 6,70 22,18 77,92 0,0428 1,50 6,79 39,22 60,78 0,0286 2,72 6,93 32.58 : 0,0258 122 3,73 62 Wilh. Vischer, Fortsetzung der Tabelle Trocken- gewicht ing Wasser ing Hakea snaveolens; Primärform (Keimling) .. Folgeform . . 2.2. 20.0. Juniperns Chinensis: 1. Retiniypora . -. vr... 2. PER 3 Mr 1. Folgelorm . ..- 2.0... 2. Pe Fe Yariegata -Form, chlorophyllose Sproßspitzen der Refinispora . Folgeform -.. 2.2.2.2... Normal .. 2. 2222200. Mit KNO, gediehen ..- .. . InKnop .... 2.2.2208 Mühlenbeckia platyelados: Rückschlag . . 2. 2....-. Nardus strieta: Blätter von Keimpflauzen . .. Normal ausgebildete Blätter . . Mulde von der Lauberberg-Alpe Ulex europaeus; Keimlinge Stecklinge: In Feuchtkultur ern. it (NH,),SO, gedüi u... Alte Pflanzen “ans Schauhans 5 Normal aus Stecklingen gezogene, im selben Haus wie (NH,),SO, Veronica cnpressoides: Rückschläge aus Feuchtkasten.. . Normale Foigeform 0,5130 "0,9392 1,2362 1,1191 2,2490 1,1778 1.9368 4.2340 0,8782 0,5090 0,6534 0.4234 0,0497 0,0854 0,4550 0,1826 0.2228 0,5344 0,1900 0,1034 0,4850 0,8122 0,8268 0,9750 0,3304 . 0.2550 i 1,3066 2,7460 1,7908 1,4149 3,8416 1,6666 i 2,9448 5,5130 0,8814 1,0962 . 0,7464 0,8354 0,2314 0,6640 1,5436 0,5774 0,5124 1,1244 0,8288 0,5082 1,8416 1,2082 12066 2,1642 1,1840 0,6298 Experiment. Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 63 von Seite 60 und 61. Trocken- gewicht in % 71,81 74,52 59,17 55,84 59,77 58,59 60,33 56,56 69,97 68,29 53,38 66,37 82,22 88,61 77,24 78,97 71,06 67,79 81,83 83,09 79.19 59,81 59,34 68,95 78,18 71,16 Aschen- gewicht ing 0,0370 0,9710 0,0814 0,0639 0,1352 0,0724 0,1396 0,3050 0,0270 0,0315 0,0494 1% 0488 % ‚0076 0,0138 0.0144 0,0258 0,0146 0,0340 0,0204 0,0092 0,0202 0,0408 0,0412 0,0480 0,0334 0138 Asche in % des Frisch- gewichtes 2,03 1,92 2,68 2,52 Aal 2,58 286 3,13 2,14 1,96 3,53 3,88 2,70 1,84 0,72 3,39 1,98 2,05 2,00 1,50 1,89 2.01 2,02 1,53 221 156 Asche in % des Trocken- gewichtes 64 Wiih. Vischer, Stoffwechselvorgänge maßgebend. Diese sind in hohem Grade durch die im Samen angehäuften Reservestoffe beeinflußt. Es hat sich gezeigt, daß bei Festuca durch Wegpräparieren des Endosperms ein Primärblatt zur Entfaltung gelangt, das von dem typischen abweicht, daß bei Hakea auch später noch Blätter erzielt werden können, die in ihrer Differen- zierung hinter den „normalen“ Primärblättern zurückbleiben. Die Primärblätter sind also in diesen Fällen bereits umgebildet durch die infolge der Ansammlung von Assimilaten geschaffenen Stoffwechselvor- gänge. Ihre Form stellt eine Reaktion auf die im Samen gegebenen Bedingungen dar. Da es schwierig ist, bereits diese zu modifizieren, so sind die Kenntnisse über die Reaktionsfähigkeit der Primärblätter noch gering (vgl. Klebs!). Doch hegt hier anscheinend nur ein Spezial- fall vor uns. Ob die Anzahl der Spaltöffnungen in einer Beziehung zur Assi- milation oder zur Transpiration steht, wurde nicht untersucht. Sie scheint aber eher für eine bestimmte Helikomorphie annähernd dieselbe zu sein, gleichgültig, unter welchen äußeren Umständen diese ent- standen ist. . Eine weitere Frage ist die, wie dieses Verhältnis von Aschen- bestandteilen zu Assimilaten durch die Versuchsanordnung beeinflußt worden ist. Für Nährlösungsversuche, Zurückschneiden oder Sandkultur scheint die Sache ziemlich klar zu liegen. Wie aber die Feuchtkultur eine Verschiebung herbeigeführt haben kann, ist ohne weiteres nicht ersichtlich. Und doch scheinen andere Tatsachen — daß z. B. Festuca in Wasserkultur trotz Feuchtigkeit die Wände stark verdickt, daß in Knopscher Lösung trotz Lufttrockenheit die BRückschlagsform ohne Wandverdickungen auftritt — dafür zu sprechen, daß die Luftfeuchtigkeit nicht direkt als solche — vielleicht durch Hemmung eines Transpirations- reizes — sondern gleichfalls auf dem Umweg der erwähnten Stoffwechsel- beeinflussung auf den Vegetationspunkt eingewirkt hat. Es seien hier einige Fälle, wo ebenfalls in Lufttrockenheit das erwähnte Verhältnis nicht wie gewöhnlich zugunsten der Aschenbestand- teile verschoben worden ist, aus der Literatur erwähnt. Wollny‘) kultivierte Pflanzen in trockener, mittelfeuchter nnd feuchter Atmosphäre. Trockengewichts- und Aschenbestimmungen wurden in Perioden von ca. 1 Monat vorgenommen. Aus seinen Versuchsergebnissen seien hier die Verhältnisse des Aschengehalts zum Troekengewicht zusammengestellt: 1) Klebs, 8, 291 f£., 1904. 2) Wollny, 1898, ” Experiment, Beiträge z. Kenntnis d. Jugend- u. Folgeformen xerophiler Pflanzen. 65 Es zeigt sich ein deutliches Ansteigen des Aschengehaltes während der I. Periode in Feuchtkultur bei Wicke, Luzerne, in sehr geringem Maße auch bei Lein. Bei der Kartoffel fand Wollny zwar die Knollen in feuchter Luft stärkereicher, dagegen die oberirdischen Teile in trockener Luft mit zahlreichen Körnern angefüllt. Über einen analogen Fall berichtet neuerdings Hasselbring®). Er kultivierte Tabakpflanzen in feuchter oder in trockener Luft und erhielt: " Trockengewicht Aschengewicht ing mg Trocken 188,2 18,25 Feucht 188,14 21,08 Schiösing?) hatte zwar für Tabakpflanzen angegeben, daß der Aschengehalt (besonders der Kieselsäure) in trockener Luft stark in die Höhe ging. Von Wasserpflanzen ist bekannt, daß sie einen sehr hohen Aschen- gehalt haben können. So wird z. B. für Ranunculus aquatilis 28% Asche auf das Trockengewicht angegeben [Leclere du Sablon®)] trotz mangelnder Transpiration. Doch ist auch für submerse Pflanzen von Wielert) ein Blutungsdruck festgestellt worden, während Strasburger Ceratophyllum demersum kein Wasser ausscheiden sah [vgl. Burger- steins)]. Jedenfalls besteht kein allgemein konstantes Verhältnis zwischen Transpiration und Aschenaufnahme. Verschiedene Pflanzen verhalten sich sehr verschieden. Luftfeuchtigkeit braucht nicht notwendig kemmend 1) Hasselbring, 1914. 2) Schiösing, 1869. 3) Leclere du Sablon, 8. 301, 1909. 4) Wieler, 8. 46, 1893. 5) Burgerstein, 8, 196, 1904, Flo, Bd. 108. 5 68 Wilh, Vischer, Literaturverzeichnis. Adamson, R.8., On the comparative Anatomy of the Leaves of certain Species of Veronica. The Journal of the Linn. Soc. Bot., Vol. XL, 8.247. London 1911-1912. Altenkirch, Gustav, Studien über die Verdunstungseinrichtungen in der troekenen Geröllflora Sachsens. Engler’s bot. Jahrb. 1894, Bd. XVII. Areschoug, F. W. C., Jemförande undersökningar öfver bladets anatomi. Minne- skrift utgiven af kongl. fysiolografiska Sällskapet i Lund. Lund 1878. Ders., Der Einfluß des Klimas auf die Organisation der Pflanzen. Engler’s bot. Jahrb. 1881 —1882, Bd. II. Ders., Über die Bedeutung des Palissadenparenchyms für die Transpiration der Pflanzen. Flora 1906. Armstrong, J. B., Synopsis of the New - Zealand Species of Veronica. Trans. 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Der Zustand der Leitbahnen in Sprossen, die trotz Wasser- zufuhr welken. Zusammenhang zwischen dem Welken der Blätter und dem Abtöten von Achsenstücken. II. Das Vertrocknen. A. Das Verhalten lebender Parenchymzellen. Blätter der Moose. Auftreten von Gasblasen in lebend bleibenden Zellen. B. Das Auftreten von Luft in normal Iuftführenden Zellen. Unterschiede der vor der Entleerung des Wassers sich ein- stellenden Kohäsionsspannungen. Wasserzellen von Sphagnum, Velamen der Orchideenwurzeln, Haare, Mark, Speicher- tracheiden, Blattgefäße, Holz. IL Das Wiederstraffwerden. A. Das Verhalten trockener Moosblätter bei Befeuchtung. Permeabilität des trockenen Plasmas. B. Einwirkung der Wassertemperatur auf das Turgeszentwerden welker Organe. IV. Folgerungen für die Theorie der Wasserversorgung. V. Zusammenfassung einiger Ergebnisse. LA. Die Vorgänge beim Welken von Parenchym. Mit den mikroskopisch zu verfolgenden Erscheinungen beim Wasser- verlust lebender und toter Zellen hat sich vor allem Steinbrinck in 74 Hans Holle, einer langen Reihe von Studien beschäftigt. Er versichert, daß das. Plasma ganz allgemein auch bei weitgehendem Wasserverlust sich von der Membran nicht löst, sondern daß die Zellwand unter Faltung dem. schwindenden Zellinhalt folgt. Von Plasmolyse beim Welken spricht dagegen Livingston!), Vielleicht ist der Ausdruck gar nieht wört- lich zu nehmen und soll nur Aufhebung des Turgors bedeuten. Aber unter gewissen Bedingungen kann tatsächlich beim Welken Plasmolyse herbeigeführt werden. Läßt man Flächenschnitte vom Blatt der Rhoeo discolor auf dem Objektträger langsam austrocknen, so sieht man, wie der tiefrote Zell- inhalt der Epidermiszellen sich von den Wänden zurückzieht, zuerst in den äußersten unverletzten Zellen der Schnitte, allmählich auch weiter innen, aber immer nur an sehr dünnen Schnittstellen, wo außer der Epidermis nur zerrissene Reste des Mesophylis vorhanden sind. Um irgend eine Art von Reizplasmolyse handelt es sich dabei nicht. Es ist nur der sich konzentrierende Zellsaft der angeschnittenen Zellen, der aus unverletzten Zellen Wasser herauszieht und hinter dem zusammen- sinkenden Plasmaschlauch dieser Zellen her durch die Wände dringt. Denn wenn die Schnitte, bevor sie zum Welken ausgelegt werden, mit destilliertem Wasser ausgewaschen werden, so unterbleibt die Plasmo- Iyse. Ist sie an nicht so behandelten Schnitten einmal eingetreten, so geht sie bei Wasserzugabe langsam zurück. An ganzen Blattstücken ist in einiger Entfernung vom Rand auch nach starkem Welken von Plasmolyse nichts zu sehen. Auch bei vielen anderen Objekten wurde abseits von Wunden nie Plasmolyse aufgefunden. Für die Folgen von Verwundungen ergibt sich aus dieser Beob- achtung, daß in mäßig feuchter Luft die unverletzten Zellen in der Nähe der Wundränder Gefahr laufen, durch Plasmolyse geschädigt zu werden. Ist die Verdunstung in trockener Luft stark, so mag der Zell- saft auf den Wundflächen so rasch eintrocknen, daß die Wirkung nicht weit in die Tiefe dringt. Bei Experimenten, in denen Wunden ange- bracht und mäßig feucht gehalten werden, kann es aber unter Um- ständen geraten sein, die Wunden mit Wasser abzuwaschen. Im übrigen wurden die Angaben Steinbrinck’s überall be- stätigt gefunden. Die Zellwände „sehrumpfeln“ beim Welken, wie Steinbrinck sagt (1900, pag. 217), d. h. sie werden, soweit sie an die Atmosphäre grenzen, von außen her eingedrückt und soweit sie Zellen voneinander trennen gefaltet und zerknittert. Läßt man einfache 1} 1911, pag. 418. Es heißt da: „the cells are plasmolyzed and general wilting oceurs”, und weiter unten: „long before plasmolysis oceurs.” or ERBE Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiedersiraffwerden. 75 Zellschichten austrocknen, so werden die Außenwände der Zellen ein- ander genähert und zuletzt aufeinander gepreßt, während in der Nähe der Seitenwände, wo die Tangentialwände am längsten voneinander fern ge- halten werden, sich flüssiger Zellinhalt bzw. Plasma am längsten hält. An abgezogener Epidermis von Rhoeo discolor tritt ein farbloser Fleck in der Mitte auf, umsäumt von einem tiefroten Ring. In den chlorophyllreichen Zellen der einschiebtigen Blattflächen von Mnium, Funaria, Hymeno- phyllum, Trickomanes verschwinden die Chloroplasten aus der Zellmitte, wenn die Außenwände sich eindellen, und häufen sich um die farblose Mitte zu einem ringförmigen Klumpen an. Alle diese Zellen nehmen eine im senkrecht zur Fläche geführten Schnitt hantelförmige Gestalt an, wie an-mit Alkohol fixierten Blättern von Trichomanes beobachtet wurde. Von vollständig ausgetrockneten Laubmoosblättern hat Stein- brinck dasselbe mehrfach dargestellt (z. B. 1908, Tafel V; 1910, pag. 22). Die Deformation der schrumpfelnden Zellen ist natürlich um so schwächer, je starrer die Zellwände sind. So werden die zartwaudigen Epidermiszellen der Zwiebelschuppen von Allium cepa alsbald zu flachen Bändern zusammengepreßt, während die dickwandigen Epidermiszellen der Blätter von Hakea suaveolens lange Zeit fast unverändert bleiben, Die Schrumpfelung lebender Gewebe beim Welken führt bei nach- giebigen Wänden zu einer viel stärkeren Verkleinerung des Volumens, als sie bei Plasmolyse, die ja die Zellwand nur entspannt aber nicht zerknittert, zu erreichen ist. Sehr starke Zerknitterung erfahren z. B. die zarten Wände in den weit zusammensinkenden Wassergeweben der sukkulenten Blätter mancher Peperomien; eine Abbildung gibt Haber- landt?). Daß ein leistungsfähiges lebendes Wassergewebe diese Eigen- schaft notwendig haben muß, hat schon Westermaier (1384, pag. Bl) klar auseinandergesetzt. Die notwendige Folge ist, daß solche ge- schrumpfelten Gewebe sich ausdehnen, wenn sie in eine hypertonische, nicht permeierende Lösung gelegt werden, die den Zusammenhang zwischen Plasmaschlauch und Membran aufhebt und der Wand die Möglichkeit gibt, sich elastisch zu entfalten und zu strecken. Blatt. fiedern von Hymenophyllum z. B., die an der Luft sich etwas gekräuselt haben, entfalten sich langsam, wenn sie in eine gesättigte Kalisalpeter- lösung gelegt werden, und erscheinen nach der Entfaltung plasmolysiert; die vorher eingedrückten Außenwände sind vom zusammengezogenen Protoplasten frei geworden und haben sich nach außen gebogen. Der Wasserentzug aus den kollabierenden Zellen führt natürlich zu einer Steigerung des osmotischen Druckes, und diese Konzentration 1) Physiologische Anatomie, 3. Aufl., pag, 360. 76 Hans Holle, .der Säfte macht eine Wasserabgabe aus den Speicherzellen an die zu speisenden Gewebe mit der Zeit immer schwieriger. Bei Oberflächen- zellen ist andererseits die Erniedrigung des Dampfdruckes, die sieh mit dem Welken und mit dem weiter fortschreitenden Schrumpfeln ein- stellt, ein Schutz gegen Verdunstung. Das Blatt von Hymenophyllum demissum aus dem Hymenophyllenhaus des Münchener Botanischen Gartens wird von einer Lösung, die ‘/, GM KNO, im Liter enthält, eben plasmolysiert, es hat also einen osmotischen Druck von rund 20 Atmosphären und muß, wenn es eben bis zur Aufhebung des Turgors welk geworden ist, noch weiter Wasser verlieren, falls die um- gebende Atmosphäre eine relative Feuchtigkeit von weniger als 98,5°/, besitzt?). Blattfiedern der Pflanze können aber ohne Schaden für Stunden in Kölbchen aufgehängt werden, die eine gesättigte Lösung von Kalisalpeter oder gar von Kochsalz enthalten und in denen eine Luftfeuchtigkeit von 93°/, bzw. von 76°/, herrscht”). Die Zellen schrumpfeln stark, wie an der Kräuselung der Fiederchen und Fiedern schon makroskopisch zu sehen ist, sie erhöhen auf diese Weise ihren osmotischen Druck und setzen ihren Dampfdruck allmählich ins Gleich- gewicht mit der Dampftension in der Luft, so daß sie nicht weiter Wasser abgeben. Bei epiphytischen Farnen und Moosen, die sich häufig ohne Wasserzufuhr behelfen müssen, aber dabei oft in mäßig trockener Luft sich befinden, ist deshalb vielleicht ein vollständiges „Lufttrocken- werden“ im Sinne des Laboratoriumarbeiters am natürlichen Standort gar nicht so häufig. Das ist bemerkenswert, weil Moose wiederholtes, mit Befeuchtung abwechselndes scharfes Austrocknen nicht gut ver- tragen (Irmscher, pag. 397). An Epidermen sind meistens die Seitenwände dünner und nach- giebiger als die Außenwände, und sie sind es deshalb, die sich in Falten legen, lange bevor an der Epidermis von außen eine Eindrückung der Wände zu sehen ist. Auch die großen halbkugeligen Wasserblasen auf den Blättern eines Mesembrianthemum zeigten auffallend lange keine Faltung der Wand in ihrem 'kuppelförmigen Teil: Es erwies sich damm aber, daß eine niedrige Ringzone der Membran von sehr nach- giebiger Beschaffenheit am Grund der Blase ausgebildet ist, da wo die Blase sich zwischen die viel kleineren gewöhnlichen Epidermiszellen einfügt, Diese basale Zone faltet sich je nach dem Wasservorrat des Blattes ein oder aus, während der derbere Kuppelteil des Haares sich 1) Renner 1915, pag. 640. 2) Ebenda, pag. 639, 661. Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 77 ohne Formveränderung senkt und hebt. Die Blasen sind also doch typische Wasserspeicher, die von ihrem Wasservorrat abgeben können. Anders sollte es mit den großen Epidermisblasen der kapländi- schen Rochea (Crassula) falcata nach Kerner!) und nach Pringsheim (pag. 131) stehen. Kerner gibt an, die dicke Zellhaut dieser Blasen sei so stark verkieselt, daß man durch Glühen ein Kieselskelett wie von Diatomeen erhalten könne. Trotzdem meint er, daß die Zellen als Wasserspeicher fungieren. Pringsheim dagegen weist mit Recht darauf hin, daß die extreme Starrheit der Membran, wie Kerner sie schildert, die Entnahme von Wasser aus den Zellen unmöglich machen müsse, solange sie leben ?). Andere Autoren erwähnen aber nichts von Verkieselung, so de Bary (pag. 68), Chodat (pag. 301), und auch an dem Gewächshausmaterial des Münchener Botanischen Gartens ist von einer solchen nichts zu finden. Nach dem Glühen von Epidermis- schnitten bleibt von den Blasenwänden ein dünnes Maschenwerk un- verbrennlicher Substanz übrig, aber keineswegs ein fest: zusammen- hängendes Skelett, das die Form der Zellen bewahren würde. In Säuren löst sich der unverbrennliche Rest der Epidermisschnitte unter starkem Aufbrausen größtenteils auf, nur lose kleine Körnchen bleiben erhalten. Größere Mengen von Kalksalzen dürften in der Asche nicht enthalten sein, denn bei Anwendung von Schwefelsäure scheiden sich keine Gipsnadeln aus. Ein Kieselpanzer, wie ihn Kerner schildert, ist also bei den untersuchten Materialien sicher nicht vorhanden. Läßt man junge, noch nicht ausgewachsene Blätter oder Epidermis- flächenschnitte von solehen Blättern austrocknen, so fallen die noch dünnwandigen Blasen zusammen und werden von allen Seiten her nach innen eingedrückt. Reife Blasen von ausgewachsenen Blättern zeigen bei weitgehendem Wasserverlust der Schnitte lange Zeit kaum eine Veränderung, dann aber birst die fein maschig skulptierte, wohl mit Aschenstoffen besonders reich imprägnierte Cuticula vom Scheitel der Blasen her in mehrere Lappen auseinander, die bei Berührung in Splitter zerfallen, also sehr spröd sind. Der übrige, viel dickere, aber weniger starre Teil der Blasenmembran zieht sich nach der Abhebung der Cutieula noch weiter von dieser zurück, faltet sich nach innen an mehreren Stellen ein und zerknittert sich zulezt fast so stark, wie es mit der ganzen Haut jugendlicher Blasen geschieht. Die Schrumpfe- lung der weicheren Membranteile und die Zersprengung der spröden 1) Pflanzenleben, 1. Aufl, 1888, Bd. I, pag. 299. Kerner-Hansen, 3. Aufl, 1918, Bd. I, pag. 240, 2) Bei Renner, Xerophyten, pag. 675, ist diese Darstellung wiedergegeben. 78 Hans Holle, Cuticula erfolgt natürlich nur an unverletzten Blasen; Zellen, die durch den Schnitt unten geöffnet sind, deformieren sich nicht, weil Luft ein- dringen kann in dem Maß, wie der wässerige Inhalt verschwindet. Es scheint demnach, daß die Blasen tatsächlich die Dienste von Wasserspeichern tun können. Doch wird der in ihnen enthaltene Wasser- vorrat augenscheinlich erst in der höchsten Not angegriffen und ist auch dann nur zu einem kleinen Teil verfügbar. Denn die Blasen fangen auf dem Blatt erst dann zu schrumpfeln an, wenn das Mesophyli schon auf einen geringen Teil seiner ursprünglichen Dicke geschwunden ist, und die Zerreißung und Abhebung der Cuticula vollends tritt erst ein, wenn der Wasserverlust zu einer Schädigung der Gewebe geführt hat. Das Aufbrechen der Cuticula an Blasen, denen durch Verdunstung Wasser entzogen wird, deutet auf Spannungen hin, die in der starren Wand auftreten. Steinbrinck hat seit lange betont, daß der Ko- häsionszug des schwindenden Füllwassers durchweg für die Erscheinung des Schrumpfelns verantwortlich zu machen ist, daß das Schrumpfeln der Wand durch den Zug des Zellinhalts herbeigeführt wird, im Gegen- satz zum Schrumpfen, das durch Entquellung der Membran verursacht ist. Das Vorhandensein lebenden Plasmas ist nicht Bedingung für das Schrumpfeln, denn tote Zellen zeigen die Erscheinung ebenso; das ist auch an den Blasen der Rochea bestätigt gefunden worden. Mit der Größe der auftretenden Spannungen hat sich Stein- brinck nicht eingehender beschäftigt. Er ist jedoch aus Gründen, von denen unten die Rede sein wird (pag. 106) der Meinung, daß der Spannungsunterschied zwischen der Atmosphäre und dem Zellinhalt höchstens eine Atmosphäre befragen kann. Renner hat nun kürzlich Methoden zur Messung der im Annulus der Farnspornangien zur Ent- wicklung kommenden negativen Drucke beschrieben (1915), und die eine der beiden Methoden ist allgemein anwendbar. Die zu prüfenden Objekte werden in eine Atmosphäre von bekanntem Feuchtigkeitsgehalt gebracht und der Gleichgewichtszustand betrachtet, in dem die Dampf- spannung in den Zellen gleich der in. der umgebenden Atmosphäre ist. Enthalten die Zellen reines Wasser, so ist aus der Größe der Dampfspannung unmittelbar die Höhe des negativen Druckes im Zell- wasser zu erschließen. Am einfachsten ist es die gewünschte Luft- feuchtigkeit durch Lösungen herzustellen, in denen ja die Dampftension unter die reinen Wassers erniedrigt ist. Wenn der osmotische Druck der Lösung bekannt ist, brauchen wir die Laftfeuchtiekeit gar nicht zu kennen, denn die negative Spannung in einer wassergefüllten Zelle, die in einem geschlossenen Raum von gleichmäßiger Temperatur mit | Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 79 einer Lösung im Gleichgewicht ist, ist so groß wie der osmotische Druck der Lösung. Die Untersuchung geschah meist in Schälchen, wie Fig, I eines ‚darstellt und wie sie Renner (1915) beschrieben hat. Die Objekte befinden sich auf Deckgläsern liegend über einer Lösung und unter einer mit Vaselin luftdicht aufgesetzten Glasplatte. Größere Objekte wurden mit Draht an dem Korkstopfen von Kölbehen aufgehängt, die bis zu einiger Höhe mit Lösung gefüllt waren. Sehälchen und Kölbchen wurden zur Vermeidung von Temperaturschwankungen in Watte gepackt. Damit die Dampfspannung in den Zellen erst durch Zugspannung im Füllwasser und nicht schon durch das Vorhandensein gelöster Stoffe erniedrigt wird, müssen die Zellen getötet und die löslichen Stoffe so gut wie mög-- lich herausgewaschen werden. Die Blattfiedern von Hymenophylium Jemissum halten sich wie die Blätter von : Laubmoosen ziemlich straff, wenn sie plasmo- . lysiert oder getötet werden. Die Zellwände schnitt. 4 mat Or Das Desk dieser Blätter sind also starr genug, um eat, ‚ohne Turgorspannung die wassergesättigten des Schälchens geklebt ist. Blattflächen in Luft ausgebreitet zu halten. Gekochte Blätter von Catharinea undulata und ebenso behandelte Fiederchen von Hymenophyllum wurden über Normallösung von KNO, in die Schälchen gelegt. Die Blätter des Mooses rollen sich zum Ring, ‚die Fiederchen des Farns kräuseln sich etwas und zeigen stark ein- gedrückte Zellen. Über einer Lösung, die 1/,GM KNO, im Liter ent- hält, kräuseln sich auch die Catharinea-Blätter ziemlich schwach, ein- gedrückte Zellwände sind bei beiden Objekten vorhanden. Ein Druck yon 20 Atmosphären, wie ihn die 1/„normale Kalisalpeterlösung ent- wickelt, genügt, also, die Zellen der beiden Pflanzen stark zu deformieren, An lebenden Blasen von Rochea falcata platzt die Outicula schon über einer Normallösung von KNO,, Der osmotische Druck im Blatt ist wie gewöhnlich bei Sukkulenten niedrig, denn das Mesophyli wird von derselben Lösung sehr stark plasmolysiert. Tote, ausgewaschene Epidermisschnitte zeigen über einer '/,-normalen Kalisalpeterlösung nach 5 Tagen stark deformierte Blasen. Der Widerstand, den die Blasenwand gegen die Einfaltung leistet, darf natürlich nicht gar zu hoch sein, wenn das Wasser der Blasen für das Mesophyll verfügbar sein soll. Denn’ dieser mechanische Widerstand addiert sich ja in der lebenden Blasenzelle zu dem Widerstand, den die osmotische Energie 80 Hans Holle, des Zellsaftes der Wasserentnahme entgegensetzt. Die Epidermisblasen von Rochea sind aber ein vielsagendes Beispiel dafür, daß die Kraft, mit der eine Zelle ihr Füllwasser festhält und umgekehrt Wasser an sich zu reißen vermag, außer von der Höhe des osmotischen Druckes auch von den mechanischen Eigenschaften der Membran und den Kohäsionsverhältnissen abhängt. Gerade bei Epidermiszellen kann die Wandbeschaffenheit neben dem osmotischen Druck beträchtliches Ge- wicht bekommen. Und von da ist nur noch ein Schritt zu den Fällen, in denen ein semipermeables Strukturelement und damit die Möglich- keit osmotischer Wirkungen ganz fehlt und die Saugkraft der toten Zelle nur durch Kohäsionszug bedingt ist. LB. Der Zustand der-Leitbahnen in welkenden Sprossen- Es ist seit lange bekannt, daß bei guter Wasserversorgung der Wurzeln oder der Schnittfläche die Blätter nach kürzerer oder längerer Zeit welken und vertrocknen, wenn die tragende Achse auf ein Stück getötet ist. Die Ursachen des Welkens werden verschieden gedeutet. Unbestritten ist, daß mit der Zeit immer eine Verstopfung der Leit- bahnen durch gummiartige Stoffe und durch Thyllen erfolgt (Weber 1885), wodurch den Blättern die Wasserzufuhr abgesehnitten wird. Roshardt (pag. 355) findet aber bei bewurzelten Pflanzen, deren Wasseraufnahme gemessen wird: „Der Ausfall im Wassertransport tritt sofort nach dem Abtöten mit Wasserdampf ein.“ Aus seinen Angaben ist jedoch nicht zu entnehmen, ob die Ursache der verminderten Wasser- aufnahme nicht eine Herabsetzung der Transpiration ist, und die Ent- scheidung, welcher Faktor primär verändert wird, Wasseraufnahme oder Wasserabgabe, ist natürlich von der größten Wichtigkeit. Sobald allerdings Welken sich einstellt, besteht kein Zweifel, daß die Wasser- zufuhr primär unter die Wasserabgabe herabgedrückt ist, falls die Blätter wirklich infolge von Wassermangel welken. Ursprung und Roshardt sind überzeugt, daß das tatsächlich mitunter früher ge- schieht, als wahrscheinlicherweise die oben erwähnten Verstopfungen sich herausgebildet haben können. Sie glauben deshalb zu dem Schluß berechtigt zu sein, daß für das Welken und Vertrocknen der Blätter die Ausschaltung der Arbeit lebender Zellen in den Leitbahnen ver- antwortlich zu machen ist. Dixon und Overton hingegen glauben nachgewiesen zu haben, daß jedenfalls in gewissen Fällen die Blätter durch Stoffe, die aus den durch Hitze getöteten Stengelteilen in den Gefäßen aufsteigen, geschädigt, vergiftet werden und daß sie aus diesem Grund sekundär sich schlecht mit Wasser versorgen und zugrunde Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 8 gehen. Immer dürfte das nicht der Fall sein, und in eigenen Versuchen sind kaum Anzeichen vorgekommen, die auf Vergiftung hinwiesen. Es lag nahe, die Geschwindigkeit der Wasserfiltration durch ge- tötete Sproßstücke zu vergleichen mit der durch lebende. Schon Weber (pag. 361—364) hat gefunden, daß ein Druck von 50--80 em Queck- silber kaum imstande ist, durch die abgetöteten Zonen Wasser zu pressen, zu einer Zeit, wenn die Blätter darüber schon zugrunde gegangen sind. Dixon (1909, pag. 9), Roshardt (pag. 349), Ursprung (1912, pag. 315) haben durch eben getötete Stengelstücke Wasser unter geringem Druck filtrieren lassen und gefunden, daß durch Erhitzen bis zum Tod die Filtration zunächst etwas, mitunter sogar beträchtlich erleichtert wird; das hängt wahrscheinlich mit der Verminderung des Luftgehalts durch das Brühen zusammen. Falls, wie Roshardt meint, die Wasserzufuhr zu den Blättern gleich nach dem Töten primär ver- mindert wäre, während doch nachgewiesenermaßen die Filtrationswider- stände zunächst nicht erhöht sind, würde das sehr für seine und Ursprungs Deutung sprechen; dieser Punkt muß also noch geklärt werden. Wir beschäftigen uns nur mit den späteren Phasen, mit dem Welkwerden der Blätter. Es sind die Widerstände in den Leitbahnen beim Beginn des Welkens zu bestimmen, und zwar in Beziehung zu der Saugkraft der welkenden Blätter. Solche direkten Bestimmungen sind jedenfalls viel wichtiger als die von Ursprung so oft vorgenommene mikroskopische Untersuchung der Gefäße auf Verstopfungen; der mikro- skopische Befund ist sogar in qualitativem Sinn unsicher und liefert nie quantitativ verwertbare Daten. Nach der von Renner (1911) angegebenen Methode wird zuerst mit Hilfe des Potetometers die Wasseraufnahme des Stengels oder Zweiges durch eine frische, unter der getöteten Stelle angebrachte Schnittfläche gemessen, dann wird der beblätterte Gipfel über der toten Zone abgeschnitten und die Luft- pumpe angeschaltet, deren Saugung die der Blätter ersetzt. Aus dem Verhältnis der von den beiden Saugkräften erzwungenen Filtrations- geschwindigkeiten kann auf die Größe der von den Blättern ausgeübten Zugkraft geschlossen werden. An Topfpflanzen von Coleus hybridus hort. und von Helianthus annuus wurden 5-10 cm lange Stengelstücke nahe dem Grund, unter dem beblätterten Teil, durch 30—60 Minuten dauernde Behandlung mit heißem Dampf getötet; die Stengel waren dabei wagrecht über der Mündung einer Kochflasche befestigt, in der Wasser kochend erhalten wurde,die Blätter waren vor der Berührung mit dem Dampf geschützt. Nach dem Versuch Flora, Bä. 108, 6 82 Hans Holle, erwies sich die so behandelte Zone immer bis aufs Mark gebräunt und getötet. Nach 5—14 Tagen, wenn das Welken begann oder schon vorge- schritten war, wurden die Stengel unter der gebrühten Stelle in Luft ab- geschnitten, unter Wasser um ein Stück gekürzt und auf das Petetometer gesetzt. Es wurden dabei Apparate verwendet, wie Renner (1911) sie beschrieben hat. Zum Vergleich wurden öfters frische, in allen Teilen lebende Stengel beobachtet. ‚Auch auf andere Weise wurden Stengel und Zweige bei reichlich zur Verfügung stehendem Wasser zum Welken gebracht, nämlich durch tagelanges Stehenlassen abgeschnittener Objekte in Wasser. Die Schnitt- fläche verstopft sich dabei mit Bakterien und anderen Fremdkörpern, Weil gerade diese Widerstände erhalten bleiben sollen, wurden solche Objekte ohne Erneuerung der Schnittfläche aufs Potetometer gebracht. Versuche mit dem Potetometer. Die Zahlen geben die aus dem Potetometer in je 5 Minuten verschwundenen Wassermengen in Millimetern der in der Kapillare enthaltenen Wassersäule an, deren Querschnitt etwa 1 Quadratmillimeter betrug. Die Saugung der Wasser- strahlluftpumpe hielt sich immer in der Nähe von 65 em (Quecksilber. 1. Lebende, frische Zweige von Coleus, 40—55 cm lang. Versuch 1. Frisch aufgesetzt saugt der beblätterte Zweig in je 5 Minuten: 25,5, 23,5, 25,5 29 mm. Der beblätterte Gipfel wird abgeschnitten; der Stumpf saugt: 5,5, 6,5, 6, 6,5, 65, 6,5. An den Stumpf wird die Luftpumpe angeschaltet; jetzt saugt der Stumpf: 84,5, 79,5, 73, 70, 68. Das Mittelstück des Stumpfes wird 20 Minuten lang mit heißem Dampf behandel; die Pumpe saugt jetzt durch den Stumpf 60, 54, 52, 50, 49, Versuch 2. Mit Blättern: 12,5, 12, 12, 12,5, 13, 12,8. Stumpf ohne Gipfel: 3,8, 3,5, 3,3, 3,5, 3,8, 3,8. Stumpf mit Pumpe: 84, 80, 77, 72, 68, 75, 64, 60. Stumpf mit Pumpe, nach Abtöten des Mittelstückes: 58, —, — —, 58, 53. Am nächsten Tag Stumpf mit Pumpe: 27, —, 20. Am dritten Tag 7. Versuch 3. Mit Blättern: 20, 21, 20, 20, 19, 19, 20, 20, 20, 22, 21. Stumpf ohne Gipfel: 3, 2,8, 2,3, 2,3, 3, 2,5. Stumpf mit Pumpe: 48, 42, 42; später 80; dann 65; dann 50; dann 40. Untersuchungen über Welken, Vertroeknen und Wiederstraffwerden. 83 Versueh 4. Mit Blättern: 12, 12, 13, 18, 13,8, 18,5, 13,5, 18,8. Stumpf ohne Gipfel: 2,5, 2,8, 2,8 2,5, 2,8, 2,8, 2,8, 2,8. Stumpf mit Pumpe: 43, 42, 40, 40, 40, 41, 41, 40. Stampf wieder olne Pumpe: 5,5, 5,5, 4,8, 4, 4,8, 4,5. Versuch 5. Mit Blättern: 17, 16, 14, 12, 12, 11,5, 10,5, 10,8, 10,5, 10,8, 10,8, 10, 10, 11. Ein Stück des Stengels 30 Minuten lang mit heißem Dampf be- handelt; der beblätterte Zweig saugt jetzt: 15, 15,5, 15,5, 15,5, 17, 17,5, 18,5, 18,5, 20, 20,5, 21, 21,5, 215. Am nächsten Tag: 4,5, 4, 4,5, 43, 4,3, 4,3, 4,3, Nach Erneuerung der Schnittfläche: 5,8, 5, 4,8, 5, 5, 4,5, 5. Der Stumpf, 25 em lang, ohne Gipfel: 2, 2, 2, 2,3, 2, 2,3. Stumpf mit Pumpe: 79, 68, 65, 62, 58, 55, 54, D4, 52, 48, 50, 50. Der abgesehnittene Gipfel saugt, nachdem er 2t in Wasser ge- standen: 5,2, 5, 5, 5,2. Versuch 6. Mit Blättern: 15, 15, 14; nach 1 Stunde 12, . Jetzt ein Stengelstück durch Dampf getötet: 20, 15, 13, 12, 11, 11,10, 11, 10, 10; nach 2% noch 10. Am nächsten Tag: 6,5, 6,5, 6,5. Stumpf olme Blätter: 4,5, 4,5, 45, 4,5, 4,5, 45. Stumpf mit Pumpe: 28,5, 28, 27, 26. Versuch 7. Mit Blättern: 14, 13, 13, 12, 12. Stumpf ohne Gipfel, 30 cm lang: 2,8, 2,5, 2,5, 2,5, 2,5. Stumpf mit Pumpe: 40, 37, 37, 36, 35, 34, 34, 33, 32, 31, 30, 29, 28,5, 28, 28, 28. Versuch 8. Mit Blättern: 41, 41, 40, 34, 33, 32, 30, 27, 27, 27, 26, 25. Stumpf ohne Gipfel: 8,5, 7, 7, 6,8 6,3, 6,5. Stumpf mit Pumpe: 17, 17, 17, 17, 16,5, 16. Stumpf wieder ohne Pumpe: 7, 6,8, 7. Versuch 9. Mit Blättern: 26, 22, 21, 21, 21, 20. Stumpf ohne Gipfel: 2,5, 18, 2,2,2,2,2. Stumpf mit Pumpe: 45, 42, 41, 40, 40, 39, 37. 2. Stengel mit einer abgetöteten Zone. Zweige von Coleus und Stengel von Helianthus, alle etwa 50 em lang, wurden von der Wurzel getrennt, wenn infolge der Abtötung eines Stengelstückes die Blätter zu welken begannen oder schon stark gewelkt waren, und aufs Potetometer gesetzt; das wasseraufnehmende Stück war lebend, die Schnittfläche 6-10 cm von der getöteten Zone entfernt. @ 84 Hans Holle, Versuch 10. Coleus, 6 Tage nach dem Abtöten; Blätter kaum welk. Der beblätterte Zweig saugt: 1, 1. 1, 1,3, 1,8, 1,3, 1,8, 1,8. Stumpf ohne Blätter, 40 cm lang: 1,8, 1,8, 1,8, 2, 2,8, 2,3, 2,3, 2,5. Stumpf mit Pumpe: 2,5, 2,8, 2,5, 3, 3. (Die Zunahme der Saugung des Stumpfes ist unverständlich.) Versuch il. Coleus, nach 14 Tagen; Blätter sehr welk, fallen teilweise bei Berührung ab. Mit Blättern: 2, 2, 2, 1,8, 2, 2, 2. Stumpf ohne Blätter, 35 em lang: 2, 2, 2, 2, 2,3, 2,5, 2, 2,3, 2,3, 2. Stumpf mit Pumpe: 2,3, 2,5, 2,3, 2,3, 2,5, 2,5, 2,5, 2,5. Von dem unteren Teile des Stumpfes werden 15 cm samt dem toten Stück abgeschnitten; die Pumpe saugt jetzt: 9, 8,5, 8,3, 8, 8,8, 7; nach 34%: 3. Der Stumpf ohne Pumpe: 0,5, 0,5, 0,5, 0,5. Versuch 12. Coleus, wach 15 Tagen; Blätter sehr welk. Mit Blättern: 1,5, 1,5, 1,8, 1,5, 2, 1,8, 22, 2,8, 2,5, 2,7, 3,7. Stumpf ohne Blätter: 3,2, 3,7, 3,3, 3,7, 3,5, 3,8, 4, 4,3, 47. Stumpf mit Pumpe: 3,3, 3,3, 3,3, 3,3, 3,3, 42, 42,5, 4,5. Stumpf wieder ohne Pumpe: 5, 5, 5,5, 5,5, 6. (Die dauernde Zunahme der Saugung ist unverständlich.) Versuch 13. Coleus, nach 10 Tagen. Mit Blättern: 1,2, 1,3, 13, 1,2, 1,8, 1,2, 1,2, 1,3. Stumpf ohne Blätter, 40 cm lang: 1,3, 1,2, 1,2, 1,3, 1,2, 12. Stumpf mit Pumpe: 1, 1,1, 1,1, 1. Versuch 14. Coleus. Blätter welk. Mit Blättern: 4, 4, 3,5, 3,8, 3,3,3, 3, 3, 28. Stumpf ohne Blätter: 3, 2,8, 2,8, 2,5, 2,8, 25, 2,8, 3. Stumpf mit Pumpe: 1,8, 2,3, 2,3, 2,5, 2,5, 2,5, 2,3, 2,5, 2,8, 2, 2,3, 2,5. Versuch 15. Coleus, nach 9 Tagen. Mit Blättern: 4, 3,8, 3,8, 3,8, 3,8, 3,8. Stumpf ohue Blätter: 3,8, 3,5, 8, 3,8, 3,5, 3,8, 3,8. Stumpf mit Pumpe: 2,5, 2,5, 3, 3, 2,8, 2,8, 8. Der abgeschnittene Gipfel saugt, nachdem er 2% in Wasser ge- standen hat: 23,5, 21, 20, 20, 20. Versuch 16. Helianthus, Blätter ziemlich .welk. Mit Blättern: 40, 35, 88, 38, 38, 38, 87. Stumpf ohne Blätter, 35 cm lang: 26, 22, 21, 20, 19, 17, 18, 18. Stumpf mit Pumpe: 18,5, 17, 16, 15, 15. . Versuch 17. Helianthus, 5 Tage nach dem Abtöten. Mit Blät- tern: 44, 46, 48, 47,5, 47,5, 50, 47, 50, 50. Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 85 Stumpf ohne Blätter, 35 cm lang: 14,5, 12,5, 12,5, 11,5, 11, 11, 11. Stumpf mit Pumpe: 18, 20, 18, 17,5, 17,5, 17. Stumpf ohne Pumpe: 9,5, 8,5, 7,5, 8, 7,5. Versuch 18. Helianthus, 6 Tage nach dem Abtöten. Blätter nicht stark welk. Mit Blättern: 65, 60, 60, 56, 54, 51, 50, 50, 47, 47. Stumpf ohne Blätter: 16, 14,5, 11,5, 10, 10, 8,5, 8, 7,5, 7. Stumpf mit Pumpe: 12,5, 12,5, 12,5, 12, 12 Versuch 19. Helianthus, 11 Tage nach dem Abtöten. Blätter sehr stark welk. Mit Blättern: 36,5, 27, 23,5, 21, 19, 17, 16,5, 17,5, 17,5, 17,5, 175. Stumpf ohne Blätter: 9,5, 9, 10, 9, 11, 10. Stumpf mit Pumpe: 38, 35, 32, 32, 31, 30, 30, 30, 80. 3. Stengel und Zweige, die bei längerem Stehen in Wasser welk geworden sind. Versuch 20. Coleus, 7 Tage nach dem Abschneiden. Zweig mit den Blättern: 1, 1,5, 1,3, 0,8, 1, 0,8. Stumpf olıne Blätter, 35 em lang: 1, 0,8, 0,8, 0,8, 0,8, 0,8. Stumpf mit Pumpe: 0,5, 0,5, 0,5, 0,5, 0,5, 0,5, 0,5. Stumpf ohne Pumpe: 0,5 ...... 0,5. Stumpf mit Pumpe: 0,5. Versuch 21. Coleus, nach 9 Tagen. Zweig mit Blättern: 0,5 08 2. 08 Nach Erneuerung der Schnittfläche: 10, 8,5, 8, 75 .... 75 ... 65... 6. Stumpf ohne Blätter: 4,3, 4,2, 4, 8,8, 8,8, 4,5, 4,5; nach 2%: 2,7, 2,5, Stumpf mit Pumpe: 2,5 .... 1,8, 18, 2. Versuch 22. Ooleus, nach 7 Tagen. Blätter sehr welk, fallen leicht ab. Mit Blättern: 1,3, 1,3, 1, 1, 0,8, 0,8, 1. Stumpf ohne Blätter: 0,5, 0,5, 0,5, 0,5, 0,5. Stumpf mit Pumpe: 0,25, 0,25, 0,25, 0, 0,0. Versuch 23. Coleus, nach 5 Tagen. Saugt zunächst gar nicht merkbar. Nach Erneuerung der Sehnittfläche, mit Blättern: 2, 2,3, 2,5, 2,2, 2, 2. Stumpf ohne Blätter, 30 em lang: 1,8, 2, 1,5, 1,5. Stumpf mit Pumpe: 1,8, 1,3, 18, 1,3, 1,8, 1. Versuch 24. Syringa, 65 em langer Zweig, 6 Tage nach dem Abschneiden; Blätter ziemlich welk. Mit Blättern: 16,5, 16, 15,5, 16, 16, 16,5. Stumpf ohne Blätter: 11, 11, 10,5, 10,5, 10, 8,5, 10, 8,5. 86 Hans Holie, Stumpf mit Pumpe: 8, 7,5, 7,5, 7,5, 6,5, 7. Stumpf ohne. Pumpe: 5, 5, 5, 5. Der beblätterte Gipfel, seit 2" in Wasser stehend, wieder voll- kommen frisch geworden: 33,5, 31, 31. Versuch 25. Syringa, 80 cm langer Zweig, 7 Tage nach dem Abschneiden; Blätter teilweise welk, hängend. Mit Blättern: 16, 16, 16, 17, 19. Stumpf ohne Blätter, 40 cm lang: 9,5, 9, 7,5, 7,5, 6. Stumpf mit Pumpe: 4,5, 4,5, 4, 3. Stumpf ohne Pumpe: 3,5, 3, 2,5. Der beblätterte Gipfel, seit 1%*% in Wasser stehend: 16,' 16, 17, 16, 17, 17, 17, 18. Ergebnis. Durch Abtöten eines Zweigstückes wird der Filtra- tionswiderstand zunächst nicht verändert (Versuch 1, 2, 5, 6). — Die Luftpumpe saugt durch kurze Zweigstücke, frische oder eben getötete, mehr Wasser als die transpirierenden Blätter verbrauchen und durch- saugen. Sind aber die Blätter zum Welken gebracht, trotzdem dem Stengel Wasser zur Verfügung steht, so sind die Widerstände in den Leitbahnen so hoch, daß die Pumpe gewöhnlich so gut wie kein Wasser durchzusaugen vermag; der blattlose Stumpf für sich saugt meistens ebensoviel oder fast so viel Wasser, wie wenn er durch die Saugung der Pumpe unterstützt wird (Ausnahme der Versuch 19). Die Wider- stände sind zum größten Teil auf beschränkte Strecken der Leitbahnen lokalisiert; bei Abtötung ist es das gebrühte Stücke, beim Stehen in Wasser die (durch Bakterien und andere Stoffe) verstopfte unterste Strecke, die die Filtration am meisten erschwert. In einiger Entfernung von diesen verstopften Strecken sind die Leitbahnen noch gut, leitfähig, wie sich nach dem Abschneiden der betreffenden Stücke ergibt: sowohl die Pumpe wie die Blätter vermögen nach Beseitigung des lokalen Hindernisses wieder kräftig zu saugen (Versuch 11, 15, 21, 24, 25). Die Blätter können, nachdem sie tagelang welk gewesen sind, wieder ganz straff werden (Versuch 24), die Leitfähigkeit der Nerven und der zu den Blättern führenden Bahnen hat also, weil Verstopfungen nur in größerer Entfernung von ihnen aufgetreten sind, nicht gelitten. Um Blätter, deren Leitbahnen selber intakt sind, zum Welken zu bringen, müssen in den zuführenden Bahnen sehr beträchtliche Wider- stände auftreten; so beträchtlich, daß Druckunterschiede von mehreren Atmosphären nicht ausreichen, das Wasser mit der Geschwindigkeit, die zum Ersatz der Transpiration nötig ist, durchzupressen. Bei Helianthus z. B., Versuch 17, saugen die Blätter 50 mm, der Stumpf Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 87 ohne Blätter 10 mm, die Pumpe 18 mm; die selbständige Saugung des Stumpfes abgerechnet, saugen die Blätter 40, die Pumpe 8 mm; die Saugkraft der Blätter beliefe sich darnach auf etwa 5 Atmosphären. Es ist aber nieht zu vergessen, daß der Pumpe unter allen Umständen: der ganze Querschnitt des leitenden Gewebekörpers zur Verfügung steht,. was für die Blätter nicht notwendig zutreffen muß, sodaß die Saugkraft der Blätter eher noch höher zu veranschlagen ist. Das Urteil über die Wirkung des Abtötens läßt sich darnach mit mit ziemlicher Bestimmtheit abgeben. Wenn die Blätter über einem ab- getöten Achsenstück welken, ohne vergiftet zu sein, dann geschieht das mindestens hauptsächlich deswegen, weil in dem toten Stück und in seiner Nachbarschaft sehr hohe Filtrationswiderstände sich heraus- bilden. Die Ausschaltung einer aktiven Mitarbeit lebender Zellen bei der Wasserbeförderung kann keinen ausschlaggebenden Einfluß haben, weil dieser Einfluß sich z. B. bei den dünnen, wenig Wasser ent- haltenden und sehr leicht welkenden Blättern von Helianthus sehr bald nach dem Abtöten zeigen müßte, nicht erst nach Tagen, zudem ist es bei der Kürze der in den mitgeteilten Versuchen abgetöteten Stücke unmöglich, daß die rein physikalischen Energiequellen nicht ausreichen. Wie die Erhöhung der Filtrationswiderstände herbeigeführt wird, ist noch nicht ohne Rest klargelegt. Zwei Quellen sind seit lange bekannt: gummiartige Massen als Pfropfen in den Gefäßen, und Thyllen. Ob außerdem sich in det Leitbahnen ungünstige Veränderungen deshalb vollziehen, weil lebende Zellen nicht mehr vorhanden sind, die sonst solche einem physikalischen Gleichgewicht zustrebende Vorgänge unter Energieaufwand dauernd verhindern, das wissen wir nieht. Mindestens für einen Fall, in den Versuchen von Overton mit Cyperus alterni- folius, scheint aber festgestellt, daß über toten Stengelstücken der Gipfel monatelang (bis 76 Tage) fortwachsen kann. Nach Overton {pag. 59) macht es sehr viel aus, ob man die Abtötung durch heißen Dampf herbeiführt oder dureh andere Mittel, wie Gifte, Alkohol, heißes Wachs, und die Dampfbehandlung, die am häufigsten angewendet wird, soll die ungünstigste Wirkung haben. Wenn also der Weg, auf dem die Tötung erreicht wird, Einflaß hat, und wenn bei einem gewissen Verfahren der Tötung (Vergiftung) kaum merkbare Störungen der Leitfähigkeit eintreten, dann ist es nicht der Tod der Parenehyrmzellen als solcher, der im allgemeinen das Leitungsvermögen aufhebt, sondern es sind Begleiterscheinungen, die sich nur sehr schwer ausschalten lassen. Ursprung (1912) hat allerdings bei Wiederholung der Ver- suche von Overton mit demselben Objekt (Oyperus alternifolius) ab- weichende Ergebnisse bekommen. 88 Hans Holle, Auch wenn Zweige, die mit ursprünglich gut saugender Schnitt- fläche in Wasser stehen, nach Tagen welk werden, sind die Filtrations- widerstände hoch, jedenfalls infolge von Verstopfung durch Bakterien und andere Verunreinigungen des Wassers. In den oberen Achsenteilen, entfernt . von der Schnittfläche, können die Leitbahnen noch wohl funktionstüchtig sein, wie das kräftige Saugen des Gipfels und das Straffwerden der Blätter nach dem Abschneiden des unteren Achsenstücks zeigt (Versuch 24, 25). Die Versuche bestätigen den von Renner (1911, pag. 224) bei einem gelegentlichen Experiment gemachten Befund. HA. Das Verhalten lebender Parenchymzellen beim Vertrocknen. Wenn der Wasserverlust, den wir oben in seinen Anfängen be- trachtet haben, bis zur Lufttrockenheit der vorher saftreichen Zellen weitergetrieben wird, so werden bei genügender Zartheit der Zellwände diese samt dem durch Entquellung geschrumpften Protoplasten zu einer kompakten, nirgends von Zwischenräumen unterbrochenen Masse zu- sammengepreßt. Das geschieht nach Steinbrinck (1906, pag. 671) z. B. bei saftigem Fruchtfleisch. Nach eigenen Beobachtungen können auch noch Gewebe wie die Blattepidermis von Oenothera muricata in dieser Weise zusammengedrückt werden. Sind die Zellwände derber, so vermögen sie dem schrumpfenden Plasmakörper nicht durch Zerknitterung bis zu allerletzt zu folgen. Schon G. Schröder (1886, pag. 43) findet an trocknen Blättern des Laubmooses Grimmia pulvinata, daß an gewissen Stellen das Plasma sich von der Haut abhebt und daß bier Luft in die Zellen eindringt, und Steinbrinck (1903) hat das für verschiedene andere Moose be- stätigt. : Austrocknung bis zur Blasenbildung in den Zellen kommt an den natürlichen Standorten jedenfalls häufig vor; in den Blättern von Catharinea undulata wurden an Stämmechen, die im Mai auf Waldboden einige Stunden der direkten Sonne ausgesetzt gewesen waren, sehr viele Blasen gefunden. Am trockenen Moosblatt sind die gaserfüllten Räume in Alkohol, Toluol, Paraffinöl als schmale Striche meistens in der Nähe der Seiten- wände zu finden, 'wo ja natürlicherweise der Zellinhalt sich während des Welkens und Austrocknens zusammendrängt (vgl. oben pag. 75). Deutlicher werden die Blasen, wenn man der Zeilwand die Möglichkeit gibt durch Wasseraufnahme zu quellen und sich zu entfalten. Bei den Laubmoosen Mnium, Funaria, Catharinea u. a. kann man große Blasen zu sehen bekommen und längere Zeit beobachten, wenn man die Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 89 trockenen Blätter einfach in Wasser lest. ‘Bei anderen Formen, wie Orthotrichum, Leucodon, bei dem Lebermoos Frullania muß man den Blättern die Wasseraufnahme schwerer machen; man kann sie z.B. erst in hochprozentigen Alkohol legen und diesem unter dem Deckglas Wasser zusetzen, oder man kann die Blätter in starke Zuckerlösung _ bringen (1 Teil Rohrzucker auf 1 Teil Wasser. Die Behandlung mit Zuckerlösung ist wohl der sicherste Weg über das Vorhandensein oder Fehlen von Gasblasen in trockenen Zellen sich Aufschluß zu verschaffen. In den oben genannten Flüssigkeiten, die ein Quellen der Membranen nicht gestatten, sind die kleinen Blasen oft schwer unter den gefältelten Zellhäuten zu sehen, und in Wasser verschwinden die Blasen oft sehr rasch (vgl. unten pag. 107). In Zuckerlösung quellen die Zellhäute, die natürlich durch das Austrocknen mächtige Imbibitionskräfte erworben haben, recht gut, aber weil der Zucker schwer durch die Membran wandert, werden die Blasen, deren Volumen infolge der Entfaltung und Streckung der Zellhaut sich auf ein Vielfaches vergrößert, nur sehr langsam durch eindringende Flüssigkeit verdrängt. Epiphytische Lebermoose. An lufttrockenen Stämmchen von Radula complanata und von Madotheca platyphylia wurde immer die Mehrzahl der Blattzellen blasenfrei gefunden, aber ebenso regel- mäßig traten in Zuckerlösung in einzelnen Zellen kleine Blasen einzeln oder zu mehreren auf. Frullania dilatata verhielt sich recht verschieden; sogar am selben Stämmchen kommen fast blasenfreie Blätter vor und andere, die in den meisten Zellen Blasen führen. Laubmoose. In troekenen Blättern von Funaria hygrometrica, Mxium undulatum und affine, Catharinea undulata, Dieranum scoparium, Hypnum cupressiforme waren in vielen, mitunter in den meisten Zellen Blasen vorhanden. Noch regelmäßiger, oft in jeder Zelle, fanden sich Blasen bei Epiphyten: Orthotrichum spee., Ulota spec., Anomodon viti- eulosus, Leucodon seiuroides. Die letztgenannten Formen haben für die Kleinheit ihrer Zellen recht derbe Membranen, die Deformation ist also erschwert, Anch sonst ist eine Beziehung zwischen der Wand- stärke und dem Auftreten von Blasen unverkennbar. Am regelmäßigsten finden die Blasen sich nämlich in den schmalen, dickwandigen Zellen der Nerven und der Blattsäume. Der Ort der Blasen scheint, wie schon Schröder angikt, im allgemeinen der Raum zwischen der Zellwand und dem zusammenge- zogenen Plasmakörper zu sein. Das ist z. B. bei Lencodon und Catha- rines mehrmals beobachtet worden. Ob nicht auch im Plasma Risse 90 Hans Holle, auftreten, bleipt dahingestellt; besonders für die Lebermoose ist das recht wahrscheinlich. Auch in den einschiehtigen Blattflächen von Hymenophylium und Trichomanes treten oft Blasen auf (vgl. auch Shreve, pag. 207). Des- gleichen fanden Sich Blasen in der Epidermis der Blätter von Ceterach “ offieinarum, Asplenium septentrionale, Asplenium ruta muraria. Die genannten PolyPodiaceen ertragen das Austrocknen wie Moose. Ob die weniger extrem Xerophilen Formen, wie Asplenium ruta nararia, durch ein Maß des Austrocknens, das bis zur Blasenbildung in der Epidermis führt, nicht geschädigt werden, wurde nicht untersucht. Die an Mauern und Felsen wachsenden Ceterach und Asplenium septen- trionale werden jedenfalls zeitweise sehr trocken. Von Hymenophyllum und den Moosen wird unten Zu sprechen sein. Blütenpflanzen. In derbwandigen Blattepidermen, z. B. der von Populus pyramidalis, Hakea suaveolens, treten beim Austrocknen regelmäßig Blasen anf. Durch so beträchtlichen Wasserverlust. werden die Blätter Selbstverständlich getötet. Die Blasenbildung ist also physio- logisch hier ohne Interesse, . An töten Blättern von Catharinea undulata wurde festgestellt, daß sie über einer Sesättigten Kalisalpeterlösung (osmotischer Druck 100 Atmosphären, Luftfeuchtigkeit 93 %/,) sich zwar sehr stark zusammen- rollen und kräuseln, aber noch keine Blasen in den Zellen entstehen lassen. Daß der Kohäsionszug, den die Zeilwand dabei erleidet, 100 Atmosphären erreicht, ist nicht wahrscheinlich. Die Membran liegt bei der stärken Deformation dem toten geschrumpften Plasmakörper jeden- falls schon dicht an, ohne durch Wasser von ihm getrennt zu sein, und der Dampfdruck in der Zeile ist dann bis zum Gleichgewicht mit der Lösung erniedrigt nicht durch negativen Druck in reinem Wasser, sondern entsprechend dem Quellungsdruck des wasserarmen Plasmas- IL.B. Das Auftreten von Luft in normal laftfüährenden, absterbenden Zeilen. Bei den bis jetzt behandelten Zelltypen folgt die Zellhaut dem Kohäsionszug des schwindenden Inhaltes sehr lange. Falls bei sehr befrächtj;chem Wasserverlust zuletzt der Zusammenhang zwischen Wand und Inhalt stellenweise doch aufgehoben wird, hat die Membran durch Entquelung ihre Bewegliehkeit schon so weit verloren, daß sie sich vom Inhalt nicht loszureißen, ihre Deformation nicht rückgängig zu machen yermag- Erst Befeuchtung erlöst sie aus diesem Starrezustand (Steinhrinck). Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 9 In anderen Fällen ist das Verhältnis zwischen der Elastizität der Zellwand und den möglichen Kohäsionsspannungen derart, daß bei einem gewissen Grad der Deformation der Zusammenhaug zwischen Wand und Inhalt aufgehoben wird, die Deformation zurückgeht und der flüssige Inhalt nun vollends dureh Verdunstung verschwindet, ohne die Zellhaut weiter beeinflussen zu können. Dieses „gutwillige* Frei- geben des wässerigen Inhaltes, ohne dauernde Deformation der Zeil- wand, steht im Dienst der verschiedensten Aufgaben des Pflanzen- körpers. Am frühesten wurden Zellformen studiert, bei denen der Kohäsionszug und seine plötzliche Überwindung zu auffälligen Bewe- gungen führt. Als solche „Kohäsionsmechanismen“ sind vor allem erkannt worden: der Ring (Annulus) am Farnsporangium durch Stein- brinek (1897) und die Elateren der Lebermoose durch Kamerling (1898). Die Zugspannungen, die in diesen Zellen vorkommen, hat kürzlich Renner (1915) gemessen und zu 200—350 Atmosphären bestimmt. Andere Zelltypen, in denen regelmäßig Gasfüllung an die Stelle der Wasserfüllung tritt, werden im folgenden studiert. Das letzte Ziel ist dabei das Verständnis der bei der Wasserversorgung tätigen Elemente, der Gefäße. Daß innerhalb des Füllwassers die Unterbrechung des Zusammen- hanges zuerst erfolgt, ist nicht wahrscheinlich. Die Zugfestigkeit des Wassers muß wohl innerhalb jeder Zeilform gleich groß sein, wir werden aber die Zugspannungen beim Reißen sehr verschieden hoch finden. Die Beschaffenheit der Zeliwand muß also, ganz abgesehen von ihrer Elastizität, die ja nur für das Maß der Deformation von Bedeutung ist, für die mögliche Höhe des negativen Druckes allein maßgebend sein. Ob nun die Adhäsion des Wassers an verschiedenen Zellhäuten verschieden groß ist, oder ob verschiedene Membranen bei verschie- ‚denen Druckdifferenzen Luft ins wassergefüllte Lumen eintreten lassen, wissen wir noch nicht. Es soll deshalb im weiteren von der Kohäsion ‚des Wassers in dem Sinne die Rede sein, daß wir darunter den Zu- sammenhalt des ganzen Systems ‚verstehen. Wasserzellen von Sphagnum und Leucobryum. Wenn die Außenwände von Zellen, die je nach den Umstämien mit Wasser gefüllt oder entleert werden sollen, grobe Löcher besitzen, wie in den Blättern vieler Laubmoose, dann kann einerseits Wasser leicht. unter dem Nachdringen von Luft, herausgezogen werden, ohne ‚daß Kohäsionsspannungen entstehen, andererseits kann in die trockene Zelle leicht Wasser kapillar, unter Hinausdrängung der Luft, eindringen. 92 Hans Holle, Bei den Sphagnen hat jede tote Zelle mehrere Poren. Bei Leucobryum und den verwandten Dieranaceen sind die Zellen der zusammenhängen- den toten Schichten untereinander durch Perforationen gut verbunden; schlechter ist die Kommunikation nach außen, aber sie fehlt nicht ganz. Bei Leucobryum sind in den Außenwänden vereinzelte weite Löcher am Blattgrund und (nach Lorch 1894, pag. 446) andere Durchbrechungen an der Spitze zu finden. Im fertigen Zustand können bei diesem Typus von Wasserspeichern keine Kohäsionswirkungen auftreten. Wie es bei der Entwicklung steht, ist nicht bekannt. Lorch hat die Entstehung der Löcher bei Sphagnum wiederholt verfolgt (1901, pag. 451; 1903), aber sich die Fragen, die uns beschäftigen, nicht gestellt. Er glaubt, daß in den Außenwänden die Membranstücke durch die Tätigkeit des Plasmas, das sogar ge- legentlich aus den jungen Poren austreten soll, herausgelöst werden (1903, pag. 96); die Poren sollen auf der abaxialen Seite früher ge- bildet werden als auf der adaxialen (pag. 96); und sie sollen nachträg- lich beträchtlich vergrößert werden können (pag. 95). Dem Verhalten des Plasmas in solchen geöffneten, sich noch weiter verändernden Zellen müßte aber wohl noch nachgegangen werden. Daß in einer Wand, die zwei Zellen voneinander trennt, ein Stück durch das Plasma vollständig aufgezehrt wird, etwa in den Seitenwänden von Leucobryum, hat nichts Auffallendes. Aber daß das Plasma in einer Außenwand ein stattliches Loch herausfrißt, ohne daß der dünne, eine große Vakuole einschließende Protoplast durch die lokale Entblößung gleich leidet, ist schwer vorzustellen. Lorch hat nun auch beobachtet, daß das von einer Ringleiste („Schwiele*) eingeschlossene Wandstück sich loslöst und durch Druck aufs Deckglas herausgehoben werden kann. Danach könnte man denken, daß das Plasma die Auflösung oder auch nur Erweichung eines schmalen ringförmigen Wandstreifens besorgt, und daß die Beseitigung der Kreisplatte durch äußere Einwirkung geschieht. Z. B. könnte, wenn das Blatt aus der Knospe an die freie Luft kommt, beim ersten Austrocknen die Platte, durch Kohäsionszug losgerissen werden; oder bewegtes Wasser könnte dasselbe herbeiführen. Eine Antwort auf die Frage konnte trotz mehrmaligen Bemühungen nicht gefunden werden, weil die Wandstücke, die den Durchbohrungen Platz machen sollen, sich sehr schlecht färben lassen. Velamen der Orchideenluftwurzeln. Man hat die toten Wurzelhüllen der Orchideen von jeher als einen kapillaren Apparat aufgefaßt, der sich mit den Wasserzellen von Sphagnum Untersuchungen über Welken, Vertroeknen und Wiederstraffwerden. 93 und Leucobryum vergleichen läßt. Daß die Wände zwischen den Velamenzellen vielfach von großen Poren durchbrochen sind, ist leicht zu beobachten und ist vielfach beschrieben worden. Aber ob dieses Kapillarensystem von vornherein nach außen geöffnet ist, läßt sich nach den Angaben in der Literatur nicht entscheiden. An älteren ‘ Velamina sind Löcher in den oberflächlichen Membranen da, das haben Leitgeb (pag. 187) und Goebel (pag. 190) durch Injektion mit Zinnoberkörnchen nachgewiesen. Von direkter Beobachtung solcher Poren. in der Oberfläche, wie sie in den inneren Zellwänden überall vorkommen, scheint aber niemand zu berichten“. Wenn von außen kein Zugang zu dem Kapillarensystem führt, kann das Wasser nicht wie in einen Schwamm von außen eindringen und auch nicht wie aus einem Schwamm an die inneren, lebenden Wurzelgewebe abgegeben werden. Goebel sagt deshalb: „Indes scheint mir noch nicht hin- reichend erwiesen, ob nicht doch bei der Wasseraufnahme die Be- schaffenheit der Membran eine wichtige Rolle spielt.“ Der einzige Autor, der über die Löcher in den Außenwänden sich ausdrücklich äußert, Leitgeb (pag. 191), läßt sie entstehen „teils ‚durch Zerreißen der Zellmembranen an den von sekundären Ablage- rungen frei gebliebenen Stellen, teils aber durch den Verlust der Haare“. Das wären also mehr zufällige Verletzungen der oberflächlichen Zell- wände, wie sie allerdings bei der Beschaffenheit der Wände der toten Velamenzellen wohl recht regelmäßig zustande kommen. Uns geht aber die Frage nahe, ob Durchlöcherung der Außenwände notwendige Be- dingung für das Aufireten von Luft im Velamen ist. Nach Unter- suchungen von Oneidium flesuosum ist das nicht der Fall. Man sieht nämlich mitunter an der Wurzelspitze außerhalb des schon reifen, luft- erfüllten Velamen einzelne luftführende Zeilen in die sonst noch lebende oberste Zellschicht eingestreut, und diese Zellen sind zweifellos unver- letzt. Auch Zellen und Zellgruppen vollkommen ausgebildeter Wurzel- hüllen können in ihrem Verhalten gegen Wasser mehr einem Mark- gewebe als den toten Zellen von Leucobryum ähneln. Bei Wasserzugabe . zu den weißen, lufterfüllten Zellen tritt wohl bald soviel Wasser ein, daß die Lufträume als abgerundete Blasen erscheinen, aber diese Blasen erhalten sich teilweise sehr lange in unverminderter Größe, Werden solche Gewebestücke durch mehrmaliges Aufkochen in Wasser vollkommen mit Wasser gefüllt, so muß bei der Entleerung an der Luft die Kohäsion in den Zellen aufgehoben werden; demn 1) Vgl.z. B. de Bary, pag. 240; Meinecke; Haberlandt, 3. Aufl. pag. 205. 94 Hans Holle, Löcher in den Außenwänden fehlen hier sicher ganz, und in den übrigen Wänden müssen sie auch selten sein, weil die Luft selbst durch Auf- kochen schwer aus den meisten Zellen zu vertreiben ist. Das Reißen der Wasserfüllung erfolgt aber schon bei geringer Zugspannung. Denn die Zellen werden im Sehälchen über 1/, GM KNO, (osmotischer Druck etwa 20 Atmosphären) in 2 Tagen ganz frei von Wasser. Ein recht geringer Widerstand gegen die Entleerung muß diesen Zellen natürlich eigen sein, wenn sie imstande sein sollen, ihr Wasser an den lebenden Rindenkörper der Wurzel abzugeben. Die Velamenzellen haben, wenn sie nicht poröse Wände besitzen, die mechanischen Eigenschaften von Speichertracheiden (vgl. unten). Und als ein Wasserspeichergewebe vom tracheidalen, nicht vom Sphagnum-Typus müssen wir das Velamen allgemein in seinen früheren Stadien ansehen‘). Solange Löcher in den Außenwänden fehlen, kann auch die Durchbohrung der Zwischen- wände das Gewebe noch nicht in den Stand setzen nach Art der toten Schichten von Leucobryum zu arbeiten. Es treten nur die Tracheiden- zu tracheenartigen Komplexen zusammen?), doch nach allen Seiten, nieht in einer Dimension wie in den Gefäßen. Die Umwandlung des Tracheidenkörpers in ein stellenweise nach außen offenes, dann wie ein Schwamm arbeitendes Kapillarensystem dürfte unter natürlichen Ver- hältnissen, durch mechanische Beschädigung und vielleicht auch Ver- witterung, allerdings recht. oft vorkommen. Haare. Deekhaare füllen sich in einem gewissen Alter mit Luft und werden damit erst für ihre schützenden Leistungen geeignet. Sie stehen wohl mit lebendem, wasserreichem Gewebe dauernd in Verbindung, aber bei ihrer großen Oberfläche und dem kleinen Wasser zuführenden Querschnitt kann es wohl geschehen, daß der Ersatz des durch Transpi- ration verloren gehenden Wassers schwer wird, daß in ihrem Zellsaft hohe Zugspannungen auftreten, falls die Zellwand das gestattet, und daß auch hohe Kohäsion überwunden wird. Andererseits können die Haare aber auch auf den Verlust des Füllwassers durch eine Membran- beschaffenheit, die keine bedeutenden Spannungen aufkommen läßt, vorbereitet sein. Junge, lebende, dünnwandige Haare werden beim Austrocknen allgemein zu flachen Bändern zusammengedrückt, die sich nicht mehr 1) de Bary (pag. 237) spricht von der „Tracheidenhülle der Orchideen- wurzeln‘“, 2) Auch das sagt schon de Bary, pag. 240. KEINER VSIVINEDEEEBESEREREREE Untersuchungen über Welken, Vertrockhen und Wiederstraffwerden. 95 entfalten, auch wenn dieselben Haare im reifen Zustand an der Pflanze Luft führen. Die Haare erwerben also erst mit dem Altern die Eigen- schaften — vor allem wohl die nötige Starrheit der Wände —, die sie vor dem Zerdrücktwerden schützen. Lychnis coronaria. Die Haare (Fig. 2) stellen eine sechs- bis achtgliedrige Zellreihe dar, sind gebogen und bilden eine dichte wollige Decke auf den Blättern, Die zwei bis drei untersten Zellen haben dickere Wände als die übrigen, sind gedrungen von Form und führen noch lebenden Inhalt, wenn der übrige Haarteil abgestorben ist. An frisch aus dem Garten geholten Blättern waren die oberen Zellen der meisten Haare bandförmig zusammengequetscht. Bei Wasser- zutritt entfalten sich diese Zellen, und es zeigen sich große Blasen. Läßt man die Haare nun neuerdings austrocknen, so verschwindet das eingedrungene Wasser unter Dehnung der Blasen, und die Zellen bleiben entfaltet. Die Zusammendrückung muß also an vollkommen wassergefüllten Zellen durch Kohäsionszug bewerkstelligt worden sein. Läßt man die Blasen in Wasser vollständig verschwinden, so drücken sich die Zellen tatsächlich beim Austrocknen zu Bündern zusammen, trotzdem zuletzt kleine Hache Bläschen sich bilden. Durch Koehen von Flächenschnitten in destilliertem Wasser und Stehenlassen über Nacht werden in allen Zeilen die Blasen zum Ver- schwinden gebracht. In Schälchen über 0,9-gesättigter NaCl-Lösung beginnt an den abgetroekneten Haaren nach kurzer Zeit die Abplattung der Spitzenzellen. Die mittleren Zellen, die stärkere Wände haben als die obersten, deilen sich zunächst unter Krümmung ein, an einer oder au mehreren Stellen, aber dann springen gewöhnlich die einge- drückten Wandpartien mit einem Ruck nach außen, während im Lumen eine Blase erscheint, und darauf verschwindet das Wasser vollends. Diese Zeilen verhalten sich also beim Austrocknen dank der Elastizität ihrer kräftigen Wände ganz ähnlich wie die Ringzellen am Farnsporan- gium; manche Haare bleiben aber fast ihrer ganzen Länge nach band- förmig deformiert. Fig. 2. Wollhaar von Lychnis coronaria. 95 Hans Holle, Wassergesättigte, dann abgetrocknete Epidermisstücke wurden über Lösung in die Schälehen gebracht, bei niedrigen Konzentrationen die Schälchen in Watte gepackt, Über einer Lösung von zwei Teilen Rohrzucker in einem Teil Wasser: in allen Haaren Luft. Über 1,-gesättigter NaCl-Lösung: ebenso. Über gesättigter KNO,-Lösung: ebenso. Über 1 GM NaCl-Lösung: nach 12 Stunden ebenso. Über % GM NaCl-Lösung: nach 2 Tagen ebenso. Die lebende Epidermis der Blätter von der Oberseite über den Nerven (mit zahlreichen kleinen, deutlich grünen Chromatophoren, die sich im Schatten der dichten Haardecke entwickeln können), wird von einer Mollösung von NaCl stark plasmolysiert, von einer !/, GM-Lösung nieht. Der osmotische Druck der Epidermiszellen ist also höher als die Kohäsion, die das Wasser in den toten Haaren besitzt und die sich auf weniger als 20 Atmosphären beläuft. Das wassererfüllte tote Haar vermag also im Zustand starker Deformation der welken Epi- dermis kein Wasser zu entziehen. Ob die Haare auf dem Blatt ebenso wie die Zellen des Annulus am Farnsporangium dann absterben, wenn sie einmal ungenügend mit Wasser versorgt sind und deshalb austrocknen, oder ob sie erst ab- sterben und dann austrocknen, wurde nicht untersucht. Verbaseum thapsiforme. Das Blatt trägt einen dichten Filz von den bekannten mehr- stöckigen Sternhaaren; ein ziemlich kleines Haar zeigt die Fig. 3. Der Haarstamm besteht aus einer Reihe zylindrischer, dieker, diekwan- diger Zellen; jede Stammzelle außer der untersten trägt am oberen Ende einen Wirtel von drei bis sechs spitzen schlanken Astzellen. An jungen lebenden Haaren werden alle Zellen beim Austrocknen Nach zusammengedrückt. An etwas älteren Haaren platten sich zuerst nur die Zellen des Stammes ab, dann folgen die Astzellen. Sind die Haare noch jung genug, so bleiben die Zellen bandförmig. Es werden wohl kleine flache Bläschen sichtbar, im Stamm wie in den Ästen, aber die aufeinandergepreßten Wände vermögen sich ohne Befeuchtung nicht mehr voneinander zu lösen. Das vollständige Vertrocknen der lebenden Haare geht sehr langsam vor sich. In Astzellen mit diekerer Wand tritt nach mäßiger Abflachung plötzlich eine Blase auf, das Haar nimmt wit einem Ruck seine ur- sprüngliche Gestalt an und bewegt sich dabei. Der Rest des in der Untersuchungen über Welken, Vertroeknen und Wiederstraffwerden, 97 Zelle noch enthaltenen Wassers verschwindet sehr langsam; die Mem- branen transpirieren also schwach. Die erst lebend beobachteten Haare wurden nach dem völligen Austrocknen in Wasser aufgekocht, bis in .den meisten Zellen die Blasen verschwunden waren. Beim Austrocknen drückten sich wieder viele Zellen zu Bändern zusammen. Die Deformation ist also von dem Vor- handensein lebenden Plasmas unabhängig. Aus reifen, kürzeren Haaren, die schon auf dem Blatt abgestorben sind, verschwindet die Luft beim Erwärmen in Wasser rasch. Beim Abtrocknen an der Zimmerluft erscheinen in den Astzellen sehr rasch wieder Blasen. Bequemer ist die Blasenbildung im Schälchen über 0,9-gesättigter NaCl-Lösung zu verfolgen. Die Blasen erscheinen in vorher ganz wassergefüllten Haarästen nach wenigen Minuten, doch in Ästen desselben Wirtels zu verschiedener Zeit. Die Blasen kommen bald vom Grund der Zellen her, bald von der Spitze, bald von beiden Seiten; mehr- mals wurde eine Blase beobachtet, die in der Mitte der Zelle entstand und sich nach beiden Seiten ausdehnte Von den luftgefüllten Wirteln her scheinen die Blasen in die Stammzellen ein- zudringen, in denen sie sich sehr langsam ver- ’ größern. Nach einer Stunde sind alle Haarzellen Fig. 3. Haar von Ver- . . bascum thapsiforme, im. Schälchen wasserfrei. Dureh Kochen und Stehenlassen über Nacht werden alle Haare auf Flächenschnitten von starken Nerven blasenfrei gemacht. Darauf kommen die Schnitte, rasch abgetrocknet, in Schälchen mit Lösung. Über 1 GM NaCl-Lösung über Nacht in Watte: die Haare noch wassergefüllt. Beim Öffnen des Schälehens treten augenblicklich Blasen auf, Über gesättigter KNO,-Lösung über Nacht in Watte: die Haare sind noch wassergefällt. Über %/,-gesättigter Na0l-Lösung über Nacht in Watte: viele Zellen sind noch wassergefüllt, In manchen Zellen kommen die Blasen nach kurzem Aufenthalt über der Lösung zum Vorschein. Über einer Lösung von zwei Teilen Rohrzucker in einem Teil Wasser über Nacht: wenige Zellen der kleinsten, einstöckigen Haare haben noch Wasser; beim Öffnen des Schälchens treten gleich Blasen auf, und zwar oft mehrere in einer Zelle. ‚Flora, Bd, 108. 7 98 Hans Holle, Über 0,75-gesättigter NaCl-Lösung 2 Tage lang in Watte: noch immer sind einige, ganz wenige Zellen wassergefüllt, aus denen erst an trockener Luft das Wasser verschwindet. Die ®/,-gesättigte Kochsalzlösung entwickelt einen osmotischen Druck von etwa 250 Atmosphären?); so hoch ist also in seltenen Fällen die Zugspannung, die in den Haaren des Verbascum tagelaug sich erhält. Die mittlere Höhe der Kohäsion entspricht einer halbgesättigten NaCl-Lösung, beträgt also etwa 150 Atmosphären?). Eine Zugspannung von 100 Atmosphären, entsprechend einer gesättigten Kalisalpeterlösung vermag die Haare noch nicht zu entleeren. Der osmotische Druck in den Epidermiszellen der Blattunterseite über den Nerven beträgt weniger als 20 Atmosphären; denn diese Zellen werden durch eine "/,-normale Kochsalzlösung kräftig plasmoly- siert. Selbst tote, wassergefüllte Haarzellen vermöchten also der welken Epidermis noch Wasser zu entnehmen. Trotzdem vertrocknen die Haare auf der lebenden Epidermis, weil ihre Oberfläche im Verhältnis zum Querschnitt des wasseraufnehmenden Fußes sehr beträchtlich ist. Die beiden auf gut Glück herausgegriffenen Fälle haben uns gleich zwei recht verschiedene Typen von Haaren kennen gelehrt. Die Haare von Lychnis coronaria haben im toten Zustand geringes Saug- vermögen, dem die osmotische Energie der lebenden Epidermis über- legen ist. Die von Verbascum. thapsiforme erzeugen eine Kohäsion von über 100 Atmosphären; diese Eigentümlichkeit der Haarwände wird den Haaren, solange sie noch leben, gute Dienste tun und ihnen zu- sammen mit dem osmotischen Druck ihres Zellsaftes bei de Beschaffung von Wasser behilflich sein. Stengelmark. Das abgestorbene Mark in Stengeln usw. füllt sich mit Luft, ohne daß die betreffenden Gewebermassen auch nur einigermaßen beträchtlich transpirieren können. Der wässerige Inhalt muß dem Mark also wohl durch die umgebenden Gewebe entzogen werden. Mikroskopisch sicht- bare Durchbohrungen der Wände, etwa der an die Interzellulargänge grenzenden Teile, sind nicht bekannt. Es ist also zu vermuten, daß die Kohäsion des Wassers in diesen Zellen gering ist. Kohäsionswirkungen fehlen nicht ganz. Steinbrinek gibt an, 1) Bei Renner, 1915, pag. 662 ist der osmotische Druck einer 0,8-gesät- tigten Lösung zu 279 Atmosphären berechnet. 2) Ebenda, Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 98 daß reifes Mark von Helianthus, das erst mit Wasser gefüllt und dann dem Austrocknen überlassen wird, stark schrumpfelt, bevor es sich mit Luft füllt (1906, pag. 673). Ebenso behandeites Holundermark schrumpfelt kaum, weil es viel starrere Wände hat. Wird lebendes Mark aus Holunder- zweigen herausgeschnitten, so schrumpfelt es sehr stark, auch wenn es vor dem Austrocknen mit Chloroform gelötet wird. Die Wände sind hier eben noch nachgiebig und vielleicht ist auch die Kohäsion von anderer Größe. Die Größe der beim Austroeknen von reifem Holunder- und Sonnenblumenmark auftretenden Zugspannungen wurde wie sonst bestimmt, Längsschnitte aus käuflichem Sambucus-Mark und aus dem Mark dicker Blattstiele von Helianthus annuus, mit 1—2 unverletzten Zellen in der Dicke, wurden mehrmals in destilliertem Wasser erwärmt, bis alle Luft- blasen verschwunden waren, dann abgetrocknet und in die Schälchen gebracht oder in Kölbchen mit Salzlösung am Kork mit Draht aufgehängt Die Gefäße wurden in Watte gepackt. Sambucus. Über gesättigter KNO,-Lösung: alle Zellen mit Luft. Über t/,-gesättigter NaCl-Lösung: ebenso. Über 1 GMKNO, im Liter: ebenso. Über !/, GM KNO,: nach einigen Tagen ebenso; nur einige wenige, isolierte Zellen lassen erst beim Öffnen des Schälchens Blasen auftreten. Über Y/, GMKNO,: nach 1 Woche noch die meisten Zellen voll Wasser; nach 1'/, Wochen schon mehr Zellen lufterfüllt; nach 31/, Wochen alle Zellen ohne Wasser, Iufterfüllt. Über 50 %/, Rohrzucker (d.h. 1 Teil Zucker auf 2 Teile Wasser): nach 1 Tag noch zahlreiche Zellen wassergefüllt; nach 3 Tagen alle Zellen mit Luft, Über 30 °/, Zucker: nach 2 Tagen überall Laft. Über 20 °/, Zucker: nach 4 Tagen noch mit Wasser; nach 1 Woche mit Luft. Über destilliertem Wasser: nach 1 Woche noch voll Wasser. Helianthus. Über 1 GMKNO;: nach 1 Tag ganz verschrumpft; nach 2 Tagen herausgenommen und voll Luft gefunden. Über 5 %/, Zucker: nach 2 Tagen noch voll Wasser, nach 5 Tagen noch viele Zellen mit Wasser. 7 100 Hans Holle, Die Zugspannungen, die in den untersuchten Markgeweben möglich sind, sind also ziemlich niedrig. Sie entsprechen bei Helianthus noch nicht einmal einer %/,-normalen Lösung von Kalisalpeter oder 10 Atmo- sphären. Eine genauere Bestimmung wurde nicht unternommen, weil bei den niedrigen Konzentrationen die Temperatur mit aller Sorgfalt gleich- mäßig und konstant gehalten werden müßte. Es genügt zunächst zu wissen, daß solchem Mark, wie zu erwarten war, Wasser viel leichter entzogen werden kası, als etwa den Zellen des Farnannulus. Wenn man unverletzte Markzellen von Sambucus beim Austrocknen an der Luft beobachtet, so sieht man, nachdem die Wände deutlich ein- gedrückt sind, von einer Stelle der Wand eine kleine Blase weit weg ins Zellinnere springen und dort sich rasch vergrößern, ohne daß weitere Blasen von der Wand her folgen. Läßt man bald, nachdem die Blasen die Zellräume ganz ausgefüllt haben, Wasser zutreten, so verkleinern sich die Blasen ziemlich rasch, rascher als wenn der Schnitt schen längere Zeit trocken gelegen hat. Die Blasen scheinen demnach zunächst aus verdünnter Luft zu bestehen, während die Zellen später Luft von Atmosphärendruck enthalten. Speichertracheiden. Von den Speichertracheiden wird, seit sie bekannt sind, an- gegeben, daß sie bei. Wassermangel des Blattes gasförmigen Inhalt führen. Die Möglichkeit der Entleerung unter Dampfbildung bzw. unter Eindringen von Luft macht diese Elemente eben fähig, trotz der Starr- heit ihrer Wandungen als Wasserspeicher zu dienen, deren Vorrat dem Parenchym bequem zur Verfügung steht. Dieser Vorrat läßt sich viel gründlicher ausnützen als der in lebenden Wassergeweben, und damit mag es zusammenhängen, daß die Speichertracheiden nie in so mäch- tigen Komplexen auftreten wie lebende Wasserzellen. In lebenden, kollabierenden Zellen wird mit dem Wasserverlust die weitere Entnahme immer schwieriger (vgl oben pag. 76), und eine vollständige Ent- leerung ist unmöglich. Der Inhalt einer toten Speichertracheide ist bis zum letzten Rest verfügbar, sobald die Kohäsion einmal aufgehoben ist. Bei der Wiederfüllung allerdings sind die lebenden Wasserzellen mit ihren mehrere Atmosphären betragenden Sangkräften in günstigerer Lage als die Tracheiden, die wahrscheinlich durch Blutungsdruck gefüllt werden müssen, wenn sie beträchtliche Luftmengen aufgenommen haben. Übrigens soll die Luft in den Speichertracheiden im allgemeinen ver- dünnt sein (Kny und Zimmermann, Gramse). Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 101 Die großen, schlauchförmigen, mit Spiralleisten versteiften Speicher- tracheiden in den Blättern von Nepenthes lassen sich am unverletzten Blatt auf ihren Inhalt hin untersuchen. Kny und Zimmermann empfehlen die zartblätterige N. phyllamphora, doch ist in den derben Blättern etwa von N. compaeta der Inhalt der Faserzellen, die unter der oberen Epidermis verlaufen, im auffallenden Lichte ebenfalls gut zu erkennen. Am frisch abgenommenen Blatt sind die Schläuche durch- sichtig, schon bei mäßigem Wasserverlust des Blattes fangen einzelne -Faserzellen an, das Licht zu reflektieren, sie sind von Gas erfüllt. Die Kohäsionsspannungen vor dem Reißen der Wasserfüllung entsprechen der Turgorsenkung des erschlaffenden Parenchyms, sie können also nur einige Atmosphären betragen; falls nicht gar die lebenden Zeilen aktiv Gas in die Speichertracheiden abscheiden, um die Kohäsion aufzuheben und sich in den Besitz des gespeicherten Wassers zu setzen. In den Blättern und Knollen epiphytischer Orchideen sollen Speichertracheiden sehr verbreitet sein (vgl. z. B. Haberlandt, pag. 365, Physosiphon Landsbergüi). Bei Physosiphon Loddigesi aus den Münchener Gewächshäusern sind aber die farblosen, mit zahlreichen Membranleisten versehenen Zellen unter der oberen Epidermis auch an sehr welken Blättern immer wassergefüllt und kollabiert gefunden worden. Sie enthalten nämlich wie die benachbarten glattwandigen Wassergewebs- zellen noch einen lebenden Protoplasten, wie nach Plasmolyse leicht za sehen ist. Gefäße der Blattspreiten. Daß auch in den Gefäßen der Blattspreiten, vor allem in den stärkeren Nerven, bei kräftiger Transpiration und vollends beim Weiken Gas auftritt, ist des Öfteren beobachtet worden. Die früheren Unter- suchungen (z. B. von Volkens, Strasburger) sind aber au Schnitten gemacht, und es erschien wünschenswert, die Beobachtung an unver- letzten Blättern auszuführen, Unter vielen zarten Blättern, die geprüft wurden, erwies sich das der Crucifere Allieria offieinalis als allein brauchbar, aber auch wirklich gut geeignet. Das Parenchym über den Blatinerven (Mitielnerv und Seitennerven 1. und 2. Ordnung; die noch sehwächeren Bündel sind von lockerem Gewebe überlagert und weniger gut sichtbar) ist sehr dünn, vollkommen farblos und frei von Inter- zeilularen und macht deshalb die Betrachtung der Gefäße und Tracheiden sehr leicht. Ob ein Bündel ganz frei von Gasblasen ist oder lufterfüllte Elemente besitat, 1äßt sich ohne jede weitere Behandlung bei Betrachtung von der Blattoberseite im durchfallenden Lichte mit schwacher Vergrößerung entscheiden. 102 Hans Helle, An abgetrennten. Blättern sieht man vom Stiel her mit der Zeit Luftblasen in die Gefäße des Mittelnervs und auch noch in einzelne Seitennerven eindringen, während das frisch abgepflückte Blatt zunächst ganz luftfrei ist. Sind die unmittelbar mit der Schnittfläche in Ver- bindung stehenden Gefäße ihres Wassers beraubt, so ändert sich bei stundenlangem Welken nichts weiter. Die Luft kann augenscheinlich in nieht angeschnittene Gefäße nicht übertreten. Bringt man irgendwo einen Schnitt an, so sieht man meistens augenblicklich Luftfäden von der Wunde her auf eine längere oder kürzere Strecke in: die geöffneten Gefäße hineinschießen. Hier und da kommt es vor, daß solche frisch durchschnittenen Nerven längere Zeit Iuftfrei bleiben; hier ist wohl der Schnitt gleich durch ausgeflossenes Plasma verstopft worden. Nach dem raschen Vordringen bleiben die Lufthlasen wieder für lange un- verändert; sie sind am Ende der geöffneten Gefäße angekommen. Fig. 4 zeigt zwei solche luft- gefüllte Gefäßenden (schraffiert) zwischen wassergefüllten Ble- menten. Auch bei weit vorge- schrittenem Welken, wenn das zarte Blatt vollkommen schlaff geworden ist, fehlt Luft in nicht geöffneten Gefäßen vollkommen. Fig. 4. Ein kleines Stück aus dem Nerven- An alternden Blättern fin- netz eines Blattes von Alliaria officinslis det man häufig gleich nach dem Die äußeren Konturen geben den Umriß der n . Parenchymscheide an. Die beiden schraffierten Abpflücken, ja sogar so lange Gofäßenden sind Iuftgeftit, die übrigen Ge- das Blatt noch an der Pflanze sitzt, einen großen Teil der Rand- nerven lufterfüllt. Die Luft geht zweifellos von den verfärbten, abge storbenen Epithemhydathoden am Blattrand aus. Hier werden wohl Gefäß- wände zerrissen, und Luft kann eindringen, wenn das Blatt transpiriert und nicht durch Wurzeldruck die Gefäße überflutet werden. Aber dem Vordringen der Luft ist durch undurchbrochene Gefäßguerwände wieder bald nach innen hin eine unüberwindliche Grenze gezogen. Für genauere Betrachtung mit starken Vergrößerungen wurden bemerkenswerte Blattstellen mit Toluol oder Paraffinöl oder noch besser mit Schwefelsäure bedeckt und die Flüssigkeit mit einem Deckglas ausgebreitet. Besonders wenn die Schwefelsäure anfängt das Gewebe aufzuhellen, es aber noch nicht zerstört hat, sieht man die Gefäßwände mit ihren Spiralleisten in höchster Schärfe. Einzelne Gefäße bzw. eich asien sen Untersuchungen über Welken, Vertroeknen und Wiederstraffwerden. 103 Tracheiden können bis in die äußerste Spitze schwarz von Luft sein, während ihre ganze Umgebung wasserheil ist (Fig. 4). In allen Versuehen bestanden die Blasen in den Gefäßen aus Luft: von Atmosphärendruck. Das Wasser in den luftfreien Gefäßen muß im Gleichgewicht mit dem angrenzenden Parenchym sein, also, wenn das Parenchym vollkommen welk ist, unter einem negativen Druck stehen, der gleich dem osmotischen Druck des Zellsaftes im Parenchym ist. Zwischen den wassergefüllten und den Iuftgefällten Gefäßen besteht also ein Druckunterschied von mehreren Atmosphären, und trotzdem kann die Luft in die wassergefüllten Elemente nicht übertreten. Dasselbe läßt sich für Objekte, die ihre Gefäße der un- mittelbaren Beobachtung entziehen, aus dem Verhalten bei Verwundungen erschließen. Bei Luftdurchlässigkeit der Gefäßwände wäre zum mindesten für ein welkes Blatt die kleinste Verwundung eines Nervs der sichere Tod; das ganze Gefäßsystem der Spreite müßte sich mit Luft verstopfen und die Spreite müßte vertrocknen. Wenn bei kräftiger Transpiration in einzelnen Gefäßen der Spreite die Kohäsion des Wassers durch die Saugkraft des Parenchyms über- wunden wird, dann können sicherlich unmittelbar anstoßende Gefäße wassergefüllt und leitfähig bleiben. Die visuelle Beobachtung durch- sichtiger Elemente neben und zwischen den gaserfüllten, schwarz er- scheinenden wird im einzelnen Fall schwer oder unmöglich sein. Aber die einfache Erfahrung, daß ein Blatt iranspiriert, ohne zu vertrocknen, ist der sicherste Beweis für das Vorhandensein eines ununterbrochenen wassergefüllten Bewässerungssystems. Die Tatsache der Entleerung, von Wasserspeichern, wie sie in starken Nerven ebenso oft vorkommen mag wie in den Achsenorganen, muß durch mikroskopische Betrachtung ermittelt werden; ob das Leitungssystem noch ungestört arbeitet, wird‘ allein aus der Wasserbilanz erschlossen. Holz. Dünne Späne aus Fichtenholz, 3—5 cm lang, wurden mehrmals in Wasser erwärmt, bis alle Luft verschwunden war. An trockener Luft ist dann in den Tracheiden, die unter der Oberfläche liegen, das Auf- treten von Blasen nicht schwer zu sehen, wenn man auf die sich ver- sehiebenden Wassermenisken achtet. Glückt es nicht diesen Augenblick zu treffen, so ist es schwer zu entscheiden, ob eine Tracheide mit Wasser oder mit Gas gefüllt ist. In Spänen, die 2--5 Tage lang im Schälchen oder Kölbchen mit 80- bzw, 50 %/,iger Zuckerlösung (d. h. Lösung mit 30 bzw. 50 g Zucker 104 Hans Holle, auf 100 g Wasser) gehalten waren, ließen sich an trockener Luft keine wandernden Menisken mehr entdecken; das Wasser war ganz verschwunden. Versuche mit niedrigeren Konzentrationen haben. wechselnde Ergebnisse gebracht. . Es wäre natürlich sehr wichtig zu wissen, ob die Kohäsion in den jüngsten Jahresringen einen anderen Wert hat als in den älteren, und ob bei Differenzierung der Holzelemente, wie bei den Dikotylen, die Größe der Kohäsion in den verschiedenen Zelltypen wechselt. Aber die Schwierigkeiten der Beobachtung haben sich beim Holz bis jetzt nicht überwinden lassen. Es wird wohl nötig sein, hierfür besondere Wege zu suchen. Der Inhalt „Iuftführender“ Zellen. Es hat merkwürdige Schwierigkeiten gemacht zu erfahren und zu verstehen, welcher Art der Inhalt der in geschlossenen Zellen !) auftretenden Blasen gleich nach ihrer Bildung ist. Am meisten sind die Blasen in den Annuluszellen der Farnsporangien diskutiert worden, deren rasches Verschwinden in Wasser so auffällig is. Ein Vakuum enthalten diese Zellen nicht, wenn das Sporangium an der Luft gelegen hat, denn wie Schrodt zuerst angegeben hat, treten nach Zerstörung der Zellwände durch konzentrierte Schwefelsäure veritable Blasen aus. Diese Blasen sind aber meistens recht klein, viel kleiner als das Lumen der Zellen, und wie Steinbrinck (1899, pag. 108; 1903, pag. 107) mitteilt und nach eigener Beobachtung bestätigt werden kann, sind sie besonders klein, wenn die Sporangien nach dem Springen in Luft so- gleich in Schwefelsäure gebracht werden, größer, wenn das Sporangium längere Zeit trocken der Luft ausgesetzt war. Man möchte also an- nehmen, daß die Ringzellen gieich nach ‘dem Springen nur sehr ver- dünnte Luft enthalten und daß mit der Zeit etwas mehr Luft eindringf. Merkwürdig ist aber, daß es noch niemals gelungen ist Annuluszellen zu sehen, in denen ein wirkliches Vakuum bzw. bloß Wasserdampf enthalten ist. Wenn man z. B. Sporangien, die man eben in Wasser ausgekocht: hat, durch konzentrierte H,SO, zum Springen bringt, so bleibt nach der Zerstörung der Wände doch meistens ein längere Zeit bestehendes Bläschen übrig, das man aus der gequollenen Membran- masse herausdrücken kann. Ob dieses Gas Luft ist und woher es stammt, ist noch immer unklar (vgl. Steinbrinck z. B. 1903). Sicher ist, daß die Annuli beim Austrocknen im Vakuum und auch in ausgekochtem 1) Von den Gefäßen, über deren Gasgehalt viele Untersuchungen vorliegen; soll nicht die Rede sein. { | Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 105 Wasser bei Zugabe ausgekochten Glyzerins springen (beides bei Schrodt 1887, pag. 186, 184). Davon, daß das Springen unter solchen Bedin- gungen durch das Eindringen von Luft durch die Wand herbeigeführt wird, kann keine Rede sein. Es kann hier die Adhäsion zwischen Wasser und Wand (kaum die Kohäsion des Wassers) durch den mehrere hundert Atmosphären betragenden Zug der eingedrückten Wand überwunden oder irgendwoher eine kleine Menge Gas entbunden werden. Ob beim Springen au der Luft dasselbe geschieht und die Luft nachträglich in den von Wasserdampf erfüllten Raum eindringt oder ob eindringende Luft die Veranlassung zum Springen gibt, ist für die Fragen, die uns nahegehen, verhältnismäßig unwichtig. Wir sehen jedenfalls, daß auch bei einem außerordentlich hohen negativen Druck in der Wasserfüllung der Zellen zunächst keine Luft in die wassergefüllten Räume einzudringen vermag, daß aber, wenn die Zellen einmal ihren wässerigen Inhalt verloren haben, Luft in nachweisbarer Menge ihren Weg in die Zellen findet. In Ergänzung der Versuche von Renner (1915) wurde fest- gestellt, daß Sporangien von Scolopendrium, die 4 Wochen lang im Schälchen über gesättigter Kalisalpeterlösung, teilweise stark deformiert, lagen, an der Luft noch sprangen. Das Wasser in den Ringzellen hatte also die ganze Zeit unter einer Zugspannung von 100 Atmosphären gestanden. Soweit die Sporangien schon vorher geöffnet waren, defor- mierten sie sich im Schälchen stark und schlossen sich dann beim Springen an trockener Luft, wohl infolge der langen Dehnung der Membranen, nicht mehr ganz; dem Springen ging natürlich eine Verstärkung der konkaven Ringkrümmung voraus. Jüngere Sporangien waren im Schälchen kaum geöffnet, und diese führten an der Luft vollkommen normale Öffnungs- und Springbewegungen aus. Bei Haaren, Markzellen, Mooshlättern usw. stoßen wir auf dieselben Erscheinungen und Fragen. Mit den Moos- und Markzellen hat Stein- brinck sich eingehend beschäftigt (1900, pag. 280; 1908, pag. 127). Bei den Haaren von Verbaseum ist mit Hilfe der Schwefelsäureprobe leicht nachzuweisen, daß die Blasen in der ersten Zeit nach ihrer Bildung aus sehr verdünntem Gas, später aus Gas von Aimosphärendruck be- stehen. Denn in dem Augenblick, wo die Membran einer eben „ge- sprungenen” Haarzelle von der Säure an irgendeiner Stelle ganz auf- gelöst ist, zieht die Blase, die das Lumen der Zelle vollständig erfüllte, sich mit einem plötzlichen Ruck auf ein vielmal kleineres Volumen zasammen; die Blasen in Haaren, die schon vor längerer Zeit ihr Wasser verloren haben, bleiben dagegen nach der Zerstörung der Zeilwände fast unverkleinert. Sehr rasch läßt nach Steinbrinck (1900, pag. 280) 106 Hans Holle, das Mark von Sambucus und Helianthus, wenn es im Vakuum getrocknet war, unter dem Druck der Atmosphäre Luft eindringen. Die Rolle die der Imbitionszustand der Zellwände gegenüber dem Eindringen der Luft spielt, ist nach Steinbrincks Studien wechselnd; bald tritt Luft durch gequollene Membranen ebenso leicht wie durch trockene (1903, pag. 130), bald sind wassergetränkte Zellwände für Luft viel weniger durchlässig als trockene (1900, pag. 281). Ein Satz Steinbrineks (1900, pag. 391) hat sich aber nicht bestätigen lassen, nämlich, „daß das Fortschreiten der Kontraktion (unter dem Zug des schwindenden Füllwassers) stets dann sistiert werde, wenn der wachsende Zug der Membranen auf die in den Poren befind- lichen Wasserteilchen die Höhe derjenigen Druckdifferenz übersteigt, bei welcher man gelegentlich anderer experimenteller Untersuchungen eine reichliche Durchlässigkeit der betreffenden Zellhaut für Luft kon- statiert hat“. Steinbrinck kannte die Größe der im Annulus usw. auftretenden Zugspannungen noch nicht. Er wußte nur, daß bei dem zartwandigen Sonnenblumenmark „der Atmosphärendruck genügt, um die bei der Schrumpfelung stattfindende Kompression hervorzubringen“ (1900, pag. 88), Aber während eine höhere Druckdifferenz als 1 Atmo- sphäre für das Eindringen von Luft in eine luftleere Zelle nicht zur Verfügung steht, treten z. B. bei den Haaren von Verbaseum, die ein- mal ihres Wassers beraubt sich mit Luft füllen, mächtige negative Drucke auf, bevor sie ihr Füllwasser loslassen. Die Luftdurchlässigkeit einer Membran ist noch viel weniger „ein Hindernis für ihre Schrumpfelung“ als Steinbrinck meinte (1900, pag. 275). Denn diese Luftdurch- lässigkeit beobachten wir mit Sicherheit erst dann, wenn die Zelle ihres Füllwassers beraubt ist. 1IIL.A. Das Wiederstraitwerden trockener Moosblätter. Ausgetrocknete Moose stellen nach Befeuchtung ihren vollen Turgor wieder her und nehmen die Lebenstätigkeit auf. Die physikalischen Vorgänge beim „Schwellen“ der Moose hat Steinbrinek (z. B. 1906, pag. 675) eingehend behandelt, Uns interessiert zunächst das Verhalten der Luftblasen. Wie schon oben (pag. 88) erwähnt, bleiben sie in großen Zellen, wie denen von Funaria, Mnium, Catharinea, oft viele Minuten lang erhalten. Sie liegen dann, allmählich kleiner werdend, im Zellinneren, einzeln oder zu mehreren, und über wie unter den Rändern der Blasen können nicht selten Chloroplasten beobachtet werden. In dem Augenblick, in dem die Blase nach punktförmiger Verkleine- | | Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 107 rung vollends verschwindet, sieht man an der Stelle, wo sie lag, kleine Körnchen des Zellinhaltes in wirbelnde Bewegung geraten, und nicht selten nehmen auch einzelne Chloroplasten durch ruckförmige Verschie- bung an der Bewegung teil. Vor dem Verschwinden liegen die Blasen ‚also zweifellos innerhalb des Plasmakörpers, während sie in der trockenen Zelle wahrscheinlich vorzugsweise zwischen Zellwand und Plasma vor- kommen (s. oben pag. 88). Bei den epiphytischen Lebermoosen (Radula, Madotheea, Frullania) verschwinden die Blasen in Wasser sehr rasch, und bei epiphytischen Laubmoosen (Orthotrichum, Ulota, Anomodon, Leucodon) so blitzschnell, daß man Mühe hat sie zu sehen, wenn man den trockenen Blättern gleich Wasser zusetzt. Dem Verschwinden geht auch hier eine Vergrößerung infolge der Entfaltung der quellenden Zellhaut voran, aber die Ver- größerung und das darauffolgende Einströmen von Wasser verlaufen hier außerordentlich rasch. . Eine Beziehung der Geschwindigkeit des Schwellens und der Blasenverdrängung zu den Lebensbedingungen ist unverkennbar. Epi- plyten und Xerophyten (z. B. Grimmia) sind darauf eingerichtet die kleinsten Wassermengen, die ihnen ein günstiger Augenblick bietet, rasch auszunützen. Erdbewohnende Hygrophyten beeilen sich viel weniger mit der Schwellung, wenn sie befeuchtet werden; bei vorüber- gehender schwacher Benetzung verändern sie sich nur wenig. Gleich nach vollendeter Quellung und nach Verdrängung der Blasen können die Zellen schon plasmolysiert werden, wie G. Schröder (pag. 44) für Grimmia pulvinata angibt und wie für Funaria, Mnium, Catharinea bestätigt werden kann. Bei Mnium (affine und undulatum) muß man übrigens aus dem Grund vorsichtig sein, weil manche Ma- terialien das Austrocknen nicht vertragen und auch nach langsamer Schwellung in einer feuchten Kammer, auf nassem Fließpapier, sich ‚abgestorben erweisen. Beim Einlegen trockener Blätter in eine Lösung, die die turge- szenten Blätter plasmolysiert, müßten die Membranen sich entfalten und die Protoplasten kontrahiert bzw. schwach gequollen bleiben, wenn sie im trockenen Zustande sich der Lösung gegenüber ebenso verhielten wie im turgeszenten. Das ist aber nicht der Fall. In Lösungen von Kali- ‚salpeter quollen die Protoplasten oft. wie in Wasser und erwiesen sich- nach der Quellung meist als abgestorben; wurden die troekenen Stämm- ‚chen aber zuerst in Wasser gebracht und nach Stunden oder auch nur Minuten in die Salpeterlösung, so trat Plasmolyse ein. Diese Erscheinung verlangte genauere Analyse. 108 Hans Holle, Versuche mit KNO, an Mnium affine. Frische Blätter. In Y/, GM kräftige Plasmolyse, die mehrere Stunden erhalten bleibt, ebenso in höheren Konzentrationen. Von 1, GM nicht plasmolysiert. Frische Blätter in 1 @M. Nach 2 Tagen die Zellen nur noch teilweise schwach plasmolysiert, andere nicht mehr plasmolysiert aber lebend, viele abgestorben. Die noch lebenden werden von 2 GM NaCl stark plasmolysiert. Ausgetrocknete, dann 1 Tag in Wasser gehaltene Blätter: in 1 GM starke Plasmolyse; nach 10 Stunden noch ebenso, Ausgetrocknet, dann 1 Stunde in Wasser. Von 1 GM stark plasmolysiert. Ausgetrocknet, dann 5 Minuten in Wasser, bis die Schwellung eben zur Hauptsache vollendet ist, In 1 GM Plasmolyse. Die Zellen gehen aber großenteils nach kurzer Zeit zugrunde, und nach 8 Stunden sind fast keine lebenden, plasmolysierten Zellen mehr da. Trockene Blätter in 1 GM. Meistens quellen die Protoplasten und gehen zugrunde, was vor allem an der Verfärbung der Chloro- plasten zu erkennen ist. Einzelne Zellen bleiben unter Abhebung der Membran am Leben, doch ist die Plasmolyse viel schwächer als in Blättern, die in turgeszentem Zustand in die Lösung gebracht werden. Trockene Blätter in %/, GM: keine Plasmolyse. Darauf in 1 GM: vereinzelte Zellen plasmolysiert, die meisten abgestorben. Versuche mit KNO, an Catharinea undulata. Frische Blätter: 1 GM plasmolysiert alle Zellen stark. Nach 15—24 Stunden ist die Plasmolyse weit zurückgegangen, die Zellen erscheinen ‚eben noch plasmolysiert. Nach 2 Tagen sind nur noch vereinzelte Zellen schwa:h plasmolysiert. Manche Blätter sterben in der Lösung schon im Laufe eines Tages ab. Die Chloroplasten sind nach 1—2 Tagen vielfach auch in den noch turgeszenten Zellen geschädigt. Wenn die Plasmolyse in 1 GM zurückgegangen ist (nach 2 Tagen), werden die Zellen durch 2 GMNaCl kräftig plasmolysiert. Trockene, dann ?/, Stunde in Wasser gehaltene Blätter: 1 GM plasmolysiert rasch. Trockene Blätter: In 1 GM sind nach */, Stunde die meisten Zellen vollkommen gequollen, ohne Plasmolyse; in vielen Zellen ist der Protoplast eben Eee rennen Untersuchungen über Welken, Vertroeckuen und Wiederstraffwerden. 109 abgehoben. Nach 1 Stunde in vielen Blättern gar keine Plasmolyse, in anderen noch einzelne Zellen schwach plasmolysiert, ‘Nach 15 Stunden keine Spur von Plasmolyse, die Chloroplasten sehr geschädigt. Die nicht plasmolysierten Zellen lassen sich mitunter noch nach 15 Stunden mit 2 GMNaCl plasmolysieren. Viele Zellen und Blätter sterben aber schon nach wenigen Stunden ab. Versuche mit NaCl an Mnium. Frische Blätter werden schon von */, GM leicht plasmolysiert. In !/, GM kräftige Plasmolyse in wenigen Minuten. In 1 GM starke Plasmolyse, die nach 2 Tagen noch erhalten ist, wenn auch vermindert. Trockene Blätter, %/, Stunde in Wasser bis zur vollständigen Her- stellung des Turgors Von !/, GM und 1 GM jetzt ebenso wie länger turgeszent gewesene plasmolysiert. Trocken in !/, GM: keine Plasmolyse nach dem Schwellen, Trocken in 1 GM: nach wenigen Minuten viele Zellen deutlich plasmolysiert, die Membran beim Schwellen abgehoben. Nach 1 Tag keine Zelle mehr plasmolysiert, die meisten Zellen tot; die noch leben- den Zellen haben geschädigte Protoplasten, werden durch 2 GM NaCl plasmolysiert. Trocken in 1,5 GM: nach dem Schwellen liegen die Protoplasten teilweise als eckige " Klumpen innerhalb der abgehobenen B:) Zellhaut; bei Wasser- B zugabe quellen die BD) Plasmakörper, bissie "N die Wände überall berühren, J Versuche mit Na0l 9) an Catharinea. Frische Blätter ) (meistens ganze = Stämmchen verwen- » i Fig. 5. Biätter von Oatharinea undulata in Na0l- dei): von } 2 GMNacı Lösungen. a frisch in Y, GM; 5 trocken in '/, GM; kräftig plasmolysiert . frisch in 1,5 GM; @ trocken in ?/, GM, dann in 1,5 GM. (Fig. 50); nach 12 Stunden in ?/, GM ist die Plasmolyse größtenteils zurückgegangen; 1,5 GM plasmolysiert wieder stark. 110 Hans Holle, In 1 GM ist nach 15 Stunden die Plasmolyse teilweise zurück- gegangen, nach 1 Tag noch starke Plasmolyse, nach 2 Tagen ebenso. In 2 GM (Fig. 60) nach 1 Tag noch starke Plasmolyse. Trockene Blätter werden '/, Stunde in Wasser gelegt. Darauf tritt bei Übertragung in !/, GMNaCI Plasmolyse ein, aber langsamer und schwächer als bei frischen Blättern. In 1 GM starke Plasmolyse. Trockene Blätter: In ”/, GM stellenweise schwache Plasmolyse nach der Schwellung (Fig. 52), viel schwächer als bei frischen Blättern. Andere Zellen gar nicht plasmolysiert. Von 15 GM NaCl jetzt stark plasmoly- siert (Fig. 5@), doch viel weniger stark als bei Blättern, die frisch in 15 GM kommen (Fig. be). In 1GM. Die Zellwände heben sich von den zunächst eckigen Plasmaklum- pen ab, . besonders Fig. 6. Blätter von Catharinea undulata in Na0l- deutlich in den Zellen Lösungen. « trocken in 1 GM; 5 ebenso, Lamelle von ie. der Kante gesehen; c trocken in 1 GM, dann in 2 GM; der Lamellen (Fig. 4 frisch in 2 GM. 62). Nach 1 Stunde sind die Klumpen abgerundet, die Zellen sehen plasmolysiert aus (Fig. 60). Nach 15 Stunden keine Plasmolyse mehr, aber durch 2 GM jetzt wieder herbeizuführen (Fig. 60). In 1,5 GM. Die Zeilwände heben sich von den wenig gequollenen Plasmaklumpen ab. Versuche mit Rohrzucker. Rohrzucker scheint langsam durch die Zellwände der Moosblätter zu dringen, besonders langsam durch die Außenwände. In 30°/,iger Lösung beginnt die Plasmolyse meistens an Wundstellen der Blätter von Mnium und schreitet sehr langsam nach innen vor. wenig gequollenen, - Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 111 Mnium. Frische Blätter in 30°)... Nach einigen Stunden plasmolysiert, Nach i Tage in den meisten Zellen die Plasmolyse ganz zurück- gegangen. Trockene Blätter in 30%,. Zellen teilweise plasmolysiert. Catharinea. Frische Blätter in 30°%,. Nach einigen Stunden deutlich plasmo- lysiert. Nach 1 Tag die meisten Zellen nicht mehr plasmolysiert. Diese Zellen lassen sich jetzt mit 1 GMNaCi plasmolysieren, aber ziemlich schwach; der osmotische Druck des Zellsafts ist also während des Aufenthalts in der Zuckerlösung gestiegen, Ergebnis. Wenn turgeszente Moosblätter in eine plasmoly- sierende Lösung von KNO,, NaCl oder Rohrzucker gebracht werden, so geht die Plasmolyse im Laufe eines Tages weit zurück. Wahr- scheinlich beruht der Rückgang auf einem Eindringen des Plasmo- Iyikum, nicht auf aktiver Erhöhung des osmotischen Druckes im Zellsaft. (Anatonose im Sinne von Rysselberghe), denn die Plasmo- lIyse verringert sich in Salpeterlösung merklich rascher als in Koch- salzlösung. Wenige Minuten nach der Wiederherstellung des 'Turgors durch Befenchtung lassen sich trocken gewesene‘Blätter wieder plasmolysieren, und zwar von denselben Konzentrationen wie Blätter, die lange Zeit turgeszent gewesen sind. Werden trockene Blätter in die Salzlösungen gebracht, so erfolgt in Lösungen, die mit dem Zellsaft der turgeszenten Zellen ungefähr isosmofisch sind (1/, GM KNO, und NaCl), ein Quellen der Proto- plasten fast wie in Wasser, vor allem in der Salpeterlösung. In der Kochsalzlösung erscheinen nach vollendeter Schwellung der Blätter einige Zeilen schwach plasmolysiert. Vielfach sterben die Zeilen während des Schwellens der Blätter ab. Die noch lebenden Zellen lassen sich durch stärkere Salzlösungen plasmolysieren, aber die Plasmolyse fällt beträchtlich schwächer aus als bei turgeszenten Blättern in derselben Salzkonzentration. Bei der Überführung troekener Blätter in Lösungen mit 1 bis 15 GM Salz im Liter liegen die Proteplasten nach der Entfaltung der Zeilwände meistens deutlich kontrahiert im Zellinneren, soweit sie noch leben. Die Quellung schreitet aber langsam weiter fort, und nach 112 Hans Holle, einigen Stunden ist die Plasmolyse viel schwächer, als wenn turgeszente Blätter dieselbe Zeit in derselben Lösung liegen. Durch Anwendung konzentrierterer Lösungen läßt sich die Plasmolyse wieder verstärken. Im trocknen Zustand ist also die Permeabilität des Plasma für Salze gegenüber der im wassergesättigten beträchtlich erhöht. Das Salz wird vom trocknen Plasma, wenn dieses in einer Salzlösung quillt, zunächst aufgenommen, und dabei kommt es häufig zu schwerer Schädigung der Protoplasten. Ziemlich rasch stellt sich aber ein ge- wisser Grad von Impermeabilität her, so daß bei hohen Salzkonzen- trationen die Erscheinung der Plasmolyse sich darbietet, wenn die Zellwände sich infolge der Quellung entfaltet haben. Die Konzentration, bei der eben Plasmolyse wahrnehmbar wird, liegt für trockne Blätter höher als für turgeszente, und bei beträchtlichen Konzentrationen ist der Grad der Plasmolyse bei trocknen Blättern niedriger als bei frischen. In einer schwachen Lösung gequollene, wenig kontrahierte Protoplasten können durch eine stärkere Lösung zu stärkerer Kontraktion gebracht werden; bei gleicher Konzentration der plasmolysierenden Lösung ist die Plasmolyse aber schwächer, wenn das Blatt vorher in einer Lösung erst aus dem trocknen Zustand in den gequollenen übergeführt worden ist, als wenn es vorher längere Zeit turgeszent in Luft oder in Wasser gelegen hat. Läßt man trockne Blätter in Wasser schwellen, so ist nach wenigen Minuten die normale Semipermeabilität hergestellt. Werden troekne Blätter, z. B. von Catharinea, in eine Lösung gebracht, so verschwinden die Blasen allgemein langsamer, oft viel langsamer als in Wasser. Lägen die Blasen zwischen Zellwand und Plasmakörper, so könnte die Verdrängung der Blasen vor allem in Zuckerlösung langsamer erfolgen als in Wasser; denn der sehr lang- same Verlauf der Plasmolyse frischer Blätter zeigt, daß die Zeliwände für Zucker recht schwer permeabel sind. Aber auch in Lösungen von KNO, oder NaCl bleiben die Blasen oft sehr lange erhalten. Nach dem Verschwinden einer Blase (z. B. bei Catharinea in i GM NaCl) zeigt der Protoplast an der hetreffenden Stelle eine Aushöhlung von der entsprechenden Größe, meist etwa halbkugelig, aber manchmal auch tief nach innen reichend, fast kegelfürmig. Die Aushöhlung scheint unmittelbar an die Zellhaut anzugrenzen, nicht von Plasma außen über- zogen zu sein. Aber daß die Blasen vorher rings von Plasma um- schlossen sind, ist kaum zu bezweifeln. Es wäre sonst nicht zu ver- stehen, warum die Salzlösung sieh so außerordentlich langsam an die Stelle der Blase setzt. Das Erhaltenbleiven von Blasen dürfte also darauf hinweisen, daß der Protoplast für den verwendeten Stoff (in Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 113 unserem Fall NaCl) schon recht schwer durchlässig ist, das endliche Verschwinden der Blasen wäre ein Zeichen für das Permeieren des Salzes, wenn man nachweisen könnte, daß bis zuletzt eine Plasmahaut über der Blase liegt. Daß dem ausgetrockneten Plasma die Eigenschaft der Semi- permeabilität abgeht, hat Atkius für die Samen von Phaseolus vulgaris und Lathyrus odoratus nachgewiesen. Diese Samen nehmen im trocknen Zustand z. B. %/,-normale Kochsalzlösung ohne Veränderung der Kon- zentration auf, während in Wasser gekeimte Samen aus der Lösung mehr Wasser als Salz sich aneignen. Aus dem Erfolg des Versuchs hat Atkins geschlossen, daß die genannten Samen nicht wie viele andere!) in der Samenhülle eine tote semipermeable Schicht besitzen und H. Schroeder hat das bei einer genaueren Prüfung bestätigt. Das Plasma lufttrockener Samen ist also, vor der Quellung, gegenüber gelösten Stoffen wehrlos, es gewinnt die Fähigkeit, gegen von außen mit dem Wasser herantretende Stoffe sich durch Semipermeabilität zu. schützen, erst mit der Quellung. Aus diesem Grunde ist die Ausbildung semipermeabier Schichten in der toten Samenhülle als höchst zweck- mäßig zu betrachten. Hinter der für Wasser wohl durehlässigen Schutz- wand kann der Embryo ungestört quellen und sich auf die Begegnung mit den gelösten Stoffen in seiner Umgebung vorbereiten. HI.B. Einfluß der Wassertemperatur auf das Turgeszentwerden welker, abgeschnittener Organe. Die Literatur enthält einige wenige Angaben, die darauf hinzuweisen scheinen, daß das Straffwerden weiker Objekte durch höhere Wasser- temperaturen begünstigt wird. De Vries (1873, pag. 296) schnitt Sprosse von Helianthus und Zweige von Sambucus in Luft ab und sah sie in kaltem Wasser welken; nach der Übertragung in Wasser von 35° erholten sie sich. Weil aber Kontrollen fehlen, ist nicht zu ent- scheiden, ob die Sprosse nicht auch in kaltem Wasser frisch geworden wären. Weber (1885, pag. 347) sah Sprosse, deren Schnittfläche ver- kohlt worden war, m Wasser von 19° welken, bei Übertragung in Wasser von 40° frisch werden. Bei den Versuchen 2 und 3 (pag. 347, mit Sambueus nigra und Corylus avellana) erfolgt aber das Straffwerden um 9 Uhr abends, es kann also durch die Herabsetzung der Trauspiration bedingt sein. Beim vierten Versuch (pag. 348, mit Sambucus nigra) gelingt 1) Vgl. Shull; hier auch die frühere Literatur, Flora, Bd, 108. 8 114 Hans Holle, die Wiederherstellung des Turgors allerdings kurz nach Mittag. Doch ist auch hier wegen des Fehlens eines Kontrollversuchs ein sicheres Urteil nicht möglich. In eigenen Versuchen wurde die Geschwindigkeit des Wieder- straffwerdens an Sprossen beobachtet, die einige Stunden lang ohne Wasserzufuhr ausgelegt und dann, gewöhnlich in einem Zimmer von etwa 18° C, in Wasser von verschiedener Temperatur eingestellt wurden. „Kaltes“ Wasser ist solches von 15-—17°, „warmes“ solches von 35— 40°, „heißes“ solches von 80° oder darüber. Beim Einstellen in Wasser wurde die Schnittfläche der Sprosse teils nicht erneuert, teils wurde ein 3—5 cm langes Stück der Achse unter Wasser abgeschnitten. Versuche. Sinapis arvensis. Drei Versuche mit je 5—9 blühenden Stengeln in jeder Gruppe. Nach Erneuerung der Schnittfläche ist kein Unterschied ‚zwischen kaltem und warmem Wasser. Ohne Kürzung der Stengel er- holen sich die Blätter in einem Versuch im warmen Wasser deutlich rascher als im kalten, in den zwei anderen Versuchen ist der Unter- schied schwächer, doch auch vorhanden. Hypericum perforatum. Vier Versuche mit je fünf Stengeln in jeder Gruppe. Schnittfläche immer erneuert. Kein Unterschied zwischen warmem und kaltem Wasser. Melandrium album, Ein Versuch mit gekürzten Stengeln. Die Sprosse werden, nach Erneuerung der Schnittfläche, im warmen und im heißen Wasser viel rascher straff als im kalten. Ligustrum vulgare. Diesjährige Triebe im Mai. Drei Versuche mit je 4—5 Zweigen in jeder Gruppe. Schnittflächen erneuert. Zwei- ma] wird der Turgor im warmen Wasser etwas rascher hergestellt als im kalten, einmal ist kein Unterschied zu finden. Syringa vulgaris. Diegjährige Triebe im Mai, 30-40 em lang. Je sechs Zweige gleich vorbehandelt, dann je drei in kaltes und je drei in warmes Wasser gestellt. a) Schnittfläche erneuert. 1. Die Zweige waren 4: lang ohne ohne Wasser ausgelegt; 1% nach dem Einstellen in Wasser sind die im warmen Wasser ganz frisch, die im kalten weniger. 2. 5? lang ausgelegt; nach !/® alle gleich frisch. 3. 7!/,» lang ausgelegt; nach 1% kein Unterschied, alle nicht ganz straff. 4. Über Nacht ausgelegt; nach ?/," alle gleich frisch. 5. 24® lang ausgelegt; in warmem Wasser werden die Zweige bald frisch, die in kaltem nicht. Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 115 b) Schnittfläche nicht erneuert. 1. 5% lang ausgelegt. Nach 5& noch nicht erholt, ohne Unterschied. 2. Über Nacht ausgelegt; nach 5% nicht erholt, ohne Unterschied. 3. 24% lang ausgelegt; nach einigen Stunden nicht erholt, ohne Unterschied. Sambucus nigra. Je vier Zweige in jeder Gruppe, diesjährige Sprosse im Mai. a) Schnitt erneuert. 1. 7° ausgelegt; nach 2 im warmen Wasser die meisten Blätter straff, im kalten erst wenige. 2. Wenige Stunden lang ausgelegt; im warmen Wasser beginnen zwei Zweige schon nach 2/,® straff zu werden, nach ®/,b sind im warmen Wasser drei Zweige ziemlich erholt, im kalten einer. 3. Wenige Stunden ausgelegt; nach 2/,% sind im warmen Wasser zwei Zweige halbfrisch, im kalten einer; nach 1* ist im warmen Wasser ein Zweig fast ganz erholt, die anderen weniger, die im kalten sind alle noch zurück. b) Schnittfläche nicht erneuert. 1. Im warmen Wasser werden einzelne Zweige frisch, im kalten bleiben alle welk. 2. Im kalten wie im warmen Wasser werden die Zweige sehr spät straff. Die meisten Versuche, mit mehreren hundert Stengeln, wurden an etwa 3 Wochen alten Keimpflanzen von Vieia faba ausgeführt. Die Ergebnisse waren wieder nicht sehr einheitlich, doch können folgende Erfahrungen als gesichert gelten. Werden die Stengel nach mehr- stündigem Welken ohne Erneuerung der Schuittfläche in Wasser gestellt, so erholen sie sich in warmem Wasser meist merklich rascher als in kaltem, in heißem (etwa 80° warmem) Wasser etwas langsamer als in mäßig warmem (40%), aber doch noch rascher als in kaltem (17°). Der Beginn des Wiederstraffwerdens ist in günstigen Fällen nach 15’ deutlich, vollkommene Turgeszenz wird in warmem Wasser etwa in 1" erreicht. Wird von den gewelkten Stengeln beim Einstellen in Wasser ein etliche Zentimeter langes Stück unten abgeschnitten, also die Schnitt- fläche erneuert, so ist zwischen der Wirkung warmen und kalten Wassers meist kein deutlicher Unterschied zu finden; die Stengel sind mitunter nach 15-—-30° wieder vollkommen straff. Längere Zeit dagegen braucht die Erholung in heißem Wasser. Auch die Temperatur des Raumes, in dem den gewelkten Stengeln nach Erneuerung der Schnittfläche Wasser dargeboten wird, hat keinen deutlichen Einfluß. Es wurden z. B. 40 Stengel im Zimmer mehrere Stunden lang dem Welken überlassen, dann wurden 10 Stück auf 1/,% in einen Raum von 15°, die andere Hälfte in einen Raum von 35° gebracht. Darauf wurden uuter Erneuerung der Schuittfläche in g* 116 Hans Holle, jedem Raum je 10 Stengel in Wasser von 15° und ebensoviele in Wasser von 40° eingestellt. Von allen vier Gruppen waren nach 5’ einige Stengel deutlich straffer geworden und nach 10’ waren einige ganz turgeszent. Von den im warmen Raum in warmes Wasser eingestellten Stengeln waren nur zwei den anderen etwas voraus. Bei einem anderen ganz ähnlichen Versuche war nicht einmal dieser geringe Unterschied zu finden; die Wiederherstellung des Turgers brauchte etwa 15”. Wird an den Stengeln, bevor sie zum Welken ausgelegt werden, das unterste, etwa 10 cm lange Stück durch heißes Wasser getötet, so wirken warmes und kaltes Wasser gleich, einerlei ob die Schnittfläche erneuert, ist; oder nicht. Im Vergleich mit nicht abgetöteten Stengeln verläuft das Wiederstraffwerden bei den abgetöteten etwas langsamer. Ohne Erneuerung der Schnittfläche braucht das Turgeszentwerden auch bei den unten abgetöteten Stengeln mehr Zeit als wenn die Schuittfläche erneuert wird. Ergebnis. Eine günstige Wirkung des warmen Wassers ist vielfach unverkennbar vorhanden. Die Bedingungen, unter denen warmes Wasser das Turgeszentwerden beschleunigt, lassen sich aber noch nicht genau angeben. In den zahlreichen Versuchen mit Vicia faba ist die Förde- rung durch warmes Wasser hauptsächlich dann beobachtet worden, wenn die Stengel ohne Erneuerung der Schnittfläche in Wasser eingestellt wurden; nach Abschneiden eines Stengelstückes wurden in warmem wie in kaltem Wasser die Blätter so rasch straff, daß ein Unterschied sich nicht zu erkennen gab. Sinapis verhielt sich ebenso, Sambucus und Syringa dagegen eher umgekehrt, und auch bei Melandrium erfolgt das Straffwerden trotz Erneuerung der Schnittfläche in warmem Wasser deutlich rascher als in kaltem. Diese wechselnden Befunde sind wohl so zu deuten: Bei mäßiger Luftverstopfung der Schnittfläche wirkt warmes . Wasser günstiger als kaltes. Je nach dem Grad des Welkseins und der Beschaffenheit der Gefäßelemente war dieser kritische Grad der Verstopfung gegeben entweder an der primären, der Luft ausgesetzten Schnittfläche, oder aber erst nach Abschneiden eines Stengelstückes. Wird durch Abschneiden eines Achsenstückes die Luftverstopfung ganz oder zu einem großen Teil beseitigt, so ist die Wasseraufnahme sehr erleichtert und eine Förderung durch höhere Temperatur macht sich nicht bemerkbar. Ist umgekehrt das Aufnahmevermögen der Schnitt- fläche durch den Aufenthalt an der Luft sehr weit vermindert, so braucht das Turgeszentwerden, wenn es überhaupt noch erreicht wird, sehr lange Untersuchungen über Welken, Vertroeknen und Wiederstraffwerden. 117 Zeit, und eine Beschleunigung durch höhere Wassertemperatur ist bei den individuellen Unterschieden wieder nicht erkennbar. Daß ein Unterschied zwischen warmem und kaltem Wasser fehlt, wenn das Ende abgetötet ist, kann mit der Ausschaltung der Tätigkeit lebender Zellen zusammenhängen, es kann aber auch durch irgendwelche Veränderungen der physikalischen Zustände bedingt sein. Daß gewisse Veränderungen durch das Brühen hervorgerufen werden, wird durch folgenden Versuch angezeigt. Gewelkte Blütenschäfte von Primula offieinalis wurden in Eosinlösung von 17°, 40° und 80° eingestellt, Bei den beiden niedrigeren Temperaturen erschien der Farbstoff sehr bald in den Kelchblättern der Blüten; aus der heißen Lösung stieg das Wasser wohl auch rasch auf, denn die Stengel wurden straff, aber der Farbstoff wurde in den unteren Stengelteilen zurückgehalten, er erreichte die Blüten nicht. Daß das Einstellen in heißes, manchmal kochendes Wasser weniger günstig wirkt als die Verwendung von warmem Wasser, rührt vielleicht von denselben Veränderungen her. Auch die Ausdehnung der Luftblasen in den Gefäßen kann der Aufnahme und Leitung des Wassers nicht förder- lich sein. Austreibung von Luft aus der Schnittfläche, wie sie mitunter be- obachtet wird, müßte allerdings dieWasseraufnahme begünstigen, wenn nach- träglich die ausgedehnte Luft sich bei Abkühlung wieder zusammenzieht, Falls die Gewebe in ihrer Gesamtheit durch die Temperatur des gebotenen Wassers beeinflußt würden, wäre der geringe Ausschlag nicht verständlich. Denn wir wissen, daß die Quellung der Membranen, die Filtration des Wassers durch die Gefäße und die Aufnahme von Wasser in die Vakuole lebender Parenchymzellen durch Steigerung der Temperatur beträchtlich beschleunigt wird. Über die Geschwindigkeit der Quellung wurden ein paar Versuche an Stämmchen von Poly- triehum formosum gemacht. Troekne Stämmchen wurden in Wasser von 15° und solches von 40° ganz untergetaucht; im warmen Wasser entfalteten sieh die gekräuselten Blätter fast augenblicklich, im kalten dauerie es 1—2 Minuten, bis die Blätter straff erschienen. Ewart (1905, pag. 68) findet die Filtrationsgeschwindigkeit des Wassers im Holz bei 25° doppelt so groß wie bei 0°, bei 30° doppelt so groß wie bei 3°, zwischen Wasser von 15° und solchem von 40° muß also auch ein beträchtlicher Viskositätunterschied vorhanden sein. Nach van Rysselberghe (pag. 245) nimmt die Permeabilität des Plasma für Wasser mit der Temperatur zu, und zwar ist das Verkältnis für die Temperaturen 16° und 30° wie 6:8. Eigene Versuche, in denen welke Blätter und krautige Internodien von Sambucus nigra ganz in Wasser 118 Hans Holle, wntergetaucht wurden, zeigten tatsächlich einen beträchtlichen Einfluß der Wassertemperatur; in Wasser von 35° war der Turgor deutlich frälier hergestellt als in solchem von 17°. Wenn der ganze Raum, in dem die welken Sprosse in Wasser eingestellt werden, die Temperatur des Wassers hat, sollte die Wasser- aufnahme auch bei erneuerter Schnittfläche durch höhere Temperatur deutlich gefördert sein; es werden ja die Gewebe, durch die das Wasser wandert, im warmen Raum höher temperiert sein als im kalten. Das Wiederstraffwerden hängt aber von dem Überschuß der Wasseraufnahme gegenüber der Transpiration ab, und weil in dem warmen, trocknen Zimmer von 35° die Verdunstung jedenfalls viel stärker war als in dem 15° warmen Zimmer, ist es zu verstehen, daß ein Unterschied in der Geschwindigkeit des Turgeszentwerdens nicht zu finden war. Versuche, in denen die Transpiration ganz unterdrückt werden sollte, sind nicht zur Ausführung gekommen. Befinden sich die Pflanzen, denen Wasser von verschiedener Temperatur geboten wird, im selben Raume von etwa 18°, wie es gewöhnlich der Fall war, so hat: die Wassertemperatur sehr geringen Einfluß auf die Temperatur der Gewebe. Die untergetauchten Teile müssen natürlich die Temperatur des umgebenden Wassers annehmen. Aber daß die Temperatursteigerung bei Darbietung warmen Wassers sich nur auf kurze Strecken fühlbar machen kann, ist schon aus dem Erfolg der vielfach angestellten Ver- suche zu entnehmen, in denen ein Stengelstück durch Hitze getötet wird. Was dabei abstirbt, ist immer-nur das unmittelbar behandelte, gebrühte Stück. Entferntere Stengelteile und Blätter leiden nicht, sie werden also sicher nicht hoch erwärmt. " Im Parenchym würde allerdings eine geringe Temperaturerhöhung ausreichen, um das Straffwerden zu beschleunigen. Daß in den Blatt- spreiten die Temperatur nicht wesentlich verschieden ist, einerlei ob das dem Stengel dargebotene Wasser Zimmertemperatur hat oder auf 40° gebracht: ist, konnte mit gewöhnlichen Thermometern, um deren Kugel die Blätter gewickelt wurden, ermittelt werden. Andere genauere Messungen wurden mit Thermoelementen (Kombination Eisen - Kon- stantan) ausgeführt. Die dünnen, mit Firnis überzogenen Nadeln wurden an verschiedenen Stellen in Stengel und Blätter eingebohrt und so wurde festgestellt, daß der Temperaturabfall im Pflanzenkörper über der Oberfläche warmen und selbst heißen Wassers sehr rasch erfolgt. Die Wärmeleitung in den Geweben ist von unten, vom Wasser her, eben sehr gering und die dünnen Fäden erwärmten Wassers, die in den WERE eiszena ice nenn en Untersuchungen über Welken, Vertroeknen und Wiederstraffwerden. 119 Gefäßen aufsteigen, verlieren ihre Wärme rasch an die massigen Gewebe der Umgebung, ohne daß deren Temperatur merklich beeinflußt werden könnte. In den Blättern vollends verbraucht der Transpirationsvorgang solche Mengen Wärme, daß hier eine Temperaturerhöhung durch das etwa noch erwärmt ankommende Gefäßwasser erst recht nicht herbei- geführt werden kann. Die Wirkung warmen Wassers muß sich also zur Hauptsache auf die untergetauchten Teile beschränken. Ist hier der Filtrationswiderstand an und für sich gering, wie an frischen, unter Wasser angebrachten Sehnittflächen nach Entfernung eines längeren Achsenstückes, dann fällt die Erleichterung der Filtration auf der kurzen Strecke im Verhältnis zu den Gesamtwiderständen sehr geringfügig aus, und die Wasseraufnahme ist durch die Erhöhung der Wassertemperatur praktisch nicht gefördert. Von der Erleichterung der Wasseraufnakme durch Kürzung der Sproß- achse hängt jedenfalls viel ab, und aus der ungleichen Beschaffenheit der neuen Schnittflächen erklärt sich der unterschiedliche Ausfall der Versuche. Sind aber in der Nähe der Schnittfläche beträchtliche lokale Widerstände vorhanden, wie nach längerer Berührung des Schnittes mit der Luft, oder nach Abschneiden eines kurzen Stückes von dem wasser- armen Achsenende, dann ist mit der Herabsetzung dieser ausschlag- gebenden Widerstände die Wasseraufnahme beträchtlich erleichtert. Wenn bei langem Liegen an der Luft die Schnittfläche sehr schlecht geworden ist, so daß das Wasser auf längere Strecken keinen anderen Weg mehr lindet als Gefäßwände, dann kann freilich auch bei einer beträchtlichen Erleichterung der Filtration das Wasser durch diese Hindernisse nicht mit einer Geschwindigkeit befördert werden, die den Blättern ermög- licht, trotz ausgiebiger Transpiration den Turgor wieder herzustellen. IV. Folgerungen für die Theorie der Wasserbewegung. Einer der Haupteinwände, die gegen die Kohäsionstheorie von jeher erhoben worden sind, betrifft die experimentell nachgewiesene Durchlässigkeit der Gefäßwände für Luft (z. B. Strasburger, pag. 717; Claußen). Steinbrinek z.B. (1900, pag. 392) meint, in den Gefäßen hoher Bäume müßten Luftblasen auftreten, weil die Geläßwände schon bei einem Druckunterschied von weniger als 1 Atmosphäre Luft per- meieren lassen und nach seiner Ansicht die Spannung, die in einer Zellwand auftreten kann, bei diesem Wert ihre Grenze findet (vgl. das Zitat oben pag. 106). Die Untersuchungen am Farnannulus und an Haaren haben aber die Erfahrung gebracht, daß einseitig an Luft grenzende 120 Hans Holle, Wände wassererfüllter Zellen Zugspannungen von über 200 Atmosphären aushalten können, ohne Luft eindringeu zu lassen, auch wenn dieselben Wände, sobald sie auf beiden Seiten von Gas bzw. Dampf umspült sind, der Luft den Durchtritt nicht mehr verwehren. An Gefäßzellen ist das noch nicht mit derselben Schärfe geprüft. Aber von den Tracheiden im Blatt von Alliaria ist mit aller Sicherheit anzunehmen, daß sie in Berührung mit welkem Parenchym negativ gespanntes Wasser enthalten, und trotzdem lassen sie keine Luft eindringen, wenn anstoßende, durch eine dünne Wand getrennte Gefäßelemente Luft von Atmosphärendruck enthalten. Die von Renner (1914, pag. 553) ausgesprochene Vermutung, „daß ein wassergefülltes Gefäß sich gegenüber dem Eindringen von Luft ganz anders verhält als ein mit Luft oder Wasserdampf ge- fülltes“, hat sich also bestätigt. Höhere Werte, als der osmotische Druck in gewelktem Parenchym beträgt, braucht die Kohäsion des Wassers in den Gefäßen nicht zu erreichen, wenn auch im Zustand der Wassernot zusammenhängende Wasserfäden erhalten bleiben sollen. Diese osmotischen Drucke, die gewöhnlich etwa 20 Atmosphären, sehr selten bis 100 Atmosphären betragen, sind gering gegenüber den Zugspannungen, die im Farnannulus ‚ und in den Haaren von Verbascum gemessen sind (200300 Atmo- sphären). Die Kohäsion des Wassers in einer Zelle ist eine Funktion der Zellwand, das geht aus unseren Studien mit aller Sicherheit hervor, und es ist nicht einzusehen, warum in den Leitbahnen solehe Wände, die hohe Zugspannungen zu erzeugen befähigt sind, fehlen sollen; diese Eigenschaft muß hier ja viel wichtiger sein als z. B. in Haaren, die von vornherein fürs Austrocknen bestimmt sind. In den Tracheiden der Blattnerven haben wir tatsächlich solche Gefäßzellen kennen gelernt, und daß Gefäßelemente von ähnlichen Eigenschaften überall in den Leitbahnen vorkommen, läßt sich aus dem Leitfähigbleiben der Bahnen in stark gewelkten Stengeln mit Sicherheit erschließen. ° Daneben, vielleicht sogar vorwiegend, finden wir aber in den Leitbahnen Elemente, die schon bei geringer Beanspruchung Blasen im Füllwasser auftreten lassen, und das hat seinen guten Grund. Die Gefäße sind ja nicht bloß leitende, sondern auch speichernde Elemente, und Speicher müssen entleert werden können. Eine Tracheide, die einen Kohäsionszug von mehreren hundert Atmosphären auftreten zu lassen vermag (falls es überhaupt solche gibt), ist sehr dienlich in Sachen der Wasserleitung, aber ein großes weites Gefäß von derselben Eigenschaft würde sich bei der stärksten Beanspruchung von seiten der Blätter nur um ein Weniges zusammenziehen und im übrigen den größten Teil seines ee EEE NER ERRERIGNELEERE, Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden. 121 Wasservorrates ungenützt für sich behalten. Die lang vermutete Arbeitsteilung zwischen weiten Gefäßen einerseits und engen Gefäßen und Tracheiden andrerseits dürfte also ihre physikalische Grundlage in der verschiedenen Höhe haben, die die Kohäsion des Wassers in ihnen erreicht. Einen Typus mit sehr niedriger Kohäsion haben wir wenig- stens einmal in den Speichertracheiden kennen gelernt. Wo eine Ditie- renzierung im Morphologischen fehlt, wie im Koniferenholz, muß sie eben allein auf physiologischem oder physikalischem Gebiet liegen. Wenn es Ursprung (1913, pag. 407) als unmöglich hinstellt, daß die Kohäsion des Wassers in einer Tracheide höher ist als in einer anderen, benach- barten, so ist im Gegenteil zu betonen, daß solche Unterschiede vom Standpunkt der Kohäsionstheorie aus nötig erscheinen, wenn anders der Holzkörper als Leitungsbahn und zugleich als Wasserspeicher Dienste tun soll. Um nicht einseitig zu sein, wollen wir auch auf die Möglichkeit hinweisen, daß die lebenden Zellen bei der Veränderung der Membran- beschaffenheit oder anderer für die Kohäsion maßgebender Faktoren in Tätigkeit treten könnten. Eine ausgesprochen vitale Funktion der Markstrahlzellen wäre es z. B, wenn sie aus den Inierzellularen herbeigeschaffte Gase aktiv in solche Gefäße sezernieren würden, aus denen das Wasser sollte herausgezogen werden können. Das Problem hat sich ja jetzt gegen früher weit verschoben: die Frage, wie es möglich ist, daß bei einem Zug von nur einigen Atmosphären eine ringsum geschlossene, tote Zelle ihre Wasserfüllung hergibt, ist jetzt fast dringender geworden als die früher allein gestellte Gegenfrage, wie es möglich sei, daß eine Zelle unter solchen Bedingungen ihr Wasser behält. Lebende Zellen erhalten sich auch bei sehr weit gehendem Wasserverlust in einem Zustand, der ihnen das Vermögen Wasser auf osmotischem Weg anzusaugen verbürgt. Dazu ist ja nur nötig, daß in ihnen keine Gasblasen auftreten. Der osmotischen Einergie des Zellsaftes können auch in lebenden Zellen Kohäsionspannungen bei der Wasserbeschaffung zu Hilfe kommen; das ist wohl vor allem in derbwandigen Epidermiszellen und Haaren der Fall, Wenn an Sprossen, die entweder abgeschnitten in Wasser stehen oder mit einer ausreichend mit Wasser versorgten Wurzel in Verbindung sind, die Blätter welk werden, dann sind irgendwo hohe Filtrations- widerstände vorhanden. Das gilt vor allem für abgetötete Stengel- stücke. Die früher von verschiedenen Autoren vorgenommenen Be- stimmungen der Filtrationswiderstände sind zu unrichtiger Zeit, nämlich gleich nach dem Abtöten, ausgeführt worden. Für die allein maßgebende 122 Hans Holle, Zeit, nämlich für den Beginn des Welkens, haben unsere Versuche beträchtliche Filtrationswiderstände ergeben. Diese Widerstände sind bei der Herbeiführung des Welkens mindestens mit beteiligt. Ob die Ausschaltung der Tätigkeit lebender Zellen bei dem Erfolg der Ab- tötung ebenfalls eine Rolle spielt, kann erst bei sehr genauer Kenntnis. der quantitativen Verhältnisse entschieden werden. — Wichtig ist die noch ausstehende Aufklärung der Fälle, in denen Welken der Blätter nach Abkühlung eines Achsenstückes eintritt (Ursprung). V. Zusammenfassung einiger Ergebnisse. Plasmolyse tritt beim Welken lebender Parenchymzellen nur im nächster Nähe von Wunden auf, wo der ausgeflossene, sich konzen- trierende Zellsaft den unverletzt gebliebenen Zellen Wasser entzieht. Sonst folgt überall die Zellhaut dem Zug des schwindenden Zellinhaltes.. Mit dem lebenden Zustand des Plasma hat die Schrumpfelung der Zellwände nichts zu tun, sie tritt auch an toten Zellen ein. Die Ko- häsionspannungen beim Welken sind in gewöhnlichem Parenchym infolge der Nachgiebigkeit der Membran gering; auch die derbwandigen Zellen der Blätter von Catharinea undulata werden durch einen Kohäsionszug: von 20 Atmosphären sehon stark deformiert. Bei den Epidermisblasen von Rochea falcata genügen die bei starkem Wasserverlust auftretenden Spannaongen die spröde Cuticula zu sprengen und abzuheben. Bei vollständigem Austrocknen erscheinen in derbwandigen Paren- chymzellen kleine gasgefüllte Räume, so in Moosblättern ganz allgemein. Das Auftreten von Gasblasen führt aber nicht zu einer Entfaltung der zerknitterten Zellhaut. Dünnhäutige Parenchymzellen werden ohne Bildung von Gasblasen zu ganz kompakten Massen zusammengedrückt. Die Geschwindigkeit, mit der trockne Moosblätter bei Befeuchtung‘ schwellen und die Gasblasen aus den lebenden Zellen verschwinden lassen, zeigt Beziehung zu den Lebensbedingungen. Bei Epiphyten und Xerophyten erreichen die Zellen den turgeszenten Zustand viel rascher als bei Hygrophyten. Wenn tote, auf Entleerung eingerichtete Zellen ihr Füllwasser‘ verlieren, treten allgemein Kohäsionspannungen auf, bevor sich Gas- blasen bilden. Diese Spannungen sind von sehr verschiedener Größe, also jedenfalls von der Wandbeschaffenheit abhängig. Ob es sich dabei um Adhäsion handelt, ist noch nicht klar. Negative Drucke von der- selben Höhe wie beim Annulus der Farnsporangien (300 Atmosphären. und darüber) sind bei keinem anderen Objekt gefunden worden. In. een nn rennen never Untersuchungen über Welken, Vertrocknen und Wiederstraffwerden, 123 den Sternhaaren von Verbaseum thapsiforme wurden aber doch Span- nungen von 250 Atmosphären gefunden, in den Wollhaaren von Lychnis coronaria dagegen solche von weniger als 20 Atmosphären. Der Aufhebung der Kohäsion geht in solchen Haarzellen eine beträchtliche Deformation voran, die zuletzt mit einer ruckförmigen Bewegung ausgeglichen wird, ähnlich wie beim Farnsporaugium. Niedrig (unter 20 Atmosphären) ist die Kohäsion auch in rings geschlossenen Zellen des Velamen der Orchideenluftwurzeln und in Stengelmark, das ja innerhalb lebender Gewebe seines Wassers beraubt wird; im Mark von Sambueus wurde die Kohäsion zu weniger als 10 Atmosphären bestimmt. Direkte Bestimmung der negativen Drucke wie in den genannten Fällen (durch Vergleichung der Dampftension) sind bei Gefäßen noch nicht ausgeführt, doch erlaubt der Turgeszenzzustand des an wasser- gefüllie Gefäße grenzenden Parenchyms einen Schluß auf die Druck- verhältnisse in den toten Elementen. In den Blättern von Alliaria offieinalis lassen die Gefäße sich unmittelbar beobachten. Sie sind auch an sehr welken Blättern wassergefüllt, und unter diesen Umständen muß der negative Druck des Gefäßwassers gleich dem osmotischen Druck des Mesopbylis sein. Luft von Atmosphärendruck, die durch Wunden in geöffnete Gefäße eingedrungen ist, vermag durch Querwände nicht in andere, wassergefüllte, unter uegativem Druck stehende Gefäße überzugehen. Speichertracheiden (z. B. von Nepenthes) entleeren sich sehon in Berührung mit mäßig welkem Parenchym; die Kohäsion des Wassers erreicht demnach in ihnen nur den Wert von wenigen Atmosphären. Es wird die Vermutung ausgesprochen, daß die Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Gefäßelementen auf die verschiedene Größe der Kohäsion gegründet ist. Vorzugsweise leitende Elemente werden hohe negative Spannungen im Füllwasser auftreten Jassen können, in vorzugsweise speichernden Elementen wird die Kohäsion niedrig sein. Daß Membranen für Luft bei einem Druckunterschied von einer Atmosphäre (oder noch weniger) durchlässig sind, güt nur für den Fall, daß die Membran beiderseits mit Gas in Berührung steht, nicht wenn die Zelle wassergefüllt ist. Denn im die wassergesättigten Haarzellen von Verbascum z. B. dringt Luft bei einem Überdruck von 200 Atmo- sphären nicht ein; erst wenn das Wasser verschwunden ist, wandert Luft in beträchtlicher Menge in die Zellen bei einem Druckunterschied, der auch anfangs höchstens eine Atmosphäre beträgt, später immer geringer wird. 124 Hans Holle, Wenn nach dem Abtöten eines Achsenstückes die über der ge- töteten Zone eingefügten Blätter welken, so ist dafür die experimentell festgestellte Erhöhung der Filtrationswiderstände in dem toten Stück (oder auch noch in dessen Nähe) jedenfalls mit verantwortlich zu machen. Solche Abtötungsversuche sagen also über die aktive Mitwirkung leben- der Zellen in den Leitbahnen noch nichts aus. Das Wiederstraffwerden abgeschnittener welker Sprosse verläuft bei Darbietung warmen Wassers (30—40°) etwas rascher als beim Einstellen in kaltes Wasser (15°), wenn die Filtrationswiderstände an der Sehnittfläche nicht zu niedrig (und nicht zu hoch) sind. Im trockenen Zustand vermag das lebende Plasma von Moos- blättern Salzlösungen den Eintritt zunächst nicht zu verwehren. Bei der Quellung, in Wasser und auch in Salzlösungen, stellt sich aber die Semipermeabilität rasch wieder her. Zitierte Literatur. Atkins, Absorption of water by seeds. Sei. Proe. Roy. Dublin Soe. 1909, XII, 35. Auch in Notes fr. the bot. school Trin. coll. Dubl. 1909, II, 19. De Bary, Vergleichende Anatomie. 1877. Chodat, Prineipes de botanique, 2. &dit., 1911. Dixon, Vitality and the transmission of water through the stems of plants. Sei. Proc. Roy. Dublin Soc. 1909, XII, 21. Auch in Notes bot. school Trin. coll. Dubl. 1909, II, 5. Ewart, The ascent of water in trees. Philos. Trans. Roy. Soc. 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Strasburger, Über den Bau und die Verriehtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen. 1891. Ursprung, Zur Frage nach der Beteiligung lebender Zellen am Safisteigen. Beih. z. Bot. Cbl, 1. Abt. 1912, XXVEI, 311, Ders., Über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. Ber. Deutsch. bot. Ges. 1918, XXX, 401. Volkens, Über Wasserausscheidung in liquider Form an den Blättern höherer Pflanzen, Jahrb. d. boten. Gart. Berlin 1883, II, 166. De Vries, Über das Welken abgeschnittener Sprosse. Arb. Bot. Inst, Würzburg 1878, 1, 287, 126 Hans Holle, Untersuchungen über Welken, Vertroeknen u. Wiederstraffwerden. Weber, Über den Einfluß höherer Temperaturen auf die Fähigkeit des Holzes, den Transpirationsstrom zu leiten. Ber. Deutsch. bot. Ges. 1885, III, 345. Westermaier, Über Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebes, Jahrb. wiss. Bot. 1884, XIV, 48. Nachwort des Herausgebers. Hans lIolle hat im Dezember 1912 als Assistent am pflanzen- physiologischen Institut in München auf Veranlassung von Herrn Geheim- rat v. Goebel und unter meiner Leitung begonnen, die Wirkung der Wassertemperatur auf das Straffwerden welker Sprosse zu untersuchen. Weitere Fragen über die mit dem Welken und Vertrocknen zusammen- hängenden Vorgänge schlossen sich an, und im Juli 1914 waren die experimentellen Studien zur Hauptsache abgeschlossen. In den ersten Tagen des August zog Hans Holle als Leutnant der Reserve ins Feld nach Frankreich, und schon am 10. September erlag er einer schweren Verletzung, die er vor dem Feind erlitten. Es ist mir eine ernste Pflicht, die Erstlingsarbeit meines lieben Mitarbeiters; die seine Dissertation sein ‘sollte, nach seinen Aufzeichnungen und mit einigen schon vorher geplanten Ergänzungen herauszugeben. München, im Mai 1915. 0. Renner. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. Von Edmund M. Merl. (lt 41 Abhildungen im Text,) Einleitung. Die Schwierigkeit, mit der sich ein größeres für genauere morpho- logische Studien brauchbares Material tropischer Utrieularien beschaffen läßt, macht es erklärlich, daß eine große Anzahl von Arten in ihrem vegetativen Aufbau noch immer unbekannt geblieben sind, Bei der Bedeutung, die diese Pflanzengruppe aber für den Morphologen hat wegen ihrer Vielgestaltigkeit und der eigentümlichen Sonderstellung, die sie durch ihr ganzes Verhalten unter den Dikotylen einnimmt, sind weitere Untersuchungen immer noch von Interesse, wenngleich es sich nach den grundlegenden Arbeiten Goebel’s u. ı. mehr um vervoll- ständigende Beiträge als um die Entdeckung von prinzipiell Neuem handeln kann. Andererseits zeigte es sich nach allen bisherigen Erfah- rungen, daß auch die Systematik aus der genauen Kenntnis der vege- tativen Merkmale, besonders der Gestalt der Blasen, bei den einzelnen Spezies für ihre Zwecke Gewinn ziehen kann, Ein ungewöhnlich reiches, von Herrn Geheimrat von Goebel mir in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestelltes Material ermög- liehte mir die Untersuchung einer Reihe noch wenig bekannter Utri- sularien und Genliseen. Die Hauptmasse der größtenteils in Alkohol konservierten Pflanzen wurde von Dr. Philipp von Luetzelburg im Staate Rio de Janeiro gesammelt. Außerdem erhielt ich von Geheimrat von Goebel von seinen Reisen nach Australien und Brasilien mit- gebrachtes Material, ferner durch seine gütige Vermittlung: die große Utrieularienkollektion des Regnell’schen Herbars (Stockkolm), von Prof. R. E. Fries (Upsala) zwei afrikanische Genliseen, von L. Rod- way (Hobart, Tasmanien) zwei australische Arten von Utrienlaria, und einige von E. Ule in Britisch-Gusyana gesammelte Arten. Nicht uner- wähnt soll bleiben, daß sich zurzeit im hiesigen Botanischen Garten eine stattliche Anzahl tropischer Utrieularien!) lebend befindet, die mir 1) Vtricularia Dusenii Sylven, U. exoleta R. Br, U. longifolia Gardn., U. montana Jacg,, U. nelumbifolia Gardn., U. reniformis St. Hil, U. iriloba Benj., U. uliginosa Benth. (U. prehensilis E. Mey.). 128 Edmund M. Merl, Gelegenheit zu verschiedenen experimentell-morphologischen Versuchen boten. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit werden also verschiedene Vertreter der Gattungen Genlisea und Utrieularia (neben einigen austra- lischen Arten von Utrieularia, vorwiegend brasilianische) beschrieben, daran anschließend die Blüten- und Samenentwicklung von Genlisea und die Samenentwicklung verschiedener Utrieularien. Der zweite, ex- perimentelle Teil bringt einige Regenerationsversuche, sowie Versuche Blätter auf experimentellem Weg in Ausläufer überzuführen. Genlisea. Die von St. Hilaire entdeekte Gattung Genlisea wurde zum ersten Male von Warming?) anatomisch genauer untersucht, und zwar beziehen sich seine Angaben auf Genlisea ornata Mari. Außerdem finden sich ausführliche Darstellungen der Morphologie und Biologie dieser Art in den Werken Darwin’s?) und Goebel’s®), Von den übrigen Arten ist nur Genlisea violacea St. Hil. durch Goebel*) näher bekannt geworden. Kamienski’s®) und Darwin’s Notizen über einige andere Spezies sind kurz gehalten. Bei meinen Untersuchungen lag mir Alkoholmaterial vor von: Genlisea ornata, gesammelt von Goebel und Luetzelburg in Brasilien, von einer kleineren unbestiimmbaren von Goebel gesammelten Art, von Genlisea eylindriea und Genlisea filiformis (Herb. Regnell) und der kleinen von Fries in Afrika (Nord. Rhodesia) gefundenen Genlisea glandulosissima Fries®). Auf die anatomischen und morphologischen Verhältnisse von Gen- lisea, ornata will ich nicht weiter eingehen, nur auf die Verzweigungsart dieser Pflanze möchte ich kurz hinweisen. Warming (l. c.) bemerkt hierzu folgendes: „Le rhizome est vertical et tout couvert de feuilles 1) Warming, E., Bidrag til Kundskaben om Lentibulariaceae (Videnskabelige Meddelelser fraden naturhist, Forening i Kjöbenharn), 1874, Nr. 3—7. 2) Darwin, Ch., Insektenfressende Pflanzen, Üherseizt von Carus. Stuit- gart 1876. 3) Goebel, K., Pflanzenbiologische Schilderungen, I, pag. 121—127. Mar- burg 1891. — Organographie der Pflanzen, I. Jena 1913. 4) Goebel, K., Zur Biologie v. Genlisea. Flora 1898, Bd.LXXVU, pag.208—212. 5) Kamienski, Fr., Recherches sur la famille des Lentibulariees (Utri- eularides), pag. 179—-210; in Odessaer Naturf. Ges. 1890. 6) Die Bestimmung dieser Art und der im Folgenden erwähnten 6. africana verdanke ich Herrn Prof. Rob. E. Fries, dem ich an dieser Stelle für seine freund- liche Unterstützung bestens danke, B Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 129 sans bourgeons axillaires; & son &xtr&mit6 supörieure, sous la base de linflorescenee terminale, se trouvent quelques gros bourgeons d’oü se d&veloperont des rameaux du rhizome.‘‘ Auch von Goebel und Ka- mienski wurden diese eigenartigen Seitenknospen erwähnt. Über ihre Entwicklung ist noch nichts bekannt, Leider gestattete auch mein Material keine Entscheidung der Frage. Die Anlage der Knospen findet eben vermutlich zu einer Zeit statt, wo die Blüten noch nicht entfaltet sind, während meine Exemplare in voller Blüte standen und be- reits Seitensprosse von min- destens 5 mm Länge besaßen. Da eine Bildung von Achselsprossen bei Genlisea ornata his jetzt nicht beobachtet wurde, wäre es vielleicht denkbar, daß nieht der ganze, große, scheibenförmige Fig.1. Vegetationspunkt d. Stämm- chens von Genlisea ornafa. SSchup- penblätter, 7 junge Infloreszenz. Fig. 2. Genlises spec. Natürliche Größe. "Vegetationspunkt des Stämmchens zur Bildung der Infloreszenz aufgebraucht wird, sondern daß ein Rest meristematischen Gewebes an deren, Basis noch einige Zeit zurückbleibt. Aus diesem würden dann die Seitenäste hervorgehen. Jugendstadien, wie z. B. das in Fig. 1 abgebildete scheinen mir dies nahe zu legen: In der Mitte des schwach gewölbten Vegetationspunktes erhebt sich die junge Infloreszenz mit einigen bereits deutlich entwickelten Schuppenblättern, die Haupimasse des übrigen Vegetationspunktes scheint zunächst bei der Bildung des Blütenschaftes Flora, Bd. 108. 9 130 Edmund M. Merl, zoch unbeteiligt und in der Bildung von Laub- bzw. Schlauchblättern begriffen zu sein. Während es mir nun bei dieser Art nicht gelang, die Entwicklung der Seitenäste sicher festzustellen, konnte ich dies bei einer anderen, von Goebel bei Belle Horizonte (Minas Geraes) gesammelten Spezies. Es war eine kleinere, gelbblühende, in mancher Hinsicht der Genlisea ornata ähnliche Form, die ich in Ermangelung erwachsener Blüten nicht bestimmen konnte, und von der Fig. 2 ein Habitusbild wiedergibt. Fig., 3. Genlisia spec. « Achselsproß; 7 Tragblatt. — 5 Adventivaproßbildung au einem Blatt; 2 junges Blatt; S Schlauch. — c Seitlicher Adventivsproß an einem Blatt. Möglicherweise handelt es sich um Genlisea repens Benj., von der es in der Originaldiagnose!) über die unterirdische Verzweigung heißt: „Badix- subinde plures pollices longarepens, fibris %, —1 poll. longis subsimplieibus albidis; emmittens stolonem apice scapiferum superne dense foliosum. Von Genlises ornata unterscheidet sie sich habituell vor allem durch ihren lockeren Wuchs, durch die reichliche Verzweigung, durch die rundliche schärfer gegen den Blattstiel abgesetzte Blattform und 1) Benjamin, L., Utrieulariae in Martius, Flora brasiliensis, X, pag. 259, 1847. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen, 131 durch die langgestreekten, im Schlamm kriechenden Rhizome, die auf den ersten Blick fast an die Ausläufer einer Utrieularie erinnern könnten. Im Gegensatz zu Genlisea ornata, bei der, wie gesagt,. Achselsproß- bildung nicht bekannt ist, scheint dies bei dieser Art die Regel, ja die ganze Verzweigung beruht darauf. Fig. 3a stellt einen solchen noch jungen Achseisproß dar. Das Tragblatt saß in diesem Falle an einem älteren Sproß, der seinerseits ebenfalls in der Achsel eines nahe an der Inflores- zensbasis stehenden Blattes aufgetreten war, Die Art ist übrigens auch insofern bemerkenswert, als ich bei ihr zwei abgerissene Blättchen mit Regenerationserscheinungen fand. Abge- sehen von der Adventivsproßbildung an den Infloreszenzen von Genlisea violacea, die Goebel (1893 1. c.) abbbildete, ist bis jetzt nichts über Regeneration bei Genlisea bekannt. Das eine Blatt (Fig. 35) war 7 mm lang und trug nahe der Spitze einen Adventivsproß, an dem sich bereits ein Lanbblatt und ein Schlauchblatt gebildet hatten. Bei dem anderen an der Spitze abgefaulten Blatt befand sich das Regenerat seitlich gegen den Blattrand über einem Gefäßbündel. Wie Fig. Bo zeigt, ist der Sproß beträchtlich. älter als im ersten Falle, ebenfalls radiär gebaut und bereits mit einer Anzahl Laub- und Schlauchblättern in spiraliger Stellung versehen, und zwar in der lockeren, für die Art typischen Anordnung. — Aus diesen Beobachtungen geht hervor, daß Genlisea eine ähnlich starke Regenerationsfähigkeit besitzt wie Utrieularia und daß die Blätter von Genlisea hierbei eine ähnliche, mit dem Spitzenwachstum der Blätter zusammenhängende Polarität erkennen lassen. Anatomisch unterscheidet sich die Art von Genlises ornata vor- nehmlieh durch das Vorhandensein eines Ringes aus sklerenchymatischem Gewebe im Rhizome. Außerhalb des Sklerenchymringes liegt eine breite Rindenschieht aus parenehymatischen, Stärke führenden Zellen mit ziemlich großen Interzellularen. Innerhalb des Sklerenchymringes liegt eine größere Anzahl von Phloembündeln in ringförmiger Anordnung, daneben im Mark verstreut liegen die Gefäße. Wir haben also ein ganz ähnliches Bild wie bei Querschnitten durch die Infloreszenz, Auch die Rhizome von Genlisea filiformis enthalten Sklerenehym, nur mit dem Untersehied, daß hier wegen der dichteren Belaubung der Sklerenchym- ring von zahlreichen Blattspuren durchbrochen erscheint. Der Bau der Infloreszenzen bot bei allen von mir untersuchten Genliseen?) wenig Unterschiede. Alle zeigen: Epidermis, Rindengewebe, Sklerenchymring, Phioembündel in ringlförmiger Gruppierung, im Mark versireute Gefäße. 1) 6. eylindrica Spiven, G. filiformis St. Hil, G. ornata Mart, G. violacen St, Hit, &. spec. (Beilo Horizonte), G. afrieana Oliver, G, glandulosissime Fries. 9* 132 Edınund M. Merl, Normal gebaute Gefäßbiindel fehlen augenscheinlich den Infloreszenzen sämtlicher Genliseen. Eine ähnliche Übereinstimmung herrscht in der Blattanatomie: Das Mesophyll ist äußerst wenig differenziert und besteht nur aus ein bis vier Zellagen. Die Blattnerven sind in Mehrzahl vorhanden und anastomosieren untereinander. Ihre ein bis drei Gefäße haben die normale, der Blattoberseite zugewendete Lage. Der bei Genlisea ornata so mächtige Schleimbelag, der von den epidermalen Köpfchendrüsen abgesondert wird, findet sich bei keiner der anderen Arten in solcher Menge. Die Hauptunterschiede zwischen den einzelnen Spezies bezüg- lich des Blattbanes bestehen in dem Vorhandensein von Spaltöffnungen bzw. deren Verteilung auf der Blattspreite: Gänzlich fehlen die Spalt- öffnungen an den Blättern von Genlisea ornata (was vielleicht mit der reichlichen Schleimsekretion zusammenhängt); sehr spärlich kommen sie bei Genlisea spec. (Bello Horizonte) und Genlisea filiformis vor. Bei diesen zwei Arten sitzen sie auf der Blattunterseite gegen die Blattspitze zu. Auch Genlises glandulosissima trägt sie auf der Blattunterseite, doch in ziemlicher Anzahl und gleichmäßiger Verteilung. Beiderseits Spaltöffuungen haben die Blätter von Genlisea afrieana (leg. Fries, Kongo bei Katanga), Genlisea eylindriea und Genlisea violacea, letztere in auffallend großer Zahl. Der allgemeine Bau der Schlauchblätter wurde von Darwin, Goebel und Warming bereits so genau beschrieben, daß ich mich an dieser Stelle auf die Angabe der Differenzen, die hierin zwischen den einzelnen Formen vorkommen, beschränken kann. Im allgemeinen finden sich wenig Abweiehungen vom Grundtyp, wie ihn etwa Genlisea ornata darstellt. Abgesehen von Größenunterschieden, die sich zahlen- mäßig schwer festlegen lassen, variiert die Form des Kessels (z. B. hat Genlisea spec. [B. H.] einen außergewöhnlich stark gebauchten runden Kessel, Genlisea cylindriea dagegen einen zylindrisch gestreckten, all- mählich in Halsteil und Stiel übergehenden). Abweichend gebaute Reusen- haare fand Goebel!) bei Genlisea violacea. Auch die Verteilung der vier- zelligen Drüsenhaare im unteren Teil der Schläuche und im Kessel zeigt Verschiedenheiten: Während die anderen Arten im Kessel huf- eisenförmige Anhäufungen der vierzelligen Haare erkennen lassen, die vom Grund des Kessels dem Verlauf der rippenartig vorspringenden zwei Blattnerven folgend bis zur halben Höhe (oder etwas darüber) der Seiten- wände emporziehen, verteilen sich bei Genlises eylindrica die nieht sehr zahlreichen Drüsenhaare gleichmäßig über das Innere der ganzen Kessel- 1) Goebel, a. a. 0. 1893. OEL anna sn Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genligeen. 133 wand. Dafür finden sie sich im unteren Halsteil unterhalb der einzelnen Reusentrichter in größerer Menge, so daß sie dort deutliche Ringe bilden, Bei Genlisea filiformis wäre eine Angabe Darwins (l. «.) richtig zu stellen, der bei dieser Art Blasen erwähnt, der dortigen Beschreibung nach ähn- lich gebaute, wie bei Utrieularia triloba (s. u). Es dürfte sich dabei wohl um eine Verwechslung mit einer Utrieularia handeln, oder es be- fanden sich unter dem Material Blasen einer solchen, was bei diesen an gleichen Standorten wachsenden Pflanzen sehr häufig der Fall ist. Gen- lisea filiformis hat echte Genliseenschläuche, die sich vor denen der anderen Arten durch etwas weniger weit gegen den Kessel herunter- reichende Reusenhaartrichter auszeichnen. Nach alledem zeigt es sich also, daß die Arten von Genlisen hin- sichtlich ihrer anatomischen und morphologischen Merkmale eine viel gesehlossenere Gruppe bilden als die Gattung Utrieularia — Offenbar stellen sie einen phylogenetiseh älteren Typ dar. Sieht man von der eigen- artigen völlig auf die Gattung Genlisea beschränkten Gestalt der Schlauch- blätter, sowie der hier noch nicht eingetretenen Arbeitsteilung®) in Wurzel- blätter (Rhizoiden) und Schläuche ab, so lassen sich Genlisea am nächsten - die primitiven australischen Utrieularien anreihen. Als Übergang zu den Untersuchungen, die sich mit den brasiliani- schen Arten befassen, möchte ich daher zunächst einige australische Utrieularien behandeln. Von den sogenannten primitiven Formen wurden außer der Gatiung Polypompholyx?) bisher erst zwei morphologisch ge- nauer untersucht: die von Goebel (l. «. 1898) beschriebene Utrieularia Hookeri Lehm. und die von Luetzelburg®) beschriebene Utrieularia Menziesü R. Br. Die beiden, im folgenden geschilderten Arten können als Übergangsformen von den primitiven durch die genannten Arten vertretenen Typ zu den höheren Land-Utrieularien aufgefaßt werden. Uirieularia dichotema Labill (leg. L. Rodway, Tasımanien). Wie bei allen primitiven Utrieularien fällt auch bei U, dichotoma das Mißverhältnis zwischen der Ausbildung der vegetativen und der generativen Organe ins Auge. An meinen Exemplaren beirug z. B. die 1) Goebel, Organographie, pag, 444, 1898. 2) Lang, F. X., Morphologie, Untersuchungen über Morphologie, Anatomie und Samenentwicklung von Poiypompholyx und Byblis gigantea. Flora 1901, Bd. LXXXVIIL, pag. 149-179. 3) Luetzelburg, Ph. v. Beiträge zur Kenntnis dar Utrieularien. Flora 1910, Bd. O, pag. 208-206. 134 ” Edmund M. Merl, Länge des Blütenschaftes 20 em, die Länge eines der in basaler Rosette angeordneten Blätter betrug kaum 1 em. Anatomisch unterscheidet sich die kahle, aufrechte, schuppeniose Infloreszenz kaum von der von Polypompholyx: Wie bei jener ist das aus ca. 17 einzelnen Bündeln bestehende Phloem zwisehen die Zellen des Sklerenchymringes eingekeilt, der es von den in der Markperipherie zerstreuten, in annähernd gleicher Zahl vorhandenen Gefäßen trennt. Dabei stehen die Gefäßgruppen nicht etwa den Siebelementen gegenüber, sondern haben eine etwas seitliche Lage, so daß, wenn man sich Phloem und Xylem durch eine Linie verbunden denkt, ungefähr eine Wellenlinie entstehen würde. Derselbe Bau herrscht bei U. Menziesii, nur kommen hier auch in den inneren Teilen des Markes noch Gefäße vor, wodurch das Bild an Regel- mäßigkeit verliert. In den Blüten verliert sich das Sklerenehym nach der Ansatzstelle der Blüte hin allmählich; an seine Stelle tritt ein Mantel von parenchymatischem Gewebe, der die Gefäße umgibt und sie vom Phloem sondert; Verhältnisse, wie sie sich auch bei Polypompholyx finden. Über die großen violetten Blüten, die sehr an die von U. volu- bilis R. Br. (Fig. 6) erinnern, ist nichts Besonderes zu sagen. Interessanter sind die vegetativen Organe. U. diehotoma und die folgende Art U. volubilis bilden nämlich, wie schon erwähnt, Übergaugsformen von den primitiven Typen, wie U. Hookeri oder Polypompholyx zu den übrigen Landutriewlarien. Um an den Bau der zuletzt genannten Pflanzen zu erinnern, so besitzen diese an ihren kurzen wurzellosen, mit der In- floreszenz abschließenden Stämmehen dreierlei Organe, deren Homologie von Goebel zuerst nachgewiesen wurde: Laubblätter, Wurzelblätter (Rhizoiden) und Blasen. Alle diese Organe finden wir an der Basis der Infloreszenz der U. dichotoma wieder, nur mit dem Unterschiede, daß hier noch Ausläufer dazu kommen. Die Pflanze behält also dauernd eine Gestalt, wie etwa die Keimpflanzen von U. montana oder einer anderen terrestrischen Art. Die breitlanzettlichen, keinerlei andere Organe hervorbringenden Blätter werden von einem einzigen Geläßbündel durehzogen. Nach Form und Auatomie unterscheiden sie sich kaum von denen von Poly- pompholyx und U. Menziesii. Wir haben eine chlorophyllose Epidermis mit kleinen Cutieularhöckern, ein drei bis vier Zellagen mächtiges Assi- milationsgewebe, dessen Zellen dieselbe Form wie die des stärker ent- wiekelten Schwammparenehyms besitzen Querschnitte durch den mittleren Teil des Blattes geführt, zeigen die zwei bis drei Gefäße des. Blattnerven der Blattoberseite zugewandt, den Siebteil in zwei Teile gesondert, zu beiden Seiten der Gefäße, jedoch der Unterseite genähert. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen, 185 Die Blattwurzeln entspringen zwischen den Blättern der Grund- rosette und bilden einen diehten Büschel an der Infloreszenzbasis (Fig. 4). Sie haben eine Maximallänge von 3 em, sind dieht mit Drüsenhaaren übersät und sehr zart. Zwischen den Rizoiden treten am Stämmehen einzelne kurz ge- stielte Blasen (Fig. 5a) auf. Sie gehören demselben Typ an, wie die von U. Hookeri, U. Menziesii und U.monanthos!). Zwei breite, leicht wellig gezähnte Flügel laufen von der Ansatzstelle der Blase gegen die Mündung der Blase hin und lassen zwischen sich eine Bahn frei. Von der Stirn der Blase beugt sich ein rüsselartiger Fortsatz schützend über den Ein- gang; zwei weitere leicht dachig abwärtsgebogene Flügelvorsprünge Fig. 4. Uirioularia diehotoma. Infioreszenzbasis. 4 Ausläufer; R Rhizeiden; 5 Stämm- chenblasen. stehen rechts und links davon und bewahren die Blase vor dem Eindringen von Sand, Erde und großen Tieren. Dem Blaseneingang vorgelagert liegt in einer leichten Einsattelung ein Polster knopffürmiger Drüsenkaare, das wohl bei der Anlockung der Beute eine Rolle spielt. Die Klappe, die als Anhangsgebilde zur einige biskaitt- und knopfförmige Haare trägt, ähnlich wie die der U. Menziesii, legt sich dieht dem, in seinem hinteren Teil plötzlich steil nach dem Blaseninnern abfallenden Wider- 1) Thomson, G. M., Fertilization of New Zealand flowering plants, Transaet, and Proc. of the New Zealand Inst, 1880, Vol. XII, pag. 27AM. 136 Edmund M. Merl, lager an. Dieses ist auf der Unterseite dieht: mit zweiarmigen Haaren besetzt, während an den anderen Stellen im Innern die zweiarmigen Haare durch vierarmige vertreten werden. Von den Blasen der U. Men- ziesii unterscheiden sich die der U. dichotoma vorzüglich durch die starke Ausbildung der Längsflügel, durch die schwache nur als Einbuchtungen angedeutete Gliederung der Flügel gegenüber den stark zerschlitzten _ Flügeln der U. Menziesüi, sowie durch ihre linsen- förmige, an den Flanken stärker abgeplattete Ge- stal. Die wohl ebenfalls hierher gehörige U. mo- “ nanthos zeichnet sich durch Längs- flügel aus, die an ihrer unteren An- satzstelle stärker Fig. 5. Utrieularia dichotoma. a Blase; 3 u. c Ausläufer- P spitze. A Ausläufervegetationspunkt; 2,, B, Blasen; 27 Blatt; vorspringen und 7 Sproßvegetationspunkt. fast rechtwinklig abgestutzt sind (vgl. Abb. bei Thomson. c.). Für U. Hookeri sind die, in ihrem oberen Teil die Blase überragenden, gefransten Längsflügel und der gleichfalls in mehrere Lappen aufgelöste Medianrüssel charakteristisch. Als vierten Organtyp bringt, die Pflanze auch noch Ausläufer her- vor, die im allgemeinen am unteren Teil des sehr kurzen Stämmchens entspringen, wogegen Rhizoiden, Blasen und Blätter etwas mehr ober- halb sitzen. Leider waren an meinen Pflanzen die Ausläufer größtenteils abgerissen, indes fanden sich doch noch genügend Bruchstücke, um einigen Einblick in die hier herrschende eigenartige Bildung der an den Anslänfern stehenden Organe: Blasen und Blätter zu gewinnen. Be- trachten wir die Spitze eines jungen Ausläufers (Fig. 55), so sehen wir neben dem eingekrümmten Vegetationspunkt des Auslänfers rechts und links gegen die Oberseite hinaufgerückt je eine Anlage einer Blase, dazwischen teilweise durch die Blasenanlage verdeckt einen Vegetations- punkt. Ein älteres Stadium (Fig. 5c) zeigt zwischen den beiden Blasen- ‚anlagen ein junges Blatt, auf dessen von der Ausläuferspitze abgekehrten Seite ein Vegetationspunkt mit zwei Höckern liegt. Für die entwick- Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 137 lungsgeschichtliche Deutung gibt es hier zwei Möglichkeiten: entweder wir fassen das Blatt als das primäre aus dem in Fig, 55 noch ungegliederten Vegetationspunkt entstandene Gebilde anf, in dessen Achsel sich dann der zweite Vegetationspunkt gebildet hat; oder wir nehmen den Sproß- vegetationspunkt als das primäre Gebilde an, an dem sich schon sehr frühzeitig die beiden Blasen und etwas später das Blatt gebildet haben. Die scheinbar axilläre Lage des Vegetationspunktes ließe sich dadurch erklären, daß er durch das rascher wachsende Blatt in diese Stellung gedrängt wurde. Aus Analogiegründen mit der folgenden verwandten Art, sowie mit U. Herzogiit), bei der gleichfalls zwei Blasen schon früh- zeitig angelegt werden, zwischen denen sich dann ein Blatt entwickelt, ist vielleieht die zweite Erklärung die wahrscheinliehere, doch ließ sich die Frage bei meinem spärlichen Material nicht mit absoluter Sicherheit entscheiden. In manchen Fällen (vgl. Fig. 42) kann sich der Vegetations- punkt in der Bildung von zwei Blasen und einem Blatt erschöpfen, in anderen Füllen scheint er als Sproß weiterzuwachsen. Blasen ohne Be- ziehung zu Blättern konnte ich bei dieser Art nicht wahrnehmen. Die Stellen, wo solche Organbildungen an den Ausläufern stattäinden, sind markiert durch eine leichte Einschnürung, außerdem unterscheidet sich das Zeilgewebe an den Anheftungsstellen der Blasen und Blätter, an denen gewöhnlich auch die Abtrennung der Organe erfolgt, durch etwas ge- quollen erscheinende Zellmembranen, Übrigens ist dies auch bei vielen anderen Utrieularien zu be- obachten. Utrieularia volwbilis R. Br. (leg. Goebel, W.-Australien.) Zu derselben Gruppe wie U. diehotoma gehört auch U. volubilis. Ihre Infloreszenzen sind windend, wie aus Fig, 6 ersichtlich, und erreiehten bei den untersuchten Pflanzen die stattliche Länge von 30 em. Anato- misch sind sie insofern bemerkenswert, als sie auf Querschnitten eine Struktur zeigen, die sonst nur den Blütenstielchen der anderen verwandten Arten zukommt. Das Sklerenehym fehlt vollständig, Der Xylemteil, der sich aus einzelnen Gefäßen oder aus Gruppen von zwei oder drei Gefäßen zusammensetzt, wird von den ca. 12 Siebgruppen des Phloems durch Parenehym geschieden. Die Zahlen der Xylem- und Phloem- gruppen entsprechen ungefähr einander. Die Rindenschicht hat eine Stärke von sechs ZeHagen. Die Infloreszenz ist blattlos bis auf die schild- 1) Luetzelburg, Ph. v. m... 0. pag. 201-202, 138 Edmund M. Merl, förmigen Deekblätter der Blüten und zwei kleine pfriemliche Vorblätter. Die Blüten haben eine wenig entwickelte, in der Mitte eingekerbte, abgestutzte Oberlippe und eine um so größere (ausgebreitet 2,5 em breite) ungeteilte Unterlippe, die dem Sporn fast beweglich angegliedert ist. Fig. 6. Utrieularia volubilis. 4 Ausläufer; Z Laubblatt; 2 Rhizoid; .S Sprosse bzw. Anheftungsstellen von Blasen Über die Morphologie der vegetativen Organe ist wenig bekannt. Die Angaben der Flora australiensis!) sind sehr ungenau: „Scapes rather siender with a radical tuft of filaments, some of them bearing rather large utrieles (often 2 lines diameter), but no leaves seen.“ Betrachten wir diesen „radical tuft‘‘ näher, so sehen wir, daß er von Wurzelblättern, Laubblättern, Blasen und Ausläufern gebildet wird, die alle an dem kriechenden Stämmehen entspringen. Der Vegetations- 1) Bentham, George, Fiora australiens, Vol. IV, pag. 529. London 1869. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genlissen. 139 punkt des Stämmchens nichtblühender Exemplare erinnert in seiner Form an den von Genlisea, er ist ziemlich groß und gänzlich umhüllt von den an ihm entspringenden Organen. Die Laubblätter sind bei einer Länge von bis 8 em von schmaler linealer Gestalt. Sie haben beiderseits Spaltöffnungen in geringer Zahl, sowie schleimabsondernde Drüsenhaare. Ihre Anatomie ist sehr primitiv: Auf die chlorophyliose Epidermis folgt als Assimilationsgewebe eine ehlorophylireiche Zellschicht, die sich von den übrigen Mesophylizellen nur durch den stärkeren Chlorophyllgehalt auszeichnet. In der Mitte verläuft ein, nur aus einem einzigen Geiäß und einigen Phloemgruppen bestehendes Leitbündel. Der Gefäßteil zeigt die normale Lage, Diese Laubblätter treten gegenüber den Rhizeiden an Zahl so zu- rück und sind überdies durch Übergangsformen mit ihnen verbunden, so daß sie bisher übersehen wurden (efr. Diagnose). Dazu kommt, daß die Rhizoiden, Blasen und Blätter nach aufwärts gerichtet sind (wenigstens in meinem Material), was sich vielleicht dadurch erklären läßt, daß man als Standort seichtes Wasser mit schlammigem Grund annimmt, in dem die Pflanze hauptsächlich durch die schon erwähnten Ausläufer verankert wird. Die Funktion der Rhizoiden als Haftorgane würde dann in Wegfall kommen. Dafür scheint außer der borstigen, harten Struktur der Rhi- zoiden, die viel zu dem eigentümlichen Habitus der Pflanze beiträgt, der Chlorophyligehalt der Rhizoi- den und Blasenstiele, und die rela- tive Armut der Rhizoiden an Drüsenhaaren zu sprechen. Die Stiele der amı Stämmehen stehenden Blasen sind nur durch die an ihrem Ende sitzende Blase von den Blattwurzeln unterschie- den, Die Blasen, die, wie schon in der Diagnose hervorgehoben 5, , Yerienlaria volabilis. « Ausläufer- wird, durch ihre Größe auffallen, blese; 3 Stämmchenblase, sind sehr ähnlich denen von U. Hookeri und eigentlich nur durch die weniger starke Verlängerung der Längsflügel nach oben von diesen unterschieden (Fig. 75). Der Bau der Klappe und des Blaseninnern ist wie bei U. dichotoma. Die Ausläufer sind auffallend kräftig und ziemlich lang, ich maß Stücke von 10 em Länge. Sie führen in ihrem Rindenparenchym reieh- lich Stärke, spielen also auch als Reservestoffbehälter eine Rolle, Ein 140 Edmund M. Merl, Strang von 5—7 Gefäßen, den im Halbkreis etwa 8—10 Phloemgruppen umschließen, nimmt die Mitte des Ausläufers ein. Die Organbildung an den Ausläufern ist eine sehr merkwürdige und kommt bei keiner der bis jetzt bearbeiteten Formen vor. Am ehesten ließe sie sieh noch mit der von U. dichotoma vergleichen. Dorsal in einer Linie sitzen in annähernd gleichen Abständen radiäre Sprosse, die eine verschiedene Entwicklung nehmen können und von denen Fig. 8 a—e einige Stadien darstellt. Ihre Anlage erfolgt zunächst als einfacher Vegetationspunkt, von dem sich dann einige Höcker abgliedern (Fig. a, b und d), die in der Folge zu Blasen heranwachsen (a). In vielen Fällen wird der Vegetationspunkt aufgebraucht zur Bildung von drei seltener nur zwei Blasen (e). In anderen Fällen wird aus dem ursprünglichen Vegetationspunkt ein verlängertes Stämmcehen, die Blasen werden dann von ihm oft noeh ein Stück mit emporgehoben (c). Das Stämmehen geht in einen der oben geschilderten Blasen, Rhizoiden und Blätter tragenden Schöpfe über, der seinerseits wieder Auslänfer aussendet. Ob der Vegetationspunkt dieses Schopfes zur Infloreszenz werden kann, konnte ich nicht beobachten, doch ist es wahrscheinlich. Die an den Ausläufern stehenden Blasen und die am oberen Teile der Stämmchen befindlichen, zeigen einen auffallenden Dimorphismus, der am. besten aus Fig. 7 a und 5 sich erkennen läßt. Abgesehen von ihrer geringeren Größe und mehr rundlichen Form sind die Ausläuferhlasen durch eine geringe Zerteilung der flügelförmigen Blasenanhängsel charak- terisiert. Sie haben große Ähnliehkeit mit den Blasen der U. dichotoma. Eine Zwischenstellung nehmen die am unteren Teil des Stämmechens stehenden Blasen ein?). Die ganze soeben geschilderte Verzweigungsart legt die Frage nahe, ob es berechtigt ist, die Ausläufer der beiden eben beschriebenen Arten homolog den Ausläufern der übrigen Utrieularien zu setzen, Bezüglich U. volubilis ist dies sehr fraglich, vielmehr liegt ein Vergleich mit der Genlisea spec. (B. H.) nahe. Allerdings wäre daun auch die Bezeichnung „Ausläufer‘‘ nicht am Platze. Da jedoch die fraglichen Organe ähnliche Funktionen wie die Ausläufer der höheren Utrieularien haben, behielt ich diese Bezeichnung vorderhand bei. Zu einer definitiven Erklärung des Vorganges wäre wohl noch eine größere Anzahl von Zwischenstadien, . vor allem aber die Nachprüfung an Keimpflanzen erwünscht. Außer U. diehotoma und U. volubilis lag mir noch eine dritte. australische Art vor, U, lateriflora. 1) Nach Lang (a. a. O.) hat auch Polypompholyx zweierlei Blasen. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 141 Uirieularia lateriflora R. Br. (leg. L. Rodway, Tasmanien.) Die Morphologie dieser Art wurde bereits von Kamienski!) im Jahre 1876 untersucht. Die von diesem Autor gemachten Angaben sind im wesentlichen ebenso wie die beigegebenen Abbildungen verlässig; sehr gesucht und unverständlich dagegen ist seine Annahme einer Dicho- Fig. 8. Virieularia volubilis. ae Sproßbildung an Fig. 9. den Ausläufern. 2 Blase. Virieularia lateriflora. tomie des Vegetationspunktes der Keimpfianzen, womit er seine Theorie von der Sproßnatur des ersten bei der Keimung sich bildenden Blattes und des ersten Ausläufers zu begründen sucht. Nachdem in den Werken Goebels wiederholt die Homologie von Ausläufer, Blatt und Blase bei Utrieularia, wie sie gerade aus der Organfolge am radiären Sproß der 1) Kamienski, Fr., Poröwnaweze badania nad wzrostem plywaczy. Roz- prawy i sprawozdania z possiedzü wydzialu matematyezno-przyrodniezego Akademil Umiejetnosei, Tome II, pag. 210-240. Krakau 1876. 142 Edmund M. Merl, Keimpflanzen hervorgeht, dargelegt ist, ist ein weiteres Eingehen auf die Kamienski’sche Auffassung an dieser Stelle überflüssig. U. lateri- flora gehört bereits zu den höheren Landutrieularien, bei denen sich im erwachsenen Zustand keine Blasen am unteren Teil der Infloreszenz vorfinden, sondern nur Blätter und typische Ausläufer, an denen Blätter, Blasen, Ausläufer und sekundäre Infloreszenzen auftreten (Fig. 9). Nach ihrem ganzen Aufbau ist sie verwandt mit; der U. rosea!). Die bis 8 em langen Infloreszenzen bringen ein bis zwei leuehtend rote Blüten hervor. Ihr anatomischer Aufbau zeigt den bei den anderen höheren ' Landutrienlarien herrschenden Typ?): An die mit einzelnen Spaltöff- nungen versehene Epidermis grenzt eine schwach entwickelte Rinden- schicht, dann folgt ein Ring mechanischen Gewebes mit vereinzelten, an seiner Außenseite eingekeilten Phloemgruppen, den innersten Teil nimmt das Mark ein, das statt echter Leitbündel nur gegen seine Peri- pherie zu verstreute Siebelemente nach innen zu Gefäße ebenfalls zwischen das Parenchymgewebe eingestreut enthält. An Blattorganen weist die Pflanze außer einer Anzahl an der In- floreszenz stehender kleiner Schuppenblätter, sowie der Deck- und Vor- blätter der Blüten, Laubblätter am. Grunde der Infloreszenz auf. Sie kommen dort jedoeh nur einzeln neben den Ausläufern vor, bilden also jedenfalls keine Rosette. Dadurch, daß sie am stark verlängerten Blatt- stiel zweizeilig mit‘ Blasen versehen sind, nähern sie sieh schon etwas den Ausläufern. Diesen Eindruck verstärken einzelne ab und zu seitlich an den Blättern entspringende sekundäre Blätter noch mehr. (Vgl. D. affinis oder U. coerulea.) Ein Fall war besonders merkwürdig, wo in der Achsel eines solehen Blattes zwei wejtere Blätter sich befanden, ohne daß ich einen Vegetations- punkt, an dem sie hätten entstanden sein können, bemerken konnte (vgl. a in Fig. 9). Am gleichen Blatt entsprang etwas weiter unten neben der Ansatzstelle einer Blase ein Ausläufer., Da der Ausläufer, an dem sich das erwähnte Blatt hefand, abgerissen war, so möchte ich annehmen, daß es sich in beiden Fällen um Regeneration handelt. Auch an anderen Blättern fand ich oft neben der Insertionsstelle von Blasen, und zwar in den beobachteten Fällen auf der basalen Seite, Ausläufer (einmal statt dessen auch ein Blatt), doch darf diese Verzweigungsart kaum als die Norm D) Goebel, K., Morphologische und biologische Studien. Ann. du jard. bot. de Buitenzerg 1880, Vol. IX. 2) Merz, M., Anatomie und Samenentwieklung der Utrieularien und Pinguieula. Diss. Bern 1897. "Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 143 betrachtet werden, wie dies Kamienski tut. Die Blattspreite hat eine sehr charakteristische Oberseite: Die Epidermiszellen sind alle ziemlich stark paillös ausgebildet. Spaltöffnungen sind auf die Unterseite und den Blattstiel (sehr vereinzelt) beschränkt. Das Mesophyll besteht ge- mäß der Zartheit der Blättchen nur in ein bis zwei Zellagen, Das einzige Gefäß des Blattnerves hat die normale Orientierung nach der Blattober- seite zu. Die Ausläufer, deren Spitze nicht eingerollt ist, tragen an den Flanken, wie es scheint, dem Rücken der Ausläufer etwas genähert, Blasen und sekundäre Ausläufer. Die Stellung der Blätter an den Ausläufern war an den Bruchstücken nicht mehr zu ermitteln. Außer in der schon zi- tierten Kamienski’schen Arbeit findet sich ein Bild einer Blase in seiner: Monographie in A. Engler und K. Prantlt), die natürlichen Pflanzenfamilien. Kamienskis Vermutung, daß der in der Mediane der Blase befindliche schnabelartige Stirnfortsatz beweglich sei, beruht offenbar auf Irrtum, vielmehr stellt er ein recht massiges Gebilde dar, das sich schwer deformieren läßt. Damit; verlasse ich die in Australien heimischen Arten und wende mich den südamerikanischen vorwiegend brasilianischen zu, Bezüglich der Anordnung der einzelnen Spezies folge ich der morphologischen Einteilung von Goebel (1890 1. e.): A. Landfermen I mit (normal) blasenlosen Blättern, II mit blasentragenden Blättern, ÜNT (mit Ausläufer tragenden Blättern)?). B. Wasserformen. Für die engere Gruppierung innerhalb dieser Kreise wurde neben den sonstigen Merkmalen?) hesonders der Blasenbau als ausschlaggebend betrachtet. Utrieularia tridentata Syiven. (leg. Lindmann, Rio Grande de Sul.) Der Standort dieser und einiger verwandter kleiner, mit grund- ständigen Blattrosetten versehener Utrieularien (in Fig. 10 waren die 1) Kamienski, F., Lentibulariaceae in: A. Engler und K, Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien, 1895, IV, 3b, pag. 108-123. 2) Da die Durchführung dieser Unterscheidung bei den brasilienischen Arten auf Schwierigkeiten stößt, habe ich nur I und IT aufrecht erhalten. 3) Sylven, Nils, Die Genliseen und Utrienlarien des Regnelil’schen Her- bariums. Arkiv für Botanik 1908, Bd. VAT, pag. b. 144 Edmund M. Merl, . Blätter bis auf ein junges Blatt abgerissen) wird von Lindmann?) in „Vegetationen i Rio Grande do Sul“ eingehend geschildert. Es handelt sich hierbei um periodisch (in der Regenzeit) überschwemmte sumpfige Stellen der Campos, an denen in der Trockenzeit außer den genannten Utrieularien noeh andere Zwergpflanzen auftauchen. Eigentümlich ist, daß U. tridentata morphologisch einen verhältnismäßig niederen Typ darstellt, der allerdings kaum mit dem der australischen Arten verglichen werden kann. Bei dieser und anderen Arten des Regnell’schen Herbars sei bezüglich morphologischer Details (besonders der generativen Organe), die schon von Sylven angegeben wurden, und die nicht unumgänglich notwendig sind, für die Klarheit der vorliegenden. Untersuchungen auf diesen Autor verwiesen. Die Anatomie der Infloreszenz bietet nichts Neues, wir finden die bekannte Unabhängigkeit von Xylem und Phioem, eine gewisse Regel- mäßigkeit herrscht insofern, als das markständige Phloem den inneren Teil des Markes einnimmt. Solche und ähnliche anatomische Befunde legen es nahe, die anatomischen Verhältnisse bei Utrieularia von bicol- lateralen Gefäßbündeln abzuleiten, wie dies bereitsSchenck getan hat?). Dem würde allerdings der Bau der einfachen australischen Arten, denen das markständige Phloem fehlt, widersprechen. Die Anordnung der vegetativen Organe ist aus Fig. 10 ersichtlich: An einem kurzen Stämm- chen entspringen Blätter, ihre Gestalt war an anderen Pflanzen länglich- oval, Rhizoiden, Ausläufer und Blasen. Dieses Vorkommen, so eigenartig es im ersten Moment erscheint, ist nicht so überraschend, wenn man sich daran erinnert, daß ja auch alle Keimpflanzen direkt an ihrem radiären Sproß Blasen bilden, und daß hier offenbar dureh die Bedingungen des Standorts die vegetative Entwieklung gehemmt ist, so daß die Pflanzen zur Blütezeit noch auf einem keimpflanzenähnlichen Stadium sich be- finden, Die Blätter tragen beiderseits zahlreiche Spaltöffnungen. Ihre Anatomie ist normal. Die Rhizoiden nehmen hauptsächlich den oberen Teil des Stämmchens ein, die typischen Ausläufer stehen im allgemeinen weiter unten, doch gehen die Rhizoiden hier so häufig in blasentragende Ausläufer über, daß eine strenge Unterscheidung nicht möglich ist. An den Flanken sind die Rhizoiden mit oft gegenständigen Klebsprossen 1) Lindmann, C. A. M., Vegetationen i Rio Grande do Sul, pag. 19-20 Stockholm 1900. 2) Schenck, H., Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien. U. montana Jacqu. und U, Schimperi nov. spez. Pringsheim’s Jahrb. f, wissenschaftl. Bot. 1887, Bd. XVIH, pag. 230. ee Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 145 versehen. Diese sind selten verzweigt und dicht mit Schleimhaaren bedeekt. Soweit ich an den kurzen Bruchstücken der mir zur Verfügung stehenden Ausläufer sehen konnte, stehen die Blätter an den Ausläufern dorsal, die Bla- sen dagegen zweizeilig zu beiden Seiten. Die Ausläuferspitze ist nicht eingerollt. Nach der Blasenstruktur 27 gehört die Pflanze in die Nähe der U. amethystinat). Ebenso wie an den Blasen letzterer Spe- zies finden wir auch bei denen von U. tridentata (Fig. 11) einen dichten DBesatz mit langen Sehleimhaaren in der ganzen Umgebung des Blaseneinganges und auf der Unterseite der brei- ten dreieckigen Antennen. Diese dreizelligen Haare, die in der Richtung nach dem Blasenein- % gang zu konvergieren, sind auch . bei dieser Art in Reihen ange- Fig. 10. Utrienlaria tridentata. 22 Blatt; 2, ordnet, was besonders an den " % Stämmchenbiasen; & Rhizoid; 4 Aus Seiten deuflieh hervortritt, da hier die größten Zwischen- räume zwischen den Haar- reihen liegen. Das Haupt- charakteristikum der Blasen, das sie von den U. ame- thystina-Blasen unterschei- det, ist ein kinnartiger Vor- sprung am Blasenstiel. Gleich den Antennen und Flanken der Blasenmündung ist er bedeckt mit den erwähnten langen Schleimhaaren, und zwar in3—5 Reihen; außerdem befinden sich an ihm seitlich einige Wasser- spalten, eine Erscheinung, die ich nur an Blasen dieses Typs sah. Die 2) Luetzelburg, a. 3. ©. pag. 1748, Flora, Ba. 109. ı% Fig. 11. Utrieularia tridentata. Blase. 146 Edmund M. Merl, Klappe ist klein und kahl bis auf einige Biskuithaare, das Reusensystem der äußeren Schleimhaare macht einen weiteren Schutz der Blase unnötig. An den Innenwänden sehen wir vierarmige Haare, die an der Innenseite des Widerlagers durch zweiarmige ersetzt sind. Uixieularia bicolor St. Hil (leg. Malme). Soweit sich an dem spärliehen Material feststellen ließ, schließt sich U. bicolor nach Anatomie und Morphologie sehr eng an U. tridentata an. Nach Malme’s Notiz!) über den Standort: Aricä pr. Cuyabä loco renoso-argilloso, humido vel humidiuseulo (loco sieeissimo Utrieulariarum) handelt es sieh um eine nur wenig Feuchtigkeit benötigende Art. Tat- sächlich finden sich Spaltöffnungen an den Rosetten bildenden Blättern nur unterseits in geringer Anzahl in der Gegend der Spitze; doch fragt Standort allein zurückzuführen ist, die bei Genlises gemachten Erfah- rungen mahnen zur Vorsicht. An- dererseitsist auch das Verhältnis von Sklerenchym und Rindenparen- chym (zwei Zellagen) bei den Infloreszenzen im Vergleich mit U. triden- tata zugunsten des Sklerenchyms verschoben. Stämmehenblasen konnte ich nicht nachweisen, doeh vermute ich, daß sie auch hier vorkommen und nur an den untersuchten Pflanzen abgerissen waren. Von Rhizeiden and ich nur wenig. Bruchstücke ließen einen ähnlichen Bau wie bei der vorigen Art erkennen, vielleicht etwas zarter und nur unverzweigte Klebsprosse tragend, Die Ausläufer zeigten eine gerade Spitze, Blasen waren nur mehr einige wenige vorhanden, diese standen zweizeilg, zwei von ihnen hatten einen so kurzen Stiel, daß man sie fast als sitzend bezeichnen könnte (vgl. Fig. 124). Sie waren beträchtlich größer als die Blasen der vorigen Art, sonst aber von gleichem Typ, unterschieden im wesentlichen nur durch auch im Verhältnis längere Antennen und ein längeres abwärts gekrümmtes Kinn, das mit einer größeren Anzahl Spaltöffnungen verschen war. Übrigens fanden sich auch auf den Aus- läufern vereinzelte Spaltöffnungen; es ist dies bei Utrieularia nichts Neues, schon Schenk (I. c.) stellte dies für U. montana fest. 1) Sylven, a. a2. 0. pag. 27. Fig. 12. Blasenprofile. « U. bicolor; 3 U. giobulariaefolia; c U. amethyatina. es sich, ob dieser Umstand auf den - Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen, 147 Utrieularia modesta DC. (leg. 'Lindmann, Matto Grosso, leg. Regnell, Caldas.) Trotz der gelben Blütenfarbe (violett bei den anderen Arten) möchte ich diese Art in dieselbe Gruppe stellen wegen ihrer grundstän- digen Blattrosette, der ähnlichen Blattform und wegen des Blasenbaues, Daß die Anatomie keine Unterschiede bietet, besagt nichts, da ihr, wie auch Luetzelburg (l. e.) betont, für die Systematik der Utrieularien wenig Bedeutung zukommt. An den Blättern fiel mir die reichliche Schleimabsonderung auf der Blattoberseite auf. Die Ausläufer trugen in der Nähe ihrer Ansatzstelle kurze Klebsprosse, weiter nach der Spitze hin Blasen; die Stelung beider Organe war in den beobachteten Fällen zweizeilig, die Ausläuferspitze war gerade. Die Blasen glichen nach Form und Größe den Tridentatablasen, doch schienen die Antennen, wenigstens bei einigen, etwas mehr abwärts gebogen. Stämmechenblasen fand ich auch bei dieser Art nicht. Blasen von demselben Typ kommen außerdem noch bei U. Lindmanni Sylven und U. ternata Sylven vor. Vftrieularia glohulariaefolia Mart. (leg. Goebel, leg. Luetzelburg, Brasilien.) Die zahlreichen. untersuchten Exemplare gehörten durchweg einer sehr kräftigen, dickstengeligen Form an. Soweit das Substrat noch vor- handen war, bestand es aus einem Filz von Graswurzeln, Moos und Erde, der von den langen, kräftigen Ausläufern durchsetzt war. Den Luetzel- burg’schen Pflanzen lag eine Etikette bei: „Blüten preußisch- blau; Granit 1600 m.“ Außer dieser abweichenden Farbe?) der Blüten zeigten die Pflanzen noch eine Besonderheit bezüglich des Spornes. Auf die große Variabilität in der Gestalt des Spornes bei dieser Art wurde bereits von Sylven (l, e,) hingewiesen, auch führt dieser Autor einen Fall von schwacher Spaltung des Spornes an. Bei den Luetzelburg’schen Exemplaren war die Teilung jedoch viel stärker ausgeprägt als an jenen Malme’schen. Bei vielen bestand sogar die ursprüngliche Spitze weiter, während rechts und links davon sich je eine Aussackung bildete, so daB der Sporn eigentlich drei Spitzen besaß (Fig. 13 « und 5). Soviel über die Blüten, Die Infloreszenzen waren, wie gesagt, diek und übertrafen an Länge sogar die der U. amethystina. Sie erreichten eine Länge von 60 em. Auffallend war die starke Verjüngung, die alle an ihrem unteren, im Sub- 2) Die sonstigen Angaben sprechen von einem mehr oder weniger dunklen Violett. 10% 148 Edmund M. Merl, strat steekenden Teile aufwiesen. Ihr anatomischer Bau war der gleiche wie bei den zuletzt behandelten Arten, abgesehen von der mit der Größe der Pflanze zusammenhängenden größeren Zahl der einzelnen Bestandteile Besonders schön konnte ich hier die den meisten Utrieularia-Inflores- zenzen zukommende Endodermis mit ihrer ringförmigen Verdiekung an den Radialwänden der Zellen sehen. Die Blätter scheinen während der Blütezeit eingezogen zu werden, denn trotz des großen Materials fand ich nicht sehr viele, vor allem nie- mals eine Rosette an der Infloreszenzbasis, nur ab und zu stand an dieser Stelle ein älteres Blatt. Die Variabilität der Art trat übrigens auch in der Blattform zutage, neben der normalen rundlich-ovalen, wie sie z. B. die von Goebel gesammelten Pflanzen hatten, bemerkte ich auch nierenfürmige mit in den Blattstiel verlaufender Lamina. Der Quer- durchmesser der nierenförmigen Blätter betrug bis 2,5 cm. Trotz dieser Größe ist ihr Mesophyll wenig differenziert; an den Blatt- nerven, besonders am Mittelnerv macht sich bereits der getrennte Verlauf von Xylem und Phloem geltend, doch liegt auch hier die Fig. 13. Utrieularia globulariae- folia. Sporn; z Frontalansicht; Fig. 14. « n. & Utrieularia globulariaefolia. & Brofilansicht. „Krallen“ Hauptmasse der Gefäße der Oberseite zugewendet, was bei den Seiten- nerven die Regel ist. Alle Blattleitbündel sind von Scheiden umgeben, deren Zellwände die bekannten Caspari’schen Punkte zeigen. Spalt- öffnungen finden sich in gleichmäßiger Verteilung beiderseits. Das Ausläufersystem ist kräftig entwickelt und weit verzweigt. Einzelne Hauptäste können die Dieke der Infloreszenz erreichen. Ihre Spitze ist gerade und besitzt einen massigen Vegetationspunkt. Die Epidermis der Ausläufer ist mit einer deutlichen, gekörnelten Cuticula versehen. Hervorzuheben ist die starke Schleimabsonderung, die von Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 149 ungewöhnlich großen, zwischen die Epidermiszellen eingestreuten köpf- chenförmigen Drüsenhaaren ausgeht und bewirkt, daß die Ausläufer mit den Bodenpartikelchen verkleben. Das Rindenparenchym zeigt einen Ring großer Interzellularen, der nebst einer Endodermis den Zentral- zylinder umschließt. Dieser besteht aus einem Sklerenchymring innerhalb dessen das Mark mit den isolierten Gefäß- und Siebröhrengruppen liegt. Eigentliche Rhizoiden fehlen dieser Art, statt dessen stehen am Anfang der Hauptausläufer, sowie der kräftigeren Seitenausläufer lateral Klebsprosse. Sie sind dieht mit Schleimdrüsen bedeckt und führen ein zentrales Leitbündel, bestehend aus ca. 5 großen Gefäßen und einigen * Phloembündeln. Merkwürdig ist die Form dieser Klebsprosse: Einige erscheinen stark eingerollt zu rundlichen Knäueln, andere mehr ausge- breitet (Fig. 14 a und b). Es ist fraglich, ob es sich bei ersteren um jugendliche Stadien handelt, die sich noch hätten entfalten können, oder um gänzlich funktionslose Rudimentärorgane. Denn der praktische Wert dieser nur in mäßiger Zahl vorhandenen zarten Gebilde als Haft- und Ernährungsorgane, als die man sie im Hinblick auf ähnliche Bildungen anderer Arten wohl zu deuten hat, ist gegenüber der Größe der Pflanzen und ihres Ausläufersystems recht gering. Offenbar stellen sie Hemmungs- bildungen dar von sekundären Ausläufern und sind als solche homolog den Seitenarmen der Rhizoiden oder den „Krallen“ der Wasserformen. Außer den Krallen tragen die Ausläufer an ihren Flanken zahlreiche zweizeilig gestellte Blasen. Diese nehmen durch ihr nur schwach aus- geprägtes Kinn, das einige Wasserspalten aufweist, eine Mittel- stellung zwischen den Blasen von U. amethystina und denen der soeben besprochenen Arten ein. Fig. 11 und 12 a—c veranschanlichen die Aus- bildung des Kinns bei einigen Formen dieser Gruppe. Utrieularia reniformis St. Hil. (leg. Luetzelburg). Über U. reniformis liegen bereits eine ganze Anzahl Arbeiten vor. Goebel beschrieb zuerst die Stellungsverhältnisse!) und die Keimung?). Über die Biologie teilte Ule?) einiges mit. Abbildungen gab sowohl Goebel?) als auch Luetzelburg (l. e.), der neue Details, speziell über 1) Goebel, K., p. 60, 1890, 2) Goebel, K., Pfl. Sch. II, pag. 141-144, 1891. \ 3) Ule, E., Über Standortsanpassungen einiger Utricularien in Brasilien. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1898, Bd. XVI, pag. 308—314. 4) Goebel, K, Über die Kultur der Utrieularia in: Ilustr. Monatshefte für die Gesamtinteressen des Gartenbaues, 1891. 150 Edmund M. Merl, den Blasenbau und Keimpflanzen brachte. Ob indessen alle bisher als U. reniformis behandelten Arten wirklich mit St. Hilaire’s Pflanze identisch sind, erscheint fraglich. Abgesehen davon, daß U. reniformis selbst sehr zu variieren scheint (vgl. Ule’s Notiz über die epiphytische Var. Kromeril. c.) ist auch die Möglichkeit einer Verwechslung mit der gleichfalls große, nierenförmige Blätter hervorbringenden D. janthina Hook.t) gegeben, wenigstens bei niehtblühenden Pflanzen. Die Blüte dieser in Vriesea-Blattscheiden epiphytisch lebenden Utrieularia unter- scheidet sich jedoch von unserer Art durch die blaßblaue Farbe und die - zweigeteilte Unterlippe, während die violetten U. reniformis-Blüten zwischen den zwei großen Seitenlappen der Unterlippe ein kleines Mittel- läppchen besitzen. Unter meinem Material, dem leider Angaben über Standort und Blütenfarbe fehlten, konnte ich zwei Typen unterscheiden: Einen sehr kräftigen und einen zierlicheren, der auch einen etwas abweichenden Bau der Testa zeigte. Den zuletzt genannten Pflanzen waren morsche Fragmente einer Bromeliacee beigepackt, die von Ausläufern durch- wuchert, waren. Falls diese Bruchstücke dazu gehörten, könnte es sich um eine, in Bromeliaceen-Scheiden wachsende Varietät handeln. Die große Form der U. reniformis dürfte wohl die größte bekannte Utrieularie sein. Sie übertrifft an Mächtigkeit der vegetativen Organe sogar die von Luetzelburg unter dem Namen U. reniformis beschriebene Pflanze. (Von dieser unterscheidet sie sich übrigens auch noch durch die dicke, fast fleischige Textur der erwachsenen Blätter.) Die Blätter entwiekeln sich bis zu einem Durchmesser von 12 em und haben eine typisch nierenförmige Gestalt. Die Blattstiele in der Dieke eines Gänse- kiels hatten eine maximale Länge von 35 em; die Infloreszenzen waren 44-60 em lang und trugen Blüten und bereits reife Samenkapseln. Die Blüten zeigten die typische, von St. Hilaire beschriebene Form; die tiefdreigeteilte Unterlippe mit den stark entwickelten zwei Seiten- lappen und dem kleinen Mittelläppchen, und die ungeteilte stark kon- kave rundliche Oberlippe. Die Samen stimmten im Bau mit den von Goebel (Pfl. Sch., 1891) beschriebenen überein. Die primären Aus- läufer waren bedeutend kräftiger als die an Luetzelburg’s Pflanzen. Ihr Durchmesser betrug bis 1 cm. Dies, sowie der Umstand, daß diese Dicke auf kurzen Strecken sehr beträchtlich schwankte, legt die Ver- mutung nahe, daß die Ausläufer hier ähnliche wasserspeichernde Funk- tionen, wie in der Sektion Orchidioides die Wasserknöllchen, haben. 1) Curtis’ Botanical Magazine, tab. 7466, pag. 122. London 1896. u E ERBE EEE Außenseite von zahlreichen klei- De Site .bau stivamt mit Luetzelburg’s : “ Die Stellung der Organe au den Dam a Fan a u a ab al a nn nn dann Sen Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 151 Anatomisch folgt diese "Utrieularie ganz dem Typ der übrigen Landutrieularien.. Die Blätter sind relativ hoch entwickelt, es läßt sich an ihnen ein bis vier Zellagen starkes Assimilationsgewebe aus mäßig gestreckten. pallisadenförmig angeordneten Zellen feststellen, Die Blati- nerven, selbst die kleinsten, sind umhüllt von einer Eudodermis und zeigen —- wenigstens die kräftigeren von ihnen — die bekannte Zer- splitterung : der. Gefäßhündelelemente, Die Blätter tragen beiderseits zahlreiche Spaltöffnungen. - Die f Ausläufer. sind frei von Stärke, ; Der auf die mächtige Rinden- schicht naeh. innen zu folgende’ Sklerenchymring wird an seiner nen Siehgruppen begleitet .— ein sonst nur den Infloreszenzen zu- kommendesVerkalten. Der Blasen- Angaben. vollkommen überein. Ausläufern deckt sich mit der bereits von Goebel geschilderten. . . Die kleinere Form besaß Blät- Fig. 35. Uerionlaria ronfformis var. Samen. ter von bis 4 em Durchmesser bei ‘ einer Länge des Blattstiels von bis 12 em. Die Länge ‚der Infloreszenz betrug 25 em. Die: Blüten’schienen etwas kleiner, doch. war ihre Form . nieht mehr festzustellen. Der-Sporn zeigte dieselbe etwas schlanke Form - wie bei den großen Pflanzen.: Der Bau-der Samen ist aus Fig. 15 ersicht- lich. . Wir haben. dieselben Testaforisätze wie bei den normalen Beni- formis-Samen, nur sind sie hier durchschnittlich länger und zeigen in ‚den Testazellen an den Spitzen der einzelnen Bortsätze: eigentimliche “ inglörmige Verdickungsleisten der inneren Zellwöände, Dex Embryo war noch nicht ganz entwickelt, hatte ‚aber schon sine Auzahl Primär- blätter augelegt.. nn . . „ Vixienlaxia. nelumbifola Gardn. - ‚(leg Goebel, Nova Friburge.) - Die eisten Angaben über U. nehumbifeEa stammen von Gardner), deri in Hookers Teones Plahtarum?) auch. ein gutes Bild von dem Habitus 3) Gardner, &., Travel in: the interior of Brazil, Londen 1846. : ® E; Gardner, “ in: Haoker, w Fi, Teones Planterrun, vs 505-508. 152 Edmund M. Merl, der Pflanze gegeben hat. Die Biologie dieser gleich U. janthina, Hum- boldti und reniformis var. Kromeri in Bromelienblattscheiden lebenden Pflanze wurde von Schimper!) und Ule?) eingehend behandelt. Außerdem findet sich eine kurze Notiz über die Blasen bei Dar- win (l. c.). Die von mir untersuchten erwachsenen Pflanzen waren von sehr beträchtlicher Größe; der Blattdurchmesser der lederigen Blätter betrug bei den größten 7 cm, der Blattstiel erreichte eine Länge von 39 cm, die Inflereszenzen von 60 em. Bezüglich der Anatomie und Mor- phologie ist U. nelumbifolia sehr ähnlich der ihr nahestehenden U. reni- formis. Die dicken, fast fleischigen Ausläufer erster Ordnung tragen selbst keine Blasen. Sie sind an den Seiten stark abgeflacht (Durchmesser bis 0,5:0,3 em). Ebenso weisen die dorsal auf ihnen stehenden jungen Sprosse, die abwechselnd Blätter und Ausläufer bilden, um endlich mit einer Infloreszenz abzuschließen, eine eigentümliche Abflachung auf, was wohl auf beträchtlichen Gegendruck, der durch die umgebenden Bromelienblätter ausgeübt wird, zurückzuführen ist. Die Blätter stehen dorsal; ist ein Achselsproß vorhanden, so liegt er auf der von der Aus- läuferspitze abgewendeten Seite. Wie bei U. reniformis ist das Ausläufer- ende stark eingerollt und zeigt nahe seiner Spitze die Anlagen der sekun- dären Ausläufer, die von den Flanken abzweigen, dieht mit Schleimhaaren bedeckt sind und zweizeilig Blasen tragen. Blätter sah ich an den seit- lichen Ausläufern nicht (efr. Goebel 1890, 1. e. pag. 62). Die Blasen gehören zum selben Typ wie die von U. reniformis. Die Infloreszenz und die Blattstiele sind anatomisch nach dem gleichen Prinzip gebaut wie die von U. reniformis und kaum von ihnen unterschieden. Abweichend sind nur die Blätter und die Ausläufer gebaut. Die erwachsenen Blätter zeigen nur unterseits Spaltöffnungen, die Epidermiszellen der Unterseite besitzen stark gewellte Wände (bei U. reniformis nicht!). Den Ausläufern fehlt das Sklerenchym voll- ständig; seine Stelle nimmt eine Scheide von 2—3 Lagen etwas kleinerer Zellen ein. Eine Endodermis ist deutlich zu erkennen. Ober- und Unter- seite der Ausläufer zeichnen sich durch den Reichtum an großen Inter- zellularen aus, die den Flanken fehlen. Es steht dies in Korrelation zu der seitlichen Abflachung. Den Keimungsvorgang konnte ich an in verschiedenen Stadien fixiertem Alkoholmaterial von Keimlingen ver- 1) Schimper, A. F. W., Epiphytische Vegetation Amerikas, pag. 39--40. 2) Ule, E., Über Verlängerung der Achsengebilde des Blütenstandes zur Verbreitung der Samen. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1896, Bd. XIV, pag. 255—260. — Ders, 1. e. pag. 308—314. — Ders, Utrieularias Ephiphytas. Revista do Museu nacional do Rio de Janeiro 1899, Tome X, pag. 185—189. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 153 folgen. Ich lasse hier einige von Geh. v. Goebel gütigst zur Verfügung gestellte Notizen folgen: „Die Pflanzen waren am 30. August mit Blüten und reifen Früchten versehen. Die reifen Samen gleichen sehr denen von VD. reniformis. Die Samenschale ist sehr dünn; zwischen ihr und dem Embryo ist Luft enthalten. Sie dient als Flug- und Schwimmapparat, Die Plazenta ist sehr diek, wahrscheinlich kommt sie als Wasserbehälter in Betracht. Der Embryo hat schon innerhalb der Frucht chlorophyll- haltige Blattanlagen, die zahlreieh sind, wie bei U. reniformis. Diese Arten gehören zu den lebendig „gebärenden Pflanzen“. Schon innerhalb der Frucht hatten die Embryonen einiger Samen die dünne Samenschale durchbrochen und waren ausgekeimt. Dies geschieht offenbar nicht bei allen Samen. Auch die schon ausgekeimten können übrigens, da keine Wurzeln entwickelt werden (also die Keimlinge lose in der Frucht liegen) und da die Blätter wie ein Fallschirm wirken, leicht durch den Wind verbreitet wer- den. Jedenfalls sind die Samen auf sofortige Wei- terentwicklung eingerichtet, denn die am 3. Septem- ber ausgesäten hatten am näch- Fig. 16. Utricularia nelumbifolia. a Samen; 5, c Keim- . pflanzen; A7 die in @ stärker vergrößert gezeichnete Primär- sten Tage ihre blase. 2 mißgebildete Primärblase. A Klappe. Blätter entfaltet, sowohl bei den auf Wasser ausgesäten als bei den auf feuchte Erde gebrachten. Blasen sind zunächst keine vorhanden, die Keimpflanzen schwimmen trotzdem auf Wasser. Die Primärblätter zeigen später ein Auswachsen ihrer beiden Zipfel. Innerhalb der Blattbasen von Bromeliaceen finden die Utrieularien eine ungemein reiche Tierwelt, auch viel organischen Detritus. Es fehlt ihnen also nicht an Nahrung. Dies macht auch die beträchtliche Größe der Pflanzen verständlich. Sie wachsen in vollem Sonnenschein, das reich entwickelte Ausläufersystem und der derbe Blattbau genügen offen- bar auch in den Trockenperioden zur Aufrechterhaltung der Wasserleitung.“ Bei ca. 60 untersuchten Keimlingen schwankte die Zahl der Primär- blätter zwischen 8 und 15 (durehschnittlich meist 13). Spaltöffnungen 154 Edmund M. Merl, fanden sich an ihnen nur selten, und zwar in den beobachteten Fällen in der Nähe des Randes. Nach den Primärblättern treten amKeimlings- vegetationspunkt zwei Blasen nacheinander auf. Die größte bei einem Keimling beobachtete Zahl von Blasen in meinem Material betrug drei. An einem Pflänzchen fand sich eine interessante Mißbildung, die eine Annäherung an ein Primärblatt darstellt (Fig. 16c, d). Der Hohlraum ist äußerst reduziert und zeigt keinerlei innere Haare. Die Klappe ist nach außen gestülpt und zu einem Trichter verwachsen. Trotzdem waren die Borsten und einige Biskuithaare an ihr schon entwickelt. Statt der zwei Antennen ist nur ein lappenförmiger Fortsatz mit einer leichten seitlichen Einbuchtung vorhanden. — Das an weiter fortgeschrit- tenen Stadien erkennbare erste Luftblatt ist von nierenförmiger Gestalt und an der Spitze etwas eingebuchtet, ein Anklang an die Gestalt der Erstlingsblätter. Unterseits finden sich bereits zahlreiche Spaltöffnungen. Es sei an dieser Stelle bemerkt, daß vereinzelt solche nierenförmige Blätter als Rückschläge an älteren Pflanzen vorkommen (cfr. Ule, l. c.). Eine frisch importierte Pflanze trieb im Botanischen Garten in München zunächst mit Blättern, die diese Jugendform hatten, aus. Erst später traten die typischen Schildblätter auf. Utrieularia geminiloba Benj. (leg. Luetzelburg, Brasilien). Die Pflanze gehört ebenfalls in den Verwandtschaftskreis der U. renifermis, wie sowohl aus dem Bau ihrer vegetativen Organe, als auch aus dem Bau der Blüte und der Samen (vgl. die Abbildung von Kamiens- ki, 1. c. 1895) hervorgeht. Offenbar ist aber U. geminiloba an größere Trockenheit angepaßt, denn ihre Ausläufer schwellen an manchen Stellen zu zylindrischen Wasserknöllchen an. Sie teilt diese Eigenschaft mit der ihr sehr nahestehenden U. triphylios Ule (l. c. 1898) von der sie indes die Form der Knöllchen und das Fehlen der drei großen Laubblätter an der Infloreszenz hauptsächlich unterscheidet. Die von Luetzelburg gesammelten Exemplare sind durch ihren kräftigen Wuchs und den geteilten Sporn von der in Benjamin’s Original- diagnose beschriebenen Pflanze verschieden. Am meisten ähnelten sie Glazious Pflanzen des Berliner Herbars. J. T. de Mouras von Sylven als U. geminiloba bestimmte Exemplare (ebenfalls Herb. Berol.) decken sich mehr mit der Originaldiagnose, — Die Blüten- farbe ist nach den Glazious’schen Pflanzen zu schließen lila, wäh- rend de Mouras’s wohl beim Trocknen eine gelbliche Färbung an- genommen hatten. Die charakteristischen zugespitzt herzförmigen, Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 155 derben Blätter tragen beiderseits Spaltöffnungen und haben denselben anatomischen Bau wie bei U. nelumbifolia. Ihre Stellung an den Aus- läufern ist dorsal, und zwar findet man an den Hauptausläufern sehon frühzeitig ein verhältnismäßig weit entwickeltes Blatt in nächster Nähe des stark schneckenförmig eingerollten Ausläuferendes. Die Blattober- seite ist stets vom Ausläufervegetationspunkt abgewendet; auch liegen Achselsprosse, die meist schon sehr bald angelegt werden, auf der der Ausläuferspitze entgegengesetzten Seite des Tragblattes, jedoch etwas seitwärts geschoben (efr. U. reniformis bei Goebel, 1890, pag. 61). Blasen konnte ich an den primären Ausläufern nicht bemerken; sie treten dagegen in großer Zahl an den von den Flanken abzweigenden Aus- Jäufern zweiter Ordnung auf, die sich ihrerseits wieder vielfach verzweigen und dorsal wie die Ausläufer erster Ordnung Blätter bilden. Sklerenchym ist in den Ausläufern nicht vorhanden, nur in einem Falle konnte ich einen Strang von sklerenchymatischen Zellen zwischen Rinde und Mark beobachten. Dagegen bildet sich in der Nähe der Infloreszenz an den Ausläufern ein hypodermales, leicht verholztes, mechanisches Gewebe aus, durch Verdickung der äußersten Rindenzellen. Die Wasserknöllchen unterscheiden sich von den normalen Ausläufern durch eine extreme Entwicklung des Rindenparenchyms. Die Anatomie der Infloreszenz gleicht der bei den vorigen Arten. Übrigens macht sich die Zersplitterung von Xylem und Phloem sehon an Sehnitten durch die Blütenstielchen unterhalb der Blüten geführt geltend, nur fehlt hier das Sklerenchym. Der Blasenbau weicht insofern von U. reniformis ab, als die Blasen etwas längere Antennen und einen reichlicheren Besatz mit Drüsenhaaren in der ganzen Umgebung der Mündung, wo die Köpfchen der einzelnen Haare birnförmige Gestalt annehmen, aufzuweisen haben. Erwähnt sei noch, daß viele abgerissene Blättchen in der Nähe der Blattspitze oberseits Regenerate zeigten. Utrieularia Campelliana Oliv. aff. (leg. E. Ule, Roraima, Amazonasexpedition). Nach einer beiliegenden Notiz wurden die Pflanzen im Walde unterhalb des Roraima epiphytisch wachsend gefunden. Ob meine Bestimmung als U. Campelliana ganz zuverlässig ist, läßt sich bei der Unvollständigkeit des Materials kaum sagen. Ursprünglich erhielt ich die Pflanzen als U. alpina, doch scheinen sie wenigstens nach einer jungen Blüte und nach der Blasenform der U. Campelliana näher zu stehen. Eine Abbildung der Art, sowie ihrer Blasen findet sich bei 156 Edmund M. Merl, Oliver!). Übrigens kommen vegetative Organe von ähnlichem Habitus auch bei U. Jamesoniana Oliv.?) und U. Schimperi Schenk (l. ec.) vor. Während bei der U. geminiloba die Bildung von Wasserknöllchen erst in einiger Entfernung von der Infloreszenzbasis an den Ausläufern auftritt, ist bei den genannten Arten die Mehrzahl der Ausläufer schon an ihrem Ursprung an der Infloreszenz als länglich elliptische Knöllchen ausgebildet, wodurch unterhalb der Rosette von lanzettlichen Blättern ein ganzer Büschel solcher verdickter Ausläufer entsteht. Diese Knöll- chen erreichen eine Länge von ca. 7 mm und gehen an ihrem Ende in normale Ausläufer über. Weiter von der Infloreszenz entfernt fanden sich an den Ausläufern nur spärlich Knöllchen. Einige von diesen trugen Blasen wie die normalen Ausläufer. Die Stellung der Blasen an den Aus- läufern ist nieht genau lateral, sondern etwas der Oberseite genähert. Die von den Ausläufern erster Ordnung abzweigenden Seitenausläufer treten paarweise auf und ihre Ansatzstellen erscheinen auf den Rücken der Ausläufer geschoben. Zwischen ihnen befand sich ein Vegetations- punkt, der sich in einigen Fällen zum beblätterten Sproß entwickelt hatte. Die Ausläuferspitzen waren leicht eingekrümmt. Die Blasen waren vom Typ der U. reniformis-Blasen, nur waren sie mit weit weniger Schleimhaären versehen (in der Umgebung des Eingangs fehlten diese vollständig), die gedrungenen Antennen waren stark rückwärts gekrümmt, die vierarmigen Innenhaare zeigten stark verlängerte Endzellen, der Blasenstiel ging allmählich in die Blase über und hatte an der Ansatz- stelle an die Blase einen annähernd dreieckigen Querschnitt. Die Anatomie der Art bietet nichts Neues, Uirieularia Duseni Sylven (leg. Goebel, leg. Luetzelburg, Brasilien). Während bei den vorigen brasilianischen Arten die Unterschiede zwischen Blatt und Ausläufer noch fest fixiert waren, gehören die beiden folgenden Arten U. Dusenii und U. longifolia schon Gruppen an, die zwar noch keine Blasen an den Blättern normalerweise bilden, dafür aber des öfteren Übergangsformen zwischen den beiden Organtypen 1) Oliver, List of the Species of Plants collected, and Determinations of those that are new. The Transaetions of the Linnean Society of London, Ser. II, Botany, Vol. II, pag. 280. London 1887. 2) Oliver, D., Description of New Species of Utricularia from South America, with Notes upose the Genera Polypompholyx and Akentra. Journ. of the Linnean Society, Botany, Vol. IV, pag. 169-176. London 1860. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 157 zeigen. U. Dusenii erinnert in der Gestalt des Blattes und der Blüten etwas an die bedeutend größere U. reniformis, worauf schon Sylven (l. e.) hinweist. Das reiche, von Luetzelburg am Coreorado gesammelte Material zeigte bezüglich der Größe der Pflanzen und der Blütenform (namentlich der Länge des mittleren Läppchens der Unterlippe) einige Verschiedenheiten, jedoch stimmten die Exemplare im allgemeinen mit denen des Regnell’schen Herbars überein, auch im Blasenbau. Nach einer den Pflanzen beiliegenden Etikette wuchsen sie an Granitfelsen unter Lebermoosen an einem Platz, auf den ständig von oben Wasser heruntertropfte. Die Blütenfarbe der schwach aromatisch duftenden Blüten wird als weiß mit hellila Anflug (entgegen „corolla violacea“ bei Sylven) angegeben. Das Palatum ist lila, mit zwei gelben Kanten, die größten Exemplare hatten eine Länge von über 30 cm!), Die In- floreszenz besitzt den typischen Bau der übrigen Landutrieularien; der innerste Teil des Zentralzylinders ist mit äußerst zartwandigen Markzellen ausgefüllt. In den Blütenstielchen ist kein Sklerenchym, sonst entsprieht ihr Bau dem der Infloreszenzen. An der Basis der In- floreszenzen findet man ein bis drei der kleinen nierenförmigen, beider- seits Spaltöffnungen tragenden Laubblätter. Ihre Anatomie ist äußerst primitiv; es ist kaum ein Unterschied zwischen Ober- und Unterseite im Mesophyll festzustellen. Die Gefäße der Blattnerven haben die nor- male Lage. Sklerenehym fehlt in den Blattnerven. Die an der Inflores- zenz entspringenden Ausläufer sind an ihrem Ursprung ziemlich starr, was von einer Verholzung der subepidermalen Rindenzellschicht herrührt, werden aber bald weich und dünn und durchsetzen in dichtem Gewirr das ganze Substrat, so daß es schwierig war, ein längeres unverletztes Stück herauszupräparieren. An der Spitze tragen sie eingekrümmt den Vegetationspunkt. Blätter stehen an den Ausläufern in der Regel dorsal, doch finden sich auch Ausnahmen namentlich bei den unten zu er- wähnenden Übergangsbildungen, wo auch flankenständige Blätter vor- kommen (Fig. 185). Die Lage der Achselsprosse ist ähnlich wie bei U. geminiloba. Übrigens sind die Blättchen bei U. Dusenü so zahlreich, daß sie förmliche Polster aus dicht dem Substrat angedrückten Blättchen bilden. Die Seitenzweige der Ausläufer scheinen vielfach — besonders in einiger Entfernung von der Infloreszenz — der Oberseite der primären Ausläufer etwas genähert zu entspringen. Die Blasen sitzen an den Aus- 1) Am Corcovado von Goebel gesammelte Pflanzen, die im botanischen Garten in München zur Blüte kamen, hatten rein weiße Blüten mit zwei schwefelgelben Flecken an den Kanten des Palatume. 158 Edmund M. Merl, läufern zweizeilig; sie sind ziemlich klein und gleichen denen von U, reniformis, von denen sie sich aber durch die Anhäufung von Schleim- haaren an ihrer Vorderseite unterscheiden (Fig. 17). Abgesehen von der eben be- schriebenen normalen Organbildung finden sich bei dieser Utrieularie Fälle, in- denen Ausläufer ihr unbegrenztes Wachstum plötz- lich aufgeben und in ein Blatt übergehen (Fig. 18@—c). Derartige Bildungen kom- . FREE . men verhältnismäßig häufig vor und können Fig 1. Vie aularia Dwenit u rechtsonderbaren Resultaten führen. Fig. 185 stellt einen Ausläufer dar, der sich schließ- lich zum Blatt abgeflacht hat, aber unterhalb der Spitze außer einzelnen Blättern noch radiäre Sprosse (1 und 2) hervorgebracht hat, so daß ein Fig. 18. a—c Utricularia Dusenii. Ausläuferendigungen. r u. 2, S Sprosse; 2 Blatt. scheinbares Sympodium von Blättern entstanden ist. Es wäre wünschens- wert, festzustellen unter welehen Bedingungen solehe Übergangsformen entstehen. Utrieularia longifolia Gardn. (leg. Luetzelburg, Corcovado). T. longifolia, sowie die westafrikanische U. bryophylla!) zeichnen sich aus durch den labilen Zustand, in dem sich Blatt und Ausläufer- bildung offenbar befindet, was in solekem Maße bei keiner anderen Art anzutreffen ist. Einerseits können Blätter an ihrer Spitze als Ausläufer 1) Goebel, K., pag. 64, 1890. — Ders,, Der Aufbau von Utricularia. Flora 1889, pag. 293, — Ridley, H. N., On the foliar organs of a new species of Utrieularia from St. Thomas, West-Africa Annals of Botany, Vol. IL, No. VIII, pag. 305. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 159 weiterwachsen, andererseits Ausläufer sich abflachen und zu Blättern werden. Da ich jedoch hierauf noch im experimentellen Teil zurück- kommen werde, so sei hier nur über Anatomie, Blasenbau und Keimung, die ich an lebendem Material beobachten konnte, einiges bemerkt. Hin- sichtlich der Stellung der Organe an den Ausläufern sei auf die Angaben Goebel’s?) verwiesen. Nebenbei sei erwähnt, daß ein im Münchener Botanischen Garten befindliches Exemplar der Pflanze einige kleine Besonderheiten im Blütenbau aufwies: Die Oberlippe war bei den meisten Blüten an den Seiten leicht eingeschnitten, der Sporn an der Spitze deutlich zweigespalten. — Die Blütenfarbe der zahlreichen, eine lange Traube bildenden Blüten war ein helles rotviolett. Der große, kugelig vorgewölbte Gaumen war mit zwei dunkelgelben, in der Längsrichtung verlaufenden Flecken markiert. Das Mesophyil der sehr großen länglich-lanzettlichen Blätter zeigt, was die Form der Zellen betrifft, wenig Differenzierung. Ganz außer- ordentlich kräftig. ist der Mittelnerv entwickelt, der auf dem Querschnitt denselben Bau wie der Zentralzylin- der der Infloreszenz oder des Blatt- stieles aufweist. Zwischen Blattstiel und Iniloreszenz ist ein Unterschied nur in der kräftigeren Ausbildung des Rindenparenchyms und des damit zusammenhängenden Interzellularen- systems bei den Blattstielen ge- geben. Sonst liegen gleiche Verhält- Fig. 19. Utrienlaria longifolia. . . . r . Blase. nisse wie bei U. reniformis vor. — Die stärkeren Ausläufer besitzen in der inneren Rinde zahlreiche große Interzellularen, Sklerenchym ist nicht vorhanden, ebenso konnte ich keine eigentliche Endodermis feststellen. Eigentümlich ist die Anord- nung der Gefäße im Zentralzylinder zu einem Ring, wodurch das Mark in zwei Teile gesondert wird, einem inneren und einem äußeren. Das Phloem findet sich sowohl innerhalb wie außerhalb des Gefäßringes in zahlreichen im Mark verteilten Gruppen. An dünneren Ausläufern sind diese Verhältnisse entsprechend vereinfacht. Die Blasengestalt ist aus Fig. 19 ersichtlich. Sie ist ähnlich wie bei U. Glückii Ltzbg. 1) Goebel, K., pag. 63, 1890. 160 Edmund M. Merl, Keimung. Die kleinen länglichen Samen haben eine glatte Testa, deren Zellen mit zarten bogenförmigen Verdiekungsleisten versehen sind. Der Em- bryo zeigt noch keinerlei Cotyledonen, nur ein dem einen Ende schief aufsitzender Höcker embryonalen Gewebes kennzeichnet das apikale ' Ende. Die Samen wurden auf feuchtem Torf ausgesät. Nach etwa 4 Wochen traten die ersten Keimpflanzen auf. Der Kei- mungsvorgang ist der gleiche wie z. B. bei U. bifida. Es bilden sich als erste Organe ein Blatt und ihm gegenüberstehend ein Ausläufer, zwischen beiden, etwas seitlich wie bei U. montana oder U. bifida kann man schon frühzeitig einen Vegetations- punkt wahrnehmen (cfr. Fig. 20a). In der Folge sieht man an diesem Vegetationspunkt abwechselnd in spiraliger Anordnung Blasen, Ausläufer und Blätter auftreten (Fig. 202) und zwar ist die Reihenfolge mit ziemlicher Regelmäßigkeit: Blase, Ausläufer, Blatt, Blase, Ausläufer, Blase, Blatt. Doch finden sich auch Abweichungen von dieser Reihen- folge. Andere Unregelmäßigkeiten waren: Das Auftreten von einem Blatt, statt des ersten Ausläufers, so daß die Keimpflanze zwei Laubblätter als erste Organe aufzu- Fig. 20. z u. 5 Utrieularia lon- weisen hatte. (Der Vegetationspunkt schien a er allerdings in diesem Falle nicht ganz nor- punkt. mal.) Ferner konnte ich Gabelung an dem ersten Primärblatt beobachten. — Der Sproßvegetationspunkt dürfte schließlich in eine Infloreszenz übergehen, doch entwickelten sich die Keimpflanzen nicht so weit. Die im folgenden behandelten Landutrieularien haben alle das Auftreten von Blasen an den Blättern — normalerweise — gemeinsam. Mit Ausnahme der U. peltata (und U. Regnelli), die violett blühen, haben alle gelbe Blüten. Eine ungeteilte Unterlippe haben die Arten: VD. peltata, U. Regnelli, U. longeciliata, U. viseosa, U. nana, U. colorata, U. spicata, eine mehr oder weniger dreigeteilte: U. trileba, U. subulata, U. nigrescens, U. pusilla, U. Spruceana, U. Kuhlmanni. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 161 Utrieularia peltata Oliver (leg. Luetzelburg). Von U. peltata sind einige Eigentümlichkeiten schon aus den Ar- beiten Goebel’s bekannt. So besonders die äußere Gestalt der Blasen!) und der Habitus?). Auch der systematischen Beschreibung Oliver’s®) ist übrigens ein Habitusbild beigegeben. Die von Luetzelburg gesammelten Pflanzen wuchsen in einem dichten Filz von Sphagnum und moderigem Wurzelwerk. Die Pflanze läßt sich insofern der vorhergehenden Gruppe anschließen, als sie eine noeh ziemlich hoch organisierte Blattspreite besitzt und die Blasenbildung an den Blättern ausschließlich auf den Blattstiel beschränkt ist. Nach der Struktur der Blasen und ihrer Stellung an den Blättern jedoch steht diese Art unter den übrigen brasilianischen Utrieularien sehr isoliert da und läßt sich schwer zu den übrigen Formen in Beziehung setzen. Um von den Maßen der Pflanzen einige Vorstellung zu geben, sei bemerkt, daß die Infloreszenzen eine Länge von 20 em erreiehten, die Blätter einen Spreitendurchmesser von 7 mm (Durchschnittsgröße 4 mm), der Blatt- stiel eine Länge von 30 mm (Durchschnittslänge ca. 15 mm). Die Anatomie der Infloreszenz ist dadurch bemerkenswert, daß die Anordnung von Xylem und Phloem im Mark einer gewissen Regelmäßigkeit unterworfen ist. Man kann deutlich einen äußeren Ring von 20-30 Phloemgruppen unterscheiden, den ein innerer Ring von einzelnen Gefäßen oder zu zwei bis drei zusammenliegenden Gefäßgruppen begleitet. Innerhalb dieses Xylemringes ist kein Phloem anzutreffen. Zwischen die Chlorophyll führenden Epidermiszellen sind vereinzelte kurze keulenförmige, über die Stengeloberfläche hervortretende Papillen eingeschaltet. Es sind diese Haare nieht zu verwechseln mit den ebenfalls aber in geringerer Zahl am Stengel vorkommenden Drüsenhaaren. Am Grunde der In- floreszenz fand ich zweierlei Organe, Rhizoiden und Ausläufer, Blätter fehlten an den Infloreszenzen. Die Rhizoiden sind bei dieser Art sehr typisch ausgebildet. Ich fand nur unverzweigte, an die von U. dicho- toma erinnernde. Ähnlich wie z. B. bei U. coerulea (Goebel 1890, 1. c.) entstehen die Rbizoiden noch in einiger Höhe (bis 7 mm) an der In- floreszenz, und zwar frei, d. h. ohne Beziehung zu einem Schuppenblatt. Die ganze Oberfläche dieser Rhizeiden ist dicht mit schleimsezernieren- 1) Goebel, K., Pfl. Sch., Abbildung, 1891. 2) Goebel, K., Hlustr. Monatshefte für die Gesamtinteressen des Garten- baues, 1891. 3) Oliver, a. a. O. 1860. Flora, Bd. 108. u 162 Edmund M. Merl, den Drüsenhaaren bedeckt, nur die Spitze ist nackt. Von den Ausläufern unterscheidet sie anatomisch vornehmlich die stärkere Ausbildung des Gefäßteiles. Unterhalb des Rhizoidenbüschels bemerkt man die eigent- lichen zarten Ausläufer, deren Spitze gerade ist. Zu beiden Seiten der Ausläufer etwas der Oberseite genähert, stehen Blasen. Dorsal meist in größeren Abständen tragen die Ausläufer Laubblätter. Achselsprosse liegen auf der vom Ausläufervegetationspunkt abgekehrten Seite des Blattes. Die Spreite der Blätter ist schildförmig und auf der Oberseite mit zahlreichen Schleimhaaren besetzt, die reichlich sezernieren, so daß die ganze Oberseite mit einer dieken Schleim- decke belegt ist. Die Blattunterseite hat we- nig Schleimhaare, dafür aber Spaltöffnungen, die der Oberseite fehlen, was möglicherweise mit der Schleimabsonderung zusammen- hängt. Die Epidermiszellen der Oberseite führen verhältnismäßig große Chloroplasten. Im Mesophyli ist keine deutliche Differen- zierung wahrzunehmen. Die zahlreichen, die Spreite radial durchziehenden Nerven vereinigen sich etwas unterhalb der Spreiten- anheftungsstelle im Blattstiel. Außer den normalen Schildblättern fanden sich im Ma- terial auch einige von oval bis lanzettlicher Gestalt (Fig. 21a, b) offenbar Rückschläge auf die Jugendiorm (vgl. U. nelumbifolia). Der Blattstiel ist in seinem oberen Teil Fig. 21. «—cUtricularia peltata. ziemlich kräftig, was bedingt wird durch a Archlagblattor: c mor- stärkere Entwicklung des Rindenparen- ehyms. Die einzelnen Rindenzellen zeigen auf Längsschnitten eine ziemlich regelmäßige, rechteckige Form. Unter- einander hängen sie nur durch seitliche Ausstülpungen zusammen. Demzufolge ist der Gewebebau des Blattstiels ein sehr lockerer, inter- zellularenreicher. Nach unten zu verjüngt sich der Blattstiel sehr stark (Fig. 21c). Er trägt sowohl in seiner oberen dieken, offenbar in der obersten lockersten Substratschicht steckenden Partie, wie in der dünnen unteren zahlreiche Blasen, deren Stellung von der Stellung der Ausläuferblasen verschieden ist. Die Blasen stehen nämlich untereinander in einer Diver- genz von 90°. (Ähnlich wie an den Blattstielen von U. roses, Goebel 1890, 1. ce.) In den Achseln der Blasen, und zwar auf der von der Spreite weggewendeten Seite bilden sich, namentlich an älteren Blättern, fast Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 163 regelmäßig Ausläufer (vgl. Fig. 21c). Daß übrigens diese Stellen auch bei der Regeneration begünstigt sind, bewiesen einige augenscheinlich abgerissene Blättchen, bei denen den Blattstielen radiäre, Blätter und Ausläufer tragende Sprosse entsprungen waren. Die äußere Gestalt der Blasen ist ersichtlich aus Fig. 22a. Der Vorhof ist in der Nähe des Widerlagers mit peitschenförmigen, einwärtsgebogenen Haaren bedeckt (Fig. 225). Die Klappe trägt im äußeren Teil keulenförmige, dreiteilige Haare, deren längliche Köpfehenzellen bei den äußeren oft hakenförmig gebogen, bei den inneren mehr kugelig sind, und die als Fortsetzung der fächerförmig verwachsenen, den Schlund umgebenden Haare auf der Fig. 22. a, 5 Utricularia peltata. Blase; 5 halbierte Blase. Klappe in ea. fünf Reihen verlaufen. Die Innenhaare der Blase treten in dreierlei Typen auf: Keulenförmige Haare, deren Endzelle nahe der Basis halsartig eingeschnürt erscheint, ferner zwei- und vierarmige Haare. Die keulenförmigen befinden sich auf der Innenseite des Wider- lagers der Mündung zunächst, in einiger Entfernung davon machen sie den zweiarmigen Platz. Die vierarmigen treffen wir zerstreut an den Seiten- wänden der Blase an, außerdem kann man rechts und links von der Mediane der Blase zwei Polster wahrnehmen, die von äußerst dicht bei- sammen stehenden Gruppen der vierarmigen Haare gebildet werden. Ähnliche paarweise, dorsale Anhäufungen von vierarmigen Haaren konnte ich bei U. Warburgi an einem, von Goebel zur Verfügung ge- stellten Präparat feststellen. U. roses scheint diese Haargruppen nicht 11* 164 Edmund M. Merl, zu besitzen. Dagegen kommen sie vor bei der mexikanischen U. denti- culata. Den gleichen Blasenbau fand ich noch bei U. Regnelli des Regnell- schen Herbars, Falls die dabei gefundenen Schildhlättehen wirklich zu den Pflanzen gehören, dürfte diese Art in den Verwandtschaftskreis von U. peltata einzureihen sein. Bemerkenswert ist bei dieser Spezies das Auftreten von papillösen Zotten im unteren Teil der Infloreszenz. Utrieulatia longeciliata DC. (leg. Lindmann, Matto Grosso, in campis uliginosis; leg. Malme Cuyabä IL, 3181). Einige Angaben über die Morphologie dieser Art finden sich bei Kamienski (l. c. 1890), der ebenso wie Benjamin (l. e. pag. 251) die Art irrtümlich der Gattung Polypompholyx anschloß. Dies wurde bereits von Oliver und Sylven auf Grund der Beschaffenheit der generativen Organe berichtigt. Meine Beobachtungen hinsichtlich der Morphologie der vegetativen Organe ergaben ebenfalls die Unhaltbarkeit der früheren Auffassung. Der Blütenschaft ist besetzt mit einer Anzahl schildförmiger, stark zerschlitzter Schuppenblätter. Für den anatomischen Bau der Infloreszenz ist charakteristisch die Einschaltung einer Scheide aus einer weder Stärke noch Chlorophyll führenden parenchymatischen Zellschicht, zwischen Sklerenchymring und Endodermis, ferner die weitgehende Reduktion des markständigen Phloems. Die vegetativen Organe be- stehen in Blasen tragenden Blättern, Ausläufern und Rhizoiden, sowie Übergangsbildungen zwischen letzteren zwei Kategorien. Die oberseits nur schwach abgeflachten, an der Infloreszenz eine lockere Rosette bildenden, linealen Blätter haben nur auf der Unterseite kleine leicht eingesenkte Spaltöffnungen, in nicht sehr großer Zahl. Drüsenhaare bleiben ebenfalls auf die Blattunterseite beschränkt. Das Mesophyll ist kaum differenziert. Der einzige vorhandene Blattnerv zeigt zwei bis drei Gefäße von normaler Orientierung, die halbkreisförmig vom Phloem umschlossen werden. Die Blasen sitzen bald an den Flanken der Blätter, bald auch mehr oder weniger auf die Fläche der Blattunter- seite eingerückt (Fig. 23a). Ihre Zahl variiert sehr, neben blasenlosen oder blasenarmen Blättern gibt es wieder solche, an denen dicht Blase neben Blase sitzt (vgl. Abbildung). Einige Blätter zeigten an der Spitze eine auffällige Streckung und einen vollkommen stielrunden Quer- schnitt. Gleichzeitig war an dieser Stelle ihr Chlorophyilgehalt ver- Beiträge zur Kenntnis der Utricwlarien und Genliseen. 165 ringert. Es scheint mir wahrscheinlich, daß ähnlieh wie bei U. longi- folia die Blätter das Vermögen besitzen als Ausläufer weiterzuwachsen. Die Rhizoiden tragen zweizeilig, häufig gegenständig, unverzweigte Klebsprosse, Oft kommt es vor, daß die Rhizoiden in Ausläufer über- gehen, oder als Seitenäste von Ausläufern auftreten, oder daß an Stelle eines Klebsprosses mitten in der Reihe der Klebsprosse eine Blase steht. Die Ausläufer haben eine gerade Spitze und bringen an den Flanken zweizeilig gestellt Blät- ter, sekundäre Ausläufer und Blasen hervor. Leider konnte ich diese von dem Verhalten der anderen Arten stark abweichende Stellung der Blätter nicht bis zum Ausläufer- vegetationspunkte verfolgen, da mir von stärkeren, blattragenden Ausläufern nur Bruehstücke vor- lagen. Die Blasen (Fig. 23) dürften wohl zu den kleinsten bei Utri- eularia vorkommenden gehören. ” Ihre äußere Gestalt weicht von E44, Base in Profiansich; Vorder. allen bekannten Formen ab. Ober- veil der Blase von innnen gesehen; halb der Klappe befindet sich an @ Klappe der Blase. der Stirn ein kurzes Horn, das manchmal leicht aufwärts gebogen ist. Unterhalb der Mündung springt ein dieker Rüssel vor (efr. U. „elephas“ Luetzelburg), der sich an der Spitze in zwei schlankere Äste gabelt. Die Mündung der Blase ist äußerst eng und wird von einer Klappe verschlossen, die man als eine sehr vereinfachte Klappe vom borstentragenden Typ auffassen kann (Fig. 23d). Es befindet sich nämlich an ihr genau in der Median- ebene der Blase ein einziges borstigverlängertes Haar. Sonst ist die Klappe kahl. Das Blaseninnere weist einige vierarmige, im Verhältnis zur Blase sehr große Haare auf, von denen regelmäßig zwei dorsal rechts und links vom Eingang stehen (vgl. die bei U. peltata an der analogen Stelle vorkommenden Haarpolster). Unterhalb des Widerlagers sitzen in einer Reihe vier zweiarmige Haaret). 1) Nach Abschluß der vorliegenden Arbeit erhielt ich eine größere Anzahl aus der Gegend von Boa Vista (Rio Branco) stammender, von Kuhlmann gesam- melter Utricularien. Darunter befand sich auch eine der U. longeciliata sehr nahe stehende Art, die ich als U. simulans Pilger bestimmte (vgl. R. Pilger, Lenti- 166 Edmund M. Merl, Utrieularia viscosa Oliver, (leg. Spruce, Parö). Die im Regneil’schen Herbar befindlichen Pflanzen fallen durch zahlreiche Rhizoiden auf, die zweizeilig gestellt, verzweigte Klebsprosse tragen. Rhizoiden und Ausläufer führen statt der köpfchenförmigen Drüsenhaare solche mit verlängerter wurmförmiger Endzelle. Die Aus- läuferspitze ist gerade. Die Blasen der Ausläufer sitzen an den Flanken. Sie decken sich ihrem Bau nach vollkommen mit der von Luetzelburg (l. e. pag. 186) abgebildeten Blase. Sie sind ebenfalls antennenlos und außen mit wurmförmigen Schleimhaaren bedeckt. Ob indes die von Luetzelburg beschriebene Pflanze mit U. viscosa identisch ist, läßt sich auf Grund der Blasenanatomie allein nicht entscheiden. Utrieularia nana St. Hil. (leg. Goebel. Minas Geraös zusammen mit Genlisea spec., P. Dusen, Paranä), Die Blütenschäfte der sehr zierlichen, anscheinend in Sphagnum- pelstern (Dusen’sches Material!) wachsenden Art weisen in ihrem unteren Teil eine fast fleischige Zone auf, was durch eine extreme Aus- bildung des Rindenparenchyms bewirkt ist. Sonst bietet ihr anatomischer Bau nichts Neues. Von den linealen, etwas verbreiterten Blättern erreich- ten manche durch eine starke Streekung des Blattstiels eine Länge von 2,5 cm, doch fanden sich namentlich an den Ausläufern auch viel kürzere fast sitzende Blätter. Spaltöffnungen (in geringer Zahl) kommen nur auf der Blattunterseite vor. Die Epidermiszellen sowohl der Blattober- wie der Blattunterseite führen Chlorophyll. Das schwach entwickelte Mesophyll wird von einem einzigen Blattnerv durchzogen, dessen Ge- fäßteil die normale Orientierung zeigt. Blattstiel und Blattgrund tragen zu beiden Seiten oft in größerer Zahl Blasen. In der Achsel einer Blase sah ich an einem abgerissenen Blatt einen Adventivsproß, der bereits einen Ausläufer und ein Blatt gebildet hatte. Die Stellung der Blätter an den Ausläufern ist eine von den Verhältnissen bei anderen Arten bulariaceae in: Notizblatt d. Kgl. botan. Gartens u. Museums zu Berlin-Dahlem, Bd. VI, Nr. 56, pag. 189). Sıe besaß kleine (ca 1%, mm große) eiförmig-kugelige Knötichen, hervorgegangen (ähnlich den Wasserknölichen anderer Formen) aus Aus- läuferanschwellungen. Von den Wasserknöllchen unterschieden sie sich hauptsächlich durch ihren großen Stärkegehalt, der sie als Reservestoffbehälter erkennen ließ. Die Blasen glichen denen der U. longeciliata bis auf etwas längere Gabeläste des Rüssels. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 167 abweichende: Wie bei U. coerulea (Goebel 1890, pag. 82) ist die üb- liehe dorsale Stellung der Blätter an vielen Stellen aufgegeben und es finden sich Abweichungen bis zu 180° von der normalen Stellung. Eine Regelmäßigkeit wird durch das annähernde Gegenüberstehen von sekun- dären Ausläufern und Blättern bedingt, was auch für U. eoerulea angegeben wird. Achselsprosse liegen stets seitlich neben der Blattinsertion. Die Blasen sind ebenso wie die von U. viscosa antennenlos. Der von oben- her breitgedrückt erscheinende Stirnteil, der in die Klappe übergeht, springt fast schnabelartig vor. Der Bau der Klappe ist ähnlich wie bei UT. viscosa. Dagegen sind nur sehr spärlich Schleimhaare in der Nähe der Mündung zu finden. Die Gestalt der Drüsenhaare ist die normale knopfförmige. Im Blaseninnern sehen wir statt der vierarmigen Haare nur zweiarmige mit länglich eiförmigen Endzellen, unterhalb des Wider- lagers sind sie durch keulenförmige Haare ersetzt. Die beiden folgenden Arten zeigen die gleiche Reduktion der Zahl der Endzellen der inneren Haare von vier auf zwei, bzw. unterhalb der Mündung von zwei auf eine (cfr. U. coerulea, U. prehensilis). Utrieularia colorata Benj. (Herbar Regnell). Die Pflanze ist durch große, schwefelgelbe Blüten ausgezeichnet und erinnert etwas an die asiatische U. coerulea, zu deren Gruppe sie wohl auch gehört. Die Anatomie der Infloreszenz gleicht der der anderen Arten. Das Xylem ist im Mark mehr peripherisch angeordnet, das Phloem nimmt den inneren Teil ein. Die Art besitzt wohl ausgebildete Rhizoiden, die zahlreiche, lange Klebsprosse tragen. Die Rhizoiden können noch in einiger (bis 1 cm) Entfernung vom Basalinfloreszenzende an der In- floreszenz auftreten, Auch beobachtete ich einen Fall, wo anstelle eines Schuppenplattes ein Rhizoid stand, das einen Achselsproß trug; zwei Vorblätter waren durch Rhizoiden ersetzt, den gleichen Fall bildet Goebel (1890, Fig. 95) von U. coerulea ab. Die Blätter haben lineal lanzettliche Gestalt und sind auf der Unterseite zwischen Mittelnerv und Rand mit vereinzelten Blasen versehen. Ausläufer konnte ich an ihnen nicht wahrnehmen. Die Blasen sind fast sitzend (auch an den Ausläufern) und unterscheiden sich, wenn man von ihrer geringeren Größe absieht, kaum von den Coerulea-Blasen: Sie haben kräftige, zurück- gebogene Antennen, eine Klappe mit Borstenhaaren und dreiteiligen Haaren, im Inneren nur zweiarmige und keulenförmige Haare. Die Stellungsverhältnisse der Organe an den Ausläufern scheinen ähnlich wie bei U. eoerulea zu sein. — Hierher gehört auch 168 Edmund M. Merl, Utrieularia spicata Sylven (Herb. Regnell), eine Art mit aufreehten, ziemlich langen, dichten Ähren gelber Blüten. Die Anatomie der Infloreszenz ist von der der vorigen Art nicht wesent- lich verschieden. Die Blasen gehören ebenfalls dem Coerulea-Typ an, nur ist die Form der Endzellen der zweiarmigen Haare eine mehr rund- liche. Rhizoiden mit Klebsprossen sind vorhanden. Vermutlich verhält sich auch U. Meyeri Pilger ähnlich. Die folgende Gruppe von Landutricularien umfaßt einige kleine gelbblühende Arten mit zwar dünnen, doch ziemlich starren Inflores- zenzen und linealen, hlasentragenden Blät- tern. Die Unterlippe ist mehr oder weniger drei- geteilt. Die Blasen las- sen sich alle vom Typ der Utrieularia triloba Benj. (leg. Luetzelburg, Corcovado) ableiten. Laut beilie- gender Etikette war bei dieser Art die Blüten- farbe ursprünglich gelb. Die Länge der mit klei- nen schildförmigen Schuppenblättchen be- setzten Infloreszenz (Fig. 24a) betrug durch- sehnittlich 3,54 cm. Die Schuppenblättchen sind teils schwächer, Fig. 24. Utrieularia trileba. a Habitusbild; e Keim- teils stärker gezähnt. pflanze; & Blase halbiert. es SLaTker 80 Die Epidermiszellen der Infloreszenz führen Chlorophyll. In einer unteren Zone des Blüten- schaftes sind sie papillös ausgebildet, was wohl zur Befestigung im Substrat beiträgt. Die Rindenschicht ist in den oberen Teilen der Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 169 Infloreszenz auf ein bis zwei Zellagen reduziert. Auf das Rinden- gewebe folgt der zwei bis drei Zellagen starke Sklerenchymmantel. Die bei anderen Arten in seiner Peripherie eingeschalteten Phloem- bündelchen fehlen. Den innersten Teil des Zentralzylinders nehmen einige im Mark zerstreute Phloemgruppen ein, an die nach außen zu sich ca. 10 isolierte Gefäße anschließen. Die vegetativen Organe sind sehr zart und waren kaum unverletzt aus dem algendurchsponnenen Substrat zu isolieren. Neben Rhizoiden und Ausläufern stehen an der Infloreszenzbasis lineale Blättchen von einer Breite von 0,2—0,3 mm und einer Länge bis zu 8 mm. An den Flanken, hauptsächlich am nicht- assimilierenden Stiel, sind sie mit kleinen Blasen versehen. An der Seite der Lamina konnte ich öfters an Stelle einer Blase ein Blatt (ohne etwa danebenbefindliehen Vegetationspunkt!) beobachten. Das Mesophyl! besteht aus einer Zellschicht, die sich nur in der Umgebung des ein einziges Gefäß enthaltenden Blattnervs verdoppelt. Die Epidermiszellen enthalten Chlorophyll. Spaltöffnungen befanden sich in der Regel nur auf einer Seite des Blattes. Die Rhizoiden sind an den Seiten mit verzweigten peitschenförmigen Klebsprossen besetzt. Vielfach gehen sie an ihrer Spitze in Blasen tragende Ausläufer über. Im allgemeinen stehen die Ausläufer am Stämmchen tiefer als Blätter und Rhizoiden. Die Aus- läufer zeigen an manchen Stellen Spaltöffnungen, dorsal tragen sie Blätter, bzw. beblätterte Sprosse. Ihre Spitze bleibt gerade. Die Gestalt der an den Ausläufern zweizeilig sitzenden Blasen geht aus der Fig. 24d, die eine halbierte Blase darstellt, hervor. Die beiden gedrungenen An- tennen gewinnen durch zahlreiche zu Haaren ausgewachsene Epidermis- zellen ein pinselartiges Aussehen. Die Länge dieser Haare variiert bei ein und derselben Pflanze beträchtlich. Die Klappe trägt außer einer Anzahl Biskuithaare in der Mitte eine Gruppe von Borstenhaaren. Die im Innern der Blase befindlichen Haare haben zweierlei Formen: Vierarmige Haare mit auffallend langen peitschenförmigen Endzellen und zweiarmige mit kürzeren, keuligen Endzellen. Die zweiarmigen sitzen in Gruppen rechts und links vom Eingang, während sich die vier- armigen auf die übrige Innenfläche verteilen. Eine in Kulturen, die Goebel aus Brasilien mitbrachte, aufge- gangene Keimpflanze gibt Fig. 24c wieder. An dem radiären Vegetations- punkt sind als älteste Organe ein Blatt und ein Ausläufer angelegt. Das Blatt zeigt bereits eine Blase. Außer weiteren Blättern und Ausläufern befindet sich auch eine Blase am Sproßvegetationspunkt. Die Keimung vollzieht sich also in derselben Weise wie bei U. bifida. 170 Edmund M. Merl, Blasen von ganz ähnlichem Bau wie bei U. triloba kommen noch vor bei U. subulata L. und U. nigrescenz Sylven (hier größer!) U. subu- lata (kleinblütige Varietät des Herb. Regnell) zeigte vielfach am Grunde des Stämmcehens noch die Samenschale, ein Beweis, daß der radiäre Sproß des Keimlings mit der Infloreszenz abschließt. Nahe verwandt mit diesen Arten ist auch Utrieularia pusilla Vahl (leg. Lindmann, Matto Grosso). Anatomisch scheint sich diese Art nicht von U. triloba zu unter- scheiden. Die Blasen besitzen ebenfalls zwei Antennen, die ähnlich pinselföürmig ausgebildet sind wie bei den zuletztgenannten Spezies, doch sind die Antennen länger und ihre Haare setzen sich aus zwei bis drei Zellen zusammen. Drei bis vier solcher Haare befinden sich auch noch an beiden Seiten der Blase etwas hinter der Ansatzstelle der An- tennen, aber tiefer inseriert als diese. Die zweiarmigen Haare im Innern liegen ziemlich in der Medianebene, was wohl mit der stärkeren Aus- bauchung der Blase unterhalb des Widerlagers zusammenhängt. Die Endzellen der vierarmigen Haare sind weniger stark verlängert als bei U. triloba. Hierher gehört wahrscheinlich auch Utricularia Spruceana Oliv. (leg. Spruce, Parä), von der mir eine, allerdings stark beschädigte Blase vorlag. Ob die pinselartigen Haarbüschel hier auf Antennen sitzen oder direkt am oberen Blasenrand, ließ sich nicht mehr erkennen. Im Inneren fand ich unterhalb des Widerlagers zunächst keulenförmige Haare, dann zwei, schließlich vierarmige, deren Endzellen ziemlich kurz waren. Das Kuhlmann’sche Utrieularienmaterial (s. o., Fußnote) ent- hielt neben einigen anderen Vertretern der zuletzt behandelten Gruppe — z. B. einer der U. subulata ähnlichen Art mit einem Sporn, dessen Spitze vier Aussackungen zeigte — eine gleichfalls hierher gehörige, neue Art, auf die ich wegen ihres morphologisch interessanten Baues näher eingehen will. Nach ihrem Finder sei sie U. Kuhlmanni benannt. Utrieularia Kuhlmanni Merl .n. sp. (leg. Kuhlmann, Rio Branco [Boa Vista)). Vorausgeschickt sei die Diagnose der Art: Herba tenera; stolones tenuiter filiformes, apice involuti, ampulli- feri, dorso parce foliiferi. Folia imparipinnata — 5,5 em longa; rhachis Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 171 teres, ad apicem sensim in folium lineare, uninervium transiens, inferiore parte interdum stolonifera vel ampullifera. Foliola alterna eire. 0,5—1 mm lata, — 1,3 em longa, linearia. Scapus eire. 9—12 em longus, uni — bis- quamatus, 4—11 florus. Squamae parvae, medio fixae, inferiore parte erosulae. Bracteae solitariae, medio fixae, subampleetentes, rotundato- ovatae, circ. — 2 mm longae. Pedicelli eire. 3 mm longi. Calyx eire, 11,—2 mm longus; lobus inferior ovato-rotundatus, apice minute bifi- dus, lobus superior rotundatus, integer, inferiore paulo brevior. Corolla lutea; labium superius integrum, ovatum, marginibus reflexis (e plantis in spiritu vini conservatis) eirc. 4 mm longum, diametro transverso 3 mm; labium inferius eire. 7 mm longum, diametro transverso 5 mm, trilobum, lobis integris, medio lateralibus subduplo longiore; palatum gibbosum medio impressum; calear deseendens (— horizontale), sub- eurvatum, erassiusculum, apice acutum, labio inferiore brevius, eire. 5 mm longum. Capsula globosa; placenta subeurvato-stipitata, semigloboso- diseiformis; semina multa (ad 70) minutissima, oblonge ovoidea, laevia, Inflorescentiae flores cleistogamos producentis scapus e foliorum axillis oriens, uni-biflorus, flore supero plerumque abortivo (ut videtur), Calyx optime evolutus, lebus inferior apice bifidus, superior integer. Corolla ovatoglobosa, ealycem vix dimidia parte superans, labio inferiore vix distineto superne inflexo. Semina ad 25. Das Verbreitungsgebiet der Pflanze scheint sich bis nach Britisch- Guyana hin zu erstrecken, wenigstens glaube -ich dies aus Material, das Goebel am Mazaruni sammelte, schließen zu dürfen. Leider fehlten zu einem vollkommen sicheren Vergleich die chasmogamen Blüten. Anatomisch bietet die Pflanze nichts Neues: sie schließt sich ziem- lich dem Bau der U. trileba an. Morpholegisch ist sie hauptsächlich wegen ihrer eigentümlichen Blätter und wegen der cleistogamen Blüten bemerkenswert. Die schmalen, linealischen Blätter zeigen ein ungewöhn- lich Iangandauerndes Spitzenwachstum, wodurch einerseits ihre im Ver- hältnis zur Größe der Pflanze bedeutende Länge (bis 5,5 cm) anderer- seits ihre Ausläuferähfilichkeit zustande kommt. Dazu trägt noch mehr das reichliche Vorkommen flankenständiger, alternierender Blättehen . von gleicher Form bei, sowie der Umstand, daß man im unteren Teil der Blätter an Stelle von Flankenblättern Ausläufer oder Blasen findet (Fig. 25a). Daß es sich bei den flankenständigen Blättern nicht um eine einfache Zerteilung des Blattes handelt, sondern um selbständige Blätt- chen, zeigt die deutliche Abgliederung an den Ansatzstellen, die sich auch in einer Gewebedifferenzierung äußert. Seitenblättchen zweiten Grades kommen äußerst selten vor. Spaltöffnungen konnte ieh an den 172 Edmund M. Merl, Blättern nur in einem Falle finden. Trotzdem die Blätter habituell den Ausläufern sehr nahe kommen, beobachtete ich nirgends, daß ein Blatt an der Spitze in einen echten Ausläufer überging. Der Zustand scheint also besser fixiert zu sein als etwa bei U. longifolia. Das dürfte schon aus den viel regelmäßigeren Stellungsverhältnissen der Organe an den Ausläufern hervorgehen (Fig. 26). Die Ausläuferspitze ist stark eingerollt, die Blätter stehen rein dorsal, die Ausläufer an den Flan- ken. Blasen treten zweizeilig an den Seiten der Ausläufer auf. An den dünneren Ausläufern zweiter Ord- nung scheint die Blattbildung zu unterbleiben. In der Achsel der Blätter, auf der der Ausläuferspitze zugewandten Seite steht vielfach ein Achselsproß, der zu einer In- floreszenz mit eleistogamen Blüten wird. Gewöhnlich entwickelt sich nur eine Blüte weiter, der Vege- Fig. 25. Utricularia Kuhlmanni. a Blatt; Fig. 26. Utricularia Kuhlmanni. Aus- & chasmogame Blüte; 7 Kelch; 47 Krone läuferspitze. a Ausläufer; 5 Blätter von vorn; Z/7 Krone von der Seite; v. Infloresgeenz; A Ausläufervege- c Kleistogame Blüte. tationspunkt. tationspunkt der Infloreszenz und eine meist angelegte zweite Blüte scheinen zu verkümmern. Die cleistogamen Blüten stellen eigentlich nur stark reduzierte chasmogame Blüten dar (Fig. 255 und c). Nur der Kelch ist normal ausgebildet. Der kugeligen, geschlossenen Krone fehlt der Sporn. Das Andröceum ist verhältnismäßig gut entwickelt, wenig- stens besser als bei der von Goebel beschriebenen, ebentalls eleistogamen U. elachista (l. e. 1890, pay. 76-79). Es zeigt an den zwei Staubhlättern Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 173 je eine zweifächerige Anthere; ein deutliches Endotheeium ist vorhanden. An einer Blüte konnte ich das Übertreten der Pollenschläuche von den Antheren zur Narbe feststellen. Das Gynäceum unterscheidet sich nur durch die geringere Anzahl von Samenanlagen (14 und 25 in zwei unter- suchten Fällen) von dem der chasmogamen Blüten. Der Bjasenbau hat Ähnlichkeit mit dem von U. triloba. Doch sind die Blasen größer, die Antennen setwa schlanker und auf der Außen- seite mit längeren, borstenförmigen, mehrzelligen (bis 6 Zellen) Haaren besetzt. Je ein bis zwei solcher Haare finden sich auch öfters neben der Ansatzstelle der Antennen an der Blase selbst. Sehr charakteristisch sind die zäpfehenförmig gestreckten Endzellen der Schleimhaare, sowohl an den Blasen wie Ausläufern. Da mir zur Untersuchung der südamerikanischen Wasserutrieularien nur sehr wenig Material zur Verfügung stand und andererseits der Formenreiehtum, wenigstens der vegetativen Organe in dieser Gruppe ein geringerer ist, so beschränke ich mich im wesentlichen auf die Mit- teilung einiger an den Blasen gemachter Beobachtungen. Uirjeularia quinqueradiata F. Kanı. (leg. Spruce, Parä). Die unter diesem Namen im Regnell’schen Herbar befindlichen Exemplare gehören der Sektion Megaecista (Kamienski ]. e. 1895) an. Sämtliche Arten dieser Gruppe sind reich beblätterte Pflanzen, die an der Infloreszenzbasis blasige Schwimmkörper in radialer Anordnung besitzen). Zu dieser Gruppe gehören U. inflata, U. stellaris, U. inflexa, U. Benjamineana u. a. — Die Blasen von U. quinque-radiata sind nach dem Typ der U. vulgaris-Blasen gebaut. Sie sind von linsen- förmiger Gestalt und weisen eine Klappe mit sehr kräftigen Borsten in der Mitte auf. Die Antennen sind zart und kurz. Von den Endzellen der inneren vierarmigen Haare laufen die Glieder je eines Paares ein- ander fast berührend parallel, die beiden anderen divergieren etwas stärker. Utrieularia foliosa L. (leg. Mosen, S. Paulo). Die Pflanzen gehören derselben Gruppe wie U. vulgaris, der Sektion Lentibularia an, ebenso wie die nächstfolgenden: U. oligosperma, efr. U. resupinata, U. pulcherima, U. Malmeana und U. cucullata Die 1) Goebel, K., Pfl. Sch., pag. 136—137. 174 Edmund M. Merl, Blasen scheinen auf den ersten Blick antennenlos bei einer ähnlichen Bauart wie die der vorigen Art. Einige jüngere Blasen wiesen jedoch an der Stirn deutlich zwei längliche Höcker auf, so daß man die Blasen doch eigentlich zum antennentragenden Typ rechnen muß. Die vier- armigen Haare zeigten dieselbe Gestalt wie die von U. minor (vgl. Meier- hofer!). Ihre Endzellen waren alle nach einer Seite gerichtet. Utrieularia oligosperma St. Hil. (leg. Malme, Rio Grande do Sul). Bezüglich der Anatomie finden sich Angaben bei Merz (l. e.), die Blasen stimmen mit denen von U, foliosa überein, doch waren deutliche, wenn auch zarte Antennen vorhanden, auch die zierlichen Blasen der U. efr. resupinata (Herb. Regnell.) haben diesen Typ. Utrieularia pulcherrima Sylven (leg. Malme, Matto Grosso). Die Art gehört mit U. Malmeana, U. eueullata und U. palatina einem Formenkreis an, bei dem sämtliche Blattzipfel am Ende Blasen tragen. Es sei an dieser Stelle gestattet, den von Sylven verwendeten Ausdruek „foliis vertieillatis‘‘ zu berichtigen. Es liegen hier dieselben Verhältnisse vor wie bei der von Luetzelburg beschriebenen U. elephas. Wir haben es mit zweizeiliger Blattstellung zu tun wie bei allen Wasser- utrieularien, was die Untersuchung der Vegetationspunkte ohne weiteres ergibt. — Die Blasen sind groß und von linsenförmiger Gestalt. An- tennen fehlen ihnen vollständig. Die Klappe ist wie die von U. purpurea?) in der Mitte mit einem Zellpolster versehen, dessen Spitze ein Büschel langer Drüsenhaare aufsitzt. Die Mittelzelle dieser Haare ist stark ver- längert und an ihrem Ende bauchig angeschwollen. Die Endzellen haben birnförmige Gestalt — im Gegensatz zu den kugelförmigen End- zellen bei U. purpurea und den scharf zugespitzten bei U. elephas. Die Mündung ist an ihrem freien Rand mit einigen Reihen kurzer, kolbenförmiger Drüsenhaare eingesäumt. Die inneren Haare gleichen denen von U. elephas, doch sind die Endzellen kürzer. Das Widerlager ist ebenfalls wie bei dieser Art gebaut. Blasen sowohl wie Ausläufer sind bedeekt mit zottigen, dreiteiligen Haaren. Der Querschnitt der 1) Meyerhofer, H., Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Utrienlaria-Blasen. Flora 1902, Bd, XC. 2) Goebel, K., a. a. O. pag. 105, 1890. — Ders. Pfl, Sch. IL — Merz, a. 2. O. pag. 45. — Luetzelburg, a.a. O. pag. 19, Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 175 Infloreszenz zeigt ein ähnliches Bild wie bei U. purpurea: In der Rinde sehen wir einen Ring von ca. 14 großen, radial angeordneten Lufträumen, mechanisches Gewebe dagegen fehlt. Das Phloem besteht aus ca. acht kleineren im Mark peripherisch verteilten Gruppen, sowie einigen größeren, zentral gelagerten Phloemteilen, Gefäße sind nur in ganz geringer Zahl nachzuweisen. Uirieularia Malmeana Sylven (leg. Malme, Matto Grosso). Die Pflanze verhält sich in ihrem anatomischen Bau ähnlich wie die vorige Art. Die Blasen gehören zu dem Typ, den Luetzelburg zuerst bei einer kleinen aus Trinidad stammenden Art der schon öfters genannten U. elephas beschrieb. Die Blasen dieser Gruppe tragen unter- halb des Widerlagers einen langen, gekrümmten, dicht mit langen Haaren bedeckten Rüssel und statt der Antennen, zwei Büschel langer Haare. Zwischen den Blasen von U. Malmeana und U. elephas vermag ich keinen Unterschied anzugeben. Auch die Blasen der verwandten U. cucullata sind nach diesem Typ gebaut. Ob U. elephas vielleicht mit einer der beiden genannten Arten, denen sie zweifellos äußerst nahe steht, identisch ist, konnte ich, da ich nur eine einzige junge Blüte von U. elephas sah, nicht entscheiden. Es sei an dieser Stelle noch bemerkt, daß U. palatina (Herb. Monacensis) den gleichen Blasenbau wie diese Arten hat, nur scheinen die vierarmigen Haare etwas kürzere Endzellen zu besitzen. Utrieularia emarginata Benj. (leg. Lindmann, Rio Grande do Sul). U. emarginata gehört mit U. exoleta, U. obtusa, U. pallens einer Gruppe an, deren Vertreter offenbar an das Leben in seichterem Wasser, bzw. im Schlamm angepaßt sind und bei der die Blätter eine weit geringere Entwieklung erfahren haben als in den Sektionen Lentibularia oder Megaeista. Die Blasen aller vier genannten Arten verhalten sich ihrem Bau nach annähernd gleich. Es sind ihnen allen stark voneinander entfernte, haarförmige, mit langen, borstigen, vielzelligen Haaren ver- sehene Antennen eigen, zwischen denen ein bis zwei lange, vielzellige Haare, gleich denen der Antennen stehen. Zu beiden Seiten des Eingangs in der Höhe des Widerlagers befindet sich eine Anzahl derselben Haare (bei U. exoleta in größerer Zahl) an der Außenwand der Blase?). Für 1) Ein verwandter Typ bei einer Landform wurde oben für U. pusilla be- schrieben. 176 Edmund M. Merl, alle untersuchten Arten dieser Gruppe ist die länglich-eiförmige, am Ende spitz abschließende Form der Endzellen der vierarmigen Haare charak- teristisch. Unterhalb des Widerlagers finden wir die bekannte Reduktion der vierarmigen Haare auf zweiarmige. Die Klappe trägt in der Mitte vier bis fünf Borstenhaare. Bezüglich des anatomischen Baues der Aus- läufer und Infloreszenzen herrscht ebenfalls Übereinstimmung (efr. U. exoleta bei Merz, ]. ce. pag. 33). Die Keimung erfolgt vermutlich bei allen Formen der Gruppe nach dem Schema der U. exoleta (Goebel, 1. e. 1890) unter Entfaltung von zwei Cotyledonen. Für U. emarginata wurde dies bereits festgestellt‘). Schließlich möchte ich noch erwähnen, daß ich unter dem von R. E. Fries im Kongogebiet (Katanga ad Bulelo river loco graminoso humido) gesammelten Genlisea-Mate- rial Bruchstücke einer kleinen, mit spatelförmigen ca. 4 mm langen Blät- tern versehene Utricularia fand, von der eine Blase in Fig. 27 abgebildet ist. Wahrscheinlich gehört sie einer Fig. 27. Utricularia firmula. Blase mit der U. firmula Welw. identischen von unten gesehen. oder ihr doch nahestehenden Art an, wenigstens nach der in Hooker’s Icones Plantarım?) wiedergegebenen sehr schematischen Ansicht einer Blase. Charakteristisch ist die birnförmige Gestalt der Blasen, sowie die den Blaseneingang überdachenden strahlig divergierenden fünf Drüsen- haare mit kegelfürmigen großen Basalzellen. Das Blaseninnere zeigte unterhalb des Widerlagers seitlich keulenförmige nach der Mitte zu zwei- armige Haare. Vierarmige fanden sich nur spärlich. Der sehr kleinen Klappe fehlten Borstenhaare. Ich lasse hier die Maße der Blasen bei einigen Arten folgen. Da die Blasengröße einerseits ziemlich variabel ist und es sich andererseits an totem, oft spärlichem Material schwer sagen läßt, ob die gemessene Blase schon ihre Maximalgröße erreicht hat, so kann es sich hierbei nur um Annäherungswerte handeln. Zur Untersuchung wurden möglichst gut- entwickelte Blasen verwendet. 1) Chandler, B, Annals of Botany, April 1909, Vol. XXIE, No. 90. 2) Hooker’s Icones Plantarım 1909, Pl. 2797. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 177 Vergleichende Zusammenstellung der Blasengröße einiger Arten. (Gemessen: größter Durchmesser der Blase, ohne Anhangsorgane.) mm mm Polypompholyx multifidia 2,5 D. modesta. . 1,7 U. amethystinna ....15 U. nana .. .08 DV. australis . . 2... 2,5 U. nelumbifolia 3,2 Primärblasen 1,3 D. bier ...... 1,8 U. nigrescenz , 0,7 U. Campellina .... 17 U. obtusa . . 15 U. coerulea ...... 18 U. oligosperma 2,4 V. oolorata ......12 U. orbiculata . 0,75 D. cucullata . .... 2,3 U: palatina. . 1,8 U. dentieulata .... .. 10 U. pallens . . 2,0 D. diehotoma . . ... 14 U. peltata . . 12 U. Dusnii ...... 10 DT. pusilla . . 0,4 UV elephas ......20 U. prehensilis. 0.9 U. emarginata .....15 U. Regnelli (?) 1,0 D. flexuosa .. 2... 2,3 U. reniformis , 3,5 U. folisea ...... 2,2 U. reticulata . 2,0 U. geminiloba .. . . . 20 U. spiecata . . 10 U. globulariasfolia ... . 235 U. Spruceana . 0,55 U. Glücki . ..... 1,4 U. subulata. . 0,45 U. Herzogi. ... . . 1,3 U. ternata . . 14 U. Hookeri . .....30 U. tridentata . 1,4 U. Kublmanni . . (0,73)—1,02 U. tritoba . . 0,46 U. lateriflora .. .. . 0,5 U. uliginosa . 1,3 U. longeciliata . ... 02 U. viscoga . . 0,55 U. longifolia . . ... 1,8 Primärblas. 1,1 U. spec. Ltzbg. 1,2 (viscosa ?) U. Malmeana . . ... 25 U. volubilis . 1,8 (Ausläuferblasen) U. Menziesü ..... 11 U. volubilis . 3,2 (Stämmchenblas.) Die aus den vorliegenden Untersuchungen an den vegetativen Organen für die Zusammengehörigkeit der einzelnen Arten zu ziehenden Schlüsse stimmen im allgemeinen mit den Ergebnissen der Sylven’schen Arbeit überein. Vergleicht man die von mir angewandte Einteilung mit der Kamienski’schen, so deckt sich die Gruppe Utrieularien mit blasen- tragenden Blättern ungefähr mit der Sektion Oligocista; während die Sektionen Foliosa, Phyllaria und Orchidioides unter die Gruppe: Utri- eularien mit blasenlosen Blättern fallen. Übrigens wurde diese Unter- scheidung Kamienski’s, die auf einer ziemlich willkürlichen Behand- lung der Morphologie der vegetativen Organe gegründet ist, bereits von Sylven wieder aufgegeben zugunsten der älteren Einteilung nach Blüten- form und -farbe, Form der Hochblätter usw., eine Einteilung, die sich, solange noch so viele Arten in ihren vegetativen Organen ungenügend bekannt sind, für systematische Zwecke am brauchbarsten erweist. Flora, Bd. 108. 12 178 Edmund M. Merl, Blütenentwicklung von Genlisea ornata. Die Blüten von Genlisea treten in terminalen, botrytischen In- floreszenzen ohne Gipfelblüte in geringer Anzahl auf. Jede Blüte besitzt ein Deckblatt und zwei transversale Vorblätter. Der Kelch besteht wie bei Pinguieula aus fünf getrennten Kelchblättern im Gegensatz zu Polypompholyx mit vier Kelchblättern, wobei das vordere durch Ver- wachsung von zwei Kelchblättern entstanden zu denken ist und Utri- eularia mit nur zwei Kelchblättern wohl auch durch Verwachsung von zwei und drei Gliedern entstanden!). Auf der Außenseite sind die Kelch- blätter dicht bedeckt mit langgestielten Drüsenhaaren, deren Stiel aus mehreren (ca. fünf) Zellen besteht und deren Köpfchen durch radiale Querwände in mehrere Zellen gefächert erscheint. Außerdem tragen sie beiderseits Spaltöffnungen. Die gleichen langgestielten Drüsenhaare finden wir auf der ganzen Unterseite der sympetalen zweilippigen Blumen- krone. Auch der Sporn hat Drüsenhaare. Die Unterlippe ist dreiteilig und läßt somit aueh im erwachsenen Zustande ihre Entstehung aus drei Gliedern erkennen. Sie trägt in der Mitte den großen, leicht bauchigen Sporn. Die Innenseite des Spornes zeigt papillös vorgewölbte Epidermis- zellen, dazwischen vereinzelte kurzgestielte Köpfchenhaare mit mehr- zelligen Köpfchen, wie sich solche auch noch in Menge auf der inneren Seite der Oberlippe und sehr vereinzelt auch auf der Unterlippe finden. Gegen den Schlund hin bildet die Unterlippe einen stark vorspringen- den Gaumen, der durch eine tiefe Längsfurche in zwei Höcker geteilt wird. An dieser Stelle ist die papillöse Struktur der Epidermiszellen besonders stark ausgebildet. Die Oberlippe läßt in erwachsenem Zustand ihre Entstehung aus zwei Primordien nieht mehr erkennen. Sie ist ei- förmig und nahezu ganzrandig. Die an Ober- und Unterlippe sich an- sehließende Kronröhre ist äußerst kurz und zeigt an ihrer oberen Änsatz- stelle eine leichte Aussackung. Staubblätter sind, wie bei allen Lenti- bularieen nur zwei vorhanden. Die annähernd dreikantigen, seitlich zusammengedrückten Filamente haben eine fleischige Textur. Die tetra- edrischen rundlichen Pollenkörner besitzen vier Austrittsstellen für die Pollenschläuche. Auf den Bau des Gynäcoeums soll im folgenden noch etwas näher eingegangen werden. Hier sei nur bemerkt, daß dasselbe aus zwei median verwachsenen Fruchtblättern besteht. von den beiden Narbenlappen ist der obere rudimentär (efr. Fig. 28c). Der untere führt auf seiner Oberseite eine große Anzahl plasmareicher Papillen, die in 1) Eichler. A. W., Blütendiagramme I, pag. 215. Leipzig 1875. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 179 zahlreiehen Querbändern angeordnet sind. Da mir bei der Untersuchung der Blütenentwieklung nur wenige junge Blüten zur Verfügung standen, so beschränkten sich meine Untersuchungen im wesent- liehen auf die Feststellung, ob sich Rudimente der drei fehlenden Staubblätter auch bei Genlisea nachweisen las- sen, wie dies von Lang (l. e.) bei Polypompholyx, und Diekson!) und Wydler2) bei Pinguicula geschehen ist. Wie Fig. 28a zeigt, ver- hält sich Genlisea in dieser Hinsicht wie Utrieularia®), die drei Stanubgefäße sind restlos verschwunden, auch an etwas jüngeren und an älteren Stadien konnte ich keine Rudimente wahr- nehmen. Das erste Kelch- blatt ist der Infloreszenzachse adossiert. (Vgl. auch das Dia- Fig. 28. Genlisea ornata. a junge Blüte, = Kamm von G. aurea bei St. Unterlippe; 5 Fruchtknoten im Längsschnitt; Hilaire®). c Pericarp-Längsschnitt. Samenentwicklung von Genlisea. Die Samenentwicklung verfolgte ich bei G. ornata. G. filiformis und G. glandulosissima. Von beiden letzteren Arten vorwiegend ältere Stadien, ohne jedoch nennenswerte Unterschiede zwischen den einzelnen Arten zu finden. Genlisea besitzt eine kurz gestielte, kugelige Zentralplacenta, auf 1) Dickson, Al, On the development of the flower of Pinguicula vul- garis L. etc. Transact. of the royal society of Edinburgh, Vol. XXV, pag. 639— 653. 2) Wyäler, H, vgl. Eichler, I, pag. 216. 3) Buchenau, Morphologische Studien an deutschen Lentibularieen. Botan. Zeitung 1865, Nr. 8-12. 4) St. Hilaire, A. de et Girard, F. de, Monographie des Primulacees et des Lentibulariees du Bresil meridional et de la Republique Argentine. Ann. des sciene. nat., 2. ser., Tome XI. Paris 1839. 12° 180 Edmund M. Merl, der in großer Anzahl die anatropen Samenanlagen sitzen (Fig. 285). Der Gipfel der Placenta von G. ornata (und filiformis, doch hier weniger deutlich) trägt keine Samenanlagen. Die Samenanlagen haben nur ein Integument, der Nucellus ist bis auf eine Zellage reduziert, die später vollständig verdrängt wird. Die zur Bildung des achtkernigen Emhryo- sackes führenden Teilungen scheinen soweit: sich nach dem durch die Alkoholfixierung stark geschrumpften Material sagen läßt, normal zu verlaufen. Der befruchtungsfähige Embryonalsack enthält außer dem Eiapparat und dem sekundären Embryosackkern drei Antipoden (Fig. 294 Bezüglich der Befruchtung konnte ich nur heobachten, daß der Pollen- schlauch seinen Weg durch die Mikropyle nimmt (G.filiformis). Im Integument be- merken wir rings um den Embryosack ein Epithel, wie bei den meisten Sympetalen. Soweit decken sich die Ver- hältnisse mit denen bei Pinguieula; wäh- rend sich aber bei dieser Gattung kei- nerlei Anlagen von Nährgeweben nach- weisen lassen, ist bei Fig. 29. Samenentwicklung von Genlisea. A Samen- . Fi anlage m. befruchtungsfähigem Embryosack von 6. or- Üenlisea ein solches nata; 3, C Haustorien von G. ornata; 2 Chalaza- vorhanden. und zwar haustorium; C Mikropyläres Haustorium; Da, reifer ’ Samen v. G. violacea (Längsschnitt); D d, Embryo aus sowohl an der Cha- reifen Samen v. G. filiformis (Längsschnitt). laza wie in der Nähe der Mikropyle rings um den Embryosack. Die Zellen dieser Nährgewebe zeichnen sich durch ihren Plasmareichtum, sowie durch die eigentümlich gequollen scheinenden Membranen aus. Handschnitte mit Jodjodkalium behan- delt ergaben einen ziemlichen Gehalt an Stärke im ganzen Integument (ebenso in der Placenta), besonders aber in der Nähe der Mikropyle und der Chalaza. Der Embryosack selbst enthielt ebenfalls große Mengen offen- bar dem Integument entnommener Stärke, Ein ähnliches Vorkommen haben wir auch bei Byblis, die nach der Ansicht Lang’s (l. e.) den Lenti- Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 181 hularieen anzugliedern wäre. Mit der Lage des Nährgewebes hängt es auch zusammen, daß bei Genlisea kein Austreten des Embryosackes aus der Mikropyle wie bei Utricularia erfolgt. Die eigentliche Endospermbildung vollzieht sich vorwiegend im mittleren Teil des Embryosackes, während sich die beiden Enden zu Haustorien umbilden. Jedoch nehmen diese hier viel geringeren Raum ein als bei anderen Lentibularieen, vor allem verästeln sie sieh nieht. Soweit sieh erkennen ließ, enthalten beide Haustorien je zwei Kerne (Fie. 29 BundC). Die Entwicklung des Em- bryos verläuft wie bei anderen Dieotylen. (Vgl. auch Kamienski, 1. e. 1890). Im reifen Samen erscheint das Endosperm vollständig aufge- braucht, der ganze Raum wird von dem Embryo, der viel Aleuron und fettes Öl enthält, ausgefüllt. Der Embryo aller bis jetzt unter- suchten Genliseen besitzt zwei Cotyledonen, und zwar sind diese bei G. violacea (Fig. 29Da), G. africana und G. reflexa sehr dick und groß (Kamienski, 1. ce. 1890), ebenso bei G. glandulosissima wo sie ungefähr die halbe Länge des ganzen eiförmigen Embryos haben. Bei G. filiformis (Fig. 29Dd) — nach Kamienski auch bei G. ornata und G. luteoviridis — sind sie nur als zwei kleine Höcker ausgebildet. Der Embryo ist völlig wurzellos, doch findet sich am basalen Ende eine Gruppe etwas kleinerer Zellen. Die Testa setzt sich aus einfachen ver- dickten Epidermiszellen zusammen und bietet bei den einzelnen Arten wenig Verschiedenheiten.. Erwähnung verdient noch die Ausbildung des reifen Periearps bei G. ornata (Fig. 28c), wo wir die zweite Zellage von innen aus stark verholzten, viel Stärke führenden Zellen gebildet sehen, die in der Radialrichtung des Fruchtknotens gestreckt erscheinen. Samenentwicklung bei Utrieularia. Die wichtigsten Arbeiten über diese Frage sind, wenn man von der ersten älteren Arbeit Kamienski’st), die fast ausschließlich die Embryobildung berücksichtigt, absieht: die Arbeiten von Merz (I. c.), van Tieghem2) und Lang (l. e.). Die interessanten, von diesen Autoren geschilderten Vorgänge veranlaßten mich, noch weitere Arten zur Unter- suchung heranzuziehen, insbesondere auch Vertreter aus der Gruppe der großen „lebendiggebärenden‘“ Landutrieularien und der primitiven 1) Kamienski, Fr., Vergleichende Untersuchungen über die Entwicklungs- geschichte der Utricularien. Botan. Zeitung 1877, pag. 761-775. . 2) Tieghem, Ph. van, Sur les nodules nourriciers du placente des Utrieulaires. Bull. mus, Tome VI, pag. 39. Paris 1900. 182 Edmund M. Merl, australischen. Ich hatte Gelegenheit, die Samenanlagen bei folgenden Arten zu untersuchen: U. amethystina, bicolor, colorata, elephas, dicho- toma, emarginata, globulariaefolia, lateriflora, longeciliata, Lundii, Lindmanni, Malmeana, modesta, Menziesii, nana, oligosperma, pallens, peltata, pulcherima, pusilla, renifermis, spicata, triloba, ternata, tri- dentata und volubilis. Dabei zeigte es sich, daß, wenn auch der Ent- wieklungsgang bei allen Arten im Prinzip übereinstimmt, sich doch zwischen manchen Spezies nicht unwesentliche Unterschiede hierin vor- finden. Einige der Haupteigenschaften, die allen Arten gemeinsam sind, und die durch die Merz’sche Arbeit. bereits bekannt sind, seien hier Fig. 30. Samenanlagen v. Utrieularia. « U. Menziesii; 5 U. globulariaefolia; c U. elephas; @ U. colorata; - U. spicata; / U. reniformis. kurz wiederholt: Alle Arten haben nur ein Integument. In der Gegend der Chalaza und in der Placenta sind Nährgewebe angelegt, im Zu- sammenhang danıit steht die Anlage von Haustorien am oberen und unteren Ende des Embryosackes und dessen Heraustreten aus der Mikropyle. Den Embryosack umgibt ein Epithel, das dem Integument angehört. Der Nucellus wird schon frühzeitig vom Embryosack ver- drängt. Die Endospermbildung bleibt auf den mittleren Teil des Embryo- sackes beschränkt. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 183 Als typisches Beispiel kann U. reniformis (Fig. 30/) wenigstens für die jungen und mittleren Stadien der Samenbildung gelten. Sowohl das Chalaza-, wie das Placentanährgewebe ist hier ziemlich groß und scharf vom übrigen Gewebe differenziert. Die Nährgewebszellen führen keine Stärke, die Zellkerne sind nicht größer als die der Nachbarzellen. Die Placenta selbst ist auffallend arm an Stärke, nur in ihren Epidermis- zellen ist solche vorhanden, hier allerdings in beträchtlicher Menge, be- sonders oberhalb des Nährgewebes. Die Stärke scheint eine wichtige Rolle bei der Ernährung des Embryosackes zu spielen, denn man kann sie im ganzen unteren Teil des Embryosackes nachweisen, und zwar schon in den der Befruchtung vorausgehenden Stadien (vgl. Fig. 30/, Auflösung der Placentaepidermis.) Außer den genannten Nährgeweben Fig. 31. a Längsschnitt durch das basale Ende eines reifen Samens. 2 Reifer Samen v. U. reniformis im Längsschnitt; Z Endosperm; 3 Embryo. c Placenta mit schildförmigen Samenanlagen (U. pallens, Längsschnitt). werden offenbar auch die den Embryosack umschließenden Zellen an der Mikropyle zu seiner Ernährung herangezogen; ihre Membranen ver- halten sich beim Färben (Hämatoxylin-Eisenalaun-Lichtgrün) ähnlich wie die der Nährgewebszellen, d. h. sie färben sich stärker als die anderen Membranen. Außerdem zeigen diese Zellen Zerfallserscheinungen an ihren Kernen. Im reifen Samen von U. reniformis finden wir neben einem hochentwickelten Embryo mit einer Anzahl vun Primärblättern zwei Kappen von Endosperm (Fig. 315), das sich bei dieser Art länger im Samen erhält als bei anderen, jedoch sind die Zellen bereits ziemlich in- haltsarm (Fig. 31a). Der obere Endospermteil enthält die Reste des ab- gekapselten Chalaza Haustoriums, während das Placenta-Haustorium bei der Abschnürung in dieser verbleibt. Gefäße waren in den Primär- 184 Edmund M. Mer], blättern und im Hypocotyl nicht zu erkennen. Ihr Verlauf wird auf dieser Entwicklungsstufe durch langgestreckte embryonale Zellen bezeichnet. Noch wäre auf eine Eigentümlichkeit des fertigen Embryos hinzuweisen. Die Epidermiszellen des basalen Endes, an die sich der Embryoträger anschließt (cfr. Fig. 31a), und vielfach einige Zellen der nach innen an- grenzenden Zellschicht unterscheiden sich von den anderen Epidermis- zellen, sowie von den Zellen des inneren Gewebes durch ihre geringere Größe, Plasmareichtum und Armut an Reservestoffen. Es ist der Ge- danke naheliegend, daß wir es hier mit einem Rest meristematischen Gewebes zu tun haben, das sich bei dieser Art noch an Stelle der rück- gebildeten Wurzel, die allen Utrieularien fehlt, erhalten hat. Doch läßt sich für eine derartige Hypothese kaum ein Beweis erbringen. Ein ähnliches plazentäres Nährgewebe haben auch U. longeciliata, U. nana, U. peltata, U. spieata. Eine Vorwölbung des Nährgewebes über das Placentaniveau findet nicht statt. Die genannten Arten haben deutlich kampylotrope Samenanlagen (Fig. 304 und e), was bisher von keiner Lentibulariee bekannt war. Bei U. colorata und U. spicata be- trägt die Krümmung des Embryosackes ca. 90°. Die Wasserformen mit schildfürmigem Samen U. emarginata, U. oligosperma und U. pallens fallen durch die Größe ihres gleichfalls eingesenkten Placentanährgewebes auf, ebenso durch die mächtige Ausbildung, die das apikale Haustorium erfährt. Die Samenanlagen dieser Arten erheben sich kaum über die Oberfläche der Placenta (Fig. 31c). Bei anderen Arten macht sich ein mehr oder weniger starkes Her- vortreten des Nährgewebes geltend (Fig. 305 und c). Bei U. globulariae- folia und ihren Verwandten z. B. U. amethystina, U. bieolor, ist diese Vorwölbung besonders ausgeprägt. Da das Nährgewebe gerade im Winkel von Funiculus und Placenta liegt (Fig. 305) kann man schwer sagen, ob man es hier nieht bereits dem Funieulus zurechnen soll. Jedenfalls läßt sich in diesem Vorkommen schon eine Annäherung an die Verhält- nisse bei Polypompholyx erblicken, zumal die Untersuchung anderer primitiver australischer Utricularien z. B. von U. Menziesii (Fig. 30«), U. volubilis usw. zeigte, daß auch diesen Arten ein funikuläres Nährgewebe zukommt. Dieser Umstand weist übrigens ebenso wie der ganze anato- misch-morphologische Bau auf die enge Zusammengehörigkeit von Polypompholyx mit den primitiven australischen Utrieularien hin!). Die angeführten Tatsachen haben gezeigt, daß sich zwischen der extrem-funikulären Tage des Nährgewebes bei Polypompholyx und der 1) U. Iateriflora dagegen hat bereits ein deutlich plazentäres Nährgewebe. Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 185 plazentären, z. B. bei U. reniformis alle Übergänge finden, was als Be- stätigung der Ansicht Goebel’s!), daß das Placentanährgewebe bei Utrieularia wohl dem Funieulus zuzurechnen sei, angeführt werden kann. Die Testa der reifen Samen ist in den einzelnen Gruppen sehr verschieden ausgebildet; ebenso variiert die Größe der Samen stark. Testafortsätze finden wir besonders in der Gruppe der lebendiggebären- den Arten, deren Embryo noch innerhalb der Frucht eine größere Anzahl von Primärblättern anlegt, z. B. bei U. reniformis. U. nelumbifolia (vel. Fig. 16a) zeigt diese Fortsätze nur schwach angedeutet. Außer bei den asiatischen Arten U. brachi- ata und U. orbieulata hat auch U. Dusenii Testafortsätze (Fig. 32a, 1. und Il). Einen ähnlichen Samen wie bei U. Dusenii finden wir bei der Wasserform U. quinqueradiata. Ü. pulcherrima hat rundliche Samen mit zahlreichen lappenartigen oder stumpfkegelförmigen Fortsätzen und ähnlichen Verdickungsleisten wie sie in Fig. 15 U. reniformis zeigt, nur in bedeutend größerer Zahl. Während Fig. 32a. @Samenv. alle diese Samen einer Verbreitung jig. 32 1. 3 Sa- U. Dusenii. /Seiten- durch die Luft oder durch Tiere an- men v. U. glo- ansicht; Z/ Oberan- R Pr . R bulariaefolia, sicht. gepaßt erscheinen, dürfte die Schild- form der Samen einiger Wasser- arten, z. B. von U. emarginata bei einer Verbreitung durch das Wasser eine Rolle spielen. Einen der häufigsten Samentypen bilden die kleinen, glatten eiförmigen, wie wir sie z. B. bei U. longeciliata haben. Hier erreichen die wenigen glatten Testazellen oft die Länge des ganzen Samens. Ihre Wände sind gleichmäßig verdickt. Solche Samen haben außerdem U. triloba und die verwandten Arten (U. nigrescenz, U. subu- lata, U. pusilla, U. Kuhlmanni). U. eolorata, U. Meyeri und U. spicata erinnern in ihren Samen an die von U. bifida (Goebel, l.c. 1890, Fig. 71), deren Testazellen starke Streifung der Membranen aufweisen. Die Samen von U. elephas gleichen in ihrer Gestalt so ziemlich denen von U. ela- chista (Goebel, 1. c. 1890). Schmale, längliche Samen finden sich bei U. longifolia und U. globulariaefolia; bei letzterer (und U. modesta, 1) Goebel, K., Organographie, 1898, Bd. II, pag. 809. 186 Edmund M. Merl, U. bicolor) macht sich eine auffallende korkzieherartige Drehung im Ver- lauf der Testazellen bemerkbar (Fig. 32 5). Vergleichende Zusammenstellung der Größe einiger Samen. Länge Breite mm mm Genlisea glandulosissima. . . 0,34 0,30 » filiformis . . . . - 0,21—0,25 0,14—0,18 „ violacea . .....- 0,47—0,52 0,37—0,40 Dirieularia bicolor .. . . - 0,23—0,25 0,15—0,17 „ eolorata . . . . - 0,33 0,25 % Dusnü ..... 0,5 0,45 » elephas . - . . - 0,46 0,41 » emarginata . . . 12—13 0,27—0,36 (Dicke!) ”» globulariaefolia. . 0,75—0,85 0,13--0,20 ” longeciliata . . . 0,22 0,13—0,15 ” longifolia . . . . 1,2—1,4 0,5—0,8 » Meyeri 2.2... 021-094 01 „ modesta . . 2. - 0,27—0,34 0,11—0,14 ” nelumbifolia . . . 1,7 0,9—1,0 ” neottioides . . - 0,30—0,32 0,16 n nigrescens . . - - 0,21-—0,23 0,14 » pulcherrima . . . 0,65-—0,67 0,47 ” quinqueradiata . . 0,75 0,6 ” reniformis . . . . 1,8 0,7 ” „ var...» 1,4— 1,57 0,36—0,45 2 Regneli .... 0,30 0,26 „ spieata 2.2... 0,22 0,20 ” subulata. . . . .» 0,35 0,21 Pr trileba . .... 0,22—0,30 0,14—0,20 Experimenteller Teil. Regenerationsversuche. Auf die hohe Regenerationsfähigkeit der Utricularien hat bereits Goebel (l. e. 1890, pag. 81) hingewiesen. Der genannte Autor hat auch die ersten Regenerationsversuche mit Landutrieularien angestellt und besonders die abnorme hierbei zutage tretende Polarität der Blätter hervorgehoben!) Die schon erwähnte Sammlung lebender Utrieularien des Münchener Botanischen Gartens bot mir Gelegenheit, die Regene- 1) Goebel, K., Über Regeneration bei Utricularia. Flora 1904, Bd. XCII, pag. 98. — Ders., Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen, 1908, pag. 239—241. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 187 ration sowohl bei Arten zu untersuchen, bei denen das Spitzenwachstum der Blätter weniger deutlich ausgeprägt ist (U. reniformis, U. Dusenii) als auch bei solchen, wo die Polarität des Blattes durch das Vorhanden- sein von bevorzugten Stellen zweiter Ordnung bei der Regeneration nicht zum Ausdruck gelangt (U. uliginosa, U. prehensilis, U. triloba). Utrieularia reniformis. Da die von Luetzelburg aus Brasilien importierten Pflanzen bis jetzt noch nicht zur Blüte gelangten, so ist die auf Grund der Blätter und Blasen aufgestellte Bestimmung nieht ganz sicher, jedoch ist dies für die Erörterung der vorliegenden Fragen nieht von Bedeutung, da sich, wie wir sehen werden, auch andere verwandte Arten ähnlich ver- halten. Zu den Versuchen wurden Blätter von einem Durchmesser von 2—15 mm benützt. Die Blätter wurden von der Mutterpflanze abgetrennt und auf ausgekochten und mit Nährlösung getränkten Torf gelegt. Nach Verlauf von 5—10 Tagen zeigten sich die ersten kleinen Regenerate schon mit bloßem Auge erkenntlich in der Nähe der Blatt- spitze. Später, nachdem die Sprossung an der Spitze schon eine gewisse Größe erreicht hatte, erschienen in vielen Fällen auch an anderen Stellen des Blattes in der Nähe des Blattrandes Regenerate (Fig. 33), doch trat dies nicht so regelmäßig ein wie die Adventivsproßbildung an der Blattspitze und der Zeitpunkt des Eintrittes der Regeneration an diesen Stellen war bei den einzelnen Blättchen sehr verschieden. Das spontane Vorkommen von Adventivsprossen an Keimlingsblättern von U. reni- formis wurde von Goebel bereits früher erwähnt. Ebenso, daß sich Adventivsprosse oft in großer Zahl an jungen Blättern vorfinden. Auch an einigen Blättehen der hiesigen Pflanzen konnte ich ein solches schein- bar spontanes Auftreten von Adventivsprossen beobachten, und zwar an Blättern, die noch im Zusammenhang mit der Mutterpflanze waren, möchte es aber dahingestellt sein lassen, ob es sich hier nicht um irgend- welche, den Hauptvegetationspunkt der zugehörigen Ausläuferteile schädigende Einflüsse in der Kultur handelt. — Für die Beurteilung der Regenerationsvorgänge bei U. reniformis ist es nötig, auf einige Besonderheiten im Bau der Blätter einzugehen. Die ausgeprägt nieren- förmigen Blätter zeigen eine handförmige Nervatur, deren einzelne Ge- fäßbündel gegen den Rand zu vielfach anastomosieren. Der Mittelnerv zeichnet sich durch eine kräftigere Ausbildung vor den anderen aus. Während nun das übrige Gewebe des Blattes bald in seinem Äußeren den Charakter eines fertigen Gewebes annimmt, behält an der Endung 188 . Edmund M. Merl, des Mittelnervs nahe der Spitze ein kleiner Komplex von Epidermiszellen der Blattoberseite noch längere Zeit embryonalen Charakter. Die Zellen an dieser Stelle fallen durch ihre Kleinheit gegenüber den Nachbarzellen sofort auf (Fig. 34/Ia). Am ausgewachsenen Blatt sind sie nicht mehr vorhanden, doch konnte ich sie noch an Blättern von 1 em Durchmesser feststellen. Allerdings scheinen die äußeren Bedingungen, unter denen die Pflanzen wachsen, einen Einfluß auf die Dauer der Erhaltung dieser embryonalen Zellen zu haben. Während sie z. B. an 1 cm großen Blättern eines unter Glasglocke im Topf gezogenen Exemplares noch vor- a 1 Eu Bl Fig 34. 7 u. Z7 Regeneration am Blatt v. U. el { reniformis. / a—f fortschreitende Entwicklung Bas. £ eines apicalen Regenerates; 4 Ausläufer; Bi Blatt; 2 Blase; 7 Vegetationspunkt; Fig. 33. Utricularia reniformis. 4a embryonale Zellgruppe an der Blattspitze; Regenerierendes Blatt. An der 5 Regeneration aus älteren Zellen in der Spitze und auf der Spreite Nähe ‘des Blattrandes; 777 U. geminiloba; rechts Adventivsprosse; Rlattspitze mit meristematischen Zellen. (Schwach vergr.) {Länge des Blattes 1 cm). handen waren, fehlten sie schon an den gleich großen Blättern einer unbe- deckt in hängendem Körbchen, also bedeutend trockener:gehaltenen Pflan- " ze. In manchen Fällen war diese Zellgruppe sogar zu einem kleinen Höcker vorgewölbt. Trennt man nun das Blatt von der Mutterpflanze, so ist diese embryonale Stelle bei der Regeneration in erster Linie begünstigt. Es bildet sich hier zunächst ein Vegetationspunkt, an dem sich inner- halb einiger Tage vier bis fünf andere Höcker radiär bilden (Fig. 34 I«—/). Der erste Höcker wurde in der Regel zum Blatt, manchmal zum Aus- Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 189 läufer, in einem Falle konnte ich als erstes Organ eine Blase beobachten'), Es erinnert hier diese Aufeinanderfolge aller drei bei Utrieularia vor- kommenden Organtypen an einem radiären Sproß ganz an die Organ- bildung der Keimpflanzen und kann als Stütze für die von Goebel vertretene Auffassung, daß Ausläufer, Blätter und Blasen homologe Organe sind, angeführt werden. Bezüglich der übrigen, am Blatt von U. reniformis auftretenden Regenerate ist vor allem, wie schon bemerkt, ihre anfangs langsam fortschreitende Entwicklung hervorzuheben. Es laßt sich dies möglicherweise daraus erklären, daß diese sekundären Orte der Regeneration erst zur Bildung von neuen Vegetationspunkten befähigt sind, wenn bei dem Sproß an der Spitze sich schon eine gewisse Erschöpfung der Regenerationsfähigkeit geltend macht. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, daß es sich hier um direkte Neubildungen aus schon in Dauerzustand übergegangenem Gewebe handelt, während der Sproß an der Spitze aus schon vorhandenem embryonalem Gewebe entstand. Auch diese sekundären Regenerate liegen in der Nähe des Biattrandes über den Endigungen von Gefäßbündeln oder doch in deren nächster Nähe. Fig. 34 IIb zeigt einen solchen, noch sehr jungen Ad- ventivsproß, es sind noch deutlich die ursprünglichen Epidermiszellen erkenntlich, aus deren Teilung er hervorging. — Alle meine Versuche stellte ich mit möglichst jungen Blättern an, nachdem sich gezeigt hatte, daß an einigen älteren (über 1 em Durchmesser) die Regeneration unter- blieb, doeh ist damit nicht gesagt, daß bei einer größeren Anzahl von Versuchsblättern als mir wegen der Schwäche der Stammpflanzen zu Gebote stand, nicht auch an älteren Blättern noch Regeneration ein- treten kann. Wir sehen also, daß sich aueh an den Blättern von U. reniformis bei der Regeneration eine gewisse Polarität noch äußert, allerdings nicht so deutlich, wie z. B. bei U. longifolia. Folgender Versuch ergibt dies vielleicht noch klarer. Um festzustellen, inwieweit die mehr nach der Blattmitte zu gelegenen Epidermispartien regenerationsfähig sind, trug ich bei drei Blättchen den ganzen Blattrand einschließlich der Spitze und der Endigungen der seitlichen Nerven mit der Schere ab und legte die Blattstücke wieder auf feuchten Torf aus. Nur ein Blatt (Fig. 355) überdauerte diese tiefgreifende Verletzung; nach 3 Wochen hatte sich der neue Blattrand mit Regeneraten bedeckt, die namentlich an der Spitze kräftig entwickelt schienen, wiewohl, wie gesagt, der embryonale 1) Auch bei einem von Goebel beobachteten AdventivsproB an der Spitze eines Primärblattes entstand als erstes Organ eine Blase (Fig. 35a). 190 Edmund M. Merl, apikale Zellkomplex bereits entfernt war. Es zeigte sich also auch in diesem Falle, wo sämtliche Regenerate aus Dauergewebe hervorgegangen waren, eine gewisse Begünstigung der Blattspitze. U. Dusenii, von der sich gleichfalls lebende, von Goebel in Brasilien gesammelte Pflanzen hier befinden, verhält sich in allem so ähnlich der U. reniformis, daß ich wohl nicht weiter auf sie mehr einzugehen brauche. Fig. 385c, 7 und II ver- anschaulichen am besten den Vorgang. Nur sei bemerkt, daß das klein- zellige Gewebe sich hier verhältnismäßig viel län- ger hält als bei U. reni- formis. Auch vollständig erwachsene Blätter brach- ten noch Regenerate an der Spitze hervor. — Ebenso wies U. geminiloba den erwähnten Zellkom- plex auf (Fig. 34 IIN,. Nach den oben angeführ- ten, an Alkoholmaterial Fig. 35. a u. & Utricularia reniformis. a Primär- gemachten Beobachtungen blatt mit apicalen Adventivsproß; & Regeneration . . . > an einem Blatt, dessen Rand im Halbkreis alge- 185 auch hier die Blattspitze tragen wurde ec / u. 77 Utrieularia Dussenü; die primär bevorzugte Re- ] 4 Tage altes Regenerat; 77 dasselbe Regenerat - nach 10 Tagen. generationsstell. Auf- fallenderweise konnte ich bei anderen, ähnlich geformten Utrieularien-Blättchen keine meriste- matischen Stellen in der Nähe der Blattspitze finden, z. B. U. globu- lariaefolia und U. tridentata. Utrieularia uliginosa. Wesentlich anders verhalten sich die Blätter von U. uliginosa. Diese der U. coerulea sehr nahestehende auf Ceylon heimische Art hat sehmale, lineal-lanzettliche Blätter, die eine Länge von etwa 3—4 cm erreichen bei einer Breite von 2-3 mm. Die Blätter zeigen ausgesproche- nes Spitzenwachstum; auf ihrer Fläche, und zwar auf der Blattunterseite Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 191 tragen sie Blasen und Ausläufer, letztere sind nicht bei allen Blättern zu finden, namentlich fehlen sie meist bei solchen Pflanzen, die ziem- lich trocken gehalten wurden, während ich sie z. B. bei Pflanzen, die in einer bis zum Rand im Wasser stehenden Schale kultiviert wurden, in großer Zahl antraf. Blasen und Ausläufer stehen über den beiden im Blatt verlaufenden Seitennerven oder (seltener!) über kleinen Aus- zweigungen von diesen. Sie finden sich dagegen niemals über dem Mittel- nerv, selbst am Blattstiel ist ihre seitliche Stellung noch erkenntlich, Frisch abgetrennte Blätter zeigen außer fertigen oder jungen, doch schon in der Anlage erkenntlichen Blasen auch solche, die eben erst als Vege- tationspunkt angelegt sind. An der Basis der Blasen und Ausläufer ist das Epidermisgewebe meist etwas kleinzelliger, öfters findet man auch schon neben der Blase zwischen dieser und dem Blattrand einen aus noch wenigen Zellen bestehenden Vegetationspunkt vor, der sich jedoch zunächst nicht weiter zu entwickeln scheint. Legt man abgeschnittene Blättchen auf feuchtem Torf aus, so lassen sich nach etwa 5 Tagen auf der Blattunterseite an der Basis der Blasen bzw. Ausläufer, zwischen Blattrand und Blase Adventivsprosse beobachten, während die Blattspitze noch etwas weiter wächst, ohne an der Regeneration teilzunehmen, Wir haben also hier den Fall, daß die Polarität des Blattes bei der Regeneration unterdrückt ist durch das Vorhandensein zahlreicher sekundärer, regenerationsfähiger Stellen. Die von mir zuerst beobachteten Regenerate bestanden aus zwei kleinen zusammenhängenden Höckern, deren einer auf älteren Stadien sich zum Ausläufer entwickelt hatte, während der andere zum radiären Sproß wurde. Um festzustellen, ob der Ausläufer oder der Vegetationspunkt früher angelegt wird — eine Frage, die von Goebel bereits bei der Be- sprechung ähnlicher, an den Blättern von U. retieulata beobachteter Adventivsprosse aufgeworfen wurde (1890, I. e.) — wandte ich die Methode der direkten Beobachtung lebender Blätter an, wiewohl der Interzellularenreichtum des Blattes eine Untersuchung der lebenden Objekte sehr erschwert. Es wurde zu diesem Zwecke zunächst von zwei Blättchen mit dem Zeichenapparat ein genauer Plan aller darauf befind- liehen Blasen bzw. Vegetationspunkte entworfen und alle Veränderungen an diesen Gebilden während 14 Tagen durch tägliches Zeichnen fest- gehalten. Die große Zahl der so gewonnenen Bilder scheidet etwaige durch die Undeutlichkeit des einzelnen Falles verursachte Fehler aus. Es zeigte sich hierbei, daß als erstes Gebilde ein Vegetationspunkt an der Basis einer Blase bzw. Ausläufers angelegt wird, an dem sich schon frühzeitig ein Ausläufer abgliedert. Als erstes Organ erscheint an dem so 192 Edmund M. Merl, entstandenen radiären Sproß ein Blatt, dem weitere Blätter und Aus- läufer folgen (Fig. 36 1-7). Solche Regenerate bildeten sich sowohl neben völlig erwachsenen Blasen oder Ausläufern als auch neben ganz jusendlichen. In letzterem Falle trat eine so starke Hemmung des Wachs- tums der jungen Blase durch den rasch wachsenden Adventivsproß ein, daß es manehmal so aussah, als sei die Blase erst am Regenerat gebildet worden (Fie. 36 7). Auch bemerkte ich, daß die Blase verschie- dentlich vollständig verkümmerte und daß dann nur mehr eine kleine Narbe von ihrem ursprünglichen Vorhandensein zeugte. Nur selten (an abgetöteten Versuchsblättern festgestellt!) sah ich, daß ein Regenerat scheinbar ohne Beziehung zu einer Blase auftrat, aber auch dann stets an Stellen, wo sich sonst normalerweise Blasen zu bilden pflegen. Ver- mutlich wurde in solchen Fällen ein ganz junger Blasenvegetations- punkt durch die neben ihn einsetzende Adventivsproßbildung voll- ständig unterdrückt. Wenigstens erhielt ich an einer großen Anzahl (30), ausgelegter Blattstückchen, deren Freisein von Vegetationspunkten oder Blasen ich vorher unter dem Mikroskop festgestellt hatte, keine Regene- ration, trotzdem sie etwa 3 Wochen am Leben blieben. — Abtrennung der Blattspitzen, oder Verletzung der Blätter durch Einschnitte oder Nadelstiche blieben ohne Einwirkung auf den Verlauf der Regeneration. Die Versuche, die ich mit der gelbhlühenden afrikanischen U. prehensilis ausführte, ergaben das gleiche Resultat wie die mit U. uli- ginosa. Die Blätter dieser Art (Fig. 37) haben dieselbe Form und tragen ebenfalls auf der Unterseite Blasen; Ausläufer fand ich nicht vor. Die Bildung der Adventivsprosse erfolzt ebenfalls an der Basis der Blasen und beginnt mit der Anlage eines Vegetationspunktes, an dem sehr bald ein Blatt oder Ausläufer auftritt. Ähnliche Beziehungen der Adventivsprosse zu den blattständigen Blasen fand ich auch bei U. triloba. Fig. 38 stellt das abgetrennte Primär- blatt eines Keimlings dar, das an der Basis einer der randständigen Blasen regenerierte. Der Adventivsproß liegt auf der von der Blattspitze abgewendeten Seite der Blase, wie dies auch bei U. peltata und U. rosea der Fall zu sein pflegt. Die an der Blattspitze befindlichen Blasen hatten sich erst nach dem Abschneiden des Blattes gebildet. Andere mit U. longifolia gemachte Versuche sollen im folgenden in anderem Zusammenhang besprochen werden. Hier sei nur ein Experiment angeführt, das ich an Keimpflanzen dieser Art machte. An fünf Pflänzchen, die bereits mehrere Laubblätter trugen, zerstörte ich den Sproßvegetationspunkt. Nach kurzer Zeit hatten sich an den Spitzen der meisten Blätter Adventivsprosse gebildet. Es zeigt dieser Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 193 Versuch, daß die Trennung von dem Hauptvegetationspunkt nicht die Trennung von der Sproßachse bei der Regeneration das wesentliche ist. Übrigens konnte ich bei U. longifolia niemals Regenerationserschei- nungen durch Verletzung von Blättern, die noch im Zu- sammenhang mit der Pflanze standen, erhalten, trotzdem ich bei einer großen Anzahl die Spitze entfernte, Nadel- stiche oder Einschnitte machte. Bei den folgenden Ver- suchen war der zugrunde lie- gende Gedanke, die Umbil- dung von Blättern in Aus- läufer oder umgekehrt auf Fig. 36. 1--7 Utrieularia uliginosa. Fort- schreiterde Entwicklung eines Regenerates; B Blase; V Vegetationspunkt; 4 Ausläufer; Bl Blatt; (die einzelnen Fig. sind verschieden stark vergrößert. 1-3 u. 4—5 gleich stark vergr.). Fig. 38. Utrieularia triloba. Abge- trenntes Primärblatt (vgl. Fig. 24c) Fig. 37. Utrieularia prehensilis. Regenerate nach 6 Wochen; ZBlase; X an deren an abgetrennten Blättern. Basis entsandenes Regenerat. Flora, Bd. 108. 13 194 Edmund M. Merl, experimentellem Weg. Es sei hier gleich vorweggenommen, daß die ein- zelnen Arten sehr verschieden reagierten, während U. longifolia sich als ein verhältnismäßig williges Objekt erwies, hatte ich bei U. uliginosa nur in einem Falle ein positives Resultat. Offenbar ist eben trotzdem die Uliginosa-Blätter äußerlich einen Ausläufer ähnlicheren Charakter be- sitzen als die von U. longifolia, bei letzteren der Zustand ein bedeutend labilerer, daher auch spontan ebenso wie bei U. bryophylia hier solche Umbildungsformen zutage treten können, Utrieularia uliginosa, Naehdem Goebel schon früher (1890) bei U. retieulata das Auf- treten von Ausläufern an abgerissenen im Wasser schwimmenden In- floreszenzen statt der Vorblätter beschrieben hatte, wollte ich bei dieser Art zu demselben Resultat durch den Versuch gelangen. Ein Rasenstück der Pflanze, das bereits junge Infloreszenzen ver- schiedenen Alters gebildet hatte, wurde in einem Glaszylinder mit Nähr- lösung submers gehalten. Nach zirka sechswöchentlicher Kultur wurden die Infloreszenzen, die bald nach der Unterwassersetzung ihr Wachstum eingestellt hatten, gelb und starben ab; die Pflanze erhielt sich noch über 2 Monate am Leben, ohne sich zu verändern, außer einer bedeutenden Versehmälerung der unter Wasser neuentstandenen jungen Blätter, gegenüber den an der Luft gewachsenen. Auch der Versuch, durch gleichzeitigen Lichtentzug die unter Wasser getauchten Pflanzen zu veranlassen anstelle der Bracteen Ausläufer zu bilden, blieb ergebnis- los, und zwar sowohl bei einer Kultur, die fast im Dunkeln gehalten wurde (nur dureh den Glasdeckel des Gefäßes erhielten die Pflanzen gedämpftes Oberlicht) als auch bei einer solchen, die nur an einem schlecht be- leuchteten Ort (unter einem Tisch des Gewächshauses) stand. Außerdem hatte ich wiederholt Gelegenheit, Blätter und Infloreszenzen zu beob- achten, die in seichtem Wasser gewachsen waren — bei sehr naßge- haltenen Kulturen, die zum Teil in Wasser standen — und bemerkte keinen Fall von Umbildung. Deshalb wurden die Versuche an ganzen Pflanzen nicht weiter fortgesetzt, sondern ich arbeitete mit abgeschnit- tenen Infloreszenzen und Blättern. Allerdings ist dabei zu berücksich- tigen, daß die Erscheinungen der Regeneration die Sachlage etwas kom- plizieren. Zunächst versenkte ich mittels umgestürzter Reagensröhren sechs abgeschnittene Infloreszenzen in Nährlösung; die erwartete Regeneration Beiträge zur Kenntnis der Utricularien und Genliseen. 195 blieb jedoch aus und die Blütenschäfte gingen zugrunde. Auch einige abgeschnittene, an der Schnittfläche sofort mit Gipsbrei verschlossene Infloreszenzen, die umgekehrt in eine Torfplatte gesteckt wurden, die den Deckel eines mit Nährlösung gefüllten Glases bildete, zeigten unter Fig. 39. 7 u. // Utrieularia uliginoss. Adventivsproßbildnng an abgeschnittenen Infloreszenzen. # Adventivsproß; 3 erstes schuppenförmiges Blatt, in dessen Achsel Sproß 4; 2, zweites Blatt, in dessen Achsel Sproß 4,; P° Vegstationspunkt des Adventivsprosses; 5 Blätter; « Ausläufer. Wasser keine Regeneration. Es trat lediglich eine starke Aufkrümmung der Blüten zur normalen Lage ein. Dagegen regenerierten einige, auf gleiche Weise behandelte Blätter unter Wasser, jedoch in der nermalen 13* 196 Edmund M. Mer], oben beschriebenen Weise. Mehr Erfolg hatte das bloße Abschneiden der Infloreszenzen und Auslegen auf nassem Torf. In diesem Falle erhielt ich ziemlich regelmäßig radiäre Adventivsprosse in den Achseln der Hochblätter, an der Basis einer gehemmten Seitenblüte (vgl. U. intermedia Luetzelburg |. e.), (Fig. 397 und IT). In Fig. 39II sei auf die eigenartige Achselsproßbildung A und A, bei den beiden ersten Blättern 2, und B, hingewiesen, die sonst bei Sprossen von Utri- eularia nicht vorzukommen scheint und an die Bildungen bei Genlisea spec. (S. 0.) erinnert. Die Versuche, andere Blätter der Pflanze als Ausläufer weiter wachsen zu lassen, mißlangen ebenfalls. Außer den schon erwähnten Versuchen mit den abgeschnittenen in Gipsbrei gesteckten Blättern und dem Versuch mit Unter- wassersetzen und gleichzeitigem Verdunkeln ganzer Pflanzen stellte ich noch eine Reihe ähnlicher Ver- suche an. Eine Kultur wurde einige Monate an einem halbdunkeln Platze aufbewahrt. Die Blätter der Pflanze wurden wohl schmal, fast fadenförmig, behielten aber immer noch ihren Blattcharakter bei. Abgetrennte Blätter wurden mit der Spitze in feuchten Torf gesteckt und die Spitze, falls sie wieder zur Oberfläche des Torfstückes emporwuchs, Fig. 40. Utricularia wieder unter den Torf gesteckt. Ich erreichte uliginosa. In einen . . SLOE ; Ausläufer überge- dadurch allerdings ein ungewöhnliches Weiter- gangene, abgetrennte wachsen des Blattes bis zur dreifachen normalen Blattspitze; r Re- n . . » . rR . generate. Länge, allein keine Umbildung in Ausläufer. Die Regeneratbildung an der Basis der Blasen trat wie sonst an diesen Blättern ein. Auch die Abtrennung ganz junger an dem Vegetationspunkt von Regeneraten gebildeter Blättchen, teils mit, teils ohne diesen Vegetationspunkt, und ihre Weiterkultur am Licht oder in Dunkelheit war ohne. Erfolg. Dagegen erhielt ich bei 20 abgetrennten Blattspitzen erwachsener Blätter, die ich zur Regene- ration an der Spitze veranlassen wollte, an einer ein typisches Weiter- wachsen als Ausläufer (Fig. 40). Die Spitze wuchs fadenförmig aus und bohrte sich in das Substrat ein. Außerdem erfolgte an zwei Stellen, wo junge Blasen standen, normale Regeneration. Wenn dieser Erfolg auch der einzige war, den ich bei dieser Art zu verzeichnen hatte, so bleibt er doch insofern bemerkenswert, als einerseits ein solches Vorkommen bei Blättern dieser Art normal nicht beobachtet, Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 197 wurde, andererseits dadurch wenigstens die Möglichkeit einer Umbildung erwiesen ist. Utrienlaria longifolia. Von den Experimenten, die ieh mit U. longifolia machte, seien zunächst die mit ganzen Pflanzen ausgeführten erwähnt. Watson!) berichtet, er habe durch einfaches Einleiten von Blättern in mit Wasser gefüllte Gefäße Umbildungserscheinungen bekommen. Der von mir zweimal wiederholte Versuch mit ganzen blättertragenden Ausläufern, die mit der Mutterpflanze im Zusammenhang standen, blieb resultat- los. Erst nachdem durch Zufall einer der Ausläufer abknickte, er- schienen Regenerate an den Blattspitzen. Dies legt mir die Ver- mutung nahe, ob nicht bei Watson’s Pflanzen eine Schädigung der Hauptvegetationspunkte vorlag. Pflanzen, die zeitweilig längere Zeit (1 Monat) im Halbdunkel gezogen wurden, zeigten eine starke Reduktion der Blatispreiten und vielfach Regenerationserscheinungen an den Blattspitzen. Auch schien es, als ob sich viel mehr umge- bildete Blätter als an normalen Pflanzen in den Kulturen befänden. Um nachzuprüfen, inwieweit hierbei die Verdunkelung der Blätter oder eine Schädigung der Sproßvegetationspunkte der Pflanze durch den Liehtentzug das Ausschlaggebende war, bedeckte ich an normalen Pflanzen die Blattspitzen von ca. 30 jungen Blättern mit Staniol- hauben. Merkwürdigerweise zeigte sich an fünf Blättehen Regeneration. Ob dies vielleicht durch die Verhinderung der Transpiration oder Ver- hinderung der Assimilation der Blattspitze und ein dadurch bedingtes lokales Überwiegen der Aschenbestandteile bewirkt wurde, oder ob vielleicht die mechanisch bewirkte Unterdrückung des Weiterwachsens der Blattspitze durch den Druck des Staniolhütchens die Ursache war, vermag ich nicht anzugeben. Besser als mit ganzen Pflanzen gelangen die Versuche mit ab- geschnittenen Blättern. Mit großer Regelmäßigkeit konnte ich eine Um- bildung der Blattspitze zum Ausläufer bei einem hohen Prozentsatz der Blätter bekommen, wenn ich die Spitze in feuchtem Torf vom Licht abgeschlossen hielt. Es gelangen die Versuche nur bei Blättehen von bis 2 em Länge (Fig. 417 und J/ geben zwei Versuchsblätter 1) Watson, W., Prolifieation in Utrieularia. Gardn. Chronicle 1888, Vol. HI, pag. 360. 198 Edmund M. Merl, wieder). Vielfach trat, nachdem schon eine Streckung der Blattspitze erfolgt war, noch Regeneration an einer weiter zurück liegenden Stelle ein (vgl. Fig. 41/7), wodurch man leicht in Versuchung kommen könnte, den Ausläufer als an diesem Sproß entstanden aufzufassen. Da jedech der Ausläufer ausnahmslos die Verlängerung des Blattes bildete, und da ich auch regeneratfreie Umbildungen (Fig. 41 la und $) sehr häufig bekam, so ist diese Ansicht wohl hinfällig. Die Reaktionszeit schwankte je nach Alter der Blättchen und der Jahreszeit, in der die Versuche gemacht wurden zwischen 14 Tagen und 1 Monat. Schließlich versuchte ich, auch einige ab- getrennte Blättchen, deren Wunde ich mit Wachs verschloß, unter Wasser regenerieren zu lassen. Bei allen (20) zum Versuch ver- Fig. 41. 7 u. /7 Utricularia longifolia. Experimentell in Ausläufer umgebildete Blätter. 7« Flächenansicht. /£ Seitenansicht; > junge Blätter; « Ausläufer; R Adventivsproß. wendeten Blättern erfolgte die Regeneration normal an der Spitze, ohne deren Streekung oder gar Umbildung zum Ausläufer. Ich möchte daraus folgern, daß bei den geschilderten erfolgreichen Umbildungs- versuchen die vollständige Verhinderung der Assimilationstätigkeit, wie sie durch Verdunkelung bewirkt wird, nicht etwa die Erhöhung der Feuchtigkeit bei dem Einstecken der Spitze in den nassen Torf das treibende Moment war. Am Licht kultivierte Ausläuferstücke, teils auf nassem Torf gelegt, teils in Nährlösung schwimmend kultiviert, waren nicht in Blätter über- zuführen, weder bei U. longifolia noch bei U. uliginosa. Es tratlediglich Chlorophyllbildung ein. Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. 199 Zum Schluß seien die Hauptergebnisse meiner Arbeit nochmals kurz zusammengefaßt. Alle bisher untersuchten Arten von Genlisea haben als unter- irdische Organe nach einem Typ gebaute Schlauchblätter. Bei einer Art von Genlisea wurde Verzweigung des Stämmehens durch Achselsproßbildung gefunden. Genlisea besitzt eine ähnliehe Regenerationsfähigkeit wie Utri- eularia. U. diehotoma und U. volubilis können als Übergangsformen von den primitiven australischen Landutrieularien zu den höheren auf- gefaßt werden. Auch der anatomische Bau der primitiven australischen Utri- eularien und der Übergangsformen weist auf die nahe Verwandtschaft von Utrieularia mit Polypompholyx hin. Die primitiven Landutrieularien sind nach den bisherigen Unter- suchungen zu schließen auf Australien beschränkt, wo aber auch höhere Formen vorkommen. U. longeciliata (= Polypompholyx laeiniata) gehört auch nach dem Bau ihrer vegetativen Organe zu den höheren Landutricularien. Den Infloreszenzen und Blütenstielen aller untersuchter Utri- eularien und Genliseen fehlen normal gebaute Leitbündel. Die bisher untersuchten Utrieularien lassen sich nach dem Bau der Blasen in Gruppen zusammenfassen. Eine Unterscheidung der Arten nach den Blasen allein ist nicht immer möglich. In den Blüten von Genlisea werden nur zwei Staubgefäße an- gelegt. Die Samenanlagen von Genlisea besitzen an der Chalaza und an der Mikropyle Nährgewebe. Auch Genlisea bildet Endospermhaustorien aus. Die Blätter von U. reniformis und U. Dusenii lassen bei der Regene- ration Polarität erkennen. Bei den Arten, deren Blätter normal Blasen tragen, werden Adven- tivsprosse nur an Stellen, wo Blasen stehen oder angelegt werden, aus- gebildet. Auch die Infloreszenzen von Landutrieularien können zur Adven- tivsproßbildung aus der Achse] der Hochblätter gebracht werden. 2300 Edmund M.Merl, Beiträge zur Kenntnis der Utrieularien und Genliseen. Die Blätter von U. uliginosa können in Ausläufer umgebildet werden. Die Blätter von U. longifolia können durch Abschneiden und gleich- zeitige Verdunkelung an der Spitze veranlaßt werden, in Ausläufer überzugehen. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrat von Goebel, von dem ich die Anregung zur vorliegenden Arbeit erhielt, bin ich für das große Interesse, mit dem er derselben folgte, für seine wert- vollen Ratschläge und für die gütige Überlassung und Beschaffung des schönen Materials zu großem Dank verpflichtet. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. Von Eva Schumann, geb. Feine. (Mit 41 Abbildungen im Text.) Als Acrosticheen wird die Tribus der Polypodiaceen bezeichnet, deren Sporangien weder in Soris angeordnet sind noch den Nerven folgen, sondern die gesamte Unterseite der fertilen Blätter bedeeken. Auf Grund dieses Merkmales sind nach oberflächlicher Betrachtung viele Arten zu den Acrosticheen gerechnet worden, die nieht hingehören. Bei flüchtigem Hinsehen zeigen die Arten der verschiedensten Familien „die Unterseite gleichmäßig mit Sporangien bedeckt“, und erst mikro- skopische Untersuchung zeigt, daß wirkliche Sori vorhanden sind, die nur durch ihre gedrängte Stellung und die sich ausbreitenden reifenden Sporangien den Anschein einer kontinuierlichen Sporangienmasse er- weeken. Der nicht seltene Artenname „acrostichoides“ legt schon dafür Zeugnis ab, ebenso wie die Häufigkeit von „Acrostichum‘“ als Synonym. Vor Linn& ist der Name Acrostichum schon von verschiedenen Autoren gebraucht worden; Linn& erklärt ihn in der Philosophia botanica als aus äxgos = summus und oriyos = ordo zusammengezogen. Sein Acrostichum ist das heutige Asplenium septentrionale, das den Namen wahrscheinlich wegen der Fruktifikation an der Spitze erhalten hat. Kaulfuss meint, daß Linnös Erklärung auf einem Irrtum be- ruhen müsse (in einer Notiz in der Flora aus dem Jahre 1822); Christ hingegen nimmt an, daß das ursprüngliche Acrostichum Linn es die heutige Hymenolepis ist „mit einer Fruchtähre an der Spitze‘; eine ganz ähnliche Erklärung gibt Beddome: akros = highest; stichos = order; fructifieation at the top of the frond. Wie dem auch sei, von Anfang an ist für Linn das Charakteristikum für Aerostichum die von Sporangien bedeckte Blattfläche!). So heißt es 1738 in den Classes Plantarum seu Systemata Plantarum für Acrostickum: macula totam 1) Wenn sich dies Merkmal auch für das erste Acrostichum, das jetzige Asplenium septentrionale, ale ein Irrtum erwies. 202 Eva Schumann, superficiem tegens. In der zweiten Auflage der Genera plantarım von 1742 ist für Acrostichum das Synonym Ruta Muraria Tournef. ange- geben, und als Charakter: Fructificationes per totum discum pronum folii aceumulatae in unum acervum. In den Amoenitates academicae findet sich eine Dissertatio de Acrosticho. Als Genuscharakter wird angegeben: fructifieationes totum folii discum tegentes; während sich aber in den Genera plantarum keinerlei Unterabteilung findet, beschreibt Linnes Schüler 16 Spezies, von denen eine (Nr. 4) dem Asplenium septentrionale entspricht, eine dem heutigen Acrostichum aureum (Nr. 11). Die übrigen Arten stehen heute bei Gymnogramme, Schizaes, Nipho- bolus, Polypodium, Drymoglossum, Asplenium. Auf die Genera Elapho- glossum, Anetium, Leptochilus, Platycerium, Stenosemia, Polypodium, Polybotrya, Notholaena, Stenochlaena, Blechnum, Acrostichum, Tris- meria, Gymnogramme, Ceropteris und Pellaea verteilen sich die Spezies von Acrostichum bei Schkuhr, Kryptogamische Gewächse 1804 und Olaf Swartz, Synopsis Filicum 1806. Auf diese Autoren stützen sich zum Teil auch Willdenow und Sprengel bei ihren Bearbeitungen Linnöscher Werke. Im Jahre 1824 erschien die Enumeratio Filicum von Kaulfuss, welcher als erster versucht, einige Arten abzutrennen, z. B. das Aer. quereifolium und Acr. sorbifolium „ob primas fertiles mutatas lineares, lineasque fructificantes angustissimas“. Außerdem stellt er die Gattung Leptochilus auf mit folgendem Charakter: Sori lineares continui inter costam et marginem frondis diversae. Indusia gemina angustissima; alterum marginale, alterum e costa ortum, marginibus conniventia (Aentoyedos = via angusta); als einzige Art führt er Lept. axillare an; (das aus der Hauptader entspringende In- dusium muß wohl auf einem Beobachtungsfehler beruhen). Die Acro- sticheen als Tribus wurden 1826 von Gaudichaud aufgestellt im botani- schen Teil der „Voyage de l’Uranie“ und umfaßten damals die Genera Acrostichum, Polybotrya, Olfersia und Neuroplatyceros. Wie sich die von Presl, Fee, Mettenius, Hooker, Hooker & Baker, Beddome, Christ, Diels, Alderwerelt als Acrosticheen beschriebenen Farne verteilen, zeigt die Tabelle, pag. 205. Auf die grundlegende Arbeit Fee’s soll etwas näher eingegangen werden. 1844—1845 erschien die „Histoire des Acrostichees“ als zweites M&moire der „Memoires sur la famille des fougeres“. Bei der Einteilung wendet Fe hier die Grundsätze an, die er im ersten M&moire „Examen des bases adoptees dans la classification des fougeres et en partieulier de la nervation“ aufgestellt hatte. Für die Unterordnungen ist demnach maßgebend: Lieu d’eleetion de 1a puis- sance prolifique, absence ou presence d’indusium ou de theca, disposition Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne, 203 des sporothöces. Das führt für die Aerosticheen zu folgenden Merkmalen: vis prolifica euticularis universalis, sporangiis nudis, ataxice ereberrimis, superficialibus. Von den Genusmerkmalen kommen für die Acrosticheen in Betracht: Nervation; monotaxie ou diplotaxie des frondes; homo- morphie ou hetöromorphie des frondes. Auf Grund dieser Merkmale, besonders der Aderung, erhält er folgende 18 Arten: Jetziger Name nach dem Name nach Föe Index Filicum 1. Acrostichum = Elaphoglossum 2. Lomariopsis = Stenochlaena 3. Polybotrya = Polybotrya 4. Rhipidopteris = Elaphoglossum 5. Aconiopteris == Elaphoglossum 6. Olfersia = Polybotrya 7. Soromanes = Polybotrya serratifolia 8. Stenosemia = Stenogemia 9. Gymnopteris = Leptochilus 10. Leptochilus = Leptochilus 11. Cheilolepten = Leptochilus iomarioides 12. Neurocallis praestantissima — Acrostichum N. Requiniana — Platytaenia 13. Hymenodium = Elaphoglossum 14. Heteroneuron = Leptochilus 15. Anetium = Anetium 16. Chrysodium — Acrostichum aureum 17. Photinopteris == Photinopteris 18. Neuroplatyceros = Platycerium Nicht ohne Bedenken nimmt er Lomariopsis (= Stenochlaena)!) unter den Acrosticheen auf wegen der großen habituellen Ähnlichkeit mit Lomaria (— Bleehnum); doch entscheidet schließlich der Mangel eines Indusiums für die Aerosticheen. Ähnlich ists bei Anetium, wo die „vis prolifica eutieularis universalis“ den Sieg davonträgt über die habituelle Übereinstimmung mit Antrophyum. Bei Photinopteris läßt er das Vorhandensein eines Indusiums in Zweifel und damit die Stellung des Farns zu Lomaria (= Blechnum); auf die Ähnlichkeit des Habitus, speziell der Aderung, von Photinopteris mit der von Hymenolepis, Psygmium elegans (= Polypodium Meyenianum) und Dryostachium 1) Die innerhalb der Klammern stehenden Bezeichnungen sind die des Index Filicum. 204 Eva Schumann, weist er hin. Für Chrysodium, das heutige Acrostichum aureum, gibt er die Merkmale der Gattung an, behält aber den Namen Acrostichum für das heutige Genus Elaphoglossum, weil er sonst die Synonymie „gänzlich umstürzen‘‘ müsse; er gibt aber an, daß von den in den „Amoenitates‘“ Linn6s als Acrostichum beschriebenen 18 Arten sein „Chrysodium‘“‘ das einzige sei, das beibehalten worden ist. Das heutige Acrostichum praestantissimum, eine Abart von Aer. aureum, und die heutige Platytaenia faßt er zu dem Genus Neurocallis zusammen auf Grund der hexagonalen Adernmaschen und der Diplotaxie und Hetero- morphie der Blätter. In den neueren Arbeiten über Farnsystematik zeigt sich das Be- streben, die Acrosticheen aufzuteilen; so hat Christ in seinen „Farn- kräutern der Erde“ 1897 nur noch die Genera Elaphoglossum, Lomariopsis (= Stenochlaena), Polybotrya, Rhipidopteris, Mierostaphyla, Chry- sodium (= Acrostichum), Gymnopteris (= Leptochilus) und Stenosemia, von denen er später in der „Monographie des Genus Elaphoglossum“ 1899 Rhipidopteris und Microstaphyla sowie das Acrostichum erinitum zu Elaphoglossum zieht, so daß nur die Genera Elaphoglossum, Lomario- psis, Polybotrya, Chrysodium und Gymnopteris übrigbleiben. In einer Notiz in der Revue horticole 1912, pag. 51 nennt er das Genus Aero- stichum „un genre qu’il faut d&membrer absolument, attendu qu’il y a lä, reunis d’une maniöre artificielle, des groupes terriblement hötero- clites unis, invita Minerva, par le seul charaetöre de sporanges en masse eompacte et sans indusie“. Er schlägt dann einige Abtrennungen vor, die — z.B. bei Diels — schon erfolgt sind, wenn dieser die betreffen- den Arten auch nicht gerade immer an die von Christ vorgeschlagene Stelle setzt. In den „natürlichen Pflanzenfamilien“ 1902 teilt Diels die Acro- sticheen in die Aerostichinae mit den Genera Rhipidopteris, Elapho- glossum und Acrostichum (dieses mit den zwei Spezies Acrostichum aureum und Acr. praestantissimum) und die Platyceriinae mit Platy- cerium und Cheiropleuria ein. Er trennt also im Gegensatz zu Christ Stenochlaena, Polybotrya, Leptochilus und Stenosemia von den Acro- sticheen los und stellt die erste zu den Asplenieae — Blechninae, die letzten zu den Aspidieae-Aspidiinae. Die Tabelle gibt eine Übersicht über die seit Schkuhr als Acro- sticheen beschriebenen Farne mit der Bezeichnung des Index Filicum. Bei Trismeria, Notholaena, Gymnogranme, Ceropteris, Pellea, Blech- nam und Neurosoria stehen die Sporangien auf den Adern, bei Cyelo- phorus und Polypodium in runden Soris. In beiden Fällen kann durch 205 Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne, -sjorgadueropT nu ujspuegeg (T "S06T Surag ueÄursm “gBınquesoy uva 4]010RLopLy = (,'pIy ‘ZO6T “uorNuspuszugj,g Uoystamen SpUsıg-Topßug ur sueg speIg — sIOIT "2687 opıy dep aaınyuyuieg stay) = uud 'ESET IPUF USB 70 sur (woppeg = (, Pag 'g8gI “wnoyg sisdou4g “regeg P aeyooy = FH FORT wnoıg sopedg ‘se]ooH — "IH ’9GST ‘sIsuarsdf] Mio seogtg anruagom — om "GPBI—PFEL sopyansony sep entogsıy ‘9 = apq, "gest ‘Verqdeiopueg Uswgue] ‘[ssag = ld "2781 "Tedusudg po "uy ‘IT ‘wargmoder wwogsig ‘yuurg = dg gast “aueift op odukoy ‘pneyaıpasg — "Pay 'Fagt “wnotg opssoumug ‘guziney — nu HIST Mouopm “my ‘+ nam -uepg seredg “HJuurT = "Pit NOST (wnog sisdoufg ‘zyawag = ‘ag FOgI 'oypgasH oyasıumdogdäry “ayuayag = yog pıv | spelq ‘a9 au) SH * wunsjdonegg Stel | SL) asp an) an “ spord£ypss], "PIV ‘Pod | HP AH| 'RH " stdepouawA, "PIV ‘peg | 4» aH| 'aH | eK wmypnsolug DIV pa ES AH| IH | Om | 894 * spaegdougogg AH ads ... 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Nicht so bei Anetium. Hier stehen die Sporangien in einzelnen Gruppen spärlich auf der Unterseite des Blattes verteilt; nur die Tatsache, daß diese Gruppen sowohl über den Adern als auch auf dem dazwischen liegenden Parenchym sich finden, hat so gewissenhafte Beobachter wie F&e und Mettenius dazu veranlaßt, die Pflanze doch zu den Acrosticheen zu stellen; F&e!) sieht sie mit Kunze als eine Übergangsform zwischen Acrostichum (= Elaphoglossum) und Mierosorium (= Polypodium punetatum) an. Hooker stellt Anetium zu Hemionitis und muß ihm zuliebe die Charakteristik für Hemionitis erweitern: Sori linear, elongated, mostly superficial, uniformly anasto- mosing always on the veins and sometimes sparcely scattered in the areoles; diese Zusammenstellung erscheint sehr künstlich, zumal da Anetium auch habituell mit Hemionitis keineswegs so auffällig übereinstimmt wie mit Antrophyum. Wenigstens in Herbarium-Exem- plaren sind die sterilen Blätter von gewissen Antrophyumarten, wie 2. B. A. brasilianum, A. Cayennense, A. semicostatum, von Anetium kaum zu unterscheiden. Anatomische Untersuchung: zeigt überdies, daß Anetium die für die Vittarieen charakteristischen Spieularzellen in der Epidermis hat (hier mag beiläufig erwähnt werden, daß sich typische Spieularzellen bei Adiantum macrophyllum finden) — eine Tatsache, die die Stellung dieses Farns, die ihm Goebel neben Antro- phyum unter den Vittarieen anweist, rechtfertigt. An dieser Stelle steht er auch bei Christ und Diels. Es sei hier hingewiesen auf die einiger- maßen irreführenden Abbildungen dieser beiden Autoren (bei Christ nach Martius’ Flora Brasiliensis), zumal da, wo es sich um Vergrößerungen eines Teils der fertilen Blattfläche handelt; es erweekt nämlich den An- schein, als ob die Sporangien im Verhältnis zu den Maschen des Ader- netzes ziemlich groß seien und diese zu einem beträchtlichen Teil aus- füllten, während in Wirklichkeit nicht nur die einzelnen Sporangien außergewöhnlich klein sind, sondern auch die Sori, aus nur wenigen Sporangien bestehend, sehr spärlich in den Adermaschen stehen. Ent- fernt man die Sporangien, so zeigt sich, daß sie beschränkt sind auf deutlich umschriebene Stellen der Epidermis; diese kommen dadurch zustande, daß sich mehrere (eine bis vier) Epidermiszellen zunächst parallel zur Oberfläche teilen, worauf zahlreiche Teilungen senkrecht zur Oberfläche in der oberen Zellschicht stattfinden, so daß ein Gebiet 1) Histoire des Acrostich&es, pag. 22. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 207 auffallend kleiner Zellen entsteht!). Einige dieser kleinen Zellen wiederum sind besonders plasmareich; ob gerade diesen die Sporangienstiele auf- sitzen, konnte wegen des ungenügenden Herbariummaterials nicht genau festgestellt werden. Die Abbildung, Fig. 1, soll vor allem das Größen- und Mengenverhältnis zwischen den Sporangiengruppen und einer Adermasche veranschaulichen; es ist eine halbe solche Masche gezeichnet. Fig. 1. Auetium eitrifolium. Unterseite eines fertilen Blattes. S Spikularzelle. Vergr. ca. 30:1. Von den anderen in der Tabelle aufgeführten Gattungen und Arten stellen Elaphoglossum und Platycerium fest abgegrenzte Genera dar, die in besonderen Monographien?) ausführlich beschrieben worden sind. Die übrigen genauer zu untersuchen, besonders wo dies an lebendem Material möglich war, die Stellung der Sporangien entwicklungsgeschicht- lich und an Mittelformen zwischen sterilen und fertilen Blättern zu prüfen, war der Zweck der vorliegenden Arbeit. An lebendem Material aus den Gewächshäusern des botanischen Gartens in München konnten untersucht werden: 1) Eine richtige Abbildung dieser Verhältnisse findet sich bei Dunzinger, „Morphologie und Anatomie der Genera Hemionitis, Gymnogramme und Jame- sonia“, 2) Christ, Monographie des Genus Elaphoglossum, 1899. — Straszewski, Die Farngattung Platycerium; in diesem Band der „Flora“ (Bd. CVII). 208 Eva Schumann, Acrostichum aureun Leptochilus euspidatus PR heteroelitus » zeylanicus PR deceurrens var. Rasamalae Stenochlaena tenuifolia Stenosemia aurita überdies eine Leptochilusart, die wegen Sterilität nicht genau bestimmt werden konnte, aber jedenfalls, wenn nicht identisch, so doch nahe ver- wandt mit Leptochilus guianensis ist. Andere Leptochilusarten, sowie mehrere Polybotryen, Photinopteris, Dryostachyum, Cheiropleuria, Platy- taenia und Hymenolepis wurden an Material aus dem Münchener und dem Berliner Herbarium untersucht. Aerostichum aureum. Diese Pflanze steht, auch schon ihrem äußeren Habitus nach, vollständig isoliert unter den „Acrosticheen“. Es ist ein Farn von busch- ähnlichem Wuchs mit aufrechtem kurzem Stamm, an dem die mächtigen Blattwedel, die bis 3 m lang werden, gedrängt entspringen. Die fertilen Fiedern, die den sterilen gegenüber kaum zusammengezogen erscheinen, und die Spitze der Wedel einnehmen, sind auf der Unterseite dieht mit Sporangienmasse bedeckt. Als einziger Farn, der Seewasser verträgt, findet er sich in den Mangrovesümpfen aller tropischen Länder, im Brackwasser längs den Küsten. Auf den Antillen, in Guadeloupe, Do- minica, Puerto Rico findet sich als Seltenheit Aerostichum praestantis- simum, das sich von Acrostichum aureum hauptsächlich durch die sehr verschmälerten fertilen Fiedern unterscheidet, die manchmal nur am Rande mit Sporangien besetzt sind, Prothallium. Die tetraedrische Spore rundet sich vor der Keimung. Zuerst wird die Sporenhaut von einer chlorophylihaltigen Zelle durchbrochen, die sich teilt; die untere bildet sich zum Rhizoid aus, die obere wird durch wiederholte Querteilung zu einem Zellfaden, der sich durch bald auftretende Längsteilungen spatelförmig verbreitert; an der Spitze bildet sich eine zweischneidige Scheitelzelle, die nach beiden Seiten Segmente abgliedert (Fig. 24—C). Diese Art des Wachstums dauert aber nicht lange; es treten nämlich in einigen seitlich am spatelförmigen Prothallium gelegenen Zellen Antiklinal-, später auch Periklinalteilungen Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 209 auf (Fig. 3A), die zur Ausbildung eines seitlichen Meristems führen (Fig. 3B). Von diesem Meristem aus bilden sich zwei Flügel; besonders lebhaftes Wachstum tritt auf der Streeke zwischen dem Meristem und der alten noch lange Zeit deutlich erkennbaren Scheitelzelle ein, während der Flügel unterhalb des Meristems zunächst weit hinter dem andern zurückbleibt. Es entstehen auf diese Weise bis zu 1 cm große, vielfach gelappte Prothallien, die auf keinem Stadium die Herzform der gewöhn- lichen Polypodiaceenprothallien zeigen. Die Geschlechtsorgane ent- stehen sehr zahlreich auf der Unterseite und weisen keine Besonder- heiten auf, abgesehen davon, daß die Deckelzelle der Antheridien häufig Fig. 2. Fig, 2. Acrostichum aureum. Ganz junge Prothallien. Vergr. en. 40:1. Fig. 3. Acrostichum aureum. Ältere Prothallien. Vergr. ca. 40:1. Fig. 4, Acrostichum aureum. Antheridium. Vergr. ca. 120:1. nach einer Seite hin wie eine schiefe Zipfelmütze ausgezogen ist (Fig. 4). Adventivprothallien waren nicht selten; so fanden sich z. B. an einem alten stark gekräuselten Prothallium, dessen Meristem entfernt war, zwei dem Rand entsprungene Adventivprothallien, die beide reichlich Antheridien trugen; und zwar hatte das eine die Antheridien normaler- weise auf der Seite, die der Unterseite des alten Prothalliums entsprach, das andere hingegen auf der der Oberseite des alten Prothalliums ent- sprechenden Seite. Dies erklärt sich leicht aus der Kräuselung des alten Flora, Bd. 108, 14 210 Eva Schumann, Prothalliums, durch die sich ein Stück umgeschlagen hatte; die Antheridien bildeten sieh wie immer auf der dem Licht abgewandten Seite, in diesem Falle also auf der morphologischen Oberseite des Prothalliums. Einige Kulturen wurden auf Salzlösungen gemacht und zwar im Hinblick auf den Standort von Aerostichum aureum mit Chlornatrium. In einer 2%/,.igen Lösung von Chlornatrium allein keimten die Sporen, wie zu erwarten war, überhaupt nicht; in einer Lösung, die 1°, Chlornatrium und 1°/,, Chlorkalium enthielt, keimten die Sporen rasch und gut; bald aber hörte das Wachstum auf, der Inhalt der Zellen wurde gelblich. In einer Lösung von 1°, Chlornatrium und 1°/,, Knop keimten die Sporen sehr gut. Die Entwicklung der Prothallien verlief normal; die Geschlechtsorgane entwickelten sich und in mehreren Fällen entstanden auch Keimpflanzen. Gegenüber den auf Torf oder Lehm gezogenen Prothallien waren die der Wasserkulturen kleiner, und das Chlorophyll hatte eine blassere Farbe. In einer Schale waren die jungen Prothallien infolge von Erschütterung unter Wasser geraten: diese wuchsen nur ganz langsam weiter oder stellten ihr Wachstum ein, aber es trat reich- liche Antheridienbildung auf, so daß häufig an Prothallien, die aus nur vier Zellen bestanden, sich zwei Antheridien gebildet hatten. Keimpflanze. Die ersten Keimpflanzen auf den Mitte April ausgesäten Kul- turen zeigten sich Mitte Oktober. Die Wurzel ist kräftig entwickelt, das erste Blatt breitspatelförmig, der Blattstiel von einem in der Blatt- spreite sich gabelnden Nerven durchzogen; das im Prothalliumgewebe versenkte Saugorgan ist sehr stärkereich. In der Blattspreite bildet sieh durch Gabelung und Verzweigung der beiden Nerven eine Masche, die auf den folgenden halbkreisförmigen Blättern von weiteren sechs- seitigen Maschen umgeben wird, so daß sich deutlich die später so her- vortretende Aderung des Acrostichumblattes schon hier erkennen läßt. Die ersten Blätter sind halkkreis- bis nierenförmig, und nicht eingerollt, sondern nur parallel zum Blattstiel umgebogen. Sie sind beiderseits dicht bedeckt mit mehrzelligen schuppenförmigen Haaren, die gegen Transpiration schützen und später abfallen. Derselbe Haartypus findet sich auf allen jungen Blättern. Spaltöffnungen sind auf der Unterseite sehr zahlreich, befinden sich vereinzelt auch auf der Oberseite. Etwa das fünfte oder sechste Blatt ist länglich und vorn zugespitzt, und zeigt eine leichte Einrollung; mit zunehmendem Spitzenwachstum wird die Einrollung immer beträchtlicher. Nachdem etwa drei zugespitzte, un- Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 211 gefiederte Blätter entstanden sind, beginnt die Fiederung, die sich zuerst meist durch einen tiefen einseitigen Einschnitt des Blattes kenntlich macht; der so abgetrennte Lappen ist von einer Ader durchzoxen, die ihn in eine kleinere akroskope und eine größere basiskope Hälfte teilt. Das nächste Blatt ist auf beiden Seiten eingeschnitten, so daß es drei- teilig erscheint; die Fiederung schreitet bei den folgenden Blättern weiter fort; dabei gleicht sich die Verschiedenheit in der Größe der akro- und basiskopen Blatthälften immer mehr aus, die Fiederblätter laufen nicht mehr an der Ader herab bis zum Blattstiel, sondern haben selbständige Stiele. Stamm. Der Stamm von Acrostiehum aureum ist aufrecht, und im Quer- schnitt dreieckig; seitlich, hauptsächlich aber oben, wo die Blatthöcker zu fühlen sind, ist er mit großen, bis 2 em langen Schuppen besetzt, die die jungen Blätter schützen; sie fallen später ab, und ihre Narben sind häufig noch am Blattstiel zu sehen. Die Schuppe ist nur an der Basis mehrschichtig; da sind die Zellen klein, polygonal, bräunlich und isodiametrisch; nach oben zu werden sie schmäler, länger und farblos, an der Spitze gehen sie in ganz schmale lange zugespitzte Zellen über, die sich vielfach am Rande ausfasern. Das Leitbündelsystem des Stammes besteht aus einer Solenostele, innerhalb derer sich einzelne markständige Bündel befinden. Das Xylem ist auf beiden Seiten von Phloem, Perizykel und Endodermis umgeben, der ge- samte Gefäßbündelring innen und außen von einem Mantel stark verholzten Sklerenchyms. Ein Sklerenchymmantel umgibt auch den Stamm von außen. Das Innere des Gefäß- bündelringes ist durchzogen von markstän- Fig. 5. Acrostichum_aureum. digen Bündeln, die an seiner Wand ent- Interzellulare mit Stäbchen. springen und schräg nach oben hin ziehen; in der Mitte verzweigen sie sich und treten sowohl untereinander als auch wieder mit der Gefäßbündelwandung in Verbindung. Thomas gibt an, daß sie immer blind endigen und bildet einen Längsschnitt ab, wo dies natürlich zutrifft, da die Bündel da schräg getroffen werden. Präpariert man aber das Skelett eines Stammes im Zusammenhang, so zeigt sich die Kontinuität der Bündel untereinander und mit der Solenostele; blind im Mark endigende Bündel, die dem Rand des Gefäßzylinders entsprangen, fand ich im Stamm einer sehr kräftigen Pflanze nur zwei. Das Mark 14* 212 Eva Schumann, ist reich an Interzellularen, in denen sich die zuerst von Luerssen, später von Schenck beschriebenen und abgebildeten „Stäbehen‘ finden (Fig. 5). Internodium und Blattstiel. Bei der Abzweigung eines Blattes buchtet sich eine Ecke der auf dem Querschnitt dreieckigen Solenostele aus, und zerteilt sich bald in einzelne Bündel. Die so entstandene Lücke schließt sich durch seitliche Einfaltungen, die sich allmählich zu einer bogenartigen Brücke ver- einigen, durch die die Blattlücke geschlossen wird. Meist tritt nur eines der markständigen Bündel hinzu, so daß die Brücke gewissermaßen einen Mittelpfeiler erhält. Die markständigen Bündel haben also nur einen geringen Anteil an der Schließung der Blattlücke; keineswegs sind sie imstande, die Blattlücke selbständig zu schließen, wie Thomas angibt. Um den Blattstiel mit Gefäßen zu versorgen teilt sich einmal, Fig. 6. Aerostichum aureum. Schema der Ausbildung der Gefäßbündelanordnung im Petiolus. Vergr, ca. ®%,:1. wie schon erwähnt, die Ausbuchtung des Gefäßbündelzylinders in einzelne Bündel, die die konvexe Seite des im Querschnitt annähernd halbkreis- förmigen Blattstieles einnehmen. Die je nach dem Alter der Blätter mehr oder weniger kompliziert angeordneten Gefäße der Blattstielmitte und der abgeflachten adaxialen Seite nehmen ihren Ursprung von einer Einfaltung, die an der Stelle der Ausbuchtung liegt, wo diese noch mit dem Gefäßzylinder in Verbindung steht. Diese Einfaltung tritt auf, wenn man von unten nach oben gehend Querschnitte betrachtet, noch ehe sich die Einfaltung zeigt, welche die „Brücke“ bildet und zur Schlies- sung der Blattlücke führt. Wie von der Einfaltung aus die Bündel all- mählich das Innere des Blattstieles erreichen — teils durch Aufteilung in einzelne Bündel, die schräg nach der Mitte hin ziehen und so auf dem nächsten Querschnitt eine tiefere Einbuchtung bilden, teils durch Ab- gabe eines seitlichen Astes — wird am besten durch das Schema (Fig. 6) klar. Darnach treten markständige Bündel überhaupt nicht in den Blattstiel ein; es ist aber zu bemerken, daß das markständige Bündel, Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 213 das bei der Schließung der Blattlüeke herantritt, ziemlich weit unten einen Seitenast entläßt, der unter der „Brücke“ durchgehend, in den Blattstiel eintritt und sich reichlich verzweigt; diese Bündelchen endigen aber alle blind auf einer gewissen Höhe (im Schema etwa in Fig. 6D) und sind der Deutlichkeit halber nicht eingezeichnet. Dieses Erlöschen der markständigen Bündel beobachtete Mettenius an einer jungen Pflanze und ließ es dahingestellt, ob es auch bei kräftig entwickelten Pflanzen noch stattfände; nach meinen an einer über mannsgroßen Pflanze des Münchener Botanischen Gartens angestellten Untersuchungen ist dies durchaus der Fall. Ich nehme an, daß durch diese Einrichtung Fig. 7, Acrostichum aureum. Schema des Gefäßbündelverlaufs in Petiolus und Rhachis, auf Querschnitten von der Blattbasis nach der Spitze zu dargestellt. Vergr. ca. 1'/,:1. der Basis des Blattstieles die nötigen Nährstoffe zugeführt werden auf einer Stufe, wo sich die blatteigenen Bündel noch nicht genügend diffe- renziert haben, um bis in die Mitte des Blattstieles vorzudringen; später, wenn dies der Fall ist, wird die Ernährung durch die markständigen Bündel überflüssig, und sie erlöschen. Die eben geschilderte Verteilung der Gefäßbündel im Stiel wird komplizierter, um so jüngere Blätter man untersucht. So findet man auf den Querschnitten durch jüngere stärkere Stiele häufig Bilder wie Fig. 7N, deren Zustandekommen durch Fig. 7A-M erklärt wird. Die Querschnitte, nach denen diese Figuren gezeichnet sind, stammen von einem der jüngsten Blätter der untersuchten Pflanze, 214 Eva Schumann, das noch gestaucht und eingerollt war; daraus erklärt sich, daß die Auf- teilung des halbkreisförmigen abaxialen Bogens in einzelne Bündel im Gegensatz zu Fig. 6 scheinbar erst stattfindet, wenn die inneren Bünde' sich schon ziemlich weit differenziert haben; aber wenn das Blatt sich aufrollt, so erfährt ja die adaxiale Seite dadurch eine größere Streckung, und dann kommen Querschnittbilder wie Fig. 6 zustande. Fig. 7F ent- spricht dem Stadium des älteren Blattes bei Fig. 6E. Die doppelte Reihe adaxtaler Bündel bei Fig. 7, deren eine sich bald verliert, ist durch eine doppelte Einfaltung des Gefäßbündelzylinders entstanden und steht mit der die Blattlücke schließenden „Brücke“ nieht in Verbindung; diese ist in Fig. 7 nur bei A gezeichnet, ebenso sind die vom markständigen Bündel ausgehenden Bündelchen wieder weggelassen. Besonders betont soll hier noch werden, daß die Reihe der adaxialen Bündel sich durchaus unabhängig von den abaxialen aus Einfaltungen des Gefäßringes bildet. Verfolgt man von einem Querschnitt wie Fig. 7M ausgehend, den Verlauf der Gefäßbündel nach der Blattspitze zu, so vereinfachen sich die Bilder, wie Fig. 70—Y zeigt, bis zuletzt in der Blattspitze ein einziges Bündel verläuft. Die Abzweigung der Gefäße für die einzelnen Fiedern geht ohne Störung dieser Bilder vor sich, und zwar sondern sich an den Ecken, wo die konvexe mit der abgeflachten Seite zusammenstößt, die Bündel ab um in die Fieder auszutreten, wo sie auf Querschnitten die gleiche Anordnung zeigen, wie an der Spitze der Rhachis. Dieselben Bilder wie Fig. 7O—Y, aber in umgekehrter Reihenfolge, erhält man auch, wenn man Querschnritte dureh die Blattstiele einer Keimpflanze, vom ersten (ältesten) Blatt ausgehend, betrachtet). Es zeigt sich, daß bei der fortschreitenden Entwieklung von Blatt zu Blatt die Gefäße der abaxialen Seite erst später auftreten als die der adaxialen. Die Keimpflanze zeigt auch im Stamm einfachere Verhältnisse. Bei ganz jungen Pflanzen ist eine Haplostele vorhanden, mit dem Xylem in der Mitte; sehr bald finden sich aber parenehymatische Elemente im Xylem, so daß dieses einen Ring bildet; wenn ein Blatt abgeht, so dehnt sich der Ring in einer Riehtung aus, schließlich trennt sich ein Stück, etwa ein Fünftel des Ringes, ab, und die so entstandene Lücke schließt sich allmählich, indem die beiden freien Enden sich vereinigen; 1) Dieselbe Rekapitulation der Gefäßbündelverteilung in den Blattstielen der Primärblätter durch bestimmte Stadien der späteren, komplizierten Blattstiele, die man von der Spitze nach der Basis geliend erhält, beobachtete Bauke an Cyathea- ceen, mit denen ja auch sonst die Anordnung der Gefäßbündel im Blattstiel von Acrostichum aureum einige Ähnlichkeit hat. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 215 markständige Bündel sind nicht vorhanden; selbst bei älteren Pflanzen, die schon einen kräftig ausgebildeten Gefäßbündelring besitzen, fehlen sie. An solchen Pflanzen ist dann die Abzweigung eines Blattes kompli- zierter und nähert sich der vorher beschriebenen; nachdem der Ring sich nach einer Richtung gestreckt und etwas zersplittert hat, sondern sich zuerst die Bündel der abaxialen Seite ab; durch seitliche Aus- stülpungen des Gefäßbündelringes, die sich in der Mitte vereinigen, entsteht die Reihe der adaxialen Bündel, und durch die Vereinigung der freien Enden des Gefäßzylinders sehließt sich die Blattlücke. Das mittelste größte der adaxialen Bündel gibt nach oben hin Seitenäste ab, die sich den Bündeln der konvexen Seite nähern. Ein Querschnitt durch den Stiel eines solchen Blattes würde etwa Fig. 7S entsprechen. Der Theorie von Thomas über die Entstehung der komplizierten Gefäßbündelverteilung im Blattstiel von Acrostichum aureum kann ich nach meinen Befunden durchaus nicht beistimmen. Thomas geht aus von der Hufeisenform, wie sie sich ja tatsächlich in der Reihe der abaxialen Bündel bei Acer, aureum findet; die Entwieklung der übrigen Bündel schildert sie folgendermaßen: The sides of the original horseshoe now become infolded, and at the same time give off bundles forming the inverted series b (eine der abaxialen konvexen Bündelreihe parallele Reihe). The portions of the horseshoe just below the involuted sides now fuse, forming a three-armed structure, the lateral arms of which give off bundles to form the series d of the upper side (die gerade Reihe der adaxialen Bündel); the middle arm forms the large bundle with many protoxylems, which will give rise to the central series c (den übrigen Bündeln). Nach dieser Beschreibung sind schließlich alle Bündel aus dem „horseshoe‘ hervorgegangen, wie die Verf. sagt als „elaborations of its free ends“. Das beigegebene Schema soll diese Entstehung ver- anschaulichen. Der Reihe der dort gezeichneten Diagramme aber wider- sprechen nicht nur die Tatsachen, sondern auch die Abbildungen, die die Verf. zwei Seiten vorher von Querschnitten durch ein Internodium gibt; hier sieht man, daß die Reihe der adaxialen Bündel hervorgeht aus den Einfaltungen des Gefäßbündelzylinders, wie es auch meine Unter- suchungen an verschieden alten Blattstielen bestätigen. Keineswegs entsteht sie erst dann, wenn der „horseshoe“ sich durch Einfaltung verdoppelt hat; dem widerspräche auch die massige Gestalt der adaxialen im Verhältnis zu den horseshoe-Bündeln. Zudem ist nicht gut vorstell- bar — vorausgesetzt, daß die von Thomas gegebenen Diagramme die verschiedenen Entwicklungshöhen eines und desselben Blattstieles dar- stellen sollen — wie die aus den freien Enden des Hufeisens hervorge- 216 Eva Schumann, gangenen zahlreichen Gefäße mit den Gefäßbündeln des Stammes Zusammenhang finden sollen; denn daß der ganze Blattstiel seine Nähr- stoffe auf dem Umweg durch den horseshoe beziehen sollte, ist doch ebenso undenkbar. Sollen aber die Diagramme die verschiedenen Ent- wicklungshöhen verschiedener Blätter darstellen — was aber nach dem Text kaum anzunehmen ist — so haben meine Untersuchungen an den ersten Blättern von Keimpflanzen, die Thomas ja nieht zur Ver- fügung standen, gezeigt, daß die adaxialen Gefäße vor den Hufeisen- bildungen auftreten. Die Lage der Protoxylemgruppen, die Thomas im wesentlichen zu ihrer Hypothese über die Entwicklung der Gefäß- bündelordnung veranlaßte, läßt sich mit meiner Anschauung ebenso- gut vereinigen. Eine Darstellung, wie Thomas sie für die Entwicklung der Blatt- spuren bei A. aureum gibt, hat, besonders in der diagraphischen Dar- stellung, zunächst viel Bestechendes; sie ist aber, ebenso wie manche andere zunächst recht einleuchtende Anschauung über Zustandekommen komplizierter Verhältnisse in der Farnanatomie, entwieklungsgeschicht- lich undenkbar. Daß die Verf. von falschen Voraussetzungen ausgeht, zeigt die Bemerkung, daß sie, um die primitivste Ausbildung der Ge- fäße zu studieren, eines der jüngsten Blätter einer jungen Pflanze untersuchte, während natürlich das älteste die einfachste Struktur gezeigt hätte; sie nimmt also für jedes individuelle Blatt, ungeachtet der Zeit seiner Entstehung, eine zunächst einfache Anlage an, die sich im Lauf seiner Ausbildung kompliziert, während in Wirklichkeit die komplizierte Anlage eines Blattes sich schon auf seinen ersten Ent- wieklungsstadien zeigt. Wurzel. Die Wurzeln entspringen meistens den Blattbasen, zuweilen auch direkt dem Gefäßbündelring; die stärksten sind fleisehig und etwa 1 em im Durchmesser; sie geben wenige dünne Seitenwurzeln ab, die sich aber ihrerseits überaus reichlich in immer dünnere Äste verzweigen, so daß ein dichtes Gewirr feiner drahtartiger Wurzeln entsteht, die ihren Ursprung von relativ wenigen der fleischigen Wurzeln nehmen. Die Verzweigung erfolgt erst ziemlich spät, so daß viele der jüngeren fleischigen Wurzeln, die sich zwischen den Blattbasen durchdrängen, unverzweigt erscheinen. Die Dicke der Wurzeln wird durch ein an Interzellularen sehr reiches Grundgewebe bedingt, das für die Durehlüftung der in Schlamm und Wasser befindlichen Wurzeln sorgt. Der Gefäßbündelzylinder Die Aecrosticheen und ihre Stellung im System der Farne, 317 macht etwa nur ein Achtel des Durchmessers aus, das ihn direkt um- schließende Parenchym hat keine Interzellularen und ist nur schwach sklerenehymatisch; das großlumige mit Parenchym untermischte Xylem nimmt die Mitte ein und ist tri-, später hexarch; die Protoxyleme springen bis zum Perizykel vor, so daß das Xylem eine sternartige Figur bildet; zwischen den einzelnen Armen, deren Spitze die oft doppelten Proto- xylemgruppen einnehmen, liegt das Phloem, das also bei einem hexarehen Xylem in sechs einzelne Gruppen zerteilt ist; das ganze ist von einem ein-, nur selten zweischichtigen Perizykel und einer Endodermis mit den typischen verholzten Querwänden umgeben. Junge Wurzeln, auch ältere nahe der Spitze, haben keine Interzellularen. Die dünnen, drahtartigen Wurzeln sind im Gegensatz der den fleischigen diarch. Beide Arten haben eine kompakte deutlieh abgegrenzte Wurzelhaube. Blatt. Die Aderung sowohl der sterilen als auch der fertilen Blätter wird aus hexagonalen Maschen gebildet, die nahe der Mittelrippe sehr schmal und langgestreekt sind, nach dem Rande zu immer gedrungener werden. Außer der Mittelrippe tritt keine Ader hervor (Fig. 8). Junge Fieder- blätter sind auf beiden Seiten mit den oben erwähnten mehrzelligen schuppenförmigen Haaren besetzt, die später abfallen. Die Fiedern sind dann auf der Oberseite kahl; auf der Unterseite der sterilen Fiedern treten einzellige stachelförmige Haare auf. Die fertilen Fiedern dagegen zeigen zwischen den Sporangien zahlreiche mehrzellige Haare, deren oberste Zelle seitliche, hakenartig gebogene Ausstülpungen besitzt. F&e hielt sie für abortierte Sporangien und bezeichnete sie als „sporangiastres“. Unter dem Dach, das die kurzen Seitenäste bilden, stehen die jungen Sporangien wohlgeschützt; wenn sie reif sind ragen sie darüber hinaus, so daß bei der Entleerung der Sporen die Haare nicht hemmend sind. Die Sehutzhaare entstehen, entsprechend ihrer Funktion, ontogenetisch vor den Sporangien. Interessant ist es zu sehen, wie mit dem ersten Auftreten der Sporangien auch das der Schutzhaare verbunden ist. Sehr häufig nämlich findet der Übergang von den sterilen zu den fertilen Fiedern allmählich statt, d. h. es finden sich über den sterilen Fiedern eines Wedels solche, die nur vereinzelte Sporangien oder kleine Gruppen von Sporangien tragen, die dann immer den Adern folgen. Wo immer nun soleh ein erster Anlauf zur Fertilität sich zeigt, treten statt der stachellörmigen Haare die verzweigten auf; zuweilen auf solchen Übergangsfiedern sogar an Stellen, die noch gar keine Sporangien zeigen, 218 Eva Schumann, gleichsam als ob die Anlage von Sporangien geplant gewesen sei, die Kräfte aber nur bis zur Ausbildung der Schutzhaare gereicht hätten. Querschnitte durch die Blätter zeigen, daß die Epidermis nur sehwach eutieularisiert ist; auf die Epidermis der Oberseite folgen eine chlorophyllarme Hypodermis und zwei Reihen von Palisadenzellen; das darunter befindliche Schwammparenchym ist ziemlich dicht, bei dem von mir untersuchten Exemplar wenigstens viel dichter als Thomas abbildet; diese Unterschiede mögen aber durch Verschiedenheiten des Standortes bedingt sein. An fertilen Blättern sind die Unterschiede des Baues von Blattober- und -unterseite wesentlich weniger ausgeprägt als an den sterilen; die Adern sind hier merklich nach der Unterseite Fig. 8. Acrostichum aure- um. Aderung einer Fieder. Fig. 9. Acrostichum aureum. Unterseite einer Vergr. ca. 1%/,:1. sterilen Blattfieder. Vergr. ca. 100:1. hin verlagert. Die Spaltöffnungen sind meiner Beobachtung nach nicht über die Oberfläche erhoben; dasselbe gibt Thomas an, während Strasburger das Gegenteil auführt. Betrachtet man einen Flächenschnitt von der Unterseite des Blattes, so ist die Größe und Zahl der Spaltöffnungen sehr auffallend. Zählungen ergeben freilich, daß auf den Quadratmillimeter nur 240 Spalt- öffnungen kommen, eine Zahl, die z. B. durch Olea europaea mit 625 (Weiss) oder 675 (Haberlandt) weit übertroffen wird. Zieht man aber die Größe in Betraeht — die einzelne Spaltöffnung ist im Mittel 53 x lang und 36 u Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 219 breit und gehört somit zu den größten beobachteten — und berechnet man dann den von Spaltöffnungen eingenommenen Raum der Blatt- unterseite im Verhältnis zu dem, den die gewöhnlichen Epidermiszellen einnehmen, so zeigt sich, daß bei Acrostichum aureum die Spaltöffnungen einen größeren Raum bedecken als bei irgend einer anderen der über 160 von Weiss untersuchten Pflanzen, nämlich 0,3624 qmm, während bei Olea europaea trotz der großen Zahl wegen der geringeren Größe der einzelnen Spaltöffnung nur 0,2475 qmm eingenommen werden. Die Richtigkeit der Weiss’schen Zahl für Geranium Robertianum, die der von Acrostichum aureum nahe kommt (0,3356), bezweifle ich, da meine wiederholten Messungen zu verschiedenen Jahreszeiten an Pflanzen verschiedener Standorte für Länge und Breite der einzelnen Spaltöffnung viel geringere Zahlen ergeben als die von Weiss, wodurch natürlich auch die Zahl der Gesamtfläche erniedrigt wird. Anschaulicher als durch die gegebenen Zahlen wird die Häufigkeit der Spaltöffnungen bei A. aureum, wenn man das Verhältnis der Spaltöffnungen zu den übrigen Epidermiszellen betrachte. So kommen auf sechs Spaltöffnungen (also 12 Schließzellen} nur sieben gewöhnliche Epidermiszellen, während bei Olea europaea trotz der hohen absoluten Zahl auf sechs Spaltöff- nungen 45 gewöhnliche Epidermiszellen fallen, also mehr als sechsmal so viele wie bei Aerostiehum. Die beigegebene Abbildung eines Stückes der Blattunterseite von Aerostiehum aureum (Fig. 9) veranschaulicht die Verhältnisse. Sporangien. Die Entwieklungsgeschiehte der Sporangien zeigt keine Besonder- heiten; die reifen Sporangien sind auffallend groß, der Annulus besteht aus durehschnittlich 20 Zellen mit stark verdiekten Wänden; das Sto- mium besteht in der Regel aus sechs in der Querrichtung gestreckten sehmalen Zellen, deren Wände geringe Verdiekung zeigen. Unregelmäßig- keiten im Bau des Annulus sind ziemlich häufig, besonders an Über- gangsfiedern, wo die Sporangien zum ersten Male auftreten; an solchen Stellen sind anormale Annuli weit häufiger als normale, als ob die Pflanze erst allmählich die Bildung des normalen Annulus „erlernen“ müßte. Oft ist der Annulus auf eine Seite verschoben, oder er verläuft schief, oder er besteht aus einer mehrfachen Zellreihe und verzweigt sich; jedenfalls zeigt sich, daß alle Wandzellen des Sporangiums die Fähigkeit haben, ihre Wände zu verdicken und zu Annuluszellen zu werden. Fig. 10 gibt, von oben gesehen, ein Stück Blattunterseite von einer Über- 220 Eva Schumann, gangsfieder mit Sporangien und Schutzhaaren wieder; von den vier vorhandenen Sporangien ist nur eines normal, und auch hier ist der Ring nach einer Seite verschoben. Fig. 11 zeigt ein Sporangium mit anormalem Annu- Ins von vorn und von beiden Seiten. Der Annulus hat sich hier ganz nach der einen Seite verschoben, die dadurch abgeflacht worden ist, während sich die andere mehr als gewöhnlich hervor- Fig. 10. Aerostichum aureum. Unterseite einer fer- wölbt. tilen Fieder mit Schutzhaaren und Sporangien, deren Die Sporen sind Annuli unregelmäßig sind. Vergr. ca. 50:1. tetraedrisch an der Stelle, wo sie in den Tetraden zusammenhängen, mit drei Leisten versehen. In der Höhe des Dreiecks sind sie 60 x lang, ge- hören also mit zu den größten Spo- ren. Ein Perispor ist nicht vor- handen. Fig. 11. Acrostichum aureum. Spo- rangium mitanormalem Annulus. Vergr. ea. 50:1. Aerostichum praestantissimum. Diese Art, die sich auf den Antillen findet, konnte ich nur als Herbariummaterial untersuchen. Sie unterscheidet sich äußerlich von A. aureum dadurch, daß die Fiedern der Rhachis ungestielt aufsitzen und die fertilen gegenüber den sterilen sehr verschmälert und in einigen Fällen nur am Rand von Sporangien bedeckt sind. Querschnitte durch fertile Fiedern zeigen, daB die Sporangien wie bei A. aureum auf dem Parenchym stehen; auch in den Fällen, wo sie nur den Rand bedecken, greifen sie aufs Parenchym über, obwohl ein dem Rand parallel laufender Kommissuralnerv, der sich aus den Längsseiten der Maschen zusammen- setzt, vorhanden ist. Sporangien, Gestalt und Größe der Sporen stimmen mit denen von A. aureum überein, bemerkenswert ist jedoch das Fehlen der für A. aureum charakteristischen keulenartig verdiekten Schutz- Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 221 haare zwischen den Sporangien. Bei A. praestantissimum, besonders bei den Exemplaren mit randlicher Fruktifikation, ist der Blattrand — im Gegensatz zu A. aureum wo er abgestumpft und sklerotisch ist — hautartig ausgeschärft und indusienförmig über die Sporangien umge- schlagen. Die Spaltöffnungen sind nicht so zahlreich wie bei A. aureum, übertreffen sie aber noch an Größe; sie sind durchschnittlich 60 # lang und 34 x breit; außerdem sind sie von einer für viele Farne typischen halbkreisfürmigen Zelle umschlossen, die bei A. aureum nicht vor- handen ist. Ein weiterer Unterschied zu A. aureum liegt in der An- ordnung der Gefäßbündel in der Mittelrippe der Fiedern; bei A. praestan- tissimum ist die Mittelrippe nicht so stark vorgewölbt und von nureinem abgeflachten und etwas gekrümmten Gefäßbündel durchzogen, das von einem Sklerenchymring umschlossen wird, während bei A. aureum die für den Blattstiel charakteristische Anordnung der Gefäßbündel sich auch in den Mittelrippen der Fiedern wiederholt. Um die Anatomie des Blattstieles und Stammes von A. praestantissimum zu untersuchen, fehlte es mir an Material. Stenochlaena tenuifolia. Die erwachsene Pflanze hat ein starkes weit kletterndes glattes Rhizom, das nur an der Spitze mit 0,5—0,8 em langen, schmalen, braunen Schuppen besetzt ist, deren Anheftungsstelle nicht an der Basis liegt, sondern etwas nach der Mitte zu verschoben ist. Das Gefäßsystem be- steht aus einzelnen großen abgerundeten Bündeln, die einen zentralen Ring bilden ; um diesen liegt der Rinde genähert ein zweiter Ring, der aus viel kleineren Bündeln besteht; jedes Bündel besteht aus zentralem monarehem, sehr weitzelligem mit Phloem untermischtem Xylem, das von Phloem, ein- bis zweischichtigem Perizykel, Endodermis und drei- bis fünfschiehtigem Sklerenehym umgeben ist. Wenn ein Blatt abgeht, so vermehren sich die kleinen Bündel an einer Stelle, auch die großen Bündel geben einige Stränge ab, und diese Abzweigungen treten in den Blattstiel ein, wo sie sich bald in einen Kreis kleiner Bündel ordnen, der der Rinde nahe liegt, während die Mitte von zwei Reihen größerer Bündel eingenommen wird. Eine beträchtliche Störung der Gefäßbündel- anordnung im Rhizom findet durch Abgang der Blattspuren also nicht statt. Die Wurzeln haben ein diarches Xylem, das von Phloem, Perizykel, Endodermis und einem Ring stark sklerenehymatischer Zellen um- geben ist. 232 Eva Schumann, Die Blätter werden bis 0,7 m lang und sind einfach gefiedert; die Fiedern sind schmal-lanzettlich, am Rande gezähnt; die Aderung besteht aus einer Mittelrippe, der parallel je eine Seitenader läuft, die mit ihr durch Kommissuren verbunden wird, so daß äußerst schmale, kostale Maschen entstehen; von diesen gehen schräg zum Rand unver- zweigte frei endende Seitennerven. Die fertilen Blätter entsprechen im Bau den sterilen, die Spreiten sind aber in der Breite stark zusammen- gezogen, etwa auf ein Sechstel der sterilen. Die Aderung besteht eben- falls aus kostalen, aber breiteren Maschen, von denen Seitenadern ab- gehen; diese sind aber unregelmäßiger und weniger häufig und natürlich kürzer; der sterile Blattrand ist bei manchen Arten zum Schutz der Sporangien umgeschlagen. Auf Querschnitten zeigt sich, daß das Blatt bifazial ist, und zwar befindet sich unter der eutieularisierten Epidermis eine großzellige chlorophylifreie Hypodermis und darunter eine bis zwei Schichten eng aneinanderliegender kleiner Palisadenzellen mit reichlichem Inhalt; dann erst folgt das lockere Schwammparenehym und die schwach euticularisierte Epidermis der Unterseite, die von zahlreichen, über diese Oberfläche nicht hervorragenden Spaltöffnungen mit großen Atem- höhlen unterbrochen ist. Die Sporangien sind normal, haben 15-—-16 Annuluszellen und 64 bilaterale, mit Höckern besetzte Sporen ohne Perispor. Leptochilus heteroelitus. Die Keimung der Spore, das herzförmige, mit randständigen Drüsen- haaren verschene Prothallium und die Geschleehtsorgane zeigen keine Besonderheiten; Keimpflanzen traten in keiner Kultur auf. Die erwachsene Pflanze ist nach den Angaben verschiedener Autoren (Christ, Diels, Beddome, Clarke) äußerst polymorph; so sollen nach Beddome am selben Rhizom einfache und gefiederte Blätter vorkommen. Das stärkehaltige Rhizom ist kriechend, dorsiventral ab- geflacht und, besonders reichlich an den Ansatzstellen der Blattbasen, mit dunkelgraubraunen, 0,5 em langen Schuppen bekleidet. Die Blätter stehen in zwei der Oberseite genäherten Reihen, dementsprechend ist das Gefäßsystem eine Dietyostele mit einem breiten ventralen und einem schmäleren dorsalen Bündel, zwischen denen seitlich kleine Bündel liegen, die in die Blattstiele eintreten, wo sie zunächst kreis-, bald aber kufeisenförmig angeordnet sind und sich mit Sklerenchymscheiden umgeben. Die Bündel haben ein ventrales, mit Phloem durchsetztes Xylem, das beiderseits mit Phloem, zwei- bis vierschichtigem Perizykel Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 223 und Endodermis umgeben ist. Die Verteilung des Sklerenchyms im Rhi- zom ist sehr unregelmäßig; zuweilen tritt es an die Gefäßbündel heran und umgibt sie ganz oder teilweise; an vielen Stellen sind unterhalb der Rinde Teile eines sklerenchymatischen Ringes siehtbar, der aber niemals vollständig ist. Auffallend sind im Grundgewebe regellos zer- streute schwarze Gruppen von Zellen, deren Wände manchmal so stark verdickt sind, daß das Lumen fast verschwindet. Auf Längsschnitten erweisen sich diese Zellen als Sklerenchymstränge die blind endigen. Die dünnen Wurzeln haben ein diarches, die diekeren ein triarches Xylem, das mit reichliehem Phloem, ein- bis vierschichtigem Perizykel, Endodermis und einem gut ausgebildeten Sklerenehymring umgeben ist, der aus polygonalen Zellen mit stark verdickten Wänden besteht. Die Blätter sind einfach gefiedert, außer der bis zu 0,5 m lang ausgezogenen häufig wurzelnden Endifieder stehen seitlich ein bis drei Paare ganzrandige Seitenfiedern. Die fertilen Blätter stehen aufrecht und sind etwas reduziert, das Endstück ist nicht ausgezogen. Blätter, die nur teilweise mit Sporangien bedeckt waren, beobachtete ich an den Pflanzen des Münchener Gartens; auch in der Literatur finden sich Angaben über solche Mittelformen (Clarke, Beddome, Christ, Diels). Die Adern bilden zwischen den Seitennerven Maschen, die häufig frei endende Nerven einschließen; auch am Rande endigen die Nerven frei (Fig. 36.D). Auf Blattquerschnitten zeigt sich, daß die Epidermis schwach eutieularisiert ist und die Spaltöffnungen sich kaum über sie erheben. Das Mesophyll besteht aus einem vier- bis neunschichtigen Schwamm- parenchym; Haarbildungen treten nicht auf. Das Sporangium ist ein gewöhnliches Polypodiaceensporangium mit etwa 13 Annuluszellen; die Sporen sind bilateral, von einem stark faltigen Perispor umgeben und ohne dieses 40 z. lang. Leptoehilus euspidatus. Das Prothallium ist herzförmig, ohne Drüsenhaare; Antheridien und Archegonien sind normal, Keimpflanzen konnte ich nicht erhalten. Der Sporophyt hat ein ziemlich kurzes kriechendes stärkehaltiges Rhi- zom, das mit braunen, 0,5 em langen Schuppen bekleidet ist; deren Zellwände sind stark verdickt und dunkelbraun, ausgenommen an den Außenseiten; an der Spitze tragen die Schuppen ein Bündel langer gelb- licher Fasern. 224 Eva Schumann, Die Leitbündel bilden eine Dietyostele; die einzelnen Meristelen bestehen aus zentralem mit Phloem untermischtem Xylem, das von Phloem, ein- bis zweischichtigem Perizykel und Endodermis umgeben ist; in die Blattstiele treten mehrere (etwa sieben) hufeisenförmig an- geordnete Bündel ein. Die Verteilung des Sklerenchyms stimmt ganz überein mit der für L. heteroclitus geschilderten. Auch die Wurzeln stimmen im Bau mit den von L. heteroelitus überein, nur wurden keine Wurzeln mit triarchem Xylem beobachtet. Die Blätter sind einfach gefiedert, die Endfieder läuft ein Stück an der Rhachis hinab, ist fiederspaltig und häufig lang ausgezogen; an ihrer Spitze treten oft Adventivpflanzen auf; die einzelnen Fiedern sind ein- gekerbt und fein gezähnelt. Die Nervatur ist der von L. heteroclitus sehr ähnlich; die Adern zwischen den Seitenadern bilden Maschen, die frei endende Nerven einschließen; auch nach dem Blattrand zu in die Zähnchen verlaufen frei endende Nerven, die zuweilen mit einer Ver- diekung endigen. Die Epidermis ist nur schwach eutieularisiert, die Spaltöffnungen nur wenig darüber erhoben; das Mesophyll besteht aus einem vierschieh- tigen Schwammparenchym, die fertilen Blätter sind gegenüber den sterilen etwas zusammengezogen, länger gestielt und stehen aufrecht; die Spreiten sind auf frühen Stadien im Gegensatz zu den sterilen nach unten ein- gerollt, um die Sporangien zu schützen; die Endfieder ist nicht ausgezogen, doch beobachtete ich in einem Fall, daß die ausgezogene mit Adventiv- knollen versehene Endfieder eines gewöhnlichen assimilierenden Blattes fruktifizierte; wie denn überhaupt einige Mittelformen auftraten, auf die später eingegangen werden soll. Die Sporangien sind klein, der Annulus besteht aus 13 Zellen, das Stomium ist gut ausgebildet. Die Sporen, deren das Sporangium 64 enthält, sind bilateral nierenförmig und von einem sehr weiten faltigen Perispor umgeben; ohne Perispor messen sie 40 u. Leptochilus deeurrens var. Rasamalae. Diese Spezies hat im Gegensatz zu den beiden eben beschriebenen Arten keine gefiederten, sondern ungeteilte Blätter; bei der Stammart sind die fertilen Blätter in der Breite stark zusammengezogen, so daß sie linearisch erscheinen; bei der var. Rasamalae entsprechen sie in der Gestalt den sterilen ovallänglichen Blättern, nur sind sie kleiner als diese. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne, 225 Das Rhizom ist dorsiventral, kriechend und sehr schleimhaltig; die Blätter entspringen diehtgedrängt in zwei Reihen, die stark nach der Dorsalseite hin verschoben sind, so daß auf dem Querschnitt die Dictyostele aufgelöst erscheint in eine breite ventrale Meristele und viele kleine dorsale und laterale Bündel, von denen etwa je sieben hufeisen- förmig angeordnet in den Blattstiel eintreten. Die Bündel bestehen aus zentralem Xylem, das von Phloem, Perizykel, Endodermis und Sklerenchymring umschlossen ist. Im Grundgewebe finden sich dieselben Sklerenchymgruppen wie bei L. euspidatus und L. heteroclitus. Das Rhi- zom ist an der Spitze und die Blätter sind an der Rückseite der Adern mit bräunlichen kleinen Schuppen bekleidet, die stark verdickte Wände und seitliche Spitzen haben. Die Wurzeln haben ein diarches Xylem, Phloem zwischen den beiden Protoxylemen, ein zweischichtiges aus vier- eckigen Zellen bestehendes Perizykel und Endodermis; der Gefäßbündel- zylinder ist von einem Ring starkwandiger polygonal abgeplatteter Sklerenchymzellen umgeben. Auf Blattquerschnitten zeigt sich die Epidermis der Oberseite sehr großzellig und chlorophylllos; darauf folgen zwei Schichten Palisaden- zellen und fünf bis sieben Schichten Schwammparenehym, das aber so fest ist, daß es sich vom Palisadengewebe kaum unterscheidet. Die Spaltöffnungen ragen nicht über die schwach eutieularisierte Epidermis der Unterseite vor. Auf Ober- und Unterseite finden sich vereinzelte papillenartige zweizellige Haare. Das ganze Blatt ist etwas sukkulent, so daß die feinen Adern nicht zu sehen sind. Von der Mittelrippe gchen einander parallele Seitennerven ab, zwischen denen sich Maschen und frei endende Adern ausbreiten. Das fertile Blatt stimmt in der Nervatur mit dem sterilen überein, es ist etwas kleiner; das Sporangium hat einen aus 14—17 Zellen bestehenden Annulus, die Sporen sind nierenförmig, von einem faltigen Perispor umgeben und ohne dasselbe 40 se lang. Leptochilus guianensis ? Die Pflanze des Münchener Gartens kam nicht zar Fruktifikation, so daß sie nicht endgültig bestimmt werden konnte; jedenfalls hat sie große Ähnlichkeit mit L. guianensis. Sie hat ein weithin kriechendes dorsiventrales Rhizom, das durch die lang herablaufenden Blattbasen seitlich verbreitert wird; das Gefäßbündelsystem ist eine Dictyostele, die aus einer breiteren ventralen und sehmäleren dorsalen Meristele besteht, zwischen denen seitlich kleinere Bündel liegen, deren sechs hufeisenförmig angeordnet in den Blattstiel eintreten. Die Bündel be- Fiora, Bd. 108. 15 226 Eva Schumann, stehen aus Xylem, das mit Phloem, ein- bis dreischichtigem Perizykel, Endodermis und Sklerenchymring umgeben ist. Ein Sklerenchymring Hegt auch dicht unter der Rinde und bildet ziemlich starke Hervorragungen an der Stelle, wo die Blattbasis ansetzt; von außen ist er als vorgewölbter Streifen sichtbar; die Rinde ist an diesen Stellen von Spaltöffnungen unterbrochen, das Ganze ist wohl als Durchlüftungsgewebe zu deuten. Rhizom, Blattstiel und Nerven der Blattunterseite sind mit schwarz- braunen, 0,2 cm langen Schuppen besetzt, deren seitliche Ränder im unteren Teile aufeinanderliegen, so daß eine korbartige Form entsteht; sogar auf der Blattunterseite finden sich diese Schuppen, außerdem auch kurze papillenartige Haare, die sich zuweilen verzweigen, Die Blätter sind einfach gefiedert, die Rhachis ist schmal geflügelt. Die Fiedern fallen leicht ab und trennen sich dann von der Rhachis an bestimmten Stellen, wo sich eine Trennungsschicht vorher ausgebildet hat. Palisaden- zellen sind nicht vorhanden, das Blattgewebe besteht aus einem vier- bis fünfschichtigen Mesophyll, das auf beiden Seiten von einer schwach euticularisierten Epidermis begrenzt ist. Die zahlreichen Spaltöffnungen ragen nicht über die Oberfläche vor. Die, Aderung der Fiederblättchen besteht aus fünfseitigen zuge- spitzten Maschen, die keine freien Äderchen einschließen; wohl aber finden sich am Rande frei endende Nerven. Die Wurzeln sind diareh, das Xylem ist mit Phloem, einschichtigem Perizykel, Endodermis und Sklerenehymring umgeben. Leptochilus zeylaniens. Das Prothallium ist herzförmig, mit dem Meristem in der Bucht. Am Rand und auf der Fläche stehen zahlreiche einzellige Drüsenhaare. Außerdem finden sich auf der Fläche oft mehrfach verzweigte Drüsen- haare, wie wir sie später auch bei Stenosemia finden werden (Fig. 12 und 13); es scheint also das Vorhandensein verzweigter Drüsenhaare auch bei den Polypodiaceen häufiger vorzukommen und nicht, wie Scehlumberger angibt, sich auf die Cyatheaceen zu beschränken; Anthe- ridien und Archegonien sind normal, ebenso die Keimpflanzen. Der Sporophyt ist eine kleine Pflanze mit kriechendem Rhizom, das mit gelblichen, 0,2 em langen Schuppen bekleidet ist, deren Zell- wände nicht verdickt sind. Die Blattlücken sind sehr lang, so daß der Gefäßbündelring in lauter einzelne Bündel zerfällt; diese Bündel bestehen aus Xylem, das mit Phloem gemischt ist und sind von Phloem, ein- bis zweischichtigem Perizykel und Endodermis umgeben. Sklerenehym Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne, 227 tritt nirgends auf. In die Blattbasis treten zwei Bündel ein, die im Petiolus getrennt verlaufen, sich aber bald nach dem Kintritt in die unpaare Hauptfieder vereinigen. Das Rhizom ist schr stärkehaltig, ebenso die stark verdiekten Blattbasen, die nach dem Absterben der Blätter wie Fig. 12. Leptochilus zeylanicus. Ober- Fig, 13. Stenosemia aurita. Oberseite seite des Prothalliums mit verzweigten des Prothalliums mit verzweigten Drüsen- Drüsenhaaren. Vergr. ca. 80:1. haaren. Vergr. ca. 80:1. Knollen dem Khizom aufsitzen und als Reservestoffbehälter dienen, Die Wurzeln haben ein diarehes stark verholztes Xylem, das von Phloem, einschichtigem Perizykel und Endodermis umgeben ist. Ein Sklerenchym- ring fehlt entweder ganz oder ist schwach ausgebildet oder besteht aus zwei bis vier Schichten polygonal ahge- platteter Zellen, deren Wände so stark verdickt sind, daB das Lumen fast ver- schwindet. Die sterilen Blätter bestehen aus einer sroßen ovalen gelappten Endfieder und zwei viel kleineren seitlichen Nebenfiedern; der Blattstiel, die Nerven auf der Blatt- unterseite und der Blattrand sind dicht nit mehrzelligen unverzweigten Haaren besetzt, während sich auf dem Parenchym der Blattober- und -unterseite viel kürzere. j Fig. 14. Leptochilus zeylanicus. papillenartige, zweizellige Haare finden, Blattaderung. A steriles Blatt, deren Endzelle sehr inhaltreich ist. Die 4 Mittelform, © fertiles Blatt. Adern zwischen den Seitennerven bilden Vergr, ca ,.1. ein feines Netzwerk mit freiendenden Nerven sowohl in den Maschen als auch am Blattrand (Fig. 14). Die fertilen Blätter weichen von den sterilen durch den längeren Stiel, die aufrechte Stellung und besonders durch die stark zusammengezogene glattrandige Spreite ab, die sie linearisch erscheinen läßt; ihre Aderung ist sehr einfach: sie besteht aus einem Mittelnerv, der dureh Kommissuren 15* 228 Eva Schumann, mit dem ihm jederseits parallel laufenden Seitennerv verbunden ist (Fig. 14C}'). Die Abbildung des Sporophylls, die Christ in den „Farn- kräutern der Erde“ gibt, ist insofern nicht richtig, als sie eine Art Mittel- form darstelit, die allerdings nicht ganz selten ist; es ist hier die Spreite breiter als bei den normalen Sporophylien und nähert sich in ihrer Ge- stalt (auch durch die Ausbuchtungen) den gewöhnlichen assimilierenden Blättern. Künstlich hervorgerufene Mittelformen, auf die später noch eingegangen werden soll, hielten auch in der Aderung die Mitte (Fig. 142). Die Epidermis der Oberseite ist stärker euticularisiert als die der Unterseite. Die Spaltöffnungen ragen nur wenig hervor; das Mesophyll besteht nur aus einem drei- bis siebenschichtigen Schwanmparenchym. Die Sporangien sind sehr verschieden groß, dementsprechend schwankt die Zahl der Annuluszellen zwischen 13 und 20; die Sporen — 64 im Sporangium -—- sind bilateral-nierenförmig und von einem faltigen Peri- spor umhüllt; ohne Perispor sind sie 40 « lang. Stenosemia aurita. Das Prothallium hat den Bau eines normalen herzförmigen Poly- podiaceenprothalliums mit der Meristembucht in der Mitte; am Rand befinden sieh einzelne einzellige Drüsenhaare; an mehreren Prothallien fanden sich flächenständige, mehrzellige Drüsenhaare, die sogar zum Teil verzweigt waren (Fig. 13); im Bau der Archegonien und Antheridien zeigten sich keinerlei Besonderheiten, ebensowenig bei der Entwicklung der Keimpflanzen. Erwähnt mag noch werden, daß Sporen auf einer Lösung, die 1%,, Knop und 1°/,, Chlornatrium enthielt, gut keimten und normale Prothallien entwickelten. Keimpflanzen fanden sich auf der Wasserkultur nicht. Das stärkehaltige Rhizom ist kurz und auf- recht, im Querschnitt dreieckig; durch die Blattbasen wird die dreieckige Grundform etwas verzerrt; das Gefäßsystem besteht aus einer Diety- ostele ohne markständige Bündel. Das Xylem ist beiderseits mit Phloem, ein- bis zweischichtigem Perizykel und Endodermis umgeben; eine Sklerenehymscheide ist nieht vorhanden, doch waren vielleicht die unter- suchten Pflanzen zu jung. Das Rhizom ist schr stärkereich und ebenso wie die verdickten Blattbasen von braunen, bis 0,5 em langen Schuppen bedeckt. Die Blattspuren lösen sich von der Dietyostele an einer Spitze des Dreiecks, und zwar treten fünf hufeisenfürmig angeordnete Bündel, die sich bald mit Sklerenehymscheiden umgeben, in den Blattstiel ein, 1) Die Sporangien sind der Deutlichkeit halber entfernt. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 229 Die Wurzeln sind alle ziemlich dünn und reichlich mit Wurzelhaaren besetzt. Das Gefäßbündel ist von einem Sklerenchymmantel umgeben, dessen Zellwände aber nicht sehr stark verdickt sind. Das Leitbündel selbst besteht aus einem diarchen Xylem, Phloem, einem zweischich- tigen Perizykel und Endodermis; nur bei starken Wurzeln ist das Xylem Fig. 15. Stenosemia aurita. Fig. 16. Stenosemia aurita. Mittelform 1. Mittelform II von hinten. triarch. Interzellularen sind nieht vorhanden. Die sterilen Blätter sind im Umriß drei- oder fünfeckig und bestehen aus einer fiederspaltigen Mittelfieder und zwei ebenfalls fiederspaltigen Seitenfiedern, deren basiskope Seite stark gefördert ist. Die Nerven bilden dicht an der Hauptrippe langgestreckte Maschen, von denen gegen den Blattrand frei mit einer Anschwellung endende Seitenadern abzweigen. An den Fiedern zweiter Ordnung wiederholt sich diese Anordnung; an großen Blättern sind längs der Hauptrippe zwei Reihen von Maschen vorhanden. 230 Eva Schumann, Die fertilen Blätter folgen in ihrem Bau demselben Plan, nur sind sie so stark zusammengezogen und dicht mit Sporangien bedeckt, daß von einer Blattspreite nichts zu sehen ist; sie stehen im Gegensatz zu den sterilen Blättern vertikal; die Aderung beschränkt sich auf je eine Seitenader längs der Mittelrippe, die häufig mit dieser in Verbindung Fig. 17. Stenosemia aurıta. Fig. 18. Stenosemia aurita. Mittelform II von vorn. Normales Sporophyll. steht; frei endende Seitennerven fehlen ganz; die Tracheiden sind auf- fallend kurz und dick. An vielen Pflanzen des Münchner Botanischen Gartens beobachtete ich spontan entstandene Mittelformen von zweierlei Art zwischen sterilen und fertilen Blättern; die einen (Mittelform I, Fig. 15) standen den fertilen näher, die Spreite war zwar ausgebildet aber nur ganz schmal; die Sporangien standen dieht am Rande auf Ober- und Unterseite. Die andere Art (Mittelform II, Fig. 16 und 17) hatte ebenfalls eine mehr- oder weniger stark reduzierte Spreite; die Sporangien Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 231 standen hier nur auf der Unterseite über zwei der Mittelader parallelen Nerven. Zwischen diesen Nerven und dem Blattrand fand sich eine flügelartige Wucherung der Blattunterseite, die sich häufig indusiumartig über die Sporangien legte. Sie ist auf Fig. 16 an den Seitenfiedern zu sehen. Bei beiden Arten von Zwischenformen stand auch die Aderung in der Mitte zwischen der Aderung von assimilierendem Blatt und Sporo- phyll; die kostalen Maschen waren viel kürzer und weniger regelmäßig; die frei endenden Nerven, wo solehe in den Teilen mit breiterer Spreite vorhanden waren, bedeutend kürzer als bei den gewöhnlichen sterilen Blättern; bei der zuerst beschriebenen Zwischenform wurden die Seiten- nerven durch einen marginalen Nerven verbunden. Querschnitte durch die Blattspreite der assimilierenden Blätter zeigen eine schwach eutieularisierte Epidermis, deren Zellen auf der Ober- seite den Sammelzellen ähneln, also trichterförmig sind; Palisadenzellen fehlen ganz; das sehr lockere Schwammparenchym ist vier- bis sieben- schichtig. Die Spaltöffnungen liegen erhöht über den übrigen Epidermis- zellen. Auf der Unterseite des Blattes, zahlreicher noch auf der Oberseite, finden sich mehrzellige, unverzweigte, stachelförmige Haare, die, häufig über den Adern, auf einem Komplex erhöhter Zellen stehen. Die Spo- rangien sind nicht sehr groß, vom Typus der gewöhnlichen Polypodiacsen- sporangien; der Annulus besteht aus 14—16 schwach verdickten Zellen, das Stomium aus vier, deren Wände überhaupt nicht verdickt sind. In jedem Sporangium sind 64 Sporen; sie sind nierenförmig-bilateral und mit einem faltigen Perispor umgeben; ohne Perispor sind sie 30 # lang. Ergrünte Sporangien. Bei den oben beschriebenen Mittelformen von L. zeylanieus und Stenosemia aurita (Mitteliorm II) zeigten sich merkwürdige Formen von Sporangien und sporangienähnlichen Auswucherungen der Epi- dermis, wie sie Fig. 19—25 wiedergeben. Diese Gebilde haben meist einen ziemlich dieken Stiel, der sich aus Zellen aufbaut, die mit ihren gewellten Wänden und reichlichem Chlorophyligehalt gewöhnlichen Epidermiszellen sehr ähnlich sind ; fast in allen Fällen zeigen sich an diesen Stielen Spaltöffnungen. An der Spitze verhalten sich die Stiele, die sich manchmal auch verzweigen (Fig. 21 und 25) verschieden; die einen schwellen kaum merklich kolbenartig an, bei ihnen gleicht das Gewebe an der Spitze dem an der Basis; Spaltöffnungen finden sich auch weit oben (mittlere Verzweigung bei Fig. 21, Fig. 22); bei anderen ist die 232 Eva Schumann, kolbenartige Verdiekung beträchtlicher (Fig. 19, die seitlichen Zweige von Fig. 21), bei anderen ist sie mit verkümmertem sporogenem Gewebe Fig. 19. Fig. 2%. Fig. 21. Fig. 19—21. Stenosemia aurita. Ergrünte Sporangien. Vergr. ea. 100:1. (Fig. 20), bei noch anderen mit gut ausgebildeten Sporen erfüllt und mit einem Annulus verschen (Fig. 23 und 25); Chlorophyll ist nur noch im Fig. 23. Fig. 24. Fig. 22—24. Teptochilus zeylanieus. Ergrünte Sporangien. Vergr. ca. 100:1. Stiel vorhanden; schließlich finden sich auch ausgebildete Sporangien, deren Stiel etwas stärker ist als der der gewöhnlichen und noch Spalt- Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne, 233 öffnungen und Chlorophyll aufweist (Fig. 24). Der Annulus ist hier verschoben, so daß das Stomium nach unten liegt — eine Eigentümlich- keit, die an das Verhalten der Annuli bei den zuerst auftretenden Spo- rangien von Acrostichum aureum erinnert. Bei den eben beschriebenen ergrünten Sporangien von Leptochilus zeylanicus treten vielfach mehr- zellige Haare auf (Fig. 22, 23, 25), wie sie sich auf dem Petiolus und der Blattunterseite dieser Pflanze häufig finden, nicht aber an den normalen Sporangienstielen. Das Auftreten dieser merkwürdigen Über- gangsbildungen mit dem epidermalen Charakter ihrer Zellen, der sich im Vorhandensein von Chlorophyll und .dem Auftreten von Spaltöff- nungen und Haaren äußert, weist darauf hin, daß der Stiel des Sporangiums und viel- leicht auch die Wand- zellen dem Gewebe des Blattes angehören, und daß erst mit der Difie- renzierung des Arche- spors die neue Gene- ration beginnt; es sprechen dafür ja auch bei noch unreifen Spo- rangien die deutlich er- kennbaren längst be- kannten Unterschiede zwischen dem Inhalt der Archesporzellen einerseits und dem der übrigen Sporangien- Fig. 25. Teptochilus zeylanieus. Ergrünte Sporan- zellen andererseits. gien. Vergr. ea. 100:1. In der vorhergehenden Beschreibung der näher untersuchten Arten s . ü . . B f « ie ist die Stellung der Sporangien, auf die die Tribus der „Acrosticheen begründet ist, und die tatsächlich bei mehreren der untersuchten, sonst einander nicht ähnlichen Formen übereinstimmt, außer acht gelassen; es soll darauf später im Zusammenhang eingegangen werden. Es zeigt sich aber, wie irreführend es ist, ein einziges Merkmal hier systematisierend zu verwerten, wie es eben bei Begründung der 234 Eva Schumann, „Acristocheen“ geschehen ist!). Ganz abgesehen davon, daß die Stellung der Sporangien nicht bei allen Arten die gleiche ist (wovon später die Rede sein wird), weisen andere Merkmale, wie z. B. Habitus, Anatomie des Stammes und des Petiolus, Gestalt der Sporen, Form der Pro- thallien, auf Abtrennung einzelner Gruppen hin. Tatsächlich haben ja die modernen Pteridologen die Familie teilweise aufgelöst und die einzelnen Genera anderen Gruppen zugesellt, so Christ und vor allem Diels in den „Natürlichen Pilanzeniamilien“, Die Stellung der Sporangien ist nun sicherlich ein sehr wichtiges Merkmal für die systematische Gruppierung der Farne, besonders da, wo es sich um deutlich umschriebene Sori von besonderer Form und bestimmter Beziehung zum Adernverlauf handelt. Bei den Formen aber, wo die Sporangien die gesamte Blattunterseite, also auch das Parenchym bedecken, fragt es sich einmal, ob dieser Zustand ein primitiver ist, und, wenn diese Frage verneint wird, ob er sich nicht unabhängig in verschie- denen Gruppen entwickelt haben kann. Die meisten Pteridologen fassen die Formen mit der „vis prolifica cutieularis universalis“ als abgeleitet auf und stellen sie dementsprechend ans Ende ihrer Systeme; abweichend davon stehen sie am Anfang in Christ’s „Farnkräutern der Erde“ und Olaf Swartz’s „Synopsis Filicum“, ohne daß jedoch diese Autoren ihrer Meinung, die Acro- sticheen seien primitiv, besonders Ausdruck geben. Im Gegenteil spricht sich Christ an anderen Stellen?) dabin aus, daß diese Gruppe aufgelöst und anderen zugeteilt werden müsse. Am Anfang des Systems stehen die Acrosticheen auch bei Mettenius in den „Filiees Horti Lipsiensis‘, hier aber ersichtlich infolge der Überzeugung, daß es sich um ursprüng- liche Formen handelt; denn, von den Veränderungen der Nervatur infolge der Fertilität redend, sagt er: „Bei der unvollkommensten Fruehtbildung, dem Sorus der Acrostichaceae, beschränken sich diese Veränderungen im allgemeinen auf unwesentliche Verhältnisse, die bedingt sind durch die verschiedene räumliche Ausbildung der fertilen und sterilen Blätter; die Sporangien nehmen sowohl von der Epidermis über den unveränderten Nerven, wie über dem zwischen denselben 1) Vgl. Christ, Biologische und systematische Bedeutung des Dimorphismus und der Mißbildung bei epiphytischen Farnkräutern, wo es heißt: „Die einseitige Betonung dieses entschieden sekundären Merkmals hat dann bewirkt, daß so lange die wahren Verwandtschaften all dieser acrostichoid flektierenden Gruppen ver- kannt wurden.“ 2) Dimorphismus und Mißbildung bei epiphytischen Farnkräutern, 1907. Revue horticole 1912. .- Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 235 liegenden Parenchym ihren Ursprung... . Einen vorwiegenden Anteil an der Bildung des Sorus der Aerostichaceae nehmen die Nerven erst dann, wenn die Entwicklung auf denselben beginnt und von den Nerven aus über das zwischenliegende Parenehym fortschreitet . . Bei den vollkommenen HFruchtbildungen der Farne sind die Nerven der alleinige Träger der Sporangien ... .“ Als abgeleitete Formen werden Formen mit die Unterseite be- deckenden Sporangien von Hooker, Hooker & Baker, Beddome, Diels, Alderwerelt ans Ende ihrer Systeme gestellt. Prantl hat in seinen Arbeiten über das System der Farne wiederholt!) die Acrosticheen als abgeleitet bezeichnet: „Bei den nächstverwandten Gattungen?) breiten sich die Sporangien weiter auf den Nerven aus (Allosorus, Chei- lanthes, Gymnogramme), und indem sie den Nerven selbst verlassen, stehen sie zuletzt auf der Blattfläche selbst (Aerostichaceen)“. Bower?) ist derselben Ansieht und sucht sie auch durch paläontologische Befunde zu stützen: At first sight it might seem probable that the non-soral state was primitive, since it is seen apparently in such early forms as Botryopteris and Myriotheca, and in Osmunda. But there are objee- tions to this as a generalisation; for, in the first place, definitely soral types, such as the Marattiaceae, are quite as well represented in the primary rocks as any non-soral forms: secondly, while Botryopteris itself appears to be non-soral, there is a distinet indication of a disposition of the sporangia around a central point in Zygopteris, while in Cory- nepteris there are very definitive sori: thirdly, there are among living Ferns clear indications that the soral may pass into the non-soral state: such a progression is suggested in the species of Dipteris, while the con- dition of Acrostichum and of Platycerium can hardiy have been produced in any other way than by spreading of the sporangia of some soral type over an enlarged surface, as is indeed suggested by such genera as (ym- nogramme and Hemionitis ete. This is exaetly what would be expeeted as a consequence of indefinite multiplieation of parts elosely asgrerated together, in cases where no biologieal eheck determined their exact position. Thus it would seem probable that the soral state is the original condition and the non-soral the derivative, notwithstanding its early appearance“, 1) Prantl, Vorläufige Mitteilungen über die Verwandtschaftsverhähnisse der Farne. Verhandlungen der physik.-med. Gesellschäft in Würzburg 1874. -— Ders, Arbeiten aus dem botanischen Garten zu Bresiau, Bd. I, Heft I. 2) Es ist von Pteris cretica die Rede. 3) Origin of a Land Flora, pag. 633. 236 Eva Schumann, Nach meinen Untersuchungen an jungen Blättern und Zwischen- formen zwischen Tropho- und Sporophyllen muß ich mich den Mei- nungen der eben zitierten Autoren anschließen, daß nämlieh die Ver- breitung der Sporangien auf der Blattunterseite von den Nerven aus- geht und von da auf das Parenchym übergreift. Von den lebend zur Verfügung stehenden fruktifizierenden Arten standen die Sporangien normalerweise auf Adern und Parenchym der Blattunterseite bei Acro- stichum aureum, Leptochilus cuspidatus, L. heteroclitus, L. decurrens var. Rasamalae; von untersuchtem Herbariummaterial bei einer weiteren großen Zahl von Leptochilus-Arten, bei Stenochlaena marginata, Elapho- glossum-Arten, Cheiropleuria, Platytaenia, Dryostachium, Photinopteris. Bei der Untersuchung fertiler Blätter auf ganz frühen Stadien, wo die Differenzierung der Sporangien eben begonnen hat, zeigt sich, daß die am weitesten vorgeschrittenen Sporangien immer über den Adern stehen (Fig. 26); zuweilen finden sich auch zwischen den Adern Epidermiszellen, die nicht zu Sporangien werden (auf Fig. 26 zwischen dem äußersten und dem folgenden Nerv); auf älteren Entwicklungsstufen ist ebenfalls das Vorauseilen der adernständigen Sporangien noch deut- lieh sichtbar, so daß zuweilen sorusartige Gruppen vorhanden sind (Fig. 27 und 28). Auf Fig. 26 sind bei weitem die meisten Epidermiszellen schon zu jungen Sporangien differenziert; um nun beim Wachstum des Blattes für weitere Sporangien Platz zu schaffen, teilt sich häufig die Basalzelie des Sporangiumstieles durch eine zur Oberfläche senkrechte Wand (Fig. 29), so daß gewissermaßen eine neue Epidermiszelle entstan- den ist, die nun ihrerseits einem neuen Sporangium Ursprung geben kann oder als gewöhnliche Epidermiszelle zwischen den sporangien- tragenden bestehen bleibt. Die Fig. 26—29 sind nach Schnitten dureh die Blätter von L. heteroclitus und L. euspidatus gezeichnet; L. deeurrens konnte in so jungem Stadium nicht untersucht werden; Acrostichum aureum zeigt ganz ähnliche Verhältnisse, wenn auch die jungen Sporangien über den Nerven hier nicht so auffallend gefördert erscheinen wie bei den abgebildeten Arten. Noch überzeugender als das Studium der Entwieklungsgeschichte wirkt die Beobachtung von Mittelformen, d. h. im Verhältnis zu den gewöhnlichen Sporophylien unvollkommen fertilen Blättern. Solche traten wiederholt spontan auf bei L. heteroclitus und L. cuspidatus; bei A. aureum sind sie als die fast an jeden fruktifizierenden Wedel auftretenden, oben beschriebenen „Übergangsfiedern“ normalerweise vorhanden. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 2337 Bei diesen Mittelformen folgen die Sporangien immer mehr oder weniger dem Verlauf der Adern. Am deutlichsten wird das, wenn man ein junges Stadium wie das auf Fig. 30 von L. cuspidatus abgebildete betrachtet. Die Sporangien sind noch ganz unentwickelt und hellgrün, Fig. 26. Leptochilus heteroclitus. Querschnitt eines ganz jungen Sporophylis. Vergr. ca. 55:1. vom Annulus ist natürlich noch nichts zu sehen; sie halten sich durchaus an die Adern und greifen von da aus seitlich nur wenig aufs Parenchym über. Im Zustand der Reife, wenn sich die Stiele gestreckt haben, würden sie natürlich einen weit größeren Raum der Blattfläche zudecken, so z. B. Fig. 27. Leptochilus heteroclitus. Querschnitt durch ein älteres Sporophyl1. Vergr. ca. 55:1. den inneren Raum der rechtsseitigen Adernmasche auf Fig. 30 ganz aus- füllen, ohne daß neue Sporangien entständen. Fig. 31 gibt ein Über- gangsblatt, ebenfalls von L. cuspidatus, mit reifen Sporangien, die allerdings zum Teil schon abgefallen sind, so daß nur noch die Stiele 238 Eva Schumann, im Querschnitt zu sehen sind; denkt man sich aber über jedem abge- broehenen Stiel eine Sporenkapsel, so würde das Blatt von Sporangien fast ganz bedeckt sein, je- doch ohne daß sie dem Parenchym entsprängen. Einen Querschnitt durch eine ausgewachsene Mittel- form von L. heteroelitus zeigt Fig. 32, wo es beson- ders deutlich wird, daß die Sporangien auf den Adern entspringen und sich seit- lich nur in geringem Maße über das Parenchym ver- breiten. Übrigens kann man auch an normalen Sporophylien der Lepto- chilus-Arten die Tatsache j feststellen, daß die adern- ie een eopintun Spormbrl une ständigen Sporangien vor den andern gefördert sind ; sie werden nämlich früher reif, und so kann man zuweilen auf halbreifen Sporophylien ein Netzwerk schwarzer, reifer Spo- rangien sehen, das genau dem Lauf der Adern entspricht, da- zwischen die noch unreife grüne Sporenmasse. An den Über- gangsfiedern von A. aureum sind die zuerst auftretenden Sporan- gien ebenfalls an den Verlauf der Nerven gebunden, ja sogar die typischen mit oder vor den Sporangien erscheinenden Fig. 29. Leptochilus euspidatus. Sporophyll Schutzhaare foleen den Adern. quer. Stärker vergrößert. S Sporangium, hi dessen Basalzelle sich geteilt hat. Obwohl auf die normale Stel- lung der Sporangien bei Steno- semia aurita und IL. zeylanieus erst später eingegangen werden soll, sei doeh hier auf die schon oben beschriebenen Mittelformen hingewiesen. Bei Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 239 L. zeylanieus wurden die Mittelformen künstlich erreieht durch Entfernung aller ausgewachsenen sterilen Blätter zu einer Wachstumsperiode, wo man annehmen konnte, daß die Anlagen zu fertilen Blättern da seien; es zeigten sich auch an der einen Versuchspflanze nach einiger Zeit die erwarteten Mißbildungen, sogar wiederholt; spontan waren sie nie auf- getreten; die Sporangien standen auf den der Mittelrippe parallel laufenden Stücken der kostalen Maschen (Fig. 14B). Bei Stenosemia, wo die Frukti- fikation sich normalerweise auch auf das Parenchym erstreckt, war bei der Zwischenform mit randständigen Sporangien (s. pag. 230) ein margi- naler Verbindungsnerv ausgebildet; bei dem anderen Typus von Mitiel- Fig. 30. Leptochilus cuspidatus. Mittelform mit noch unreifen Sporangien. Vergr. ca. 8:1. form, der Sporangien nur auf der Unterseite zeigte, standen diese immer über den Adern. Aus dem Gesagten geht also hervor, daß die Sporangien selbst da, wo sie auf dem Parenchym stehen, ontogenetisch und wahr- scheinlich phylogenetisch in Beziehung zum Verlauf der Adern stehen; somit liegt die Annahme nahe, daß ein Übergreifen der Sporangien auf das Parenchym nicht bloß am Ende einer, sondern verschiedener Entwicklungsreihen stattfand; das bedeutet also, daß die Acrosticheen aufgelöst und an verschiedene Stellen des Systems gestellt werden müssen, wie es Diels getan hat. Sehr gestützt würde diese Annahme, wenn auch in anderen Familien ein Übergreifen der Sporangien aufs Parenchym sich nachweisen ließe, und das ist tatsächlich der Fall. 240 Eva Schumann, Bei den Adianten stehen die Sporangien gewöhnlich auf den Nerven der ungeschlagenen Läppchen des Blattrandes, bei einigen Arten, nach Mettenius und Copeland bei A. affine (= A. diaphannum) und A. pubescens (= A. hispidulum), stehen sie jedoch auch auf dem Parenchym dieser Läppchen außerhalb der Nerven. Adiantum macro- phyllum ist eine Spezies, bei der normalerweise die Sporangien auf die Adern beschränkt sind — ich fand jedoch an einem jungen Blatt ein fertiles Läppchen, an dem deutlich zu sehen war, daß einzelne Sporangien Fig. 31. Leptochilus cuspidatus. Mittelform mit reifen Sporangien. Vergr. ca. 8:1. auf dem Parenchym zwischen den Nerven ihren Ursprung nahmen (Fig. 33). Auch bei der Gattung Dryopteris, Subgenus Meniseium, speziell an der Art D. retieulata und D. reticulata var. macrophylla läßt sich ein Übergreifen der Sporangien auf das Parenchym verfolgen. Ge- wöhnlich stehen hier die Sporangien in runden Soris an der Stelle, wo zwei Seitenadern zweiter Ordnung sich treffen; an einigen Exemplaren sieht man, daß die Sori länglich geworden sind, indem sie sich längs der Adern ein Stück hinabziehen. An noch anderen Exemplaren ist die ganze Blattunterseite mit Sporangien bedeckt, und zwar hat es nicht nur den Ansehkein, wie man vermuten könnte, dadurch, daß die langgestielten adernständigen Sporangien sich auf das Parenchym hinüberlegen, sondern Die Aerosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 2a es zeigt sich bei mikroskopischer Untersuchung, daß die Sporangien dem Parenchym selbst aufsitzen. Auch bei Aspi- dium Griffithii fand ich an allen Exemplaren des Münchener Herbariums widerholt einzelne Sporangien auf dem Parenchym, in der Mitte der von den Adern gebildeten Maschen. Man sieht also, daß ein Übergreifen der Sporangien auf das Parenchym in einander fremden Gattungen unabhängig stattgefunden hat, Das Zustandekommen von linearen Soris, wie sie die Pteridinae haben, konnte ich an einer Keimpflanze von Pteris ensiformis beob- achten. Bei dieser Art fruktifiziert schon das dritte Blatt der Keimpflanze, wenn auch nicht Fig. 33. Adiantum macrophylium. Fertiler Blattlappen mit Sporangien auf dem Parenchym. so ausgiebig wie die späteren Sporophylle; aber deshalb läßt sich gerade die Entwicklung des Sorus gut verfolgen. An einem solchen ersten Sporophyll war der für Pteris charakte- ristische intramareinale Verbindungsstraug zwischen den Aderenden noch nieht ausgebildet, noch fanden sich Sporangien zwischen den Aderenden; ebensowenig war der Blattrand als Indusium umgesehlagen. Die wenigen Sporangien standen vielmehr entweder ganz einzeln oder in Gruppen bis zu vier an den Enden der Adern, die sich büschelförmig nach beiden Seiten aus- bogen; in einzelnen Fällen war eine solche Gruppe von dem umgebogenen Blattrand ein wenig überdacht. Auf etwas später entstan- denen jüngeren Sporophylien waren die seitlich umgebogenen Flora, Ba. 108. Blattquerschnitt durch eine ausgewachsene Mittelform. Vergr. ca. 27:1. Fig. 32. Leptochilus heteroclitus. Enden 242 Eva Schumann, des Adernbüschels denen der nächsten Ader schon vielmehr entgegen gekommen; mit ihnen hatten sich die Sporangien ausgebreitet; auf noch späteren Sporophyllen hatten sich die seitlich umgebogenen Enden zweier benachbarter Adern vereinigt, so daß der marginale Verbindungsstrang hergestellt war; auch die Sporangien bildeten nun eine kontinuierliche Reihe und der umgeschlagene Blattrand funktionierte als Indusium. Wenn man also aus dem Verhalten der Keimpflanze von Pteris ensiformis schließen darf, daß sich der lineare Sorus aus dem punktförmigen ent- wiekelt hat, wenn man weiterhin annimmt, daß vom linearen Sorus aus die Sporangien auf das Parenchym übergegriffen haben, wie es tat- sächlich bei Adiantum und Dryopteris Subgenus Meniscium der Fall ist, so kommt man zu der Art der Fruktifikation, wie sie die Acrosticheen zeigen. Übersieht man die Beschaffenheit der einzelnen beschriebenen Formen, so fällt zunächst ins Auge, wie wenig Acrostichum aureum mit allen anderen Spezies übereinstimmt. Es verhält sich abweichend in- bezug auf den äußeren Habitus, Anatomie des Stammes (Solenostelie gegenüber Dictyostelie), Gefäßbündelverlauf im Petiolus (komplizierte Anordnung zahlreicher Bündel gegenüber einfacher hufeisenförmiger weniger Bündel), Ausbildung der Wurzeln (di-, hex- oder dodecarches Xylem, im Parenchym zahlreiche Interzellularen gegenüber di- oder triarchen Wurzeln mit dichtem Parenchym) Aderung des Blattes (hexa- gonale Maschen gegenüber regellosen Maschen mit oft freien Äderchen), Sporangienschutzapparat (Ausbildung besonderer Schutzhaare bei A, aureum), Größe des Sporangiums (0,4 x 0,3 mm bei A. aureum gegen- über 0,2—0,3 x 0,16—0,23 mm bei Leptochilus-Arten), Gestalt und Größe der Sporen (tetraedrische nackte 60 # große Sporen gegenüber bilateralen nierenförmigen mit Perispor versehenen 30—40 # langen; Fig. 34), Größe und Gestalt des Prothalliums (relativ große unregelmäßig gelappte Prothallien mit seitlichem Meristem gegenüber kleineren herzförmigen, die das Meristem in der Herzbucht haben). Übereinstimmung mit Lepto- ehilusarten zeigt sich nur darin, daß die Sporangien hier wie da auf dem Parenchym stehen; aber wie wir sahen, ist dieses Merkmal kein derartiges, daß man eine Familie darauf gründen könnte. Es ist also die Abtrennung des Aerostichum aureum durchaus gerechtfertigt und notwendig. Nur möchte ich noch einen Schritt weitergehen als Diels und Acrostichum von der Beziehung zu Elaphoglossum loslösen, mit dem es augenschein- lich ebensowenig zu tun hat, wie mit Leptochilus. Christ hat in seiner Monographie wahrscheinlich gemacht, daß Elaphoglossum zu Gymno- gramme (nach C. Chr. -Syngramme) und Syngramme in Beziehung Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 243 steht — also nimmt er für Elaphoglossum eine ähnliche Ableitung an, wie oben für Leptochilus getan wurde. Daß Trachypteris wegen der nur Maschen aufweisenden Aderung und der gefiederten fertilen Spreite eine Übergangsform zwischen den Elaphoglossen und A. aureum bildet, wie Christ annimmt, kommt mir nicht sehr wahrscheinlich vor; meiner Ansicht nach hat Diels diese Form mit Recht mit Elaphoglossum ver- einigt; der von den übrigen Elaphoglossen abweichenden Aderung trägt er dadurch Rechnung, daß er die Spezies als E. aureonitens eine eigene Sektion bilden läßt, ebenso wie das ebenfalls mit Adernmaschen ver- sehene Elaphoglossum erinitum. Die Anknüpfung des A. aureum an andere Formen läßt sich viel- leicht durch A. praestantissimum vermitteln. Diese Art, besonders die Exemplare, an denen die Sporangien in Streifen längs des Randes stehen, zeigt im Habitus eine auffallende Ähnlichkeit mit Pieris splendens; freilich sind an solchen Exemplaren meist auch Fiedern vorhanden, die ganz mit Sporangien bedeckt sind, wodurch sich die Zugehörigkeit zu Acrostichum erkennen läßt. In den Herbarien finden sich häufig Exemplare von A. praestantisimum als Pteris bestimmt, so z. B. ein Original von Baker als Pteris dominieensis. Auf diesem Irrtum Bakers beruht wohl auch Christs Anmerkung zu Pteris splendenst), daß sich auf den Antillen eine schmälere schlaffere Form mit sehr breiten Sori, P. Dominieensis Bak., finde. In Wahrheit handelt es sich um A. prae- stantissimum. Die Ähnlichkeit mit Pteris splendens — besonders mit breitblätterigen Exemplaren — beruht auf der Übereinstimmung im Bau der Blattwedel; beide Farne haben große einfach gefiederte Blätter, die Fiedern sind ganzrandig, eiförmig-lanzettlich, die Aderung besteht hier wie dort aus einer Mittelrippe und hexagonalen Maschen. Die Sporangien sind bei Pteris splendens auf einen intramarginalen Verbin- dungsnerv beschränkt und vom umgeschlagenen Blattrand bedeckt. Bei vielen Fiedern von A. praestantissimum finden sich die Sporangien ebenfalls nur am Blattrand, freilich nehmen sie da einen ganzen Teil des Parenchyms ein und darin besteht der wesentliche Unterschied von Pteris; der Blattrand ist hier aber ebenfalls indusiumartig umge- schlagen. An der Spitze einer fertilen Fieder mit randlicher Fruktifikation von A. praestantissimum war übrigens dasselbe Verhalten der Sporangien und Adern zu beobachten wie es oben von Pteris ensiformis beschrieben wurde. Ganz an der Spitze war der dem Rande parallele Kommissuralnerv noch nicht ausgebildet, die Seitenadern spalteten sieh nur büschelförmig 1) Farnkräuter der Erde, pag. 170. gr 1 244 Eva Schumann, auf; etwas weiter unten hatten sich die Enden der Seitenadern umgebogen und einander genähert und waren schließlich zu einem Kommissuralnerv verschmolzen, auf dem die Sporangien — die hier nicht erst einzeln auftraten — in Reihen standen; weiter unten traten sie dann auf einen breiteren randlichen Streifen des Parenchyms über; an manchen Fiedern von A. praestantissimum bedecken sie sogar die gesamte Blattunterseite; der Unterschied zu A. aureum liegt dann in der Verschmälerung der fertilen Fiedern. Auch in der Gestalt und Größe der Sporen stimmen die beiden Acrostichum-Arten mit Pteris splendens überein. Es ist also nicht unwahrscheinlich, daß dieser isolierte Typus in Beziehung zu Pteris zu bringen wäre; A. praestantissimum würde den Übergang von Pteris zu A. aureum vermitteln. Als analogen Fall kann man die Beziehungen zwischen Taenitis und Platytaenia anführen; bei der ersteren stehen die Sporangien auf dem von einem Kommissural- nerv durchzogenen flachen Receptaculum in der Mitte zwischen Rippe und Rand, während sie bei Platytaenia das gesamte Parenchym der Blattunterseite einnehmen. In der Gestalt der Sporen und Paraphysen sowie vor allem im vegetativen Gesamthabitus stimmen beide Formen überein. Es hätte also sowohl bei Pteris-Aerostichum wie bei Taenitis- Platytaenia ein Übergreifen der Sporangien von einem umschriebenen Bezirk aus auf das gesamte Parenchym stattgefunden, ein Vorgang, der nach der obigen Ausführung durchaus wahrscheinlich ist. Auf Grund der hexagonalen Adernmaschen sind Acrostichum und Platytaenia manchmal zusammengestellt worden, so von Presl, Hooker, Hooker und Baker; F6e faßt das A. praestantissimum und Platytaenia zu dem Genus Neurocallis zusammen mit dem „Charakter essentialis“: Nervillis reticulatis maculas hexagonas appendieulatas formantibus—frontibus pinnatis diplotaxibus, heteromerphis. Auf die Diplotaxie (Trennung der fertilen von den sterilen Blättern) und die Heteromorphie der Blätter legt er besonderes Gewicht; sie veranlaßt ihn dazu, die beiden Aerostichum-Arten in verschiedenen Gattungen unterzubringen. Gleichwohl beschreibt er eine Mittelform von A. prae- stantissimum: „nous avons sous les yeux une fronde sterile, dont un grand nombre de frondules se sont mötamorphosees en fertiles; elles paraissent un peu plus larges que dans !’&tat normal.“ Angesichts dieser und zahl- reicher an anderen Farnen beobachteten Übergangsformen erscheint eine generische Trennung der beiden Acrostichum-Arten durchaus nicht am Platz; ob zu Platytaenia eine nähere Beziehung besteht, ist mir ebenfalls fraglich; in seinem äußeren Habitus ist dieser Farn so viel Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 245 zierlicher als Aorostichum. Die Aderung und die Gestalt der Sporen ist freilich dieselbe. Nicht ausgeschlossen erscheint es, daß Taenitis und Pteris zusammenhängen, und daß dann von der ersten Platytaenia, von der letzten Acrostichum sich ableitet. Auch Dryostachium und Photinopteris, die von manchen Autoren wegen der die Unterseite mehr oder weniger vollständig bedeckenden Sporangien als Acrosticheen beschrieben wurden, lassen sich von Formen mit Sorusbildung ableiten. So fand ich an einer fertilen Fieder von Photi- nopteris, die an der Spitze steril wurde, daß die Sporangien beim Über- gang des fertilen Teils in den sterilen Teil den Adern folgten. Die auffal- lende Übereinstimmung im Habitus von Dryostachium mit Polypodium- Arten, vor allem mit Polypodium Meyenianum, rechtfertigt die Stellung der Form zu den Polypodien, welche Diels und Christ ihr gegeben haben, durchaus. Diese Übereinstimmung erstreckt sich nicht nur auf die Ge- stalt: der Blätter, sondern auch auf die Aderung und die Gestalt der Fig. 34. Sporen. 4 Acrostichum aureum. 2 Leptochilus cuspidatus. © L. hetero- elitus. D L. decurrens var. Rasamalae. ZL. zeylanicus. 7 L. Stenosemia aurita. Vergr. ca. 250:1. Sporen, die nierenförmig und ohne Perispor sind. Der Unterschied liegt darin, daß P. Meyenianum runde Sori trägt, im Gegensatz zu Dryosta- ckium, wo die Sporangien entweder in viereckigen Komplexen zwischen zwei Seitenadern auf der Blattfläche stehen, oder sie auch ganz be- deeken. Die Blattunterseite der schmalen fertilen Fiedern ist auch bei Photinopteris bedeckt, eine Abgrenzung in viereckige Polster wie bei Dryostachium findet sich hier nieht. Photinopteris weicht von Dryo- stachium und P, Meyenianum hauptsächlich dadurch ab, daß die Fiedern kurze, am Grunde geöhrte Stiele haben; die Aderung und die Gestalt der Sporen stimmt mit den beiden genannten Gattungen überein. Sehr gut läßt sich auch die Ausbreitung der Sporangien auf das Parenchym von einem deutlichen Receptaculum aus innerhalb der Gat- tung Stenochlaena beobachten. St. gracilis, ebenso St. tenuifolia (Fig. 354), hat ein deutliches schmales, von einem Adernbündel durch- zogenes Receptaculum; bei St. Pittieri hat es sich schon etwas ver- flacht und verbreitert (Fig. 35 B), noch mehr bei St. palustris (Fig. 35C); bei St. marginata (Fig. 35D) kann man von einem eigentlichen Recepta- 246 Eva Schumann, eulum kaum mehr sprechen; die Sporangien stehen hier auf dem Teil der Blattunterseite, der zwischen Mittelrippe und umgeschlagenem Blattrand liegt, unterschiedslos über Adern und Parenchym. Eine parallele Entwicklung findet sich innerhalb des Genus Blechnum, worauf schon Metteniust) hinweist. Er stellt, von B. capense ausgehend, eine Reihe auf, innerhalb derer sich die Sporangien von einzelnen Soris bis aufs oo “u Öi 7, A a B [e D Fig. 35. Schematische Darstellung von @uerschnitten durch Sporophylle von Stenochlaena und Blechnum, die Stellung der Sporangien zeigend. 4 St. gracilis. 3 St. Pittieri. C St. palustris. D St. marginata. Z Bl. Patersoni. „Indusium‘ ausbreiten. Bei B. capense ist der anscheinend ununter- brochen längs verlaufende Sorus, wie sich bei mikroskopischer Unter- suchung auf Längsschnitten zeigt, in Einzelsoris aufgelöst; auch das Indusium ist dementsprechend eingeschlitzt. Bei anderen — den meisten — Blechnum-Arten stehen die Sporangien auf einem fortlaufenden Receptaculum parallel zur Mittelrippe, bei noch anderen, z. B. B. Pater- Beier Fig. 36. Aderung von Dryopteris und Leptochilus. A D. urophylla (Meniseium). BL. suberenatus. C L. scalpturatus. D L. heteroclitus, steril. Z L. heteroclitus, fertil. Vergr. ca. 2:1. soni, stehen sie auf der ganzen Blattfläche. Vergleicht man die Quer- schnitte durch die fertile Fieder von St. marginata (Fig. 35D) mit einem Querschnitt von B. Patersoni (Fig. 36E), so ist ein prinzipieller Unter- schied in der Stellung der Sporangien nieht vorhanden; hier wie da stehen sie auf einem von Adern durchzogenen Teil der Blattunterseite; bei Blechnum ist der umgeschlagene Blattrand viel mehr als Indusium 1) Filices Horti Lipsiensis, pag. 61. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 247 ausgebildet, er ist einschiehtig und bedeckt die Sporangien weit mehr als der mehrschichtige Blattrand von Stenochlaena; dieser Unterschied berechtigt aber wohl kaum zu der Abtrennung der Stenochlaena von Blechnum, wie sie oft durchgeführt wurde. Diese beiden Genera stimmen in der Gestalt der Blätter und besonders in der typischen Aderung der sterilen Blätter so sehr überein, daß ihre auch von Diels angenommene Verwandtschaft wohl zweifellos ist, zumal ja, wie oben gezeigt wurde, auch die Stellung der Sporangien bei einigen Arten beider Genera die gleiche ist; auch die Gestalt der Sporen (nierenförmig, ohne Perispor) beider Gattungen ist die gleiche. Ob Stenochlaena (und, nach meinen obigen Ausführungen, damit auch eventuell Blechnum) an Asplenium anzuschließen ist, wie Christ!) meint, muß ich dahingestellt lassen. Christ’s Vermutung gründet sich auf das Vorkommen von Aphlebien bei Stenochlaena, mehr oder minder fein zerteilten Wasserblättern, die manchmal direkt in normale Blätter übergehen (s. Fig. 964 in den „Farnkräutern der Erde“). Das Seltsame ist, daß diese den normalen sterilen Fiedern gleichen, aber an den senkrecht zur Mittelrippe verlaufenden Adern Sporangien tragen, also sich asplenoid verhalten. Man müßte dann annehmen, daß der längs der Mittelrippe verlaufende Sorus des normalen Stenochlaenasporophylis dadurch zustande käme, daß die von der Mittelrippe sich abzweigenden Nerven sich zunächst dichotom teilten. Die mehr oder minder parallel zur Mittelrippe ver- laufenden Äste würden sich schließlich vereinigen und die Sporangien würden sich auf diese Teile beschränken. Bei Stenochlaena konnte ich keine Spuren eines solehen Verhaltens entdecken, wohl aber ließe sich ein derartiges Zustandekommen des der Mittelrippe parallelen fertilen Nerven an einigen Blechnum-Arten erläutern. Da es mir an Material solcher Wasserblätter und asplenoiden Fiedern von Stenochlaena fehlt, muß ich diese Frage unentschieden lassen. Daß auch das Genus Leptochilus sich ableitet von Arten mit Sorus- bildung wird durch die beobachteten Mittelformen, wo die Sporangien den Adern folgen, sehr wahrscheinlich. Solche Mittelformen scheinen sehr häufig zu sein; traten doch an den wenigen Pflanzen von Lepfo- chilus euspidatus und L. heteroclitus im Münchener Botanischen Garten im Laufe von 11, Jahren wiederholt welche auf. Für einzelne Spezies scheint dies Auftreten von Zwisehenformen typisch zu sein; für L. hetero- dlitus 2. B. wird es von den meisten modernen Verfassern angegeben (Christ, Clarke, Beddome, Diels). Bei L. sealpturatus sind die 1) Geographie der Farne, pag. 223. 248 Eva Schumann, Mittelformen scheinbar so häufig, daß man eine Varietät gebildet hat, bei der die Sporangien dem Verlauf der Adern folgen (L. scalpturatus var. deltiger). Auch an Herbarium-Material, von dem mir doch meistens nur ein oder zwei Exemplare einer Art zur Verfügung standen, fand ich Übergangsformen; so bei L. acrostichoides und L. Lindigii. Für Gym- nopteris variabilis (= L. deeurrens) gibt Beddome an: „Fertile fronds contracted and narrow, normally entirely covered with sori but in some cases the braoder fronds are dotted all over with large polypodioid sori.‘“ Ebenso sagt er von Gymnopteris variabilis var. lanceolata (= L. lanceo- latus): .. . „at other times the seeding is punctiform or grammiteid“. Es ist meines Erachtens wahrscheinlich, daß man die als Lepto- chilus zusammengefaßten Arten nieht nur von einem „aerostichoid flektierenden“ Typus ableiten kann; schen äußerlich lassen sich unter den Leptochilen zwei verschiedene große Gruppen leicht trennen: die eine, kleinere, hat ungeteilte ovale Blätter, die andere, bei weitem um- fassendere, hat fiederspaltige oder gefiederte Blätter; auch das Vor- handensein des Perispors ist für die zweite Gruppe (mit nur ganz wenigen Ausnahmen) charakteristisch, während die Leptochilen der ersten Gruppe nackte Sporen haben. Die Gruppe mit gefiederten Blättern läßt sich ungezwungen ableiten von Dryopteris Subgenus Meniscium. Bei D, uro- phylla und D. reticulata stehen die runden Sori auf den Verbindungs- stellen zweier Seitennerven zweiter Ordnung; häufig aber, besonders bei D. reticulata, breiten sie sich längs der Nerven aus, so daß solche fertile Blätter den oft erwähnten Zwischenformen von Leptochilus- Arten ganz ähnlich sind; auch ein Übergreifen auf das Parenchym findet, wie oben erwähnt, nicht selten statt. Besonders überraschend ist die Übereinstimmung mit L. suberenatus und scalpturatus, Bei diesen Spezies (Fig. 36 B, C) findet sich nämlich ein Übergang von der typischen Meniseium-Aderung (Fig. 36A) zu der für viele Leptochilen charakte- ristischen Aderung des L. heteroclitus (Fig. 36D). Es läßt sich also bezüglich der Nervatur von Dryopteris Subgenus Meniseium über L. sub- erenatus und L. scalpturatus zu L. heteroeclitus eine Reihe mit fort- schreitender Komplizierung finden. Diese Komplizierung findet auch, sogar noch weitgehender, in den fertilen Blättern statt (Fig. 36E), und wenn man annimmt — wie oben wahrscheinlich gemacht wurde — daß die Sporangien mit den Adern wandern, so ergibt sich eine größere Diehte der Sporangien bei Blättern mit diehterer Nervatur von selbst; ein Übertreten der Sporangien auf das Parenchym, das nun in viele sehr kleine Inselchen zerlegt ist, erklärt sich um so leichter. Leider fehlte es mir an lebendem Material von Dryopteris retieulata, so daß ich weder on nn Die Aerosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 249 die Anatomie des Rhizoms untersuchen noch Prothalliumkulturen an- legen konnte, Leptochilus von gymnogramme-, onychium- und hemionitis- ähnlichen Formen abzuleiten, erscheint mir aus manchen Gründen nieht so riehtig; einmal fand ich bei diesen Genera kein gelegentliches Über- greifen der Sporangien auf das Parenehym; dies kann natürlich vor- kommen, denn ich untersuchte nur eine beschränkte Zahl von Exem- plaren; jedenfalls ist es aber hier weniger häufig als bei den anderen angeführten Gattungen. Der äußere Habitus erinnert gleichfalls wenig an Leptochilus, und die Sporen dieser Art sind tetraedrisch und nackt im Gegensatz zu den nierenförmigen mit Perispor versehenen Sporen bei Leptochilus und Dryopteris Subgenus Meniseium. Die Leptochilus-Formen mit ovaler Blattspreite und Sporen ohne Perispor sind nach Beddome, der in Indien reichliches lebendes Material beobachtete, äußerst variabel. An dem einzigen mir lebend zur Verfügung stehenden Exemplar dieser Leptochilus-Gruppe, einem L. decurrens var. Rasamalae, traten keine Abnormitäten auf. Beddome gibt jedoch fast bei jeder Spezies an, daß entweder die fertilen Blätter nur unvoll- ständig mit Soris bedeckt sind, oder daß die fertile Spreite an der Spitze zusammengezogen ist usw. So sagt er von Gymnopteris varia- bilis (= Leptochilus decurrens), daß sich manchmal Sporophylle finden, „dotted all over with large polypodioid sori“, ebenso von L. lanceo- latus, daß die Sori zuweilen „punctiform or grammitoid“ seien. Diese Tatsache, verbunden mit der großen Übereinstimmung dieser Lepto- chilen in Habitus, Blattform, Aderung, Sporen, Schuppen mjt manchen Polypodium-Arten (P. hemionitideum, P. membranaceum) macht eine Akleitbarkeit von Polypodium nicht unwahrscheinlich. Ein Übergreifen der Sporangien auf das Parenchym findet ja auch bei einigen Poly- podien, z. B. P. peduneulatum, statt. Unter den bei Gymnopteris (= Leptochilus) häufigen Anormalitäten führt Beddome an, daß sterile Spreiten an der Spitze kontrabiert und mit Sporangien bedeckt seien, wie es die Regel ist für Hymenolepis; er sagt, man könne solehe Blätter beider Arten, losgetrennt von ihren Rhizomen, nicht unter- scheiden, und beschreibt Hymenolepis direkt als Gymnopteris spieata; eine Verwandtschaft beider Arten ist wohl anzunehmen, da sie auch in Bezug auf Habitus, Aderung und Sporenausbildung übereinstimmen; freilich ist bei Hymenolepis ein Receptaculum vorhanden; aber dies bedingt ja keinen prinzipiellen Unterschied, wie die Genera Stenochlaena und Blechnum zeigen. Nun ist es interessant, daß auch bei manchen Polypodium-Arten (P. Hoyaefolium, P. rhynehophyllum) die Blätter 250 Eva Schumann, leicht zusammengezogen sind und nur an der Spitze fruktifizieren, freilich in deutlichen Soris, Es erscheint also auch über Hymenolepis eine Anknüpfung an die Polypodien möglich. In der beigegebenen Tabelle versuche ich einige Übersicht in das Genus Leptochilus zu bringen, insoweit es mir als Herbarinm-Material erreichbar war. Innerhalb der zwei Hauptgruppen, die ich für natürliche halte, kann eine Gliederung bei so unvollständigem Material, wie mir zur Verfügung stand, nur der gröberen Orientierung dienen, zumal an Stellen, wo die einzelnen Arten einander so decken, wie es z. B. bei 2, III, Cd der Fall ist; es scheint nach den mir vorliegenden, allerdings vereinzelten Herbarium-Exemplaren möglich, einige Arten dieser Ab- teilung zusammenzuziehen. Gliederung des Genus Leptochilus. 1. Abteilung. Blätter oval, ungefiedert; Sporen ohne Perispor. I. Fertile Blätter dieselbe Form wie die sterilen, nur kleiner. L. gaboonensis. L. Zollingeri. Il. Fertile Blätter linear, A.B. sehr klein, L. minor. L. normalis. B.B. groß. L. axillaris, L. decurrens. L. lanceolatus. L. metallieus. 2. Abteilung. Blätter gefiedert oder fiederspaltig. L_B. fiederspaltig. A. Nerven hexagonale Maschen bildend, L. Zluviatilis. B. Adern große Vierecke bildend mit kleineren Maschen und freien Äderchen. a) Sporen nackt, L. trieuspis, L. varians. b) Sporen mit Perispor, L. Harlandi, L. Holirungii. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 251 IL B. gefiedert, oberste Fieder fiederspaltig; Sporen mit Perispor. A. Adermaschen ohne freie Äderchen. a) Oberste Fieder zweispaltig, L. aurieulatus. b) Oberste Fieder mehrspaltig. 1. Biattrand tief eingeschnitten, L. umbrosus. 2. Blattrand flach gelappt, L. Naumanni, L. sagenioides. 3. Blattrand gezähnt, L. opacus. B. Adermaschen mit freien Äderchen. a) Blattrand ganz. 1. Fiedern kurz und breit, L. Laurentiü, 2. Fiedern lang und schmal, L. Hendeloti. b) Blattrand eingeschnitten. 1. Adernmaschen sehr langgestreckt, L. quoyanus. 2. Adernmaschen gedrungener, L. alienus, L. euspidatus. III. Blätter gefiedert. A. Fiedern ganzrandig. a) Fiedern sehr groß und im Verhältnis zur Länge ziemlich breit. 1. Adermaschen mit freien Äderchen, L. nicotianifolius. 2. Adermaschen ohne freie Äderchen, L. diversifolius. b) Fiedern im Verhältnis zur Länge schmäler, End- fieder proliferierend. L. suberenatus, L, sealpturatus, L. heteroelitus. c) Fiedern sehr schmal. L. salieinus. 252 Eva Schumann, B. Fiedern tief gelappt. a) Adernmaschen ohne freie Äderchen, L, Taylori. b) Adernmaschen mit freien.Äderchen, L. prolifer. C. Fiedern leicht eingebuchtet. a) Maschen ohne freie Äderchen, L. Lindigü, L. guianensis. b) Maschen mit freien Äderchen, acrostichoides, crenatus, Bernoulb, serratifolius, virens. FrreeH Bei allen untersuchten Leptochilus-Arten fand ich die oben be- sehriebene Stellung der Sporangien, mit Ausnahme von L. zeylanieus. Makroskopisch scheint die Unterseite der schmalen linearen Sporophylle mit Ausnahme des Mittelnerven und des Blattrandes ganz mit Sporangien bedeekt; Querschnitte zeigen jedoch, daß ein Receptaculum vorhanden ist, das auf beiden Seiten der Mittelrippe parallel verläuft und von je einer Ader durchzogen ist, die von Zeit zu Zeit mit dem Mitteinerven anastomosiert (Fig. 37). Auf diesem Receptaculum sind die Sporangien Fig. 37. Leptochilus zeylanieus. Querschnitt durch ein fertiles Blatt. Vergr. ca. 38:1. inseriert und da sie ziemlich langstielig sind, bedecken sie in reifem Zu- stand den größten Teil der ohnehin schmalen Spreite. Nach der Spitze des Blattes zu vereinigen sich die Seitennerven mit der Mittelrippe, nnd die Sporangien stehen dann direkt über dieser (Fig. 38). Nicht allzu Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 253 selten sind Verbreiterungen des Sporophylis (vgl. die Abbildung in Christs „Farnkräutern der Erde‘); in solehen Fällen sind dann kleine äußerlich nicht hervortretende Seitennerven vorhanden, die beiderseits von einem Receptaculum begleitet werden, auf dem die Sporangien inseriert sind; auf dem Parenchym stehen auch da die Sporangien nicht. Die stark zusammengezogenen Sporophylle von Stenosemia aurita erscheinen allseitig mit Sporangien bedeckt; von einer ehlorophyliführen- den Blattspreite ist nichts zu sehen. Tatsächlich zeigt sich auf Quer- schnitten, daB die Sporangien sowohl auf der Unter- als auch auf der Oberseite des Blattes stehen, wenn auch auf der letzten weniger zahlreich, Auf noch nicht ganz reifen Sporophyllen läßt sich deutlich die Rand- scheitelzelle des Blattes zwischen den Sporangien erkennen (Fig. 39.A und B), wodurch der Beweis ge- liefert ist, daß es sich nicht um eine Verschiebung der Blattunter- seite nach oben handelt, sondern daß in der Tat die Sporangien den Epidermiszellen der Blatt ob erseite schnitt dureh ein Tertiloe Blatt nahe der entspringen, ein gewiß nicht häufi- Spitze. Vergr. ca. 38:1. gerFall. Es ist nicht richtig, wenn Prant] Stenosemia an Pteris aquilina angliedern will; in den „‚Vorläufigen Mitteilungen über das Verwandtschaftsverhältnis der Farne“ heißt es: „In einer anderen Richtung schließt sich an Pteris aquilina Gymnopteris aurita Keys. (Polybotrya Blume)!) an, bei welcher der Blattrand zum Recepta- eulum wird, ohne daß auf den beiden Seiten Indusiumlappen hervor- sprossen.‘“ Wie Fig. 39A und B zeigen, wird der Blattrand nicht zum Receptaculum, sondern bleibt als solcher erhalten; deutlich ist dies auch zu sehen an den schon oben besprochenen Mittelformen mit randständiger Fruktifikation, wo ebenfalls die Sporangien auf Ober- und Unterseite stehen, die Randscheitelzelle mit einigen ihrer abgegliederten Segmente aber wohl erhalten ist (Fig. 39C). Die oben erwähnte zweite Art von Mittelform bei Stenosemia, wo die Sporangien den der Mittelrippe parallelen Seitenadern folgend nur auf der Unterseite des Blattes stehen, bietet im Querschnitt ein Bild wie Fig. 40. Dasselbe Bild erhielt ich auch von Querschnitten durch eine fertile Fieder von Stenosemia pinnata; von dieser Spezies stand mir nur ein Herbarium-Exemplar zur Verfügung, und so kann ich nicht sagen, ob hier die Sporangien normalerweise auf 1) = Stenosemia anrita. 254 Eva Schumann, die Unterseite beschränkt sind, oder ob zufällig eine Zwischenform, analog den von mir bei St. aurita beobachteten, vorlag. Jedenfalls zeigen diese Querschnitte große Übereinstimmung mit denen durch fertile Fiedern von Polybotrya- Arten, besonders von P. artieulata. Neben dieses Genus ist Stenosemia ja häufig gestellt worden, so von Fee, Hooker, Diels und Alderwerelt; Mettenius beschreibt sie direkt als Polybotrya. Interessant ist es, den Stand der Sporangien Fig. 39. Stenosemia aurit 4 Querschnitt durch ein junges normales Sporophyli. B Dasselbe, näher an der Spitze. C Querschnitt durch die Spreite eines jungen Blattes der Mittelform I. X Randscheitelzelle der Blattspreite. Vergr. ea. 77:1. bei den verschiedenen Polybotrya-Arten zu vergleichen. Lebendes, fruktifizierendes Material stand mir leider nicht zur Verfügung, doch untersuchte ich aus dem Münchener Herbarium die Arten P. articulata, P. appendiculata, P. cervina, P. osmundacea, P. scandens. Bei P. appen- dieulata stehen die Sporangien offensichtlich auf der Unterseite der fertilen Fiedern, und zwar, wie Querschnitte (Fig.41.A) zeigen, meistens in der für Leptochilus und Acrostichum aureum beschriebenen Art, unterschiedslos auf Adern und Parenchym; manchmal jedoch sind — zuweilen sogar an derselben Fieder — deutliche Receptacula ausge- bildet, wie sie sich bei anderen Polybotryen finden. Es scheint hier innerhalb einer Spezies ein Übergreifen der Sporangien vom Recepta- Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 255 culum aus aufs Parenchym stattgefunden zu haben. Bei P. artieulata (Fig. 41B) stehen die Sporangien auf Rezeptakeln parallel zur Mittel- rippe, die vom Blattrand seitlich überragt werden. Bei P. scandens (Fig. 41C) stehen die Sporangien auf einem nicht sehr breiten Recepta- eulum, der Blattrand ist etwas nach oben gerichtet. Bei P. osmundacea Fig. 40. Stenosemia aurita. Querschnitt durch die Blattspreite der Mittelform II. / indusinmartig vorspringende Leiste. Vergr. ca. 55:1. (Fig. 41D) ist das Receptaculum viel breiter, hat sich nach außen hin gestreckt und den Blattrand nach oben gedrängt, so daß er nun senk- recht zur Blattfläche steht; die Sporangien stehen auf Ober- und Unter- seite des Receptaeulums, so daß es makroskopisch den Anschein hat, als ständen sie auf Ober- und Unterseite des Blattes; die genauere Untersuchung läßt den Blattrand erkennen?). Bei P. cervina treten ver- Fig. 41. Schematische Darstellung von Querschnitten durch Sporophylie von Poly- botrya-Arten, die Stellung der Sporangien zeigend. A P. appendiculata. 2 P. arti- eulata. C P. scandens. 2 P. osmundace.. Z und 7 P. cervina. Punktiert: Receptaculum; 2 Blattrand. schiedene Sporophylle auf. So sind die von Martius 1817 und 1818 gesammelten Exemplare des Münchener Herbariums nur einfach ge- fiedert oder die sekundäre Fiederung ist wenigstens nur durch Ein- buchtungen angedeutet, während andere später gesammelte Exemplare oft durchaus doppelt gefiedert sind. Ich untersuchte zunächst ein nur 1) Die in den „Natürlichen Pflanzenfamilien“ von Diels nach Mettenius wiedergegebene Abbildung Fig. 1034 ist nieht P. osmundacea, sondern P. scandens. 256 Eva Schumann, einfach gefiedertes Exemplar, das augenscheinlich auf Ober- und Unter- fläche dicht mit Sporangien bedeckt war; auf dem Querschnitt fand ich Bilder, wie Fig. 41E eines wiedergibt. Auffallend war die verschie- dene Beschaffenheit des Zellgewebes; die in Fig. 4LE schraffierten Partien bestanden aus losen, unregelmäßigen, rundlichen Zellen, während die weiß gelassenen Teile regelmäßige, eng nebeneinanderliegende Zellen aufwiesen. In der Flächenansicht eines durchsichtig gemachten Blatt- stückes zeigte sich eine eigentümliche Adernversorgung der schraffierten Partien: es bogen nämlich die von der Mittelrippe ausgehenden Seiten- nerven in dem lockeren Gewebe so um, daB sie eine kurze Strecke senk- recht zur Oberfläche verliefen, um nach abermaligem Umbiegen in die Ebene der Oberfläche zur Mittelrippe zurückzuziehen ohne sie zu erreichen. Da sich die Seitenadern unter einem spitzen Winkel von der Mittelrippe abzweigen, so erscheinen auf dem (Querschnitt die beiden schräg ge- troffenen Schenkel des Seitennerven übereinanderliegend (Fig. 41E). Ein in der Richtung der Seitenadern zur Mittelrippe schräg verlaufender Schnitt wird wie Fig. 41F aussehen und den Adernverlauf veranschau- lichen. Außerdem zeigte das Präparat nur in dem aus regelmäßigen dichten Zellen nahe der Mittelrippe gelegenen Teil Spaltöffnungen, die in den anderen Partien vollständig fehlten. Die Differenzierung der Gewebe, der eigentümlicke Adernverlauf, die Verteilung der Spalt- öffnungen und vor allem der Vergleich der Quersehnitte von P. cervina mit denen von P. osmundacea legten mir den Gedanken nahe, daß ebenso wenig wie bei den übrigen Polybotryen bei P. cervina die Sporangien auf Ober- und Unterseite des Blattes, sondern auf Ober- und Unterseite des Receptaculums stünden; es würde sich also hier um ein enorm vergrößertes Receptaculum handeln, das noch viel weitgehender als bei P. osmundacea den Blattrand verdrängt hätte. P. appendiculata, P. arti- culata, P. scandens, P. osmundacea und P. cervina bildeten dann eine Reihe, in der sich das Receptaculum auf Kosten der Blattspreite immer mehr vergrößerte, bis sich diese schließlich auf die in Fig. 41E weiß ge- lassenen, längs der Mittelrippe flügelartig herablaufenden Teile be- schränkte. Als gestützt sah ich meine Anschauung an, als ich bei Schott die Abbildung eines Querschnittes durch eine fertile Fieder von P. cervina fand, wo die „Blattspreite‘‘ noch deutlicher hervortrat als auf meinen Präparaten (Schott nimmt natürlich wie alle Autoren an, daß die Sporangien auf Ober- und Unterseite des Blattes stehen). Bei der Untersuchung der oben erwähnten doppelt gefiederten Sporophylie der jüngeren Exemplare von P, cervina aus dem Münchener Herbarium fand ich freilich auf Querschnitten, daß die Sporangien nur die Mittel- Die Aerosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 257 rippe freiließen — von der „Blattspreite“ war also nichts mehr zu sehen; es ließe sich aber leicht denken, daß die ohnehin schon stark reduzierte Blattspreite die doppelte Fiederung nicht mehr mitgemacht hätte, so daß schließlich nur das allseitig von Sporangien bedeckte Receptaculum übrig bliebe; die flügelartig an der Rhachis der Fiedern I. Ordnung herablaufenden Gewebestreifen machen diese Annahme wahrscheinlich. Um die ganze hier vorgetragene Hypothese zu beweisen, bedürfte es natürlich noch genauer entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen, für die es mir leider an Material fehlt; die Prüfung erwachsener Blätter ist, wie auch Mettenius!) bei Besprechung derselben Frage bemerkt, unzureichend. Ebenso wäre es angebracht, noch weitere Polybotryen zu untersuchen. Auch F&e macht darauf aufmerksam, daß zunächst bei vielen Arten dieses Genus der Anschein erweckt wird, als wären beide Blattflächen fertil, daß es sieh aber häufig nur um eine Zusammenrollung handelt, die die Fiedern zylindrisch erscheinen läßt, oder um ein Hinüber- neigen der langgestielten Sporangien auf die sterile Oberseite. F&e ist aber der Ansicht, daß bei P. caudata und P. apiifolia die Sporangien auf beiden Seiten stünden; diese Arten konnte ich nicht untersuchen; für Polybotrya cervina, die häufig getrennt als Olfersia beschrieben wird, geben übrigens alle Autoren an, daß beide Blattflächen fertil sind. Nach obigen Ausführungen bestünde also ein wesentlicher Unter- schied zwischen Stenosemia und Polybotrya darin, daß bei der ersten (bei normalen Sporophylien) die Sporangien auf Ober- und Unterseite stehen, bei der letzten auf Rezeptakeln, die der Unterseite entspringen, beschränkt sind. Dasselbe Unterscheidungsmerkmal gibt auch Diels an; er sagt dann aber von einigen Polybotryen, daß sie Sporangien auf beiden Blattflächen trügen (P. cervina und P. Coenopteris = P. serra- tifolia). Ein Übergang von Stenosemia zu Polybotrya wäre gegeben durch die Mittelform der ersteren. Wie freilich die Sporangien von der Unterseite auf die Oberseite gelangten mit Überspringung der Blatt- randscheitelzelle, das ist eine offene Frage; vielleicht hat die weitgehende 7usammenziehung der Blattspreite, die auf der Unterseite allein nur geringen Raum bot, daran Anteil. Jedenfalls ist zunächst Stenosemia am richtigsten neben Polybotrya zu belassen. Zusammenfassung. 1. Die „Aerosticheen‘ lassen sich ableiten von Formen, hei denen die Sporangien dem Verlauf der Adern folgen. 1) Fil. Horti Lips., pag. 23, Anmerkung. Flora, Ba. 108. 17 258 Eva Schumann, 2. Dies wird bewiesen durch das Studium früher Entwieklungs- stadien, wo die Sporangien zuerst über den Adern erscheinen. 3. Ein weiterer Beweis findet sich in den häufig auftretenden Mittel- formen, wo die Sporangien ebenfalls dem Verlauf der Adern folgen. 4. Da ein Übergreifen der Sporangien von den Adern auf das Parenchym wiederholt stattgefunden hat, müssen die Acrosticheen auf- gelöst und verschiedenen Stellen des Systems zugeteilt werden. 5. Acrostichum aureum steht sowohl in Bezug auf Sporophyt wie Gametophyt ganz isoliert; vielleicht ist es mit Pteris in Beziehung zu bringen. 6. Stenochlaena ist an Blechnum anzuschließen. ?. Die Leptochilen mit geteilter Blattspreite sind von Dryopteris Subgenus Meniseium abzuleiten, die mit ungeteilter Blattspreite wahr- scheinlich von Polypodium-Arten. 8. Stenosemia ist zunächst bei Polybotrya zu belassen. 9. Die ergrünten Sporangien bei Stenosemia und Leptochilus cuspidatus zeigen, daß der Stiel des Sporangiums (und vielleicht auch die Wandzellen) dem Gewebe des Blattes angehören. Die vorliegende Arbeit wurde vom Sommer 1913 bis Sommer 1914 in Botanischen Institut München ausgeführt. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. Karl v. Goebel, möchte ich auch an dieser Stelle von Herzen danken für das Interesse, mit dem er meine Arbeit verfolgte, und für die zahlreichen Anregungen die ich dureh ihn empfing. Die Acrosticheen und ihre Stellung im System der Farne. 259 Literatur. Alderwerelt van Rosenburgh, C. R. W. K. van, Malayan Ferns, 1909. Bauke, H., Zur Entwicklungsgeschichte der Cyatheaceen, Abhandl. des Heidel- berger naturhist.-mediz. Vereins, Neue Serie, Bd.-I, Heft 1. de Bary, A., Vergleichende Anatomie, 1877. Beddome, R. H., Handbook of the Ferns of British India, 1883, Bower, F. O., Studies in the Phylogeny of the Filicales, III. Annals of Botany 1913, Vol. XXVIL. Ders., The Origin of a Land Flora, 1908, Christ, H., Un nouveau genre de Fougöres. Revue horticole 1912. Ders., Die Farnkräuter der Erde, 1897. 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Es war also das zur Erzeugung männlicher Fortpflanzungszellen spezialisierte Organ aus dem Stadium der generativen zur vegetativen Fortpflanzung übergegangen. Die an diesem Findling nachträglich ausgeführten Untersuchungen und deren Ergebnisse sollen in Nachfolgen- dem dargelegt werden. Leider war die Quantität des Lebermooses welches die genannten Erscheinungen zeigte, an dem betreffenden Orte, nur sehr gering und ich fand auch in der näheren Umgebung nicht mehr davon, so daß einerseits eine Lebendsendung zu Kulturzwecken wegen der Gefahr des Austroeknens gewagt erschien, während anderer- seits auch das in Alkohol konservierte Material nicht genügte, um alle gewünschten Fragen beantworten zu können. Die normale Pflanze. Nach Sehiffner’s Diagnosen!) und nach Vergleich mit den im Münchener Kryptogamen-Herbarium erliegenden, auf Java gesammelten Marchantien?) möchte ich die vorliegende Pflanze für Marchantia gemi- nata Nees. halten. Ein besonders auffälliges Merkmal dieser Art be- 1) Schiffner, Über exotische Hepaticae. Nova acta Car. Leop. 1893, Vol. LX, Nr. 2. — Ders., Hepaticae der Flora von Buitenzorg, Bd. I. 2) Schiffner, Iter indicum 1893/94. Giesenhagen, Lebermoose der Tropenreise 1900. det. Stephani. 262 Josef Doposcheg-Uhlär, steht darin, daß die Hüllen an den weiblichen Hüten nieht wie bei den meisten Marchantien zwischen den Strahlen, sondern unter denselben auf der Mittellinie sich befinden. — Marchantia Treubü Schiff,, welehe genanntes Merkmal ebenfalls aufweist, unterscheidet sieh, abgeschen von den Ventralsehuppenanhängseln, die hier ganzrandig, bei M. geminata aber gezähnt sind, besonders noch dadurch, daß die Epidermis aufgesetzto Mamillenzellen zeigt. Während der Antheridienstand bei M. polymorpha aus einem Träger und einer mehr oder weniger konzentrischen Scheibe besteht, auf welcher die Antheridien in radiären Strahlen eingesenkt sind, sitzen bei M. gemi- Fig. 1. Normaler Antheridienstand. Die Fig. 2. Abnormaler Antheridienstand mit punktierte Linie zeigt die Grenze, inner- abnormal verlängerten und verbreiterten halb welcher die Antheridien liegen. Ästen. Die Bildung der Antheridien wurde Vergr. 4:1. jedoch beibehalten. Punktierte Linie wie in Fig. 1. Vergr. 4:1. nata wie bei vielen tropischen Marchantien die Strahlen exzentrisch auf dem Träger in Form eines handförmigen Verzweigungssystems. In der Jugend sind aber auch hier die Stände noch ungeteilt und scheibenförmig, die Trennung findet erst später statt. Ob nun das vorliegende Lebermoos wirklich M. geminata ist und die bisher nicht beobachtete Eigenschaft des Vegetativwerdens der Anthe- ridienstände latent in sich trägt, oder ob diese Eigenschaft ein spezielles Merkmal des Findlings ist, der demnach eine neue Art darstellen würde, könnte nur durch Kulturversuche entschieden werden. Die abnormen Anntheridienstände. Die Abweichungen vom normalen Stande zeigen sich äußerlich in zwei Typen. Wie in Fig. 2 zu ersehen, bleiben einzelne Äste (ihre Zahl ist nicht konstant) im Wachstum zurück (1, 2, 3), während andere vor- Brutbecherbildung an den Antheridienständen von Marchantia geminata. 263 auseilen, über ihre normale Länge hinauswachsen. Gleichzeitig verbreitert. sich der schmale Thallussaum, welcher den die Antheridien tragenden Mittelteil berandet, bis auf mehr als das Doppelte seiner normalen Breite. Diese Verbreiterung kann nun eine allmähliche sein (6) oder sie findet mehr unvermittelt statt (4). — Der ganze Stand hat aber hierbei seine Qualität als Erzeuger von männlichen Geschlechtszellen nieht — oder noch nieht geändert; denn durch Aufhellung erkennt man, daß die Anthe- ridien noch bis an den Vegetationspunkt jedes Astes heranreichen. Im anderen Falle (Fig. 3) sind ebenfalls drei Strahlen im Wachstun zu- rückgeblieben, der vierte aber hat sich ganz unvermittelt zu einem normalen Thallus umgebildet, der durch einen Brutbecher äußerlich erkennen läßt, daß die innere Qualität ebenfalls eine andere geworden ist. Durch Aufhellung ergänzt sich diese Erkenntnis noch weiter, indem man sieht, daß die Antheridien nur bis zur Verbreiterungsstelle reichen. Außerdem zeigt es sich, daß an zwei Stellen auch im Innern des Ge- webes Brutkörper gebil- det wurden, (die, durch Epidermis bedeckt, äußer- lich noeh nicht in Er- scheinung getreten waren. Zerlegt man einen Ast von letzterem Typus!) durch Querschnitte, so sieht man an einem basalen Schnitte 3—5 leere Anthe- ridienhöhlen (Fig. 4). Mit Fig.3. Abnormaler Antheridienstand. Ein Ast des- der Verbrei n des S selben ist von der generativen Fortpflanzung 7 er Verbreiterung des Sau- vegetativen übergegangen. z offener Bruthe mes nimmt die Anzahl die- 2, 3 geschlossene Brutkörperhöhlen, die, Auf Höhl b (Fir. 5, 6 nicht erkenntlich, erst nach Aufhellung mit K: ser Höhlen ab (Fig. 5, 6), lange sichtbar wurden. Panktierte Linie wie in sie verschwinden gänzlich Kg. 1. Vergr. 6:1. und es folgt eine Zone parenchymatischen Gewebes, in die in einiger Entfernung von der letzten Antheridium-Höhle eine mit Brutkörpern erfüllte Höhle eingebettet ist (Fig. 7, 7a). Diese Anlage und Ausbildung von Brutkörpern im Innern des thallosen Antheridienstrahles ist ein Novum und vom Standpunkte der Organbildung von mehrfachem Interesse. Nach den Untersuchungen 1) Die Typen sind natürlich nicht fixiert, sondern zeigen Übergänge. 264 Josef Doposcheg-Uhlär, von Hofmeister!), Leitgeb®), Barnes und Land?) werden bei Mar- ehantia und Lumularia Brutkörper und Brutbecher normalerweise am Vegetationsscheitel aus Oberflächenzellen aufgebaut. Der Becher ent- Fig. 7. Fig. 7a. Fig. a7, Querschnitte durch ein und denselben Ast eines Antheridienstandes (ähnlich Fig. 3) von der Basis gegen die Spitze zu. A leere Antheridienhöhlen, v Ventralschuppen, X Rhizoiden, 3 Brutkörperhöhle mit Stift (S), welcher über die Thallusoberfläche hervorragt. Luftkammergewebe schraffiert. Brutkörper im . Querschnitt, teilweise schon herausgerissen. Vergr. 40:1. Fig. 7a. Detail einer Brutkörperhöhle von demselben Objekt wie vorher. Vergr. 130:1. 1) Fußnoten siehe nächste Seite. Brutbecherbildung an den Antheridienständen von Marchantia geminata. 265 steht aus einer ring- oder halbmondförmigen Zellwucherung und ist niemals geschlossen. Der Brutkörper nimmt von einer einzigen Ober- flächenzelle seinen Ausgangspunkt. Es sind demnach die dem Vegetationsscheitel zunächst befindlichen Brutbecher immer die jüngsten, während auf dem Aste Fig. 3 die Reihen- folge umgekehrt ist. Der Grund hierfür liegt offenbar darin, daß der offene Brutbecher wahrscheinlich in normalerweise am Vegetationsscheitel angelegt wurde, während die zwei anderen Bruthöhlen erst später ge- wissermaßen unter dem Einflusse der geänderten Qualität des Vegetations- punktes in Erscheinung traten. — Der Ausgangspunkt dieser Neubil- dungen konnte hier leider nicht ermittelt werden. Aber nicht nur in dem Gewebe des thallos gewordenen Neuzuwaclıses entstehen die eben geschilderten Bruthöhlen. Die Untersuchungen er- gaben, daß Brutkörper auch in älteren, äußerlich keine Veränderung zeigenden Teilen des Strahles auftreten können, und zwar in entleerten Fig. 8. Fig. 8 u. 9. Abnorme Brutkörperbildung in leeren Antheridienhöhlen. 3 Brut- körper. Vergr. 40:1. Antheridienhöhlen. Man findet dort Brutkörper einzeln oder zu mehreren (Fig. 8, 9). Daß es tatsächlich von Antheridien entleerte Höhlen sind, in denen sich die Brutkörper bilden, zeigt das Detail von Fig. 10, auf welcher die charakteristische Ausgangsöffnung der Antheridienhöhle deutlich zu ersehen ist. In diesen älteren Gewebeteilen konnten auch die Anfänge dieser abnormalen Brutkörperentstehung festgestellt werden. Sie kennzeichnen sich durch Zellteilungen und Bildung von embryonalem Gewebe an der Basis von leeren Antheridienhöhlen (Fig. 11, 12 — B,). Doch zeigt der- selbe Schnitt, daß der Ausgangspunkt der Neubildung auch unter einer 1) Hofmeister, Vergleichende Untersuchungen der Keimung, Entfaltung und Fruchtbildung höherer Kryptogamen. Leipzig 1851, pag. 50. 2) Leitgeb, Untersuchungen über die Lebermoose 1879. 3) Barnes and Land, The origin of the cupule of Marchantiaceae. Botan. Gazette 1908. 266 Josef Doposcheg-Uhlär, solchen Höhle, im Innern des Gewebes liegen kann (B,). Aber auch im Luftkammergtwebe, an der Basis von Luftkammern konnte der Beginn von Brutbecherwachstum gefunden werden (Fig. 13). In ähnlicher Fig. 11. Entstehung der Brutkörper im alten, nicht thallos gewordenen Teile des Astes. A Antheridienhöhlen,, 2, embryonales Gewebe an der Basis, B, Zellteilung unter der Basis von Fig. 10. Rechter Brutkörper in der An- leeren Antheridienhöhlen. An den theridienhöhle aus Fig. 9, stärker ver- Wänden der letzteren tote Spermatozoid- größert. Vergr. 130:1. reste, punktiert. Weise dürften auch die Brutkörper des jüngeren, umgewandelten, thallosen Aststückes ihr Wachstum beginnen. Da in den untersuchten, normal aussehenden Antheridienständen derartige Neubildungen bis nun nicht beobach- tet wurden, so muß angenommen werden, daß diese Brutkörper- bildung im Innern des älteren Gewebes unter Einfluß der geänderten Qualität des thallosen Neuzuwachses vor sich geht, daß korrelative Beziehungen bestehen. An einem Aste Fig. 12. Unterer Teil der Fig. 12, stärker vergrößert. eınes Antheridienstan- Bezeichnung wie vorher. Vergr. 175::1. des konnte äußerlich noch eine abnorme Bildung beobachtet werden in Form eines ca. 0,1 em hohen, über die Oberfläche hervorragenden Stiftes. Ein Querschnitt durch den- Brutbecherbildung an den Antheridienständen von Marchantia geminata. 267 selben zeigte, daß derselbe eine innere Bruthöhle nach oben abschloß (Fig. 14). Auch in Fig. 7 ist ob der Bruthöhle ein hier etwas kleinerer Stift zu sehen, der makroskopisch nicht wahrgenommen worden war. Mit dieser Beobachtung entsteht die Frage, wie die unter der Epider- mis eingeschlossenen Brutkörper ins Freie gelangen. Stifte (Fig. 14) befinden sich an der Spitze Papillen. Da die normal erzeugten Brut- becher von einem häutigen Rande umgeben sind, der mit eben solchen Papillen besetzt ist, könnte man schließen, daß dieser Stift dem über die Thal- lusoberfläche hervortretenden Teil des normalen Brutbechers homolog ist, daß er sich durch Auseinanderweichen und Umschlagen seiner Spitze öff- net und so die bisher einge- Fig. 13. An dem größeren Brutkörperbildung (3) in einer Atemhöhle. Vergr. 100:1. schlossenen Brutkörper ins Freie entläßt. — . Betrachtet man die scheinbar noch geschlossene Bruthöhle 2 in Fig. 3, so kann man bei hochgestelltem Mikroskop ein jüngeres Stadium eines solchen Stiftes sehen; eine kreisrunde Öffnung (Atem- öffnung?), die von einer größeren Anzahl gleichartiger Zellen umgeben ist, welche sich über die Oberfläche bereits vorgewölbt haben. Die Weiter- bildung zu dem Stifte durch interkalares Wachstum kann man sich leicht vorstellen. — Wir hättendann die interessante Erscheinung, daß ein und das- selbe Organ (Brutbecher) auf einemengbegrenzten Raumeauf zweierlei Art entstehen kann. Fig. 14. Yuerschnitt durch eine Bruthöhle (2), über welcher sich ein Stift (5) gebildet hat. Dieser, der Länge nach halbiert und ausge- breitet, ist im unteren mehrere Zellschichten, im oberen nur eine Schichte stark. Vergr. 4:1. Allerdings könnte auch der Ansicht Raum gegeben werden, daß der offene Brutbecher 1, Fig. 3 ebenfalls im Innern des Gewebes und nicht am Vegetationsscheitel entstanden sei. — Doch widerspricht den 268 Josef Daposcheg-Uhlär, die Form dieses Bechers. Er ist nicht regelmäßig abgerundet, hat gegen- über dem Vegetationsscheitel eine Einbuchtung, wie ich sie bei auf dem normalen Thallus gewachsenen Brutbechern von M. geminata und der afrikanischen M. planiloba öfters beobachten konnte, der aber jedenfalls mit Wachstumsverhältnissen am Vegetationsscheitel zusammen- hängt. Ursachen des abnormalen Wachstums. Bevor ich an die Frage herantrete, welche äußere oder innere Be- dingungen für das geschilderte Verhalten der abnormalen Antheridien- stände als ursächlich angesehen werden müßten, möchte ich noch an- führen, daß ein ähnlicher Fall bereits einmal von Leitgebt) beobachtet worden war. Er fand ein weibliches Receptaculum von M. polymorpha, an welchem „an der Unterseite und genau an den Stellen, wo an normal gebauten Hüten die Archegonien stehen, sich zahlreiche Brutknospen- behälter gebildet hatten, die wie die Archegonien in Radialreihen standen, in deren jeder, die nach der Peripherie des Hutes am weitesten, die nach dem Stiele zu liegenden am wenigsten weit entwickelt sind. .An den meisten Strahlen ist ein die Behälter tragender Sproß nicht erkennbar. Da und dort aber beobachtet man, der Lage nach einer Radialreihe von Archegonien entsprechend, eine vollkommen entwiekelte Laubachse, die mit Brutknospenbehältern und an ihrer der Unterfläche des Hutes zugewendeten Seite mit den beiden Blattreihen (Ventralschuppen) be- setzt und deren Scheitel nach dem Zentrum desselben gerichtet ist.“ Leider ist aus dieser Darstellung nicht zu ersehen, ob überhaupt Arche- gonien noch angelegt wurden, ob nicht etwa schon von Haus aus an Stelle der Archegonien Brutkörper auftraten, der formative Reiz zur Bildung des Receptaculums aber bereits in Wirksamkeit getreten war. Daß auch sonst an den Infloreszenzen oder an den „Wurzelrinnen“ der Träger Adventivknospen auftreten, ist mehrfach bekannt geworden?) und nimmt bei der enormen Lebensaktivität und Regenerationsfähigkeit der Lebermoose nicht wunder. Doch haben diese Erscheinungen mit der Umstimmung an den Vegetationsscheiteln des generativen Sproß- systems nichts zu tun. 1) Leitgeb, Verhandlungen der botanischen Sektion der 48. Versammlung deutscher Naturforscher, Graz 1875. Botan. Zeitung 1875, pag. 747. 2) Lindberg, Hepaticae in Hibernia 1873 lectae. Art, soe. seient. fennicae 1875, Bd. X, pag. 468. — Klein, Über Sprossungen an den Infl. Strahlen von March. polym. Botan. Zentralbl. 1881, Bd. V, pag. 26. Brutbecherbildung an den Antheridienständen von Marchantia geminata. 2659 Über die Bedingungen für den Eintritt der Brutbecherbildung und des Auftretens der Infloreszenzen wissen wir sehr wenig, Nach Daehnowskit) bildet M. polymorpha bei verminderter Lichtintensität und erhöhter Luftfeuchtigkeit weder Brutbecher noch Infloreszenzen; bei gesteigertem Lichtgenuß entstehen zuerst Brutbecher, hernach In- floreszenzen. Letztere können schon an Thalluslappen von 2,0 cm Länge und 0,7 cm Breite auftreten. Ohne Zweifel wird wie bei so vielen anderen Pflanzengruppen auch hier das Verhältnis der organischen zu den an- organischen Baustoffen eine Rolle spielen. Unter dieser Voraussetzung müßte man für unsere abnormale M. geminata annehmen, daß einzelne Antheridienäste (vielleicht durch lokale Beschattung) in andere Lieht- verhältnisse gelangten, so daß sie die Fähigkeit zur Bildung von Ge- schlechtszellen verloren. — Auch wäre daran zu denken, daß die Wasser- leitung seitens der Träger nicht gleichmäßig funktionieren könnte, wodurch ebenfalls Differenzen in der Qualität und Quantität der Bau- stoffe entstünden. — Daß auch das Zurückbleiben einzelner Äste im Wachs- tum und die Bevorzugung der anderen einen Einfluß haben könnte, wäre gleichfalls möglich. Daß übrigens die Ausschläge für die eine oder andere Fortpflan- zungsweise oft sehr gering sein müssen, ersehe ich aus meinen Ver- suchskulturen, die auf Grund des javanischen Fundes mit anderen Marchantiaceen angestellt wurden und noch nicht abgeschlossen sind, Thallusstücke, welche sich zweimal teilten, und also vier scheinbar gleichwertige Äste besitzen, können zu gleicher Zeit und unter den- selben äußeren Bedingungen Brutbecher und Infloreszenzen bilden im Verhältnis 4:0, 3:1, 2:2, 0:4, 1:3. — Auch zeigte es sich, daß männliche Hüte, vom Thallus abgetrennt und als Stecklinge benützt, ihr Wachstum fortsetzen und auch in der Bildung von Antheridien nicht einhalten — ein Beweis dafür, daß ihre Anlage von dem die In- floreszenz tragenden Thallusstücke unabhängig sein dürfte. — Zusammenfassung. Bei der javanischen M. geminata können die Antheridienstände vom generativen Zustande in den vegetativen übergehen, indem einzelne Strahlen aufhören Antheridien zu bilden, am Scheitel thallusartig weiter- wachsen und Brutbecher erzeugen. Diese Brutbecher können in nor- maler Weise oberflächlich am Vegetationsscheitel entstehen, außerdem 1) Dachnowski, Zur Kenntnis der Entwicklungsphysiologie von Marchantia polymorpha. Jahrb. f. wissenschaftl. Botanik 1907. 270 Josef Doposcheg-Uhlär, Brutbecherbildung a. d. Antheridienständen usw. aber finden sich Brutkörper sowohl innerhalb des umgewandelten thallosen, als auch im alten, niehtveränderten Teile des Strahles, in alten leeren Antheridienhöhlen und auch in Athemhöhlen. Der Ursprung dieser Brutkörper liegt entweder an der Basis dieser Hohlräume oder unter denselben. — Über diesen inneren Bruthöhlen bilden sich Stifte, welche wahrscheinlich durch Auseinanderweichen und Öffnen zu normalen Brutbechern ähnlichen Gebilden werden und so die Brutkörper ins Freie lassen. Der hohen Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Herrn Geheimrat Prof. von Goebel, Herrn Dr. J. Konigsberger, Direktor von s’lands plantentuin und Herrn Dr. C. F. von Faber, Vorsteher des botanischen Laboratoriums in Buitenzorg erlaube ich mir für weitgehende Unterstützung und liebenswürdiges Entgegenkommen anläßlich meiner Tropenreise auch an dieser Stelle meinen ergebensten Dank abzustatten. München, Mitte März 1914. Die Farngattung Platycerium. Von Heiarich Ritter von Straszewski. (Mit 42 Abbildungen im Text.) Einleitung. Das große wissenschaftliche Interesse, das die Botanik den Epi- phyten immer entgegenbrachte, hat dazu beigetragen, daß man sich mehrfach auch mit der Untersuchung von Platycerium beschäftigte. Diese schöne tropische Farngattung wurde zuerst unter ihrem jetzigen Namen von Desvaux im Jahre 1827 in der Beschreibung einer Tropenreise erwähnt. In einer im Jahre 1905 erschienenen Abhandlung versucht Under- wood nachzuweisen, daß Platycerium zum ersten Male ein paar Monate früher, wie von Desvaux, von Freycinet im Jahre 1826 beschrieben und von diesem Autor Aleieornium genannt wurde; aus diesem Grund hält er auch für richtig, diesem Namen die Priorität zu geben. — Von F6e wurde Platycerium Neuroplatyceros genannt. Nachdem aber von dem botanischen Kongreß in Brüssel der Name Platycerium endgültig angenommen wurde, ist er beizubehalten. — Die folgende Arbeit wurde im Botanischen Institut in München gemacht. Das lebende Material, das aus folgenden Arten bestand: Platy- ceriam grande, Wallichii, coronarium, Veitchüi, Willinckii, bifurcatum, bifurcat. majus und divergens, Hillii, angolense, stemmaria und Vassei, stammte aus den Gewächshäusern des Müncher Botanischen Gartens. Die Arten: Platycerium sumbavense, madagascariense und andinum konnte ich als Herbarmaterial untersuchen. Meinem hoehverehrten Lehrer Herrn Geheimrat von Goebel möchte ich für die dauernde Unterstützung, zahlreiche Anregungen, sowie auch für das mir in liebenswürdiger Weise reichlich zur Verfügung gestellte Material meinen herzlichsten Dank aussprechen. — Außerdem danke ich an dieser Stelle dem Reichsherbar in Leiden, sowie auch dem Kgl. Herbar in Berlin-Dahlem, für das mir zugeschiekte Herbarmaterial. 272 einr. Ritter v. Straszewski, Keimung und Prothalliumentwicklung. Die ersten Angaben über die Keimung und Prothalliumbildung von Platyeerium finden wir bei Bauke!), Bauke hat die Keimung der Sporen von Platycerium grande untersucht. Er schreibt: „Die fast bohnenförmig gestaltete, ein braunes, glattes Exospor besitzende Spore reißt bei der Keimung in der einzigen Keimungsleiste auf und sendet darauf in dergewöhnlichen Weise einen Keimfaden und ein oder häufiger mehrere primäre Rhizoiden. Für dieletzteren, wie überhaupt für sämtliche Rhizoiden an dem Prothallium von Platycerium grande ist es charakteristisch, daß dieselben vom ersten Momente der Entstehung an immer eine intensiv gelbbraune, ins rötliche spielende Farbe haben; eine bei dem Farnvorkeim mir sonst Fig. 1.2. Platycerium nirgends bekannte Erscheinung. Bemerkenswert bifurcatum. Keimende . . Sporen. ist ferner, daß zuweilen aus derselben Spore mehrere Keime entspringen, von denen jedoch, soweit meine Beobachtungen reichen, der eine immer bald zu wachsen aufhört.“ — Ich möchte hier auf die von Bauke nur ganz kurz beschriebenen Tatsachen der ersten Keimungsstadien etwas näher eingehen?). Die Sporen von Platycerium besitzen, wie auch aus den Unter- suchungen von Hannig?) hervorgeht, kein Perispor. Das Exospor reißt tatsächlich in der einzigen Keimungsleiste, in der ursprünglichen Anhef- tungsstelle der Spore an die Schwesterzellen. Beim Quellen wird die Spalte immer breiter und in den von mir beobachteten Fällen tritt zuerst das erste Rhizoid auf. Nachdem sich das erste Rhizoid aus der Basalzelle der Spore entwickelt hat, teilt sich diese Zelle; diese erste aus der Spore entstandene Zelle bewirkt durch ihr Wachstum ein weiteres Reißen der Sporenhaut in den beiden Richtungen von der Keimungsleiste, Fig. }. Fig. 2. 1)H. Bauke, Zur Kenntnis der sexuellen Generation bei den Gattungen Platy- cerium, Lygodium, Gymnogramne. Bot. Ztg., Bd. XXXVI, pag. 753, 188. 2) Ich habe eine Reihe von Aussaaten von verschiedenen Arten von Platycerinm gemacht (Pl. grande, Stemmaria, Willinckii, Hill, bifurcatum). Die Sporen wurden auf Lehmboden und auf Torf ausgesät, diese Torfstücke wurden außerdem mit Knop’- scher Nährlösung von Zeit zu Zeit begossen. Die Sporen keimten schneller auf dem Lehmboden, in 5—7 Tagen später aber wuchsen die Prothallien’besser auf dem Torf, deswegen habe ich auch die Prothallien nach einer Zeit auf Torf übertragen. Die einzelnen Arten stimmten in der Keimung und weiterer Entwicklung des Prothalliums überein. 3) E. Hannig, Über das Vorkommen von Perisporien bei den Filieineen nebst Bemerkungen über die systematische Bedeutung derselben. Flora 1911, Bd. CHI. Die Farngattung Platycerium. 273 und hebt auf diese Weise die eine Hälfte der Haut in die Höhe (Fig. 2). Die ganze Haut wird dann von der Basalzelle durch ein später ent- stehendes Rhizoid abgeworfen (so ein entstehendes Rhizoid können wir sehen bei der keimenden Spore in Fig. 3, der die Haut künstlich abgezogen wurde). e\ Der Zeitpunkt des endgültigen Abwerfens RL dieser Sporenhaut kann ein ganz ver- Ay schiedener sein, entweder geschieht das IM bald nach der Keimung, oder auch später, wenn sich die Prothalliumfläche schon gebildet hat. Bauke meint, er habe die Entstehung mehrerer Keime aus der Spore beobachtet, wenn er aber weiter sagt, daß von diesen Fig. 3. Platycerium stemmaria. der eine bald zu wachsen aufhört, muß Entstehendes zweites Rhizoid R. man annehmen, daß er bloß zwei aus einer Spore sich entwiekelnde „Keime“ gesehen hat. Ich fasse die Sache etwas anders auf. Die Prothallien von Platy- cerium besitzen die Eigentümlichkeit, sich zu gabein (speziell zeichnet sich dadureh Platycerium Stemmaria aus, wo es Fig. 6. am häufigsten vorkommt), was außerden auch bei den Cyatheaceen öfters beobachtet wurde). Fig. 4. Fig. 5. Fig. d—6. Pl. Stemmaria. Diese Verzweigung kann auf ziemlich verschiedenen Stufen der Ent- wieklung stattfinden. Die Fig. 4 zeigt uns ein Stadium von einem Prothallium von Platycerium Stemmaria, bei dem sich schon die erste Zelle gegahelt hat, in Fig. 5 geschieht dasselbe in der zweiten Zelle, und in Fig. 6 in der vierten. Die beiden, auf diese Weise entstandenen 1) K. Goebel, Örganographie der Pilanzen, pag. 412. Flora, Rd. 108. 18 274 Heinr. Ritter v. Straszewski, Fäden, müssen sich nieht zu gleicher Zeit entwickeln. Aus der Fig. 5 sehen wir, daß der neue Zellfaden sich schon in drei Zellen geteilt hat, dasselbe müssen wir auch für die Fig. 7 annehmen. Die Behauptung von Bauke, daß der eine „Keimling‘‘ immer zugrunde gehe, entspricht auch nieht den Tatsachen, ich konnte Vorkeime beobachten, bei denen sich beide durch die Gabelung entstandenen Prothallien entwickelten und wo auf beiden später Geschlechtsorgane auftraten. Goebel!) gibt an, daß bei den Prothallien von den Polypodiaceen das Fadenstadium nicht übersprungen wird, dies trifft auch für die Prothallien von Platycerium zu. Nachdem sich ein Zellfaden ausgebildet hat, beginnt das Prothallium zur Flächenbildung zu schreiten, die schon gebildeten Zellen teilen sich parallel zur Länge des Fadens, was in ver- schiedener Entfernung von der Spore geschieht, außerdem aber entwickelt Fig. 7. Pl. Stemmaria. Fig. 8. Pl. grande. sich eine Zelle zur zweischneidigen Scheitelzelle aus (Fig. 8). Das Wachs- tum mittels dieser zuerst gebildeten Scheitelzelle dauert aber nicht lange, denn, wie Bauke?) gezeigt hat, schließt die Scheitelzelle mit einer Papille ab, und nach deren Bildung finden keine Teilungen mehr in der Scheitelzelle statt. Es bildet sich ein seitliches Meristem aus, das aus der einen Hälfte der Endzelle entstehen kann?) (Fig. 9). Nach- dem sich dieses seitliche Meristem ausgebildet hat, gehen in ihm die Teilungen vor sich, die zur Bildung der beiden Prethalliumlappen führen. Nicht immer aber findet die Bildung dieser primären zweischneidigen Scheitelzelle statt, in manchen Fällen bildet sich eine Papille aus der 1) K. Goebel, Organographie der Pflanzen, pag. 414. 2) H. Bauke, Verh. des Bot. Ver. der Prov. Brandenburgs, pag. 180. 8) K. Goebel, Ann. Jard, Buitenzorg 1888, pag. 76.” Die Farngattung Platycerium. 275 Endzelle, bevor noch diese zur zweischneidigen Scheitelzelle geworden ist, in diesem Falle entwickelt sich aber die zweischneidige Scheitel- zelle auch aus der zweiten Hälfte der Endzelle. Ich möchte an dieser Stelle noch über einige von mir beobachtete Fälle berichten, in denen, nachdem sich schon die Papille gebildet hat, aus der zweiten Hälfte der Enndzelle zuerst wieder ein neuer Zellfaden auswächst (Fig. 10), Auf solche und ähnliche Verschiedenheiten in der Prothalliumbildung hat Pedersen*) hingedeutet und gemeint, daß dieselben von äußeren Bedingungen abhängen. Goebel?) hat gezeigt, daß Prothallien bei Lichtmangel längere Zeit auf dem Fadenstadium beharren, und wie das auch bei Alsophila australis stattfindet, kann das Prothallium durch ungünstige Ernährungsverhältnisse wieder zur Fadenbildung zurück- kehren. Den von mir oben beschriebenen Fall, wo, nachdem aus der End- zelle sich eine Papille gebildet hat das Prothallium wieder in einen Fig. 9. Pl. grande. Fig. 10. Pl. grande, Zellfaden auswächst, müssen wir auf solche ungünstige äußere Be- dingungen zurückführen. Das Prothallium von Platycerium beschränkt sich aber nicht auf die Bildung dieser einen Papille aus der Scheitelzelle, mit der Zeit bilden dann auch andere Randzellen ganz gleiche Papillen. In seiner Arbeit meint Bauke: „Die weitere Entwicklung des Vorkeims gleicht nun überhaupt im wesentlichen der bei anderen Poly- podiaceen‘.‘ Dies stimmt aber nicht ganz. Schlumberger®), der ‚Pro- thallien von mehreren Farngattungen untersucht hat, gibt an, daß die Polypodiaceen sich dadurch auszeichnen, daß sie niemals mehrzellige 1} R. Pedersen, Luersen und Schenk, Mitteilungen, pag. 130. 2) K. Goebel, Organographie, pag. 414. . 3) O. Schlumberger, Familienmerkmale der Cyatheaceen, pag. 386. 18* 276 Heinr. Ritter v. Straszewski, Drüsenhaare besitzen, und daß die Deekelzelle bei den Antheridien stets ungeteilt ist. Für die von mir untersuchten Platyceriumprothallien trifft das nicht zu. Bei allen von mir untersuchten Platyceriumvorkeimen ist es mir gelungen nachzuweisen, daß sie mehrzellige geteilte Haare besitzen, so wie sie Schlumberger für die Cyatheaceen und Diacalpe aspidioides beschreibt (Fig. 11). Diese Haare sind mehrzellige Drüsen- haare; auf einem Stiel, der aus mehreren Zellen besteht, sitzt ein Köpf- chen so wie bei anderen Drüsenhaaren. Außerdem sind sie verzweigt und jede Verzweigung endet mit einem Köpfchen. Diese Haare sitzen in normaler Lage des Prothalliums auf seiner Unterseite. Die Prothallien Fig. 11. Fig, 12. Fig. 13. Pi. Stemmaria. Pl. grande. Pi. Stemmaria. Antheridium mit geteilter Doppel- Haare vom Pro- Haare vom zelle von oben. thallium. Prothallium. von Platycerium werden mit der Zeit stark gewölbt und dabei können sich einzelne Teile des Prothalliums aufrichten und sich senkrecht in die Höhe stellen, oder es kommt sogar bei dieser Gelegenheit die Unterseite nach oben; in diesen Fällen können sich diese mehrzelligen Haare auch auf der früheren Oberseite des Prothalliums ausbilden. Die Antheridien sind auch nicht solehe, wie sie immer bei den Polypodiaceen vorkommen, sie besitzen eine geteilte Deckelzelle (Fig. 11). Ich habe aber nie mehr als eine Teilung beobachtet, in eine kreisrunde und eine sichelförmige Zelle, so wie bei Woodsia obtusat), Bauke?) behauptet, die Prothallien von Platyceriam grande seien diözisch; In dieser Beziehung muß ich Prantl®) zustimmen, wenn er sagt, sie seien nicht immer diözisch, es entwickeln sich aber stets zuerst die Antheridien und erst später die Archegonien. Ich konnte aueh Adventivprothallien 1) 0. Schlumberger, Familienmerkmale, pag. 388. 2} H. Bauke, Zur Kenntnis der sex. Gener., pag. 757. 3) K. Prantl, Über die Anordnung der Zellen in flächenförmigen Prothallien, pag. 556. Die Farngattung Platycerinm. 277 beobachten, und wenn Bauke meinte, sie seien in normalem Entwick- lungsgange des Vorkeimes von Platycerium grande nicht vorhanden, so kommt das davon, daß er nur junge Stadien von Platyceriumprothallien untersucht hat, wie das aus seinen Zeichnungen hervorgeht!). Die Keimpflanze. Die Entwicklung der Keimpflanze von Platycerium wurde zuerst von Hofmeister studiert. Er schreibt: „Der erste Wedel der Keim- <> Fig. 14. Pl. Stemmaria. Die Entwicklung der Sternhaare an einem jnngen Blatte, Erklärung im Text. pflanze ist aufgerichtet, fleischig, spatelförmig, schwach nach hinten übergekrümmt. Die dem ersten Wedel folgenden unterscheiden sich von ihm auffällig in Form, Richtung und Bau, ihr Umriß ist kreis- oder nierenförmig, sie entwickeln sich in wagerechter Richtung, so stark vom An- heftungspunkt sich zurück und abwärts biegend, Fig. 16. Pl. grande. Gefäßbündel aus dem Stamme einer ganz jungen Fig. 15. I. Stemmaria. Die junge Keimpflanze. Pflanze. daß sie der Unterlage der Pflanze sich anschmiegen.‘“?) Goebel?) hat auch die Keimpflanzen von Platycerium bifurcatum und grande unter- 1) H, Bauke, Aus dem Botan. Nachlasse, Bot. Ztg. 1880. 2) W. Hofmeister, Beiträge zur Kenntnis der Gefüßkryptogamen II, pag. 6ö3. 3) K. Goebel, Pflanzenbiol. Schilder. I, pag. 226, 278 Heinr. Ritter v. Straszewski, sucht, und hat bemerkt,daß nicht immer die auf das erste Blatt folgenden Blätter kreisrund oder nierenförmig sind, Bei den in meinen Kulturen entstandenen Keimpflanzen hatte meist erst das dritte Blatt die kreisrunde oder nierenförmige Gestalt, während die zwei ersten Blätter aufgeriehtet waren und einen spatelförmigen Umriß besaßen. Diese zwei ersten Blätter stimmten in ihrer Nervatur überein, indem sie nur einen Nerv besitzen, während die Nervatur der späteren Blätter, wie es auch von Hofmeister beschrieben wird: „ein Netz von Nerven“ darstellt. Diese Primärblätter sind schon, wie die Blätter der älteren Pflanze, mit Sternhaaren besetzt, welche sich aus zuerst einzelligen Drüsenhaaren entwickeln. In Fig. 14 sehen wir alle Übergänge von einzelligen Drüsenhaaren bis zu einem mehrzelligen Sternhaar. In Fig. 14a ist das Haar einzellig und ungeteilt. In Fig. 145 hat sich das Haar geteilt, die beiden Äste sind noch kopfförmig, in Fig. 14c sehen wir ein Stadium, wo der eine Ast schon ziemlich ausgewachsen ist, während der andere noch köpfchenförmige Gestalt besitzt, in Fig, 14d haben wir schon ein typisches Sternhaar vor uns. Diese Haare in ihren ersten Stadien erinnern an die Haare, die auf den Prothallien sitzen. Gegenüber dem Ende, wo sich der Vegetationspunkt der Pflanze gebildet hat, entsteht die erste Wurzel (Fig. 15), die aber bald zugrunde geht (Fig. 13), während die später entstehenden sich aus dem ventralen Teil des Stammes bilden. Der Stamm einer ganz jungen Pflanze wird von einem Gefäßbündel durchzogen, das noch einen haplostelen Bau besitzt (Fig. 16). Tansley behauptet, daß jede Farnpflanze, deren Stamm sich später durch eine Dietyostelie auszeichnet, in ihrer ontogenetischen Entwicklung das Stadium der amphiphloeischen Siphonostelie durch- macht. Eine direkte amphiphloeische Siphenostelie konnte ich bei den jungen Pflanzen von Platycerium nicht beobachten, es gibt aber Stadien, bei denen die Anordnung der Stele einer amphiphloeischen Siphonostelie sehr nahe steht. Fig. 17 zeigt uns so ein Stadium, hier sind sowohl Stele wie Xylem nur an einer einzigen Stelle durchbrochen (die erste Blattlücke). Ähnliche Stadien der Entwicklung des Gefäßteiles hat Hof- meister!) bei Pteris aquilina beschrieben. Anschließend an die Beschreibung der Keimpflanze möchte ich hier noch einen von mir beobachteten Fall der Aposporie beschreiben. Bei einer Pflanze von Platycerium Stemmaria (Fig. 18) habe ich bemerkt, daß am Ende des zweit entstandenen Blattes sich ein hellgrüner Aus- wuchs befand (dieses Blatt war in der Nähe der Ansatzstelle etwas D) W. Hofmeister, Beiträge zur Kenntn. der Gefäßkryptogamen II, pag. 654. Die Farngattung Platycerium. 279 beschädigt). Nach näherer mikroskopischer Untersuchung hat sick ge- zeigt, daß man es da mit einem prothalloiden Auswuchs zu tun hatte; zwischen diesem Auswuchs und dem Blatte selbst befand sich ein Gewebe, das eine Mittelbildung zwischen einem Blatte und einem Prothallium darstellte, so wie es Goebel!) bei Ceratopteris thallietroides bekommen hat. Dieses Gewebe besaß Zellen von typisch prothalleidem Aussehen und es war dabei mit Spaltöffnungen besetzt. Dieses Blatt wurde von mir von der Pflanze abgetrennt und auf Torf ausgelegt, nach einiger Zeit entwickelte sich dieser Auswuchs weiter, bis sich schließlich typische Antheridien bildeten (Fig. 19). Der Grund dafür, daß dieser Fall der Aposporie hier bei einer wach- senden Keimpflanze aufgetreten ist, wird der sein, daß erstens die Pflanze Fig. 17. Stele aus dem Stamme Fig. 18. Pl. Stemmaria. Fig. 19. Derselbe etwas einer jungen Pflanze, die sich Prothalloider Auswuchs später mit Antheridien. aus der Wurzelspitze entwickelt aus dem Blatte einer hat. jungen Pflanze in sehr feuchtem Raum (unter einer Glasglocke auf sehr feucht gehaltenem Torf) wuchs, und zweitens, daß das Blatt unten etwas beschädigt war und der Zufluß von Nährstoffen dadurch wahrscheinlich gelitten hatte. Wir können diesen Fall an die von Goebel bei ausgelegten Primärblättern künstlich hervorgerufenen prothalloiden Bildungen anreihen. — Der Stamm. Der Vegetationspunkt von Platycerium wächst, wie schon Hof- meister gezeigt hat, mit einer zweischneidigen Scheitelzelle, und bildet nach oben Blätter, während die Wurzeln auf der Unterseite des Stammes sich bilden. — Was den anatomischen Bau des Rhizoms anbetrifft, so wurde er auch von Hofmeister kurz beschrieben: „Die Gefäßbündel des 2) K. Goebel, Einleitung in die Exper. Morphol., pag. 200. 280 Heinr. Ritter v. Straszewski, wagerechten Stammes sind in einen einfachen Kreis gestellt.“ Dies dürfte nicht gänzlich zutreffen, indem die Gefäßbündel nicht nur in einen Kreis gestellt sind, sondern auch in der Mitte des Stanımes befinden sich mehrere zerstreute Gefäßbündel, die untereinander und mit den in der Peripherie des Stammes liegenden Gefäßbündel anastomosieren. Die Meinung Hofmeisters, daß die Gefäßbündel in einen einfachen Kreis gestellt sein sollten, heruht darauf, daß Hofmeister wahrscheinlich nur Rhizome von jungen Pflanzen untersucht hat, wo das wirklich den Tatsachen entspricht. Eine weitere Eigentümlichkeit des Stammes von Platycerium beruht darauf, daß sich auf der Oberseite ein stärkerer Strang befindet (der Oberstrang nach Metteniust). Diese Tatsache hat auch Gwynne Vaughan?) den Anlaß gegeben, Platycerium als eine weitere tufe des Überganges zwischen der Solenostelie und Dietyostelie zu betrachten. Gwynne Vaughan faßt nämlich solche Fälle, wie sie bei Notoehlaena Marantae, Gymnogramme vestita usw. vorkommen, und wie sie von Mettenius für Davallia dissecta und Aspidium coriaccum beschrieben wurden (wo auf der Oberseite und Unterseite des Stammes sich ein breiterer Strang befindet), als Übergänge von der Solenostelie zur Dictyostelie auf. In dem Fall von Platycerium, wo sich nur ein einziger Strang auf der Oberseite des Rhi- zoms befindet, sieht er eine weitere Stufe dieses Überganges. Beide diese Fälle stellen uns aber schon eine typische Dictyostelie vor, Aus den rechts und links von Fig. 20. PI. Stenimaria. Querschnitt diesem Oberstrang sich befindenden durch ein Rhizom. mehreren Strängen gehen dann die Gefäßbündel in die einzelnen Wedel der Pflanze über, während an die auf der Unterseite des Stammes ver- laufenden Gefäßbündel sich die der Wurzeln anschließen (Fig. 20). Auf der nach oben gerichteten Seite des Stammes stehen die Blätter in zweizeiliger Stellung. Wie bekannt, zeichnet sich Platycerium durch einen Dimorphismus der Blätter aus, die einen wurden von Goebel Mantel- oder bei manchen Arten die Mantelnischenblätter genannt?), die anderen sind Laubblätter, auf deren Unterseite die Sporangien 1) Mettenius, Über den Bau von Angiopteris, pag. 547. 2) Gwynne Vaughan, Observation on the Anatomy of Solenostelie Ferns, pag. 697. 3) K. Goebel, Pflanzenbiol. Schilder. I, pag. 225. Die Farngattung Platycerium. 281 sich bilden. Diese Mantelblätter bilden sich sofort nach den ersten Primärblättern aus, und eine Zeitlang bildet die Pflanze lauter Mantel- blätter, erst später entstehen auch die Laubblätter. Hofmeister meint dazu: „Hat die Pflanze einen gewissen Grad der Kräftieung erlangt, so bildet sie wiederum aufgerichtete Wedel. Nachdem sechs bis acht solcher entstanden, entwickelt sich wieder ein Paar einfacher abwärts sich krümmender, rechts und links am Stamme je einer.“ Eine direkte Reihenfolge unter diesen Blättern konnte schon Hofmeister nicht fest- stellen. Jedenfalls giht er an, daß die Mantelblätter bei der älteren Pflanze paarweise entstehen. Daß dies aber eine Regel sein sollte, kann ich nicht bestätigen. Ich habe mehrere Rhizome untersucht, und die Fig. 21 stellt uns ein Schema eines Rhizoms von Platycerium Stemmaria vor, an dem an einer Stelle sieh drei Mantelblätter gebildet haben, da- gegen einmal nur ein einziges Mantelblatt entstan- den ist, während die vor und hinter dem einen & Mantelblatt entstandenen Blätter Laubblätter waren. Y, Goebel!) hat festgestellt, daß bei mehreren Arten 7 von Platycerium, als die Pflanzen in gut gedüngte g Erde versetzt wurden, eine Anzahl von kräftigen 16 * Mantelblättern sich bildeten, während sie vorher nur 976) Laubblätter hervorgebracht hatten. Do Bei verschiedenen Arten konnte ich die Ent- fig. 21. Pl. Stem- stehung von Seitenknospen beobachten. Hof- a aa meister?) „bt für Platycerium bifurcatum an: teiblätter. 5 Laub- „Tief unten an der Rückenseite des Stipes jedes blätter. der aufgsrichteten Wedel pflegt eine Knospe sich zu bilden, die zur selbständigen Pflanze sich entwickelt, wenn sie durch Entfernung der mit dicker Decke verhüllenden platten Wedel bloßgelegt wird.“ Daß die Seitenknospe unter jedem Laubbhlatt sich entwickelt, kann ieh bestätigen, das geschieht aber, nachdem die Pflanze eine gewisse Größe schon erreicht hat. Die Seitenknospe entsteht an dem Stamm. Wenn Querschnitte durch das Rhizom an der Ansatzstelle dieser Knospe gemacht werden, kann man sehen, daß die Gefäßbündel derselben direkt mit den Gefäßbündeln des Stammes kommunizieren, und in keiner Verbindung mit denen des betreffenden Blattes stehen. Daß sich die Seitenknospen nur an den Ansatzstellen der Laubblätter entwickeln, kommt wahrscheinlich daher, daß die Ansatz- 1) K. Goebel, Pilanzenbiol. Schilder. I, pag, 226. . 2) W. Hofmeister, Beiträge zur Kenntn. der Gefäßkryptogamen, pag. 651. 282 Heinr. Ritter v. Straszewski, stellen der Mantelblätter bedeutend tiefer am Stamme herunterreichen, und da hat die Seitenknospe keinen Platz mehr, sich zu entwiekeln. In der weiteren Entwieklung der Seitenknospen konnte ich zwei verschiedene Arten unterscheiden. Bei Platycerium Stemmaria beginnt der Seiten- sproß dicht an der Ansatzstelle am Rhizom sich zu entwickeln und Blätter zu bilden, während z. B. bei Platycerinm coronarium der Seiten- sproß ziemlich lang aus- wächst, und erst später Blätter zu entwickeln beginnt. Die Ursache dieser Erscheinung wird wahrscheinlich die sein, daß bei Platycerium Stemmaria die Blätter nicht dicht übereinander liegen und daß das Licht leicht bis an das Rhizom kommt, die Entwick- lung der Blätter bewir- kend; während bei Pla- tycerium coronarium, wo der Seitensproß zuerst in einen Ausläufer aus- wächst, er sich zwischen Fig. 2la. Platycerium coroniarium. Rhizom mit einem den dicht aufeinander Seitensproß. liegenden Mantelblätter durchdrängen muß, bis er ans Licht kommt. Die an dem Seitensproß sich zuerst bildenden Blätter sind, wie ich beobachten konnte, stets Laubblätter im Gegensatz zu den aus der Wurzelzspitze entstehenden Pflanzen, bei denen die ersten Blätter immer Mantelblätter sind. In dem anatomischen Bau zeigt der Ausläufer von Platycerium coronarium diesen Unterschied, daß er nicht so viel Sklerenchym enthält, wie der Hauptsproß, sonst ist er aber auch typisch diktyoste] gebaut. — Die Wurzel. Wie schon früher erwähnt wurde, schließen sich die Stelen der Wurzeln an die auf der unteren Seite des Rhizoms verlaufenden Stelen an; sie zeigen in ihrem anatomischen Bau einen zentralen Gefäßbündel- zylinder, der von einem Belag sklerenchymatischer Zellen umgeben Die Farngattung Platycerium. 283 ist (Fig. 22). Dieses Lager von sklerenehymatischen Zellen umgibt das ganze Gefäßbündel. An zwei entgegengesetzten Stellen ist es unter- brochen, hier grenzt an die Endodermis eine Zelle mit stark verdiekter innerer Wand, die mit zahlreichen Tüpfeln versehen ist. Die dem Peri- zykel angehörende und von innen an die Endodermis grenzende Zelle ist eine länglich gestreckte Zelle, eine „Sammelzelle“. Platycerium gehört dem Bau seiner Wurzel nach dem ersten Typus, der von Rumpf!) auf- gestellten Reihe an, nur daß bei Platycerium, so wie bei Aerostichum axillare die auf der Tracheen- seite sich befindende Schicht der verdickten Zellen auf jeder Seite auf eine einzige Zelle beschränkt ist. In diese Reihe gehören noch Niphobolus, Goniophlebium usw. Die Wurzel von Platy- cerium ist typisch diarch gebaut. Hinter der Stelle, wo das Lager der Skleren- chymzellen unterbrochen ist, bildet sich das Protoxylem. - . Fig. 22. Pl. Stemmaria. Querschnitt durch Das Deutoxylem bildet sich eine junge Wurzel. Die Endodermis hat dann weiter nach dem Inne- sich noch nicht gebildet. ren des Gefäßbündels zu, bis die von den beiden Seiten der Wurzel sich bildenden Xyleme auf- einander stoßen, ein Fall, wie er von van Tieghem für Pteris, Acro- stichum angegeben wird?). Eine Eigentümlichkeit der Platyeeriumwurzel, auf die schon von Hofmeister?) hingewiesen wird, ist die, daß die Zelle der Rinde sich durch ähnliche Wandverdickungen auszeichnen, wie die Zellen der Orchideenwurze. Um der Sache näher zu kommen, habe ich eine Anzahl von Wurzeln austroeknen lassen und dann mit Wasser be- gossen, man konnte sehen, daß das Wasser leicht in die Wurzel ein dringen kann. Dann habe ich auch Schnitte durch die Wurzel ge- macht und sie in flüssigem Paraffinöl untersucht; dabei konnte man 1) G. Rumpf, Rhizodermis, Hypodermis und Endodermis der Farnwurzel, pag. 39. 2) Poirault, Recherches sur les Cryptogames Vasculaires. 3) W. Hofmeister, Beiträge zur Kenntn. der Gefäßkryptogamen II, pag. 654. 2854 Heinr. Ritter v, Straszewski, sehen, daß das Wasser ziemlich tief eingedrungen war, bis in die inneren Zellen, die an die sklerenchymatisch verdickten Zellenlage grenzen. Hier möchte ich noch darauf hinweisen, daß, wie es von Kostowzewt) beschrieben wurde, sich bei verschiedenen Platycerium- arten aus der Scheitelzelle der Wurzel neue Pflanzen entwickeln können, und daß, wie es Goebel?) und Watson?) festgestellt haben; die dabei sich zuerst entwickelnden Blätter immer Mantelblätter sind. Bei allen von mir beobachteten Arten habe ich das gesehen, dieses Merkmal fehlt nur dem Platycerium grande und in der Literatur konnte ich auch darüber keine Angaben finden, daß Platycerium grande neue Pflanzen aus der Wurzel bilden kann. — Die Blätter. Wie bekannt, zeichnet sich Platyterium durch einen Blattdimor- phismus aus. Die einen Blätter leben sich dem Substrat dieht an, und unter diesen unterscheidet Goebel*) zwei Formen, die „Mantelblätter“ und die „Manteinischenblätter“. Jene sind von allen Seiten.dem Sub- strat dicht angepreßt, diese bilden in ihrem oberen Teile eine Nische, die zum Sammeln von Humus dient, außerdem verzweigt sich dieser obere Teil noch oft bei manchen Arten. Arcangeli°) nennt später die obere Hälfte des Blattes die ansammelnde triehterförmige: „Conoconchidie‘, und die aufspeichern die „Sozoconchidie“, während das ganze Blatt ein „Conchidium‘ genannt wird. Außerdem bildet Platyeerium andere Blätter, die herunterhängen und auf der Unterseite Sporangien bilden können. Ich beginne hier mit der Beschreibung der Mantel- und Mantel- nischenblätter. Das Grundgewebe der Mantel- und Mantelnischenblätter aller Arten in ihrem anatomischen Bau besteht nur aus Schwammparenchym. Auf der Unterseite des Blattes befinden sich Spaltöffnungen über die ganze Fläche von unten bis Oben zerstreut. Wie schon Goebel gezeigt hat, besteht die Bedeutung dieser Blätter nicht in der Assimilation®), sondern in der Wasserspeicherung und darin, „daß sie die Wurzeln bedecken und schützen, das Austrocknen des Substrates verhindern resp. sehr verzögern und dadurch, daß sie wie Blätter eines Buches 1) Rostowzew, Beiträge zur Kenatn. der Gefäßkryptogamen, pag. 159. 2) K. Goebel, Pilanzenbiol. Schilder. I, pag. 227. 3) W. Watsan, Root Proliferation in Platycerium, pag. 201. 4) K. Gocbel, Pflanzenbiol. Schilder. I, pag. 223. 5) G. Arcangeli, $ulla funzione trofilegiea delle foglie. 6) K. Goebel, Pilanzenbiol. Schilder. I, pag. 226. Die Farngattung Platycerium. 285 zahlreich aufeinanderliegend den Wurzeln eine mit Feuchtigkeit getränkte Humusmasse bieten ...... “ Daß diese Blätter keine große Rolle bei der Assimilation spielen, sieht man schon daran, daß sie weniger Chlorophyll enthalten, wie die anderen sporangientragenden Blätter. Das sieht man an ihrer Farbe, sie sind heller; auch enthalten die Zellen weniger Stärke. Die Spaltölf- nungen befinden sich auf der Unterseite, wo die Luft wegen der dichten Anpressung der Blätter schwieriger eindringen kann; außerdem konnte ich mich noch überzeugen, daß auf den Flächenschnitten, die an der lebenden Pflanze direkt gemacht wurden und sofort im Alkohol fixiert, die Spaltöffnungen entweder ganz geschlossen waren, oder nur eine äußerst schmale und kleine Spalte, die höchstens eine Breite von 3 7 erreichte, besaßen. ‚Die Dieke der Mantelblätter an der Ansatzstelle ist eine sehr bedeutende, sie erreicht bis 14 mm, im oberen Teil werden sie ganz dünn und besitzen dort eine Dieke von kaum 1 mm. Goebel unter- scheidet im Mantelblatte folgende Schichten: „zu oberst chlorophyll- führendes Gewebe, darunter eine Zone, welche durch ihre ziemlich großen luftführenden Interzellularräume weiß erscheint. Beide zusammen sind etwa Y%mm dick, der ganze übrige Teil des Blattes wird von einem sehr wasserreichen Gewebe eingenommen. Es macht einen fast gallertigen Eindruck, und zwar schließe ich aus diesem Aussehen, daß die Inter- zellularräume mit Wasser injiziert sind. Jedenfalls genügt ein schwacher Druck, um Wasser auszupressen“. Mir ist es gelungen, das Wasser direkt in den Interzellularräumen nachzuweisen; verhältnismäßig dicke Schnitte von einem frischen Blatte von Platycerium bifureatum, die mit einem mit Paraffinöl beschmierten Rasiermesser gemacht und möglichst schnell in flüssiges Paraffin ein- gelegt wurden, zeigten, daß die Luft nur auf der Oberfläche der Schnitte sich befand, während die Interzellularen im Innern nie mit Luft, sondern mit Wasser gefüllt waren. Die Mantelblätter fallen nie von der Pflanze ab, sondern während sich immer neue Blätter auf den alten bilden, verfaulen die untersten mit der Zeit, und, worauf auch von Beccari!) hingewiesen wurde, wachsen die Wurzeln durch die alten Blätter und kriechen unter dieselben. Wie ich schon früher erwähnt habe, sind die Mantelblätter ganz dicht dem Substrat angepreßt und bei den Mantelnischenblättern der 1) ©. Beccari, Malesia raccolta di osservazione botaniche 11, 243. 2) Raciborski hat gefunden, daß bei Pl. grande und Wandae, außer dem um- gekippten Blattrande und den Schuppen, auch noch aphlebienartige Auswüchse aus der oberen Seite des Blattes in der Nähe der Ansatzstelle desselben zum Schutze des 286 Heinr. Ritter v. Straszewski, untere Teil. Dieses feste Anliegen am Substrat wird durch das stärkere Wachstum der Oberseite des Blattes bewirkt. Bei einer normalen Pflanze geht die Krümmung folgendermaßen vor sich. Wenn die Pflanze sich in so einer Lage befindet, daß die Scheitelzelle der ganzen Pflan ze nach oben gekehrt ist, wächst das Mantelblatt zuerst parallel zur Erdobe rfläche; nach einiger Zeit findet eine negativ geotropische Krümmung statt, der ganze Rand des Blattes richtet sich nach oben (Fig. 23). Nach einigen Tagen wird diese Krüm- mung aufgehoben und das Blatt beginnt mit einem stärkeren Wachstum der ganzen Oberseite und schmiegt sich dem Substrat dicht an.. Daß die erste Krüm- mung wirklich eine negativ geotropische Krümmung ist, davon konnte ich mich auf folgende Weise überzeugen, daß ich eine Pflanze von Platy- cerium Vassei in verkehrter Fig. 23. Platycerium Vassei. Lage kultiviert habe, mit dem Vegetationspunkt nach unten, in diesem Fall blieb diese Krümmung aus und das Blatt wendete sich nach oben, was zu gleicher Zeit eine Wendung dem Substrat zu, bedeutete. Als direkte Reize, die hier in Betracht kommen könnten, als Ur- sachen für das stärkere Wachstum der Oberseite, könnte man entweder einen negativen Heliotropismus der Unterseite oder einen Kontaktreiz annehmen. 1. Bei zwei jungen Pflanzen von Platycerium grande wurden die Mantelblätter mit sehr dichtem Tuch umhüllt; die Blätter wuchsen weiter und nach einem Monat, als das Tuch herunter- genommen wurde, hat sich gezeigt, daß die Blätter dem Substrat dieht anlagen. 2. Eine Pflanze von Platycerium Hillii wurde unter einen Kasten gestellt, und auf diese Weise verdunkelt; bei dieser Pflanze war ein Mantelblatt eben in Bildung begriffen, es wuchs aber noch parallel zur Erdoberfläche, im Dunkeln wuchs das Blatt Vegetationspunktes beitragen. M. Raeiborski, Über einige unbekannte Farne des Malayischen Archipels. Die Farngattung Platycerium. 287 noch weiter und es hat die gewöhnliche negativ-geotropische Krümmung ausgeführt, und nachher begann es mit einer Krüm- mung nach unten, bis in der weiteren Entwieklung durch das stärkere Wachstum der Oberseite das Blatt an das Substrat sich angepreßt hat. Außerdem hat sich im Dunkeln ein neues Blatt gebildet, dieses Blatt zeigte auch zuerst die gewöhnliche negativ-geotropische Krümmung und schmiegte sich später am das Substrat. Bei diesen Versuchen konnte man nur beobachten, daß in beiden Fällen das stärkere Wachstum der Blattoberseite etwas später eintrat, indem die Blätter größer wurden, wie bei einer Pflanze, die unter normalen Verhältnissen kultiviert wurde; es hat sich die Krümmung etwas verzögert. 3. Bei einem Blatte von Platycerium Vassei wurde die obere Seite verdunkelt, und das Blatt mittels einiger Objektträger so ge- krümmt, daß die Oberseite konkav und die Unterseite konvex wurde, dabei war aber die Unterseite noch beleuchtet; auch in diesem Fall fand ein stärkeres Wachstum der Oberseite statt. 4. Bei einem Blatte von Platycerium Hilli habe ich ein paar Blätter, die unter einem Mantelblatte lagen, entfernt und dafür gesorgt, daß das Blatt nirgends mit einem Fremdkörper in Be- rührung kam, trotzdem hat sich das Blatt dem Substrate zu gekrümmt. Außerdem habe ich ein Blatt von derselben Pflanze dicht an der Ansatzstelle mit Holzstäbchen unterstützt, so, damit der ganze Rest des Blattes nirgends sonst mit einem anderen Körper in Berührung kemmen konnte, speziell die ganze Randzone und auch in diesem Falle hat sich das Blatt dem Substrate zu- gekrümmt. Aus allen diesen Versuchen geht folgendes hervor: Weder der negative Phototropismus, noch ein Kontaktreiz kann hier die Ursache der Krümmung des Blattes sein. Das jünge Mantelblatt zeigt zuerst eine negativ geotropische Krümmung, die aber durch eine später stärker wirkende Epinastie aufgehoben wird. Die Mantel- und Mantelnischenblätter spielen auch sonst eine wichtige Rolle im Leben der Pflanze, sie tragen durch ihren in der Nähe der Ansatzstelle sich nach oben krümmenden Rand zum Schutze des Vegetationspunktes bei. or 288 Heinr. Ritter v. Straszewski, Dümmer?) gibt an, daß die Mantelblätter von Platycerium die Fähigkeit besitzen, auf der Unterseite der Blätter Nektarien zu bilden, die Traubenzucker ausscheiden. Bei Platycerium bifureatum und cor- narium soll diese Erscheinung auch auf den fertilen Blättern vorkommen. Dümmer sieht in dieser Einrichtung eine Anpassung der Pflanze an die Symbiose mit Ameisen. Daß das Platycerium eine myrmecophile Pflanze sei, darauf wurde von Ridley?) hingewiesen. Er meint, daß die Ameisen zur Anhäufung der Humusmasse beitragen. Mir ist es nicht gelungen, - die Nektarien auf den Blättern zu finden. Nachdem ich die Verhältnisse bei den Mantel- und Mantelnischen- blättern beschrieben habe, will ich jetzt mit den anderen, den „herunter- hängenden‘ Blättern beginnen. Hofmeister sagt, daß nachdem die Pflanze einen gewissen Grad der Kräftigung erlangt hat, sie aufgerichtete Wedel bildet, Es ist nicht richtig, wenn man diese Blätter als die fertilen bezeichnet, im Gegensatz zu den sterilen Mantelblättern, und Goebel?) hat darauf hingewiesen, daß der Blattdimorphismus bei Platycerium nicht auf einem Unterschied zwischen den sterilen und fertilen Blättern beruht, sondern, daß es sich hier um eine Arbeitsteilung innerhalb der vegetativen Region handelt, welche demgemäß auch lange vor der Sporangienbildung auftritt. ” Wir können unter den Platyeeriumarten, was die Entwicklung und Gestaltung der Laubblätter anbetrifft, folgende Gruppen unterscheiden. Zu der einen gehören: Platycerium grande, Wilhelminae Reginae, Wal- lichij, corenarium und Ridleyi; zu der zweiten: Platycerium Wandae, Veitchii, Willinckü, bifureatum, Hillii und sumbavense; zu der dritten: Platycerium angelense, Stemmaria, madagasearense und Ellisi, Eine gesonderte Stellung nimmt Platycerium andinum ein. Bei den ersten sind die jungen Blattanlagen entweder noch gar nicht geteilt oder zeigen nur ganz wenige Teilungen und im Laufe der Entwicklung teilt sich das Blatt immer weiter, bis es die endgültige Gestalt annimmt; bei diesen Pflanzen bildet sich der fertile Teil am : Blatte, bevor das Blattt sich noch ganz ausgebildet hat. Dort, wo sich der fertile Teil am Blatte entwickelt und die Sporangien auftreten, erfährt das Blatt dann keine Teilungen mehr; auf diese Weise kommt bei Platyeerium grande und den anderen zu dieser Gruppe gehörenden Arten 1) R. Duemmer, Grape sugar as an excretion in Platycerium. Ann. of Bot., pag. 104. 2)H. N. Ridieyi, Symbiosis of ants and plants. Ann, of Bot., pag. 469. 3) K. Gochel, Pflanzenbiol. Schilder, pag. 226. Die Farngattung Platycerium. 289 die Gestalt des Sporophylis zustande. Bei Platyeerium grande ist das Sporophyll so ausgebildet, daß es in der Mitte eine Einbuchtung besitzt, auf welcher auf der Unterseite die Sporangien sich entwickeln, während links und rechts das Blatt noch weiter in die Länge wächst und sich noch mehrere Male teilt. Dasselbe kommt auch bei Platycerium Wallichii vor. Wenn wir ein junges Blatt dieser Pflanze betrachten, dann sehen wir, wie die Fig. 24 zeigt, daß das Blatt sich schon einige Male geteilt hat und wir sehen an dem Blatte drei Zipfel. Zu dieser Zeit begann auf dem in der Mitte befind- lichen Zipfel der fer- tile Teil sich zu bilden. Dieser Teil wuchs nun nicht mehr weiter in die Länge. Er verbrei- terte sich bloß, wäh- rend die beiden an- deren Zipfel weiter in die Länge wuch- sen, auf diese Weise kam der fer- tile Teil in eine Bucht. Daß der Ausbildung des fer- tilen Teiles am Spo- rophyll eine Wachs- tumshemmung des betreffenden Blatt- teiles folgt, ist auch aus der Fig. 25 er- sichtlich. Wir haben hier ein Platycerium grande vor uns, bei Fig. 24. Platycerium Wallichii. Ein junges Sporophyli; auf dem mittleren Zipfel beginnt sich der fertile Teil des Blattes zu bilden. dem der fertile Teil Fig. 25. Platyceriun grande. (Fertiles Blatt mit der am Sporophyli stark Unterseite nach außen gedreht.) Flora, Bd. 108, 19 290 Heinr. Ritter v. Straszewski, nach der einen Seite verschoben wurde, wir sehen hier, daß dieser Blatteil sich auch bedeutend schwächer entwickelt hatte, indem der auf dieser Seite des Blattes sich befindende Blattzipfel sich gar nicht geteilt hat, während der andere eine Gabelung erfuhr. Auch aus der ganzen Nervatur des Blattes ist es leicht zu sehen, daß die Entwicklung des Sporophylis auf die zuletzt beschriebene Art vor sich gegangen ist. Wenn wir die einzelnen Nerven betrachten, die in das Blatt hineinlaufen, und sich über die ganze Fläche des Blattes verteilen, so sehen wir, daß sie alle sich gleich stark entwickelt» haben und dureh fortwährende Dichotomie sich teilen. Die seitlichen Nerven wachsen weiter bis an die Fig. 26. Platycerium coronarium. Fig. 27. Platycerium coronarium. äußersten Blattverzweigungen, die mittleren Nerven erreichen nur den fertilen Teil des Blattes und dort lösen sie sich in zahlreiche dünne Stränge auf. Bei einem Teil, der dieser Gruppe angehörenden Arten, bei Platy- eerium coronarium und Ridleyi bilden sich die Sporangien auf einem speziellen Lappen aus (Fig. 26), und von verschiedenen Autoren wurde auf Grund dieser Bildung, aus diesen beiden Arten eine spezielle Gruppe, die die Seutigera-Gruppe genannt wurde, gebildet. Meiner Ansicht nach kann man diesen fertilen Teil bei Platycerium coronarium und Ridleyi unmöglieh für eine spezielle Bildung des Blattes halten. Das Blatt von Die Farngattung Platycerium. 291 Platyeerium coronarium, das in seiner Jugend schon etwas geteilt ist, erfährt mit der Zeit immer weitere Teilungen. Der Zipfel des Blattes auf dem sich mit der Zeit dann die Sporangien bilden, teilt sich aber nicht mehr weiter, sondern wächst nur noch in die Breite. Daß sich die Sache wirklich so verhält, zeigen Zwischenformen, die man finden kann. Fig. 27 zeigt uns so eine Zwischenform, bei weleher der die Sporangien tragende Teil des Blattes gegabelt ist. In Fig. 28 haben wir einen Fall, bei dem die beiden Seiten eine Tendenz zum weiteren Wachstum zeigen, wäh- rend wir in der Fig. 26 die normale Form des Blattes vor uns haben. — Bei der zweiten Gruppe, zu der Platycerium Willinckii, bifureatum und die anderen oben erwähnten Arten gehören, sind schon die jungen Blätter geteilt, es finden später keine Teilungen statt, sondern die schon ausgebildeten Zipfel wachsen weiter aus. Nachdem das Blatt seine nor- male Größe erreicht hat, beginnt es mit der Bildung von Sporangien, die sich dann an den Enden der Ver- zweigungen befinden. Bei der dritten Gruppe ist das Sporophyll entweder gar nicht ge- teilt, wie bei Platycerium angolense, oder nur ganz wenig geteilt (einmal gegabelt), wie bei Platycerium Ellisii und madagascarense, oder zeigt das Sporephyll mehrere Teilungen, wie bei Platycerium Stemmaria, bis end- lich bei Platycerium Vassei ‚| das Sporophyll eine an die bei Platy- Fig. 28. Platycerium coronarium. cerium bifurcatum und Willineküi erinnernde Gestalterhält. Alle diese Arten haben folgende Merkmale gemeinsam: Die Sori entstehen am Sporophyll zerstreut und mit der Zeit vereinigen sie sich zu einer größeren Fläche; sie sitzen dann am Blatte ziemlich unregelmäßig. Bei Platycerium angolense, dessen Sporophyll ungeteilt ist, bilden die Sori zusammen eine runde Fläche. Bei Platycerium Ellisüi besitzt der fertile Teil eine ellipsoidale Gestalt und befindet sich in der Bucht des Blattes; das Blatt ist bei dieser Art einmal gegabelt, die beiden Zipfel aber abgerundet und wenig ausgewachsen. Bei Platycerium madagas- earense, ist das Blatt auch einmal gegabelt, die beiden Zipfel aber etwas 19% 292 Heinr, Ritter v. Straszewski, länger und spitzig; die ganze Unterseite des Blattes ist bis zu den beiden Rändern dieht mit Sporangien besetzt. Bei Platycerium Stemmaria und Vassei ist der fertile Teil sehr unregelmäßig über die ganze Unter- seite des Blattes zerstreut, er befindet sich bei Platycerium Vassei nie an den Enden der Blattzipfel, während bei Platycerium Stemmaria er in der Bucht des Blattes liegt und über dieselbe zerstreut ist. Wenn man das eben Gesagte zusammenfaßt, so muß man schließen, daß bei der ersten Gruppe die Ausbildung der Sporangien stattfindet, bevor das Blatt die endgültige Gestalt erreicht hat, und daß die Ausbildung der Sporangien eine hemmende Wirkung auf den betreffenden Blatteil ausübt. Bei der zweiten Gruppe dagegen bilden sich die Sporangien aus, nachdem das Blatt seine fertige Gestalt besitzt, man kann hier deswegen auch keine hemmende Wirkung der Sporangien- bildung beobachten. Eine gesonderte Stellung nimmt Platycerium andinum ein, worauf ich auch früher hingewiesen habe. Diese Art war mir leider im lebenden Zustande nicht zugänglich, ich mußte mich nur auf das Herbarmaterial be- schränken. Ich konnte auch die Entwicklung der Blätter nicht untersuchen. Das Sporo- phyll sieht äußerlich dem von Platycerium Willinekii und bifureatum ähnlich, der Unterschied ist aber ein wesentlicher. Der fertile Teil sitzt nicht an den Enden der Verzweigungen, sondern Fig. 29. Platyeorium er ist tiefer gelegen (Fig. 29). Man muß hier andinam. Unten annehmen, daß entweder trotz der Ausbildung schraffiert der Teil des der Sporangien eine weitere Entwicklung des lattes, wo die Sporan- . . ; gien sitzen. Blattes stattfinden kann oder, daß die Sporangien sich erst dann unter dem Blattende entwickeln, nachdem das Blatt äußerlich fertig ausgebildet ist. Die Sporangien entwickeln sich bei allen Platycerium-Arten immer auf der Unterseite des Blattes, wodurch sie natürlich erstens am besten geschützt sind und zweitens für die Aussaat der Sporen am besten ge- sorgt ist. Bei Platycerium Wallichii, bei welchem die Blätter herunter- hängen, richtet sich der fertile Teil immer parallel zur Erdoberfläche. Bei einer Pflanze von dieser Art konnte ich auch beobachten, daß ein Blatt, welches infolge der Schwerkraft sich umgekippt hat, so daß die Unterseite nach oben kan, später eine Torsion ausgeführt hat, und daß Die Farngattung Platycerium. 2093 durch diese das Blatt wieder umgedreht wurde, so daß der fertile Teil wieder auf der Unterseite sich befand (Fig. 30). Was den anatomischen Bau der Blätter anbetrifft, so habe ich schon früher bemerkt, daß das Grundgewebe der Mantelblätter nur aus vun Plalyceriu Wallichii & Tenuanım man Fig. 30. Platycerium Wallichii. Schwammparenchym besteht. Die Laubblätter zeigen eine ziemlich große Verschiedenheit im Bau des Grundgewebes. Bei Platycerium grande, coronarium und andinum besteht das Grundgewebe des Laubblattes nur aus Schwammparenchym; unter der Epidermis der Oberseite befindet sich ein zweischichtiges hypodermales Gewebe (Fig. 31). 294 Heinr. Ritter v. Straszewski, Platycerium Stemmaria und angolense besitzen ein stark aus- gebildetes Palisadenparenchym und ein verhältnismäßig schwach aus- gebildetes Schwammparenchyni und kein hypodermales Gewebe (Fig. 32). Platycerium Veitchii besitzt ein einschichtiges hypodermales Ge- webe, dann Palisadenparenchym und Schwammparenchym:; denselben Fig. 31. Pl. grande. Querschnitt durch Fig. 32. Pl. Stemmaria. Quer- ein Sporophyll, schnitt durch ein Sporophyll. Bau hat auch Platycerium Wallichii, nur daß das Palisadenparenchym, sich dureh breitere Zellen auszeichnet. — Platycerium Willinckii, sumbavense und Vassei besitzen ein zwei- schichtiges hypodermales Gewebe, sonst zeigen sie denselben Bau wie die vorher erwähnten Arten; dasselbe trifft auch für Platycerium bifurcatum Fig. 33. Pl. Veitchii. Querschnitt Fig. 32. Pl Walliehii. Querschnitt dureh ein Sporophyli. durch ein Sporophyll. und Hillii zu, nur daß das hypodermale Gewebe noch stärker entwickelt ist und hier aus drei bis vier Schichten besteht. — Platycerium madagascariense besitzt das am stärksten entwickelte hypodermale Gewebe; es besteht aus vier Schichten und zwischen den Zellen befinden sich keine Interzellularen, sondern sie grenzen dicht an- einander; unter diesen Zellen befindet sich ein nur schwach ausgebildetes zweischichtiges Palisadenparenehym, während der Rest, ungefähr die Hälfte des ganzen Blattquerschnittes, aus Schwammparenchym be- steht (Fig. 35). Die Farngattung Platycerium. 295 Wenn bei Platycerium grande noch kein Palisadengewebe sich aus- gebildet hat, trotzdem die Pflanze in denselben klimatischen Verhält- nissen lebt, wie z. B. Platycerium bifurcatum, bei dem wir ein typisch ausgebildetes Palisadenparenchym schen, so müssen wir annehmen, daß hier besondere Momente im Spiel sind, auf die ich noch später zu sprechen komme. — Das Hypoderm, das von Benze?) bei Platycerium bifurcatum be- schrieben wurde, dient hier als Wassergewebe, dieselbe Bedeutung wird ihm von Vinge?) und Areschoug?°) zugeschrieben. Die Zeilen des Hypoderms scheiden aber keinen Schleim aus. Um eine Reaktion auf Schleim zu bekommen, habe ich Schnitte von im Alkohol gehär- tetem Material, die noch in Blei- azetat fixiert wurden, mit Ruthe- niumrot gefärbt, sie zeigten aber keine Reaktion; es ist jedenfalls kein Pektinschleim vorhanden. Durch Corallinsoda konnte man auch keine Färbung bekommen. — Fig. 35. Pl. madagascariense. (Jluer- Die Zellen des Blattgewebes schnitt durch ein Sporophyll. zeichnen sich durch eine sehr cha- rakteristische Tüpfelung aus, die auf mit Chlorzinkjod gefärbten Schnitten leicht zu sehen ist. Überall wo zwei Zellen aufeinander stoßen, bilden sich dieht nebeneinander stehende, längliche oder runde Tüpfel, wie es die Fig. 36 zeigt. — Die Nervatur in den Blättern von Platycerium wurde zuerst von Mettenius beschrieben; er zählt sie zu der „Nervatio Doodyae appen- diculata‘“ und sagt über dieselbe folgendes®): „In der Blattfläche sind die rippenförmig vorspringenden Nerven handförmig angeordnet: sie vermehren sich durch Diehotomie, treiben sich fächerartig aus mit der Erweiterung der Lamina, oder verbinden sich in der unteren Hälfte der letzteren unter spitzen Winkeln zu langgestreckten Maschen und nehmen mit dem Eintritt in die Zipfel einen konvergierenden Verlauf an. In der oberen Hälfte des Blattes fährt die Teilung der Nerven in derselben Weise fort. Die von den Hauptnerven sich loslösenden Zweige hesitzen 1) W. Benze, Über die Anatomie der Blattorgane, pag. 19. 2) A. Vinge, Bidrag till kännedomen om ormbukarnesbladbyggnad. 3) E. W. C. Areschoug, Über die physiol. Leistungen und Entwieklung des Grundgewebes des Blattes, 4) G. Mettenius, Filices horti Läpsiensis, pag. 26. 296 Heinr. Ritter v. Straszewski, eine geringere Stärke und die von ihnen gebildeten Maschen treten minder deutlich hervor. Jede dieser primären Maschen wird durch schwächere Seitennerven in sekundäre, jede von diesen in Maschen dritter Ord- nung abgeteilt; von diesen letzteren nehmen endlich freie Anhänge ihren Ursprung.“ Im ganzen entspricht diese Beschreibung den Tat- sachen, nur daß die Nerven von Anfang an nicht handfürmig angeordnet sind, sondern sich dichotom teilen. In dem fertilen Teil befinden sich außerdem noch Nerven, über welchen die Sporangien stehen, sie verlaufen dicht unter der Epidermis. — De Bary hielt noch alle Gefäßbündel im Farnblatte für konzen- trisch gebaut; es ist das Verdienst Haberlandts, die kollateralen Ge- fäßbündel im Laube der Farne nachge- wiesen zu haben. Er kommt in seiner, dieses Thema berührenden Arbeit zu folgendem Schluß!): „Bei fast allen von mir untersuchten Farnen sind wenigstens die schwächeren Gefäßbündel der Wedel- spreiten nieht konzentrisch, sondern kollateral gebaut, wobei, wie im Blatte Fig. 36. Pl. bifurcatum. Zellen der Phanerogamen der Hadrom-(Xylem)- aus dem Parenehym des Blattes teil der Oberseite, der Leptom-(Phloem) mit Tüpfeln. . . teil der Unterseite des Wedels zuge- kehrt ist.“ Poirault?), der diese Frage noch näher geprüft hat, sagt über den Bau der Gefäßbündel im Farnblatt folgendes: „Le liber de la stele peut former un anneau continu autour du bois (A), ou au contraire ötre interrompu aux deux extremitös de la lame ligneuse (B). On avait eru a l’origine que toutes les stöles des Fougeres se rapportaient au premier type (4). Mais M. de Janezewski et surtout M. Potonie ont montr&s que dans ces pretendus faisceaux coneentriques les tubes ne faisaient pas exactement le tour du bois, — ce que M. de Bary avait d’ail’eurs figure sans le reconnaitre (Vergl. Anat., pag. 356, Fig. 160) — et que P’anneau etait interrompu aux deux extremites de la lame ligneuse. Le faisceau n’6tait donc pas concentrique mais bieollateral (B). En realit& les types A et B se reeontrent souvent dans la m&me plante. Dans beaueoup de petioles et dans la limbe on trouve un type intermediaire (©). C'est celui ou le liber depassant les extremites du bois ne forme 1)G. Haberlandt, Über kollaterale Gefäßbündelim Laube der Farne, pag. 124. 2) G. Poirault, Recherches sur les eryptogames vaseul. Ann. o. sc. nat, pag. 247. Dıe Farngattung Platycerium. 297 cependant pas un anneau continu. En pareil cas, le bois a la forme d’une gouttiere liberienne dont les bords se replient en dedans de la pre- miöre, mais sans se reunir bout & bout.‘‘ Und über das Ende der Gefäß- bündel sagt er an einer anderen Stelle: „chez les fougöres comme chez les Phanerogames & faiseraux „bicollateraux“ le liber tournd vers la face superieure du limbe, disparait de tres-bonne heure et seul le liber tourne vers la face inferieure accompagne les dernieres terminaisons vasculaires et disparait trös pres de leur extremit6s“. Bei Platycerium verhält sich die Sache so, daß die vom Stamm in die Blätter eintretenden und eine Zeitlang in ihnen verlaufenden Gefäß- bündel konzentrisch gebaut sind (der Typus A von Poirault), In der Höhe, wo das Blatt mit der Ausbildung von Palisadenparenehym beginnt (z. B. bei Platycerium bifurcatum und Willinckü), werden die Gefäß- bündel zu bikollateralen, C, D von Poirault, und zum Schluß, sowie es von Poirault angegeben wird, verschwindet das Leptom auf der Ober- seite, es bleibt nur noch auf der Unter- seite erhalten, das Gefäßbündel wird kollateral. Die Fig. 37 zeigt uns ein kol- laterales Gefäßbündel aus dem Blatte von Platycerium Willinckü. Unter der Verdiekungszone befindet sich die Endo- dermis, an die der Perieykel grenzt. Auffallend im Bau vom Perieykel ist, daB die untersten Zellen desselben viel breiter werden; sie sind sehr inhaltsreich. Mit Eisenchlorid gibt der Inhalt dieser Zellen eine Reaktion, außerdem befinden sich im Phloem noch andere Zellen, die auf- Fig. 37. Pl. bifurcatum. Ein fallend inhaltsreich sind und mit Eisen- Kolaterales Gefitbündel aus dom ehlorid auch eine Reaktion geben. Man wird daraus schließen können, daß im Phloem Gerbstoffschläuche ver- laufen, was außerdem auf den Längsschnitten sichtbar ist. — Die Gefäßbündel werden von einem auf der Unter- und Oberseite sich befindenden Lager von sklerenchymatisch verdickten Zellen be- gleitet. Im untersten Teil des Blattes ist dieses Lager von sklerenchy- matischen Zellen ein mächtig entwickeltes; es umschließt auch in sich mehrere Gefäßbündel (Fig. 38). Später wird der Ring auf den Seiten durchbrochen, und diese Sehicht mit verdickten Zellen beschränkt sich nur auf die Ober- und Unterseite; mit der Zeit schwindet auch die auf der Unterseite verlaufende Schicht, so daß das Gefäßbündel von dem auf 298 Heinr. Ritter v. Straszewski, der Oberseite des Gefäßbündels liegenden, verdickten, sklerenchymati- schen Zellen begleitet wird, bis auch die mit der Zeit verschwinden. Außer diesen eben beschriebenen Gefäßbündeln befinden sich im fertilen Teile des Blattes noch spezielle subepidermale Stränge, über welchen die Sporangien stehen (Fig. 39). Sie entwickeln sich auf dem dicht unter der Epidermis liegenden Gewebe (fig. 370). — Die Sporangien, die ausschließlich nur über diesen Gefäßbündeln stehen, sind typische Polypodiaceensporangien mit einem längs des Sporangium ver- Fig. 38. Platycerium grande. Quer- Jauf, ine. u Fr . B schnitt durch ein Laubblatt dicht aufenden Ring, und öffnen sich mittels an der Ansatzstelle. einer Querspalte. Nachdem ich hier den anatomi- schen Bau der Blätter besprochen habe, möchte ich noch kurz die Spaltöffnungen und Haare besprechen. Die Spaltöffnungen befinden sich ausschließlich auf der Unterseite der Blätter; ihre Entwicklung konnte ich am besten an den jungen Blättern studieren, sie stimmt mit den bei den Farnen herr- schenden Verhältnissen überein. In einer einzelnen Epidermiszelle tritt eine schiefe Wand auf, aus Fig. 39. Pl. angolense. Subepidermales Fig. 39a. Entwicklung eines subepi- Gefäßbündel. dermalen Gefäßbündels. der sich die beiden Schließzellen durch das Auftreten einer Wand, die die Zellen in zwei Hälften teilt, entwickeln. Fig. 40a und 405 zeigt noch ein älteres Stadium und Fig. 40d eine fertig ausgebildete Spalt- öffnung. Die Entwicklung der Sternhaare wurde von mir bei der Besprechung der Keimpflanze beschrieben. Hier möchte ich nur noch auf die fertigen Die Farngattung Platycerium. 299 Zustände hinweisen. Auf einem kurzen Stiel, der auf einer viel kleineren Epidermiszelle, wie die sonstigen Epidermiszellen, befestigt ist, sitzt ein Haar, das sich in der flachen Ebene reichlich verzweigt. — Die Haare sitzen auf der Unterseite des Blattes viel zahlreicher wie auf der Oberseite; sie tragen einerseits zur Verminderung der Tran- spiration bei, und andererseits sind sie ein ausgezeichneter Schutz für die wachsende Spitze von jungen Blättern. Die Spitze der jungen Blätter ist mit den jungen Haaren so dicht besetzt, daß sie dort einen dieken Filz bilden. Diese Einrich- tung macht es auch möglich, daß die Blätter von Platycerium in ihrer Jugend nicht eingerollt zu sein brauchen. Es bliebe noch die phylogene- Fig. 40. Pi. grande, Entwicklung der tische Entwicklung der beiden Blatt- Spaltöffnungen hei einam jungen Blatt, formen zu besprechen übrig. Daß die Ausbildung von Mantelnischen- und Mantelblätter eine Anpassung an das epiphytische Leben der Pflanze ist, liegt klar; es käme nur in Betracht, welche von den beiden bei Platy- cerium vorkommenden Blattformen, die humussammelnden oder die g. 42. Pl. Stemmaria, Fig. 41. Pi. bifurcatum. Sternhaar von der Se nhaar von oben ge- Seite gesehen. sehen. herunterhängenden und sporangientragenden die phylogenetisch ältere ist, anders gesagt, ob die letzten aus den ersten sich entwickelt haben oder umgekehrt. Daß man nicht die einen für sterile und die anderen für fertile Blätter betrachten kann, hat Goebel bewiesen, auf die Tat- sache hindeutend, „daß die Verschiedenheit der beiden Blattformen 300 Heinr. Ritter v. Straszewski, auftritt, lange ehe die Pflanze imstande ist, Sporangien zu bilden“. Als Ausgangspunkt der Betrachtung muß man die Arten nehmen, bei denen der Unterschied zwischen den beiden Blattformen der geringste ist, das wäre bei Platycerium grande. Diese Art besitzt Mantelnischen- blätter, die mit ihrem unteren Teil zwar den Substrat dicht anliegen, deren oberer Teil aber reich verzweigt ist und in lange Zipfel auswächst. Das junge Mantelnischenblatt, wie auch das junge Laubblatt ist noch ungeteilt; die Teilung findet erst im Laufe der weiteren Entwicklung statt. In ihrem anatomischen Bau besteht die eine wie die andere Blatt- form nur aus Schwammparenchym; und wir tun am besten, wenn wir sagen, daß das Laubbhlatt hier noch die größte Ähnlichkeit mit dem Mantelblatt besitzt, während bei den anderen Arten der Unterschied sehon bedeutend größer ist, was sich auch im anatomischen Bau äußert Alle Mantel- und Mantelnischenblätter besitzen nur Schwammparenchym; bei den Laubblättern anderer Arten (Platycerinm Willinekii, bifurcatum usw.) bildet sich ein ausgesprochenes Palisadenparenchym aus. Ich glaube, daß wir keinen Fehler begehen, wenn wir sagen, daß das Laub- blatt sich hier zu einem ausgesprochenen assimilierenden Organ ausge- bildet hat, während die hauptsächlichste Bedeutung der Mantel- und Mantelnischenblätter auf einer anderen Tätigkeit beruht, über die schon früher gesprochen wurde. — Bei jungen Keimpflanzen nehmen die dem Kotyledo folgenden Blätter zuerst eine immer mehr nierenförmige Gestalt an, bis ungefähr das dritte Blatt von der Ansatzstelle an schon ausgebreitet ist und die Gestalt eines ausgesprochenen Mantelblattes besitzt; von jetzt ab bildet die Pflanze längere Zeit nur Mantelblätter, bis sie mit Bildung von Laubblättern beginnt. Es kommt aber auch vor, daß sofort nach, dem Kotyledo das erste und alle darauf folgenden Blätter rund sind und Hofmeister beschreibt sogar diesen Fall als den normalen. Bei den aus der Wurzelspitze sich entwickelnden Pflanzen sind die ersten Blätter immer Mantelblätter, und nachdem eine größere Anzahl von solehen Blättern sich ausgebildet hat, fängt die Pflanze mit der Ent- wieklung von Laubblättern an. In beiden Fällen aber, bei den Keim- pflanzen wie auch bei den aus der Wurzelspitze sich bildenden Pflanzen sind die runden Blätter noch unverzweigt; es liegt vielleicht am nächsten, diese als Jugendformen der humussammelnden Blätter zu betrachten. Nach allem dem, was ich eben gesagt habe, halte ich es für be- rechtigt. folgenden Schluß zu ziehen. Die phylogenetisch ältere Form der Blätter ist eben die der humussammelnden, und ich glaube, daß die Pflanzen, aus welchen sich Platycerium entwickelt hat, nur solche Blätter Die Farngattung Piatycerium. 301 besaßen, die in ihrem unteren Teil breiter waren und Humus sammelten, während sie im oberen Teile des Blattes geteilt waren und Sporangien trugen, so wie das jetzt der Fall, z. B. bei Polypodium Heracleum, ist. Daß den Mantelblättern die Fähigkeit Sporangien zu bilden, noch nicht gänzlich verloren gegangen ist, beweist ein sehr interessanter Fall, der von Poisson?) beschrieben wurde. Bei einem in den Gewächshäusern des Museum d’histoire naturelle in Paris kultiviertem Exemplar einer Platyceriumart?) haben sich Sporangien auf dem Mantelnischenblatt entwickelt. Dieses Blatt war etwas mehr verlängert und reicher gelappt wie sonst die anderen Mantelnischenblätter dieser Pflanze. Poisson versucht diesen Fall folgenderweise zu erklären: „Cette anomalie peüt-elle ötre expliquee? On peut je crois donner une raison, si elle n’est pas absolument exacte, est dumoin vraisemblable. L’exem- plaire en question est une plante trös-grosse et vigoureuse. Or le rhizome, sur lequel naissent les frondes, est tr&s court: il a pu arriver, que les frondes qui normalement auraient 6te fertiles, n’ont pu naitre, a cause du manque de place: la plante dans ce cas, y aurait remedie en allongeant ses frondes steriles, qui deviendrait fertile par la partie superieure. TI s’agirait done dune adaptation du systeme foliaire‘. Ich möchte mich mit dieser Erklärung nicht ganz einverstanden erklären. Daß die Laubblätter sich nicht ausgebildet haben aus dem Grund, weil für dieselben nicht genug Platz vorhanden war, halte ich nicht für richtie. DaB der Fall bei einer sehr starken und gut er- nährten Pflanze stattgefunden hat, wäre in Einklang mit der Meinung Goebeis, daß die gut ernährten Pflanzen die größere Fähigkeit besitzen, Mantelblätter zu bilden, wie die schwächeren. Daß eben bei so einem Exemplar die Sporangien auf dem Mantelnischenblatte sich entwickelten, wird wahrscheinlich die Folge davon sein, daß zur Zeit des Wachstums dieses Blattes, die zur Sporangienbildung nötigen Stoffe in der Pflanze vorhanden waren. Jedenfalls aber nieht davon, daß das Blatt, das zu einem Sporophyll bestimmt war, infolge von Platzmangel zu einem Mantelnisehenblatt sich bildete. — Das wichtigste ist hier aber, daß man feststellen kann, was schon früher erwähnt wurde: 1) H. Poisson, Note sur un Plat. biforme a feuilles tautes fertiles. Bull. Soc, bot. de France Liv, pag. 108. . . 2) Diese Art wurde als Pl. biforme angegeben. Aus der Zeichnung dieser Ab- handlung ist aber. klar, daß es kein Pl. biforme (eoronarium) sein konnte; es ist mög- lich, daB es ein Pl. Willinckii war. 302 Heinr. Ritter v. Straszewski, 1. Den humussammelnden Blättern von Platycerium ist die Fähig- keit, Sporangien zu bilden, noch nicht verloren gegangen. 2. Der Unterschied zwischen beiden Blattformen von Platycerium beruht nicht auf einem Unterschied zwischen fruchtbaren und unfruchtbaren Blättern. Kehren wir aber.zu unserem Thema zurück; zur Entwicklung der Laubblätter aus den humussammelnden Blättern. Infolge einer weiteren Anpassung der Pflanze an das epiphytische Leben kommt auch eine Spezialisierung zustande, die einen Blätter übernehmen die Tätigkeit, Humus zu sammeln und für die Feuchtigkeit des Substrates zu sorgen, während die anderen sich immer mehr zu assimilierenden und sporangien- tragenden Formen ausbilden, was sich auch im anatomischen Bau äußert. Bei Platyserium grande besitzen die herunterhängenden Blätter noch denselben anatomischen Bau wie die Mantelblätter, während bei den anderen Arten sich ein Palisadenparenchym entwickelt. Ich glaube, daß die Form der Mantelblätter auch eine jüngere ist, wie die der Manteinischenblätter. Wenn auch dem Platycerium bifur- catum, das normale Mantelblätter besitzt, die Fähigkeit zukommt, daB der Blattrand auswachsen kann und sich etwas teilt, halte ich das für eine Rückschlagserscheinung auf eine phylogenetisch ältere Form. — Die Systematik der Gattung. Die Stellung ven Platycerium im System der Farne ist bis jetzt noch nicht geklärt. F6e!) hat Platycerium unter die Acrosticheen ein- gereiht. Er hebt dabei hervor, daß in Hinsicht auf die Behaarung eine Ähnlichkeit mit Niphobolus vorhanden ist. Mettenius?) hat es zu den Polypodiaceen gezählt und in die Nähe der Gattung Taenitis gestellt; es geschah dies deswegen, weil die Spor- tangien nur über speziellen unter der Epidermis verlaufenden Nerven stehen. — Bei Hooker, in seinen Spezies Filieum®), kommt Platycerium wieder unter die Acrosticheen; dieselbe Stellung hat es auch in der Synopsis Filicum von Hooker und Baker‘), In der neueren Zeit wurde zuerst von Prantl®) darauf hingewiesen, daß aus demselben Grund, aus welchem Platyeerium von Mettenius 1)A.L. A. F&e, Memoires sur la famille des fougeres II, pag. 25. 2) G. Mettenius, Filices Horti Lipsiensis, pag. 18. 3 W. J, Hooker, Spezies Filicum V, pag, 282. 4) W. J. Hooker and Baker, Synopsis Filieum, pag. 425. 5) K. Prantl, Das System der Farne, pag. 17. Die Farngattung Platycerium. 303 zu den Polypodieen gestellt wurde, es auch dort hingehört, und er zählt es in die noch engere Gruppe der Polypodiinen, ganz in die Nähe der Gattung Polypodium; dasselbe tut auch Christ in den Karnkräutern der Erde), er stellt es in die Nähe von Dipteris. In Englers natürlichen Pflanzenfamilien bildet Diels?) aus den Aerosticheen zwei Gruppen, die Acrostichinen und die Platyceriinen, in die letzte Gruppe bringt er Cheiropleuria und Platyeerium. Dasselbe tut auch Christensen im Index Filicum?), In allerletzter Zeit wurde von Bo wert) folgende Reihe aufgestellt: Mattonia-Dipteris-Cheiropleuria-Platycerium, und er sagt: „Die Genera Cheiropleuria und Platycerium können als Abkömmlinge der Mattonineen betrachtet werden, die zu Epiphyten spezialisiert sind.“ Daß Platycerium nicht zu den Acrosticheen gerechnet werden kann, scheint ganz sicher zu‘sein; eben aus dem Grunde, aus dem es von Met- tenius unter die Polypodieen gestellt wurde. Die Gattung Dipteris wird jetzt auch nicht mehr zu den Polypodieen gerechnet. Mit Cheiropleuria hat Platycerium eigentlich außer der Aderung nichts Gemeinsames. Bei Cheiropleuria sitzen die Sporangien über die ganze Fläche des Sporo- phylis zerstreut; zwischen den Sporangien sitzen zerstreute Paraphysen; die Sporen sind tetraedrisch usw.; eher kann man vielleicht Cheiropleuria in Zusammenhang mit Dipteris bringen. Im Jahre 1899 ist eine Arbeit in den Annales des Sciences naturelles von Parmentier mit dem Titel: „Reeherches sur la structure, sur la feuille des Fougeres et sur leur classification“ erschienen. In dieser Arheit beschreibt der Verfasser den Verlauf der Gefäßbündel im Stiel des Blattes, und auf Grund desselben versucht er eine Systematik der Farne zu machen, indem er auch andere Merkmale in Betracht zieht. Er sagt unter anderem folgendes: „La famille des Polypodiacees se rattache a celle des Cyath&acees par le genre Platycerium, dont les affinites anato- miques avec Hemitelia sont incontestables: polystelie du petiole, paren- chyme mince sous-epidermique tout au moins a la face superieure de Vorgane et canaux secreteurs apparents.‘). 1) H. Christ, Die Farnkräuter der Erde, pag. 124. \ 2)L. Diels, Polypodiacene in Engler-Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien, Pag. 336. 3) ©. Christensen, Index Filicum, pag. LIII. u 4) F. 0. Bower, Farne. Handwörterbuch der Naturwiss., Ba. III, pag. 91. 5) Diese Beweise entsprechen nicht ganz den Tatsachen. Ich konnte keine Sekretkanäle bei Platycerium finden, sie fehlen aber auch bei Hemitelia. 304 Heinr. Ritter v. Straszewski, Diese Stellung von Platycerium als eine Gattung, die die Poly- podiaceen mit den Cyatheaceen verbinden soll, hätte viel für sich, wenn man die Merkmale des Prothallium in Betracht zieht; daß der Gameto- phyt von Platycerium an den Gametophyten der Cyatheaceen sehr or- innert: Die Gabelung der Prothallien, geteilte Deckelzelle des Antheri- diums, mehrzellige Drüsenhaare, ist klar. Nach allem, was jetzt gesagt wurde, bin ich gezwungen, folgende Sehlußbetrachtung zu machen: Platycerium gehört nieht unter die Acrosticheen und nicht in die Nähe von Dipteris und Cheiropleuria. Mit den Polypodieen hat es viel Gemeinsames: die Anordnung der Sporangien, mit Niphobolus hat es eine Ähnlichkeit in der Behaarung, außerden: zeigt das Prothallium eine gewisse Ähnlichkeit mit den der Cyatheaceen. Es wäre vielleicht richtig, nach Parmentier unter den Polypodiaceen einen speziellen Tribus der Platycerieen zu bilden, der außerdem die Polypodiaceen mit den Cyatheaceen verbinden sollte. — Eine Einteilung der Arten innerhalb der Gattung Platycerium, die auf einem natürlichen System beruhen sollte, existiert bis jetzt nieht. F6e hat alle Platycerien in zwei Gruppen eingeteilt: in die echten Platy- cerien und eine Gruppe, der er den Namen Scutigera gegeben hat. Zu der letzten Gruppe wurde von ihm Platycerium eoronarium gezählt, deswegen, weil es einen speziellen fertilen Lappen bilden sollte, Dieselbe Einteilung wurde auch von Diels in den natürlichen Pflanzenfamilien angenommen und der ersten Gruppe wurde von diesem Autor der Name . Euplatycerium beigegeben. Nach allem dem, was von mir über die Bildung dieses fertilen Lappens bei Platycerium coronarium im alige- meinen gesagt wurde, halte ich diese Einteilung für unriehtig und berück- sichtige sie auch deshalb nicht. Die Reihe, die von mir hier aufgestellt wird, beruht auf der phylogenetischen. Entwicklung der beiden Blatt- formen, so wie sie früher von mir besprochen wurde. — An die Spitze stelle ich aus diesem Grunde das Platycerium grande, weil hier meiner Anschauung nach der Unterschied zwischen den-beiden Blattfermen verhältnismäßig noch der geringste ist. In die Nähe dieser Art stelle ich all die Arten, wo der Sorus in einer Bucht des Sporophylis sich befindet; später kommen alle die Arten, bei denen die Sporangien am Ende der Blattzipfel stehen, bei denen wir aber noch typische Mantel- nischenblätter sehen können und zuletzt als die am meisten speziali- sierten Formen, die mit typischen Mantelblättern. Außerdem möchte ich noch bemerken, daß die Arten, die in derselben geographischen Region verbreitet sind, eine Verwandtschaft zeigen. Nach der geographischen Verbreitung können wir folgende Gruppen unterscheiden: Die eine Die Farngattung Platycerium. 305 geographische Region, deren Hauptgebiet. die Malaiischen Inseln sind, zieht sich von den Himalaya über Süd-China, Tonkin, Philippinen bis Nord-Australien. Die zweite ist das äquatoriale Afrika und zieht sich von den Maskarenen bis Madagaskar. Die dritte endlich Süd-Amerika, genau gesagt Peru und Bolivia, wo die einzige Art, das Platycorium andinım vorkommt. In der ersten Region kommen folgende Arten vor: Platyeerium grande, Wilhelminae Reginae, Wallichii, coronarium, Ridleyi, Wandae, Veitchii, Willinckii, bifurcatum, Hili und sumbavense; Platycerium Ellis, Stemmaria, angolense, madagascariense und Vassei in der zweiten. — L Die asiatisch-australischen Arten, A. Der fertile Teil bildet sich im Laufe der Entwieklung des Blattes, bevor die definitive Teilung desselben stattgefunden hat. Alle humussammelnden Blätter sind Mantelnischen- blätter. 1. Fertiler Blatteil in einer Bucht des Sporophylis liegend; nach der Entwicklung des fertilen Teiles teilt sich das Blatt noch mehrere Male durch Dichotomie. Bei jedem Blatte befindet sich nur eine Bucht, auf deren Unterseite die Sporangien sitzen Platycerium grande 1. Das Sporophyli teilt sich in der Nähe der Ansatzstelle in zwei Teile, der eine Teil wächst stark in die Länge, sich mehrere Male dichotomiseh teilend, in der Mitte eine Bucht bildend, auf deren Unterseite Sporangien sitzen, wie bei Platyeerium grande; während der zweite nach außen liegende Teil sich nur einmal gabelt, in der Bucht, die durch diese Gabelung entstandenist, liegt der fertile Teil. Platycerium Wilhelminae Reginae 2. Das Sporophyll teilt sich noch, nachdem der fertile Blatteil angelegt wurde, bildet neue fertile Teile (1 oder 2) und teilt sich weiter dichotom. Platycerium Wallichii 3. 2. Sporangien auf einem Lappen, der durch das Unterbleiben der Teilungen an dieser Stelle entstanden ist. Die untere Seite des Lappens ungeschützt. Platyerium coronarium 4, Die Unterseite des Lappens, durch den ausgewach- senen und umgekippten Rand des Blattes geschützt. Platyeerium Ridteyi 5. X Flora, Bu. 108. 20 306 Heinr. Ritter v. Straszewski, B. Die fertilen Blätter zeigen in ihrer Jugend schon eine Teilung, in der weiteren Entwicklung teilen sie sich nieht mehr, sondern die einzelnen Zipfel wachsen in die Länge. Der fertile Teil am Ende der Blattzipfel. 1. Die humussammelnden Blätter Mantelnischenblätter. Die fertilen Blätter herunterhängend, zweimal gegabelt, die einzelnen nach oben zu keilförmig verbreitert und nicht gerade abgestutzt, sondern wellig berandet. Platycerium Wandae 6. Die fertilen Blätter mehrmals gegabelt, nicht herunter- hängend, sehr dicht mit Haaren besetzt, von grauem Aussehen, die ganze Pflanze kleiner, sonst der vorherigen Gattung ähnlich. Platyeerium Veitchii Die fertilen Blätter herunterhängend, unregelmäßig mehrmals gegabelt, fächerförmig. Platycerium Willinckü 8. 2. Die humussammelnden Blätter Mantelblätter. Die fertilen Blätter herunterhängend. Eine Tendenz zur Teilung des Blattrandes bei den humussammelnden Blättern. Platycerium bifureatum 9. Die fertilen Blätter steif in die Höhe stehend. Platycerium Hillii 10. Die fertilen Blätter wiederholt gegabelt, mitsehr langen einzelnen Blattzipfeln, die Enden derselben stumpf. Grau- grüne Farbe der Blätter. Platycerium sumbavense 11. II. Die afrikanischen Arten. A. Die humussammelnden Blätter Mantelnischenblätter, rund, ungeteilt. Das Sporophyll rund ungeteilt. Platycerium angolense 12. Das Sporophyll flach ausgebuchtet, der fertile Teil nierenförmig. Plaiyeerium Ellisii 13. Das Sporophyll Afürmig, unregelmäßig ausgebuchtet, die beiden Enden des Sporophylis spitzig, bis zu den beiden Rändern dieht mit Sporangien besetzt. Platycerium madagascariense 14. Die Farngattung Platycerium. ö 307 Das Sporophyil tief ausgebuchtet, die beiden Seiten können sich noch teilen und weiter wachsen. Platycerium Stemmaria 15. B. Die humussammelnden Blätter Mantelblätter. Das Sporophyll mehrmals gegabelt, die Sori nie an den Enden der Blattzipfel, Platycerium Vassei 16. III. Die süd-amerikanische Art. Die humussammelnden Blätter Mantelnischenblätter, ge- teilt. Das Sporophyli mehrmals gegabelt, der fertile Teil sitzt tiefer unter dem Ende des Blattes, die Sporangien be- decken die Blattunterseite bis zu den beiden Rändern des Blattes. Piatycerium andinum 17. Zusammenstellung der Resultate. 1. Der Gametophyt zeigt große Ähnlichkeit mit dem Gameto- phyten der Cyatheaceen: Gegabelte Prothallien, mehrzellige Drüsenhaare, geteilte Deckelzelle beim Antheridium. 2. Die ersten gestielten Blätter der Keimpflanze besitzen einen einzigen Nerv, die später entstehenden, die nierenförmig oder rund sind, besitzen Nerven, die sich dichotom teilen. 3. In dem Stamm einer ganz jungen Pflanze verläuft ein Gefäß- bündel mit haplostelem Bau. Später zeigt der Stamm einer jungen Pflanze einen Bau, der sehr an eine amphiphloeische Siphonostelie erinnert. Der ausgewachsene Stamm ist dietyostel gebaut. 4. Die Blätter sitzen an dem Stamm in zweizeiliger Stellung; eine regelmäßige Reihenfolge in der Entwicklung der beiden Blattformen existiert nicht. 5. Die Seitenknospen entstehen an dem Stamm unter einem Laubblatte. 6. Die Wurzel ist diarch gebaut, umgeben von einem Lager von sklerenchymatisch verdickten Zellen. 7. Die Zellen der Wurzelrinde zeigen eine ähnliche Verdiekung wie die Zellen der Wurzeln bei den Orchideen; sie sind imstande, Wasser durch die Rinde aufzunehmen, 8. Die Interzellularen von dem Mantel- und Mantelnischenblatte sind mit Wasser injiziert. 20* 308 9 10. 11. 15. 18. Heinr. Ritter v. Straszewski, . Die Mantelblätter zeigen in ihrer Jugend eine negativ geotro- pische Krümmung, die später durch Epinastie aufgehoben wird. Diese Epinastie verursacht das feste Anliegen der Blätter an das Substrat. Die Entwicklung des fertilen Teiles am Blatte verursacht oft eine Hemmung des betreffenden Blatteiles, auf dem die Sporangien sitzen. Auf diese Weise kommt der fertile Teil in eine Bueht bei Platycerium grande, Wallichii usw. Der Lappen bei Platy- eerium coronarium und Ridleyi, auf dem die Sporangien sitzen, ist keine spezielle Bildung des Blattes, sondern er entsteht auf die Weise, daß hier die Teilungen des Blattes unterbleiben. Im anatomischen Bau besteht das Grundgewebe der Mantel- blätter nur aus Schwammparenchym. Die Laubblätter zeigen eine große Verschiedenheit im anatomischen Bau ihres Grund- gewebes. . Das Hypoderm der Laubblätter ist ein Wassergewebe; es bildet aber keinen Schleim aus. Die Gefäßbündel im Blatte sind zuerst konzentrisch gebaut, dann werden sie bikollaterai, schließlich kollateral. . Im Phloem der Blattgefäßbündel verlaufen Gerbstofischläuche. Die Mantelnischen- und Mantelblätter sind phylogenetisch älter wie die Laubblätter. Die Mantelblätter haben sich aus den Mantel- nischenblättern entwickelt. Platycerium gehört nicht unter die Acrosticheen und es hat mit Cheiropleura außer der Aderung nichts Gemeinsames. - Es wäre am richtigsten, aus den Platycerien eine spezielle Gruppe unter den Polypodiaceen zu bilden. Die Platycerien zeigen außerdem gewisse Ähnlichkeiten mit den Cyatheaceen. Die Platyeerien jedes geographischen Gebietes sind untereinander verwandt. Literaturverzeiehnis. 1. Alderwereld van Rosenburgh, New or interesting Malayan Ferns. Bull. du depart. de l’agricult. aux Indes Neerlandais, No. XVIII, 1908, 2. Ders., Malayan Ferns. Batavia 1909, 3. G. Arcangeli, Sulla funzione trofilegiea delle foglie. Bull. de Soc. bot. Ital. in N. G. B. J. 1889, pag. 272. 4. F.W.C. Areschoug, Über die physiologischen Leistungen und die Entwicklung des Grundgewebes des Blattes. Acta Univ. Lundensis XXX111, 1, 1897. 5. 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Ders., Pflanzenbiologische Schilderungen I. Marburg 1889. 27. Ders., Organographie der Pflanzen. Jena 1898—1901. 28. Ders., Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pilanzen. Leipzig 1908 29. Ders., Loxsoma und das System der Farne. Flora 1913. 80. D, T. Gwynne Vaughan, Observations on the anatomy of solenostelic Ferns. Ann. of Bot. XVII, 1908. 31. G. Haberlandt., Über kollaterale Gefäßbündel im Laube der Farne. Sitzber. der Akadem. der Wiss. Wien I. A., Bd. 481. 32. E. Hannig, Über das Vorkommen der Perisporien bei den Filieineen nebst Be- merkungen über die systematische Bedeutung derselben. Flora 1911, pag. 103. 3. Harms, Antrag eines Index nominum generieorum Pteridophytorum conservan- dorum, vorgelegt dem internationalen Kongreß zu Brüssel 1910. 34. W. Hofmeister, Beiträge zur Kenntn. der Gefäßkryptogamen. Abh. der Kgl. Sächs. Gesellsch. der Wiss. Bd. V, 1887. 85. Hooker, Species Filicum V, 36. Hooker and Baker, Synopsis filieum. London 1874. 37. L. Jost, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. Jena 1913. 38. H. Kniep, Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegungen der Laub- blätter und die Frage der Epinastie. Pringsh. Jahrb. 1910. 3. JP. Lotsy, Stammesgeschichte der Pflanzen. Jena 1909, Bd, II. 310 . Heinr. Ritter v. Straszewski, 4, 4 42. 43. 44. 45. %,. 58. 60. 61. J. Massart, Comment les jeunes feuilles se protegent contre les intemperies, Bull. du Jardin bot. de l’Etat. Bruxelles 1902—1905, Vol, V. G. Mettenius, Filices Horti Lipsiensis. Leipzig 1856. Ders., Über den Bau von Angiopteris. Abh. der Kgl. Sächs. Gesellsch. der Wiss. 1863, Bd. VI. P. Parmentier, Recherches sur la structure de la feuilles des fougeres et sur lenr elassification. Ann. des sc. nat., Ser. 8. T. IX. Pedersen, Entwicklungsgeschiehte des Polypodiaceenvorkeims. Schenk- Luerssen, Mitteilungen aus dem Gesamtgebiete der Botanik 1875, Bd. II. G. Poirault, Kecherches sur les eryptogames vasculaires, Ann. des. se. nat. 1893, Ser. 7, T. XVII. H. 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Die Beobachtungen des Verf. über eine Anzahl von Lebermoosen und Laubmoosen sind veröffentlicht in dem soeben gedruckten, die Bryophyten behandelnden Abschnitt der zweiten Auflage der „Organographie“; über die Utrieularia nelumbifolia in der Abhandlung von Dr. Merl. Im folgenden mögen noch einige kleine Beobachtungen mitgeteilt werden, welche vielleicht von einem oder dem anderen späteren Besucher Rio’s als Material zu weiteren Untersuchungen verwendet werden können. Die Verbindung nach Rio ist in Friedenszeiten so ausgezeichnet, die Flora so reich, die Umgegend so wunderbar schön, das Klima im August und September für den Europäer so gesund und angenehm, daß sicher viele später Brasilien besuchen werden. . Für freundliche Aufnahme und Förderung möchte Verf. auch hier herzlich danken Herrn Dr. J. Willis, Direktor des botanischen Gartens in Rio, Herrn Dr. Adolf Lutz und Herrn Dr. Lohmann daselbst sowie Herrn Eissler, dem verdienten früheren Garteninspektor des botanischen Gartens in Rio. München, Mai 1915. K. 6. In Wasserfällen mit Podostemaceen („Mniopsis Weddeliana”) zu- sammen fand sich in Theresiopolis (Orgelgebirge) und anderen Stand- orten häufig eine rasenförmig wachsende, aus kurzen verzweigten Fäden bestehende Pflanze, die ich nach Staudort und Aussehen zunächst für eine Süßwasserfloridee hielt. 312 K. Goebel, Genauere Untersuchung zeigte, daß es sich um eine Flechte aus der Gruppe der Ephebaceen handelt. Der Bau dieser Flechtengruppe ist seit Schwendener’s Unter- suchungen vielfach erörtert und abgebildet worden). Es könnte also scheinen, als ob wir über den Thallusbau vollständig orientiert wären. Dies ist indes bezüglich eines, wie mir scheint, nicht ganz unwichtigen Punktes nicht der Fall. Zunächst sei erwähnt, daß die untersuchte Ephebacee keine Apo- thezien, sondern nur Pykniden besaß. Die Gattungszugehörigkeit (Ephebe, Ephebeia, Spilonema) konnte also nicht bestimmt werden’). Bekanntlich dienen Stigonema-Arten, die mit Scheitelzelle wachsen, den genannten Gattungen als Algen. Die Struktur des Thallus soll bei Ephebe dadurch zustande kommen, daß „die einzelnen Zellen des Stigonema durch die sich vermehrenden und in die Dicke wachsenden Hyphen auseinander gedrängt worden sind, die Hyphen haben sich vorwiegend in der Achse vermehrt und die Gonidien finden sich lediglich in der Peripherie, der Thallus ist so ausgesprochen heteromer geworden, wie eine bei irgend einer Strauchflechte, es ist daher unrichtig, wenn von den Autoren, wie das gewöhnlich geschieht, Ephebe zu den homöomeren Flechten gestellt wird” (Reinke a. a. O. pag. 423). Lebende Ephebe pubescens konnte ich bis jetzt nicht untersuchen. Es mag sein, daß die Reinke’sche Schilderung für diese Art zutrifft. Bei der brasi- lianischen ist es nicht der Fall. Schon der Querschnitt durch einen älteren Thallusteil (vgl. Fig. 1A u. 3, wo nur die Algenzellen eingetragen sind), zeigt ein anderes Bild und zwar ein viel weniger heteromeres als der Reinke’sche Ephebequerschnitt. Die Algenzellen fanden sich zwar vorwiegend, aber keineswegs ausschließlich an der Peripherie. Am Ende der Zweige (Fig. 27) sieht man auch hier die Hyphen in der Gallerthülle des Stigonema zunächst außen fast bis zum Scheitel vordringen; die einzelnen Spitzen erhalten sich naturgemäß darin ver- schieden, es sind bald mehr, bald weniger feine Hyphen sichtbar, die bald die Scheitelzelle erreichen, bald nicht. 1) So z.B. in Sachs, Lehrbuch der Botanik, Reinke, Untersuchungen über Flechten IV; Jahrb. für wissensch. Botanik XXVIII (1895) pag. 421. 2) Vielleicht ist sie = Ephebeia brasiliensis Wainio (E. Wainio, Etude sur la classification naturelle et Ia morphologie des lichens du Bresil, Acta societ. pro fauna et flora fennica Vol. VII, Helsingfors 1890, pag. 245). Größe und Habitus stimmen, auch wohl der Standort im Wasser („Ad rupes itacolumiticas in littore fluvii in Carassa). Leider konnte ich diese Art nicht vergleichen, sie fehlt dem reichhaltigen Münchener Flechtenherbar. Morphologische und biologische Bemerkungen. 313 In älteren Thallusteilen sieht man die Hyphen viel weiter geworden und zwischen die Stigonema-Zellen eingedrungen, und zwar noch che die einzelnen Zellen durch gallertige Wandsubstanz auseinanderrücken. In einer Oberflächenansicht (Fig. 277) sieht man die Stigonema-Zellen paketweise zusammenhalten und zwischen ilınen die Hyphen verlaufen. Diese Zellpakete sind offenbar verhältnismäßig selbständig wachsende Zellgruppen, deren Oberflächen- zellen zu Seitenästen auswachsen können, ohne erkennbare An- ordnung. Bei Stigonema Glaziovii, von der ich Herrn Prof. Hiero- nymus in Berlin Material ver- danke (sie ist aber von der Ephebaceen-Stigonema sicher ver- schieden), fand ich wie Fig. 27 . schematisch zeigt, eine mittlere gig. 1. Querschnitte durch zwei Thallus- Zellreihe mit breiten Tüpfel- äste, die Algenzellen sind angedeutet. kanälen unter sich, mitschmäleren mit den seitlichen Zellen zusammenhängen. Eine mittlere Zellreihe war bei dem Ephebe-Stigonema, nicht als von den anderen deutlich unter- schieden, erkennbar. Die Zahl der Zellen, die aus einem Segment hervorgeht, ist auch eine größere als bei Stigonema brasiliensis. Heterozysten konnte ich weder an ungefärbtem, noch an gefärbtem Material finden. Nur an mit Javelle’scher Lauge aufgehellten Zweigen traten einzelne Zellen durch abweichendes Aussehen ihrer Membranen hervor, ich muß aber dahingestellt sein lassen, ob es sich um Hetero- zysten handelt. Auffallend ist die Blaufärbung, welche eine innere Wandschicht der Algenzellen bei Jodzusatz an mit Javelle’scher Lauge behandeltem Material annimmt, der ganze Faden erhielt dadurch eine tiefblaue Färbung. Er macht den Eindruck als ob der interzellulär wachsende Pilz die Algenzellen zu stärkerer, gallertiger Ausbildung ihrer Membranen anrege. Eine Entfernung der Algenzellen bzw. Zell- gruppen voneinander tritt dadurch ein. Die Zellgruppen der Algen sind indes nicht, wie Reinke für Ephebe annimmt, durch die Pilzhyphen an die Peripherie gedrängt worden. Vielmehr findet man auch im Innern des „Flechtenthallus* Algen- zellen. Aber diese werden von dem Pilze befallen, der Haustorien (Fig. 2 777, 7V) in sie hineinsendet. Das ist bei den peripheren Zellen 314 K. Goebel, weniger häufig. Die befallenen Algenzellen wachsen beträchtlich heran und verlieren offenbar die Teilungsfähigkeit. Mir ist keine Flechte bekannt, in welcher eine so massenhafte Bildung von Haustorien vorkommt. Einige Fälle hat Bonnet') z. B. für Arnoldia minutula, Physma u.a. beschrieben. — Die befallenen Zellen sterben ab und ver- schwinden. Ein solches Absterben läßt sich auch bei der brasilianischen Ephebacee beobachten. Man sieht, wie das Haustorium das Proto- plasma der Algenzelle zuerst einstülpt. Andere befallene Zellen erschei- nen plasmaarım und tot. Nach unserer Auf- fassıng verschwinden also innere Algenzellen unter dem Einfluß des Fig. 2. Z Thallusspitze im optischen Längsschnitt, Pilzes, während die die Hyphen (7?) sind in diesem Falle nur spärlich 5; i i vorhanden. /7 Stück einer Außenansicht, stark ver- äußeren weniger leiden. größert. Man sieht Algenzellpakete, dazwischen Hyphen, Zugleich sehen die sich schon in die noch dünnen Wände eindrängen. „ir daß der Pilz die ZI Stück eines Querschnittes, stark vergrößert. > ’ . Pilzhyphen. 4 Haustorien. ZY desgleichen. Y’Sche- Alge nur am Scheitel matisierter Längsschnitt durch ein Stück am Stigonema noestört wachsen läßt. Glaziovii. & ” Bald zerstört er die regelmäßige Zellenanordnung, drängt die Zellen auseinander, tötet innere Zellen, vereinzelt die äußeren — kurz er verhält sich, soweit man aus morphologischen Beobachtungen urteilen kann, wie ein echter Parasit. Hormogonien konnten nicht beobachtet werden. Vermutlich ver- mehrt sich die Flechte im Wasser durch abgerissene Stücke, die fort- geschwemmt werden. Ob sie nur am Lande Apothezien hervorbringt, im Wasser nur (als einseitige Anschwellungen erscheinende) Pykniden, können nur weitere Beobachtungen entscheiden. 1) E. Bonnet, Recherehes sur les gonidies des Lichens, Ann. d. sc. nat. Bot., T. XVII (1873), pag. 47-48, sowie die in Engler-Prantl, Nat. Pflanzenfam., Bd. I, pag. 4 zitierte Abhandlung von Hedlund. Morphologische und biologische Bemerkungen. 315 Hauptinhalt vorstehender Notiz: Im Orgelgebirge wächst auf Steinen im Wasser sehr häufig eine Ephebacee. Der Pilz bildet Haustorien, welche in zahlreiche Algenzellen eindringen und diese zum Absterben bringen können. 24. Die Abhängigkeit der Dorsiventralität vom Lichte bei einer Selaginella-Art. Mis 2 Abbildungen im Text. Bei dem (sehr heißen!) Aufstieg von Säo Bento nach dem herrlich gelegenen Kloster von Caraca (im Staate Minas Geraes) fielen mir auf dem ausgetrocknetenroten Lateritboden einige abgedorrte Selaginellen auf. Es war zu vermuten, daß an einem so offenen ungeschützten Standorte sich nur Selaginellen halten können, welche mit unterirdischen Knöllchen versehen sind, wie man solche ja bei einigen Selaginella-Arten kennt. Die Untersuchung ergab auch sofort das Vorhandensein von weißlichen Knöllchen im Boden, die am Ende von mehreren Zentimeter langen, mit gleich großen Niederblättern besetzten Ausläufern stehen. Also mutatis mutandis im wesentlichen dasselbe Verhalten wie bei einer Kartoffel. Da auch die Knöllchen mit einander genäherten isophyllen Blatt- paaren versehen und somit in der Beblätterung von den dorsiventralen, anisophylien oberidischen Sprossen verschieden sind, so glaubte ich in dieser Selaginella eine Art vor mir zu haben, weiche geeignet sei, zur Untersuchung der Frage, wie weit bei Selaginella die Dorsiventralität vom Lichte abhängig ist, oder nicht. Darüber lagen bis jetzt keine entscheidenden Versuche vor. Hofmeister!) war der Ansicht, daß die von der intensivsten Beleuchtung getroffene Seite von Selaginella in der Massenzunahme relativ gehemmt sei, und führt darauf die Anisophyllie zurück. Er bringt als Stütze dafür folgende Beobachtung: „Läßt man Selaginella hortensis in völliger Dunkelheit vegetieren (sie verträgt einen mehrmonatlichen Aufenthalt in solcher), so bleibt die Größe der bei Lichtausschluß ent- wickelten Oberblätter weit minder hinter derjenigen der Unterblätter zurück; auch stehen beide sparrig vom Stengel ab, dem sie, bei Ent- wicklung im Lichte, angedrückt sind." Diese Beobachtung kann aber nicht als eine entscheidende betrachtet werden. Denn einerseits wurde eine Gleichblätterigkeit im Dunkeln D) W.Hofmeister, Allg. Morphologie der Gewächse, Leipzig 1868, pag. 626. 316 K. Goebel, nicht erreicht, andererseits kommt die Verminderung der Anisophyllie nicht, wie man von Hofmeister’s Anschauung erwarten sollte, dadurch zustande, daß die auf der Oberseite gelegenen Blätter größer werden als am Lichte, sondern darauf, daß die Unterblätter bei Lichtmangel kleiner werden. Wäre gemäß der Hofmeister’schen Auffassung das Kleiner- bleiben der Blätter mit der Lichtseite direkt durch stärkere Beleuchtung bedingt, so müßte die Anisophyllie umkehrbar sein. Pfeffer!) zeigte, daß dies bei S. Kraussiana nicht der Fall ist. Er ließ Sprosse vom 6. Mai bis 20. August zwischen zwei Glasplatten in umgekehrter Lage wachsen. Trotzdem war „weder in der Orientierung von Ober- und Unterseite, noch in den Größenverhältnissen von Ober- und Unterblättern ein Unterschied gegenüber den früher gebildeten Sprossen wahrzunelimen“. Pfeffer läßt es dahingestellt, ob bei neu entstehenden Pflänzchen von Selaginella (und anisophyll beblätterten Lebermoosen) die Orientierung der beiden verschiedenen Seiten in einer ähnlichen Beziehnng zum Lichte stehe, wie bei den aus Brutkörpern heranwachsenden Marchantia-Pflanzen, bei denen die beleuchtete Seite zur „Oberseite“ wird. Der Verf.?) schloß aus verschiedenen Tatsachen, daß auch bei den „habituell isophyllen Selaginellen eine ursprünglich durch das Licht bedingte Veränderung des Symmetrieverhältnisses des Vegetationspunktes vorliegt“. Diese Annahme wird durch die Beobachtungen an der bei Caraca gesammelten Art — sie möge der Kürze wegen als Sel. caracensis bezeichnet werden — bestätigt. Die Erde mit den Knöllchen wurde trocken mit nach München genommen. Überraschend war die Schnelligkeit, mit der sie austrieben. Am 2. Dezember in einen 18—20° warmen Raum gebrachte und feucht gehaltene Knöllchen hatten am 4. Dezember schon zum Teil ausgetrieben. Es entstehen aus den Knöllchen einerseits oberirdische Triebe, anderer- seits (offenbar aus ruhenden Knospen) unterirdische Ausläufer, die wieder Knöllchen bilden können. Fig. 1, / stellt ein Knöllchen dar, das einen an das Licht getretenen Sproß bildete. Die Blattpnare sind der Altersfolge nach beziffert. 1) W. Pfeffer, Studien über Symmetrie und spezifische Wachstumsursachen. Arb. a. dem Botan. Institut in Würzburg. Herausg. von J. Sachs, Bd. I, pag. 94. 2} Goebel, Organographie der Pflanzen, 2, Aufl, 1913, pag. 284. Morphologische und biologisslie Bemerkungen. 317 Man sieht, daß die ersten zwei Blattpaare noch aus annähernd gleich großen Blättern bestehen. Schon beim dritten tritt die Ungleichheit des ö-Blattes gegenüber dem «-Blatt hervor, d. h. es bildet sich die gewöhnliche Anisophyllie aus. X sind Ruheknospen, die — wie bei manchen anderen Selaginellen — durch Zurück- bleiben je einesGabelsprosses entstehen. Anders verhielten sich die Knöll- chen, deren über den Boden heraus- kommende Triebe verfinstert wurden (Fig. 1, 77). Es zeigt sich hier ohne weiteres, daß im Finstern die Aniso- phyllie nicht zustandekommt. Die Blätter bleiben vielmehr gleichgroß, indem die sonst größer werdenden {a-Blätter) so klein bleiben wie die ö-Blätter. Die Internodien sind, wie die Vergleichung mit der Lichtpflanze zeigt, kaum länger als bei dieser, die Blatt,,paare“ aber oft auseinander ge- rückt (z. B. 7, &, 9). Bringt man solche Dunkelsprosse ans Licht, so tritt bald Anisophyllie auf (Fig. 2). Dabei spielt aber die Richtung des Lichtes keine Rolle. Dieses ist lediglich eine Bedingung für die Änderung im Vegetationspunkt, welche die Dorsi- ventralität (und damit die Anisophyllie) Fig. 1. Selaginella caragensis. 10 fach bedingt. Sie tritt also auch auf, wenn vergr. /Knölichen, das sich am Lichte die Sprosse auf dem Klinostaten — entwickelt hat. —8 Blattpaare (65 inseitieen Lichtein- erscheint verhältnismäßig zu groß, weil unter Ausschluß einseitig 6a schief steht). X ruhende Knospen. falls — sich entwickeln. Ist aber die pie Niederblätter der Knolle sind hier i ität ei ingetreten, so und in Fig. 1,77 nickt gezeichnet. Dorsiventralität einmal eins . ”. Letztere stellt eine im Dunkeln aus- kehren die Sprosse ihre Minusseite getriebene Pflanze dar, bei der die (die mit den kleineren Blättern) dem Anisophyllie nicht aufgetreten ist. Lichte zu. Es können aber auch am Lichte isophylie Sprosse auftreten. So sind in Fig. 2 zwei solcher isophyller, kleinblätteriger Sprosse aufge- treten, 2 hat sich schon nach unten gewandt, A tat es später. 318 K. Goeliel, Man könnte annehmen, es sei dies örtlich bedingt dadurch, daß diese Sprosse in der bei Liehtmangel ausgetriebenen Sproßregion stehen, d. h. also sie seien dort schon isophyll angelegt gewesen und hätten danı nur ausgetrieben. Indes wäre diese Annahme nicht imstande, Fig. 2. Ein ursprüng- lich verfinsterter, dann dem Lichte ausgesetzter Sproß, an dessen Basis sich zwei isophylie Sprosse 4 und 3 ge- bildet haben. die abweichende Wachstumsrichtung zu erklären, denn diese Sprosse sind offenbar nichts anderes als in den Boden eindringende oberirdische Aus- läufer, die den unterirdischen entsprechen. Bei einer kurz gebliebenen, aber deutlich heterophyllen Pflanze wurde am 20. Februar beobachtet, daß sie an ihrem Gipfel in einen isophylien Sproß überging, der sich abwärts krümmte, Es kann also auch am Lichte eine „Um- stimmung‘ eintreten, welche zur Bildung isophyller, zu Ausläufer werdender Sprosse führt. Diese sind der Lichteinwirkung entzogen, sie sind so- zusagen blind dafür. Für die normalen vege- tativen Sprosse aber ist, wie wir sahen, das Licht eine Bedingung für das Auftreten der Anisophyllie. In systematischer Beziehung sei folgendes bemerkt. Die Pflanze gehört, nach gütiger Mit- teilung des Herrn Prof. Hieronymus, in die Gruppe der 8. stoloniferat), in die Verwandtschaft von $, distorta. Aber sie unterscheidet sich von dieser dadurch, daß die „Mittelblätter* (auch die oberen, kleineren) kein Ohr haben, während dies bei $. distorta (wie mir die Untersuchung von Originalexemplaren zeigte) vorhanden ist. Es ist also $. caracensis eine neue Art. Von einer Diagnose möchte ich aber um so mehr absehen, als meine Pflanzen keine Sporangien besaßen. Leider wuchs die Pflanze in Kultur nieht gut, sie wird sich nur bei beson- derer Pflege dauernd erhalten lassen, derzeit, 2 Jahre nach der Einsammlung, sind hier keine lebenden Pflanzen mehr vorhanden. 1) Hieranymns, a. a. O. pag. 709. Morphologische und biologische Bemerkungen. 319 25. Aneimia elegans. Mu 4 Abbildungen im Text, Das merkwürdige Farnkraut, mit dem sich die folgenden Zeilen beschäftigen, wurde von Gardner in Brasilien {in Felsspalten der Serra de Natividade im Staate Cioyaz) eutdeckt und als Vertreter einer neuen Gattung, Trochopteris, beschrieben !). Pres1?) vereinigte Trochopteris mit Aneimia. Er sagt: „Trochopteris nil aliud est quam Aneimia, cum ommes characteres generis prae se fort, et habitus peeuliaris ejusdem praesertim provenit e fronde simpliei inter Aneimias insolita; differt ab omnibus reliquis speciehus haecce fronde simpliei quinqueloba, Iobis duobus infinis (pinnarum loco) fertilibus . .. Trochopteridi unieus character restare videtur, nempe juxta iconem annulus usque ad dimidium longitudinis sporangii de- scendens°); sed dantur in genuinis Aneimiis transitus insensibiles, ita ut de longitudine relativa annuli in sporangio vix sermo magni momenti esse potest.*“ Demgemäß ist die Bezeichnung Trochopteris als Gattungs- namen verschwunden und nur noch als Bezeichnung eines „Subgenus“ von Aneimia beibehalten worden. Tatsächlich weicht die Pflanze, deren Blattrosetten dem Boden angeschmiegt sind (Fig. l), im Habitus weit ab von den Aneimien, deren meist langgestielte Blätter mit den aufrecht gestellten, (les Mesophylis entbehrenden fertilen Blattabschnitten einem in Brasilien oft sehr auffallend entgegentreten. Sie scheint nicht häufig zu sein. Außer im Staate Goyaz ist sie auch in Matto Grosso gefunden worden und in Minas-Geraes. Diese geringe Verbreitung entspricht, wie unten gezeigt werden soll, der Tatsache, «aß die Verbrei- tungseinrichtungen anderen Aneimien gegenüber sehr unvollkommen sind. Es war uns deshalb von besonderem Interesse, daß wir unter der Führung von Prof. Texeira Neves am 16. September bei Ouro-Preto, der früheren Hauptstalt des Staates Minas-Geraes einen Standort besuchen konnten, an welchem A. elegans in größerer Menge wächst. Sie war dort (in der trockenen Jahreszeit) unter überhängenden Felsen vorhanden, die äußeren Blätter abgestorben, die Knospe noch am Leben. Einzelne Exemplare, welche ich nach dem Münchener Garten brachte, führten dort eine Zeitlang ein kümmerliches Dasein, sind jetzt aber ausgegangen. 1) G. Gardner, Description of Trochepteris, a new genus of ferns, in Hooker, London Journal of Bot. 1842, T. I, pag. 78. 2} Presl. Sapplewentum tentaminis Pteridographiae, Pragse 1845, pag. 81. 9% Was übrigens gar nicht zutrifft. 6. 320 K. Goebel, Bei A. elegans liegt einer der zahlreichen Fälle vor, in welchen es sich frägt, ob eine „einfache“ Gestaltung als eine „primitive“ oder eine stark abgeleitete aufzufassen se. Der Monograph der Familie Prantl!) ist der ersteren Ansicht. Er stellt A. elegans an den Anfang der Aneimien und sagt bezüglich der Blattbildung (a. a. O. pag. 15): „Den einfachsten Typus der Gattung zeigt A. elegans, deren Blätter kurz gestielt, fiederlappig bis fiederteilig sind; von der Mittelrippe ent- springen zwei Paare von opponierten Seitenner- ven, welche in je einen mehr oder minder weit vorspringenden Lappen austreten; nach vorne zu löst sich die Mittel- rippe dichotomisch auf. ei Die Seitennerven ver- zweigen sich dichoto- Fig. 1. Aneimia elegans nach Flora bras. aus Christ. misch (das vordere Paar) Farnkräuter der Erde. Links Habitus in nat. Größe, oder gefiedert (das hin- rechts Blatt schwach vergrößert. In der Mitte sore Paar) und zwar, Sporangium. ' wie dies zu erwarten ist, katadrom. An den fertilen Blättern ist diese Fiederung viel deut- licher ausgesprochen und die letzten Nervenzweige bezeichnen wir bier als Sorophore, da sie rechts und links die Sporangien tragen. Hier sind auch die fertilen Primärsegmente mit weniger Mesophyli versehen als die sterilen, obwohl ihre Differenz von letzteren noch nicht so auffallend ist, wie bei den übrigen Arten.“ Von diesem einfachsten Typus leitet er dann die anderen ab. Mit Fig. 2. Blätter von Aneimia elegans, an welchem Rechte mag am Schlusse welchen alte Teile fertil sind. Nat. Gr. dieser Notiz kurz besprochen werden. Zunächst sei erwähnt, daß (die Beschränkung der Sporangienbildung auf die beiden untersten Blatt- fiedern keineswegs ausnahmslose Regel ist. Es wurden Blätter gefunden, an denen zwei Fiedern auf jeder Seite (im ganzen also vier) fertil waren, ja sogar solche, bei denen 1} K. Prantl, Untersuchungen zur Morphologie der Gefäßkryptogamen. II. Heft, Die Schizaenceen, Leipzig 1881. Morphologische und biologische Bemerkungen. 321 das letztere für alle Blatteile zutraf (Fig. 2), was deshalb von Interesse ist, weil damit ein Verhalten erreicht ist, wie es für Aneimia Millefolium, A. rutifolia und für eine andere Schizaeacee, Mohria, das normale ist. Andererseits wurden auch fertile Fiedern beobachtet, die dies nur zum Teil waren, d. h. nur an einzelnen Auszweigungen Sporan- gien trugen, sonst aber vegetativ waren. Derartige Fälle finden sich auch bei anderen Aneimia- Arten. Es ist vielleicht nicht überflüssig, auf den in Fig. 3 von Aneimia Phyilitidisabgebildeten hinzuweisen. Es ist eine fertile Fieder gezeichnet, die an ihrem Ende steril ausgebildet ist. Die Fieder der linken Hälfte ist unten links von der Unterseite nochmals abgebildet. Sie ist von Interesse insofern, als sie im wesent- lichen das Verhalten zeigt, welches sowohl bei A. elegans als bei einer anderen Schizaeaceengattung, Ly- godium, das normale ist: Es ent- springen aus dem Rande der Blatt- fläche fertile Fiedern. An den normalen Aneimia-Sporophylien tritt dies weniger deutlich hervor, weil es zur Ausbildung einer assi- milierenden Blattfläche nicht kommt und die fertilen Blatteile durch die reichliche Verzweigung im Habitus gegenüber den sterilen Blatteilen stark verändert erscheinen. Fig. 3. Aneimia Phyllitidis. Rechts eine fertile Fieder, welche oben vegetativ aus- gebildet ist. Links unten die letzte Fieder links von unten. 1'/,mal vergr Von Interesse ist bei A. elegans namentlich die Stellung der Sporangien. Prant! wies nach, daß diese bei A. Phyllitidis ursprünglich am Blattrande entstehen, dann nachträglich auf die Unterseite verschoben ' werden. „Bei den Untergattaungen Trochopteris, Hemianeimia und Aneimiorrhiza sind die Sorophore flach ausgebreitet und tragen die Fiora, Bd. 108. 21 322 K. Goebel, Sporangien auf der Unterseite zu beiden Seiten des Nervens.“ Die Entwieklungsgeschichte konnte er nicht feststellen. Auch Gardner gab an, daß die Sporangien in zwei Reihen „dorso venularum lateralium imposita” seien und bildet das Taf. IV, a. a. O. in Fig. 3 ab. In der „Flora brasiliensis“ dagegen sind die Sporangien als auf den Nerven sitzend gezeichnet (Fig. 1, rechts) und da ein so hervor- ragender Pteriodograph wie Christ diese Abbildung ohne weitere Bemerkung in seine „Farnkräuter der Erde“ aufgenommmen hat, so hatte es den Anschein, als ob hier ein für die Frage nach der Ver- schiebung der Sporangien auf die Blattunterseite sehr wichtiges Objekt vorliege, es war diese Abbildung mit ein Grund, welcher mir die weitere Untersuchung von A. elegans wün- schenswert erscheinen ließ. Das Ergebnis der Untersuchung einer Anzahl fertiler Blätter brachte freilich insofern eine Enttäuschung, als sich herausstellte, daß jene Ab- bildung der „Flora brasiliensis“ über- haupt kein fertiles Blatt, sondern ein steriles, welchem abgerissene Sporangien anhaften, darstellt. Viel- Fig. 4. 27 Fertiler Blatteil von A. mehr ist die Stellung der Sporangien elegans ausgebreitet und die fertilen : P char Fiedern aufgebogen, an einer schema- Keine andere als bei den übrigen tisch die Sporangien (X) eingezeichnet. Aneimia- Arten und Schizaea, d. h. sie // Sterile untere Fieder. . P stehen längs der Nerven, nur einzelne stehen auch auf der Blattfläche dort, wo die über die Blattfläche hervor- gewachsene schmale Fieder sich von «ieser noch nicht getrennt hat (vgl. Fig. 4, 7). Diese fertilen Blattfiedern sind nach unten umgekrümmt und da der ganze fertile Blatteil dem Boden aufliegt, so ist damit für die Sporenverbreitung nur sehr unvollkommen gesorgt. Tatsächlich trifft man auch in ganz alten, von anderen Blättern überlagerten Sporo- phylien die Sporangien nur unvollständig entleert an. Da die Pflanze nur an besonderen Standorten gedeihen kann und unvollkommene Einrichtungen zur Sporenverbreitung besitzt, so erklärt sich ihre beschränkte Verbreitung, ebenso wie die Tatsache, daß sie einen geselligen Wuchs aufweist. Die Sporen gelangen offenbar über die nähere Umgebung meist nicht weit hinaus. Wie Fig. 4 zeigt, ist die fertile Blatteil von dem sterilen dadurch ausgezeichnet, daß die fertilen Blattzipfel sich über den Blattrand hinaus Morphologische und bielogisshe Bemerkungen. 3933 verlängern. Das Blatt hat aber sonst noch im wesentlichen die Charaktere des Laubblattes. Wenn die fertilen Fiedern von Eu-Aneimia steil auf- gerichtet sind (was für die Sporenverbreitung von Bedeutung ist), so dürfte das direkt von dem Chlorophylimangel bzw. der Chlorophyllarmut herrühren. Die fertilen Blatteile verhalten sich gewissermaßen wie etiolierte, aufgerichtete Blätter, d. h. es kommt nur der negative Geo- tropismus, nicht der Dia-Heliotropismus in Betracht. Das tritt auf- fallend manchmal an den fertilen Blättern von Osmunda Claytoniana hervor. Bekanntlich sind diese in der Mitte fertil, oben wieder steril. Der fertile Teil ist steil aufgerichtet (wie die Sporophylle von Struthi- opteris usw.), der oben sterile Teil biegt sich ab. Trifft diese näher zu prüfende Annahme zu, so ist die orthotrope Stellung der Sporophylie keine „Anpassungserscheinung“, sondern dadurch bedingt, daß vermöge ihres Baues bei ihnen nicht wie bei der Laub- blättern der negativen Geotropismus (der auch diesen zukommt) durch Orientierung zum Lichte ganz oder teilweise verdeckt wird. Ein Blatt von Aneima elegans aber dürfte sich ähnlich verhalten wie die von Plantago media und anderen Pflanzen mit dem Boden angedrückten Blättern. Von anderen Eigentümlichkeiten sei nur die Knospenlage der Blätter und der anatomische Bau kurz erwähnt. Es wurde früher!) auf den Zusammenhang zwischen dem Spitzen- wachstum und der Einrollung der Blatispitze des jungen Blattes hin- gewiesen und gezeigt, daß bei solchen Farnblättern, die frühzeitig zum Randwachstum übergehen, die Einrollung nicht stattfindet. So ist es auch bei A. elegans; es ist die junge Blattfläche nicht eingerollt, sondern nur am Rande nach unten gebogen. Es fehlt die sonst bei den Farnen so verbreitete?) Einrollung hier also offenbar aus demselben Grunde wie bei Trichomanes reniforme, Adiantum reniforme und anderen Pflanzen, deren Blattgestaltung im wesentlichen mit der von A. elegans übereinstimmt. Bezüglich des anatomischen Baues sei nur erwähnt, daß xerophile Charaktere — abgesehen von der Verdickung der Außenwand der Epidermiszellen -— nicht wahrnehmbar sind. Das Mesophyll ist vielmebr mit großen Interzellularräumen versehen. Es mag dies «damit zusammen- hängen, daß die Blätter schon durch ihre flache Ausbreitung vor starker Transpiration geschützt sind. Mit dieser Lage hängt — wie schon 1) Goebel, Organographie der Pflanzen, 1. Aufl, pag. 508 u. 516. 2) Betr. Ausnahmen s. a. a. O. 21ı* 324 K. Goebel, Prantl bemerkte — offenbar auch die merkwürdige Verteilung der Spaltöffnungen zusammen, welche sich nur auf der Oberseite des Blattes finden, also wie sonst etwa bei Schwimmblättern. Die Frage, ob A. elegans eine primitive oder eine reduzierte Aneimia-Art darstellt, läßt sich natürlich nicht mit Sicherheit beantworten. Zweifellos ist die Gliederung des sterilen und fertilen Blatteiles eine weniger weit fortgeschrittene als bei den anderen Arten und, wie wir sahen, das Schwanken in der Ausbildung des fertilen Blatteiles ein größeres als bei jenen. Namentlich steht der fertile Blatteil dem sterilen hier näher als sonst. Und da dies auch beianderen Schizaeaceen normal der Fall ist, so kann man dies Verhalten immerhin als ein „primitives“ betrachten, wenn man darunter ein solches versteht, aus den sich durch weitere Vorgänge die höher entwickelten Formen ableiten lassen. Die mangel- hafte Sporenverbreitung aber macht wieder mehr den Eindruck der stehen gebliebenen Ausbildung oder Rückbildung eines sonst vortrefflich funktionierenden Apparates. Eine sichere Antwort auf die Frage „primitiv oder reduziert“ wird sich also derzeit kaum geben lassen. Wohl aber sahen wir, daß die Sporophylifieder von A. elegans einer „vergrünten“ Sporophyllfieder (bzw. einer solchen höherer Ordnung) von A. Phyllitidis entspricht, daß (die Ausbildung der fertilen Blatteile eine schwankende ist, und daß „wischen der Gestaltung und dem Vorkommen der seltsamen Pflanze deutlich sich Beziehungen erkennen lassen. 26. Selaginella anocardia, eine weitere apogame Art. In der Umgebung Rio’s kommt an schattigen Waldstellen, z. B. am Corcovado, häufig eine Selaginella vor, welche ich — weil mich die unten anzuführende Eigentümlichkeit ihrer Blüten interessierte — lebend mit nach München brachte und seither kultiviere. Sie wurde als S. anocardia A. Br. bestimmt, eine Art, die in die Verwandtschaft von 8. apus gehört. Sie fiel mir dadurch auf, daß in den Blüten fast nur Makrosporangien hervorgebracht werden. Unter sehr zahlreichen (mindestens 50!) untersuchten Blüten fand ich nur bei zwei je ein Mikrosporangium — neben zahlreichen Makrosporangien '). 1) Leider wurde die Stellung des Mikrosporangiums nicht aufgezeichnet. Man könnte vermuten, daß die „Verweiblichung“ der Blüten durch die Verküm- merung des oberen, eigentlich für die Mikrosporangienbildung bestimmten Teils der Blüte zustande komme. Morphologische und biologische Bemerkungen. 325 Die Vermutung lag nahe, daß hier eine apogame Keimentwicklung vorhanden sei, denn es schien unwahrscheinlich, daß eine in so zahl- reichen Exemplaren und keineswegs gruppenweis auftretende Art nur durch Vereinzelung von Zweigen sich vermehre. Bekanntlich hat Bruchmann!), dem die Morphologie von Selaginella so viel verdankt, nachgewiesen, daß bei 8. rubricaulis die Eizellen sich ohne Befruchtung entwickeln, ebenso solche von $. spinulosa.. Bruchmann vermutet, daß die somatisch-partheno- genetische Keimesentwicklung bei Selaginella ziemlich verbreitet sein dürfte. Diese Vermutung wird durch das Verhalten von $. anocardia gestützt. Die vier Makrosporen sind gewöhnlich von ungleicher Größe. Eine ist meist bedeutend größer als die anderen, vielfach sind auch zwei große und zwei verkümmerte vorhanden. Frisch sehen die Makro- sporen hellgel aus, bei längerem Liegen werden sie bräunlich. Ich säte die Makrosporen auf feucht gehaltenes Filtrierpapier in eine Petrischale aus, ohne irgendwelche Mikrosporen. Trotzdem brachten die Prothallien (die ersten nach 6 Wochen) Embryonen hervor, sogar solche, die noch innerhalb der Makrosporangien geblieben waren?). Damit ist bewiesen, daß eine Befruchtung zur Embryobildung nicht nötig ist. Nach Analogie mit anderen Fällen darf wohl angenommen werden, daß bei der Makrosporenbildung die Reduktion der Chromosomenzahl unter- bleibt, die Eizelle also diploid ist. Interessant wäre, festzustellen, ob dies auch bei den Mikrosporen der Fall ist, oder ob diese eine andere Art mit haploiden Eizellen zu befruchten imstande sind? Daß S. anocardis anderen Selaginellen gegenüber eine Rück- bildung erfahren hat, geht nicht nur aus dem Größenverhältnis der Makrosporen, sondern auch daraus hervor, daß die Ausschleuderung der Makrosporen an den daraufhin untersuchten Makrosporangien unter- blieb. Die Makrosporangienwand Öffnet sich wohl in der üblichen Weise, die Sporen bleiben aber (wenn sie nicht durch Erschütterung der Pflanze herausgeschüttelt oder durch Regentropfen fortgeschwemmt werden) im Sporangium liegen. 1) H. Bruchmann, Zur Embryologie der Selaginellaceen. Flora, Bd. CIV, pag. 212. 2) Es wurde nicht untersucht, ob alle großen (wohlentwickelten) Makro- sporen apogame Keimpflanzen liefern, da es mir nur auf die Frage nach der Fort- pflanzung überhaupt ankam; doch war die Zahl der allmählich auftretenden Embryonen eine große. 326 K. Goebel, Keimen sah ich nur die großen Makrosporen, die kleinen scheinen verkümmert zu sein. Die Beobachtung wurde hier mitgeteilt, weil S. anocardia leicht zu kultivieren ist, also zu weiteren Untersuchungen benutzt werden kann. Selaginella apus dagegen blüht, wenigstens in den hiesigen Gewächs- häusern, sehr selten — es sei dahin gestellt, ob in unseren Gewächs- häusern eine „Rasse“, die selten blüht, gezogen wird, oder ob dies an den Kulturbedingungen liegt. Man könnte vermuten, daß auch bei ihr die Embryobildung eine parthenogenetische sei), und daß die merk- würdige Schilderung von Miss Lyon, nach der die Makrosporen in den Sporangien befruchtet werden sollen, nicht zutrifft. Verf. hat sich früher schon ?) gegen die Ansicht gewendet, daß in dem Verhalten von $. rupestris und S. apus eine Annäherung an die Samenbildung zu sehen sei. Die Angaben von Fl. M, Lyon, daß eine Befruchtung stattfindet, sind indes zunächst als giltig zu betrachten. Gegen «ie Annahme einer Apogamie spricht die Beobachtung eines Spermatozoids neben einer Eizelle (was natürlich noch nicht eine Ver- schmelzung beider beweist) und die Angabe, daß in entleerten Makrosporen niemals „any evidence of fertilization® (d. h. also wohl Embryobildung) beobachtet wurde. Trotzdem würde es sich wohl lohnen, nachzusehen, ob nicht doch auch 5. apıs apogame Embryoentwicklung besitzt. Sehr wahrscheinlich ist die letztere für die S. anocardia nahestehende $. brasiliensis, bei welcher von Hieronymus) die Mikrosporen (ebenso wie bei S. anocardia) als unbekannt bezeichnet werden. Vermutlich sind sie auch hier vorhanden, nur selten. Es ist klar, daß das Fehlen bzw. die Seltenheit der Mikrosporangien bei diesen Arten eben durch die apogame Embryoentwicklung ermöglicht wird. Daß nicht etwa die „Nutzlosigkeit“ der Mikrosporangien ihr Verkümmern bedingt, braucht kaum betont zu werden. Die zahllosen nutzlosen Mikrosporangien von Taraxacum officinale werden jedes Jahr normal weiter entwickelt, sie könnten aber ohne Schaden für die Pflanze verkümmern, weil die Samen- und Frucht- entwicklung unabhängig von ihnen erfolgt. i) Vgl. Bruchmann, a. a. O. betr. Sel. rupestris. 2} Flor. M. Lyon, A study of the sporangia and gametophytes of Selaginella apus and Sel, rupestris. Bot. Gazette, Vol. XXXII (1901). 3) Goebel, Über sexuellen Dimorphismus bei Pflanzen. Biol. Zentralbl., Bd. XXX (1910), pag. 677. 4) Hieronymus, Selaginellaceae. In Engler-Prantl Natürl. Pfianzenfamilien T, 4. pag. 695. Morphologische und biologische Bemerkungen. 327 27. Schleuderfrüchte bei Urtieifloren. Mit 3 Abbildungen im Text. Wie in anderen großen Verwandtschaftskreisen erfolgt auch bei den Urtieifloren die Verbreitung der Früchte nicht nur durch verschie- dene äußere Mittel, sondern auch unter den „anemochoren“ und „zoo- choren“ Gattungen durch verschiedene Einrichtungen. Es sei nur kurz, erinnert daran, daß die Windverbreitung bei Ulmus ermöglicht wird durch die „Flügel“ der Früchte, bei Urtiea durch das Perianth, bei Humulus durch die „Fruchtschuppen“; die Tierverbreitung durch das fleischige Exokarp (Celtis), das fleischige Periantlı (Morus), die fleischig angeschwollenen Infloreszenzachsen (Fieus‘, Procris) oder Blütenstiele (Laportea); bei einigen geschieht sie durch Ameisen '). Dagegen sind merkwürdigerweise ganz übersehen worden die eigenartigen Einrichtungen zum Fortschnellen der Früchte, die sich bei Pilea und Elatostemma finden — nur bei Dorstenia, wo derselbe Vor- gang auf ganz andere Art erfolgt, ist er beschrieben, aber meist nicht berücksichtigt worden. Es ist dies um so auffallender, als andere Schnell- bewegungen bei Urtieifloren in allen Hand- und Lehrbüchern erwähnt werden. Es sind dies diejenigen, welche die Filamente der Staubblätter ausführen und die dadurch veranlaßte Pollenausstreuung in Gestalt kleiner Staubwölkchen 2). Haben doch einige Gattungen daher ihren Namen erhalten, wie Pilea und Elatostemma. Weder in Wedell’s®) großer vortrefflicher Monographie, noch in den neueren zusammenfassenden Darstellungen*) dagegen findet sich etwas über die Fruchtverbreitung. Da der Vorgang namentlich auch organographisch von Interesse ist, mag es gerechtfertigt sein, ihn kurz zu beschreiben. Zuerst bei der schönen großen Pilea stipulosa Miqu., welche Herr Dr. Doposcheg aus Java in den hiesigen Garten einführte 1) Vgl. Sernander, Entwurf einer Monographie der europäischen Myrme- cochoren. Kungl. Svenska vetenskaps akademiens Handlingar 1906, Bd. XLI, Nr. 7, pag. 275. 2) Vgl. Askenasy, Über explodierende Staubgefäße in Abh. des naturhist.- med. Vereins zu Heidelberg, N. F., 1880, Bd. Il, pag. 274. Daselbst die ältere Literatur. 3) Wedell, Monographie des Urticackes. Archives du Musdum d’histoire naturelle 1867. 4) Z. B. auch nicht in Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien III, 1. 328 K. Goebel, (aber ebenso auch bei den kleinen Pilea-Arten, die man als Schatten- pflanzen im brasilianischen feuchteren Walde viel antrifft), fiel mir auf, daß die reifen Früchte auf einer glänzenden weißen Masse sitzen, von welcher das dunkel gefärbte Perikarp zierlich sich abhebt (Fig. 1,7). Das konnte bedingt sein entweder dadurch, daß unter der Frucht eine Schlendereinrichtung sich befindet, oder durch ein fleischiges, der Ver- breitung durch Tiere dienendes Gewebe, wie es sich ja bei anderen Urtieifioren, wie oben erwähnt, in verschiedenartiger Ausbildung findet. Da die mikroskopische Untersuchung ergab, daß unter der Frucht drei fleischige, nach innen gebogene Gewebekörper sich finden, so war nicht daran zu zweifeln, daß es sich um eine Schleudervor- richtung handelt. Der Versuch bestätigt das ohne weiteres: berührt man an einer Fig. 1. Pilea stipulosa Miqu. / Frucht mit Schleuderorganen S und Perigon- blättern 5. 77 Nach Absehleuderung der Frucht (l5fach vergr.). reifen Frucht diese mit einer Nadel, so schnellen die eingebogenen Körper die Früchte weg. Dasselbe geschieht natürlich auch ohne Erschütterung, wenn die Spannung einen gewissen Grad erreicht hat. Man sieht dann, daß die vorher eingebogenen Körper sich nun gerade gestreckt haben und fleischige Schuppen darstellen (Fig. 1,77). Sie schleudern auf recht beträchtliche Entfernung, mehrere Meter. Dieselben Schleuderorgane wurden bei anderen Pilea-Arten und bei Elatostemma gefunden. Es zeigte sich, daß sie zur Blütezeit noch ganz klein sind und erst während der Fruchtreife heranwachsen. Die Fragen, welche sich dabei aufdrängten, waren folgende: 1. Was sind die Schnell-Körper morphologisch ? 2. Wie arbeiten sie? Morphologische und biologische Bemerkungen. 329 1. Daß die Schnell- Körper übereinstimmen mit dem, was die Syste- matiker als „sterile Staublätter“ bezeichnen, war ohne weiteres klar. Sie sind den schuppenförmigen Perigonblättern opponiert (pag. 328, Fig. I u. 2), haben also dieselbe Stellung wie die Staubblätter, auch erhalten sie bei Pilea stipulosa z. B. ein Leitbündel. Wedell sagt: „La pr&sence d’&tamines sieriles dans les fleurs femelles de Pilea est constante, comme «ans toute la tribu. Ces petits organes ordinairement caches dans l’aiselle des lobes du perigone, oü ils se montrent sous forme d’&cailles repli&ös, prennent dans quelques eas un (developpement considerable, et pourraient ötre pris pour‘ une seconde enveloppe florale . . .* Ihre Funktion aber war natürlich an trockenem Material nicht zu er- mitteln, er hat sich die Frage darnach auch gar nicht gestellt. Wenn er z. B. beiPilea lucens (a. a. O. Pl. VIII, 11) einen Fall abbildet, von dem er (pag. 557) sagt: „fleur femelle dont l’ovaire est tomb& pr&matur&ment, et dont les &tamines rudimentaires ont pris un d&veloppement anormal“, so dürfte das wohl darauf zurückzuführen sein, daß man die ganze Größe der Schnellkörper eben erst nach ihrer Geradestreckung nach dem Abschleu- dern der Frucht übersehen kann. Morphologisch sind die Schnellkörper also Staminodien, aber Staminodien merkwürdiger Art. Denn ihre Weiterentwicklung ist an die der Frucht geknüpft und verläuft dann in einer Weise, die an das Verhalten der Filamente der wirklichen Staubblätter erinnert. Auch diese sind ja in der Knospenlage nach innen eingekrümmt und schnellen dann los. Diese „Fähigkeit“ wird in den weiblichen Blüten zu einem ganz anderen „Zweck“ verwendet. Jede Spur von Pollenbildung ist verschwunden und die Weiterentwicklung mit der des Fruchtknotens gekuppelt‘), und zwar wird es die Stoffzufuhr zu den heranreifenden Früchten sein, welche auch den zunächst noch sehr kleinen Staminodien zugute kommt und ihre Weiterentwicklung bedingt. 2. Was die Art, wie diese Staminodien arbeiten, anbelangt, so ist zu- nächst hervorzuheben, daß ihre Einkrämmung durch Hyponastie bedingt ist. Die starke Turgorspannung tritt erst auf, nachdem die Staminodien ihre eingekrämmte Lage angenommen haben. Die konkave Oberseite der eingekrämmten Staminodien sucht sich gerade zu strecken. Daran wird sie verhindert durch die Frucht, an deren Basis die Staminodien- spitzen anstoßen (Fig. 1,/). Es wird also auf die Frucht ein Druck 1) Analoge Fälle finden sich auch sonst vielfach; vgl. z. B. die für die Lebermoose aufgeführten in Goebel, Organographie, 2. Aufl, II, 1. 330 K. Goebel, ausgeübt, welcher schließlich dazu führt, sie an ihrer engen Einfügungs- stelle abzureißen. Dadurch wird dann das Losschnellen und Gerade- strecken der Staminodien (Fig. 1,77) ermöglicht. Das organographische Interesse des Falles Pilea liegt, wie schon erwähnt, darin, daß ein sonst verkümmerndes Organ hier einer anderen Funktion zugeführt wurde. Wenn man bedenkt, daß bei anderen Urticaceen, z. B. bei Urtica selbst, die Perigonblätter infolge der Befruchtung sich weiter entwickeln, so kann man annehmen, daß Pilea aus einem ähnlichen Verhalten durch die „Umschaltung“ des die Weiterentwicklung nach der Befruchtung be- ılingenden Reizes entstand. Er wirkt jetzt nicht mehr auf die Perigon- blätter, sondern auf die Staminodien ein. Bei diesen wird eine Fähigkeit, die schon die Staubblätter besaßen (die, nach der Einkrümmung eine Schnellbewegung auszuführen) wieder in Tätigkeit gesetzt, aber nicht mehr für die Pollen-, sondern für die Frucht- Ausstreuung. Die Staminodien entsprechen offenbar nicht Filamenten, deren Antheren verkümmert sind, sondern ganzen frühzeitig in ihrer Ent- wicklung geänderten Staubblattanlagen. Sie sind etwa 3mal so breit, als die Filamente der Staubblätter der männlichen Blüten (welche vier- zählig sind, während die weiblichen dreizählig sind). Übrigens zeigen sie dieselben Querwülste auf ihrer Oberseite, wie sie von den Filamenten bekannt sind. In physiologischer Beziehung erinnern sie einigermaßen an die „Lodieulae“ der Gräser, die zweifellos umgebildete Perigonblätter dar- stellen. Nur sind die Lodieulae nicht eingekrüämmt und wirken deshalb nicht als Schnell-, sondern als Schwellkörper. Analog verhält sich, wie schon bemerkt, Elatostemma. Es sei auf die Fig. 2 vom Elatostennma sinuatum hingewiesen. Die mit einem fünfzähligen Perigon (und demgemäß auch mit fünf Staminodien) versehenen weiblichen Blüten stehen hier in einem lockeren Blütenstande. Wo der letztere in Form eines „Kuchens“ ausgebildet ist, auf welchem die weiblichen Blüten dicht zusammenstehen, würde die Ausschleuderung der Früchte offenbar erschwert sein. Dem wird, 7. B. bei Elatostemma ulmifolia (einer apogamen, in unseren Gewächs- häusern viel kultivierten Art) auf einfache Weise abgeholfen. Betrachtet man einen älteren Blütenstand von oben, so sieht man über der Oberfläche hervorragen eine Anzahl von Gebilden, die man für taube Blüten mit einem fleischigen dreizähligen Perigon balten könnte. Morphologische und biologische Bemerkungen. 331 In Wirklichkeit sind dies alte Blüten mit drei losgeschnellten Staminodien. Es bildet sich nämlich an Blüten, deren Früchte heranreifen, zwischen Perigon und Staminodien eine stielartige Verlängerung, welche die letzteren samt der Frucht über die Oberfläche des Blütenstandes heraushebt und so eine ungehinderte Abschleuderung gestattet. Naclı der Entleerung machen dann die Staminodien den oben erwähnten perigonartigen Eindruck, um so mehr, als sie das eigentliche (hier auch drei- zählige) Perigon von oben ganz ver- decken. Da ein Blütenstand von Elatostemma Blüten verschiedenen Alters enthält, geht der Vorgang der Emporhebung und Abschleuderung der Früchte längere Zeit weiter; ähn- lich etwa wie im Peritheeium mancher Pyrenomyceten ein Askus nach dem anderen sich in die Mündung drängt Fig. 2. Elatostemma sinuatum. Junge und seine Sporen abschießt. Frucht mit Schleuderorganen, diese Ist die oben aufgestellte An- rechts und links im Durchschnitt, schauung — wonach die Schleuder- vorne von der Fläche geschen. organe durch eine Aktivierung von ursprünglich den Filamenten zu- kommenden Eigenschaften in den Staminodien zustande kommen — zutreffend, so werden wir als Schnellapparate ausgebildete Staminodien nur bei solehen Urticaceen antreffen können, deren Filamente in der Knospenlage eingekrümmt sind, aber selbstverständlich brauchen sie nicht bei allen von diesen vorhanden zu sein. Damit stimmt jeden- falls, daß die Urticaceen mit gerader Knospenlage der Filamente, wie z. B. Dorstenia, keine Staminodienschneller besitzen. Daß sie denselben Vorgang auf ganz ‘andere Weise zustande bringen, wird unten zu er- wähnen sein. Bei anderen Pflanzen sind mir derartige umgebildete Staub- blätter nicht bekannt, wie denn ja im Gegensatz zu dem Verhalten der Laubblätter eine Funktionsänderung bei Sporophylien nicht häufig ist: wir kennen wohl Staubblätter, die zu Blumenblättern oder zu „Honigblättern" umgebildet sind, aber für Umbildung zu Schnellorganen dürften die be- sprochenen Pflanzen die einzigen Beispiele darbieten. Pilea und Elatostemma sind nicht die einzigen Urticaceengattungen, welche ihre Früchte durch Abschleuderung verbreiten. 332 K. Goebel, Es ist dies — freilich bewirkt durch ganz andere Mittel — auch bei Dorstenia !) der Fall. Obwohl diese Tatsache schon längere Zeit bekannt ist, ist sie doch meines Wissens in der neueren Literatur, auch in den zusammenfassenden Darstellungen, meines Wissens nicht erwähnt worden ?). Es mag deshalb hier kurz darauf hingewiesen werden. Zunächst sei indes die Stellung der Dorstenia-Infloreszenzen erwähnt. In der morphologischen Literatur (z.B. Eichler, Blütendiagramme II, pag. 57) wird nur angegeben, daß die Infloreszenzen am Grund eines axillaren „Bereicherungssprosses“ entspringen und zwar einseitig, Betrachtet man nicht die einzelnen Blütenstände, sondern deren gesamte Verteilung, so sieht man, daß die Infloreszenzen stets auf dieselbe Seite des Achselsprosses fallen und zwar stets auf die anodische. Es ist also Dorstenia (deren Blätter gewöhnlich nach der Diver- genz °/, angeordnet sind) ein Beispiel spirotropher Anordnung?) Derartige Beispiele werden sich noch mehr finden (z. B. bei der Rankenstellung der Cucurbitaceen), wenn man sich erst einmal Jaran gewöhnt, die Pfianze als ein Ganzes mit bestimmter Symmetriegestaltung zu betrachten, und nicht immer nur die einzelnen Teile herausgreift. Als Entdecker der merkwürdigen Schleudereinrichtung der Dorstenia- Früchte wird von F. Ludwig‘) Fr. Müller angegeben, dessen Ab- handlung unten zu besprechen sein wird. Indes hat, wie ich zufällig fand und Müller unbekannt geblieben war, H. Baillon schon früher auf die eigenartige Verbreitungseinrichtung aufmerksam gemacht. Baillon’s Angaben®) sind referiert in der Bot. Zeitung 1870, pag. 425. Er hebt hervor, daß die Frucht eine Steinfrucht sei. Die Fleischschicht sei auf den beiden flachen Seiten des Steines sehr dünn, (durehscheinend, viel stärker entwickelt dagegen um die Ränder und am 1) Dorstenien, z. B. die schöne D, arifolia sind in den Wäldern am Corco- vado häufig, man kann sich dort leicht von den unten zu schildernden Tatsachen überzeugen. 2) So weder in der Zusammenstellung von Hildebrand: „Die Verbreitungs- mittel der Pflanzen“, Leipzig 1873 noch in den „Biologieen“‘ von Migula und Neger, noch in der Darstellung der Urtieifloren in den „natürlichen Pflanzen- familien“. Nur Ludwig (Biologie der Pflanzen, pag. 333) gibt die unten zu erwähnenden Beobachtungen von F. Müller wieder, die aber ohne Abbildungen kaum verständlich sind. 3) Goebel, Organographie der Pflanzen, 2. Aufl., pag. 196, 202. 4) Ludwig, F,a.a. 0. 5) Baillon, H., Comptes rendus des seances de l’acad6mie des sci. 1870, T. LXX, Morphologische und biologische Bemerkungen. 333 Grunde der Frucht. Hier nehmen die Zellen des Parenchyms nach und nach besondere Eigenschaften an: Die Wand erhält eine große „Blastizität“: ein dünner, aus dem Gewebe geschnittener Streifen rollt sich sofort auf, wie eine Uhrfeder. Wenn man zur Zeit der Reife die Kontinuität zwischen der dünnen Partie des Fruchtfleisches und den verdickten Randstreifen zerstört, so bilden diese letzteren zusammen eine Art Zange. Die beiden Arme dieser nähern sich einander und würden sich berühren, wenn der Stein nicht dazwischen läge. Zuletzt entstehen Risse an den Verbindungsstellen der dünnen und der verdickten Partie. Der so mit seinen Seiten frei gelegte Stein wird heftig gedrückt durch die beiden Arme der Zange. Er gleitet zwischen ihnen heraus, wie ein Fruchtstein zwischen feuchten Fingern, die ihn drücken. Die reifen Fruchtsteine können auf diese Weise 3—4 m weit und 1 m hoch fortgeschleudert werden, und ein Dorstenia-Stock kann 20 gem Fläche mit seiner Nachkommenschaft bedecken. Fritz Müller?) beobachtete in Brasilien die Fruchtverbreitung bei einer mit D. nervosa oder caulescens verwandten Art. Da die Zeitschrift „Kosmos“ wobl nicht allgemein zugänglich ist, sei auch die Müller’sche Beschreibung bier kurz angeführt. Müller betrachtet die weiblichen Blüten als nackt, also als nur aus einem Fruchtknoten bestehend. (Dies ist nicht richtig, sie haben ein zweizäliges Perigon wie die männlichen Blüten, nur kann das über- sehen werden, weil die weiblichen Blüten dem Infloreszenzboden ein- gesenkt sind, die männlichen nicht.) „Der Griffel ist, wie bei den Feigen, nicht endständig, sondern entspringt von der einen Seite des Fruchtknotens, an der innen auch die Samenknospe sitzt. Beim Heran- wachsen der Frucht wird die Wand dieser sowie der gegenüberliegenden Seite und ebenso der Boden der Frucht dick und fleischig, während der Scheitel der Frucht und die beiden übrigen Seitenwände dünn- häutig bleiben; die verdiekten Wände verjüngen sich nach oben, die dünnhäutigen von dem breiten Scheitel aus nach unten. Denkt man sich den Scheitel der Frucht als obere wagerechte Kante eines Tetraeders, so stellen die dünnwandigen Seitenwände die beiden in der oberen Kante, die verdickten Wände, die in der unteren Kante zusammen- stoßenden Flächen des Tetraeders vor. Zur Zeit der Reife liegt der Same?) zwischen den oberen Enden der verdickten Fruchtwände und hält sie auseinander; eine scharfe 1} Fritz Müller, Einige Nachträge zu Hildebrand’s Buch: Die Verbrei- tungsmittel der Pflanzen. „Kosmos“, VII. Jahrg., 1883, pag. 275. 2) Vielmehr der Steinkern der Frucht, wie Baillon richtig angegeben hatte. G. 334 K. Goebel. Kante liegt dieht unter dem Scheitel der Frucht, deutlich nach außen durchscheinend. Die kleinzellige äußere Schicht!) der verdickten Frucht- wand ist stark gespannt; schon die starke Wölbung, mit der ihre Zellen nach außen vorspringen, verrät ihre pralle Füllung. Der «dünnhäutige Scheitel der Frucht ist jetzt über die Oberfläche des Fruchtbodens hervorgewachsen und sobald man dureh leichten Druck ihn sprengt, klappen die dicken Wände zusammen und der Same fliegt weit hinweg, wie eine zwischen dem benetzten Daumen und Zeigefinger hervor- gequetschte Erbse . . .* Aus diesen Angaben geht hervor, daß die Abschleuderung ganz anders stattfindet, als bei Pilea und Blatostemma. Bei allen drei Gattungen sind es die Früchte, welche fortgeschleudert werden, bei Pilea und Elatostemma aber ist es die ganze Frucht, bei Dorstenia der Haupt- sache nach der innere Teil der Steinfrucht. Denn in morphologischer Beziehung hat Baillon ohne Zweifel gegenüber Fr. Müller Recht: was fortgeschleudert wird, ist nicht der Samen, sondern der Steinkern der Frucht; man würde ein freilich nicht ganz zutreffendes Bild des Vorganges erhalten, wenn man sich denkt, daß bei einer Walnuß (Juglans regia) der Steinkern durch den Druck der grünen fleischigen Schicht fortgeschleudert werde. Der die einzige Samenanlage bergende untere Teil des Fruchtknotens wölbt sich während des Reifungsvorganges stark nach oben (vgl. Fig. 3, /ZV, Y7 und 7). An der annähernd reifen Frucht sieht man deutlich die ungleiche Ent- wicklung des Perikarps: die vorspringende, saftstrotzende Zange (A und 2 Fig. 3,7) und den mittleren und oberen Teil, welcher gelb gefärbt erscheint, da der gelbliche Steinkern durchschimmert. Das Schnellgewebe, welches sich auszudehnen sucht, liegt auf der Außenseite des Perikarps, speziell an dessen Basis. Entfernt man den „Kern“, so klappen die Zangen zusammen (Fig. 3, /77 und /7). Schneidet man eine Längslamelle einer „Zange“ heraus und an der Basis ab, so krümmt sie sich stark konkav nach innen. Die aktiv gespannten Teile liegen also bei Dorstenia außen, bei Pilea innen — oder mit anderen Worten, sie gehören bei ersterer der abaxialen, bei letzterer der adaxialen Seite der Blatteile an. Wenn wir die Entstehungsgeschichte dieser sonderbaren Frucht- form (einer aufspringenden Schließfrucht!) uns vorzustellen versuchen, so scheint es mir kaum zweifelhaft, daß die Dorsteniafrucht von einer 1) Ich fand bei D. Contrayerva an der Basis des Perikarps ein Schwellgewebe von vier Zellschichten Dicke, das ähnlich wie das an den Filamenten von Parietaria vielfach wulstig nach anben verspringt. G. Morphologische und biologische Bemerkungen. 335 gewöhnlichen, sich nicht öffnenden Steinfrucht sich ableitet, wie wir sie z. B. bei Fieus finden. Es mag mit der Versenkung in den Infloreszenz- boden im Zusammenhang stehen, daß der nach oben gekehrte Teil der Stein- fruacht sich anders ent- wickelte, als die seitlich- unteren. Die zartwandige Zellschicht außerhalb der Steinschale ermöglichte eine Ablösung und führte so zur Abschleuderung. Das ist natärlich nur eine Zurechtlegung. Aber sie ist vielleicht insofern nicht ohne Bedeutung, weil es uns bei den verschiedenen Fruchtformen innerhalb einer größeren Verwandt- schaftsreihe noch fast ganz Fig. 3. Dorstenia Contrayera. 7 Fast reife Frucht an dem Versuche nach in Außenansicht, X der später fortgeschleuderte der Herstellung des gene- Tel der Fl tischen Zusammenhanges Steinkern, 777 „Zange“ nach dem Abschleudern, /V fehlt, während man bei Junger Fruchtknoten von hinten, V im Längsschnitt. Blüten eifrig und in vielen Fällen erfolgreich darnach gesucht hat. Daß bei Pilea und Elatostemma die Fleischschicht der Fruchtwand nur sehr wenig entwickelt ist, könnte auf einer Korrelation mit der Entwicklung der Schnellkörper (bei Urtica auf einer mit der Weiter- entwicklung des Perigons) beruhen. Übrigens ist ganz gut möglich, daß die fortgeschleuderten Früchte von Pilea u. a. ihrerseits von Tieren (z. B. Ameisen) weiter verschleppt werden — doch konnte ich darüber keine Beobachtungen anstellen. Zusammenfassung: 1. Bei Pilea und Elatostemma findet ein Fortschleudern der Früchte statt. 2. Die Schleuderorgane sind Staminodien, welche sich infolge der Befruchtung weiter entwickeln. Sie gewinen ihre Einkrümmung durch Hyponastie und zeigen anfangs keine Spannung. Erst später tritt diese ein, wobei die adaxiale Seite stark aktiv gespannt ist. Die Frucht 336 K. Goebel, dient als Hemmung für die Geradestreckung und wird schließlich weg- geschleudert. 3. Wesentlich anders verläuft die Fortschnellung der Früchte bei Dorstenia: Hier liegen „sich öffnende Schließfrüchte“ vor, deren oberer Teil ganz, vom unteren der Steinkern fortgeschleudert wird; die aktive Spannung ist hier auf der Außenseite eines als Schnellgewebe ent- wickelten Teiles des Perikarps. 28. Über die Infloreszenzen von Acanthospermum. Mit 2 Abbildungen im Text. Die merkwürdigen Blütenstände der Kompositengruppe der Am- brosiaceen haben öfters Gelegenheit zu morphologischen Erörterungen geboten, an denen sich auch der Verf. beteiligt hat!). Diese haben nieht immer zu befriedigenden Ergebnissen geführt, wie z. B. die ganz unklare und widerspruchsvolle Darstellung in Engler- Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien (vgl. Goebel I, pag. 723) zeigt. Daß die Hüllen der weiblichen Blüten und Früchte „verwachsenen" Blattorganen entsprechen, ist ja leicht festzustellen. Aber diese Blatt- organe werden teils als Deekblättern der Blüten, teils als Involucral- blättern homolog aufgefaßt und die auf ihnen stehenden Hacken, ınittels «teren sich die Fruchtstände verbreiten, gelten den einen als „Hüllblätter*, den anderen als Emergenzen. Die sonderbare Umhüllung aber soll entweder durch Einsenkung in die Inflorescenzachse (und „Verschmelzen der Hüllblätter“) oder durch „Verwachsen der Deckblätter“ zustande kommen. Die zweifelhaften Punkte in der Entstehungsgeschichte der weib- lichen Inflorescenzen der Ambrosiaceen werden in, wie mir scheint, sehr lehrreicher Weise klargelegt durch eine Komposite, welche ich im Herbst 1913 in Brasilien sammelte und als Acanthospermum hispidum be- stimmte. Diese Komposite gehört zwar nieht zu der Gruppe der Am- brosiaceen, sondern zu der der Heliantheen, aber sie zeigt deutliche Parallelbildungen mit jenen. Solehe Parallelbildungen können bei Pflanzen aus verschiedenen Verwandtschaftskreisen selbstverständlich auf sehr verschiedene Weise }} Goebel, 1. Über sexuellen Dimorphismas bei Pflanzen. Rot. Zentralhl. 1910, Bd, XXX. pag. 722 (zitiert als G. D und 2. „Morphological notes I“ The inflorescence of the Ambrosiaceae, Seottish hotanical review Oct. 1912 (G. ID. Morphologische und biologische Bemerkungen. 337 zustande kommen. Die Früchte der Agrimonieen z. B. sind in eine mit Widerhacken versehene Hülle eingeschlossen, die biologisch der von Xanthium und Ambrosia entspricht, Daraus folgt selbstverständlich nicht, daß die „morphologische Bedeutung“ der Hüllen in beiden Fällen dieselbe ist. Wenn wir aber innerhalb eines so „natürlichen“ Verwandtschafts- kreises, wie es der der Kompositen ist, Parallelbildungen antreffen, so wird die Wahrscheinlichkeit, daß sie auf dieselbe Weise zustande kommen, schon von vornherein eine sehr große sein. Die Wahrschein- lichkeit wird zur Gewißheit, wenn die Emntwicklungsgeschichte nach- weist, daß die Vorgänge beim Zu- standekommen im wesentlichen bei beiden Formen übereinstimmen, nur, daß sie bei Acanthospermum deutlicher zutage treten, als bei den genannten Ambrosiaceen. Zweifellos hängt dies damit zu- sammen, daß letztere den „typi- schen“ Kompositen gegenüber einen sehr stark rückgebildeten Typus darstellen; bei Acanthospermum ist dies nicht der Fall. Fig. 1. Acanthospermum hispidum. Noch nicht ganz fertige Frucht mit ihrer Hülle. 6fach vergr. An letzterer sieht man außer den kleinen Hacken die mit r und 2 bezeichneten großen. : ist die Spitze des Blütendeckblattes, 2 die ausgewach- sene Blattrandkommissur, © die Corolle der Randblüte. Der Name ist davon abge- leitet, daß die Umhüllung der „Frueht“ (nicht, wie der Wortlaut be- sagen würde, der Samen) mit Hacken besetzt ist, welche eine Klett- vorrichtung darstellen. . Diese Hacken sind nicht alle von derselben morphologischen Be- deutung. Fig. 1 stellt eine Frucht dar, an der die Corolle (C'‘) noch deut- lich sichtbar ist. Sie hat zwei große Dornen bzw. Hacken und eine Anzahl kleinerer; letztere sind „Emergenzen“. Von ersteren entspricht das in Fig. 1 mit 1 bezeichnete dem Deckblatt, das mit 2 bezeichnete der Kommissur des letzteren. Die Richtigkeit dieser Deutung ergibt sich sofort aus der Entwicklungsgeschichte. Fig. 2 stellt eine junge Inflorescenz, von oben gesehen, dar. In den fünf — hier zurückgeschlagenen — Hüllblättern eingeschlossen sind die weiblichen Randblüten (#) und die männlichen Scheibenblüten. Flora, Rd. 105. 22 " 338 K. Goebel, Jede Blüte steht in der Achsel eines Deckblattes (außerdem ist ein steriles Deckblatt vorhanden). Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß die Involucralblätter sich an der Bildung der Fruchtumhüllung nicht beteiligen. Die Deckblätter der beiderlei Blüten sind aber sehr ver- schieden. Während die der männlichen Blüten flache, dünne Schuppen darstellen, treten die der weiblichen Blüten (welche, wie gewöhnlich tie Randblüten in der Entwicklung hinter den männlichen Blüten zeit- lich zurückbleiben) als ein die Blüte umfassender Ringwall auf — wenigstens auf dem in Fig.2 abgebildeten Entwicklungsstadium; an- Fig. 2. Acanthospermum hispidum. Junge Infloreseenz von oben gesehen. Sechs weibliche, von ibren Deckblättern umfaßte weibliche Blüten (2) und vier von ihren Deckblättern nicht umfaßte männliche. Erstere werden zu Zungen-, letztere zu Röhrenblüten. fangs wird wohl die Blattanlage nur auf der Außenseite der weiblichen Blüte auftreten. Auch in späteren Stadien ist auf dieser Seite die Deckblattanlage am höchsten. Erst verhältnismäßig spät entwickelt sich an der der Verwachsungsstelle entsprechenden Partie der Auswuchs 2, welcher von Anfang an massiger ist als der der Blattfläche entspre- chende (1). Die Hackenemergenzen entstehen am spätesten. Hier kann über ihre Bedeutung kein Zweifel sein. Da außer ihnen ein normales Involuerum vorhanden ist, können sie diesem nicht angehören. Bei Morphologische und biologische Bemerkungen. 339 Xanthium hat man sie teilweise für Blattorgane gehalten — sie sind aber offenbar von derselben Bedeutung wie bei Acanthospermum. Denken wir uns in einem Blütenstand des letzteren die Deck- blätter und die weiblichen Blüten auf zwei reduziert, die männlichen ganz fehlend, so erhalten wir den charakteristischen weiblichen Blütenstand von Xanthium. Die zwei Blütendeckblätter und ihre Achselsprosse nehmen hier den ganzen Inflorescenzvegetationspunkt in Anspruch'). Wenn ich früher annahm ?), die Blüten würden dem letzteren eingesenkt, so zeigt nunmehr Acanthospermum, daß eine solche Annahme über- flüssig ist; es ist das Gewebe der beiden miteinander vereinigten kappen- förmigen Deckblätter, das die sonderbare Hülle darstellt. Bei Ambrosia selbst aber®) kommt, wie a. a, O. dargestellt ist, nur Eine weibliche Blüte, die an der Inflorescenz terminal geworden ist, zur Entwicklung, von den beiden Deckblättern ist eines ohne Achselsproß. Sonst sei über Acanthospermum nur noch folgendes bemerkt. Ein Kelch kommt an den Blüten nicht zur Entwicklung, höchstens könnte man ihn in einem ganz niedrigen Saum an der Basis der Corolle an- gedeutet. finden. An den Randblüten werden, wie bei einigen anderen Kompositen®), keine Staubblätter, in den männlichen keine Samenanlagen mehr an- gelegt. Die Blumenkrone der weiblichen Blüten läßt noch fünf Blatt- anlagen erkennen, von denen aber die zwei inneren meist ganz ver- kümmern. Die Samenanlage zeigt ein im Verhältnis zum kleinen Nucellus riesiges Integument. In den männlichen Blüten ist ein Nektarium vorhanden. Der Griffel in den männlichen Blüten zeigt eine ähnliche Beschaffenheit, wie er sie z. B. in den männlichen Blüten von Calendula aufweist). Alle diese Tatsachen zeigen, daß in der großen Familie der Kom- positen trotz der Formenmannigfaltigkeit dieselben Entwicklungsvorgänge vielfach sich wiederholen, gesetzmäßige Zusammenhänge also vorhanden sind. Sie berechtigen zu dem Schluß, «daß auch bei Xanthium die Hülle aus Verwachsung der Deckblätter der weiblichen Blüten zustande kommt und daß die Hacken „Emergenzen“ sind, wie bei Acantho- spermum. 1) Diese Deutung entspricht auch der a. a. 0. gegebenen. 2) Goebel, I, pag. 726. 3) Vgl. Goebel, II. 4) Vgl. Goebel, I. 5) Vgl. Fig. 31, IV a.a. 0. 340 K. Goebel, Nachtrag. In einer neuerdings erschienenen Arbeit!) bespricht H. Farr die Inflorescenz von Xanthium. Er gelangt zu der Annahme, die „Schnähel“ von Xanthium seien keine modifizierten Deckblätter der Blüten, sondern „portions of the receptacle formed by its upward growth“. Die Ver- tiefungen im „receptacle“ entstünden vielleicht durch die Berührung mit den Enden der eingekrümmten „involucral bracts“, Daß diese — durch keinerlei neue Tatsachen gestützten — An- nahmen unhaltbar sind, unterliegt keinem Zweifel. Hätte der Verf. nicht nur Schnitte verwendet, sondern sein Objekt auch körperlich be- trachtet, so wäre er wahrscheinlich selbst zu anderen Ergebnissen ge- langt. Auf die Ansicht, daß die Staubblätter abortiert seien, „through pressure on the terminal portion of the flower and consequently lack of space in which to develop,“ einzugehen, ist ebensowenig erforderlich, als auf die Hypothese, daß die männlichen Blüten durch „exposure to excessive transpiration“ entstanden seien! Immerhin zeigt die genannte Abhandlung, daß die oben gemachten Mitteilungen nicht überflüssig waren. 29. Die morphologische Bedeutung der Bataten-Knollen. Mit 3 Abbildungen im Text, Während man bisher die süßen Kartoffeln wohl allgemein als Wurzelknollen betrachtet hat, widerspricht Kamerling?) dieser Auffassung. Er meint, sie solle als ein „lapsus calami“ betrachtet werden. Seine Gründe sind namentlich folgende: An den Knollen finden sich manchmal?) zahlreiche Sproßanlagen. „Würde die Batatenknolle tatsächlich eine Wurzelknolle sein, so hätten wir hier den merkwürdigen, einzig dastehenden Fall einer Wurzelknolle, welche aus zahlreichen über die ganze Oberfläche zerstreuten Adventiv- knospen Sprosse treiben würde“ (a. a. O. pag. 355). Außerdem habe 1) Clifford H. Farr, The origin of the inflorescences of Xanthium. Botanieal gazette 1915, Vol. LIX, Nr. 2, 2) Z. Kamerling, Sind die Knollen von Batates edulis Chaisy Wurzeln oder Stengel? Ber. d. Deutsch. bot. Gesellsch., Bd. XXXII, pag. 352. 3) Sie finden sich schon an noch mit der Pflanze in Verbindung stehenden Knollen, treten aber, wie unten zu erwähnen sein wird, namentlich nach Abtren- nung der Knollen in großer Zahl auf. Morphologische und biologische Bemerkungen. 341 der Stiel der Knolle typischen Stengelbau und der Bau der Knollen selbst habe gar keine Ähnlichkeit mit dem der Wurzeln. Die Kamerling’sche Auffassung erscheint indes von vornherein wenig wahrscheinlich, denn die Knollen anderer Convolvulaceen sind zweifellos Wurzelknollen (z. B. Ipomoea Jalappa). Wurzelknollen mit zahlreichen Adventivknospen aber gibt es auch sonst (z. B. Tladiantha dubia, Apios tuberosa, Cochlearia Armoriacia). Die anatomischen Angaben sind zu wenig eingehend, um irgend beweiskräftig zu sein, und die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung fehlt ganz. Hätte Kamerling diese vorgenommen, so würde er sich wohl überzeugt haben, daß die alte Auffassung die richtige war. Das sei im Folgenden kurz nachgewiesen. Batatas edulis ist bekanntlich (ebenso wie auch einige Convolvulus- und Ipomoea-Arten) dadurch ausgezeichnet, daß seine langen Triebe die Fähigkeit haben, sowohl als Schlingpflanzen zu wachsen, als auch auf der Erde zu kriechen und sich dort mit. den büschelweise unterhalb der Blätter entstehenden Wurzeln zu befestigen. Ipomoea palmata eine brasilianische Art, die gewöhnlich keine Adventivwurzeln bildet, ent- wickelte solche an in Wasser geleiteten Sprossen. Die Sproßachsen dieser Art sind interessant dadurch, daß sie sich an älteren Teilen bei Kultur in feuchter ‘Luft dicht mit [vielleicht „hyperhydrischen“] Aus- wüchsen bedecken, die so zahlreich auftreten können, daß «ie ursprüng- liche Sproßoberfläche nicht mehr sichtbar ist. In der Kultur wird die Batate, soweit mir bekannt, immer nur in der kriechenden Form gezogen; es scheint auch Varietäten zu geben, welche die Fähigkeit, eine Stütze zu umwinden, nicht mehr besitzen‘). Auf der frühzeitigen Anlegung der Adventivwurzeln berulıt natürlich auch die Möglichkeit, die Pflanze leicht durch Steeklinge zu vermehren. Sproßenden, die am 16. März gesteckt wurden, kamen am 25. April zur Untersuchung. Die Stecklingspflanzen waren gut bewurzelt und hatten schon — je nach ihrer Kräftigkeit, stärkere oder schwächere — Knollen entwickelt. Das Auftreten der Knollen an den noch kurzen Trieben — an denen sie bei ungestörtem Wachstum nicht gebildet worden wären — entspricht dem Verhalten der Stecklinge von Dioscorea Batatas, das Verf. früher untersucht hat). Es zeigte sich, daß an 1) Vgl. B. H. A. Groth, The sweet potato, Contributions from the botan. laboratory of the university of Pennsylvania 1911, IV, 1, pag. 48. 2) Goebel, Die Knollen der Dioscoreen usw. Flora 95, (1905), pag. 189. 342 K. Goebel, diesen die Bildung von „Luftknollen“ viel früher eintritt, als an den unverletzten Sprossen — während letztere noch keine Luftknollen aufweisen, traten diese bei Stecklingen schon nach 14 Tagen auf. Es kommt dabei in Betracht einerseits die Wachstumshemmung, welche der Steckling erfährt. andererseits seine Abtrennung von der Pflanze. So lange er mit dieser in Verbindung ist, werden seine Assimilate teils der wachsen- den Spitze, teils der Basis des ganzen Sprosses zufließen, wo die erste Knolle sich weiter verdiekt. Erst später bilden sich entfernt von der wach- senden Region neue Knollen. Der Steckling aber ist zunächst im Wachstum gehemmt und von der Verbindung mit dem knol- lentragenden Teil der Gesamt- pflanze abgeschnitten. Die Folge ist, daß er an seiner Basis eine der Wurzeln zur Knolle aus- bildet. Daß nicht etwa — wie Kamerling annimmt — die Basis des Stecklings zur Knolle wird, ist aus Fig. 1 ohne wei- teres ersichtlich. Es befindet sich an der Basis des Stecklings lediglich eine kallose Anschwel- lung. Vielmehr kann man auch ohne eingehende Untersuchung Fig. 1. Batas edulis, Sproßssteckling. In feststellen, daß die junge Knolle der Mitte die Basis des Stecklings, welche ine zZ, Sie sich stark bewurzelt hat. Reche Wurzel eir Wurzelknolle darstellt. welche beginnt zur Knolle anzuschwellen, Witt als Anschwellung einer Wurzel auf, und geht sowohl nach oben („Stiel“) als nach unten in einen zylindrischen Wurzelfaden über. Auch sind die Seitenwurzeln an der Knolle mehr oder minder deutlich in 5—7 Längsreihen angeordnet, entsprechend der Zahl der Gefäßteile im Wurzelleitbündelzylinder. Morphologische und biologische Bemerkungen. 343 Auch die anatomische Struktur der Knolle geht aus der der Wurzeln hervor, Die Wurzeln haben 5—7 Gefäß- (und Sieb-)Teile. In den zu Knollen werdenden setzt bald sekundäres Dicken- wachstum ein, dessen Ergebnisse im Stiele andere sind als in der Knolle. Anm Stiel (Fig. 2) bilden sich zwischen den ursprünglichen Gefäß- teilen (die in Kamerling’s Fig. 6, pag. 357 a. a. O. nicht sichtbar sind)!) Holzteile mit Holzfasern und Gefäßen (vgl. die Skizze Fig. 2), während in der Knolle Speicherparenchym vorwiegt 2). Um die einzelnen Gefäße, bzw. Gefäßgruppen, herum bildet sich lokales Teilungsgewebe, wie das ja auch bei anderen Convolvulaceen- Wurzelknollen bekannt ist. Die Vermu- tung Kamerling’s, „wahrscheinlich treten im Mark des unterirdischen Stengel- teiles, das zu einer Knolle anschwillt, schon in sehr jugendlichem Zustande eine größere Anzahl unregelmäßig an- geordneter und unregelmäßig ausgebil- deter Gefäßbündel auf“, trifft nicht zu. Es handelt sich um Unregelmäßigkeiten des sekundären Diekenwachstumes, die sich in dem (größtenteils aus Speicher- - gewebe bestehenden) Holz der Wurzel Ei Quorsennitt durch, den nicht im Mark von Sproßachsen ab- ” " spielen, sie verlaufen ganz ebenso wie es z. B. Arthur Meyer für eine junge Jalappenknolle abgebildet hat®) [vgl. Fig. 3]. Die ursprünglicben fünf Gefäßteile sind in Fig. 3, /7 mit x< be- zeichnet; daß ich sie in einer alten (ca. 10 cm langen, ca. 4 cm dicken) Knolle nicht mehr nachweisen konnte, ist kein Grund gegen die Wurzel- natur der Knolle. Sie können entweder unkenntlich geworden oder in einer Wurzel, die sehr früh den Antrieb zur Knollenbildung erfährt, auch weniger deutlich angelegt werden. Man kann auch nicht gegen das oben Mitgeteilte einwenden, die Verknollung der Wurzel sei hier „vikariierend“ für die sonst stattfindende der Sproßachse eingetreten. Denn dieser Vorgang trat an zahlreichen Stecklingen ein und ist jeder- zeit leicht hervorrufbar. 1) In alten dieken Knollen konnte ich sie nicht mehr nachweisen. 2) Eine experimentelle Unterauchung dieser auffallenden Verschiedenheit wäre erwünscht und wohl aussichtsvoll. Sie lag aber außerhalb der Absichten dieser kleinen Notiz. 8) Arth. Meyer, Wissenschaftliche Drogenkunde I, Fig. 266. 344 K. Goebel, Festgestellt wurde, daß die „Adventivknospen“ den Wurzelknollen endogen angelegt werden. Ihr Ursprung wurde nicht untersucht, wahr- scheinlich ist, daß sie im Cambium entstehen. Daß die Knollen ebenso wie die Jalappenknollen Organe unge- schlechtlicher Vermehrung sind, ist klar. Adventivknospenbildung an Wurzeln ist jaauch bei anderen Convolvulaceen, z.B. Convolvolus sepium, bekannt"), bei Ipomoea Purga und Batatas edulis liegt lediglich der Fall vor, daß die knospenbildenden Wurzeln zugleich Reservestoff- behälter sind. Wie es sich bei der Knospenbildung mit der Polarität verhält, ist fraglich. Nach A. Meyer erzeugen die Jalappenknollen an ihrer „Spitze, wenn wir sie in den Boden legen, d. h. an dem organisch oberen, breiten Teil, Adventivknospen“ (also an ihrer Basis. @). Bei den Bataten scheint eine polare Verteilung der (wahrschein- lich aus dem Cambium entstehen- den) Adventivknospen nicht vorhanden zu sein, wenigstens bildet Kamer- ling eine apolare Verteilung der Adventivsprosse ab. Ein. 13 „Querschnitt einer jungen Groth?) gibt an „Shoots sprout Cambrumng me nteile. earliest at proximal end of tuben, breaking through skin, later in centre and distal end.“ Darnach wäre also eine Bevorzugung der basalen Knospen vorhanden, doch eine rein zeitliche. Das wird bestätigt durch folgende Beobachtungen, Am 22. Juli wurden sechs Knollen durch einen Querschnitt in zwei Stücke geteilt und die Stücke in vertikaler Lage, Basis nach oben, Spitze nach unten, in Töpfe gepflanzt. Die Untersuchung eines Topfes (der andere verunglückte), welche am 12. August erfolgte, zeigte zunächst, daß die Knollen — wenigstens frisch geerntet -— keine autonome Ruheperiode besitzen. Ich hatte sie unmittelbar vorher den Pflanzen {welche aus den im Frühjahr ge- inachten Stecklingen erwachsen waren, und den ganzen Mistbeetkasten beileckten) entnommen, denn die Knollen hatten schon lange Laubtriebe . 1) Vgl. Irmisch, Über die Keimung und Erneuerungsweise von Convolvulus sepium und ©. arvensis usw. Bot. Zeitung 1857, Bd, XV, pag. 438. >) aa 0. pag. 47. Morphologische und biologische Bemerkungen. 345 entwickelt. Sie besaßen einzelne Knospenanlagen schon vor der Ab- trennung, offenbar wird aber durch die Abtrennung die Zahl der Knospen vermehrt. Schon nach einer Woche waren an den Knollen Triebe von 1 em Länge vorhanden. Daß diese endogen auftreten, ist schon erwähnt. Im einzelnen ergab sich folgendes: 1. Obere Hälfte einer Knolle mit dem Stiel 13 cm lang. Es sind 13 Sprosse vorhanden, von denen einer am Stiele entspringt. Die drei obersten Sprosse sind bei weitem die kräftigsten. Sie erreichten eine Länge von 20 em, während die untersten, bis 1 em über der Schnitt- fläche entspringenden, noch nicht über den Boden getreten waren. Es war also im Auftreten bzw. der Verteilung der Adventivknospen keine Polarität wahrnehmbar. Aber eine Förderung der oberen Knospen trat deutlich hervor. 2. Gleichfalls oberes Stück einer Knolle, aber bedeutend dünner als das erste. Länge 12 cm. Der oberste Sproß 38 em lang mit zahl- reichen Blättern. Sonst noch drei Sprosse vorhanden (einer !/, cm über der Basis), die nicht entwickelt sind. 3. Unteres Stück einer Knolle, 6 em lang. 10 Sprosse. Ein im oberen Teil der Knolle entspringender Sproß ist 24 cm lang, ein etwas unterhalb der Mitte stehender 33 em langer ist kräftiger und länger als ein 1 cm unter der oberen Schnittfläche stehender. 4. Oberes Stück 6,5 cm lang, fünf Sprosse, die beiden obersten am kräftigsten und 20 cm lang. 5. Desgleichen 5!/, em lang, vier Sprosse. Die beiden obersten am kräftigsten, starke Wurzeln am Spitzenende des Knollenstückes. 6. Oberes Stück. Vier Knospen, die lem von der unteren Sehnitt- fläche entfernte am kräftigsten, 20 em lang. Eine Knospe entspringt an der Schnittfläche, anscheinend in der Kambiumregion. Die Versuche ergaben also, daß eine Polarität sich zwar nicht in der Verteilung, wohl aber (wenngleich nicht ausnahmslos) in der Entwicklung der Adventivknospen äußert, indem die oberen be- günstigt sind. Auch die Wurzelbildung ist offenbar am apikalen Ende begünstigt. . Van der Wolkt) gibt an, daß die Wurzeln stark hydrotropisch reizbar seien und die Knollen bei gekrümmten, ursprünglich horizon- talen Wurzeln hinter der Krümmungsstelle auftreten. Sie stellen seiner Ansicht nach zunächst ein Wassergewebe dar (the conclusion is assured 1) Publications sur la physiologie vegetale par P. C. Van der Wolk. Njim- egen („Nimegue“) 1914, 346 K. Goebel, that te tuber has thus a purely xerophytie nature). Die primäre Funk- tion der Knollen soll die eines Wasserspeichers sein, wie es Verf. seiner- zeit für die Knollen von Nephrolepis tuberosa angab'). Für die Annalıme, daß auch die Knollen der Bataten als Wasserspeicher dienen, liegt aber kein experimenteller Beweis vor. Das „Wasser“, das in jungen Knollen enthalten ist, ist höchstwahrscheinlich eine Zuckerlösung. Reife Knollen haben einen Wassergehalt von 58— 79 /,?), was gegenüber den 96,3 °/, der Nephrolepis-Knollen wenig ist, jedenfalls aber den Wasser- gehalt gewöhnlicher krautiger Pflanzenteile nicht überschreitet. Es ist auch nieht abzusehen, weshalb eine mit so reichlichen, tiefgehenden Wurzeln versehene Pflanze wie «ie Batate besondere Wasserbehälter ausbilden sollte, während die Bedeutung der Knollen als Nahrungs- speicher für die an ihnen sich entwickelnden Pflanzen auf der Hand liegt. Außerdem findet Vermehrung durch Samen wohl kaum je statt, ähnlich wie bei mauchen Kartoffelsorten sind also die Knollen für die Erhaltung der Pflanze sehr wichtig. Dabei wird natürlich auch das Wasser der Knolle für die von ihr gebildeten jungen Pflanzen (nament- lich so lange sie noch keine eigenen Wurzeln haben) benutzt. Ob aber die Mutterpflanze davon Gebrauch machen kann, ist fraglich und zunächst nicht selr wahrscheinlich. Unter normalen Umständen geschieht es jedenfalls nicht. Demzufolge bilden sich die Knollen auch aus, wenn man ständig für gute Wasserzufuhr sorgt, wie dies bei meinen, in einem Mistbeetkasten (teils mit, teils ohne Fensterbedeckung) vorgenommenen Kulturen der Fall war, in welchen ich (wie erwähnt) sehr zahlreiche Wurzelknolien erhielt, an denen Adventivknospen schon dann auftraten, als die Knollen noch im Zusammenhang mit der Mutterpflanze waren. Man kann also (wie auch Kamerling hervorhebt) dem Satze van der Wolk’s (a.a.0. pag. 66) nicht beistimmen: „that we must not regard the tubers as a storage of fecula, but that we have to consider them as water-reservoirs, ie, as purely xerophytie formations®). 1) Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen, pag. 203. 2) Vgl. die von Groth mitgeteilten Analysen. 3) In demselben Hefte spricht sich der Verf. auch über Arachis hypogaea aus. Seine Meinung, daß die Frucht dieser Pflanze eine Scheinfrucht sei (,.It will astonish the reader to learn that this fruit is not a fruit hut a mock fruit“ (a. a. O. pag. 36), ist ebenso unhaltbar als die „the fruits are a peculiar kind of rhizom (a. a. O. pag. 54). [Betreffs Arachis vgl. z. B. das Referat von Warming über die Arbeit von Didrich- sen Flora 1869, Bd. LIT, pag. 113.] Was van der Wolk als das „receptacle“ be- zeichnet, welches die Frucht umschließt, ist nichts anderes als die äußere Schicht des Fruchtknotens, welche natürlich unmittelbar in die Verlängerung der Blüten- achse übergeht, welche die Frucht in den Boden bringt. Dieses verlängerte unter- Morphologische und biologische Bemerkungen. 347 Zusammenfassung: 1. Die Batatenknollen sind, entgegen den neuerdings von Kamer- ling gemachten Angaben, Wurzelknollen. Ihre anatomischen Besonder- heiten entsprechen denen anderer Convolvulaceen- Wurzelknollen. 2. Ihre Bildung kann jederzeit an Stecklingen der Sprosse hervor- gerufen werden, da an diesen regelmäßig Adventivwurzeln angelegt werden. 3. Frisch geerntete Knollen haben keine autonome Ruheperiode, vielmehr geht die Entwicklung der Adventivsprosse in kurzer Zeit vor sich. 4. Die Knospen entstehen endogen. Ihre Verteilung ist. apolar, die oberen (basalen) sind aber in der Entwicklung meist begünstigt. 5. Die Annahme van der Wolks, daß die Batatenknollen Wasserspeicher seien, trifft nicht zu. Sie sind zweifellos Organe für ungeschlechtliche Vermehrung, deren Gehalt an Reservestoffen den aus den Adventivknospen entstandenen Trieben eine rasche Entwicklung ermöglicht. 30. Begonia valida. Mit 3 Abbildungen im Text. Groß ist die Zahl der Begonia-Arten, welche in den Gärten teils als Blattpflanzen, teils als Blütenpflanzen gezogen werden. Trotzdem ist die Formenmannigfaltigkeit dieser Gattung durchaus noch nicht erschöpft. Wenn ich eine solche Form hier kurz beschreibe, so geschieht es lediglich, weil sie mir eine wertvolle Bereicherung unserer Gewächshäuser zu sein scheint. Die als Begonia valida bezeichnete Art kommt aus Brasilien. Die Samen erhielt ich von Dr. v. Luetzelburg aus Brasilien mit der Bemerkung, daß die Pflanze 6—7 m hoch werde). Diese Größe hat sie im Münchener Garten bis jetzt nicht er- reicht, indes sind die derzeit über 3 m hohen Sprosse so kräftig, daß sie jedenfalls noch höher sich entwickeln könnten. Der Name valida soll andeuten, daß wir es hier mit einer präch- tigen, kraftvollen Erscheinung zu tun haben. halb der Frucht sich streckende Internodium hat mit einem Rhizom natürlich nichts zu tun. — Interessant ist die Angabe van der Wolk’s, daß die junge Arachis- Frucht sich nur weiter entwickle, wenn sie mit feuchter Erde oder einem Erdauszug in Berührung stehe, Ob dabei aber, wie er meint, die Aufnahme der nötigen anorganischen Nährsalze oder eine Reizwirkung in Betracht kommt, scheint mir noch unentschieden. 1) Im September 1913 traf ich Begonien, die mit B. valida anscheinend über- einstimmen beim Aufstieg zum Itatiaia in der unteren Bergregion, indes konnte ich die Pflanzen nur vom Weg aus sehen, nicht aber sammeln. 348 K. Goebel, Die Sprosse wachsen aufrecht, die Internodien sind gestreckt und in ihrem unteren Teile rötlich braun gefärbt. Die dunkelgrünen, unten rötlichen, am Rande gewimperten, sonst kahlen Blätter erreichen in ihrer Fläche eine Länge von 35, eine Breite # Fig. 1. Habitusbild des oberen Teiles einer blühenden Pflanze von Begonia valida. (Stark verkleinert.) Morphologische und biologische Bemerkungen. 349 "von 20cm. Die „Schiefheit“, d.h. Ungleichheit der beiden Blatthälften ist etwas verdeckt durch die Ausbildung der Blattnerven, da bei unge- nauer Beobachtung ein etwa in der Mitte der größeren Blatthälfte ge- legener Seitennerv für den Mittelnerv des ganzen Blattes gehalten werden könnte. Die jungen Blätter führen merkwürdige „Schlaf“bewegungen aus. Kommt man abends in das Gewächshaus, so findet man die Flächen der jungen Blätter vertikal gestelit, was bei ihrer Größe höchst son- derbar aussieht. Eigentümlich ist auch eine kragenförmige Anschwel- lung des Blattstiels unterhalb der Blattspreite. Sehr schön sind die Blütenstände. Zwar sind die einzelnen Blüten nicht sehr groß, aber sie werden in jedem Blütenstande zu Hunderten gebildet. Das reine Weiß der zahllosen, schwach duftenden Blüten bildet mit dem dunkeln glänzenden Grün der Blätter einen wirkungsvollen Gegensatz. Die männlichen Blüten haben vier, die weiblichen fünf Blumen- blättert) (von ungleicher Größe). Wie bei den meisten Begonien treten die weiblichen Blüten erst am Ende des Blütenstandes auf. Es ist ein eigentümlicher Anblick, wenn die Hunderte von männlichen Blüten von den Blütenständen herunterrieseln und nun erst die viel weniger zahlreichen weiblichen Blüten hervortreten. Sie haben an ihrem Fruchtknoten einen Flügel von einer Größe, wie er mir sonst bei keiner Begonie bekannt ist. Gelegentlich tritt auf derselben Kante A B des Fruchtknotens noch ein zweiter kleiner fig. 2. Begonia valida. Flügel auf (Fig. 3, 7). Übrigens tritt auch hier Zwei weibliche Blüten in hervor, daß die weiblichen Blüten „empfind- nat, Größe, Fr es licher“ sind als die männlichen. An verpflanz- ten in ein warmes Haus gebrachten Exemplaren entfalteten sich zwar die männlichen Blüten, die weiblichen aber verkümmerten — 'eine ge- wisse Annäherung an das Verhalten der bekannten „Gloire de Lorraine,“ bei der ja meist nur die männlichen Blüten zur Ausbildung gelangen, bei dieser aber nicht bedingt durch äußere, sondern durch innere Ver- hältnisse der hybridogenen Form. Der Flügel ist ursprünglich weiß, beteiligt sich also an der Her- stellung des „Schauapparates“ — wenn man nach den neuen Unter- 1) Ich habe früher nachzuweisen versucht, daß die weiblichen Blüten bei Be- gonia die konservativeren sind (Über sexuellen Dimorphismus. Biol. Zentralbl., XXX, 1919). 350 K. Goebel, suchungen über den Gesichtssinn der Insekten diesen Ausdruck noch gebrauchen will. Nach der Befruchtung wächst er noch heran und wird grünlich. Seine Bedeutung dürfte dann wesentlich in der Trans- pirationssteigerung liegen, die zur Austrocknung des Perikarps führt. Als Flugorgan kommt er selbstverständlich nicht in Betracht, da die Früchte ihre kleinen Samen entlassen, so lange sie noch festsitzen. Nach der Beschaffenheit des Gynaeceums gehört Begonia valida in die Klotz’sche Untergattung Ewaldia!). Freilich stimmt mit der Klotz’schen Gattungsdiagnose ?) die Behaarung nicht überein. (Frutices villosi — bei Begonia valida sind die Blätter kahl, nur am Rande borstig behaart, dasselbe gilt für die Blumenblätter.) Mit keiner der verglichenen bisher beschriebenen Arten stimmt Begonia valida überein, so daß die Aufstellung einer neuen Art be- rechtigt sein dürfte. In anatomischer Beziehung sei folgendes bemerkt: In der Jugend tragen die Blätter auf der Oberseite wie auf der Unterseite „Drüsenköpfchen“ von eigentümlichem Bau 3) (Fig. 3, /7/u. /77). Auf einem kurzen Stiel be- findet sich die aus zwei sehr ungleichen Hälften zusammen- gesetzte „Drüse“. Die eine Hälfte besteht aus einem Zellkörper (X Fig. 3). Die andere meist aus einer großen Zelle (5), die mit im Alter dunkel gefärbtem Sekret ge- füllt ist. Sie ist durch eine Verbindungszelle (Z) mit dem Fig. 3. 7 Fruchtknotenquerschnitt mit Andeu- 2 tung eines zweiten Flügels, /7 Drüsenhaar von Zellkörper verbunden, ge- der Seite, 777 von oben, Z Verbindungszelle, legentlich ist sie auch geteilt. S Drüse, or . ne Charakteristisch für viele Begoniaceen sind die von Radikofer und Feilerer untersuchten eigentümlichen Cystotylen ®). 1) J. F. Klotzsch, Begoniaceen-Gattungen und Arten. Abhandl. d. Kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1854. 2) a. a. 0. pag. 53. 3) Vgl. betr. anderer Arten Fellerer, Beiträge zur Anatomie und Systematik ‚ler Begoniaceen. Dissert., München 1892, pag. 29. 4) Die Bezielungen dieser zu Cystolithen scheinen mir mehr in einer äußerlichen Ähnlichkeit zu bestehen. Ob es gerechtfertigt ist, aus einer solchen auf Beziehungen der Begoniaceen zu den Cueurbitaceen zu schließen, scheint des- halb sehr fraglich. Morphologische und biologische Bemerkungen. 351 Sie sind auch bei Begonia valida vorhanden, aber anders aus- gebildet als die bis jetzt beschriebenen. Fellerer (a. a. O. pag. 43) unterscheidet drei bzw. zwei Ausbildungsformen: 1. Cystolithenartige Bildungen, welche bei trocken gefertigten, an der Luft liegenden Schnitten weiße, trüb durehscheinende Körper dar- stellen, die in Wasser zu einer durchsichtigen, scheinbar strukturlosen Masse quellen, 2. Oystolithenartige Bildungen, welche (unter denselben Umstän- den) gelblich, lichtbrechend sind, eine feinkörnige Struktur verraten, bei Zufluß von Wasser grau und körnig werden und deutliche Schichtung zeigen. 3. Gebilde, die an der lebenden Pflanze als flüssiges, hellglänzen- des, trüblich weißes bis gelbes Sekret in einen besonderen Sack ein- geschlossen vorkommen. Die beiden ersteren werden als „Cystotylen“ zusammengefaßt, die letzteren als Cystosphären bezeichnet. Bei Begonia valida kommen im Mesophyll, namentlich im Palisa- denparenchym Doppelzellen vor, welche den Cystotylen entsprechen, aber ausgezeichnet sind dadurch, daß sie ähnlich etwa wie Kristall- sandzellen mit zahlreichen stark lichtbrechenden Körnern angefüllt sind, die nur eine peripherische Zone der Zelle freilassen. Diese Körner sind vielleicht kristallinischer Natur — es war aber bei gekreuzten Nikols nur ein schwaches „Leuchten“ zu bemerken. Sie lösen sich in Alkohol, es bleibt dann in jeder Zelle eine blasenföormige Umgrenzung zurück, vielleicht die Wand der Sekret- vakuole, die mit enger Basis der beiden Sekretzellen gemeinsamen Wand aufsitzt. Irgendeine Substanz von festerer Beschaffenheit oder mit Andeutung von Schichtung ist nicht darin wahrzunehmen. Viel- leicht enthält die Blase einen dünnflüssigen Schleim. Ohne über den Bau dieser eigenartigen Sekretzellen etwas Näheres aussagen zu wollen (sie kommen hier nur als systematisches Merkmal in Betracht), kann man wohl annehmen, daß in einer Art Schleimvakuole, die einseitig der Zellwand ansitzt und schließlich den größten Teil des Innenraums der Zelle einnimmt, Körner einer festen harzartigen Substanz ausge- schieden werden. Von sonstigen anatomischen Merkmalen sei erwähnt, daß auf eine Epidermiszelle 3—4 Palisadenzellen kommen, und daß die „erhabe- nen“ Spaltöffnungen der Blattunterseite zwar nicht gleichmäßig verteilt sind, aber auch nicht in deutlich abgegrenzten Gruppen stehen. Im übrigen sei auf die folgende Diagnose verwiesen. 352 K. Goebel, Morphologische und biologische Bemerkungen. . Begonia valida, Fruticosa, glabra; caulis ereetus, usge ad 7m altus, crassus, lig- nosus, subglandulosus supra internodia rubescens; petioli elongati foliis aliquanto breviores vel aequales apice volva circulari primum parce pilosa praediti; folia oblique rotundato-reniformes, cordata palmatinervia, angulate lobata lobi aeuti subserrulati, supra glabra atroviridia, margine setifera, subtus glabra rubescentia; Stipulae caducae glabrae oblongae ovatae carinate-alatae obtusatae; pedunculi foliis longiores (usque ad 35 em longi) apice usque septies dichotomi virides vel rubes-centes, braeteae minimae lanceolatae acuminatae. Flores albi odorati: flores masculi „sepalis“ 2 glabris late elliptieis, „petalis“ 2 oblongis, obovatis bre- vioribus, staminibus liberis; flores feminei lobis 5 ovatis, lobis 2 exteri- oribus brevioribus. Styli bifidi, Iyrati, stigmata 2—3 bistorta undique papillosa; ovarium glabrum 3 loculare alis 2 minimis costiformibus, tertia amıpla perconspicua, subascendente, triangulari rotundata; placentae pedicellatae, utrinque ovuliferae. Eingegangene Literatur. Prof. Dr. Borgmann, Waldbilder aus Sachsen mit 27 Autotypien in Doppel- tondruck auf 8 Tafeln. Tübingen 1885, Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung. Preis: geheftet M. 2,40. Cohn’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen, herausgegeben von F. Rosen, XII, 3. Enthält: E. Schönfeld, Über den Einfluß des Lichtes auf etiolierte Blätter; E. G. Pringsheim, Kulturversuche mit chlorophyliführenden Mikroorga- nismen, IV. Die Ernährung von Kaemotococeus pluvialis; Caro, Über den Ein- finß des Quecksilberdampflichtes auf die Keimung und das erste Wachstum von Pflanzen; II. Maertens, Das Wachstum von Blaualgen in mineralischen Nähr- lösungen. J. U. Kerns Verlag (Max Müller) Breslau. Preis: M. 6,50. M. Goldschmidt-Geysa, Die Floren des Rhöngebietes I. Curt Kabitzsch Verlag in Würzburg. Preis: M. 1. Kryptogamenflora für Anfänger, Bd. IV, 2. Die Algen. Zweite Abteilung von Prof. Dr. @. Lindau. Mit 457 Figuren im Text. Preis: M. 6,60, geh. M. 7,10. Rerlin 1914, Verlag von Julius Springer. ö A. Meyer, Erstes mikroskopisches Praktikum, 3. Aufl. Verlag von G. Fischer, Jena. Preis: M. 6,50, geb. M. 7,50. Moil und Jansonius, Mikrographie des Holzes. Vierte Lieferung mit 19 Figuren im Texte. E. J. Brill, Berlin 1914. Beiträge zur Krpytogamentflora der Schweiz, Bd. V, Heft 1. Die schweize- rischen Protomycetaceen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklungsgeschichte und Biologie von Günther von Büren. Verlag von K.J. Wyss, Bonn. Preis: M. 8 (10 Fres.). Atlas der Giftpflanzen. Gross Verlag (Richard Liepp) Annaberg i.S. Preis: 90 Pf. Deuek von Aut. Kämpfe, Jena. Untersuchungen über Variabilität, Sexualität und Erblichkeit bei Phycomyces nitens Kuntze. 1m). Von H. Burgeff. (Mit 13 Abbildungen im Text.) IL Die Keimung der Zygosporen. Bedingung für eine Analyse der Erblichkeit bei Phycomyces war die Möglichkeit, die Keimung der Zygosporen sicher und regelmäßig hervorzurufen, was nach Blakeslee’s Erfahrungen nicht ganz leicht erschien. Merkwürdigerweise stellte sich heraus, daß bei den von mir verwandten Mycelien keine Schwierigkeiten bestanden. Nach einer Ruhe- periode von etwa 5—6 Monaten trat eine ziemlich —, manchmal ganz regelmäßige Keimung ein. Über 12 Monate alte Zygosporen pflegen weniger regelmäßig zu keimen. Die Zygosporen wurden durch Aufimpfen je eines + und — Keim- mycels auf den schief erstarrten Agar einer Kulturröhre erhalten. Die Impfung wurde so vorgenommen, daß der entstehende Zygosporen- strich der Länge nach über die Agaroberfläche lief. Auf Bierwürzagar ließ sich so eine sehr große Zygosporenmenge erhalten; auf Pferdemist- agar war es zweckmäßiger, eine Mischung von + und — Sporen in sterilem Wasser gleichmäßig auszusäen, wobei dann die Zygosporen in regelmäßiger Schicht den Agar bedeckten. In allen Fällen wurden die Kulturen durch doppelten Wattepfropf verschlossen und dunkel gehalten, um eine Ausbildung von Sporangiosporen nach Möglichkeit einzuschränken. Nach einer Ruhe von 6—12 Monaten fand jeweils die Auslage statt; d. h. einzelne Zygosporen wurden unter dem Präpariermikroskop in sterilem Wasser ihrer Tragäste beraubt und auf einen Leitungswasser- agar ausgelegt. Trat trotzdem eine Mycelentwicklung aus den den Zygoten anhängenden Mycelresten ein, die selbst auf Leitungswasseragar zu einer Sporangienbildung führt, so ließen sich die von solchen Mycel- resten freien Zygoten leicht absondern und auf frischen Agar übertragen. 1) Der vorliegende Teil der Arbeit ist ein fortlaufender Bericht über die Untersuchungen genannter Art. Es liegt in der Natur der Sache und des Materials, daß nicht alle Teile gleichmäßig bearbeitet sein können, und einzelne den Charakter vorläufiger Mitteilungen tragen. Flora, Bd. 108. 23 354 H. Burgeff, Die Keimung erfolgt bei ausgereiften und bis zur Auslage dunkel gehaltenen Zygosporen am Licht nach etwa 14 Tagen. Nicht ganz aus- gereifte brauchen 4—5 Wochen. Die Regelmäßigkeit der Keimung variiert nach dem Alter der Zygosporen und beträgt im günstigsten Falle, d. h. in der günstigsten Periode 90-100 /,. Die wenigen nicht- keimenden Exemplare können durch den Druck der Präpariernadeln bei der Abnahme der Tragäste beschädigt worden sein. Von 36 der gleichen Herkunft, die am 6. Sept. 1912 ausgelegt waren, keimen am 18. Sept. 2 Zygosporen 9,9 ” 20. , 3 ” 21. u 8 ” 2... 1 D Zusammen 35 Zygosporen. Von 23 Zygosporen aus der Kreuzung pil. VII —+ x nitens St. — aus einer Pferdemistagarkultur vom 7. März 1912 keiımen, ausgelegt am 9. Sept. 1912, am 18. Sept. 1 Zygospore 20. 6 Zygosporen 21. „ 5 » 2. „ 8 „ BB. nn 3 ” Zusammen 23 Zygosporen. Das Verhalten der beiden Serien ist insofern merkwürdig, als die zweite trotz 3 Tage späterer Auslage die erste in der Geschwindigkeit der Keimung fast eingeholt hat. Die Begründung legt darin, daß die Mistagarröhre, die die Zygosporen enthielt, bei deren Entnahme am 6. Sept. belichtet wurde, was den Entwieklungsbeginn auslöste. Bei der wieder dunkel gehaltenen Röhre traten später eine große Zahl, allerdings verzögerter Keimungen ein. Auslösender Faktor für die Keimung der Zygosporen ist also das Licht. Deutlicher geht die Lichtwirkung aus folgendem Versuch hervor: Von 60 Zygesporen werden am 23. Sept. nach der Auslage je 30 hell und 30 dunkel gehalten. Es keimen vom 3.—-9. Okt. am Licht 24, im Dunkeln 10 Zygosporen. ren Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 355 Daß die Keimung bei einem Teil der Zygosporen auch im Dunkeln erfolgt ist, hängt wohl mit der bei der Auslage erfolgten Belichtung zusammen; die Auslage, d, h. die Übertragung auf einen frischen Agar resp. auf Leitungswasser scheint bedeutungslos, da die Zygosporen jeder ins Licht gebrachten Röhre auch ohne Übertragung auf demselben Substrat, auf dem sie entstanden, keimen. Außer. dem Licht beeinflußt noch das umgebende Medium die Keimung. Am 23. Sept. werden Zygosporen obengenannter Kreuzung einzeln in Röhren gebracht, die teils Leitungswasseragar, teils Bierwürz- agar enthalten, und unter das Substrat geschoben. Bei 22 Stück bleibt eine Infektion des Substrats durch anhängende Mycelreste oder Sporangio- sporen aus. Bis zum 9. Sept. erfolgt im Licht keine Keimung. Die Hälfte der Zygosporen wird jetzt herausgenommen und an die Ober- fläche des Substrats (teils auf Bierwürz-, teils auf Leitungswasseragar) gebracht. Die erste Keimung tritt am 10. Okt. ein; die anderen bis auf eine bis zum 2. Dez. Die noch unter dem Agar befindlichen Zygo- sporen zeigen keine Veränderung, mit Ausnahme zweier, die durch eine an der Einstichstelle in den Agar entstandene Austrocknungsspalte an die Luft kamen und keimten. Die Keimung erfolgt also nur an der Luft und nicht unter dem Agar, selbst wenn dieser als Bierwürzagar die Keimung der Sporangio- sporen auslösen würde. Es liegt nahe, den erschwerten Gasaustausch unter dem Substrat für das Ausbleiben der Keimung verantwortlich zu machen, doch kann auch die verhinderte Transpiration von Bedeutung sein. Da die Mycelkeimung unter dem Substrat nicht erfolgt, muß man sie, wenn man sie benötigt, gewaltsam durch Abschneiden des an der Luft erzeugten Trägers und Unter-das-Substrat-bringender Zygospore erzwingen, eine Methode, die auch Blakeslee anwandte. Will man eine Verletzung vermeiden, so kann man dureh die Ver- hinderung des mit der Zygospore unter ein Stück vom Nährboden ge- legten Keimträgers an die Luft kommen (etwa durch Auflegen eines Deekglases), Mycelregeneration aus der Zygospore oder ihrem Träger manchmal hervorrufen. Die normale Keimung an der Oberfläche des Substrats wird äußerlich sichtbar durch das Auswachsen des Sporangienträgers an einer nicht durch die Orientierung der Zygospore bestimmten Stelle der Zygosporenwand. Er kann sogar auf der dem Substrat zugewandten Seite der Zygospore entstehen: richtet sich aber sofort mit einem Bogen auf, entsprechend seinem negativen Hydro- und positiven Heliotropismus. 23* 356 H. Burgeff, Die Keimung der Zygosporen unterliegt einer ausgesprochenen Periodizität, der gleichen, die wir auch bei gewöhnlicher Trägerbildung feststellten (cf. I. Teil, pag. 261). Früh morgens erscheint bei zahlreichen Zygosporen der Keimträger, der sein Spitzenwachstum zwischen Nach- mittag und Abend bei einer Länge von 8—12 mnı einstellt, worauf die Entstehung des Keimsporangiums ihren Anfang nimmt. Während der Nacht werden die Sporen des Sporangiums reif, dieses verfärbt sich, und die bis zu 2 Tagen anhaltende Streckung des Sporangienhalses tritt ein. Gleichzeitig wird die vorher feste Membran des Sporangiums leicht zerfließlich. Für die richtige Beurteilung dieses Vorgangs und der kommenden Schilderung des Verhaltens der Merkmale bei der Vererbung seien im folgenden die wesentlichen eytologischen Vorgänge geschildert. IL Die Cytologie des Phycomyces. [Vorläufige Mitteilung !)]. Die vegetativen Kerne des Phycomyces sind sehr klein (1,4—1,6 x Durchmesser). Sie entbehren anscheinend der Membran und bestehen aus Häufehen von Chromatinkörnern, die vielleicht mit den Chromo- somen identisch sind. Die Kerne sind außerhalb der Sporangiosporen andauernd in Teilung begriffen. Bei der Teilung zerfällt der Chromatin- haufen einfach in zwei kleinere mit kleineren Körnern. Eine Teilung dieser Körner selbst kann wegen der Kleinheit der Objekte nicht be- obachtet werden. Die Kerne befinden sich während des Wachstums des Mycels im Plasma in andauernder Zirkulation. Während der Sporenbildung zerfällt das den Raum zwischen Columella und Sporangiumwand anfüllende Plasma durch das Auftreten großer Vakuolen in ein maschiges Gewebe von Plasmasträngen, aus denen durch Zerfall die Sporen hervorgehen. Die Kerne hören vor dem Zerfall mit den Teilungen auf und werden zufällig auf die Sporen verteilt. Ihre Zahl schwankt zwischen 6 und 9 pro Spore, doch kommen häufig einzelne Sporen mit höheren Zahlen (bis 12) und geringere Zahlen (bis 5) vor. Bei der Kopulation zwischen einer Hyphe des + und des — Mycels sammeln sich die Kerne in den aneinander stoßenden Teilen . n Betreffend Fixierung und Färbung sei folgendes bemerkt: Als Fixier- mittel diente Juel’sches Gemisch mit einem etwa 4%,igen Agarzusatz in heißem Zustande; gefärbt wurde ausschließlich mit Haemalaun. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomy ess nitens Kuntze. IL. 357 des Kopulationsschlauchs an. Die durch die innerhalb der ersten 24 Stunden eintretende Querwandbildung abgeschnittenen Gametangien enthalten neben -einer ziemlich großen Vakuole einen dichten Plasma- schlauch nebst sehr zahlreichen Kernen. Rasch auf die Abtrennung der Gametangien erfolgt die Resorption der Zwischenmembran; die beiden Protoplasten behalten zunächst einige Zeit ihre Lage bei, um sich dann nach und nach auszudehnen, bis sie den ganzen jetzt ab- gerundeten Raum einnehmen, der in den zweiten 24 Stunden zur Kugel heranwächst. Infolge einer außerordentlich raschen Plasmaströmung in den Tragästen, die auf die junge Zygospore zu gerichtet ist, gewinnt es den Anschein, als strömte die ganze Masse durch die trennenden Wände in die Zygospore hinein. Tatsächlich scheint es sich aber nur um Teile der Gesamtmasse zu handeln. Die an die Zygospore angrenzen- den Wände der Tragäste sind an fixierten Präparaten auf beiden Seiten von vollständig kornlosem Plasma umlagert, dessen Körnung sowohl uach dem Innern der Zygospore wie nach dem des Tragastes zunimmt. Ein großer Teil der zuströmenden Massen dürfte auch für die inner- halb dieser Periode beginnende Ausbildung der den Tragästen auf- sitzenden verzweigten Dornen verbraucht werden. Eigenartige, stark färbbare, knollenförmige Gebilde in den Tragästen einzelner reifer Zygosporen stellen vielleicht unverbrauchte Reste der zuströmenden Materialien dar, Die Kerne sind in dieser zweiten Periode über den ganzen Zygo- sporenraum gleichmäßig verteilt. Sie sind schwer differenzierbar, wohl wegen der zum Teil färbbaren Reservesubstanzen in der Zygospore und liegen in unregelmäßigen Gruppen beisammen. Von einer Verschmelzung ist nichts zu bemerken. In den dritten 24 Stunden vergrößert sich die Zygospore weiter; die Wand wird dicker; die Kerne sind etwas von den Wänden der Tragäste abgerückt. Am 4. Tage ist die normale Größe erreicht, die Dornen sind fertig; es beginnt eine wichtige Veränderung des Zygosporeninhalts. Allenthalben treten kleine, Öl enthaltende Vakuolen auf; daneben in Gruppen zusammenliegende stark färbbare körnige Massen, die wohl eiweißähnliche Reservesubstanzen darstellen ; zwischen diesen keine Kerne. Am 5. Tage vergrößern sich die Ölvakuolen und nehmen an Zahl ab. Die Kerne erscheinen lockerer, die einzelnen Chromatinkörner deutlicher. 358 H. Burgeff, Am 6. und 7. Tage fließen die Ölvakuolen zu wenigen großen Kugeln zusammen. Die Kerne sind alle in der Peripherie der Zygo- spore gelagert. Das Plasma ist sehr feinkörnig geworden. 2—4 Monate nach der Entstehung, im Ruhestadium, ist eine zentrale Ölkugel vorhanden. Die Kerne liegen in der äußersten Schicht der die Ölkugel umgebenden kornlosen, schwach färbbaren Plasma- hohlkugel. Sie sind immer noch homogen ohne Membran, aber von einem feinen hellen Hof umgeben, der vielleicht auf die Fixierung zurückzuführen ist. Die Keimung: 5 Monate alte Zygosporen sind teilweise bereits keimfähig. 2—Bdmal 24 Stunden nach der Auslage auf Leitungs- wasseragar sind die ersten Veränderungen sichtbar. Die Kerne aller Zygosporen der Kreuzung pil. V IL-- >< nit. St. — liegen immer noch auf der Peripherie der Plasmakugel, sind aber alle zu Paaren ge- ordnet. Eine wechselnde Anzahl von ihnen scheint zu verschmelzen, andere sich ohne Verschmelzung wieder zu trennen; in etwas älteren Stadien liegen die Kerne nicht mehr konjugiert, doch unterscheidet man deutlich große und kleine nebeneinander. Bei Zygosporen von [153] pil. -H >< pil. —, die mit über 90 ®/, Regel- mäßigkeit keimen, zeigt sich dieses Stadium bereits einen Tag nach der Auslage. Die Annahme liegt nahe, daß das konjugierte Stadium schon vor der Auslage absolviert werden kann und absolviert. worden ist!). Bei einer genauen Betrachtung mit Zeiss Apochromat, Hom. Imm. 15 mm; 1,5 Num. Ap. scheinen die Kerne eine feine Membran zu besitzen und einzelne unregelmäßig große Chromatinkörner zu ent- halten; große und kleine Kerne liegen nebeneinander. 3mal 24 Stunden nach der Auslage zeigen die Zygosporen von [1353] pil. + x pil. — unveränderte Kerne; die Protoplasmakugel färbt sich stärker. 4mal 24 Stunden: Die Plasmaliohlkugel wird von außen nach innen vakuolisiert. Die Kerne sind unverändert. 5mal 24 Stunden: Die äußeren vakuolisierten und hyalinen Par- tien der ursprünglichen Plasmakugel beginnen sich von den inneren stark zu unterscheiden, die eine körnige Struktur annehmen; hyaline Plasmabrücken verlaufen in der Übergangszone und charakterisieren (lie gekörnelten Massen als Reservematerial. Die Kerne sind größer, schlechter differenzierbar. 1) Bei kürzlich untersuchtem Material von P+ x.n— (cf. pag. 404) trat die Keimung erst 3-4 Wochen nach der Auslage ein. Alle Zygosporen zeigen bei der Auslage gepaarte Kerne. DS Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 359 7mal 24 Stunden: Die Trennung in Plasma und Reservestoffe wird deutlicher, die hyaline Plasmaschicht greift unter stärkerer Vaku- olenbildung weiter nach innen vor. Die wieder etwas gewachsenen Kerne zeigen deutliche Membran und bei guter Färbbarkeit durch- scheinende Stellen, die die Anwesenheit getrennter Körner im Innern vermuten lassen. Der Unterschied in der Größe ist noch deutlich sicht- bar. Sie rücken allmählich in das Innere der Zygospore vor. 8mal 24 Stunden: Hyalines Plasma mit großen (Öl enthaltenden?) Vakuolen erfüllt den größeren Teil der Zygospore. Der zentrale Öl- raum ist verkleinert. Die vorher eine Hohlkugel bildenden, körnigen, stark färbbaren Massen sind auseinandergerissen und liegen als einzelne Klumpen in der Nachbarschaft des Ölraums. Die Kerne sind allent- halben in den Plasmamaschen verteilt, wieder etwas größer, in der Größe einander genähert und von eckigem Äußeren. 11—12mal 24 Stunden: Keimung: Hyalines Plasma, dahinter die körnigen Massen rücken in den hervorgebrochenen Träger aus; die Zygospore zeigt immer noch einen schwachen Wandbelag vakuolisierten Plasmas. Die Kerne sind sehr groß; im Keimschlauch ab- gerundet mit Nucleolus und Chromatinkörnern. Sie haben 6—7 u Durchmesser, Unterschiede in der Größe sind nicht mehr er- kennbar. 13—14mal 24 Stunden: Entwicklung des Keimsporangiums. Der in der Nacht entstehende, gegen Morgen sichtbare Träger beginnt mittags mit der Anlage des Keimsporangiums. Das Spitzenwachstum hört auf und die Spitze verdickt sich zur Kugel. In diesem Augen- blick tritt ein Teil der großen Kerne in der jüngsten An- lage des Sporangiums und im oberen Teil des Trägers in Mitose ein. Der genaue Ablauf der Mitose ist sehr schwer zu ermitteln. Deutlich sind eigentlich nur Stadien der Prophase, bei denen der Nueleolus verschwunden ist. Das Chromatin tritt zu einfachen, sehr kleinen Chromosomen zusammen, die in der Kernmembran eingeschlossen sind. Ihre Zahl läßt sich mit annähernder Genauigkeit durch Zählung und Schätzung als 24 bestimmen. Sie scheinen zu je 12 innerhalb der Membran nach den Polen auseinanderzugehen und sich dort nach Lösung der Membran mit einer neuen zu umgeben. Ein der Äqua- torialplatte entsprechendes Stadium gelangt nicht zur Beobachtung. Die haploiden Kerne zerfallen anscheinend in einer zweiten homeotypischen Teilung in die bekannten, mit distinkten Chromatinkörpern versehenen membranlosen Kerne, die sieh nun fortwährend weiter teilen. 360 H. Burgeff, Das Keimsporangium wächst inzwischen heran. Gegen abend, vor Eintritt des Zerfalls des Protoplasmas zu Sporen, enthält es kleine membranlose, aus der Reduktion der großen entstandene und in lebhafter Teilung begriffene Kerne, neben großen unveränderten Membrankernen. Der Zerfall des Plasmas zu Sporen erfolgt in der Nacht. Durch das Auftreten von Vakuolen bekommt die Plasmamasse eine maschige Struktur. In die einzelnen Maschenstücke lagert sich je ein Kern, worauf die Verbindungen unterbrochen werden. Wenig zahlreiche, große mit Nucleolus versehene Membrankerne und kleine, jetzt eben- falls mit einer Membran umgebene nucleoluslose zerfallen im Augen- blick der Trennung Jer einzelnen Sporen oder etwas später durch zwei aufeinander folgende Teilungen in vier (seltener bloß zwei) Kerne, deren Provenienz aus kleinen oder großen Kernen nicht mehr zu erkennen ist. Während die Sporen nun die ihnen charakteristische Gestalt an- nehmen und feste Membran bekommen, verfärbt sich das Keim- sporangium von gelb nach schwarz. Es setzt dann wie beim vege- tativen Sporangium die interkalare Streckung des Sporangienhalses ein, die nach 2—3 Tagen zum Stillstand kommt. Die Sporangienwand ist unterdessen leicht zerfließlich geworden. Die Spore des Keimsporangiums, die ich im folgenden mit Ur- spore bezeichnen will, keimt normal, das aus ihr entstehende Mycel erzeugt Sporangien. Alle Mycelien, auch die „neutralen“, enthalten ausschließlich membranlose, sich außerhalb der Sporen fortwährend teilende Kerne. Bei der vegetativen Sporenbildung zerfällt der Inhalt des Sporangiuns in ähnlicher Weise wie beim Keimsporangium in Plasmaportionen. Die gleichmäßig in der ganzen Plasmamasse ver- teilten Kerne gelangen zu je 6—11 Stück in eine Spore. Teilungen finden während dieser Periode nicht mehr statt. Das Schicksal der Kerne, das uns im Interesse der später vorzu- nehmenden Analyse der Erblichkeit interessiert, ist also kurz zusammen- gefaßt folgendes: Die aus den Gametangien !) in die Zygospore gelangten + und 1} Die durch die Wand abgeschnittenen Teile der kopulierenden Myceläste bezeichnet man gewöhnlich als Gameten. Iclı habe diesen Ausdruck hier vermieden, weil er bei der anschließenden Betrachtung über die Erblichkeit für den ganzen Phycomyces einerseits für die kopulierenden Kerne samt ihrem Plasma andererseits verwandt wird. IRREEREIREEREEEEDE Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. Il. 361 — Kerne bleiben bis zur Keimung der Zygospore unverändert. Be- ginnt diese, so legen sie sich alle zu Paaren nebeneinander. Ein Teil verschmilzt, ein anderer geht ohne Verschmelzung auseinander. Alle umgeben sich mit Membran, wachsen stark heran und erhalten einen Nucleolus. Die Membrankerne werden teilweise im jungen Keim- sporangium reduziert und verlieren dabei ihren Nuceleolus. Die den vegetativen gleichen Tochterkerne vermehren sich stark. Die noch zu- sammenhängenden jungen Sporen enthalten je einen reduzierten nucleolus- losen oder einen großen nucleolusführenden Kern. Beide Arten zer- fallen im Augenblick der Trennung der Sporen in zwei und dann in vier membranlose nucleoluslose Kerne Eine Reduktion läßt sich bei dem Zerfall der großen Kerne in der Spore nicht beobachten. Allerdings sind die Prophasenbilder hier ziemlich undeutlich. Für die Deutung dieser komplizierten Verhältnisse kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: Eine liegt nahe: Alle Membrankerne mit Nucleolus sind diploid. Die im Keimsporangium reduzierten ergeben sexuell aktive, die in den Sporen reduzierten sexuell neutrale (hetero- karyotische) Mycelien, Stimmt dies, so müssen die nicht kopulierten Kerne zugrunde ge- gangen sein, da die Zygospore in den letzten Tagen vor dem Erscheinen des Keimträgers nur Membrankerne mit Nucleolus enthält. Die leichte Deutung der neutralen Mycelien hat mich diese Deu- tung nur sehr ungern aufgeben lassen, doch widersprechen ihr ver- schiedene Punkte: Einmal ist eine Resorption von Kernen in der Zygospore nach der Ruheperiode nicht nachweisbar. Die kleinen nicht kopulierten Kerne scheinen vielmehr neben den großen kopulierten zu Membran- kernen heranzuwachsen. Ferner wird die Entstehung der neutralen Mycelien nach mehr- maligem Durchgang der Kerne durch die Zygospore zu einer verhält nismäßig seltenen Erscheinung und damit als Ausnahme charakterisiert, die durch das gelegentliche Auftreten zweikerniger, bisweilen biskuit- förmig gestalteter Sporen im Keimsporangium ihre zureichende Er- klärung findet, Es bleibt eine zweite Möglichkeit bestehen: Die Membrankerne der keimenden Zygospore sind teils diploid, teils haploid. Haploide, nicht kopulierte Membran- kerne wachsen neben den diploiden kopulierten zu Membrankernen 362 H. Burgeff, heran und zerfallen ohne Reduktion erst in den Sporen, während die diploiden nach der Reduktion im Keimsporangium zahlreiche Teilungen durchmachen und erst dann zu Sporen werden (vgl. Schema). Schema zum wahzseheinchen Vurhalten der Kerne in der Zygaspore. Gametangien Keimende Zygospore Keimträger Keimsporangium Sporen und zuhende Zygospore Wir müssen daher auf jeden Fall mit der Möglichkeit rechnen, im Keimsporangium wenigstens eine kleine Zahl apogam entstandener Sporen vorzufinden, wenn sie auch in vielen Fällen nicht keimen werden, wofür Belege vorhanden sind. Es braucht kaum betont zu werden, daß die geschilderten cyto- logischen Feststellungen noch nicht den Gesamtkomplex von Vorgängen in allem richtig umfassen und von mir selbst vielleicht einmal be- trächtlich modifiziert werden müssen. Schuld daran ist einmal das außerordentlich unregelinäßige Verhalten des Materials, zum anderen die Kleinheit der nahe an der Grenze der Auflösungsfähigkeit des Mikroskops liegenden Objekte. Das Material kann vielleicht durch wiederholte Kultur durch die Zygospore zu einheitlichem Verhalten gezwungen werden. Die Beob- achtung läßt sich vielleicht einmal auf photographischem Wege ver- bessern. Jeilenfalls wissen wir soviel, daß in den Zygosporen eine Kopu- lation der Kerne mit darauf folgender Reduktion stattfindet. Ob nebenbei apogame Kerne «lurch die Zygospore hindurchwandern, wird sich viel- leicht bei den Ergebnissen der Vererbungsversuche zeigeu müssen. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II 363 Kreuzt das Vererbungsexperiment bei höheren Organis- men die diploiden Phasen und überläßt den von ihnen ge- bildeten Gameten die Möglichkeit zufälliger Kombination, um aus dem Unterschied neuer diploider Phasen auf die statt- gefundene Gametenspaltung zu schließen, so kombinieren wir hier die Gameten selbst zu diploiden Phasen und beobachten direkt die Aufspaltung in neue Gameten. II. Die Kreuzung der Variante mit der Stammforın. Die relative Reinheit der selektonierten Varietas piloboloides ließ es natürlich als die wichtigste Aufgabe erscheinen, den Versuch der Kreuzung mit «ler Stammform vorzunehmen. Freilich konnte man dabei in erster Generation kein entscheidendes Resultat erwarten, da man mit dem Vorhandensein von nitens- 4 Kernen im piloboloides-Myce] rechnen mußte und nur bei einem Teil der Kerne jeder Zygospore die Kreuzung piloboloides 4 >< nitens — {im übrigen nitens + >< nitens —) erhalten konnte. Im März 1912 wurde die erste Kreuzung von piloboloides VIT+ mit nitens St. — durch Aussaat von Sporen beider Formen auf Pferde- mistagar in Röhren vorgenommen. Regelmäßige Keimung erhielt ich nach 6 Monaten, im September und Oktober. A. Die Form der Keimsporangien. Es keimen von Serie: BE nn ! mit ni sdes- Serie: ausgelegt: keimen: | mit nitens-:! he 1 N ] I . 6. IX. 12 35 29 6 t _ Fr es 1 9.7.12 ! 23 | 20 3 Bun! | | i 21 9. IX. 12 47 33 14 nl. _ IV 'm.x32 42 35 7 ! q I-IV 6.1X.—15.X. 147 117 30 Die Regelmäßigkeit der Keimung der Zygosporen beträgt, wie schon früher bemerkt, zuweilen kaum weniger als 100%. 364 H. Burgeff, Die Keimsporangien fallen verschieden aus. 30 von 147 zeigen Charaktere des piloboloides (Fig. 1,a—%). Eine Anzahl A Fig.1. Keimsporangien von Zygosporen aus der Kreuzung piloboloides + > nitens —. a--d piloboloides-, e, / elongate piloboloides-Keimsporangien; g, Ak piloboloides- Keimsporangien mit sekundärem nitens-Träger. von Übergängen nach nitens kommen dabei vor (Fig. 1,c). Piloboloides- Keimsporangien erzeugen immer (Fig. 1,2, 6,8, 7%), nitens-Keimsporangien, Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 365 meistens sekundäre Äste. Bei piloboloides sind sie zuweilen reine nitens (Fig. 1,9, %), doch nie bei nitens piloboloides. Die nach nitens strebende Tendenz tritt also auch hier zutage. Abweichende Formen sind Keimsporangien mit elongaten und solche mit perlschnur- förmigen Kröpfen (Fig. 1,c, d& &, f). Das Auftreten des piloboloides-Charakters bei den Keimsporangien der Zygosporen, also in der diploiden Phase, erscheint von besonderer Wichtigkeit. Die vorhergehende Tabelle gibt die Zahlen der einzelnen piloboloides- und nitens-Keimungen an {Übbergangssporangien sind als piloboloides gerechnet). Es ist mit den Zahlen aber so gut wie nichts anzufangen. Diese F1-Generation sollte eigentlich homogen aus- fallen. Wir müssen die Frage hier fallen lassen, indem wir uns erinnern, daß wir nicht piloboloides mit nitens, sondern ein an piloboloides- Kernen angereichertes Mycel mit einem reinen nitens-Mycel kreuzten, und somit in der gleichen Zygospore piloboloides 4- >< nitens — und zu- gleich nitens + >< nitens — sind ähnlicher Art. Sie sollen zunächst klassifiziert und dann an einigen Fig. 2. Verschiedene Sporenformen aus den Keimsporanginen und ihre Keimung. a normale, 5 rundliche, c vakuolisierte, d als Blasensporen keimende; « Blasen- mycel 30 Stunden alt, / Blasenmycelien 5x24 Stunden alt, Beispielen geschildert werden. Ebenso wird mit den regelmäßig keimenden Sporenernten ihrem Charakter nach verfahren werden, da eine Anführung der äußerst umfangreichen Beobachtungsprotokolle nicht angängig ist. 1. Die Sporen keimen nicht. Man findet zuweilen wenig, manchmal sehr zahlreiche, zuweilen normal geformte, zuweilen vergrößerte Sporen, die des starken Lichtbrechungsvermögens gesunder Sporen entbehren und einen etwas vakuolisierten Inhalt haben (Fig. 2,0). Untersuehungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 367 gelegentlich auch rundliche Sporen mit scheinbar normalem Inhalt (Fig. 2,8. . 2. Die Sporen keimen und nehmen Kugelform an (Riesenzellen), die sofort oder nach der Ausbildung eines kurzen Keim- schlauches stationär werden (Fig. 2,2). 3. Die Sporen, keimen und werden zu Blasenmycelien (Fig. 2, f). 4. Die Sporen sind und keimen und normal (Fig. 2,«). Zwischen diesen vier Möglichkeiten kommen alle Sorten von Übergängen vor, so kann ein Teil der Sporen zu Riesenzellen oder Blasenmycelien werden, ein anderer zu normalen Myeelien auswachsen; zuweilen gelingt dies unter tausenden nur einer Spore oder wenigen, C. Die Aufspaltung der Charaktere in den Mycelien der Ursporen (piloboloides, nitens, +, —). 1. Beispiele einiger mehr oder weniger normaler Keimungen mit vollständiger Aufspaltung der in den Sporen enthaltenen Formen. 2) Sporen des 5 cm langen nitens-Keimsporangiums, ausgesät am 23. Sept. 1912. Rasche normale Keimung. Zirka der fünfte Teil der Sporen wird zu Blasenmycelien; die anderen wachsen aus. Platte am 27. Sept. mit ca. 600 etwas elongaten piloboloides-Trägern bedeckt. 10 Mycelien, anı 24. Sept. in Röhren pikiert, zeigen am 1. Okt. stark verkrümmte, sehr dicke, elongate piloboloides-Sporangienträger mit stark verzögerter Kopfbildung. Die Prüfung?) ergibt nur piloboloides + Mycelien, alle kopulieren mit St. —. Vom Sept. 1912 bis Sept. 1914 in neun absoluten Reinkulturgenerationen kultiviert, bleibt die Form konstant, insbesondere führen die zu den Isolierungen der Einzelsporen hergestellten Aussatplatten je mehrere 1000 absolut einheitliche pilo- boloides-Träger. Keimsporangium war ein piloboloides mit drei Kröpfen übereinander (Fig. 1,0). Die Sporen wurden ausgesät am 21. Sept. 1912. Gleich- 1) Die Umrahmung der Zahlen der einzelnen Keimungen deutet die Zygo- sporengeneration an: |Z] erste, ]Z] zweite, |JZ) dritte. 2) Die Prüfung erfolgt mit dem + und — Mycel auf Bierwürzagar in Schalen von 20 cm Durchmesser. Die Anordnung ist auf Fig. 3 ersichtlich. Bis zu 20 My- telien lassen sich auf eine Schale bringen. 368 H. Burgeff, mäßige, wenn auch langsame Sporenkeimung zu relativ dünnen, wenig verzweigten Mycelien. Einige wenige aberrativ als Haufenmycelien !). Fig. 3, Die ‚Prüfung der Mycelien mit dem + und — Mycel; vollständige Auf- spaltung in alle vier Gameten. In der Peripherie und im Zentrum der 20 cm im Durchmesser aufweisenden Agarplatte wird je ein Kreis von Ausstichen des — und + Mycels angebracht. Zwischen beide werden die zu prüfenden Urmycelien durch Ausstiche aus den Originalkulturen der Reihe nach aufgeimpft. Die kreisförmig wachsenden Mycelien wachsen solange zusammen, bis sie sich berühren und erzeugen geradlinige Berührungsränder, an denen bei entgegengesetztem Geschlecht der sich treffenden Mycelien Zygosporen entstehen. In dem gegebenen Falle bei Gameten- mycelien der Zygospore ]4#] tritt der ungewöhnliche Fall ein, daß die Geschwister mit dem einen Prüfungsmycel, dem + Mycel, schwächer kopulieren als unter- einander. (Über andere Fälle abgeschwächter sexueller Aktivität von Urmycelien cf. pag. 406.) Bei der Zygospore |[fi| waren Mycel 1-10 piloboloides-, 11—20 nitens-Mycelien. Ihr Geschlecht läßt sich aus der Platte ohne weiteres ablesen: pi-; p2-+; p3, p4, P5—; p6-+; P7, p8—; Pp9+; p10 —: nil, n12, n13—; nl4-+; n15, n16—; n1?+; n18—; n19, n20+. }) Haufenmycelien sind Blasen- oder blasenlose Keimmycelien, die infolge starker Verzweigung, bei langsamem Wuchs, Mycelhäufchen erzeugen, welche über Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL 369 Am 25. Sept. ist die Platte mit jungen piloboloides-Sporangienträgern bedeckt, die ziemlich schmale Kröpfe tragen und wenig pigmentiert sind. Am 1. Okt. werden 17 auspikierte Mycelien mit Cl.-F und St. — geprüft. Alle kopulieren gut mit St, — und sind piloboloides-+. Dieser Stamm wird vom Sept. 1912 bis zum Juni 1913 in vier absoluten Reinkultur-Generationen kultiviert, bleibt konstant, geht aber dann infolge Austrocknens einer Kultur verloren. I] Keimsporangium mit 4,5 cm langem nitens-Träger, ausgesät am 21. Sept. 1912. Etwa die Hälfte der Mycelien wird als Blasenmycelien stationär. Die anderen ergeben normale raschwachsende, nitens- ähnliche Mycelien. Am 25. Sept. ist die Platte mit ca. 400 piloboloides- Trägern bedeckt, die ziemlich schmale Köpfe haben. 18 am 22. Sept. auspikierte Mycelien kopulieren am 1. Okt. alle regelmäßig mit CL, sind also piloboloides —. Der Stamm wird vom Sept. 1912 bis zum Aug. 1914 neun absoluten Sporengenerationen ohne Veränderung konstant erhalten. Bl Sporen eines piloboloides-Sporangiums mit zwei Kröpfen aus- gesät am 19. Aug. 1912. Die Hälfte der Sporen wird zu Blasenmycelien die andere wächst aus. Die Aussaatplatte enthält am 24. Aug. über- wiegend piloboloides- und etwa !/, nitens-Sporangien, keine Pseudo- phoren oder Zygosporen. Die am 9. Sept. vorgenommene Prüfung von 21 Mycelien ergibt: 8 nitens— 12 piloboloides— 1 nitens neutral (bildet mit Ol. und St. — Psendophoren- linien ohne Zygosporen. Sporen aus Sporangien dieses Mycels ergeben reine nitens — Nachkommenschaft, ohne daß noch neutrale Mycelien auftreten. Die die Neutralität verursachende Beimischung von + Kernen kann in piloboloides + Kernen bestanden haben.) Der piloboloides Stamm wird vom Aug. 1912 bis zum Aug. 1914 in 10 absoluten Reinkulturgenerationen gezogen. In der zweiten Gene- ration traten bei einem Träger, vielleicht infolge einer mechanischen die Agaroberfläche hervorragen. Die Hyphenäste wachsen bei ihnen übereinander, während sie sich bei normalen Keimmycelien nicht zu berühren pflegen und an der Oberfläche des Substrats aufeinander treffend vor der Berührung für Wachs- tum einstellen. Haufenmycelien wachsen immer zu normalen aus. 24 Flora, Bd. 108. 370 H. Burgeff, Schädigung der Spitze, zwei Sporangien auf einem Kropf auf (Fig. 4), die aber normale Nachkommenschaft ergaben. Die Keimung der Sporen erfolgt jeweils mit fast absoluter Regelmäßigkeit, wie das auch bei anderen aus der Zygospore stammenden Stämmen der Fall ist. b3 Keimsporangium mit drei Kröpfen und nitensähnlichem Stielchen darauf (Fig. 1,c) wird am 20. Sept. 1912 ausgesät. Die Hälfte der Sporen wird zu Blasenmycelien, die andere wächst aus. Am 23. Sept. sind die nitens- und piloboloides-Träger auf der Platte gleich zahlreich. Von 18 am 21. aus- pikierten Mycelien sind: 9 piloboloides + 1 piloboloides neutral 8 nitens —. Der piloboloides-Stamm wird vom 20. Sept. 1912 bis zum Februar 1913 in fünf absoluten Reinkultur- generationen kultiviert und bleibt konstant. Entstehung zweier verschiedener piloboloides- . Formen aus der Zygospore. Fig. 4. Doppel- sporangium ausder Zygospore [5]. 26 Keimsporangium als 6cm langer nitens-Träger am 21. Sept. 1912 ausgesät. Etwa die Hälfte der Sporen keimen als Blasenmycelien, die übrigen normal. Die Platte enthält am 25. Sept. ausschließlich pilo- boloides-Träger nebst einigen elongat bekropften. 18 am 22. Sept. auspikierte Mycelien ergeben bei der Prüfung: 14 pilobeleides -i- 4 piloboloides-elongatus +. Die piloboloides und piloboloides-elongatus sind hier konstante Rassen, die nebeneinander vom September 1912 bis zum August 1914 in neun absoluten Reinkulturgenerationen gezogen wurden. Auf die genaueren Unterschiede der Rassen der ersten Sexual- generation wird später im Zusammenhang eingegangen werden. Unvollständige Aufspaltung des Zygosporeninhalts in den Ursporen. Aussaat der Sporen eines elongaten pil.-Keimsporangiums am 19. Sept. 1912. Am 21. Sept. sind auf der Platte unter ca. 400 Stück Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 371 aberrativen 36 normale Mycelien. Die Platte enthält auch Pseudo- phorenflecke. 18 normale und 9 aberrative werden auspikiert. Das Resultat ist am 25. Sept. folgendes: Die aberrativen Mycelien sind ausgewachsen. 22 Mycelien ergeben piloboloides-nanellus (eine dem pilo- boloides-nanus sehr ähnliche nanistische Variante) 3 piloboloides-elongatus, 1 gelbliches trägerloses, nicht kopulierendes Mycel. 1 Mycel ist nicht ausgewachsen. Alle übrigen Mycelien kopulieren bei der Prüfung mit $t. —, sind also pil. -+ Mycelien. Die drei elongaten piloboloides sind vom September 1912 bis zum August 1913 in acht absoluten Reinkulturgenerationen kultiviert und a@ 5 4 d Fig 5. piloboloides-nanellus und die Abspaltung von piloboloides-elongatus. vollständig konstant geblieben. Die Keimung der Sporen ist eine fast absolut regelmäßige. Die Aussaatplatten enthalten nur reine elongate piloboloides-Träger. Die 22 nanistischen piloboloides (nanellus) spalten teilweise sofort nach ihrem Auftreten mehr oder weniger zahlreiche elongate pil.-Träger 24* 372 H. Burgeff, ab, wie dies an der Kultur c von Fig. 5 zu sehen ist. Piloboloides- nanellus wird in der zweiten Generation durch Abimpfen eines kurzen Trägers scheinbar rein erhalten. Er läßt sich folgendermaßen. beschreiben. Kurze auf der Platte am Licht 0,7—1 cm lange Sporangienträger mit frühzeitiger, auch im Halbdunkel (vgl. Fig. 5) erfolgender Ausbil- dung der Köpfe, die ungleich groß sind und häufig nicht ausreifen, so daß die Sporen in ihnen keimen und sie mit einem dichten Hyphenfilz umgeben. Die Kröpfe sind unregelmäßig und kurz. Kopulation erfolgt spärlich mit St.—. Die anfänglich unregelmäßig ausgebildeten Sporen keimen ungleich, manche gar nicht, andere werden zu aberrativen My- celien, die mehr oder weniger rasch zu piloboloides-nanellus auswachsen. Später finden sich Sporangien mit gleichmäßig keimenden Sporen. In fünf absoluten Reinkulturgenerationen vom September 1912 bis zum Juni 1913 kultiviert, bleibt die Form scheinbar konstant. Bei der fünften aber entsteht ein längerer Träger, dessen Sporangium abgeimpft wird und am 24. Juni 1913 als EZ] VI‚1’ weiter kultiviert eine einheitliche piloboloides-elongatus Nachkommenschaft hat. Gleichzeitig angestellte Aussaaten typischer nanellus-Sporangien (?2]n VL1) ergeben aber ebenfalls nur elongate piloboloides-Sporangien. Piloboloides-nanellus bleibt verschwunden. Auch eine am 20. Dez. 1913 angestellte nochmalige aus P2]n V,1 vorgenommene Aussaat bringt die Variante nicht zurück, sondern entpuppt sich als piloboloides-elongatus. Die Sporen des nanellus scheinen infolge verminderter Resistenz gegen das Austrocknen zugrunde gegangen, und nur solche mit überwiegend piloboloides-elongatus-Kernen übriggeblieben. Der Fall ist also fast genau der gleiche wie bei der früher ge- schilderten var. plicans. Daß überhaupt zwei Varianten nebeneinander aus einer Spore des Keimsporanginms hervorgehen können, sei hier vorderhand nur als Ausnahme konstatiert. Die im folgenden geschilderten Fälle gehören zu derselben Kategorie. Ei B7L Sporen des nitens-Keimsporangiums Nr. 37 am 27. Okt. 1912 in Röhre als Strichkultur ausgesät. Von dieser Mischkultur wird am 19. Nov. eine Aussaat zahlreicher Sporen aus zahlreichen Sporan- gien vorgenommen. Am 20. Nov. sind auf der Platte vorhanden: circa der dritte Teil Blasenmycelien und zwei Drittel normale. Die Platte trägt am 24. Nov. etwa gleich viel nitens- und piloboloides- Träger. Von 18 auspikierten Individuen sind am 2. Dez. vorhanden: r Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 373 BAIIL. 14 nitens & piloboloides (heterocaryotisch) 4 nitens (scheinbar rein). Die Prüfung ergibt, daß alle Mycelien — Mycelien sind. Es sind also im Keimsporangium heterocaryotische piloboloides- & nitens-Sporen einheitlichen Geschlechts entstanden. Die Frage lag nahe, ob diese Mycelien in ihrer Mischung fest oder labil sind und ob sich reine homocaryotische Formen aus ihnen selektionieren lassen. Zwei Selek- tionsversuche wurden unternommen. Jeweils ein Sporangium der Form, nach der die Selektion gerichtet sein soll, wird abgeimpft und in eine Schale ausgesät; von der Schale wieder ein Sporangium abgeimpft und auf eine neue ausgesät und so fort, ohne Einzelmycelien zu isolieren, und das Resultat nach dem an- näherungsweise geschätzten Verhältnisse der piloboloides- und nitens- Träger auf der Platte beurteilt. Der Einfachheit halber seien hier von den Protokollen nur die Daten und die Resultate angeführt: Ausgangspunkt: ein nitens- Spo- rangium einer scheinbar reinen nitens-Kultur von 87] IL. Ausgangspunkt: ein piloboloides- Sporangiunm einer nitens- & pilo- boloides-Kultur von 87] II. BA II p. 6. Dez. 1912. BQJIUn 6. Dez. 1912. ca. !/, nit, 1, pil. ea. Y, nit, 1, pil. BAIvVp 11. Dez. 37] IVn. 11. Dez. ca. %/, nit, 1), pil. ca. */, nit. %, pil. Bl Vp 15. Dez. E71 Vn 15. Dez. ca. Y, nit, 1/, pil. ca. %/, nit., Ys pil. BA VIp. 18. Dez. BaVIn 18. Dez, ea. 2, nit, 4, pil. ea. 1, nit, */, pil VII p. 30. Dez. VIIn. 30. Dez ca. '/, nit, ?/, pil. ca. ®/, nit, Y, pil VIIL p. 8. Jan. 1913. 9 VII n. 8. Jan. 1913. Aussaat in einer Röhre auf einer Reise: überwiegend nitens. PA IX p. 13. Jan. ea. %,9 nit, Yo Pil. xp. 17. Jan. ea. ?/, nit. Y, pil. EAXIp. 21. Jan. ea. !/, nit, \/, pil. XII p. 28. Jan. ea. *, nit, 1, pil. Aussaat in einer Röhre auf einer Reise: überwiegend nitens. 37] IX n. 13. Jan. ca. 2/, nit., 1, pil. 5AXn 17. Jan. ea. 2, mit, #7; pil. BA] XIn. 21. Jan. ca. Y, nit, '/, pil. XI n. 28. Jan. ca. !/, nit, Y/, pil. 374 H. Burgeff, XII p. ö. Febr. 1913. XIHn. 5. Febr. 1913. ca. ?/, nit, Y, pil. ca. 6 Sporen in Röhren pikiert: 6 Sporen in Röhren pikiert: 2 nit. & pil. 6 nit. (davon abgeimpft). 2 pil. & nit. (davon abgeimpft) 2 nicht gewachsen. B9 XIV p. 10. Febr. xXIV.n. 10. Febr. ea. %, nit, 1, pil. ca. ?/, nit., 2% pil. Die (allerdings in weniger scharfer Weise als bei dem im ersten Teil dieser Arbeit beschriebenen heterocaryotischen piloboloides aus- geführte) Selektion während 14 Generationen hat also keine wesent- lichen Veränderungen in der Zusammensetzung der Mycelien ergeben. Das Gleichgewicht der Formen scheint allerdings etwas nach der nitens- Seite verschoben zu sein, verglichen mit dem ursprünglichen hetero- caryotischen piloboloides. Der starke Wechsel in den Zahlen der pil.- und nit.-Sporangien auf den Aussaatschalen beruht auf Unregelmäßig- keiten bei den Aussaaten; fallen diese dicht aus, so scheint nitens, fallen sie dünn aus, piloboloides zu überwiegen, wie man zuweilen auf Platten beobachten kann, die eine einseitig dichte, anderseitig dünne Aussaat des gleichen Materiales enthalten. B3 Ein anderes Keimsporangium lieferte einen ähnlichen Fall: Aus- gesät wurde die zweite Sporengeneration des Keimsporangiums am 19. Nov. 1912. Die Platte enthielt am 24. Nov. etwa !/, nitens-, ?/, piloboloides-Träger. 18 auspikierte Mycelien ergaben am 24. Nov.: 10 piloboloides 7 piloboloides & nitens | kopulieren alle mit Cl. +, 1 nitens & piloboloides [ sind also — Mycelien. 1 nitens Von den scheinbar reinen piloboloides werden drei Sporangien auf Platten ausgesät. Resultat am 17. Jan. 1913: Up. 2 ca. !/, nitens-, Ya piloboloides-Träger auf der Platte. III p. 3 ca. 2, nitens-, Y, ” ” von ” Upkaı „ % » Born Die scheinbar reinen piloboloides sind es also wirklich nur scheinbar. Zur Selection wird einerseits vom scheinbar reinen nitens, an- dererseits von einem piloboloides-Sporangium einer pil.- und nitens- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 375 Kultur ausgegangen und jeweils piloboloides- oder nitens- Sporangien auf Schalen ausgesät: BI Up. 1 6. Dez. 1912 ca. Yo nit, 0 pil. ITVp 1 11. Dez. Wegen zu weniger Mycelien auf der Platte schwer zu beurteilen; überwiegend piloboloides. BVp1 15. Dez. 17 uitens, ca. 500 pil.-Träger. 3 VIpi 18. Dez. Wenige Mycelien auf der Platte, überwiegend pil. By VIEp. ı 25. Dez. überwiegend pil., einzelne nitens- Träger. Bg VoIpı 8. Jan. 1913 in Kulturröhre auf schiefem Agar: überwiegend pil, ein nit.-Träger. BIIX pn 1 13. Jan. fast rein pil.; einzelne nit,-Träger. XpLl 17. Jan. ea. 2%, pil, Y,, nit. XIp 1 80. Jan. einzelne nit., überwiegend pil- Träger. -BS VID... gg II n. 6. Dez. 1912 ca. ”/, nit, 1), pil. BJ IVn. 11. Dez. Wegen zu weniger Mycelien auf der Platte schwer zu beurteilen; überwiegend nitens, nur einzelne piloboloides-Träger. “ Vn 15. Dez. ca. 700 nit, keine pil.-Träger. VIn 18. Dez. ca, %, nit, %, pil. 25. Dez. ca. 700 nit. keine pil.-Träger. BI] VIII n. 8. Jan. 1913 desgl. überwiegend nit., ein Teil pil.-Träger. BITRn 13. Jan. ea. ?/; nit, Y, pil. 8] Xn. 17. Jan. ca. % nit, 1% pil. BI XIn 30. Jan. überwiegend nit.-, einzelne pil.- Träger. Das Keimsporaugium [9 lieferte also die gleiche Mischung wie BA. Nur zeigt sich bei der Selektion der beiden Komponenten eine Verschiebbarkeit des Gleichgewichtes in weiteren Grenzen, Zu reinen Formen führt sie hier ebensowenig. Auch die scheinbar reinen Formen erzeugen wieder (lie andere, und zwar meist in einem ziemlich großen Prozentsatz. Hat die Selektion während einiger Generationen Erfolg, so setzt meist plötzlich ein starker Rückschlag ein. . . Jedenfalls kann angenommen werden, daß das Keimsporangium nur Mischformen enthielt. Mehrkernigkeit untersucht Die Sporen sind leider nicht auf ihre worden. Die Spaltung der Varianten innerhalb der Keimspore scheint bei gleichem Geschlecht erschwert bei ungleichem, wo sie beim Auftreten einzelner neutraler, pseudo 376 H. Burgeff, phorentragender Mycelien unter zahlreichen reinen Formen häufig ist, erleichtert. Der Zerfall dieser neutralen Mycelien findet allerdings meist in der Form statt, daß bei der Aussaat eines Sporangiums eines aus einer neutralen Keimspore erhaltenen Mycels, nur die eine oder die andere Form der Komponenten (des neutralen Mycels rein auftritt, neben neuen neutralen. Neutrale Mycelien selbst können, wenn sie aus nit. und pil. kom- biniert sind, ausschließlich einen oder auch beide Charaktere tragen, also piloboloides-Träger, piloboloides- und nitens-Träger oder nitens- Träger, das Mycel jeweils mit Pseudophoren. Beispiele: 13] Sporen eines nitens-Keimsporangiums am 6. Okt. 1912 aus- gesät, keimen etwa zur Hälfte als Blasenmycelien, zur Hälfte normal. Die Aussaatplatte trägt am 13. Okt. ca. 3000 nitens- und 10 piloboloides- Träger. 20 auspikierte Mycelien ergeben alle nitens —. Bin abge- impftes piloboloides-Sporangium der Aussaatschale wird als zweite Ge- neration ausgesät. (13. Okt.) Keimung erfolgt mit ca. !, Blasenmycelien, die übrigen sind normal. Am 19. Okt. trägt die Platte ein regel- mäßiges Mosaik von pseudophorenbedeckten und pseudophorenfreien Flecken. Neben etwa 600 piloboloides-Trägern sind 5 nitens-Träger auf ihr gewachsen. Acht auspikierte Mycelien sind neutral und er- zeugen je 1—20 piloboloides-Träger. Das neutrale Mycel ist hier ein scheinbar reiner piloboloides, der aus der Mischung piloboloides 4 mit nitens — zusammengesetzt nur nitens — rein abspaltet. 21 &1] I. Sporen eines piloboloides-Keimsporangiuns (Fig. 1,7) mit sekundärem niteus-Ast amı 23. Sept. 1912 ausgesät. Keimung rasch und regelmäßig, keine Biasenmycelien treten auf. Platte am 27. Sept. mit etwa 400 nitens- und etwa 100 piloboloides-Trägern nebst einer größeren Anzahl neutraler Flecke. Von 10 auspikierten Mycelindividuen sind 9 nitens +; L ist piloboloides neutral mit kurzen Trägern. Von einem solchen neutralen piloboloides-Sporangium wird abgeimpft und eine Aussaat vorgenommen: II p. Keimung am 3. Okt. 1912 mit ca. ®%, aberrativen My- eelien, von denen aber ein Teil (meist einseitig) zu normalen auswächst. rn ne Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 377 Am 8. Okt. ist die Aussaatplatte überwiegend neutral. 18 auspikierte Individuen ergeben folgende Formen: D nitens 4 5 nitens — & neutral (stark mit St. — kopulierend) mit nitens- Trägern und wenig Pseudophoren. 3 piloboloides neutral mit einzelnen Trägern. 4 neutral ohne Träger (also nicht als piloboloides oder nitens zu klassifizieren, wenn auch zweifellos zu ersterem gehörig. In. Aus II nitens-Sporangium von der Aussaatplatte, ausgesät am 13. Okt. 1912, ergibt am 18. Okt. eine Platte mit nur nitens-Trägern und 13 neutralen Flecken. Ef III p. Aus BI] II piloboloides-Sporangium von der Aussaat- platte ergibt eine rein neutrale Platte mit 49 Trägern, darunter ein nitens, 20 intermediäre und 28 piloboloides-Träger. Sechs isolierte Myecelien sind: Initens + Initens — & neutral 4 neutral ohne Träger, also jedenfalls piloboloides. Der piloboloides-Charakter kann also bei den Zygosporen nur in Mischung mit dem entgegengesetzten Geschlecht von nitens beständig sein und fortwährend reine oder fast reine nitens abspalten. Die neu- tralen Mycelien treten in ihrer extremen Form als trägerlose oder wenige Träger besitzende piloboloides auf, in weniger extremen mit Übergangssporangien oder nitens-Trägern. Zuweilen kann sich auch die Nachkommenschaft einer Zygospore so verhalten, als stammte sie aus der Kreuzung von nitens + >< nitens —, obgleich die Form des Keimsporangiums dagegen spricht: 27 I. Aussaat eines piloboloides-Keimsporangiums am 20. Sept. 1912. Keimung aller Sporen regelmäßig, Keine Blasenmycelien. Am 25. Sept. sind 6—700 Stück nitens-Träger auf der Platte 18 aus pikierte Mycelien ergeben: 14 nitens+ 4 nitens neutral. II. Der Inhalt mehrerer Sporangien der neutralen nitens-Kultur wird ausgesät. Die Platte ist am 9. Okt. ganz mit Pseudophoren bedeckt, an dichter Stelle der Aussaat finden sich mehrere 1000 dünner nitens- Träger. 6 auspikierte Mycelien ergeben am 13. Okt.: 378 H. Burgeff, 2 neutral ohne Sporangien. l nitens neutral mit Sporangien. i nitens-+ & neutral. 2 nitens—. Auch hier scheint sich die — Form, die sich durch die Neutralität bemerkbar macht, schwer zu emanzipieren. Auf den reinen nitens- Charakter des neutralen Mycels kann aus der Form der isolierten Mycelien und vor allem der der Aussaatplatten geschlossen werden, 12 M] I. Nitens-Keimsporangium, ausgesät am 6. Okt. Etwa die Hälfte der Sporen keimen als Blasenmycelien. Die Platte zeigt am 13. Okt. piloboloides-Sporangien mit unregelmäßigen, zum Teil ver- längerten Köpfen. 14 auspikierte Mycelien ergeben: 13 piloboloides— 1 piloboloides & nitens neutral (mit piloboloides - nitens und Übergangsträgern. Ein piloboloides- Sporangium des neutralen Mycels, ausgesät am 13. Okt., als 2] I. p. neutr. Keimung mit ca. 1/,; Blasenmycelien. Platte am 18. Okt. halb neutral, mit dicken nitens-Trägern. 10 auspikierte Individuen sind neutral mit zusammen 21 dieken nitens- Trägern, von denen einige einen schwachen Kropfansatz zeigen. Ein nitens-Sporangium der neutralen Kultur [2 I wird am 13. Okt. ausgesät als WM] H. n. neutr. Keimung mit ca. 1/, Blasenmycelien. Platte 3, neutral mit dicken und kurzen nitens-Trägern und einem primären piloboloides-Träger. 10 auspikierte Individuen sind ebenfalls neutral und führen zusammen 30 dicke nitens-Träger, von denen wieder einige Kropfansatz haben. In diesem Falle überwiegt also im neutralen Mycel der nitens- Anteil. Die Mischung ist so stabil, daß aktive Mycelien nur in sehr geringer Zahl zu entstehen scheinen. Noch festere neutrale Mycelien erhielt ich aus dem Keimsporangium @ XL Aussaat der Sporen eines piloboloides- Keimsporangiums (aus der Kreuzung piloboloides + >< C1.—) am 10. April 1912. Keimung sehr unregelmäßig. Sporen teils zu Riesenzellen anschwellend, teils zu Blasenmycelien auswachsend; wenige normal. Drei normale werden Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL 379 isoliert und ergeben neutrale Mycelien, die eine dichtere Pseudophoren- linie mit dem St.— Mycel erzeugen, als mit dem Cl. -—+-Mycel. Sie führen piloboloides-Träger. Da die Mycelien mit viel Sporangienträgern im allgemeinen weniger neutral zu sein pflegen, als die mit wenigen oder keinen, wird eine Selektion von Mycelien mit möglichst zahlreichen Trägern begonnen. FÜ IL Am 20. Mai 1912 Aussaat. Keimung ziemlich regelmäßig. 24. Mai Platte vorwiegend neutral mit piloboides-Trägem. An aus- Pikierten Mycelien erhalten: 18 neutrale piloboloides, davon: 12 ohne oder mit einem, 4 mit mehreren, 2 mit vielen Trägern. FR UL Am 6. Juni 1912 Aussaat. Platte mit vielen ungleich wachsenden Mycelien, neutral. Raschwachsende Mycelien pikiert. Am 13. Juni sind vorhanden: 18 neutrale piloboleides. Nun wird zur Weiterkultur ein Sporangium von pseudophoren- armer Stelle der Aussaatplatte ausgesät: IV. 12. Juni Aussaat dünn. 10 neutrale (pseudophoren- tragende) und 30 pseudophorenlose Mycelien auf der Platte. Sie werden aus der Platte ausgestochen und auf neue Schalen zwischen Cl.+ und St. — Mycelien auspikiert. Alle sind wieder neutral, nur sechs Mycelien bilden mit St. — je 1-3 Zygosporen. Von einem dieser wird abgeimpft: A v. 18. Juni. Die sechs auspikierten Mycelien sind wieder neutral. A VI 24. Juni. Platte und sechs auspikierte Mycelien sind neutral. Die Kulturen troeknen ein, und es wird nach 3 Monaten ein Mycelstück auf neuen Nährboden übertragen. Vom wachsenden Mycel ein Sporangium ahgeimpft: VIEL 2. Okt. Keimung mit 1/, Blasenmycelien. 9, Okt. Platte fast ganz mit Pseudophoren und piloboloides-Trägern bedeckt. Sechs anspikierte Mycelien sind wieder neutral mit mehr oder weniger Pseudo- phoren und Trägern. Sie bilden einzelne Zygosporen mit St. —!). Ein Aufspalten des neutralen piloboides-Mycels ist also in diesem Fall nicht erreicht worden, oder doch nur soweit, daß einzelne Hyphen- äste gelegentlich mit St. -—- Zygosporen bilden konnten, Die pseudo- 1) Dies ist an sich keine gegen die Neutralität sprechende Tatsache Auch rein neutrale Mycelien bilden zuweilen einige Zygosporen mit — oder — Mycel; manchmal mit beiden zugleich. 380 H. Burgeff, plıorenarmen Stellen der Aussaatplatten rühren von Mycelien mit starker Trägerbildung her. Starke Pseudophoren- und Trägerbildung schließen sich gegenseitig bis zu einem gewissen Grade aus. Nach der Schilderung der Resultate einzelner Zygosporenkeimungen in ihrer ganzen Unregelmäßigkeit und in ihrer Fülle schwer verständ- licher Komplikationen, möchte ich versuchen ein Gesamtbild von den Verhältnissen der ersten untersuchten Zygosporengeneration zu geben, Pädagogischer wäre ich vielleicht verfahren, die späteren, viel einfachere Verhältnisse bietenden Generationen vorwegzunehmen; doch habe ich davon abgesehen, weil mir die besonders für den Untersucher ähnlicher Dinge wichtige korrekte Angabe der Protokollierung damit auf besondere Hindernisse gestoßen wäre, und es überhaupt im Interesse der Dar- stellung erschien, die gleiche Synthese des Mannigfaltigen zur Einheit, die sich in meinem Kopf einmal vollzogen hatte, sich fast in der gleichen Weise noch einmal auf dem Papier vollziehen zu lassen. Um eine größere Übersicht über die vorliegenden Möglichkeiten zu bekommen, wurde eine größere Zahl Zygosporen in etwas modifi- zierter Weise untersucht. Die Sporen der Keimsporangien werden auf schief erstarrten Agar in Röhren ausgestrichen. Die wachsenden Myce- lien erzeugen nun eine große Masse von feinen Trägern, deren Sporen durch Aufgabe von sterilem Wasser gemischt auf eine Platte ausgesät werden. Ausstiche dieser Platte in Form langer über die ganze Platte gehender Streifen werden auf frischen Platten mit Cl. + und St. — geprüft: ebenso eine Anzahl von Sporangien der auf der Platte auf- getretenen Formen direkt auf die Prüfungsplatte abgeimpft. Das Re- sultat kann natürlich nur ein annähernd richtiger Begriff der Zusammen- setzung der in den Keimsporangien erzeugten lebensfähigen Formen sein. Da jedoch wegen der zu geringen Zahlen auspikierter Mycelien auch die genauer untersuchten analysierten Keimsporangien nicht ganz analysiert werden konnten, und es mir überhaupt bei der ersten aus unreiner Kreuzung stammenden Generation (pil.- heterocariotisch > nitens - homocariotisch) erst in zweiter Linie auf die Analyse des Zygosporeninhalts ankam, konnten doch erst von Kreuzungen reiner Formen entscheidende Resultate erwartet werden — so begnüge ich mich hier zu zeigen, was in den Keimsporangien nebeneinander vorkommen kann, ohne einen Schluß auf die mir möglicherweise entgangenen Formen zu tun. In folgenden seien nun nach der Tabelle I die Fälle zusammen- gestellt, die vorkommen können. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 381 1. Es entstehen aus dem Keimsporangium nur lebens- fähige Sporen einer Form in einem Geschlecht. Der Fall ent- spricht vielleicht dem von Mucor mucedo, bei dem regelmäßig das Keim- sporangium nur ein Geschlecht produziert. Blakeslee hat das in einem Fall auch bei Phycomyces nitens beobachtet. Freilich ist die Sache hier durch die nebeneinander hergehende Spaltung in die beiden Varianten kompliziert. Jede der vier möglichen Formen, alson+,n—,p-+, p—. kann rein in allen lebensfähigen Sporen des Keimspor- angiums auftreten, während jeweils die anderen drei unter- drückt werden. Ob dieser Ausfall bei der Kernverschmelzung, der Reduktionsteilung oder der Sporenbildung erfolgt, interessiert uns vorder- hand nicht. (Siehe Tabelle I pag, 382.) Daß die ersten vier Fälle wirkliche sind und nicht einzelne der Zygosporen doch noch andere Gameten produzieren, wird durch die Einheitlichkeit der Trägerform auf der Aussaatplatte, ihre Pseudophoren- losigkeit und die einheitliche Kopulation des Plattenausstiches mit einem der beiden Prüfungsmycelien erwiesen. Das Auftreten der Neukombination p-— ist natür- lich von ganz besonderer Wichtigkeit, weil allein durch diese Tatsache der einwandfreie Beweis des Vorliegens echter Sexualität undsexueller Vererbung bei Phycomyces erbracht wird. 2. Das Keimsporangium enthält Sporen beider Va- rianten im entgegengesetzten Geschlecht, also entweder P+ undn-—, odern+ und y—. 3. Das Keimsporangium enthält beide Varianten im gleichen Geschlecht, die aber zu heterocaryotischen Sporen und Mycelien vereinigt sind und nicht getrennt werden können. Beide Fälle sind verwirklicht: p+, n-H; pP —,n—. Ausgefallen sind also im Fall 2 und 3 je zwei Gametensorten. . Noch eine dritte Kombination ist beim Ausfall von zwei Gametensorten möglich: 4. Im Keimsporangium entstehen Sporen einer Va- riante in beiden Geschlechtern. also p-{- und p—; n+ und n—. Von beiden Fällen erscheint zur einer vorzuliegen: In der Zygo- spore 7j entstanden n + Sporen und n neutral Sporen. Die n — Sporen sind allerdings nicht rein aufgetreten. 382 H. Burgeff, Tabelle I. Zygosporeninhalte aus der Krenzung des heterocaryosischen philobo- loides VII ++ mit nitens St. —. 1. Mit Wahrscheinlichkeit vollständig analysierte Keimsporangien. Inbake: Fall: Nummern der Zygosporen u. Art des Keimsporangiums : n n nn l 21 165, P nn an P. n— 1 a 48 9) 60 166] Doro von pP + 1 0 22 Be, Bi pP - 1 n+ v9 - 2 r p+ n- 2 167] a+ on 3 n- 92-) 3 Pr a-»2-) 5 n + nneutral 4? P n + p neutral 22 eu n 2 — p neutral 27 43 ea P-+ n neutral 27 68 „e pn nentral 2? Kl n p+ in und p) neutral 27 39 non n neutral 2242 5 1 5 an n neutral und + 2? 4? 53:74 a n neutral und — 274? v3 p neutral 2? 4? (n und p) neutral 22 42 n p neutral (n u. p} neutral 2? 4? d0, }) EJ aus der Kreuzung p + x Cl. — 2) Mycelkeimungen. die durch Überdecken des jungen Keimsporangienträgers mit Agar als Regenerationen erhalten wurden. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL. 383 Von den 6 möglichen Zweierkombinationen der 4 möglichen Gameten liegen also bis jetzt 5 vor: p-+, n—; 2-4, pP; p-4, n-45 pP -.n-; n-4,n—. Es fehlt noch p+, p—. 5. Im Keimsporangium entstehen 3 von den möglichen 4 Gameten, aber in einem Geschlecht beide Varianten heterocaryotisch vereinigt. So Keimsporangium B8]| mit p-+ und (a& p—) Sporen. Die folgenden auf der Tabelle anfgezählten Fälle ordnen sich als unvollkommen aufgespaltene Keimsporangium-Deszendenzen den vorher- gehenden unter. n-+ und p neutral; n— und p neutral; p-+ und n neutral; p— und n neutral; p-— und (n & p) neutral gehören zu Fall 2, wenn wir bei den neutralen Mycelien die Möglichkeit der Domi- nanz einer der sie zusammensetzenden Formen zugestehen, die wir ja in sicheren Fällen bereits beobachtet hatten. Die auf der Tabelle noch folgenden, überhaupt nicht aufgespaltenen Keimsporangiuminhalte, n neutral; n neutral und +4, n neutral und —, und p neutral können unter Fall 2 oder 4 subsumiert werden. Von der Möglichkeit, daß in den beschriebenen Keimsporangium- inhalten auch Gameten der Kreuzung nitens > nitens vorliegen können, infolge der Heterocaryose des zu der Kreuzung verwandten piloboloides, ist bei der Beurteilung ganz abgesehen worden, ebenso von der Mög- lichkeit apogamen Kerndurchganges durch die Zygospore'\ Beim Ver- gleich der aus der unreinen Kreuzung erhaltenen Nachkommenschaft mit den aus später zu beschreibenden reinen erhaltenen müssen hier gemachte Fehler aufkommen. D. Die Form der Keimsporangien in Beziehung zum Inhalt und zur Deszendenz der Zygospore Mit der Form der Keimsporangien hat es eine ganz eigenartige Bewandtnis. Ein Blick auf Tabelle I, auf der am Kopfe der einzelnen Zygospore die Keimungsart als n (= nitens) oder p (=Dpilo- boloides) verzeichnet ist, zeigt, daß eine Beziehung zwischen der Form eines Keimsporangiums und seinem Inhalt nicht besteht. Von 11 nur nitens ergebenden Zygosporen keimen 6 mit n-, 5 mit p-Keimsporangium. Von 9 nur piloboloides ergebenden 3 mit n- und 4 mit p-Keim- sporangien. 1) Wenn ich von F1 Formen im Gegensatz zu den Elternformen spreche, so ist natürlich zu beachten, daß diese Gameten aus der F1 Generation darstellen. 384 H. Burgeff, Es liegt nahe, sich die Form der Keimsporangien als abhängig von den diploiden Kernen des Trägers zu denken. Wir hätten es dann hier mit einer unvollkommenen Dominanz des nitens über piloboloides zu tun, und es erweckt der Fall die Hoffnung, daß sich einmal Fälle mit vollkommener Dominanz einer Form finden lassen werden, die man direkt mit der bei höheren Pflanzen vorkommenden Faktorendominanz in Beziehung setzen könnte. Nachdem so einige Ordnung in die verwickelten Verhältnisse, die sich bei der Kreuzung nitens- homo- >< piloboloides -heterocaryotisch ergaben, hineingebracht ist, wollen wir uns den aus der Kreuzung erhal- tenen Formen als solchen zuwenden Bei den Keimungsversuchen der Keimsporangiosporen oder Ur- sporen sind natürlich in allen Fällen die isolierten Individualmycelien genau auf ihren Wuchs untersucht und verglichen worden. Eine Angabe der Einzelbeobachtungen würde diese Arbeit außerordentlich verlängern und noch unübersichtlicher machen, als sie der Komplexität der ge- schilderten Vorgänge wegen schon ist. Es seien daher einige allgemeine Bemerkungen über die Richtung der bei den F1-Formen des pilo- boloides in die Erscheinung tretenden Variabilität gemacht. Sodann soll eine Reihe von F1 Formen des piloboloides in gleichzeitiger und gleichbedingter Kultur verglichen werden. E. F1 Formen des piloboloides. Das erste und am meisten in die Augen fallende Merkmal der piloboloides-Formen aus der Zygospore ist ihre Konstanz. Die Ein- kernigkeit der jungen Ursporen im Keinsporangium ist hier augen- scheinlich in Beziehung auf die Heterocaryose absolut wirken- des Selektionsmittel. Da nun in eine Anzahl von Ursporen auch je mehrere Kerne, viel- leicht auch einzelne unreduzierte hineinzukommen scheinen (vgl. Cyto- logie, pag. 361), findet auch die Entstehung der inkonstanten (konstante in mehr oder weniger hohem Maß abspaltenden), neutralen (hetero- sexuellen) und nicht neutralen (heterophänen) Mycelien eine Erklärung. Letztere sind übrigens in ihrer Art auch konstant, insofern sie dauernd Reterocaryotisch bleiben. Unter den vorkommenden Formen interessiert natürlich zunächst die Kombination des piloboloiles mit der — Qualität. Piloboloides — wurde außer in den 5 auf der Tabelle I verzeichneten Fällen noch einigemal erhalten, indem eine größere Anzahl von Keim- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 385 sporangien zusammen ausgesät wurde. Genau untersucht, ist jedoch nur die Form aus der Zygospore [IS] (Fig. 6, 7). Auffallend sind vor allem die dünnen, zahlreichen, spät frukti- fizierenden, elongaten Träger. Das, was wir immer bei nitens als sekundären — Geschlechtscharakter anzusehen gewohnt sind, besonders die Dünne und große Zahl der Träger, tritt hier bei piloboloides auf. Auch die Kröpfe des piloboloides — aus der Zygospore ]ISj sind etwas schmäler als die bei piloboloides—+. Die anderen Formen aus der Zygospore seien im folgenden kurz beschrieben. Sie wurden zunächst auf schief erstarrtem Agar kultiviert. Hier kommt die mehr oder weniger große Tendenz zur Bildung elongater Kröpfe besonders gut zum Ausdruck. Die erste Gruppe von Formen 3 und 1 ähneln am meisten der Ausgangsform piloboloides (vgl. zu folgendem Fig. 6). Sie sind fast nicht elongat und zeigen dicke, relativ schwach pigmentierte Träger, kurze dicke Kröpfe und große Sporangien. Nicht minder charakteristisch ist das frühe Eintreten der Fruktifikation. [3] besitzt auf dem schiefen Agar (Fig. 6) eine ungewöhnlich starke Verzweigung der Träger. Der geschilderten Gruppe steht gegenüber die der Mycelien aus den Zygosporen 11, &4 7, B6j 8, deren Köpfe stark elongat sind. Wesentliche Unterschiede zwischen dem piloboloides + 24] 7, 26] 8 und dem piloboloides — [18] 11 bestehen höchstens in den etwas dünneren Trägern des letzteren. Zwischen den beiden Formengruppen lassen sich die Ursporenmycelien [8] 3 und }3 13 einschieben. 4 7 ist charakterisiert durch ganz besonders dicke Träger, deren elongate Kröpfe auf sehr feiner Spitze das kleine Sporangium tragen. Der auf vegetativem Wege homocaryotisch erhaltene piloboloides- elongatus (vgl. Flora, N. F. Bd. VII, pag. 313) schließt sich eng der zweiten Gruppe an, wie piloboloides-heterocaryotisch der ersten. j Die ganzen Unterschiede bestehen also aus folgenden Momenten: Träger diek, dann wenig; oder dünn, dann viele; Kröpfe nicht elon- gat, dann hyalin; oder elongat, dann schwarz pigmentiert; Köpfe dick oder dünn. Zur Kritik der Bedeutung der Unterschiede ist es von Wichtig- keit, die Kulturen einmal auf horizontal erstarrtem Agar wachsen zu lassen. Fig. 7 gibt ein Bild davon. Über die genannte Art der Kultur ist schon früher gesprochen worden (Flora, N. F. Bd. VII, pag. 280), Sie veranlaßt vor allem die Bildung nur einer einzigen Trägerserie. Der erste Blick auf Fig. 7 zeigt den gänzlichen Mangel elongater Kröpfe. Die Träger kommen sehr plötzlich zur Fruktifikation und Flora, Bd. 108. 25 386 H. Burgeff, zeigen ausnahmslos kurze Kröpfe. Desto deutlicher ist dafür das Wachs- tum der Träger und die Art der Verkrümmungen. Unserer ersten Serie entspricht das Urmycel ö| 3 und der hetero- caryotische piloboloides XXXIV; 25 11, ein Geschwistermycel von [35 1, weicht etwas ab. Die Kulturen tragen wenige dieke, schwach und un- pYı 2011, JH, GIYW, FI, Fig. 6. Urmycelien der ersten Zygosporen- regelmäßig verkrümmte Träger, die auch hier wieder schwach pigmen- tiert erscheinen. Sie fruktifizieren wieder frühzeitig. Alle anderen Mycelien, ausgenommen die Hemmungsform nanellus 22 n (conf. pag. 372) zeigen scharf die täglichen Verkrümmungen und unterscheiden sich durch die späte. bei den ans Licht kommenden Trägern plötzlich eintretende Fruktifikation. Unsere elongaten Urmycele haben also Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. 11. 387 bei dieser Kulturform ebenso wie der auf vegetativem Wege entstan- dene elongatus (Fig. 7, elongatus XII, 1) ihr Aussehen beträchtlich geändert. Eine Gegenüberstellung der Resultate der verschiedenen Formen der Kultur folgt nachstehend: 2] In EI [Eat generation auf schief erstarrtem Agar. Serie I (piloholoides-Formen). Agar schief. Agar horizontal. Zahlreiche Träger. Wenig zahlreiche Träger. Verschiedene Trägerserien. Eine Hauptserie. Schwache Verkrümmung. Schwache Verkrümmung. Schwache Pigmentieräng. Schwache Pigmentierung. 25* 388 H. Burgeff, Agar schief. Agar horizontal. Frühe Fruktifikation. Frühe Fruktifikation. Kurze Kröpfe, Kurze Kröpfe. Starke sekundäre Verzweigung. Schwache sekundäre Verzweigung. DXRX, IV, SW, vm Bl Fig. 7. Urmycelien der ersten Zygosporen- Serie II (piloboloides-elongatus ähnliche Formen). Agar schief. Agar horizontal. Zahlreiche Träger. Wenig zahlreiche Träger. Verschiedene Trägerserien. Eine Hauptserie. Verkrümmungen unregelmäßig. Verkrümmungen regelmäßig. Starke Pigmentierung, Starke Pigmentierung. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phyeomyces nitens Kuntze. II. 389 . Agar schief. Agar horizontal. Späte Fruktifikation. Sehr späte Fruktifikation. Kröpfe elongat. Kröpfe kurz oder länglich, aber nicht elongat. VI, BAR? BuiVL EV. elo. XII, generation auf horizontal erstarrtem Agar. Da die Beherrschung der vorkommenden Unterschiede im Inter- esse der Kritik ihrer Bedeutung nötig erschien, wurden genaue Ver- gleiehskulturen der aus der Zygote erhaltenen piloboloides-Rassen unter Beobachtung und Protokollierung angestellt, wovon im Anhang (pag. 444) bis 448 eine Probe gegeben werden soll. Resumieren wir, so kehren bei den reinen Urmycelien aus den Zygosporen die beiden schon von heterocaryotischen piloboloides und 399 H. Burgeff, vom vegetativ von jenen abgespaltenen homocaryotischen piloboloides- elongatus bekannten Charaktere wieder. Sie sind wie die Nachkommen- schaft der Zygospore }6| beweist, deren Ursporen beide Formen neben- einander und konstant ergaben, selbständige Qualitäten, die aber bei einer Reihe von Abkömmlingen anderer Zygosporen, mit gewissen neuen Qualitäten (z. B. der relativen Dicke der Träger) gemischt, nicht mehr rein erscheinen. Da die Analyse dieser untergeordneten Eigenschaften außerordent- lich schwer erschien, beschränkte ich mich bei der Feststellung der Ge- Fig. 8. Zur Entstehung der piloboloides-, piloboloides & nitens-, und der elon- gaten piloboloides-Kröpfe. Erklärung p. setze der Erblichkeit auf die Unterscheidung von piloboloides und nitens, wobei ich unter piloboloides alle Formen mit Kröpfen, elongaten oder nicht elongaten verstand. Da jemand den Einwand machen könnte, die elongaten Formen seien wegen ihrer Tendenz zur Streckung des Kropfes Übergänge zu nitens, wurde das Phänomen der Kropfbildung genauer untersucht. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 391 Bringt man gegen Abend an einem jungen, noch nicht bekropften, doch schon mit Kopf versehenen piloboloides- Träger einen vertikalen Strich aus Tusche!) an (Fig.82), so entwickelt sich der Träger manchmal normal weiter. Am nächsten morgen (Fig. 85} ist unter einer schwachen Streckung (etwa ein Fünftel der Länge des mit Tuschestrich versehenen Trägerteils) die Entstehung des Kropfes vor sich gegangen. Die Tuschelinie ist dabei zu einer von links nach rechts verlaufenden Spirale aufgewickelt worden, was über die Natur der Dehnung der Membran Aufschluß gibt. Sie erfolgt in einer zur Achse des Trägers stark geneigten Richtung. Die Neigung nimmt von unten nach oben stark zu. Das am Abend die ganze Innenwand des Trägers bedeckende Plasma ist morgens nach der Dehnung der Membran in einzelne Sträuge aul- gelöst, die ebenfalls, wenn auch schwächer, der Torsion des Trägers gefolgt sind. Fig. 8c und @ zeigen die gleichen Stadien an einem Übergangs- träger zwischen piloboloides und nitens. Er ist abends in gleichen Abständen mit Tuschepunkten versehen worden, deren oberster das Köpfchen und den obersten Teil des Halses berührt. Dieser kurze Halsteil ist am Morgen um ein Vielfaches seiner Länge gestreckt ebenso tordiert und schwach angeschwollen. Die starke Streckung zeigt, daß es sich hier und vielleicht auch bei der beschriebenen Ver- dickung des piloboloides-Kropfes um eine Art von interkalarem Wachs- tum handeln dürfte, bei dem die Einlagerung der neuen Substanz ent- sprechend der spiraligen Micellarstruktur erfolgt. Zwischen dem unteren Teil des Punktes 1 und Punkt 2 ist die Streckung nur noch sehr gering und die Torsion schwächer wie oben. Noch tiefer zwischen 2 und 3 ist keine Streckung, aber noch eine schwache Torsion zu be- merken. Zum Vergleich mit den vorigen zeigt Fig. 8e einen elongaten Träger des piloboloides-elongatus. Die Punktierung ist morgens so angelegt, daß die Distanz zwischen der obersten Stelle des Halses und dem ersten Punkt gleich der zwischen den übrigen Punkten ist. (Punkt i wie vorher auf der obersten Stelle des Halses anzubringen, ist vermieden worden, weil es bei seinem Vorhandensein nur selten zur normalen Entwicklung und meistens zu traumatropischen Krüm- mungen kommt.) Innerhalb 24 Stunden erfolgt eine bedeutende Streck- kung unter starker unregelmäßiger Auftreibung und Torsion (Fig. 8/). Kommt die Streekung nach 24 Stunden oder gar erst dem Vielfachen 1) Der Tusche ist etwas Syndeticon beizumischen. 392 H. Burgeff, dieser Zeit zum Stillstand, so entstehen die Verzweigungen am Halse des Trägers (Fig. Sg, A). Die folgende Tabelle II soll diese Verhältnisse illustrieren. Tabelle II. R . . nitens piloboloides- Tage nitens piloboloides & piloboleides elongatus Stillstand des 1. Tag, mittags! Spitzenwachs- his abends tums, desgl. desgl. desgl. Kopfbildung Kopf reif. . B B ” Kopf reif, Kopf reif, |Kopf reif, starke Streckung, B > all 2. Tag, ! Streckung, regelmäßige Auf-| schwache rogel- schwache zegel morgens Torsion Itreibung, Torsion] mäßige Auf- reibung Torsion itreibung, Torsion) & Streckung, 2 Beginn starke unregel- 5 Tu, Streckung, der sekundären Streckungs- mäßige Auf- norgens orsion Verzweigung shlistan Itreibnng, Torsion, Schwärzung Streckung, Spitzen- Streckungs- 4. Tag, Torsion, dann: | wachstum der stillstand, Beginn morgens Strekungs- sekundären der sekundären söllstand Äste, Verzweigung ” I Kopfbildung der . 5. Tag, mittags sekundären Spitzenwachstum bis abends Äste usw, | Äste usw wie am 2. Tage " Die scheinbare Ähnlichkeit der elongaten piloboloides-Rassen mit nitens berulıt also allein auf der mehr oder weniger starken Streckung des piloboloides-Kropfes. In allen anderen Eigenschaften, wie Wachs- tumsperioden der Träger, Verkrämmungen, Auftreibung des Sporan- gienhalses, sekundärer Schwärzung und Verzweigung, sind sie echte piloboloides, was die Aufgabe der Unterscheidung von piloboloides und piloboloides-elongatus bei den weiteren Vererbungsexperimenten rechtfertigen mag. Ehe mit der Schilderung dieser begonnen werden kann, bleibt noch die Frage zu beantworten, ob eine aus der Zygospore stammende homocaryotische piloboloides-Rasse sich durch eine mechanische Ver- mischung mit nitens-Plasma und -Kernen heterocaryotisch machen läßt, und ob die sonderbare Affinität, die bei den bis jetzt bekannten hetero- nn Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitena Kuntze. I. 393 caryotischen piloboloides zwischen den Komponenten zum Ausdruck kam, auch zwischen den Kernen der homocaryotischen Formen exis- tiert, oder ob jetzt eine Abspaltung reiner Mycelien eintritt. F. Mechanische Kombination des homocaryotischen pilobo- .loides aus der Zygospore mit dem homocaryotischen nitens zu heterocaryotischem Mycel. Es wird eine Mixochimäre hergestellt zwischen piloboJoides — (8) und nitens St. —, und zwar wird ein piloboloides-Träger in einen nitens-Träger ausgequetscht. Ein regeneriertes piloboloides-Sporangium wird am 24. Nov. 1912 ausgesät. Die Sporen keimen langsam, aber sehr regelmäßig. Auf der Platte treten piloboloides- und nitens-Träger auf. 18 auspikierte Mycelien ergeben am 11. Dez. 1912: 3 nitens & piloboloides, 12 piloboloides & nitens, 3 piloboloides, Die Mischuug ist also normal vollzogen, die Mischungsmycelien zeigen die üblichen Charaktere. Es bleibt die Frage der Auflösbarkeit der heterocaryotischen Mycelien bestehen, die wir, außer bei neutralen Mycelien, nur bei der Varietas plicans nach der nitens-Seite hin, aber nicht bei piloboloides bejahen mußten. Mittel ist hier wieder die bestimmt gerichtete Selektion nach pilo- boloides und nitens, bei der immer Sporangien der einen oder anderen Form auf die Platte direkt ausgesät werden, I nitens- und piloboloides-Kultur I nitens- und piloboloides- Kultur, nitens-Sporangium. piloboloides-Sporangium. In. 10. Dez. 1912. IIp. 15. Dez. 1912. ca. ®/,, nitens-, !/,. piloboloides- ca. '/, piloboloides-, ?/, nitens- Träger auf der Platte. Träger auf der Platte. IIn. 15. Jan. 1912. HI p. 18. Dez. 1912. ca. 500 nitens-Träger, Wenige Mycelien auf der Platte, ein piloboloides-Träger. Verhältnis unbekannt, pilobolo- ides- und nitens-Träger. IVn 18. Dez. 1912. IV p. 23, Dez. 1912. Nur nitens-Träger. ca. ®/, piloboloides, 1/, nitens. Vn 25. Dez. 1912. Vp. 8. Jan. 1913. Zahlreiche nitens-. einzelne pilo- Nur nitens-Träger. boloides-Träger. 394 H. Burgeff, VIn. 8. Jan. 1913. VIp. 13. Jan. 1913. Nur nitens-Träger. Sehr zahlreiche nitens-, einzelne piloboloides-Fräger. VIIn. 13. Jan. 1913. VII p. 17. Jan. 1913. Nur nitens-Träger. Überwiegend nitens-, wenige pilo- boloides-Träger. VIIn. 17. Jan. 1918. VIII p. 28. Jan. 1913. Nur nitens-Träger. Nur an sehr dichter Stelle der Aussaat zwei kleine piloboloides- Träger, sonst nitens. IX p 2. Feb. 1913. ca. ?/; piloboloides, */, nitens. xp 10. Feb. 1913. ca. Y/ı. Piloboloides, °/,. nitens. Obiger Selektionsversuch zeigt zunächst, daß die künstliche Bin- dung zwischen nitens St. — und piloboloides — |18| keine dauernde ist, wie bei dem heterocaryotischen piloboloides +. Nitens spaltet wie bei der var. plicans leicht heraus. Piloboloides läßt sich anschei- nend aus der Kombination nur noch schwer erhalten. Selbst bei fort- währender Selektion unter Abimpfung der piloboloides-Sporangien kommt man der Gefahr nahe, ihn zu verlieren. Die Analogie mit der var. plicans ist also eine vollständige. Schon früher wurde die Ansicht ausgedrückt, daß der aus der Claußen’schen Kultur isolierte piloboloides im Anfang ein ebensolches Verhalten gezeigt haben, aber durch die langdauernde entgegenge- richtete Selektion aus einer labil-heterocaryotischen in eine stabil- heterocaryotische Form übergegangen sein könnte. Hier hätte man die Probe machen können, indessen mußte sie anderer wichtigerer Arbeiten wegen vorderhand verschoben werden. Jedenfalls ist durch den Versuch festgestellt, daß sich Mischungen von rein homocaryotischen Formen vornehmen lassen, bei denen die eine nur schwer oder gar nicht mehr abspaltbar ist, was auch hier auf die Wirk- samkeit gewisser, die normale den Wahrscheinlichkeitsgesetz entsprechende Entinischung der Kernsorten hemmender Faktoren schließen läßt. IV. Die Kreuzung der homocaryotischen Variante mit der Stammform. A. Die zweite Zygosporengeneration. Nachdem bei der ersten Zygosporengeneration festgestellt war, daß die Sporen der Keimsporangien in den meisten Fällen homocaryo- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phyeomyces nitens Kuntze. IL 395 tische piloboloides-Rassen ergeben, und nachdem diese zur Verfügung standen, konnte zur Kreuzung reiner homocaryotischer Formen ge- schritten werden. Die Kulturen von verschiedenen piloboloides- und nitens-Indivi- duen, die die Zygosporen lieferten, wurden auf schief erstarrtem Würze- agar in der Weise angesetzt, daß je ein Individuum einer Sporenaus- saat von —- Mycel neben ein solches von -— Mycel geimpft wurde. Die Kulturen wurden dunkel aufbewahrt. Eine regelmäßige Kei- mung der im Okt. 1912 gebildeten Zygosporen trat bei einem Vorver- such im Mai 1913 em. Leider wurden die Kulturen erst im Herbst 1913 genau untersucht. Es stellte sich heraus, daB die Regelmäßigkeit der Keimung und vielleicht auch die Lebensfähigkeit der Ursporen stark beeinträchtigt war. Von 125 ausgesäten Keimsporangien erhielt ich nur etwa bei 30 eine regelmäßige Keimung der Ursporen. Der Begriff Regelmäßigkeit bezog sich hier auf die bei der Plattenaussaat festgestellte Zahl der aberrativen und steckenbleibenden Mycelien, die in den analysierten Fällen etwa 5%, nicht überstieg. Eine Kontrolle der Zahl der über- haupt nicht keimenden Ursporen wurde nicht vorgenommen. Die wichtigste Feststellung an dieser Zygotengeneration sei gleich erwähnt. Sie betrifft die Keimsporangien, deren Form uns als äußere Eigenschaft der diploiden Phase besonders wichtig erschien. piloboloides (a. d. Zygospore piloboloides >< nitens) > pilo- boloides (a. d. Zygospore piloboloides = nitens) gibt nur pilo- boloides-Keimsporangien und Nachkommenschaft. nitens (a. d. Zygospore piloboloides >< nitens) > nitens (a. d. Zygsopore piloboloides >< nitens) gibt nur nitens-Keimsporangien und Nachkommeuschaft. Damit ist der Beweis für die Gametennatur der Phyco- mycesrassen erbracht; die genannten Kombinationen sind Homozygoten. piloboloides > nitens und nitens x piloboloides er- zeugen Heterozygoten mit unvollkommener Dominanz des nitens. Ein höherer Prozentsatz Keimsporangien sind nitens, ein nie- derer piloboloides. Genauer werden diese Verhältnisse bei der dritten Zygosporengeneration besprochen werden. Die folgenden Tabellen III und IV stellen die Inhalte der Keim- sporangien von 30 Zygosporen zusammen. Alle wurden durch Aus- pikieren von Einzelindividuen und Kritik der Aussaatplatte untersucht. 396 H. Burgeff, Die Nummern 96 und 97 (zwei Sporangien derselben Zygospore, 105, 106, 108, 109, 110, 111, 114, 115 stammen von der Kreuzung 2 III 22 (piloboloides +) = St. ({nitens) —. Die Nummern 15, 49, 50, 51, 53, 55, 91 aus der Kreuzung 8] I 7 (piloboloides —) >< Cl. (nitens) +. Beide Zygosporenkulturen sind die einzigen, deren Keimsporan- gien einen guten Durchschnitt in der Regelmäßigkeit der Keimung besaßen. Die übrigen Nummern stammen aus der Kreuzung verschie- dener Gameten der ersten Zygosporengeneration, Zu den Tabellen III und IV läßt sich folgendes bemerken: Alle neutralen Mycelien, die bei den Aussaaten der untersuchten Keim- sporangien von 30 Zygosporen auspikiert wurden, sind eingetragen. Wir finden sie bloß bei drei Zygosporen: 1, 12, 32, also bei 10% der untersuchten. Sie sind die einzigen heterocaryotischen Mycelien unter über 600 isolirten Individuen. Heterophäne Mycelien kommen nicht vor. Man kann also sagen: Das Auftreten heterocaryotischer (neutraler oder he- terophäner) Mycelien aus der Zygospore ist bei Phycomyces nitens eine Anomalie, die sich durch die Amphimixis bis zu einem gewissen Grade entfernen läßt. Die Kreuzung von piloboloides + mit piloboloides —. Beide Eltern sind jeweils Gameten der ersten Zygosporengeneration. Sie unterscheiden sich nur im Geschlecht. Infolgedessen kann nur ein Austausch der Geschlechtsqualitäten stattfinden. Dabei gibt es einmal den „Phyconycestypus“ (Tabelle III, II. Beide Gametensorten treten wieder auf (p + und p —). Zum anderen den „Mucor mucedo-Typus“. Nur eine der beiden Gametenarten tritt auf, die andere wird unter- drückt (p 4 oder p —) (Tabelle IN, I). Die Zahlenverhältnisse im ersten Fall (Tabelle III, II) ergeben, wenn man die sechs untersuchten Keimsporangieninhalte zusammen- zäblt, 68, 57 p + und 51, 40 p — Myeelien. Bei fünf Keimsporangien herrscht zwischen den Gameten das Verhältnis 2:3, bei einem 1:1. Auf eine Erklärung muß verzichtet werden. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phyoomyces nitens Kuntze. I. 397 Die Kreuzung piloboloides —- mit nitens — und, nitens + mit piloboloides —. Tabelle LIE. Zweite Zygosporengeneration. piloboloides + x piloboloides — (nur pil.-Keimsporangien). Gefundene Zahlen Auf je 20 berechnet I Monokrat: In 19 p+ 20p+ EU) 20p — 22p — 6p— 13,33p+ 666p — I1p+ 7p— 786p+ 12141p — 7 p— (1 neutral) 22p+ 77p— " 8°8p — 2 p+ 8 7 -— 6 p — (1 neutral) 25 p+ 75 pP — 7p— (4 neutral) 10,6p + 93p— 6857p + 51409 — Tabelle IV piloboloides + x nitens — und nitens +% piloboloides —. Gefundene Zahlen Auf je 20 berechnet I. Monokrat: 20 p+ 20p+ 20p+ 20p+ 20p— 3” 19n— 20n— nos 20n— | 20n— * Keimung der Ursporen nicht ganz regelmäßig. . . **) Zygosporen aus der Kreuzung nit. + x pil. —; alle übrigen aus pil. +x mit —. 398 H. Burgeff, Tabelle IV (lortsetzung). Gefundene Zahlen Auf je 20 berechnet II. Hemiisodikrat: p [B 2p+ 20n— 3un— Yp+ 10,58n+ 94ln— 13 747 9 - Y p+ 3 9 — 1,82p + 18,18n — 17 +3 n— 175 p+ 25 n— 10,32n + 9,688p — 17 n+ 3 pp 1142n + 857p— 75,06 + 44,93 — 6242n 57,57p 12” 3n+ in— 3p+t3p— 3,,d5n+ 8755n— 35p+ 375p— I; 1n+ 2n— $Sp+? 10 n+2 n—8 p-4 en S5n-t iin 1p--3p 5 n+iln 1 p+3 pP 15, In-ı- 3n—25p+5p— | 16 n+ 24 n—12 p+4 9— 114; 35n+12n—12p+3p — | Alin+5.1n— 5rlp+ 143p— [ 27,49n + 29,86n- 46p + 12,18 p — ***) Bei diesen Zygosporen wurde je ein primäres und ein sekundäres Keim- sporangium untersucht 'Ü} (primäres Sporangium) enthielt: 18 p+, 2 n— IT| (das sekundäre Keimsporangium der gleichen Zygospore): 17 p+, 3n-—. Ebenso 44, 7 pi, DH **) Cf. Anm. vorige Seite. 12 nit. +, 8 pil.—. *) Keinung der Ursporen nicht ganz regelmäßig. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 399 Bei jeder Kreuzung sind unter der Voraussetzung der Mehrkernigkeit der Zygospore 4 Gameten mit verschiedener Faktorenkombination mög- lieh: p-4, p—, n+,n—. Es können eine Anzahl von ihnen ausfallen, und die Keimsporangien können sein: A. Monokrat. Alle Gameten sind einer Art, p-- oder p— oder n- oder n— (Tabelle IV, I). B. Dikrat. Von den 4 möglichen Gameten werden nur 2 gebildet und zwar können dikrate Keimsporangien sein: a) Hemiisodikrat: Die Keimsporangien enthalten Sporen einer der Elternformen in beiden Geschlechtern oder beider Elternformen in einem Geschlecht. Der erste Fall liegt auf Tabelle IV, II vor, der zweite ist bei der ersten Zygoten- generation (pag. 381) eingetreten. b) Heterodikrat: Variante und Stammform treten im ent- gegengesetzten Geschlecht auf (Tabelle IV, III). C. Tetrakrat: Alle 4 Kombinationsmöglichkeiten finden sich neben- einander. Bei den Monokraten (Tabelle IV, I} fällt es auf, daß 5 aus der Kreuzung nitens + >< piloboloides — stammende Keimsporangien Sporen enthalten, in denen das Geschlecht gegenüber den Eltern vertauscht worden ist. 4 erzeugen p--, 1 p— Sporen. Bei den 3 hemiisodikraten Keimsporangien kommen die Gameten- verhältnisse 1:1, 2:3, L:6 vor. Bei den heterodikraten findet man das Verhältnis 1:6 dreimal, das 1:1 einmal unter 6 Keimsporangien. Die Zusammenzählung von allen 6 auf 20 abgerundeten Keimsporangiuminhalten ergibt 62,42 nitens, 57,57 piloboloides-Sporen, für die Summen der isolierten Varianten ergibt sich also das Verhältnis 1:1, für die der Geschlechter mit 75,06 + und 44,93 — Sporen, ein ziemlich davon abweichendes, Bei den Tetrakraten!) läßt sich mit der Zusammenzählung der Inhalte der einzelnen Keimsporangien an p und n, und an + und — Sporen nieht viel anfangen. Es kommen die Verhältnisse 1:2 viermal, 2:3 dreimal, 1:4 zweimal und 1:6 einmal vor. Zählt man die aus 5 tetrakaten Keimsporangien erhaltenen Ur- sporen jeder Kathegorie zusammen, so erhält man das theoretische 1) Das Keimsporangium [iii] hat wahrscheinlich noch p-Sporen enthalten, aber in zu geringer Zahl, als daß sie unter 20 auspikierten Mycelien aufgetreten wären. Natürlich kann es sich auch um eine trikrate Zygote handeln, deren Nichtexistenz nicht bewiesen ist. 400 H. Burgeff, Resultat 27,49 n+, 29,86 n —, 30,46 p+, 12,18 p—. Es erscheinen also alle Möglichkeiten im Durchschnitt gleich häufig mit Ausnahme von p—-. Diese Kombination ist aber bei 4 von den 5 Zygoten eine Neukombination insofern sie aus der Kreuzung p+><.nit. —, 4. nit. + x pil. —. Die Zygosporen werden am 22. Mai 1914 einzeln nach der Ent- fernung der Tragäste ausgelegt. Am 2. Juni 1914 haben gekeimt: 1.p+>xp-—. Von 52 Zygosporen keimen 49, also 949%, 46 mit nitens-, 3 mit piloboloides- Sporangien. In einem zweiten Fall werden am 20. Juli 1914 ganze Klumpen von Zygosporen ausgelegt. Am 5. Aug. 1914 haben schätzungsweise gekeimt: 1.p+>x<]I09] piloboides—. (Gameten einer heterodikraten Zygospore.) Es keimen von 30 Zygosporen 30, mithin 100 %, bis zum 30. Okt. 1914, 13 mit nitens-, 17 mit piloboloides- und sekundären nitens-Trägern. “ Analysiert werden die Keimsporangien: 4] A4n— 6p+ IE 0 n— 10 p+ 143] 13 n— ?7p+ 145] Iin+ 6n- &p+ ? 44] 4n+ 6n— 3p+7p-— ön+ 4n—- 5p+ ?7p- Monokrate sind ebensowenig aufgetreten wie hemiisodikrate. Die Gameten der drei dikraten stellen die umgekehrten Kombinationen dar, wie die der Eltern. Die beiden tetrakraten weisen sehr gleichmäßige Zahlen auf. Nr. 45 könnte eine trikrate Zygospore gewesen sein. Hf0I] pileboloides-+>< [TG] nitens —. (Gameten aus heterodikrater Zygospore.) Bis zum 10. Nov. 1914 von 30 Zygosporen 11 Keimer. . Bis zum 10. Jan. 1915 von 30 Zygosporen 30 Keimer, also 100%, alle mit nitens-Trägern. Analysiert werden: 48] iln+10n— 147] In+ 2n—9p+8p— [Xi] piloboloides-+ > [{15] nitens—. (Gameten aus tetrakrater Zygospore.) Bis zum 10, Jan. 1915 von 30 Zygosporen 25 Keimer, also 84%, 20 mit nitens-, 5 mit piloboloides- und sekundären nitens-Trägern. Keimsporangien wurden nicht analysiert. 26* 404 H. Burgeff, IST] piloboloides+x 139 | nitens—. (Gameten aus monokraten Zyposporen.) Bis 10. Jan. 1915 von 30 Stück 29 Keimer, also ca. 97 ®/,, alle mit. nitens-Trägern. Keimsporangien nicht analysiert. 105] piloboloides+ >< [105] nitens—. (Gameten aus heterodikrater Zygospore.) Es keimen von 50 Zygosporen bis zum 14. Nov. 1914 13 20. Nov. 1914 27 19. Dez. 1914 47, also 94%. Wie eine zytologische Untersuchung ergibt, sind die Zygosporen bei der Auslage noch nicht vollständig ausgereift. Die Kerne liegen noch im konjugierten Stadium nebeneinander. Die Zygosporen treten erst 14 Tage nach der Auslage und später in die eigentliche Keimung ein. Alle Zygosporen dieser ausgelegten Serie keimen mit primären piloboloides- und sekundären nitens-Sporangien. Gegenüber den Fällen, wo eine aus der Kreuzung piloboloides > 109 p — (lie den Eltern entsprechende Kombination seltener auf als die umgekehrte, eine Er- 1) Bei späteren umfangreicheren Aussaaten des gleichen Zygosporenmaterials aus 'I8}p + > n — traten allerdings auch einige Prozent nitens-deminanter Keim- sporangien auf. Es ist nicht ausgeschlossen, daß äußere Einflüsse, die bei den ein- zeinen ausgelegten Zygosporen etwas variieren könnten, Gleichgewicht in Dominanz zu verwandeln imstande sind. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kunize. I. 405 Tabelle VII (dritte Zygosporengeneration) Tiöß] piloboloides + x [Mi] nitens—. Nummer Auspikierte Mycelien Regelmäßigkeit der Keimung 21p+ 35% 13n+ 7p— 5 98%, lan+ 7p- 3% lAn+ 8p— ”% 1n+ 9p— 9% 9n+ 12 p— 3% 8nH 13 p— 98% 9n— iIlp+ 5% 4n— I3p+ (lp [+ & neutral]) 98% ano ı6p+l6 Lentral) % 3n- 1p- 86% 12n— sp— 93% 13 n+ 8p+ 9% 7p+13p— 93% ? Iin-— 12p+ sp — 93% 3nt?’n— 7p+ 3p— Ts An+5n—- l0p+ 2p-— 3% 2n+in- Ip+l7p-— 98% 12n+3n— 4p+ 1p— 35% In+3n— 7p-+ 9p-— (1 p neutral) 99% scheinung, die den apogamen Kerndurchgang durch die Zygospore wohl ausschließt. Unter den hemiisodikraten Keimsporangien sind die meisten bei gleichem Geschlecht in der Variante verschieden. Beide Möglichkeiten, p-,n- undp —,n —, kommen vor. Dabei läßt sich die neue Tatsache beobachten, daß diesmal keine heterocaryotische Vermischung beider vorliegt, sondern die Ursporen gleich anfänglich die Varianten rein ergeben. Die früheren bei der ersten Zygosporengeneration er- wähnten Fälle erscheinen dadurch als Ausnahmen und bedürfen wohl einer besonderen Erklärung. Das Vorkommen trikrater Zygosporen bleibt wieder unsicher, da die Kontrolle der Aussaatplatten beim Vorliegen dreier verschiedener Gameten versagt, und die als trikrat befundene Zygospore vielleicht 406 H. Burgeff, nicht vollständig analysiert ist. Tetrakrate sind nach den heterodikraten Zygosporen am häufigsten. Es ist hier am Platze, überhaupt einmal die Wahrscheinlichkeit zu diskutieren, mit der behauptet werden kann, daß die angegebenen Inhalte der Keimsporangien diese Inhalte wenigstens qualitativ erschöpfen. Bei den monokraten Zygosporen ist die Feststellung der einen Gametensorte sicher. Die Aussaatplatte würde eine auch nur nach einigen Promillen zu berechnende Beimischung der anderen Variante anzeigen. Ähnlich verhält es sich bei den hemiisodikraten Zygosporen. Sind die Gameten im Geschlecht verschieden und in der Variante gleich, so würde jedes Sporangium der anderen Variante auf der Aussaatplatte bemerkt. Sind sie in der Variante verschieden und von gleichem Ge- schlecht, so wird in manchen Fällen eine Beimischung von Gameten des anderen durch wenn auch unvollkommene Kopulationsorgane sicht- bar, jedoch nicht in allen, da die Sexualität der Urmycelien unter- einander anfänglich meist geschwächt oder gar aufgehoben ist und erst in einem gewissen Alter des Mycels auftritt. In diesem Fall wäre es nötig, Ausschnitte der Aussaatplatte mit alten Mycelien beider Ge- schlechter zusammmenzubringen, ein Versuch, der unter Verwendung diehter Stellen der Aussaat Beimischung des anderen Geschlechts an- zeigen würde. Der Versuch ist bei einigen entsprechenden Keimspo- rangien ausgeführt worden und ergab nie ein positives Resultat. In einem bis jetzt nur einmal bei den Gameten eines monokraten Keim- sporangiums beobachteten Falle waren die Gameten, mit Cl. + und St. — zusammengebracht, anfänglich asexuell. Hier hätte der Versuch eventuell ergebnisios sein können. Bei den Heterodikraten und den problematischen Trikraten wäre die sichere Analyse des Inhalts des Keimsporangiums nur möglich, wenn man statt 20 Sporen, wie in unseren Fällen, etwa 1000 isoliert hätte. Wenn ich an das wirkliche Vorkommen heterodikrater Zygo- sporen glaube, so bestimmt mich dazu das relativ häufigere Auftreten tetrakrater und heterodikrater Keimsporangien als das trikrat gefun- dener. Indessen zweifle ich nicht, daß auch unter den dikrat gefun- denen einzelne darunter sind, die bei genauerer Analyse tri- oder te- trakrat geworden wären, und nur zu ungleiche Zahlenverhältnisse der Gameten aufwiesen, als daß man sie beim Auspikieren von 20 Mycelien alle hätte finden können. Die qualitative Analyse der tetrakrat gefundenen Zygosporen ist natürlich sicher, da sie den Grenzfall darstellen. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL 407 Es wäre wünschenswert gewesen, einmal eine größere Anzahl von Zygosporeninhalten durch Isolation sehr zahlreicher Individuen zu prüfen. Der Umfang der hierzu nötigen mechanischen Arbeiten ließ sich aber ohne Mithilfe anderer Personen nicht bewältigen. Was die Regelmäßigkeit der Sporenkeimung anbetrifft, so haben die heterodikraten Keimsporangien durchschnittlich 96 °/, (vgl. Tabelle), die tetrakraten 96,6 °%,, die hemiisodikraten 90,5 %/,, das eine mono- krate 85°/,, was bei letzteren beiden Gruppen einen größeren Ausfall von Sporen beweist. Immerhin ist dieser Ausfall so gering, er beträgt noch nicht einmal annähernd 25°/, der Gesamtsumme, daß aus ihm kaum das Nichtauftreten ganzer Gametensorten bei der Analyse der Keimsporangien erklärt werden kann. Bei dem Keimsporangium der Zygospore konnte das Auftreten von neutralen Mycelien bereits an der Form der Sporen erkannt und vorhergesagt werden. Unter den Sporen befanden sich zahlreiche Doppelsporen, biskuitförmige oder auch nur vergrößerte, normal gestaltete. Die Sporen keimten mit 96%, Regelmäßigkeit. Bei dem Auspikieren der Individuen wurden 3 Mycelien, die aus dicken Sporen hervorgingen, bezeichnet (Nr. 3, 7, 10). Die übrigen 18 My- celien stammten aus normalen Sporen. Es ergaben: Nr. 1,2... .... nitens —. Nr. 4,5,6,8, 9, 11. _ 21 . . Piloboloides +. N.8,7T..0.0.0.20202020. Piloboloides neutral & +. Nr. 10 ..2.20.202020200% Piloboloides neutral. Daß die biskuitförmigen oder vergrößerten Sporen aus im Zu- sammenhang bleibenden Plasmastücken bei der Sporenbildung entstanden und mehr wie einen Gametenkern erhielten, ist sehr wahrscheinlich. Die Entstehung der neutralen Mycelien zeigt sich also als Anomalie von geringer Bedeutung. V. Die „sekundären Geschlechtscharaktere* bei Phycomyces nitens und seinen Varianten. Dem +-Mycel von Phycomyces sollen relativ weniger zahlreiche, diekere Träger mit höherem Wuchs eigentümlich sein; ‘dem — Mycel zahlreichere dünnere von niedererem Wuchs. Bei den Ausgangsmycelien Cl.-- und St.— ist dies der Fall. v 7 —js pun +p +dßbu afı Busrodsodfz uaylomz aap uargaoÄung auspaıgoste\ 6 DL uy [joy ‘uormas! + d[mn Y dm! 408 H. Burgeff, Bei piloboloides-Mycelien läßt sich nur der Charakter der diekeren, zahlreichen Träger festhalten. Die meisten — Mycelien werden bei langsamerem Wuchs anı Licht länger, weil sie später fruktifizieren. Als Typen für p+ und p— können die Mycelien auf Fig. 7 3 VIII 1 und 18 VI 11 gelten. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 409 Fig. 9 zeigt eine Reihe von Individuen aus Keimsporangien der zweiten Zygosporengeneration, a, d, gleichalterige Cl.-/- und St. —, bei » —33 pun -—-p 7 IB Ham am + 7 2 + dm = = So < ® g 3 & E ® Zu © 3 © a = 8 3 & 5 m © g = E3 2. g S = “= S E 2 ° 3 & ® g S 8 5 & m 5 E 3 5 =. ® i denen die Unterschiede wie gewöhnlich nicht sehr deutlich sind. Ver- gleicht man die übrigen Kulturen mit den oben genannten Typen der 410 H. Burgeff, Fig. 7, so fällt sofort die Ähnlichkeit der Kulturen c und g mit [8 VI11 auf, die zahlreiche, dünne, spät fruktifizierende piloboloides-Träger ent- halten. Die Kultur der Fig. 7 ist ein typisches — Mycel, die der Fig. 9 sind 4 Mycelien. Die zugehörigen — Mycelien sind und %, die, wie man sieht, mit ihren dicken, wenig zahlreichen Trägern der piloboloides + Kultur 8 VIII 1 von Fig. 7 entsprechen. Fig. 9e und / stellen 2 Individuen, p-+ und p— Mycel, der Zygospore [115] dar, die hier beide dem + Typus angehören. Fig. 10 zeigt die ganze Gesellschaft dunkel kultiviert, wobei die Unterschiede nun auch im Höhenwachstum deutlich herauskommen. Eine Kopfbildung findet im Dunkeln nicht statt, außer bei CI.-+-N. Bei den piloboloides ist eine starke Vermehrung der Trägerzahl auf Kosten ihrer Dicke erfolgt. Die paradoxen + Mycelien c und g zeigen deutlich ihren „— Typus“. Eine Zygospore der dritten Generation [B3] ergab eine Spaltung sowohl bei nitens wie bei piloboloides in Mycelien des -Hund— Typus. Von 20 auspikierten Ursporen ergaben 11 pilo- boloides— und 9 nitens-+-Mycelien. 5 piloboloides — mit wenigen hellen Trägern, 11 piloboloides— Pa die in einer Höhe von 2—7 cm fruktifizieren. setzen sich zusammen + Charakter. aus: N 6 piloboloides— mit zahlreichen dunkeln, bis 12 em langen fast nicht fruktifizierenden Trägern. — Charakter. nitens-+ mit wenig zahlreichen dicken, wenig pigmentierten Trägern (11 cm lang)?). + Charakter. \ 9 nitens -+ setzen sich ZUBAInınen. aus: / 4 nitens-+ mit zahlreichen dünnen stärker pig- mentierten Trägern (13 om lang)?). — Charakter. 1) Von der physiologischen Seite aus betrachtet ist die Ursache der ver- hinderten Kopfbildung bei den Dunkelkulturen nicht das mangelnde Licht, sondern die im Dunkeln herabgesetzte Transpiration, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man einen piloboloides in offener Petrischale dunkel kultiviert, wobei die Fruktifikation frühzeitig eintritt, 2) Man sieht, daß der + und — Typus hier in der Höhe des Wuchses (die überhaupt als abhängig von der Zeit der Fruktifikation, welche ihrerseits wieder an die Belichtung gebunden ist, eine Qualität von geringer Wichtigkeit darstellt) nicht stimmt. Das + Mycel sollte höher wachsen, wie das — Mycel. Vielleicht sind die als -- und — Typus bezeichneten Qualitäten aus verschiedenen selbständig spal- tenden Faktoren zusammengesetzt, Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 41i Die sogenannten sekundären Geschlechtscharaktere bei Phycomyces nitens können sich also wie beliebige andere Eigenschaften, etwa die nitens und piloboloides Charaktere verhalten. Sie sind vom + auf das — Mycel übertragbar und umgekehrt, und. vererben sich bei der Gameten- spaltung in üblicher Weise, sie sind also keine sekundären Ge- schlechtscharaktere. Zahlenmäßig konnte die Sache leider noch nicht untersucht werden, weil bei sehr vielen Urmycelien Unterschiede nicht sicher feststellbar sind. Immerhin wird es wohl einmal gelingen, die Aufspaltung einer größeren Anzahl von Eigenschaften nebeneinander zu beobachten. Auch die Unterschiede im Stoffwechsel, die neuerdings bei verschiedenen heterothallischen Mucorineen zwischen + und — Mycel lestgestellt sind, sind möglicherweise nichts als spaltende Eigenschaften, die mit der Geschlechtsqualität nichts zu tun haben. VI. Die Kreuzung des aus der Mixochimäre erhaltenen homo- caryotischen piloboloides-elongatus mit dem — Mycel von nitens. (Vorläufige Mitteilung.) Zygosporen von piloboloides-eiongatus + >< St.— keimen alle mit piloboleides, resp. piloboloides-elongatus-Keim- sporangien. Der piloboloides-elongatus-Charakter ist in diesem Fall rein dominant über den nitens-COharakter, also umgekehrt wie bei piloboloides nitens und nitens > piloboloides der dritten Generation, wo nitens fast immer dominierte. Die Nach- kommenschaft spaltet in normaler Weise in nitens und piloboleides- elongatus-Myeelien, unter welch letzteren Rassen vorkommen, die die Charaktere des elongaten piloboloides in wesentlich verstärkter Weise tragen können (Fig. 11). VII Die Art der Nachkommenschaft mit Mycel keimender Zygosporen. Nachdem in den Zygosporen der Kreuzung [105 p + x] n — ein Material vorlag, dessen Keimsporangien zu eiwa 85% gesunde Sporen- ernten ergaben und bei dem der apogame Kerndurchgang durch die Zygospore angeschlossen war (da die Gametenkombination der Eltern nicht häufiger auftrat wie die umgekehrte), erschien es zweckmäßig, hier das Verhalten unter dem Substrat keimender Zygosporen bezüglich der Übertragung der Eigenschaften der Elterngameten auf das Keim- mycel kennen zu lernen. 412 H. Burgeff, Blakeslee erhielt die Mycelkeimung vom Keimträger aus, den er abschnitt und unter das Substrat brachte. Da ich Verletzungen vermeiden wollte, verfuhr ich auf andere Weise. Die Zygosporen, die einen wenige Millimeter langen, noch kopflosen Träger aufweisen, werden auf das Substrat gelegt und mit einem dünnen Agarausstich einer Petrischale bedeckt. Sodann wird die Schale umgekehrt, so daß der Deckel unten und der Agar oben ist. Die jungen Zygo- sporenträger sind ziemlich stark nega- tiv geotropisch, sie wachsen unter einer Biegung von 90° an den Schalenboden und, wenn sie ihn erreicht haben, an ihm entlang, so daß ein zweiter Winkel von 90° zustande komnit. So geht die Sache einige Tage fort. Eine Sporan- gienausbildung er- folgt nicht, wenn noch keines vorhan- den war, als der Träger unter das Substrat gebracht ie. 11. Pilcholoidesel wurde. War eine ig. 11. Piloboloides - elongatus- Urmycelien aus einer n inF Zygospore der Kreuzung pileboloides elongatus + erste Anlage in Form x nitens St. —. eines kleinen Köpf- chens schon angelegt, so wird das Sporangium unter dem Substrat ausgebildet. War keine Anlage (da, dann wächst der Träger an der Glasdecke weiter und wird mehrere Zentimeter lang. Schließlich stellt er sein Wachstum allmählich ein. In diesem Augenblick kann die Regeneration des Mycels (manch- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 413 mal auch eines neuen Trägers) an der Trägerspitze oder der Zygospore erfolgen. Meist erscheinen zuerst zahlreiche papillenähnliche Auswüchse, von denen einige zu dicken Mycelien werden, aus denen dann ein wenig verzweigtes dickes Mycel seinen Ursprung nimmt. Dieses ist das Promyceel, Esführtausschließlich diploide,sichniemals teilende, mit Nukleolen versehene Membrankerne. Sein Wachstum ist deshalb beschränkt. Aus ihm und häufig nur aus einigen seiner Verzweigungen wächst das haploide Mycel aus,dasan seiner geringenDicke undstarken Verzweigung leicht kenntlich ist. Es führt normale, haploide, schein- bar membranlose Kerne Die Reduktion der großen Kerne scheint bei der Myceikeimung nicht ohne Schwierigkeiten zu erfolgen. Häufig schwärzt sich der Inhalt des unter das Substrat gebrachten Trägers. Es tritt Papillen- bildung ein und dann sterben Träger und Zygospore ab. Oder es komnit auch noch zur Entstehung des Promycels, doch nun stirbt dieses ab. Nur von einem Teil der Zygosporen erhält man die normale Mycelkeimung. Der Übergang der diploiden Kerne in die haploiden konnte noch nicht zytologisch festgestellt werden. Es finden sich im Promycel während der ersten Entstehung des haploiden Mycels beide Kernsorten neben- einander. Zahlreiche Membrankerne besitzen eine hier nicht näher zu beschreibende Struktur, die auf eine Degeneration schließen läßt. Die echte Reduktion erfolgt scheinbar an wenigen Stellen, die ich noch nicht das Glück hatte, im fixierten Material aufzufinden. Was der Reduktionsprozeß im Promycel an verschiedenen Kern- und Gametensorten erzeugt, die natürlich alle in dem gleichen Mycel stecken müssen, sei im folgenden an einem vom Dez. 1914 bis zum März 1915 dauernden Versuch geschildert. Keimende Zygosporen der Kreuzung j/105| p + x |j105, n — werden unter Agar bei umgekehrter Schale kultiviert. Bei 9 von 18 Zygosporen kommt es zu keiner Regeneration von lebendem Mycel. Der Keimträger stirbt nach längerem Wachstum unter Papillen- oder Promycelbildung ab. Bei den neun übrigen erfolgte sie, und zwar bei den Nummern 1,2,3, 4, 8,9, 11, 12,13. Es erzeugen: Nr. 2 und 13 piloboloides-Mycel, Nr. 3 und 8 nitens-Mycel, 414 H. Burgeff, Nr. 1 neutrales nitens-Mycel, Nr. 4 und 11 piloboloides- & nitens-Mycel, Nr. 9 und 12 neutrales piloboloides- & nitens-Mycel. Die Mycelien 2, 13, 3, 8 sind einheitlich und sexuell aktiv, sie entsprechen etwa monokraten Keimsporangien. " Nr. 2 ist piloboloides —, Nr. 13 ist piloboloides +, Nr. 3 und Nr. 8 sind nitens —. Bei Nr. 2 (p —) ist ein Austausch der Eigenschaften eingetreten, der die vor sich gegangene Amphimixis beweist. (Die Eltergameten waren p + und n —.) Die Mycelien 9, 1 und 12 entsprechen etwa heterodikraten Keimsporangien. Nr. 9. 0. Urmycel') ist neutral, trägt nitens- neben piloboloides-Sporan- gien und Übergänge zwischen beiden. Aussaat eines intermediären (nifens- & piloboloides-) Sporangiums. I. Aussaatplatte ganz neutral (d. h. ganz mit Pseudophoren be- deckt) mit wenigen intermediären und nitens-Sporangien nebst einigen Zygosporen. Von 10 auspikierten Mycelien sind: 9 neutral ohne Träger, 1 piloboloides -+. Um die andere Komponente rein zu erhalten, werden 3 kleine nitens-Träger der I. Platte ausgesät: II. Aussaatplatte rein nitens —. Die Aufspaltung ist also relativ rasch erfolgt, die Gameten ent- sprachen denen der Eltern. Nr. 1. 0. Urmycel ist neutral mit nitens-Trägern. Aussaat eines nitens- Sporangiuns, I. Platte überwiegend neutral; von 10 auspikierten Individuen sind anfänglich 7 neutral ohne Träger, 3 nitens —. Die neutralen entschließen sich später doch zur Bildung von Trä- gern und sind demgemäß zu klassifizieren: 1) Also das den Ursporen entsprechende, direkt aus Keimträger oder Zygo- spore entstehende Mycel der Oten Sporengeneration. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 415 2 neutral & nitens, 4 neutral & piloboloides-nanus?), 1 neutral ohne Träger. Aussaat eines piloboloides-nanus-Sporangiums vom neutralen Mycel. H. Die Keimung der Sporen erfolgt verzögert. Die Platte ist etwa halb mit Pseudophoren bedeckt. Die Träger von piloboloides- nanus überwiegen über die wenigen nitens-Träger. Von 14 auspikierten Mycelien sind: 5 neutrale piloboloides-nanus, 9 piloboloides-nanus +, Die Zusammensetzung des Urmycels entspricht bis auf das Auf- treten der nanistischen piloboloides-Form der der Elterngameten. Nr. 12. 0. Urmycel ist neutral mit intermediären piloboloides- und nitens- Sporangienträgern. I. Die erste Aussaatplatte ist überwiegend neutral mit einzelnen piloboloides- & nitens-Sporangien. Von 9 auspikierten Mycelindividuen sind: 3 neutral mit wenig nitens-Trägern, 2 neutral mit vielen nitens-Trägern, 4 nitens +. N. Ein piloboloides-Sporangium der Platte I wird ausgesät: Die Platte wird neutral & nitens +, sie enthält drei piloboloides- Sporangien. Diese geben ausgesät IH. Eine Platte mit ausschließlich nitens -- Mycelien. Vermutlich war also piloboloides — neben nitens -—- im Urmycel enthalten, aber in stabiler Form, und spaltete nicht rein ab. Das Ur- mycel besaß dann die umgekehrten Gameten wie die Eltern. Die Mycelien 11 und 4 entsprechen hemiisodikraten Keim- sporangien: Nr. 11. 0. Das nicht neutrale Urmycel hat piloboloides- und nitens-Trä- ger, es kopuliert mit Cl. —, ist daher —. Es wurde abgeimpft: I. p. Ein piloboloides-Sporangium: Platte piloboloides & nitens. Auspikierte Mycelien: 1) Eine den früher beschriebenen nanus und nanellus ähnliche Form. 416 H. Burgeff, 2 nitens, 2 nitens & piloboloides?), 6 piloboloides!) & nitens. I. n. Ein nitens-Sporangium: Platte nitens & piloboloides. Aus- pikierte Mycelien: 8 nitens, 2 piloboleides!) & nitens. IH. p. i. Aus kropflosem Sporangium auf piloboloides- Träger einer piloboloides- & nitens-Kultur. Aussaatplatte rein nitens; 7 aus- pikierte Mycelien sind nitens (verkrüämmte dicke Träger treten nicht mehr auf. I. p. 2. Aus nitens-Sporangium einer nitens-Kultur. Aussaat- platte rein nitens; 6 pikierte Mycelien nitens. II. n. 1. Aus nitens-Sporangium einer nitens-Kultur. Platte rein nitens; 7 pikierte Mycelien nitens. TI.n. 2. Aus kropflosem Sporangium eines verkrümmten dicken Trägers einer piloboloides- & nitens-Kultur. Platte rein nitens, 7 pikierte Mycelien nitens. Piloboloides und nitens liegen auch hier in so verschiedenen Mengenverhältnissen vor, daß piloboloides nicht mehr rein heraus- spaltet und bei mehrmaligem Sporendurchgang selbst bei Selektion verschwindet. Nr. 4 0. Urmycel war piloboloides & nitens und kopulierte wie Nr. 11 mit Gh —+ war also ebenfalls —. TI. p. Ausgeimpftes piloboloides-Sporangium: Platte ausschließ- lich piloboloides (ca. 2000 Träger). 10 auspikierte Individuen sind piloboloides. I. n. Abgeimpftes nitens-Sporangium: Platte ausschließlich nitens (ea. 3000 Träger). 10 auspikierte Mycelien sind nitens. Da die Trennung des Urmycels so scharf erfolgt, wird es wieder- holt auf eine neue Petrischale abgeimpft und dann wieder von der Pe- ripherie des wachsenden Mycels abgestochen. Alle Abstiche sind pilo- . 2) Zu Ep. Die hier mit piloboloides bezeichneten Träger sind fast alle Übergangsträger zu nitens von einer bisher noch nicht beobachteten Form. Sie sind alle sehr dick und stark verkrümmt und unterscheiden sich auch durch ihre sehr späte Fruktifikation von den nitens-Trägern der gleichen Kultur, bilden jedoch zum Schluß vollständig kropflose Köpfe aus. Nur einzelne früher fruktifi- zierende dünnere Träger haben Kröpfe, Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL 417 boloides —. Nitens — dürfte nur an einem besonderen, frühzeitig überwachsenen Ast des Promycels entstanden sein. Die Inhalte der Urmycelien unter dem Substrat keimender Zygo- sporen sind also von den Inhalten der Keimsporangien insofern ver- schieden, als die Verhältnisse nicht annähernd so regelmäßig sind. Zwar lassen sich die Inhalte der Urmyeele mit ähnlichen der Keim- sporangien vergleichen, — so entstehen hier anscheinend monokrate, heterodikrate, hemiisodikrate Urmycele — doch ist der Schluß nicht erlaubt, daß diese bei normaler Keimung mit Keimsporangium die gleichen Resultate ergeben hätten. Vielmehr ist die Mycelkeimung der diploiden Zygospore ein er- zwungener Vorgang. Keimt doch die Hälfte der Zygosporen überhaupt nicht, und es liegt nahe, die Gründe für die unvollkommene Aufspal- tung der Gameten in Unregelmäßigkeiten bei der Reduktionsteilung zu suchen. Da alle Kerne in das gleiche Mycel hineingeraten, wird bei der Sporenbildung im vegetativen Sporangium nur eine unvollkommene Entmischung erreicht, und es bedarf mehrerer Durchgänge der Kerne durch die Sporen, bis die eine oder andere Kernsorte zur Bildung eines homocaryotischen Mycels kommt. Die schwächere wird dabei augenscheinlich meist unterdrückt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß gelegentlich auch zwei Gameten- sorten an verschiedenen Enden des diploiden Promycels entstehend, zwei oder mehreren Mycelsektoren der Kultur den Ursprung geben, deren Kerne nicht mehr in Mischung kommen. Der Fall bei der Zygo- spore 4 ist nicht anders zu erklären. VIII. Die mögliche Art der Entstehung des Gametenausfalles und die Zahlenverhältnisse der verschiedenen Gametensorten. Versinnbildlicht man sich das Auseinandergehen zweier haploider Chromosomenserien des diploiden Kernes bei der Reduktionsteilung, so muß man für beide Merkmaispaare je einen Faktor annehmen. ++ soll das — Geschlecht, Fehlen von + das — Geschlecht, n soll nitens, Fehlen von n soll piloboloides bedeuten. Nehmen wir nun an, daß es sich im ganzen um 8 Chromosomen handelt (statt um etwa 24): Flora, Bd. 108. % 418 H. Burgeff, So gibt es für die Reduktionsteilung in Beziehung auf die beiden Merkmalspaare nur 2 Möglichkeiten, die im folgenden Schemata durch Striche angedeutet sind. SECHOH®) pt o®800 " OO 810 O O0 80 O Kommen beide Teilungsformen in demselben Keim- sporangium vor, so entstehen nt, n—, p--, p— neben- einander, die Zygospore ist tetrakrat. Ereignet sich in der Zygospore nur die eine oder die andere Form der Reduktionsteilung, so ist, wie ohne weiteres ersicht- lich, die Zygospore heterodikrat. Die Entstehung der monokraten Zygosporen kann man sich so vorstellen, daß eine Form der Reduktionsteilung unterbleibt und von der anderen der eine Tochterkern ausfällt, die der hemiisodikraten durch den Ausfall je eines Teilkernes beider möglichen Teilungsformen im Sinne folgender Schemata: (Siehe Schema pag. 419.) n+|lp- Man könnte auch so sagen, daß bei den hemiisodikraten Zygo- sporen jeweils ein positiver oder negativer Charakter ganz ausfällt, so bei: Hemiisodikrat 1 die Gameten mit n Hemiisodikrat 2 „ „ „rt: Hemiisodikrat 3 „ „ ohne + Hemiisodikrat 4 „ » „ D Ist der Gametenausfall bei den Heterodikraten durch das Unter- bleiben einer ganzen Teilungsform der dipleiden Kerne beuingt gedacht, bei den Hemiisodikraten als Ausfall des halben Produktes der beiden Teilungsformen, so kann man im ersten Fall auf einen syngamen, im zweiten auf einen metagamen Ausfall schließen. Bei den Monokraten würde ein syn- und metagamer Verlust eingetreten sein können. Im folgenden soll versucht werden, für diesen Unterschied Belege in dem Zahlenmaterial aufzufinden. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze, II, 419 0800 |[O@e00O oO®00 DWOO O®00 DEel0O 0800 [PEROO Il pt,Pp- 0800 0800 O®800 O0OPROO 809 O0eRO une 0800 Ooeloo Auf Tabelle VIII sind alle Inhalte von tetrakraten Zygosporen, auf je 20 Gameten berechnet, nebeneinander gestellt. Bei der Fest- stellung der Gesamtzahl der einzelnen Gametensorten der 14 Zygosporen erhält man ziemlick gleichmäßige Zahlen. Pro Zygospore erhält man durchschnittlich an Gameten 62 — Il n+ 4,426 n— 5,027 p-+ 5,828 p— 4,708 Die Werte weichen also nicht sehr beträchtlich von 5 ab. Bei einer genügend großen Anzahl von Zygosporen kann man annehmen, daß im Durchschnitt alle Gametensorten gleichoft gebildet werden. Anders liegt die Sache für die einzelnen Zygosporen. Hier ist folgende Frage zu beantworten: Ist das Auftreten wechselnder Zahlenverhältnisse der einzelnen Gametensorten im Keimsporangium überhaupt der Ausdruck der normalen, um das theoretisch zu fordernde Verhältnis 1:1 spielenden Variabilität, oder ist dies nicht der Fall? 27° 420 H. Burgeff, Aus den aus jeder tetrakraten Zygospore erhaltenen 4 Gameten- zahlen lassen sich 6 verschiedene Quotienten bilden: A. 2 Quotienten der zugeordneten Gameten n--:p—; n—:p-+ (die beiden äußeren und die beiden inneren Kolonnen der Tabelle VIII). Tabelle VIII. n+ n— p+ P- 3,57 8,75 3,75 3,75 5 11 1 3 1,6 24 12 4 7,14 5,71 5,71 1,43 1 8 6 5 7 5 7 1 6 1 10 3 4 6 3 7 4,76 3,81 4,76 6,66 3 7 7 3 3,81 4,76 9,52 19 1,9 0,95 0,95 16,18 12 3 4 1 1 3 7 9 61,96 70,38 81,69 65,92 B. 2 Quotienten der nicht zugeordneten Gameten n+:p-H; n—:p— (erste und dritte, zweite und vierte Kolonne). C. 2 Quotienten der nicht zugeordneten Gameten n-+-:n-—; P+:P— (erste, zweite, dritte und vierte Kolonne). Drücken wir die gegebenen Verhältnisse derart durch die Quotienten aus, daß wir stets die größere Zahl durch die kleineren dividieren — was erlaubt ist, da uns nur die vorliegenden Zahlenverhältnisse und nicht die Art der Merkmale interessiert — so können wir die erhaltenen Quotienten in verschiedene Klassen einordnen. Die Einheit sei 0,5. 1. Quotienten der A-Verhältnisse der tetrakraten Zygosporen. 1 1,667 2 25 5 7 8515 9 10 11 12 1 15 2 5 1 2,333 5 1 2 1 2 1,399 2,333 1,333 1,333 1,4 1,249 Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL. 421 2. Quotienten der B-Verhältnissse, 1 1,667 2,333 25 3 36 45 6 7, 75 17 125 1,667 2 25 3 5 1333 16 2,333 3 1 18 2,333 3 1,166 i 3. Quotienten der C-Verhältnisse. 125 15 2,333 3 45678 17 14 018 22 3 4 1,25 2,333 3 4 125 2 3,333 1 2,333 12 2,333 14 1,286 Die aus den A-, B-, C-Verhältnissen erhaltenen Quotienten lassen sich also zu folgenden Kurven zusammenstellen. Kombiniert man die 3 Kurven zu einer einzigen durch Addieren aller erhaltenen Werte, so bekommt man die Kurve der Quotienten aller Gametenverhältnisse der 14 tetrakraten Zygosporen. (Siehe Kurven pag. 422) Man sieht daran, daß sich die Quotienten in abfallender Kurve um den Wert 1 gruppieren, also an sich wohl die Kurve als der Aus- druck einer ganz normalen Variabilität angesehen werden kann. Nun drängt sich die Frage auf, ob auch die Variationsbreite dem Zufalls- gesetz entspricht. Es empfiehlt sich, hier ganz den gleichen Versuch unter einwandfreien Bedingungen anzustellen mit einem Material, das sich vollständig normal verhalten muß. Von 1000 Bohnen gleicher Sorte werden je 250 durch die gleiche Farbe bezeichnet, sodann gut gemischt; sie sollen die Ursporen des tetrakraten Keimsporangiums darstellen. Von diesen werden 14 mal je 20 Bohnen herausgenommen und die Verhältnisse der verschiedenen Bohnenfarben festgestellt. Nach den erhaltenen Quotienten der A-, B- und C-Verhältnisse werden 3 Kurven konstruiert und diese in einer vierten zusammengefaßt. Auf die Angabe der Quotienten im einzelnen ist. verzichtet worden. (Siehe Kurven pag. 423.) Vergleicht man nun die Kurven des Phycomyces mit denen des Zufallexperimentes, so sieht man zunächst, daß die letzteren, höher beginnend, steiler abfallen, eine Erscheinung, die sich sowohl bei den Einzel- wie bei den Gesamtkurven äußert. 422 H. Burgeff, Die Variabilität der Verhältnisse der Phycomyces- gameten ist also gegenüber der Variabilität des normalen Materials bei gleicher Form der Analyse erhöht. $) LUTERLTLILI LLIT! Kurve der Quotienten der A-Verhältnisse . ; ‚der tetrakraten Zygosporen. | 1. | + FOR I BE a BE BE ER ER 14 | -ruwsuauaoB ienten der B-Verhältnisse, It N 1 r znwaus T I II! T 1 ] Verhältnisse. Yıcı -nwauaus Bi 1 23456789 0112131 15 16 17 18 19 20 Bei dem Vergleich der drei Einzelkurven der A-, B- und C-Ver- hältnisse von Phycomyces und vom Bohnenmaterial fällt weiter auf, daß Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 423 die Kurven beim letzteren ziemlich ähnlich ausgefallen sind, während beim ersteren die A-Kurve beträchtlich durch zwei tiefe Lücken von den anderen beiden verschieden ist. Besonders deutlich werden die Quotienten der B-Verhältnisse., 29 aller Quotienten. _| 78 9 10 11 12 usw. bis 20 uotienten der C-Verhältnisse.! ÖL TI] 678 9 Wi 3 14 15 16 17 18 19 20 Unterschiede, wenn man bei den Kurven je zwei Klassen zusammen- faßt (vgl. die gestrichelten Linien). Die A-Verhältnisse sind die zwischen den Gameten, welche der gleichen Reduktionsteilungsform entsprechen. Es wäre leicht möglich, daß bei ihnen bestimmte begünstigtere Verhältnisse auftreten, denen die Kurve ihre abweichende Form verdankt. Das naheliegendste wäre die Annahme, daß sich eine Kernsorte nach der Reduktionsteilung dop- 424 H. Burgeft, pelt so rasch vermehren könnte wie die andere; dies müßte in ent- sprechenden Gipfeln der Kurve bei 2, 4, 8 usw. zum Ausdruck kommen, tut es jedoch nicht, weshalb man wohl unregelmäßigere Verhältnisse voraussetzen muß. So braucht vielleicht nicht die Teilung einer Kern- sorte immer gleichzeitig zu erfolgen, auch könnten Grenzen für die Teilungszahl einer Kernsorte durch die Größenentwicklung des Keim- sporangiums gesetzt sein. Nach den vorliegenden geringen Zahlen läßt sich eine bestimmte Vermutung nicht äußern.!) Wenn es aber mit den A-Verhältnissen der tetrakraten Zygo- sporen eine besondere Bewandtnis hat, kann man erwarten, daß auch bei den heterodikraten Zygosporen ungewöhnliche Verhältnisse auf- treten werden, Tabelle IX. n+ P— p+ n— 10,32 9,68 1,82 18,18 17 3 17 3 311,43 8,57 175 25 13 7 4 16 19 1 13 7 11,43 8,57 9 11 9 11 12,38 7,62 13 7 6 14 13,33 6,67 10 10 12,73 727 7 13 1 9 11 g 8,57 11,43 15,29 471 7,62 12,38 17,78 2,22 157,43 102,57 141,77 118,23 Tabelle IX bringt eine Zusammenstellung von 26 heterodikraten Zygosporen der zweiten und dritten Zygosporengeneration; 13 mit dem n + undp —, 13 mit den entgegengesetzten p + undn —. Die Zahlen für die einzelnen Gametensorten sind weniger gleichmäßig, wie bei den tetrakraten Zygosporen. Die Durchschnittswerte sind für 1) Die zunächst sehr ins Auge fallende Erscheinung, daß in den Phycomyces- kurven jeweils eine hohe Klasse mit einer niedrigen abwechselt, liegt an dem häufigen Auftreten von ganzen Zahlen als Quotienten, das seinerseits bedingt ist von dem häufigen Vorkommen der Zahl 1 bei den Gametenzahlen, was bei den Zahlen des Bohnenmaterials selten ist. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 4925 n + 1211 P— 7846 p + 10,905 n — 9,094. Die Genauigkeit der Analyse ist für die heterodikraten Zygosporen natürlich doppelt so groß wie für die Tetrakraten, da von jeder Gameten- sorte bei 20 isolierten Sporen die doppelte Zahl gewonnen wird. Das kommt auch in der entsprechenden Quotientenkurve zum Ausdruck, die eine weitgehende Ähnlichkeit mit einer durch den Bohnenversuch (1000 Bohnen, je 500 verschieden gefärbt, 26mal 20 entnommen) gewonnenen hat, wenn sie auch beträchtlich weniger steil ist. 2 ILLIT. 7 Kurve der Quotienten der Gametenverhältnisse 6 [1 der Heterodikraten Zygosporen. - 5 ! a |. | ji 3 + r | + = 1 4 Bu N | ITA KDD A A BEE U ER bj 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1112 13 14 15 16 1798 19 14 f 13 4 + - L- 12 TERM JREEEN| Fri © Kurve der Quotienten bei einem entsprechenden Versuch 10 mit gefärbten Bohnen. I) 3 444 4 4 | 8 it: - - 7 i ll [ u; j zubuunnde) I gunE 5 Zu Hi 4 + H 1 3 2 Ill. - - t + { L. Li I U BE REN EN ER BE | ı 2 3 4 5 6 7 8 so 2 913 14 35 16 17 18 19 20 Die Phycomyceskurve zeigt wie die Bohnenkurve einen festen, von dem Quotienten 1—2,5 verlaufenden Bestandteil. Während aber diese damit zu Ende ist, treten bei der Phycoimyceskurve eine größere Anzahl stark abweichender Quotienten auf, die untereinander ziemlich weit getrennt sein können, eine Erscheinung, von der es fraglich ist, ob sie im Rahmen einer allgemeinen weiteren Variabilität bei Phyco- myces begründet ist und nicht besonderen, schon bei den tetrakraten A-Verhältnissen vermuteten, die normale Zufallsvariabilität störenden Einflüssen die Entstehung verdankt. Man könte sich versucht fühlen, die monokraten Zygosporen an die Reihe dieser im Zahlenverhältnis von dem mittleren extrem al- 426 H. Burgeff, weichenden heterodikraten als extreme Fälle anzuschließen, wie man die hemiisodikraten an die tetrakraten angliedern könnte. Ist auch bei einem größeren Teil der beiden letztgenannten Formen der Gameten- ausfall sicherlich ein vollständiger, so könnten die Ursachen, welche extreme Abweichung im Zahlenverhältnis der Gameten und Ausfall bedingen, doch die gleichen sein. «a Es ist eine undankbare Sache aus einem so spärlichen Material, wie dem vorliegenden, derart komplizierte Schlüsse zu ziehen. Entsprechend dem fortlaufendem Charakter dieser Arbeiten schienen sie mir wenigstens als Ausgangspunkt für weitere Fragestellung nicht vergeblich. IX. Zur Frage der Möglichkeit der Homologisierung primärer Geschlechtscharaktere bei Haploiden und Diploiden. Die kopulierenden Gameten!) von Phycomyces können in zwei Eigenschaften verschieden sein, die getrennt vererbt werden. Die ihnen zugrunde liegenden Gene lassen sich nach dem üblichen Schema etwa folgendermaßen bezeichnen: N bedeutet nitens, Fehlen von N, (also n) piloboloides. M bedeutet +, Fehlen von M, (also m) —. Die Eltern können also heißen: Nm nM (nitens —, piloboleides +) oder: NM nm (nitens +, piloboloides —)- In beiden Fällen ist die Zygote: NnMm. Nach dem üblichen Schema müßte sie vier Gameten bilden: NM nM Nm nm, die 16 Kombinationen von F2 Zygoten geben: NN Mm | Nn Mm | an Mm Nun entsprechen die Faktoren M und m aber den entgegen- gesetzten Geschlechtsqualitäten, die an den Gameten zur Äußerung 1) Es sei hier noch einmal betont, daß unter Gameten die haploiden Phasen des Phycomyces und nicht allein die kopulierenden Kerne verstanden sind. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 4927 gelangen und nicht, wie sonst, an der diploiden Phase. Es muß also eine Abstoßung eintreten, derart, daß in MM und mm homozygo- tische Kombinationen ausfallen. Von den 16 Möglichkeiten werden also nur 8 realisiert. Es entstehen: 4mal NnMm, 2mal NNMm, 2 mal nnMm ‘oder '/), NnMm, '/, NNMm, '/, nnMm. Überläßt man die einzelnen Zygotensorten sich selbst, so erzeugen NNMm und nnMm wieder ihresgleichen; NnMm spaltet weiter auf. Läßt man die F2-Zygoten beieinander, so bildet Nn Mn wieder Gameten: NM, Nm, nM, nm; NNMm: NM, Nm; nnMm: nM, nm. Da doppelt so viel NnMm-Zygoten da sind wie NN Mm-Zygoten einer- seits und nn Mm-Zygoten andererseits, so ist leicht einzusehen, daß alle vier Gametensorten in gleicher Anzahl gebildet werden, die Zusammen- setzung von F3 ist also die gleiche wie die vun F2, nämlich "/, Nn Mm, ’/; NNMm und '/, nnMm. In einem Schema sieht die Sache so aus: P-Gameten Nm nM (oder NM und nm) F1-Zygoten Nn Mm Fi-Gameten NM Nm nM nm F2-Zygoten '/, NnMm '!/, NN Mm /, nn Mm F2-Gameten NM Nm nM nm F3-Zygoten '/; NnMm 1/, NNMm Y/, nnMm USW. Die Darstellung der Geschlechtsqualitäten des Phycomyces durch An- oder Abwesenheit eines einzigen Faktors wäre nun in Beziehung zu setzen zu den entsprechenden Verhältnissen bei den diploiden Organismen. Es erscheint zweckmäßig, einmal die möglichen Formen der Geschlechtstrennung bei beiden Phasen zu verfolgen. Als Beispiel für das erste Schema können Sporodinia, Coleochaete oder auch ein monözisches Moos gelten. Am haploiden zwitterigen Thallus entstehen männliche und weibliche Geschlechtsorgane. Diese erzeugen ohne Reduktion männliche und weibliche Sexualzellen, aus deren Verschmelzung die Zygote und mit ihr die kurze diploide Phase hervorgeht, die wir als ebenfalls zwitterig bezeichnen können; sie liefert bei der Reduktion neue zwitterige Thalli. (Siehe Schema I pag. 428.) Vergleicht man mit dem Schema I das Schema III, die Haploid- monöcischen mit den Diploid-monöeischen, so erfolgt die äußerlich sicht- bare Geschlechtstrennung hier vor der Reduktion, anstatt nach ihr. Die diploide Generation ist die geschlechtlich differenzierte, im ersten Fall war es die haploide. 428 H. Burgeff, Beim Schema II, den Haploid-diöeischen, koinzidiert Geschlechts- trennung mit der Reduktion. Die männliche und weibliche Zelle ver- einigen sich zur diploiden, genotypisch zwitterigen Zygote, die sofort 1 Haploid phaenotypische monöcisch Geschlechtstrennung Organe Copulation Reduction ll. Haploid phaenotypische diöcisch Geschlechtstrennung 3. —-Copulation ”— Reduction und genotypische 9 Geschlechtstrennung oder nach Ausbildung eines Sporophyten zerfällt und genotypisch verschiedene männliche und weibliche Thalli erzeugt. Soweit läßt sich die Sache ohne Komplikation darstellen, wenn man überhaupt Geschlechtsäußerung am Haploiden und am Diploiden Untersuehungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL. 429 identifisieren darf. Strasburger*) hat dies z. B. für ohne weiteres zulässig gehalten. Baur ist der Ansicht, daß Geschlechtstrennung bei den Haploiden I. Diploid Monöcisch phaenotypische Geschlechtstrennung Organe Reduction Copulation genotypische Geschlechtstrennung phaenotypische Geschlechtstrennung Reduction Copulation und den Diploiden verschiedene Dinge und eventuell mit verschiedenen Namen zu bezeichnen seien. 1) E. Strasburger, Über geschlechtsbestimmende Ursachen. ‚Jahrb. f. wiss. Bot. 1910, Bd. XLVIN. 430 H. Burgeff, Daß verschiedene Formen von Geschlechtstrennung vorkommen, soll nicht bezweifelt werden, doch erscheint es mir nicht richtig, den Unterschied gerade zwischen Haploiden und Diploiden eintreten zu lassen. Das Marshallsche haploid-diöcische Moos erzeugt einen diploiden Embryo, der zur diploiden beblätterten Moospflanze aus- wachsen kann. Diese diploide Pflanze ist monöeisch und trägt männ- liche und weibliche Geschlechtsorgane. Eine diploide Moospflanze verhält sich genau wie eine höhere diploide Pflanze, nur daß ihre Gameten nicht einzelne Zellen sind, sondern ganze haploide Pflanzen mit besonderen wieder haploiden Geschlechtsorganen und Geschlechts- zellen. Würden die diploiden Geschlechtszellen des diploiden Mooses kopuliert haben, so hätten sie vielleicht einen Embryo erzeugt, in dem eine zweite Reduktion verbunden mit einer dritten Geschlechtstrennung hätte erfolgen können. Die erste und dritte Geschlechtstrennung wären nun identisch, trotzdem sie haploider und diploider Phase angehören. Die zweite Geschlechtstrennung ist jedoch anderer Art; sie besteht nur in dem Auftreten getrennter Geschlechtsorgane am monöeisch-diploiden Thallus; man kann sie als phänotypische Geschlechtstrennung bezeichnen, insofern man sie durch die somatische Inaktivierung einer der beiden in der monöcisch gestimmten Zelle vorhandenen geschlechts- bestimmenden Gene veranlaßt denken kann, die genotypische Geschlechtstrennung aber auf wirklicher Trennung geschlechtsbestimmen- der Gene beruhen mag. Es alterniert also hier bei den haploid-diöcischen, dipleid-monö- eischen Moosen eine genotypische Geschlechtstrennung am haploiden Moos mit einer phänotypischen am diploiden. Bei den haploid-monö- eischen Moosen Marshalls erfolgt in beiden Phasen die gleiche phänotypische Trennung. Beide Formen von Geschlechtstrennung an derselben Phase treffen wir bei den übrigen diploid-diöcischen Organismen an (Schema IV). Bei ihnen gibt die Verbindung von männlicher und weiblicher Zelle nicht eine zweite neutrale Phase, die wieder Männchen und Weibchen liefert, sondern dirkt ein Männchen oder ein Weibchen. Die notwendige Annahme ist die, daß eins der beiden Geschlechter Gescehlechtszellen zweierlei Tendenz erzeugen muß, daß etwa das männ- liche männchen- und weibchenbestimmende Spermazellen?), das Weib- chen einheitliche Eizellen. Diese Annahme wird durch zahlreiche 1) Spermazellen, d. h, je nachdem Spermatozooen, Spermatozoiden oder generative Energiden des Pollenkorns. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 481 Experimente der modernen Erblichkeitsforschung bestätigt. Es ist eine ziemlich allgemeine Erscheinung, daß ein Geschlecht eines diöeischen Organismus immer oder gelegentlich Merkmale des anderen an sich trägt, und daß zuweilen auch hermaphrodite Bildungen vorkommen können. “ Man kann mit Goldschmidt die Sache so darstellen, daß man dem einen Geschlecht, etwa dem weiblichen Geschlechtsfaktoren beider Geschlechter im homozygotischen Zustand zuteilt, also für das Weibchen FFMM, dem anderen, einen Faktor im homo- und den zweiten im heterozygotischen Zustand, also für das Männchen FFMM schreibt; und eine höhere Potenz von F über M (also auch von 2F über 2M) annimmt. Zwei M sollen aber ihrerseits über ein F epistatisch sein Es werden dann vom männlichen Organismus die Keimzellen FM und fM, vom weiblichen FM und FM gebildet, aus deren Kombination immer wieder 1/, Männchen (FfMM) und !/, Weibchen {FF MM) hervor- gehen. Die Erklärung des Auftretens hermaphroditer Merkmale ist damit jedenfalls bedeutend erleichtert. Kehren wir zu unserem Schema IV zurück, so wird klar, daß wir es hier mit zwei in dauerndem Austausch stehenden Entwicklungs- kreisen zu tun haben. Der eine erzeugt unter genotypischer Geschlechts- trennung männchen- und weibehenbestimmende Spermazellen, der andere in phänotypischer Geschlechtstrennung neutrale Eizellen, deren Geschlecht erst durch die Qualität der kopulierenden männlichen Zelle entschie- den wird. Ausgehend von dem komplizierten Fall der diploid-diöeischen Organismen lassen sich bei der Betrachtung der anderen Kategorien neue Gesichtspunkte finden. Zuerst für die haploid-diöeischen. Bei manchen von ihnen, etwa beim Phycomyces kann man die Geschlechter scharf und übergangslos trennen; die Trennung erscheint als eine rein genotypische. Bei den Moosen tritt phänotypische neben genotypischer Trennung auf. Männliche und weibliche Pflanzen von Sphaerocarpus erzeugen männliche und weibliche Geschlechtsorgane, die Zygote wird zum Sporophyten; dieser bildet aus den Sporenmutterzellen unter Reduktion und genotypischer Geschlechtstrennung Sporentetraden, aus denen je zwei männliche und zwei weibliche Pflanzen hervorgehen. Bei vielen anderen Moosen ist die Diöcie keine vollkommene, wenn es auch wahrscheinlich ist, daß die Zygote oder der Sporophyt Männchen und Weibchen in gleicher Anzahl erzeugt, so kommen doch nicht selten Zwitterbildungen, z. B. androgyne Hüte bei Marchantia, 432 H. Burgeff, Preissia und Dumortiera trichocephala vor, bei letzterer Art sogar alle Übergänge zwischen männlichen und weiblichen Pflanzen, die uns vor die Notwendigkeit stellen, auch hier bei den haploiden wenigstens einem (ieschlecht beide Arten von geschlechtsbestimmenden Faktoren zuzuerkennen. Für den Marchantia-Mann könnte man schreiben MF für das Marchantia-Weib mF M wäre über F epistatisch zu denken, etwa IM—=2F oder M=F/2. Durch gelegentliche äußere Eingriffe könnte sich das epistatische Verhältnis M:F ändern und (ie Entstehung haploider Hermaphroditen erfolgen. Auch bei Phycomyces könnten diese Verhältnisse vorliegen. Würden wir in unserem im Anfang dieses Kapitels gegebenen Ver- erbungsschema jeder Gamete den Faktor F zusetzen, so würde das Resultat das gleiche bleiben. Bezüglich der Geschlechtstrennung könnte man also resumieren: Bei haploid-diöcischen Organismen tritt phäno- typische und genotypische Geschlechtstrennung auf: Bei diöcisch-diploiden Wesen sind phänotypische und genotypische Geschlechtstrennung vorhanden, aber die letztere bloß in einem Geschlecht. Bei monöcisch-haploiden und diploiden existiert nur eine phänotypische Geschlechtstrennung. Man kann sie sich als gewöhnliche somatische Differenzierung denken. Für die Geschlechts- qualitäten selbst ergeben sich aus dem Vorhergehenden eine Reihe von Konsequenzen. Hat man einen zwitterigen haploiden oder diploiden Organismus, so nennt man dessen Sexualzellen männlich oder weiblich. Männlich oder weiblich sind Bezeichnungen für Phänotypen. Innerlich oder genotypisch sind männliche oder weibliche Keimzellen gleich. Der Phänotypus wird ausgelöst durch das Organ, das die Keimzellen hervor- bringt und beruht indirekt auf der somatischen Differenzierung der Zellen, die die Geschlechtsorgane erzeugten. Beim diöcisch-haploiden Organismus bedeutet männlich und weiblich zunächst das gleiche, wenigstens hinsichtlich der äußeren Eigenschaften der Geschlechtszellen, wir übertragen den Ausdruck aber auch auf die zwei genotypisch verschiedenen Pflanzenformen, von denen die eine männliche, die andere weibliche Geschlechtsorgane und Keimzellen bildet. Beim Diöeisch-Diploiden sind Männchen und Weibchen ebenfalls genotypisch verschieden, ihre Keimzellen äußerlich männlich und weiblich, trotzilem teilweise genotypisch identisch. d. h. bei männlicher Hetero- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 433 zygotie nur die Hälfte der männlichen von allen weiblichen und der anderen Hälfte der männlichen, und bei weiblicher Heterozygotie die Hälfte der weiblichen von allen männlichen und der anderen Hälfte der weiblichen genotypisch verschieden. Wollte man nur die in den genotypischen Geschlechtsqualitäten verschiedenen Organismen oder Keimzellen als Männchen und Weibchen bezeichnen, so wüßte bei männlicher Heterozygotie das ehemalige Männchen nicht, ob es Männchen oder Weibchen und bei weiblicher das Weibchen nicht, ob es Weibchen oder Männchen. Um sie nicht in die Situation zu bringen, bezeichnet man besser mit männlich und weiblich ausschließlich phänotypische Unterschiede, zumal die diöeischen Organismen mit ihrer genotypischen Differenzierung der Geschlechter abgeleitete Formen darstellen. Man braucht nun einen Ausdruck für genotypisch verschiedene Männchen und Weibchen. Man könnte sie wie beim Phycomyces mit —+- und — bezeichnen, diese Zeichen lassen sich aber nicht in Substantiv- form geben. Der Ausdruck soll nieht Männchen und Weibchen heißen und doch seine Beziehung zu diesen ausdrücken. Sagen wir für Männchen und Weibehen mit Berücksichtigung ihres phänotypischen Charakters Androphaen und Gynophaen, für die andere genotypisch ver- schiedene Kategorie Androgen und Gynogen. Jetzt können wir definieren: Was ist ein Audrophaen? Ein Androphaen ist ein Organis- mus, der phänotypisch-männliche (androphaene) Geschlechtszellen erzeugt, oder ist eine phänotypisch-männliche Geschlechtszelle selbst). Was ist Gynophaen? Ein Gynophaen ist ein Organismus, der phänotypisch-weibliche (gynophaene) Geschlechtszellen erzeugt, oder es ist eine phänotypisch-weibliche Geschlechtszelle selbst. . Kurz: Ein androphaener Organismus, diploid oder haploid, besitzt männliche, ein gynophaener, weibliche Geschlechtsmerkmale. Was ist ein Androgen? Ein Androgen ist ein Organismus, der genotypisch sexuell bestimmte (androgene) Keimzellen erzeugt oder ist eine genotypisch sexuell bestimmte Keimzelle selbst. Was ist ein Gynogen? Ein Gymogen ist ein Organismus, 1) Im gewöhnlichen Sprachgebrauch spricht man von Männchen und Weibchen beim Organismus, aber nur von männlichen und weiblichen Keimzellen. Unsere Homologisierung der Keimzellen und des eventuell vorhandenen Thallus (Prothal- lium) der Diploiden mit dem Thallus und den Keimzellen der Haploiden zwingt uns, auch die Keimzellen der ersteren gelegentlich als Männchen oder Weibchen zu bezeichnen. Flora, Bd. 108 28 434 H. Burgeff, der genotypisch entgegengesetzt-sexuell bestimmte (gynogene) Keim- zellen produziert, oder ist eine genotypisch entgegengesetzt-sexuell bestimmte Keimzelle selbst. Wo sind ein Androphaen mit einem Androgen, ein Gynophaen mit einem Gynogen identisch? Bei den haploid-diöcischen Organismen (also einem Phycomyces- Thallus, einem Marchantia-Thallus oder einer Marchantia-Keimzelle). Wo können ein Androphaen mit einem Androgen, oder ein Gynophaen mit einem Gynogen identisch sein? Als Thallus (Prothallium) und Geschlechtszelle im diploid- diöcischen Organismus bei männlicher oder weiblicher Heterozygotie. Was ist ein Androphaen oder ein Gynophaen als diploid-diöcischer Organismus? (Die Ausdrücke Androgen und Gynogen bezeichnen hier einen Unterschied, der bei der Hälfte der Androphaene oder der Gynophaene vorliegt. Man könnte also antworten): Ein Androphaen ist bei männlicher Heterozygotie ein Gynandrogen, bei weiblicher ein Androgen. Ein Gynophaen ist bei weiblicher Heterozygotie ein Androgynogen, bei männlicher ein Gynogen. Blakeslee hat die Sexualitätsverhältnisse im Pflanzenreich in übersichtlicher Form zusammengestellt und die Homologien aufgedeckt). Es dürfte sich erübrigen, diese Zusammenstellung hier zu wiederholen, und genügen, die durch die Unterscheidung von phänotypischer und genotypischer Geschlechtstrennung bedingten Zusätze zum Blakeslee- schen Schema vorzunehmen. Die Reihe der homothallischen Typen (der haploid-monöecischen), Sporodinia, Physcomitrium, Polypodium bleibt unverändert; die Zeichen J' und 9, resp. 3 bezeichnen die phänotypischen Gesehlechtscharaktere. Dasselbe gilt für die heterothallischen, diploid-monözischen Typen Selaginella und Lilium. Bei Phycomyces und Marchantia, den heterothallisch-homosporangisch- 1} Man sieht an seinem Schema sehr schön, daß die phänotypische Geschlechts- trennung an verschiedenen Stellen, einmal an der haploiden Phase, dem Thallus (Sporodinia, Physcomitrium, Polypodinm), zum anderen an der diploiden Phase (Selaginella, Lilium) am Phyten erfolgt. Das wäre der Umstand, der Baur be- stimmte, einen wesentlichen Unterschied zwischen der Geschlechtstrennung am Haploiden und am Diploiden anzunehmen. Strasburger spricht hier von einer Verschiebung der Geschlechtstrennung von der haploiden auf die diploide Phase zurück, gewissermaßen eine physiologische Beeinflussung des Mutterorgans durch die androphaenen oder gynophaenen Sporen unserer Ausdrucksweise. r. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 485 heterosporen, wären im Schema Blakeslees die Zeichen für die Androgene und Gynogene & und 9 resp. 9 statt der für Androphaene und Gyno- phaene zu setzen; beim Thallus allein hätten beide Arten von Zeichen zu stehen (Schema pag. 435). Phycomyces Marchantia homosporangisch heterospor homosporangisch heterospor homophytisch homophytisch {7 heterothallisch Mucor mucedo heterosporangisch heterospor homophytisch {nach B. heterophytisch) heterothallisch Populus heterosporangisch heterospor heterophytisch heterothallisch 436 H. Burgeff, Bei der heterothallisch - heterosporangisch - heterozygotisch- hetero- sporen Populus wäre das Schema männlicher Heterozygotie entsprechend zu vervollständigen (Schema pag. 435). Mucor mucedo kann nach den Feststellungen bei Phycomyces, bei dem gelegentlich heterosporangische Keimsporangien vorkommen, mit diesem identifiziert werden, wenn man annimmt, daß androgene oder gynogene Sporen im Sporangium zugrunde gehen. Der Phyt, die diploide Phase, wäre zum Unterschied von Blakeslee, der schon die Zygote für eingeschlechtig hielt, mit ö zu bezeichnen. X. Zur Theorie der Vererbung haploider Organismen. Blakeslee hat zahlreiche Versuche unternommen, verschiedene Mneorineen miteinander zu kreuzen. Zwischen sehr verschiedenen + und — Mycelien hat er mehr oder weniger weitgehende Kopulations- versuche beobachtet; er konnte jedoch keine reifen Zygosporen erhalten. An Hand der Verhältnisse der Gametenspaltung bei Phycomyces läßt sich ein Schluß ziehen auf die Art des Resultates, welches eine Artkreu- zung bei haploiden haben könnte. Bei diploiden Organismen tritt bei Artkreuzung eine so kompli- zierte Spaltung in F2 ein, daß es praktisch ziemlich aussichtslos er- scheint, die Fülle der möglichen Formen zu trennen, insbesondere aber die Elternzygoten wieder entstehen zu sehen. Die Zahl der möglichen Kombinationen ist so groß, daß die beschränkte Anzahl der Nachkommen eines Elternpaares selbst bei hoher Fertilität einen nur kleinen Aus- schnitt aus der möglichen Gesamtvariabilität aufweist. Es fragt sich, ob die Verhältnisse nicht da günstiger liegen, wo die eigenschaftstragende Phase die haploide ist und um wieviel sie es sind. Die folgende Tabelle kann die Verhältnisse bei der Aufspaltung der aus einer Kreuzung verschiedener Gameten erhaltenen Zygote illustrieren und zwar für solche Fälle, wo die Gameten in einer beschränkten Zahl von Merkmalspaaren (richtiger Genen) verschieden sind. (Siehe Tabelle XI pag. 437.) n soll bezeichnen die Zahl der verschiedenen Gene. A und B die Zahlen der wieder auftretenden Elterngameten. A1, A2, A3 usw., B.l, B2, B3 usw. die Zahl der von den Elterngameten in einem, in zwei, in drei usw. Faktoren abweichenden Tochtergameten. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 437 Tabelle XI. n | A |A,(B,)lA,(B,)lA, (B,)] A,B, (A,) B,KA,) 5, (A,)B, B 1 1 | 1 2 1 1 | 1 | 1 3 | 1 3 3 1 4 | 1 4 3 | 3 4 1 5 | 1 | 5 | 10 10 5 1 6 | 1 | 6 15 10 10 | 15 6 1 7 | 1 | 7 | 2ı 35 35 21 7 1 8 | 1 | 8 | 28 | 56 70 56 | 28 8 1 Die Aufgabe ist nun die, die Zahlen der auftretenden Kategorien von Individuen für die verschiedenen Größen von n festzustellen. Die Zahl der bei einem Individuum von denen der Eltern abweichenden Faktoren sei allgemein gleich k. Die Berechnung kann erfolgen nach der Formel für die Kombination ven n-Faktoren zur kten Klasse: n(n—1) (n—2)... 1 1 kn) (nk 2)... 1 k(k—1) k—2)... 1 A* (oder Bu). Die Berechnung ist in der Tabelle für die Größen von n von 1—8 ausgeführt. Man sieht ohne weiteres, daß die Zahl der den Eltern gleichen oder ähnlichen Individuen eine relativ bedeutend höhere sein muß wie bei den Diploiden. Theoretisch läßt sich die Zahl einer der in F1 rein wieder auf- tretenden Elterngameten, wie aus der Tabelle hervorgeht, feststellen: A (oder B-z; für einen beliebigen der beiden Eltern finden l wir: AHB= gt 438 H. Burgeff, Für das Wiederkommen einer bestimmten elterlichen Zygote bei den Diploiden besteht die Wahrscheinlichkeit: 1 1 (a oder $)= sin für einen beliebigen Elter: er ui Tee Die Wahrscheinlichkeit, daß bei den Kindern den Eltern gleiche Formen herausspalten, ist also bei den Haploiden 2"mal so groß als bei den Diploiden. Die folgende Übersicht zeigt, wie die Zahlen in beiden Reihen wachsen: Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines der beiden Elternkombinationen bei n-Merkmalen. HaplosdA+B Diploid a+ß a1 1:1 1:2 2 1:2 1:8 3 1:4 1:32 4 1:8 1:128 5 1:16 1:512 6 1:32 1: 2048 7 1:64 1:8192 8 1:128 1: 32768 9 1:256 1: 131072 10 1:512 1: 524288 n 1: 1024 1: 2097152 12 1:2048 R 1: 8388608 n 1:21 1:2 21 Es erscheint also die Analytik der Erblichkeit bei den Haploiden in der Beziehung auf restlose Analyse einfacher Organismen bedeutend besser gestellt als bei den Diploiden. XI. Gesamtresultate der Teile I!) und Il. i. Variabilität und Heterocaryose. Die aus einer 4Kultur von Phyeomyces nitens isolierten Varianten plicans und piloboloides liegen bei der Isolierung in heterocaryotischer Form vor, d. h. ein Teil der Kerne ihres polyenergiden Mycels sind Variantenkerne, ein anderer Teil Kerne der Stammform, was in einer Mischung der äußeren Charaktere zum Ausdruck kommen kann. Die heterocaryotischen Varianten spalten in den mehrkernigen Sporangiosporen teils reine Stammformmyeelien ab (var. plicans); teils 1) Vgl. Flora, Bd. VII (1914), pag. 259-316. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL. 439 sind alle unter normalen Verhältnissen vom Mycel erzeugten Sporangio- sporen wieder heterocaryotische Varianten (var. piloboloides). Es liegt in der heterocaryotischen Vereinigung zweier Formen im gleichen Mycel ein labiles oder stabiles Gleichgewicht vor, das labile läßt die Entmischung wenigstens einer der beiden Komponenten im homocaryotischen Zustand zu, das andere nicht, indem bei seinem Vor- handensein selbst eine lang andauernde Selektion der einen oder anderen Form ohne Erfolg bleibt. Die Selektion wird dadurch möglich, daß im Körper des hetero- caryotischen Pilzes Merkmale beider Formen an den Sporangien rein auftreten können, so daß der Schluß auf die relative zahlenmäßige Überlegenheit der Kerne der ausschlaggebenden Komponente nahe liegt. 2. Künstliche Heterocaryose der Varianten. Der Beweis für die Wirklichkeit der Heterocaryose wird dadurch erbracht, daß es regelmäßig gelingt, Plasma einer Variante mit dem Plasma der Stammform in der Haut eines Sporangienträgers zur Mixo- chimäre zu vereinigen, woraus dann eine heterocaryotische Form hervor- geht (vgl. auch Teil II, pag. 393), die sich nicht von den natürlich heterocaryotischen Mycelien unterscheidet, es sei denn in der leichteren Entmischung ihrer Komponenten. 3. Sexuelle Heterocaryose. Auf die gleiche Weise läßt sich aus einem —-Mycel und einem — Mycel durch mechanische Mischung ein sexuell neutrales oder bisexuelles erzeugen, das den zuerst von Blakeslee aus der Zygospore erzogenen neutralen Mycelien gleicht und in +, — und neutrale Mycelien zerfallen kann. Äußeres sichtbares Zeichen für den Eintritt der Mischung der Protoplasten ist die Ausbildung der Pseudophoren, d. s. abortive Kopulationsäste des Mycels. \ Das künstlich neutrale Mycel kommt in allen Übergängen mit den sexuell aktiven (homocaryotischen) vor, es kaun gelegentlich durch vegetative Spaltung von Mycelästen zur Zygosporenbildung gelangen. 4. Abspalten einer homocaryotischen Form aus natürlich heterocaryotischer stabiler Bindung. Genanntes Phänomen wurde in einem Fall an einem Mycel aus der Spore eines Mixochimärensporangiums beobachtet (var. piloboloides- elongatus). 440 H. Burgeff, 5. Die Cytologie des Phycomyces. Das polyenergide Mycel enthält sehr kleine, außerhalb der Sporen dauernd in Teilung befindliche, membran- und nucleoluslose Kerne mit ungefähr 12 Chromosomen. Bei der Sporenbildung in den vegetativen Sporangien werden eine größere Zahl von Kernen in jede Spore ein- geschlossen, die sich erst bei der Sporenkeimung wieder zu teilen be- ginnen. Die sexuelle Fortpflanzung erfolgt, wie bekannt, durch die Kopu- lation zweier Myceläste, deren aneinanderstoßende Enden durch eine Wand vom übrigen Mycel abgegliedert werden. Die sie trennende Wand wird gelöst und die Protoplasten beider Gametangien fusionieren zur Zygospore. Die zahlreichen Kerne vermehren sich stark und blei- ben während der Ausreifung der Zygospore unverändert. Bei der nach etwa 6 Monaten im Licht erfolgenden Keimung der Zygospore treten zuerst alle Kerne zu Paaren zusammen. Ein Teil der Paare verschmilzt, das Schicksal der nicht verschmelzenden ist nicht ganz sicher. Entweder gehen sie zugrunde oder passieren die Zygo- spore apogam. Die Zygospore keimt mit einem Sporangienträger. Keimende Zygo- spore und Träger stellen die diploide Phase, den Sporophyten des Phycomyces dar. Seine Kerne sind sehr groß, mit Membran und Nucleolus versehen und teilen sich nie, bevor sie in der jüngsten An- lage des am Träger entstehenden Keimsporangiums in die Mitose ein- treten, die zur Reduktion führt. Ein Teil der Kerne bleibt hier un- verändert und zerfällt erst in den Sporen. Beim Heranwachsen des Keimsporangiums vermehren sich die reduzierten Kerne stark. Die Bildung der Sporen geht wie beim vege- tativen Sporangium vor sich, nur bekommen die Sporen hier nur je einen Kern mit Membran, der sich in der Spore in vier vegetative Klein- kerne teilt. Die Sporen des Keimsporangiums, die Ursporen, sind also nicht selbst eigentliche direkt aus der Reduktionsteilung entstandene Gameten, sondern abgeleitete. Die aus ihnen hervorgehenden Urmycelien verhalten sich wie die eingangs geschilderten vegetativen Mycelien. Wenn sie in der Folge ebenfalls als Gameten bezeichnet werden, so leitet sich das Recht dazu aus ihrer Fähigkeit zur erneuten Reproduktion der diploiden Phase her, und der Ausdruck ist im Sinne der Erblichkeits- forschung gebraucht. Wird die Zygospore gezwungen, unter dem Substrat zu keimen, so erzeugt sie ein diploides Promycel, dessen Kerne bei der ersten Tei- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. II. 441 lung in haploide zerfallen. Das entstehende haploide Mycel ist, da meist verschiedene Gametensorten erzeugt werden, häufig heterocaryotisch. 6. Die Vererbung der Charaktere. Kreuzt das Vererbungsexperiment bei höheren Organismen die diploiden Phasen und überläßt den von ihnen gebildeten Gameten die Möglichkeit zufälliger Kombination, um aus dem Unterschied der Phäno- typen neuer diploider Phasen auf die stattgefundene Gametenspaltung zu schließen, so kombinieren wir hier die Phänotypen der Gameten selbst zu neuen diploiden Phasen und beobachten direkt die Aufspaltung in neue Gameten. Die Kreuzung von Stammform und Variante erzeugt in den Ur- sporen der Keimsporangien der Zygospore konstante Formen; selbst bei der Kreuzung heterocaryotischer mit homocaryotischen Mycelien. Die Geschlechtstrennung geht während der Reduktionsteilung vor sich; die primären Geschlechtsqualitäten können deshalb als spaltende Gene betrachtet werden. Es bleibt zu beachten, daß sie sich als erbliche physiologische Unterschiede auffassen lassen und die Homologisierung mit den sich an diploiden Phasen äußernden Geschlechtsqualitäten nicht ohne weiteres statthaft ist. Die Wuchsunterschiede zwischen dem +4- und dem —Mycel, die bisher als typische sekundäre Geschlechtscharaktere betrachtet wurden, scheinen bei Phycomyces nites zwischen beiden Geschlechtern austausch- bare Eigenschaften zu sein. Nur bei einem Teil der Zygosporen erfolgt im Keimsporangium die Spaltung in alle theoretisch möglichen Gametensorten. Kreuzt man var. piloboloides + mit nitens — oder nitens — mit piloboloides —, so kann man vollständige Aufspaltung und damit alle vier Merkmalskombinationen p-+, p—, n—+, n — in den Gameten erhalten. Zygosporen, deren Keimsporangien sich so verhalten, heißen tetra- krate. Häufig fallen zwei Gametensorten aus, also bei den dikraten Zygosporen. Bei den Monokraten fallen drei aus und die Zygospore erzeugt nur eine Art von Gameten, wie etwa die von Mucor mucedo nur das eine Geschlecht. Vielleicht existiert auch der Ausfall von einer Gametensorte, es gäbe dann auch trikrate Zygosporen. Die genannten Ausdrücke haben nur Sinn, wenn die Eltern in zwei Merkmalspaaren verschieden sind, handelt es sich um mehr, wird man zweckmäßiger von pantokraten Zygosporen mit vollständiger, von polykrater und monokrater mit unvollständiger Aufspaltung reden. 442 H. Burgeff, Unter den dikraten Zygosporen können entgegengesetzte Gameten- sorten vorliegen, also n-+ und p-- oder p+ und n-—, bei denen die Charaktere der Eltern vertauscht oder nicht vertauscht sind. Dies sind die Heterodikraten. Bei den Hemiisodikraten ist eine der vier Eigenschaften ausgefallen. Es sind vier Fälle möglich: p+ und n+; p— und n—; p-+ und p-;n-+ und n —, die alle vorkommen. (Seltene Abweichungen, die nur bei der ersten Kreuzung (des heterocaryotischen piloboloides mit. nitens häufiger auftraten, sind Fälle, bei denen die Ursporen der Keim- sporangien verschiedene Gametensorten in heterocaryotischer Vereinigung liefern. Die im gleichen Mycel vereinigten Gameten können im Ge- schlecht und in der Variante verschieden sein. Erstere sind die bekannten „neutralen“ Mycelien, deren Heterokaryose sich in der Ausbildung der Pseudophoren äußert; die anderen in der Variante verschiedenen, „hetero- phänen“ Mycelien kommen zuweilen ausschließlich aus allen Sporen eines Keimsporangiums. Beide Anomalien rühren mit großer Wahrscheinlich- keit daher, daß inı Keimsporangium gelegentlich mehrkernige Sporen gebildet werden können.) Die bei den vollkommen aufgespaltenen, tetrakraten Zygosporen erhaltenen Zahlen der Gametensorten sind im großen Durchschnitt für alle vier Sorten etwa die gleichen, doch ist ihre Variabilität um den theoretischen Wert größer, als sie dem Zufalisgesetz entspricht. Dies ist ohne Zweifel auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Gameten ab- geleitete sind, d. h. eine nachträgliche Vermehrung der Kerne nach der Reduktionsteilung stattfand, die bei den verschiedenen Arten verschieden rasch verlaufen ist. Es dürften sich bei den Haploiden in dieser Beziehung viel günstigere Objekte für die Erblichkeitsanalyse finden lassen, als Phycomyces. Die (liploide Phase, das Keimsporangium der Zygospore besitzt einen ausgeprägten Phaenotypus. Die Kreuzung piloboloides -H x piloboloides — gibt nur homo- zygotische piloboloides-Keimsporangien und Descendenz, die von nitens -+ > nitens — nur solche von nitens, selbst wenn beide Elterngameten aus heterozygotischem Keimsporangium stammten. Aus der Kreuzung von Stammform und Variante kann ein hetero- zygotisches Stammform- oder Variantensporangium auftreten. Bei ver- schiedenen Rassen verhält sich die gleiche Eigenschaft zuweilen domi- nant, zuweilen rezessiv, doch ist Dominanz oder Rezessivität meist keine vollständige und nicht bei allen Keimsporangien einer Kreuzung aus- geprägt. Häufig kommen bei der gleichen Kreuzung neben rein domi- Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. 11. 443 nanten oder rezessiven intermediäre Formen vor; in einem Fall wurde durchgehend intermediäres Verhalten konstatiert. Der Gametenausfall hat keinen Einfluß auf Dominanz oder Rezessi- vität eines Merkmals. Ein heterozygotisches piloboloides-Keimsporangium kann reine nitens Nachkommenschaft haben und umgekehrt. Der Aus- fall scheint also meist metagam zu erfolgen. Bei den heterodikraten Keimsporangien ist auch ein syngamer Ausfall möglich, wenn eine der beiden möglichen Formen der Reduktionsteilung unterbleibt. Wäre die vollständige Aufspaltung in den Keimsporangien des Phycomyces eine regelmäßig eintretende, so ließe sich mit Jiesem Pilze mendeln im Sinn dipoloider Organismen. Man könnte die einer diploiden Phase entstammenden Gameten willkürlich kopulieren lassen und aus der nächsten .diploiden Phase auf die Art der Gametenspaltung schließen. Ein wesentlicher Unterschied wäre aber nicht zu vergessen, nämlich der, daß nicht beliebige Gameten kopulieren können, sondern nur jeweils ein + Gamet mit einem — Gameten. Das Merkmalspaar des Geschlechtes würde also beim mendeln mit diploiden Phasen ausfallen. Der haploid diöcische Phycomyces ist diploid monöeisch. Außer den zwei deutlich unterscheidbaren Merkmalspaaren wurden noch eine Anzalıl nur bei der Variante piloboloides regelmäßig fest- stellbare Verschiedenheiten als spaltende Eigenschaften erkannt, deren Analyse noch keine endgültigen Resultate ergab, besonders weil sie auch von nitens vererbt zu werden scheinen, ohne bei dieser Form in die Erscheinung zu treten. An theoretischen Folgerungen lassen sich noch die folgenden erwähnen: Bei haploiden diöcischen Organismen kann eine phänotypische und muß eine genotypische Geschlechtstrennung erfolgen. Bei Diöcisch-diploiden sind phänotypische und genotypische Ge- schlechtstrennung vorhanden, aber die letztere bloß in einem Geschlecht. Bei monöcisch-Haploiden und Diploiden existiert nur eine phäno- typische Geschlechtstrennung. Da bei den Haploiden die Gameten die eigenschaftsbegabte Phase sind, müssen sich komplizierte Aufspaltungen bei ihnen viel leichter be- obachten lassen als bei den diploiden. Die Zahl der in Fi wieder auftretenden, den Eltern gleichen Gameten ist 2° mal so groß, als die der bei den Diploiden in F2 erscheinenden elterngleichen Homo- zygoten, wenn n die Zahl der bei den Eltern verschiedenen Gene bedeutet. 444 H. Burgeff, Anhang 1. Plattenaussaaten verschiedener piloboloides-Rassen. Aussaat einzelner Sporangien am 5. Okt. 1912 (Fig. 12a, 5; Fig. 13 a—%). Piloboloides‘ V 1 (heterocaryotisch). 6. Okt. Keimung regelmäßig. Mycelien in der Größe etwas verschieden ; einzelne sehr klein. Die Mehrzahl etwas rascher wachsend als die aus den Zygosporen stammenden Formen. 7. und 8. Okt. Primäre‘) Träger mit kurzen, fast kugeligen Kröpfen, die fastdoppelt so dick sein können, wie der Kopf (Fig. 12a). Die Aussaat enthielt einige Prozent nitens- Träger. Sekundärewie primäre, aber größer und schmäler (Fig. 13a). 18. Okt. Endsporangien, teilweise mit elongaten Kröpfen. Fig. 12. Primärsporangien dichter Plattenaussaaten. 6. Okt. Keimung regelmäßig, jedoch mit einzelnen aberrativen Mycelien. Wachstum rasch. 7. und 8. Okt. Primäre Sporangien mit diekerem Kropf alsKopf (Fig. 122). Sekundärelangsam nach untenverschmälert. Derleichteinge- sehnürte Kropf etwa so dick wie der Kopf (Fig. 135). 18. Okt. Endsporangien: meist mıt kurzen piloboloides-Kröpfen, wenige schwach elongat, aber stark verdickt mit relativ kurzem Kropf. 6. Okt. Keimung sehr regelmäßig; keine aberrative Mycelien. Mycelien etwas nitens-artig; geweihartig verzweigt. 1) Die Unterscheidung von „primären und sekundären Trägern“ ist so zu verstehen, daß nicht die Träger einzelner Mycelien gemeint sind, sondern die auf der ganzen Platte nacheinander zur Fruktifikation kommenden Serien. „Primäre“ entstehen an dichten, „sekundäre“ an weniger dichten Stellen der Aussaat. „End- sporangien sind ganz zuletzt auf der Platte auftretende, meist dicke Träger lockerer Partien der Aussaat. Die sehr gleichmäßigen sekundären wurden besonders zum Vergleich benutzt und werden abgebildet. Untersuchungen über Variabilität usw bei Phycomyces nitens Kuntze. I. 445 7. und 8. Okt. Primäre Träger und Kröpfe etwasgestreckt; leicht eingeschnürt. dicker wie der Kopf. Sekundäre Träger-Kröpfe verschmälert und größer (Fig. 139. L a d 4 [ Fig. 13. Sekundärsporangien dichter Plattenaussaaten von Formen aus der ersten Zygosporengeneration. 18. Okt. Endsporangien: Kröpfe schmäler, als Kopf, nach unten rasch ver- schmältert, starke sekundäre Verzweigung; einzelne Träger eiongat. gvı 6. Okt. Keimung regelmäßig, doch einzelne aberrative Mycelien, Wachstum rasch. 446 7. und 7. und 7. und 7. und 7. und 8. Okt. 18, Okt. 6. Okt. 8. Okt. 18. Okt. 6. Okt. 8 Okt. 18. Okt. 6. Okt. 8. Okt. 18. Okt. 6, Okt. 8. Okt. 18. Okt. 6. Okt. 8. Okt. 18, Okt. H. Burgeff, Primäre Träger und Kröpfedickerals Köpfe, nach unten langsam verschmälert. Sekundäre ebenso, nurnochlänger verschmälert (Fig. 132). Endsporangien zum Teil elongat. Kröpfe dünner wie Köpfe, In. Keimung sehr regelmäßig. Mycelien sehr dünn, wenig verzweigt. Primäre Sporangien schlecht entwickelt, gekundäre mit meist rasch verschmälertem Kropf, etwas unregelmäßig; sehr kurz (Fig. 13e). Endsporangien mit bis zu 4—5 cm langen, schwarzen unregel- mäßig verdiekten, stark sympodial verzweigten Trägern. Nur einzelne Kröpfe elongat. 18] II 11. Keimung sehr regelmäßig. Primäre Träger mit schlankem, häufig nach oben in eine Spitze verschmälertem Kropf. Sekundäre mit stark verlängertem Kropf, schmäler als der Kopf (Fig. 13 f). Endsporangien mit nach unten verlängerten Kröpfen. Träger unter dem Kropf schwarz. EIBIE:3 Keimung sehr langsam, aber regelmäßig. Primäre Träger, wegen zu wenig dichter Aussaat fehlend. Sekundäre mit schwach verdickten langgezogenen Kröpfen (Fig. 132). Eindsporangien: Träger selten mit dünnen, nach unten verlängerten Kröpfen; meistens typisch elongat; schwarze unregelmäßig aufge- triebene Kröpfe; Köpfe auf langen, sehr dünnen Hälsen. 8] 117. Keimung sehr regelmäßig. Primäre Träger-Kröpfe etwas gestreckt, leicht einge- schnürt. Kropf kaum dicker als Kopf. Sekundäre noch mehrgestreckt, fast nicht eingeschnürt. Kopf dicker als Kropf (Fig. 13%). Endsporangien stark elongat mit langem dünnem Hals. Kropf 10—15 mm unter diesem. Träger sehr dick, stark verkrümmt, selten sekundär verzweigt. Piloboloides-elongatus. XH1, Keimung ziemlich regelmäßig, wenige aberrative Mycelien. Primäre Träger-Kröpfe so dick als Köpfe, wenig eingeschnürt. Sekundäre dünner als Köpfe, lang nach unten verschmälert (Fig. 137), Endsporangien mit elongaten Kröpfen und feinen, bis 15 mm langen Hälsen unter dem Kopf. Fast keine sekundäre Verzweigung. Untersuchungen über Variabilität usw. bei Phycomyces nitens Kuntze. IL 447 Anhang 2. Gekürzte Protokolle in Tabellenform. Zu vergleichende Kulturen von Einzelindividuen auf horizontal erstarrtem Bierwürzagar in 18 mm-Röhren. Rassen des piloboloides aus der Zygospore, Aus- gangsmycelien, nitens-Mycelien, (Hierzu Fig. 7.) Aussaat 26. Februar 1913. Isolierung 27. Februar 1913. Beobachtungen am ! ! | |2. März 1913| 4. März 1913: 6. März 1913:9. März 1913| 16. März 1913 N ! piloboloides 3-8) 25-30 30—40 40—50 |wenig sekun- XXXIV. 1. regelmäßig Köpfe reif | Köpfe reif | däre Ver- (hetero- verkrümmt 40--50 8095 zweigung earyotisch) |! j f 6 V. 3. 2-5 12—20 50.58 80—90 |wenigsekun- — Köpfe reif Köpfe reif | däre Ver- 25 —32 zweigung, einzelne Trä- ger schwach ! elongat 3] w.ı. 3—6 15—27 50-56 | 75-80 [wenig sekun- — regelmäßig | regelmäßig | regelmäßig ! Köpfe reif, | däre Ver- verkrümmt | verkrümmt | verkrümmt | regelmäßig | zweigung \ verkrümmt | u H un [ {si VIIL 1. 3-6 17—24 40—46 73—75 [wenig sekun- —. regelmäßig ! regelmäßig | regelmäßig | Köpfe reif, | däre Ver- verkrümmt | verkrümmt . verkrümmt | regelmäßig | zweigung, | verkrümmt | wenig elon- | gate Träger ®@] v.n| 0 3-6 5--10 10-22 20-31 — KöpfebalbreifiKöpfe halbreifl |Köpfebalbreif na] vr. ww | 20-90 | 70-75 | sekundäre — regelmäßig | regelmäßig | regelmäßig | Köpfe reif | Verzweigung verkrümmt | verkrümmt | verkrümmt i | | | rn A 10 20-30 | 45-50 | __75--80 | Köpfe reif, — | regelmäßig | regelmäßig | regelmäßig | Köpfe noch schwache | verkrümmt | verkrümmt ! verkrümmt unreif, |! sekundäre | regelmäßig !Verzweigung, | verkrümmt |elongate Äste Bi vr. 1-5 15-22 | 30-40 l 60-65 | Köpfe reif, — regelmäßig | regelmäßig | Köpfe noch | zahlreiche | verkrümmt | verkrümmt unreif, | sekundäre | | regelmäßig |elongate Äste ji verkrämmt 1) Die Zahlen bedeuten die Länge der Träger in Millimeter. 448 H. Burgeff, 2. März 1913|4. März 1913| 6. März 1913 |9. März 191316. März 1913 l 1 22 V.22. 6 30-35 55—63 70—85 wenig sekun- — regelmäßig | Köpfe reif, | Köpfe reif, | däre Äste, verkrümmt | regelmäßig | regelmäßig elongat verkrümmt | verkrümmt piloboloides — 8 30-35 36-64 9095 | I wenig elon- elongates regelmäßig | regelmäßig | Köpfe reif, | Köpfe reif, |gate sekun- XI 1. verkrümmt | verkrümmt | regelmäßig | regelmäßig | däre Äste, verkrümmt | verkrümmt nitens Cl. + 16—18 100 Nach- Nach- vI Köpfe reif zügler‘) zügler nitens St. — I. Serie: I. 100 Nach- Nach- VI. 20—30 II 60-80 zügler zügler Köpfe reif, | Köpfe reif ! II. Serie: | 10—12 ! 1) Auch bei den meisten piloboloides-Formen kommen einzelne Nachzügler vor, die hier aber die Länge der einen Hauptserie nicht mehr zu erreichen pflegen; nitens Cl. + verhält sich hier in der engen Röhre wie piloboloides und erzeugt nur eine Serie. Herrn Geheimrat Prof. Dr. v. Goebel bin ich vor allem für sein meinen Arbeiten stets entgegengebrachtes Interesse und die Benützungs- möglichkeit der Hilfsmittel des neuen Kgl. botanischen Instituts in München-Nymphenburg zu besonderem Danke verpflichtet. München, im Mai 1915. Der Verfasser. Über die Giftwirkung der Lithiumsalze auf Pflanzen. Von H. Frerking. Aus der biochemischen Abteilung des Botanischen Instituts in München. Schon vor langer Zeit hat Nobbe!) beobachtet, daß Lithiumsalze eine Giftwirkung auf Pflanzen ausüben, als er die Frage behandelte, ob die Funktionen des Kaliums auch durch Natrium oder Lithium aus- geübt werden könnten. In Nobbe’s Versuchen mit Buchweizen war Lithiumeblorid in der Nährlösung sowohl an Stelle von Kaliumchlorid verwendet worden, als auch neben Kaliumchlorid. Der Gehalt der Lösung an Lithiumchlorid betrug 0,12 p. m. In dem ersteren Falle starben die Keimpflanzen nach einigen Wochen ab, ohne weitere Entwicklung nach Entfaltung der Keimblätter zu zeigen. Im letzteren Falle jedoch ent- wiekelte sich noch ein schmächtiger Stengel mit einigen Blättern, aber diese blieben bleich, rollten sich nach oben ein und starben noch vor der Blütenentwicklung ab. Wie Nakamura 2) bei Versuchen mit Gerste und Erbse fand, hat Lithium in geringen Mengen eine mäßig stimmulierende Wirkung. Bei 0,01 g Lithiumnitrat pro Kilogramm Boden war diese Wirkung nur gering, aber deutlich bei 0,1 g pro Kilogramm Boden. Größere Dosen wirkten schädlich. Versuche mit Weizen wurden von August Völcker ®) beschrieben; er fand, daß 0,001°/, Lithium im Boden die Ernte an Weizenkörnern von 100 auf 192 erhöhen kann, daß aber schon 0,003°/, schädlich wirken. Seine Versuche mit Gerste, Senf, Erbsen und Klee ergaben ebenfalls eine starke Giftwirkung der Lithiumsalze. Der Grad der Giftwirkung hängt natürlich auch davon ab in welchem Maße das Lithium in einem Boden absorptiv gebunden wird. Darauf mag die Verschieden- heit des von Völeker beobachteten Giftgrades und des von Nakamura beobachteten beruhen. Auch die vorhandene Kalkmenge bedingt Unter- schiede (s. unten), Nach einer Beobachtung von O. Loew‘) starben Maiskeimlinge, denen das Endosperm genommen war, in einer Lösung von 0,17% 1} Landwirtschaftl. Versuchsstation, Bd. XIII, pag. 320 u. 401. 2) Bulletin, College of Agriculture, Tokyo, Bd. VI, pag. 153. 3) Report of 1912 of the Woburn Experiment Station, London. 4) Nach einem noch nicht veröffentlichten Manuskript. BD Flora, Bd. 108. 2U 450 H. Frerking, Lithiumnitrat in 8 Tagen ab, ohne daß eine Spur von Entwicklung stattgefunden hatte, die Kontrollkeimlinge jedoch entwickelten sich normal weiter. Ferner wurde von ihm beobachtet, daß Fäden von Spirogyra majusceula zwar in einer 1°/,igen Lösung von Lithiumnitrat in 1—2 Tagen zugrunde gehen und in manchen Zellen schon nach 3 Stunden sich Form und Lage des Zellkerns verändern, aber die Giftwirkung nimmt bei fortschreitender Verdünnung verhältnismäßig rasch ab und in einer 0,2%,,igen Lösung starben die Zellen erst nach 3—4 Wochen ab. In einer 0,5°%,igen Lösung von Lithiumnitrat starb Spirogyra erassa unter Kontraktion des Inhalts nach 4—5 Tagen ab. Etwas langsamer verloren die Zellen von Spirogyra majuscula ihren Turgor. Die erste deutliche Schädigung trat auch hier am Zellkern ein, welcher unter Trübung sich kontrahierte, auf diese Weise mit seinen Plasma- strängen die Clorophylibänder an sich heranzog und infolgedessen nicht nur eine Einschnürung des Zytoplasmas im zentralen Teil der Zellen bewirkte, sondern auch die spiralige Anordnung der Chloroplasten voll- ständig änderte. So veränderte Zellen konnten indessen den Turgor des Zytoplasmas noch einige Tage aufrechterhalten wie die Plasmolyse mit 10°/,iger Salpeterlösung ergab. Bokorny) beobachtete bei Keimlingen eine schädliche Wirkung von Lithiumsulfat bei 0,05°/,, bei Rubidium Sulfat bei 0,5°/, und bei Cäsiumsulfat bei 0,1°/,. Es schien nun von hohem Interesse, durch weitere Versuche zu entscheiden, ob die Ursache der Giftwirkung der Lithiumsalze eine ähnliche sei wie die der Magnesiumsalze, welche nur bei denjenigen Pflanzen beobachtet wird, die ohne Caleium nicht lebensfähig sind, nämlich bei allen Pflanzen von den höheren Algen an aufwärts. Bei diesen Pflanzen können ferner Calziumsalze die Giftwirkung der Magne- siumsalze aufheben und diese können daher ihre physiologischen Funk- tionen nur bei Gegenwart von Calciumsalzen ausüben. Bei den nieder- sten Algen und Pilzen jedoch, welche Calcium zu ihrem Leben nicht benötigen, üben auch Magnesiumsalze keine Giftwirkung aus. Trotzdem nun Magnesiumsalze Nährstoffe sind, Lithiumsalze aber nicht, kann doch die Giftwirkung auf derselben Ursache beruhen, näm- lich auf der Verdrängung des Caleiums im Zellkern durch Magnesium bzw. Lithium. Es kann aber auch sein, daß Lithium nicht nur Calcium verdrängt, sondern auch das Magnesium aus dem Molekül des Chloro- 1) Biochem. Zeitschr., Bd. L, pag. 101. Was Tiere betrifft. so fand Richet, daß die Lithiumsalze weit giftiger wırken als Kaliumsalze. Über die Giftwirkung der Lithiumsalze auf Pflanzen. 451 phyllfarbstoffes, in welchem ja nach Willstätter das Magnesium eine wesentliche Rolle spielt. Meine ersten Versuche wurden mit jungen Gerstenpflanzen in Wasserkultur ausgeführt. Die Nährsalze bestanden aus 0,01°/, Ammonium- sulfat, 0,1%, sekundärem Kaliumphosphat und Spuren Eisenvitriol. A. erhielt noch O,1°/, Lithiumnitrat, B „ » 0,1°/, Lithiamnitrat + 0,3°/, Caleiumnitrat, ©, » 0,1%, Magnesiumnitrat, D. „ » 0,1°/, Lithiumnitrat + 0,1°%/, Magnesiumnitrat + 0,3°%/, Caleciumnitrat, Schon nach einer Woche zeigte sich bei Probe A. die Giftwirkung des Lithiams. Die Blätter waren sämtlich eingerollt und an der Spitze eingetrocknet und zeigten teilweise gelbe Flecken. Die Blattscheiden waren bis zu einem gewissen Grad losgelöst, die Stengel blaß und dünn. 8 Tage darauf waren diese Pflanzen total abgestorben. In dem Falle B., in welchem neben Lithium noch Caleium vorhanden war, zeigten die Pflanzen nach 8 Tagen noch keine deutlichen Spuren von Schädi- gung, erst nach 22 Tagen traten solche in die Erscheinung; sie waren nach 40 Tagen abgestorben. Diese Pflanzen hatten in den ersten beiden Wochen noch sechs neue Blättchen gebildet, sie waren jedoch gelbgrün geblieben. Der Vergleich von Probe C. mit Probe A. ergab, daß Magnesiumsalze bei Ausschluß von Caleium nicht in demselben Grade giftig wirken, als Lithiumsalze es tun unter gleichen Umständen; denn die Pflanzen waren nach 8 Tagen noch scheinbar ganz normal. Erst nach weiteren 8 Tagen machten sich bei C. ebenfalls starke Giftwirkungen bemerklieh, vor allen durch Gelbwerden der Blätter. Dann begann ein langsames Verdorren und jede weitere Entwicklung blieb sistiert. Was die Gruppe D. betrifft, so blieben die Pflänzchen 4 Wochen lang normal und trieben 6 neue Blättchen; aber dann traten auch hier Vergiftungserscheinungen auf und die Pflanzen starben ab. Beim nächsten Versuch wurde eine stärkere Salzkonzentration verwendet. Eine Anzabl Pflanzen von Lamium album wurden zur Blütezeit aus der Erde gehoben, die Wurzel sorgfältig gereinigt, und in folgende Lösung eingesetzt, je 4 Exemplare: I erhielt 0,3%, Lithiumnitratlösung, I. „ 0,3°, Lithiumnitrat + 0,3°/, Magnesiumnitrat, IL ,„ 03°, Lithiumnitrat + 0,3%, Caleiumnitrat, IV. „ 0,3°/, Magnesiumnitrat + 0,3°/, Caleiumnitrat, V. war Kontrollversuch mit destilliertem Wasser. aye 452 H. Frerking, Schon nach 3 Tagen waren die Pflanzen unter I. und I. voll- ständig tot, die Blätter waren sämtlich eingerollt und vertrocknet. Die Stengel waren verwelkt und die Wurzeln ohne Turgor. Bei Probe III hatte das Caleium die Giftwirkung nur mildern, jedoch nicht ganz auf- heben können. Eine Pflanze war noch wenig angegriffen, die anderen jedoch zeigten schon einige krankhafte Veränderungen. Bei Probe IV. und dem Kontrollversuch waren die Pflanzen vollständig normal. Ein ebensolcher Versuch mit Agropyrum repens sowie mit einem Moose (Hypnum sp.) gab im wesentlichen das gleiche Resultat. Ein weiterer Versuch wurde mit Polytrichun: in verdünnter Lithiumsalzlösung ausgeführt. Die Pflänzchen, die sorgfältig gewaschen und von aller Erde befreit waren, wurden einerseits in eine Lösung (2) von 0,1°/, Lithium- nitrat gelegt, andererseits (5) in eine, welche neben diesem Salz noch 0,1°/, Caleiumnitrat enthielt. Nach einer Woche zeigten die Pflanzen (a) ein Verblassen der Endtriebe und sehr geringe Assimilationstätigkeit (Sauerstoffbläschen) im Licht, während die Pflanzen (3) ein sehr schönes Grün und rege Assimilationstätigkeit aufwiesen. Nach 2 weiteren Wochen waren die Pflanzen (z) völlig braun geworden und ohne jede Assimilationstätigkeit, die Zellen zeigten kontrahiertes Plasma und färbten sich leicht mit Anilinfarbstoffen. Die Pflanzen (ö) aber ver- bielten sich noch normal, erst einige Wochen später wurden die Spitzen blasser und fingen an zu kränkeln, um dann allmählich abzusterben. Um nun das Verhalten von calciumfreien niederen Formen in dieser Hinsicht zu prüfen, impfte ich Zellen von Scenedesmus!) und Chlorella in folgende Lösungen: 1. 0,1%, Magnesiumnitrat, 2. 0,1°/, Lithiumnitrat, 3. 0,1%, Lithiumnitrat + 0,1%, Magnesiumnitrat, 4 0,5%, Lithiumnitrat + 0,2°/, Magnesiumnitrat, 5. 1,0°/, Lithiumnitrat + 0,2°/, Magnesiumnitrat. Außer diesen Salzen waren noch äußerst geringe Mengen von Monokaliumphosphat, Magnesiumsulfat und Eisensulfat zugesetzt worden. In sämtlichen Proben ging beträchtliche Vermehrung vor sich, am besten bei den Proben 1, 2 und 3, aber selbst die relativ konzentrierten Lösungen 4 und 5 konnten die Entwieklung nicht verhindern und die Algenzellen bedeckten innerhalb 2 Wochen die Wandungen des Glases 1) Nach einer Beobachtung von O. Loew kann sich Scenedesmus in kalkfreier Nährlösung entwickeln. Über die Giftwirkung der Lithiumsalze auf Pflanzen. 453 mit einer grünen Schicht. Chlorella hatte sich bier stärker vermehrt als Scenedesmus. Bei einem weiteren Versuche wurde zu 100 cem Schlammwasser, das eine Anzahl Wasserschnecken, Egel, Infusorien und Algen ent- hielt, 1 g Lithiumnitrat gesetzt. Nach einer Woche waren alle Tiere um die höheren Algenformen, auch Diatomeen, abgestorben. Lebend jedoch blieben außer Bakterien noch Scenedesmus und Chlorella. Bei 0,1°/, trat in diesem Wasser die Einwirkung etwas langsamer ein, indessen war auch hier nach 8 Tagen im wesentlichen dasselbe Resultat zu beobachten. Nur bei Amöben zeigte sich noch eine sehr schwache Bewegung, wahrscheinlich war das Absterben aber sehr nahe. Der folgende Versuch sollte entscheiden, wie sich Penicillium glaucum gegen Lithium verhält. Es wurde folgende Nährlösung be- reitet: 400 cem Wasser, 4 g Rohrzucker, 1 g KH,, PO,; 0,1 g MgSO;; 05 g KNO,. Diese Lösung wurde auf vier Kolben verteilt, von denen zwei je 0,2°/, Lithiumnitrat erhielten und zwei zur Kontrolle dienten. Alle vier Kolben wurden nach dem Sterilisieren mit Penicillinm-Sporen geimpft. Nach 2 Wochen waren üppige Schimmeldecken in allen vier Proben gleichgut entwickelt. Resultat: Es zeigt sich, daß Lithium ganz in Übereinstimmung mit Magnesium nur auf caleiumbedürftige Organismen als Gift wirkt, auf die calciumfreien niedersten Algen und Pilze jedoch nicht. Die Gift- wirkung des Lithiums ist stärker als die des Magnesiums. Während die Magnesiumwirkung durch Kalksalze wieder vollständig aufgehoben werden kann, findet bei der Giftwirkung der Lithinmsalze nur eine Verzögerung aber keine Aufhebung durch Caleiumsalze statt. Druck von Ant. Kämpfe, Jona.