r QRN REN yacı FLORA ODER ALLGEMEINE BOTANISCHE ZEITUNG FRÜHER HERAUSGEGEBEN VON DER KGL BAYER. BOTANISCHEN GESELLSCHAFT IN REGENSBURG NEUE FOLGE. VIERZEHNTER BAND (DER GANZEN REIHE 114. BAND) HERAUSGEGEBEN VON DR. K. GOEBEL PROFESSOR DER BOTANIK IN MÜNCHEN MIT 87 ABBILDUNGEN IM TEXT JENA 1921 Alle Rechte vorbehalten. | Inhaltsverzeichnis. Seite BUCHHOLZ, MARIA, Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen monokotyler Sprosse Mit 12 Abbildungen im Text. . . . 119-186 EWALD, ELISABETH, Beiträge zur - Kenntnis der "Sogenannten Schwimm- hölzer. . . . 394-400 GAISBERG, E. v., Boiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riccia 262—277 GOEBEL, K., Morphologische und biologische Bemerkungen. 31: Gelenk- ranken. Mit 2 Abbildungen im Text . . . 306—312 GOEBEL, K., ZurOrganographie der Lemnaceen. Mit 12 Abbildungen imText 278—305 HERZFELDER, HELENE, Experimente an Sporophyten von Funaria hygrometrica. Mit 3 Abbildungen im Text . . . . 385—393 JANSE, J. M., Ein Binttsteckling von Camellia japonica mit Adventiv. knospe. Mit 1 Abbilduug im Text . . . . 401—404 REICHE, KARL, Die physiologische Bedentung des anatomischen Banes der Crassulaceen. Mit einem Anhang: Zur Kenntnis von Seneeio praecox DC. Mit 4 Abbildungen im Text . . . . . . . 249-261 REICHE, KARL, Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. Mit 9 Ab- bildungen im Text . . nn. 232-248 RIEDE, WILHELM, Untersuchungen über Wasserpflanzen. "Mit 3 Ab- bildungen im Text . . 1-18 SANDT, WALTER, Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. Mit 14 Ab- bildungen im Text . . . nn. 329-984 SUESSENGUTH, KARL, Bemerkungen. zur meiotischen und somatischen Kernteilung bei einigen Monokotylen. Mit21 Abbildungen im Text 313—328 WALTER, HEINRICH, Über Perldrüsenbildung bei Aunpeltdeen. Mit 6 Abbildungen im Text - : : 2200. 2 + 187291 Untersuchungen über Wasserpflanzen. Von Wilhelm Riede. Mit 3 Abbildungen im Text. Inhaltsübersicht. A. Beiträge zur Kenntnis der Aponogetonaceen. B. Untersuchungen über die beiden unsicheren Arten Elodea densa und crispa. GC. Beiträge zur Kenntnis der Wasserbewegung bei Hydrophyten mit besonderer Berücksichtigung der Hydropoten. A. Beiträge zur Kenntnis der Aponogetonaceen. I. Einleitung. Die Monocotylengattung Aponogeton ist aus verschiedenen Gründen von Interesse. Während bei einigen Arten der Blütenbau dem normalen Monoeotylentypus entspricht, sind andere Arten mit dorsiventralen Blütenständen und abweichenden Zahlenverhältnissen in der Blüte aus- gestattet. Die Sproßfolge, die zuerst von Engler eingehend untersucht wurde, weist ebenfalls bemerkenswerte Eigentümlichkeiten auf, die einer Nachprüfung wert erschienen. Die anatomischen Verhältnisse, die von Sergueeff für zwei Arten beschrieben worden sind, bedurften einer- seits der Vervollständigung, andererseits mußten sie für noch nicht untersuchte Arten klargestellt werden. Aber im besonderen versprachen Experimente über die Bedingungen der Heterophyllie, über die noch garnicht beachtete Entfaltungsbewegung der Infioreszenzen und über das Verhalten in verschiedenen Wassertiefen wie auf dem Land neue Bei- träge zur Kenntnis der Gattung zu liefern. In drei Florengebieten ist die Gattung Aponogeton, die einzige Gattung der Familie der Apono- getonaceen, bis jetzt festgestellt worden. In Afrika, auf Madagaskar, in Indien und Australien kommt sie im Süßwasser vor — bald in Teichen und Tümpelo, bald in Bächen und an Flußrändern. Zur Untersuchung standen mir von den afrikanischen Arten Aponogeton distachyus und Dinteri, von den madagassischen ulvaceus und fenestralis, aus dem vorderindischen Monsumgebiet Aponogeton natans zur Verfügung — Pflanzen, die zugleich die beiden biologischen Typen der submersen und der schwimmblattbildenden Form darstellen. Von Aponogeton natans und fenestralis hatte ich nur wenig Material. Die von den anderen Flora, Bd. 114. ı 2 Wilhelm Riede, Arten — besonders von Aponogeton distachyus — vorhandenen Mengen boten Gelegenheit zu umfangreichen Versuchen. IL Morphologisch-entwieklungsgesehichtlicher Teil. a) Vegetative Organe. 1. Aponogeton distachyua, Die Keimung von A.d. wurde bereits von Hildebrand beschrieben. Meine Beobachtungen stimmen in der Hauptsache mit denen von Hildebrand überein. Die in der Nähe der Oberfläche, aber stets unter Wasser reifenden Früchte lösen sich nach Eintreten der Reife an ihrer Basis ab. Die Fruchtschale rollt sich, nachdem sie sich in mehrere Zipfel gespalten hat, nach außen auf und entläßt die meist in Zweizahl entwickelten Samen. Diese steigen vermöge der silberigen, lufthaltigen Samenhülle an die Wasseroberfläche empor. Die Samen- schale ist mehrschichtig (meist etwa 6—7 Zellenlagen); ihre Epidermis läßt an einigen Stellen spiralige Verdickungsleisten erkennen. Das Parenchym ist sehr reich an luftführenden Interzellularräumen. Nach einer kurzen Schwimmperiode, in der die Verbreitung ermöglicht ist, wird die Hülle von dem wachsenden Keimling an der Basis gesprengt, so daß ein Herabsinken zum Boden erfolgt, wo die normale Entwicklung ihren Fortgang nimmt. Der Keimling mit seinem dunkelgrünen, etwa 1 cm langen, plattgedrückten, stärkereichen Cotyledo, der von einem axilen Gefäßstrang durchzogen wird, verankert sich mittels seiner Hauptwurzel und des an der Basis der Wurzel stehenden Kranzes von einzelligen Haaren im Substrat. In der Achsel des Cotyledo wie aller folgenden Blätter stehen in unregelmäßiger Anordnung und wechselnder Zahl lange, schmale, aus zwei Zellreihen aufgebaute Intravaginalschuppen. Lotsy verneint das Vorkommen der Intravaginalschuppen bei den Aponogetonaceen uud hebt diese Ausnahme in’der Reihe der Helobier besondere hervor. Ich fand die Achselschüppchen bei allen Arten ent- wickelt. Das Vorkommen dieser trichomatischen Gebilde, die bei sehr vielen Wasserpflanzen innerhalb des verbreiterten Blattgrundes stehen und sicherlich als Schleimorgane fungieren, ist an jungen Blättern überall zu konstatieren. Da sie an älteren Blättern schwinden, liegt es nahe, sie als Schutzorgane für die jungen Organe zu deuten. Das erste, meist rundliche Blatt tritt aus einer Spalte des Keimblattes hervor. Wenn Lotsy behauptet, daß man das „sogenannte erste Blatt als Cotyledo auffassen kann“, so läßt sich das mit den anatomischen Be- funden und den entwicklungsgeschichtlichen Verhältnissen nicht ver- einbaren. Auch die Zeichnungen von Dutailly, aus denen Lotsy Untersuchungen über Wasserpflanzen. 3 diesen Schluß zog, lassen die bestehenden Unterschiede deutlich erkennen. Das erste Blatt ist von sehr einfachem Bau und läßt jede Differenzierung des Grundgewebes vermissen. Drei Gefäßstränge, die auf ihrer ganzen Länge von Milchgefäßen umgeben sind, durchziehen das Blatt und ver- einigen sich an der Spitze. Im Alter des Blattes stirbt dann das kleinzellige Gewebe über dem Tracheidengewirr ab, so daß eine Apical- öffnung entsteht. Die Epidermis ist chlorophylihaltig und weist im Gegensatz zu der aus ganz gleichmäßigen Elementen zusammengesetzten Oberhaut des Cotyledo. in der Nähe der Spitze einige Spaltöffnungen und über den Nerven einige charakteristische, 2—3 Zellen breite und etwa sechs Zellen lange Gruppen auf, die von Mayr an einer großen Anzahl Wasser- und Sumpfpflanzen festgestellt und mit dem Namen Hydro- poten belegt worden sind. Häufig haben diese Zellgruppen, deren Mem- branen sich mit Gentianaviolett leicht färben lassen, nicht die bei älteren Blättern stets zu beobachtende regelmäßige Gestalt; sie finden sich auch nicht immer unmittelbar über den Gefäßen. Der wichtigste Bestandteil dieser Organe sind die von der Umgebung durch relativ geringe Dimen- sionen ausgezeichneten Epidermiszellen, die infolge chemischer Verände- rung ihrer Membran für Wasser permeabel geworden sind. Die nach Auflösung der Cuticula eingelagerte Substanz, die Farbstoffe leicht speichert und in konzentrierter Schwefelsäure unlöslich ist, läßt den Nachweis von Hydropoten leicht erbringen. Nach der Einteilung von Mayr sind die hier vorkommenden länglichen, meist über den Nerven auftretenden Oberhautorgane als lange Hydropoten zu bezeichnen. Die physiologische Bedeutung dieser Organe, die nach Mayr Wasser und Nährsalze aufnehmen und darum auch den Namen „Wassertrinker“ führen, will ich im letzten Abschnitt dieser Abhandlung an Hand des ge- sammelten Tatsachenmaterials kurz erörtern. Das zweite Blatt von A. d., das meist eine Länge von 10 cm erreicht, hat dieselben Merkmale wie das erste Blatt; es ist aber band- förmig und läßt deutlich Oberseite und Unterseite erkennen. Die ober- seits auftretenden Stomata sind zahlreicher, die Hydropoten auf der Blattunterseite länger; sie verlaufen sogar an manchen Blättern kon- tinuierlich über den drei Nerven. Es treten auch vereinzelt einige kurze Hydropoten zwischen der Nervatur auf. Sehr spät — eigentlich erst kurz vor dem Absterben des Blattes — tritt an der Spitze eine Scheitel- öffnung auf. Das aus vier- Zellagen bestehende Blatt ist ein typisches Bandblatt, so daß sich nicht ein Unterschied zwischen Stiel und Spreite konstruieren läßt, wie das Sergu&efi macht. Ich halte auch den von Sergu6eff angeführten Vergleich des ersten Blattes mit einer 1» 4 Wilhelm Riede, die folgenden Blätter umschließenden Coleoptile nicht für richtig, kann auch die Beobachtung, daß die Unterseite der Primärblätter Spaltöffnungen führe, nicht bestätigen. Keimt die Pflanze in etwa 20 cm tiefem Wasser, so folgt gewöhnlich nach drei grasartigen Blättern das erste Übergangsblatt; die kleine, derbe Spreite öffnet sich, da der Blattstiel die Oberfläche nicht erreicht, unter Wasser. Die Leitbündel, die wie bei den ersten Blättern von Milchgefäßen umgeben sind, zeigen meist Fünfzahl; sie laufen an der Spitze zusammen. Bei älteren Blättern, die bereits Spuren des Absterbens erkennen lassen, findet man an dieser tracheidenreichen Stelle der Blattunterseite einen Porus. Die Oberseite besitzt reihenweise angeordnete Stomata und führt im Gegensatz zum Folgeblatt Chlorophyll. Bei Kultur in ganz seichtem Wasser, wo das erste Schwimmblatt die Oberfläche erreicht, bleibt. die Epidermis der Oberseite chlorophylifrei. Die Unterseite hat nur an der Spitze einige Spaltöffnungen, ist aber von zahlreichen langen und kurzen Hydropoten besetzt. Die Palisaden unter der oberen Epidermis sind infolge der abgeschwächten Beleuchtung unter Wasser niedrig. Die Beobachtung Sergu6effs, daß sich die Spreite nur selten aufrollt, kann ich nicht bestätigen. Im Licht breitet sich das Blatt stets aus. Nur bei im Dunkeln kultivierten Pflanzen blieben die Spreiten eingerollt. Der Cotyledo ist nach Verbrauch der Reservestoffe abgefallen. Aus dem hypocotylen Glied, das zu einer kleinen Knolle angeschwollen ist, sprossen zahlreiche Adventivwurzeln. Die Hauptwurzel geht bald zu- grunde. Wenn Krause behauptet, „Wurzelhaare fehlen wie bei den meisten Wasserpflanzen fast vollständig“, so ist das nicht ganz zutreffend. A.d. wie auch die anderen von mir untersuchten Arten besitzen an ihren von einem zentralen Strang durchzogenen Wurzeln ziemlich reichlich Haare. Nach einigen Übergangsblättern, deren Stiel und Lamina von Blatt zu Blatt länger wird, bilden sich typische Schwimmblätter. Die ganzrandige, derbe, hilaterale Spreite ist in ihrer Oberseite Licht- und Luftblatt, in ihrer Unterseite Schatten- und Wasserblatt. Diese Eigen- tümliehkeit ist in der ganzen Struktur ausgeprägt. Die gestaltbildenden Faktoren Licht, Luft und Wasser haben. weitgehende Unterschiede bewirkt. Die obere Epidermis, die eine ganz feine Wachsschicht und eine dünne Cuticula besitzt, ist chlorophylifrei und mit einer sehr großen Anzahl in Reihen angeordneter Spaltöffnungen bedeckt. Es folgen 2-—3 Lagen von Palisadenzellen und eine Schicht von interzellularreichem Schwammparenchym. Ein lakunöses Gewebe mit großen Lufträumen, wie es bei den Schwimmblättern von Potamogeton natans vorkommt, ist hier nicht ausgebildet. Die Epidermis -der Unterseite führt in der Untersuchungen über Wasserpflanzen. 5 Nähe der Spitze einige Stomata. Die Feststellung von Serguseft, daß die Unterseite stets völlig ohne Spaltöffnungen sei, entspricht nicht den Tatsachen. Über den Nerven erster Ordnung sind lange Hydro- poten, über den Nerven zweiter und dritter Ordnung kurze Hydropoten entwickelt. Aber die Beziehungen zu den Nerven sind häufig verwischt, öfters treten zwischen ihnen Hydropoten auf — eine Tatsache, die Mayr, da ihm nur Herbarmaterial zur Verfügung stand, nicht erkennen konnte. Diese Zellgruppen sind nicht nur bei A. d., sondern auch bei anderen Pflanzen — z. B. Arten der Gattungen Limnanthemum, Trapa, Villarsia, Sagittaria, Nelumbium — auch makroskopisch durch besondere Farbennüanzierung leicht zu erkennen. Läßt man die Blätter kurze Zeit auf einer Gentianaviolettlösung schwimmen, so treten diese Organe mit großer Deutlichkeit hervor. An dem an Luftgängen reichen Blatt- stiel befinden sich lange Hydropoten, die in Reihen angeordnet über den Gefäßsträngen stehen. Der Blattstiel ist von drei größeren und einer Anzahl von kleineren peripherischen Leitbündeln durchzogen. Meist kommen in jedem Bündel neben einem Luftgang 2—3 Spiralgefüße und eine Gruppe von Cribralelementen vor. Wenn das eingerollte Blatt die Wasseroberfläche erreicht, sind die Hydropoten noch nicht zu beobachten. Lange besteht die Epidermis aus gleichmäßigen Zellen. In der Nähe des Mittelnerven findet man später die jüngsten Hydropotenstadien, kleine Gruppen oder schmale Reihen von besonders plasmareichen Zellen, die sich jedoch in ihrer Form von der Umgebung nicht unterscheiden. Wenn dann in der Epidermis die Teilungen eingestellt werden, beginnen diese stofferfüllten Zellen sich intensiv in der Richtung der Längsachse und senkrecht dazu zu teilen. Sie strecken sich und lassen nach Erreichen der end- gültigen Größe eine leichte Vorwölbung erkennen. In dem Maße wie sich die Spreite ausbreitet, schreitet die Bildung der Hydropoten zum Rand hin fort. Erst wenn das Blatt schon vollkommen entfaltet ist, erfolgt die Einlagerung der Imprägnierungssubstanz in die Zellwände der Epidermis — ein Vorgang, der seinen Abschluß mit der chemischen Veränderung der Cutieula findet. Über die Natur dieser zwischen die Zellulosemolekülgruppen eingelagerten Substanz läßt sich nichts Sicheres sagen. Betreffs der chemischen Reaktionen verweise ich auf die Arbeit von Mayr. Die Zellen des Mesophylis unter der Hydropote sind kleiner als die regulären Zellen derselben Schicht. Es scheint hier eine Aus- nahme vorzuliegen, da Mayr bei fast allen Hydropotenpflanzen die hypodermaien metamorphosierten Zeilen groß und weitlumig, größer als die übrigen Zellen derselben Schicht fand. Die rechteckigen, lücken- 6 Wilhelm Riede, los aneinander stoßenden inneren Hydropotenzellen haben meist nur die nach außen gekehrten Wände imprägniert. Während die Entwicklung bei dem Blatte von der ‚Spitze zur Basis fortschreitet, geht die Hydro- potenentwicklung am Blattstiel von unten nach oben vor sich. Die parallel laufenden Nerven des Blattes vereinigen sich an der Spitze und lassen bei einem älteren Blatte in einer nicht weit von der morpho- logischen Spitze entfernt liegenden Hervorwölbung der Unterseite ein kleines Grübchen erkennen, in das einige Spiraltracheiden hineinragen. Auf einem Längsschnitt zeigen die durch Tracheiden vermehrten Gefäß- endigungen in der Nähe der Blattspitze einen rechtwinkligen Knick und stoßen unmittelbar an die Epidermis der Unterseite, die, wie schon Minden feststellte, in einigen Zellen tracheidalen Charakter annehmen kann. Jedoch nicht bei allen Blättern fand ich verholzte Spiralver- diekungen in diesen Epidermiszellen. Beinormalen ausgewachsenen Blättern ist die Epidermis unversehrt. Erst wenn das Blatt abzusterben beginnt, kommt durch Auflösung einiger Epidermiszellen eine Öffnung zustande. Meine stets negativen Versuche, durch die sogenannte Apicalöffnung Wasser zu pressen oder im feuchten Raum eine Ausscheidung zu beob- achten, lassen mich in Übereinstimmung mit den anatomischen Befunden zu der Überzeugung kommen, daß normal nur die Hydropoten eine secernierende Tätigkeit haben, durch die Spitze aber erst, wenn das Absterben des Blattes beginnt, Wasser und Exkrete abgesondert werden. Bei den von Weinrowsky untersuchten Wasserpflanzen — ich will nur Ceratophyllum, Myriophyllum, Hippuris, Alisma erwähnen — tritt die Scheitelöffnung sehr frühzeitig auf. Nur bei Rannuculus aquatilis und Potamogeton natans, Pflanzen, deren mit Wasser in Berührung stehende Oberhaut ganz aus Hydropotenzellen zusammengesetzt ist, vollzieht sich die Bildung des Porus erst an älteren Blättern. Es hat darum der Schluß, daß für Gewächse mit Hydropoten die Apical- öffnungen im allgemeinen von untergeordneter Bedeutung sind, eine gewisse Berechtigung. 2. Aponogeton Dinteri. Die Frucht von A.D. enthält meist sechs Samen, die zwei Samen- schalen besitzen. In den Epidermiszellen der äußeren Samenschale ist stets die innere Hälfte der Seitenwände und öfters die Mittelpartie der inneren Querwände durch Anlagerung von Suberinlamellen ver- stärkt. Daneben kommen noch schmale, spiralige Verdickungsleisten vor. Die am Samen makroskopisch sichtbaren Längsrippen sind an der Außenseite verdickte Epidermiszellen. Eine sehr interzellular- Untersuchungen über Wasserpflanzen, 7 reiche, 1—2 Zellreihen dieke Parenchymschicht befindet sich unter dieser seltsamen Oberhaut. Die innere einschichtige Samenhülle besteht aus sehr inhaltsreichen Zellen. Die Keimung geht in der von Wettstein an A. Bernierianus beobachteten Weise vor sich. Während der Keim- ling von A. d. beim Aufplatzen der Hülle zu Boden gleitet, wird der von A. D. durch die leichte auf der Oberfläche schwimmende äußere Schale noch längere Zeit in vertikaler Stellung an der Wasserober- fläche festgehalten. Die den Embryo tragende Haut — es bleiben bei der schnellen Auflösung des Zellverbandes bald nur noch die verdickten Partien übrig — hat Wettstein fälschlich als Cutieula gedeutet. Der rundliche, grüne Cotyledo ist dünn und läuft in eine Spitze aus. Seine Epidermis weist keine Differenzierung auf. Sein von einem Gefäß- bündel durchzogenes Grundgewebe ist mit Stärke angefüllt. Auch bei A,D. liegt eine ausgesprochen heteroblastische Entwieklung vor. Das kurze, bandartige erste Blatt besitzt auf der Oberseite einige Spalt- öffnungen, auf der Unterseite dagegen Hydropoten. Auch hier übt das Hautgewebe assimilatorische Funktion aus. Die Anordnung und Zahl der Gefäße und Milchröhren bietet A. d. gegenüber nichts Bemerkens- wertes. Eine Besonderheit, die ich auch bei A. ulvaceus fand, zeigen die jungen Primärblätter. An der Spitze befindet sich ein aus dünn- wandigen, chlorophylifreien Zeilen gebildetes Anhangsorgan — ähnlich, wie es von Myriophyllum und Ceratophyllum bekannt ist (vgl. Fig.3, Abb.18 u. 19). An den jungen Blattanlagen besteht es aus einer wasserhellen Zelle, das schneller als das übrige Blattgewebe heranwächst. An jungen Blättern macht es etwa die Hälfte der Blattlänge aus. Ist das Blatt ausgebildet, schrumpfen bald die obersten Zellen dieses kleinen An- hangsgebildes; das Vertrocknen setzt sich nach unten fort und bald erfolgt völlige Ablösung. Eine Vertiefung und Öffnung des Blattscheitels, in die Tracheiden ragen, ist entstanden. Das zweite Blatt weist schon eine deutliche Spreite auf, hat eine etwas größere Zahl von Spaltöffnungen auf der Oberseite und unterseits in etwas größerer Menge Hydro- poten. An einem kurzen, von zahlreichen Luftgängen durchzogenen Stiel sitzt die spatelförmige Spreite, die fünf, bei älteren Blättern sieben Gefäßstränge mit parallel laufenden Milchgängen besitzt. Das an der Spitze entwickelte Anhangsorgan tritt von Blatt zu Blatt mehr zurlick und ist bei den älteren Primärblättern nicht mehr nachweisbar. Die Apicalöffnung wird also in der Ontogenie immer später entwickelt. Bei den letzten Jugendblättern fand ich erst zu Beginn des Absterbens einen deutlichen Porus. Die Apicalöffnung ist auf den Zerfall einiger Epidermiszellen, die als Rudimente des Spitzenorganes zu deuten sind, 8 Wilhelm Riede, zurückzuführen. Es besteht die Möglichkeit, daß alle Scheitelöffnungen auf diese Art zu erklären sind. Bei den Schwimmblättern von A.D. wird dieses Spitzenorgan nicht gebildet. So ist die bei den Folge- blättern auftretende Apicalöffnung als rudimentäres Organ zu deuten; sie tritt nicht mehr in Funktion, sondern ist nur der Ort des be- ginnenden Zerfalles. Bei A. dist. tritt die geschilderte charakteristische Gestaltung der Blattspitze auch an den ersten Blättern nicht in Er- scheinung; die phylogenetische Rückbildung ist da bereits so weit ge- diehen, daß selbst in den ersten Stadien der Ontogenie keine Spuren mehr nachweisbar sind. Während A. d. nach wenigen schmalen band- förmigen Blättern in das Folgestadium eintritt, bleibt bei A. D. die Jugendform mit ihren kurzen, spatelförmigen Assimilationsorganen längere Zeit erhalten. Gewöhnlich ist etwa das 12. Blatt als Über- gangsblatt entwickelt. Abgesehen von dem Chlorophyligehalt der oberen Epidermis und den kürzeren Palisadenzellen besitzt es alle anatomischen Merkmale des Schwimmblattes. In Wassertiefen bis zu 30 em vermag dieses Blatt die Oberfläche zu erreichen — eine Streckungsfähigkeit des Stieles, die der jungen, schnell zur Ausbildung von Folgeblättern schrei- tenden Pflanze von A. d. fehlt. Das Schwimmblatt, das im Gegensatz zu dem aus drei lose zu- sammenhängenden Parenchymschichten aufgebauten Primärblatt eine deutliche Scheidung von 2—3 Reihen Palisadenparenchym und meist zwei Reihen interzellularreichen Schwammparenchyms — das für Schwimmblätter typische lakunöse Gewebe ist auch hier nicht vorhanden — erkennen läßt, ist im anatomischen Bau von dem bereits geschilderten Blatt von A.d. nicht unterschieden. Auch hier finden sich auf der Unterseite, abgesehen von den wenigen an. der Spitze vorkommenden Spaltöffnungen, reichlich Hydropoten; auch hier geht die Bildung der Hydropoten in der beschriebenen Weise, die Entstehung der unter- seitigen Apicalöffnung erst beim Absterben des Blattes vor sich. Die im Blattstiel vorhandenen einschichtigen Diaphragmen sind, wie bei allen Aponogetonarten, aus kurzarmigen Zellen gebildet, die kleine Öffnungen zwischen sich lassen. In jungen Teilen schließen die poly- gonalen Zellen dieser Platte lückenlos aneinander, runden sich jedoch bald ab, so daß Zwischenräume entstehen. Schließlich nehmen sie die typische Gestalt an, die Sergudeff, wie aus der Schilderung und der beigefügten Abbildung hervorgeht, anscheinend übersehen hat. Die Milchgefäße kommen, wie bei A. d. und den anderen Arten, in allen Organen mit Ausnahme der Wurzeln vor. Aus langgestreckten Zellen mit großen Kernen gehen diese die Gefäße begleitenden Gänge hervor; Untersuchungen über Wasserpflanzen. 9 eine Anzahl von perforierten Querwänden ist in ihnen nachweisbar. Die Funktion der Milchröhren ist ja noch problematisch. Aber es ist anzunehmen, daß der Saft, indem auch vereinzelt Assimilate vorkommen, in Rücksicht auf die schwache Ausbildung des Siebteiles ernährungs- physiologische Bedeutung‘ hat und erst in zweiter Linie mit den End- produkten des Stoffwechsels, die sich daselbst ansammeln, Schutz- funktion gegen Angriffe der Tierwelt ausübt. Schenck stellte bei seinen umfangreichen anatomischen Untersuchungen über Wasserpflanzen fest, daß bei den meisten Hydrophyten Exkret- und Sekretbehälter vollständig fehlen und der Stoffwechsel ohne bleibende Abscheidungsprodukte ver- läuft. Wenn Schenck weiter sagt, daß der gänzliche Mangel von Milchröhren für Wasserpflanzen ckarakteristisch sei und einen Schluß auf die physiologische und biologische Bedeutung dieser Organe erlaube, so- läßt sich das angesichts der allgemeinen Verbreitung von Milch- gefäßen bei der Familie der Aponogetonaceen nicht aufrecht halten. 3. Aponogeton natans, Über A. n. will ich mich kurz fassen. Der Samen gleicht dem von A.D. Der Cotyledo hat die Gestalt von A.d., ist aber bedeutend kleiner. Jugendform und Folgeform sind ausgebildet. Das Schwimm- blatt ist auf der Unterseite anthocyanhaltig und besitzt in der Nähe der Spitze eine größere Anzahl von Spaltöffnungen. Das Material, das zur Verfügung stand, war zu gering, um mit Sicherheit sagen zu können, daß die von A.D. beschriebenen Anhangsgebilde der Primärblätter nicht vorkommen. Die Entwicklung der Hydropoten, die hier aus kleineren, aber sehr dicht stehenden, teils rundlichen, teils ovalen Gruppen und aus langen schmalen Zellreihen über den Gefäßen bestehen, läßt sich an dem großen, sich auch an der Spitze zuerst aufrollenden Blatt sehr gut verfolgen. Die Apicalöffnung war bei vollständig ausgewachsenen Blättern stets geschlossen. 4. Aponogeton ulvaceus. Ich will nun dazu übergehen, die submersen Formen zu beschreiben. A. u. gleicht in dem Bau der Samenschale und der Gestalt des Coty- ledo A. D. Es besitzt also nicht, wie Krause angibt, eine verwach- sene Samenschale, sondern zwei deutlich getrennte Hüllen. Von der inneren Samenschale wäre noch zu erwähnen, daß sie große Einzelkristalle von Caleiumoxalat führt. Die äußere Samenschale zeigt wieder die schon bei A. D, beobachtete Verdickung der nach innen gelegenen Teile der Zell- wände durch Anlagerung von Suberin oder Cutin. Die äußeren Wände sind an den Rippen verstärkt. Die Keimung geht wie bei A. D. vor sich. 10 Wilhelm Riede, Die ersten Blätter sind kurzgestielt und haben eine kleine ovale Spreite, die wie bei den Primärblättern der Schwimmblattformen, auf der Ober- seite Spaltöffnungen und auf der Unterseite längliche Zellgruppen mit Imprägnierungssubstanz besitzt. Das Parenchym besteht aus 2—3 Zell- lagen. Luftgänge sind wie bei den anderen Arten vorhanden. Bei den ersten Primärblättern treten wie bei A. D. an der Spitze vielzellige, chlorophylifreie, später abfallende Anhängsel auf, die in der Ontogenie der Pflanze eine immer stärkere Rückbildung erfahren. Schon bei dem fünften Jugendblatt ist meistens keine Spur mehr zu finden. Daß diese submerse Art Primärblätter mit Schwimmblattmerkmalen hat, läßt den Schluß zu, daß in der Entwicklung vorübergehend die phylogenetisch ältere Form. auftritt, daß A. u. sich aus einer Schwimmblattform ent- wickelt hat. Muß man bei A. D. und d. die Primärblätter als Hemmungs- bildungen betrachten, so ist bei A. u. in Anbetracht der spaltöffnungsfreien Oberseite der Folgeblätter nur eine phylogenetische Deutung möglich. Das Jugendblattstadium wird längere Zeit beibehalten. Die Folgeblätter haben eine bedeutend größere dünne Spreite. An der Unterseite des Blattes wie am Blattstiel befinden sich lange Hydropoten. Kurze Hydropoten treten auf beiden Seiten auf, jedoch in weit geringerer Zahl auf der Oberseite. An der Spitze der Unterseite kann man stets Stomata beobachten. Die Vermutung von Krause, daß allen unter- getauchten Arten Spaltöffnungen fehlen, trifft für A. u. nicht zu, wohl aber für A. fenestralis. An den Übergangsblättern findet man an beiden Seiten einige Spaltöffnungen, an den Folgeblättern nur auf der Unter- seite. Eine Auflösung der Epidermis über den an der Spitze zusammen- laufenden Gefäßenden fand ich nur an alten Blättern. Während die Jugendblätter eine leicht gerolite Spreite besitzen, sind die späteren Blätter stark gefaltet und zum Teil spiralig gedreht; sie weisen also eine habituelle Ähnlichkeit mit dem Thallus des Lebermooses Riella helicophylla und. dem Blatte der Hydrocharitacee Ottelia auf. Eine fortlaufende Schraubenlinie, die also auf einer ganz regelmäßigen Drehung des Blattes beruhen würde, ist nur sehr. selten zu finden. Die Abbildung im Englerschen Pflanzenreich, die nur eine leichte Kräuselung des Randes erkennen läßt, entspricht nicht der Wirk- lichkeit. Diese eigentümliche Gestalt kommt durch verschieden starkes Wachstum der Spreite zustande. Stark und schwach wachsende Zonen wechseln ab. Die hierdurch erreichte Oberflächenvergrößerung ist von großer Wichtigkeit für die Ernährung. Daneben eine Anpassung an die Gewalt des Wassers anzunehmen, mag in gewissem Maße berechtigt sein. Bei einem Blatt, dessen mittlere Achse 20 cm maß, betrug die Untersuchungen über Wasserpflanzen. 11 Länge des Spreitenrandes 60 cm, was bei einer Breite von 5 cm einem Oberflächenverhältnis von 200 gem :60 gem entspricht. Die teleologische Betrachtungsweise zu vernachlässigen und die Drehblätter als zufällig entstandene Gebilde aufzufassen, halte ich für das Richtigste. Schenck betrachtet die breiten Blätter bei Wasserpflanzen als Ausnahmen von der gewöhnlichen Gestaltung der Assimilationsflächen und faßt die mit solchen noch nicht völlig angepaßten Blättern ausgestatteten Pflanzen als Übergangsformen zwischen den schwimmenden und den linealblätterigen submersen Arten auf, die noch in der Weiterentwicklung zu typischen schmalblätterigen Hydrophyten begriffen sind. Daß die Blätter von A. u. in der Weiterentwicklung zu Bandblättern begriffen seien, ist unwahrscheinlich. Ob damit die Schencksche Hypothese gänzlich ab- zulehnen ist, will ich nicht entscheiden. Der etwa 15 em lange Blatt- stiel ist ungefähr in der Mitte rechtwinklig nach außen umgebogen. Diese transversal geotropische Zone ist für die Pflanze von biologischer Wichtigkeit. Auf diese Art wird verhindert, daß die Blätter durch den Auftrieb im Wasser dicht zusammengedrängt werden. Die Gefäßbündel der Spreite und des Blattstieles zeigen fast völlige Übereinstimmung mit denen der Schwimmblattarten. Von einer noch stärkeren Reduzierung den Schwimmblattformen gegenüber, wie sie sich sonst fast allgemein bei submersen Pflanzen findet, ist hier nichts zu merken. Drei größere Leitbündel mit gewöhnlich drei Spiralgefäßen sind von etwa 12 peri- pherischen umgeben. Über die Milchgefäße, die diese Bündel meist zu etwa sechs umgeben und meistens ilıre Querwände erhalten, ist nichts Besonderes zu bemerken. 5, Aponogaton fenestralis. Die jungen Blätter besitzen eine aus zwei Parenchymschichten bestehende Spreite. Über den Gefäßbündeln, die von einer Anzahl (ge- wöhnlich sechs) Milchgefäßen umgeben sind, ist das Gruhdgewebe mehr- schichtig. Die Luftgänge sind hier bedeutend geringer entwickelt als bei A.u. Wenn Sergu6eff die schon von Goebel gemachte Fest- stellung der relativ geringen Menge von Interzellularen leugnet, so sprechen die Tatsachen dagegen. An einer anderen Stelle spricht Sergudeff sogar von großen Interzellularräumen, die wie bei allen Wasserpflanzen angeordnet sind. Die Lufträume von A.f. haben im Vergleich mit typischen Hydrophyten eine Rückbildung erfahren. An den gut entwickelten Milchgefäßen kann man vereinzelt Plasma- verbindungen zwischen den benachbarten Parenchymzellen und dem Milch- röhreninhalt bemerken. Auch hier werden eine große Anzahl von Quer- 12 Wilhelm Riede, wänden in den Milchgefäßen nicht aufgelöst, sondern erfahren eine Durch- löcherung, durch welche dann die Stoffleitung erfolgen kann. Die Hydro- poten werden angelegt, wenn bereits die Löcher in der Spreite aufgetreten sind. Die Bildung beginnt auf der inneren Kante der Fenster und schreitet nach der Blattunterseite fort (vgl. Fig. 3, Abb. 15 u. 16). Bei manchen Blättern ist bald die ganze Epidermis der Unterseite mit Hydropoten- substanz imprägniert. Meistens jedoch bleiben einige Partien ausgespart. Gleichzeitig mit der Bildung der Hydropoten von der Durchlöcherungs- stelle her geht die Entwicklung von langen Hydropoten über den Nerven vor sich. Auf der Oberseite sind hauptsächlich über dem Mittelnerv längliche imprägnierte Zellgruppen vorhanden; ihre Zahl ist aber viel geringer als die der Unterseite. Seltener treten kleine runde, einer Coleochaetescheibe ähnliche, metamorphosierte Zellgruppen auf. Auf dem Blattstiel verlaufen meist neun kontinuierliche Hydropotenreihen. Die Hydropotenzellen sind sehr inhaltsreich; sie haben das’ Aussehen von Sekretzellen. Daß die Hydropoten sowohl bei A.f. wie bei A. u. hauptsächlich auf der Unterseite vorkommen, das Blatt also deutlich einen Rest von Dorsiventralität zeigt, ist ein Beweis für die Ableitung der submersen Blätter von Schwimmblättern. Die Beobachtung Mayrs, daß die „Blattsubstanz schon bei Hervorbrechen der jungen Blätter aus dem Rhizom getrennt ist, die Trennung nicht durch Schwinden des Zellgewebes bewirkt werde“, beruht auf einem Irrtum. Wie bereits Goebel in den Pflanzenbiologischen Schilderungen ausführt, ist die Spreite des jungen Blattes ohne jede Durchlöcherung. Durch Zerfall einer Reihe von Zellen, meistens in derMitte der von den Gefäßsträngen gebildeten Rahmen, wird die Entwicklung eingeleitet. Die Bildung be- ginnt an der Spitze und schreitet zur Basis fort. In jeder Zone geht die Entwieklung von der Mitte nach den Rändern. Auf die biologische Bedeutung der durchlöcherten Spreite hat schon Goebel hingewiesen. Da die Pflanze neuerdings auch vereinzelt in schnell fließendem Wasser gefunden wurde, ist die Durchlöcherung nicht nur als eine Anpassung an das umgebende Medium, sondern auch als eine Anpassung an die Wucht des anprallenden Wassers anzusehen. Daß aber der Gitter- bildung in erster Linie ernährungsphysiologische Bedeutung zukommt, daß die dadurch erzielte Oberflächenvergrößerung für die Gas- und Wasserbewegung — Aufnahme von Kohlensäure und Sauerstoff, Ab- gabe von Wasser und Gasen — von großer Wichtigkeit ist, geht aus dem engen Zusammenhang zwischen Gitterentstehung und Hydropoten- bildung hervor. Es wurde schon erwähnt, daß der für Wasserpflanzen charakteristische Binnenluftraum infolge der Vergrößerung der Gesamt- Untersuchungen über Wasserpfsanzen. 13 oberfläche wie infolge der großen Fläche der besonders leicht durch- lässigen Oberhautpartien bis zu einem gewissen Grade verkleinert ist. Die Apicalöffnung ist wie bei den anderen Aponogetonaceen rudimentär. Nuran alten Blättern ist ein Zerfall der Epidermiszellen über dem vereinigten Gefäßstrang zu finden. Daß das Hautgewebe assimilatorische Funktion ausübt, sei noch erwähnt. Spaltöffnungen kommen nicht vor. Es ist aber anzunehmen, daß die Primärblätter wie. bei A. u. auf der Ober- seite Spaltöffnungen besitzen. Schenck führt im „Handwörterbuch der Naturwissenschaften“ unter den Haupttypen der submersen Gewächse auch eine Aponogetonform auf, unter der er eine Pflanze mit gestauchter bodenständiger Achse und gestielten, breitspreitigen, dünnhäutigen Blättern versteht. Da diese Beschreibung eigentlich nur für A. u. und A. f. zu- trifft, die meisten Arten jedoch anders geartete Assimilationsorgane be- sitzen, ist die allgemeine Bezeichnung „Aponogetonform“ irreführend. b) Reproduktive Organe. Die vor dem Aufblühen von einer Spatba umhüllten Blütenstände der Aponogetonaceen sind sehr mannigfach gestaltet. Als einfachste Form müssen wir die einährige, allseitig mit Blüten besetzte Infloreszenz von A. natans bezeichnen. Der zweite Typus ist durch A. Dinteri ver- treten. Zwei Ähren tragen in spiraliger Anordnung Blüten. Bei manchen ist die Spaltung des Infloreszenzvegetationspunktes in drei (A. fenestralis), bei manchen in vier bis sechs (A. quadrangularis) Blütenstandsachsen erfolgt. Als dritter Typus treten uns die dorsiventralen, auf der Innen- seite mit Blüten dicht besetzten Infloreszenzachsen von A. spathaceus entgegen. Bei einem vierten Typus — dem Angustifolius-Typus — sind die Doppelähren mit zwei Reihen von Blüten besetzt. Bei dem Distachyus-Typus hat die Infloreszenz dieselbe Anordnung, nur besitzt die Einzelblüte abweichende Zahlenverhältnisse. Die Blütenformel ist im allgemeinen die einer typischen Monocotylenblüte. Von den sechs Perigonblättern kommen meist nur zwei des inneren Kreises zur Ent- wieklung. Allein bei den Endblüten von A. angustifolius tritt ein drittes Perigonblatt auf. Das Andröceum besteht aus zwei dreigliedrigen Quirlen. Im Gynäceum kommen bei A. ulvaceus ımd anderen Arten häufig vier Carpelle vor. Bei A. distachyus ist ein sehr starkes Variieren der Sporophylle zu beobachten. Wie aus der ersten der beigefügten Tabellen, welche die Zahlenverhältnisse von fünf etwa in der Mitte der Blüteperiode aufeinanderfolgenden Infloreszenzen wieder- gibt, ersichtlich ist, variiert selbst das Individuum sehr stark. 14 : Wilhelm Riede, Ich habe eine sehr große Anzahl von Blüten zu den verschiedensten Zeiten auf ihre Zahlenverhältnisse geprüft und gefunden, daß sowohl zu Beginn wie gegen Ende der Blüteperiode Zahlenreduktionen ein- treten. Sowohl die Anzahl der Blüten wie die Gliederzahlen im An- dröceum und, Gynäceum erfahren eine Reduktion. Treten zuerst ver- haltnismäßig oft regelmäßige Kreise auf, so wird mit fortschreitender Entwicklung die Unregelmäßigkeit immer größer, bis gegen Ende der Blüteperiode eine gewisse Regelmäßigkeit sich wieder geltend macht. floreszenz floreszenz floreszenz floreszenz floreszenz n+1. I- n+2Mm- | n+43m- | nt4 Mm | n-+5. In- Symmetrisch | Asymmetrisch | Symmetrisch Symmetrisch | Asymmetrisch 4,14 | 314 | 316 | z14 | 317 | 415 | z14 | aa | 3,13 | 39 316 | 315 | 216 | 313 | 315 | 315 | 316 | 213 | 312 | zZ 420 | 315 | 313 | 316 | 3,18 | 3,16 | 2,15 | 313 | 3,14 | 2,12 516 | 216 | S14 | 315 | 314 | 216 | S1a | 315 | 211 | 218 413 | 213 | a12 | Sa | A165 | 314 | Sa Sı4 | 314 | Zıl 415 | 213 | 212 | gıa | Da | 215 | 313 | 210 I zı2 | a1 316 | 2310 | 2312 | a13 | 217 | a15 | 312 | 21a | zu | 212 zı3 | 214 | 313 | 212 | 317 | 314 | Zı6 | 212 | Zı3 | 39 415 | 3u | Sıı | 318 | 216 | 318 | Sa | Bıa | Sr | 2,10 su |2ı 1 311 | 312 | a13 | a4 | 315 | aıs | 20 | 20 22 | 2313 22 | 23m | a2 | a2 I Sı2 | sıa | am | 28 | 311 | 210 | 312 | 310 Erste Infloreszenz |Infl. a. d. Mitte d. Blüteperiode] Letzte Infloreszenz 311 3,9 4,15 5,17 4,13 3,15 312 zı 42 4,16 3,12 4.13 3.10 2,10 3,18 5,18 3,13 3,13 39 39 413 413 4,12 3,14 29 al 3,15 3,14 29 311 2,10 29 3,16 215 3,10 2,10 2,9 2,9 2,14 3,13 Zu 39 314 1,10 2,10 29 2,13 211 312 2,12 3,14 E#N 215 Die erste Ziffer bedeutet die Anzahl der Fruchtblätter, die Zahl hinter dem Komma die Anzahl der Staubblätter. Symmetrisch nenne ich die Infloreszenzen, welche ihre beiden ersten Blüten auf derselben Seite — der dem Beschauer zu- gekehrten oder abgekehrten Seite — ihrer Achsen führen. Aus der zweiten Tabelle ist die Gesetzmäßigkeit ohne weiteres ersicht- licb. Auch die erste Zammenstellung, die aufeinanderfolgende Blüten- stände aus der Mitte der reproduktiven Periode enthält, läßt, abgesehen von stets vorkommenden Schwankungen, eine allmähliche Abnahme er- Untersuchungen über Wasserpflanzen. 15 kennen. Aber auch in den Einzelinfioreszenzen ist in den oberen, zuletzt angelegten Blüten öfters eine Reduktion eingetreten. Die Summe der Blütenelemente der unteren Hälfte ist stets größer als die der oberen. Die von Engler und Serguöeff augegebenen Blütenzahlen stimmen mit den von mir gefundenen nicht ganz überein. Die Zahl der Carpelle schwankt zwischen 1 und 6, die Zahl der Staubblätter zwischen 6 und 25. Die Ansicht, daß die zwei bei allen Arten — A. distachyus aus- genommen — auftretenden kleinen, meist gelb gefärbten Blütenblätter als Perigonblätter zu deuten sind, wurde zuerst von Eichler vertreten. Das große weiße, seitlich stehende Blatt von A. distachyus, das von den älteren Autoren als Braktee bezeichnet wurde, faßte Engler, da er in den Endblüten häufig noch ‘ein zweites, bei den unteren Blüten vereinzelt noch das innere entwickelt fand, als Perigonblatt auf. Der Tatsache, daß die oberste Blüte meist zwei Blätter besitzt, ist, da das zweite Hüllblatt einer verkümmerten Spitzenblüte der öfters mit un- gleicher Blütenzahl ausgestatteten Achsen angehören kann, weniger Wert beizulegen. Daß jedoch in anderen Blüten manchmal ein zweites — nicht nur das innere, sondern auch das obere — Blatt zur Entwicklung gelangt, spricht für die Auffassung Englers. Einmal fand ich eine mit drei Blättern versehene Blüte. Rudimente der fehlenden Hülle lassen sich an jungen Blüten vereinzelt nachweisen. Das äußere Blatt ist stets das geförderte und meistens etwa viermal so breit wie das zweite. In der anatomischen Beschaffenheit der Blütenhülle von A. distachyus und den anderen Arten bestehen jedoch wesentliche Unter- schiede, die mich im Verein mit der Stellung des äußersten Staubblatt- kreises veranlassen, bei A. distachyus von einem Blatt des äußeren, bei den anderen Arten von Blättern des inneren Kreises der früher sechsgliedrigen Blütenhülle zu sprechen. Die Perigonblätter von A. ulvaceus, Dinteri und natans sind dünn, zart und fallen nach der Be- fruchtung ab. Sie besitzen auf der Unterseite Spaltöffnungen. Das große, breite, weiße Hüllblatt von A. distachyus führt ebenfalls auf der Unterseite Stomata, ist aber nicht wie die anderen von einem Gefäß- strang durchzogen, sondern besitzt meist sechs Nerven. Wesentlich ist ferner, daß die Blätter nach der Befruchtung ergrünen, weiterwachsen und eine große Anzahl von stark vorgewölbten Hydropoten bilden. Das Luftblatt mit Spaltöffnungen auf der Unterseite wird zum Wasserblatt durch Bildung von unterseitigen Hydropoten. Auch die Blütenstands- achse schreitet später zur Bildung von Hydropoten — eine Tatsache, die sich auch bei den anderen Arten konstatieren läßt. Daß der äußerste Staubblattkreis bei A. distachyus, wie man bei regelmäßig ge- 16 Wilhelm Riede, bauten Blüten finden kann, vor den Hüllblättern steht, während bei den anderen Arten ein Alternieren vorliegt, spricht. neben der ana- tomischen Verschiedenheit dafür, daß wir im ersten Fail Sepala, im zweiten Petala vor uns haben. Die von Serguseff und den älteren Autoren vertretene Ansicht, daß das weiße Hüllblatt von A. distachyus als Braktee aufzufassen sei, ist meines Erachtens unhaltbar. Wie bei A. angustifolius — der A. distachyus am nächsten stehenden Art — die Verhältnisse liegen, konnte ich wegen Mangel an Material nieht feststellen. Sicherlich wird sich meine Annahme auch mit den dort vorliegenden morphologischen Tatsachen in Einklang bringen lassen. Die Entwicklungsgeschichte ist bei allen Arten dieselbe; ich schildere sie nach Beobachtungen bei A. Dinteri. Die junge Infloreszenz entsteht als Achselsproß, wird aber schon sehr früh seitlich verschoben, so daß man sie stets vor dem äußersten Rand des Deckblattes findet. Von dem rundlichen Höcker erhebt sich bald seitlich das erste Vorblatt; es überholt den Infloreszenzvegetationspunkt schnell im Wachstum. Auf .der entgegengesetzten Seite erscheint dann das zweite Vorblatt. Beide verwachsen an der Basis miteinander, während sich die Zipfel, ' die von verschiedener Länge sind, noch lange erkennen lassen. Diese den Blütenstand umhüllende Spatha besitzt bei den einzelnen Arten charskteristische Formen. Bei A. distachyus schließt sie dicht an und läuft in eine kurze Spitze aus; bei A. Dinteri ist sie oben abgerundet. Bei A. ulvaceus sitzt sie lose und trägt eine lange Spitze. Anatomisch ist sie durch das Vorkommen von einer größeren Anzahl von Gefäß- strängen und Milchgefäßen sowie das Vorhandensein von Hydropoten und durch den Mangel an Spaltöffnungen ausgezeichnet. Kurz nach der Bildung des zweiten Vorblattes tritt eine Spaltung des Vegetations- punktes ein (vgl. Fig. 3, Abb. 17). Daß die beiden Achsen nicht als Achselsprosse aufgefaßt werden können, geht daraus hervor, daß Reste des Vegetationspunktes nicht nachweisbar sind, und schließlich auch aus der Tatsache, daß bei anderen Arten 3—5schenklige Blütenstände vorkommen. Bei A. distachyus traf ich zweimal eine anormale In- floreszenz, bei welcher die Spaltung erst weiter oben eingetreten war. Die ersten beiden Blüten standen in gleicher Höhe auf der Dorsal- seite der Achsen, die beiden nächsten um je 90° von der ersten ver- schoben dicht zusammen, Über dieser Doppelblüte war die Gabelungs- stelle der Schenke. Wenn bereits die Verwachsung der beiden Vor- blätter zur Spatha vollendet ist, beginnt an der Basis der beiden Schenkel die Blütenbildung. . In spiraliger Reihenfolge. werden die Blüten angelegt. Ich beobachtete ?/,-Divergenz. Die Entwicklung der Untersuchungen über Wasserpflanzen. 17 Einzelblüte bietet keine Besonderheit. Nacheinander — von außen nach innen — entstehen die regelmäßig alternierenden Kreise. Ganz ve- einzelt sind Rudimente des dritten Perigonblattes anzutreffen. Bei A. ul- vaceus werden häufig, bei A. Dinteri selten vier Carpelle gebildet. Die Samenanlagen sind bei den einen Arten in geringer Zahl (2-4) vor- handen und stehen dann an der Basis, bei den anderen in größerer Zahl (5—8)} und sind dann an der Bauchnaht befestigt. Zu den ersten Arten gehört A. distachyus, zu den letzten A. natans, Die Samen- anlagen sind stets anatrop, besitzen aber nicht, wie Krause angibt, stets zwei Integumente. A. distachyus hat nur ein Integument, das besonders dick erscheint; es entspricht den zwei Integumenten der anderen Arten. Es unterbleibt die Differenzierung. Bei allen anderen Arten fand ich zwei. Im Zusammenhang mit der Ausbildung eines Integumentes steht auch die Entwicklung einer Samenschale. Die An- nahme von Krause, daß A. ulvaceus nur eine Samenschale besitze, ist falsch. Den beiden Integumenten entsprechend finden sich am Samen zwei Schalen. Da A. Bernierianus und A. fenestralis, wie aus der Literatur ‘hervorgeht, Samenanlagen mit zwei Integumenten besitzen, führen sie auch ohne jeden Zweifel nicht eine Samenschale, wie Krause meint, sondern zwei völlig getrennte Da ich nicht daran zweifle, daß auch die vierte madagassische Art, A. quadrangularis, sich ebenso ver- hält, ist die Rubrik „Ab$“ in dem von Krause angegebenen Schlüssel wertlos, Einige Aponogetonaceen haben Samenanlagen mit einem Integument — ich konnte das nur für A. distachyus an Samenanlagen aller Stadien feststellen — und dementsprechend Samen mit einer Samenschale. Die Annahme von Krause, daß alle Arten zwei In- tegumente besitzen und daß bei einigen diese zu einer Schale ver- wachsen, widerspricht den anatomischen Befunden. Ein vielschichtiges Integument und eine verhältnismäßig dicke Samenschale kommt A. distachyus zu; zwei dünne Integumente und dementsprechend zwei dünne Samenhüllen sind den anderen Arten eigen. Daß bei der Ent- stehung der Pollenkörner Periplasmodienbildung vorkommt, sei neben- bei angeführt. Da die Infloreszenzentwicklung von der Basis nach der Spitze hin erfolgt, sind im Anfang die unteren Blüten. durch die Streckung der Internodien bereits auseinander gerückt, wenn die oberen noch dicht gedrängt stehen. Später, sobald alle Blüten abgeblüht, sind diese Differenzen aufgehoben; die großen Früchte bedecken gleichmäßig die ganze Achse. Die von Krause einigen Arten gegebene Charakteristik „unten lockerblütig, oben dichtblütig“ ist überflüssig, da hiermit ein der Flora, Bd. 114. 2 18 Wilhelm Riede, Familie charakteristisches Entwieklungsstadium der 'Blütenstände be- zeichnet ist. Die dorsiventralen Inftoreszenzen gleichen auf den ersten Entwicklungsstufen den geschilderten. Die beiden Blütenstandsachsen platten sich bald auf den einander zugekehrten Seiten ab und bilden . daselbst Blüten. Bei A. distachyus werden zwei Reihen von der Basis zur Spitze hin abwechselnd links und rechts angelegt. An den Blüten- vegetationspunkten entsteht zuerst auf der Außenseite am Rand das Kelch- blatt. Die Staubblätter der meist drei- oder vierzähligen Kreise werden nacheinander angelegt. Meistens kommen vier dreigliedrige oder drei viergliedrige Quirle vor. In selteneren Fällen mehr oder weniger Kreise. Die ersten Höcker entstehen stets auf der Innenseite der Blüte. Diese Bevorzugung der inneren Seite ist aber meistens nur eine zeitliche. Nur ausnahmweise findet man Blüten, die auch später eine Förderung dieser Seite deutlich zeigen. Daß das Reifen der Staubblätter in der durch die entwicklungsgeschichtlichen Beobachtungen festgestellten Reihenfolge vonstatten geht, will ich nebenbei erwähnen. Bei der Gipfelblüte ist die nach unten gekehrte Seite die geförderte. Die Regel- mäßigkeit der Kreise wird sehr früh durch intensives Wachstum der Blütenstandsachse gestört; durch ungleichmäßiges Auseinanderweichen der Blütenteile werden die ehemaligen Stellungsverhältnisse vollkommen verwischt. Während Engler eine Teilung der Staubblätter für möglich hielt, ein Schüler Englers die Frage, ob am Vegetationspunkt die Staubblätter als getrennte Höcker auftreten, nicht entscheiden konnte, schloß Ser gu&eff aus Serienschnitten, daß die Vermehrung im Andröceum auf tangentiale und radiale Spaltung zurückzuführen ist. Die Abbildungen von Sergu6eff sind nicht tiberzeugend, die Beobachtung von drei Paaren von Gefäß- bündeln an der Basis einer Blüte nicht beweisend. Ich sah an frei- präparierten jungen Blüten, daß die Stamina einzeln vom Vegetations- punkt abgeschieden werden, daß eine nachträgliche Spaltung nicht vor- kommt. Bei jungen Blüten sieht man klar die einander folgenden Glieder der verschiedenen Kreise hervortreten. Auf einige dreigliedrige Kreise folgen meist viergliedrige. Manchmal beginnen viergliedrige Kreise und schließen sich mehrgliedrige oder auch dreigliedrige an. Durch die Vermehrung ist ein Zusammenschieben der Kreise veranlaßt, so daß die Quirlstellung unkenntlich wird und in Ausnahmefällen ein Zusammen- wachsen von Filamenten verursacht werden kann. Daß dann weiterhin durch das Wachstum der Infloreszenzachse eine Verzerrung der Blüte zustande kommt, führte ich bereits an. Manchmal, wenn nämlich das Achsen- wachstum sehr früh beginnt, tritt schon von Anfang an eine unregel- mäßige Entwicklung ein. Öfters ist auch die Gliederzahl weiterhin ver- Untersuchungen über Wasserpflanzen. 19 mehrt. An Mikrotomschnitten älterer Blüten konnte ich zusammen- gewachsene Filamente sehen. Teils waren Staubblätter desselben Kreises, teils aufeinander folgender Kreise verwachsen. Da aber an jungen Blüten nie eine Spaltung bzw. Verwachsung zu finden war, weise ich die Annahme von Sergu&eff, obwohl die von mir beobachteten Ver- wachsungsgebilde für eine tangentiale und radiale Spaltung zu sprechen scheinen, zurück. Es komnt, wie die Entwieklungsgeschichte zeigt, keine Verdoppelung vor. Die Spaltung eines Staubblatthöckers läßt sich weder an Längsschnitten noch an Querschnitten noch an präparierten jungen Blüten nachweisen. Da die Staubblätter stets getrennt angelegt werden, kann in den erwähnten Fällen nur von Verwachsung gesprochen werden. Daß die Annahme eines congenitalen D&doublements voll- kommen fruchtlos ist und nichts als eine schöne Umschreibung der Tatsachen darstellt, hat Goebel wiederholt betont. Goebel sagt in seiner Entwicklunggeschichte nach einer längeren Auseinandersetzung mit den Anhängern der Moquin-Tandonschen Dedoublementstheorie: „Ein congenitales D6doublement existiert für mich nicht“, Engler hat die zuerst erwähnten fünf Infloreszenztypen als Ent- wicklungsstufen der Aponogetonaceen aufgefaßt. Daß die einährige Natansform als ursprünglichste zu gelten hat, ist ohne weiteres klar, ebenso, daß die zwei- und mehrschenkligen Arten auf die zweite Stufe zu stellen sind. Die folgenden Typen sind durch Dorsiventralwerden der beiden Schenkel verursacht. Hierbei können zunächst alle Blüten auf die Bauchseite der Achsen rücken (A. spathaceus). Dann kann eine weitgehende Reduktion der Blüten eintreten, so daß nur noch zwei Reihen entwickelt werden (A. angustifolius), Nach Engler ist nun die letzte Stufe von A. distachyus erreicht. Ich bin der Ansicht, daß A. distachyus eine Zwischenform zwischen den beiden letzten Typen darstellt. Durch Nichtentwicklung der meisten Blüten und das Anlegen von zwei Blütenreihen, ist das Gleichgewicht in der Einzelblüten- entwicklung gestört. Die große Menge von Bildungsstoffen, die der Einzel- blüte unter den veränderten Verhältnissen zur Verfügung stehen, gibt Veranlassung zur Vermehrung der Kreise. und seiner Glieder im An- dröceum. Im Anfang wie gegen Schluß der Blüteperiode, wo die Stoff- zufuhr relativ gering ist, wird auch die Gleichgewichtsstörung eine ge- ringere sein; ja es treten sogar ziemlich regelmäßig gebaute Blüten auf. Wird also von A. distachyus zu Zeiten geringer Baustoffmenge ontogentisch das Gleichgewicht der Einzelblüte annähernd erreicht, so finden wir es bei A. angustifolius bereits phylogenetisch hergestellt.’ Ich betrachte also die dorsiventrale Infloreszenz mit normalen Zahlen- 2 20 Wilhelm Riede, verhältnissen in der Blüte als die letzte Stufe. A. distachyus mit seiner durch übermäßige Stoffanhäufung veranlaßten Blütenanomalie ist auf die vierte Stufe zu stellen. Umgekehrt könnte man ja auch den Versuch machen, die regelmäßigen Formen aller Blütenstände von A. distachyus abzuleiten. Aus dem phylogenetisch älteren Distachyus- typus wären dann alle einfacher gebauten Formen hervorgegangen. Lotsy sieht die Distachyusblüte als ursprünglichste an und betrachtet alle anderen als reduziert. Da aber der Blütenstand von A. distachyus sicher als abgeleiteter gelten muß, ist die Annahme, daß die Einzel- blüte die ursprünglichen Zahlenverhältnisse aufweist, unwahrscheinlich. Weitere phylogenetische Spekulationen anzuschließen, ist zwecklos. Wann die Entwicklung der fünf Infloreszenzstufen eintrat, ob diese Differenzen schon bei den landbewohnenden Vorfahren vorhanden waren oder erst später, als der Übergang zum Wasserleben erfolgt war, sich herausgebildet haben, läßt sich natürlich nicht entscheiden. Bei der. Einteilung und Ableitung die Vegetationsorgane zu berücksichtigen und Arten mit Schwimmblättern als die primitivsten Glieder zu bezeichnen — wie.z. B. Schenck und Chrysler es bei den Potamogetonaceen taten, indem sie von den Schwimmblattypen als den ursprünglichsten alle übrigen ableiten — ist bei den Aponogetonaceen unmöglich. Ein Beweis zugleich, daß die schöne Konstruktion von Chrysler nicht auf allzu festem Boden steht. Die in den Vegetationsorganen auftretenden Reduktions- bzw. Anpassungserscheinungen sind bei den einzelnen Arten schneller oder langsamer verlaufen und darum verschieden weit gediehen. In gewissen Merkmalen kann eine Art weiter vorgeschritten bzw. reduziert sein, ohne daß darum eine bestimmte Abhängigkeit der einen Art von der anderen bestehen muß. Da jedoch auch berücksichtigt werden muß, daß die Arten zu verschiedenen Zeiten den Übergang - zum Wasserleben vollzogen haben können und deshalb eine mehr oder minder weitgehende Anpassung an das Wasser aufweisen, ist es klar, daß der Anpassungsgrad der vegetativen Organe für Ableitung der Arten von einer Urart nichtin Betrachtkommt. Die auf die Inflorenszenz- verhältnisse zurückgeführte Einteilung kann allein den Anspruch auf einen gewissen phylogenetischen Wert machen. Eine größere Anzahl von Arten besaßen die Aponogetonaceen bereits, als sie auf dem Land lebten. Durch den Standortswechsel gingen eine Reihe zugrunde, neue bildeten sich. Aber welche Arten während der letzten Periode ent- standen, ist schwer zu entscheiden. Bei den vier endemischen, auf Madagaskar vorkommenden Arten (A. quadrangularis, ulvaceus, Bernie- rianus, fenestralis) ließe sich die Ableitung von einer Landart denken. Untersuchungen über Wasserpflanzen. 2ı Bei den übrigen Arten, den afrikanischen und indischen, ist meines Erachtens eine Neubildung von Arten im allgemeinen nicht anzunehmen. Bereits mit wesentlichen Merkmalen — zumal in der Blütenregion — versehene Arten haben zu verschiedenen Zeiten den Übergang zum Wasserleben vollzogen und vermöge ihrer größeren oder geringeren Plastizität die Anpassung an das Medium verschieden weit durchgeführt. Der Einwand, das Vorkommen von Hydropoten bei allen Arten wider- spreche dieser Annahme, besteht nicht zu Recht. Die Hydropoten sind bei den einzelnen Arten selbständig entstanden. Die Ableitung von einer Landform aus diesem Grunde ist nicht nötig. Mayr hat schon darauf hingewiesen, daß bei der Entstehung dieser Organe eine mehr- fache Konvergenz vorliegt. Ich gehe aber weiter als Mayr und sage, auch nicht für die ganze Gruppe der wasserbewohnenden Monocotylen ist die Entstehung gemeinsam vor sich gegangen; bei vielen Familien, ja bei vielen Arten sind diese Organe selbständig entstanden. Die Hydropoten sind analoge Anpassungen. Das Plasma vieler Familien, ja Arten reagierte vollkommen in gleicher Weise auf den für die Pflanzen bis zu dem betreffenden Zeitpunkt ungewohnten Faktoren- komplex „Wasser“ Da die Hydropoten — die Apicalöffnung hängt mit. Zersetzungserscheinungen zusammen — in der Ontogenie zuletzt auftreten, dann, wenn schon alle anderen Teile weitestgehende Differen- zierung erlangt haben, ist bewiesen, daß diesem Merkmal für die Phylogenie ein geringer Wert zukommt. Diese zuletzt erworbene Eigen- schaft ist für die Beurteilung stammesgeschichtlicher Beziehungen un- maßgeblich. c) Die Symmetrieverhältnisse am Vegetationspunkt und . der. morphologische Aufbau des Sprosses. Alle von mir untersuchten Arten zeigten denselben morphologischen ‘“ Aufbau. Sowohl die submersen wie die schwimmblattbildenden Arten besitzen einen gestauchten Sproß, der in das als Reservestoffbehälter fungierende hypocotyle Glied eingesenkt ist. Die blühende Pflanze bildet stets nach zwei Blättern eine Infloreszenz. Planchon erklärte die Blütenstände für axillär; jedoch liegen von ihm keine eingehenden Untersuchungen vor. Ebenso kann den Feststellungen von Dutailly keine Bedeutung beigemessen werden. Die von ihm entworfenen Diagramme ‚entsprechen keineswegs den tatsächlichen Verhältnissen. Engler, der die Stellung am Vegetationspunkt nicht nur makroskopisch feststellte, sondern an Serienschnitten prüfte, kam zu dem Resultat, daß stets zwei Blätter, die einander nicht genau gegenüberstehen, mit 2 Wilhelm Riede, dem folgenden Blattpaar um etwas mehr als 90° divergieren. Zu jedem Paar gehört eine Infloreszenz, die abwechselnd auf der rechten und der linken Vaginalseite des zweiten Blattes steht. Die regelmäßigen Ver- schiedenheiten in den Blattdivergenzen veranlaßten Engler zu der Annahme, daß stets zwei Blätter und ein Blütenstand ein zusammen- gehöriges Ganzes bilden, die Sproßachse somit ein verkürztes Sympodium darstellt. Die Infloreszenz würde also stets ein Sproßsystem abschließen; ein Achselsproß jedes zweiten Blattes die Fortsetzung bilden. Daß keine Vorblätter gebildet werden, führt Engler darauf zurück, daß die Internodien stark verkürzt sind und zahlreiche Sproßgenerationen in einer langen Vegetationsperiode ununterbrochen aufeinander folgen. Sergu6eff schließt sich der Auffassung Englers an, spricht jedoch seltsamerweise wiederholt davon, daß das erste Blatt jedes Paares steril ist, obwohl doch bei dem von ihm angenommenen sympodialen Wuchs die Infloreszenzen terminal stehen und fertile Blätter gar nicht existieren. Blätter ohne vegetativen Achselsproß als steril zu bezeichnen, ist nicht üblich. Für mich galt es nun, einmal die Stellungsverhältnisse an der älteren Pflanze nachzuprüfen, dann aber auch den Aufbau und die Blatt- stellung auf den verschiedenen Entwicklungsstufen festzustellen. Tritt der sympodiale Aufbau schon in der Jugend auf, wobei eine jedesmalige Verkümmerung des Vegetationspunktes stattfindet, oder geht mit der Blütenbildung der anfänglich monopodiale Wuchs — wie bei Zostera — in einen sympodialen über? Die Blattstellung der Keimpflanze ist spiralig, Die Divergenz zwischen Cotyledo und erstem Blatt ist größer als die der folgenden Blätter. Während die erste Divergenz meistens etwa 150° beträgt, sind die folgenden etwa 138%. Bei A. distachyus und ulvaceus fand ich 5/s-, bei A. Dinteri ?/,-Divergenz. Tritt nun die Pflanze in das Folgestadium, so machen sich Unregelmäßigkeiten in den Divergenzen bemerkbar. Zunächst will ich kurz einige Messungen mitteilen. Wenn ich auch diese Methode nicht für besonders geeignet halte, wichtige Aufschlüsse zu geben, so bediene ich mich ihrer zur Feststellung der Tatsachen und zur leichteren sowie übersichtlicheren Darstellung der bestehenden Verhältnisse. In der folgenden Tabelle sind die Blattdiver- genzen von A. distachyus auf verschiedenen Stufen der Entwicklung nebeneinander dargestellt. Keimling Jugendstadium Nicht blühende Folgeform Cotyledo —1. Blatt 150° 1. Blat—2. „ 138° 2. 0-2, 1880 . ,— „ 139 Blatt— 7. Blatt 138° 6. 13. Blatt—14 7 4-8 „188° 8. 9 4. „—B „ 155° 2. 0-16 5. 128° 16. „1m „ 150° Untersuchungen über Wasserpflanzen. 23 Später ändern sich die Divergenzen, so daß von einer spiraligen Stellung, selbst einer spiralig-verschobenen, nicht mehr gesprochen werden kann. Zeichnen wir uns die vier vom Mittelpunkt ausstrahlenden Blatt- reihen als Geraden, so erhalten wir folgende Winkel: a (Winkel, den die 1. und 4. Reihe miteinander bilden) = 105° Bl» » » 1. und 3. sowie 2. und 4. Reihe miteinander bilden) = 60° y » » » 2. und 3. Reihe miteinander bilden) = 135° a, b, c, d seien die Divergenzen zwischen den aufeinanderfolgenden Blättern. Der Winkel, den das 1. Blatt mit dem 2. bildet, also a, das 2. mit dem 3. mithin b. So sind die gleichsinnig gemessenen Diver- genzen, wie die folgende Zusammenstellung erkennen läßt, periodisch angeordnet. a n+1bsn+2=165* b) n+2 „n+3= 135° co) n+3 „ n+4=165* ddn+4 „n+5=255° a)n+5 „n+6= 165° b)n+6 „n+7=135° )a+7 „n+8=165* d)n+8 „n+9=255° Wir finden also eine Periode von vier regelmäßig wiederkehrenden Werten, die zusammen stets acht Rechte ergeben. Allerdings muß ich hinzufügen, daß die vier Blattreihen, die man schon makroskopisch unterscheiden kann, nicht gerade, sondern in einer leicht gekrämmten Kurve verlaufen. Die hierdurch entstehenden Schwankungen der Diver- genzwinkel, die aber wiederum vollkommen periodisch verlaufen, habe ich, da es zu weit führen würde, bei dieser Besprechung nicht berück- siehtig. Bestimmte Veränderungen treten nun häufiger in diesem regelmäßigen Periodenwechsel auf, die ich noch kurz anführen möchte. Es kommt zunächst einmal der Wechsel der beiden Winkel a und 7 vor. Die aufeinanderfolgenden Divergenzen sind dann folgende: E) + 1bisp+ 2= 165° ) pP p 635° = b p+ 2 „ p+ 3=13° R , 720° (#4 15%) 4—= 165° es ER) BUUBEdgumn RE) 3 E - BELLE FHrtttHtrr tt DHSSB@NTHTmWw aa E02 .2-0-3 HHttsH tt tr un LE Bei d beginnt die Verschiebung. Bei a, ist die neue Periode hergestellt, die, in entgegengesetzter Richtung gemessen, den Werten der 24 Wilhelm Riede, alten Periode gleicht. Es kommt nun noch ein zweiter manchmal zu beobachtender Fall vor. Eingeleitet wird da die Verschiebung durch eine Verkleinerung der Divergenz der ersten und der vierten Reihe um 90° Im weiteren Verlauf führt diese Unregelmäßigkeit zu einer Umkehrung wie auch zu einem Divergenzwechsel. In manchen Fällen wird durch einen weiteren Vorgang die alte Blattstellung wieder- hergestellt. Die folgende Tabelle gibt die zahlenmäßigen Werte dieser mit Umkehrung und Verschiebung der Divergenzen endenden Erscheinung: a) m+ 1bism+ 2—165° bb m+ 2 „ m+ 3=135° 630° — o m+3 ,„ m+ 4=165°( 720°— (#+30% dd m+4 ,„ m+ 5=165° aJm+5 „ m+ 6=255° b)m+6,m+ 7=165°1 7990 e)m+ 7, m+ 8-135° d)m+8 ,„m+ 9= 75° a)m+ 9 „ m+10=235°=4R — 135° b)m+10 „ m+U-=19°-4R — 165° Jm+1l ,„ m+12-225°—4R — 135° öm+n „m+13= 5’=4R --285° Ich will nicht weiter auf diese interessanten Vorgänge eingehen. Die Zahlen geben ja völlige Klarheit. Es würde auch zu weit führen, auf andere seltenere Unregelmäßigkeiten einzugehen. Daß wir hier nicht mehr von einer spiraligen Blattstellung sprechen können, leuchtet ein. Die ursprüngliche Monocotylenblattstellung ist nach Goebel die '/,-Stellung. Auf späteren Entwicklungsstufen gehen viele einkeimblättrige Pflanzen zu anderen Divergenzen über, wobei teils die Blätter einzeln bleiben, teils ein Zusammenhalten von zwei aufeinanderfolgenden Blättern stattfindet. Durch Balfour wurde die eigentümliche Blattstellung der Gattung Halophila — bekanntlich außer Thalassia die einzige marine Gattung der Hydrocharitaceen — fest- gestellt. Zwei nacheinander entwickelte Blätter, zwischen denen das Internodium sich nicht streekt, kreuzen sich unter schiefen Winkeln. Goebel leitet.diese Stellung von der zweizeiligen ab. Die Blattpaare sind nach ihm im Gegensatz zu der gleichsinnigen Verschiebung bei Najas im entgegengesetzten Sinn verschoben. Ähnlich wie bei Halophila ist auch die Stellung bei Aponogeton. Auch hier ist stets das erste Blatt fertil. Die Verschiebung der Infloreszenzen ist, wie bei der er- wähnten merkwürdigen Hydrocharitacee, eine stärkere als die des Blattes, so daß der Blütenstand nieht median steht, sondern vor dem Blattrand — bei nach links verschobenen Paaren vor dem linken, bei nach rechts verschobenen vor dem rechten Rand. So stehen also die Infloreszenzen in zwei Spiralzeilen — abwechselnd am rechten und linken Blattrande Untersuchungen über Wasserpflanzen. 25 des ersten Blattes. Es kommen jedoch insofern Veränderungen vor, als manchmal nur jedes vierte Blatt fertil ist, die Infloreszenzen also nur auf einer Seite stehen. Selten trifft man, daß die Blütenstände aufeinanderfolgender Paare auf derselben Seite liegen. Da aber nun bei Aponogeton innerhalb der Blattpaare, deren Glieder nacheinander entstehen, noch eine Verschiebung stattfindet, ist es besser einen be- sonderen Typus — Aponogetontypus —- zu unterscheiden, der sich dem Najastypus und dem Halophilatypus Goebels anreiht. Wie bei der Untersuchung des Vegetationspunktes sich zeigt, ist die charakteristische Winkelbildung schon von vornherein vorhanden. Da also entwicklungs- geschichtlich keine Verschiebung nachweisbar ist, liegt keine wirkliche Drehung vor, sondern ein asymmetrisches Wachstum, das wieder durch ungleichmäßige Baustoffverteilung hervorgerufen ist — eine Annahme, die in ähnlicher Weise schon Goebel für die zum Vergleich heran- gezogenen Typen machte. Die Blattstellung ist in inneren Ursachen begründet; ererbte innere Organisation der Baustoffanordnung liegt ihr zugrunde. Auch die besprochenen Unregelmäßigkeiten in den Stellungs- verhältnissen sprechen für die Annahme einer ungleichmäßigen und darum leicht Störungen unterworfenen asymmetrischen Stoffverteilung am Vegetationskegel. So habe ich zunächst gezeigt, daß die Gründe, die Engler ver- anlaßten ein Sympodium anzunehmen, ebensogut die Annahme eines Monopodiums rechtfertigen, denn Pflanzen, bei denen ähnliche Blatt- stellungen realisiert sind, wie Najas und Halophila, besitzen unzweifel- haft einen monopodialen Aufbau. Als Analoga seien noch die mono- podialen Gewächse Vallisneria, Luzula und Musa Cavendishii erwähnt, bei denen auch verschoben zweizeilige Blattstellung auftritt. Die Auf- fassung Müllers, der bei Vallisneria ®/, Divergenz mit Inkonstanz der Winkel annimmt, scheint mir weniger treffend zu sein, ebenso die Hof- meisters, daß bei Luzula und Musa Spiralstellung mit schwankenden Divergenzwinkeln vorliegt. So geht aus den Betrachtungen hervor, daß die Argumentation Englers nicht ganz einwandfrei ist. Jedoch muß ich näher auf Einzelheiten eingehen, um die Ansicht von Engler und Sergudeff, daß bei Aponogeton ein Sympodium vorhanden sei, zu widerlegen. Die außergewöhnliche Blattstellung ist kein Beweis für Englers Ansicht :ist vielmehr als Kriterium für monopodialen Sproß- aufbau aufzufassen... Das Fehlen der Vorblätter an den einzelnen Sproß- systemen spricht gegen die Sympodiumauffassung. Der wichtigste Gegenbeweis ist aber, daß die Aponogetonaceen auf allen Stufen der Entwicklung einen unbegrenzt fortwachsenden Vegetationspunkt 36 Wilhelm Riede, besitzen. Durch Freipräparieren der Sproßspitzen von Keimpflanzen und jüngeren, nicht blühenden Pflanzen stellte ich fest, daß stets ein gut entwickelter Sproßscheitel vorhanden ist. Dort sind um den hervor- gewölbten, abgerundeten Scheitel die Blattanlagen in regelmäßigen, hier in unregelmäßigen Abständen gruppiert. Auch bei den älteren Pflanzen ist der Vegetationspunkt als massige, stark gewölbte Kuppe zu sehen. Ein Verkümmern der Sproßspitze bei noch nicht blühenden Folgeformen oder ein Entwickeln zur Infloreszenz in der Blüteperiode ist nirgends zu beobachten. Die wie die folgenden Beobachtungen machte ich an allen eingangs erwähnten Arten. Stets zeigen sich an dem in der Mitte stehenden Scheitel die asymmetrisch angeordneten Blattpaare, deren erstes Blatt seitlich eine Infloreszenz trägt. Genaue Angaben über Fig. 1. Sproßquerschnitte, die Stellungsverhältnisse zeigend. 4 Ap. Dinteri. Keimpflanze. Z Ap. dist. Jugendform. € Ap. dist. Blühende Pflanze. D Ap. dist, Die Infloreszenzen liegen nur auf einer Seite. X=Kotyledo. Die Blätter sind durch Zahlen, die In- floreszenzen durch Buch- staben bezeichnet. Stellungsverhältnisse lassen sich jedoch nur durch vergleichende Betrachtung von Mikrotomschnittserien erbringen. Sowohl die Querschnitte in Höhe des Vegetationspunktes wie die höher und tiefer geführten Schnitte er- geben dasselbe Resultat. Vier Blattzeilen und zwei Infloreszenzzeilen strahlen vom Vegetationspunkt aus. Zwei aufeinanderfolgende sind zu Paaren zusammengerückt. Jedes erste Blatt ist ferti. Engler und Sergu6eff beobachteten, daß stets das zweite Blatt die Infloreszenz umfaßt — also bei der Annahme eines Monopodiums jedes zweite Blatt einen Achselsproß trägt. Diesen Irrtum führe ich darauf zurück, daß die genannten Autoren nach höher geführten Schnitten urteilten, an denen nämlich die Infloreszenz tatsächlich vor dem äußersten Rand des zweiten Blattes steht. An tieferen Schnitten sieht man jedoch deut- lich den Blütenstand mehr dem ersten Blatt genähert. Der Rand des zweiten Blattes schiebt sich erst später zwischen Infloreszenz und erstes Untersuehungen über Wasserpflanzen. 27 Blatt. Betrachten wir die jüngsten Anlagen, so fällt es auf, daßder Sexual- sproß schon bei der Entstehung seitlich inseriert ist. Die Infloreszenzen sind nicht mediane, sondern laterale Achselsprosse. Die asymmetrische Baustoffverteilung in der Sproßspitze, welche als Ursache für die anormale Anordnung der Blätter gelten muß, bewirkt auch die seitliche Entstehung der Sexualsprosse. Daß aber wirklich Achselsprosse vorliegen, die nur einen außergewöhnlichen Entstehungsort aufweisen, geht daraus mit Evidenz hervor, daß auch die selten vorkommenden Seitensprosse, die doch nach der herrschenden Ansicht bestimmt als Achselgebilde auf- gefaßt werden müssen, dieselbe Verschiebung erkennen lassen. Auf Mikrotomschnitten sind sowohl junge wie ältere Achselsprosse dentlich extramedian gestellt. Das vegetative Achselprodukt ordnet sich in Fig. 2. Sproßquerschnitte von Aponogeton distachyus; 4 Das Blattpaar 3 -+ 4 be- sitzt zwei Infloreszenzen (5 und ce). Z# Normale Symmetrieverhältnisse, jedoch ist beim 1. Blattpaar keine Infloreszenz entwickelt. die Spiralzeile der Infloreszenzen ein. Ein weiterer untrüglicher Beweis für die Auffassung der Blütenstände als axilläre Gebilde ist das von mir zweimal bei A. distachyus konstatierte Auftreten von zwei Inflore- szenzen in einem Blattpaar. Waren die voraugehenden und die folgen- den Paare normal ausgebildet, so besaß dieses Blattpaar vor der linken Seite eines jeden Blattes einen Blütenstand. Erwähnen will ich noch, daß auf höher geführten Schnitten das jüngere der beiden fertilen Blätter beide Infloreszenzen umschloß. Hieraus darf man natürlich nicht folgern, daß zwei Achselprodukte im zweiten Blatt aufgetreten seien. Andererseits zeigt es, daB man dieser nachträglichen Umfassung keinen besonderen Wert beimessen darf. Die Tatsache, daß beide Blätter eines Paares fertil sein können, beide die seltsame den beiden Rändern genäherte Stellung besitzen, spricht für die Achselsproßnatur und läßt 28 Wilhelm Riede, sich mit der Annahme eines Sympodiums ebenso schwer wie der andere erwähnte Fall in Einklang bringen. Bei dem schon sehr früh vom "Blatt vollständig getrennt auftretenden Blütenstand könnte man natür- lich. auch auf eine freie Entstehung am Vegetationspunkt schließen und jede Beziehung dieses acrogenen Gebildes zu einem Blatt ablelnen. Die genetischen Beziehungen zwischen Achselprodukt und Deckblatt —. die noch häufig ankewandte Bezeichnung Tragblatt, früher Mutter- blatt, erscheint nur in wenigen Fällen gerechtfertigt — sind bekannt- lich ganz verschiedene. Daß ein direkter Zusammenhang zwischen beiden nicht notwendig bestehen muß, daß die Beziehungen sowohl räumlich wie zeitlich ganz abweichende sein können, dafür lassen sich zahlreiche Belege bringen. Wie bei fast allen Samenpflanzen, ent- steht auch bei Aponogeton die Infloreszenz acrogen. Das Blatt bildet sich fast gleichzeitig, aber räumlich getrennt von dem Blütenstand. Nur in einigen Fällen beobachtete ich eine Berührung der äußersten Teile beider Gebilde. Daß die Asymmetrie der Blattentstehung eine asymmetrische Stellung der acrogenen Achselprodukte zur Folge hat, ist ohne weiteres verständlich. Die Entstehumgsorte der Sexualsprosse lassen sich bei Berücksichtigung der unregelmäßigen Anordnung der organbildenden Stoffe am Vegetationspunkt begreifen. Die bei normaler Zweizeiligkeit zutage tretende räumliche Beziehung zwischen Achsel- produkt und Deckblatt ist, durch die Asymmetrie der Stoffanhäufung und die damit verbundene Verschiebung der Teile zwar nicht völlig ge- löst, aber stark verwischt. - j Alle Untersuchungen und Beobachtungen haben so gezeigt, daß die Annahme eines sympodialen Sproßsystems bei den Aponogetonaceen sich nicht aufrecht erhalten läßt, daß nur die Deutung des Sprosses als eines ımonopodialen, der mit in entgegengesetztem Sinne verschobenen Scheinpaaren von zweizeilig stehenden Blättern besetzt ist, sich mit den morphologischen und entwicklungsgeschichtlichen Befunden verein- baren läßt. Die extramediane Insertion der Blütenstände wie die ver- schoben-zweizeilige Blattstellung haben in Najas, Halopbila, Vallisneria, Luzula und Musa Cavendishii, monopodialen Pflanzen, ihre Analoga. Bemerkenswert ist nun, daß die als ursprüngliche Monocotylenstellung anzusehende zweizeilige Stellung in der Ontogenie später auftritt. Ich fasse die Entwicklung folgendermaßen auf: Da in manchen Fällen bei den Keimpflanzen der Cotyledo mit dem ersten Blatt einen Winkel von fast 180° bildet, stets aber dieser Winkel größer ist als die folgenden, ist anfangs eine, wenn auch meistens verschobene, sehr schnell vorüber- gehende Zweizeiligkeit vorhanden. Mit dem dritten Blatt wird der Über- Untersuchungen über Wasserpflanzen. 29 gang zur zerstreuten Blattstellung vollzogen. Später tritt infolge asymmetrischer Stoffverteilung eine Unregelmäßigkeit der Divergenzen auf — eine Übergangszeit, welche die Rückkehr zur nun jedoch modi- fizierten zweizeiligen Blattstellung einleitet, So folgen 1/,-Tendenz, Spiraltendenz, modifizierte !/,- Tendenz einander. d) Zusammenfassung der wichtigsten morphologischen und entwicklungsgeschichtlichen Ergebnisse. Der Sproß der Aponogetonaceen ist gestaucht; er bleibt in dem im Boden befindlichen, als Reservestoffbehälter fungierenden hypocotylen Glied eingesenkt. Der Sproßaufbau ist während der ganzen Ent- wicklung ein monopodialer. Die ursprünglich zweizeilige Blattstellung geht in die spiralige ‚über; diese kehrt dann in eine modifizierte zwei- zeilige zurück. Je zwei aufeinanderfolgende, nicht genau gegenüber- stehende Blätter bilden ein Paar. Die Paare sind abwechselnd nach rechts und nach links verschoben. Die acrogenen Infloreszenzen, die eine Spaltung ihres Vegetationspunktes in zwei oder mehr Äste durchführen, sind, obwohl stets seitlich stehend, als Achselprodukte des ersten Blattes zu bezeichnen, da die vegetativen Sprosse dieselbe extramediane Stellung zum Deckblatt aufweisen. Den verschiedenen Arten der Achselsproß- entstehung ist auch diese zu subsumieren. Die Aponogetonaceen haben eine heteroblastische Entwicklung. Während das Primärstadium bei A. distachyus sehr kurz ist, wird die Jugendform von A. ulvaceus und Dinteri lange beibehalten. In anatomischer Beziehung liegen die typischen Merkmale der Wasserpflanzen vor. Die schwimmblattbildenden Formen besitzen. ein vermehrtes Durchlüftungssystem, reduzierte Gefäßbündel, lassen die Differenzierung des Mesophylis in Palisaden- und Schwamm- parenchym erkennen — lakunöses Gewebe, wie es Potamogeton natans besitzt, kommt nicht vor — und entbehren eines mechanischen Gewebes. Die submersen Formen zeigen fast keine weitere Rückbildung des Leitungsgewebes. Das von Luftgängen durchzogene Grundgewebe hat keine Differenzierung erfahren: Das Durchlüftungssystem ist bei A. fenestralis etwas geringer entwickelt als bei A. ulvaceus. Ein wohl- entwickeltes Milchröhrensystem, dem hauptsächlich ernährungsphysio- logische Bedeutung beizumessen. ist, zeichnet die Familie vor anderen Wasserpflanzen aus. Hydropoten kommen bei allen Arten vor; diese Or- gane stehen nur an submersen Teilen. Bei A. Dinteri kominen auf der Blattunterseite kleinere und dichter stehende Hydropoten, bei A. distachyus größere, weniger dichtstehende von’ mehr länglicher Gestalt neben den gestreckten über den Nerven" befindlichen Hydropoten vor. Bei den 30 Wilhelm Riede, submersen Formen stehen diese charakteristischen Zellgruppen haupt- sächlich auf der Unterseite — ein Zeichen für die Abstammung von Schwimmblättern. Die Entstehung der Hydropoten bei den Blättern schreitet innerhalb jeder Zone von der Mitte zum Rand fort. An den Blatt- und Infloreszenzstielen werden diese Organe acropetal angelegt. Die Apiealöffnung tritt erst bei dem absterbenden Blatt in Funktion, kann deshalb bei der Wasserbewegung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Wurzeln, die aus dünnwandigem Gewebe aufgebaut sind und einen zentralen Strang führen, besitzen Wurzelbaare. Die Knolle läßt an der Basis Zuwachszonen von Vegetationsperiode zu Vege- tationsperiode erkennen. Die Infloreszenzausbildung betreffend lassen sich fünf Typen unterscheiden: Einährige, spiralig mit Blüten besetzter Blütenstand (Natanstypus), zwei- bis sechsähriger, spiralig mit Blüten besetzter Blütenstand (Dinteritypus), Infloreszenz mit zwei auf der Innenseite dicht mit Blüten angefüllten Ähren (Spathaceustypus), In- floreszenz mit in zwei Reihen auf der Innenseite stehenden Blüten, die anormal vermehrte Glieder und Kreise im Andröceum führen (Distachyustypus) und Infloreszenz mit zweireihig gestellten normalen Blüten (Angustifoliustypus). Diese Typen stellen zugleich Entwicklungs- stufen dar. Die ungewöhnlichen Zahlenverhältnisse bei A. distachyus haben als Ursache die Reduzierung der auf der Innenseite der dorsiven- tralen Achse dicht nebeneinander stehenden Blüten auf zwei Reihen und die mit diesem Vorgang im Zusammenhang stehende, durch Stoff- überschuß bedingte Gleichgewichtsstörung. Der Gleichgewichtszustand der Einzelblüte wird bei A. d. nur bei verhältnismäßig geringer Menge an Baustoffen, wie sie ja zu Beginn und gegen Schluß der reproduk- tiven Periode in die Erscheinung tritt, erreicht. Bei A. augustifolius ist das Gleichgewicht bereits phylogenetisch hergestellt. D&doublement kommt bei A. distachyus nicht vor. Die Entwicklungsgeschichte läßt erkennen, daß die Organe nacheinander getrennt angelegt werden. Bei der Pollenkornentwicklung ist Periplasmodienbildung zu beobachten. Die anatropen Samenanlagen besitzen bei A. distachyus ein Integument, bei allen anderen untersuchten Arten zwei. Dementsprechend besitzen auch die Samen ein bzw. zwei Samenschalen. UI. Biologisch-physiologischer Teil. a) Über die Bedingungen der Heterophyllie. Durch die Darstellungen im morphologischen Teil sind wir mit den Primärblättern der Aponogetonaceen bekannt geworden. Sowohl bei den Arten mit Schwimmblättern wie bei den submersen Arten Untersuchungen über Wasserpflanzen. 3 ließen sich Jugend- und Folgeblätter streng unterscheiden. Goebel hat in seiner Arbeit „Über Jugendzustände der Pflanzen“ darauf hin- gewiesen, daß sich bei vielen Pflanzen in der Entwicklung verschiedene typische Formen (Jugendform, Folgeform) unterscheiden lassen und hat dann später auf Grund zahlreicher Versuche mit Kakteen und anderen Pflanzen die ursächliche Bedeutung des Lichtes für die Gestaltungs- verhältnisse erkannt. Nach weiteren Versuchen kam Goebel zu dem Resultat, daß Qualität und Quantität der vorhandenen Baustoffe, vor- nehmlich das Verhältnis der organischen zu den anorganischen Stoffen für die Entwicklung bestimmend ist. Ein Überwiegen der organischen Substanz ist für die höbere Stufe charakteristisch Daß Klebs durch seine Arbeiten — ich nenne nur die Schrift „Über künstliche Meta- morpbosen* — hervorragenden Anteil an der Klärung dieser Fragen hat, ist ja bekannt. Zuletzt ist die Ansicht von Goebel und Klebs über die Bedeutung des Verhältnisses der organischen Substanz zu den Nährsalzen für die Heterophylliie durch die Arbeiten von Vischer und Lakon bestätigt worden. In welchem Maße bei den Primär- und Folge- blättern eine Abhängigkeit von der Außenwelt besteht, sollte durch Versuche festgestellt werden. Ist ein Überspringen von Entwicklungs- stadien möglich? Läßt sich eine Umkehr des normalen Entwieklungs- verlaufes herbeiführen oder die Entwicklung auf einer Stufe zurück- halten? Aber noch weitere Fragen waren zu entscheiden. Liegen in den Jugendblättern durch den Einfluß des Mediums oder dureh innere Bedingungen veranlaßte Hemmungsbildungen vor oder haben wir in ihnen stammesgeschichtlich ererbte Gebilde, die in der Ontogenie nur vorübergehend auftreten, zu erblicken? Die äußeren Eingriffe, die eine Veränderung der inneren Verhältnisse herbeiführen, können nun verschiedener Art sein. Einerseits läßt sich durch Herabsetzung der Nährsalzzufuhr mittels .Wasserkultur bzw. Beschneiden der Wurzeln oder durch Vermehrung der C-Assimilation mittels guter Beleuchtung das Verhältnis zugunsten der organischen Stoffe verschieben. Anderer- seits kann durch Kultur in Nährlösung oder durch Herabsetzung der C-Assimilation, die sich durch Entfernen der Reserveassimilate, Be- schneiden der Assimilationsorgane, schließlich durch Kultur in ab- geschwächtem Licht oder im Dunkeln bewerkstelligen läßt, die relative Menge der anorganischen Bestandteile vermehrt werden. War durch Summierung gleichwirkender Faktoren eine beschleunigte Herbeiführung der Reaktion zu erzielen? Es seien nun einige der mit A. distachyus angestellten Versuche geschildert. 32 Wilhelm Riede, 2. Versuche mit Keimpflanzen. Keimpflanzen auf Erde wurden teils im Licht, teils im Dunkeln in verschiedenen Wassertiefen kultiviert. Während die Lichtkulturen Übergangsblätter und dann Schwimmblätter erzeugten, blieben die ver- dunkelten Pflanzen auf dem Bandblattstadium stehen. Die in geringen Tiefen (bis zu 10 em) kultivierten Pflanzen bildeten sofort Schwimm- blätter. Die Streckungsfähigkeit des Stieles wurde bei größeren Tiefen überschritten. Die Ausschaltung des Lichtes und damit der C-Assimi- lation hatten die Entwicklung der zweiten Reihe sistiert. Bei weiteren Versuchen wurden Keimpflanzen auf sterilem Sandboden und in Wasser verankert kultiviert — teils belichtet, teils verdunkelt. Die Dunkel- pflanzen blieben auf dem Primärstadium. Die beleuchteten Keimlinge, die in ganz seichtem Wasser kultiviert wurden, bildeten bald Schwimm- blätter. Das Wachstum der in tieferem Wasser (15—30. em) gehaltenen Exemplare war bedeutend langsamer; jedoch traten auch hier Übergangs- blätter auf. Später trat jedoch ein Rückschlag ein. Die Seichtwasser- pflanzen sanken schon nach drei Schwimmblättern wieder auf das Jugend- stadium zurück, die anderen erst nach etwa fünf Übergangsblättern. Verringerung der Nährsalzaufnahme hat progressive Entwicklung zur Folge. Tritt gleichzeitig noch eine Verbesserung der C-Assimilation ein, so wird die Entwicklung beschleunigt. Daß später eine regressive Entwicklung zur Jugendform erfolgt, erklärt sich aus dem Mangel an Nährsalzen. Das Minimum von Nährsalzen muß vorhanden sein, wenn das Konzentrationsverhältnis ausschlaggebend sein soll. Ein Überwiegen der organischen Substanz bei gleichzeitigem Sinken der anorganischen Stoffe unter das Minimum genügt nicht, um die Folgeform zu erhalten oder gar eine Weiterentwicklung zur Blütenbildung zu bewirken. Daß bei den besser beleuchteten Pflanzen ein schnelleres Zurücksinken ein- tritt, ist durch das frühzeitig zustande kommende Mißverhältnis zwischen reichlich produzierten organischen und nicht neu hinzukommenden an- organischen Stoffen zu erklären. Die Versuche im Dunkeln zeigen, daß die Verminderung der Nährsalze bei gleichzeitiger Hintanhaltung der C-Assimilation keine Weiterentwicklung zu veranlassen vermag. Bei ständigem Abschneiden der Wurzeln — wodurch ja auch eine Aufnahme von Nährsalzen unterbunden ist — fand ich dieselben Resultate. Die belichteten wie die verdunkelten Pflanzen verhielten sich wie die in sterilem Medium gehaltenen. Bei dauerndem Abschneiden der Blätter blieben die Pflanzen auf dem Jugendstadium. . Die C-Assimilation ist zu gering, um genügend Baustoffe, die zur höheren Organisationsstufe erforderlich sind, zu produzieren. Ob dabei die Pflanze ein besseres [5 in Untersuchungen über Wasserpflanzen. 33 oder schlechteres Substrat hatte, war belanglos. Daß natürlich die auf sterilem Sand gezogenen Pflanzen langsamer wachsen, sei nebenbei erwähnt. Es wurden nun Keimpflanzen in 2°/ iger Nährlösung (Knop) hell und dunkel gezogen. Sowoll die Licht- wie die Dunkelpflanzen blieben auf dem Primärstadium. Vermehrung der Nährsalze bedingte Stillstand der Entwicklung. Es wurden auch Versuche in abgeschwächtem Licht angestellt. Je mehr Lieht Zutritt hatte, desto schneller trat die Folgeform auf. War schließlich — z. B. bei einem Versuch, bei dem nur durch einen ganz schmalen Spalt Licht eindrang — die Lichtinten- sität sehr stark herabgemindert, so zeigten sich dieselben Ergebnisse wie im Dunkeln. Sinken der Lichtintensität und Verzögerung der Ent- wicklung gehen Hand in Hand. Lichtstärke und Dauer des Jugend- stadiums sind umgekehrt proportional. 2. Versuche mit jüngeren Pflanzen. Schwimmblattformen wurden auf Erde und sterilem Sand gut beleuchtet und verdunkelt kultiviert. Die Sandkulturen erzeugten bald Blüten; bei den Erdekulturen trat die Blütenbildung etwas später auf. Bei den Dunkelkulturen wurde in beiden Versuchsreihen ein Übergang zum Primärstadium beobachtet. Bei anderen Pflanzen wurde durch Beschneiden der Wurzeln bzw. Eingipsen der Knolle der Übergang zur Geschlechtsform beschleunigt herbeigeführt. Die Kontrollpflanzen gingen erst 12 Tage später zur Blütenbildung über. Beschneiden der Blätter — Herabsetzung der Assimilate — führt nach 4—8 Wochen zur Band- blattbildung. Bei den schnell zur Geschlechtsform übergehenden, be- leuchteten Sandkulturen und bei den Kulturen ohne Wurzel trat aber sehr bald eine allgemeine Schwächung zutage. Manchmal schon nach der ersten Infloreszenz stellte die Pflanze die Blütenerzeugung ein und kehrte dann auf das Jugendstadium zurück. Obwoll hier ein Über- wiegen der organischen Substanz vorhanden war, ging eine Rückwärts- entwicklung vor sich. Infolge Herabminderung der Nährsalzzufuhr unter ‚das Minimum trat Schwächung und schließlich Erschöpfung der Pflanze ein. Nicht das Verhältnis von organischer zu anorganischer Substanz, sondern die durch schlechte Ernährung bewirkte Erschöpfung verursachte die Hemmung. Aus diesem Grunde ist es auch verständlich, daß nicht alle Sandkulturen zur Blüte gelangten. Bei manchen trat schon vor- zeitig eine Erschöpfung ein. Die Versuche über den Einfluß der Licht- ‚intensität hatten mutatis mutandis das bei den Keimpflanzen ermittelte ‚Ergebnis. Durch Veränderung des Konzentrationsverhältnisses zugunsten ‚der Assimilate wurde der Übergang des Individuums vom sterilen in Flora, Bd. 114. 3 34 Wilhelm Riede, den fertilen Zustand herbeigeführt. Die in schwachem Licht kultivierten Sand- und Erdepflanzen zeigten keinen Übergang zur Blütenbildung. Die Sandkultur ging infolge stärkerer Schwächung eher zur Anlegung von Primärblättern über. Die in stark abgesehwächtem Licht erwach- senen Versuchspflanzen verhielten sich wie die Dunkelpflanzen. Bei- Versuchen in Knopscher Nährlösung konnte ermittelt werden, daß ein Zurücksinken auf das Jugendstadium erfolgt. Schwach beleuchtete Nährlösungspflanzen kehrten schneller zum Jugendstadium zurück als gut beleuchtete. Infolge Summation der in gleicher Richtung wirken- den Faktoren ist in den betreffenden Fällen verkürzte Reaktionszeit zu beobachten. — Daß bei den Versuchen stets gleichalte Pflanzen, die gemeinsam aus Samen gezogen waren, verwendet wurden, ist ja selbstverständlich. 3. Versuche mit blühenden Pflanzen. Bei älteren Pflanzen handelte es sich darum festzustellen, auf welche Art Rückschlagsbildungen erzielt werden können. Durch Dunkel- kultur erfolgte stets ein Übergang zur blütenlosen Form und dann nach längerer Kultur zur Jugendform. Stark abgeschwächtes Licht führt bei längerer Dauer zum gleichen Resultat. Leicht ' schattierte Pflanzen stellten nach kurzer Zeit die Produktion von Sexualsprossen ein, legten jedoch keine Primärblätter an. Auf Sand trat ein allmähliger Rückschrittsprozeß auf. Während bei den verdunkelten Pflanzen dieser Prozeß durch Verringerung der C-Assimilation bedingt ist, muß bei den auf sterilem Substrat gehaltenen die mit Nährstoffmangel zusammen- hängende Erschlaffung des Organismus als Ursache angesehen werden. In 2°%/,,iger Nährlösung trat regressive Entwicklung ein. So lassen alle Versuche bei relativer Zunahme der Assimilate eine Weiterentwicklung bzw. ein Beharren auf der erreichten obersten Stufe, bei relativer Ab- nahme rückschreitende Entwicklung erkennen. 4. Versuche mit Landkulturen. Keimpflanzen wurden im beleuchteten Raum und in der Dunkel- kammer, auf Sand und auf Erde kultiviert. Alle Dunkelkulturen blieben auf dem Jugendstadium. Die Lichtkulturen bildeten Spreitenblätter. Die Lamina war schmäler und kleiner als beim Schwimmblatt. Die verschiedenen Substrate vermochten keinen wesentlichen Einfluß ans- zuüben. Der bestimmende Faktor war die C-Assimilation. Die Her- vorrufung von Blüten bereitete Schwierigkeiten. Wie an älteren Land- kulturen festgestellt wurde, entwickelten sich nur Infloreszenzen, wenn die Pflanzen vor direktem Sonnenlicht geschützt, leicht beschattet Untersuchungen über Wasserpflanzen. 35 waren. Diese an eine gewisse Lichtabschwächung und an die damit zu- sammenhängende Transpirationseinschränkung gebundene Entwicklung der Infloreszensen, die ja für Wasserpflanzen verständlich ist, ließ die bei den Wasserkulturen angewendete Methode der starken Beleuchtung zur Hervorbringung von Blüten aussichtsios erscheinen. Direktes Sonnen- licht hemmte die an abgeschwächtes Licht angepaßten und an Tran- spiration nicht gewöhnten jungen Infloreszenzen, wie eine Anzahl von Versuchen zeigte. Jedoch konnte an einer jüngeren Landpflanze, deren Wurzeln entfernt waren und die bald leicht beschattet, bald direktem Sonnenlicht ausgesetzt wurde, Biütenentwicklung erzielt werden. Die Kontrollpflanzen mit unverletztem Wurzelsystem blieben vegetativ. Einschränkung der Nährsalzaufnalme bedingte Weiterentwicklung, d. h. hier Blütenbildung. Die im Dunkeln kultivierten jüngeren Landpflanzen gingen bald zur Jugendform über, wie auch die auf nährstoffarmen Substrat später infolge Erschöpfung Jugendblätter produzierten. Daß durch beständiges. Verringern der Assimilationsflächen dasselbe Resultat erreicht wird, bewiesen einige Versuche. So verhalten sich also auch die Landkulturen in bezug auf die Entwicklungsbedingungen wie die Wasserkulturen. Verbesserung der Lufternährung oder Verschlech- terung der Bodenernährung bewirken Weiterentwicklung, die um- gekehrten Verhältnisse Rückwärtsentwicklung. Bei den auf dem Land kultivierten Pflanzen trat jedoch die Reaktion schneller ein. 5. Zusammenfassung der Versuchsergebniase, So bestätigen die Versuche die von Goebel und Klebs ver- tretene, durch die Versuche von Vischer und Lakon erhärtete An- sicht, daß das Verhältnis der organischen Stoffe zu den anorganischen für die jeweilige Form der Pflanze ausschlaggebend ist, daß ein Über- wiegen der Assimilate eine Weiterentwicklung, ein relatives Überwiegen der Salze eine Hemmung und Rückschlagsbildung bewirkt. Ist jedoch die Quantität einer Art unter das für die Pflanze erforderliche Minimum gesunken, so tritt nach beschleunigter regressiver Entwicklung bald der Tod ein. Ob man nun durch Kultur in Nährlösung die Nährsalze vermehrt oder durch Abschneiden der Blätter bzw. durch Kultur in abgeschwächtem Licht die Assimilation vermindert, ist für das Ergebnis belanglos. Ebenso wie Verminderung der Nährsalze, die durch Ab- schneiden bzw. Eingipsen der Wurzeln oder durch Kultur auf nähr- stoffreiem Substrat erreicht werden kann, und durch gute Beleuchtung bewirkte Erhöhung der C-Assimilation gleichsinnig wirken. Die Sum- mierung in gleichem Sinne wirkender Faktoren beschleunigt die Reaktion. 3* 36 Wilhelm Riede, ‚Die Abhängigkeit der Jugendform, Folgeform und Geschlechtsform von äußeren Faktoren, welche die inneren Verhältnisse gestaltbildend beein- flussen, ist für A. distachyus durch die angegebenen Versuche erwiesen. Der normale Entwicklungsgang ist kein notwendiger, unabänderlicher; ‚er ist vielmehr von der Quantität und der Qualität der auf die Pflanzen .einwirkenden Reizfaktoren in hohem Grade abhängig. Die äußeren Bedingungen beeinflussen die inneren, die wiederum einen weiteren komplizierten Prozeß auflösen. Sich Vorstellungen über die durch das Konzentrationsverhältnis der Assimilate und Nährsalze veranlaßten inneren Vorgänge, über den Chemismus der Zeilen am Vegetationspunkt zu machen, ist bei dem heutigen Stande der Frage unmöglich. Die von Schenck und anderen betonte zweckmäßige Anpassung der jungen Pflanze an das Medium durch Jugendblätter besteht in Wirklichkeit nicht. Es liegt eine Hemmung vor. Die Pflanze paßt sich nicht der jeweiligen Lage an; die einwirkenden Faktoren rufen Reaktionen hervor. Die Pflanze kann unter gewissen Bedingungen die Gewebedifferenzierung in ihren Organen nicht durchführen; sie unterläßt sie nicht, weil diese unzweckmäßig wäre. Selbstregulatorische Anpassung gibt es nicht. Überall sehen wir eine Verkettung von Ursache und Wirkung, ein ungewolltes, unabänderliches Müssen. — Eine tabellarische Zusammen- stellung der Versuche sei noch angefügt. M Bedingungen für Resultat g = |». B.[83 FRI 8 /08|@=8 83 Wurzel Sproß Assimilate | Nährsalze 88 | &8 58 = 2 |B8 | 58 "zZ |7E|s6 a| heil Wasser Wasser + _ << <|- b| » Sand » + _ < = = el „ | Ad W. „ + - |<|ı<|=- al, Sand Ad. + _ _ - el » Erde Pr + —| nml| = | > |»> f| „ |} Nährlösung „ + + - |> | > g| » Nährlösung + + _ > > h lunkell Wasser Wasser _ _ — > > il » Sand » - - I<|>|= k| „1 Ad W. ” _ _ -|>|> 1 " Sand ° A.d. B. _ _ _ = = > m| „ Erde P _ —I norml | - |> | > a| » Nährlösung » _ _ + = > > °| » ” Nährlösung _ + = |> |» + Vermehrung > regressive » treffenden Stadium. A. d. W.— Abschneiden der Wurzel, A.d.B. — » „ Blätter, Untersuchungen über Wasserpflanzen. 37 6. Nachtrag, Blütenbildung auf dem Jugendstadium, Überspringen der Folgeform wurde bei A. distachyus in einem Fall beobachtet. Eine ältere Pflanze wurde im Frühjahr in ein 3 m tiefes Becken versenkt. Zu Beginn des Herbstes, wo die Pflanze bereits nur Jugendblätter besaß, wurden die Wurzeln entfernt; die Kultur wurde nun in seichtem Wasser im Gewächshaus fortgesetzt. Nach einer Woche hatten sich in den Achseln der jüngsten Blätter Infloreszenzen gebildet. Aber auch einige ältere Blütenstände, deren Deckblätter längst abgefallen waren, wuchsen — anscheinend völlig frei — aus der Knolle hervor. Durch die Herab- setzung der Nährsalzzufuhr und die gesteigerte Produktion von Assi- milaten war das für die Geschlechtsform charakteristische Konzentrations- verhältnis beschleunigt herbeigeführt und hatte das Anlegen von In- floreszenzen in den Achseln der Jugendblätter und die Entwicklung verkümmerter älterer Blütenstände verursacht, Ähnliche Fälle eines Überganges vom Primärstadium unmittelbar zum Geschlechtsstadium, wobei also Formen mit Blüten und Jugendblättern resultieren (Ge- schlechtspflanzen mit Primärblättern), hat bereits Goebel beschrieben. Auch andere Autoren haben blütenbildende Jugendflanzen beobachtet. Diels hat in seinem Werke „Jugendform und Blühreife im Pflanzen- reich“ ein reiches Material gesammelt. Die Versuche mit A. Dinteri waren sehr erschwert. Die Pflanze ist sehr empfindlich. Im Dunkeln stellt sie sofort das Wachstum ein. Bei Verletzung des Wurzelsystems tritt ebenfalls bald eine völlige Er- schöpfung ein, ohne daß es vorher zur Bildung von Jugendblättern kommt. Nur in zwei Fällen gelang es, Rückschlagsbildungen zu erzielen. Bei der submersen Art, A. ulvaceus, lassen sich an älteren Pflanzen typische Jugendblätter nicht hervorrufen. Bei Vermehrung der Nähr- salze bzw. Verminderung der Assimilate bilden sich zwar bald kleine, schmale, nicht gewellte Blätter, die aber wegen der unterseitigen Spalt- öffnungen anatomisch den Folgeblättern nahe stehen. Die Stomata der Unterseite nehmen an Zahl ab, aber die Oberseite bleibt stets spalt- öffnungslos. Wir haben also hier ein gehenmtes Folgeblatt, kein typisches Primärblatt vor uns. Ob etwa hier ein prinzipieller Unter- schied vorliegt — bekanntlich faßten wir die Jugendblätter von den Schwimmblattformen als Hemmungsbildungen, den Primärblättern der sub- mersen Formen dagegen legten wir phylogenetische Bedeutung bei —, können nur weitere Versuche entscheiden. Das Material war zu gering, um ein sicheres Urteil darüber zu gewinnen, ob die auf der Oberseite Stomata besitzenden, schwimmblattähnlichen Primärblätter von A. ulvaceus unter 38 Wilhelm Riede, anderen Bedingungen entstehen als die Hemmungsgebilde der Schwimm- blattformen. Aber es ist möglich, daß unter besonderen Verhältnissen typische Jugendblätter auch bei A. ulvaceus auftreten. Die Frage der verschiedenen Reaktionsweise von Pflanzen mit gehemmten Primärblättern und mit phylogenetischen Primärblättern muß offen bleiben. Bei der Kultur in den Gewächshäusern. wurden bei keiner Art an älteren Exemplaren Jugendblätter beobachtet. Die Vegetationsperiode wird nicht unterbrochen. Bei den Schwimmblattarten treten einige untergetauchte Blätter am Ende der Vegetationsperiode auf. Aber bald ist die Pflanze wieder soweit. erstarkt, daß ein neues intensives Wachs- tum einsetzt. Bei A. ulvaceus wird nur vorübergehend die Blüten- bildung eingestellt. In jedem Jahr lassen sich zwei Vegetationsperioden unterscheiden. Im Freien überwinternde Pflanzen von A. distachyus bilden nach der Ruheperiode Jugendblätter. Es ist anzunehmen, daß auch bei den submersen Arten im Freiland nach Unterbrechung der Vegetation Jugendblätter auftreten. —- Weder bei A. u. noch bei :A. D. ließ sich durch Versuche eine Geschlechtsform mit Jugendcharakteren erzielen. b) Kulturversuche in verschiedenen Wassertiefen und auf dem Land. Die Aponogetonaceen sind bis jetzt nur in Bächen und Tümpeln, also in geringerer Wassertiefe (etwa 40 cm), und nie auf dem Land gefunden worden. Es schien von Interesse das Verhalten der ver- schiedenen biologischen Typen in größeren Tiefen und auf dem Land zu prüfen und Schlüsse auf das Vorkommen von Standortsformen zu ziehen. 1. Kulturen in verschiedenen Tiefen. Von den Schwimmblattformen wurde A. distachyus als Versuchs- pflanze verwendet. Die Versuche wurden in einem 3 m tiefen, im Freien gelegenen Becken ausgeführt. Die Versuchspflanzen waren einzeln in Töpfe gepflanzt und durch einen Zinkdraht in einer bestimmten Tiefe befestigt. Die Ergebnisse waren folgende: Bis zu einer Länge von 80 cm vermag A. distachyus seine Blattstiele zu strecken. In größeren Tiefen können die Blätter die Oberfläche nicht mehr erreichen und entfalten ihre Spreite unter Wasser; sie bleiben kleiner und führen Chlorophyli in der Epidermis der Unter- wie der Oberseite. Die unter Wasser sich entwickelnden Blüten öffnen sich, bleiben aber unbefruchtet. Die Kelehblätter wachsen nicht wie gewöhnlich mächtig heran, ergrünen Untersuchungen über Wasserpflanzen, 39 auch nicht. Die Infloreszenz stirbt bald ab. Die Befruchtung bei sich unter Wasser öffnenden Blüten ist sicherlich bloß möglich, wenn sich die Blüte mit einer Luftblase umgibt, wie man es z. B. bei untergetaucht bleibenden Elodeablüten beobachten kann und wie es Glück von den submersen Blüten von Alisma graminifolium schildert. Kleistogame Blüten, die ja vereinzelt auch bei Wasserpflanzen — z. B. Ranunculus aquatilis und Alisma natans — vorkommen, lassen sich bei den Apono- getonaceen nicht feststellen. Bald jedoch unterbleibt bei den versenkten Pflanzen die Blütenbildung, die Spreiten werden allmählich immer kleiner und es erfolgt schließlich die Bildung von Primärblättern. Die Blattstiellänge nimmt bei einer in 3m Tiefe befindlichen älteren Schwimm- blattform schnell ab. Die Länge der Stiele beträgt nach 12 Tagen nur noch die Hälfte der früheren Länge Je tiefer das Wasser, desto schneller der Übergang zur Jugendform. In seichtem Wasser bleibt die Pflanze auf dem Schwimmblattstadium. Die auf Sand kultivierten Pflanzen bildeten im seichten Wasser Luftblätter. Da infolge Nährsalz- mangel ein Kleinerwerden der Spreite und ein Kurzbleiben der Stiele resultiert, kann die Erhebung über den Wasserspiegel erfolgen. Bei den Luftblättern unterbleibt die Einlagerung der Hydropotensubstanz. Die anatomisch noch deutlich erkennbaren Mayrschen Organe bleiben funktionslos. Von Blatt zu Blatt erfolgt eine langsame Rückbildung dieser Zellgruppen, während eine geringe Vermehrung der Spaltöffnungen auf der Unterseite nachweisbar ist, Die Spreite wird immer kleiner; bald ist der Übergang zum Jugendstadium vollzogen. Gut ernährte Pflanzen bilden selbst im seichtesten Wasser keine Luftblätter. Bei der Kultur von Keimpflanzen zeigte sich, daß die Primärblätter in etwa 1 m Tiefe ihr Wachstumsoptimum besitzen. Bandblätter bis zu 80 cm Länge werden gebildet. Daß aber hier nur Beleuchtungsdiffe- renzen ausschlaggebend sind, bewies eine in einem 50 cm tiefen, schwach beleuchteten Holzbottich gewachsene Keimpflanze mit Bandblättern von gleicher Länge. In größeren Tiefen erfolgt eine allmähliche Abnahme der Blattlänge. Die Wachstumsgrenze, die unter 3 m liegt, konnte nicht ermittelt werden. In den mittleren Tiefen, in denen die Streckungs- fähigkeit der Stiele überschritten ist, bilden sich vorübergehend Schwimn- blätter. Später erfolgt wieder die Anlegung von Primärblättern. Die dem Wachstumsminimum genäherten Pflanzen bleiben auf dem Band- blattstadium stehen. Je seichter das Wasser, desto schneller erfolgt die Ausbildung von Schwimmblättern. Von einer Tiefe von 10 cm an werden keine Übergangsblätter mehr gebildet. In ganz seichtem Wasser treten bei Keimpflanzen vorübergehend Luftblätter auf. Doch 40 Wilhelm Riede, mit dem Erstarken der Pflanze und der Größenzunahme der Spreite vermag der Stiel die Lamina nieht mehr zu tragen; das Luftblatt fällt auf die Wasseroberfläche. Daß als gestaltende Faktoren in den ver- schiedenen Tiefen Wasserdrnck und Temperatur weniger in Betracht kommen, das Licht hingegen eine ausschlaggebende Rolle spielt, ist aus den Versuchen des vorigen Kapitels zu ersehen. Die mitgeteilten Zahlen haben jedoch nur eingeschränkte Gültigkeit; in weniger klarem Wasser werden die Ergebnisse etwas andere sein. Daß auch bei A. Dinteri in größeren Tiefen ein Beharren auf dem Jugendstadium stattfindet, bei ewta 75 cm Tiefe die Streckungs- fähigkeit der Blattstiele überschritten ist, sei nebenbei erwähnt. Wich- tiger erscheint mir bei diesen Versuchen die Beobachtung, daß mit zunehmender Wassertiefe die Menge der oberseitigen Spaltöffnungen an den Primärblättern abnimmt. Während die in 50 cm tiefem Wasser kultivierten Jugendpflanzenblätter nur wenige Spaltöffnungen besaßen, waren die in 10 cm tiefem Wasser gewachsenen auf der ganzen Spreite mit Spaltöffnungen angefüll. Es wurden natürlich nur entsprechende Blätter von gleichzeitig ausgesäten Keimlingen verglichen. Als Beispiel sei noch eine Zählung der oberseitigen Spaltöffnungen auf dem zweiten Primärblatt von in verschiedenen Tiefen gekeimten Pflanzen angeführt. 50 em 12 Spaltöffnungen, 20 cm 70 Spaltöffnungen 40 „20 „ 10 „ 110 30 „ 50 „ 0 „200 „ Aber auch bei späterem Versenken einer Seichtwasserkultur war schon am nächsten Blatt eine Verringerung der Stomata festzustellen. Esen- beck beobachtete bei Potamogeton alpinus die sukzessive Zunahme der Spaltöffnungen vom untersten zum obersten Blatt. Wenn es sich auch dabei um einen allmählichen Übergang der Blätter zu Schwimmblättern handelt, so glaube ich doch, daß die Beleuchtungsverhältnisse einen wesentlichen Einfluß haben. Mer führt die Vergrößerung der Spalt- öffnungszahl in seichtem Wasser auf die eintretende Verlangsamung des Wachstums zurück. Die an der Spitze angehäuften Nährstoffe be- günstigen die Produktion der Stomata. Mir scheinen die Einflüsse des Liehtes für Spaltöffnungsvermehrung besonders wichtig. Bei den im seichten Wasser gewachsenen Primärblättern treten frühzeitig Interzellularräume unter der Epidermis auf, über denen sich dann Zellteilungen vollziehen, die zur Bildung von Spaltöffnungen führen. Über die Versuche mit submersen Arten ist nichts Wesentliches zu erwähnen. Selbst in 3 m Tiefe erfolgt der Übergang zur Folgeform. Optimum und Minimum des Wachstums liegen bedeutend tiefer, In ” Untersuchungen über Wasserpflanzen. 4 einer Tiefe von 1 m liegt das Wachstumsoptimum. Die Wachstums- grenze ist bei 3 m noch nicht erreicht. 2. Landkalturen. Landformen wurden in der Natur bis jetzt nirgends beobachtet. Auf Grund von Landkulturen erschien es möglich, ein Urteil über etwaiges Vorkommen terrestrischer Formen zu gewinnen. Wurden Keimpflanzen von A. distachyus auf Land kultiviert, so trat nach dem ersten Blatt, das kleiner blieb, jedoch keine anatomischen Veränderungen aufwies und bald vertrocknete, ein Bandblatt auf, das bedeutend mehr Spaltöffnungen als das Wasserblatt zeigte, kein Chlorophyll in der Epidermis besaß und rudimentäre Hydropoten erkennen ließ. Bei einigen Kulturen bildete sich sofort nach dem ersten Primärblatt ein Spreitenblatt mit fünf Gefäßsträngen. Die Spreite der folgenden Blätter nalım allmählich zu. Die bei völliger Tageslichtbeleuchtung gehaltenen Exemplare besaßen stets eine kleinere Spreite als das entsprechende Schwimmblatt. Durch Kultur an beschatteten Pflanzen gelang es größere Spreiten hervorzurufen. Je geringer die Lichtintensität, desto größer das Blatt, desto dünner die Spreite, desto niedriger das Palisadengewebe. Die Dicke eines Sonnenblattes beträgt 32 a, eines leicht beschatteten 22 u, eines stärker beschatteten 17 a, eines in stark abgeschwächtem Licht gewachsenen Blattes 13 «. Die Blattgröße nimmt bis zum stärker beschatteten Blatt zu und fällt dann wieder. Bei zu geringer Be- leuchtung ist das Wachstum gehemmt. Bei starker Beschattung führt die Blattunterseite Chlorophyll. Die Hydropotensubstanz wird nie ein- gelagert. Von Blatt zu Blatt wird die Hydropotenentwicklung gehemmt; es mehren sich dagegen auf der Unterseite die Spaltöffnungen, erreichen jedoch bei weitem nicht die Dichtigkeit der Oberseite. Die Blattstiele bleiben kurz, die Lufträume klein. Mechanisches Gewebe kommt. nicht zur Ausbildung. Nur in Ausnahmefällen tritt Blütenbildung ein. Eine leichte Beschattung ist für die Entwicklung der jungen Infloreszenzen erforderlich. Die an älteren Pflanzen vorgenommenen Versuche zeigten das- selbe. Bei direktem Sonnenlicht hört die Blütenbildung auf; an schattigem Standort lassen sich noch einige Infloreszenzen zur Entwicklung bringen. Ob- wohl Befruchtung eintritt, kommt es nie zur Samenreife. Da zum Ausreifen der Früchte der Aufenthalt in Wasser (Einschränkung der Transpiration) erforderlich ist, 'vertroeknen die Landinfloreszenzen, bevor die Kelch- blätter ergrünt sind. Das Kürzerwerden der Blattstiele, das Kleinwerden der Spreite geht schnell vor sich. Ich möchte hier auch einer an Land- kulturen öfters beobachteten Erscheinung Erwähnung tun. Die Öffnung 42 . Wilhelm Riede, der eingerollten Blattlamina erfolgt nämlich entgegengesetzt dem normalen Vorgang an der Basis. Das Wachstum der Blattspitze, die normal stets in der Entwicklung vorauseilt, ist hier gehemmt. Allerdings trat diese Erscheinung nicht regelmäßig auf. Auch bei A. ulvaceus ließ sich dieser auf Wachstumshemmung der Blattspitze zurückzuführende Vor- gang feststellen. Ich setzte schon auseinander, daß auf dem Land sowohl bei Keimpflanzen wie bei älteren Pflanzen keine Substanzeinlagerung in den Hydropotenzellen erfolgt und die anatomische Ausbildung dieser Zellgruppen bei gleichzeitiger Zunahme der unterseitigen Spaltöffnungen abnimmt. Es lag nun die Vermutung nahe, daß die völlige Ausbildung der Hydropoten und die Einlegung der Substanz unterbleibe, weil die Entwicklung der Blätter gehemmt ist. Um diese Frage zu entscheiden, wurde in einem Aquarium eine Topfpflanze von A. distachyus so auf- gestellt, daß die alten Blätter und Infloreszenzen auf dem Wasser schwammen, während die sich neubildenden Organe mit Wasser nicht in Berührung kommen konnten. Das erste Luftblatt erlangte fast die Größe der Schwimmblätter, besaß aber keine funktionsfähigen Hydro- poten. Auch die folgenden Blätter, deren Größe allmählich abnahm, lagerten nie Imprägnierungssubstanz in die Epidermis ein. Ebenso ließ sich auch nicht durch Beschattung die Ausbildung der Hydropoten beeinflussen. A. distachyus bildet nur bei Berührung mit Wasser Hydropoten. Daß diese Beobachtung nicht verallgemeinert werden darf, beweisen die Sumpfpflanzen mit hydropotenhaltigen Luftblättern — z. B. Sagittaria-, Echinodorus- und Limnanthemum-Arten. Beschattet man die Pflanzen, wodurch ja eine Verlängerung des Stieles hervor- gerufen wird, und läßt die Blätter der feuchten Erde aufliegen, so bilden sich bald typische Hydropoten. Daß im feuchten Raum an den langgestielten Blättern Hydropoten ausgebildet werden, sei noch erwähnt. Durch schlechte Ernährung, durch große Trockenheit wird ein Kleiner- werden der Spreite und schließlich das Anlegen von pfriemlichen Blättern bedingt. In der Nähe der Spitze sind auf diesem röhrenförmigen Blatt die Stomata am zahlreichsten. Die vorhergehenden schmalen Blätter besitzen hauptsächlich auf der Oberseite Spaltöffnungen. Auch im Blattstiel zeigt sich diese Dorsiventralitä. Der Stiel in Verlängerung der Oberseite ist reich an Spaltöffnungen, während auf der entgegen- gesetzten Seite nur vereinzelte Stomata vorkommen. Da bei der verti- kalen Stellung des Stieles Beleuchtungsdifferenzen nicht in Frage kommen, kann nur die Stoffzufukr maßgebend sein. Auf der Blatt- oberseite werden bei dem Schwimmblatt die die Bildung von Spalt- öffnungen fördernden Stoffe eingelagert. Dieser ererbte Entwicklungs- Untersuchungen über Wasserpflanzen. 43 gang geht auch bei längerer Landkultur nicht verloren. Während das erste Blatt bei Landkeimpflauzen keine Vermehrung der Spaltöffnungen zeigt, ist das bei Landkultur unter ungünstigen Bedingungen auftretende Röhrenblatt reich an Spaltöffnungen. Äußere Form und anatomische Struktur brauchen nicht übereinzustimmen. Einen interessanten Fall, der die schon geäußerte Ansicht des Lichteinflusses auf die Spalt- öffnungsbildung weiterhin stützt, will ich noch anfügen. Bei eiper Dunkelkultur erfolgte ebenfalls der Übergang zur Primärform. Von Blatt zu Blatt nahm jedoch hier die Zahl der Stomata ab. Das letzte röhrenförmige Blatt besaß noch zwei Spaltöffnungen an der Spitze. Über die Landkulturen von A. Dinteri ist nichts Besonderes zu bemerken. Das Kürzerwerden des Stieles, das Kleinerwerden der Spreite, Verringerung des Durchlüftungssystems, Nichtausbildung von mecha- nischem Gewebe, Außerfunktionssetzen der Hydropoten ist hier eben- falls zu beobachten. Bei Keimpflanzen sind die Primärblätter reich an Spaltöffnungen, die Epidermis ohne Chlorophyll. Die Hydropoten sind rudimentär. Auch hier zeigten sich auf dem Blattstiel in Verlängerung der Oberseite Spaltöffnungen, während unterseits keine festgestellt werden konnten. Die Dorsiventralität ist also auch im Blattstiel vor- handen. Jedoch wachsen die Landkulturen nur kurze Zeit gut. Bei den aus Samen gezogenen Landkulturen von A. ulvaceus war ebenfalls eine starke Vermehrung der Spaltöffnungen zu konstatieren. Chlorophyli- freie hydropotenlose Epidermis, Vermehrung des Grundgewebes um eine Zellage seien noch als charakteristisch angeführt. Auch die älteren Pfianzen von A. ulvaceus wachsen auf dem Land einige Zeit sehr gut. Das sonst zweischichtige Parenchym wird dreischichtig; eine Vermehrung der Spaltöffnungen tritt jedoch nicht ein. Die Faltelung und Drehung der Spreite unterbleibt. Die Spreite ist kurz, Öffnet sich, aber breitet sich nicht ganz aus, so daß eine kahnförmige Gestalt zustande kommt. Bei direktem Licht wie bei stark abgeschwächter Beleuchtung bleibt die Lamina eingerollt. Die Rückbildung der Hydropoten erfolgt wie bei den anderen Arten. Die epidermoidale Transpiration ist hinreichend, um die normale Wasserbewegung zu ermöglichen. Wie Goebel zeigte, ist ja auch Isoetes lacustris und Elodea canadensis ohne Bildung von Spaltöffnungen imstande, auf dem Lande zu leben. Allerdings kultivierte Goebel diese Pflanzen unter einer Glasglocke. Aber ebenso wie bei A. Dinteri war auch bei A. ulvaceus nach einigen Monaten das Aus- sehen der Landkulturen ein weniger gutes; eine Reihe ging frühzeitig zugrunde. Von einer großen Plastizität kann mithin nicht die Rede sein. Im feuchten Raum war das Wachstum intensiver. Die Blätter 44 Wilhelm Riede, wurden größer, nahmen die typische Gestalt an und bildeten funktions- fähige Hydropoten. Bei allen Landkulturen tritt nur ein gutes Wachstum ein, wenn die Wurzeln sehr feucht gehalten werden. Durch Wacker wurde festgestellt, daß die Wurzeln der Landpflanzen in dem Längenwachstum bei Wasserkultur eine Retardation erfahren, während umgekehrt die Wasserpflanzen in normal durchfeuchtetem Boden beinahe kein Wachs- tum zeigen. Wacker hat diese für Wasserpflanzen allgemein auf gestellte Behauptung durch Versuchsergebnisse, die an Lemna minor gewonnen sind, gestützt. Aber wie sich bei allen meinen Kulturen herausstellte, scheint dieser Satz auch für die im Boden wurzelnden Wasserpflanzen Geltung zu haben. Der Boden muß stark durchfeuchtet sein, wenn nicht das Wurzelwachstum sistieren soll. Bei etwas trocken gehaltenem Boden unterbleibt die Wurzelbillung. Infolge Nährsalz- mangel kommt es zur Erschlaffung der Pflanze, schließlich zur Bildung von pfriemlichen Blätter... Nur einem fast wassergesättigten Boden können die Wasserpflanzen eine genügende Menge von Wasser ent- reißen. Trockener Boden hemmt zunächst und sistiert schließlich das Wurzelwachstum. Reichlich Wasser muß als conditio sine qua non gelten. Daß man auch in Wasserkultur ein schlechtes Wachstum der Wurzeln beobachten kann, ist als Correlationserscheinung zu deuten. Eingeschränktes Sproßwachstum und Wurzelwachstum tritt gleichzeitig ein. Die schlecht ernährte Pflanze bildet aus den vorhandenen Reserve- stoffen noch einige Blätter und stellt dann ihr Wachstum ein. Das Zurückversetzen einer längere Zeit auf dem Lande kultivierten Pflanze in das ursprüngliche Medium bietet keine Besonderheiten. Die Landblätter bei A. distachyus verlängern sich noch ein wenig, sterben aber bald ab. Die neuen Blätter werden je nach der Wassertiefe zu Übergangs- blättern oder zu Schwimmblättern. Bei etwa 6 Monate alten Landpflanzen ist bereits die Schwächung der Pflanze so groß, daß bei Zurückversetzen in das ursprüngliche Medium Primärblätter zur Ausbildung gelangen. A. ulvaceus legt sofort wieder typische Wasserblätter an. Die ehemaligen Landblätter bleiben hier, da sie ja keine typischen Veränderungen erleiden, länger am Leben. Erwähnen will ich hier noch, daß sowohl bei Pflanzen, die in stark abgeschwächtem Licht wuchsen, wie bei ziemlich trocken gehaltenen Exemplaren, Anthozyanbildung zu beobachten war. Die rot gefärbten Diaphragmen bieten einen wundervollen Anblick. Funk- tionsstörungen, die durch verschiedene äußere Bedingungen herbeigeführt sein können, müssen als Ursache gelten. Diese Anthocyanbildung ist zu der in kranken Geweben beobachteten in Parallele zu stellen. Untersuchungen über Wasserpflanzen. 45 Da die Aponogetonaceen ihre Infloreszenzen über dem Wasser- spiegel entfalten, gehören sie nach der Einteilung von Ludwig zu den Pflanzen, „die durch den Standort vor aufkriechenden Tieren geschützt sind“. Da also „die Behinderung des Zuganges der Blüten durch Iso- lierung derselben mittels Wasser“ bewerkstelligt ist, fehlen anderweitige Schutzmittel. Bei Polygonum amphibium tritt nun, wie Ludwig hervor- hebt, auf dem Lande die Verwandlung des Blütenstieles in eine „Leim- spindel“ zum Schutze gegen anschleichende - Feinde ein. Keine der Aponogetonarten, die auf dem Lande zur Blütenbildung schritten, zeigte eine ähnliche „zweckmäßige“ (zufällige) Schutzeinrichtung. Allerdings werden manche den Milchsaft als genügenden Schutz erachten; die Tatsachen sprechen jedoch dagegen. Der von der Pflanze verfolgte Zweck, sich zu schützen, kann jedoch nicht als Ursache für die von P. a. auf dem Land ausgeführte Reaktion gelten, sondern allein die Veränderung der Außenbedingungen. Der teleologischen Betrachtungs- weise soll zwar die Berechtigung nicht völlig abgesprochen werden; doch ist festzuhalten, daß allein die Causalforschung, nicht übertriebener Teleologiesport uns der Lösung der Naturrätsel näher zu bringen ver- mag. Wie die anorganischen Naturwissenschaften der Ausschaltung der Zweckmäßigkeitsfragen die erreichte Höhe verdanken, so werden auch die biologischen Disziplinen nur durch Erforschung der bewirken- den Ursachen dauernde Förderung erfahren. 3. Ergebnis. Aus allen Versuchen ist zu schließen, daß unter Umständen, wenn die erforderlichen Bedingungen gegeben sind, sowohl im tiefen Wasser wie auf dem Lande Arten der Gattung Aponogeton in der Natur vor- kommen können. In größeren Tiefen vegetiert die Pflanze mit band- artigen Blättern noch einige Zeit; ebenso vermag sie bei Austrocknung als Landpflanze mit abgeändertem Habitus und veränderter Struktur Monate zu überdauern. Zum Blühen kommt sie in beiden Fällen nur ausnahınsweise. Früchte werden nie gebildet. Da auch unter der ver- änderten Lage keine verstärkte vegetative Vermehrung — Turionen fehlen den Aponogetonaceen völlig — zu beobachten ist, kann man schwerlich von bestimmten Standortsformen sprechen; denn nur, wenn die Pflanze imstande ist, an dem betreffenden Standort zu wachsen und zu fruktifizieren ist die Bezeichnung Form berechtigt. Während die durch das tiefere Wasser hervorgerufenen Veränderungen auch in geringeren Tiefen durch Herabsetzung der Beleuchtung auftreten, waren die Änderungen in der äußeren Gestalt und im inneren Bau bei den 46 Withelm Riede, Landpflanzen nur durch diesen Mediumswechsel zu erzielen. Die geringen anatomischen und habituellen Unterschiede der an außer- gewöhnlichen Standorten vorkommenden Aponogetonaceen, das nicht besonders gute Wachstum und das Ausbleiben der Fruktifikation bei diesen Pflanzen gibt das Recht, in diesen besonderen Fällen von Modi- fikationen der betreffenden Art zu sprechen, jedoch nicht von Standorts- formen. Einige Reaktionen treten ein, die jedoch kein normales Wachs- tum im neuen Medium zulassen. Nur graduelle Unterschiede lassen sich feststellen. c) Regenerationserscheinungen bei Aponogeton distachyus: Von den zwei Modalitäten der Restitution kommt bei Aponogeton nur die Regeneration in Frage. Reparation ist ja bei den Phanerogamen überhaupt nur an embryonalem Gewebe ermittelt worden. Bei meinen Versuchen, die sich auf Verletzung von Vegetationspunkten sowie Ver- wundung junger Blätter und Blütenstände erstreckten, kam es nie zu einer Neubildung des Verlorenen. Auch BRegenerationserscheinungen waren an Blättern, Infloreszenzen und am Sproß nicht zu erzielen. Latente Anlagen, die nach Störung des Correlationssystems sich ent- wickeln, kommen nirgends vor. Allein bei Experimenten « mit dem hypocotylen Glied, der Knolle, konnten Ersatzbildungen beobachtet werden. Die ältere Knolle läßt, wie Dutailly feststellte, an der Basis von Vegetationsperiode zu Vegetationsperiode kleine Zuwachszonen er- kennen. In jeder Periode entsteht eine neue cambiale Zone. Jedoch wurden in diesem Teil nie Regenerationsvorgänge bemerkt. Ruhende Anlagen treten, auch in der Nähe des Vegetationspunktes, nicht auf. Adventive Neubildungen im Grundgewebe der Knolle resultieren bei Verletzung. Werden bei älteren Pflanzen die oberirdischen Teile -ent- fernt und wird der Vegetationspunkt verletzt, so entwickeln sich am apiealen Knolienpol junge Sprosse, Eine sehr schöne nach Vernichtung der Sproßspitze erzielte Regeneration an einer älteren Knolle von A.distachyus sei geschildert. Die Knolle wurde so in die Erde gesteckt, daß ein Teil der Spitze sich in Luft befand. Die Kultur wurde in stark abgeschwächtem Licht bei verhältnismäßiger Trockenheit und. günstigster Temperatur durchgeführt. _ Nach 3 Wochen hatten sich am apicalen Teil über 60 kleine Knöllchen gebildet. Aus einigen ragten schon die ersten pfriemlichen Primärblätter. Jetzt wurde die Knolle in seichtem Wasser bei guter Beleuchtung weiterkultiviert. Die jungen Pflanzen blieben länger als gewöhnlich auf dem Jugendstadinm stehen. Die Untersuchung eines Teiles dieser oberen Partie gab vollen Aufschluß Untersuchungen über Wasserpflanzen. 47 über die Entwicklungsgeschichte dieser Adventivbildungen. Im Grund- gewebe der Knolle treten in der Nähe der Gefäßbündel Zellteilungen auf. Bald hebt sich eine meristematische kugelförmige Masse deutlich hervor. Seitlich tritt an diesem Zellkomplex nun eine Vorwölbung auf, bald auch auf der entgegengesetzten Seite eine zweite. Beide wachsen nach dem Knollenrand hin; in ihrer Mitte hebt sich jetzt deutlich ein neuer Stammscheitel ab. Daß die Polarität schon so früh hervortritt, ist ein Beweis für die polare Struktur der Einzelzelle. Die Abhängig- keit der sekundären Meristeme von den Bahnen der Bildungsstoffe ist überall zu erkennen. Weitere Blattanlagen werden gebildet. Die ersten Blätter wachsen zu schuppenartigen, seltsam geformten Gebilden heran, die das über ihnen liegende Gewebe emporheben. Die leichte, wellige Wölbung wird dann später zu einem kleinen Knöllchen. Die äußere Koollenpartie wird aber Nicht rein passiv halbkugelig vorgepreßt. Eine lebhafte Zellteilung tritt in der Korkeambiumschicht nach Bildung des neuen Vegetationspunktes ein. So gibt die äußere Schicht durch Wachs- tum dem Druck der neuen Sproßanlage nach. Die Blätter gehen all- mählich in die typische Form über. Nachdem die ersten. bereits den Raum für die folgenden mit Gewalt hergestellt haben, sind die Wachstums- bedingungen bessere geworden. Ist bereits eine große Zahl von - Blättern angelegt, sehen wir, wie die Schuppenblätter die über ihnen befindliche Hülle, die im Wachstum mit dem jungen Adventivsproß nicht gleichen Schritt zu halten vermag, sprengen. Bald schießen nun die befreiten pfriemlichen Blätter in die Höhe. Wurzeln bilden sich am Grunde der Sproßanlage erst nach einigen Wochen. Daß es sich bei dieser Regenerationserscheinung nicht um Entwicklung vorhandener Anlagen, sondern um Neubildung von endogenen Adventivsprossen handelt, geht aus allem klar hervor. Exogene Neubildungen kommen nicht vor. Alle Zellen der Knolle sind im höchsten Grade plastisch. Nur bei Verletzung des Vegetationspunktes können sie aber die in ihnen liegenden Fähigkeiten entfalten; sie sind unter normalen Verhältnissen correlativ gehemmt — ein Verhalten, das Goebel bei Bryophylium und anderen Pflanzen experimentell bewies. Wird der den Hemmungsreiz ausübende Faktor — der Sproßscheitel — beseitigt oder auch nur be- schädigt, so ist das Dauergewebe imstande, wieder in Teilung einzu- treten. Die Beseitigung mechanischer Hindernisse ist für die Regene- ration belanglos. Mit Bildung der neuen Vegetationspunkte sind neue “ Correlationsverhältnisse geschaffen. Es sind Einzelpflanzen entstanden, die zwar noch zusammenhängen, sich aber nieht mehr beeinflussen. Die Verwundung als solche scheidet als Ursache der Regeneration aus. Eine 48 Wilhelm Riede, Callusbildung habe ich nie beobachtet. Stets erzeugen Zellen des Dauergewebes ohne Vermittlung eines Callus neue Vegetationspunkte. In der äußeren Schicht der Knolle, dem Korkcambium, fehlen jegliche Adventivbildungen. Daß in der Nähe von Gefäßsträngen befindliche Zellen bevorzugt sind, ist ein Beweis für den Einfluß der Ernährung. Für das Wachstum nötige Stoffe können leicht übertreten. Eine analoge Abhängigkeit hat Goebel bereits bei Begonia Rex beobachtet. An Stellen der Spreite, wo die stärkeren Nerven zusammenlaufen, entstehen Knospen. Die Regeneration aber allein auf Ernährungsvorgänge zurück- zuführen, ist unmöglich. Durch Zerstörung des Vegetationspunktes ist der Strom der plastischen Nährstoffe zum Stillstand gekommen; für die einzelnen Zellen sind die Ernährungsbedingungen andere geworden. Daß diese Ernährungsverhältnisse an der Regeneration beteiligt sind, ist unzweifelhaft; sie haben jedoch keine entscheidende Bedeutung in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Ob bestimmte Stoffe der Ge- fäße oder der Siebröhren das Wachstum veranlassen oder unterstützen, läßt sich nicht. ohne weiteres entscheiden. Günstig gelagerte Zellen bilden einen neuen Organismus und üben dann auf die umgebenden Zellen einen Hemmungsreiz aus. Daß bei einigen schlecht ernährten Pflanzen und bei einigen sehr trocken gehaltenen Landpflanzen eben- falls vereinzelte Adventivsprosse am apicalen Knollenteil in einiger Entfernung vom Vegetationspunkt zur Ausbildung kommen, führe ich ebenfalls auf Störung in dem die normale Entwicklung sichernden Correlationssystem zurück. Da nur eine vorübergehende Störung vor- liegt, ist auch die Zahl der Neubildungen gering. Durch die vorüber- gehende Funktionshemmung des Sproßscheitels kommt es zu Ver änderungen im Nährstrom; an besonders günstigen Stellen setzt dann Organogenese ein. Daß die neuen Sprosse Primärblätter bilden, ist im Hinblick auf Regenerationserscheinungen bei anderen heteroblastischen Phanerogamen verständlich. Wie bei der Keimpflanze sind auch hier diese Blätter als Hemmungsbildungen anzusehen. Daß die Adventivsprosse ungewöhnlich lange auf dem Jugendstadium verharren, ist auf den Mangel an Nähr- salzen zurückzuführen. Die vorhandene Menge an organischen Reserve- stoffen nützt den jungen Sprossen zur Weiterentwicklung allein nichts, wenn infolge des Mangels an Wurzeln keine Salze aufgenommen werden können. Die Wurzelbildung setzt, wie bereits angeführt, erst nach einigen Wochen ein. . Die Versuche zeigten auch stets eine Polarität. Abgesehen davon, daß der neue Vegetationspunkt sich immer nach oben und außen Untersuchungen über Wasserpflanzen. 46 orientiert, treten an der Knolle Adventivsprosse nur am Sproßpol auf — eine Erscheinung, die bereits durch Goebel bei Solanum tuberosum und Corydalis solida experimentell nachgewiesen wurde. Die Basis zeigte nie Neubildungen. Umgekehrt in die Erde gesteckte Knollen schritten nicht zur Regeneration. Die polare Disposition ist auf Er- nährungsdifferenzen, auf bestimmte Stoffverteilung zurückzuführen. Den dem Sproßscheitel genäherten Geweben muß nach meinen Versuchs- ergebnissen allein Regenerationsfähigkeit zugesprochen werden. Wurde eine vegetationspunktlose Knolle in der Mitte auseinandergeschnitten und wurden beide Teile unter gleichen Bedingungen — in einem feuchten, verdunkelten Raum — kultiviert, so trat zwar eine Neubildung an der oberen Hälfte ein, nie aber erzeugte die Wurzelpolhälfte Ad- ventivsprosse. Es ist immerhin möglich, daß bei umfangreichen Ver- suchen Fälle vorkommen, wo auch die untere Hälfte an ihrem oberen Teil Sprosse hervorbringt. Es werden aber infolge der vorhandenen Stoffverteilung — die dem Vegetationspunkt genäherten Partien sind quantitativ, vielleicht auch qualitativ von den Zellen der Knollenbasis verschieden — stets diese Adventivsprosse an Zahl weit hinter den Neubildungen der oberen Knollenhälfte zurückstehen. Die Wurzeln, die ja bekanntlich im oberen Knollenteil entstehen, treten bei dem zuletzt geschilderten Versuch nicht wie bei Corydalis an der Schnittfläche auf, sondern an der Basis der Adventivsprosse. So ist anzunehmen, daß die für das Wachstum notwendigen Stoffe hauptsächlich an der Spitze gespeichert sind, der Basis hingegen die für die Organbildung erforder- lichen Baumaterialien fehlen. Bildung von Adventivsprossen an der unverletzten Knolle habe ich auch in der Natur vereinzelt beobachtet. Es kommt aber auch da meines Erachtens als Ursache eine vorübergehende Störung der normalen Wechselbeziehungen zwischen den Teilen in Be- tracht. Wie meine Versuche mit unverletzten, jedoch unter ungünstigen Bedingungen wachsenden Pflanzen zeigten, kann der vom Sproßscheitel ausgehende Hemmungsreiz infolge Wachstumsstörung vorübergehend aufgehoben sein. Ist das normale Fortwachsen am Vegetationspunkt gehemmt, so werden unter dem Einfluß der vorhandenen Nährstoffe die Zellen der Knolle zu anormalem Wachstum angeregt. Nur einige Neu- bildungen können während der kurzen Zeit der Funktionshemmung in der Sproßspitze entstehen und soweit sich entwickeln, daß der wieder- erstehende Hemmungsreiz auf sie ohne Einfluß bleibt; sie sind zu selbständigen Pflanzen geworden. Die problematischen Fragen, ob die Annahme von Hemmungsstoffen und aktivierenden Stoffen gerechtfertigt ist, ob die Aufnahme des Wachstums auf Enzymwirkung zurückzuführen Flora, Bd. 114. 4 50 ‚Wilhelm Riede, ist, ob diese Enzyme nur in bestimmten Geweben, z. B. den Siebröhren, vorkommen, sollen, da die Versuche hierüber keine neuen Ergebnisse brachten, nicht erörtert werden. d) Untersuchungen überGeotropismus und Phototropismus der Schwimmblätter. Bei Hydrocharis hat Frank die Neigung der älteren Blattstielbasen nach außen beschrieben. Bei allen Aponogetonarten, den submersen wie den schwimmlblattbildenden, ist diese Krümmung zu finden. Es handelt sich hierbei, wie man sich leicht überzeugen kann, nicht um eine Variationsbewegung, sondern um eine Wachstumsbewegung. Da durch Kultur im Dunkeln diese Bewegung nicht aufgehoben werden kann, ist sie als autonome oder durch die Schwerkraft induzierte para- tonische bzw. nastische zu deuten. Diese aktive Krümmung fritt erst nach einem gewissen Alter des Organs ein. Die jungen Blätter ragen senkrecht in die Höhe. Auch bei den Landkulturen ist diese Ab- krümmung der Basis nach außen zu sehen. Experimentell wurde fest- gestellt, daß es sich hier sowohl um Plagiogeotropismus wie um Auto- oder Geoepinastie handelt. Ein verstärktes, als krankhaft zu bezeich- nendes epinastisches Wachstum zeigte sich bei Pflanzen von A. Dinteri, die unter ungünstigen Bedingungen gehalten wurden. Bei den Schwimmblättern nimmt die Spreite stets eine horizon- tale Lage ein. Ist hier Transversalgeotropismus, Phototropismus oder Epinastie ausschlaggebend? Frank kam bei seinen Versuchen zu dem Ergebnis, daß der Phototropismus in den Blattstielen von Hydrocharis zwar nicht völlig geschwunden, aber ungewöhnlich abgeschwächt sei. Ich bin auf Grund zahlreicher Versuche zu der Ansicht gelangt, daß die Abkrümmung des Gelenkes an der Stielspitze auf Transversalgeotropismus und Epinastie beruht. Die kleinen untergetauchten Blätter von Limnan- tbemum nymphaeoides führen auch submers diese Bewegung aus. Beiihnen läßt sich durch einseitige Beleuchtung leicht feststellen, daß ein photo- tropischer Reiz bei dieser Bewegung keine Rolle spielt. Nie wendet sich die Spreite nach der beleuchteten Wand, sondern stellt sich stets horizontal. Bei versenkten Pflanzen von A.distachyus biegt sich die Basis der Blätter nach außen, so daß etwa zwei Drittel der Spreite in Horizontal- stellung sich befindet. Daß auch hier eine geotropische und epinastische Reaktion vorliegt, wurde durch Kultivierung in der Dunkelkammer wie durch einseitige Beleuchtung bewiesen. Bei submersen' Kulturen ist die reagierende Zone verschoben. Nicht die Spitze des Blattstieles, sondern die Blattbasis führt da.’die transversalgeotropische bzw. epinastische Untersuchungen über Wasserpflanzer. 51 Konvexkrümmung aus. Besonnte Landkulturen stellen ihre kurzgestielten Spreiten stets in horizontale Lage. Bei Landkulturen, die an schattigen - Standorten kultiviert würden, konnte die Epinastie festgestellt werden. Wie oben auseinandergesetzt wurde, wachsen bei Beschattung die Stiele; die Blätter hängen infolgedessen über den Topf hinaus senk- recht nach unten. Aber schon nach einigen Tagen krümmen sie sich an der Basis. Das Blatt nimmt Transversalstellung ein, wobei die morphologische Unterseite nach oben orientiert ist. Als Ursache ist hier epinastische Konvexkrümmung anzusehen. Bei geotropischer Reaktion hätte durch Torsjon die morphologische Blattoberseite wieder nach oben kommen müssen. Es ist also in diesem Fall die epinastische Reaktion stärker als die geotropische. Bei anderen Versuchen ließ sich eine geo- tropische Konkavkrümmung feststellen. Daß aber auch das Licht Reak- tionen hervorrufen kann, beweist ein anderer Versuch. Eine Landpflanze von A.distachyus wurde in einen verdunkelten Kasten gestellt; von vorn wurde durch einen schmalen Hohlzylinder Licht zugeführt. Die sich bildenden Blätter legen sich mit der Unterseite auf die Unterlage, drehen sich dann um 90°, so daß die Oberseite dem einfallenden Licht zugekehrt ist. Es ist bemerkenswert, daß hier die phototropische Reaktion so stark ist, daß sie die geotropische überwindet. Epinastie und Geotropismus bewirkten zunächst Horizontallage und Profilstellung. Durch den Lichtreiz wird dann die Überführung in Flankenstellung herbeigeführt. Der Lichtreiz ist bei Horizontallage, in der ja die Haupt- forderung der transversal geotropischen Ruhelage (Spitze und Basis in gleicher, senkrecht zur Kraft stehender Ebene) erfüllt ist, intensiver, so ‚daß das Bestreben der Pflanze, Plus-Seite und Minus-Seite von dem trans- . versal geotropischen Teile bzw. von dessen Elementarorganen senkrecht zur Lotlinie zu stellen, erfolglos bleibt. Bei Landkulturen von A. ulvaceus biegt sich stets die Mitte des Stieles rechtwinklig ab. Bei einseitiger Be- leuchtung wenden sich die Blätter mit ihren Spitzen dem Licht zu. Bei diffusem Licht sind sie horizontal gestellt. Es kommen bei allen unter- suchten Arten mithin betreffs der Blattstielkrümmungen in erster Linie Epinastie in Frage, die wahrscheinlich als Geo-, vielleicht aber auch als Auto- epinastie zu bezeichnen ist. Die phototropischen und geotropischen Reak- tionen sind im allgemeinen von untergeordneter Bedeutung, treten je- doch in bestimmten Lagen einwandfrei und deutlich in die Erscheinung. e) Über die Bedingungen des Längenwachstums der Blätter. Frank stellte fest, daß Hydrocharis seine Blattstiele stets der Wassertiefe anpaßt, und sprach allen Schwimmblattpflanzen diese 4* 5 Wilhelm Riede, Fähigkeit zu. Das stimmt nur bis zu einem gewissen Grade. Zunächst bildet A. distachyus selbst in ganz seichtem Wasser (1—2 cm) bei direktem Tageslicht Blattstiele von 15—25 em Länge. Die Normallänge beträgt etwa 50cm. An ganz seichtes Wasser erfolgt keine Anpassung. In Tiefen von 30—80 em ist die Stiellänge ungefähr gleich der Wasser- tiefe. Die Anpassung einer Seichtwasserpflanze an tieferes Wasser er- folgt langsamer als die Anpassung einer Tiefwasserpflanze an Seicht- wasser. Die Stiellänge ist abhängig vom Licht. Wird die Spreite be- schattet, so verlängert sich der Stiel. Ganz geringe Beleuchtungs- unterschiede führen schon zu einer Stielverlängerung. Die Spreite ent- rollt sich nicht, wenn die Spitze mit der Atmosphäre in Berührung kommt, sondern wenn der Stiel die durch die Lichtintensität bedingte Länge erreicht hat. A. distachyus wächst in den Gewächshäusern des Botanischen Gartens zu München in zwei verschiedenen Becken, von denen das eine in der Mitte, das andere am Rand des Hauses liegt. Nicht wahrnehmbare Beleuchtungsdifferenzen veranlassen nun, daß in dem besser beleuchteten, in der Mitte gelegenen Becken die Spreite sich sofort beim Berühren mit der Atmosphäre öffnet, in dem anderen dagegen das Blatt erst einige Tage zusammengerollt auf der Oberfläche schwimmt und die Entrollung der Spreite erst nach einer stärkeren Stiel- verlängerung ausführt. Es besteht eine Correlation zwischen Stiel und Spreite. Wird durch herabgeminderte Beleuchtung eine Stielverlängerung veranlaßt, geht das Wachstum der Spreite entsprechend langsamer vor sich. Die Entrollung der Lamina erfolgt erst nach Beendigung des von der Lichtintensität abhängigen Stielwachstums. Frank fand bei seinen Versuchen, daß die Streckung des Blatt- stieles von Hydrocharis bis zu einem vorgerückten Stadium auf der ganzen Länge in gleicher Weise erfolgt, im Schlußstadium die acropetale Hälfte am energischsten wächst. Diese Beobachtungen konnte ich bei A. distachyus nicht bestätigen. Das Wachstum schreitet von Anfang an in acropetaler Richtung vor. Während in jüngeren Stadien die Basis am stärksten wächst, ist am Schluß das Spitzenende im Wachstum be- vorzugt. Bei einem 16cm langen Blattstiel wurden von 1cm zu lem Marken angebracht und das Wachstum verfolgt. Als der Stiel eine Länge von 50cm erreicht hatte, war der Zuwachs in den 16 Zonen von unten nach oben: 0, 1, 13, 15, 16, 18, 2, 25, 3, 36, 4 45, 5, 5,5, 62, 6,5. Bei einem ganz jungen Blattstiel ist es um- gekehrt. Da befindet sich die Basis in stärkster Streckung. Ein 3em langer Stiel, auf dem Marken in Abständen von 0,5 cm abgetragen waren, zeigte nach 2 Tagen folgende Zuwachsgrößen: 0,4, 0,2, 0,15, Untersuehungen über Wasserpflanzen. 53 0,12, 0,05, 0. Diese Zahlen beweisen, daß die Streckung während der Entwieklung von der Basis zur Spitze fortschreitet. Die von Frank beobachteten Stielzonen (*/, bis /, der Stiellänge) sind zu groß, um genaue Resultate zu ergeben. Ich zweifle aber nicht daran, daß auch bei Hydrocharis dieselben Verhältnisse obwalten. Wie im vorigen Abschnitt auseinandergesetzt wurde, befinden sich zwei transversalgeotropisch reagierende Zonen am Blattstiel. In seichtem Wasser tritt das obere Gelenk nicht in Funktion. Durch den langen, flach aufliegenden Stiel ist das Blatt bereits in der Ruhelage; der Winkel zwischen Spreite und Stiel beträgt 180°. Mit zunehmender Wassertiefe nimmt dieser Winkel ab. Bei 30—50 cm Tiefe ist er konstant, etwa gleich 110°. Bei größeren Tiefen nimmt er weiter ab und er- reicht bei 80 cm, wo die größte Streckungsfähigkeit des Stieles bei A. distachyus erreicht ist, den Grenzwinkel von 90°, Um einmal die Streckungfähigkeit des Stieles unter sonst unver- änderten Bedingungen festzustellen, wurden die Blätter stets, sobald sie in der Nähe des Wasserspiegels waren, durch eine unter Wasser befindliche Gabel wieder in größere Tiefe gebracht. War nach einigen Tagen der Stiel wieder in der Nähe der Wasseroberfläche angekommen, wurde von neuem eine Versenkung vorgenommen. Auf diese Art wurden bei A.distachyus in 40cm tiefem Wasser Blatt- und Infloreszenz- stiele von 130cm erzielt, bei Ap. ulvaceus Infloreszenzstiele von 165 cm, bei Limnanthemum nymphaeoides Blattstiele von 150m. Hieraus geht hervor, daß die Streckungsfähigkeit der Stiele bei Versenkung eines einzelnen Blattes das Doppelte und mehr beträgt von dem Wert, der bei Versenkung der ganzen Pflanzen erzielt wird. Es wandern in dieses unter ungünstigen Bedingungen wachsende Blatt alle verfügbaren Bau- stoffe. Die geringe Lichtintensität wirkt als Reiz. Nicht der Druck im Wasser oder der Mangel an Sauerstoff bedingen die Stielverlängerung. Die Berührung der Lamina mit der Atmosphäre und die damit ver- bundene normale Beleuchtung lassen das Längenwachstum zum Stillstand kommen. Beschattete schwimmende Blätter fahren im Stielwachstum fort. Bei diesen Versuchen wurde die Beobachtung gemacht, daß die Teile des Stieles, die in normaler, d. h. also negativ geotropischer Lage waren, sich stärker streckten als die umgekehrt orientierten. In stabiler geotropischer Ruhelage ist die Streckung stärker als in labiler. Diese Tatsache wurde auch an jungen Blattstielen bestätigt gefunden. Wurden junge Schwimmblätter invers unter Wasser in einem Reagenz- röhrchen befestigt, so öffnete sich die Spreite unter Wasser bevor der Stiel die normale Länge erreicht hatte. Das Wachstum erfolgte sehr 54 Wilhelm Riede, langsam. Von einem Blattpaar wurde das eine Blatt invers befestigt, das andere in normaler Lage gelassen. Während das Normalblatt nach 2 Tagen die Oberfläche erreichte und eine Stiellänge von 45 cm- besaß, öffnete sich das inverse Blatt nach 6 Tagen bei einer Stiellänge von 30cm. Das Wachstum erfolgte vornehmlich in der unteren — d. h. in normaler Lage befindlichen — Hälfte des Blattstieles. Das Wachstum ist bei umgekehrter Orientierung gehemmt und kommt bald zum Stillstand. Wenn die unter den bestehenden Bedingungen mögliche Wachstumsgröße von Stiel und Spreite erreicht ist, entrollt sich die kleinbleibende Lamina. Bei späteren Versuchen wurden die Blattstiele an einem Drahtgestell in den verschiedensten Lagen festgehalten. Auch bei dieser Versuchsanordnung zeigte sich die Hemmung des Wachstums invers orientierter Teile von Stiel wie Spreite. Die gewonnenen Werte bei Vergleich verschieden gestellter Organteile variieren stark. Aber es geht aus den Daten deutlich hervor, daß bei Verschiebung eines Pflanzenteiles aus der normalen Lage das Wachstum abnimmt. Am größten ist die Hemmung bei inverser Lage. Anders ausgedrückt: In stabiler geotropischer Ruhelage ist das Wachstum am größten, bei Verschiebung der Lage nimmt es allmählich ab und beträgt in labiler geotropischer Ruhelage etwa nur „?, des normalen Wachstums. Durch diese Ergebnisse wurde ich angeregt, auch von anderen Pflanzen die Wachstumsgröße und Wachstumsgeschwindigkeit bei verschiedener Lage festzustellen. Bei Landsprossen von Myriophylilum brasiliense fand ich den stärksten Ausschlag, 5 cm lange Sproßspitzen wurden zur Hälfte normal, zur Hälfte invers in ein wassergefülltes Reagenzröhrchen in der Weise gesteckt, daß alle Spitzen in der Mitte des Röhrchens in gleicher Höhe waren. Nach 7 Tagen betrug die Sproßlänge der 10 normal gelagerten Pflanzen 103 cm, die der 10 inversen 72cm. An Wassersprossen von anderen Myriophyllumarten war dasselbe zu be- obachten, jedoch waren die Unterschiede weit geringer. Auch an dem ersten pfriemlichen Blatt von A. distachyus und an den Hauptwurzeln von Lupinus, die ich in dünnen Röhrchen in feuchter Luft kultivierte, ‚ergaben Messungen dasselbe Resultat. So liegt anscheinend eine all- gemein verbreitete Erscheinung vor. Umkehrung der Normallage ruft in der durch polare Struktur ausgezeichneten Zelle Wachstumsstörungen hervor. Jede Zelle ist bei inverser Orientierung zur Gravitation in der Entwicklung gehemmt. In dem letzten Werk Vöchtings finden sich Analoga zu diesem an Wasserpflanzen gewonnenen, sicherlich allgemein gültigen Satz. Stets ist nach Vöchting das Längenwachstum der Holzzellen in der verkehrten Achse geringer als in der aufrechten. Untersuchungen über Wasserpflanzen. 55 Der Einfluß der Schwerkraft, sagt Vöchting zusammenfassend, hat zur Folge, daß das Längenwachstum der Holzzellen in den verkehrten Achsen durchschnittlich um etwa 10°/, geringer ist als in der auf- rechten. In der wagerecht gestellten Achse ist der Unterschied etwas weniger groß, er beträgt ungefähr 6%),. h) Die Entfaltungsbewegung der Infloreszenzen. 1. Beschreibung und Versuche in Luft, Die eigentümliche Entfaltungsbewegung der Infloreszenz, die ich bei A.natans, Dinteri und ulvaceus beobachtete, ist sicher bei allen Arten mit radiären Blütenstandsachsen vorhanden. Die dorsiventralen Inflores- zenzen zeigen ein anderes Verhalten; sie sollen am Schluß kurz be- sprochen werden. Die Bewegung ist bis jetzt noch nicht beschrieben und auch auf den meisten Abbildungen nicht berücksichtigt worden. Erwähnt wird von den Infloreszenzen nur, daß sie während der Blüte- zeit aus dem Wasser herausragen — eine Erscheinung, die Krause wegen des Mangels an mechanischen Elementen und der kurzen Dauer auf vorübergehende erhöhte Turgeszenz des Stieles zurückführt. Ein- mal ist die Beobachtung nicht ganz richtig, dann aber stehen der Deutung auch andere Bedenken entgegen. Die Querschnittsfläche des Infloreszenzstieles an der Basis des Blütenstandes ist etwa zehnmal so groß wie die des Blattes. Das Gewicht der jungen Infloreszenz von A. Dinteri beträgt 1,2 g, das eines Blattes 1,4 g; das Gewicht des apicalen Infloreszenzstieles (1O cm) 0,88, des Blattstieles (10 cm) 0,248. Diese Zahlen sprechen dafür, das der Infloreszenzstiel auch ohne Turgurerhöhung imstande ist, die junge Infloreszenz zu tragen; ebenso wie auch der obere Teil des Blattstieles die Hälfte des Blattes zu tragen vermag. Der Blattstiel hält auch, wenn die zu tragende Last von anderer Form ist, eine stärkere Belastung aus. Einen Unterschied im Turgurdruck zwischen Blattstiel und Infloreszenzstiel zu statuieren, um das verschiedene Verhalten zu erklären, ist unnötig. Ich konnte auch nirgends eine Erhöhung des Turgurdruckes finden. Wesentlich ist nun, daß die Infloreszenz nur kurze Zeit, während noch die Spatha geschlossen ist, durch den Stiel fast senkrecht in die Höhe gehoben wird. In ihrer ganzen Länge können sich die Infloreszenzstiele eben- sowenig wie die Blattstiele außerhalb des Wassers aufrecht erhalten. Nichtbestehen dieses von Krause konstruierten Gegensatzes läßt sich leicht experimentell nachweisen. Indessen liegt im Bau ein wesentlicher Unterschied vor. Der Infloreszenzstiel besitzt an seiner Basis eine verschwindend kleine Querschnittsfläche (ca. 2 qmm), an seiner Spitze 56 Wilhelm Riede, infolge Vergrößerung der Lufträume eine unverhältnismäßig. große (ca. 50 qmm). Der Blattstiel dagegen zeigt umgekehrt an seiner Basis den größeren Querschnitt. Dieser Unterschied tritt auch bei einem einfachen Versuch zutage, wenn man nämlich am Blatt bzw. an der Infloreszenz zieht. Der Infloreszenzstiel reißt stets an der Basis ab, der Blattstiel stets in der Nähe der Spreite. Die keulen- förmige, im oberen Teil überaus lufthaltige Infloreszenzachse erhält durch den Auftrieb eine senkrechte Stellung im Wasser. Wächst nun der Stiel heran, so wird der junge Blütenstand von der vom Wasser getragenen Achse über die Oberfläche gehoben. Der Stiel’ verlängert sich weiter und neigt sich nun, da er die auch immer mehr an Gewicht zunehmende Last nicht mehr zu tragen vermag, der Oberfläche zu. Jetzt erfolgt eine Aufwärtskrimmung des negativ geotropischen Stieles in der Nähe der Infloreszenzbasis. Die Infloreszenz, die jetzt ihre Entfaltung beginnt, ist zu einer schwimmenden geworden. Diese Art der Entwicklung findet sich auch an den anderen schwimmblattbildenden Formen. Bei A. ulvaceus vermag der senkrecht stehende Stiel die junge Infloreszenz nicht zu tragen. Die Spatha legt sich auf die Wasseroberfläche. Der Stiel verlängert sich, so daß schließlich ein Teil des Stieles ebenfalls auf der Oberfläche schwimmt. Die wachsende Infloreszenz reißt dann die Spatha meistens auf der Oberseite auf und schwimmt auf ihr noch eine Zeitlang, während sich der Stiel in seinem oberen Teil — meist in unmittelbarer Nähe der Infloreszenz — aufwärts krümmt. Es ist wahrscheinlich, daß sich alle submersen Arten wie A. ulvaceus verhalten. Diese beiden Entwicklungstypen sind deutlich unterschieden durch das Verhalten des Stieles vor der Entfaltung. Charakteristisch für alle Infloreszenzen ist die Kniebildung des Stieles nahe der Infloreszenz, die keulenförmige Form des Stieles mit. weiten ' Interzellulargängen im oberen Teil. Die Blütenstände sind als schwimmende zu bezeichnen. Nach dieser Richtigstellung will ich zur Beschreibung der Entfaltungsbewegung übergehen. Als Beispiel diene A. Dinteri. Nach der Abwärtsneigung und der Aufrichtung des apicalen Blüten- standsstieles beginnen sich die Infloreszenzachsen etwa in der Mitte nach der Rückenseite abzubiegen. Die Spatha löst sich an der Basis ab. Die Krümmung schreitet fort, bis der aufwärtsgerichtete und der abwärtsgerichtete Teil parallel laufen. Jetzt beginnen sich beide Achsen nach auswärts zu bewegen; das auf die beiden inneren Flanken über- gehende Wachstumsmaximum führt die Trennung herbei. Die Spatha bleibt noch längere Zeit an der Spitze einer Ähre hängen. Jede Ähre führt nun für sich eine Cireumnutation aus. In Spirallinien, die in Untersuchungen über Wasserpflanzen. 57 entgegengesetzter Richtung verlaufen, steigt die abwärts ‚gekrümmte, überhängende Spitze empor, bis sie nach Entfaltung aller Blüten senk- recht in die Höhe ragt. Wenn sich der lange dünne Blütenstand im Laufe der Entwicklung immer mehr streckt, schließlich das Gleichgewicht verliert und umkippt, erfolgt an einer noch streckungsfähigen Zone der unteren Achse eine erneute Aufkrümmung. Das Gewicht der Infloreszenz nimmt ständig zu; Schritt für Schritt sinkt sie unter. In der Nähe der Wasseroberfläche reifen die Samen. Trotz der lebhaften Färbung und des weithin wahrnehmbaren Geruches scheint meistens Selbstbestäubung einzutreten. Daß die Befruchtung, wie Wettstein behauptet, durch Vermittlung des Wassers stattfindet, kommt nicht in Frage. Post- florale Krümmungen, wie sie z, B. bei Vallisneria und Ottelia vor- kommen, treten bei den Aponogetonaceen nicht auf. Die Hydrocarpie isthier durch einen rein mechanischen Vorgang bedingt. Die Postulierung einer aktiven Krümmung, die Krause mit der Äußerung — die Aponogetonaceen tauchen ihren Blütenstand sehr bald wieder unter — aufstellt, steht mit den Tatsachen im Widerspruch. Analysieren wir nun die Entfaltungsbewegung. Die erste Krümmung, die bei A. Dinteri etwa in der Mitte erfolgt, bei A. ulvaceus im unteren Drittel, ist durch gesteigertes Wachstum auf der Bauchseite der In- floseszenz bedingt. Später geht das Maximum des Wachstums auf beiden Ähren auf die einander zugekehrte Seite über und bewegt sich dann in Schraubenlinie zur Spitze hin. Eine benachbarte, unterhalb liegende Zone hat inzwischen die Konvexkrümmung ausgeführt. An einer älteren Infloreszenz kann man so von oben nach unten fünf fol- gendermaßen charakterisierte Zonen unterscheiden: 1. Zone. Gleichmäßiges Wachstum, 2. „ S$piralig fortschreitendes Wachtumsmaximum, 3. „ Maximum auf der Bauchseite, 4 u ” » „» Rückenseite, 5. ,„ Gleichmäßiges Wachstum. Die der Spitze genäherten Teile durchlaufen alle fünf Zonen, während die der Basis genäherten stets gleichmäßig wachsen. Alle denkbaren Übergänge zwischen diesen beiden Extremen sind vorhanden. Die Bewegung der Spitze ist in gewisser Hinsicht analog der Winde- bewegung. Bei den Yucca-Infloreszenzen kommen ähnliche, aber viel unregelmäßigere Bewegungen vor. Auch sonst sind ja aus dem Pflanzen- reich eine Reihe von ähnlichen Krümmungen bekannt, die meistens als autonome Bewegungen aufgefaßt werden. Da der obere Teil der In- floreszenzachsen nicht weich und spannungslos ist, kommt eine Last- 58 Wilhelm Riede, krümmung nicht in Frage. Viele in der Entfaltung begriffene Enden von vegetativen wie von blütentragenden Achsen zeigen eine auf periodischen Änderungen der Gewebespannung berubende Krümmung. Da die Infloreszenzen der Aponogetonarten in plasmolysierenden Salz- lösungen völlig unverändert bleiben, wird die Annahme einer Turgor- bewegung hinfällig. Es liegt also eine Wachstumskrümmung vor. Sind die Circumnutation der Spitze und die Abwärtskrümmung der Achse induzierte oder autonome Bewegungen? Nach Darwin ist ja jeder wachsende Teil — Sproß oder Wurzel — beständig in Circumnutation. Diese allgemein verbreitete, wenn auch häufig nur in geringem Maße ausgebildete Wachstumserscheinung ist nach ihm eine spontane Bewegung. Man ist geneigt, auch die Konvexkrümmung dieser radiären Achsen als autonom zu betrachten. Aber z. B. das Nicken des Sproßgipfels von Ampelopsis und der Blütenknospe von Papaver beruhen nach Scholz auf Geotropismus. So schien es immerhin wert, einmal die Möglich- keit einer Induktion durch die Schwerkraft oder durch das Licht ins Auge zu fassen. Durch Versuche im Dunkeln wurde zunächst festgestellt, daß das Licht-ohne Einfluß auf die Bewegung ist. Auch einseitige Beleuchtung vermag die Bewegung nicht abzuändern. Es war nur eine Beschleunigung der Circumnuation der Lichtquelle zu, eine Retardation vom Licht weg zu bemerken. Nun wurden eine große Reihe von Versuchen angestellt, welche die Beziehungen zur Schwerkraft ermitteln sollten. Die Inflores- zenzen wurden in den verschiedensten Lagen befestigt und die eintretenden Bewegungen aufgezeichnet. Die Versuche wurden teils an den Pflanzen ausgeführt, teils an abgeschnittenen Infloreszenzen, die in ein mit einem Gummistopfen abgeschlossenes Reagenzröhrchen oder auch in ein mit Sphagnumsprossen gefülltes Gefäß gesteckt waren. Unterschiede in der Reaktionsweise traten nicht auf; die Bewegungen der von der Pflanze getrennten Infloreszenzen giagen langsamer vor sich. Manchmal war das Wachstum dieser Blütenstände gehemmt; sie starben dann bald, nach- dem sie sich langsam geradegestreckt hatten, ab. Ich will von den zahl- reichen Versuchen nur einige mir besonders charakteristisch erscheinende beschreiben. Bei den geschilderten Versuchen diente A. Dinteri als Objekt. Versuch 1: Eine junge allseitig von der Spatha umgebene In- floreszenz, die bereits eine leichte Krümmung nach der Rückenseite er- kennen ließ, wurde horizontal gelegt, wobei die Rückenseite nach oben orientiert war. Die leichte Einkrümmung ging nach kurzer Zeit zurück. Die Spitze bog sich nach unten. Erst später richtete sich die Basis auf. Durch die Schwerkraft wurde der Blütenstand veranlaßt, die Spitze Untersuchungen über Wasserpflanzen. 59 nach abwärts, die Basis nach aufwärts zu biegen. Läge eine autonome Bewegung vor, hätte die begonnene Einkrämmung nach der Rückenseite fortschreiten müssen. Versuch 2: Eine in demselben Stadium befindliche Infloreszenz wurde invers befestigt. Die Infloreszenzachsen streckten sich nach kurzer Zeit wieder gerade. Im gleichen Maße, wie sich die Basis dann aufwärts krümmte, neigte sich die Spitze nach unten. Die Basis ist negativ, die Spitze positiv geotropisch. Eine mittlere transversal geotropische Zone existiert nicht, wie aus der Streckung der Achse in der ersten Phase zu schließen .ist. Versuch 3: Eine junge Infloreszenz mit rechtwinkliger Abkrümmung der Spitze wurde in der Weise horizontal befestigt, daß die Achsen übereinander lagen. Die nach oben gekehrte Achse begann sich an der Basis aufzurichten. Die unter Geotorsionen vor Sich gehende Abwärts- krümmung der Spitze blieb zeitlich zurück. Umgekehrt war es bei der unteren Achse. Erst nach vollendeter Abwärtskrümmung der Spitze setzte die Aufrichtung der Basis ein. Daß ein verschiedenes Verhalten der beiden Achsen zu verzeichnen ist, liegt an der Bewegungsfreiheit der betreffenden Teile. Bei der unteren Achse ist die sich nach abwärts krümmende Spitze, bei der oberen Achse die nach aufwärts sich krümmende Basis unter optimaler Bedingung. Liegen die Achsenspitzen in der Horizontale nebeneinander, die Achsenbasen in der Vertikalebene invers orientiert, erfolgt als erste Bewegung die Abwärtskrümmung beider Spitzen. . Versuch 4: Eine ältere Infloreszenz wurde invers orientiert. Nach 2 Stunden war die Abwärtskrümmung der Spitze. vollendet. Die in der Mitte der Achse erfolgende Aufwärtskrümmung war erst nach 4 Stunden beendet. Der untere Teil war infolge vollendeter Streckung nicht mehr reaktionsfähig. Daß die Aufwärtskrümmung des negativ geotropischen Basalteiles längere Zeit beansprucht, ist auf die geminderte Streckungsfähigkeit zurückzuführen. Die junge noch wenig gestreckte Spitze vermag schneller zu reagieren. Die Spitze besitzt nicht etwa höhere Empfindlichkeit. Die Präsentationszeit ist dieselbe, nur die Reaktionszeit aus den angegebenen Gründen verschieden. In allen Stadien der Entfaltung ist der richtende Einfluß der Schwerkraft zu erkennen. Die erste Einkrimmung erfolgt stets nach der richtenden Kraft hin. Hat die erste Krümmung begonnen, so kann man durch Drehung der Achse um 180° das Rückgängigmachen und Einbiegen der antagonistischen Seite herbeiführen. Daß gewöhnlich die Bauchseite zur Konvexseite wird, ist darauf zurückzuführen, daß 60 Wilhelm Riede, die infloreszenz fast immer mit der Rückenseite dem Wasserspiegel genähert ist. Im Experiment lassen sich die Seiten vertauschen. Jede Kante kann zur konvexen werden. Der positiv geotropisch reagierende apicale und der negativ geotropisch reagierende basale Teil sind während der Entwicklung deutlich zu unterscheiden. Eine transversal geotropische Mittelzone ist nicht anzunehmen. Der streckungsfähigere obere Teil reagiert stets schneller. Die Stimmung ist durch innere Struktur be- stimmt. Der Ort der ersten Krümmung hängt von inneren Ursachen ab; er läßt sich nicht durch äußere Faktoren ändern. Allmählig tritt ein Stimmungswechsel ein. Diese Umschaltung ‚erfolgt autogen im Laufe der Entwicklung. Daß nicht etwa nur ein bestimmter Teil oder nur die Spitze selbst positiv geotropisch reagiert, wurde durch Ab- schneiden der Spitze festgestellt. Perzeptionszone und Reaktionszone entsprechen einander. Konnte auch über die Reizursache kein Zweifel mehr bestehen, so wurden doch noch Klinostatenversuche ausgeführt. Reagenzröhrchen mit Infloreszenzen kreisten an der horizontalen Klinostatenachse. Die Versuche wurden teils im Gewächshaus, teils im Dunkelzimmer vor- genommen. Die jungen geschlossenen Blütenstände entfalten sich, wachsen, ohne eine kreisende Bewegung der Spitze, ohne jede Krümmungs- bewegung zu zeigen, in gerader Richtung, bis alle Blüten sich ent- wickelt haben. Daß die Achsen nicht parallel bleiben, sondern unter einem Winkel von etwa 90° divergieren, ist auf gleichmäßiges Wachs- tum der basalen, an der Gabelungsstelle befindlichen Teile zurück- zuführen. Infloreszenzen, die bereits die Konvexkrämmung ausgeführt haben, strecken sich auf dem Klinostaten gerade und stellen die eircumnutierende Bewegung ein. Die älteren Infloreszenzen machen die Konvexkrümmung ebenfalls rückgängig und zeigen keine Spitzenrotation mehr. Aus allen Versuchen geht mit Evidenz hervor, daß die gesamte Bewegung eine von der Schwerkraft induzierte ist. Daß die Streckung der abgekrämmten Teile erfolgt, ist darauf zurückzuführen, daß die vorherige Krümmung nur auf der zeitlichen Bevorzugung einer Kante beruht. Alle Teile sind gleich streckungsfähig. Die Schwerkreft ver- anlaßt nur.die Beschleunigung dieser Wachstumsvorgänge an bestimmten, besonders disponierten Stellen. Die durch die Gravitation hervorgerufene ungleiche Streckung wird nach Eliminierung dieser Kraft wieder aus- geglichen. Daß die rotierende Bewegung der überhängenden Spitze, die auf einem in Schraubenlinie nach oben fortschreitenden relativen Wachstumsmaximum beruht, nur in Gegenwart der Schwerkraft auf- tritt, zeigen übereinstimmend alle Klinostatenversuche. Da die Gravi- Untersuchungen über Wasserpflanzen, 61 tation nacheinander in Spirallinie angeordnete Punkte richtend beeinflußt und zu beschleunigtem Wachstum anregt, könnte man von Spiral- geotropismus sprechen. Den von Noll für die Windbewegung an- genommenen Horizontalgeotropismus, der im Zusammenwirken nit negativem Geotropismus die rotierende Nutation bewirkt, kann man meines Erachtens für diese etwas anders geartete Bewegung, bei der eine Rotation des oberen Teiles um den unteren nicht eintritt, nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Erklärung heranziehen. Da sich jedoch für die Annahme eines Horizontalgeotropismus kein sicheres Beweisstück finden läßt, fasse ich lieber die Bewegung als einheitliche auf. Daß durch den Namen Spiralgeotropismus zunächst nicht viel ge- wonnen ist, weiß ich. Es soll aber vorerst einmal ausgedrückt werden, daß ein Causalnexus zwischen Schwerkraft und Spiralbewegung besteht. Der Annahme einer autonomen Bewegung widersprechen die vor- läufigen Beobachtungstatsachen. Ob die Annahme eines Spiralgeotropis- mus (pos., neg., transv. Sp.) gerechtfertigt erscheint oder ob der Schwer- kraft bei der fraglichen Bewegung nur die Bedeutung einer allgemeinen äußeren Bedingung zukommt und das Ausschalten der Schwerkraft Störungen der inneren Wachstumsvorgänge bewirkt, kann erst nach Sammlung eines umfangreichen Tatsachenmaterials endgültig entschieden werden. j 2. Versuche unter Wasser. Als Vorversuch wurde ein älterer Blütenstand "auf der Wasser- oberfläche liegend. so befestigt, daß die Spitze der einen Achse in das Wasser tauchte, während die andere schwamm. Die schwimmende Achse hatte sich am nächsten Tage an der Basis aufgebogen. Die zweite, die infolge der vorhandenen Widerstände sich nicht aufrichten konnte, bog ihre Spitze nach oben. Am dritten Versuchstage hatte sie den apicalen Teil über die Oberfläche erhoben. Es wurden nun Ver- suche mit Infloreszenzen verschiedenen Alters unter Wasser angestellt. Die junge Infloreszenz führte nie eine Krümmung aus; sie wuchs senkrecht nach oben, beide Achsen parallel gestellt. Daß nicht der vom Wasser geleistete Widerstand Ursache des Ausfalls der Krümmung ist, ergibt sich aus den folgenden Experimenten. Infloreszenzen mit be- gonnener Entfaltungsbewegung machten bald die Krümmung rückgängig und stellten ihre Achsen in die Lotlinie.e Bei Horizontallegung und bei inverser Stellung erfolgte bald die negativ geotropische Aufwärts- krämmung der untersten streckungsfähigen Partie und die Gerad- streckung der abgekrümmten Spitze. Alle Teile der Infloreszenz reagieren negativ geotropisch. Das Wachstum ist gehemmt. Die 62 Wilhelm Riede, Reaktionszeit ist verlängert. Um über die Ursache dieser Erscheinung Klarheit zu erhalten, wurden Versuche im feuchten und im luft- verdünnten Raum vorgenommen; denn die Deutung dieses Vorganges als zweckmäßige Reaktion der Pflanze, die bestrebt ist, ihre Blüten, für die unter Wasser keine Möglichkeit der Befruchtung besteht, aus dem feuchten Medium zu bringen, ist ja wenig befriedigend. 3. Versuche im fenchten Baum. Im feuchten Raum ist das Wachstum dasselbe wie unter Wasser. Auch hier reagiert die Infloreszenz in allen Teilen stets negativ geotropisch. Das Wachstum ist beschleunigt. Die Reaktionszeit ver- kürzt. Streckung des apicalen Teiles, Aufkrümmung des untersten noch streckungsfähigen Teiles tritt in allen Lagen ein. Ich will auf die Beschreibung der Einzelversuche verzichten. Jegliche positiv geotropische Reaktion der Spitze unterbleibt. Wird die Infloreszenz horizontal befestigt, krümmt sich bald die Spitze aufwärts. Reagiert dann der untere Teil und stellt er sich in die Richtung der Schwer- kraft, so erfolgt der allmähliche Ausgleich der ursprünglichen Krümmung. Invers gelegte Infloreszenzen, deren Spitze also schon nach oben orientiert ist, zeigen nur eine Aufrichtung des basalen Teiles, mit der dann selbstverständlich die Streckung der Spitze Hand in Hand geht. Der einzige mir bekannte ähnliche Fall ist von Hermann beschrieben worden. Hermann beobachtete die durch eharakteristische Variationsbewegungen ausgezeichneten Blätter von Marantaceen im dampf- gesättigten Raum. Ungekrümmte Blätter führen keine Bewegung aus, gekrümmte strecken sich gerade. Hermann führt dieses Verhalten auf Transpirationshemmung zurück. Es ist natürlich nicht ohne weiteres zulässig, die beiden so verschiedenen Bewegungen miteinander zu ver- gleichen; aber es ist möglich, daß die Hemmung der Transpiration aueh bei den Aponogetonaceen, die bekanntlich auf der Infloreszenzachse auch Spaltöffnungen besitzen, von Einfluß is. Durch Versuche im luft- verdünnten Raum jedoch ergab sich, daß diese Ursache von unter- geordneter Bedeutung ist. 4. Versuche im luftverdüännten Raum. Die Infloreszenzen wurden in den Rezipienten einer Wasserstrahl- luftpumpe gestellt. Zuerst erfolgte eine normale Reaktion. Aber schon nach einer halben Stunde traten dieselben Erscheinungen wie im feuchten Raum hervor. Die ganze Achse reagiert negativ geotropisch. In allen Lagen verhielten sich die Blütenstände wie in den beiden vorhergehenden Versuchsreihen. Nach mehreren Stunden, manchmal Untersuchungen über Wasserpflanzen. 63 erst nach Verlauf eines halben Tages, war die Infloreszenz vollkommen gerade gestreckt. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist herabgemindert. Die Reaktionszeit verlängert. Hier wie im dampfgesättigten Raum und unter Wasser kehrt die. positiv geotropische Reaktionsfähigkeit wie das Spiralwachstum der Spitze nach Versetzung in die normale Um- gebung zurück. Wortmann fand, daß im sauerstoffarmen Raum die geotropische Reizbarkeit erlischt. Correns bestätigte die Abhängigkeit der Reizerscheinungen von der Gegenwart freien Sauerstoffes. Czapek hingegen beobachtete an Keimwurzeln von Lupinus albus geotropische Reaktion in sauerstofffreier Luft. Paäl stellte fest, daß Luftverdünnung die Reaktionszeit verlängert. Da nun der Aufenthalt unter Wasser, im dampfgesättigten und im luftverdünnten Raum den Mangel an Sauerstoff gemein haben, muß das unter diesen drei Bedingungen gleiche Verhalten auf die Einwirkung dieses lebenswichtigen Elementes zurückgeführt werden. Die Wachstums- beschleunigung in feuchter Luft, die Herabminderung unter Wasser und im luftverdünnten Raum und die damit im Zusammenhang stehende Reaktionszeit ist unwesentlich für die Reaktionsweise. Es erlischt nicht allgemein die Reaktionsfähigkeit, sondern nur die Fähigkeit, positiv und spiral geotropisch zu reagieren. Die Reizperzeption bleibt erhalten. Die Reaktion ist, infolge Änderung der Reizdisposition ein andere. Da wir über die Reizstruktur im Innern der Pflanze nur ganz unklare Vorstellungen besitzen, läßt sich natürlich eine Erklärung über die Art der Veränderung, die den Stimmungswechsel veranlaßt, nicht geben. Man kann auch die Auffassung haben, daß bei Störung der sekundären Reizstruktur die Primärreaktion (bei Sprossen die negativ geotropische) zum Vorschein konmt, 5. Zusammenfassung. So hat sich ergeben, daß die Entfaltungsbewegung der radiären Aponogetoninfloreszenzen eine durch die Gravitation induzierte Wachs- tumsbewegung ist. Die Rückkehr in die normale Lage wird in manchen Fällen durch Geotorsionen erleichtert. Die Perzeptionszone fällt mit der Reaktionszone zusammen. Nach der Art der Reaktion lassen sich negativ, spiral und positiv geotropische Zonen unterscheiden. Der umsehaltende Einfluß des sauerstoffarmen Raumes auf die positiv und spiral geotropische Zone wurde experimentell nachgewiesen. Es ist an- zunehmen, daß der Sauerstoffmangel innere Störungen hervorruft, welche die feinen Reizstrukturen schädigt. Da auch bei schlecht wachsenden, später absterbenden Infloreszenzen eine Streckung des abgekrümmten Endes erfolgt, ist klar, daß durch innere krankhafte Erscheinungen, 64 Wilhelm Riede, stoffliche Veränderungen dasselbe Resultat erreicht werden kann. Über die Disposition, die Reizstruktur, den autogenen Stimmungswechsel lassen sich keine klaren Vorstellungen gewinnen. Daß morphologische Differenzen für die verschiedenartigen Bewegungen in Betracht kommen, ist zunächst unwahrscheinlich. Die Spiralbewegung ließe sich auch so erklären, daß man annimmt, der in wachsenden Teilen bestehende Nahrungsstrom, vielleicht besser Baustoffstrom, sendet vom Zentrum aus im Kreise herum, langsam aufwärts steigend, seine Arme in die Zellen und regt sie zum Wachstum an. Durch Entfernung aus der geotropischen Ruhelage wird dieser Vorgang gestört. Daß in der folgenden Zone die zum Wachstum nötigen Stoffe einseitig eingelagert werden und eine Konvexkrümmung resultiert, muß auf innere Differenzen zurückgeführt werden. Die positiv geotropische Zone veranlaßt diese die Krümmung herbeiführenden Wachstumsvorgänge. Asymmetrie im Bau ist nicht zu erkennen. Physikalische und chemische Erwägungen über die Reizstruktur und Reizdisposition anzustellen, ist aussichtslos. Der erblich fixierte Rhythmus der Entfaltungsbewegung ist in den Strukturverhältnissen der kleinsten Teile niedergelegt. Die Architektur dieser Teile zu erforschen, bietet zur Zeit unüberwindliche Schwierig- keiten. Hand in Hand mit den Umstimmungen gehen die Vorgänge der Blütentwieklung. Daß diese Entwicklungsvorgänge in Causalnexus mit der geotropischen Reaktionsweise stehen, ist nicht anzunehmen; es ist vielmehr nach den gemachten Beobachtungen wahrscheinlich, daß beide Vorgänge nebeneinander herlaufen und sich nur wenig gegenseitig be- einflussen. Die Umstimmung in negativen Geotropismus tritt auch ohne Befruchtung ein. Die folgende Tabelle zeigt noch einmal die an der Infloreszenzachse zu unterscheidenden Zonen. ©| Art des . . . . Verhätt-| Entwieklungs- S | Wachstums Relatives Maximum Reaktionsweise nie der | Be 2 - 1 _ _ Positiv geotropisch | — | Blüte zusam- mengefaltet 2 Spiral- |In Spirallinie aufwärts| Spiral ” 1 [Entfaltung der wachstum steigend Perigonblätter 3| Konvex- | Auf der der Kraftqueile | Positiv » 5 | Entfaltung der wachstum abgekehrten Seite Staubblätter 4; Konkav- |AufderderKraftquelle| Negativ „ 5 | Befruchtung wachstum zugekehrten Seite 5| .Normal- _ ” » 10 | Reifen der wachstum Früchte 6| Wachstum _ „ ” — |Ausreifen der beendet Früchte Untersuchungen über Wasserpflanzen. 65 6. Teleologische Deutung nnd das Verhalten der dorsiventralen Infloreszensen. Eine teleologische Deutung der Entfaltungsbewegung läßt sich ja geben, ist aber, wie alle diese Deutungen, nicht besonders wertvoll. Die dünne lange Achse würde sehr bald auf die Wasserfläche fallen und es würde deshalb eine große Anzahl der Blüten unbefruchtet bleiben, wenn nicht durch die Abkrümmung und die rotierende Bewegung Erleichterungen zur Er- haltung des Gleichgewichtes geschaffen wären. Da jedoch die Infloreszenz- achse die Fähigkeit besitzt, sich stets wieder aufzukrümmen, wäre auch ohne diesen komplizierten Apparat die Befruchtung der Mehrzahl der Blüten gewährleistet. — Ich will hier noch im Anschluß an einige Ver- suche init der einachsigen Infloreszenz von A. natans wenige Bemerkungen machen. Die überhängende Spitze beschreibt in etwa 4 Stunden links- läufig eine Ellipse. Die Spitze kreist aber nicht etwa wie der Gipfel von Ampelopsis um die mittlere aufwärts gerichtete Achse. Die kreisende Bewegung ist von dem negativ geotropisch reagierenden Teil unabhängig. Die mehrährigen Blütenstände konnte ich nicht untersuchen. Ich nehme an, daß Intloreszenzen mit gerader Ährenzahl paarweise in entgegen- gesetzter Richtung eircumnutieren, Infloreszenzen mit ungerader Ähren- zahl in gleicher Richtung ihre Spitzen bewegen. — Die dorsiventralen Infloreszenzachsen von A. distachyus sind plagiotrop; sie bilden mit der Horizontalen einen Winkel von etwa 45°. Später, nach der Be- fruchtung der untersten Blüten, erfolgt an der Basis eine zenitwärts gerichtete Krümmung. Die Ähren laufen nun parallel. Jedoch biegt sich der obere Teil mit den unentwickelten Blüten wieder nach außen, so daß also ein unterer orthotroper und ein oberer plagiotroper Teil vorhanden ist. Nach der Befruchtung aller Blüten ist ein Parallel- laufen der Achsen in ihrer ganzen Länge zu beobachten. Daß eine Cireumnutation der Spitze nicht vorkommt, ist verständlich. Unter Wasser, in feuchter Luft, im luftverdünnten Raum ‚reagieren alle Teile der Achse negativ geotropisch Auf dem Klinostaten wachsen sie in gerader Richtung unter einer Divergenz von etwa 90°, Es ist experimentell erwiesen, daß diese Bewegungen aitiogener Natur sind. Die zuerst plagiogeotropische Achse wird später negativ geotropisch. Im Laufe der Entwicklung findet mithin eine Umstimmung statt. Die Gravitation veranlaßt Teile mit jungen Blüten, sich in einen bestimmten Winkel zur Vertikalen. einzustellen, Teile mit älteren Blüten, sich in die Richtung des Erdradius zu stellen. Interessant ist, daß der Plagio- geotropismus durch negativen Geotropismus bei Sauerstoffmangel ersetzt wird. Es scheint, daß die normale Georeaktion aller Sprosse und Sproß- derivate negativ ist: Andere Reaktionen kommen durch nachträgliche Flora, Bd. 114. 5 66 Wilhelm Riede, komplizierte Veränderungen zustande. Durch störende Einflüsse wird diese besondere Struktur zerstört; das Organ gibt die ursprüngliche — negativ geotropische -— Reaktion. Auch diese Bewegung läßt sich, wenn man will, in gewisser Hinsicht als zweckmäßige auffassen. Einer- seits Sichtbarmachung des Schauapparates, andererseits Schutz vor Um- kippen der langen Achse und die Möglichkeit des Heranreifens der älteren Teile bei gleichzeitig günstigster Lage der jüngeren Blüten sind durch die Art der Entfaltung erreicht. Die anderen dorsiventralen Blütenstände der Aponogetonaceen besitzen sicherlich dieselben geotro- pischen Eigenschaften. So ist bei allen Aponogetonarten die Gravitation als wesentliche Ursache für die Entfaltungsbewegung der Inflorenz festgestellt; die Analyse des inneren Bedingungskomplexes stößt auf zu große Schwierig- keiten. Jedoch kann nur die Forschung nach den causae efficientes, nicht teleologische Auslegung weitere Klarheit schaffen. IV. Die Stellung der Aponogetonaceen im System. Während Linn6 die Gattung Aponogeton zu Saururus stellte, Jussien Ouivirandra zu den Juncaginaceen rechnete, Brongniart, Bentham und Hooker sie den Najadaceen zuwiesen, erhob sie Planchon zu einer eigenen Familie. Engler stellt die Aponogetonaceen infolge der Analogien mit den Juncaginaceen, Potamogetonaceen und Alismataceen in die Nähe dieser Familien. Da die von Engler angenommene sympodiale Sproßfolge, durch welche sich die Familien von den Alis- mataceen unterschied, sich als irrig erwies, sind die Beziehungen zwischen diesen beiden Familien enger geworden. Jedoch ist eine Ableitung der Aponogetonaceen von den Alismataceen, wie Lotsy vor- schlägt, unwahrscheinlich und selbständiger Ursprung beider Familien anzunehmen. Das von Lotsy angeführte Argument der Vielzähligkeit der Staubblätter bei A. distachyus läßt sich phylogenetisch nieht ver- werten, da kein ursprüngliches Familienmerkmal vorliegt, sondern eine spätere, durch Störungen veranlaßte Vermehrung der Organe. Die Familie ist, wie die meisten typischen Hydrophytenfamilien, artenarm. Vier Schwimmblattarten und 18 submerse Arten sind bekannt. Das Ver- hältnis der Schwimmblattarten zu den submersen Arten — P= 0,22 — weist auf ein langes Wasserleben der Familie hin. Die Unterscheidung nur einer Gattung entspricht angesichts wesentlicher Differenzen prak- tischen Erwägungen, nicht phylogenetischen Gesichtspunkten. Untersuchungen über Wasserpflanzen. 67 B. Morphologische und entwicklungsgeschichtliche Untersuehungen über die beiden unsicheren Arten Elodea densa und crispa. I. Einleitung. Über Elodea densa und crispa liegen bis jetzt keine eingehenden Untersuchungen vor, die eine Entscheidung über die systematische Stellung dieser beiden Arten — ob sie mit Recht zur Gattung Elodea gerechnet werden können oder ob sie überhaupt als typische Hydro- charitaceen gelten dürfen — erlaubte. Die Heimat von Elodea erispa ist Südafrika; durch Henkel-Darmstadt ist sie in Deutschland ein- geführt worden. Pflanzengeographisch ist deshalb ihre Zugehörigkeit zu der rein amerikanischen Gattung von vornherein etwas zweifelhaft. Elodea densa stammt aus Südamerika. Von Planchon wurde sie zur Gattung Egeria gestellt. Erst Caspary bezog sie mit in die Gattung Elodea ein. Solereder, der als letzter die Hydrocharitaceen systematisch- anatomisch untersuchte, konnte auf Grund der gefundenen Tatsachen eine Entscheidung über die Stellung dieser beiden unsicheren Arten nicht treffen. Elodea densa scheint ihm der medianen Stellung der Vorblätter und der großen Blüten wegen vom Gattungstypus ziemlich stark abzuweichen. Elodea crispa besitzt zwar die anatomischen Gattungs- merkmale, steht aber in der Struktur der Blattspitze Lagarosiphon sehr nahe. Es war nun die Aufgabe der vorliegenden Arbeit, auf Grund weiterer anatomischer Untersuchungen und mit Hilfe der Entwicklungs- geschichte neue Tatsachen aufzufinden. Daß von Elodea densa nur die männliche, von Elodea crispa nur die weibliche Pflanze bekannt ist, läßt es schon zu Beginn fraglich erscheinen, ob es möglich sein wird, mit diesem unvollständigen Material die Entscheidung der Alter- native zu fällen: Sind beide Arten mit Recht der Gattung Elodea angegliedert oder stellen sie neue Gattungstypen dar? H. Anatomische Untersuchungen. Nachdem Soiereder, der die Familie der Hydrocharitaceen eingehend untersuchte, sagt, daß besondere charakteristische anatomische Familienmerkmale nicht existieren, ist es nicht notwendig, allzugroßes Gewicht auf die anatomischen Verhältnisse zu legen. Die vielen submersen Pflanzen eigentümlichen Strukturen — Chlorophyligehalt der Epidermis, Fehlen der Spaltöffnungen und der typischen Tracheen, Vorkommen von 5* 68 Wilhelm Riede, Intravaginalschuppen — finden wir auch hier. Wie bei Elodea cmadensis und Hydrilla besteht die Spreite nur aus zwei Zellagen. Nur an dem die Mitte des Blattes durchziehenden Leitbündel ist eine größere Anzahl von Schichten zu erkennen. Durch den Aufenthalt im Wasser ist diese weitgehende Reduktion herbeigeführt. Die ganze Spreite besteht fast nur aus Haut- gewebe, das hier also auch die Funktionen der anderen Gewebearten übernommen hat. Daß die Zellen der Oberseite größer sind und somit der einstige bifsziale Bau noch angedeutet ist, sei nebenbei erwähnt. Einige kleine Interzellulargänge befinden sich in der. Nähe des Leit- bündels, das aus einem Strang von langgestreckten Zellen besteht und im fertigen Zustand keine Gefäße besitz. Am Blattrand führen beide, wie fast alle Hydrocharitaceen Trichome. Diese zahnartigen, einzelligen Vorsprünge sind äußert dünnwandig und leicht durchlässig für Farb- lösungen, so daß sie wahrscheinlich zur Wasserausscheidung dienen. Während bei Elodea densa wie bei E. canadensis die Blattspitze in ein Haar auslänft, findet sich bei E. crispa daselbst ein von zwei Zähnen flankiertes, aus dünnwandigen kleinen Zellen aufgebautes Gewebe, das durch seinen Plasmareichtum, relativ große Zellkerne und einen spärlichen, zum Teil sogar mangelnden Chlorophyligehalt ausgezeichnet ist. Daß hier eine wasserausscheidende Drüse vorliegt, läßt sich durch Farb- lösungen nachweisen. Pflanzen, die durch ihre Wurzeln Ferroeyankalium aufgenommen hatten, ließen bei Behandlung mit Ferrichlorid eine starke Blaufärbung ihrer Spitze erkennen. Solerederfand beisechsLagarosiphon- arten ähnliche Strukturverhältnisse von epithemartigem Spitzengewebe. Auch in dem stark ausgebildeten, den Nervenstrang begleitenden Parenchym gleicht E. erispa Lagarosiphon. E.crispa besitzt wie E. cana- densis unterseitige Randfasern — prosenchymatische, diekwandige Zellen von engem Lumen; diese fehlen, wie bereits Solereder feststellte, E. densa. Dagegen besitzt E. densa auf beiden Blattseiten epidermale helle Sekretzellen, deren Inhalt sich mit Jodjodkalium gelb färbt, ein Merkmal, das nachSolereder sonst nur noch bei den Gattungen Biyxa, Ottelia, Boottia, Limnobium und bei Hydrocharis morsus ranae vor- kommt. Diese Sekretzellen finden sich auch auf der Spatha der Inflores- zenz. Ringförmige oder spiralförmige Gefäßverdickungen fehlen nach Solereder in den Blättern, kommen aber, wie Caspary erkannte, im Sproß vor. In der Gefäßausbildung verhält sich E. densa wie E. cana- densis. Nur unvollständige Ringverdiekungen finden sich im Sproß. Die trachealen Verdickungen fehlen in den Laubblättern, lassen sich jedoch in den Staubblättern und den Samenanlagen nachweisen. Bei E. crispa sind die Gefäßelemente besser entwickelt oder — richtiger gesagt — noch Untersuchungen über Wasserpflanzen. 69 nicht so stark reduziert; weit hinauf, fast bis in den Vegetationspunkt, ragen sie. In den jungen Blättern, die gerade die Bildung der Rand- zähne beginnen, ist fast bis zur Spitze ein deutlicher Leitstrang mit teils vollständigen, teils unvollständigen Ringverdickungen sichtbar. In etwas älteren Blättern erkennt man nur bis zur Mitte Gefäße. Später sind sie nur noch an der Blattbasis nachweisbar. Die Übereinstimmung von Ontogenie und Phylogenie ist offensichtlich. Bei den anderen Arten sind an den jungen Blättern an der Basis ganz wenige unvollständige Ringverdickungen zu sehen. Es sei noch angeführt, daß das Kelchblatt von FE. densa an der Spitze mit papillösen Ausstülpungen versehen ist und auf seiner Unterseite Spaltöffnungen besitzt, das spaltöffnungslose Perigonblatt dagegen durch den Besitz von papillös vorgewölbten Epidermiszellen ausgezeichnet ist. Das im Gegensatz zum Laubblatt aus mehreren Schichten aufgebaute Perigonblatt von E. erispa führt auf beiden Seiten Stomata, auf der Unterseite jedoch bedeutend mehr. Häufig stehen zwei oder mehr der später anormal vergrößerten Spalten nebeneinander. Der Bau der unverzweigten Wurzeln weist keine Besonderheiten auf. Der Stamm ist bei beiden von einem Bündel lang- gestreckter, zartwandiger Zellen durchzogen, in deren Mitte sich ein dureh Resorption einer Zellreihe entstehender Kanal befindet. Um das Bündel lagern Parenchyinzellen, die von einigen Interzellulargängen durchbrochen sind. Am Knoten ist eine breite großzellige Parenchym- platte entwickelt, welche die Leitbündel für die Blätter abgibt. Die Intravaginalschuppen von E. densa gleichen in ihrer rundlichen Gestalt denen von E. canadensis. E. crispa besitzt eiförmige Intravaginal- schuppen. Der Sproßaufbau beider Arten besitzt gewisse Über- einstimmungen. Der lange Vegetationskegel erzeugt in fast konstanten Abständen Infloreszenzen und Seitensprosse. Abgesehen von individuellen Schwankungen kehren die vegetativen und reproduktiven Achselsprosse in ziemlich konstanten Zwischenräumen wieder. Die folgende Zusammen- stellung läßt einige dieser Zahlenverhältnisse erkennen. E. canadensis | E. densa E. erispa Blattwi i i 1-4zählig, meist | 2—5zählig, meist lattwirtel Meist 3 zählig zahlte Azählig Seitensproß |In jedem 6.—7. Inter- |In jedem 8,—9. Inter- |) Yugammen in nodium , nodium jedem 14. bis Sezualsproß |In jedem 15.—20. Inter-| In jedem 8—11. Tnter- \f 16, Internodium nodium nodium 70 Wilhelm Riede, Bei E. canadensis und denss steht in der Achsel eines der Vor- blätter des Seitensprosses ein neuer Seitensproß. Bei E. erispa sind die beiden zur Spatha verwachsenen Vorblätter steril; das erste Laub- blatt besitzt einen Achselsproß. Horn stellte bei E. canadensis fest, daß das Infloreszenzdeckblatt zum nächsten Blattquirl herabrückt. Solereder beschreibt Ähnliches von E. densa. Er fand beim Vergleich zwischen dem Infloreszenzguirl und dem darüberstehenden folgende Zahlenverhältnisse: Oberer Blattquirl 3, unterer Blattquirl m. Infl. 4-2 ” ” 4,» ” »n» 4-1 » ” vn ” „nm 541 » ” un „ »»n 6+2 Bei der Nachprüfung kam ich zu einem anderen Resultat. Ich gebe unten die bei einer großen Anzahl von Pflanzen festgestellten Gliederzahlen von drei aufeinander folgenden Quirlen wieder, bei denen stets der mittlere einen Achselsproß besitzt. Ein Punkt bedeutet Infloreszenz, zwei Punkte Achselsproß. 4 4, 4 3, 4-43, 4 4, 1--+3, 4 3 3.+4 4 4% 1-44 4 3, 3-45, 5 4 2.44 4 2, 5:44 4 5, 3:43, 83 4 4-, 4 4 4-44, 4 4 5-44 4 4 5, 5-:+2, 5-+4, 5, dA +5 44 4 Aus diesen Zahlen geht mit Sicherheit hervor, daß durch die Infloreszenz ein Auseinanderrücken zweier Wirtel verhindert wird. Die Streckung des Internodiums zwischen Infloreszenzquirl und dem nächst- älteren unterbleibt. Ausnahmen finden sich nur selten. Ein Herabrücken eines oder manchmal zweier Blätter, wie esSolereder annimmt, kommt nach meinen Beobachtungen nicht vor. Ein E. canadensis analoges Verhalten kann ich nicht konstatieren. Der mit einem vegetativen Sproß versehene Blattquir! ist ebenfalls häufig vielzählig, d. h. aus zwei Quirlen, von denen der eine öfters weniger Glieder besitzt, zusammengesetzt. Bei E. crispa ist ebenfalls häufig ein Unterbleiben der Streckung zwischen dem mit Achselprodukt versehenen Quiri und dem nächstälteren anzunehmen, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht: 2%, 3, 01 3, 4, 1 3,02 2, 1 3,038 u 83,03 . Ich möchte jetzt noch auf die Stellung der Vorblätter eingehen. Bei E. eanadensis stehen die Vorblätter des vegetativen und des reproduktiven Sprosses lateral. Das zweite Niederblatt trägt wieder Untersuchungen über Wasserpflanzen. 7 einen Achselsproß. Für E. densa stellte Rüter dieselben Verhältnisse fest. Ich fand bei den vegetativen Sprossen von E. densa Median- stellung der Vorblätter — eine Beobachtung, die mit den Angaben Solereders übereinstimmen. Die verwachsene Spatha dagegen ist aus lateralen Vorblättern zusammengesetzt. Sowohl an jungen Infloreszenzen ist diese Tatsache zu erkennen, wie auch aus den beiden seitlich ver- laufenden Nerven der Spatha zu erschließen. Diese Differenz zwischen Seitensproß und Blütensproß ist bemerkenswert. Es wäre möglich, daß auch laterale Vorblätter an vegetativen Sprossen vorkommen und Rüter zufällig einen solchen seltenen Fall beobachtete Bei E. erispa ist nach Rüter ebenfalls Lateralstellung der Vorblätter vorhanden. Ich konnte überall Medianstellung der zur Spatha verwachsenen Niederblätter beobachten. Die Verzweigung stimmt mit der bei den anderen Arten bestehenden nicht überein. Daß stets Blüte und Sproß in der Spatha nebeneinander stehen, hat Rüter übersehen und so eine nicht ganz klare Auffassung gewonnen. Jeder Seitensproß ist von einer Spatha eingeschlossen, die, wie sich an jüngeren und älteren Stadien nachweisen läßt, von zwei median stehenden Vorblättern gebildet wird. Erst in der Achsel des ersten Laubblattes findet sich ein Achselsproß. Dieser wieder von einer Spatha umhüllte Sproß erzeugt wieder in der Achsel seines ersten Laubblattes einen Seitensproß. In der Blütezeit steht innerhalb dieses zweikieligen Verwachsungsproduktes neben dem Achselsproß eine Blüte. Beide gehen aus einem gemeinsamen Höcker hervor. Der Sproß läßt wieder in der Achsel seines ersten Laubblattes einen Seitensproß erkennen. Daß der seitlich stehende Sproß nicht als Achselprodukt eines der median stehenden Vorblätter aufgefaßt werden kann, leuchtet ein. Die Vorblattstellung und Verzweigung ist also bei E. densa und crispa nicht analog der von E. canadensis, sondern weicht in wesentlichen Punkten ab. Da später bei Besprechung der entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen noch einmal diese Ver- hältnisse berührt werden, sei hier nicht weiter darauf eingegangen. DI. Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Der Seitensproß von E. densa bildet sich in der Achsel einesjungen Blattes in einiger Entfernung vom Vegetationspunkt. Auf seiner adaxialen Seite entsteht ein Höcker, das erste Vorblatt. Auf der entgegengesetzten Seite bildet sich dann das zweite Vorblatt, in dessen Achsel sich stets ein neuer Sproß entwickelt. Die mediane Stellung der Vorblätter, die nie verwachsen, kann auch an älteren Sprossen festgestellt werden. Durch den gesteigerten Verbrauch an Baustoffen wird die 72 Wilhelm Riede, Streckung zwischen dem sproßbildenden und dem in der Entwicklung vorangehenden Wirtel verhindert. Die an und für sich bemerkenswerte mediane Stellung der Vorblätter ist darum von besonderem Interesse, weil in der Blütenregion sich die normale laterale Stellung findet. Die Blätter entwickeln sich aus zwei Dermatogenzellen und einer Pleromzelle. Die Sekretzellen wie die Blattzähne entstehen basipetal. An der Bildung des Seitensprosses sind wiean der des Blütensprosses alle drei Histogene beteiligt. Bei blühenden Pflanzen bemerkt man bei Freipräparierung die breiter als gewöhnlich erscheinende Sproßspitze von einem schlanken Kegel — der jungen Infloreszenz — überragt. Die Anlage des jüngsten Laubblattes ist etwas tiefer. So scheint dieses erste Stadium der Infloreszenz- bildung einer Dichotomie, einer Spaltung in einen vegetativen und einen reproduktiven Teil äußerst ähnlich. Jedoch sieht man in den folgenden Phasen der Entwicklung deutlich die seitliche Insertion des Blütenstandes. Das Deckblatt der Infloreszenz entsteht später — eine zumal in der Blütenregion häufige Erscheinung. Der durch den schnell wachsenden jungen Höcker zur Seite gedrängte Sproß streckt sich bald wieder und zeigt ganz normale, ununterbrochene Anordnung seiner Blattanlagen. So ist die Infloreszenz als ein fast unmittelbar am Scheitel inseriertes acrogenes Produkt mit später entstehendem Deckblatt aufzufassen. Infolge des starken Verbrauches an Baustoffen unterbleibt die Streckung zwischen dem Infloreszenzquirl und dem nächstunteren Laubblattquirl. Seitlich entstehen nun an der Basis des Infloreszenzkegels nacheinander zwei Höcker, die sich bald zu einem Ring schließen. In der Achse jedes dieser Vorblätter bildet sich eine Seiteninfloreszenz. Inzwischen hat der Vegetationspunkt durch Anlegung dreier seitlicher Erhebungen, — der Kelchblätter — seine Umbildung zur Blüte erkennen lassen. Die Seitenblüten bringen wieder je eine Blüte hervor; in seltenen Fällen noch eine zweite. Vorblätter treten an den Blüten höherer Ordnung nicht mehr auf. Der cymöse Blütenstand ist ein Dichasium, dessen zwei Seitenblüten abwechselnd auf den entgegengesetzten Seiten eine neue Blüte tragen. Wir bezeichnen dieses in zwei Monochasien (Wickel) übergehende Dichasium als Doppelwickel. Man könnte nun die Ansicht äußern, die zweite und dritte Blüte sind nicht Achsel- produkte der Spathablätter, sondern acrogene Gebilde der terminalen Blüte mit unterdrückten Deckblättern — ein völlig unfruchtbarer Streit. Der Auffassung der ganzen Infloreszenz als Wickel widerspricht die Anordnung der ersten Blüten. Die Entwicklung der Einzelblüte bietet nichts Besonderes. Nach den drei Kelchblättern entstehen die drei Perigonblätter; sie werden im Wachstum von den Staubblättern bald Untersuchungen über Wasserpflanzen. 73 überholt. Erst wenn die drei Staubblattkreise und die drei rudimentären Narben deutlich erkennbar sind, nehmen die Perigonblätter das Wachs- tum wieder auf, Bei E. canadensis, die von Horn und Wylie unter- sucht worden ist, liegen ganz ähnliche Verhältnisse vor. Die an Dicho- tomie erinnernde erste Anlegung des Blütenstandes, das späte Entstehen des Deckblattes finden wir hier wieder. Der Infloreszenzquirl ist stets vielzählig,. der nächstjüngere Quirl zweizählig, Das Deckblatt rückt also in den unmittelbar benachbarten Wirtel. Im nächstjüngeren Quirl kanı im Sektor der Infloreszenz infolge Stoffmangel kein Blatt angelegt werden. Man kann auch die Deutung eines Hemmungsreizes in Betracht ziehen. Die Auffassung von Horn, daß die große Blüten- anlage das später entstehende Tragblatt herabdrückt, während die beiden anderen Blätter des blütentragenden Wirtels sich normal entfalten, ist wohl ebenso unwahrscheinlich wie die Ansicht von Eichler, daß ein Herabrücken des Tragblattes stattfindet. Die Entwieklungsgeschichte zeigt, daß das Deckblatt zunächst keinem Blattquirl angehört, daß auf gleicher Höhe keine Blattanlagen stehen. Wylie, der E. canadensis nur an Mikrotomschnitten untersuchte, beobachtete an männlichen und weib- lichen Blüten, daß die Perigonblätter zuletzt entstehen. Ich stellte an durch Präparation gewonnenen jungen seitlichen Blüten fest, daß wie bei E. densa centripetale Entstehung der Kreise vorliegt. Die Perigonblätter bleiben nur außerordentlich klein und beginnen erst, nachdem die Staubblätter weit entwickelt sind, ihr Wachstum. Während nun bei E. canadensis immer nur drei Staubblattkreise vorkommen, fand ich bei E. densa in einigen Fällen 12 Staubblätter; die inneren waren jedoch nicht vollständig entwickelt. Über den Blütenstand mächt Wylie keine Angaben. Aber es ist wohl kein Zweifel, daß wir bei E. canadensis einen reduzierten eymösen Blütenstand anzunehmen haben. — (Vgl. auch Fig. 3, Abb. 6—10.) Bei E. erispa erfolgt die Entwicklung der Seitensprosse normal in der Achsel eines etwas älteren Laubblattes. An der alaxialen Seite bildet: sich das erste Vorblatt, das im Gegensatz zu den beiden anderen Arten mit dem auf der entgegengesetzten Seite entstehenden zweiten zu einem Ringwall verschmilzt. In der Achsel des darauffolgenden, meist um etwa 90° divergierenden Blattes bildet sich ein neuer Sproß. Die verwachsenen Vorblätter wachsen schnell heran und schließen sich über dem Sproß. Erst später bei der Entwicklung des Sprosses wird die Spatha gesprengt, so daß zwei deutlich median stehende Zipfel zu erkennen sind. Von E. canadensis unterscheidet sich also E. erispa durch die Medianstellung der Vorblätter und durch Verwachsung der- 74 ‘ Wilhelm Riede, selben, von E. densa nur durch das zweite Merkmal. In der Blüte- periode gleichen die ersten Stadien vollkommen der beschriebenen Sproßentstehung. Nach Bildung der Vorblätter tritt nun an dem kleinen breiten Höcker eine seitliche Vorwölbung auf. Der erste Höcker wird schmäler und nimmt die typische Gestalt des Sproßscheitels an, während die zweite Hervorwölbung bald einem breiten, oben flachen, sich nach unten verjüngenden Höcker gleicht. Beide stehen nebeneinander. Zu Beginn der Blüteperiode ist der vegetative Sproß der Blüte gegenüber bevorzugt; er eilt stets im Wachstum voraus. Allmählich tritt ein Erstarken der Blüte auf. Von Spatha zu Spatha kann man die all- mähliche Abnahme des Sproßwachstums im Verhältnis zum Blüten- wachstum verfolgen. Aber in jeder Spatha läßt er sich nachweisen. Nur ein einziges Mal fand ich eine Spatha mit zwei Blüten und keinerlei Sproßspuren. Der Sproß legte hier an beiden Seiten Blüten an und verkümmerte dann. Andere Schlüsse darf man meines Erachtens aus dieser Abnormität nicht ziehen. Gegen Ende der Blütezeit ist wieder eine allmählich zunehmende, relative Bevorzugung des Sprosses zu beobachten. Aus dem Blütenvegetationspunkt geht nun die Einzelblüte hervor. Wie bei E. eanadensis, so ist auch hier die zur Entwicklung kommende Einzelblüte der Rest eines cymösen Blütenstandes. Rudimente treten aber anscheinend nicht mehr auf. Die vorhin beschriebene mit. zwei Blüten ausgestattete Spatha kann aber als zweiblütige Infloreszenz angesehen werden. Die weitere Entwieklung bietet nichts Neues. Auch hier findet normale centripetale Entstehung der Organe statt. Die Perigonblätter bilden sich nicht zuletzt, sondern nach den Kelchblättern, bleiben aber zunächst im Wachstum gehemmt. Deutliche Staminodien, wie sie bei E. canadensis vorkommen, fand ich nicht. Der einfächerige Fruchtkuoten besitzt meist neun, parietal in drei Reihen stehende orthotrope Samenanlagen mit zwei Integumenten und drei epipetal stehende, gegabelte, papillenreiche Narben. Bei E. canadensis stehen die Narbenlappen bei Null oder sechs Staminodien episepal, bei drei ‚Staminodien epipetal. Es ist also der Ausfall von drei Staubblattkreisen bei E, crispa anzunehmen. Daß die Narben trotz des Fehlens jeglicher Staminodien epipetal stehen, ist bemerkenswert. Die Spatha bleibt klein und wird bei Durchbruch der Blüte in zwei mediane Zipfel gespalten. Die Blütenröhre ist wie bei E. canadensis unverhältnismäßig lang (bis zu 40 cm) und mit zahlreichen Luftkammern versehen. Abweichend wäre also das Fehlen gut entwickelter Staminodien, die stets epipetale Stellung der Narben und der Entstebungsert. Da die Entstehung der Infloreszenz in ihren ersten Stadien keine Abweichungen von der Sproß- Untersuchungen über Wasserpflanzen, 75 entwicklung erkennen läßt, ist es wahrscheinlich, daß wir den ersten Höcker als Sproß aufzufassen haben. Der junge Sproßvegetationspunkt schreitet sofort nach Bildung der Vorblätter zur Blütenbildung. Das Deckblatt ist unterdrückt. Die stets seitliche Stellung der Blüte läßt die Deutung als Achseigebilde des medianen Vorblattes nicht zu. Der Sproß wächst dann normal weiter; er bildet in der Achsel des ersten Laubblattes einen Achselsproß. So treten hier im Gegensatz zu den anderen Arten die Blüten nur an Seitensprossen auf. Jeder Seiten- sproß erzeugt aber nur einmal eine Blüte. Es besteht nun jedoch die Möglichkeit, dem Vorkommen von vegetativem Sproß und Sexualsproß nebeneinander innerhalb der Spatha eine andere Deutung zu geben. Zunächst könnte der allerdings bei Phanerogamen seltene Fall der Dichotomie vorliegen. Oder man könnte die Infloreszenz als primäres Gebilde betrachten, an dem sekundär in der Achsel eines Vorblattes ein verschobener Sproß entstünde. Um hier eine Entscheidung herbei- zuführen, ist es erforderlich, sich nach analogen Fällen bei verwandten Pflanzen umzusehen. — (Vgl. auch Fig. 3, Abb. 1—5.) Bei Hydrilla fand ich in der Achsel des Blütendeckblattes meist einen vegetativen Sproß, der jedoch außerhalb der Spatha steht, Er ist als Beisproß zu bezeichnen. Bei Vallisneria entwickelt sich aus einem gemeinsamen Höcker ein ganzer Komplex von Achselprodukten. Bei den männlichen Infloreszenzen stehen meist drei Blütensprosse und ein Laubsproß, selten vier Blütensprosse zusammen. Bei den weiblichen Blütenständen liegen die Verhältnisse ähnlich. Die Auffassung von Rohrbach, daß die Infloreszenzen aus dem vegetativen Sproß ihren Ursprung nehmen, scheint mir mit den Tatsachen nicht übereinzustimmen. Die Annahme Müllers, daß die Entstehung aller Achselsprosse aus einem gemeinsamen Podium vor sich geht, steht meines Erachtens mit den entwicklungsgeschichtlichen Befunden nicht in vollem Einklang, Aus einem intercalaren Vegetationspunkt, einer meristematischen Basal- zone eines Blütensprosses entspringen Beisprosse, die in der über- wiegenden Mehrzahl Sexualcharakter besitzen. Da aber auch hier Infloreszenzen und Sproß nicht gemeinsam von Vorblättern umhäüllt sind, ist es unmöglich, hierin einen Parallelfall zu erblicken. Bei der Untersuchung von Vallisneria stellte ich auch fest — das sei nebenbei erwähnt —, daß die Blüten der männlichen Infloreszenz (Müller traf stets Stadien, an denen alle Blüten bereits angelegt waren) in ab- steigender Reihenfolge angelegt werden — eine Beobachtung, die mit der Goebels bei der nahe verwandten Lagorosiphon alternifolium über- einstimmt. Bei Hydrocharis morsus ranae stehen innerhalb der Spatha 76 Wilhelm Riede, meist drei Blüten. Nach Raunkaer entwickelt sich manchmal in den Achseln der Spathablätter ein Sproß. Auch hier liegen die Verhältnisse anders. Daß nur unregelmäßige Auftreten dieses vegetativen Sprosses kann mit dem regelmäßigen Vorkommen bei E. crispa wohl kaum ver- glichen werden. So bezweifle ich, daß entwieklungsgeschichtliche Analogien bestehen. Bei Najas schließlich bildet sich aus einem Höcker eine Blüte und ein Sproß. Magnus lehnt die Deutung als nebeneinander stehende Beiknospen ab; seine Auffassung geht aus dem folgenden Zitat klar hervor: „Die Blüte entspricht dem ersten Blatte des Zweiges mit seinem Achselprodukt, dem Schuppenblatt mit seinem Zweige am Sprosse aus dem dritten Laubblatt der Keimpflanze“. Ich suchte nun durch ent- wieklungsgeschichtliche Untersuchungen zu entscheiden, ob eine Teilung des indifferenten Achselproduktes in Laubsproß und Blütensproß eintritt oder ob die Blüte bzw. der Sproß als primär zu bezeichnen ist. Es ist meines Erachtens auch notwendig, die morphologische Deutung der einfachen, 2-—4 zipfeligen Blütenhülle bei dieser Frage mit in Betracht zu ziehen. Cosson et Germain sehen die Hülle als einen Kreis verwachsener Blätter an; Magnus deutet sie als einblättrige Hülle. Ich betrachte sie als Homologon der Monocotylenspatha. Das gemein- same Podium von Magnus ist nach meiner Auffassung eine junge Blüte. Der Sproß, der außerhalb der Spatha steht, ist ein aus einer intercalaren Wachstumszone hervorgehender Beisproß. Die von Magnus angenommene Dichotomie lehne ich ab. — Daß auch in den Infloreszenzen von Limnanthemum indieum und cristatum, wie von Limnocharis und Alisma natans Knospenbildung vorkommt, ist ja bekannt. Alle besprochenen Fälle, die bei oberflächlicher Betrachtung Ähn- lichkeit mit E. cerispa haben, weichen doch in wesentlichen Punkten ab, so daß ein Vergleich nicht möglich ist. Die von Rohrbach an- geführten Beispiele für Knospenbildung durch Teilung des Vegetations- kegels lassen sich sämtlich auf seitliche Sprossung zurückführen. Nehmen wir nun bei E. crispa die Teilung in einen vegetativen und einen reproduktiven Sproß an, so spricht zwar das Fehlen des Infloreszenz- deckblattes für, der anormale — denn dann vorblattlose — Sproß gegen diese Annahme. Daß der Sproß in einer. ganzen vegetativen Periode stets mit zu einer Spatha verwachsenen Vorblättern auftritt und in seinem ersten Laubblatt einen Achselsproß führt, zwingt dazu, eine- Dichotomie abzulehnen. Die andere Auffassung, daß, wie bei Najas, der Sproß als Blütensproß zu deuten ist, der Laubsproß inter- calar entsteht, läßt sich ebenfalls nicht vertreten. Das Vorkommen beider innerhalb der Spatha spricht weniger gegen diese Ansicht als Untersuchungen über Wasserpflanzen. 77 das Fehlen der Vorblätter an dem Beisproß. Die Deutung des Laub- sprosses als Achselsproß eines Vorblattes ist einerseits des Vorblatt- mangels, andererseits der Stellung wegen zu verwerfen. Die Blüte als Achselprodukt aufzufassen, ist durch die Stellung erschwert. Man müßte eine seitliche Verschiebung annehmen. So stimmt die von mir eingangs gegebene Wertung der Blüte als acrogenes, deckblattloses Gebilde am besten mit den Befunden überein. Das Achselgebilde ist ein Seitensproß, der nach Anlegung der Vorblätter eine einzige Blüte erzeugt. Der Hauptsproß ist stets steril. Daß also die Blüte in un- mittelbarer Nähe des Vegetationspunktes entsteht, stimmt mit den anderen Elodeaarten überein. Die Zeit der Entstehung und der Ort weichen ab. Die Sterilität der Hauptachse, die beschränkte Fertilitit der Seitenachsen ist für E. erispa charakteristisch. IV. Zusammenfassung. Überblicken wir die Ergebnisse, so kommen wir zu dem Resultat, daß E. densa trotz des Fehlens der Randfasern, trotz seiner Sekret- zellen, seiner mehrblütigen Infloreszenzen, seines allerdings sehr selten auftretenden rudimentären 4. Staubblattkreises E. eanadensis nahe ver- wandt ist und mit Recht zu derselben Gattung gerechnet werden kann. Wenn Solereder der großen, Ranunculus aquatilis ähnlichen Blüten und der medianen Stellung der Vorblätter an den Seitensprossen wegen die systematische Stellung als unsicher ansieht, so kann ich mich dem nicht anschließen. Die Übereinstimmung in der Blütenentwicklung, die in einer sonst nirgends auftretenden, ganz charakteristischen Weise erfolgt, ist für die Verwandtschaft meines Erachtens ausschlaggebend. Die Abweichungen scheinen nur minder wichtige Merkmale zu be- treffen — es ist zwar die Frage der Merkmalswertung eine noch sehr ungewisse und strittige. Dagegen erscheint mir für E. crispa schon eher eine Änderung der systematischen Stellung notwendig. Das Vor- kommen von E. erispa in Südafrika läßt auf einen anderen Gattungs- typus schließen. Allerdings muß man berücksichtigen, daß einerseits Afrika und Amerika pflanzengeographisch ungenügend durebforscht sind, andererseits ähnliche Fälle bekannt sind, wo eine enge verwandtschaft- liche Beziehung nicht zweifelhaft sein kann. Die stärkere Gefäßausbil- dung und das Fehlen deutlicher Staminodien kommen weniger ent- scheidend in Betracht. Die anatomische Struktur der Blattspitze,' das Vorkommen einer Spatha an den vegelativen Sprossen und ganz be- sonders die Stellung der Blüten sind gegen die Einreihung in die Gattung Elodea. Jedoch sprieht die Blütenform dafür, daß dieser neue 78 Wilhelm Riede, Gattungstypus Elodea sehr nahe stehen muß. Man könnte allerdings bei dieser Röhrenblüte an konvergente Anpassung denken. Die er- wähnten Gründe lassen es, obwohl die Untersuchung infolge des Fehlens der männlichen Pflanzen nicht als abgeschlossen gelten kann, berechtigt erscheinen, Elodea crispa als einen eigenen, neben Elodea zu stellenden Gattungstypus aufzufassen. In Hinsicht auf die Zwillingsbildung inner- halb der Spatha während der Blütezeit schlage ich Helodidymia als neuen Gattungsnamen vor. C. Die Wasserbewegung der Hydrophyten mit beson- derer Berücksichtigung der Hydropoten. Einleitung. Perrot beschrieb als erster die bei Wasser- und Sumpfpflanzen häufig auftretenden charakteristischen Zellgruppen. Auf der Unter- seite der Schwimmblätter von Limnanthemum- und Villarsiaarten beob- achtete er flach muldenförmig vertiefte, epidermale Zellverbände, denen er auf Grund ihres Chlorophyligehaltes und der anatomischen Struktur die Aufgabe zuschrieb, das bis an die Unterseite durchdringende Licht aufzufangen und zur Assimilation sowie zur Erwärmung zu verwenden. Dieser Deutung kann wohl nur noch historischer Wert beigemessen werden. Sie zu widerlegen, halte ich, angesichts der Tatsache, daß diese Zeligruppen bei den meisten Pflanzen leicht hervorgewölbt sind — auch bei einigen Arten der von Perrot untersuchten Gattungen — für überflüssig, Aber selbst nach dieser ersten Mit- teilung vergingen noch 7 Jahre, bis die weite Verbreitung dieser Organe, die besonders an älteren Blättern und Blattstielen durch ihre Färbung auffallen, erkannt wurde. 1914 wies Mayr dann die Perrot- schen Zellen bei einer großen Anzahl von Wasser- und Sumpfpflanzen nach. Genaue Untersuchungen der anatomischen Struktur und der chemischen Beschaffenheit dieser Zellgruppen sowie eine Menge von Reaktionen der veränderten Epidermis sind in dieser Arbeit mitgeteilt. Da die durch die eingelagerte Substanz veränderten Wände leicht Lösungen diffundieren lassen, kam Mayr zu der Ansicht, daß diese Organe zur Aufnahme von Wasser und den darin gelösten Nährsalzen bestimmt seien. Die durch physiologisch-anatomische Erwägungen ge- stützte, durch einige Versuche erhärtete Meinung veranlaßte Mayr, diesen Organen die Bezeichnung Hydropoten zu geben. Mayr unter- scheidet lange Hydropoten, schmale Reihen von metamorphosierten Epidermiszellen, die am Stiel oder an der Unterseite der Schwimm- Untersuchungen über Wasserpflanzen. 79 blätter meist in Abhängigkeit von der Nervatur vorkommen, und kurze Hydropoten, isodiametrische Zellgruppen ohne jede Beziehung zu den Nerven. Bei meinen Erörterungen und Versuchen habe ich eine Reihe von charakteristischen Wasserpflanzen ausgewählt, deren anatomische Struktur kurz geschildert sei. Von den submersen Formen sind Myrio- phyllum spieatum, Ranunculus aquatilis und fluitans dadurch ausge- zeichnet, daß ihre ganze Oberfläche — mit verschwindenden Aus- nahmen — aus Hydropotenzellen besteht. Diese Arten besitzen außer- dem an der Spitze eine durch Abfall eines Anhängsels entstehende Apicalöffnung. Bei den Ranuneulusarten entsteht dieser Porus erst an völlig ausgewachsenen Blättern, manchmal erst kurz vor dem Absterben des Blattes. Im Gegensatz dazu stehen andere Myriophyliumarten, alle Hydrocharitaceen, die keine Hydropoten und nur zum Teil Apical- öffnungen besitzen. Von den Pflanzen mit Schwimmblättern ist be- sonders Potamogeton natans, dessen Blattunterseite in allen Zellen Ein- lagerung von Imprägnierungssubstanz aufweist, berücksichtigt worden. Potamogeton natans besitzt außerdem noch eine Scheitelöffnung. Die sehwimmblattbildenden Aponogetonarten und Limnanthemumarten führen an ihren submersen Teilen reichlich Hydropoten; sie besitzen auch Apicalöffnungen bzw. Hydatloden. Bei Nelumbium speciosum kommen Hydropoten auf der Unterseite der Schwimmblätter vor. Seltsamerweise ist dieser Jugendblätter wie überhaupt der Heterophyllie dieser Pflanze weder von Lotsy in seiner Entwicklungsgeschichte noch von Wiegand- Dennert in der monographischen Studie Erwähnung getan. Goebel und Caspary führen sie jedoch an. Eine große Anzahl von runden, in der Mitte sehr großen, zum Rand hin allmählich immer kleiner werdenden Hydropoten zeichnet die Jugendblätter aus. Bei der Unter- suchung stellte ich auch fest, daß sowobl die Schwimmblätter als auch die Luftblätter auf ihrer Unterseite Stomata haben; die Luftblätter eine etwas größere Anzahl. Die überall in der Literatur zu findende Er- wähnung des Fehlens der Spaltöffnungen auf der Blattunterseite der Nelunbiumblätter ist somit als schönes, viel nacherzähltes Märchen charakterisiert. Im Gegensatz dazu stehen die Nymphaeaceen, hydro- notenfreie Pflanzen, deren dünne Epidermis gleichmäßig befähigt ist, Wasser passieren zu lassen. Es fragt sich nun: Sind wirklich dieHydropoten wasseraufnehmende Organe? Man könnte doch auch die entgegengesetzte Ansicht vertreten und diese Zellgruppen mit ihren veränderten Wänden nicht als Wasser- trinker, sondern als den Hydathoden verwandte Organe auffassen. A priori können sie sowohl dem Absorptionssystem wie auch dem Sekretions- 80 Wilhelm Riede, system zugerechnet werden. Die Behandlung dieser Frage schien nur in einem größeren Rahmen fruchtbar zu sein. Der ganze Fragenkomplex der Wasserversorgung mußte einer genaueren Betrachtung unterworfen werden, bevor die funktionelle Bedeutung dieser den Hydrophyten eigentümlichen epidermalen Organe einigermaßen klar hervortreten konnte. Eine eingehende Untersuchung und experimentelle Prüfung des Wasserstromes der Hydrophyten mußte unter Zugrundelegung der bestehenden Anschauungen vorgenommen werden, um eine Entscheidung in der Frage „Hydropoten oder Hydathoden“ treffen zu können. Erst wenn Klarheit über die Wasserbewegung, ihre Bahnen und Wege besteht, ist es möglich diese Organe als aufnehmende oder abgebende zu deuten. L Vergleichende Untersuchungen. Ich wili zunächst die submersen Formen ins Auge fassen. Die Tatsache, daß die Leitungsbahnen der Wasserpflanzen eine weitgehende Reduktion erfahren haben, die Wurzeln verhältnismäßig gering entwickelt sind, die Blattoberfläche hingegen von äußerst zarter Beschaffenheit ist und eine gewaltige Vergrößerung aufweist, ließen die allgemeine Vor- stellung entstehen, daß diese Pflanzen ihren Nährsalzbedarf mit den Assimilationsorganen aus dem umgebenden Medium aufnehmen und einen den Landpflanzen analogen Wasserstrom völlig vermissen lassen. Erst von Unger, Sauvageau, Wieler, Pond und Snell wurde durch experimentelle Untersuchungen der Nachweis erbracht, daß die Wurzeln der Wasserpflanzen nicht allein als Haftorgane angesprochen werden können, daß die Wasserpflanzen höchstwahrscheinlich einen aufsteigenden Wasserstrom wie die Landpflanzen besitzen. Liegen nun wirklich die anatomischen Verhältnisse so, daß alle Forscher, die auf Grund des inneren Baues urteilten — ich nenne nur Sachs, Frank, Schenck, Ludwig zuder Überzeugung kommen mußten, daß bei den Wasserpflanzen die Nährstoffaufnahme allein durch die Blätter erfolge. Daß die Epidermis dünnwandig ist, die Cuticula sehr schwach entwickelt ist, kann doch zunächst nur als ein Zeichen für die Durchlässigkeit gelten. Über die Richtung des Wassers, ob. ein Einströmen oder ein Ausströmen oder schließlich beides zugleich stattfindet, gibt die Anatomie keinen Aufschluß. Die Rückbildung der Leitungsbahnen ist auch kein Beweis gegen einen aufsteigenden Wasserstrom; denn es besteht die Möglichkeit, daß die Beteiligung der Zellen des Stammes oder Stieles eine ausschlaggebende Rolle spielt, daß infolge des Fehlens der durch die Transpiration gewonnenen Kraft die aktive Mitwirkung der Zellen Untersuchungen über Wasserpflanzen. 8 beim Wassertransport zur Notwendigkeit wird. Daß damit eine durch Correlation bedingte Abnahme der Gefäßbildung in der Phylogenie eintrat, leuchtet ein. Die Behauptung Ludwigs, daß den untergetauchten Pflanzen Spaltöffnungen und Wurzelhaare fehlen, ist längst ad absurdum geführt. Den Spaltöffnungen kommt aber sicherlich unter Wasser keine Bedeutung zu — ausgenommen sie werden in Wasserspalten um- gewandelt. Die Wurzelausbildung hat bis jetzt noch nicht die ge- bührende Beachtung gefunden. Bei allen Pflanzen ist anzunehmen, daß eine gegenseitige Beeinflussung zwischen Sproß und Wurzel existiert, eine dauernde gegenseitige Abhängigkeit besteht. Dieses Verhältnis zwischen Sproß und Wurzel wird unter normalen Bedingungen für jede Art konstant sein, ja für Pflanzen, die unter dem gleichen Einfluß derselben wesentlichen Faktoren stehen, annähernd dasselbe sein. So müßte dieses Verhältnis — sowohl Gewichtsverhältnis wie Flächen- verhältnis — der Hydrophyten verglichen mit dem der Landpflanzen “einen Aufschluß über die Möglichkeit eines Wasserstromes geben. Ich habe einmal für eine Reihe von Pflanzen die Gewichtsquotienten — Verhältnis des Sproßgewichtes zum Wurzelgewicht — bestimmt. Ende Oktober wurden Freilandpflanzen, — je 10 Exemplare von jeder Art — die in der biologischen Abteilung des Münchener Botanischen Garten gewachsen waren, sorgfältig aus der Erde gegraben und ge- waschen. Die Summe der Frischgewichte der Sprosse dividiert durch die Summe der Frischgewichte der Wurzeln ergab: a PPEEESSSSSSAEEEEEENEE ichts- Gewichts- Versuchspflanze He Versuchspflanze quotient Ceratophylium demersum . x Hydrilla verticillata 6 Potamogeton lucena . . . 40 Ranunculus fluitane . 4 Eloden erispa . . . . . 37 Ranunculus aquatilis . . 4 Potamogeton natans . , . al Myriophyllum br. Landform 3 Myriopliyliom brasiliense . 1 Einige krautige Leguminosen 3 Myriophylium apicatum . 7,5 Eichhernia crassipes 15 Die gewonnenen Zahlen zeigen, daß das Verhältnis sowohl bei den submersen wie bei den schwimmblattbildenden Pflanzen im wesent- lichen von dem der Landpflanzen abweicht, die Wurzeln in geringerer Menge vorhanden sind.. Beachten wir weiter die anatomische Struktur, daß nämlich die Oberhaut von Elodea crispa und Potamogeton lucens dünn ist und keine Einlagerung von Hydropotensubstanz besitzt, Ranunculus fluitans, aquatilis und Myriophyllum spicatum dagegen, die einen bedeutend kleineren, dem Normalwert drei sich nähernden Flora, Bd. 114. . 6 83 Wilhelm Riede, Quotienten haben, ganz aus Hydropotenzellen bestehen, so liegt die Vermutung nahe, daß diese metamorphosierten Zellwände die Ausfiuß- stellen des durch die reichlich vorhandenen Wurzeln aufgenommenen Wassers darstellen. Allerdings verfügen diese Pflanzen auch über Scheitelöffnungen. Daß der Gewichtsquotient von Hydrilla, einer Pflanze. ohne Hydropoten, ebenfalls auf einen aufsteigenden Strom hinweist, läßt erkennen, daß die Wasserpflanzen auch ohne besondere Organe durch die dünne Epidermis das Wasser abgeben können. Es gibt eben unendlich viele Lösungen, unendlich viele Möglichkeiten. Die Wasserbewegung wird aber ceteris paribus um so lebhafter sein, je mehr besondere wasserausscheidende Organe entwickelt sind, je größer die Flächen sind, durch die Wasser leicht zu diffundieren vermag. Die verhältnismäßig hohen Werte von Potamogeton lIueens und Elodea erispa berechtigen aber nicht zu, dem Schluß, ‘daß hier die Versorgung mit Nährsalzen allein durch die Blätter bewerkstelligt wird, die Wurzeln funktionslos geworden sind, lassen es jedoch wahrscheinlich erscheinen, daß die Blätter an ‚der Nährstoff- aufnahme mitbeteiligt sind. Ob vielleicht hier nur eine-Alterserscheinung vorliegt und in jüngeren Stadien ein kleinerer Quotient vorhanden ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Die Schwimmpflanze Eichhornia, die aus’ dem‘ nährstoffarmen Medium allein ihre Salze entnimmt, läßt ein Verhältnis kleiner als das der Landpflanzen erkennen. Die Resultate können natürlich nur als vorläufige gelten.. Um genaue Ergebnisse zu erhalten, müßten alle zu den Bestimmungen gewählten Pflanzen unter den für die Gesamtentwicklung günstigsten Bedingungen gewachsen sein. Das ökologische Optimum darf durch keine äußeren Faktoren gestört sein. Weiterhin müßte — abgesehen davon, daß die Bestimmungen in viel größerem Umfange. gemacht werden müßten —. mit dem Trockengewicht operiert und schließlich auch das Gewicht der Aschen- bestandteile berücksichtigt werden. In Ergänzung wäre dann die Bestimmung des Flächenquotienten notwendig. Daß hierbei gewisse Fehlerquellen beachtet werden müssen, ist selbstverständlich. Eine genaue Berechnung der abgabe- bzw. aufnahmefähigen Flächen unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit würde den korrigierten Flächen- quotienten ergeben. Da ich die Berechnung erst bei einigen Pflanzen durchgeführt habe, sehe ich vorläufig von der Publizierung ab. Die endgültige Feststellung dieser Quotienten, die genaue Größenbestimmung des aktiven, d. h. an der Wasseraufnahme beteiligten Wurzelsystems, und des aktiven, d. h. an der Wasserabgahe beteiligten Sproßsystems, würde für die angeschnittene Frage von Wert sein. Aber noch eine ganze Reihe von Fragen ließen sich hier anschließen. Sind die haar- Untersuchungen über Wasserpflanzen. 83 losen Wurzelpartien bei Wasserpflanzen in gewissem Maße zur Endosmose geeignet? Ferner wäre eine vergleichende Untersuchung der Dichte der "Wurzellaare und der Länge dieser Zonen nicht unwesentlich. Hat der Wert des Gewichtsquotienten bei den submersen Formen Ranunculus aquatilis und fluitans gezeigt, daß die Hydropotenzellen wahrscheinlich als wasserausscheidende Zellen zu deuten sind, so kann der Wert von Potamogeton natans nicht als ein dafür sprechender Beweis erachtet: werden. A priori können bei den Schwimmblattformen ja folgende Verhältnisse bestehen: 1. Der normale Wasserstrom, Auf- nahme durch die Wurzel, Abgabe durch die Blätter. 2. Aufnahme durch die Wurzel und alle submersen Teile und Abgabe der an der Luft befindlichen Flächen. 3. Funktionslosigkeit der Wurzeln, Aufnahme durch die submersen und Abgabe durch die an die Atmosphäre grenzenden Flächen. Bei Potamogeton natans, deren Blattunterseite ganz aus Hydropotensubstanz besteht, ist die Wurzel anscheinend nicht imstande, die Transpirationsmenge der Blattoberseite allein zu liefern. Die Pflanze nimmt, wenigstens in älteren Stadien der Entwicklung, mit der Blattunterseite und den Blattstielen Wasser auf. Aus später zu erwähnenden Versuchen geht jedoch hervor, daß die junge Pflanze sich anders verhält, daß dort die Hydropoten normal abscheidende Organe sind. Als Gewichtsquotient an jüngeren Pflanzen stellte ich 10 fest. Schenck, der fand, daß die Reduktion der Gefäße bei Schwimmblatt- formen der bei submersen Formen analog ist, nimmt an, daß die unter- getauchten Flächen die Nährstoffe aufnehmen. Die Frage ist nun dadurch kompliziert, daß verschiedene Organe, die in Beziehung zur - Wasserbewegung stehen, bei derselben Pflanze vorhanden sein können. So treten z. B. Apicalöffnungen und Hydropoten zusammen auf, oder Hydropoten und Hydathoden. Wenn man auch der Ansicht sein kann, daß, ist einmal die Blattunterseite durch Hydathoden oder Apical- öffnungen als wasserabgebende Fläche gekennzeichnet, schwerlich andere Teile zur Aufnahme bestimmt sind, so muß die Entscheidung dieser Frage doch dem Experiment überlassen bleiben. Immerhin ist ein Nebeneinandervorkommen von Organen entgegengesetzter Funktion möglich; es würde die Frage zu einer äußerst komplizierten, ja vielleicht experimentell unlösbaren machen. Ein weiterer Einblick in die Funktion der Hydropoten konnte durch einen anatomischen Vergleich von Wasserformen und Landformen gewonnen werden. Pflanzen von Limnanthemum nymphaeoides wurden auf Land kultiviert; von, den sich entwickeinden Blättern wurden die Unterseiten auf Spaltöffnungen und Hydropoten untersucht. Die Zahlen 6 84 Wilhelm Riede, sind auf dieselbe Fläche bezogen; sie sind das Mittel aus je 25 Zählungen Die Schnitte wurden an entsprechenden Teilen (Mitte des Blattes) aus- geführt, Die Größe der H. ist durch die Anzahl der den Durchmesser bildenden Zellen ausgedrückt. . " Hydropoten Zahl der Limn. nymph. Größe Zahl Spaltöffnungen Blattgröße Schwimmblatt 1 15 _ cm 1. Landblatt 1 15 —_ 6, 2. » 11 12 12 Ay 3, 10 9 24 3% 4. 10 8 32 28 5 5 8 7 37 28 „ 6, 6 6 40 2,7, 10. 5 4 6 60 27 5 2. „ 3 5 100 2,7 5 Der Übergang zum Landleben läßt schon beim zweiten Landblatt, - bei dem die Hydropoten zwar anatomisch noch ziemlich weit entwickelt sind, aber eigentlich schon, da die Einlagerung der Imprägnierungs- substanz nicht erfolgt, ein gänzliches Ausschalten dieser Organe vorliegt, den Ersatz der Hydropoten durch Spaltöffnungen deutlich erkennen. Eine ständige Zunahme der Stomata und eine progressive anatomische Rückbildung der Perrotschen Zeilen gehen Hand: in Hand. Daß gleichzeitig die Wurzelbildung zunimmt — denn das müßte ja eintreten, wenn wasseraufnehmende Organe plötzlich durch wasserabgebende ersetzt würden — konnte ich nicht konstatieren. Es liegt der Schluß nahe, daß Spaltöffnungen und Hydropoten Organe gleicher Funktion sind. Man könnte den Einwand erheben, die Pflanze verringere beim Übergang zam Landleben die transpiriende Fläche und könne deshalb auch ohne sofortige Vermehrung der Wurzeln einen Funktionswechsel der Blatt- unterseite vornehmen. Angenommen, die Blattunterseite nimmt Wasser auf, so ist die Leistungsfähigkeit der Wurzeln nur ganz gering ein- zuschätzen, da die vielen am Blattstiel wie an der Blattunterseite vor- handenen Hydropoten leicht die von der Oberseite transpirierte Wasser- menge ersetzen können. Der bei Landkultur eintretende Funktions- wechsel müßte dann, selbst bei Berücksichtigung der Spreitenreduktion, erhebliche Störungen zur Folge haben. Daß diese Erscheinung der Reduzierung der Hydropoten und der Vermehrung der Spaltöffnungen bei Landkultur eine allgemeine ist, habe ich durch eine große Anzahl von Untersuchungen festgestellt. Erwähnt seien nur Myriophyllum spicatum, Ranunculus aquatilis, die Hydropotenpflanzen par excellence, Untersuchungen über Wasserpflanzen. 85 die auf Sand Sprosse ohne Hydropotensubstanz mit vielen Spaltöffnungen bilden. Potamogeton natans lagert bei Landkultur keine Hydropoten- substanz in die Blattunterseite ein, vermehrt dagegen, wenn auch ver- hältnismäßig gering, die Spaltöffnungen. So lassen sich an Landblättern bis zur Basis hin zerstreut Stomata auf der Unterseite feststellen. Die Jugendblätter dieser Pflanze, die fast spaltöffnungslos, dagegen völlig mit einer aus Hydropotenzellen bestehenden Epidermis bedeckt sind, werden auf dem Land reich an Spaltöffnungen und lassen jede Im- prägnierung der Zellwände vermissen. Meist schon nach dem ersten Jugendblatt treten dann kurzgestielte Spreitenblätter auf, die eine große Anzahl Stomata auf der Unterseite führen. — (Vgl. auch Fig.3, Abb.11—14.) Umgekehrt läßt sich bei Sumpfpflanzen eine Vermehrung der Hydropoten in Wasserkultur herbeiführen. Die Tabelle von Limnan- themum geminatum und lacunosum, Pflanzen mit Luftblättern, sowie von L. Humboldtianum mit Schwimmblättern zeigt, daß bei Berührung mit Wasser eine Abnahme der Spaltöffnungen und eine Zunahme der Hydropoten eintritt. Spaltöffnungen und Hydropoten stehen im um- gekehrten Verhältnis zueinander. Vermehrung der einen Organe bedingt. . Abnahme der anderen. Wie hoch diese indirekte Beweisführung bei den äußerst, verwickelten Lebensvorgängen bewertet werden kann, sei dahingestellt. . Hydropoten | Zahl der Blatt-. Versuchspflanze Bedingung Blattart Große Zahl Onlgen! größe Limn. geminatum .| Landkultur Luftblatt 9 1 50 i4cem ” » Wasserkultur |Subm. Blatt| 30 2 30 3: » lacunosum. ;|) Landkultur Luftblatt 9 1 60 |4,„ ” ” Wasserkultur |Subm. Blatt| 11 2 37 3. „ Humboldianum) Landkultur Luftblatt 5 3 4 |5,„ » » Seichtwasserkulturi Luftblatt 9 4 12 |5,„ » » Tiefwasserkultur |Schwimmblatt| 15 5 —_ )6„ Bei der Feststellung dieser Zahlen wurde wie bei der ersten Tabelle verfahren. Aus den Daten ist der Schluß auf funktionelle Übereinstimmung von Hydropoten und Spaltöffnungen gerechtfertigt. In Luft wird das Wasser in Dampfform durch die Stomata abgegeben, in Wasser in flüssiger Form durch die Zellgruppen mit metamorphosierter Zellwand. Bei Pflanzen ohne Hydropoten und verwandte Organe ist die ganze unter Wasser befindliche Oberfläche zur Wasserabgabe be- fähig. Daß auch an hydropotenlosen Pflanzen bei Landkuitur die Spaltöffnungen vermehrt werden, spricht nicht gegen diese Auffassung. Die dünne submerse Cuticula, die für Wasser besonders gut durchlässig 86 Wilhelm Riede, ist, wird auf dem Land stärker und besondere Organe der Wasserabgabe werden ausgebildet. Daß bei schwimmenden Pflanzen — Eichhornia crassipes, Hydromystria — sowohl auf der Blattoberseite als auch auf der Blattunterseite reichlich Stomata vorhanden sind, läßt auf eine große Ge- schwindigkeit des Wasserstromes schließen, die ja auch infolge der Nährstoffarmut des Wassers notwendig erscheint. Wurzeln später die Pflanzen im Boden, so tritt keine Reduktion, sondern sogar eine geringe Vermehrung der Spaltöffnungen ein — eine Erscheinung, die durch den Sauerstoffmangel im Sumpfboden seine Erklärung findet. Wenn auch diese anatomisch-physiologischen Betrachtungen eine den Landpflanzen analoge Wasserbewegung als möglich erscheinen lassen und eine sekre- torische Tätigkeit der Perrot-Mayrschen Zellen als wahrscheinlich hinstellen, so muß die Entscheidung doch dem Experiment überantwortet, werden. HI. Kulturversuche. Durch Pond und Snell wurden die Beziehungen der Wasser- pflanzen zum Substrat erkannt. Beide stellten die Abhängigkeit der im Boden wurzelnden Pflanzen von dem Nährstoffgehalt des Substrates test. Für mich galt es einerseits unter Berücksichtigung der Hydro- potenfrage diese Resultate für submerse Formen nachzuprüfen, anderer- seits zu untersuchen, ob diese Abhängigkeit auch für Schwimmblatt- formen besteht. Je neun 5 cm lange Sproßspitzen von Myriophylium spieatum und Myr. prismatum wurden in Glasaquarien feils in Erde und über Erde, teils in Sand und über Sand kultiviert. Die Aquarien wurden nebeneinander im Gewächshaus aufgestellt. Nach 4 Wochen wurde der Versuch abgebrochen. Die Versuchsergebnisse sind in der neben- stehenden Tabelle 1 zusammengestellt. Wir sehen aus der Tabelle, daß die in Erde wurzelnden Pflanzen ein ausgiebigeres Wachstum besitzen. Die Hydropotenpflanze ist be- deutend stärker gewachsen als die Pflanze ohne Hydropoten. Es scheint, daß die mit Hydropoten ausgestatteten Pflanzen den anderen gegenüber im Vorteil sind. Die Wasserbewegung ist erleichtert und so ein schnelleres Wachstum ermöglicht. Aber es fällt auf, daß bei der Sand- kultur von M. spicatum das Wurzelwachstum größer ist als bei der Erdekultur. Die Myriophyliumform ohne Hydropoten zeigt hingegen bei der Sandkultur neben der zu erwartenden Abnahme des Sproß- wachstums auch eine Abnahme des Wurzelwachstums. Für dieses ver- schiedene Verhalten der Wurzein muß wohl die Beschaffenheit der Untersuchungen über Wasserpflanzen. 87 Tabelle. j , „| Lange | Nebensprosse |@samt-} Wurzeln Versuchspflanze| Bedingung aan "neo ' Neben sprosses| Zahl | Länge |Sprosses| Zahl nt wurzein I 1 || ERAHNEN [| _ 30 3 25 20 160 2 el | 118 | 10 2 18 1 Myriophylium In Erde 29 4 25 21 200 \ apicatum wurzelnd - 33 7 65 , 19 220 Zahlreich (m. H.) 35.) 8.| 60 | 282 | 8 | 10 28 2 15 393 6 “0 33 3 18 20 200 29. 2 22 12 180 M. sp. LEw 282 45 .| 303 | 585 | 144 1500 Zahlreich 25 2 12 25 375 25 6 17 30 450 Mvrionhrit s| ı| 7 12 | 30 yriophyllum ı7 1 5 15 2 spicatum In Band | 26 | 3 | 18 26 | 320 |Zahlreich (m. H) wurzein 16 316 |170 | 25 | 350 20 2 9 so | 27 | 400 13 3 6 20 320 22 _ —_ 10 150 M. sp. ILS w 170 21 so | 2860 197 2865 Zahlreich 12 3 8 10 40 lila 1 ı 4 Myriophyllum In Erd 8 3 8 8 40 Prismatum n Arde 12 3 10 12 60 | Wenig (0. H.) wurzeind 1 9 5 10 20 12 2 8 98 1 30 10 3 10 75 19 20 13 2 8 9 20 I M. pr. LEw. si! 7 |ıs | 8 | 3120| Wenig — s!ı-|I- 10 15 1137|% iı nn 1 E Myriophylium 8 _ - 5 81 gast Prismatum In Sand 9 _ — 6 25 | keine (0. H) wurzelnd I _ _ 84 6 20 10 ı 7 21 5 15 9 3 8 4 5 11 - _ 3 6 PEN EEE DE DEE BEER KERNE KERNE EEE M. pr. 1.8. w. s | 5 | 2ı | 105 | 47 | 120 |Fastkeine 88 Wilhelm Biede, Epidermis ausschlaggebend sein. Ist die Oberhaut in besonderem Maße für Wasser durchlässig, so findet zunächst eine reichliche Versorgung durch die Oberfläche statt, während das Wurzelwachstum längere Zeit sistiert. Auf Sand wird durch den Mangel an Nährsalzen, vielleicht ist das Fehlen eines einzelnen Elementes Veranlassung, eine Vergröße- rung der aufnehmenden Flächen erforderlich; es tritt an dem Steckling sofort Wurzelbildung ein. Die hydropotenfreien Pflanzen schreiten infolge Erschwerung der Aufnahme durch die Oberfläche sofort zur Wurzelbildung auf Sand und auf Erde. Die Erklärung, die Erde biete der Wurzel von M. spicatum größere Widerstände, hat wohl wenig für sich. Gehen wir jetzt zu den über den Substraten kultivierten Pflanzen über. Da die Tabelle der Frischgewichte für die weitere Besprechung genügt, kann ich- von Einzelheiten absehen. Die Pflanzen waren in um- gestülpten Blumentöpfen verankert. Die Gewichte von je neun Ver- suchspflanzen, deren Sproßläuge zu Beginn 5 cm betrug, nach 4 Wochen sind in der Tabelle 2 niedergelegt. Tabelle 2. Frischgewicht Versuchspflanze | Bedingung ———— ——— | Sproß- Wurzel- Wurzel wachstum | wachstum In Erde 18,95 In Sand 8,70 Myriophylium spicatum {m. H.) Über Erde Über Sand In Erde 48 8 0,1758 + + Myriophylium In Sand 3,65 g 0,06 8 _ _ a + u (0. H. ü ber Erde 381g 0,19 Über Sand 3548 0,13 : + + Daß bei den Kulturen über dem Substrat das Wurzelwachstum intensiver ist, muß auf das geringen Widerstand bietende Medium zurückgeführt werden. Wasser begünstigt fast allgemein bei Wasser- pflanzen das Wurzelwachstum,. Das erleichterte Wurzelwachstum ist auch als Grund für das jetzt proportionale Verhalten von Sproß und Wurzel der Hydropotenpflanzen anzusehen. Über Erde ist wie bei Untersuchungen über Wasserpflanzen. 89 den hydropotenfreien Pflanzen die Zunahme des Sprosses und der Wurzeln größer als über Sand, Zu berücksichtigen ist auch, daß Stiekstoffmangel auf das Wurzelwachstum anregend wirkt, wie durch Benecke bekannt geworden ist. In den Sandkulturen ist Stiekstoff- mangel vorhanden — ebenso, wenn auch in geringerem Maße, bei der Kultur über Erde. Wesentlich ist, daß die Tabelle deutlich die Wichtig- keit der Wurzel für das Gedeihen der Pflanze zeigt. Bei den Wasser- - pflanzen nimmt die Wurzel Nährsalze auf und scheidet Wasser durch die Blätter ab. Daß bei dem Wurzelwachstum der anderen Hydro- potenpflanzen dieselben Eigentümlichkeiten auftreten, sei noch durch die folgenden in der Tabelle 3 aufgeführten Zahlen belegt. Tabelle 3. Länge | Nebensprosse| Wurzeln Frischgewicht Be- des Neben- Versuchspflanze dingung | Haupt- wurzelu m - [sprosses| Zahl |Länge| Zahl | Länge Sproß zei 35 5 30 27 4 25 19 5 2 28 4 E) Ranunculus | In Erde \ . aquatilis |wurzeind| 28 | | | 18 | 3 | 23 |Werie 27 3 20 13 2 15 12 2! 20 205 | ı | 18 | 31 | 180 wenig] 72 g lb,1228 25 14 140 20 5 50 17 8 80 Rai 14 10 i10 Zahl nunculus In Sand - aquatilis |wurzeind| 16 210 | 100 | Teich 15 15 120 13 10 170 18 10 80 21 14 160 159 ss \1010 | Zabi-]5,81 80,799 Auch bei dieser Hydropotenpflanze ist die merkwürdige Erscheinung zu beobachten, daß im nährstoffarmen Medium verstärktes Wurzelwachs- tum erfolgt. Die Hydropoten dienen bei der Erdekultur zuerst als Organe der Nährsalzaufnahme; die Wurzelbildung setzt erst später ein. Bei den Sandpflanzen tritt wegen Mangel an Stoffen oder einem ganz 90 Wilhelm Riede, bestimmten Stoff sofort Wurzelausbildung ein. Denselben Gegensatz zwischen Hydropotenpflanzen und Nichthydropotenpflanzen ersieht man auch aus den Protokollen von Snell (Tabelle 4), Tabelle 4, Erde Sand Versuchspflanze Sproßlänge | Wurzellänge! Sproßlänge | Wurzellänge Elodea canadensis . . . Ranunculus aquatilis . - 458 55,5 Im Gegensatz zu Snell war bei meinen Versuchen mit Ranun- culus fluitans in der Sproßlänge der Sand- und Erdepflanzen ein deut- licher Unterschied wahrzunehmen. Ich halte die Auffassung Snells, daß bei R. fl, eine Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln weniger er- forderlich ist, für nicht ganz richtig, Da auch der Wert des Gewichts- quotienten für ausgiebige Wurzelsaugung spricht, ist anzunehmen, daß zwar die Sprosse im allgemeinen für den Nährsalzbedarf nicht zu sorgen haben, daß aber im Laufe der ontogenetischen Entwicklung ein Funk- tionswechsel der Hyäropoten vor sich gehen kann. — Auf eines möchte ich an dieser Stelle noch hinweisen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß in stark fließendem Wasser die Wurzeln der Wasserpflanzen zahl- reicher und länger sind — die Teleologen sagen: Zur erhöhten Festi- gung. Sie übersehen aber ‘dabei, daß eine einfache Correlations- erscheinung vorliegt. In fließendem Wasser verlängern sich die Sprosse. Die bestehenden Wechselbeziehungen bedingen auch eine Vermehrung der Wurzeln. Diese Erscheinung ist eine allgemeine; sie ist. zugleich ein Beweis dafür, daß die Wurzeln der Wasserpflanzen nicht so neben- sächlich sind, wie sie vielen vorkommen. Vermehrung des Sprosses erfordert vergrößerte Aufnahmefläche. Bei Schwimmblattformen sind Kulturversuche, die darauf ab- zielen, festzustellen, ob die Wurzel eine Rolle bei der Wasserversorgung spielt, meines Wissens noch nicht angestellt worden. Es ist also experi- mentell noch nicht entschieden, ob das von der Blattoberseite verdunstete Wasser von der Wurzel oder von den Blättern oder von beiden geliefert wird. Die Versuche zeigten nun, daß das Gedeihen von den Nährsalzen des Bodens abhängig ist. Die in Erde kultivierten Pflanzen sind den in Sand kultivierten gegenüber im Wachstum bevorzugt. Daß die über Erde gehaltenen Versuchspflanzen nur ein etwas stärkeres Wachstum als die Sandpflanzen erkennen lassen, ist ein «deutlicher Beweis für die Untersuchungen über Wasserpflanzen. 9 funktionelle Bedeutung der Wurzeln. Die Blätter, die ja bei den Kulturen „in Erde“ und „über Erde“ unter den gleichen Bedingungen sind, können mithin für die Aufnahme der Nährsalze nicht wesentlich in Betracht kommen. Sowohl Potamogeton natans, wie Aponogeton Dinteri und distachyus, wie schließlich auch die hydropotenfreien Pflanzen Nuphar luteum und pumilum verhalten sich vollkommen gleich — ein Zeichen, daß die submersen Teile der Schwimmpflanzen trotz anatomischer Verschiedenheit physiologisch gleich zu bewerten sind. Die Tabelle 5 gibt einige der Versuche wieder. Tabelle 5. Entwickelte Blätter nach Versuchs- Be- [Wasser-| 10 Tagen 20 Tagen 30 Tagen Pflanze dingung | tiefe — © m 2 _ ee ı=/ 8 € |3| 8 e |sl&a <ıS5|tISI EI IS) 1 — Aponogeton |In Erde|20cm| 8. |2| 3cm| S. [6,5 cm) S. [1010 cm distachyus |Über „ 120 „ |u.8.|1}2,ju.8/3|15,u.8|42 „ (jüngere |In Sand|20 „ Iu.8.|1ı) 2 ,/w8.|2)1 „Iw$S.13|15,„ Pflanze) |Über,„ |20,/u.8 1!1,|w8Sj2)1 „ u8s|3/15,. —_. Aponogeton |In Erde!20em| 8. 4 12cm| S. |8|13cm| S. |13|12cm distachyus |Über „ |20 „ 8. ]3|10,„ 3814| 9, Ss 58, (ältere |In Sanal20 ,| s 12|o, ss |a\)8„| 8 |al7, Pflanze) jÜber „ 120,.| 8 (2/o,|s Isle,„|s l, S—= Schwimmblatt, u. S. = untergetauchtes Schwimmblatt. Weitere Versuche, bei denen Pflanzen mit und ohne Wurzeln kultiviert wurden, brachten dieselben Resultate. Stets bleibt die der Wurzeln beraubte Pflanze im Wachstum zurück und stellt schließlich die Bildung neuer Organe vollständig ein. Die submersen wie die schwimmblattbildenden Formen verhalten sich gleich. Die Versuche wurden an Aponogeton ulvaceus, distachyus und Dinteri, Myriophyllum spicatum, Cabomba, Elodea crispa und Potamogeton natans mit dem gleichen Ergebnis ausgeführt. Teils wurden die Wurzeln ständig ent- fernt, teils wurde die Knolle eingegipst. Als Beispiel sei aus den Protokollen das Verhalten von Aponogeton ulvaceus, Dinteri und distachyus angeführt. Vgl. die Tabellen 6 und 7. Als Ergänzung hierzu können die Kulturen in Nährlösung dienen. Sneil, der Ranunculus fluitans in Nährlösung kultivierte, kam zu dem Ergebnis, daß die Bedeutung der Wurzeln bei dieser Pflanze für die 3.2 Wilhelm Riede, Tabelle 6. Wasser- Nach 14 Tagen Versuchspflanze tiefe gebildete Blätter Bedingungen Aponogeton Dinteri |ÜberErde| Mit Wurzein | 20 cm 6 Schwimmblätter (drei junge Pflanzen)| „ „ |Ohne „ 20 „ 4 unterget. Schwimmbl. Aponogeton distachyus| Über Erde| Mit Wurzeln | 20 cm 12 Schwimmblätter (drei ältere Pflanzen) „ „ |}Ohne „ 20 „ |6 Schw. u. 1 unterg. Schw. Tabelle 7. Blatt- nach 14 Tagen | länge Wasser- Versuchspflanze Bedingungen Über Erde nn Aponogeton ulvaceus {ältere Pflanze) Mit Wurzel 20 cm |2 Infl., 4 Blätter |20 cm Ohne „ 2, 1,2, |, Nährstoffaufnahme vollkommen zurücktritt. Ich kam bei meinen Ver- suchen zu der Ansicht, daß R. fl. normal die Wurzeln zur Aufnahme benutzt, daß aber in nährstoffreichem Wasser die permeable Oberhaut an der Versorgung beteiligt ist. Deutliche Abhängigkeit des Sproß- .wachstums vom Wurzelwachstum zeigten die Versuche mit Aponogeton ulvaceus. Pflanzen mit Wurzeln in Nährlösung wuchsen rascher als entwurzelte Pflanzen. Schon Snell hat durch Versuche, bei denen Wurzeln und Sprosse unter verschiedenen Bedingungen gehalten wurden, die Bedeutung der Wurzeln für die Stoffaufnahme wahrscheinlich gemacht. Die Versuchsreihen sind jedoch nicht ganz lückenlos. Ich unterwarf, wie aus der Tabelle 8 hervorgeht, die Pflanzen fünf Bedingungen. Sproß und Wurzel befanden sich getrennt in Erlenmayerkölbchen, die im feuchten Raum aufgestellt waren. Verwendet wurde 0,1%, ige Knop- Tabelle 8. Bedingung Versuchspflanze Sproßzuwachs Myriophylium spicatum wu Wasser R (je fünf Pflanzen) Knop Erde 35 Wasser Erde 3 Die Näbrlösung ist 0,1%, Knop. Untersuchungen über Wasserpflanzen. 93 lösung. Daß das Wachstum des Sprosses durch die Umgebung der Wurzel bedingt ist, kann man ohne weiteres erkennen. Die Biftter vermögen nicht die Funktion der Wurzel ganz zu ersetzen. Nährstoff- reiches Wasser beschleunigt nicht das Wachstum, sondern retardiert es. Alle Kulturversuche lassen darauf schließen, daß die Wurzel nicht allein als Haftorgan angesehen werden kann, daß sie vielmehr für die Ernährung der Pflanze von wesentlicher Bedeutung ist. So müssen die Wasserpflanzen einen aufsteigenden Wasserstrom besitzen und die Blätter als wasserausscheidende Organe in Betracht kommen. IIL Versuche verschiedener Art. Pflanzen von Aponogeton distachyus, Limnanthemum nymph., Nuphar luteum und Potamogeton natans wurden in Aquarien kultiviert. Nachdem 14 Tage das Wachstum beobachtet worden war, wurden sämt- liche submersen Teile mit Paraffin bestrichen. Die Blätter blieben turgeszent; die Pflanzen wuchsen, von einer ganz unwesentlichen Beeinträchtigung abgesehen, normal weiter. Angenommen, die Hydro- poten dienten zur Wasseraufnahme, die Wurzeln zur Befestigung im Boden, dann hätten sich Schädigungen der Pflanzen bemerkbar machen müssen; denn geht die Pflanze großer aufnehmender Flächen verlustig, so muß infolge der unverminderten Transpirationsmenge, die durch die Blattoberseite abgegeben wird, Wassermangel eintreten. Die Spalt- öffüungen zeigten normales Verhalten. Daß die Paraffinschicht dicht abschloß, ging daraus hervor, daß Pflanzen, deren mit Paraffin bestrichenen Teile sich in Luft befanden, sich wie die im Wasser befindlichen ver- hielten. Müßten die Wurzeln nicht die Hauptarbeit bei der Wasser- versorgung leisten, so hätten sie die in der Mittagszeit bei direkter Sonnenbestrahlung verdunstete Wassermenge nicht ersetzen können. Bei Potamogeton natans stellte ich die ‚Versuche nur mit jüngeren Pflanzen an. Es ist möglich, daß bei älteren Exemplaren die Blatt- unterseite an der Wasserversorgung mitbeteiligt ist. Das Ergebnis dieser Versuchsreihe muß lauten: Bei den Schwimmblattformen hat in der Regel die Wurzel allein die Funktion der Wasseraufnahme; alle Teile des Sprosses geben Wasser ab. Bei den einen sind alle submersen Flächen befähigt, diese Funktion auszuführen, bei anderen ist eine Differenzierung der Epidermis eingetreten, so daß sich aktive und mehr oder minder passive Stellen unterscheiden lassen. Die Ausscheidungsorgane lassen sich durch folgenden Versuch demonstrieren. Auf den kürzeren Schenkel eines u-förmig gebogenen Rohres mit 1 cm lichter Weite wird ein Kautschukstopfen mit Bohrung, in die der Blattstiel der Versuchs- 94 Wilhelm Riede, pflanze eingepaßt ist, aufgesetzt. Die Schnittfläche des Blattstieles taucht in Wasser. Bei einem Überdruck von 30cm Quecksilber ist bei Aponogeton distachyus und Dinteri, Limnanthenum nymph., Nelumbium eiv Hervorquellen aus den Hydropoten deutlich wahrnehmbar. Daß nicht etwa ein Zerreißen der Oberhaut eintritt, wurde durch mikro- skopische Untersuchung festgestellt. Auch bei geringem Überdruck ist eine Wasserausscheidung auf der Blattunterseite zu bemerken, wenn der Versuch im feuchten Raum ausgeführt wird. Bei den Aponogeton- Arten war nie eine Ausscheidung durch die sogenannte Apicalöffnung zu beobachten. Bei Limnanthemum war sowohl durch die Hydathoden am Blattwand wie durch die Hydropoten auf der Blattfläche Wasser ausgepreßt worden. Wenn Mayr nur Wasserausscheidung durch die Hydathoden erzielte, so ist das auf die Anwendung zu geringen Druckes zurückzuführen. Weitere Versuche wurden mit der Kobaltpapiermethode angestellt. Zur Feststellung von Wasserabgabe ist die besonders von Stahl ausgearbeitete Kobaltmethode in Anwendung. Die Messungen, die in der Tabelle 9 zusammengestellt sind, stellen das Mittel aus Tabelle 9. Rot- | Bot Besondere ana- |tsrbung | färbung Versuchspflanze Standort Blattart |tomische Merkmale er a der Blattunterseite | seite | seite nach } nach 1 | Potamogeton natans . .| Wasser |Schwiminblatt Hydropoten 50° | 40‘ » Land Landblatt Spaltöffnungen 40° | 100° graminens . . ” ” » 60 | M' ‚Aponogeton dist. . . .| Wasser |Schwimmblati Hydropoten 100° | 60° » 2.) Land Landblatt Spaltöff: 500° Limnanthemum trachy- » unsen ” spermum| Wasser |Schwimmblatt| Hydrop., Hydath. | 100° | 60° „ geminatum.. .| Land Landblatt |Spaltöffn, 360° | 420° » Humboldianum| Wasser |Schwimmblatt| Hydrop,, 120° | 60° „ » Sumpf Luftblatt Spalaftı, rn 120° 1 90° “ > Land | Landblatt „ „ 90° | 500 „» nymphasoides.| Wasser |Schwimmblatt| Hydrop, „ 120° | 60° » „ Land Landblatt Spaltöffaungen 60° | 360° Aponogeton ulvaceus . .| Wasser |Submerses Bi. Hydropoten 15° | 15 » +.) Land | Landblatt | Ohne Hydropoten | 600° | 600° Yillaria reniformis . . » Spaltöffnungen 60° | 120° Hydrocleis nymph. . .| Wasser Schwimmblatt| Ohne Hydrop. usw. | 45° | 40° Nuphar pumilum . . . » w » 20 | 70° Nelumbium spec. . . . „ A ” Hydropoten 120' | 180° ” FE » Luftblatt Spaltöffnungen 120° | 800° „ Bone. „ Junges, fast |Hydrop. noch nicht| 60° | 800° eingerolltes entw. Blatt Untersuchungen über ‚Wasserpflanzen. 95 je 20 Bestimmungen dar, die unter annähernd gleichen Temperatur- und Beleuchtungsverhältnissen ausgeführt wurden. Die Zahlen be- weisen, daß die Unterseite der Schwimmblätter unbeachtet ihrer ana- tomischen Differenzierung mehr Wasser abgibt als die Oberseite. Die entsprechenden Landkulturen verhalten sich umgekehrt; bei ihnen kommen die Hydropoten nicht zur Ausbildung, dagegen wird eine stärkere Cnticula angelegt. Die Menge der neu gebildeten Spalt- öffnungen. ist aber im Verhältnis zu der der Oberseite gering. Da das Blatt bei Landkultur kleiner wird, die Spaltöffnungen näher zusammen- rücken, tritt hier die Rotfärbung der Oberseite schneller ein als beim Schwimmblatt. Die physiologische Tätigkeit der submersen Teile ist überall dieselbe, sei es, daß Hydropoten, Hydathoden oder Apical- öffnungen ansgebildet sind, sei es, daß jegliche Differenzierung mangelt. Es liegt der Schluß nahe, daß die in Luft befindlichen Flächen Wasser in Dampfform, die submersen dagegen in liquider Form abgeben. Es hieße jedoch, den Wert dieser Methode für diese Zwecke überschätzen, weitere Erörterungen anzustellen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß die Blattunterseite der Schwimmblätter bei den Messungen sich in ungewöhnlicher Umgebung befindet. Der Einwand, daß bei diesen Versuchen nur von epidermoidaler Transpiration der schwach verdickten Blattunterseite und ihrer besonders durchlässigen Teile, nicht von aktiver Wasserausscheidung gesprochen werden könnte, ist immerhin in gewissem Maße berechtigt. Erwähnt sei noch, daß auch hier die Unwichtigkeit der Apicalöffnung für die Wasserbewegung bei den Aponogetonaceen hervortrat. Die Scheitelöffnung scheint hier nur mit im Alter auftretenden Sekretionserscheinungen im Zusammenhang zu stehen. Das junge Nelumbiumblatf, das noch in der Ausbildung der Hydropoten begriffen ist, gibt, wie die letzte Reihe der Tabelle 9 zeigt, an der Blattunterseite fast kein Wasser ab. Bei Elodea canadensis, Potamogeton densus und Ranuneulus fluitans hat Snell sowohl in abgeschnittenen Sprossen, als auch in bewurzelten Pflanzen, ein Aufsteigen von Ferrocyankaliumlösung, die sich be- kauntlich mit Ferrichlorid als Berlinerblau leicht nachweisen läßt, beob- achtet. Für mich galt es hauptsächlich, die Austrittsstellen des Wassers zu ermitteln. Ich stellte die Versuche mit Myriophyllum spicatum und Elodea erispa an. Tauchte die Wurzel in die Lösung, so war nach einem Tag außer in den Leitungsbahnen an den Spitzen der Blätter eine deutliche Blaufärbung zu erkennen. Wurde der obere Teil in Ferroeyankalium getaucht, so trat keine Abwärtsleitung der Lösung ein. Es besteht also in Wasserpflanzen ein aufsteigender Wasserstrom. Als 96 Wilhelm Riede, Austrittsstellen kommen bei den verwendeten Arten hauptsächlich die an der Spitze befindlichen Organe in Betracht. Durch die Hydropoten fand bei Myriophyllum keine Ausscheidung statt, eben- sowenig durch die normalen Epidermiszellen von Elodea crispa. Es ist aber nicht unmöglich, daß nur aus besonderen Gründen der Nach- weis nicht gelingt. Abgeschnittene Sprosse verhalten sich wie be- wurzelte. Diese seltsame Erscheinung, daß auch bei offener Schnittfläche Farblösungen aufwärts steigen, ist früher von Thoday und Sykes fest- gestellt worden. Daß nach Beseitigung der Wurzel der aufsteigende Wasserstrom erhalten bleibt, läßt sich wohl nur durch aktive Beteiligung der lebenden Zellen des Sprosses erklären. Bei Schwimmblättern gelang es mit Ausnahme von Potamogeton natans überall an den Hydropoten, eine Ausscheidung feststellen. Zu den Versuchen wurden Aponogeton distachyus und Dinteri, Limnanthemum nymph., Nelumbium sp. verwendet. Schwammen die Blätter mit ihrem basalen Teil auf einer Ferroeyankaliumlösung und befanden sie sich „mit dem apiecalen Teil in Luft, so zeigten sich nach der Behandlung mit Ferrichlorid dieke Klumpen von Berlinerblau über den Hydropoten: Weniger stark war der Niederschlag, wenn der obere Teil in feuchter Luft war. Eine geringe, aber doch deutliche Färbung trat ein, wenn die Spitze auf dem Wasser schwamm. Dieselben Resultate wurden erzielt, ob Ferrocyan- kalium durch die Schnittfläche des Blattstieles oder durch die Wurzeln aufgenommen wurde. Die drei Abstufungen waren in allen. Fällen mit gleicher Deutlichkeit zu bemerken, je nachdem das Blatt in Luft, in feuchten Raum oder auf dem Wasser sich befand. Bei den Aponogeton-Arten war eine Blaufärbung der Zellen um die Apiealöffnung nur an älteren Blättern zu beobachten. Bei jüngeren waren in den Tracheiden unter der Epidermis der Spitze Spuren von Berlinerblau zu erkennen. Die mit Eosin, Methylenblau und Fuchsin angestellten Ver- suche führten ebenso wie die Versuche mit Lithiumnitrat, zu keinem ein- wandfreien Ergebnis. IV. Quantitative Versuche. Unger hat mit Potamogeton crispus und Ranunculus fluitans Versuche zur Feststellung der Aufnahme und Ausscheidung von Wasser ausgeführt. Zwei nebeneinander stehende mit Wasser gefüllte Gefäße, die durch eine hufeisenförmig gebogene Röhre verbunden waren, dienten zur Aufnahme von Sproß und Wurzel. Die Vermehrung des Wassers auf der Seite der Blätter wurde an einer Skala abgelesen. Nach 8 Tagen war eine Zunahme von 1,6gr- bzw. 0,8 gr im Blattgefäß Untersuchungen über Wasserpflanzen. 97 eingetreten. Wieler und Straßburger, die sich vergeblich bemühten, die Versuche zu wiederholen, halten die Versuchsanordnung für nicht einwandfrei, bezweifeln jedoch im Prinzip nicht die Behauptungen Ungers. Pfeffer erachtete die Versuche nicht für beweiskräftig, rechnet aber mit der Möglichkeit einer Wasserzirkulation bei Hydro- phyten. Ich experimentierte sowohl mit submersen Pflanzen wie mit Schwimmblattformen. Da die verbrauchten Wassermengen sehr gering sind, suchte ich zunächst einmal durch lebhafte Transpiration der Blatt- stiele den Wasserverbrauch zu steigern und dann. aus der Saugung des Blattes und der Wurzel Schlüsse auf das Verhalten unter normalen Bedingungen zu ziehen. Durch einen Vorversuch wurde die Beteiligung der Organe an der Wasserversorgung in einfacher Weise demonstriert. Die Versuchsgefäße waren teils mit Wasser teils mit einer 1°/,igen Knopnährlösung, die einen schädigenden Einfluß ausübt, angefüllt. Tabelle 10. in Beschaffenheit des Blattstieles Bedingung nach 15 Stunden Versuchspflanze — Wurzei |Matt- | Bart j ; urzel | gtiel alt | Basis Mitte Spitze Aponogeton distachyus |Wasser | Luft | Knop |30 cm _ 20 cm frisch vertrocknet ” » Knop » | Wasser |5 em 25 cm 20 cm frisch | vertrocknet frisch » » Wasser | „ » 20 cm 10 cm 15 em frisch | vertrocknet frisch Die Wurzeln tauchten in einen Glaszylinder, die Blätter schvammen auf einer Schale. Aus der Tabelle 10 ersieht man, daß die Versorgung der stark transpirierenden Stiele zum: größeren Teil von der Wurzel erfolgt. Die Versuche wurden später mit Ferroeyankalium wiederholt. Stets war im unteren Teil das Berlinerblau in einer größeren Strecke nachweisbar als in der oberen. In der Tabelle 11 sind aus der Reihe der quantitativen Versuche einige aufgeführt. In zwei schmale Glaszylinder, die oben durch einen Pappdeckel abgeschlossen waren, wurden Blatt und Wurzel getaucht; der Stiel befindet sich in Luft. Durch Marken wurde die Abnahme in den Gefäßen von 12 zu 12 Stunden bezeichnet. Die Mengen wurden durch Auffüllen der Gefäße mit einem Meßzyliuder bestimmt. Die Temperatur im Gewächshaus, in dem die Experimente aus- geführt werden, schwankte zwischen 18° und 25°. Die starke Abnahme im Wurzelgefäß tritt überall klar zutage. Die Wasseraufnahme der Schwimmblätter, die sich allerdings, da sie in schmalen Glaszylindern untergetaucht waren, unter ungewöhnlichen Bedingungen befanden, ist Flora, Bd. 114 7 98 Wilhelm Riede, Tabelle 11. en Eee nenn Ver- Versuchs- Wurzel- | Blatt- |Kontroll-| Bemer- Versuchspflanze anordnung auchs- gefäß gefäß gefäß kungen dauer I 1 1 1 Aponogeton dist,, . ältere Pflanze .|Stiele in Luft8-24 St— 3icem— 17cem— 6ccm) Aponogeton dist,, ältere Pflanze .|St. I feuchten 36 6 1 0 Gefäße mit um » | 17 » |E ” Ap. ulvaceus, Rappdeckel 12 Blätter . .|Stielein Lufti9-24 „ |—195 „I-110 „!--100 „ || abgedeckt Ap. ulvaceus, 15 Blätter . | 2 nn 14-24, 90 „|— 50 „|— 40, Ap. distachyus, . Gefäß mit 4 Blätter . | 2 nn E24, 20 u 2,j- I. abahtet verhältnismäßig gering. Auch bei den submersen Blättern von A. ulvaceus ist nur eine ganz geringe Wasseraufnahme durch die Blätter erfolgt. So ist erwiesen, daß die Wurzel der Wasserpflanzen vollkommen funktionstüchtig ist. Während bei den bisherigen Experimentaluntersuchungen zur Vergrößerung der Verbrauchsmengen die Pflanzen im Gewächshaus Aufstellung fanden, wurden nun, um genauere Werte zu erhalten, die Versuche unter Verhinderung der Transpiration der Blattstiele und bei konstanter Temperatur vorgenommen. Als Versuchsraum diente der im Keller des botanischen Institutes der Universität München befindliche, nach Norden gelegene Raum, der durch seine besonderen Einrichtungen eine nahezu konstante Temperatur besitzt. Zwei nebeneinander stehende Zylinder dienten zur Aufnahme von Sproß und Wurzel. Die Gefäße, die nicht ganz gefüllt waren, wurden durch eine Plastilinschicht, in deren Mitte sich die Pflanze befand, abgeschlossen. Die Pflanzenteile außer- halb der Gefäße waren in feuchte Tücher eingewickelt; die Temperatur betrug etwa 13° Folgende zahlenmäßige Belege seien mitgeteilt (vgl. Tabelie 12). Von Tag zu Tag war deutlich die Veränderung der Wassermenge zu bemerken. Die Quantität wurde wie bei den vorhergehenden Ver- suchen durch Auffüllen bzw. Abfüllen und Messen der betreffenden Menge festgestellt. Der aufsteigende Wasserstrom muß nach diesen Versuchsergebnissen als sicher gelten. Bemerkenswert ist die verstärkte Aufnahme bei den Wasserkulturen. Daß die Zunahme nicht gleich der Abnahme ist, liegt an der wohl stets unvermeidlichen Unvollkommenkeit der Versuchsanordnung. Auf die Wasserausscheidung des Sproßstückes, das zwischen beiden Gefäßen liegt, ist diese Differenz zurückzuführen. Theoretisch wäre ja in Anbetracht des Wachstums von Sproß und Untersuchungen über Wasserpflanzen. 99 Tabelle 12. Wur- Versuchspflanze Versuchs- Versuchs- |Sproß-| „,;. | Bemer- anordnung dauer gefüß kungen gefäß Myriophylium spicatum .| Wurzel in Erde 4 Tage +3 | —4 |5 Sprosse „» prismatum „un 4,» +21-35 „ Cabomba . . vo... Pr » a 4 5 +3!-5|5 „ Aponogeton ulvaceus . » “in 48 Stunden | +3 | —4 |8 Blätter Myriophylium spicatum .| Wurzel in Wasser 4 Tage +4 | —7 |5 Sprosse „ prismatum un» 4» +3|-5|5 „ Cabomba . . . 2... „on Ay +4|-5|5 „ Wurzel im Sproßgefäß ein höherer Wert zu erwarten; da das Wachs- tum nur sehr gering war, konnte diese Fehlerquelle vernachlässigt werden. Jedoch können immerhin — besonders wegen der nicht. gerade optimalen äußeren Bedingungen — die gewonnenen Werte nur als Annäherungswerte bezeichnet werden. Bei Schwimmblatt- pflanzen war stets eine Abnahme im Wurzelgefäß zu bemerken, während eine Zunahme im Blattgefäß nicht einwandfrei zu erkennen war. Um die Blätter in normaler Lage zu halten, sind größere Schalen erforder- lich, an denen die geringe Zunahme sich kaum bemerkbar macht. Auch vergleichende Messungen der von der Oberseite der Blätter transpirierten Menge und der Quantität der Wurzelsaugung ergaben keine eindeutigen Werte. Eine ganz präzise Versuchsanordnung ist sehr schwer; so scheiterten die beabsichtigten exakten Nachweise durch Wägungen und Messungen an unüberwindlichen technischen Schwierigkeiten. Ein weiterer Versuch wurde mit einer graduierten Röhre von 1 em Durchmesser ausgeführt. Die 30 cm lange, oben geschlossene Röhre wurde zu ?/, mit Wasser gefüllt und eine Sproßspitze von Elodea crispa hineingesteckt. Durch einen Plastilinpfropf war die Röhre nach unten abgeschlossen; sie befand sich in vertikaler Lage über einem Wasserglas, in das die Wurzel tauchte. Nach 24 Stunden war das Wasser in der Röhre um 0,15 cem gestiegen. Bei Myriophyllum spicatum ergab sich, als der obere Teil der Sproßspitze über das Niveau im Versuchsgefäß ragte, eine Zunahme von 0,3 cem, als die ganze Pflanze untertauchte, eine Zunahme von O,l cem in 24 Stunden. Von den weiteren Ergebnissen sind einige in der Tabelle 13 aufgeführt. Eine andere Versuchsanordung, die den Vorzug besitzt, daß die Luft der Atmosphäre zum Wasser im Versuchsbehälter Zutritt hat, und den Blättern eine normale Ausbreitung gestattet, wurde mittels eines in eine dünne Röhre auslaufenden Rohres, das in ein zweites Gefäß eintauchte, getroffen. Der Abschluß der Röhre wurde durch einen 7* 100 Wilhelm Riede, Tabelle 18. Versuchspflänze Myriophyllum spieatum . . x . . . .|'24 Stunden 01 N Were nn..| „ 021 ” 5? 0,29 Elodea erispa . > 2 220002 | 24 » 0,15 Pa 1: Se 027 1 0,41 Gummistopfen und Plastilin berbeigeführt. Später wurde als Wurzel- gefäß eine graduierte Röhre verwendet, so daß Zunahme und Abnahme gleichzeitig gemessen werden. konnte. Auch bei diesen Versuchen wurde dasselbe Ergebnis erzielt. Die Wasserpflanzen besitzen einen den Landpflanzen analogen Wasserstrom. V. Potometerversuche. Um genauere Daten zu erhalten, wurden Messungen mit. dem für die Wasserbewegung eingeführten Apparat, dem Potometer, aus- geführt. Versuchsraum war das Zimmer „Konstante Temperatur hell“ im botanischen Institut der Universität München. Das verwendete Leitungs- wasser war auf Zimmertemperatur gebracht. Die Potometer hatten verschie- dene Konstruktion; sie waren in Anlehnung an die Modelle von Renner mit einigen für die besonderen Zwecke erforderlichen Abänderungen angefertigt. Pot. I: Oben durchbohrter und eingegeschnittener Kaut- schukstopfen für die Versuchspflanze, unten Stopfen mit Doppelbohrung, gebogene Röhre mit Hahn und Trichter, gebogene Röhre mit angeschlossener Kapillare. Pot. II: Wie I, nur unterer Kautschuk- stopfen einfache Durchbohrung, die gebogene Röhre gegabelt mit An- schlüssen für die Kapillare und für den Hahn und Zufuhrtrichter. Pot. III: Oben Doppelbohrung mit Anschlüssen für Zufuhrtricehter und Kapillare, unten Versuchspflanze. Wo nichts Besonderes bemerkt, wurde Pot. I verwendet. An die Kapillare war eine Millimeterskala angeklebt. Als Index diente eine Luftblase. Alle positiven Zahlen der Tabellen bedeuten Zunahme, alle negativen Abnahme im Potometer. Die an- gegebenen Werte bedeuten Millimeter der Kapillare. Bei den ersten Versuchen wurde von Minute zu Minute abgelesen; bei den späteren Versuchen, wo es sich um Pflanzen mit äußerst langsamer Wasserbewegung handelte, von 15 zu 15 Minuten und dann die Minutensaugung bzw. -ausscheidung berechnet. An allen Pflanzenteilen wurden vor Einführung in den Gummistopfen dünne Plastilinringe angebracht. Die kurzen, in Luft befindlichen Sproßteile wurden durch feuchte Tücher vor Tran- Untersuchungen über Wasserpflanzen, 101 spiration geschützt, Im übrigen wurden die für Potometerversuche gegebenen Vorschriften eingehalten. Die Versuchspflanzen wurden in Töpfen herangezogen; vor dem Versuch wurden die Wurzeln vorsichtig durch leichtes Schütteln befreit. Es läßt sich bei der nötigen Sorgfalt leicht bewerkstelligen, daß die Wurzeln unverletzt in das Versuchs- gefäß kommen. Die Wurzel in Zylindern von Potometermaßen heran- zuziehen, stieß aufSchwierigkeiten. Einmal war das Wachstum zu gering, andererseits trat an allen Teilen des Sprosses bald Adventivwurzel- bildung auf. Erst später, als verdunkelte Röhren benutzt, wurden, ge- lang es, gut entwickelte Wurzelsysteme zu erhalten — eine Erfahrung, die jedoch in der vorliegenden Arbeit keine Verwendung mehr finden konnte. 24 Stunden vor dem Versuch wurden die Pflanzen in den Versuchsraum gebracht. Die erste Ablesung wurde eine Stunde nach Einsetzen der Pflanze vorgenommen. Ich kann von den zahlreichen Versuchen nur einige in Form kurzer Protokollauszüge wiedergeben; wenn auch die Vollständigkeit dadurch beeinträchtigt wird, so ist doch die Übersichtlichkeit eher gewährleistet. a) Schwimmblattpflanzen. Versuch 1. Nelumbium speciosum. Junge Pflanze mit dem ersten Schwimmblatt (12 cm Durchmesser). Die Saugung der im Potometer befindlichen Wurzel nach 90 Mi- nuten konstant (5,3). Jetzt wurde das Blatt untergetaucht und die Saugung von Minute zu Minute abgelesen. T=13,1%. Die Wurzelsaugung fällt infolge der Versenkung des Blattes, wie die folgenden Zahlen zeigen. 1’—-10.: —43 —42 —4 39 —37 —34 —35 —34 —29 — 2,8 11-20. —27 —26 —21 28 — 2 25 —23 — 24 22 — 21 21.'—30, 2.0 11 16 —ı1 11 12 —18 —16 —14 —12 31.40, 09 —12 —13 15 -12 —1 2 —18 —12 4.50. —12 —14 —l4 — 11 —09 — 16 —18 — 11 0,8 —09 5L’60.: —12 — LI —18 —i 07-09 —ı1 —1 iu Wr ll 10: —Ll Versuch 2. Nelumbium speciosum. Jugendpflanze mit einem Luftblatt. (Seltene Form.) Dieses erste Blatt 20 em im Durchmesser. Nach 60 Minuten Saugung der Wurzel konstant 20 mm (Blatt in Luft). T=13® Nach der Versenkung: 1-10: -6 —2 —-ı —105 95 —8 93 8 —8 6 1M.20.: — H =% 8 -T -05-56 59 55 4-30: 6 — 55 — 5 4846 39 7 1 — 2,8 31-40. —2 — 18 — 22 — 15 —15 —1 —12 —18 —12 —1L5 4-50. — 17 — 07 — 11 — 05 —08 —03 —0,3 0,4 —05 — 04 31.60. — 07 — 05 — 04 — 02 —04 —08 - 02 —0,3 02 —0,8 70.4: 08 100: —0,3 102 Wilhelm Riede, Wenn auch bei den anderen Versuchen die Unterschiede, die bei dem Vergleich beider Tabellen auffallen, nicht so groß waren, so trat doch stets an der Luftblattpflanze ein schnelleres Abfallen der Saugung und das Sinken der vorher weit größeren Saugung nach einiger Zeit unter die der Schwimmblattpflanze ein. Zeichnet man eine Reihe von Kurven, so erkennt man noch deutlicher die allmähliche, in regelmäßigen Schwingungen erfolgende Abnahme der Schwimmblattpflanze und die etwas schneller abnehmende Saugung der Luftblattpflanze nach der Ver- senkung des Blattes. Es liegt der Schluß nahe, daß das Verhalten der Schwimtblattform auf eine wasserausscheidende Tätigkeit der Hydro- poten zurückzuführen ist. Das Luftblatt besitzt keine Organe der Wasserausscheidung; darum sinkt bei dieser Pflanze die Saugung schneller und ist später geringer als die der anderen Form. Die von derı Schwimmblatt noch nach 100 Minuten ausgeschiedene Menge macht ungefähr den vierten Teil der Gesamtmenge aus. Es ist wahr- scheinlich, daß die Hydropoten auch bei normaler Lage des Blattes Wasser ausscheiden. Renner fand bei Versenkung von Landpflanzen eine langsame Abnahme der Wurzelsaugung. Daß bei der Luftblatt- pflanze von Nelumbium eine schnellere Abnahme erfolgt, hängt sicher- lich mit der anatomischen Struktur der Oberseite zusammen (anderer Bau der Spaltöffnungen usw.), die bei submerser Lage die Wurzel- saugung verhältnismäßig rasch zum Stillstand kommen läßt. Weitere eingehende Untersuchungen sollen über dieses verschiedene Verkalten der typischen Landpflanzen und der mit Luftblättern ausgestatteten Wasserpflanzen Klarheit schaffen. Versuch 3. Limnanthemum Humb. 4 Schwimmblätter. Wurzel im Pot. T=13,1°. Blätter in Luft: —3 —3 3 2,9 3 3 3 Blätter schwimmend (1-10: —29 — 27 — 25 —2 23 —19 —22 — 21 —2 1,9 (11:—20.): — 17 —18 —l7 —15 —14 —13 — 12 —13 —12 —14 @1.-30.): —13 —12 —1l — LI —LI —12 II —IL —i2 —Ll Versenkt (10): —09 —09 —08 —07 —08 —0,7 0,7 —06 —06 — 0,6 Die Regulation der Saugung geht langsam vor sich. Jede Ver- änderung des Sprosses macht sich in der Saugung bemerkbar; durch Vermehrung oder Verminderung der Saugung wird ein allmählicher Ausgleich mit der vergrößerten oder verringerten Transpiration herbei- geführt. Das Gleichgewicht zwischen Wasseraufnahme und Wasser- abgabe stellt sich allmählich her. Die vor Transpiration nicht geschützte Untersuchungen über Wasserpflanzen. 103 Blattunterseite gibt an der Luft das Doppelte der Oberseite ab. Da nach der Versenkung die Ausscheidung durch die Hydropoten fortgeht, erfolgt die Abnahme der Wurzelsaugung sehr langsam. Die Regulation der Saugung bei Übergang von der ersten zur zweiten Phase erfolgt schneller als bei dem Übergang von der zweiten zur dritten. Zum Vergleich herangezogene Landpflanzen dieser Art wiesen in beiden Phasen ein etwas schnelleres Sinken der Wurzelsaugung auf. So ist auch hier trotz des Vorkommens von Hydathoden die sezernierende Tätigkeit der Hydropoten wahrscheinlich. Versuch 4 Nelumbium sp. Jugendpflanze mit einem Schwimm- blatt (12 cm Durchm.). Wurzel i. Pot, T=13,1°. Blatt in Luft: 8 81 85 HI 9 0-12 —92 Nach 10 Min. fast konstant — 9,1. Schwimmend: (1-10): —85 —73 —69 —6 2 —45 —56 —43 —49 —45 —4 120.3: —42 —4 —46 12 A —4 42 —33 —39 —3,7 (21.30. 34 —37 —32 —4 4 31 —33 —32 —35 —3 (80.—84.): —3 3 3 3 3 Versenkt (1'-8.): — 28 —24 —18 —16 —22 —18 —17 —46 22): —16 —15 —18 80.-32.3: —12 —LI —LI (@0.—42.): il —ıil —11 . . Nach 16 Stunden, als die Saugung noch 0,3 betrug, wurde das Biatt wieder in schwimmmende Lage gebracht. Schwimmend (1.—5.): 08 —0,9 11 —1 0,9 ©. 3. <ı7 —-ı6 ir 17 —18 —17 In Inft (5): —28 —27 —3 —28 — 35 Nach der Versenkung zeigte die Pflanze nach weiteren 24 Stunden die Sangung 0,3 mm. Die Regulation bei gesteigerter bzw. unterdrückter Transpiration geht allmählich vor sich. Die Saugung der Schwimmblattpflanze kommt jedoch im Gegensatz zur Landblattform niemals zum Stillstand, so daß eine sekretorische Tätigkeit der Hydropoten als sicher anzunehmen ist. Über die Guttationsgröße der Gesamthydropotenfläche läßt sich, da die Pflanze it untergetauchter Stellung einer allmählichen Schädigung unterliegen muß, nichts Sicheres aussagen; sie steht zur Transpirations- größe der Blattoberseite vielleicht im Verhältnis von 1:4. Versuch 5. Potamogeton natans. 4 Schwimmblätter. Wurzel i. Pot. (II). 15 Minutenablesung; Zahl bedeutet berechnete Minuten- saugung T=13,1°. Schwimmend (1.—-680..): —04 —0,4 — 0,39 — 0,4 In Luft 3: 06 —15 —19 —18 —18 —2 Versenkt (1.—-90.): —15 —13 —12 —Li —09 —07 Nach 2 Std: —0,7. Nach 4 Std: — 0,9. Nach 20 Std.: — 0,3. Nach 48 Std.: — 02. 104 Wilhelm Riede, Versuch 6. Potamogeton natans. 3 Schwimmblätter. Wurzel i. Pot. (III). T=13°. In Laft: — 1,5. Schwimmend:.— 0,4, Versenkt nach 12 Std.: — 0,2, Versuch 7. Potamogeton natans. Jüngere Pflanze. 2 Schwimm- blätter. Blätter i. Pot., Wurzel i. Erde. T=13,2. 1.60: 019 018 02 017 Pot. umgekehrt (1.—60.): 0,18 0,19 0,18 0,18 Diese Versuche zeigen, daß die Wurzelsaugung bei Pot. natans eine verhältnismäßig geringe ist, so daß man Bedenken haben muß, die Wurzel allein als wasseraufnehmendes Organ zu bezeichnen. Ob die Ausscheidung durch die Apicalöffnung und durch die Hydropoten, wie aus den Versuchen 5 und 6 zu schließen ist, auch unter normalen Bedingungen stattfindet, mag immerhin etwas zweifelhaft erscheinen. Daß die in Luft befindliche Unterseite die Saugung um das Vierfache steigert, ist bei der anatomischen Struktur dieser Fläche verständlich. Die Regulation der Saugung bei Erhöhung der Transpiration geht schneller vor sich als bei Herabsetzung der Transpiration. Versuch 7 bestätigt die Ansicht, daß die Hydropoten Ausscheidungsorgane. sind. Die nachträgliche anatomische Untersuchung der beiden beim Versuch verwendeten Blätter zeigte, daß nur eines eine schwach entwickelte Scheitelöffnung besaß, mithin eine Wasserabgabe der Hyudropotenzellen als sicher gelten muß. Daß bei älteren Pflanzen, wenn die Wurzeln verkünmern, ein Funktionswechsel der Hydropoten eintritt, ist möglich. Bei den folgenden Versuchen wurde durch Bestreichen der Blatt- unterseite mit Paraffin eine Ausschaltung dieser Fläche herbeigeführt. Die Wurzelsaugung verringerte sich. Versuch 8 Nelumbium speciosum. Luftblatt. Wurzel i. Pot. T=13,4°, In Luft: —6 —6 —6 Unters. m. P. bestrichen (1.—-6.): —58 —58 —57 —56 —55 —53 Nach 60 Min.: 4, Versuch 9. Nelumbium speciosum. Schwimmblatt. Wurzel i. Pot. T=133°, Schwimmend: —5 —51 5 Unters. m. P. bestrichen (1.—8.): 4,8 4,8 4,3 4 3,9 3,7 35 —38 Nach 60 Min.: — 2,7 " Versuch 10. Potamogeton natans. 3 Schwimmblätter. Wurzel i. Po. T=13,3°. 15 Min.-Ablesung. $. pro Minute. Schwimmend (1-60): —021 —019 —02 —02 Unters. m. P. bestrichen (1.—60.): -—-0,12 —0,09 — 01 — Oli Untersuchungen über Wasserpflanzen. 105 Die Wurzelsaugung ist durch Ausschaltung der Blattunterseite gesunken. Bei der nur mit wenig Spaltöffnungen versehenen Fläche des Luftblattes von Nelumbium ist die Abnahme der Wurzelsaugung gering. Die erhöhte Abnahme bei den Schwimmblattformen läßt sich nur durch die Annahme erklären, daß die Hy«dropoten secernierende Organe sind; denn käme die Unterseite als aufnehmende Fläche in Betracht, so hätte bei Gleichbleiben der abgebenden Fläche und Ver- ringerung der aufnehmenden Fläche eine verstärkte Wurzelsaugung ein- ‚setzen müssen. So ist der Schluß gerechtfertigt, daß die Perrot- Mayrschen Zellen im Dienste der Wasserausscheidung stehen. Ein schädigender Einfluß des Paraffins wurde nieht beobachtet. b) Submerse Pflanzen. 1. Wurzelversuche. Die Ablesungen wurden von 15 zu 15 Minuten vorgenommen und die Minutenwerte errechnet. Versuch 11. Myriophyllum prismatum. Sproßlänge 20 em. Wurzel i. Pot. T=12,8°, Mit Wurzel (1.-80.): —04 -—-0,39 —041 — 0,4 . Wurzel abgeschnitten (1.--180.): — 0,61 0,65 — 0,7 0,5 0,36: — 0,38 04 —0M —02 —021 —021 —02 Versuch 12. Myriophyllum scabratum. Sproßlänge 50 em. Wurzel i. Pot. T= 18°, Mit Wurzel (1L’-80.): —1 098 —0,95 — 11 Wurzel abgeschnitten (1.—60.): —11 —13 —I —09 Pot, umgekehrt (1.'—60.): 1 11 1 0,8 Versuch 13, Myriophyllum prismatum. Sproßlänge 10 cm. Wurzel i.. Pot. T—= 13%. Mit Wurzel (1’—60.): —0,25 —024 -—025 — 0,23 Wurzel abgeschnitten (1.—60.): —0,34 —0,41 —0,39 — 0,37. Über Nacht: — 0,24. 2. Tag (9° 10%): —0,18 — 0,17 —0,15 —0,17. 3.Tag: +0. Versuch 14. Myriophyllum spicatum. Sproßlänge 30 em. Wurzel i, Pot. T—= 12,9% Mit Wurzel (1.—60.): — 0,72 — 0,69 —0,71 — 0,68 Wurzel abgeschnitten (1.—60.): —0,91 — 0,57 — 0,43 — 0,28 Sproß abgeschnitten (1°—80.): +15 +31 2. Sproßversuche. Versuch 15. Myriophyllum prismatum. Sproßlänge i. Pot. 17 cm. Wurzel i. Wasser. T=12,8°. Mit Wurzel (1’—60.): 0 Wurzel abgeschnitten ({’—60.): 0.2 Neue Schnittfläche (1.—30.): 0, 106 Wilhelm Riede, Versuch 16. Myriophyllum spicatum. Sproßlänge i. Pot. 16 em. Wurzel i. Wasser. T= 12,8°. Mit Wurzel (1.—60.): 028 029 0,8 0,29 Wurzel abgeschnitten (1’—60.): 0,28 021 02 022. Nach 15 Std.: --0. Versuch 17. Cabomba. Sproßlänge i. Pot. 20 em. Wurzel i. Wasser. T=13°, Mit Wurzel (1.—60.): 0,831 028 032 0,5 Wurzel abgeschnitten (1.—60.): 0,37° 032 029 0,24 Versuch 18. Elodea crispa. Sproßlänge i. Pot. (II) 10 cm. Wurzel i. Erde. T= 12,8%. 90_10@ a. m.: 009 0,09 0,08 0,09 2%_ 30 pm: 09 Ol 012 0,09 Versuch 19. Cabomba. Sproßlänge i. Pot. 12 em. Wurzel i. ‚ Erde T=13,1°. 8® 9% 4m: 012 013 O1 0,13 100 _900 p, 04 05 01 016 5r_-gr pm: 03 011 014 012 Versuch 20. Myriophyllum spieatum. Sproßlänge i. Pot. (III) 13 cm. Wurzel i. Erde T=13°. 9°—10% a m.: 025 04 026 0,24 Pot. umgekehrt (6 cm des Stieles in Luft, mit feuchten Tüchern umwickelt) 11%—-12% am: 021 022 022 0,19 Diese Versuche machen es zur Gewißheit, daß in Wasserpflanzen ein aufsteigender Wasserstrom besteht. Hervorzuheben ist die schon mit nachweisbaren Farblösungen festgestellte Weitersaugung der ent- wurzelten Pflanze. Der zur Hauptsache im Sproß lokalisierte Blutungs- druck muß demnach die treibende Kraft bei der Wasserbewegung sein. Der Wurzeldruck dient zur Füllung der Gefäße; der Sproßdruck be- sorgt anscheinend alle weiteren Aufgaben. Daß bei Landpflanzen sich Analoga finden, ist ja bekannt. Baranetzky und Pitra haben durch Versuche gezeigt, daß abgeschnittene Stammteile bluten können. Die Frage ist jedoch noch nicht endgültig entschieden. Für Wasserpflanzen ist die Erzeugung des Biutungsdruckes in entwurzelten Pflanzen wohl außer Zweifel. Wie Versuch 19 zeigt, besteht eine Periodizität in der Wasserbewegung (Zunahme bis Mittag, Abnahme bis Mitternacht). Nach Abschneiden der Wurzel schwillt die Saugung an. Durch die Schnitt- fläche wird mehr Wasser aufgenommen als durch die Wurzel. Bald jedoch sinkt die Saugung; die Schnittfläche verstopft sich. Die Wasser- abgabe durch den Sproß nach Entfernung der Wurzel verringert sich Untersuchungen über Wasserpflanzen. 107 langsam. Da also hier nicht eine vermehrte Ausscheidung einsetzt, ist der vorübergehenden Zunahme der Saugung nach Entwurzelung der Pflanze kein besonderer Wert beizumessen. Die Gesamtoberfläche des Sprosses ist mehr oder weniger an der Wasserabgabe beteiligt. 3. Doppelpotometer, Zwei Potometer nach dem System I wurden dicht nebeneinander befestigt. In das eine wurde der Sproß, in das andere die Wurzel eingeführt; das kurze Verbindungsstück wurde vor Transpiration ge- schützt. Versuch 21. Myriophyllum brasiliense. 12 cm Sproß i. Pot., 10 em i. feuchten Raum. T=12,8°. 910% a. m. Wurzel: —026 —025 —025 —027 —023 — 0,25 Spot: 018 019 018 01 018 016 19°_3%° 9, m, Wurzel: —027 —028 —026 —0,27 — 024 — 0,26 Sproß: 02 021 009 97 —019 02 Versuch 22. Myriophylium spicatum. 18 em Sproß i. Pot., 10 em i. feuchten Raum. T—=12,9°, 9°_1015 a, m. Wurzel: — 0,32 —034 —031 —0,33 — 0,32 Sproß: 0,25 0,22 0,24 0,22 0,21 1926 p, m. Wurzel: —0,33 —0,36 —036 -- 0,82 — 034 Sproß: 024 0,25 0,24 0,27 0,25 Versuch 23. Cabomba. 15 cm Sproß i. Pot. 10 cmi. feuchten Raum. T= 12,9°, 810% 3. m. Wurzel: —-0,59 —0,54 —053 —0,56 — 058 — 0,56 Spod: 087 08 0,9 082 093 DM 2% _3% p. m, Wurzel: — 0861 —0,59 —062 —0,62 — 058 Sprod: 085 089 038 04 08 0,87 Die Evidenz für eine den Landpflanzen analoge Wasserbewegung ist durch diese Versuche erbracht. Die Saugung der Wurzel, die Aus- scheidung des Sprosses ist überall zu sehen. Sowohl die Pflanzen mit Hydropoten, wie die mit Apicalöffnungen, wie die ohne besondere Or- gane verhalten sich gleich. Sind dort bestimmte Stellen der Epidermis in besonderem Maße zur Wasserabgabe befähigt, übt hier die Gesamt- Oberfläche diese Funktion aus. Daß ein zweiter Strom (Aufnahme und Abgabe durch Sproßteile) parallel geht, ist unwahrscheinlieb. Der Wasserstrom besitzt eine Tagesperiode mit einem Maximum am Mittag und einem Minimum um Mitternacht. Die Rhythmik der Bewegung ist durch die Periodizität der Außenfaktoren induziert. 108 Wilhelm Riede, Anschließend will ich erwähnen, daß auch Versuche mit einem besonders konstruierten Apparat, einem zusammengesetzten Potometer, angestellt wurden. Ein größeres (30 cm lang, 5 em Durchm.), unten sich verjüngendes Sproßgefäß, in das die Versuchspflanze mittels Plastilin und Gummistopfen eingepaßt ist, taucht in ein etwas kürzeres (15 cm lang, 5 cm Durchm.) Wurzelgefäß. Beide Gefäße sind durch einen dem Wurzelgefäß eingepaßten Stopfen, in dessen Mitte der untere Teil des Sproßgefäßes (2 cm Durchm.) eingefügt ist, miteinander ver- bunden; sie besitzen getrennte Zufuhrtrichter mit Hahn und Kapillaren. Die mit diesem Apparat erzielten Ergebnisse sind dieselben. Versuche mit Lösungen verschiedenen osmotischen Druckes im Sproß- und im Wurzelgefäß sind noch nicht zum Abschluß gekommen. Es ist möglich, daß, um eindeutige Resultate zu erlangen, Verbesserungen des Apparates notwendig werden. c) Zusammenstellung der Potometerversuche und anderes. Damit eine Vorstellung über die Quantität der Wurzelsaugung bzw. der Blattausscheidung möglich ist, gebe ich noch eine Tabelle mit den berechneten Tagessaugungen und füge eine Zusammenstellung bei, die einen Vergleich zwischen der Transpirationsgröße der Landpflanzen, der vereinigten Transpirations- und Guttationsgröße der Schwimmblatt- pflanzen und der Guttationsgröße der submersen Pflanzen gestattet. Das Volumen der Kapillare wurde durch Gewicht einer Quecksilber- säule berechnet — unter der Voraussetzung 1 g Quecksilber — 0,073 796 [1-F 0,000 182 (t—18)}. — — Van =0,005 cem (für h=1 cm). Minutensaugung Tagessaugung Minutensaugung Tagessaugung der Kapillare ın com der Kapillare m com v1 0,072 08 0,576 0,15 0,108 039 0,648 02 0,144 1 0,720 0,25 0,191 2 1,44 03 0215 3 2,15 0,4 0,288 4 2,88 05 0,360 5 3,60 0,6 0.432 0 7,20 07 0,504 20 144 Bei der Berechnung der Tagessaugung wurde die Periodizität nicht berücksichtigt. Da die Versuche nicht unter optimalen Be- dingungen ausgeführt wurden, kann der Wert ja nur ein Annäherungs- wert sein. Untersuchungen über Wasserpflanzen. 109 Vergleichende Saugungen von Land- und Wasserformen. Wurzel- Wesentliche Oberfläche Versuchspflanze saugung| Merkmale der | ——_ proMin| Blattunterseite in Luft |in Wasser Limn. Humb., 2 Schwimmbl. 0,5 |Hydrop. + Hydath.! 40 gem | 60 gem ” v 2 Landbl.. . . 1,4 Spaltöffn. + Hydath.| 40 „ _ Aponogeton ulvaceus, 6 Bl, W. .| 0,27 Hydropoten _ 280 gem ” » 5Bl,L. .| 0,6 | Ohne Hydropoten |180 gem _ Myriophylium brasiliense 30 em W.| 0,5 Apicalöffnung _ 30 cm Spress „ „ _830emSpr.L.| 5,4 Spaltöffnungen | 30 em Spross _ Villarsja reniformis, 2 Schwimmbl.| 0,2 Hydropoten 35 gem | 50 gem ” » 2 Landbl... 0,7 Spaltöffnungen 5 „ _ Nuphar pum., Jugendf., 3 Bl... 0,3 | Ohne. Hydropoten _ 140 gem ” » 3 Schwimmbl. 1,4 „ » 90 gem |135 „ Nelumbium sp, 1 Schwimmbl. . 4,3 Hydropoten 100 „ |140 „ ” „» 1 Luftblatt . 16 Spaltöffnungen |600 „ _ W. = Wasserform, L. = Landform. Bei Berücksichtigung aller gefundenen Werte habe ich berechnet, daß die submerse Pflanze etwa ein Zehntel, die Schwimmblattpflanze etwa ein Sechstel der Landpflanze an Wasser aufnimmt. Die Guttationsgröße der untergetauchten Pflanzen beträgt nur ein Bruchteil der kombinierten Gutta- tions- und Transpirationsgröße der Schwimmblattformen, die selbst wieder der Transpirationsgröße der Landpflanzen bedeutend nachsteht. Bei einem Vergleich mit der von Hales für die Sonnenblume än einem trockenen Tage errechneten Transpirationsgröße (1 gem == 0,094 g in 24 Stunden) würde den Schwimmblattformen etwa der 30. Teil, den submersen Formen etwa der 100. Teil dieses Wertes zukommen. Es ist jedoch hierbei zu berücksichtigen, daß die Transpirationsgröße für Helianthus unter optimalen Bedingungen bestimmt wurde. Bei Nelumbium hat die Luftblattpflanze etwa ein Drittel, die Schwimmblattpflanze ungefähr ein Neuntel des erwähnten Transpirationswertes von Helianthus. Alle diese errechneten Werte sollen nur eine ungefähre Vorstellung vermitteln; sie können, da ja die Sauggröße gleich der Transpirations- bzw. Guttations- größe gesetzt wurde, nur die Bedeutung einer Schätzung beanspruchen. Um einmal die Saugung beim Übergang von der Landform zur Wasserform und bei dem umgekehrten Vorgang zu beobachten, wurden zwei Pflanzen von Myriophyllum brasiliense — eine Landform und eine Wasserform — im Gewächshaus kultiviert. Nachdem die Wurzelsaugung zu Beginn festgestellt war, wurde die Landform versenkt und in einem Glaszylinder unter einem Sturz weiterkultiviert. Nach 6 Tagen waren bereits Wasserblätter angelegt. Die Wasserform wurde im Licht kulti- 110 Wilhelm Riede, viert. Die Spitzen über der Wasseroberfläche befestigt. Bereits am 4. Tage waren Landblätter gebildet. Die Messungen wurden im Poto- meter vorgenommen (Minutensaugung). Bei der Messung war der Sproß der ursprünglichen Landpflanze völlig untergetaucht; bei der Wasserpflanze blieben die bereits gebildeten Landblätter in der Luft. Die Sproßlänge beider Pflanzen betrug 30 cm. —— M. br, Landform | M. br., Wasserform Anfängliche Saugung . . 54 Anfängliche Saugung . . . . - » 0,5 1. Tag nach der Versenkung . + 05 1.Tag . 2.220 nenn 05 nn ri 2. 021 FE 05 6.5 90m Pr ..02 6. ,„ Landblatt gebildet .. . 06 10,4 00» » ..02 110. 2 22er. 10 uno ” OB | nen 17 20. 2» 0» » ..04 |, . 2,6 Durch Hannig ist bereits festgestellt worden, daß auch den Hydrophyten ein osmotisches Gefälle zukommt. Bei Elodea, Cabomba und Isoetes, ebenso bei Victoria regia und Nymphaea — Hannig rechnet sie zu den Helophyten — ist ein Unterschied von durch- schnittlich zwei Atmosphären zwischen Wurzel und Blättern vorhanden. Hannig wundert sich mit Recht über diese Erscheinung bei unter- getauchten Pflanzen, bei denen kein Transpirationsstrom existiert. Wenn auch der Wurzeldruck und der im Sproß lokalisierte Druck theoretisch allein imstande sind, die Wasserversorgung zu regeln, so besteht doch immerhin die Möglichkeit, daß bei den submersen Pflanzen der Mangel der Transpiration durch eine andere Erscheinung ersetzt ist. Ist es nicht möglich, daß außer der Druckkraft noch eine Zug- kraft mitwirkt, als deren Energiequelle Wärme —- erhöhte Eigen- temperatur gegenüber der Umgebung — in Betracht kommt, die einen ständigen Wasserstrom nach außen unterhält? Außer den Versuchen wären aber eingehende physikalisch-theoretische Erörterungen notwendig, um entscheiden zu können, ob dieser durch Oxydationsprozesse er- zeugten Temperaturerhöhung der Pflanze eine wesentliche Bedeutung bei der Wasserbewegung zukommt. Es sollen hier nur einige Temperatur- messungen mitgeteilt werden. In einen nit Wasser gefüllten Erlenmayer- kolben wurden Sprosse der Versuchspflanze getan; der Kolben wurde durch einen Plastilinpfropf, in den ein Thermometer eingefügt war, ab- geschlossen. Die späteren Versuche wurden in schmalen Zylindern an- gestellt; auch in Erde wurzelnde Pflanzen wurden verwendet. Die Ver- suche wurden im Raum „Konstante Temperatur“ ausgeführt. Untersuchungen über Wasserpflanzen, 111 SS 835,520 Temperatur | Temperatur Versuchspflanze Zeit | des Sproß- (des Kontroll-| Zimmer- gefäßes gefäßes temperatur «ge 122° 11,8° 11,8° Elodea canadensis 100% 12,3° 11,8° 11,8° 110 12,30 11,8° 11,9° —_ , 200 13° 12,3° 12,3° Myriophyllum spieatum 30 12,8° 12,3° 12,4° . 400 129° 193° 19,30 ge0 12,5° 12,25° 12,3° Elodea crispa 10% 12,5° 12,35° 12,4° 110 138° 12,4° 12,45° —_— 90 13,0° 12,8° 12,8° Myriophylium spieatum, 1900 130° 12,88 12,8° dunkel 110 13,1° 12,8° 12,9° —— — j 10% 12,856 2,85° ° Elodea crispa, dunkel A 128 ° 108: 2% ° Diese Daten zeigen, daß die Pflanze eine um %/—"/ Grad höhere Temperatur als das Wasser besitzt. Dieser Temperaturunter- schied läßt sich bei Myriophylium auch im Dunkeln nachweisen. Ob diese Differenz groß genug ist, um bei der Wasserbewegung eine Rolle spielen zu können, soll hier nicht erörtert werden. Wahrscheinlich jedoch ist diese durch Wärmeproduktion ermöglichte Wasserabgabe von untergeordneter Bedeutung. Ob dem Wurzeldruck, ob dem Blutungs- druck des Sprosses die Hauptaufgabe bei der Wasserbewegung zufällt oder ob neben diesen treibenden Kräften noch eine saugende Kraft, als deren Quelle die durch Atmung erregte Eigenwärme der Pflanzen gelten kann, in stärkerem Maße mitwirkt, soll durch weitere Unter- suchungen klargestellt werden. Es würde ebenfalls zu weit führen, zu erörtern, inwieweit die Wasserpflanzen die mechanistische bzw. die vita- listische Hypothese des Saftsteigens stätzen. Einer späteren Untersuchung soll es vorbehalten sein, die Kräfte und Energiequellen einwandfrei festzustellen. Schlußbetrachtung. Da die Wasserbewegung kein einfacher physikalischer Vorgang ist, sondern eine sehr komplizierte Lebenserscheinung darstellt, wird sie wohl nie restlos aufgeklärt werden können. Aus allen Ursachen und 112 Wilhelm Riede, Untersuchungen ergibt sich jedoch mit Sicherheit, daß bei den Wasser- pflanzen ein aufsteigender Wasserstrom besteht, daß also in diesem Punkte ein prinzipieller Gegensatz zwischen Land- und Wasserpflanzen nicht vorhanden ist. Die Wurzel dient zur Aufnahme, der Sproß zur Abgabe des Wassers. Zu dem gleichem Resultat kamen Pond und Snell durch Kulturversuche, Unger auf Grund quantitativer Experimente, Das Ergebnis steht ferner im Einklang mit dem Nachweis Hannigs, daß bei den Wasserpflanzen ebenso wie bei den Landpflanzen ein osmotisches Gefälle von den Blättern zu den Wurzeln besteht. Die von Wieler gemachten Beobachtungen des Blutens bei Elodea, Myrio- phyllum, Ceratophyllum und anderen Hydrophyten lassen in der Wasser- versorgung ein den Landpflanzen analoges Verhalten als sicher annehmen. Ebenso spricht auch die Tatsache, daß die Wasserpflanzen, wie Leclerq du Sablon fand, einen sehr hohen Aschengehalt besitzen für die physiologische Bedeutung der Wurzel. Da die Guttationsgröße der Wasserpflanzen weit geringer ist als die Transpirationsgröße der Land- pflanzen, ist es verständlich, daß auch die Ausbildung der Leitungs- bahnen eine geringere ist. Da aber aus den Versuchen auch hervorging, daß die aktive Mitwirkung von Zellen des Sprosses bei dem Saftsteigen eine Rolle spielt, darf der Rückbildung des Leitungsgewebes kein zu großer Wert beigemessen werden. Wo eben die experimentellen Er- gebnisse in Widerspruch mit den anatomischen Befunden stehen, ist anzunehmen, daß die herrschenden Ansichten über die physiologische Bedeutung von bestimmten Geweben bei den Wasserpflanzen nur ein- geschränkte Geltung haben. So spricht wohl fast alles gegen die haupt- sächlich von Schenck, Kohl, Frank, Ludwig vertretene Ansicht, daß bei den submersen Pflanzen die Aufnahme der Nährsalze durch die ganze Oberfläche erfolge, bei den Schwimmblattpflanzen die mit Wasser “ in Berührung stehenden Teile zur Wasseraufnahme bestimmt seien, die Wurzeln in der Hauptsache nur als Haftorgane fungieren. Die Er- gebnisse stehen aber auch in Übereinstimmung mit den anatomischen Untersuchungen von Sauvageau, Weinrowsky und Minden, aus denen Burgerstein den Schluß zieht: „Wie in Landpflanzen existiert auch in submersen Wasserpflanzen ein Transpirationstrom, dessen Abfluß- stellen die Apicalöffnungen der Blätter sind.“ Ich halte es für richtiger, nach der auch von Burgerstein angewendeten, üblichen Terminologie von einem Guttationsstrom zu sprechen. So besitzen im allgemeiuen die Hydrophyten noch den ursprünglichen Modus der Wasserversorgung. Daß einzelne unter ihnen ein abweichendes Verhalten zeigen, darf nicht Verwunderung erregen. In der Ontogenie macht sich bei manchen eine Untersuchungen über Wasserpflanzen. 113 allmähliche Verkümmerung des Wurzelsystems geltend. Bei anderen Pflanzen, für welche die Würzelausbildung in Wasser und wasser- gesättigtem Boden besonders erschwert war, hat sich die Rückbildung der Wasserbahnen schneller vollzogen und ist bereits phylogenetisch fest- gelegt; es ging die Wurzelfunktion auf den Sproß über. Nach Klärung der Wasserbewegung sei nun zur Hydropotenfrage zurückgekehrt. Als Abflußstellen des Wassers kommen Hydathoden, Scheitelöffnungen und die Perrot-Mayrschen Zeilen in Betracht. Bei den Aponogetonaceen spielt die Scheitelöffnung nur eine untergeordnete Rolle. Die Apical- öffnung entsteht stets nach den Hydropoten, meist kurz vor Absterben des Blattes. Man könnte sie deshalb mit den im Alter des Blattes auftretenden Sekretionserscheinungen in Zusammenhang bringen — eine Ansicht, die bereits Strasburger aus anderen Erwägungen heraus als Vermutung ausgesprochen hat. Auch bei Ranunculus aquatilis und fluitans entstehen die Apicalöffnungen später als die Hydropoten. Hin- gegen sind bei anderen Pflanzen, wie Weinrowsky zeigte, schon sehr früh Scheitelöffnungen angelegt, so auch bei der Hydropotenpflanze Myriophyllum spieatum. Es ist anzunehmen, daß bei den einen mehr diese, bei den anderen mehr jene Organe bei der Ausscheidung die Hauptrolle spielen. Bei: Aponogeton ulvaceus kommen nur die Hydro- poten als Ausscheidungsstellen in Frage, da die Scheitelöffnung zu spät entsteht und schließlich auch nicht allein die gesamte Wassermenge abzugeben vermag. Ebenso fungieren die Hydropoten der Schwimm- blätter von Aponogeton Dinteri und distachyus als Sekretionsorgane. Auch wird bei Myriophyllum spicatum der Hydropotenoberfläche Be- teiligung an der Wasserausscheidung zukommen, da die Spitzenöffnung nicht die gesamte Guttationsmenge abgeben, kann. Der jungen Pflanze von Potamogeton natans kommt Wasserausscheidung durch die Hydropoten und durch die Scheitelöffnung zu; im Alter treten walr- scheinlich bei Verkümmerung der Wurzel die submersen Teile in den Dienst der Wasseraufnahme. Ebenso ist es bei der Infloreszenzachse der Aponogetonaceen zweifelhaft, welche Funktion den Hydropoten zu- zusprechen ist. Nach der Befruchtung reiten die Samen im Wasser heran. Die zuerst mit Spaltöffnungen versehene Achse bildet im Wasser Hydropoten; auch die Fruchtschale und das-Kelchblatt nehmen strecken- weise die Veränderung ihrer Zellwände vor. In Luft vermag (lie Infloreszenz ihre Samen nicht zu reifen. Ist da die vergrößerte Transpiration oder die unterbundene Wasseraufnahme als Ursache an- zusehen? Auf Grund von Versuchsergebnissen mit Infloreszenzen, die vor Transpiration geschützt waren, halte ich die erste Ansicht für richtig. Flora, Bd. 114. 8 114 Wilhelm Riede, Daß die Hydropoten als wasserausscheidende Organe zu betrachten sind, schließt natürlich nicht aus, daß sich einzelne Fälle nachweisen lassen, in denen ein Funktionswechsel dieser Organe stattgefunden hat. Weist die Epidermis keine Differenzierung auf, so ist sie in ihrer ganzen Ausdehnung zur Ausscheidung befähigt. Die Möglichkeit, daß bei Wasser- pflanzen mit Apicalöffnung außer der Wurzel auch die Epidermis oder Teile derselben an der Wasseraufnahme beteiligt sind, ist meines Er- achtens zu verneinen. Daß es Hydrophyten gibt, die in späteren Stadien einen wohlentwickelten Sproß, dagegen ein in der Entwicklung zurückgebliebenes Wurzelsystem besitzen, ist bekannt. Diese verschaffen sich wie Ceratophyllum demersum ihre Nährsalze aus dem Wasser — gleichgültig, ob die Epidermis mit Hydropotensubstanz imprägniert ist oder nicht. Bei den Pflanzen mit Schwimmblättern ist der Wasserstrom analog. Nur die Wurzel nimmt Wasser auf. Sämtliche Teile oder be- stimmte Organe der submersen Oberfläche scheiden Wasser in flüssiger Form, die mit Luft in Berührung stehenden Flächen in Dampfform ab. Die Hydropoten sind wie die Hydathoden und Apicalöffnungen Organe der Wasserausscheidung. Wenn Mayr seine Ansicht, daß die Hydropoten Aufnahmeorgane sind, durch die stets zu beobachtende Reduktion dieser Zellgruppen über Wasser zu stützen versucht, so kann ich dem nicht beistimmen. Ich habe gezeigt, daß die Hydropoten an Luftspreiten durch Spalt- öffnungen ersetzt werden, also ein Schluß auf Analogie beider Organe Berechtigung hat. Nach Mayr spricht außerdem gegen die Ausscheidung der Mangel jeglicher Sekrete bzw. Exkrete. Bei den typischen Sumpf- pflanzen, Limnanthenum lacunosum, geminatum und Villarsia reniformis beobachtete ich, besonders bei Unterwasserkulturen, in einigen, oft kreisförmig angeordneten Zellen der Hydropoten Sekrete; ebenso kann man bei Aponogeton fenestralis Sekrete in den Hydropotenzellen wahr- nehmen. Die Organe sind also dem Sekretions-, nicht dem Absorptions- system unterzuordnen. Daß die an Luftblättern auftretenden Hydropoten dazu bestimmt seien, „aus Regen und Tau oder bei eingetretener Über- schwemmung direkt Wasser und gelöste Salze aufzunehmen“, leuchtet mir nicht ein. Gerade bei Überschwemmung wären die Hydropoten die einzigen Organe, mit denen die Pflanze noch ihre Wasserzirkulation aufrecht erhalten könnte — nach Ausschaltung der Spaltöffnungen die einzigen abgabefähigen Organe. Wenn schließlich Mayr als stärksten Beweis für die aufnehmende Fähigkeit das wurzellose Ceratophyllum anführt, das ganz mit Hydropotenzellen bedeckt ist, so scheint mir das nicht besonders glücklich; denn die Annahme, daß Ceratophyllum einst, Untersuchungen über Wasserpflanzen. 115 als es noch Wurzeln besaß, die Hydropoten zur Wasseraufnahme be- nutzte und darum die Wurzeln langsam rückbilden konnte, kann sich wohl auf keine Tatsache stützen. Myriophyllum spieatum, das die gleichen anatomischen Merkmale besitzt, hat ein gut entwickeltes Wurzelsystem. Die Struktur und chemische Beschaffenheit der Perrot-Mayrschen Zellen jäßt a priori beide Funktioneu zu. Auf Grund meiner Versuche Fig. 3. —5, Blütenentwicklung von Elodea crispa. P, — Erstes Vorblatt, 7, = zweites Vorblatt, S> — Sproß, 37 = Blüte. 6-10 Blütenentwicklung von Elodea densa. Y’= Sproßvegetationspunkt, 7. = Infloreszenzvegetationspunkt, 32. — Blüte, Sp. = Spathablatt, X = Kelch, ? = Perigonblatt, 7°= Traghlatt, Z = Laubblatt. In 9 und ro bedeuten die Zahlen 1, 2, 3 die aufeinanderfolgenden Blüten. 22—14, Villarsia reniformes, Epidermis der Blattunterseite. 7’ Rudimentäre Hydropote eines Landblattes. r2 Spaltöffnungsreiche Epidermis eines Landblattes. 13 Hydro- pote eines Schwimmblattes. 14 Spaltöffnungsarme Epidermis eines Schwimmblattes. 15 Hydropotenzellen der Blattunterseite von Ap. fenestralis nach Schwefelsäure- behandlung. :6 Hydropoten von der Innenseite eines Fensters gerade nach Beginn der Gitterbildung (Ap. fenestr.). 7 Junge Infloreszenz von Ap- distachyus, die beiden Spathablätter und den in zwei Teile gespaltenen Vegetationskegel zeigend. 8 Stellungsverhältnisse am Vegetationspunkt einer Jugendpflanze von Ap. Dinteri. Das 1. Blatt läßt die erste Anlage des Anbangsorganes erkennen. :9 Ap. Dinteri. Jugendblatt mit Anhangsorgan. Mi 116 Wilhelm Riede, muß ich jedoch die Deutung der Organe als „Wassertrinker‘ ablehnen. Der Mayrsche Ausdruck ist, da er mit Tatsachen nicht in Einklang steht, fallen zu lassen. Die Bezeichnungen Hydathoden oder Wasserdrüsen charakterisieren diese mit metamorphosierter Zellwand ausgestatteten Epidermiszellen nicht treffend, sind auch schon für andere Organe in Gebrauch. Ich halte es für besser, diese Zellgruppen nicht in Rück- sieht auf ihre Funktion, sondern ihre Entstehung zu benennen. Dab diese nur bei Wasser- und Sumpfpflanzen auftretenden Organe eine Anpassung an das Wasserleben darstellen, ist ja sicher. Die Um- gestaltung bestimmter Zelien der Oberhaut ist auf den Einfluß des Wassers zurückzuführen; es liegt eine Hydromorphose vor. Man könnte also nach der Natur des bewirkenden Faktors von hydromorphen oder hydatogenen Zellen sprechen und die charakteristischen Zellgrappen als hydromorphe oder hydatogene Organe bezeichnen. Literatur. Baranetzky, Untersuchungen über die Periodizität des Blutens. ... Abh. d. Naturf. Ges. zu Halle, Bd. XIII, 1873. 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Rat Prof. Dr. Karl von Goebel, dem ich die Anregung zu dieser Arbeit verdanke, möchte ich an dieser Stelle für die Über- lassung des Versuchsmaterials und der reichen Hilfsmittel des neuen Institutes wie für die stets gewährte Unterstützung meinen ergebensten Dank aussprechen. Daß die Arbeit in manchen Teilen die vielleicht erwünschte Ausführlichkeit vermissen läßt, daß Abbildungen fast ganz fehlen, ist durch die Zeitumstände bedingt. München, 24. Dezember 1919. Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen monokotyler Sprosse. Von Maria Buchholz. Mit 12 Abbildungen im Text. Einleitung. Das Vorkommen interkalarer Wachstumszonen in den Blättern und Stengeln verschiedenster Pflanzenfamilien ist schon seit Jahren bekannt. Ein typisches Beispiel für die Tatsache, daß zwischen fertiges Gewebe eine Zone eingeschaltet erscheint, die weich und in lebhaftem Wachstum begriffen ist, bieten die Halme der Gramineen, bei denen eine solche Zone an der Basis der Internodien auftritt. Die fertigen Gewebe des Stengels sind an dieser Stelle gewissermaßen unterbrochen, da sie hier noch in Entwicklung sind. Nun ist es aber für die Lebens- tätigkeit der Pflanze von allergrößter Wichtigkeit, daß der Stofftransport durch diese Zone in ausreichender Weise vor sich gehe. Besonders gilt das für die Wasserversorgung. Nicht selten finden sich oberhalb der Wachstumzone noch große transpirierende Flächen, die eine an- sehnliche Wassermenge beanspruchen (Pfeffer 1914, II, pag. 14). Es fragt sich: wie steht es mit der Ausbildung der wasserleitende» Elemente in den interkalaren Wachstumszonen? Wie sieht also hier der Gefäß- teil des Leitbündels aus? In welcher Weise erfolgt der Anschluß der unfertigen an die fertigen Elemente? Bestehen etwa besondere ana- tomische Einrichtungen im Zusammenhang mit lem interkalaren Wachs- tum und der Wasserleitung? Wie werden die — wie man annehmen sollte — durch das Wachstum zerrissenen und gedehnten Gefäße ersetzt? Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Lösung dieser Fragen liefern. Es war zuerst beabsichtigt, die Untersuchungen über Mono- und Dikotyle zu erstrecken; aber die Behandlung der Mono- kotylen förderte schon soviel Material zutage, daß ich mich bei der Untersuchung der Wasserleitungsbahnen auf sie und auf Equisetun beschränkte, - 120 Maria Buchholz, I. Teil. Das interkalare Wachstum. Gleich zu Beginn meiner Untersuchungen zeigte sich, daß zu- nächst die Vorgänge des interkalaren Wachstums als solche genau ver- folgt werden mußten, um eine sichere Grundlage für die weiteren Studien zu gewinnen. Ehe ich daher zur Besprechung der Wasser- bahnen in interkalaren Wachstumszonen übergelhe, wird es zweckmäßig sein, zuerst zu erörtern: 1. was über interkalares Wachstum bekannt ist, 2. wie man eine interkalare Vegetationszone äußerlich erkennen kann, 3. bei welchen Monokotylen eine solche vorkommt. 1. Literaturübersicht. Soweit ich gesehen habe, ist die Tatsache des interkalaren Wachstums zuerst rei den Gramineen, und zwar von Chr. F. Meyer (1808, pag. 213, zit. nachMünter 1841) beschrieben worden. „Die Stengeltriebe der Grasarten .. . verlängern sich „vorzüglich an den über den Knoten befindlichen Teilen.“ Moldenhawer (1812, pag. 6 und 185). betrachtete die Zone über den Knoten bei Zea Mays als Wachs- tumsstreifen. Daß die Internodien vorzüglich an ihrem unteren Ende zunehmen, konnte Cassini (1821, pag. 173) für die Gramineen bestätigen. An Narzissen- stengeln hat E. Meyer (1832, pag. 454) Wachstumsmessungen angestellt und fand in den unteren Teilen der Internodien eine intensivere Streckung und längere Streckungsdauer als in den oberen. Viele Forscher hielten damals das nach oben abklingende Wachstum für den allgemein gültigen Modus. Erstreckten sich doch die Beobachtungen zufälligerweise fast nur auf typisch interkalar wachsende Pflanzen! Den Niederschlag dieser Auffassung finden wir in dem Lehrbuch von Bischoff (1836, II, pag. 350). Andere Beobachtungen führten zu einem entgegen- gesetzten Resultat, das gleichfalls verallgemeinert wurde (Meyen 1838, pag. 350; Schleiden 1839, pag. 217). Münter (1841, pag. 209) unterzog als erster diese Fragen einer kritischen Untersuchung. Bei seinen Messungen stellte er u. a. das bedeutende basale Wachstum der Blätter von Hyazinthus und Crocus fest. Zur Definition des interkalaren Wachstums schritt dann Grisebach (1843, pag. 277). Von ihm stammt der Ausdruck: „Incrementum interealare.“ Durch Anbringen von Marken auf wachsende Internodien und nachfolgende Messungen ermittelte er, daß bei einer Reihe von Pflanzen zwischen dem Knoten und der untersten Marke nach einiger Zeit ein Stück eingeschaltet war, während sich der Abstand der übrigen Marken gar nicht oder nur unwesentlich geändert hatte. Aber nur, wenn das ein- geschaltete Stück länger war als der Abstand zweier Teilungsstriche der Skala, nahm er eigentliches interkalares Wachstum an (pag. 279. Er beschränkte sich nicht auf die bloße Feststellung einer solchen lokalisierten Wachstumszone, sondern suchte auf anatomischem Wege zu entscheiden, ob hier embryonales oder Streckungs- wachstum vorläge. Durch Vergleichen der Zellängen auf Longitudinalschnitten aus verschiedenen Zonen kam er zu dem Ergebnis, daß bei dem eigentlichen inter- kalaren Wachstum eine Zellvermehrung stattfinden müsse. Wenn nämlich das inter- kalare Wachstum nur auf Streckung beruhe, so müsse an der wachsenden Stelle Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 12i eine Schicht wenig hoher Zellen zu finden sein. Das konnte er bei Astrantia major nicht feststellen (1843, pag. 271); doch fand er bei den Rindenzellen der Gramineen Dimensionsunterschiede im Verhältnis 1:2 und 1:3 (pag. 273). Wie ich durch eigene Wachstumsmessungen feststellte, liegt aber bei Astrantia tmajor überhaupt kein interkalares Wachstum vor, sondern ein gleichmäßig über den Stengel verteiltes. Daher kann es nicht wundernehmen, wenn die Zellen gleiche Dimensionen haben. Würden wir doch im Gegenteil bei Vorhandensein eines echten interkalaren Vegetationspunktes erwarten, daß dort die entstehenden Zellen noch klein sind und sich später strecken, Im Anschluß an seine mikrometrischen Messungen an Gramineen sieht sich Grisebach aber genötigt anzunehmen, daß Neubildung von Zellen nicht die einzige Ursache des interkalaren Wachstums einer Pflanze sein könne. Spezialuntersuchungen müssen das entscheiden. Andererseits sei zur völligen Erschöpfung der Frage auch der Nachweis der Entstehung neuer Zellen in der interkalaren Zone erforderlich. Im übrigen legt Grisebach seinen Beobachtungen an Astrantia major das Hauptgewicht bei, um so mehr, als er bei Dianthus plumarius bestätigt fand, daß die interkalare Zone aus embryonalem Gewebe hestand und daß die Markzellen in der unteren und oberen Zone gleich groß waren (pag. 290). Er definiert demnach: „Interkalares Wachstum ist weiter nichts als das Produkt eirfer Zellen erzeugenden Zylinderscheibe, deren Achsenhöhe geringer ist, als der Abstand zweier Teilungs- striche“ (1848, pag. 277). Die Objekte, für die er interkalares Wachstum kon- statierte, waren: Astrantia major, Sonchus oleraceus, Dianthus plumarius, Polygonum orientale, Phalaris canariensis. Die beiden ersten Objekte haben sich bei meinen Messungen als nicht interkalar wachsend herausgestellt. Ich glaubte mich berechtigt, die Anschauung Grisebachs etwas eingehen- der darzustellen, da unsere Kenntnis vom interkalaren Wachstum auf seinen Arbeiten basiert. Im folgenden werde ich mich kürzer fassen. Den interkalaren Vegetationspunkt der Blätter, besonders der Blattscheiden . der Umbelliferen (Astrantia) und der Gramineen (Phalaris, Hordeum hexastichon) entdeckte und beschrieb Grisebach ein Jahr später (1844, pag. 134). Hofmeister (1868, pag. 420) hat Grisebachs Resultate ergänzt. „Die längsten im Pflanzenreich vorkommenden Stengelglieder erhalten ihre gewaltige Länge durch interkalares Wachstum. Das Internodium unter der Infloreszenz der Gräser ist bei Molinia caerulea bei Aufhören der in allen Querabschnitten gleich- mäßigen Streckung und Zelivermehrung 1,3 mm lang. Weiterhin wächst seine Tänge bis auf das Tausendfache; eine Zunahme, von der nur ein Hundertstel etwa auf die letzte Dehnung der Zellwände, die anderen 99 Hundertstel auf interkalares Wachstum kommen. Das betreffende Stengeiglied wird bei Gynerium argenteum bis 2 m, bei der (westindischen) Arundinaria Schomburgkii Bennett bis 16 Fuß klang.“ ü Während sich Hofmeister im übrigen bezüglich seiner Auffassung über das interkalere Wachstum ganz an Grisebach anlehnt, will Askenasy (1881, pag. 38) dieses als besonderen Wachstumstypus nicht gelten lassen, da en allmählich in das zentripetale und zentrifugale Wachstum übergehe. Diese Auffassung. ist ebenso einseitig wie die Grisebachs, der das Streckungswachstum bei seiner Definition ausschaltete. Wir werden später hören, daß es eben verschiedene Typen des interkalaren Wachstums gibt. 122 Maria Buchholz, Bei Sachs (1874, pag. 788) finde ich unter den interkalar wachsenden Pflanzen zum ersten Male die Schachtelhalme angeführt. Besonders verweist er auf Equisetum hiemale, dessen „Indernodien Jahr für Jahr von unten her aus der älteren Blattscheide um ein Stück hinausgeschoben werden“, Er hat — speziell im Hinblick auf die Monokotylen — den Begriff der interkalaren Vegetationszone dahin herausgearbeitet, daß dort das Gewebe seinen embryonalen Charakter mehr oder weniger beibehält und die erzeugten Zeilen nach und nach in den Zustand der Streckung und definitiven Ausbildung übergehen, eine Auffassung, die auch heute noch allgemein gilt (Pfeffer 1904, II, pag. 4, 14; Jost 1913, pag. 379; Rothert 1914, pag. 1154; Haberlandt 1918, pag. 68; Bonner Lehrbuch 1919, pag. 39, 75). Für den Schaft der Hyazinthe fand Bennet (1876, pag. 743), daß er sich im unteren Teile um 765,5°/,, in den folgenden um 150°, und im oberen um 228%, verlängert. Überhaupt ist für viele Blütenschäfte und die langgestreckten Blätter der Monokotylen bekannt, daß sie intensiv an der Basis wachsen (Stebler 1878 für Allium cepa). Bei Cannaceen kann die eingeschaltete Strecke eine Länge von 80 mm er- reichen (Pfeffer 1904, pag. 11). Die Blattscheiden von Isoötes und der Gräser gehen nach Goebel (1883, pag. 179, 214 ff.) aus schmalen Querzonen durch interkalares Wachstum hervor. Hier sei auch Welwitschia mirabilis erwähnt. Die meristematische Basis der beiden Blätter erscheint in den Stamm eingesenkt. Diese interkalare Zone muß jahrelang tätig sein, die Blätter wachsen langsam und nur vom Grunde aus (Hooker 1864, pag. 18). Gleichwohl erreichen sie eine gewaltige Länge. Dem interkalaren Wachstum hat van Burkom (1913, pag. 167) ein be- sonderes Kapitel in seiner Arbeit gewidmet. Seine Messungen erstrecken sich auf Equisetum limosum, Tradescantia repens und ’Commelina nudiflora. Bei Equisetum war die wachsende Zone an allen Indernodien des Stengels im Maximum nur 2 mm lang (Tabelle pag. 66 u. 67), bei Tradescantia zu Beginn des Wachstums 4—5 mm (pag. 144) 9). Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß van Tieghem (1891, pag. 777) dem „terminalen“ Wachstum in der Sproßspitze ganz allgemein das „interkalare“ innerhalb der Internodien gegenüberstellt, gleichgültig ob eine inter- kalare Wachstumszone im engeren Sinne vorliegt oder nicht. Die Zuwachstätigkeit einer solchen Zone beruht — wie man Grund hat an- zunehmen — wohl in der Mehrzahl der Fälle auf dem Vorhandensein eines inter- kalaren Vegetationspunktes. Zwischen dem embryonalen und dem anschließenden Streckungswachstum läßt sich aber naturgemäß keine sichere Grenze ziehen. Wir sagen daher: Eine interkalare Wachstumszone liegt da vor, wo eine in Dauergewebe eingeschaltete kurze Strecke längere Zeit ihr Wachstum behält. Das Vorhandensein von Zellteilungen wäre in exakter Weise durch das Studium der Kerne zu ermitteln, ein Punkt, den ich bisher leider nicht verfolgen konnte, So interessant die Entscheidung dieser Frage an sich ist, hat sie für mein 1) Das interkalare Wachstum der Internodien wird von ihm dahin charak- terisiert, daß zunächst das ganze Internodium wächst, das Wachstumsmaximum aber bald an seine Basis verlegt wird, während der Rest nicht mehr wächst (pag. 183). Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw, 123 eigentliches Thema nur wenig Bedeutung, da auch im Streckungszustande die Aus- bildung der Gewebe noch nicht vollendet ist. 2. Äußere Merkmale der interkalaren Zone, Schon äußerlich sind die interkalaren Wachstumszonen hauptsächlich nach zwei Richtungen hin kenntlich: 1. Die Zone ist weich, chlorophylifrei und zum Schutz mit einer Blatt- scheide umgeben oder bei vielen Blättern und Blütenschäften von einer Zwiebel umhüllt. 2. Es liegt eine lokalisierte Verdickung des Stengels an dieser Stelle vor. Beide Fälle können auch kombiniert sein. Der orste Modus findet sich bei Gramineen, Cyperaceen, Equiseten, Seita- mineen u.a. Bei Cyperus Papyrus machte ich die Beobachturig, daß sich der weiße, weiche Teil des Stengels in Alkohol eingelegt tief dunkelbraun färbte. Die Inten- sität der Färbung nahm mit dem Übergang zum fertigen Gewebe ab. Die chloro- phyliführenden Partien erschienen nicht verändert. Bei Cyperus Papyrus liegt die Zone unnittelbar über dem Rhizom und ist von einer mehrfachen Hülle von Scheiden umgeben — wie auch bei anderen Cyperus-Arten. Die mechanische Be- deutung der Scheiden für die interkalare Wachstumszone hat bekanntlich Schwen- dener (1874, pag. 94) besonders hervorgehoben. Die Scheide bietet ferner den Pflanzen einen hervorragenden Schutz gegen Insekten, die, wie ich feststellte, bei freigelegten Internodien trotz eines Verbandes nur zu leicht die jungen Gewebe überfielen. Ebenfalls aus mechanischen Gründen findet bei manchen interkalar wachsen- den Internodien eine Verdiekung nach unten hin statt, so daß das Internodium Kegelform erhält (bei Tradescantia erecta nach Schwendener 1874, pag. 9). Eine solche Verdickung kann aber auch oberhalb der Knoten (Tradescantia) lokali- siert sein [oder bei Dikotylen auch unterhallı der Knoten (Galeopsis Tetrabit), ja sogar in der Mitte der Internodien (Salvia elegans, Pilea spec. Raciborski 1914, Pag. 356ff.)]. Diese Stelle kann sodann als „Gelenk“ funktionieren. Zur Ver- meidung von Umschreibungen und Unklarheiten erscheint es mir zweckmäßig, beide Bezeichnungen „Knoten“ und „Gelenk“ konsequent zu gebrauchen und auseinander zu halten, wie das Lehmann (1906, pag. 7) für die Gräser betont hat. Der ver- dickte Teil des Stengels soll also als „Gelenk“, die Einfügungsebene der Blätter als „Knoten“ bezeichnet werden. Liegen doch auch in den Wachstumsverhältnissen wesentliche Unterschiede vor. Während die Knoten nur geringes Längenwachstum zeigen, sind umgekehrt die Gelenke — als interkalare Zonen — durch wachstums- fähiges Gewebe ausgezeichnet. Die Wachstumstätigkeit wird, soweit sich das makro- metrisch feststellen läßt, eingestellt, nicht immer aber die Wachstumsfähigkeit, da bekanntlich viele Gelenke auf Riehtungsreize mit Wachstum antworten. Wie sich dabei die Wasserbahnen verhalten, ist eine noch zu klärende Frage. 3. Messungen. Das Fehlen genauer Angaben über die Verteilung dea interkalaren Wachs- tums erklärt sich bei vielen Monokotylen aus der Schwierigkeit der Messungen. Bei Gramineen, Cyperaceen, Seitamineen muß man wenigstens teilweise die Scheiden entfernen, um an das Internodium zu gelangen. Das kann Änderungen in den 124 Maria Buchbolz, Ernährungs- und Transpirationsbedingungen hervorrufen und beeinflußt nachteilig das Wachstum. Aus diesem Grunde hat man sich bei Gramineen meist auf die anatomische Betrachtung beschränken müssen, Entfernt man die umhüllenden Scheiden, so verkrüppeln die jungen Blätter tatsächlich, weil ihnen mit den ent- fernten Blättern die „Schutz- und Ernährungsorgane“ genommen sind (Stebler, 1878, pag. 52). Der einmal aus der Scheide herausgetretene Teil wächst nicht mehr in die Länge, gewährt also keinen Aufschluß über das Wachstum. Ein ähnliches Verhalten ist für die jungen Internodien zu erwarten. Nach den Erfahrungen von Stebler kann man die Blattbasen der Zwiebelpflanzen der Messung zugänglich machen durch Entfernung eines Zwiebelquadranten. Die Blätter wachsen auch gut weiter. Leicht lassen sich die Commelineen messen. Man braucht nur einen schmalen Streifen der die Wachstumszone umhüllenden Scheide herauszuschneiden, um das Internodium .bis zum Knoten hin markieren zu können. Die von mir an den Stengeln von Canna indica versuchten Messungen aber sind gänzlich ergebnislos verlaufen. Weder die Pflanzen im Freien noch im Gewächshaus wuchsen weiter, nachdem ich die Internodien freigelegt hatte, trotzdem ich sie mit einem Schutz- verband (wie bei den Gramineen noch zu beschreiben sein wird) umgab. a) Methode der Messungen. In bekannter Weise habe ich mittels eines feinen Pinsels auf dem Stengel äquidistante Tusche- oder Spirituslackmarken angebracht. Die Abstände wurden durch Anlegen eines Maßstabes mit Millimetereinteilung bestimmt. Ich benutzte dazu ein Stahllineal oder einen schmalen Streifen Millimeterpapier. Beide Maß- stäbe haben den Vorteil, daß sie sich dem Stengel anschmiegen und bessere Ab- lesungen gestatten. Der Gebrauch des Zirkels war zeitraubend und lieferte mir keine genaueren Resultate (vgl. auch van Burkom 1913, pag. 18). Ich habe bis auf %/, mm Genauigkeit geschätzt. Da die Freilandpflanzen draußen gemessen wurden, lag die Gefahr nahe, daß durch den Regen die Marken weggewaschen würden. Die chinesische Tusche (ich benutzte die flüssige Tusche unverdünnt) haftete jedoch in den meisten Fällen noch nach tagelangem Regen. Die anfäng- lieben Abstände der Marken und ‚ihre Zahl wurden stets genau notiert. Die Striche selbst trug ich möglichst dünn auf; trotzdem verbreiterten sie sich manch- mal infolge des starken Wachstums. Dann nahm ich die Mitte zwischen oberer und unterer Begrenzung an. Die interkalare Zone legte ich so frei, daß ich ein Stück der Scheide herausschnitt. Bei Cyperus und den Gramineen war dann die Anlage eines Schutzverbandes erforderlich. £. Cyperaceae. Kräftige junge Exemplare von Cyperus alternifolius und C. Papyrus wurden in große Töpfe eingepflanzt. Nur das Rhizom steckte in der Erde; der Halm ragte vom Ansatz der Scheide an frei heraus. Die Töpfe wurden so in das Bassin Jes Viktoria regia-Hauses eingesetzt, daß der Wasserspiegel nicht ganz ihren oberen Rand erreichte. Es erwies sich diese Vorsichtsmaßregel als notwendig, da die Wasserschnecken zu gern die freigelegten Wachstumszonen überfielen. Trotz dem noch zu schildernden Verbande gelang ihnen dies des öfteren, wodurch manche Messungen unmöglich wurden. An einer der drei Stengelseiten schnitt ich mittels Skalpells und Pinzette vorsichtig die umhüllenden Scheiden weg, und zwar bis zum Rhizom hin. Dex frei- Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 125 gelegte Teil wurde mit Fließpapier abgetrocknet und markiert, Die von zwei Seiten noch vorhandenen Scheiden gaben dem Halm, wenn er nicht schon zu hoch war, hinreichenden Halt. Um das Einknicken ganz zu vermeiden und zum Schutz der weichen Wachstumszone legte ich um den Stengel, der Höhe der Scheide un- gefähr entsprechend, einen Verband von Guttaperchapapier, mit Bindfaden nicht zu fest umwickelt, Bei der Messung wurde der Verband natürlich abgenommen und, wenn nötig, der Halım neu markiert. Die so behandelten Pflanzen wuchsen zu- nächst gut weiter. Später stellten sich manchmal Störungen ein. Die Marken wurden in Abständen von 5 zu 5 mm aufgetragen. Bei Halm 3 der angefügten Tabelle war die unterste Zone in 4 Tagen (23.—27. Mai) auf 35 mn angewachsen. 35= 75 in der Tabelle bedeutet nun, daß diese 35 mm von neuem in 7x5 mm untermarkiert wurden. Die in der Tabelle untenstehenden Zahlen entsprechen den unteren, gleich über dem Rhizom liegenden Zonen des Halmes {s. Tabelle D). Tabelle I. Cyperus alternifolius. Halm 19,5 em lang, Viktoriahaus, Halm 13 cm lang, Viktoriahans. Datum: 1918. 20.5. |21. 5.j22. Anfangs- j größe ! : in mm i An- | Oben 5 5.5.5 5 faugs- . 5 5:515159 größe B ‘ Fe i in H ” oo. | ! mm | : . \ . . | B Oben 5 5 15 5 5 | 5.5 5 5 5 5 6 6 | 6 | 6 ı. i 5 ıTıı 7 7 | i Unten] 5 8:15 | 2 | 40 l Halm 24 cn fang, Viktoriahaus. " j ol Datum: 1938. - . Ip 5,5 8 | 5 5 5 | 5 7 07 | H 5 -7ni=h 3 | | | 5| 5 Oben s Is 15 | s[| 5 a En Be | 5 > . | ! 5; 5 5 5 5 H 5|| 6 5 6 6 J ! 5 30 Unten 3 9 ' 9 Unten ! | Die Messungen haben nur für die 2—3 unteren Zonen der Einteilung eine Zunahme ergeben. Die Länge der wachsenden Zone betrug also durchweg 10—15 mm. Das Wachstum war innerhalb der untersten 5 mm am stärksten und 126 Maria Buchholz, konnte in 4—5 Tagen das 7—8fache der ursprünglichen Länge an Zuwachs leisten. Die Neumarkierung der eingeschalteten Zone (vgl. Halm 3) ergab, daß das Wachs- tum stets auf die unteren 2—3 Zonen beschränkt bleibt. Es liegt also bei Cyperus alternifolius (und auch bei Cyperus Papyrus) ein intensives interkalares Wachstum vor; durch die Tätigkeit einer wenige Millimeter langen Zone wird im Laufe einer Vegetationsperiode der meterhoch ragende Halm gebildet. Normal wachsende Halme von Cyperus alternifolius erreichten im Viktoriahaus eine durchschnittliche Höhe von 120 cm. Da schon kräftige Exemplare von 20 cm Länge nur innerhalb der untersten 1,5 em wachsen, so ergibt sich, daß diese 1,5 cm einen Zuwachs von 100 em leisten können, das ist aber 6666,6 %,. . IE. Gramineae. Bei Zea Mays, Arundo Donax, Phragmites nahm ich von einem Halm jedes- mal nur ein Internodium zur Beobachtung vor. Waren mehrere Scheiden über- einander vorhanden, wie das bei jungen Internodien häufig der Fall ist, so mußten die äußeren meist ganz entfernt werden. In der letzten wurde ein schmaler Streifen herausgeschnitten und der Stengel markiert. Der Verband wurde hier insofern modifiziert, als ich zum Schutz gegen Austrocknung des Stengels zuerst ein wasser- getränktes Stück Watte umlegte und darüber erst das Guttapercha- oder Ölpapier anbrachte. Die Markierung geschah mit Spirituslack; in Abständen von je 5 mm wurden die Marken aufgetragen. Bei Arundo Donax und Phragmites wurden die Messungen im Freien vorgenommen, bei Zea Mays an eingetopften Exemplaren im Versuchshaus, Die Internodien verhielten sich sehr verschieden, auch wenn sie zur selben Zeit, d. h. unter denselben Außenbedingungen gemessen wurden. Manche wuchsen längere, andere kürzere Zeit. In letzterem Falle erreichte gewöhnlich die unterste Zone im Verhältnis zu den höheren eine geringere Länge. War das Längenwachs- tum gering, oder blieb es, soweit sich makroskopisch feststellen ließ, ganz aus, so war häufig zu beobachten, wie die Internodien seitlich aus der verletzten Scheide herausquollen (immer unter der Voraussetzung, daß sie selbst unverletzt und durch den Verband geschützt waren), als ob sie vorher unter einem Druck gestanden hätten. In der Tabelle führe ich einige Messungen für Arundo Donax an (s. Tabelle ID. Die Wachstumszone ist bei Internodien mittleren Alters 25—-30 mm lang. Normalerweise ist wohl der Zuwachs in der untersten Zone am stärksten. Wenn sich das nicht in allen Fällen ergeben hat, so möchte ich dafür die Verletzung des Blattes verantwortlich machen. Die Pflanze scheint überhaupt, wie schon erwähnt, den operativen Eingriff schwer zu vertragen. Die markierten Internodien erreichten in keinem Fall eine normale Länge. Die Messungen gestatten daher eigentlich nur ein Urteil über die Länge der wachsenden Zone; denn zu Anfang der Messungen macht sich die hemmende Wirkung noch nicht so geltend. Sie lassen erkennen, daß das Wachstum nach oben abklingt. Jedoch über die Intensität und Dauer des Zuwachses gerade in er untersten Zone gewinnt man kein klares Bild. Daß die Messungen bei Cyperus bessere Resultate ergaben, erklärt sich einma} daraus, daß die teilweise Entfernung der Scheiden hier keinen so tiefgehenden Eingriff in das Leben der Pflanze bedeutet; die assimilierenden Blätter und der ganze Halm bleiben intakt; zum anderen waren die Pflanzen im Warmhaus vor den Unbilden der Witterung geschützt. Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 127 Tabelle II. Arundo Donax'). Internodium 4,7 em lang. Datu 1918. 17.5. 18.50 | Anfangsgröße ' in mm Oben 2 2 2 ; Bei späterer Messung kein 5 5 5 Zuwachs mehr zu kon- 5 5 5 statieren. 5 5 i ö h 5 6 6 ; 5 8 8 5 9 1 5 8 18 5 8 35 Unten 5 6 30 Internodium 7,1 em lang. Internodium 9 em lang, Datum: 1918. Datum: 1918. | 17.5. | 18. 5. j 23.5. 17.5. | 18. 5. | 23.5. T n j ! | Anfangs- Anfangs- \ größe | größe ob in mm | , f ın mm en 7 5 5 ' 5 5 Oben 5 i : 2 B 005 5 a i oo. ae | a ae a u ee Mi i _ i 5 6 5 | 5 | 5 5 | 7 | 7 5: 6,6 Bb : 08 8 0 une i | ! 5 | 7 1 Unten 5 | 5 ! 6 Unten 5 | | ı i | Ein 4 cm langes Internodium von Arundo Donax hat eine Wachstumszone von 3 cm Länge. Ausgewachsen wird es durchschnittlich 12 cm lang; die 3 cm besorgen also den Zuwachs von 8 cm = 266,6%,. Mit dünnstengeligen Gramineen hatte ich noch weniger Erfolg als mit Arundo. Die Halme knickten fast stets ein, auch wenn sie an Stützen angebunden waren, oder wurden sonstwie unbrauchbar. III. Tradescantia, Bei Tradescantia virginica wurden die Messungen teils im Freien, teils an eingetopften Exemplaren vorgenommen. Ein schmaler Streifen der Blattscheide, 1) Von drei verschiedenen, kräftigen Halmen im Freien wurde je ein Inter- nodium gemessen. Das Datum ist in allen drei Fällen dasselbe. 128 Maria Buchholz, die nur den unteren Teil des Internodiums, die Gelenkregion umfaßt, wurde beraus- geschnitten; das Wachstum wurde dadurch nicht sichtbar beeinträchtigt (s. Tabelle II. Die Tabelle veranschaulicht das Wachstum mehrerer Internodien eines Sprosses von Tradescantia virginic. Das unter der Blüte befindliche Internodium (der Infloreszenzstiel) wurde erst später markiert. Die nach wenigen Tagen stark ver- längerten unteren Zonen markierte ich neu. Ich trug die Tuschestriche in Ab- ständen von 2 mm auf, vo = 8x2 bedeutet: die beiden unteren Zonen, die sich auf 6 bzw. 10 mm verlängert hatten, wurden in 8><2 mm neu eingeteilt. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, liegt die wachsende Zone an der Basis des Internodiums; sie erstreckt sich zunächst über 20 mm, dann beschränkt sie sich allmählich auf die unteren 10 mm. ‚Die Untermarkierung in 2 mm läßt deut- lich erkennen, daß der größte Zuwachs stets in den beiden untersten Zonen er- folgt, daß also die intensivste Wachstumstätigkeit »ich in den basalen 4 mm ab- spielt. Wenn das Internodium durchschnittlich 20 mm lang ist, wächst es interkalar, d. h. der Zuwachs erfolgt nur im unteren Teile des Internodiums. In früheren Tabelle III Tradescantia virginica. Ein Sproß, Pflanzenversuchshaus. Internodium 6 cm lang. Datum: 1918. | 10. 5. |12. 5.|1. | in. |22.5. H Anfangsgröße ! \ ! ! in mm \ } f j Oben 10 0 | 10 io 10 10 10 5 10 |j10 10 10 10 I 10 Im 10 _ 10 “0.10 [10 10 _ 10 je 12 _ 10 inc n |6-8%x2-2| 2 _ | : h 2| 2 = | 21 2 _ ! ! 2| 2 En 2 2: 3 3 0 2,3 3, 3% ' 2| 3,7 4 4 Unten ! 2| 3,1 4,5 Internodinm 3 em laug. Oben 5 515 i5 5 1 5 s|5: |5 5 | 5 v6 |6 6 | 5 6 7 Is sı = 5 5 5 /A_g 212 ı - 5 6 0, l1=8=2=2| 2 | = ! ! 2| 2 _ r I { ’ 2aı 28, — 21 3°| — 2) 3, = ! 2| 4 = Unten ; 2| 4 5 Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw, 129 Internodium 1,2 em lang. Datum: 1918. 10. 5. |12.5.114.5. 17.5. 122. 5.124. 5, 29. 5. 130. 5.181.5. Anfangs- größe in mm Oben 2 21213 2 = 5 5 6 101=13x2—=2 = 5 516 118 2 — ! 9 = 2 == 2 - 2 = ! 2 =|- | 2 = | = 2 -=|- 2 -|ı = 2 5 2 = 5/5 = 2|2 | = 2) 2, = 22 | = 2|3 4 Unten 2|3 4 Oberstes Internodium (Infloreszenzstiel) 7 cm lang. Datum: 1918. Anfangsgröße in mm Oben 5 5 5 5° 5 5 5 5 5 2 2 EM 2 2%, 2 2 2) 2 2: | 5 Unten 2 3 | f Stadien ist das Wachstum über das ganze Internodium verteilt; es ist aber nicht gleichmäßig, sondern im basalen Teil stärker. Ausgewachsene Internodien von 75 mm Länge sind keine Seltenheit bei Tradescantia virginica. Der Zuwachs be- trägt also 55 mm bei 20 mm Anfangslänge, d. h. 275%/,. Bei Tradescantia viridie war die Wachstumszone 5-6 mm lang. Es ent- spricht dies ungefähr der Länge der Blattscheide. Markiert man den freien, nicht von der Scheide umhüllten Teil des Internodiums, so siebt man, daß dieser nicht mehr wächst, sondern daß sich das Internodium gewissermaßen aus der Scheide herausschiebt, Für Tinantia fugax ergeben sich ähnliche Wachstumsverbältnisse wie für Tradescantia. Flora, Bd, 114. 9 130 Maria Buchholz, IV. Iris, Gemessen wurden Blätter von Iris Bergii. Die Versuchspflanzen wurden im Garten ausgegraben und in Töpfe eingepflanzt. Das zu messende Blatt wurde von den umhüllenden Blättern bis auf das letzte, unmittelbar umfassende befreit. Dieses schlitzte ich an der Flanke, an der das zu messende Blatt hervortrat, bis zum Rhizom auf und zog das innere Blatt seitlich heraus, so daß ich die Marken auf ihm anbringen konnte. So hatte das innere Blatt noch einen gewissen Schutz und Halt. Im allgemeinen war es aber doch notwendig, die Blätter an Stäbchen anzu- binden, da sie umfielen. Die Pflanzen wurden unter Glasglocken gestellt, die jeden Morgen gelüftet wurden (s. Tabelle IV). Tabelle IV. Iris Bergii. Blatt 16 cm lang. Datum: 1918, 11.4. 12.4.|13. 4.14. 4.15. 4.|16. 417.4. 18. 4.[19.4.\20.4./21.4.22. 4. Oben 515 len 515 -|= = 515 R I. |. fl ! | |: | u I: 5|5 5/5 = 5| 51, == 5| 5% = = 5| 5, = | 57] 6 5|l6\ 7 - - 5[ 6 7 7 8 = = 5| 54) 2 | 9 | 94, 10 Unten 55 Ir joa ız 1a 15 15 | 15, 164, am, Gesamtlänge I in mm: |160 164,170 N1754,Jl1ro hsor,heir,ess;,hspi,lss jıs4 |185 Zuwachs inmm: I— | a, 55 u lıloj zlılı Gesamtlänge ! | | | eines unver- sehrten Kon- trollblattes: |173 186 1199 210 218 220 21 1228 23 Der 227 127 Zuwachs in mm: —-/|3ı3 |ı1 8 2 1 2 0 4 0 0 Der Zuwachs erfolgt nur im basalen Teile des Blattes und zwar verteilt er sich bei vorliegendem Beispiel zunächst auf eine Zone von 45 mm, Bei einem ungefähr gleich langen Kontrollblatt, dem sämtliche umhüllenden Blätter belassen waren, war der Gesamtzuwachs pro Tag durchweg größer. Das ergab sich auch für andere Beispiele. Es tritt also doch wohl durch die veränderten Bedingungen eine gewisse Wachstumshemmung ein, so daß die Messungen nur einen Aufschluß über die Verteilung, nicht aber über die Intensität des Wachstums geben. Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 131 V. Eqnisetum. Es wurde vor allem eine Bastardspezies, Equisetum littorale (heievcharis x arvense) aus einem Tümpel des Botanischen Gartens gemessen, ferner Equisetum arvense aus dem Garten, E. robustum und E. hiemale aus dem Gewächshaus, die in Töpfe eingepflanzt waren. Wie bei Tradescantia legte ich die interkalare Zone frei, indem ich einen etwa 2 mm breiten Längsstreifen der Scheide herausschnitt. Die Anfangsabstände der Marken betrugen 5 bzw. 2 mm (s. Tabelle Y). Tabelle Y. Equisetum littorale (heleocharis >< arvense). Ein Halm. Gemessen die oberen zehn Internodien. Gartentümpel. Datum: 1918, 20. 5. | 26. 5. 130.5. 5hp.m. 20. 5. 126.5. | 30.5. an r nfangs- | Anfangs- Oben größe größe Internodium | in mm in mm L. F) 2 3 3 = 2 2 5 - - 2 3 Vi. 3 = = 2 2 2 = = 2 2 2 - - I. 8 2 2 _ Z 2 4 2 3 3 4 1 = = 2 ah - - In. 2 8 = - 2 VII. 3 z = 2 P} _ - —r Pi Bu _ 6 2 4 6 2 2 5 = - IV. 3 5 = - 2 5 = = 2 2 = = _ | IK. 5 = Z 3 im 2 = = 5 2 = = 2 - 3 3 V 2 = ? 2 2: 2 2 - = 2 = 2 4 | - Fe 6 5 = 5 x P} = 2 2 = v1. 2 2 = | 2 2, =! 2 Unten 2 2,‘ 2 i © * 132 Maria Buchholz, Bei Betrachtung der Tabelle fällt-sofort auf, daß in jedem Internodium des Halmes selbst in den jungen, eben der Messung zugänglichen, nur die basale Zone wächst, ja daß die Zuwachszone stets auf die untersten 2 mm lokalisiert ist. Die Größe der Zunahme ist variabel, was bei den stets wechselnden Außenbedingungen nicht zu verwundern ist. Das längste gemessene Internodium der Spezies war 43 mm lang, Da schon ein 6 mm langes Internodium nach makroskopischer Feststellüng nur innerhalb der untersten 2 mm wächst so folgt, daß die 37 mm durch interkalares Wachstum eingeschaltet sind; das würde einem Zuwachs von 1850°/, entsprechen. 4. Zusammenfassung. Nach den vorliegenden Messungen lassen sich bei dem inter- kalaren Wachstum zwei Typen unterscheiden, für die als gemeinsames Merkmal der Ort des Wachstumsmaximums gilt: nämlich au der Basis des Stengelgliedes. Unterscheidend ist die Entwicklungsstufe, auf welcher die Lokalisation stattfindet; das ist der Fall: a) von den ersten Stadien ab bei Equisetum littorale, hiemale, robustum, arvense (E. limosum nach van Burkom, 1913); b) erst nach einem Stadium gleichmäßigen Wachstums bei Trades- cantia virginica und viridis, Tinantia fugax, Cyperus alternifolius und Papyrus, Zea Mays, Arundo Donax, Phragmites, Blätter von Iris, Allium Cepa, Hyazinthus. Es betrug nach meitien Messungen der interkalare Zuwachs für: 1. Cyperus alternifolius . 6666,6°/, 2. Arundo Donx . . . 266,6%, 3. Equisetum littorale . . 1850% 4. Tradescantia virginica . 275% IL Teil. Die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachs- tumszonen von monokotylen Sprossen. A. Anatomie, 1. Literaturübersicht. Über die Ausbildung oder gar die Leistungsfähigkeit der Leit- bündel in interkalaren Wachstumszonen liegen nur wenige Angaben in der Literatur vor. Grisebach hat zuerst diesbezügliche Fragen auf- geworfen. Er verfolgte sie aber nicht weiter, sondern erwähnt in dieser Beziehung nur eine Beobachtung an Dianthus plumarius (1848, pag. 290): Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 133 „Die obersten, durch kontinuierliches Wachstum ausgebildeten Stücke eines noch nicht ganz ausgewachsenen Stengelgliedes enthielten viele, an Gefäßen reiche Gefäßbündel .... , während die untersten, die durch interkalares Wachstum eingeschaltet sind, in den Gefäßbündeln nur wenige, einzelne Spiralgefäße ... . . zeigten.“ Daß die Ausbildung des Leitbündels in dessen Verlauf durch das Internodium oft ungleichmäßig ist, beobachtete schon Unger (1866, pag. 87): „An langen, ohne Unterbrechung durch den Stamm verlaufenden Gefäßbündeln der Monokotylen bemerkt man in deren oberen Teilen eine höhere Ausbildung der Gefäße, welche in den unteren Teilen fehlen, hier aber durch ein Überwiegen langgestreckter Zellen ersetzt werden.“ Er faßt letzteres als eine Verkümmerung auf und bringt seine Beob- achtung keineswegs mit dem Wachstum in Zusammenhang. - Bekannt ist die Tatsache, daß in der interkalaren Zone einige Ring- und Spiralgefäße die Kontinuität der Wasserbahnen aufrecht er- halten (Frank 1892, pag. 127; Nathanson 1898, pag. 671; Pfeffer 1904 II, pag. 14). Es können nur solche toten Elemente ausgebildet sein, die den aktiv wachsenden Zellen keinen erheblichen Widerstand entgegensetzen (Schwendener und Krabbe 1893, pag. 404). Klar ist auch, daß bei Vorhandensein einer stark wachsenden Zone eine beträchtliche Dehnung dieser so früh differenzierten Elemente eintreten muß. Dabei sollen nach Nathanson in Liliaceenblättern einzelne Tracheiden, statt völlig zu zerreißen, passiv auseinander ge- zogen werden, während ein Teil der benachbarten Zellen an ihnen vor- übergleiten muß {Nathanson 1898, pag. 677). Die Lücken werden nach ihm nachträglich durch neu angelegte Tracheiden geschlossen. Die ganze Einrichtung soll eine Materialersparnis bedeuten, Es fragt sich allgemein: Wie weit geht die Zerstörung der Pri- manen, und wie wird Ersatz dafür geschaffen? Letzterer Punkt kann endgültig — d. h. auch im physiologischen Sinne — erst durch eine experimentelle Behandlung entschieden werden. 2. Die Leitbündeltypen. Die von mir unter diesen Gesichtspunkten studierten Monokotylen lassen sich bezüglich des Baues ihrer Leitbündel nach dem Vorgange Russows in verschiedene Typen einordnen. Von den Russowschen Typen habe ich diejenigen herausgegriffen, die für meine Versuchs- Pflanzen in Betracht kommen. Russow (1875, pag. 35) unterscheidet Leitbündel, „deren Gefäße untereinander nahezu gleich oder sehr ungleich weitlichtig sind“. 134 Maria Buchholz, Letzteres gilt für den Gramineentyp; ich nenne ihn „Glumifloren- typ“, da er in gleicher Weise für die Cyperaceen charakteristisch ist. Auch einige Aroideen (Acorus) und Juncaceen (Juncus, Luzula) können hierhin gerechnet werden. Der Unterschied in der Weite der Gefäße ist ferner bei dem Seitamineentypus sehr beträchtlich, der bei manchen Seitamineen (Canna, Musa, Strelitzia), Aroideen (Richardia, Alocasia u. a.) und Typhaceen vertreten ist. Nahezu gleichlumige Gefäße weist der Liliaceentypus auf. Russow rechnet auch die Commelinaceen hierhin. Das ist insofern berechtigt, als die Xylemelemente von ziemlich gleicher lichter Weite sind; aber an ihrer Stelle entstelit meist eine Lakune. Daher möchte ich die Commelineen als besonderen Typus fassen (Trades- cantia, Tinantia), Ihm schließe ich aus später anzuführenden Gründen Equisetum an. . Im folgenden habe ich den jeweiligen „Typus“ allgemeiner ge- faßt, indem ich ihn nicht nur nach dem Aussehen der fertigen Leit- bündel im Sinne Russows charakterisiere, sondern dabei die Ge- samtheit der Bündel nach der Entwicklung, Ausbildung und auch nach der Leistungsfähigkeit ihres Gefäßteils berücksichtige. I. Giumiflorentypus. An Cyperus alternifolius und C. Papyrus habe ich diesen Typus näher studiert. Ich versprach mir gerade von diesen Objekten günstige Resultate, da sie erstens, wie wir sahen, eine so ausgesprochene, intensive und langtätige interkalare Wachstumszone besitzen, zweitens, sich außerdem durch weite Gefäße auszeichnen. Die Pflanzen stammten meist aus dem Viktoria-Bassin, teils aus den dort eingestellten Töpfen (vgl. oben pag. 124). Bei der anatomischen Untersuchung zeigte sich, daß der Über- gang vom Stengel zum Rhizom kein allmählicher ist. Das Stengel- parenchym beider hebt sich scharf gegeneinander ab. Im Halme ist es von großen Interzellularräumen durchzogen, die schon in der inter- kalaren Zone sichtbar sind, während sie der benachbarten Zone des Rhizoms fehlen. Sie sind nicht zu verwechseln mit den „Gefäßgängen“. So nenne ich nach Schenck (1915, pag. 524) die bei manchen Mono- kotylen, Equiseten und dikotylen Wasserpflanzen die Stelle der Gefäß- primanen einnehmende Lakune. Schenck hat den Ausdruck bei Be- sprechung des Leitbündels der Wasserpflanzen verwandt. In der früheren Literatur ist mir dieser Terminus nicht begegnet. Nur die Bezeichnung „lacune ligneuse“ von Gravis (1898, pag. 186) für den Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 135 Gefäßgang von Tradescantia virginica entspricht ihm dem Sinne nach. Seine allgemeine Einführung empfiehlt sich in Hinsicht 1. anf die Ent- stehung, 2. auf die später noch zu besprechende Funktion des Ganges. Der „Gefäßgang“ ist damit von den „Interzellularräumen und Gängen“ in anderen Geweben eindeutig unterschieden. Die unmittelbar an das Rhizom sich anschließende Stengelzone hat auf eine Strecke von mehreren Millimetern hin durchaus em- bryonalen Charakter. Es schließt sich daran eine Zone offenbar in- tensivster Streckung bis zu einer Höhe von etwa 3—10 mm über dem Rhizom. Von hier ab beginnt die allmähliche Differenzierung der Folgeelemente. Zunächst sei von der embryonalen interkalaren Zone die Rede. Ein Querschnitt durch diese Region des Halmes zeigt, daß die nach Monokotylenart im Stengelparenchym zerstreut liegenden Bündel auf verschiedener Entwicklungsstufe stehen. Die kleineren Rand- bündel lassen zum Teil nur einen differenzierten Siebteil erkennen. Alle ihre anderen Elemente sind ganz embryonal. Es sind das die kleinen Bündel, deren Xylem im ausgebildeten Zustande nur aus zwei seitlichen Tüpfelgefäßen und ihrer „Verbindungsbrücke“ besteht. Letzteres ist ein Streifen von tracheidalen Elementen, der die beiden Tüpfel- gefäße in manchen Zonen unmittelbar verbindet, in anderen durch eine Lage Parenchymzellen von ihnen getrennt ist; in den großen Bündeln setzt er sich an die Primanen bzw. an den Gefäßgang an. Da die erwähnten Randbündel keine dehnbaren Gefäße ausbilden, ist in der Wachstumszone ihr Xylem noch nicht differenziert. Andere Bündelchen ılieser Art weisen höchstens ein bis zwei enge Primanen auf. Die Zahl dieser Randbündel, die mangels Protoxylems keinen Gefäßgang ausbilden, kann 80--130 betragen. (Die Zahlen wurden aus einer Skizze des Quersehnittes ermittelt). Sie stehen in der ausgewachsenen Stengel- zone durch ein Netz von Anastomosen untereinander und mit den großen Bündeln im Zusammenhang. Die Anastomosen gehen stets nur von den Verbindungsbrücken aus. Bei den typischen inneren Bündeln sind in der interkalaren Zone auch nur die Siebteile und wenige Primanen differenziert. Letztere liegen, je nach dem Alter des Stengels, in 6—12-Zahl dicht zusammen, an der Stelle des Bündels, die später von einem Gefäßgang eingenommen wird (Fig. 1)1). Zum Teil sind die Primanen noch unfertig. Die späteren 1) Alle Skizzen sind mit dem Zeichenapparat mit derselben Vergrößerung (Objektiv 7, Okular 1) auf dem Tisch gezeichnet. Zur Reproduktion sind die Figuren auf %/, verkleinert worden. 136 Maris Buchholz, seitlichen Tüpfelgefäße erscheinen hier als zartwandige, plasmaerfüllte Zellen, deren weites Lumen sofort auffällt. Die spätere Verbindungsbrücke zwischen den Tüpfelgefäßen und dem Gefäßgang ist in der interkalaren Zone durch einige Reihen quergestreckter Zellen angedeutet. Die Primanen sind relativ weitlumig. Ihr Durchmesser nimmt in der inter- kalaren Zone vom Innenrande des Bündels zum Siebteil hin stetig, wenn auch nicht sehr auffallend, zu. Die zuerst ausgebildeten Primanen sind schon früh in der embryonalen interkalaren Zone gedehnt, ja zerrissen, zum Teil so stark, daß ihre Ringe nicht selten senkrecht zur Querrichtung stehen. Infolgedessen deutet sich unmittelbar über dem Rhizom schon der Gefäßgang Fig. 1. Fig. 2. Fig. 1. Cyperus Papyrus. Halm 13 cm lang. Interkalare Zone quer. Gefäßteil eines großen Bündels aus der Mitte des Querschnittes kurz über dem Rhizom. Von den Primanen sind die beiden erst ausgebildeten zerüehnt, so daß ihre Ringe senkrecht zur Längsrichtung stehen. Die späteren Tüpfelgefäße sind zartwandig und plasmaerfüllt; ebenso die Zellen der späteren „Verbindungsbrücke“. Fig. 2. Dasselbe. 2 mm höher. Der Gefäßgang ist bereits vorhanden, ein Teil der Primanen ist an seiner Bildung beteiligt. Das Lumen der späteren seitlichen Gefäße hat sich zwar erweitert, aber noch sind diese Zellen plasmatisch und dünn- wandig. an; 2—3 Millimeter höher sind mehr Primanen gedehnt, wodurch das Lumen des Ganges erweitert wird (Fig. 2). Auf dicken Querschnitten sieht man bei verschiedener Einstellung des Mikroskops, daß dieser Gang höher oder tiefer mit einer Querlage von Gefäßringen vollständig erfüllt ist. Die Ringe sind unter sich und zum Teil auch mit dem Parenchym in festem Zusammenhang. Daß diese Ringzonen in rhyth- mischen Abständen den Gefäßgang durchsetzen, ergibt. das Längsschnittbild. Je älter der Stengel ist (d. h. je weiter nach oben), um so größer ist die Zahl der gestreckten und zerdehnten Primanen und um so weiter der Gefäßgsng. Er entsteht also, wie wir hörten, nicht etwa durch Auseinanderweichen der Primailen, wie de Bary (1877, pag. 339) für die Cyperaceen, Gramineen ysw. annahm, also schizogen, sondern die Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 137 Dehnung bzw. Zerreißung der Primanen in der Längs- richtung ist das Primäre. Die Ansicht von einer schizogenen Entstebung hat sich stellenweise bis in die neueste Zeit erhalten (Has- linger 1914, pag. 1064). Bei Betrachtung des ausgewachsenen Bündels, so auch gewisser Gramineen (Zea Mays), liegt es allerdings nahe, an eine schizogene Bildung zu denken. In den älteren Inter- nodien von solchen ist der Gang sehr weit. An den Seiten sitzen hie und da Ringe der Primanen an. Der Fall aber, daß auch in der ausgewachsenen Zone noch ganze Primanenringkomplexe, die ihn yöllig ausfüllen, in dem Gefäßgange zu sehen sind, ist bei Cyperus alternifolius nicht so selten. Daß die Begrenzung des Ganges eine so regelmäßige ist, kann nicht wundernehmen. Es sind ja keine Parenchymzellen zer- stört worden. . " Soll man nun die Entstehung des Ganges als Iysigen bezeichnen? Nach der Definition von de Bary (1877, pag. 209) ist es allerdings berechtigt. Lysigen nennt er die Bildung eines Interzellularganges durch Desorganisation, Auflösung oder in manchen Fällen Zerreißung bestimmter, also vergänglicher Zellen oder Zellgruppen, die von bleibenden umgeben sind. Für die mechanische Zerreißung hat er den besonderen Ausdruck „rhexigen“ geprägt. Ich möchte ihn auf den vorliegenden Fall anwenden. Es wäre dann der Ausdruck „lysigen* für die Gänge zu reservieren, die tatsächlich einer „Auflösung“ von Zellen und Zell- gruppen ihre Entstehung verdanken. Letzteres kommt bei Wasser- pflanzen vor, worauf ich später noch kurz eingehen will. Der rhexigene Gefäßgang kann z. B. bei Zea Mays während der Erstarkung des Stengels in älteren Internodien noch beträchtlich erweitert werden. So kommt das charakteristische Bild ‘zustande, wo der Begrenzung des Ganges nur hie und da Ringe 'ansitzen. Der Gefäßgang bei Oyperus, der in dem untersten Abschnitt der Wachstumszone nur angedeutet, in ihren oberen Abschnitten aber schon wohl ausgebildet ist, nimmt bald (nach 1—2 mm) die Stelle mehrerer Pri- wanen ein. Mit zunehmendem Streckungswachstum erweitert er sein Lumen; denn immer mehr Primanen werden ausgebildet und zerdehnt, die in der ganz embryonalen Zone und darüber noch gänzlich undifferenziert sind. In der Phase intensiver Streckung, die etwas höher einsetzt, hat der Gefäßgang, abgesehen von höchstens ein bis zwei Primanen, ganz die Stelle des Protoxylems eingenommen. Das Metaxylem ist erst in einer Höhe von 8—12 em über dem ARhizom differenziert, In dieser ganzen Strecke von durchschnittlich 10cm bei gut wachsenden Halmen wird also der „Gefäßteil“ des Bündels — 138 Maria Buchholz, abgesehen von ein bis zwei Primanen — von dem Gefäßgang dargestellt. Nachdem die Primanen fast alle zerdehnt und durch den Gang ersetzt sind, ändert sich seine Weite bei Cyperus alternifolius nicht mehr wesentlich. Eine nachträgliche Erweiterung scheint hier nicht mehr stattzufinden. Daraus erklärt es sich wohl, daß man häufiger die den Gang ausfüllenden Ringkomplexe findet. Die einzelnen Glieder der Primanen bilden sich, dem Laufe des Wachstums folgend, von oben nach unten aus. Dabei braucht die An- lage des Gefäßzuges durchaus nicht kontinuierlich vor sich zu gehen. Manchmal folgt auf ein fertiges Glied ein jüngeres, noch ganz unfertiges, nach der geringen Verdickung seiner Wand zu schließen; daran kann sich wieder ein weiter entwickeltes ansetzen. Solche Unterbrechungen können streckenweise häufig nacheinander erfolgen; sie sind aber keines- . wegs die Regel. Die seitlichen Tüpfelgefäße werden im Bündel zuletzt fertig. Bei einem Cyperushalm von 22cm Länge begannen sich ihre Wand- verdiekungen erst andeutungsweise in einer Höhe von 3—4 cm über dem Rhizom auszubilden. Die einzelnen Glieder gehen weiter oben kontinuierlich in die ausgebildeten über, ein Prozeß, der erst in der ausgewachsenen Zone des Stengeis 10—12 cm oberhalb des Rhizoms vollendet ist. Die geschilderten Verhältnisse beziehen sich nur auf interkalar wachsende Halme. Ist das Wachstum beendet, so unterscheidet sich das Aussehen der Bündel in den verschiedenen Zonen des Stengels nicht wesentlich voneinander. Die Tüpfelgefäße der großen und kleinen Bündel sind bis unten hin fertig. Von Interesse ist nun auch das Verhalten der Bündel beim Über- gang zum Rhizom, das ich an Handschnittserien studierte. Über die Wachstuniszone der Rhizome liegen keine Angaben vor. Scherer . (1904, pag. 87) vermutet, daß bei Rhizomen Wachstum durch eine inter- kalare Zone möglich und sicher häufig sei. Bei Cyperus schließt sich, nach dem anatomischen Befund zu urteilen, eine solche Zone an die interkalare des Stengels an. Beide sind durch die Beschaffenheit des Parenchyms scharf voneinander zu unterscheiden. Darauf wurde schon oben hingewiesen. Die Ausbildung derjenigen Primanen, die in der interkalaren Zone des Stengels noch unfertig sind, vollzieht sich in den Bündeln des Rhizoms innerhalb einer sehr kurzen Strecke (etwa 2-4 mm). Macht man sukzessive Querschnitte aus der an den Stengel gleich an- Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 139 grenzenden Region des Rhizoms, so sieht man, wie nach wenigen Schnitten die Zahl der Primanen von etwa 6 auf 12 steigt (Fig. 3—5). Etwas weiter unten schließen sich seitliche Gefäße an, die sich V-förmig um den Siebteil herumlegen und ihn schließlich ganz umfassen. Diese seitlichen Elemente sind getüpfelt. Sie traten in den beobachteten Fällen 2mm unterhalb der Grenze der beiden Zonen auf. So lang ist dann wohl die Wachstumszone des Rhizoms. Nach der Dehnung der Primanen zu urteilen, ist die Wachstumsintensität nur gering. Es entsteht infolgedessen auch kein Gefäßgang. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 3--5. Cyperus alternifolius. Halm 50 em hoch. Rhizom quer. ‚Übergang vom konzentrischen Bündel zum kollateralen. Fig. 3. Querschnitt 2 mm unterhalb der interkalaren Zone des Halmes. Die Tüpfel- gefäße umfassen ganz den Siebteil, dessen Stelle in der Skizze durch Striche an- gedentet ist. Fig. 4. Querschnitt aus einer etwas höheren Region (d. h. näher zum Halme hin). Fig. 5. Querschnitt unmittelbar unterhalb der interkalaren Zone des Halmes: offen- bar liegt die Wachstumszene des Rhizems vor. Die seitlichen Tüpfelgefäße siud ganz embryonal. Bei Carex pseudoeyperus und bei den untersuchten Gramineen (Zea Mays, Araundo Donax, Gymnothrix Jatifolia, Alopecurus, Holcus mollis, Dactylis glomerata, Sorghum halepense, Panieum speec., Hordeum bulbosum, Secale anatolicum, Avena elatior, Avena brevis, Bromus spec., Anthoxanthum odoratum u. a.) liegen die Verhältnisse des Bündelbaues in den verschiedenen Zonen analog wie bei Cyperus. Bei einer Reihe dieser Gräser jedoch (z. B. Dactylis glomerata, Avena brevis) ist in manchen Bündeln der Gefäßgang nur angedeutet (vgl. auch Russow 1875; Frank 1868, pag. 138). In älteren Internodien ist er aber fast stets bei den inneren Bündeln vorhanden, wohl infolge der Erstarkung. 140 Maria Buchholz, Bei den Gramineen liegen die Primanen durchweg in nur einer Reihe hintereinander, während sie bei Cyperus und Carex pseudocyperus zu zwei, auch zu drei reihenweise nebeneinander auftreten. Der Übergang des Bündels von der interkalaren Zone zum Stengelknoten findet in derselben Weise statt, wie der Übergang des Oyperusbündels zum Rhizom. Dabei schwindet der Gefäßgang (vgl. Strasburger 1891, pag. 334). Er wird durch Primanen ersetzt. Für das Rhizom mancher Gramineen hat Wille (1915, pag. 22) das Vorhandensein eines Gefäßganges festgestellt. Das Verhalten der Leitbündel in den Blattgelenken der Gramineen bietet nur insofern eine Abweichung, als in fertigen Bündeln statt der ‚seitlichen Tüpfel- gefäße zwei bis drei dehnbare auftreten (Lehmann 1906, pag. 28). Der Gesämtaufbau des gegliederten Grashalmes ist komplizierter als der von Öyperus, da mehrere interkalare Zonen vorhanden sind, so- mit also auch mehrmals eine Verringerung der Wasserbahnen auftritt. Vielfach sind indessen nur ein bis zwei Internodien in interkalarem Wachstum begriffen; die darunter gelegenen sind schon ausgewachsen, die höheren noch im ganzen embryonal. Bei letzteren ist der Gefäß- gang noch nicht vorhanden (Strasburger 1891, pag. 360). Ganz dem Glumiflorentyp schließen sich Acorus Calamus und Acorus gramineus an. Besonders erstere Art weist einen weiten Gefäßgang in den älteren Blattbündeln auf, der in derselben Weise ent- steht wie bei Cyperus. Das ausgebildete Bündel besitzt zwei seitliche Tüpfelgefäße, die in der basalen Wachstumszone: fehlen. Der Übergang zum Rhizom erfolgt in der oben geschilderten Weise. Die kleinen Zwischenbündel des Blattes entsprechen in ihrem Bau und in ihrer Entwicklung den Randbündeln von Cyperus und gewissen Gramineen _ {Zea, Gymnothrix). Bei Luzula maxima und pilosa ist in den inneren Bündeln der älteren Internodien ein Gefäßgang an Stelle der Primanen sichtbar. Schon Frank (1868, pag. 139) gibt dies. für Luzula albida und Juncus conglomeratus an. Zusammenfassung. Für den Glumiflorentyp hat sich also ergeben: Es lassen sich in der wachsenden Pflanze (Internodium, Blatt bei Araceen) bezüglich des Aussehens der typischen Leitbündel in den verschiedenen Zonen vier Hauptzustände unterscheiden: 1. Im Knoten bzw. Rhizom überwiegen seitlich zur Mediane des Bündels gelegene, getüpfelte Gefäße. Bei den von mir be Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. {4l trachteten Pflanzen fehlt dort der Gefäßgang, die Primanen sind noch erhalten, 2. In der embryonalen interkalaren Zone sind allein die Primanen ausgebildet, der Gefäßgang wird erst angedeutet. ' 3. In der Streckungszone und in der Zone der inneren Differen- zierung können die Primanen erhalten sein, oft aber sind sie ganz oder teilweise durch den rhexigenen Gefäßgang ersetzt. 4. Das Bündel der fertigen Zone besitzt außerdem noch die seitlichen Tüpfelgefäße und die Verbindungsbrücke. Der Ge- fäßgang ist meist wie bei 3 ausgebildet. 5. Außer den inneren typischen. Bündeln treten auch solche auf, die nur Metaxylem ausbilden und daher in der interkalaren Zone noch nicht differenziert sind. II. Commelineentyp. Tradescantia viridis war das Objekt, das der folgenden Sehilderung zugrunde liegt. Die untersuchten Exemplare stammten aus dem Gewächshaus, wo sie frei im Boden wuchsen. Die Anatomie der Bündel stimmt in fast allen Punkten mit der von Gravis ein- gehend untersuchten Tradescantia virginica überein. Einzelheiten können daher bei Gravis (1898) nachgesehen werden. Der Querschnitt durch ein fertiges Internodium zeigt wie beim ersten Typus nach Lage und Bau zwei verschiedene Bündelarten (de Bary 1877, pag. 280): Innere Bündel, die wieder (wie bei manchen Glumifloren) für den Typus besonders charakteristisch sind, und Rand- bündel, die in einen peripheren Sklerenchymring eingebettet liegen. Die Anlage dieser Randbündel beginnt in Internodien von 3—4 mm Länge. In diesem Zustand sind letztere noch ganz von der Blattscheide umhüllt, die durchschnittlich 5mm lang wird. Zuerst wird ein Spiralgefäß differenziert. Es besteht aus Gefäßgliedern, die sehr oft nicht kontinuierlich, sondern mit Unterbrechungen ausgebildet werden, so daß etwa daß zweite und vierte Glied gleichzeitig fertig sind, während das Zwischenglied erst zarte Wandverdickungen aufweist. Bei einer Internodienlänge von 10-12 mm sind diese Primanen fertig. Später er- scheinen die seitlichen Gefäße, die einzigen getüpfelten im Internodium. Beendet ist deren Ausbildung etwa im fünften Internodium (30-35 mm .lang). Das ist bemerkenswert, da mit diesem Internodium das Wachs- tum aufzuhören scheint, Die Tüpfelgefäße gehen im unteren Teile des ausgewachsenen Internodiums, etwa 4mm über dem Knoten, in Spiral- spangengefäße über. Es ist das die Gelenkregion. Die Gefäße sind in 142 Maria Buchholz, diesem Zustande bis zu einem gewissen Grade dehnbar, ohne zu zer- reißen, wie auf Längsschnitten durch gekrümmte Gelenke zu sehen war. Die inneren typischen Bündel bilden nur Protoxylem aus. Schon in ganz jungen, embryonalen Internodien (2 mm lang) werden die ersten Primanen, die fast gleichzeitig ihrer ganzen Länge nach an- gelegt werden, zerdehnt und durch einen Gefäßgang ersetzt. Seine Entstehung ist ebenfalls rhexigen. Das läßt sich wie bei Cyperus an dieken Querschnitten verfolgen (Fig. 6—7). Der Gang wird durch die Erstarkung des Stengels nachträglich erweitert. Da auch die Stregkung sehr intensiv ist, erklärt es sich, daß man in fertigen Internodien nur Fig. 6. Fig. 7. Fig. 6 u. 7. Tradescantia viridis. Internodium 2 mm lang, quer. Bei be- stimmter Einstellung des Mikroskops sieht man einen Gefäßgang mit nur zwei Primanen (Fig. 7), der bei tieferer Einstellung ganz mit Ringen erfüllt erscheint (Fig. 6). Die Stelle des Siebteils ist wieder durch Striche angedeutet. selten einen Ring im Interzellulargang erblickt (Fig. 8). An der Basis der Internodien jedoch, in dem unteren Teile der Wachstumszone, rücken die Ringe in der Längsrichtung wieder dichter zusammen. Die Gefäße sind nur wenig gedehnt. In der Höhe des Knotens vollends ist der Gang durch einen Tracheidenknäuel verstopft, der aus kurzen, gedrungenen Tüpfelelementen besteht. „Sie schließen sich am oberen Ende jedes Leitbündels . . . beiderseits dicht an und steigen tangential schief aufwärts, um sich dem unteren Ende des Leitbündels im nächst höheren Internodium anzulegen.“ Diese Beschreibung Russows (1872, pag. 142) für den Knoten von Equisetum (im Längsschnitt betrachtet) paßt genau auch auf Tradescantia. Die mächtige Entwicklung des Tracheidenknäuels soll nach Cor- mack (1893, pag. 76) bei Equisetum auf einen „sekundären Dicken- wachstum” im Knoten beruhen: Nachdem das Bündel im Internodium Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 143 seine volle Zellenzahl erreicht hat, wird nach Art eines Kambiums zwischen Xylem und Phlo&m eine meristematische Gewebeplatte in die Bündel des Knotens eingeschaltet. Das hierdurch erzeugte Xylem wird netzförmig verdickt. Leider habe ich auf diesen Punkt bisher nicht geachtet. Wenn es so ist, wie Cormack angibt, so hätte man damit eine Erklärung für die Mächtigkeit der Tracheidenknäuel, die pro- portional der Weite des Ganges zuzunehmen scheint, und für die Tat- sache, die damit eng zusammenhängt, daß der Gang, der sich wäh- rend der Erstarkung des Stengels in den Internodien stark erweitert, im Knoten stets unausgebildet bleibt. Daß sich an der Peripherie des Gefäß- ganges noch nachträg- lich Tracheiden differen- zieren können, beweisen folgende Beobachtungen an Tradescantia viridis: Häufig sieht man vom Knoten her Gefäße weit in das Lumen der Ge- Fig. 8. Tradescantia viridis. Internodium fäßeä ar 6 cm lang. Querschnitt. Ein stark erweiterter äßgänge hineinragen. Gefäßgang aus der Mitte des Querschnittes. Die innere Sie sind spiralig verdickt Begrenzung des Ganges gibt mit Chlorzinkjod Zellulose- und enden blind. Manch- reaktion, ist also nicht etwa kutinisiert. mal tritt mitten im Internodium eine wandständige, isolierte, kaum ge- dehnte Tracheide auf, deren Lumen sehr viel enger ist als das der vor ihr im Bündel ausgebildeten Xylemelemente. Vielleicht hat Gravis das auch gesehen (1898, Fig. 151). Er meint, die Traclıeide sei durch Dehnung isoliert worden. Das wollte mir nicht so scheinen; denn nach oben und unten schlossen sich an die Tracheide langgestreckte Zellen an, die nicht Tracheidencharakter besaßen. Die Gefäßgänge, um die es sich handelt, waren nicht angeschnitten. Sie wurden an längs- halbierten, in Chloralhydrat aufgehellten Internodien studiert. Einen Aufschluß über diese isolierten Tracheiden gibt vielleicht die folgende Beobachtung: In verschiedenen Gefäßgängen sah ich je 144 Maria Buchholz, einen unterbrochenen Tracheidenzug. Bei einem Internodium von 77 mm Länge ragten, wie vorhin erwähnt, Tracheiden vom Knoten aus in den Gefäßgang hinein. Nach 14,85 mm begann eine sehr schmale Spiraltracheide von 0,547 mm Länge an der Wand des Ganges. Auf eine 0,593 mm lange unverdickte Zelle folgte eine zweite Tracheide von 0,7068 mm Länge, dann eine dritte, 0,866 mm lange, im Abstand von 0,713 mm. Nach 1,584 mm Unterbrechung begann eine Ring- tracheide von weiterem Lumen, die schon gedehnt und 2,455 mm lang war. Neben ihr trat eine schmale Tracheide auf, die. rhythmische Dehnung aufwies. Im letzten Drittel des Internodiums war der Gang leider abgeschnitten, so daß sich nicht mehr feststellen ließ, ob von unten her Elemente den oberen entgegen wuchsen. Letzteres habe ich bei anderen Indernodien einige Male gesehen. Der unterbrochene Tracheidenzug erinnert an das Verhalten der Gefäße der Randbündel, die auch diskontinuierlich angelegt werden. Daß die einzelnen Glieder durch Dehnung voneinander entfernt worden sind, ist wenig wahrscheinlich. Dagegen spricht die Verbindung durch eine unverdickte Zelle, ferner der Umstand, daß ich sie nur in älteren Internodien beobachtet habe, in denen die Streckung längst beendet war. Tradescantia virginica bildet außer in der Knotenregion gar keine Tüpfelgefäße aus. Dasselbe gilt für Tinantia, bei der jedoch in den Randbündeln das Xylem durch einen Gefäßgang ersetzt ist. Zusammenfassend wäre über vorliegenden Typus zu "sagen: Die inneren Bündel verzichten ganz auf die Bildung von Meta- xylem. Ihr Protoxylem wird schon in frühem Alter durch einen Gefäß- gang ersetzt, der geradlinig durch das Internodium verläuft und der nur im Knoten durch einen Tracheidenknäuel unterbrochen ist. In dem unteren Teil der Wachstumszone sind die Tracheiden zum Teil noch erhalten. Hier dauert die Bildung von Tracheiden in den Gefäßgang hinein noch längere Zeit an. In noch wachsenden Internodien stellen die Gefäßgänge — von den wenigen Primanen abgesehen, die in den Randbündeln vorhanden sind — den „Gefäßteil” der Leitbündel dar. Soweit die Randbündel Metaxylem erzeugen, sind sie in der Wachstumszone noch nicht fertig. Dem Gefäßgang der Commelineen entspricht nach Entstehung und Entwieklung durchaus der der Equiseten. Das Bündel von Equisetum (bei Equisetum gibt es nur eine Bündelart; im Vergleich mit Tra- descantia denke ich an die Innenbündel der letzteren Pflanze, die den Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 145 Gefäßgang besitzen) unterscheidet sich insofern von dem Tradescantia- bündel, als noch zwei seitliche Gruppen von Folgeelementen gebildet werden, die z. B. bei Equisetum hiemale in der interkalaren Zone noch nicht ausgebildet sind. Dort sieht man nur den Gefäßgang, der im Knoten von Tracheiden ausgefüllt wird. Bei Equisetum maximum werden auch diese beiden seitlichen Gruppen zum Teil zerdehnt, so daß in jedem Bündel außer der Carinalhöhle zwei laterale Gefäßgänge auf- treten. Ob die Folgegefäße spiralig verdickt oder getüpfelt sind, läßt sich bei ihrem geringen Durchmesser kaum feststellen. III. Scitaminsentypus. Charakterisiert ist dieser Typus nach dem Bau seiner Hauptleit- bündel durch das große Spiralgefäß, das sich, in manchen Fällen, doch längst nicht immer, ziemlich unvermittelt an engere Primanen anschließt (vgl. Haberlandt 1918, pag. 329, Fig. 144). Die untersuchten Pflanzen waren: Canna indica (Stengel aus dem Freien und Topfpflanzen); Blätter von: Strelitzia Reginae, Musa, Cureuma longa (aus dem Ge- wächshaus); Typha (aus dem Freien); Richardia aethiopica, Alocasia odorata (Gewächshauspflanzen). In den Blättern von Strelitzia, Curcuma, Musa, Typha ist das Verhalten der Bündel in den wesentlichen Zügen überein- stimmend. Bei den typischen Bündeln ist der Unterschied im Bau zwischen oberer und unterer Zone oft derart groß, daß man meinen sollte, verschiedene Arten vor sich zu haben. Doch sind beide Extreme durch allmähliche Übergänge verbunden. In ganz jungen Bündeln, die zu noch unentwickelten Blättern führen, sind zwei bis drei ganz enge Primanen differenziert, denen sich gewöhnlich ein mittelgroßes Spiralgefäß anschließt (z. B. Strelitzia in einem Blatt von 14 cm Länge). Bei älteren Blättern treten in der Wachstumszone im basalen Teil des Blattstieles mehrere (vier bis fünf) mittelgroße Primanen hinzu, die meist in einer Reihe, höchstens zu zweien nebeneinander liegen. Die engen Erstlinge sind kaum noch zu sehen; das spätere weite Gefäß ist als zartwandige große Zelle sichtbar. Die Primanen sind in der ausgewachsenen Zone des Blattstiels meist völlig verschwunden. Ihre Stelle wird eingenommen von groß- zelligem, parenchymatischem Gewebe oder auch von einer unregelmäßig begrenzten Lücke. Je nach dem Schnitt oder der mikroskopischen Einstellung erscheinen innerhalb dieses Gewebes Ringe, die Reste der Primanen (Fig. 9). Längsschnitte belehren darüber, daß die durch Zerreißen der Primanen entstandenen Lücken zum Teil durch Thylien Flora, Bd. 114. 10 146 Maria Buchholz, ausgefüllt sind (Fig. 10). Dazwischen erscheinen die Ringe wie auf- gehängt (Molisch 1888). Eine Primane ist häufig noch erhalten, an sie schließt sich gegen den Siebteil hin das große Spiralgefäß an. Es besteht aus langen, scharf zugespitzten Tracheiden. In angeschnittenen Blättern von Strelitzia konnte Tusche die schrägen Endflächen der Tracheiden nicht passieren. In welcher Höhe des Blattstieles das weite Gefäß fertig ist, habe ich bei Strelitzia nicht verfolgt. Jedenfalls kann es erst nach fast vollendeter Streckung differenziert werden, da seine Spiralen kaum gedehnt ‚sind. In einem 70 em langen Blatt von Typha war das Gefäß erst 40 em über dem Rhizom aus- gebildet. Zwischen Spiralgefäß und Sieb- teil liegt ein Komplex von englumigen, getüpfelten Elementen wie bei den Gra- Fig. 9, Fig. 10. Fig. 9 w 10. Curcuma longa. Blattstiel quer. Obere Zone. Fig. 9. Ein Bündel erster Ordnung quer. Bei oberer Einstellung des Mikroskops wird an Stelle der Primanen ein großlumiges, parenchymatisches Gewebe sichtbar, durch welches bei tieferer Einstellung Primanenringe durchblicken. Das letzte große Spiralgefäß ist nicht mehr ganz gezeichnet. Fig. 10. Längsschnitt aus derselben Region; ein Gefäß gezeichnet, das mit Thylien erfüllt iat. mineen. Sie sind wieder die Ansatzstellen für die Anastomosen, welche die Innenbündel mit den Randbündeln und untereinander verknüpfen. Die Randbündel sind in der interkalaren Zone noch nicht differenziert. Sie bestehen aus einem weitlumigen Gefäß und anschließenden engen Folgeelementen. Die Bündel von Canna indica zeigten innerhalb desselben Inter- nodiums keine Unterschiede in der Differenzierung. Vielleicht lag das am Material; vielleicht liegt aber auch gar kein typisches interkalares Wachstum vor; das habe ich leider durch Messung nicht feststellen können (vgl. pag. 124). Die mir vorliegenden Stengel bestanden aus Über die Wasserleitungsbabnen in den interkalaren Wachstumszonen usir. 147 ganz ausgewachsenen und aus ganz jungen Internodien. Die Bündel unterscheiden sich insofern von den oben geschilderten, als die kleinen Folgegefäße in sehr spärlicher Zahl ausgebildet werden. Fehlen doch auch die Anastomosen im Internodium. Die Blätter habe ich leider nicht untersucht. Bezüglich des großen Spiralgefäßes machte ich an Canna indica Beobachtungen, die von denen bei Strelitzia abweichen. Pflanzen aus dem Freien setzte ich 3 Stunden in Tusche (27. Sept. 1918 von 12% m. bis 3° p.m.). In einem 13 em langen Internodium, das ich kurz über dem unteren Knoten abgeschnitten hatte, stieg die Tusche in etwa der Hälfte der Spiralgefäße bis zum Knoten, wo all- gemein Stauung eintrat. Längsschnitte zeigten deutlich, daß die Tusche durch die offenbar perforierten, schrägen Endflächen hindurchtreten konnte. Dasselbe beobachtete ich bei noch anderen Freilandpflanzen von Canna. Später arbeitete ich einmal mit Topfpflanzen. In keinem der drei untersuchten Stengel stieg die Tusche in dem Gefäß höher als bis zur nächsten Querwand. Ich prüfte von jeiem Stengel nacheinander sämt- liche Internodien mit gleichem Erfolg. Vielleicht waren bei den Frei- landpflanzen, da sie am Ende ihrer Vegetationsperiode standen, die Verhältnisse anomal. " Richardia und Aloeasia scheinen bei flüchtiger Betrachtung in den entprechenden Zonen gleichen Bündelbau wie die Scitamineen zu besitzen; doch tritt statt des weiten Spiralgefäßes ein von langen, schmalen Parenchymzellen begrenzter Gang auf. Seiner Entstehung nach ist er aber nichts anderes als ein solches Gefäß, dessen Spiralen aufgelöst sind (Dahlitsch 1886, p. 312). In der unteren Zone des fast ausgewachsenen Blattes von Alocasia sind die Spiralen noch deut- lich zu sehen. Sie werden allmählich dünner; schließlich bleiben nur Streifen übrig, bis auch diese verschwinden. Nach van Tieghkem (1866, pag. 82) soll dabei das Gefäß passiv gedehnt werden. Die Aus- bildung der Spiralen erfolgt relativ spät, wie bei den entsprechenden Gefäßen der Seitamineen. Die Differenzierung der einzelnen Glieder erfolgt wie bei dem Spiralgefäß von oben nach unten. Dabei werden anscheinend nicht alle Glieder mit Wandverdickungen versehen (Richardia). Daß sich die Spiralen bei Blattstielen vorgerückteren Stadiums in der unteren Zone am längsten erhalten ist klar, da sie dort auch zuletzt angelegt werden. Wie die Auflösung der Verdickungen vor sich geht ist unklar. Möglicherweise hängt das Auftreten des „körnig schleimigen Saftes“, den Hanstein in diesen Kanälen beobachtete (1864, pag. 78) damit zusammen. Der „Gang“ erscheint auf Querschnitten oft durch 10* 148 Maria Buchholz, eine Scheidewand in zwei ungleiche Abschnitte geteilt (Unger 1858, Tafel II, Fig. 14). Die sehr schrägen Endwände, mit denen die ur- , sprünglichen Gefäßglieder aneinander stoßen, bleiben nämlich erhalten. Aber nicht nur diese, sondern die ganzen Gefäßwände persistieren, so daß der Gang deutlich eine eigene, wenn auch sehr dünne Membran besitzt. Das unterscheidet ihn wesentlich von den Gefäßgängen der Commelineen und Glumifloren. In der Blattspreite verengt er sich all- mählich zur Spitze hin, wo die Spiralen erhalten bleiben (Unger 1858, pag. 9). Eine ähnliche Entstehung eines „Ganges“ aus einem Gefäß hat Frank (1868, pag. 137) für Sparganium festgestellt. Für die Scitamineen ergibt sich also: In der inter- kalaren Zone sind einige sehr weitlumige Primanen im Bündel aus- gebildet. Je nach dem Alter sind die ersten schon zerstört und durch Thylien verstopft. Die Randbündel sind undifferenzier. In der oberen Zone sind die Primanen fast alle zerstört, an ihre Stelle treten Thylien. Das große Spiralgefäß ist fertig, bzw. der „Gang“ hat seine spiralförmigen Verdickungsleisten aufgelöst; gegen den Siebteil hin schließt sich ein mittelweites Gefäß und ein Komplex englumiger Folgeelemente an, oder auch nur letzterer. Die Randbündel sind aus- gebildet. Im ausgewachsenen Internodium sind die Primanen in allen Zonen zerdehnt. Fast nur das weite Gefäß (bzw. der „Gang“) und die Folgeelemente erscheinen intakt. IV. Liliacsentypns. Ich habe mir den interkalar wachsenden Blütenschaft von Narzissus poöticus und die Blätter von Narzissus, Hya- zinthus orientalis, Leucojum pulchatum, Antholyza aethiopica und Freezia refracta auf diesen Typus hin angesehen. Betrachtet man einen Gesamtquerschnitt in der oberen und unteren Region eines wachsenden Blattes, so erkennt man, wie zwischen den Bündeln erster Ordnung, die das ganze Blatt durchziehen, in dem oberen Teil eine Reihe kleiner Zwischenbündel eingeschaltet ist. In den Hauptbündeln selbst ergeben sich Unterschiede (Fig. 11 u. 12). In der interkalaren Zone sind mehr oder weniger Primanen differen- ziert. Die ersteren zwei bis drei sind oft sehr eng, dann folgen Ele- mente von untereinander wesentlich gleichem Lumen. Die engen Ge- fäße sind in den ausgewachsenen Teilen nicht mehr zu sehen, auch von den anderen erscheinen die erst ausgebildeten sehr desorganisiert. An ihrer Stelle sieht man oben ein unregelmäßig begrenztes Loch, Über die Wasgerleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 149 darin hin und wieder Ringe und Reste von Spiralen. Thyllen habe ich in keinem Fall beobachtet. Es schien mir vielmehr, als ob der Raum von einer schleimartigen Masse mehr oder weniger erfüllt sei. Die Zahl der intakten Gefäße ist in der oberen Zone bedeutend vermehrt, sie sind spiralig verdickt; von den eigentlichen Primanen unterscheiden sie sich daher nur durch ihre spätere Differenzierung, derzufolge sie erhalten bleiben. Zum Siebteil hin treten dann wieder englumigere Elemente auf, die an die kleinen Folgegefäße der Scita- mineen und Gramineen erinnern. Sie sind viel- fach spiralig verdickt, können aber auch ge- tüpfelt sein. An sie setzen sich die Anastomosen an. Die Zwischenbündel niedriger Ordnung be- stehen nur aus solch engen Gefäßen; daher ist ihr Xylem auch in der Wachstumszone noch nicht ausgebildet. Die Ausbildung der Trache- idenstränge in der Längsrichtung er- folgt teilweise fragmentarisch, d. h. estreten Unterbrechungen im Strang auf. Diese Tatsache ist von Tr&cul (1881, 8. 251ff.) für verschiedene Monokotylenblätter (Iris, Funkia, Fig. 11. Fig. 12. Allium, Hemerocallis usw.) festge- stellt worden. Nathanson (1898, pag. 671) hat sie beobachtet an Blättern von Freezia refracta, An- tholyza aethiopica, Crocus u. a., die er in Chloralhydrat aufhellte, um die Blattnerven zu untersuchen, Ich habe diese und die oben an- Fig. 11 u. 12. Nareissus poöticus. Blütenschaft 20 cm lang. Fig. 11. Interkalare Zone quer. Fig. 12. Obere Zone quer. Gezeichnet sind nur die Elemente, die sich bei einem Aufsteigeversuch mit Trypanblau gefärbt hatten. Die ein bis zwei ersten, ganz engen Primanen waren schon in der interkalaren Zone funk- tionslos, geführten Objekte vorgenommen. Von der Vorstellung ausgehend, daß die Tracheiden eines Stranges stets nacheinander, also kontinuierlich fortschreitend ausgebildet werden, so daß eine zusammenhängende Reihe entsteht, kann sich Nathanson das Auftreten der „Lücke“ nur so erklären, „daß einzelne Tracheiden dem Wachstum der umgebenden Gewebe nicht vollständig gefolgt sind und dadurch passiv auseinander gezogen wurden, während ein Teil der benachbarten Zellen an ihnen vorübergleiten mußte“ (pag. 677). Eine eigentliche Lücke habe ich nie gesehen. Die Unterbrechungsstelle wurde stets von einer langgestreckten, unverdickten Zelle eingenommen, 150 Maria Buchholz, die sich unmittelbar an die fertigen Glieder oben und unten anschloß. Man muß bei den aufgehellten Präparaten manchmal genau zusehen, um die Verbindungszelle zu erkennen. Sie war aber immer vorhanden. An anderen Stellen ist diese Zwischenzelle schon mit zarten Ring- verdiekungen versehen. Wenn wirklich eine Lücke durch passive Dehnung der Tracheiden aufträte, so müßte in der betreffenden Region ein intensiveres Wachs- tum stattgefunden haben, und die anderen Tracheidenstränge müßten in dieser Höhe des Blattes ebenfalls stärker gedehnt sein als im übrigen Verlauf. Das habe ich an solchen Stellen aber nie beobachten können. Die longitudinale Entfernung zwischen zwei getrennten Tracheiden ist häufig so groß wie ihre Länge, so daß man den Eindruck hat, hier sei das Zwischenglied einfach nicht ausgebildet, d. h. nicht mit Wand- verdickungen versehen worden. Ich habe auch Fälle beobachtet, wo sich in einem Tracheidenstrang an ein weit differenziertes Glied ein zartwandiges, an dieses ein noch jüngeres, daran wieder eins erster Art ansetzte. Die Ausbildung der seitlichen Anastomosen erfolgt auch sehr oft diskontinuierlich. Die geschilderten Verhältnisse wurden, wie das auch Nathanson angegeben hat, an solchen Tracheidensträngen studiert, die nur aus einer Reihe von Gefäßen bestanden. Eine unterbrochene Ausbildung solcher Stränge ist durchaus nicht. auf die vorliegenden Blätter beschränkt. Gibt doch schon Naegeli (1858, pag. 37) an, daß die Anlage der ersten Stränge oft stückweise erfolgt. Tre&cul (1881, pag. 251) hat außer für Monokotyle auch für verschiedene Dikotyle diskontinuierliche Ausbildung der Gefäßstränge konstatiert. Ich selbst habe die fragliche Erscheinung, wie schon hervor- gehoben, bei Cyperus alternifolius und Tradescantia viridis beobachtet. Nach alledem kann ich die „Lücke“ nur als undifferenziertes Glied eines Tracheidenzuges ansehen, nicht als eine nachträgliche Bil- dung, muß also die Nathansonsche Deutung und Annahme eines gleitenden Wachstums ablehnen, wofür die Präparate keinen Anhalt geben. Zusammenfassend wäre über den vierten Typus zu sagen: Das Xylem der Hauptbündel besteht in der interkalaren Wachs- tumszone aus wenigen Primanen; der Gefäßteil der Zwischenbündel ist meist noch nicht ausgebildet. In der oberen Zone sind in allen Bündein weit mehr Gefäße vorhanden als unten. An die Stelle der Primanen ist ein unregelmäßig von Zellen begrenzter Raum getreten, in dem die Reste der Verdickungsleisten liegen (und in dem eine schleimige Masse auftritt?). Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 151 Hauptergebnisse des anatomischen Teiles. 1. Es hat sich eine bedeutende Verschiedenheit sowohl hinsichtlich der Zahl als auch der Differenzierung der Wasserbahnen zwischen der interkalaren Wachstumszone der Sproßteile und der fertigen Region herausgestellt bei Typus I, III, IV, indem in der interkalaren Zone nur Primanen vorhanden sind, das typische fertige Bündel aber erst nach vollendetem Wachstum ausgebildet wird. 2. An Stelle der Primanen tritt bei Typns I meistens, bei Typus II stets (soweit untersucht) in den typischen Innenbündeln schon in der interkalaren Wachstumszone ein Gefäßgang auf, für den sich rhexigene Entstehung und eventuell Erweiterung nach- weisen läßt. 3. Die von Nathanson behauptete „Einschiebung“ von Elementen in den Tracheidenzug, die er in Zusammenhang mit dem interkalaren Wachstum bringt, läßt sich aus der unterbrochenen Ausbildung der Stränge erklären. Gleitendes Wachstum, das er annimmt, ist also nicht nachweisbar. Anhang zum anatomischen Teil: Der Gefäßgaug bei Wasserpflanzen. Bei der großen Wichtigkeit, die der Gefäßgang nach Entstehung und Funktion für unser Problem haben muß, ist es wohl angebracht, auch die bei Wasserpflanzen verbreiteten Gefäßgänge einer kurzen Betrachtung zu unterziehen. Nach Schenck (1886, p. 39—49) gibt es bei submersen Wasserpflanzen Gänge, die 1. nach Entstehung und Aussehen den typischen Monokotylen- gängen gleichen: Potamogeton; 2. sich durch Resorption transitorischer Ringgefäße bilden: Zanichellia; 3. die durch Resorption von einem, seltener von zwei Ring- gefäßen, deren Verdickungen rudimentär bleiben, entsteben: Elodea; 4. der Auflösung von unverdickten Procambiumzellen ihre Ent- stehung verdanken: Ceratophylium. Bei Fall 1 liegt vermutlich auch rhexigene Entstehung vor, 2—4 sind typisch Iysigen. 152 Maria Buchholz, B. Physiologischer Teil. Im Anschluß an die anatomische Untersuchung muß man sich fragen: Wie steht es mit der Beanspruchung und Leistungsfähigkeit der Leitbündel in den verschiedenen Zonen der Sproßteile? Welchen Weg nimmt der Wasserstrom in der interkalar wachsenden Pflanze? Können die Leitelemente, die im oberen Teil des Internodiums aus- gebildet, in der interkalaren Zone aber noch nicht differenziert sind, der Wasserbewegung dienstbar gemacht werden? Wie wird eventuell der Anschluß vermittelt zwischen fertigen und unfertigen Gefäßen? Wie werden die Primanen funktionell ersetzt? Übernimmt etwa der Gefäßgang da, wo er ihre Stelle einnimmt, auch die Fortleitung des Wassers? Die Annahme einer leitenden Funktion des Gefäßganges drängt sich nach dem anatomischen Befund von selbst auf. Wie sollte wohl z. B. das Wasser die 10 cm lange basale Strecke des Halmes von Cyperus alternifolius passieren, in der kaum eine Primane funktions- tüchtig geblieben ist, wohl aber Gefäßgänge vorhanden sind? Und wie ist es mit Pflanzen, denen — wie Tinantia fagax — nur solche Gänge zur Verfügung stehen? Es ist daher zunächst wichtig, festzustellen, welchen Inhalt diese Gänge führen. Darüber liegen mehrere Angaben vor: für Butomus, Sagittaria, Alisma, Equisetum, Acorus und Heleocharis von Wester- maier (1884, pag. 1106 ff.), für Zea Mays und Equisetum von Stras- burger (1891, pag. 436/37), von Cormack (1893, pag. 76) für Equi- setum und von Gravis (1898, pag. 136) für Tradescantia und Tinantia. Die Autoren geben übereinstimmend an, daß sie bei reichlicher Bewässerung die Gänge mit Wasser erfüllt fanden; bei stärkerer Transpiration aber traten Luftwasserketten auf, wie es auch in Gefäßen der Fall ist. Ich fand diese Angaben bestätigt für Equisetum littorale, Tradescantia virginica und viridis, Tinantia fugax, Cyperus alternifolius, Arundo Donax, Zea Mays. Ich schnitt mit zwei scharfen Skalpellen — in Ermangelung eines Doppelmessers — z. B. bei Tradescantia ein Stück des Internodiums heraus und machte dicke Quer- und Längs- schnitte, die troeken auf den Objektträger gebracht wurden, um zu sehen, wie das Wasser verdunstete. Man kann die Schnitte auch: nach dem Vorgang von Gravis (1898) in Olivenöl legen. Nach dem Inhalt der Gefäßgänge läßt sich also von einem Luft- gange schlechthin nicht reden, wie es Lehmann (1906, pag. 21) und Haslinger (1914, pag. 1164) noch tun. Auch die „interzellulare TLuftlücke* in dem Bündel von Bambusa Simonii, das bei Haber- Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 153 landt (1918, pag. 328) dargestellt ist, entspricht genau der Stelle des Gefäßganges. Das Vorhandensein von Wasser beweist aber noch nichts für die Beteiligung an der Wasserleitung. Hier kann nur das Experiment entscheiden. Außer Westermaier haben die oben genannten Forscher für die angegebenen Pflanzen Aufsteigeversuche gemacht, und zwar mit Eosin. Gravis ließ außerdem in angeschnittenen Zweigen von Trades- eantia Gelatine und Tusche aufsteigen und fand, daß sie in die Gefäß- gänge eindrangen. Letztere Versuche muß man insofern beanstanden, als in dem angeschnittener Internodium kapillare Wirkungen in Betracht kommen können. Die Aufsteigeversuche ergaben Färbung der den Gefäßgang um- gebenden Zellen, und zwar in allen Internodien. Demzufolge schrieb Strasburger (1891, pag. 576/77) als erster dem Gefäßgang leitende Funktion zu. Im Anschluß an seine Versuche vermutete dann Cor- mack (1893, pag. 76) hei Equisetum, daß der Tracheidenpfropf für die Wasserleitung eine wesentliche Rolle spiele; es solle dabei die Zahl der Elemente einen Ausgleich für das Fehlen des offenen Kanals bilden. Die Versuche von Gravis brachten wenige Jahre später dureh die Entdeckung des reduzierten Wasserleitungssystems der Tinantia eine wertvolle Bestätigung der Strasburgerschen Vermutung. Einen Be- weis für die Ähnlichkeit der Gänge mit Gefäßen erblickte Gravis auch in der Thylienbildung, die nach Verwundung bei Tradescantia ein- setzt und die von Strasburger für Equisetum (1891, pag. 436) ge- schildert wurde. Beide Angaben, die von Strasburger und Gravis, sind offen- bar wenig beachtet worden. Haberlandt (1918, pag. 331) führt die Angaben Westermaiers bezüglich des Inhaltes der Gefäßgänge an und fährt fort: „Doch bleibt es unentschieden, ob er (der Gefäßgang) dabei nur als Wasserreservoir fungiert oder auch an der Wasserleitung beteiligt ist.“ — Für Equisetum maximum speziell hatte Miß Sykes (1906) gezeigt, daß wässerige Eosinlösung in den Karinalhöhlen auf- steigt. Bezüglich der zweiten Art von Gefäßkanälen, die bei Richardia und anderen Aroideen vorkommt, erscheint die Annahme einer wasser- leitenden Funktion nieht nur berechtigt, da der „Gang“ direkt aus einem Gefäß hervorgegangen ist, ja, noch eine eigene Wand behalten hat, sondern sogar fast ebenso zwingend wie für Tinantia. In den aus- gewachsenen Blattstielen stehen den Pflanzen kaum andere Gefäßele- mente zur Verfügung. Daß die noch vorhandenen wenigen Primanen 154 Maria Buchholz, und die engen Folgegefäße allein die große Blattspreite auf solch lange Strecken mit genügend Wasser versehen können, erscheint zum min- desten zweifelhaft. Es muß eine beträchtliche Wassermenge durch den Blattstiel befördert werden. Ist ja für Colocasia allgemein bekannt, welch große Wassermengen sie in kurzer Zeit an ihrer Spitze aus- scheiden kann (Haberlandt, 1918, pag. 464). In der Tat sind die Kanäle wenigstens zum Teil stets mit Wasser gefüllt (de Bary, 1877, pag. 341; Dahlitsch, 1886, p. 312). Auch ergibt sich aus der ana- tomischen Betrachtung ihr unmittelbarer Zusammenhang mit den aus- führenden Gefäßen der Blattspitze. Nach der Vorstellung von Dah- litsch (1886, pag. 312) pressen die eng anliegenden Gefäße Wasser in den Kanal, der ihm als vollständig abgeschlossener Behälter er- scheint. Das ist unrichtig; denn die Kanäle gehen im fertigen Zustande in die Leitbündel des Rhizoms über. Versuche hat Dahlitsch nicht angestellt. Es ist daher noch zu entscheiden, wie weit die Kanäle mit dem Wassertransport in Beziehung stehen. Was nun die Funktion der Gefäßgänge bei den Wasserpflanzen angeht, so hat Snell (1908, pag. 213) für Potamogeton, Elodea u. a. durch Aufsteigeversuche mit Ferrozyankaliumlösung ihre Befähigung zur Wasserleitung einwandfrei erwiesen. Auch dieses Resultat ist offen- bar nicht weiter bekannt geworden. So sprechen Schenck (1915, pag. 524) und Haberlandt (1918, pag. 302) wohl die Vermutung aus, daß bei submersen Wasserpflanzen die Leitung des Wassers in den Gefäßgängen und spärlich angelegten Gefäßen nicht ganz auf- gegeben werde; die Resultate von Snell erwähnen sie aber nicht. Wie also ersichtlich ist, herrscht über die Bedeutung des Gefäß- ganges Unsicherheit. Für uns ist die Klärung des Sachverhaltes höchst wichtig, da, wie wir sahen, in der interkalaren Zone außer solchen Gängen oft keine Elemente des Gefäßteiles differenziert sind. Sie wird im Anschluß an unsere obige Fragestellung (zu Eingang des Abschnittes) durch experimentelle Behandlung des Problems anzustreben sein. — Um den Weg des Wasserstromes in den interkalar wachsenden Sprossen sichtbar zu machen, bediente ich mich der bekannten Methode, Farbstofflösungen in transpirierenden Sprossen aufsteigen zu lassen. Der bisher zu diesem Zweck wohl meist benutzte Farbstoff ist das Eosin. Noch in neuester Zeit haben ihn Gerresheim (1912), Rippel (1913), F.J. Meyer (1915) zum Nachweis von Wasserleitungsbahnen verwandt. Auch ich stellte einige Vorversuche mit Eosin an. Die Lösung dringt aber leicht in das die Leitbündel umgebende Gewebe ein, so daß der Weg des gefärbten Wassers wenig klar zu verfolgen ist. Das Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 155 war besonders störend in den noch zu schildernden Übergangszonen zwischen unfertigem und fertigem Zustand der Leitbündel. Außerdem schädigt Eosin die Objekte bei längerer Einwirkung. Darum sah ich mich nach einem anderen Farbstoff um. Für verschiedene Anilinfarben hat Küster (1912) festgestellt, daß sie keine Vitalfärbung bewirken und daß sich die Färbung beim Aufsteigen der Lösung auf die Gefäßwände beschränkt. Ich versuchte daraufhin folgende Farben in 1°/,, Lösung: Trypanrot, Wollviolett, Chromechtblau, Oxyaminschwarz und Benzoröinschwarz. Als Objekte nahm ich je einige Exemplare von Cyperus alternifolius, Equisetum hiemale, Tradescantia virginiea. Das Ergebnis war in allen Fällen mit Trypanrot ansgezeichnet'). Der Farbstoff stieg schnell, ging also durch die Endwände zwischen den Tracheiden und durch den Knoten ohne Schwierigkeit hindurch. Dabei blieb er auf die Leitungsbahnen beschränkt. Die anderen Lösungen waren nur wenig gestiegen. Offenbar hatten sie die Leitungsbahnen verstopft. Bessere mikroskopische Bilder als das Rot liefert das Trypan- blau, das ebenfalls in 1°/,, Lösung verwendet wurde. In dem hellen Gesichtsfeld heben sich die blauen Konturen gut ab. Der Farbstoff scheint für die Pflanzen unschädlich zu sein. Die Sprosse halten sich darin wie in Wasser. Wegen dieser Harmlosigkeit konnte die Lösung auch für submerse Wasserpflanzen verwandt werden, die ich 2—3 Wochen darin belassen habe. Wie lange sie den Aufenthalt in Trypan- blau vertragen können, ohne abzusterben, habe ich nicht festgestellt. Im Trypanblau besitzen wir also einen Farbstoff, der, wie meine Ver- suche zeigen, alle bisherigen für Aufsteigeversuche verwendeten Farb- stofflösungen bei weitem übertrifft. Die untersuchten Pflanzen wurden unter Wasser abgeschnitten. So- weit es sich um Freilandpflanzen handelte, holte ich mir das Material an warmen Sommertagen nur morgens. Die Schnittfläche wurde vor dem Einsetzen in die Farbflüssigkeit nochmals unter Wasser erneuert. Wo die interkalare Wachstumszone unmittelbar über dem Rhizom liegt (Oyperus, Blätter von Acorus, Typha usw.), schniti ich die Sprosse im Rhizom unter Wasser durch. Die Farblösung mußte alsdann erst das übrig gebliebene mindestens I—2cm lange Rhizomstück passieren, ehe sie an die interkalare Zone kam. Ähnlich verfuhr ich mit den Zwiebelpflanzen (Hyazinthus). Bei diesen schnitt ich die Wurzeln ab, 1) Trypanrot ist 1904 von Ehrlich hergestellt worden und zeichnet sich nach ihm durch seine geringe Giftigkeit aus. Über die Konstitutionsformel vgl. Ehrlich (Berliner klin. Wochenschr., Bd. XLI, 1904, pag. 329). 156 Maria Buchholz, entfernte die Zwiebelschalen zum Teil und stellte an dem Zwiebelkuchen eine Schnittfläche her. Bei den übrigen untersuchten Pflanzen berück- sichtigte ich nur die Färbung der oberen, intakten Internodien, nicht der an- geschnittenen. In diesen sind beim Wasseraufstieg auch kapillare Kräfte wirksam. Das zeigt sich deutlich daran, daß z. B. angeschnittene Raphidenschläuche von Tradescantia viridis oder die Vallekularhöhlen der Equiseten in angeschnittenen Internodien oft dicht mit Farblösung angefüllt waren, Das war aber nie der Fall bei den intakten Inter- nodien. Aus diesem Grunde führten auch Tuscheversuche nicht zum Ziel. Die Tusche stieg nur bis zum Knoten, aber wiederum auch in Raphiden- schläuchen und Interzellularräumen außerhalb der Leitbündel. In manchen Fällen habe ich die Leitbahnen durch entsprechende Sinschnitte unterbrochen, um zu sehen, ob eine seitliche Leitung statt- fände. Die Feststellung der Leitungswege selbst geschah an Querschnitten, die in den verschiedenen Zonen geführt wurden. In Wasser darf man die Schnitte nicht zu lange liegen lassen, da es das Trypanblau sehr gut löst. Charakteristische Präparate habe ich in der Hoyerschen Flüssigkeit für Anilinfarben aufbewahrt. Die Färbung hat sich gut gehalten. Die Schnitte ziehen sich zwar etwas zusammen, lassen aber meist das Hauptsächliche noch gut erkennen. Auch Glyzerin kann man als Einschlußmedium benutzen; doch zieht die Farbe etwas aus, I. Glumiflorentypus. Cyperus alternifolius. Die Pflanzen stammten aus dem Viktoriahaus, wo sie auch während der Versuchsdauer verblieben. Nur in den an Feuchtigkeit reichen Warmhäusern läßt sich nämlich mit Cyperus arbeiten. Die Stengel wurden in der angegebenen Weise abgeschnitten und in die Farblösung gesetzt. In dem Viktoria-Bassin ließ ich mir ein Gestell herrichten, so daß ich die Gläser mit den Sprossen in das Wasser stellen konnte. Die Farblösung nahm ungefähr die Temperatur des Wassers an, so daß die Halme im wesentlichen unter denselben Temperaturbedingungen verblieben. Die Pflanzen transpirieren stark. Das bewies die Schnelligkeit des Aufstieges der Farblösung. Bei den einzeinen Versuchen habe ich nur die Zeit angegeben, während welcher sich die Sprosse in der Lösung befanden. Das Zeitminimum für den Aufstieg habe ich nicht festgestellt, da es mir nicht auf die Schnelligkeit der Bewegung ankam. Die Färbung blieb während kurzer, wie auch während langer Leitungsdauer bei Cyperus ganz auf die Leitungsbahnen beschränkt. Im folgenden greife ich einige charakteristische Beispiele aus den angestellten Versuchen heraus. Angegeben ist, welche Gefäße gefärbt waren. Ich werde einige Abkürzungen gebrauchen: Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 157 1. W.Z. = Interkalare Wachstumszone, P. = Primanen, G.6. = Gefäßgang, V.B. = Verbindungsbrücke, T.G.= seitliche Tüpfelgefäße. 1. 4. Okt. 1918; kräftiger Stengel, 50 cm hoch, in Trypanblau von 10% a.m. bis 3b p.m, Obere Zone: Alle Bündel beansprucht (6.6. + V.B.+T. G.). Auch sämtliche Randbündel (V.B.-+-T.G.). Vorhanden sind 174 Bündel, davon 120 Randbündel, von denen 87 keinen G.G. aufweisen. 13 cm über dem Rhizom: 6.G.+ V.B,, hie und da ein T.G. Tun „ : Alle G.G. und nur diese. 1LW.2.: P, bzw. 6.6. 2. 5. Okt. 1918. Halm 43 cm hoch, Trypanblau. 16 cm über dem Rhizom und höher: Alle Bündel (G.6.+V.B. + T.G.) bean- eprucht, auch die Randbündel, 1, ,„ „ Rhizom: 6.6.+ V.B. 6b »:%6. 12 20» „1:0. I w. 2.: P., bzw. 6.6. der in Entstehung ist. IH. 23. Jan. 1919 12n m. Halm 50 em hoch, Warmhaus, in Trypanblau bis zum 24. Jan. 12: m. 15 cm über dem Rhizom: Alle Bündel (wie oben bei II). Bu) un „ :@G+VB LW.2Z.: P, bzw. 6.G. (in Entstehung). 1—2 mm unterhalb der I. W.Z. des Halmes im Rhizom: nur P. 4 : Alle Gefäße der fertigen Rhizombündel, ” ” ” ” ” ” In den verschiedenen Zonen der Pflanze ergibt sich also bezüglich der Wasserbahnen bei dem interkalar wachsenden Cyperus folgendes Bild: In Rhizom sind sämtliche Gefäße der Bündel beansprucht. Gemäß der Differenzierung der Bündel sind in der interkalaren Zone des Rhizoms und des Stengels nur die Primanen beansprucht. Daran anschließend besorgt der G. G., an dessen Innenseite (zum Siebteil hin) häufig noch ein bis zwei Primanen erhalten, d. h. noch wenig gedehnt sind, auf eine Strecke von mehreren Zentimetern hin allein die Leitung. Von ihm aus ge- langt das Wasser über die nunmehr fertige V. B. in die seitlichen T.G. Es ist zu beachten, daß sich dieser Übergang nur an den Stellen vollzieht, wo die Verbindungselemente unmittelbar an die Tüpfelgefäße angrenzen und nicht durch Parenchymzellen von ihnen getrennt sind. Mit der Ausbildung der V. B. treten auch die Anasto- 158 Maria Buchholz, mosen in Tätigkeit, die die Hauptbündel mit den Randbündeln verbinden; so daß in dieser Zone die Benutzung der Randbündel beginnt, die ja in der J. W. Z. noch gänzlich undifferenziert waren. Bei manchen Halmen (es sind anscheinend solche, die weniger lang werden), können die T. G. schon nach einer kürzeren Strecke über dem Rhizom be- ansprucht werden, als es bei den angeführten Beispielen der Fall war; z. B. bei einem Stengel von 27cm Höhe begann die Färbung der T. G. vereinzelt schon 5,2 cm über dem Rhizom; 7 cm hoch waren alle beansprucht. In einem Stengel von 17 cm Höhe lag die Übergangs- zone zwischen 8—10 cm über dem Rhizom. Die Tüpfelgefäße treten also erst eine beträchtliche Strecke oberhalb der J. W. Z. in Funktion. Während die J. W. Z. 1—1,5 em lang ist, beträgt die Länge jener im günstigsten gemessenen Falle 5,2cm über dem Rhizom. Alle von mir untersuchten Pflanzen (vgl. anatomischer Teil, pag. 134 u. 139), deren Leitbündel nach dem Glumiflorentyp gebaut sind, zeigen im Hinblick auf das Verhalten des einzelnen Bündels in den verschiedenen Zonen das gleiche Bild wie Cyperus. Zur Erläuterung seien einige Beispiele angeführt. Die Versuche wurden im neuen Versuchshaus des Botanischen Gartens angestellt. Carex pseudocyperus aus dem botanischen Garten. 14. Mai 1919. Halm 28 cm lang, 1 Tag in Trypanblau. Gefärbt waren: 4—5 em über dem Rhizom und höher alle Bündel: G.G. + V.B.+T.Ü. In mn » : P.(@G)-+V.B. (Der 6.6. war nicht sehr deutlich ausgebildet.) LW.Z: P. Bromus spec. Von einem Halm sind drei aufeinander folgende Inter- nodien gemessen. In Trypanblau vom 12.—13. Mai 1919. Unten. 1. Internodium 11 em lang. Gefärbt sind: 1 cm über dem Knoten und höher: Alle Bündel. 1LW.Z.: 2--3 P, pro Bündel. Knoten: Alle Gefäße der Bündel, Unten, 2. Internodium 9 cm lang. Gefärbt sind: 4 cm über dem Knoten (6.G.) + V.B. +-T.6. 32 090%. P @&zw.6.G)+V.B. L.W.Z.: 2-3 P. pro Bündel. Bei Bromus ist der 6.G. nur bei den innersten Bündeln deutlich, dann aber auch stets gefärbt, Oben. 3. Internodium 4 cm lang. Gefärbt sind: 3 cm über dem Knoten: der ganze Gefäßteil der Bündel (inkl. 6. G., wenn vorhanden). I.W.Z.: meist 2 P. pro Bündel. Über die Wasserleitungsbabnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 159 Als letztes Internodium des Halmes folgte der Infloreszenzstiel, den ich nicht mehr berücksichtigt habe, Daectylis glomerata. Internodium unterhalb des Infloreszenzstieles 14’/, em lang. In Trypanblau vom 12,—13. Mai 1919. Gefärbt sind: 6 cm über dem Knoten: P. (bzw. .G) +V.B.+T.G. Dunn »„ : P. (bzw. 6.6) VB. ILW.Z.: nur P. Der 6.G. ist nur bei den inneren Bündeln deutlich; er ist steis gefärbt. Arundo Donax. 30, Okt. 1918. In Trypanblau. Die Bündel sind auf dem Querschnitt in vier Kreisen angeordnet. 1. Halm. Ich führe die einzeinen Internodien in ihrer Aufeinanderfoige von oben nach unten an, beginne also mit dem obersten untersuchten Stengelglied. Oben. Internodienlänge: 6 em. Im ganzen Internodium nur P. bzw. 6.6. gefärbt. Fast nur die Bündel des innersten Kreises benutzt. Internodienlänge: 11,5 cm. Fast nur die Bündel des innersten Kreises gefärbt. Oben: 6.G.+T.G.; I. W.Z.: P. bzw. 6.6. Unten: Internodienlänge: 12 cm, 14 cm, 15 cm, 18 cm usw.: In all diesen sind meist sämtliche Gefäßelemente gefärbt, stets weist der G.G. intensive Färbung auf. Eine I. W.Z. ist nicht mehr vorhanden. 2. Halm: 27, Okt. 1918. Oben. Internodienlänge: 7 em: Nur die P. bzw. G.G. der innersten Bündel gefärbt. Internodienlänge: 12,5 cm: 7 cm über dem Knoten: G.G.4V.B.; T.G. vereinzelt, höher sind auch die T.G. alle gefärbt. : 1. W. 2.: P. bzw. 6.6. Unten. Internodienlänge: 18 cm: Fast alle Bündel (6.6.4 V.B. + T.G.). Es wäre möglich, daß Arundo Donax im Höhepunkte seiner Vegetations- periode bezüglich der Ausbildung der Internodien andere Verhältnisse zeigt, daß z. B. mehr Internodien mit interkalaren Wachstumszonen tätig sind, wie das z. B. für Bromus (r. oben) der Fall ist. Das Verhalten der einzelnen Bündel ist genau wie bei Cyperus. Gymnothrix latifolia. 6. Nov. 1918. Oben. Internodienlänge: 0,4 cm: Wenige P. von wenigen Bündeln gefärbt. 1,5 em: Nur der innere Bündeikreis, nur P. bzw. G.G. gefärbt. Internodienlänge: 6 em, l4 cm, 18 cm, 23cm; obere Zone: G.G. Unten: +Y.B.+T.G. LW.Z.: P. bzw. 6.6. Bei den Stengeln von Luzula pilosa und maxima, Juncus conglomeratus, den Blättern von Acorus Calamus und gramineus verfolgt der Wasserstrom denselben Weg wie bei den Glumifloren. Die Beschreibung von Cyperus läßt sich, von Einzelheiten abgesehen, auf den ganzen Glumiflorentypus ausdehnen. Der G.G. hat sich bei allen Fällen auch in den fertigen unverletzten Internodien gefärbt. 160 Maria Buchholz, II. Commelineentypus. Tradescantia viridis: 4. Nov. 1918. Orchideenhaus. In Trypanblau. Eine Pflanze; die einzelnen Internodien sind von oben nach unten angeführt: B ! Zahl der gefärbten Zahl der gefärbten Internodienlänge | Gefäßgänge N Randbündel ' j Oben 0,5 cn 13 0 (nur P.) 25. 13 kan) 25» ; 14 alu») 38 . 15 i 12(, u) 55. ! 12 ! 8 (P.+T.G.) 60. i 16 12 (P.+T.G.) 55 „ i 13 10 (P.-+T.6.) 45 „ ! 16 12 (E.+T.G) 42 . ! 14 | 12 (P.+T.G.) Unten 42 „ i 16 B 10 (P.+T.&G.) i i Für Tradescantia viridis habe ich in derselben Weise noch sechs Stengel untersucht, die zahlenmäßig, was die Bennspruchung der Bündel angeht, mit dem angeführten Beispiel im wesentlichen übereinstimmen. An Tradescantia virginiea habe ich keine Zählung veranstaltet, mich aber überzeugt, daß sie sich wie Trades- cantia viridis verhält. Tinantia fugax. Blühendes Exemplar. Gewächshaus. 1 Halm. In Trypanblan. . Zahl der gefärbten Zahl der gefärbten Rand- Internodienlänge Gefäßgänge bündel"(Gofäßgänge) 1,7 em 30 H o 17 „ ! 44 1 0 28 „ 52 3 34. ! 48 {) 37. ! 44 | 0 41. 46 0 51. | 48 2 55. } 44 i 16 61 „ 44 f 20 70» | 46 I 22 . Bei der normalen, gut transpirierenden Pflanze sind meist in allen Internodien bis zum Gipfel alle Gefäßgänge mit Farb- flüssigkeit erfüllt. Die Benutzung der Randbündel ist nur in aus- gewachsenen Internodien möglich, wo diese Elemente den Anschluß nach unten erreicht haben. Seitliche Verbindungen kommen im ganzen Internodium nicht vor. Ich habe die Versuche noch in verschiedener Weise modifiziert. Darüber sei nur folgendes mitgeteili. Bringt man in den Internodien eine seitliche Ein- kerbung an, derart, daß ein Teil der Leithahnen völlig unterbrochen ist, und läßt Über die Wasserleitungsbehnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 161 die Stelle ohne Umhüllung, so sieht man auf Querschnitten durch den oberen Teil des Internodiums, wie die nach unten offenen Leitbahnen, so auch die Gefäßgänge, sich allmählich von oben nach unten hin färben. Da nun keinerlei seitliche Ver- bindung in dem Internodium besteht, so kann die Lösung nur von den Tracheiden des Knotens, also von oben her in die Gefäßgänge hineinfiltriert sein. Auf diese Weise könnten die später ausgebildeten Gefäße, ehe sie den Anschluß nach unten gefunden haben, mit Wasser gefüllt werden und so schon als Reservoir fungieren. Es ist demnach in den Gefäßgängen auch eine Wasserbewegung von oben nach unten möglich. In den interkalar wachsenden Internodien filtriert das Wasser vom Tracheidenpfropf des Knotens in den Gefäßgang hinein und steigt in diesem weiter. Bei einer gewissen Internodienlänge stehen zur Leitung noch einige Primanen der Randbündel zur Verfügung. Die Folgegefäße dieser Bündel kommen nur für die Wasserleitung in fertigen Internodien in Betracht; erst durch ihre Verbindung mit dem unteren Knoten werden sie in die Bahn des Wassers eingeschaltet. Somit ergibt sich für diesen Typus in bezug auf die benutzten Wasser- bahnen innerhalb eines Internodiums in der wachsenden und in der oberen Zone kein Unterschied. Äußerst charakteristisch und wichtig für diesen Typus sind die weiten Gefäßgänge, die unter Um- ständen die einzigen Wasserbahnen darstellen. Equisetum. Versuche wurden gemacht mit Equisetum hiemale und robustum aus dem Gewächshaus, Equisetum littorale aus einem Gartentümpel, Kguisetum arvense aus dem Garten und Equisetum maximum aus dem Melbtal bei Bonn. Letztere drei Arten mußten während des Versuches unter eine Glasglocke gestellt werden, da sie sonst sehr rasch vertrockneten. In allen Internodien waren wieder sämtliche Gefäßgänge gefärbt, die die Stelle der Primanen einnehmen. Wie bei Tradescantia geht das Wasser von den Tracheidenknäueln des Knotens unmittelbar in die Gänge hinein. In der interkalaren Zone sind nur die Gänge gefärbt, und zwar ist die Färbung genau auf ihre Kontur beschränkt. Die seit- lichen Gefäßgruppen der einzelnen Bündel werden erst dann zur Wasser- leitung benutzt, wenn sie den Anschluß an den unteren Knoten ge- funden haben. Die bei Equisetum maximum aus ihnen hervorgehenden lateralen Gänge wurden stets zur Wasserleitung benutzt. Die Färbung war scharf auf die Gänge beschränkt. Irgendwelche seitliche Verbin- dung mit der Karinalhöhle lag nicht vor. III. Seitamineentypus. " Strelitzia Reginae. Eingetopfte Pflanzen. Im Rhizom 2 cm unter der Biattansatzstelle durchschnitten. In Trypanblau. Blatt 47 cm lang. Flora, Bd. 114. ıl 162 Maria Buchholz, Obere Zone: Pro Bündel sind gefärbt: Von den Innenbündein das große Spiralgefäß; 1—2 Primanen; zum Siebteil hin die Folgegefäße. Außerdem sämt- liche Randbündel, die an Zahl den Innenbündeln annähernd gleichkommen. Untere Zone: 4—5 Primanen pro Bündel gefärbt; das große Gefäß ist noch völlig unfertig, unverdickt, ungefärbt. Für ein Blatt von Musa ergaben sich ähnliche Verhältnisse. Canna indica. Pflanze aus dem Gewächshaus. In Trypanblau. 9. Nov. 1918. Internodienlänge 12,5 cm: Alle Bündel gefärbt; funktionstüchtig sind fast nur die großen Spiralgefäße und wenige englumige Folgegefäße (4-5). Internodienlänge 5 em: Gefärbt sind zwei Kreise von Bündeln; die Blatt- spur des höheren Blattes, wie durch Vergleich mit dem Blattstiel folgt. Jedes Bündel besteht aus 3—4 Primanen, In derselben Weise verhielten sich noch drei andere Stengel von Canna: Auf ein zusgewachsenes folgte ein im ganzen noch wenig differenziertes Inter- nodium. Die Pflanzen waren wohl, der vorgerückten Jahreszeit wegen, ungeeignet. Typha latifolia. Aus dem Poppelsdorfer Weiher. In Trypanblau. 12. Mai 1919. Blatt 70 cm lang. 46 cm über dem Rhizom: Gefärbt in jedem Innenbündel fast nur noch das große Spiralgefäß und die engen Folgeeiemente; kaum sind noch irgendwelche Primanen zu sehen. Dazu sämtliche Randbündel gefärbt. LW.Z.: Gefärbt sind nur 16 Bündel mit durchschnittlich drei Primanen. Richardia aethiopiea und Alocasia odorata. In allen Blättern, in denen er ausgebildet war, zeigte sich der „Gefäßgang“ beansprucht. Er entspricht also nicht nur anatomisch, sondern auch der Funktion nach dem weiten Spiralgefäß der übrigen Seitamineen. In den ausgewachsenen Teilen des Blattstieles sind die „Gefäßgänge“ nebst einigen anschließenden engen Folge- gefäßen die einzigen tätigen Wasserbahnen der Innenbündel. — Es fragt sich nun: Wie gelangt der Wasserstrom aus den Pri- manen in das erst in einer höheren Zone ausgebildete Spiralgefäß? Da jedes einzelne Gefäß eines Bündels stets an das vorhergebildete unmittelbar angrenzt, so ist ia den noch wachsenden Blattstielen bzw. Stengeln eine besondere Verbindungsbrücke zwischen Erstlings- und Folgegefäßen, um die Benutzung der letzteren zur Wasserleitung zu vermitteln (wie bei den Gramineen), nicht erforderlich. Vielmehr läßt sich unschwer vorstellen, daß, so wie die einzelnen Glieder eines sich seitlich von oben nach unten differenzierenden Gefäßzuges fertig werden, das Wasser von den schon funktionstätigen Tracheiden seitlich in diese neu ausgebildeten Elemente, die den Anschluß an das Rhizom noch nicht gefunden haben, hineinfiltriert. Es seien zunächst also 2—3 Tracheidenstränge fertig, die die Kontinuität der Wasserbahnen im Blatt aufrecht erhalten; in einer Höhe von a cm über dem Rhizom sei ein vierter, b cm höher ein fünfter Strang ausgebildet. In der Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 163 oberen Zone des Blattstieles sind alle diese Gefäße funktionsunfähig; nur das Spiralgefäß, das etwa bis ccm (c>>b) über dem Rhizom fertig ist, besorgt die Wasserleitung. Es bildet den Abschluß dieser quasi stufenweisen Ersetzung, die sich in der interkalaren Wachstumszone und in der Zone der inneren Differenzierung vollzieht. Da sich die unteren Glieder der Tracheidenstränge erst später differenzieren, so bleiben sie auch länger funktionstüchtig. Mit dem Auftreten von Thylien (solche treten auch bei den untersuchten Araceen auf) werden sie aus der Bahn des Wasserstromes ausgeschaltet. Annähernd proportional mit der Dehnung der ersten Primanen geht die allmähliche Ausbildung und Inanspruchnahme der späteren. Wenn die engen Folgeelemente, die dem Spiralgefäß zum Siebteil hin anliegen, in Funktion treten — ein Beweis, daß diese Region völlig ausgewachsen ist —, sind die Primanen zerstört; das Spiralgefäß stellt dann die Hauptwasserbahn vor. Von den Folgeelementen gehen die Anastomosen zu den Rand- bündeln, so daß sich in dieser ausgewachsenen Zone das Wasser über eine große Fläche verbreiten kann. IV. Liliaceentypus, Narzissus po&ticus. Blütenschaft. 40 cm hoch, In Trypanblau. 9. April 1919. Unterhalb der interkalaren Zone des Schaftes, in dem Zwiebelkuchen, be- sitzt jedes Bündel einen Gefäßkomplex, der in der interkalaren Zone des Blattes auf etwa vier Primanen pro Bündel beschränkt wird. In 10 cm Höhe fiber der Zwiebel ist das ganze Bündel gefärbt: 7—8 weite Gefäße und ein Komplex von engeren Elementen '). Die hierher gehörenden Blätter von Hyazinthus, Narzissus, Leucojum ver- hielten sich in bezug auf die Hauptbündel ebenso. Bei Chlorophytum elatum aus dem Gewächshaus stieg der Farbstoff kaum. Die Gefäßbahnen enthielten einen dunkelblauen Niederschlag. Das war des öfteren auch bei den anderen Blättern zu beobachten. Für diesen Typus wäre festzuhalten: In der inter- kalaren Zone besorgen nur wenige Primanen pro Bündel die Wasser- leitung. In der oberen Zone ist die Zahl der funktionstüchtigen Spiralgefäße doppelt”so groß, dazu kommt noch ein ganzer Komplex von engeren Folgeelementen. An diese setzen sich in den Blättern die Anastomosen an, vermittelst derer die Randbündel auch zur Wasser- leitung herangezogen werden können. In der oberen Zone sind die ersten Gefäße zerstört und funktionslos. Die Einschaltung der nach 1) Die Randbündel (bei den Blättern die Zwischenbündel niederer Ordnung) sind, entsprechend ihrer späteren Differenzierung, erst in den ausgewachsenen Teilen gefärbt. 11% 164 Maria Buchholz, unten noch nicht fertigen Tracheidenzüge innerhalb eines Bündels in den Wasserweg haben wir uns wie bei den Scitamineen durch seitliche Filtration von Tracheide zu Tracheide zu denken. Anhang: Wasserpflanzen. Für verschiedene Fauilien hatte sich bei den Aufsteigeversuchen die allgemeine wasserleitende Funktion der Gefäßgänge herausgestellt: Bei Glumifloren, Juneaceen, Araceen, Commelineen, Equiseten. Da war es von großem Interesse, bei einigen Wasserpflanzen zu prüfen — wie es schon Snell (1908) mit positivem Ergebnis getan hat —, ob der Gefäßgaug auch bei ihnen eine solche Bedeutung habe. Von meinen Versuchen will ich nur einige charakteristische Beispiele näher an- führen: ö Elodea densa. Reich beblätterter Sproß, 20 em lang. 2 Tage (18. bis 20. Dez. 1918) völlig in Trypanblau untergetaucht, dann untersucht. Die Farblösung ist durch vier Knoten hindurch gestiegen, und zwar in dem zentralen Gefäßgang und in den peripheren (es waren meist sechs). Die un- angeschnittenen Internodien waren lang: 6, 7, 7, 8 mm von unten an gerechnet. Im 5. Internodium hörte die Färbung etwa in der mittleren Region auf. Die Gesamt- steighöhe betrug also 3 cm. Das ist gewiß nicht viel; aber man muß bedenken, daß die Pflanzen sich wohl in Winterruhe befanden. Da erscheint die Tatsache, daß die Gefäßgänge und nur diese — die Färbung ist genau lokalisiert — gefärbt sind, doch von Wichtigkeit. Zur Zeit lebhaften Wachstums werden sich gewiß bessere Zahlen ergeben (vgl. auch Snell, 1908). Sechs andere Sprosse von Elodea verhielten sich ähnlich. Ranunculus aquatilis, 18. Dez. 1918. Die Pflanzen wurden mit Rhizom und Wurzeln ausgehoben, die Wurzeln wurden abgeschnitten und die Pflanzen so in Trypanblau gebracht, daß ihr oberer Teil in die Luft ragte. 24 Stunden ver- blieben sie in der Farblösung. In einer Pflanze von 27 cm Höhe und in einer von 20 em Flöhe waren die Gefäßgänge bis oben hin gefärbt. Ceratophylium. In Trypanblau untergetaucht. Vom 21. Dez, 1918 bis 5. Jan. 1919. Sproß 17 cm lang. 1. Internodium (von unten, unverletzt) 9 mm, 2. » 9 mm, 3 » 9 mm lang. In jedem Internodium ist jedesmal der mittlere Gang gefärbt und nur dieser. Auch Ceratophyllum war wohl in Winterruhe. In manchen Sprossen erfolgte auch nach vielen Tagen kein Aufstieg der Lösung. Bei den Blattstielen von Sagittaria und Aponogeton natans stieg das Wasser in den Gefäßgängen der Blattstiele bis zur Blattspreite. Ebenso erwiesen sich in allen Fällen die Gefäßgänge von Bntomus, Alisma plantago, Hydro- charis morsus ranae als leitend. Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszenen usw. 165 Die Resultate von Snell sind damit bestätigt. Meine Methode mit Trypanblau ist einfacher als die von Snell, der Ferrocyankalium- lösung benutzte und dann dicke Längsschnitte von den Versuchs- pflanzen in Eisenchlorid untersuchte. Ergebnisse des physiologischen Teiles. Die Aufsteigeversuche erbrachten als Bestätigung der anatomi- schen Untersuchung, daß in der interkalaren Wachstumszone zunächst nur die Prinianen zur Wasserleitung zur Verfügung stehen. Eine Be- teiligung lebender Zellen an der Wasserleitung habe ich nie beobachten können. Wo die Primanen noch dünne, unfertig verdickte Wände auf- wiesen, war nie Färbung vorhanden. Wenn auch das Trypanblau keine Vitalfärbung bewirkt, so hätten sich vermutlich doch die Zellwände färben müssen, wenn ein Wasserstrom durch die Zellen hindurch- gegangen wäre, Das Protoxylem wird durch das intensive interkalare Wachstum bald zerstört. Der Gefahr, daß dadurch die Kontinuität der Wasser- bahnen unterbrochen wird, begegnet die Pflanze in zweifacher Weise: 1. Sie benutzt den Gefäßgang, d. h. den Raum, der von den Primanen eingenommen wird, direkt zur Wasserleitung und_ stellt später den Anschluß an die fertigen Elemente her (Glumifloren- Commelineentypus). Bei den untersuchten Pflanzen, in denen ein ausgesprochener Gefäßgang vorkommt (Typus I, II, Wasserpflanzen), hat sich seine wasserleitende Funktion ergeben. Im Zusammenhang mit dem inter- kalaren Wachstum spielt er eine wichtige Rolle. Seine häufige nach- trägliche Erweiterung bewirkt ohne Materialaufwand eine Vergrößerung der wasserleitenden Fläche, was vielleicht einen gewissen Ausgleich für das fehlende sekundäre Dickenwachstum bietet. Die Gefäßgänge sind die einzigen wasserleitenden Bestandteile des Bündels, die eine solche Erweiterung zulassen. Die Tüpfelgefäße ändern, einmal ausgebildet, ihr Lumen nicht mehr. Bezüglich der Benutzung der fertigen Elemente hat sich ein zwei- facher Modus herausgestellt: A. Die Folgeelemente bedeuten eine beträchtliche Vergrößerung des Querschnittes der Wasserbahnen, Es erfolgt ihre Ein- beziehung in den Wasserweg dem Verlauf ihrer Ausbildung entsprechend durch eine Verbindungsbrücke vom Gefäßgang 166 Maria Buchholz, aus. Erst im ausgewachsenen Internodium werden sie direkt vom Knoten aus mit Wasser versorgt (Typus I). B. Das Metaxylem besteht nur aus wenigen, im Verhältnis zu den Gefäßgängen wenig weiten Wasserbahnen. Der Anschluß an die Wasserbewegung erfolgt in ihnen erst, wenn die Bahnen ganz ausgebildet sind (Typus II). 2. Die Pflanze bildet sukzessive Ersatzelemente für die zerstörten Primanen aus (Typus II und IV). Die zerstörten Primanen werden ganz ausgeschaltet, was bei Typus III schon anatomisch aus der Verstopfung mit Thylien hervor- geht. Sie können nieht nur durch Gefäße, sondern auch durch einen aus einem Gefäß entstandenen Gang funktionell ersetzt werden. Die Einschaltung der Folgeelemente in den Weg des Wasserstromes erklärt sich durch seitliche Filtration des Wassers von einem Gefäßglied zum anderen. C. Die Leistungsfähigkeit der Wasserbahnen. 1. Berechnung der Leitfläche. Um die Leistungsfähigkeit der in den interkalaren Wachstums- zonen vorhandenen und wirksamen Wasserleitungsbahnen in ihrem Verhältnis zu den Bahnen in den ausgewachsenen Internodienteilen beurteilen zu können, ist eine Messung der jeweilig wirksamen Leit- flächen erforderlich. So nenne ich den Gesamtquerschnitt der Wasser- fäden, die sich in den verschiedenen Zonen der Internodien bewegen. Zur Bestimmung der Leitfläche zeichnete ich mit dem Zeichen- apparat. bei starker Vergrößerung die innere Kontur der Primanen in der interkalaren Zone, soweit sie sich mit Trypanblau gefärbt hatten, bei derselben Vergrößerung auch die Gefäßlumina des fertigen Bündels möglichst genau auf. Ich zeichnete in jeder Zone 5—10 Bündel und nahm den Durchschnittswert der Wägung zum Vergleich. Mit einer scharfen gebogenen Schere wurden die gezeichneten Flächen ausgeschnitten und gewogen. Zu einer vergleichenden Messung wurde tunlichst der- selbe Bogen Papier verwandt. Die Resultate der Wägungen sind direkt proportional den Flächen. Ihr Verhältnis gibt daher auch das der Leit- fläche an, worauf es uns hier allein ankommt. Die Methode ist bei der Zeichnung der Umrisse, dem Ausschneiden und der möglichen Verschiedenheit des Papierbogens mit verschiedenen Fehlerquellen behaftet. Ich habe mich bemüht, durch scharfe Einstellung Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 167 des Mikroskops, Zeichnen mit spitzem Bleistift und vorsichtiges Aus- schneiden eine möglichst große Genauigkeit zu erreichen. Die angeführten Zahlen stellen die Grammgewichte der ausge- schnittenen Papierflächen dar und zwar den durchschnittlichen Wert für die gezeichnete Fläche eines Bündels. Ich habe die Grammbezeich- nung der Einfachheit wegen weggelassen, da ich aus den Zahlen sofort das Verhältnis bestimmte. Ich erhielt folgende Werte): LU Cyperus alternifolius. Halm 27 em hoch. 12. Okt. 1918. Leitbahnen mit Trypanblau gefärbt. Berücksichtigt wurden nur die typischen Innen- bündel und von diesen in der oberen Zone nur der Gefäßgang und die Tüpfelgefäße. Die Verbindungsbrücke blieb wegen des engen Lumens ihrer Elemente unberücksichtigt. IL. Cyperus alternifolius: Halm 43 em hoch, In Trypanblau. 5. Okt. 1918. Gewächshaus. IL Cyperus Papyrus. Halm 65 cm hoch. In Trypanblau. 8. Okt. 1918. Warmhaus. IV. Cyperus Papyrus. Halm 180 cm hoch. Alkoholmaterial. V. Arundo Donax. Internodium 14 em lang. 25. Okt. 1918. Trypanblau. VI. Gymnothrix latifolia. Internodium 19 em lang. 12. Okt. 1918. Try- panrot. Pflanzen-Versuchshaus. VI. Acorus gramineus Blatt 10 cm lang. 4. Dez. 1918. Warmhaus. Trypanblau. VII. Strelitzia Reginae. Blatt 14 em lang. 27. Nov. 1918. In Trypanblau. Kakteenbaus, — I u 1 W 0,01496 | 0,03431 | 0,02349 ! 0,0487 L W. Z. (1 Bündel) o 0,01749 | 0,05460 | 0,03500 | 0,0561 Obere Zone: G. G. 2m.0...2..22.222. 1008948 | 0,08653 | 0,1606 | 0,2505 0.6.42 T.6 0,05697 | 014118 | 0,1956 | 0,3066 4 4,1 83 6,3 1 ı 1 1 v vı vn | va I. W. Z. (1 Bündel)... . . - ...101134 | 0,1002 | 0,0050 | 0,080 Obere Zone: 6.6. -......:. 0,1070 ! 2T.G....222020. 0,3460 G.6.+2T.G....... 0,4530 | 0,30725 | 0,0290 | 0,556 Obere Zone. . .. 4 3 6 9 LW.Z..... 1 1 1 1 1) Vgl. jedesmal die Zahlen in den entsprechend numerierten Rubriken der Tabelle zu den angeführten Beispielen I--VIH. 168 Maria Buchholz, Hyazinthus orientalis. Blätter in Trypanblau. 5. Dez. 1918. Bestimmt wurde das Verhältnis der Gesamtflächen der Hauptbündel, die in beiden Zonen ausgebildet waren. Blattlänge 15 em | 14,7 cm |» em | 13 cm Bündel inder LW.Z........ 0,0190 | 0,0145 | 0,0060 | 0,0164 Bündel in der oberen Zone . .. . . 0,0466 0,043 6,020 0,0398 Obere Zone. . . . 3 8 3,3 2,42 LILWZ..... 1 1 1 1 Die Vergrößerung der Leitfläche kann also in den ausgewachsenen Stengelteilen gegenüber der interkalaren Wachstumszone in extremen Fällen das 8—9fache betragen, wobei zu bedenken ist, daß in den aus- gewachsenen Stengelteilen die Verbindungsbrücken und alle sonst vor- handenen engen Gefäße nicht berücksichtigt worden sind, so daß das Mißverhältnis in Wahrheit noch viel größer sein dürfte. Somit scheint also erwiesen, daß die interkalaren Wachstumszonen, sofern die Be- rechnung der Leitflächen ein sicheres Urteil zuläßt, in Bezug auf die Wasserbewegung sehr viel weniger leistungsfähig sind, als die aus- gewachsenen Teile der Internodien. 2. Berechnung der beförderten Wassermengen nach dem Gesetz von Poiseuille. Um ein Urteil über das Verhältnis der in der interkalaren Zone und in den oberen Teilen bewegten Wassermenge zu gewinnen, ist es freilich nicht nur erforderlich, die Gesamtgröße der zur Verfügung stehenden Leitfläche zu kennen, sondern es ist auch noch nötig, die Querschnitte der einzelnen Flüssigkeitsfäden zu berücksichtigen, aus denen sich die Leitflächen zusammensetzen. Nach Poiseuille ist ja das in der Zeiteinheit pro Längeneinheit durch eine Kapillare strömende 4 | Flüssigkeitsvolumen: Q = Em e den Reibungskoöffizienten, p den am Anfange, p, den am Ende der Röhre herrschenden hydrostatischen Druck bezeichnet. Wir haben es bei den Wasserbahnen der Pflanzen mit Kapillaren zu tun, können also das Poiseuillesche Gesetz auf sie anwenden, allerdings nur mit Vorsicht und. mit Einschränkung. Die Formel be- zieht sich nämlich nur auf starre wagerechte Röhren; die Hauptwasser- bahnen. der Pflanzen verlaufen aber natürlich in vertikaler Richtung. Daß die Formel für elastische Röhren nicht ohne weiteres gilt, beweisen ‚ wo r den Radius der Röhre, Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 169 Versuche über die Bewegung des Blutstromes, die ergaben (Tiger- stedt 1914, pag. 1030), daß die Strömung in den Arterien nicht so einfacher Natur ist, wie nach dem Poiseuilleschen Gesetz zu er- warten war. Die Elastizität der Wand bedeutet besonders bei den Primanen, deren Wände so lange dehnungsfähig sind und gedehnt werden, einen komplizierenden Faktor. Auch der Gefäßgang besitzt in seinem ganzen Verlaufe keine starre Wand. Dazu befinden sich in ihm noch Reste der Primanenverdiekungen; in den Gefäßen kommen die Verdickungsleisten der Wände in Betracht. Durch all das wird natürlich der Reibungswiderstand der Wände ganz bedeutend gegen- über Glaskapillaren bestimmter Weite vergrößert, wofür zunächst das Poiseuillesche Gesetz allein bewiesen ist. Die mit Hilfe dieser Formel zu ermittelnden Zahlen werden daher nur mit Vorbehalt als annäherungsweise gültig angesehen werden dürfen. Es kommt, wie bei Berechnung der Gesamtleitfläche, wieder nur auf das Verhältnis der beförderten Wassermengen an. Bei den nachfolgenden Bestimmungen habe ich mich auf die Glumi- fioren beschränkt. Von 5-10 Bündeln der interkalaren Zone bestimme ich den durchschnittlichen Wert „r,“ für den Radius der Primanen, in dem ich mit dem Okularmikrometer ihre beiden Haupt- durchmesser (die Primanen sind vielfach elliptisch) ermittle und die halbe Summe der so gefundenen Werte durch die Anzahl der Primanen dividiere. Ich habe nur die lichte innere Weite der Ringe gemessen. Ferner stelle ich fest, wie viel Primanen ein Bündel in der interkalaren Zone durchschnittlich aufweist. „rg“ ist der Radius des eventuell schon vorhandenen Gefäßganges. In derselben Weise bestimme ich den Wert „Ep“ für den Radius der etwa noch erhaltenen Primanen in der oberen Zone; ferner den Wert „r“ für den Radius der Tüpfelgefäße und für den des Gefäßganges „r.“”. Die Gefäße der Verbindungsbrücke habe ich wegen ihres engen Lumens wieder nicht berücksichtigt. Für die in der Zeiteinheit pro Längeneinheit beförderte Flüssig- keitsmenge Q,, die durch das Bündel der interkalaren Zone befördert wird, gilt: az), 8e " 80 Für die obere Zone, in der pro Bündel zwei Tüpfelgefäße mit dem Gefäßgang und eventuell noch Primanen vorhanden sind, ergibt sich: g- art tr + Zr, PB) 0 80 170 j Maria Buchholz, Für das Verhältnis beider Größen folgt, gleichen Druck vorausgesetzt: u % Zr +1 Wenn sich auch der Druck in einer Röhre bei veränderter Weite der- selben nicht gleich bleibt (Riecke I, 1912, pag. 204), so wollen wir doch, um zu berechenbaren Werten zu gelangen, die vereinfachende Annahme machen, daß innerhalb eines Internodiums keine wesentlichen Druckdifferenzen herrschen. Man kann bei der obigen Berechnung auch so vorgehen, daß man für eine Reihe von Einzelbündeln bestimmt, wieviel Wasser sie befördern können, indem man nicht die Durchschnittswerte für die einzelnen Elemente bestimmt, sondern die jedesmal gemessenen Größen sofort einsetzt und dann die von den Bündeln beförderte Gesamtflüssigkeitsmenge ver- gleicht. Die Formel würde alsdann lauten: Ft tn nat tat) TE rt Honee +19 " Selbstverständlich nimmt man oben und unten dieselbe Zahl von Bündeln und sucht möglichst solche aus, die sich in den verschiedenen Zonen entsprechen. Das ist bei dem geradlinigen Längsverlauf der Gramineenbündel nicht so schwierig. Ich habe durchweg die erste Art der Berechnung angewandt, weil die zweite sehr zeitraubend ist. (Ein Beispiel von Zea Mays habe ich nach beiden Arten durchgerechnet und dabei keine wesentlich verschiedenen Resultate erhalten.) Bemerkungen zu den Tabellen. Von den Gramineen: Panicum bulbosum, Setaria viridis, Sorghum halepense, Phalaris arundinacea, Lolium temulentum, Avena brevis, Elymus hirsutiglumis, Leersia oryzeides habe ich in je einigen Halmen durch mehrere Internodien hin- durch bis oben hin das Trypanblau aufsteigen lassen und Querschnitte durch die verschiedenen Zonen der Internodien studiert. Bei Phalaris arundinacea, Sorghum halepense, Avena brevis und Lolium temulentum besaßen bei den betreffenden Beispielen nur der Infloreszenzstiel und das darunter befindliche Internodium eine interkalare Wachstumszone (die Länge der fertigen Internodien ist nicht immer angegeben). Bei Leersis oryzoides und Eiymus hirsutiglumis sind außer dem Infloreszenzstiel, der nicht berücksichtigt wurde, stets zwei bis drei noch interkalar wachsende Internodien vorhanden. Als Hauptkriterium für die Feststellung der interkalaren Zone diente der Entwieklungszustand der Tüpfelgefäße. Wo sie (vom im Ganzen embryonalen Internodien abgesehen) noch embryonal erscheinen und nieht beansprucht sind, liegt eine „interkalare Zone‘ vor. (Fortsetzung der „Bemerkungen zu den Tabellen‘ siehe pag. 180.) l. Panicum bulbosum. Pflanzenversuchshaus. 4.—5, August 1919, In Trypanblau. DE 0 VE FETTE En En ET ET Fertige Zone . }Halm | Länge der Internodien| Tr Too Tpo | Zpo über Tg Tp 21,1 9:Qı “ N : & n. Kn.') an tt. IM. 35 cm 1. W.2.%) (= Infloreszenzatiel) 16 cm 1.W.Z. 38 em LW.Z. (= Infloreszenzstiel) 15 cm 25 em I,W.Z. (= Infloreszenzstiel) 12 cm LW.Z. 29 cm I. W.Z. {== Infloreszenzstiel) 1)2) 8. „Bemerkungen zu den Tabellen“ pag, 170 u. 180. "MEN USUOZEUNIEUREN UOTENLOTU VE UN UaUgEgRSUngoLLOsEe AM arp aaug 121 H. IE IV. Länge der Internodien Infloreszenzstiel 8 cm LW.Z, 10 em 1.W.Z. 4 cm fertig!) Infloreszenzstiel 3 cm I. W.Z. 45 cm 1. W.Z. 5 cm I.W.Z. 0,8 cm embr.?) 2,7 0m L.W.Z, 3 cm fertig 1 cm embr. 3,2 cm I. W.Z. 3 cm fertig 2. Setaria Pflanzenversuchshaus. viridis. In Trypanblau. 16.—17. Juli 1919. F , ! Fertige Zone! . Abgerundet: 199 Leo Yo | STpo Aa Pong Tg Ip 271 9:0 Q:Qı 5,8 6,40 3,91 1 6,0 4,3 1 2,55 2, 6,02 10,25 _ _ 5,0 49 | 2 10,49 101, 6,125 5,95 3,05 1 1,3 cm 354 | 4187 2 5,38 5 66 7,65 383 | 1 1,5 em 6,00 ER u} 3,82 4 1 2 4,35 4 7,10 3,06 1 1 em _ 3,70 3 14,24 14 1)2) 8. „Bemerkungen zu den Tabellen“ pag. 170 u. 180. lem _ ZLT “z[oggpng Te RL Halm | Länge der Internodien 23 cm IL. W.Z. (bie Beginn der Infloreszenz) 25 em I. W.Z. 14,5 cm fertig 21 em 1.W.2Z. (bis Beginn der Infloreszenz} 19, em L.W.Z. 15%/, em fertig 1. 14 em-1.W. 2. {bis Beginn der Infloreszenz) 18 em 1.W.2Z. 18 cm fertig 1. 3. Sorghum halepense. Pflanzenversuchshaus. In Trypanblau. 12.—13,. August 1919. Pr u a 93 Farige Zone 1 » |m1%:4 erw 9,55 4,08 ı 12 cm 6916 | A986 | ı 4,93 5 14,208 _ _ 5 cm 10,70 5625 | ı 4,38 4 _ _- |_ _ _ i_I 2 _ 11,80 _ _ 6625 | 166 | ı 9,43 9, 17,20 _ _ 7,66 4,59 1 | 25,40 25%, ELT son ueuozswungsgoey, LaIsjesLju] Uep ur uouyegsFungefiessen Ip aa Halm | Länge der Internodien Infloreszenzstiel 8 cm L.W.Z. 11,5 cm I.W.Z. 6 cm fertig 9 cm-Infloreszenzstiel I. 5 cm LW.Z. 8 cm I. W.Z. Infioreszenzstiel 12 em 1.W.Z. 12 cm fertig Infloreszenzstiel 10%, em I. W.Z. 121,, em fertig u. 4. Phalaris arındinacea. Pflenzenversuchshaus. In Trypanblan. 16.—17. Juli 1919. Zr Fertige Zone 1 r,; r, ” ro ü.d.u. En. 8,85 4,25 1 6 cm _ 7,81 458 | 1 12, om 5,85 8,87 4,05 1 21, cm 4,75 10,45 3,94 1 lem 9,46 Abgerundet: 8:9 Ioel wo | FL ‘zoygang TI Halm | Länge der Internodien (= Inft.-Stiel) 12 cm I. W.Z. 13 em fertig usw. IL 20 em 1.W.Z. (= Infl.-Stiel) 21 cm LW.Z, 15'/, cm fertig I. 21 cm (= Infl.-$tiel) 19,5 cm L.W.Z. 14 cm fertig 22 cm (= Infl.-Stiet 21 cm I. W.Z. 14 cm fertig 6. Avena brevis. Pflanzenversuchshaus. In Trypanblau. 4.—5. August 1919. Fertige Zone ü.d.u.Kn. 5 cm lem 2'/, cm l’/} em 1) S. „Bemerkungen zu den Tabellen“ pag. 170 u. 180. m nn 3,5 Abgerundet: Rs: Qi %%, SET "asn ueuozuimmpgampey, UeIS[EHLOUT Usp us USUgEqKZUNITS[ISEEUA op aeqq 7. Elymus hirsutiglumis. z Pflanzenversuchshaus. In Trypanblau. > 14.—15. Juli 1919. ! Abgerundet: Halın | Länge der Internodien | Tı Tgo Ypo | Spa Tg ty 21 |0:Qı Q DW 0:0: — 41777717 52 cmlı w Z 5,5 3,00 3,06 2 _ 2,406 3 20,86 20%, 7Bemfpr th 5,35 3.25 2916 | 2 _ 2,85 5 7,89 7% 5,2 em fertig pi _ _ _ _ _ 11000011 . & 45 cm| 6,875 3,26 3 3,26 3 8,05 8 3 u 5,5 em 1. W.Z. 5,88 _ wie unten _ 3,57 3 5,90 6 ü 9,0 cm 5,65 _ _ _ _ 3,95 3 3,79 3%, u 11 em fertig H & usw. = = _ = IT - u — g DJ 9,55 gi u 5 om } LW.Z. 6,00 wie unten 7 em ww 8. Leersia oryzoides. Pflanzenversuchshaus., In Trypanblau. 8.—10. Juli 1919. vu pa ‘sog " Halm | Länge der Internodien 0,7 cm embr. 1,5 cm 3,7? cm s1.W. 2. 4,0 cm 4,5 em . 5.0 em h fertig 0,8 em embr. 1,3 cm 2,9 em «I. W.Z. 4,3 cm 5,7 cm 4,3 cm 1. fertig al Abgerundet: Treo | 2Tpo Yg 148 2 10:0 % :Q BEE BEE BEE wie unten u 23 | 2 | m 57, von _ 190 | 4 | 468 46%, FH 2,70 258 | 2 | 206 207, _ 2,33 3 18,76 18%, _ 272 | 3 | 184 15% ” wie unten ” 255 | 2 270 | 8 2 ıı "AGN UOUOZSWUNSUOB/M, WOIBTENIEJUI UEP UL UOUTEgRaUNNELLBETEA op ag) LıT Halm | Länge der Internodien I. n Infloreszenzstiel 4 em 1.W.Z. usw. fertig 14 cm 1. W.Z. 4, cm LW.Z. 18 cm 26 cm 14 cm il cm 4,675 62 92 9,07 15,8 16,8 Pflanzenversuchshaus. 11,0 9. Calamagrostis Ianceolate. 11.12. Mai 1919. In Trypanblau. Ip | STpa Mühlenbergia glomerata. 7.—8. Mai 1919. ! wie unten Dactylis glomerata. 12.13. Mai 1919. wie unten Secale cereale. 20.—21. Mai 1919. wie unten ” ” Zea Mays. —_ | _ rl 2,98 3,5 Zr Q: 15,24 75 Pie) Abgerundet: 9: 15, % 10 19 14 sıLt “zIEqpug wel 10. Cyperus alternifolius. Viktoriahaus. In Trypanblau. 12,—13. Juni 1919. Ferti, , Abgerundet: Halm | Länge des Halmes r, Tgo Ya | ZT po Fe m I, Ip Zr | Q:0ıi %:Q n. 53 cm 92 803 | 435 | ı 11 cm 6,07 4,33 2 9,32 9, II. 87 cm 8,8 10,9 - _ 50 | 35 2 | 258 25, Wk 77 cm 7,85 5,833 2,9 1 7,325 3,875 1 2,84 2, V 82 cm 825 | 108 35 1 63 4,0 2 9,90 10 vr. 93 cm 911 | 199 _ | _ 2,7 8 | 50,00 50 S Carex Grayi. Versuchshaus. 13.—14. Juni 1919. Internodium | 3,80 | 6,14 | _ _ı 28 10 em lang | [ © 6 E [r) ® 621 "aan uouozeumsipey Larspeyyur Dep ur uauywgsäungapossen, BIP ag 180 Maria Buchholz, Wo mehrere Kreise von Leitbündeln vorhanden sind (z. B. bei Leersia oryzeides 3—4), habe ich nur die Gefäßelemente des innersten Kreises bei der Berechnung berücksichtigt. Bestimmt wurde in allen Fällen nur der Radius der gefärbten Elemente; die Zahlen sind alle durch Messen bei derselben Ver- größerung gewonnen (Obj. 7, Ok. 3). Sie sind ausgedrückt in Okularteilstrichen. Von Cyperus aiternifolius sind sechs interkalar wachsende Halme in der- selben Weise gemessen worden. In den Tabellen bedeutet: embryonal: Im ganzen Internodium sind von Gefäßelementen nur Primanen diffe- renziert. LWZ.: Das Internodium hat eine interkalare Wachstumszone, Fertig: Das Internodium wächst nicht mehr interkalar. „Wie unten“ in den Rubriken „rpo‘“ und „ZIrpo“ soll heißen: Die Werte von rg“ und „Zrp“ aus der interkalaren Zone gelten in gleicher Weise auch für die obere Zone, da in den betreffenden Internodien kaum ein Unterschied in Zahl und Größe der Primanen bei den verschiedenen Zonen zu konstatieren ist. Fertige Zone ü. d. u. Kn.: In n cm Höhe über dem unteren Knoten des betreffen- den Internodiums ist das Metaxylem aller Leitbündel gefärbt, Auf die Strecken von n cm hin funktionieren also nur die Primanen, bzw. der Gefäßgang. Folgerungen. Wenn man die beförderten Wassermengen: nach dem Gesetz von Poiseuille berechnet, so ist das Mißverhältnis zwischen Leistungs- fähigkeit der Wasserbahnen in der interkalaren Zone und in den oberen Teilen des Internodiums also noch erheblich größer, als es nach der Gesamtgröße der Leitflächen bereits erscheint. Das ließ sich erwarten; denn die erst in der fertigen Zone in Funktion tretenden 'Tüpfelgefäße sind weiter als die Wasserbahnen der interkalaren Zone, und die durch- strömende Flüssigkeitsmenge ist nach Poiseuille von der vierten Potenz des Röhrenradius abhängig, nimmt also schon bei geringer Er- weiterung des Lumens um ein Bedeutendes zu. In Wirklichkeit dürfte das Mißverhältnis aber noch viel größer sein, da in der ausgewachsenen Zone die engen Gefäße der Verbindungsbrücke ja garnicht mit berück- sichtigt worden sind, worauf schon oben hingewiesen wurde. Die Mißverhältnisse sind nicht nur bei den verschiedenen darauf- hia untersuchten Arten, sondern auch bei den einzelnen Individuen inner- halb dieser sehr verschieden. Meist ist aber wohl zu erkennen, daß sie in den jüngeren Internodien größer sind, als in den älteren. Die Zahlen schwanken bei den Gramineen mit ausgeprägtem Gefäßgang zwischen 2 bis 25 (Sorghum, Panicum, Setaria, Phalaris, Lolium), bei denen mit weniger deutlichem Gefäßgang (Eiymus, Avena, Leersia) zwischen 3 und Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 181 57. Soviel mehr Wasser kann also in den ausgewachsenen Inter- nodienteilen als in den interkalaren Wachstumszonen befördert werden. Wo in der interkalaren Zone nur die Primanen tätig sind, ist natür- lich die Ausflußmenge Q; bedeutend geringer als in den Fällen, bei denen schon in der interkalaren Zone ein Gefäßgang von größerer Leitfläche auftritt, als die Summe der Primanenlumina ergibt. Damit wird natürlich das Verhältnis Q,:Q, größer. Den Hauptanteil am Zustandekommen des Mißverhältnisses haben aber die Tüpfelgefäße, wegen ihres weiten Lumens. Welche Bedeutung dem Gefäßgang an der Verkleinerung des Mißverhält- nisses zukommen kann, ist ersichtlich aus den Zahlen für Cyperus Für die Halme II—V hat sich ein geringeres Mißverhältnis (3—25) als für die Halme I und VI (45, 50) ergeben. In letzteren Fällen ist nämlich in der interkalaren Zone das Lumen der Primanen gemessen: die betreffenden Schnitte stammten aus der Zone direkt über dem Rhizom; während bei Halm II und V die Schnitte aus einer etwas höheren Region, etwa 2 mm über dem Knoten stammten, wo schon der Gefäßgang vorhanden war. Bei dem bestehenden Mißverbältnis erscheint die für die Primanen - bekannte auffallende Weite um so wichtiger. Bei den von mir unter- suchten Monokotylenbündeln waren die ersten Elemente stets relativ weitlunig, abgesehen von solchen Bündeln, wo zuerst 2-—-3 enge Primanen auftraten, die aber schon sehr früh zerstört wurden (Liliaceen). Ob alle Monokotylenbündel solch weite Gefäßprimanen haben, weiß ich leider nicht. Das wäre noch wichtig festzustellen, da sich erst durch Ver- gleichung mit nicht interkalar wachsenden Pflanzen schließen läßt, ob die Weite der Primanen für das interkalare Wachstum besonders cha- rakteristisch ist: oder nicht. Da die Wasserbahnen in der interkalaren Zone des Stengels augen- scheinlich zur Versorgung der Transpirationsflächen vollauf genügen, so muß man doch wohl fragen, warum in dem ausgewachsenen Stengelteil für eine so viel größere Leistungsfähigkeit der Wasserbahnen gesorgt ist. Daß in der interkalaren Zone etwa auch lebende Zellen an der Wasserleitung beteiligt sind, dafür sprechen meine Beobachtungen nicht. Folgende Fälle sind denkbar: 1. Die geringe Größe der Leitfläche in den interkalaren Wachstumszonen ist wohl für die kurze Strecke erträglich, aber für das ganze Internodium doch nicht ausreichend. Die Strömungs- geschwindigkeit der Wasserfäden wächst mit der kleineren Leitfläche, da dieselbe Wassermenge sich hier schneller bewegen muß, als weiter oben, wo sie sich über einen weiteren Raum ausbreiten kann. Je 182 Maria Buchholz, schneller die Strömung ist, desto größer ist aber auch der zu über- windende Reibungswiderstand. Da nach dem Poiseuilleschen Gesetz das die Kapillare durchströmende Flüssigkeitsvolumen der vierten Potenz des Radius proportional und der Röhrenlänge umgekehrt proportional ist, so muß also die Wassermenge mit zunehmender Röhrenlänge um so kleiner werden, je enger die Kapillare wird. Es könnte also in der Pflanze die beförderte Wassermenge zu klein werden, wenn die Leitfläche im ganzen Internodium dieselbe bliebe, wie in der interkalaren Zone. 2. Die Wasserbahnen in den interkalaren Zonen können zwar wohl zur Versorgung der darüber befindlichen Transpi- rationsflächen ausreichen, aber nicht mehr für die viel größere Zahl von Blättern, die von den älteren, ausgewachsenen Internodien versorgt werden müssen; und dieser Gedanke liegt natürlich besonders nahe, Tatsächlich sind ja auch nach Beendigung des inter- kalaren Wachstums in den nunmehr ausgewachsenen Zonen die Wasser- bahnen so wie zuvor in den früher ausgewachsenen Internodienteilen ausgebildet, also vermehrt, zudem der Gefäßgang oft noch erweitert. 3. Möglich, ja sogar wahrscheinlich ist aber auch, daß die Zalıl der Wasserbahnen und ihre Leistungsfähigkeit überhaupt nicht nur eben den Bedürfnissen der Pflanze entspricht, sondern daß sie viel größer ist, als es bei normalem maximalen Bedarf erforderlich wäre. Zu bedenken ist ja auch, daß die Gefäße zeitweilig mit Luft- wasserketten und nicht mit Wasser gefüllt sind und daß sie höchstens bei denkbar stärkster Transpiration voll in Anspruch genommen und ausgenutzt werden. Über all diese Fragen wissen wir gar nichts. Auch ich habe keine Versuche in dieser Richtung angestellt. Doch wären jene Probleme wohl dankbare Aufgaben für experimentelle Forschungen; ihre Lösung dürfte eine wertvolle Vertiefung unserer physiologisch-anatomischen Kenntnisse der Wasserbahnen bedeuten. Auch die vorliegenden Untersuchungen bedürfen noch in mancher Hinsicht der Ergänzung und Erweiterung vor allem durch Unter- suchung der Dikotylen mit interkalaren Wachstumszonen. Im Laufe der Arbeit habe ich das im einzelnen hervorgehoben. D. Zusammenfassung. Indem ich auf die Zusammenfassungen am Schluß des anatomischen und des experimentellen Teiles verweise, möchte ich hier nur ganz kurz die Hauptergebnisse hervorheben. Über die Wasserleitungsbahnen in den interkalaren Wachstumszonen usw. 183 Bei den von mir untersuchten Monokotylen lassen sich hinsichtlich des Baues, der Ausbildung und Beanspruchung ihrer Leitbündel in den verschiedenen Zonen der Sprosse vier Typen unterscheiden: der Glumi- floren-, Commelineen-, Seitamineen- und Liliaceentypus. Wesentlich ist, daß in der interkalaren Wachstumszone von wasser- leitenden Elementen nur die Primanen (Scitamineen, Liliaceen, Glumi- floren zum Teil) oder der oft (Glumifloren) oder ausschließlich (Com- melineen, Equiseten) ihre Stelle einnehmende Gefäßgang ausgebildet und funktionstüchtig sind. Die wasserleitende Betätigung des Geläßganges hat sich überall da, wo er auftritt (Glumifloren, Araceen, Juncaceen, Commelineen, Equi- seten), ausnahmslos erwiesen, auch für Wasserpflanzen in Bestätigung der Versuche von Snell (1908). Hier bietet also der Gefäßgang anatomisch und physiologisch einen völligen Ersatz für die gedehnten Primanen, gewiß eine für die schnell wachsende Pflanze nützliche Einrichtung, die ihr in höchst ökonomischer Weise eine Erhaltung, wenn nicht Vergrößerung ihrer Leitfläche, bei stärkstem Wachstum ermöglicht. Wo die Primanen und der von ihnen eingenommene Raum durch Verstopfung mit Thyllen (Seitamineentypus) oder sonstwie (Liliaceen- typus) völlig außer Funktion gesetzt sind, findet der Ersatz durch Differenzierung angrenzender unfertiger Tracheidenstränge statt, die ent- sprechend der Wachstumsrichtung von oben nach unten ausgebildet werden, unter Umständen diskontinuierlich. Ein gleitendes Wachstum, wie es Nathanson annimmt, ist dabei nicht festzustellen. Die Ausschaltung der Primanen erfolgt allmählich mit zunehmender Intensität der Streckung. Der Wasserstrom gelangt offenbar durch seitliche Filtration von den fertigen Tracheiden in die seitlich neu an- gelegten, die noch nicht bis zum Rhizom bzw. Knoten ausgebildet sind. Die Folgeeiemente der Bündel, die in der oberen Zone, aber noch nicht in der interkalaren fertig sind, können je nach ihrer Lage zu den Primanen durch Vermittlung einer Gefäßbrücke (Glumifloren) der Wasser- leitung dienstbar gemacht werden, oder aber, wenn sie sich unmittel- bar den Primanen anlegen, durch direkte seitliche Wasseraufnahme aus ihnen. Immer aber erfolgt der Ühergang des Wassers nur vermittels toter Elemente. Die Beteiligung von Parenchymzellen an der Wasser- leitung habe ich nirgends konstatieren können. Infolge der Vermehrung der Wasserbahnen in der oberen Zone hat sich bei den Glumifloren, sowohl nach einfacher Berechnung der Leitfläche, als nach Bestimmung der Wassermengen mittels des Poiseuilieschen 184 Maria Buchholz, Gesetzes ein großes Mißverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit der Wasserbahnen in der interkalaren Wachstumszone zu der der fertigen Sproßteile zugunsten der letzteren herausgestellt. Nachtrag. Während der Drucklegung meiner Arbeit erschien eine Abhand- lung von F. J. Meyer über „Das Leitungssystem von Equisetum arvense“ (Jahrbücher f. wiss. Botanik, Bd. 59, 1920). Ganz kurz will ich die Punkte seiner Arbeit anführen, die sich mit den von mir be- handelten berühren. Auf Grund seiner anatomischen Untersuchungen hält auch F. J. Meyer die Karinalhöble für „wasserleitend“. Ihre Entstehung bezeichnet er wie ich mit dem alten de Baryschen Ausdruck als „rhexigen“. Aufsteigeversuche hat er nicht gemacht, wohl aber die Quer- schnittsflächen der wasserleitenden Elemente eines Leitbündels in ver- schiedenen Teilen der Achse bestimmt, z. B. im Rhizom, in der Knolle, in der sterilen und fertilen Achse. Die Verhältnisse in der interkalaren Wachstumszone hat er aber nicht berücksichtigt. Zum Schluß weist er auf die bei manchen Gramineen und Wasser- pflanzen in den Leitbündeln oder an ihrer Stelle vorkommenden Inter- zellulargänge hin. Bezüglich der Wasserpflanzen beruft er sich auf die Angabe von Schenck (1886, pag. 30), wonach es zweifelhaft sei, ob die Gänge auch wirklich die Funktion der Leitungsorgane über- nommen haben. Die vorliegende Arbeit ist im Botanischen Institut der Universität Bonn unter Anregung und Leitung des Herrn Prof. Dr. Fitting an- gefertigt worden. Ich kann nicht umhin, meinem hochverehrten Lehrer, “ der durch unermüdliche Anteilnahme an meiner Arbeit und durch wert- volle Ratschläge meine Untersuchungen sehr wesentlich förderte, auch an dieser Stelle meinen ganz besonderen, aufrichtigen Dank auszusprechen Angeführte Literatur. 1881. Askenasy, Über eine neue Methode, um die Verteilung der Wachstums- intensität in wachsenden Teilen zu bestimmen. Verhandl. d. Nat. Med. Ver. Heidelberg, N. S., Bd. II. 1877. De Bary, Anatomie, Leipzig. 1876. Bennet, On the growth of the flower stalk in the Hyaeinth. Trans. of the Linn, Soc, Ser. 2, Vol. 1. Ref. in Bot, Jahresber. 1876, pag. 748. 1904. Berthold, Unterauchungen zur Physiologie der pflanzlichen Organisation, II,. Leipzig. 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Im Innern treten zahlreiche Fettropfen auf, was wohl den Anlaß zu ihrer Bezeichnung als Drüsen gegeben hat, obwohl irgend eine sekretorische Funktion dieser Gebilde nicht nachzuweisen ist und, wie wir sehen werden, die Fettropfen als Degenerationserscheinung der Chloroplasten aufzufassen sind. Die Bezeichnung „Perlblasen“, die ihnen Tomaschek gibt, wäre somit gerechtfertigt. Obgleich die Perldrüsen dem Äußeren nach einander sehr ähnlich sind, so ist ihre Entstehung bei den einzelnen Pflanzenfamilien doch sehr verschieden. Es können einzellige oder vielzellige Haargebilde sein, an deren Bildung nur die Epidermis allein teilnimmt, wie bei Piperaceen, Begoniaceen und anderen, wobei sie wiederum aus einer oder mehreren Epidermiszelien gebildet werden können. Oder aber es sind Emergenzen, an deren Bildung außer der Epidermis auch noch das Grundgewebe beteiligt ist. Letzteres gibt wohl sogar den Anstoß zu ihrer Entstehung. Diese Perldrüsen lassen, ihrer Ent- stehung entsprechend, ‘eine deutliche Differenzierung in eine äußere epidermale Schicht und innere große wasserreiche Zellen unterscheiden. Sie sind bei ihrer Entstehung oft an Spaltöffnungen gebunden, brauchen es aber, wie z. B. bei Urticaceen, nicht zu sein. Ein Verzeichnis der Pflanzen an denen Perldrüsen beobachtet worden sind, sowie Angaben über ihren anatomischen Bau findet man Flora, Ba. Al4, 13 188 Heinrich Walter, bei Solereder in der systematischen Pflanzenanatomie, sowie bei Holmgren, Raeciborski und Penzig, wo auch die ältere Literatur angeführt ist. In der vorliegenden Arbeit werden nur die Perlärüsen der Am- pelideen berücksichtigt und speziell nur diejenigen, welche an Vitis- und Ampelopsisarten vorkommen. Die Beobachtungen und Ver- suche sind mit folgenden Pflanzenarten gemacht worden: 1. Vitis vinifera L, (verschiedene Kulturrassen), 2. Vitis japonica Thumb., 3. Ampelopsis radicantissima = Quinaria radicantissima Koehne — Ampelopsis quinquefolia ce. angustifolia Dippel., 4. Ampelopsisradicantissima var. hirsuta == A. quinque- folia Mich. var. hirsuta Fon. u. Gr. = A. hirsuta Donn., Ampelopsis Veitchii — Quinaria Veitchii, 6. Ampelopsis trieuspidata Siebold u. Zucecarini = Qui- naria trieuspidata Koehne — Vitis ineonstans Miquel. ze. Um etwaige Mißverständnisse zu verhüten, habe ich hier mehrere Synonyme angeführt. In der Arbeit selbst soll nur der erste von den angeführten Namen gebraucht werden. Wenn man die sich auf Perldrüsen beziehende Literatur durch- sieht, so findet man meist nur Angaben über den anatomischen Bau Jerselben. Versuche, die Ursachen der Perldrüsenbildung festzustellen, sind fast gar nicht gemacht worden. Einige Angaben findet man bei Tomaschek, bei dem Lichtmangel und feuchte Luft als Ursache an- geführt werden. Müller-Thurgau weist auf die Abhängigkeit der Perl- drüsenbildung von der Triebkraft des Weinstocks und dem Feuchtigkeits- gehalt der Luft hin. Auch Hofmeister gibt an, „daß die Perldrüsen in nassen Frühjahren sich auf austreibenden Sprossen von Vitis und Ampelopsis vereinzelt entwickeln und dem bloßen Auge sich als glashelle Perlen darstellen“. Man sieht, daß in allen diesen Fällen Überschuß an Wasser die angebliche Ursache sein soll. Zu einem ganz andern Resultate gelangte Stahl. Durch seine Beobachtungen und Versuche kam er zu dem Schluß, daß die Perldrüsenbildung nur in trockner Luft stattfindet und daß feuchte Luft direkt das Auftreten der Perldrüsen verhindert. Als Ursache ihrer Bildung nimmt er verhinderte Exkretion und damit im Zusammenhang Salzanhäufungen an. Es galt nun durch zahlreiche abgeänderte Versuche diese von Stahl aufgestellte Hypothese zu prüfen. Das Hauptgewicht ist daher in dieser Arbeit auf den biologisch-physiologischen Teil gelegt worden. Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 189 Die Arbeit wurde im Botanischen Institut. der Universität Jena aus- geführt. Das dazu nötige Material ist mir von Herrn Prof. Dr. Stahl auf die freundlichste Weise zur Verfügung gestellt worden. Außerdem gab er mir jederzeit die nötige Anleitung und Anregung, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen wärmsten Dank ausspreche. II. Anatomie der Perldrüsen. Eine kurze genaue Beschreibung der anatomischen Verhältnisse der Perldrüsen findet man bei Penzig und bei de Bary in der ver- gleichenden Anatomie der Vegetationsorgane. Da es meist glashelle durchsichtige Gebilde sind, so bietet die anatomische Untersuchung keine Schwierigkeiten. Die Perldrüsen der Ampelideen sind Emergenzen. Sie unter- scheiden sieh von den sehr ähnlich aussellenden Perldrüsen bei Urtica macrophylia durch das Vorhandensein einer Spaltöffnung an ihrer Spitze oder nahe derselben. Ihre Bildung geht von den an die Atemhöhle angrenzenden Parenchymzellen aus, die sich enorm vergrößern und die darüber gelegenen Schließzellen mit den benachbarten Epidermiszellen emporheben. Anfangs sitzen die Perldrüsen mit einer breiten Basis dem Pflanzenteile an, späterhin vergrößert sich die Ausstülpung um ein vielfaches, während die Ansatzstelle sich nicht wesentlich ändert, so daß die Perldrüse sich nach unten zu einen Stiele verengt oder mit schmaler Basis ansitzt. Obgleich die Perldrüsen sich immer unter einer Spaitöffnung bilden, so treten sie doch nur an den Pflanzenteilen auf, wo die Spaltöffnungen in verhältnismäßig geringer Zahl vorhanden sind, wie: an den jungen Stengelteilen, an den Blattstielen und der Unter- seite der Blattrippen, hauptsächlich an Hauptrippen, aber auch an Seiten- rippen (Fig. 1, 2). Niemals aber kann man Perldrüsen zwischen den letzteren aus dem zwischen den Rippen gelegenen Gewebe hervorgehen sehen, obgleich ja gerade dort die meisten Spaltöffnungen liegen. Die Form der ausgewachsenen Perldrüsen ist bei Vitis vinifera, Vitis japonica und Ampelopsis radicantissima eine sphärische, (Fig. 3, 5), wobei die Peridrüse direkt dem Pflanzenteile mit schmaler Ansatzstelle aufsitzt. Bei Ampelopsis Veitchii und Ampelopsis tricuspidata dagegen ist die Form eine keulenförmige, indem sich die Perldrüse nach unten zu ganz allmählich in einen Stiel verengt. Bei in dampfgesättigter Luft entstandenen Perldrüsen trat hei Ampelopsis radicantissima eine enorme Vergrößerung ein, wobei aber (die Kugel- form mehr oder weniger gewahrt blieb, bei Ampelopsis trieus- 13* 190 Heinrich Walter, pidata aber bemerkte man eine starke Streckung, die mit Krümmung verbunden sein konnte (Fig. 4). An einer ausgewachsenen Perldrüse lassen sich nun ihrer Ent- stehung gemäß eine aus der Epidermis hervorgegangene äußere Schicht, die die Epidermis der Perldrüse bildet, und aus den Grundgewebezellen Fig. 1. Ampelopsis radicantissima. Blatt von einer im Heiz- raum des Treibhauses wachsenden Pflanze, befand sich in äußerst trockener Luft und ist mit Perldrüsen übersät. hervorgegangene große Zellen, die das ganze Innere der Perldrüse ausfüllen, unterscheiden (Fig. 6). Wie es bei Gewebewucherungen meist der Fall ist, so haben sich die Epidermiszellen viel weniger von ihrer normalen Form entfernt, als die Zellen des Grund- gewebes. Unter dem starken Druck, der auf sie von den Innenzellen ausgeübt wird, erfährt die Epidermis eine starke Dehnung in tangentialer Richtung, wodurch die Zellen stark abgeflacht erscheinen. Im allgemeinen bleibt aber ihre parenchymatische Gestalt erhalten. In einzelnen Fällen trat bei Perldrüsen von Ampelopsis trieuspidata, die sich in dampfgesättigter Luft bildeten, zugleich mit enormer Streckung der Perl- drüsen auch Streckung der Epidermiszellen in einer Richtung ein, so Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 191 daß sie ganz die Form prosenchymatischer Zellen annahmen (Fig. 4). Daß aber die Epidermiszellen nicht nur passiv gedehnt werden, sondern sich auch durch Teilung vermehren, kann man daraus schließen, daß die Ansatzstelle der Perldrüsen ungefähr eine Fläche von 16—25 nor- malen Epidermiszellen einnimmt. So viele Epidermiszellen haben also Fig. 2. Ampelopsis radicantissima am Kamin des Treib- hauses. Ein aus dem unteren Teile des Stammes hervor- getriebener Sproß, der unter der Dachrinne wuchs, wo er vor Benetzung vollkommen geschützt war, mit zahl- reichen Perldrüsen bedeckt. ursprünglich an der Perldrüsenbildung_ teil- genommen. Nun kann man aber schon an einer jungen Perldrüse über 75 Epidermiszellen zählen. Jede Zelle muß sich daher mehrmals geteilt habeu. Eine Eigentümlichkeit zeigen die Epidermiszellen bei Vitisjaponica. Ungefähr jede 4.—5. Epidermiszelle, bei jungen Perldrüsen sogar fast jede, weist eine kleine Papille auf, die zuweilen von der Mutterzelle 192 Heinrich Walter, durch eine Zellwand abgegrenzt wird. Dadurch bekommt eine junge Peridrüse fast das Aussehen eines Seeigels (Fig. 5). Die Papillen werden beim Reifen der Perldrüse nicht größer, wachsen also kaum. Das Merk- würdige dabei ist, daß auf der Epidermis von Vitis japonica nirgends Fig.3. Perldrüse von Ampelopsisradicantissimaschräg Fig. 4. Perldrüse von Am- von oben, links unten die Spaltöffnung, Fetttropfen pelopais trieuspidata in dampf- und Wandungen der Innenzellen schimmern durch. gesättigter Luft gebildet. Fig. 5. Perldrüse von Vitis japonica Fig. 6. Perldrüse von Yitis vinifera im mit papillenförmigen Ausstülpungen der optischen Medianschnitt mit der schorn- Epidermiszellen. steinförmigen Ausstülpung an der Spitze. solche Papillen zu finden sind. Man findet nur Trichome, die aus einer Reihe großer toter Zellen bestehen und in viel geringerer Zahl auftreten. Dagegen weist die Epidermis der Blattrippen und Stengel von Ampe- lopsis radicantissima ganz ähnliche Papillen auf, wodurch sie ein sammetartiges Aussehen bekommt, Bei den Perlurüsen dieser Art sind Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 193 aber niemals Papillen vorhanden (Fig. 3). Verändern sich schon die Epidermiszellen weniger als die Grundgewebezellen, so zeigen sich von ersterer wiederum die Schließzellen, als die widerstandsfähigsten. Von einer geringen Dehnung abgesehn finden wir sie von ganz normaler Form meist genau der Ansatzstelle gegenüberliegend. Die Spaltöffnung ist meist weit offen und kann durch den Druck von innen in den Rändern eingerissen werden. Eine Eigentümlichkeit zeigen wiederum die Schließzellen bei Vitis vinifera. Normal sind sie von 5—6 Zellen umgeben, die größer und höher als die übrigen Epidermiszellen sind, so daß die Schließzellen etwas eingesenkt erscheinen. Auf einem Querschnitt durch den Stengel von einer Pflanze, an der gerade viele Perldrüsen auftraten, konnte man bemerken, daß alle Spaltöffnungen hervorgehoben waren. Die Ausstülpung ist anfangs gering, späterhin aber bildet sich ein schornsteinförmiger Auswuchs, an dessen Spitze nun hoch eniporgehoben die Schließzellen liegen. Untersucht man die Perldrüsen von Vitis vinifera, so findet man diesen schornsteinförmigen Auswuchs vollkommen unverändert an deren Spitze wieder (Fig. 6). Was nun das Innere der Perldrüsen betrifft, so wird dasselbe durch verhältnismäßig sehr wenige, enorm große zartwandige Zellen ausgefüllt. Sowohl in den Epidermiszellen als auch in den Innenzellen kann man nach Einwirkung von Jod deutlich den Kern erkennen. Er ist bei den Innenzellen ungewöhnlich vergrößert. Das Plasma ist meist nur den Zellwänden angelagert. Das Zellumen ist von riesigen Vakuolen oder verschiedenen Protoplasmaeinschlüssen, von denen im nächsten Ab- schnitt die Rede sein soll, eingenommen. Haben die Perldrüsen ihre Reife erreicht, so können sie längere oder kürzere Zeit erhalten bleiben. Meist beginnen sie schon bald infolge von Wasserverlust zu schrumpfen, trocknen dann ganz ein, bräunen sich anfangs und werden schließlich ganz schwarz. An gegen Wind geschützten Pflanzen können die schwarzen Schüppchen noch lange erhalten bleiben. Dank ihrer leichten Abtrennbarkeit fallen sie aber hei Pflanzen, die Wind und Wetter ausgesetzt sind, schon oft bevor sie zu schrumpfen anfangen ab. In dampfgesättigter Luft dagegen trocknen sie nicht ab, sondern schwärzen sich nur und verschimmeln schließlich, Die Wundstelle wird von Wundkork abgeschlossen. Die Narbe ist mit bloßem Auge in Form von kleinen Grübchen von der Größe eines Stecknadelstiches auf der Unterseite der Blätter von Vitis japo- nica zu sehen. Bei Vitis vinifera sieht man die Narben, wenn man 194 Heinrich Walter, die abgezogene Epidermis unter dem Mikroskop untersucht. Die Reihen der Epidermiszellen sind an einer Narbenstelle gestört, indem sie statt parallel, hier zusammenlaufen. In der Mitte sieht man dann eine Gruppe verkorkter Zellen, die gelbbraun erscheinen. III. Protoplasmaeinschlüsse in den Zellen der Perldrüsen. Von den protoplasmatischen Einschlüssen, die in den Perldrüsen auftreten, kommen vor allen Dingen die Fettropfen und stärkeartigen Einschlüsse in Betracht. Erstere fehlen den Perldrüsen niemals und sind immer nur in den Innenzellen bald in größerer bald in geringerer Menge enthalten. Auch ihre Dimensionen unterliegen ziemlich großen Schwankungen. In schon fast ganz abgetrockneten Perldrüsen kann man sie noch deutlich sehen, sie werden also wohl mit den Perldrüsen abgeworfen. Eine Abhängigkeit ihres Auftretens von dem Ernährungs- zustande der Pflanze konnte nicht konstatiert werden. Sie traten so- wohl an Perldrüsen der im Freien wachsenden Pflanzen, wie auch an Stecklingen und abgeschnittenen Zweigen auf. Es sind meist scharf umgrenzte, stark lichtbrechende Tröpfchen, doch konnten bei Vitis japonica auch unregelmäßigere Massen beobachtet werden, die ihrerseits aus kleinen Tropfen zusammengesetzt zu sein schienen. Was nun die chemische Natur der Tropfensubstanz anbelangt, so scheint es kein echtes Fett zu sein; es verhält sich gegen die mikro- chemischen Reagentien ebenso wie die von Arthur Meyer beschrie- benen Mesophyll-Sekrettropfen in wintergrünen Blättern. Es wurden folgende Reaktionen ausgeführt: 1. In Essigsäure (Risessig) selbst nach 24 Std. unlöslich. 2. In Wasser unlöslich. 3. In 85°/, Alkohol haben sich nach 24 Std. nicht alle Tropfen gelöst; die übriggebliebenen bräunen sich mit Osmium nach längerer Zeit. Löslich in Chloroform, Xylol, Äther und Alkohol absolut. . Mit Alkannatinktur färben sie sich rot. Mit Osmiumsäure (1°/, Lösung) dunkelbraune Färbung bis schwarz. 7. In Chloralhydrat (wässerige Lösung) nach 24 Std. nicht auf- gelöst. Die Perldrüsen werden dabei so brüchig, daß sie schon beim Auflegen des Deckglases zerdrückt werden. In konzentrierter H,SO, ungelöst. . Mit rauchender HNO, werden die Fettröpfchen nach längerer Zeit von Bläschen durchsetzt. nr o@ Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 195 10. Beim Fixieren mit Chromessigsäure (0,5%, Chromsäure, 1%, Essigsäure) scheinen die Tropfen in einzelne kleine Tröpfchen zu zerfallen, sie werden dabei undurchsichtig und schwach bräunlich, mit Osmium aber schwärzen sie sich trotzdem. 11. Mit Kalilauge und Ammoniak — keine Umwandlung in Krystalle beobachtet (selbst nach 48 Std.). 12. Bei längerem Erhitzen auf 120—140°, Befeuchten mit Wasser und Einwirkung von konzentrierter H,SO, treten die Tropfen nicht mehr deutlich hervor. Außer den Fettropfen treten in großen Mengen stärkeartige Ein- schlüsse auf. Der Form nach haben wir alle Übergänge von kleinen Stärkekörnern bis zu großen, flüssigen, hyalinen Kugeln. Echte Stärke- körner finden wir nur in den Chloroplasten der Schließzellen. Diese geben mit Jod die typische rein blaue Färbung. Ähnliche Körner finden sich in den im Kranz um den Kern gelagerten Leukoplasten der Epidermiszellen von Perldrüsen und außerdem in den Innenzellen bei Ampelopsis radicantissima, wo sie in Gruppen zu 3—6 beisammen liegen. Aber schon diese Körnchen, besonders aber die anderen stärke- artigen Einschlüsse zeigen nicht mehr die typische Stärkefärbung mit Jod. Bei ganz schwacher Einwirkung kann oft noch ein violetter Ton bemerkt werden, der aber bald in braun, rotbraun oder rötlichviolett übergeht. Bei Vitis japonica finden wir meist größere, stärker licht- brechende Körper, die oft noch eine konzentrische Schichtung zeigen. Mit Jod nehmen sie die für Amylodextrin typische Braunfärbung an und zerfließen, wie auch dieses, im Überschuß von Jod-Jodkalium zu einer kastanienbraunen Flüssigkeit. Bei Ampelopsis Veitchii und A. trieuspidata auch Vitis vinifera sind es flüssige Kugeln, die eine rot- bräunliche bis rotviolette Färbung annehmen. Wie schon Penzig hervorgehoben hat, enthalten sie oft kleinere oder größere in Brown- scher Molekularbewegung befindliche, stärkeartige Körnchen. Alle diese Beobachtungen sprechen dafür, daß wir es hier mit Spaltungs- Produkten der Stärke, Amylo- und Erythrodextrin, zu tun haben. Sie sind bei der Perldräsenbildung aus in den normalen Zellen vorhandener Stärke, denn nur solche finden wir in den übrigen Pflanzenteilen, entstanden. Zuweilen kann man noch um einen festeren, mit Jod sich rotbraun färbenden Kern einen farblos bleibenden Hof erkennen. Die Spaltung wird hier noch weiter bis zum Achroodextrin gegangen sein. Der farblose Hof ist umso größer, je kleiner der Kern ist. Auch das so 196 Heinrich Walter, häufig erwähnte Vorkommen von Zucker in Perldrüsen wird auf eine weitgehende Spaltung der Stärke zurückzuführen sein. = Penzig hat irrtümlicherweise diese mit Jod sich braunfärbenden Einschlüsse als proteinähnliche Stoffe angesehen. Während bei den Fettropfen keine Beziehung zur Assimilation festgestellt werden konnte, läßt sich eine solche sehr leicht bei den amyloseartigen Einschlüssen erkennen. Sie treten namentlich bei solchen Pflanzen auf, die sich unter günstigen Ernährungsbedingungen befinden und daher auch gut assimilieren können. Bei im Freien wachsenden Pflanzen sind die jungen Perldrüsen dicht mit diesen Ein- schlüssen gefüllt, bei älteren liegen sie zu Haufen zusammengeballt in den Innenzellen. In Perldrüsen von Stecklingen treten nur wenige auf, bei abgeschnittenen Sprossen fehlen sie fast vollkommen. Da nun die Pflanzenteile, auf denen die Perldrüsen entstehen, weder Fettropfen noch größere Mengen von Stärkeeinschlüssen auf- weisen, so fragt es sich, wie die Einschlüsse in die Perldrüsen ge- langen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Durch Ernährungsstörungen, die durch die Perldrüsenbildung oder durch die sie bedingten Faktore hervorgerufen werden, können die Assimilate, die normalerweise ab- geleitet werden, in den Perldrüsen zusammenfließen und hier in Fett resp. Stärke übergeführt werden. Solche Anhäufungen von Stärke sind in Blättern und Internodien von Polygonum fagopyrum bei Ernährung mit unvorteilbaften Kaliverbindungen oder Chlormangel, in Blättern von Tradescantia Selloi in kalkfreien Nährlösungen, in blattrollkranken Syringen und in zahlreichen anderen Fällen beobachtet worden. Auch der Übergang von Kohlehydraten in Fett ist beobachtet worden. Dagegen spricht aber schon, daß die Einschlüsse der Perldrüsen mit dem Alter nicht zunehmen. Schon ganz junge Perldrüsen sind mit Dextrinen vollständig angefüllt. Fettropfen bemerkt man in älteren in größerer Zahl, meist aber nur daher, weil sie in den jungen durch andere Einschlüsse verdeckt sind. Die andere Möglichkeit wäre, daß diese Stoffe bei Degeneration der Zellen, aus denen sich die Perldrüsen bilden, aus den vorhandenen Stoffen entstehen. Diese Möglickeit ist die wahrscheinlichere. Es handelt sich wohl nicht um echtes Fett, sondern um lipoide Substanzen. Lipoide sind in jeder normalen Zelle und, wie die Untersuchungen von Biedermann u. Czapek zeigen, oft in großen Mengen vorhanden, so z. B. nach den Untersuchungen Biedermanns im Protoplasma chloro- phylifreier Pflanzen, wie bei Monotropa und Orobanche. In normalen Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 197 Zellen scheinen sie mit dem Protoplasma innig gemischt zu sein, „sie stehen also zueinander nicht im Verhältnis von Plasmaprodukt und Plasma sondern bilden offenbar zusammen die lebendige Substanz der Zelle“ Sie sind deshalb oft maskiert und nicht immer reaktionsfähig und können nur nach tropfiger Entmischung nachgewiesen werden. Bei chlorophylihaltigen Zellen scheint das Protoplasma ärmer an Lipoiden zu sein, dafür machen diese aber einen großen Teil der Substanz, aus der die Chlorophylikörner bestehen, aus. Bei Einwirkung von einer Amylenhydrat - Pyridin -Sudanlösung auf Laubblattquerschnitte konnte Czapek ebenfalls zeigen, daß die Chloroplasten feintropfig entmischt werden und ilrre Grundsubstanz rot gefärbt erscheint. Wenn wir nun in Betracht ziehen, daß die Fettropfen nur in den Innenzellen d. h. solchen, die aus chlorophylihaltigen Grundgewebe- zellen entstanden sind, vorkommen und niemals in den chlorophyliosen Epidermiszellen gefunden wurden, daß anderseits in den fetthaltigen Zellen die Chlorophylikörner vollkommen degeneriert sind, während wiederum in den Schließzellen, wo die Chlorophylikörner erhalten bleiben, keine Fettropfen auftreten, so kann man das Auftreten der letzteren nur auf eine tropfige Entmischung der Chloroplastensubstanz, die bei deren Degeneration stattfindet, zurückführen. Bei der Degeneration wird der Chlorophylifarbstoff schon sehr früh zerstört, doch kann man oft die Fett- tropfen noch schwach grün gefärbt finden, was ebenfalls auf ihren ge- netischen Zusammenhang mit den Chlorophylikörnern hinweist. In einigen Fällen konnte ich ihre Entstehung direkt beobachten. In den Innenzellen bei Perldrüsen von Ampelopsis radicantissima waren die Chloroplasten noch nicht vollständig degeneriert, sondern sie bildeten einen noch deutlich grün gefärbten Ballen. Aus diesem Ballen nun hatten sich zahlreiche Fettropfen ausgeschieden. Bald größer, bald kleiner umgaben sie den Ballen von allen Seiten. Was nun die tropfige Entmischung anbelangt, so führte sie Biedermann an Elodea-Blättern auf folgende Weise aus: 3 bis 4 Stunden mit Kochsalz plasmolysierte Blätter werden in Alkohol gelegt, wobei eine große Zahl stark liehtbrechender farbloser oder blaßgrüner Körperchen auftreten. Fügt man danach Wasser hinzu, so bilden sich größere grünlich gefärbte Tropfen, die sich mit Osmiumsäure schwärzen. Die grüne Farbe verblaßt nach einiger Zeit. Außerdem kann man die tropfige Entmischung auf verschiedene andere Weise bewerkstelligen, wie durch Chloralhydrat, Kochen in Kochsalzlösung usw. Uns interessiert hier die erste Methode, da sie 198 Heinrich Walter, einiges Licht auf den Entmischungsvorgang bei der Perldrüsenbildung werfen kann. Die vorkergehende Einwirkung von Salzen scheint dabei eine große Bedeutung zu haben, denn bei nicht plasmolysierten Blättern gelingt diese Entmischung nicht. „Man kann also wobl annehmen, daß durch die Kochsalzlösung aus den Chlorophyllkörnern oder dem Plasma oder aus beiden eine Substanz herausgelöst wird, die wie ein Eiweiß- körper durch Alkohol gefällt wird und dem Chlorophylifarbstoff an- haftet. Durch Wasser tritt eine Spaltung ein, wobei sich grünliche Tröpfehen ausscheiden, die sich mit Osmium schwärzen.“ Wie wir noch sehen werden, wird die Peridrüsenbildung dadurch berlingt, daß in den an die Atemhöhle grenzenden Zellen eine An- häufung von mineralischen Salzen eintritt und nachher eine starke Aufnahme von Wasser erfolgt, wodurch sich das Zellvolumen so enorm vergrößert. Man kann also auch hier annehmen, daß durch konzen- triertere Salzlösung der Lipoidkörper mit dem Chloroplylifarbstoff herausgelöst wird und bei der darauffolgenden Wasseraufnahme die Entmischung stattfindet. ‘Der Farbstoff verblaßt sehr bald, die kleinen Tröpfehen fließen zusammen zu größeren und bilden so die Fettropfen der Perldrüsen. Überhaupt scheinen sich bei Degeneration des Zellinnern mehr oder weniger tiefgreifende Prozesse zu vollziehen, durch welche die sonst maskierten Lipoide direkt reaktionsfähig gemacht werden. So konnte Biedermann bei vergilbten Elodeablättern nach vorher- gehender Plasmolyse die Schwärzung mit Osmiumsäure auch ohne Alkoholbehandlung beobachten, wobei die Bräunung nicht nur bei den Chlorophylikörnern, sondern auch beim Plasma und sogar beim Zellsaft eintritt. Die Fettropfen der Perldrüsen können sich zum Teil wohl auch aus den Lipoiden des Protoplasma bilden. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, daß die Fettropfen in winter- grünen Blättern auch auf Degeneration einzelner Chlorophylikörner zurückzuführen sind. Die Beobachtungen, daß ihr Auftreten nicht von Temperatur, Jahreszeit und Assimilationstätigkeit abhängig ist, sondern bloß vom Alter des Blattes und daß sie bei Kalmia latifolia mit den Blättern abgeworfen werden, also nicht wie ein Reservestoff, sondern wie ein Auswurfstoff behandelt werden, würden ja diese Anschauung stützen. Überall wo Chlorophylikörner degenerieren, treten auch meist Fettropfen auf, so in den Intumeszenzen von Hibiscus vitifolius (Dale), in den Zellen chlorotischer Weinrebenblätter, wobei sie auch schon von Roux „als Produkte einer fettigen Entartung der Chloroleueiten Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 199 gehalten wurden“ (Molz), in Erineumhaaren auf Ahorn (Küster), in Emergenzen von Acacia pendula (Sorauer)N. Was nun die Bildung amyloseartiger Einschlüsse in den Perl- drüsen betrifft, so wurde die Abhängigkeit ihres Auftretens von der Assimilationstätigkeit der Pflanze bereits erwähnt. Hat die Pflanze assimiliert, so werden in den Chlorophylikörnern Stärkeeinschlüsse enthalten sein. Bei dem Entmischungsvorgange werden die Stärke- körner oft nur wenig angegriffen, wir finden sie deshalb bei Ampe- lopsis radicantissima in Form von kleinen Körnern, die noch ihre ursprüngliche Anordnung zeigen und im Stroma des Chlorophylikornes enthalten sind. Auch bei Vitis japonica kann man noch einzelne solcher Körner finden. In den meisten Fällen scheint dagegen eine starke Quellung der Körner und zugleich auch eine teilweise Spaltung zu Amylodextrin, Erythrodextrin und Achroodextrin stattzufinden, wo- durch das verschiedene Verhalten bei Jodeinwirkung bedingt wird. Analoge Erscheinungen beobachtete Biedermann an Elodea- blättern bei Einwirkung von Kalilauge nach vorangehender Plasmo- Iyse und Entfärbung mit Alkohol, Von andern Reaktionen der Perldrüsen seien hier noch einige angeführt: 1. Mit a-Naphıtbol (10°%/, alkoholische Lösung) und konz. H,S0, tritt Rotfärbung ein. 2. Mit Fehlingscher Lösung bekam man nach längerem Erwärmen nur eine sehr schwache Fällung von Kupferoxydul. 3. Anorganische Salze waren in größeren Mengen nicht nach- zuweisen. Bei Vitis japonica fand man in einer Perl- drüse einen Raphidenschlauch, der wahrscheinlich zufällig mit den andern Zellen hereingestülpt wurde. 4. Konzentrierte H,SO, zerstört alles bis auf die Fetttropfen und die sich braun färbende Cuticula. 5. Chlor-Zink-Jod färbt die Außenwände der Epidermiszellen gelbbraun, alle anderen Membranen intensiv blau. 6. In Perldrüsen, die 24 Std. in Alkohol abs. lagen, traten wiederholt in den Zellen zahlreiche an Sphaerokristalle erinnernde Kristallaggregate auf. Sie wurden nicht näher untersucht. Sie waren schwach gelbbraun gefärbt, in Wasser 1) Ebenso eine tropfige Entmischung und Ausscheidung von Fettropfen scheint in alten mikroskopischen Präparaten bei Anwendung von Giyzerin-Gelatine als Einschlußmittel einzutreten. 200 Heinrich Walter, schwer löslich, in 3%, H,SO, dagegen lösten sie sich sofort. Mit Jod färbten sie sich nicht. Das mikrochemische Verhalten der Perldrüsen stimmt also mit demjenigen, welches Raciborski für die Perldrüsen (Ameisenbrötchen) von Leea hirsuta angibt, überein. ' Nachdem nun die Anatomie der Perldrüsen besprochen ist, will ich mich zum pbysiologischen Teile wenden. Ich werde «dabei zuerst nur die Beobachtungen anführen und erst zum Schluß dieselben näher besprechen. IV. Auftreten von Perldrüsen an im Freien wachsenden Pflanzen. Wie schon erwähnt, führen alle älteren Angaben die Perldrüsen- bildung auf Luftfeuchtigkeit und nasses Wetter zurück. Bevor ich daher zu den Beobachtungen der Perldrüsen im Freien übergehe, will ich einen kurzen Überblick über die Witterungsverhält- nisse für Jena im Sommer 1919 geben. ö 1. Witterungsverhältnisse, Die Beobachtungen wurden am 12. Mai 1919 angefangen und bis zum Schluß der Vegetationszeit im Oktober fortgesetzt. In dieser Zeit ließen sich vier scharf begrenzte Wetterperioden unterscheiden. 1. Periode — Spätfrühling und erste Hälfte des Sommers bis zum 22. Juni — zeichnete sich nach einem sehr kalten Frühjahr durch große Trockenheit, heißes und klares Wetter aus. Nur 7 Tage hatten Niederschläge. II. Periode — vom 22. Juni bis zum 9. August — vorwiegend feuchtes und kühles Wetter mit 19 Regentagen und nachts häufigen Nebel, III. Periode — vom 9. August bis zum 19. September. — Dem feuchten und kühlen Sommer folgte wieder ein äußerst heißer und trockener Herbst. Die Niederschläge waren ganz unbedeutend. Der September brachte die Maximaltemperatur für dieses Jahr. Die Nächte waren aber oft schon kühl. IV. Periode — vom .19. September an setzte regnerisches und trübes Herbstwetter ein. Das Laub fing an sich zu färben und ab- zufallen. Die Temperatur war niedrig und besonders die Nächte empfindlich kalt. Im ganzen genommen war das Jahr ein äußerst trockenes. All- gemein wurde über große Dürre geklagt. Besonders den Frühling kann man keineswegs zu den nassen rechnen. Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 201 Wollen wir nun sehen was für einen Einfluß die Witterung auf die Perldrüsenbildung hatte.’ 2, Auftreten der Porlärüsen an ganz frei wachsenden Pflauzenteilen. Zur Beobachtung dienten die Pflanzen, die im botanischen Garten in Jena wuchsen, Die Ergebnisse waren folgende: 1. Vitis vinifera wuchs an der Südseite des Treibhauses, der Sonne vollkommen ausgesetzt. Als mit der Beobachtung angefangen wurde, hatte der Weinstock noch ganz kleine unentwickelte Blätter. Er war mit zahlreichen Perl- drüsen besetzt, die sowohl an den Blättern als auch an den jungen Triebspitzen besonders häufig aber an der Basis der Nebenblätter saßen. Trotz des heißen und trockenen Wetters blieben sie lange Zeit. erhalten und bildeten sich immer wieder aufs Neue. Eine starke Ab- nahme konnte nach völliger Entfaltung der Blätter beobachtet werden. Am 20. Mai kamen im Durchschnitt auf ein Blatt sechs Perldrüsen (einzelne hatten noch bis 14), am 22. Mai nur noch vier, wobei einige Blätter schon gar keine mehr aufwiesen, andere dagegen noch über 10. Schließlich am 26. Mai waren schon die meisten verschwunden; auf ein Blatt kamen 1-2 Perldrüsen. In der folgenden Zeit blieb die Zahl der Perldrüsen verhältnismäßig gering, doch konnte man ohne Mühe immer welche finden, besonders an den jüngeren Triebspitzen. Fast vollkommen verschwanden sie aber dagegen während der zweiten Pe- riode. Nur nach langem genauen Suchen konnte man einzelne an austreibenden Geizen finden. Nach Eintritt des trockenen Wetters im August nahm die Zahl der Perldrüsen deutlich zu. Es kamen wieder 1-2 Perldrüsen auf ein Blatt; bei einer Varietät mit filziger Blatt- unterseite sogar 4—7. Allerdings blieben die ausgewachsenen Blätter frei von Perldrüsen und traten diese fast ausschließlich an jungen Blättern und Trieben, auch an Blüten und Fruchtstielen auf. Allmählig nahm aber im September die Zahl der Perldrüsen ab, was wohl auf das Einstellen des Wachstums zurückzuführen ist. Ein anderer Weinstock zeigte im ganzen weniger Perldrüsen. Es scheint, daß die verschiedenen Arten sich nicht gleich verhalten. So sollen nach Müller-Thurgau bei Vitis-Solonis überhaupt keine Perldrüsen auftreten. 2. Ampelopsis Veitchii. Diese Pflanze rankte sich am Treibhaus empor, wobei ein Teil auf der Ostseite, der andere auf der Nordseite derselben wuchs. Da- durch gelang es, besonders deutlich die Abhängigkeit der Peildrüsen- 202 Heinrich Walter, bildung von der Wachstumsintensität zu beobachten. Beim Austreiben im Frühlinge entwickelten sich die Blätter’ anfangs langsam, dann aber trat plötzlich eine schnelle Entfaltung ein. Da die Exemplare auf der Nordseite viel weniger der Sonne ausgesetzt waren, so blieben sie im Wachstum gegenüber denen auf der Ostseite zurück. Während die Entfaltung der Blätter auf der Ostseite um den 24. Mai herum statt- fand, trat sie bei den Exemplaren auf der Nordseite eine ganze Woche später ein. Auf den eben entfalteten Blättern tritt das Maximum der Perldrüsen auf. Wir sehen daher das Maximum bei den Exemplaren auf der Ostseite am 26. Mai eintreten, auf der Nordseite dagegen erst am 4. Juni. Folgende Zahlen mögen eine Vorstellung von den beob- achteten Verhältnissen geben. Exemplare auf der Ostseite: am 20. Mai kamen 3—4 Perldrüsen auf ein Blatt (an einzelnen bis 8), am 24. Mai -—- 14 Perldrüsen (bis zu 24), am 26. Mai durchschnittlich 25 (bis zu 30). Vom 30. Mai fingen sie schon an abzutrocknen, und am 2. Juni kamen wiederum nur 14 auf ein Blatt (bis zu 22). Am 4. Juni waren die meisten schon abgetrocknet, es blieben durchschnittlich nur 3—4 Perl- drüsen nach. Bei den Exemplaren auf der Nordseite waren am 20. Mai 5—6 Perl- drüsen auf einem Blatt, ibre Zahl stieg sehr langsam bis zu 6 am 24. Mai und 9 am 26. Mai, nach der Entfaltung aber waren am 2. Juni alle Blätter von Perldrüsen übersät. Es kamen 30—40 auf ein Blatt. Ihre Zahl stieg zum 4. Juni bis auf 45 an ganz entwickelten und gegen 10 an noch unentwickelten, um dann wieder, nachdem die Blätter ihre normale Größe erreicht hatten, abzunehmen. Es blieben aber besonders an jungen Blättern während der ganzen trockenen Zeit einzelne Perldrüsen erhalten, die dann später nach Eintreten des feuchten Wetters fast gänzlich verschwanden. Nachdem aber am 20. und 21. Juli sehr heißes und trockenes Wetter war, konnte man eine deutliche Zunahme der Perldrüsen konstatieren. An jungen Blättern waren gegen 8 (bis zu 14 Perldrüsen), an halbausge- wachsenen gegen 3 (bis 8), an ganz ausgewachsenen keine. Alle diese Perldrüsen waren klein, eben im Entstehen begriffen; und als bald darauf das kalte regnerische Wetter wieder einsetzte, verschwanden sie, ohne die Reife erreicht zu haben. Im Herbst traten wieder Perldrüsen auf, ausschließlich aber an noch im Wachstum befindlichen Pflanzen- teilen. Sie blieben erhalten, bis im Herbst wieder das kalte Wetter einsetzte und die Blätter sich zu verfärben anfingen. 3. Ampelopsis radicantissima: am Kamin des Treibhauses. Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 203 . Auch hier trat besonders gut die Abhängigkeit der Perldrüsen- bildung von der Wachstumsintensität hervor. Die Pflanze trieb früh aus, die Blätter blieben aber lange Zeit unentwickelt und rötlich. Perl- drüsen traten nur vereinzelt auf, bis plötzlich am 11. Juni eine starke Zunahme zu bemerken war. Gleichzeitig aber hatte sich auch die ganze Pflanze merklich verändert. Die Blätter hatten sich vollkommen entwickelt und bildeten um den Kamin einen grünen Mantel, so daß von den Ziegeln nichts zu sehen war. Im übrigen verhielt sie sich ebenso wie die anderen Pflanzen. 4. Ampelopsis tricuspidata. Diese Pflanze, die in mehreren Exemplaren am Treibhaus und an der Mauer des botanischen Instituts wächst, scheint keine so plötzliche Blattentfaltung zu zeigen. Die Entwicklung scheint allmählich vor sich zu gehen. In Übereinstimmung damit ist auch keine so starke Zu- nahme der Zahl der Perldrüsen im Frühling zu beobachten. Es waren fast auf jedem Blatte Perldrüsen zu sehen, die späterhin während der zweiten Periode verschwanden. Dafür trat aber bei dieser Art besonders deutlich die Zunahme im Herbst hervor. An Pflanzen, an denen vorher gar keine Perldrüsen vorhanden waren, konnte man jetzt auf jedem Blatt, selbst auf älteren 3—4 Perldrüsen finden. 5. Vitis japonica: am Treibhaus. Diese Pflanze unterscheidet sich von den bisher besprochenen dadurch, daß sie nur krautige Stengel bildet, und die oberirdischen Triebe jeden Herbst absterben. Dafür zeichnet sie sich vor den anderen durch ungemeine Raschwüchsigkeit aus. Es war daher bei ihr besonders starke Perldrüsenbildung zu erwarten, was auch in der Tat der Fall war. In wenigen Tagen schossen die Triebe zu 11,—2 m Höhe hervor. Während nun bei den anderen Pflanzen sich im Frühling alle Blätter mehr oder weniger gleichzeitig entfalten, und daher auch die Perldrüsen gleichmäßiger auf die einzelnen Blätter verteilt sind, so sehen wir bei dieser Pflanze die unteren Blätter schon vollkommen ent- faltet, während die oberen noch ganz unentfaltet sind. Da die Perldrüsen in größter Zahl an den eben vollständig entwickelten Blättern auf- treten, so werden wir an ein und derselben Pflanze von oben nach unten gehend dasselbe Verhältnis feststellen können, wie bei den anderen an nacheinanderfolgenden Tagen. Außerdem wird sich, da die Pflanze fortwährend weiter wächst, das Maximum der Perldrüsen in demselben Maße verschieben. Folgende Zahlen mögen das bestätigen: Flora, Bd. 114, 14 204 Heinrich Walter, SEOBHODEGEEGE Plleisfez[oislelsle el Jede Zahl bedeutet die Anzahl Perldrüsen, die auf ein Blatt mit dem entsprechenden Internodium kommt. Die Zählungen sind an ein und demselben Triebe am 13. und 18. Juni vorgenommen und die Zahlen, die sich auf ein und dieselben Blätter mit ihren Internodien beziehen, sind untereinandergestellt worden. Der doppelte Strich zeigt die Stelle, an der sich die Krümmung der Triebspitze befand. Von links nach rechts sind die Internodien in ihrer Reihenfolge von oben nach unten angeführt. Man sieht, daß vom 13.—18. Juni der Sproß zwei neue Internodien gebildet, und daß die Krümmung sich um drei Internodien nach oben verschoben hat, gleichzeitig haben sich die Zahlen auch un- gefähr auf zwei Internodien nach oben verschoben. Würde man die Zahl der Perldrüsen weiter nach unten verfolgen, so würde man eine allmähliche Abnahme bemerken können. Dieselbe Anordnung konnte auch an anderen Trieben beobachtet werden, z. B. auf nacheinander- folgenden Internodien 4, 7, 10 | 32, 69, 87, 126, 117, 124. Während der feuchten Periode waren die meisten Perldrüsen verschwunden, das Wachstum war auch nicht mehr so intensiv. Wie bei Ampelopsis Veitchii, 8o konnte auch hier nach den heißen Tagen am 20. und 21. Juli eine Zunahme beobachtet werden. Die Zählung ergab folgende Zahlen: 1, 2, 2, 5, 8, 12 | 15, 21, 34, 25, 16, 17, 8. Man sieht, daß die ausgewachsenen Blätter eine bedeutend geringere Zahl als im Frühling zeigen. Aber auch hier blieben die Perldrüsen klein und verschwanden wieder. Im Herbst konnte gleichfalls eine Zunahme festgestellt werden. So waren am 18. August an älteren Blättern im Duchschnitt 10-11 Perldrüsen, an jüngeren 6—7. Diese Pflanze, die am spätesten von allen austreibt, scheint auch am spätesten ihr Wachstum einzustellen, daher konnte man an ihr noch den September hindurch immer einzelne Perldrüsen finden, selbst Anfang Oktober waren an jüngeren Trieben welche vorhanden. Am 13. Juni. . Dieselben Verhältnisse konnte man an verschiedenen Ampelopsis- und Vitis-Arten, die in Jena und Umgegend an Mauern, Zäunen und Häusern wuchsen, beobachten. Während der ganzen ersten Periode waren alle Pflanzen von Perldrüsen übersät, man brauchte nur ein be- liebiges Blatt umzuwenden, um welche zu finden. Während der zweiten feuchten Periode mußte man lange Zeit suchen, bis man einzelne fand. Im August wiederum waren alle Pflanzen dicht übersät; besonders viele Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 205 waren an jungen Trieben, aber auch an alten Blättern von Ampe- lopsis radicantissima konnte man immer welche finden. Im all- gemeinen kann man sagen, daß an Pflanzen, die an der Sonne besonders ausgesetzten Mauern wuchsen, bedeutend mehr Perldrüsen zu finden waren als an solchen, die einen schattigen Standort hatten. Aus allen diesen Beobachtungen geht deutlich hervor, daß die Perldrüsenbildung im Freien von zwei Faktoren abhängt: erstens von der Wachtumsintensität und zweitens von der Witterung. ‘Was den ersten Faktor anbelangt, so kann man im allgemeinen sagen, daß die Perldrüsenbildung der Wachstumsintensität proportional ist. Wollte man das Auftreten der Perldrüsen graphisch darstellen, indem man auf die Abzisse die nacheinanderfolgenden Tage, auf der Ordinate, die auf ein Blatt im Durchschnitt kommende Zahl Perldrüsen. einträgt, 80 würde man eine Kurve erhalten, die anfangs langsam, dann rapide steigt und schließlich wieder erst allmählich dann rascher abfällt. Für Vitis japonica müßte man an Stellen der aufeinander- folgenden Tage die aufeinander von oben nach unten folgenden Inter- nodien mit ihren Blättern eintragen. An.aufeinanderfolgenden Tagen würde dann die ganze Kurve, ohne ihre Form zu ändern, sich von rechts nach links dem Zuwachs der Sprosse und der Wachstumszone entsprechend verschieben. Der Form nach stimmt die Kurve mit derjenigen von der großen Wachstumsperiode überein. Die geringeren Abweichungen lassen sich dadurch erklären, daß die Perldrüsen, einmal entstanden, längere Zeit erhalten bleiben, bevor sie abtrocknen. Ich kann also die Angaben von Müller-Thurgau und Hof- meister, die behaupten, daß die Perldrüsenbildung von der Triebkraft des Weinstocks abhängt und somit hauptsächlich am austreibenden Wein auftritt, nur bestätigen. Wenn man aber die durch die große Wachstumsintensität bedingte Perldrüsenbildung beim Austreiben nicht berücksichtigt und nur den Einfluß der Witterung in Betracht zieht, so fällt es einem sofort auf, daß bei trockenem und heißem Wetter die Zahl der Perldrüsen stark zunimmt, während dieselben bei feuchten und kaltem fast vollkommen ver- schwinden. Außer dem direkten Einfluß auf die Perldrüsenbildung kann die Witterung auch wohl einen indirekten Einfluß ausüben, indem sie das Wachstum und somit auch die Perldrüsenbildung begünstigt oder hemmt. Meine Beobachtungen beschränken sich nur auf dieses Jahr, ich kann daher nicht sagen, wie stark die Perldrüsenbildung in nassen . 14* 206 Heinrich Walter, Frühlingen beim Austreiben ist. Ich denke aber, daß sich weniger Perl- drüsen bilden und diese dann nach der Entfaltung vollkommen verschwinden. Wir würden dann in nassen Frühjahren die Perldrüsen nur beim Aus- treiben beobachten. Es ist möglich, daß daraus der Schluß gezogen wurde, daß sie durch Feuchtigkeit hervorgerufen werden. Jedenfalls wären vergleichende Beobachtungen durch inehrere Jahre hindurch sehr erwünscht. 3. Auftreten der Perläräsen an gegen Hegen geschützten Teilen. Vorhin wurde gesagt, daß die Perldrüsen während der feuchten Periode alle verschwanden. Das hat nur soweit Geltung, als wir die vollkommen ungeschützten Triebe in Betracht ziehen. In Wirklichkeit konnte man auch während der feuchten Periode fast an jedem Exemplar Perldrüsen in größerer Zahl finden, es waren dann aber immer, worauf auch Stahl aufmerksam gemacht hat, die gegen Regen und Tau geschützten Pflanzenteile. So konnten den ganzen Sommer hindurch zahlreiche Perl- drüsen an Blättern von Ampelopsis radicantissima, die durch die oberen Teile der Pflanze vollkommen vor Regen geschützt waren, beobachtet werden. Noch mehr Perldrüsen saßen an Trieben dieser Pflanze, die von unten austrieben und von den Blättern überdacht waren. An jungen Blättchen solcher Triebe konnten 56 Peridrüsen gezählt werden. Bei einem unter die Dachrinne geratenen Sproß waren sogar 170 Perldrüsen an einem Blättchen, von dem daher kaum etwas zu sehen war. Diese Triebe wuchsen in Lichtmangel und zeigten sehr intensives Wachstum, wodurch wohl auch teilweise die enorme Zahl von Perldrüsen bedingt wurde. Letztere verschwanden aber, sobald die Triebe heranwuchsen und nicht mehr geschützt waren. Eine stärkere Perldrüsenbildung zeigte ebenfalls ein Exemplar der- selben Art, das in einem Taxusbusche wuchs, also auch vor Benetzung geschützt war. Noch deutlicher trat dieses Verhältnis bei einem Exemplar, das an einem Balkon wuchs, zutage. Am 30. Juli konnte man an den Blättern und Trieben, die an der Außenseite wuchsen, nur ganz ver- einzelte Perldrüsen finden, dagegen waren die Blätter, die nach innen hereinragten, also unter dem Schutze des Daches wuchsen, von Perl- drüsen übersät. An einem Blatte waren bis 40 große Perldrüsen. Nur einige Blätter wiesen wenige auf. Dasselbe trifft auch bei Vitis vinifera zu. Ein unter dem Dach- rande wachsender Langtrieb wies zahlreiche Perldrüsen auf (ungefähr neun auf einem Blatte), während an anderen Pflanzenteilen nur einzelne vorhanden waren. Über Peridrüsenbildung bei Ampelideen, 207 Daß die Perldrüsenbildung in allen diesen Fällen nicht durch Licht- mangel, sondern durch Schutz vor Benetzung hervorgerufen wird, sieht man aus folgenden Versuchen: Zweige von Vitis vinifera wurden durch ein halbgeöffnetes Fenster ins Innere des Treibhauses hereingeführt. Während an den Zweigen draußen nur ganz vereinzelte Perldrüsen zu finden waren, traten an den eingeführten Zweigen schon sehr bald zahl- reiche auf (ungefähr 10 auf einem Blatte, auf einzelnen bis 25). Die Fenster gingen nach Süden, so daß von Lichtmangel keine Rede sein konnte. Das Treibhaus stand leer, die meisten Fenster und Türen waren offen, so daß sich die Feuchtigkeitsverhältnisse von denen draußen nicht viel unterscheiden konnten. Die einzige Ursache konnte also nur Schutz vor Benetzung sein. %. Auftreten der Perlärisen an stiolierten Pflanzenteilen. Aus den vorhin angeführten Versuchen geht noch nicht hervor, ob Lichtmangel nicht doch noch nebenbei eine Rolle bei der Perldrüsen- bildung spielen könnte. Es wurden daher einzelne Triebe von im Freien wachsenden Pflanzen unter Blechzylinder in vollständige Dunkelheit ein- geführt. An ganz etiolierten Trieben trat keine Perldrüsenbildung auf Solange die Triebe noch grün waren, konnte man die erste Zeit eine kleine Zunahme bemerken, die aber wohl darauf zurückzuführen ist, daß diese Triebe auch vor Benetzung geschützt waren. Wurden vollständig etiolierte Triebe wieder dem Lichte ausgesetzt, so traten einzelne Perl- drüsen auf. Verdunkelung begünstigt also nicht nur die Perldrüsenbildung nicht, sondern hemmt sie eher. Da, wie wir sehen, Schutz vor Benetzung allein schon genügt, um die Perldrüsenbildung hervorzurufen, so liegt es sehr nahe, die Wirkung des trockenen und heißen Wetters darauf zurückzuführen, daß erstens die Pflanzen selten von Regen benetzt und zweitens die Tauniederschläge verhindert werden. Außerdem kann die Wirkung eine indirektere sein, indem das Wetter auf die Wachstumsintensität und Transpiration einwirkt. V. Einfluß von Luftfeuchtigkeit. Vor allen Dingen will ich hier einen Fall erwälnen, durch den schon Stahl auf die Perldrüsenbildung aufmerksam gemacht wurde, und der bestimmt gegen Luftfeuchtigkeit als Ursache der Perldrüsen- bildung spricht. In den Heizraum des Treibhauses hatten sich einige Triebe von Ampelopsis radicantissima, die draußen am Kamin wuchsen, 208 Heinrich Walter, unter dem Fensterrahmen hereingezwängt. Sie wuchsen hier weiter und bildeten lange sich stark verzweigende Triebe aus. Der Raum war hell, mit Oberlicht, die Sonne konnte frei hereinscheinen. Da in diesem Raume keine Pflanzen standen und deshalb nicht gespritzt wurde, so war die Luft sehr trocken. Die Pflanze, sowohl die Blätter auf der Unterseite an den Blattrippen, als auch die Blattstiele und Stengel, war mit Perldrüsen vom Frühling an bis spät in den Herbst hinein (Oktober) übersät. Die Zahl konnte bis zu 100 an einem Blatt steigen. Diese außerordentlich reiche Perldrüsenbildung kann man nur auf den Umstand zurückführen, daß die Pflanzenteile niemals mit Wasser benetzt wurden. Denn tauchte man einzelne Triebe in Wasser, so unterblieb die Perl- drüsenbildung. Führte man einzelne Triebe unter eine Glocke, die mit Wasser abgeschlossen war, also in mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre, so bildeten sich an den jungen, neugebildeten Blättern keine Perldrüsen. Sie erschienen aber bald wieder, wenn die Triebe der trockenen Luft ausgesetzt wurden. Ein Versuch, den schon Stahl ausgeführt hat. Entfernte man von einzelnen Blättern alle Perldrüsen, so wurden sie in kurzer Zeit wieder neu gebildet. Nach Entfernung am 30. Mai konnten am 11. Juni wieder über 20 an einem Blatt beobachtet werden. War die Witterung lunge Zeit feucht und kalt, so nahm die Zahl der Perldrüsen bedeutend ab, kamen dann aber wieder einige sonnige Tage, so war die Pflanze wieder mit Perldrüsen übersät. Während der heißen Zeit stieg die Temperatur im Raume außerordentlich hoch, so daß man sich kaum längere Zeit in ihm aufhalten konnte. Die Perl- drüsen trockneten in dieser Zeit sehr rasch ab. Ich konnte an einem Blatte wohl 110 vertrocknete Reste, aber keine einzige Perl- drüse zählen. Man sieht also, daß, wenn die Temperatur zu hoch steigt, die Peridrüsenbildung verhindert wird. Die anderen Versuche, den Einfluß der Luftfeuchtigkeit festzustellen, wurden zum Teil mit abgeschnittenen Zweigen, zum Teil mit Stecklingen und Blättern ausgeführt. 1. Versuch mit abgeschnittenen Zweigen. Austreibende Zweige von Vitisvinifera, Ampelopsistricus- pidata und Ampelopsis radicantissima wurden abgeschnitten und in ein Gefäß mit Wasser in ein trockenes und sonniges Zimmer gestellt, Die austreibenden Blätter und Ranken waren mit zahlreichen Perldrüsen bedeckt. Aber auch in feuchter, warmer Luft bildeten .sich Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 209 viele aus. Der Versuch wurde deshalb nochmals in größerem Umfange angestellt. Von einer Ampelopsis radicantissima, var. hirsuta und einer Ampelopsis tricuspidata wurden am 5. Juni dicke, mehr- jährige Sprosse abgeschnitten. Die Pflanzen hatten schon ihre Blätter entfaltet. An den abgeschnittenen Trieben wurden sämtliche Blätter entfernt, so daß sie aus den Augen austreiben mußten. Darauf wurden sie in etwa 15—20 cm lange Stücke geschnitten, in Gefäße mit Wasser gestellt und diese am 6. Juni auf verschiedene Standorte verteilt. Die Ergebnisse waren folgende: a) Feuchte Standorte. I. Im Mooshaus. Standort sehr feucht, die Pflanzen wurden oft bespritzt, Temperatur niedrig, kein direkter Sonnenschein. Unter diesen Bedingungen wurde das Austreiben sehr gehemmt. Bis zum 20. Juni hatten sie gar nicht getrieben. Am 28. fingen sie an etwas auszutreiben. Perldrüsen waren keine vorhanden, ausgenommen eine einzige an einem Triebe von Ampelopsis trieuspidata. Es bildeten sich auch weiterhin keine aus. Die Zweige entwickelten sich sehr langsam und gingen bald an Schimmel zugrunde. I. Im Selaginellenkasten. Standort feucht, ziemlich lichtreich, aber kein direktes Sonnenlicht. Temperatur hoch (20° C). Bis zum 19. Juni hatten nur einzelne Zweige schwach getrieben. Es hatten sich keine Perldrüsen gebildet. Am 23. Juni hatten sich an einem Zweige von Ampelopsis tricuspidata acht Blätter und vier Triebe entwickelt, die mit zahlreichen Perldrüsen besetzt waren (bis zu 70 auf einem Blatt), Ampelopsis radicantissima entwickelte sich langsam, Ein Zweig hatte drei Blätter gebildet mit ungefähr neun Perldrüsen an einem Blatt. Am 2. Juli waren alle Zweige mit Perl- drüsen übersät, die vom 9. Juli an schon zu vertrocknen anfingen. III Im Warmhaus unter einer Glasglocke in dampfgesättigter Luft, direktes Sonnenlicht. Die Zweige wurden am 14. Juni zum Versuch genommen. Am 23. begannen sie erst zu treiben, an einem kleinen Blatt waren 15 kleine Perldrüsen. Zum 30. Juni waren alle dicht mit Perldrüsen übersät. Die Perldrüsen bei Ampelopsis tricuspidata sind ungemein lang gestreckt (bis zu 3 mm) und oft gekrümmt. Am 11. Juli sind viele braun geworden und fangen an zu schimmeln, schrumpfen aber nicht. IV. Im Warmhaus bei feuchter Luft und direktem Sonnenschein, aber nicht gespritzt. 210 Heinrich Walter, Schon am 14. Juni waren an den ausgetriebenen Blättern zahl- reiche Perldrüsen, die sich immer noch vermehrten, am 23. Juni waren alle Blätter dicht übersät, (bei Ampelopsis tricuspidata bis 70 an einem Blatt, bei Ampelopsis radieantissima bis 33). Darauf begannen sie zu vertrocknen und am 28. Juli waren fast alle Perldrüsen verschwunden. V.Im Warmhause, nicht gespritzt, Luft nur zeitweise feucht, direkter Sonnenschein, hohe Temperatur. Schon am 13. Juni waren zahlreiche Perldrüsen an den aus- treibenden Zweigen zu sehen. Ihre Zahl nimmt stark zu, so daß die Blätter wie verzuckert erscheinen. Am 23. Juni bis 100 Perldrüsen an einem Blatt, schon am 26. Juni waren aber bereits alle Perldrüsen abgefallen. b) Trockene Standorte. I. Heizraum des Treibhauses. Luft vollkommen trocken und heiß, direkter Sonnenschein. Am 13. Juni haben die Zweige ausgetrieben und zahlreiche Perl- drüsen gebildet, am 19. Juni waren die Blätter ganz mit Perldrüsen übersät. Am 20. wurden an einem Zweige mit sechs kleinen Blättera über 700 Perldrüsen gezählt. Sie halten sich verhältnismäßig lange und fangen erst am 7. Juli teilweise an zu vertrocknen. II. In einem trockenen, nach Süden gelegenen Zimmer. Luft sehr trocken, direkter Sonnenschein. Viele Zweige litten unter der großen Trockenheit und trieben gar nicht oder langsam aus. Sie zeigten wenige Perldrüsen. Andere, die gut austrieben, waren mit Perldrüsen übersät, die sich sehr lange bielten. Am 15. Juli waren noch fast gar keine vertrocknet. III. Laboratorium. Trockene Luft, kein direkter Sonnenschein. Die Sprosse trieben schlecht aus. Am 23. Juni begannen sie erst auszutreiben und hatten nur einzelne Perldrüsen gebildet. c) Im Freien. Einzelne Zweige wurden draußen aufgestellt. Obgleich das Wetter bis zum 22. Juni trocken und sonnig war, so trieben sie im Vergleich zu den Zweigen im Warmhaus sehr langsam aus, da die Temperatur bedeutend niedriger war. Sie verblieben bis zum 15. Juli draußen. Es hatten sich aber nur wenige Perldrüsen gebildet, Außer den Perldrüsen wurden bei allen Zweigen von Ampelopsis trieuspidata reichlich Kallusbildung und Lenticellenwucherungen beob- Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 2311 achtet. Es war nicht schwer, ihre Abhängigkeit von der Feuchtig- keit zu bemerken. Lenticellenwucherungen bildeten sich unter Wasser; über dem Wasserspiegel nur soweit die Luft mit Wasserdampf gesättigt war. Auch die Kallusbildung war in feuchter Luft viel stärker. Bei Ampelopsis radicantissima bildete sich Kallus viel seltener, Aus diesen Versuchen ist kein besonderer Unterschied zwischen feuchten und trockenen Standorten zu ersehen. Nur bei den extremen Fällen, bei zu großer Feuchtigkeit sowohl, als auch bei zu großer Trockenheit wurde das Austreiben und somit auch die Perldrüsenbildung gehemmt. Die Perldrüsenbildung wird hier, wie auch beim Austreiben im Frühlipg hauptsächlich auf die außerordentlich große Wachstums- intensität zurückzuführen sein. An sonnigen Standorten. trieben sie rascher aus, daher trat auch die Perldrüsenbildung früher auf. Es er- weckte daher anfangs den Anschein, als ob an feuchten Standorten die Perldrüsenbildung geringer sei. Späterhin aber bildeten sich an feuchten Standorten ebenso reichlich Perldrüsen wie an trockenen. Schon Stahl hatte darauf hingewiesen, daß die Perldrüsen an dicken Stengeln sich reichlicher bilden, als an dünnen. Treiben beide gleich rasch aus, so ist kein besonderer Unterschied zu bemerken. Da die dicken Stengel aber mehr Reservestoffe enthalten, so treiben sie stärker aus, es bilden sich mehr Perldrüsen und bleiben auch länger erhalten. Daß trockene Luft aber die Perldrüsenbildung begünstigt, feuchte dagegen nicht, geht aus folgenden Versuchen hervor. Zweige von Ampelopsis radicantissima und Ampelopsis tricuspidata, die vom 6. Juni an draußen standen, entwickelten sich bis zum 22. Juni langsam und bildeten nur einzelne Blätter aus. Dar- auf entwickelten sie sich rascher und bildeten viele Blätter aus. Da das Wetter aber die Zeit über regnerisch war, so zeigten sie bis zum 15. Juli immer noch keine Perldrüsenbildung. Darauf wurden sie in den Heizraum in trockene Luft gebracht. Obgleich sie hier keine neuen Blätter entfalteten, so bildeten sich doch an einem Zweige von Ampe- lopsis tricuspidata bis zum 2. August 65 Perldrüsen; an einem solchen von Ampelopsis radicantissima 70. Ein anderes Mal hatten sich an einem Zweige von Ampelopsis radicantissima im Selaginellenkasten bis 100 Perldrüsen an einem Blatt gebildet. Sie wurden am 30. Mai alle entfernt. Bis zum 30. Juni hatten sich an allen Blättern zusammen nur 17 neue gebildet. Diese wurden nochmals entfernt und die Zweige in einen sehr trockenen Raum gestellt. Obgleich bis zum 23. Juni die Zweige keine neuen 212 Heinrich Walter, Blätter und Triebe hervorbrachten, so hatten sich doch in diesen 10 Tagen über 100 neue Perldrüsen gebildet. Wenn feuchte Luft die Perldrüsenbildung besonders bei intensivem Wachstum niemals ganz verhindert, so ist letzteres immer der Fall, wenn Blätter ganz oder nur teilweise mit Wasser direkt in Berührung kommen. An austreibenden Pflanzenteilen, die von Wasser benetzt wurden, konnten niemals Perldrüsen beobachtet werden. 2. Versuche mit belaukten Zweigen und Blättern. Die Versuche wurden mehrmals im Laufe des Sommers ausgeführt, sowohl mit Zweigen von Vitis vinifera als auch mit denen von Ampelopsis radicantissima, Ampelopsis Veitchii und Ampelopsis tricuspidata. Da die Zweige offen im Wasser stehend sich nicht lange hielten, so wurden sie unter eine Glasglocke in mit Wasserdampf. gesättigter Atmosphäre gehalten. Die Assimilation wurde oft noch durch Zufuhr von CO, gefördert. Die Zweige konnten auf diese Weise längere Zeit frisch erhalten werden, aber in keinem Falle wurde eine merkliche Perläräüsenbildung beobachtet, weder bei reichlicher Licht- zufuhr, noch bei Lichtmangel, Sollte also Lichtmangel und ruhige, feuchte Luft die Perldrüsenbildung begünstigen, so hätten sie bei diesen Ver- suchen unbedingt auftreten müssen. Andere krankhafte Erscheinungen, die durch feuchte Luft hervorgerufen werden, traten in der Tat in sehr starkem Grade auf. Unter ihnen seien besonders die abnormen Trennungs- gewebe erwähnt. Durch sie wurden alle jungen Triebe nach kürzerem oder längerem Verweilen unter der Glocke an den Knoten und die Blätter an ihrer Basis abgestoßen. Auf den Narben sah man dann die Zellen des Trennungsgewebes als mehliges Pulver. Bei Ampelopsis radicantissima traten außerdem, besonders an jungen Trieben, ja selbst an Blattstielen, ungewöhnlich starke Lenticellenwucherungen auf, wobei die Zellen ebenfalls als mehliges Pulver aus denselben hervor- traten. ‚Es sei hier noch erwähnt, daß in einzelnen Fällen stärkere Perl- drüsenbildung festgestellt wurde. Es waren dann aber immer Zweige von Pflanzen, bei denen auch im Freien reichlich Perldrüsen zu finden waren, die also dazu neigten. Versuche, die Perldrüsenbildung künstlich durch Einpressen von Wasser in abgeschnittene Zweige mittels Quecksilberdruck zu erzeugen, wodurch nach Copeland bei Tomaten Intumeszenzen hervorgerufen werden können, mißlangen. Die Blätter blieben vollkommen frisch und zeigten hydronastische Krümmungen, so daß in ihnen unzweifelhaft ein Über Perldrüsenbildung bei Ampelidsen. 213 erhöhter Wasserdruck herrschte. Wasserüberschuß allein kann .die Perldrüsenbildung, wie man sieht, nicht auslösen. In der pathologischen Pflanzenanatomie von Küster findet man eine Angabe, daß an Blättern von Ampelopsis, die mit der Oberseite auf dem Wasser schwimmen, sich schon in 24 Stunden Perldrüsen bilden, die sich in den nächsten Tagen noch vermehren, Ich habe diese Versuche mit Blättern von Vitis vinifera, Vitis japonica, Ampelopsis Veitchii, Ampelopsis tricuspidata und Ampelopsis radicantissima nachgeprüft. Doch kann ich diese Angabe nicht bestätigen. Die Versuche wurden auf verschiedene Weise variiert, indem bald das ganze Blatt aufs Wasser gelegt wurde, bald nur der Stiel ins Wasser tauchte; auch wurden einzelne schwimmende . Blätter durchstochen, um das Eindringen von Wasser zu erleichtern. Aber fast in allen Fällen traten entweder gar keine Perldrüsen auf oder es bildeten sich nur ganz vereinzelte Nur in zwei Fällen, einmal bei Ampelopsis radicantissima, ein andermal bei Vitis ja- ponica bildeten sich reichlicher Perldrüsen (bis 11 an einem Blatt), aber in beiden Fällen zeigten die Pflanzen draußen, von denen sie entnommen waren, ebenfalls reichlich Perldrüsen. Die Bedingungen zu ihrer Bildung waren also schon früher geschaffen und das Einlegen in Wasser löste das Auswachsen nur aus. Es ist anzunehmen, daß es sich bei den Blättern von Küster ebenfalls um solche Fälle ge- handelt hat. Bei Vitis vinifera dagegen traten zahlreiche Intumeszenzen an den Blättern auf. Man sieht also, daß die Bedingungen zur Bildung von hyperhydrischen Geweben günstige waren. 3. Versuche mit Stecklingen. Gut angewurzelte Stecklinge von Vitis vinifera, Ampelopsis radicantissima und Ampelopsis trieuspidata wurden am 4. Juni in zwei Gruppen geteilt. Gruppe I wurde in den Selsginellen- kasten des Treibhauses gestellt. Der Standort war also feucht und warın, hatte kein direktes Sonnenlicht. Die Pflanzen wurden häufig bespritzt. Gruppe II wurde in den Gang des Instituts gestellt. Der Stand- ort war trocken und warm, die Pflanzen hatten von 3 Uhr nach- mittags Sonne; bespritzt wurden die Pflanzen nicht, es wurde aber: für genügende Wasserzufuhr durch das Wurzelsystem gesorgt. Schon nach einer Woche traten besonders bei einer Ampelopsis radicantissima aus Gruppe II, die stark trieb, zahlreiche Perldrüsen 214 Heinrich Walter, auf. Bei den andern, die langsam wuchsen, erst viel später. Dagegen konnte man bei Gruppe I keine Perldrüsenbildung feststellen. Eine Ausnahme bildete nur ein Exemplar von Vitis vinifera, das 30 Perldrüsen hatte. Es ist aber zu beachten, daß dieses Exemplar sich schon von vornherein von den andern unterschied. Es hatte, noch bevor es zum Versuch genommen war, schon 10 Perldrüsen gebildet, während an den anderen Stecklingen, die unter den gleichen Be- dingungen wuchsen, keine waren. Woran das liegt, läßt sich schwer sagen. Am 23. Juni war folgendes festzustellen: Gruppe I. Daserwähnte Exemplar von Vitis vinifera ausgenommen, waren an keinem Steckling Perldrüsen zu beobachten. Einzelne Stecklinge trieben sehr stark und hatten bis zu 13 neue Blättchen. gebildet. Gruppe II. 1. Ampelopsis radicantissima. Es haben sich sehr zahlreiche Perldrüsen gebildet. An einem Exemplar, das gar kein Wachstum zeigte, hatten sich dennoch bis 30 Perldrüsen an einem Blatt gebildet. Bei einem anderen, das sehr stark wuchs und 2 Triebe mit 11 Blättern ge- bildet hatte, waren diese mit Perldrüsen übersät. An einem ausgewachsenen Blatt konnten 65 gezählt werden. 2. Ampelopsis tricuspidata. Perldrüsen ziemlich reich- lich, obgleich Wachstum nicht sehr intensiv. An einem Triebe mit 9 Blättern 75 Perldrüsen, an älteren weniger. 3. Vitis vinifera. Perldrüsen vereinzelt, an einem Exem- plar durchschnittlich drei auf ein Blatt. Bei einem haben sich keine gebildet. Es sei hier gleich bemerkt, daß Stecklinge von Vitis vinifera sich am schlechtesten zu Versuchen eigneten, indem die Perldrüsen- bildung bei ihnen immer sehr schwach ausfiel. Am stärksten war die Perldrüsenbildung bei Gruppe II am An- fang. Allmählich stellten sie, sei es durch die trockene Luft, sei es durch andere ungünstige Bedingungen veranlaßt, ihr Wachstum ein, wobei die meisteu Perldrüsen vertrockneten. Als aber ein Exemplar von Ampelopsis radicantissima nochmals anfing zu treiben, da waren die Triebe wieder mit Perldrüsen übersät. Der Unterschied zu Gruppe I war immer deutlicher zu bemerken, denn bei ihr traten auch späterhin keine Perldrüsen auf. Nur ein Exemplar, ebenfalls Ampelop- sis radicantissima, begann stark zu treiben, doch bildeten sich Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen, 215 auch hier nur 40 Perldrüsen im ganzen, während bei Gruppe II schon an einem Blatte 65 auftraten. Da durch die Beobachtungen im Freien festgestellt worden war, daß im Grunde genommen nicht der Feuchtigkeitsgehalt der Luft eine Rolle spielt, sondern mehr die Verhinderung der Benetzung der Blätter, was allerdings meist durch einen geringen Feuchtigkeitsgehalt der Luft hervorgerufen wird, so wurde folgender Versuch angestellt: Es wurden wiederum Stecklinge derselben Arten genommen und“ im Freien aufgestellt. Dabei wurde ein Teil durch einen Glaskasten vor . Regen und Tauniederschlägen geschützt, wobei die Luft aber frei zir- kulieren konnte. Der andere wurde daneben aufgestellt, aber voll- kommen ungeschützt. In der Tat war auch eine bedeutend stärkere Perldrüsenbildung bei den überdeckten Stecklingen gegenüber den frei- stehenden zu bemerken. Anfangs trat der Unterschied allerdings nicht hervor, denn das Wetter war klar und trocken, die freistehenden Stecklinge wurden lange Zeit hindurch nicht benetzt und bildeten daher gleichfalls Perldrüsen. Späterhin wurde der Unterschied deutlicher. So z.B. am 8. September. Seit dem 28. Juli überdeckt: Ampelopsis radieantissima — trieb anfangs sehr stark aus und war mit Perldrüsen übersät, darauf stellte die Pflanze ihr Wachs- tum ein und die Perldrüsen trockneten an den alten Blättern ab. Jetzt sind an den alten Blättern keine, an jungen dagegen 12, 25, 28 und 6 Perldrüsen. Vitis vinifera — bei allen Stecklingen an jedem frischen Blatt ein- zelne Perldrüsen, an einigen mehr (4—5 Perldrüsen). Seit dem 27. August überdeckt: Ampelopsis radicantissima — frisch austreibender Steckling. Zahlreiche Perldrüsen an allen Blättern, an einzelnen bis 26. Ampelopsis tricuspidata — frisch austreibender Steckling, an allen Blättern durchschnittlich 8—-4 Perldrüsen vorhanden. Bei den zur Kontrolle ungeschützt stehenden Stecklingen waren keine Perldrüäsen zu beobachten. Nur bei einer austreibenden Am- pelopsis radicantissima an einem jungen Blättchen 5 Perldrüsen. Auch am 6. Oktober, nachdem andauernd kaltes und regnerisches Wetter geherrscht hatte, waren an den meisten frischen Blättern der überdeckten Stecklinge Perldrüsen vorhanden. Besonders bei. Am- pelopsis radicantissima waren bis zu 10 auf einem Blatt, da- 216 Heinrich Walter, gegen gar keine an Blättern, die sich schon rot gefärbt hatten. An den unbedeckten konnten nur an einem jungen Blättchen von Am- pelopsis radieantissima drei Perldrüsen, die vielleicht noch von früher erhalten geblieben waren, beobachtet werden. &. Versuche mit Keimlingen. Auch diese Versuche will ich kurz anführen, obgleich man aus «ihnen noch keinen endgültigen Schluß ziehen darf. Da die erste Aus- “ saat nicht keimte und die zweite 4 Wochen zur Keimung brauchte, ‘so hatte ich erst im August brauchbare Keimlinge. Die Versuche fielen also schon in eine ungünstige Jahreszeit und ich konnte sie außerdem nicht auf eine genügend lange Zeit ausdehnen. Von den auf verschiedene Standorte verteilten Stecklingen ge- diehen die im: Selaginellenkasten, also auf feuchtem Boden, am besten, und auch nur sie bildeten eine größere Zahl Perldrüsen aus. An den Kotyledonen traten niemals welche auf, immer erst am ersten Laub- blatt. An einzelnen bildeten sich bis 12 Perldrüsen. Es sei aber hier gleich bemerkt, daß sie nur in der ersten Zeit auftraten. Sie fielen bald ab und bildeten sich nicht wieder, obgleich das Wachstum weiterging. Auch wenn man die gebildeten Perldrüsen sofort entfernte, wurden sie nicht durch neue ersetzt: Man sieht also, daß die Perldrüsenbildung bei Keimlingen sehr schwach ist, trotz des verhältnismäßig intensiven Wachstums. In trockener Luft bildeten sich nur einzelne Perldrüsen aus, wie es schien hauptsächlich bei Keimlingen, deren Boden stark feucht gehalten wurde. Es ist also möglich, daß die anderen Wasser- mangel litten, deshalb nicht gut gediehen und auch keine Perldrüsen bildeten. Bei vielen hingen die Blätter auch etwas welk herunter. Aber auch bei den Keimlingen im Selaginellenkasten gab es etliche, die überhaupt keine aufwiesen. Es scheinen also auch individuelle Schwankungen eine Rolle zu spielen. VI. Einfluß anderer Faktoren. 1. Einfluß von Salzen. Da nach Stahls Hypothese „die Perldrüsen krankbafte Gebilde sind, deren Entstehung wahrscheinlich auf verhinderter Exkretion be- ruht“, wodurch es in den Zellen zu Salzanhäufungen kommen muß, so konnte ınan vermuten, daß durch erhöhte Zufuhr von Salzen die Perl- drüsenbildung begünstigt wurde. ‘ Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 217 Diese Versuche wurden mit Blättern, abgeschnittenen, entblätterten oder nach Entfernung der. Blätter aus Augen austreibenden Zweigen von allen zu den schon früher angeführten Versuchen verwendeten Pflanzenarten angestellt. Sie wurden in 1/,—1°/, Lösungen von Ka- liumnitrat, Chlorkalium, Natriumnitrat und Kalziumnitrat gestellt. Die Blätter meist mit der Oberfläche auf den Salzlösungen schwimmend ge- legt. Vergleichspflanzen wurden in destilliertem Wasser gehalten. Die meisten dieser Versuche ließen keinen merklichen Unterschied zwischen den Pflanzen in den Salzlösungen und denen in destilliertem Wasser erkennen. Die Salzlösungen, besonders Natriumnitrat und Chlorkalium wirkten in diesen Konzentrationen schädlich auf die Pflanzenteile ein. In den meisten Fällen verjauchten die Pflanzenteile bald. Die un- beblätterten holzigen Zweige wiederum trieben meist nicht aus. Eine Begünstigung der Perldräsenbildung konnte in zwei Ver- suchen einwandfrei festgestellt werden. Sie seien hier angeführt: I Versuch. Junge Stengel von Ampelopsis radicantissima und Am- pelopsis tricuspidata ohne Blätter wurden am 6. Juni in destil- liertes Wasser, 1% Kalziumnitrat- und 1% Kaliumnitratlösung unter eine feucht gehaltene Glasglocke im Freien aufgestellt. Am 26. Juni konnte folgendes festgestellt werden: 1. in destilliertem Wasser: Ampelopsis tricuspidata — 1 bis 3 Perldrüsen auf ein Blatt, gut getrieben. Ampelopsis radicantissima 4—6 Perldrüsen auf ein Blatt, gut getrieben; 2. in 1% Kalziumnitratlösung: A. trieuspidats — alle neu ent- wickelten Blätter dicht mit Perldrüsen besetzt, bis 42 auf einem Blatt. A. radicantissima — die Stengel vertrocknet; 3. in 1%, Kaliumnitratlösung; A. tricuspidata — die Stengel hatten nicht getrieben, an einer etwas vergrößerten Knospe eine Perldrüse. A. radicantissima — an noch unentfalteten Blättern sechs Perldrüsen, an einem entfalteten 11 Perldrüsen. II. Versuch. Als Versuchsobjekte dienten dieselben Pflanzen. Sie wurden außer den oben angeführten Lösungen noch in 1% Kaliumchloridlösung an 26. Juni gestellt. . . 318 Heinrich Walter, Am 10. Juli hatten die Stengel von Ampelopsis tricuspi- data in destilliertem Wasser sehr stark ausgetrieben, in den Salz- lösungen dagegen viel schwächer. Obgleich man unter diesen Um- ständen bei den in destilliertem Wasser stehenden Stengeln eine viel stärkere Peridrüsenbildung hätte erwarten müssen, so war die Zahl derselben bei allen Stengeln ungefähr die gleiche. Bei Ampelopsis radicantissima machte sich der Unterschied deutlicher sichtbar: 1. in destilliertem Wasser: stark entwickelt, im ganzen 11 Perldrüsen ausgebildet: 2.in 1% Kalziumnitratlösung: stark entwickelt und 40 Perldrüsen ausgebildet; 3. in 1%, Kaliumehloridlösung: etwas schwächer entwickelt, aber mit Perldrüsen übersät; 4. in 1% Kaliumnitratlösung: ganz schlecht entwickelt und welk, aber trotzdem noch sechs Perldrüsen gebildet. Daß diese Versuche günstiger als die anderen ausfielen, läßt sich vielleicht dadurch erklären, daß sie im Freien ausgeführt wurden, wäh- rend sonst die Versuchspflanzen im Treibhaus standen. Die Entwick- lung war daher viel langsamer. Bei rascher Entwicklung können die Salze, die in den Pflanzenteilen aufgespeichert sind, schon an und für sich genügen, um reichliche Perldrüsenbildung hervorzurufen. Es werden dann auch an den Stengeln in destilliertem Wasser zahlreiche Perl- drüsen auftreten. Es ist aber auch möglich, daß die Salzanhäufungen nur in ge- wissen Zellen stattfinden müssen. Vielleicht kommt es gerade darauf an, daß in diesen Zellen die Konzentration im Verhältnis zu den anderen Zellen höher ist. Außerdem müssen diese Zellen bei der Ent- wicklung der Perldrüsen große Mengen von Wasser aufnehmen. 1% Salzlösungen können aber sclion stark wasserentziehend wirken, so daß sie vielleicht die Perldrüsenbildung dadurch verhindern. So konnten z. B. bei Keimlingen von Ampelopsis Veitchii, die sich sonst unter ganz gleichen Bedingungen befanden, keine Perldrüsen, weder in reinem Regenwassser noch in von der Oroone’scher Nährlösung + 1% Salz (KNO, oder Ca (NO,),) beobachtet werden. Bei denen in normaler von der Croone’scher Lösung aber bildeten sich einzelne aus. Schwächere Konzentrationen konnte man nicht gut nehmen, da die Stengel einen ziemlich großen Vorrat an Salzen enthalten. Die Unterschiede würden Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 219 dann zu gering sein um eine Schlußfolgerung aus den Versuchen zu erlauben. Dieses berücksichtigend wurden die anderen Versuche so an- gestellt, daß man die Wirkung der Salzzufuhr zeigen konnte, olıne starke Konzentrationen anwenden zu müssen. Die Versuche fielen auch alle positiv aus. Es wurde schon im vorigen Kapitel erwähnt, daß die Perldrüsen, die sich an aus den Augen treibenden Stengeln gebildet. hatten, nach längerer oder kürzerer Zeit abfielen. Diese Stengel konnten nachher ' lange im Wasser stehen ohne jemals Perldrüsen zu bilden. Viele trieben dabei am Kallusgewebe Wurzeln aus. Dieses gänzliche Unver- mögen Perldrüsen zu bilden, sowohl in feuchter als auch in trockener Luft, kann nur auf die gänzliche Erschöpfung aller im Stengel auf- gespeicherter Nährsalze zurückgeführt werden. Solche dicke Zweige, die ganz frisch geblieben waren, aber ihr Wachstum natürlich eingestellt hatten, wurden nun in von der Croonesche Nährlösung übertragen. Die Resultate waren folgende: 1. Ein Stengel von Ampelopsis radicantissima, der über 3 Monate im Wasser stand und alle Perldrüsen verloren hatte, wurde am 9. August in Nährlösung übertragen. Schon zum 5. September waren an den einzelnen Blättern 2, 16, 4 und 3 Perldrüsen zu sehen. 2. Ein gleicher Stengel von Ampelopsis radicantissima mit einem Blatte und ohne Perldrüsen wurde am 30. Juli in Nährlösung über- tragen. Zum 16. August hatte er einen neuen kräftigen Trieb, der mit zahlreichen Perldrüsen besetzt war, gebildet. Allein an dem alten Blatte konnten 30 Perldrüsen gezählt werden. " Beide Zweige hatten ein starkes Wurzelsystem entwickelt. Zweige von Ampelopsis trieuspidata und Ampelopsis Veitchii mit schwachem Wurzelsystem wuchsen gar nicht. Sie ver- loren sogar einen Teil ihrer Blätter. Es bildeten sich ebenfalls Perl- drüsen, wenn auch nur eine geringe Zahl. Beim Entzug von Salzen konnte man dagegen bemerken, daß Pflanzen mit starker Perldrüsenbildung diese allmählich vollständig einstellten. Der Zweig von Ampelopsis radicantissima, aus Versuch 2, wurde am 16. August in Regenwasser übertragen. Das Wachstum nahm noch einige Zeit seinen Fortgang. Am 19. September hatte die Pflanze 9 neue Internodien gebildet, dabei wurde aber die Perldrüsen- bildung sehr bald eingestellt. Die neugebildeten Blätter waren fast Flora, Bd. 114, 15 220 Heinrich Walter, ganz ohne Perldrüsen; an den alten trockneten sie allmählich ab. Am 24. September waren im ganzen nur noch acht vorhanden. 2. Versuche mit verdunkelten Stecklingen. Diese Versuche wurden im Anschluß an die schon beschriebenen mit einzelnen unter Blechzylinder eingeführten Trieben ausgeführt. Das Ergebnis war dasselbe. Die Stecklinge wurden sowohl in feuchter als auch in trockener Luft gehalten. Sie bildeten vollständig etiolierte - Triebe. In trockener Luft hielten sie sich über 2 Monate lang, es konnte jedoch keine einzige Perldrüse bemerkt werden. Nachdem die etiolierten Triebe wieder dem Licht ausgesetzt wurden, traten in trockener Luft einzelne Perldrüsen auf. 3. Einwirkung von Paraffinum liquidum und Sublimat. Die Blattunterseite (hauptsächlich die Blattrippen), die Blattstiele und jungen Triebe von Ampelopsis, d. h. die Teile, an denen allein die Perldrüsen auftreten, wurden mit Paraffinum liquidum und 0,1% alkoholischer Sublimatlösung bestrichen. Bei Paraffinum liguidum wurde es mehrere Tage hintereinander wiederholt. Perldrüsen traten an den bestrichenen Stellen nicht auf, obgleich sie sich an anderen Blättern derselben Pflanze, von denen zur Kontrolle die Perldrüsen entfernt waren, in größerer Zahl neu bildeten. Auch an den nicht bestrichenen Teilen eines Blattes bildeten sie sich aus. Bei Paraffinum liquidum hielten sich die Blätter lange Zeit, bis sie endlich abfielen. Am Stengel schienen sich Lentizellenwucherungen zu bilden. Beim Bestreichen mit Sublimat wurde die Epidermis abgetötet und bräunte sich, es waren aber keine Neubildungen zu bemerken. 4. Einfluß von Lenchtgas, Keimlinge von Ampelopsis Veitchii wurden unter eine Glocke mit Wasserabschluß, in die Leuchtgas gelassen wurde, gestellt und längere Zeit in dieser Gasatmosphäre eingeleitet. Ein Teil der Keim- linge wurde dabei bei schwachem Licht gehalten, der andere an einem Südfenster dem direkten Sonnenlichte ausgesetzt. Perldrüsen traten nicht auf. Die Pflanzen zeigten aber dabei die eharakteristischen hydronastischen Krümmungen. Außerdem waren die Stengel und Blattstiele dicht mit Lentizellenwucherungen besetzt. Gleich feucht gehaltene Keimlinge im Treibhaus zeigten diese Erscheinung nicht. Da nun Stahl gezeigt hat, daß in Leuchtgasatmosphäre die Spaltöffnungen bei vielen Pflanzen sofort geschlossen werden, so er- blicke ich in diesem Verschluß die Ursache der Lentizellenwucherungen. Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 221 Dafür spricht auch die Beobachtung von Wisniewski, daß man bei Ficus australis und Ficus elastica durch Bestreichen der Zweig- oberfläche mit Paraffinum liquidum Lentizellenwucherungen erhalten kann, d. h. durch Verstopfen der Spaltöffnungen, was dem Verschluß derselben gleichkommt. Ob dabei die sistierte Transpiration oder der Mangel an Sauerstoff die ausschlaggebende Rolle spielt, läßt sich nicht entscheiden. Wenn man in Betracht zieht, daß sich Lentizellen- wucherungen auch in dampfgesättigter Atmosphäre bilden, so scheint die erstere Annahme die wahrscheinlichere zu sein. VIE Ursachen der Perldrüsenbildung. Nachdem nun die verschiedenen die Perldrüsenbildung betreffenden Beobachtungen und Versuche angeführt worden sind, will ich etwas näher auf die sie bedingenden Ursachen eingehen. — Wie bereits erwähnt, war bis vor kurzem die Ansicht vertreten, daß Perldrüsen wie auch Intumeszenzen hauptsächlich durch Wasserüberschuß hervorgerufen werden. Sie haben auch viel mit Intumeszenzen gemein. - Die Innen- zellen der Perldrüsen sind z. B. ebenfalls enorm vergrößert und mit einer wässerigen Flüssigkeit gefüllt. Der Chlorophyllapparat ist degeneriert. Die Perldrüsen sind, wie viele Intumeszenzen, immer an Spaltöffnungen gebunden. Doch muß betont werden, daß die Ursachen, welche die Perl- drüsenbildung hervorrufen, verschieden von denen sein müssen, welche die hyperhydrischen Gewebe bedingen. So treten bei Vitis vipifera Perldrüsen und Intumeszenzen niemals gleichzeitig auf. Bildeten sich Intumeszenzen, so waren keine Perldrüsen vorhanden und umgekehrt. Auch Lentizellenwucherungen und abnorme 'Trennungsgewebe kamen selten mit Perldrüsen zusammen vor. In seiner Arbeit „Zur Physiologie und Biologie der Exkrete* hat. Stahl die Ansicht ausgesprochen, daß die Perldrüsen krankhafte, durch verhinderte Exkretion hervorgerufene Gebilde seien. Die Ergebnisse meiner Beobachtungen bestätigen vollauf diese Ansicht. Die in die Pflanze gelangenden Salze werden nicht alle verwendet. Es ist hervorzuheben, daß wir bis jetzt von keinem der unent- behrlichen Metallionen dessen Verwendung in der Pflanze kennen. Ein großer Teil wird vielleicht nur zum Transport der Anionen (NO, SO,” und PO,”) benötigt. Ein anderer dient vielleicht zur Entgiftung, wie es ja für Ca dem Mg gegenüber erwiesen ist. Nach Verwendung der Anionen oder der zu entgiftenden Metallionen bleiben die anderen Metallionen als Exkrete übrig und müssen unschädlich gemacht werden. Es geschieht, wie Stahl in seiner Arbeit gezeigt hat, entweder «durch 15* 222 Heinrich Walter, Ablagerung in fester Form in der Pflanze oder durch Ausscheidung mittels Wasserspalten oder Wasserdrüsen. Die Ampelopsis- und Vitisarten gehören nun durchweg zu den Wasserspalten führenden Pflanzen. Wie ich bei Vitis fest- stellen konnte, kann die Guttation sogar eine sehr energische sein, wobei große Mengen von Salzen ausgeschieden werden. Bei einem Exemplar von Vitis vinifera konnten vom 20. bis 27. Mai regel- mäßig jeden Morgen an allen Blattspitzen große Wassertropfen be- obachtet werden. Nach ihrem Verdunsten blieben Salzschüppchen zurück, die sich leicht lösten und abfielen. Aber auch bei den Ampelopsisarten konnte die Guttation leicht nachgewiesen werden. Betrachtet man zu- nächst die Blätter von Vitis und Ampelopsis, so fallen einem gleich die verdickten chlorophylliarmen Spitzen der Blattzähne auf. In jeden Zahn führen drei Gefäßbündel, die sich hier pinselartig ver- zweigen. Wenn man die Epidermis unter dem Mikroskop untersucht, so sieht man, daß auf der oberen Seite keine Spaltöffnungen vorhanden sind. Nur-auf den Spitzen der Blattzähne befinden sich zahlreiche, von den gewöhnlichen kaum zu unterscheidende Schließzellen. Ihr Inhalt kann oft abgestorben sein, so daß es sich hier zweifellos um typische Wasserspalten handelt. Stark treibende Stecklinge von Ampelopsis radicantissima und Ampelopsis tricuspidata wurden, nachdem: sie mehrere Tage kräftig assimiliert hatten, abends in ein warmes Zimmer unter eine mit Wasser abgeschlossene Glasglocke gebracht. Am andern Morgen saßen an allen Blattrandspitzen kleine Wassertropfen. Wenn auch die Wasserausscheidung an im Freien wachsenden Pflanzen nicht oft zu sehen ist, so kann sie doch stattfinden, wenn die Blätter längere Zeit benetzt werden. Wenn die oberirdischen Pflanzenteile vor Benetzung geschützt sind, so unterbleibt die Guttation und mithin auch die Salzausscheidung. Es fragt sich nun, wo die stärksten Anhäufungen von Salzen stattfinden. Da die Salze mit dem Wasser in die Pflanze gebracht werden und nach Verdunstung des letzteren zurückbleiben, so wird es hauptsächlich in den transpirierenden Teilen zur Anhäufung kommen. Hier wiederum wird die Konzentration des Zellsaftes in den Zellen nahe den Spaltöffnugen am größten sein, da erstens die Luft unter den Spaltöffnungen am wenigsten mit Wasserdampf gesättigt ist und die Zellen daher am meisten Wasserdampf abgeben werden, zweitens in den inneren Zellen durch das aus den Gefäßen nachströmende Wasser die Konzentration immer wieder erniedrigt wird. Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 223 Damit es aber nun zur Perldrüsenbildung kommt, müssen diese Zellen mit erhöhter Konzentration des Zellsaftes soviel Wasser zur Verfügung haben, daß sie durch Aufnahme großer Mengen ihr Volumen so enorm vergrößern können, wie es tatsächlich auch geschieht und sie dadurch die Ausstülpung hervorrufen. Von allen Zellen nahe den Spaltöffnungen werden diejenigen, welche außerdem nahe an Gefäßen liegen, in dieser Hinsicht am günstigsten gestellt sein. Die Perldrüsen- bildung muß deshalb erstens an die Spaltöffnungen und zweitens an den Verlauf der Gefäße gebunden sein, was auch tatsächlich der Fall ist. Bei allen Pflanzenteilen gehen die lebhaftesten Stoffwechselprozesse in den jungen wachsenden Pflanzenteilen vor sich. Dort müssen sich auch die größten Exkretmengen ansammeln. Besonders rasch wird es zu einer Anhäufung von Salzen kommen, wenn durch Schutz vor Be- netzung die Ausscheidung verhindert wird. Tatsächlich sehen wir die Perldrüsen in erster Linie an jungen Pflanzenteilen auftreten. Ihre Bildung steht in deutlicher Beziehung zur Wachstumsgeselwindigkeit. Sie treten deshalb in größter Menge beim Austreiben der Pflanzen im Frühling oder auch später aus den Augen auf. Auch verhinderte Exkretion durch Schutz vor Benetzung ganzer Pflanzen oder auch von Teilen derselben genügt, um reichliche Perldrüsenbildung hervorzurufen. Die krankhaften Erscheinungen, die Stahl bei Pflanzen in trockener Luft beobachtete, traten ebenfalls immer zuerst an jungen Pflanzenteilen auf. Unter sonst gleichen Bedingungen muß die Anhäufung von Salzen bei starker Transpiration am raschesten vor sich gehen. Deshalb be- günstigt trockene Luft und hohe Temperatur die Perldrüsenbildung. Da es den Pflanzen in feuchter Luft meistens gelingt Salze auszuscheiden, so unterbleibt die Perldrüsenbildung ganz oder tritt nur dann auf, wenn die gebildeten Exkretmengen die ausgeschiedenen übertreffen, wie z. B. bei stark aus den Augen treibenden Stengeln. Es ist überhaupt noch fraglich, ob abgeschnittene Stengel aktiv ausscheiden können. Die Perldrüsenbildung unterbleibt vollständig bei direktem Kontakt der Blätter mit flüssigem Wasser, da hierbei eine Salzanhäufung unmöglich ist. Da die Exkretmengen in der ausgeschiedenen Flüssigkeit gewöhn- lich sehr gering sind, so wird die Exkretion längere Zeit unterdrückt werden müssen, bis eine merkliche Konzentration des Zelisaftes zustande kommt. Wenn eine Anhäufung stattgefunden hat, so wird gleichfalls nieht beim ersten Regen die ganze überschüssige Exkretmenge hinaus- befördert werden. Dadurch läßt es sich erklären, daß der Einfluß der Witterung auf die Perldrüsenbildung kein so ausgeprägter ist. Es kommt darauf an, wie die Witterung im allgemeinen während einer 224 Heinrich Walter, längeren Zeitperiode ist. Einzelne trockene Tage während einer feuchten Periode und einzelne Regentage während einer trockenen werden keine Rolle spielen. Auch werden kurze starke Regen an heißen Tagen die Exkretion nicht so begünstigen können wie lang- andauernder Regen an feuchten kühlen Tagen. Es kommt nicht auf die Quantität der Niederschläge an, sondern auf die Zeit, während der die Blätter benetzt bleiben. So blieb z. B. ein tägliches Bespritzen der Pflanzen, die in einem trockenen Raum standen, ganz wirkungslos, denn nach wenigen Minuten waren die Blätter bereits wieder trocken. Eine größere Bedeutung kommt vielleicht denı Tauniederschlage zu, da die Pflanzen dabei längere Zeit benetzt bleiben. Man ersieht hieraus, daß im Freien sehr viele Faktoren mitspielen können und bei ihrer Kombination sehr verschieden auf die Perldrüsen- bildung einzuwirken vermögen. Die Anhäufung ist umso größer, je mehr Salze den Pflanzenteilen zur Verfügung stehen. Dadurch läßt sich die starke Perldrüsenbildung bei austreibenden Pflanzen erklären. „Die Aschenbestandteile, derer die jungen Triebe in ihrem Stoffwechsel und Wachstum benötigen, werden größtenteils aus dem Vorrate ge- schöpft, der in den Achsenorganen aufgespeichert liegt. Weder die Knospen selbst noch die direkte Aufnahme der Mineralstoffe aus dem Boden durch die Wurzeln des Baumes können den notwendigen Be- darf decken“ (Czapek). Es werden also bei raschem Austreiben be- sonders große Salzmengen in die jungen Pflanzenteile hineinbefördert. Deshalb bilden sich an dieken abgeschnittenen Stengeln auch mehr Perldrüsen als an den dünnen. An diesjährigen Stengeln und ein- zeinen Blättern unterbleibt die Perldrüsenbildung meist ganz. Die Blätter, an denen Perldrüsen auftraten, stammten von dazu neigenden Exemplaren, d. h., die Pflanze befand sich unter Bedingungen, die die Anhäufung von Salzen in den Blättern begünstigten. Als dann die Blätter auf Wasser gelegt wurden, nahmen die Zeilen mit erhöhter Konzentration Wässer auf und dieses löste die Perldrüsenbildung aus. Wir sahen gleichfalls, daß beim Überführen von Pflanzen, die an Salzen Mangel litten, in von der Croonesche Nährlösung, sofort Perldrüsen auftraten, die beim Zurückversetzen in Regenwasser sofort wieder weg- blieben. Daß bei künstlicher Zufuhr von Salzen meist negative Resul- tate erzielt werden, ist wohl, wie schon erwähnt, auf die giftige Wirkung der Salze und der hohen Konzentration zurückzuführen, auch „kann Steigerung des Mineralstoffgebaltes der Blätter bei gesteigerter Zufuhr verschieden zusammengesetzter imineralischer Nahrung wohl vorkommen und wurde wiederholt festgestellt, doch bleibt diese Wirkung in anderen Fällen wieder aus” (Czapek). Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen, 225 Auch die Verteilung der Aschenbestandteile in den Blättern wider- sprieht nicht dieser Hypothese. Bei Czapek finden wir folgende An- gaben: Blattrippen erwiesen sich oft aschenreicher als das Mesophyll (Dahlen). Groß fand für Vitis vinifera folgende Zahlen für den Reinaschengebalt in der Trockensubstanz der Blätter: am 26. April . . 2... 364% 10. li. 2. 2 .202.208% 20. Oktober . . . .. 2,84%. Nun treten die Perldrüsen gerade an Blattrippen auf und in größter Zahl im Frühling, d.h. gerade an den Stellen und zu der Jahreszeit, wo der Aschengehalt am größten ist. Zur Kontrolle wurden mehrere Rohaschenbestimmungen ausgeführt. Obgleich die Genauigkeit dieser Methode eine ziemlich ungenügende ist, so war die Übereinstimmung eine überraschende. Ich will sie in folgender Tabelle anführen: (Siehe Tabelle S. 226.) Wenn man den Aschengehalt in Spalte VIII vergleicht, so sieht man, daß die Pflanzen mit Perldrüsen einen größeren Aschengehalt auf- weisen, als diejenigen ohne. Ausgenommen sind 5 und 6, 9 und 10. Im ersten Falle war der Unterschied in der Zalıl der Perldrüsen kein großer. Ampelopsis Veitchii hatte im Frühling wohl zahlreiche gehabt, zum 19. Juni waren die meisten aber schon abgefallen. Bei 9 handelte es sich um einen halb-etiolierten Trieb. Die Perldrüsen saßen hauptsächlich an den unentfalteten Blättchen und der äußersten Triebspitze. Wenn hier der Aschengehalt vielleicht auch größer war, so konnte er durch die dicken und stark gestreckten Internodien zum Teil wieder ausgeglichen werden. Vergleicht man 5 mit 7 und 6 mit 8 (die Blattstiele gehörten den zur Analyse genommenen Blättern an}, so sieht man, daß auch bei Ampelopsis die Blattstiele und somit wohl auch die Rippen einen größeren Aschengehalt aufweisen, als das Mesophyll. Wenn man nun die in Spalte VII angeführten Zahlen mitein- ander vergleicht, so sieht man, daß trotz des höheren Aschengehalts der Wassergehalt in Prozenten des Frischgewichts bei allen Pflanzen mit Perldrüsen größer ist. Wenn die primäre Ursache der Perldrüsen- bildung die Anhäufung von Salzen ist, so ist noch als Realisationsfaktor größerer Wassergehalt nötig. Das kann man aus folgendem ersehen: Bei welken Pflanzen treten niemals Perldrüsen auf, ebenfalls nie an schon rötlich gefärbten Blättern im Herbst. I | u m IV v Yvı vu vnoI 1x u I f ” ä ch u Tr Wasser in| Rohasche TT — ” Name der Pflanze und Zur Analyse} Tag der | Frisch- ocken- | °/, des Jin es Nr. Standort genommen |Entnahme| gewicht | gewicht Frisch- | Trocken- Zustand der Pflanze gewichts | gewichts ı. | Ampelopsis radicantissima aus | 43 Biätter | 19. Juni | 21,90 2,68 | 87,76 | 14,07 | Mit Perldrüsen übersät 3 , 77 Fr 1 2. | Ampelopsis radicantissima im | 19 Piätter |19. Juni | 4080 | 647 | 86,88 | 1834 | Nur vereinzelte Perldrüsen | 1 L_ 3. | Ampelopsis japoniea im Freien | 40 Blätter \19. Juni | 46,03 6,32 86,27 16,29 | Mit zahlreichen Perldrüsen . I 1 Ba Ba X 2 4 Dasselbe 20 Blätter | 1. Juli |? 7,06 13,36 82,66 15,86 | Keine Perldrüsen vorhanden GC Be Die meisten Perldrüsen ab- je} 5. | Ampelopsis Veitchii im Freien | 26 Blätter | 19. Juni 63,70 9,34 85,34 11,69 | gefallen, einzelne noch vor- E handen K2 = 6. Dasselbe 24 Blätter | 1. Juli 15,22 19,87 11,85 | Ganz vereinzelte Perldrüsen 1 . Die meisten Peridrüsen ab- 7. Dasselbe 26 Blattstiele| 19, Juni 137 | 93,75 | 15,82 | gefallen, einzelne noch vor- v. Analyse 5 ’hanı den 8 Dasselbe 24 FrRreg: 1. Juli 23,50 2,18 90,72 12,41 | Ganz vereinzelte Perldrüsen Ampelopsis radicantissima- R FORER , 7 Teilweise etiolierter Trieb mit 9. | Trieb unter einer Dachrinne | Triebspitze | B. Juli | 1024 126 87,70 8,29 zahlreichen Perldrüsen 10. Ampelopsis radicantissima im | 3 Triebe | 3. Juli 10,35 1,55 85,02 8,32 Normaler Trieb fest ohne 13 22 Freien Die Proben wurden nach Möglichkeit bei gleichem Wet bedingten Schwankungen des Aschengebalts zu vermeiden. ter und zur gleichen Tageszeit entnommen, um die durch die Assimilation Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 227 Wenn Perldrüsen in dampfgesättigter Luft auftreten, so nehmen die Zellen bedeutend mehr Wasser auf, wodurch die Perldrüsen ein größeres Volumen erreichen und sich enorm strecken können. Übermäßige Hitze kann, indem wahrscheinlich Wassermangel ein- tritt, die Perldrüsenbildung hemmen, was sowohl bei den Pflanzen im Heizraum als auch bei der prallen Sonne ausgesetzten Stecklingen be- obachtet wurde. Nach einem kühlen Tage oder bei Übertragung in feuchte Luft treten plötzlich zahlreiche Perldrüsen auf, wenn der Wasser- druck wieder steigt. . Die zahlreichsten Perldrüsen treten beim Austreiben auf, wenn, wie bekannt, der Wurzeldruck gerade beim Weinstock eine beträchtliche Höhe erreichen kann. Auch sonst traten Perldrüsen in großer Zahl an austreibenden abgeschnittenen Stengeln auf, die gleichfalls viel Wasser zur Verfügung hatten. Darauf führe ich es auch zurück, daß bei Keimlingen die Perl- drüsen hauptsächlich in feuchter Luft auftreten. Das Wassersystem war bei ihnen noch schwach entwickelt, so daß sie Wasser und Bodensalze nur in geringen Mengen erwerben konnten. Die Salzanhäufungen konnten nur auf Kosten der in den Samen gespeicherten Salze auftreten.- Nun sind Samen bekanntlich arm an Nährsalzen — die Perldrüsenbildung mußte deshalb spärlich sein. In Bezug auf die Salzmengen waren also alle Keimlinge unter gleichen Bedingungen. Was aber die Wasser- versorgung und das Wachstum anbelangt, so waren diejenigen in feuchter Luft in günstigeren Bedingungen. Wie erwähnt traten in trockener Luft auch einzelne Perldrüsen .auf, vorwiegend bei Keimlingen in Nähr- lösungen oder bei denen der Boden stark feucht gehalten wurde. In Abschnitt III wurde ‚bereits bemerkt, daß bei der Perldrüsen- bildung eine Spaltung der Stärke bis zum Erythrodextrin und noch weiter eintritt. In seiner unlängst veröffentlichten Arbeit hat Bieder- mann eine diastatische Wirkung von anorganischen Salzen nachgewiesen. Es wäre demnach möglich, daß diese Spaltung durch die Anhäufung von Salzen hervorgerufen wird, wobei bei dem nachträglichen Zutritt von Wasser eine starke Quellung der Spaltprodukte eintritt. VIIL Schlußbetrachtungen. Aus dem vorhergehenden Kapitel geht hervor, daß man die Perl- drüsen als pathologische Gebilde aufzufassen hat. Eine ernstliche Schädigung fügen sie den Pflanzen nicht zu. Ihr Auftreten scheint aber ein so allgemeines zu sein, daß man sie bei uns fast als normale Ge- bilde ansehen kann. Dieser Umstand kann wohl nur darauf zurück- 228 Heinrich Walter, zuführen sein, daß sich die angepflanzten Vitis- und Ampelopsisarten unter unnormalen Bedingungen befinden, wodurch diese krankhaften Ge- bilde hervorgerufen werden. Tatsächlich sind die Ampelideen Pflanzen, die in ihrer Heimat in feuchten Wäldern vorkommen, also an Standorten wo sie vor zu starker Sonneneinwirkung geschützt sind, die Transpiration herabgesetzt ist und wo die Blätter in der feuchten Atmosphäre häufig ausscheiden können. Unter ganz andern Bedingungen befinden sich die Kulturpflanzen. Sie ranken sich meist an Mauern und Hauswänden empor, wodurch sie erstens teilweise vor Benetzung durch Regen und Tau geschützt sind, zweitens den sehr hohen Temperaturen an den von der Sonneerbitzten Wänden ausgesetzt werden, beides Umstände, welche die Perldrüsenbildung begünstigen müssen. Bei Exemplaren, die in Gärten unter Bäumen wachsen, findet man Perldrüsen viel seltener. Eine andere Frage ist es, ob sich außer Perldrüsenbildung nicht noch andere Krankheitserscheinungen bei Kulturen in trockener Luft bemerkbar machen. Bekanntlich hat Stahl gezeigt, daß Pflanzen mit Wasser- spalten meistens trockene Luft längere Zeit hindurch nicht vertragen. Sie können sogar völlig zugrunde gehen. Zur Beantwortung dieser Frage kann uns wiederum die Pflanze aus dem Heizraum dienen, da sie schon mehrere Jahre mit Wasser nicht in Berührung gekommen ist, Vergleicht man ihre Sproßteile mit den- jenigen von derselben Pflanze, die draußen wachsen, so bemerkt man, daß sie sozusagen auf einem Jugendstadium stehen bleiben. Die Sprosse zeigen starke Anthozyanbildung, die Stengel wie die Blätter sind bedeutand dichter behaart, was man bei der normalen Pflanze nur an jungen aus- treibenden Trieben bemerkt; die Blätter bleiben. kleiner und dünner, ihre Färbung geht mehr ins Blaugrüne über, der Blattrand ist, viel dichter aber nicht so tief gezähnt, die mechanischen Gewebe entwickeln sich nicht so stark. Das Auffälligste ist aber, daß die Pflanze draußen ein dichtes Blattmosaik bildet, bei der im Heizrauın dagegen lauter lange Triebe in großer Zahl entwickelt werden. Dies kommt, so weit ich beobachten konnte, dadurch zustande, daß die jungen Triebe eine Zeitlang rasch weiter wachsen, dabei mit zahlreichen Perldrüsen übersät sind. Darauf aber vertrocknet die Spitze oder aber sie trennt sich bei leichter Berührung an einem Knoten ab, obgleich der Trieb vollkommen turgeszent bleibt. Das Wachstum wird eingestellt, die Zahl der Perldrüsen wird zum Teil geringer. Einige Zeit darauf schießen aus den Blattachsen eine Reihe von Seitensprossen hervor, bei denen sich dasselbe wiederholt usw. Ähnliche Erscheinungen konnten auch bei den in trockener Luft stehenden Stecklingen bemerkt werden. Über Perldrüsenbildung bei Ampelideen. 229 Sie kamen nicht ordentlich fort, ohne daß dafür eine andere Ursache als die trockene Luft und damit verhinderte Exkretion angeführt werden konnte, Die Abtrennung von jungen Triebteilen, die sehr an die Choris- men (Fitting) erinnert, ist vielleicht auch auf die hohe Salzkonzentration des Zellsaftes zurückzuführen. Es scheint also, wie auch bei Stahls Versuchen, tatsächlich eine Schädigung der jungen Triebe stattzufinden. Dagegen konnte man bei den ‚Pflanzen im Freien, die beim Austreiben zahlreiche Perldrüsen aufwiesen, weiter keine nachteiligen Folgen be- obachten. Sie waren allerdings nicht so extremen Bedingungen aus- gesetzt, wie die Versuchspflanzen. Den Perldrüsen sind verschiedene biologische Bedeutungen zu- geschrieben worden. Penzig nimmt an, daß sie von Milben gefressen werden, Müller-Thurgau weist darauf hin, daß die Perldrüsen be- sonders häufig an den Ansatzstellen der Blätter gehäuft sitzen und glaubt daher annehmen zu können, daß sie mechanische wie chemische Schutz- organe gegen kleine Tiere sind, wobei sie „in unseren trockenen Wein- bergen nicht mehr so funktionieren wie in den feuchten Wäldern der Stammeltern“. Für diese Deutungen sind bis jetzt keine experimentellen "Beweise erbracht worden. Ich setzte kleine Nacktschnecken auf mit Perldrüsen besetzte Blätter; sie ließen sie meist unberührt, wichen ihnen sogar aus. Nur einmal fing eine an, die Perldrüsen zu fressen. Nachdem sie aber 10—15 ge- fressen hatte, hörte sie plötzlich auf und war nicht mehr dazu zu bewegen, noch eine aufzunehmen. Während an den extrafloralen Nektarien von Clerodendron fragrans im Treibhause zahlreiche Ameisen zu sehen waren, konnten diese an den nebenbei stehenden Ampelopsis-Stengeln, die mit Perldrüsen übersät waren, niemals beobachtet werden. Wenn es also für die Ampelopsis- und Vitisarten sehr un- wahrscheinlich ist, daß sie von irgendwelchen Tieren gefressen werden, so trifft es, wie Raciborski gezeigt hat, für die sehr nahe verwandten Leea-Arten zweifellos zu. Die Perldrüsen dieser Arten sehen denen von Vitis und Ampelopsis sehr ähnlich. Die mikrochemischen Reaktionen stimmen gleichfalls überein. Wie wir sahen, enthalten die Perldrüsen größere Mengen von Fettropfen und bei im Freien wachsenden Pflanzen auch amyloseartige Einschlüsse. Es ist deshalb möglich, daß Perldrüsen, die anfangs eine andere Bedeutung hatten, bei einigen Pflanzen noch die Rolle von Ameisenbrötchen (Food bodies) spielen können. Es fragt sich aber, ob wir darin eine Anpassung der Pflanze sehen dürfen. Es wird vielmehr für sie wahrscheinlich gleichgültig sein, ob 230 Heinrich Walter, die Perldrüsen vertrocknen und abfallen oder von Ameisen, die durch die Inhaltsstoffe herangelockt sind, gefressen werden. So konnte z. B. Raciborski für die Perldrüsen von Gnetum-Arten feststellen, daß sie normalerweise von Ameisen nicht angerührt wurden. Brachte man aber die Zweige mit Perldrüsen auf eine andere von Ameisen be- setzte Pflanze, so wurden sie verzehrt. IX. Zusammenfassung. Die Perldrüsen der Ampelideen sind Emergenzen, die aus einer flachen Epidermisschicht mit einer Spaltöffnung an der Spitze und großen, dünnwandigen, plasmaarmen Innenzellen bestehen. Die Perldrüsenbildung wird durch Anhäufung von Salzen in den an die Atemhöhle grenzenden Zellen und nachherige starke Wasser- aufnahme hervorgerufen. Die Zellen vergrößern dabei enorm ihr Volumen, ‘stülpen sich hervor und heben die über ihnen liegende Epidermis mit der Spaltöffnung empor. Dabei tritt tropfige Ent- mischung des Protoplasmas und vor allen Dingen der Chloroplasten ein. Der grüne Farbstoff wird zerstört, und die Lipoide scheiden sich als Fettropfen ab. Die in den Chloroplasten enthaltene Stärke wird diastatisch bis zum Erythrodextrin und noch weiter gespalten, wobei eine starke Quellung eintritt. Die Anhäufung von Salzen wird im Freien durch heißes und trockenes Wetter, sowie große Wachstumsintensität beim Austreiben und verhinderte Exkretion durch Schutz vor Benetzung gefördert. Die Perldrüsen treten deshalb in besonders großer Zahl beim Aus- treiben im Frühjahr und an rasch wachsenden gegen Regen geschützten Pflanzenteilen auf. Es liegt in der Hand des Experimentators, die Perldrüsenbildung durch dieselben Faktoren künstlich hervorzurufen. Wasser spielt nur als Realisationsfaktor eine Rolle, bei Wasser- mangel, z. B. an welken Pflanzen, kann es nicht zur Perldrüsenbildung kommen. Dauernde Berührung mit Wasser sowie Salzentzug und wahr- scheinlich auch Verdunkelung verhindern die Perldrüsenbildung voll- kommen, da es nicht zu einer Salzanhäufung kommen kann. Die Perldrüsen sind pathologische Gebilde, deren Bildungs- ursachen von denen der übrigen hyperhydrischen Gewebe (Intumes- zenzen, Lentizellenwucherungen, abnorme Trennungsgewebe) wesentlich verschieden sind. ' Über Perldrüsenhildung bei Ampelideen. 231 Das tiberaus häufige Vorkommen der Perldrüsen an unseren Ampelopsis- und Vitis-Arten läßt sich durch die abnormen Bedingungen, denen sie bei der Kultur unterworfen sind, leicht erklären. Eine biologische Bedeutung kommt den in dieser Arbeit berück- sichtigten Perldrüsen nicht zu. » m a 15. Literaturnach weis. Biedermann, Mikrochemische Beobachtungen an den Blattzellen von Elodea, Flora 1918, pag. 560. Ders., Der Lipoidgehalt des Plasmas bei Monotropa hypopitys und Orobanche. Flora, Bd. CXIII, Heft 1, pag. 14. Ders., Zur Autolyse der Stärke. lermentforschung, Bd. It, Heft 4, 1919. Ders., Fermentstudien Y. Mitteilung: Fermentbildung durch Ionenwirkung. Fermentforsch. u. Bd. IV. Heft 1. Burgerstein, Die Transpiration der Pflanze. Bütschli, Untersuchungen über Amylose und amyloseartige Körper. Verhandl. d. Nat.-mediz. Ver. z. Heidelberg 1903. - Czapek, Biochemie der Pflanze, Bd. II, pag. 759—788, Ders., Zum Nachweis von Lipoiden in Pflanzenzellen. Ber. d. deutsch. Bot. Ges. 1919, Heft 5. Dale, Investigations on the abnormal outgrowths or intumescences on Hibiscus vitifolius L. pag. 163. Phil. trans of the R. Soc. of London Series B., Vol, CXCIV. " De Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane. pag. 69. . Hofmeister, Allgemeine Morphologie der Gewächse. 1868, pag. 545. Holmgren, Einige Beobachtungen über das Vorkommen von Perlhaaren bei tropischen Pflanzen. Ref. im Bot. Zentralbl. 1911, IT, pag. 482. Küster, Pathologische Pflanzenanatomie. pag. 50. . Meyer, Arthur, Ber. d. deutsch. Bot. Ges. 1918, I, pag. 5. Molz, Untersuchungen über die Chlorose der Reben. Zentralbl. f. Bakt., Parasitenkunde u. Infektionskrankh. 1908, pag. 463. Müller-Thurgau, Bericht im Bot. Zentralbl. 1891, II. pag. 362. Penzig, Über die Perldrüsen des Weinstockes und anderer Pflanzen. Estratto d. Atti d. Congr. Bot. Internat. 1892. Raciborski, Über myrmecophile Pflanzen. Flora 1900, pag. 44. . Dera., Biologische Mitteilungen aus Java. Flora 1898, pag. 357. Solereder, Systematische Anatomie der Dikotyledonen. . Stahl, Zur Physiologie und Biologie der Exkrete. Flora 1919, pag. 41. Tomaschek, Bericht im Bot. Zentralbl. 1883, T, pag. 408. Wisniewski, Über Induktion von Lenticellenwucherungen bei Ficus. Ex- trait du Bull. de L’ac. d. sciences de Cracovie. Mai 1910. Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. Von Karl Reiche, Mexiko. Mit 9 Abbildungen im Text. Obwohl die Cueurbitacee Sechinm edule hier in Mexico außer- ordentlich häufig gezogen wird, sind doch wesentliche Züge in der Frucht- und Samenbildung dieser eigentümlichen Pflanze noch unbekannt. Ja es finden sich darüber in der Literatur nicht nur unzureichende, sondern sogar irrige Angaben, soweit ich dies hier auf Grund der allerdings be- schränkten Quellen beurteilen Kann; seit Ausbruch des Krieges hat natürlich jede Verbindung mit drüben aufgehört. Aus diesem Grunde schien es mir wünschenswert, das mir reichlich in allen Entwicklungs- stufen zur Verfügung stehende Material zur Ausfüllung jener Lücken in unseren Kenntnissen zu benutzen. Die gröberen morphologischen Verhältnisse von Frucht und Samen, wie sie die Lehrbücher angeben, sind die folgenden: Aus dem Scheitel- ende der birnenförmigen, etwas zusammengedrückten Frucht, welches von einer tiefen, ihrer Breitseite parallel gehenden Furche durehzogen wird, treten einige Zeit nach der Ernte Stengel und Wurzeln der neuen Pflanze hervor, wobei die Querfurche dureh das Heraustreten jener massigen Teile wie durch einen Keil weiter aufgesprengt wird; man sieht alsdann aus dem Grunde des Spaltes die Basen der beiden mächtigen Keimblätter hervorragen. Dieser Keimling steckt in keiner Samen- schale. Es erhebt sich nun die Frage, wie weit und in weleher Art jenes eigentümliche biologische Verhalten, jenes Austreiben des Keimes in der Frucht (Viviparie), auf die Morphologie und Entwicklungsgeschichte dieser letzteren und zumal des Samens zurückwirken, und welche Ab- weichungen vom Cueurbitaceentypus sie etwa bedingen. Auch wäre auf die Vorteile hinzuweisen, die möglicherweise der Gattung Sechium durch ihre eigenartige Keimung vor anderen Familiengenossen erwachsen. Dagegen lag die Feststellung der Entwicklung der Samenanlage und Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 233 ihres Inhaltes außerhalb des Planes dieser Arbeit; Embryosack und Eiapparat werden als vorhanden vorausgesetzt!). 1. Von der Aussaat der austreibenden Frucht bis zum Blühen der neuen Pflanze. Es ist Brauch auf der Hochebene Mexikos (2250 m), die austreiben- den Früchte schon Anfang Februar ins freie Land zu pflanzen, also zu einer Zeit, in welcher noch auf schwache Nachtfröste zu rechnen und der Eintritt der Sommerregen (er erfolgt gewöhnlich Anfang Mai) noch weit entfernt ist. Die den folgenden Untersuchungen dienenden Exem- plare wurden im März 19172) ausgepflanzt, einige ins freie Land, andere in Blumentöpfe, und aus einem der letzteren Individuen wurde ein bis zum Keim hineinreiehendes Stück des Perikarps herausgeschnitten und dann wieder durch eine Binde in seiner ursprünglichen Lage festgehalten; es geschah dies zu dem Zweck, um später durch Herausnehmen dieses Stückes wie durch ein Fenster in das Innere schauen und das Verhalten des Keimes beobachten zu können. Die eingesetzten Früchte besaßen bereits einen Keimstengel von 10-20 em Höhe, mit kleinen Blättern und langen Ranken versehen. Sie waren ausgeprägt negativ geotropisch. Obwohl die Exemplare seit Oktober in einen halbdunklen Raume auf- bewahrt worden waren, zeigten alle Organe noch eine dunkelgrüne Fär- bung; denn der Stengel, an seiner Basis untersucht, enthielt Chlorophyll bis in das zentrale Mark hinein, ja ein Streifen grünen Gewebes zog sich sogar zwischen den: Xylem und dem inneren Phlo&m der Gefäßbündel hindurch. Außerdem war, zumal um die Bündel herum, reichlichst Stärke vorhanden. Auch Gerbstoff ist in Rinde und Mark zu finden, und im Phloem und Vasalparenehym älterer Stengel sind zahlreiche Gerbstoffschläuche zu sehen. Der Körper der Frucht ist so reich an großkörniger Stärke, daß er darauf technisch verarbeitet werden kann?). Ebenso ist der Keim, zumal die gewaltigen, elfenbeinweißen Kotyledonen, dieht mit Stärke gefüllt — also im Gegensatz zum Verhalten anderer Cueurbitaceensamen, die ja der Regel nach ölreich und stärkefrei sind. Schließlich ist noch der großen Menge eines schleimigen, glykosehaltigen Saftes zu gedenken, welcher alle Teile der Pflanze erfüllt; er quillt in 1) Die Entwicklung der Samenanlage zahlreicher Cucurbitaceen (aber nicht von Sechiuim) ist von Kirkwood in Bull. New York Bot. Gard. III (1904) und Kratzer, Flora 110 (1918, p. 278--304) dargestellt wordne. 2) Die Angaben über die Zeit der Entwicklungsphasen beziehen sich zunächst nur auf das auffällig trockene Jahr 1917. 3) J. Möller, Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel, 1886, pag. 201. 234 Karl Reiche, großen Tropfen beim Durchschneiden hervor und verhärtet beim Trocknen zu einem glasigen Pflaster über der Wunde. Die schleimführenden Zellen des Stengels liegen um die Außenphloöme herum; in der Wurzel sind das Rindenparenchym und einige Gefäße mit Schleim versehen; in der Frucht ist es das Epikarp. Man kann sich darüber durch Ausfällen des Sehleimes mit Alkohol leicht unterriehten. — Dieser Reichtum an plastischem Materjal und an Wasser, sowie der fortgeschrittene Zustand der chloro- phyllreichen Keimpflanze erklären es nun, daß Sechium seine Vege- tation bereits zu einer Zeit beginnen kann, in welcher die Wasserver- hältnisse des Bodens überhaupt noch kein Wachstum, am wenigsten aber das einer mächtig sich entwickelnden Cucurbitacee ermöglichen. Die Kürbissamen werden hier im April ausgesät; zu dieser Zeit hat Sechium schon lange, reichbeblätterte Stengel, ja sogar schon die ersten Blüten getrieben. Wenn man mit einen gewissen Rechte sagen kann, daß jeder Keim eines endospermhaltigen Samens auf diesem parasitär lebt, bis er zu eigener Assimilationstätigkeit erstarkt ist, so kann man diesen Gesichtpunkt im Falle von Sechium mit noch größerem Rechte geltend machen; denn es handelt sich hier nicht um eine Ausbeutung eines Teiles des Samens, sondern sogar des Nucellus und des gesamten Perikarps. Ja es fehlt hier nieht einmal die morphologisch reduzierende Wirkung, welche der Parasitismus auf die ihm ergebenen Lebewesen ausübt, insofern wie wir sehen werden, die ursprünglich angelegte Samen- schale schließlich unterdrückt wird. Die ausgepflanzten und die eingetopften Exemplare entwiekelten sich bei mäßigem Begießen recht gut, zumal die ersteren. Nach einem Vierteljahr hatten sie reichlich Adventivwurzeln aus der Stengelbasis getrieben; die einen gingen durch das unterdessen zermürbte Perikarp hindurch, die anderen wuchsen an der Außenseite der Frucht entlang, beide normalerweise gegen die Spitze zu mit den Erdpartikelchen ver- klebend. Die naheliegende Vermutung, es möchten die durch das ver- rottende Fruchtfleisch hindurchziehenden Wurzeln als Saprophyten mit ihm in Verbindung treten, erwies sich als unbegründet. — Der Ausbeutung des Perikarps dienen die großen, dieken, ihm dieht anliegenden Kotyle- donen; und wenn mit fortschreitender Entleerung und Zersetzung des Fruchtfleisches jene ihre Tätigkeit als Saugorgane einstellen, sind sie selber noch so reichlich nıit Stärke erfüllt, daß sie von der jungen Pflanze ausgesaugt werden. Übrigens konnte ich an einem gut bewurzelten Exemplar die noch prallen Kotyledonen wegschneiden, ohne daß die Ernährung der Pflanze gelitten hätte. Auffällig ist die lange Zeit, durch welche sich das Perikarp im Boden frisch erhält; erst im Juli und August, Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 235 wenn die Regenzeit in vollem Gange ist, geht seine Zersetzung rascher vor sich, wobei sein sich bräunender und vermulmender Inhalt wohl noch als Dünger für die junge Pflanze dient. Schließlich, nach Entleerung und Verwesung der Kotyledonen, ist nur noch das kartonpapierdieke, stark bestachelte Epikarp übrig; in einem Falle war es noch im Januar des auf die Auspflanzung folgenden Jahres erhalten. Man ist dann leicht geneigt, in der Bestachelung eine Abwehr gegen unberechtigte Inter- essenten (2. B. Feldmäuse) des nahrhaften Frucht- fleisches zu sehen und mag damit wohl manchmal das Richtige treffen; aber man muß bedenken, daB solche Bestachelungen auch bei anderen Cucurbitaceen, bei Sieyos, Mierosechium und zumal bei Echino- cystis vorkommen, deren kleine, troekene Früchte nicht das Risiko der großen, fleischigen Sechium- früchte laufen. Die Stengel unserer Pflanze wachsen nun im feuchten und sonnigen Som- merwetter Mexikos rasch heran und treiben unzählige beblätterte Zweige, Um ihnen Gelegenheit zu mög- liehster Ausbreitung zu Fig. 1. Kultur von Seehium edule Sw. in geben, ist es Landessitte, Taenbaya, Mexico FF. sie auf laubenartigen Ge- rüsten oder leiterartigen Gestellen aus Draht oder Bindfaden hoch zu ziehen. Man nennt diese Vorrichtungen bezeichnenderweise „Camas“ == Betten (Fig. 1). Dann ist die Entwicklung von Blättern und Blüten eine sehr reichliche. Die Blüten sind nun in axillären Trauben an- geordnet und zwar so, daß an der Basis jeder Traube 1-2 (selten mehrere) weibliche, weiter hinauf nur männliche Blüten stehen; auch kommen rein männliche Trauben vor. Die Blüten selbst, deren Auf- bau keine Besonderheiten bietet, sind unscheinbar, weißlieh-grün, werden 16 Flora, Bd. 114. 236 Karl Reiche, aber trotzdem reichlich von Bienen besucht, und die weiblichen bestäubt und befruchtet. Dann beginnt die Entwicklung der Früchte, und somit auch das eigentliche Thema der vorliegenden Untersuchung. Manch- mal finden sich als Mißbildungen Blüten mit einer doppelten Anzahl von Organen; solche Doppelmißbildungen bringen, wenn sie weiblich waren, auch Früchte mit zwei Keimen hervor, deren Kotyledonen sich dann, aus Platzmangel, ineinander schachteln. il. Die Entwicklung von Frucht und Keim. Der Fruchtknoten hat bereitt die Form der späteren Frucht: zusammengedrückt-birnenförmig mit einer scheitelständigen Querfurche. Die Außenfläche ist dicht mit Borsten und dazwischen stehenden Drüsen- haaren bedeckt. In der durch die Querfurche und den Blütenstiel be- stimmten Ebene hängt die einzige Samenanlage etwas seitlich vom Scheitel der Fruchtknotenhöhle herab und füllt sie ganz aus. Ihre Mikropyle ist nach oben gewendet. Zur Blütezeit ist der Fruchtknoten etwa 8-10 nım lang, die, Samenanlage alsdann 2 mm, und in ihrem Innern ist die Lage des künftigen Embryosackes manehmal nur erst durch eine Gruppe kleiner Zellen mit stark brechendem Inhalt angedeutet; in anderen Fällen ist er zwar ausgebildet, aber noch sehr kurz. Bereits zu dieser Zeit ist der Fruchtknoten sehr reich an Stärke; sie ist zumal in der Außenwand der Samenanlage angehäuft; bleibt diese unbefruchtet, so wird die Stärke zurückgezogen). Das Leitungssystem ist ebenfalls schon stark ent- wickelt; besonders fallen die zahlreichen Anastomosen der Bündel auf; sie bilden an der Innenseite des Endokarpes, wo die Seitenflächen der Samenanlage ihm anliegen, ein dichtes, mit der Vergrößerung der Frucht zunehmendes Geflecht. Auch die sich beträchtlich verdiekende Wand der Samenanlage ist reichlich von Bündeln durehzogen. Mit zunehmender Entwicklung der Frucht verwachsen nun die beiden Seitenflächen des sich bildenden Samens mit der Innenwand der Fruchtknotenhöhle. Der Zeitpunkt, an welchem dies erfolgt, unterliegt individuellen Schwan- kungen; man kann aber annehmen, daß bei 10 em Fruchtlänge diese Verwachsung im Werke oder schon vollzogen ist. Sie ist im letzteren 1) Bei allen Untersuchungen über Stärkewanderung empfiehlt sich das folgende Verfahren: Man behandelt den Schnitt mit Kalilauge, welche Jod bis zur Sättigung gelöst enthält. Nachdem das Reagenz eine Zeit lang eingewirkt hat, spült man es mit Wasser weg und setzt oinen Tropfen Essigsäure zu. Durch die nunmehr erfolgende Bildung von essigsaurem Kali wird das Jod frei und färbt in statu nascendi auf das Deutlichste auch die kleinste Stärkemenge. Bei Untersuchungen über die assimilato- tische Tagesarbeit der Blätter dürfte diese Methode sichere Ergebnisse verbürgen. Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 237 Falle histologisch leicht dureh die Grenzlinie festzustellen, welche die Epidermis der Samenanlage mit dem Perikarp bildet. Zwar ist hier die Außenschicht der Samenanlage, welche sich normalerweise zur Testa umgestalten müßte, durchaus noch nicht so differenziert, wie es bei den Cueurbitaceen der Fall zu sein pflegt; aber sie besteht immerhin aus getüpfelten Parenchymzellen, welche den von Harz l. c. abgebildeten entsprechen dürften!) (Fig. 2). Auch histochemisch läßt sich die ehemalige freie Epidermis der Samenanlage nachweisen; bei Behandlung eines Schnittes durch die Verwachsungszone mit Jod und Schwefelsäure färbt sich die jener Epidermis entspreehende Schicht nicht blau, sondern gelb. Dies wurde an einer reifen, 10 em langen Frucht festgestellt. — Diese Verwachsung findet aber, wie gesagt, nur an den Breitseiten der Samenanlage, welche den Rücken- flächen der Kotyledonen parallel gehen, statt; sowohlan denschmalen Seiten wie an der Spitze werden die Wände der Samenanlage von den mächtig sich vergrößernden Kotyle- donen gespalten. So konımt es, daß man beim Betrachten des Inne- ren einer reifen Frucht die Innen- wand des Perikarps über den Rückenflächen der Keimblätter grünlieh gefärbt und stark glänzend findet; es sind dies die Innenflächen Fig. 2. Schnitt durch die Verwachsungs- der betreffenden Abschnitte der zone der Testa (7) mit dem Perikarp (P). Testa. Nun geht aber durch die . Literatur die Angabe Sechium habe eine „testa lignosa“, so z. B. auch in der Queurbitaceenmonographie von Cogniaux?). Sie ist mit meinen Befunden völlig unvereinbar, wenigstens, wenn man als Kennzeichen eines verholzten Gewebes seine beträchtliche Wandverdiekung und seine Gelbfärbung mit Anilinsulfat betrachtet. Bezieht sich Cogniaux etwa auf Fragmente halbreifer, den Herbarexeniplaren beigegebener Früchte, bei denen die Wand der Samenanlage durch das Austrocknen stark verhärtet, wie Holz, geworden war? Oder verhalten sich, was doch kaum glaublich, verschiedene Sechiumsorten in diesem Punkte verschieden? 1) Harz, Samenkunde, pag. 813, Fig. 45, TVe. 2) Monograph. Phan. Il (1881) pag. W1. — Die Flora bras, ist in Mexieo unzugänglich. Io’ 238 Karl Reiche, Vermutlich hat Cogniaux überkaupt kein lebendes Fruchtmaterial zur Verfügung gehabt. Während des Heranwachsens der Samenanlage und ihrer Ver- einigung mit der Innenwand der Fruchtknotenhöhlung gehen nun in ihrem eigenen Innern wichtige, den Nucellus, Embryosack und Embryo betreffende Veränderungen vor sich. Der Nucellus formt sich zu einem grünlichen, höchst dünnwandigem Gewebe von fast gallertartiger Be- schaffenheit um; es verdankt seine Durchsichtigkeit seinem völligen Mangel an Stärke. Dem oberen Ende des Nucellus ist der Embryosack eingebettet; er ist zunächst sehr klein und von kugeliger Gestalt; der Ei- apparat tritt, wie üblich, durch stärkere Licht- breehung hervor. Bald aber ändert sich das Bild, insofern der Embryosack sich mit einem äußerst dünnzelligem Endosperm füllt und von seinem unteren Ende einen langen, darmartig gewun- denen Zellfaden ausgehen läßt, der im Nucellus sich einen Weg bahnt, indem er ihn vor sich her auflöst. Die Größenverhältnisse der be- treffenden Organe waren in Fig. 3. Längsschnitt durch eine befruchtere einem untersuchten Falle “ Samenanlage, E Embryo; ES Embryosack; folgende: Länge der Frucht: N Nneellus; W Wand der Samenanlage. 9 cm; der Samenanlage: 3 em; des breiten Teiles des Embryosackes: 0,5 em; des fädigen An- hanges: 2,4 cm. Letzterer mag als Saugfaden bezeichnet werden. Der- artige Saugorgane am Embryosack, welche zur Ausbeutung des um- gebenden Nucellargewebes oder der Wand der Samenanlage dienen, sind auch von anderen Pflanzen bekannt. Goebel!) bildet z. B. den Längsschnitt eines jungen Samens von Byblis ab, in welchem Scheitel und Basis des Embryosackes Saugorgane besitzen, die hier allerdings mehr in die Breite sich erstreeken, als im Falle von Sechium. Hier erinnert die Form des rundlichen Embryosaekes mit seinem schwanz förmigen Anhang an eine Kaulquappe oder eing Cercarie (Fig. 3). Die 1) Organographie (1898), pag. 808, Fig. 534. Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 239 schon von anderen hervorgehobene Ähnlichkeit solcher Saugstränge mit Pilzhyphen, welche das Gewebe ihres Wirtes durchziehen, ist in unserem Falle besonders auffällig, Wer ohne den Sachverhalt zu kennen, ein Stück beim Präparieren abgerissenen und im Nucellus haftengebliebenen Saugfadens vor Augen bekommt, wird es sicherlich weit eher als Pilzhyphe denn als Saugorgan des Embryosackes deuten. In diesem Zusammenhange wird auch die außerordentliche Dünnwandig- keit und der halbflüssige Inhalt der Nucellarzellen verständlich; ihre Ausbeutung kann auf diese Weise am raschesten und ausgiebigsten vor sich gehen. — Was nun schließlich den wichtigsten Teil des heranwachsenden Samens, den Embryo selbst, betrifft, so bleibt er zunächst und im Ver- gleich mit den übrigen Teilen von Frucht und Samen, außerordentlich klein, wie folgende Messungen dartun: Länge des Fruchtknotens: der Samenanlage: des Embryos: 9 mm (Blütezeit) 2 mm = 15 em 2 mm _ 86cm 1,8 cm 0,2 mm ?cm 5 22 cm 0,65 mm I cm 3 cm 2 mm An jungen Früchten von 3-5 em Länge sind die Embryonen überhaupt noch nicht zu sehen; sobald sie in die Erscheinung treten, fallen sie auch schon durch ihren Reichtum an Stärke auf. Die gefördert- sten Teile des Embryos sind die keilförmigen Kotyledonen; das Würzel- chen erscheint nur als wenig abgesetzte und abgerundete, dem Scheitel des Fruchtknotens zugewendete Kuppe, die über den Grund der Keim- blätter hervorragt. Der Stammscheitel ist nur an älteren Keimen als flache Wölbung wahrzunehmen. Indem nun die elfenbeinweißen, prall mit Stärke gefüllten und deshalb knorpelharten Kotyledonen, deren zahlreiche Gefäßbündel mit mächtig entwickelten doppelten Phloömen ausgestattet sind, kräftig heranwachsen, olıne daß zunächst Radicula und Stammscheitel sich verändern, füllen sie bald die Höhlung des Embryosackes aus und durchbrechen sie. Dann schieben sie sich in den Nucellus hinein und saugen ihn aus, soweit dessen Inhalt noch nicht durch den Saugfaden des Embryosackes resorbiert war. Manchmal bleiben zwischen den Keimblättern Reste des Nucellargewebes erhalten; sie erscheinen dann in völlig ausgewachsenen Früchten als dünne, glashelle Häutehen. Schließlich durehbrieht der Keim sogar, wie bereits oben an- gegeben, die Seitenränder der Samenschale und greift seitlich und unten (d. h. vor den Scheiteln der Keimblätter) weit in das Perikarp über. In einem untersuchten Falle hatte die dem Endokarp angewachsene 240 Karl Reiche, Testa einen Längendurchmesser von 838, einen Breitendurchmesser von 25 mm, die Kotyledonen aber bzw. von 68 und 36 mm. So entsteht denn der gewaltige Keim, der ohne Samenschale wie ein gelblich weißer Keil in der Sechiumfrucht steckt. — Überblieken wir zum Schluß die Gesamtentwicklung von Frucht und Keim, so kommen wir zu dem Ergebnis, daß die Befruchtung zunächst eine gewaltige Förderung in den Dimensionen des Kruchtknotens, der Samenanlage, ihrer Wand und ihres Nucellargewebes bedingt, und daß erst später die Entwicklung des Embryos beginnt, um allerdings nachher um so kräftiger fortzuschreiten; dann verlangsamt das Perikarp seiner- seits sein Wachstum. Offenbar ist der ursöchliche Zusammenhang dieser gegensätzlichen Beziehungen darin zu finden, daß die Sechiumpflanze, welche schließlieh eben nicht nur mit einem ruhenden Samen, sondern mit einem geförderten Keimling auf dem Schauplatz erscheint, zunächst für die Anhäufung der nötigen plastischen Stoffe sorgt, ehe sie an den Ausbau des Keimes selber geht. Mit zunehmender Reife erfährt das Epikarp ein lokalisiert gefördertes Flächenwachstum, infolge dessen es eine runzelige Beschaffenheit annimmt; und zwar reichen die Falten und Furchen oft weit in das Innere hinein, zumal gegen das breite Ende der Frucht hin. It. Weiterer Ausbau von Frucht und Keim. Wir verließen den Keim in dem Zustand der Entwieklung, daß er innerhalb der geschlossenen Frucht als ein keilartiges, mit dem Radieularende nach oben, mit den Kotyledonen nach unten gerichtetes Gebilde saß. Es wird nun berichtet, daß das Heraustreten des Keimes aus der Frucht gelegentlich schon vor sich geht, so lange diese noch auf der Pflanze festsitzt. Hier auf der Hochebene dürfte dies schwerlich vorkommen, da die Nachtfröste des Oktober der Vegetation der Pflanze ein Ziel setzen. Dagegen dürfte in wärmeren Klimaten das geschilderte Verhalten durchaus nicht unmöglich sein. Aus den im September ge- ernteten und in einer halbdunklen Speisekammer aufbewahrten Früchten trat schon im Oktober der Keim hervor, indem er, wie bereits angegeben, die scheitelständige Querfurche zu einem Spalt erweiterte. Diese Keil- wirkung des Keimes wird durch eine Streekung der Basis der Kotyle- donen bedingt, wobei das Perikarp, dem sich die Ränder von jenen auf- stützen, als Widerlager dient. Es erschien zuerst die sehr kurze und breite Radicula und dann die Basen der Keimblätter; sie ergrünten sämtlich beim Heraustreten. Darauf wichen die Keimblätter amı Grunde Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 241 etwas auseinander, und aus dem Spalte trat der junge tiefgrüne und ge- furchte Stengel hervor, mit den schon weit geförderten Anlagen für die ersten Ranken, Blätter und Seitensprosse; letztere, in den Blattwinkeln gelegen, kommen sofort zur Entwieklung, falls durch einen Unglückstall (Abfrieren durch zu zeitiges Auspflanzen) der Hauptstengel zugrunde gehen sollte. Da der Stammscheitel zunächst nach abwärts gerichtet war, so mußte der Stengel zwischen den Basen der Keimblätter hindurch eine scharfe Krünmung nach aufwärts machen, um nun neben der Wurzel zu erscheinen (Fig. 4). Zu gleicher Zeit verbreiterte sich das ganze zwischen dem Scheitel der Keimwurzel und der Insertion der Keimiblätter gelegene Fig. 4. Fig. 5. Fig. 4, Aus dem oboren 'Teil eines Keimes; der eine Kotyledon (X 1) ist alıge- tragen; bei x — x verlief der Schnitt; Xz ist der erhaltene Kotyledon, von der Innen- seite gesehen. FR . Fig. 5. Querschnitt durch das hypokotyle Glied, um die eudogene Anlage der Adventivwurzeln zu zeigen. Gebiet (also das hier allerdings sehr verkürzte hypokotyle Glied) und aus ihm sproßten eine größere Anzahl endogen angelegter und vom durch- brochenen Gewebe scheidig umhüllter, dünner Adventivwurzeln hervor (Fig. 5). Der ursprüngliche Charakter dieser Region als hypokotyles Glied wird durch ihre Volumenzunahme und das Austreiben der Ad- ventivwurzeln immer undentlicher (siehe später). In diesem Zustande blieben die Keime bis zu ihrer im kommenden Februar oder März er- folgenden Auspflanzung. Damit aber sind wir wieder bei dem Zustand von Frucht und Keim angelangt, von dem wir bei der Darlegung der Ent- wieklungsgeschichte von Seehium ausgegangen waren!) 1) Werden die Früchte nicht in den angegebenen Monaten ausgepflanzt, so vertrocknen sie, 242 Karl Reiche, Es erübrigt nun noch, nach weiteren Vorkommnissen Umschau zu halten, welche dem eigentümlichen morphologischen und biologischen Verhalten von Sechium ähnlich sind. Es bietet sich alsdann die Familie der Rhizophoraceen zum Vergleiche dar, bei denen ja auch ein Keimen des Samens auf dem Baume stattfindet. Doch wird bei diesen Gewächsen immer noch ein typischer Samen gebildet, während bei Sechium die Testa sich frühzeitig mit dem Endokarp der Frucht vereint, eine Samen- hülle also schließlich nicht mehr vorhanden ist. In dieser Beziehung kommt Inga Feuillei DC. unserem Sechium etwas näher. Denn auch hier wird die Testa innerhalb der Frucht rück- und dabei in eine pulpöse Masse umgebildet. Während ferner bei den Rhizophoraceen das Hypo- kotyl sich gewaltig streckt und dann, wenigstens bei einigen Gattungen, von der Frucht trennt und herausfällt, so bleibt es bei unserer Pflanze zunächst sehr unentwiekelt, während hier der Stamm eine beträchtliche Förderung erfährt. — Die biologische Bedeutung der unregelmäßigen Keimung liegt für Rhizophora klar zutage: die fertigen Keimlinge siehern sich bekanntlich ihren Standort im beweglichen Schlick der Meeresküste. Wie aber ist das Verhalten von Sechium zu deuten? Seine großen und schweren Früchte werden nach dem Abfallen von der Mutterpflanze auf dem Boden liegen bleiben, ohne Aussicht, mit Erde bedeekt zu werden und so ihr natürliches Keimblatt zu finden. Sie sind also der Gefahr der Vernichtung in hohem Grade ausgesetzt, und wenn auch die Stachelbekleidung einen relativen Schutz gegen Angriffe von Tieren geben mag, so zeigt doch das Beispiel großer Cereuskakteen, die trotz ihrer furchtbaren Bestachelung bei Wassermangel von Rindern und Maultieren angeschlagen werden, daß jener Schutz nur ein be- schränkter ist. Dazu kommt, daß Sechium zu den wenigen Cucurbita- veen mit einsamigen Früchten gehört, daß also der Verlust der Frucht auch den des Sanıens in sich schließt, was doch eben bei der einsamigen Frucht weit mehr für die Erhaltung der Art bedeutet, als z. B. bei einen Kürbis mit seinen Hunderten von Samen, von denen gegebenenfalls doch einige einem etwaigen Verderben entgehen werden. Es ist also biologisch wohl verständlich, wenn die auf dem Boden zum Keimen bestimmte Sechiumfrucht dies ohne Zeitverlust ins Werk setzt, indem sie einen innerlich mit Stärke und Chlorophyll, äußerlich mit einem ver- zweigten Stengel, Ranken, Blättern und Reserveknospen ausgestatteten Keim sofort beim Abfallen zum Einwurzeln in die Erde bereit hält. So verschieden also in den Einzelheiten die Rhizophoraceen, Inga- und Sechium verfahren, im Grunde hat ihre eigentümliche Keimung den- selben biologischen Wert, nämlich den der Sicherung der Aussäung und Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 243 des Standortes. Daß außerdem Sechium, insofern es in seiner Frucht alle Nährsubstanzen (inkl. Wasser) für den Keim in größter Menge in sich führt, diesem eine gewisse Unabhängigkeit von Klima und Boden sichert, und ihn somit vor seinen Mittbewerbern begünstigt, wurde schon eingangs ausgeführt. Immerhin muß in der Gattung Seehium eine ursprüngliche Disposition liegen, in der angegebenen Weise für die Nachkommenschaft zu sorgen. In dieser Beziehung ist vielleicht folgende zufällige Beobachtung von Interesse: In einen: im November 1917 ge- ernteten und im Mai 1918 aufgeschnittenen Kürbis war ein Teil der Samen bereits ausgekeimt, die voll ergrünten (!) Keimblätter hatten sieh entfaltet und die Wurzel fing an, Nebenwurzeln zu treiben. Auch bei Cucurbita fieifolia (dem Chylacayte der Mexikaner) ist ähnliches beobachtet worden. Es scheint also in den Cueurbitaceen eine gewisse Neigung zur Viviparie vorhanden zu sein. Auch bei Inga keimen die Enibryonen manchmal in der Hülse aus, nämlich wenn sie nicht von den die Aussäung besorgenden Vögeln herausgezogen worden sind. Die Samen von Phyliocactus keimen ebenfalls in der Frucht. IV. Art und Weise des Ausdauerns. Knollenbildung- Wenn auch De Candolle?) angibt, Sechium sei eine einjährige Pflanze, so ist sie doch in Wahrheit ausdauernd, sei es, daß, wie hier auf der Hochebene von Mexiko, alljährlich die oberirdischen Triebe abfrieren, sei es, daß sie ausdauern in wärmeren Strichen, wo alsdann ainsere Pflanze einen Kletterstrauch darstellen würde. Und zwar wächst im Laufe der Jahre jene zunächst dem Hypokotyl und der Primärwurzel entsprechende Region (s. oben) zu einem breiten, unregelmäßig kuchenförmigen Körper heran, welcher alljährlich (hier um Mexiko an geschützten Orten schen im Januar) nach oben zahlreiche Adventivsprosse, nach unten eine beträchtliche Anzahl von fleischigen, bis 3 em dicken und 2 m langen Wurzeln entsendet (Fig. 6, 7). Vom 2. Lebensjahr an treten nun neben diesen gewöhnlichen, hellbraunen, längsrissigen Wurzeln noch andere auf, die plötzlich zu rübenartigen, hier „Chinchayotes“2) genannten Gebilden sich verdicken. So hatte z. B. der normale Teil einer solchen Wurzel 5 mm, der zur Knolle umgestaltete Teil aber 7,5 em Durchmesser. An einer 5jährigen Pflanze lagen sie etwa 1 m tiel und wogen 1,5 kr. Diese Knollen werden ungefähr 10 cm lang und besitzen eine bräunliche, 1) Ursprung der Kulturpflanzen, pag. 564. . 2) Chinchayote — unterer Chayote, Wurzel des Ch. (Rebollvdeo, Diccio- nairis de aztequismos, pag. 71.) 244 Karl Reiche, längsrissige und dabei unregelmäßig muldenförmig vertiefte Oberfläche, Gelegentlich kommen auch * wurstförnig gekrümmte Mittelformen zwischen dünnen und rübenförmigen Wurzeln vor. Sie sind sämtlich sehr stärkereich. Im Laufe der Zeit werden sie alle entleert und vermulmen, während andere an ihre Stelle treten. Die anatomische Untersuchung dünner und verdiekter Wurzeln ergab folgenden Bau. Der dünne Teil Fig. 6. Eine Sechiumpflanze im 2. Lebensjahr, im Austreiben begriffen; bei x der abgestorbene Stengel des 1. Lebensjahres. war Anfang Juli im Dickenwachstum begriffen. In den zwischen die Xylemteile des primären Bündels fallenden Streifen hatten sich neue Grewebsplatten gebildet, welche aus sehr weitlumigen Gefäßen (bis 0,5 mm im Durchmesser), daran seitlich anschließendem Libriform und reichliehem Vasalparenchyın bestanden. Zwischen diesen Gewebeplatten öffnen sich breite Markstrahlen. Jenseits des Cambium erstreckt sich ein mächtiges Phloöm. Ein typisches, aus tafelförmigen Zellen bestehendes Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. 245 Periderm wird nieht gebildet, sondern die äußersten Rindenschichten desorganisieren sich und verholzen dabei. Bastbündel kommen in der Rinde nicht vor. Bemerkenswert erschien, daß die Gefäße oft durch Thylien verstopft, und daß diese, wo sie in der Mitte des Gefäßes zu- sammenstießen, verholzt waren. Der dicke, rübenartige Teil der Wurzel geht nun aus dem dünnen dadurch hervor, daß regelmäßig mit den primären Xylemen des zen- tralen, im untersuchten Falle triarchen Bündels alter- nierende Gewebeplatten inı obigen Sinne nicht gebildet werden, sondern daß das Cambium ein breites, manch- mal in Hohlräume sich spaltendes Parenchyni pro- duziert, mit zahlreichen kleinen, oft nur aus wenigen Gefäßen und Phloömzellen bestehenden Bündeln; häu- fig ist ein großes Gefäß von Gruppen isuliert laufender Siebröhrenzüge umgeben (Fig. 8). Alle diese Bündel haben einen regellos schiefen Verlauf und anastomosieren durch Querverbindungen. Die äußersten, gebräunten Schichten des Rindenpar- enchyms sind auch hier leicht verholzt. In der Fig. 7. Eine SechiumPflanze etwa im untersuchten Knolle war 5. Lebensjahre. Anfang Juli und Ende Januar reichlich Stärke und wenig Zucker vorhanden. — Aus dem Reichtum an plastischem Material erklärt es sich, daß Exemplare, die zum Zwecke der Untersuchung nach Durchschneidung der Wurzeln aus dem Boden genommen und dann wieder eingesetzt wurden, durch Aus- sendung neuer Triebe und Wurzeln am Leben blieben. — Der Bau des Stengels ist der typische der Cueurbitaceen. Unter der Epidermis erstreckt sich eine schmale Collenehymschicht; auf sie folgt ein geschlossener Ring verholzendes Sklerenchym und schließlich, 246 Karl Reiche, eingesenkt in das Grundgewebe, die beiden Kreise bikollateraler Bündel. Sie stehen miteinander in Verbindung durch eine Zuwachszone, welche in Ansehung der Lagerung der Bündel, Sternform besitzt. Mit zunehmen- dem Alter und infolge der Tätigkeit jener Zone, rücken die Bündel in eine einzige Kreislinie auseinander, jedes wächst in die Dicke und bildet alsdann einen festen Strang, der aus Gefäßen, Libriform und Vasal- parenchym und Phloöm besteht. Diese Stränge werden durch breite Lagen von Markstrahlen getrennt. In ihnen erfolgt im Herbst, nachdem bereits der periphere Sklerenchymring in einzelne Bogenstücke zer- Fig. & Querschnitt eines Gefäßes und benachbarter Phloemgruppen aus einer Sechiumknolle. Neben dem Gefäße befinden sich Libriformstränge. sprengt ist, die Scheidung der einzelnen Stränge. So stellt denn der ab- gestorbene und desorganisierte Stanın von Sechium ein Bündel dicker Fasern dar, die hier und da noch von Stücken der brüchigen Rinde bedeckt sind (Fig. 9). V. Heimat und Nutzen. Zu den Angaben von De Candolle'), daß Sechium von Brasilien bis nach den Antillen nur im kultivierten Zustande bekannt ist und daß sein aztekischer, noch heute allgemein üblicher Name: „Chayott‘ (oder in modernisierter Form: chayote, aber nicht chayota, wie De Candolle, 1) Ursprung der Kulturpflanzen, pag. 342 — 343, Zur Kenntnis von Sechinm edule Sw. 247 l. e., pag. 564 schreibt) auf mexikanischen Ursprung hinweist, läßt sich leider nichts Neues hinzufügen; höchstens, daß als engeres Vaterland zunächst nur das wärmere Mexiko in Frage gekommen sein dürfte, wo keine Gefahr des Abfrierens vor der Fruchtreife herrscht. Es ist als sicher anzunehmen, daß die alten Azteken, die ja verständnisvolle und unter- nehmende Pflanzenzüchter waren, den Chayote genannt und kultiviert haben. Alle Umfragen nach wildwachsenden Chayoten hatten ein nega- tives Ergebnis; nur von einem mir als tüchtig und vertrauenswürdig bekannten, aber nicht botanisch geschulten Sammler wurde ausgesagt, Fig. 9, Querschnitt dureh einen Stengel, vor Beginn des Diekenwachstums. Vergl. den Text. die Pflanze wachse wild in einer Schlucht im Staate Puebla. Leider gestatten die heillosen Verhältnisse im Lande vorläufig keine Unter- suchung des Falles. Zu bedenken bleibt immer, daß auch andere mexi- kanische Cucurbitaceen stachelige, wenn auch kleinere und, je nach den Gattungen, ein- oder mehrsamige Früchte und auch rübenförmige Wurzeln haben, z. B. Arten von Eehinoeystis. Sie werden unter dem Sammelnamen: Chayotillo — kleiner Chayote, zusammengefaßt. Daß Sechium eine alte Kulturpflanze ist, geht aus dem Vorhanden- sein von zwei Varietäten hervor; einmal gibt es Früchte mit stachellosem Perikarp — den einen und anderen vereinzelten Stachel abgerechnet; 248 Karl Reiche, Zur Kenntnis von Sechium edule Sw. dann sind auch die Blätter weniger rauh; und dann gibt es gelblichweiße Früchte, welehe, wie die bekannten Wachsbohnen, wegen ihrer Zartheit besonders geschätzt werden. Der aus ihnen hervortretende Keim ist hellgrün gefärbt, ebenso wie die Blätter der erwachsenen Pflanze; sie sind außerdem etwas kleiner und weicher. Es bleibt nun noch der letzte Punkt unserer Untersuchung zu er- örtern, nämlich die praktische Verwendung der Chayotepflanze. Sie hat einen begeisterten Lobredner schon in Antonio Alzate gefunden, der in einer Abhandlung*) aus dem Jahre 1792 den Chayote wegen seines Nutzens sogar mit dem Brotfruchtbaum vergleicht; denn die Pflanze gebe 7 Jahre hindurch Früchte und Knollen. Auch heutzutage ist die Kultur der Pflanze noch eine sehr allgemeine. Man soll die frisch ge- pflückten und geschälten, manchmal 1% kg schweren, Chyaotefrüchte und Knollen im Dampftopf gar kochen, um ihnen allen Wohlgeschmack zu erhalten. Man verspeist sie dann als warmes Gemüse oder kalt als "Salat, der, zumal aus den Früchten zubereitet, den ihm im Geschmack ähnlichen Kartoffelsalat an Zartheit weit übertrifft. An den Seehiumpflanzen habe ich niemals Krankheiten bemerkt, nicht einmal die Erisyphe, deren weiße Myeelien die Kürkisblätter hier oft überziehen. Mexiko D. F., im Februar 1918, 1) Wieder abgedruckt in La Naturaleza, VII (1887), Apendice, pag. 7. Die physiologische Bedeutung des anatomischen Baues der Crassulaceen. _ Mit einem Anhang: Zur Kenntnis von Senecio praecox DC. Von Karl Reiche (Mexiko). Mit 4 Abbildungen im Text. 1. Der innere Aufbau der Crassulaceen ist schon mehrfach behandelt worden, z. B. an verschiedenen Stellen von De Bary’s Vergleichender Anatomie (1877) und in jüngerer Zeit übersichtlich und zusammenhängend inSolereder’s „Systematischem Wert der Holzstruktur der Dikotylen“ (1885, pag. 113) und in der Systematischen Anatomie (1899, pag. 362); in allen diesen Schriften ist auch die ältere Literatur verarbeitet!). Es liegt in Plan und Anlage dieser Werke begründet, daß sie auf die Be- schreibung des anatomischen Tatbestandes sich beschränken. Wer nun aber, wie ich, auf der Hochebene Mexikos reichliche Gelegenheit hat, die verschiedensten Crassulaceen vor sich zu sehen, von der winzigen Tillaca mit fadenförmigen Stengeln oder von den fingerlangen, unver- zweigten Stämnchen einer bescheidenen Villadia an bis zu den mäch- tigen Rosetten und üppigen, meterlangen Blütenständen der Cotyledon gibbiflora oder den 1,5 m hohen diek und vielästigen Sträuchern des Sedum dendroideum oder des S. oxypetalum, der verspürt leicht das geistige Bedürfnis, nieht nur den gröberen Gesamtaufbau dieser xerophilen Gewächse mit ihrer Lebensweise in Beziehung zu bringen, sondern auch die auf den ersten Blick verwirrende Mannigfaltigkeit ihres histologischen Baues dem kausalen Verständnis zu nähern. Ein soleher Antrieb wird auf den um so stärker wirken, der schon vorher dem Bau anderer Sukkulenten (Kakteen) sein Augenmerk zugewandt hatte und nunmehr, gewissermaßen zur Ergänzung und Abrundung, ja auch zur Kontrolle jener Studien sie auch auf die Crassulaeeen und verwandte Typen auszudehnen gewillt ist; — wobei natürlich des öfteren auf jene 1) Vgl. auch Strasburger, Leitungsbahnen, pag. 322. 250 Karl Reiche, früheren Erfahrungen zurückzugreifen sein wird. — Etwaige, während des Krieges aut diesem Gebiete erschienene Abhandlungen waren hier in Mexiko durchaus unzugänglich. 2. Die in Betracht gezogenen Arten sind die folgenden?): Alta- miranoa Batesii (Hemsl.) Rose; Bryophyllum calycinum Salisb. (Topfpflanze); Cotyledon coceinea Cav., C. gibbiflora Moe. et Sess., ©. mueronata Bak.; Sedum dendroideum Moe. et Sess., S. oxypetalum H. B. Kth., Tillaea eonnata R. et P. (Herbarmaterial); Villadia parviflora Rose. Von ihnen ist die Sukkulenz am wenigsten ausgeprägt in den wenige Zentimeter hohen Pflänzchen der Tillaea; die übrigen sind alle + typische Wurzel-, Stamm- und Blattsukkulenten, am meisten wohl Cotyledon gibbiflora und Sedum dendroideum, Doveh ist hierbei zu bemerken, daß die Infloreszenzachsen mehr und mehr ihre fleischige Beschaffenheit verlieren. — Damit möge zusammen- gehalten werden der Wurzel- und Stammsukkulent Senecio praecox DC., eine strauchige Komposite, von deren interessantem Bau und Leben der Anhang genauere Kunde geben soll. 3. Die über den anatomischen Bau der Crassulaceen ermittelten Tatsachen sind, nach den Solereder’schen Angaben und eigenen Unter- suchungen übersichtlich geordnet, etwa die folgenden: Der allgemeinste Charakter der fleischigen Wurzeln und Achsen besteht in der zerstreuten Lagerung der leitenden Elemente, seien es die Siebröhren der Rinde oder die Gefäße des Holzkörpers und Markes. Letztere sind alsdann, bei dünnstengeligen und einjährigen Formen, einen Ringe von getüpfeltem, verholztem Prosenehym an der Tnnenseite angelagert; oder, bei mehr- jährigen und diekeren Achsen, mit einer Portion Vasalparenehym jenem Prosenehym eingelagert, und zwar entweder in Form (auf dem Quer- schnitt) rundlicher Nester, oder + breiter, regellos oder konzentrisch angeordneter Bänder; oder es findet eine + regellose Durehdringung beider Gewebe statt. Damit ist zugleich gesagt, daß von jenen „Nestern“ zu den „Bändern“ ein allmählieher Übergang stattfindet, daß beide Erscheinungsformen nur Abwandlungen eines und desselben Grundtypus sind. Von diesem Gesichtspunkt aus hören die mannigfaltigsten Quer- sehnittsbilder der Stengel und Wurzeln auf, einen verwirrenden Eindruck zu tmachen. Jene zerstreute Lagerung der Phloömpartien kommt schon darin zum Ausdruck, daß die normalen, an der Innenseite der Rinde liegenden Phloömgruppen durch zwischen ihre Elemente geschaltetes 1} Vgl. Bull, New York Bot. Gard, Vol, ITI, pag. 1; daraus ein Auszug in Nat. Pflanz. Fam. Nachträge 1897-1904, pag. 140. Die physiologische Bedeutung des anatomischen Banes der Crassulaceen. 951 dünnwandiges Parenchym zerklüftet werden (Fig.1). Von diesen auf- gelockerten Phloömen findet ein stufenweiser Übergang statt zu den eigentlichen rindenständigen Phloömbündeln. — Typisches Strahlen- parenchym fehlt im Prosenehym; doch werden wir sehen, daß die Unter- drückung dieser Gewebeart nieht noch die Querleitung plastischer Sub- stanzen verhindert. In den obigen Ausführungen ist die beträchtliche Zahl der sekundär gebildeten und zerstreuten Bündel (Gefäß- und Siebröhrengruppen) in den Vordergrund und damit als primäres Merkmal hingestellt worden; dagegen wurde die Rinlagerung jener Gefäß- und Vasalparenehym- stränge in den Gürtel von verholztem Prosenehym als sekundäres. Merk- mal betrachtet, wenn auch beide Merkmale dem unbefangenen Beobachter zugleich und in gleicher Stärke vor Augen treten. Damit sind aber die Crassulaceen jenen nieht allzu seltenen Dikotylenfamilien beigeordnet, in wel- ehen ebenfalls eine zerstreute Anordnung der Bündel vorkommt. Es mag diese vielfach ein morphologisches, ein Organisationsmerkmal sein, welches als eine bislang unverstandene Tatsache _ hinzunehmen ist (Piperaceen); in an- deren Fällen dürfte es dagegen ein Fig. 1. Sedum dendroideum. unserem Verständnis zugängliches Kor- De Den, Jr Mare relationsmerkmal sein, z. B. da, wo eine Massenzunahme an fleischigem Gewebe auch an die Verteilung des Lei- tungsgewebes größere Anforderung stellt — wie jeder Kohlrabiknollen und jede fleischige Frucht (besonders schön die der Cucurbitaceen) beweist‘). Von diesem Gesichtspunkt aus wäre die Zunahme und weit- schichtige Verteilung von leitenden Elementen gerade in den mit sukku- lenten Wurzeln und Stämmen ausgestatteten Crassulaceen begreiflich. Nimmt, wie in den blühenden Seitenachsen von Cotyledongibbiflora, die Sukkulenz ab, so tritt auch eine sukzessive Verminderung der Mark und Rinde durchziehenden Leitungsbahnen ein. Immerhin würde die Zunahme solcher Bahnen zunächst nur zu dem Volumen der zu ver- sorgenden Organe in direkter Beziehung stehen, die Schnelligkeit des Leitungsvorganges aber noch nicht, erhöhen. Und tatsächlich ist diese eine sehr geringe. Es ist hinlänglich bekannt, daB abgeschnittene Sprosse 1) Haberlandt, Phys. Pflanzenanatomie, 2. Aufl. (1896), pag. 327, 325. Flora, Bd 114, 1% 952 Karl Reiche, wochenlang frisch bleiben. — Im April geringelte Sprosse von Sedum dendroideum zeigten erst im Juli ein geringes Welken der Blätter — ohne daß dureh tief gelegte Spaltöffnungen, Haar- oder Schuppen- bekleidung die Verdunstung beschränkt wäre; ein Überzug von Wachs- körnchen ist dünn und nicht bei allen Arten vorhanden. Eben jene Eingelungsversuche beweisen ferner, daß zwar infolge der Wasserzufuhr durch den Holzkörper der Achse die Blätter lange turgeszent blieben, eine Neubildung der Organe jedoch durch Unterbrechung des Phioöms unterblieb. Die lange Erhaltung des Zellturgors erklärt sich einmal aus der sehr starken Entwicklung des Rindenparenchynis und Markes, welches mit seinen zahlreichen Wänden die Bewegung der Flüssigkeiten verlangsamt, durch die Viskosität des schleimigen, Wasser zurück- haltenden Zeilsaftes, sowie durch die osmotische Leistung der Zellen selbst, deren Bestimmung jenseits des Zieles dieser Arbeit liegt. — Eine histologische Eigenart der Crassulaceen ist das Fehlen subepidermaler Bastgruppen resp. eines geschlossenen Bastringes; es kommt nur zu unbedeutenden kollenehymatischen Verdickungen der peripheren Lagen des Rindenparenchyms. Jedoch besitzen fleischige Achsen eben in der Vergrößerung ihres Querschnittes bereits eine Erhöhung ihrer Biegungs- festigkeit; es wird diese Konstruktion allerdings auch festgehalten in den langen, dünnen, in reich besetzte Blütenrispen auslaufenden Seiten- ästen und in den Blütenstielen der Cotyledon gibbiflora; es fehlen auch hier die Bastbelege in den in den vorspringenden Rippen gelegenen Bündeln. Die Biegungsfestigkeit dieser Achsen wird durch das Pros- enchym ihrer Holzkörper gewährleistet. Für niedrige und dieht beblätterte Achsen, wie die vieler Rosetten von Cotyledon, kommt ein biegungs- fester Bau überhaupt nicht in Betracht. j Die Wurzeln der untersuchten Arten haben fleischige Beschaffen- heit und sind histologisch durch ihre auffällige Übereinstimmung mit dem Bau der Achsen gekennzeichnet. Doch ist zu bedenken, daß sie alle Adventivwurzeln sind, welehe die Primärwurzeln [mit oligarchem Bündel?)] schon in sehr jugendlichen Keimpflanzen ersetzen. Sofern mın die fleischige Beschaffenheit eine Vergrößerung des Querschnittes dieser Wurzeln ausmacht, erhöht sie damit.auch ihre Zugfestigkeit und macht ihre gewöhnliche Bedingtheit durch einen zentral gelagerten Strang un- nötig. Übrigens würde dessen Endodermis in ihrer ringförmigen Um- sehließung des Bündels ein Hindernis sein für die freie Ausbreitung der zahlreichen sekundären Gefäß- und Siebröhrenstränge, zu welcher das 1) De Bary, 1. c., pag. 367. Die physiologische Bedeutung des anatomischen Baues der Crassulaceen. 258 fleischige Parenchym der Wurzeln ebenso große Gelegenheit gibt, wie in den Achsen. So wird verständlich, wie und warum die primitive Wurzelstruktur alsbald durch die definitive, achsenähnliche ersetzt wird. 4. Suchen wir uns die Ausgestaltung des Innenkörpers der Crassula- eeen sehrittweise klar zu machen, so gehen wir wohl nicht fehl, in der Vermehrung des saftigen Parenchyns, als eines für Xerophyten günstigen Wasserspeichers, den ersten Schritt zu erblicken; sein reichlicher, vis- köser Inhalt setzt die Verdunstungsgefahr herab und wurde selbst vor ihr durch den sehr frühzeitig und mächtig sich entwiekelnden Periderm- mantel geschützt. Jenes empfängliche, zumal in Rinde und Mark ge- lagerte Parenchym ist tatsächlich in vielen ausdauernden Crassulaceen das die übrigen an Masse weit übertreffende Gewebe. Die der Volumen- zunahme parallel gehende Vergrößerung des Querschnittes erhöhte die Biegungsfestigkeit hochwüchsiger Achsen, so daß peripherisch gelagerte Skelettstränge nicht zur Ausbildung kamen resp. durch die schon er- wähnten schwachen kollenchymatischen Verdickungen im Rinden- parenchym nur angedeutet wurden. Innerhalb jenes weichen, saftigen und gleichförmigen Parenchyms fanden nun die Ausgestaltungen und Ausbreitungen derjenigen Gewebe und Gewebeverbände statt, welche für den Dikotylenstamm das morphologische und arganographische Kennzeichen sind. Wie ein flutender Ranunculus- oder ein Potamo- getonsproß, oder auch ein fein zerteilter Hymenophyllumwedel innerhalb ihres aus flüssigem oder dampfförmigen Wasser bestehenden Mediums sieh in zahllose feine Auszweigungen zu zerspalten vermag, ohne räumlich durch das Medium beschränkt zu werden; — oder wie die Gliederzahl eines Androeceums beliebig zunehmen kann, wenn dafür wie in gewissen Rosaceen- und Cistaceenblüten der nötige Raum ge- schafft wird::so vermoehten auch die leitenden Gefäß- und Siebröhren- stränge des Crassulaceenstammes sich weitläufig und regellos innerhalb der empfänglichen Parenehymmassen zu verbreiten, eben in Form jener nach außen und nach innen von der Zuwachszone gelegenen Bündel. Insofern diese nun zugleieh bogig verliefen, war die Nötigung zur Aus- bildung histologisch differenzierter Markstrahlen ausgeschlossen, und dies um so mehr, als die mit Parenchym gefüllten kleinen Lücken zwischen jenen bogig verlaufenden Strängen und die dem Eintreten der breiten Blattspuren entsprechenden weiten Lücken geradezu als histologischer und funktioneller Ersatz von eigentlichen Markstrahlen gelten können. Die eben betonte Breite der Blattspuren wird durch die meist mit breitem Grunde sitzenden, von zahlreichen Bündeln durchzogenen Blätter be- dingt, und da diese oft genug dieht gedrängt stehen, so konımen durch i7* 354 Karl Reiche, die neben- und übereinanderfallenden Blattlücken fensterartige Dureh- brechungen im Prosenchymzylinder zustande. Solche sind auch sonst im Pflanzenreiche nicht selten, wo von mehreren Bündeln durchzogene Blätter mit breiter Basis dieht gedrängt den Stengel oder Stamm be- kleiden; man denke an den maschen- oder gitterartigen Aufbau der Gefäß- und Holzstränge der Farnstämme und -Rhizome und zumal der Stämme mancher Opuntia- Arten; das Mazerationspräparat eines solchen Kakteenstammes (wie ich es an einem anderen Orte zu beschreiben denke), stimmt im wesentlichen mit dem des Stammes von Cotyledon gibbi- flora überein (Fig. 2). Es wieder- holt sich also hier, infolge gleicher Lebensbedingungen, der innere Bau der Achse systematisch weit aus- einander stehender Gewächse, wie dies ja für den äußeren morpho- logischen Aufbau derartiger Pflanzen, 2. B. von Cereus- und altwelt- lichen Euphorbia-Arten, längst be- kannt ist. 5. Es sei zum Schluß noch. einmal zurückgegriffen auf den oben gezogenen Vergleich zwischen Wasser- pflanzen, welche fein verteilt im flüssigen und gleichförmigen Medium fluten, und den Leitbündeln, die sich Fig, 2. Cotyledon gihbiflora, ausgiebig und unregelmäßig im tlolzkörper eines alten Stammes. R . Mazerationspräparat. Die mark- und Saftigen Grundparenchym einer Suk- rindenwärts sich ansetzenden Stränge ku ii ö sind Bündel, welche bei der Mazera- lente verzweigen. Man könnte tan infolge ihrer Sklerenchyinbelege alsdann Gewächse dieser Kategorie sich erhielten. als „innere Wasserpflanzen“ be zeichnen, d. h. als Pflanzen, welche zwar nicht als solche, sondern deren Leitstränge im Innern des Körpers wie von einem wasserreichen Gewebe umflutet werden. Ist dieser Ver- gleich berechtigt, so muß er auch sich als fruchtbar erweisen. Einmal erklärt er, warum auch sonst es in fleischigen Achsen (Kohlrabi), Wurzeln (Beta) und Rhizomen (Ny mphaea) leicht zu Unregelmäßigkeiten oder zu voller Regellosigkeit in der Verteilung der Bündel und zu Ano- malien des von ihnen abhängigen Diekenwachstums kommt. Wie sehr Die physiologische Bedeutung des anatomischen Baues der Crassulaceen. 255 diese Umstände von der + fleischig-saftigen Beschaffenheit der betreffen- den Organe abhängen, zeigen die abwechselnd dünnen und stark ver- diekten Wurzeln der Cucurbitacee Sechium edule. Dann besitzen die Strecken gewöhnlicher Dieke die normale, die rübenfürmig verdiekten Strecken die abgeänderte Innenstruktur; denn in den letzteren überwiegt das- weiche, saftige Grundparenchym. — Und ferner, ein bekanntes Ver- fahren der Gärtner zur Erzielung von Adventivwurzeln besteht darin, daß sie die betreffende Region der Achse mit einem Mantel feuchten Mooses oder feuchter Erde umkleiden. Bei den dieken Crassulaecen- stämmen ist dies Verfahren unnötig, an den Stammstücken, welche ich zum Zwecke vorliegender Untersuchung aufbewahrt hatte, brachen nach einigen Wochen die Adventivwurzeln und -Triebe von selbst hervor, eben “weil jene als „innere Wasserpflanzen‘ das nötige Wasser in sich hatten, seine Zufuhr von außen (als Mantel feuchten Mooses) also nicht benötigten. Daß für die Bildung dieser Adventivwurzeln das Wasser die Hauptsache ist, geht bereits aus dem Wasserreichtum dieser Gebilde selber hervor, im Verhältnis zu ihrer organischen und Aschensubstanz. — Schließlich ist es eine schwierige Aufgabe, in den Stämmen von Kakteen und Crassula- ceen deutliche Jahresringe nachzuweisen. Nunmehr ergibt sich uns dafür als einfacher Grund der stetige Wasserreichtum der Stämine, der für gleichförmige Lebens- und Wachstumsbedingungen der in Frage kommenden Gewebe sorgt. Denn wenn auch die Bildung und Abgrenzung der jährlichen Zuwachszonen ein noch so kompliziertes, d. h. gleichzeitig von verschiedenen Faktoren bedingtes Problem ist, so weist: es schon durch seine Periodizität auf ebenfalls periodisch abändernde Ursachen hin, und unter diesen mag auch die Wasserbilanz der Gewebe in nicht sukkulenten Achsen, eine Rolle spielen, wie ja das Studium der einschlägigen Theorien ergibt. Anhang: Zur Kenntnis von Senecio praecox DC. 6. Die folgenden Darlegungen sollen einmal die nicht oder lücken- haft bekannte Morphologie und Biologie des Senecio praeeox, eines häufigen und auffälligen Bestandteiles der mittelmexikanischen Xero- Phytenvegetation, genauer kennen lehren, und zum anderen Teile die im vorigen Abschnitt gewonnenen Anschauungen auf ihre Richtigkeit an einem Sukkulenten prüfen, der einer ganz anderen Pflanzengruppe, den Kompositen, angehört. Zwar hat schon J. Harshberger') unser 1) J. W. Harshberger, Water storage and eonduction in Senecio praecox DE. from Mexico. Transaet. and proceed. of the Bot. Soc. of Pennsylvania (1898), Vol. I (1898), Nr. 1, pag. 31-40, Tab. VII and VIIL. 256 Karl Reiche, Gewächs einmal kurz besprochen; da er aber nur kurze Zeit während der Trockenperiode sich in Mexiko aufhielt, so mußte seine Darstellung lückenhaft und zum Teil unrichtig ausfallen. Unter den Konpositen sind mehrere Sukkulenten bekannt, und zwar gehören sie, nach der Goebel’schen Liste!) zu urteilen, alle der Unterfamilie der Senecionen an. Unser Senecio praecox ist trotz aller aus seiner Häufigkeit und Stattlichkeit sich ergebenden physio- gaomonischen Bedeutung von Grisebach in dem betreffen- den Kapitel (Il, 15) seiner „Vegetation der Erde“ nicht erwähnt, wie denn überhaupt seine gesamte Schilderung der Vegetation Mexikos der An- schauliehkeit entbehrt — selbst- verständlich aus Mangel an Literatur. Auch die „natür- lichen Pflanzenfamilien‘“ geben von ihm keine Kunde. Unsere Art ist ein ausgesprochener Stamm- und Wurzelsukkulent, mit ziemlich großen dünnen, flachen Blättern, welehe durch ihre handförmige Zerteilung dem Gewächse eine habituelle Ähnlichkeit mit Jatropha olivacea (Euphorbiacee) (Fig. 3) oder gewissen Ster- euliaceen verbreiten. Soweit Fig. 3. Seneein praecox. Junge Pflanze, welche noch die Keimblätter trägt. Das untere man nach spärlichemn Herbar- Ende des hypokotylen Gliedes ist verdickt. material urteilen kann, hat den gleichen Wuchs und die gleiche Sukkwlentenbeschaffenheit der durch wollig behaarte Blätter abweichende, gleichfalls mexikanische Seneeio eriphyllus Greenm. Die zu mehreren aus der Wurzel aufstrebenden Stämme sind unten an 10 em diek und werden 1—2 m (an Gartenexemplaren bis 4 m) hoch, sind von einer glatten, grauen Rinde bekleidet und gegen die Enden der Zweige hin schopfig beblättert. Die Verzweigung ist kandelaberartig, d. h. unter dem abgestorbenen Ende des relativen Hauptsprosses kommen 1) Goebel, K., Pflanzenbiologische Schilderungen, I, pag. 32, 33. Die physiologische Bedeutung des anatomischen Baues der Crassulaceen. 257 einige Seitensprosse heraus, die sich ebenso verzweigen (Fig. 4). Der Hauptsproß stellt sein Längenwachstum ein, wenn er mit einem Blüten- stand abschließt; häufig kommt dieser überhaupt nicht zu voller Ent- wicklung, sondern bleibt als ein niedriges kugeliges, sich bräunendes und vertroeknendes Gebilde eine Zeitlang bestehen. Aber auch ohne diesen zwangsweisen Abschluß der Achse kann das Kan- delaberwachstum durch Seitensprosse bedingt werden, welche unterhalb der Spitze des Haupt- sprosses hervorbrechen und ihm an Stärke gleich- kommen. Als häufige Gelegenheitsursache zur Entwicklungneuer Triebe wirkt das zufällige Ab- brechen der bestehenden, bedingt durch ihre be- trächtliche Sprödigkeit. Nachdem von Ende No- vember an die Blätter in- folge der ersten stärkeren Nachtfröste abgefallen sind, und der Strauch den Dezember in voller Winterruhe verbracht hat, kommen im Januar und Februar die Blüten- stände zur Entfaltung, als reichbesetzte, unregel- mäßige Corymbi. Die mit Strahlblüten ver- Fig. 4. Seneeio praecox im blattlosen Zustand; sehenen Köpfe sind gelb Januar. und locken mit ihrem honigartigen Duft zahlreiche Bienen an. Zur Fruchtzeit, im April und Mai, schlagen sich die Hüllkelehe zurück und entlassen die grauschwarzen, glatten Schließfrüchte. Der Keimling enthält Eiweiß und fettes Öl, aber keine Stärke. Die Früchte sind, im Gegensatz zu denen anderer Kom- positen, zu einem großen Prozentsatz keimfähig, und geben schon 258 Karl Reiche, ca. 2 Wochen nach der Aussaat die jungen, robusten Pflänzchen mit oberirdischen, eiförmigen Keimblättern, welche bereits große Harzbehälter im Parenehym tragen. Die natürliche Aussäung ist sicher und reich- lich, so daß man an den betreffenden Orten Individuen aller Alters- stufen finden kann. Diese Leichtigkeit der Vermehrung, sowie die Eleganz und Stattlichkeit des ganzen Strauches empfehlen ihn als Grarten- zierde in Länderu subtropischer Klimate mit schwachen Nachtfrösten. Das hypokotyle Glied junger Pflanzen ist nach dem Grunde zu kuollig verdickt; diese Beschaffenheit mag als Keil wirken, wenn, wie es an den natürlichen Standorten häufig geschieht, die Pflänzchen sich in engen Spalten des steinigen Bodens zu entwickeln haben; vgl. Fig. 3. 7. Innerer Bau. Er ist, dem Charakter des Stammsukkulenten eni- sprechend, durch das Vorwalten saftigen Parenchyms gekennzeichnet. In dem Querschnitt eines alten Stammes von 10 em Durchmesser maß das Mark 3 cm Durchmesser; der unregelmäßig ausgebildete Holzkörper im’Mittel 2,5 cm Ringbreite und das grüne Rindenpareuchym etwa l em Ringbreite. Dabei ist das saftige, grüne, schizogen quergefächerte Mark stark positiv gegen die Rinde gespannt. Die Fächerung fehlt in jungen Sprossen und wird mit zunehmendem Alter deutlicher; man kann ihr Zustandekommen durch Trocknen der Zweigstücke oder Einlegen in Alkohol beschleunigen, indem das Mark dann (im ersteren Falle) sein Wasser an die Rinde bzw.'die Blätter abgibt, zerreißt es — fächert es sich — in Querplatten. Im jugendlichen Stamm springen die durch breite primäre Markstrahlen getrennten Bündel weit und spitz in das Mark vor. Das Holz alter Stämme ist hart; es besteht aus weiten, aber kurzen (0,2 bis 0,27 mm) Tüpfelgefäßen mit einfacher, eirunder Perforation; sie sind von Vasalparenchym begleitet. Zwischen ihnen sind Nester. dick- wandiger, kurzer (0,6 mm) Libriformfasern eingeschaltet. Das reichliche, prall gefüllte Parenchym einerseits und die kurzen prosenehymatischen Elemente andererseits bedingen die außerordentliche Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit der Zweige. Das Markstrahlgewebe ist beträchtlich entwickelt; die einzelnen Strahlen sind hoch und breit, und aus großen, getüpfelten Zellen zusammengesetzt. Außerhalb der normal gestalteten Cambiumzone finden sich umfängliche, nach außen spitz, nach innen, also cambiumwärts, in mehrere Spitzen auslaufende Phloömteile. Jen- seits von ihnen zieht sieh eine sehr deutliche, wellig verlaufende, ein- schichtige Stärkescheide hin, welche auch die in die Rinde eintretenden Blattspurbündel umgibt; in ihr ist kleinkörnige Stärke das ganze Jahr zu finden. Jenseits davon erstreckt sich nun bis zum Periderm das mächtige, saftige, grüne Rindenparenehym, reichlich durchsetzt von den Die physiologische Bedeutung des anatomischen Baues der Crassulaceen. 259 kugeligen bis schlauchförmigen Sekretbehältern. Sie enthalten eine widerlich riechende, harzartige, in Alkohol lösliche Masse, welehe beim Durehschneiden der Zweige unter dem Drucke des umgebenden Par- enchyms leicht ausfließt und in durchsichtigen Tropfen erstarrt. Nach Alkoholzusatz scheiden sich im Winter in diesen Sekretbehältern, sowie im Rindenparenchym und Mark, gelegentlich auch in den Gefäßen des Holzes Sphärokristalle aus, welche bei ihrer Löslichkeit in heißem Wasser Inulin enthalten dürften. Damit steht in Einklang, daß Stärke, abgesehen von ihrem Vorkommen in jener Stärkescheide, auch im Winter nicht ge- speichert wird, wie die Untersuchung mehrerer Stämme ergab. Das Periderm ist wie bei den Crassulaceen mehrschichtig und wird, wie bei ihnen, sehr frühzeitig angelegt, bereits zwischen den gedrängt stehenden obersten und daher jüngsten Blättern. Die äußere Rinde junger Stämme ist grau und glatt; im Alter wird sie, zumal nach dem Grunde zu, rauh und rissig und bietet dann den Moosen Siedelungsplätze, während sich in den Gabelungen der Äste oft Individuen .von Tillandsia reeurvata festsetzen. Die Rinde ist mit zahlreichen, warzenförmig hervorspringenden Lenticellen besäet. Im gesamten Rindenparenehym sind keine Bast- stränge vorhanden; doch finden sich in älteren Stänmen leichte Ver- holzungen im Umkreise der Phlomteile. Jahresringe sind, wenn über- haupt, nur undeutlich und nieht als geschlossene Kreisringe, sondern nur als Bögen ausgebildet, von denen es zweifelhaft ist, ob sie Jahres- zuwachsen entsprechen; sie kommen durch lokale Anreicherungen von Libriformfasern zustande. Die Wurzeln sehr junger Keimpflänzehen besitzen einen diarchen Bau. Ein Querschnitt durch die etwas Nleischige Wurzel einer jungen Pflanze, welche eben die Keimblätter verliert und bereits einen Stengel mit mehreren Blättern getrieben hat, zeigt einige radiale Gefäßplatten, welche durch Grundparenchym getrennt sind; darin sind aber keine mit jenen in Weehsellagerung befindliche Phlo&me wahrzunehmen. An der Außenseite jenes Xylemsternes liegt das Cambium; dann kommen in zentrifugaler Folge einige im Ring angeordnete Phloömgruppen — also wie im jungen Sproß; auch ist von einer primitiven Endodermis nichts zu sehen. Ältere, stark in die Dieke gewachsene fleischige Wurzeln unter- scheiden sich alsdann von gleichdieken Sprossen wesentlich nur durch das Fehlen des Markes. In stärkeren, mehr verholzten Wurzeln hat das Wurzelholz engere Gefäße und dünnwandigeres Libriform. — Zwischen Phloem und Periderm liegen Harzgänge im breiten Rindenparenchym. 8. Die Blätter stehen, wie angegeben, schopfig gedrängt. Auf langem Stiel tragen sie eine handförnig fünflappige Spreite von oberseits glänzend 260 Karl Reiche, grüner Farbe. Im jugendlichen Zustande sind sie rot gefärbt. Sie kommen im Februar und März, also lange vor Beginn der Regenzeit (nicht während derselben, wie Harshberger angibt), zur Entwicklung, erzeugen sich bis zum Herbst und fallen den Nachtfrösten im November zum Opfer. Eine geschlossene Knospe, welche die Blattanlagen umhüllte, wird wäh- rend des Herbstes nicht gebildet, sondern die jungen Anlagen bleiben zwischen den Basalpartien der abgefallenen Blattstiele versteckt und werden hier außerdem durch das Harz geschützt, welches, wohl aus den Wunden der abgefallenen Blätter (allein?) austretend, die ganze Stamm- spitze, manchmal in Form einer geschlossenen Kappe, überzieht. Diese Harzmassen oder auch vielleicht die Absonderungen aus feinen Haaren, welche die Basen jugendlicher Blätter bekleiden, mögen das Anloekungs- mittel für die zahlreichen schwarzen Blattläuse sein, welche zwischen den jugendlichen Blättern umherkriechen und ihrerseits wieder den Besuch großer Ameisen veranlassen. Vom inneren Bau der Blätter gibt Harshberger bereits die Lagerung der Stomata ausschließlich auf der Unterseite und die isodiametrische Form der chlorophylihaltigen Zellen an, während man doch bei einem Bewohner ausgesprochen sonniger Standorte ein deutliches, ein- oder mehrschichtiges Palisadenparenchym erwarten sollte, und dies um so mehr, als ja andere Kompositen ein der intensiven Beleuchtung gegenüber sehr reaktionsfähiges Assimilations- gewebe besitzen. An Stelle gekünstelter Erklärungsversuche muß wohl der Hinweis genügen, daß eben in diesem Falle die morpholagisch un- differenzierte Ausgestaltung dieses Gewebes mit seinen physiologischen Anforderungen in Einklang steht, wie ja auch sonst am selben Standorte Gewächse mit verschiedenartig ausgestaltetem Assimilationsparenchym zu finden sind. Übrigens weichen die Blätter auch noch in einer anderen Richtung von der durch die Überzahl gebildeten Regel ab: wir erwarten von einem Bewohner der Steppe, einem Genossen zahlreicher auch äußer- lich als solcher erkennbaren Xerophyten, irgendwelche Einrichtung zur Regulierung oder Beschränkung der Verdunstungsgefahr. Aber tatsächlich sind die Blattflächen unseres Senecio dünn, ausgebreitet, ohne Haare, Schuppen oder Firnisüberzug; nur in ihrem leicht knorpelig verdickten Rande, dem innenwärts ein Nerv sich dicht ansehmiegt, könnte man eine rahmenartige Einrichtung erblicken, welche die Spreite auch bei ein- tretendem Wasserverlust ausgespannt erhält. Aber in Wirklichkeit liegt hier der Schutz vor Transpirationsgefahr gar nicht im Blatte selber, sondern in seiner Verbindung mit dem wasserreichen Stamme, und ferner in seiner Gewohnheit, abzufallen, wenn die Trockenheit des Bodens und der Luft eine gewisse Grenze überschreitet. — Um den deskriptiven Teil Die physiologische Bedeutung des anatomischen Baues der Crassulacoen. 261 zum Abschluß zu bringen, sei darauf hingewiesen, daß ein großer Teil der Blätter von einen gelbroten Aceidium befallen und eventuell vernichtet wird, und daß in dem weichen Parenehym der Stämme und Zweige eine Insektenlarve lebt, die beulenförnige Auftreibungen verursacht und deren Gänge durch Wundkork von dem gesunden Gewebe abgegrenzt werden. In fleischigen Opuntiastämmen ist dasselbe zu beobachten. 9. Es soll sich nun darum handeln, die Struktur des Stamn- und Wurzelsukkulenten Senecio praecox mit der der vorstehend be- trachteten Crassulaceen zusammmenzuhalten, in der Meinung, daß sich daraus gemeinsame, der Bewertung des Sachverhaltes um so günstigere Züge ergeben könnten, je weiter Crassulaceen und Konıpositen-Senecio- nideen im System auseinander stehen. Für die Crassulaceen wurde in erster Linie die Neigung zur Ausbildung zerstreut angeordneter Bündel hervorgehoben; diese fehlt allerdings in jener Unterfamilie der Kompositen gänzlich; es handelt sich hier eben um verschiedene Charaktere der innen- morphologischen Gestaltung. Wir müssen also davon absehen, sie über- haupt in Vergleich zu ziehen; aber es bleiben uns auch dann noch ge- nügend übereinstimmende Züge übrig. Zunächst und vor allem die mächtige Entwicklung des saftigen Parenchyms, welches für die innere Organbildung der Crassulaceen in dem Sinne in Betracht kanı, wie das umgebende flüssige Medium für die äußere Ausgestaltung einer Wasser- pflanze. Die zahlreichen, weit und unregelmäßig in das Mark vorspringen- den Bündel des Senecio praccox, die zerklüfteten, d. h. durch Par- enchymstreifen getrennten Phloömteile sind vergleichbar der weit aus- greifenden Verteilung der Gefäß- und Phloembündel der Crassulaceen. Und wie bei jenen das wasserreiche Gewebe gewissermaßen nach außen hin eingedämmt wurde durch die sehr frühzeitig und ausgiebig erfolgende Peridermbildung, so geschieht dies auch in den Sprossen von Seneeio. In beiden Gruppen wurde die Biegungsiestigkeit der Achsen durch Ver- größerung des Querschnittes erreicht, ohne Zuhilfenahme von peripherisch gestellten Bastbündeln. In beiden Gruppen erstreckte sich der fleischige Charakter auf den Bau der Wurzeln und brachte einen sehr frühen Ersatz des primären und typischen radiären Baues des Wurzelkörpers durch einen stammgleichen hervor. Und wie schließlich die abgeschnittenen Sprosse einer Crassulacee bald Seitentriebe und Adventivwurzeln aus- sendeten, so bringen abgetrennte Stammstücke des Senecio wenigstens binnen kurzem beblätterte Seitenzweige hervor, weil ihnen eben das innere Wasser als Anregungsmittel zur organischen Ausgestaltung nicht fehlt. Mexiko, im Februar 1920. Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riceia. Von Dr. E. v. Gaisberg. In der Ordnung der Marchantiales weisen die Riceiaceen den ein- fachsten anatomischen Bau auf. Sie werden — im Gegensatz zu Leitgeb, der in ihnen primitive Formen sah — von Goebel an das Ende der Rückbildungsreihe Marchantia—Riceia gestellt. Diese Reihe „eine der vollständigsten und interessantesten im Pflanzenreich“!), hat Goebel in der Organographie, II, 2. Aufl, ausführlich in anatomischer und vergleichend entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht behandelt und dort ausgeführt, wie sowohl hinsichtlich des Sporophyten als auch des anatomischen Baues des Gametophyten bei den Riccien eine Rückbildung eingetreten ist. Der Sporophyt der Rieciaceen besitzt weder Stiel noch Haustorium, noch einen besonderen Öffnungsapparat der Sporenkapsel. Er besteht, wie bei Oxymitra, nur noch aus dem Sporogon; die Sporen werden durch Verwittern des Thallusgewebes frei, die Wandschicht des Sporogons dient zur Ernährung der Sporen, das Sporogon bleibt von der Wand des Archegonbauchteiles umschlossen. Elateren oder Nährzellen zwischen den Sporen sind bei den Riceien bis jetzt nicht gefunden worden. Auch durch die Stellung der Gametangien stehen die Riceien am Ende einer Reihe, die — nach Goebel?) — von der Terminal- stellung der mit Trägern versehenen Marchantia-Stände über Preissia und über die Verschiebung der Stände auf die Oberseite bei Monoselenium und Plagiochasma unter Rückbildung der Träger und der Stände zu der zerstreuten Anordnung der Riecien-Gametangien führt. Der anatomische Bau der unter dem Namen Ricciella zusammen- gefaßten Gruppe der Riceiaceen steht durch seinen gekammerten Bau und den meist noch mit Grenzzellen versehenen Atemöffnungen den höher organisierten Marchantiales noch näher als der Euriceienthallus, der nur noch enge, von jeweils vier senkrechten Zellreihen, den sogenannten „Stiften“ begrenzte Luftkanäle hat, die nicht mehr durch Teilungen der Epidermiszellen nach außen abgeschlossen werden. 1) Goebel, Organographie, II, 2. Aufl., 1915—1918, pag. 632. 2) Org., 1, 2. Aufl., pag. 695 ff, Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riccia. 263 So sind die Rieeien als letztes Glied der Marchantiales von In- teresse und außerdem als „Unkräuter“, welche ja immer in biologischer Hinsicht bemerkenswert sind. Zur Unterscheidung der Euriccien von den Ricciellen wird seit Nees von Esenbeck') die Verschiedenheit in der Luftkammerbildung mit herangezogen, indem mit „Euriceia“ oder einfach mit „Riceia“ Formen bezeichnet werden, die von vier senkrechten Pfeilern begrenzte, enge Luftkanäle haben 2), während unter Ricciellen Arten mit weiten Luft- kammern verstanden werden. Daß aber die beiden Gruppen in der Beschaffenheit ihrer Luft- kammern miteinander durch Übergänge verbunden sind, hat J wel durch seine Untersuchung an Riccia Bischoffii nachgewiesen ®). Diese hat an den Flügeln einen gekammerten, lockeren, in der Mittelpartie dagegen einen typischen Euriceienban. Der enge Zusammenhang zwischen den beiden Typen spricht sich auch, wie Goebel gezeigt hat‘), aus, wenn einige Ricciellen in be- stimmte Ruhestadien, die sogenannten Knöllchen, übergehen. Der Quer- schnitt durch solch ein Knöllchen zeigt einen Bau des Assimilations- gewebes, der außerordentlich dem der typischen Euriccien gleicht. Ich habe in der vorliegenden Arbeit die vergleichende Unter- suchung der Formen mit weiten und derjenigen mit engen Luftkammern besonders berücksichtigt und außerdem einige Fragen, die mit der Biologie der Riccien in Zusammenhang stehen. Das Untersuchungsmaterial zum anatomischen Teil stammte zum großen Teil aus dem Münchener und Berliner Herbar 5); Alkoholmaterial stellte mir Herr Geheimrat von Goebel freundlichst zur Verfügung. Anatomischer Teil. Anschließend an die oben angeführte Arbeit von Juel untersuchte ich die mir zur Verfügung stehenden Riecien, namentlich solche mit Flügelbildung, auf ihren anatomischen Bau. Ich fand vor allem bei 1) Neesv. Esenbeck, C., Naturgeschichte der europäischen Lebermoose. 1838. 2) K. Müller, „Die Lebermoose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz“, pag. 140, Bd. VI, 1. Abt., 19061911 in Rabenhorst's Kryptogamenflora. 3) O.Juel, Über den anatomischen Bau von Riceia Bischoffii Hüb., Svensk Botanik Tidskrift 1910, Bd. IV. 4) K. Goebel, Organograpbie, II, 2. Aufl., 1915—1918, pag. 630. 5) Deren Direktionen ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank aus- sprechen möchte. ” 264 E. v. Gaisberg, Riecia Gougetiana var. armatissima!), die in den Münchener Gewächs- häusern gezogen wird, den lockeren Bau der breiten Ränder besonders stark ausgeprägt. Es sind hier gegen den Rand hin die Kammern von 8—16 Zellen im Flächenschnitt umgeben, während die Mittelpartie die von vier „Stiften* begrenzten Kanäle zeigt. Die Epidermiszellen sind am Rande sehr groß und langgestreckt im Verhältnis zu den Stiftzellen. Sie springen über die Stifte oft schnabelförmig vor, so daß sie die Kammern überdachen; Teilungen kommen wohl auch ab und zu vor. Ma- millen sind natürlich vorhanden. Über jeder Kammer ist ein einfaches Atemloch zwischen vier Epidermiszellen. Bei anderen Riceien mit Flügelbildung fand sich dieselbe ana- tomische Eigentümlichkeit, wenn auch nicht so auffallend wie bei R. Goug. var. armat. Ich fand sie aber auch bei Riceia californica 2), einer Riecia mit dicken, wulstigen Rändern; die Kammern sind hier am Rande von 5-7 Zellen umgeben. . Von besonderem Interesse waren mir die anatomischen Verhältnisse bei Riceia Delavayi®) und bei Ricciella Dussiana !). Beide haben, was die Luftkanäle anbetrifft, annähernd den gleichen Bau. Bei R. Delavayi umgeben 5, 6, 7 und 8 Zellen in der Mitte und am Rande die Luftkanäle im Flächenschnitt, bei R. Dussiana in der Mitte 5—7, gegen den Rand zu 9—10 Zellen. Der Unterschied der beiden Formen liegt in der Beschaffenheit der Epidermis: bei R. Delavayi schließen die Epidermiszellen locker zusammen; sie sind zum Teil schnabelförmig ausgezogen, zwischen ihnen sind einfache Atemöffnungen, d. h. Poren ohne Grenzzellen, die Epidermiszellen tragen Mamillen. Bei R. Dussiana dagegen sind Poren mit Grenzzellen ausgebildet und keine Mamillen vorhanden. So kann man also in den eben besprochenen Typen den engen Zusammenhang zwischen Eurieeia und Riceiella ganz deutlich sehen. Die weiten Rieciellen-Luftkammern sind bei R. Dussiana enger und namentlich in der Mitte des Thallus riccienähnlich geworden, doch haben die Poren noch Grenzzellen und es sind keine Mamillen vor- ) Die Pflanze wurde mir bestimmt von Herrn Dr. Müller, dem ich dafür auch hier bestens danken möchte. 2) R: californiea Austin. Münchener Herbar, A. Brinkman. Canadian Hepatics. British Columbia. „Old slough hottom“ Calling Lake. Vgl. Stephani, Spee. Hep., Vol. I, 1900, pag. 7. 3) R. Delavayi Steph, Münchener Herbar. Jünnan, China. Vgl. Steph., Spec. Hep., Vol. I, pag. 42. 4) R. Dussiana Steph. Berliner Herbar, gesammelt von Duss auf Martinique, Fonds St. Denis, sehr selten. Vgl. Urban, Symb. Ant. 1902-1903. Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riceia. 265 handen. Bei R. Delavayi ähnelt der Bau der Luftkanäle außerordentlich dem von R. Dussiana, hier sind äber Mamillen vorhanden und infolge- dessen keine Grenzzellen. Bei R. Bischoffi, R. Goug. var. armat. u. a,, ebenso bei R. californiea sind an den Rändern die erweiterten, in der Mitte dagegen die engen Kanäle ausgebildet. Die angeführten Formen zeigen, daß es nicht möglich ist, auf Grund des Merkmals „Luftkanäle von vier Pfeilern begrenzt“!) die Riccien in die beiden Untergattungen Euriceja und Ricciella zu trennen. Ich möchte, wenn ich in meiner Arbeit doch — der besseren Orientierung und Vorstellung halber — von Euriccia = Riceia und von Ricciella spreche, unter Euriceia Formen mit Mamillen, unter Riceiella solche ohne Mamillen verstehen. Das Merkmal: „Mamillen vorhanden“ fällt wohl im allgemeinen damit zusammen, daß enge, von vier Stiften umgebene Luftkanäle vorhanden sind, doch kommen, wie oben gezeigt wurde, auch Mamillen zusammen mit erweiterten Luftkanälen vor. Es läßt sich bei der Unterscheidung auf Grund des eben angeführten Merkmals nur R. erystallina nicht recht unterbringen, die bei einem ausgesprochen weitkammerigen Bau auf einzelnen Epidermiszellen Ma- millen trägt, auf anderen nicht. Die die Kammern der Ricciellen begrenzenden Wände verlaufen oft sehr schief, so daß der Querschnitt einen mehrstöckigen Kammer- aufbau vortäuscht. Der Längsschnitt zeigt, daß die Kammern sehr oft von der Epidermis bis zum Speichergewebe durchgehen und es ist darin eine weitere Annäherung der beiden Typen gegehen. Bei einigen Euriccien ist in der Beschaffenheit der Antheridien- wand eine Besonderheit gegeben. Bei R. Bischoffii var. ciliifera?) und “einer anderen Riccia spec, ergab die Untersuchung der Antheridien, daß die Wandschicht im Laufe der Heranreifung des Antheridiums mehr und mehr von den unmittelbar angrenzenden Gewebszellen zusammen- gedrückt wird. Letztere übernehmen die Funktion der Wandschicht bei der Entleerung des Antheridiums. Wahrscheinlich ist dies bei den meisten Formen mit engen Luftkanälen der Fall. Bei R. erystallina dagegen ist die Wandschicht auch an reifen Antheridien noch gut aus- gebildet. Die Annäherung der beiden Typen bei der Knöllchenbildung der Ricciellen wurde schon oben erwähnt. Knöllchenbildung kommt 1) K. Müller, 1906-1911, pag. 140. Macvicar, 8. M,, The students- handbook of British Hepaties 1912. 2) R. Bischoffi var. eiliifera, Münchener Gewächshäuser, von Herzog im Cernatal in Mazedonien gesammelt. 266 E. v. Gaisberg, auch bei den Euriccien vor, so bei R. Bischoffii1), R. Gougetiana und R. Goug. var. armat.?). Unter den Riceiellen gibt es eine ganze Gruppe, die unter den Archegonien ein meristematisches Gewebe hat, welches bewirkt, daB sich die Sporogone im Laufe der Entwicklung aktiv nach unten vor- wölben. Goebel®) stellt diese „Annäherung an die Marsupienbildung“* thalloser und folioser Jungermannieen an R. fluitans fest. Es gehören, soweit meine Untersuchungen reichen, in diese biologische Gruppe noch R. perennis*), corticola5), ineiso-suleata %), Sullivanti”), Burnettensis®), Hübneriana°) und einige andere. Sehr deutlich ist das meristematische Gewebe bei R. Dinteri!?) zu sehen, einer afrikanischen Riceiella, die dadurch interessant ist, daß sie, trotzdem sie „auf Steinen in der Quelle flutend“ gefunden wurde, reichlich Archegenien hat und daß der Sitz der Gametangien hier schon äußerlich kenntlich gemacht ist durch eine Ausbuchtung des Thallus nach beiden Seiten. Die so entstehenden Verbreiterungen finden sich jeweils in einigen Abständen voneinander und es entspricht jeder Verbreiterung einem Archegon in der Mitte des fertilen Thallusteiles. R. Dinteri nahe steht eine Riceiella des Münchener und Berliner Herbars, die von A. Braun in Tempelhof bei Berlin gesammelt und von ihm als R. „fluitans fruetifera* bezeichnet wurde. Sie hat keine Rhizoiden und macht ganz den Eindruck, im Wasser aufgefunden worden zu sein. Auch sie zeigt das meristematische Gewebe. unter den einzeln in Abständen stehenden, reichlich vorhandenen Archegonien, ebenso die verbreiterten fertilen Thallusteile. Es ist merkwürdig, daß die paar Formen, die mir als im Wasser fruktifizierend bekannt wurden, diese letztere Eigentümlichkeit gemeinsam haben. Es wäre interessant, wenn die Tempelhofer Ricciella wieder aufgefunden werden könnte; es ist die einzige fruktifizierende Wasserform, die ich unter den europäischen Riecijaceen fand — außer Rieeiocarpus natans. — und steht im Gegen- )) A. Casares-Gil, Flora Iberica 1919. 2) Organographie, II, 2, Aufl., pag. 651, es muß da atatı R. canescens R. Goug. var. armat. heißen. 3) Organographie II, 2. Aufl., pag. 723. 4) R. perennis, Münchener Herbar. 5) R. corticola St., Berliner Herbar. 6) R. inciso-auleata Steph. nov. spec., Münchener Herbar. 7) R. Sullivanti Austin, Berliner Herbar, 8) R. Burnettensis Steph. nov. spec., Münchener Herbar. 9) R. Hübneriana L., Münchener Herbar. 10) R. Dinteri Steph., Berliner Herbar. Beiträge zur Kenntnis der Lehermoosgattung Riccia. 267 satz zu R. fluitans, die ja als Wasserform nur steril bekannt: ist. Nähere Standortsangaben macht A. Braun leider nicht. Sehr schön zu sehen ist das Meristem unter den Archegonien von R. perennis jeweils als ein Komplex von kleineren Zellen auf der Unterseite des Thallus. Befruchtete Archegonien waren an dem mir zur Verfügung stehenden Herbarmaterial nicht zu finden — die Form ist knöllehenbildend — aber zweifellos wölben sich auch hier die Sporogone nach unten vor. Dies und noch einige andere Tatsachen sprechen, wie mir scheint, gegen die Ansicht Trabuts?), daß R. perennis eine eigene Gattung Riccina darstelle. Die Papillen, die Trabut in der Umgebung der Antheridienstifte von R. perennis findet, sind nicht etwas dieser Ricciella allein Eigen- tümliches. Goebel führt in der Organographie, II, 2. Aufl., pag.631, Papillen an um die Antheridienstifte von „R. fluitans aus Deutschostafrika“*, sie finden sich da auch um die Archegonienmündung stehend. Ich fand Papillen außer bei Ricciella tenerrima®) und R. Dinteri und der von A. Braun gesammelten Tempelhofer Ricciella auch bei verschiedenen Riccjien. So stehen bei Riccja Guadelupensis®), indica*) und obtusata®), ebenso bei R. Gougetiana, Bischoffii und R. Goug. var. armat. Papillen im Kanal, in dem der Archegonhals verläuft. Bei den drei Letzteren sind die Papillen allerdings wohl nur Thyllen ohne Fuuktion, ein Hineinwuchern der Zellen in den ziemlich weiten Ausführgang, nament- lich, wenn das Archegon vertrocknet stehen geblieben ist. So kommen also bei verschiedenen Riceiellen und Euriecien und auch bei Ricciocarpus natans — wie schon Leitgeb anführte) — Papillen bald um die Archegonien, bald um die Antheridien vor; dies Merkmal kann daher nicht für die Aufstellung einer neuen Gattung in Betracht kommen. Man kann allerdings darin, daß die Archegonien bei R. perennis und z. B. bei R. Dinteri und der Tempelhofer Ricciella einzeln in + 1) Douin et Trabut, Extrait de Ia Revue generale de Botanique: „Deux He£patiques peu connues“ 1919. 2) R. tenerrima Steph., Berliner Herbar. 3) R. quadalupensis Step., Berliner Herbar. — Peri-Duss, Quadeloupe, „sur Ja terre dans une rigole de la ville de la Baase-Terie“. 4) R. indica Steph. nov. spec., Berliner Herbar. 6) R. obtusata Steph. nov. spec., Münchener Herbar. 6) Leitgeb, H., Untersuchungen über die Lebermoose, 1879, Bd. IV VI. Flora, Bd. 114. 18 268 E. v. Gaisberg, regelmäßigen Abständen längs des Thallus in der Mittellinie stehen, einen Anklang an die Bildung von Ständen sehen, im Gegensatz zu der zerstreuten Anordnung der Gametangien, wie sie sich bei R. glauca und anderen findet und von Goebel für R. erispatula‘) abgebildet ist. Zu einer systematischen Abtrennung dieser Formen liegt aber meiner Ansicht nach kein Grund vor. Die ‘Untersuchung der Riceiaceen ergibt, daß bei den Riceiellen sowohl als bei den Riceien Rückbildungserscheinungen des Thallus in Beziehung mit den Lebensverhältnissen auftreten. So zeigen Riceia amboinensis®) und Riceia grandis®), beide Bewohner feuchter Standorte, einen flachen, blattartigen Thallus, ähnlich, wie Goebel dies von Ricciella chartacea und Ricciella membranacea angibt‘). Die Formen mit engen Luftkanälen sind sonst viel gleichförmiger gebaut, wie die mit weiten Lufthöhlen. Das Speichergewebe nimmt im allgemeinen bei den Euriecien viel mehr Raum ein als bei den Rieciellen, bei denen ich nur bei drei Formen: R. deserticola 5), per- thiensis®) und Goebeliana”) eine stark entwickelte, 9—14 Zellreihen hohe Speicherschicht fand, während sie bei anderen Ricciellen durch- schnittlich nur 2—4 Zellreihen ausmachte. Bei R. Goebeliana ist die Speicherschicht durch auffallend stark verdickte Wände ausgezeichnet, die Verdickung wird durch Pektineinlagerung bedingt. Unter den Atemöffnungen der Riceiellen kann man verschiedene Typen unterscheiden. Der am meisten vertretene ist wohl der, daß von den vier oder sechs den Porus umgebenden Zellen jede eine Grenzzelle abgeschnitten hat. Bei anderen Riceiellen werden überhaupt keine Grenzzellen mehr abgeschnitten, z. B. bei den drei sehr leicht gebauten Formen R. membranacea, chartacea und subsimilis®). Besonders be- merkenswert sind die Poren von R. membranaces durch die enorme 1) Organographie, TI, 2. Aufl., pag. 684. 2) R. amboinensis, Berliner Herbar, gesammelt 1875 von Dr. Naumann in Amboina, wo diese Riccia „auf feuchter Erde bei Malayenhütten Rosetten bildet“, Vgl. Steph. Spec. Hep., Vol. I, pag. 14. 3) R. grandis Nees, Berliner Herbar. Vgl. Lindenberg, Monographie der Riceien, 1836, pag. 434. 4) Organographie, II, 2. Aufl., pag. 650. Pr R. deserticola $t., Münchener Herbar. Vgl. Steph. Spee. Hep., Vol. I, pag. 48. 6) R. perthiensis, Alkoholmaterial. Vgl. Organographie, II, 2. Aufl, pag. 631 (Perthiana). “ 7) R. Goebeliana Steph. nov. spec., Münchener Herbar, Neuseeland. 8) R. subsimilie Steph., Münchener Herbar, Paraguay. Vgl. Spec. Hep., pag. 42 Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riceia. 269 Größe, die sie erreichen. Die jungen Poren sind von vier oder fünf Zellen umgeben, die Randzellen haben sich bei den großen Poren bis zu etwa 11 Zellen vermehrt. Diese großen Poren liegen aber nur in den mittleren Thallusteilen. Die Grenzzellen um die großen Poren sind sehr langgestreckt und schmal geworden. Das muß sich aber erst im Verlauf des Wachstums durch Dehnung der Randzellen ergeben haben, da ja an den jungen Poren diese Zellen noch nicht von den anderen Epidermiszellen sich unterscheiden. Von eigentlichen Grenz- zellen kann man hier daher wohl nicht sprechen. Daß die einfachen Atemöffnungen aber nicht ausschließlich an Formen mit rückgebildetem Thallus gebunden sind, zeigt die oben er- wähnte, kräftig gebaute R. Goebeliana, die auch einfache Poren hat. Bemerkenswert sind die Poren von R. erystallin.. Der Porus liegt ursprünglich in der Mitte der Kammer, wird dann aber durch unregelmäßige Teilungen der ihn umgebenden Zellen aus dem Zentrum verschoben und zwar oft so stark, daß er ganz an die Grenze der Kammer zu liegen kommt, d. h. die Epidermiszellen teilen sich in letzterem Fall auf dieser Seite der Kammer überhaupt nicht mehr in tangentialer Richtung. Unterbleibt die taugentiale Teilung aller den Porus begrenzenden Zellen überhaupt, so entsteht gar keine Decke mehr über der Kammer, wie das bei R. erystallina bei vielen Kammern der Fall ist. Experimenteller Teil. Goebel bespricht in der Organographie, II, 2. Aufl, pag. 654. die Frage: Kann die Wasserform von R. natans überhaupt Gametangien bilden oder läßt sie nur die an der Landform entstandenen sich weiter entwickeln? Nach Garbert) entstehen die Gametangien an der Wasser- form, aber er schließt dies nur aus Beobachtungen, Kulturversuche hatte er nicht darüber angestellt. . . Lewis?) dagegen gibt an, daß seine R, Iutescens, die er mit der Landforn von R. natans identifiziert, eben als solche Landform frukti- fizierte. Die Landformen von R. natans, die ich im Freien und im Glas- haus zog, fruktifizierten nicht. Wohl aber fand ich an Wasserformen von R. natans, die mir aus Neckarau bei Mannheim geschickt worden 1) Garber, J. F, „The life-history of Ricciocarpus natans“, Botanical Ga- zette, XXX VII, 1904. u 2) Lewis, Ch. E, The embryology and development of Riccia Intescens and Riccia erystallina. Botanical Gazette 1906, Vol. XLI. ‚8° 270 E. v. Gaisberg, waren), Antheridien und Archegonien Anfang Mai ausgebildet, nachdem die Pflauzen den Winter durch (seit Oktober, wo ich sie bekam und wo ich nichts von Geschlechtsorganen an ihnen sehen konnte) in einer Glasschale mit Regenwasser gewesen waren. Die Anlage der Geschlechts- organe erfolgte hier also bei der Wasserform. Das Glashaus, in dem die Pflanzen waren, hatte nicht viel Licht, auch war in der Glasschale nicht immer reichlich Wasser, so daß die Thalli ziemlich klein waren und im hinteren Teil abstarben. Vielleicht hatten auf den Eintritt der Gametangienbildung die schlechten Bedingungen für das vegetative Wachstum einen Einfluß. . Aus der in den Münchener Gewächshäusern in großer Menge vorkommenden R. „fluitans“ entwickelt sich als Landform eine „breite Form“, auf die ich besonders aufmerksam machen möchte, weil ihre Zugehörigkeit nicht einwandfrei festgestellt werden konnte, da Früchte noch nicht bei ihr gefunden wurden. Auch Herr Geheimrat v. Goebel, der die Pflanze schon beobachtet hatte, sah nie Früchte daran. Es ist eine breite, gedrungene Form mit + polygonalen Kammern. Der Querschnitt zeigt einen sehr leichten Bau. In der Mittelpartie besteht er aus zwei oder drei übereinander liegenden Kammerreihen und zwei Schichten Grundgewebe; gegen den Rand zu sind meist zwei Kammern übereinander und gewöhnlich schließt der Querschnitt rechts und links mit einer großen Kammer ab. Die Wasserform von R. „fluitans“, die ich im Maisinger See bei Starnberg sammelte, ergab als Landform auch die typische „breite Form“, R. fluitans f. canalieulata ist es sicher nicht. Der Ansicht von Herrn Dr. Familler?, der mir die Pflanze als R. Hübneriana L. bestimmte, kann ich mich nach Vergleich des Querschnittes der „breiten Form“ mit dem von Herbarmaterial von R. Hübneriana L. nicht anschließen. Es scheint mir sicher, daß — wie Familler ausführt®) — R. fluitans eine Sammelart von Schwimm- formen verschiedener Riceieen darstellt. Dafür spricht schon der Ver- gleich der in den Herbarien mit dem Namen R. fiuitans bezeichneten Riceiellen, die Breite dieser Formen ist sehr verschieden. Ich glaube, daß die eben besprochene „breite Form“ gar nicht selten ist. Aber 1) Für die freundliche Hilfe bei der Beschaffung des Materials möchte ich auch hier Herrn Prof. Glück bestens danken, ebenso Herrn Stadtgärtner Grün aus Mannheim. 2) Ich möchte auch hier Ilerrn Dr. Familier bestens für das freundliche Eingehen auf meine Fragen danken. 3) Familler, J., Denkschrift der Bayr. Bot. Gesellschaft in Regensburg, Bd. XIV, neue Folge, VIIT. Bd., pag. 12, Regensburg 1920. Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riccia. 271 die Frage nach ihrer Zugehörigkeit muß ich offen lassen, da, wie gesagt, die Sporen fehlen. Die Poren dieser „breiten Form“ sind gut ausgebildet und mit Grenzzeilen versehen. Es ist möglich, die Ausbildung der Poren mehr oder weniger zu verhindern und dadurch eine Annäherung an die Wasserform hervorzurufen, wenn man die Pflanzen in abgeschwächtem Licht und wasserdampfgesättigtem Raum zieht, Bei den unter diesen Bedingungen gezogenen Pflanzen war die Stelle in der Kammerdecke; wo sich bei Normalkulturen der Porus befindet, bezeichnet durch eine Gruppe von zwei, drei oder auch mehr als drei kleineren Zellen, die sich aber durch nichts als durch ihre relative Kleinheit von den anderen unterschieden und zwischen denen keine Öffnung zu sehen war. Es kamen auch Kammern vor, wo man eine solche Zellgruppe nicht mit Sicherheit mehr nachweisen konnte. In anderen Kammern wieder war noch deutlich eine Grenzzelle abgeschnitten, die sich aber in nichts als in ihrer Form — auch nicht durch stärkere Lichtbrechung — von den übrigen Zellen unterschied. Die gewöhnlichen Ackerriceien sind, soweit mir bekannt, experi- mentell noch nicht näher untersucht. Als echte „Unkräuter“ sind sie außerordentlich widerstandsfähig. Die Thalli können unter ungünstigen Verhältnissen lange kümmerlich dahinvegetieren und sich doch, wenn sie wieder in gute Lebensbedingungen kommen, zu vollkommen kräftigen gesunden Pflanzen entwickeln. Die Austrocknungsfähigkeit der Ackerriccien, die ich aber nicht genauer untersuchte, ist, soweit ich beobachtete, eine sehr große, wie das zu erwarten ist. Auf der anderen Seite wieder kommen diese xerophilen Formen sehr gut in und auf dem Wasser fort. Thalli, die ich mehrere Wochen unter Wasser hielt, wuchsen da sehr gut und entwickelten außer- ordentlich reichlich Sporogone. Der Thallusbau selbst wurde nicht wesentlich verändert; in den Schuppen bildete sich Chlorophyll. Auf dem Wasser wächst R. glauca auch gut, nur muß sie, wie auch bei dem eben angeführten Versuch, anorganische Stoffe in gelöster Form zur Verfügung haben; ich brachte stets etwas Erde auf den Boden der Glasschale. Auch muß darauf geachtet werden, daß der Standort ein kühler ist; gegen starke Erwärmung sind die Pflanzen empfindlich. Im Dunkeln vermag R. glaucs sich einige Zeit zu halten, doch wächst sie kaum und zeigt keine der an den Marchantiaceen bekannten Etiolierungserscheinungen. 2372 E. v. Gaisberg, Zog ich R. glauca unter Wasser, so verzweigte sie sich abnorm, ebenso, wenn sie auf gutem Boden und abgeschwächtem Licht gezogen wird. Bei dem gegabelten Thallus ist dann stets einer der Gabeläste im Wachstum gehemmt, entweder abwechselnd der rechte oder linke oder stets derjenige auf der gleichen Seite. Die unregelmäßigen Ver- zweigungen scheinen durch einen Überschuß von anorganischen gegen- über den organischen Nährstoffen bewirkt zu werden, denn Sandboden und normale Beleuchtung haben zur Folge, daß die Thalli gedrungen und breit werden und sich regelmäßig verzweigen, während R. glauca, in Knopscher Nährlösung gezogen (statt 1000 cem Wasser nur 500 bzw. 800 cem) die abnorme Verzweigung auch zeigte. R. glauca hat die Fähigkeit zu perennieren, d. h. das hintere Thallusende verwittert, während der vordere Teil weiterwächst. Die Fähigkeit zur Bildung von Geschlechtsorganen scheint nahe mit den Bedingungen für die Möglichkeit des vegetativen Wachstums zusammen zu fallen. Man findet bei R. glauca jederzeit Gametangien. Dies ist aus biologischen Gründen wohl zu verstehen und besonders bemerkenswert gegenüber den oben erwähnten Verhältnissen bei R. natans und der „breiten Form“, bei denen so selten oder nie Gametangien angetroffen werden. Es liegen hier in einer und derselben Familie die Bedingungen für den Eintritt der Gametangienbildung offenbar sehr verschieden. Durch die massenhafte Sporenerzeugung ist bei den Ackerriceien für die Erhaltung der Art gut gesorgt. Die Sporen müssen eine Ruheperiode durchmachen. Daß die Keimung der Sporen nicht ohne weiteres erfolgt, gaben schon Hof- meister!) und Kny?) an und ebenso Fellner?) Letzterer erhielt schließlich Keimpflanzen, aber er hat keine Versuche über den Ein- tritt der Keimung angestellt. Die Literaturangaben zeigen, daß ähn- liche äußere Bedingungen einmal eine Sporenkeimung hervorrufen, ein andermal aber auch nicht. Dies geht auch aus meinen Versuchen hervor. In Schale I—XI (Tab. 1) wurden Sporen aus reifen Sporogonen ausgesät‘) und diese teils 9 Tage trocken gehalten und dann gegossen, teils von Anfang an feucht gehalten. Das Resultat war, daß Sporen aus beiderlei Versuchs- 1) Hofmeister, W.,Entfaltung und Fruchtbildung höherer Kryptogamen, 1851. 2) Kny,L., Über Bau und Entwicklung der Riccien. Jahrb. Wiss. Bot. 1867. 3 Fellner, F., Jabresbericht des akademischen naturwiss. Vereins in Graz, Anhang „Keimung der Sporen von R, glauca“, 1875. 4) Die Sporen wurden in geschlossenen Petrischalen auf Fließpapier ausgesät. Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riceia. 273 anordnungen zum Keimen kamen, und zwar, mit Ausnahme von Schale I, sehr spärlich. Die Zeit bis zum Eintritt der Keimung war annähernd überall dieselbe: 11—16 Tage. Es ist hier offenbar die innere Be- schaffenheit der Sporen, ihr Reifezustand, maßgebend für den Ein- tritt der Keimung. — Um zu prüfen, ob es vielleicht die ganz jungen Sporen sind, die man schneller zum Keimen bringen ‚kann, säte ich Sporen verschiedenen Reifegrades aus. Es sprechen im großen ganzen die Resultate dafür, daß es Sporen in nicht ausgereiftem Zustand sein müssen, die ohne Ruheperiode keimen können. Im günstigsten Stadium waren Sporen aus Schale f‘, in weiche Sporen von solchen Sporogonen gebracht wurden, die noch kaum durch den Thallus hindurchsehimmerten. Auffallend ist allerdings die reichliche Sporenkeimung in Schale I, weil hier die Sporen nicht absichtlich aus jungen Sporogonen stammten. Da aber auf dem Riceienthallus oft zwei Sporogone ganz dicht nebeneinander stehen, so ist es doch gut möglich, daß neben dem zum Versuch ver- wendeten reifen Sporogon ein dicht daneben stehendes unausgereiftes — vielleicht durch jenes in seiner Entwicklung verzögertes — mit aus- gesät wurde. Erwähnt sei noch, daß ich einmal durch Gefrierenlassen von Sporen, die sicherlich nicht besonders jung waren, in zwei gleichbe- handelten Schalen eine rasche, sehr reichliche und gleichmäßige Sporen- keimung bekam. Ich möchte das Ergebnis der Versuche dahin zu- sammenfassen, daß die ganz ausgereiften Sporen eine Ruheperiode durchmachen müssen, daß aber, wenn Sporen in bestimmten Ent- wicklungsstadien ausgesät werden, diese sehr bald, nach meinen Er- fabrungen innerhalb 11—-16 Tagen, keimen und daß es außerdem möglich ist, durch Gefrieren ein sehr schnelles Keimen wahrscheinlich auch der schon in der Ruheperiode befindlichen Sporen, hervorzurufen. Zum Schluß möchte ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Ge- heimrat von Goebel, auch hier meinen besonderen Dank aussprechen für das freundliche Interesse, das er der Arbeit, die auf seine An- regung hin gemacht wurde, stets entgegenbrachte. Die ausführliche Arbeit, die der vorliegenden Zusammenfassung zugrunde liegt, befindet sich mit Abbildungen im Botanischen Institut München und kann von da zur Einsicht bezogen werden. 2374 E. v. Gaisberg, Tabelle I zu den (Für die Schalen I—XI | Schale I Schale II Schale II Schale IV | Schale vi 1. VI. [Sporen von5—6| Sporen von |Sporen von etwa Sporen von etwalSporenvon Thalli ausgesät,etwa 5 bis Thalli ausgesät,/5 Thalli ausge-) 5 Thalli abends, kam am/6 Thalli aus-/trocken;bell gestelltisät; trocken; ausgesät; 2.VIL ineinn.Sigesät, Schalelin eine Temp. von 13°)hell gestellt. in| trocken; gelegenes Glas-genau behan- eine Temp. von| hell ge- haus. Sporen| delt wie 13° stellt in stets feucht| Schale I 'eineTemp. gehahlten !) | von 13° 10. VI.|Kam in ein nach|Wie Schale IMit Regenwasser!Wie Schale II] Wie N gelegenes | behandelt igegossen,ineinnach| behandelt Schale III Glashaus, * N gelegenes Glashaus, behandelt Durchschnitis- gestellt. Durch- temp. ca. 20° schnittstemp. ca. 20° 12. "kein Sporen- keimung, also nach 11 Tagen 14. VL 3 Sporen kei- men, also nach etwa 12 Tagen! 21. VIlEtwa 60 kei-|Keino weitere] Keine Keimung |Keine Keimung| Keine mende Sporen,|Keimung er- Keimung davon in einer| folgt Gruppe 30 kei- Imende Sporen, zwischen 24 un- * gekeimten 30. VI. Keine weitere] ‘Keine Keimung [Keine Keimung| Keine T Keimung Keimung 7. ViLjKeineneue Kei-] Keine neue | Keine Keimung Keine Keimung| Keine mung, es sind! Keimung Keimung immernoch sehr, viel ungekeimte) Sporen da ! 12.VIlJKeine weitere Keine neue | Keine Keimung 1 Spore keimte,] Keine Keimung Keimung muß aber schon| Keimung länger keimen! ! und bei einer! der letzten Be- i obachtungen i übersehen i worden sein! 23.VIl.[Könnte keine] Keine neue |1 Spore keimte, mußKeine_ weitere) Keine Neukeimung | Keimung laber schon länger! Keimung |!Keimung feststellen keimen und bei einer, der letzten Beob- lachtungen übersehen! worden sein 1) Die Sporen waren nur einmal unbeabsichtigterweise 1'/, Stunde trocken, Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riccia. 275 Keimungsversuchen. wurden reife Sporogone verwendet.) Schale VI Schale VII Sporen von 5! Sporenvon Schale VIII SchaleIX Schale X Schale XI Sporen von 8 ThallilSporenvon! Sporen von |Sporenvon Thalli ausge-, 5 Thalli jausgesät; trocken;| 8 Thalli |8 Thalli von R.| 8 Thalli sät; trocken;| ausgesät; |dunkel gestellt in) ausgesät; |glauca aungesät;| ausgesät; hell gestellt in) trocken; |Temp. von 13°, Hier! trocken; trocken; dunkel! trocken; eine Temp.| dunkel scheint zwischen R.| dunkel gestellt in Temp.| dunkel von 13° |gestellt, in/glauca auch R. soro-|gestellt in von 13° [gestellt in Temp. von carpa hineingekom-|Temp. von Temp. von 13° men zu sein) 13° |__13° Wie Wie [Wie Schale III be- Wie I Wie Schale HT| Wie Schale III |Schale III handelt Schale II} behandelt Schale HIT behandelt |! behandelt behandelt ; | behandelt 1 Spore keimt| Keine |inI Gruppe vonetwal Keine it öporen keimen! Keine in 1 Gruppe| Keimung |48 Sporen aus 1 Thal-| Keimung in I Gruppe von; Keimung von 50-60 lus keimt 1 Spore, in etwa 70 Sporen! Sporen, also leineranderen Gruppe aus demselben nach 11 Tagen Ikeimen 3 Sporen, also Thallus Feucht- im ganzen 4 Sporen \ haltung nach 11 Tagen Feuchthaltung ! Keine weitere Keine | Keine weitere | Keine |inderGruppemit| Keine Keimung | Keimung | Keimung | Keimung |4 keimenden Spo-| Keimung \ren noch 3 Neu- keimungen, in j leiner anderen 2 Keine weitere] Keine Keine weitere Keine | Keine weitere |_ Keine Keimung | Keimung Keimung Keimung Keimung Keimung | Keine neue | Keine Keine weitere Keine | Keine weitere | Keine Keimung | Keimung Keimung Keimung Keimung Keimung | | Keine neue Keine Keine neue Keimung|j Keine |1 keimende Spore Keine Keimung | Keimung Keimung |kam noch dazu| Keimung ich glaube aber nicht, daß dies irgendeinen Einfluß auf das Resultat hatte. Tabelle 2 zu den Keimungsversuchen. Schale & Schale b Schale 6 und €’ Schule Fand f' Schale d Sporen am|Sporen am) 18. VI. | 1. VI. 1920. |21..|Sporen aus Sporgenen v.R. glauca, |Sporen aus Sporogonen, die zum|Ganz reife, frei zu- 10. I.-aus-|14. I. aus-| 1919. |Sporen von R. die noch nicht ganz frei zutage Teilnoch kanm durch den Thallus!tage liegende Spor. v. gesät. Vom| gesät. Sporen |glauca ausge- tagen, mit Regenwasser gegossen, hindurchschimmerten, m. Regen- Exempl. v.R.glauca .s 10.22. 1Vom 14. 1| ausgesät. |kät (von 9—10) in ein nach Norden gelegenes Glas-|wasser gegossen, in ein nach Nor-lausgesät, m. Regen- 3 trocken, | bis 3. II. |Schale um| Exemplaren). [haus in Durchschnittstemp. von 20°\den gelegenes Glashaus in Durch-|wasser gegossen und # dunkel, in| trocken, | °/,1 Uhr |Schale um '/, gestellt, Ischnittstemperatur von ca. 20° ge-I(wie Schale e, e' fu. vo Temp. 13°\dunkel, inloffenindie| nach 9 Uhr Schale e | Schale er | stellt (wie Schale e und e') |) in ein n. Norden 3 22.1. ge- |Temp. 13°Sonne ge-| offen in die Schale f Schale f' gelegen. Glashaus in = gossen, |3.Il.ge- | stellt. |Sonnegestellt. Sporen von etwa 9 Sporen von 5} Durchschnittstemp. © hell ge- | gossen, |Temperat.\Temp. 25-27°. Een laren ae es Exemplaren | Sporen von R. Sporen v. R.glauca v.| von ca. 20° gestellt. < stellt in | hell ge- [etwa 27°.) 11. vI. P 5‘ ausgesät a 5 Exempl. ausgesät & Durch stellt in ‚9. VL |, nach 9 Uhr) Keine Keimung |Keine Keim.|Keine Keim. | Keine Keimung Keine Keimung ® temp. v on s chnitts- /,11 Uhr) mit Regen- |7,W. (in einer Gruppe kei-|Es keimen ca.| 3 keimende |DieSporen auseinem| Keine Keimung I) 979 P lach temp. von mitRegen| wasser men ca. 12 Sporen,|t2 Sporen aus| Sporen, ver- (der 5 Thalli keimen! 6} etwa 70 Dach wasser ge-Igegossen, war davon waren 6 be-Idem einen der| einzelt lieg. |fastalle,essinddaetwa] > 10 Tagen| etwa Igossen,war| also 24 Std. stimmt aus 1 Sporo-'5 Thalli, 3 aus Also Keimung40 keimende Sporen, = koimion 12 Tagen also fast 24| trocken; on; zwischen ihnenleinem andern./ron 3 Sporenldie noch ganz hell- 3 einige | keimten Stunden Schale jetwa 14 ungekeimtelAlso Keimunglnach 16 Tagenlbraunsind.Voneinem © Sporen | einige [eroeken. gesch ossen. Sporen. Außer deniron 15 Sporen) anderen der 5 Sporo- 6} (gesehen | Sporen m19 vn am dann am 12 keimenden Sporen nach 16 Tagen gone keimen 11 Spo- 5 am 3. IL,| (gesehen am 19. VI. u VLin eine in 1 Gruppe keimte Iren, auch hier sind.die] D) wo die ’ m 18. IL, rem en te 20° noch eine vereinzelte [Sper. noch hellbraun. $ Keim- | wodie oe aan hechnittl. daliegende Spore. [Also Keimung von ca. = schläuche| Keim- [aurchschn. Schale 1 ri Shorenn, 16 Tagen] P an “ = ion ei 'hläuch: ] = . n a aaa Togo Val Tage) Schale ge- geschlossen. I,W| 34 neugekeimte 50 neugek.|ineugekeimtelZu d. 11 Sporen des) Keine Keimung 8 alt warenalt waren) [Nach etwa BL u PR) Sporen Sporen Spore am 1; YII. zuletzt an- 3 13.11 | 18.101. |9 Tagen | 7. vita 8 geführt. Gruppe kom 3 Keine | Keine | keimten Io. yııls 3 oki och ca. =D Neu- 5 : ; Part - gekeimte; in d. ganz. weitere | weitere | einige jag, yıL I = Schale keimen von 2) ® Keimung | Keimung | Sporen han n 3 (gesehen alli zusammen also) a) kam 30. VL. ica. 80 Sporen. Dazu wodie noch 7 vereinzelt lie- © Kein- gende Sporen SS schläuche och ein paar Sporen] Konnte keinelEtwa 1] neu-] Konnte keine Neu- 3 Tage jneugekeimt, aber der! Neukeimung ggkeimte keimung feststellen. grö 'eil d. Sporen] fos: en oren [alt waren) Ungekeimt, ? Beiträge zur Kenntnis der Lebermoosgattung Riccia. 277 Literaturverzeichnis. Bischoff, &. W., Bemerkungen über die Lebermoose, vorzüglich aus der Gruppe der Marchantiaceen und Riceiaceen. 1835. Braun, A., Bemerkungen über einige Lebermoose, Flora 1821. Campbell, D. H,, Mosses and Ferns, 1895. Evans, A. W., Notes in New England Hepaticae Rhodora, Journal of the New England Botanical Club, Vol. XIX (1917). Familler, J, Denkschrift der Bayr. Bot. Gesellschaft in Regensburg, Bd. XIV, Neue Folge, Bd. VIII. Regensburg 1920, Fellner, Jahresbericht des Akademischen naturwissenschaftlichen Vereins in Graz, Anhang: Keimung der Sporen von R. glauca. 1875. Gams, H,, Prinzipienfragen der Vegetationsforschung. 1918. Garber, J. F., Thelife-history of Riceiocarpus natans. Botanical Gazette XXX VII. 1914. Gasares-Gilet, Flora Iberica, Briöfisas (Primera Parte) Hepaticas. 1919. Goebei, K., Organographie, 1. Auflage. Derselbe, Organographie II, 2. 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Auf die schon früheren Forschern bekannte Tatsache, daß die beiden neuen Glieder, die aus einem Lemnaceenglied hervorgehen, unter- einander ungleich sind, derart, daß man ein gefördertes (-1---) Glied und ein gemindertes (— --) Glied unterscheiden kann, wurde in des Verf.s „Morphologie des Asymmetrischen !)“ aufs Neue hingewiesen. Diese Erscheinung äußert sich in verschiedenen Graden. Sie kann z. B. bei Spirodela polyrrhiza (Fig. 1) soweit gehen, daß jeweils nur die -H Glieder zur Weiterentwicklung gelangen und so schraubelartige Verzweigungs- systeme entstehen. An demselben Orte (pag. 186, Anın. 2) wurde auch die Vermutung ausgesprochen, daß die beiden Glieder (+ und —) gegenüber äußeren Einwirkungen verschieden sich verhalten könnten. Die weitere Untersuchung hat gezeigt, daß dies in der Tat der Fall ist. Dies zeigt namentlich Lemna trisulea. Sie lebt gewöhnlich (im nichtblühenden Zustande) untergetaucht. Unter günstigen Wachstums- 1) Goebel, Die Entfaltungsbewegungen der Pflanzen (1920), V. Abschnitt, rag. 186ff. Zur Organographie der Lemnaceen. 279 bedingungen tritt ein Unterschied zwischen -- und — Gliedern so gut wie nicht hervor. Vielmehr treten, da beide fast gleichartig ausgebildet sind und jedes Glied zwei neue Seitenglieder hervorbringt, wie Fig. 2 zeigt, „dichasial“ verzweigte Gliederverbände auf. Aber man kann auch schraubelig verzweigte (Fig. 3) im Freien finden. Das gab Veranlassung zu der Frage, ob man diese Wuchsform künstlich hervorrufen könne. Das ist, wie das Folgende zeigen wird, leicht zu erreichen. , Zunächst sei zur Verhütung von Mißverständnissen hervorgehoben, daß es sich bei diesen Schraubelverbänden nicht etwa um Pflanzen Fig. 1, Spirodela polyrrhiza. C. Pflanze mit vier Gliedern von oben, schwach vergr. I—IV. die auseinander (wie in Schema D. angedeutet ist) schraubelartig hervorsprossenden Glieder. Eigentlich bringt jedes Glied zwei neue hervor. Das Minusglied (eines ist in C. bei Ils sichtbar) bleibt aber frühzeitig in der Entwick- lung stehen. (Aus Goebel, Die Entfaltungsbewegungen.) handelt, welehe geblüht haben. Auch an diesen können solche Ver- bände deshalb entstehen, weil die Infloreszenz an Stelle des Minus- gliedes auftritt, während das Plusglied vegetativ bleibt. Um derartige Pflanzen handelte es sich bei den anzuführenden Versuchen nieht. Die Minusglieder waren nicht durch Blütenbildung ersetzt, sondern in ihrer Entwicklung gehemmt und als „Anlagen“ leicht nachzuweisen, obwohl sie äußerlich, d. h. aus der „Tasche“, in welcher sie verborgen sind, nicht hervortraten. Man kann sie aber, wie gezeigt werden soll, zur Weiterentwicklung veranlassen. 280 K. Goebel, Zunächst wurde versucht, ob die „Dichasien“ sich in die Schraubel- form überführen lassen. Es wurden 20 Pflanzen mit gut entwickelten „Dichasien“ in Schalen, die unten Erde, oben Wasser enthielten, bei geminderter Be- Fig. 2, Lemna trisulea. Habitusbild einer „dichasial“ verzweigten Pflanze, vier- fach vergr., von oben. Jedes Glied bringt zwei, nicht auffällig voneinander unter- schiedene Seitenglieder hervor. (Aus Goebel, Organographie, 2. Aufl.) leuchtung (im Hintergrund eines Zimmers) kultiviert. Die Ende Sep- tember eingesetzten Pflanzen wurden Ende Dezember geprüft. Alle Fig. 3. Lemna trisulea. „Schraubel“ von einem schwach beleucheten Standort. (Schwächer vergr. ala Fig. 2.) 20 hatten statt der Dichasien Schraubeln gebildet, manche außer- ordentlich schön. Es fanden sich auch Übergangs- bildungen von Dichasien zu Schraubeln. D.h. es hatten sich an einem Gliede zu- nächst zwei neue Glieder entwickelt. Aber nur eines davon hatte einen „Stiel“ und weitere seitliche Glieder ausgebildet, das andere war zwar über die Tasche erheblich hinausgewachsen, aber dann stecken ge- blieben. Auch blieb manchmal eines der beiden Dichasialglieder, statt eine Schraubel zu bilden, ganz zurück. Die Asymmetrie trat also besonders auffallend auch dadurch hervor, daß mur ein Gliedsystem sich zur Schraubel weiter entwickelte. Zur Organographie der Lemnaceen. 281 In zwei Fällen trat ein „Umschlag“ ein, der zeigt, daß -+ und — Glied nicht immer unabänderlich festgelegt sind. D. h, es ent- wickelte sich ein Glied, das man seiner Stellung nach für ein Minus- glied halten mußte, zum + Gliede. Von 20 zu gleicher Zeit und unter gleichen Bedingungen (in einer Schale unmittelbar daneben) ge- zogenen Schaubelpflanzen waren 16 übrig geblieben. Keine war dichasial geworden, obwohl sie gut weiterwuchsen. Es waren Schraubeln mit 10 Gliedern darunter. Nur an 4 davon waren einzelne der gehemmten Glieder ausgewachsen, ohne sich aber weiter zu ver- zweigen. Es kann das nicht wundernehmen. Denn auch die + Glieder können zeitweilige Hemmungen erfahren, die dann die Entwicklung des gegenüberliegenden — Gliedes bedingen. Auch der umgekehrte Versuch gelang mit gleicher Sicherheit. Es handelte sich darum, aus Schraubelpflanzen bei sonst gleichen Ver- hältnissen Dichasialpflanzen zu machen. Schon nach kurzer Zeit (10 Tage), nachdem die Schraubelpflanzen in bessere Beleuchtung gebracht worden waren, trat bei den neugebildeten Gliedern wieder die normale Wuchsform ein, d. h. also, das — Glied entwickelte sich ebenfalls. Ja, es kamen sogar einzelne der vorher gehemmten Minusglieder der Schraubelpflanze nachträglich noch zur Entwicklung. Sie waren ge- hemmt durch die Entwicklung der --Glieder. Die Hemmung tritt aber nur bei verhältnismäßig ungünstigen äußeren Bedingungen ein; bei günstigen tritt die Korrelation nicht hervor. Das Vorhandensein einer Korrelation zwischen den zwei Gliedern bei Lemna trisulea geht auch aus folgendem Versuch hervor. Am 20.Sept. wurde bei neun rein schraubelig verzweigten Pflanzen, die einem Standort im Freien entnommen worden waren, das jüngste Glied entfernt. Am 16. Okt. hatten alle das dem entfernten entgegen- gesetzte Glied entwickelt, das normal gehemmt geblieben wäre. Die Pflanzen wurden bei schwachem Licht kultiviert, um eine durch äußere Faktoren (hier das Licht), nicht durch Korrelation bedingte Förderung des gehemmten Gliedes zu vermeiden. Man könnte, da die aus dem Freien geholten Pflanzen unter anderen als ihren bisherigen Bedingungen weiter wuchsen, annehmen, daß trotzdem eine solche direkte Beein- tlassung stattgefunden habe. Aber von 15 Kontrollexemplaren (deren letztes Glied nicht entfernt worden war) hatten 14 ihre Schraubelform behalten, nur bei einem war eine zweiseitige Verzweigung eingetreten. Das war auch bei dem neuen Gliede einer der operierten Pflanzen erfolgt, vielleicht deshalb, weil die Lichtintensität noch zu stark war, um die korrelative Hemmung des einen Gliedes in die Erscheinung treten zu 282 K. Goebel, lassen. Daß eine solche vorhanden ist, scheint mir aus dem Mitgeteilten mit Sicherheit hervorzugehen. Die Schraubelbildung tritt also deshalb ein, weil unter ungünstigen Ernährungsbedingungen nur das + Glied zur Entwicklung gelangt und dabei zugleich korrelativ die Entwicklung des Minusgliedes hemmt. Diese Vorgänge können uns auch einen Anhaltspunkt geben zur Analyse der Entstehung der Wickel- und Sehraubelbildung in den Blüten- ständen, die man bis jetzt nur rein formal aus der Dichasienbildung abgeleitet hat. Darüber wird anderwärts zu berichten sein. Diese Lemnacee stelit eines der am leichtesten feststellbaren Bei- spiele für die Beeinflußbarkeit der Gestaltung dar. Es kommt dabei in Betracht: 1. die durch innere Organisation gegebene, aber wie wir sehen, nicht durchaus festgelegte Verschiedenheit zwischen +4 und — Glied. 2. Die verschiedene Reaktionsfähigkeit beider auf Ernährungs- einflüsse. Denn daß es sich hierbei in erster Linie um eine verschiedene Versorgung der beiden Glieder mit Assimilaten handelt ist mir nicht zweifelhaft, obwohl das nicht unmittelbar erwiesen wurde!) Man wird wahrscheinlich dieselbe Wirkung auch durch anderweitige Beeinflussung der Ernährung erzielen können. 3. Die Korrelation zwischen + und — Glied. Diese tritt aber nur dann auffallend hervor, wenn die Belichtung eine geringe ist. In diesem Fall erfährt auch der anatomische Bau eine Ver- einfachung, die wegen des Vergleiches mit den unten zu besprechenden Woltfiellen erwähnt sein mag. An einem „normal“ gebauten Glied von Lemna trisulca nimmt ein interzellularraumreiches Gewebe den Hauptteil des Gliedes ein. Es ist nur am Rande umgeben von einem wegen des Fehlens von größeren Lufträumen heller erscheinenden, aus 3—4 Zellschichten bestehenden. In den bei schwacher Beleuchtung gewachsenen Gliedern dagegen ist das aus mehr Zellschichten bestehende Interzellularraumgewebe sehr verringert. Das einfacher gebaute nimmt mehr Raum ein. 1) Man kann natürlich auch annehmen, daß es sich um eine unmittelbare Beeinflussung des Wachstums durch das Licht handle. Indes würde dadurch die Korrelation zwischen -+ und — Glied nicht verständlich. Ob es sich dabei um die Menge der durch Lichtwirkung entstehenden Baumaterialien oder um besondere organische „growth-promoting substances“ (auximones) handelt, wie sie Bottomley annimmt, ist eine andere Frage (vgl. W. J. Bottomley, Some effects of growth- promoting substances (auximones) on the growth of Lemna minor. Proc. of the royal Soc., March 8, 1917. Zur Organographie der Lemnaceen. "283 Was für Lemna trisulea nachgewiesen wurde, gilt wahrscheinlich auch für andere Lennaceen, wenn sie vielleicht auch nicht alle gleich leicht beeinflußbar sind. . Es ist ganz gut möglich, daß z. B. bei Formen von Spirodela polyr- rhiza, wie die in Fig. 1 abgebildete, das -HGlied von vornherein, d.h. also auch bei günstigen Ernährungsbedingungen gegenüber dem — Glied so gefördert ist, daß dieses auch bei den günstigsten Ernährungs- bedingungen nicht mehr sich entwickeln kann. Es fragt sich nur, ob nicht dureh Entfernung des + Gliedes das schon frühzeitig gehenmte — Glied noch zur Entwicklung gebracht werden kann. Il. Wolffiella. So merkwürdig auch alle Lemnaceen sind — als die sonderbarsten dieser sonderbaren Pfianzenformen müssen doch die Wolffiellen be- zeichnet werden. Ihr Namen rührt von ITegelmaier!) her, welchem wir auch die Kenntnis ihrer Formbildung verdanken. Diese Kenntnis war aber bisher eine unvollständige. Einerseits bezeichnet Hegelmaier selbst?) die Wolffiellen als „noch etwas rätselhafte Gewächse“, andererseits war mir seine, unten anzuführende Äußerung über die Beziehungen der Wolffiellen zu Wolffia und den übrigen Lemnaceen so wenig verständlich, daß ich sehon lange den Wunsch hatte, Wolffiellen selbst entwieklungsgeschicht- lich untersuchen zu können. Herbarmaterial eignet sich bei der Zart- heit der Pflanzen wenig dazu. Durch die Freundlichkeit des Herrn Prof. Reiche in Mexiko erhielt ich in Alkohol gelegte Süßwasser- planktonpflanzen von einem Tümpel in der Nähe der Stadt Mexiko. Außer Riceia natans und „Uuitans“ (beide steril, letztere deshalb nur als zur fluitans-Gruppe gehörig erkennbar) fanden sich darunter Lemna valdiviana, Wolffia columbiana, und — spärlicher als die anderen — Wolffiella lingulata und W. gladiata. Die Wolffiellen fallen schon durch ihren für eine Samenpflanze sehr einfachen anatomischen Bau auf. Dieser geht über den eines Farnprothalliums oder eines thallosen Lebermooses wenig hinaus. Der schmale, flache Vegetationskörper besitzt weder Spaltöffnungen, noch Leitbündel noch Wurzeln. Nach Hegelmaier sollen gelegent- lich in der Nähe der Seitenränder 1--2 Spaltöffnungen auftreten, Mir sind solehe nicht vorgekommen. Daß ihr Fehlen auf Rückbildung beruht, braucht kaum besonders betont zu werden. Als letzten. Rest 1} P. Hegelmaier, Die Lemnaceen. Leipzig 1868. 2) a. a. 0. pag. 131. Flora, Bd. 114. 984 K. Goebel, eines Leitbündels könnte man allenfalls die gestreckten Zellen am „Stiel* der Wolffiella-Glieder betrachten. — Sie sind nur wenige Zellschichten dick (vgl. Fig. 4) und hängen als dünne, sonderbare Gebilde zwischen den anderen erwähnten Planktonpflanzen. Den anderen Lemnaceen, mit denen sie zusammenwachsen, gegenüber machen sie den Eindruck von „armen Verwandten“, die sich mit einem untergeordneten Platze begnügen, der den auf dem Wasserspiegel schwimmenden Formen kaum gut genug wäre. Namentlich werden sie diesen gegenüber nur ver- hältnismäßig spärlich Lieht erhalten. Sie bilden gewissermaßen einen „Unterwuchs“ unter und zwischen den anderen. Obwohl man ohne Beobachtung lebender Pflanzen kein sicheres Urteil fällen kann, möchte ich doch die Wolffiellen als Schattenpflanzen betrachten, die den Fig. 4. Wolffiella lingulata. Oben Längssehnitt durch die Grube eines Gliedes (125 mal vergr.) mit zwei neuen Gliedern, die ihrerseits auch je ein nenes angelegt haben. Unten Querschnitt durch ein ausgewachsenes Glied (nahe dessen Spitze) (190 mal vergr.). II Ss Stielteil des zweiten Gliedes; III, drittes Glied; IV Bei- glied vom IN, III, Beiglied zu III; / Interzellularräume. (Zeichnung von Dr. K. Süssenguth.) anderen, namentlich den oberflächlich schwimmenden Lemnaceen gegen- über auf geringere Lichtintensität gestimmt sind. Sie können diese aber gut ausnützen, da sie sehr dünn und flach sind. Bei W. lingulata weisen die Glieder im Jugendzustand drei Zell- schichten auf; eine mittlere (die sich im unteren Teile jedes Gliedes noch durch perikline Wände spalten kann) und eine diese umgebende Hautschicht. Dieser untere Teil enthält verhältnismäßig große Inter- zellularräume, wenn sie auch gegenüber denen anderer Lemnaceen sehr an Ausdehnung zurücktreten. Im oberen Teil des Gliedes fehlt die Mittelschicht — es sind also nur zwei Zellagen vorhanden. Der Bau ist so ein noch einfacherer als der von Lemna trisulca, die im nicht- blühenden Zustand bekanntlich gleichfalls untergetaucht lebt. Sie Zur Organographie der Lemnaceen. 285 besitzt noch die Mittelschicht, die beiderseits von einer Oberhaut be- deckt ist. Auf die übrigen anatomischen Verhältnisse (z. B. die Sekretzellen, den Mangel an Kalziumoxalat u. a.) soll hier nicht weiter eingegangen werden. . Manche Wolffiellen sind kaum breiter als der Durchmesser einer Lemnaceenwurzel. Sie können sich also leicht an andere schwimmende Wasserpflanzen anhängen. Sie leben untergetaucht — ob sie aber zur Blütezeit, wie Wolffia Welwitschii, größere Interzellularräume und Spalt- öffnungen entwickeln und den Wasserspiegel erreichen, wissen wir nicht, denn die Blüten sind bis jetzt nicht be- kannt, auch ich habe leider keine gefunden. Der Habitus der Wolffiellen wird aus den Abbildungen Fig. 5 hervorgehen. Bei oberflächlicher Betrachtung scheint er von dem von Wolffia nicht allzusehr abzu- weichen. An Wolffia erinnert ja nicht nur Fig. 5. I. Wolffiella lingulata Hegelm. Bei der- d . selben schwachen Vergrößerung gezeichnet wie W. er einfache anato- giadiata (IT). 5? Stiel. IA, Schema für das Wachs- mische Bau sowie der tum von Wolffiella. IV. Auffallend großes Exemplar M > von W. gladiata, bei welchem viele Glieder mitein- angelan Kristallzellen, ander im Znsammenhang geblieben sind. Schwächer sondern auch dieWurzel- vergrößert als I und II. losigkeit. Aber die Symmetrieverhältnisse sind bei Wolffiella anders als bei Wolffia. Das mag zunächst mit Hegelmaiers Worten wiedergegeben sein!). „Vor allem liegt, wenn der Sproß auf einer seiner flachen Seiten liegt, die Stelle seiner ehemaligen Anheftung?) am Muttersproß nicht, wie zu erwarten wäre, an dem hinteren Ende der einen breiten Wand der Tasche .. , sondern an dem hinteren Ende des einen Seitenrandes 1) Hegelmaier, Die Lemnaceen, pag. 42. 2) St. Fig. 5. (G). gr 1 286 K. Goebel, derselben !); jugendliche Sprosse sämtlicher Arten sind hier in ein zartes, aus einer ganzen Anzahl sehr gestreckter Zellen bestehendes Sproß- stielchen ausgezogen, welches später verloren geht?).... Der ganze Sproß erscheint daher nicht durch einen seine flachen Seiten halbierenden?), sondern durch einen den Flächen parallelen Schnitt in zwei gleiche Hälften teilbar, also gleichsam in horizontaler Richtung symmetrisch. Dies alles würde auch mit gewöhnlichen morphologischen Verhältnissen einer Wolffia, wofern man sie sich etwa auf die Seite umgelegt und von den Seiten her plattgedrückt denken würde, vereinbar sein. ... Die Analogie mit dieser Gattung würde daher, wie leicht ersichtlich ist, verlangen, daß die Lage der Anheftungsstelle und des Fibralstranges in zwei einander entstammenden Sprossen, wenn man sie in gleiche Lage gebracht denkt, eine entgegengesetzte, z. B. bei einem Tochter- sproß, dessen Muttersproß jene Teile rechts liegen hätte, links wäre. Aber das Gegenteil findet statt; die zwei einander entstammenden Sprosse sind in der angeführten Beziehung einander kongruent, die einander entstammenden sind, ohne Vertauschung der Flächen gleich- gestaltet“... Es ist mir, trotz des „leicht ersichtlich“, nicht ge- lungen, zu verstehen, wie diese Ausführung gemeint ist. In der schematischen Abbildung Fig. 5, III habe ich die Symmetrie- verhältnisse — wie sie im fertigen Zustand aussehen -—- wiedergegeben. Man sieht, daB der „Stiel“ immer auf derselben Seite des jeweiligen Gliedes Hegt‘). In der angeführten Abbildung auf der linken. Das dritte Glied ist also immer dem „Stiel“ des ersten zugewendet. Vielleicht meinte dies Hegelmaier, wenn er sagt, die „Sprosse“ seien einander „kongruent“. Das angegebene Verhalten ist nach unserer Auffassung von Wolffiella das selbstverständliche. — Es soll nachgewiesen werden, daß die neuen Glieder immer in derselben Weise auf der dem alten Gliede abgekehrten Außenseite entspringen, wie bei Spirodela oder bei blühenden Pflanzen von Lemna trisulea u. a. Diese Auffassung weicht aber durchaus ab von der des verdienten Lemnaceen-Monographen. In seiner letzten 1) Vgl. unser Schema Fig. 5, III. (G). 2) Bei W. gladiata fand ich es meist erhalten, vgl. Fig. 5, If, (G.) 3) Vgl. das Schema Fig. 7. Die Abbildungen in Engler-Prantl, Nat. Pflanzen- familien, sind Kopien nach lHegelmaier, bei denen aber gerade das für Wolffiella Wichtigste nicht sichtbar ist. 4) Selbstverständlich muß der Beschauer die einzelnen Glieder stets in der- selben Lage betrachten, die Spitze jedes Tochtergliedes ist ja der des Muttergliedes abgekehrt. Zur Organographie der Lemnaceen. 287 Äußerung über Lemnaceen!) sagt Hegelmaier von dem „dorsoventralen Sproßcharakter“: „erst bei ler seltsamen, noch immer eine kleine Gruppe von Rätseln in sich schließenden Gruppe der Wolffiellen erfährt er eine allerdings ganz auffallende Wandlung: man müßte, um den Sproß einer solchen Pflanze von dem der Wolffien nach Formgestaltung und Lagerung abzu- leiten, "den letzteren auf die eine Seite umgelegt und von seinen beiden Seiten her plattgedrücktund von diesen Seiten (lie eine zur Rücken-, die andere zur Bauch- fläche geworden den- ken, gleichzeitig aber die Orientierung der Tochtersprosse zu ihrem relativen Muttersproß in der Weise- verkehrt, wie es eben aus den früheren ..... Dar- stellungen sich er- gibt“. Auf pag. 303 führt er Wolffiella als zweifelhafte Gat- tung an und meint, daß hier die Rücken- Fig. 6. 1-5 Walffin arrhiza (nach, Hegolmaier) Man M sieht, daß neue Glieder aus der Obersei ‚her- und Bauchfläche der vorsprossen, sie werden dann in eine Tasche einge- Woiffiensprosse " schlossen. 12 Durchschnitt durch eine blühende Pflanze. rleich zur Seiten- 17 Blühendes Glied von Lemna minor nach Galdwell. greichsam zur Seiten (Rechts eine Infloreszenz aus lotsy, Vorträge, IM, kante geworden sei, pag. 538.) doch mit dem Unter- on . j schied, daß die Tochtersprosse bezüglich der Orientierung ihrer Seiten- ränder zum Muttersproß gegenüber der bei den Wolffien ebenfalls ver- 1) Fr. Hegelmaier, Systematische Übersicht der Lemnaceen. Englers Jahrb., XXI, 3 (1895), pag. 271. 238 K. Goebel, kehrt sei. „Die Sprosse daher, was ihre Basalteile betrifft, in ihrer dorsiventralen Lage unsymmetrisch, die Symmetrieebene — wenn man den Vergleich mit den Wolffien festhält — den Flächen des Sprosses parallel verlaufend.“ Ich habe in der schematischen Fig. 7, —5, Hegelmaiers Ansicht darzustellen versucht. Wir würden demnach den eigentümlichen Fall vor uns haben, daß die Wolffiellen sich um 90° gedreht und dann abgeflacht hätten. Die beiden Flächen würden dann je einem Stück Ober- und einem Stück Unterseite eines gewöhn- lichen Lemnaceengliedes entsprechen — eine Vorstellung, fast” ebenso verwickelt (und, wie hinzu- gefügt werden darf, ebenso unhaltbar)alsdieKonstruktion, mit der Hegelmaier die Lemnaceenmorphologie auf den gewöhnlichenSproßaufbau der Samenpflanzen zurück- zuführen suchte. Im wesent- 2 lichen auf dasselbe würde es 2 hinauskommen, wenn man sagen würde, daß die 1. Wolffiellen unifazial ent- Fig. 7. ı—3 Schema zur Erläuterung der Vor- wickelt seien (Fig. 7, 4), etwa stellung Hegelmaiers über den Zusammen- " x Fi hang von Wolffia mit Wolffiella z Quer- wie ein Irisblatt. Das würde schnitt durch ein Glied einer gewöhnlichen vielleicht annehmbar sein, Wolffin. Die Oberseite ist schraffiert, auf B ; rar dieser entsteht median ein neues Glied 2. "enn sie etwa mit einer Kante zugegen} um 90% gedreht und in 3 Stark nach oben, also in Profil- abgeflacht — würde Wolffia ergeben. 2 Wolffi- . r . ella als unifaziale Wolffia. part die Ableitung stellung, im Wasser schwim- des Verf, in Oheransicht, 5 Lemnaceentypus, men würden. Das tun sie 5 nacl erschwinden des einen Gliedes. 7 i und 8 Wolffiella. 9 Einseitig verzweigte Pflanze aber, soweit man aus dem von Lemna valdiviana, schwach vergrößert. Verhalten des konservierten Materialsschließen kann, nicht. Vielmehr liegen sie flach (wie die übrigen Lemnaceen) im Wasser. Außerdem stimmt damit die einseitige Lage des Stieles nicht. Tat- sächlich ist nun die Lösung des Wolffiellen-Rätsels eine meiner Ansicht nach verhältnismäßig einfache. Man braucht keine Umlegung und auch keinen Wechsel der „Symmetrieebene“. Die Gestaltung läßt sich ver- stehen, wenn man die Symmetrieverhältnisse der ganzen Gruppe berücksichtigt. Ausgegangen sei von Lemna. Wie oben betont, sind die Lemnaceen, aber mit Ausnahme von Wolffia arhiza (Fig. 6, — 5, 2) und den mit ihr über- Zur Organographie der Lemnaceen. 289 einstimmenden Arten asymmetrisch, sie haben eine Plusseite und eine Minusseite, die bald stärker, bald schwächer voneinander verschieden sind. Auf jedem Lemnaglied entspringen auf der Oberseite zwei neue (Fig. 7, 5), die aber oft verschieden stark entwickelt sind, manchmal so, daß nur eins dauernd zur Ausbildung gelangt (Fig. 7, 6). Der Stiel des Muttergliedes ist bei geringer Asymmetrie annähernd median (Fig. 7, 5). Bei stärkerer kann er auf die der neuen Sprossung abgekehrte Seite rücken. So ist es z. B. bei dem’ in Fig. 7, 9 abgebildeten Fall von Lemna valdiviana, wo ausnahmsweise das zweite Glied ganz verkümmert war." Denken wir uns den Stiel sz auch etwas mehr nach einer Seite gerückt (Fig. 7, 7, 8), so haben wir im wesentlichen die Gestaltung von Wolffiella erreicht. Wir hätten auch von Wolffia ausgehen können, bei der nur ein Glied in medianer Stellung angelegt wird. Wolffiella unter- scheidet sich dadurch, daß das neue Glied auf der Oberseite Frei- nicht median, sondern nahe einer Seitenkante entsteht. Daß das wirklich so ist, ergab die entwicklungsgeschichtliche Unter- suchung. Diese zeigte an frei- präparierten aufgehellten Gliedern (Fig. 8), daß auch.bei Wolffiella das neue Glied (x Fig. 8) auf der oberen Fläche des alten entsteht, nur stark exzentrisch. Dementsprechend macht seine Längsachse mit der des alten Gliedes zunächst einen spitzen Winkel, Fig. 8, Wolffiella lingulata. präpariertes junges Glied (stark vergr.) . Ro oberer, Ru unterer Rand der Tasche. In dieser Glied 2 und die Beiglieder 3 und C von ı; za Beiglied von Glied 2. Mit x die jüngsten Glieder bezeichnet, Man sieht deutlich, daß diese einseitig auf der Oberseite ihrer Mutterglieder ent- stehen. Die spätere Spitze von 2 liegt etwa der Zahl Zwei (nach unten) gegenüber, nicht etwa wie bei 3 nach oben, das mit x bezeichnete Septen- glied von z liegt also ebenso wie das von r auf der rechten Seite der Längsachse des Gliedes. was später, wenn es in der großen Tasche steckt, nicht mehr hervor- tritt. Das neue Glied stellt sich dann oft fast in die Verlängerung des alten. In Fig. 8 ist von Wolffiella lingulata ein junges frei- präpariertes Glied 7 gezeichnet. Sein Tochterglied ist 2, dessen Tochterglied bei x als Höcker schon wahrnehmbar ist. Es ist das dieselbe Anordnung der Seitenglieder wie bei der in 290 K. Goebel, Fig. 1 abgebildeten Spirodela polyrrhiza. Man sieht aher in diesem Entwicklungsstadium deutlich. daß Hegelmaiers Annahme, die Symmetriecbene verlaufe in der Abflachungsebene, wicht zutrifft. Die Wolffiellen sind vielmehr asymmetrisch wie Spirodela‘). Man sieht das besonders auch daran, daß der obere Rand (Ko) der Tasche, in welche das neue Glied eingeschlossen wird, noch viel kürzer ist, als der des unteren (Az), weleher einfach durch Weiterwachsen des Glied- randes entstand, B und C sind Beiglieder von z, denn in jeder Tasche entstehen (wmabhängig voneinander) mehrere Glieder, deren Entwicklung dann, wenn die Glieder länger sind, miteinander in Verbindung bleiben, zu so phantastischen Formen führt, wie eine in Fig. 5, IV für Wolffiella gladiata abgebildet ist. Die älteren Glieder werden von den sich aus der Tasche herausschiebenden jüngeren beiseite geschoben. Es bildet sich ein zusammenhängendes Konglomerat von Gliedern. Wer eine solche Pflanze zum ersten Male zu Gesicht bekommt, wird sie zunächst kaum für eine Samenpflanze halten: flache Zellkörper ohne Spalt- öffnungen und ohne Leitbündel, die eher den Thallophyten als den höheren Pflanzen anzugehören scheinen, bilden miteinander eine Kolonie, indem die jungen Glieder immer die alten beiseite schieben. Nur selten bleiben aber so viele miteinander im Zusammenhange wie das bei der in Fig. 5, IV abgebildeten Pflanze der Fall war — meist, lösen sich die Glieder viel früher voneinander los. Genauere Betrachtung und namentlich der Vergleich mit nur zweigliedrigen Exemplaren ergibt freilich sofort,- daß es sich um eine Lemnacee handelt. Bei dieser ist aber nichts umgedreht und nichts verkehrt, vielmehr nur eine auch sonst wabrnehmbare Eigentümlichkeit besonders stark ausgeprägt. Damit dürfte das Wolffiella-Rätsel (was den vegetativen Aufbau betrifft) gelöst sein, und zwar als ein Spezialfall, der bei den Lemnaceen hervortretenden „Tendenz zur Asymmetrie“. . Diese äußert sich auch bei einigen Wolffia-Arten. Bei W. arrhiza u. a. stehen die Infloreszenzen auf einer annähernd medianen Grube eines Gliedes (Fig. 6, 12). Bei W. hyalina und W. repanda stehen die Blütenstände dagegen asymmetrisch bzw. exzentrisch, und zwar genau wie die Seiten- glieder von Wolffiella: wie bei Mutter- und Tochterglied (jeweils von der Insertionsstelle nach der Spitze hin betrachtet) gleichsinnig — rechts oder }) Es ist aus der in Fig. 11, III wiedergegebenen Abbildung Rostowzews zu entnehmen, daß auch das erste Glied der Keimpflanze von Lemna minor so ent- steht, daß der Stiel (d. h. das Hypokotyl) am alten Glied nicht median, sondern seitlich steht. Wolffiella hätte also eigentlich eine Eigentümlichkeit behalten, die bei Lemna nur im ersten Keimungsstadium auftritt. Zur Organographie der Lemnaceen, 291 links. Darin liegt, wie mir scheint, ein allgemeineres Interesse des Falles. Wir sehen, wie alle diese Abweichungen sich auf eine in der Familie liegende „asymmetrische Tendenz“ zurückführen lassen. (Wie bei Wolffiella die Infloreszenzen stehen (wenn sie überhaupt. auftreten), ist natürlich nicht mit irgendwelcher Sicherheit zu vermuten, und das Raten ist mißlich, Da aber, wenn es vorbeigeht, ein anderer, welcher das nachweist, sich zu freuen pflegt, so möchte ich es doch tun. Am wahrscheinlichsten erscheint es mir, daß eine seitliche Infloreszenz vor- handen ist, und zwar auf der Seite, auf welcher das Seitenglied steht. Wie man sich den Zusammenhaug von Wolffia und den übrigen Lemnaceen vorstellen kann, wird im 8. Abschnitt zu erörtern sein, LI. Die Erörterung der Frage, wie man die Vegetationsorgane der Leninaceen auffassen solle, ist aus mehr als einem Grunde nicht über- flüssig. Einmal nämlieh gehen die Ansichten darüber auch jetzt noch sehr weit auseinander, andererseits spiegelt sich in der Begründung der verschiedenen Auffassungen die Geschichte der verschiedenen morpho- logischen Richtungen. Die Ähnlichkeit der abgeflachten Glieder der Leinnaceen mit Blättern führte zunächst dazu, sie für Blätter zu halten, eine Ansicht, die neuerdings wieder in den Vordergrund getreten ist. Als man aber die Entwicklungsgeschichte der typischen Blätter, namentlich ihre Ent- stehung an den Sproßvegetationspunkten näher kennen lernte, schien as Verhalten der auseinander hervorsprossenden (außerdem Blütenstände hervorbringenden) Glieder der Lemnaceen so sehr den Regeln für die Blattbildung zu widersprechen, daß man sie für Sproßachsen erklärte. Dies geschah namentlich dureh Schleiden), der in seiner Charak- teristik der Lemnaceen zwar ‚sagt „Axis al punctum redactus, eum foliis in frondem confluens“, aber in einer Anmerkung hinzufügt „dies im Geist der alten Schule geschrieben, ist leere Fiktion. Es muß heißen: „Caulis complanatus folia nisi floris organa nulla rudimentaria squamae- formia® — eine Auffassung, die freilich in Widerspruch steht mit der pag. 238 desselben Buches vorgetragenen, daß bei Lemua die Unter- drückung der Achsengebilde und deshalb auch die des Spadix voll- ständig geworden sei. Es sind damit die drei Richtungen bezeichnet, innerhalb deren die Deutung der Lemnaceengestaltung sich bewegt: die eine nimmt an, daß die Blattbildung, die andere, daß die Sproß- 3) M. Schleiden, Prodromus monographiae Lemuacearum in Schleidens Beitr. zur Botanik, pag. 231, Anm. Leipzig 1844, 292 K. Goebel, achsenbildung unterdrückt sei, eine dritte meint, daß Sproßachse und Blatt bei Lemna zusammenfließen. Die Schleidensche — meiner Ansicht nach längst widerlegte — ‚Sproßtheorie“ wird z. B. noch vertreten von Wettstein) undRendle?). Das derzeit verbreitetste deutsche Lehrbuch der Botanik erwähnt die Lemnaceen überhaupt nicht, braucht sich also auch über die hier in Rede stehende Frage nicht zu äußern. Die Auffassung, daß Sproßachse und Blatt bei der Bildung der Lemnaceenglieder zusammen beteiligt sind, läßt sich in verschiedener Weise fassen. Van Hoven?) meinte, die Glieder seien zusammengesetzt aus einer Sproßachse (dem „Stiel“), der durch zwei axilläre Knospen ab- geschlossen werde und an seinem Ende ein sitzendes Blatt trage. Wie aber diese Gestaltung (die ja von der sonst üblichen sehr abweicht) zustande kommt wird nicht weiter ausgeführt. Die Meinung, daß es bei den Lemnaceen gar nicht mehr zur Ausgliederung von Sproßachsen und Blättern komme, daß ihr Vegetations- körper also aus einem thallusähnlichen „indifferenten“ Gebilde bestehe, wäre ganz bequem, aber doch nur eine Umgehung des Problems. Man kann die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß die Glieder der Lemnaceen durchaus Blattgestalt und Blattbau haben und daß in den Blüten Staubblätter und Fruchtblätter auftreten. Ohne zwingende Gründe wird man sich also zu einer sozusagen agnostischen Auffassung des Lemnaceenaufbaues nicht entschließen können. Wo bei Samen- pflanzen thallusähnliche Vegetationskörper vorkommen, können wir außerdem jetzi deren Herkunft zweifelsfrei feststellen. Wir wissen z. B., daß der „Thallus* mancher Podostemaceen entweder aus einer Wurzel (z. B. bei Hydrobryum) oder einer Sproßachse (Lawia) hervor- gegangen ist. Und auch der „Thallus“ parasitischer Pflanzen, wie z. B. der Rafflesiaceen ist nicht etwa aus einem gewöhnlichen bewurzelten Sproß durch dessen allmähliche Rückbildung entstanden, sondern aus einer Weiterentwicklung des Haustoriums unter Wegfall der Aus- bildung von vegetativen Sprossen und von Wurzeln. Die morphologische Deutung der Organbildung kann ferner nicht ohne Berücksichtigung der Lebensverhältnisse stattfinden. Zwar ist der Verf. keineswegs der Ansicht, daß die Lebensbelingungen die sonderbare Gestaltung der Lemnaceen herbeigeführt haben, daß die letzteren also direkt durch die ersteren ) R. v. Wettstein, Lehrbuch der systematischen Botanik. 2. Aufl. (1910). 2) Rendie, The classification of flowering plants I (1904), pag. 205. 3) Observations sur la physiologie des Lemnacdes. Bull. de la soe. royale de botanique de Belgique 1869, VIII, pag. 41. Zur Organographie der Lemnaceen. 293 bedingt sei. Aber daß enge Beziehungen zwischen Gestaltung und Lebensbedingungen bestehen müssen, ist trotzdem selbstverständlich. Jedem der einmal beobachtet hat, in wie kurzer Zeit eine Wasserfläche sich mit einem dichten Überzug von Lemnaceen bedecken kann, führt diese Tatsache ohne weiteres die vorzügliche Eignung dieser Gewächse für ihren Standort vor Augen, eine Eignung, die natürlich nicht nur in der Gestaltung beruht. Die Deutung der Lemnaceenglieder als Sprosse nimmt aber keine Rücksicht auf die Lebensbedingungen dieser Pflanzen. Denn solche blattlosen Sprosse treffen wir sonst an bei Pflanzen, die an zeitweilig trockenen Standorten leben und dies durch Einschränkung der transpirierenden Oberfläche ermöglichen. Wie dagegen Pflanzen, die auf oder in dem Wasser schwimmen zu einer Verkümmerung der Blattbildung kommen sollten, ist vom „ökologischen“ Standpunkt aus nicht einzusehen. Wenn Wettstein a. a. O. sagt: „An das Wasser- leben in hohem Maße angepaßte Pflanzen, bei denen sich infolge- dessen!) eine so weitgehende Reduktion der vegetativen Organe findet, wie eine solche bei Blütenpflanzen sonst nicht vorkommt“, so vermag: ich — selbst wenn man die Möglichkeit eines solchen kausalen Zusammenhanges zugibt — nicht einzusehen, wieso die Anpassung an das Wasserleben eine Reduktion der Blattbildung herbeigeführt haben sollte — die wir sonst bei keiner anderen im Wasser lebenden Samen- Pflanze finden. Vielmehr tritt bei diesen sonst allgemein eine sehr ausgiebige Blattbildung auf, sei es, daß es sich dabei um große oder um kleine Blätter handelt. Denn auch bei Wasserpflanzen sind die beiden Typen (nebst ihren Mittelformen) vertreten: zahlreiche kleine Blätter an stark verzweigten Sproßachsen und große Blätter an kurz bleibenden Sprossen. Wenn es also auch nicht ausgeschlossen (obwohl höchst unwahrscheinlich) ist, daß eine ursprünglich mit „Phylloeladien“ ausgerüstete monokotyle Pflanze sich dem Wasserleben anpaßte, so liegt doch auch von Seiten der Sproßtheorie kein Grund für die Wett- Stein’sche Annahme vor, daß die Gestaltung des Vegetationskörpers — vor allem die angebliche Unterdrückung der Blattbildung — unmittelbar durch das Leben im Wasser bedingt sei. Ebensowenig würde das auch für unsere Auffassung zutreffen, nach welcher es sich bei den Lemnaceen nicht um eine Reduktion der Blätter, sondern um die der Sproßachsen handelt. Wenn wir bei Wasser- pflanzen, wie Elodea und Hippuris Sproßachsen mit mächtig entwickelten Vegetationspunkten antreffen, an denen rasch hintereinander zahlreiche m. 1) Sperrung von mir. G. 294 K. Goebel, Blätter entstehen, die Lemnaceen dagegen sich sozusagen gar keine Zeit mehr lassen Sproßvegetationspunkte auszubilden, so werden wir nur sagen können, daß beide Typen der Organbildung, wie die alltäg- liche Erfahrung zeigt, für die gegebenen Lebensbedingungen „zweck- mäßig“ sind, ohne daß wir eine direkte Abhängigkeit von den Lebens- bedingungen erkennen können. Daß die geringe Wurzelentwicklung mit der Kleinheit des Vege- tationskörpers in Beziehung steht und sie schließlich bei Woltfia (wie bei einigen anderen Wasserpflanzen) ganz wegfallen kann, ist ebenso leicht verständlich, als daß die untergetaucht schwimmenden Formen einfacher gebaut sin als die, welche mit ihrer Oberseite die Luft berühren. Daß die Glieder alle in N nahezu einer Ebene ausgebreitet sind, erleichtert die Licht- ausnützung, ihre Kleinheit und ihre Schwimmfähigkeit die Ver- On breitung. Welche Seite zur 1) Oberseite wird scheint von ! vw vornherein bestimmt zu sein, 1 ’ wenigstens ist es mir nicht ge- . lungen eine Umänderung herbei- Fig. % Lemna_ irisulca. Yreipräparierte zuführen. junge Glieder ] von unten (#9 Wurzel- anlage), die zwei Seitenglieder auf der . Daß die neuen Glieder in Oberseite durchschimmernd. 7 der eober- halb, S der wnterbalb der neuen Glieder gelegene Teil des alten Gliedes. Rechts unten ein Nebenglied. II Glied von oben. Die beiden Seitenglieder in Taschen ein- geschlossen. der Jugend in „Taschen“ ein- geschlossen sind (Fig. 9) (die später nur noch ihren unteren Teil bedecken), ist eine Eigen- tümlichkeit, die damit in Be- ziehung steht, daß bei den Lemnaceen keine eigentliche Knospenbildung stattfindet, also die jungen Blätter nicht von den älteren bedeckt heran- wachsen können. Dem wird dadurch abgeholfen, daß die Taschen- bildung an Stelle der Knospenbildung tritt. Wir können also den Zusammenhang der Organbildung mit den Lebensverhältnissen deutlich wahrnehmen, ohne aber letztere als Ur- sache der ersteren zu betrachten. Selbstverständlich sind solche ökologischen Erwägungen aber erst später aufgetaucht. Zunächst handelte es sich um den Versuch rein formal die Lemnaceen in das Schema der phanerogamıen Organbildung einzureihen. Auf die Hegelmaier’'sche Begründung der Sproßtheorie braucht hier wohl nicht mehr eingegangen zu werden, da sie ihr Autor schließ- Zur Organographie der Lemnaceen. 295 lieh selbst nicht mehr aufrecht erhalten hat. Trotzdem ist jene lange die herrschende geblieben und hat auch jetzt noch, wie die oben gegebenen Zitate — denen sich andere anreihen ließen — zeigen, Vertreter. Es ist deshalb nicht überflüssig zu betonen, daß für diese An- nahme kein einziger aus der Organisation der Lemnaccen selbst entnommener Grund angeführt werden kann. Weder ent- stehen die Seitenglieder nach Art der Achselsprosse in der Achsel eines — wenn auch noch so rudimentären — Deckblattes, noch zeigen die Glieder selbst irgendwelche an den Bau einer Sproßachse erinnernde Eigentümlichkeiten. Vielmehr muß nochmals hervorgehoben werden, daß es sich lediglich um ein morphologisches Dogma handelte, dem die Lemnaceen sich fügen mußten. Aus ihren Gliedern gehen neue Glieder und Blüten bzw. Blütenstände hervor. Blätter können weder neue Blätter noch Blüten hervorbringen, dazu sind nur Sproßachsen imstande. Folglich sind die Lemnaceenglieder Sproßachsen. — wenn sie auch gar nicht danach aussehen! Das war eine durchaus berechtigte Schlußfolgerung, so lange man nur die „gewöhnliche“ Art der Organ- bildung kannte und glaubte, die Natur habe uns den Gefallen getan, den einzelnen Organkategorien fein säuberlich voneinander getrennte Eigenschaften mitzugeben, damit wir sie gut voneinander unterscheiden und definieren können! Dieser Glaube ist aber durch die genauere Kenntnis der Organ- bildung längst als irrig erwiesen. Wir wissen, daß bei einer ganzen Anzahl von Pflanzen Blätter andere Blätter und Infloreszenzen hervor- bringen können, und daß die Blattbildung nicht an das Vorhandensein von Sproßvegetationspunkten gebunden zu sein braucht '). Es liegt also kein Grund vor, welcher uns nötigte, den Gliedern der Lemnaceen, die jeder zunächst für Blattorgane halten wird, die Blattnatur abzusprechen. Im Gegenteil, es zeigte sich die Auffassung, daß es sich bei den Lemnaceen-Gliedern der Hauptsache nach um Blätter handle, als zutreffend. Man ist dazu gelangt, einerseits durch den Vergleich der Lemna- ceen mit der Pflanzengruppe, die man von jeher als die ihnen noch am nächsten stehende betrachtete, nämlich mit den Pistiaceen, anderer- seits durch die Beobachtung der Keimungserscheinungen der Lemna- ceen selbst. 1) Die morphologische Dogmatik ging so weit, daß man sogar die Blätter der Pistien für Achsenorgane erklärte, wie dies z. B. auch von Hofmeister in seinen Vorlesungen (vor fast 50 Jahren) geschah. 296 K. Goebel, Der Aufbau von Pistia ist namentlich durch die Untersuchung von Hegelmaier und Kubin!) bekannt geworden. Bei der Keimung bilden sich eine Anzahl von Laubblättern, von denen jedes eine Art „Axillarstipel“ hat. Seitlich von jedem Blatt, und zwar in „anodischer“ Richtung, bildet sich eine Achselknospe. Diese „Verschiebung“ der Achseiknospe ist eine auch sonst — in verschiedenem Grade — bei Monokotylen vorkommende. Ihr Zusammenhang mit der Spirotrophie wurde früher erörtert). An älteren blühenden Pflanzen dagegen tritt ein Wechsel von Laub und Niederblättern — ein, und zwar, wie angenommen wird, derart, daß die Pflanze sympodial sich aus einzelnen Sproßgliedern aufbaut, die bestehen aus einem Niederblatt, einem Laubblatt und einer In- floreszenz’). Engler hat schon 1876 von Pistia aus die Gestaltungsverhältnisse von Lemna zu erklären versucht. Er verglich die Stellung der beiden Glieder einer Lemna mit der der Seitensprosse von Pistia — nur daß sie eben bei Lemna paarweise, nicht einzeln auftreten. Außerdem aber glaubt er für Lemna auch die terminale Stellung der Infloreszenz retten zu können. Er nimmt an, daß das Achsenende mit der Infloreszenz bei Lemna und Spirodela ganz auf die Seite (in die Tasche) zu liegen kommt. Er hält auch 1920%) seine Hypothese noch insofern aufrecht, als sie dazu dient, die Analogie der Sproßverhältnisse der Lemnaceae mit Pistia darzutun. Eine genetische Ableitung der Lemnaceae von Pistia und den Araceae hält er dagegen nicht für erwiesen. In der Engler’schen Hypothese wird man unterscheiden müssen zwischen dem Teil, der sich auf die Seitensprosse und dem, der sich auf die Infloreszenzen bezieht. Der erstere erscheint mir besser be- gründet als der letztere. Dieser ist eine Konstruktion, die der Überein- stimmung mit Pistia zuliebe vorgenommen wurde. Namentlich aber ist dagegen auch einzuwenden, daß die Keimungsgeschichte von Lemna keine Berücksichtigung erfahren hat. Diese zeigt, daß der Aufbau eben deshalb von vorneherein ein eigenartiger ist, weil die Ausbildung eines Sproßachsenvegetationspunktes unterbleibt. Man kann hier die Hypothese aufstellen, ursprüglich sei eine Infloreszenz ) E. Kubin und J. F. Müller, Entwicklungsvorgänge bei Pistia Stratiotes und Vallisneria spiralis. In Bot. Abb. Herausgeg. von J. Hanstein, III, 4. Bonn 1878, 2) Goebel, Organographie 2. Aufi., pag. 209 ff. 3) Vgl. Engler, Das Pflanzenreich, IV, 23. F., pag. 252. 4) Engler, Das Pflanzenreich, a. a. O. Zur Örganographie der Lemnaceen. 297 aus dem Vegetationspunkt des Keimlings hervorgegangen, diese aber später ganz verkümmert bzw. auf die Seitenglieder übergegangen. Aber damit wäre nicht viel gewonnen. Dagegen kann man die Stellung der Achselknospe von Pistia be- nutzen, um die Annahme, daß auch bei den Lemnaceen ursprünglich nur Eine solche — die Plusknospe — vorhanden gewesen sei, zu stützen. Und die Tatsache, daß die einzelnen Sproßgenerationen von Lemna nur Ein Laubblatt haben, erinnert jedenfalls sehr an das Verhalten von Pistia. Wie dem nun auch sei, jedenfalls betrachtet Engler den ober- halb der beiden „Taschen“ befindlichen Teil des Vegetationskörpers von Lemna und Spirodela als ein Laubblatt, den unteren als eine Sproßachse. Der Verfasser vertrat die Auffassung, daß bei den Lemnaceen- Gliedern Blattorgane vorliegen. In der Abhandlung „Über die Verzweigung dorsiventraler Sprosse“!) wandte er sich gegen den Versuch Hegelmaier’s, die Organbildung der Lemnaceen durch Annahme von Verkümmerungen und Ver- schiebungen auf den Typus der gewöhnlichen Gliederung der Angio- spermen zurückzuführen, ohne indes näher darauf einzugehen. In den „Pflanzenbiologischen Schilderungen“, II (1893), pag. 244, wurde auf Grund der Keimungsgeschichte und der Lebensweise der Lemnaceen die Ansicht vertreten, daß ihre Glieder Blättern entsprechen. Ein besonderer Sproßvegetationspunkt werde nicht ausgegliedert, viel- mehr ist die Basis jedes Blattes als embryonales Gewebe tätig, aus welchem neue Glieder (oder Blütenstände) hervorgehen. Aus zwei ver- schiedenen Quellen leitet sich diese Auffassung ab: Aus dem Wegfall des morphologischen Dogmas bezüglich der Eigenschaften von Sproßachse und Blatt und aus der vergleichenden Betrachtung der Keimungsgeschichte. Erinnern wir uns der Embryobildung der typischen Monokotylen, so ist sie bekanntlich dadurch ausgezeichnet, daß der Kotyledon am Embryo terminal steht. An seiner Basis befindet sich eine Vertiefung, welche den Kotyledon gegen das Hypokotyl abgrenzt (vgl. z. B. Fig. 12). Aus dieser entsteht der Vegetationspunkt des Embryos. Bei Lemna unterbleibt dessen Ausgliederung, es findet sich nur eine meri- stematisch bleibende Zone an der Basis des Kotyledon und ebenso der späteren Blätter, aus welchen die unteren Sprossungen hervorgehen?). 1) Arh.a.d. Bot. Institutin Würzburg. Herausgeg. vonJ.Sachs, II, pag.370(1880). 2) Es sei hier auch an das Verhalten einer von Lemna systematisch sehr entfernt stehenden Pflanze Welwitschia erinnert. In der Achsel ihrer zwei Blätter befinden sich, soweit wir wissen, keine Sproßvegetationspunkte, sondern meristema- tische Zonen, aus denen die Infloreszenzen hervorgehen. 298 K. Goebel, Man kann die unterhalb dieser Jünger embryonal bleibenden Zone gelegene Partie als dem Hypokotyl entsprechend betrachten. Nur fehlt («iesem, einer Sproßachse entsprechenden Stück jede selbständige Ausbildung. Es ist weder scharf gegen das terminale Blatt abgegrenzt, noch besitzt cs einen an den einer typischen Sproßachse erinnernden anatomischen Bau. Das ist aber «lurch das Überwiegen der Blattbildung leicht erklärlich'). Verf. kam zu einer ähnlichen Annahme für die merk- würdigen, freilich noch nicht hinreichend aufgeklärten Ausläuferblätter von einigen Allium-Arten. Auch die Doppelnadeln von Seiadopitys können dafür angeführt werden (vgl. a. a. O. pag. 125). Schon Dutailly?) hat übrigens die Keimung der Lemnaceen zur Deutung ihres Vegetationskörpers herangezogen. Er meint aber, der Kotyledon könne nicht ein Blattorgan, sondern müsse eine Sproßachse (la tigelle) sein — eine Deutung, die darauf beruht, daß man damals die terminale Entstehung des Kotyledons der Monokotylen noch nicht kannte. Trotzdem ist der Satz zutreffend (a. a. O. pag. 149): „. . . que le sympode bien developp& «d’un Lemna deit Ötre consider comme un sympode d’embryo’s disposes A la suite les uns des autres, et dont les derniers n’atteignent guöre (a cela pr&s qu’ils peuvent porter des fleurs) une organisation plus complexe que le premier, qui es le veritable emhryon“. Wenn wir dabei den Kotyledo dem der übrigen Monokotylen entsprechend als Blattorgan betrachten, so stimmt diese Auffassung der Lemnaceenglieder wesentlich mit der früher auch von mir vertretenen überein. Für den Gesamtaufbau aber ist es nicht ganz dasselbe, ob man die Glieder nur als Blätter oder jeweils als Blatt -- rudimentäre Sproßachse betrachtet. Das letztere stimmt, wie wir sehen werden, nicht nur mit der Keimungsgeschichte am meisten überein, sondern auch der Gesamtaufbau sprieht mehr dafür. Es ist aber damit nur die phylo- genetische Frage betont. Denn eine vom Blatte irgendwie scharf ab- gegrenzte, sozusagen ein eigenes Dasein führende Sproßachse gelangt, wie schon betont wurde, nicht mehr zur Ausbildung. Für die un- mittelbare Betrachtung sind und bleiben die Lemnaceenglieder Blätter, ebenso wie die Vitissprosse Monopodien. Etwas anderes aber ist es mit ‚deren geschichtlichem Zustandekommen. Wenn man die Lemnaglieder (ebenso wie die Kotyledonen der Monokotylen) als terminale Blätter an einer ganz rudimentären Sproß- 1) Organographie, 2. Aufl., pag. 126. 2) @. Dutailly, Sur la nature reelle de la „fronde“ et dn cotyledon des Lenma,. Bull. mensuel de la sociei® Linneenne de Paris, Nr. 19 (1878), pag. 147. Zur Organographie der l,emnaceen. 299 achse betrachtet, verschwindet auch das Bedenken, das man gegen die Auffassung («er Glieder als Blätter daraus entnehmen könnte, daß sie an derselben Stelle wie die Infloreszenzen entspringen. Wenn bei Lemna die Seitenglieder rechts und links, bei Wolffia auf der Oberfläche (annähernd) median entspringen, so dürfte das da- mit zusammenhängen, daß bei Lemna median auf der Unterseite des Gliedes eine Wurzel (bei Spirodela ein Wurzelbüschel) sehr frühzeitig angelegt wird, deren Ausbildung in dem kleinen dünnen Vegetations- körper eine Erschöpfung dieser Zone und so eine Hemmung der Or- gananlage auf der Oberseite herbeiführen kann. Wolffia ist bekanntlich wurzellos.. — Hier fällt also der an- genommene hemmende Einfluß der Wurzelentwicklung weg, und nun findet eine annähernd mediane Anlage der neuen Glieder statt. Die Infloreszenzen dagegen behalten die Stellung, welche sie bei Lemna haben, d. h. entstehen z. B. bei Wolffia Welwitschii noch paar- weise an den Stellen, an welchen bei Lenna auch die Infloreszenzen entstelen — bei anderen Wolffien kommen sie (wie früher erwähnt) nur auf der Plusseite zur Entwicklung, bei W. arrhiza sind sie fast in die Mediane gerückt. Diese Auffassung, welche eine einheitliche Be- trachtung ermöglicht, scheint mir mehr als eine früher!) von mir ver- tretene mit der unbestreitbaren Tatsache im Einklang zu stehen, daß Wolffia gegenüber Lemna eine weiter rückgebildete Form darstellt. Bei der Keimung von Lemna entsteht, das erste Glied in etwas asymmetrischer Stellung. Wir können annehmen, daß es dem späteren - Glied entspricht, ein — Glied entwickelt sich erst später, wenn die meristematische Zone an der Basis des Blattes breiter ist. Bei Wolffiella schwindet es, wie wir sahen, wieder, bei Wolffia auch, nur rückt hier das neue Glied entsprechend der Verringerung der meristematischen Zone in Medianstellung. Jedenfalls ist die Reihe — wenn sie auch keine beweisbare ist — eine eng zusammenhängende, und wie mir scheint, als Bild nützlich. Gegen meine Auffassung der Lemnaceenkeimung hat sich, vom Stand- punkte des Konjekturalphylogenctikers aus, Lotsy?) gewendet. Da dessen Einwendungen morphologisch durchaus unhaltbar sind, bin ich in der zweiten Auflage der „Organographie“ nicht darauf ein- gegangen. Indes ist es, aus den oben angeführten Gründen, doch viel- 7) Organographie, 2. Aufl. pag. 37. . 2) J. P. Lotsy, Vorträge über botanische Stammesgeschichte, I1F, 1 (1911), pag. 539. Flora, Bd. 11. 20 300 K. Goebel, leicht nieht überflüssig, sie hier zu besprechen. Zunächst sei Lotsy’s Äußerung angeführt: «Goebel stützt sich bei dieser morphologischen Deutung auch auf den Keimling‘), In seiner Organographie sagt er pag. 443: „Bei der Keimung entwickelt sich der Kotyledon von Lemna zum ersten „Sproßglied“, das mit dem folgenden im wesentlichen überein- stimmt, der Kotyledon aber ist das erste Blatt, folglich müssen die folgenden „Glieder“ auch Blätter sein, wenn man den vergleichenden Standpunkt nicht ganz verlassen will.“» Diese Meinung basiert darauf, daß das erste „Glied“ bei Lemna aus einer Tasche des von Goebel als Kotyledon gedeuteten Organs entspringt. Betrachtet man aber einen Längsschnitt einer jungen Keimpflanze von Lemna, so wird man mir beistimmen, daß man die vorliegenden Tatsachen auch in anderer Weise deuten kann. Ein solcher Längs- schnitt ist hier dargestellt (Fig. 10). Die Anschauung Goebel’s beruht nun darauf, daß er den ganzen grau gehaltenen Teil AA’ als den Kotyledon betrachtet, dessen Spitze im Samen stecken geblieben ist, und 3 als das erste Glied, welches sich dann in einer Tasche des Kotyledons AA, bildet. Offenbar aber kann man 4‘ als den einen Kotyledon, der . . sich zum Saugorgan umgebildet hat, betrachten, Diet Beer durch 4 als den zweiten Kotyledon, 27 als ein Hypo- na minor nach Hegel- kotyl, dem die Wurzel W entspringt und 3 dar eeiktenne di ont als die Plumula. D ist nur der Deckel des gegeben). Samens.“ Soweit Lotsy, der zu einer Zeit schrieb, in welcher „zweite Kotyledonen“ bei Monokotylen gesucht wurden, da sie ein erwünschtes phylogenetisches Deutungsobjekt zu sein schienen. Schon die Betrachtung der Hegel- maier'schen Abbildungen von Embryonen und Keimpflanzen hätte aber Lotsy zeigen können, daß seine Vermutung vollständig der Entwicklung widerspricht und unhaltbar ist. Noch deutlicher aber zeigen das die Abbildungen von S.Rostowzew?), dessen treffliche Arbeit über Wasserlinsen Lotsy, wie es scheint, über- sehen hat. Auch mir sind, da der Text russisch geschrieben ist, leider 1) Was bei den beiderseitigen Größenverhältnissen etwas schwierig wäre! (G.)- 2) 8. Rostowzew, Zur Biologie und Morphologie der Wasserlinsen. (Russisch) Mit 37 Fig. im Text und 9 Tafeln, Moskau 1905. Ein Referat darüber ist mir nicht bekannt geworden. Zur Organographie der Lemnaceen. 301 nur die Abbildungen zugänglich, diese genügen aber vollständig, um das oben Gesagte zu erweisen, wenn sie auch den früheren Hegel- maier'schen gegenüber nichts wesentlich Neues ergeben haben. Fig. 11, II zeigt den Längsschnitt durch den Mikropylarteil eines unreifen Samens von Lemna minor. Uns geht hier nur der Embryo an. Dieser besteht zu etwa ®/, aus dem Kotyledo (Co£.) an dessen unterem Ende schon der erste An- Fig. 11. ach Rostowzew.) I Längsschnitt durch die untere Hälfte eines halbroifen Samans mit ae, Cot. Kotyledo, S Kotyledonarscheide (noch klein), # Hypokotyl, 6, erstes, den Vegetationspunkt ganz in ‚Anspruch nehmendes Glied. IM. (schwach vergrößert). Älterer Embryo, etwas schief von oben. IV. Längs- schnitt eines Samens. Bezeichnungen wie in Il, außerdem MW erste Wurzel, Za. Endosperm, S unten rechs, irrig auch Bezeichnung der Samenschale. V., VL, VII {schwach vergrößert). Längsschnitt durch keimende Samen verschiedener Ent- wieklung. A Auswuchs dea Kotyledos. Aile Fignren beziehen sich auf Lemna minor. Die Bezeichnungen vom Verf. fang der Tasche (.S) angelegt ist, die später das erste Glied an dessen Basis überwallt. G, ist das erste „Glied“. Dieses steht dem Kotyledo gegenüber. Es entspricht der Hauptsache nach dem ersten Blatt anderer mono- 20* 302 K. Goebel, kotyler Embryonen, wie in der Oberansicht Fig. 2, III noch deutlicher hervortritt. Der unterhalb G, befindliche Teil 7, Fig. 2, ist ein sehr wenig entwickeltes Hypokotyl, das zum Kotyledo zu rechnen kein Grund vor- lieg. In dem in Fig 11, IV abgebildeten Stadium ist alles weiter entwickelt und schon eine Wurzel (/W) angelegt. Die Tasche deckt das erste Glied hier schon ganz zu. Wie Lotsy’s „zweiter Kotyledon* A zustandekommt, zeigen die weiteren Abbildungen. Fig. 11,V stellt einen Keimling dar, an welchem der Deckel der Samenschale schon abgehoben ist. Es handelt sich nun weiter darum, den schwimmenden Keimling in eine günstige Lage auf dem Wasserspiegel zu bringen. Es geschieht das, indem der Kotyledon (Co£.), (welcher der Hauptsache nach als ein keulig angeschwollenes Haustorium im Samen stecken bleibt): 1. sich in seinem unteren bei x etwas verschmälerten Teile so abbiegt, daß der aus der Samenschale hervortretende Teil des Keimlings horizontal auf die Wasserfläche zu liegen kommt (Fig. 11, VD; 2. der scheidenförmige Auswuchs des Kotyledons, oder die Koty- ledonarscheide sich kräftig entwickelt und Chlorophyll aus- bildet. Sie baucht sich dabei bei einigen (nicht allen) Lemnaceen etwas über die Samenschale hervor und macht dabei einen schüchternen Versuch sich der Schildform des Salviniakotyledons zu nähern. Es geschieht das, indem bei A die Kotyledonar- scheide sich über ihre Anhangsstelle etwas hervorwölbt. Aber woher sollte hier ein zweites Blatt kommen? So entsteht also Lotsy’s „zweiter Kotyledon“ — den man mit dem besten Willen nicht anders denn als etwas gänzlich Unmögliches bezeichnen kann. Dasselbe gilt für Lotsy’s weiteren Versuch, die Kotyledonar- scheide von Hydromistria (Fig. 12) zum Rang eines zweiten Koty- ledons zu erheben -- eine Widerlegung kann hier füglich unterbleiben. Jedem, der sich die Sache selbst ansieht und nicht nur an Abbildungen Vermutungen knüpft, wird kein Zweifel darüber bleiben. Damit glaube ich dargetan zu haben, daß die Finwürfe, die man gegen die Auffassung der Lemnaceenglieder als Blattorgane gemacht hat, teils auf unhaltbaren allgemeinen morphologischen Anschauungen, teils auf Irrtum beruhen. Es würde wenig Zweck haben, an das oben Mitgeteilte weitere Erörterungen zu knüpfen, z. B. darüber, ob das Zur Organographie der Lemnaceen. 303 häutige Gebilde von Spirodela einem Niederblatt von Pistia oder einer Art „Axillarstipel“ entspreche. Solche Erörterungen würden über Vermutungen doch kaum linauskommen, während das oben Mit- geteilte nichts ist als eine vorurteilsfreie Wiedergabe der Beobachtungen. Wir brauchen auch keinen verwickelten Apparat von Hypothesen, um die Organbildung der Lemnaceen an die anderer Monokotylen anzu- knüpfen. Sie stellen (wie in Organographie, 2. Aufl, pag. 370, hervor- gehoben wurde) eine Art Parallele zu Dikotylen wie Streptocarpus und Monophyllaea dar. Wie bei diesen sind bei den Lemnaceen nur die ersten Organe des Embryos zur Ausbildung gelangt, alle anderen weggefallen. Die Blütenbiklung tritt aber trotzdem ein. Ein solcher Wegfall von ganzen Organreihen kommt auch sonst vor, Es wurde früher") das Verhalten der Orchidee Taeniophyllum, bei der die Blätter zu kleinen Schuppen verkümmert sind, mit dem von Phalaenopsis, einer anderen Orchidee, ver- glichen. Die Keimpflanzen der letzteren bringen zunächst reduzierte Blätter hervor, während die Wurzeln (und das Hypo- kotyl) als Assimilationsorgane funktionieren. Erst später bilden sich bei Phalaenopsis wohlentwickelte Laubblätter. Taeniophyllum aber bleibt einfach auf einem Stadium stehen, welches bei Phalaenopsis ein bald Fig. 1%. Längsschnitt. durch vorübergehendes Jugendstadium ist, d.h. es eine Keimpflanze von Hydro- bringt es nur zur Bildung von Schuppen- a ee hiologuiche blättern. Es ist also nicht etwa nötig, an- Schilderungen.) C Kotyle- zunehmen, daß die Laubblätter, welche die a Kotyiedone Fun Vorfahren von Taeniophylium jedenfalls be- trachtet. sessen haben, allmählich kleiner wurden und verkümmerten. Es brauchte einfach deren Bildung von vorne- herein, also mit einem „Sprung“, schon bei der Keimung gehemmt zu werden! Einen ähnlichen Vorgang möchte ich auch für die Lemnaceen annehmen. Sie sind aber weiter dadurch eigentünlich, daß sie, wie schon Dutailly hervorhob, die Organbildung des Embryos immer wiederholen, was bei Streptocarpus nur künstlich, bei Regenerationsversuchen herbei- geführt werden kann. Dadurch stellen die Lemnaceen, wie eingangs 1) @oebel, Induzierte oder autonome Dorsiventralität bei Orchideenluft- wurzeln. Biolog, Zentralblatt XXXV (1915), pag. 209. - 304 K. Goebel, gesagt wurde, eine der merkwürdigsten Gruppen des Pflanzenreiches dar — wenigstens für die, welchen die Form eines der Hauptprobleme der Biologie darstellt. Zusammenfassung. 1. Die Lemnaceenglieder haben der Hauptsache nach unzweifel- haft Blattcharakter. Den basalen Teil kann man als eine — einem rudi- mentär bleibenden Hypokotyl entsprechende — letzte Andeutung einer Sproßachse auffassen: Ein vegetativer Sproßvegetationspunkt kommt nicht mehr zur Ausbildung, die Blattbildung beschränkt sich an den Vegetationsorganen auf das dem Kotyledo entsprechende Blatt. Diese Organbildung, die bei anderen Monokotylen nur am Embryo auftritt, wird bei den Lemnaceen beständig wiederholt. Die Rückbildung anderen Pflanzen gegenüber besteht: also darin, daß die späteren Ent- wicklungsstadien weggefallen sind. Diese Abweichung kann aber nicht als durch das Leben im Wasser bedingt betrachtet werden. Gewiß haben sich die Lemnaceen be- schränkt auf die Organe, die sie zu rascher vegetativer Vermehrung — wie sie bei unbeschränkter Wasserzufuhr möglich ist — brauchen, nämlich die den Kotyledonen entsprechenden Laubblätter. Aber als Wirkung der Lebensbedingungen ist diese Art der Organbildung derzeit nicht nachweisbar. ' 2. Die von Lotsy gegen des Verfassers Auffassung der Lemnaceen- keimung gemachten Einwürfe sind unbegründet. Von einem „zweiten Kotyledon“ kann keine Rede sein. 3. Wenn man die Organbildung von Lemna, Spirodela, Wolffia und Woltffiella vergleicht, läßt sich folgende Reihe aufstellen: a) Es unterbleibt die Ausgliederung eines Sproßvegetationspunktes an der Keimpflanze. Die weitere Entwicklung erfolgt durch Seiten- glieder, welche die Gestalt des ersten wiederholen. Bei Lemna und Spirodela sind es deren zwei, ein Plus- und ein Minusglied, zwischen denen auf der Unterseite eine Wurzel sich ausbildet. b) Bei Wolftia und Wolffiella fällt die Wurzel weg. Bei Woltfiella wird das Minusglied ganz unterdrückt, wodurch eine starke Asymmetrie auftritt, bei Wolffia behalten nur die Infloreszenzen die ursprüngliche Lage bei (W. Welwitschii), bei einigen fällt die auf der Minusseite be- findliche weg. Die vegetativen Glieder aber rücken auf die Basis der Oberseite — schließlich auch die einzige Infloreszenz nahezu in die Mediane (W. arrhiza). Die seither rätselhafte Organbildung bei Wolffiella entsteht also nicht, wie Hegelmaier vergleichsweise angenommen Zur Organographie der Lemnaceen. 305 hatte, dadurch, daß Wolffia um 90° gedreht und platigedrückt wird. Vielmehr entspricht Wolffiella einer stark asymmetrisch ausgebildeten Woltfia. Diese Asymmetrie ist nur eine besonders auffallende Äußerung einer in der ganzen Gruppe wahrnehmbaren „Tendenz“. 4. Man kann unter günstigen Ernährungsbedingungen Lemna trisulea als „Dichasialpflanze“ wachsen lassen, unter ungünstigeren, namentlich bei schwachem Lichte, als „Schraubelpflanze“ (vgl. Fig.2 u. 3). In letzterem Falle unterdrückt das Plusglied korrelativ das Minusglied, entfernt man das erstere, so entwickelt sich das letztere. München, September 1920. Morphologische und biologische Bemerkungen. Von K. Goebel. 31. Gelenkranken. Mit 2 Abbitdungen im Text. Unter den durch so viele merkwürdige Eigenschaften ausgezeichneten Ranken gibt es einen — so weit ich sehen kann — bis jetzt unbeachtet gebliebenen Typus, den ich als den der „Gelenkranken“ bezeichnen möchte. Ihm einige Worte zu widmen ist vielleicht schon deshalb berechtigt, weil der Verf. dadurch die von ihm vor einiger Zeit gegebene Darstellung !) der Gelenkbildung bei Pflanzen ergänzen kann. Beobachtet wurden die Gelenkranken bei Antigonum leptopus, einer aus Mexiko stammenden, in den Tropen (und auch in unseren Gewächs- bäusern) wegen ihrer schönen Blüten und ihres raschen Wachstums oft gezogenen Kletterpflanze. Was über ihre Ranken bis jetzt bekannt war, ist in Schenck’s bekannter Abhandlung „Beiträge zur Biologie und Anatomie der Lianen“ ?) folgendermaßen dargestellt: „Wie bei den Vieieen das gefiederte Blatt in eine verzweigte Ranke ausläuft, so sind es hier in der Blütenregion die traubenförmigen Infloreszenzen, deren Hauptachse sich zu einer langen. rechts und links eine Anzahl von seitlichen Ästen abgebenden Ranke ver- längert. Die einzelnen Äste sind als umgewandelte Blütenstielchen zu be- trachten, In der Blütenregion sind die seitlichen Rankenäste relativ kurz, etwas hakenförmig eingerollt, wodurch sie an Uhrfederranken erinnern. In der Laubregion der Langtriebe stehen die endständigen mit hier viel längeren fadenförmigen Ästen versehenen Ranken anı Ende von kurzen, nur wenige Blätter tragenden Seitenzweigen und sind als typische Ranken entwickelt“. Diese Schilderung ist weder zutreffend (was die morphologische Deutung der Rankenäste betrifft) noch vollständig. Vor allem fehlt die Erwähnung, daß die Ranke aus zwei verschiedenen Teilen besteht 1)Vgl. Goebel, Die Entfaltungsbewegungen der Pflanzen. Jena 1920, pag. 45—82- 2) Jena 1892, pag. 249. Morphologische und biologische Bemerkungen. 307 einem basalen (7% Fig. 1A), welcher kleine Schuppenblätter trägt, in deren Achseln!) verkümmerte Knospen stehen und einem apikalen, der die Rankenarme trägt. Man könnte den ersteren auch als Rankenträger bezeichnen, indes erscheint die reine örtliche Benennung zweckmäßiger, zumal eine ganz scharfe Trennung nicht immer stattfindet. Diese beiden Teile sind nicht nur nach ihrer Gestaltung, sondern auch nach ihrem physiologischen Ver- halten voneinander verschieden. Das zeigt sich schon sehr frähzeitig. Schon bei Ranken von etwa 0,1 mm Länge tritt der Unterschied deutlich hervor. Ein älteres Stadium zeigt Fig. 1A. Die basale Region ist mit 7%, der Vegetationspunkt des Sprosses mit V’bezeichnet. In der basalen befinden sich eine Anzahl von schmalen Blättern, in deren Achseln verkümmerte Knospen — wir dürfen annehmen ver- kümmerte Blütenknospen 2) — sitzen. Solange die Internodien der Ranke noch unentwickelt sind, hüllen die basalen Deck- blätter die junge Ranke ei. In der apikalen Region sieht man die Rankenarme (A), welche später sich auch erheb- lich strecken und an der Spitze einkrämmen (Fig. 1B), Aber sie ig. 1. Antigopum leptopus. A Junge entspechen nieht, wie Scheneck Ranke. ?f Rankenträger. welcher Schuppen- i ö blätter mit Anlagen von Achselsprossen auf- meint, umgewandelten Blüten- weist, 4 Rankenarme, 7 Vegetationspunkt. stielehen. 25 mal verg. B Ranke in natürl. Größe. „| | | 1) Abgesehen von den untersten, die öfters keine Achselknospen haben Gel. Fig. 1A). Übrigens kann der Basalteil der Ranken auch auf Ein Internodium reduziert sein. a \ 2) Das geht schon daraus hervor, daß später tatsächlich hier Blütenknospen auftreten. 308 K. Goebel, Wenn dies der Fall wäre, so müßte man erwarten, daß sie in der Achsel eines, wenngleich verkümmerten, Deekblattes entspringen. Dem ist aber nicht so. Niemals war auch nur die Spur eines Deckblattes wahrzunehmen. Die Tatsache, daß die Rankenarme in ihrer Anordnung und Entstehung ganz den Schuppenblättern des Basalteiles entsprechen (wenigstens die ersten), ihr ausgesprochen dorsiventraler Bau und die scheidenartige Abflachung an ihrer Basis zeigen vielmehr, daß sie Deckblättern entsprechen, deren Achselknospe verkümmert ist. Und das letztere ist nicht einmal immer vollständig der Fall. Namentlich an der untersten Ranke des apikalen Teiles kann man oft noch den ver- kümmerten Achselsproß in Gestalt eines kleinen spitzen Gebildes nach- weisen. Dem entspricht auch ganz die Entwicklungsgeschichte. Bei der Bildung des obersten Rankenastes bleibt dabei vom Sproßvegetationspunkt kaum noch etwas über. Die Umwandlung einer Infloreszenz in eine Ranke ging also anders vor sich als Schenek annahm. In der Basalregion der zur Ranke umgebildeten Infloreszenz wurden die Achsel-(Blüten-) knospen noch angelegt, ihre Deekblätter sind zu schmalen Schüppchen rückgebildet. In der apikalen Region dagegen werden die Deckblätter zu Rankenarmen, die als Greiforgane dienen; die Achselknospen sind verkümmert. Eigenartig ist dabei, daß am Ende der Infioreszenzranke die zwei- zeilige Anordnung der Rankenarme verlassen wird. Es stehen dort meist drei Rankenarme dicht beisammen, welche ein besonderes wirksames Greiforgan bilden. Es ist also die Antigonum-Ranke aus zwei Teilen zusammengesetzt: einem unteren, der einer steril gewordenen Infloreszenz entspricht und einem oberen, der besteht aus Sproßachse und Blättern, die beide als Ranken funktionieren. Dieser obere Teil ist auch an den Infloreszenzen vorhanden. An mehreren Infloreszenzen konnte ich beobachten, daß der unterste Ranken- arm einen Blütenknäuel in seiner Achsel trug. Das beweist die Homologie der Rankenarme mit den Deckblättern besonders deutlich. Wir können also den Vorgang der Rankenbildung ontogenetisch noch deutlich verfolgen. Will man daran auch eine phylogenetische Zurecht- legung knüpfen, so wäre diese etwa folgende: Antigonum gehörte ursprünglich wohl zu den Pflanzen, die erst im biühbaren Stadium zur kletternden Lebensweise übergehen, etwa wie Utricularia reticulata oder Cynanchum fuscum — nur daß es sich bei diesen um Schlingpflanzen, nicht um Rankenpflanzen handelt. Als Kletterorgan wurde der obere, blütenlos gewordene Teil der Infloreszenz Morphologische und biologische Bemerkungen. 309 benützt, und zwar (im Gegensatz z. B. zu den Ampelidaceen) sowohl die Infloreszenzachse als deren zu. Rankenarmen entwickelten Blätter (steril gewordene Deckblätter). Dem schloß sich ein zweifacher weiterer Vorgang an: einerseits verkümmerten auch in dem unteren Teil der Infloreszenz die Blüten (öfters unter bedeutender Verringerung der Internodienzahl), dann traten diese nur noch als Ranken tätigen In- floreszenzen viel früher auf, als sonst die Blütenbildung erfolgte. Da- durch wurde Antigonum zu einer Pflanze, die nicht erst im blühbaren Stadium, sondern schon viel früher klettert — es konnte demgemäß die Holzbildung der Sprosse auf ein späteres Entwieklungsstadium ver- schoben werden. Der basale Teil der Ranken (der Rankenträger) ist als Kletterorgan nicht ausgebildet. Da er aber mit „Gelenken“ versehen ist, konnte er die merkwürdigen, knieförmigen Krümmungen ausführen, welche zu der Bezeichnung Gelenkranken geführt haben. 6656 Fig. 2. Antigonum leptopus. Unterer Teil einer Ranke, welche gefaßt hat. & Gelenke, 3 Schuppenblätter. Der obere Teil ist eingerollt. Durch einen einfachen Versuch kann man sich von der Ver- schiedenheit der beiden Teile überzeugen. Läßt man eine möglichst vollständig entwickelte Ranke, welche nicht „gefaßt“ hat, etwas welken und hält sie horizontal, so sinkt nur der apikale Teil herunter. Das beruht natürlich darauf, daß im basalen Teil schon die Entwicklung von mechanischen Gewebe (in Gestalt eines „Steifungsringes“) statt- gefunden hat, während der apikale sich durch Turgor straff erhält. Viel auffallender aber ist das Verhalten, wenn eine Ranke gefaßt hat. Man sieht dann, daß der obere Teil, soweit er der Stütze nicht anliegt, schraubenförmig eingerollt ist, wie der „freie“ Teil anderer Ranken, welche gefaßt haben. Der untere Teil aber ist zickzackförmig hin- und hergebogen (Fig. 2). Dadurch wird, ebenso wie durch die Einrollung des freien oberen Teiles eine Annäherung der rankentragenden Pflanze an die Stütze bedingt, und zwar eine „ausziehbare“, da die Kniee, welche der untere Rankenteil bildet, bei Zug nachgeben, so daß ebenso 310 K. Goebel, wie bei einer „spiralig“ eingerollten Ranke ein Ausziehen möglich ist. Übrigens ist manchmal auch ein Internodium, das unterhalb eines nicht zum Rankenarm umgebildeten Blattes steht, eingerollt, was zeigt, daß eine ganz scharfe Grenze zwischen apikalem und basalem Teil nicht besteht. Die Kniebildung geht zuweilen so weit, daß die zwischen den Gelenken gelegenen Internodialstücke einander berühren. Die eigenartige Veränderung des unteren Teiles findet statt, obwohl er der Hauptsache nach schon ausgewachsen war, und zwar durch Gelenke. Daß die ziekzackartige Einknickung erfolgt, ist be- dingt dadurch, daß die „Gelenke“ (wie auch die Internodien der Sproß- achse) dorsiventralt sind. Diese Gelenke befinden sich oberhalb und unterhalb der Blatt- ansätze. Sie unterscheiden sich, wie das gewöhnlich der Fall ist, durch größere Dicke und Hemmung der Sklerenchymentwicklung von den übrigen Gewebe, sowie dadurch, daß sie die Wachstumsfähigkeit länger bei- behalten als jenes. Ein Querschnitt durch ein Gelenk zeigt deutlich, daß hier das Rankenparenchym einseitig (unterhalb des Blattansatzes) stärker ent- wickelt ist. Da die Blätter zweizeilig angeordnet und die Gelenke einseitig entwickelt sind, so ergibt sich daraus, wenn die Gelenke sich verlängern, ohne weiteres die ziekzackförmige Einknickung des unteren Rankenteiles. Wir haben hier einen der Fälle vor uns, in welchen deut- lich ein Zusammenhang der dorsiventralen Sproßausbildung mit der Blattbildung hervortritt. Andere habe ich a. a. O. nachgewiesen, so z. B. die Beziehung der Einkrüämmung des Blütenstiels von Anemone nemorosa und A. baikalensis zum untersten Involukralblatt’). Ganz dasselbe findet sich z. B. auch bei einer mit Anemone nicht näher ver- wandten Pflanze, der Crucifere Dentaria enneaphylios. Bekanntlich hat diese ihren Artnamen daher, daß unterhalb des Blütenstandes drei Laubblätter mit je drei Teilblättchen annähernd auf derselben Höhe stehen, ähnlich wie die drei Blätter, welche das Invo- lucrum von Anemone bilden. Die mehrblütige Infloreszenz von Dent. enneaphyllos „nickt“. Und zwar kehrt der Stiel seine Konvexität in den allermeisten Fällen dem ersten Involueralblatt zu, ganz selten dem dritten. Eine Beeinflussung der Sproßachse durch die Blattbildung ist hier also ebenso unverkennbar wie in den a. a. O. angeführten Fällen. Kehren wir zu den Antigonum-Rauken zurück, so fragt es sich, ob die Gelenke auch an Ranken, die nicht gefaßt haben, in Tätigkeit treten, ob 1) Entfaitungsbewegungen, pag. 471. Morphologische und biologische Bemerkungen. 311 also ihr Wachstum durch den oberen Rankenteil beeinflußt wird. Das Verhalten der Ranken, welche nicht gefaßt hatten, war nicht immer dasselbe. Es trat teils Kniebildung ein, teils starben die Ranken ohne eine solche ab. Die Zusammensetzung einer „Ranke“ aus zwei ihrer Herkunft nach verschiedenen Teilen kehrt auch bei den Cucurbitaceen wieder. Bei den meisten läßt sich ein Rankenträger und ein oberer aus einer oder mehreren Blattranken bestehender Teil unterscheiden. Bei Antigonum ist aber der Aufbau der Ranke dadurch ein etwas ver- wickelterer, daß auch die Sproßachse in ihrem unteren Teile Ranken- träger, in ihrem oberen Teile Ranke ist. Die Rankenarme sind in beiden Fällen Blattorgane. An anderer Stelle soll ausgeführt werden, daß auch die Ranken- träger von Cucurbita sich eigentlich von Blütenständen ableiten, welche aber eine viel stärkere Umbildung erfahren haben, als die von Anti- gonum leptopus. Sie stimmen mit diesen darin überein, daß (bei den verzweigten Ranken) die Rankenzweige Deckblätter darstellen, der Raukenträger eine Sproß-(Infloreszenz-)Achse, die aber gewöhnlich nur als Ranken- träger, nicht auch als Ranke tätig ist. Die mancherlei anderen hier nicht näher zu besprechenden An- schauungen über das Zustandekommen dieser Ranken sin dadurch be- dingt, daß bei vielen Cucurbitaceen sehr erhebliche Reduktionen ein- traten, die dahin führten, daß bei manchen nur ein Rankenarm übrig bleibt. Wenn man diese Ableitung gelten läßt, so kann man sagen, daß alle Sproßranken (ebenso wie die Kletterhaken) aus Blütenständen hervorgegangen sind. Bei den Ampelideen und Passifloraceen ist das ohne weiteres klar, aber auch unter den anderen Sproßranken ist mir kein Fall bekannt, der eine solche Ableitung ausschließen würde. Wir gewinnen so für die Sproßranken (und die ihnen nahestehenden Kletter- organe) eine einheitliche Auffassung. Der Versuch, zu einer solchen zu gelangen, ist ja in der Morphologie oft genug mit dem Nachteil verbunden gewesen, daß er zu gewaltsamer Schematisierung führte. Im vorliegenden Falle scheint mir diese Gefahr nicht zu bestehen. Zusammenfassung. 1. Die Ranken von Antigonum leptopus sind zusammengesetzt aus zwei Teilen: einem unteren, dem Rankenträger, und einem oberen. 2. Sie sind hervorgegangen aus Infloreszenzen, in denen die Blütenbildung unterdrückt wurde. Die obersten Deekblätter sind zu 312 K. Goebel, Morphologische und biologische Bemerkungen. hakenförmig eingebogenen Rankenarmen geworden. Der Teil der Infloreszenzachse oberhalb des Rankenträgers ist gleichfalls als Ranke tätig. An den Infloreszenzen selbst ist nur die Spitze als mit Ranken- armen versehene Ranke ausgebildet. 3. Der Rankenträger führt später eigentümliche Bewegungen aus, die durch „Gelenke“ vermittelt werden. Er erfährt dadurch zickzack- förmige Einknickungen, während der darauf folgende Rankenteil die gewöhnliche Einrollung ausführt. Beide Veränderungen haben die- selbe funktionelle Bedeutung. 4. Da auch die Cueurbitaceenranken sich auf umgebildete Blüten- stände, deren Deck- bzw. Vorblätter zu Rankenarmen geworden sind, zurückführen lassen, so gilt der Satz: Alle Sproßranken sind aus Umbildung von Blütenständen hervorgegangen. München, September 1920. Druck von Ant, Kämpfe in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Die angegebenen Preise sind die jetzt giltigen; für das Ausland erhöhen sie sich durch den vor- geschriebenen Valuta-Zuschlag. Die Preise für gebundene Bücher sind bis auf weiteres un- verbindlich, Blatt- und blütenmorphologische Studien Eine morphologische Untersuchung über die Stipular- gebilde, über die Intravaginalpapillen, über die Blatt- scheide und über die Bewertung der Blütenblattscheide von Professor Dr. H, GLÜCK in Heidelberg Mit 7 lithographierten Doppeltafeln u. 284 Textfiguren, (XXIII, 696 S. gr. 8°.) 1919 Preis: 84 Mark V orliegendes Werk umfaßt folgende Kapitel: Kapitel I befaßt sich mit den Stipulargebilden der vegetativen Region: I Seitliche Stipeln der Dikotylen, der Monokotylen; Pseudo- stipeln; Stengelflügel. II. Verwachsene Stipeln; axilläre Stipeln; anti- chrome Stipeln; interpetioläre Stipeln; ochreaartige Stipeln. Kapitel II enthält die Morphologie der Intravaginalpapillen; die- selben können den Wert von Trichomen oder den von Stipeln besitzen; sie können für sich allein auftreten oder auch mit Stipeln kombiniert sein. Aber auch in der Blütenregion, am Grunde der Kelchblätter treten solche auf. Kapitel III behandelt die Blattscheide und ihre Deutung. Die Blattscheide von Dikotylen und Monokotylen läßt sich in der ver- schiedensten Weise auf Stipulargebilde zurückführen. Zur Definition der Scheide werden insbesondere stipulierte Primärblätter, Niederblätter, Hochblätter und Blütenblätter herangezogen. Die Ligula, die bei monokotylen und dikotylen Scheiden vorkommen kann, entspricht der Spitze einer Axillärstipel. Eine hervorragende Bedeutung für die De- finition der Blattscheide kommt den Keimlingen von Potamogeton und Nymphaea zu. Kapitel IV umfaßt die Hochblattgebilde. Eingehend behandelt ist das Verhältnis der Hochblätter zu den Nebenblättern und Laub- blättern; zudem wird aber auch dargetan, wie die Hochblätter bei der phylogenetischen Definition der Laubblätter von Bedeutung sind. I. Hochblätter ohne stipulären Charakter. II. Hochblätter stipulärer Natur: A. Hochblätter mit abwechselnder Stellung innerhalb von Blüten- ständen; B. mit quirlförmiger Stellung am Grunde von Blütenständen oder Blütenköpfen; C. solche, die eine Hülle bilden unterhalb von Einzelblüten. Kapitel V behandelt die Definition der Blütenblätter, die sich bei zahlreichen Pflanzen auf Grund der Form- und Nervaturverhältnisse von den jeweiligen Laubblättern ableiten lassen. Hinsichtlich der stipelähnlichen und ligulaähnlichen Gebilde in der Blüte läßt sich in der Regel der Nachweis erbringen, daß dieselben mit homologen Or- ganen in der vegetativen Region korrespondieren. Die Kelchblätter können entsprechen einem ganzen reduzierten Laubblatt, einem ganzen Laubblatt und zwei Stipeln, der stiellosen Blattspreite, der Basis der Blattfläche, dem Blattgrund mit Intravaginalschuppen, z. T. dem Rudi- ment der Blattfläche (freie Keichabschnitte), z. T. dem Stiel oder der Scheide des Blattes (untere Partie des Kelches), z. T. dem Blattgrund (äußere Kelchblätter) und z. T. der Blattfläche (innere Kelchblätter), der Blattbasis mit rudimentären Stipeln, zwei miteinander verschmol- zenen Stipeln und endlich der Basis einer Stipularscheide. Ganz analog den Kelchblättern lassen sich auch die Kron- und Perigonblätter stets mit bestimmten Teilen von Laubblättern identifizieren. Bei gewissen Pflanzen jedoch lassen sich die Kronblätter resp. Perigonblätter nicht mehr direkt von den Laubblättern ableiten. Die Kron- und Perigon- blätter besitzen dann eine noch relativ höhere und somit primitivere Nervatur als die zugehörigen Laubblätter, deren Form durch sekundäre Rückbildung zustande kam, (CGrewisse Portulacaceen, Cacteen, Liliaceen, Amaryllideen, Iridaceen). Bei den Staubgefäßen endlich fanden eine eingehende Behandlung die stipelartigen und ligularartigen Organe der Filamente, die man als Herkömmlinge von Laubblattstipeln auf- fassen darf. Die vorliegende Arbeit ist größtenteils eine vergleichend-morpho- logische Studie, doch ist auch die Ontogenie tunlichst mit berücksichtigt worden. Das Werk bedeutet sowohl für die Morphologie, als auch für die Phylogenie und Systematik einen wesentlichen Fortschritt unserer bisherigen Kenntnisse. en nn en en Bemerkungen zur meiotischen und somatischen Kern- teilung bei einigen Monokotylen. Von Karl Suessenguth. Mit 21 Abbildungen im Text. I. Die meiotische Teilang bei Rhoeo discolor. Von jeher haben die Commelinaceen die Aufmerksamkeit der Zytologen auf sich gelenkt, und zwar war es die Gattung Tradescantia, an deren männlichen Gonotokonten und Gonen man des öfteren das Problem der Reduktionsteilung zu klären suchte. Die bisher untersuchten Arten besitzen haploid 12 Chromosomen. In Rhoeo discolor entdeckte ich nun ein Objekt, an dem die Klarheit der Bilder, welche Tradescantia auszeichnet, mit einer geringeren Chromo- somenzahl vereinigt ist. In der Haplophase ließen sich nämlich sechs, in den Teilungen von Kernen der Wurzelspitzen und der Antherenwandung 12 Chromo- somen feststellen. Die Färbung erfolgte bei den Mikrotomschnitten mit Heidenhain- Hämatoxylin, die Fixierung mit dem Gemisch nach Gilson-Petrun- kewitsch. Für den Verfolg der heterotypischen Teilung, insbesondere die Beobachtung der späteren Prophasen lieferte die einfache Färbung mit Methylgrün-Essigsäure sehr gute Bilder. Sie ermöglichte es auch in der heterotypischen Telophase mühelos das Vorhandensein von sechs Chromosomen festzustellen. Die Untersuchung der prosynaptischen Stadien bot nichts wesent- lich Neues. Das Leptonema und Diplonema entspricht dem Typus wie er von vielen Liliifloren her bekannt ist. Im Diplonemastadium beginnt der Kernfaden sich gliederweise zu kontrahieren. Er muß zweifellos als „kontinuierlich“ bezeichnet werden. (Ein wenigstens zeitweise „kon- tinuierliches“ Spirem beobachtete ich ferner im Embryosack-Mutterkern von Hydrocleis nymphoides und in den Kernen der Wurzelspitze von Flora, Bd. 114, 2ı 314 Karl Suessenguth, Rhoeo diseolor. Für die Kerne der Wurzelspitzen von Galtonia candicans und die der Pollenmutterzellen von Dioscorea nipponica kann ich die „Kontinuität® nicht mit gleicher Sicherheit behaupten. Doch entspricht auch hier ein länger verfolgbares Band stets mehreren bzw. vielen Chromosomen.) Ob sich das Spirem zuerst unter Fortdauer der Kon- traktion in die haploide Anzahl bivalenter Einheiten quersegmentiert, wie Strasburger 1904 für Galtonia augab, konnte ich nicht fest- stellen. Dagegen ließ sich zweifelsfrei konstatieren, daß das Spirem im Gegensatz zu dem mancher zoologischer Objekte zum Schluß in zwölf — also die Diploidzahi — deutlich gesonderter chromatischer Ein- heiten zerfällt (Fig. 1). Diese liegen, der früheren Anordnung im Spiral- band entsprechend hintereinander und lassen im günstigsten Fall die in Fig. 12 angegebene Struktur erkennen. Das heißt, es ist eine Längs- linie zu erkennen und eine quere hellere Stelle, die man als „Quer- kerbe“ deuten kann. Das Chromosom stellt also einen vierfach ge- gliederten Körper dar. War der Verlauf der Prophasen schon relativ wenig kompliziert, so stellt die anschließende heterotypische Teilung erst recht einen sehr einfachen Vorgang dar. Die 12 Chromosomen vereinigen sich nämlich nicht als Gemini, die Diakinese fehlt also, vielmehr setzt die Spindel direkt an das spiralige Konvolut an. Von je zwei Chromosomen, die in einer geraden, in S-Form oder typischer Schleife hintereinander liegen, gelangt. jedes an einen anderen Spindelpol. (Fig. 3 stellt den einen Chromosomensatz in der Anaphase dar.) Schon in der Anaphase tritt der Längsspalt der Chromosomen mit größerer Deutlichkeit her- vor, die Telophase läßt Bilder erkennen, wie sie die Figuren 15, 1, 2 und 4 wiedergeben. Dabei ist es am häufigsten der Fall, daß die vier Enden des Chromosoms auseinanderspreizen, mitunter entstehen jedoch auch Figuren von der Art, wie in 15 dargestellt, deren drei Querkerben jedoch deutlich darauf hinweisen, Jaß man es nicht etwa mit einem in vier Längsteile segmentierten Chromosom zu tun hat, sondern mit einem, dessen Längsspait sich anomal über die Mitte hinaus fortgesetzt hat. In der Telophase sind die Chromosomen am leichtesten und mit absoluter Sicherheit zählbar. Nicht immer gelangen sechs an jeden Pol; mehrmals zählte ich nur fünf, in einem Falle sieben (Fig. &). Ähnliche, auf die gleiche Weise zu deutende Figuren erhielt ich in der heterotypischen Telophase bei Thalia dealbata (Marantaceae) und einer Palme, Chamaedorea Karwinskiana (Fig. 5). Im letzteren Fall Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 315 trennen sich die Chromosomen H-förmig in Längshälften; in der Mitte verbindet sie noch eine zarte Brücke (Fig. 6), dann schwindet auch Fig. 1-18. Fig. _14, 16-18 gezeichnet hei Vergr. 2050. Fig. 5—8 gezeichnet hei Ve Bo Fi 15 schwächer, la, d, c, 3 und 16«@ stärker vergr. Im Druck auf ea. ?', verkleinert. Erklärung im Text. 21* 316 Karl Suessenguth, diese (Fig. 7, Mitte), so daß aus x chromatischen Einheiten durch Längsspaltung 2x in £ großer Regelmäßigkeit hervorgehen. In der Pro- und Metaphase der homoeotypischen Teilung sind wiederum nur x Einheiten vorhanden, von denen ieh annehme, daß sie durch Wieder- vereinigung der temporär getrennten Längshälften zustande kommen. Man sieht also, daß die Parallellagerung chromatischer Elemente in diesem Falle mit einer „Parasyndese” gar nichts zu tun hat. Fig. 8 zeigt einen Kern in der Telophase der homoeotypischen Teilung mit einfachen Chromosomen (ebenfalls von Chamaedorea Karwinskiana). Das Resultat der Untersuchung bei Rhoeo ist folgendes: in der heterotypischen Metaphase ist die Diploidzahl hintereinander liegender, vierteiliger Chromosomen vorhanden. In die beiden Tochterkerne ge- langen je sechs vierteilige Chromosomen. Das bedeutet, die hetero- typische Teilung führt nur zu einer numerischen Schein- reduktion. Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 317 Die Abb. 19 stellt diese Behauptung im einzelnen schematisch klar. Die Figuren a—d entsprechen der somatischen Teilung bei Rhoeo discolor. In der Telophase a sind im Einzelkern vier Chromo- somen angenommen. Bezeichnen wir das chromatische Individuum mit c, so wird der Kerninhalt repräsentiert durch die Formel 2 x-c. Das somatische Diplonema (b) und ebenso die Metaphase (c) enthalten acht Chromatinindividuen, der Anordnung entsprechend durch die Formel 2x (ce+c) ausgedrückt. Man kann sagen, der Kern ist transitorisch tetraploid. Die vollzogene Teilung (d) reduziert den Chromosomen- satz pro Kern auf die 2x-Zahl. (2x-c für jeden Tochterkern.) — Fig. e—% erläutern den Vorgang für die meiotische Teilung. In e, der Telophase der vorausgehenden somatischen Teilung ist der Kern- inhalt wiederum 2x.c, im Diplonema (f) und in der Metaphase (g) der heterotypischen Teilung 2x (c-+-c). Die Telophase der heterotypischen Teilung (h) spaltet für die zwei Kerne in x-(e+0)+x-(c-+c). Für die Telophase der homoeotypischen Teilung ergibt sich, da vier Kerne vorhanden sind, die Formel x-c+x-c-+x-c--x.c. Daraus folgt: die somatische Telophase (d) ist der Individualqualität nach gleich der Telophase der heterotypischen Teilung, denn 2x-e=x-(c+c). Die Kerne der heterotypischen Telophase sind noch als qualitativ diploid zu bezeichnen. Die Bildung des eigentlichen Haplonten, der tatsächlich die halbe Zahl an Chromatinindividuen enthält, erfolgt erst im zweiten (homoeotypischen) Teilungsschritt. Durch die gegebene Schlußfolgerung ist auch die Notwendigkeit der Entstehung von vier Gonen erklärt. Es besteht — für das Beispiel von Rhoeo — keine Veranlassung, die 12 hintereinanderliegenden Chromosomen des heterotypischen Pachy- nemas nicht als homolog anzunehmen den 12, die aus dem kontinuier- lichen „Diplonema“ der somatischen Prophase hervorgehen. Dafür spricht außer der Zahl die Form der „chromosomes entrelaces“, wie sie Grögoire (La Cellule, Bd. XVI) für somatische Kerne von Trillium abgebildet hat. Der prinzipielle Unterschied zwischen somatischer und heterotypischer Teilung liegt für Rhoeo darin, daß letzterenfalls dieChromosomenlängstrennung unterbleibt. Was bei der somatischen Teilung auf einmal erreicht wird, ist bei der meiotischen auf zwei Schritte verteilt. Auf Grund der Betrachtung der Endstadien sind wir zu den Schluß berechtigt, daß die Prophasen der somatischen und heterotypischen Teilung gleich verlaufen, in diesem Falle metasyndetisch. 318 Karl Suessenguth, IL. Über die Paarung chromatischer Einheiten in somatischen Kernen. Die Angaben über das Vorkommen gepaarter chromatischer Ein- heiten in somatischen Kernen lassen sich in zwei Gruppen teilen: solche, die sich auf Ruhekerne beziehen und solche, welche die paarige Zu- sammengehörigkeit der Chromosomen in der Metaphase behandeln. Für die Beobachtung der Chromosomenpaarung in den „Ruhe- stadien“ eignen sich vornehmlich Kerne des Capsellatyps (Rosenberg), also solche, die die chromatischen Individuen jederzeit zählbar erkennen lassen. Die Kerne des Fritillariatyps usw. fallen daher von vornherein weg. Kerne der ersten Art findet man vor allem bei den Crueiferen und hier machte Laibach an Sisymbrium strictissimum die Beobachtung, daß ein Teil der Chromosomen sich im Ruhekern paarweise nähert. Als günstiges Material für die vorliegende Untersuchung können die Cruciferen indes nicht gelten. Allyssum saxatile und Iberis amara wenigstens, die ich untersuchte, weisen allzu kleine Kerne auf. Die gleiche Angabe wie bei Laibach findet man bei Strasburger 1909 für Kerne der Samenanlagen und sonstiger junger Blütenteile der Thymelaeacee Wikstroemia indica. (Weiteres unten.) Eine deutlichere paarweise Näherung eventuell bis zur Vereinigung beschreibt der gleiche Autor für die „Prophase“ der Nucellarzellen von Daphne Mezereum und anderen Daphne-Arten (mit 9 bivalenten Chromo- somen statt 18) und bei Gnidia, ebenfalls einer Thymelaeacee. — Rosenberg wiederum zählte (Svensk Botanisk Tidskrift, Bd. III) in Ruhekernen von Crepis virens sechs und drei Chromosomen: ein weiterer Fall durch paarweise Näherung entstandener Plurivalenz. Schiller fand in somatischen Kernen tetradenförmige Prochromo- somen bei Copepoden nach Behandlung der Zellen mit einem Nar- kotikum in x-Zahl, Krimmel beobachtete das Zusammenlegen zweier chromatischer Einheiten zu einer auch ohne diese Beeinflussung (vgl. Tischler 1910). Für die ruhenden Kerne von Pollenmutterzellen von Thalietrum purpurascens und Calycanthus floridus beschrieb Overton 1906 paar- weise genäherte Prochromosomen. 1909 dehnte er seine Angaben auf die somatischen Ruhekerne derselben Pflanzen und die von Campanula grandis und Helleborus foetidus aus. Hervorzuheben ist aus Overtons Darstellung, daß diese prosynaptische Paarung als deutliche Parasyndese abgebildet und beschrieben wird. Während es sich hier um dikotyle Pflanzen handelte, bemerkte Miyake 1906 bei seiner Untersuchung Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 319 der Monokotylen nur in den Kernen der Pollenmutterzellen von Galtonia candicans eine paarweise Vereinigung der Prochromosomen. Er ist ge- neigt dieselbe als Metasyndese zu deuten. Weitere Fälle paarweiser Näherung beobachtete Rosenberg 1908 in Tapetenkernen, Lagerberg 1909 „schr deutlich“ an Kernen der Früchte von Adoxa Moschatellina, Tischler 1910 an somatischen Kernen von Musa sapientum var. Dole u. Cladi. Tischler sagt: „Während in einigen Fällen sich die Übereinstimmung der Prochromosomenzahl mit der diploiden sicher konstatieren ließ, bestand andererseits eine ziemlich ausgeprägte Tendenz je zwei, manchmal auch mehr Chromo- somen zu einem Mittelpunkt zusammentreten zu lassen.“ Dieses öftere Zutagetreten der haploiden Zahl nennt Tischler pseudohaploid, weil keine Reduktionsteilung durch solch einfaches Aneinanderlegen aus- gelöst werde. Meine Beobachtungen an Dioscorea sinuata, die ich an mit den Fixierflüssigkeiten nach Gilson-Petrunkewitsch und Jugl fixiertem Material ausführte, zeitigten nachstehende Resultate: die diploide Zahl der Chromosomen in den Kernplatten der Wurzelspitzen beträgt an- genähert 24, Die ganz genaue Zall kann ich auch nach der Prüfung einer großen Anzahl von Kernplatten nicht angeben, da einige Chromo- somen häufig mit den Enden aneinanderhängen. Die Pollenmutterzell- kerne im Diakinesestadium weisen etwa 12 Gemini auf (vgl. Fig. 10). Fig. 9, die eine frühe Diakinese darstellt, läßt an zwei Stellen eine Parasyndese annehmen. In ruhenden Kernen der Wurzelspitzen finden sich vielfach ungefähr 20--25 chromatische Körper (Fig. 17), und zwar bleiben diese wie beim Capsellatyp stets scharf konturiert. Gleichzeitig treten aber auch zahlreiche Kerne auf — vielleicht 50 %%, der gesanıten —, welehe nur etwa halb so viel, dafür aber größere chromatische Einheiten enthalten, die durch ein ziemlich grobes Linin- gerüst verbunden sind (Fig. 16). Daß diese pseudohaploide Zahl durch paarweise Vereinigung der Chromosomen entsteht, ist außer Zweifel. Bei der außerordentlichen Kleinheit des Objektes ist die Art der An- einanderlagerung nur in seltenen Fällen festzustellen. Mitunter sah ich Figuren, wie sie Abbildung 16« widergibt, die auf eine Parasyndese schließen lassen. Natürlich findet man auch häufig Kerne mit Zahlen, die zwischen der angegebenen Haploid- und Diploidzahl schwanken. Schärfe der Konturen und gleichmäßige Größe der chromatischen Einheiten lassen jedoch die Annahme einer beliebigen Agglutination hinfällig erscheinen. 320 Karl Suessenguth, Unter i0 Einheiten treten erst in Kernen älterer Partien der Wurzelspitzen auf, und zwar besteht hier eine ziemlich ausgeprägte Tendenz, 5-6 Komplexe zu bilden. In Kernplatten habe ich selten weniger als 20 Chromosomen gezählt, so daß die Paarung sich also im allgemeinen nur auf die Ruhestadien erstreckt. - Das häufig zu beobachtende Auftreten von zwei eventuell drei Kernen in den Zellen der Wurzelspitzen wurde bereits 1898 von Pirotta und Buscalioni, später von Neme£ konstatiert. In den Primordialzellen, welche später durch Fusion die großen Gefäße bilden, zählte ich bis neun Kerne, die aus normalen Mitosen hervorgehen. Ein Einfluß auf die Zahl der enthaltenen chromatischen Einheiten tritt in keiner Weise zutage. Auch bei Allyssum saxatile, Asphodelus albus und Thalia dealbata sind mitunter mehrere Kerne in den Periblem- zellen der Wurzelspitzen vorhanden. In den Tapetenzellen von Dioscorea sinuata zählte ich bis zu fünf, die hier offenbar durch Fragmentation entstehen (Fig. 15). Kerne aus anderen jungen Organen von Dioscorea sinuata in der Nähe des Vegetationspunktes, jungen Samenanlagen (Integumente, Chalaza), Placenta, jungen Fruchtknoten und Blütenstielen weisen fast immer eine Prochromosomenzahl auf, die zwischen 5 und 14 schwankt und einesteils nach 12, anderenteils nach 6 hinzuneigen scheint (Fig. 12, 13, 14). Die Prochromosomenpaare unterscheiden sich durch ihre Fär- bung deutlich von den schwächer getönten, vielfach im Anschluß an sie auftretenden Nukleolen (Fig. 12). Auch hier erfolgt die Teilung sicher fast stets mit der vollen Diploidzahl. Häufig läßt sich feststellen, daß ein Komplex aus mehreren zusammengesetzt ist, eine Tatsache, welche die Zählung natürlich beeinträchtigt. Über die Sexualkerne derselben Pflanze ist anzuführen: der rubende Embryosackmutterkern läßt die haploide Zahl tetradenförmiger Prochromosomen erkennen. Die kleineren Kerne der später ver- drängten Megasporen enthalten meist etwa die Hälfte dieser Zahl. Die Kerne des nach dem nukleären Typ sich gestaltenden Endo- sperms endlich besitzen in der Telophase zuerst ungefähr 12 chroma- tische Einheiten (statt 36 triploid), die dann weiterhin + paarweise zusammenschließen, so daß man schließlich, während noch die Phragmo- blasten bestehen, meist etwa sechs Karyosomen antrifft, die ihre Zu- sammensetzung aus mehreren vielfach deutlich erkennen lassen (Fig. 11). Natürlich kommt auch hier nicht immer eine reguläre Konjugation zu- stande. Man hat dann, wie auch in den somatischen Kernen, oft den Eindruck, wenn z. B. fünf große Komplexe vorliegen und zwei kleine, Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 321 daß die letzteren durch irgendeine Störung an ihrer Vereinigung ge- hindert wurden. Dieselbe Vermutung hat Tischler 1910 für Musa Dole ausgesprochen. Außerdem ist wahrseheinlich, daß die Paarungen, die in allen angeführten Fällen zur Verschmelzung führen, nicht ganz synchron erfolgen. Kommt die Hapioidzahl chromatischer Einheiten zustande, so hat. jeder Komplex als bivalent, bei Vorliegen der hemiploiden Zahl als tetravalent zu gelten. Zahl der chroma- ” schen Einheiten Kerndurchmesser Kerne der Wurzelspitze | 2x | 1-12 a en. lo ne mn _ Kerne der Wurzelspitze | x 1-12 a _ |. _ . _ nn e Kerne älterer Partien der | x |La n_ fi _ Achsenorgane 3 Länge 7—10 u, Breite 5-6,5 7 Du n . x ” 5,6—7 a oder “ Kerne aus jungen Blütenteilen z | Länge 8-10 a, Breite 4—7 u “ . namen ” Y "7,2 a oder ” Kerne aus jungen Blütenteilen ; x | Länge 7—17 a, Breite 5,7 u Kern der Pollenmutterzele 5 TT S135 ” (Propbase)_ | ._\ DE BE 1,5 13,5 Rn Kern der persıstierenden Me- | x Länge 8 a, Breite 6 x BR. 2 BE BEE BEE Bean _ III. nn Kern der verdrängten Mega- | x | 5,56 4 sporen \ . \ 2 _ I. u — - - } x zz “ Endospermkerne (Telophase) | 2 i Länge 15,5 «, Breite 6 u Wir folgern aus der gegebenen Übersicht — allerdings nur für die vegetativen Organe — eine relative Gesetzmäßigkeit, indem höheren Karyosomenzahlen ein größerer Kerninhalt entspricht. Die männlichen Pflanzen von Dioscorea sinuata und nipponica erwiesen sich wegen der noch kleineren Kerne als ungeeignet für die Untersuchung. Doch liegen auch hier anscheinend ganz ähnliche Ver- hältnisse vor. . Sehr deutliche Prochromosomen fand ich auch noch in den Kernen von Thalia dealbata (Fig. 18). Auch hier wechselt ihre Zahl. In Kernen der Wurzelspitzen und der Epidermis der Blütenstiele zählte ich 12 im Grundgewebe der Blütenstiele mitunter 6-7 Karyosomen. Die diploide Zahl, deren Feststellung in der Metaphase wegen der enormen Kleinheit schwierig ist, beträgt meines Erachtens 12. Eine Paarung der Prochromosomen in den Ruhestadien ist für die Kerne der Wurzelspitzen in diesem Falle also nicht zu konstatieren. In 322 Karl Suessenguth, - kleinen Pleromkernen von Rhoeo discolor (2x = 12) und Tapetenkernen und Kernen aus jungen Carpellen von Chamaedorea Karwinskiana (2x=26) ebenfalls hie und da 6-7 chromatische Einheiten. Die wahrscheinlich gemachte „Parasyndese“ der Prochromosomen in somatischen Kernen läßt bereits vermuten, daß die Dioscoreakerne zu denen der Dipteren ein Analogon bieten. Bei diesen hat man es nach den Arbeiten von Stevens, Metz u. a. mit einer Parasyndese zu tun, und zwar lassen auch die Prochromosomen somatischer Kerne eine „side by side approximation* erkennen. Es handelt sich hierbei nicht um gelegentliche, + zufällige Anordnungen, sondern um eine bei allen Dipteren charakteristische Erscheinung. In allen diploiden Kernen dauert die generelle paarweise Vereinigung während der ganzen Teilung an. In den frühen und späten Stadien ist sie am innigsten, in der Metaphase am lockersten. In der Prophase zeigt das Verhalten der Paare auffallende Ähnlichkeit mit den synaptischen Phänomenen. Später ergibt sich die Parasyndese gleichgroßer Chromosomenpaarlinge. Bei der heterotypischen Teilung werden die beiden Paarlinge getrennt und direkt den Spindelpolen zugeführt, bei der somatischen weichen sie erst noch auseinander und der Längsspalt tritt in Funktion. Ich sehe in diesem ganzen Prozeß ein weiteres Beispiel, daß sich somatische und heterotypische Teilung nieht von Anfang an prinzipiell zu unterscheiden brauchen. Es bleibt aber einstweilen noch die Frage offen, ob bei botanischen Objekten die gleichgroßen Chromosomenpaarlinge der Meta- phasen auch aus einer rückgängig gemachten „Parasyndese“ hervorgehen. Für das Auftreten solcher Paare in den Kernplatten somatischer Teilungen bei Objekten mit verschieden großen Chromosomen sind so viele Zytologen, sowohl auf zoologischem wie botanischem (Gebiet eingetreten, daß darüber heute kein Zweifel mehr bestehen kann. An Botanikern nenne ich Strasburger, Neme&, Clemens Müller, Sykes, Geerts, Gates, Stomps, Kuwada, Tahara und Ishikawa. In haploiden oder Sexualkernen, um dies vorauszunehmen, ließen sie sich an botanischen Objekten nur selten nachweisen. Neme£& fand 1910 im Endosperm von Ranunculus Ficaria nebeneinander Gruppen von zwei und allerdings seltener, auch solche von drei, Marchal 1912 in der Diakinese seiner aposporen Amblystegium serpens-Rassen solche zu je vier Chromosomen. In der Diakinese der bivalenten Rasse (24 Chr.) soll in sehr charakteristischer Weise die Mehrzahl der Chromo- somen zu Vierergruppen zusammentreten. Der vorliegende Fall be- stimmte Tischler zu der Annahme, hier liege ein „Spezialfall einer offenbar weitgehenden Gesetzmäßigkeit“ vor. Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 323 Ob einige andere Fälle, in denen eine auffallende Verringerung in der Chromosomenzahl der Metaphase angegeben wird, als Beispiel durch Verschmelzung bedingter Plurivalenz zu deuten sind, ist noch fraglich. Ich meine hier z. B. die Angabe von Samuelsson 1913, daß in Embryosackmutterzellen von Empetrum nigrum 7—8 (in Pollen- mutterzellen ca. 30) Chromosomen zu beobachten sein sollen, ferner daß die Endosperm-Kernplatten von Clematis recta nur 16 (Guignard), die von Hippopha® rhamnoides 7—-8 chromatische Elemente (Ser vettaz 1909) enthalten. Tischler hält beide Zahlen für zu niedrig, weil 16 und 18 als Triploidzahlen nicht denkbar seien. Ein anderer Fall aber ist genauer geprüft, nämlich der von Wikstroemia indica (Strasburger und Winkler), bei der die x-Zahl (Pollenmutterkern-Diakinese) 26 beträgt. Die Ruhekerne junger Blüten und Samenanlagen besitzen 6-12 chromatische Körper, in der Metaphase liegen 20—24 vor, also immer weniger als theoretisch nach 2 x=52 zu fordern sind. Wikstroemia zeigt also in den Mitosen einen extremen Fall des Unterbleibens der Chromosomentrennung. Auffallend ist die Übereinstimmung dieses Objekts mit Dioscorea, was die Reduktion auf die x- und halb-x-Zahl anlangt: | Ruhekerne Kerne der jungen vege- Diploid | Haploid we tativen Organe spitzen Metaphase j Interphase x 2x x _ x < Pr x Dioscorea . . . 2x x x PR | g An botanischen Objekten ist das Unterbleiben der Chromosomen- trennung in der Metaphase nur noch von Neme£& an Rieinus zanze- bariensis nachgewiesen worden. Hier treten im Wurzelmeristem neben typischen Kernplatten mit 20, atypische, bivalentpaarige mit 10 Chromo- somen auf, Die Angaben von Neme konnte ich an Rieinus communis durchaus bestätigen. (Keimlinge aus Samen von Ricinus communis, die nur halb so groß waren wie die normalen, wiesen ebenfalls 20 Chromosomen diploid auf.) Vereinzelt trifft man den analogen Fall auch bei Dioscorea. Hier fand ich in der Metaphase mitunter 12 chroma- tische Elemente, oder es waren auch diese wieder paarweise genähert, so daß nur 6—-7 „Chromosomen“ zu zählen waren. Immerhin sind das seltene Ausnahmefälle. Sowohl bei Rieinus wie bei Dioscorea ge- 324 Karl Suessengutb, wann ich den Eindruck, daß die Pseudoreduktion auf die Haploidzahl dadurch entsteht, daß die Parasyndese der Prochromosomen bis in die Metapbase hinein nicht rückgängig gemacht wird. Wird sie rück- gängig, so erhalten wir die Diploidzahl, wobei die ehemals gepaarten Chromosomen noch deutlich zu erkennen sind. Die Art des Rückgangs kann bei Dioscorea als Auseinanderklappen be- zeichnet werden. (Ähnliche Fälle von diminutiver Plurivalenz sind aus verschiedenen Tiergruppen bekannt geworden: von Ascidien, Planarien, Seeigeln, Schnecken und Copepoden, bei denen die bivalenten Chromosomen auch während der Metaphase in den somatischen Kersen vereinigt bleiben und erst in der Ana- phase ihren zwei Komponenten nach zerfallen.) Für eine Parasyndese soma- tischer wie heterotypischer Pro- chromosomen trat schon früher Overton für einige dikotyle Pflanzen ein, während Müller 1912 und Strasburger 1907 (Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. XLIV, S. 429), die ihre Studien an somatischen Kernen von Mono- kotylen machten, die Paarung erst in der Metaphase beginnen lassen. Strasburger sagt |. e.: „Tatsächlich folgen die homo- Fig. 20 gezeichnet hei Verg. 2050, Fig. 21 bei Vergr. 2085. Im Druck auf ?/, verkleinert. , Fig. 20. Kernplatte aus der Wurzelspitze logen (= gleichgroßen) Chromo- von Asphodelus albus. Die randständigen ä Chromosomen paarig‘ angeordnet. — Er- somen in dem den Knäuel klärung zu Fig. 21 im Text. bildenden, aus dem Gerüstwerk des Kerns herausgesonderten Faden fortlaufend aufeinander und erst eine später stattfindende Gruppierung bringt sie in eine + parallele, sie als Paare kennzeichnende lage“ Miyake, der die Paarung der heterotypischen Prochromosomen Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 325 nur bei Galtonia candicans beobachtete, ist gleichfalls geneigt, sie als Metasyndese zu deuten. Nach meinen eigenen Untersuchungen, die sich auf somatische Prophasen von Rhoeo, Hydrocleis, Galtonia und Asphodelus (vgl. auch Fig. 20), also ebenfalls Monokotyle erstreckten, hat Strasburger völlig recht mit dieser Angabe. Demnach würden sich die untersuchten Dikotylen, wie auch Dioscorea prinzipiell anders verhalten. Diskussion. Es wurde im Vorausgehenden für zwei Fälle die Anschauung vertreten, die heterotypische Teilung unterscheide sich nur in ihrem Schlußstadium prinzipiell von der somatischen. Daß die Entscheidung, ob eine angebahnte Teilung heterotypisch oder somatisch hinausgehen soll, tatsächlich erst selır spät. fällt, wird durch folgende Tatsachen wahrscheinlich gemacht: Vielfach beginnen Sexual- kerne scheinbar mit den Vorstadien der Reduktionsteilung, ohne daß hernach eine solche einsetzt. Auf diesen Fall haben Häcker und Goldschmidt zoologischerseits aufmerksam gemacht, an botanischen Beispielen wären etwa zu nennen die Archesporkerne von Taraxasum (nach Juel, Svensk. Akad. Handl, Bd. XXXIX, Nr. 4, 1905), die Synapsis mit Diplonema und Diakinese erkennen lassen. Die kurz- klumpigen Diakinese-Chromosomen spalten sich dann und die Spalt- hälften strecken sich zu Fäden. Erst nach der Diakinese geht der Kern also zur somatischen Teilung über, Als ähnlichen Fall nennt Ernst („Bastardierung als Ursache der Apogamie, S. 243) Antennaria alpina, die bis zur Synapsis geht, beides Beispiele diploider Partheno- genesis. Lagerberg (Svensk. Akad. Handl.. Bd. XLIV, 1909) fand im spezifisch leitenden Gewebe der Griffelbasen von Sambucus der Synapsis und Diakinese gleichkommende Stadien. Daß sich hier eine Reduktionsteilung ergeben sollte — was L. nicht angibt — ist zum mindesten unwahrscheinlich. Den Zustand der Synapsis als prin- zipiell unterscheidendes Kriterium zu betrachten, ist nieht angebracht, nachdem sie z. B. Tröndle (Zeitschr. f. Bot. 1911, Bd. III) in den beiden Gametenkernen junger Zygoten von Spirogyra nachgewiesen hat und auch sonst in somatischen Kernen öfters ähnliche Stadien beobachtet wurden (vgl. auch Metz, Arbeiten über Dipterenkerne), während umgekehrt den Gonotokonten vieler zoologischer Objekte ein typisches Synapsisstadium fehlt. . . Für das Beispiel von Rhoeo folgere ich also, daß erst im Stadium des diploidzähligen Pachynema es sich entscheidet, ob eine Reduktions- 326 Karl Suessenguth, teilung {reine Querkerbenteilung) oder eine somatische (Querkerben- plus Längsteilung) erfolgen soll. Diakinetische Gemini werden bei Rhoeo nicht gebildet. Aber auch bei deren Auftreten durch Umklappen und eventuelle Umschlingung würde an dem Sachverhalt in toto nichts geändert. Maßgeblich ist nur die stattfindende oder ausbleibende pro- chromosomale Paarung. Die Erklärung, in somatischen Kernen träten vereinzelt essentiell unwichtige Aneinanderlagerungen auf, dürfte bei der Verbreitung der behandelten Erscheinung unstatthaft sein. Für die vorliegenden Vorgänge wird man im Einklang mit der Individualitätstheorie den Zellkern nicht als strukturiertes Organ, sondern als ein Cönobium äquidistant angeordneter Elementarorganismen (der Chromosomen) aufzufassen haben, als einen Chromosomenstaat im Zellen- staate. Die paarweise Konjugation der Chromosomen bildet in manchen Fällen einen integrierenden Bestandteil sämtlicher Mitosen. Gehen wir, entsprechend der Hypothese vom Vorhandensein eines väterlichen und eines mütterlichen Chromosomensatzes im somatischen Kern noch einen Schritt weiter, so ergibt sich für eben diese Fälle vom rein zytologischen Standpunkte ausgehend, daß der Kern eine Zönospore oder Zönozygote, und zwar heterozygotischer Natur (heterozygotisch natürlich nicht im Sinne der Vererbungstheorie) darstellt. Sein Inhalt wird von zwei Iso- gametensätzen gebildet. Die paarweise Konjugation homologer Gameten ermöglicht erst die Aufspaltung in Tochterchromosomen. Oder anders ausgedrückt: vor jeder Teilung erfolgt eine Neukonjugation, infolge deren die Zahl der chromatischen Individuen sich auf das Doppelte vermehrt. j Die beiden Ruhekerntypen von Fritillaria (Asphodelus, Rhoeo) und Dioscorea lassen sich etwa vergleichen: der erste einem Zönobium von Hydrodietyon, der zweite einer Gregarinenzygote mit zwei Sätzen von Gameten, die paarweise, und zwar je zwei aus verschiedenem Satze kon- jugieren, um dann in Teilung (Vermehrung) überzugehen. Vererbungstheoretisch ist bei der Paarung (Parasyndese) soma- tischer Prochromosomen die Möglichkeit des Substanzaustausches ebenso gegeben wie in der Prosynapsis usw. der Reduktionsteilung, speziell könnte vielleicht das Auftreten der vegetativen Bastardspaltung damit in Beziehung gebracht werden. Das Auftreten der großen Sexualkerne innerhalb der am Achsen- ende sehr kleinen somatischen dürfte der Auxosporenbildung bei Diatomeen zu vergleichen sein. Auf allzubedeutende Volumenverminderung folgt selbstregulativ eine plötzliche Vergrößerung. Meiotische und somatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. 397 Zu der Frage betreffend die Konstanz der Größe und Form der Chromosomenpaarlinge in den Metaphasen will ich bemerken: meine Be- obachtungen an Galtonia, als dem günstigsten botanischen Objekt, sprechen nicht eben für das Auftreten konstanter Größenverhältnisse, desgleichen nieht die in vielen Fällen - nicht in allen — völllge Veränderung der Chromosomenform in der heterotypischen Metaphase. Es bleibt zu erwägen, ob nicht die längeren Clromosomenpaare den äquatorialen Spiremschlingen (als den weiteren), die kürzeren den polaren (als den engeren, stärker gekrümmten) entsprechen und, der Faden durch glieder- weise Kontraktion zerfällt, wobei — wie es tatsächlich fast immer der Fall ist — die kurzen Chromosomenpaare in die Mitte der Kernplatte gelangen, die langen in die Peripherie. Nachtrag. In den weniger stark ausdifferenzierten homöotypischen Telophasen der männlichen Gonotokonten von Chamaedorea Karwinskiana finden sich sehr zahlreiche dunkelgefärbte Körperchen, die, in einem Ring angeordnet, den Äquator der ehemals vorhandenen, heterotypischen Kerntonne um- geben (Fig. 21). Es handelt sich hier jedenfalls um Allin-Ante (vgl. A.Meyer, Analyse der Zelle, pag. 161). Die Bilder erinnern lebhaft an die, welche zoologischerseits Mewes von der Verteilung der Chondrio- somen in den männlichen Sexualzellen von Pygaera gegeben hat. Zur Zeit der heterotypischen Teilung treten die genannten Körperchen weniger scharf hervor. Sie besitzen 2—4 lappige Struktur und werden schließ- lich gleichmäßig auf die vier Gonen verteilt. Zur Bildung eines Neben- kernes wie etwa bei Spermatozoen kommt es nicht. Die heterotypischen Kernplatten von Chamuedorea Karwinskiana eignen sich wegen ihrer kurzgedrungenen Chromosomen (vgl. Fig. 21) vorzüglich zur Zählung. Diese ergab in 35 Fällen die Zahl 13, in zwei Fällen 12, in zwei Fällen 14, so daß also 13 als x-Zahl zu gelten hat. Es wurden nur ganz einwandfreie Kernplatten herangezogen. Geschlechtschromosomen sind, wie aus der Zählung der homoeo- typischen Metaphasen hervorgeht, auch bei dieser dioezischen Pflanze nicht vorhanden. Die Angabe von Neme£, daß in älteren Geweben die Chromo- somenzahl sich verringere (z. B. in Epidermiszellen von Alium cepa 8 statt 16. Vgl. „Über abnorme Kernteilungen in der Wurzelspitze von Alium cepa“, Prag 1898, Sitz.-Ber. Böhm. Ges. d. Wiss.) scheint in neuerer Zeit nicht auf andere Objekte Ausdebnung erfahren zu 328 KarlSuessenguth,Meiotischeundssomatische Kernteilung bei einigen Monokotylen. haben. An Hydrocleis nymphoides untersuchte ich Kernplatten der Wurzelspitze, der jungen Perigonblätter, Antheren, Fruchtblätter, Inte- gumente und des Nucellus. Die Zählung der Aster- und Diasterplatten ergab jedoch immer ungefähr 12 Chromosomen, die oft deutlich paar- weise angeordnet waren. In kleineren Pleromzellen der Wurzeln von Galtonia candicans dagegen, die normal 16 Chromosomen hat, fand ich mitunter 8 oder 9, so daß Strasburgers Angabe, es kämen gelegentlich 8 und 12 vor, gerechtfertigt erscheint. In Präparaten der Wurzelspitzen von Alium cepa, die mit der Lösung nach Gilson-Petrunkewitsch fixiert waren, besaßen die Chromosomen schon im Spirem, besonders aber in der Metaphase moniliforme Struktur. Die Zahl der hintereinander liegenden Chromo- mere konnte pro Chromosom bei ziemlicher Konstanz auf zehn geschätzt werden. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. Von Walter Sandt. Mit 14 Abbildungen im Text. I. Symmetrieverhältnisse. Ihren deutschen Namen hat die Familie der Begoniaceen von ihren sebiefen Blättern erhalten, die in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße bei allen Vertretern der Schiefblätter vorkommen. Die Blätter können in Größe, Ausbildung und Gestalt sehr verschieden gebaut sein. So gibt es ganzrandige, gelappte, gefiederte und handförmig zerteilte, große und kleine, hygrophile und solche mit mächtig entwickeltem Wasser- gewebe (Beg. venosa, incana, angularis u. a.). Immer sind sie in zwei Längszeilen übereinander am Stamme an- geordnet, und in diesen liegen die schmalen Hälften aller Blätter auf der einen Seite (Minusseite), die breiten auf der anderen Seite (Plus- seite). Jedes Blatt ist somit dem nächsten und vorhergehenden gegen- wendig, und die beiden Blattzeilen stehen (wenn man von der unter- sehiedlichen Höhe der Insertion der Blätter absieht) symmetrisch zu- einander. Alle Begonien besitzen dorsiventrale Sproßachsen, auch die orthotropen anscheinend radiären. Abgesehen von der gleich zu er- örternden- Stellung der Blätter, durch die der dorsiventrale Charakter auch dieser Arten augenfällig wird, äußert er sich schon im physio- logischen Verhalten der Sprosse. Je nach dem Grad ihrer Asymmetrie wenden sich die Blätter mit ihren Blattspitzen + nach einer Seite — immer ist es die Minusseite —, eine Einrichtung, die für die Raum- und Lichtausnützung der Pflanze zweifellos Vorteile bietet. Die Dorsiventralität der Sproßachse gibt sich bei einigen Arten auch im anatomischen Bau kund und in der Ausbildung und Auordnung der Gefäße. So besitzen die kletternden Begonien (es sind Wurzel- kletterer nach Art des Efeus) mehr oder weniger abgeplattete Sproß- achsen. Bei den niederliegenden Arten mit kriechendem Rhizom sind die Gefäße der Unterseite (der Plusseite) kräftiger entwickelt. Flora, Bd. 114. 22 330 Walter Sandt, Jedes Blatt besitzt zwei Nebenblätter. Das auf der Minusseite wird vor dem der Plusseite gewöhnlich zeitlich früher angelegt und übergreift es dann auch mit beiden Rändern in der Knospe. Allein auch der um- gekehrte Fall tritt ein, wie bei Beg. scandens, repens und Limminghei, wo die Stipel der Plusseite die der Minusseite deckt. Ich bezeichne daher die Stipeln einheitlich, Plusstipel mit a, Minusstipel mit £. Goebel!) hat zuerst darauf hingewiesen, daß die Dorsiventralität des Sprosses sich auch auf die Stipeln erstrecken kann. Doch kommen bei den einzelnen Arten so viele Verschiedenheiten in Größe und Form der Nebenblätter vor, daß sich eine einheitliche Gesetzmäßigkeit daraus nicht ableiten läßt. So ist z. B. « größer als 8 bei Beg. hirtella, malabarica, ulmifolia, Sandersii, Schmidtiana u. a.; gleich groß sind beide Stipeln bei Beg. scandens und sanguinea; bei Beg. foliosa und Poggei ist die -Stipel vor der «a-Stipel gefördert und größer aus- gebildet. Ebensowenig ist ihre Größe zu der der Blätter eine konstante. Kleinblätterige Arten können oft relativ größere Stipeln aufweisen als großblätterige. Bei manchen Arten sind die Nebenblätter fleischig ent- wickelt (Beg. angularis), bei anderen wieder häutig (Beg. venosa), hin- fällig oder am. Stamme bleibend, so daß sie direkt als systematisches Unterscheidungsmerkmal herangezogen werden?). Erwähnen will ich nur noch, daß die Stipeln durch seitliche Auswüchse weitere Modi- fikationen erfahren können. So ist ihre Rückenseite deutlich gekielt bei Beg. scandens, repens, heracleifolia, valida, macrophylia, hydro- cotylifolia. Bei vielen niederliegenden Arten sind die Nebenblätter deutlich asymmetrisch gebaut und stehen schwach säbelförmig vom Stamme nach außen gerichtet (Beg. Rex). Hinsichtlich ihres Wuchses kann man bei den Begonien zwei Typen unterscheiden, den der aufrechtwachsenden, meist orthotropen von dem der niederliegenden, kriechenden, ausgesprochen plagiotropen Arten mit verdiekter und gestauchter Sproßachse. Arten mit schräg ansteigender Sproßachse leiten von einer Gruppe zur anderen über. Diese Ein- teilung deckt sich keineswegs mit der systematischen, können doch plagiotrope Arten wieder orthotrop werden und umgekehrt, sie ist vielmehr eine ökologische, zum Teil durch die Standortsverhältnisse bedingte. Bei den aufrecht wachsenden Arten (z. B. Beg. semperflorens, hirtella, venosa) sind die Blattzeilen am Stamme diametral gegenüber 1) Goebel, Organographie, 2. Aufl., pag. 262. 2) Sektionen Lepsia, Steineria, Trendelendurgis, Trachelocarpus u. a in Engler-Prantl, a.2.0, “ Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 331 inseriert. Die Konvergenz der Blattzeilen (durch Drehung der Spreiten und Blattstiele) findet stets nach der morphologischen Unterseite der Zweige, also der von der Abstammungsachse abgerichteten Seite hin statt; die Zweige sind also epinastischt). Bei den niederliegenden Begonien (den Gireoudia-artigen der Nomenklatur Klotzsch’) ist eine Seite dem Boden angedrückt und in ihr mit Wurzeln befestigt. Aufrechtwachsende Begonien. Achselsprosse stehen hier mitten in der Blattachsel. Die Seiten- ‚sprosse, deren Hauptschnitt (Symmetrieebene) mit der des Muttersprosses im typischen Falle sich kreuzt, beginnen regelmäßig mit einem Vor- blatt auf der Plusseite, das die Knospe einhüllt. Ihm gegenüber kommt das erste Laubblatt des Achselsprosses auf der Minusseite (der Haupt- schse) zur Entfaltung. Bei den kletternden Arten Beg. repens und scandens, aber auch bei großblätterigen, aufrechten Arten, wie Beg. vitifolia, valida tritt eine Drehung des Achselsprosses bereits in der Knospenlage ein, derart, daß die Symmetrieebenen von Haupt- und Nebensproß zusammenfallen. Das Vorblatt steht dann dem Tragblatt superponiert, das erste Laub- blatt ihm gegenüber auf der Seite der Hauptachse. Es wird damit erreicht, daß bei der Entfaltung der Blätter des Achselsprosses ihre Plus- und Minusseiten gleichsinnig mit denen der Mutterpflanze orientiert sind. Vergegenwärtigt man sich die Tatsache, daß bei den kletternden Arten die Plusseite (die immer die Schattenseite ist), dem Substrat anliegt, so befindet sich der austreibende Sproß von vornherein mit seinen Blättern in der „fixen Lichtlage*. Bei fast allen von mir untersuchten Begonien von aufrechtem, buschigem Wuchs, bei denen die Blätter mit ihren Minusseiten kon- vergierten, standen sich die Insertionen der Blattzellen am Stengel annähernd diametral gegenüber. (Eine Ausnahme macht z. B. Beg. Evansians, wo die Blätter schon in der- Knospe auf etwa 90° einander genähert sind.) Die Konvergenz der Blattspitzen wurde durch die Krümmung der Blattstiele nach der Minusseite und eine weitere Drehung der Blattspreiten aufeinander zu bewirkt. Das Diagramm von Eichler für Beg. zebrina könnte aber den Eindruck erwecken, als wenn die Blattzeilen immer auf der Unterseite des Sprosses entstünden. Wie Schnitte durch Sproßvegetationspunkte zeigten, ist dies aber selbst bei ‚so stark plagiotropen Sprossen wie Beg. fuchsioides und foliosa nicht 1) Vgl. Eichler, Über Wuchsverbältnisse der Begonien, a. a. 0. Goebel, Organographie, pag. 260. gg* 332 Walter Sandt, der Fall. Diese einander im Wuchs ähnlichen Arten tragen kurze, gestielte, kleine Blätter, die ihre Spreiten flach auf der Oberseite des Sprosses entfalten, wie die Fiedern eines Fiederblattes, Sie werden bereits in der Knospe mit nach oben gerichteter Spreite angelegt, so daß sie sich bei der. Entfaltung nur flach auszubreiten brauchen. Trotz- dem die Blätter auf die Stengeloberseite sich wenden, rücken ihre Insertionen nicht aus der Y,-Stellung am Sproß heraus, wie man bei diesem ausgesprochen plagiotrophen Wuchs vielleicht erwarten könnte. Die Infloreszenzen, die bei Foliosa nur aus einem Dichasium mit einer männlichen Mittelblüte bestehen, die abfällt, noch ehe die beiden weiblichen Blüten reif werden und sich öffnen, stehen in der Blatt- achsel bisweilen etwas aus der Mitte nach der Plusseite verschoben. Die männliche Primanblüte ist im Dichasium stets auf die Hauptachse zu gerichtet, ihre beiden fertilen Vorblätter, in deren Achseln die beiden weiblichen Sekundanblüten stehen, konvergieren schwach nach außen, so daß auch die weiblichen Blüten von vornherein eine in bezug auf die Sproßachse abgerichtete Lage in der Infloreszenz einnehmen. Von den drei Ovarflügeln der weiblichen Blüten zeichnet sich einer durch besondere Größe aus. Dieser ist stets auf die männliche Blüte zu gerichtet. Die Infloreszenz wächst schräg aus der Blattachsel nach oben. Dabei dreht sich der Infloreszenzstiel so, daß die männliche Blüte, die bis dahin der Sproßachse zugewandt war, jetzt nach oben schaut. Erst beim Aufblühen richtet sich die männliche Blüte durch eine deutliche Krümmung ihres Blütenstiels vertikal nach oben (wahr- scheinlich geotropische Umstimmung), während die noch jungen weib- liehen Blüten auch- weiterhin unverändert ihre Lage beibehalten. Die im Wuchs ganz ähnliche Beg. fuchsioides Hook. mit größeren Blättern und gleich großen Stipeln hat reichblütigere Infloreszenzen. In Eichlers Diagramm!) steht die mittlere, männliche Blüte gegenüber den beiden in ihren Vorblättern entstandenen weiblichen Blüten nach außen gerichtet. Es erstreckt sich‘ aber der exotrophe Wuchs der Begonien auch auf die Infloreszenzen, und die früher ent- standenen Blüten stehen zu den später angelegten immer relativ nach innen auf die Hauptachse gerichtet. Die großen Ovarflügel sind dabei immer nach ihrer entsprechenden männlichen Medianblüte orientiert. Diese Förderung der Außenseite der Infloreszenzen macht sich sehr häufig schon bei weiterer Verzweigung bemerkbar. So treten Wickel, mit denen dichasiale Infloreszenzen in ihren letzten Verzweigungen oft )) Eichler, a.a.0 Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 333 abschließen, zuerst an den von der Sproßachse relativ am weitesten abstehenden Ästen auf. Das gleiche gilt für alle in Wickel auslaufende zymöse Blütenstände der Begonien. Die Seitensprosse stehen inmitten der Blattachsel und beginnen mit einem Vorblatt auf der Oberseite (Plusseite). Der Achselsproß dreht sich bei der weiteren Entwicklung aus seiner ursprünglich zur Medianebene des. Tragblattes gekreuzten Stellung (erstes Laubblatt nach der Unterseite gerichtet) in diese; bei rechtsstehenden Sprossen also nach rechts, bei linksstehenden nach links. Treten in der Achsel des Vorblattes weitere Sprosse auf, so zeigen sie die gleiche Symmetrie wie die Achselknospe. Auch sie drehen sich bei der Entfaltung wie diese und stellen ihre Oberseite parallel zur Oberseite des Haupt- sprosses. Begonia Poggei Warhg. zur afrikanischen Gattung Fusibegonia gehörig, besitzt nur schwach asymmetrische Blätter. Die Blattzeilen konvergieren auf der Seite der kleineren Blatthälften. Wie Irmscher?) für die nahe verwandte Beg. Eminei angibt, tritt auch hier eine Ver- teilung der Geschlechter auf verschiedene Blütenstände ein. Auffallend ist, daß die Achselsprosse nie allein, sondern immer mit Infloreszenzen auftreten. Zuerst wird stets eine männliche Infloreszenz angelegt, die ein Diehasium vorstellt, dessen letzte Verzweigungen in Wickel aus- gehen. Die beiden Brakteen der Primanblüte sind meist auf einer oder auf beiden Seiten wenigstens im unteren Teil verwachsen, so daß auf dem Schnitt der Blütenstand oft von einer allseitig geschlossenen Hülle umgeben ist. Zeitlich nur wenig später erscheint neben dieser Infloreszenz auf der nach der -+--Stipel des Tragblattes zu gelegenen Seite der Achselsproß, der bei weiterem Wachstum die Infloreszenz, die annähernd in der Mitte der Blattachsel ihre Insertion hatte, nach der Minusseite der Sproßachse abdrängt, so daß bei einer blühenden Pflanze alle männlichen Infloreszenzen auf diese Seite die Achsel- sprosse auf die Plusseite zu stehen kommen ?). Der Achselsproß (s. Fig. 1), dessen Symmetrieebene zu der des Haupt: sprosses, wie es der allgemeinen Regel entspricht, gekreuzt ist, beginnt mit einem seitlichen Niederblatt auf der Plusseite (das freilich immer 1) Irmscher, a. a. O. pag. 572. . \ \ 2) Beide Axillargebilde entstehen unabhängig voneinander; ihre Leitbündel entspringen getrennt aus der Hauptachse und weisen auch vorher keinerlei Ver- bindung miteinander auf, was etwa darauf schließen ließe, daß der Sproß ein Bei- sproß der Infloreszenz wäre. Diese wiederum steht außerhalb des Vorblattes des Achselsprosses. 334 Walter Sandt, etwas nach dem Tragblatt zu verschoben ist), worauf das erste Laub- blatt ihm gegenüber auf die Minusseite zu stehen kommt. Dieser Sproß bringt nun eine Anzahl von weiblichen Infloreszenzen hervor, von denen die erste in der Achsel des Niederblattes (z), die weiteren in den 1 (rudimentär) Fig.1. Beg. Poggei. 7 Hauptsproß >< Achsel- sproß von Z, nicht mehr getroffen. 77 Achsel- wie bei Z sproß a, von Z, in derselben » sein Vorblatt. #7 Hauptaproß, Achseln der Laubblätter stehen. Sie stellen wie die männlichen Infloreszenzen Dichasien mit Wickelenden vor, sind aber nicht so reichblütig wie diese. Zur besseren Raumausnützungrücken sie etwas in die 3-Stipeln ihrer Tragblätter, kommen also auf der Plusseite (des Hauptsprosses) zur Entfaltung. Zuweilen treten noch In- floreszenzen mit d und 2 Blüten auf. Dann schließen letztere wie bei den gewöhnlichen Be- gonien die Infloreszenzäste ab. Ich fand diese Erscheinung bei mehreren Stücken, und zwar nicht nur bei den einzelstehenden männlichen Infloreszenzen, son- dern auch bei den weiblichen der Achselsprosse. Bei ersteren waren dann immer die End- bläten weiblich, bei letzteren die Priman- und Sekundanblüten männlich. Aber auch die männ- liche Blütengeneration, wenn ich so sagen darf, kann übersprungen werden. Dann treten an Stelle der männlichen Infloreszenzen auf der Minusseite rein weib- liche Dichasien auf, wie ich an einem kräftig ernährten Seiten- sproß eines Stockes sah. Man kann wohl bei den Begonien von einer ausgesprochenen Tendenz, die Geschlechter zeitlich getrennt hervor- zubringen, sprechen, die sich bei den meisten Begonien in einer Pro- tandrie äußert (vgl. auch S. 351). Ob dieses Verhalten mit einer Beiträge zur Kenntnis der Begoniacsen. 335 Änderung der für den Blütenaufbau von der Pflanze bereitgestellten Baustoffe zusammenhängt, will ich nicht behaupten. Immerhin scheint es mir so zu sein. Guter Ernährungszustand begünstigt zweifellos das Auftreten von weiblichen Blüten, wenn er auch die Ausbildung von männlichen Blüten natürlich nicht hindert. Bei Hungerpflanzen werden jedenfalls zuerst die weiblichen Infloreszenzen in Mitleidenschaft gezogen. So gelangten bei einer entblätterten Poggei wohl noch reichlich männ- liche Blüten, aber nur noch zwei kleine weibliche Blüten zur Ausbildung. An Wurzelälchen stark erkrankte Pflanzen trugen zwar noch einzelne männliche Blüten, aber keine weiblichen mehr. Ein interessantes Gegenstück zu Beg. Poggei ist die im Habitus sehr ähnliche Beg. injolo@nsis D. W.'), von der zwei junge Exemplare im Sommer 1919 im Münchener Garten blühten. Wie bei Poggei erscheint der Achselsproß stets mit einer Infloreszenz in derselben Stellung wie bei Poggei. Diese trug aber nur weibliche rotviolette Blüten. Leider fielen die Pflanzen im Herbst 1919 einem Gärtnerstreik zum Opfer. Beg. Evansiana Andr. (syn. Beg. discolor) weicht vom Typus der aufrechten Begonien insofern ab, als die Anlage der Achselknospen statt mit einem regelmäßig mit zwei zur Medianebene des Tragblattes gekreuzten, den Stipeln also superponierten Vorblättern erfolgt. Eine Spaltung des unpaaren (normalerweise bei anderen Begonien auf der Plusseite stehenden Vorblattes) liegt hier nach ihrer ganzen Entstehung und Innervation zu urteilen, nicht vor. Wenn das zweite Vorblatt das erste Laubblatt auf der Minusseite ersetzt, was ich annehme, erklärt sich daraus noch nicht die Stellung des dritten Blattes (des ersten laubigen), das statt dem zweiten gegenüber, zwischen beide zu stehen kommt und mithin dem Tragblatt adossiert wird ?). Wohl mit der Eigenschaft im Herbst, wo die Pflanze „einzieht“ axillare Sproßknöllchen hervorzubringen, hängt es zusammen, daß in den Blattachseln auch im Frühjahr und den Sommer über neben dem ‚ersten Achselsproß eine Reihe weiterer zur Ausbildung gelangen. Es ist nun interessant, inwieweit die Symmetrie des Hauptsprosses sich auch noch auf diese weiteren Seitensprosse geltend machen kann. Das ‘erste Laubblatt des primären Achselsprosses steht stets abaxial mit 1) Erwähnt im Sylloge Florae Congolanae, Bd. Il. Brüssel 1910. 2) Man könnte vielleicht auch geltend machen, daß bei Evansiana das Vor- blatt unterdrückt und das erste durch Drehung von der Minusseite adaxial gestelite Laubblatt obliteriert sei. Die Vorblätter wären dann dessen Stipeln. Da indes beide Blätter Achselsprosse tragen, scheidet diese Deutung aus. 336 Walter Sandt, seiner Plusseite nach der Plusseite des Hauptsprosses gerichtet. Ihre Hauptschnittebenen laufen also parallel, nicht gekreuzt. Die Anordnung der weiteren Sprosse ist eine dichasiale (wie bei den Infloreszenzen). Gelegentlich tritt zwischen Tragblatt und diesem primären Achselsproß ein weiterer serialer Sproß auf, der hinsichtlich seiner Symmetrie und Ausbildung nur eine Wiederholung des ersteren darstellt. Auch hier steht das erste Laubblatt auf der dem Tragblatt zugekehrten Seite. Bei den in den Vorblättern (r, und ,) des primären Achselsprosses an- gelegten sekundären Sprossen standen in den meisten Fällen das erste Laubblatt diesem abgerichtet, also wieder relativ abaxial. Jedoch auch der umgekehrte Fall trat ein, wo das erste Laubblatt auf der Seite des Primärsprosses angelegt wurde. Solche Knospen standen aber auf der Plusseite der Mutterpflanze. Da ich hinreichend junge Sprosse unter- suchte, wo das erste Blatt gerade am Vegetationspunkt angelegt war, ist eine Täuschung, die durch eine eventuell nachträglich eingetretene Streckung und Drehung der Knospe denkbar wäre, ausgeschlossen. Es wären hierfür zwei Möglichkeiten diskutierbar. Einmal kann die Symmetrie der Mutterpflanze ‚den Einfluß des Primansprosses auf seinen Achselsproß aufgehoben haben, oder das Licht hat (im gleichen Sinne) die Entstehung des Blattes auf der Lichtseite (Minusseite der Pflanze) bewirkt. Bei den weiteren tertianen Sprossen werden diese Unstimmigkeiten noch größer. Hier waren meist die Vorblätter un- gleich groß, und zwar waren daun stets die relativ auf den Priman- sproß zu gerichteten die geförderten, die in ihrer Achsel noch weitere normal nicht mehr zur Entwicklung gelangende kleine Sproßanlagen enthielten. Niederliegende Begonien. Bei den Begonien mit schräg ansteigender oder dem Boden an- liegender Sproßachse rücken die Blattzeilen auf die Oberseite, wo sie einander bis auf 90° und mehr genähert sein können. Die Blattspreiten schauen mit ihren Minusseiten nach oben bei der Entfaltung. Durch Überkippen auf ihren Stielen werden die Blätter später mit ihren Spitzen nach unten gerichtet, so daß die Plusseiten jetzt nach oben stehen. Dadurch sind die Oberseiten der Blätter jetzt entgegengesetzt zur Wachstumsrichtung der Sproßspitze gestellt (Fig. 2). Eichler schreibt von den niederliegenden Begonien: „Würden hier ebenfalls wie bei den aufrechten Arten die Blattzeilen nach der Unterseite hin konvergieren, so würde für die Pflanze eine wenig vorteilhafte Situation geschaffen; sie müßte die Blätter, um sie zur 2 Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 337 Entfaltung zu bringen, zwischen Boden und Stengel hindurch dem Lichte zubiegen. Dabei würden zugleich die schmalen Blatthälften voneinander entfernt und die breiten einander zugedreht werden, woraus ebenfalls eine Inkonvenienz sich ergäbe. Aus diesen Schwierigkeiten hilft sich sozusagen die Pflanze dadurch, daß sie von vornherein die ganze Blattdisposition umkehrt; sie entwickelt die beiden Blattzeilen auf der Oberseite des Stengels — dieser wird also hyponastisch —, richtet die Blätter mit der Oberseite nach unten und stellt auf diese Weise alles in diejenige Disposition, welche für die durch die Wachs- tumsart gegebenen Verhältnisse am zweckdienlichsten erscheint.“ — Fig. 2. Beg. Rex. Schattenseite. Diese Darstellung trifft aber den Nagel nicht auf den Kopf, denn es ist bei diesen Arten die morphologische Oberseite, also die der Abstammungsachse zugekehrte, die nach unten gerichtete. Eichlers Ansicht wäre richtig, wenn die niederliegenden Begonien mit ihrer Bauchgeite nach unten zu liegen kämen. Sie kehren aber tatsächlich ihre Rückenseite dem Substrat zu. Jede adaxiale Seite eines Achsel- sprosses wird somit schon durch die schräge Lage der Mutterachse zum Horizont von vornherein eine „Unterseite“ sein. Sehen wir des- halb von den hier in. doppeltem Sinne gebrauchten Begriffen Oberseite und Unterseite ab, und beziehen uns bei der Symmetrie der Sproß- seiten auf ihre Lage zur Hauptachse, dann werden wir finden, daß die 338 Walter Sandt, Blattzeilen auch hier wie bei den aufrechten Arten auf der abaxialen Seite konvergieren. Eine Umkehr der Blattdisposition ist also nicht eingetreten. Wären die Sprosse hyponastisch, dann müßten die Achsel- sprosse auch in der Knospe mit ihrer Minusseite auf die Mutterachse gerichtet sein. Das Diagramm Eichler’s von Beg. Rex, in dem dies auch so dargestellt ist, ist aber unrichtig. Ich habe bei allen Achsel- sprossen der Begonien immer die Plusseite relativ auf den Hauptsproß zu gerichtet angetroffen. An dieser Tatsache ändern auch Drehungen, (die aber nie soweit gehen, daß etwa die Minusseite der Hauptachse zugekehrt wird), und Ver- lagerungen der Achselknospe (Beg. Rex) nichts. Wenn irgendwie, so muß meines Erachtens im Verhalten des Achselsprosses zum Haupt- sproß die Frage, ob Hypo- nastie oder Epinastie vorliegt, sich entscheiden. Die Wachs- tumsförderung der die Wur- zeln produzierenden Plusseite bei niederliegenden Begonien vor der blättertragenden Minusseite ist eine korrelativ bedingte. Ich will aber nicht unerwähnt lassen, daß ein Vertauschen dieser Seiten etwa durch einfaches Umstellen der Angriffsrichtung der Schwer- Fig. 3. Im Dunkeln aufrecht gewachsener Achsel- kraft (durch Drehung der sproß von Beg. Rex. Sproßachse um 180°) nicht zu einem Erfolge führte. Daß es das Licht ist, was den niederliegenden Wuchs der Gireoudia- . artigen Begonien bedingt, läßt sich leicht durch Dunkelkulturen zeigen. Fig. 3 zeigt einen Achselsproß, der ausgetrieben ist, während die Mutterpflanze 2 Monate lang unter einem schwarzen Pappzylinder ge- halten war. Abgesehen davon, daß er stark etioliert sein muß, die Blattspreiten sehr klein, die Internodien gestreckt sind, interessiert uns das den aufrechten Begonien völlig analoge Verhalten. Auch die Divergenz der Blattzeilen ist ein® größere geworden. Ein im Frühjahr 1920 mit Beg. rubella, einer gleichfalls niederliegenden Art, wiederholter Versuch Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 339 ergab das gleiche eindeutige Resultat. Der Antagonismus der Vorder- und Rückenseite wird bei Ausschluß des Lichtes aufgehoben, nicht derart vollständig, daß nun auch die Blattzeilen diametral gegenüber angelegt werden, wohl aber wächst der Sproß jetzt negativ-geotropisch nach oben. Bei diesen niederliegenden Begonien nimmt der Achselsproß (mit wenigen gleich zu besprechenden Ausnahmen) immer die Mitte der Blattachsel ein. Die von Eichler gemachte Angabe, daß die Achselsprosse dieser Begonien statt mit einem mit drei Niederblättern beginnen, ist von Kolderup-Rosenvinge bereits richtiggestellt worden. Eichler hat die Stipeln des ersten oft ganz rudimentär bleibenden Laubblattes auch für Vorblätter gehalten. Eichler behauptet aber auch, daß der Achselsproß aller niederliegenden Arten aus der Achselmitte heraus in die Plusstipel des Tragblattes rücke. Er generalisiert somit aus einem Verhalten, wie es bei Beg. Rex tatsächlich besteht, auf die ganze Gruppe. Dieser Irrtum, daß aus Zweckmäßigkeitsgründen für die Entfaltung des Sprosses dieser auf die Unterseite der Pflanze rücken müsse, hat sich auch in die weitere Literatur eingeschlichen. Ich führe nur Warburg') an! „... bei den niederliegenden sind die Axillarknospen nach der Unterseite des Muttersprosses hinabgerückt, so daß sie in die Achsel des zweiten (d. h. des bedeckten) Nebenblattes zu stehen kommen. Hierdurch wird erreicht, daß die Begonien sofort beim Austreiben in eine günstige Lage kommen.“ . Dieser zwingende Grund liegt nun aber für die Begonien augen- scheinlich nicht vor. Ich kann die angegebene Stellung der Seiten- knospe in der Plusstipel des Tragblattes lediglich für Beg. Rex be- stätigen. Diese Eigenheit von Beg. Rex überträgt sich auch auf ihre Bastarde, z. B. Beg. Rex hybrida Luise Erdödy, die ‘durch ihre von Goebel?) beschriebenen Wendeltreppenblätter. charakteristisch ist und erhält sich auch als erbliches Merkmal bei Bastarden, die nicht nieder- liegen, wie Beg. deliciosa hort., die gestreckte bis 15 em lange auf- rechte Internodien hat. Mir scheint der Grund hierfür ein anderer zu sein. Bei den meisten Begonien vertritt den Achselsproß in der Blattachselmitte zur Blütezeit eine Infloreszenz. Die Blattachsel ist dann nicht imstande, noch einen Achselsproß zu produzieren. Vergegenwärtigen wir uns nochmals das Verhalten von Beg. Poggei, wo beides in einer Blatt- 1) Engler-Prantl III, 6a, pag. 123. 2) Goebel, Naturw. Wochenschr., a. a. O. 340 Walter Sandt, achsel auftritt, die Infloreszenz immer vor dem Achselsproß auf der Minusseite, der Achselsproß hinwiederum durch jene etwas nach der entgegengesetzten Seite, der Plusseite, abgedrängt wird, so könnte die Ursache für das Herausrücken des letzteren aus der Blattachsel, wie wir es bei Beg. Rex immer antreffen, vielleicht auf ähnliche Weise eingeleitet worden sein. Zur weiteren Stütze dieser meiner Hypothese möchte ich nur anführen, daß ich bei Beg. goögoänsis, einer auf Sumatra vorkommenden, wie Beg. Rex, mit der Sproßachse dem Boden aufliegenden Art, den Achselsproß durchwegs nach der Unterseite ver- drängt antraf durch eine Infloreszenz, die in der Blattachselmitte stand!). Diese Abdrängung kann im Laufe der phylogenetischen Ent- wicklung der Art sich erweitert und zu einem Örganisationsmerkmal gefestigt haben, zumal es die austreibende Knospe noch obendrein in die günstigste Lichtlage stellt. Zur Frage der Unstimmigkeiten zwischen den Angaben von Sachs2) Eichler und Kolderup-Rosenvinge, auf die Goebel?) hinweist, möchte ich mich noch äußern. Sachs schreibt: „... bei diekstämmigen Arten, wo die Achsel- sprosse einander vorn genähert sind, macht der Hauptschnitt des Seitensprosses mit dem des Muttersprosses nach vorn (bei nieder- liegenden also nach oben) einen spitzen Winkel. Bei weiterer Ent- wicklung behalten die Zweige dünnstengeliger Spezies ihre ursprüng- liche Lage nahezu, bei dickstämmigen Arten mit verschiedener Vorder- und Hinterseite dreht sich der Seitensproß so, daß seine Hinterseite nach derselben Richtung hinsieht, wie die des Muttersprosses.* Auch Kolderup-Rosenvinge, der den Achselsproß in seiner Knospe mit der Plusseite erst auf die Hauptachse zu gerichtet erklärt, nimmt später eine Drehung des Sprosses an: „En se developpant, les rameaux subissent ordinairement une torsion, de sorte que le face B (sc. Minus- seite) se tourne vers l’axe möre und erklärt das Diagramm Eichlers, in dem die Minusseite des Achselsprosses auf die Haupfachse zu- gekehrt ist, damit que cet auteur a axamin& seulement des rameaux latsraux qui n’6taient pas assez jeunes. Meine Diagramme, die ich zur Klärung dieser Frage von Beg. Rex entwarf, und zwar durch Deckung der Schnittdiagramme von Serienschnitten durch ziemlich weite Strecken, veranlaßten mich, anfangs 1) Auch bei aufrechten Arten wie Beg. malabarica und dem Bastard von Beg. socotrana Ruhm von Sceaux beobachtete ich das gleiche. 2) Sachs, Lehrbuch, 4. Aufl, a.a. O. pag. 214. 3) Goebel, Organographie, 1. Aufl, pag. 103 Anm. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 341 Kolderup-Rosenvinge recht zu geben. Diese Diagramme waren aber falsch, wie die von Eichler und Rosenvinge, weil sie die Asymmetrie der Stipeln, auf die sie sich bei der Orientierung der Schnittserien beziehen mußten, nicht beachtet hatten. (Die Knospe tritt ja schräg aus der Plusstipel heraus!) Es tritt tatsächlich keine Drehung ein. Der junge Sproß ist bereits bei der Anlage gleichsinnig mit der Mutterpflanze gestellt. Beider Hauptschnitte laufen parallel und stehen vertikal. Beg. rhizocarpoides trägt ihre lanzettförmigen, fiedernervigen, kahlen, vom Begoniaceentyp abweichenden, sehr wenig asymmetrischen Blätter aufrecht gestellt auf den kriechenden Sproßachsen. Es unter- bleibt bei dieser Art das Überkippen der Blattspreiten am Blattstiel (@. d. Abb. in Engler-Prantl III, 6a, pag. 136 und Goebel, Biol. Zentralbl. XXX, pag. 712). Die Blattoberseiten sind also dem Sproß- vegetationspunkt zugekehrt, während sie bei Rex. von ihm abgekehrt waren. Soweit man von einer Lichtorientierung im Wachstum der Sproßachsen bei niederliegenden Begonien sprechen kann (Sachs!) bezweifelt den Heliotropismus für dickstämmige Begonien), wären dann diese Sproßachsen positiv, jene negativ heliotropisch gestimmt. Bemerkenswert erscheint mir, daß die Sproßspitze bei Beg. rhizo- earpoides immer steil aufrecht gerichtet war, ein Verhalten, was ich auch bei anderen niederliegenden Begonien, nur nicht in so aus- gesprochenen Masse, beobachtet habe 2). Beg. rhizocarpoides hat die Geschlechter auf verschiedene In- floreszenzen verteilt, die auch verschiedene Stellungen an der Sproß- achse einnehmen. Die Blühperiode wird von männlichen Inflores- zenzen, die in den Achseln der Laubblätter stehen, eröffnet, Die weib- lichen kurz gestielten Blüten werden nicht von der Hauptachse, sondern vom Achselsproß aus gebildet. Dieser bringt jeweils nur eine einzige weibliche Blüte in der Achsel des ersten immer rudimentär bleibenden Laubblattes Z, hervor (Fig. 4). Sie kann aber auch in die Achsel des Vorblattes x, also auf die relative Außenseite zu stehen kommen. Das erste Laubblatt trug dann in seiner Achsel eine männliche Inflores- zenz. Die weibliche Blüte, die in ihrem kurzen Blütenstiel stärkere und um ein oder zwei zahlreichere Gefäßbündel führt als der Stiel der männlichen Gesamtinfloreszenz, wo 6-7 Gefäßbündel für 10—12 Blüten ausreichen müssen, steht ganz allein in der Blattachsel. Die Abb. in 1) Sachs, Lehrbuch, a. a. O. pag. 214. . 2) Das aufrechte Ende der Sproßachse ist stärkefrei, während der folgende horizontal liegende Teil reichlich Statolitenstärke in allen Zeilen enthält, 342 Walter Sandt, Engler-Prantl (pag. 136 zeigt sie von drei Brakteen am Grunde ein- gehüllt. Ich kann dies nicht bestätigen. Vom Tragblatt, das klein ' bleibt und rasch abfällt, entwickeln sich nur die (bleibenden) Stipeln. Wahrscheinlich werden ihm die zur Entwicklung nötigen Baustoffe be- reits in der frühesten Anlage von der axillaren weiblichen Blüte ent- zogen. Frühzeitige Exstirpation derselben müßte das dartun. An den männlichen Infloreszenzen ist sowohl die Außenseite (die auf das Trag- blatt zugekehrte) als auch der nach der Konvergenzseite der Blatt- Oberseite Narbe’g. rudim. Laubbiates N Fig. 4. Beg. rhizocarpoides. 7 Achselsproß eines rechts am Hanptsproß stehenden Blattes T. Vegetationspunkt des Hauptsprosses in Pfeitrichtung. In der Achsei von Z, (die ersten Laubblätter am Seitensproß sind immer rudimentär) weibliche Blüte. 77 Schnitt durch Sproßachse 4. In der Achsel von Z männlicher Blüten- stand; die Brakteen der Primanblüte zuweilen geteilt. Es ist aowohl die Außen- seite (die auf das Tragblatt zugekehrte) als auch der nach der Konvergenzseite der Blattzeilen (— Seite) gerichtete Dichasialast vor dem anderen gefördert. zeilen (also der Oberseite) gerichtete Dichasialast vor dem anderen ge- fördert (vgl. Fig. 411). Daß die Symmetrie der Axillarsprosse unter Umständen eine labile sein kann, lehrte mich ein Fall bei einer Beg. Credneri. Der kräftige Stock bestand aus einem starken Haupttrieb und vier Seiten- ästen, die sämtlich ihre Plusseiten der Abstammungsachse zugewandt hatten, ihre etwas auf der Minusseite genäherten Blattzeilen von ihr abkehrten, wie es für die Lichtausnützung auch am günstigsten ist. Nun tritt plötzlich ohne ersichtlichen Grund eine Änderung der Blatt- Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 343 disposition in allen neuhinzugekommenen Achselknospen ein, sowohl bei den an der Hauptachse neue gebildeten, als auch den der vier kräftig und senkrecht nach oben strebenden Seitenachsen. Am 10. Dez. 1919 hatten von 14 Achselknospen acht bereits ein oder zwei Blätter entfaltet, die ausnahmslos mit ihren Blattspitzen auf die Mutterachse zugerichtet waren. Eine Drehung der Achselknospe um 180°, an die ich anfangs dachte, war aber hier nicht eingetreten. Die Knospenlage war uoch die alte geblieben, das Vorblatt = stand auf der Plusseite, das erste Laubblatt ihm gegenüber auf der Minusseite, der Achsel- sproß zum Hauptsproß rechtwinkelig gekreuzt, nur waren an den Blättern Plus- und Minusseiten miteinander symmetrisch vertauscht. Diese Achselsprosse waren also hypotroph geworden, während ihre Hauptachsen epitroph gewesen waren. Durch Horizontalstellen, Über- kippen und Drehen der Spreiten suchten die Blätter diese Inkonvenienz wieder auszugleichen. Später drehten sich die Sprosse um 180°. Ich habe das gleiche abnorme Verhalten dann auch noch gelegentlich bei Beg. Duchartrei, metallica und venoga feststellen können, I. Dorsiventralität. Die Keimpflanzen der Begonien sind sehr klein, die Kotyledonen durchwegs von gleicher Größe und symmetrisch gebaut. Das erste meist noch symmetrische Primärblatt tritt 5—8 Tage nach der Keimung zwischen den Kotyledonen einer Seite auf. Ihm gegenüber erscheint geraume Zeit später erst das zweite, wodurch die zweizeilige Blatt- stellung des Sprosses hergestellt ist. v i Die Lage des ersten Blattes ist bereits im Samen fixiert, Der Vegetationspunkt zwischen beiden Kotyledonen stellt sich als wenig- zelliger unsymmetrischer Hügel dar, der auf seinem Gipfel immer ein ihn an Größe bedeutend übertreffendes fertig ausgebildetes Drüsen- köpfehen trägt. Unter ihm buchtet sich die Blattanlage des ersten Blattes aus, mit dem es emporgehoben wird. Möglicherweise hat diese Drüse eine ernährungsphysiologische Rolle als Sekretionsorgan. Sie findet sich später noch lange an der Spitze des ersten Primärblattes. Sind die asymmetrischen Seiten der Begonienblätter durch innere Faktoren bedingt oder durch äußere? Läßt sich eine Umkehr er- reichen? ... . . Kolderup-Rosenvinge!) gibt an, daß die dorsiventrale Organisation an der Keimpflanze festgelegt sei, sobald das erste Blatt 1) Kold.-Rosenvinge, a. a. O. 344 Walter Sandt, die Größe der Kotyledonen erreicht habe und macht den Einfluß äußerer Faktoren wie Licht und Schwerkraft dafür verantwortlich. So hat er Keimpflanzen von Beg. Schmidtii und Franconis in verschiedenen Lagen einseitig beleuchtet und will bei fast allen Versuchspflanzen auf der beleuchteten Seite die Plusseite (also die Seite der breiteren Blatt- hälfte) erhalten haben, auf der schwächer beleuchteten die Minusseite. Während er für Beg. Schmidtii eine Einwirkung der Schwerkraft be- streitet, räumt er in seinen folgenden Versuchen mit Keimpflanzen von Beg. Franconis ihr eine bestimmende Rolle ein. Seine Versuchsresultate, die nur in knappen kurzen Protokollen summarisch angeführt werden, wirken aber dadurch nicht überzeugender, daß er bald das Licht, bald die Schwerkraft als Ursache für die dorsiventrale Ausbildung anführt und zum Schluß bemerkt: Probablement l’organisation dorsiventrale peut s’&tablir aussi sans le concours des agents exterieurs. Ich habe die Versuche mit Keimpflanzen von Beg. hirsuta, hirtella und Franconis nachgeprüft und möchte gleich bemerken, daß infolge der großen technischen Schwierigkeiten, die durch die heliotropische Reizbarkeit der Keimpflanzen entstehen, eine einwandfreie Lösung dieser Frage kaum zu erzielen sein dürfte. Ich habe 1914 und 1919 wieder- holt Experimente dieser Art mit ganz jungen Keimlingen angestellt, deren Kotyledonen peinlich genau parallel zueinander orientiert, bald mehr bald weniger stark einseitig beleuchtet wurden, so daß ein Kotyledo der Lichtquelle zu-, der andere ihr abgewendet war. Es läßt sich trotz aller Vorsicht nicht verhindern, daß das Hypokotyl alsbald der stärkeren Lichtseite sich zuwendet, wodurch beide Kotyledonen wieder in gleiche Beleuchtungsverhältnisse kommen. Abgesehen davon, das dadurch die Voraussetzung des ganzen Versuches, die ungleich- seitige Beleuchtung der Keimpflanze, wegfällt, gewinnt nun die Schwer- kraft Angriffspunkte, auf den seitlich liegenden Vegetationspunkt in anderer Weise einzuwirken. Ein Fixieren der Kotyledonen in der ge- wünschten Lage durch Deckglassplitter oder nachträgliches Aufrichten der Keimlinge erwies sich bei der Kleinheit der Versuchsobjekte und der langen Dauer des Versuches als nicht durchführbar. Bei der ver- minderten Beleuchtung vergingen Wochen, bis die ersten Blätter sich ausgebildet hatten, ehe aus deren Stellung auf die Lage der Plus- und Minusseite geschlossen werden konnte. Das Hypokotyl, das sonst 2—3 mm lang ist, erreichte dabei 28—32 mm Länge und Drehungen kamen noch hinzu. Aus diesem Grunde stehe ich auch den Rosen- vinge’schen Beleuchtungsversuchen skeptisch gegenüber, um so inehr, als er diese Schwierigkeiten schweigend übergeht. Aber noch eine Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 345 andere leicht nachzuprüfende Tatsache spricht dagegen, daß auf der Lichtseite die Plusseite sich ausbildet. Einseitig beleuchtete Sprosse pflegen eine ganz charakteristische Stellung zum Lichte einzunehmen, wie ich es an einer Anzahl stattlicher Exemplare von Beg. bybrida Luzerna täglich beobachtete, die an einer Mauer in einem Schauhause des Münchener Gartens standen. Diese aufrecht wachsende Art besitzt große, stark asymmetrisch gebaute Blätter. Die Biattspitzen haben gegenüber dem Anheftungspunkte des Blattes eine Drehung von etwa 90° ausgeführt, wodurch die Blattspreiten auf die Minusseite der Sproß- achse zu liegen kommen, während die Plusseite nur wenig Blatifläche aufweist. Goebel!) hat auf diesen Fall von Exotrophie, der für alle Begonien von aufrechtem Wuchs mehr oder weniger typisch ist, hin- gewiesen, und der den Zweck verfolgt, die Blattzeilen in günstige Be- leuchtungsverhältnisse zu bringen. Diese Pflanze wies stets ihre stark belaubte Außenseite (die Minusseite) dem Lichte, die Plusseite der Mauer zu. Weiter habe ich Saınen von Beg. hirsuta, Wallichiana und semperflorens an Baumfarnstämmen ausgesät. Die aufgegangenen Pflanzen hatten sich in ihrer Lage stets so orientiert, daß ihre Blatt- spitzen und damit ihre Minusseiten vom Substrat ab also dem Lichte zugekehrt waren. Drehte man sie um 180° am Stamme derart, daß jetzt die Plusseite nach außen gestellt war, und mithin die größeren Blatt- hälften stärker als die Spitzen beleuchtet wurden, so suchte die Pflanze aus dieser Zwangsstellung in die frühere normale Lage zurückzugelangen entweder durch Rückdrehung der Sproßachse, oder bei Fixierung mit Drahtklammern durch Zurückbiegen der Blattstiele und Drehung der Blätter nach der besser beleuchteten Vorderseite. Nach meinen Er- fahrungen ist die Minusseite bei allen Begonien die Lichtseite. Auch die axilläre Verzweigung spricht gegen Rosenvinge's Ansicht. Wie früher gezeigt wurde, treten bei einigen Arten (z. B. Beg. repens, scandens u. a.) Drehungen der Achselknospe aus der typisch gekreuzten Stellung ein. . Die Tendenz bei diesen plagiotropen Sprossen geht dahin, den Achselsproß mit seiner Oberseite a priori nach der Lichtseite zu stellen. Nie habe ich den umgekehrten Fall angetroffen, daß ein Achselsproß mit seiner Minusseite nach der Plusseite der Mutterpflanze gerichtet war. Ich halte die Dorsiventralität der Begonien in inneren Organisations- verhältnissen begründet. Dem Licht wie auch der Schwerkraft kommt lediglich ein gewisser richtender Einfluß zu, welche der beiden Seiten 1) Goebel, Organographie, a. a. O. pag. 261. Flora, Bd, 114. 23 346 Walter Sandt, der Keimpflanze zur Minus- oder Plusseite wird. Es ist in der Keim- pflanze, vielleicht schon im Samen, die Disposition zur Dorsiventralität labil schon vorhanden, die dann frühestens beim ersten Primärblatt (sofern dieses wie bei Beg. Franconis schon asymmetrisch ist) in Er- scheinung tritt, und dann offenbar nicht mehr rückgängig oder um- kehrbar ist. Diese Dorsiventralität, die sich in der mehr weniger aus- gesprochenen Konvergenz der Blattzeilen sowie der Asymmetrie der Blätter auswirkt, wird also nicht durch äußere Faktoren hervorgerufen. $ie tritt auch bei Kultur auf dem Klinostaten auf). Aber auch andere Faktoren können einen richtenden Einfluß aus- üben. Da die Blattzeilen gekreuzt zu den Kotyledonen stehen, die dorsiventrale Organisation mit dem ersten asymmetrischen Blatt aber evident wird und damit fest gelegt ist, könnte eine ungleiche Er- nährung des Vegetationspunktes vielleicht einen Einfluß auf die Aus- gestaltung der beiden Blatthälften des Primärblattes ausüben und da- mit Dorsiventralität induzieren. Zu diesem Zwecke wurden am 21. Jan. an jungen Keimpflanzen von Beg. hirtella, bei denen die Kotyledonen noch nicht zur vollen Größe ausgewachsen waren, durch eine heiße Nadel ein Kotyledo ab- getötet. Die Pflanzen, die die Operation gut überstanden, wurden nach einigen Tagen in große Tonschalen umpickiert unter genauer Aufzeichnung der Lage des entfernten Keimblattes. Am 3. März hatten die meisten der Versuchspflanzen das 3. und 4. Blatt gebildet. Von 51 hatten 40 auf der Seite des stehen gebliebenen Keimblattes die Plusseite, nur vier die Minusseite ausgebildet. Bei sieben Pflanzen war das Ergebnis unbestimmt, da hier das erste Primärblatt durch Drehung der Achse die Lage des entfernten Keimblattes eingenommen hatte, die weiteren Blattzeilen zu den Kotyledonen nicht gekreuzt, sondern ihnen superponiert standen. Der Entwicklungsreiz, der von dem einen stehen gebliebenen Keimblatt ausgeübt wurde, war nicht so bedeutend, daß er das erste Primärblatt hätte asymmetrisch machen können. Es glich durchaus in Form und Größe den unten normalen Verhältnissen ent- standenen, er genügte aber, um die in diesem Entwicklungsstadium noch latente Dorsiventralität in bestimmter Weise zu fixieren. III. Samenentwicklung. Die Entwicklung der Samen bei den Begonien bietet nichts Ab- normes, Die junge Samenanlage wird als ein rundlicher Gewebehöcker it) Figdor, Heliotropische Reizleitungen bei Begoniablättern. Ann. d. jard. bot. Buitenzorg, 3. Suppl., 1910, pag. 453. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 347 sehr früh an den Plazenten angelegt. Die Krümmung, welche sie zu einer anatropen macht, wird durch Streckung der Außenzellen einer Seite, der späteren Dorsalseite, bewirkt, die erst in radialer, dann in tangentialer Richtung ihre Zellwände vergrößern, wobei die Integumente fast gleichzeitig (das innere kurz vor dem äußeren) aus der Epidermis sich auszusondern beginnen. Bei der ersten Krümmung der Samenanlage, wo die Integu- mente gerade an ihren Initialzellen kenntlich werden, ist der Nucellus noch völlig undifferen- ziert. Erst später, ungefähr auf dem Stadium der Fig. 5, tritt die Archesporzelle = durch den stärkeren Glanz ihres Plasmas und ihre Größe p; vor den anderen Zellen hervor. Sie hat vorher d Samenanlago von eine kleinere Schwesterzelle nach außen abge- „ Archespor, + Tape- gliedert. Ich kann der Ansicht Warmings?), a Tragen. wonach das Archespor bei den Begonien auf der konvex gekrümmten Seite des Nucellus angelegt werden soll, nicht beipflichten. Nach meinen Untersuchungen bildete das Archespor die End- zelle einer axialen Zellreiie. Während die Inte- gumente den Nucellus allseitig überwachsen, wobei lediglich die Epidermis das Zellmaterial liefert, reift die Archesporzelle zur Reduktionsteilung heran. Es werden vier hintereinander liegende Makro- sporen gebildet, von denen die innerste zum Embryosack sich weiter entwickelt, während die anderen drei nach der Mikropyle zu zusammen- gedrückt werden und zugrunde gehen. Sie sind noch längere Zeit als eine stärker färbbare Kappe am Nucellusscheitel nachweisbar (Fig. 6), Der reife Embryosack entsprieht mit seinen acht . . Kernen ganz dem Normaltypus. Da die Inte- Fe anlage gumente hell und durchscheinend sind, läßt sich Vergr. 1:200. der Embryosack in seinen Umrissen sehon an ganzen . . Samenanlagen erkennen. Durch vorsichtiges Aufhellen mit Kalilauge oder Chloralhydrat treten der Eiapparat und sekundärer Embryosackkern auf kurze Zeit klar hervor. Die Antipoden sind sehr klein und nur auf Mikrotom- g. 5. Entwicklung Ir 1) Warming, De Povule Ann. d. se. nat. Bot. 1877, Ser. VI, Tome V, . 227. Pag. 227, og» 348 Walter Sandt, schnitten sichtbar. Sie liegen in dem trichterförmig zugespitzten Teile des Embryosackes, mit dem dieser nach der Chalaza zu ausläuft. Da sie nach der Befruchtung sehr bald verschwinden, scheinen sie als Nährzellen für den Embryo von untergeordneter Bedeutung zu sein. Bis auf eine Lage palisadenartiger Zellen, die eine Epithelschicht um den Embryosack und seine Verlängerung nach der Chalaza hin bilden, werden die inneren Zellagen des Nucellus vom Embryosack bei seinem Wachstum bis zur Reife verdrängt. Die Epithelzellen, die an der Mikropyle von papillöser Gestalt und dort auch inhaltsreicher sind, haben zweifellos eine ernährungsphysiologische Aufgabe. Die oben er- wähnte aus langen, dünnen Zellen gebildete Fortsetzung des Embryo- sackes nach der Chalaza bildet die Zufahrtsstraße für alle Baustoffe zu demselben. Über den Zellinhalt der Samenanlagen sowie die Natur der Bau- stoffe für den Embryosack wurden eine Reihe mikrochemischer Unter- suchungen angestellt. Stärke war zu keiner Zeit in den Samenanlagen nachweisbar, ob- wohl große Mengen davon in den Plazenten zur Ernährung bereit- gestellt sind!). Sie wird wahrscheinlich durch Diastase bereits in der Plazenta in lösliche Form übergeführt und wandert durch den Funi- culus, in den nie ein Gefäßbündel eintritt, in eine besondere Zell- gruppe an der Chalaza, von wo sie durch die langgestreckten der Stoffzuführung dienenden Zellen nach dem Embryosack weiter geleitet wird, ohne indes je wieder als Stärke abgelagert zu werden. Auch der reife Samen ist vollständig stärkefrei. Mit Jodjodkalium bräunen sich die Zellen des Nucellus, was auf ein Vorhandensein von Glykogen hindeuten würde. Jodchloralhydrat ergibt keine Anwesenheit von Amy- lose. Dagegen ist das Vorhandensein von reduzierendem Zucker un- zweifelhaft. Mit Fehlingscher Lösung trat starke Reduktion zu Kupferoxydul ein, doch gab diese Reaktion über die Verteilung des - Zuckers keinen sicheren Aufschluß, weil durch das Kochen dieser aus den Zellen hinausdiffundierte und. der Niederschlag sich dann haupt- sächlich außerhalb der Samenanlagen zeigte. Die von Molisch?) angegebene Zuckerreaktion mit «-Naphtol bzw. Thymol und konzentrierter Schwefelsäure ergab ebenfalls deutliche Zucker- anwesenheit. Es färbten sich besonders stark die Zellen am Funiculus. Die starke Kutinisierung der Membranen erwies sich hierbei recht 1) Nach erfolgter Reife der Samenanlagen sind die Plazenten stärkefrei. 2) Molisch, Mikrochemie der Pflanzen, pag. 117. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 349 störend, da die Reagentien nur schwer, oft erst nach Stunden, ein- zudringen vermochten. Ich benutzte deshalb in der Folge Mikrotom- schnitte. Samenanlagen wurden sofort in wasserfreien Alkohol ge- bracht, in Paraffin eingebettet, geschnitten und der von Senft 1) an- gegebenen Phenylhydrazinprobe unterworfen. Nach 1—2 Tagen zeigten sich Osazone im Funieulus, dem Chalazagewebe und den langgestreckten Zellen, die von dort nach dem Embryosack führten (Zuckerstraße). Fette in Gestalt von Öltropfen und Eiweiß, die im Embryo später in reichlicher Menge gespeichert werden, sind bereits in der unbefruchteten Samenlage vorhanden. Gerbstoffe finden sich reichlich vor, wie in allen Zellen der Begonien. In wässerige verdünnte Ferrichloridlösung eingelegte Samen- anlagen lassen sehr bald einen flockig-braunen Niederschlag in der Mikropylarregion erkennen. Nach eintägigem Einwirken haben alle Zellen um den Nucellus eine schmutzig grünbraune Färbung angenommen, 2°/,ige Kupferoxydammoniaklösung färbt das ganze äußere Integument und weiterhin den ganzen Chalaza- und Mikropylarteil dunkelbraun. Ebenso ruft 10°/,ige Kaliumbichromatlösung in diesen Zellen einen flockig-braunen Niederschlag hervor. Merkwürdig ist das Auftreten von Nitraten in den Samenanlagen. Sie geben mit Diphenylamin starke Anilinblauresktion. Während un- befruchtete Samenanlagen eine solche nur an der Mikropyle zeigten, sind reife Samen reicher an Nitraten. Doch scheint das Auftreten von Nitrat bei Begonien allgemein zu sein. Wenn man Blätter, Blütenstiele, Stengel mit destilliertem Wasser kocht uud den Rückstand mit Diphenyl- amin prüft, erhält man die gleiche intensive Blaufärbung. . Schleim wurde in den Integumenten nicht nachgewiesen. Die Samenanlagen sind mit einem dünnen Kutinhäutchen überkleidet, das sich mit austretendem Zellsaft leicht von der Zellwand abhebt. Auch die einzelnen Zellwände sind kutinisiert. Sie färben sich mit Chlor- zinkjod braun. Die Vereinigung der beiden Polkerne zum sekundären Embryo- sackkern erfolgt wahrscheinlich erst auf den Reiz des eingedrungenen Pollenschlauches hin. Ich habe bei reifen unbefruchteten Satnenanlagen die beiden Polkerne immer getrennt, wenn auch mehr oder weniger einander genähert angetroffen. Stadien, bei denen die generative Zelle des Pollenschlauches den Embryosackkern erreicht hatte, dieser aber die beiden Nuklei der Polkerne noch unverschmolzen in sich barg, 1) Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. Wien. 1904, Bd. GXIII, Abt. 1, pag. 3. 350 Walter Sandt, sprechen gleichfalls dafür. Der Embryosack, der bis zur Befruchtung flaschenförmige Gestalt hat, und nur am unteren Ende bauchig aus- gebuchtet ist, erweitert sich nach der Befruchtung schlauchartig auf Kosten der pallisadenförmigen Epithelzellen, die kollabieren. Mit diesem Zeitpunkte scheinen auch die papillösen Zellen an der Mikropyle ihre Aufgabe erfüllt zu haben. Sie werden inhaltsarm und deformieren gleichfalls. Die befruchtete Eizelle gliedert durch eine senkrecht zur Längs- achse des Embryosackes gestellte Wand sich in eine Gipfelzelle und eine basale Zelle, die durch weitere perikline Wände einen aus wenigen Zellen gebildeten Embryoträger erzeugt. Die Kopfzelle wächst zum Embryo heran, der sehr bald in Dermatogen, Periblem und Plerom sich differenziert. Über den Zellen des Pleroms grenzen sich die Zellen der Plumula ab, während aus den anstoßenden Zellen des Periblems die Kotyledonen hervorgehen, die im reifen Samen etwa ein Drittel der Gesamtlänge des Embryos erreichen. Der befruchtete Embryosackkern bildet eine große Zahl freier, im plasmatischen Wandbelag verteilter Kerne, die den wachsenden Embryo einhüllen und sich später mit Protoplasma und Zellulosewänden umgeben. Sie werden von dem Embryo bis auf eine der Wand des Embryosackes anliegende Zellage resorbiert. Wir sehen also den Embryo zuletzt von einem nur aus einer Zellschicht bestehenden dünnen Endosperm umgeben, in dem, wie im Embryo selbst, fettes Öl und Aleuron, aber niemals Stärke gespeichert wird. Pritzel’st) Angabe, wonach das Endosperm nur Öl aber keine festen Reservestoffe ent- halte, ist unrichtig. Die Speicherung von Proteinstoffen setzt in dieser Zellschicht (die anderen Zellen des Endosperms bleiben davon immer frei) gleichzeitig mit der Ablagerung dieser Reservestoffe im wachsenden Embryo ein. Bei der Keimung schreitet die Aufzehrung auch dieser Endospermlage noch weiter fort, ja man trifft zuweilen in völlig aus- gereiften und alten Samen häufig um den Embryo nur noch Reste davon an. Der reife Samen ist sehr klein, von ellipsoider Gestalt, am Wurzel- pol etwas zugespitzt. Die Größe ist bei allen untersuchten Arten ziemlich konstant und übereinstimmend, im Mittel 0,4 mm lang und 0,22—0,25 mm breit. 1672 lufttrockene Samen von Beg. Wallichiana wogen 5,3 mg, was einem Durchschnittsgewicht von 0,0032 mg für einen Samen entspricht. Sie wären somit noch leichter als der Samen 1) Pritzel, a. a. O. pag. 383. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 351 von Dendrobium attenuatum, für den Beccari Y/goo mg angibt. Die spröde braune Testa wird ausschließlich vom äußeren Integument ge- bildet, dessen äußere Zellage an den Innen- und Radialwänden verholzt und zu einer harten Prismenschicht sich umbildet. Die Verholzung setzt gleichzeitig mit der Endospermbildung ein. An seinem mikro- pylaren Ende, dem Wurzelpol, ist der Samen stumpf-kegelförnig zu- gespitzt.. Dieser Teil wird als scharf umrissene runde Kappe von der keimenden Wurzel abgehoben. Zur Verfestigung der Testa tritt mit Ausnahme der Kappenzellen, sowie der langgestreckten Zellen, deren größte eine Länge von 0,2 mm, also gleich der Hälfte des ganzen Samens, erreichen, eine Verzahnung der „Zellennähte* ein. So wird der Samen bei der Keimung an den Stellen geringsten Widerstandes gesprengt. Die Samen, die nach der Reife sofort keimfähig werden, keimen nach etwa 4—6 Tagen. IV. Bestäubung und Pollenentwicklung. Über die Art der Bestäubung bei Begonien liegt bisher nur eine einzige Angabe in der Literatur von Knuth!) vor. Er beobachtete, wie auf Java (Tjibodas) eine Art von Apis indica F. und Bambus rufipes Lep. (determ. Alfken) besucht wurde. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, daß auch andere Arten durch Insekten bestäubt werden. Die Blüten duften auch. Ferner sprieht die immer zu verschiedenen Zeiten erfolgende Anthese der männlichen und weiblichen Blüten für Fremdbestäubung. Bei wenig- blütigen Infloreszenzen (Beg. foliosa) sind die männlichen Blüten längst abgefallen, wenn die weiblichen sich öffnen. Dafür spricht auch die Verteilung auf eingeschlechtliche Iafloreszenzen (afrikanische Sektion Mezierea, Beg. sessilanthera Wbg., Eminei, Poggei Wbg., papuana Wbg., umbellatz Kunth, attenuata und rhizocarpoides). Meist handelt es sich um Protandrie, allein auch der umgekehrte Fall kommt vor, wie Irmscher?) für Beg. pilifera Kl, columnaris Benth. und urticae L. angibt. Sie besitzen einfache, also dreiblütige Dichasien, deren Mittelblüte weiblich ist und die in ihren Vorblättern zwei wännliche Blüten trägt. Die im Münchener Garten in zwei 1) Knuth, Blütenbiologie, Bd. III, Teil I, pag. 517. _ 2) Irmscher, a. a. O. pag. 571. Die Angabe Irmschers, pag. 572, daß Beg. fuchsioides Hook. getrenntgeschlechtliche Infloreszenzen besitze, dürfte wohl auf schlecht konserviertes Herbarmaterial sich stützen. Ich kenne die lebende Pflanze aus dem Münchener Garten. Sie hat Dichasien, die mit weiblichen Blüten endigen (vgl. auch das Diagramm bei Eichler, Sitzungsber. 1880, a. a. O.). 352 Walter Sandt, Exemplaren gehaltene Beg. injoloönsis Willd., eine vom Kongo impor- tierte Begonie, trug im Sommer 1919 überhaupt nur weibliche Blüten. In den reichblütigen Cymen von Beg. manicata, luxurians, valida, acerifolia, nelumbifolia. wo zu gleicher Zeit stäubende männliche Blüten und ältere empfängnisreife weibliche Blüten vorhanden sind, ist es aber sehr wohl denkbar, daß von den höher stehenden männlichen Blüten Pollen auf die Narben der tiefer stehenden weiblichen Blüten gelangt (Geitonogamie). So hatte ich oft Gelegenheit zu beobachten, wie an einem sonnigen warmen Tage die großen Blätter von Beg. nelumbi- folia, valida und anderen Arten von ausgeschütteten Pollenmassen ganz gelb überstäubt waren. In der Tat vermögen diese Blüten in kurzer Zeit ihren staubförmigen Pollen vollständig zu entlassen, wobei die schwankenden jedem Windhauch nachgebenden Blütenstiele dies noch unterstützen. Bei Beg. caroliniaefolia, rhizinifolia, valida, vitifolia und anderen zählte ich an den Blüten bis zu 30 Staubblätter, die alle nach oben ge- richtet waren. Eine derartige dorsi- ventrale männliche Blüte zeigt Fig. 7. Trotzdem habe ich bei den zahl- Fig. 7. Dog. manicata, noch ge- reichen Arten des Münchner Gartens sehlossene dorsiventrale 5 Blüte. verhältnismäßig nur spärlichen Frucht- Es sind vom Schnitt nur die äuße- n: iellei i von Porizonblätter 2, und 2, ge- ansatz gefunden. Vielleicht waren die troffen, von denen das obere 2, Bedingungen zur Keimung desselben den eeiiren un zchage GPrEND) keine günstigen oder die 4richtung Oberseite. Vergr. 1:6. Telativ hohe Feuchtigkeit der Häuser und Sonnenmangel verhinderten ein Öffnen der Antheren. Nur Beg. hirtella, hirsuta, Wallichiana und eine von Goebel 1913 aus Brasilien mitgebrachte, in der Wuchsform vor- genannten sehr ähnliche Begonie trugen jedes Jahr zahlreiche reife Kapseln. Hier trat offenbar Selbstbestäubung durch heruntergefallenen Pollen ein. . Man kann den mit gelben Drüsenbaaren besetzten Narben schon nach wenigen Stunden ansehen, ob sie mit Pollen belegt sind oder nicht, indem die Narbenpapillen sehr schnell ein weißlich brandiges Aussehen annehmen. Diese charakteristische Entfärbung der Narben trat nur nach Bestäubung auf. Weder Welken noch mechanische Reizung durch aufgestreuten Staub vermochte das gleiche herbei- zuführen, Der reife aus den Antheren entlassene Pollen ist staubförmig, nicht kobärent, und von ellipsoider Gestalt. Die Größe eines Pollen- Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 853 kornes ist bei allen Arten fast konstant. Lufttrocken ist es im Mitte) 26 « lang und 13 x breit (im gequollenen Zustande 29 « lang und 23 « breit) mit drei Meridionalfalten in der sonst glatten Exine, in deren Mitte je eine kreisrunde Durchlaßöffnung für den Pollen- schlauch liegt. Ihre Kerne sind sehr klein. Sie im ungekeimten Korn zu färben gelang mir auch mit dem von A. Meyer!) angegebenen Chloralkarmin nicht, wohl aber in auf Zuckeragar gekeimten Pollen mit Hämatoxylin. In der Pollentetrade liegen die Mikrosporen in Richtung der vier Achsen eines Tetraöders und behalten bis zum Zerfall der Tetrade diese Lage bei, wodurch sie an einem Pol kurz vor dem Öffnen der Antheren stumpf pyramidenförmig abgeplattet sind. Die drei Längs- spalten in der Exine (die Angabe Meyers?), daß es feine Längsleisten wären, kann ich nicht bestätigen), die sehr früh auftreten, liegen ein- ander zugekehrt, so daß die Keimporen als kleine linsenförmige Auf- treibungen in dem Winkel entstehen, den jeweils zwei Längsspalten miteinander einschließen. Unfertiger Pollen ist stärkereich, reifer stärke- frei, dafür aber um so reicher an Fetten. V. Gefüllte Blüten. Die Neigung zur Blütenfüllung der in zahlreichen gärtnerischen Züchtungen vorliegenden Knollenbegonien ist bekannt3). Diese tritt sowohl in männlichen Blüten wie weiblichen auf, dann aber immer bei den männlichen Blüten zuerst. Ich habe unter mehreren hundert Stöcken von Beg. tuberhybrida nie solehe angetroffen, bei denen nur die weiblichen Blüten gefüllt, die männlichen Blüten dagegen einfach waren, wohl aber waren es sehr oft nur die männlichen Blüten. Bei diesen beruht die Füllung in erster Linie auf einem Petaloidwerden der Staubblätter. Da ihre Zahl eine sehr große und keineswegs kon- stante ist, läßt sich sehr schwer feststellen, ob nebenbei noch Neu- bildung von Petalen stattfindet. Dedoublement wurde häufig beobachtet. Man trifft sowohl Kronenblätter, die unvollständig geteilt sind, als auch solche, bei denen man aus der Stellung den gemeinsamen Ursprung aus einer Blattanlage deutlich sehen kann. Ebenso beruht die Füllung D) Strasburger, Botan. Praktikum, 5. Aufl., 1913, pag. 590 und Ber. d. Deutschen bot. Ges. 1892, Bd. X, pag. 363. 2) A. Meyer, Erstes mikroskop- Praktikum, 1915, pag. 19. . 3) Goebel, Beiträge zur Kenntnis gefüliter Blüten. Pringsheims Jahr- bücher 1886, Bd. XVII, pag. 244. 354 Walter Sandt, der Blüten neben gelegentlicher Spaltung der Kronenblätter auf einem Auswachsen der Narbenlappen zu Blättern, wobei Wucherungen und weitere Zerklüftungen der Narben zur Füllung noch wesentlich bei- tragen. Hahnenkammartige Auswüchse erhöhen den Eindruck der Füllung. Blüten, in denen an Stelle der Staubblätter sich Einzelblüten entwickelt haben, will ich noch erwähnen, sowie abnorme Vergrößerungen und Teilung der Ovarflügel, die wie die Brakteen die Farbe der Blüte annehmen und zur Vergrößerung des Schauapparates dienen können. Interessanter sind die Abänderungen, die zu einem Wechsel der Funktion der Organe und der Sexualität führen. So zeigte ein durch heftige Wucherung der Plazenten schließlich aufgeplatztes Ovar einen großen Teil der Samenanlagen in Griffen mit wohlausgebildeten, köpfchenförmigen Narben ausgewachsen. Häufig beobachtet man auch Umbildung der Antheren zu Narben, unvermittelt, als auch mit ver- schiedenen Übergängen. Dieser Funktionswechsel kann sowohl alle Staubblätter als auch nur einen Teil von ihnen in einer Blüte treffen. Durch + vollständige Verwachsung solcher aus Staubblättern hervor- gegangener Griffel entstehen weibliche Blüten mit oberständigem Ovar. Die Hypogynie (auch Perigynie) solcher Blüten weist immer auf die Herkunft aus einer männlichen Blüte hin, bisweilen finden sich noch normale Antheren oder Nebenkarpelle, die gleichfalls aus solchen ent- standen sind, darunter. Im Inneren des, natürlich nicht dreifächerigen, Ovars stehen auf unregelmäßigen Plazenten regelrecht gebaute Samen- anlagen in großer Zahl. Eine Bestäubung dieser Blüten mußte aber insofern erfolglos bleiben, weil sie beim Verblühen abgeworfen werden. Als männlich präformierte Blüten besaßen sie nur einen schwachen Blütenstiel und die diesen eigene Ablösungszone. Sehr häufig trifft man freie Samenanlagen auf den Blütenteilen an. Sie stehen bisweilen ganz spontan auf der Mitte von Blumen- blättern, meist aber sind sie auf die Basis und die unteren Partien der Blattränder beschränkt, also auf die Stellen, wo bei normaler Ent- wieklung dieser Blätter zu Staubblättern die Pollensäcke sich aus- bilden '). Die Plazenten vertreten also ehemalig mikrosporogenes Gewebe. Alle diese Umbildungen beschränken sich auf die männlichen Blüten, die ja auch hinsichtlich der Füllung vor den weiblichen größere Plasti- zität zeigen. In typisch weiblichen Blüten mit dreifächerigem unter- ständigen Ovar habe ich nie Stamina oder Staminodien angetroffen. t) Auf den eigentlichen zweizeilig dekussierten Perianthblättern kommen sie deshalb auch nie vor. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen, 355 Das weibliche Geschlecht scheint also in diesen Blüten stärker fixiert zu sein als das männliche in den männlichen Blüten, wie ja die männ- liche Blüte auch hinsichtlich des Perigons sich von dem Grundtypus weiter entfernt hat als die phylogenetisch konservativere weibliche Blüte). Während an normalen Antheren die Pollenfächer als vier parallele Wülste angelegt werden, treten bei diesen Zwitterblüten häufig Stö- rungen in der Ausbildung der Fächer ein. Sie zerklüften sich durch quer eingelagertes steriles Gewebe in eine mehr oder weniger große Zahl unregelmäßig konturierter Höcker, die weiterhin von kleinen zäpfchenförmigen oder kugeligen kurzgestielten Körpern ersetzt werden können. Sie bargen in einem eiförmigen Pollenfach, wie mir schien, ganz normalen, gelben Pollen von elliptischer Form, der zum Teil auch die drei Durchlaßöffnungen für den Pollenschlauch erkennen ließ. Ob dieser noch entlassen wird, kann ich nieht angeben, doch spricht die Anlage eines Endotheciums dafür. Zwischen diesen Pollensäcken standen freie Samenanlagen, die zum größten Teil normal gebaut waren und einen Embryosack mit Ejapparat und Polkernen beim Aufkellen mit Kalilauge klar erkennen ließen. Es fanden sich aber neben diesen auch solche, bei denen Gefäße aus der Placenta in den Funiculus eintraten und an der Chalaza endeten, ferner Mittelbildungen zwischen den erwähnten Pollensäcken und Samenanlagen. Die anatrope Krümmung wird unvollständig oder unterbleibt ganz, der Nucellus steht aufrecht auf einem dicken, säulenförmigen Stiele, der ebenfalls Übergangscharakter zwischen Funiculus und Staminodium zeigt, papillöse Epidermis besitzt und gelb gefärbt ist. Die Integumente werden wohl noch angelegt, erfahren aber eine Entwicklungshemmung. Sie umgeben die Samenknospe nur im unteren Teil als ein kragen- artiger Wulst oder hängen als einfacher oder gelappter Zellenkomplex dem Nucellus seitlich an (Fig. 8A). Diese umgebildeten Samenanlagen können ebenfalls Pollen hervor- bringen, indem der Nucellus sich in ein Mikrosporangium amwandelt, was &oebel2) beobachtet hat. Es gelang mir, bei zwei gelbblühenden Knollenbegonien diese Entwicklungsstadien wiederzufinden. Die aus umgebildeten Samenanlagen entstandenen Pollensäcke glichen den oben genannten täuschend in Form und Größe, nur trugen sie an ihrem Ende meist noch eine kleine Spitze glasheller Zellen als Rest der 1) Vgl. auch Goebel, Organogr., pag. 173. 2) Goebel, 1886, a. a. O. pag. 246. 356 Walter Sandt, papillösen Mikropylarzellen des Nucellus, während die anderen abge- rundet und glatt waren. Wie Fig. 8 und 9 zeigen, finden sich die Pollenmutterzellen nicht im eigentlichen Embryosack, der in A noch von dem inneren Integument umgeben, bei 3 nackt auf der Spitze des Pollensackes sitzt. Doch liegt das Mikrosporangium noch inner- halb des auch den Embryosack umhüllenden Tapetum (2). In Fig. 9, einer noch anatropen Samenanlage, liegen die Pollenmutterzellen noch Fig. 8. Fig. 9. Fig. 8. Mittelbildungen zwischen Samenanlagen und Pollenfächern: Erklärung s. Text. Fig. 9. Abnorne anatrope Samenanlage. Der Nucellus » birgt in seinem vorderen Teil einen kleinen Embryosack, in dem die Eigruppe und die beiden Polkerne noch sichtbar waren (im Schnitt sind nur drei Kerne getroffen). Der zwischen diesem und der Chalaza gelegene bei normaler Samenanlage dünne kanalartige Teil ist bauchig erweitert und enthält eine Anzahl Pollenmutterzellen (2). 2 Tapetum. innerhalb des Zylinderepithels des Nucellus, also in dem schmalen Streifen langgestreckter Zellen, der die Verbindung zwischen Embryo- sack und Chalaza herstellt. Ob die Pollenmutterzellen hier aus den Deckzellen des Embryosackes oder aus Schwesterzellen entstanden sind, muß bei der Seltenheit dieser Fälle und der Mannigfaltigkeit solcher teratologischen Bildungen offen gelassen werden. Alle diese Abnormitäten sind wohl als Folgeerscheinungen von Bastardierungen und somit als Degenerationserscheinungen aufzufassen. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 357 VI. Antherenhypertrophien bei Beg. Scharfii und ihren Bastarden. Im Febr. 1920 stellte ich bei zahlreichen Stöcken von Beg. Scharfii, später auch bei ihren Bastarden Beg. Credneri (Beg. metallica > Seharfii) und Beg. Duchartrei (Beg. echinosepala >< Scharfüi) eigentüm- liche Hypertrophien der Atheren fest, die mir interessant genug er- scheinen, hier erwähnt zu werden. Schon früher war mir aufgefallen, daß vielfach die männlichen Blüten bei diesen Arten nicht, wie es sonst bei den Begonien die Regel ist, gleich nach dem Entlassen des Pollens abgeworfen werden, sondern am Blütenstand verblieben, selbst wenn die weiblichen Blüten ihre Vollreife schon erlangt hatten oder, nicht bestäubt, abfielen. Ich konstatierte damals nur, daß bei diesen Blüten die Abtrennungszone am Blütenstiel wohl angelegt wird (sie ist als Ring kleinzelligen Gewebes schon äußerlich erkennbar), eine Lostrennung der Blüte aber unterblieb. Es waren immer solche Blüten, die die ersten Hauptachsen des Dichasiums abschlossen, also die Primanblüte, die Sekundan- und allenfalls noch die Tertianblüten, der reichverzweigten Infloreszenzen. Die folgenden zeigten normales Verhalten. Aber auch äußerlich unterschieden sich diese Blüten von den normalen dadurch, daß sie sich nicht öffneten. Die inneren zwei kleinen Perigonblätter lagerten sich dicht über das Androeceum, die dazu ge- kreuzten zwei großen äußeren waren fest aufeinander gelegt und ent- falteten sich nicht, obschon sie die normale ‚Größe der Perigonblätter der normalen Blüten erreichten, ja später sogar bedeutend übertrafen. In Färbung und Behaarung glichen sie aber vorigen vollkommen !). In diesen geschlossen bleibenden Blüten entwickeln sich die Antheren bis zur Pollenreife vollkommen normal. Es wird reifer Pollen produziert und auch entlassen ?), kann aber wegen Verschluß der Blüte nicht nach außen gelangen. Nach der Anthese setzt nun ein eigen- artiges Dickenwachstum des Konnektivs auf beiden Seiten ein. Es bildet sich unter der als Plasmodialtapete gedienten Zellschicht ein Cambium aus, das ein lebhaftes sekundäres Dickenwachstum von großer Regelmäßigkeit der Zellenanordnung hervorruft; und zwar findet das Wachstum zentrifugal, von innen nach außen, statt. Die Anthere der Begonien wird nur durch ein Leitbündel im Konnektiv versorgt. Nächst diesem bilden sich nun im neuen Zellgewebe Gefäßbündel parallel zu 1) Belegexemplare unter Nr, 463, 464, 465 im Staatsherbar in München, Alkoholmaterial in der Alkoholsammlung des Münchener pflanzenphysiologischen Instituts. 2) Er treibt in 5 °,igem Zuckeragar sehr kräftige ganz normale Schläuche. 358 Walter Sandt, diesem aus, die untereinander auch anastomosieren können. In Fig. 102 ist ein Stadium mit nur zwei Gefäßbündelsträngen auf jeder Seite wiedergegeben. Ich zählte aber bei diesen Antheren bis zu 12 auf jeder Seite. Dementsprechend ist auch der Querdurchmesser ein noch weit größerer als ihn die Abbildung zeigt, im Vergleich zu einer geöffneten Anthere einer normalen Blüte derselben Infloreszenz (Fig. 10 A) der drei- bis vierfache. Die beiden Vergleichsbilder sind bei gleicher Vergrößerung aufgenommen. Es sind alle Zellen des Konnektivs (mit Ausnahme des Endotheeiums und der Epidermis der Theken) um den Fig. 10. Beg. Scharfii. 4 normale, 3 abnorme Anthere. Vergr. 1:75. gleichen Betrag gewachsen. Ich habe solche Blüten wochenlang an den Infloreszenzen gehalten, bis der Infloreszenzstiel von der Basis her abstarb. Als vermeintliche Ursache war ich erst versucht, einen Pilz an- zusprechen, dessen weißliches Myzel ich in diesen Blüten immer an- getroffen habe. Nach Wuchs- und Sporenform dürfte er einer Bothrytis nahestehen. Es gelingt sehr leicht, ihn auf Bierwürzagar in Reinkultur zu ziehen, jedoch hat er sich noch nicht zu erkennen gegeben, da er in den Kulturen nur Konidien abschnürt. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 359 Merkwürdig ist (und dies könnte man als Gegenargument an- führen), daß das Myzel zwar in den Theken anzutreffen ist, jedoch nie in oder zwischen die Zellen der Anthere eindringt. Doch spricht der scharf lokalisierte Herd des Wachstums für einen von den Theken aus angreifenden Reiz und als solcher wäre makroskopisch nur der Pilz als Ursache anzusehen, der möglicherweise chemische Reizstoffe ab- sondert. Ich habe bei Beg. Scharfii nie abnorme Zellteilungen an anderen Stellen der mit einer kutinisierten Epidermis überkleideten Authere gesehen. Mikrochemisch stellt sich das neu gebildete Gewebe nicht als Wundkork, wie man erwarten sollte, dar. Es ist echtes Cambium mit dünnen Zellulosewänden. Suberin wird auch später nicht eingelagert. Nur die äußerste Innenwand der Theka färbt sich mit Chlorzinkjod gelbbraun. Ich möchte bei der Gelegenheit auf einen Fehler auf- merksam machen, den Chatin!) begeht, wenn er Antheren von Beg. semperflorens mit einem mehrschichtigen Endothecium an Stelle der Plasmodialtapete abbildet (übrigens die einzige Abbildung, die sich in der Literatur findet). Ein Endothecium an dieser Stelle wäre auch vollkommen sinnlos. Die Antheren meiner Scharfiiblüten sahen weißlich-gelb aus. In künstlich geöffneten Blüten ergrünten sie und vermochten in schwachem Maße zu assimilieren. Ich konnte vereinzelte Stärkekörner nachweisen. Leider gelang es mir trotz wiederholter Bemühungen nicht, diese Antheren zur Bewurzelung und Regeneration zu bringen. Sie blieben zwar 8—14 Tage auf nicht zu feuchtem Sand am Leben, gingen aber dann immer durch Fäulnis zugrunde. Versuche, experimentell diese Hypertrophien auch an anderen Blüten durch Aussaat von Sporen des Pilzes in die geöffneten Antheren hervorzurufen, schlugen fehl. Ebenso gelang es mir nicht, dureh Gift- reize (Kupfervitriol, das mit viel Gips vermischt in die Antheren ge- stäubt wurde) oder Verletzen einer Antherenhälfte mit einer heißen Nadel, die gleiche Wirkung zu erzielen. Es gehört wahrscheinlich auch eine gewisse Disposition der Blüten dazu, die vom Scharfiiälter auch auf seine Bastarde übergeht. An anderen Arten ist Analoges von mir nicht beobachtet worden. Nur solche an bevorzugten Stellen des Blütenstandes sprechen, wenn eine äußere Reizung tatsächlich vorliegen sollte, an. Auch scheint die Jahreszeit verschieden günstig dafür zu sein. Im Mai und Juni 1) A. Chatin, De lAnthere, Paris 1870. Tafel XI, 4. 360 Walter Sandt, fand ich bei Beg. Credneri ebenfalls noch zahlreiche geschlossene und dann immer verpilzte Blüten, bei denen die Antheren aber nicht oder nur zum geringen Teil in die Dicke gewachsen waren. Der größte Teil war braun und vertrocknet. Das Verbleiben der Blüten an der Infloreszenz würde korrelativ bedingt sein. Die Antherenwände stellen Anziehungszentren für Bau- stoffe dar. Es tritt aber auch eine Entwicklungsumstimmung des ganzen Abblühmechanismus ein. Die Entfaltungsbewegungen der Perigonblätter unterbleiben. Sie zeigen hyponastisches Wachstum und bleiben ge- schlossen, die Blüte selbst wird nicht abgeworfen. Ende Mai dieses Jahres sah ich bei einer Beg. Duchartrei sehr weit vorgeschrittene Antherenhypertrophien. Neben den vorerwähnten, regelmäßig zweiseitig verdickten fanden sich auch solche Antheren, die allseitig in die Dicke gewachsen waren, wodurch köpfehenförmige Mißbildungen zustande kamen. Hier zeigte das Cambium keine Regel- mäßigkeit in der Anordnung, auch waren die Gefäßbündel abnorm ge- baut, die Gefäße darin spiralig gewunden, wie ich ähnliche Bilder in den Adventivknöllchen bei Beg. phyllomaniaca festgestellt hatte. Es ist hier, als wenn die Gefäße die Orientierung, in welcher Richtung sie zu wachsen hätten, verloren hätten, das Cambium aber aus innerer Not- wendigkeit heraus trotzdem fortfährt, Gefäße zu bilden. Da die fraglichen Pflanzen sich stets in gutem Ernährungszustand befanden, setzte ich folgende Vergleichskultur an. Von zwei gleich alten und annähernd gleich kräftigen jungen Credneripflanzen mit Infloreszenz- anlagen wurde die eine in gutem Boden weitergezogen und mit 0,2 %/,iger Knopscher Nährlösung begossen. Die andere wurde nach Abspülen der Wurzel in reinen Quarzsand verpflanzt und nur mit Regenwasser gegossen. Bereits nach 14 Tagen zeigte sich ein ganz deutlicher Unterschied. Die gut ernährte behielt ihre männlichen Blüten, die schlecht ernährte warf sie nach dem Verstäuben ab. Bei ersterer wuchsen die Antheren in den geschlossen bleibenden Blüten aus. Die weiblichen Blüten waren bei beiden Stöcken normal, Es lassen sich also die Antherenhypertrophien durch gute Ernährung mit Mineralsalzen künstlich bei diesen dazu disponierten Pflanzen hervor- rufen, bei Entziehung (Hungerkultur) gänzlich verhindern. Interessant ist, daß Blüten, aus denen die Antheren ganz oder teilweise entfernt werden, ebenfalls an der Infloreszenzachse verblieben, wenn es Primanblüten gut ernährter Stöcke waren. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 361 VIL Begonia phyliomaniaca. Beg. phyliomaniaca ist wahrscheinlich ein Bastard zwischen Beg. manicata und incarnata!), Martius?), der ihr den Namen gab, sah sie noch als gute Art an und stellte sie zwischen Beg. manicata und inearnata 8). Wie die Pflanze in ihrer Heimat, als welche Brasilien, Guatemala, Zentralamerika und Mexiko angegeben wird, sich fortpflanzt, entzieht sich meiner Kenntnis. In den botanischen Gärten wird sie ausschließlich durch Sproßstecklinge vermehrt. Beide Geschlechter sind steril, Die männlichen Blüten fallen geschlossen ab, wenn der Pollen noch unreif im Tetraden- verband zusammenhängt. Ebenso fand ich die Samenanlagen auf einem früheren Entwicklungsstadium, dem des primären Embryosackkernes, stehen geblieben; nie traf ich einen normalen achtkernigen Embryo- sack an. Trotzdem eine Belegung der Narben mit eigenem Pollen somit ausgeschlossen ist, bleiben die weibliehen Blüten ziemlich lange an der Infloreszenz stehen, und täuscht das in die Dicke wachsende Ovar dann leicht eine Befruchtung vor. Infolge dieser Parthenocarpie, die ich auch bei anderen Begonien in mehr oder minder ausgesprochenem Maße sah, kann ich es mir wohl erklären, wenn der botanische Garten in Leyden in seinem letzten Samenkatalog Samen von Beg. phyllomaniaca anbietet. Die von dort bezogenen Kapseln enthielten aber nur taube Samen- anlagen. Die Pflanze erlangte, wie schon ihr Name besagt, ihre Berühmtheit durch die zahlreichen Adventivbildungen, die bisweilen auf Blättern, Blatt- und Inforeszenzstielen, vor allem auf den Sproßachsen in großer Menge auftreten, und den Forscher wiederholt angeregt haben, sich mit dieser Pflanze zu befassen. Dieses Verhalten ist um so unverständlicher, als diese Bildungen von der Pflanze nicht als Vermehrungsmittel benutzt werden, worauf schon Goebel‘) hingewiesen hat. Diese Sprosse lösen sich nie freiwillig von der Mutterpflanze los, wie man erwarten 1) Goebel, Exp. Morph., a. a. O. pag. 153. . 2) Alph. de Candolle, Prodr. XV, Teil I, pag. 342. Martius, Ind. sem. horti monae. 1852, . . . 3) Martii, Flora Brasiliensis, pag. 385: Media inter Begoniam manicatam et Beg. incarnatam, var. papillesam; proprio tamen priori. Vgl. ‚auch die Beschrei- bung der Münchener Pflanze aus dem Jahre 1853 von Martius, Ann, sc. nat, ser. I, XXX, pag. 336, wonach sie affinis Begoniae papillosae, incarnatae sei. 4) Goebel, Exp. Morph., pag. 152, daselbst auch 2 Abb. Ders., Uber Wendeltreppenblätter. Naturwiss. Wochenschr. 1911, Heft 7. Flora, Bd. 114. 24 368 Walter Sandt, sollte‘). Sie scheinen in ihrem Wachstum auch nur eng begrenzt zu sein, denn wenn man mit Adventivsprossen besetzte Blätter auf feuchtem Sand weiter kultiviert, entwickeln sich nicht die vorhandenen Adventivsprosse weiter, sondern es bilden sich neue an der. Basis des Blattstieles. Wakker?) hat an isolierten Internodien und Btattstecklingen dieselbe Erfahrung gemacht. Die Pflanze legte immer neue Sprosse aus dem Kallus an, statt die schon vorhandenen Adventivsprosse weiter zu ent- wickeln. Die Literatur über die Adventivbildungen bei Begonien speziell Beg. phyllomaniaca ist. eine große. Regel) gibt an, daß sie aus peri- pherischen Zellen ihren Ursprung nehmen. Schacht‘) beschreibt im Anschluß an eine Beobachtung von Mohl5), daß bei Beg. phyllomaniaca die Nebenknospen nicht in unmittelbarer Nähe von Gefäßbündeln ent- stünden, eine ähnliche Wahrnehmung über die Adventivbildungen bei Beg. Moehringii: „Es bildet sich unmittelbar unter der Oberhaut des Stammes zuerst eine Anhäufung kleiner kambialer Zellen, welche darauf als kleiner Kegel hervortritt, unter ihrem Vegetationskegel in der Regel zuerst ein kleines häutiges Blatt, gewissermaßen eine Knospenschuppe bildet, und darauf erst die der Begonie eigentümlichen Blätter erzeugt.“ Die Gefäßbündel der Knospe ständen mit denen des Stammes in keinerlei Zusammenhang. Ich kenne diese Begonie, die ein Bastard von Beg. manicata und diapetala ist, nicht aus eigener Anschauung, vermute aber, daß die hier und auch anderwärts $) mehrfach erwähnten Adventivsprosse, die nicht aus Kallus entstanden sind, exogenen Ursprungs gewesen sind, nicht endogenen, wie Schacht angibt, und stütze mich dabei sowohl auf eigene eingehende Untersuchungen bei Beg. phyllomaniaca, Reichenheimi und Bunchii, wo solche gelegentlich auftraten, womit auch die von Regel?) für Beg. Helene Uhden beschriebenen und Wakkers Untersuchungen übereinstimmen. Aus dem gleichen Grunde muß ich die Richtigkeit der 1) Wohl angeregt durch die irrige Auffassung von Martius, daß diese bulbillorum more se propagantia, schreibt auch Caruel 1875, a. a. O. pag. 293: queste gemme si distaccavano con la massima facilitä, was den Tatsachen aber Nicht entspricht. 2) Wakker, Onderzoekingen over adventiere knoppen. Amsterdam 1885. (Dissertation.) 3) Regel, a. a. O. pag. 476. 4) Schacht, Lehrb. d. Anat. u. Physiol. d. Gew., Teil IL, pag. 574. 5) Mohl, Bot. Zeitung 1858. BA. x Pr Regel, Gartenflora I, 1852, pag. 124, Bouche, Gartenflora 1867, ?) Regel, a. a. O. pag. 472, Beiträge zur Kenntnis der Begoniacsen. 363 Angabe von Peter-Petershausen !) bezweifeln, der von den Adventiv- knospen von Beg. coriacea (l. c. pag. 47) eine endogene Entstehung an- zunehmen scheint, wenn er sagt: „Um die Stelle herum, wo sie (sc. die Knospe) die Blattoberfläche durchbricht, bildet sie eine Peridermaschicht“. Die Adventivsprosse aller Begonien sind exogenen Ursprungs, worauf Wakker, Hansen) und vor ihm schon Regel hingewiesen haben. Irgendeine bereits schon in Dauerzustand übergegangene Epidermiszelle füllt sich erneut mit Protoplasma und teilt sich lebhaft. Die Teilung kann auch auf die Nachbarzellen übergreifen, und es ent- stehen so in der Oberhaut Nester von embryonalen Zellen, die sich als kleine Hügel emporwölben. Die darunter gelegenen Kollenchymzellen bleiben an der Neubildung völlig unbeteiligt. Die Formen, die die Adventivbildungen annehmen können, sind sehr mannigfaltig, und findet man alle Zwischenstufen von typisch mehr- zelligen Drüsenhaaren bis zu ausgesprochen beblätterten Sprossen. Diese Trichome können durch Verbreiterung an den Seiten zu schuppenförmigen Emergenzen werden. Es bilden sich weiter an ihren Rändern Auswüchse, die an ihrer Spitze gewöhnlich Drüsen, wie sie auf den Blättern stehen, tragen, und so resultieren oft ganz bizarre Formen, die farblos oder * chlorophylihaltig und wie die Blätter von Gefäßen durchzogen sein können. Sie besitzen dann auch Spaltöffnungen von ganz normalem Bau. Treten Nerven auf, so enden sie stets blind, gewöhnlich in einem wirren Gefäß- knäuel an der Basis der Emergenz, nie erfolgte Anschluß an das Leitungs- gewebe der Mutterpflanze. Nach einem typischen Vegetationspunkte wird man bei diesen Bildungen meist vergeblich suchen. Es ist in seiner Gesamtheit embryo- nales Gewebe mit undefinierbarer Entwicklungsmöglichkeit. Die ersten „Organe“, die dieses Gewebe ausbildet, sind lanzettförmige, ganzrandige oder grob gezähnte Blätter, zwischen denen meist später erst ein Vegetationspunkt sich ausdifferenziert, der dann einen Sproß mit normal zweizeiliger Blattstellung bildet. Vielfach aber kommt die Entwicklung schon vorher zum Stillstand. Das ist bei der Mehrzahl der Sprosse der Fall, die als weiße oder grüne, eingerollte Blattüten am Stamme stehen. Die Sproßanlage, als welche wir jede wieder meristematisch gewordene Epidermiszelle auffassen können, braucht sich mit dem ersten Auswuchs vollständig auf. Bisweilen bleibt an diesem aber ein Teil der Zellen 1) Peter-Petershausen, Beiträge zur Eintwicklungsgeschichte der Brut- knospen, Hameln 1869, pag. 46. 2) Hansen, a.a. 0. pag. 34. ge 364 Walter Sandt, embryonal, so daß eine Gewebepartie noch zu weiterem Wachstum be- fähigt ist, Dasselbe tritt ein, wenn die ersten Teilungsschritte der Epidermiszelle zur Bildung ungleicher Tochterzellen führen, oder die benachbarte mit in die Bildung einbezogene Zelle bei der Teilung mit der Mutterzelle nicht Schritt hält, so daß es schon in der Sproßanlage zu einer Zellendifferenzierung kommt. Während der eine Zellkomplex in der Bildung eines ersten Blattes schon völlig aufgeht, entsteht aus dem anderen, kleinzelligeren ein Vegetationspunkt, der dem Schuppen- blatt dann seitlich anliegt. Die Adventivbildungen treten allgemein erst auf älteren Teilen der Pflanze auf, am Stamme zuerst an den Knoten, bei Blattstielen an der Basis; später erst folgt Sproßbildung auch auf den Blattspreiten. Als ich im Nov. 1918 meine Untersuchungen am Münchener Institut wieder aufnahm, trugen die zum Teil recht stattlichen Exemplare von Beg. phyllomaniaca wohl. Adventivsprosse auf der Stammoberfläche, nicht aber auf den Blättern. Da ich die durch die Kriegsverhältnisse bedingte eingeschränkte Beheizung dafür verantwortlich machte, nahm ich zwei Stöcke in einen Treibkasten eines Sonderkulturhauses, wo ihnen bei 25—30° Durchschnittstemperatur auch größere Luftfeuchtig- keit geboten wurde. Entgegen meiner Erwartung traten bei diesen Pflanzen neue Adventivbildungen nicht auf!). Freilich war auch bei den übrigen auf etwa 20° Tagestemperatur gehaltenen Pflanzen die Neigung, solche hervorzubringen, durch den ganzen Winter hindurch eine sehr geringe und traten hier fast gleichzeitig mit den warn ge- haltenen Pflanzen erst Mitte Mai solche an den Blattstielen und auf den Blättern auf. Ich erwähne das deshalb, weil Beg. phyllomaniaca in früheren Jahren, besonders im Winter, zur Bildung von Adventiv- sprossen schritt: im Sommer, wo das Wachstum der Pflanze ein inten- siveres war, setzte diese aus (vgl. Goebel?) Die ersten blattbürtigen Sprosse entstanden in der Nähe von Gefäßbündeln. Diese anscheinende Abhängigkeit vom Adernetz des Blattes (eine Kommunikation der Gefäße trat aber trotzdem nicht ein) zeigten nur die ersten; die folgenden gruppierten sich regellos über die ganze Blattfläche. Die einfach gebauten mehrzelligen Haare (Drüsenhaare), mit denen die Blattstiele oft dicht besetzt sind, entspringen aus in der Längsrichtung verlaufenden, schon durch ihre rote Farbe auffallenden 1) Bei diesen war offenbar der Transspirationsstrom ein gehinderter. 2) &oebel, Exp. Morph., pag. 154. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 365 Gewebestreifen, die als kleine schmale Höcker sich nur unbedeutend über die Epidermis erheben. Bei der Streckung des Blattes wächst diese anfangs punktförmige Haarbasis gleichfalls in die Länge, so daß der Blattstiel später rot gestrichelt erscheint, den Anthocyan führenden Haarpolstern. Die ersten Adventivsprosse am Blattstiel stehen gleich- falls auf solchen rotgefärbten Gewebestreifen. Schnitte durch dieselben zeigten unter der gleichmäßig darüber hinlaufenden Epidermis ein Kollenchym, das sich vom angrenzenden Gewebe nur durch seinen roten Zellsaft unterschied. Beachtlich in dieser Hinsicht erscheint mir auch der Hinweis Regels, daß die in Teilung übergehende Epidermiszelle bei ausgelegten Blättern von Beg. Helene Uhden (einer Beg. Rex nahestehenden Art) in unmittelbarer Nachbarschaft einer Trichomzelle steht, die später in die Knospenentwicklung mit hineingezogen werde: „Vielleicht entspringen die Knöspchen, deren Verteilung auf dem Blatte im übrigen bezüglich ihres Abstandes durchaus keine Regelmäßigkeit wahrnehmen läßt, gerade hier häufiger, weil an diesen Stellen Teile Hautsystems länger in bildungsfähigem Zustande verharren.* Da die einfachsten Formen der hier auftretenden Adventiv- bildungen haarförmige sind und sich von da aus alle Übergänge zu beblätterten Sprossen finden, drängt sich bei oberflächlicher Betrachtung der Verdacht ohne weiteres auf, daß diese Sprosse durch eine Weiter- entwicklung von Haaren entstanden sein könnten. Caruel!) spricht dies auch aus: le quali tutte insieme costituivano per tal modo una vera e propria gemma, originata adunque dallo sviluppo di una squamma eio® di un pelo. Seine Auffassung, daß ein Trichom sich in eine Schuppe und diese weiter in einen Sproß umwandle, trifft aber nicht zu. Treten bei der Entwicklung von Epidermiszellen neben Haaren und Sprossen auch Mittelbildungen auf, so sind diese als Hemmungs- bildungen aufzufassen, wie weiter oben schon dargelegt wurde. Von diesen etwas abweichend gebaut und gewissermaßen einen Sondertypus darstellend, erfand ich die auf Infloreszenzstielen ent- standenen Adventivsprosse. Während auf Stamm und Blattstielen die Sprosse langgestreckte, meist tütenförmige Gestalt hatten, sind sie an Intloreszenzstielen, wo sie an älteren oft in großer Zahl auftreten, ge- drungen und kugelförmig. Sie treten auch hier an der Basis und an den Knoten der gabeligen Verzweigungen zuerst auf, meist aber erst, wenn die Infloreszenz schon aufgeblüht war. Nie sah ich sie an jungen Blütenständen. Die chlorophyllosen tütenförmigen Sprosse sind fast 1) Caruel, Nota su di una trasformazione di Peli in gemme. Nuovo giorn. bot. 1875, pag. 293. 366 Walter Sandt, ausschließlich auf Blätter und Stengelteile beschränkt und fehlen hier fast vollständig, Es kann dies nur damit zusammenhängen, daß die Infloreszenzen unbehaart sind, und mithin die Epidermiszellen an den Blütenstielen die Entwicklungsmöglichkeit zu Haargebilden nicht in dem Maße besitzen, wie ihre Geschwister von Blattstiel und Stamm, wo die Entwicklungstendenz, Haare auszubilden, prävaliert. Unter günstigen Umständen vermögen die Adventivpflanzen bereits auf der Mutterpflanze Wurzeln auszubilden. Auf einer wochenlang in feuchter Treibhausluft gehaltenen Pflanze hatte am 26. März ein Sproß, der an einer Seite etwas vom Stamme losgelöst war, hier drei Adventiv- wurzeln angelegt, von denen die größte an der Spitze bereits ab- gestorben war. Zwei von ihnen enthielten ein Leitbündel, das mit dem Gefäßknäuel in der Sproßbasis in Verbindung stand; die jüngste Wurzel war noch gefäßlos. Die Pflanze hatte ein gut entwickeltes Laubblatt und mehrere Schuppenblätter. Eine Verbindung durch Ge- fäßstränge mit der Mutterpflanze, durch die die Adventivpflanze mit Aschenbestandteilen hätte versorgt werden können, bestand nicht. Das mag vielleicht der Grund sein, weshalb das weitere Wachstum dieser Sprosse so früh zum Stillstand kommt. Es fehlen den jungen Pflanzen die zum Wachstum nötigen Aschenbestandteile. Das Mengenverhältnis dieser zu den fortgesetzt neugebildeten Assimilaten führt bald eine Verschiebung zugunsten der letzteren herbei. Da diese weder vom Sproß aufgebraucht noch abtransportiert werden können, stauen sie sich in Form von Stärke an, und sind die Zeilen am Grunde des Sprosses über dem Gefäßknäuel dieht mit Stärke angefüllt. Dieser Überschuß an Nährstoffen bedingt wieder ein Dickenwachstum der Sproßachse an dieser Stelle, und gleichzeitig ein Wuchern der Gefäße!). So sah ich alte Adventivsprosse, die nur ein Laubblatt trugen, das auf einem runden, grünen Knöllchen von 4—7 mm Durchmesser saß. Dasselbe war stets von einem dichten Geflecht von Gefäßen durchzogen; die übrigen Zellen dienten als Stärkespeicher. Das Ganze haftete fest am Stamme der Mutterpflanze, ohne daß Gefäß in diese hinüberleiteten. An alten Stöcken traf ich noch extremere Entwicklungsstufen dieser Sproßgebilde an; es waren nur noch grüne, kugelförmige Knollen, ohne Blätter und Vegetationspunkten, stellenweise mit verkorkter brauner Rinde. Solche Knollen können nach einer gewissen Ruhezeit wieder austreiben, selbst an der Pflanze, wie ich am 24. Mai 1919 beobachten konnte. Es war an der Spitze ein neuer Vegetationspunkt entstanden 1) Vgl. auch das pag. 360 Gesagte. Beiträge zur Kenntnis der Begoniacsen. 367 (vielleicht ein ruhender Achselsproß eines früher dort gestandenen Schuppenblattes), der zwei kleine Blättchen von bizarrer Gestalt ge- bildet hatte. Welcher Entwicklungsanreiz hier vorgelegen hat, vermag ich nieht anzugeben. Die Pflanze befand sich nach wie vor unter den gleichen Bedingungen. Betonen möchte ich aber, daß eine Gefäßbündel- vereinigung mit der Mutterachse nicht zustande gekommen war. An ausgelegten Sproßteilen tritt ein Austreiben der Knospen sehr selten ein und ist mir bisher nur bei zwei sehr alten knöllchen- förmigen Sprossen gelungen, nachdem ich sie wochenlang mit dem Internodialstück auf feuchtem Sand gehalten hatte. Die Gefahr, daß dieses durch Fäulnis abstirbt, ist sehr groß. Ende Mai waren zwei dieser Knöllchen ausgetrieben und zeigte die anatomische Untersuchung, daß hier eine Verbindung der Gefäßbündel des Sprosses mit der Mutter- pflanze eingetreten war. Ich kann somit die Angabe Wakkers (l.c. pag. 17) bestätigen. Die Verbindung wird vom Sproß, nicht von der Stammpflanze aus, eingeleitet. Es bilden sich einzelne (zuweilen auch gewundene) Gefäßbündel vom Gefäßknäuel des Sprosses ausgehend im darunter gelegenem Kollenchym und legen sich dem nächsten Gefäß- bündel oder Interfaszikulargewebe seitlich an. Diese Knöllchen treiben kräftig aus; alle Zeilen ihrer Sproßachse waren mit transitorischer Stärke angefüllt. Im August vorigen Jahres traten auf einem Blatt von Beg. Bunchii vier Adventivsprosse plötzlich auf, von denen einer in der Nähe eines vorbeiführenden Blattnerven stand und mit ihm eine ganz schwache Verbindung durch einen Gefäßstrang hergestellt hatte. Dieser Sproß war auch bedeutend kräftiger als die anderen. Am 20. Nov. 1919 sah ich bei einer als Beg. Reichenheimi bezeichneten Pflanze des Dresdener bot. Gartens vereinzelte Adventivsprosse auf Stamm und älteren Blattstielen in der typischeu Ausbildung, wie ich sie von Beg. phyllomaniaca kannte. j Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, daß Adventivsproßbildungen, wie die eben geschilderten, Folgeerscheinungen der Bastardierung sind, durch die. das Wuchsvermögen besonders angeregt worden ist. Daß Bastarde mehr proliferieren, ist ja bekannt; ich erinnere nur an die Wendeltreppenblätter von Beg. rhizinifolia f. Wehleana, Beg. Rex Com- tesse Erdödy:) Bunchii u. a Bei schlecht ernährten Pflanzen dieser Arten unterbleibt das Phänomen. Freilich muß auch eine gewisse Dis- position, die meines Erachtens nach erst durch Kreuzung entsteht, vor- handen sein. U D Geebel, Über Wendeltreppenblätter, a. a. O. 368 Walter Sandt, VIEL Begonia luxurians. Die Pflanze ist interessant durch ihre sternförmig geteilten Blätter, die ihr einen begonienfremden Charakter verleihen. Jedes der schwach asymnetrischen Blätter besteht aus etwa 1015 sichelförmigen Fieder- blättern, die mit kurzem Stiel aus einem Gewebepolster an der Basis der Blattspreite entspringen. Sie sind in der Mitte und auf der Plusseite des Blattes am längsten, nach den Seiten nehmen sie an Größe ab. Eine weitere Eigentümlichkeit des Blattes ist, daß sich auf dem Gewebe- polster in der Blattmitte, also über der Ansatzstelle des Blattstieles, kleine, den Fiederblättern zum Teil vollkommen gleichende Blättchen vorfinden, die unregelmäßig angeordnet, mit ihrer morphologischen Ober- seite nach oben gewendet, eine Art „Blattfüllung“* hervorrufen und so die assimilierende Blattfläche vergrößern heifen. Die Größe und Zahl dieser Füll- blätter, wie ich sie kurz nennen will, ist eine durchaus schwankende und hängt zweifellos vom Ernährungszustand des Blattes ab, da die Füllung der Blätter an Haupttrieben gegenüber solchen an ie. 11. Ber. huzuri schwächeren Seitentrieben eine geför- 18. . eg. luxurlans. 4 Median schaitt durch jungenBistt. derte war. Letztere entbehrten vielfach Blattmitte noch ungegliedert. der fiederblattähnlichen Füllblätter und ZT Alteres Stadium in Vorderan- hatten an ihrer Stelle nur schuppen- en den üllblätter, der zottenartige Auswüchse. Die Größe der Füllblätter steht auch in Beziehung zur Symmetrie des Blattes. Die am weitesten entwickelten Blättchen standen in der Mediane des Blattes, also in der Nähe der gefördertsten Fiederblätter. Im inneren Blattwinkel waren sie durchweg von schuppen- oder haarförmiger Gestalt. Die als hügelartige Aufwölbung am Vegetationspunkt auftretende Blattanlage flacht sich am Gipfel scheibenförmig ab. Durch Teilung der unter dem Dermatogen liegenden Zellen buchten, sich in der Mediane beginnend, die Anlagen der Fiederblättchen aus. Solange diese noch ganzrandig sind (vgl. Fig. 11) ist die Blattmitte glatt. Später treten hier die Anlagen der Füllblätter als papillöse Erhebungen aus der subepidermalen Zellschicht auf. Sie können ergrünen, sich blattartig verbreitern und dieselbe Entwicklung durchlaufen, wie die peripheren Fiederblätter. Die weiter innen im Blattwinkel stehenden bleiben in ihrer Entwicklung auf früheren Stufen stehen, so daß wir Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. j 369 alle Übergänge von fertigen Fiederblättchen bis zu einfachen ergrünten Schuppen vorfinden. Die Füllblätter sind zwar Hemmungsbildungen, aber keine in der Entwicklung zurückgebliebenen Adventivsprosse, und von den schuppenförmigen Emergenzen von Beg. phyliomaniaca grund- verschieden. Eine praktische Bedeutung, abgesehen von einer ganz gering- fügigen Vergrößerung der assimilierenden Blattfläche, scheinen mir diese Füllblätter nicht zu haben. Sie schließen, trotzdem sie später als die Fiederblättchen angelegt werden, ihre Entwicklung bedeutend früher ab als diese. Deswegen gelingt es auch nicht, durch Abschneiden der Fiederblätter am ausgewachseuen Blatte die Füllblätter zur Weiter- entwicklung anzuregen, ein Fall, der in der Natur eintreten könnte, wenn die Pflanze durch Tierfraß ihre Blätter einbüßte. Durch diese Operation wachsen lediglich die höchst organisierten, durch Gefäße mit den Leitungsbahnen des Blattes verbundenen blattähnlichen korrelativ ganz unbedeutend, die kleineren Zotten aber nicht weiter. Ein Ersatz der entfernten Fiederblätter tritt somit nicht ein. Entfernung der Fiederblätter an sehr jungen, noch in der Knospe eingeschlossenen Blättern bewirkte eine Vermehrung und Vergrößerung der Füllblätter. Die Größe der eigentlichen Fiederblätter erreichten sie aber bei weitem nicht. Diese Entwicklungshemmung wurde selbst bei hinzutretender Entgipfelung der Pflanze nicht aufgehoben. Adventivknospen habe ich bei dieser Begonie auf den Blättern nie angetroffen. Sie traten auch nicht auf, als ich an einer Planze sämtliche Sproßvegetationspunkte entfernte. Die Pflanzen, mit denen ich im Sommer 1919 arbeitete, litten sehr stark an einer Infektion von Wurzelälchen (Hederodera radieicola), wodurch gegen Mitte des Sommers der ganze Bestaud einging. An Blattstecklingen bilden sich neue Sprosse aus dem Kallus der Wundfläche, nie, auch wenn ich die Fiederblätter entfernte, beobachtete ich ein Austreiben der Schuppenblätter oder eine Umwandlung der- selben in Sprosse. Die Primärblätter der jungen Stecklingspflauzen sind ungeteilt. Bedeckt sind die Blätter (wie auch die späteren Folge- blätter) auf Ober- und Unterseite, besonders aber längs der Blatt- nerven mit langen zottigen Haaren. Deshalb sind sie auch dort, wo die Gefäße in den Blattstiel eintreten, im Blattwinkel, am zahlreichsten vorhanden. Doch finden sich hier noch keine Schuppenblätter. Die Fähigkeit, solche zu bilden, tritt erst bei Blättern mit höclıster Organisationsstufe, den sternförmig geteilten Folgeblättern, auf. 370 Walter Sandt, IX. Begonia socotrana. Diese Begonia gehört zu den einziehenden. Der oberirdische Teil der Pflanze stirbt bei uns Anfang Februar ab und treibt nach einigen Monaten — je nach der Temperatur der Gewächshäuser läßt sich die Ruheperiode abkürzen oder hinausschieben — im April oder Mai aus zahlreichen, bereits im Herbste an der Basis des Stengels an- gelegten Brutknöllchen wieder aus. In diesen verläßt die Pflanze voll- ständig die zweizeilige Blattstellung und geht zur zerstreuten über, der einzige mir bei Begonien bekannte Fall. " Ihrem morphologischen Ban nach sind die Knöllchen Kurztriebe, die an einer bis zu 15 mm langen Sproßache in Größe und Gestalt sehr verschieden dicke Schuppen- blätter tragen, die mit kurzem, rundem Stiel entspringen und am äußeren Ende meist mehr oder weniger wie der der Kopf eines Nagels abgeplattet sind. Erwecken sie dadurch schon eine gewisse Ähnlichkeit mit den schildförmigen Laubblättern, die der Laubsproß trägt, so bestätigt ihre Blattnatur auch ihre Entstehung und ihr ana- tomisches und physiologisches Ver- . halten. Sie besitzen Gefäßbündel, Fig, 12. Beg. speotrana. Längsschnitt durch eine Winterknospe. Bei m hat eine Epidermis mit Spaltöffnungen Üie aber unbehäll is. > Sarkebläten a la ne kn in ihren Achseln Sproßanlagen = eharakteristiscen Drüsenhaaren, Vergr. 1:10. sind meist chlorophylihaltig und wie die Blätter, in feuchten Sand gesteckt, regenerationsfähig. Es bildet sich hierbei an der schmalen Abbruch- stelle ein Kallus aus, der Wurzeln und späterhin auch Sprosse erzeugt. Diese Blätter sind in allen Zellen, mit Ausnahme der Epidermis, mit Stärke dicht angefüllt, außerdem sind sie reich an Gerbstoffen. In ihren Achseln (Fig. 12) finden sich Vegetationspunkte, die gegen Ende der Vege- tationsperiode sich zu neuen Winterknöllchen entwickeln. Aus der Lage dieser Axillarsprosse geht ebenfalls die Blattnatur dieser Speicher- organe hervor, ebenso spricht die unregelmäßige Verteilung der Vege- tatiospunkte an der Sproßachse dafür, daß die Blätter untereinander gleichwertig sind. Es sind keine Adventivbildungen oder Stipeln von Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 371 Blättern, da zwei oder mehr benachbarte Blätter Achselsprosse tragen können, auch habe ich Spaltung der Blattanlagen nicht beobachtet. Schon die ersten Anlagen der Stärkeblätter, die als kleine Höcker am Vegetations- punkt nur einen verhältnismäßig kleinen Bezirk einnehmen, zeigen regellos zerstreute Anordnung. In den Knöllchen finden sich noch kleine Nebenknöllehen vor, die im Aufbau ganz der Mutterknolle gleichen, mit dem einzigen Unterschied, daß sie nicht wie jene mit einer allseits geschlossenen dünnen Hülle umgeben sind, die zuerst grün, später braun und häutig wird. Stirbt der gipfelständige, meist etwas seitlich verdrängte Sproßvegetationspunkt ab, dann treiben ein oder zwei dieser Nebenknöllchen aus, liefern aber auch schwächere Pflanzen dann als der terminale Hauptsproß. Die ersten Blätter am Sproß sind Niederblätter, die aus breiter, stengelumfassender Basis entspringen, und zwar in unbestimmter Zahl und regelloser Stellung. An kräftigen Sprossen traten bis acht dieser Schuppenblätter auf, an schwächeren, aus kleinen Knöllchen und Neben- sprossen, war ihre Zahl geringer oder fehlten die Niederblätter ganz. Die untersten waren gewöhnlich klein und oft ganz ohne Gefäße, die jüngeren größer mit paralleler Nervatur, glichen auffallend den Neben- blättern der schildförmig-kreisrunden Laubblätter, so daß man wohl ver- sucht wäre, diese für Stipeln zu halten von Blättern, deren Spreite und Stiel verkümmert ist, Ich habe aber bei keiner der über 100 unter- suchten Pflanzen eine Andeutung dafür gefunden, weder in einem Rest eines Laubblattes noch einer Unterdrückung einer Stipel oder Ver- wachsung beider. Es müßte, wenn diese Ansicht zuträfe, nicht nur das Oberblatt, sondern auch eine Stipel einer Blatthälfte vollständig obliterieren, da diese 'Niederblätter nicht nur zerstreut an der Sproßachse, sondern auch auf verschiedener, ganz regelloser Höhe standen. Sie stellen also die Primärblätter bei Beg. socotrana vor und gibt es, was um so ver- wunderlicher ist, zwischen ihnen und den eigentlichen typischen Laub- blättern keine Übergangsstufen. Die letzten Niederblätter, zugleich die größten, stehen dichter zusammengedrängt, eine Art Rosette bildend, aus der ganz unvermittelt das erste, gestielte Schildblatt in der Verlängerung der Sproßachse sich erhebt. Mit seinem Auftreten wird die zweizeilige, normale Blattstellung hergestellt. Niederblätter werden dann gewöhnlich nicht mehr gebildet. Eine einzige Ausnahme ist mir vorgekommen, wo einem ersten Laubblatt mit sehr kleinen Stipeln später noch ein schuppen- förmiges Niederblatt gefolgt ist, das ihm gegenüberstand, auch in diesem Falle ganz unvermittelt ohne Übergangscharakter. 372 Walter Sandt, Die Vermutung, daß die Niederblätter ausgewachsene Stärkeblätter sein könnten, da ihre zerstreute Stellung an der Sproßachse die gleiche ist wie im Knöllchen, lag nahe. Sie sind aber anatomisch völlig ver- schieden, nur zwei- bis dreischichtig, aus dünnem Parenchym aufgebaut und stärkefrei. Die Disposition des Vegetationspunktes zur zerstreulen Blattstellung, denn sie werden erst beim Auswachsen des Knöllchens angelegt, ist aber noch vorhanden. Regenerierte Sprosse, die an ausgelegten Reserveblättern ent- standen waren, schritten gleich unter Umgehung der Niederblattform zur Bildung von gestielten zweizeilig gestellten Laubblättern. Diese waren anfangs noch nicht typisch schildförmig mehr herzförmig. Der Schluß der Blattspreite über die Eintrittsstelle des Blattstieles (höher differenzierte Blattform) erfolgte erst beim zweiten und dritten Blatte vollständig. Das Unter- bleiben der Niederblatt- form könnte man teleo- logisch sich bei diesen im Vergleich zu an kräftigen Knöllchen erwachsenen sehr schwachen Sprossen in der Notwendigkeit er- klären, rasch assimilieren- des Gewebe zu bilden, zu Fig. 13. Beg. socotrana. Junge Sproßknöflchen. welcher Funktion die stipel- a Anlagen der Stärkeblätter. %, innere, 7, äußere ähnlichen, meistsehrchloro- TTülle, phyliarmen Niederblätter aber untauglich sind. Die Winterknöllchen bilden sich aus den oberen axillaren Vege- tationspunkten, die nicht wie meist die unteren verkümmern oder zu Nebenknospen ausgewachsen sind. Der auf einem kurzen Säulchen gelegene Vegetationspunkt wird durch Umwachsen eines kragenartigen Hüllblattes, das, wenige Zellagen diek, über diesem oder seitlich (Fig. 13 bei c) verwächst, allseitig eingeschlossen. Später wächst noch ein zweiter Ringwall aus dem Knöllchenstiel unterhalb der ersten Hülle aus. Diese zweite Hülle wird aber meist durch das heranwachsende Knöllchen ge- sprengt und umschließt sie es nur in seinem unteren Teil. Durch Streckung der Knöllchenbasis wird der Raum zwischen beiden Hüllen an der Basis vergrößert. An dieser Stelle pflegen beim Austreiben der Knöllehen die Wurzeln aufzutreten. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 373 Die auf den Sundainseln beheimatete Pflanze hat viel zu gärt- nerischen Kreuzungen gedient, so Gloire de Lorraine und Ruhm von Sceaux (soc. >< subpeltata). j Beide sind ausdauernd und bilden keine Sproßknöllchen mehr aus. Die bei Gloire de Lorraine bereits einsetzende Unterdrückung der weiblichen Blüten ist bei einer Rückkreuzung einer Spielart (Sport Gloire de Lorraine) mit B. socotrana ganz durchgeführt. Diese 1909 von Peterson gezüchtete Glory of Cineinnati erzeugt in sehr reich- blütigen Infloreszenzen nur noch männliehe Blüten. Selbst Anlagen weiblicher Blüten sind in den Blütenständen nicht mehr auffindbar. Ob hier die Rückkreuzung von den geschlechtsbestimmenden Stoffen, die zweifellos bei den Begonien die verschieden zeitliche Aus- bildung der Geschlechter bedingen, ein vollständiges Schwinden oder Latentwerden des weiblichen Spezifikums gezeitigt habe, müßten erst Vererbungsversuche klarstellen. Die bereits auf 8.335 erwähnten Sproßknöllchen von Beg. Evansiana zeigen keine abuorme Blattstellung beim Austreiben. Sie stellen ver- dickte, mit Stärke angefüllte Sproßachsen von Axillarknospen vor. Begonienstärke ist wie Kartoffelstärke asymmetrisch und zeigt deutliche Schichtung. X, Regeneration. Gentner®) stellte fest, daß bei Sproßstecklingen von Elatostemma die ersten Wurzeln gewöhnlich zuerst an der Basis der Oberseite auf- treten und auch lange Zeit gegenüber den später auf der Unterseite des Sprosses sich bildenden im Wachstum voran bleiben, was darauf hindeutet, daß die Sproßoberseite die besser ernährte ist. Was für Sprosse gili, muß auch für ungleich ernährte, also asymmetrische Blätter Geltung haben. Zur Bewurzelung ausgelegte Blätter von Beg. phyllomaniaca und toliosa bildeten auf der Seite der größeren Blatthälfte zuerst Wurzeln. Entfernt man die Piusseite des Blattes durch Abschneiden oder Durch- trennen der Nerven dieser Seite nahe der Eintrittsstelle des Blattstieles (wobei es zweckmäßig ist, die Operation einige Zeit vorher an der Pflanze auszuführen, bevor man das Blatt als Steckling benutzt, damit die Assi- milate im Blattstiel in die Pflanze abwandern können), so kann man das Verhältnis von Plus- und Minusseite umkehren. Die ersten Wurzeln bilden sich dann auf der ehemaligen Minusseite des Blattes. Zugleich 1) Gentner, Untersuchungen über Anisophyliie und Blattasymmetrie. Flora 1909, pag. 280. 374 Walter Sandt, lehrt dieser Versuch, daß eine Kommunikation der Leitungsbahnen im Blattstiel auf immerhin weite Strecken (dieser hatte eine Länge von etwa 5 cm) den Mengenunterschied, der aus dem Blatt austretenden Assimilate nicht ausgleicht. Träte dieses ein, dann wäre eine Blatt- asymmetrie auch normalerweise nicht möglich. Sie kommt zustande (wie Versuche Gentners durch künstliche Eingriffe gelehrt haben), durch eine ungleiche Verteilung von Baustoffen von der Sproßachse aus und muß sich im gleichen Sinne auch rückwirkend äußern. Nach Regel!) soll die Vermehrung der Begoniaceen aus ihren Blättern nur bei den großblätterigen Arten mit rhizomartigen, nieder- liegenden oder ansteigenden Stämmen möglich sein, die Hildebrand?) als die Gireoudisartigen bezeichnet, während bei aufrechtwachsenden mit ästiger Verzweigung nur Zweigstecklinge sich bewurzeln. Als Bei- spiel führt Regel Beg. semperflorens an, bei der sämtliche Versuche, Blattstecklinge zur Vermehrung zu benutzen, fehlgeschlagen seien. Wakker°) muß nach seinen Versuchen mit der gleichfalls aufrecht- wachsenden Art Beg. metallica Regel beipflichten. Die gesteckten Blätter verhielten sich genau wie die Blätter von Beg. semperflorens. In feuchten Sand ausgelegt faulten die Blätter, am Blattstiel beginnend, sehr schnell ab, ohne daß es zur Bildung von Adventivsprossen gekommen wäre. Nach meinen im Frühjahr 1914 angestellten Versuchen — ich kannte damals diese beiden Angaben noch nieht — kann ich aber das von Regel aufgestellte Gesetz nicht bedingslos bestätigen. So ist es mir gelungen, folgende herausgegriffene mit Internodien versehene Arten durch aus- gelegte Blätter zu vermehren: Beg. foliosa, fuchsiodes, Sandersti, ulmi- folia, albopicta, luxurians. Sie alle bildeten aus dem Kallus der. Wund- fläche am Blattstiel Sprosse und Wurzeln. Abgeschnittene und in feuchten Sand gesteckte Blätter von Beg. semperflorens und metallica gingen allerdings im März vorigen Jahres sehr bald durch Fäulnis zugrunde. Auch ein im Mai wiederholter Ver- such mit den gleichen Arten hatte denselben negativen Erfolg, Ende Juni wurden wieder eine Anzahl ausgewachsener Semperflorensblätter zur Regeneration ausgelegt, die nicht abgeschnitten, sondern abgebrochen waren. Das Blatt bildet eine Ablösungszone, die über der Anwachs- stelle als schmaler Ring wahrnehmbar ist. Bricht man das Blatt durch Biegen nach unten am Stengel ab, so bleibt noch ein minimales Stück- 1) Regel, a. a. O. pag. 449. 2) Hildebrand, Anatomische Untersuchungen über die Stämme der Be- goniaceen, pag. 12. 3) Wakker, a. a. O. pag. 26. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 375 chen Stammgewebe am Blatt stehen. Die Wirkung war ganz auffallend. Während abgeschnittene Blätten, die zu den vorbergehenden Versuchen gedient hatten, bereits am nächsten Tage schon von der Schnittfläche zu faulen begannen, und auch das Blatt dort, wo es auf dem Sand auflag, alsbald durch Fäulnis zerstört wurde, hielten sich die über- wiegende Mehrzahl dieser Blätter frisch. Ausgehend von diesem stehen- gebliebenen geringen Rest von Stammgewebe bildete sich ein Callus aus, der die ganze Wundfläche ringwallartig umschloß, und in dem sich bis zum 20. Juli eine Anzahl Wurzeln, später im August auch Sprosse gebildet hatten. Ich muß noch erwähnen, daß durch das eben beschriebene Lostrennen des Blattes vom Stamm Achselsprosse oder Teile von solchen nicht mit am Blattstiel sich befanden. . Später entstanden bei diesen Blattstecklingen auch Wurzeln ober- halb des Kallus und der Ablösungszone. Der Blattstiel besaß also zu der Zeit die Fähigkeit, Wurzeln zu bilden (ob erst induziert durch den benachbarten Kallus, der ja äuch erst durch das Vorhandensein von wenig Stammgewebe eingeleitet werden konnte, wäre noch genauer zu verfolgen). Jedenfalls scheint die Anwesenheit von Stammgewebe das losgetrennte Blatt vor dem Absterben durch Fäulnis zu schützen, ob durch fermentative Beeinflussung, oder korrelativ durch sofortiges Ein- leiten von Kallusbildung, wurde nicht weiter verfolgt. Dorsiventral gebaute Sproßachsen finden sich aber nicht nur bei niederliegenden Arten mit dicker gestauchter Sproßachse, sondern auch bei ästigen, aufrecht wachsenden Begonien. So ist der Stengel von Beg. foliosa nie rund gebaut, sondern je nach der Stellung des nächstfolgenden Blattes (und vorhergehenden) rechts oder links zum Hauptschnitt von zwei Längsleisten gekielt, die in die Stipeln des Blattes auslaufen. Ich möchte als weiteres Beispiel nur noch Beg. angularis anführen, deren Stamm mehrere stark hervorspringende Längsrippen aufweist, in denen außerhalb des Gefäßbündelzylinders liegende Gefäße verlaufen. Nun wechselt aber gleichfalls die Dorsiventralität des Stammes von Inter- nodium zu Internodium, denn zu jeder Plusseite eines Blattstieles führen von den darunter gelegenen Knoten drei dieht nebeneinander liegende periphere Gefäßstränge. Es werden für die stark asymmetrischen und dementsprechend kräftig nach der Minusseite abgebogenen Blattflächen (die Insertionen der Blätter stehen sich trotzdem diametral gegenüber), von der Sproßachse besondere Leitungsbahnen für die Plusseite angelegt. Sie könnte sich ohne diese direkten Zufahrtsstraßen auch nicht so stark ent- wickeln. Die Dorsiventralität läßt sich aber auch weiterhin noch in den Blatt- 376 Walter Sandt, stiel verfolgen, der auf der Plusseite neben dem schon äußerlich auffallenden Anthoeyangehalt stärkere und hier auch dichter stebende Gefäße führt. Durch vergleichende Schnittserien durch junge Sprosse erkennt man, daß die drei peripheren Gefäße des Stammes sich durch den Blatt- stiel in die drei Hauptrippen der Plusseite des Blattes fortsetzen. Durch Einschneiden dieses peripheren Drillingsgefäßes kann man die Asymmetrie des Blattes abschwächen. Bei hinreichend zeitig er- folgendem operativen Eingriff, der aber infolge der späten Streckung des Internodiums und der großen Zerbrechlichkeit der Sproßachse technisch sehr schwierig ist, müßte es auch gelingen, die Asymmetrie ganz auf- zuheben oder gar Plus- und Minusseite am unverletzten Blatt zu ver- tauschen. Kommt also die Asymmetrie des Blattes (woran wohl nicht zu zweifeln ist) gewissermaßen dureh Überernährung einer Seite zustande, so muß auch die Rückwirkung des Blattes auf die Sproßachse eine ent- sprechende sein. Wie die Gefäße der Plusseite mehr Aschenbestand- teile und Wasser ins Blatt zu transportieren haben als diejenigen der Minusseite, so haben sie auch weit mehr Assimilate zurück in den Stamm abzuführen. Verhält sich doch die Assimilationsfläche von Plus- und Minusseite annähernd wie 3:1. Bei Ausbleib dieser Gegenleistung an die junge noch im ersten Streckungswachstum stehende Sproßachse muß die Wirkung im anatomischen Bau notwendig sich äußern. Das ist auch in der Tat der Fall. Ich habe an zahlreichen Haupt- und Neben- sprossen jedesmal an dem jüngsten eben aus der Knospe ausgetretenen oder noch dort eingefalteten Blatte die Plusseite vollständig abgeschnitten. Nach etwa 3 Wochen hatten sich die Blätter entfaltet (sie waren aber noch nicht völlig ausgewachsen). Bei der Streckung des Blattstieles, sowie des darunter gelegenen Internodiums war eine Schwächung der Plusseiten unverkennbar zu konstatieren, besonders an Sprossen, an denen ich noch den Vegetationspunkt, der ja ein Anziehungszentrum für Bau- stoffe vorstellt, entfernt hatte. Blatt und Sproßachse stehen also selbst in ihren Teilen zueinander in Korrelation. XI. Systematik. „Wenige Familien haben im natürlichen System so umherirren müssen, als wie die Begoniaceen. Zuerst wußte man keinen Platz für sie, dann stellte man sie zu den Polygonaceen, Umbelliferen, Campa- nulaceen, Euphorbiaceen, Hydrangeen, Cucurbitaceen, Cactaceen usw.- und in neuester Zeit nach dem Vorgange von Bentham und Hooker') mit den Datiscaceen zu den Passiflorinen. Damit noch nicht genug, 1) Bentbam-Hooker, Gen. plant. I, pag. 841—44. Beiträge zur Kenntnis der Begoniacsen. 377 mußten die Begoniaceen einmal auch aus der heutigen Gesellschaft ganz ausscheiden, und zwar deswegen, weil die einen ihre Verwandten in der Vorwelt suchten, die anderen gar in einer Periode, die nach der kommen wird, in welcher wir heute leben. Nirgends haben sie bis jetzt einen sicheren Platz gefunden, überall nur ein vorläufiges Unter- kommen, und so ist die Frage nach ihrer systematischen Stellung noch heute offen; wir setzen, wie es vor 50 Jahren geschah, wieder ein Fragezeichen hinter ihren Namen.“ Diese Einleitungsworte Benecke’s!) haben heute nach weiteren 30 Jahren noch immer Geltung. Seit Klotzsch2) und de Candolle®), die vorwiegend die gröberen morphologischen Verhältnisse nur berück- sichtigten, ist bis auf Warburgs Bearbeitung der Familie in Engler- Pranti’s Natürlichen Pflanzenfamilien*) eine größere zusammenfassende systematische Behandlung nicht erfolgt. Aber anch hier treten ent- wicklungsgeschichtliche Fragen hinter rein anatomischen zurück. Es sind seitdem verschiedentlich Versuche unternommen worden, die Begonien zu einer seibständigen Ordnung zu erheben. So hat A. Braun) den Namen Plagiophyllae, Benecke*®) Hillebrandinae vor- geschlagen, Caruel’) vereinigt mit den Begoniaceen die Datiscaceen, Cynoerambeen, Hedyosmaceen und Garryaceen zu den Begoniflorae®). Wohl weil es dem Systematiker mit den Cactaceen und Cueurbi- taceen ähnlich erging, die auch fortgesetzt aus einer Ordnung in die andere wandern mußten, hat man Verwandtsehaften mit den Begoniaceen aufzustellen versucht, die zum Teil auch jetzt noch verfochten werden (Engler-Prantl, Warming®), Baillon!%), Hallier!t), Solereder"?) 1) Bennecke, Beitrag zur Kenntnis der Begoniaceen. Engl. bot. Jahrb. 1888, Bd. III. 2) Klotzsch, Begoniaceen - Gattungen und Arten. Abhandl. d. Akad. d. Wiss., a. a. O. pag. 185. 3) Ann. sc. nat. 1859, 4. Ser, T. XI und Prodromus, Vol, XV, pag. 266 ff. 4) Engler- Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien, 1895, Teil III, Abt.VIa, p. 121ff. 5) A. Braun, Übersicht des natürlichen Systems in’P. Aschersons Flora der Provinz Brandenburg, pag. 22. 6) Benecke, a. a. O. pag. 29. 7) T. Caruel, Pensieri sulla tassinomia botanica veröffentlicht in Atti della R. Accad. dei Lincei Anno CCLXXVII, 1880—81, Vol. V, Ser. III, Fasc. 13. 8) Vgl. Caruel, Sulla struttura fiorale e le affinita di varie famiglie dicotile- doni inferiori. Nuovo giorn, bot. Ital. 1879, pag. 19. 9) Warming, Handbuch der systemat, Botanik 1911, pag. 374. 10) Baillon, Histoire des plantes, Bd. VII. 11) Hallier, Abh. d. naturw. Ver. Hamburg 1903, a. a. O. 12) Solereder, System. Anatomie der Dicotyledonen, 1899, Bd. I, pag. 449. Flora, Rd. 114. 25 380 Walter Sandt, Der Fruchtknoten besteht aus vier Karpellen und ist im oberen Teile monomer, im unteren durch Verwachsung von vier falschen Scheide- wänden tetramer. Die Früchte sind häutige Kapseln, die bei Datisca wie Tetrameles sich oben zwischen den Griffeln öffnen (genau wie bei Hillebrandia). Die köpfchenförmigen Narben sind schwach, zweilappig und könnten gewissermaßen als ein Vorläufer der Begoniennarben be- trachtet werden, bei denen die Narbenpapillen noch ein kontinuierliches Schraubenband von nur einer Windung bilden !). Die Samenanlage (Fig. 14) steht wie bei Datisca auf besonderem Sockel, der aber nicht, wie Himmelbaur (l. c. pag. 94) angibt, ein Plazentarhöcker, sondern der verbreiterte Funi- eulus ist, der im Unterschied zu den Begonien bei Tetrameles, Oetomeles und Datisca von einem Gefäßbündel, das an der Chalaza endet, durch- zogen wird. Typisch ist auch die Ausbildung des äußeren Integumentes an der Mikropyle, das dem Funiculus kragenförmig aufsitzt. Reife Samen von Tetrameles zu erhalten, war mir trotz aller Bemühungen nicht möglich. Immerhin erlauben eine Reihe mit Datisca voll- kommen übereinstimmender Entwicklungsstadien des Embryos und Endosperms einen Analogie- schluß auf den Bau des fertigen Samens zu ziehen. Im Vorliegenden will ich die Datiseaceen Fig. 14. Totramoles nudi- und Begoniaceen gemeinsamen oder ähnlichen fiora. Samenanlage. Merkmale aufführen. Vergr. 1:325, Dichasiale Blütenstände hat auch Datisea, bei denen Himmelbaur bereits eine Förde- rung eines Vorblattes (l. e. pag. 99) festgestellt. Bei den Begonien hat diese Exotrophie zum Schlußwickel der Infloreszenz geführt. Gemeinsam sind beiden Familien der unterständige Fruchtknoten und die marginale-parietale Placentation 2), Samenanlagen mit zwei Integu- menten, von denen jedes nur aus zwei Zellagen besteht. Die äußere Lage des äußeren Integumentes hesteht aus besonders großen Zellen. 1) In gewissen (abgeleiteten) Begoniensektionen (nach Klotzsch): Begoni- astrum, Scheidweileria, Saueria, Trendelenburgia u. a. hat das Spiralband 2-3 Win- dungen. 2) Der fünffächerige Fruchtknoten von Hillebrandia hat marginale Plancentation. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 381 Der Nucellus wird bis auf eine Zellage, die epithelialen Charakter hat‘), vom verwachsenden Embryosack verdrängt. Ein Nährgewebe findet sich sowohl an der Chalaza, als auch an der Mikropyle, wo sich inhalts- reiche Zellen papillös vorwölben. Eiapparat, Polkerne und Antipoden finden sich in gleicher Zahl, gleicher Größe und gleicher Lage. Die Anti- poden, die sehr klein und rasch vergänglich sind, liegen in einer spitz zulaufenden Nische des Embryosackes eingebettet. Mit freier Kerubildung am mikropylaren Ende des Embryosackes einsetzend, umgibt das Endo- sperm später als nur einschichtiger Wandbelag den Embryo. Dieser, ge- tragen von einem kurzen, nur wenigzelligen Suspensor, ist gerade und enthält in seinem Körper wie in den fleischigen Kotyledonen nur Öl und Protein als Reservestoffe. Das Endosperm führt bis zur Vollreife des Sarens, wo es größtenteils schon resorbiert ist, die gleichen Bestandteile wie der Embryo. Die Samen sind vollständig stärkefrei. In beiden Familien wird die Testa fast ausschließlich von der äußeren Zellage des äußeren Integuments gebildet, dessen Innenwand und Seitenwände ver- holzen und zu einer spröden, harten, braunen Prismenschicht sich um- bilden. Bei den Begonien ist sie von sehr feinen Tüpfelkanälen durch- setzt, bei Datisca sind es größere, die sich zum Teil nach innen hofartig erweitern. Auch die Verfestigung der Zellen durch Zahnleisten ist eine ganz ähnliche. Diese Übereinstimmung erstreckt sich sogar auch auf die Keimung, wo bei Datisca wie Begonia am Wurzelpoi eine Kappe abgesprengt. wird. XU. Zusammenfassung. 1. Sämtliche Begonien sind dorsiventral, ihre Blattzeilen konvergieren stets mehr oder weniger nach der Minusseite, zwecks besserer Licht- ausnützung. Die Stellung der Achselkuospe inmitten der Blattachsel ist bei aufrechten wie niederliegenden Begonien die typische. Verlagerungen wie bei Beg. Rex sind Ausnahmen, wahrscheinlich sekundärer Art. Der Achselsproß beginnt mit einem Vorblatt auf der Plusseite. Ihm gegenüber kommt das erste Laubblatt auf die Minusseite zu stehen. Abweichend davon ist Beg. Evansiana. Immer ist die Plusseite des Achsel- sprosses auf die Hauptachse zu gerichtet. Deshalb ist es unrichtig, die niederliegenden Arten als hypotrophe anzusprechen. Sie sind wie die auf- rechten Begonien epitroph. Die Exotrophie der Wuchsform erstreckt sich auch auf die Infloreszenzen, die auf der abaxial gerichteten Seite gefördert, 1) Himmelbaur (pag. 103) hat däs Epithel des Embryosacks bei Datisca übersehen! 382 Walter Sandt, häufig nur hier allein in Wickel auslaufen. Drehungen der Achselsprosse, meist durch ökologische Verhältnisse hervorgerufen, kommen vor. 2. Die Dorsiventralität der Begonien liegt in inneren Organisations- verhältnissen begründet. Kold.-Rosenvinge’s Ansicht darüber kann ich nicht teilen. Licht und Schwerkraft, ebenso wie Ernährungsstörungen können nur einen richtenden Einfluß ausüben, sind also nicht die Ursache für die Dorsiventralität. Eine Umkehrung der Dorsiventralität ist dann nieht mehr möglich. 3. Die Samenentwicklung zeigt nichts Abnormes. Der Bau des Samens ist (ebenso wie bei den Datiscaceen) dadurch bemerkenswert, daß bei der Keimung eine scharf umrissene Kappe von der Testa durch die austreibende Wurzelabgesprengt wird. Parthenocarpie bei ausbleibender Befruchtung wurde bei vielen Arten beobachtet. 4. Bei einigen Arten ist mit. Sicherheit Insektenbesuch festgestellt, wofür auch der Bau der Blüten, sowie die zu verschiedenen Zeiten er- folgende Reife der getrennten Geschlechter spricht; doch ist auch Selbst- bestäubung (Geitonogamie) in einigen Fällen erwiesen. Der staubförmige nicht kohärente Pollen hat elliptische Forn. 5. Die Blütenfüllung ist eine teratologische Bildung und durch häufige Inzucht wahrscheinlich hervorgerufen. Es resultieren daraus eine Reihe von Abnormitäten wie Zwitterbildung, Wechsel des Geschlechts und der Funktion der Blütenorgane. 6. Besondere Disposition zu abnormer Vergrößerung der Antheren wurde bei Beg. Scharfii und ihren Bastarden festgestellt und experimentell diskutiert. 7. Die Entwicklungsgeschichte der exogen entstehenden Adventiv- sprosse von Beg.phyllomaniaca wurde verfolgt, und ihr weiteres Verhalten als eine Entwicklungshemmung infolge Mangel an mineralischen Nähr- stoffen erkannt. Hypertrophien treten durch Überernährung mit eigenen Assimilaten (Stärkeschoppung) ein. Die Adventivsprosse sind für die Verbreitung der Art wertlos. Ursächlich hängen sie wahrscheinlich mit der Bastardierung zusammen. 8. Im Gegensatz zu Beg. phıyllomaniaca stellen die Füllblätter bei Beg. luxurians keine Adventivbildungen vor. Sie entwickeln sich (subepidermal) aus auf der Blattmitte stehenden Fliederblattanlagen. Sie bleiben aber in- folge ungünstiger Ernährungsbedingungen mehr oder weniger rudimentär. 9. In den Sproßknöllchen von Beg. socotrana wird die zweizeilige Blattstellung der Begonien verlassen (einziger mir bekannter Fall). Stipel- ähnliche Niederblätter stellen bier die Primärblätter vor, zwischen welchen und den schildförmigen Laubblätter keine Übergänge zu konstatieren sind. Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. 383 10. Die Asymmetrie des Blattes äußert sich auch bei der Regeneration. Bei Beg. angularis werden für die Plusseite des Blattes vom Stamme besondere Leitungsbahnen eigens ausgebildet. Die Ansicht, daß die Asymmetrie durch Ernährungförderung auf einer Seite zustande kommt, bestätigt sich. 11. Nähere Verwandschaft zu den Begonien lassen bisher nur die Datiscaceen erkennen, die im Bau der Samenanlage, wie auch der Samen große Anklänge an jene zeigen. Tetrameles und Octomeles von den Datiscaceen abzutrennen, halte ich für unberechtigt. Häufiger angeführte Literatur. Chatin, De l’Anthere. Paris 1870. Baillon, Histoire des Plantes, Vol. VIII. Paris 1882, Boshart, Beiträge zur Kenntnis der Blattasymmetrie und Exotrophie. Flora 1911. Garuel, Nota su di una trasformazione di peli ingemme. Nuovo giorn. bot. ital. 1875, Eichler, Über Wuchsverhältnisse der Begonien. Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin 1880. Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien 1895, III. Teil, Abt. 6a. Fellerer, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Begoniaceen. München 1892. Diss. Figdor, Heliotropische Reizleitung bei Begoniablättern. Ann. d. jard. bot. Buiten- zorg 1910, 3. Suppl. Gentner, Untersuchungen über Anisophyllie und Blattasymmetrie. Flora 1909. Goebel, Organographie der Pflanzen, 2. Aufl., I. Teil. 1913. j Ders., Beiträge zur Kenntnis gefüllter Blüten. Pringsheims Jahrb. 1886, Bd. XVII. Ders., Morphologische und biologische Bemerkungen. Flora 1915, Bd. CVII. Ders,, Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen. 1908. Ders, Über Wendeltreppenblätter. Naturw. Wochenschr. 1911, Heft 7. Hallier, Über die Verwandtschaftsverhältnisse der Tubifloren und Ebenalen, den poly- phyletischen Ursprung der Sympetalen und Apetalen und die Anordnung der Angiospermen überhaupt. Abh.d. Naturw. Vereins Hamburg 1900— 1901, Bd.X VI. Ders., Über die Verwandtschaftsverhältnisse bei Engler’s Rosalen, Parietalen, Myrtifloren und in anderen Ordnungen der Dikotylen. Abh. d. Naturw. Vereins Hamburg, 18. Sonderabdruck, März 1903. Ders., Vorläufiger Entwurf des natürl. (phylogenetischen) Systems der Blüten- pflanzen. Bull. Herb. Boissier 1903, ser. 2 li. Ders., Ein zweiter Entwurf des natürl. (phylogenetischen) Systems der Blüten- pflanzen. Ber. d. D. Bot. Ges. 1905. Ders., Neue Schlaglichter auf das System der Dikotylen. 1905. Hildebrand, Anatomische Untersuchungen über die Stämme der Begoniaceen. Berlin 1859. Himmelbaur, Eine blütenmorphologische und embryologische Studie über Datisea cannabina L., Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. Wien 1909. Irmscher, Die Verteilung der Geschlechter in den Infloreszenzen der Begoniaceen unter Berücksichtigung der morphologischen Verhältnissen. Bot. Jahrbücher f. System. 1914, Bd. L, Suppl. 384 Walter Sandt, Beiträge zur Kenntnis der Begoniaceen. Klotzsch, Begoniaceen-Gattungen und Arten. Abh. d. K. Akad. d. Wissenschaften zu Berlin, 1854. Knuth, Handbuch der Blütenbiologie. 1904. Kratzer, Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Cucurbitaceen, auf Grund der Samenentwicklung, Flora 1918. Martius, Flora Brasiliensis. Meyer, Erstes mikroskopisches Praktikum. Jena 1915. Pritzel, Der systematische Wert der Samenanatomie, insbes. des Endosperms bei den Parietales. Engler’s Jahrb. f. System. 1898, Bd. XXIV. Regel, Die Vermehrung der Begoniaceen aus ihren Blättern. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissenschaft 1876, Bd. X. Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl. Leipzig 1874. Schacht, Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse. Berlin 1856. Solereder, Systematische Anatomie der Dikotyledonen. 1899, Warming, De Povule.. Annal. d. scienc. nat. Bot. 1877, Ser. VI, Tome V. Vorliegende Untersuchungen wurden ausgeführt im pflanzen- physiologischen Institut der Universität vom Sommer 1913 bis zum Sommer 1920 auf Anregung des Herrn Geh. Rat Prof. Dr. v. Goebel. Es ist mir eine ernste Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer für seine wertvollen Ratschläge, die er mir immer in liebenswürdigster Weise zuteil werden ließ, und für das große Wohlwollen, das mich in der Zeit meiner Krankheit stützte und aufrichtete, von ganzem Herzen meinen Dank auszusprechen. Die Arbeit mußte, um einen erheblichen Teil von Textillustrationen einzusparen, teilweise gekürzt werden. Inhaltsübersicht. I. Symmetrieverhältnisse . 22.2 0 Coon oe. 329 II. Dorsiventralität - . 22 222 2 oe. . B 343 II. Samenentwicklung 2 22 2 yon 346 IV. Bestäubung und Pollenentwicklung . - 2 2 2 22 Sue ruen 351 V. Gefüllte Blüten Ka a ae a a 353 VI. Antherenhypertrophien bei Beg. Scharfüi und ihren Bastarden . 357 VH. Begonia phyliomoniea . . 2.2.2.2... Pe ... 361 VII, Begonia luxurians . EEE . “368 IX. Begonia socotrana . .. . 370 X. - Regeneration a Er 22873 Experimente an Sporophyten von Funaria hygrometrica. Von Helene Herzfelder. Mit 3 Abbildungen im Text. A. Eines Tages zeigte sich unter den als Unkraut auftretenden Funarien meiner Mooskulturen ein junges Pflänzchen, das mir durch seinen außergewöhnlichen Habitus auffiel. Das Veränderte lag in einer Verdiekung der Seta, die sich über den größten Teil der Pflanze erstreckte. Fig. 1A stellt ein Habitusbild derselben dar. (Diese Pflanze führt im folgenden die Bezeichnung A.) An der Stelle, an der die Anschwellung der Seta begann, war die Membran leicht rötlich, von stärkerem Rot durchlaufen. Außerdem war auffallend, daß die junge Pfanze, deren Kapsel von der Sets noch nicht abgegrenzt war, keine Haube besaß. Beide Tatsachen führten zu der Vermutung, daß die Form der Funaria durch Verletzung und zwar durch Entfernung der Haube hervor- gerufen war. Dies konnte leicht zufällig erfolgt sein, als einige Tage zuvor Unkraut aus der Kultur entfernt wurde. Diese Vermutung konnte jedoch nur experimentell bewiesen werden. B. Zunächst sei darauf hingewiesen, daß F. Zielinskit) Ent- haubungen an Moossporogonen im Jahre 1909 vorgenommen hatte und dabei häufig unförmiges Anschwellen der Kapsel, im ganzen ein Streben zur Notreife beobachtet hatte. Meist entwickelten seine enthaubten Exemplare keine keimfähigen Sporen. Er hat also bei seinen Experi- menten wohl Veränderungen der Sporogone, nie aber der Seten beob- achtet, bzw. beschrieben. Die Frage, die experimentell beantwortet werden sollte, lautete also: Ist die anormale Anschwellung der jungen Seta tatsächlich durch Enthaubung bedingt? 386 Helene Herzfelder, Ich entfernte daher wiederholt an den verschiedensten Entwicklungs- stadien von Funariasporophyten die Hauben, teils durch Abstreifen mit der Hand, teils durch vorsichtiges Fassen mit der Pinzette. Es zeigte sıch zunächst, daß das Entfernen der Haube an jungen Stadien nur dann gut möglich war, wenn sich die Pflanzen zuvor in feuchter Atmo- sphäre befunden hatten, d. h. mit einer Glasglocke überdeckt und ziemlich feucht gehalten waren. Ich brachte daher späterhin die Pflanzen vor Beginn der Versuche 1—-2 Tage in entsprechende Feuchtigkeits- verhältnisse. Für die späteren Erfolge des Enthaubens war es dann gleichgültig, ob die Töpfe bedeckt oder unbedeckt waren, solange sie nur hinreichend feucht gehalten wurden und nicht übermäßig besonnt waren. . Das Enthauben ging auch unter den angegebenen Bedingungen nur bei einem geringen Prozentsatz ohne zu weitgehende Verletzung ab; denn schon der angewandte leichte Druck auf die Seta schien häufig dem jungen Pflänzchen unerträglich zu sein. Allerdings trat dann, wenn nicht der Vegetationspunkt selbst verletzt war, der Still- stand des Wachstums meist erst nach Tagen, oft erst nach Wochen ein. Die erste Reaktion, die dem Enthauben folgte, bestand in einer sehr starken Anschwellung der Seta, ganz analog der in Fig. 1A ab- gebildeten und war meist nach 1—3 Tagen schon zu sehen. Es war gleichgültig, ob die Operation an ganz niederen oder 2 und mehr Zenti- meter hochsetigen Pflanzen ausgeführt wurde, immer vorausgesetzt, daß die Kapsel vom Stiel noch nicht abgesetzt und der Vegetationspunkt unverletzt war. Ich beobachtete die gleiche Setaveränderung als Folge von Ent- haubung auch gelegentlich bei Tortula muralis, einem Versuchs- objekt Zielinskis, der aber wohl infolge seiner anderen Fragestellung nur auf Veränderungen des Sporogons geachtet zu haben schien, wie oben bereits erwähnt. Hierdurch war erwiesen, daß die oben angeführte auffallende Form des Funariasporophyten (Pflanze A) durch eine entsprechende, durch Entfernung der Haube hervorgerufene Abänderung der äußeren und inneren Wachstumsfaktoren entstanden war. Nach einigen Tagen wurde stets ein großer Teil der erst noch gesunden angeschwollenen Funarien an der Spitze rotbraun, was immer ein Zeichen beginnenden Absterbens war. Die Farbe beruhte auf Gerb- stoffbildung und Oxydation desselben in Zellinhalt und -wänden. Die Bildung einer roten Ringzone an der Stelle, wo ursprünglich die Haube aufgehört hatte, trat sehr häufig, aber nicht regelmäßig ein. Experimente an Sporophyten von Funaria hygrometrica. 387 Ihr entsprach die rote Zone von Pflanze A. Hier war zwar auch der Gerbstoff oxydiert zu einer Entwicklungszeit, bei der die normalen Seten noch rein grün sind, aber die dazu führende innere Schädigung war nicht von weiterer Bedeutung. An Pflanzen, die im Oktober der Haube beraubt worden waren und nach ca. 8 Tagen in der Anschwellung eine intensiv rote Zone sehr nahe der Spitze aufwiesen, konnte ich dagegen beobachten, daß trotz intakter Spitze nur ein ganz geringer Prozentsatz lebensfähig blieb. — Ich fand sowohl bei Funaria hygrometrica, als gelegentlich auch bei Pohlia nutans var. longiseta Pflänzchen, die ohne künstlichen Eingriff derartige Setaanschwellungen aufwiesen. Sie stellten aber natür- lich auch Abnormitäten dar, die dadurch entstanden waren, daß der Sporophyt die Haube durch sein Wachstum nicht abgerissen und mit sich hochgehoben, sondern nahe der Spitze seitlich durchbrochen hatte. — Durch Schlitzen des bauchigen Teiles der Haube konnte eine Formabänderung der Seta nicht bewirkt werden. Dagegen zeigten Pflanzen, bei denen die Hauben ca. 1!/, mm über die Sporogonspitze hochgezogen und dies Stück abgeschnitten worden war, ganz analoge Anschwellungen wie die vollkommen enthaubten, natürlich nur das über den Haubenrand ragende Stück. Während des Wachstums war bei diesen Versuchspflanzen ein deutliches Zurückbleiben in der Höhe gegenüber den unverletzten Kontrollpflanzen zu konstatieren. Schließlich stellten sie ihr Wachstum vor Ausbildung der Kapsel ein. — Es handelte sich also bei den experimentell erzeugten Veränderungen nur um eine Beeinflussung des Vegetationspunktes. Zur Beurteilung, ob es sich dabei um Abänderung der Außenbedingungen oder um eine inner Beeinflussung handelt, wurden noch folgende Experimente ausgeführt: An einer Reihe von Pflanzen wurden die Hauben 2—3 mm über die Sporogonspitzen emporgezogen, aber über der Pflanze gelassen. Auch diese Pflanzen, die doch den Schutz der Hauben gegen Licht und Feuchtigkeit annähernd wie im normalen Zustand genossen, zeigten wenigstens zum Teil die anormalen Setaanschwellungen. Es spricht dies dafür, daß Faktoren wie Licht und Feuchtigkeit beim Zustande- kommen der Anomalie nieht mitspielen. Die Schwellung ist hingegen wahrscheinlich auf den Berührungs- resp. Verletzungsreiz, der seiner- seits wiederum einen chemischen Reiz veranlaßt, zurückzuführen. — Bei der oben erwähnten Anomalie infolge seitlicher Durchbrechung der Haube dürfte dieser Reiz beim Durchstoßen erfolgt sein. Die Annahme, daß es sich beim Enthauben und den gleichwertigen Reaktionen nicht um einen Reiz, sondern um die Aufhebung einer Ent- 388 Helene Herzfelder, wicklungshemmung handeln könne, scheint mir unwahrscheinlich. Sie würde eventuell eine Beschleunigung der Entwicklung, nicht aber eine Abänderung erklären. Für die erste Annahme spricht auch ein Vergleich der Quer- schnitte durch eine normale und eine anormale Seta. Sie erweisen sich außer in der Größe hauptsächlich darin verschieden, daß bei normalen Seten die Zellen lückenlos aneinanderschließen, während bei anormalen häufig ein großer Interzellularraum gebildet ist. Dieser ist vielleicht gerbstofführend, da die umgebenden Zellwände oft vollkommen von Gerbstoff gebräunt sind; er scheint die Folge ‘einer Verletzung zu sein. — Außerdem ist der Unterschied in der Zellwandverdickung sehr auffallend. So zeigen Mikrotomschnitte durch Setenanschwellungen sporenreifer Pflanzen nur sehr wenige und schwach verdickte Zell- reihen, etwa die zweite und dritte von außen, während bei normalen Seten schon ziemlich frühzeitig eine sehr ansehnliche Wandverdickung auftritt. Die enorme Zellvermehrung bedingt eben ein Zurückbleiben der Wandverdickungen. (An Mikrotomsehnitten durch die Setaanschwel- lung von Pflanze A z. B. zählte ich 40 Zellen im Durchmesser, gegen- über ca. 16 Zellen im Durchmesser normaler, ausgewachsener Seten.) Damit mag auch die größere Empfindlichkeit der anormalen Seten gegen zu starke Feuchtigkeit usw. im Zusammenhang stehen. “Das weitere Schicksal der anormalen Pflanzen soll nun an Hand der Entwicklung von Pflanze A geschildert werden, da sie zur völligen Reife gelangte und überdies einen der wenigen beobachteten Fälle extremer Abweichung vom Typus darstellte. Nach 6 Tagen war die Seta noch etwas stärker geschwellt und die Kapsel hatte sich bereits deutlich von ihr gesondert. Nach weiteren 5 Tagen war die Kapsel mächtig vergrößert, noch rein ortlotrop, und der Deckel lag in einer Grube der Kapsel genau zentriert. Alsbald sah mau den Annulus als rötlichen Ring durchschimmern und schließlich Annulus und Peristom- zähne ihre endgültige Färbung annehmen. Das Außergewöhnliche der Kapsel bestand sodann in zwei Punkten. Die Kapsel war 1. aufrecht, 2. vollkommen radiär, im Gegensatz zu den sonst typisch dorsiventralen, hängenden Funariasporogonen. Da das Zustandekommen dieser Pflanze trotz der freilich sehr begründeten Vermutung nieht mit aller Sicherheit festgelegt werden kann, muß noch auf die experimentell erzeugten Kapselveränderungen eingegangen werden. Obwohl ein hoher Prozentsatz der enthaubten Pflanzen schon vor der Kapseldifferenzierung zugrunde geht, habe ich eine große Anzahl von enthaubten Pflanzen beobachtet, die zur Kapsel- Experimente an Sporophyten von Funaria hygrometrica. 389 reife gelangten. Viele davon stellten freilich Mißbildungen mit gro- tesken Auswüchsen oder Verkrümmungen dar, ein Zeichen, daß der Verletzungsreiz große Störungen hervorgerufen hatte. Meist war auch an ihnen die Dorsiventralität abgeändert und gemindert; wo sie un- verändert auftrat, war die Enthaubung wahrscheinlich in einem ver- hältnismäßig späten Stadium ausgeführt. — Ein anderer Teil der be- handelten Sporogone blieb zwar aufrecht und ohne Mißbildungen, zeigte D ) STEEL „EEE EIE Fig. JA—E. E gibt eine normale Kapel wieder zum Vergleich mit den anormalen- aber doch noch deutliche Dorsiventralität der Kapsel und damit meist exzentrische Lage des Deckels. Nur in den günstigsten Fällen trat eine vollkommen radiäre Aus- bildung wie bei Pflanze A auf. Unter vielen Dutzenden von Versuchs- pflanzen habe ich nur ea. 6 rein radiäre Formen erhalten, von denen eine — sie heiße Pflanze B — in Fig. 1B, von der Seite, in Fig. 1B’. von oben wiedergegeben ist. Die Resultate der Versuche sprechen dafür, daß die Dorsi- ventralität bei Funaria in weitem Maße von der Haube bedingt ist. 390 Helene Herzfelder, Man darf freilich nicht vergessen, daß sich auch Pflanzen finden, die bei ganz geschlossener, also noch nicht einseitig geschlitzter Haube dorsiventral sind. Sie sind es merkwürdigerweise im entgegengesetzten Sinn zur späteren Dorsiventralität, d. h. die später geförderte Seite ist weniger stark entwickelt als die Gegenseite, wie das auch bei Janzen!') in Abb. 17E deutlich hervortritt. Der unmittelbare Einfluß der Haube ist also noch nicht ganz klar zu erkennen, da von der durch das Enthauben hervorgerufenen Begleiterscheinung, der Setaanschwellung in den oben beschriebenen Fällen nicht zu abstrahieren ist. Fig. 1C. möge darüber Aufschluß geben, daß häufig auch in Fällen, wo sich trotz des Enthaubens und schwacher Setaschwellung eine starke, der normalen gleichende Krümmung eingestellt hatte, die Kapsel kaum mehr dorsiventral zu bezeichnen war. Ich möchte hier auch noch folgende Beobachtung anführen, da sie zu der Beurteilung der Dorsiventralität in engster Beziehung steht. Ich fand in einer Kultur gleichzeitig zwei Pflanzen, bei denen die Haube anscheinend zu eng gewesen war und daher auf anormale, bei beiden Pflanzen gleiche Weise von der Kapsel durchbrochen wurde, Fig. 1D. stellt eine davon dar. Man sieht, daß die Haube nicht wie sonst in diesem Entwicklungsstadium der oberen Hälfte des Sporogons aufsitzt, sondern vielmehr zur Hälfte die Seta bekleidet, im übrigen durchbrochen und zur Seite geschoben ist. Das Merkwürdige an der Kapsel ist ihr aufrechter Wuchs und ihre eigentümlich verschobene Dorsiventralität. Hier also Dorsiventralität ohne Krümmung, oben (Fig. 1C.) Krümmung ohne Dorsiventralität. — Daß freilich noch andere Faktoren als die Beeinflussung durch die Haube für die Dorsiventralität in Anspruch genommen werden müssen, das zeigt z. B. die Tatsache, daß nur eine geringe Zahl der haubenlosen, zur Reife gelangenden Pflanzen wirklich radiär blieb, viele dagegen schon bald nach der Verletzung, vielleicht durch diese bedingt, Krümmungen ihrer geschwellten Seten ausführten. Je stärker eine solche Setakrümmung, um so größer war dann gewöhnlich auch die Abweichung vom radiären Typ bei der Kapsel, so daß hier offenbar dem Licht oder der Schwer- kraft eine Rolle an der Gestaltung zuzuschreiben ist. — Die abnorm ausgebildeten Funariasporogone wurden auch ana- tomisch untersucht. In den meisten Fällen war auf Handschnitten bei den radiären Kapseln außer dem rein radiären Aufbau der inneren Schichten keine Veränderung wahrzunehmen. In Kapseln, die durch die Verletzung stark mißbildet waren, konnte manchmal auch eine Mißbildung im Inneren beobachtet werden, eine einseitige Verlagerung oder Verkümmerung Experimente an Sporophyten von Funaria hygrometrica. 391 des Archespors und ähnliches. Mikrotomschnitte mißlangen fast regel- mäßig, da die Sporogone dabei meist zerfetzten, so leider auch dasjenige von Pflanze A. — Nur in einem Falle, und zwar von Pflanze B, gelang es, gate Mikrotomschnitte zu erhalten; diese wiesen eine Besonderheit auf, nämlich eine auormale Vergrößerung des Archespors. — Fig. 2 stellt einen Schnitt aus der Mitte des Sporogons in Mikro- Photographie dar. Normalerweise ist die Archesporschicht bei Funaria, Fig. 2. Mikrotomschnitt durch Pflanze B. wie bei anderen Laubmoosen ein gleichmäßig starker Zylinder in der Columella, aus einer einzigen Zellschicht hervorgehend, oben und unten offen. Hier hat das Archespor nicht nur an einigen Stellen eine Ver- breiterung ins Innere erfahren, sondern es ist oben nahezu durch eine Archesporbrücke geschlossen und hat von da auch ins Zentrum sporen- bildende Zellen vorgeschickt. Man sieht diesen mittleren Archesporstreifen einem Geweberiß folgen. Durch das Deckelgewebe hindurch zieht ein anscheinend inhaltführender Interzellulargang, der sich über dem Arche- spor gabelt. Fig. 3A——D, die vier mit Überspringung von Zwischenstadien aufeinanderfolgende Schnitte durch die Kapsel darstellt, läßt erkennen, 392 Helene Herzfelder, daß diese Interzellulargänge ein zusammenhängendes System bilden. Außerdem sollen diese Umrißzeichnungen die starke Anomalie und Eigen- artigkeit der Archesporausbildung dieser Pflanze, die mikrophotographische Aufnahme ergänzend, erläutern. (Fig. 3B entspricht der Mikrophoto- graphie Fig. 2.) Fig. 3. Die --------- Linie gibt den Verlauf des Interzellularganges an. Während sonst das Archespor nahezu an den Deckel reicht, ist es hier in der Höhenausdehnung sehr zurückgedämmt. Auch ist es nach dem Luftraum zu von einer breiteren sterilen Schicht umgeben als bei normaler Ausbildung. Ein Einfluß des sekret- oder luftführenden Ganges Experimente an Sporophyten von Funaria hygrometrica. 393 ist unverkennbar. Es müssen von ihm ausgehende chemische Reize irgend- welcher Art zur Gewebeumbildung Anlaß gegeben haben. „Daß sich die Zellen der Columella unter Umständen in fertiles " Gewebe umzuwandeln vermögen“, stellte schon im Jahre 1878 Kienitz- Gerloff?) auf Grund einer eigenen Beobachtung an Bryum und einem älteren in der Literatur 3) aufgeführten Vorkommnis von Archesporanomalie bei Syntrichia (= Tortula) subulata fest. Der vorliegende Fall macht es durch das an dem Objekt verübte Experiment und das zweifel- los dadurch bervorgerufene Auftreten des Interzellularganges wahr- scheinlich, daß mechanische und im Gefolge stehende chemische Reize diese „Umstände“ darstellen können. Zusammenfassung. 1. Die Entfernung der Haube an jungen Seten von Funaria hygro- metrica hat eine starke Anschwellung derselben zur Folge, die durch den mechanischen Reiz bedingt sein dürfte. 2. So veränderte Sporophyte bilden aufrechte, mehr oder minder radiäre Kapseln. Es wurden mehrere rein radiäre beobachtet. 3. Der mechanische resp. im Gefolge stehende chemische Reiz erzeugte in einem Falle eine Anomalie der Archesporausbildung. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, inwieweit eine Abänderung des ausgeübten mechanischen Reizes eine Abänderung und Ergänzung dieser Resultate erzielen läßt und ob ferner eine direkte Beeinflussung durch chemische Reize möglich ist. Außerdem ist noch der Einfluß yon Licht und Schwerkraft auf die Ausbildung unverletzter Funaria- sporogone zu studieren, um die hier formbestimmenden Faktoren in ihrem Zusammenhang kennen zu lernen. Literatur. 1) Janzen, Funaria hygrometrica. Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, Bd. XII, Heft 3, N.F. Danzig 1909. 2) Kienitz-Gerloff, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Laub- mooskapsel usw. Botan. Zeitung 1878, 36. Jahrg., Nr. 3. 3) Lantzius-Beninga, Beiträge zur Kenntnis des inneren Baues der aus- gewachsenen Mooskapsel usw. (Aus: Acta Acad, Leopold. Breslau 1850.) 4) Zielinski, F., Beiträge zur Biologie des Archegoniums usw. Flora, Bd. 100, Heft 1. Flora, Bd. 118. 26 Beiträge zur Kenntnis der sogenannten „Schwimmbhölzer“. Von Elsabeth Ewald. Unter der Bezeichnung „Schwimmhölzer“ sind in der Literatur eine Reihe von Hölzern beschrieben worden, die sämtlich auffallend leicht sind und auch im anatomischen Bau weitgehende Übereinstimmung zeigen. Einige derselben sind von Wiesner unter die „Korkhölzer“ eingereiht worden. Gegen die von de Bary eingeführte und von Strasburger aufgenommene Bezeichnung „Schwimmholz“ wendet Goebel ein, daß das „Schwimmholz“ ja nichts mit dem Schwimmen der Pflanze zu tun habe; denn es handle sich nur um einen Ausnahme- fall, wenn sie sich an der Bildung „schwimmender Inseln“ beteilige. Wiesners Bezeichnung „Korkholz“ aber übersieht die Ent- wicklungsgeschichte des charakteristischen, leichten Gewebes, das nicht aus einem Kork- sondern einem Holzkambium entsteht und nach Goebel ein Aerenchym darstellt, das den unter dem Wasserspiegel befindlichen und deshalb unter Sauerstoffmangel leidenden Pflanzenteilen den Gasaustausch erleichtere. Ob und wie weit diese Annahme ihre Begründung in der Aus- bildung des dann vielleicht am besten als „Luftholz“ oder Aeroxylem zu bezeichnenden Gewebes hat, wird in der v. V. bei der Münchener philosophischen Fakultät eingereichten Dissertation!) einer eingehenderen Untersuchung unterworfen. Zu diesem Zweck erfolgt zunächst eine genauere Schilderung der anatomischen Verhältnisse der betreffenden Hölzer: Herminiera Ela- phroxylon, Aeschynomene indica, Aeschynomene sp.; Sesbania aegyptiaca; Erythrina crista galli, Erythrina indiea, Erythrina palustris, ein den Erythrinen nahestehendes unbestimmtes Holz aus dem Institutsmuseum, Erythrina sp?; Pterocarpus Draco; Nyssa silvatica; Cavanillesia sp. und zwei Barigudas. 1) Die mit Zeichnungen und dem Literaturverzeichnis versehene Original- arbeit in Schreibmaschinenschrift ist im pflanzenphysiologischen Institut München einzusehen. Beiträge zur Kenntnis der sogenannten Schwimmhölzer. 395 Es erübrigt sich an diesem Orte ein näheres Eingehen auf die anatomische Struktur der Hölzer. Zusammenfassend sei nur das für die folgenden Untersuchungen Wichtigste gesagt: Mit Ausnahme von Sesbania aegyptiaca und Erythrina sp.?%) ist den untersuchten Hölzern als Grundmasse ein leichtes, zartwandiges, weitlumiges Gewebe — eben das „Luftholz* — gemeinsam. Seine Zeilwände sind äußerst schwach verholzt. Seine Zellen führen nirgends Inhalt. Bei den meisten Hölzern besitzen diese dachgiebelartig geneigte Querwände, die durch dichte, große, einfache Tüpfelung auffallen. Sie sind längs relativ wenig gestreckt und schließen bei der Mehrzahl der Hölzer lückenlos aneinander, so daß bei ihnen nur innerhalb des Mark- strahlgewebes kleine Interzellularräume auftreten. Eine Ausnahme hiervon bilden nur Erythrina indica und palustris und das unbestimmte Holz -— bei dem es sich ganz augenscheinlich auch um ein der Gattung Erythrina zugehöriges Holz handelt —, wo auch im Luftholz vereinzelt feine Interzellularen auftreten. Ein reiches Interzellularsystem besitzen dagegen Cavanillesia und die Barigudahölzer. Bei Pterocarpus Draco ist die dachgiebelartige Neigung der Quer- wände kaum mehr ausgeprägt — die Enden der schon mehr faser- förmigen Zellen zeigen jedoch auch hier besonders reiche Tüpfelung — und bei Nyssa silvatica zeigen sich die Zellen des Luftholzes typisch prosenchymatisch zugespitzt. Bei Oavanillesia und den Barigudas sind die Luftzellen unregelmäßig-polygonal. Das ganze Gewebe trägt den Charakter von Hollundermark. Mit Abnahme der regelmäßigen Ge- staltung der Luftzellen geht eine Abnahme des gleichmäßig stock- werkartigen Aufbaues Hand in Hand, der bei den Aeschynomenen am ausgeprägtesten ist. Die stärker verholzten Elemente, Gefäße und sklerenchymatische Binden, treten dem Luftholz gegenüber sehr stark zurück. Wo die Sklerenchymatischen Zellreihen, wie v. a. bei den Aeschynomenen und Erythrinen, fast geschlossene Ringe bilden, liegt die Vermutung einer Jahrringbildung oder der Entstehung periodischer Zuwachszonen nahe; eine Entscheidung dieser Frage wäre jedoch nur bei Untersuchung und mehrjähriger Beobachtung der Pflanzen am natürlichen Standort mög- lich. Die durchweg hofgetüpfelten Gefäße sind bei Cavanillesia und den Barigudas sehr weit. Erwähnt sei ferner das Vorkommen von „Wurzelanlagen“ bei den drei Aeschynomenearten, die auch eine rasche Bewurzelung bei Steck- 1) Dieses Holz scheint irrtümlich als Erythrina ausgezeichnet zu sein. 26* 396 Elisabeth Ewald, lingsvermehrung ermöglichten. Ihre quer im Stamm verlaufenden Leit- stränge weisen Ring- und Schraubengefäße auf, die übrigens bei den Aeschynomenen auch in Nachbarschaft der Markkrone vorkommen. Kalziumoxalat führende Kristallkammerfasern wurden bei allen Aeschynomenen und Erythrinen, auch dem unbestimmten Holz, beob- achtet. Für Cavanillesia muß das fast völlige Fehlen stärker verholzter Elemente besonders hervorgehoben werden. Einzig die die Gefäße begleitenden Zellen sind etwas stärker verholzt, und nur ganz sporadisch findet man eine einzelne Holzfaser zwischen den Zellen der Grund- masse. Etwas zahlreicher sind die sklerenchymatischen Elemente bei den Barigudahölzern, welche im übrigen völlig der Cavanillesia ent- sprechen. Anßer einzelnen Holzfasern treten hier manchmal mehr oder weniger ausgeprägte Gruppen kurzer gekammerter Sklerenchymfasern auf. Während Sesbania aegyptiaca und die Erythrina sp.? wegen ihres abweichenden Baues aus der Reihe der „Schwimmhölzer“ von vorn- herein ausgeschaltet werden müssen, seien hier gleich noch ergänzend einige Hölzer angeführt, die nach früheren Untersuchungen zu dieser Gruppe gerechnet werden müssen. Solereder nennt noch: Aeschyno- mene americana L., Aesch. aspera L., Aesch. brasiliana D. C., Aesch. falcata D. ©, Aesch. hispida Willd. und Aesch. hispidula. Außerdem gehören nach Vogelsberger noch Geissaspis ceristata W. et. A. und tenella Bth. sowie Soemmeringia semperflorens hierher. Leider liegen im allgemeinen keine Angaben darüber vor, ob diese Pflanzen auch im lebenden Zustand in den Zellen ihrer .Grund- masse nur Luft führen. Nur für Aesch. sensitiva bringt Strasburger die Angabe, daß Schenk festgestellt habe, daß sie auch unter natür- lichen Verhältnissen nur Luft in diesen Zellen enthalte. Ich fand dies am Gewächshausmaterial von Herminiera und Aesch. indica be- stätigt. Diese Beobachtungen stützen die Annahme eines der Durch- lüftung dienenden Gewebes in dieser Grundmasse ganz wesentlich. Die Annahme eines Aeroxylem ist, wie erwähnt, schon deshalb naheliegend, weil die meisten dieser Pflanzen an feuchten, sumpfigen Flußufern gedeihen, ein äußerst rasches Wachstum zeigen und die unter Wasser befindlichen Stammteile an Sauerstoffmangel leiden mögen. Dies gilt für die Aeschynomenen, Erythrinen und Pterocarpus Draco. Für Nyssa silvatica hingegen wird außer dem Vorkommen ° „an den ‚Rändern von swamps“ noch das Auftreten in den mit Hoch- wald bedeckten Abhängen der Alleghany-Region angegeben, so daß bei ihr die Notwendigkeit eines Durchlüftungsgewebes nicht ohne weiteres Beiträge zur Kenntnis der sogenannten Schwimmhölzer. 397 einleuchtet. Es wäre interessant, Pflanzen. beider Standorte neben- einander zu untersuchen, um zu beobachten, ob und wie die Verschieden- heit desselben sich geltend macht. Am unklarsten liegt die Sache bei Cavanillesia und den Barigudas!). Sie gehören zu den Charakterpflanzen der Catingas Südamerikas und werden ihres tonnenförmig angeschwollenen Stammes wegen auch als „Faßbäume* bezeichnet. Das Klima dieser Gegenden ist sehr trocken, ja es kommt, nach Goebel, vor, „daß ein unter Umständen 2 Jahre vergehen, bis diesen Teilen des Landes so viel Feuchtigkeit zugeführt wird, daß wieder Belaubung eintritt.“ Die tonnenförmige Anschwellung der Barigudas schiebt er auf die Entwicklung des Markes, welches als Wasserbehälter diene. Leider hat er selbst keinen Stamm untersuchen können. Die gleiche Anschauung vertritt Schimper, der aber auch nicht angibt, ob dieselbe durch Beobachtungen bestätigt is, Auch Martius erwähnt das mächtig entwickelte Mark und das weiche Holz von Cavanillesia, jedoch ohne Angaben über Wasserführung innerhalb der Stammanschwellung. An sich liegt die Vermutung sehr nahe, in der Anschwellung einen Wasserspeicher zu erblicken, durch dessen Vorhandensein der Baum die lange Trockenzeit unbeschadet überstehen und sich trotz ihrer zu mächtiger Größe entwickeln könne. Auf die Trockenheit des Standorts und das dadurch entstehende Bedürfnis einer schneller, ausgiebigen Wasserleitung weisen ja jedenfalls die sehr weiten Gefäße hin. Leider lagen keine Angaben vor, ob die Holz- proben dem augeschwollenen Achsenstück entnommen seien und wenn, ob der äußeren Zone desselben oder der Marknähe. Es ist wohl denkbar, daß die untersuchten Stücke verschiedenen Zonen des Baumes entnommen sind und daß entweder im äußeren, rindenwärts gelegenen Teil oder aber in der unverdickten Achse die sklerenehymatis.hen Elemente zahlreicher sind, während sie gegen das Mark zu auf Kosten deı iockeren, dünnwandigen Grundmasse fast ganz verschwinden. Andererseits besteht die Möglichkeit, daß es sich um zwei Arten handele. Letzteres erscheint deshalb weniger wahrscheinlich, weil man sich schwer vorstellen kann, daß ein bis zu 20 m hoher Baum keine nennenswerten sklerenchymatischen Elemente besitzen soll. Es würden dann die relativ wenig verdickten Gefäße das einzige Stütz- organ bilden. Ob das weitlichtige Gewebe bei Cavanillesia tatsächlich ein Wasser- speicherorgan darstellt oder ob sich auch hier nur luftführende Zellen 1) „Bariguda“ ist der Eingeborenenname für die „Faßbäume“, die der Gattung Cavenillesia angehören. 398 Elisabeth Ewaid, finden, deren Vorhandensein selbstverständlich nicht als eine Art „An- passung“ gedeutet werden dürfte, läßt sich nur an der lebenden Pflanze selbst entscheiden. Übrigens würde das ausgedehnte Interzellular- system der Barigudas allein schon für genügende Durchlüftung sorgen. Das Fehlen bzw. das äußerst geringe Auftreten von Interzellularen bei den anderen Hölzern spricht dagegen für die Deutung des be- schriebenen Gewebes als Aerenchym; das Aeroxylem scheint den Mangel an Interzellularen ersetzen zu müssen. Ferner spricht für diese biologische Deutung die äußerst geringe Verholzung und die sehr reiche Tüpfelung der Zeilwände, die besonders im vertikalen Sinn einen raschen Gasaustausch gestattet. Dieses zeigt sich auch an den Versuchen, die über die Durchgangsgeschwindigkeit der Hölzer für Luft ausgeführt wurden. Leider gelang es nicht, die Gefäße völlig zu verstopfen, so daß der interessanteste Versuch über die Durchlaßgeschwindigkeit der Grundmasse der Hölzer für Gase unter- bleiben mußte. So wurden nur allgemein vergleichende Versuche an den Schwimmhölzern und an einheimischen Hölzern gemacht. Dabei ergab sich für die „Lufthölzer“ ein Maximalüberdruck von 3,2 em Hg, für unsere Laubbäume ein Minimum von 5 cm Hg und ein Maximum von 12,5 em Hg, während bei Taxus sogar ein Druck von 30,5 em Hg nötig war, um am oberen Ende des dem kurzen Schenkel einer U-Röhre aufgesetzten Stammstückchens Luftblasen austreten zu lassen. Die Schließhäute besonders der Querwandtüpfel des Luftholzes sind so fein, daß Goebel seinerzeit vermutete, sie möchten aufgelöst sein, da sie mikroskopisch nicht mit Sicherheit zu erkennen waren. Doch gelang es mir einigemale an sebr günstigen, mit Rutheniumrot gefärbten Schnitten mit Hilfe der Ölimmersion mit einiger Sicherheit Schließhäute zu beobachten. Um einwandfrei über das Fehlen oder Vorhandensein der Schließhäute entscheiden zu können, wandte ich außerdem zunächst noch eine schon von Goebel beschriebene Methode an: Das Durchsaugen von Suspensionen dureh das Holz. Im Gegen- satz zu Goebel, der ein Vordringen der Körnchen einer Karmin- suspension bis in die 15. Zellage beobachtet hatte, setzten sich bei meinen Versuchen die Suspensionspartikelehen meist an der ersten Querwand ab, selten erst in der 2. und 3. Etage. Ebenso verlief der Versuch bei Anwendung einer Suspension von Berliner Blau. Das weitere Vordringen bei Goebels Versuch läßt sich daher wohl nur aus einem auf zu hohen Druck hin erfolgten Zerreißen der feinen Schließhäute erklären, nicht aber aus einem Fehlen derselben. Da bei Vorhandensein von Tüpfelschließhäuten auch ein Vordringen von Beiträge zur Kenntnis der sogenannten Schwimmhölzer, 399 Kolloiden nicht anzunehmen ist, wurde auch ein mineralisches „Suspensions- kolioid“ verwendet und zwar kolloides Arsensulfür. Um ein bei Gegen- wart mineralischer Bestandteile leicht erfolgendes Ausfällen des Sulfürs zu verhindern, wurde erst längere Zeit destilliertes Wasser durchgesaugt, dann erst das Kolloid. Dieses wurde dann durch Einsaugen verdünnter Salzsäure zur Ausfällung gebracht. An Hand von Schnitten erkannte man dann, daß die Gefäße weit hinauf ausgefälltes Sulfür enthielten, während es in den „Luftzellen* nur in der angeschnittenen Zellreihe zu beobachten war. Es sammelte sich hier, wie die Suspensionskörnchen, an den geneigten Querwänden an. Schritt man das untere Ende des Stammstückes — ca. 1 em —- ab und saugte erneut Salzsäure hindurch, so mußte, war das Kolloid weiter hinauf vorgedrungen, auch hier eine Ausfällung erfolgen. Dies war nicht der Fall. Um sicher zu gehen, daß nicht irgendwelche mineralischen Be- standteile, die vielleicht trotz des Auswaschens zurückgeblieben waren, gleich zu Beginn das Sulfür ausfällten und dieses durch Verstopfen der Poren ein weiteres Vordringen verhindere, mußte bei einem zweiten Versuch zwischen das Durchsaugen des Kolloids und der Salzsäure eine mikroskopische Untersuchung eingeschaltet werden. In der Tat setzten sich noch vor der Ausfällung mit Salzsäure Arsensulfärflöckehen an der Zellwand ab, Dafür gibt es zwei Erklärungen: Entweder erfolgte tatsächlich durch das Vorhandensein mineralischer Bestandteile eine sofortige Aus- fällung von Arsensulfür, das die Poren verstopfte. Dagegen spricht die Beobachtung, daß die Salzsäure niemals in der zweiten Zellreihe eine Ausfällung hervorrief. Eine Verstopfung der Poren wird aber schwerlich so momentan und vollkommen erfolgen, daß das Kolloid nirgends mehr in höhere Zellagen vordringen könnte. Ferner ist nicht anzunehmen, daß die Menge mineralischer Reagentien schon in der ersten Zellreihe trotz des Auswaschens so groß ist, daß sie eine völlige Ausflockung bewirken könnte. Zweitens aber ließe sich der Tatbestand darauf zurückführen, daß Schließhäute vorhanden sind, die die ultramikroskopischen Teilchen des Suspensionskolloids nicht hindurchlassen. Diese häufen sich dann an den Querwänden an und ballen sich zu mikroskopisch sichtbar werdenden Flöckehen zusammen oder bewirken durch Änderung der Konzentration eine Ausfällung. Diese erfolgte übrigens auch bei Anwendung von Giyzerin als „Schutzkolloid.* Daher ist mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß es Schließhäute sind, die ein Vordringen des Kolloids verhindern. Es 400 Elisabeth Ewald, Beiträge zur Kenntnis der sogenannten Schwimmhölzer. sprechen also sowohl die Experimente wie die mikroskopische Unter- suchung für das Vorhandensein von Tüpfelschließhäuten bei Herminiera und Aeschynomene'). Dieselben sind nur ganz auffallend fein, was sicher den Gesaustausch von Zelle zu Zelle sehr erleichtert. In anatomischer Hinsicht ist es also die schwache Verholzung, das Fehlen oder die geringe Ausbildung des Interzellularsystems, der Reichtum an oft großen und zartwandigen Tüpfein, in physiologischer Beziehung die Luftführung der Zellen, die leichte Durchlüftungsmöglich- keit und der feuchte Standort, die bei den beschriebenen Hölzern mit größter Wahrscheinlichkeit in dem charakteristischen Gewebe ein Aeren- ehym vermuten lassen. Nur bei Cavanillesia, den Barigudas und viel- leicht auch Nyssa silvatica ist eine solche Deutung nicht anzunehmen. Sicher ist, daß mit Ausbildung eines solchen Aeroxylems keine „Anpassung“ der Pflanzen an schwimmende Lebensweise vorliegt. Der Ausdruck „Schwimmhölzer“ ist durchaus irreführend. Das Gewebe ent- steht erst sekundär aus dem Holzkambium, rein zufällig oder aus einem Bedürfnis der Pflanze heraus, weswegen aber noch nicht einzusehen ist, warum gerade hier das sonst so verbreitete Interzellularsysten zur Schaffung einer Binnenatmosphäre verlassen und durch das Aeroxylem ersetzt wird. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Geheimrat von Goebel, möchte ich auch an dieser Stelle für die Anregung zur vorliegenden Arbeit und das Interesse, das er mir bei ihrer Ausführung stets enigegen- brachte, meinen aufrichtigsten Dank aussprechen. 1) Bei den übrigen Hölzern sind dieselben mikroskopisch unzweifelhaft zu erkennen. Ein Blattsteckling von Camellia japonica mit Adventivknospe. Von J. M. Janse. Mit 1 Abbildung im Text. Daß gesteckte Blätter zur Bildung adventiver Organe befähigt sind ist längst bekannt; man braucht nur die Zusammenfassung über diesen Gegenstand bei Vöchting') nachzuschlagen, um zu sehen, daß diese Erscheinungen schon seit dem Jahre 1652 beobachtet und be- schrieben sind. Auch nach dem Erscheinen von Vöchtings Arbeit sind die Ver- suche vielfach, stets mit anderen Pflanzen, wiederholt worden; vor dem Anfang der Beschreibung seiner eigenen Versuche gibt z. B. G. Stingl?) auch eine kurze Übersicht über die betreffende Literatur der letzten Zeit. Vor etwa 4 Jahren habe ich, spezieller Zwecke wegen, auch eine Anzahl Blätter gesteckt, über deren Verhalten ich jetzt kurz berichten will, weil eins derselben ein Verhalten zeigte, wie ich es noch nicht beschrieben fand. Bei meinem Versuche kam es mir hauptsächlich darauf an, zu erfahren, wie lange Blätter, welche nur Wurzeln bilden, so am Leben bleiban können und wie sie sich auf die Dauer verhalten würden. Auf das Betragen jedes einzelnen Blattes während der Kultur kam es mir also weniger an als auf das Endresultat. Von Ficus elastica, Aucuba japonica und Camellia japonica, also drei Pflanzen mit lederartigen Blättern, wurden im Monat März je 10 Blätter abgeschnitten undmit dem Stiele in feuchten Sand gesteckt. Nach und nach bildeten die meisten Blätter Wurzeln; sobald dieses bemerkt wurde, ließ ich diese, jedes für sich, in. einen kleinen Topf mit Gartenerde iüberpflanzen. So verblieben sie stets in einem mäßig warmen Glasl:ıuse und wurden jedesmal in größere Töpfe über- gepflanzt, sobald sclches erwünscht schien. 1) Über Organbildung im Pfianzenreich, 1878, 1, 8. 92. 2) Üler regenerative Neubildungen an isolierten Blättern phanerogamer Fitsnzen, Flora 1908, Bd. XCIX, S. 178—192. 402 3. M. Janse, In der Wundreaktion sowie in der Weise der Bewurzelung be- trugen die Blätter sich, je nach der Art, einigermaßen verschieden. So zeigte Acuba gar keine Kallusbildung; die wenigen Wurzeln, die gebildet wurden (1-3), gingen unmittelbar aus der Wundfläche hervor; sie blieben saftig und waren 1!/,—2 mm dick. Schließlich ent- wickelte sich nur eine einzige von ihnen ganz kräftig, aber bildete dennoch nur relativ wenige, kurzbleibende Seitenwurzeln erster Ordnung; solche zweiter Ordnung waren kaum vorhanden und feine Haarwurzeln fehlten somit gänzlich. Camellia produzierte hingegen stets Kallusbildungen, obwohl nur schwach; es waren bisweilen kleine, kugelige Gebilde, 11/,—3 mm groß, mit Korkgewebe bedeckt. Die Wurzeln schienen teils aus der Wundfläche, teils auch seitlich aus dem Blattstiele herauszutreten; sie waren etwas zahlreicher wie bei Acuba und ein wenig mehr verzweigt, doch auch saftig wie diese und gänzlich ohne Haarwurzeln. Bei Ficus endlich bildete sich stets ein Kranz starker, verholzter Wurzeln,*die wohl immer aus der Blattbasis, nicht aus der Wundfläche, hervorgingen; sie waren sehr stark verzweigt und trugen sehr viele Haarwurzeln. Zu verschiedenen Zeiten wurde ein Blatt ausgestopft, um es in Alkohol oder getrocknet aufzubewahren. Die meisten Blätter blieben längere Zeit am Leben; die am ersten ausfielen, waren stets diejenigen, welche keine Neubildungen hervor- gebracht hatten. Beim Absterben der bewurzelten sowie der un- bewurzelten Exemplare fingen die Blätter stets von der Spitze ab zu vertrocknen an. Beispielsweise lasse ich hier einige kurze Notizen über einzelne der Versuchsblätter folgen: Ein Fieusblatt hatte nach 1 Jahre 10 kräftige Wurzeln bis 25 cm lang hervorgebracht; ein zweites war auch nach 2 Jahren noch ge- sund und hatte acht Wurzeln, von welchen die kräftigste 16 cm lang war; nach mehr als 3 Jahren zeigte ein drittes Blatt, welches eben ganz abgestorben war, eine etwa gleiche Bewurzelung wie das vorhergehende, doch war die kräftigste Wurzel bis zu einer Länge von etwa 40 cm ausgewachsen. Dann blieb noch ein letztes Blatt übrig, welches zwar frisch war, doch an der äußersten Spitze gerade auszutrocknen anfing; es trug vier, meist starke Wurzeln, die längste bis 64 cm. Mit den Aucubablättern wurde ein ungefähr gleiches Resultat erzielt, denn auch hier ging das letzte Blatt erst gegen Ende des 3. Jahres ein. Ein Blattsteckling von Camellia japonica mit Adventivknospe. 403 Das Blatt, welches nach einem Jahre geopfert wurde, hatte drei Wurzeln, bis 25 cm lang; das nach dem 2. Jahre ausgestopfte trug nur eine einzige Wurzel von 27 cm Länge, während das letzte Blatt, welches kurz vor dem Ende des 3. Jahres abstarb, auch nur eine Wurzel ge- bildet hatte, welche aber nicht weniger als 70 cm lang war; diese trug nur wenige Seitenwurzeln erster Ordnung, doch zeigte keine weitere Verzweigung. Daß gesteckte Blätter von Ficus und von Aucuba etwa 3 Jahre am Leben bleiben können, war auch schon aus der Literatur bekannt’); über Camellia konnte ich dagegen keine desbetreffende Notiz aus- findig machen. Auch von letzterer Pflanze blieben verschiedene Blätter während sehr langer Zeit frisch und gesund, zumal wieder diejenigen, die sich bewurzelt hatten. Das nach einem Jahre. ausgestopfte Exemplar trug nur zwei Wurzeln, mäßig verzweigt, 8 und 12 cm lang. Das nach dem 2. Jahre geopferte zeigte drei kleine, knollige Kallusauswüchse und daneben vier Wurzeln, welche aus der Blattstielbasis hervorgegangen waren; die längere war schon 47 cm lang und trug nur stellenweise kurze Seiten- wurzeln von nur 1/,—1!/, cm Länge. Im Monat Dezember, fast 3 Jahre (34 Monate) nach dem Ab- schneiden, war von Camellia nur noch ein einziges Blatt am Leben; dieses sah aber so vollkommen gesund, frisch und unbeschädigt aus, als wäre es erst vor kurzem von der Pflanze abgetrennt worden. Dann zeigte sich aber eine ganz besondere Erscheinung; neben dem Blatte trat aus der Erde ein ganz kurzer Sproß hervor; dessen Ursprung war anfangs unklar, doch weil die kleinen Blättchen, welche daran sichtbar waren, denen von Camellia ganz ähnlich sahen, war kaum daran zu zweifeln, daß hier wirklich ein Sprösschen dieser Pflanze vorlag. Ich ließ ihn dann noch weiter wachsen, doch beschloß ich endlich, auch dieses Blatt zu opfern, um definitiv die Herkunft des Sprosses festzustellen. Die Skizze zeigt dieses Blatt, wie es dann aussah, in halber Größe. Aus der Wundfläche des ein wenig angeschwollenen Blattstieles (B) war eine einzige Wurzel hervorgegangen, welche aber nicht weniger als 60 cm lang war; in der Skizze ist sie nur teilweise angegeben. Es zeigte sich jetzt, daß der Sproß wirklich zum Blatte gehörte, daß er aus der Wurzel hervorgegangen war und zwar aus der Ober- seite des in der Erde wagerecht verlaufenden Teiles derselben, in einer 1) Vgl. z.B. A. P. de Candolle, Physiologie vögetale, 1832, T. II, p. 678 und „Le nouveau Jardinier“, 1882, $. 102. 404 J.M.Janse, Ein Blattsteckling von Camellia japenica mit Adventivknospe. Entfernung von 3 cm von der Blattstielbasis B. An dieser Stelle war die Wurzel etwa 21/, mm dick, während der Stengel schon einen Durch- messer von 3Y/, mm erreicht hatte und also schon deutlich dicker war, wie die so viel ältere Wurzel. : Um welche Zeit die Adventivknospe sick etwa auf der Wurzel ausgebildet hatte, kann selbstverständlich nicht angegeben werden, da ich sie erst wahrnehmen konnte, nachdem die Spitze aus der Erde hervorgetreten war; ich schätze aber, daß solches etwa 2'/, Jahre nach dem Abtrennen des Blattes stattge- funden hatte. Es schien mir dieser Fall um so mehr merkwürdig und erwähnenswert, als ich in der Literatur keinerlei Mitteilung finden konnte, daß Camellia je aus eigener Bewegung Wurzelknospen bilde, und mir außerdem von gärtnerischer Seite versichert wurde, daß sol- ches auch in der Praxis unbekannt sei. Aus diesem Ergebnis würde also zu schließen sein: erstens, daß die erwähnten leder- artigen Blätter sehr lange Zeit nach dem Ab- schneiden, etwa 3 Jahre, am Leben bleiben können, währenddem sie doch nur Wurzeln bilden, und zweitens, daß man aus ähnlichen Versuchen nicht allzubald den Schluß ziehen darf, daß solchen Versuchsblättern die Fähigkeit Fig. 1. zur Bildung von Adventivknospen völligabgeht. Vielmehr könnte man geneigt sein, aus unserem Beispiele zu schließen, daß Blätter, welche nach dem Stecken sonst nur Wurzelbildung zeigen, dennoch außerdem die Fähigkeit zur Knospenbildung besitzen, obwohl nur potentiell, weil diese sich vielleicht schließlich, und unter ganz besonderen Umständen, dennoch einstellen kann. Es verdient hier, mit Rücksicht auf die polaren Eigenschaften der Zellen und Gewebe, sehr Beachtung, daß auch in diesem wenig üblichen Falle die Neubildung der Knospen ebenfalls in der Richtung des ba- salen Endes des Organes auftrat und hier selbst außerhalb des ur- sprünglichen Versuchsorganes des Blattes zur Ausbildung gelangte. Leiden, Januar 1921. Druck von Ant. Kämpfe, Jena.